5IPNBT8JME +PTFG"VCzDL )STH
. BOVBMEFS8VOEIFJMVOH $IJSVSHJTDIEFSNBUPMPHJTDIFS-FJUGBEFO EFSNPEFSOFO8VOECFIBOEMVOH
SpringerWienNewYork
%S5IPNBT8JME Universitätsklinik für Chirurgie, Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich 1SJN6OJW1SPG%S+PTFG"VCzDL Abteilung für Dermatologie und Venerologie, AKH Linz, Linz, Österreich
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. © 2007 Springer-Verlag/Wien Printed in Austria SpringerWienNewYork ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.at Typografie und Satz: Michael Karner, www.typografie.co.at Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges. m. b. H., 3580 Horn, Österreich Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier SPIN 11403746
Mit zahlreichen (großteils farbigen) Abbildungen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN-10 3-211-25212-6 SpringerWienNewYork ISBN-13 978-3-211-25212-3 SpringerWienNewYork
'S,BUISJO8JME GS*ISFTFMCTUBVGPQGFSOEF6OUFSTUU[VOH EJFBMMEBTFSNzHMJDIUIBU
»Anders als Tiere, deren Glücksstreben auf ihr Überleben und auf die direkte Befriedigung ihrer sensorischen Bedürfnisse beschränkt ist, haben wir Menschen die Möglichkeit, ein tiefergehendes Glück zu erleben, das, wenn es erlangt wird, in der Lage ist, gegenteilige Erfahrungen zu überlagern.« Dalai Lama
;VN(FMFJU
"VGEFO4QVSFOWPO4FNNFMXFJTVOE#JMMSPUI
Die Wundbehandlung ist ein untrennbares Teilgebiet der Chirurgie, welches in den letzten Jahren durch umfangreiche Forschung eine durchgreifende Veränderung in den Behandlungskonzepten erfahren hat. Die Fehleinschätzung eines so wichtigen Themas wie die Wundinfektionen widerspiegelt das Leben von Ignaz Semmelweis (1818–1865), Doktor der Medizin und Geburtshelfer. Er erkannte, dass die Ärzte selbst die Verursacher des Wundbettfiebers waren. Damals war es üblich, nach der Sektion einer Leiche ohne Händedesinfektion in die Entbindungsstation zu wechseln, bevor man werdende oder junge Mütter untersuchte und sie so infizierte. Semmelweis setzte sich 1847 gegen den Widerstand der Wiener Mediziner dafür ein, dass sich die Ärzte vor der Untersuchung einer Gebärenden die Hände in einer Desinfektionslösung wuschen, konnte sich aber damit zunächst nicht durchsetzen, obwohl er nachweisen konnte, dass die Mortalität von 11,4 auf 3,04 % reduziert werden konnte. Trotz seiner großartigen Erfolge erntete er von den Ärztekollegen nur Hohn und Spott. Auch die Untersuchungen von Carl Rokitansky konnten daran nichts ändern. Letztendlich starb er selber an einer Wundinfektion, nachdem man ihn wegen einer Syphilis in eine geschlossene Psychiatrie einwies und nach einer Verletzung nicht behandelte. Ferdinand Hebra, der allgemein als Begründer der modernen Dermatologie anerkannt ist, traf folgende Feststellung: »Wenn man dereinst die Geschichte menschlicher Fehler erzählt, wird man nur schwerlich ein so machtvolles Beispiel finden, und man wird verblüfft sein, wie derart fähige und spezialisierte Men-
schen in ihrer eigenen Wissenschaft so blind und so dumm sein konnten.« Wundheilung spielte in der Wiener Klinik schon immer eine wichtige Rolle. So ist der Begriff des Granulationsgewebes von Prof. Billroth als Leiter der Chirurgischen Klinik 1865 erstmals definiert worden. Es ist charakterisiert worden als Regenerationsgewebe, welches auf Grund seiner Morphologie (Granular = Körnchen) diesen Namen erhielt und den beginnenden Wundheilungsprozess kennzeichnet. Anton Wölfler, (1850–1917), war ab 1876 Assistent von T. Billroth, studierte in Edinburgh die systematische antiseptische Wundbehandlung und führte diese 1878 in der Billrothschen Klinik ein. Auch heute ist dieses Thema hochaktuell und interessanter denn je. Im vorliegenden Lehrbuch sollen sowohl dem jungen als auch dem erfahrenen Chirurgen die Grundlagen der Physiologie und Pathophysiologie der Wundheilung, sowie die daraus resultierenden modernen Behandlungskonzepte klar und verständlich näher gebracht werden. Auf dieser Basis lässt sich die Inzidenz von Wundheilungsstörungen nach chirurgischen Eingriffen senken beziehungsweise die Behandlungsdauer deutlich verkürzen. O. Univ. Prof. Dr. Raimund Jakesz Klinischer Abteilungsleiter: Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie Medizinische Universität Wien
7***
8VOEIFJMVOHBMT.BTUBCHVUFS2VBMJUjU JOEFS.FEJ[JO
Als Präsident der Österreichischen Wundgesellschaft ist es mir ein großes Anliegen, das Thema Wundheilung als interdisziplinäres Thema zu sensibilisieren. Durch die Veränderung der Alterspyramide hat das Symptom Wunde in der Zukunft noch mehr Bedeutung sowohl medizinisch als auch sozioökonomisch erfahren. Die wachsende Zahl der Mitglieder der Austrian Wound Association (AWA) und die gut besuchten Kongresse und zahlreichen Seminare widerspiegeln diese Tendenz. Aufbauend auf der Pionierleistung der Pflege zum Thema »Aus- und Weiterbildung der Wundpflege« konnte unter Leitung der AWA speziell durch die intensiven Bemühungen von Prof. Norbert Sepp gemeinsam mit der Ärztekammer eine Fortbildungsreihe über die Ärztetage manifestiert werden. Auf der Basis unserer Aktivitäten konnte schon einiges an Tertiärliteratur wie zum Beispiel das »Buch zum Dekubitusseminar«, Behandlungspfade des »Dia-
;VN(FMFJU
betischen Fußsyndroms« verfasst werden. Jedoch fehlte uns ein Basiswerk für den Wissensgrundstock des aktuellen Standes der Wundbehandlung. Die internationale Autorenbeteiligung beweist unsere enge Kooperation mit internationalen Fachgesellschaften sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf wissenschaftlicher Ebene. Das vorliegende Buch gibt dem Leser die Möglichkeit, sich über die basalen Zusammenhänge der Wundheilung sowie über Differentialdiagnosen und daraus resultierende Therapiekonzepte weiterzubilden. Althergebrachte Methoden werden als hilfreich aber einige auch als nicht zielführend beschrieben. Mithilfe dieses Buch soll es Ihnen möglich sein, Ihren Patienten schneller zu helfen und einen Schutz vor einem Rezidiv zu bieten. Univ. Doz. Dr. Gerald Zöch Präsident der Austrian Wound Association (AWA)
7PSXPSU
Dieses Buch richtet sich an alle, die sich mit dem Thema »Wundheilung« beschäftigen und aus der Fülle der wissenschaftlichen Literatur einen Leitfaden für die Behandlung ihrer PatientInnen suchen. Wundmanagement ist nicht die ausschließliche Domäne eines bestimmten medizinischen Faches oder einer bestimmten Berufsgruppe. Es beschränkt sich auch nicht auf einzelne – gerade moderne – diagnostische oder therapeutische Vorgehensweisen. Erfolgreiches Wundmanagement ist umfassend und erfordert das intensive Zusammenspiel vielfältiger medizinischer und pflegerischer Fertigkeiten gepaart mit hohem persönlichen Engagement. Am besten gelingt es unserer Erfahrung nach in einem Netzwerk aus aktiven und begeisterten Kooperationspartnern. Wir danken dem Springer-Verlag Wien, der uns nach vielen Vorträgen zum Thema Wundheilung eingeladen hat, eine Zusammenfassung des aktuellen Wissensstandes vorzunehmen. Um der Komplexität dieses Unterfanges gerecht zu werden, haben wir uns entschlossen, das Buch nicht aus einer Feder zu schreiben, sondern haben zahlreiche renommierte nationale und internationale Autoren um ihre Fachbeiträge gebeten. Ihnen möchten wir an dieser Stelle ein besonderes Dankeschön sagen für die aufgewendete Mühe beim Verfassen der Manuskripte und die vorbildliche wissenschaftliche Kommunikation im Zuge der Drucklegung. Welche Ziele verfolgen wir mit der Herausgabe dieses Buches? In erster Linie möchten wir allen mit Wundheilung befassten Fachkräften ein fundiertes Rüstzeug zur Verfügung stellen. Erst die Kenntnis der pathophysiologischen Grundlagen ermöglicht ein tieferes Verständnis für das diagnostische Vorgehen und die gängigen Behandlungskonzepte. Manche althergebrachte Verfahren, zum Beispiel der Einsatz to-
pischer Antibiotika, sind inzwischen obsolet. Bisher vernachlässigte Aspekte der Wundheilung, wie die herausragende Bedeutung der Ernährung, sollen in das Bewusstsein gerückt und verankert werden. Die Gratwanderung zwischen überbordender und zweckmäßiger Dokumentation wird immer schwieriger und forensische Gesichtspunkte erschweren zunehmend den Arbeitsalltag. Nicht zuletzt wollen wir mit dem vorliegenden Buch auf breiter Ebene Interesse, Begeisterung und Empathie wecken und dazu ermuntern, Wundversorgung nicht als »Einzelkämpfer« sondern über fachliche und berufliche Grenzen hinweg im Team durchzuführen. Abgrenzung und Doppelgleisigkeit haben keinen Platz, nur die Einbindung aller Verantwortlichen, insbesondere gemeinsames Handeln von Ärzten und Pflegekräften und enge Zusammenarbeit von intramuralen und extramuralen Gesundheitseinrichtungen, gewährleistet die bestmögliche Betreuung der Wundpatienten. Wir haben deshalb versucht, in diesem Buch alle relevanten Bereiche der Wundheilung zu erfassen und so darzustellen, dass sie bei der täglichen Versorgung von Wundpatienten nutzbringend in die Praxis umgesetzt werden können. Das Spektrum der Beiträge erstreckt sich deshalb von den pathophysiologischen Grundlagen der Wundheilung über diagnostische und differentialdiagnostische Überlegungen bis hin zu bewährten therapeutischen Methoden. Dennoch haben wir keine vollständige Darstellung diagnostischer oder therapeutischer Konzepte angestrebt und manche Lücken bewusst in Kauf genommen. Wir bedanken uns sehr herzlich bei allen Mitarbeitern und Freunden, die uns bei der Herausgabe dieses Buches zur Seite gestanden sind, insbesondere jenen, die uns bei der grafischen Gestaltung unterstützt
9
haben und uns bei Schreib-, Übersetzungs- und Korrekturarbeiten behilflich waren. Abschließend wünschen wir Ihnen viel Freude bei der Lektüre dieses Buches und Ihren Wundpatienten, dass Sie die darin formulierten Leitgedanken und Inhalte auch erfolgreich umsetzen. Denn wie hat es doch
7PSXPSU
jemand trefflich formuliert? »Nur wer handelt, trägt zum Gelingen bei!« Thomas Wild, Josef Auböck (Hrsg.) Wien, im November 2006
*OIBMU
#JPMPHJFEFS8VOEIFJMVOH J. Auböck
%JF#FEFVUVOHWPO,PMMBHFOVOE,PMMBHFOBTFO JOEFS8VOEIFJMVOH W. Frieß, I. Metzmacher und T. Wild
%JFTUSVLUVSJFSUFWFSCBMF%PLVNFOUBUJPO WPO)BVUXVOEFO°EBT(3&*4.PEFMM T. Hunziker und T. Eberlein
4ZTUFNBUJTDIFT.BOBHFNFOUDISPOJTDIFS8VOEFO OBDIEFN5*.&1SJO[JQ W. Vanscheidt und A. Ukat
%JHJUBMF8VOEBOBMZTFNJU8)"5 8PVOE)FBMJOH"OBMZ[JOH5PPM S. Stremitzer und T. Wild
&YTVEBUNBOBHFNFOU G. Wozniak und T. Wild
1IBSNBLPMPHJFVOE1IBSNBLPQPF E. Donaty
&JO¿VTTWPO1IBSNBLBBVGEJF8VOEIFJMVOH H. Jenzer
(SVOEMBHFO *OEJLBUJPOFO HSVOEMFHFOEF UIFSBQFVUJTDIF,PO[FQUFVOE ,POUSBJOEJLBUJPOFOCFJEFS8VOECFIBOEMVOH NJUEFS7BLVVNUIFSBQJF R. E. Horch und M. Leffler
1SPQIZMBYFVOE5IFSBQJFEFS8VOEIFJMVOHT TUzSVOH°#FEFVUVOHEFS&SOjISVOH V. Veitl
7BLVVNUIFSBQJF[VS8VOECFIBOEMVOH ¨7"$§ JNBNCVMBOUFO#FSFJDI W. Wetzel-Roth
$IJSVSHJTDIFT%FCSJEFNFOU H. B. Kitzinger, L. P. Kamolz und M. Frey
1IBSNBLPMPHJTDIFT%FCSJEFNFOU T. Eberlein
&GGFLUJWJUjUVOE&G¾[JFO[JOEFS8VOEWFSTPSHVOH .PEFSOF8VOEWFSTPSHVOHWT7BLVVN WFSTJFHFMVOHTUIFSBQJF D. Nord
4DINFS[VOE8VOEFO L. Teot
8VOESBOEVOE8VOESBOENBOBHFNFOU T. Eberlein
)ZHJFOFNBOBINFO A. Schwarzkopf, C. Schwarzkopf und A. Blacky
8VOENBOBHFNFOUVOE8VOEGPUPHSB¾F P. Bindschedler %JF3PMMFEFS4JMCFSUIFSBQJFJOEFS#FIBOEMVOH JOGFLUJPOTCFEJOHUFS8VOEIFJMVOHTTUzSVOHFO T. Wild
%FSEJBCFUJTDIF'V°%JBHOPTUJLVOE EJGGFSFO[JFSUF5IFSBQJF T. Hölzenbein, C. Domenig, M. Aspalter, A. Budzanowski und M. Umathum
9**
,PNQSFTTJPOTUIFSBQJFCFJWFOzTFO 6OUFSTDIFOLFMHFTDIXSFO H. Partsch 1SjWBMFO[WPO%FLVCJUVT R. J. G. Halfens, T. Dassen und A. Tannen &JOFOFVF&VSPQjJTDIF3JDIUMJOJFCFS &SOjISVOHVOE%FLVCJUBMVM[FSB J. M. G. A. Schols, J. M. M. Meijers und M. Clark 8VOEIFJMVOHVOE*NNVOPMPHJF&JO¿VTT WPOJNNVOTVQQSFTTJWFS5IFSBQJF N. Sepp
*OIBMU
8VOEIFJMVOHBVTLJOFTJPMPHJTDIFS4JDIU H. Rinder 8VOECFIBOEMVOH°FJOFJOUFSEJT[JQMJOjSF )FSBVTGPSEFSVOH E. Lahnsteiner und J. Lohninger
.FUIPEJLWPOLMJOJTDIFO4UVEJFO W. Schimetta
eLPOPNJFEFS8VOEIFJMVOH H. Jenzer
7FSCSFOOVOHVOE7FSCSFOOVOHTCFIBOEMVOH L. P. Kamolz, H. Andel und M. Frey
"S[UIBGUVOHJN3BINFOEFS 8VOEIFJMCFIBOEMVOH G. Mayer und E. Sagmeister
3FDIUMJDIF"TQFLUFjS[UMJDIFS#FIBOEMVOH B. Roth
#FIBOEMVOHTLPO[FQUFEFS0TUFPNZFMJUJT M. V. Schintler und E.-C. Prandl
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO EWMA Positionsdokument
"VUPSFOWFS[FJDIOJT 4BDIWFS[FJDIOJT
%JGGFSFOUJBMEJBHOPTFOWPODISPOJTDIFO 8VOEFOVOE6M[FSB N. Sepp 5JTTVF&OHJOFFSJOH T. Hunziker
1IZTJLBMJTDIF5IFSBQJFNPEBMJUjUFOJOEFS #FIBOEMVOHDISPOJTDIFS8VOEFO C. Zorn und V. Fialka-Moser
¨#JPDIJSVSHJF§°'MJFHFOMBSWFOJOEFS 8VOECFIBOEMVOH M. Grassberger
/ETMXIP
#JPMPHJFEFS8VOEIFJMVOH +"VCzDL
;VTBNNFOGBTTVOH
&JOMFJUVOH
Wundheilung ist ein komplexes Geschehen, das die morphologische und funktionelle Wiederherstellung von zerstörtem Gewebe zum Ziel hat. Die physiologische Wundheilung umfasst verschiedene, sich überlappende und teilweise parallel ablaufende Phasen. Die Regulation der fein aufeinander abgestimmten Schritte erfolgt durch Zytokine und Wachstumsfaktoren aus Zellen der Wundumgebung und der Wunde selbst. Nach einer Verletzung wird zunächst die Wunde durch ein Fibrinkoagulum provisorisch verschlossen. Entzündungszellen werden rekrutiert und wandern ein: neutrophile Granulozyten und Monozyten/ Makrophagen eliminieren Keime und Debris. Makrophagen stimulieren schließlich die Einwanderung und Proliferation von Fibroblasten und die Angiogenese. Das Granulationsgewebe füllt den Gewebedefekt auf und bildet eine neue extrazelluläre Matrix, Wundkontraktion beschleunigt den Wundverschluss. Parallel dazu erfolgt die Reepithelisierung des Defektes. Der Wundheilungsprozess kann durch vielfältige lokale Störungen und systemische Grundkrankheiten gebremst werden. Der Heilungsprozess bleibt in diesem Fall meist in der Entzündungsphase, seltener in der Granulationsphase stecken. Die Folge ist eine chronische Wunde, die dann trotz aller therapeutischen Bemühungen nicht in einer angemessenen Zeitspanne abheilt. Entzündung, Gewebeschädigung durch überschießende Proteaseaktivität und freie Sauerstoffradikale sowie Proliferationsschwäche der Fibroblasten (Seneszenz) sind pathogenetische Merkmale dieser Heilungsstörung (Ausführliche Übersichtsarbeiten zur Biologie der Wundheilung
Die Haut, mit durchschnittlich 1,8 m2 das größte Organ, umhüllt den menschlichen Körper wie ein schützender Mantel. Sie spielt eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung des Wasser- und Elektrolyt-Gleichgewichts, hat wesentlichen Anteil an der Thermoregulation und dient als sichere Barriere gegen Noxen der Außenwelt einschließlich Mikroorganismen. Zerstörung großer Hautpartien durch Traumen (z. B. Verbrennungen) oder Hautkrankheiten (z. B. toxische epidermale Nekrolyse) können zu lang dauernder schwerwiegender Beeinträchtigung oder zum Tod führen. Auch umschriebene chronische Hautdefekte stellen eine erhebliche Belastung für die Betroffenen dar: geschätzte 1 % der europäischen Bevölkerung leiden an chronischen Beingeschwüren bedingt durch venöse und arterielle Durchblutungsstörungen, bis zu 10 % bettlägeriger Patienten entwickeln Dekubitalulzera. Das oberste Ziel bei der Behandlung von Wunden ist ein rascher, funktionell und ästhetisch zufrieden stellender Wundverschluss. Voraussetzung hierfür ist das Verständnis für die grundlegenden Wundheilungsprozesse. Die Wundheilung ist ein äußerst komplexer und dynamischer Reparaturvorgang: Blut-, Bindegewebsund Epidermiszellen, die extrazelluläre Matrix (ECM) sowie unzählige Zytokine und Wachstumsfaktoren spielen dabei eine wesentliche Rolle und treten in komplexe Wechselwirkung miteinander [29, 31, 39].
#FHSJGGTFSLMjSVOH8VOEF°6MLVT
Als Wunden werden akute Substanzdefekte bezeichnet, die traumatisch (z. B. Verletzungen, chirurgische
Eingriffe) in primär gesunder, nicht vorgeschädigter Haut entstehen.. Sie weisen eine gute Heilungstendenz auf [5]. OP-Wunden heilen innerhalb von 2–3 Wochen ab. Ulzera (=Geschwüre) hingegen sind tiefe Defekte bis in die Dermis oder Subkutis (»full-thickness-depth«) in vorgeschädigter Haut. Sie zeichnen sich durch schlechte Heilungstendenz aus [5]. Die erfolgreiche Abheilung von Ulzera erfordert unbedingt die Beseitigung der Ursachen und allfälliger Störfaktoren [45]. Zu den häufigsten Ursachen zählen vor allem venöse und arterielle Durchblutungsstörungen, diabetische Neuropathie und Druck. Die wichtigsten Störfaktoren sind Hypoxie, Mangelernährung, bestimmte Arzneimittel (z. B. Kortikosteroide, Immunsuppressiva, zytotoxische Medikamente) und bestimmte Krankheiten (z. B. Diabetes mellitus) [13, 22, 30, 43]. Der Verlauf der Wundheilung lässt sich in mehrere koordiniert ablaufende und interagierende Vorgänge gliedern: ■ Hämostase, ■ Entzündungsphase, ■ Proliferationsphase: Bildung von Granulationsgewebe und Angiogenese, Reepithelisierung, ■ Remodellierungsphase. Dabei laufen vielschichtige, äußerst fein aufeinander abgestimmte Prozesse ab: Chemotaxis und Phagozytose, Bindegewebsneubildung mit Synthese, Degradation und Umbau von Kollagen, Angiogenese, Produktion neuer Glykosaminoglykane und Proteoglykane und nicht zuletzt die Epithelisierung. Das Resultat der Wundheilung ist, sobald das Stratum reticulare oder tiefere Hautschichten geschädigt sind, beim postfötalen Individuum stets eine Narbe [15].
)jNPTUBTFVOEQSPWJTPSJTDIFS8VOEWFSTDIMVTT EVSDIFJO'JCSJOLPBHVMVN
Eine frische Wunde füllt sich rasch mit Blut, das sofort gerinnt und den Defekt vorerst verschließt. Die verletzten Blut- und Lymphgefäße reagieren initial mit einer wenige Minuten anhaltenden Vasokonstriktion (19). An den Wänden der beschädigten Gefäße heften sich umgehend Thrombozyten an und verschmelzen unter Verlust ihrer Scheibchenform und unter Ausbildung feiner Pseudopodien zu immer größeren Thrombozytenaggregaten. Gleichzeitig setzen sie durch Freisetzung von Plättchenfaktoren die eigentliche Blutgerinnung in Gang. Am Ende der Gerinnungskaskade katalysiert das Enzym Thrombin die Synthese von
.%YF}GO
langkettigen Fibrinpolymeren aus wasserlöslichen Fibrinogenpeptiden. Die Thrombozyten werden dabei förmlich in ein dreidimensionales Fibrinnetzwerk eingewoben, in das auch andere Blutzellen (z. B. Erythrozyten, Neutrophile, Monozyten/Makrophagen) aufgenommen werden [3]. Das resultierende Blutgerinnsel füllt schließlich den gesamten Wundspalt aus und bildet eine provisorische Matrix für die nachfolgende Haftung, Wanderung und Proliferation von Zellen zu Beginn des Reparationsprozesses. Die Hauptbestandteile der provisorischen Matrix sind in erster Linie das hochmolekulare nicht wasserlösliche Protein Fibrin und zu einem geringeren Anteil die Glykoproteine Fibronektin, Vitronektin und Thrombospondin [29]. Durch Austrocknung der Oberfläche entsteht ein fester Wundschorf, der gleichsam als provisorischer »biologischer Verband« die Wunde verklebt und schützt [43]. 7BTPEJMBUBUJPOVOEHFTUFJHFSUF(FGjQFSNFBCJMJUjU Der anfänglichen Vasokonstriktion folgt eine Vasodilatation, die nach etwa 10 Minuten ihren Höhepunkt erreicht und zirka eine Stunde andauert. Rötung und Überwärmung der Haut sind die Folgen. Die gleichzeitige Zunahme der Gefäßpermeabilität bewirkt den Austritt von Blutplasma ins Interstitium und führt klinisch zu einem Wundödem (19). Ausgelöst werden diese Reaktionen unter anderem durch Prostaglandine aus dem zerstörten Gewebe, durch Histaminfreisetzung aus Mastzellen und durch Abgabe vasoaktiver Amine (z. B. Serotonin) aus den aktivierten Thrombozyten. $IFNPUBLUJTDIF'BLUPSFO< > Die Thrombozyten innerhalb des Blutgerinnsels sind nicht nur verantwortlich für die Hämostase, sie sezernieren auch zahlreiche Wundheilungsmediatoren (z. B. Platelet-Derived Growth Factor (PDGF), Insulinlike Growth factor-1 (IGF-1), Epidermal Growth Factor (EGF) und Transforming Growth Factor-β 1 (TGFβ 1)). Diese Zytokine leiten die Wundheilungskaskade ein, indem sie Makrophagen, Fibroblasten und Gefäßzellen ins Wundgebiet dirigieren und dort aktivieren (14, 43). Ebenso locken die Fibrinopeptide A und B, die bei der Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin anfallen, Entzündungszellen ins Wundbett. Auch Komplementkomponenten (z. B. C5a), Leukotriene, bakterielle Produkte (z. B. Formyl-Methionyl-Peptide) spielen dabei eine Rolle; ebenso wirken bestimmte Abbauprodukte der ECM (z. B. Kollagen- und Elastinfragmente) chemotaktisch (29).
&MSPSKMIHIV;YRHLIMPYRK
&OU[OEVOHTQIBTF< > &JOXBOEFSVOHEFS-FVLP[ZUFO Angelockt durch chemotaktische Signale infiltrieren Leukozyten die Wunde. Der Übertritt der Leukozyten aus den Blutgefäßen in das Wundgebiet (LeukozytenDiapedese) wird durch bestimmte Adhäsionsmoleküle vermittelt. Selektine und Integrine werden – angeregt durch Entzündungsmediatoren – an den Gefäßendothelien der Venolen rund um das Wundgebiet exprimiert. Die intraluminal vorbeiströmenden Leukozyten weisen korrespondierende Liganden an ihrer Zelloberfläche auf. Das Ineinandergreifen der Adhäsionsmoleküle mit deren Liganden verlangsamt den intraluminalen Zellfluss, stoppt die Leukozyten und befähigt sie letztlich aus dem Gefäßlumen aktiv in das Wundareal auszutreten [43]. Bereits einige Stunden nach der Verletzung findet man neutrophile Granulozyten in der Wunde. Der Höhepunkt ihrer Einwanderung ist nach 2 Tagen überschritten und nimmt über die folgenden Tagen ab, vorausgesetzt dass keine Infektion stattfindet. Mit einigen Tagen Verzögerung erreicht die Einwanderung von Monozyten (und deren Umwandlung in Gewebsmakrophagen) ihren Höhepunkt (Tag 4–5). Zuletzt folgen die Lymphozyten (Tag 6). 8VOESFJOJHVOHEVSDI-FVLP[ZUFO Die zeitlich begrenzte Hauptfunktion der Neutrophilen besteht vermutlich in der Verhütung von Wundinfekten: sie phagozytieren und eliminieren Bakterien und bauen fremdes Material und devitales Gewebe ab. Neutrophile synthetisieren und setzen Entzündungsmediatoren wie Tumor Necrosis Factor-α (TNF-α) und Interleukin-1 (IL-1) frei, diese wiederum aktivieren Fibroblasten und Epithelzellen. Weiters produzieren und speichern sie große Mengen aggressiver Proteasen und freier Sauerstoffradikale, mit denen sie phagozytiertes Material verdauen. Nach ihrem Zelltod gelangen diese Noxen in das Wundgebiet, schädigen das Gewebe und verlängern unter Umständen die Entzündung. Letztlich werden sie mit dem Exsudat und Debris an die Wundoberfläche abgeschieden oder von Makrophagen phagozytiert [12]. In der Wunde binden Monozyten über Integrinrezeptoren an Kollagen- oder Fibronektinfragmente, ändern Phänotyp und Funktion und differenzieren schließlich zu Gewebsmakrophagen. Makrophagen üben eine duale Funktion aus. Als Phagozyten eliminieren sie Mikroorganismen und Debris sowie abgestorbene Neutrophile. Die Freisetzung proteolytischer
Enzyme (z. B. Kollagenasen und Elastasen) unterstützt den Abbau von devitalem Gewebe und trägt wesentlich zur Wundreinigung bei. Indem sie auch Inhibitoren der freigesetzten proteolytischen Enzyme produzieren, können Makrophagen den enzymatischen Gewebeabbau in der Wunde genau regulieren [42}. .BLSPQIBHFO°4DIMTTFM[FMMFOEFS8VOEIFJMVOH Makrophagen nehmen ferner eine Schlüsselfunktion bei der Reparation der Wunde ein und vermitteln den Übergang von der Entzündungsphase zur Proliferationsphase [43]. Sie produzieren zahlreiche Zytokine und Wachstumsfaktoren: z. B. TNF-α, PDGF, Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF), TGF-α, -β, IL-1, IL-6, IGF-1 und Fibroblast Growth Factor (FGF). Diese Faktoren führen zur geordneten Rekrutierung und Proliferation von Fibroblasten und Endothelzellen und zur regelrechten Ausbildung von Granulationsgewebe. Makrophagen spielen somit eine essentielle Rolle bei der Wundheilung [29]. Eine Depletion von Monozyten und Gewebsmakrophagen verursacht Wundheilungsstörungen und hat mangelhaftes Wunddebridement und verzögerte Bindegewebsproliferation zur Folge [31]. Wegen des Gefäßschadens herrscht unmittelbar nach der Verletzung im Wundareal Sauerstoffarmut. Diese zweifellos bedrohliche Situation hat auch günstige Auswirkungen: die Hypoxie stimuliert die Migration von Keratinozyten, die Angiogenese und die Proliferation von Fibroblasten. Auch die Synthese kritischer Wachstumsfaktoren und Zytokine einschließlich PDGF, VEGF und TGF-β 1 wird angeregt.
1SPMJGFSBUJPOTQIBTF
4–5 Tage nach der Verletzung beginnt die reparative Wiederauffüllung des Gewebsdefektes mit frischem Bindegewebe aus einsprossenden Gefäßen, proliferierenden Fibroblasten und neu geformter ECM. Im Lauf der folgenden Tage bis Wochen wird der initiale provisorische Wundpfropf aus geronnenem Blut völlig von diesem Granulationsgewebe durchdrungen und ersetzt. Zuletzt stellt ein neuer Epithelrasen die endgültige Integrität der Haut wieder her [3, 43]. (SBOVMBUJPO Die proliferative Phase beginnt etwa 3 Tage nach der Gewebeverletzung und dauert ungefähr 2 Wochen an. Sie ist charakterisiert durch den Ersatz der provisorischen Fibrin/Fibronektin-Matrix durch neu ge-
bildetes Granulationsgewebe. Makrophagen, Fibroblasten und Blutgefäße wandern gemeinsam aus dem umliegenden Gewebe in die Wunde ein. Die Makrophagen setzen kontinuierlich Wachstumsfaktoren frei, und regulieren und stimulieren auf diese Weise den komplexen Prozess der Fibroplasie und Angiogenese [43]. Zunächst dient die provisorische Matrix aus Fibrin, Fibronektin und Vitronektin den einsprossenden Zellen gleichsam als Anker bei der Zellteilung und als Schiene für die Zellwanderung. Die provisorische Matrix ist allerdings mehr als eine inerte Leitstruktur, an der bloß Narbengewebe abgelagert wird. Sie stellt ein wichtiges Reservoir für die unzähligen Wachstumsfaktoren und Zytokine dar, die Zellen aus der Wunde und der Wundumgebung zur Stimulation und Leitung des komplexen Heilungsgeschehens synthetisieren und freisetzen. Darüber hinaus empfangen Fibroblasten, Endothelzellen und Keratinozyten über die Integrinrezeptoren an der Zelloberfläche von der provisorischen Matrix wichtige Signale zur Aktivierung, Zellteilung, Migration und Differenzierung. Die Migration der Fibroblasten wird wesentlich von PDGF, TGF-β und basic Fibroblast Growth Factor (bFGF) gesteuert, auch Nerve Growth Factor (NFG) aus peripheren Nerven des Wundgebietes scheint eine wichtige Rolle zu spielen [34, 44]. Die Wanderungsrichtung wird bestimmt durch die Konzentrationsgradienten der chemotaktischen Faktoren und die Ausrichtung der fibrillären Strukturen von provisorischer Matrix und neu gebildeter ECM [42]. Als Haftstrukturen bei der Migration auf der Matrix aus Kollagen, Fibronektin, Vitronektin und Fibrin dienen die Integrinrezeptoren an der Zelloberfläche. Während ein Teil der Zelle auf der Matrix haften bleibt, strecken sich am anderen Zellpol zytoplasmatische Fortsätze nach neuen Bindungsstellen aus. Sobald die Zelle neuen Halt gefunden hat, werden die alten Haftstellen enzymatisch gelöst. Die Enzyme, die das bewerkstelligen, werden als Matrixmetalloproteinasen (MMPs) zusammengefasst und sind essentiell für die Zellmigration über und durch die ECM. Die aktive Vorwärtsbewegung wird durch ständige Reorganisation und Umverteilung von Aktinfilamenten im Zellinneren vermittelt [31]. Die wichtigsten MMPs sind die Kollagenasen (MMP-1), die natives Kollagen denaturieren; Gelatinasen (MMP-2 und MMP-9), die partiell denaturiertes Kollagen (Gelatine) abbauen; Stromelysin (MMP-3), das zahlreiche Eiweißsubstrate (unter anderem auch Proteoglykane) der ECM angreift. MMPs haben nicht
.%YF}GO
nur eine wichtige Funktion bei der Zellwanderung, sie sind unerlässlich beim Abbau und Umbau der ECM im Rahmen des Remodellierungsprozesses [31]. Die Aktivität dieser MMPs wird unter physiologischen Bedingungen durch die ebenfalls im Gewebe vorhandenen MMP-Inhibitoren (TIMPS) streng reguliert. Eine Störung dieses kritischen Gleichgewichtes kann überschießenden Abbau von Matrixproteinen verursachen, Degradation von Wachstumsfaktoren und deren Rezeptoren bewirken und eine chronische Wundheilungsstörung nach sich ziehen. Eine zweite Familie proteolytischer Enzyme, die bei der Wundheilung von herausragender Bedeutung ist, sind die Serinproteinasen. Ein wichtiger Vertreter, die Neutrophilen-Elastase, kann fast alle Typen von Eiweißmolekülen spalten. Auch die Aktivität der Serinproteinasen wird unter physiologischen Wundheilungsbedingungen von Enzym-Inhibitoren in Schranken gehalten [3, 42]. Nach Einwanderung in die Wunde beginnen die proliferierenden Fibroblasten mit der Produktion von Matrixproteinen und ersetzen damit allmählich die provisorische Matrix. Die Synthese von Kollagen steht im Vordergrund. Ein kritischer Schritt bei der Kollagensynthese ist die Hydroxylierung von Prolin- und Lysinresten. Wichtige Kofaktoren dafür sind Sauerstoff, Eisen und Vitamin C. Ein Mangel diese Kofaktoren kann zu Wundheilungsstörungen führen [29]. Neben dem vorherrschenden Protein, dem Kollagen Typ III, produzieren die Fibroblasten Adhäsionsmatrixproteine (z. B. Fibronektin, Vitronektin) und weitere wichtige Bestandteile der ECM wie Glykosaminoglykane (z. B. Hyaluronsäure) und Glykoproteine. "OHJPHFOFTF /FPWBTLVMBSJTBUJPO
Die Neubildung der Blutgefäße wird ebenfalls von Wachstumsfaktoren (z. B. b-FGF, TGF-β, VEGF) induziert. Auch das lokale Wundmilieu einschließlich Hypoxie, saurer pH und hohe Laktatspiegel stimulieren die Angiogenese. Endothelzellen wandern ein, proliferieren, formen neue Blutgefäße und durchwachsen mit einem reich verzweigten Geflecht die Fibrinmatrix. Die jungen Blutgefäße sichern dadurch die Bereitstellung von Sauerstoff und Nährstoffen, die für die reparativen Prozesse benötigt werden. Die dichte Agglomeration von Gefäßschlingen verleiht dem Granulationsgewebe das typische samtartig gekörnte Aussehen (Granulum = Körnchen). Das Granulationsgewebe besteht vorwiegend aus proliferierenden Fibroblasten, Kapillaren und Gewebsmakrophagen umgeben von einer Matrix aus Kollagen,
&MSPSKMIHIV;YRHLIMPYRK
Glykosaminoglykanen (Hyaluronsäure) und Glykoproteinen (Fibronektin, Tenascin) [29]. Eine Schlüsselrolle bei der Bildung von Granulationsgewebe nimmt TGF-β ein: er stimuliert nicht nur die Angiogenese und die Proliferation von Fibroblasten sondern auch die Differenzierung von Myofibroblasten und die Produktion der ECM (14, 51). 8VOELPOUSBLUJPO<> Die Wundkontraktion ist ein wirkungskräftiger Vorgang, der den Wundverschluss erheblich beschleunigt. Hierbei findet keine Auffüllung des Defektes durch neues Gewebe statt, sondern eine aktive Annäherung der gesunden Wundränder zueinander. Die Wundkontraktion setzt – gleichzeitig mit der Remodellierungsphase – bereits einige Tage nach der Verletzung ein. Insgesamt setzt die Wundkontraktion ein unglaublich komplexes Zusammenspiel von Zellen, ECM und Zytokinen voraus. Ermöglicht wird die Wundkontraktion durch Myofibroblasten, i. e. modifizierte Fibroblasten mit kontraktilen Eigenschaften. Myofibroblasten besitzen Aktin-haltige kontraktile Filamente, die ihnen Eigenschaften glatter Muskelzellen verleihen. Die Kontraktion der Myofibroblasten, die wie ein Maschenwerk das Granulationsgewebe durchziehen, führt schließlich zur Schrumpfung und Verkleinerung des Wundvolumens. Zell-Zellbindungen zwischen den (Myo)fibroblasten, Verflechtung der (Myo)fibroblasten mit den Kollagenfasern und -bündeln der ECM und Vernetzung der verzweigten Kollagenbündel untereinander bilden die nötigen mechanischen Voraussetzungen [47]. Stimuliert wird die Wundkontraktion unter anderem durch TGF-β und PDGF. Das Ausmaß der Wundkontraktion wird kritisch beeinflusst von sämtlichen wichtigen Heilungsfaktoren wie Allgemeinzustand, Ernährung, Infektion und Ätiologie der Wunde. Auch die geometrische Form der Wunde beeinflusst die Wundkontraktion sehr stark. Während sie bei schmaler, strichförmiger Wundform rasch vonstatten geht, dauert sie in breiten und rundlich konfigurierten Wunden naturgemäß länger. Sobald die Wunde verschlossen ist, werden die Wachstumsfaktorrezeptoren der Fibroblasten abreguliert, ein Teil der Fibroblasten fällt der Apoptose anheim (insbesondere die Myofibroblasten), der Rest kehrt in den Ruhestand zurück [31].
3FNPEFMMJFSVOHTQIBTF
Die Remodellierungsphase umfasst die Umwandlung vom Granulationsgewebe zur Narbe. Sie beginnt gleichzeitig mit der Granulationsphase, dauert bis zu 2 Jahre an und schließt die Wundheilung ab. In dieser Phase erfolgt ein langsamer Umbau des Bindegewebes, in der die Narbe ihre endgültige Beschaffenheit wie Funktion, Stärke und Aussehen erlangt. Ein Nebeneinander von Kollagenabbau und Kollagensynthese prägen die Remodellierungsphase: Typ-3 Kollagen, das in den ersten Wochen der Wundheilung synthetisiert wurde, wird nunmehr kontinuierlich durch das stabile Typ-1 Kollagen ersetzt [29, 42]. Die Auflösung der Kollagenfasern erfolgt dabei durch spezifische MMPs, die im Wundbereich von Makrophagen, Granulozyten, Epidermiszellen, Endothelzellen und Fibroblasten in den Extrazellulärraum freigesetzt werden. Im Verlauf der Remodellierung nimmt die Aktivität der MMPs stetig ab, während die Aktivität der Inhibitoren ansteigt. Die Anwesenheit von TIMPs schützt vor überschießender Proteolyse. Ein ausgewogenes Verhältnis an MMPs und deren Inhibitoren in der Wunde ist somit absolute Voraussetzung für eine störungsfreie Heilung. Die fortlaufende Synthese von stabilem Kollagen, seine Verfestigung unter Ausbildung von Cross-links, die Verflechtung zu dickeren Bündeln und deren regelrechte Ausrichtung verleihen der heilenden Wunde wachsende Stärke. Die Ausrichtung der Kollagenbündel wird dabei den lokalen und funktionellen Erfordernissen angepasst. Dennoch wird Narbengewebe nie mehr so kräftig wie gesundes Gewebe. 2 Wochen nach einer Verletzung hat die heilende Wunde im Durchschnitt erst 5 % ihrer ursprünglichen Belastbarkeit erlangt, 3 Wochen danach etwa 20 % und 1 Monat danach zirka 40 %. Selbst nach optimalem Heilungsverlauf bleibt die Reißfestigkeit des Narbengewebes stets unter 80 % des Ausgangszustandes [29]. Am Ende der Remodellierungsphase stehen eine zell- und gefäßarme Narbe mit Verlust der Hautanhangsgebilde. Die Dichte der Kollagenfasern nimmt zu, das ursprünglich komplex verflochtene Kollagen wird durch dichte Parallelbündel ersetzt. Das Bindgewebe wird zellarm, indem Makrophagen und Fibroblasten durch Apoptose reduziert werden. Das Kapillarwachstum sistiert und es kommt zu einer Rarefizierung der Blutgefäße; die rötliche Farbe der frischen gefäßreichen Narben weicht der blassen Verfärbung der gefäßarmen alten Narbe.
3FFQJUIFMJTJFSVOH
Die Reepithelisierung der Wunde setzt innerhalb weniger Stunden nach der Verletzung ein. Ausgehend von den Hautanhangsgebilden (z. B. Haarfollikel) und den Wundrändern bedecken die epidermalen Keratinozyten die Wundoberfläche allmählich mit einem Epithelrasen und verschließen somit die Wundoberfläche [3, 38]. Migration, Proliferation und Differenzierung der Keratinozyten sind die entscheidenden Schritte. Die sonst sehr bodenständigen Keratinozyten ändern ihr Aussehen und ihre Funktion. Der Zusammenhalt der Keratinozyten untereinander geht verloren, da es zu einer Retraktion der Tonofilamente kommt und die interzellulären Desmosomen aufgelöst werden. Zuletzt verlieren die Epithelzellen auch ihre Haftung an die Basalmembran, weil auch die Hemidesmosomen der basalen Keratinozyten aufgelöst werden. Die Keratinozyten flachen ab, bilden füßchenartige Fortsätze (= Lamellipodien) aus und wandern aktiv nach lateral auf die Wundmatrix zu [35]. Voraussetzung zur Wanderung der Keratinozyten ist die Ausbildung neuer Adhäsionsmoleküle zur Anhaftung an die provisorische Matrix bzw. Wunddermis. Fibronektin/Tenascin-, Vitronektin- und Kollagenrezeptoren gewährleisten bei der Fortbewegung der Keratinozyten die nötige Haftung und Ausrichtung an die korrespondierenden Matrixproteine. Die amöboide Fortbewegung der Keratinozyten wird durch intrazelluläre kontraktile Aktinomyosinfilamente ermöglicht, die sich in den neu gebildeten Lamellipodien abwechselnd kontrahieren und entsprechend umverteilen [20, 52]. Die Keratinozyten wandern horizontal einzeln oder in Zellverbänden. Sie gleiten dabei typischerweise über den jeweils frisch gebildeten Epidermalzellsaum hinweg. Die Migration und Proliferation der Keratinozyten vom Wundrand aus wird einerseits durch den fehlenden Kontakt zu den (zerstörten) Nachbarzellen eingeleitet (»free edge effect«) und durch lokale Freisetzung von Wachstumsfaktoren (z. B. EGF, TGF-α und -β, Keratinocyte Growth Factor (KGF)) und Expression von Wachstumsfaktor-Rezeptoren angeregt. Sobald Epithelzellfronten aufeinander treffen, kommt es durch Kontaktinhibition zum Stillstand der Keratinozytenmigration. Parallel zur fortschreitenden Reepithelisierung wird auch die Basalmembran – fundamentale Verbindung und Trennschicht zwischen Epidermis und Dermis – wieder hergestellt. Der letzte Schritt ist die Fixierung der Basallamina durch die An-
.%YF}GO
kerfibrillen. Am Ende führen Keratinozytenproliferation und -differenzierung zur Ausbildung einer regelrecht verhornenden Epidermis [8]. Die Epithelisierung geht bei sauberem Wundgrund, bei intakter Basallamina und bei feuchten Wundbedingungen am schnellsten vor sich. Nekrotisches Gewebe, Debris oder Krusten verlangsamen die Epithelisierung. Die vorwachsende Epithelfront unterminiert die Wundbeläge und zwängt sich zwischen Nekrosezone und Granulationsgewebe durch. Um dieses Vordringen zu ermöglichen, setzen Keratinozyten Plasminogenaktivator zur Fibrinolyse mit Hilfe des im Koagulum vorhandenen Plasmin und MMPs zur Lyse von Kollagen frei [15, 31, 43].
$ISPOJTDIF8VOEFO
In den westlichen Industrienationen leiden etwa 1–2 % der Bevölkerung unter chronischen Wunden. Die Inzidenz steigt mit zunehmendem Lebensalter an und erreicht jenseits des 80. Lebensjahres 4–5 % (11). Vor allem arterielle, venöse und diabetische Ulzera, ebenso Dekubitalulzera, treten häufiger bei alten als bei jungen Menschen auf. Hauptursachen dafür sind sicher die zahlreichen Komorbiditäten alter Menschen, konsumierende Krankheiten, langdauernde Verabreichung heilungswidriger Medikamente wie Steroide, Antiphlogistika, oder Zytostatika, eingeschränkte Mobilität, Mangelernährung und nicht zuletzt zelluläre und biochemische Veränderungen der alternden Haut. Wenngleich die meisten Wundspezialisten sehr konkrete Vorstellungen von einer chronischen Wunde haben, so gibt es bislang keine verbindliche Definition dafür. Manche sprechen bereits bei einer Abheilungsdauer > 4 Wochen, andere erst bei einer Abheilungsdauer > 12 Wochen von einer chronischen Wunde. Zeitlimits allein können jedoch nur begrenzt den aktuellen Wundzustand wiedergeben. Eine chronische Wunde ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass trotz intensiver Therapie innerhalb eines angemessenen Zeitraumes keine Abheilung erfolgt. Gemäß den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie wird ein Ulkus cruris dann als chronisch bezeichnet, wenn es innerhalb von 3 Monaten keine Heilungstendenz aufweist oder innerhalb von 12 Monaten nicht abgeheilt ist [11}. #JPMPHJFEFSDISPOJTDIFO8VOEF< > Bei der chronischen Wunde ist die physiologische phasenhafte Heilung gestört und der Prozess »bleibt
&MSPSKMIHIV;YRHLIMPYRK
stecken«, meist in der Entzündungsphase oder in der proliferativen Phase. Wachstumsfaktoren, Zytokine, Proteasen, Zellen und ECM stellen die Hauptkomponenten der Heilung dar; Veränderungen und Störungen einzelner Elemente können die Wundheilung empfindlich bremsen. Ebenfalls erheblich beeinträchtigt wird die Wundheilung durch überschießende Entzündung, Gewebeschädigung durch freie Sauerstoffradikale, Zellalterung, krankheitsspezifische Faktoren wie Stoffwechselstörungen (z. B. Diabetes mellitus), Hypoxie unterschiedlicher Genese oder Mangelernährung. Auch nekrotisches Gewebe, Exsudat und Infektion behindern die Abheilung nachhaltig [4, 23, 45]. So lassen sich beispielsweise beim chronisch venösen Ulkus cruris gesteigert Neutrophile und Makrophagen im Gewebe nachweisen. Diese sind aktiviert und setzen vermehrt reaktive Sauerstoffspezies und verschiedene Proteasen frei. Die entzündliche Phase mit Neutrophilen und Makrophagen persistiert und beeinträchtigt einschneidend die nachfolgenden Phasen der Matrix-Ablagerung und der Reepithelisierung [40]. Die Hauptmerkmale einer chronischen Wunde sind im Wesentlichen ■ eine gesteigerte Aktivität von Matrixmetalloproteinasen (MMPs), ■ ein vermindertes Ansprechen auf Wachstumsfaktoren, ■ Seneszenz der Zellen (Zellalterung). Bei der ungestörten Abheilung akuter Wunden herrscht ein Gleichgewicht zwischen katabolen und anabolen Prozessen, Produktion und Aktivität der Gewebeproteinasen unterliegen einer engen und wirksamen Kontrolle. In chronischen Ulzera hingegen ist die enzymatische Aktivität von MMPs erhöht. Gleichzeitig ist die Aktivität der MMP-Inhibitoren im Gewebe erniedrigt. Dadurch kommt es zu einem anhaltenden und überschießenden Abbau von ECM-Proteinen (z. B. Kollagen, Fibronektin, Vitronektin). Da letztere unverzichtbare Leitstrukturen für die Proliferation, Wanderung und räumliche Ausrichtung von Fibroblasten, Endothelzellen und Keratinozyten darstellen, hat deren kontinuierliche Zerstörung einen Wundheilungsstopp zur Folge [18, 23, 29]. Doch nicht nur die permanente Degradation der Matrixproteine führt zum Stillstand von Zellproliferation und Zellmigration in der chronischen Wunde. Zytokine und Wachstumsfaktoren können im Wundgebiet ihre heilungsfördernden Effekte nicht entfalten, da sie ebenfalls von MMPs enzymatisch abgebaut und inaktiviert werden [24]. Darüber hinaus gibt es
Hinweise dafür, dass MMPs in chronischen Wunden auch Rezeptorproteine für Zytokine und Wachstumsfaktoren inaktivieren können und so ihre heilungswidrigen Effekte weiter verstärken [7, 9, 16, 21, 48]. Dieses »aggressive Mikromilieu« erklärt möglicherweise das breite Versagen lokal angewendeter rekombinanter Wachstumsfaktoren in der Therapie chronischer Wunden (40). Chronische Wunden zeichnen sich in der Regel durch eine übermäßige Entzündung aus. Tatsächlich ist das Exsudat chronischer Wunden reich an pro-inflammatorischen Zytokinen wie TNF-α und IL1 β. Diese Zytokinspiegel korrelieren eng mit dem klinischen Verlauf und sinken mit einsetzender Wundheilung ab. In der Wundflüssigkeit aus chronischen Wunden wurden etwa 100-fach höhere Konzentrationen an TNF-α und IL-1 β gemessen als in akuter Wundflüssigkeit nach Mastektomie [23]. In Zellkulturen gesunder Fibroblasten, Endothelzellen und Keratinozyten verursacht die Beigabe von Exsudat aus chronischen Wunden eine Wachstumshemmung [6], während Exsudat aus akuten Wunden die Proliferation steigert. Auch die zelluläre Entzündungsreaktion ist verändert; neutrophile Leukozyten von Patienten mit chronischen venösen Ulzera sind aktiver und produzieren mehr freie Sauerstoffradikale als von gesunden Kontrollprobanden (40). Hingegen sind die Makrophagen von Patienten mit chronischen venösen Ulzera nur unzureichend aktiviert und die Freisetzung heilungsfördernder Zytokine und Wachstumsfaktoren ist unterdrückt [12]. Für die schlechte Heilungstendenz chronischer Wunden wird auch die sog. replikative Seneszenz (»Alterung«) der Fibroblasten angeschuldigt [17]: physiologischerweise besitzen alle Zellen eine begrenzte proliferative Kapazität, d.h. die Zahl der möglichen Zellteilungen ist begrenzt. Am Ende ihrer proliferativen Lebensspanne ändern Fibroblasten ihren Phänotyp, werden resistent gegen apoptotischen Zelltod und verlieren ihre Proliferationsfähigkeit [28, 37, 41]. In chronischen venösen Ulzera mit schlechter Heilungstendenz lassen sich vermehrt Fibroblasten im Stadium der Seneszenz nachweisen [17]. Sie teilen sich langsamer als Fibroblasten aus gesundem Gewebe und können nur noch eine begrenzte Zahl von Tochterzellen generieren [33, 46]. Einerseits verursachen im chronischen Wundmilieu vermutlich pro-inflammatorische Zytokine, oxidativer Stress oder bakterielle Toxine das Phänomen der frühzeitigen Zellalterung. Experimentell hemmt jedenfalls chronische Wund-
flüssigkeit die DNA-Synthese und das Wachstum von Fibroblasten [6, 32] Andererseits kommt es in chronischen Wunden möglicherweise durch lang dauernde übersteigerte und unkoordinierte Zellteilungen zur Erschöpfung der proliferativen Kapazität [1, 49]. Seneszente Fibroblasten produzieren im Vergleich zu gesunden Zellen vermehrt proteolytische Enzyme wie Kollagenase, Elastase und Stromelysin und vermindert TIMP-1 und TIMP-9. Die Akkumulation seneszenter Fibroblasten im Wundgebiet trägt auf diese Weise vermutlich entscheidend zum chronischen Verlauf bei [17].
.%YF}GO 4VJYRKWJVEKIR
1. Welche Phasen der Wundheilung können unterschieden werden? 2. Welche Rolle spielen Zytokine und Wachstumsfaktoren bei der Wundheilung? 3. Was ist der Unterschied zwischen akuten und chronischen Wunden? 4. Was sind die Merkmale chronischer Wunden? 5. Welche Bedeutung haben Proteinasen für die Wundheilung?
0MXIVEXYV %JF8VOEIFJMVOHJN"MUFS
Die alternde Haut ist insgesamt verletzlicher und die Wundheilung verzögert [12]. Bestimmte Krankheiten (z. B. chronische venöse Insuffizienz, arterielle Durchblutungsstörung), Komorbiditäten (z. B. Herz-Kreislaufschwäche, Diabetes mellitus), Medikation (z. B. Antiphlogistika) und die vielfältigen strukturellen und funktionellen Veränderungen der Altershaut steigern das Risiko für die Entstehung chronischer Ulzera. Die Altershaut ist in allen Schichten verdünnt, zellärmer und an den funktionstragenden Strukturen rarefiziert. Es kommt zu einem verlangsamten Turnover der Epidermis, die Mitoserate ist reduziert und die Reepithelisierung von Wunden dauert etwa doppelt so lange. Das sägezahnartige Profil der dermo-epidermalen Junktionszone ist eingeebnet, die Retezapfen flachen ab oder verschwinden. Das führt zu einer gesteigerten mechanischen Verletzlichkeit gegenüber Schertraumen, Neigung zu Blasenbildung und schlechteren Ernährungsverhältnissen der Epidermis. Parallel zur generellen Schwächung der Immunkompetenz nehmen die Langerhanszellen der Epidermis im Alter um etwa 50 % ab. Entzündliche und immun-vermittelte Reaktionen verlaufen langsamer und milder. Auch in der Dermis kommt es zur Rarefikation aller Bestandteile. Der Prozentsatz seneszenter, proliferationsschwacher Fibroblasten nimmt zu. Außerdem kommt es zu einer veränderten Zusammensetzung und verminderten Qualität der ECM-Proteine. Verringerter Gewebeturgor und geringere Reißfestigkeit sind die Folgen. Das Gefäßsystem ist ebenfalls vom Alterungsprozess massiv betroffen: Weitstellung und Wandstarre der postkapillären Venolen führt zu Teleangiektasien und Hämorrhagien nach Trivialtraumen. Die Zahl der Kapillaren schwindet und es kommt zu einem Verlust von bis zu 30 % des kumulativen Querschnitts [15].
?A Agren MS, Steenfos HH, Dabelsteen S et al (1999) Proliferation and mitogenic response to PDGF-BB of fibroblasts isolated from chronic venous leg ulcers is ulcer-age dependent. J Invest Dermatol 112: 463–69 ?A Asmussen PD, Söllner B (1993) Die Prinzipien der Wundheilung. Hippokrates Verlag, Stuttgart, 70–107 ?A Baum CL, Arpey C (2005) Normal cutaneous wound healing: clinical correlation with cellular and molecular events. Dermatol Surg 31: 674–86 ?A Bello YM, Phillips TJ (2000) Recent advances in wound healing. JAMA 283: 716–18 ?A Braun Falco O, Plewig G, Wolff HH, Burgdorf WHC, Landthaler M (2005) Dermatologie und Venerologie, 5. Aufl. Springer Medizin Verlag, Heidelberg, 13 ?A Bucalo B, Eaglestein WH, Falanga V (1993) Inhibition of cellular proliferation by chronic wound fluid. Wound Rep Reg 1: 181–186 ?A Bullen EC, Longaker MT, Updike DL et al (1995) TIMP-1 is decreased and activated gelatinases are increased in chronic wounds. J Invest Dermatol 104: 236–240 ?A Clark RAF (1985) Cutaneous tissue repair. Basic biologic considerations. J Am Acad Dermatol 13: 701–725 ?A Cowin AJ, Hatzirodos N, Holding CA, et al (2001) Effect of healing on the expression of transforming growth factor βs and their receptors in chronic venous leg ulcers. J Invest Dermatol 117: 1282–1289 ?A Desmoulière A, Chaponnier C, Gabbiani G (2005) Tissue repair, contraction, and the myofibroblast. Wound Rep Reg 13: 7–12 ?A Dissemond J (2006) Wann ist eine Wunde chronisch? Der Hautarzt 57: 55 ?A Enoch S, Price P (2004) Cellular, molecular and biochemical differences in the pathophysiology of healing between acute wounds, chronic wounds and wounds in the aged. World Wide Wounds: http://www.worldwidewounds.com/2004/august/enoch/ pathophysiology-of-healing.html ?A Falanga V (2003) Mechanisms of cutaneous wound repair, chap. 21. In: Fitzpatrick’s dermatology in general medicine, 6th ed. (Freedberg IM, Eisen AZ, Wolff K, Austen KF, Goldsmith LA, Katz SI, eds). McGraw-Hill Medical Publishing Division, 236–246 ?A Falanga V, Shen J (2001) Growth factors, signal transduction and cellular responses. In: Cutaneous wound healing (Falanga V, ed). Martin Dunitz, London, 81–93
&MSPSKMIHIV;YRHLIMPYRK
?A Fritsch P (2004) Dermatologie und Venerologie. Grundlagen, Klinik, Atlas, 2. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg, 41–42 ?A Grinell F, Zhu M (1996) Fibronectin degradation in chronic wounds depends on the relative levels of elastase, α1-proteinase inhibitor and α2-macrogobulin. J Invest Dermatol 106: 335–41 ?A Harding KG, Moore K, Phillips TJ (2005) Wound chronicity and fibroblast senescence – implications for treatment. Int Wound J 2: 364–68 ?A Herrick S, Ashcroft G, Ireland G et al (1997) Up-regulation of elastase in acute wounds of healthy aged humans and chronic venous leg ulcers are associated with matrix degradation. Lab Invest 77: 281–88 ?A Iocono JA, Ehrlich HP, Gottrup F et al (1998) The biology of healing. In: Wounds: Biology and management (Leaper DJ, Harding KG, eds). Oxford University Press, Oxford New York, 10–22 ?A Jacinto A, Martinez-Arias A, Martin P (2001) Mechanisms of epithelial fusion and repair. Nat Cell Biol 3: E117–E123 ?A Jude EB, Blakytny R, Bulmer J et al (2002) Transforming growth factor-β 1,2,3 and receptor type I and II in diabetic foot ulcers. Diabet Med 19: 440–447 ?A Kirsner RS (2003) Wound healing, chap. 141. In: Dermatology (Bolognia JL, Jorizzo JL, Rapini RP, Horn T, Mancini A, Mascaro JM, Salasche SJ, Saurat JH, Stingl G, eds). Mosby, London, 2207–18 ?A König M, Peschen M, Vanscheidt W (1999) Molecular biology of chronic wounds. In: Management of leg ulcers. Curr Probl Dermatol (Hafner J, Ramelet A-A, Schmeller W, Brunner UV, eds). Karger, Basel, 8–12 ?A Lauer G, Sollberg S, Cole M et al (2000) Expression and proteolysis of vascular endothelial growth factor is increased in chronic wounds. J Invest Dermatol 115: 12–18 ?A Li WW, Talcott KE, Zhai AW, Kruger EA, Li VW (2005) The role of therapeutic angiogenesis in tissue repair and regeneration. Adv Skin Wound Care 18: 491–500 ?A Majno G, Gabbiani G, Hirschel BJ, et al (1971) Contraction of granulation tissue in vitro: similarity to smooth muscle. Science 173: 548–550 ?A Martin GM, Sprague CA, Epstein CJ (1970) Replicative life span of cultivated human cells. Effects of donor’s age, tissue and genotype. Lab Invest 1970 2: 86–92 ?A Martin P, Leibovich SJ (2005) Inflammatory cells during wound repair: the good, the bad and the ugly. Trends Cell Biol 15: 559–607 ?A Mauro T (2005) Natural course of wound repair versus impaired healing in chronic cutaneous ulcers. In: Wound healing and ulcers of the skin. Diagnosis and therapy – the practical approach (Shai A, Maibach HI, eds). Springer, Berlin Heidelberg New York, 7–17 ?A McGrath JA, Breathnach SM (2004) Wound healing, chap. 11. In: Rook’s textbook of dermatology, 7th ed. (Burns T, Breathnach S, Cox N, Griffiths C, eds). Blackwell Science, 11.1–11.25 ?A Mehendale F, Martin P (2001) The cellular and molecular events of wound healing. In: Cutaneous wound healing (Falanga V, ed). Martin Dunitz, London, 15–37 ?A Mendez MV, Raffetto JD, Phillips TJ et al (1999) The proliferative capacity of neonatal skin fibroblasts is reduced after exposure to venous ulcer wound fluid: A potential mechanism for senescence in venous ulcers. J Vasc Surg 30: 734–743 ?A Mendez MV, Stanley A, Park HY et al (1998) Fibroblasts cultured from venous ulcers display cellular characteristics of senescence. J Vasc Surg 28: 876–883
?A Micera A, Vigneti E, Pickholtz D et al (2001) Nerve growth factor displays stimulatory effects on human skin and lung fibroblasts, demonstrating a direct role for this factor in tissue repair. Proc Natl Acad Sci USA 98: 6162–67 ?A Mitchison TJ, Cramer LP (1996) Actin-based cell motility and cell locomotion. Cell 84: 371–79 ?A Moseley R, Stewart JE, Stephens P, Waddington RJ, Thomas DW (2004) Extracellular matrix metabolites as potential biomarkers of disease activity in wound fluid: lessons learned from other inflammatory diseases? Br J Dermatol 150: 401–413 ?A Raffetto JD, Mendez MV, Phillips TJ et al (1999) The effect of passage number on fibroblast cellular senescence in patients with chronic venous insufficiency with and without ulcer. Am J Surg 178: 107–12 ?A Santoro MM, Gaudino G (2005) Cellular and molecular facets of keratinocyte reepithelization during wound healing. Exp Cell Res 304: 274–86 ?A Schaffer CJ, Nanney LB (1996) Cell biology of wound healing. Int Rev Cytol 169: 151–81 ?A Scharfetter-Kochanek K, Schüller J, Meewes C et al (2003) Das chronisch venöse Ulcus cruris. Pathogenese und Bedeutung des »aggressiven Mikromilieus«. JDDG 1: 58–67 ?A Schneider EL, Mitsui Y (1976) The relationship between in vitro cellular aging and in vivo human age. Proc Natl Acad Sci USA 73: 3584–88 ?A Schultz GS, Ladwig G, Wysocki A (2005) Extracellular matrix: review of its roles in acute and chronic wounds. http://www.worldwidewounds.com/2005/august/schultz/extrace -matric-acute-chronic-wounds.html ?A Singer AJ, Clark RAF (1999) Cutaneous wound healing. NEJM 341: 738–46 ?A Smith PG, Liu M (2002) Impaired cutaneous wound healing after sensory denervation in developing rats: effects on cell proliferation and apoptosis. Cell Tissue Res 307: 281–91 ?A Smola H, Eming S, Hess S, Werner S, Krieg T (2001) Wundheilung und Wundheilungsstörungen. Moderne Konzepte zur Pathophysiologie und Therapie. Deutsches Ärzteblatt 98: 2802– 09 ?A Stanley A, Osler T (2001) Senescence and the healing rates of venous ulcers. J Vasc Surg 33: 1206–11 ?A Tomasek JJ, Gabbiani G, Hinz B et al (2002) Myofibroblasts and mechano-regulation of connective tissue remodelling. Nat Rev Mol Cell Biol 3: 349–63 ?A Trengove NJ, Stacey MC, MacAuley S et al (1999) Analysis of the acute and chronic wound environments: The role of proteases and their inhibitors.Wound Rep Reg 7: 442–52 ?A Vande-Berg JS, Rudolph R, Hollan C et al (1998) Fibroblast senescence in pressure ulcers. Wound Rep Reg 6: 38–49 ?A Weller R (2003) Nitric oxide: a key mediator in cutaneous physiology. Clin Exp Dermatol 28: 511–514 ?A Werner S, Grose R (2002) Regulation of wound healing by growth factors and cytokines. Physiol Rev 83: 835–870 ?A Zhao M, Song B, Pu J et al (2003) Direct visualization of a stratified epithelium reveals hat wounds heal by unified sliding of cell sheets. FASEB J 17: 397–406
%FOV^YRKIR F*+*Basic Fibroblast Growth Factor )+* Epidermal Growth Factor *+* Fibroblast Growth Factor -+* Insulin-like Growth factor-1 -0 Interleukin-1 -0 Interleukin-6 /+* Keratinocyte Growth Factor 114W Matrixmetalloproteinasen 2*+ Nerve Growth Factor 4(+* Platelet-Derived Growth Factor 8+*α Transforming Growth Factor α 8+*β: Transforming Growth Factor-β 1 8-147 Gewebeinhibitoren der Metalloproteinasen 82*α Tumor Necrosis Factor α 82*β Tumor Necrosis Factor β :)+* Vascular Endothelial Growth Factor )'1 Extrazelluläre Matrix
.%YF}GO
/ETMXIP
(MIWXVYOXYVMIVXIZIVFEPI(SOYQIRXEXMSRZSR,EYX[YRHIR¦ HEW+6)-71SHIPP 8,YR^MOIVYRH8)FIVPIMR
>YWEQQIRJEWWYRK
Die verbale Wunddokumentation ist aus fachlicher wie auch aus rechtlicher Sicht absolut unverzichtbar. Dabei ist diese Dokumentation interprofessionelles und interdisziplinäres Kommunikationsmittel, Grundlage der rechtlichen Absicherung und wesentliches Element der Qualitätskontrolle. Eine Vielzahl von Systemen wurde vorgeschlagen und implementiert. Dieser Beitrag soll zur strukturierten klinischen, morphologisch und topographisch orientierten Erfassung von wesentlichen Parametern von Hautwunden dienen.
;VS#FEFVUVOHFJOFSWFSCBMFO8VOEEPLVNFOUBUJPO
Der Verzicht auf eine verbale Dokumentation im Wundmanagement ist aus fachlicher wie auch aus rechtlicher Sicht völlig unmöglich. Bei allen Theoretikern und Praktikern ist große Einigkeit darüber festzustellen, dass die Wundbeschreibung als ein Ausdruck wundbehandlerischer Fachkompetenz unabdingbar ist [1–8]. Die fachliche Beurteilung und verbale Dokumentation, welche immer mit einer klinischen Interpretation des Befundes und der Erwägung diagnostischer und/oder therapeutischer Konsequenzen einhergehen soll, muss integraler Bestandteil wunddiagnostischer und -therapeutischer Maßnahmen bleiben.
)XEFPMIVYRKZSR7]WXIQIR
Eine Vielzahl von Skalen und definierten, teilweise auch (semi-) quantitativen Systemen ist entwickelt
und klinisch implementiert worden. Beispielhaft sei in diesem Zusammenhang auf das »TIME model for wound bed preparation« verwiesen. Dieses Konzept [1, 2] wurde kürzlich durch die EWMA und das International Wound Bed Preparation Advisory Board eingeführt, wobei T für Tissue = Gewebe, I für Inflammation/ infection = Entzündung/Infektion, M für Moisture = Exsudat und E für Edge bzw. Epidermis = Wundrand stehen [9]. Jedoch besteht weiterhin ein Problem mit der strukturierten, morphologisch und topographisch orientierten Erfassung von wesentlichen Parametern zur Beurteilung akuter und vor allem chronischer Hautwunden. Brunner und Eberlein haben 2003 versucht, eine entsprechende deutschsprachige Auflistung zu erstellen [6]. In der internen Organisation verschiedener wundspezialisierter Einrichtungen übernimmt diese Übersicht, teilweise adaptiert, heute die Funktion einer Checkliste und hilft in der täglichen vulnerologischen Praxis, die therapierelevanten Befunde einer Wunde gegliedert zu beschreiben. Dokumentiert werden die globale Topographie, d. h. die exakte Lage und Position der Wunde, beschrieben mit den üblichen anatomischen Begriffen, sowie die lokale Topographie, Tektonik und Ikonographie, d. h. die Wundform, -gestalt und -oberfläche und prima vista nicht erkennbare Besonderheiten wie Wundtaschen oder Fisteln. Anamnestische Erhebungen bezüglich Wundgenese und allfällige Grunderkrankungen müssen für eine umfassende klinische Zusammenstellung vorausgesetzt werden. Ebenso sollten systemische Auswirkungen der Wunde, z. B. Mangelernährung infolge Immobilisation oder Nebenwirkungen eines chronischen Schmerzmittelkonsums, rechtzeitig erkannt und adäquat bewertet werden.
(EW+6)-71SHIPP
Wenn die bestehende Vielzahl von Systemen einerseits die Bedeutung der unterschiedlichen in der Wundbehandlung beteiligten medizinischen Disziplinen verdeutlicht, muss dennoch hervorgehoben werden, dass diese Fülle an Möglichkeiten eine einheitliche Sprachregelung verhindert. Deshalb schlagen wir für den deutschsprachigen Raum eine Übereinkunft unter dem Kürzel »GREIS« vor, welches helfen soll, die verbale Dokumentation gegliedert von der Wunde zu deren Umgebung hin zu strukturieren, ohne unterliegende Pathologien und die subjektiven Symptome zu vergessen. Da chronische Hautwunden vor allem ältere Patienten betreffen, scheint uns dieses Kürzel – bei vollem Respekt vor dem Alter – besser merkbar als z. B. »URGE« [10] oder »UFER« [8]. +6)-71SHIPP G – (rund der Wunde R – 3and der Wunde E – &xsudation aus der Wunde I – *nflammation der Wundumgebung S – 4ubjektive Symptomatik 5YERXMXEXMZI%FWGLmX^YRK Schweregrade können bei Bedarf mit gering/wenig/ mild (+), mäßig/moderat (++) und stark/ausgeprägt/ schwer (+++) gewertet werden. Natürlich weist eine solche Quantifizierung schon aufgrund der ausgeprägten Subjektivität Grenzen auf [11]. Quantifizierung soll also nur dort erfolgen, wo damit eine verbesserte Aussagesituation erreicht werden kann. Wo immer möglich müssen Bezugsgrößen und Referenzen vereinbart werden (z. B. Exsudationsverhalten – Anzahl Verbandswechsel, Schmerzen – Schmerzmittelbedarf) [3, 6, 8, 10]. Die Vorgabe eines Standards und die Definition einer erforderlichen Basisdokumentation soll der Qualitätskontrolle in den wundspezialisierten Einrichtungen dienen. Bei Bedarf, z. B. im Rahmen von Studien, lässt sich das Spektrum der zu dokumentierenden Parameter gezielt erweitern. Zudem kann anhand der strukturiert erfassten Parameter in der Regel eine klinische Interpretation jederzeit auch in Abwesenheit des Patienten vorgenommen werden, was ermöglichen sollte, die Synergie unter den beteiligten Berufsgruppen und letztlich die Effizienz der Betreuung von Wundpatienten wesentlich zu steigern. In diesem Licht scheint der Mehraufwand einer strukturierten verbalen Wunddokumentation vom Typ des
8,YR^MOIVYRH8)FIVPIMR
GREIS-Modells gegenüber einem unsystematischen Krankengeschichteneintrag auch im Klinikalltag gerechtfertigt.
0MWXI^YV)VJEWWYRKVIPIZERXIV4EVEQIXIVJV HMI&IYVXIMPYRKZSR,EYX[YRHIRMQ6ELQIR HIW+6)-71SHIPPW -FHFOEF GFUUWPSHFTDIMBHFOF#BTJTEPLVNFOUBUJPO < >#FJTQJFMFFJOFSLMJOJTDIFO*OUFSQSFUBUJPO
#FSFJDI
#FTDISFJCVOH
(3&*4°(SVOEEFS8VOEF -PLBMJTBUJPO
HFNjTTCMJDIFOBOBUPNJTDIFO#F HSJGGFO
(SzF 'MjDIF 5JFGF 'PSN
HSzUF-jOHFVOE SFDIUXJOLMJHEBS BVGTUFIFOEF #SFJUFTPXJF5JFGF 'PUPEPLVNFOUBUJPONJUBN8VOE SBOEBQQMJ[JFSUFN3FGFSFO[NBTT
5FLUPOJL
¿BDI QMBO
IzDLFSJH VOSFHFMNjJH BVGHFXPSGFO,SZQUFO ,SBUFS 5B TDIFO 'JTUFMO
(SBOVMBUJPO RVBOUJUBUJWF"CTDIjU [VOHC[X2VBOUJ¾[JF SVOHBOIBOE'PUPEPLV NFOUBUJPO
WPSIBOEFO°GFIMFOE VOUFS°JN°CFS )ZQFSHSBOVMB UJPO 6NHFCVOHTOJWFBV GFJOLzSOJHF4USVLUVS<OPSNBM> WFSNFISUF7FSMFU[MJDILFJU<*OGFLU > 'BSCFIFMMSPU<OPSNBM>°CMBTTSPU <"OjNJF >°MJWJEF<;ZBOPTF >
#FMjHF RVBOUJUBUJWF"CTDIjU [VOHC[X2VBOUJ¾ [JFSVOHBOIBOE'PUP EPLVNFOUBUJPOHHG .JTDIGPSNFO
GFTUIBGUFOE°BCTUSFJGCBS 'BSCFHFMCMJDIGFTUIBGUFOE ¾CSJOzT HFMCBCTUSFJGCBSFJUSJH TDIXBS[OFLSPUJTDI SPUTDIXBS[ IBFNPSSIBHJTDI CSBVOHSOMJDI LSJUJTDILPMPOJTJFSUJO¾[JFSU 'SFNENBUFSJBMJFO [#7FSCBOET 4BMCFOSFTUF
&QJUIFMJTJFSVOH WPSIBOEFO SBOETUjOEJH¨FEHFFG RVBOUJUBUJWF"CTDIjU GFDU§ &QJUIFMJOTFMO °GFIMFOE [VOHC[X2VBOUJ¾[JF 'BSCFSPTBTQJFHFMOE SVOHBOIBOE'PUPEPLV NFOUBUJPO
6OUFSMJFHFOEF USVLUVSFO 4
4FIOFO 'BT[JFO .VTLVMBUVS ,OP DIFO ¨QSPCFUPCPOF§ <0TUFPNZF MJUJT > (FMFOLFGSFJMJFHFOE 'JCSPTF XFJTTMJDIEFSC
7FSLBMLVOHFO<4LMFSPEFSNJF >7FS LOzDIFSVOHFO
BQQSPYJNBUJWF'MjDIFYHSzUF-jOHFYHSzUF#SFJUF JO"OMFIOVOHBO&MMJQTF
(MIWXVYOXYVMIVXIZIVFEPI(SOYQIRXEXMSRZSR,EYX[YRHIR¦HEW+6)-71SHIPP #FSFJDI
#FTDISFJCVOH
(3&*4°3BOEEFS8VOEF
#FSFJDI
#FTDISFJCVOH
(3&*4°*O¿BNNBUJPO&OU[OEVOHEFS8VOEVNHFCVOH
5FLUPOJL
BVGHFXPSGFO ¨8BMM§
CFSIjO HFOEF4USVLUVSFO ¨-FG[FO§
6OUFS NJOJFSVOH 5BTDIFO 5VOOFMCJMEVOH 'JTUFMO
,POTJTUFO[ 1BMQBUJPOTCFGVOE
XFJDI°EFSC IFSEGzSNJHF * O¾MUSBUJPO %FMMFOCJMEVOH RVBOUJUBUJWF "CTDIjU[VOH <eEFN >
)BVUTUBUVT FWRVBOUJUBUJWF"C TDIjU[VOHC[X2VBOUJ ¾[JFSVOHBOIBOE'PUP EPLVNFOUBUJPO
SBOETUjOEJHF&QJUIFMJTJFSVOH ¨FEHFFGGFDU§ 5SPQIJL )ZQFSQMBTJF"USPQIJF )ZQFSLFSBUPTFO .B[FSBUJPO #MVUVOHFO /FLSPTFO <7BTLVMPQBUIJF > HFSzUFU<&OU[OEVOH >°MJWJEF <;ZBOPTF >°CMB<"OjNJF >
#FSFJDI
#FTDISFJCVOH
(3&*4°&YTVEBUJPOBVTEFS8VOEF .FOHF RVBOUJUBUJWF "CTDIjU[VOH
HFSJOHNjJHTUBSL
$IBSBLUFS'BSCF
TFSzT EOO¿TTJH LMBS
TFSP¾CSJ OzT NjJHEOO¿TTJH HFMCMJDI
¾CSJOzT [jI¿TTJH HFMCMJDI
Ij NPSSIBHJTDI CMVUJH
FJUSJHQVUSJEF SBINJHHFMCMJDI
(FSVDI
HFSVDIMPT°CFMSJFDIFOE TUJOLFOE TMJDI KBVDIJHGzUJEF
)BVUTUBUVT
5SPQIJL )ZQFSQMBTJF"USPQIJF 4DIXJFMFO 1BQJMMPNBUPTJTDVUJT 5SPDLFOIFJU )ZQFSLFSBUPTFO 4DIVQQVOH)BVUBOIBOHTHFCJMEF 1JHNFOUJFSVOHFO /BSCFO %FMMFOCJMEVOHHFOFSBMJTJFSU°MPLB MJTJFSUQFSJVM[FSzT RVBOUJUBUJWF"C TDIjU[VOH <0FEFN > .B[FSBUJPO &L[FNBUJTBUJPO BLVUTVCBLVU DISPOJTDI
&YLPSJBUJPOFO #MVUVOHFO 1FUFDIJFO 4VGGVTJPOFO QBMQBCMF1VSQVSB<7BTLVMPQBUIJF > 'BSCF HFSzUFU<*OGFLU BMMFSHJTDIFWTJSSJUB UJWF%FSNBUJUJT )ZQPEFSNJUJT >°MJ WJEF<;ZBOPTF >°CMB<"OjNJF > 5FNQFSBUVS CFSXjSNU<*OGFLU >°VOUFSLIMU
4FLVOEjSTDIjEFO EVSDI7FSCjOEF
4DIFVFS%SVDLTUFMMFO &SZUIFNF #MBTFO&SPTJPOFO #MVUVOHFO /F LSPTFO
4USBOHVMBUJPO 4DIOSGVS DIFO 0FEFNF /FLSPTFO
6OUFSMJFHFOEF USVLUVSFO 4
7FSLBMLVOHFO<4LMFSPEFSNJF >7FS LOzDIFSVOHFO 5SPQIJLVOE'VOLUJPO.VTLVMBUVS (FMFOLTUBUVT ;VTUBOEVOE'VOLUJ PO <SIFVNBUJTDIF&SLSBOLVOHFO > TQF[JFMM4QSVOHHFMFOL<$7* > ,PO¾HVSBUJPOVOE4UBCJMJUjU ,OPDIFO<EJBCFUJTDIF0TUFPBSUISP QBUIJF >
#FSFJDI
#FTDISFJCVOH
(3&*4°4VCKFLUJWF4ZNQUPNBUJL 8VOETDINFS[ (SBEVJFSVOHNJU UFMT4DINFS[TLBMB 4DINFS[NJUUFMCFEBSG
*OUFOTJUjU $IBSBLUFS "VTMzTVOH
6NHFCVOHTTDINFS[FO -PLBMJTBUJPO *OUFOTJUjU $IBSBLUFS "VTMzTVOH (SBEVJFSVOHNJU #FSISVOH<*OGFLU > #FMBTUVOH
UFMT4DINFS[TLBMB 4DINFS[NJUUFMCFEBSG
+VDLSFJ[
-PLBMJTBUJPO )BVUWFSjOEFSVOHFO WHM* )BVUTUBUVT
8,YR^MOIVYRH8)FIVPIMR
Weitere Aspekte, welche für eine allumfassende Betrachtung eines Wundpatienten unverzichtbar sind, wurden in dieser klinisch-morphologischen Darstellung bewußt ausgeklammert. Dies geschah ausschließlich im Hinblick auf den Zuschnitt dieses Themas. Für die Gesamtdarstellung können diese Größen (z. B. Lebensqualität, Mobilität, soziale Kontakte als weitere Rubriken unter S) ggf. ergänzt werden. Je nach Wundtyp (Dekubitalulzera, vaskuläre Ulcera cruris, diabetische Fußulzera) und vorliegender Gesamtsituation sind folgende weitere Bereiche vertieft zu dokumentieren: Gefäßstatus, Neurostatus, Infektstatus. #FSFJDI
#FTDISFJCVOH
(FGjTUBUVT
BSUFSJFMM QFSJQIFSF1VMTF 5FNQFSBUVS #MjTTF;ZBOPTF 3FQFSGVTJPOT[FJDIFO HF TUzSUF5SPQIJL WFOzT 7BSJ[FO\4UBNN SFUJLVMjS#FTFOSFJTFS$PSPOBQIMFCFD UBUJDB^ XFHESDLCBSFTeEFN %FSNP FQJEFSNJUJT )ZQPEFSNJUJT %FSNBUP'BT [JP-JQP4LMFSPTF "USPQIJFCMBODIF 1JHNFOUJFSVOHFO MZNQIBUJTDI IBSUF4DIXFMMVOH 4UFNNFS ;FJDIFO 1BQJMMPNBUPTJTDVUJT
/FVSPTUBUVT
0CFS¿jDIFOVOE5JFGFOTFOTJCJMJUjUJOUBLU° HFTUzSU<1PMZOFVSPQBUIJF > 5SPQIJLEFS)BVUVOE"OIBOHTHFCJMEF
*OGFLUTUBUVT
CBLUFSJFMM 3zUVOH fCFSXjSNVOH #FSISVOHTTDINFS[ FWSFHJPOjSF-ZNQIBEFOJUJT 'JFCFS<&SZTJQFM $FMMVMJUJT >3zUVOH 1VTUFMO HFMCMJDIF,SVT UFO<*NQFUJHP > NZLPUJTDI 3zUVOH 4DIVQQVOH <%FSNBUPQIZUFO > &SPTJPOFO<$BOEJEB >
1SGVOHTGSBHFO
1. Welche Domänen der Wunde verbergen sich hinter dem Akronym »GREIS«? 2. Quantifizierbare Größen der Wundbeschreibung sollten erfasst werden. Welche Quantifizierungsstufen erscheinen Ihnen etabliert und praktikabel? 3. Welche Strukturbeteiligung wird mit der sog. »Probe-to-bone« überprüft?
-JUFSBUVS <> Falanga V (2004) Wound bed preparation: science applied to practice. European Wound Management Association (EWMA). Position document: Wound bed preparation in practice. MEP, London <> Falanga V (2000) Classification for wound bed preparation and stimulation of chronic wounds. Wound Rep Reg 8: 347–352 <> Doughty, DB (2004) Wound assesment: tips and techniques. Adv Skin Wound Care 17: 369–72 <> Röhlig HW (2005) Aktualisierte gesetzliche Bestimmungen zur Fotodokumentation. Hartmann Wund Forum: 5–7 <> Huhn A (2005) Rechtliche Aspekte der Wundbehandlung. In: Manuale zur Pharmazeutischen Betreuung (Brandt H, Kammerlander G, Eberlein T, Huhn A, Hrsg.) Bd 5: Wundversorgung. Govi-Verlag, Eschborn <> Brunner U, Eberlein T (2003) Beurteilung einer chronischen Wunde hinsichtlich Therapiemöglichkeiten – Zusammenstellung wesentlicher qualitativer Parameter. Folia Vulnerologica Nr. VIII. SAfW Eigenverlag, Zürich <> Wild T, Sahora K, Fortner N (2001) Standardisierung der Wunddiagnostik durch computergestützte digitale Wundanalyse. In: Entwicklungen der klinischen Pflege (Kozon V, Fortner N, Hrsg.). ÖGVP, Wien <> Eberlein T, Brunner U, Zimpfer F, Andriessen, A, Assadian O, Augustin M, Bauernfeind G, Gerber V, Hoffmann M, Hunziker T, Jünger M, Risse A, Wozniak G, Abel M (2006) Wundbeurteilung und Wundinterpretation (in Druck) <> Vanscheidt W (2005) Vortragsabstract, Dresden <> Probst W, Vasel-Biergans A (2004) Wundmanagement. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart <> Van Rijswijk L (2001) Woundassessment and documentation. In: Krasner DL, Rodeheaver GT, Sibbald RG (eds.) Chronic wound care: A clinical source book for health care professionals, 3. Aufl., HMP Communications, London
,BQJUFM
%JHJUBMF8VOEBOBMZTFNJU8)"5 8PVOE)FBMJOH"OBMZ[JOH5PPM
44USFNJU[FSVOE58JME
;VTBNNFOGBTTVOH
Die Behandlung von chronischen Wunden beruht in der Praxis noch immer auf rein subjektiven Eindrücken des behandelnden Arztes. Studien zeigen, dass das menschliche Auge unfähig ist, Farbunterschiede und Größenverhältnisse korrekt zu beurteilen. Mit W.H.A.T. steht erstmals ein Analyseund Dokumentationssystem zur Verfügung, mit dem chronische Wunden elektronisch und objektiv evaluiert werden können. Das Programm ist in der Lage digital fotografierte Läsionen bezüglich ihrer Ausdehnung und ihrer Gewebszusammensetzung zu analysieren. Dies wird einerseits mit Hilfe eines neben die Wunde platzierten Kalibrierungsquadrates, andererseits durch Farbanalyse der drei Hauptgewebsarten Granulationsgewebe, Fibrinbeläge und Nekrose erreicht. Die Software erstellt am Ende der Auswertung automatisch einen Wundbericht, der eine umfassende Wunddokumentation und Heilungsverlaufskontrolle garantiert. Dadurch kommt es nicht nur zur Verbesserung der Behandlung durch Auswahl des richtigen Therapieregimes, sondern auch zu einer Absicherung des Arztes in forensischer Hinsicht. Die Wundanalyse mit W.H.A.T. dauert nur wenige Minuten und ist auf jeder Station oder Ambulanz einfach anwendbar.
"MMHFNFJOFT
Die Behandlung chronischer Wunden stellt eine große Herausforderung sowohl für das behandelnde Personal als auch für den Patienten dar. Zu diesem Zweck
steht eine Vielzahl an Therapieregimen und Behandlungsmethoden zur Verfügung, wobei es durch das enorme Angebot an Wundauflagen und Heilmitteln für den behandelnden Arzt oft schwierig ist, den Überblick zu behalten. Zu den typischen chronischen Wunden gehören venöse Geschwüre (Ulcus cruris), ischämische Geschwüre auf Grund einer insuffizienten Durchblutung (diabetischer Fuß), Auflagegeschwüre bei bettlägerigen Patienten (Dekubitus) und Wundheilungsstörungen nach operativen Eingriffen. Das Krankheitsbild der chronischen Wunde stellt für den Patienten eine besondere Belastung dar. Lange Krankenhausaufenthalte, zeitraubende Ambulanzbesuche, Abhängigkeit von mobilen Pflegediensten stellen nur einen Teil der Einschränkungen der Lebensqualität dar. Daten zeigen, dass die durchschnittliche Krankenhausaufenthaltsdauer bei Patienten mit akuten Wundheilungsstörungen im Durchschnitt 15 Tage länger ist als bei Patienten mit der gleichen Behandlung ohne Komplikationen, oft sind Jahre bei chronischen Wunden geläufig (z. B. Ulcus cruris seit 60 a). In Zeiten der finanziellen Kürzungen und Einsparungen ist besonderer Wert auf eine ökonomische Vorgangsweise zu legen. Die Kosten für die Behandlung von chronischen Wunden bedeuten eine zunehmende Belastung für die westlichen Gesundheitssysteme. Jedes Jahr werden Milliarden Euro dafür aufgewendet. Dabei wird nur ein Teil für Wundauflagen und Heilmittel verwendet, ein Löwenanteil entfällt auf Patiententransport, Personal und Kosten, die durch den Ausfall der Arbeitskraft des Patienten entstehen. Die große Zielsetzung muss daher die Verkürzung der Behandlungsdauer für Patienten mit chronischen Wunden darstellen.
%JBHOPTUJLWPO8VOEFO°EFSOPSNBMF*TU[VTUBOE JOEFS1SBYJT
Um ein modernes Therapieregime auswählen zu können, muss zuvor objektive Diagnostik betrieben werden. Während es in anderen Teilbereichen der modernen Medizin bereits hochtechnologische Entwicklungen zu diagnostischen Zwecken gibt, besteht im Bereich der Wundbehandlung noch ein großes Defizit. Leider wird bei der Beurteilung einer chronischen Wunde in der gängigen klinischen Routine oft nicht einmal ein Lineal verwendet, um die Größenverhältnisse der Läsion zu ermitteln. Eine sinnvolle Dokumentation wird in den seltensten Fällen durchgeführt und beschränkt sich meist auf eine schriftliche Beschreibung. Fotos werden kaum angefertigt. Allgemein wird die Evaluierung der Wundsituation mit dem bloßen Auge durchgeführt und beschränkt sich damit auf rein subjektive Eindrücke. Die Vermessung der Wundgröße gestaltet sich mit einem Lineal sehr einfach. Dabei werden horizontaler und vertikaler Durchmesser der Wunde bestimmt. Diese Methode ist geeignet für Wunden mit einer annähernd runden Ausdehnung. Bei einer irregulären Form oder beim Bestehen von Inseln gesunder Haut innerhalb der Läsion ist eine korrekte Vermessung der Wunde nicht möglich. In solchen Fällen eignet sich die Größenevaluation mit Hilfe einer Folie oder eines durchsichtigen Verbandes. Dabei wird die Folie auf die Läsion gelegt (z. B. Visitrac Smith & Nephew, Wundnetz Deutschland) und die Grenzen der Wunde mit einem Schreiber abgepaust. Zur weiteren Bearbeitung wird die Zeichnung auf eine reine Oberfläche gebracht, um mit Hilfe eines kalibrierten Messgitters oder eines eigens dafür entwickelten Computersystems die Wundausmaße zu bestimmen. Diese Methode hat den Nachteil, dass es einer Manipulation in der Wunde und der Übertragung von kontaminiertem Material auf eine saubere Oberfläche bedarf, um die Wundgröße festzustellen. Außerdem ist die Methode sehr aufwendig und zeitintensiv. Aus diesem Grund wäre ein Methode mit »no touch«Technik, d. h. ohne direkte Manipulation in der Wunde, zur Größendokumentation wünschenswert. Gängige Computerlösungen zur Wunderfassung zeigen eine mehr oder weniger ausgereifte Benutzerfreundlichkeit, beruhen aber auf einer meist rein deskriptiven Wunddokumentation. Manche Systeme weisen zusätzlich die Möglichkeit des Abspeicherns von digitalen Wundfotos auf. Jedoch ist es mit keinem der Programme möglich, Veränderungen in der
44USFNJU[FSVOE58JME
Wundzusammensetzung zu erfassen. Dreidimensionale Analysen sind jene mit der höchsten Sensitivität und Spezifität (Romanelli et al.), jedoch kann diese nur in spezialisierten Kliniken und nicht im ambulanten Bereich durchgeführt werden. Der Anschaffungspreis dieser Geräte ist für den krankenkassenabhängigen Träger bis dato nicht finanzierbar. Das menschliche Auge allein ist grundsätzlich unfähig, die Größenverhältnisse sowie die Gewebskomposition einer Wunde korrekt zu definieren. Eine Studie, die mit Dermatologen durchgeführt wurde, die es gewohnt sind, Farbunterschiede von Hautläsionen zu differenzieren, zeigt die dabei auftretende Subjektivität. Die Ärzte wurden gebeten eine Läsion zweimal innerhalb von 6 Monaten zu beurteilen. Dabei ergab sich eine inter- und intrapersonelle Variabilität von 30 % (Mekkes et al.). Aus diesem Grund besteht der Bedarf für ein verlässliches, objektives Messinstrument, das die Wundsituation und den Wundheilungsprozess evaluiert. Zu diesem Zweck eignet sich besonders eine computerbasierte Lösung.
%BT$PNQVUFSQSPHSBNN8)"5 8PVOE)FBMJOH "OBMZ[JOH5PPM
In chronischen Wunden treten üblicherweise drei verschiedene Gewebsarten – Granulationsgewebe, Fibrin und Nekrose – auf, die histologisch differenzierbar sind. Makroskopisch treten diese Gewebstypen in verschiedenen Farbspektren auf und können daran unterschieden werden. Granulationsgewebe, also gesundes, gut durchblutetes Gewebe im Aufbau, tritt bei einem physiologisch ablaufenden Wundheilungsprozess auf und erscheint im roten Farbspektrum. Fibrinbeläge erscheinen bei stagnierenden Heilungsverläufen und bei sich verschlechternden Wundverhältnissen und sind ein Zeichen für verstärkte bakterielle Aktivität im Bereich der Läsion. Sie präsentieren sich im gelben Farbspektrum. Als Nekrose bezeichnet man abgestorbenes Gewebe ohne Chance auf Regeneration, das nur noch ein Nährboden für Keime ist und deshalb entfernt werden muss (Debridement). Nekrosen erscheinen als braun-schwarze Gewebsanteile, sie können aber auch im Sinne einer Kolliquationsnekrose in gelben Farben imponieren. Mit dem Wissen über die Anteile der einzelnen Gewebstypen im Farbspektrum ist es möglich, jedem Pixel eines digitalen Fotos einer chronischen Wunde korrekt die entsprechende Gewebsart zuzuordnen.
%JHJUBMF8VOEBOBMZTFNJU8)"5 8PVOE)FBMJOH"OBMZ[JOH5PPM
Das Computerprogramm W.H.A.T. (Wound Healing Analyzing Tool) macht es möglich, diese Berechnungen automatisch durchzuführen und eine objektive Beurteilung der Gewebszusammensetzung einer chronischen Wunde zu erstellen. Für die Diagnostik mit W.H.A.T. kommen Patienten mit chronischen Wunden, wie ischämischen Geschwüren, diabetischen Fußgeschwüren, Dekubitalgeschwüren und chirurgischen Wundheilungsstörungen in Frage. Das System lässt sich auch zur Verlaufskontrolle für die V.A.C.-Therapien (Vacuum Assisted Closure) und natürlich für jedes andere Konzept verwenden. Ergänzend besteht eine Anwendungsmöglichkeit z. B. bei Kathetereinstichstellen und Laparostomien. Die Software kommt für Patienten auf gefäß- und allgemeinchirurgischen Stationen, auf allgemeinchirurgischen Intensivstationen, auf Pflegestationen und im Ambulanzbereich in Frage. Die digitale Wunddokumentation wird im Zuge der routinemäßigen Verbandswechsel durchgeführt. Nach dem Entfernen des Verbandes wird, wenn nötig, ein Abstrich genommen. Danach wird eine gründliche Wundreinigung mit physiologischer Kochsalzlösung durchgeführt, wobei alle Salben- und Heilmittelreste entfernt werden. Im Anschluss wird ein Marker mit einem aufgedruckten Kalibrierungsquadrat neben der Läsion platziert. Das Quadrat ist standardisiert und erfüllt zwei Funktionen. Zum einen erkennt das Computerprogramm das größendefinierte Quadrat und kann entsprechend die Wundgrößenevaluation durchführen. Das bringt den Vorteil, dass man den Fotografierabstand abhängig von den Wundver-
hältnissen frei wählen kann. Zum anderen wird mit Hilfe dieses Quadrats eine optische Entzerrung des Fotos erreicht. Da im klinischen Alltag das Fotografieren sich nur bedingt standardisieren läßt (außer in speziellen Fotolabors), kommt es beim Fotografieren zu einer Verzerrung, die bei der digitalen Auswertung zu falschen Größenwerten führen würde. Um diesen Fehler auszugleichen, wird das Kalibrierungsquadrat in der gleichen optischen Ebene wie die Wunde positioniert und das digitale Foto im rechten Winkel zur Läsion aufgenommen. Kalibrierungsaufkleber mit aufgedrucktem Lineal gibt es in den Größen klein, mittel und groß und werden entsprechend der Ausdehnung der Wunde ausgewählt. W.H.A.T. berechnet nach der automatischen Entzerrung die richtigen Größenwerte. Dabei werden vertikaler und horizontaler Durchmesser, Umfang und Fläche der Wunde bestimmt.
8BTCFOzUJHFO4JF[VS%JBHOPTFNJU8)"5
Für die Anwendung von W.H.A.T. benötigt man eine Digitalkamera mit einer Auflösung von mindestens 2,2 Megapixel. Solche und bessere Kameras sind im Handel zu vergleichsweise günstigen Preisen erhältlich. Fotos mit höheren Auflösungen sind vorteilhaft, benötigen aber größere Speicherplätze beim Bearbeiten am Computer und können den Evaluierungsvorgang geringfügig verlängern. ¨UJQQ§ Digitale Kameras mit einem schwenkbaren Objektiv haben sich in der Klinikroutine bewährt, da man damit leichter ungünstig lokalisierte Läsionen
"CC 7FSMBVGTNPOJUPSJOHEFS"CIFJMVOHFJOFS8VOEFBN0CFSTDIFOLFMCFJFJOFN1BUJFOUNJU)FQBSJOJOEV[JFSUFS5ISPNCP[ZUPQFOJF (FXFCTBOBMZTFNJU8)"5&SHFCOJTTF[FJHFO3DLCJMEVOHWPO/FLSPTFVOE'JCSJOCFMjHFO ;VXBDITWPO(SBOVMBUJPOTHFXFCF
und von oben ausgedehnte Laparotomiewunden beim liegenden Patienten aufnehmen kann. Vor dem Aufnehmen des Fotos ist ein Weißabgleich nötig, der mit Hilfe des Aufklebers neben der Wunde durchgeführt werden kann. Dies garantiert die Richtigkeit der Farben auf dem Foto und ermöglicht eine korrekte und objektive Wunddiagnostik. Dafür ist auch eine gute Ausleuchtung der Wunde eine wichtige Voraussetzung. Das betrifft besonders tiefe Wunden mit Taschenbildung, wo es durch das Blitzlicht zu Schattenbildung kommen kann. Ein Ringblitz kann in solchen Fällen die Bildqualität verbessern. Bei künstlicher Raumbeleuchtung ist der Weißabgleich wichtig, besonders wenn eine Serie von Fotos gemacht wird, die miteinander verglichen werden sollen. Beim Fotografieren sollte darauf geachtet werden, dass die Wunde und der Aufkleber vollständig und möglichst groß abgebildet werden. Die Rechtwinkligkeit bei der Aufnahme ist Voraussetzung, um zusätzliche Verzerrungen zu verhindern. Das Vermerken des Patientennamens auf dem Aufkleber erleichtert die Zuordnung der Bilder bei der späteren Bearbeitung am Computer. Zur Wundanalyse benötigt man einen StandardPC, auf dessen Festplatte die aufgenommenen Bilder gespeichert werden. Hardwarevoraussetzungen sind ein ~1 GHertz schneller Prozessor, 256 MB RAM und eine ausreichend große Festplatte (~20 GB). W.H.A.T. läuft auf einer Windows-Oberfläche. Grundsätzlich sind auch langsamere Computer geeignet, jedoch dauert dann die Analyse länger. Die Wundfotos und Analyseergebnisse werden an Hand der Patientendaten (Name und Geburtsdatum) in Datenordnern abgelegt. Nach der Auswertung der Wunddaten wird automatisch ein Wundbericht als Word-Dokument zu den Fotos abgespeichert. Bei jeder weiteren Analyse einer chronischen Wunde wird ein neuer Bericht erstellt, wodurch nicht nur Einzelbefunde erhoben werden, sondern eine übersichtliche Verlaufskontrolle des Heilungsprozesses möglich ist. Nach dem Fotografieren der Wunde wird das Foto mit Hilfe eines Datenkabels auf der Festplatte des Arbeitscomputers abgespeichert. Um die Wundanalyse durchführen zu können, wird W.H.A.T. gestartet und das digitale Bild geöffnet. Nach dem Erscheinen der Wunde auf dem Bildschirm wird jener Zoom-Faktor gewählt, bei der Wunde und Kalibrierungsaufkleber vollständig zu sehen sind. Nun muss die optische Entzerrung des Fotos durchgeführt werden. Das erreicht man durch Doppelklick mit der linken Maustaste in das Kalibrierungsquadrat und dem Bestätigen eines
44USFNJU[FSVOE58JME
sich öffnenden Fensters, wodurch auch die automatische Farbkalibrierung durchgeführt wird. Das jetzt entzerrte Bild steht nun für die eigentliche Wundanalyse zur Verfügung. Die Wundgrenzen werden dafür mit dem Mauszeiger umfahren und die Ausdehnung der Läsion auf dem Foto definiert. Die Wundmarkierung kann entweder fortlaufend mit der Maus oder mittels »Punkt zu Punkt«-Technik ausgeführt werden. Letztere empfiehlt sich bei größeren Wunden mit unkomplizierter Form und ist zeitsparender. Um gesunde Hautareale, freiliegende Sehnen oder Knochen innerhalb einer Wunde von der Wundanalyse auszuschließen, werden diese durch Klicken auf die Exkludierungsschaltfläche und Umfahren mit dem Mauszeiger markiert. Kleinere Fremdkörper, wie z. B. Nähte, beeinflussen das Analyseergebnis kaum und müssen nicht markiert werden. Um Rücksicht auf die optischen Eigenschaften der verschiedenen Wundarten, die mit W.H.A.T. analysiert werden können, zu nehmen, wurden spezielle Wundprofile programmiert, die aus einem »Pull-down«-Menü ausgewählt werden können. Diese Profile optimieren die Qualität der Gewebsanalyse im nächsten Schritt. Sind diese vorbereitenden Schritte abgeschlossen, wird die automatische Wundgrößenberechnung und Gewebsanalyse durch einen einfachen Mausklick gestartet. Sofort präsentiert das Programm Werte zu Durchmesser, Umfang und Fläche der Läsion, sowohl in mm als auch in inch. Weiters werden die Daten der Gewebsanalyse gezeigt, die sich aus den Farbanteilen rot, gelb und schwarz ergeben. Zu diesen Werten gehören einerseits die Flächenangaben der einzelnen Gewebsarten und ihr prozentueller Anteil an der Wundfläche. Damit werden die wichtigen Informationen über das Verhältnis von Granulationsgewebe, Fibrinbelägen und Nekrose übersichtlich dargestellt. Durch Anklicken von Schaltflächen können die Gewebstypen einzeln am Foto gezeigt werden und erscheinen in grüner Umrandung. Neben dem Originalbild werden die drei Einzelbilder der Gewebsarten und ein Bild mit Falschfarben zur Kontrolle im Patientenordner abgespeichert. In einem eigenen Menü erscheint dann der Wundbericht, in den Daten über den behandelnden Arzt, die verwendeten Lokaltherapeutika, Wundauflagen und Heilmittel eingetragen werden. Außerdem werden Informationen zu den Grundkrankheiten des Patienten, die medikamentöse Therapie und mögliche Komplikationen eingetragen. Die Ergebnisse der Wundanalyse werden automatisch nach der Berechnung in den Bericht eingetragen. Ergänzend werden Beschreibungen über Wundgeruch, Exsudat und etwaige Ab-
%JHJUBMF8VOEBOBMZTFNJU8)"5 8PVOE)FBMJOH"OBMZ[JOH5PPM
striche hinzugefügt. Das Wundfoto rundet den Bericht ab, der einen Gesamtüberblick über den Zustand des Patienten vermittelt. Nach dem vollständigen Ausfüllen des Berichts wird dieser ausgedruckt und mit den Fotos abgespeichert. Der Ausdruck kann nun im Patientenakt abgelegt werden. Bei regelmäßiger Wundanalyse ist mit Hilfe der Ausdrucke eine objektive, personenunabhängige Verlaufskontrolle möglich. Nach der Einführung der Software an einer Station und einer kurzen Einschulung des mit der Wunddokumentation beauftragten Personals ist es möglich, Wundanalysen innerhalb einer Minute durchzuführen. Das Ausfüllen und Bearbeiten des Wundberichtes nimmt weitere ein bis drei Minuten in Anspruch, abhängig davon, ob ein neuer Patient eingetragen oder ein bereits vordokumentierter Patient erfasst wird, bei dem nur noch etwaige Änderungen im aktuellen Bericht vorgenommen werden. Das ergibt eine Gesamtzeit von etwa vier Minuten für eine Analyse.
&SGBISVOHFONJU8)"5
Seit seiner Einführung im Jahre 2001 wurden mit der Primärversion des Computerprogramms an der Medizinischen Universität Wien und beteiligten Zentren ca. 35.000 Wundanalysen erstellt. Seit damals wurden zur Optimierung der Benutzerfreundlichkeit einige Modifikationen der Softwareoberfläche durchgeführt, jedoch keine Änderungen am Farbanalysealgorithmus selbst. Zur Überprüfung der Richtigkeit der Wundgrößenanalyse wurden Testserien angestellt, bei denen die neue Technologie mit bestehenden Messmethoden verglichen wurde. Die Ergebnisse zeigen die hohe Zuverlässigkeit der rein optischen, digitalen Wundvermessung, wenn die Bilder rechtwinklig aufgenommen werden und der Kalibrierungsaufkleber korrekt in der optischen Ebene der Wunde platziert wird, um die optische Entzerrung zu gewährleisten. Abweichungen mit falschen Werten treten dann auf, wenn diese technischen Vorgaben nicht erfüllt sind (hier sind reine Wundfotografieseminare von essentieller Bedeutung). Sie betreffen allerdings nur die Größenvermessung, aber nicht die Gewebserkennung. Selbst ohne Wundanalysen sind Interpretationen von nicht professionellen Bildern irreführend. Es wurden weitere Testserien durchgeführt, um die Ergebnisse der Gewebserkennung zu verifizieren. Zu diesem Zweck wurden nach der Durchführung der digitalen Wundanalyse an definierten Stellen Gewebe-
proben aus der Läsion entnommen und einer feingeweblichen Untersuchung durch Experten zugeführt. Der Pathologe wurde vor dem Erstellen des histologischen Befundes nicht über die Ergebnisse der digitalen Analyse informiert. Die Ergebnisse dieser Tests ergaben eine sehr hohe Sensitivität der Software. Geringfügige Ungenauigkeiten des Programms ergeben sich durch Überschneidungen der Farbspektren der drei Hauptgewebsarten mit den anderen Wundbestandteilen und Auflagerungen. So kann es bei der Analyse nach einem zuvor durchgeführten Debridement zur Verwechslung von Granulationsgewebe mit frischem Blut kommen, sowie von Nekrose mit alten Blutresten, die ebenfalls schwarz erscheinen. Diesen Schwierigkeiten ist mit einer gründlichen Wundreinigung vor der digitalen Wundvermessung entgegenzuwirken, sodass dies nur eine geringe Auswirkung auf die Ergebnisse hat. Tiefe Wundhöhlen und Taschen erscheinen bei unzureichender Beleuchtung auf dem Bild schwarz und würden von W.H.A.T. auch falsch als Nekrose identifiziert werden. Mit einer suffizienten Beleuchtung und einem guten Blitzlicht der Kamera ist auch dieses Problem in den meisten Fällen zu lösen. Fibrinbeläge werden vom System üblicherweise gut erkannt, jedoch präsentieren sich Kolliquationsnekrosen ebenfalls im gelben Farbspektrum. Zu diesem Zeitpunkt besteht hier noch die größte Fehlerrate bei der richtigen Zuordnung der Gewebsarten. Zukünftige Versionen der Software sollen über eine automatische Oberflächenerkennungsfunktion verfügen, um Fibrinbeläge und Kolliquationsnekrosen zu differenzieren. Freiliegende Sehnen und Knochen, die das Analyseergebnis falsch beeinflussen würden, müssen während der Bildbearbeitung manuell exkludiert werden. Das soll ebenfalls in Zukunft durch die Oberflächenerkennungsfunktion automatisiert werden. W.H.A.T. hat sich bereits besonders auf Pflegestationen bei der Behandlung von Dekubitalgeschwüren bewährt. Es wurden verschiedene Therapieregime für Patienten mit solchen Auflagegeschwüren untersucht, unter anderem auch die V.A.C.-Therapie. Die ständige Wundüberwachung mit Hilfe der Software ermöglichte es dem behandelnden Arzt, früher auf Veränderungen in der Wunde, im Sinne einer Stagnation der Heilung oder einer Verschlechterung, zu reagieren. Dies konnte schon zu einem Zeitpunkt erreicht werden, als es mit dem bloßen Auge noch keine negativen Veränderungen der Wundsituation zu erkennen gab. Auch konnten dabei patientenunabhängige Faktoren entdeckt werden, wie z. B. schlecht sitzende oder unzureichend funktionierende V.A.C.-Systeme.
Des weiteren konnte durch das Programm die häusliche Pflege beim Krankheitsbild des diabetischen Fußes evaluiert und weiter verbessert werden. Patienten, die wegen ihrer chronischen Wunden als Begleiterkrankung von Diabetes mellitus die gefäßchirurgische Ambulanz am Allgemeinen Krankenhaus Wien aufsuchten, wurden mit W.H.A.T. untersucht, um die Qualität der häuslichen Pflege zu erfassen. Dies fand etwa einmal im Monat im Zuge der routinemäßigen Kontrolle durch gefäßchirurgisches und pflegerisches Fachpersonal statt. In der Zeit zwischen den Kontrollen wurden die Wechsel von Wundauflagen und Verbandsstoffen nach Empfehlung des behandelnden Arztes durch die Patienten oder durch mobile Pflegedienste durchgeführt. Abhängig von den Ergebnissen der digitalen Wunddiagnostik über den Wundheilungsprozess wurden die Patienten entweder aufgefordert, das Therapieregime in der bestehenden Form fortzuführen oder den Behandlungsplan zu ändern. Schwachstellen in der ärztlichen und häuslichen Versorgung wurden besprochen und Lösungen entwickelt. Patienten mit infizierten chirurgischen Wunden wurden meist auf einer allgemeinchirurgischen Intensivstation oder in der Ambulanz dokumentiert. Diese Patienten zeigten oft Wunddehiszenzen und eitrige Drainagen. In den häufigsten Fällen konnte die Versorgung ambulant mit der Hilfe von mobilen Pflegediensten und mit telemedizinischer Unterstützung (Donauklinikum Tulln) bewerkstelligt werden. Ohne Telemedizin fanden Kontrollbesuche etwa ein- bis zweimal in der Woche statt, abhängig vom Heilungsprozess. Während der gesamten Behandlungszeit wurden die Wunden regelmäßig analysiert und dokumentiert.
7PSVOE/BDIUFJMFWPO8)"5
W.H.A.T. ist ein völlig neuartiges Mittel zur objektiven Beurteilung von chronischen Wunden. Allgemein ist die Wundgrößenmessung zu diesem Zeitpunkt der Goldstandard auf dem Gebiet der Wundbeurteilung, jedoch ist sie nicht immer einfach durchzuführen und bedarf oft der Manipulation der Wunde. Dies ist oft schmerzhaft für den Patienten und kann zu Wundinfektionen und Verunreinigung sauberer Oberflächen bei der weiteren Auswertung führen. Mit dem Prinzip der digitalen Wunddiagnostik ohne direkten Kontakt mit der Läsion steht dem behandelnden Arzt nun ein System zur Verfügung, um schnell und präzise die
44USFNJU[FSVOE58JME
Größenverhältnisse und die Zusammensetzung einer chronischen Wunde zu erfassen. Die Funktion der Gewebsevaluation ist die herausragende Eigenschaft des Programms, die es von bestehenden computerisierten Dokumentationssystemen unterscheidet. Da die Wahl des Therapieregimes in der akuten Phase nicht von der Größe der Wunde, sondern von ihrer Gewebszusammensetzung abhängt, ist W.H.A.T. anderen diagnostischen Methoden überlegen. Der Anteil von Granulationsgewebe, Fibrinbelägen und Nekrose ist dabei in absoluten und relativen Zahlen zu bestimmen. Schwierigkeiten bereiten allerdings noch Wunden, die den ganzen Umfang der unteren Extremität betreffen (Gamaschenulkus), da sie nicht mit einem Foto allein vollständig erfasst werden können. Dieser Herausforderung wird man begegnen, indem die Software in Zukunft auch Panoramaaufnahmen bearbeiten kann. Auch bei der Vermessung tiefer Wundtaschen müssen noch technische Lösungen eingearbeitet werden. Bei der Mehrzahl der Wunden, die plan oder nur geringfügig gewölbt sind, ist die Anwendung problemlos. Digitalkameras haben unterschiedliche Linsen und elektronische Filter, was bei der gleichen Läsion zu etwas anderen Farbeindrücken führen kann. Mit der »Profiling«-Funktion, die aus diesem Grund entwickelt wurde, wird dieser Beeinflussung der Farbanalyse entgegengewirkt. Dadurch sind auch Vergleiche von mit verschiedenen Kameras aufgenommenen Bildern möglich. Das System wurde ursprünglich ausschließlich für die Verlaufskontrolle bei der Behandlung von chronischen Wunden entwickelt, es hat sich jedoch gezeigt, dass die Anwendung auch bei anderen Fragestellungen sinnvoll ist. Dazu gehören die Überwachung der V.A.C.Therapie, Kathetereinstichstellen und Colostomien. Auch lassen sich durch die digitale Wunddiagnostik zusätzliche Komorbiditäten entlarven. So beeinflussen Infektionen anderer Organsysteme, Gefäßverschlüsse, eine schlechte Ernährungssituation und eine insuffiziente Nierenfunktion den Heilungsfortschritt bei chronischen Wunden. Nach diesen Faktoren muss im Falle einer aufgedeckten Verschlechterung der Wundsituation gesucht werden, um durch ihre Behandlung den Heilungsprozess zu unterstützen. Die mit W.H.A.T. verknüpfte Datenbank erlaubt leichtes und sicheres Speichern und Abrufen von Einträgen, die Erstellung von Wundberichten und statistische Auswertungen und ist abhängig von den persönlichen Ansprüchen individuell gestaltbar. Die hohe Sensitivität und Objektivität des Programms ermög-
%JHJUBMF8VOEBOBMZTFNJU8)"5 8PVOE)FBMJOH"OBMZ[JOH5PPM
licht im Qualitätssicherungssystem der Krankenhäuser und Krankenkassen eine Anwendung unter anderem zu den Themen Heilungsverlauf, Inzidenz von Wundheilungsstörungen und Infektionen und Behandlungsdauer. Die Software eignet sich auch für Vergleichsuntersuchungen mit verschiedenen Wundauflagen und Heilmitteln oder bei der Einführung neuer Therapiemethoden und beschränkt sich auf den minimalen Nenner der Dokumentation mit folgender therapeutischer Konsequenz. Mit Hilfe der mit dem Programm gewonnenen Daten über Verbandsmaterialien, Wundauflagen und Heilmittel ist es möglich, Bedarfsplanungen für Großverbraucher und in der mobilen und ambulanten Versorgung durchzuführen, was eine zusätzliche Kostenersparnis bringt. Einsparungen sind auch durch die nachgewiesenen Liegezeitverkürzungen und die Verringerung der Wundinfektionsrate bei stationären Patienten mit Wundheilungsstörungen zu erreichen. W.H.A.T. dient auch als Instrument zur Qualitätskontrolle für ärztliches und pflegerisches Personal. Nur die ausführliche Dokumentation schützt vor möglichen juristischen Konsequenzen im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Die Standardisierung der Dokumentation durch ein einheitliches Eingabeformular der Software erleichtert das Arbeiten mit den Befunden in der klinischen Routine. Durch die einfache Funktionsweise ist die Anwendung unkompliziert und auch ohne fortgeschrittene Computerkenntnisse sicher durchzuführen. Ziel ist es, die digitale Wundanalyse so problemlos wie einen Labortest zu erhalten. Das Programm wurde für die Anwendung am PC im Stationsbetrieb und im Ambulanzbereich entwickelt. Weitere Versionen werden auch auf pocket-PCs funktionieren und so in der mobilen Pflege zur Verfügung stehen. Mit der Herstellung der Internetfähigkeit der Software können in Zukunft Kompetenzzentren zum Thema Wundheilung erreicht werden, um bei Fragestellungen bei schwierigen Fällen einen Experten zu konsultieren. Dadurch können der Aufwand für Wundauflagen und Heilmittel, wie auch die Kosten für Patiententransporte und für Klinikaufenthalte reduziert werden. Die Anwendung der digitalen Wundanalyse ist einfach, präzise und ein effektives Mittel, den Zustand einer chronischen Wunde und den ablaufenden Heilungsprozess zu evaluieren. Die Ergebnisse sind objektiv und unabhängig vom Betrachter. Die Anwendung ist kostengünstig und nur solche Materialen, die auf jeder Station eines modernen Krankenhauses zu fin-
den sind, werden benötigt. Moderne Digitalkameras sind preiswert und sind klein genug, um in jede Kitteltasche zu passen. Die Dokumentation ist standardisiert für eine benutzerfreundliche Anwendung.
)JOXFJTFGSEJF1SBYJT
1. Gründliche Reinigung der Wunde vor dem Fotografieren mit der Digitalkamera. 2. Korrektes Aufkleben des Kalibrierungsquadrats durch Nachvollziehen der Krümmung der Wundoberfläche. 3. Ausreichende Beleuchtung und Verwenden des Blitzlichtes (ideal Polarisationsfilter). 4. Vollständiges Erfassen der Wunde und des Kalibrierungsquadrats mit der Kamera und rechtwinkliges Fotografieren der Läsion. 5. Regelmäßige Wundanalyse mit W.H.A.T. zur Verlaufskontrolle.
1SGVOHTGSBHFO
1. Was sind die Kriterien einer modernen Wunddokumentation? 2. Welche Dokumentationssysteme kennen Sie? 3. Nennen Sie die Farbspektren der einzelnen Gewebsarten und die Fehlerquellen! 4. Nennen Sie die Grundregeln der Wundfotografie!
-JUFSBUVS <>Fortner N, Hölzenbein T, Kozon V, Sahora K, Wild T (2003) Subjektivitaet versus Objektivität im Bereich der Wunddiagnostik und deren Dokumentation. Österreichische Pflegezeitschrift 2: 8–11 <> Perednia DA (1991) What dermatologists should know about digital imaging. J Am Acad Dermatol 25(1): 89–108 <> Melhuish J, Plassmann P, Harding KG (1994) Circumference, area and volume of the healing wound. J Wound Care 3 (8): 380– 384 <> Mekkes JR, Westerhof W (1995 ) Image processing in the study of wound healing. Clinics Dermatol 13 (4): 401–407 <> Gillitzer R (2002 ) Modernes Wundmanagement. Hautarzt 53: 130–147 <> Herbin M, Bon LX, Venot A, Jeanlous F, Dubertret ML, Dubertret L, Strauch G (1993) Assessment of healing kinetics through true colour image processing. IEEE Trans Med Imaging 12(1): 39–43 <> Herbin M, Venot A, Devaux JY, Piette C (1990) Colour quantitation through image processing in skin. IEEE Trans Med Imaging 9(3): 262–269
<> Jones BF, Plassmann P (1995) An instrument to measure the dimension of skin wounds. IEEE Trans Biomed Eng 42(5): 464–470 <> Solomin C, Munro AR, van Rij AM, Christie R (1995) The use of video image analysis for the measurement of venous ulcers. Br J Dermatol 133: 565–570 <> Smith DJ, Bhat S, Bulgrin JP (1992) Video image analysis of wound repair. Wounds 4(1): 6–15 <> van Riet P, Mekkes JR, Estervez O, Westerhof W (1991) A new colour video image analysis for objective assessment of wound healing in secondary healing ulcers. Wounds 3(1): 41–41 <> Taylor RJ (2002) Mouseyes revisited: upgrading a computer program that aids wound measurement. J Wound Care 11(6): 213–16
44USFNJU[FSVOE58JME
,BQJUFM
1IBSNBLPMPHJFVOE1IBSNBLPQPF &%POBUZ
;VTBNNFOGBTTVOH
4DIBVNTUPGGF
Moderne Wundbehandlung ist eine effektive und bei richtiger, phasengerechter Anwendung zielführende Therapie bei chronischen Wunden. Wichtig, um diese Methode richtig einzusetzen, ist eine ständige Evaluierung der Therapie bei genauer Kenntnis der Eigenschaften aller Wundauflagen, ihre Stärken aber auch ihre Grenzen zu erfassen. Bei den für die moderne Wundbehandlung verwendeten Wundauflagen unterscheidet man: (1) Wundauflagen, die von der Wundreinigung bis zur Granulierung der Wunde verwendet werden können. (2) Wundauflagen, die für die Wundreinigung über die Phase der Granulierung hinaus bis zur Epithelisierungsphase verwendet werden können. (3) Wundauflagen, die bei stagnierenden, stark belegten oder stark infizierten Wunden verwendet werden können.
1.1.1 Offenporige Schaumstoffe Aufbau: Polyurethanmatrix bestehend aus großen Poren, zur Wundseite hin keine Beschichtung, Abdeckung teilweise mit Polyurethanfolie Eigenschaften: Verband verklebt mit der Wunde – erwünschter Effekt! Wirkprinzip: Es handelt sich um Polyurethanschaumstoffe, die bewusst so verarbeitet sind, dass sie mit der Wunde verkleben. Die großen Poren führen zu einer Einsprossung von Kapillaren in den Schaumstoff, da die Wundfläche nicht mit einer Antihaftbeschichtung versehen ist. Beim Abnehmen des Verbandes wird das eingewachsene Gewebe heruntergerissen, die Wunde blutet und bietet eine ideale Fläche zum Anwachsen eines Hauttransplantates. Anwendung: ■ Als sekundärer Hautersatz zur Vorbereitung für Hauttransplantationen, als Hautschutz, wenn z. B. nach großflächigen Verbrennungen die Haut fehlt. ■ Als Polstermaterial zum Auspolstern exponierter Körperstellen z. B. nach Hüftoperationen, zum Unterstützen von Armen, Rücken und Beinen.
8VOEBV¿BHFO EJFWPOEFS8VOESFJOJHVOHCJT [VS(SBOVMJFSVOHEFS8VOEFWFSXFOEFUXFSEFO LzOOFO
(1.1) Schaumstoffe (1.1.1) Offenporige (1.1.2) Feinporige (1.1.3) Feinporige Schaumstoffkombinationen (1.2) Puder, Granulate, Pasten (1.3) Alginate (1.4) Hydrogele (Wundfüller)
1.1.2 Feinporige Schaumstoffe Aufbau: Alle diese Schaumstoffe bestehen aus Polyurethan mit unterschiedlicher Porengröße ( feinporige Struktur) oder abgestuftem Aufbau der Porengröße; die Abdeckung besteht aus Polyurethanfolie. (a) Schaumstoffe mit Kleberand Die Schaumstoffe haben einen Kleberand, dieser besteht aus Polyurethan, die Klebefläche aus wundseitig hautfreundlichen Polyacrylaten, dieser Verband ist alleine, ohne weitere Klebehilfen zu verwenden; die Abdeckung ist semiokklusiv.
(b) Vollflächig haftende bzw. klebende Schaumstoffe Die gesamte Wundfläche ist haftend oder klebend, die Klebemasse besteht aus Polyacrylaten, bei Feuchtigkeit verliert sie Ihre Hafteigenschaften (kein Verkleben mit der Wunde). (c) Schaumstoffe ohne Klebefläche Feinporige Polyurethanschaumstoffe mit Polyurethanfolie als semiokklusive Abdeckung ohne Klebefläche. (d) Schaumstoffe mit Superabsorber klebend oder nicht klebend Feinporiger Polyurethanschaumstoff mit Superabsorber als zusätzlichem Saugkörper, der meist aus Polyacrylaten besteht; Polyurethanfolie als semiokklusive Abdeckung. (e) Sonderformen: Formen für den Sakralbereich, für Fersen und Ellbogen und Tamponaden zum Ausfüllen von Wundhöhlen. Eigenschaften der feinporigen Schaumstoffe: Diese Polyurethanschaumstoffe verkleben nicht mit der Wunde; je nach Dicke und Porengröße des Schaumstoffes weisen sie ein sehr gutes bis mäßiges Saugvermögen auf. Das Exsudat wird in die Poren aufgenommen und von dort nicht mehr abgegeben. Daher sind sie unter Kompressionsverbänden anwendbar. Die Wunde enthält keine Rückstände des Verbandes. Anwendung: ■ bei starker bis mäßiger Exsudation, ■ bei Ulkus cruris, Spalthautentnahmestellen, Dekubitus und aufgeplatzten Nahtstellen, ■ alleine oder in Kombination, kombinierbar mit Alginaten, Wundgelen, Hydrofaser, ■ Tragedauer 1–7 Tage. 1.1.3 Feinporige Schaumstoffkombinationen Aufbau: (a) Hydrokolloidschicht mit Polyurethanwundkissen, Wundkontaktschicht, Hydrokapillares Wundkissen oder (b) Kontaktschicht aus Hydrokolloid perforiert, Hydrofiberschicht, Schaumschicht mit Polyurethanfolie. Wirkprinzip: Ableitung des Wundexsudats durch hydrokapillares Wundkissen, kontrollierte Flüssigkeitsabgabe durch Hydrokolloidschicht. Vorteil: großes Flüssigkeitsaufnahmepotential bei kontrollierter Flüssigkeitsabgabe. 1VEFS (SBOVMBUF 1BTUFO Verlieren seit Verwendung der einfacher anzuwendenden Wundgele und Alginate als Wundfüller zunehmend an Bedeutung.
&%POBUZ "MHJOBUF Vorkommen: Alginate sind ein reines Naturprodukt aus dem Meer und werden aus Braunalgen hergestellt. Der Alginatgehalt schwankt je nach Jahreszeit und Algenart zwischen 12 und 35 %. Herstellung: Aus den Braunalgen werden Alginsäuren extrahiert (Zellwandbestandteil der Alge), danach werden die Alginsäuren zu einem faserigen Vlies verwoben – Alginatfasern. Alginatfasern bestehen aus Polysaccharidketten und haben in den Zwischenräumen Ca++ (Ca++-Alginate) oder Ca++ und Na+ eingelagert (Ca++, Na+-Alginate). Alginate sind im allgemeinen Salze der Alginsäuren. Der Einfluss der Na+-Ionen bezieht sich auf die Festigkeit des Alginats, hat aber keinen Einfluss auf die Wirksamkeit. Allgemeine Eigenschaften der Alginate: Alginate können bis zum 20-fachen ihres Eigengewichtes an Flüssigkeit aufnehmen, dabei wird das Wundexsudat in die Hohlräume eingelagert. Die im Alginatgitter enthaltenen Ca++-Ionen werden gegen die Na+-Ionen aus dem Wundexsudat ausgetauscht, bis der Sättigungsgrad an Na+ Ionen im Alginat erreicht ist. Dabei kommt es: (a) Zu einem Aufquellen der Wundauflage. (b) Zur Umwandlung der Alginatfaser in einen Gelkörper (kompakt) durch Aufquellen der Fasern. Wirkung: Durch die große Flüssigkeitsaufnahme des Alginats bleibt die Wunde nur leicht feucht. Die an die Wunde abgegebenen Ca++-Ionen wirken auch auf die Blutstillung (Gerinnungskaskade). Anwendung: Bis zur Granulationsphase, vor allem bei entzündlichen, stark exsudierenden oder blutenden Wunden (hämostatische Wirkung). Vorteil: ■ Die Wundauflage ist gut in Wunden zu applizieren. ■ Der Verband kann in jeder Größe zugeschnitten und auch in mehreren Lagen appliziert werden. ■ Der Verband ist gut hautverträglich, es sind praktisch keine Allergien bekannt. ■ Alginate können auch mit Desinfektionsmittel getränkt werden und mit jedem Sekundärverband kombiniert werden. Der Verband kann in einem Stück entfernt werden, einzelne Fasern, die in der Wunde verbleiben, führen zu keiner Reizung und werden abgebaut. Appliziert werden können Alginate vor allem in: a) Wundhöhlen, b) Infizierten Wunden, c) Wunden mit starker Exsudation, d) Stark belegten Wunden.
1IBSNBLPMPHJFVOE1IBSNBLPQPF
Unbedingt zu beachten ist, dass bei infizierten Wunden keine Semiokklusionsverbände angelegt werden dürfen. Nachteil: Ein Sekundärverband ist notwendig, da der Verband keine Klebefläche hat (Ausnahme sind Kombinationen – siehe Hydrokolloide). Tragedauer: 1–7 Tage, je nach Sekretionsgrad und verwendetem Sekundärverband. Bei infizierten Wunden ist aber mindestens ein Wechsel alle 24 Stunden notwendig.
)ZESPHFMF 8VOEGMMFS
Aufbau: Gel aus Zellulose, Kochsalzlösung, Propylenglykol, Alginate, Gelbildner, Polyacrylate. Zusammensetzung: ist je nach Firma unterschiedlich und nicht genau deklariert, Feuchtigkeitsgehalt 52–96 %. Eigenschaften: Quellfähig, feucht, durchsichtig. Vorteil: Hält die Wunde langanhaltend und gleichmäßig feucht.
Anwendung: ■ Zum Anfeuchten von sehr trockenen, verkrusteten Wunden, sowohl bei flachen als auch bei tiefen Wunden. ■ Zum Lösen von Nekrosen und Belägen. ■ Gel kann 1–7 Tage in der Wunde verbleiben.
8VOEBV¿BHFO EJF[VS8VOESFJOJHVOHCFSEJF 1IBTFEFS&SNJUUMVOHIJOBVTCJT[VS&QJUIFMJTJF SVOHTQIBTFWFSXFOEFUXFSEFOLzOOFO )ZESPLPMMPJEF (a) Allgemeiner Aufbau: Hydrokolloide bestehen aus zwei Komponenten: (a) Hydrophobe Komponente: Hydrophobes Polymergerüst aus Polyisobutylen – unlöslicher BestandteilGerüst. (b) Hydrophile Komponente: Hydrophile, kolloidale Partikel bestehend aus Gelatine, Pektin und Carboxymethylcellulose. Diese Partikel sind gleichmäßig in das hydrophobe Polymergerüst eingebettet – löslicher Bestandteil, der bei Kontakt mit Flüssigkeit in ein flüssiges Gel umgewandelt wird. Manche Produkte enthalten Alginate, Agar- Agar und/oder Zellulose als zusätzlichen Saugkörper, manche Produkte sind zum Rand hin abgeflacht – Border zur Druckentlastung. (c) Als Abdeckung wird Polyurethanfolie als semipermeable Schicht verwendet.
Wirkung: Durch Aufnahme des Wundexsudats in den Verband werden die hydrophilen Bestandteile herausgelöst. Dadurch wandeln sich die wasserlöslichen Komponenten in ein flüssiges Gel (Hydrokolloidblase) um. Anwendung: Nachdem diese Verbände in verschiedener Dicke im Handel sind, ist ihre Anwendung sehr breit angesetzt. Hydrokolloide sind anzuwenden bei: ■ Oberflächlichen Wunden, ■ Mäßig exsudierenden Wunden, ■ Als Epithelschutz bei Wunden mit frischem Epithel ■ Als Sekundärverband in Kombination mit Wundgelen, Alginaten und Hydrofaser (Wundfüller), ■ Bei allen Arten von Dekubitus, Ulcera verschiedener Genese, sowie zum Abdecken von OP-Wunden, die Tragedauer beträgt 1–7 Tage. Vorteil der Hydrokolloide: ■ Fertigverband, mit guten Klebeeigenschaften, ■ Elastisch und weich, ■ Wenig Allergien, ■ Teilweise transparent, ■ Leicht zu applizieren, ■ Die Patienten können damit duschen, ohne dass sich der Verband ablöst. Nachteil: Da Hydrokolloide semiokklusiv abschließen, sind sie bei infizierten Wunden kontraindiziert. Durch den Kontakt mit Wundexsudat bildet sich ein flüssiges Gel, das beim Abnehmen des Verbandes riecht – irritiert die Patienten (Hinweis notwendig). Die Saugfähigkeit ist eingeschränkt – daher sind meist zusätzliche Saugkörper notwendig. (b) Kombinationen: (Hydrokolloide der 2. Generation) (a) Kombination von dünnem Hydrokolloid, zentralem Saugkissen aus Polyacrylaten, mit Polyurethanfolie als semiokklusive Abdeckung Eigenschaften: durch den zentralen Saugkern wird die Exsudationsfähigkeit stark gesteigert und die Gelbildung erfolgt in der Wundauflage. Vorteil: Fixierverband, der ohne weitere Saughilfe auskommt. Nachteil: Wundkontrolle schwer, da er vollkommen undurchsichtig ist, genaue Abklärung des Wundzustandes vor Applikation des Verbandes. (b) Kombination von Hydrokolloid und Alginat Wirkung: Durch die Kombination von Alginat und Hydrokolloid ergibt sich eine höhere Elastizität bei
gleichzeitiger Stabilität, die Saugfähigkeit wird erhöht. Anwendung: Bei schwach bis mäßig exsudierenden Wunden, und in Kombination mit Wundfüllern anzuwenden. Vorteil: Erhöhung der Saugfähigkeit, der Stabilität und der Elastizität. Nachteil: keiner. (c) Hydrokolloid mit Silber: siehe Silberverbände. (d) Hydrokolloid und Polyurethanschaum: siehe Schaumverbände. 'PMJFO Aufbau: Einschichtiges Polyurethan mit Polyacrylatklebefläche. Eigenschaften: ■ Semipermeabel (ist bei den Wundfolien unterschiedlich), ■ Transparent, ■ Bakteriendicht. Anwendung: ■ Als Wundschutz alleine bei epithelisierenden Wunden. ■ In Kombination mit saugenden Materialien (Wundfüllern) bei mäßig exsudierenden Wunden, ■ Zur Abdeckung von Operationswunden, die vernäht sind und nicht nässen, ■ Als Kanülenfixierungen 1–7 Tage, wenn die Einstichstelle nicht zu stark nässt (Höhere Wasserdampfdurchlässigkeit als Wundfolien). Vorteil: Wunde gut einsehbar, da die Folien transparent sind. Nachteil: Keine Exsudataufnahme möglich, da die Polyurethanfolie alleine keine Flüssigkeit aufnehmen kann. Wichtig: Die Dampfdurchlässigkeit ist ein entscheidendes Kriterium für die verwendete Folie. Wundfolien müssen eine durchschnittliche Dampfdurchlässigkeit von 2400 g/m2/24 Stunden/37 Grad haben – die Ausnahme bilden Tegaderm HP und Polyskin MR für Patienten, die mehr transpirieren. IV-Folien haben eine höhere Dampfdurchlässigkeit (vermeidet, dass eine Einstichstelle nicht mazeriert).
Die Dampfdurchlässigkeit wird auf zwei Arten bestimmt: (a) Die Aufrechtmethode: über ein Gefäß mit einer genau definierten Flüssigkeitsmenge wird eine Folie geklebt. Die Flüssigkeit, die an die Umgebung abgegeben wird, wird nach 24 Stunden gemessen.
&%POBUZ
(b) Die Umkehrmethode: ein Gefäß mit genau definierter Flüssigkeitsmenge wird mit der Wundfolie verschlossen und umgedreht. In 24 Stunden wird die an die Umgebung verdampfte Flüssigkeitsmenge gemessen. )ZESPGBTFS Aufbau: Natriumcarboxymethylcellulose wird zu einer Matrix verwoben. Wirkung: Durch die Aufnahme von Flüssigkeit aus dem Wundexsudat wird die Faser nach und nach in ein festes Gelkissen umgewandelt. Eigenschaften: Hydrofaser hat ein sehr gutes Flüssigkeitsaufnahmevermögen, die Fasern sind so aufgebaut, dass Wundexsudat nur in vertikaler Richtung aufgenommen wird. (Wundexsudat rinnt nicht über den Wundrand hinaus.) Daher kann Hydrofaser als Wundrandschutz angewendet werden. Die Kompressen und Tamponaden sind zerschneidbar. Anwendung: Bei sehr starker Exsudation, bei belegten, infizierten, flachen Wunden und Wundhöhlen. Kombination, als Umschlag zur Wundreinigung, als Wundrandschutz, Tragedauer 1–7 Tage. Produkt: Aquacel, Aquacel Ag (siehe Silberverbände). )ZESPHFMF Aufbau: Hydrophiles Polymergerüst aus Polyurethangel, Polyurethanfolie. Eigenschaften: kühlend, transparent, Exsudat aufsaugend. Anwendung: Zum Feuchthalten trockener Wunden, bei Spalthautentnahmestellen als Primärabdeckung, bei oberflächlichen Verletzungen, bei Verbrennungen ersten Grades: Schmerzlinderung durch Kühlung und Feuchthalten.
8VOEBV¿BHFO EJFCFJTUBHOJFSFOEFO TUBSL CFMFHUFOPEFSJO¾[JFSUFO8VOEFOWFSXFOEFUXFS EFOLzOOFO "LUJWLPIMFWFSCjOEF Aufbau: Aktivkohle kombiniert mit Vliesschichten und oder einer zusätzlichen Saugkompresse. Eigenschaften: Geruchsbindend, desinfizierend, exsudataufsaugend. Anwendung: Bei stark riechenden, infizierten, belegten Wunden; Wechsel mindestens täglich je nach Wundzustand.
1IBSNBLPMPHJFVOE1IBSNBLPQPF
"LUJWLPIMFWFSCjOEFVOE4JMCFS Kombination von Aktivkohle und Silber in Vliesumhüllung. Anwendung: Bei infizierten Wunden zur Keimreduktion, sehr selektiv einzusetzen, bakteriostatisch wirksam, auch bei Problemkeimen: z. B. Pseudomonas Aeroginosa und Staphyllococcus Aureus. Die Keime werden durch elementare Silberpartikel abgetötet. Wirkungsweise: Desinfektion des Wundexsudats durch elementares Silber, Reduktion auch von Problemkeimen, Geruchsreduktion durch Aktivkohle. Vorteil: Fertige Kompresse zum Auflegen (mit genügend Feuchtigkeit), schnelle Keimreduktion. Nachteil: Die Wundauflage darf auf keinen Fall zerschnitten werden, kann leicht mit der Wunde verkleben, daher vor dem Ablösen mit ausreichend Flüssigkeit tränken. 4JMCFSWFSCjOEF (a) Silberverbände mit fester Silberbindung: Silber bleibt im Verband. (b) Silberverbände mit leicht löslicher Silberbindung: Silber wird an die Wunde abgegeben.
3.3.1 Silberverbände mit ionischem Silber: Silber bleibt im Verband Wirkung: Silberpartikel sind in eine Matrix eingebettet, diese besteht entweder aus Carboxymethylcellulose (CMC) oder Polyurethanschaumstoff, es erfolgt keine Abgabe von Ag+ an die Wunde, die Keimreduktion findet in der Wundauflage statt. 3.3.1.1 Silberverband aus Carboxymethylcellulose Aufbau: die Matrix besteht aus Carboxymethylcellulose (CMC), die Silberionen sind in den Verband eingearbeitet. Die starke Bindung bewirkt, dass das Silber nicht an die Wunde abgegeben wird, die keimabtötende Aktivität des Silbers bleibt aber trotzdem erhalten, keine adhaesive Klebefläche. Wirkung: Sehr gute Saugfähigkeit, Aufnahme des Wundexsudats in vertikaler Richtung, Keimreduktion durch ionisches Silber. (Kein Auslaufen des Wundexsudats über den Wundrand.) Vorteil: Der Verband kann sowohl in die Wunde tamponiert, als auch als Kompresse aufgelegt werden. Durch die starke Saugfähigkeit der Hydrofaser wird das Wundexsudat aufgesaugt und die enthaltenen Keime in der Wundauflage durch die gebundenen Silberionen deaktiviert. Nachteil: keiner.
3.3.1.2 Silberverbände mit Polyurethanschaumstoff Aufbau: Polyurethanschaumstoff mit Silbereinlage, mit oder ohne Klebefläche. Wirkung: durch die Saugfähigkeit des Polyurethanschaumstoffs und der gebundenen Silberpartikel wird das keimbelastete Wundexsudat in der Wunde deaktiviert. Nachteil: Bei Silberverbänden mit Kleberand: Semiokklusivität Anwendung: bei schlecht heilenden Wunden, die eine Keimbelastung mit Problemkeimen aufweisen oder zur Prophylaxe. Der Einsatz sollte bei stark exsudierenden Wunden erfolgen. 3.3.2 Wundauflagen mit Silber: Silber wird an die Wunde abgegeben 3.3.2.1 Polyurethanschaumverband mit Silber Aufbau: Das ionische Silber ist in einer Konzentration von 1 mg/cm2 an den Polyurethanschaumstoff (Träger) gebunden Wirkungsprinzip: Bei Kontakt mit Wundexsudat werden die Silberionen im Austausch gegen Na+-Ionen je nach Exsudatmenge kontrolliert freigesetzt und an die Wunde abgegeben; die Keimreduktion erfolgt in der Wunde selbst, das Silber wird kontrolliert bis zu sieben Tagen abgegeben. Anwendung: Bei stark exsudierenden, chronischen, bakteriell belasteten Wunden, auch Brandwunden 1. und 2. Grades. Nachteil: Grauverfärbung der Wunde (reversibel). 3.3.2.2 Hydrokolloid mit Silber Aufbau: Hydrokolloid mit ionischem Silber durch CMC (Carboxymethylcellulose) ist die Stabilität besser und die Exsudataufnahme kontrollierter; das ionische gebundene Silber ist in die Matrix eingebettet. Wirkung: Bei Kontakt mit dem Wundexsudat quillt das Hydrokolloid auf, im Austausch gegen Na+-Ionen werden die Silberionen an die Wunde abgegeben. Anwendung: Bei oberflächlichen bakteriell belegten Wunden. Nachteil: Semiokklusiver Verband! 3.3.2.3 Nanokristallines Silber aufgedampft auf Rayongewebe Aufbau: Besteht aus 2 Lagen Polyethylenvlies, das mit nanokristallinem Silber bedampft ist. Dazwischen befinden sich jeweils eine Lage Rayongewebe und nicht verklebendes Polyester. Wirkungsprinzip: Eine Silberauflage mit dem höchsten Silbergehalt in freier Form. Um das nanokristal-
line Silber zu aktivieren, wird die Kompresse mir Aqua bidestillata getränkt und auf die Wunde gelegt. Die Feuchtigkeit löst die Silberschicht kontinuierlich herunter. Die Silberionen werden an die Wunde abgegeben und dadurch die Keime im Wundexsudat direkt abgetötet. Durch den hohen Silbergehalt wird eine hohe Anzahl Keime, auch Problemkeime in kurzer Zeit eliminiert. Anwendung: Bei stark infizierten Wunden, die mit hohen Keimzahlen und vor allem Problemkeimen belastet sind; Liegedauer höchstens 3 Tage, der fünfschichtige Verband sieben Tage. Vorteil: Effektive Abtötung von Problemkeimen; der Verband kann zerschnitten werden. Nachteil: Ein genaues Abwägen der Therapie ist notwendig (hohe Silberkonzentration). 3.3.2.4 Mit nanokristallinem Silber bedampftes Alginat Wirkungsprinzip: Durch den hohen Gehalt an nanokristallinem Silber ist eine rasche Keimreduktion bei gleichzeitiger Exsudataufnahme durch das Alginat als Saugkörper gegeben. Anwendung: Zum Austamponieren und Abdecken von infizierten, belegten, chronischen und akuten Wunden und Wundhöhlen oder in Kombination mit Sekundärverbänden. Vorteil: Gute Kombinierbarkeit mit anderen Wundauflagen bei gleichzeitiger Keimreduktion. Nachteil: Nur in Kombination anzuwenden. ,PMMBHFOWFSCjOEF Aufbau: Kollagenschwamm aus nicht vernetztem, gereinigtem Rinderkollagen. Vorteil: Fördert die Wundheilung in jeder Wundheilungsphase, vor allem die Granulation. Löst sich in der Wunde auf und wirkt blutstillend. Anwendung: Vor allem bei stagnierenden Wunden, Ulcera, operativen Gewebsdefekten, Brandwunden. Wichtig: Sehr selektiv einzusetzen, nur wenn mit anderen Wundverbänden kein Erfolg erzielt werden kann. Nachteil: Da diese Wundauflage teuer ist, sollte ihr Einsatz genau abgewogen werden. 8VOEBV¿BHFONJU)ZBMVSPOTjVSF Aufbau: Besteht aus einem linearen Polysaccharid mit gelartiger Konsistenz. Hyaluronsäure ist Bestandteil der menschlichen Haut, kommt in jedem Lebewesen, vom Einzeller an, vor. Daher gibt es absolut keine Allergien.
&%POBUZ
Wirkung: ■ Stimuliert die Proliferation von Fibroblasten und Keratinozyten, ■ Granulationsfördernd, stark absorbierend. Anwendung: Bei stark exsudierenden, schlecht heilenden, belegten Wunden, der Verband kann bis zu 7 Tagen auf der Wunde bleiben. 7BLVVNUIFSBQJF (a) V.A.C. Therapy (Advanced Therapy System) Wirkung: Durch Verwendung eines schwarzen, offenporigen Polyurethanschwammes und dichtem Abdecken mit Polyurethanfolie und Verbindungsschläuchen zu einer Pumpe wird durch Anlegen eines Vakuums ein Unterdruck erzeugt, der das Wundexsudat kontinuierlich aus der Wunde entfernt. Dadurch kommt es zu einer raschen Säuberung von infiziertem oder stark belegtem Gewebe, durch die starke Saugwirkung wird das Wachstum von Granulationsgewebe angeregt. Eigenschaften: Stark saugend durch seine vernetzte, grobe offenporige Struktur, hydrophob, dehnfest, druckausgleichend, granulationsfördernd. Vorteil: Bei großflächigen, infizierten und stark belegten Wunden kommt es gegenüber anderen Wundauflagen zu einer schnelleren Säuberung der Wunde bei gleichzeitiger Förderung der Granulation, Verbandwechsel nur alle 2 Tage. Wichtig: Sehr genaue Vorgangsweise beim Anlegen des Verbandes ist notwendig. Der Verband muss dicht sein, um ein Vakuum zu erzielen. Anwendung: Bei großflächigen Wunden und Wundhöhlen, infizierten und belegten Wunden: – Dekubitus, – Ulcus Cruris, – Diabetische Geschwüre. (b) V.A.C. Versa Foam Dressing System Aufbau: PVA Dressing – Schwamm aus Polyvinylalkohol (Weiss), Polyurethanfolie, Zubehör. Eigenschaften: Nicht vernetzte, feste, weniger offenporige Struktur. Verhindert das Einwachsen von Gewebe und verklebt nicht mit der Wunde, hydrophil, dehnfest, druckausgleichend. Vorteil: Nicht haftend, daher für empfindlicheres Gewebe geeignet. Kein Einwachsen von Gewebe, durch höhere Dehnfestigkeit, erleichterte Handhabung beim Plazieren und Entfernen aus Kanälen und kleineren Zwischenräumen, weniger schmerzhaft beim Verbandwechsel. Nachteil: Geringere Saugfähigkeit, nur bei oberflächlichen Wunden anzuwenden.
1IBSNBLPMPHJFVOE1IBSNBLPQPF
Anwendung: Alleine bei oberflächlichen und schmerzenden Wunden, in Kombination mit V.A.C.-PU-Dressing zum Schutz darunter liegender Strukturen (Sehnen, Nerven, Gefäße). 1SPUFBTFJOIJCJUPSFO Aufbau: Protease modulierende Matrix – sterile gefriergetrocknete, oxidierte, regenerierte Cellulose und Kollagen. Eigenschaften: Im Wundexsudat ist die Konzentration von Proteasen pathologisch so erhöht, dass diese die Wirkung von Wachstumsfaktoren und damit die Aktivierung der Matrixproteine verhindern. Die Wundheilung wird verzögert oder findet überhaupt nicht statt. Durch Proteaseinhibitoren werden überschüssige Proteasen deaktiviert und damit die Wachstumsfaktoren geschützt und die Modulation des Wundmilieus auf biologischer Ebene wieder herbeigeführt, die Anregung von Wachstumsfaktoren und damit die Bildung von Matrixproteinen gefördert. Die Wundheilung einer stagnierenden, chronischen Wunde wird angeregt. Vorteil: Der Verband kann 72 Stunden auf der Wunde belassen werden und löst sich langsam auf. Bei Kontakt mit Wundexsudat wandelt sich die Wundauflage in ein Gel um, das nach 2–3 Tagen resorbiert wird. Nachteil: Ein Sekundärverband ist notwendig, sehr teuer.
&O[ZNBUJTDIF8VOESFJOJHVOH
Eigenschaften: Enzyme wie Clostridiopeptidasen, Trypsin oder Streptokinase, eingearbeitet in einer Salbengrundlage werden dünn auf die belegten Wunden (Fibrinbeläge) aufgetragen. Ältere Enzympräparate enthalten zusätzlich auch Antibiotika (in den modernen Enzympräparaten nicht mehr enthalten). Wirkung: Nekrotisches Gewebe wird durch native Kollagenstränge an der Wundoberfläche festgehalten, so dass die Wundheilung verhindert wird. Die in manchen Salben enthaltenen Kollagenasen bauen das Kollagen ab, das die Nekrosen festhält und fördert damit deren Abbau. Andere Enzyme (Streptokinase und -dornase) lösen schmierig eitrige Beläge. Anwendung: Bei stagnierenden Wunden mit Fibrinbelägen, Nekrosen und/oder eitrigen Belägen bei chronischen Wunden. Gegenüber anderen Methoden ist diese Methode eher veraltet, daher ist anderen Möglichkeiten der Vorzug zu geben. Neuere Enzympräpa-
rate haben einen Wechselrhythmus von 24 Stunden, ältere von 12 Stunden. Nachteil: Vom Verbandwechsel her aufwendig, Mazeration des Wundrandes möglich (Wundrandschutz, Resistenzbildung durch Antibiotikazusatz.
1SGVOHTGSBHFO
1. Nennen Sie die Wirkungsweise der Alginate (Aufbau und Struktur)! 2. Welchen Unterschied gibt es zwischen den Silberverbänden (nicht abgebende – abgebende Silberverbände)? 3. Nennen Sie den Aufbau der Hydrokolloide – Vorteil, Nachteil! 4. Bei welchen Indikationen ist dem Einsatz des VAC-Systems gegenüber anderen Wundheilungssystemen der Vorzug zu geben? 5. Welche Einsatzgebiete der Hydrofaser kennen Sie?
-JUFSBUVS <> Assmussen PD, Söllner B (2002) Wundversorgung, Bd 1: Die Prinzipien der Wundheilung. Hippokrates Verlag, Stuttgart <> Kammerlander G (2006) Lokaltherapeutische Standards für chronische Hautwunden. Vleus Cruvis – Dekubitus – Kompressionstherapie – Weichlagerung, 4. Aufl. Springer, Wien 2006 <> Sedlarik KM, Lippert H (1996) Wundheilung und Wundauflagen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart <> Zöch G (2005) Dekubitus– Das Buch zum Seminar
,BQJUFM
&JO¿VTTWPO1IBSNBLBBVGEJF8VOEIFJMVOH )+FO[FS
;VTBNNFOGBTTVOH
Anders als bei akuten Wunden bestehen bei chronischen oft grundsätzliche die Wundheilung hemmende Barrieren. Wundheilung in mangeldurchbluteten Geweben braucht eine Revaskularisierung bzw. Angiogenese, denn der Blutfluss und damit die Versorgung der Wunde mit Substraten ist die Conditio sine qua non für eine erfolgreiche Wundheilung. Im ganzen Medikamentenschatz gibt es nur wenige Wirkstoffe, die primär für die Wundheilung indiziert sind, jedoch unzählige, die eine die Wundheilung fördernde Nebenwirkung aufweisen, vielfach Vasodilatation oder Antioxidation, und somit sekundär als Adjuvans einsetzbar sind. Die Steuerung der Haupt- und Nebenwirkungen muss jeweils über die Dosierung erfolgen. Die Einteilung der Substrate für die Wundheilung kann in folgende Gruppen erfolgen: ■ Sauerstoff (und seine Derivate) ■ Oligoelemente ■ Vitamine ■ Lipide ■ Aminosäuren und Proteine (NO· Mimetika) ■ Varia. Sauerstoff und seine Radikale sind nicht nur eine potentielle Gefahr für unseren Organismus, sondern auch willkommen (bakterizider Effekt). Ausserdem stimulieren sie die Angiogenese und regulieren die Genexpression für Wachstumsfaktoren wie VEGF (vascular endothelial growth factor), dem wichtigsten Wachstumsfaktor für die wundbezogene Angiogenese. Ein Wechsel zwischen Hypoxie und Reoxigenierung bildet in besonderem Masse reaktive Sauerstoffderivate, rekrutiert Endothelzellen und induziert die Biosynthese von Wachstumsfaktoren.
Neben hyperbarem Sauerstoff wird auch die VACTechnik (vacuum assisted closure) eingesetzt, um die Wundgewebe mit Sauerstoff zu durchfluten. Oligoelemente agieren einerseits als Co-Faktoren einer Reihe von Enzymen, die für die Wundheilung essentiell sind, andererseits als Katalysatoren für die Bildung von reaktiven Sauerstoffderivaten wie OH· (Fenton Chemie). Besonders interessant für die Wundheilung ist Kupfer. Wunden sind kupferreich (~30µM). Für Kupfer wurde ein induzierender Effekt auf die VEGF – Bildung in Keratinozyten nachgewiesen. Unter den Vitaminen haben theoretisch v. a. Ascorbinsäure (Co-enzym der Prolylhydroxylase bei der Hydroxylierung von Prolin zu Hydroxyprolin), Retinol (Funktionsfähigkeit des Epithels und die Kollagensynthese) und Tocopherole (α-Tocopherol als Agens im Cell-Signaling) eine essentielle Wirkung auf die Wundheilung. Lipide weisen verschiedene Wirkungsmechanismen auf (antioxidative Wirkung, Vasodilatation, Wirkung auf die Endothelzellen, Funktion im Cell Signaling, fördernde Wirkung auf die Kollagenbildung in den Fibroblasten). Unter den Aminosäuren sind Glutamin, Arginin und Prolin und unter den Proteinen Wachstumsfaktoren essentiell für eine adäquate Wundheilung. Arginin wird physiologisch kompetitiv durch zwei Enzyme metabolisiert: [1] Die Arginase [2] Die Nitric Oxide Synthase, wovon eine neuronale (nNOS), eine endotheliale (eNOS) und eine induzierbare Form (iNOS) bekannt ist, die das früher als »endothelium derived relaxing factor« bekannte NO· bilden, einen der wichtigsten Induktoren der Angiogenese. NO· wirkt über die Freisetzung von VEGF, den wichtigsten Wachstumsfaktor für die Induktion der Angio-
genese. Viele Arzneistoffe wirken direkt oder indirekt über die Aktivierung des NO· – Pfades (in erster Linie Nitrite und organische Nitrate) auf die VEGFFreisetzung oder VEGFR (VEGF-Rezeptor)-Aktivierung, oder die darauffolgende Enzymkaskade innerhalb des Cell Signaling.
"MMHFNFJOFT
Wundheilung unterliegt natürlichen physiologischen Mechanismen, die bei akuten traumatisch oder durch Verbrennung bedingte Verletzungen in Abhängigkeit der lokalen Gegebenheiten (z. B. Entzündung infolge der freigesetzten Zellinhaltsstoffe) mehr oder weniger spontan in Gang gesetzt werden. Bei chronischen Wunden hingegen bestehen oft grundsätzliche die Wundheilung hemmende Barrieren: Obstruktion, Druckstelle, venöse und/oder arterielle Insuffizienz, Neuropathie, Ischämie, Hypoxie, Infektion, Mangelernährung, altersabhängige Verminderung der Proliferation und Atrophie der Dermis bzw. Epidermis. Anders als die Pflanzenwelt, die durch den Turgor und die Transpiration Nährstoffe von den Wurzeln bis in die höchsten Baumkronen zu transportieren vermag, werden im tierischen und menschlichen Organismus Substrate durch das Herz-Kreislaufsystem in periphere Gewebe gepumpt. Ein Defekt in der Versorgung von Geweben mit Nährstoffen äussert sich sichtbar im Bereich der Haut oder spürbar durch Muskelkrämpfe infolge Hypoxie. Wundheilung in mangeldurchbluteten Geweben braucht eine Revaskularisierung bzw. Angiogenese, denn der Blutfluss und damit die Versorgung der Wunde mit Substraten ist die Conditio sine qua non für eine erfolgreiche Wundheilung. Substrate sind im biochemisch-pharmakologischen Sinn aufzufassen. Es handelt sich um Nutriceuticals, die den grundlegenden pharmakologischen Prinzipien folgen, d. h. sie bilden Enzym-Substrat-Komplexe nach dem induced-fit Konzept und können der kompetitiven oder nichtkompetitiven Inhibition unterliegen. Einen der heilenden Wirkung der Phönixtränen entsprechenden Wirkstoff gibt es in der realen Wundtherapie nicht. Im ganzen Medikamentenschatz gibt es nur wenige Wirkstoffe, die primär für die Wundheilung indiziert sind, jedoch unzählige, die eine die Wundheilung fördernde Nebenwirkung aufweisen, vielfach Vasodilatation oder Antioxidation oder Hypertrophien (der Gingiva im Falle von Phenytoin),
)+FO[FS
und somit sekundär als Adjuvans einsetzbar sind. Somit handelt es sich primär nicht um pharmakokinetische, sondern pharmakodynamische Interaktionen. Wird versucht, eine dieser Nebenwirkungen therapeutisch für die Wundheilung zu nutzen, so ist sicherzustellen, dass die Hauptwirkung nicht limitierend wird (z. B. Kopfschmerzen durch Nitrate/Nitrite, Hauptwirkung der Phosphodiesteraseinhibitoren wie Sildenafil auf die erektile Dysfunktion; die Kombination der beiden ist kontraindiziert!). Die Steuerung der Hauptund Nebenwirkungen muss jeweils über die Dosierung erfolgen.
&TTFOUJFMMF4VCTUSBUFGSEJF8VOEIFJMVOH
Die Phasen der Wundheilung verlaufen fliessend von der Hämostase (nekrotisch – infektiöse und fibrinöse Stadien mit Entzündung, Immunantwort, Koagulation) via einem granulösen und epithelialen Stadium zur Schliessung der Wunde. Im Verlaufe dieses Prozesses werden verschiedene physiologische Mechanismen ausgelöst: Energieversorgung, Proteinaufbau und Vernetzung der Fasern und Gewebe (Neovaskularisation, Zellproliferation, Gewebsbildung, Bildung von Extrazellulärmatrix, Gewebsremodelling). Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass in diesen verschiedenen Stadien unterschiedliche Substrate benötigt werden. Eine Einteilung der aktiven Wirkstoffe nach den einzelnen Phasen der Wundheilung wäre denkbar. Oft liegen bei ein und demselben Patienten jedoch mehrere Wunden vor, die asynchron heilen. Aus praktischen Gründen empfiehlt es sich deshalb, für die Klassifikation der Substrate biochemische und molekularbiologische Ueberlegungen anzustellen, die von der Prozessauslösung über das Cell Signaling bis zur Proteinsynthese führen. Die Einteilung kann somit in folgende Gruppen erfolgen: ■ Sauerstoff (und seine Derivate) ■ Oligoelemente ■ Vitamine ■ Lipide ■ Aminosäuren und Proteine (NO· Mimetika) ■ Varia. In dieser Systematik werden lokal applizierbare Adjuvantien, die nicht direkt auf den Wundheilungsprozess wirken, wie Desinfektionsmittel oder Antibiotika, inkl. silberhaltige Verbandsmaterialien für infizierte Wunden, Morphin-Hydrogel 0.2 % zur Analgesie bei schmerzhaftem Verbandwechsel oder das biologische Debridement mit Maden nicht weiter berücksichtigt.
&JO¿VTTWPO1IBSNBLBBVGEJF8VOEIFJMVOH
4BVFSTUPGG
Sauerstoff besitzt einen Triplett-Grundzustand und liegt deshalb als Biradikal vor (3Σg- O2). Dieser Grundzustand kann mit Energiezufuhr (Licht im UVBereich!) in zwei angeregte Singulett-Zustände überführt werden (3Σg+ O2, instabil, mit zwei ungepaarten Aussenelektronen mit antiparallelem Spin, und 1∆g O2, mit gepaarten Aussenelektronen) (Abb. 1) [1]. Das Biradikal reagiert bevorzugt radikalisch mit anderen Radikalen und/oder mit ungesättigten funktionellen Gruppen, wie sie z. B. in Membranen vorliegen. Der angeregte Zustand reagiert durch kovalente Mechanismen, z. B. bei Additions- und/oder Substitutionsreaktionen, mit Doppelbindungen und/oder Aromaten. Sauerstoff lässt sich stufenweise reduzieren: Mit einem 1e--Transfer bildet sich das Superoxid Radikal
O2- (radikalisches »Anion«, in protonierter Form Perhydroxyl Radikal HO2. , pKa = 4.2). Mit einem weiteren 1e- – Transfer gelangt man zum nicht radikalischen Peroxid Anion O22-, das zweifach protoniert via Hydroperoxid Anion HO2- zum Wasserstoffperoxid H2O2 transformiert wird (pKa > 14 bzw. pKa = 11.8). Mit einem weiteren 1e- – Transfer erhält man ein hypothetisches instabiles Zwischenprodukt (O23-), welches spontan zu O- und O2- zerfällt. Aus O- entsteht bei Protonierung (pKa = 11.85) das stärkste bekannte Oxidationsmittel, das Hydroxyl Radikal OH., welches als Ursache einer Reihe von Krankheiten gilt, darunter Demenzen und neoplastische Entartungen, und O2-, das zweifach deprotonierte Wasser (Abb. 1) [1,2]. Sauerstoff, ob im Grund- oder im angeregten Zustand, zusammen mit seinen Derivaten, ist reaktiv (ROS = reactive oxygen species) und für unseren Metabolismus nur bei bestimmten Partialdrücken
"CC %FSJWBUFEFT4BVFSTUPGGT HFCJMEFUEVSDITVL[FTTJWF3FEVLUJPOWPO%J4BVFSTUPGG< >4JOHVMFUU4BVFSTUPGG 1FSIZESPYZM3BEJLBMVOE )ZESPYZMSBEJLBMTJOETUBSLF0YJEBUJPOTNJUUFM SFBHJFSFOCFJQIZTJPMPHJTDIFO7FSIjMUOJTTFONJUWJFMFOPSHBOJTDIFO.PMFLMFOVOEHFMUFOBMT NJOEFTUFOTFJOF6STBDIFWJFMFSEFHFOFSBUJWFSVOEOFPQMBTUJTDIFS&SLSBOLVOHFOΣH 0JTEJFJOTUBCJMF'PSNEFT4JOHVMFUU4BVFSTUPGGTNJU [XFJVOHFQBBSUFOBOUJQBSBMMFMFO"VTTFOFMFLUSPOFO XFMDIF[VNTUBCJMFO¦H04BVFSTUPGGNJUHFQBBSUFOBOUJQBSBMMFMFO"VTTFOFMFLUSPOFO VNHFMBHFSUXJSECFWPSTJFXFJUFSSFBHJFSFOLBOO
)+FO[FS
beherrschbar. Im Verlaufe der Erdgeschichte und der Evolution haben sich die Lebewesen an die herrschenden O2- und CO2-Partialdrücke angepasst. Besonders die Entwicklung der grünen Algen ab Carbon-Epoche und bis Ende Perm brachten ungefähr die Verdoppelung des Sauerstoffpartialdruckes bis gegen 35 % und eine Reduktion des Kohlendioxidpartialdruckes bis fast zum vollständigen Verbrauch von CO2 [3]. Die Anpassung an die gegenwärtige Sauerstoffbelastung und der Schutz der Gewebe vor Sauerstoff und seinen Derivaten drückt sich in folgenden Sauerstoffpartialdrücken aus [1]: Q0JOEFS6NHFCVOH
DBNN)H
Q0JNBSUFSJFMMFO#MVU
DB°NN)H "PSUB
DB°NN)H "SUFSJPMFO
DB°NN)H ,BQJMMBSFO
Q0JNTVCLVUBOFO(FXFCF °NN)H Q0JO8VOEFO
°NN)H
Der Metabolismus in Geweben mit einem Sauerstoffpartialdruck von weniger als 30 mm Hg ist massiv eingeschränkt. Sauerstoff und seine Radikale sind aber nicht nur eine potentielle Gefahr für unseren Organismus, sondern auch willkommen, besonders in der Wundheilung. Makrophagen und Neutrophile bilden v. a. mit Hilfe von NADPH-Oxidase im Wundgewebe reaktive Sauerstoffderivate, welche einen bakteriziden Effekt aufweisen. Ausserdem stimulieren sie die Angiogenese und regulieren die Genexpression für Wachstumsfaktoren wie VEGF, dem wichtigsten Wachstumsfaktor für die wundbezogene Angiogenese (siehe Aminosäuren und Proteine) [4]. Therapeutisch wird Sauerstoff eingesetzt, um einer Hypoxie zu begegnen oder um durch eine gezielte Entzündung die Angiogenese zu stimulieren. Letzteres wird mit topisch appliziertem hyperbarem Sauerstoff bewirkt [5]. In einer Ohio State University Studie wurden schlecht heilende Wunden nach mehrfach erfolglosen first choice Therapien während vier Tagen jeweils 90 Minuten lang reinem Sauerstoff ausgesetzt (Inflation des Sauerstoffes in Plastiksäcke, die über die verwundete Extremität gestülpt werden). Nach einer 3-tägigen Ruhephase wurde dieses Vorgehen wiederholt, solange ein therapeutischer Fortschritt erkennbar war. Als Endpunkt wurde eine komplette Epithelialisation definiert. Von insgesamt 56 Wunden bei 30 Patienten mit diabetischer, infektiöser oder onkologischer Aetiologie heilten 75 % ab. Die besten Resultate ergaben sich bei akuten und post-chirurgischen
Wunden am Leib (75 % Erfolg), an den Armen und an den Händen (100 % Erfolg), sowie den Beinen und Füssen (50 % Erfolg). Bei chronischen Wunden zeigten venöse (92 % Erfolg) und diabetische Ulcera der Hände (91 % Erfolg) die besten Ergebnisse, gefolgt von sakralen Druckulcera und neuropathischen Fussulcera (44 % Erfolg) [6]. Bei Behandlung von Verbrennungen mit hyperbarem Sauerstoff sind hingegen keine ähnlichen Erfolge beobachtet worden [7]. Andererseits wird die Sauerstoffversorgung im Wundgebiet durch Anbringen eines Unterdruckes verbessert (VAC, vacuum assisted closure) [8]. Ein Wechsel zwischen Hypoxie (während 60 Minuten) und Reoxigenierung bildet in besonderem Masse reaktive Sauerstoffderivate, rekrutiert Endothelzellen und induziert die Biosynthese von Wachstumsfaktoren [9]. Theoretisch wirkt eine umfangreiche Anzahl von Medikamenten agonistisch auf die Versorgung des Wundgebietes mit Sauerstoff. Unter den Indikationen für diese Spezialitäten findet man periphere Durchblutungsstörungen, Morbus Raynaud, Erfrierungen, Ulcus cruris, Dekubitus, Gangrän, Alopezie etc, welche einen Hinweis auf die nutzbare Nebenwirkung für die Wundpflege geben. Positiv inotrope Herzglykoside oder am Sympathikus oder Parasympathikus angreifende bzw inhibierende Medikamente haben multiple Wirkung auf die Gewebsdurchblutung. Den physikalischen Gesetzen folgend, hängt die hinreichende und ökonomische Gewebedurchblutung von einem optimalen Gleichgewicht zwischen Blutdruck und Gefässdurchmesser ab. Während die Gewebsdurchblutung im Herzmuskel und im Gehirn hauptsächlich durch CO2-Druck und O2-Mangel reguliert wird, geschieht diese Regulierung im Skelettmuskel, Niere und Haut vor allem über das vegetative Nervensystem. Nichtkardioselektive Betablocker antagonisieren die Katecholaminwirkung an den Gefässen, und eine Erhöhung ohne Oeffnung arterio-venöser Shunts wird möglich. Betablocker bewirken ausserdem eine Verminderung bzw. Oekonomisierung des Sauerstoffverbrauchs im Gewebe. Zur Erzielung einer raschen gefässerweiternden Wirkung dienen in erster Linie Nitrite, organische Nitrate, Nicotinsäure und Nicotinylalkohol (zur Wirkung vgl. Unterkapitel »Aminosäuren und Proteine – NO· Mimetika«). Eine Tonusverminderung auf die glatte Gefässmuskulatur und damit eine Vasodilatation bewirken ebenso einige Antihypertensiva. Xanthinderivate (Purine) dienen zu länger dauernder therapeutischer und prophylaktischer Gefässerweiterung. Sie hemmen die Proliferation der Fibroblasten.
&JO¿VTTWPO1IBSNBLBBVGEJF8VOEIFJMVOH
0MJHPFMFNFOUF
Oligoelemente agieren einerseits als Co-Faktoren einer Reihe von Enzymen, die für die Wundheilung essentiell sind, andererseits als Katalysatoren für die Bildung von reaktiven Sauerstoffderivaten wie OH. (Fenton Chemie). Es handelt sich im Wesentlichen um die Elemente Eisen, Kupfer, Zink, Selen, Mangan und Iod. Fenton Chemie: Die nicht-überschiessende Bildung von reaktiven Sauerstoffderivaten in Wundgebieten ist erwünscht für eine anti-infektive Wirkung als auch für die Induktion der Angiogenese. Uebergangsmetalle in freier als auch in chelierter Form reduzieren dabei das ubiquitär vorkommende H2O2 oder andere reduzierbare Sauerstoffderivate und bilden OH. gemäss folgender Gleichung: .FO )0 → .F O 0) 0) 'F )0 → 'F 0) 0) 'FOUPO3FBLUJPO L.T
$V )0 → $V 0) 0) L.T
Die Elektronen in den d-Orbitalen von Fe2+ und besonders von Cu+ sind leicht verfügbar und reagieren rasch. Sind die Metalle cheliert, z. B. mit Protoporphyrin IX wie in Hämenzymen (z. B. Peroxidasen, Katalase), so wird das Zentralatom im Verlaufe des enzymatischen Zyklus je nach Ligand in Position 6 aus einer planaren Anordnung mehr oder weniger aus der Ebene herausgezogen. Diese Position entscheidet über die Löslichkeit und somit die Reaktivität und Reaktionsgeschwindigkeit. Im Falle der Lactoperoxidase werden in diesem enzymatischen Zyklus Elektronen zwischen dem 3wertigen Eisen (Grundzustand des Enzyms) und dem gebundenen H2O2 unter Bildung verschiedener Compounds ausgetauscht. Der Chelator wird dabei in den Elektronentransfer integriert (π-Radikal Kation) [2]. Besonders interessant für die Wundheilung ist Kupfer. Wunden sind kupferreich (~30µM). Im Gegensatz zum Eisen wurde für Kupfer ein induzierender Effekt auf die VEGF (vascular endothelial growth factor) – Bildung in Keratinozyten nachgewiesen [10]. Weitere Effekte sind remodelling der extrazellulären Matrix, Wundkontraktion und –verschluss. Zink ist als Co-faktor in über 300 Enzymen nachgewiesen worden, darunter solche der KollagenSynthese, in Metalloproteasen, in Proteinkinase C und, zusammen mit Kupfer, in der cytoplasmatischen Form der Superoxiddismutase. Mangan ist
im Rahmen der Wundheilung als Co-Faktor der mitochondrialen Form der Superoxiddismutase von Bedeutung. Selen findet man in Glutathionperoxidase, die im Cytoplasma und in den Mitochondrien als Selenoglykoprotein vorliegt oder in den Membranen, wo sie als Substrat Phospholipid-Hydroperoxide umsetzt. Iod hatte lange einen zweifelhaften Ruf in der Wundheilung. Hemmende Effekte sind jedoch eine Frage der Formulierung. In klassischen Lösungen wie Lugol 2 % liegen viel höhere Konzentrationen an freiem I2 vor (156 ppm theoretisch, 167 ppm experimentell) als in den PVP-I Produkten (5 ppm in der PVP-Formulierung von Betadine®) [11]. Die tieferen Konzentrationen an molekularem freiem I2 bleiben bis zur Erschöpfung der Kapazität erhalten, da I2 laufend aus dem PVPKomplex nachgeliefert wird. Durch die Verwendung von PVP-I anstelle der klassischen Präparate resultieren Vorteile für die Wundheilung wie die heute marginale Relevanz der Jodallergie. Andere chemische Elemente wie Calcium haben in den frühen Stadien der Wundheilung ihre Funktion in der Gerinnung oder sie beeinflussen die Infektion von Wunden ohne direkten Einfluss auf die Progression (Silber).
7JUBNJOF
Unter den Vitaminen haben theoretisch v. a. Ascorbinsäure, Retinol und Tocopherol eine essentielle Wirkung auf die Wundheilung. Retinol mit vier Doppelbindungen in der Seitenkette kann direkt hydroxyliert werden und somit antioxidativ wirken. Seine Funktion ist eher im Cell-signaling zu sehen (via cytosolic retinol-binding protein CRBP) als in einer Co-enzym Funktion. Retinol ist involviert in die Bildung von Glykoproteinen während Entzündungsprozessen, in die Differenzierung von Fibroblasten, in die Funktionsfähigkeit des Epithels und die Kollagensynthese, sowie in die Zell-zu-Zell-Kommunikation. Ascorbinsäure ist sowohl als Antioxidans (unter Bildung von Dehydroascorbinsäure) als auch als Co-enzym der Prolylhydroxylase bei der Hydroxylierung von Prolin zu Hydroxyprolin und somit für die Kollagensynthese von Bedeutung, besonders auch in Kombination mit Pantothensäure / Ca pantothenat. Tocopherol ist der Sammelbegriff für eine Gruppe von acht natürlich vorkommenden Molekülen. α−, β−, γ−, δ−Tocopherole weisen eine Phytyl-Seitenkette und
somit keine ungesättigten Strukturen in dieser Seitenkette auf. α−, β−, γ−, δ−Tocotrienole besitzen eine isoprenoide Seitenkette und sind theoretisch als Antioxidans denkbar. Da jedoch α-Tocopherol als Hauptvertreter in der Haut gilt (87 % aller Tocopherole) kann die Antioxidation kaum der Hauptwirkung entsprechen. α-Tocopherol scheint hingegen im Cell-Signaling und über die Genexpression zu wirken. Ein Rezeptor für α-Tocopherol ist jedoch noch nicht gefunden worden [12, 13, 14]. Die kürzliche Entdeckung von α-Tocopherolphosphat in biologischem Gewebe und in Nährmitteln hingegen weist auf dessen ubiquitäre Präsenz hin. Da α-Tocopherol und α-Tocopherolphosphat in den bisher verwendeten analytischen Methoden nicht zusammen erfasst wurden, dürften in nächster Zeit neue Erkenntnisse zu den Tocopherolen und deren Biochemie entstehen [15]. Andere Vitamine oder Derivate mit dermatologischem Interesse sind Pantothensäure und Vitamin D3 (Cholecalciferol, eigentlich den Hormonen nahestehend).
-JQJEF
Unter den Lipiden haben theoretisch alle ungesättigten Vertreter, an denen Additions- und Substitutionsreaktionen stattfinden können, eine antioxidative Wirkung. Phospholipide können aus Membranen freigesetzt werden und Arachidonsäure bilden, das Substrat für Prostaglandin-, Prostacyclin- und Thromboxan-synthasen. Prostacyclin und aus Endothelzellen freigesetztes NO· sind u.a. starke Vasodilatatoren, während Thromboxane und Prostaglandine u.a. vasokonstriktorisch wirken. Aus ernährungsphysiologischen Gründen sind die ω–6- und ω–3-Fettsäuren als Schutzfaktoren gegen cardiovaskuläre Erkrankungen wichtig (Wirkung auf die Endothelzellen und Plaque-Stabilisierung wie die Statine), wobei als ideales Verhältnis für diese Schutzfunktion 4:1 oder weniger gilt. Wie bei den Tocopherolen wird für die ω-Fettsäuren eine Funktion im Cell Signaling als essentiell erachtet. In der Wundheilung haben die ω-Fettsäuren eine fördernde Wirkung auf die Kollagenbildung in den Fibroblasten.
"NJOPTjVSFOVOE1SPUFJOF /0Á.JNFUJLB
Unter den Aminosäuren sind Glutamin, Arginin und Prolin und unter den Proteinen Wachstumsfaktoren essentiell für eine adäquate Wundheilung.
)+FO[FS
Glutamin ist eine konditionell essentielle Aminosäure mit Hauptvorkommen im Muskelgewebe, die normalerweise aus Glutaminsäure unter Energieaufwand (ATP!) biosynthetisiert wird. Bei ICU-Patienten sowie unter oxidativem Stress fehlt die für die Biosynthese benötigte Energie und Glutamin sollte supplementiert werden. Prolin ist ebenfalls konditionell essentiell, besonders in Stresssituationen. Die Biosynthese erfolgt bei normalen physiologischen Verhältnissen aus Arginin via Ornithin. Die Rolle von Ascorbinsäure für die Hydroxylierung von Prolin zu Hydroxyprolin und somit die Kollagensynthese wurde unter den Vitaminen beschrieben (siehe dort). Die wichtigste Aminosäure für die Wundheilung ist jedoch Arginin. Die tägliche Aufnahme beträgt 4–6 g, für einen wundheilenden Effekt werden mindestens 6– 12 g benötigt, nach einigen Autoren sogar 21 g [16–22]. In einer Initialphase der Wundheilung werden Erythrocyten und Thrombocyten rekrutiert, darauf polymorphonucleäre Zellen, Makrophagen und Lymphozyten. Aufgrund der Expression von iNOS (induzierbare Nitric Oxide Synthase) in diesen Zellen mit einem Peak bei rund 48 Stunden nach der Verwundung wird massiv NO· gebildet, welches letztlich die Angiogenese induziert. NO· war bis 1987 als »endothelium derived relaxing factor« (von unbekannter Struktur) bezeichnet worden. Für dessen Entdeckung wurde der Nobelpreis 1988 vergeben [23]. Der Precursor für NO· ist Arginin. Physiologisch wird Arginin kompetitiv durch zwei Enzyme metabolisiert: (1) Die Arginase bildet im Ornithin – Citrullin – Zyklus zunächst Ornithin, den Vorläufer von Prolin, dessen Bedeutung weiter oben unter Vitaminen und unter Aminosäuren erwähnt wurde. (2) Die Nitric Oxide Synthase, wovon eine neuronale (nNOS), eine endotheliale (eNOS) und eine induzierbare Form (iNOS) bekannt ist, ist ein Haemoprotein mit einer Reduktase Untereinheit, die FAD, FMN und eine Bindungsstelle für NADPH beinhaltet und N-ωHydroxyarginin bildet, und mit einer Oxygenase Untereinheit, die eine Bindungsstelle für Häm, O2, und BH4 beinhaltet und N-ω-Hydroxyarginin zu Citrullin und NO· umsetzt. Für den e--Transfer von der Reduktase zur Oxygenase Untereinheit werden Calmodulin und Calcium benötigt. Fehlt BH4, so wird vermehrt Superoxid und nachfolgend das potente gewebsschädigende Peroxynitrit gebildet [24]. Fazit: NO· wird damit zu einer der wichtigsten Induktoren der Angiogenese (Abb. 2) [25]. Viele Arzneistoffe wirken direkt oder indirekt über die Aktivierung des NO·-Pfades: Zur Erzielung einer raschen gefässerweiternden, spasmo-
&JO¿VTTWPO1IBSNBLBBVGEJF8VOEIFJMVOH
lytischen Wirkung dienen in erster Linie Nitrite, organische Nitrate, Nicotinsäure und Nicotinylalkohol. Die Nitroverbindungen bewirken Erschlaffung der glatten Muskulatur, besonders der kleineren Blutgefässe der oberen Körperhälfte (nicht des Gehirns) und der Coronargefässe, verbunden mit einer Blutdrucksenkung. Nicotinylalkohol wirkt vasodilatierend durch Senkung des peripheren Gefässwiderstandes ohne Erniedrigung des Blutdruckes. Neben NO· gibt es eine Reihe weiterer Angiogenese-induktoren: Hypoxie, reaktive Sauerstoffderivate (reactive oxygen species ROS), Kupfer, EGF, bFGF, PDGF. IGF-1, COX-2, sowie Oncogene. Aus der Oncologie stammen in der Tat viele Erkenntnisse über die Vorgänge auf molekularer Basis im Ver-
laufe des Cell Signaling. Als Resultat dieser Erkenntnisse konnte ein neues antineoplastisches Konzept bzw. eine neue Klasse von Cytostatika, nämlich das der Angiogenesehemmung, in die Therapie eingeführt werden (Bevacizumab, Cetuximab), sowie vielversprechende neue Wirkstoffe in die Produktepipeline gegeben werden (z. B. AS1404 = DMXAA = 5,6-dimethylxanthenone-4-acetic acid, in Phase II Studie, Zerstörung der Tumorvaskularisation, »vascular disrupting agent«) [26]. Diese Kenntnisse aus der Onkologie sind mit einer gewissen Vorsicht auf die physiologische Angiogenese zu projizieren, denn die Tumorvaskularisation entspricht nicht derjenigen von gesundem Gewebe. Insbesondere zeigen sich Unterschiede in der Organisation, der Permeabilität, der Ausreifung, der
"CC "LUJWJFSVOHEFS"OHJPHFOFTF&JOF3FJIFWPO*OEVLUPSFOWFSNBHEJF#JMEVOHWPOWBTLVMjSFNFOEPUIFMJBMFO8BDITUVNTGBLUPS 7&(' [VJOEV[JFSFO%BT4JHOBMXJSECFSEFOUSBOTNFNCSBOjSFO7&('3F[FQUPS 7&('3 VOEFJOFJOUSB[FMMVMjSF&O[ZNLBTLBEFJOEFO,FSOXFJ UFSHFMFJUFU XPEJF;FMMQSPMJGFSBUJPOVOEEJF"OHJPHFOFTFBVTHFMzTUXFSEFO*OUFSBLUJPOFOFYUSB[FMMVMjSTJOENJUWJFMFO.FEJLBNFOUFO[V FSXBSUFO JOUSB[FMMVMjSTJOEEJF"OHSJGGTQVOLUFMJNJUJFSUVOEWBJOEFS0OLPMPHJFWPO#FEFVUVOH 304 SFBDUJWFPYZHFOEFSJWFETQFDJFT
$09 DZDMPPYZHFOBTF
C'(' C¾CSPCMBTUHSPXUIGBDUPS
*(' JOTVMJOMJLFHSPXUIGBLUPS
*- *OUFSMFVLJO
1%(' QMBUFMFUEFSJWFEHSPXUIGBDUPS
&(' FQJEFSNBMHSPXUIGBDUPS
(SC HSPXUIGBDUPSSFDFQUPSCPVOEQSPUFJO
4PT TPO PGTFWFOMFTTHFNFJOUJTU%SPTPQIJMBTFWFOMFTT XPEJFTFS&YDIBOHF'BLUPSFSTUNBMTFOUEFDLUXVSEF
3BT SBTTBSDPNB
."1, NJUPHFO BDUJWBUFEQSPUFJOLJOBTF
)+FO[FS
unterschiedlichen Zusammensetzung der Membranproteine etc. [26]. Die erwähnten Induktoren wirken über die Freisetzung von VEGF (vascular endothelial growth factor, eigentlich eine VEGF Familie von homodimeren Glycoproteinen von rund 45’000 Da [27–31]). VEGF gilt als zentraler und wichtigster Wachstumsfaktor für die Induktion der Angiogenese. VEGF wird extrazellulär an den VEGFR (VEGF Rezeptor) gebunden und aktiviert diesen. Ausgehend VEGF verläuft die Signalkaskade (Abb. 2) in einem ersten Schritt von der aktivierten phosphorylierten transmembranären Rezeptor-Tyrosinkinase über einen Adapter (Grb-2) und Exchange Factor (Sos) auf den Effektor (Ras, ein Vertreter der GTPasen oder small G-Proteine), der wiederum phosphoryliert (durch GTP) und damit aktiviert wird. Im zweiten Schritt wird das Signal von RAS-GTP über die MAP-Kinase Kaskade in den Nucleus auf die Gene der Transkriptionsfaktoren übertragen. Die folgenden Schritte der Angiogenese sind noch nicht im Detail verstanden: Die Basallamina wird abgebaut, endotheliale Zellen migrieren an die Innenwände der Kapillaren und teilen sich, worauf eine neue Basallamina um die elongierte Kapillare aufgebaut wird. Insbesondere ist noch nicht erklärbar, warum sich neue Blutgefässe in der Embryonal- und Postnatalphase bereitwillig bilden, bei Erwachsenen dies hingegen nur noch in besonderen Situationen der Fall ist, z. B. im Wundgewebe oder beim Corpus luteum. Die Induktoren (siehe Tabelle 1) und die Inhibitoren der Angiogenese 5BCFMMF *OEVLUPSFOVOE*OIJCJUPSFOEFS"OHJPHFOFTF
*OEVLUPSFO
*OIJCJUPSFO
7&('
541
B'('
"OHJPTUBUJO
C'('
&OEPTUBUJO
5('α
7BTPTUBUJO
5('β
1SPMBDUJO LE'SBHNFOU
"OHJPQPJFUJO
&OEPTUBUJO
1MBUFMFUEFSJWFE&('
$POTUBUJO
5/'α
5VNTUBUJO
"OHJPHFOJO
*'/-α
*-
5ISPNCPTQPOEJO
"OH
.FUBMMPQSPUFJOBTFJOIJCJUPSFO
1MBDFOUBM('
1MBUFMFU'BDUPS
)FQBUPDZUF('
(FOJTUFJO
($$4'
1MBDFOUBMQSPMJGFSJOSFMBUFEQSPUFJO
(wie TSP, Angiostatin, Endostatin, Vasostatin, Prolactin, Tumstatin, Interferon-α, Thrombospondin, Metalloproteinaseinhibitoren, Platelet Factor-4, Genistein, placental proliferin-related Protein) werden z. Z. intensiv erforscht.
7BSJB
Eine Reihe von primären Substraten können die Wundheilung beeinflussen, ohne dass sie in die anderen genannten Kategorien eingeteilt werden können. Es handelt sich um Hormone, anabole Wirkstoffe im weiteren Sinne und um natürliche Antioxidantien wie Flavonoide oder Anthocyanidine. Nicht als systemisch oder lokal applizierbare Substrate aufzufassen sind Produkte aus dem Bereich Tissue Engineering, z. B. aus Haarfollikeln entwickelte autologe Keratinozyten.
)JOXFJTFGSEJF1SBYJT
1. Die Beeinflussung der Wundheilung durch Medikamente ist wenig untersucht und beschrieben. 2. Wesentliche Kenntnisse der Mechanismen der Wundheilung sind durch onkologische Forschung entstanden. 3. Der praktische Einsatz vieler der erwähnten Arzneistoffe ist für die Indikation der Wundheilung nicht erprobt (off label use) bzw. nur eingeschränkt möglich und beruht auf theoretischen Ueberlegungen.
1SGVOHTGSBHFO
1. Nennen sie die wesentlichen Substratgruppen für die Wundheilung. 2. Erklären sie die Mechanismen der Substratwirkung für jede Gruppe. 3. Nennen sie für jede Gruppe wichtige Vertreter aus dem Medikamentenschatz, die sekundär die Mechanismen der Substrate aktivieren.
&JO¿VTTWPO1IBSNBLBBVGEJF8VOEIFJMVOH
-JUFSBUVS <> Halliwell B, Gutteridge JMC (1999) Free radicals in biology and medicine. Oxford Science Publications <> Jenzer H (1987) Molecular mechanisms and side reactions of thyroid hormone biosynthesis. Inaugural Dissertation submitted for the degree of Doctor of Pharmacy in the Faculty of Medicine of the University of Bern <> Graham JB et al. (1995) Implications of the late palaeozoic oxygen pulse for physiology and evolution. Nature; 375: 117–120 <> Sen C et al (2002) Oxidant-induced vascular endothelial growth factor expression in human keratinocytes and cutaneous wound healing. J Biol Chem; 277(36): 33284–290 <> http://www.thbo.com <> http://surgery.osu.edu/research/programs/wh.cfm <> Villanueva E et al (2004) Hyperbaric oxygen therapy for thermal burns. The Cochrane Database of Systematic Reviews, Issue 2, Art. NO· CD004727.pub2 <> http://www.kci.ch/vac.html <> Malik N (2002) Das DK. Serial Review: Redox signaling in vascular angiogenesis. Free Radic Biol Med; 33(8): 1047–60 <> Sen CK et al (2002) Copper-induced vascular endothelial growth factor expression and wound healing. Am J Phyiol Heart Circ Physiol 282(5): H1821-H1827 <> Wüthrich C (1995) Jodresorption bei der Mundspülung mit standardisierter PVP-Jod-Lösung unter besonderer Berücksichtigung des Gehalts an Jodid und Jodat. Inaugural-Dissertation, Medizinische Fakultät der Universität Bern <> Azzi A et al (2003) Vitamin E in cell signaling. Plenary lecture, SFRR-Europe-Meeting, Ioannina, Greece. Free Radical Res 37 (Suppl 1): 12. <> Azzi A et al (2004) Gene expression regulation by tocopherols. Plenary lecture, SFRR-12th Biennial Meeting, Buenos Aires, Argentina. Free Radic Biol Med 2004; 36 (Suppl 1): 52 <> Fuchs J (2003) HPLC analysis of vitamin E isoforms in human epidermis: correlation with minimal erythema dose and free radical scavenging activity. Free Radic Biol Med 34(3): 330– 336 <> Gianello R et al (2005) α–tocopheryl phosphate: A novel, natural form of vitamin E. Free Radic Biol Med 39: 970–976 <> Clarkson P et al (1996) Oral L-arginine improves endothelium-dependent dilation in hypercholesterolemic young adults. J Clin Invest 97: 1989–94 <> Maxwell AJ et al (2000) Endothelial dysfunction ion in hypercholesteroemia is reversed by a nutritional product designed to enhance nitric oxide activity. Cardiovasc Drugs Ther 14: 309–16 <> Bode-Böger SM et al (2003) Oral L-arginine improves endothelial function in healthy individuals older than 70 years. Vasc Med 8: 77–81 <> Hambrecht R et al (2000) Correction of endothelial dysfunction in chronic heart failure: additional effects of exercise training and oral L-arginine supplementation. J Am Coll Cardiol 35: 706–13 <> Lerman A et al (1998) Long-term L-arginin supplementation improves small-vessel coronary endothelial function in humans. Circulation 97: 2123–28 <> Wallace E (2003) Feeding the wound: nutrition and wound care. Br J Nurs 3(13): 662–67 <> Debats JBJG et al (2003) Arginine metabolism in human wounds: Acute versus chronic wounds. Clin Nutr 22 (Suppl 1 – abstracts of the 25th Espen Congress), S28 (abstract 103-P)
<> Purchgott RF (1999) Endothelium-derived relaxing factor: discovery, early studies, and identification as nitric oxide. Biosci Rep 19: 235–51 <> Griffith OW, Stuehr DJ (1995) Nitric oxide synthases. Ann Rev Phys 57: 707–36 <> Nitric Oxide Reviews. http://lansbury.bwh.harvard.edu/nitric_oxide_reviews_L <> Baguley BC (2003) Antivascular therapy of cancer: DMXAA. Lancet Oncol 4(3): 141–48 <> Ferrara N et al (1997) The biology of vascular endothelial growth factor. Endocr Rev 18(1): 4–25 <> Ferrara N (2004) Vascular endothelial growth factor: Basic science and clinical progress. Endocr Rev 25(4): 581–611 <> Bates DO, Prichard Jones RO (2003) The role of vascular endothelial growth factor in wound healing. Int J Lower Extremety Wounds 2(2): 107–20 <> Ferrara N (1999) Role of vascular endothelial growth factor in the regulation of angiogenesis. Kidney Int 56: 794–814 <> http://www.med.unibs.it/~airc/angiogen.html
/JDIUBCTDIMJFTTFOEF-JTUFEFS"S[OFJTUPGGF NJUQPUFOUJFMMBHPOJTUJTDIFS8JSLVOHBVGEJF 8VOEIFJMVOH
■ Via die Sauerstoffversorgung im Wundgewebe wirkende oder O2-Transportkapazität erhöhende Methoden und Arzneistoffe ∙ Hämatopoëtisches System (EPO) ∙ Blut oder Blutprodukte (Vollbluttransfusionen [autolog, homolog oder heterolog], Erythrozytenkonzentrate, Mikroverkapselte Hämoglobinpräparate) ∙ Erhöhung der O2-Aufnahme, des O2-Transportes oder der O2-Abgabe (Perfluorane, Efaproxiral [RSR13]) ∙ Antiödematika (Herzglykoside, Diuretika [besonders Indapamid]) ∙ Antiinflammatorisch wirksame Stoffe (Antioxidantien, ROS-Scavengers, Tirilazadmesylat, Spintraps wie DMPO (5,5-dimethyl-1-pyrrolidinN-oxid), Superoxiddismutase, Xanthinoxidasehemmer [Allopurinol], COX1- und COX2-Hemmer) ∙ Via Nervensystem unabhängig vom NO· Release wirkende Arzneistoffe – Sympathomimetika (α-2-Agonisten [Clonidin], Serotinin(5-HT1)- und Dopamin-Agonisten [Apomorphin], Phosphodiesteraseinhibitoren [Sildenafil]) – Sympatholytika (α-Antagonisten [Alfuzosin, Bamethan, Buphenin, Guanethidin, Phenoxybenzamin, Phentolamin, Prazosin, Tam-
sulosin, Terazosin, Tolazolin, Urapidil], Betablocker [Propranolol, Labetalol], Methyldopa) – Parasympathomimetika (Acetylcholin) – Spasmolytika (besonders Papaverin) – Hypnotika (Barbiturate, Phenytoin) – Analgetika (Pethidin, Pyrazolon) – Atemanaleptika, Antiasthmatika [β-2-Agonisten] und ähnlich wirkende Substanzen (Nicethamid, Clenbuterol, Zeranol, Zilpaterol, Milrinon; Formoterol, Salbutamol, Salmeterol, Terbutalin; Xanthinderivate wie Coffein, Theophyllin, Theobromin, Aminophyllin, Pentoxyphyllin) ∙ Via Herz/Kreislauf wirkende Arzneistoffe – Kalziumantagonisten (Nifedipin, Nitrendipin, Nicardipin, Amlodipin, Felodipin, Isradipin, Lacidipin, Nimodipin, Diltiazem, Verapamil, Flunarizin, Cinnarizin) – Vasodilatatoren (5-HT3-Inhibitoren [Eleptritan, Rizatriptan, Sumatriptan, Zolmitriptan], Mutterkorn-Alkaloide und Derivate [besonders Codergocristin, Ergotamin, Dihydroergotamin, Methysergid, Nicergolin, Pergolid], Coronartherapeutika [Molsidomin, Nicorandil, Dipyridamol)], Gewebshormone [Bradykinin]) – Antihypertensiva (ACE-Hemmer [besonders Perindopril], Angiotensin II – Antagonisten, Reserpin) – Endothelin Antagonisten (Bosentan) – Adenosin A2A Rezeptor Agonisten (MR0094, in Phase I)
)+FO[FS
■ Oligoelemente (Eisen, Kupfer, Zink, Selen, Mangan, Iod) ■ Vitamine und Derivate (Retinol, Tocopherole, Ascorbinsäure, Pantothensäure / Ca pantothenat, Cholecalciferol, Calcitriol, Retinoïde [besonders Isotretinoin], Dexpanthenol, Calcipotriol, Medizinalhefe) ■ Im Lipidmetabolismus aktive Arzneistoffe ∙ Phospholipide, Arachidonsäurederivate (Iloprost, Epoprostenol, Buflomedil, Prostacyclin) ∙ ω–6- und ω–3-Fettsäuren ∙ Carnitin ∙ HMG-CoA-Reductasehemmer (Statine) (besonders Pravastatin) ■ Arzneistoffe mit Wirkung auf den NO· Release oder auf die Aktivierung von VEGF bzw des VEGFR oder auf die Enzymkaskade innerhalb des Cell Signaling ∙ NO· freisetzende Substanzen
,BQJUFM
1SPQIZMBYFVOE5IFSBQJFEFS8VOEIFJMVOHTTUzSVOH° #FEFVUVOHEFS&SOjISVOH 77FJUM
;VTBNNFOGBTTVOH
Wundheilungsstörungen und Dekubitus stellen in der Langzeitpflege, besonders bei geriatrischen oder immobilen Patienten, häufige Komplikationen dar. Gewichtsverlust durch energetische Unterversorgung mit Atrophie des Unterhautfettgewebes begünstigt den lokalen Druckanstieg und die lokale Störung der Gewebeversorgung mit Sauerstoff, Energie und Nährstoffen. Eine Nekrose, mit sekundären Entzündungen und lebensgefährlichen Komplikationen ist die mögliche Folge. Für die optimale Gewebsversorgung ist bei ausreichender Blutversorgung die optimale Verfügbarkeit von Energie und Nährstoffen, also ein guter Ernährungszustand des Patienten, Voraussetzung. Die Wunde selbst erhöht den Bedarf an Energie und an heilungsspezifischen Nährstoffen (Eiweiß, Arginin, Cystein, Methionin, PUFA, Vitamine A, C, E und der B-Gruppe, Zn, Se, Mn, Cu) erheblich. Bei einer qualitativ schlechten Ernährungsausgangslage und einem erhöhten, nicht gedeckten Bedarf verschlechtert sich der Ernährungszustand des Patienten in wenigen Tagen dramatisch. Mit etwa 10–20 % liegt der Anteil der Bevölkerung mit Fehl- oder Mangelernährung beachtlich hoch. Im Krankheitsfall wirkt der erhöhte Bedarf zusätzlich Defizit auslösend mit Zunahme der Mangelernährungsinzidenz bis zu 60 %. Zwischen dem Auftreten von Wundheilungsstörungen, dem Ernährungszustand, dem Eiweißund Energie-Mangel, der aktuelle Ernährung und Dekubitalulcera konnte ein direkter kausaler Zusammenhang nachgewiesen werden. Frühzeitige Feststellung des Ernährungsrisikos mit anthropometrischen und biochemischen Erhebungen und baldiger Beginn einer Ernährungsintervention ist
eine Basis für die Prävention von Wundheilungsstörungen. Eine Abschätzung des individuellen Flüssigkeits-, Energie- und Nährstoffbedarfes auf Basis von Empfehlungen für Gesunde mit Berücksichtigung des individuellen Gesundheitszustandes des Patienten ist die Grundlage der Ernährungsintervention zur Prävention oder Therapie. Je nach Grad der Wundheilungsstörung nimmt der Bedarf an Energie und proportional wesentlich stärker der Bedarf an Eiweiß zu. Der wundspezifische Bedarf an den Aminosäuren Glutamin und Arginin übertrifft die Möglichkeiten mit normaler Eiweißzufuhr und muss mit spezifischen Supplementen oder wundspezifischer Ergänzungsnahrung gedeckt werden. Die erhöhte Zufuhr an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, Zink und antioxidativen Vitaminen kann mit Lebensmitteln alleine nicht realisiert werden und erfordert eine Nahrungsergänzung mit wundspezifischer Trinkoder Sondennahrung. Diese funktionellen Inhaltsstoffe bringen für die Wundheilung einige Vorteile: Sie stimulieren und modulieren das Immunsystem und fördern die Wundheilung, die Produktion von regulierenden Gewebshormonen, die Proliferation von Fibroblasten und die Epithelialisierung. Mit einer erhöhten Zufuhr der wundspezifischen Nährstoffe kann die Wundheilung in kontrollierten Untersuchungen nachweislich verbessert werden.
1SPCMFNTUFMMVOH
Wundheilungsstörungen und Dekubitus stellen in der Langzeitpflege, besonders bei geriatrischen oder immobilen Patienten, häufige Komplikationen dar. Als Folge der Immobilität entsteht ein anhaltender Druck
auf bestimmte Körperregionen mit Minderdurchblutung des Gewebes. Es wird nur suboptimal mit Sauerstoff, Glukose, Aminosäuren, Fettsäuren, Vitaminen und Mineralstoffen versorgt. Gewichtsverlust durch energetische Unterversorgung mit Atrophie des Unterhautfettgewebes begünstigt den Anstieg lokaler Druckwerte, da die Gewebeschicht oberhalb der Knochenvorsprünge dünner wird. Durch die lokale Störung der Gewebeversorgung können Zellen absterben. Eine Nekrose, mit sekundären Entzündungen [1] und lebensgefährlichen Komplikationen ist die mögliche Folge. Eine Unterversorgung des Gewebes mit Funktionseinschränkung kann nicht nur mechanisch, sondern ebenso durch unzureichende Energie- und Nährstoffversorgung bedingt sein. Für die optimale Gewebsversorgung ist bei ausreichender Blutversorgung die optimale Verfügbarkeit von Energie und Nährstoffen, also ein guter Ernährungszustand des Patienten, Voraussetzung. Dieser beschränkt sich nicht nur auf die tägliche Energiezufuhr eines Patienten, sondern auch auf andere Nahrungsfaktoren, wie Protein-, Fettsäure-, Vitamin- und Mineralstoffzufuhr. Die Wunde selbst erhöht den Bedarf an heilungsspezifischen Nährstoffen erheblich. Bei einer qualitativ schlechten Ausgangslage und einem erhöhten, nicht gedeckten Bedarf verschlechtert sich der Ernährungszustand des Patienten in wenigen Tagen dramatisch. Wundheilung ist ein komplexer, dreiphasiger Prozess, von denen jede Phase – über den normalen Bedarf des Patienten hinaus – besondere Anforderungen an die Versorgung stellt. In der Summe hat die Wunde einen spezifischen Bedarf an Energie, Eiweiß, Arginin, Cystein, Methionin, mehrfach ungesättigten Fettsäuren, an den Vitaminen A, C, E und der B-Gruppe, an Zink, Selen, Mangan und Kupfer [2]. Bei älteren und chronisch kranken Menschen findet man in der Regel eine Kombination von Eiweiß- und Energiemangel, die sogenannte PEM. In Dauerpflegeeinrichtungen kann PEM bei bis zu 50 % der Patienten diagnostiziert werden, mit einer Häufigkeit von Dekubitalulcera zwischen 2,4 und 23 % [3]. Zwischen dem Auftreten von Wundheilungsstörungen, dem Ernährungszustand, dem Eiweiß- und Energie-Mangel, der aktuellen Ernährung und Dekubitalul-
1&.1SPUFJO&OFSHZ.BMOVUSJUJPO1SPUFJO&OFSHJF.BOHFM FSOjISVOH
77FJUM
cera konnte ein direkter kausaler Zusammenhang [4] nachgewiesen werden. Indikatoren für die Einstufung des Ernährungsstatus und der aktuellen Proteinsynthese sind Serum-Albumin, Gesamtprotein und Transferrin. Die Gesamtlymphozytenzahl repräsentiert die Kapazität der zellulären Abwehr. Energie- und Gewebeproteinspeicher repräsentieren Gesamtkörperfett (FM, fat mass), magere Körpermasse (LBM, lean body mass) und Kreatininkoeffizient. Wertvolle und aussagekräftige Indikatoren für das Screening der Malnutrition sind BMI und Albuminspiegel. Die Serumalbuminkonzentration spiegelt das Gleichgewicht zwischen Abbau, Verteilung und Aufbau des Albumins wider. Zu einem vermehrten Albuminabbau kommt es während der Wundheilung, bei Hautverletzungen oder nach Verbrennungen.
8VOEIFJMVOHTTUzSVOH°3JTJLPQBUJFOUFO
Eine Säule der Wundversorgung ist die optimierte Ernährungstherapie, die Bau- und Schutzstoffe für die Gewebsneubildung zur Verfügung stellt. Die Heilung einer Wunde ist durch intensive Um- und Aufbauprozesse gekennzeichnet, mit einem hohen Verbrauch an Energie und Zellbaumaterialien. Bei Risikopatienten mit schlechtem Ernährungszustand (niedriger BMI, deutliches Untergewicht und Albuminmangel < 35 g/l), stehen die Nähr- und Wirkstoffe für die Wundheilung und die Erhaltung der Körperfunktionen nicht in ausreichender Menge zur Verfügung. Es treten Mangelzustände auf, die zu Störungen des Stoffwechsels durch Reduktion von Enzymund Transportfunktionen führen können. Dekubitalulcera und Proteinenergiemangel sind signifikante Ursachen der Morbiditäts- und Mortalitätsrate [5] bei Senioren. Man rechnet heute, dass 5 % bis 10 % aller über 65-jährigen im Krankenhaus unter Dekubitalulcera leiden [6]. Aktuellen Untersuchungen zufolge tritt ein Dekubitus bei 10 %–25 % der älteren Patienten in Akutkrankenhäusern und bei bis zu 30 % in geriatrischen Kliniken und Pflegeheimen auf [7]. Risikopatienten für Wundheilungsstörungen sind solche, ■ die immobil sind, bzw. ■ unter Störung der peripheren Durchblutung leiden, ■ nicht oder nicht ausreichend essen können (Kauprobleme und/oder Schluckprobleme) ■ mit Nahrungsverweigerung (von 50 % und mehr der Nahrung in den vergangenen 7 Tagen)
1SPQIZMBYFVOE5IFSBQJFEFS8VOEIFJMVOHTTUzSVOH°#FEFVUVOHEFS&SOjISVOH
■ mit einem schlechten Ernährungszustand (z. B. Serumalbumin < 3,5 g/dl bei normalem Hydratationszustand, Serumcholesterin < 4,1 mmol/l, niedriges Hämoglobin bzw. Se-Eisen [8])! Das Erfassen der Risikopatienten und ein Ernährungsmonitoring während der Wundtherapie sind die Grundlage für eine optimale nutritive Versorgung und die Förderung der Wundheilung. Die Beobachtung der Ernährungsgewohnheiten, die Erhebung von anthropometrischen, biochemischen und klinischen Routineparametern gibt die Möglichkeit frühzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die erste Maßnahme zur Prophylaxe sowie der Behandlung einer Wundheilungsstörung stellt die ausreichende Zufuhr von Energie dar. An zweiter Stelle steht die bedarfsgerechte Aufnahme von Protein und Wirkstoffen. Neben den rein nutritiven Aufgaben können spezielle Nährstoffe durch erhöhte Zufuhr pharmakologische Wirkungen erzielen. &SOjISVOHTHFXPIOIFJUFO Die retrospektive Untersuchung der Epidemiologie des Dekubitus [9] zeigt, dass das Auftreten der Dekubitalgeschwüre sprunghaft mit der Einschränkung der Energieaufnahme zunimmt. Nach Untersuchungen am Klinikum Nürnberg (Koch W et al., 1999) kann abgeschätzt werden, dass liegende Patienten, die mehr als ca. ⅔ ihres täglichen Energiebedarfes aufnehmen, weniger häufig unter Wundheilungsstörungen leiden (siehe Abb. 1). Damit wären also als Risikopatienten solche zu bezeichnen, die im Durchschnitt einer Woche weniger als 1500 kcal/d Energie aufnehmen [10]. Im Energiemangel, v. a. bei Unterversorgung mit Kohlenhydraten, deckt der Stoffwechsel den Glukosebedarf aus Eiweiß der Muskulatur. Der Patient wird zunehmend geschwächt und die Wundheilung verzögert.
100%
n = 61
90%
ca. 2/3 Energiebedarf
80% 70% 60% 50% 40% 30%
Durch eine routinemäßige Erhebung und Beurteilung des Ernährungszustandes, des Energie- und Eiweißbedarfes, sowie durch eine frühzeitige ernährungsmedizinische Intervention kann der Ernährungszustand und damit die Lebensqualität der Betroffenen verbessert, den betreuenden Pflegekräften viel Arbeit und letztlich der Volkswirtschaft enorme Kosten erspart werden. Die Bedeutung der Ernährung in der Prophylaxe und Therapie von Wundheilungsstörungen und Dekubitus ist durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt [11]. Dennoch wird der Erfassung des Ernährungszustandes und der ergänzenden Ernährungstherapie in der Betreuung von Risikopatienten noch immer viel zu wenig Bedeutung zugemessen[12]. Hinweise auf Mangelernährung ergeben sich anamnestisch und können biochemisch bzw. klinisch bestätigt werden. Mit Hilfe einer allgemeinen »Checkliste« kann das Risiko eine Mangelernährung erfasst werden (siehe Tabelle 1). Die Beantwortung mehrerer Fragen mit »Ja« weisen auf ein Risiko für Mangelernährung hin, das dann noch anthropometrisch, biochemisch und klinisch bestätigt werden muss. Das Ausmaß der Mangelernährung wird durch anthropometrische (z. B. 5BCFMMF $IFDLMJTUF3JTJLP.BMOVUSJUJPO
-JFHUEFS#PEZ.BTT*OEFY #.* VOUFS
KBOFJO
7FSMJFSUEFS1BUJFOUVOHFXPMMU,zSQFSHFXJDIU
KBOFJO
)BUEFS1BUJFOUFJOFO%FLVCJUVT
KBOFJO
8JSEEBT&TTFOOVSUFJMXFJTFHFHFTTFO
KBOFJO
8FSEFOOJDIUSFHFMNjJHFJXFJSFJDIF-FCFOTNJUUFM WFS[FISU
'MFJTDI8VSTU
KBOFJO
'JTDI
KBOFJO
(F¿HFM
KBOFJO
.JMDI ,jTFVOE.JMDIQSPEVLUF
KBOFJO
)MTFOGSDIUF
KBOFJO
)BUEFS1BUJFOU,BVVOEPEFS4DIMVDLTUzSVOHFO
KBOFJO
*TUEFS;BIOTUBUVTPEFSEJF7FSTPSHVOHNJUFJOFS ;BIOQSPUIFTFHVU
KBOFJO
)BUEFS1BUJFOUIjV¾H%VSDIGBMM
KBOFJO
*TUEFS1BUJFOUEFNFOUPEFSEFQSFTTJW
KBOFJO
/JNNUEFS1BUJFOUBQQFUJUIFNNFOEF.FEJLBNFOUF
KBOFJO
20% 10% 0% 500
750
900
1000
1200
1250
1300
1400
2000
"CC &OFSHJF[VGVISVOE"OUFJMBO8VOEIFJMVOHTTUzSVOH OBDI ,PDI8FUBM
77FJUM
5BCFMMF #JPDIFNJTDIF&SOjISVOHTQBSBNFUFSWPO1BUJFOUFONJUVOEPIOF%SVDLVM[FSB
1BUJFOUFO
NJU%SVDLVM[FSB O
/PSNBMXFSUF
.JUUFM
3BOHF
.JUUFM
3BOHF
>
NHM
°
°
"MCVNJO
°
HM
°
°
5SBOTGFSSJO
°
HM
°
°
$IPMFTUFSJO
°
NNPMM
°
°
&JTFO
°
NPMM
°
°
;JOL
°
NPMM
°
°
)jNPHMPCJO
°
H
°
°
-ZNQIPDZUFO
>
OM
°
°
$31
Gewicht, BMI, Hautfaltenmessung) und biochemische (z. B. Albumin, Zn-Spiegel) Parameter quantifiziert. In den biochemischen Parametern für den Ernährungsstatus weisen Patienten mit und ohne Druckulzera signifikant unterschiedliche Werte auf. Bei Albumin, Transferrin, Eisen, Zink und Hämoglobin liegen die Bereiche der erhobenen Werte (Range) von Dekubituspatienten deutlich unter den Normalwertbereichen (siehe Tabelle 2). ,zSQFSHFXJDIUVOE,zSQFSNBTTF*OEFY #.
Für die Bestimmung des Ernährungszustandes sind Gewichtsverlust und BMI als Risikoindikatoren für Wundheilungsstörung von Bedeutung. Ungewollter Gewichtsverlust ist vor allem bei älteren und kranken Menschen häufig und durch eine Reihe von Faktoren bedingt [13]. Anhaltender Gewichtsverlust weist nicht nur auf Abbau von Körperfett sondern mit Sicherheit auch auf funktionelle Einschränkungen im Stoffwechsel hin. Das Ausmaß des Gewichtsverlustes errechnet sich aus dem gewöhnlichen und aktuellen Körpergewicht nach der Formel:
PIOF%SVDLVM[FSB O
(FXzIOMJDIFT,( LH °BLUVFMMFT,( LH
(FXJDIUTWFSMVTU ±±±±±±±±±±±±±±±±±±±± Y (FXzIOMJDIFT,( LH
Das gewöhnliche Körpergewicht wird anamnestisch erhoben oder als Zielgewicht für die individuelle Körpergröße bei einem BMI von 23 definiert. Bewertet wird der prozentuale Gewichtsverlust im Zusammenhang mit dem Zeitraum (siehe Tabelle 3 nach Morrison und Hark) [14]. Bei einem schweren Gewichtsverlust muss immer davon ausgegangen werde, dass damit eine Einbuße der funktionellen Stoffwechselka-
pazität und ein Risiko für die Entwicklung einer Wundheilungsstörung verbunden ist. Einen Hinweis auf den Abbau sowohl von Körperfett, als auch von magerer Körpermasse gibt der Körpermasseindex (Body Mass Index, BMI). Er stellt die Relation von Körpergröße und Körpermasse (Gewicht) dar. Für die Unter- bzw. Mangelernährung ist er ein brauchbares und leicht zu erfassendes Maß zur Beurteilung des Ernährungszustandes. Einschränkung in seiner Verwendbarkeit erfährt der BMI bei akuten Veränderungen des Körperwasseranteils bzw. bei schwerwiegender Dysregulation des Elektrolythaushaltes.
,zSQFSHFXJDIU LH
#.* ±±±±±±±±±±±±±±±±±±±±±± Á (SzF N Y(SzF N
Ein niedriger BMI (<19) ist meist mit Mangelernährung verbunden. Hohe BMI’s (>25) weisen auf einen möglicherweise erhöhten Fettanteil hin, falls nicht ein über-proportionaler Muskelzuwachs besteht (z. B. Leistungssportler, Bodybuilder). Von einem hohen BMI darf aber nicht auf eine ausreichende Versorgung mit Wirkstoffen geschlossen werden. Der Ernährungszustand ist biochemisch zu verifizieren. Zur Beurteilung des Ernährungszustandes sind verschiedene BMI-Klassen für Erwachsene etabliert (siehe 5BCFMMF (FXJDIUTWFSMVTU°3JTJLP8VOEIFJMVOHTTUzSVOH
;FJUSBVN 8PDIF .POBU .POBUF .POBUF
4JHOJ¾LBOUFS (FXJDIUTWFSMVTU
4DIXFSFS (FXJDIUTWFSMVTU
°
> > > >
1SPQIZMBYFVOE5IFSBQJFEFS8VOEIFJMVOHTTUzSVOH°#FEFVUVOHEFS&SOjISVOH
DACH-Empfehlungen für Gesunde abgeleitet und mit Zuschlägen versehen werden, die der speziellen Situation des Kranken entsprechen und an die katabole Situation oder den erhöhten Bedarf angepasst ist. Für die optimale Versorgung des Patienten sind folgend Fragen zu beantworten: Frage 1: Wie groß ist sein Flüssigkeitsbedarf ? Frage 2: Wie hoch ist sein Energiebedarf ? Frage 3: Wie hoch ist sein Eiweißbedarf ? Frage 4: Welche Mikronährstoffe in welcher Menge soll er erhalten? Frage 5: Ist Ergänzungsnahrung erforderlich?
5BCFMMF #.*°,MBTTJ¾[JFSVOHEFT&SOjISVOHT[VTUBOEFT
1BSB NFUFS
#FVSUFJMVOH
8FSU
&JOIFJU
#.*
TDIXFSF .BOHFMFSOjISVOH
<
LHN
NJUUMFSF .BOHFMFSOjISVOH
°
LHN
MFJDIUF .BOHFMFSOjISVOH
°
LHN
/PSNBMHFXJDIU
°
LHN
fCFSHFXJDIU
°
LHN
"EJQPTJUBT
>
LHN
FYUSFNF"EJQPTJUBT
>
LHN
Tabelle 4). Ernährungsintervention wird ab einem BMI <19 empfohlen und wird mit abnehmendem BMI dringend erforderlich. Für die Planung der Energie- und Nährstoffzufuhr bzw. für körpergewichtsabhängige Dosierung von Medikamenten kann das der Körpergröße entsprechende optimale Gewicht durch Umkehrung der BMI-Formel errechnet werden. ;JFMHFXJDIU LH #.*Y (SzF N Y(SzF N
Setzt man in diese Formel einen BMI für eine Person mit geringem Körperfettanteil ein (BMI = 20 bis 23), so kann man für die individuelle Körpergröße ein Zielgewicht als Bezugswert für Energiebedarf (kcal/kg d), für Flüssigkeitsbedarf (ml/kg d) und für Eiweißbedarf (g/ kg d) errechnen. Das Zielgewicht ist die Grundlage für eine optimierte Ernährung.
&SOjISVOHTFNQGFIMVOHFOCFJ8VOEIFJMVOHT TUzSVOH
Für kranke Menschen gibt es keine allgemeingültigen Ernährungsempfehlungen. Diese müssen von den
'MTTJHLFJUTCFEBSG Der Flüssigkeitsbedarf des Kranken hängt von vielen Faktoren ab. Unbeeinflusst von Fieber oder Verlusten sollte die Flüssigkeitszufuhr mit Getränken und Nahrung 30 ml/kg d nicht unterschreiten. Je nach Alter liegt der Bedarf bei 30 bis 40 ml/kg d (siehe Tabelle 5). Die tägliche Trinkmenge beträgt bei gemischter Kost etwa 60 % des Flüssigkeitsbedarfes. Sobald weniger gegessen wird muss die Trinkmenge erhöht werden um den Flüssigkeitsbedarf zu decken. Verluste durch Wundexsudat, Fieber und Schweiß erhöhen diesen enorm (z. B. Schweiß 300–1000 ml/m2 KO; 1 m Körpergröße 1 m2). Die Kontrolle des Hydratationszustandes und eine Flüssigkeitsbilanz sind vor allem bei Risikopatienten für Wundheilungsstörungen und für Patienten mit chronischen Wunden erforderlich. Ein Liter Sondennahrung mit einer Energiedichte von 1 kcal/ml liefert etwa 850 ml Flüssigkeit. "CTDIjU[VOHEFT&OFSHJFCFEBSGFTWPO1BUJFOUFO Mit dem Lebensalter verändert sich der Energiebedarf des Menschen. Bestimmend sind die aktive (magere) Körpermasse und das Wachstum bzw. die Wiederherstellung von magerer Körpermasse (Heilung). Im Alter nimmt die stoffwechselaktive Muskelmasse ab und das senkt den Energiebedarf. Für die Abschätzung des
5BCFMMF 3JDIUXFSUF[VS'MTTJHLFJUT[VGVISGS+VHFOEMJDIFVOE&SXBDITFOF
8BTTFS[VGVIS EVSDI
(FUSjOLF
/BISVOH
(FTBNU
0YJEBUJPOT XBTTFS
8BTTFSHFTBNU
(FUSjOLFVOE /BISVOH
"MUFS
NM5BH
NM5BH
NM5BH
NM5BH
NM5BH
NMLHE
CJT+
CJT+
CJT+
CJT+
>+BISF
77FJUM
Energiebedarfs kranker und/oder bettlägeriger Menschen müssen jedoch verschiedene Faktoren (Aktivitätsfaktor, Krankheitsfaktor und Temperaturfaktor) berücksichtigt werden. Der minimale tägliche Energiebedarf (Grundumsatz nach WHO-Formel) von Erwachsenen – auch von Senioren – mit durchschnittlicher Körpergröße liegt bei 25 kcal/kg KG. Er kann bei Jugendlichen bzw. Kindern bis zu 50 kcal/kg KG betragen. Der Energiebedarf des liegenden gesunden Menschen ist etwa 20 % höher und beträgt etwa 30 kcal/ kg d. Der Untersuchung von W. Koch et al. zufolge (s. o.) sollte die Energiezufuhr Erwachsener 1400 kcal überschreiten, um einem Dekubitus ernährungstherapeutisch optimal vorbeugen zu können. Für Patienten müssen zur Abschätzung des Energiebedarfes die körperliche Aktivität, die Erkrankung und eventuelles Fieber faktoriell berücksichtigt werden. Das aktuelle Gewicht oder Zielgewicht wird mit dem minimalen Energiebedarf und mit den entsprechenden Faktoren (siehe Tabelle 6) multipliziert. ;JFMHFXJDIU#.* [# Y ,zSQFSHSzF N
5jHMJDIFSGPSEFSMJDIF /BISVOHTFOFSHJF LDBME ,zSQFSHFXJDIU LH ;JFMHFXJDIU
Y NJOJNBMFS&OFSHJFCFEBSG LDBMLHE
Y "LUJWJUjUTGBLUPS Y ,SBOLIFJUTGBLUPS Y ,zSQFSUFNQFSBUVSGBLUPS
Für einen bettlägerigen Patienten mit 60 kg Körpergewicht (kein Übergewicht bzw. Zielkörpergewicht bei Übergewichtigen) ohne Komplikationen beträgt der Energiebedarf demnach 1800 kcal/d unter Verwendung der Faktoren aus Tabelle 6. Für die Syntheseleistung bei einem kleineren Dekubitusulcus (< 50 cm2) erhöht sich dieser um mindestens 30 % auf 2400 kcal/d. Der Mehrbedarf an Energie für Dekubituspatienten
wird je nach Größe und Schweregrad des Druckgeschwürs auf 30 % bis 90 % geschätzt. Je Grad Temperaturerhöhung kommen weitere 10 % Energie dazu. Besteht eine Unterversorgung an Nahrungsenergie v. a. an Kohlenhydraten, so baut der Stoffwechsel zur Sicherung der Wundheilung nach dem Glykogen (ca. 12 Stunden) zuerst Eiweiß aus der Muskulatur und später Körperfett ab (ca. 3 Tage). Dadurch wird der Betroffene im Verlauf einer Protein-Energie-Unterversorgung zunehmend geschwächt und die Wundheilung retardiert. "CTDIjU[VOHEFT&JXFJCFEBSGFTWPO1BUJFOUFO Für Erwachsene wird nach DACH-Referenzwerten [15] unter leichter körperlicher Arbeit eine Eiweißzufuhr von 0,8 g/kg d zur Erhaltung der bestehenden mageren Körpermasse empfohlen. Untersuchungen zeigten, dass ein Proteinanteil von 1,0–1,2 g/kg KG ausreicht, um bei erhöhtem Stress einem exzessiven Eiweißkatabolismus entgegenzuwirken. Postoperative Patienten und Patienten mit Sepsis benötigen möglicherweise 1,5 g/kg KG Eiweiß, um eine Unterversorgung zu verhindern. Für Dekubituspatienten wird die Ernährungsintervention je nach Komplikationsstufe detailliert beschrieben [16]. Für einen Dekubitus Grad I ist eine normale optimierte Ernährung mit leicht erhöhter Eiweißzufuhr (1 g/kg d) ausreichend. Mit zunehmender Schädigung von Haut, Unterhaut, Faszie, Bindegewebe und Muskulatur nehmen der Energiebedarf zur Wundheilung und der Eiweißbedarf zur Gewebserneuerung zu und zwar die notwendig Eiweißzufuhr proportional mehr als die Energiezufuhr (siehe Tabelle 7). Für ein tiefes Dekubitalulcus (Grad IV) wird der tägliche Eiweißverlust mit ca. 50 g/d und mehr angegeben. Zum Ausgleich muss je nach Fläche der Eiweißbedarf mit mindestens 1,5 bis 2,0 g/kg d angesetzt werden. Die
5BCFMMF 'BLUPSFO[VS"CTDIjU[VOHEFT&OFSHJFCFEBSGFTWPO,SBOLFO
"LUJWJUjUTGBLUPS #FUUMjHFSJH
5FJMNPCJM
,SBOLIFJUTGBLUPS ,PNQMJLBUJPOTMPT
5FNQFSBUVSGBLUPS
CJT$
1FSJUPOJUJT
°
CJT$
'SBLUVSFO
°
CJT$
4DIXFSF4FQTJT
°
CJT$
%FLVCJUVTVMDVT<DN
°
CJT$
%FLVCJUVTVMDVT>DN
°
*OUVCBUJPO
°
,PNB
.PCJM
1SPQIZMBYFVOE5IFSBQJFEFS8VOEIFJMVOHTTUzSVOH°#FEFVUVOHEFS&SOjISVOH 5BCFMMF &SOjISVOHTJOUFSWFOUJPOCFJ%FLVCJUVT
%FLVCJUVTQSPQIZMBYFVOE5IFSBQJF OBDI,TUFST%
%FLVCJUVTQSPQIZMBYF 3JTJLPQBUJFOUGS8VOEIFJMVOHTTUzSVOHPIOF)BVUWFSjOEF SVOHFOC[X3zUVOH 0QUJNJFSUF&SOjISVOHCFEBSGTHFSFDIUF;VGVISWPO&OFSHJF &JXFJVOE8JSLTUPGGFO 4FSVNBMCVNJO
OPSNBM
CJT HEM
&SOjISVOHTJOUFSWFOUJPO LFJOF &OFSHJF[VGVIS
OPSNBM °LDBMLHE
1SPUFJO[VGVIS
OPSNBM ° HLHE
%FLVCJUVTTUBEJFOVOE&SOjISVOHTJOUFSWFOUJPO +FOBDI"VTNBEFS4DIjEJHVOHVOE5JFGFEFS8VOEF CFJN%FLVCJUVTXFSEFOWJFS4DIXFSFHSBEF *CJT*7 VOUFS TDIJFEFO;VTjU[MJDI[VSTQF[J¾TDIFO1¿FHFVOEFWFOUVFMMFO DIJSVSHJTDIFO.BOBINFOVOUFSTUU[UFJOFHFFJHOFUF &SOjISVOHTJOUFSWFOUJPOEJF"CIFJMVOH (SBE*4DIBSGVNSJTTFOF)BVUSzUVOHJOUBLUF&QJEFSNJT OJDIUXFHESDLCBSF3zUVOH 4FSVNBMCVNJO
< HEM
&SOjISVOHTJOUFSWFOUJPO IzIFSF8JSLTUPGG[VGVIS &OFSHJF[VGVIS
OPSNBM °LDBMLHE
1SPUFJO[VGVIS
HLHE
(SBE**%FGFLUFPCFSF)BVUTDIJDIU &QJEFSNJT CJT[V UJFGFSFO7FSMFU[VOHFOEFS6OUFSIBVU %FSNJT 4FSVNBMCVNJO
< HEM
&SOjISVOHTJOUFSWFOUJPO &OFSHJF[VGVISVOE1SPUFJO[VGVIS MFJDIUFSIzIU
FSIzIUF8JSLTUPGG[VGVIS
&OFSHJF[VGVIS
LDBMLHE
1SPUFJO[VGVIS
HLHE
(SBE***4DIjEJHVOHBMMFS)BVUTDIJDIUFO CJT[VEFO'BT[JFO VOEEFTEBSVOUFSMJFHFOEFOHFXFCFT .VTLFMOVOE,OPDIFO TJOEJOEFS8VOEFTJDIUCBS 4FSVNBMCVNJO
< HEM
&SOjISVOHTJOUFSWFOUJPO &OFSHJF[VGVISVOE1SPUFJO[VGVIS NjJHFSIzIU
FSIzIUF8JSLTUPGG[VGVIS
&OFSHJF[VGVIS
LDBMLHE
1SPUFJO[VGVIS
HLHE
(SBE*7;FSTUzSVOHBMMFS)BVUTDIJDIUFO .VTLFMOVOE,OPDIFOTJOEHFTDIjEJHU 4FSVNBMCVNJO
< HEM
&SOjISVOHTJOUFSWFOUJPO &OFSHJF[VGVISVOE1SPUFJO[VGVIS TUBSLFSIzIU
IPIF8JSLTUPGG[VGVIS
&OFSHJF[VGVIS
LDBMLHE
1SPUFJO[VGVIS
HLHE
Heilungsdauer bei Wundheilungsstörung (Dekubitus) reicht von zwei Tagen im Stadium der Rötung (Grad I) über ein bis zwei Wochen, bei Blasenbildung (Grad II) bis zu Monaten und Jahren bei tiefgreifenden Ulzera unter konservativer Therapie. 4QF[J¾TDIF&SOjISVOHCFJ8VOEFO VOE8VOEIFJMVOHTTUzSVOH 'VOLUJPOFMMF*OIBMUTTUPGGFEFS/BISVOH Normale Lebensmittel oder bilanzierte Trink- oder Sondennahrungen haben für eine normale Ernährung eine bedarfsgerechte Nährstoffzusammensetzung. Für die besondere Situation der Wundheilung müssen einzelne Nährstoffe ergänzt oder Spezialnahrungen eingesetzt werden. Über die rein nutritiven Aufgaben hinaus können spezielle Nährstoffe durch erhöhte Zufuhr auch pharmakologische Wirkungen erzielen. Verschiedene Aminosäuren haben eine fördernde Wirkung. Verzweigtkettige Aminosäuren (Lysin, Isoleucin, Leucin) fördern den Eiweißaufbau während der Wundheilung. Glutamin ist eine wichtige Energiequelle und Vorläufersubstanz für den Aufbau von Nucleotiden und Fibroblasten. Arginin und Glycin unterstützen den Einbau von Collagen in Wunden.
(a) Vitamine Mit einem Vitamin C-Defizit konnte eine Häufung von Infektionen beobachtet werden. Mangel an Vitamin C führt zur Beeinträchtigung des Aufbaus von Collagen und damit der Wundheilung. Mit eine zusätzlichen Gabe von 1 g bis 2 g täglich wurde innerhalb von 10 Tagen eine bemerkenswerte Zunahme der Collageneinlagerung und Kapillarisierung von Wunden festgestellt. Es gibt derzeit keine Hinweise für eine Toxizität von hohen Gaben an Vitamin C, so dass etwa 2000 mg täglich ohne weiteres verabreicht werden können. Mangel an Vitamin A kann ebenso eine Wundheilung verzögern. Vitamin A fördert die Wanderung von Makrophagen in das Wundgebiet, aktiviert diese und steigert die Synthese von Collagen. Für schwer verletzte Patienten wurde eine Zufuhr von 25 000 IU/d Vitamin A empfohlen. Ab 50 000 bis 100 000 IU/d können toxische Wirkungen festgestellt werden. Durch die Verwendung von Provitamin A (β-Karotin) wird die Toxizität vermieden. Zur Unterstützung des Immunsystems bei der Wundheilung bieten sich immunstimulierende Nährlösungen (Trink- oder Sondennahrungen) an, mit einem erhöhten Anteil an Eiweiß und zusätzlich mit Glutamin, Arginin, Fischöl (ω-3-Fettsäuren) oder Antioxidantien.
(b) Glutamin Glutamin, eine als nicht-essentiell eingestufte Aminosäure, erfüllt beim kritisch Kranken wesentliche Funktionen, worunter ■ die Stimulation der Immunkompetenz, ■ die Erhaltung der intestinalen Abwehrfunktion und ■ die Modulation des Proteinstoffwechsels die wichtigsten darstellen. Glutamin ist metabolisches Substrat schnell proliferierender Zellen, das deren Hydratationszustand fördert, eine trophische Wirkung auf die Mukosa hat und der bakteriellen intestinalen Translokation entgegenwirkt [17]. Es ist ein wichtiger Energielieferant für intestinale Enterozyten, Lymphozyten und Makrophagen sowie Vorläufersubstanz für Purine und Pyrimidine. Experimentelle Arbeiten weisen darauf hin, dass bei kritisch Kranken Glutamin als nicht essentielle Aminosäure für die intestinale Funktion, die Immunantwort und für die Aminosäurehomöostase in Perioden mit schwerem Stress bedingt essentiell wird. Obwohl Glutamin in ausgewählten katabolen Patientengruppen vielversprechende Verbesserungen der Stickstoffbilanz bewirkt, die Zellproliferation fördert und die Inzidenz von Infektionen reduziert, ist es nicht gesichert, für welche Patienten die Supplementierung den größten Effekt bringt und welche Stoffwechselabläufe diesen bewirken [18]. Immunmodulierende Substrate spielen posttraumatisch eine wichtige Rolle [19]. Glutaminangereicherte Nahrungen zeigen eine Verbesserung immunologischer Aspekte, eine Verbesserung der Mukositis nach Chemotherapie und führen zu Kostenreduktion bei kritisch kranken Patienten. Orale Zufuhr von Glutamin im Vergleich zu parenteraler Verabreichung ergibt postoperativ (Magen, Pankreas) keine unterschiedliche Stickstoffbilanz oder Plasmaaminosäuren [20] und damit praktisch dieselbe anabole Wirkung. Für Intensivpatienten wird empfohlen [21]: ■ eine Glutamin-Supplementierung von 0,2 g/kg d i. v. bzw. oral 20–30 g/d, ■ ein frühzeitiger Beginn der glutaminreichen Ernährung und die ■ Durchführung über mindestens 5 Tage und mehr Im Zusammenhang mit der Wundheilung gibt es in der Literatur keine ausreichenden Hinweise für einen fördernden Effekt durch Glutamin. Es sind zwar positive Einflüsse insbesondere auf gastrointestinale Immunfunktionen, Aufbau magerer Körper- und Muskelmasse sowie Eiweißbilanz gut belegt, jedoch für den Gewebsaufbau bei der Wundheilung wird kein Einfluss beschrieben.
77FJUM
(c) Arginin – seine Rolle bei der Wundheilung Die stickstoffreiche Aminosäure L-Arginin hat eine bedeutende Rolle bei der Wundheilung. Sie ist essentiell im Wachstum (Kinder) und bedingt essentiell bei Erkrankung, metabolischem Stress mit verstärkter Eiweißsynthese. Arginin ist das einzige Substrat der NO-Synthetase zur Produktion von NO. Stickoxid (NO) wird in verschiedenen Zellen gefunden einschließlich Endothel, Plättchenzellen und Makrophagen. NO ist vermutlich verantwortlich für die verstärkte Immunantwort, es aktiviert Makrophagen und Neutrophile und steigert die mikrovaskuläre Durchblutung [22]. Makrophagen transportieren die Arginase zur Wunde [23]. In Wunden wird L-Arginin durch die NO-Synthetase zur Vorläufersubstanz für Prolin bzw. Kollagen und Harnstoff synthetisiert. Inhibition der NO-Synthese in der Zelle fördert die Kollagenakkumulation und Narbenbildung. Mangelernährung mit verminderter Bildung von NO führt zu Wundheilungsstörung [24]. Arginin ist in der Körperzelle die Vorläufersubstanz für Polyamine und reguliert die Nukleinsäuresynthese für das Zellwachstum und die Replikation. Arginin erhöht die Polyamidspiegel in der Wunde und verbessert so die Wundheilung [25]. Supplementiertes Arginin (24,8 g/d, 17 g/d oral, 2 Wo) fördert die Wundheilung, die Protein- und Kollagensynthese mit mehr Eiweiß und Hydroxyprolin im Wundbett [26], erzielt eine Stimulation der Immunantwort durch verbesserte T-Lymphozytenfunktion [27] und fördert die positive N-Bilanz [28]. Mit Arginin supplementierte Nahrung (2–4 g %) vermindert die Translokation von Bakterien aus dem Darm und beugt so der Entwicklung einer Sepsis vor [29]. Arginin Ist eine konditionell essentielle Aminosäure. Sie ■ fördert die Bildung von Wachstumshormonen, ■ stimuliert die Synthese von Kollagen, von ■ Lymphozyten und die ■ Bildung von T-Helferzellen (Immunsystem), ■ ist Vorstufe von Stickstoffmonoxid, das die zelluläre Immunantwort verstärkt (z. B. Aktivierung von Makrophagen). (d) Fettsäuren: ω-3-, ω-6-, ω-9-Fettsäuren Mangelernährung ist einerseits weltweit die Hauptursache für eine verschlechterte immunologische Abwehr [30]. Andererseits spielen bestimmte Nährstoffe eine Rolle bei der Stimulation des Immunsystems. Aus der Erfahrung heraus, dass die Population
1SPQIZMBYFVOE5IFSBQJFEFS8VOEIFJMVOHTTUzSVOH°#FEFVUVOHEFS&SOjISVOH
der ursprünglich lebenden Grönland Eskimos mit ihrem hohen Fischverzehr eine sehr geringe Inzidenz an entzündlichen Erkrankungen zeigte [31], wurden viele Untersuchungen zur Wirkung der Fischöle (ω-3-Fettsäuren) auf den Stoffwechsel durchgeführt. Die Immunmodulation durch Fettsäuren hängt ab von der ■ Veränderung der Fettsäurezusammensetzung der Zellmembranphospholipide, ■ Lipidoxidation, ■ Veränderung der Gen-Expression oder ■ Produktion von Gewebshormonen (Eicosanoiden). Nicht alle Fettsäuren haben dieselben immunmodulatorischen Eigenschaften. Langkettige mehrfach ungesättigte ω-3-Fettsäuren (wie EPA, DHA) beeinflussen das Immunsystem deutlich. Eine hohe i. v. Zufuhr an Ölsäure und ω-3-PUFA konnte während der Supplementierung die Proliferation der Lymphozyten verringern. Ebenso wird die Cytokinproduktion und die Ausbildung von Cytokinrezeptoren vermindert, die Aktivität von NK-Zellen signifikant unterdrückt, die Phagocytoseaktivität von Makrophagen modifiziert und die Antigen präsentierende Funktion menschlicher Monozyten [32] inhibiert. Die für die mediterrane Kost charakteristische Ölsäure (18:1ω-9, einfach ungesättigt) konnte bei rheumatoider Arthritis zur Entzündungshemmung wirksam eingesetzt werden [33, 34]. Verschiedene Fettsäuren (z. B. Eicosapentaensäure (EPA), Docosahexaensäure (DHA) oder Palmitinsäure (PA)) sind bei der Induktion bzw. Inhibition der Apoptose (programmierter Zelltod) beteiligt [35, 36]. Aus der Epidemiologie, den experimentellen Untersuchungen und nach klinischen Erfahrungen stellen sich verschiedene langkettige mehrfach ungesättigte Fettsäuren der ω-3- und der ω-6-Reihe sowie Ölsäure als wirksame immunmodulatorische und somit als bedingt essentielle Nährstoffe dar. Vor allem ω-3-PUFA und Ölsäure stehen in direktem Zusammenhang mit der Immunantwort und dem entzündlichen Geschehen. Die Modulation hängt von der Art der Fettsäuren und deren Konzentration in der Nahrung bzw. von der Dauer der Supplementation [37] ab. Langkettige mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind Bestandteil der Zellmembranen und Vorstufe von Gewebshormonen bzw. Mediatoren (Eicosanoiden); ω-3-Fettsäuren wirken entzündungshemmend und gefäßerweiternd; das optimale Verhältnis der Fettsäurereihen ω-6:ω-3 in der normalen Ernährung ist ca. 5:1.
(e) Antioxidantien Im »oxidativen Stress« des traumatisierten oder septischen Patienten können Radikale (ROS) vermehrt auftreten und bei der Pathogenese des multiplen Organversagens eine Rolle spielen. Primäre Angriffsziele sind Enzyme, Zellmembranen sowie DNS. Ursache der Überproduktion von ROS ist der geringe Pool an Antioxidantien und deren schneller Verbrauch [38, 39, 40]. Bedeutende nutritive Antioxidantien sind die Vitamine A (β-Karotin), E, die Spurenelemente Zink, Selen, Kupfer (nur bei Verbrennungen [41]) und sekundäre Nahrungsstoffe wie Flavonoide und Coenzym Q10. Für eine exakte wirksame Dosierung gibt es keine wissenschaftlich gesicherten Daten. Klinisch erfolgreich wurden Dosierungen des 5- bis 20-fachen physiologischen Bedarfes verwendet. Bedeutsam ist die gleichzeitige Anwendung der antioxidativen Vitamine A, D, E um die Wirksamkeitskaskade optimal ausnützen zu können. ( f) Zink Zink ist ein essentieller Mikronährstoff und es fördert die Wundheilung. Zink (Normalbedarf 12–15 mg/d) ist Bestandteil oder Kofaktor vieler Enzyme, die die Stoffwechselregulation übernehmen. Dazu gehören DNA- und RNA-Polymerase, t-RNA-Synthetase, Desoxyribonucleotidyl-Transferase, Ribonuclease, Thymidinkinase, Reverstransscriptase, Nucleosidphosphorylase und etwa 200 weitere Enzyme. Unterversorgung an Zink ist in der Bevölkerung weit verbreitet. Geringer Verzehr tierischer Lebensmittel (v. a. Fleisch) ist meist mit einer Zink-Unterversorgung verbunden. Der Normalbereich des Plasma-Zn liegt bei normaler Albuminkonzentration zwischen 11– 17 µmol/l (70–110 µg/dl). Symptome des Zinkmangels sind anfänglich diskret, unspezifisch und kaum zu diagnostizieren. Symptome, die Zinkmangel klinisch vermuten lassen sind: Appetitverlust, Gewichtsabnahme, periorifizielle Ekzeme, schuppige, trockene Hautekzeme, gestörter Geschmacks- und Geruchssinn, Zunahme der Infektionshäufigkeit, Anämie, dünne, spröde Haare, Stomatitis, Glossitis, Depression, Stimmungslabilität, Apathie und Demenz. Im Zinkmangel sind die Proliferation von Fibroblasten, die Wundheilung und die Epithelialisierung verzögert. Mit einer erhöhten Zufuhr von 25 mg/d – vorzugsweise als Zn-Histidin – kann die Wundheilung gefördert werden. An Histidin (Aminosäure) gebundenes Zink (Zinkhistidin) kann am besten aufgenommen werden. Mit 2- bis 3-mal täglich 200 mg Zinksulfat oder täglich 50 mg bis 100 mg Zn-DL-Aspartat erreicht man
bei Erwachsenen mit exogenem Zinkmangel meist kurzzeitig eine ausreichende Zinkversorgung. &SHjO[FOEF&SOjISVOH[VS8VOEIFJMVOH Trotz aller Bemühungen von Pflegepersonal und Angehörigen gelingt es oftmals nicht, einen appetitlosen Patienten zum ausreichenden Essen zu bewegen. Noch schwieriger ist es, den erhöhten Bedarf von Kranken, z. B. bei Dekubituspatienten, mit normalen Lebensmitteln zu decken. Hier empfiehlt sich der Einsatz bilanzierter Trink- und Sondennahrungen. Wichtig ist es in der Summe aus normaler Kost und Ergänzungsnahrung eine bedarfsgerechte Ernährung, das heißt bei Wundheilungsstörung oder Dekubitus eine Energiezufuhr von 25–40 kcal/kg d und eine Eiweißzufuhr von 1–2 g/kg d, zu erreichen. Bei Schluckstörungen oder drastisch erhöhtem Bedarf kann die zusätzliche oder alleinige Verabreichung der enteralen Ernährung über eine Sonde notwendig sein. Pflegekräfte berichten, dass der Einsatz dieser Spezialnahrungen bereits in ein bis zwei Wochen zu ersten sichtbaren Verringerungen der Dekubitusfläche führt. Zielsetzung der Ernährung in der Prophylaxe und Therapie der Wundheilungsstörung ist es, die Heilung zu fördern und die Lebensqualität zu steigern. Ein 17 cm2 großes Dekubitalulcus kann 120 Tage Heilungsverlauf, davon 45 Tage intensive Pflege, bedeuten. Spezielle funktionell wirkende Nähr- und Wirkstoffe (Zink, Arginin, ω-3-Fettsäuren, Glutamin, antioxidative Vitamine) in Mengen, die über den nutritiven Charakter hinausgehen und pharmakologische Wirkungen aufweisen, können mit normalen Lebensmitteln nicht zugeführt werden. Mit einer wundheilungsspezifischen Ergänzungsnahrung (reich an Eiweiß, Arginin, Vitamin C, Zink – Cubitan©) verringerte sich bei Patienten mit mäßigem Risiko zur Wundheilungsstörung (Braden Skala) die Dekubitus-Inzidenz signifikant. Frühzeitiges Screening und den EPUAP-Richtlinien entsprechende adäquate ergänzende Ernährung ist für die Dekubitusprävention offensichtlich von höchster Bedeutung [42]. In einer kontrollierten Untersuchung wurden 99 Patienten mit Dekubitusstadien II und IV, zusätzlich zu ihrer üblichen Ernährung, 3 Wochen lang mit einer wundspezifischen Ergänzungsnahrung (eiweißreich, argininreich, reich an Vitamin C und Zink, 2x200 ml/ d) ernährt [43]. Innerhalb von 3 Wochen nahm die Wundfläche um 29 % ab. Gegenüber der Anfangssituation verringerte sich die Häufigkeit der Wundinfektionen von 38 % auf 15 % und das Auftreten von nekrotischem Gewebe von 44 % auf 10 %.
77FJUM )JOXFJTFGSEJF1SBYJT
Das Risiko der durch Energie- und Nährstoffmangel verursachten Wundheilungsstörung muss durch Anamnese- und Screeningmaßnahmen frühzeitig erkannt und mit konsequenter Ernährungsintervention begonnen werden. Eine Ernährungsplanung und ergänzende Ernährung verringern die Komplikationen, beschleunigen die Heilung und verbessern die Lebensqualität der Patienten.
1SGVOHTGSBHFO
Welche Kriterien weisen auf ein Risiko für Wundheilungsstörung hin? Welche minimale Energiezufuhr ist erforderlich um das Risiko der Wundheilungsstörung zu minimieren? Welche Nährstoffe werden durch die Anforderungen der Wunde vermehrt benötigt? Nach welcher Anwendungsdauer einer wundspezifischen Ergänzungsnahrung ist eine Verbesserung der Wundheilung zu erwarten?
-JUFSBUVS <> Koch W, Seuß C, Schönekas H (1999) Mangelernährung und Dekubitus. Heilberufe 51: 36–38 <> Mathus-Vliegen Elisabeth MH (2004) Old age, malnutrition, and pressure sores: an ill-fated alliance. J Gerontology, Ser A: Biological Sciences and Medical Sciences 59: M355–M360 <> Strauss EA, Margolis DJ (1999) Malnutrition bei Dekubituspatienten. Wund Forum 2: 25–27 <> Ellermann K (1999) Wundheilung und Ernährung. Heilberufe 51:34–36 <> Strauss EA, Margolis DJ (1999) Malnutrition bei Dekubituspatienten. Wund Forum 2: 25–27 <> Wolf J (1996) Dekubitus ist nicht Schicksal. Heilberufe 48: 26–27 <> Hermes M (1999) Praxiskurs enterale Ernährung. Heilberufe 51: 49–50 <> Breslow RA, Bergstrom N (1994) Nutritional prediction of pressure ulcers. J Am Diet Assoc 94: 1301–04 <> Püschel K (2001) Dekubitus als Todesursache ist in Einzelfällen traurige Realität. Ärztezeitung <> Koch W, Seuß C, Schönekas H (1999) Mangelernährung und Dekubitus. Heilberufe 51: 36–38 <> Heer M (2000) Ernährung und Dekubitus. Die Schwester / Der Pfleger 39: 418–422 <> Dörr B (2001) Nutrition – a main part in the treatment of pressure ulcers. J Wound Healing 18: 27–28 <> Gilmore SA et al (1995) Clinical indicators associated with unintentional weight loss and pressure ulcers in elderly residents of nursing facilities. J Am Diet Assoc 95: 984–92
1SPQIZMBYFVOE5IFSBQJFEFS8VOEIFJMVOHTTUzSVOH°#FEFVUVOHEFS&SOjISVOH <> Blackburn GL et al (1977) Nutritional and metabolic assessment of the hospitalized patient. JPEN 1: 11–22 <> DACH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr (2000) Verlag Umschau/Braus, Frankfurt am Main <> Küsters D (2000) Dekubitus: Bedarfsgerechte Ernährung als Prophylaxe und Therapieansatz. Nutr News 1: 1–4 <> Roth E, Spittler A, Oehler R (1996) Glutamine: Effects on the immune system, protein metabolism and intestinal function. Wien Klin Wochenschr 108: 669–76 <> Sacks GS (1999) Glutamine supplementation in catabolic patients. Ann Pharmacother 33: 348–54 <> Lübke HJ (2000) Protektion der Mukosabarriere durch Strategien der Ernährung – Welche therapeutische Optionen gibt es? Der Anaesthesist 49: 455–59 <> Fish J et al (1997) A prospective randomized study of glutamine-enriched parenteral compared with enteral feeding in postoperative patients. AJClN 65: 977–83 <> Garcia-de-Lorenzo A et al (2003) Klinischer Nutzen für die enterale Nahrungsergänzung mit Glutamin: Ein systematischer Überblick. Nutrition 19: 805–11 <> Kirk S J, Barbul A (1990) Role of arginine in trauma, sepsis, immunity. JPEN 14: 226S–229S <> Albina JE, Mills CD, Barbul A et al (1988) Arginine metabolism in wounds. Am J Physiol 254: E459–E467 <> Schaffer MR, Tantry U, Ahrendt GM et al (1997) Acute protein-calorie malnutrition impairs wound healing: a possible role of decreased wound nitric oxide synthesis. J Am Coll Surg 184: 37–43 <> Cui X, Iwasa M, Iwasa Y et al (1999) Effects of dietary arginine supplementation on protein turnover and tissue protein synthesis in scald-burn rats. Nutrition 15: 563–69 <> Kirk SJ, Hurson M, Regan M et al (1993) Arginine stimulates wound healing and immune function in elderly human beings. Surgery 114: 155–60 <> Barbul A, Lazarou SA, Efron DT et al (1990) Arginine enhances wound healing and lymphocyte immune responses in humans. Surgery 108: 331–37 <> Beaumier L, Castillo L, Yong-Ming Y et al (1996) Arginine: New and exciting developments for an «old« amino acid. Biomed Environ Sci 9: 296–315 <> Adjei AA et al (1995) Arginine-supplemented diets inhibit endotoxin-induced bacterial translocation in mice. Nutrition 11: 371–74 <> Chandra R K (1996) Nutrition, immunity and infection: from basic knowledge of dietary manipulation of immune responses to practical application of ameliorating suffering and improving survival. Proc Natl Acad Sci USA 93: 14304–307 <> Calder PC (1998) Fat chance of immunomodulation. Immunol Today 19: 244–247 <> Hughes DA, Andrew CP (2000) ω-3 polyunsaturated fatty acids inhibit the antigen-presenting function of human monocytes. Am J Clin Nutr 71 (Suppl): 357S–60S <> Kremer J et al (1990) Dietary fish oil and olive oil supplementation in patients with rheumatoid arthritis: clinical and immunologic effects. Arthritis Rheum 33: 810–820 <> Linos A et al (1991) The effect of olive oil and fish consumption on rheumatoid arthritis – a case control study. Scand J Rheumatol 20: 419–26 <> Das U N (1999) Essential fatty acids, lipid peroxidation and apoptosis. Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids 61: 157–163 <> Pablo de, M A, Alvarez de Cienfuegos G (2000) Modulatory
effects of dietary lipids on immune system function Immunol Cell Biol 78: 31–39 <> Pablo de M A et al (2002) Biological and clinical significance of lipids as modulators of immune system functions. Clin Diag Lab Immunol 9: 945–50 <> Wirleitner B et al (2003) In vivo determination of oxidative stress. Aktuelle Ernährungsmedizin 28: 363–70 <> Preiser JC, Lovat R (2003) Rationale and effect of the administration of antioxidants in critical ill patients. Aktuelle Ernährungsmedizin 28: 371–75 <> Berger MM (2003) Nutrients as antioxidants. Aktuelle Ernährungsmedizin 28: 376–79 <> Berger MM, Shenkin A (1998) Trace elements in trauma and burns. Curr Opin Clin Nutr Metab Care 1: 513–17 <> Neander KD. et al (2004) A specific nutritional supplement reduces the incidence of pressure ulcers in elderly people. JPEN 28(1) 31, Abstract 069 <> Soriano L Frías et al (2003) The effectiveness of nutritional supplementation in the healing of pressure ulcers. EWMA Annual Congress Pisa 2003, OP13
,BQJUFM
$IJSVSHJTDIFT%FCSJEFNFOU )#,JU[JOHFS -1,BNPM[VOE.'SFZ
;VTBNNFOGBTTVOH
Neben der kausalen Therapie der Grunderkrankung bei chronischen Wunden ist die Durchführung eines adäquaten Debridements die Voraussetzung für eine unkomplizierte Wundheilung. Nach den Kriterien einer Evidenz-basierten Medizin sind aber viele etablierte Verfahren, wie beispielsweise das enzymatische Debridement, nicht durch aussagekräftige Studien belegt. Für welche Form, bzw. in welcher Kombination oder zeitlichen Abfolge des Debridements man sich entscheidet, wird von einer Vielzahl an Faktoren bestimmt. So muss neben der Akzeptanz des Patienten der gesundheitliche Zustand des Patienten die Durchführung ermöglichen. Weiters muss das Verfahren praktikabel sein, die technische Ausstattung vorhanden und die Finanzierung gewährleistet sein. Ziel bleibt es, die Wundheilung zu beschleunigen und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern.
Als Debridement oder Wundtoilette bezeichnet man das Abtragen von abgestorbenem (nekrotischem) oder infiziertem Gewebe und das Entfernen von Fremdkörpern aus Wunden, Geschwüren und Verbrennungen. Ziel ist es, den Heilungsprozess zu verbessern und eine sekundäre Infektion des verbliebenen gesunden Gewebes bzw. ein Fortschreiten der Infektion zu verhindern. Voraussetzung für die angestrebte Wundheilung ist die ausreichende Durchblutung des Gewebes. Jede regelrechte Wundheilung setzt voraus, dass nicht funktionsfähige Gewebekomponenten aus der Wunde eliminiert werden, um dem Neuaufbau von Gewebematerial und dessen Vernetzung mit intaktem Gewebe nicht im Wege zu stehen. Physiologi-
scherweise wird die Wundreinigung durch den begleitenden Entzündungsprozess und dabei insbesondere durch neutrophile Granulozyten und Gewebemakrophagen bewerkstelligt. Die Entzündungszellen räumen dieses Material durch enzymatischen Verdau und Phagozytose ab und bilden an der Wundoberfläche gleichzeitig eine effektive Barriere, um das Eindringen von Keimen in den Organismus zu verhindern. Dieser immunologische Teil der Entzündungsreaktion funktioniert meist so gut, dass selbst großflächige chronische Defekte trotz Keimbesiedlung selten eine Eintrittspforte für Wundinfektionen sind. Durch Beseitigung von Störfaktoren durch umfassendes Debridement im Sinne der Nekrosektomie, der Beseitigung von Wundbelägen, der mechanischen Reduktion der Keimzahl sowie der Entfernung von Fremdkörpern kann die Wundheilung deutlich beschleunigt werden. Dies gilt insbesondere für großflächige und tiefgreifende Nekrosen, die als Erregerreservoir wirken und lokaler wie auch systemischer antimikrobieller Therapie schwer zugänglich sind. Vor einem Debridement sollte der Status der Wunde für folgende Merkmale erhoben werden: ■ Ausdehnung und Tiefe der Wunde, beteiligte Strukturen, Lokalisation, etc. ■ Zustand der Wunde (akut, chronisch, nekrotisch, infektiös, exsudativ etc.) ■ Phase der Wundheilung. Die physiologische Wundheilung lässt sich in drei Phasen unterteilen: &OU[OEVOHTQIBTF Ausdruck der körpereigenen, aktiven Wundreinigung (Autolyse) ist die Entstehung eines Wundödems durch eine gesteigerte Gefäßpermeabilität. Die daraus resultierende starke Exsudatbildung unterstützt die Wund-
säuberung durch Ausschwemmung von gelöstem Wundschorf, Zelltrümmern, Fremdkörpern und Bakterien. Die Thrombozytenaggregation führt zur Blutstillung, die in das Wundgebiet einwandernden Granulozyten, Monozyten und Makrophagen dienen u. a. der Infektabwehr und der Freisetzung von Wachstumsfaktoren. 1IBTFEFS(FXFCFOFVCJMEVOH Nach Abschluss der Reinigungsphase beginnt die eigentliche Reparaturphase. Aus dem gesunden umgebenden Gewebe sprossen neue Gefäße in das Wundgebiet ein. Fibroblasten und Endothelzellen proliferieren, der Wundgrund füllt sich mit Granulationsgewebe. 1IBTFEFS&QJUIFMJBMJTJFSVOH Die Fibroblasten bilden vermehrt Kollagen und Proteoglykane für den Aufbau des Epithels und des Narbengewebes. Die Wundkontraktion setzt ein. Vom Wundrand, bei flachen Wunden auch vom Wundgrund aus, wandern die Epithelzellen konzentrisch zur Mitte hin in die Wunde ein. Die Organintegrität der Haut ist durch Narbenersatzgewebe weitgehend wiederhergestellt. Verbleibt die Wunde aufgrund exogener (z. B. Fremdkörper, Infektion, Hämatom) oder endogener Einflüsse (gestörte Mikro- und Makrozirkulation) in einer Phase, ist es das Ziel der Wundbehandlung, die Wunde z. B. mit Hilfe eines Debridements wieder in Richtung physiologischer Wundheilung zu dirigieren. Grundsätzlich stehen für eine Wundreinigung fünf verschiedene Arten des Debridements zur Verfügung, welche auch in Kombination verwendet werden können: ■ chirurgisches Debridement, ■ physikalisches Debridement, ■ enzymatisches Debridement, ■ autolytisches Debridement, ■ biologisches Debridement.
$IJSVSHJTDIFT%FCSJEFNFOU
Das chirurgische Debridement bietet die schnellste und effektivste Möglichkeit, minderdurchblutetes bzw. nekrotisches Gewebe und Wundbeläge zu entfernen. Gleichzeitig fördern leichte Blutungen nach dem Reinigungsprozess durch die Präsenz von Thrombozyten, die Wachstumsfaktoren wie PDGF und Chemotaxine enthalten, für einen positiven Nebeneffekt. Durch das Entfernen der Nekrose wird die lokale Durchblutung
)#,JU[JOHFS -1,BNPM[VOE.'SFZ
verbessert und die bakterielle Belastung deutlich verringert. Das chirurgische Debridement ist unabdingbar, wenn das Ausmaß der Wundtaschen nicht bestimmbar und eine Infektion weit fortgeschritten bzw. der Patient septisch ist. Um Folgeschäden, die häufig von schlecht durchblutetem Gewebe ausgehen, zu vermeiden, bedarf es insbesondere bei der posttraumatischen Wunde eines umfassenden chirurgischen Debridements. Dies beinhaltet die kompromisslose Beseitigung sämtlichen minderdurchbluteten, gequetschten oder bereits avaskulären Gewebes sowohl an den Weichteilen als auch am Knochen. Aufgrund der Weiterentwicklung von plastisch-chirurgischen Lappentechniken zur Defektdeckung und der modernen Möglichkeiten zum Knochenersatz sind Befürchtungen, größere resultierende Defekte nicht mehr verschließen zu können, nicht mehr begründet. Funktionell unentbehrliche Strukturen aber, wie Nerven und Blutgefäße, sind beim Debridement grundsätzlich zu schonen. Bei der chronischen Wunde ist die chirurgische Beseitigung von Nekrosen oder übermäßigen Fibrinbelägen der erste Schritt einer phasenadaptierten Wundgrundkonditionierung. Hierbei wird die chronische Wunde wieder in eine frische überführt. Nachteil eines chirurgischen Debridements ist die häufig erforderliche Analgesie durch Regionalanästhesie oder Intubationsnarkose und die Gefahr der bakteriellen Streuung während der Operation. Bei großen oder tiefreichenden Nekrosen ist wegen der Gefahr einer Nachblutung die stationäre Aufnahme angezeigt.
1IZTJLBMJTDIFT%FCSJEFNFOU
Als physikalisches Debridement wird die mechanische Wundreinigung mit Mullkompressen, Wundspülungen und Bädern angesehen. Das Reinigen mit trockenen und feuchten Mullkompressen ist die einfachste Form der mechanischen Wundreinigung und dient dazu, den Schorf aufzuweichen und eine mechanische Ablösung herbeizuführen. Nachteilig hierbei ist die häufige Schmerzbelastung des Patienten und die Beschädigung von neu gebildetem Granulationsgewebe bzw. Epithel. Die früher häufig durchgeführte Methode der »Nass-bis-trocken-Verbände« sollte heute aufgrund der Schmerzbelastung des Patienten nicht mehr zur Anwendung kommen. Hierbei wurden nasse Kompressen auf die Wunde aufgelegt und nach Antrocknung der Kompressen diese wieder entfernt.
$IJSVSHJTDIFT%FCSJEFNFOU
Wundspülungen haben sich als wirksam beim Entfernen von Bakterien, Zelltrümmern und kleinen Fremdkörpern erwiesen. Spülungen können aber auch zu einer Keimverschleppung führen und sind daher nicht in jedem Fall zu befürworten. Für das Spülen von größeren Wundflächen empfehlen sich unter stationären Bedingungen Ringer- bzw. Ringer-LaktatLösungen, um Elektrolytverschiebungen im Wundbereich auszugleichen. Wundspülungen mit Wasserstoffperoxid oder jodhaltigen Lösungen sollten aufgrund ihrer zytotoxischen Wirkung auf vitales Gewebe im Wundgrund und epitheliale Zellen am Wundrand nicht mehr zum Einsatz kommen. Im häuslichen Bereich kann die Wunde durch Ausduschen mit lauwarmem Leitungswasser gereinigt werden. Erste Studien belegen hierfür eine signifikante Reduktion der Keimbelastung, ähnlich wie beim Spülen mit einer antiseptischen Lösung. Dem Ausduschen ist gegenüber dem Baden der Vorzug zu geben, da kontaminiertes Wasser abfließt und ersetzt wird. Beim Baden wird eine Verunreinigung verdünnt und Wund- und Hautkeime werden gleichmäßig verteilt.
tischem Material durch den Abbau des Fibrinnetzes, welches das nekrotische Gewebe durchzieht. Die Streptokinase ist eine Fibrinolysekinase und wird aus Streptococcus pyogenes gewonnen. Die wundreinigende Aktivität wird indirekt durch den Abbau von Fibrin vermittelt. Frische Wunden sind daher eine Kontraindikation, da die Lösung des Fibrins zu einem erhöhten Blutungsrisiko führen würde. Die Streptodornase wird aus Streptococcus haemolyticus gewonnen und ist eine Desoxyribonuklease. Auch sie bewirkt über die Umwandlung von Plasminogen in Plasmin einen Fibrinabbau und ermöglicht so über den Abtransport von Zelldetritus die Bildung von Granulationsgewebe. Der Vorteil der enzymatischen Wundreinigung liegt in der einfachen und sicheren Applikation und dem schmerzfreien Verbandwechsel. Nachteilig sind die hohen Behandlungskosten und die längeren Behandlungszeiten im Vergleich zum chirurgischen Debridement.
"VUPMZUJTDIFT%FCSJEFNFOU &O[ZNBUJTDIFT%FCSJEFNFOU
Bei der enzymatischen Wundreinigung erfolgt mit Hilfe von eiweißspaltenden Enzymen ein biochemischer Abbau von Fibrinbelägen und dünnen nekrotischen Schichten, ohne die gesunde Haut zu schädigen. Die Enzyme sind bakterieller oder tierischer Herkunft und benötigen für ihre Aktivität ein ausreichend feuchtes und körperwarmes Milieu. Eine Applikation auf trockene Nekrosen oder Wundschorf führt daher nicht zum gewünschten Erfolg. Das enzymatische Debridement ist für eine leichte Wundreinigung empfehlenswert, kann das chirurgische Debridement aber nicht ersetzen. Da Kollagen als quantitativ wichtigstes Protein der menschlichen Haut auch einen wesentlichen Anteil des Zelldetritus darstellt, spielen Kollagenasen eine besondere Rolle. Die bakterielle Kollagenase wird aus dem Fermentationsüberstand von Clostridium histolyticum gewonnen und kann sämtliche bekannten humanen Kollagentypen mit der gleichen Affinität und Reaktionsgeschwindigkeit abbauen. Die resultierenden Kollagenbruchstücke stimulieren zusätzlich Fibroblasten und Makrophagen und beschleunigen über chemotaktische Effekte den Nekroseabbau. Zwei weitere Enzyme, die Streptokinase und Streptodornase, bewirken ebenfalls den Abbau von nekro-
Bei der autolytischen Wundreinigung wird mit Hilfe von Hydrogelen oder Naßtherapeutika ein physiologisches Milieu in der Wunde geschaffen und somit die Freisetzung von körpereigenen Enzymen, wie beispielsweise der Kollagenase, Elastase oder sauren Hydroxylase, gefördert. Neben der verstärkten Enzymfreisetzung werden im feuchten Milieu auch Proliferations-, Synthese-, Migrations- und Diffusionsprozesse in der Wunde unterstützt, wohingegen trockene Verbände durch übermäßiges Aufsaugen und Verdunsten von Exsudat zu unphysiologischen Wundverhältnissen führen. Diese sogenannten interaktiven Wundauflagen enthalten auf der einen Seite Hydrokolloide, Alginate oder Schaumstoffverbände mit unterschiedlich stark ausgeprägten Absorptionskapazitäten für Wundexsudat. Auf der wundabgewandten Seite sind sie mit einer semipermeablen Schicht überzogen, die wasserdampf- und sauerstoffdurchlässig ist, aber von außen keine Mikroorganismen auf die Wunde lässt. Diverse Studien haben die deutliche Überlegenheit der feuchten Wundtherapie gegenüber der trockenen Wundbehandlung bewiesen. Das Debridement mittels Autolyse ist schmerzlos und effektiv, sicher und einfach in der Durchführung. Allerdings ist die wundumgebende Haut vor Mazeration zu schützen und die Zeitspanne bis zur Nekrolyse im Vergleich zu den anderen Methoden deutlich verlängert.
#JPMPHJTDIFT%FCSJEFNFOU
Der Einsatz der steril gezüchteten Goldfliegenmade Lucilia sericata auf Wunden wird als Biochirurgie bezeichnet, die den negativ besetzten Begriff der Madentherapie weitestgehend ersetzt hat. Die wundreinigende Wirkung kommt nicht durch ein unmittelbares Abtragen des nekrotischen Gewebes durch die Made zustande, sondern durch die Proteasen im Speichelsekret der Made. Der Ammoniak- und Calciumcarbonat-Gehalt des Verdauungssekretes verschiebt zusätzlich den pH-Wert des Wundexsudates aus dem sauren in den alkalischen Bereich, welches zu einer Hemmung des bakteriellen Wachstums führt. Weitere Speichelbestandteile, wie Allantoin und Urea, scheinen ebenfalls einen positiven Einfluß auf die Wundgranulation zu haben, die Wirkungsweise ist aber noch nicht vollständig geklärt. Zur besseren Akzeptanz beim Patienten können Maden in sogenannten Biobags auf die Wunde gebracht werden. Dabei handelt es sich um geschlossene Beutel, ähnlich einem Teebeutel, die den Freilauf der Maden verhindern und eine ausreichende Sauerstoff-/Feuchtigkeitsversorgung garantieren. Die Biochirurgie stellt eine schmerzfreie Methode des Debridements unter kompletter Schonung gesunden Gewebes dar.
7BLVVNWFSTJFHFMVOH
Die topische Behandlung von akuten oder chronischen Wunden mit Unterdruck hat sich als V.A.C.-Therapie (»vacuum assisted closure«) etabliert. Die Wirkungsweise beruht auf Anwendung eines definierten, kontrollierten Unterdrucks über einem Polyurethan- oder Polyvinylschwamm auf einer Wundoberfläche. Überschüssiges Wundexsudat wird kontinuierlich abgesaugt, die Rückbildung von Wundödemen beschleunigt und dadurch die Mikrozirkulation verbessert. Die Stimulation der Angiogenese ist in tierexperimentellen Studien belegt. Die Indikation zur Vakuumversiegelung ergibt sich u. a. bei stark exsudierenden oder infizierten Wunden und bei einem bradytrophen Wundgrund. Die Grundlage für eine V.A.C.-Therapie ist jedoch weiterhin das radikal durchgeführte chirurgische Debridement. Die Vakuumtherapie ist somit als Therapieergänzung zu betrachten, die wegen der seltenen Verbandswechsel eine Erleichterung für den Patienten ist.
)#,JU[JOHFS -1,BNPM[VOE.'SFZ 1SGVOHTGSBHFO 1. Was ist ein Debridement und welche Arten gibt es?
-JUFSBUVS Banwell PE, Teot L (2003) Topical negative pressure (TNP): the evolution of a novel wound therapy. J Wound Care 12: 22–28 Bradley M, Cullum N, Sheldon T (1999) The debridement of chronic wounds: a systematic review. Health Technol Assess 3: 1–78 Coerper S, Wicke C, Pfeffer E (2004) Documentation of 7051 chronic wounds using a new computerized system within a network of wound care centers. Arch Surg 139: 251–258 Dissemond J, Goos W (2003) Konditionierung chronischer Wunden mittels proteolytischer Enzyme. Hautarzt 54: 524–529 Dissemond J, Goos W (2004) Optionen des Debridements in der Therapie chronischer Wunden. JDDG 2: 743–51 Dill-Müller D, Tilgen W (2005) Bewährte und aktuelle Verfahren in der Wundheilung. Hautarzt 56: 411–22 Gillitzer R (2002) Modernes Wundmanagement. Hautarzt 53: 130–147 Grassberger M, Frank C (2003) Wundheilung durch sterile Fliegenmaden: Mechanische, biochemische und mikrobielle Grundlagen. MMW 153: 198–201 Griffiths RD, Fernandez RS, Ussia CA (2001) Is tap water a safe alternative to normal saline for wound irrigation in the community setting? J Wound Care 10: 407–411 Helaly P, Vogt E, Schneider G (1988) Wundheilungsstörungen und ihre enzymatische Therapie – eine multizentrische Doppelblindstudie. Schweiz Rundsch Med 52: 1428–1434 Morykwas MJ, Argenta LC, Shelton-Brown EJ, McGuirt W (1997) Vacuum-assisted closure: a new method for wound control and treatment: animal studies and basic foundation. Ann Plast Surg 38: 553–562 Mosher BA, Cuddigan J, Thomas DR, Boudreau DM (1999) Outcomes of 4 methods of debridement using a decision analysis methodology. Adv Wound Care 12: 81–88 Postlewaite AE, Kang AH (1976) Collagen and collagen peptide induced chemotaxis of human blood monocytes. J Exp Med 143: 1299–1307 Prete PE (1997) Growth effects of Phaenicia sericata larval extracts on fibroblasts: mechanism for wound healing by maggot therapy. Life Sci 60: 505–10 Tong A (1999) The identification and treatment of slough. J Wound Care 8: 338–39 Weise K, Schäffer M (2000) Behandlungsstrategien bei Wundheilungsstörungen. Unfallchirurg 103: 100–109 Wollina U, Liebold K, Schmidt WD, Hartmann M, Fassler D (2002) Biosurgery supports granulation and debridement in chronic wounds – clinical data and remittance spectroscopy measurement. Int J Dermatol 41: 635–639
,BQJUFM
1IBSNBLPMPHJTDIFT%FCSJEFNFOU 5&CFSMFJO
;VTBNNFOGBTTVOH
(SVOEMBHFOVOE(FTDIJDIUF
Pharmakologisches Debridement fasst alle Methoden der Wundreinigung zusammen, bei denen durch die topische Anwendung von Arzneimitteln eine Reinigung der belegten Wunde erreicht werden soll. Aktuell sind hier die Anwendung von exogen enzymatischen Maßnahmen einzuorden (»enzymatisches Debridement«). Enzymatische Wundreinigung kann beim Versagen autolytischer Prozesse sowie bei der Einschränkung der Möglichkeiten chirurgischer oder chirurgieadäquater Verfahren einen sinnvollen Beitrag im lokalen Management von Wunden leisten. Dabei ist die gering bis mäßig und makromorphologisch-nekrotisch allenfalls gering belegte Wunde das typische Anwendungsfeld. Jedoch stellt die enzymatische Wundreinigung bei ausgedehnten oder soliden Nekrosen keine grundsätzlich sinnvolle Alternative zu chirurgischen o.ä. Debridementmethoden dar. Die Anwendungsergebnisse werden wohl auch durch spezifische Anwendungstechniken (z. B. Skarifikation und Feuchtverband) nicht grundlegend verbessert. Lokaler Infektschutz besteht unter solchen Applikationen nicht. Beim kombinierten Einsatz mit Mitteln der modernen feuchten Wundbehandlung ist neben dem Fehlen systematischer Daten der ökonomische Faktor unbedingt zu beachten. Die prinzipielle Notwendigkeit täglicher Verbandwechsel generiert dabei ein erhebliches Kostenpotential. Zusätzlich sind konkrete Indikationseinschränkungen zu beachten.
&JOMFJUVOH Unter pharmakologischem Debridement sind alle Methoden zu subsummieren, welche durch die topische Anwendung von Arzneimitteln eine Reinigung der belegten Wunde erreichen. Nach der aktuellen praktischen Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Methoden der (exogen) enzymatischen Wundreinigung zu nennen. Diese Methode wird dementsprechend auch als enzymatisches Debridement bezeichnet [7, 16]. (FTDIJDIUFEFS&O[ZNQSjQBSBUF Die Idee, mittels exogen zugeführter Enzyme die (insuffiziente) körpereigene Wundreinigung zu forcieren, wurde bereits in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts zu praktischer Reife geführt. Mit der Verfügbarkeit industriell gefertigter Zubereitungen als Arzneimittel begann vor etwa dreißig Jahren ein regelrechter Boom dieser Methode [18]. Eine Anzahl von Produkten etablierte sich. Typisch waren gleichfalls Kombinationen mit Lokalantibiotika unter der Vorstellung, so die belegte infizierte (oder zumindest infektgefährdete) Wunde komplex zu behandeln. Diese Entwicklung erwies sich schließlich als Sackgasse, da im Rahmen der zunehmend kritischen Beurteilung der lokalen Anwendung von Antibiotika die gesamte Gruppe der Kombinationspräparate in Verruf geriet [1, 9, 11]. Dieser Entwicklung wurde schließlich Rechnung getragen, indem antibiotikahaltige Darreichungsformen immer weniger angeboten wurden. Die Neuregelung der Arzneimittelzulassung und das Auslaufen von Übergangsregelungen führte schließlich (in Deutschland z. B. mit dem Stichtag 1. 7. 2003) zu einer generel-
len Veränderung der Verfügbarkeit enzymhaltiger Produkte zur Wundreinigung [1].
8JSLVOHTNPEFMMWPO&O[ZNQSjQBSBUFO [VS8VOESFJOJHVOH
Der Erklärungsansatz für die Wirkung enzymatischer Wundreinigungspräparate wurde mit der Einführung dieser Präparate in die kommerzielle Nutzung geliefert. Auf eine Botschaft heruntergebrochen besagt er, dass durch die Anwendung exogener proteolytischer Enzyme die (annehmbar insuffiziente) Wirkung der körpereigenen Enzyme verstärkt wird, wodurch Beläge abgelöst, die Wundreinigung forciert und konsekutiv (insbesondere wohl durch die verbesserten Milieubedingungen) die reparative Potenz der Wunde gefördert wird [1, 6, 9, 10, 14]. Experimentell konnten teilweise auch direkte wundheilungsfördernde Mechanismen z. B. über Migrationsverstärkung reparativ bedeutsamer Zellen gezeigt werden [10, 15]. Zusätzlich wird auf die Schonung vitaler körpereigener Strukturen verwiesen, da dort die potentiell schädigende Wirkung durch zelleigene Hemmer der Eiweißspaltung (sog. Proteaseinhibitoren) aufgehoben wird [1, 10, 11, 14]. Dieses ebenso simple wie nicht in allen Punkten unbedingt schlüssige Modell wird bis heute weitgehend unwidersprochen zur Wirkdarstellung verwendet. Im folgenden soll ein weitergehender Erklärungsansatz gegeben werden. 1SPUFPMZUJTDIF&O[ZNFJOEFS8VOEF Als erwiesen darf gelten, dass den proteolytischen Enzymen in der Wunde eine besondere Bedeutung auch beim Abbau eiweißbasierter avitaler Strukturen, wie sie im typischen Wundbelag häufig sind, zukommt [6, 10, 14]. In diesem Zusammenhang muss bereits rein quantitativ der Spaltung der Eiweißverbindungen Kollagen und Fibrin besondere Bedeutung zugewiesen werden. Allerdings ist die absolute Quantität der körpereigenen Kollagenasen wohl von untergeordneter Bedeutung. Tatsächlich müssen weitere Milieubedingungen zum Funktionieren des autolytischen Debridements erfüllt sein. Ansonsten wäre das Phänomen der hartnäckig belegten chronischen Wunde, welche per se über eine deutlich erhöhte Konzentration z. B. an Matrixmetalloproteinasen gegenüber einer akuten Wunde verfügt, schlechthin nicht erklärbar. Dieser Widerspruch ist bisher tatsächlich nicht vollständig und sicher aufgeklärt [6, 9, 10, 14].
5&CFSMFJO
In der Fortsetzung dieses Gedankens wird klar, dass die bloße zusätzliche Bereitstellung von (hier dann exogenen) Proteasen ebenfalls nicht ausreichend zur Erzielung eines Wundreinigungseffektes sein kann, wenn nicht gleichzeitig die Milieubedingungen zur Wirkung der Enzyme optimiert werden. Insbesondere ist auf die eingeschränkte bis fehlende Wirksamkeit von Enzymen in einem trockenen Umgebungsmilieu zu verweisen [1, 6, 10, 11, 14]. Die kontrovers diskutierte Rolle des lokalen pH-Wertes (Wirkmaximum endogener Kollagenasen im schwach bis mäßig sauren Bereich vs. Wirkabschwächung/-aufhebung exogener – bakterieller – Kollagenasen) beweist ebenfalls, dass eine Varianz der Milieubedingungen im Hinblick auf die gewählte Methode festgestellt werden muss [9, 12, 14, 17]. *OBLUJWJFSVOHWPO&O[ZNFO Die Wirksamkeit von proteolytischen Enzymen wird durch eine Anzahl inaktivierender Faktoren begrenzt. Insbesondere sind dabei Autoinaktivierung (durch Spontanzerfall bzw. enzymatische Selbstinaktivierung) sowie Fremdinaktivierung (dabei insbesondere durch gewebeeigene Proteaseinhibitoren) zu nennen. Als Quelle dieser Enzyme kommt prinzipiell jede vitale Zelle des Bindegewebes in Betracht. Weitere modulierende Milieufaktoren waren vorab unter 2.2 dargestellt [1, 10].
&YPHFOF&O[ZNF°4VCTUBO[FOVOE1SPEVLUF
In der Anwendungshistorie sind eine Anzahl exogener Enzyme verschiedener Herkunft zum Einsatz gekommen. Auch ist die Suche nach neuen Alternativen keinesfalls abgeschlossen, wie immer wieder neue Arbeiten zu diesem Themenkomplex beweisen [12]. fCFSTJDIU[VSBLUVFMMFO4JUVBUJPO Aktuell finden sich im gesamten deutschsprachigen Europa nurmehr Vertreter von zwei Substanzgruppen als zugelassene Arzneimittel auf dem Gesamtmarkt. Diese werden im Folgekapitel detailliert dargestellt. Eine Übersicht über die Substanzen, Marktnamen und Darreichungsformen bietet Tabelle 1. &JO[FMQSPEVLUF 3.2.1 Clostridiopeptidase und Begleitkollagenasen Das Produkt befindet sich unter verschiedenen Handelsnamen (vgl. Tabelle 1) auf dem Markt.
1IBSNBLPMPHJTDIFT%FCSJEFNFOU 5BCFMMF
4VCTUBO[HSVQQF &O[ZN
)FSLVOGU
)BOEFMTOBNFO
%BSSFJDIVOHTGPSN
;VTBNNFOTFU[VOH
7FSGHCBSLFJU
TUFSJMF4BMCF
HFOUIjMU,VMUVS ¾MUSBUBVT$MPTUSJ EJVNIJTUPMZUJ DVN $
1 VOJUTVOEBO EFSF1SPUFBTFO 1
2VFMMF3PUF-JTUF
WFSGHCBSJO °%FVUTDIMBOE °eTUFSSFJDI °4DIXFJ[
1VMWFS (FM4FU 5SPDLFOTVCTUBO[JO 4UFDIBNQVMMF
WFSGHCBSJO 'MFOUIjMU NH4USFQUP °%FVUTDIMBOE °eTUFSSFJDI DPDDVTQZPHFOFT &YUSBLUNJU4USFQ UPLJOBTF *& 4USFQUPEPSOBTF *& 2VFMMF3PUF-JTUF
'JCSPMBO4BMCF "
'JCSJOPMZTJOVOE 'JCSJOPMZTJOBVT %FTPYZSJCPOVLMFBTF 3JOEFSQMBTNBVOE 'JCSPMBO4BMCF $)
%FTPYZSJCPOVLMFBTF BVT3JOEFSQBOLSFBT
4BMCF
H4BMCFFOUIjMU &JOIFJU'JCSJOP MZTJO BVT3JOEFS QMBTNB VOE &JOIFJUFO%FTPYZ SJCPOVLMFBTF BVT 3JOEFSQBOLSFBT 2VFMMF"S[OFJNJU UFM,PNQFOEJVN EFS4DIXFJ[
WFSGHCBSJO °eTUFSSFJDI °4DIXFJ[
4VCTUBO[HSVQQF &O[ZN
)BOEFMTOBNFO
%BSSFJDIVOHTGPSN
;VTBNNFOTFU[VOH
7FSGHCBSLFJU
-FVLBTF "
,FHFM 1VEFS 4BMCF
WFSGHCBSJO H4BMCFFOUIjMU °eTUFSSFJDI NH'SBNZDFUJO
TVMGBUVOE '*15SZQTJOFOUTQS /'&JOIFJUFO 5SZQTJO ,FHFMFOUIjMU[V TjU[MJDI-JEPDBJOIZ ESPDIMPSJE 2VFMMF"VTUSJB$P EFY
$MPTUSJEJPQFQUJEBTF $MPTUSJEJVNIJTUPMZ *SVYPM/ %
VOE#FHMFJULPMMBHF UJDVN BVGHFBSCFJ *SVYPMVNNPOP "
*SVYPMNPOP $)
UFUFT'JMUSBU
OBTFO
4USFQUPLJOBTFVOE 4USFQUPEPSOBTF
4USFQUPDPDDVTQZP HFOFT&YUSBLU BVG HFBSCFJUFU
)FSLVOGU
OJDIUEF¾OJFSU 5SZQTJO JO,PNCJ OBUJPONJU'SBNZDF UJOTVMGBUTPXJF OVS ,FHFM -JEPDBJOIZ ESPDIMPSJE
7BSJEBTF/1VMWFS (FM4FU %
7BSJEBTF5SPDLFO TVCTUBO[ "
%JF-JTUVOHVNGBTTUEJF)BOEFMTOBNFOJO%FVUTDIMBOE %
eTUFSSFJDI " VOEEFS4DIXFJ[ $) -FVLBTFBMTLPNCJOJFSUFT&O[ZN QSjQBSBUJTUOVSNFISWFSGHCBSJOeTUFSSFJDI%BTHMFJDIOBNJHF1SPEVLUBVGEFNEFVUTDIFO.BSLUJTUOJDIUNFISFO[ZNIBMUJHVOEEBNJU FJOSFJOFT-PLBMBOUJCJPUJLVN C[XJOEFS%BSSFJDIVOHTGPSN¨,FHFM§FJO,PNCJOBUJPOTQSjQBSBUNJUFJOFN-PLBMBOjTUIFUJLVN
Inhaltsstoffe 1 g Iruxol N Salbe enthält Kulturfiltrat aus Clostridium histolyticum mit 1,2 Units Microbial-Collagenase sowie 0,24 Units anderer Proteasen. Als weitere Bestandteile sind dickflüssiges Paraffin und weißes Vaselin enthalten. Anwendung Das Produkt soll in der Regel einmal täglich, ggf. zweimal täglich, gleichmäßig und dünn (1–2 mm) auf den desepithelisierten Wundgrund aufgetragen werden. Eine Befeuchtung bei trockenen Verhältnissen soll angestrebt werden [8, 10]. Inkompatibilitäten Gleichzeitige Kombinationen mit lokalen Antiseptika und einer Anzahl Antibiotika sollen vermieden werden, da Wirkungsbeeinflussungen berichtet wurden. Die kombinierte Anwendung mit silberhaltigen Verbandmitteln ist kontraindiziert [8, 10]. Kompatibilität mit Mitteln der modernen feuchten Wundbehandlung (Wundfüller, Wundabdeckungen) wurde exemplarisch berichtet. Systematische Beobachtungen zu diesem Thema liegen nicht vor.
5&CFSMFJO
Über Kombination mit Mitteln der modernen feuchten Wundbehandlung (Wundgele, befeuchtete Wundfüller) wurde kasuistisch berichtet. Die Abdeckung mit semiokklusiven Materialien (z. B. Hydrokolloiden, Folienverbände, Schaumstoffverbände mit Kleberand) muss kritisch bewertet werden. Einerseits erscheint eine nennenswerte Erhöhung irritativer Potentiale vorstellbar. Zusätzlich wird die Milieuverschiebung auf saure pH-Werte, wie sie für dichtere Verbandsysteme beschrieben ist, zu einer Wirkabschwächung oder gar Aufhebung der exogenen Enzymaktivität führen. Die Anwendungsdauer sollte in der Regel zwei Wochen nicht überschreiten. Dabei sollten nach fünf bis sieben Anwendungstagen wundreinigende Effekte sichtbar werden [1,10]. 3.2.2 Streptokinase und Streptodornase Das Produkt befindet sich unter dem Handelsnamen Varidase in verschiedenen Zubereitungsformen auf dem Markt.
Risiken und Toxizität Resorptive Risiken und lokale wie systemische toxische Risiken bestehen lt. Herstellerangaben bei korrekter Applikation nicht. Die Gefahr teratogener, mutagener bzw. karzinogener Risiken wird verneint. Das allergologische Risiko wird als sehr gering eingeschätzt [8, 10].
Inhaltsstoffe Eine Verpackungseinheit enthält 10,527 mg Streptococcus-pyogenes-Extrakt mit Streptokinase 100.000 I.E., Streptodornase 25.000–100.000 I.E. Als weitere Bestandteile sind für das Varidase-Pulver Natriummonohydrogenphosphat 12H2O und Natriumdihydrogenphosphat 2H2O vorhanden [4]. Im Gel befinden sich Hyetellose, Chlorocresol, Natriumhydroxid, zur pH-WertEinstellung Natriumdihydrogenphosphat 2H2O sowie gereinigtes Wasser [3].
Indikationen und Bewertung Ohne Zweifel hat das Produkt im Rahmen seiner ordentlichen Arzneimittelzulassung und weiterer vorgelegter systematischer Untersuchungen einen Wirknachweis im Hinblick auf die Wundreinigung erbracht. Allerdings ist die Datenlage zur Effektivität des Wundreinigungseffektes nicht völlig einheitlich [1, 2, 6, 14, 17]. Indiziert scheint das Produkt an gering bis mäßig belegten Wunden, wenn die autolytischen Wundreinigungsmaßnahmen nicht den gewünschten Effekt zeitigen. Der Verbandwechsel sollte einmal täglich erfolgen. Bedarfsgemäß scheint im Hinblick auf das prinzipiell vorhandene irritative Potential ein Schutz des Wundrandes indiziert. Die Anwendung an zu trockenen Wunden vermindert die Effektivität bzw. hebt diese völlig auf. Eine geeignete Rückfeuchtung der Wunden muss gewährleistet sein, wobei systematische Daten zur Umsetzung dieser Erfordernis fehlen.
Anwendung Das Produkt findet nicht nur bei Hautwunden, sondern einer Anzahl weiterer Prozesse Anwendung. Es soll laut Fachinformation die Fibrinolyse bei infektiösen und traumatischen Entzündungen, die Verflüssigung von Blutkoagula und Eiter bei infizierten Wunden und Ulzerationen jeder Genese wie auch bei Verbrennungen und Radionekrosen erreicht werden. Für Varidase-Pulver werden zusätzlich die Indikationen Osteomyelitis, Hämatothorax, fibrinöse Verklebungen (postoperative Adhäsionsprophylaxe), entzündlich-eitrige Prozesse sowie Lyse von Hämatomen in der Gynäkologie und Urologie; für das Gel-Set entzündlich-eitrige Prozesse in der Gynäkologie und Urologie angegeben. Es können unterschiedliche Anwendungskonzentrationen erzielt werden (entsprechend Verdünnung mit 10, 20, 50 oder 100 ml isotoner Kochsalzlösung) [3, 4, 8].
1IBSNBLPMPHJTDIFT%FCSJEFNFOU
Nachfolgende Darstellungen beziehen sich auf die Anwendung an (chronischen) Hautwunden. Die Applikation soll zweimal täglich erfolgen, wobei das Gel gleichmäßig und sehr dünn auf den desepithelisierten Wundgrund aufgetragen und mit sterilem Mull abgedeckt wird. Alternativ ist die Anwendung von sterilem Mull nach Befeuchtung mit der hergestellten Lösung möglich. Inkompatibilitäten Jegliche Kombinationen mit sauren Lösungen (explizit Antiseptika und Antibiotika) sollen vermieden werden, da Aktivitätsminderungen folgen würden [3, 4]. Kompatibilität mit Mitteln der modernen feuchten Wundbehandlung (Wundfüller, Wundabdeckungen) wurde praktisch nicht berichtet. Insbesondere liegen systematische Beobachtungen zu diesem Thema nicht vor. Risiken und Toxizität Resorptive Risiken und lokale wie systemische toxische Risiken sind lt. Herstellerangaben bei korrekter Applikation zu vernachlässigen. Die Gefahr teratogener Risiken wird als unbedeutend eingeschätzt. Das allergologische Risiko ist als vorhanden einzuordnen [3, 4, 8]. Indikationen und Bewertung Die Produkte besitzen ein breites Anwendungsspektrum, wobei Hautwunden eine Facette darstellen. Allerdings ist die Datenlage zur Effektivität des Wundreinigungseffektes nicht sehr umfassend und die Ergebnisse der Untersuchungen tendieren uneinheitlich, wobei ein eindeutig positiver Effekt zumindest unter Betrachtung der gesamten Substanzgruppen nicht berichtet werden kann [2, 5, 6, 13, 17]. Prinzipiell indiziert erscheint ein solches Produkt an gering bis mäßig belegten Wunden, wenn die autolytischen Wundreinigungsmaßnahmen nicht den gewünschten Effekt zeitigen. Der Verbandwechsel soll zweimal täglich erfolgen. Ein Schutz des Wundrandes muss bedarfsgemäß gesichert werden. Austrocknung des Verbandes vermindert die Anwendungseffektivität. Die Kombination mit Mitteln der modernen feuchten Wundbehandlung (Wundgele, befeuchtete Wundfüller) ist auch kasuistisch kaum dargestellt. Die Abdeckung mit semiokklusiven Materialien (z. B. Hydrokolloide, Folienverbände, Schaumstoffverbände mit Kleberand) scheint beim Fehlen auch nur guter kasuistischer Darstellungen unter dem Risiko
der Erhöhung irritativer Potentiale, der prinzipiellen Erhöhung der allergenen Potenz sowie im Hinblick auf die Milieuanforderungen nicht praktikabel. Die Anwendungsdauer sollte in der Regel maximal zwei Wochen betragen. Der Hersteller verweist in der Fachinformation auf gelegentliche vierwöchige Anwendungsdauer »bei der Ulkusbehandlung« [3, 4]. Allerdings müssen auch hier nach fünf bis sieben Anwendungstagen wundreinigende Effekte nachweisbar sein. fCFSTJDIUCFSEJFQSBLUJTDIF"OXFOEVOH Eine solche Übersicht bietet Tabelle 2. 5BCFMMF
1SPEVLUF )BOEFMTOBNFO
1BSBNFUFS
*SVYPM/ *SVYP MVNNPOP*SVYPM NPOP
7BSJEBTF/
7FSCBOEXFDITFM IjV¾HLFJU
YUjHMJDI
YUjHMJDI
(FTBNUCFIBOE MVOHTEBVFS
8PDIFO
8PDIFO
BMMFSHPMPHJTDIFT 3JTJLP
HFSJOH
WPSIBOEFO
,PNQBUJCJMJUjUNJU .JUUFMOEFSGFVDI UFO8VOECFIBOE MVOH 8VOEGMMFS
V6HFHFCFO XF OJHCFMFHU
XBISTDIFJOMJDI OJDIUHFHFCFO
,PNQBUJCJMJUjUTVO UFSTVDIVOHFO
LBTVJTUJTDI OJDIU TZTUFNBUJTDI HSz FSF;BIM
LFJOF XFOJHF ,BTVJTUJLFO
"CEFDLVOHNJUTF NJPLLMVTJWFO"C EFDLVOHFO
OJDIUFNQGFIMFOT XFSU
LFJOFTGBMMTFNQ GFIMFOTXFSU
MU)FSTUFMMFSFNQGFIMVOH MU)FSTUFMMFSFNQGFIMVOHHFMFHFOUMJDIFWJFSXzDIJHF"OXFO EVOHTEBVFS¨CFJEFS6MLVTCFIBOEMVOH²
1SGVOHTGSBHFO
1. Welcher Herkunft sind die heute kommerziell verfügbaren Enzympräparate? 2. Wie lang sollte sich der Einsatz eines Enzympräparates an einer chronischen Wunde zum Zweck der Wundreinigung maximal gestalten? 3. Die Skarifikation beschreibt eine Technik zur Vorbereitung solider (makromorphologisch sichtbarer) Nekrosen vor dem Einsatz eines En-
zympräparates. Kann eine solche Technik für den Einsatz empfohlen werden? 4. Die Außerverkehrnahme von Kombinationspräparaten (Enzyme mit Lokalantibiotika) hat die allergologische Situation in der Anwendung entschärft. Bestehen beim Einsatz von topischen Enzympräparaten dennoch allergologische Risiken? 5. Bewerten Sie die nachfolgende Aussage bezüglich ihrer Richtigkeit: »Enzympräparate können mit praktisch allen typischen Mitteln der modernen feuchten Wundbehandlung nahezu bedenkenlos kombiniert werden.«
-JUFSBUVS <> Brandt H, Kammerlander G, Eberlein T, Huhn A (2003) Manuale zur pharmazeutischen Betreuung, Bd 5: Wundversorgung. Govi-Verlag, Eschborn <> Deichmann B, Hübner K, Altenkämper H (1992) Doppelblindstudie zur Prüfung der wundreinigenden Eigenschaften von Iruxol mono, Salbe gegen Placebo. Hautarzt 43 (Suppl) <> Fachinformation Varidase N Gel-Set (2003) FachInfo Service <> Fachinformation Varidase N (2003) FachInfo Service <> Falabella AF, Carson P, Eaglstein WH, Falanga V (1998) The safety and efficacy of a proteolytic ointment in the treatment of chronic ulcers of the lower extremity.J Am Acad Dermatol 39(5): 737–40 <> Fleischmann W, Russ M, Moch D (1998) Chirurgische Wundbehandlung. Chirurg 69: 222–32 <> Hildebrandt H, Dornblüth O, Pschyrembel W (2002) Klinisches Wörterbuch. Berlin New York: de Gruyter <> http://www.rote-liste.de <> Hygiene in Klinik und Praxis (2004) mhp-Verlag, Wiesbaden, 3. Aufl., 235ff <> Iruxol N (o. J.) Wissenschaftliche Broschüre Smith & Nephew GmbH Wound Management <> Kammerlander G (2004) Lokaltherapeutische Standards für chronische Hautwunden. Springer, Wien, 3. Aufl. <> Mekkes JR, Le Poole IC, Das PK, Kammeyer A, Westerhof W (1997) In vitro tissue-digesting properties of krill enzymes compared with fibrinolysin/DNAse, papain and placebo. Int J Biochem Cell Biol 29(4): 703–6 <> Mekkes JR, Zeegelaar JE, Westerhof W (1998) Quantitative and objective evaluation of wound debriding properties of collagenase and fibrinolysin/desoxyribonuclease in a necrotic ulcer animal model. Arch Dermatol Res 290(3): 152–57 <> Probst W, Vasel-Biergans A (2004) Wundmanagement. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart <> Ranzati C, Zahn W, Thom H (1994) Bacterial collagenase and collagen breakdown products exert chemotactic effects in vitro: Implication for wound debridement and wound healing. Wound Rep Reg 2: 222
5&CFSMFJO <> Reiche D (2003) Roche Lexikon Medizin. Urban & Fischer, München <> Rodeheaver GT (1999) Pressure ulcer debridement and cleansing: a review of current literature. Ostomy Wound Manage 45 (1A Suppl): 80–85 <> Stuwe U (1983) Enzymatic debridement of wounds. Comparison of 2 commercial preparations. Fortschr Med 101(41): 1883–88
,BQJUFM
8VOESBOEVOE8VOESBOENBOBHFNFOU 5&CFSMFJO
;VTBNNFOGBTTVOH
Nicht nur in topograpisch-beschreibender, sondern auch in diagnostisch-therapeutischer Hinsicht ist die Region des Wundrandes bedeutungsvoll. Wundrandindispositionen sind bedeutsam für eine verzögerte p.s.-Heilung, Erhöhung des Komplikations- und Rezidivrisikos und können erheblichen Patientendyskomfort verursachen. Die strikte Beachtung des Zustandes und die therapeutische Einwirkung in kausaler wie symptomatischer Hinsicht ist bedeutsam für eine erfolgreiche Gesamttherapie.
weise für die weitere Entwicklung einer Wunde sowie Hinweise zur Effizienz der bisherigen therapeutischen Maßnahmen. Diese Erfordernisse müssen also in die Therapieplanung mit einbezogen werden [1, 2]. Klinisch bedeutet der instabile, geschädigte Wundrand: ■ eine gesicherte Indisposition der reparativen Prozesse [3], ■ ein erhöhtes Risiko für Komplikationen, z. B. für lokale Infektionen [3, 4], ■ ein höheres Risiko von Neu- bzw. Rezidivdefekten (gezeigt für Druckgeschwüre; partiell für venöse Beingeschwüre [3, 5]), ■ eine Verschlechterung des Behandlungskomforts [6].
(SVOEMBHFO
Die Region des Wundrandes (und auch der näheren Wundumgebung) ist in verschiedener Hinsicht im Rahmen der Behandlung bedeutungsvoll. So sind Stabilität und Aktivität dieser Region mitentscheidend für die Effizienz reparativer Prozesse. Insbesondere im Hinblick auf die randständige Epithelisierung (»edge effect«) und deren Bedeutung für eine erfolgreiche p.s.-Heilung wird dies sofort augenfällig. Veränderungen des Wundrandes lassen sich sowohl als Ausdruck globaler Phänomene wie als Zeichen spezieller lokaler Gegebenheiten darstellen. Der Wundrand verkörpert also nicht nur eine topographische Region, sondern gleichfalls eine funktionelle Einheit und erscheint damit keinesfalls ausschließlich im Hinblick auf die Epithelisierung bedeutsam. Der Wundrand befindet sich im Rahmen der Beschreibung von Wunden deskriptiv im Fokus; die Interpretation des Wundrandes (und natürlich auch der Wundumgebung) gibt wesentliche prognostische Hin-
5IFSBQFVUJTDIF"OTBU[QVOLUF ,BVTBMF"OTjU[F Wie in allen therapeutischen Bereichen müssen die kausalen Therapieansätze mit Priorität verfolgt wer5BCFMMF 8VOESBOEFGGFLUF
&GGFLUFJOEFS'PMHFMPLBMFS #FTPOEFSIFJUFO
&GGFLUFJOEFS'PMHFHMPCBMFS #FTPOEFSIFJUFO
.B[FSBUJPO
HMPCBMFTeEFN
&L[FNBUJTBUJPO
7BTLVMJUJT
FSPTJWF7FSjOEFSVOHFO
"USPQIJFO
3BOEzEFN 9FSPTF )ZQFSLFSBUPTFO /BSCF"USPQIJF
den. Allerdings würde es den Rahmen dieses Beitrages sprengen, wenn die detaillierte Erläuterung hier nochmals vorgenommen werden würde. Es sei auf die detaillierten Beiträge in den einzelnen Kapiteln verwiesen. Dies betrifft insbesondere: ■ (adaptierte) Kompressionstherapie bei phlebologischen, phlebo-lymphologischen bzw. arteriell-venösen Problemsituationen, ■ Maßnahmen der Druckentlastung bei Druckgeschwüren bzw. diabetisch-neuropathischen Läsionen, ■ systemische immunsuppressive bzw. immunmodulatorische Therapie bei Autoimmunerkrankungen, ■ spezifische Therapie bei seltenen Wundzuständen. -PLBMF5IFSBQJFBOTjU[F Die Maßnahmen der lokalen Therapie sind vielfältig und vereinen prophylaktische, lokaltherapeutische und kombinierte Maßnahmen. Eine erste Übersicht liefert Tabelle 2. 5BCFMMF -PLBMF.BOBINFO[VHVOTUFO8VOESBOE
-PLBMF.BOBINFO 1¿FHFVOE4DIVU[EFT8VOESBOEFT QIBTFOVOETJUVBUJPOTHFSFDIUF"VTXBIMEFS7FSCBOE NBUFSJBMJFO ° 8VOEGMMFS ° 8VOEBCEFDLVOH 3FEVLUJPOEFTMPLBMFO4DIjEJHVOHTSJTJLPT ° UPYJTDIJSSJUBUJWF4DIjEJHVOH ° BMMFSHJTDIF4DIjEJHVOH ° NFDIBOJTDIEFTUSVLUJWF&GGFLUF 5SBVNBUJTJFSVOH 4USJQQJOHFUD
Insgesamt zielen die Maßnahmen darauf, lokale (und soweit möglich globale) Milieubedingungen zu modifizieren, um mögliche destabilisierende bzw. direkt schädigende Einflüsse zu minimieren. Die lokalen Milieubedingungen am Wundrand werden vor allem vom Wundexsudat sowie von den Verbandmaterialien sowie zusätzlich aufgewendeten Mitteln (z. B. Hautschutz- und Hautpflegeprodukte) geprägt. Im folgenden sollen diese Einflüsse im konkreten Zusammenhang mit der topographischen Region dargestellt werden. Das Wundexsudat Ohne die Rolle des Exsudates in der Gesamtheit zu erörtern, kann festgestellt werden, dass sich aufgrund der differenten Exsudatcharaktere zwischen akuten und chronischen Wunden Unterschiede ergeben müssen.
5&CFSMFJO
Qualitativ sind diese überaus bedeutsam. Unbestritten ist, dass der spezielle aggressive Charakter des Exsudates chronischer Wunden zu irritativen Schädigungen führen kann [3, 7, 8]. Der Begriff des Exsudates als »wounding agent« wurde zutreffend geprägt [3, 7]. Quantitativ spielen hier »Überflutungseffekte« eine bedeutsame Rolle. Die permanente Befeuchtung von Wundrand und Wundumgebung führt zu Quellungserscheinungen, Mazerationen und schließlich möglicherweise zu komplexen Schäden [3, 8]. Verband- und zusätzliche Materialien Die Rolle ist komplex, da einerseits die Auswahl des lokaltherapeutischen Managements über die vorab geschilderten Negativeinflüsse des Wundexsudates entscheidet (»Fluidhandling« eines Verbandsystems), andererseits Verband- und Hilfsmittel selbst bei inkorrekter Auswahl und Anwendung Schäden generieren können. Solche direkten Schäden können sein: ■ mechanische Irritation oder Abtragung (»stripping effect«) von Wundrand und Umgebung durch primär nicht klebende/verhaftende Verbandstoffe aufgrund Verklebung bei Austrocknung oder ähnlichen Phänomenen [9, 10, 11, 12], ■ mechanische Irritation oder Abtragung (»stripping effect«) von Wundrand und Umgebung durch primär klebende/verhaftende Verbandstoffe aufgrund der adhäsiven Wirkung der Klebe-/Haftbasis [9, 10], ■ toxisch-irritative Wirkung von Verbandstoffen oder Hilfsmitteln durch Wirkung spezieller Inhaltsstoffe (z. B. Kleberbestandteile, Konservierungsmittel o. ä.),
"CC .B[FSBUJPOVOE*SSJUBUJPOBO3BOEVOE6NHFCVOHFJOFT 6MDVTDSVSJTWFOPTVN
8VOESBOEVOE8VOESBOENBOBHFNFOU
■ allergische Wirkung von Verbandstoffen und Hilfsmitteln bei bestehender Typ-IV-Sensibilisierung gegen Bestandteile (z. B. Salbengrundlagen, Arzneimittel, Konservierungsmittel u. a.). Aufgabe des idealen Verbandsystems muss also in Bezug auf den Wundrand sein, potentiell schädigende Milieueinflüsse auszugleichen und zusätzlich Risiken aus den Verbandmitteln zu minimieren.
Puder Puder Puder
%
4QF[JFMMFMPLBMF1SPQIZMBYFVOE 5IFSBQJFNBOBINFO 1¿FHFVOE4DIVU[NJUUFMTJOEJGGFSFOUFS&YUFSOB Die Rolle indifferenter Externa ist in der Prophylaxe von Wundrandschutz und -pflege als bedeutsam einzuschätzen, zumal die Diskussion der Rolle spezifischer Inhaltsstoffe stattgefunden hat [13]. Eine qualitativ hochwertige Pflege ist nachweislich in der Lage, den lokalen Befund zu stabilisieren und die Effekte schädigender Milieubedingungen zu minimieren. Die Nutzung hochwertiger Inhaltsstoffe mit definierten Eigenschaften verbessert die Erfolgsaussichten [13, 14]. Notwendig ist eine phasengerechte Auswahl der Grundlage sowie die bedarfsgerechte Adaptation an die lokalen Verhältnisse. Gewarnt werden muss vor der unkritischen Verwendung sehr fettiger Darreichungsformen sowie vor dem Einsatz von O/W-Zubereitungen sowie vor Mikroemulsionen (unabhängig vom Phasensystem) am Wundrand und an der Wundumgebung [14 ,15]. Klassische O/W-Emulsionen scheinen den notwendigen Effekt des Schutzes vor der Wirkung irritierender Substanzen nicht zu erreichen [15]. Mikroemulsionen können nach längerer Einwirkzeit sogar das Risiko einer Barriereschädigung (als Nebenwirkung der relativ hoch konzentrierten Emulgatoren in den Zubereitungen) erhöhen [15]. Jedoch garantiert auch die Anwendung »fetter« Zubereitungen allein keine sicher positiven Effekte. Bei der Anwendung sehr fettiger Präparate (Fettsalben; reines Vaselin o. ä.) kann durch die sog. »Fettokklusion« ein paradoxer, entzündungsmediierender Effekt ausgelöst werden [16]. "OXFOEVOH[JOLPYJEIBMUJHFSQBTUzTFS&YUFSOB Keinesfalls kann behauptet werden, dass die Anwendung solcher Produkte als überholt oder gar obsolet gelten müsse [16,17]. Allerdings ist es nötig, sich von der Vorstellung der klassischen Pastenzubereitungen, insbesondere der harten Zinkpaste, zu trennen. Hier-
% !
$
"
Creme
# "
% "
"CC #FIBOEMVOHTESFJFDLBMT(SVOEMBHFEFSFYUFSOFO%FSNBUP UIFSBQJF OBDI1PMBOP WFSjOEFSUOBDI#SBVO'BMDP 1MFXJH 8PMGG%FSNBUPMPHJFVOE7FOFSPMPHJF
bei ist eine vorgängige Begriffsklärung notwendig. Alle klassischen pastösen Zubereitungen entsprechen sogen. Zweiphasensystemen. Die Einordnung geht auf die Anzahl der verwendeten Einzel-Grundlagensubstanzen zurück und findet seine Darstellung im sog. »Behandlungsdreieck« der externen Dermatotherapie (vgl. Abb. 2) [16]. Das heißt also, dass in der klassischen externen Dermatotherapie (= äußerlichen Anwendung von Behandlungsmitteln) vor allem Zubereitungen verwendet wurden, welche entweder aus einer Phase (Stoffgruppenklasse) (z. B. Puder, Öle) oder allenfalls aus zwei Phasen (klassische Pasten, Schüttelmixturen) zubereitet waren. Erst vor nunmehr etwa 50 Jahren wurde mit der Kühlpaste ein erstes dreiphasiges System etabliert [1–3]. Auch heute (Definition nach DAB 8 aus 16) sind Pasten klassisch zweiphasige Systeme und leiten sich typischer Weise von Salben her, welchen Feststoffe in Pulverform in größerer Menge zugesetzt sind. Per definitionem enthalten Pasten mindestens einen Anteil von 10 % pulverförmigen Bestandteilen. Die Dermatopharmakologie unterscheidet drei grundsätzliche Darreichungsformen: ■ (klassische) Paste: Verhältnis pulverförmige Bestandteile zu Salbengrundlage etwa 1:1,
■ Harte Paste: Verhältnis pulverförmige Bestandteile zu Salbengrundlage etwa 2:1, ■ Weiche Paste: Verhältnis pulverförmige Bestandteile zu Salbengrundlage etwa 1:2. Weiterhin ist der Begriff der »superweichen Paste« etabliert, bei welcher ein noch geringerer Anteil an Pulver verwendet wird. [16, 17] Der Begriff der Paste in der dermatologischen Externaanwendung bleibt damit Darreichungen mit einem Feststoffanteil, wie eben Zinkoxid, aus galenischer Sicht weiterhin vorbehalten. Auch moderne Zubereitungen sind in dieser Einteilung (typischerweise dreiphasige) Pastensysteme. Die Namensgebungen (»Zinkcreme« in allen sprachlichen Variationen) heben auf den Charakter dieser Produkte ab (und sollen wohl auch sprachlich mit den überlebten klassischen Pasten brechen). Per definitionem bleiben die Produkte jedoch der Gruppe der Pasten zuzuordnen. Die modernen Darreichungsformen entsprechen sogen. weichen bzw. superweichen Zinkpasten. Der Zinkoxidanteil ist relativ gering [16]. Ein entscheidendes Kriterium stellt die Aufbereitung des Feststoffanteiles selbst dar. Seit Einführung spezieller Aufbereitungstechniken zur Formung mikrodisperser Darreichungen (Mikronisierung u. ä. Verfahren) hat sich der Charakter zinkoxidhaltiger Externa tatsächlich grundsätzlich verändert. Die Zubereitungen sind dünner auftragbar, wesentlich haltbarer nach Applikation, das Risiko der Verklumpung der Festbestandteile minimiert [16, 17]. Die Wirkung der Zinkzubereitungen ist lokal schützend, je nach Zubereitung auch pflegend für Wundrand und Umgebung. Insgesamt werden dem Externum kühlende, antiphlogistische, abtrocknende (gegenüber Feuchtigkeit, auch Fett) und schützende Eigenschaften zugeordnet. Ein Einfluß auf die biochemischen Mechanismen der Wundheilung selbst (»Zink in der Wundheilung«) konnte nicht eindeutig gezeigt werden und ist somit wohl auszuschließen [18, 19, 20]. In der lokalen Anwendung haben weiche Pasten den Vorteil, stabiler zu sein, einen kontinuierlichen Film zu bilden, welcher auch nach längerer Standzeit intakt bleibt, und paradoxe Effekte (Wärmestau und Entzündungsverstärkung bei harten Pasten) zu vermeiden [16, 18, 20]. Moderne weiche Zinkpasten können also prophylaktisch im Falle des Risikos möglicher Wundrandindispositionen sowie therapeutisch zur Beseitigung eingetretener Schädigungen eingesetzt werden.
5&CFSMFJO &JOTBU[UPQJTDIFS(MVLPLPSUJLPTUFSPJE [VCFSFJUVOHFO Unbedingt sind vor der Anwendung steroidhaltiger Externa die Anforderungen an die Salbengrundlage gemäß 3.1 zu beachten. Steroide selbst sind, richtig eingesetzt, eine große Bereicherung für das Management des »komplizierten« Wundrandes. Klar ist jedoch, dass der antiproliferative Effekt sich auf die randständigen regenerativen Prozesse auswirkt und daher der Einsatz gezielt und zeitlich limitiert erfolgen muss. Indikationen sind floride Ekzeme unterschiedlicher Genese. Auch im Rahmen autoimmunologischer Prozesse kann die topische Steroidanwendung, in der Regel mit einer systemischen immunsuppressiven Therapie kombiniert, hilfreich sein. Aus den genannten Gründen soll der Wirkstoff ausreichend stark gewählt werden. Nach der Erfahrung bieten sich Wirkstoffe der Stärkeklassen 2 und 3 (nach Schöpf und Niedner [16]) an. Mit Problembesserung ist die Anwendungshäufigkeit zu minimieren und die Anwendung schließlich zu beenden (»Ausschleichen«). Auf die Stabilisierung des Zustandes durch die Verwendung geeigneter indifferenter Externa ist zu achten. Wichtig ist, dass die Steroidwirkung (aber natürlich auch Nebenwirkung) unter semiokklusiven Abdeckungen potenziert wird [16, 18]. Topische Glukokortikosteroide werden therapeutisch, kurzzeitig und gezielt zur Beherrschung ekzematöser u. a. Randreaktionen eingesetzt. Die Beachtung der Auswahl der dermatologischen Grundlage ist mitentscheidend für den Anwendungserfolg. "OXFOEVOHXBTTFSCBTJFSUFS"DSZMBU4DIVU[¾MNF Solche, aus der Stomatherapie stammenden Darreichungsformen können bei frühzeitiger Erkennung des Problems (z. B. massive Exsudation vor Entstehung irritativ-mazerativer Schädigungen) sehr hilfreich sein. Die Applikation der Flüssigkeit führt nach Verdunstung des Lösungsmittels zu einem dünnen Acrylatfilm auf der Haut, dessen schützende Wirkung der einer dünnen Folie vergleichbar ist. Bedeutsam erscheint, dass diese Maßnahme vor Auftreten einer Schädigung ergriffen werden soll, da ein »therapeutischer« Effekt eines Acrylates (im Vgl. zu z. B. einer weichen Zinkpaste) praktisch nicht vorhanden ist. Wasserbasierte Acrylatfilme sind in der Regel gut verträglich und besitzen lediglich ein geringes irritatives (und wohl auch allergologisches) Potential. Dessen ungeachtet sollte die Anwendungsdauer zeitlich beschränkt werden. Bei der Applikation sollte auf-
8VOESBOEVOE8VOESBOENBOBHFNFOU
grund der besseren Kontrollierbarkeit von Applikationsort und Applikationsstärke bei der Verwendung in der Wundumgebung der Auftrag mittels Applikationshilfe (Swap, Watteträger o. ä.) gegenüber dem Sprühverfahren bevorzugt werden [9]. Die Anwendung wasserbasierter Acrylatfilme erscheint als eine geeignete prophylaktische, zeitlich limitierte Maßnahme zur Minimierung insbesondere irritativer und mazerativer Risiken am Wundrand und in der Wundumgebung. 7FSXFOEVOHWPO)ZESPGBTFSBN8VOESBOE Die Technik der Anwendung von Hydrofaser (makromolekulare Natrium-Carboxymethylzellulose) wurde bereits mit Einführung dieser Produkte entwickelt. Grundlage für die Anwendung ist die weitgehend einzigartige Eigenschaft dieses Materiales, Flüssigkeiten ausschließlich vertikal aufzunehmen und zu verteilen [8–10]. Dadurch wird gewährleistet, dass z. B. Wundexsudat nicht, entsprechend der typischen kapillären Effekte in anderen Verbandmaterialien, aus der Wunde über den Wundrand in die Umgebung weitergeleitet wird. Damit werden die beschriebenen Risiken für die Indisposition von Wundrand und -umgebung minimiert. Die Applikation des Hydrofaserverbandes kann also über Wundgrund und Wundrand kontinuierlich bis in die Wundumgebung erfolgen. Bedarfsgemäß kann die Hydrofaser im Wundgrund mit einem weiteren Wundfüller unterlegt werden. Dabei ist jedoch die ökonomische Belastung (Verdopplung der Menge an benötigtem Wundfüller) zu beachten. Daher wurden Applikationstechniken entwickelt, um den Effekt an Wundrand und -umgebung zu erzeugen, gleichzeitig jedoch die Menge an einzusetzendem Verbandmaterial zu minimieren. Die streifenförmige Applikation von Hydrofaser am Wundrand ist eine solche etablierte Verwendung (sog. »Window-Technik« [9, 10]). Praktisch hat sich ebenfalls gezeigt, dass bei massiver Exsudation (»Unterspülen« der Hydrofaser durch Flüssigkeit) die Kombination mit einer weichen Zinkpaste sehr förderlich sein kann. Der Effekt der Hydrofaser am Wundrand kann prophylaktisch, aber auch therapeutisch bei bestehenden Problemen genutzt werden. Eindrucksvoll ist z. B. der Effekt der »Entquellung« des Wundrandes und der Wundumgebung bei ausgeprägt feuchtigkeitsexponierten Verhältnissen [8, 10]. In der eigenen Erfahrung bewährt hat sich für spezielle Problemfälle die Nutzung der Hydrofaser als
Träger für Therapeutika; so z. B. für Kortikosteroide in flüssiger Darreichungsform für den Wundrand. Im Hinblick auf ökonomische Erfordernisse sollte die Einsatznotwendigkeit vorab geprüft und im Behandlungsverlauf stets auch überprüft werden. Die Applikation von Hydrofaser ist sowohl unter prophylaktischen wie therapeutischen Gesichtspunkten möglich. Durch Nutzung spezieller Applikationstechniken kann die Anwendung anderer Wundfüller im Wundgrund erfolgen. Die Notwendigkeit einer kombinierten Anwendung sollte überprüft werden. Zusätzlich zur Auswahl des eigentlichen Wundverbandes existieren also Maßnahmen zur Anwendung am Wundrand als Problembereich. Eine zusammenfassende Übersicht vermittelt Tabelle 3. 5BCFMMF
-PLBMUIFSBQFV UJTDIF.BOBINF
1SPQIZMBLUJTDIFS &JOTBU[NzHMJDI
5IFSBQFVUJTDIFS &JOTBU[NzHMJDI
*OEJGGFSFOUF &YUFSOB
9
9
;JOLPYJEIBMUJHF &YUFSOB
9
9
5PQJTDIF(MVLP LPSUJLPTUFSPJEF
°
9
8BTTFSCBTJFSUF "DSZMBU¾MNF
9
°
9
9
)ZESPGBTFS
1SGVOHTGSBHFO
1. Welche typischen Risiken können sich aus einer problematischen Situation am Wundrand ergeben? 2. Welche lokaltherapeutischen Möglichkeiten der Beeinflussung des Wundrandes kennen Sie? 3. Erscheint die Anwendung typischer harter Zinkpasten am Wundrand noch empfehlenswert? 4. Welche Einsatzindikationen und Anwendungsdauer würden Sie einem wasserbasierten Acrylatfilm typischer Weise zubilligen? -JUFSBUVS <> Brunner U, Eberlein T (2003) Beurteilung einer chronischen Wunde hinsichtlich Therapiemöglichkeiten – Zusammenstellung wesentlicher qualitativer Parameter. Folia Vulnerologica Nr. VIII. SAfW Eigenverlag, Zürich
<> Falanga V (2004) Wound bed preparation: science applied to practice. European Wound Management Association (EWMA). Position document: Wound bed preparation in practice. MEP, London <> Cutting KF, White RJ (2002) Maceration of the skin and wound bed 1: Its nature and courses. J Wound Care 11: 275–78 <> Kramer A, Daeschlein G, Kammerlander G, Andriessen A, Aspöck C, Bergemann R, Eberlein T, Gerngross H, Görtz G, Heeg P, Jünger M, Koch S, König B, Laun R, Peter RU, Roth B, Ruef C, Sellmer W, Wewalka G, Eisenbeiß W (2004) Konsensusempfehlung zur Auswahl von Wirkstoffe für die Wundantiseptik. ZfW 3: 110–120 <> Jordan M, Clark M (1997) Report on incidence of pressure sore in the patient community of the Grater Glasgow Health Board Area. University of Strathdyde, Glasgow <> Schmidt S, Wollina U, Looks A et al (2000) Quality of life and strategies of coping with disease in patinets with chronic leg ulcers. Dermatol Psychosom 1: 27–34 <> Zimpfer F (2005) Hautpflege bei chronischen Wunden. Vortragsabstract, Berlin <> Brunner U, Eberlein T (2000) Experiences with hydrofibres in the moist treatment of chronic wounds, in particular of diabetic foot. Vasa 29(4): 253–57 <> Brandt H, Kammerlander G, Eberlein T, Huhn A (2003) Manuale zur pharmazeutischen Betreuung, Bd 5: Wundversorgung. Govi-Verlag, Eschborn <> Kammerlander G (2004) Lokaltherapeutische Standards für chronische Hautwunden. Springer, Wien <> Eberlein T, Brunner U, Zimpfer F, Andriessen, A, Assadian O, Augustin M, Bauernfeind G, Gerber V, Hoffmann M, Hunziker T, Jünger M, Risse A, Wozniak G, Abel M: Wundbeurteilung und Wundinterpretation (in Druck)
5&CFSMFJO <> Probst W, Vasel-Biergans A (2004) Wundmanagement. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart <> Eberlein T (2006) Hautpflege über chronischer Lymphostase. In: Lymphologische Gesichtspunkte in der Gefäßchirurgie (Hepp, Brunner, Gussmann, eds). Steinkopf, Darmstadt (in Druck) <> Gloor M, Haus C, Fluhr J, Gehring W (2001) Do shake lotions, zinc oil and polyethylene glycol gels produce dehydration or moisturization? Skin Pharmacol Appl Skin Physiol 14: 34–43 <> Gloor M, Hauth A, Gehring W (2003) O/W emulsions compromise the stratum corneum barrier and improve drug penetration. Pharmazie 10: 709–15 <> Braun-Falco O, Plewig G, Wolf HH (eds) (1996) Dermatologie und Venerologie, 4. Aufl. Springer, Berlin <> Cameron J, Hoffman D, Wilson J, Cherry G (2005) Comparison of two peri-wound skin protectants in venous leg ulcers: a randomised controlled trial. J Wound Care 5: 233–36 <> Falanga V (1999) Care of venous leg ulcers. Ostomy Wound Manage 1A (Suppl): 33–43 <> Agren M (1990) Studies on zinc in wound healing. Acta Derm Venereol Suppl (Stockh) 154: 1–36 <> Wetter L, Agren MS, Hallmans G, Tengrup I, Rank F (1986) Effects of zinc oxide in an occlusive, adhesive dressing on granulation tissue formation. Acta Pharmacol Toxicol (Copenh) 59 (Suppl 7): 184–187
,BQJUFM
8VOENBOBHFNFOUVOE8VOEGPUPHSB¾F 1#JOETDIFEMFS
;VTBNNFOGBTTVOH
&JOMFJUVOH
Die Wundpflege und dabei insbesondere der Verbandwechsel sind ein sehr komplexes Thema, bei dem es viele Faktoren zu berücksichtigen gilt. Ein korrekt durchgeführter Wechsel beeinflusst nicht nur den Heilungsverlauf der Wunde, sondern auch die psychische Verfassung des Patienten. Weitere Faktoren, die unmittelbar mit der Wundpflege im Zusammenhang stehen, sind die Schmerzsituation, die soziale Integration, die unmittelbaren Angehörigen und die wirtschaftlichen Aspekte bei der Materialwahl. Das auf der Non-touch-Technik aufgebaute praktische Vorgehen beim Wechsel des Wundverbandes hat zum Ziel, eine Kontamination in jedem Fall zu vermeiden. Der Moment, in dem die Wunde offen liegt, sollte möglichst kurz gehalten werden, trotzdem muss während dieser Zeit eine intensive Beobachtung erfolgen. Die detaillierte, standardisierte und lückenlose Dokumentation, ergänzt durch Fotos, ist eine unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg der Wundtherapie. Ein korrekt dokumentierter Heilungsverlauf steigert die Motivation bei Mitarbeitern, erhöht die Kooperation der Patienten und hilft mit bei der Erfahrungssammlung und Schulung. Digitale Fotos ermöglichen zudem eine genaue, EDV unterstützte Analyse, die einen quantitativen auswertbaren Vergleich mehrerer Wunden erst zulässt.
Ziel jeder Wundbehandlung ist es, den bestehenden Defekt mit einer adäquaten Therapie schnell und ohne begleitende Komplikationen zur Abheilung zu bringen. Ein zentraler Bestandteil davon ist der Verbandwechsel. Er fordert von der behandelnden Pflegeperson oder vom behandelnden Arzt fundierte Kenntnisse. Primär heilende, durch eine Naht verschlossene Wunden, bereiten die geringsten Schwierigkeiten. Die ganze Komplexität kommt erst bei der sekundär heilenden Wunde zum Tragen. Mit der Entwicklung der modernen Wundpflege haben sich auch die Anforderungen der am Verbandwechsel Beteiligten erhöht. Viele neue Wundauflagen verlangen ein genaues Vorgehen bei der Applikation, um die volle Wirkungsleistung erreichen zu können. Eine der wichtigsten Eigenschaften eines Verbandes ist es u. a., die natürliche Schutzfunktion der Haut vor äusseren Einflüssen, die gestört ist, zu substituieren. Beim Verbandwechsel wird diese Schutzfunktion aufgehoben, und es liegt eine mehr oder weniger grosse Eintrittspforte für Keime vor. Die Temperaturunterschiede, die dabei entstehen können, sind ebenfalls ausschlaggebend für eine adäquate Wundheilung. Ob die angewandte Therapie lokal Wirkung zeigt, lässt sich meist nur beim Abnehmen des Verbandes beurteilen. Dieser Moment, in dem die Wundfläche offen liegt, sollte aber möglichst kurz sein. Es müssen also in einer kurzen Zeit viele Informationen gesammelt werden. Die Entscheidung, ob das bestehende Verbandssystem weitergeführt oder ob eine andere Therapie erfolgen soll, fällt ebenfalls in diesen Zeitabschnitt. Gleichzeitig sollte der Patient mit seinen Ängsten, seinen Empfindungen und mit seinen Schmerzen im Mittelpunkt der Bemühungen stehen. Nur wenn
die Behandelnden es schaffen, sein Vertrauen zu gewinnen und seine Empfindungen ernst zu nehmen, wird der Therapie Erfolg beschieden sein. Das ist eine der ganz grossen Herausforderungen bei der Wundpflege! Kommt es während der Wundtherapie zu Komplikationen (z. B. Infektion), muss im Nachhinein ersichtlich sein, wann wer was und aus welchem Grund getan hat. Das wiederum erfordert eine genaue und standardisierte Dokumentation des Wundverlaufs, der pflegerischen Maßnahmen und der verwendeten Materialien. Die kurze Auflistung der beim Verbandwechsel zu berücksichtigenden Faktoren zeigt, wie vielfältig diese an sich einfache Maßnahme ist. Es soll Ziel und Zweck dieses Kapitels sein, den Verbandwechsel als solches und die dazugehörenden Faktoren zu erläutern und das Bewusstsein für die Komplexität der Handlung »Verbandwechsel« aufzuzeigen. Dabei sind detaillierte Ausführungen über direkte Auswirkungen der verwendeten Materialien, der angewandten Techniken und der pathophysiologischen Zusammenhänge Gegenstand anderer Kapitel in diesem Buch.
%JF)jV¾HLFJUEFT7FSCBOEXFDITFMT
Erfahrungswerte und Studien zeigen, dass es für eine optimale Wundheilung sinnvoll ist, den phasengerecht angewandten Verband möglichst lange auf der Wunde zu belassen und die Zeit für den Verbandwechsel möglichst kurz zu halten. Wann ist nun also der richtige Zeitpunkt, den Verband zu wechseln und wie häufig sollte das Intervall sein? Das Verbandwechselintervall richtet sich nach der momentan ablaufenden Heilungsphase und dem verwendeten Verbandsmaterial. Der Verband sollte generell nur gewechselt werden, wenn er die ihm zugrunde liegenden Funktionen nicht mehr erfüllt oder sich die Wundheilungsphase geändert hat. Jeder Wechsel stört die »Wundruhe« und stellt eine Gefahr für eine Sekundärinfektion dar. Für die Praxis heisst das konkret auch, dass nicht die Arzt- oder Pflegevisite den Ausschlag geben sollte, einen Verband zu wechseln. Als Anhaltspunkt für das Intervall sollten folgende Regeln in Betracht gezogen werden: Während der Reinigungsphase alle 1 bis 2 Tage, während der Granulationsphase alle 2 bis 5 Tage und während der Epithelisierungsphase alle 5 bis 7 Tage.
1#JOETDIFEMFS #FJQSJNjSIFJMFOEFO8VOEFO Bei primär heilenden Wunden empfiehlt sich die Verwendung einer transparenten, hydroaktiven Wundauflage, durch die eine Inspektion der Wundnaht und der Wundumgebung jederzeit möglich ist. Zudem ist die Auslastung der verwendeten Auflage gut abzuschätzen. So werden Intervalle von bis zu 7 Tagen problemlos möglich, ohne dabei ein großes Risiko für eine Wundinfektion eingehen zu müssen. Bei zu erwartenden kleineren Nachblutungen im Nahtbereich kann die Wunde auch zusätzlich mit einem Kalziumalginat abgedeckt werden. #FJTFLVOEjSIFJMFOEFO8VOEFO Das Verbandintervall bei sekundär heilenden Wunden richtet sich ausschließlich nach dem Stadium der Wunde und dem verwendeten Material. Eine allgemein gültige Antwort über die Häufigkeit kann hier nicht erteilt werden. Meist verlangen Wunden in der exsudativen Phase oder bei Wundinfekten ein kürzeres Intervall als Wunden, die bereits sauber granulieren oder epithelisieren. Durch den Einsatz moderner Wundauflagen mit lokal wirkenden antiinfektiösen Substanzen (z. B. Silber) kann jedoch auch diese Regel z. T. umgestoßen werden. Es gibt heute genügend Materialien auf dem Markt, die es ermöglichen, auch bei stark exsudierenden oder infektiösen Wunden nicht mehr täglich verbinden zu müssen. Vor allem bei sekundär heilenden Wunden kommt der Auswahl der phasengerecht angewandten Wundtherapie eine große Bedeutung zu, hängen doch davon, nebst dem Verbandwechselintervall, viele zusätzliche Faktoren wie Wirtschaftlichkeit, Wohlbefinden, Wirksamkeit, Schmerzsituation etc. ab. Zusammenfassend hier die wichtigsten Faktoren, bei deren Auftreten der bestehende Verband ausserhalb der geplanten Intervalle gewechselt werden sollte: ■ Durchdringen oder Auslaufen von Wundexsudat, ■ Beschädigung der Wundauflage oder deren Fixierung, ■ Rötung oder Schwellung im Wundbereich, ■ Drastische Geruchsveränderungen, ■ Schmerzen im Wundbereich, ■ Wenn der Bereich der Aufsättigung größer als die Wundfläche ist.
8VOEQ¿FHFVOE8VOEGPUPHSB¾F %BTQSBLUJTDIF7PSHFIFOCFJN7FSCBOEXFDITFM
PATIENT
MATERIAL RÄUMLICHKEITEN
Verbandwechsel vorbereiten: Informationssammlung durch Rapporte, Studium der Patientenakte und der Verlaufsdokumentation, Zeit- und Personalplanung
Ein gut organisierter und hygienisch einwandfrei durchgeführter Verbandwechsel ist für die Wundpflege von zentraler Bedeutung und spart Zeit und Kosten. Die praktische Tätigkeit des Verbandwechsels ist ein komplexer Vorgang, der viele begleitende Faktoren beinhaltet, die es zu berücksichtigen gilt. Es soll nicht Ziel dieses Kapitels sein, den chronologischen Ablauf in einzelnen Schritten genau festzuhalten und zu beschreiben. Den betriebsspezifischen Eigenheiten könnte dabei nicht in vollem Umfang Rechnung getragen werden, so dass der Ablauf lediglich in einem generellen Schema erläutert wird und nur auf einige spezifische Punkte detailliert eingegangen wird. %JF3FJOJHVOH Die Wundreinigung hat zum Ziel, abgestorbenes Gewebe, Zelltrümmer oder Bakterien mechanisch aus der Wunde zu entfernen, um damit einen Schritt zur Heilung beitragen zu können. Meistens ist es nötig, eine Wunde beim Verbandwechsel erst einmal gründlich zu reinigen, um überhaupt eine Beurteilung vornehmen zu können. Einige Punkte sind dabei zu beachten: Als geeignete Materialien zur Wundreinigung gelten Gazetupfer, Gazekompressen, Rundtupfer; aber auch Pinzette, Schere und Spülkatheter gehören dazu. Watteträger werden aufgrund ihrer fusselnden Struktur überall dort eingesetzt, wo aus Platzgründen eine Reinigung mit Tupfer und Kompresse nicht möglich ist. Nicht nur bei der Behandlung, auch bei der Reinigung ist ein wundphasengerechtes Vorgehen nötig. In der Exsudationsphase ist ein invasives Reinigungsprozedere angebracht, häufig ergänzt durch eine manuelle chirurgische oder biochirurgische Intervention. Bei kontaminierten Wunden reicht der Einsatz isotoner Lösungen. Ist die Wunde jedoch kritisch kolonisiert oder gar infiziert, sollte sie prinzipiell bakterizid behandelt werden. Je nach Produkt wird die Therapie für 3 bis 5 Tage fortgesetzt. In der Granulationsphase wird der Wundgrund ausschließlich gespült. Pinzette und Tupfer sollten nur noch bei sichtbaren Verunreinigungen des Granulationsgewebes zum Einsatz kommen. Für eine effektive Reinigung eignet sich die Nass- Trockenphase. In der Epithelisierungsphase beschränkt sich die Reinigung auf das Entfernen allfälliger sichtbarer Verunreinigungen am Wundrand; die Wundfläche sollte möglichst in Ruhe gelassen werden.
PFLEGE
Patient informieren Schmerzmittel verabreichen Benötigtes Material zusammenstellen
Lagern des Patienten
Persönliche Vorbereitung: Schürze, Handschuhe, Mundschutz, Händehygiene etc. Alten Verband ablösen und anschliessend beurteilen
Räumlichkeit vorbereiten: Fenster schliessen Genügend Licht Sichtschutz Material bereitlegen
Altes Verbandmaterial entsorgen
Wunde und Umgebung reinigen/spülen Nassphase Wundbeurteilung, Fotodokumentation, Grössenbestimmung Trockenphase Hautpflege Neuen Verband anbringen
ZEIT
Fixation/Kompression Lagern des Patienten
Material entsorgen Verlaufsdokumentation, Zielüberprüfung, Rapport
"CC "CMBVG7FSCBOEXFDITFM
%JF/BTTVOE5SPDLFOQIBTF Bereits 1989 berichtete G. Kammerlander erstmals von Erfahrungen mit der Nass- und Trockenphase während des Verbandwechsels. Die Technik ist einfach: Nach dem Entfernen des alten Verbandes wird der Wundrand und die Wundumgebung mit sehr nassen, sterilen Gazekompressen für ca. 10 bis 15 Minuten vollständig abgedeckt. Die dabei applizierte Flüssigkeit sollte Körpertemperatur haben. Anschliessend werden auf den gesamten Bereich trockene, sterile Gazekompressen für 15 Minuten aufgelegt. Die Zeitdauer der Applikation richtet sich nach dem Zustand der Wunde. Liegt ein ausgeprägter Infekt vor, kann die Nassphase von 15 Minuten bis zu 1 Stunde ausgedehnt werden. Wenn nötig werden nasse und trockene Kompressen locker fixiert (z. B. mit einem Netzverband). Die zu verwendende Flüssigkeit richtet sich ebenfalls nach der Wundheilungsphase. So können sowohl vorgewärmte, isotone Lösungen wie auch antiinfekti-
öse Mittel dafür verwendet werden. Auch Wunden mit aufgeweichten, mazerierten Wundrändern profitieren von einer Nass/Trockenphase, obwohl das im ersten Moment etwas Überwindung kostet. Der Wirkmechanismus kann wie folgt beschrieben werden: Die bei der Nassphase kontinuierlich applizierte Flüssigkeit schwemmt das Gewebe auf, löst auch in tieferen Hautstrukturen Keime, Rückstände von Klebstoffen etc. auf und gibt diese an die Hautoberfläche ab. So erfolgt eine viel gründlichere Reinigung von Wundgrund und Wundumgebung, als wenn diese nur kurz und oberflächlich mechanisch behandelt würden. In der Trockenphase wird die Wirkung des »Abdunstens« durch die trockene Kompresse unterstützt, die wiederum als Auffangmedium der abtransportierten Stoffe dient. 8VOESBOE Nur wenige Wundauflagen wirken ausschliesslich in vertikaler Richtung. Viele Materialien verteilen aufgenommenes Exsudat auch in der Horizontalen, wodurch eine zusätzliche Gefährdung der Wundränder entstehen kann. Von den Wundrändern gehen wichtige Impulse für die Wundheilung aus, so dass es von grosser Wichtigkeit ist, dass sie während der ganzen Behandlungszeit intakt bleiben. Es bestehen grundsätzlich 3 Möglichkeiten für einen Schutz/eine Behandlung: Die Verwendung von Salben/Cremes (z. B. Zinkcreme), die Verwendung einer zusätzlichen, eigens für die Wundränder bestimmten Wundauflage (z. B. Hydrokolloid) oder die Wahl eines Wundtherapeutikums, das sowohl für den Wundgrund wie auch für den Wundrand geeignet ist (z. B. Hydrofaser). Die Entscheidung, welche Materialien zur phasengerechten Wundtherapie verwendet werden sollen, müssen immer auch den Aspekt des Wundrandschutzes oder andernfalls der Wundrandtherapie miteinbeziehen. Der konsequenten Pflege und/oder Therapie des Wundrandes und der genauen Beobachtung desselben beim Verbandwechsel kommt eine zentrale Bedeutung zu. Das soll aber nicht bedeuten, dass in jedem Fall ein zusätzlicher Schutz erforderlich ist. Meist reicht die bestehende Auflage. Bei schon bestehenden Läsionen, Mazerationen, ödematösen Schwellungen, Hyperkeratosen oder bei vorhersehbaren Problemen (z. B. aggressives Exsudat) ist ein ergänzendes Therapeutikum nötig. Dabei sollte auf die Verwendung von potentiellen Allergenen (z. B. ätherische Öle), Farbstoffen oder Abdeckungen, die den Wundrand mechanisch reizen, generell verzichtet werden.
1#JOETDIFEMFS 8VOEVNHFCVOH Jeder applizierte Verband muss, um seinen Zweck erfüllen zu können, fixiert werden. Dabei bedient man sich der verbleibenden gesunden Hautanteile, der Wundumgebung. Bei der Wahl der geeigneten Wundauflage muss man sich bewusst machen, wie groß die Belastung des verwendeten Materials für die Wundumgebung und wie hoch das Risiko, durch das gewählte Material eine Mazeration oder Reizung derselben auszulösen, ist. Man unterscheidet bei den heute zum Einsatz kommenden Therapeutika drei Haftungsstufen: Nicht haftend, haftend (durch physikalische Eigenschaften) und klebend (durch Klebstoffe). Ein konsequenter Miteinbezug der Umgebung in die Therapiestrategie während des Verbandwechsels und der Wundpflege ist unabdingbar. Sie wird schlussendlich den Ausschlag für die Wahl der Wundabdeckung geben. 8VOEUBTDIFOVOEHjOHF Wundtaschen und -gänge stellen bei der Wundpflege eine besondere Herausforderung dar, sind sie doch beim Blick auf die Wunde vorerst gar nicht sichtbar. Sie kommen erst nach einer gründlichen manuellen Inspektion zu Tage. Vor allem bei engen Wundgängen besteht die Gefahr, dass sie im oberen Bereich durch Granulationsgewebe verschlossen werden, darunter aber eine Dehiszenz bestehen bleibt, die ein hochpotentes Infekt- und Abszessrisiko darstellt. Aus diesem Grund ist es beim Verbandwechsel sehr wichtig, genau über den Verlauf, die Länge und das Volumen von Taschen und Gängen Bescheid zu wissen und diese auch entsprechend zu dokumentieren. Nachfolgend ein paar Hinweise, die bei der Wundpflege speziell berücksichtigt werden sollten. Zum Aussondieren von engen Gängen sind Watteträger ungeeignet. Feinste Wattepartikel können in der Wunde hängen bleiben und so zu einem Störfaktor der Wundheilung werden. Besser geeignet ist ein kleiner, steriler Katheter, der sich flexibel den Krümmungen anpasst und mit dem wenn nötig auch gleich gespült werden kann. Auch mit der Knopfkanüle oder der Pinzette kann eine Sondierung vorgenommen werden. Dabei ist aber das hohe Verletzungsrisiko, das durch die Wahl dieser Instrumente entsteht, nicht zu unterschätzen. Es ist aus obengenannten Gründen unerlässlich, Wundtaschen und -gänge bei jeder Sondierung sorgfältig zu vermessen und ihren Verlauf, wenn möglich auf der intakten Haut, anzuzeichnen. Die Länge und Ausdehnung kann durch die Markierung mit dem
8VOEQ¿FHFVOE8VOEGPUPHSB¾F
Finger am eingeführten Katheter einfach abgemessen werden. Bei Verwendung einer Knopfkanüle oder Pinzette kann diese an der tiefsten Stelle leicht angehoben werden, so dass eine Erhebung an der Hautoberfläche sichtbar wird, die mit einem Stift markiert werden kann. Dieser Vorgang ist so oft zu wiederholen, bis die Markierungen ein Abschätzen des gesamten unterminierten Wundanteils erlauben. Beim Auslegen solcher nicht einsehbarer Wundanteile ist darauf zu achten, den Wundfüller entsprechend den gemachten »Messungen« anzupassen, so dass der ganze Gang oder die gesamte Tasche locker ausgelegt ist. Kann davon ausgegangen werden, dass alle Bereiche sauber und granulierend sind, wird bei jedem Verbandwechsel etwas weniger Material eingebracht. So können der Gang oder die Wundtasche vom Körperinnern her zuheilen.
8VOENBOBHFNFOU
n
verbinden reinigen spülen beobachten
WUNDPFLEGE entscheiden ausmessen dokumentieren
• Gerinnungsg e s c he he n•
I
"CC 8VOENBOBHFNFOU
ngen nku kra rer dä
ylaxe • Therapiezie le k oph spr on n o tro kti llie e f n
ENT AGnEe •M N E r n A ychohygie ährungssituUMF M ati on D ren • Ps •I
.. ST. ie • Schmerzmanageme n t •S ASfekttherap ek un
WU N
Der Begriff »Wundmanagement«, der häufig mit dem Begriff »Wundversorgung« gleichgesetzt wird, umfasst aber zusätzlich zur eigentlichen Wundtherapie die ganzheitliche Betreuung eines Patienten. Dazu gehören bei der sekundär heilenden Wunde u.a. die Blutzuckerkontrolle, Kreislaufkontrolle, medikamentöse Therapie, Steuerung der Ernährung, Infektprophylaxe oder -therapie, Kontrolle der Gerinnungsparameter, Schmerztherapie, Psychohygiene etc. Wundmanage-
ment ist eine komplexe Aufgabe, zu der es viel Erfahrung braucht. Die enorme Vielfalt an auf dem Markt verfügbaren Wundtherapeutika lässt zwar eine stets adäquate Versorgung der Wunde zu, bringt aber auch zusätzliche Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung mit sich. Ein standardisiertes, gut dokumentiertes Vorgehen und die Arbeit in einem breit abgestützten Team machen das Wundmanagement leichter. Ein regelmäßiger Austausch der gemachten Erfahrungen untereinander sichert dabei die Kontinuität des Wissenstransfers, der durch die meist hohe personelle Fluktuation an manchen Orten gefährdet ist. Dabei gelten alle Partner im Team als gleichwertig. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Wundmanagements ist die klare, zeitlich fixierte Zielfestlegung. Bei der Erstbeurteilung und bei den darauffolgenden klinischen Untersuchungen einer Wundsituation werden vielfältige Parameter erfasst. Sie führen dazu, die auslösenden Ursachen des Defekts zu erkennen, wenn möglich zu beseitigen und dem Geschehen lokal zu einer Heilungstendenz zu verhelfen. Steht fest, mit welchen klinischen und lokalen Therapien die Wunde behandelt werden soll, ist es ganz wichtig, sich für diese Strategie ein klares Ziel mit einem Zeithorizont zu setzen. Die Formulierung »die Wunde soll in 2 Monaten abgeheilt sein« wird dabei wahrscheinlich kaum die nötige Klarheit im Team schaffen, und der Patient ist auch enttäuscht, wenn er nach 2 Monaten immer noch zum Verbandwechsel kommen muss. Hilfreicher sind kleine Ziele, die in kürzeren Zeitabschnitten erreicht werden können. Als Beispiel kann die Definition eines Ziels gelten, das festlegt, dass die Wunde mit der bestehenden lokalen Therapie in 2 Wochen von Fibrinbelägen und Nekrose gesäubert ist und die Mazerationen am Wundrand abgeklungen sind. Ist dieses Ziel, vorgängig natürlich schriftlich festgehalten, erreicht, kann im Team entschieden werden, was der nächste Schritt sein soll. Eine fotografische Dokumentation des Geschehens und der einzelnen erreichten Zwischenschritte ist dabei sehr hilfreich und lassen eine objektive Beurteilung zu. Die festgesetzten Ziele einer Therapie dürfen sich natürlich nicht nur auf das unmittelbare Geschehen im Wundgebiet richten, sondern sollen auch die oben genannten ergänzenden Faktoren, wie die wundheilungsrelevanten Faktoren, miteinbeziehen. Umfassendes und professionelles Wundmanagement, das den ganzen Wundpatienten miteinbezieht, ist eines der wichtigsten Instrumente zur Kostenlen-
kung. Die finanziellen Auswirkungen eines Missmanagements bei der Wundtherapie sind enorm!
%FSTP[JBMF"TQFLUEFT7FSCBOEXFDITFMT
»Wenn meine Wunde zu ist, kommen Sie dann nicht mehr bei mir vorbei?« Diesen Satz hört man v. a. im spitalexternen Bereich immer wieder. Abgesehen vom zeitlichen Aufwand, von den Schmerzen und von der sozialen Desintegration bringt eine bestehende Wunde regelmässige Sozialkontakte für die Betroffenen. So überrascht es nicht, dass einzelne Patienten selber Hand anlegen und dafür sorgen, dass ihre Wunde nicht abheilt. Will man solche Wunden möglichst rezidivlos zur Abheilung bringen, muss der Aspekt der sozialen Integration von Anfang an in die Therapiestrategie mit einfliessen und auch immer wieder aktiv und offen mit dem Patienten besprochen werden. Nur einleuchtende und akzeptable Lösungen werden es schliesslich ermöglichen, die Wundtherapie mit Erfolg abschliessen zu können. Stimmt die Kooperation des Patienten nicht, hat die Wundtherapie, ist sie auch noch so gut, keine Chance. Um solche Gespräche mit positivem Ausgang führen zu können, braucht der Patient eine Bezugsperson, zu der er ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann. Personelle Kontinuität bei der Wundpflege, so schwer sie auch in manchen Situationen zu realisieren ist, stellt dabei einen entscheidenden Faktor dar. Wenn der Wundpatient ein Vertrauensverhältnis zu »seinem« Pflegenden aufbauen soll, braucht es zur Lösung der sozialen Komponente einen Pflegenden, der den Patienten genügend gut kennt und weiß, wie er in einem Gespräch reagiert. Haben Bemühungen in dieser Richtung keinen Erfolg, sollte das Behandlungsteam, das meist auf die Therapie des körperlichen Bereichs spezialisiert ist, sich nicht scheuen, professionelle Hilfe für die psychische Betreuung des Patienten anzufordern. Als Beispiel sei hier der Artefakt-Patient angefügt, dessen Wundproblem nur mit begleitender Psychotherapie gelöst werden kann. Ein weiterer zu berücksichtigender Faktor sind die nächsten Angehörigen, die direkt oder indirekt an der Wundpflege beteiligt sind. Das Verständnis für die Komponenten der Therapie (z. B. Kompressionsverbände, Blutzuckerregulation, regelmäßige Medikamenteneinnahme, Diät etc.) muss auch bei ihnen vorhanden sein, ansonsten können sie schnell
1#JOETDIFEMFS
zu einem kontraproduktiven Element der Wundtherapie werden. Auch die Kooperationsbereitschaft und das Vertrauensverhältnis der Angehörigen kann man nur durch personelle Kontinuität, Fachkompetenz, Wertschätzung und viele offene Gespräche gewinnen.
%FSXJSUTDIBGUMJDIF"TQFLUEFT7FSCBOEXFDITFMT
Moderne Wundauflagen sind im direkten Materialvergleich zur herkömmlichen Feuchttherapie mit Gazekompressen teurer. Dieser Umstand wird bei der Anwendung durch die gesteigerte Effizienz wieder wett gemacht. Diese kann aber nur erreicht werden, wenn die moderne Wundauflage gezielt und phasengerecht eingesetzt wird. Schlussendlich ist der Gesamtbetrag, der für die Wundtherapie aufgewendet wird, ausschlaggebend. G. Kammerlander definiert 1998 in seinem Lehrbuch den Aufwand-Kosten-Nutzen-Faktor (AKN-Faktor). Dabei beschreibt er die einzelnen Parameter für den AKN-Faktor wie folgt: ■ Grundsätzliche Kosten für das verwendete Wundtherapeutikum, ■ Kosten für zusätzlich benötigte Materialien, wie Reinigungsmaterial, Spüllösungen, Schutzmaterialien, Fixationsmittel etc., die im direkten Zusammenhang zum eingesetzten Wundtherapeutikum stehen, ■ Kosten für den Zeitaufwand des ausführenden Personals, ■ Kosten, die auf Grund der Therapiewahl entstehen, z. B. Einschränkungen in der Mobilität. Es wird einmal mehr offensichtlich, welche Auswirkungen die Wahl des richtigen Therapeutikums auch auf die entstehenden Kosten hat. Nur der phasengerechte Einsatz moderner Wundauflagen kombiniert mit einem zeitlich klar festgelegten Therapieziel ermöglicht es, unter regelmässiger Beobachtung der Wundverhältnisse, eine kosteneffektive Therapie zu erreichen.
%JF%PLVNFOUBUJPO &JOMFJUVOH Wie bereits erwähnt, sollte beim Verbandwechsel der Moment, in dem die Wundfläche offen liegt, möglichst kurz sein. Diese enge Zeitspanne ist oftmals die einzige Möglichkeit, den Erfolg der angewandten Thera-
8VOEQ¿FHFVOE8VOEGPUPHSB¾F
pie der Wunde, am Wundrand und an der Wundumgebung zu beurteilen und weitere Schritte für ein Weiterführen oder eine Änderung der Strategie festzulegen. Meist sind am Verbandwechsel nur eine oder maximal zwei Personen beteiligt. Das Team, das an der Wundtherapie des Patienten involviert ist, umfasst aber in der Regel viel mehr Personen. Diese sind ebenfalls an den für den Verlauf der Therapie so wichtigen Informationen und Beobachtungen, die beim Verbandwechsel gemacht wurden, interessiert. Das ist einer der Gründe, warum eine detaillierte, möglichst standardisierte und mit Foto versehene Dokumentation unumgänglich ist. %JFTDISJGUMJDIF%PLVNFOUBUJPO Das schriftliche Festhalten von Informationen ist nach wie vor die schnellste und preiswerteste Variante. Die Schreibarbeit ist aber meist mit grossem zeitlichen Aufwand verbunden. Es empfiehlt sich deshalb, die Beurteilungskriterien möglichst vollständig in einem stichwortartigen, standardisierten Wunddokumentationsbogen zusammenzufassen, um die freie Formulierung zu reduzieren. Dabei kann eine Eigenkreation, die im Team entworfen wurde, zum Einsatz kommen, oder man greift auf eine der vielen auf dem Markt oder im Internet verfügbaren vorgefertigten Lösungen zurück. Damit der Aufwand nicht zu groß wird und die Anzahl der Formulare sich in Grenzen hält, sollten Wundanamnese, Heilungsverlauf, Pflegeplan und Durchführungsnachweis nicht mehr auf Papier erfasst, sondern direkt in eine EDV basierte Patientenakte oder eine speziell entwickelte Wunddokumentationssoftware eingetragen werden. Wichtig ist dabei, dass die zu erhebenden Parameter logisch gegliedert dargestellt werden und die einzelnen Begriffe für alle an der Pflege Beteiligten klar verständlich sind. Eine ausführliche Schulung bei der Einführung macht sich in jedem Fall bezahlt. Ein Vergleich der verschiedenen Beobachtungen wird nur möglich sein, wenn alle die gleiche Sprache sprechen! Sind noch frei formulierte Ergänzungen nötig, sollten subjektive Aussagen wie »Wunde sieht besser aus« oder »Wunde heilt langsam zu« vermieden werden. Neben der gesetzlichen Verpflichtung, eine detaillierte schriftliche Dokumentation des Heilungsverlaufs einer Wunde zu führen, ist sie eine unabdingbare Voraussetzung für eine kontinuierliche und nachvollziehbare Arbeit des Behandlungsteams, das sich, wie schon angesprochen, in seiner personellen Zusammensetzung häufig ändert.
%JFGPUPHSB¾TDIF%PLVNFOUBUJPO »Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!« Diese alte Weisheit kommt auch bei der Wunddokumentation voll und ganz zum Tragen. Unter dem Druck und der Hektik während des Verbandwechsels können Feinheiten übersehen werden, die auf einem guten, detailreichen Foto im Nachhinein sichtbar sind. Gerade die Therapie von chronischen Wunden ist oft eine sehr langwierige Angelegenheit, die sich über Monate hinzieht. Fortschritte lassen sich dabei je nach Situation nicht vom einen zum anderen Verbandwechsel erkennen. Ein Foto, vielleicht zwei Monate vorher aufgenommen, zeigt plötzlich im Vergleich eine Heilungstendenz, die auf Grund der schriftlich dokumentierten Beobachtungen nicht explizit sichtbar ist. Solche Vergleiche von Fotos können helfen, beim behandelnden Personal einen Motivationsschub auszulösen und die Compliance beim Patienten drastisch zu steigern. Des weiteren können Wundfotos als wertvolles Schulungsmaterial zum Einsatz kommen. Die Wundpflege lebt von gemachten Erfahrungen und es ist wichtig, dass diese Erfahrungen auch einem grösseren Kreis, wenn möglich außerhalb des behandelnden Teams, zugänglich gemacht werden. Zur Wundfotografie eignen sich heute vorwiegend digitale Kameras mit ca. 4 Mio. Pixel Auflösung. Sofortbildkameras sind für die Wundfotografie nicht mehr zeitgemäß, ist die Bildqualität doch häufig so schlecht, dass eine genaue Beurteilung der Wunde nur schwer oder gar nicht erfolgen kann. Zudem verändert sich die Färbung eines Polaroidbildes relativ schnell, so dass nach Jahren nicht mehr viel vom ursprünglichen Bild sichtbar ist. Folgende Faktoren sollten beim Fotografieren einer Wunde beachtet werden, damit ein gutes, aussagekräftiges Bild entsteht, das scharf und richtig belichtet ist: ■ Immer ein Wundlineal mit Datum auf dem Bildausschnitt sichtbar anbringen, ■ Immer mit Blitz fotografieren, ■ Aussagekräftigen Bildausschnitt definieren, der Wunde und Umgebung formatfüllend abbildet, ■ Vorhandene Beleuchtung prüfen (Sonneneinstrahlung, andere Lichtquellen, Schattenwurf vermeiden), ■ Neutralen Hintergrund verwenden, ■ Ab ca. 30 cm (von Modell zu Modell verschieden, Bedienungsanleitung gibt über den genauen Wert Auskunft) Makrofunktion einschalten.
Um einen Heilungsverlauf wirkungsvoll dokumentieren zu können, sind folgende Punkte zu beachten: ■ Lineal immer an der gleichen Stelle anbringen, ■ Patient immer gleich lagern, ■ Immer den gleichen Kamerawinkel zur Wunde hin verwenden, ■ Immer den gleichen Bildausschnitt wählen, ■ Immer aus derselben Richtung mit demselben Blickwinkel fotografieren. Um alle genannten Faktoren umsetzen zu können, ist es unumgänglich, sich vor dem Druck auf den Auslöser das vorgängig gemachte Bild eingehend zu betrachten. Handelt es sich um die erste Aufnahme eines Wundheilungsverlaufs, ist es um so wichtiger, die obengenannten Regeln einzuhalten und ein »Referenzbild« zu schaffen. %JFKVSJTUJTDIF4JUVBUJPO Auch in unseren Breitengraden wird es in Zukunft immer häufiger zu Regressfällen im Bereich der Wundtherapie kommen. Dabei gilt: »Was nicht dokumentiert wurde, wurde nicht getan!« Dies zeigt einmal mehr die Wichtigkeit einer detaillierten und lückenlosen Dokumentation des Heilungsverlaufs. Konkret heisst das z. B., dass nicht nur Infektionszeichen in der Dokumentation vermerkt werden müssen, sondern genauso, wenn die Wunde infektfrei ist. Die gesetzlichen Bestimmungen, die sich mit den Umständen der Patientendokumentation und der fotografischen Dokumentation befassen, sind in den deutschsprachigen Ländern unterschiedlich. Es gibt jedoch einige grundlegende Gesichtspunkte, die überall ihre Gültigkeit haben. Die schriftliche Festhaltung des Heilungsverlaufs und der ausgeführten Maßnahmen ist in allen Ländern Pflicht. Umfang, Intervall und Inhalte sind dabei nicht detailliert festgelegt. Wie schon oben erwähnt gilt auch hier, dass Beobachtungen und Therapien, die nicht schriftlich festgehalten wurden, im Regressfall als nicht ausgeführt gelten. Die fotografische Dokumentation als sinnvolle Ergänzung zur schriftlichen unterliegt anderen Gesetzen. Jeder Mensch hat ein »Recht am Bild«, egal ob nur das Gesicht, der ganze Körper oder Teile desselben zu sehen sind. Dieses Recht muss er dem behandelnden Team abtreten, sofern eine fotografische Dokumentation des Wundheilungsverlaufs geplant ist. Wird das Bild lediglich für die an der Therapie Beteiligten benötigt und ausschließlich in der Patientenakte abgelegt, genügt eine kurze mündliche Information des Patienten zu Beginn der Behandlung, aus
1#JOETDIFEMFS
welchem Grund seine Wunde fotografiert wird. Dies ist mit einer kurzen Notiz im Pflegebericht zu vermerken. Die Situation ist mit der Erstellung einer Röntgenaufnahme vergleichbar. Möchte man die gemachten Bilder außerhalb der Patientenakte einsetzen, z. B. für Schulungen oder Vorträge, ist eine schriftliche Einwilligung des Patienten oder der Angehörigen nötig, in der die Verwendungszwecke klar aufgeführt sind. Der Patient unterzeichnet dieses Dokument mit seiner Unterschrift.
%BT8VOELPO[FQU
Ob eine Wundtherapie Erfolg hat, hängt zu einem großen Teil von den eingesetzten Therapeutika ab. Die Problematik, dass viele unterschiedliche Personen an der Wundpflege beteiligt sind, wurde bereits erläutert. Diese Umstände machen sichtbar, dass es wichtig ist, dass alle Beteiligten auf ein klar festgelegtes Schema zurückgreifen können, aus welchem sie in jeder Phase der Wundheilung schnell ableiten können, welche Therapie nun indiziert ist. Es ist kontraproduktiv, wenn bei Personalwechsel in kurzen Zeitabständen von an der Wundpflege Beteiligten intuitiv entschieden wird, dass die Therapie umgestellt werden soll. Um dem entgegenzuwirken, braucht es ein Wundkonzept. Einige Gedanken zum Thema Wundkonzept, ohne dabei den Anspruch zu erheben, hiermit eine Anleitung für die Erstellung eines solchen bieten zu können: Grundsätzlich können 3 verschiedene Arten von Wundkonzepten (nach Meili) unterschieden werden: Das individuelle Wundkonzept beinhaltet Festlegung einer umfassenden Therapiestrategie für den einzelnen Patienten und seine Wunde, die nicht nur die lokale Therapie sondern den ganzen »Wundpatienten« miteinbezieht. Das teamorientierte Wundkonzept legt Therapieziele im Bereich der Wundpflege für ein ganzes Team fest und wird von allen im Team Beschäftigten befolgt. Das institutionelle Wundkonzept regelt alle Bereiche der Wundtherapie eines ganzen Betriebes und wird durch ein interdisziplinäres und interprofessionelles Team erstellt. Um bei Fertigstellung die breite Akzeptanz in der Praxis zu erreichen, die ein Konzept für die erfolgreiche Umsetzung braucht, ist es von vornherein wichtig, wenn immer möglich, die Arbeitsgruppe mit Personen aus den verschiedensten Disziplinen und Arbeitsgebieten zu bilden. Dabei sollten nicht nur die
8VOEQ¿FHFVOE8VOEGPUPHSB¾F
H
institutionelles Wundkonzept
teamorientiertes Wundkonzept
individuelles Wundkonzept
"CC 8VOELPO[FQU
Erfahrungen der einzelnen Beteiligten einfließen. Die beschlossenen Maßnahmen müssen auch Anforderungen an die Evidenz standhalten können. Der Markt bietet viele, sich schnell ablösende Produkte. Kein Kongress und keine Ausstellung, an der nicht mindestens ein »grundlegend« neues Wundtherapeutikum vorgestellt wird. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, sollten in einem Wundkonzept Produktgruppen und nicht direkt Produktnamen vermerkt werden. Dieser Schritt hin zur Flexibilität garantiert die längere Aktualität des Dokuments. Regelmässige Schulungen informieren die an der Wundtherapie Beteiligten, welche zum Einsatz gelangenden Produkte in welcher Kategorie verwendet werden sollen. Das Wundkonzept sollte strukturiert aufgebaut sein, so dass ein Vergleich mit der aktuell behandelten Wunde schnell und unkompliziert möglich ist. Es eignen sich hierzu die Aufteilung nach Wundfarbe, Wundstadien oder Wundphasen. Auch die Implementierung des Exsudationsgrades bei der Zuteilung ist wichtig. Ist das Wundkonzept fertig erstellt, empfiehlt es sich, eine »Taschenausgabe« in Kurzform zu drucken,
die alle Beteiligten in der Tasche des Arbeitskittels tragen können. Nur wenn das Konzept dort griffbereit ist, wo es unmittelbar gebraucht wird, kommt es auch konsequent zum Einsatz. Bestehen nicht bereits separat formulierte Pflegestandards kann es hilfreich sein, sich mit ergänzenden Themen wie »Schmerzen beim Verbandwechsel«, dem »praktischen Ablauf des Verbandwechsels«, Ernährung bei Wundheilungsstörungen, Dekubituskonzept, Richtlinien für die Dokumentation, Wundanamnese, Austrittsplanung etc. zu befassen und sie im Konzept zu verankern. Ein Wundkonzept, das nicht durch regelmäßige Schulungen ergänzt wird, ist schnell ein wertloses Dokument, das zu Fehlinterpretationen führt oder gar nicht mehr verwendet wird. Der kostensparende Faktor eines Wundkonzepts sollte ebenfalls Erwähnung finden. Im Konzept wird festgelegt, welche Produkte von welchen Firmen zum Einsatz gelangen werden. Eine Beschränkung auf einige wenige Anbieter, dafür mit guten Konditionen, hilft, die Kosten für Wundtherapeutika in den Griff zu bekommen. Als weiterer kostensenkender Faktor kommt hinzu, dass alle im Betrieb wissen, wann sie welches Therapeutikum für wie lange anwenden sollen. Verfrühte Wechsel oder sinnlose Verschwendung von Material kann so auf ein Minimum reduziert werden. Diese Ausführungen sollen zeigen, dass sich die Implementierung eines Wundkonzepts in vielerlei Hinsicht lohnt.
1SGVOHTGSBHFO
1. Wie häufig sollte ein Verband gewechselt werden? 2. Was bedeutet der Begriff »Wundmanagement«? 3. Welche Faktoren sind bei der fotografischen Dokumentation eines Heilungsverlaufs zu beachten? 4. Welche 3 Arten von Wundkonzepten gibt es? 5. Welches sind die einzelnen Parameter, die den AKN-Faktor (Aufwand-Kosten-Nutzen-Faktor nach Kammerlander) ausmachen?
-JUFSBUVS Probst W, Vasel-Biergans A (2004) Wundmanagement. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart Protz K (2005) Moderne Wundversorgung. Urban & Fischer, München Juchli L (1979) Pflege. Thieme-Verlag, Stuttgart Kammerlander G (1998) Lokaltherapeutische Standards für chronische Hautwunden, 8. Aufl. Springer, Wien New York Maletzki W, Stegmyer-Petry A (1995) Klinikleitfaden Pflege. Ulm Neckarsulm Lübeck, Jungjohann Verlagsgemeinschaft Daumann S (2003) Wundmanagement und Wunddokumentation. W. Kohlhammer, Stuttgart. Blank I (2001 )Wundversorgung und Verbandwechsel. W. Kohlhammer, Stuttgart Voggenreiter G, Dold C (2004) Wundtherapie. Thieme Verlag, Stuttgart New York Sedlarik KM (1993) Wundheilung. Fischer, Jena Stuttgart. Kompendium Wunde und WundbehandlungPflege Heute (2004) 3. Aufl. Urban & Fischer, München
1#JOETDIFEMFS
,BQJUFM
%JF3PMMFEFS4JMCFSUIFSBQJFJOEFS#FIBOEMVOHJOGFLUJPOTCFEJOHUFS 8VOEIFJMVOHTTUzSVOHFO 58JME
;VTBNNFOGBTTVOH
Silber hat seit vielen tausend Jahren seinen festen Platz in der antimikrobiellen Behandlung. Kurzfristig wurde es durch die Entwicklung der Antibiotika im letzten Jahrtausend in den Hintergrund gedrängt. Jedoch hat es schnell aufgrund der sich rasant entwickelnden Antibiotikaresistenz wieder seinen berechtigten Platz in der Wundbehandlung gefunden. Dabei gibt es verschiedene Technologien, die in unterschiedlichen Verbandsstoffen zum Einsatz kommen. Deren Kenntnis ist essentiell, um diese in einem adäquaten Nutzen-Risiko-Verhältnis einsetzen zu können. Dabei weichen in vitro-Daten wie oft in der Medizin von in vivo-Untersuchungen ab, da Labormodelle nicht 1:1 in die Praxis umzusetzen sind. Entsprechend dem Positionspapier der Europäischen Wund Management Gesellschaft (EWMA) gelten folgende Schlüsselpunkte: 1. Silber ist ein Breitspektrum-Agenz mit einer geringen Toxizität in der Wundapplikation. 2. Silber ist aktiv in der ionisierten Form, die Konzentration ist abhängig von der Silbersalzlöslichkeit. 3. Bakterienresistenzen wurden beschrieben. 4. Die Verwendung von Silber in Wundverbänden muss durch weitere wissenschaftliche und klinische Studien evaluiert werden.
Die Genese chronischer Wunden ist vielfältig und meist polyätiologisch. Vaskuläre Ursachen wie venöse Insuffizienz, arterielle Verschlusskrankheit und diabetische Angiopathie – teilweise kombiniert – sind
die häufigsten systemischen Funktionsstörungen, die das Abheilen einer anfangs akuten Wunde verzögern. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere lokale Faktoren (z. B. Infektionen, Fremdkörper in der Wunde) und übergeordnete systemische Erkrankungen (z. B. Mangelernährung, Tumorkachexie, Autoimmunerkrankungen, begleitende systemische Medikation), die den Wundheilungsprozess verzögern können [1]. Eine systematische und krankheitsspezifische Diagnose dieser lokalen und systemischen Faktoren ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Wundbehandlung [2]. Aufgrund der komplexen Pathophysiologie einer chronischen Wunde darf das therapeutische Prozedere nicht nur auf einzelne lokale Faktoren ausgerichtet sein. Vielmehr muss die Behandlung holistisch konzipiert sein. Grundlage jeder Therapie ist die kausale Behandlung der zugrunde liegenden, die Wundheilung verzögernden Erkrankung, wie etwa die Therapie der venösen Hypertension bei einer chronisch venösen Insuffizienz. Chronische Wunden sind meist obligat mit fäkalen, oralen und dermalen Mikroorganismen besiedelt. Entwickelt sich aus einer Kolonisation eine klinisch apparente Infektion, verzögert sich nicht nur der Heilungsprozess [3]. Eine Infektion verschlechtert auch die Lebensqualität der Patienten, die mit einer deutlich längeren Behandlungsdauer rechnen und erheblich mehr Schmerzen erdulden müssen [4]. Vor allem die Therapie manifester Infektionen, die durch den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus oder Vancomycin-resistente Enterokokken ausgelöst werden, verursacht im klinischen Alltag immer wieder logistische und therapeutische Probleme [5]. Die Entwicklung silberhaltiger Wundauflagen hat die lokale Behandlung kritisch kolonisierter und infizierter Wunden deutlich verbessert [6]. Insbesondere
58JME
5BCFMMF
1SPEVLU
"OCJFUFS
5FDIOPMPHJF
"USBVNBO"H
1BVM)BSUNBOO"(
/ZMPO(FXJSLFNJUNFUBMMJTDIFS'BEFOP "VTMzTFOBVT.FUBMMPCFS¿jDIF CFS¿jDIF
"DUJDPBU
4NJUI/FQIFX
"VTMzTFOBVT.FUBMMPCFS¿jDIF )%1&-PDI¾MN /FU[NJUNFUBMMJTDIFS 4JMCFSTDIJDIUJO'PSNFJOFSOBOPTUSVLUV SJFSUFO0CFS¿jDIF
"DUJTPSC
+PIOTPO+PIOTPO
.FUBMMJTDIF0CFS¿jDIFBVG,PIMFQBSUJLFM "VTMzTFOBVT.FUBMMPCFS¿jDIF BVGHFEBNQGU
"RVBDFM"H
$POWBUFD
$BSCPYZNFUIZMDFMMVMPTF'BTFSOEPUJFSU NJU4JMCFSJPOFO
'SFJTFU[VOHWPOCFSFJUTCFTUFIFOEFO 4JMCFSJPOFO
$POUSFFU'PBN
$PMPQMBTU
164DIBVNEPUJFSUNJU4JMCFSBDFUBU
'SFJTFU[VOHWPOCFSFJUTCFTUFIFOEFO 4JMCFSJPOFO
$POUSFFU)ZESP LPMMPJE
$PMPQMBTU
)ZESPLPMMPJEEPUJFSUNJU4JMCFSBDFUBU
'SFJTFU[VOHWPOCFSFJUTCFTUFIFOEFO 4JMCFSJPOFO
6SHPUMM44%
6SHP
4BMCFOLPNQSFTTF .BTTFEPUJFSUNJU4JM 'SFJTFU[VOHWPOCFSFJUTCFTUFIFOEFO CFSTVMGBEJB[JO 44%
4JMCFSJPOFO
bei Patienten, bei denen eine systemische Antibiotikatherapie nicht indiziert, jedoch eine lokale antimikrobielle Wirkung erwünscht ist, haben sich silberhaltige Wundauflagen bewährt. Werden sie auf die Wunde appliziert, geben sie in das Wundexsudat Silberionen ab, die gegen ein breites Spektrum pathogener aerober, anaerober, gram-positiver und -negativer Mikroorganismen sowie Hefen und Viren wirken [7]. Silberionen sind jedoch für die Zellen im Wundgebiet toxisch [8], sodass bei silberhaltigen Wundauflagen Wirksamkeit und Zytotoxizität gegeneinander abgewogen werden müssen. Es besteht also die Notwendigkeit, gerade so viele Ionen an die Umgebung abzugeben, wie es für eine effiziente antimikrobielle Wirkung notwendig ist. Unter den bekannten Produkten (Tabelle 1) schwankt der Gehalt an Silber sehr stark. Der absolute Anteil an Silber ist letztendlich auch nicht ausschlag5BCFMMF
.FUBMMJTDIFT4JMCFS
HH QQN
"DUJTPSC1MVT
"DUJTPSC
"DUJDPBU
"USBVNBO"H
JPOJTDIFT4JMCFS
HH QQN
"RVBDFM"H
$POUSFFU)
$POUSFFU'PBN
#FSFJUTUFMMVOHEFS"H*POFO
gebend für die antimikrobielle Effizienz, vielmehr sind die Menge und die lokale Konzentration an frei verfügbaren Silberionen entscheidend (Tabelle 2).
*POFOGSFJTFU[VOHTSBUF EF¾OJUJPOFO mic = minimal inhibitory concen-
tration (Wachstumshemmung!) mbc = minimal bacteriocidal concentration (Keimabtötung!) Sowohl die Rate als auch die Kinetik der Ionenfreisetzung ist produktspezifisch. Für antimikrobielle Effekte werden Werte in der Größenordnung von 0,003 ppm für Legionellen (Kusnetsov [18]) bzw. Aspergillus niger 0,06 (Russel [19]) postuliert (Convatec Broschüre US-04–279). Typische Versuchsaufbauten zur Freisetzung von Silberionen sind Inkubationsversuche in einer Flüssigkeit und einem geeigneten Gefäß bzw. Durchflusssysteme mit definierten Flussraten. Vorzugsweise wird deionisiertes Wasser verwendet, um Fällungsreaktionen von Silber zu vermeiden. Die erreichte Ionenkonzentration ist abhängig von ■ der Produktfläche, ■ der Feinstruktur der Silberauflage bzw. des Depots (nano-strukturierte Oberfläche, Metalloberfläche, Art des Einbaus von Silberionen in das Wundauflagen-grundmaterial), ■ der Temperatur, ■ Störfaktoren, wie Protein oder Salze.
%JF3PMMFEFS4JMCFSUIFSBQJFJOEFS#FIBOEMVOHJOGFLUJPOTCFEJOHUFS8VOEIFJMVOHTTUzSVOHFO 5BCFMMF
*POFOGSFJTFU[VOHTXFSUFJOQQN &YUSBLUJPOTWPMVNFONM8BTTFS 1SPEVLU¿jDIFDN &YUSBLUJPOCFJ3BVNUFNQFSBUVS TUBUJTDIFT.PEFMM
;FJU I
"DUJTPSC
"DUJTPSC
$POUSFFU)
"DUJDPBU
"RVBDFM"H
"USBVNBO"H
Wie in Tabelle 3 ersichtlich, erreicht man mit Atrauman Ag Maximalwerte von ca. 0,3 µg/g. Geht man davon aus, dass ein solcher Spiegel nach frühestens 24 Stunden erreicht wird, so würde über 10 Tage Anwendung die Menge an freigesetzten Silberionen auf 30 µg akkumulieren. Eine Standardkompresse von Atrauman Ag mit den Abmessungen 10 x 10 cm (100 cm2) hat ein Reservoir von 100 mg Silber. Dies würde bei einer Daueranwendung (und maximaler Freisetzung) 3333 Tage vorhalten. Selbst die kleinste angebotene Fläche an Atrauman Ag (5 x 5 cm, 25 cm2) sichert einen Vorrat an Silber von 800 Tagen. Jedoch ist dies rein theoretisch, da klinisch bei einer Wundinfektion täglich eine Kontrolle und daraus resultierend wegen Durchtränkung des Primär- oder Sekundärverbands ein Wechsel des Verbandsmaterials erfolgen soll. Coloplast hat die Silber-Ionenfreisetzung einiger Produkte mittels einer sogenannten »Franz-Zelle« analysiert (Abbildung 2). Dabei wird eine Probe (Scheibe mit 34 mm Durchmesser) in einen Halter eingebaut und die Probe wird mit einem Fluid (ca. Wasser, Eiweißlösung, etc.) durchströmt. Zu bestimmten Zeiten wird eine Probe der Flüssigkeit entnommen und der Silbergehalt bestimmt. Damit kann man den Freisetzungsverlauf der Ionen unter dynamischen (Strömungs)-Bedingungen verfolgen.
Folgende Grafik wurde veröffentlicht
Ionenkonzentration (ppm)
Ionenfreisetzung in ppm
100,00 Actisorb +
10,00
Con-H Acticoat Aquacel
1,00
Atrauman Ag Actisorb 220
0,10 24
48
96
168
Zeit (h)
"CC *POFOGSFJTFU[VOHTQSP¾MFWFSTDIJFEFOFSTJMCFSIBMUJHFS 1SPEVLUF 1SPEVLU¿jDIFDN &YUSBLUJPOTWPMVNFONM 35 TUBUJTDIFT4ZTUFN LFJO%VSDI¿VTT
"CC *POFOGSFJTFU[VOHWFSTDIJFEFOFSTJMCFSIBMUJHFS1SPEVLUFJN EZOBNJTDIFO4ZTUFN
Man erkennt sehr deutlich, dass insbesondere die nano-strukturierten Vertreter sehr hohe Ionenspiegel in kürzester Zeit erzeugen, aber nach 24 bis 48 Stunden kehren auch solche Produkte auf einen Spiegel von ca. 3–6 µg/cm2 zurück. Lediglich das ColoplastProdukt weist einen gedehnten Verlauf auf.
% "! $#
%
Betrachtet man die Werte und das Profil von Atrauman Ag (Tabelle 3, Abb. 1), so besitzt das Produkt z. B. nach ca. 48 bis 96 Stunden einen maximalen Ionen-Spiegel von 1,4 bis 2,8 ppm, allerdings in einem Volumen von 100 ml Fluid bei 100 cm2 Probenfläche. Man muss jedoch bedenken, dass der Testaufbau zur Bestimmung dieser Werte nicht mit der Situation einer Franz-Zelle (Abb. 2) identisch ist. Somit können die erhaltenen Zahlenwerte von den Ergebnissen der statischen Freisetzungsmethode abweichen. Produktvergleiche sind also nur innerhalb von Versuchen mit gleicher Methodik sinnvoll. Analogieschlüsse zum statischen Freisetzungstest lassen sich allerdings ziehen, wenn ein Produkt in beiden Testszenarien überprüft wurde. So kommt Atrauman Ag im Endwert und Kinetik allerdings Actisorb 220 nahe und erlaubt somit Rückschlüsse auf dessen Verhalten in einem Durchflusssytem. Es kann postuliert werden, dass in einem dynamischen Freisetzungsversuch Atrauman Ag sich entsprechend Actisorb verhält. Eine Zwischenstellung nimmt Contreet H ein (Abb. 1). Man kann klar erkennen, dass die Ionenfreisetzung mit dem Grad der Quellung des Hydrokolloids einhergeht. Das Produkt benötigt ca. 4 Tage um seinen Maximalspiegel, der dem von Acticoat und Aquacel Ag ähnelt, zu erreichen. Jedoch ist klinisch ein Okklusivverband bei infizierten Wunden kontraindiziert. Für die kritisch kolonisierte Wunde bzw. als Infektionsprophylaxe liegen keine klinischen Daten vor. Produkte mit sehr hoher Ionenfreisetzung sind Acticoat und Aquacel Ag, bergen allerdings das Risiko einer hohen Zytotoxizität. Contreet Foam zeigt bei der Messung mittels Franzzelle keinen ausgeprägten Peak mit starkem Abfall wie Acticoat, setzt aber über mehrere Tage betrachtet (Fläche unter der roten Kurve!, Abb. 2) ebenfalls eine große Menge an Silberionen frei. Bisher wurden zu diesem Produkt keine Zelltoxizitätsuntersuchungen bekannt.
58JME
100,00 90,00 80,00 70,00 60,00 50,00 40,00 30,00 20,00 10,00 0,00
"CC ;ZUPUPYJTDIFS&GGFLUWFSTDIJFEFOFSTJMCFSIBMUJHFS1SPEVLUF BVGIVNBOF;FMMFO
Abb. 3 verdeutlicht sehr klar den Effekt eines zu hohen Silberionenspiegels in einem biologischen Fluid (Zellkulturmedium). Zellen in Flüssigkultur sind ein extrem empfindliches Modell für zytotoxische Effekte, daher wird dies gerne zu einer ersten Abschätzung von potentiellen toxikologischen Risiken verwendet. Diese wenig organisierten Zellen reagieren selbst auf osmotische Änderungen und oberflächenaktive Substanzen (wie milde Detergentien) sehr empfindlich mit Wachstumshemmung oder gar Lyse, während im Gewebeverband organisierte Zellen selbst bei höherer Konzentration an toxischen Substanzen keinen Schaden nehmen. Man hat sich zur Bewertung von Ergebnissen aus solchen Tests darauf geeinigt, dass man aufgrund der hohen Empfindlichkeit des Tests, Werte bis 30 % Zytotoxizität (nach EU-Normen, LC 30) bzw. 50 % Zytotoxizität (USP-Regularien, LC 50) als tolerabel betrachten kann (zumindest, wenn Irritationsstudien an organisierten Zellverbänden keinen negativen Befund liefern). Im Zytotoxizitätstest werden Verdünnungen des Originalextrakts von 2:3 bis 1:4 ausgewertet. Dass dies 5BCFMMF &SSFDIOFUF*POFOLPO[FOUSBUJPOJN7PMVNFOEFT ;ZUPUPYJ[JUjUTUFTUT NM &YUSBLUWFSEOOU
#JPLPNQBUJCJMJUjU
Die Rate der Freisetzung an Silberionen, wenn ein bestimmtes Niveau überschritten wird, äußert sich in einer signifikanten Wachstumshemmung von eukaryotischen Zellen. Im Folgenden wurden die Produkte Acticoat, als Vertreter im Markt befindlicher Wundauflagen mit der höchsten Ionenfreisetzung und Actisorb sowie Atrauman Ag als Vertreter einer geringeren Ionenfreisetzung vergleichend untersucht.
1SPCF DN
*POFOLPO[FOUSBUJPO OBDIIJO NM 8BTTFS DN 1SPEVLU
;ZUPUPYJ[JUjUJO NMQSPDN NM QSP DN 7FSE
"USBVNBO PIOF4BMCFO NBTTF $I"H
QQN
"DUJTPSC
QQN
"DUJDPBU
QQN
Zytotoxizität in Abhängigkeit der Konzentration des Extraktionsmediums
%JF3PMMFEFS4JMCFSUIFSBQJFJOEFS#FIBOEMVOHJOGFLUJPOTCFEJOHUFS8VOEIFJMVOHTTUzSVOHFO
!
! 100,000 10,000 Acticoat
1,000
Actisorb 0,100
Atrauman Ag
0,010 0,001 unverd.
1:4
1:8
1:16
"
"CC ;VOFINFOEFfCFSMFCFOTSBUFCFJTUFJHFOEFS7FSEOOVOH EFT[FMMXBDITUVNTIFNNFOEFO&YUSBLUT
sinnvoll ist, belegen auch die folgenden Ergebnisse des Vergleichs dreier Wundauflagen. Folgerung: ■ Die überprüften Produkte weisen eine sehr unterschiedliche Biokompatibilität auf, obwohl alle drei Produkte mit dem selben Zellkulturmedium und dem gleichen Volumen (6 cm2/ml bzw. 16,7 ml für 100 cm2 Produktfläche) extrahiert wurden. ■ Das versilberte Gewirke von Atrauman Ag zeigt, obwohl es eine höhere Ionenfreisetzung als Actisorb bewirkt, eine geringere Zytotoxizität. (Dieser Effekt ist schon bei früheren Untersuchungen von Actisorb Plus beobachtet worden und führt zu dem Schluss, dass im Fall Actisorb noch andere Effekte für eine toxische Wirkung verantwortlich gemacht werden müssen). ■ Nimmt man das Zytotoxizitätsprofil von einem versilberten Textil (Charmeuse) zur Basis, so kann man postulieren, dass 30 % Zytotoxizität erreicht wird, wenn man einen Schwellenwert für die Ionenkonzentration von ca. 14 ppm erreicht hat. Dies wird zur Verdeutlichung am Beispiel des Gewirkes von Atrauman Ag (Charmeuse) herausgestellt. Korrelation zwischen Ionenkonzentration (Ag+) und !
Bei diesem Schwellenwert geht man allerdings davon aus, dass die im Wasser freigesetzte Ionenkonzentration der im Zytotoxizitätstest (Kulturmedium) freiwerdenden Ionenkonzentration identisch ist und dass die Ionen auch in der Kulturbrühe frei verfügbar sind, also nicht proteingebunden vorliegen. Dies beleuchtet klar das Dilemma eines Korrelationsversuchs zwischen Zytotoxizität und vorhandener Silber-Ionenkonzentration. Die Ionenkonzentration lässt sich nur störungsfrei in demineralisiertem Wasser bestimmen, unter diesen Bedingungen allerdings lysieren alle Zellen! Der einzige Ausweg ist die Ionenfreisetzung im Kulturmedium durchzuführen und vor der Bestimmung der aktiven, freien Ionenmenge das Protein mitsamt den gebundenen Silberionen zu entfernen, also den proteinfreien Überstand zu bestimmen. Dass man offensichtlich mit einem Wert um 10– 15 ppm eine Toxizitätsschwelle erreicht hat, wird von anderen Autoren unterstützt. Steffensen et al [20] bestimmt für humane Immunzellen des Blutes ähnliche Werte: 5BCFMMF 4DIXFMMFOXFSUFGS4JMCFSLPO[FOUSBUJPO EJF[FMM UPYJTDIF&GGFLUFIFSWPSSVGFO JOFJOFN;FMM,VMUVSNFEJVN
;FMMUZQ
4DIXFMMFOXFSUGS "H .8
QQN
4DIXFMMFOXFSUF #F SFJDIEFSFSIBMUFOFO .FTTXFSUF QQN
5-ZNQIP[ZUFO
°
#-ZNQIP[ZUFO
°
.POP[ZUFO
°
Wichtig ist dabei, dass es sich um durch die Zelle aufgenommene Metallionen-Schwellenwerte handelt. Dieser Schwellenwert ist der Spiegel, bei dem zytotoxische Effekte sich messbar manifestierten. Ergänzend wurde der LC50-Wert (50 % Zelltod) bestimmt. 5BCFMMF -$8FSUFGS4JMCFSLPO[FOUSBUJPOFO EJF[VN"CTUFS CFOEFS)jMGUFEFS,VMUVS[FMMFO JOFJOFN;FMM,VMUVSNFEJVN GISFO
;FMMUZQ
-$GS"H .8
QQN
4DIXFMMFOXFSUF #F SFJDIEFSFSIBMUFOFO .FTTXFSUF QQN
5-ZNQIP[ZUFO
°
!
100,00 y = 2,5891x - 7,0747
80,00 60,00
Reihe1
#-ZNQIP[ZUFO
°
40,00
Linear (Reihe1)
.POP[ZUFO
°
20,00 0,00 0
10
20
30
40
"CC ,PSSFMBUJPO[XJTDIFO;ZUPUPYJ[JUjUVOE*POFOLPO[FOUSBUJPO CFJFJOFN&YUSBLUJPOTWPMVNFOWPO NM
Diese Ausführungen belegen deutlich, dass Acticoat von S&N leicht Ionenspiegel erreicht, von denen man erwarten kann, dass irreversibel, zytotoxische Effekte gegen Mikroben auftreten. Dies ist sicherlich dann ge-
58JME
geben, wenn das Exsudatvolumen klein ist und sich ein hoher Ionenspiegel ausbilden kann.
.JLSPCJP[JEF&G¾[JFO[ 4FQBSBUF#FUSBDIUVOHEFSSFTJTUFOUFO4QF[JFTWPO 4UBQIZMPDPDDVTBVSFVTVOE&OUFSPDPDDVTGBFDJVN
VRE Untersucht man zwei verschiedene Isolate von VREEnterokokken (E. faecium DSM 13 590, E. faecium, Isolat Kloinikum Bönningheim), so stellt man fest, dass mit dem gleichen Produkt unterschiedliche Abtötungsraten erreicht werden. Dies lässt sich, da es sich bei beiden Enterokokken um klinische Isolate handelt, auch auf die praktische Anwendung übertragen. Zu dieser Grafik wurden weitere Experimente durchgeführt mit zwei unterschiedlichen Testverfahren. Dabei wurden für VRE (DSM 13590) die folgenden Reduktionsfaktoren ermittelt: 5BCFMMF
1SPCF
"45.&° BOHFMFIOUFS5FTU
+*4 BOHFMFIOUFS5FTU
°
°
"USBVNBO"H
>
>
"DUJDPBU
>
>
$POUSFFU
>
"DUJTPSC
,POUSPMMF
In den beiden Methoden wurden mit dem gleichen Keim, im gleichen Labor verschiedene Reduktionsfaktoren ermittelt. Dies stellt einmal mehr die methodischen Schwierigkeiten und die Notwendigkeit zur Zurückhaltung bei der Interpretation der Ergebnisse heraus.
Im ungünstigsten Fall wird innerhalb von 24 Stunden eine 90 %-ige Reduktion erreicht. Ob dies ausreichend ist, lässt sich nur im klinischen Anwendungsfall oder einer adaptierten Labormethode überprüfen. Heute hat glücklicherweise VRE als Resistenzform klinisch noch keine gravierende Bedeutung erlangt. Pilze Bei Pilzen wie Candida albicans ist eine Reduktion der Keimzahl in 24 Stunden um 90 % möglich. Für solche Organismen ist bekannt, dass sie weniger sensibel für Silber sind. Ihre mic-Werte (minimal inhibitory concentration) liegen um den Faktor 10 bis 100 höher als für Staph. aureus oder E. coli. Der Therapeut hat im Falle von Pilzinfektion eine große Bandbreite von antifugal wirksamen Alternativen. MRSA Diese Widerstandsfähigkeit gegen diverse Antibiotika ist inzwischen die am weitesten verbreitete Form der Resistenz bei Staphylococcus aureus. In der Regel ist allerdings diese Resistenz mit Nachteilen für den Keim verbunden (z. B. Wachstumsnachteile, erhöhte Empfindlichkeit gegen Umgebungsbedingungen, erhöhte Permeationsanfälligkeit der Zellmembran gegen extrazelluläre Faktoren und Moleküle, etc.). Offensichtlich ist das auch so bei MRSA: In vergleichenden Untersuchungen von Wildtyp-Staph. aureus und MRSA-Formen, zeigt sich für die resistente Form eine höhere Anfälligkeit gegenüber Silber, verbunden mit einer schnelleren Absterbekinetik (Erfahrungen Institut Hohenstein, mit den bisher untersuchten silberhaltigen Produkten).
.JLSPCJPMPHJTDIF&G¾[JFO[VOUFS"OXFTFOIFJU WPOWFSTDIJFEFOFO*POFO $IMPSJE 1IPTQIBU
,FJN4UBQIZMPDPDDVTBVSFVT
Efficacy, VRE, log 10-reduction after 18 h
Einfluss verschiedener Ionen auf die Keimzahlreduktion
6 5
4
3,4
3,3
Enterococc.f. DSM 13590, 5 x 10 5 Keime
2,9
3 2
3,5
cfu/ml
log 10 Reduktion
5
5
2,5
Enterococc.f . HS, 7 1 x 10 Keime
1,2
1 0 Atrauman-Ag
Acticoat
Actisorb
Contreet Foam
"CC 3FEVLUJPOEFS,FJN[BIM[XFJFSVOUFSTDIJFEMJDIFS4QF[JFT WPO&OUFSPDPDDVTGBFDJVNCFJN&JOTBU[WPOTJMCFSIBMUJHFO8VOE BV¿BHFO
1,00E+05 1,00E+04 1,00E+03 1,00E+02 1,00E+01 1,00E+00
Ringer-Lsg Phosphatbuffer #$ Keimzahl Kontrolle (ohne Atrauman Ag) nach 24 h
Keimzahl mit Atrauman Ag nach 24 h
"CC #FJTQJFMGSEFO&JO¿VTTWPO*POFO EJFTDIXFSMzTMJDIF 4JMCFSTBM[FCJMEFOLzOOFO BVGEJF"CTUFSCFSBUFWPO4BVSFVTCFS I
%JF3PMMFEFS4JMCFSUIFSBQJFJOEFS#FIBOEMVOHJOGFLUJPOTCFEJOHUFS8VOEIFJMVOHTTUzSVOHFO
Sowohl Chlorid (Kochsalz oder Ringer-Lösung) als auch Phosphat hemmen die Aktivität von Silber nicht. Nach 24 Stunden ist in beiden Fällen eine 100 %-ige Abtötung beobachtet worden. Interessanterweise wurde in einer Übersicht von S. Silver [14] dargestellt, dass sich bei höheren Cl-Konzentrationen die Menge an löslichem Silber sogar erhöht. .JLSPCJPMPHJTDIF&G¾[JFO[CFJ"OXFTFOIFJUPEFS 1SPUFJO #4"
Eiweiße haben einen Einfluss auf die Absterbekinetik von Keimen bei Gegenwart von Silberionen. Offensichtlich werden die Silberionen gebunden und stehen dem Bakterienmetabolismus (und somit der Ausübung der bakteriziden Eigenschaften) nicht zur Verfügung. Folgende Untersuchung zeigt deutlich den Einfluss des Vorhandenseins von Eiweiß in einem mikrobiologischen Test für silberionenfreisetzende Wundauflagen bzw. Proben. Nach 48 Stunden scheint sogar eine Metabolisation des Einweißes einzusetzen, da die Keimzahl der Referenz (Charmeuse, unversilbert) um 1,5 log-Stufen ansteigt. BSA (Bovine Serum Albumin) zeigt eine starke Reduktion der Keimabtötungsleistung bei zwei der drei untersuchten Produkten (Atrauman Ag, Actisorb). Acticoat erreicht ebenfalls nur einen Bruchteil seiner Effizienz, kann aber zumindest nach 72 Stunden eine Abtötungsrate von log 2–3,5 aufweisen. Man muss bei dem Modell »Serumalbumin« davon ausgehen, dass der Großteil der freigesetzten Silberionen entweder über Aminkomplexe oder durch Ag-SBindungen inaktiviert wird. Ob Proteine, Proteinbausteine und Degradationsprodukte aus einer Wunde den selben Ionenbindemechanismus wie intaktes Serumalbumin ausüben, ist wenig bekannt. Es bleibt offen, ob protein- oder anderweitig komplexgebundenes Silber nach einiger Zeit (spätestens nach der Degradation in Bausteine), dem Bakterienmetabolismus wieder zur Verfügung steht und damit biozid wirken kann. Üblicherweise stellen sich in biologischen Systemen nach kurzer Zeit ohnehin dynamische Fließgleichgewichte ein, so dass die Bioverfügbarkeit von Silberionen auch einer solchen Dynamik unterliegen kann. Es bleibt wichtig zu prüfen, ob Degradationsbausteine nicht ideale Vehikel sind, um Silber in ein Bakterium einzuschleusen. Kritisch scheint wirklich intaktes Protein zu sein (s. BSA-Versuche) bzw. Proteine mit einem hohen SH-Gehalt, die eine Freisetzung der Silberionen
nicht mehr ermöglichen (eine Ag-SH-Bindung dissoziiert praktisch überhaupt nicht mehr). Man müßte diesbezüglich prüfen, wie sich Peptide und Aminosäuren in einem solchen Szenario verhalten. -BOH[FJUFG¾[JFO[ Für eine moderne kosteneffiziente Wundauflage ist es wichtig, dass die ausgelobte Wirksamkeit über einen Zeitraum von ca. einer Woche erhalten bleibt. Entsprechend konzipierte Langzeituntersuchungen geben darüber Aufschluss. So wurde die bakterielle Abtötungsleistung inzwischen für Klebsiella pneumoniae und Staphylococcus aureus überprüft. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass im Falle von K. pneumoniae die Abtötung schneller von statten geht als bei Staphylokokken. Der unkontrollierte und ubiquitäre Einsatz von Silber (Strümpfe, Lichtschalter etc.) kann jedoch, wie schon bei den Antibiotika, zu Resistenzentwicklungen führen [21].
,MJOJTDIF&SGBISVOHFOVOE,POTFRVFO[FO
Betrachtet man die in vitro-Daten der Literatur dürfte die Silbertherapie aufgrund Ihrer »hohen« Zytotoxizität nicht angewendet werden. Das ist natürlich nicht richtig. Schon die alten Römer warfen Silbermünzen in die Brunnen, da sie empirisch die Erfahrung gemacht hatten, dass so das Wasser nicht kontaminiert oder gar »faulig« wurde. Bis in das letzte Jahrhundert wurde Silber zur Behandlung von Wundheilungsstörungen eingesetzt. In der Euphorie der Antibiotikaentwicklung wurde die Silbertherapie ab den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts verdrängt. Jedoch bald entwickelten sich Resistenzen. Das Problem der Antibiotikatherapie bei Wundinfektionen ist folgendes: ■ Hohe systemische Spiegel, ■ Geringe Lokalspiegel im Zielgebiet, ■ Lokalspiegel unter der minimalen Hemmkonzentration (schlecht durchblutetes oder nur von Diffusion lebendes Gewebe) – Resistenzentwicklung – hohe Kosten, ■ Eine lokale Antibiotikatherapie ist aufgrund des meist engen Keimspektrums, der raschen Verdünnung durch das Wundexsudat, der Hypersensibilisierung und der Resistenzentwicklung nicht durchzuführen. Bei fehlenden systemischen Infektionszeichen (Fieber, signifikante Entzündungszeichen etc.) sollte aus diesem Grund kein Antibiotikum eingesetzt werden. Hier ist die Indikation für die Silbertherapie zu sehen.
58JME
Per Definitionem findet bis zur Kolonisation physiologische Wundheilung statt. XJDIUJH Das bedeutet, dass erst dann und nur solange eine Wundinfektion vorliegt, eine entsprechende Therapie anzuwenden ist. Hier relativieren sich die Diskussionen zur Zytotoxizität. Die Silberfreisetzung ist nicht auf die Stimulation der Keratinozyten, welche durch die Bakterientoxine bereits gehemmt wurden, ausgerichtet, sondern ausschliesslich auf die antimikrobielle Wirkung. Dabei ist die Zytotoxizität gegenüber Mikroben um ein vielfaches höher als gegen humane Zelle. Jahrtausende lange Anwendungen von Silber (Münzen in Brunnen, Silber ausgekleidete Amphoren, Besteck, Zahnfüllungen, Schmuck etc.) belegen die gute Verträglichkeit und die Effizienz in der gezielten antimikrobiellen Anwendung. Es stellt sich nun die Frage, wann ich welches Silberprodukt verwenden soll. Am Anfang ist die genaue Kenntnis über das zu verwendende Produkt (Inhaltsstoffe, Eigenschaften, Kinetik) wie immer in der Medizin essentiell. Leider beweist der klinische Routinealltag (Verwendung von Salben und deren Inhaltsstoffen) das Gegenteil. Die Eigenschaften der zum Zeitpunkt der Verfassung des Artikels verschiedenen Produkte sind im Anfangsteil detailliert beschrieben. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: Nach der Diagnosestellung einer Wundinfektion ist unverzüglich mit deren Behandlung zu beginnen, da jedes Zuwarten zu einer Verschlimmerung bis zur systemischen Manifestation führt. Hier reichen bereits die klassischen Infektionszeichen (Rubor, Calor, Dolor, Tumor und Functio laesa). Der Geruch ist ein weiteres wichtiges Kriterium und erlaubt dem erfahrenen Wundbehandler eine wage Gruppenbestimmung. Aus der Schwere und der Ausprägung der Infektion ergibt sich die Indikation zum Produkt. Je ausgeprägter und manifester die Infektion, desto mehr Silberfreisetzung ist anzustreben. In Abb. 8 sehen Sie eine superinfizierte Spalthautentnahmestelle mit mottenfrassähnlichen Defekten und Nekrosen. In diesem Fall wurde erst mit einer Antibiotikabehandlung begonnen und nach fehlendem Erfolg ein nanokristallines Silber (Acticoat) eingesetzt. In Fällen von schweren Infektionen sind tägliche Verbandswechsel durchzuführen. Am 3. Tag (Abb. 9) zeigt sich bereits eine deutliche Fibrinolyse, welche sich als Ablagerung auf dem Verband widerspiegelt. Das lässt die Hypothese offen, dass aufgrund der Behandlung der Infektion mindes-
"CCJMEVOH
"CCJMEVOH
"CC 'JCSJOPMZTFCFJ"OXFOEVOHWPO)ZESPGBTFSNJU4JMCFS "RVBDFM"H
tens bis zur Kolonisation wieder physiologische Wundheilung stattfindet. Immer wieder berichten Patienten von Schmerzen unter Silbertherapie. Dies ist als wichtiger klinischer Marker zu interpretieren. Durch die
%JF3PMMFEFS4JMCFSUIFSBQJFJOEFS#FIBOEMVOHJOGFLUJPOTCFEJOHUFS8VOEIFJMVOHTTUzSVOHFO
"CCJMEVOH
(z. B. Aquacel Ag oder Silber und Schaumstoff) zu wählen. Hiermit ist ein adäquater Wundrandschutz und ebenfalls eine suffiziente Fibrinolyse zu beobachten (Abb. 10). Da die Reduktion der Exsudation Ausdruck der effizienten Infektionsbehandlung ist, muss auf das Verkleben der Wundauflage geachtet werden (gegebenenfalls Anfeuchten mit Hydrogel etc.). Durch die Verwendung einer Chameuse mit Silber und entsprechender Galenik (Atrauman Ag) kann die Silberfreisetzung durch den Wassergehalt der Salbengrundlage gesteuert werden. Das bedeutet, dass bei Exsudation = Infektion Silber abgegeben wird, jedoch bei Sistieren derselben die Silberfreigabe gestoppt wird. Dabei wird sowohl das Verkleben als auch die Hemmung der Epithelialisierung durch Silber umgangen (Abb. 11–13).
)JOXFJTFGSEJF1SBYJT
"CCJMEVOH
■ Je ausgeprägter die Infektion desto mehr Silberfreigabe. ■ Nutzung der Produktvielfalt für die unterschiedlichen Phasen (Exsudationsmanagement etc.). ■ Schmerzen als wichtiger klinischer Marker zum Stopp der aktiven Silberfreigabe (CAVE – neuropathische Ulcerationen!). ■ Strenge Indikationsstellung für die Infektionsbehandlung. ■ Kritische Verwendung von Antibiotika.
1SGVOHTGSBHFO
1. Was sind die Probleme der Antibiotikatherapie bei der Behandlung von Wundinfektionen? 2. Welche Form des Silbers stellt die biologisch aktive Form dar? 3. Welche Modelle zur Bestimmung der Silberfreisetzung in vitro kennen Sie? 4. Wie hoch ist die Toxizitätsschwelle und was bedeutet die Einheit ppm? 5. Nach welchen klinischen Kriterien wählen Sie ein Silberprodukt aus? "CCJMEVOH
Bakterientoxine kommt es zu einer neurotoxischen Wirkung. Mit der Eradikation der Bakterien lässt die Neurotoxizität nach. Jetzt ist ein Produkt mit geringer Silberfreisetzung und gutem Exsudatmanagement
Danksagung Ich danke der Fa. Paul Hartmann AG für die Bereitstellung der wissenschaftlichen Recherchen und die zur Verfügung gestellten labortechnischen Untersuchungen.
-JUFSBUVS <> Izadi K, Ganchi P (2005) Chronic wounds. Clin Plastic Surg 32: 209–22 <> Grey JE, Enoch S, Harding KG (2006) Wound assessment. Br Med J 332: 285–88 <> Scheithauer M, Riechelmann H (2003) Die gestörte kutane Wundheilung. Laryngo Rhino Otol 82: 36–39 <> Bowler PG, Armstrong DG (2001) Wound microbiology and associated approaches to wound management. Clin Microbiol Rev 14: 244–69 <> Murphy S, Denman S, Bennett RG, Greenough WB, Lindsay J, Zelesnick LB (1992) Methicillin-resistant Staphylococcus aureus colonization in a long-term-care facility. J Am Geriatr Soc 40: 213–17 <> Mulligan cm, Bragg AJ, O’Toole OB (1986) A controlled comparative trail of Actisorb activated charcoal cloth dressings in the community. Br J Clin Pract 40: 145–48 <> Dunn K, Edwards-Jones V (2004) The role of Acticoat with nanocristalline silver in the management of burns. Burns 30: 1–9 <> McCauley Rl, Linares HA, Pelligrini V, Herndon DN, Robson MC, Heggers JP (1989) In vitro toxicity of topical antimicrobial agents to human fibroblasts. J Surg Res 46: 267–74 <> Ziegler K, Görl R, Ellermann J, Mappes M, Otten S, Kapp H, Zoellner P, Spaeth D, Smola H (2006) Reduced cellular toxicity of a new silver-containing ointment dressing and clinical performance in non-healing wounds. Skin Pharmacol Physiol 19: 140–46 <> Smola H, Zoellner P, Kapp H (2005) Atrauman Ag in the treatment of chronic wounds – an application study on 624 patients. Act Dermatol 31: 561–65 <> Hess CT, R. Kirsner RS (2003) Orchestrating wound healing: Assessing and preparing the wound bed. Adv Skin Wound Care 16: 246–59
58JME <> Schaller M, Laude J, Bodewaldt H, Hamm G, Korting HC (2004) Toxicity and antimicrobial activity of a hydrocolloid dressing containing silver particles in an ex vivo model of cutaneous infection. Skin Pharmacol Physiol 17: 31–36 <> Nishijima S, Namura S, Mitsuya K, Asada Y (1993) The incidence of isolation of methicillin-resistant Staphylococcus aureus (MRSA) strains from skin infections during the past three years (1989–1991). J Dermatol 20: 193–97 <> Silver S (2003) Bacterial silver resistance: Molecular biology and uses and misuses of silver compounds. FEMS Microbiol Rev 27: 341–53 <> Nishijima S, Kurokawa I, Nakaya H (2002) Susceptibility change to antibiotics of Staphylococcus aureus strains isolated from skin infections between July 1994 and November 2000. J Infect Chemother 8: 187–89 <> Poon V, Burd A (2004) In vitro cytotoxicity of silver: implication for clinical wound care. Burns 30: 140–47 <> Madden MR, Nolan E, Finkelstein JL, Yurt RW, Smeland J, Goodwin CW et al (1989) Comparison of an occlusive and a semiocclusive dressing and the effect of the wound exudate upon keratinocyte proliferation. J Trauma 29: 924–30 <> Kusnetsov VJ et al (2004) Control of bacterial growth in water using synthesized inorganic disinfectant chemospehere. Water Res 35: 4217–25 <> Russel AD, Hugo WB (1994) In: Progress in Medicinical Chemistry, Vol. 31: 351–70 <> Steffensen IL, Mesna OJ, Andruchow E, Namork E, Hylland K, Andersen RA et al (1994) Cytotoxity and accumulation of Hg, Ag, Cd, Cu, Pb and Zn in human peripheral T and B lymphocytes and monocytes in vitro. Gen Pharm 25(8): 1621–33 <> Kittleson JT, Loftin IR, Hausrath AC, Engelhardt KP, Rensing C, McEvoy MM (2006) Periplasmic metal-resistance protein CusF exhibits high affinity and specificity for both (Cu(I) and Ag (I) Biochemistry 19; 45(37): 11096–102
,BQJUFM
%JF#FEFVUVOHWPO,PMMBHFOVOE,PMMBHFOBTFOJOEFS8VOEIFJMVOH 8'SJF *.FU[NBDIFSVOE58JME
;VTBNNFOGBTTVOH
Kollagen ist das Hauptprotein des Bindegewebes und mit seinem komplexen Aggregations- und Bindungsverhalten essentiell für die Biomechanik und die Gewebestruktur verantwortlich. Als Biomaterial kommt in erster Linie Kollagen Typ I zum Einsatz. Es wird vornehmlich aus Häuten und Sehnen von Rind oder Pferd durch komplexe Aufreinigung gewonnen. Durch Gefriertrocknung kann eine poröse Schwammstruktur erzielt werden, welche insbesondere in der Behandlung chronischer Wunden zum Einsatz kommt. Einen entscheidenden Beitrag zum Kollagenabbau leistet die Gruppe der Matrixmetalloproteasen (MMP), die als inaktive Zymogene sezerniert werden. Die Untergruppe der Kollagenasen spielt dabei eine wichtige Rolle, da diese als einzige natives Kollagen in seinen helikalen Bereichen spalten kann. Gewebekollagenasen spalten dabei die Kollagenmoleküle durch einen einzigen Schnitt durch die komplette Helix. Die entstandenen Fragmente denaturieren und können durch unspezifische Proteasen bis zu den einzelnen Aminosäuren abgebaut werden. Die Wundheilung in den Phasen Exsudation, Granulation, Epithelisierung umfasst eine Vielzahl von Prozessen, welche geordnet, teils parallel teils in strenger Abfolge verlaufen. Häufig sind die komplexen reparativen Prozesse gestört. In allen Phasen wirkt sich die Kollagenwundauflage positiv aus. Während der Exsudation/Entzündung bewirkt Kollagen die physikalische Blutstillung, die Absorption des Wundexsudats mit entzündungsinduzierenden Proteasen und Zytokinen und damit die Reinigung der Wunde und die Änderung des Wundmilieus. In
der Granulation entwickeln die Kollagensysteme ein heilungsförderndes feuchtes Wundklima, bewirken Fibroblastenstimulation, gesteigerte Kollagensynthese, Granulationsanregung und damit Stimulierung der Reparation. In der Epithelisierungsphase wird die Migration und Proliferation epidermaler Zellen und damit die Reepithelisierung beschleunigt.
;VTBNNFOGBTTVOH,MJOJL
Kollagenauflagen und Kollagenasen stellen ein wichtiges therapeutisches Konzept in der Wundbehandlung dar. »Beläge« in der Wunde müssen strikt nach ihrer Ätiologie hinterfragt werden. Die Entfernung von Strukturfibrinen ist genauso kontraproduktiv wie das belassen von infektbedingten Abbauprodukten. Bester klinischer Entscheidungsparameter ist die genaue Dokumentation des Wundheilungsverlaufs.
,PMMBHFOCJPDIFNJFVOECJPTZOUIFTF fCFSTJDIU Die extrazelluläre Matrix des Bindegewebes stellt ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Proteine aus verschiedenen Familien dar, welches die strukturelle Integrität und die physiologischen Funktionen bestimmt. Das supramolekulare Arrangement fibrillärer Elemente und mikrofibrillärer Netzwerke in Verbindung mit gelösten Proteinen, Glykoproteinen und einer Fülle weiterer Moleküle definieren die biophysikalischen Eigenschaften. Die verschiedenen Bindege-
webstypen unterscheiden sich deutlich hinsichtlich Zusammensetzung und Struktur. In der extrazellulären Matrix sind die Mitglieder der Kollagenfamilie die dominanten Proteine. Kollagene als Proteingruppe sind durch Ihren charakteristischen Molekülaufbau und -struktur sowie Ihre übergeordneten fibrillären Strukturen, die das extrazelluläre Gerüst ausmachen, gekennzeichnet. Alle Mitglieder enthalten Domänen, deren primäre Aminosäuresequenz durch Wiederholungen des Tripeptidmotivs Gly-X-Y (Prolin häufig in der X-Position, Hydroxyprolin häufig in der Y-Position) dominiert wird. Diese Sequenz mit hohen Anteilen an Glycin, welches aufgrund seiner Struktur nur einen geringen Raum in Anspruch nimmt, sowie die recht unflexible heterocyclische Iminosäure Prolin und dessen Derivat Hydroxyprolin ermöglichen die Zusammenlagerung von drei Molekülketten. Diese bilden eine linksgewundene Tripelhelix aus. Diese Tripelhelix lagert sich wiederum rechtsgewunden zu einer Superhelix mit einer Länge von ca. 300 nm und einem Durchmesser von 1,5 nm aneinander. Die Helix kann aus drei identischen, aber auch aus verschiedenen Untereinheiten, den sogenannten α-Ketten, aufgebaut sein. Der Name »Kollagen« subsumiert Proteine, welche diese Tripelhelix als übergeordnete Struktur ausbilden. Zurzeit sind 27 genetisch unterschiedliche Kollagentypen bekannt. ,PMMBHFO5ZQ* Die klassischen Fibrillen formenden Kollagene sind die Typen I, II, III, V und XI. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass die α-Ketten sich zu stattlichen supramolekularen Aggregaten zusammenlagern. Die Moleküle orientieren sich leicht versetzt nebeneinander und formen Fibrillen-Anordnungen mit Durchmessern zwischen 25 und 400 nm. Im Elektronenmikroskop sind die Fibrillen aufgrund der gestaffelten Anordnung der Kollagenmoleküle durch eine charakteristische Streifung mit 70 nm Periodizität gekennzeichnet. Typ I ist das am weitesten verbreitete Kollagen. Es stellt das Hauptkollagen in Haut, Sehnen, Bändern, Knochen und vielen anderen Geweben, jedoch beispielsweise nicht in Knorpel und Hirn. Kollagen Typ I ist ein Heterotrimer aus zwei identischen α-Ketten und einer weiteren davon unterschiedlichen Tripelhelix. Die Typ-I-Strukturen sind im Körper meist mit Typ-III-Kollagen in der Haut und Typ-V-Kollagen in Knochen und Sehnen vergesellschaftet. Typ-I-Kollagen sorgt für die Zugfestigkeit des Gewebes. Die molekulare Anordnung in Fibrillen ist zusätzlich durch kovalente Vernetzung stabilisiert, was zur endgültigen
8'SJF *.FU[NBDIFSVOE58JME
mechanischen Festigkeit führt. Während zunächst labilere Brücken zwischen den einzelnen Ketten entstehen, werden die Verbindungen während der Alterung des Gewebes in chemisch stabilere Produkte umgewandelt. ,PMMBHFO5ZQ*#JPTZOUIFTF Die Biosynthese der Kollagene beginnend mit der Transkription der Gene im Zellkern bis zur Aggregation von Kollagenheterotrimeren ist ein komplexer, vielstufiger Prozess. Die Regulation der transkriptionalen Aktivität hängt wesentlich vom Zelltyp ab und wird durch zahlreiche Wachstumsfaktoren und Zytokine kontrolliert. Nach der Translation der mRNA in Preprokollagenmoleküle, bestehend aus Signalpeptid, N- und C-Propeptid, N- und C-Telopeptid und Haupttripelhelix, stoßen diese in das raue Endoplasmatische Retikulum vor und werden dort von entsprechenden Rezeptoren erkannt. Nach dem Entfernen der Signalpeptide, werden Prolin- und Lysinreste hydroxyliert. Die dafür erforderlichen Hydroxylasen benötigen Eisen, α-Ketoglutarat, molekularen Sauerstoff und Ascorbinsäure als Kofaktoren. Zusätzlich werden Zuckerreste, durch Transferasen katalysiert, an Hydroxylysinreste gekoppelt. Die C-Propeptide haben essentielle Bedeutung in der Kombination der drei αKetten zur trimeren Helix. Beginnend an den C-terminalen Domänen schreitet die Zusammenlagerung zum N-terminalen Ende hin fort und hängt von der Anwesenheit weiterer Enzyme und Chaperone ab. Die tripelhelikalen Moleküle werden im Golgi-Apparat in sekretorische Vesikel gepackt und in den Extrazellularraum abgegeben. Nach der Sekretion werden die Cund N-terminalen Propeptidsequenzen abgetrennt. Die Fibrillen werden anschließend durch spontane Aggregation gebildet, ähnlich einer Kristallisation mit Keimbildung und anschließender Selbstanordnung. Im Gegensatz zum parallelen Arrangement in Sehnen orientieren sich die gebildeten Fibrillen in der Haut eher zufällig und bilden so ein komplexes Netzwerk aus verwobenen Fibrillen. Neben der Ausbildung einer Gewebestruktur mit entsprechender Biomechanik sind Kollagene in viele weitere physiologische Prozesse involviert. Spezifische Rezeptoren vermitteln Wechselwirkungen mit Kollagenen, wie z. B. Integrine und Glycoprotein VI. Signale dieser Rezeptoren definieren Adhäsion, Differenzierung, Wachstum, Aktivität und Überleben von Zellen auf vielfältige Weise. Kollagene binden und lagern Wachstumsfaktoren und Zytokine an, um diese auf einen Stimulus hin wieder freizugeben und spielen
%JF#FEFVUVOHWPO,PMMBHFOVOE,PMMBHFOBTFOJOEFS8VOEIFJMVOH
deshalb eine wichtige Rolle in der Organentwicklung, der Wundheilung und der Geweberegeneration. Kollagen Typ I bindet beispielsweise Decorin und blockiert damit indirekt die Wirkung von Transforming Growth Factor ß (TGF ß) im Gewebe. Im Knochen liegen Insulinlike Growth Factor (IGF) I und II an Kollagen gebunden als Reservoir vor. Inzwischen wurde auch gezeigt, dass Kollagenfragmente die Angiogenese beeinflussen. Ziel des Wundheilungsprozesses ist die Wiederherstellung des Gewebes. Zahlreiche, hinsichtlich Zusammensetzung und supramolekularer Organisation unterschiedliche Kollagenstrukturen müssen nach der Verletzung der Haut aufgebaut werden, wie der Basalmembranbereich, der Gefäßbereich und das dichte Bindegewebe der Dermis. Während der Wundheilung erreicht die Neubildung von Kollagen in der Granulationsphase dann nach einigen Tagen ihr Maximum und sinkt anschließend bis zum Abschluß der Wundheilung langsam wieder ab. Gleichzeitig findet aber auch der Abbau und damit der Umbau der Kollagenstrukturen durch Enzyme statt. Zunächst synthetisieren Fibroblasten Kollagen Typ III für Gefäße, Typ I für Haut sowie Typ IV für die Basalmembran und Typ VII als dermo-epidermales Ankerkollagen. Einige Fibroblasten wandeln sich in Myofibroblasten um, die Aktin-Myosin-Filamente zwischen den Kollagenfibrillen ausbilden und sich in Längsrichtung kontrahieren (Wundkontraktion). Zwischenzeitlich wird die Wundoberfläche reepithelisiert, indem sich Keratinozyten im Reißverschlussverfahren zusammenlegen. Die Phase der Remodellierung besteht in einem Funktionsgleichgewicht zwischen Matrixmetalloproteinasen (MMP) und deren Inhibitoren, den TissueInhibitor-Metalloproteinasen (TIMP). Die verletzten Strukturen erlangen allmählich ihre mechanische Reißfestigkeit wieder. In der reparativen Phase wird der Heilungsvorgang mit dem Ausreifen der Kollagenfasern und der Differenzierung der wundkontrahierenden Myofibroblasten abgeschlossen. Enzyme lockern die interzellulären Strukturen und die Gewebsintegrität wird letztlich vollendet. Allerdings verbleibt kollagenes Narbengewebe.
"CCBVWPO,PMMBHFOEVSDI,PMMBHFOBTFO
Der in vivo Kollagenabbau beginnt mit der Infiltration von Entzündungszellen, wie z. B. Neutrophilen und Macrophagen sowie von Fibroblasten. Der zellbesiedelte Kollagenabschnitt kontrahiert und gleichzei-
tig sezernieren die Zellen kollagenabbauende Enzyme. Aufgrund der charakteristischen Raumstruktur kann Kollagen nur abgebaut werden, wenn sogenannte Kollagenasen beteiligt sind. Diese Enzyme zeichnen sich dadurch aus, dass sie als einzige Enzymklasse Kollagen unter physiologischen Bedingungen in den helikalen Bereichen schneiden können. Gewebekollagenasen spalten die Kollagenstränge durch einen einzigen Schnitt pro Molekül, wohingegen einige bakterielle Kollagenasen mehrere Schnitte pro Strang vollziehen können. Unspezifische Proteasen können dagegen die Kollagenmoleküle nur in den nicht helikalen oder bereits denaturierten helikalen Bereichen schneiden. Folglich sind diese Enzyme für den sich an die primäre Spaltung anschließenden Abbau zu Aminosäuren verantwortlich. Bindegewebe wird von vier unterschiedlichen Enzymklassen abgebaut. Diese Proteasen werden entweder in Zellen gespeichert oder bei Bedarf produziert. Es kann grob zwischen zwei Abbauwegen unterschieden werden: intrazellulär und extrazellulär. Cystein- und Asparagin-Proteasen agieren intrazellulär bei sauren pH-Werten, wohingegen Serin-Proteasen und MMPs bei neutralen pH-Werten extrazellulär zum Abbau des Bindegewebes beitragen. Zusätzlich zu dem enzymatischen Abbau spielt auch die Kollagenhydrolyse eine wichtige Rolle. Der Abbau der extrazellulären Matrix wird im Wesentlichen durch MMPs vollzogen. Diese Enzymgruppe bildet eine einheitliche Endopeptidase-Gruppe bezüglich Struktur und Funktionalität, die nahezu alle extrazellulären und basalmembranären Proteine abbauen kann. Besonders die katalytische Domäne ist durch eine hohe Sequenzund Strukturhomogenität gekennzeichnet. Momentan sind 24 MMPs charakterisiert, die aufgrund ihrer Primärstruktur und Substratspezifität in fünf Unterklassen unterteilt werden können. Neben Kollagenasen wird zwischen Gelatinasen, Stromelysinen, membranständigen MMPs und nicht klassifizierten MMPs unterschieden. Zur Klasse der Kollagenasen werden die intestinellen Kollagenasen (MMP-1, höchste Spezifität für Kollagen Typ III), die neutrophilen Kollagenasen (MMP-8, höchste Spezifität für Kollagen Typ I), Kollagenasen-3 (MMP-13, höchste Spezifität für Kollagen Typ II) und Kollagenasen-4 (MMP-18) gezählt. Davon gehören MMP-1 und -8, neben den Gelatinasen A (MMP-2) und B (MMP-9) und Stromelysin-1 (MMP-3), zu den im Menschen am häufigsten vorkommenden Enzymen der MMP-Klasse. MMPs werden als latente inaktive Zymogene freigesetzt, welche durch anschließende Aktivierung ihre volle proteolytische Aktivität erreichen. Diese aktiven Enzyme stehen nun mit ande-
ren Enzymen und den TIMPs in einem labilen Gleichgewicht. Gewebekollagenasen schneiden die Kollagenstränge an einem spezifischen Schnittpunkt innerhalb des helikalen Bereichs. Dadurch entstehen zwei Bruchstücke, deren Molekülgröße dreiviertel bzw. einviertel der Originalmolekülgröße ist. Nach diesem initialen Schnitt werden die Fragmente bei Körpertemperatur spontan denaturiert und anschließend durch andere Proteasen weiter zu Aminosäuren abgebaut. Dieser zweite enzymatische Abbauschritt kann sowohl intrazellulär, nach Phagozytose der Kollagenfragmente, als auch extrazellulär stattfinden. Neben den Kollagenasen spielen Gelatinasen eine wichtige Rolle im Kollagenabbau. Diese können sowohl die Kollagenfragmente weiter abbauen, als auch direkt bei dem Abbau der nativen Kollagenmoleküle beteiligt sein. Des weiteren sind Gelatinase A und B ein wichtiger Indikator, ob eine chronische Wunde vorliegt, da diese Enzyme abnorm hohe Konzentrationen aufweisen, wenn der normale Verlauf der Wundheilung gestört ist (siehe Abschnitt 3.2 und Kap. 2 und 3).
,PMMBHFOBMT8VOEBV¿BHFO
Kollagene sind zur Ausbildung von Netzwerken besonders befähigt und weisen Ankerfunktion für weitere Strukturbildner auf. Darüber hinaus haben Kollagene eine ausgeprägte Bindungsfähigkeit für Wachstumsfaktoren und Zellen. Dadurch sind sie zur Bildung von Systemen zur Verbesserung der Gewebereparatur oder -regeneration, z. B. in der Wundversorgung, aber auch in anderen Bereichen wie der Knochenregeneration, Nervenregeneration besonders gut geeignet. 7FSBSCFJUVOHWPO,PMMBHFO In der Herstellung von Wundauflagen spielt Kollagen Typ I die Hauptrolle. Das Rohmaterial stammt insbesondere aus Sehnen und Haut von Rindern, aber auch von Pferden oder Schweinen und auch marine Quellen werden getestet. Immunologische Reaktionen auf das Fremdprotein sind denkbar. Allerdings wurde in der langen Geschichte der Anwendung von Kollagen als Biomaterial nur von einer geringen Inzidenz bei parenteraler Anwendung berichtet (u. a. auch aufgrund der sehr ähnlichen Aminosäuresequenzen zwischen den Spezies). Insbesondere die Aufbereitung im Zuge der Verarbeitung trägt durch die Entfernung von Fremdproteinen und speziesspezifischen Peptidsequenzen zur Reduzierung des immunologischen Potentials bei. Die Kollagenlöslichkeit hängt vom natürlichen Ver-
8'SJF *.FU[NBDIFSVOE58JME
netzungsgrad und damit vom Alter der Quelle ab. Lösliches Kollagen Typ I kann nur in geringen Mengen bis 2 % aus den Sehnen und der Haut junger Tiere mit Salzlösungen oder leichter Säure extrahiert werden. Der Gehalt kann durch Alkali- oder Enzymbehandlung gesteigert werden. Alternativ wird fibrilläres unlösliches, aber im Sauren quellbares, Kollagen gewonnen. Hierfür wird das Material aufgereinigt und nicht-kollagene Komponenten entfernt. Während der Herstellung der wässrigen Systeme darf die Denaturierungstemperatur von ca. 40 °C, bei der Kollagen zu Gelatine umgewandelt wird, nicht überschritten werden. Die erhaltenen wässrigen Lösungen und Dispersionen können als Gele Anwendung finden, werden aber meist durch Gefriertrocknung in ein poröses Xerogel mit Schwammstruktur überführt. Hierfür werden ca. 0,1 bis 5 %ige wässrige Lösungen oder Dispersionen mit neutralem bis saurem pH-Wert in entsprechende Formen gegossen, eingefroren und das Wasser unter Vakuum durch Sublimation entfernt. Porosität und Elastizität können über die Prozeßparameter modifiziert werden. Insbesondere Einfriergeschwindigkeit, Kollagenkonzentration und pH-Wert beeinflussen über die Eiskristallbildung die Porenstruktur im Endprodukt. Die Abbaugeschwindigkeit des Kollagenmaterials hängt von den physiologischen Gegebenheiten wie zellulärer und enzymatischer Aktivität, aber auch vom Kollagenrohmaterial und dessen Aufbereitung ab. Im Allgemeinen ist dies in der Wundheilung in wenigen Tagen abgeschlossen. Während für die Anwendung in der Wundheilung ein nachträglicher Vernetzungsschritt zur Verlangsamung des Abbaus und für eine zusätzliche mechanische Verfestigung nicht unbedingt erforderlich ist, wird für einige Geweberegenerationsanwendungen die dreidimensionale Porenstruktur verstärkt. Dies erfolgt durch chemische oder thermische Vernetzung, aber auch durch Kombination mit anderen Biomaterialien wie Chitosan. Die Anwendung auf der offenen Wunde erfordert sterile Produkte. Diese können je nach Herstellungstechnologie durch eine terminale Sterilisation in der Endverpackung beispielsweise durch Bestrahlung, Plasmabehandlung oder Begasung erfolgen. Alternativ erfolgt die Herstellung unter aseptischen Bedingungen ohne weitere Behandlung. ,PMMBHFOTZTUFNFVOEEFSFO'VOLUJPOTXFJTF Zwar finden Kollagengele, -filme und -pulver in gewissem Rahmen Verwendung, jedoch werden hauptsächlich Kollagenschwämme als Auflage angewendet. Zahlreiche kommerzielle Produkte zum Teil in Kombi-
%JF#FEFVUVOHWPO,PMMBHFOVOE,PMMBHFOBTFOJOEFS8VOEIFJMVOH
nation mit anderen Materialien sind im Markt erhältlich. Das Hauptanwendungsgebiet sind chronische Wunden, aber auch zur Therapie von Verbrennungswunden werden Kollagenschwämme eingesetzt. Die Funktionen von Kollagen in der Wundheilung, aufgezeigt am Schwerpunkt der chronischen Wunde, sind vielschichtig. In chronischen Wunden herrscht typischerweise eine gesteigerte Makrophagenaktivität und Leukozytenzahl. Dies führt zu einem pathologisch erhöhten Gehalt an entzündungsfördernden Radikalen, Proteasen und Zytokinen (Interleukin-1 und -6, Tumornekrosefaktor-α), einhergehend mit einer gestörten Aktivität von Wachstumsfaktoren. Dies hat schließlich eine Aktivierung von Makrophagen zur Folge. Kollagen durchbricht diesen Teufelskreis an mehreren Stellen. Zunächst fördert die Kollagenmatrix die Blutgerinnung über Thrombozytenaggregation und Aktivierung der sekundären Hämostase. Das infolge der Blutstillung neugebildete Fibrinnetzwerk kann als Gerüst für einwachsende Zellen dienen. Zusätzlich wird in die Schwammporen und durch die ausgeprägte Kapillarstruktur des Kollagens im Wandmaterial überschüssiges Exsudat aufgenommen und geliert. Dadurch wird ein stabiles feuchtes Wundklima geschaffen und ein Austrocknen verhindert. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass Kollagenmaterialien entzündungsfördernde Radikale aus der Wundflüssigkeit entfernen und die Wundheilung störende oxidative Spezies inaktiviert werden. Wichtig ist die Funktion als kompetitives Substrat für überschüssige MMPs und Serinproteasen (v. a. Plasmin und neutrophile Elastase), insbesondere von MMP-2 und MMP-9. Diese werden zum Teil spezifisch vom natürlichen Substrat gebunden. Darüber hinaus findet aber auch eine unspezifische Bindung aufgrund der allgemein besonders ausgeprägten Bindungseigenschaften von Kollagen statt. Zudem verfügt Kollagen auch über ein signifikantes Bindungsvermögen für polymorphonukleare Leukozyten (PMN) – Elastase. PMN-Elastase liegt ebenfalls in erhöhter Konzentration in chronischen Wunden vor. Vor allem durch ihre Aktivität sind chronische Wunden in der inflammatorischen Phase der Wundheilung gefangen, da PMNElastase nicht nur an der Spaltung von Kollagen und dem Abbau anderer ECM-Proteine beteiligt ist, sondern zusätzlich MMPs aktiviert und Wachstumsfaktoren abbaut. Kollagen bindet nicht nur Proteasen sondern auch proentzündliche Zytokine. Kollagen reduziert beispielsweise die Konzentration an freiem Interleukin-1 und -6 im Wundexsudat. Interleukin-1
liegt in der chronischen Wunde in einer um mehrere Zehnerpotenzen erhöhten Konzentration vor, stimuliert die Synthese von MMPs und inhibiert die Bildung von TIMPs. Positiv auf die Wundheilung wiederum wirkt sich die Bindung von Wachstumsfaktoren wie Wachstumsfaktor aus Blutplättchen, PDGF, aus. Diese werden dadurch vor dem proteolytischen Abbau geschützt und substantielle Mengen werden so bewahrt und könnten nachfolgend sukzessive wieder freigegeben werden. Insgesamt hängen alle Arten der Bindung von der spezifischen Oberfläche des Kollagenmaterials, den Eigenschaften des Rohmaterials und zum Teil auch von Herstellschritten, wie der Bestrahlung, ab. Zusätzlich übt Kollagen einen chemotaktischen Reiz auf Fibroblasten aus, stimuliert die Kollagenneusynthese und damit insgesamt die Granulation. Epithelzellen werden angezogen, deren Migration und Proliferation beschleunigt und somit die Reepithelisierung gefördert. Für die Zellpenetration ist die Porengröße von Bedeutung. Ein Optimum für die Wundheilung liegt im Bereich von ca. 20–200 µm Durchmesser. Darüber hinaus wird die Gefäßneubildung stimuliert. Durch die verbesserte Angiogenese werden Sauerstoffund Nährstoffantransport sowie der Abtransport von Reaktionsprodukten im Sinne einer Normalisierung des Stoffwechsels gefördert. Auf diese Weise können Kollagenmatrices als Hautersatz dienen. Hier gibt es Weiterentwicklungen von zellhaltigen Systemen, die weit über die passive Gerüstfunktion hinausgehen. Auf speziell entwickelten Matrices mit entsprechender mechanischer Festigkeit, Porosität und Zellanhaftung werden Fibroblasten und Keratinozyten ausgesät und angezüchtet. Die erhaltenen Hautäquivalente werden beispielsweise zum Ersatz von Spalthauttransplantationen eingesetzt.
,MJOJTDIF"TQFLUFEFS"OXFOEVOHWPOLPMMBHFOFO 8VOEBV¿BHFO
Wie bereits erläutert finden Kollagenauflagen in der stagnierenden Wunde (Stase in der Granulationsphase) ihren klinischen Einsatz. Hier finden sich 2 Ansatzpunkte. (1) Es findet bei zufriedenstellender Granulation keine Wundverkleinerung statt (ausbleibende Epithelisierung) oder (2) Eine Spalthauttransplantation ist kontraindiziert. Ad 1.) Die Ursachen einer Stagnation in der Granulationsphase sind vielschichtig, jedoch enden alle in einer erhöhten Makrophagenaktivität mit den bereits
8'SJF *.FU[NBDIFSVOE58JME ,QIHNWILEULQ
*UDQXODWLRQ
0DWUL[)LEULQ(SLWKHO
3UR]HQW*HZHEH
)LEULQ *UDQXODWLRQVJHZHEH 1HNURVH
7DJH
"CC 1SP[FOUVBMF%BSTUFMMVOHEFT7FSMBVGFTEFS8VOEIFJMVOHVOUFS,PMMBHFONJUTQF[JFMMFS#FSDLTJDIUJHVOHBVGEJF#FEFVUVOHEFT 'JCSJOBOUFJMT EFSMFU[UF4DIOJUUQVOLUWPO'JCSJOVOE(SBOVMBUJPOTHFXFCFTUFMMUEJFCFHJOOFOEF&QJUIFMJTJFSVOHEBS ,PIPSUFWPO1BUJFO UFONJUOJDIUFQJUIFMJTJFSFOEFO8VOEFO°6MDVTDSVSJT
beherrschbaren Antikoagulation (z. B. Heparin induzierte Thrombozytopenie – wie im später berichteten Fallbeispiel geschildert) und zum anderen in der zu erwartenden hohen Komplikationsrate bei der Spalthautentnahmestelle (anamnestische Wundheilungs-
Reduktion der Wundgröße Wundgröße [mm²]
geschilderten Pathomechanismen. Klinisch ist hier immer an eine kritische Kolonisation bzw. eine Infektion zu denken. Bestätigt sich diese durch die klinischen Kardinalsymptome und eine erhöhte Exsudation mit oder ohne Missgeruch gilt es, als erstes die antibakterielle Therapie einzuleiten (Antiseptik, Silbertherapie). Gibt es keine Hinweise auf eine entsprechende Inhibition durch eine bakterielle Fehlbesiedlung sollten Mangelernährung, Nierenfunktionsstörungen, Infektionen anderen Orts und Diabetes abgeklärt werden. Diese Differentialdiagnosen liegen im kurzfristigen diagnostischen Zeitfenster (12– 24 Stunden). Liegt eine Infektion vor, beobachten wir immer wieder, auch bei Kombinationen von Kollagen mit Proteaseinhibitoren, das Aufflammen von Infektionen. Eine Kombination von Kollagen mit einem farblosen Antiseptikum oder einer Silbertherapie findet klinische Erfolge. Dabei muss jedoch die Zytotoxizität der Antiseptik oder Silbertherapie mit in die Beobachtungen einbezogen werden, sollte der erwünschte Erfolg ausbleiben. Bei nicht bakterieller Ursache einer Stagnation lässt sich aufgrund der klinischen Erfahrungen und erster in vitro Ergebnisse die Aktivität der Makrophagen z. B. durch PVP-Jod bremsen. Ad 2) Die Entscheidung zur Kontraindikation einer Spalthauttransplantation liegt zum einen in der nicht
1000
500
0 Vor der Behandlung mit SuprasorbC
Nach der Behandlung mit SuprasorbC
"CC &OUXJDLMVOHEFS8VOE¿jDIFVOUFS,PMMBHFO 3F¿FYJPO EFS&QJUIFMJTJFSVOHTJOEVLUJPOCFJTUBHOJFSFOEFS&QJUIFMJTJFSVOH ,PIPSUFWPO1BUJFOUFONJUOJDIUFQJUIFMJTJFSFOEFO8VOEFO° 6MDVTDSVSJT
%JF#FEFVUVOHWPO,PMMBHFOVOE,PMMBHFOBTFOJOEFS8VOEIFJMVOH
"CC 5ZQJTDIFT#JMEOBDI/FLSPTFLUPNJF IPIFS"OUFJMBO *OGFLU¾CSJO
"CC 4DIOJUUQVOLU*OGFLU¾CSJOVOE(SBOVMBUJPOTHFXFCFJN HMFJDIFO"OUFJM
"CC .BYJNBMF(SBOVMBUJPO 4QBMUIBVUUSBOTQMBOUBUJPOOJDIU NzHMJDIXFHFO,PNPSCJEJUjUFO HFSJOHF&QJUIFMJTJFSVOHT QSPHSFEJFO[
"CC &SGPMHSFJDIFTUBCJMF&QJUIFMJTJFSVOHOBDI,PMMBHFO CFIBOEMVOH
störungen, schlecht eingestellter Diabetes, manifeste Nierenfunktionsstörungen, Malnutrition etc.). Sollte es zu erfolglosen Therapieversuchen in einem definierten Zeitraum kommen (14 Tage), sind interdisziplinäre Kompetenzen gefragt (Dermatologe, Immunologe, Hämatolge etc.). All zu oft passiert es, dass wochen-, monate- gar jahrelang lokal therapiert wird, ohne die tatsächliche Ursache zu behandeln. Nach der Indikationsstellung folgen als Nächstes die Fragen: ■ Wann beginne ich mit einer Kollagenwundauflage? ■ Was sind die klinischen Parameter? Bei einer Anwendungsbeobachtung mit genau dieser Fragestellung wurde auf der Basis der digitalen Farbsegmentierung eine interessante Beobachtung her-
ausgearbeitet. Fibrin, wie es im deutschsprachigen Raum bezeichnet wird, änderte während der Wundheilung seine Struktur und damit seine Aufgabe. Neben der Farbanalyse wurden in unserem Labor auch Strukturanalysen durchgeführt, die hier wesentliche Unterschiede erkennen ließen. Es gibt zwei Formen von Fibrin: (1) Das Infektfibrin (2) Das Matrixfibrin Das von uns definierte Infektfibrin entspricht dem englischen Ausdruck »Sludge«, im Wienerischen »Gatsch«. Es ist weit mehr als nur Kollagen. Dieses Gemisch besteht aus nekrotischem Material (Kolliquationsnekrose), Makrophagen, Blutabbauprodukten und eingedicktem Wundexsudat (aus bis zu 15.000 verschiedenen chemischen Substanzen). Diese Substanz
ist im Verhältnis zum Granulationsgewebe der wichtigste Zielparameter in der Beurteilung der Effizienz der Wundheilung. Nimmt in einem definierten Zeitraum Granulationsgewebe zu und Fibrin ab, so ist das Behandlungskonzept adäquat. Nimmt jedoch das Fibrin wieder zu, so muss man nach der Ursache (Diabeteseinstellung, Nierenfunktion, Ernährung, Medikamenteninteraktionen etc.) suchen und diese kausal behandeln. Oft werden jedoch, vorausgesetzt es wird objektiv diagnostiziert (siehe Wunddiagnostik und Streubreite), die Verbandstoffkonzepte geändert. Diese sogenannten multimodalen Konzepte sind kostenintensiv und zeitraubend. In den letzten 2 Studien zeigte sich jedoch eine kontroverse Beobachtung. Nach anfänglicher Abnahme des Fibrins und einhergehender Zunahme des Granulationsgewebes kam es nach einer kurzen Zeit wieder zu einer Zunahme des Fibrins – »De-Novo-Fibrin« (siehe Abb. 1 am Beispiel der Behandlung mit SuprasorbC®). Erst bei der Korrelation zur Fläche fiel auf, dass im Zeitfenster der Kreuzung der Kurven des Granulationsgewebes die Flächenkurve nach unten brach (Abnahme der Wundfläche, Abb. 2). Bei der Strukturanalyse in der hochauflösenden Auflichtfotographie zeigte sich ein interessanter Unterschied: (1) Der »Gatsch« zeigte eine ungeordnete Struktur: Infektfibrin (2) Das »De-Novo-Fibrin« zeigte eine geordnete Struktur: Matrixfibrin Diese Beobachtungen decken sich mit den oben beschriebenen biochemischen Untersuchungen. Der Name Matrixfibrin wurde gewählt, da es die Matrix für die Epithelisierung darstellt. Klinisch hat dies zur Folge, dass dieses Fibrin auf keinen Fall therapeutisch entfernt werden darf (z. B. durch Kollagenasen). Kollagenauflagen sollten angewendet werden, wenn bei hohem Granulationsgewebsanteil keine Reduktion der Fläche stattfindet und keine Indikation für eine Spalthauttransplantation gestellt wird oder die Epithelisierung zu langsam von statten geht. Dabei gilt folgende Leitlinie: 1. Bei oberflächlichen Wunden: ■ Unabhängig von der Flächengröße ca. 0,5 cm vom Wundrand pro Woche ■ Abhängig von der Dichte der Anhangsgebilde. 2. Bei tiefen Wunden abhängig von: ■ Größe: Heildauer proportional zum Logarithmus der Wundfläche (z. B. heilen 10 cm2 in 5 Wochen, dann brauchen 100 cm2 nur doppelt so lange) ■ Form: ovale Wunden heilen schneller als runde
8'SJF *.FU[NBDIFSVOE58JME
■ Lokalisation: rasche Abheilung im Gesicht, langsamere Abheilung an den Akren.
)JOXFJTFGSEJF1SBYJT
Die Kollagenmatrix läßt sich bei kritischer Kolonisation gut mit Octenidin oder Polyhexanid kombinieren.
1SGVOHTGSBHFO
1. Welche Aminosäure ist am häufigsten in Kollagen vertreten, was ist ihr besondere Eigenschaft? 2. Welche Untergruppen von Matrixmetalloproteasen gibt es? Welches ist die wichtigste in Bezug auf den Kollagenabbau, warum? 3. Transfer: Erklären Sie warum bei Skorbut (Vitamin C Mangelerscheinung) Zahnausfall eines der Hauptmerkmale ist? 4. Welche Arten von Fibrin unterscheiden Sie klinisch? 5. Welche therapeutischen Konsequenzen ziehen Sie daraus bei der jeweiligen Art?
-JUFSBUVS Birkedal-Hansen H, Moore WG, Bodden MK, Windsor LJ, Birkedal-Hansen B, DeCarlo A, Engler JA (1993) Matrix metalloproteinases: a review; critical reviews in oral biology and medicine: An official publication of the American Association of Oral Biologists 4: 197–250 Cullen B, Watt PW, Lundqvist C, Silcock D, Schmidt RJ, Bogan D, Light ND (2002) The role of oxidised regenerated cellulose/ collagen in chronic wound repair and its potential mechanism of action. Int J Biochem Cell Biol 34: 1544–1556. Frieß W (1998) Collagen. Biomaterial for drug delivery. Eur J Pharm Biopharm 45: 113–136. Geiger M, Friess W (2002) Collagen sponge implants – applications, characteristics and evaluation, part I. Pharm Tech Eur 14: 48–56 Gelse K, Pöschl E, Aigner T (2003) Collagens – structure, function, and biosynthesis. Adv Drug Del Rev 55: 1531–46 Harrington DJ (1996) Bacterial collagenases and collagen-degrading enzymes and their potential role in human disease. Infection and Immunity 64: 1885–91. Metzmacher I (2005) Enzymatic degradation and drug release behavior of dense collagen implants. Diss. Universität München, München Overall CM (1991) Recent advances in matrix metalloproteinase research. Trends in Glycosci Glycotechnol 3: 384–400 Trengove NJ, Stacey MC, MacAuley S, Bennett N, Gibson J, Burslem F, Murphy G, Schultz G (1999) Analysis of the acute and
%JF#FEFVUVOHWPO,PMMBHFOVOE,PMMBHFOBTFOJOEFS8VOEIFJMVOH chronic wound environments: the role of proteases and their inhibitors. Wound Rep Regen 7: 442–52 Wall SJ, Bevan D, Thomas DW, Harding KG, Edwards DR, Murphy G (2002) Differential expression of matrix metalloproteinases during impaired wound healing of the diabetes mouse. J Invest Derm 119: 91–98 Yager DR, Chen SM, Ward SI, Olutoye OO, Diegelmann RF, Cohen K (1997) Ability of chronic wound fluids to degrade peptide growth factors is associated with increased levels of elastase activity and diminished levels of proteinase inhibitors. Wound Rep Reg 5: 23–32 Yannas IV (2000) Regeneration templates. In: The biomedical engineering handbook (Bronzino JD, ed). CRC Press, Boca Raton, FL, 113/1–113/18
,BQJUFM
4ZTUFNBUJTDIFT.BOBHFNFOUDISPOJTDIFS8VOEFOOBDIEFN 5*.&1SJO[JQ 87BOTDIFJEU "6LBU *OUFSOBUJPOBM8PVOE#FE1SFQBSBUJPO"EWJTPSZ#PBSE
;VTBNNFOGBTTVOH
Die bisherige Vorstellung, chronische Wunden seien lediglich eine Variante akuter Wunden, ist überholt, da sich die Pathophysiologie chronischer Wunden essentiell von der akuter Wunden unterscheidet. Somit ist die chronische Wunde ein spezielles Krankheitsbild, das einer systematischen krankheitsspezifischen Diagnostik und Therapie bedarf. Für die Diagnostik und Therapie einer chronischen Wunde wird ein neues Konzept vorgeschlagen mit der Abkürzung TIME, wobei jeder Buchstabe dieses Anglizismus für die zu diagnostizierende und zu behandelnde Zielstruktur steht: T = Tissue-Gewebe, I = Inflammation oder Infektion, M = Moisture-Wundexsudat, E = Edge-Wundrand Die Prinzipien und wissenschaftlichen Grundlagen des TIME-Konzepts des Wound Bed Preparation Advisory Board werden dargestellt.
Eine chronische Wunde ist keine akute Wunde, die nicht heilt. Immer besteht eine Grunderkrankung, die oft nicht definitiv heilbar ist. Erster Schritt bei der Behandlung einer chronischen Wunde muss daher sein, diese Grunderkrankung zu diagnostizieren und falls möglich zu heilen. Dann wird diese Wunde in der Regel abheilen wie z. B. ein venöses Ulcus cruris nach einer Varizen-Operation. In vielen Fällen ist eine kausale Therapie des Grundleidens nicht möglich. Diese * Mit freundlicher Genehmigung des Verlages Urban & Vogel. Vanscheidt W, Ukat A, Hauss F (2005) Systematisches Management chronischer Wunden. MMW Fortschr Med 147 (Suppl 3): 119–26
fortbestehende Grunderkrankung führt dazu, dass die Pathophysiologie der dadurch entstandenen chronischen Wunde völlig anders ist als die einer akuten Wunde, die nicht heilt. Die Therapie einer chronischen Wunde erfordert daher teilweise grundsätzlich andere Maßnahmen, die zielgerichtet auf die Heilung dieser Wunde trotz fortbestehender Grunderkrankung ausgerichtet sein sollte. Hierfür wurde vom Wound Bed Preparation Advisory Board das TIME- Konzept entwickelt, das vier Zielstrukturen definiert, die bei der Behandlung chronischer Wunden zu beurteilen und zu behandeln sind. Hierbei handelt es sich um das Wundgewebe an sich (Tissue), den Infektions/Inflammationsstatus der Wunde (I), die Wundflüssigkeit (Moisture) und den Wundrand (Edge). 1BUIPQIZTJPMPHJFEFT(FXFCFTFJOFSDISPOJTDIFO 8VOEF 5JTTVF5
Aus didaktischen Gründen und zur Standardisierung der Therapie erscheint es uns sinnvoll, auch die Pathophysiologie der chronischen Wunde nach dem TIMEPrinzip zu untergliedern, in die des Wundgewebes (T = Tissue) an sich, der Inflammation/Infektion (I), des Exsudates (Moisture = M) und des Wundrandes (Edge = E). Uns ist bewusst, dass eine kontinuierliche Interaktion dieser Parameter stattfindet und die Untergliederung streng wissenschaftlich artifiziell erscheint. Für die tägliche Praxis bei der Behandlung hat sich dieses neuartige Konzept jedoch bewährt. Aus chronischen Wunden isolierte Fibroblasten zeigen ein verringertes Ansprechen auf die exogene Applikation von Wachstumsfaktoren wie PGDFβ und TGF-β, [1]–[3] möglicherweise aufgrund eines Alterungsvorgangs. [4, 5] Ulcera cruris stagnieren in
der Entzündungsphase bzw. der Proliferationsphase. [6] Bei akuten Wunden folgt die Expression von extrazellulären Matrix-Molekülen wie Fibronektin und Thrombospondin einem geregelten zeitlichen Ablauf. Bei chronischen Wunden erfolgt eine übermäßige Expression dieser Matrix-Moleküle als Folge der Dysfunktion und Dysregulation der Zellen in der Wunde. [7] Da Fibrinogen und Fibrin in chronischen Wunden oft massenhaft nachzuweisen sind, unterstellt die »Growth factor trap-Hypothese«, dass diese Makromoleküle Wachstumsfaktoren aufnehmen, die hierdurch »gefangen« werden, so dass sie für die Wundreparatur nicht zur Verfügung stehen.7
1BUIPQIZTJPMPHJFEFS8VOEJOGFLUJPO VOEJO¿BNNBUJPO *
Der Nachweis von Bakterien in einer chronischen Wunde ist kein sicherer Hinweis für eine Infektion [8, 9]. Mikroorganismen finden sich in allen chronischen Wunden [10, 11]. Die Mikroorganismen stammen aus der körpereigenen Flora des humanen Wirtes oder aus der Umgebung. Die Bedeutung von Bakterien in chronischen Wunden lässt sich in vier Kategorien einteilen: (1) Wundkontamination (2) Wundbesiedlung (3) Kritische Besiedlung (4) Wundinfektion Wundkontamination bedeutet das Vorliegen von nicht replizierenden Mikroorganismen in der Wunde. Wundbesiedlung bedeutet das Vorliegen von replizierenden Mikroorganismen, die an der Wunde anhaften und beim Wirt keine Schädigung bewirken. Hierzu gehören Mikroorganismen der Hautflora wie z. B. Staphylococcus epidermidis und Corynebacterium-Species [12, 13]. Zu einer kritischen Besiedlung bzw. erhöhten Bakterienlast kommt es, wenn Bakterien eine Verzögerung der Wundheilung bewirken [14, 15]. Nur Ulzera mit weniger als 1,0 x 106 koloniebildenden Einheiten pro Gramm Gewebe konnten in klinischen Studien zur Heilung angeregt werden [15, 16]. Wenn die Bakterienlast ansteigt, wird die besiedelte Wunde in eine gedeckte Infektion umgewandelt, [17] die die Wundheilung hemmt. In einer chronischen Wunde führt das ständige Vorhandensein von virulenten Mikroorganismen zu einer anhaltenden Entzündungsreaktion. Es werden kontinuierlich Mediatoren wie z. B. Prostaglandin E2 und
87BOTDIFJEU "6LBU
Thomboxan gebildet. Neutrophile wandern fortlaufend in die Wunde, die zytolytische Enzyme und Sauerstoffradikale freisetzen. Dies führt zu lokalisierten Thrombosen in der Mikrozirkulation und zur Freisetzung gefäßverengender Metaboliten, die ihrerseits zu einer Gewebehypoxie führen können, welche eine weitere bakterielle Proliferation und Gewebezerstörung bewirkt [9]. Die starke Bakterienlast führt auch zu erhöhten Konzentrationen an Metalloproteinasen, die die extrazelluläre Matrix abbauen und die Zellmigration beeinträchigen [24]. In chronischen Wunden sind die Erreger-Species wesentlich wichtiger als die Anzahl der Mikroorganismen. Betahämolysierende Streptokokken sind fast immer bedeutsam, unabhängig von ihrer Anzahl. Weitere Erreger, die immer behandelt werden müssen, sind u. a. Mycobakterien, Bacillus anthracis, Yersinia pestis, Corynebacterium diphtheriae, Erysipelothrix-Species, Leptospira-Species, Treponema-Species, Brucella-Species, Herpes zoster, Herpes simplex, invasive dimorphe Pilze (Histoplasma-Species, Blastomyces-Species, Coccidioides immitis) und parasitäre Organismen wie z. B. Leishmanien [17–19]. Die mikrobielle Flora einer chronischen Wunde verändert sich im Lauf der Zeit. In einer Wunde im Frühstadium stellt die normale Hautflora die vorherrschenden Mikroorganismen. Nach ca. 4 Wochen wird eine chronische Wunde gewöhnlich mit fakultativ anaeroben gramnegativen Stäbchen wie z. B. Proteus, E. coli und Klebsiella-Species besiedelt [20, 21]. Wenn tiefere Strukturen beteiligt werden, wird die anaerobe Flora Teil der lokalen mikrobiellen Population [22]. In Wunden, die mehrere Monate alt sind, finden sich im Durchschnitt vier bis fünf verschiedene mikrobielle Erreger einschließlich anaeroben und aeroben gramnegativen Stäbchen. Diese können z. B. aus dem Badewasser oder aus der Fußbekleidung in die Wunde gelangen, z. B. Pseudomonas-Species.
1BUIPQIZTJPMPHJFEFT&YTVEBUFTDISPOJTDIFS 8VOEFO .PJTUVSF.
Die Flüssigkeit chronischer Wunden unterscheidet sich biochemisch von der Flüssigkeit akuter Wunden [23]–[28]. Während die Wundflüssigkeit akuter Wunden für die Wundheilung förderlich ist, enthält die Flüssigkeit chronischer Wunden aus Unterschenkelulzera in beträchtlichem Maß degradiertes Vitronektin und Fibronektin, die die Zelladhäsion verhindern. Die
4ZTUFNBUJTDIFT.BOBHFNFOUDISPOJTDIFS8VOEFOOBDIEFN5*.&1SJO[JQ
Flüssigkeit chronischer Wunden hemmt die Proliferation der Fibroblasten [28]. Ein weiterer großer Unterschied besteht in der Konzentration inflammatorischer Zytokine [29]–[31]. Bei Heilung akuter Wunden erreichen die Konzentrationen der proinflammatorischen Zytokine, TNF-α und IL-1, nach wenigen Tagen einen Gipfel und sinken bei nicht vorhandener Infektion auf sehr niedrige Konzentrationen ab. Die Konzentrationen in nicht heilenden Wunden sind jedoch anhaltend erhöht. Wenn chronische Wunden zu heilen beginnen, sinken die Konzentrationen dieser inflammatorischen Zytokine auf Werte, die an die Werte bei akut heilenden Wunden heranreichen. Die Flüssigkeit akuter Wunden enthält Faktoren, die die Zellproliferation fördern wie z. B. Platelet-derived growth factor (PDGF), Interleukin-6 (IL-6) und TGF-α und TGF-β. Die Flüssigkeit chronischer Wunden enthält geringere Mengen dieser wachstumsfördernden Zytokine. Die höhere Konzentration der Metalloproteinasen und Serin-Proteinasen in der Flüssigkeit chronischer Wunden führt zu einer Fehlbildung der für die Reepithelisierung notwendigen Matrix und somit zum Ausbleiben des Wundschlusses.
1BUIPQIZTJPMPHJFEFT3BOEFTDISPOJTDIFS8VOEFO &EHF&
Die dermalen Fibroblasten bilden Matrix-Proteine wie Fibronektin, Integrine, Kollagen und Vitronektin, die eine Lamina bilden, die zur Migration der Keratinozyten erforderlich ist [25]–[27]. Stanley et al [24] zeigten, dass dermale Fibroblasten, die aus dem Rand von venösen Unterschenkelulzera isoliert und kultiviert wurden, langsamer wuchsen als die Fibroblasten aus der gesunden Haut vom gleichen Patienten. Die Zellen am Wundrand schienen gealtert, das heißt sie hatten ihre Fähigkeit zur Proliferation verloren, waren größer und sprachen schlechter auf Wachstumsfaktoren an. %JBHOPTUJLFJOFSDISPOJTDIFO8VOEFOBDIEFN 5*.&1SJO[JQ Für die tägliche Praxis bewährt sich ebenfalls eine bei jedem Verbandswechsel vorzunehmende Einstufung der Merkmale der chronischen Wunde nach dem TIME-Schema. Hierbei werden das Wundgewebe selbst (Tissue = Gewebe), eine Infektion oder Inflammation (I = Infektion oder Inflammation), das Wun-
dexsudat (Moisture = Flüssigkeit) und der Wundrand (Edge = Rand) beurteilt. Der den Wundbefund zum Zeitpunkt des Verbandswechsel dominierende pathologische Zustand wird vorrangig behandelt.
8VOEHFXFCF 5JTTVF
%JBHOPTUJL Größe, Tiefe und Farbe des Wundgrunds (schwarz, gelb, rot) sollten als Ausgangszustand dokumentiert werden, an dem der weitere Heilungsverlauf beurteilt werden kann. Ein Wundbelag, gleich welcher Farbe, ist immer ein vorrangiger pathologischer Befund, der durch debridierende Maßnahmen beseitigt werden muss.
*OGFLUJPO*O¿BNNBUJPO %JBHOPTUJL Die klassischen Infektionszeichen wie Calor, Rubor, Dolor, Functio laesa sind nur beschränkt gültig bei chronischen Wunden. Schmerzen, eine Vergrößerung der Wundfläche, torpide Granulationen, Foetor, vermehrtes Exsudat können Zeichen einer Wundinfektion sein. Nach Cutting und Harding [18] sind eine fragile, hellrote, überschießende Granulation, vermehrte Flüssigkeitsabsonderung und neue Bezirke mit Schorf im Wundgrund Zeichen einer Infektion. Eine semiquantitative Abstrichtechnik ist hilfreich zur routinemäßigen Beurteilung der Bakterienbelastung. Das Wundbett wird zunächst durch Spülung mit Kochsalzlösung und ein Débridement gereinigt. Danach wird ein Abstrich angefertigt, indem der Tupfer über dem offenen Wundbett abgerollt wird. Der Tupfer wird auf einen Nährboden gebracht und nacheinander auf vier Quadranten ausgestrichen. Ein Wachstum im vierten Quadranten (> 30 Kolonien) entspricht mindestens ca. 105 Mikroorganismen pro Gramm Gewebe bei der Bestimmung der Bakterienzahl in Biopsien. [21]
8VOE¿TTJHLFJU .PJTUVSF
%JBHOPTUJLEFT&YTVEBUFTDISPOJTDIFS8VOEFO Menge und Art des Exsudats müssen beurteilt werden, denn eine starke Exsudatbildung kann ein Hinweis auf ein unbehandeltes Ödem oder Frühzeichen einer Infektion sein. Klinisch kann die Häufigkeit erforderlicher Verbandswechsel und die Feuchtigkeit
der Wundauflage beim Verbandswechsel zur Beurteilung herangezogen werden. Weiße Hyperkeratosen des Ulkusrands sind häufig Hinweise für ein Übermaß an Flüssigkeit, das auf Verbände zurückzuführen sein kann, die das Exsudat nicht hinreichend absorbieren.
8VOESBOE &EHF
%JBHOPTUJLEFT3BOEFTDISPOJTDIFS8VOEFO
Der Wundrand sollte hinsichtlich Schwielenbildung, Mazeration, Ödem oder Rötungen überprüft werden. Patienten mit Neuropathien haben hyperkeratotische Schwielen auf der Plantarseite des Fußes, die zur Druckentlastung entfernt werden müssen. Ödeme an den Extremitäten oder eine fehlende Druckentlastung können ebenfalls Ursachen eines lokalen Wundrandödems sein, während eine Mazeration durch starke Exsudation ein Zeichen für eine Infektion sein kann. Eine überwärmte druckschmerzhafte Rötung spricht für eine Infektion, während eine diskrete Rötung mit Veränderungen der Epidermis wie Blasen oder Schuppen auf eine allergische Kontaktdermatitis hindeuten kann.
5IFSBQJFEFSDISPOJTDIFO8VOEFOBDIEFN 5*.&1SJO[JQ 5IFSBQJFEFT(FXFCFTFJOFSDISPOJTDIFO8VOEF 5JTTVF5
Ein effektives Débridement ist der entscheidende Schritt in der Behandlung des Gewebes chronischer Wunden. Die den chronischen Wunden zugrunde liegenden Grundkrankheiten führen dazu, dass fortwährend nekrotisches Gewebe gebildet wird. Daher ist ein einmaliges Débridement fast niemals ausreichend. Vielmehr ist ein regelmäßiges, intermittierendes Débridement (maintenance debridement) erforderlich, wenn nekrotisches Gewebe bei einem Verbandswechsel diagnostiziert wird. Es stehen vier verschiedene Methoden des Débridements zur Verfügung. Oft ist eine Kombination der Methoden indiziert.
"VUPMZUJTDIFT%FCSJEFNFOU
Das autolytische Débridement erfolgt bis zu einem gewissen Maß in allen Wunden spontan. Es ist ein
87BOTDIFJEU "6LBU
hochselektiver Prozess, an dem Makrophagen und endogene proteolytische Enzyme beteiligt sind, die nekrotisches Gewebe und Schorf verflüssigen und spontan von gesundem Gewebe ablösen. Feuchte Verbände wie Hydrogele und Hydrokolloide können das Milieu für das Débridement durch phagozytische Zellen verbessern und ein Milieu schaffen, in dem der Wundbelag verflüssigt werden kann [33, 34]. Ein häufiger Fehler ist allerdings, dass zu lange auf das Eintreten des autolytischen Débridements gewartet wird. Falls die gewebeeigene Autolyse nicht innerhalb von 72 Stunden eindeutig erkennbar ist, sollte eine andere Form des Débridements angewandt werden.
$IJSVSHJTDIFT%nCSJEFNFOU
Man unterscheidet das chirurgische Débridement mit dem Skalpell, das in der Regel in Allgemein- oder Regionalanästhesie durchgeführt wird und daher wesentlich intensiver sein kann, von dem scharfen Débridement in Oberflächenanästhesie mit einer Ringkürette, das allerdings ggf. bei jedem Verbandswechsel ambulant durchführbar ist. Das chirurgische und scharfe Débridement sind die schnellsten und wirksamsten Methoden zur Entfernung von Debris und nekrotischem Gewebe. Hierdurch wird auch die Bakterienlast der Wunde im Sinne einer antiinfektiösen Maßnahme verringert. Seneszente, nicht mehr auf Wachstumsfaktoren ansprechende Zellen werden entfernt. Ein Débridement, das einen blutenden Wundgrund hinterlässt, erhöht die Heilungsrate diabetischer neurogener Ulcera. [35] Das chirurgische Débridement ist insbesondere indiziert, wenn große Wundflächen und eine ausgedehnte Infektion bestehen, Knochen und infiziertes Gewebe entfernt werden müssen oder wenn der Patient eine Sepsis hat [36, 37]. Es ist außerdem die Behandlung der Wahl bei diabetischen neurogenen Fußulzera mit hyperkeratotischer Verschwielung am Ulkusrand. Chirurgisches und scharfes Débridement müssen von einem entsprechend erfahrenen Arzt durchgeführt werden. Dabei ist bei Patienten mit beeinträchtigter Immunität (z. B. HIV oder Immunsuppression) mit Vorsicht vorzugehen. Es ist bei einem nicht heilbaren Ulkus mit hochgradiger peripherer arterieller Verschlusskrankheit nicht indiziert. Bei Patienten unter Antikoagulantien ist das scharfe Débridement in der Regel auch möglich, wenn entsprechend vorsichtig vorgegangen wird.
4ZTUFNBUJTDIFT.BOBHFNFOUDISPOJTDIFS8VOEFOOBDIEFN5*.&1SJO[JQ &O[ZNBUJTDIFT%FCSJEFNFOU
Bei den enzymatischen Methoden werden körperfremde Enzyme auf die Wundfläche aufgebracht, wo diese mit den köpereigenen Enzymen synergistisch zusammenwirken, um die Wundfläche zu debridieren. Es sind mehrere Präparate verfügbar, allerdings nicht auf allen Märkten, wie z. B. Fibrinolysin/Desoxyribonuclease (Fibrinolysin/DNase), Kollagenase und Papain/Harnstoff, Streptodornase/Desoxyribonuclease [38, 39]. Allein sind die derzeit verfügbaren Präparate oft zu schwach wirksam, um ein vollständiges Débridement zu erzielen. Wenn nach einem scharfen Débridement noch Nekrosen auf der Wunde verbleiben, bietet sich daher deren Nachbehandlung mit enzymatischen Präparaten an.
#JPDIJSVSHJTDIF5IFSBQJF -BSWFOUIFSBQJF
Eine Modifikation des chirurgischen Débridements ist die Biochirurgie unter Anwendung von Maden. Hierfür werden sterile Larven der Lucilia sericata-Fliege verwendet, die wirksame Enzyme bilden, die totes Gewebe abbauen ohne das gesunde Granulationsgewebe zu beschädigen [40]. Die Enzyme scheinen auch klinische Infektionen zu bekämpfen, denn die Anzahl der Bakterien einschließlich Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus (MRSA) wird verringert [41]. Harter Schorf muss gegebenenfalls aufgeweicht und der Feuchtigkeitsgehalt der Wunde kontrolliert werden. In der Praxis bedeutet dies, dass solange Nekrosen und Wundbelag im Vordergrund des Wundbefundes stehen, ein chirurgisches und/oder ein wiederholtes scharfes Débridement durchgeführt werden sollten. Alternativ kann die Larventherapie erwogen werden. Die Nachbehandlung sollte mit einem Präparat zum enzymatischen Débridement (bei fest haftenden Nekrosen) oder z. B. einem Hydrokolloid-Verband (bei nicht haftendem Wundbelag) zum autolytischen Débridement durchgeführt werden.
5IFSBQJFEFS*OGFLUJPO*O¿BNNBUJPOFJOFS DISPOJTDIFO8VOEF
Vor dem Einsatz von Antibiotika (nach Resistenzbestimmung) zur Verringerung der bakteriellen Last in Wunden sind immer erst andere Methoden zu erwägen wie z. B.:
■ Chirurgisches oder scharfes Débridement, ■ Wundreinigung, ■ Antiseptika. Beim Débridement werden Fremdkörper aus der Wunde entfernt. Diese Intervention reduziert die aktive Infektion [35 ,42]. Wenn sich Fremdmaterial in der Wunde befindet, sind weniger Mikroorganismen erforderlich, um eine Infektion auszulösen [43]. Wundspülungen z. B. mit physiologischer Kochsalzlösung oder Ringer-Lösung sind geeignet, um Mikroorganismen physikalisch und atraumatisch aus dem Wundbett zu entfernen. Die Wunddesinfektion wird kontrovers diskutiert, da sich viele dieser Substanzen in vitro für humane Fibroblasten als toxisch erwiesen haben. Häufig verwendete Antiseptika sind u. a.: ■ Povidon-Iod, ■ Ionisiertes Silber, ■ Chlorhexidin, ■ Octenidin. Trotz der offensichtlichen Toxizität in vitro verzögern diese Substanzen die Wundheilung chronischer Wunden nicht signifikant [44]–[47]. Wundauflagen mit nanokristallinem Silber setzen langsam Silber frei, welches ein breites Spektrum antibakterieller Aktivität besitzt. Silber wurde in jüngster Zeit mit anderen feuchten interaktiven Verbänden wie Schaumverbänden, Calciumalginaten, Hydrokolloiden und Folienverbänden kombiniert. Antiseptische Lösungen (z. B. Octenidin, PovidonJod) sind während des aktivsten Infektionsstadiums nützlich; mit ihnen kann jedoch nur die Wundoberfläche und keine tiefe Infektion behandelt werden. Alle topischen antimikrobiellen Substanzen eignen sich nur zur Verringerung der bakteriellen Belastung in chronischen Wunden mit einer aktiven, aber lokalisierten Infektion. Sie eignen sich nicht für stark infizierte Wunden mit Invasion des Bindegewebes oder einer systemischen Sepsis und ersetzen nicht das Debridement. Topische antimikrobielle Substanzen sollten ein niedriges Sensibilisierungspotenzial aufweisen, nicht systemisch verwendet werden (Auftreten von resistenten Mikroorganismen) und eine niedrige Gewebetoxizität besitzen. Sie können für einen begrenzten Zeitraum verwendet werden (z. B. 2 Wochen), um eine vermehrte Bakterienlast der Wundoberfläche zu behandeln. Sie dürfen jedoch nicht anstelle von systemischen Präparaten verwendet werden, falls sich das tiefe Kompartiment nicht im bakteriellen Gleichgewicht befindet [48]–[50].
In der Praxis bedeutet dies, dass infizierte chronische Wunden möglichst debridiert werden sollten, sofern z. B. kein Erysipel besteht. Anschließend sollten topische Antiseptika in Form feuchter Umschläge aufgetragen werden und Wundauflagen mit z. B. nanokristallinem Silber oder Calciumalginat-Verbände verwendet werden. Systemische Antibiotika sollten erst dann eingesetzt werden, wenn systemische Infektionszeichen wie z. B. Fieber, ein Erysipel oder Infektionen tieferer Strukturen oder eine Größenzunahme der Wunde erkennbar ist.
5IFSBQJFEFT&YTVEBUFTDISPOJTDIFS8VOEFO
Die Flüssigkeitsmenge in chronischen Wunden muss balanziert werden, um die schädlichen Faktoren des Exsudates chronischer Wunden auf ein Minimum zu reduzieren. Ein moderner Wundverband kann große Mengen an Wundexsudat entfernen, während gleichzeitig ein feuchtes Milieu aufrechterhalten wird, das die Wundheilung beschleunigt [8]. Dabei dürfen indirekte Methoden zur Verringerung des Wundexsudats nicht vergessen werden: Verstärktes Exsudat kann Folge einer extremen Bakterienlast sein oder auch durch Druckentlastung oder Hochlagerung der betroffenen Extremität reduziert werden. Kein einziger Verband erfüllt alle Anforderungen; daher ist heute eine Reihe hochentwickelter Verbände für unterschiedliche Wundbefunde verfügbar. 4DIBVNWFSCjOEF )ZESPGBTFS7FSCjOEF (B[FNJU LSJTUBMMJOFN/BUSJVNDIMPSJE Schaumverbände, Hydrofaser-Verbände und Gaze mit kristallinem Natriumchlorid sind am besten geeignet für stark nässende Wunden [54]. $BMDJVNBMHJOBUF Calciumalginate bilden beim Kontakt ein Gel und unterstützen die feuchte interaktive Heilung. Sie sind gut geeignet für exsudative Wunden [55, 56]. Nach dem Débridement können sie Calcium abgeben, welches die Blutstillung fördert und Natrium aufnehmen, wodurch die Calciumalginat-Faser in ein Natriumalginat-Hydrogel verwandelt wird. )ZESPHFMF Hydrogele besitzen eine hohe Konzentration an Wasser (70–90 %), welches in unlöslichen Polymeren enthalten ist (Hauptketten sind häufig Propylenglycol und Salz, Hydrokolloide, usw.) und sind die beste Wahl
87BOTDIFJEU "6LBU
für trockene, schorfige Wunden mit geringen Exsudatmengen. Sie müssen jedoch alle 24–72 Stunden gewechselt werden, da sie nicht antiinfektiös wirken. )ZESPLPMMPJEF Hydrokolloide bilden beim Kontakt mit dem Wundexsudat ein vernetztes Matrixgel und sind für das autolytische Débridement bei leicht bis mäßig exsudierenden Wunden geeignet [57, 58]. Sie sind okklusiv, bilden ein anaerobes Milieu, welches manchmal zur Eindämmung einer überschießenden Granulation beiträgt. Die Okklusion wird mit einem Schaumverband oder einer Foliendeckschicht erzielt; diese Verbände können 2 bis 7 Tage auf der Wunde belassen werden. Verbandsreste im Wundbereich müssen bei jedem Verbandswechsel sorgfältig entfernt werden. 'PMJFOWFSCjOEF Folienverbände sind geeignet für spätere Wundheilungsstadien, in denen keine nennenswerten Exsudatmengen mehr vorliegen. Viele sind durchlässig für Wasserdampf und Sauerstoff, aber undurchlässig für Wasser und Mikroorganismen. 7BLVVNQVNQF 7"$
V.A.C. erfreut sich in den letzten Jahren bei chronischen Wunden einer zunehmenden Verbreitung. Die V.A.C.Pumpe und der Wundkontakt-Schwamm entfernen übermäßige Wundflüssigkeit, regen die Angiogenese an, erhöhen die Granulationsgewebe-Rate und verringern möglicherweise die bakterielle Besiedlung. Die Reduktion des lokalen Ödems kann den regionalen Blutfluss steigern, und die V.A.C. kann das Wundbett so vorbereiten, dass die Annahmerate von Hauttransplantaten erhöht wird.
In der Praxis wird man daher folgendermaßen vorgehen: Zunächst Feststellung, ob eine vermehrte Exsudatproduktion vorliegt (Mazeration des Wundrandes, Durchschlagen des Verbandes nach bereits zwei bis drei Tagen). Danach Ursachenfahndung: Falls durch insuffiziente Entstauung bedingt, entstauende Maßnahmen wie Kompressionsverband überprüfen oder Vakuumpumpe einsetzen. Falls infektiös bedingt Infektbekämpfung wie oben beschrieben. Anschließend stark Flüssigkeit absorbierende Wundauflagen, wie z. B. Polyurethanschaumstoffe, bei nicht infizierten Wunden. Bei infizierten Wunden silberhaltige Wundauflagen.
4ZTUFNBUJTDIFT.BOBHFNFOUDISPOJTDIFS8VOEFOOBDIEFN5*.&1SJO[JQ
5IFSBQJFCFJGFIMFOEFS&QJUIFMJBMJTJFSVOH
8BDITUVNTGBLUPSFO
Im klinischen Alltag sieht man chronische Wunden mit sauberem Wundgrund und unauffälligem Granulationsgewebe ohne Hinweise für Infektionen und nicht-balanziertes Wundexsudat, die dennoch nicht epithelisieren. In diesen Fällen sollten Hauttransplantationen oder moderne biotechnologische Therapien erwogen werden. Es muss jedoch betont werden, dass diese Produkte nur dann erfolgreich eingesetzt werden können, wenn sie auf einem gut vorbereiteten Wundbett angewendet werden. Die optimale Vorbereitung des Wundbetts erfordert ein vollständiges Débridement des abgestorbenen Gewebes und die Wiederherstellung des bakteriellen Gleichgewichts und des Feuchtigkeitsgleichgewichts. Hauttransplantate wachsen nicht an, wenn mehr als 1,0 x 106 Mikroorganismen im Wundbett vorhanden sind.49
Die Applikation von Wachstumsfaktoren bei chronischen Wunden beruht auf der Annahme, dass in nicht heilenden Wunden, eine zelluläre Störung besteht, die zu einem Defizit an spezifischen Wachstumsfaktoren führt, die für den normalen Wundheilungsprozess nötig sind [61]–[67]. Es gibt mehrere Probleme, wenn ein einziger Wachstumsfaktor in hohen Konzentrationen appliziert wird: Jeder Wachstumsfaktor ist Teil eines ganzen Spektrums von Heilungssignalen; andere Komponenten können dagegen fehlen, oder anders ausgedrückt, hohe Konzentrationen einiger Wachstumsfaktoren können sogar schädlich sein. Das Ansprechen auf Wachstumsfaktoren kann zudem für das jeweilige Heilungsstadium spezifisch sein. PDGF besitzt ein breites Spektrum an Wirkungen auf andere Zellen im Wundheilungsprozess und wird als vielversprechend angesehen. In kontrollierten klinischen Studien wurde die Wirksamkeit und Sicherheit dieses topischen Wachstumsfaktors bei Druckulzera [63, 64] und chronischen diabetischen Ulzera bestätigt, [65]–[67] und das Produkt ist heute als kommerzieller Gel erhältlich, der rhPDGF in einem Natrium-Carboxymethylcellulose-Gel auf wässriger Basis enthält.
#JPUFDIOPMPHJF
Für Hauttransplantate muss an der Entnahmestelle eine zweite Wunde geschaffen werden. Seit Jahren werden daher Keratinozyten gezüchtet, um den Bedarf an Hauttransplantaten zu reduzieren. Autologe Keratinozyten können entweder in einem Hyaluronsäuregerüst oder in einem Fibrinkleber [58]–[60] transplantiert werden. Neuerdings gibt es auch die Möglichkeit, aus körpereigenen Haaren Sheets herzustellen mit stammzellähnlichen Keratinozyten [61]. Humane Fibroblastenzellen werden aus der Vorhaut von Neugeborenen isoliert. Wenn sie proliferieren, scheiden sie dermales Kollagen, Wachstumsfaktoren und extrazelluläre Matrix-Proteine aus und bilden so eine lebende Dermis, die danach zur Förderung der Heilung in die Wunde implantiert wird [59]. Allogenes Gewebe, das aus einer Schicht lebensfähiger Keratinozyten und einer dermalen Schicht lebensfähiger Fibroblasten besteht, die in einer Typ I-Kollagen-Matrix dispergiert wurden, wurde erfolgreich bei venösen Unterschenkelulzera und neuropathischen diabetischen Fußulzera eingesetzt [61]. Eine weitere künstliche Haut besteht aus einer dreidimensionalen dermalen Kollagen-Matrix und einer provisorischen epidermalen Siliconschicht [60].
%JFLMJOJTDIF#FEFVUVOHEFS8VOECFUUWPSCFSFJUVOH Die praktische Diagnostik und Therapie chronischer Wunden sollte u. E. nach dem TIME-Prinzip erfolgen. Es könnte Einwände geben, dass dieses Konzept zu einfach oder nichts Neues ist. Durch den pragmatischen Zugang, bei jedem Verbandswechsel die vier Parameter: Wundgewebe, Infektion/Inflammation, Wundflüssigkeit und den Wundrand zu beurteilen, danach zu entscheiden, welcher Parameter derzeit die Heilung der Wunde am meisten behindert und zielgerichtet zu versuchen, diesen Parameter zu beeinflussen, wird zwangsläufig die bisher weltweit übliche Polypragmasie bei der Behandlung chronischer Wunden verlassen. Wir sind überzeugt, dass sich dieser systematische Therapieansatz als wirksamer erweist als einer nach Versuch und Irrtum oder ein wissenschaftlich nicht zulässiger Ansatz, der auf Erkenntnissen aus der Behandlung akuter Wunden beruht. Klinische Studien haben gezeigt, dass ein systematischer Ansatz zum Management von Unterschenkelulzera sowohl die Heilungsdauer verkürzen als auch die Kosten senken kann [68]–[72].
Die Diagnose und Behandlung der zugrunde liegenden Ursache eines Ulcus sind mindestens ebenso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger als die Behandlung des Ulkus selbst. Ein Großteil der Ulkusbehandlung, insbesondere im ambulanten Bereich, beruht jedoch bisher nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen; die Forschungsergebnisse finden bisher oft keinen Eingang in die Praxis [71, 72]. Der Wound Bed Preparation Advisory Board hofft, dass seine Veröffentlichungen zur Information von Ärzten und Pflegekräften zum TIME-Konzept motivieren und damit zu einem systematischeren und letztlich effizienteren Wundmanagement beitragen. [73, 74]. Danksagung Der Wound Bed Preparation Advisory Board dankt der Fa. Smith & Nephew Medical Ltd. für die Unterstützung seiner Arbeit.
)JOXFJTFGSEJF1SBYJT
1. Eine systematische Befunderhebung des aktuellen Zustandes der Wunde nach dem TIME-Prinzip ermöglicht es, sich von der bisher weitgehend praktizierten, irrationalen Polypragmasie (Versuch und Irrtum) bei der Wundbehandlung zu lösen. 2. Der vom Patienten getragene Verband ist wertvoll zur Diagnose des Zustandes der Wunde und sollte vom behandelnden Arzt beurteilt werden. Wenn er vor der Visite im Abfalleimer verschwindet, verzichtet man auf ein wichtiges Diagnostikum zur Erhebung des Wundstatus.
1SGVOHTGSBHFO
1. Was unterscheidet eine akute, regulär heilende Wunde von einer chronischen Wunde? 2. Was sind Zeichen für eine Infektion bei einer chronischen Wunde? -JUFSBUVS <> Hasan A, Murata H, Falabella A, Ochoa S, Zhou L, Badiava E, Falanga V (1997) Dermal fibroblasts from venous ulcers are unresponsive to action of transforming growth factor-beta I. J Dermatol Sci 16: 59–66 <> Agren MS, Steenfos HH, Dabelsteen S, Hansen JB, Dabelsteen E (1999) Proliferation and mitogenic response to PDGF-BB
87BOTDIFJEU "6LBU of fibroblasts isolated from chronic leg ulcers is ulcer-dependent. J Invest Dermatol 112: 463–69 <> Cook H, Davies KJ, Harding KG, Thomas DW (2000) Defective extracellular matrix reorganization by chronic wound fibroblasts is associated with alterations in TIMP-1, TIMP-2 and MMP-2 activity. J Invest Dermatol 115: 225–33 <> Mendez MV, Stanley A, Park HY, Shon K, Phillips T, Menzoian JO(1998) Fibroblasts cultured from venous ulcers display cellular characteristics of senescence. J Vasc Surg 28: 876–83 <> Vande Berg JS, Rudolph R, Hollan C, Haywood-Reid PL (1998) Fibroblast senescence in pressure ulcers. Wound Rep Reg 6: 38–49 <> Falanga V (2000) Classifications for wound bed preparation and stimulation of chronic wounds. Wound Rep Reg 8: 347–52. <> Falanga V, Grinnell F, Gilchrist B, Maddox YT, Moshell A (1994) Workshop on the pathogenesis of chronic wounds. J Invest Dermatol 102: 125–27 <> Kerstein MD (1997) The scientific basis of healing. Adv Wound Care 10: 30–36 <> Dow G, Browne A, Sibbald RG (1999) Infection in chronic wounds: controversies in diagnosis and treatment. Ost Wound Management 45: 23–40 <> De Haan B, Ellis H, Wilkes M (1974) The role of infection in wound healing. Surgery Gyn Obs 105: 283 <> Pollack S (1984) The wound healing process. Clin Dermatol 2: 8. <> Stone LL (1980) Bacterial debridement of the burn eschar: the in vivo activity of selected organisms. J Surg Res 29: 83–92 <> Rodeheaver G, Smith S, Thacker J, Edgerton MT, Edlich RF (1975) Mechanical cleansing of contaminated wounds with a surfactant. Am J Surg 129: 241–45 <> Sibbald RG, Browne AC, Coutts P, Queen D (2001) Screening evaluation of an ionized nanocrystalline silver dressing in chronic wound care. Ost Wound Management 47: 38–43 <> Browne AC, Vearncombe M, Sibbald RG (2001) High bacterial load in asymptomatic diabetic patients with neurotrophic ulcers retards wound healing after application of Dermagraft. Ost Wound Management 47: 44–49 <> Kantor J, Margolis DJ (2000) A multicentre study of percentage change in venous leg ulcer as a prognostic index of healing at 24 weeks. Br J Dermatol 142: 960–64 <> Thompson P, Smith D (1994) What is infection? Am J Surg 167: 7 <> Cutting KF, Harding KGH (1994) Criteria for identifying wound infection. J Wound Care 3: 198–201 <> Gardner SE, Frantz RA, Doebbeling BN (2001) The validity of the clinical signs and symptoms used to identify localized chronic wound infection. Wound Rep Reg 9: 178–86 <> Grayson ML, Gibbons GW, Balogh K, Levin E, Karchmer AW (1995) Probing to bone in infected pedal ulcers. A clinical sign of underlying osteomyelitis in diabetic patients. JAMA 273: 721–23 <> Hompson P, Taddonio T, Tait M (1990) Correlation between swab and biopsy for the quantification of burn wound microflora. Proc Int Cong Burn Inj 8: 381 <> Bowler PG, Duerden BI, Armstrong DG (2001) Wound microbiology and associated approaches to wound management. Clin Microbiol Rev 14: 244–69 <> Mast BA, Schultz GS (1996) Interactions of cytokines, growth factors and proteases in acute and chronic wounds. Wound Rep Reg 4: 411–20
4ZTUFNBUJTDIFT.BOBHFNFOUDISPOJTDIFS8VOEFOOBDIEFN5*.&1SJO[JQ <> Stanley AC, Park HY, Phillips TJ, Russakovsky V, Menzoian JO (1997) Reduced growth of dermal fibroblasts from chronic venous ulcers can be stimulated with growth factors. J Vasc Surg 26: 994–99 <> Woodley DT, Bachmann PM, O’Keefe EJ (1991) The role of matrix components in human keratinocyte re-epithelialization. Prog Clin Biol Res 365: 129–40 <> O’Toole EA, Marinkovich MP, Hoeffler WK, Furthmayr H, Woodley DT (1997) Laminin-5 inhibits human keratinocyte migration. Exp Cell Res 233: 330–39 <> Clark RA, Ashcroft GS, Spencer MJ, Larjava H, Ferguson MW (1996) Re-epithelialization of normal excisional wounds is associated with a switch from alpha v beta 5 to alpha v beta 6 integrins. Br J Dermatol 135: 46–51 <> Bucalo B, Eaglstein WH, Falanga V (1993) Inhibition of cell proliferation by chronic wound fluid. Wound Rep Reg 1: 181–86 <> Trengove NJ, Bielefeldt-Ohmann H, Stacey MC (2000) Mitogenic activity and cytokine levels in non-healing and healing chronic leg ulcers. Wound Rep Reg 8: 13–25 <> Tarnuzzer RW, Schultz GS (1996) Biochemical analysis of acute and chronic wound environments. Wound Rep Reg 4: 321–25 <> Trengove NJ, Stacey MC, MacAuley S, Bennett N, Gibson J, Burslem F, Murphy G, Schultz G (1999) Analysis of the acute and chronic wound environments: the role of proteases and their inhibitors. Wound Rep Reg 7: 442–52 <> Ladwig GP, Robson MC, Liu R, Kuhn MA, Muir DF, Schultz GS (2002) Ratios of activated matrix metalloproteinase-9 to tissue inhibitor of matrix metalloproteinase-1 in wound fluids are inversely correlated with healing of pressure ulcers. Wound Rep Reg 10: 26–37 <> Kennedy KL, Tritch DL (1997) Debridement. In: Krasner D, Kane D (eds). Chronic wound care: a clinical source book for healthcare professionals, 2nd ed. Health Management Publications Inc, Wayne, PA <> Levenson L (1996) Use of hyperbaric oxygen and a sterile hydrogel in the management of a full thickness dorsal foot ulcer. Poster presentation: Clinical Symposium on Wound Care, October 8–11, Atlanta, Georgia <> Steed DL, Donohoe D, Webster MW, Lindsley L (1996) Effect of extensive debridement and treatment on the healing of diabetic foot ulcers. J Am Coll Surg 183: 61–64 <> Sieggreen MY, Maklebust J (1997) Debridement choices and challenges. Adv Wound Care 10: 32–37 <> Baharestani M (1999) The clinical relevance of debridement. In: The clinical relevance of debridement (Baharestani M, Goltrup F, Holstein P, Vanscheidt W, eds). Springer, Berlin Heidelberg <> Jung W, Winter H (1998) Considerations for the use of Clostridial collagenase in clinical practice. Clin Drug Invest 15: 245–52 <> Dräger E, Winter H (1999) Surgical debridement versus enzymatic debridement. In: The clinical relevance of debridement (Baharestani M, Gottrup F, Holstein P, Vanscheidt W, eds). Springer, Berlin Heidelberg New York <> Thomas S, Andrews A, Jones M (1998) The use of larval therapy in wound management. J Wound Care 7: 521–24 <> Courtney M (1999) The use of larval therapy in wound management in the UK. J Wound Care 8: 177–79 <> Elek S. Experimental staphylococcal infections in the skin of man (1956) Ann NY Acad Sci 65: 85
<> Elek SD (1957) The virulence of staph pyogenes for man: a study of wound infection. Br J Exp Pathol 38: 573 <> Eaglestein WH, Falanga V (1997) Chronic wounds. Surg Clin North Am Wound Healing 77: 689–700 <> Falanga V (1997) Iodine containing pharmaceuticals: a reappraisal. In: Proc. 6th European Conference on Advances in Wound Management, October 1–4 <> Viljanto J (1980) Disinfection of surgical wounds without inhibition of normal wound healing. Arch Surg 115: 253–56 <> Gruber RP, Vistnes L, Pardue R (1975) The effect of commonly used antiseptics on wound healing. Plast Recons Surg 55: 472–76 <> Moberg S, Hoffman L, Grennert M, Holst A (1983) A randomized trial of cadexomer iodine in decubitus ulcers. J Am Geriatr Soc 31: 462–65 <> Krizek TJ, Robson MC (1975) Evolution of quantitative bacteriology in wound management. Am J Surg 130: 579–84 <> Boyce ST, Holder IA (1993) Selection of topical antimicrobials agents for cultured skin for burns: combined assessment of cellular cytotoxicity and antimicrobial activity. Plast Reconstr Surg 92: 493–500 <> Turner TD (1979) Hospital usage of absorbent dressings. Pharm J 222: 421–26 <> Falanga V (1988) Occlusive dressings: why, when, which? Arch Dermatol 124: 872–77 <> Ennis WJ, Meneses P (2000) Wound healing at the local level: the stunned wound. Ostomy Wound Management 46: 39S–48S <> Sibbald RG, Williamson D, Orsted HL, Campbell K, Keast D, Krasner D, Sibbald D (2000) Preparing the wound bed – debridement, bacterial balance and moisture balance. Ostomy Wound Management 46: 14–35 <> Blair SD, Jarvis P, Salmon M, McCollum C (1990) Clinical trial of calcium alginate haemostatic swabs. Br J Surg 77: 568– 70 <> Barnett SE and Varley SJ (1987) The effects of calcium alginate on wound healing. Ann R Coll Surg Engl 69: 153–55 <> Friedman SJ and Su WP (1998) Management of leg ulcers with hydrocolloid occlusive dressings. Arch Dermatol 120: 1329– 36 <> Rheinwald JG, Green H (1975) Serial cultivation of strains of human epidermal keratinocytes: the formation of keratising colonies from single cells. Cells 6: 331–34 <> Falanga V (1998) Apligraf treatment of venous ulcers and other chronic wounds. J Dermatol 25: 812–17 > Tausche A-K, Skaria M., Böhlen L, Liebold K, Hafner J, Friedlein H, Meurer M, Goedkoop R, Wollina U, Salomon D, Hunziker T (2003) An autologous epidermal equivalent tissue-engineered from follicular outer root sheath keratinocytes is as effective as split-thickness skin autograft in recalcitrant vascular leg ulcers, Wound Rep Reg 11: 228–52 <> Knighton DR, Ciresi KF, Fiegel VD et al (1986) Classification and treatment of chronic nonhealing wounds. Successful treatment with autologous platelet-derived wound healing factors (PDWHF). Ann Surg 204: 322–30 <> Knighton DR, Ciresi KF, Fiegel VD, Schumerth S, Butler E, Cerra F (1990) Stimulation of repair in chronic, non-healing, cutaneous ulcers using platelet-derived wound healing formula. Surg Gyn Obs 170: 56–60 <> Obson MC, Phillips LG, Thomason A et al (1992) Plateletderived growth factor-BB for the treatment of chronic pressure ulcers. Lancet 339: 23–25
<> Pierce GF, Tarpley JE, Allman RM, Goode PS, Serdar CM, Morris B, Mustoe TA, Vande Berg J (1994) Tissue repair processes in healing of chronic pressure ulcers treated with recombinant platelet-derived growth factor BB. Am J Pathol 145: 1399–410 <> Steed DL (1995) Clinical evaluation of recombinant human platelet-derived growth factor for the treatment of lower extremity diabetic ulcers. Diabetic ulcer study group. J Vasc Surg 21: 71 <> Wieman TJ, Smiell J, Su Y (1998) Efficacy and safety of a topical gel formulation of recombinant human platelet-derived growth factor-BB (Becalpermin) in patients with chronic neuropathic diabetic ulcers. Diab Care 21: 822–27 <> Smiell JM (1998) Clinical safety of becaplermin (rhPDGFBB) gel. Am J Surg 176: 68S–73S <> Morrison JM (1990) A colour guide to the assessment and management of leg ulcers. Wolfe Publishing, London <> Negus D (1991) Leg ulcers: a practical approach to management. Butterworth Heinemann, London
87BOTDIFJEU "6LBU <> Moffatt CJ, Franks PJ, Oldroyd M, Bosanquet N, Brown P, Greenhalgh RM, McCollum CN (1992) Community clinics for leg ulcers and impact on healing. BMJ 305: 1389–92 <> Chalmers K, Kristajanson L (1989) The theoretical basis for practice at the community level: a comparison of three models. J Adv Nursing 14: 569–74 <> Luker KA, Kenrick M (1992) An exploratory study of the sources of influence on the clinical decisions of community nurses. J Adv Nursing 17: 457–66 <> Ayello EA, Dowsett C, Schultz G, Falanga V, Romanelli M, Stacey MC, Teot L, Vanscheidt W (2004) TIME heals all wounds. Nursing 41: 36–41, <> Schultz G, Sibbald RG, Falanga V, Ayello EA, Dowsett C, Harding K, Romanelli M, Stacey MC, Teot L, Vanscheidt W (2003) Wound bed preparation: a systematic approach to wound management. Wound Rep Reg 11: S1–28
,BQJUFM
&YTVEBUNBOBHFNFOU (8P[OJBLVOE58JME
;VTBNNFOGBTTVOH
Neben den Wunden, bei denen sich im Rahmen der gestörten Heilung eine zunehmende Fragilität der Kapillarstrombahn bildet, sind es vor allem die chronischen Wunden im Zusammenhang mit einem langjährigen Diabetes mellitus oder einer chronisch-venösen Insuffizienz, bei denen die Permeabilitätsstörung im Sinne einer gesteigerten vaskulären Durchlässigkeit eine eigenständige Problematik darstellt. Die Therapie dieser pathologischen Gefäßpermeabilität ist von großem therapeutischen Interesse. Im Sinne eines Exsudatmanagements können sicherlich verschiedenste Verbandsmaterialien mit unterschiedlicher Wasserbindungskapazität eingesetzt werden, doch ist ein kausaler Therapieansatz sicherlich noch effektiver. Dieser kausale Ansatz ist durch die Gabe von Faktor XIII möglich, wie in verschiedenen experimentellen und klinischen Studien gezeigt worden ist.
" ( SVOEMBHFOVOE#BTJTXJTTFO 58JME
Die Exsudation stellt einen wichtigen Teil der physiologischen Wundheilung dar. Dauert diese jedoch länger als 48–72 Stunden, ist von einer pathologischen Exsudation bzw. Sekretion auszugehen. Damit verbunden sind neben häufigen Verbandswechseln, einhergehend mit einer erneuten Kontamination von Behandelnden und Patienten durch Keime, auch Mazerationen des Wundrandes, die wiederum zu einer Vergrößerung der Wunde führen. Neben der klassischen Gaze-Kompresse stehen die Polyurethan-Schaumstoffe, die Va-
kuumtherapie und hydroaktive Wundauflagen mit Superabsorbentien (Sorbion sachet) zur Verfügung. Ziel dieser Untersuchung war es, diese Wundauflagen und ihre klinischen Eigenschaften zu prüfen und den Stellenwert zu anderen Therapieverfahren des Exsudatmanagements herauszuarbeiten. Die Saugkraft, die Kapazität sowie das Rückhaltevermögen aufgenommener Exsudate bildeten neben anderen Eigenschaften den Ansatz für die unterschiedlichen Leistungsspektren. Interdisziplinäre Ansätze im ärztlichen wie pflegerischen Handeln stellen seit langer Zeit einen wünschenswerten Punkt im Umgang mit Patienten, Erkrankungen, diagnostischen Prozessen und Therapien dar. Während in vielen Bereichen die Zuständigkeiten sehr deutlich verteilt sind, bestehen Aufgabenfelder, die als Überschneidungen der Tätigkeiten betrachtet werden können [34]. Dieses zeigt sich insbesondere im Bereich der Wundversorgung, da sie im eigentlichen Sinne die integrative Versorgung darstellt. Im Vordergrund stehen weniger die unproblematischen Wunden, die lege artis effektiv und kostengünstig behandelt werden können, sondern vielmehr die chronischen Wunden, die durch stationäre Aufenthalte [8], lange Bedarfsphasen kostenintensiver Verbandsmittel [8] sowie viel pflegerischem Aufwand [41] die Ressourcen aller Beteiligten strapazieren. Hierbei durchlebt der Patient selbst Einschränkungen der Lebensqualität, die sich durch Auslaufen der Verbände, Verunreinigungen der Möbel und der Kleidung, unangenehme Gerüche sowie auch Schmerzen der Haut kennzeichnet [6]. Soziale Isolation und sogar der Verlust des Arbeitsplatzes sind als Folgen chronischer Wunden beschrieben [6, 8]. Die chronische Wunde selbst, die durch das Fortbestehen über einen Zeitraum von mehr als vier Wochen definiert ist [42], ist Teil einer komplexen und sehr
fein zu balancierenden Interaktion von Botenstoffen und Proteinen, Bedingungen von Perfusion und Kompression, patientenseitigen Voraussetzungen und lokalen wie systemischen Ereignissen [37, 42, 48]. Unregelmäßigkeiten in diesem sehr sensiblen System beantwortet die Wundheilung mit Komplikationen wie beispielsweise mit einer verzögerten Heilung [42]. Eine derartige Komplikation stellt auch die Verlängerung der Exsudationsphase dar, die neben anderen essentiellen Prozessen einen bedeutenden Teil der Wundheilung bildet. Diese zunächst physiologische und für die Wundheilung notwendige Hyperhydratation der Wundregion führt zu mehreren erwünschten Prozessen wie etwa der Wundreinigung [1, 17, 23, 42, 44]. Exsudat selbst entsteht als Folge einer veränderten Permeabilität der Gefäße. So enthält Exsudat einer akuten, gesunden Wunde große Mengen an heilungsförderlichen Substanzen. Plasmaproteine, Wachstumsfaktoren, Albumin, Makrophagen, Leukozyten und andere Inhalte erfüllen ihre wundheilungsförderliche Funktion [17] innerhalb der Kaskade an Interaktionen. Paracelsus (1493–1541) nannte Exsudat Balsam und beschrieb es damit als heilsames Mittel [17]. Es versteht sich als Teil der Entzündungsphase und ist daher als bedeutender Anteil des Heilungsprozesses anzusehen, auch wenn es unter anderem zu Zellödem mit Kompression der Nervenendigungen und damit zu Schmerzen der Wundregion führt [2, 9]. Als problematisch kann diese Situation erkannt werden, wenn diese Phase länger als 48–72 Stunden dauert. Dann ist von einer pathologischen Exsudation auszugehen. Die pathologische Exsudation kennzeichnet sich unter anderem durch eine veränderte Zusammensetzung [14]. Beachtliche Konzentrationen von Proteasen wirken schädigend auf z. B. Wachstumsfaktoren [17, 44]. Sie unterstützt nicht mehr aktiv die Zellproliferation, schädigt die Wundränder und führt zur Mazeration des Wundgrundes und des Wundrandes [14, 15, 17]. Das Exsudat der chronischen Wunde hemmt, falls nicht ideal entgegengewirkt wird, die Proliferation von Fibroblasten und verlangsamt daher eine der wichtigsten Schritte zur Defektauffüllung [12]. Auch die zur Optimierung der Wundgebiete notwendige Einsprossung von Gefäßen wird sodann signifikant gehemmt [21], so dass davon auszugehen ist, dass das pathologische Exsudat insgesamt nicht zur Wundheilung beiträgt [40]. Die Wundheilung ist ein komplexer molekularbiochemischer Prozess, der durch das Zusammenspiel von Zytokinen, Proteasen, Wachstumsfaktoren und chemotaktischen Prozessen gesteuert wird [36], wobei
(8P[OJBLVOE58JME
"CC %VSDIUSjOLUFS8VOEWFSCBOEOBDI4UVOEFO
"CC %VSDIUSjOLVOHEFT7FSCBOEFTNJU,POUBNJOBUJPOTHFGBIS EVSDIEBT4UPNB
"CC %VSDIUSjOLVOHEFT7FSCBOEFTOBDI4UVOEFO
durch das Überwiegen der schädigenden Einflüsse im pathologischen Exsudat die Heilung gehemmt wird [12, 13, 26, 32, 36, 41, 42]. Die unterschiedlichen Eigenschaften von pathologischem Exsudat tragen auch
&YTVEBUNBOBHFNFOU
dazu bei, dass bisweilen dem erfahrenen Wundexperten die optimale Versorgung der chronischen Wunde problematisch erscheint [41]. Dieses liegt im Einzelfall nicht zuletzt an den Mengen an Exsudat, die bis zu 5, in wenigen Quellen auch bis zu 12 Liter pro Quadratmeter pro Tag beschrieben werden [13, 17]. Die Menge an gefördertem Exsudat selbst und die Messung dieser stellt erneut eine Herausforderung dar. Die Feststellung des Gewichtes der gewechselten Verbände wäre denkbar, bietet sich jedoch nicht immer an [6]. Die Beschreibung als ›wenig‹, ›mittel‹ und ›stark‹ hat sich traditionell durchgesetzt [6], obgleich hier eine subjektive Komponente nicht zu verneinen ist [6]. Entscheidender Parameter ist das Durchweichen des Verbandes (Abb. 1–3). Nach dem Durchweichen ist sowohl das Eindringen neuer Keime als auch die Kontamination des Umfeldes gegeben. Dieser Umstand ergibt die Konsequenz, vor dem Durchweichen den Verband zu wechseln. Dabei gibt die Verfärbung des Verbands schon den ersten Hinweis auf das Vorliegen einer bakteriellen Besiedelung. Dieses führt zu einer Vielzahl von Konsequenzen. Ähnlich dem chirurgischen Ansatz, eine gute Mikrozirkulation zu ermöglichen [42], Störfaktoren zu beseitigen [42] und eine gute nutritive Situation zu generieren [22], obliegen dem Exsudatmanagement vielfältige Ansprüche. Kontrolle des Wundödems und damit des Wundschmerzes, Verringerung der Exsudatmenge, Schutz des Wundrandes vor Mazeration [10], Vermeidung von Infektionen durch erschöpfte Verbände [15], feucht-warmes Klima in der Wunde [29, 43], oder gar Vermeidung von Infektionen durch nicht ideales Wundmanagement selbst [15] bilden nur einen Ausschnitt aus der Vielzahl der Anforderungen. Die Gesamtsituation ist jedoch nicht nur durch Anforderungen der Wunde, des Patienten [29], des behandelnden Arztes oder auch der Lebenssituation des Patienten gekennzeichnet, sondern möge auch im Rahmen standardisierter und kostenbewusster Maßnahmen zur schnelleren Heilung führen [46], da durch die hohe Anzahl chronischer Wunden den Kostenträgern hohe finanzielle Belastungen entstehen [5, 7, 8, 16, 41, 45, 46]. Fachgerechtes Exsudatmanagement unterliegt daher den Prämissen, Verbandswechsel möglichst selten durchzuführen [11] und dabei das feuchte Wundklima aufrechtzuerhalten [1, 3, 5, 6, 13, 16, 19, 30, 33, 43], ohne Nässe in der Wundregion zu schaffen [7, 10, 30]. Die Erkenntnisse der feuchten Wundbehandlung führen oft zu guten Heilungsergebnissen, wenn die Wunde einen Zustand erreicht hat, innerhalb dessen sie heilen kann
[34]; ohne sie sind viele Schritte der Heilung nicht oder nur reduziert möglich, wie etwa die Migration von Zellen in das Wundareal [1, 3]. Innerhalb der Wundbehandlung selbst gilt es daher, bei exsudierenden Wunden ein angemessenes Management zu bilden. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass mit Exsudation neben häufigen Verbandswechseln, einhergehend mit einer erneuten Kontamination von Behandelnden und Patienten durch Keime, auch Mazerationen des Wundrandes verbunden sind [6, 13– 16], die wiederum zu einer Vergrößerung der Wunde führen. Neben der klassischen Gaze-Kompresse stehen die Polyurethan-Schaumstoffe, die Hydrofaser, die Vakuumtherapie und hydroaktive Wundauflagen mit Superabsorbentien (Sorbion sachet) zur Verfügung [1, 7, 11, 18, 19, 22]. Abhängig von der Exsudation pro Fläche der Wunde innerhalb von 24 Stunden richtet sich die Wahl des Verbandmaterials nach vielen Eigenschaften der Wunde selbst. Dabei ist das Durchdringen des Exsudates durch den Verband eine Indikation zum Verbandswechsel, da sowohl das Durchdringen der Keime von innen nach aussen als auch umgekehrt stattfindet [15, 17]. Bei den Schaumstoffen kommt es zu einer Verfärbung der oberflächlichen Schichten, jedoch nicht zum Durchdringen. Bei zu großen Exsudatmengen fließt dieses an den Rändern heraus. Das Austreten des Wundexsudates führt zur Wundrandmazeration und zur Kontamination der Umgebung [6]. Dieses führt bei größeren Exsudatmengen zur vergleichsweise schnellen Erschöpfung von lokal überlasteten Verbänden und zu häufigem, zeit- und kostenintensivem Wechsel des Verbands [7, 41]. Es gilt als gesichert, dass der zu häufige Wechsel sowie die längere Phase von zu stark mit Exsudation behafteter Wundfläche als nicht wundheilungsförderlich anzusehen ist [10]. Besonders vorteilig ist die Tatsache, dass die Schaumstoffe auch bei sinkenden Exsudatmengen nicht mit dem Wundgrund verkleben. Die Hydrofaser zeichnet sich vor allem durch einen vertikalen Flüssigkeitstransport und einen effektiven Wundrandschutz aus (Abb. 4). Die Vakuumtherapie kontrolliert durch ein computergesteuertes Gerät die Wundexsudation. Sie kann nicht eingesetzt werden bei fehlender Compliance und bei definierten Kontraindikationen. Bei nur geringen Exsudatmengen ist die klassische Kompresse innerhalb von 24 Stunden ausreichend. Bei geringen und eher nur mäßigen Mengen an Exsudat sind die Schaumstoffe und die Hydrofasern sehr effektiv, sowohl vom Monitoring als auch von den Grundeigenschaften.
Wundauflagen mit Superabsorbentien (Sorbion sachet) haben sich in den letzten Jahren auch in Österreich einen festen Platz im Wundmanagement erarbeitet (Abb. 5). Dieses ist auf Leistungen des Produktes zurückzuführen, die eine einfache, sehr effiziente, kostengerechte sowie wundgerechte Versorgung ermöglichen. Die primärpräventiven Leistungen mit Blick auf aktiven Wundrandschutz sowie seine Eigenschaft, auf Klebstoffe zu verzichten und daher kaum ein Potential für Allergenisierung zu bieten, stehen dabei ebenso im Vordergrund. Bis dato sind keine allergischen Reaktionen oder Unverträglichkeiten gemeldet oder publiziert worden. Das physikalische Prinzip ist dem strukturellen Konzept einer modernen Inkontinenzeinlage entlehnt. Dabei nimmt das superabsorbierende Kunststoffgranulat Flüssigkeiten auf und schliesst diese ein, ohne diese dann wieder abzugeben, auch nicht auf mechanischen Druck. Dadurch werden die bekannte Geruchsminderung und Verhinderung eines flüssigkeitsgesättigten Wundgrundes in der Wundregion erzielbar. Die Aufgaben, die an moderne Wundversorgungsmaterialien gerichtet werden, sind mehrschichtig [2, 16, 19, 30, 35, 46, 47]. Die Auswahl des richtigen Verbandes ist nicht immer einfach, da kaum Leitlinien bestehen, obgleich die juristische Gesamtsituation eher sehr komplex ist [27]. Die Entwicklung neuer Verbände, die der Vielzahl an Anforderungen zumindest phasengerecht entsprechen, sollte eine dauerhafte Herausforderung aller sein. Bei mäßigen bis großen Exsudatmengen sind hydroaktive Wundauflagen mit Superabsorbentien bei den beschriebenen Indikationen ideale Exsudatmanager. Bei sinkendem Exsudatvolumen kommt es fallweise zu Verklebungen mit dem Wundgrund, was in wenigen Fällen beim Verbandswechsel mit Schmerzen verbunden sein kann. Deshalb kann es zu empfehlen sein, in dieser Phase ein bekanntes, nicht verhaftendes primäres Verbandsmittel hinzuzufügen. Die Senkung der Exsudationsmengen kann durch zwei pathosphysiologische Vorgänge erklärt werden. Auf der einen Seite stehen die bakterielle Eradikation und eine damit verbundene Normalisierung der Permeabilität der Gefäße. Die Beurteilung der alleinigen Potenz der bakteriellen Eradikation am Wundgrund war nicht Aufgabe dieser Dokumentation und wurde hier nicht einzeln geprüft. In Kombination mit antibakteriellen Wundauflagen war jedoch ein positiver Synergismus zu beobachten. Das zweite pathosphysiologische Prinzip der Exsudation ist bei den untersuchten Entitäten die venöse
(8P[OJBLVOE58JME
"CC 7FSUJLBMFT&YTVEBUJPOTNBOBHFNFOUCFJ)ZESPGBTFSWFSCjO EFO "RVBDFM"H BEjRVBUFS8VOESBOETDIVU[
"CC (VUFT&YTVEBUNBOBHFNFOUNJU4VQSBBCTPSCFSO 4PSCJO TBDIFU OBDI4UVOEFO
Insuffizienz. Hier fand sich eine signifikante Reduktion in der Exsudation in sehr kurzen Zeiteinheiten. Eine mögliche Erklärung ist, dass unter der Kompressionstherapie über einer insuffizienten Perforansvene die stärkste Exsudation stattfindet. Dies führt wiederum zur lokalen Quellung des Kunststoffgranulates, welches wiederum selektiv die pathologisch veränderte Perforansvene komprimiert. Diese Hypothese sollte in einer tiefergehenden Studie mit einer aussagekräftigen Fallzahl von Patienten kontrolliert werden. Die Hypothese unterstützt die Tatsache, dass die Ulcerationen in diesem Bereich eine deutlich erhöhte Heilungstendenz hatten. Neben der Proliferation des Granulationsgewebes war auch die Epithelisierung und damit die Wundgrößenreduktion, die digital vermessen wurde, deutlich beschleunigt. Dies kann wiederum durch einen verbesserten Abfluss erklärt werden.
&YTVEBUNBOBHFNFOU
Eine besondere Stärke dieser Wundauflage liegt im Wundrandschutz. Da das proteasenreiche und toxinbelastete Exsudat, welches zusätzlich eine bakterielle Belastung aufweist, physikalisch gebunden wird, kommt es auf der einen Seite nicht zu einer Wundrandmazeration und damit zu keiner Vergrößerung des Substanzdefektes der Wunde. Auf der anderen Seite wird durch die irreversible Bindung der Keime im Produkt ein Durchdringen des zumindest kontaminierten Materials verhindert und somit die horizontale wie vertikale Übertragung zwischen Patienten und Personal verhindert. Auch eine neuerliche Kontamination von außen nach innen wird auf diesem Wege verhindert. Aus streng mikrobiologischer Sicht werden durch einen solchen Ansatz des Managements von Exsudation und Keimbekämpfung Maßstäbe gesetzt, indem antiinfektive Leistungen ohne den Einsatz von Pharmakologie kausaltherapeutisch erzielbar werden. Die Vergesellschaftung von Beschleunigung der Wundheilung mit Keimzahlreduktion ist hinreichend in bekannter Literatur beschrieben. Es hat den Anschein, als reduziere sich durch die Entfernung von Exsudat vom Wundgrund die Ausbildung des Wundödems. Die Wundreinigung beschleunigt sich daher, so dass der Anstoß zur Granulation gegeben werden kann. Die Wundheilung findet ihren Beginn früher als bei Konzepten, die größere Mengen an Exsudat am Wundgrund belassen. Es scheint im Laufe der Anwendung von hydroaktiven Wundauflagen mit Superabsorbentien (Sorbion sachet) dazu zu kommen, dass der schädigende Einfluss von chronischem Exsudat reduziert wird. Die Hemmung der Proliferation, das chronische Zellödem, die Hemmung der Angiogenese scheinen zurückzugehen. Dieses bedarf einer näheren Untersuchung, um das Ausmaß dieses Effektes zu quantifizieren. In keinem Fall konnte das Aufkeimen einer Infektion beobachtet werden. Während Wunden nahezu nie als steril anzusehen sind, bildet sich an mancher Stelle aus einer Kontamination über eine Kolonisation eine Infektion. Dieses wird auch durch Eigenschaften von Keimen selbst unterstützt [28]. Der Literatur zufolge bildet darüber hinaus auch Exsudat einen Boden für Keimwachstum, so dass die Entfernung von Exsudat aus dem Wundbett sekundär einen funktionell antiinfektiven Einfluss zu haben scheint. Dieses ist in allen Fällen ein wünschenswerter Umstand, denn physikalische wie auch antibiotische keimhemmende Maßnahmen führen zu Zelltod der Keime und zum Freiwerden der Toxine, die im Wund-
geschehen oder gar in der Blutbahn unerwünscht sind [2, 4, 25, 45]. Vor dem Hintergrund der von unserer Seite abzulehnenden lokalen Antibiose, die jedoch teils empfohlen, jedoch vom Großteil abgelehnt wird [24, 31, 38, 39, 42] ist ein effektives Exsudatmanagement noch vor der Silbertherapie die wichtigste Strategie. Auch die Ausbildung des keiminduzierten Biofilms [20] konnte bis dato von keinem Verbandsstoff nachgewiesen werden.
1SGVOHTGSBHFO
1. Wie lange ist die physiologische Exsudationsphase? 2. Welche Verbandsstoffe sind für die Exsudationsphase geeignet? 3. Welche Eigenschaften sollten diese Verbandsstoffe haben? 4. Welche Gefahren kennen Sie bei Durchweichen des Verbandes? 5. Welche Ursachen der Exsudation kennen Sie?
-JUFSBUVS <> Blank I (2004) Moderne Wundversorgung in feuchtem Milieu. Notfall & Hausarztmedizin 30: 376–79 <> Blank I (2001) Wundversorgung und Verbandwechsel. W. Kohlhammer, Stuttgart <> Bolton LL, Karyn M, Pirone LA (2000) Moisture and healing: beyond the jargon. Dermatol Surg, Vol 27(9): 783–88 <> Breuing K, Kaplan S, Liu P, Onderdonk AB, Eriksson E (2003) Wound fluid bacterial levels exceed tissue bacterial counts in controlled porcine partial thickness burn infections. Plastic Reconstr Surg 2005 Aug 55(2): 781–88 <> BVMed Berlin: Informationsbroschüre Versorgung von Wunden, Deutsches Ärtzeblatt 99, Ausgabe 41, A-2670, B-2276, C-2140 <> Cameron J: Exudate and care of the peri-wound skin. Nurs Stand 19 (7): 62–68 <> Carter K (2003) Hydropolymer dressings in the management of wound exudate. Br J Community Nurs.. 8 (9 Suppl 1): 10–16 <> Coerper S, Schäffer M, Enderle M, Schott U, Köveker G, Becker HD (1999) Eine interdisziplinäre, diagnostische und therapeutisches Konzept für chronische Wunden. Der Chirurg 70: 480–84 <> Coerper S, Schäffer M, Enderle M, Schott U, Köveker G, Becker HD (2004) Korrekturmöglichkeiten der gestörten Wundheilung. Der Chirurg 75: 471–76 <> Collier M (2002 ) Wound-bed management: key principles for practise. Prof Nurse 18 (4): 221–25 <> ConvaTec München (1996) Braunalge für Wunden. Deutsches Ärzteblatt 93, Ausgabe 37 vom 13. 9., A-2339
<> Copson D (2002 ) Evaluating a new technique for the treatment of chronic wounds. Prof Nurse 17 (12): 729–33 <> Cutting KF (2002) Avoidance and management of periwound maceration of the skin. Prof Nurse 18 (1): 33–36 <> Cutting KF (2002) Maceration of the skin and wound bed 1: its nature and causes. J Wound Care 2 (7): 275–78 <> Cutting KF (2001) The causes and prevention of maceration of the skin. Prof Nurse 17 (3): 177–78 <> Cutting KF, White Richard J (2003) Interverntion to avoid maceration of the skin and wound bed. Br J Nurs 12: 1186–1201 <> Cutting KF (2003) Wound exudate: composition and functions. Br J Community Nurs 8 (9 Suppl): 4–9 <> Deutscher Ärzteverlag, Exsudative Wunden. Deutsches Ärtzeblatt 99, Ausgabe 41, A–2727, B–2319, C–2063 <> Deutscher Ärzteverlag, Wundversorgung. Deutsches Ärtzeblatt 99, Ausgabe 18, A–1251, B–1007, C–914 <> Donlan RM, Costerton JW (2002) Biofilms: survival mechanisms of clinically relevant microorganisms. Clin Microbiol Rev 15 (2): 167–93 <> Drinkwater SL, Smith A, Sawyer BM, Burnand KG (2002) Effect of venous ulcer exudates on angiogenesis in vitro. Br J Surg 89 (6): 709–13 <> Fleischmann W, Russ MK, Moch D (1998) Chirurgische Wundbehandlung. Der Chirurg: 69: 222–32 <> Göke A (1996) Das Syndrom des diabetischen Fußes. Krankenpflege J 34: 324–27 <> Grenzer-Scheidemantel G (1996) trockenen und feuchte Wundbehandlung bei Verbrennungen. Zentralblatt Chir 121: 92–94 <> Kramer A, Müller G, Winkler Y, Entfernung von Endotoxinen kann Wundheilung fördern. Pflegen ambulant, 14. Jg. 6/03, 52–53 <> Lauer G, Sollberg S, Cole M, Flamme I, Stürzebecher J, Mann K, Krieg T, Eming SA (2000) Expression and proteolysis of vascular endothelial growth factor is incereased in chronic wounds. J Invest Dermatol 115: 12–18 <> Martin M, Gretzinger B, Kohlschreiber A, Entstehung, Prophylaxe und Therapie von Durchliegegeschwüren. Deutsches Ärtzeblatt 97, Ausgabe 23, 06/2000, A–1605, B–1376, C–1279 <> McDevitt D, Nanavaty T, House-Pompeo K, Bell E, Turner N, McIntire L, Foster T, Höök M (1997) Characterization between the Staphylococcus aureus clumping factor (CIfA ) and fibrinogen. Eur J Biochem 247: 416–24 <> Mundipharma GmbH Limburg, Presseinformation (2004) Zwei Drittel weniger Transplantatverluste. Klinikarzt 33 (8 + 9) <> Ovens N, Fairhurst J (2002) Management of a heavily exuding, painful wound with necrotising subcutaneous infection. J Wound Care 11 (1): 25–27 <> Petersen U (1998) Wundversorgung bei Ulcus cruris: ein Wirkstoff in neuem »Gewand«. Deutsches Ärtzeblatt 95, Ausgabe 1–2 vom 05. 1., A–49, B–45, C–45 <> Phillips TJ (1998) Effect of chronic wound fluid on fibroblasts. J Wound Care 7 ( 10): 527–32 <> Reis B (1999) Die feuchte Wundbehandlung ist letztendlich billiger. Pflegezeitschrift 5/99: 365–66 <> Riepe G (2003) Management chronischer Wunden – Spielwiese für selbsternannte Spezialisten oder Aufgabe für den Gefäßchirurgen. Gefäßchirurgie 8: 277–81 <> Sass W (1997) »Intelligente« Verbandmaterialien: Für jede Wunde die passende Auflage. Deutscher Ärzteverlag, Deutsches Ärzteblatt 94, Ausgabe 17 vom 25. 4, A–1141, B–885, C–805
(8P[OJBLVOE58JME <> Schultz GS, Mast BA (1998) Molecular analysis of the environment of healing and chronic wounds: cytokines, proteases, and growth factors. Wounds 10 (Suppl F): 1–9 <> Singer AJ., Clark RAF (1999) Cutaneous wound healing. N Engl J Med 2, 341(10): 738–46 <> Smola H, Eming SA, Hess S, Werner S, Krieg Th (2001) Wundheilung und Wundheilungsstörungen: Moderne Konzepte zur Pathophysiologie und Therapie. Deutsches Ärteblatt 98, Ausgabe 43 vom 26. 10., A–2802, B–2387, C–2235 <> Voggenreiter, G, Dold C (2004) Wundtherapie: Wunden professionell beurteilen und erfolgreich behandeln. ThiemeVerlag, Stuttgart <> Vowden K, Vowden P (2003) Understanding exudate management and the role of exudate in the healing process. Br J Community Nurs 8 (11 Suppl): 4–13. <> Vuolo J (2004) Current options for managing the problem of excess wound exudate. Prof Nurse 19 (9): 487–91 <> Weise K, Schäffer M (2000) Strategies in the treatment of wound healing problems. Unfallchirug 103: 100–109 <> Weiß M (2004) Wundbehandlung mit Repithel: Spagat von Feuchte und Infektionsprophylaxe. Deutsches Ärtzeblatt 101, Ausgabe 24 vom 11. 6., A–1758, C–1410 <> White R (2001) Managing exudate. NTPlus 97 (14): 59–60 <> White RJ, Cutting KF (2003) Interventions to avoid maceration of the skin and wound bed. Br J Nurs 12 (20): 1186–201 <> Wynne R, Botti M, Stedman H, Holsworth L, Harinos M, Flavell O, Manterfield Ch (2004) Effect of three wound dressings on infection, healing, confort, and cost in patients with sternotomy wounds. Chest 125 (1): 43–49 <> Young T (2000) Managing MRSA wound infection and colonisation. NTPlus 96 (14): 14–16 <> Yuji Y, Kunihiko Y (2001) Cutaneous wound healing: an update. J Dermatol 28: 521–34
&YTVEBUNBOBHFNFOU # 4 QF[JFMMF1BUIPQIZTJPMPHJF VOE4QF[JFMMF.FUIPEFO (8P[OJBL
&JOGISVOH
In einer Zeit der feuchten Wundbehandlung erscheint die Thematik »Exsudatmanagement« eher historisch, doch geht es hier im Folgenden nicht um die Frage trockene versus feuchte Wundbehandlung, als vielmehr um die Unterschiede der feuchten Wunde und die damit verbundenen therapeutischen Probleme. Die exsudative Phase der Wundheilung ist die erste physiologische Reaktion einer Wunde, an die sich üblicherweise die resorptive und dann nach etwa 4 Tagen die proliferativ-regenerative Phase anschließt [1]. Genaugenommen müsste man aber sagen, dass es sich dabei um die physiologischen Heilungsabläufe einer akuten Wunde handelt, die jedoch keinesfalls als statische Prozesse angenommen werden dürfen. Jederzeit kann es auch bei einer zunächst zeit- und stadiengerechten Heilung einer »problemlosen« Wunde zu einer Stagnation im Heilungsverlauf kommen. Bleibt diese Stagnation über mehrere Wochen bestehen oder kommt es gar noch zu einer Verschlechterung der Lokalsituation, kann es so zu jedem Zeitpunkt des Wundheilungsverlaufs auch zur Chronifizierung einer Wunde kommen. Häufig zeichnen sich dann diese chronifizierten Wunden durch ein sehr ausgeprägtes Exsudationsverhalten aus, wie es bei verschiedenen Wundarten typisch ist. So liegen bei diabetischen Patienten oder auch bei Patienten mit einer venösen Insuffizienz besondere Umstände mit Mikrozirkulationsstörungen, Gerinnungsdefekten, zellulären Migrationsstörungen und auch vaskulären Permeabilitätsstörungen vor, die alle auch im Rahmen der Chronifizierung einer Wunde beschrieben wurden [6, 10, 31]. Therapeutisch von großer Bedeutung und oft auch gekennzeichnet durch große Behandlungsschwierigkeiten sind sicherlich die Wunden, bei denen die starke Exsudation nicht allein auf die posttraumatische Entzündung mit Anhäufung von Granulozyten und Makrophagen sowie die Ausschüttung einer Vielzahl von aktiven Mediatoren und der nachfolgenden Bildung des sogenannten Wundödems zurückzuführen ist, sondern bei denen die Exsudation ganz wesentlich durch eine gleichermaßen verursachte aber dann persistierende vaskuläre Permeabilitätsstörung hervorgerufen wird. Eben diese Permeabilitätsstörung ist für diabetische Patienten und auch Patienten mit einer relevanten venösen Insuffi-
zienz und einem venösen Ulcus als typisch beschrieben worden [4, 28]. So ist an Gewebeproben aus dem Ulcusgrund verschiedener ulcerativer Erkrankungen gezeigt worden, dass das kapilläre Endothel im Bereich chronischer Ulcera deutliche Unterbrechungen aufweist [4, 10]. Diese Diskontinuitäten des Endothels werden als Unterbrechung der endothelialen Schranke und Orte der Transudation von plasmatischen Bestandteilen interpretiert [4, 25, 43]. Insbesondere bei Patienten mit einem venösen Ulcus wurde auch hinreichend festgestellt, dass es durch die verstärkte Permeabilität zum Austritt von Makromolekülen wie dem Fibrinogen und Fibrin kommt, welches sich dann als Fibrinmanschette um einzelne Kapillargefäße legt und so zwar nicht wesentlich den Sauerstofftransport verhindert, wohl aber die nutritive Funktion der Gefäße im Wundbereich einschränkt, die Kapillarsprossung zu beeinflussen scheint und schrankenrelevante Funktionen wie Filtration und Absorption einschränkt. Durch den transvaskulären Austritt von großen Proteinen kommt es folgend ebenfalls vermehrt zum »Wasseraustritt«, so dass sich die Wunde dann oft extrem belegt und ausgesprochen exsudativ darstellt. Diese Makromoleküle, die durch Proteasen im Wundbereich angedaut werden, haben dann keine nennenswerte Bedeutung mehr für die Ausbildung einer komplexen Matrix, die sonst eine ganz wesentliche Voraussetzung für das Einwandern von Fibroblasten darstellt [2]. Neben den eingangs erwähnten Erkrankungen, die sich durch eine verstärkte Permeabilität auszeichnen, kann auch eine komplette Zerstörung von Endothelzellen durch mechanische Traumata (z. B. interventionelle Verfahren) oder durch Komplementaktivierung mit nachfolgender Bildung des zytolytischen Komplexes [22] über unterschiedlichste Stimuli zu einer Veränderung der Zellmorphologie führen und damit auch die Permeabilität via Interzellulärraum steigern [13, 15, 20, 23, 27, 29, 32]. Toxine und verschiedene Mediatoren wie Histamin, Serotonin, Bradykinin und auch Thrombin sind bekannt für ihre Endothel-permeabilisierende Wirkung, doch gibt es nur wenige Kenntnisse über Substanzen oder Strategien, die einem solchen permeabilisierenden Effekt entgegenwirken könnten und die klinisch auch einsetzbar wären. So sind auch die therapeutischen Ansätze wirkungslos, die bei bereits gestörter Makromolekülpermeabilität den intravaskulären onkotischen Druck steigern wollen. Sicherlich bietet hier die »feuchte Wundbehandlung« oder auch der Vakuum assistierte Wundverschluss eine ausreichende Möglichkeit einer optimierten Wundbehandlung, doch besteht eigentlich ein grundlegendes
therapeutisches Ziel in der Verminderung oder gar Vermeidung einer pathologisch gesteigerten vaskulären Permeabilität. Natürlich trifft die »gezielte Exsudatbindung« in einer chronischen Wunde einen Kern der »feuchten Wundbehandlung«, so dass eine Vielzahl unterschiedlicher Verbandsstrategien und Verbandsmaterialien auf dem Markt erhältlich sind, die ein Exsudatmanagement ermöglichen. Im Hinblick auf das Exsudatmanagement unterscheiden sich die durchaus sehr unterschiedlichen Produkte oder auch Produktkombinationen durch ihre Wasserbindungsfähigkeit und menge. Die Auswahl dieser einzelnen Produkte für den klinischen Einsatz folgt jedoch in der Regel nicht präferentiell der Wasserbindungskapazität, sondern anderen Behandlungskriterien wie Okklusion, Kompression, Infektion, Granulationszustand oder Wundrandsituation. Mit diesen verschiedensten Verbandsmaterialien kann man in der Regel auch die gesteigerte Exsudation behandeln oder gar günstig für die Wundheilung ausnutzen. Dennoch gibt es immer die Wunden, bei denen die Exsudatmenge unglaublich groß ist und deshalb zu einem Kernziel der Behandlung wird. Gelingt es dabei nicht die Wundexsudation in einer angemessenen Zeit behandlungsadäquat zu modifizieren, dann muss sicherlich von einer wesentlich gestörten Barrierefunktion der gesamten Gefäßstrombahn in einer solchen Wundzone ausgegangen werden. Damit wird hier wird die »Gefäßdurchlässigkeit« zu einem relevanten Behandlungsziel. Die Permeabilität sollte vermindert werden, um zum einen die Extravasation von Makromolekülen zu verhindern und zum anderen, um damit den permanenten Exsudatnachstrom einzudämmen. Dieser Effekt ist nicht nur für den Patienten dadurch von großer Bedeutung, dass die Verbandsfrequenz deutlich minimiert werden kann und auch der Geruch insbesondere bei den Okklusionsverbänden leichter zu ertragen ist, sondern auch hinsichtlich einer möglichen Deckung der Wunde mit Haut (Vollhaut, Spalthaut oder auch mit kultivierten Keratinozyten) im Sinne eines Wundprimings. [43, 44]. Mit der lokalen Anwendung von Faktor XIII (Fibrogammin HS, Behringwerke, Marburg) haben wir eine Möglichkeiten gefunden, die endotheliale Schranke gezielt auch dann zu stabilisieren, wenn sich der pathologische Einfluss äußerer Faktoren auf die Schranke selbst nicht mehr vermeiden lässt.
(8P[OJBLVOE58JME 1FSNFBCJMJUjU %JFFOEPUIFMJBMF4DISBOLF
Für die strukturellen Besonderheiten der Endothelbarriere sind die verschiedenen interendothelialen Verbindungs- und Kontaktstellen verantwortlich, die je nach Organlokalisation wiederum unterschiedlich stark ausgeprägt sind [9]. So findet man ein sehr komplexes Zell-Zell-Verbindungssystem in Arteriolen, wohingegen die Endothelzellen in postkapillären Venolen nur sehr ungeordnet miteinander verbunden sind. Gap Junctions sind hier kaum vorhanden und etwa 30 % der Verbindungen sind offen [37]. Man kann bei den Zell-Zell-Kontakten Tight Junctions (Zonula occludens), Adherens Junctions (Zonula adhaerentis), Gap Junctions (Zonula comunicans, Nexus) und Focal Adhesion Plaques ( focale Adhesionsstellen) unterscheiden [9]. Tight Junctions stellen für Makromoleküle eine undurchlässige Verbindung dar und sind der wesentliche Kontaktmechanismus zwischen Endothelzellen der Hirnkapillaren. Weiterhin sind die Adherens Junctions für den Zell-Zell-Kontakt von großer Bedeutung [23, 36]. Auch diese Verbindungsstellen sind komplexe Strukturen, die durch transmembranäre Adhesionsproteine gebildet werden, die ihrerseits mit einem ganzen Maschenwerk von zytoplasmatisch gelegenen Strukturproteinen assoziiert sind [11]. Die endothelialen Adherens Junctions werden von transmembranär liegenden VE-Cadherinen gebildet, die auf ihrer zytoplasmatischen Seite an einen Proteinkomplex aus Cateninen, Vinculin und α-Actin gebunden sind [9]. Von ihnen wird vermutet, dass sie die eigentliche Permeabilitätsbarriere in muskulären (z. B. Herz) Gefäßgebieten darstellen. Es ist gezeigt worden, dass diese Adhesionsstrukturen sehr schnell durch verschiedenste Mediatoren wie Thrombin, Bradykinin oder Histamin nach Rezeptorbindung und dadurch eingeleiteter Signaltransduktionskaskade in ihrer Funktionalität und Architektur modifiziert werden können [14]. Obwohl verschiedene Autoren die endotheliale Schrankenstörung auch auf einen veränderten vesikulären Transport zurückführen [38], hat rein rechnerisch der aktive transendotheliale Substratfluß für den schnellen Transport von Makromolekülen nur eine untergeordnete Bedeutung [23], so dass eine gesteigerte Permeabilität im Wesentlichen auf die Beeinträchtigung der endothelialen Integrität und damit auf die Vergrößerung der interzellulären Zwischenräume zurückgeführt werden kann [9, 13, 14].
&YTVEBUNBOBHFNFOU
Interessanterweise gibt es verschiedene Proteine oder Peptide, die eine wichtige Rolle innerhalb der Hämostase spielen und gleichzeitig auch einen Einfluß auf die endotheliale Barrierenfunktion ausüben, indem sie permeabilisierend wirken [13, 40]. Thrombin beispielsweise initiiert nicht nur die Fibrinbildung sowie eine Thrombozytenaktivierung, sondern wirkt am Endothel als eine Art parakrines Hormon [33, 40]. Am Endothel stehen dem Thrombin zwei Rezeptoren zur Verfügung. Die Bindung an Thrombomodulin führt zu einer Aktivierung des Protein C und zu einer anschließenden Inaktivierung des Thrombins. Die Bindung an den eigentlichen Thrombinrezeptor führt dagegen sowohl zur Bildung und Freisetzung von vasoaktiven Substanzen wie dem Prostazyklin, dem Endothelin (ET-1) und dem Stickstoffmonoxid (NO), als auch zur Induktion eines »postreceptor signaling pathways« [13, 33]. Mit der Bindung an den Thrombinrezeptor kommt es nach Komplexierung mit einem G-Protein zur Aktivierung der Phospholipase C (PLCβ), die ihrerseits zur Bildung von Inositol-1,4,5-triphosphat (IP3) und Diacylglycerol führt. IP3 verursacht anschließend einen Anstieg der zytoplasmatischen Ca2+-Konzentration durch Entspeicherung des endoplasmatischen Retikulums (ER) [39]. Das freigesetzte Ca2+ führt dann nach Bindung an Calmodulin (CaM) zu einer Aktivierung der Myosin-Leichtkettenkinase (MLKK), in deren Folge es zur Phosphorylierung der Myosin-Leichtketten und damit zur Aktivierung des kontraktilen Apparates der Endothelzellen kommt [12, 13]. Die Aktivierung des kontraktilen Apparates verursacht eine aktive Kontraktion, in deren Folge sich die Interzellulärräume vergrößern und damit die Permeabilität des Endothels gesteigert wird [23]. Zusätzlich zu dieser kontraktionsbedingten, aktiven Veränderung der Zellform sind passive Vorgänge mit Zerfall der Zell-ZellArchitektur ein weiterer Mechanismus, der zu einem Anstieg der Permeabilität führen kann [23]. Durch den zytoplasmatischen Ca2+-Anstieg kommt es dabei zur Aktivierung der Proteinkinase C (PKC), die unter anderem eine Phosphorylierung von Vinkulin bewirken kann, einem 130 kDa-Vernetzungsprotein, das auf zytoplasmatischer Seite die strukturelle Stabilität der Cadherine beeinflusst [17, 18, 23, 29]. Nach Phosphorylierung von Proteinen der Zelladhesionsstrukturen zerfällt die reißverschlussartige Vernetzung der transmembranären Cadherine, so dass der Zell-Zell-Kontakt im Bereich der Adherens Junctions wesentlich an struktureller Stabilität einbüßt [29].
'BLUPS9*** 'JCSJOTUBCJMJTJFSFOEFS'BLUPS
Faktor XIII (F XIII) ist eine Transglutaminase, die im Plasma als inaktives Zymogen zirkuliert. Im Plasma liegt der F XIII als tetramerer Komplex vor, der aus jeweils zwei A- und zwei B-Ketten besteht (A2B2). Die intrazelluläre Homodimer-Form kommt in Monozyten, Megakaryozyten (Knochenmark), Thrombozyten (αGranula), Alveolar-, Peritoneal- und Tumor-assoziierten Makrophagen, sowie in Makrophagen aus dem Uterus und der Prostata vor [25]. Trotz des streng unterschiedlichen Vorkommens der tetrameren und homodimeren Form besteht eine absolute Homologie der A-Ketten des extra- und intrazellulären F XIII. Ausschließlich die A-Kette enthält das aktive Zentrum (Cys314), das Aktivierungspeptid, die Thrombinbindungsstelle (Arg37-Gly38) und die Calciumbindungsstelle. Das Molekulargewicht des plasmatischen F XIII liegt bei etwa 320.000 d, die Plasmakonzentration wird bei einem normalen Erwachsenen mit 20–30 µg/ml angegeben. Das Molekulargewicht einer A-Kette liegt bei etwa 72.000 d, das einer B-Kette bei etwa 88.000 d. F XIII gehört zur Gruppe Calcium-abhängiger Enzyme und die spezifische Funktion des F XIII besteht nach seiner Aktivierung (F XIIIa) in der Bildung von kovalenten Isopeptidbindungen zwischen einer γ-Carbonylgruppe von peptidgebundenem Glutamin und der ε-Aminogruppe von Lysin. Die Aktivierung des Zymogens (F XIII → F XIIIa), im Wesentlichen durch Thrombin in Anwesenheit von Calcium (nicht-gebundenes Fibrin ist ein Aktivierungs-Akzellerator), ist ein mehrstufiger Prozess, der letztendlich zur Präsentation des aktiven Zentrums führt [21]. Zusätzlich zu der funktionellen Spezifität des aktivierten F XIII (F XIIIa) zeichnet sich diese Transglutaminase auch durch ein hohes Maß an Substratspezifität aus, obwohl verschiedenste Proteine (Fibrin, Fibrinogen, α2-Antiplasmin, Fibronektin, vWF, Aktin, Myosin, Thrombospondin, Kollagen und sogar Vinkulin) als Substrat bei einer Vernetzungsreaktion beteiligt sein können [8, 25]. Die am besten charakterisierte und klinisch ebenfalls bekannteste Vernetzungsreaktion betrifft die Bildung von kovalent verbundenen Fibrinpolymeren, die für die Stabilität eines Thrombus bei der Blutgerinnung notwendig ist [25, 26]. Ebenfalls kann durch eine Transglutaminasereaktion Fibrin an α2Antiplasmin gebunden werden. Damit hat der F XIII nicht nur eine wesentliche Rolle bei der Blutgerinnung, sondern auch innerhalb der Fibrinolyse, da er durch seine Vernetzung unmittelbar regulativ in die Balance zwischen Bildung und Lyse eines Thrombus eingreift [35, 42].
(8P[OJBLVOE58JME
"CC "°% KjISJHF1BUJFOUJONJUFJOFN6MDVTNJYUVN EBTCFSFJUTWPS.POBUFONJUFJOFN.FTIHSBGUHFEFDLUXVSEF&UXB.P OBUFOBDIEFSFSTUFO.FTI%FDLVOHJTUFT[VFJOFSFSOFVUFO6M[FSBUJPOHFLPNNFO XPCFJOVO[VTjU[MJDIEJF8VOETJUVBUJPOEVSDIFJOF FOPSNF&YTVEBUJPOWFSLPNQMJ[JFSUXVSEF EJFUSPU[BMMFSBOHFNFTTFOFO7FSCBOETNBOBINFOOJDIUBVTSFJDIFOECFIFSSTDICBSXBS " #FJ FJOFNEJTUBMFO1FSGVTJPOTJOEFY "#* WPO VOEJOTHFTBNUTDIMFDIUFS(FGjTJUVBUJPOXVSEFFSOFVUFJO8VOEWFSTDIMVTTPIOFBSUFSJFMMF 3FLPOTUSVLUJPOBOHFTUSFCU%B[VFSGPMHUF[VOjDITUPQFSBUJWEJFLPNQMFUUF'BTDJFLUPNJFCJTJOEJF4FIOFOMPHFOVOEBVGEJFWFOUSBMF5JCJB # *OUSBPQFSBUJWFSGPMHUFEJF"QQMJLBUJPOWPO'BLUPS9***BVGEBT8VOEHFCJFU TPXJFFJONJOUJHFT#BEEFT.FTI(SBGUTJO'BLUPS9***[VN 8VOEQSJNJOH*OEFSQPTUPQFSBUJWFO1IBTFXVSEFOEBOOBMMF7FSCBOETXFDITFMNJU-PLBMBQQMJLBUJPOWPO'BLUPS9***EVSDIHFGISU XPCFJEJF &YTVEBUNFOHFFGGFLUJWNJOJNJFSUXVSEFVOEEFS(SBGUUSPU[FSIFCMJDIFJOHFTDISjOLUFS"VTHBOHTTJUVBUJPOJOOFSIBMCFJOFS'SJTUWPO8PDIFO GFTU[VS"OIFJMVOHLBN $VOE%
Allen bekannten Proteinen, die dem aktivierten F XIII (F XIIIa) als Substrat dienen, ist gemeinsam, dass sie relativ groß sind, dass sie im Wesentlichen Adhäsivproteine sind, dass sie im Plasma oder in blutnahen Zellen (Thrombozyten) vorkommen, und dass sie alle an der Bildung von makromolekularen Komplexen an zellulären oder subendothelialen Oberflächen beteiligt sind [25]. Die funktionelle Zusammengehörigkeit des F XIII mit diesen Proteinen legt die Vermutung nahe, dass er eine wesentliche Rolle bei der Gewebereparatur und Wundheilung [3, 5, 34], sowie möglicherweise auch bei Mechanismen der Atherosklerose und dem Tumorwachstum spielt [19].
&YTVEBUNBOBHFNFOU
Im Rahmen der chronischen Wundheilungsstörungen sind es besonders Patienten mit diabetischen oder chronisch-venösen Ulcera der unteren Extremität, die sich häufig mit einer nur schwer behandelbaren Wundexsudation vorstellen. Trotz der unterschiedlichen Pathogenese beider Erkrankungen haben beide Ulcusformen durch die erhöhte Gefäßwandpermeabilität eine wesentliche Gemeinsamkeit [30]. Bei Diabetikern wird unter anderem die Bildung und Endothelbindung von AGEs (Advanced Glycosylation Endproducts) als Ursache der Barrierestörung angenommen [6]. Im Falle des chronisch-venösen Ulcus
&YTVEBUNBOBHFNFOU
wird die Schrankenstörung ganz entscheidend auch durch die peripher-venöse Hypervolämie und Hypertonie verursacht [41]. Bei beiden Ulcusformen hat man die gestörte Endothelbarriere mit Hilfe der FluoreszenzVideomikroskopie bereits darstellen können [4, 24]. Basierend auf der Annahme, daß bei einem hohen Konzentrationsgradienten ein Teil eines lokal in die Wunde applizierten Proteins in das luminale Kompartment resorbiert wird und dort einen Einfluss auf die Barriere nehmen kann, entwickelten wir die Hypothese, dass nach lokaler Applikation der Faktor XIII durch einen bislang unbekannten Mechanismus zu einer Stabilisierung der primär bei dieser Erkrankung gestörten Endothelbarriere beiträgt. Obwohl zwischen dem Faktor XIII und der endothelialen Oberfläche bislang keine direkte Interaktion bekannt war, wurde diese Hypothese zusätzlich durch die Ergebnisse einiger anderer Gruppen unterstützt [44]. So konnten Hirahara et al. in einer tierexperimentellen Arbeit zeigen, dass Faktor XIII die reaktiv gesteigerte Permeabilität von Meerschweinchenhaut nach Applikation eines antiendothelialen Antiserums fast vollständig verhinderte [16]. Zur topischen Applikation werden üblicherweise 250 E Faktor XIII in 4 ml physiologischer Kochsalzlösung gelöst und anschließend mit einer Spritze mit sehr dünner Kanüle oder mit einem Vernebelungsaufsatz auf die möglichst horizontale Wundfläche gebracht. Die Lösung verbleibt anschließend für 10 bis 15 Minuten auf der Wunde, bis anschließend ein Verband mit einer trockenen Mullkompresse, selber bedeckt von ausreichend Fettgaze, angelegt wird. Danach wird die Extremität je nach Grundleiden mit oder ohne Kompression gewickelt. Sollte die Wundfläche deutlich größer sein als eine Handfläche, verwenden wir in der Regel 2 x 250 E für den Verband. Verbleibt bei geringerer Größe der Fläche noch gelöster Faktor XIII in der Spritze, obwohl die Wundfläche komplett benetzt ist, dann wird die Mullkompresse unter der Fettgaze mit der verbliebenen Lösung getränkt. Wir applizieren ab der ersten Behandlung 250 E/Tag, es sei denn die Wundfläche ist entsprechend groß (s. o.). In der zweiten Woche kommt es zu einer Dosisreduktion auf 1 x 250 E / jeden 2. Tag und 1 x 250 E / jeden 3. Tag ab der 3. Woche für maximal 6 Wochen Gesamttherapiezeit. Bei den Patienten, die auch nach Dosisreduktion eine weiterhin gute Wundheilungstendenz gezeigt haben, konnten wir im allgemeinen auch bessere Dauerergebnisse erzielen, als bei den Patienten, bei denen während der Reduktion erneut eine Verschlechterung mit ebenfalls zunehmender Exsudation zu beobach-
ten war. Zeigt sich innerhalb einer Behandlungsdauer von 3 Wochen keine Verbesserung der Wundsituation, dann wird diese Behandlung ausgesetzt. Während der Lokalbehandlung mit F XIII wird bis auf den Verband selbst auf jede weitere Lokalmaßnahme verzichtet. Sowohl eine relevante lokale Infektion, als auch eine systemische Infektion stellt bisher noch eine unklare Indikationssituation dar. Das Vorhandensein von Nekrosen im Wundbereich stellt nach unserem aktuellen Kenntnisstand sicher ein Ausschlusskriterium dieser Behandlung dar. Über einen Anwendungszeitraum von mehreren Jahren konnten wir feststellen, dass die Lokalapplikation von Faktor XIII in den meisten Fällen die Granulation deutlich verbessern konnte [41]. Bei fast allen behandelten Patienten fanden wir weitgehend unabhängig vom Effekt auf die Granulation zusätzlich eine Reduktion der Wundexsudation innerhalb von wenigen Tagen [41, 43]. Bei keinem der behandelten Patienten beobachteten wir irgendeine Nebenwirkung bei der topischen Anwendung. Ausgezeichnete Erfahrungen konnten wir bei der Lokalanwendung bei diabetischen Patienten machen, bei denen wir selbst stark sekretierende Weichteildefekte nach Knochen- oder Gelenkresektion zur raschen Abheilung bringen konnten. Speziell bei den Patienten mit einem Ulcus cruris venosum auf der Basis eines postthrombotischen Syndroms, die initial wegen eines schweren lokalen Infektes oder wegen zunehmender Schmerzintensität und Verschlechterung der Lokalsituation (trotz verschiedener vorangegangener Behandlungen und trotz Einhalten der physikalischen Basismaßnahmen) stationär aufgenommen wurden, konnten wir nach durchschnittlich 3,6 Wochen der Lokaltherapie eine so deutliche Verbesserung der Lokalsituation feststellen, dass die weitere ambulante Behandlung möglich wurde. Bei einer kleinen Gruppe von 11 Patienten (innerhalb der Ulcus cruris venosum Gruppe), die zusätzlich mit einer Hautdeckung behandelt wurden, konnten wir durch Anwendung von F XIII als Wundpriming, intra- und postoperativ sowohl die Rate an »schwimmenden« Hauttransplantaten trotz primär stärkster Sekretion drastisch minimieren, als auch ein gutes Wundheilungsergebnis ohne weitere Lokalmaßnahmen erreichen. In der Konsequenz für die klinische Anwendung bedeutet dieses Ergebnis, dass mit dem aktivierten F XIII möglicherweise ein körpereigenes Protein zur Verfügung steht, das in Situationen einer pathologisch gesteigerten Permeabilität der Gefäße, wie beim Diabetes mellitus oder bei chronisch venösen Ulcera, einen neuen thera-
peutischen Ansatz zur Stabilisierung der Endothelbarriere bieten könnte.
1SGVOHTGSBHFO
1. Welche pathophysiologische Gemeinsamkeit besteht zwischen einer Wunde bei einem längerfristig bestehenden Diabetes mellitus und einer Ulcuswunde bei einer chronisch venösen Insuffizienz? 2. Durch welche Strukturen wird die endotheliale Barriere gebildet? 3. Welche Umstände führen zu einer Einschränkung der Barriereleistung? 4. Was ist der Faktor XIII? 5. Welche Wirkung hat Faktor XIII am Endothel?
-JUFSBUVS <> Altmeyer P (1996) Der Wundheilungsprozess aus heutiger Sicht. In: Wundheilung und Wundauflagen (Sedlarik KM, Lippert H, Hrsg). Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 32–35 <> Barry EL, Mosher DF (1988) Factor XIII crosslinking of fibronectin al cellular matrix assembly sites. J Biol Chem 263 (10): 464–469 <> Benfer J, Struck H (1977) Factor XIII and fracture healing. Eur Surg Res 9: 217–223 <> Bollinger A, Herrig I, Fischer M, Hoffmann U, Franzeck UK (1995) Intravital capillaroscopy in patients with chronic venous insufficiency and lymphoedema: relevance to Daflon 500 mg1. Int J Microcirc 15 (Suppl 1): 41–44 <> Bruhn HD, Cristhophers E, Pohl J (1978) Einflüsse des Gerinnungs- und Fibrinolysesystems auf den Wundheilungsprozess und die Thrombusorganisation. Verh Dtsch Ges Inn Med 84: 1345–48 <> Bucala R, Tracey KJ, Cerami A (1991) Advanced glycosylation products quench nitric oxyde and mediate defective endothelium-dependent vasodilatation in experimental diabetes. J Clin Invest 87: 432–38 <> Claes L, Burri C, Gerngroß H, Mutschler W (1984) Die Beschleunigung der Frakturheilung durch F XIII. Helv Chir Acta 51: 209–12 <> Cohen I, Blankenberg TA, Borden D, Kahn DR, Veis A (1980) Factor XIIIa-catalyzed cross-lincking of platelet and muscle actin. Regulation by nucleotides. Biochim Biophys Acta 628: 365–75 <> Dejana E, Plantier J-L (1996) Molecular organization of endothelial cell to cell junctions. In: Vascular endothelium: Responses to injury (Catravas JD, ed). Plenum Press, New York, 167–171 <> Dormandy JA (1995) Microcirculation in venous disorders: The role of white blood cells. Int J Microcirc 15 (Suppl 1): 3–8 <> Franke WW, Cowin P, Grund C, Kuhn C, Kepprell HP (1988) The endothelial junction: the plaque and ist components. In:
(8P[OJBLVOE58JME Endothelial cell biology in health and disease (Simionescu N, Simionescu M, eds), 147–66 <> Garcia JGN, Patterson C, Bahler C (1993) Thrombin receptor activating peptides induce Ca2+ mobilization, barrier dysfunction, prostaglandin synthesis, and platelet-derived growth factor mRNA expression in cultured endothelium. J Cell Physiol 156: 541–49 <> Garcia JGN, Verin AD, Schaphorst KL (1996) Regulation of thrombin-mediated endothelial cell contraction and permeability. Sem Thromb Hemost 22: 309–15 <> Gottlieb AI, Langille BL, Wong MKK, Kim DW (1991) Biology of disease: Structure and function of the endothelial cytoskeleton. Lab Invest 65: 123–37 <> Hempel A, Noll T, Muhs A, Piper HM (1996) Functional antagonism between cAMP and cGMP on permeability of coronary endothelial monolayers. Am J Physiol 270: H1264–H1271 <> Hirahara K, Shinbo K, Takahashi M, Matsuishi T (1993) Suppressive effect of human blood coagulation factor XIII on the vascular permeability induced by anti-guinea pig endothelial cell antiserum in Guinea pigs. Thromb Res 71: 139–48 <> Jacobson BC, Pober JS, Fenton JW 2nd, Ewenstein BM (1992) Thrombin and histamine rapidly stimulate the phosphorylation of the myristoylated alanine-rich C-kinase substrate in human umbilical vein endothelial cells: evidence for distinct patterns of protein kinase activation. J Cell Physiol 152: 166–176 <> Karniguian A, Zahraoui A, Tavitian A (1993) Identification of small GTP-binding rab proteins in human platelets: thrombin-induced phosphorylation of rab3B, rab6, and rab8 proteins. Proc Natl Acad Sci USA 90: 7647–7651 <> Kloczko J, Wojtukiewicz M, Bielawiec M, Zarzycka B, Kinalska I (1986) Plasma factor XIII and some other haemostasis parameters in patients with diabetic angiopathy. Acta Haematol 76: 81–85 <> Kuhne W, Besselmann M, Noll T, Muhs A, Watanabe H, Piper HM (1993) Disintegration of cytoskeletal structure of actin filaments in energy-depleted endothelial cells. Am J Physiol 264: H1599–H1608 <> Lorand L (1986) Activation of blood coagulation factor XIIIa. Ann NY Acad Sci 485: 144–158 <> Lucchesi BR (1994) Cardiac reperfusion injury. In: Reperfusion injuries and clinical capillary leak syndrome (Zikria BA, Oz MO, Carlson RW, eds). Futura Publishing Company, Armonk New York, 171–202 <> Lum H, Malik AB (1994) Regulation of vascular endothelial barrier function. Am J Physiol 267: L223–L241 <> Mayhan WG (1990) Effect of diabetes mellitus on disruption of the blood-brain barrier during acute hypertension. Brain Res 534: 106–110 <> McDonagh J (1993) Biochemistry of fibrin-stabilizing factor (XIII). In: Factor XIII (McDonagh J, Seitz R, Egbring R, eds). Schattauer Verlag, Stuttgart, 2–8 <> McDonagh J (1995) Biochemistry of factor XIII and fibrin stabilization. Blood Coagul and Fibrinolysis 6: 334 <> Mertens S, Noll T, Spahr R, Krützfeldt A, Piper HM (1990) Energetic response of coronary endothelial cells to hypoxia. Am J Physiol 258: H689–H694 <> Mirastschijski U, Haaksma CJ, Tomasek JJ, Agren MS (2004) Matrix metalloproteinase inhibitor GM 6001 attenuates keratinocyte migration, contraction and myofibroblast formation in skin wound. Exp Cell Res; 299: 465–475 <> Muhs A, Noll T, Piper HM (1997) Vinculin phosphorylation
&YTVEBUNBOBHFNFOU and barrier failure of coronary endothelial monolayers under energy depletion. Am J Physiol 273: H608–H617 <> Nawroth PP, Lu J, Abel M, Zhang Y, Riedesel FzE J, Bierhaus A, Liliensiek B, Vettermann Th, Lin J, Kapserk C, Ziegler R (1993) Endothelzellstimulation durch AGE – Ein In-vitro-Modell diabetischer Spätschäden. In: Diabetes und Angiopathie (Hasslacher C, Spanuth E, Hrsg). Springer, Berlin Heidelberg, 33–37 <> Nemes Z, Thomazy V (1988) Factor XIIIa and the classic histiolytic markers in malignant fibrous histiocytoma: a comparative immunohistochemical study. Hum Pathol 19: 822–829 <> Noll T, Muhs A, Besselmann M, Watanabe H, Piper HM (1995) Initiation of hyperpermeability in energy-depleted coronary endothelial monolayers. Am J Physiol 268: H1462–H1470 <> Ogletree ML (1995) Thrombin receptor-mediated signaling in endothelial cells. In: The endothelial cell in health and disease (Vane JR, Born GVR, Welzel D, eds). Schattauer, Stuttgart, 85–96 <> Payé M, Lapière CHM (1986) Wundheilung: Der Beitrag des Gerinnungsfaktors XIII. Die gelben Hefte 26: 128–135 <> Reed GL, Matsueda R, Haber E (1992) Platelet factor XIII increases the fibrinolytic resistance of platelet-rich clots by accelerating the crosslinking of α2-antiplasmin to fibrin. Thromb Haemost 68: 315–320 <> Renkin EM, Crone C (1996) Microcirculation and capillary exchange. In: Comprehensive human physiology (Greger B, Windhorst U, eds). Springer, Berlin Heidelberg, 1965–79 <> Simionescu N (1991) Endothelial transport macromolecules: transcytosis and endocytosis. Cell Biol Rev 25: 5–80 <> Simionescu M, Ghitescu L, Fixman A, Simionescu N (1987) How plasma macromolecules cross the endothelium. NIPS 2: 97–100
<> Tiruppathi C, Lum H, Andersen TT, Fenton JW 2d, Malik AB (1992) Thrombin receptor 14-amino acid peptide binds to endothelial cells and stimulates calcium transients. Am J Physiol 263: L595–601 <> van Hinsbergh VWM (1996) Role of thrombin and plasminogen activators, essential proteases of the coagulation and fibrinolysis cascades, in fibrin homeostasis and vascular cell activation. In: Vascular endothelium: Responses to injury (Catravas JD, ed). Plenum Press, New York, 45–60 <> Wozniak G, Dapper F, Alemany J (1996) Factor XIII in ulcerative leg disease: background and preliminary clinical results. Sem Thromb Haemost 22: 445–50 <> Wozniak G, Montag H, Alemany J (1993) Correlation between results of regional thrombolysis with rtPA in patients with deep vein thrombosis and coagulation status before therapy: prediction value of F1+2 and D-Dimer. Proc Eur Congress Int Union of Phlebology, Budapest 1993, Multi-Science Publishing, 440–45 <> Wozniak G, Noll T, Dapper F, Piper HM, Hehrlein FW (1998) The fibrin-stabilizing factor as a topical means for leg ulcer healing: biochemical and experimental properties and clinical results. Int J Angiology 7: 109–14 <> Wozniak G, Noll T, Hehrlein FW (1999) Einfluss von Faktor XIII auf die endotheliale Barriere – Klinik und Experiment. In: Klinische Aspekte des Faktor-XIII-Mangels (Egbring R, Seitz R, Wozniak G, Hrsg). Karger, Basel, 16–25
,BQJUFM
(SVOEMBHFO *OEJLBUJPOFO HSVOEMFHFOEFUIFSBQFVUJTDIF,PO[FQUFVOE ,POUSBJOEJLBUJPOFOCFJEFS8VOECFIBOEMVOHNJUEFS7BLVVNUIFSBQJF 3&)PSDIVOE.-FG¿FS
;VTBNNFOGBTTVOH
Problemwunden stellen nach wie vor eine klinische Herausforderung dar. Durch die topische Unterdruckbehandlung der Wunde können bedeutende Erfolge insbesondere in der Behandlung von Problemwunden erzielt werden. Die Grundlage eines korrekten und radikalen chirurgischen Debridementes gilt nach wie vor als unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche topische Unterdruckbehandlung. Die Vakuumtherapie beruht auf der Anwendung eines definierten, kontrollierten Unterdruckes über einem Polyurethan- oder Polyvinylschwamm auf einer Wundoberfläche. Das Wundexsudat wird über ein Drainagesystem abgesaugt, dadurch verbessert sich die Mikrozirkulation im Wundbereich und die bakterielle Clearance, ferner kommt es zu einer Stimulation von Zellwachstum. Auch als ergänzendes Therapieverfahren hat sich die Vakuumtherapie klinisch etabliert. Eine weitergehende klinische und experimentell-wissenschaftliche Untersuchung der Vakuumtherapie wäre wünschenswert, um die Wirkmechanismen der Therapie aufzuklären und die Therapiesicherheit zu verbessern.
(SVOEMBHFOEFS7BLVVNUIFSBQJF
Die Vakuumtherapie (vacuum-assisted-closure, V.A.C.®, Vakuumversiegelung) ist ein nicht-invasives Therapieverfahren, welches die Wundheilung fördert. Es wurde erstmals von Morykwas und Agenta 1997 beschrieben [1, 2] und hat sich in der klinischen Routine sowohl für die Behandlung akuter als auch chronischer und schlecht-heilender Wunden etabliert.
Die Vakuumtherapie beruht auf der Anwendung eines offenporigen Polyvinyl- oder Polyurethanschwammes auf der Wundfläche. Auf den Schwamm wird ein Drainagesystem angelegt, anschließend werden Schwamm und Schlauchsystem mit Klebefolien abgedichtet. Über eine Vakuumpumpe wird ein kontrollierter, kontinuierlicher oder intermittierender Unterdruck appliziert, der bis maximal 200 mmHg einstellbar ist. Das Wundexsudat wird kontrolliert abgesaugt und in ein geschlossenes Auffangsystem abgeleitet. Ferner entsteht ein gleichmäßiger Kontakt der Wundoberfläche mit dem Schwamm. Die Vakuumtherapie führt nicht nur zu einer Entfernung von überschüssigem Wundsekret und somit zu einer Abnahme des interstitiellen Ödems, sondern auch zu einer Verbesserung der Mikrozirkulation und damit der Oxygenierung im Wundgebiet [2, 3]. In experimentellen Studien konnte weiterhin gezeigt werden, dass die Vakuumtherapie einen positiven Effekt auf die lokale Durchblutungssituation hat, die bakterielle Kolonisation vermindert und zu einer Steigerung der Granulationsgewebsbildung führt. Durch das »Absaugen« des Wundexsudats kommt es ferner zu einer Reduktion der Menge an Zelldetritus und osmotisch aktiven Mediatoren. Diese inhibieren in chronischen Wunden die Fibroblasten- und Endothelzellproliferation [4, 5]. Mechanischer Stress bewirkt in der Zelle ferner eine gesteigerte Protein- und Matrixmolekülsynthese, die sowohl das Zellwachstum als auch die Neoangiogenese fördern [6–8]. Ferner konnte gezeigt werden, dass die Induktion der Granulationsgewebsbildung durch den Einsatz eines grobporigen Schwammes aus Polyurethan deutlich stärker ausgeprägt ist als bei der Verwendung eines feinporigen Polyvinylalkoholschwammes [9]. Aufgrund der klinischen Beobachtungen einer rapiden Veränderung der Wundgrundbeschaffenheit
chronischer Problemwunden innerhalb weniger Tage stellt sich sowohl die Frage nach der optimalen Applikation der Vakuumtherapie als auch nach den zugrunde liegenden Wirkmechanismen. Die durch die Vakuumtherapie induzierten Veränderungen in der Wundheilung sind Gegenstand intensiver Forschungsbemühungen. *OEJLBUJPOFOVOEHSVOEMFHFOEFUIFSBQFVUJTDIF ,PO[FQUFEFS7BLVVNUIFSBQJF
3&)PSDIVOE.-FG¿FS 5BCFMMF %FS[FJUJHFHFOFSFMMFVOETQF[JFMMF*OEJLBUJPOFOGSEJF "OXFOEVOHEFS7BLVVNUIFSBQJF 7"$
4DIMFDIUIFJMFOEF TUBSLFYTVEJFSFOEFVOEPEFSLPOUBNJ OJFSUF8VOEFO 6MLVTEJBCFUJDPSVN[VS7PSCFSFJUVOHFJOFS)BVUUSBOTQMBOUB UJPO 6MLVTDSVSJT WFOPTVNPEFSNJYUVN
HHG[VS7PSCFSFJUVOHGS FJOF)BVUUSBOTQMBOUBUJPO %FLVCJUBMVMDFSB 5FNQPSjSFS7FSTDIMVTTWPO'BT[JPUPNJFXVOEFO
In Europa wurde das Verfahren der Vakuumtherapie ursprünglich für die Akutbehandlung traumatischer Weichteildefekte zur Wundkonditionierung eingesetzt. Eine der Hauptindikationen war die Stabilisierung traumatisierten Gewebes, um den Zeitpunkt des definitiven Wundverschlusses nach Demarkation der geschädigten Areale zu optimieren. Dabei wurden zunächst herkömmliche Sogdrainagesysteme (z. B. Redondrainagen) anstelle einer Vakuumpumpe verwendet. In diesen Fällen besitzt die Vakuumtherapie nach wie vor ihre Berechtigung. Das Indikationspektrum hat sich jedoch innerhalb der letzten Jahre stark ausgeweitet, die Vakuumtherapie hat sich zu einem festen Bestandteil der chirurgischen Therapie von akuten und chronischen Wunden entwickelt. Eine Indikation zur Vakuumtherapie besteht prinzipiell bei allen Wunden, die nicht primär oder noch nicht sekundär verschlossen werden können und bei denen aufgrund der Wundlokalisation eine Vakuumtherapie angelegt werden kann (Tabelle 1). Am häufigsten wird die Vakuumtherapie bei so genannten »Problemwunden« eingesetzt. Diese umfassen ein weites Spektrum schlecht heilender, schwer beherrschbarer Wunden ungünstiger Lokalisation mit z. T. zusätzlich ungünstigen Begleitumständen (z. B. arterielle Verschlusskrankheit). Als Beispiel gilt das diabetische Fußsyndrom. Die Genese ist in der Regel multifaktoriell und resultiert meist in einer Problemwunde. Zum Beispiel können durch eine begleitende periphere Neuropathie Verletzungen an besonders druckexponierten Arealen auftreten, die vom Patienten nicht bemerkt werden. Im Verlauf kann es u. a. zu einer bakteriellen Superinfektion mit phlegmonöser Ausdehnung kommen, die unter Umständen eine vitale Gefährdung für den Patienten bedeutet. Eine gleichzeitig vorliegende periphere arterielle Verschlusskrankheit kann zu Nekrosen führen, die letztlich in der Amputation der betroffenen Extremität resultiert. Auch die Ausdehnung oder Lokalisation einer chronischen Wunde kann diese zur Problemwunde werden lassen (z. B. freiliegende vitale Strukturen).
8VOEFOOBDIDIJSVSHJTDIFN%FCSJEFNFOUCJT[VSEF¾OJUJWFO QMBTUJTDIDIJSVSHJTDIFO%FGFLUEFDLVOH 5FNQPSjSFS8VOEWFSTDIMVTTCFJ[XFJ[FJUJHFN7PSHFIFO [# 5VNPSFYTUJSQBUJPO CJT[VN&SIBMUEFTIJTUPQBUIPMPHJTDIFO #FGVOEFT
,POUJOVJFSMJDIFS#BVDIEFDLFOWFSTDIMVTTCFJBCEPNJOFMMFN ,PNQBSUNFOUVOEQPTUPQFSBUJWFNBCEPNFOBQFSUVN 1SjGBCSJLBUJPOWPO-BQQFOQMBTUJLFO 7FSCBOETUFDIOJLOBDI4QBMUIBVUUSBOTQMBOUBUJPO 7FSCFTTF SVOHEFS5SBOTQMBOUBUFJOIFJMVOHTSBUF
&MJNJOBUJPOWPO5PYJOFOOBDI*OTFLUFOTUJDIFOPEFSUPYJTDIFS .FEJLBNFOUF 1BSBWBTBUOBDI$IFNPUIFSBQFVUJLB"QQMJLB UJPO
;VS4UFJHFSVOHEFS.JLSP[JSLVMBUJPOCFJWFOzTFS4UBTFWPO -BQQFOQMBTUJLFO ;VSeEFNSFEVLUJPOVOE1FSGVTJPOTTUFJHFSVOHJOEFS#FIBOE MVOH[XFJUHSBEJHFS7FSCSFOOVOHFO
Weiterhin hat sich die Vakuumtherapie in der Behandlung des diabetischen Fußsyndroms klinisch etabliert [10]. Patienten mit postoperativen Defekten und Patienten mit einem Malum perforans profitieren in dieser Patientengruppe am meisten von der Vakuumtherapie [11]. Der Erfolg wird in diesen Fällen der Überführung der chronischen in eine akute Wunde zugeschrieben. Ein klinisches Beispiel für eine Wunde im Rahmen eines diabetischen Fusssyndroms zeigt Abb. 1. Bei begleitender Osteomyelitis ist zunächst ein radikales knöchernes Debridement notwendig (Abb. 2), nachfolgend wird ein Vakuumverband angelegt (Abb. 3). Nach zweiwöchiger Vakuumtherapie zeigt sich bereits ein sauberer Wundgrund mit der Ausbildung von Granulationsgewebe (Abb. 4), so dass der Weichteildefekt nun nach ausreic hender Konditionierung des Wundgrundes mittels mikrochirurgischem Gewebetransfer gedeckt werden kann. Ein weiteres Beispiel für den Einsatz der Vakuumtherapie im Rahmen einer chronischen Osteomyelitis zeigt Abb. 5, bei diesem Patienten besteht seit ei-
8VOECFIBOEMVOHNJUEFS7BLVVNUIFSBQJF
nigen Jahren eine chronische Osteomyelitis der Tibia. Nach radikalem knöchernen Debridement wurde zunächst ein Vakuumverband angelegt; der Weichteildefekt konnte anschließend mittels freier Rectus-abdominis-Lappenplastik gedeckt werden. Nicht nur klinisch sondern auch kernspintomographisch zeigte
sich die Osteomyelitis mehrere Monate postoperativ ausgeheilt (Abb. 5). Insbesondere in der Plastischen Chirurgie und in der Traumatologie haben sich innerhalb der letzten Jahre eine Vielzahl von neuen Indikationen ergeben [12, 13]. Stark traumatisierte, verschmutzte Wunden
"CC "VGOBINFCFGVOECFJEJBCFUJTDIFN'VTZOESPN.BO FSLFOOUFJOFDISPOJTDIF8VOEFNJUEFVUMJDIFO8VOECFMjHFOVOE OFLSPUJTDIFO"SFBMFOEJFLOzDIFSOF'FIMTUFMMVOHJN3BINFOEFT EJBCFUJTDIFO'VTZOESPNTMjTTUTJDIFCFOGBMMTFSBIOFO
"CC /BDI[XFJXzDIJHFS7BLVVNUIFSBQJF WHM"CC FSLFOOU NBOFJOFEFVUMJDIHFTjVCFSUF8VOEFTPXJFFJOF*OEVLUJPOWPO (SBOVMBUJPOTHFXFCTCJMEVOH
"CC %BTSBEJLBMFDIJSVSHJTDIF8VOEEFCSJEFNFOUTUFMMUOBDI XJFWPSFJOFVOBCEJOHCBSF7PSBVTTFU[VOHJOEFS#FIBOEMVOHDISP OJTDIFS8VOEFOEBSFSTUOBDILPSSFLUFN%FCSJEFNFOULBOOEJF "OMBHFFJOFT7BLVVNWFSCBOEFTFSGPMHFO
"CC /BDIFSGPMHUFNDIJSVSHJTDIFN%FCSJEFNFOUXJSEFJO7BLV VNWFSCBOEBOHFMFHU
"CC 1SjPQFSBUJWCFTUBOECFJEJFTFN1BUJFOUFOFJOFDISPOJTDIF 0TUFPNZFMJUJTEFS5JCJB/BDISBEJLBMFNLOzDIFSOFODIJSVSHJTDIFO %FCSJEFNFOUVOE"OMBHFFJOFT7BLVVNWFSCBOEFTLPOOUFEFS 8FJDIUFJMEFGFLUNJUUFMTGSFJFNNJLSPDIJSVSHJTDIFN(FXFCFUSBOTGFS GSFJF3FDUVTBCEPNJOJT-BQQFOQMBTUJLVOE4QBMUIBVUUSBOTQMBOUB UJPO HFEFDLUXFSEFO,MJOJTDIVOESBEJPMPHJTDI .35 [FJHUFTJDI EJF0TUFPNZFMJUJTFJOJHF.POBUFQPTUPQFSBUJWBCHFIFJMU
erfordern ein abgestuftes Vorgehen, da direkt posttraumatisch das Ausmaß der Gewebeschädigung häufig noch nicht erkennbar ist. Eine temporäre Weichteildeckung durch einen Vakuumverband bis zur endgültigen Defektdeckung führt neben einer Säuberung der Wunde zur Induktion von Granulationsgewebe, verbessert die lokale Durchblutung im Wundgebiet und verhindert in den meisten Fällen eine bakterielle Superinfektion. Auch nach penetrierenden Verletzungen (z. B. Schuss- oder Stichverletzungen) ist nach Ausschluss der Verletzung von Kavitäten (Thorax, intraabdominelle Organe) ein ähnliches Vorgehen möglich. Ferner kann im Rahmen von Decollementverletzungen nach chirurgischem Debridement und der eventuellen Hämatomausräumung eine Vakuumtherapie durchgeführt werden. Der Einsatz der Vakuumtherapie nach durchgeführter Fasziotomie im Rahmen eines Kompartmentsyndroms gilt ebenfalls als klinisch etabliert. Nach Stabilisierung der lokalen Verhältnisse kann dann im Verlauf z. B. eine Sekundärnaht erfolgen. Auch in der Behandlung offener Frakturen hat die Vakuumtherapie einen hohen klinischen Stellenwert. Neben einer temporären Defektdeckung des Weichteildefektes und einer Wundgrundkonditionierung zur späteren plastisch-chirurgischen Defektdeckung konnte gezeigt werden, dass die Vakuumtherapie in diesen Fällen zu einer Reduktion der Infektrate und Pseudarthrosenbildung führt [14]. Ein häufiges klinisches Problem stellt ferner die Ausbildung einer postoperativen Lymphfistel dar. Das Exsudatmanagement gestaltet sich als schwierig, die Behandlungsdauer ist durch die verzögerte Wundheilung deutlich verlängert. Mit der Vakuumversiegelung kann nicht nur das Exsudatmanagement deutlich verbessert werden. Es kommt zu einer deutlichen Beschleunigung der Abheilung der Lymphfisteln unter Vakuumtherapie [15]. Ein nach einer Spalthauttransplantation angelegter Vakuumverband führt zu einer optimalen Fixierung der transplantierten Haut an der Wundfläche [16] und so zu einer Verbesserung der Einheilungsrate von Spalthauttransplantaten. Eine weitere typische Indikation ist das zweizeitige Vorgehen bei einer Tumorresektion. Hier wird zunächst im ersten Schritt nach der Entfernung des Tumors ein Vakuumverband angelegt. Nach Erhalt des endgültigen histopathologischen Befundes erfolgt dann in einer zweiten Operation die Defektdeckung (z. B. Lappenplastik). Die Zeit bis zum Erhalt des histologischen Ergebnisses kann somit für die Vorbereitung des Wundgrundes optimal genutzt werden. Mittlerweile kann die Vakuumtherapie auch zur Generierung völlig neuartiger Gewebekonstrukte
3&)PSDIVOE.-FG¿FS
(Präkonditionierung, Präfabrikation, sog. Delay-Proceduren) eingesetzt werden. Dies eröffnet neue Möglichkeiten der funktionellen Rekonstruktion in der Therapie von Tumordefekten oder nach Traumata [17, 18]. Ein weiteres klinisches Beispiel zeigt Abb. 6. Hier
"CC #FJEJFTFN1BUJFOUFOCFTUFIUFJOFDISPOJTDIF8VOEFJN #FSFJDIEFS"DIJMMFTTFIOFEJFTFXVSEFNJUUFMT7BLVVNUIFSBQJF CFIBOEFMU8jISFOEEFS7BLVVNCFIBOEMVOHEFS8VOEFXVSEFFJOF 4VSBMJTMBQQFOQMBTUJLBNHMFJDIFO6OUFSTDIFOLFMQSjLPOEJUJPOJFSU
"CC %FGFLUEFDLVOHNJUUFMTQSjLPOEJUJPOJFSUFS4VSBMJTMBQQFO QMBTUJLEFS)FCFEFGFLUBN6OUFSTDIFOLFMXVSEFNJUUFMT4QBMU IBVUUSBOTQMBOUBUJPOHFEFDLU;VSCFTTFSFO'JYJFSVOHEFSUSBOTQMBO UJFSUFO4QBMUIBVUXVSEFEJFTFNJUFJOFN7BLVVNWFSCBOEWFSTPSHU
"CC "NQPTUPQFSBUJWFO5BHXVSEFEFS7BLVVNWFSCBOE FOUGFSOUFT[FJHUTJDIFJOOBIF[VLPNQMFUUFJOHFIFJMUFT4QBMUIBVU USBOTQMBOUBU"VDIJN#FSFJDIEFS4VSBMJTMBQQFOQMBTUJLTJOELFJOF 8VOEIFJMVOHTTUzSVOHFOPEFS.JOEFSQFSGVTJPOFOFSLFOOCBS
8VOECFIBOEMVOHNJUEFS7BLVVNUIFSBQJF
wurde bei bestehender chronischer Wunde im Bereich der Achillessehne zunächst eine Vakuumtherapie der Wunde durchgeführt. Parallel erfolgte die Präkonditionierung einer Suralislappenplastik. Nach ausreichender Wundgrundkonditionierung konnte dann die plastisch-chirurgische Defektdeckung mittels präkonditionierter Suralislappenplastik erfolgen, der Hebedefekt wurde mittels Spalthauttransplantation gedeckt, auch hier kam zur besseren Fixierung der Spalthaut (s. o.) ein Vakuumverband zum Einsatz (Abb. 7). Das frühe postoperative Ergebnis zeigt Abb. 8, der Vakuumverband im Bereich des Spalthauttransplantates wurde nach 5 Tagen entfernt.
,POUSBJOEJLBUJPOFOEFS7BLVVNUIFSBQJF
Trotz der mittlerweile gut untersuchten positiven Eigenschaften des Verfahrens muss darauf hingewiesen werden, dass eine unkritische Verwendung des Verfahrens ohne eine korrekte Wundbeurteilung Gefahren mit sich bringt. Bei Beachtung der bestehenden Kontraindikationen (Tabelle 2) handelt es sich bei der Vakuumtherapie um ein sicheres Verfahren in der Wundbehandlung. Bestehende Nekrosen bei ischämisch bedingten Ulzerationen stellen eine Kontraindikation für die Vakuumtherapie dar. Hier muss zunächst eine Revaskularisation erfolgen (interventionell radiologisch (PTA) oder gefässchirurgisch). Nachfolgend kann dann nach chirurgischem Debridement gegebenenfalls ein Vakuumverband angelegt werden. Bei eröffnetem Markraum des Knochens kann die Anlage eines Vakuumverbandes zu schweren Nachblutungen führen, so dass in diesen Fällen zumindest sorgfältigste Blutstillung eine unabdingbare Vorraussetzung für die Anlage eines Vakuumverbandes ist. Das Vorliegen einer malignen Tumorerkrankung stellt ebenfalls eine Kontraindikation dar, wie bereits 5BCFMMF %FS[FJUJHF,POUSBJOEJLBUJPOFOEFS7BLVVNUIFSBQJF 7"$
.BMJHOF5VNPSFJN#FSFJDIEFS8VOEF 8VOEFONJUOFLSPUJTDIFNVOEPEFSJO¾[JFSUFN8VOEHSVOE 6OCFIBOEFMUF0TUFPNZFMJUJT &OUFSBMF'JTUFMO %BSNWFSMFU[VOHFOCFJ"CEPNFOBQFSUVN 'SFJMJFHFOEF#MVUHFGjFVOEPEFS/FSWFOJN#FSFJDIEFT 8VOEHSVOEFT &YQPOJFSUFT)JSOHFXFCF
oben beschrieben kann jedoch nach erfolgter Tumorresektion die Vakuumbehandlung zur temporären Defektdeckung genutzt werden. Exponiertes Hirngewebe sowie Wundgebiete mit freiliegenden Blutgefässen und/oder Organen stellen ebenfalls eine Kontraindikation für die Vakuumtherapie dar. Im Rahmen des temporären Bauchdeckenverschlusses bei abdomen apertum ist die Vakuumtherapie nach derzeitiger Studienlage kontraindiziert, wenn gleichzeitig enterale Fisteln oder Darmverletzungen vorliegen.
1SGVOHTGSBHFO
1. Was sind die Anforderungen an präfabrizierte Lappenplastiken zur Tumorrekonstruktion bei Kopf-Hals-Tumoren? 2. Welche Stütz- und Trägerelemente werden in die präfabrizierten Lappenplastiken bevorzugt integriert? 3. Welche Vorteile bietet der Einsatz der Vakuumtherapie in der Präfabrikation von Lappenplastiken?
-JUFSBUVS <> Argenta LC, Morykwas MJ (1997) Vacuum-assisted closure: a new method for wound control and treatment: clinical experience. Ann Plast Surg 38: 563–76 <> Morykwas MJ, Argenta LC, Shelton-Brown EI (1997) Vacuum-assisted closure: a new method for wound control and treatment: animal studies and basic foundation. Ann Plast Surg 38: 553–62 <> Webb LX, Schmidt U (2001) Wundbehandlung mit der Vakuumtherapie. Der Unfallchirurg 104: 918–26 <> Yager DR, Liang YZ, Hui-Xiu L (1996) Wound fluids from human pressure ulcers contain elevated matrix metalloproteinase levels and activity compared to surgical wound fluids. J Invest Dermatol 107: 743–48 <> Yarger DR, Miyake A (1999) The proteolytic environment of chronic wounds. Wound Rep Reg 7: 433–41 <> Sumpio BE, Banes AJ, Levin LG (1987) Mechanical stress stimulates aortic endothelial cells to proliferate. J Vasc Surg 6: 252–56 <> Azuma N, Duzgun SA, Ikeda M (2000) Endothelial response to different mechanical forces. J Vasc Surg 32: 789–94 <> Walgenbach KJ, Raibikhin AW, Kopp J (2000) Induktion von Angiogenese durch Vakuumversiegelung. ZfW V.A.C. Therapie Nr. 13/2 <> Horch RE (2004) Grundlagen und Ergebnisse der Vakuumtherapie (V.A.C.®) in der rekonstruktiven Chirurgie. Zentralbl Chir 129: 2–5 <> Armstrong DG, Lavery LA, Abu-Rumman P (2002) Outcomes of subathmospheric pressure dressing therapy on wounds of the diabetic foot. Ostomy Wound Manage 48(4): 64–68
<> Othman T, Friese G, Smentek J, Shin DI, Scherbaum WA (2005) The application of the vacuum assisted closure in the diabetic foot syndrome with special consideration of postoperative defects. J Wound Healing 1: 9–11 <> Kopp J, Kneser U, Bach AD, Horch RE (2004) Buried chip skin grafting in neuropathic diabetic foot ulcers following vacuum-assisted wound bed preparation: enhancing a classical surgical tool with novel technologies. Int J Low Extrem Wounds 3 (3): 168–71. <> Horch RE (2003) Treatment of decubitus ulcers in the geriatric patient. MMW Fortschr Med 145 (13): 42–44 <> Lambler L, Keel M, Trentz O (2004) Vacuum assisted closure (V.A.C.) for temporary coverage of soft tissue injury in type III open fracture of lower extremities. Eur J Trauma 30: 305–12
3&)PSDIVOE.-FG¿FS <> Fortner N, Wild T, Teufelsbauer H, Lübke L, Huk I (2005) Die Vakuumversiegelung bei postoperativ persistierenden Lymphfisteln nach gefäßchirurgischen Eingriffen – erste Ergebnisse. J Wound Healing 1: 22–24 <> Horch RE, Bach AD, Kopp J (2003) Sicherheitsaspekte und Indikationen der V.A.C.-Therapie in der Plastischen Chirurgie. Eur Surg Acta Chir Aust 35: 5–7 <> Kopp J, Strnad V, Bach AD, Sauer R, Horch RE (2005) Vacuum application increases therapeutic safety and allows intensified local radiation treatment of malignant soft-tissue tumors. Strahlenther. Onkologic 181(2): 124–30 <> Bach AD, Kopp J, Stark GB, Horch RE (2004) The versatility of the free osteocutaneous fibula flap in the reconstruction of extremities after sarcoma resection. World J Surg Oncol 2(1): 22
,BQJUFM
7BLVVNUIFSBQJF[VS8VOECFIBOEMVOH ¨7"$§ JNBNCVMBOUFO#FSFJDI 88FU[FM3PUI
;VTBNNFOGBTTVOH
Die Wundbehandlung mittels Vakuum-Therapie ist fester Bestandteil heutiger Wundbehandlungskonzepte. Bei entsprechender Indikationsstellung besteht aus grundsätzlichen medizinischen Gründen kein Unterschied, ob die Vakuum-Therapie unter ambulanten oder stationären Bedingungen erfolgt. Einschränkungen im Bereich des ambulanten Einsatzes bestehen in einem ungeeigneten sozialen Umfeld, bei nicht geschultem ambulant tätigem Arzt, ungeschultem ambulanten Pflegepersonal und bei fehlender Akzeptanz durch Patientenangehörige. Neben den medizinisch kurativen Indikationsstellungen sind im Homecare-Bereich auch palliative Indikationen gegeben. Die hohe Patientenakzeptanz wird durch eine Untersuchung mit hohem Evidenzgrad bestätigt.
7BLVVNUIFSBQJF°7"$5IFSBQJF&OUXJDLMVOH UIFSBQFVUJTDIFT1SJO[JQVOEBNCVMBOUFS&JOTBU[
Nach verschiedenen Vorläuferdrainagetechniken wurde in Deutschland vom Unfallchirurgen W. Fleischmann die Form der Vaccusealtechnik mit einem Polyvinylalkoholschwamm und Redondrainage, später in Form der V.A.C.-Therapie mit elektronisch kontrollierter und regelbarer Sogstärke durch den plastischen Chirurgen L. Argenta in den USA unter Verwendung eines Polyurethanschaums entwickelt. Dort erfolgte die Patentierung [1, 7, 8]. Die Methode hat sich in den letzten 15 Jahren weit verbreitet. Nachdem sie sich als Bestandteil des Repertoires in allen operativen Disziplinen etablierte, wird sie jetzt auch von primär nicht operativen Fachrichtungen, wie der Diabetologie zur Wundbehandlung eingesetzt [2]. Durch die Entwicklung einer tragbaren elektronisch gesteuerten Vakuumquelle mit Akkubetrieb und gebrauchsfertigen Komponenten – Schwämme, Folie, Drainage mit Konnektor – sog. TRAC-pad – (Fa. KCI, San Antonio, Texas, USA) ist auch der ambulante Einsatz der Methode möglich geworden. Bei leckagebedingtem Sogstärkenverlust regelt die Therapieeinheit 5BCFMMF
Die Vakuumversiegelung von Wunden (Synonyma: Vakuumtherapie, Vacuum assisted closure, Vacuum dressing, topical negative pressure therapy, sealed surface woundsuction, Vacuum sealing therapy, subathmospheric pessure, foam suction dressing und V.A.C.Therapy, Kurzform »V.A.C.«) ist eine klinisch bewährte Methode zur Behandlung von Wunden und zur temporären Weichteildefektdeckung. Ein in die Wunde eingebrachter Schwamm wird mit einer Folie verschlossen, das Wundexsudat über Drainage und einen Exsudatauffangbehälter mittels einer Vakuumquelle und definierter Sogstärke abgesaugt.
*O%FVUTDIMBOETJOECFJEFS7"$"OMBHFJN0QFSBUJPOTTBBM [VS,PEJFSVOHGPMHFOEF014 0QFSBUJPOT 4DIMTTFM[VWFS XFOEFO BGSEJF"OMBHFBO)BVUVOE6OUFSIBVU BUJF¿JFHFOEBO&YUSFNJUjUFO ,OPDIFOVOE(FMFOLFO BUJF¿JFHFOEBO5IPSBY .FEJBTUJOVNVOE4UFSOVN BBNPGGFOFO"CEPNFO -FEJHMJDIEFS0144DIMTTFMBIBUUFCJTIFSJO%FVUTDI MBOELVS[GSJTUJH"VGOBINFJNBNCVMBOUFO7FSHUVOHTNB TUBC. HFGVOEFO
88FU[FM3PUI
"CC 'BMMKjISJHFSNJU/FLSPTFEFS(SP[FIFOBDI&SIBMUVOHTWFSTVDIOBDITVCUP UBMFS"NQVUBUJPO .PUPSSBEVOGBMM "VTCJMEVOHFJOFS/FLSPTFEFS(SP[FIFOBDI%FGFLU EFDLVOHNJU7PMMIBVUUSBOTQMBOUBUJPO .FTIHSBGU JNFSTUWFSTPSHFOEFO,SBOLFOIBVT EPSU 7PSTDIMBHFJOFSUSBOTNFUBUBSTBMFO"NQVUBUJPO"VG8VOTDIEFT1BUJFOUFOESFJ8PDIFO OBDI&STUWFSTPSHVOHEFN"VUPS[VHFXJFTFO "VGOBINFCFGVOEJOEFS1SBYJTMJOLT CFBDIUF EJF#JMEVOHWPO(SBOVMBUJPOTHFXFCFCFS,OPDIFOVOE,OPSQFMNJU"VTCJMEVOHFJOFT EBVFSIBGUCFMBTUCBSFO(SBOVMBUJPOTHFXFCFTVOUFSNFISXzDIJHFS7"$5IFSBQJFOBDI /FLSPTFBCUSBHVOHNJU&OEHMJFEBNQVUBUJPO%JFHFQMBOUF%FGFLUEFDLVOHNJUUFMTFJOFT %PSTBMJTQFEJT-BQQFOTNVTTUFXFHFOFJOFSJOUFSNFUBUBSTBMFO1IMFHNPOFHFTUPQQUXFS EFO XjISFOEEFS"VTIFJMVOHEFS1IMFHNPOFCJMEFUFTJDIVOUFSEFS7"$5IFSBQJFFJOTP LSjGUJHFT(SBOVMBUJPOTHFXFCFBVT EBTTTDIMVFOEMJDIFJOF4QBMUIBVUUSBOTQMBOUBUJPO[VS %FDLVOHBVTSFJDIUF%JF%FGFLUEFDLVOHJTUEBVFSIBGUTUBCJM EFS1BUJFOUBSCFJUFUVOETQJFMU 'VCBMM
automatisch nach, misst permanent den Füllungszustand des integrierten Exsudatauffangbehälters und gibt akustische und optische Alarmsignale für jede Störungsart ab sowie dem Display Hinweise zur Störungsbehebung. Die Sogmodalitäten (intermittierend/kontinuierlich) können mit frei wählbaren Zeiteinheiten programmiert werden, ebenso die Intensität des Sogstärkeanstiegs. Schon in der Mitte der 90er Jahre wurde die Methode in den USA auch im home care Bereich breit eingeführt [17]. Als wesentlicher Vorteil wurde erkannt, dass Patienten unter den Bedingungen einer sicheren Wundversorgung eher aus stationärer Behandlung entlassen und schneller mobilisiert werden können und die Arbeitsfähigkeit eher eintreten kann.
*OEJLBUJPOTTUFMMVOHFO[VSBNCVMBOUFO7BLVVN UIFSBQJF
Ambulant kommt »die V.A.C.« entweder nach Überleitung aus stationärem Krankenhausaufenthalt zum Einsatz, wenn sie schon während des stationären Aufenthaltes genutzt wurde. Oder sie wird primär ambulant unter operativen Bedingungen in einer Tagesklinik (ambulantes Operationszentrum) angelegt, oder unter nicht operativen Bedingungen in der Arztpraxis oder Zuhause. Die medizinische Indikationsstellung unterliegt ambulant den gleichen Kriterien wie bei Patienten im Krankenhaus. Die Vakuumtherapie wird dann als Bestandteil eines medizinisch kurativen Therapiekonzeptes eingesetzt. Oft dient Sie der Überbrückung des Zeitraums bis zu einer definitiven operativen Defektdeckung. Dabei werden die erwünschten positiven Wirkungen des Verfahrens auf die Wundheilung ausgenutzt.
7BLVVNUIFSBQJF[VS8VOECFIBOEMVOH ¨7"$§ JNBNCVMBOUFO#FSFJDI 8JSLQSJO[JQJFO
Die therapeutisch genutzten Wirkprinzipien sind: eine fortlaufend feuchte Wundbehandlung, ohne Stauungsnässe durch kontinuierlichen Exsudattransport, d. h. eine optimale Exsudatsteuerung besonders bei stark exsudierenden Wunden, sowie eine fortgesetzte Wundsäuberung. Ödemreduktion, Verbesserung der lokalen Perfusionsverhältnisse und Neoangiogenese, Granulationsförderung und -steigerung, Verminderung der bakteriellen Besiedelung und die sogbedingte Wundverkleinerung sind weitere als wesentlich anerkannte und wissenschaftlich belegte Effekte. Der Schutz der Wunde vor externer Kontamination und die Wundruhe bei exponierter Wundposition, z. B. an der Ferse, über bewegten Körperstellen wie z. B. an Gelenken und zur Spalthautfixierung werden als weitere Vorteile genannt [4, 5, 14, 18, 21, 23, 24].
.FEJ[JOJTDIF*OEJLBUJPOFOBLVUFVOEDISPOJTDIF 1SPCMFNXVOEFO HVJEFEUJTTVFHSBOVMBUJPO
Die Methode erfasst mittlerweile alle Wundversorgungsbereiche – operative und nicht-operative. Es sind v. a. Problemwunden jeder Genese, die die Indikationsgruppe bilden: akute Wunden, besonders wenn sie bakteriell kontaminiert oder sonstwie verschmutzt sind und eine ausreichende Dekontamination durch ein chirurgisches Debridement nicht erreicht werden kann. Dies gilt besonders auch für postoperative Wundheilungsstörungen, Sinus pilonidalis, Handphlegmonen u. ä. In diesen Fällen besteht die Indikation in der Möglichkeit einer sicheren Infektionskontrolle [7, 8,]. Besonders bei Quetschverletzungen der Akren, oder bei akralen Weichteildefekten ist die Methode geeignet, kritisch durchblutetes Gewebe sich kontrolliert erholen zu lassen (damage-control), belastbares Granulationsgewebe zu züchten und damit anderenfalls weiterreichende Amputationen zu vermeiden [9]. Eine spezielle Indikation stellt die kontrollierte Granulationsgewebeformierung dar, wie sie mit dem Begriff »guided (granulation) tissue expansion« (Artikel in Vorbereitung) charakterisiert wird. Damit ist sowohl eine gerichtete und auch die sich über das Niveau der Wundumgebung erhebende Bildung von biologisch hochwertigem Granulationsgewebe gemeint. Die Bildung des gegenüber anderweitig gewonnenem signifikant stärker kapillarisierten Granulationsgewe-
bes ist abhängig von Schwamm, Sogstärke und Saugmodus [1, 14, 23]. Während die historisch praktizierte Vaccusealtechnik mit Redondrainagen als Sogquelle überwiegend zur Exsudatableitung diente, wird die neuere V.A.C.-Therapie zur gezielten Granulationsgewebebildung eingesetzt. So kann dieser Effekt über exponierten Knochenarealen ausgenutzt werden (Abb. 1). Die ambulante Behandlung von Verbrennungen und Verbrühungen wird suffizient ermöglicht: die Ödemverringerung reduziert auch nach erfolgtem Debridement das Nachverbrennungstrauma bei gleichzeitiger Okklusion und Wahrung der Sterilität [13]. Eine ambulante Behandlung mit mobilisierten Patienten ist durch diese Methode besonders auch bei Kindern ermöglicht [4, 20 ] (Abb. 2). Chronische Wunden stellen mittlerweile die Hauptindikation für die ambulante Behandlung mittels Vakuumtherapie dar. Dazu gehören Ulcera arterieller, venöser, lymphatischer und gemischter Genese sowie Dekubital- und andere Druckulcera, wie das Mal perforans, Wunden unterschiedlichster Ätiologie und Genese, wie sie für das diabetische Fußsyndrom charakteristisch sind [2]. Lymphfisteln, die nach Radiatio, Interventionen oder Operationen resultieren können, sezernieren häufig massive Flüssigkeitsmengen. Sie können unter Vakuumtherapie ohne weitere Maßnahmen abheilen [5, 24]. Sowohl bei chronischen als auch akuten Wunden heilen Hauttransplantate unter Vakuumtherapie signifikant besser ein [5, 24]. Diese in mehreren randomisierten kontrollierten Studien nachgewiesenen Effekte lassen sich gerade auch ambulant gut nutzen (Abb. 3) (Tabelle 2). 5BCFMMF
#FJFJOFS/BDIVOUFSTVDIVOHWPO1BUJFOUNJU1SPCMFN XVOEFO EJFBNCVMBOUNJU7"$CFIBOEFMUXPSEFOXBSFO WPOEFOFO[XJTDIFO[FJUMJDIBVG(SVOEEFS.VMUJNPSCJEJ UjUPIOF;VTBNNFOIBOH[VS8VOEFWFSTUPSCFOXBSFO FSHBC TJDIFJOFLPNQMFUUFEBVFSIBGUF > +BISBOIBMUFOEF "CIFJ MVOHTSBUFWPOCFS CFJXFJUFSFOXBSEJF8VOEIFJ MVOHBCTFICBS-FEJHMJDICFJXBSEJF7"$OJDIUFSGPMH SFJDIHFXFTFO5FJMXFJTFNVTTUFOEJF1BUJFOUFOXFHFOEFS GPSUTDISFJUFOEFO(SVOEFSLSBOLVOHBNQVUJFSUXFSEFO 8FU [FM3PUI8 +BISFT&SHFCOJTTFOBDIBNCVMBOUEVSDI HFGISUFS7"$5IFSBQJF;FOUSBMCM$IJS°
88FU[FM3PUI
"CC 'BMM&JOFKjISJHFNJUFJOFSBOHFCPSFOFO"7 BSUFSJPWFOzTFO .BMGPSNBUJPO8VOEIFJMVOHTTUzSVOHOBDI0QFSBUJPOJOEFS,OJF LFIMFFJOXFJUFSFS,SBOLFOIBVTBVGFOUIBMUCFS8FJIOBDIUFOLPOOUFEFNIPTQJUBMJTNVTHFTDIjEJHUFO,JOEFSTQBSUXFSEFO FTXBSJOEFS -BHFNJUEFS7BLVVNUIFSBQJFBNCVMBOUFJOF)BVUUSBOTQMBOUBUJPO[VFSIBMUFO EJF4DIVMF[VCFTVDIFOVOETPHBS4DIMJUUFO[VGBISFO
7BLVVNUIFSBQJF[VS8VOECFIBOEMVOH ¨7"$§ JNBNCVMBOUFO#FSFJDI 1¿FHFSJTDIF QBMMJBUJWNFEJ[JOJTDIF*OEJLBUJPOFO VOEIZHJFOJTDIF"TQFLUF
Ausschließlich pflegerische Gründe für die Patientenversorgung mit einer »V.A.C.« werden in einer Vereinfachung der häuslichen Krankenpflege, hier durch Verbesserung des Wundexsudatmanagements, zeitlich programmierbare, seltenere Verbandwechsel und Schmerzreduktion gesehen. So kann sich die Verbandwechselfrequenz auf 2-tägige Rhythmen, in seltenen ausgewählten Fällen auf 1 x pro Woche reduzieren. Der manchmal unerträglichen Geruchsbildung, die bei einigen Problemwunden entstehen kann und der daraus entstehenden sozialen Isolation der Patienten, kann mit der »V.A.C.« wirksam begegnet werden. Zum Teil wird dadurch überhaupt erstmals eine Behandlung in deren häuslichen Umfeld ermöglicht. Selbst bei verjauchenden Wunden bei nicht mehr heilbaren Krankheiten wird es möglich, eine palliative Behandlung auch außerhalb der stationären Unterbringung zu führen. Krankenhauseinweisungen, die auf Grund der nicht zu bewältigenden Exsudatmengen erfolgen, können verhindert werden. Dieser Aspekt der Vakuumtherapie ist neben dem medizinisch kurativen Einsatz durchaus bedeutungsvoll. Weitere Gründe für die Vakuumtherapie sind hygienischer Natur, wie der Schutz der Wunde vor externer Kontamination unter häuslichen Bedingungen, der Schutz der Pflegenden durch Verringerung der Kontagiosität, bzw. Vermeidung der Kontamination häuslicher Umgebung (Wetzel-Roth W (2006) V.A.C.-Therapie als Hygienemaßnahme. Zentralbl Chir 131: 180–81). Die verbesserte Mobilität der Patienten ist als weiterer wesentlicher Effekt anzusehen. Dies ist nicht nur therapeutisch z. B. zur Nutzung der Muskelpumpe erwünscht, sondern auch im Sinn einer höheren Lebensqualität erstrebenswert. Auch sind geeignete Patienten mit der Vakuumtherapie mit der V.A.C.-Therapieeinheit arbeitsfähig. In einem Extremfall war ein Patient mit einer verflüssigten aseptischen Muskelnekrose des M. Gastrocnemius mit exzessiver lymphatischer Sekretion nach kurzstationärer Therapie mit der angelegten »V.A.C.« in der Lage, als Wirtschaftsvertreter nach Russland und China zu fliegen, um dort seinen Verpflichtungen nachzukommen und als Begleiter der Bundesregierung Wirtschaftsverhandlungen zu führen.
,POUSBJOEJLBUJPOFO
Außer den medizinischen Kontraindikationen, wie ungenügendem Debridement und fehlender Infektionsherdbeseitigung bestehen bei der Behandlung ambulanter Patienten mit einer »V.A.C.« eigene Besonderheiten in den Herausforderungen des häuslichen Umfelds. Die fehlende ambulante Versorgungsstruktur, das kann z. B. das Fehlen eines entsprechend ausgerüsteten, geschulten und erfahrenen Hausarztes, oder der nicht geschulte ambulante Pflegedienst sein, ist nur von selbständigen Patienten oder geeigneten aktiven Angehörigen kompensierbar. Als wesentliche Kontraindikationen für eine ambulante Behandlung von Wunden mit Vakuumtherapie, wie dies natürlich für jede anspruchsvollere ambulante Therapie gilt, sind daher Mängel in der Führbarkeit des Patienten, seiner Pflegenden und/oder der Angehörigen zu sehen. So kann die Angst vor der mit dem Körper verbundenen maschinellen Therapieeinheit bei entsprechend abergläubischen Patienten zur Ablehnung der Therapie führen. Auch ist dem Autor ein Fall bekannt, in dem die Ehefrau des Patienten sich durch das nächtliche Ansauggeräusch bei intermittierendem Saugmodus so sehr gestört fühlte, dass die Therapie abgebrochen werden sollte. Der Patient benötigt die Möglichkeit einer telefonischen Kontaktaufnahme zu seinem mit »V.A.C.«-behandelnden oder weiterbehandelnden Arzt oder den Pflegekräften für den Fall eines Alarmzeichens der V.A.C.-Therapieeinheit. Gerade das auf dem Markt befindliche elektronisch gesteuerte Therapiesystem mit der computerisierten Mess- und Regeltechnik (der Fa. KCI) und die integrierten Alarmfunktionen stellen ein notwendiges Element zur Therapiesicherheit im ambulanten Einsatz dar. Eine Vakuumtherapie ohne elektronische Überwachungsfunktion, wie sie in historischen Vakuumversiegelungstechniken beispielsweise mit Nutzung einer Redondrainage als Sogquelle üblich war, verbietet sich unter ambulanten Bedingungen unabhängig von den oben beschriebenen unterschiedlichen Granulationseffekten aus Sicherheitsgründen [10, 11, 22]. Nicht erwünschte Manipulation an der elektronischen Vakuumquelle wie die selbständige Sogstärkenregelung durch den Patienten können durch elektronische Abfrage der Dauer der Therapie kontrolliert werden und erhöhen damit die Sicherheit für den therapierenden Arzt [10, 11, 22].
88FU[FM3PUI
"CC 'BMM%JFBCHFCJMEFUF1BUJFOUJONJUQPTUUISPNCPUJTDIFN 6MDVTDSVSJTXVSEFBVTTDIMJFMJDIBNCVMBOUCFIBOEFMU %FCSJEFNFOU 8VOECFUULPOEJUJPOJFSVOHVOUFS7BLVVNUIFSBQJF .FTI4QBMUIBVUUSBOTQMBOUBUJPO
7BLVVNUIFSBQJF[VS8VOECFIBOEMVOH ¨7"$§ JNBNCVMBOUFO#FSFJDI
Fehler in der Einschätzung des Patientenverständnisses oder der häuslichen Situation sind daher nicht der Methode anzulasten, sondern dem indikationsstellenden und behandelnden Arzt!
&WJEFO[EFSBNCVMBOUFO.FUIPEFVOE TP[JBMQPMJUJTDIF#FEFVUVOH
Die Patientenakzeptanz und -zufriedenheit wurde jetzt erstmals in einer kontrollierten prospektiven Studie an über 250 ambulant mittels Vakuumtherapie behandelter Patienten in Deutschland untersucht. Es ergab sich dabei eine hochsignifikante Akzeptanz der Methode auf Seiten der Patienten (Augustin et al (2005) Zentralbl Chir). Damit ist neben externer Evidenz, wie sie sich aus klinischen Studien ergibt, sowie der internen Evidenz der Expertenmeinungen [21, 23], auch die dritte Größe evidenzbasierter Medizin, die sogenannte Patientenevidenz [19], für diese Methode bestätigt. Nach unterschiedlichen Schätzungen wird die Prävalenz chronischer Wunden unterschiedlichster Ätiologie z. B. in Deutschland mit bis zu 4 Mio. Betroffener, das entspricht 5 Prozent der Bevölkerung, angegeben. Entgegen den Erfahrungen in anderen Gesundheitssystemen (USA, Österreich, GB, Schweiz) sind es in der Bundesrepublik Deutschland die Kostenträger, die die beschriebenen Erkenntnisse zur Vakuumtherapie von Wunden ambulanter Patienten noch nicht umsetzen. Neben anderen, z. B. politischen Gründen, ist eine Ursache in der sektoralen (ambulant/stationär) Finanzierung der gesetzlichen Versicherung der Bundesrepublik Deutschland zu sehen. In einem direkten Vergleich gegenüber anderen Therapien der Wundbehandlung zeigte sich die Vakuumtherapie in der Kosteneffizienz deutlich überlegen [15]. Gesundheitsökonomen [16] weisen für das deutsche Gesundheitswesen finanzielle Mehrausgaben in Milliardenhöhe nach, dadurch dass entsprechende Techniken – wie die Vakuumtherapie – nicht flächendeckend verwendet werden. Die Mehrzahl der Patienten mit akuten und chronischen Wunden wird auch in Deutschland ambulant behandelt. Allerdings ist die ambulante Chirurgie in der Bundesrepublik Deutschland zahlenmäßig gegenüber dem internationalen Vergleich deutlich geringer. Dies gilt auch für die ambulante Behandlung von Patienten mit Erkrankungen, die zu chronischen Wunden führen.
1SGVOHTGSBHFO
1. Gibt es unterschiedliche Gründe für die Behandlung zwischen ambulanten und stationären Patienten mit der Vakuumtherapie? 2. Welche Wirkprinzipien gibt es bei der Vakuumtherapie von Wunden? 3. Nennen und unterscheiden Sie medizinische und pflegerische Indikationen zur Vakuumtherapie von Wunden! 4. Wodurch wird die Therapiesicherheit gewährleistet?
-JUFSBUVS <> Argenta IC, Morykwas JJ (1997) Vacuum-assisted closure: a new method for wound control and treatment: clinical experience. Ann Plast Surg 38(6): 563–76; discussion 577 <> Armstrong DG, Lavery LA, Abu-Rumman P, Espensen EH, Vazquez JR, Nixon BP, Boulton AJ (2002) Outcomes of subatmospheric pressure dressing therapy on wounds of the diabetic foot. Ostomy Wound Manage 48 (4): 64–68 <> Augustin et al (2005) Vortrag beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung (Stuttgart 17. 9.) <> Banwell PE, Jones S, Evison D (2000) Dermal microvascular blood flow in experimental partial thickness burns: the effect of topical sub-atmospheric pressure. J Burn Care Rehabil 21: 161 <> Banwell P, Teot L (2004) Topical negative pressure (TNP) therapy, TXP Communications, Faringdon, UK <> Dill-Müller DN, et al (2000) Maligne Tumore der Haut – Einsatz der Mini-V.A.C.-Therapie bei sekundärem Wundverschluss. ZfW 13/2 <> Fleischmann W, Suger G, Kinzl L (1992) Treatment of bone and soft tissue defect in infected nonunion. Acta Orthop Belg 58 (Suppl 1): 227 <> Fleischmann W, Becker U, Bischoff M, Hoekstra H (1995) Vacuum sealing: indication, technique and results. Eur J Orthop Surg Trauma 5: 37–40 <> Frohnhöfer UKH Graz (2004) Chirurgische Praxis, Vakuumversiegelung bei akralen Verletzungen <> Horch RE, Gerngroß H, Lang W, Mauckner P, Nord D, Peter RU, Vogt PM, Wetzel-Roth W, Willy C (2005) Indikationen und Sicherheitsaspekte der Vakuumtherapie. MMW Fortschr Med Originalien 147: 1–5 <> Horch RE et al (2003) Sicherheitsaspekte und Indikationen der V.A.C.-Therapie in der plastischen Chirurgie. Eur Surg 35 (Suppl 191): 5–7 <> Horch RE, Schipper J, Maier W, Ridder GJ, Kopp J, Bach AD (2005) Kontinuierliche Vakuumtherapie zur Präfabrikation dreidimensionaler Lappenkonstrukte für die Tumorrekonstruktion im Kopf-Halsbereich. In: Die Vakuumtherapie (Willy C, Hrsg). Eigenverlag, Ulm <> Kamolz LP, Andel H, Haslik W, Winter W, Meissl G, Frey M (2004) Use of subatmospheric pressure therapy to prevent burn wound progression in human: first experiences. Burns 30: 253–58
<> Morykwas MJ, Argenta LC, Shelton-Brown EI, McGuirt W (1997) Vacuum-assisted closure: a new method for wound control and treatment: animal studies and basic foundation. Ann Plast Surg 38: 553–62 <> Neubauer G, Ujlaky R (2003) The cost-effectiveness of topical negative pressure versus other wound-healing therapies. J Wound Care 12 (10): 392–93 <> Nord D (2003) Gesundheitsökonomische Aspekte der V. A.C.-Therapie. Eur Surg 35 (Suppl 191): 27–28 <> Philbeck TE Jr, Whittingon KT, Millsap MH, Briones RB, Wight DG, Schroeder WJ (1999) The clinical and cost effectiveness of externally applied negative pressure wound therapy in the treatment of wounds in home healthcare medicare patients. Ostomy Wound Manage 45(11): 41–50 <> Rexer M, Ditterich D, Rupprecht H (2004) V.A.C.-therapy in abdominal surgery-experiences, limits and indications. Zentralbl Chir 129 (Suppl 1): 27–32 <> Sackett DL, Rosenberg WM (1995) On the need for evidence based medicine (editorial). Health Econ 4 (4): 249–54
88FU[FM3PUI <> Schiestl C (2005) Die große Wirkung der kleinen Schwämme – Die Vakuumtherapie in der plastischen und rekonstruktiven Kinderchirurgie. In: Die Vakuumtherapie (Willy C, Hrsg). Eigenverlag, Ulm <> Walgenbach KJ, Stark GB (2000) Induction of angiogenesis following vacuum sealing. ZfW 13: 9–10 <> Wetzel-Roth W, Zöch G (2004) Konsensus der deutschen und österreichischen Gesellschaften für Wundheilung und Wundbehandlung zur Vakuumversiegelung und »V.A.C.-Therapieeinheit«. Zentralbl Chir 129; 7–11 <> Wild T, Schöttel M, Renner B, Zeugswetter S, Fitzal E, Rinder H, Hölzenbein T (2003) Schwarzer oder weißer Schwamm? Eur Surg 35 (Suppl 191): 43–44 <> Wild T (2003) Consensus of the German and Austrian societies for wound healing and wound management on vacuum closure and the V.A.C. treatment unit. MMW Fortschr Med 145 (Suppl 3): 97–101 <> Willy C (2005) Die Vakuumtherapie. Eigenverlag, Ulm
,BQJUFM
&GGFLUJWJUjUVOE&G¾[JFO[JOEFS8VOEWFSTPSHVOH .PEFSOF8VOEWFSTPSHVOHWT7BLVVNWFSTJFHFMVOHTUIFSBQJF %/PSE
;VTBNNFOGBTTVOH
)PIF,PTUFOEFS8VOEWFSTPSHVOH
In alternden Gesellschaften gewinnt die Wundversorgung zunehmend an Bedeutung. In Deutschland leiden rund 1,4 Millionen Patienten an Dekubitus, diabetischem Fuß und Ulcus cruris. Diese Patienten verursachen Kosten von mindestens € 5 Milliarden pro Jahr. Diese Ausgaben der Kostenträger beziehen sich auf die vorherrschenden Verfahren der sog. modernen Wundversorgung mit Feuchtverbänden. Seit Jahren ist die Vakuumversiegelung von Wunden verfügbar; sie wird jedoch von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erstattet (Stand: Februar 2006). Klinische Studien haben gezeigt, dass durch Anwendung der Vakuumtherapie weniger Verbandwechsel, weniger Rezidive, weniger Krankenhauseinweisungen– und tage sowie weniger Behandlungstage insgesamt anfallen. Trotz höherer Tagesbehandlungskosten ist deshalb die Vakuumversiegelung die deutlich effizientere und patientenfreundlichere Behandlungsmethode. Die Kostenträger könnten jährlich realistischerweise rund € 700 Millionen einsparen, wenn die Vakuumtherapie in der ambulanten Versorgung verfügbar wäre. Es kommt einem Systemversagen gleich, dass der Beratungsprozess über die Zulassung, bzw. Erstattung der V.A.C.-Therapie seit 1997 ergebnislos andauert (Februar 2006). Dies in krassem Unterschied zu den USA, der Schweiz, Frankreich, Österreich oder den Niederlanden, wo diese Methode als stateof-the-art seit Jahren anerkannt ist und erstattet wird. Nicht nur die Anbieter von gesundheitlichen Dienstleistungen und Produkten sollten sich Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen unterziehen müssen, sondern auch und vor allem die überbordenden Gesundheitsbürokratien in Deutschland.
Die Ausgaben der Krankenkassen für die Wundversorgung sind beträchtlich. Sie werden für Deutschland nur für die Indikationen Dekubitus, diabetischer Fuß und Ulcus cruris mit rund € 5 Milliarden beziffert. Wie auf anderen Aktionsfeldern auch, muß die Frage gestellt werden, ob die vorherrschenden Methoden der Wundversorgung nicht nur effektiv, sondern auch effizient sind, d. h. ob sich gegebenenfalls durch die Anwendung anderer Verfahren nicht nur Heilungs-, sondern auch Einsparungseffekte erzielen ließen. Angesichts der chronisch angespannten Finanzlage bei den Kostenträgern, die die Politiker zu immer neuen – und zumeist wirkungslosen – Reformmaßnahmen im Gesundheitswesen anstachelt, wird damit auch die Frage aufgeworfen, ob es immer gesetzgeberischer Maßnahmen bedarf oder ob es nicht auch durch die schnellere Berücksichtigung von Innovationen systemimmanent möglich ist, sowohl die Effektivität als auch die Effizienz der Wundversorgung zu steigern.
&GGFLUJWJUjUVOE&G¾[JFO[
Effektiv ist eine Handlungsalternative, die zu einem gewünschten Ziel führt, also wirksam ist, z. B. die Schließung einer Wunde. Unter Effizienz wird zusätzlich das Verhältnis eines in definierter Qualität vorgegebenen Nutzens zu dem Aufwand verstanden, der zur Erreichung des Nutzens nötig ist. Ein effizientes Verhalten führt daher wie auch ein effektives Verhalten zur Erzielung eines Nutzens, hält aber im Unterschied zu diesem, dem effektiven Verhalten, den dafür notwendigen Aufwand möglichst gering. Effizienz bedeutet somit Aufwandsoptimierung.
Die gegenwärtig vorherrschende moderne Wundversorgung besteht in der Anwendung feuchter Wundauflagen, z. B. Hydrokolloide. Diesen Methoden soll die Vakuumversiegelung, die V.A.C.-Therapie, im Kostenvergleich gegenübergestellt werden. Mit der V.A.C.Therapie steht seit geraumer Zeit eine nicht-invasive Vakuumversiegelungsmethode zur Akutbehandlung traumatischer Weichteildefekte und zur Konditionierung von chronischen Wunden, z. B. Ulcus cruris, Dekubital-, oder diabetischem Ulcus zur Verfügung. Die V.A.C.-Therapie ist eine Alternative zu den bisherigen, feucht-konservativen Behandlungsmethoden und anderen Wundversorgungsformen. Vorteile werden u.a. darin gesehen, dass o.g. Wunden geruchlos und schneller geschlossen werden.
(FTVOEIFJUTzLPOPNJTDIF8FSL[FVHF
Zur Messung der Effizienz stehen der Gesundheitsökonomie mehrere Werkzeuge zur Verfügung: Kostenvergleiche, Kosten-Nutzen -Analysen (KNA), KostenWirksamkeitsanalysen (KWA), etc. Während KNAs den Nutzen rein monetär bemessen, bewerten KWAs die Kosten monetär und die Ergebnisse (Nutzen) nicht monetär, z. B. gewonnene Lebensjahre durch bestimmte Therapien. Bei den Kosten werden wiederum die direkten, die indirekten und die intangiblen Kosten unterschieden. Die direkten Kosten bezeichnen dabei die unmittelbar durch eine Behandlung entstehenden Aufwendungen, während mit indirekten Kosten z. B. krankheitsbedingte Lohnfortzahlungen, Produktivitätsausfälle, etc. bezeichnet werden. Intangible Kosten und Nutzen schließlich sind solche, die sich nicht monetär messen lassen, z. B. Veränderung der Lebensqualität. Rund zwei Drittel der an den o. g. Wunden leidenden Patienten entfallen auf die Gruppe der über 60jährigen, nicht mehr im Erwerbsleben Stehenden, für die sich keine indirekten Kosten mehr ermitteln lassen. Strenge KNAs und KWAs erfordern ein randomisiertes, kontrolliertes Vorgehen. Weder für die sog. moderne Wundversorgung, noch für die V.A.C.-Therapie liegen indessen für die genannten Indikationen klinische RCTs mit ausreichender Probandenzahl vor. Vielmehr dominieren Fallstudien und die Analyse von Intrapatientenkarrieren, so dass sich für die Beantwortung der oben aufgeworfenen Fragen der Behandlungskostenvergleich zwischen moderner Wundversorgung und der V.A.C.-Therapie anbietet.
%/PSE 1SjWBMFO[%FLVCJUVT EJBCFUJTDIFS'V 6MDVTDSVSJT
Für Deutschland wird die Prävalenz des Dekubitus auf rund 1 % der Bevölkerung [1] geschätzt, d. s. ca. 800.000 Patienten. Davon entfallen auf die schweren Formen (Grad 3 und 4) ca. 20 %, d. s. rund 160.000 Patienten. Andere Quellen [2] sprechen sogar von 1,4 Millionen Deutschen, die an Dekubitus leiden. Mit ca. 200.000 wird die Zahl der Patienten mit einem diabetischen Fußsyndrom angegeben [3]. Beim Ulcus cruris werden von den Autoren unterschiedliche Zahlen genannt. Sie schwanken zwischen ca. 250.000 und 800.000 [4] und 1,5 Millionen [5]. Das Gros dieser Patienten – alle zusammen mindestens 600.000 – befindet sich im ambulanten Versorgungsbereich, entweder in häuslicher Pflege oder in Pflegeheimen. Für die nachfolgende Betrachtung werden die niedrigeren Patientenzahlen verwendet, so dass die mit ihnen ermittelten Ergebnisse konservativ einzuschätzen sind.
,PTUFOEFSNPEFSOFO8VOEWFSTPSHVOH
Die Kosten der Wundversorgung sind – wie bereits genannt – erheblich. Für Dekubitalulcera werden sie insgesamt auf bis zu 3,5 Milliarden Euro jährlich geschätzt [6]. Für das diabetische Fußsyndrom ist mangels Datenlage die Schätzung der jährlichen Gesamtkosten schwierig. Geht man von 200.000 Patienten aus, einer mittleren Feuchtbehandlungszeit von 43 Tagen und von Tagestherapiekosten ( feuchte Wundbehandlung) von Euro 47 [3, S. 101], so ergeben sich hier Gesamtkosten (nur Sachkosten) von rund 404 Millionen Euro. Beim Ulcus cruris werden Gesamtkosten von mindestens 1 Milliarde Euro angenommen [6]. Insgesamt haben wir es also über alle Kostenpositionen der GKV hinweg mit einem Kostenvolumen von über 5 Milliarden Euro (Gesamtkosten) nur für die drei aufgeführten Indikationen zu tun. Damit kostet ein durchschnittlicher Wundpatient (nur drei Indikationen) die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) rund 6.600 Euro, während für einen »normalen« Versicherten ca. 3 400 Euro jährlich aufzubringen sind. Diese Werte beziehen sich auf die Behandlung fast ausschließlich auf die moderne Wundversorgung, auf die Behandlung mit feuchten Wundverbänden und die mit dieser Methode benötigte Behandlungsdauer, die von den Autoren für Dekubitus mit durchschnittlich 100, beim diabetischen Fuß mit 43 und beim Ulcus cruris mit 25 Tagen angegeben wird. Ob diese Angaben jedoch der heutigen Realität entsprechen, ist zweifel-
&GGFLUJWJUjUVOE&G¾[JFO[JOEFS8VOEWFSTPSHVOH
haft. Insbesondere beim Dekubitus Grad 4 wird eine zunehmend längere Behandlungszeit als die angegebene beobachtet. Zum Beispiel hat Philbeck [7] in den USA eine durchschnittliche Behandlungsdauer von 247 Tagen unter herkömmlichen Behandlungsmethoden ermittelt. In einer anderen Studie [8] wurde erhoben, dass bei Patienten mit einer mittleren Wundgröße von 220 cm3 die Behandlungszeit zwischen 180 Tagen und 2 Jahren betrug, bis die Patienten, weil die Behandlung erfolglos verlaufen war, einer Vakuumbehandlung mit dem V.A.C.-Therapiesystem unterzogen wurden (s. u.).
8VOEIFJMVOHTSBUF DNQSP5BH
,POWFO UJPOFMMF .FUIPEF FUIPEF
7"$ 5IFSBQJF
5BHFCJT[VS)FJMVOH
.BUFSJBMLPTUFOQSP5BHJO64
°
1¿FHFLPTUFOQSP#FTVDIJO64
°
(FTBNULPTUFOQSP5BHJO64
°
°
°
(FTBNUF)FJMLPTUFOJO64
"CC 8VOEIFJMVOHTSBUFVOE,PTUFO7"$WTLPOWFOUJPOFMMF .FUIPEF 1IJMCFDL
Die Inzidenz des Dekubitus Grad 4 wird mit 5 % aller Dekubituspatienten angegeben, d. s. 40.000 Patienten. Bei einer realistischen Behandlungsdauer mit Feuchtverbänden von 180 Tagen und Tagestherapiekosten von mindestens 60 Euro ergeben sich nur für den Grad 4 Gesamtkosten von 432 Millionen Euro. Nimmt man die Grad-3-Patienten hinzu, dann ergeben sich Gesamtsachkosten von 1,7 Milliarden Euro. Die Angaben über die Prävalenz des Ulcus cruris schwanken zwischen 0,3 und 1 %, d. h. zwischen 240.000 und 800.000 Patienten. Die Behandlungsdauer mit Hydrocolloiden wird mit 25 Tagen, die Tagestherapiekosten (nur Sachkosten) mit 58 Euro angegeben. Bei Annahme einer mittleren Prävalenz von 0,5 % (400.000 Patienten) summieren sich die reinen Sachkosten auf 580 Millionen Euro.
,PTUFOWFSHMFJDI.PEFSOF8VOEWFSTPSHVOHWT 7"$5IFSBQJF
Als Alternative zur modernen Wundbehandlung ist seit Jahren mit der V.A.C.-Therapie eine nicht-invasive Vakuumversiegelungsmethode zur Akutbehandlung traumatischer Weichteildefekte und zur Kondi-
tionierung von chronischen Wunden verfügbar. Für die genannten und weitere Indikationen ist die V.A.C.Therapie in den USA auch für die häusliche Versorgung zugelassen – und wird von Medicare erstattet. Gleiches gilt für die Schweiz, wo V.A.C. zum Pflichtleistungskatalog der dortigen Krankenkassen zählt. Auch in anderen Ländern, z. B. Frankreich, Niederlande, Österreich erfolgt die Kostenübernahme durch die dortigen Krankenkassen unbürokratisch. In Deutschland dagegen wird über die Zulassung der V.A.C.-Therapie in der ambulanten Versorgung in den zuständigen Instanzen seit 1997 ergebnislos beraten (s. u.). Grundlage jedes Kostenvergleichs sind Ergebnisse klinischer Studien. In diesen konnte für spezifische Indikationen die Überlegenheit der V.A.C.-Therapie auch hinsichtlich der Reduktion von Komplikationen, z. B. Vermeidung der Zweitamputation des diabetischen Fußes [9], von Krankenhauseinweisungen und Notfallaufnahmen [10] etc. überzeugend nachgewiesen werden, Nachweise, die auch auf eine überlegene Effizienz hindeuten. In einer kleinen Pilotstudie [8] mit 32 häuslich versorgten Patienten, die insgesamt 37 Wunden einer durchschnittlichen Größe von 220 cm3 verzeichneten, wurde das definierte Behandlungsziel, die Reduktion der Wunde zur erfolgreichen Weiterbehandlung mit konservativen Methoden, in durchschnittlich 65 Tagen erreicht. Die Volumenabnahme der Wunden betrug dabei jeweils 3,8 cm3 pro Tag. Die Patienten wurden zuvor konservativ behandelt, ohne dass eine Besserung eingetreten war. Die Zeiträume der Vorbehandlung schwankten zwischen 6 Monaten und 2 Jahren. Zu einem ersten vorsichtigen Kostenvergleich wurden nur die unmittelbaren Wundversorgungskosten von konservativer und V.A.C.-Behandlung ohne ärztliche Vergütung herangezogen. Diese betrugen bei ersterer € 64 und bei V.A.C. € 71 pro Tag. Bei einer durchschnittlichen Therapiedauer mit dem V.A.C.Therapiesystem fielen demnach unmittelbare Behandlungskosten von ca. € 4 600 pro durchschnittlichen Fall an. Die zuvor konservativ und erfolglos versorgten Patienten verzeichneten bis zur Anwendung von V.A.C. eine Behandlungsdauer von 6 Monaten bis 2 Jahren. Die Kosten dieser Behandlung beliefen sich auf € 64 pro Tag. Eine Behandlungsdauer von 6 Monaten belastete die Krankenkasse demnach mit rund € 11 520, ohne dass eine Besserung eingetreten war.
%/PSE
*OUBOHJCMFS/VU[FOEFS7"$5IFSBQJF
Intangibler Nutzen drückt sich in der Bewertung durch den Patienten naturgemäß überwiegend in subjektiven Kategorien aus, wobei allerdings starke Auslöser objektive Parameter sind, z. B. die geringere Zahl der Verbandwechsel und die kürzere Zeit bis zur Heilung. In einer multizentrischen, offenen, nicht kontrollierten Beobachtungsstudie mit 176 Datensätzen [11] konnte die Überlegenheit der V.A.C.-Therapie auch aus Patientensicht bestätigt werden. 90,5 % der Befragten schätzten die Wirksamkeit der V.A.C.-Therapie als sehr hoch ein; 96 % würden sie anderen Patienten weiterempfehlen. Im Vergleich zu den zuvor angewendeten modernen Verfahren gaben die Probanden zu allen abgefragten items der V.A.C.-Therapie deutlich bessere Bewertungen.
%BT&JOTQBSQPUFOUJBMEVSDI7"$5IFSBQJF
Die durch die V.A.C.-Therapie erzielbare schnellere Wundschließung konnte bei den hier zur Rede stehenden Indikationen auch in anderen Studien gezeigt werden. Beim Dekubitus (3 und 4) liegt sie zwischen 65 und 97 Tagen (gegenüber 180 Tagen bis 2 Jahren bei anderen Methoden), beim diabetischen Fuß bei rund 23 Tagen (gegenüber 43 bei anderen Methoden) und beim Ulcus cruris bei 12 Tagen (gegenüber 25 bei anderen Methoden). Dieser Zeitgewinn, multipliziert mit den
Tagessachkosten für V.A.C. von 64 Euro (Pauschale für Sachkosten und Gerätemiete), abgeglichen mit den Tagessachkosten anderer Methoden und deren Zeitbedarf ergibt den Kostenvor- oder Nachteil der V.A.C.Therapie für die gesetzlichen Krankenkassen. Die Übersicht ergibt für lediglich drei Indikationen des Wundspektrums ein Sachkosteneinsparpotential für die Kostenträger von 1,4 Milliarden Euro. Allerdings reflektiert diese Zahl die unrealistische Annahme, dass durch V.A.C. alle anderen Wundversorgungsmethoden vollständig substituiert werden. Geht man jedoch davon aus, dass aufgrund von z. B. neuen Leitlinien für die Behandlung schwerer Wunden, durch die DRGs im Krankenhaus etc. die V.A.C. Therapie zu 50 % die bisherigen, unterlegenen und kostenintensiveren Methoden substituiert, bliebe immer noch eine Sachkosteneinsparung von rund 0,7 Milliarden Euro pro Jahr. Diese Einschätzung dürfte konservativ sein, also am unteren Ende der Einsparmöglichkeiten liegen. Legt man nämlich amerikanische Daten zugrunde, denen zufolge V.A.C. in der Dekubitus (3 und 4)-Versorgung gegenüber anderen Methoden pro Fall rund 9.000 US$ einsparen kann [7], so ergäbe sich – gleiche Grundannahmen struktureller, preislicher und honorarspezifischer Art unterstellt – nur für die Dekubitusversorgung ein Sparpotential für Deutschland (160.000 Patienten) von 1,4 Milliarden US$.
5
vor vor V.A.C. VAC
nachV.A.C. VAC nach
4
3
2
1 C97,9
Alltag
Sozial
Psyche
Therapie
Zufriedenheit
Global
"CC -FCFOTRVBMJUjU '-2"X CFJ1BUJFOUFOWPSVOEOBDI7"$5IFSBQJF O IPIF8FSUFFOUTQSFDIFOIPIFO#FMBTUVOHFO
&GGFLUJWJUjUVOE&G¾[JFO[JOEFS8VOEWFSTPSHVOH *OEJLBUJPO 1BUJFOUFO[BIM
%FLVCJUVTVOE
%JBCFUJTDIFS'V
6MDVTDSVSJT
,POTFSWBUJWF#FIBOEMVOH #FIBOEMVOHTEBVFS LPOTFSWBUJW 5BHF 5BHFTTBDILPTUFOJO&VSP (FTBNUTBDILPTUFOJO &VSP
7"$5IFSBQJF .JUUM#FIBOEMVOHT EBVFSJO5BHFO 5BHFTTBDILPTUFOJO&VSP (FTBNUTBDILPTUFOJO &VSP
.BYJNBMFT4BDILPTUFO&JOTQBSQPUFOUJBMGS(,7JO&VSP
"CC 5IFPSFUJTDINBYJNBMF&JOTQBSQPUFOUJBMF
%JFSFBMFO¨&JOTQBSVOHFO§VOEEJF3PMMF EFS#SPLSBUJF Es zählt zu den Absonderheiten des deutschen Gesundheitssystems, dass diese Sparpotentiale auch ansatzweise nicht aktiviert wurden. Die gleichen Institutionen, die Einsparungen stereotyp bei Krankenhäusern, Ärzten, Industrie etc. einfordern, nämlich Krankenkassen und Gemeinsamer Bundesausschuß (G-BA) beraten seit 1997 ergebnislos (Februar 2006), ob die V.A.C.-Therapie von den Kostenträgern in der häuslichen Versorgung erstattet werden soll. In der Schweiz war das Zulassungsverfahren nach sechs Monaten abgeschlossen. Dieses Bürokratieversagen der deutschen Selbstverwaltungsorgane, das den Patienten eine effizientere Behandlung und den Kostenträgern selbst – und damit den Beitragszahlern – Einsparungen vorenthält, muss zu wirksamen Reformen der Bürokratie oder zu massiven Ersatzvornahmen durch das vorgesetzte Gesundheitsministerium führen. Uneingeschränkt beizupflichten ist dem Präsidenten des Bundesversicherungsamts, Daubenbüchel, der festgestellt hat: »Wer sein Gehalt als öffentlich-rechtlicher Bediensteter aus Zwangsbeiträgen verdient, ist den Versicherten gegenüber zum wirtschaftlichen Umgang mit dem Geld und zur Rechenschaft verpflichtet« [12]. Zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen bedarf es also nicht unbedingt neuer Gesetze und Verordnungen; oft wäre es schon mit der Verhinderung der Innovationsverhinderung durch die Gesundheitsbürokratie getan.
1SGVOHTGSBHFO
1. Dekubitus, diabetischer Fuß, Ulcus cruris: Welche Prävalenz liegt bei diesen Indikationen in Deutschland vor? Welche Gesamtkosten entfallen auf die Behandlung? 2. Welche gesundheitsökonomische Methode bietet sich für einen Effizienzvergleich verschiedener Wundbehandlungsverfahren an? 3. Was ist die Vakuumversiegelungsmethode und welche Vorteile werden ihr gegenüber der modernen Wundversorgung zugeschrieben? 4. Wieviel könnten die deutschen Kostenträger einsparen, wenn die Vakuumversiegelung für die häusliche Versorgung zugelassen wäre und erstattet würde?
-JUFSBVUVS <> Berufsfachverband Medizinprodukte Industrie (Juni 2000) <> www.medizinfo.de/wundmanagement/epidemiologie.htm (Januar 2006) <> Willy C (2003) Vakuumversiegelungstherapie von Wunden in der ambulanten Versorgung. Ulm <> Anderson E et al (1993) Leg and foot ulcer prevalence and investigation of the peripheral arterial and venous circulation in an randomized elderly population. Acta Derm Venereol 73: 57–61 <> www.medizinfo.de/wundmanagement/epidemiologie.htm, (Januar 2006) <> Pelka R (1997) The economic situation of chronic wounds. Krankenpfl J 35: 338
<> Philbeck TE et al (1999) The clinical and cost effectiveness of externally applied negative pressure wound therapy in the treatment of wounds in home healthcare medicare patients. Ostomy Wound Manage 45: 11 <> Nord D (2002) Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit der Vakuumversiegelung von Wunden mit dem V.A.C.-Therapiesystem, in: Der Niedergelassene Chirurg 6: 3 <> Armstrong DG, Lavery LA (2005) Negative pressure wound therapy after partial diabetic foot amputation – a multicenter, randomized controlled trial. Lancet 366 (12. November)
%/PSE <> Schwien T, Gilbert J, Lang C (2005) Pressure ulcer prevalence and the role of negative pressure wound therapy in home health quality outcomes. Ostomy Wound Manage 51(9): 47–60 <> Augustin M, Zschocke I (2006) Nutzenberwertung der ambulanten und stationären V.A.C.-Therapie aus Patientensicht. MMW (Original- und Ergänzungsband 01/2006) <> Daubenbüchel R (2006) Spiegel-Online (2. Januar): Vorstandsgehälter sollen begrenzt werden
,BQJUFM
4DINFS[VOE8VOEFO -5FPU
&JOMFJUVOH
Wenn die Behandlung eine Tendenz hat Schmerzen hervorzurufen, wird der Patient von sich aus über die Schmerzen seiner Wunde berichten. Jeder Schmerz ist unterschiedlich und hat seine eigenen Spezifitäten. In einem rezenten WUWHS Konsensus Dokument über Schmerz während des Verbandwechsels [10], nach einem EWMA Positionsdokument, wird erklärt, dass unbehandelter Schmerz die Wundheilung negativ beeinflusst und einen Einfluss auf die Lebensqualität hat. Schmerzbeurteilung ist eines der Schlüsselelemente bei der Behandlung des Schmerzes. Spezifische Maßnahmen bezüglich der Verbandswechsel sollten durchgeführt werden, angepasst an den Patienten und an die Pathologie. Schmerz kann mit einer Kombination aus genauer Beurteilung, passender Wahl des Verbandes, kompetentem Wundmanagement und individualisiertem analgetischen Regime bewältigt werden. Auch die psychosoziale Umgebung des Patienten beeinflusst die physiologische Schmerzerfahrung [2]. Chronischer Schmerz, wie bei chronischen Wunden, hat eine völlig andere Physiopathologie und muss daher vor der Behandlung erkannt werden. Es existieren einige Hilfsmittel und jeder Experte muss sie kennen.
&UJPQBUIPHFOJFEFT4DINFS[FT
Vom ersten Moment bis zur permanenten Chronizität erfährt der Patient Schmerz, der sich während der Zeit und des Momentes entwickelt. Schmerz verändert sich. Es gibt zwei Arten von Schmerz: nozizeptiven und neuropathischen Schmerz. Nozizeptiver Schmerz ist definiert als eine unangemessene physi-
ologische Antwort auf einen schmerzhaften Stimulus. Es schließt akute und chronische Entzündungen mit ein. Akuter nozizeptiver Schmerz entsteht als Reaktion auf Gewebsschaden und ist üblicherweise begrenzt. Schmerz bei arteriellen Beingeschwüren intensiviert sich während der Nacht mit spontanen Paroxysmen. Schmerz während des Verbandwechsels kann auf diese Schmerzart begrenzt sein, aber die psychischen Konsequenzen von wiederholtem Schmerz entwickeln sich typischerweise rasch und verstärken die depressive Stimmung (beobachtet bei Verbrennungspatienten, bei denen regelmäßig Verbandswechsel durchgeführt werden). Bei langsam heilenden Wunden erzeugt die verlängerte entzündliche Antwort erhöhte Sensitivität sowohl in der Wunde (primäre Hyperalgesie) als auch in der umgebenden Haut (sekundäre Hyperalgesie). Diese Patienten sprechen üblicherweise gut auf angepasste analgetische Therapie an. Neuropathischer Schmerz ist definiert als eine unangemessene Antwort, hervorgerufen durch eine primäre Läsion oder Dysfunktion im Nervensystem. Nervenschäden sind der häufigste Grund der primären Läsion, als Folge eines Traumas, einer Infektion, einer Stoffwechselstörung oder Krebs. Neuropathischer Schmerz ist ein Hauptfaktor bei der Entwicklung von chronischem Schmerz. Er ist oft mit verstärkten und unangenehmen Sinneseindrücken, bei denen jeder sensorische Stimulus wie leichte Berührung, Druck oder Temperaturänderung intensiven Schmerz (Allodynie) mit brennenden und vernichtenden Empfindungen hervorrufen kann. Der Kliniker muss das während des akuten Schmerzes erkennen. Es besteht die Notwendigkeit einer angepassten Behandlung, da das Risiko, chronische Schmerzen zu entwickeln, groß ist. Neuropathischer Schmerz kann auch bei der akuten
-5FPU
Schmerzur:achen Schmerzursachen Operativ (Schneiden von Gewebe oder verlA60.9;. *628<4*;276 z.B. Debridemen; '.9+9.66<60:=.9+Ande)
Psychosoziale Faktoren (z.B. 4;.9 .:,14.,1; Kul;ur Au:bildun0 5.6;*4.9)<:;*6-H $790. .89.::276 <9,1; &60.>2::1.2; Kummer)
Verfahrenstechnisch (Rou;ine/Ba:i:in;erven;ion z.B. Verband:wech:el Wundreini0un0)
Ereignis .>.0<60:*+1A6020. &9:*,1.6 z.B. #.2+<60 9<;:,1.6-. VerbA6-.<:;.6
%ussere Faktoren (z.B. %25260 der [email protected]<9 26:;.44<60 - LArmpe0el La0erun0 de: !*;2.6;.6 #.::7<9,.6
Hintergrund 8.9:2:;2.9.6-.9 09<6-4.0.6-.9$,15.9@*09<6--.9 Wundur:ache lokaler Wund/ak;oren z.B. I:chA52.6/.3;276 "CCJMEVOH
Wunde beobachtet werden. Patienten mit erhöhter Sensitivität, die Schmerz bei der leichtesten Berührung fühlen, empfinden den zusätzlichen Schmerz beim Verbandwechsel qualvoll [5]. Die Gründe für Schmerz (Abb. 1) können durch die Begriffe Hintergrund, Ereignis, verfahrenstechnisch und operativ definiert werden. Dieser Schmerz kann auch durch die psychosoziale Umgebung beeinflusst werden [4]. Der Hintergrundschmerz ist der Ruheschmerz, wenn keine Wundmanipulation erfolgt. Er kann andauernd (wie bei Zahnschmerz) oder intermittierend (wie bei Krämpfen oder Nachtschmerz) sein. Der Hintergrundschmerz ist mit der Ursache der Wunde, lokalen Wundfaktoren (wie Ischämie, Infektion und Mazeration) und anderen assoziierten Pathologien (wie diabetischer Neuropathie, peripherer Gefäßerkrankung, rheumatoider Arthritis und dermatologischen Zuständen) verbunden. Der Patient kann Schmerzen haben, die nicht mit der Wunde verbunden sind, aber einen Einfluss auf den Hintergrundschmerz haben (wie Herpes zoster, Osteoarthritis und Krebs). Ereignisschmerz (Durchbruch) kann während der Tagesaktivitäten, wie Mobilisation, Husten oder Verrutschen des Verbandes entstehen. Verfahrenstechnischer Schmerz entsteht während Routinetätigkeiten wie Verbandsentfernung, Wundreinigung und Verbandsapplikation. Nicht-pharma-
kologische Techniken und Analgesie sind erforderlich, um den Schmerz zu kontrollieren. Operativer Schmerz ist mit jeder Intervention verbunden, die normalerweise durch einen Kliniker durchgeführt wird und eine Anästhesie (lokal oder allgemein) benötigt, um den Schmerz zu unterdrücken [6].
%JFQTZDIPTP[JBMF6NHFCVOH
Faktoren wie Alter, Geschlecht, Bildungsniveau, Umgebung und exakte Schmerzgeschichte können das Schmerzerlebnis des Patienten beeinflussen, wie auch die Fähigkeit, ihren Schmerz zu kommunizieren. Kliniker müssen die Schmerzerfahrung beurteilen und den Glauben des Patienten über den Grund des Schmerzes, sowie die potentiellen Vorteile von verschiedenen Methoden des Schmerzmanagements anerkennen.
&WBMVBUJPO"CTDIjU[VOH
Die Beschreibung des Schmerzes versucht die Topographie, das Profil, die Art der Sensation und die Intensität zu präzisieren. Das Gespräch mit dem Patienten lässt auch die Auswirkungen auf den Schlaf, die verstärkenden Faktoren, den medizinischen Hintergrund,
4DINFS[VOE8VOEFO
die Effektivität der Behandlung, ihre Berücksichtigung und ihre Repräsentativität bezüglich des Selbstbildes beurteilen. Ein Körperdiagramm kann hilfreich sein, um die Lokalität des Schmerzes zu zeigen, besonders wenn es mehrere Schmerzareale gibt, die unabhängig von einander eingeschätzt werden müssen. Der Kliniker muss ein guter Zuhörer sein und sich ein Bild über die Schmerzeindrücke des Patienten machen, wobei er einfache Fragen wie »Woher, denken Sie, kommt der Schmerz?« oder »Was hilft Ihnen den Schmerz zu lindern?« verwendet. Routinierte Kliniker verwenden Hilfsmittel wie das »Erkrankungsauswirkungsprofil« (Sickness Impact Profile, SIP) [4] oder die Lebensqualität-Skala (Quality of Life Scale, QOLS) [5]. Es ist wichtig, realistische Ziele mit dem Patienten zu definieren. Die Patienten dürfen erwarten, Schmerzen während einer Verbandsprozedur zu erleben, aber das Ziel sollte sein, den Schmerz und das Unwohlsein auf ein Minimum zu reduzieren. Das kann nur mit der Einbindung des Patienten und durch das Verwenden einer abgestimmten Schmerzeinschätzungsmethode und einen feinschichtigen Zugang geschehen, um zu evaluieren und, wenn nötig, die Wahl und das Timing der Analgesie und Intervention zu ändern.
STRATEGIEN DER SCHMERZEVALUATION C Um zu bestimmen, ob der Patient permanente/ereignisabh&ngige Schmerzen hat: CQualitt : E Beschreiben Sie den Wundschmerz in Ruhe und bestimmen Sie tief oder pulsatil oder akut oder brennend oder beissend? » CLokalisation : E Wo ist der Schmerz lokalisiert? Ist er auf die Wunde begrenzt oder auch rundherum? F CUrschliche Faktoren : E Was verstArkt den Schmerz? .9Bhrung, Druck, Bewegung, PositionG ? F CReduzierende Faktoren: E Was lindert den Schmerz? Analgesie, BA-.9 Anheben der Beine, etc.? F
"CCJMEVOH
STRATEGIEN DER SCHMERZEVALUATION CUm zu bestimmen, ob der Patient w&hrend oder nach dem Verbandswechsel Schmerzen hat: CQualitt : E Beschreiben Sie den Schmerz wA19.6- des letzten Verbandswechsels! F CLokalisation : E Wo war der Schmerz lokalisiert? War er auf die Wunde begrenzt oder auch rundherum? F CUrschliche Faktoren: E Wann war der Schmerz am stArksten? F CReduzierende Faktoren : E Was hat den Schmerz gelindert? F CDauer : E Wann nach dem Verbandswechsel ist der Schmerz verschwunden ? F
"CCJMEVOH
STRATEGIEN DER SCHMERZStrategien der Schmerzevaluation EVALUATION
"CCJMEVOH
Die Dokumentation in die Patienten-Unterlagen ermöglicht eine spätere Evaluation, ob sich der Schmerz über die Zeit verstärkt oder vermindert hat. Ereignisse, die den Schmerz verschlimmert oder gebessert haben, sollten ebenfalls dokumentiert werden. Eine rückblickende Abschätzung sollte von einem erfahrenen Kliniker als Teil einer ausgedehnten Fallbeurteilung durchgeführt werden und eine laufende Evaluation, um die Behandlungsstrategien und den Fortschritt zu beurteilen. Die Auslöser und Abschwächer des Schmerzes sollten identifiziert und dokumentiert werden. Details, wie dokumentierte Schmerzauswertung, können grafisch gezeigt werden und ermöglichen die Darstellung und Auswertung von Trends im Laufe der Zeit und von Änderungen der Anwendung, wie präventiver Analgesie. Eine Durchsicht kann auch unbekannte Zusammenhänge entdecken, wie unterschiedliche Schmerzstärken nach der Behandlung von verschiedenen Personen. Die Abschätzung (Abb. 2–4) sollte immer den Patienten miteinbeziehen. Unter speziellen Umständen, z. B. bei der Behandlung von kleinen Kindern, schwächlichen Alten oder kognitiv Beeinträchtigten, ist größere Geduld und Verständnis notwendig. In diesen Situationen müssen Schritte zur Sicherung der verständlichen Evaluation der Schmerzmanagementanforderungen der Patienten unternommen werden. Es kann schwierig sein, den Schmerz von genereller Angst, Agitation, Unglück und Leiden zu unterscheiden, aber ein fürsorglicher Zugang kann viel zur Verbesserung des Leidens beitragen. Alter, Kultur und Unterschiede bei der Interpretation von Schmerz oder Schmerz beschreibenden Worten können es schwierig machen, sich in Patienten einzufühlen, besonders wenn der berichtete Schmerz in keinem Verhältnis zum ausgeübten Stimulus steht. Im Zweifel sollte den Gefühlen des Patienten geglaubt und diese respektiert werden.
#FVSUFJMVOHEFT4DINFS[DIBSBLUFSTNJUUFMT'SBHFO
Kliniker sollten mit Zuhören beginnen und die Antworten der Patienten beobachten. Schmerzbeurteilung kann so leicht sein, wie den Patienten nach seinem Befinden fragen, sowohl allgemein als auch speziell im Zusammenhang mit Hintergrund- und Ereignisschmerz, wie auch mit verfahrenstechnischem Schmerz. Kliniker sollten Fragen stellen, um herauszufinden, was den Schmerz auslöst und wie er sich anfühlt, um dann zuzuhören und das Verhalten der Patienten zu beobach-
-5FPU
ten, da manche ihre Antworten anpassen, um nicht schwierig und lästig zu erscheinen.
.FTTFOEFS4DINFS[JOUFOTJUjU
Die Grundprinzipien der Schmerzbeurteilung sollten bei allen Wundarten gleich sein. Das Ziel ist den Schmerz zu minimieren und optimale Bedingungen für die Wundheilung zu schaffen. Schmerzeinstufung ist ein essentielles Zeichen für Wundmanagement. Wenn der Schmerz stärker wird, kann das ein Hinweis für Heilungsprobleme, wie durch Infektion oder unsachgemäße Behandlung, z. B. schlechte Verbandswahl, sein. Kliniker sollten nicht einfach fragen »Haben Sie Schmerzen, ja oder nein?«, sondern »Wie würden Sie den Schmerz einstufen?«. Ein unangemessenes Niveau von Hintergrundschmerz oder unkontrolliertem Schmerz während oder nach Verbandswechsel kann eine Änderung im Management erfordern. Individuelle Ziele sollten mit jedem Patienten gesetzt werden, aber als allgemeine Richtlinie gilt, dass als »mittelstark« eingestufter Schmerz oder Einstufungen über 4 (auf einer Skala von 1–10) oder über 40 % auf jeder anderen Skala eine Pause veranlassen und die Erhaltungsanalgesie verbessert und eine Neubewertung des verwendeten Verbandes oder der Technik durchgeführt werden sollte. Bewertungen, die ständig über 4 sind, können als Hinweis für unkontrollierten Schmerz gewertet werden. Werte unter 4 (oder unter 40 % der Skala) bezeichnen leichten Schmerz und sind akzeptabel, wenn er nicht andauert. Es ist daher wichtig dies unter Beobachtung zu halten.
8FMDIF4DINFS[TLBMBTPMMUFWFSXFOEFUXFSEFO
Visuelle Skalen schließen die Gesichterskala ein, bei der gezeichnete Gesichter verwendet werden, die lachende Gesichter für »kein Schmerz« bis weinende Gesichter für »schlimmste Schmerzen« zeigen. Die »visuell analoge Skala« (visual analogue scale, VAS) ist üblicherweise 10 cm lang mit den Extremen »kein Schmerz« und »schlimmste Schmerzen«. Die Patienten werden gebeten, eine Position auf der Skala zu bezeichnen, die ihr Schmerzniveau am besten widerspiegelt. Die Bewertung wird dann abgelesen und dokumentiert. Numerische und verbale Skalen: Die »numerische Bewertungsskala« (numerical rating scale, NRS) lässt den Patienten den Schmerz zwischen z. B. 0 und 10 einteilen. Der Patient wird dabei gebeten eine Zahl auf der
4DINFS[VOE8VOEFO
Skala zu benennen, die dem momentanen Schmerz am nächsten kommt. Die »verbale Bewertungsskala« (verbal rating scale, VRS) ist die einfachste Skala, die zumeist nur aus vier bis fünf Worten (z. B. keine, leichte, mittelstarke und starke Schmerzen) besteht.
#FVSUFJMVOHWPOSF[JEJWJFSFOEFOVOEBOEBVFSOEFO 4DINFS[FO
Die Häufigkeit der Beurteilungen sollte entsprechend der Wundbeurteilungen erfolgen. Üblicherweise sind in der frühen Phase verfahrenstechnische Schmerzen auf Grund der Entzündungssituation stärker. Später in der Granulationsphase kann der Schmerz ein wichtiger Hinweis für die Revaskularisierung und Reinnervation der Wunde sein. Für gewöhnlich ruft eine epithelialisierte Wunde keinen verfahrenstechnischen Schmerz mehr hervor. Diese Schmerzauswertungen sollten überwacht und bevorzugt in einer Verlaufskurve, ähnlich einer Fieberkurve, dokumentiert werden, die Schmerzentwicklungen erkennen lässt. Das ermöglicht ein individuelles, detailliertes Schmerzprofil nicht nur bei Verbandswechseln sondern auch in der täglichen Routine.
.BOBHFNFOUEFT8VOETDINFS[FT
Jede Person und jede Wunde sollte einen individuellen Managementplan haben. Unkontrollierter Schmerz sollte ein Hinweis für die sofortige Anpassung des Plans sein. Wunden unterscheiden sich in ihrem Ursprung und ihren Heilungsaussichten, was sich auf die Wahrscheinlichkeit und die Schwere der Schmerzen auswirkt und sollte die Wahl der Behandlungsmöglichkeiten und Strategien bei Verbandswechseln beeinflussen. Das Ziel ist es, alle Gründe des Schmerzes zu behandeln und der Kliniker muss den Hintergrundund Ereignisschmerz des Patienten vor jeder klinischen Intervention beachten.
#FIBOEMVOHMPLBMFS'BLUPSFOEFT8VOETDINFS[FT
Kliniker müssen sich bewusst machen, wie die Faktoren, die die Intensität und den Charakter des Schmerzes verstärken, zu behandeln sind. Es gibt eine große Anzahl an Zugängen zur Behandlung lokaler Schmerzfaktoren. Kliniker müssen lokale Wundmanagementprotokolle befolgen und entscheiden, welche Behandlungsoptionen in ihrer spezifischen Versorgungsumgebung passend, verfügbar, leistbar und anwendbar sind.
-PLBMXVOEBTTP[JJFSUFS4DINFS[
Dies schließt Ischämie, Infektion, verstärkte Wundtrockenheit oder vermehrtes Exsudat, Ödem, dermatologische Probleme und Mazeration der umgebenden Haut ein. Kliniker sollten immer schnell reagieren, um den Hintergrund- und den Ereignisschmerz zu kontrollieren, wobei eine Kombination verschiedener Analgetika angewendet werden sollte. Die World Health Organization (WHO) hat ein 3-stufiges System zur Behandlung tumorassoziierten Schmerzes entwickelt (www.who.int/cancer/palliative/painladder/en). Dieses eignet sich auch für das Management des Hintergrundschmerzes mit einfachen Analgetika (z. B. Nichtopioiden) als erster Stufe. Wenn der Schmerz damit nicht kontrolliert werden kann, sollten schwache Opioide wie Codein oder Tramadol ergänzt werden oder allein verwendet werden. Ein dritter Schritt basierend auf der Auswertung der vorherigen Strategien ist die Zugabe eines stärkeren Opioids (z. B. Morphin). Die WHO analgetische Schmerzleiter 1. Schritt: Nichtopioid ± Adjuvant 2. Schritt: Opioid für leichten und mittelstarken Schmerz (± Nichtopioid/Adjuvant) 3. Schritt: Opioid für mittelstarken und starken Schmerz (± Nichtopioid/Adjuvant).
,PBOBMHFUJTDIF.FEJLBUJPO .BOBHFNFOUEFT)JOUFSHSVOETDINFS[FT
Der wichtigste Faktor zur Reduktion des Hintergrundschmerzes ist die Behandlung der der Wunde zugrunde liegenden Ursache oder der assoziierten Pathologien. Die Einstellung der zugrunde liegenden Ursache der Wunde fördert die Heilung und geht mit einer Reduktion des Hintergrundschmerzes einher.
Einige Klassen nicht-analgetischer Medikamente, wie trizyklische Antidepressiva und Antikonvulsiva, können als Zusatztherapie verabreicht werden, da sie das Management des neuropathischen Schmerzes verbessern. Diese sollten nur nach einer vollständigen Auswertung und nach Überdenken der anderen vorgeschriebenen Medikamente und Komorbiditäten verabreicht werden. Der Hintergrund- und
-5FPU
Ereignisschmerz muss gut kontrolliert werden, um die Schmerzintensität bei Verbandswechseln effektiv zu minimieren.
Paracetamol (Acetaminophen) kann allein oder in Kombination mit anderen Analgetika (z. B. Codein oder Morphin) ein bis zwei Stunden vor einem Verbandswechsel verabreicht werden.
7FSGBISFOTUFDIOJTDIFS4DINFS[
Lokalanästhetika (z. B. Lidocain) kann Schmerzbetäubung für eine gewisse Zeit vermitteln. Das ist hilfreich während spezieller Prozeduren oder operativen Maßnahmen, aber nicht als einzige Methode zur Schmerzausschaltung.
Die meisten Analgetika können vor einem schmerzhaften Ereignis verabreicht werden (»präventiv«), aber der Kliniker sollte sichergehen, dass andere Medikamente verfügbar sind, wenn der Schmerz unkontrollierbar wird (»Feuerlöscher«). Wenn Analgetika in solch einem Fall notwendig waren, sollte eine bessere Planung vor der nächsten Behandlungsintervention erfolgen. Analgetika können nach der Intervention weitergeführt werden, jedoch sollte, wenn der Schmerz anhält, die Hintergrundmedikation überdacht werden. Ein abgestimmtes Vorgehen und Protokolle sollten entwickelt werden, um ein effektives Niveau der Verschreibung zu gewährleisten. Diese müssen evaluiert und im Lichte der Auswertung verbessert werden.
"OBMHFUJLBLMBTTFO 0QJPJEF Schwache bis starke Opioide sind effektiv bei mittlerem bis starkem Schmerz. Es gibt langwirkende und langsamfreisetzende Zusammensetzungen für den Hintergrundschmerz, aber orale, bukkale oder sublinguale Opioide sind auch als schnellwirksame Formen für das Management des Schmerzes bei mehr invasiven und schmerzhaften Prozeduren verfügbar. Die Anwendung starker Opioide muss dort als angemessen in Erwägung gezogen werden, wo der Schmerz schwierig zu kontrollieren ist und bei der Abwicklung oder Tolerierung von Prozeduren behindert. /4"3 Nichtsteroidale Antirheumatika dämpfen die periphere Sensibilität und sind besonders nützlich zur Kontrolle des pochenden oder stechenden Schmerzes, nachdem ein Verfahren beendet wurde. So lange es keine Kontraindikationen gibt, sollten sie ein bis zwei Stunden vor der Prozedur verabreicht werden, um einen maximalen Effekt zu erzielen, wenn er am meisten benötigt wird. Vorsicht ist bei Patienten über 65 Jahren und mit bekannten Kontraindikationen (z. B. Vorgeschichte mit Duodenalgeschwür, Gerinnungs- oder Nierenproblemen) geboten.
50 % Lachgas und 50 % Sauerstoff Diese Mischung kann mit anderen Schmerztherapien verwendet werden, aber regelmäßige Anwendung kann zur Knochenmarksdepression führen. In manchen Fällen ist der Verbandswechsel, z. B. bei VAC-Wechsel mit fortgeschrittener Granulationsgewebsbildung, so schmerzhaft, dass eine Allgemeinnarkose notwendig ist.
7FSGBISFOTUFDIOJTDIF*OUFSWFOUJPOFO
■ Es gibt ein weitreichendes Feld von verbandsassoziierten Prozeduren. ■ Vermeide unnötige Manipulationen an der Wunde. ■ Entdecke einfache patientenkontrollierte Techniken, wie hinauf und hinunterzählen, bewusstes Atmen oder Musikhören. ■ Überdenke die Wahl des Managements, wenn der Schmerz untolerierbar wird und dokumentiere als Gegenereignis. ■ Beobachte die Wunde und die umgebende Haut für Hinweise auf eine Infektion, Nekrosen, Mazeration etc. ■ Überprüfe die Temperatur eines Produkts oder einer Lösung vor der Anwendung. ■ Vermeide exzessiven Druck durch den Verband. ■ Befolge die Gebrauchshinweise des Herstellers bei der Anwendung eines Verbandes oder einer Technologie. ■ Überprüfe die Annehmlichkeit bei der Intervention und/oder des Verbandes nach der Prozedur. ■ Ständige Evaluation und Modifikation des Managementplans und der Behandlungsinterventionen sind essentiell, da sich Wunden mit der Zeit verändern. ■ Neuentwickelte nicht-pharmakologische Techniken, die eines speziellen Trainings oder geübten Personals bedürfen, wie Hypnose oder therapeutische Berührung, sollten in Erwägung gezogen werden.
4DINFS[VOE8VOEFO #FHMFJUNBOBINFO[VS8VOECFIBOEMVOH
■ Wähle eine angemessene, stresslose Umgebung – schließe Fenster, schalte Mobiltelefone ab, etc. ■ Erkläre dem Patienten in einfachen Worten, was getan werden wird und die angewendete Methode. ■ Überprüfe die Notwendigkeit einer geübten oder nicht geübten Assistenz, wie z. B. Hilfe beim Handhalten. ■ Bedenke das Positionieren des Patienten, um das Unwohlsein zu minimieren und unnötigen Kontakt oder Aussetzung zu vermeiden. ■ Vermeide verlängerte Bloßlegung der Wunde, z. B. beim Warten auf den Rat eines Spezialisten. ■ Vermeide jeden unnötigen Stimulus an der Wunde – behandle Wunden vorsichtig im Bewusstsein, dass jede kleinste Berührung Schmerzen verursachen kann. ■ Beziehe den Patienten stets mit ein – regelmäßige verbale Überprüfungen und die Anwendung von Schmerzwerkzeugen ermöglichen ein gleichzeitiges Feedback. ■ Denke an präventive Analgesie.
7FSCBOETFOUGFSOVOH
Es ist wichtig, dass der Kliniker die Gefahr, Schmerzen bei der Verbandsentfernung zu verursachen, erkennt. Durch Gespräche mit dem Patienten ist es möglich, die am besten geeignete Entfernungstechnik zu besprechen – z. B. durch Entfernung des Verbandes durch den Patienten selbst. Die Bewertung der Schmerzintensität während der Verbandsentfernung sollte angeboten werden, um die Anwendung zu beurteilen. Bei der Entfernung des Verbandes besteht die Gefahr Schaden zu verursachen, besonders am empfindlichen, heilenden Gewebe und der umgebenden Haut. Es ist daher wichtig, Verbände, die feuchte Wundbehandlung unterstützen (z. B. Hydrogele, Hydrofasern), zu verwenden, die atraumatisch bei der Entfernung sind (z. B. weiches Silikon).
8BIMEFT7FSCBOEFT<>°<>
Anpassen der Parameter eines Verbandes an den Zustand der Wunde und die umgebende Haut ist hilfreich beim Schmerzmanagement. Jene Faktoren, die die Wahl des Verbandes beeinflussen, müssen die Angepasstheit an die Art und den Zustand der Wunde
mit einschließen. Folgende Verbandsparameter sollten beachtet werden: ■ Aufrechterhaltung der feuchten Wundheilung. ■ Atraumatisch zur Wunde und der umgebenden Haut. ■ Absorptionskapazität (Flüssigkeitsaufnahme/Speicherkapazität). ■ Allergisches Potential. Wenn möglich sollten Kliniker solche Verbände wählen, die länger angewendet werden können, um häufige Verbandswechsel zu vermeiden. Zusätzlich muss die Wahl des Verbandes evaluiert werden, wenn sich die Wundsituation verändert, da ein Teil des Schmerzes auf die Art des Verbandes zurückzuführen sein kann: Eine gute Wahl am ersten Tag kann eine schlechte Wahl am fünften Tag sein, wenn sich die Wundsituation verändert hat.
1SGVOHTGSBHFO
1. Welche etiopathogenen Formen des Schmerzes kennen Sie und wie sind sie definiert? 2. Nennen Sie die Strategien der Schmerzevaluation für permanente/ereignisabhängige Schmerzen? 3. Nennen Sie die Strategien der Schmerzevaluation für verbandswechselassoziierte Schmerzen? 4. Welche Möglichkeiten der objektiven Bestimmung der Schmerzqualität kennen Sie? 5. Nennen Sie die Präventivmaßnahmen der Schmerzreduktion beim Verbandswechsel! 6. Welche Begleitmaßnahmen sollten Sie in der Wundversorgung berücksichtigen?
REFERENZEN Referenzen www.wuwhs.org www.wuwhs.org C European Wound Management Association, Position document, Pain at wound dressing changes , London, MEP Ltd, 2002 C Reddy M, Kohr R, Queen D, Keast D, Sibbald G. E Practical treatment of wound pain and trauma : a patient-centred approach F, Ostomy Wound Management 2003; 49(4A Suppl) : 2-15 C Best practice : E Minimising pain at wound dressing changes F, Summary of the proceedings of a meeting of key opinion leaders. Amsterdam, 23-24, September 2003 C Principles of best practice : E Minimising pain at wound dressing-related procedures F, A consensus document, London, MEP Ltd, 2004 "CCJMEVOH
-JUFSBUVS <> European Wound Management Association (2002) Position document: Pain at wound dressing changes. MEP, London. Available from www.ewma.org <> Reddy M, Kohr R, Queen D, Keast D, Sibbald G (2003) Practical treatment of wound pain and trauma: a patient-centred approach. Ostomy Wound Manage 49 (4A Suppl): 2–15 <> Best practice: minimising pain at wound dressingchanges. Summary of the proceedings of a meeting of key opinion leaders. Amsterdam, 23–24 September, 2003 <> Bergner M, Bobbitt RA, Carter WB, Gilson BS (1981) The sickness impact profile: development and final revision of a health status measure. Med Care 19(8): 787–805 <> Flanagan JC (1978) A research approach to improving our quality of life. Am Psychol 33: 138–47 <> (2000 ) Raising the standard: A compendium of audit recipes. Royal College of Anaesthetists, available from www.rcoa. ac.uk
-5FPU <> Thomas S (2003) Atraumatic dressings. www.worldwide wounds.com/2003/january/thomas/atraumatic-dressings.html <> Pal SK, Cortiella J, Herndon D (1997) Adjunctive methods of pain control in burns. Burns 23: 404–12 <> Briggs M, Nelson EA (2003) Topical agents or dressings for pain control in venous leg ulcers. Cochrane DataBase Sys Rev 1: CDO1177 <> Minimising pain at wound dressing-related procedures. A consensus document. A WUWHS initiative with an expert working group composed of Michelle Briggs, Frank D Ferris, Chris Glynn, Keith Harding, Deborah Hofman, Helen Hollinworth, Diane L Krasner, Christina Lindholm, Christine Moffatt, Patricia Price, Marco Romanelli, Gary Sibbald, Mike Stacey and Luc Teot (www.wuwhs.org)
,BQJUFM
)ZHJFOFNBOBINFO "4DIXBS[LPQG $4DIXBS[LPQGVOE"#MBDLZ
;VTBNNFOGBTTVOH
Ein umfangreiches Regelwerk sowie aus der Mikrobiologie der Wunde erwachsende Risiken erfordern ein effizientes Hygienemanagement bei der Wundtherapie. Neben der Händehygiene (Waschen, Desinfizieren, Pflegen, Handschuhe) ist die Verwendung sterilen Materials (Instrumente, Spüllösungen, Verbandmaterialien) eine wesentliche Säule der Infektionsprävention. Auch bei begleitenden Maßnahmen (Injektionen, Infusionen) und der Verabreichung von Nahrung (parenteral oder über Sonde) sind Hygieneanforderungen einzuhalten. Die korrekte Aufbereitung verwendeter Instrumente und die sachgerechte Entsorgung von Abfällen rundet das Hygienekonzept ab. Schutzkleidung, angemessen nach Erreger ausgewählt, dient dem Selbstschutz und dem Schutz der nachfolgenden Patienten. Dies gilt besonders bei Besiedlungen von Wunden mit multiresistenten Erregern oder akut infizierten Patienten. Einmal nach einer Risikobewertung beschlossene Maßnahmen werden im Hygieneplan detailliert niedergelegt.
&JOMFJUVOH
Mit den neuen Möglichkeiten einer effektiven Wundversorgung ist das Thema Wundhygiene wieder in den Blickpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Dabei konkurriert der effektive Einsatz von Antiinfektiva (Antibiotika und Antiseptika) mit alten, überlieferten Methoden wie z. B. dem Aufbringen von Honig oder Zucker. Neben der leider auch im ärztlichen Bereich weit verbreiteten Unwissenheit über die Mikrobiologie der Wunde bestehen Zweifel am Preis-Leistungs-
verhältnis des modernen Wundmanagements. Dies führt – oft genug unbewusst – neben unnötigem Leid für die Patienten zu Gesetzesverstößen, die im Falle eines Prozesses erhebliche Nachteile für Verordnende und Anwender hätten. Mit den folgenden Zeilen wollen sich die Autoren bemühen, bei allem Verständnis für die Kostensituation, ein der Rechtslage und den derzeitigen Möglichkeiten entsprechendes Wundversorgungs- und Hygienemanagement zu präsentieren. Haben doch neuere Berechnungen [1] eindeutig ergeben, dass damit unter dem Strich Geld gespart werden kann, weil sich die Infektionshäufigkeit verringert und die Heilungszeit verkürzt.
7POEFS3JTJLPCFXFSUVOH[VN)ZHJFOF NBOBHFNFOU
Grundlage des Hygienemanagements einer Einrichtung des Gesundheitsdienstes ist eine Risikobewertung. Folgende Fragen fließen in die Risikobewertung mit ein: B 8FMDIF&SSFHFSLPNNFOCF[PHFOBVGEFO 1BUJFOUFOVOE.JUBSCFJUFSTDIVU[BMT*OGFLUJPOT FSSFHFSJO'SBHF Zu den gewählten Erregern sollten folgende Informationen vorliegen: ■ Übertragungswege (Kontakt, Hände, aerogen und damit auch indirekt über Inventar und Medizinprodukte, Besiedelung intakter Haut usw.) ■ Umweltresistenz (Wie lange überlebt der Erreger außerhalb seines Wirtes bzw. bleibt infektionstüchtig?) ■ Der Manifestationsindex (auf wie viele Expositionen folgt tatsächlich eine Infektion?)
"4DIXBS[LPQG $4DIXBS[LPQGVOE"#MBDLZ
C 8FMDIF3JTJLPGBLUPSFOCFTUFIFOCFJEFO 1BUJFOUFO ■ Grunderkrankungen wie Diabetes, Malignome, Immobilität … ■ Wundanzahl, Ausdehnung und Tiefe ■ Zugänglichkeit (Wundtaschen, Fisteln …) Natürlich muss hier zur Erstellung des Hygieneplans ein mittleres Profil herangezogen werden. Hierzu ein Beispiel: Die interdisziplinäre Intensivstation eines Krankenhauses mit ca. 400 Betten behandelt traumatisierte Patienten, multimorbide ältere Patienten, onkologische Patienten und Patienten mit akuten schweren Infektionskrankheiten (Pneumonie, Sepsis, seltener Meningitis). Zu versorgende Wunden sind in erster Linie Dekubiti, Ulcera der Unterschenkel, auch Stich-, Schnitt-, Schürf- und Platzwunden sowie Quetschungen von Unfallpatienten. Für dieses Patientengut werden die Standardhygienemaßnahmen ausgelegt. Das bedeutet einerseits, dass ein immunkompetenter kardiologischer Patient, der nur eine kleine Schnittwunde bzw. Kathetereintrittsstellen hat, gemessen am Risiko praktisch »zuviel« Hygiene erfährt, andererseits ein Patient
mit Verbrennungen von 40 % der Körperoberfläche zusätzliche Hygienemaßnahmen benötigt. Der Hygieneplan kann nicht alle Eventualitäten berücksichtigen, so dass auch nach seiner Inkraftsetzung eine individuelle Risikobewertung durch Ärzte und Pflegekräfte erforderlich ist. Allerdings sollte der gewählte Standard nicht unterschritten, muss aber im Einzelfall überschritten werden (Protektive Isolierung z. B.). Auch in die Risikobewertung einfließen müssen die Belange des Mitarbeiterschutzes. Hier sind normative Vorgaben (Tabelle 1) zu berücksichtigen.
1MBOVOHWPO)ZHJFOFNBOBINFOVOE )ZHJFOFQMBO
Unter Berücksichtigung der normativen Regelungen werden zu treffende Hygienemaßnahmen durch die Festlegungen der Risikobewertung bestimmt. Diese werden in Hygieneplandokumenten für alle Mitarbeiter verbindlich niedergelegt. Dabei können die Dokumente in Anlehnung an das Qualitätsmanagement formuliert werden (Tabelle 2) oder tabellarisch darge-
5BCFMMF /PSNBUJWF(SVOEMBHFOEFS)ZHJFOF
5IFNB
%FVUTDIMBOE
eTUFSSFJDI
4DIXFJ[
*OGFLUJPOT TDIVU[
*OGFLUJPOTTDIVU[HFTFU[ *G4(
,SBOLFOIBVTHFTFU[FFJOJHFS#VO EFTMjOEFS &NQGFIMVOHFOEFT3PCFSU,PDI *OTUJUVUFT 3BINFOIZHJFOFQMjOFFJOJHFS #VOEFTMjOEFS
&QJEFNJFHFTFU[ "JET(FTFU[ #MVUTJDIFSIFJUTHFTFU[ 5VCFSLVMPTFHFTFU[ ,SBOLFOBOTUBMUFOVOE ,VSBOTUBMUFOHFTFU[ ,SBOLFOBOTUBMUFOHFTFU[FEFS #VOEFTMjOEFS
4DIXFJ[FSJTDIFT&QJEFNJFOHFTFU[ -FJUMJOJFOEFSEFVUTDIFO,SBOLFO IBVTHFTFMMTDIBGU &NQGFIMVOHFOEFT3PCFSU,PDI *OTUJUVUFT
.JUBSCFJUFS TDIVU[
#JPTUPGG7FSPSEOVOH 5FDIOJTDIF3FHFMOGSCJPMPHJTDIF "SCFJUTTUPGGF 53#"
(FGBISTUPGG7FSPSEOVOHNJU5FDI OJTDIFO3FHFMO 53(4
#FSVGTHFOPTTFOTDIBGUMJDIF7PS TDISJGUFO #(7
3FHFMO #(3 VOE *OGPSNBUJPOFO #(*
7FSPSEOVOHCJPMPHJTDIF"SCFJUT TUPGGF "SCFJUOFINFS*OOFOTDIVU[HFTFU[
4VWB3JDIUMJOJFO &,"43JDIUMJOJF
.FEJ[JO QSPEVLUF
.FEJ[JOQSPEVLUFHFTFU[ .1(
.FEJ[JOQSPEVLUF#FUSFJCFSWFSPSE OVOH .1#FUSFJC7
.14JDIFSIFJUTQMBO7 &NQGFIMVOH3,* #G"S. /PSNFO[VS"VGCFSFJUVOHVOE 4UFSJMJTBUJPO
.FEJ[JOQSPEVLUFHFTFU[ #JP[JE1SPEVLUF(FTFU[
4DIXFJ[FSJTDIFT)FJMNJUUFMHFTFU[
"S[OFJNJUUFMHFTFU[ eTUFSS1IBSNBLPQPF &VSPQjJTDIF1IBSNBLPQPF
4DIXFJ[FSJTDIFT)FJMNJUUFMHFTFU[
8VOETQMVOH "S[OFJNJUUFMHFTFU[VOE VOE"OUJTFQTJT %FVUTDIFT"S[OFJNJUUFMCVDI &VSPQjJTDIFT"S[OFJNJUUFMCVDI
)ZHJFOFNBOBINFO
– Kein Schmuck an Händen und Unterarmen [9] – Keine künstlichen Fingernägel (Selbstgefährdung durch Scherkräfte auf Handschuhe an den Nagelspitzen und dem Risiko der Mikroperforation mit möglicherweise nachfolgender Erregerdurchdringung [3]. ■ Handpflege (Pflegemittel aus Spendern oder Tuben, nicht aus Dosen).
5BCFMMF "VGCBVWPO%PLVNFOUFOGSEFO)ZHJFOFQMBO
1. Ziel (Worum geht es?) 2. Ansprechpartner mit Stellvertreter (Wen kann ich fragen?) 3. Rechtsgrundlagen (Wo steht das?) 4. Voraussetzungen (Was muss vorbereitet werden?) 5. Durchführung (Wie mache ich das?) 6. Abschluss der Arbeiten (Aufräumen, Aufbereiten, Entsorgung) 7. Störungen und Gegenmaßnahmen (Fehler beseitigen) 8. Dokumentation (Wo, Wie, Wer?) stellt werden. Der Reinigungs- und Desinfektionsplan wird zweckmäßigerweise fast immer tabellarisch dargestellt. Ein Beispiel für eine Matrix zum Anlegen der richtigen Schutzkleidung bildet Tabelle 3. Folgende Punkte berühren die Wundversorgung unmittelbar und müssen daher – falls nicht bereits vorhanden, dann genügt ein Querverweis – in Hygieneplandokumenten niedergelegt werden: B )jOEFIZHJFOF In den meisten Einrichtungen besteht hierzu bereits ein gültiger Standard. Er regelt die unverzichtbaren »Säulen« der Händehygiene [2, 9]: ■ Händewäsche (Spender für Seifenlotion, Einmalhandtücher. Häusliche Pflege: ggf. Stückseifen vor Ort, personengebundenes Stoffhandtuch mit nachfolgender Händedesinfektion) ■ Händedesinfektion (Spender bzw. Taschenflasche, eine Hohlhand voll sorgfältig verreiben, Schwerpunkte Daumen und Fingerspitzen, Einwirkzeit beachten) ■ Handschuhe (steril oder keimarm, siehe Abschnitt 4)
C "SCFJUTLMFJEVOH Kann beliebig gestaltet werden, muss bei Kontamination durch die Einrichtung geeignet gewaschen werden (60 °C, desinfizierendes Waschmittel oder Kochwäsche, es stehen auch desinfizierende Waschmittel bei 40 °C zur Verfügung) und ist bei Bedarf durch Schutzkleidung vor Kontamination zu schützen. D 4DIVU[LMFJEVOH Sie ist anzulegen: ■ bei bestimmten Wundversorgungsmaßnahmen ■ bei bestimmten Infektionskrankheiten ■ bei MRSA und multiresistenten Erregern ■ bei Durchfeuchtungsgefahr (z. B. ausgedehnte Spülmaßnahmen). E "VGCFSFJUFOVOE-BHFSOWPO*OTUSVNFOUFOVOE .FEJ[JOQSPEVLUFO Arbeitsanweisung für die Instrumentenaufbereitung für die Wundversorgung: ■ Einstufung in Aufbereitungsgruppe »kritisch Gruppe A (z. B. Pinzette, Knopfsonde, Schere, »Scharfer Löffel«) oder B« (z. B. Spülsonde mit Lumen, RKI/ BfArM 2004 [2]) ■ Grobreinigung (mit Desinfektionsmittelgetränktem Zellstoff, Schutzkleidung!) ■ Entsorgung (trocken in einem bruch-, durchstichund durchfeuchtungssicheren Behälter, der fest verschlossen ist in die Sterilgutversorgungsabtei-
5BCFMMF
*OGFLUJPO
&4
4,
./4
)BVCF
9
9
9
*O¿VFO[B
9
9
$MPTUSJEJVNEJG¾DJMF
9
4DBCJFT ,SjU[NJMCF
9
-VOHFOUVCFSLVMPTF
9
1OFVNPOJF [#1OFVNPLPLLFO
9
7JSBMF(BTUSPFOUFSJUJT /PSP7JSFO
#BLUFSJFMMF(BTUSPFOUFSJUJT 4BMNPOFMMFO
9
9
-FHFOEF &4&JONBMTDIS[FBVT,VOTUTUPGG 4,4DIVU[LJUUFM ./4.VOE/BTF4DIVU[C[X''1.BTLF 5VCFSLVMPTF )BOETDIVIF XFSEFOWPSBVTHFTFU[U8FJUFSF)JOXFJTFXXXSLJEF*OGFLUJPOTLSBOLIFJUFOWPO"°;
lung eines Krankenhauses/Zentrum für ambulantes Operieren zur nachfolgenden maschinellen Reinigung und Desinfektion (Gold Standard!) oder »nass« in ein Desinfektionsmittelbad (mit Deckel, Datum des Ansetzens und Berücksichtigung der vom Hersteller angegebenen Standzeit für die Lösung) zur nachfolgenden manuellen Aufbereitung. Abspülen (Aqua dest.), ggf. nachreinigen, trocknen lassen (manuelle Aufbereitung, bei maschineller Aufbereitung sollten Instrumente trocken aus der Maschine genommen werden können). Auf jeden Fall folgen dann ■ Inspizieren, Funktionsprüfung, geeignete Verpackung, ■ Sterilisation (Programmwahl, Chargenkontrolle, Dokumentation), ■ Lagerung (Dauer (maximal 6 Monate geschützt vor Staub und Licht), intakte Verpackungen, keine Feuchtigkeit, Verfallsdaten beachten (auch bei Einmalmaterial!). F 'MjDIFOSFJOJHVOHVOE%FTJOGFLUJPO Eine ältere Arbeit [4] zeigt eindrucksvoll, dass selbst bei tadelloser Technik des Verbandwechselns erhebliche Mengen an Keimen an die Umgebung abgegeben werden können. Das Risiko erhöht sich bei Wundspülungen, hier sollte saugfähiges Einmalmaterial untergelegt werden. In stationären Einrichtungen sollten Verbandzimmer vorgehalten werden, bei denen Fußböden und Inventar arbeitstäglich routinemäßig desinfiziert werden. Dies gilt auch für chirurgische Praxen und Einrichtungen für ambulantes Operieren, sofern nicht wegen eines vielleicht notwendigen Debridements die Wundversorgung ohnehin in einem OP-Saal oder Eingriffsraum stattfindet. In diesen Räumen findet eine Zwischendesinfektion der patientennahen Bereiche nach jedem Eingriff statt, wobei darauf zu achten ist, dass aseptische Wunden vor septischen versorgt werden (RKI 2000 [2]) und bei bekannten Infektionen mit entsprechendem Übertragungsweg die vom Hersteller angegebenen Einwirkzeiten eingehalten werden (RKI 2004 [2]). Routinemäßige Desinfektion wird auch gefordert für Arbeitsflächen, auf denen Injektionen und Infusionen vorbereitet werden. Im häuslichen Bereich ist eine Desinfektion oft nicht möglich. Hier kann durch Abdeckung von Patientenauflagefläche und ggf. Fussboden mit Handtüchern oder Laken, die anschließend bei 60 oder besser 90 ° C gewaschen werden, ein brauchbarer Schutz von Teppichen und Bettmatratzen erzielt werden. Spü-
"4DIXBS[LPQG $4DIXBS[LPQGVOE"#MBDLZ
lungen werden im Badezimmer durchgeführt, Wanne oder Duschwanne anschließend desinfizierend gereinigt. G *OKFLUJPOFO *OGVTJPOFO QBSFOUFSBMF&SOjISVOH Wird eine Injektion von Fachpersonal ausgeführt, wird in Deutschland die Hautdesinfektion mit einem alkoholhaltigen Präparat gefordert. Dies auch bei subkutanen Insulin-Injektionen. Sterilisierte Tupfer werden zum Wischen eingesetzt und verstärken die Entfernung von Keimen und ggf. aufsitzenden Schmutzpartikeln. Besondere Sorgfalt (Desinfektionsmittel aufsprühen, mit sterilisiertem Tupfer abwischen (= Reinigung), anschließend wieder sprühen und Einwirkzeit abwarten – trocknen lassen (= Desinfektion) ist bei intramuskulären Injektionen geboten, die im Glutealbereich aus hygienischer Sicht am riskantesten sind. Die in der häuslichen Pflege üblichen, mit Alkohol getränkten Fertigtupfer erfüllen den gleichen Zweck. Bei Hepatitis/HIV eigensichernde Kanülen/Lanzetten nehmen! Präparate zur Injektion und Infusion werden nach Herstellerangaben gelagert. Einmal angestochene und angeschlossene Flaschen haben eine Standzeit von maximal 72 Stunden (ohne Nährbodencharakter wie physiologische Kochsalzlösung oder Ringerlösung), Lösungen mit Nährbodencharakter (z. B. Aminosäurepräparate) haben eine Standzeit von 24 Stunden bzw. 12 Stunden (Lipidlösungen). Infusionssysteme dürfen maximal 72 Stunden benutzt werden, wurden Lipide infundiert nur 24 Stunden (Bildung eines bakterienfreundlichen Lipidfilms im Lumen, RKI 2002 [2]). H 4POEFOVOE4POEFOLPTU Ausreichende Ernährung ist eine ganz wesentliche Säule erfolgreicher Wundtherapie. Transnasale Sonden oder perkutane endogastrale (PEG)-Sonden werden nach jeder Nutzung mit frisch abgekochtem und abgekühltem Leitungswasser oder Tee (kein schwarzer oder Früchte-Tee, RKI 2005 [2]) durchgespült. Überleitungssysteme und Behälter werden 24 Stunden lang (bzw. nach Herstellerangabe) genutzt und dann verworfen. Spritzen werden entweder sorgfältig gereinigt oder nur einmal verwendet. Sondenkost wird bei Raumtemperatur, Reste im Kühlschrank aufbewahrt und diese bei Bedarf z. B. in der Mikrowelle erhitzt. Manche Sondenkostpatienten tragen ein erhöhtes Risiko für die sonst seltene Pseudomonas-Enteritis, weshalb nur einwandfreies (abgekochtes) Wasser zur Zubereitung von Pulver-Nahrung oder der Verdünnung von Püriertem verwendet werden sollte.
E 8VOEWFSTPSHVOHCFJNJUNVMUJSFTJTUFOUFO &SSFHFSOCFTJFEFMUFOPEFSJO¾[JFSUFO1BUJFOUFO Die Multiresistenz ist die prominente »Spitze des Eisbergs« einer generellen Resistenzzunahme. Jede Bakteriengattung kann multiresistente Stämme ausbilden. Derzeit werden Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), auch Oxacillin-resistente Staphylococcus aureus, (ORSA) zunehmend beobachtet, wobei nicht jeder MRSA oder ORSA die mikrobiologische Qualifikation »multiresistent« erfüllt. Sie fungieren häufig als Wundbesiedler, wobei nicht immer eine Infektion entstehen muss, aber kann. cMRSA (community acquired MRSA) werden bei Patienten auch ohne Krankenhausaufenthalt gefunden [8]. Wundtherapeuten werden diesen Bakterien vor allem in rezidivierenden Abszessen ohne Eintrittspforte begegnen. In diesem Fall werden die gleichen Maßnahmen ergriffen wie bei den herkömmlichen MRSA. Omniresistente Pseudomonas aeruginosa-Stämme lassen erahnen, wohin der Trend geht, wenn nicht sorgsamer mit Antibiotika umgegangen wird. Methicillin-resistente Staphylococcus epidermidis (MRSE) stellen nur dann eine Gefahr dar, wenn der betreffende Stamm eine Haut-Infektion ausgelöst hat. Patientenisolierungen werden bei MRSE nur in bestimmten Einrichtungen vorgenommen, etwa Intensivstationen für Frühgeborene. Vancomicin-resistente Enterokokken (VRE) oder GRE (die auch gegen Teicoplanin resistenten »Glycopeptid-resistenten Enterokokken«) präsentieren sich in der Regel als relativ avirulent und damit als Wundbesiedler. Das Risiko durch andere Multiresistente (z. B. Darmbakterien wie Klebsiella oder Serratia oder E. coli und andere mit einer »Extended Spectrum Beta Lactamase«, ESBL) muss je nach Einrichtung und Patientengut eingeschätzt werden. Normalerweise ist auch ein Isolierungsregime für solche Patienten vorgesehen, dies kann höchst unterschiedlich – je nach Einrichtung – ausfallen. Bei der Wundversorgung werden in jedem Fall Schutzkleidung (Schutzkittel, zumindest Einmalschürze und Handschuhe) angelegt. Ein Mund-Nase-Schutz und ggf. eine Haube kommt noch dazu, wenn eine MRSABesiedlung im Nasen-Rachen-Raum besteht und eine Aerosolbildung zu befürchten ist. Letzteres ist dann der Fall, wenn die Intensivpatienten versorgt werden, die gleichzeitig öfter abgesaugt werden müssen oder der Patient bei entsprechender Besiedlung ausgeprägten Husten und Schnupfen hat. Gerade bei der Versorgung von größeren Wunden, die entsprechend
"4DIXBS[LPQG $4DIXBS[LPQGVOE"#MBDLZ
länger dauern kann, sind diese Maßnahmen empfehlenswert. Ein eventuell genutzter Verbandwagen kommt nicht mit ins Zimmer, sondern die benötigte Menge Verbandmaterial wird separat transportiert oder aber – möglichst in geschlossenen Behältern um ein Verwerfen nach der Entlassung des Patienten zu vermeiden – im Zimmer gelagert. Pflegeutensilien wie Blutdruckmessgerät sind patientengebunden zu verwenden, dies gilt auch für eingesetzte Arzneimittel wie Antiseptikalösung oder Creme für den Wundrand. Da keine Meldepflicht für Multiresistenz besteht, können Abfälle jedoch wie gewohnt als überwachungsbedürftiger Abfall (Europäischer Abfallschlüssel (AS) 18 01 04, vormals »B-Müll«) entsorgt werden. Redonflaschen dürfen vor der Entsorgung in die Kanalisation entleert werden, wobei ggf. eine Desinfektion des Ausgussbeckens folgt. Kanülen und Skalpellklingen werden wie immer als »Sharps« in bruch-, durchstich- und durchfeuchtungssicheren Behältern entsorgt (AS 18 01 02). Abfall- und Medizinprodukte-Behälter werden nach Verlassen des Zimmers oder noch im Zimmer desinfizierend abgewischt. Wäschesäcke werden vor der Aufstellung im Zimmer in einen Plastiksack gepackt, der dann vor dem Abtransport der Wäsche unkompliziert entfernt und entsorgt werden kann. Patienten, die mit VRE/GRE oder ESBL besiedelt sind, erfahren die gleichen Maßnahmen. F ;VCFBDIUFOEF.BOBINFOCFJ1BUJFOUFO NJUJOGFLUJzTFS)FQBUJUJT# )FQBUJUJT$VOE )*7*OGFLUJPO Hier steht vor allem der Selbstschutz des Wundtherapeuten im Vordergrund. Daher sind hier bei der Wundversorgung grundsätzlich Handschuhe empfohlen. Nach europäischem Abfallrecht sind blutgetränkte Verbände dieser Patienten infektiöser Müll (AS 18 01 03) und damit in Deutschland in dauerhaft verschließbaren, durch die Bundesanstalt für Materialprüfung geprüften Kunststoffbehältern zu entsorgen. Kontaminierte Wäsche und Arbeitskleidung ist in Säcken für infektiöse Wäsche [9] zur Wäscherei zu geben. G .BOBINFOCFJEFS8VOEWFSTPSHVOHWPO 1BUJFOUFONJUBLVUFO*OGFLUJPOFO Wundtherapeuten beteiligen sich hier an den jeweils angeordneten Hygienemaßnahmen. Ganz allgemein werden bei Gastroenteritiden Handschuhe und Schutzkittel, ggf. auch Mund-Nase-Schutz (Virale Gas-
)ZHJFOFNBOBINFO
troenteritiden) oder eine Einmalschürze (Bakterielle Enteritiden) empfohlen. Bei Meningitiden mit unbekanntem Erreger oder Meningokokken werden Schutzkittel, Handschuhe, Mund-Nase-Schutz und Haube getragen. Infektionen der oberen Luftwege bedingen unterschiedliche Maßnahmen. Während bei einer Pneumonie mit unbekanntem Erreger ein Mund-Nase-Schutz sinnvoll erscheint, ist dies beispielsweise bei Legionellose oder Pneumokokken-Pneumonie nicht erforderlich. Tabelle 3 zeigt weitere Beispiele.
1SGVOHTGSBHFO
1. Welche Rechtsgrundlagen regeln den Personalschutz? 2. Wie sind Instrumente zur Wundversorgung nach RKI/BfArM einzustufen? 3. Welche Schutzkleidung empfiehlt sich bei einer Wundbesiedelung mit multiresistenten Erregern? 4. Welche Anforderungen sind an Wundspüllösungen zu stellen? 5. Nennen Sie zwei typische Wirkstoffe von Antiseptika!
-JUFSBUVS <> Sellmer W, Nickenig D, Knauer K (2005) Ist die moderne Dekubitustherapie unbezahlbar? Die Schwester – Der Pfleger 44: 1–10 <> Robert-Koch-Institut (Alle Empfehlungen im Volltext einsehbar unter www.rki.de/Infektionsschutz/Krankenhaushygiene/ Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene): Empfehlungen zur Händehygiene (2000) / Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten (2001) / Prävention Gefäßkatheter-assoziierter Infektionen (2002) / Anforderungen der Hygiene an die Reinigung und Desinfektion von Flächen (2004) <> Schwarzkopf A (2004) Praxiswissen für Hygienebeauftragte. Kohlhammer, Stuttgart, 110–111 <> Ohgke H, Kanz E (1980) Verbreitung von Staph. aureus im Patientenzimmer. Zbl Bakt Hyg 1. Abt Org B 171: 293–308 <> Schwarzkopf A (2002) Die Mikrobiologie der Wunde. ZfW 2: 214–16 <> Wysocki AB (2002) Evaluating and managing open skin wounds: colonization versus infection. AACN Clin Issues 3: 382–97 <> Schwarzkopf A (2003) Betrachtungen zur Hygiene in der Wundversorgung. ZfW 3: 82–84 <> TRBA/BGR 250 (2003) Biologische Arbeitsstoffe in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes und der Wohlfahrtspflege: www. baua.de <> Witte W, Braulke C, Cuny C, Strommenger B, Werner G, Heuck D, Jappe U, Wendt C, Linde HJ, Harmsen D (2005) Emergence of methicillin-resistant Staphylococcus aureus with Panton-Valentine leukocidin genes in central Europe. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 24: 1–5
)ZHJFOFNBOBINFO )ZHJFOFNBOBHFNFOUEFS8VOEWFSTPSHVOH
Die hauptsächlichen Versorgungsprinzipien für die verschiedenen Wundtypen werden in Pflegestandards festgelegt. Da es offenbar keine »wundtypspezifische« Flora gibt [5, 6], ist die Risikobewertung bezüglich der Erregerexposition für alle Wundtypen mehr oder weniger gleich. Allerdings kann der Patientenzustand erheblich variieren, was bei der Detailplanung des Hygienekonzepts zu berücksichtigen ist. Die folgenden Forderungen vorzugeben kann jedoch immer empfohlen werden: B )BOETDIVIQ¿JDIU Bei der Wundversorgung werden keimarme (No-TouchTechnik bei Patienten mit z. B. Hepatitis oder HIV) oder sterile Handschuhe (Hände kommen direkt mit der Wunde in Kontakt, z. B. beim Tamponieren) getragen, dies dient dem Selbstschutz und dem Patientenschutz. Allenfalls bei einer sicheren No-Touch-Technik, also ausschließlichem Instrumenteneinsatz, kann bei kleineren Wunden von Patienten, die keine Infektion mit blutübertragbaren Viren haben, ein Arbeiten mit frisch desinfizierten Händen ohne Handschuhe erwogen werden. C 1¿JDIU[VS"TFQTJT Für die Wundversorgung dürfen ausschließlich sterile Materialien zum Einsatz kommen. Die immer wieder veröffentlichte Vorstellung, dass man auf »schmutzigen« Wunden auch unsterile Materialien einsetzen könnte, stellt nicht nur einen Verstoß gegen das Arzneimittel- bzw. Medizinprodukterecht dar. Auch kann sich durch solches Vorgehen das Infektionsrisiko erheblich erhöhen. Denn auch auf schmutzigen Wunden, herrscht ein labiles Gleichgewicht zwischen den auf den Wunden siedelnden körpereigenen Bakterien (z. B. Staphylococcus epidermidis), besiedelnden transienten Bakterien wie z. B. Staphylococcus aureus oder Wasserkeimen und der körpereigenen Abwehr. Werden durch unsterile Materialien neue Erreger hinzugefügt, kann dieses labile Gleichgewicht kippen und eine Infektion resultieren [5, 7]. Im mikrobiologischen Abstrich verschwindet die Vielfalt der angezüchteten Erreger, ein oder zwei Spezies übernehmen die Vorherrschaft und die Infektion beginnt. Nach 24–48 Stunden zeigen sich die typischen Infektionszeichen, die eventuell – je nach Erreger – in das Vollbild einer Phlegmone oder eines Erysipels übergehen können. Die Vorstellung, man könnte mit selbst gewaschenen Kompressen bzw. Tüchern »unreine« Wunden ver-
sorgen, ist auch dann falsch, wenn diese anschließend sterilisiert wurden. Dadurch werden nämlich eventuell vorhandene Waschmittelreste nicht entfernt und können ihrerseits zur Entgleisung des Gleichgewichts beitragen. Wer derartige »Verbandmaterialien« nutzt, bringt im Übrigen illegal Medizinprodukte in den Verkehr und trägt die volle »Hersteller«-Haftung. Unsteriles Instrumentarium birgt etwas geringere Risiken, wenn es sorgfältig desinfiziert wurde. Aber natürlich stellt auch seine Anwendung einen Verstoß gegen das Medizinprodukterecht und den Stand der Technik mit entsprechenden haftungsrechtlichen Konsequenzen dar. D 1¿JDIU[VS7FSXFOEVOHTUFSJMFS8VOETQM MzTVOHFO Das Europäische Arzneimittelbuch (Pharm. Eur.) schreibt verbindlich sterile Wundspüllösungen in Einmalbehältern vor. Dies kollidiert mit der häufig geübten Praxis, aus einer Infusionsflasche z. B. mit steriler physiologischer Kochsalzlösung über mehrere Tage hinweg Portionen als Spüllösung zu entnehmen. Als Mehrdosisbehälter zur Nutzung für verschiedene Patienten oder Mehrfachnutzung für einen Patienten können lediglich Spüllösungen verwendet werden, die in einer Form geeignet konserviert sind und für die der Hersteller ein Datum über die maximal mögliche Nutzung nach dem ersten Öffnen angibt. Die Nutzung von Leitungswasser als Spüllösung kann unter folgenden Bedingungen (allerdings bei voller Haftung und Beweispflicht) erwogen werden [7]: ■ Es wird ein Sterilfilter mit einer Porengröße von 0,2 µm verwendet, um das Leitungswasser vor der Nutzung steril zu filtrieren. ■ Die Wunde ist so stark kontaminiert, dass diese Form der Reinigung dringlich angezeigt (z. B. massiver Stuhleintrag bei Steissdekubitus) ist. Allerdings muss die Wunde sehr übersichtlich sein. Damit kann anschließend ein Antiseptikum (Octenidin, PVP-Jod (beides Arzneimittel), Polyhexanid (Arzneimittel nur in der Schweiz, Zulassungsdaten beachten!)) eingesetzt und eventuell eingetragene Wasserkeime abgetötet werden. Folgerichtig stellen Wunden mit Fisteln, unübersichtliche Wunden mit Taschenbildung oder sonst nicht lückenlos darstellbare Wunden eine Kontraindikation für die Anwendung von ungefiltertem Leitungswasser dar. Das Infektionsrisiko beruht hauptsächlich auf typischen Wasserkeimen (Pseudomonas, Burkholderia, Stenotrophomonas, seltener Alcaligenes u. a.).
,BQJUFM
%FSEJBCFUJTDIF'V°%JBHOPTUJLVOEEJGGFSFO[JFSUF5IFSBQJF 5)zM[FOCFJO $%PNFOJH ."TQBMUFS "#VE[BOPXTLJVOE.6NBUIVN
;VTBNNFOGBTTVOH
&JOMFJUVOH
1. Neuropathie und Ischämie führen zu Entwicklung von Ulzerationen und Drucknekrosen mit schlechter Heilungstendenz: sekundäre Infektionen sind häufig. 2. Das Konzept der peripheren »Microangiopathie« hat sich als unrichtig herausgestellt und hat keinen Stellenwert in der Therapie ischämischer Fussläsionen. 3. Arteriosklerotische Arterienveränderungen sind zumeist auf Unterschenkelarterien beschränkt. Fußarterien bleiben meist von Verschlussprozessen verschont. 4. Für die Behandlung von ischämischen Komplikationen ist ein Behandlungskonzept notwendig. Infektionskontrolle und prompte Revaskularisation (oft auf Fußgefäße) sollten zügig erfolgen, um möglichst wenig Gewebe zu verlieren. 5. Neuropathische Läsionen können chirurgische Eingriffe notwendig machen, um die Ursache des erhoehten plantaren Drucks zu vermindern. 6. Antibiotische Therapie ist für die gesamte Dauer der Wundheilung notwendig. 7. Optimale Lokalpflege verkürzt die Rekonvaleszenz. 8. Eine interdisziplinäre Teamarbeit verbessert die Ergebnisse und hilft unnötige Amputationen zu vermeiden.
Die Kosten für diabetische Fußprobleme benötigen einen hohen Prozentsatz der Aufwendungen für das Management des Diabetes mellitus [1]. Etwa 20 % aller Diabetiker müssen zumindest einmal wegen diabetischer Fußprobleme in einem Krankenhaus stationär behandelt werden. Rund die Hälfte aller Major-Amputationen in den westlichen Industrienationen werden wegen diabetischer Fußprobleme durchgeführt. Bereits 1988 wurde in der Deklaration von St. Vinzent gefordert, Anstrengungen zu unternehmen, eine Reduktion der Diabetes-assoziierten Major-Amputationen um ein Drittel zu erreichen. Da dieses Ziel innerhalb von zwei Jahrzehnten nicht erreicht werden konnte, wurde 2006 ein neuerlicher Anlauf zur Reduktion der Amputationsrate von der Gesundheitsbehörde der Europäischen Union mit ähnlichen Zielsetzungen in Angriff genommen. Zahlreiche Schwerpunktprogramme zur Aufklärung der Patienten und Therapeuten werden in vielen Ländern angeboten, um dieses Problem ins öffentliche Licht zu rücken. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die Inzidenz an diabetischen Fußproblemen so gering wie möglich zu halten, und die MajorAmputationen auf ein Minimum zu reduzieren.
6OUFSTDIFJEVOH[XJTDIFOOFVSPQBUIJTDIVOE BOHJPQBUIJTDICFEJOHUFO-jTJPOFO
Eine optische oder anamnestische Unterscheidung zwischen rein neuropathisch oder vornehmlich angiopathisch bedingten Läsionen ist in der Regel nicht möglich. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle von diabetischem Fußsyndrom handelt es sich um Mischtypen mit ausgeprägter neuropathischer und mehr
5)zM[FOCFJO $%PNFOJH ."TQBMUFS "#VE[BOPXTLJVOE.6NBUIVN
"CC 1MBOUBSF6M[FSBUJPOFOBVG#BTJTWPOTDIMFDIUTJU[FOEFN 4DIVIXFSL.BOFSLFOOUHVUEJFQSjVMDFSzTFO7FSjOEFSVOHFO VOUFSEFNFSTUFO4USBIMBN5BSTVT/BDI5IFSBQJFVOENJUPSUIP QjEJTDIFN4DIVIXFSLCMFJCUEJF"CIFJMVOHTUBCJM ,MBTTJ¾LBUJPO 8BHOFS*5FYBT6OJWFSTJUZ"*
"CC 1MBOUBSFT6MDVTVOUFSEFNFSTUFO4USBIMCFJNBTTJWFS BVUPOPNFS/FVSPQBUIJF%BT(FMFOLUSJUUUJFGFSVOEBSSPEJFSUEJF 1MBOUBSIBVU*OEFS5JFGFJTUEFS,OPDIFOPTUFPNZFMJUJTDIWFSjOEFSU ,MBTTJ¾LBUJPO8BHOFS***5FYBT6OJWFSTJUZ%***
oder weniger ausgeprägter angiopathischer Komponente [2]. Das Auftreten der Läsionen ist weder in der zeitlichen Abfolge noch örtlich typisch. Oft führen akute Traumen durch Schnittverletzungen (Nagelpflege, Hühneraugenentfernung) oder akzidentelle Traumen infolge Barfußgehens oder durch Fremdkörper im Schuhwerk zum Auftreten eines diabetischen Fußsyndroms. Chemische oder thermische Traumen sind ebenfalls häufig zu beobachten [3]. Läsionen dieser Art lassen eher an ischämische Fußprobleme denken. Wunden an atypischen Stellen oder Ulcerationen, welche durch chronische Traumen infolge schlecht sitzendem Schuhwerk entstanden sind, sind eher als ein Hinweis für neuropathisch bedingte Läsionen anzusehen (Abb. 1). Prädilektionsstellen für neuropathische Läsionen sind all jene Stellen, wo knöcherne Strukturen mit geringer Weichteildeckung knapp unter dem Integument zu liegen kommen. Das Auftreten von hauptsächlich neuropathisch bedingten Läsionen ist daher unter den Metatarsophalangeal-Gelenken am Tarsus oder an der Ferse zu erwarten (Abb. 2). Läsionen mit einer angiopathisch dominierten Genese sind eher an den Akren zu erwarten, und an nicht belasteten Stellen, wie dem Fußrücken oder den Zwischenzehenräumen.
tionen nach Wagner [2] und Armstrong [4] haben sich hier bewährt (Tabelle 1). Beide Stadieneinteilungen geben nicht nur einen guten Anhaltspunkt auf den klinischen Schweregrad der Läsion, sondern einen Hin-
4UBEJFOFJOUFJMVOHWPO-jTJPOFO
Eine stadiengerechte Einteilung der Läsionen ist unumgänglich, vor allem, wenn die Notwendigkeit einer Spitalsbehandlung gegeben sein sollte. Die Klassifika-
5BCFMMF %FS[FJUCMJDIF&JOUFJMVOHEFS%JBCFUJTDIFO'VMjTJPOFO OBDI8BHOFSPEFS"SNTUSPOH
8BHOFS,MBTTJ¾LBUJPO (SBE
LFJOFPGGFOFO-jTJPOFOFWFOUVFMM%FGPSNJUjUFO PEFS$FMMVMJUJT
(SBE
0CFS¿jDIMJDIF6M[FSBUJPOFO
(SBE
5JFGF6M[FSBUJPOCJT[VS4FIOF (FMFOLTLBQTFM PEFS,OPDIFO
(SBE
5JFGF6M[FSBUJPONJU"CT[FTT 0TUFPNZFMJUJT (F MFOLTCFUFJMJHVOH
(SBE
-PLBMJTJFSUF(BOHSjO°7PSGVPEFS'FSTF
(SBE
(BOHSjOEFTHFTBNUFO'VFT
8BHOFS 'PPU"OLMF°
5FYBT6OJWFSTJUZ,MBTTJ¾LBUJPO (SBE
1SjPEQPTUVM[FSBUJWF-jTJPOFO &QJUIFMJBMJTJFSVOH
(SBE*
0CFS¿jDIMJDIF6M[FSBUJPO
(SBE**
6M[FSBUJPOCJT[VS4FIOFPE(FMFOLTLBQTFM
(SBE***
6M[FSBUJPOCJT[VN,OPDIFOPEFS(FMFOL
4UBEJVN" 6OLPNQMJ[JFSU 4UBEJVN# *OGFLUJPO 4UBEJVN$ *TDIjNJF 4UBEJVN% *OGFLUJPOVOE*TDIjNJF "SNTUSPOHFUBM %JBCFUFT$BSF°
%FSEJBCFUJTDIF'V°%JBHOPTUJLVOEEJGGFSFO[JFSUF5IFSBQJF
weis auf die Notwendigkeit einer invasiven Abklärung und Therapie, als auch einer Einschätzung auf die Prognose in Hinblick auf den Beinerhalt. Darüber hinaus sind beide Stadieneinteilungen als wertvolle Basis für wissenschaftliche Vergleiche anzusehen. Die Klassifikation nach Armstrong dürfte die Prognose der Extremität in Hinblick auf eine drohende Amputation etwas besser einschätzen [5]. &JOGBDIF%JBHOPTUJL[VSTUBEJFOHFSFDIUFO &JOUFJMVOH
Einfache diagnostische Maßnahmen zur stadiengerechten Diagnostik können überall durchgeführt werden, und benötigen nahezu keinerlei apparativen Aufwand. Die Ischämie des Fußes kann durch einfaches Erheben des Pulsstatus der Extremität abgeschätzt werden. Das Fehlen eines Popliteapulses ist ein sicherer Hinweis für das Vorhandensein einer signifikanten arteriellen Insuffizienz. Das Vorhandensein eines positiven Popliteapulses bei fehlenden Fußpulsen schließt eine relevante distale Durchblutungsstörung bei Diabetes mellitus nicht aus, und bedarf weiterer apparativer Abklärung. Auf eine weiterführende Diagnostik kann lediglich bei Vorhandensein von zumindest einem tastbaren Knöchelpuls (A. dorsalis pedis / A. tibialis posterior) verzichtet werden.
Der Schweregrad der Neuropathie kann mittels Semmes-Weinstein Filamenten dokumentiert werden [6]. Die Filamente werden senkrecht auf die Haut aufgelegt und solange Druck ausgeübt, bis sich das Filamet um 90° abknickt. Gleichzeitig wird der Patient nach einem subjektiven Druckgefühl exploriert. Für eine grobe Einschätzung ohne Quantifizierung kann dieser Test auch mit einem Wattestäbchen oder einer aufgebogenen Aktenklammer durchgeführt werden. Die Tiefe der Wunden und das Freiliegen von knöchernen Strukturen oder Sehnen kann in der Regel durch einfache Inspektion festgestellt werden. Sollte ein überschießendes Granulationsgewebe die Inspektion erschweren, kann die Diagnose durch Sondierung mittels einer sterilen Knopfsonde erleichtert werden. Sollte die Sonde leicht in ein der Läsion naheliegendes Gelenk eingeführt werden können oder in den freiliegenden Knochen einbrechen, so kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Osteomyelitis oder einer infektiösen Gelenksbeteiligung ausgegangen werden. Ein Fußröntgen in a/p und seitlichem Strahlengang dokumentiert die klinische Diagnostik auch bildlich und ist auch bei dem Verdacht einer knöchernen Läsion anzustreben. Bei sehr kleinen Läsionen ist das Anbringen einer röntgendichten Markierung an der cutanen Eintrittspforte oft sehr hilfreich.
"CC *OUSBBSUFSJFMMFEJHJUBMF4VCUSBLUJPOTBOHJPHSBQIJF JB%4" OBDIUSBOTNFUBUBSTBMFS"NQVUBUJPO*OEFSBQ"CCJMEVOHFSLFOOUNBO LFJOFSMFJEJTUBMFO"OTDIMVBN'V*N4FJUMJDIFO4USBIMFOHBOH NJUUMFSFT#JME FSLFOOUNBOKFEPDIFJOFHVUBVTHFCJMEFUF"EPSTBMJTQFEJT XFMDIFNJUFJOFN#ZQBTT SFDIUFT#JME WFSTPSHUXFSEFOLBOO
5)zM[FOCFJO $%PNFOJH ."TQBMUFS "#VE[BOPXTLJVOE.6NBUIVN
8FJUFSGISFOEF%JBHOPTUJLEFSBSUFSJFMMFO USPNCBIO 4
Liegt der begründete klinische Verdacht auf eine ischämische Läsion vor, ist eine Gefäßdarstellung unumgänglich. Die Arterien des Oberschenkels und des proximalen Unterschenkels sind mit Duplex-Ultraschall gut zugänglich und in geübten Händen auch verläßlich untersuchbar. Für distale Verschlußprozesse im Unterschenkel und in Knöchelhöhe ist der Ultraschall aufgrund der meist vorliegenden Mediaverkalkung jedoch nur wenig aussagekräftig [7]. In diesem Fall muß eine digitale Subtraktionsangiographie durchgeführt werden. Die Angiographie sollte prinzipiell in 2 Ebenen angefertigt werden, um die Lokalisation der verbliebenen pedalen Arteriensegmente verläßlich zuordnen zu können (Abb. 3). Die intraarterielle Gabe von vasodilatativen Substanzen (Priscol©, Prostaglandin E) hat sich als Standardmethode bei der Darstellung der Fußarterien bewährt [8]. In manchen Zentren stehen auch moderne, nicht invasive Schnittbildverfahren als Alternative zur intraarteriellen Angiographie zur Verfügung. Die kontrastmittelunterstützte Magnetresonanzangiographie (MRA) erreicht unter Verwendung entsprechender Gradienten und Steuerungsprotokolle gute Auflösungen, die der digitalen Angiographie nahekommen. Durch die langsamen Flußgeschwindigkeiten kommt es jedoch oft zu venösen Artefakten, die eine Beurtei-
lung der arteriellen Morphologie in den Fußbereich oft erschweren. Die MRA ist derzeit aber noch nicht in der Lage, die intraarterielle Angiographie komplett zu ersetzten [9].
8FJUFSGISFOEF%JBHOPTUJLEFT4UU[BQQBSBUFT
Zeigen sich im nativen Fußröntgen unklare Verhältnisse oder liegt eine massive Weichteilproblematik vor, beziehungsweise bei der Verdachtsdiagnose auf ein Charcot’sches Fußsyndrom, ist eine Magnetresonanztomographie des Fußes indiziert. Eine Unterscheidung zwischen reaktivem Knochenumbau und Osteomyelitis ist in der Regel einfach möglich. Ebenso ist die Information über die Ausdehnung des Infektes im Fußbereich bereits vor einer chirurgischen Intervention bekannt, und der Patient kann bereits präoperativ über das Ausmaß des chirurgischen Eingriffes aufgeklärt werden. Die MR-Untersuchung des Fußes sollte aber immer eine weiterführende Untersuchung darstellen, und sie gilt keineswegs als alleinige Indikation zu einer Intervention.
"LVUNBOBHFNFOUWPOEJBCFUJTDIFO-jTJPOFO
Die erste Maßnahme bei Abszessen oder Phlegmonen ist die chirurgische Infektkontrolle. Diese sollte groß-
"CC 1SJNjSF7FSTPSHVOHFJOFTOFVSPQBUIJTDIFO6MDVTNJU*O[JTJPOVOE4FQUPQBM,FUUF MPLBMBOUJCJPUJTDIF5IFSBQJF°OJDIU NQGPIMFO (VUFQSJNjSF"CIFJMVOHOBDI&OUGFSOFOEFS,FUUFVOEHSP[HJHFN%FCSJEFNFOUVOE&OUMBTUVOHGS8PDIFO ,MBTTJ¾LBUJPO F 8BHOFS***5FYBT6OJWFSTJUZ%***
%FSEJBCFUJTDIF'V°%JBHOPTUJLVOEEJGGFSFO[JFSUF5IFSBQJF
zügig erfolgen, aber nachfolgende Maßnahmen wie orthopädische Fußrekonstruktionen oder eine mögliche Revaskularisation auf die Fußarterien nicht unmöglich machen [10, 11]. Drainagen sollten durch die Inzisionstellen oder die vorbestehenden Ulcerationen erfolgen, um keine neuen Läsionen am Fuß zu setzen. Ist eine zusätzliche Inzision erforderlich, sollte diese eher dorsal erfolgen, um die Plantarhaut intakt zu halten. Wenn ablative Maßnahmen, wie Amputation von einer oder mehreren Phalangen notwendig sind, sollten diese sparsam und soweit als möglich anatomisch korrekt durchgeführt werden. Es ist dabei zu bedenken, daß ein ausgehülster Phalange auch zur Deckung von Defekten im Sinne einer lokalen Lappenplastik Verwendung finden kann. Nicht selten finden sich in den Abszessen Fremdkörper, welche die Infektion auch nach korrekter Drainage weiter unterhalten können. Dabei kann es sich sowohl um wahre Fremdkörper (z. B. Steinchen, Glassplitter, Nadeln o. ä.) handeln oder um «falsche« Fremdkörper (Knochensequester, nekrotische Sehnen, Fußnagelanteile etc). Diese müssen ebenso entfernt werden, um ein Weiterschreiten der Infektion zu vermeiden. Die Wunden sollten mit isotonem Kochsalz gespült werden. Antiseptika oder antibiotische Lösungen sind nicht anzuraten. Das Einbringen von antibiotikahältigen Festkörpern (Ketten, Granulat u. ä.), mit dem Hintergedanken einer sparsamen Inzision das Auslangen zu finden, hat sich nicht bewährt (Abb. 4). Die initialen Verbandswechsel müssen wegen der starken Exsudationsneigung der Wunden häufig durchgeführt werden (oft 2 bis 3-mal täglich), bis eine Konsolidierung eintritt. Das Belassen von Verbänden über 24 Stunden in der Akutphase ist nicht sinnvoll, da dies sonst zu neuerlicher Reinfektion und der Notwendigkeit von weiteren chirurgischen Maßnahmen führen kann. Entlastung des Fußes ist in dieser Phase eine unbedingte Notwendigkeit.
auch nicht darzustellen, sodaß man meinte, es handle sich um eine periphere Mikroangiopathie. Erst in den späten 80er Jahren konnte mit verfeinerten angiographischen Techniken der Beweis erbracht werden, daß die Fußgefäße des Diabetikers von diesen Verschlüssen ausgespart bleiben und sich in den meisten Fällen anschlußfähige offene Fußarteriensegmente darstellen lassen (Abb. 5) [13]. In Kombination mit der autonomen Sympathektomie der Diabetiker durch die Neuropathie, welche zu einer Weitstellung der AV-Shunts auf Kapillarebene führt, sinkt der periphere Widerstand, und erhöht damit die Funktionswahrscheinlichkeit der peripheren Gefäßrekonstruktion (Abb. 6). Die Angiopathie auf Kapillarebene (= Mikroangiopathie) ist zwar beim Diabetiker ebenfalls nachweisbar, führt aber nie zur Ischämie der Extremität, sondern durch lokale Diffusionsabnormitäten zur Schädigung
"CC %JTUBMF#ZQBTTFTTJOEUFDIOJTDIQSPCMFNMPTTPXPIMBVGEJF "EPSTBMJTQFEJT MJOLFT#JME BMTBVDIBVGEJF"QMBOUBSJT SFDIUFT #JME NzHMJDI
%JBCFUJTDIF"OHJPQBUIJF
Die klinisch relevante diabetische Angiopathie des Fußes ist eine Makroangiopathie der Unterschenkelarterien und keine Mikroangiopathie. Der Terminus »Mikroangiopathie« wurde im Jahr 1950 durch eine pathologische Studie an Unterschenkelamputaten geprägt, wobei in den Unterschenkelarterien nicht thrombotische arterielle Verschlüsse gefunden wurden [12]. Die Fußarterien wurden dabei aber nicht untersucht. Angiographisch waren die distalen Arterien des Unterschenkels und Fußes zu dieser Zeit
"CC *OUSBPQFSBUJWF"OHJPHSBQIJFFJOFSEJTUBMFO#ZQBTTSFLPO TUSVLUJPOWPOEFS"UJCJBMJTQPTUFSJPSBVGEJF"QMBOUBSJTDPNNVOJT %BTQFSJQIFSF,BQJMMBSCFUUJTULPNQMFUUFSIBMUFO FJOFQFSJQIFSF ¨.JDSPBOHJPQBUIJF§MjUTJDIOJDIUOBDIXFJTFO
5)zM[FOCFJO $%PNFOJH ."TQBMUFS "#VE[BOPXTLJVOE.6NBUIVN
von Nervengewebe und Sinnesorganen (diabetische Neuropathie, diabetische Maculadegeneration).
#FIBOEMVOHBOHJPQBUIJTDIFS-jTJPOFO
Neben einer optimalen lokalen Therapie muß eine möglichst rasche Revaskularisation der Extremität erfolgen. Ziel ist es, den ischämischen Fuß wenn immer möglich direkt zu revaskularisieren, das heißt eine kontinuierliche Gefäßbahn bis hin zu den Fußgefäßen herzustellen. Indirekte Maßnahmen können in Einzelfällen ausreichend sein, die Dauer bis zur Abheilung ist aber deutlich länger und die Wahrscheinlichkeit einer Reinfektion bis zur kompletten Abheilung ist größer. Kurze Verschlussprozesse, die zu einer Ischämie des Fußes führen, sind selten. Sollten jedoch serielle Stenosen in der A. femoralis oder den Unterschenkelarterien vorhanden sein, so ist eine transluminale Therapie (PTA mit oder ohne Stentimplantation) das Mittel der Wahl. Die meisten Verschlussprozesse sind jedoch langstreckig und machen eine Bypassrekonstruktion unumgänglich. Da die Indikation zur Revaskularisation meist bei einer infizierten Läsion an der betreffenden Extremität gestellt wird und es sich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle um Rekonstruktionen auf Unterschenkel oder Fußarterien in der Nähe zum Infekt handelt, ist die Verwendung von alloplastischem Material meist nicht sinnvoll (Abb. 7). Die Revaskularisationsmaßnahme bei ischämischen Läsionen ist daher der autologe Venenbypass [14, 15]. Da in vielen Fällen bereits die Vena saphena magna der betroffenen Extremität durch vorangegangene chirurgische Eingriffe (Revaskularisation bei ko-
"CC 1SjPQFSBUJWFT#JMEFJOFTJTDIjNJTDIFO'VFTOBDIGFIMHF TDIMBHFOFS"NQVUBUJPOEFT74USBIMFT.BOFSLFOOUHVUEJF/jIF EFT*OGFLUFT[VS*O[JTJPOTTUFMMFGSEJFHFQMBOUFEJTUBMF#ZQBTTBOB TUPNPTF7FSXFOEVOHWPOBVUPMPHFN#ZQBTTNBUFSJBMJTUIJFSFJOF VOCFEJOHUF/PUXFOEJHLFJU
ronarer Herzkrankheit, Krampfaderoperationen etc.) entfernt worden ist, müssen die venösen Conduits von alternativen Stellen gewonnen werden (obere Extremität, kontralaterales Bein etc.). Mit diesem Vorgehen ist es möglich, in der überwiegenden Zahl der Fälle ausreichend autologes Material für die peripheren Gefäßrekonstruktionen zu gewinnen [16]. Sollten die Läsionen ausgedehnt die Fersen betreffen und große Teile der plantaren Haut irreversibel geschädigt sein, so kann in einzelnen Fällen auch die Revaskularisation mit einem freien Gewebetransfer kombiniert werden [17]. Die Operationsdauer ist jedoch lange und die Belastung der Patienten ist erheblich größer als bei einer alleinigen Bypassoperation. Eine optimale Patientenselektion vor einem derartigen Eingriff ist unbedingt notwendig. Die Resultate der Gefäßrekonstruktion sind gut. Die Bypassfunktion nach 5 Jahren beträgt 50 bis 60 %. Die Extremität ist nach dieser Zeit in über 70 % erhalten und funktionstüchtig (Abb. 8).
&OUTUFIVOHOFVSPQBUIJTDIFS-jTJPOFO
Die neuropathische Läsion ist in der Regel eine Kombination von chronischem Minimaltrauma durch Fehlstellung des Fußskelettes durch die autonome Neuropathie und einer chronischen Druckerhöhung auf die Plantarhaut von innen her [3]. Durch die autonome Neuropathie kommt es zu einer Dysregulation der Vorspannung der muskulären Strukturen des Fußes und damit zu einem Einbrechen des Fußgewölbes. Die Folge davon ist ein Tiefertreten der Metatarsophalangealgelenke und eine Ausbildung von Hammerzehen. Infolge dieser Fehlstellung kommt es zu einer Erhöhung des lokalen Druckes auf die Plantarhaut um etwa das acht- bis zehnfache. Solange das Integument intakt ist, wird dies vom Patienten in der Regel nicht bemerkt. Manchmal wird eine erhöhte Tendenz zu Ausbildung von Hornhaut entdeckt und diese mechanisch entfernt, was zu einer weiteren Ausdünnung der Haut in diesen Bereichen beiträgt und damit die Wahrscheinlichkeit von Ulcerationen erhöht (vgl. auch Abb. 2). Die Ausbildung von Hammerzehen begünstigt die Entstehung von dorsalen Ulcerationen an den Zehen im Bereich der Interphalangealgelenke, da im Schuh eine erhöhte mechanische Belastung auf die Haut zu erwarten ist. Das Fehlen der Schutzsensibilität infolge der sensorischen Neuropathie trägt dazu bei, daß der Patient diese Veränderungen subjektiv nicht wahrnimmt. Die Folge ist die Ausbildung von akuten Lä-
%FSEJBCFUJTDIF'V°%JBHOPTUJLVOEEJGGFSFO[JFSUF5IFSBQJF
sionen im Falle von ungewöhnlicher Belastung (langer Spaziergang, »Eintragen« von neuem Schuhwerk etc.) oder chronischen, langsam voranschreitenden Ulcerationen unter den Metatarsophalangealgelenken, welche als »Hühneraugen« einer Selbstbehandlung zugeführt werden. Treten knöcherne Strukturen in direkten Kontakt mit der Ulceration, so ist eine Osteomyelitis nahezu nicht vermeidbar.
#FIBOEMVOHOFVSPQBUIJTDIFS-jTJPOFO
Neuropathische Läsionen können ausschließlich durch dauerhafte Entlastung der Extremität zur Abheilung gebracht werden. In der Akutphase kann es notwendig sein knöcherne Strukturen aus dem Fußskelett zu entfernen, um einerseits die Infektion zu beherrschen oder ein Fortschreiten der Infektion bei Freiliegen der Knochen zu verhindern. In der Folge muß eine Umverteilung des Druckes auf den betroffenen Hautbezirk erfolgen. Lokale Maßnahmen zur stadiengerechten Wundtherapie ergänzen diese Maßnahmen. Solange die Wunde noch nicht gänzlich abgeheilt ist, sollte keinerlei Druck ausgeübt werden. Dies
"CC 1PTUPQFSBUJWFT&SHFCOJTOBDICJMBUFSBMFS#ZQBTTPQFSBUJPO QPQMJUFPQFEBM%JF#ZQBTTFTTJOECFSC[X+BISFJO'VOLUJPO
kann durch Immobilisation, Verwendung von Stützkrücken oder Entlastungsschuhwerk erfolgen, wobei darauf zu achten ist, daß einerseits vom Patienten keinerlei Druck auf die betroffene Stelle ausgeübt werden kann, andererseits nicht neue Läsionen durch das Schuhwerk entstehen können. Sollte die Mitarbeit des Patienten nicht ausreichen, so kann die Anlage eines mechanischen Schutzverbandes (Scotch-Cast oder Gipsverband) notwendig werden [18]. In diesen Fällen ist es von unbedingter Notwendigkeit die Verbände so anzulegen, daß eine Entfernung durch den Patienten schwierig ist, aber eine Wundkontrolle ohne größeren Aufwand doch möglich ist. Dies kann z. B. durch Fenster im Stützverband erreicht werden. Erst nach kompletter Abheilung und Epithelialisierung kann auf normales Schuhwerk zurückgegriffen werden. Das Anmessen von maßgefertigtem Schuhwerk ist in vielen Fällen unerlässlich, da es im Rahmen von Knochenresektionen oder Teilamputation des Fußes zu erheblichen Änderungen im skelettalen Anteil des Fußes und seiner Weichteildeckung kommen kann (Abb. 9). Die Anfertigung des Schuhwerkes ist erst nach Abheilung und Rückgang der Schwellung sinnvoll und sollte nicht zu früh initiiert werden (Abb. 10).
5)zM[FOCFJO $%PNFOJH ."TQBMUFS "#VE[BOPXTLJVOE.6NBUIVN
"CC (SPFT1MBOUBSFT6MDVTCFJBVUPOPNFS/FVSPQBUIJF/BDI%FCSJEFNFOUVOEJOOFSFSUSBOTNFUBUBSTBMFS"NQVUBUJPOHVUFT"CIFJMFO EFS-jTJPO&OUMBTUVOHEFT'VFTGS.POBUF ,MBTTJ¾LBUJPO8BHOFS***5FYBT6OJWFSTJUZ#***
"CC $IBSDPUµTDIFS'VCFJFJOFSKjISJHFO'SBV,POTFSWBUJWF"CIFJMVOHEVSDI&OUMBTUVOHGS.POBUF%VSDIHFFJHOFUFTPSUIPQjEJ TDIFT4DIVIXFSLLBOOEBTQPTUPQFSBUJWF&SHFCOJT+BISFMBOHHVUHFIBMUFOXFSEFO
%FSEJBCFUJTDIF'V°%JBHOPTUJLVOEEJGGFSFO[JFSUF5IFSBQJF
"CC $IBSDPUµTDIF'VFSLSBOLVOHCFJFJOFNKjISJHFO.BOO%BT6MDVTCFTUFIUCFJ&STUWPSTUFMMVOHTDIPO+BISF&TCFTUFIUFJO LPNQMFUUFS&JOCSVDIEFT'VHFXzMCFT VOEFJOPSUIPBSUISJUJTDIFS6NCBVEFTHFTBNUFO.JUUFMGVFT%JF8VOEIFJMVOHTTUzSVOHJTUEVSDI FJOFDISPOJTDIF0TUFPNZFMJUJTEFT0TDVOFJGPSNFHFUSJHHFSU
"CC .BTTJWF*OGFLUJPONJU(BTCJMEVOHJN#FSFJDIEFT74USBIMFT.BTTJWFTTFQUJTDIFT;VTUBOECJMENJUTFLVOEjSFN/JFSFOWFSTBHFO "OHJPHSBQIJTDI¾OEFUTJDIFJOLVS[FS7FSTDIMVEFS"GFNPSBMJT%JF-jTJPOIBUTJDIJOOFSIBMCWPO4UVOEFOFOUXJDLFMUVOEXVSEFWPO EFN1BUJFOUFOBVTCFSV¿JDIFO(SOEFOWFSOBDIMjTTJHU%FS1BUJFOUXVSEFQSJNjSBNQVUJFSU
5)zM[FOCFJO $%PNFOJH ."TQBMUFS "#VE[BOPXTLJVOE.6NBUIVN
Die Versorgung derartiger Läsionen kann vor allem bei ausgedehnten osteoarthrotischen Veränderungen im Mittelfußbereich (Abb. 11) technisch sehr aufwendig werden, und die Abheilung kann oft Jahre in Anspruch nehmen [19].
*OGFLUJPOVOEBOUJCJPUJTDIFT.BOBHFNFOU
Mit dem Auftreten einer Läsion am Fuß ist auch unweigerlich eine Infektion in diesem Bereich vorhanden. Kontrolle der Infektion und Prävention einer weiteren Propagation sind somit ab Therapiebeginn unabdingbar. In vielen Fällen ist eine chirurgische Infektkontrolle notwendig. Eine systemische antibiotische Therapie ist aber ebenso während der gesamten Behandlungsdauer unabdingbar. Neben der guten systemischen Verträglichkeit und geringen Toxizität ist eine gute Gewebepenetration von Vorteil. Initial sollte die antibiotische Therapie parenteral und hoch dosiert erfolgen. Eine lokale antibiotische Therapie sollte nicht durchgeführt werden. Erst nach Konsolidierung ist eine Umstellung auf orale Therapie sinnvoll. Die Therapie sollte möglichst spezifisch angewendet und durch regelmäßige Abstriche kontrolliert werden. Die Gewebeproben sollten dabei aus der Tiefe entnommen werden, da eine oberflächliche Kolonisation von Streukeimen das Ergebnis verfälschen kann. Sollten gasbildende Keime in der Wunde gefunden werden, ist ein Extremitätenerhalt nur in Einzelfällen möglich, da sich die Infektion trotz gezielter antibiotischer Abschirmung nicht schnell genug unter Kontrolle bringen lässt (Abb. 12).
7PSCFVHVOHVOE1SPQIZMBYF
Da ungefähr ein Drittel aller Diabetiker im Laufe ihrer Erkrankung an einer Fußläsion erkranken, ist eine gute Aufklärung bereits zu Beginn der Erkrankung unerlässlich [1]. Das Vorbeugen einer Läsion ist die absolut beste Therapie. Die Amputation ist eine wesentliche Einschränkung in der Lebensqualität des Patienten und verkürzt das Überleben der Betroffenen [20]. Auch wenn eine Amputation manchmal unvermeidbar sein sollte, so sind alle Anstrengungen zu unternehmen, diese zu vermeiden. Regelmäßige Inspektion des Fußes, auch unter Verwendung eines Spiegels, sollte immer durchgeführt werden. Sollte dies aus körperlichen Gegebenheiten nicht möglich sein, so muß auf Hilfe von außen (Familienangehörige, Freunde, Pflegepersonal) gedrungen werden. Die Füße eines Diabetikers sind bei jedem Kontakt mit medizinischem Personal zu kontrollieren, um rechtzeitig den Patienten auf drohende Probleme hinweisen zu können und spezialisierte Stellen einschalten zu können. Die Tendenz zu übervorsichtiger Behandlung kann dabei gegeben sein, und die Interpretation von Fußröntgenaufnahmen sollte nie ohne entsprechende Klinik durchgeführt werden (Abb. 13). Der Fußpflege kommt eine große Bedeutung zu und sollte nur durch speziell geschultes Personal durchgeführt werden. Ausreichende Applikation von fetthältigen Cremen beugt der Bildung von Schrunden und Blasen vor und hilft die Haut geschmeidig zu halten, um so Ulcerationen vorzubeugen. Der Patient sollte lernen, auf Zeichen der Neuropathie frühzeitig zu achten und vorbeugende Maßnahmen zu treffen. Die Inspektion des Schuhwerkes auf Fremdkörper oder lose
"CC *N7FSHMFJDI[VNLMJOJTDIVOBVGGjMMJHFO#JME MJOLFT#JME [FJHUTJDISzOUHFOPMPHJTDIEFS7FSEBDIUBVGDISPOJTDIF0TUFPNZFMJUJTJO GBTUKFEFN4USBIMBOCFJEFO'FO SFDIUFT#JME 5SPU[SBEJPMPHJTDIFN7FSEBDIUJTUIJFSLFJOF5IFSBQJFOPUXFOEJH EBEFS1BUJFOULFJOFSMFJ #FTDIXFSEFOBOHJCU VOELFJOFUIFSBQJFCFESGUJHFOPGGFOFO4UFMMFOBOEFO'FOBVGXFJTU
%FSEJBCFUJTDIF'V°%JBHOPTUJLVOEEJGGFSFO[JFSUF5IFSBQJF
Innenteile ist unerläßlich. Bei manifester Neuropathie sollte das Schuhwerk mindestens 2- bis 3-mal pro Tag gewechselt werden, um die Ausbildung von Druckstellen zu vermeiden. Jeder stationäre Aufenthalt des Patienten sollte dazu dienen, diese Kenntnisse aufzufrischen, um einen Extremitätenerhalt möglichst lange zu ermöglichen.
1SGVOHTGSBHFO
1. Was ist die Hauptursache für ein neuropathisches Ulcus? 2. Ist bei vorhandenem Puls der A. Poplitea eine reversible Fußischämie möglich? 3. Was ist die erste Maßnahme bei einem Abszess im Fußbereich eines diabetischen Patienten? 4. Welches Material sollte bei einer Bypassoperation als Ersatzmaterial erster Wahl verwendet werden? 5. Welches ist die ideale Methode, den Keim aus einer diabetischen Fußläsion zu bestimmen? 6. Wie lange sollen neuropathische Ulcera entlastet werden?
-JUFSBUVS <> Armstrong DG (2001) Is diabetic foot care efficacious or cost effective? Ostomy Wound Manage 47 (4): 28–32 <> Wagner FW (1981) The dysvascular foot: a system of diagnosis and treatment. Foot Ankle 2: 64–122 <> Jenkin WM, Palladino SJ (1991) Environmental stress and tissue breakdown. In: The high risk foot in diabetes mellitus (Frykberg RG, ed), 103–123. Churchill Livingston, New York <> Armstrong DG, Lavery LA, Harkless LB (1998) Validation of a diabetic woiund classification system. The contribution of depth, infection and ischemia to risk of amputation. Diabetes Care 21(5): 855–59 <> Oyibo SO, Jude EB, Tarawneh I, Nguyen HC, Harkless LB, Boultzon AJ (2001) A comparison of two diabetic foot ulcer classification systems: The Wagner and the University of Texas wound classification systems. Diabetes Care 24(1): 84–88 <> Birke JA, Sims DS (1986) Plantar sensory threshold in the ulcerative foot. Lepr Rev 57 (3): 261–67 <> Hofmann WJ, Walter J, Ugurluoglu A, Czerny M, Forstner R, Magometschnigg H (2004) Preoperative high-frequency duplex scanning of potential pedal target vessels. J Vasc Surg 39(1): 169–75. <> Cohen MI, Vogelzang RL (1986) A comparison of techniques for improved visualization of the arteries of the distal lower extremity. Am J Roentgenol 147(5): 1021–24 <> Hofmann WJ, Forstner R, Kofler B, Binder K, Ugurluoglu A, Magometschnigg H (2002) Pedal artery imaging – a comparison of selective digital subtraction angiography, contrast enhanced
magnetic resonance angiography and duplex ultrasound. Eur J Vasc Endovasc Surg 24(4): 287–92 <> Marston WA, Davies SW, Armstrong B, Farber MA, Mendes RC, Fulton JJ, Keagy BA (2006) Natural history of limbs with arterial insufficiency and chronic ulceration treated without revascularization. J Vasc Surg 44(1): 108–114 <> Sheahan MG, Hamdan AD, Veraldi JR, McArthur CS, Skillman JJ, Campbell DR, Scovell SD, LoGerfo FW, Pomposelli, FB (2005) Lower extremity minor amputations: the roles of diabetes mellitus and timing of revascularization. J Vasc Surg 42(3): 476–80 <> Goldenberg S, Alex M, Joshi RA, Blumenthal HT (1959) Nonatheromatous peripheral vascular disease of the lower extremity in diabetes mellitus. Diabetes 8(4): 261–73 <> LoGerfo FW, Coffman JD (1984) Current concepts. Vascular and microvascular disease of the foot in diabetes. Implications for foot care. N Engl J Med 311(25): 1615–19 <> Pomposelli, FB, Kansal N, Hamdan AD, Belfield AD, Sheahan M, Campbell DR, LoGerfo FW (2003) A decade of experience with dorsalis pedis artery bypass: analysis of outcome in more than 1000 cases. J Vasc Surg 37(2): 307–15 <> Hölzenbein T, Aslim E, Trubel W, Kretschmer G (2001) Der diabetische Fuß. Gefäßchirurgische Apekte. Eur Surg 33 105–107 <> Hölzenbein TJ, Pomposelli FB Jr, Miller A, Contreras MA, Gibbons GW, Campbell DR, Freeman DV, LoGerfo FW (1996) Results of a policy with arm veins used as the first alternative to an unavailable ipsilateral greater saphenous vein for infrainguinal bypass. J Vasc Surg 23(1): 130–40 <> Czerny M, Trubel W, Zimpfer D, Grimm M, Koller R, Hofmann W, Hölzenbein T, Polterauer P, Girsch W (2004) Limb-salvage by femoro-distal bypass and free muscle flap transfer. Eur J Vasc Endovasc Surg 27(6 ): 635–39 <> Katz IA, Harlan A, Miranda-Palma B, Prieto-Sanchez L, Armstrong DG, Bowker JH, Mizel MS, Boulton AJ (2005) A randomized trial of two irremovable off-loading devices in the management of plantar neuropathic diabetic foot ulcers. Diabetes Care 28(3): 555–59 <> Sanders LJ, Frykberg RG (1991) Diabetic neuropathic osteoarthreopathy: the Charcot foot. In: The high risk foot in diabetes mellitus (Frykberg RG, ed), 297–338. Churchill Livingston, New York, <> Aulivola B, Hile CN, Hamdan AD, Sheahan MG, Veraldi, JR, Skillman JJ, Campbell DR, Scovell SD, LoGerfo FW, Pomposelli, FB (2004) Major lower extremity amputation: outcome of a modern series. Arch Surg 139(4): 395–99
,BQJUFM
,PNQSFTTJPOTUIFSBQJFCFJWFOzTFO6OUFSTDIFOLFMHFTDIXSFO )1BSUTDI
;VTBNNFOGBTTVOH
In der Behandlung von venösen Unterschenkelgeschwüren ist die Kompressionstherapie die wichtigste Therapiekomponente. Sie reduziert Ödem und Schmerzen, verbessert die venöse Beinpumpe und bessert die Mikrozirkulation. Entscheidend sind ausreichend hohe Drücke, die vor allem mit guten Kompressionsverbänden, neuerdings zum Teil auch mit geeigneten Kompressionsstrümpfen erzeugt werden können. Zur lokalen Drucksteigerung über dem Ulkus eignen sich SchaumgummiPolster. Wirksame Kompressionsverbände bedürfen einer Einschulung. Vor Anlegen von festen Verbänden und Strümpfen muss die arterielle Durchblutung kontrolliert werden, am einfachsten in Form einer Doppler-Ultraschall-Untersuchung. Die zusätzliche Verwendung von intermittierenden pneumatischen Kompressionspumpen ist vor allem bei wenig oder nicht mobilen Patienten sowie bei Patienten mit Beinödemen und begleitenden arteriellen Verschlüssen als hoch wirksam zu empfehlen. Unter einer sachgemäß durchgeführten Kompressionstherapie sollte die Heilrate von konsekutiv behandelten, rein venösen Beingeschwüren innerhalb von 12 Wochen bei 70 % liegen.
Die Kompressionstherapie ist nach wie vor die wichtigste Basismaßnahme in der Behandlung des venösen Unterschenkelgeschwürs. Diese Feststellung wird wohl trotz der zunehmenden Einsicht, dass die venöse Hämodynamik beim venösen Ulkus durch Ausschaltung von oberflächlichen Refluxen in vielen Fällen entscheidend verbessert werden kann [1] und trotz
aller chirurgischer Fortschritte auf diesem Gebiet, auch für die absehbare Zukunft Gültigkeit behalten. Die Effekte der Kompression hängen vor allem von folgenden Faktoren ab: ■ Kompressionsdruck, ■ Kompressionsmaterial (unelastisch/elastisch), ■ Beinumfang, Art und Lokalisation des Ulkus, Beweglichkeit des Sprunggelenks und Gehfähigkeit des Patienten.
,PNQSFTTJPOTESVDL
Im Allgemeinen weist der Druckbereich einer Kompressionstherapie ein sehr breites Spektrum auf und liegt zwischen 15 mmHg am distalen Unterschenkel (Thromboseprophylaxestrümpfe) und supra-systolischen Druckspitzen (intermittierende Kompressionsapparate). Der Druck, der mit verschiedenen Geräten gemessen werden kann, variiert mit der Beinkonfiguration am Messort (Radius des Beinsegments), der Körperhaltung (liegen, sitzen, stehen), der Konsistenz des komprimierten Gewebes und den elastischen Eigenschaften des Materials. Mit Hilfe neu entwickelter Instrumente (z. B. Kikuhime®, MediTrade, Soro, Dänemark, Sigat Tester®, Ganzoni, St Gallen, Schweiz) kann der Andruck eines Kompressionsmittels am Bein gemessen werden. Derartige Messungen in vivo sind zur Charakterisierung der Kompressionstherapie im Sinne einer Dosierungsangabe für zukünftige Studien unerlässlich und gewährleisten auch eine praktisch wertvolle Hilfe bei Kompressionsschulungen [2]. Um eine Vene einzuengen oder zu verschließen, muss der äußere Druck höher sein als der Druck in der Vene. Nachdem diese intravenösen Drücke im Bereich
des Unterschenkels im Stehen mehr als 60 mmHg betragen, sollte der von außen einwirkende Druck mindestens gleich hoch oder höher sein [3]. Ein Kompressionsdruck von 60 mmHg, wie er im Stehen gemessen werden kann, fällt bei Verwendung von unelastischem Material sehr rasch auf Werte um 40 mmHg ab, und beträgt im Liegen nur mehr etwa die Hälfte des ursprünglichen Anlegedrucks. Dagegen ist der Druckverlust von elastischen Binden und von Kompressionsstrümpfen wesentlich weniger ausgeprägt (Abb. 1). Dieses Druckniveau kann zu hoch sein, sodass der Patient seine elastische Binde während der Nacht abnehmen muss. Mehrlagenverbände stellen insofern einen guten Kompromiss dar, als sie in ihrem elastischen Verhalten eher Kurzzugverbänden gleichen, sodass sie auch bei Bettruhe toleriert werden. Das Konzept, bei Patienten mit schwereren Formen einer chronischen Veneninsuffizienz höhere Kompressionsdrücke zu verwenden als bei milderen Stadien, wird durch einige Studien gestützt, in denen die bessere hämodynamische Wirksamkeit von hohen Kompressionsdrücken, vor allem in Verbindung mit Kurzzugmaterial, nachgewiesen wurde [4, 5]. Höhere Kompressionsdrücke führen zu einer besseren Heilrate und zu einer geringeren Rezidivrate von venösen Ulzera [6] – [8]. Bei Patienten mit arterieller Verschlußkrankheit kann eine unsachgemäße Kompressionsbehandlung schwere Nebenwirkungen bis hin zu Hautläsionen und Gangrän verursachen. Deshalb muss vor jeder Anwendung einer Beinkompression die arterielle Durchblutung überprüft werden. In der Praxis haben sich dazu
"CC 7FSCBOETESVDL NN)H NJUFMBTUJTDIFOVOEVOFMBTUJTDIFN .BUFSJBM#FJHMFJDIFN3VIFESVDLJN4UFIFO NN)H JTUEFS %SVDLEFTVOFMBTUJTDIFO7FSCBOEFTJN(FIFOXFTFOUMJDIIzIFS JN -JFHFOBCFSXFTFOUMJDIOJFESJHFSBMTEFSFMBTUJTDIF7FSCBOE8JS CF[FJDIOFOEJF%SVDLTDIXBOLVOHFOVOUFS#FXFHVOHBMT¨.BTTB HFFGGFLU§
)1BSUTDI
"CC #FJEFS.FTTVOHEFTTZTUPMJTDIFO,OzDIFMBSUFSJFOESVDLT XJSEFJOF#MVUESVDLNBOTDIFUUFBNEJTUBMFO6OUFSTDIFOLFMBO HFMFHU BVDIEBOO XFOOJOEJFTFS3FHJPOFJO6MLVTCFTUFIU .JU FJOFS%PQQMFS6MUSBTDIBMM4POEFXFSEFOEJFBSUFSJFMMFO1VMTFBN 'VSDLFOVOEIJOUFSEFN*OOFOLOzDIFMBVTLVMUJFSU/BDICFS TZTUPMJTDIFN"VGCMBTFOEFS.BOTDIFUUFVOEMBOHTBNFN"CMBTTFO EFT%SVDLTNBSLJFSUEJFFSTUFIzSCBSF1VMTXFMMFEFOTZTUPMJTDIFO ,OzDIFMBSUFSJFOESVDL XFMDIFSOPSNBMFSXFJTFHMFJDIIPDIPEFS IzIFSJTUBMTEFSTZTUPMJTDIF#MVUESVDLBN"SN&JO%PQQMFS*OEFY WPOVOUFS ,OzDIFMESVDL"SN#MVUESVDL XFJTUBVGBSUFSJFMMF 4USPNCBIOIJOEFSOJTTFIJO
Taschen-Doppler-Ultraschallgeräte bewährt, mit denen der systolische Knöchelarteriendruck am distalen Unterschenkel gemessen werden kann. (Abb. 2) Dieser Druck sollte normalerweise höher sein als der systolische Blutdruck, gemessen am Oberarm. Das Verhältnis von systolischem Knöchelarteriendruck und Oberarmdruck, der sogenannte Doppler-Index, sollte größer als 1,0 sein. Bei einem Doppler-Index von unter 0,7 muss eine Dauerkompression vor allem bei Verwendung von elastischem Material unbedingt vermieden werden. Andererseits wissen wir heute aus verschiedenen Studien, dass eine derartig eingeschränkte arterielle Durchblutung durch die Anwendung einer intermittierenden pneumatischen Kompression wesentlich verbessert werden kann [9, 10]. Ähnliche Effekte können erzielt werden, wenn ein unnachgiebiger Verband mit einem Ruhedruck von nahe Null verwendet wird. Beim Gehen oder bei passiver Sprunggelenksbewegung treten Druckwellen auf, welche während jeder Muskelkontraktion das Ödem reduzieren und einen Anstieg der arteriellen Durchblutung hervorrufen. [11]. Besonders bei Patienten mit einem steifen Sprunggelenk oder bei Kranken, die aus anderen Gründen nicht genügend gehen, kann die zusätzliche Verwendung von intermittierenden Kompressionsmaschinen sehr hilfreich sein [12].
,PNQSFTTJPOTUIFSBQJFCFJWFOzTFO6OUFSTDIFOLFMHFTDIXSFO "SUFOEFS,PNQSFTTJPOTUIFSBQJF
Verschiedene Modalitäten zur Kompression sind in der Tabelle 1 zusammengefaßt. 5BCFMMF "SUFOEFS,PNQSFTTJPO
(SBEVJFSUF,PNQSFTTJPOTTUSNQGF JOEJWJEVFMMBOHFNFTTFO ,POGFLUJPOTTUSNQGF 8BEFOMjOHF 0CFSTDIFOLFMTUSNQGF ,PNQSFTTJPOT TUSVNQGIPTFO
,PNQSFTTJPOTCJOEFO VOFMBTUJTDI ,VS[[VHCJOEFO %FIOCBSLFJU< -BOH[VHCJOEFO %FIOCBSLFJU>
FJOTDIJDIUJHFS7FSCBOE NFISTDIJDIUJHFS7FSCBOE
*OUFSNJUUJFSFOEF QOFVNBUJTDIF,PNQSFTTJPO &JOLBNNFSHFSjUF .FISLBNNFSHFSjUF 'VQVNQF 6OUFSTDIFOLFMQVNQF (BO[CFJOQVNQF
3 Hauptkategorien von Kompressionsmaterialien können unterschieden werden (Tabelle 2) 5BCFMMF ,BUFHPSJFOWPO,PNQSFTTJPOTNBUFSJBMJFO
6OFMBTUJTDI ¨TUBSS§
,VS[[VH
%FIOCBSLFJU
°
<
"OXFOEVOH
HFCUFT 1FSTPOBM
HFCUFT 1FSTPOBM
nachzieht und sich jeweiligen Lageänderungen anpasst. Beim Gehen sind die Druckspitzen nur wenig ausgeprägt, der Arbeitsdruck ist vergleichsweise niedrig. Durch Anlegen mehrer Verbandsschichten übereinander ändern sich die elastischen Eigenschaften in dem Sinne, dass der fertige Verband eher die Eigenschaften eines Kurzzugverbandes annimmt. Ein typisches Beispiel ist der so genannte »Four-LayerBandage«( z. B. Profore®), in dem mehrere Schichten von vier verschiedenen Materialien verwendet werden (Watte, Krepp, elastische und selbstklebende Binden). Diese Bandagen können Tag und Nacht getragen werden und weisen einen Arbeitsdruck auf, welcher jenem von Kurzzugverbänden nahe kommt. Ein ökonomischer Nachteil ist, dass die Binden im Gegensatz zu den Baumwoll-Kurzzugbinden nach Abnahme nicht gewaschen und wieder verwendet werden können. .FEJ[JOJTDIF,PNQSFTTJPOTTUSNQGF Abhängig vom Druck, welcher am Knöchel ausgeübt wird, können 4 Kompressionsklassen unterschieden werden (Tabelle 3) 5BCFMMF ,MBTTJ¾LBUJPOGS,PNQSFTTJPOTTUSNQGF (UFTJDIF SVOH3"-(; %FVUTDIFT*OTUJUVUGS(UFTJDIFSVOHVOE,FOO [FJDIOVOH
%SVDLNN)H
-BOH[VH ,MBTTF*
MFJDIU
°
>
,MBTTF**
NJUUFM
°
1BUJFOU "OHFIzSJHF
,MBTTF***
LSjGUJH
°
,MBTTF*7
TFISLSjGUJH
VOEHSzFS
#MFJCUBN#FJO 5BHVOE/BDIU 5BHVOE/BDIU 5BHTCFS
6OFMBTUJTDIF#BOEBHFO Zinkleimverbände (Fischerverband) und starre Behelfe wie Circ.-Aid® sind Beispiele eines komplett unnachgiebigen Materials, welches einige Tage am Bein bleiben kann. Ebenso wie Kurzzugverbände sollten diese Materialien mit einem hohen Andruck anmodelliert werden, der infolge einer sofort einsetzenden Ödemreduktion des Beins rasch nachlässt, im Gehen jedoch immer noch sehr wirksame Druckspitzen im Sinne eines hohen Arbeitsdruckes erzeugt. &MBTUJTDIF.BUFSJBMJFO Finden in Form von elastischen Binden oder Kompressionsstrümpfen Verwendung, werden am Morgen angelegt, bevorzugt bevor der Patient aufsteht, und werden in der Nacht vor dem Schlafengehen abgenommen. Sie verlieren nur wenig Druck, da das elastische Material
Nylon- oder Seidenstrümpfe sind hilfreich, um die Kompressionsstrümpfe anziehen zu können. Überwiegend werden Wadenstrümpfe verschrieben. Wenn 2 Strümpfe übereinander angezogen werden, dann resultiert ein Druck, welcher der Summe der beiden einzelnen Strümpfe entspricht. Speziell für die Behandlung von venösen Geschwüren wurden neue Entwicklungen eingeführt, wie z. B. ein Modell mit einem Zippverschluß (UlcerCare®, Jobst-Beiersdorf), der leicht anziehbare Rosidal mobil® (in Frankreich Tubulcus®) oder spezielle zweilagige Ulcus-Strümpfe (z. B. Venotrain ulcertec®, Bauerfeind, Mediven ulcer kit® Medi). Es wurde gezeigt, dass zumindest bei Geschwüren, die nicht zu ausgedehnt sind und eine zu lange Anamnese aufweisen, Wadenstrümpfe sogar bessere Heilraten ergeben als Kurzzugbinden in einfacher Lage [13, 14 a, b].
)1BSUTDI
den bei venösen Ulzera verglichen hat, konnte keinen signifikanten Unterschied bezüglich der Heilrate in den beiden Gruppen nachweisen [17]. Wenn das Ulkus geheilt ist, ist eine Weiterführung einer Dauerkompression von entscheidender Bedeutung (Erhaltungsphase) [8]. Medizinische Kompressionsstrümpfe in Wadenlänge Klasse II bis III, sind die bevorzugten Materialien. Wenn der Patient nicht im Stande ist, Strümpfe anzuziehen, kann er stattdessen elastische Binden verwenden.
"CC &JOF4DIBVNHVNNJQFMPUUF ,PNQSFY XJSE[VSMPLBMFO %SVDLFSIzIVOHCFJFJOFN6MLVTIJOUFSEFN*OOFOLOzDIFMTPJOEFO 7FSCBOEFJOHFBSCFJUFU EBTTEJF8zMCVOHBVGEJF)BVU[VMJFHFO LPNNU
,PNQSFTTJPOTQPMTUFSVOE1FMPUUFO Venöse Geschwüre sind häufig hinter dem Innenknöchel oder im Bereich von abgeflachten Anteilen des medialen Unterschenkels lokalisiert. Der Druck einer Bandage oder eines Strumpfes in diesen Gegenden ist auf Grund des Laplace’schen Gesetzes niedrig, demzufolge der Andruck indirekt proportional dem Radius ist. Eine lokale Erhöhung des Druckes kann dadurch erreicht werden, dass Schaumgummipolster über der Geschwürsgegend angebracht werden, wodurch der Radius des Beinsegments herabgesetzt wird (Abb. 3).
,PNQSFTTJPOTUFDIOJLFO
Die Behandlung von Unterschenkelgeschwüren besteht in 2 Phasen (1) der Heilungsphase bis zur Epithelialisierung, (2) der Erhaltungsphase nach Ulkusheilung, in welcher ein häufiges Rezidiv verhindert werden sollte. Für die Heilungs- (oder »Therapie«-) Phase bevorzugen wir auf Grund der ausgeprägteren hämodynamischen Wirksamkeit unelastisches Material in Form des Fischer-Verbandes [15]. Bei diesem Verband werden Zinkleimbinden mit einer Baumwoll-Kurzzugbinde überwickelt (Abb. 4). Four-Layer-Binden, welche ähnlich gute hämodynamische Effekte aufweisen, können eine gute Alternative darstellen [16]. Eine internationale randomisierte Multizenterstudie, welche zweischichtige Kurzzugbinden mit Four-Layer-Bin-
Viele verschiedene Kompressionstechniken wurden beschrieben. Einige allgemeine Regeln sollen herausgestellt werden: ■ Elastische Bandagen können leichter gehandhabt werden als unelastische Binden und sind damit auch von nicht speziell trainiertem Personal oder von den Patienten selbst zu verwenden. Dies gilt auch für Kompressionsstrümpfe. ■ Mehrlagenverbände mit vorwiegend elastischen Einzelkomponenten (z. B. Profore®) stellen einen guten Kompromiss dar zwischen Aufrechterhaltung des Kompressionsdruckes für einige Tage und wirksamem Arbeitsdruck. Sie sind nach Einschulung relativ leicht anzulegen. ■ Mehrlagenverbände mit Kurzzugmaterialien (z. B. Fischer-Verband, Pütter-Binde®, Rosidal sys®) sollten mit einem höheren Anfangsdruck angelegt werden, da es, vor allem infolge der sofort einsetzenden Ödemreduktion, zu einem raschen Druckabfall kommt. Dementsprechend ist eine sachkundige Einschulung erforderlich. Derartige Verbände zeichnen sich durch besonders hohe, intermittierende Druckwellen beim Gehen aus (Abb. 1) ■ Dasselbe gilt für völlig unelastische Materialien wie Zinkleimbinden, die nach der Fischertechnik mit einem hohen Ruhedruck exakt anmodelliert werden. Um eine homogene Druckverteilung ohne Schnürfurchen zu erzielen, empfiehlt es sich, die Zinkleimbinde jeweils abzuschneiden, wenn sie nicht exakt dem konisch konfigurierten Unterschenkel folgt. Pro Unterschenkel wird eine 10 Meter-Binde verwendet, welche mit einem Kurzzugverband überwickelt wird (z. B. Rosidal®, Raucodur®, Comprilan®) (Abb. 4). Der Patient wird aufgefordert, sofort für mindestens 30 Minuten zu gehen. Je nach Sekretion des Ulkus kann dieser Verband 1–2 Wochen belassen werden. ■ Elastische Binden werden vor dem Schlafengehen abgenommen, wogegen unelastische Bandagen einige Tage verbleiben können. Sie werden gewech-
,PNQSFTTJPOTUIFSBQJFCFJWFOzTFO6OUFSTDIFOLFMHFTDIXSFO
"CC 'JTDIFS7FSCBOENJUBONPEFMMJFSUFS;JOLMFJNCJOEF 7BSJ[FY ' NYDN VOEEBSCFSHFXJDLFMUFS,VS[[VHCJOEF 3PTJEBM , NYDN
■
■
■
■
selt, wenn sie lose oder von Exsudat durchtränkt werden. Eine Polsterschicht unter den Kompressionsbinden bringt mehrere Vorteile: sie gewährleistet eine homogenere Druckverteilung, polstert vorspringende Sehnen und Knochenkanten, kann zusätzlich Sekret aufnehmen und verhindert ein Abrutschen des Verbandes. Die Binden sollten am Fuß beginnen, bevorzugt an der Basis der Zehen. Zur besseren Beweglichkeit im Sprunggelenk beginnt der Original-Fischerverband in der Mitte des Fußes, wobei eine eventuell auftretende Stauung distal des Verbandes nach einer Ruhephase sofort nach Aufnahme des Gehens verschwindet [15]. Das Sprunggelenk wird bei maximaler Dorsalextension einbandagiert, die dabei vorspringende Strecksehne am Rist wird mit Watte gepolstert. Durch exaktes Anmodellieren wird der Druck am distalen Unterschenkel höher gewählt als an der proximalen Wade. Ein nach proximal abfallender Druckgradient ergibt sich auch dann, wenn der Verband überall mit gleichem Zug angelegt wird, da nach dem Gesetz von Laplace der in Richtung zur Wade zunehmende Beinumfang zu einem Abfall des Druckes führt. Durch Auflage von Schaumgummipolstern und Pelotten kann der lokale Druck über einem Ulkus bzw. einer lipodermatosklerotischen Verhärtung erhöht werden. Vorspringende Sehnen und die Tibiakante können durch Watte geschützt werden. Zwei übereinander gelegte Schichten sollten sich zwischen 30 und 50 % überlappen.
■ Die Führung der Bindentouren am Bein (spiral, zirkulär, Kornähren-artig) sowie die Wickelrichtung (von außen nach innen oder umgekehrt) ist von wesentlich geringerer Bedeutung als der angewandte Druck sowie das Vermeiden von Schnürfurchen. ■ Das proximale Ende eines Unterschenkelverbandes sollte das Capitulum fibulae bedecken. ■ In der überwiegenden Mehrzahl der Patienten ist ein Unterschenkelverband ausreichend. Lediglich bei Fällen mit intensiver Schwellung oder einer Phlebitis im Oberschenkelbereich sind Kompressionsverbände bis zur Leistenbeuge empfehlenswert. Oberschenkelverbände werden am besten unter Zuhilfenahme von adhäsivem Material (z. B. Porelast®, Panelast®, Acrylastic®, Tricoplast®) oder von Schaumgummikompressen durchgeführt, welche am distalen Unterschenkel beginnen und auch die Kniebeuge mit einfassen, welche durch Watte gepolstert wird. ■ Stark sezernierende Ulzera erfordern manchmal in der initialen Phase einen häufigen Verbandwechsel. In der Regel bildet sich allerdings die Sekretion nach einigen Tagen Kompressionstherapie zurück. ■ Gehübungen sind ein essentieller Bestandteil der Behandlung, um den Effekt der Kompression zu optimieren.
8JSLNFDIBOJTNFO
Verschiedene Kompressionseffekte konnten demonstriert werden [18] – [20] (Tabelle 4). Hier sollen nur jene Effekte besprochen werden, welchen im Rahmen einer Ulkusbehandlung eine besondere Bedeutung zukommt. "COBINFEFTeEFNT Kurzzugbinden und Zinkleimverbände sind im Stande, den Umfang eines geschwollenen Beins in den ersten Wochen um einige Zentimeter zu reduzieren. Diese Ödemreduktion ist die Ursache für den Abfall des Verbandsdrucks schon nach 24 Stunden, sodass die Bandage erneuert werden muss. Gehübungen bewirken eine Art Massageeffekt. Ähnliche Effekte können auch durch 4-Lagen-Verbände und durch intermittierende pneumatische Kompression erreicht werden. Um das Wiederauffüllen des Beins mit Ödemflüssigkeit zu verhindern, ist eine Fortführung der Kompression erforderlich. Um einen weitgehend ödemfreien Zustand zu erhalten, können elastische Kompressionsstrümpfe ausrei-
)1BSUTDI
5BCFMMF ,PNQSFTTJPOTFGGFLUFOBDIHFXJFTFOEVSDIWFSTDIJF EFOF.FUIPEFO
,PNQSFTTJPOTFGGFLUF
/BDIXFJTNFUIPEF
3FEVLUJPOWPOeEFN
7PMVNFUSJF .BCBOE * TPUPQFO
&SXFJDIVOHWPO-JQPEFS NBUPTLMFSPTF
6MUSBTDIBMM $5 %VSPNFUFS
3FEVLUJPOWPOWFOzTFN 7PMVNFO &JOFOHVOHWPO7FOFO
1IMFCPHSBQIJF #MVUQPPM 4[JOUJHSBQIJF "JS1MFUIZTNP HSBQIJF "1(
"OTUJFHEFSWFOzTFO4USz NVOHTHFTDIXJOEJHLFJU
,SFJTMBVG[FJUCFTUJNNVOH *TPUPQFO
%VQMFY
#MVUWPMVNFOWFSTDIJFCVOHJO [FOUSBMF,zSQFSBCTDIOJUUF
#MVUQPPMTT[JOUJHSBQIJF DBSEJBDPVUQVU
3FEVLUJPOWPOWFOzTFO 3F¿VYFO
%VQMFY "1(
7FSCFTTFSVOHEFSWFOzTFO 1VNQF
'VWPMVNFUSJF 7FOFOESVDL NFTTVOH
#FFJO¿VTTVOHEFTBSUFSJFMMFO %VQMFY 9FOPO$MFBSBODF &JOTUSPNT -BTFSEPQQMFS 7FSCFTTFSVOHEFS.JLSP [JSLVMBUJPO
,BQJMMBSPTLPQJF 5$10 -BTFSEPQQMFS
7FSCFTTFSVOHEFS-ZNQI ESBJOBHF
*TPUPQFOVOEJOEJSFLUF -ZNQIPHSBQIJF
chen, wohingegen sie bei massiven Beinschwellungen in den meisten Fällen weniger wirksam sind als Kurzzugbinden. &SXFJDIVOHWPO-JQPEFSNBUPTLMFSPTF Nach Kompressionstherapie kommt es zu einer Auflockerung der verhärteten Gewebestrukturen, welche nicht nur klinisch, sondern auch mittels CT und Ultraschall nachgewiesen werden kann. &JOTDISjOLVOHWPOWFOzTFO3F¿VYFOVOE 7FSCFTTFSVOHEFSWFOzTFO1VNQF Pathologische Rückflüsse (Refluxe) in den klappengeschädigten Venen spielen eine zentrale Rolle in der Pathophysiologie der chronischen Veneninsuffizienz. Sie können durch Duplex-Ultraschall und auch durch plethysmographische Methoden gemessen werden. Eine feste Kompression engt die Venen ein und reduziert Refluxe in aufrechter Körperhaltung. Beim selben Anlagedruck ist unelastisches Material effektiver als elastisches [21]. Die Reduktion von venösen Refluxen durch äußerliche Kompression kann auch bei völlig klappenlosen Segmenten nachgewiesen werden, sodass es sich hier um einen hämodynamischen
Effekt handelt, der nicht durch eine Wiederannäherung von insuffizienten Venenklappen erklärt werden kann [22]. Durch die Reduktion der Refluxe kommt es zu einer Verbesserung der venösen Beinpumpe, die mit verschiedenen Methoden nachgewiesen werden kann. Die ambulatorische, venöse Hypertension als entscheidender pathophysiologischer Trigger für die Ulkusentstehung kann nur mit sehr fest angelegten unelastischen Binden, nicht aber mit elastischer Kompression gesenkt werden [4]. Dieser Umstand kann dadurch erklärt werden, dass starres Material zu einer intermittierenden Veneneinengung im Gehen führt und damit Refluxe in effektiverer Weise reduziert als elastische Binden. #FFJO¿VTTVOHEFTBSUFSJFMMFO4USPNT Eine äußerliche Kompression führt zu einer sofortigen Einschränkung des arteriellen Stroms, wie das mit verschiedenen Methoden nachgewiesen werden kann. Bei Patienten mit arterieller Verschlußkrankheit kann dem entsprechend durch eine kontinuierliche Kompression von außen eine Ischämie gefördert und trophische Hautschädigungen ausgelöst werden. Dementsprechend dürfen bei einem Dopplerindex zwischen 0,7 und 0,9 nur leicht angelegte Kurzzugverbände verwendet werden, die in kurzen Abständen gewechselt werden sollen. Vorsicht ist auch bei einer peripheren Neuropathie geboten, auf Grund derer beginnende Hautläsionen vom Patienten nicht verspürt werden. Langzuginden sind zu vermeiden. Bei einem Doppler-Index unter 0,7 sollten keine Kompressionsverbände angelegt werden. Spezielle intermittierende pneumatische Kompressionsmodelle sind im Stande, die arterielle Durchblutung in den großen Arterien und in der Haut zu verbessern [9, 10]. Ein ähnlicher Effekt kann durch unelastische Bandagen erzielt werden, die mit einem extrem niedrigen Ruhedruck angelegt werden, wenn die Gelenkspumpe entweder aktiv oder passiv bewegt wird. Besonders wenn zusätzlich zu arteriellen Verschlüssen auch ein massives Ödem die Nutrition der Haut behindert, vermag eine Reduktion der Schwellung durch vorsichtige intermittierende Kompression den Zustand zu verbessern. Diese Fakten sind von erheblicher praktischer Bedeutung, besonders bei Patienten mit gemischten und arteriellen Ulzera, sowie bei immobilen Personen, welche den Tag, etwa im Rollstuhl, vorwiegend in sitzender Haltung verbringen.
,PNQSFTTJPOTUIFSBQJFCFJWFOzTFO6OUFSTDIFOLFMHFTDIXSFO 7FSCFTTFSVOHEFS.JLSP[JSLVMBUJPOVOEEFS -ZNQIESBJOBHF Durch Kompression wird die Strömungsgeschwindigkeit in den erweiterten Kapillarschlingen beschleunigt, die kapilläre Filtration reduziert und die Reabsorption in Folge des erhöhten Gewebsdrucks gefördert. Effekte auf Entzündungsmediatoren sind wahrscheinlich dafür verantwortlich, dass es zu einer sofortigen Schmerzverbesserung unter Kompression kommt und in weiterer Folge zur Ulkusheilung. Die Kompressionstherapie fördert die präfasziale Lymphdrainage und den subfaszialen Lymphtransport, der beim postthrombotischen Syndrom eingeschränkt ist. Eine konsequente Kompressionsbehandlung führt auch zur morphologischen Verbesserung von pathologischen initialen Lymphgefäßen bei Patienten mit Lipodermatosklerose, nachweisbar.
,MJOJTDIF4UVEJFO
Mit Hilfe von kontrollierten, randomisierten Studien konnte gezeigt werden, dass Kompression zu einer signifikant rascheren Heilung von Ulzera führt als Lokaltherapie alleine. Verbände mit höheren Drücken haben bessere Ergebnisse [7, 23]. Wenn die Ulzera geheilt sind, führt eine fehlende Compliance des Patienten bezüglich des Tragens von Kompressionsstrümpfen zu einer höheren Rezidivquote [6, 8]. Zusätzliche Anwendung von pneumatischer Kompression fördert die Ulkusheilung [12[. In der letzten Zeit wurden verschiedene prognostische Faktoren zur Ulkusheilung herausgearbeitet [24, 25]. Praktisch wichtige Kriterien für eine adäquate Kompression Mit adäquater Kompression können 70 % der venösen Ulzera innerhalb von 12 Wochen geheilt werden [26]. Bei Berichten, welche von Heilraten unter 50 % sprechen, erhebt sich der Verdacht, dass die Kompressionstechnik insuffizient war. Dies ist vor allem auch in Studien von Bedeutung, welche verschiedene Kompressionsregime miteinander vergleichen oder den zusätzlichen Einfluß von Pharmaka nachweisen wollen.
)JOXFJTFGSEJF1SBYJT
1. Klare Diagnose, dass es sich um ein venöses Ulkus handelt (30 % der Unterschenkelgeschwüre haben eine andere Ursache!) 2. Ausschluss einer arteriellen Durchblutungsstörung durch Tasten der Fußpulse und Messung des systolischen Knöchelarteriendruckes mittels Taschen-Dopplers vor Anlegen einer festen Kompression. 3. Mehrlagige Verbände mit Unterpolsterung sollten mit einem satten Druck anmodelliert werden. Der Druck des fertigen Verbandes oberhalb des Knöchels sollte beim mobilen Patienten sofort nach Anlegen um 50 mmHg liegen, der Patient sollte möglichst viel gehen. 4. Schaumgummipolster über dem Ulkus erhöhen den lokalen Andruck. 5. Gute Verbände können zirka eine Woche lang, Tag und Nacht, am Bein bleiben. 6. Neu entwickelte Kompressionsstrumpf-Systeme sind bei kleineren, nicht zu lange bestehenden Geschwüren eine Alternative. 7. Nach Abheilen der Ulzera ist die Fortführung einer Dauerkompression, am besten durch Kompressionsstrümpfe, unerlässlich.
1SGVOHTGSBHFO
1. Welche Hauptkategorien von Kompressionsbinden kennen Sie? 2. Welche Materialien gewährleisten am ehesten einen niedrigen Ruhedruck (problemlos beim Liegen toleriert) und einen hohen Arbeitsdruck? 3. Bei einer mehrlagigen Kompression (Verbände oder Strümpfe) addiert sich nicht nur der Anlagedruck, sondern ändern sich auch die elastischen Eigenschaften des Materials. Wirkt der fertige Verband (Strumpf) mehr unelastisch oder mehr elastisch? 4. Wodurch kann man vor Anlegen eines festen Kompressionsverbandes eine arterielle Verschlusskrankheit ausschließen? 5. Womit kann der lokale Druck eines Verbandes oder Strumpfes über dem Ulkus erhöht werden?
-JUFSBUVS <> Calne S, Moffatt Chr (2003) Understanding compression therapy. Position Document of the EWMA Medical Education Partnership LTD, London <> Cullum N, Nelson EA, Fletcher AV, Sheldon TA (2000) Compression for venous leg. The Cochrane Library, 4. Oxford: Update Software <> Danielsson G, Arfvidsson B, Eklof B, Kistner RL, Masuda EM, Satoc DT (2004) Reflux from thigh to calf, the major pathology in chronic venous ulcer disease: surgery indicated in the majority of patients. Vasc Endovascular Surg 38: 209–19 <> Delis KT, Husmann MJ, Nicolaides AN, Wolfe JH, Cheshire NJ (2002) Enhancing foot skin blood flux in peripheral vascular disease using intermittent pneumatic compression: controlled study on claudicants and grafted arteriopaths. World J Surg 26: 861–6 <> Eze AR, Comerota AJ, Cisek PL, Holland BS, Kerr RP, Veeramasuneni R, Comerota AJ Jr (1996) Intermittent calf and foot compression increases lower extremity blood flow. Am J Surg 172: 130–134 <> Fletcher A, Cullum N, Sheldon TA (1997) A systematic review of compression treatment for venous leg ulcers. Br Med J 315: 576–80 <> Hafner J, Botonakis I, Burg G (2000) A comparison of multilayer bandage systems during rest, exercise, and over 2 days of wear time. Arch Dermatol 136: 857–63. <> Haid-Fischer F, Haid H (1985) Venenerkrankungen. Phlebologie für Klinik und Praxis. 5. Aufl., Thieme, Stuttgart <> Horakova MA, Partsch H (1994) Ulcères de jambe d`origine veineuse: Indications pour les bas de compression? Phlébologie 47: 53–57 <B> Jünger M, Partsch H, Ramelet AA, Zuccarelli F (2004) Efficacy of a ready-made tubular compression device versus shortstretch compression bandages in the treatment of venous leg ulcers. Wounds 16:313–320 <C> Jünger M, Wollina U, Kohnen R, Rabe E (2004) Wirksamkeit und Verträglichkeit eines Ulkus-Kompressionsstrumpfes zur Therapie des Ulcus cruris venosum im Vergleich zu einem Unterschenkelkompressionsverband-Resultate einer prospektiven, randomisierten, multizentrischen Studie. Curr Med Res Opin 20: 1613–24 <> Mani R, Vowden K, Nelson EA (2004) Intermittent pneumatic compression for treating venous leg ulcers (Cochrane Review). In: The Cochrane Library 3. Chichester, Wiley <> Margolis DJ, Berlin JA, Strom BL (2000) Which venous leg ulcers will heal with limb compression bandages? Am J Med 109: 15–9 <> Mayer W, Jochmann W, Partsch H (1994) Ulcus cruris: Abheilung unter konservativer Therapie – Eine prospektive Studie. Wien Med Wochenschr 144: 250–52 <> Mayrowitz HN, Larsen PB (1997) Effects of compression bandaging on the leg pulsatile blood flow. Clin Physiol 17: 105– 17 <> Nelson EA, Bell-Syer SE, Cullum NA (2002) Compression for preventing recurrence of venous ulcers. In: The Cochrane Library, Issue 2. Oxford: Update software. <> Partsch B, Mayer W, Partsch H (1992) Improvement of ambulatory venous hypertension by narrowing of the femoral vein in congenital absence of venous valves. Phlebology 7: 101–104
)1BSUTDI <> Partsch B, Partsch H (2005) Calf compression pressure required to achieve venous closure from supine to standing positions. J Vasc Surg 42: 734–38 <> Partsch H (1984) Improvement of venous pumping function in chronic venous insufficiency by compression depending on pressure and material. VASA 13: 58–64 <> Partsch H (Ed) (2003) Evidence based compression therapy. VASA Suppl. 63: 1–39 http://verlag.hanshuber.com/ezm/index.php?ezm=VAS&la=d&ShowIssue=1469 <> Partsch H, Clark M, Bassez S, Becker F, Benigni JP, Blazek V, Caprini J, Cornu-Thénard F, Hafner J, Flour M, Jünger M, Moffatt Ch, Neumann HAM (2006) Measurement of lower leg compression in vivo: Recommendations for the performance of measurements of interface pressure and stiffness: A consensus statement. Dermatol Surg. 32: 229–38 <> Partsch H, Damstra RJ, Tazelaar DJ, Schuller-Petrovic S, Velders AJ, de Rooij MJ, Sang RR, Quinlan D (2001) Multicentre, randomised controlled trial of four-layer bandaging versus short-stretch bandaging in the treatment of venous leg ulcers. VASA 30: 108–113 <> Partsch H, Menzinger G, Mostbeck A (1999) Inelastic leg compression is more effective to reduce deep venous refluxes than elastic bandages. Dermatol Surg 25: 695–700 <> Partsch H, Rabe E, Stemmer R (1999) Kompressionstherapie der Extremitäten. Editions Phlébologiques Francaises, Paris <> Phillips TJ, Machado F, Trout R, Porter J, Olin J, Falanga V (2000) Prognostic indicators in venous ulcers. J Am Acad Dermatol 43: 627 <> Stöberl C, Gabler S, Partsch H (1989) Indikationsgerechte Bestrumpfung – Messung der venösen Pumpfunktion. VASA 18: 35–39 <> Vin F, Benigni JP (2004) International consensus document. Guidelines according to scientific evidence. Int Angiology 23: 317–45
,BQJUFMB
1SjWBMFO[WPO%FLVCJUVT 3+()BMGFOT 5%BTTFOVOE"5BOOFO
;VTBNNFOGBTTVOH
In diesem Kapitel wird die Prävalenz des Dekubitus beschrieben. Zuerst wird darauf eingegangen, wie die Prävalenz gemessen werden kann und welche Faktoren besonders beachtet werden müssen: die Falldefinition, die Messmethode, und die Population. Danach werden die Prävalenzen beschrieben, wie sie in Deutschland und den Niederlanden gefunden werden. Der Dekubitus kommt häufig vor, in den Niederlanden noch häufiger als in Deutschland, besonders in den niederländischen Pflegeheimen. Die Dekubituswunden Grad 1 und 2 kommen am häufigsten vor und die meisten Wunden existieren kürzer als 3 Monate. Eine relativ große Anzahl existiert allerdings schon länger als ein Jahr (in Deutschland in 2005 nicht erhoben). Die meisten Wunden entwickeln sich am Steißbein oder an der Ferse und sind hauptsächlich in der eigenen Einrichtung entstanden.
&JOMFJUVOH
Der Dekubitus ist ein großes Problem innerhalb des Gesundheitswesens. Dekubitus kommt häufig vor, verursacht Unannehmlichkeiten und Schmerz bei dem Patienten und führt zu erheblichen Kosten für das Gesundheitswesen. In den Niederlanden wurde berechnet, dass jährlich 1 % des Budgets des Gesundheitswesens auf die Prävention und Behandlung des Dekubitus verwendet wird [27]. Schätzungen für Deutschland haben ergeben, dass durch eine Reduzierung der Dekubitusprävalenz jährlich bis zu 220 Millionen € gespart werden könnten [29]. Obwohl klar ist, dass Dekubitus
häufig vorkommt, ist es schwierig anzugeben, wie groß das Problem wirklich ist. Zahlen, wie sie in der Literatur gefunden werden, lassen sich nur sehr schwer vergleichen und unterscheiden sich erheblich voneinander. Die Prozentsätze können von 5 % [21] bis 40 % [31] variieren, was durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht wird, z. B. was gemessen wurde, wie gemessen wurde und bei welcher Population. In diesem Kapitel gehen wir darum zuerst auf das Messen der Häufigkeit des Dekubitus ein. Um Einblick in die Häufigkeit des Dekubitus zu bekommen, präsentieren wir die Resultate von zwei großen Studien aus Deutschland und den Niederlanden. Darin wird beschrieben, wie oft Dekubitus in unterschiedlichen Populationen vorkommt und welche Merkmale die Dekubituswunden haben.
.FTTFOEFT%FLVCJUVT
Die Häufigkeit von Gesundheitsproblemen wie Dekubitus wird meist in einer Inzidenz- oder Prävalenzzahl ausgedrückt. Diese Zahlen bestehen aus drei Elementen: einem Zähler, einem Nenner und einem Zeitraum. Der Zähler ist die Anzahl Personen, die z. B. an Dekubitus leiden. Der Nenner ist die Population, in der nach der Anzahl Personen mit Dekubitus Ausschau gehalten wird (z. B. alle Patienten aus einem Krankenhaus). Der Zeitraum, in dem gemessen wurde, kann ein bestimmter Zeitpunkt sein oder eine klar umschriebene Periode, z. B. ein Jahr. Meist drückt man die endgültige Zahl in einem Prozentsatz aus, also pro 100 Personen. Der Zähler wird durch den Nenner geteilt und danach mit 100 multipliziert. Wenn z. B. 10 Patienten aus einer Population von 1000 Personen einen Dekubitus haben, dann beträgt der Prozentsatz 10/1000 x 100 = 1 % [10].
Es werden zwei Typen von Zahlen unterschieden: die Prävalenz- und die Inzidenzzahl. Die Prävalenz des Dekubitus ist der Anteil an Personen, die mindestens einen Dekubitus zu einem bestimmten Zeitpunkt oder während eines bestimmten Zeitraums haben, während Inzidenz der Anteil an Personen ist, die während eines bestimmten Zeitraums mindestens einen Dekubitus entwickeln [24]. Bei der Prävalenz geht es also um die vorhandenen Dekubituswunden und bei der Inzidenz nur um die neu entwickelten Dekubituswunden. Wenn die Prävalenz zu einem bestimmten Zeitpunkt gemessen wurde, spricht man von Punktprävalenz; wenn diese jedoch während eines bestimmten Zeitraums gemessen wurde, spricht man von Periodenprävalenz. Inzidenzzahlen werden immer über einen bestimmten Zeitraum berechnet. Die Prävalenz eines Gesundheitsproblems hängt von dessen Inzidenz ab. Je mehr Patienten einen Dekubitus entwickeln, desto höher ist die Prävalenz. Die Prävalenz hängt auch von der Dauer der Dekubituswunden ab. Je länger Dekubituswunden existieren, desto größer ist die Möglichkeit, dass diese zum Zeitpunkt der Messung noch vorhanden sind. Die Prävalenz ist also eine Kombination aus Inzidenz und Dauer [13]. Die Dekubitusinzidenz ist ein Effekt der Dekubitusprävention, die Heilungsdauer der Dekubituswunde hingegen hängt von der Dekubitustherapie ab. Die Dekubitusprävalenz ist somit ein Beurteilungsmaß für die gesamte Versorgung (Prävention und Therapie). Beide Maßzahlen können für die Beurteilung von Pflegequalität herangezogen werden. Inzidenzzahlen sind somit hervorragend geeignet, um die Ursachen des Dekubitus und die Effektivität von präventiven Interventionen festzustellen. Der Nachteil von Inzidenzzahlen ist allerdings, dass man viel Zeit investieren muss. Täglich, mindestens aber alle paar Tage, müssen alle Patienten auf die Neuentstehung von Dekubitus beurteilt werden. Eine zuverlässige Methode, die Inzidenz zu messen, gibt es noch nicht. Das medizinische oder pflegerische Dossier ist dafür nicht geeignet, weil unterschiedliche Studien gezeigt haben, dass diese Berichte im Hinblick auf Dekubitus nicht zuverlässig sind [16]. Prävalenzzahlen sind geeignet, die Größe des Problems und die Qualität der gesamten Versorgung im Hinblick auf den Dekubitus festzustellen, und eignen sich besonders, um die Wirkung von Qualitätssicherungsprogrammen zu evaluieren. Der große Vorteil von Prävalenzstudien ist die geringe Zeitinvestition, weil man den Patienten nur einmal beurteilen muss.
3+()BMGFOT 5%BTTFOVOE"5BOOFO
Um das Vorkommen des Dekubitus adäquat zu messen, muss man drei wichtige Punkte in seine Überlegungen mit einbeziehen: die Definition, die Messmethode und die Population. Im Folgenden werden wir diese Punkte besprechen. %F¾OJUJPO Unterschiede in der Dekubitusprävalenz können durch unterschiedliche Dekubitusdefinitionen entstehen. In der Vergangenheit wurden unterschiedliche Beschreibungen/Klassifikationen des Dekubitus verwendet, wodurch die Resultate nicht vergleichbar waren. In manchen Studien wurde eine Verfärbung der Haut als Dekubitus klassifiziert [15, 32, 11], in anderen Studien wurde eine Verfärbung als Dekubitus klassifiziert, wenn diese nicht wegdrückbar war [2, 26], und in wieder anderen Studien sprach man erst von Dekubitus, wenn die Haut verletzt war [3]. Gegenwärtig wird in Europa die Klassifikation der EPUAP (1998) verwendet: Grad 1: Hautrötung, die auf leichten Druck hin nicht verschwindet, keine Hautläsion. Weitere Indikatoren können Ödembildung, Verhärtung oder lokale Überwärmung sein. Grad 2: Oberflächliche Hautläsion unterschiedlicher Größe der Oberhaut und/oder Lederhaut. Das Geschwür ist oberflächlich und kann sich als Abschürfung und/ oder Blase darstellen. Grad 3: Hautdefekte von Oberhaut und Lederhaut einschließlich Schädigung oder Nekrose des subkutanen Gewebes. Die Schädigung ist von der Unterhautfaszie begrenzt. Grad 4: Haut- und Gewebsdefekt und/oder Nekrose mit Tiefenwirkung, wobei Muskeln, Knochen, Sehnen und Kapseln angegriffen sein können. (Quelle: European Pressure Ulcer Advisory Panel http://www. epuap.org/gltreatment.html)
Weil Grad 1 schwierig von der wegdrückbaren Rötung zu unterscheiden ist, wird in manchen Studien erst von Grad 1 gesprochen, wenn diese nach einigen Stunden noch immer vorhanden ist. Auch weil die Relevanz von Grad 1 nicht klar ist [18], werden häufig nur die Prävalenzzahlen ab Grad 2 und höher zu Vergleichen herangezogen. .FTTNFUIPEF Neben unterschiedlichen Definitionen werden außerdem unterschiedliche Methoden benutzt, um die Prävalenzzahl zu ermitteln. Das ist ein wichtiger Grund für die Diversität der Prävalenzzahlen. In einigen Studien werden Fragebögen an Pflegekräfte von Ein-
1SjWBMFO[WPO%FLVCJUVT
richtungen geschickt [1, 20, 26]. In anderen Studien findet retrospektiv eine Untersuchung der Krankenblätter statt [25, 34]. In wieder anderen Studien werden nur die Patienten mit erhöhtem Risiko betrachtet [23, 25]. Halfens und Bours [17, 4] haben eine Methode entwickelt, die Prävalenz zuverlässig zu messen. Essentiell an dieser Methode ist, dass alle Patienten auf das Vorhandensein eines Dekubitus inspiziert werden und nicht nur die Patienten, bei denen man einen Dekubitus vermutet oder die ein erhöhtes Risiko für Dekubitus haben. Falls nur die Patienten mit Dekubitusrisiko inspiziert werden, wird mehr als ein Drittel der Dekubituswunden übersehen [5]. Ein anderer essentieller Bestandteil der Methode ist, dass jeder Patient von zwei Pflegekräften beurteilt wird: eine Pflegekraft aus der Abteilung des Patienten und eine Pflegekraft, die nicht in dieser Abteilung arbeitet. Damit wird die Zuverlässigkeit der Messung erheblich erhöht. In einer Pilotstudie in Deutschland wurde dieses Verfahren ebenfalls getestet und bestätigt [8]. 1PQVMBUJPO Eine dritte Quelle von Unterschieden zwischen Studienergebnissen ist die Population, in der nach dem Vorhandensein von Dekubitus Ausschau gehalten wird. So gibt es Untersuchungen, in denen nur Patienten mit erhöhtem Risiko betrachtet werden [25, 28], was zu höheren Prävalenzraten führt als wenn alle Patienten einbezogen werden. Auch gibt es deutliche Unterschiede der Dekubitusprävalenz zwischen Populationen verschiedener Einrichtungsarten. So werden in einigen Studien in Pflegeheimen höhere Prävalenzen gefunden als in Krankenhäusern [34, 22 26]. Andere Studien zeigen jedoch das Gegenteil, höhere Dekubitusprävalenzzahlen bei Krankenhauspatienten verglichen mit Pflegeheimbewohnern [9]. Auch zwischen ähnlichen Einrichtungen können durch nicht vergleichbare Populationen ansehnliche Unterschiede auftreten, z. B. weil in der einen Einrichtung mehr Risikopatienten anwesend sind als in der anderen. Auch innerhalb von Einrichtungen werden große Unterschiede gefunden, z. B. hinsichtlich der medizinischen Diagnose [32, 14, 6]. Einerseits wird das dadurch verursacht, dass Patienten mit bestimmten Diagnosen eher Gefahr laufen, einen Dekubitus zu bekommen, andererseits weil gerade in Abteilungen mit vielen Risikopatienten eine Prävention des Dekubitus als wichtig angesehen wird.
Eine genaue Definierung der Population ist darum wichtig, um die Dekubituszahlen vergleichen zu können. Es wird darum empfohlen, auch die Prävalenzzahlen für die Risikopatienten wiederzugeben, um einen Vergleich zwischen den Einrichtungen zu vereinfachen [9].
1SjWBMFO[VOE.FSLNBMFEFT%FLVCJUVT
Es sind wenig Prävalenzdaten bekannt, die ausreichend zuverlässig und/oder bei mehreren Einrichtungen gemessen wurden. Hier wollen wir uns darum auf die Daten von zwei großen Studien beschränken. Die jährliche landesweite Prävalenzmessung in den Niederlanden und die gleiche Messung in Deutschland. Die jährlichen Erhebungen haben in den Niederlanden 1998 begonnen [17, Bours 1998?!] und seit 2001 werden diese Erhebungen auch in Deutschland jährlich durchgeführt [8]. In diesen Studien wird die gleiche Methode benutzt, wie sie von Halfens und Bours entwickelt wurde und bei der alle Patienten durch jeweils zwei Pflegekräfte inspiziert werden. Auch wird dieselbe Klassifikation des Dekubitus von der EPUAP verwendet. Die Daten sind auf diese Weise gut vergleichbar und geben ein zuverlässiges Abbild von der Häufigkeit des Dekubitus. Im Folgenden werden die Ergebnisse der letzten Erhebungen aus 2005 dargestellt [19,9]. In den Niederlanden haben insgesamt 257 Einrichtungen teilgenommen, davon 66 Krankenhäuser (41122 Patienten), 92 Pflegeheime (12049 Bewohner) und 27 Einrichtungen für häusliche Pflege (6052 Klienten). In Deutschland wurde die Messung in 37 Krankenhäusern (7256 Patienten) und 39 Pflegeheimen (3530 Bewohner) vorgenommen, Einrichtungen für häusliche Pflege beteiligten sich in Deutschland nicht. 1SjWBMFO[[BIMFOOBDI&JOSJDIUVOH In Tabelle 1 werden die Prävalenzzahlen verschiedener Einrichtungsarten für beide Länder wiedergegeben. In den ersten beiden Spalten dieser Tabelle werden Prävalenzen wiedergegeben, wobei als Nenner alle Patienten verwendet wurden. Hieraus geht hervor, dass die Prävalenz zwischen 6,6 % und 25,5 % variiert. Außerdem gibt es einen beträchtlichen Unterschied zwischen Deutschland und den Niederlanden. Der Dekubitus kommt in Deutschland seltener vor, besonders in Pflegeheimen. Im Gegensatz zu den Niederlanden kommt in Deutschland in Kliniken häufiger Dekubitus vor als in Pflegeheimen. Eine mögliche Erklärung
3+()BMGFOT 5%BTTFOVOE"5BOOFO
5BCFMMF %FLVCJUVTQSjWBMFO[ JO JO%FVUTDIMBOEVOEEFO/JFEFSMBOEFOJN+BIS
-BOE %FVUTDIMBOE
/JFEFSMBOEF
"MMF1BUJFOUFO JOLM OLM(SBE (SBE
"MMF1BUJFOUFO FYLM(SBE
1BUJFOUFONJU 3JTJLP JOLM(SBE
1BUJFOUFONJU 3JTJLP FYLM(SBE
,MJOJLFO
1¿FHFIFJNF
,MJOJLFO
1¿FHFIFJNF
)jVTMJDIF1¿FHF
für die Unterschiede kann sein, dass Grad 1 weniger genau gemessen wurde. Daher werden in der zweiten Spalte die Prävalenzen ohne Grad 1 wiedergegeben. Aus diesen Prävalenzen geht hervor, dass der Unterschied zwischen Deutschland und den Niederlanden zwar kleiner geworden ist, besonders bei den Kliniken, aber dass er noch immer existiert. In den letzten beiden Spalten werden die Prävalenzen wiedergegeben, bei denen nur die Risikopatienten als Nenner genommen wurden. Dadurch sind die Populationen untereinander besser vergleichbar, wie oben angegeben. Selbstverständlich nehmen die Prävalenzen innerhalb dieser Population zu, weil innerhalb der Risikogruppe häufiger Dekubitus vorkommt als in der Gruppe ohne Risiko. Aus dieser Spalte geht hervor, dass die Prävalenzen zwischen den deutschen und den niederländischen Kliniken und Pflegeheimen vergleichbar sind. Auch in einer früheren Analyse mit den Daten aus den vorhergehenden Jahren zeigte sich, dass der Unterschied zwischen den Kliniken in Deutschland und den Niederlanden bedeutend kleiner wurde [30]. Die deutschen Pflegeheime haben allerdings noch immer bedeutend weniger Dekubitus als die niederländischen. Der wichtigste Grund dafür kann sein, dass in den betreffenden Pflegeheimen bessere Präventivmaßnahmen getroffen werden, wodurch weniger Bewohner einen Dekubitus entwickeln. In Tabelle 1 werden auch die Daten der häuslichen Pflege wiedergegeben. Über die häusliche Pflege sind allerdings nur Daten aus den Niederlanden bekannt.
Aus diesen Daten geht hervor, dass 12,6 % der Klienten aus der häuslichen Pflege einen Dekubitus haben. Ohne Grad 1 sind das 5,9 % für die ganze Population und 21,0 und 9,5 % für die Risikopatienten. .FSLNBMFWPO%FLVCJUVTXVOEFO Patienten mit Dekubitus haben häufig mehrere Wunden. So haben 35 % der Dekubituspatienten in den Niederlanden zwei oder mehr Wunden, während in Deutschland beinahe 40 % der Patienten mit Dekubitus zwei oder mehr Wunden haben. In diesem Absatz werden die Merkmale der Wunden beschrieben.
(a) Dekubitusschweregrade In Tabelle 2 werden Dekubitusschweregrade für die unterschiedlichen Typen von Einrichtungen für Deutschland und die Niederlande beschrieben. Aus der Tabelle geht hervor, dass im Allgemeinen ein vergleichbares Muster zwischen den Einrichtungen und den beiden Ländern vorhanden ist. Grad 1 und 2 sind die häufigsten Wunden und Grad 3 und 4 die wenigsten. In Deutschland kommt Grad 1 zwar etwas seltener vor als in den Niederlanden, Grad 4 jedoch deutlich häufiger. (b) Dekubitusdauer In Tabelle 3 wird die Dauer der Dekubituswunden für Deutschland und die Niederlande wiedergegeben. Es geht hier um die Dauer der Wunde zu der Zeit, in der diese gemessen wurde. Das bedeutet, dass die endgül-
5BCFMMF %FLVCJUVTTDIXFSFHSBEFJO%FVUTDIMBOEVOEEFO/JFEFSMBOEFOJN+BIS
-BOE %FVUTDIMBOE
/JFEFSMBOEF
(SBE
(SBE
(SBE
(SBE
,MJOJLFO
1¿FHFIFJNF
,MJOJLFO
1¿FHFIFJNF
)jVTMJDIF1¿FHF
1SjWBMFO[WPO%FLVCJUVT 5BCFMMF %FLVCJUVTEBVFSJO1SP[FOU
8FOJHFSBMT 8PDIFO
8PDIFO CJT.POBUF
-jOHFSBMT .POBUF CJT.POBUF
.POBUF CJT+BIS
fCFS+BIS
,MJOJLFO
°
°
1¿FHFIFJNF
°
°
,MJOJLFO
1¿FHFIFJNF
)jVTMJDIF1¿FHF
-BOE
%FVUTDIMBOE
/JFEFSMBOEF
tige Dauer noch länger ist. In Deutschland wurde nur bis »länger als 3 Monate« gefragt. Aus der Tabelle geht hervor, dass die meisten Wunden weniger als 3 Monate vorhanden sind. Nur ein kleiner Prozentsatz besteht länger. Bemerkenswert ist, dass sowohl in den Pflegeheimen als auch in der häuslichen Pflege eine relativ große Anzahl von Wunden länger als ein Jahr besteht. Jedoch sehen wir das nicht in Krankenhäusern. Hier sind die Wunden im Allgemeinen von kürzerer Dauer. Das liegt wahrscheinlich nicht daran, dass sie dort schneller heilen, sondern an der Tatsache, dass die Patienten nicht so lange verweilen. Zwischen Deutschland und den Niederlanden gibt es kaum Unterschiede hinsichtlich der Dauer. (c) Dekubituslokalisation In Tabelle 4 wird der Ort der Wunde wiedergegeben. Aus dieser Tabelle geht hervor, dass Dekubituswun-
den am häufigsten am Gesäß oder an der Ferse vorkommen. Zwischen beiden Ländern ist jedoch ein Unterschied zwischen einerseits dem Kreuzbein und andererseits dem Gesäß zu sehen. (d) Entstehungsort In Tabelle 5 wird wiedergegeben, wo die Wunden entstanden sind. Aus der Tabelle geht hervor, dass die meisten Dekubituswunden in der eigenen Einrichtung entstanden sind. Zwischen den Einrichtungen und den beiden Ländern gibt es keine wirklich großen Unterschiede. Allerdings ist in der häuslichen Pflege ein hoher Anteil der Wunden in einer anderen Einrichtung entstanden, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass Patienten, die mit einer Wunde aus dem Krankenhaus entlassen werden, oft Nachsorge in der häuslichen Pflege bekommen.
5BCFMMF -PLBMJTBUJPOEFS%FLVCJUVTVM[FSBJO1SP[FOU
-BOE %FVUTDIMBOE ,SBOLFOIBVT 1¿FHFIFJN /JFEFSMBOEF ,SBOLFOIBVT
(FTj
'FSTF
,SFV[CFJO
&MMFO CPHFO
,OzDIFM
)GUF
4DIVMUFS CMBUU
fCSJHF
1¿FHFIFJN
)jVTMJDIF1¿FHF
5BCFMMF &OUTUFIVOHTPSUFJOFT%FLVCJUVTJO1SP[FOU
-BOE %FVUTDIMBOE
/JFEFSMBOEF
%JFTFS#FSFJDI EJFTF4UBUJPO
"OEFSFS#FSFJDI EJFTF4UBUJPO
"OEFSF&JOSJDIUVOH
6OCFLBOOU
,SBOLFOIBVT
1¿FHFIFJN
,SBOLFOIBVT
1¿FHFIFJN
)jVTMJDIF1¿FHF
)JOXFJTFGSEJF1SBYJT
1. Dekubitus kommt häufiger vor als man denkt. Eine regelmäßige Kontrolle des Patienten auf Dekubitus ist notwendig. 2. Die jährliche Messung der Prävalenz des Dekubitus gibt Einblick in die Häufigkeit des Dekubitus und ermöglicht eine Evaluation der durchgeführten Maßnahmen. 3. Die Teilnahme an einer landesweiten Prävalenzmessung hat Vorrang, weil dabei die eigenen Resultate mit ähnlichen Einrichtungen verglichen werden können. 4. Zum Messen der Prävalenz des Dekubitus müssen zuverlässige Instrumente und Methoden genutzt werden.
1SGVOHTGSBHFO
1. Was ist Prävalenz und von welchen Größen wird sie beeinflusst? 2. Was ist der Unterschied zwischen Inzidenz und Prävalenz? 3. Warum wird empfohlen, beim Berechnen der Prävalenz die Risikopatienten als Nenner zu nehmen? 4. In welcher Körperregion entstehen die meisten Dekubituswunden? -JUFSBUVS <> Barrois B, Allaert F A, Colin D (1995) A survey of pressure sore prevalence in hospitals in the greater Paris region. J Wound Care 4(5): 234–36 <> Barczak C A, Barnett R I, Jarczynski-Childs E, Bosley L M (1997) Fourth national pressure ulcer prevalence survey. Adv Wound Care 10(4): 18–26 <> Berlowitz D R, Brandeis G H, Brand H K, Halpern J, Ash A S, Moskowitz M A (1996) Evaluating pressure ulcer occurrence in a long-term care: pitfalls in interpreting administrative data. J Clin Epidemiol 49(3): 289–92 <> Bours G J J W, Halfens R J G, Joosten K (1999) Landelijke Prevalentie onderzoek Decubitus, uitgebreide resultaten tweede jaarlijkse meting 1999. Universiteit Maastricht/Stuurgroep decubitus, Maastricht <> Bours G J J W, Halfens R J G, Lubbers M, Haalboom J R E (1999) The development of a national registration form to measure the prevalence of pressure ulcers in the Netherlands. Ostomy Wound Manage 45(11): 28–40 <> Bours G J J W, De Laat E H, Halfens R J G, Lubbers M (2001) Prevalence, risk factors and prevention of pressure ulcers in Dutch intensive care units: results of a cross-sectional survey. Intensive Care Med 27(10): 1599–1605
3+()BMGFOT 5%BTTFOVOE"5BOOFO <> Bours G, Defloor T, Wansink S, Clark M (2002) Summary report on pressure ulcer prevalence: data collected in Belgium, Italy, Portugal, Sweden and the United Kingdom over the 14th and 15th of November 2001, EPUAP <> Dassen T, Eisermann H J, Halfens R, Heinze C, Knoppik J, Lahmann N, Lohrmann C (2001) Dekubitus: Sturzereignisse, Pflegeabhängigkeit: Prävalenzerhebung 2001, Zentrum für Human- und Gesundheitswissenschaften der Berliner Hochschulmedizin, Institut für Medizin-/Pflegepädagogik und Pflegewissenschaft <> Dassen T, Petermann B, Heinze C, Lahmann N, Lohrmann C, Mertens E, Tannen A (2005) Pflegeabhängigkeit, Sturzereignisse, Inkontinenz, Dekubitus: Prävalenz Erhebung 2005, Charité <> Dassen T, Tannen A, Lahmann N (2006) Pressure ulcers, the scale of the problem. In: Science and practice of pressure ulcer management (Romanelli M, Clark M, Cherry G, Collin D, Defloor T, Hrsg). Springer, Heidelberg <> Eckman, K L (1989) The prevalence of dermal ulcers among persons in the U.S. who have died. Decubitus 2(2): 36–40 <> EPUAP (1998) Pressure ulcer treatment guidelines, EPUAP <> Freeman J, Hutchison G B (1980) Prevalence, incidence and duration. Am J Epidemiol 112(5): 707–23 <> Gawron C L (1994) Risk factors for and prevalence of pressure ulcers among hospitalized patients. J Wound Ostomy Continence Nurs 21(6): 232–40 <> Gruen R L, Chang S, MacLellan D G (1997) The point prevalence of wounds in a teaching hospital. Aust J Surg 67(10): 686–88 <> Gunningberg L, Ehrenberg A (2004) Accuracy and quality in the nursing documentation of pressure ulcers: a comparison of record content and patient examination. J Wound Ostomy Continence Nurs 31(6): 328–35 <> Halfens R J G, Bours G J J W, Lubbers M, Piersma J, Buss I C (1997) The development of a national registration system for pressure sores in the Netherlands. New approaches to the management of chronic wounds, Ramada Hotel, Milan, Italy. Macmillan Magazines Ltd. <> Halfens R J G, Bours G J J W, v. Ast W (2001) Relevance of the diagnosis stage 1 pressure ulcer: an empirical study of the clinical course of stage 1 ulcers in acute care and long-term care hospital populations. J Clin Nurs 10(6): 748–57 <> Halfens R J G, Janssen M A P, Meijers J M M, Mistiaen P (2005) Rapportage resultaten: Landelijke Prevalentiemeting Zorgproblemen 2005. UM, Sectie Verplegingswetenschap, Maastricht, 109 <> Inman C, Firth J R (1998) Pressure sore prevalence in the community. Prof Nurs 13(7): 515–20 <> Lyder C H, Preston J, Grady J N, Scinto J, Allman R, Bergstrom N, Rodeheaver G (2001) Quality of care for hospitalized Medicare patients at risk for pressure ulcers. Arch Int Med 161(12): 1549–54 <> Meehan M (1990) Multisite pressure ulcer prevalence survey. Decubitus 3(4): 14–7 <> Meehan M (1994) National pressure ulcer prevalence survey. Adv Wound Care 7(3): 27–30 <> NPUAP (2001) Pressure ulcers in America: prevalence, incidence, and implications for the future: an executive summary of the National Pressure Ulcer Advisory Panel Monograph. Adv Skin Wound Care 14(4): 208–15 <> O’Dea K (1993) Prevalence of pressure damage in hospital patients in the UK. J Wound Care 2(4): 221–25
1SjWBMFO[WPO%FLVCJUVT <> Schue R M, Langemo D K (1998) Pressure ulcer prevalence and incidence and a modification of the Braden scale for a rehabilitation unit. J Wound Ostomy Continence Nurs 25(1): 36–43 <> Severens J L, Habraken J M, Duivenvoorden S, Frederiks CM A (2002) The cost of illness of pressure ulcers in the Netherlands. Adv Skin Wound Care 15(2): 72–77 <> Shiels C, Roe B (1998) Pressure sore care: a survey of residential and nursing homes for elderly people. Elderly Care 10(2): 30–34 <> Tannen A (2003) Prävalenzerhebung: Dekubitusmanagement spart enorme Kosten. CARE konkret (Februar): 8 <> Tannen A, Dassen T, Bours G, Halfens R (2004) A comparison of pressure ulcer prevalence: concerted data collection in the Netherlands and Germany. Int J Nurs Stud 41(6): 607–12
<> Thomson J S A, Brooks R G (1999) The economics of preventing and treating pressure ulcers: a pilot study. J Wound Care 8(6): 312–16 <> Vandenbroele H, T’Siobbel G, Geys L, v Loon H (1994) Decubitus in de thuisverpleging: het risico en de screening. Nationale Federatie van de Wit-Gele-Kruisvereniging, Brussel <> Young J, Nikoletti S, McCaul K, Twigg D, Morey P (2002) Risk factors associated with pressure ulcer development at a major western Australian teaching hospital from 1998 to 2000: secondary data analysis. J Wound Ostomy Continence Nurs 29(5): 234–41 <> Zulkowski K (1999) A conceptual model of pressure ulcer prevalence: MDS + items and nutrition. Ostomy Wound Manage 45(2): 36–44
,BQJUFMC
&JOFOFVF&VSPQjJTDIF3JDIUMJOJFCFS&SOjISVOHVOE%FLVCJUBMVM[FSB +.("4DIPMT +...FJKFSTVOE.$MBSL
&JOMFJUVOH
Der Dekubitus (Pressure Ulcer = PU) stellt ein weltweites Gesundheitsproblem dar. Zusätzlich zu den Schmerzen, welche ein Dekubitus den Patienten bereitet, hat er einen hohen Arbeitsaufwand für das medizinische Personal und verursacht deshalb hohe Kosten [1, 2]. Dadurch, dass hauptsächlich alte und chronisch kranke Patienten einen Dekubitus bekommen und unsere Lebenserwartung zunimmt, wird dieses Leiden in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Aus diesem Grund wird es immer wichtiger, eine richtige Strategie zur Behandlung des Dekubitus zu finden. Ob ein Patient nun einen Dekubitus entwickelt, hängt von einer Vielzahl von äußerlichen und inneren Faktoren ab. Äußerliche Faktoren, denen der Patient hauptsächlich ausgesetzt ist, sind Druck, Reibung und Scherkräfte. Innere Faktoren schließen Alter, Geschlecht, Morbidität, Beweglichkeit/Tätigkeit, Behinderungen, Miktions- bzw. Defäkationsinkontinenz und den Ernährungsstatus mit ein. Der Ernährungsstatus ist einer der wenigen inneren Faktoren, welcher beeinflusst werden kann. Sowohl wenig Appetit als auch ein schlechter allgemeiner Ernährungszustand stehen in Zusammenhang mit der Entwicklung eines Dekubitus und mit Wundheilungsstörungen [3, 4]. Die genaue Beziehung zwischen verschiedenen Nahrungsmitteln und der Entwicklung eines Dekubitus ist noch ungeklärt. Es gab nur wenige systematische Nachprüfungen und Metaanalysen von den klinischen Vorteilen der Nahrungsergänzung bei Patienten mit einem Dekubitus bzw. mit dem Risiko einen zu entwickeln. 2003 wurde ein Cochrane Review über Nahrungsergänzungen, die einem Dekubitus vorbeugen sollen, veröf-
fentlicht, welches gezeigt hat, dass die Prophylaxe und Therapie von Dekubitalulzera wohl mit der Ernährung zusammenhängt. Es wurde allerdings auf Folgestudien verwiesen, um die Effektivität einzelner Zusatznahrungen zu quantifizieren [5]. Kürzlich (2005) haben Stratton et al eine systematische Nachprüfung und Metaanalyse durchgeführt, um die Auswirkung von enteraler Nahrungsergänzung auf das Vorkommen und die Heilung von Dekubitalgeschwüren zu untersuchen [6]. Sie haben in ihrem Review besonders darauf hingewiesen, dass hohe Dosen an Protein das Risiko einer Dekubitusentwicklung signifikant reduzieren können (um 25 %), und außerdem dass mehrere Studien zeigen, dass orale Nahrungsergänzungen und enterale Zwangsernährung die Heilung des Dekubitus verbessern kann, aber weitere Forschung erforderlich ist, um dies zu bestätigen. Viele chronisch kranke und ältere Patienten, welche die Risikogruppe für einen Dekubitus darstellen, leiden an unerwünschtem Gewichtsverlust und Unterernährung. In internationaler Literatur wird dieser unterernährte Status oft als ein Status von PCM (proteincalorie malnutrition) beschrieben. Es sollte auch angemerkt werden, dass Leute, deren tägliche Energieaufnahme weniger als 6,3 MJ (1500 kcal) beträgt, eine unzureichende Versorgung mit Vitaminen und Mineralien haben. Ein Augenmerk auf die Optimierung des Ernährungsstatus eines Patienten ist daher nicht nur aus medizinischer Sicht relevant, sondern auch wichtig um einen möglichst hohen Standard in der Patientenversorgung zu erreichen. Viele Gesundheitsfürsorgefachleute betrachten Unterernährung, als eine der Hauptursachen des Dekubitus [7]. Ihre Meinung gründet sich auf zwei Tatsachen. Einerseits gehen sie konform mit dem Sprichwort,
+.("4DIPMT +...FJKFSTVOE.$MBSL
dass ein Dekubitus ein äußerliches Zeichen &8.*281.8*/9'.897 1.8)*1 361&0*7 .7./3*.2*2*/9'.897<9*28;.(/*02 der inneren Gebrechlichkeit ist, andererseits 62=-692,7 sehen sie täglich, dass Patienten mit Deku+3003;94 2#*6'.2)92,1.8&00*2&2)*6*2 .2,6.++*2,*1=?)*2.(-80.2.*2 bitalulzera, und jene mit einem erhöhten Risiko einen Dekubitus zu entwickeln, oft sehr
schlecht ernährt sind. Trotz dieser Anschau0.2.7(-**968*.092, ung bekommen die meisten Patienten nicht *;.(-8/,6>?*1 /, 12 nur wenig Beachtung bezüglich ihrer Ernäh (6**2.2,8330<" !36 rung; und wenn sie sie dann bekommen, ist es *.2 /, 12
meist schon zu spät, mit Nahrungsergänzung .7./3 *;.(-87:*60978 .232&8*2 *.2*6 3)*6.232&8 zu beginnen [1, 7]. "28*6 Unter3-*7.7./3'*. (6**2.2,8330 *62=-6 ernähIm letzten Jahrzehnt ist mehr und mehr 92, rung Wert auf den Gebrauch der Richtlinien in der
Gesundheitsfürsorge gelegt worden. In vielen 96(-*.2*259&0.+.<.*68*2 Ländern spielen nationale Gesundheitsfürsor.=8&77.78*28*2 gequalitätsanstalten und vertretende Organisationen von Gesundheitsfürsorgefachleuten
'+30,* *1=?$927(-)*7&8.*28*292) eine wichtige Rolle im Entwickeln und Aus*6;&68*8*16,*'2.7 führen von Richtlinien für verschiedene Aspekte der Fürsorge. )=59&8*36&0*&-692,7<9+9-61.8 2361&0*662=-692, Dadurch wird erwartet, dass die eingegliederte Qualität der Fürsorge erhöht wird. Des (-6.88 *.2 & halb haben viele Länder PU Richtlinien, die Anweisungen sowohl für die Prophylaxe als auch die Therapie von Druckgeschwüren ge&22&)=59&8*&-692,7<9+9-6 )96(-74*<.*00*6,=2<92, ben. 2361&0*662=-692,*66*.(-8;*6)*2 In der Praxis ändern sich PU Richtlinien be (-6.88 *.2 & trächtlich in ihrem Ausmaß. Die Detailgenauigkeit, die Verständlichkeit und das Layout differieren stark zwischen und auch innerhalb 78&)=59&8*&-692,7<9+9-6)96(8*.0;*28*6&0*62=-692,1>,0.(- der verschiedenen Länder. Im letzten Jahrzehnt wurde mehr und mehr Wert darauf ge (-6.88 *.2 & legt, die Evidenz der Empfehlungen in Richtlinien zu verbessern. .8.=8&77.78*28*292)&8.*28*22*9*%.*0*:*6*.2'&6*2 Bis jetzt haben viele Dekubitusrichtlinien den Ernährungseinmischungen nur kleine "CCJMEVOH Aufmerksamkeit beigemessen, um den Dekubitus zu verhindern und zu behandeln. Eine Nachprüfung von ausreichend mit gewöhnlicher enteraler Nahrung zu dreizehn PU Richtlinien von dreizehn verschiedenen versorgen [8]. Ländern im Jahr 2004 hat gezeigt, dass der Ernährung Um die Zusatzernährung von Patienten mit Dein der Behandlung von PU Patienten unterschiedlich kubitus zu verbessern, hat die European Pressure Ulviel Aufmerksamkeit beigemessen wird [8]. cer Advisory Panel (EPUAP) beim Kongress der World In Bezug auf Nahrung waren die meisten Richtlinien Union of Wound Healing Societies (WUWHS) im Jahr nicht besonders spezifisch. Es überraschte auch, wie 2004 neue EPUAP-Nutritional guidelines for pressure selten Beratung von einem Diätassistenten genutzt ulcer prevention and treatment veröffentlicht. Momenwurde. tan sind diese Richtlinien schon in 9 Sprachen verfügFerner wurde in den meisten Richtlinien die Mög- bar [9]. lichkeit, Nahrungsergänzungen in Form von parenAbbildung 1 zeigt den Entscheidungsbaum, der laut teraler Ernährung zu geben, wenig beachtet. Dies den EPUAP-Richtlinien bei der Verabreichung von Erüberrascht, da viele Patienten, welche sich in der De- gänzungsnahrung an Patienten mit Dekubitus zu bekubitus Risikogruppe befinden, es nicht schaffen, sich achten ist.
&JOFOFVF&VSPQjJTDIF3JDIUMJOJFCFS&SOjISVOHVOE%FLVCJUBMVM[FSB
Die wichtigsten Elemente der Ernährungsrichtlinien sind: ■ Screening und Einschätzung des Ernährungsstatus; ■ Zusatzernährung; ■ Evaluation der Ernährung und follow-up. Diese Elemente sind ausführlicher unten beschrieben.
4DSFFOJOHVOE&JOTDIjU[VOHEFT&SOjISVOHT TUBUVT
Alle Patienten mit einem Risiko für Dekubitalulzera oder mit einem Dekubitus sollen in ein Ernährungsscreening miteinbezogen werden. Sollte dieses Screening eine Mangelernährung anzeigen, so kann in Folge eine umfassende Ernährungseinschätzung von einem Diätassistenten oder eines Ernährungsteams durchgeführt werden. Screening und Einschätzung vom Ernährungsstatus eines Individuums kann auf verschiedene Arten durchgeführt werden, die von komplexen Methoden wie einem Subjective Global Assessment [10] bis zu verhältnismäßig einfachen Kalkulationen wie der Berechnung des Bodymassindex (BMI) aus Größe und Gewicht reichen [10]. Die Aufzeichnung des Körpergewichts eines Patienten sollte regelmäßig erfolgen und gemäß einem spezifischen Protokoll durchgeführt werden. Unerwünschter Gewichtsverlust (> 10 % von normalem Körpergewicht in den vergangenen sechs Monaten, oder > 5 % im vergangenen Monat) kann ein Anzeichen für Unterernährung sein. Mögliche Gründe für diesen unbeabsichtigten Gewichtsverlust sollten mit dem einzelnen Patienten abgeklärt und zusätzliche (krankheitsspezifische) Diagnostik durchgeführt werden. Die Einschätzung der Nahrungsaufnahme kann auch über die letzten ein, drei oder sieben Tage gemessen werden; diese Information sollte alle 24 Stunden entweder vom Patienten selbst, einer Pflegeperson oder (wenn vorhanden) von einem Diätassistenten gesammelt werden. Es ist wichtig sich zu überlegen, warum sich die Nahrungsaufnahme eines Patienten auf einem gewissen Level befindet. Im Allgemeinen ist es unwahrscheinlich, dass biochemische Messungen mehr Informationen bringen können, als einfache Marker, wie zum Beispiel unerwünschter Gewichtsverlust, obwohl einige Studien eine Korrelation zwischen Albumin und dem Entwickeln eines Dekubitus zeigen [11, 12]. Der Einsatz von Screeningtools wird immer häu-
figer bei der Behandlung von Patienten mit Dekubitus bzw. mit einem Risiko einen zu entwickeln. Diese Tools sind nur sinnvoll, wenn sie zuverlässig arbeiten, und wie andere Tools, welche helfen Risiken einzuschätzen, können sie das klinische Urteil nicht ersetzen. Der Ernährungszustand muss regelmäßig neu erhoben und genau datiert werden. Die Frequenz der Untersuchung sollte individuell auf den Patienten abgestimmt sein und besonderen Ereignissen, wie einer chirurgischen Intervention, der Entwicklung von Infektionen oder anderen Ereignissen, welche mit Stress verbunden und daher katabol sind, nachgeschaltet werden.
/BISVOHTFSHjO[VOH
Wo eine Einschätzung oder Screening vom Ernährungsstatus eine Unterernährung anzeigt oder ein hohes Risiko für Unterernährung vorhanden ist, sollte eine Intervention in die Ernährung gemacht werden. Das Hauptziel der Ernährungsintervention ist gewöhnlich, Eiweißenergieunterernährung im Idealfall, durch orale Zufuhr zu korrigieren. Wenn die normale Speiseaufnahme und Flüssigkeitszufuhr limitiert ist, muss auch die Umgebung des Patienten beurteilt werden, so die Möglichkeit essen zu können und die gesamte soziale Situation. Änderungen von diesen Randbedingungen können zu normaler Ernährung ermutigen oder diese erleichtern. Insgesamt soll das Ziel sein, die Qualität und die Energiehaltigkeit der Nahrung zu verbessern, anstatt die Quantität zu erhöhen. Bezüglich der Flüssigkeitsaufnahme ist die Qualität ebenso wichtig wie die Quantität. &SOjISVOHTFJONJTDIVOHJOEFS%FLVCJUVT QSPQIZMBYF Wo gesteigerte Nahrungszufuhr nicht möglich ist, muss an proteinangereicherte Nahrungsergänzung gedacht werden [13] – [17]. Die Bedeutung von Vitamin- und Spurenelementsubstitution, um einen Dekubitus zu verhindern, ist unklar [18, 21]. Wo normale Zufuhr und orale Ergänzung versagen offensichtliche Unterernährung zu bekämpfen, muss auf andere Methoden (z. B. Zwangsernährung) umgestellt werden; es sollten allerdings die Risiken dieser Methoden bedacht werden. Während die Menge von Nahrungsergänzung individuell verschieden sein kann, kann als allgemeiner Grundsatz gesagt werden, dass ein Individuum
mindestens 30–35 kcal pro Kg Körpergewicht pro Tag braucht und 1 bis 1,5 g/Kg/Tag Protein und 1 ml pro kcal Flüssigkeit pro Tag [19]. &SOjISVOHTFJONJTDIVOHJOEFS#FIBOEMVOHEFT %FLVCJUVT Wenn Patienten einen Dekubitus haben, sollte mit ähnlichen Strategien der Ernährungseinmischung vorgegangen werden (normale Zufuhr, dann orale Ergänzungen und schließlich Zwangsernährung), obwohl der Bedarf größer sein kann. Es gibt eine Anzahl von Beobachtungen bezüglich der Rolle von Ernährungsmangel und Dekubitusheilung in kontrollierten Versuchen – Eiweiß und Kalorien Ergänzung, zusammen mit dem Einsatz von Arginin, Vitaminen und Spurenelementen mit Wirkungen gegen Oxidation, die einen positiven Effekt auf die Heilung haben [13] – [17]. Die Evidenz von Ascorbinsäure Substitution ist fragwürdig [18, 21] und der Beweis für Zink Ergänzung ist schwach [20]. Wenn Individuen unter schweren Dekubitalulzera leiden (Grad 3 und 4), ist ein multidisziplinäres Team gefordert, den fundamentalen Energieverbrauch auszugleichen und den vermehrten Flüssigkeitsverlust (durch die Wunde) zu substituieren.
&SOjISVOHTFWBMVBUJPOVOEGPMMPXVQ
Der Erfolg der Ernährungsergänzung sollte anhand der Ergebnisse innerhalb der laufenden regelmäßigen Ernährungsbeobachtungen überprüft werden und kann an Parametern wie zum Beispiel vermehrter Gewichtszunahme oder verbesserter funktionaler Fähigkeit bzw. erhöhter Gesundheit und der Qualität des Lebens angezeigt werden. Erfolgreiche Nahrungsergänzung kann auch durch ein verringertes Vorkommen neuer Dekubitalulzera und einer schnelleren Heilung eines bestehenden Dekubitus gekennzeichnet sein. Eine regelmäßige Evaluation der Wirkung der Nahrungsergänzungstherapie ist erforderlich, jedoch sollte darauf geachtet werden, dass die Patienten schlecht genährt sind und daher die Effekte der Ergänzungstherapie verzögert zum Vorschein kommen könnten, da womöglich zuerst schon erschöpfte Reserven wieder aufgefüllt werden müssen. Die Einschätzung des Ernährungsstatus und der Nahrungsergänzungen müssen in Kombination mit anderen Interventionen erfolgen wie vor allem einer Reduktion der druckbedingten Ursachen des Deku-
+.("4DIPMT +...FJKFSTVOE.$MBSL
bitus. Selbstverständlich sollten alle Entscheidungen betreffend der Beurteilung des Ernährungsstatus und daraus folgender Nahrungsergänzung unter Berücksichtigung der individuellen Patientenvorlieben und in Anbetracht des Therapieziels erfolgen.
&QJMPH
Zur Zeit sind die EPUAP Nutritional Guidelines for Pressure Ulcer Prevention and Treatment die besten Leitlinien betreffend der Ernährung im Zusammenhang mit der Prävention und Behandlung von Dekubitalulzera. Auf jeden Fall ist noch zukünftige Forschung notwendig, um unsere Kenntnis über den Zusammenhang zwischen Nahrung und dem Dekubitus zu erweitern, und auch die Stichhaltigkeit der Richtlinienempfehlungen zu untermauern. Das wesentliche Ziel der täglichen Dekubitusbehandlung ist zurzeit, dass diese Richtlinien generell eingehalten werden und allen Fachleuten, die mit der Versorgung eines Dekubitus befasst sind, erklärt werden. Dies sollte durch passende Fortbildungen und praktische Einführungen erfolgen. Die Einhaltung der Richtlinien soll nicht auf freiwilliger Basis, sondern verpflichtend sein, um unsere Patienten besser versorgen zu können. Es ist offensichtlich, dass Dekubitus-Patienten diese hohe Qualität der Versorgung verdienen.
1SGVOHTGSBHFO
1. Wie Evidenz basiert ist das Verhältnis von Ernährung und Dekubitus? 2. Ist es war, dass in der täglichen Praxis viele Patienten mit Dekubitus mangelernährt sind? 3. Sollte die Ernährungsintervention für die Vorsorge und Behandlung von Druckgeschwüren einen höheren Stellenwert in den DruckgeschwürRichtlinien haben? 4. Entsprechen die neuen EPUAP-Richtlinien über Ernährung bei der Vorsorge und Behandlung von Druckgeschwüren einem logischen Ernährungskreislauf ?
&JOFOFVF&VSPQjJTDIF3JDIUMJOJFCFS&SOjISVOHVOE%FLVCJUBMVM[FSB -JUFSBUVS <> Bours GJJW, Halfens RJG, Huijer Abu-Saad H, Grol RTPM (2002) Prevalence, prevention and treatment of pressure ulcers: descriptive study in 89 institutions in the Netherlands. Res Nurs Health 25(2): 99–110 <> Schols JMGA, Kleijer CN, Lourens C (2003) Pressure ulcer care: nutritional therapy need not add to costs. J Wound Care 12(2): 57–61 <> Ek AC, Unosson M, Larsson J, Von Schenck H, Bjurulf P (1991) The development and healing of pressure ulcers related to the nutritional state. Clin Nutr 10: 245–250 <> Green CJ (1999) Existence, causes and consequences of disease-related malnutrition in the hospital and the community and clinical and financial benefits of nutritional intervention. Clin Nutr 18 (Suppl 2): 3–28 <> Langer G, Schloemer G, Knerr A, Kuss O, and Behrens J (2003) Nutritional interventions for preventing and treating pressure ulcers (Cochrane Review). In: The Cochrane Library, Issue 4. J Wiley, Chichester <> Stratton RJ, Ek A, Engfer M, Moore Z, Rigby P, Wolfe R, Elia M (2005) Enteral nutritional support in prevention and treatment of pressure ulcers: a systematic review and meta-analysis. Ageing Res Rev 4(3): 422–50 <> Schols JMGA, Kleijer CN (2000) Nutrition in nursing home patients with pressure ulcers; knowing is not yet doing. Tijdschr Verpleeghuisgeneeskd 24(1): 9–12 (in Dutch) <> Schols JMGA, de Jager-v d Ende MA (2004) Nutritional intervention in pressure ulcer guidelines: an inventory. Nutrition 20(6): 548–53 <> www.epuap.org. <> Detsky AS, McLaughlin JR, Baker JP, Johnston N, Whittaker S, Mendelson RA, Jeejeebhoy KN (1987) What is subjective global assessment of nutritional status? J Parenter Enteral Nutr; 11: 8–13 <> Perier C, Granouillet R, Chamson A, Gonthier R, Frey J (2002) Nutritional markers, acute phase reactants and tissue inhibitor of matrix metalloproteinase 1 in elderly patients with pressure sores. Gerontology 48 (5): 298–301
<> Reed RL, Hepburn K, Adelson R, Center B, McKnight P (2003) Low serum albumin levels, confusion, and fecal incontinence: are these risk factors for pressure ulcers in mobility-impaired hospitalized adults? Gerontology 49 (4): 255–59 <> Benati G, Delvechio S, Cilla D, Pedone V (2001) Impact on pressure ulcer healing of an arginine enriched nutritional solution in patients with severe cognitive impairment. Arch Gerontol Geriatr 33 (Suppl 1): 43–47 <> Bourdel-Marchasson I, Barateau M, Rondeau V, DequaeMerchadou L, Salles-Montaudon N, Emeriau JP, Manciet G, and Dartigues JF (2000) A multicenter trial of the effects of oral nutritional supplementation in critically ill older inpatients. GAGE Group. Groupe Aquitain Geriatrique d’Evaluation. Nutrition 16(1): 1–5 <> Breslow RA, Hallfrisch J, Guy DG, Crawley B, Goldberg AP (1993) The importance of dietary protein in healing pressure ulcers. J Am Geriatr Soc 41(4): 357–62 <> Chernoff RS, Milton KY, Lipschitz DA (1990) The effect of a very high protein liquid formula on decubitus ulcers healing in longterm tubefed institutionalised patients. J Am Diet Assoc 90: A–130 <> Delmi M, Rapin CH, Bengoa JM, Delmas PD, Vasey H, Bonjour JP (1990) Dietary supplementation in elderly patients with fractured neck of the femur. Lancet 335(8696): 1013–16 <> Riet G ter, Kessels AG, and Knipschild PG (1995) Randomized clinical trial of ascorbic acid in the treatment of pressure ulcers. J Clin Epidemiol 48(12): 1453–60 <> Mathus-Vliegen EMH (2001) Nutritional status, nutrition and pressure ulcers. Nutr Clin Pract 16: 286–291 <> Norris JR and Reynolds RE (1971) The effect of oral zinc sulfate therapy on decubitus ulcers. J Am Geriatr Soc 19: 793–97 <> Taylor TV, Rimmer S, Day B, Butcher J, Dymock IW (1974) Ascorbic acid supplementation in the treatment of pressuresores. Lancet 2(7880): 544–46
,BQJUFM
8VOEIFJMVOHVOE*NNVOPMPHJF&JO¿VTTWPOJNNVOTVQQSFTTJWFS 5IFSBQJF /4FQQ
;VTBNNFOGBTTVOH
Die Wundheilung ist ein komplexer Vorgang, bei welchem nicht nur verschiedenste Matrixproteine sondern auch eine Reihe von Zellen miteinander interagieren müssen. Die Wundheilung läuft in verschiedenen Phasen ab, die sich überlappen und deren Steuerung von einer Reihe von Mediatoren und Wachstumsfaktoren abhängig ist. Die Phasen der Wundheilung gliedern sich in eine Entzündungsphase, in eine Proliferationsphase und in eine Phase der Gewebsumbildung (tissue remodelling). Wundheilungsstörungen, als chronisch nicht heilende Wunden, treten bei immunsupprimierten Patienten in der Onkologie, bei Sepsis und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus oder nach Organtransplantationen auf. Medikamente wie Kortikosteroide, nichtsteroidale Antiphlogistika, Calzineurininhibitoren wie Tacrolimus und andere Immsunsuppressiva wie Myophenolatmofetil können in die Wundheilung eingreifen und zu Wundheilungsstörungen führen.
&JOMFJUVOH
Die Haut als Barriereorgan schützt den Organismus vor eindringenden, schädigenden Reizen, verhindert aber auch den unkontrollierten Flüssigkeitsverlust. Die Barrierefunktion wird maßgeblich durch das Stratum corneum gewährleistet. Die mechanischen Eigenschaften (Dehnbarkeit, Druckverteilung) werden durch die Dermis und das subkutane Fettgewebe vermittelt. Aus funktioneller Sicht steuert das lokale Immunsystem eine Überwachungsfunktion bei, die ebenfalls der Barrierefunktion zugerechnet werden
kann. Kommt es zu einer Verletzung der Haut, setzen Reparaturmechanismen ein, mit dem Ziel, die Barrierefunktion innerhalb kürzester Zeit wieder herzustellen. Wundheilung verläuft in Phasen und setzt sich aus mehreren einzelnen Aspekten zusammen. Ein gemeinsames Merkmal ist, dass unterschiedliche Zelltypen miteinander interagieren, aktiviert werden und proliferieren. Kurz nach einer Verletzung kommt es zu einer Blutung und die Gerinnungskaskade wird aktiviert. Dabei wird durch limitierte Proteolyse aus löslichen Gerinnungskomponenten das primäre Gerinnsel erzeugt, welches zusammen mit aggregierten Thrombozyten die Blutstillung und Abdichtung der Gefäße vermittelt. Wundheilung setzt aber bereits zu diesem Zeitpunkt ein, ohne dass die klassischen morphologischen Veränderungen fassbar sind. Wichtig dabei ist, dass das Gerinnsel den Gewebedefekt ganz oder teilweise ausfüllt und dient daher als provisorische Matrix, den einwandernden Zellen als Leitstruktur. In der Folge sezernieren aktivierte Thrombozyten aus intrazytoplasmatischen Granula vorgefertigte Wachstumsfaktoren. Die Besonderheit beider Maßnahmen liegt darin, dass zu diesem Zeitpunkt bereits zwei wichtige Voraussetzungen für die nachfolgende Heilung gegeben sind. Eine provisorische Matrix ist verfügbar und Wachstumsfaktoren können von ortsständigen Zellen bereitgestellt werden. Es geschieht dies ohne zeitaufwendige Neusynthese, sondern einzig durch Aktivierung eines zirkulierenden Notfallsystems. Hinzu kommt, dass Endothelzellen aktiviert und Gefäße und Kapillaren permeabel werden. Der Austritt von Serumbestandteilen mit dem daraus resultierenden Ödem entspricht der Schwellung als klinisches Korrelat. Etwas später wandern neutrophile Granulozyten aus dem Gefäßsystem in das trauma-
tisierte Gewebe ein. Durch Erzeugung reaktiver Sauerstoffradikale und die ausgeprägte phagozytotische Fähigkeit werden Mikroorganismen abgetötet und eliminiert. Daneben synthetisieren Granulozyten aber auch proinflammatorische Zytokine wie Interleukin-1β und Tumornekrosisfaktor-α, die beide die nachfolgenden Entzündungsphänomene kaskadenartig amplifizieren. Beide Zytokine sind in den ersten 12 bis 24 Stunden nach Verletzung auf Transkriptions- und Proteinebene nachweisbar. Später nach 1 bis 3 Tagen werden Monozyten in der Wunde beobachtet. Sie übernehmen die Funktion der Granulozyten und initiieren das frühe Granulationsgewebe. Monozyten synthetisieren neben den oben genannten proinflammatorischen Zytokinen eine Vielzahl weiterer Mediatoren mit Wirkung auf Fibroblasten und Endothelzellen. Wundheilungsstörungen, meist chronische, nicht heilende Wunden, treten gehäuft bei immunsupprimierten Patienten mit Tumorleiden, Sepsis oder Diabetes mellitus sowie nach Polytrauma oder Organtransplantation auf [1]. An speziellen Lokalisationen, wie z. B. der unteren Extremität, bilden zudem lokale Faktoren, wie arterielle und venöse Zirkulationsstörungen, die Grundlage chronischer Wunden. Die komplexen und zum Teil sehr unterschiedlichen Regulationsmechanismen bei den dabei auftretenden Wundheilungsstörungen sind nur unvollständig bekannt. Das Immunsystem besitzt bei der Wundheilung eine zentrale Bedeutung [2, 3, 73]. Immunkompetente Zellen interagieren mit den mesenchymalen Zellen des neuen Granulationsgewebes und beeinflussen so ein komplexes Netzwerk aus Zellen, Extrazellulärmatrix und zellulären Mediatoren. Die geordnete zeitliche und räumliche Abfolge der verschiedenen Aktivierungs- und Differenzierungsprozesse der beteiligten Zellsysteme führt zu einer normalen Heilung. Exound endogene Einflüsse können zu einem Ungleichgewicht der regulierenden Faktoren und nachfolgend zu einer Störung der Heilung führen. Therapiekonzepte, die dieses komplexe Netzwerk zu beeinflussen vermögen, bestimmen die Ansätze zur Behandlung von Wundheilungsstörungen. Bevor wir die verschiedenen Möglichkeiten von Immunsuppressiva auf die Wundheilung betrachten, ist es notwendig. die »immunologische Situation« der normalen Wundheilung zu kennen [73].
/4FQQ 1IBTFOEFSOPSNBMFO8VOEIFJMVOH &OU[OEVOHTQIBTF Der Wundheilungsprozess kann in sich überlappende Phasen eingeteilt werden: Entzündung, Proliferation und tissue remodelling. Die Aktivierung der Gerinnungs- und Komplementkaskade sowie die Freisetzung von Wachstumsfaktoren und Zytokinen aus Thrombozyten stehen am Anfang der Entzündungsphase. Wachstumsfaktoren, vor allem Epidermal growth factor (EGF), Insulin-like growth factor-1 (IGF-1), Platelet-derived growth factor (PDGF) und Transforming growth factor-β (TGF-β), wirken chemotaktisch auf nachfolgend einwandernde Zellen der Wundheilung. Neutrophie Granulozyten sind die ersten Zellen, die aktiv durch die Gefäßwand in den Fibrinpfropf der Wunde einwandern. Das Zusammenwirken von P-Selektin, E-Selektin und ICAM-1 (intercelluläres Adhäsionsmolekül-1) auf der Endothelzelloberfläche mit verschiedenen Oberflächenglykoproteinen und Integrinrezeptoren auf der Granulozytenoberfläche – LFA1 (Lymphozytenfunktion assoziiertes Antigen-1), Mac1 – führt zur Endothelzelladhäsion und Extravasation der Granulozyten [4]. Unterstützt durch die von Entzündungsmediatoren vermittelte Vasodilatation mit nachfolgender Strömungsverlangsamung und erhöhter Kapillarpermeabilität kommt es nun entlang der Konzentrationsgradienten chemotaktischer Substanzen zur Granulozytenmigration in die Wunde. Nach 48 Std. ist die Konzentration von Granulozyten in dermalen Wunden am höchsten. Sie dienen der unspezifischen Immunabwehr gegen Bakterien und Wunddebridement. In sterilen Wunden mit geringem Gewebedefekt ist ihre Bedeutung jedoch gering [5]. Wundmakrophagen, die sich vornehmlich aus im Blut zirkulierenden Monozyten differenzieren, erscheinen ab dem 2. Tag und stellen die größte Zellfraktion zwischen dem 3. und 5. Tag der Wundheilung. Die zentrale Bedeutung der Makrophagen für die normale Wundheilung ist nicht nur durch Wundphagozytose bedingt, sondern ihnen kommt im weiteren Verlauf durch die Freisetzung löslicher Mediatoren eine wichtige Bedeutung bei der Bildung des Granulationsgewebes zu. 1SPMJGFSBUJPOTQIBTF Die Proliferationsphase ist durch die Bildung des Granulationsgewebes gekennzeichnet. Das Granulationsgewebe besteht aus einem losen Netzwerk Extrazellulärmatrix bildender Fibroblasten, Entzündungszellen und Endothelzellen. Fibroblasten, die in höchster
8VOEIFJMVOHVOE*NNVOPMPHJF&JO¿VTTWPOJNNVOTVQQSFTTJWFS5IFSBQJF
Konzentration ab dem 7. Tag in der Wunde anzutreffen sind, werden aus dem angrenzenden Bindegewebe durch Wachstumsfaktoren zur Chemotaxis, Proliferation und synthetischen Aktivitäten stimuliert. Neben den Wachstumsfaktoren spielen auch andere Faktoren, wie das Adhäsionsmolekül ICAM-1 oder Stickstoffmonoxid (NO), eine wichtige Rolle bei der Aktivierung von Fibroblasten. Mit der Abnahme von Entzündungszellen in der Wunde werden Wachstumsmediatoren zunehmend von anderen Zellen synthetisiert, wie Fibroblasten, Endothelzellen und Keratinozyten. Fibroblasten synthetisieren IGF-1, bFGF, TGF-β, PDGF, VEGF und Keratinocyte growth factor (KGF). Endothelzellen produzieren TGF-β, bFGF, PDGF, VEGF, und Keratinozyten synthetisieren VEGF, EGF, TGF-β und TGF-α. Die Bildung neuer Gefäße durch einwandernde Endothelzellen steht unter dem Einfluss lokaler Faktoren, wie Hypoxie und Lactat, und wird durch ein komplexes Zusammenspiel Angiogenese stimulierender (z. B. VEGF oder FGF) und hemmender (z. B. Angiostatin) Faktoren reguliert [7]. 5JTTVFSFNPEFMMJOH Die Phase der Wundmodulation, die bis zu einem Jahr dauert, beginnt um den 7. Tag und umfasst die Strukturierung der Extrazellulärmatrix. Anfängliches Fibrin, später auch das von aktivierten Makrophagen gebildete Fibronektin und Thrombospondin -1 sowie andere (Glyko-) Proteine wie Hyaluronsäure werden nach und nach durch Kollagen ersetzt. Während zunächst Typ-III-Kollagen in der Wunde dominiert, besteht die reife Wunde ebenso wie die normale Haut zu 90 % aus Typ-I-Kollagen. Die Verdickung, Ausrichtung entlang der Belastungsrichtung und Quervernetzung der Kollagenbündel korreliert mit der zunehmenden Festigkeit der Wunde, die maximal 80 % der normalen Haut beträgt. Die Extrazellulärmatrix bildet jedoch nicht nur ein passives Gerüst für einwachsende Zellen, sondern moduliert selbst nachfolgende Schritte der Heilung. So führt die Hemmung der Thrombospondin1-Synthese (endogene Hemmung angiogenetischer Prozesse) in Wunden durch die lokale Applikation von Antisense-Thrombospondin-Oligomeren zu einer verzögerten Heilung [8]. Zell-Matrix-Interaktionen werden zum Teil durch die Oberflächenexpression transmembranöser Zellrezeptoren, sogenannter Integrine, reguliert, die ihrerseits wieder unter dem Einfluß von Cytokinen stehen [9]. Welche Zellen, Wachstumsfaktoren, Zytokine und Mediatoren haben nun eine zentrale Bedeutung bei der Wundheilung?
(a) Makrophagen Makrophagen werden von Chemokinen, die von mesenchymalen Zellen, Lymphozyten und bereits aktivierten Makrophagen synthetisiert werden, angelockt. Dazu gehören das Macrophage inflammatory protein1 und -2 (MIP-1, MIP-2), Macrophage chemoattractant and activating factor (MCAF), oder auch das Cytokin Gro. Die Aktivierung des Endotheliums mit konsekutiver Expression von Selektinen und anderen Adhäsionsmolekülen spielt bei der anhaltenden Einwanderung von Makrophagen in die Wunde eine wichtige Rolle. So zeigen genetisch veränderte Mäuse, denen die von aktivierten Endothelzellen und Thrombozyten gebildeten Adhäsionsmoleküle P- und E-Selektin fehlen, eine verzögerte Wundheilung und eine verminderte Einwanderung von Makrophagen und Granulozyten in die Wunde [10]. (b) Lymphozyten Lymphozyten üben eine wichtige Funktion bei der Regulation lokaler systemischer Immunreaktionen aus [3]. In dermalen Wunden erscheinen T-Lymphozyten später als andere Entzündungszellen und erreichen um den 7. Tag ihre größte Konzentration. B-Lymphozyten scheinen keine wesentlichen Funktionen bei der Wundheilung zu übernehmen. Die Migration in die Wunde, Aktivierung und die Effektorfunktion von Lymphozyten ist abhängig von Zelladhäsionsmolekülen (siehe oben). Adhäsionsmoleküle stehen ihrerseits wieder unter dem Einfluss von in Lymphozyten synthetisierten Zytokinen, wie IL-1, IFN-γ oder TNFα, sodass positive Rückkopplungsmechanismen aktivierter Lymphozyten möglich sind. Direkte Hinweise auf die Bedeutung der T-Lymphozyten bei der Wundheilung sind durch in-vivo-Studien an Mäusen gewonnen worden, in denen durch eine antikörperinduzierte, etwa 75 %ige Depletion der Gesamt-T-Zellpopulation in Wunden eine Hemmung der Heilung hervorgerufen wurde [2]. Eine selektive Hemmung der CD8+ cytotoxischen T-Zellen führt zu einer verbesserten Heilung und spricht damit für einen negativen Effekt der CD8+Zellen auf die Wundheilung. Die Hemmung der CD4+T-Zellen zeigt keine Wirkung auf Wundheilung. Dass das T-Zell System eine wichtige Wirkung ausübt, zeigen Untersuchungen an athymischen Nacktmäusen [11]. Durch T-Zellrekonstitution mit Milzlymphozyten kann die vermehrte Kollagenbildung und mechanische Wundfestigkeit dieser Tiere wieder rückgängig gemacht werden.
(c) Zytokine und Wachstumsfaktoren Der Einfluss immunkompetenter Zellen auf die Wundheilung ist zum Teil durch die Wirkung ihrer löslichen Mediatoren bestimmt. In-vitro-Untersuchungen haben stimulierende und hemmende Mediatoren praktisch aller Zellfunktionen matrixbildender Fibroblasten gezeigt. Lässt sich die Wirkung einzelner Mediatoren in der Zellkultur in vitro genau beschreiben, so bleibt ihre Wirkung in vivo häufig unklar. Unterschiedliche Untersuchungsbedingungen und die Komplexität der Reparaturvorgänge lassen jedoch viele Fragen hinsichtlich ihrer genauen Bedeutung in vivo offen. Ein wesentlicher Einfluss auf die Proliferation von Fibroblasten scheint jedoch nicht zu bestehen. Ab einer Konzentration von 100 ng/ml hemmt TGF-β die Proliferaton [12]. TGF-β scheint somit unter bestimmten Bedingungen die Proliferation von Fibroblasten zugunsten einer erhöhten Kollagensyntheserate zu bremsen. TGF-β wirkt chemotaktisch auf Makrophagen, hemmt jedoch die Proliferation von Makrophagen und T-Lymphozyten. PDGF, synthetisiert von Makrophagen, Endothelzellen, Fibroblasten und Megakaryocyten, wirkt chemotaktisch und proliferationsfördernd auf Fibroblasten, glatte Muskelzellen und Entzündungszellen und stimuliert die Kollagensynthese in Fibroblasten [13]. Wegen fehlender PDGF-Rezeptoren besteht jedoch keine direkte Wirkung auf Endo- und Epithelzellen. VEGF wirkt selektiv auf Endothelzellen und stimuliert die Angiogenese. Hypoxie und Lactat sind wesentliche, physiologische Stimuli der VEGF-Expression. Die Wirkung anderer angiogenetisch wirksamer Wachstumsfaktoren, wie PDGF und TGF-β, erfolgt in erster Linie über eine VEGF-Induktion. Auch bFGF, ein weiterer Wachstumsfaktor mit stark angiogenetischer Wirkung, vermittelt einen Teil seiner Wirkung über die Steigerung der VEGF-mRNA-Expression. Obwohl die molekularen Reaktionswege nicht vollständig geklärt sind, scheint der erhöhten VEGF-mRNA-Expression in Makrophagen eine durch die Oxidation von Lactat zu Pyruvat bedingte Nikotinamidadenindinucleotid (NAD+)-Abnahme (Reduktion von NADH) und damit verbundene verminderte Adenosindiphosphat (ADP)Ribosylierung von cytoplasmatischen und Zellkernproteinen zugrunde zu liegen [14]. IFN-γ, ein proinflammatorisches Cytokin, das von aktivierten Lymphozyten synthetisiert wird, aktiviert Makrophagen, hemmt aber die Fibroblastenproliferation und Kollagensynthese [15]. TNF-α, von Makrophagen und zu einem geringen Anteil auch von Lym-
/4FQQ
phozyten synthetisiert, stimuliert dosisabhängig die Fibroblastenproliferation (10–500 ng/ml) und hemmt die Kollagensynthese [12]. Die bei hoher Konzentration beobachtete Fibroblastentoxizität lässt sich durch nichtsteroidale Antiphlogistika abschwächen, was auf einen Prostaglandin vermittelten Mechanismus schließen lässt. Diese Untersuchungen zeigen, dass stimulierende und hemmende Wachstumsfaktoren und Cytokine für eine feine Balance bei der Regulation von Fibroblasten, Endothelzellen und Keratinocyten sorgen. Auch wenn nicht gänzlich geklärt ist, wie diese Balance erreicht wird, so scheint jedoch ein Ungleichgewicht im Milieu dieser modulierenden Cytokine zu einer verminderten oder überschießenden Heilung zu führen [16]. (d) Matrixmetalloproteinasen Die normale Wundheilung erfordert ein Gleichgewicht synthetisierender und abbauender Mechanismen. Matrixabbauende Enzyme sind Proteasen, unter denen die Matrixmetalloproteinasen (MMP) die wichtigste Bedeutung bei der Wundheilung haben [17]. Zur Familie der Matrixmetalloproteinasen gehören Kollagenasen, Gelatinasen, Stromelysine und MembranTyp-MMP. Sie sind notwendig beim initialen Wunddebridement und während des kontinuierlichen Matrixumsatzes während der Proliferations- und Modulationsphase der Heilung. Durch kontrollierte Fragmentation von Basalmembranen und Extrazellulärmatrixkomponenten werden Matrixbarrieren entfernt und so Entzündungsreaktion, Angiogenese und Epithelialisierung ermöglicht. Die Regulation geschieht auf der Ebene der Transkription und posttranslational. Wachstumsfaktoren und Cytokine, wie EGF, PDGF, TGF-β, IL-1 und TNF-α, können die Synthese und Freisetzung einzelner oder mehrerer dieser Proteinasen modulieren. Neben der proteolytischen Aktivierung der sezernierten Proteasenproenzyme unterliegen Metalloproteinasen zudem der Regulation durch spezifische Gewebeinhibitoren (Tissue inhibitor of metalloproteinases, TIMP). MMP weisen eine Substratspezifität auf. So degradieren MMP-1 (interstitielle Kollagenase oder Kollagenase-1), MMP-8 (neutrophile Kollagenase oder Kollagenase-2) und MMP-13 (Kollagenase-3) vor allem fibrilläres Kollagen Typ I, II und III, wohingegen z. B. MMP-2 (Gelatinase A) vor allem auf Kollagen Typ IV wirkt. MMP-Expression kann zu verschiedenen Zeitpunkten der Wundheilung in Entzündungszellen, Fibroblasten, Endothelzellen und Keratinozyten nachgewiesen werden. In akuten und chronischen Wunden können
8VOEIFJMVOHVOE*NNVOPMPHJF&JO¿VTTWPOJNNVOTVQQSFTTJWFS5IFSBQJF
MMP-2 und MMP-9 (Gelatinase B) schon innerhalb der ersten 48 Std. nachgewiesen werden, während MMP-13 nur in chronischen Wunden und in akuten Wunden jenseits des 7. Tages gefunden wird [18]. Trotz einzelner widersprüchlicher Untersuchungsergebnisse scheint experimentell wie klinisch eine Verzögerung oder Hemmung der Heilung mit einer erhöhten und verlängerten MMP-Expression zu korrelieren [1]. Entsprechend konnte in chronischen Wunden eine im Vergleich zu akuten Wunden erhöhte Expression von MMP-2 und MMP-9 sowie eine verminderte Aktivität von TIMP-1 dokumentiert werden [19]. In MMP-9-knockout-Mäusen kommt es zu einer schnelleren Reepithelialisierung nach einem experimentellen Corneadefekt. Eine andere Studie konnte zeigen, dass die systemische Behandlung mit einem synthetischen, unspezifischen Metalloproteinaseninhibitor bei Ratten zu einer Erhöhung der mechanischen Wundfestigkeit führt [20]. Dexamethason Behandlung von Mäusen führt zur vermehrten Expression von MMP-10 und damit verzögerter Wundheilung. Die Zugabe von Interleukin 6 zu den Dexamethason behandelten Mäusen bewirkt hingegen wiederum die Reduktion der MMP-10 Expression und restauriert damit teilweise die durch Dexamethason resultierende verzögerte Wundheilung [69]. Die Untersuchungen dokumentieren die Bedeutung der MMP bei der Regulation der Wundheilung. In Wunden mit einer verzögerten Heilung scheint ein Überschuss an MMP und ein Mangel ihrer Inhibitoren vorzuliegen. (e) Stickstoffmonoxid Stickstoffmonoxid (NO) ist ein kurzlebiges freies Radikal, das in einem NO-Synthase (NOS)-abhängigen enzymatischen Prozess aus Sauerstoff und der Aminosäure Arginin entsteht. In Wunden wird NO von Makrophagen und Fibroblasten synthetisiert [21]. Untersuchungen in vitro zeigen, dass die Kollagensynthese von Fibroblasten durch die kompetitive Hemmung ihrer spontanen NO-Synthese vermindert [21] und durch die Zugabe von NO freisetzenden Substanzen gesteigert wird [22]. Hemmende Effekte der NO-Induktion oder -Freisetzung auf die Kollagensynthese konnten in anderen Zellsystemen gezeigt werden. Die dabei verwendeten NO-Konzentrationen waren jedoch deutlich höher, sodass toxische Effekte nicht ausgeschlossen werden können. In vivo führt die systemische Hemmung der NOSynthese in Wunden zu einer verminderten Kollagenbildung und mechanischen Festigkeit von Wunden [23]. Entsprechend zeigen transgene iNOS (induzier-
bare NOS)-knockout-Mäuse, denen das Gen zur Synthese der iNOS fehlt, eine verlangsamte Heilung offener Wunden [24]. Bei gestörter Wundheilung, wie Diabetes mellitus oder unter immunsuppressiver Therapie wie Tacrolismus, ist die NO-Synthese in Wunden beeinträchtigt [25, 26]. Diese Untersuchungen legen nahe, dass NO eine zentrale Bedeutung bei der Kollagenbildung während der Wundheilung besitzt. Therapeutisch kann durch die systemische Verabreichung von Molsidomin, einer NO freisetzenden Substanz, die gestörte Heilung diabetischer Tiere teilweise wieder normalisiert werden [27]. ( f) Neuropeptide Neurogene Stimuli spielen bei Entzündungs- und Reparaturvorgängen eine wichtige Rolle [28]. Das periphere Nervensystem übermittelt dabei nicht nur sensorische und motorische Informationen, sondern hat einen wesentlichen Einfluss auf die Funktion immunkompetenter Entzündungszellen, Endothel-, Epithel- und Bindegewebszellen. Eine Vielzahl dieser Interaktionen wird von Neuropeptiden vermittelt, die als Hormone, Neurotransmitter oder auch parakrin wirken können. Nach Verletzung kommt es in Abhängigkeit vom Ausmaß der Läsion zu einem Auswachsen benachbarter Nervenfasern. Substanz P, die vor allem aus afferenten Nerven stammt, stimuliert in vitro Keratinozyten, Fibroblasten und glatte Muskelzellen. In-vitro-Effekte sind auch von den Neuropeptiden Vasoactive intestinal peptide (VIP) und Calcitonin gene-related peptide (CGRP) beschrieben worden [29]. In vivo stimulieren Substanz P, CGRP und VIP die Angiogenese und unterstützen so direkt die Wundheilung [30]. Schon bereits vor fast 80 Jahren wurde der Zusammenhang zwischen der Schädigung des peripheren Nervensystems und der Entstehung chronischer Wunden erkannt [31]. Experimentell zeigt sich in denervierter Haut eine schlechtere Heilung mit Verminderung der mechanischen Wundfestigkeit und Kollagenbildung. Ähnlich kommt es nach Capsaicin-induzierter Depletion von Neuropeptiden zu einer schlechteren dermalen Heilung. Umgekehrt führt die lokale Behandlung mit Substanz P und CGRP zu einer besseren Wundheilung im Tiermodell [32]. Klinische Studien zur therapeutischen Anwendung von Neuropeptiden bei nicht heilenden Wunden stehen bislang aus, so dass die klinische Bedeutung unbeantwortet bleibt. (g) Immunsuppression und Wundheilung Immunsuppression kann zu Wundheilungsstörungen [3, 1] führen. Ursachen einer Immunsuppression sind
vielfältig und können Folge eines Traumas oder einer Infektion, aber auch einer endokrinen Störung oder medikamenteninduziert sein. Bei ausgedehnten Verletzungen scheint die Wunde dabei selbst die Quelle der Immunsuppression zu sein [3]. Durch ein Ungleichgewicht protektiver und schädigender Mediatoren (Cytokine, Prostaglandine, NO etc) und Phänotypveränderung immunkompetenter Zellen kommt es zu einer Hemmung der normalen Heilung. Eine verminderte Immunfunktion beeinträchtigt jedoch nicht nur die Wundheilung, sondern führt über eine Immundefizienz zu einer erhöhten Infektanfälligkeit mit nachfolgender Heilungsverschlechterung und Freisetzung neuer Entzündungsmediatoren. Diese Spirale der »Verletzung – Immunsuppression – Infektanfälligkeit – Verstärkung der Immunsuppression« ist Grundlage schwerer systemischer Entzündungsvorgänge mit nachfolgendem Organversagen. Neben dieser reaktiven Immunsuppression hat die medikamenteninduzierte Form der Immunsuppression und ihr Einfluss auf die Heilung eine große klinische Bedeutung. Außer Corticosteroiden treten im Rahmen der Transplantationschirurgie zunehmend moderne Immunsuppressiva, wie Cyclosporin A, Tacrolimus und Sirolimus in den Vordergrund. Corticosteroide binden an einen spezifischen intracytoplasmatischen Receptor und vermitteln nach Translokation des Steroidkomplexes zum Zellkern ihre Wirkung am Genom der Zielzelle. Verschiedene tierexperimentelle Untersuchungen haben eine dosisabhängige Hemmung der Heilung nach Corticosteroidgabe während der perioperativen und frühen Entzündungsphase der Heilung gezeigt [32, 33]. Corticosteroidgaben jenseits des zweiten postoperativen Tages oder eine präoperative Gabe mit einem 3-tägigen freien Intervall vor der Operation führen jedoch zu keiner Beeinträchtigung der Heilung. Histologisch kommt es nach Corticosteroidgabe zu einer verminderten Entzündungsreaktion aller Immunzellen mit nachfolgender Suppression der Matrix-, Angiogenese- und Epithelbildung. Dexamethason nimmt Einfluss auf die TGF-β-induzierte Kollagensynthese in Fibroblasten und scheint dabei einen direkten Einfluss auf die Kollagenbildung durch eine posttranskriptionelle Regulation der Pro(α)-KollagenmRNA- zu nehmen [34]. Ebenso interferiert Dexamethason durch Beeinflussung von Matrixproteinasen [69] mit der Modulation der extrazellulären Matrix. Experimentell kann durch die Gabe von Vitamin A, anabolen Steroiden, wie z. B. Testosteron, oder den Wachstumsfaktoren bFGF und TGF-β der negative Effekt der Corticosteroide auf die Wundheilung teil-
/4FQQ
weise oder ganz aufgehoben werden. Rezente Studien zeigen bezüglich Retinoiden keinen negativen Effekt auf die Wundheilung, inbesondere keine erhöhte Rate von Infektionen, Wunddehiszenzen und Ausbildung hypertropher Narben [70]. In klinischen Studien konnte der schädigende Einfluss der Corticosteroide auf die Heilung dokumentiert werden [35, 36]. So führt die Behandlung mit Corticosteroiden nach abdominal- und gefäßchirurgischen Eingriffen zu signifikant vermehrter Wundheilungsstörung. Die Dauer der Corticosteroidbehandlung (< 1 Woche oder > 1 Woche) scheint dabei keinen Einfluss auf die Inzidenz von Wundheilungsstörungen zu haben. In anderen Untersuchungen wurden nur bei Vorliegen weiterer Risikofaktoren, wie z. B. einer lokalen Wundinfektion oder eines Diabetes mellitus, vermehrt Wundkomplikationen, in einigen Studien sogar kein erhöhtes Risiko einer komplizierten Heilung unter Steroidmedikation beschrieben [37, 38]. Allerdings sind die Fallzahlen teilweise sehr gering, sodass die Aussagen einzelner Untersuchungen nur sehr schwer zu interpretieren sind. Prospektive kontrollierte klinische Untersuchungen zum Einfluss von Steroiden auf die Wundheilung liegen nicht vor. Cyclosporin A und Tacrolimus hemmen über intrazelluläre Bindungsproteine (Cyclophilin bzw. FK-Bindungsprotein) die calciumabhängige Aktivierung der Phosphatase Calcineurin. Hierauf kommt es durch fehlende Dephosphorylierung des Nuklearfaktors der aktivierten T-Zellen (NF-AT) zu einer Hemmung der IL-2-Synthese mit nachfolgender Immunsuppression. Tierexperimentelle Untersuchungen haben eine hemmende Wirkung von Cyclosporin A und Tacrolimus auf die Wundheilung gezeigt [39]. Dieser Effekt tritt jedoch erst bei Dosierung auf, die um mehr als das 10fache über der zu einer Abstoßungsbehandlung beim Tier minimal notwendigen Dosierung liegen. Spezielle Untersuchungen zum Einfluss dieser Substanzen auf die Wundheilung beim Menschen liegen nicht vor. Andererseits werden Cyclosporin A und Tacrolimus meist in Kombination mit Corticosteroiden gegeben, sodass eine isolierte Beurteilung schwierig ist. Hinsichtlich der Häufigkeit von Wundheilungsstörungen scheint aber zwischen Cyclosporin A und Tacrolimus bei leber- und nierentransplantierten Patienten kein Unterschied zu bestehen [40]. Rapamycin ist ein potentes Immunsuppressivum, welches die Fibroblastenaktivität hemmt und dadurch einen negativen Einfluss auf die Wundheilung ausübt. Unter Rapamycin reduziert sich nicht nur die Zugfestigkeit der Wunden von Ureteranastomosen (aller-
8VOEIFJMVOHVOE*NNVOPMPHJF&JO¿VTTWPOJNNVOTVQQSFTTJWFS5IFSBQJF
dings nicht von Hautwunden!), sondern auch der Hydroxyprolingehalt der Wunde (auch in der Haut) [71]. Patienten mit Lebertransplantation, welche Sirolimus erhielten, zeigten in Fallberichten Wunddehiszenzen [72], welche teilweise auf die hemmende Wirkung von Sirolimus auf glatte Muskelzellen zurückzuführen ist. Es kann spekuliert werden, dass diese negative Wirkung auf die glatte Muskulatur auch auf die für die Wundkontraktion wichtigen Myofibroblasten zutrifft. In der Transplantationsmedizin ist hingegen diese Wirkung von Sirolimus zur Verhinderung der vaskulären, chronischen Abstossungsreaktion mit subendothelialer Intimaproliferation erwünscht. Während für Cyclosporin A und Tacrolimus keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich Wundheilungsstörungen festgestellt wurden, bestehen diese zwischen Sirolimus und Mycophenolatmofetil. Bei Patienten mit Herztransplantationen zeigte eine retrospektive Studie, dass bei Immunsuppression mit Sirolimus in 52 % postoperative Wundkomplikationen auftraten, hingegen bei Patienten, welche Mycophenolatmofetil erhielten, nur in 28 % [68]. 5JFSFYQFSJNFOUFMMF*OWJWP6OUFSTVDIVOHFO Invivo-Untersuchungen bei Tieren haben den Nachweis verschiedener aktiver Zytokine in der Wunde geführt. IL-1, IL-6, TNF-α und TGF-β, nicht jedoch IL2, IL-3 oder IL-4 wurden im Wundsekret von Ratten nachgewiesen. In einer anderen Studie konnte am 10. postoperativen Tag im Wundsekret von Ratten IFNγ, TNF-α und VEGF nachgewiesen werden. Die IL-4Konzentrationen lagen auch hier unterhalb der Nachweisgrenze von 1 pg/ml. Funktionelle Untersuchungen zur Bedeutung der verschiedenen Zytokine bei der Wundheilung sind mit lokal systemisch applizierten rekombinanten Zytokinen und transgenen Mäusen durchgeführt worden. So führt die lokale Gabe von TGF-β bei Ratten zu einer vermehrten zellulären Wundinfiltration mit nachfolgend erhöhter mechanischer Wundfestigkeit und Kollagenbildung [41]. Die Verteilung der verschiedenen TGF-β-Subtypen 1, 2 und 3 scheint hierbei einen entscheidenden Einfluss auf die qualitative und quantitative Kollagenformation zu haben. Appliziert man neutralisierende Antikörper gegen TGF-β-1/-2, so kommt es zu einer verminderten Narbenbildung mit verringerter Makrophageninfiltration, Neovaskularisierung, Fibronektin- und Kollagenbildung. Die Architektur der Wunde ähnelt dabei vermehrt jener der normalen Haut, ohne dass die mechanische Festigkeit der Wunde beeinträchtigt wird (42).
Die lokale Applikation von PDGF steigert die Kollagenbildung und Angiogenese in Rattenwunden und normalisiert die Heilung diabetischer Tiere. In verschiedenen Tiermodellen an Schweinen, Ratten und diabetischen Mäusen konnte ein synergistischer Effekt von PDGF-BB und TGF-α bzw. PDGF-BB und IGF1 auf die Wundheilung primär und sekundär heilender Wunden beschrieben werden. bFGF steigert die mechanische Festigkeit von Incisionswunden und führt in verschiedenen Modellen der gestörten Wundheilung (Fettleibigkeit, Druckulcera, Verbrennungswunden, bakterielle Kontamination) an Mäusen und Ratten zu einer Verbesserung der Heilung sekundär heilender Läsionen [43]. VEGF-mRNA ist in ischämischer, unverwundeter Haut in experimentellen, ischämischen und nicht-ischämischen Wunden um ein 3–7-faches hochreguliert. Die lokale Applikation von VEGF aus ischämischen und nicht-ischämischen Wunden führt zu einer signifikanten Steigerung der Granulationsbildung. Ein Einfluss auf die Epithelialisierung konnte in diesen Untersuchungen nicht beobachtet werden [44]. Bei der Epithelialisierung von Wunden ist die Stimulation der Keratinozyten durch verschiedene Wachstumsfaktoren entscheidend für einen normalen Heilungsverlauf. Bei transgenen Mäusen, bei denen ein negativer Rezeptor für KGF in Keratinozyten exprimiert wird, kommt es daher zu einer verzögerten Reepithelialisierung [45]. Die Aktivität des IL-2 wird normalerweise durch ein partiell charakterisiertes, temperaturstabiles, hochmolekulares Protein im Wundsekret gehemmt. Verabreicht man Ratten systemisch rekombinantes IL-2, so führt dies zu einer vermehrten Kollagenbildung und einer erhöhten mechanischen Wundfestigkeit und unterstreicht so den fördernden Einfluss von T-Lymphozyten auf die Heilung. Im Gegensatz hierzu führt die lokale Gabe von IFN-γ zu einer dosisabhängigen Verminderung der Kollagenbildung und Neovaskularisation [46]. Die Neutralisation von TNF-α durch eine lokale TNF-αAntiserumapplikation steigert die Kollagenbildung in Wunden [47]. Entsprechend konnte in einer anderen Studie gezeigt werden, dass C3H/HeJ(J)-Mäuse, deren Makrophagen kein TNF-α synthetisieren, eine verbesserte Heilung aufweisen [48]. Umgekehrt führt die lokale TNF-α-Applikation zu einer verminderten mechanischen Wundfestigkeit und Kollagenbildung in Wunden. Diese Untersuchungen zeigen, dass TNF-α vermutlich eine negative Kontrollfunktion bei der Bindegewebsbildung während der Wundheilung ausübt. In-vivo-Untersuchungen zur Bedeutung von IL-4 sind
/4FQQ
5BCFMMF ;ZUPLJOFVOE8BDITUVNTGBLUPSFOJOEFS8VOEIFJMVOH<>
;ZUPLJOF *OUFSMFVLJO *-
2VFMMF
8JSLVOH
/FVUSPQIJMF
TUJNVMJFSU-FVLP[ZUFODIFNPUBYJT
.BLSPQIBHFO
TUJNVMJFSU.BLSPQIBHFOBLUJWJUjU
-ZNQIP[ZUFO
TUJNVMJFSU'JCSPCMBTUFOQSPMJGFSBUJPO
'JCSPCMBTUFO
TUJNVMJFSU&OEPUIFM[FMMBEIjTJPOTNPMFLMFYQSFTTJPO
&OEPUIFM[FMMFO
TUJNVMJFSU,FSBUJOP[ZUFONJHSBUJPO
,FSBUJOP[ZUFO *OUFSMFVLJO *-
-ZNQIP[ZUFO
TUJNVMJFSU5;FMMXBDITUVNVOE5)FMGFS[FMMBLUJWJUjU
*OUFSMFVLJO *-
-ZNQIP[ZUFO
TUJNVMJFSU/FVUSPQIJMF TUJNVMJFSU5;FMMQSPMJGFSBUJPO TUJNVMJFSUVOEIFNNU.BLSPQIBHFOBLUJWJUjU TUJNVMJFSU'JCSPCMBTUFOQSPMJGFSBUJPOVOE,PMMBHFOTZOUIFTF TUJNVMJFSU&OEPUIFM[FMM-FVLP[ZUFOBEIjTJPO
*OUFSMFVLJO *-
/FVUSPQIJMF
TUJNVMJFSU5-ZNQIP[ZUFO
.BLSPQIBHFO
IFNNU'JCSPCMBTUFOQSPMJGFSBUJPO
-ZNQIP[ZUFO 'JCSPCMBTUFO &OEPUIFM[FMMFO ,FSBUJOP[ZUFO *OUFSMFVLJO *-
.BLSPQIBHFO
TUJNVMJFSU/FVUSPQIJMF
-ZNQIP[ZUFO
TUJNVMJFSU.BLSPQIBHFONJHSBUJPO
'JCSPCMBTUFO
IFNNU&OEPUIFM[FMM-FVLP[ZUFOBEIjTJPO
&OEPUIFM[FMMFO ,FSBUJOP[ZUFO *OUFSMFVLJO *-
.BLSPQIBHFO
IFNNU;ZUPLJOGSFJTFU[VOHWPO5ZQ-ZNQIP[ZUFOVOE.BLSPQIBHFO
,FSBUJOP[ZUFO *OUFSGFSPOγ *'/γ
-ZNQIP[ZUFO
TUJNVMJFSU.BLSPQIBHFOBLUJWJUjU TUJNVMJFSUVOEIFNNU'JCSPCMBTUFOQSPMJGFSBUJPO IFNNU,PMMBHFOQSPEVLUJPOVOE°$SPTTMJOLJOH IFNNU&OEPUIFM[FMMQSPMJGFSBUJPO TUJNVMJFSU-ZNQIP[ZUFOBEIjTJPOBO&OEPUIFM[FMMFO
5VNPS/FLSPTF'BLUPSα 5/'α
/FVUSPQIJMF
TUJNVMJFSU/FVUSPQIJMFVOE.BLSPQIBHFO
.BLSPQIBHFO
IFNNU&OEPUIFM[FMMQSPMJGFSBUJPO
-ZNQIP[ZUFO
TUJNVMJFSU'JCSPCMBTUFOQSPMJGFSBUJPO IFNNU,PMMBHFOTZOUIFTF
8VOEIFJMVOHVOE*NNVOPMPHJF&JO¿VTTWPOJNNVOTVQQSFTTJWFS5IFSBQJF
;ZUPLJOF
2VFMMF
8JSLVOH
5VNPS/FLSPTF'BLUPSβ 5/'β
/FVUSPQIJMF
TUJNVMJFSU'JCSPCMBTUFOQSPMJGFSBUJPO
.BLSPQIBHFO
TUJNVMJFSU,PMMBHFOTZOUIFTF
-ZNQIP[ZUFO 1MBUFMFUEFSJWFE (SPXUIGBDUPS 1%('
5ISPNCP[ZUFO
TUJNVMJFSU/FVUSPQIJMFO .BLSPQIBHFOVOE'JCSPCMBTUFO DIFNPUBYJT
.BLSPQIBHFO 'JCSPCMBTUFO
TUJNVMJFSU'JCSPCMBTUFOQSPMJGFSBUJPO
&OEPUIFM[FMMFO
TUJNVMJFSU,PMMBHFOTZOUIFTF
5ISPNCP[ZUFO
TUJNVMJFSU,PMMBHFOTZOUIFTF
.BLSPQIBHFO
TUJNVMJFSU&OEPUIFM[FMMQSPMJGFSBUJPO
5SBOTGPSNJOHSPXUI GBDUPSα 5('α
,FSBUJOP[ZUFO 5SBOTGPSNJOHHSPXUI GBDUPSβ 5('β
5ISPNCP[ZUFO
IFNNU5;FMMVOE.BLSPQIBHFOBLUJWJFSVOH
.BLSPQIBHFO
BLUJWJFSUOFVUSPQIJMF(SBOVMP[ZUFO
-ZNQIP[ZUFO
TUJNVMJFSU'JCSPCMBTUFONJHSBUJPO
'JCSPCMBTUFO
TUJNVMJFSU,PMMBHFOTZOUIFTF
&OEPUIFM[FMMFO
IFNNU&OEPUIFM[FMMQSPMJGFSBUJPO
,FSBUJOP[ZUFO &QJEFSNBMHSPXUI GBDUPS &('
.BLSPQIBHFO
TUJNVMJFSU'JCSPCMBTUFO &OEPUIFMVOE&QJUIFM[FMMQSPMJGFSBUJPO
,FSBUJOP[ZUFO *OTVMJOMJLFHSPXUI GBDUPS *('
'JCSPCMBTUFO
TUJNVMJFSU'JCSPCMBTUFOQSPMJGFSBUJPO TUJNVMJFSU,PMMBHFOTZOUIFTF
CBTJD'JCSPCMBTU HSPXUIGBDUPS C'('
.BLSPQIBHFO
TUJNVMJFSU'JCSPCMBTUFOQSPMJGFSBUJPO
-ZNQIP[ZUFO
TUJNVMJFSU,PMMBHFOTZOUIFTF
'JCSPCMBTUFO
TUJNVMJFSU&OEPUIFM[FMMVOE&QJUIFM[FMMQSPMJGFSBUJPO
&OEPUIFM[FMMFO 7BTDVMBSFOEPUIFMJBM HSPXUIGBDUPS 7&('
.BLSPQIBHFO 'JCSPCMBTUFO &OEPUIFM[FMMFO ,FSBUJOP[ZUFO
TUJNVMJFSU&OEPUIFM[FMMQSPMJGFSBUJPOVOE,PMMBHFOBTFQSPEVLUJPO
an IL-4-knockout-Mäusen durchgeführt worden. Hierbei zeigt sich bei den gendefizienten Mäusen während der früheren Wundheilungsphase bis zum 3. postoperativen Tag eine verstärkte Entzündungsreaktion mit begleitender Heilungsverzögerung. Ab dem 5. postoperativen Tag waren keine morphologischen Unterschiede im entzündlichen Zellinfiltrat und im Heilungsprozess mehr erkennbar. Diese Untersuchungen unterstreichen den antiinflammatorischen Charakter von IL-4 und legen seine Bedeutung während der frühen Entzündungsphasen der Wundheilung nahe. (a) Klinische Studien Studien zur Bedeutung und therapeutischen Anwendung von Wachstumsfaktoren wurden in erster Linie an chronischen, nicht heilenden Wunden durchgeführt. Pathophysiologisch liegt dem Therapiekonzept der lokalen Wachstumsfaktorapplikation ein relativer Mangel an Wachstumsfaktoren, z. B. PDGF [49], ihre Inaktivierung durch Proteasen oder Einlagerung in Fibrinmanschetten in der Wunde zugrunde. So konnten Cooper et al. zeigen, dass die Konzentrationen von PDGF, bFGF, EGF und TGF-β in chronischen Wunden im Vergleich zu akuten Wunden vermindert sind [50]. Der Nachweis einer entsprechenden PDGF-Rezeptorexpression und eine Verbesserung der Heilung, die lokale Gabe von verschiedenen Wachstumsfaktoren (PDGF, bFGF, TGF-β1) in Modellen der gestörten Heilung [51] untermauern das therapeutische Konzept der Mediatorsubstitution. Ungelöst sind nach wie vor Fragen der optimalen Wachstumsfaktorkonzentrationen, Dosierungsintervalle und verwendete Vehikel. So benützten Puolakkainen et al [52] 4 verschiedene Trägersubstanzen bei der Applikation von TGF-β1 und zeigten je nach Vehikel eine signifikant unterschiedliche Freisetzung und biologische Wirksamkeit von TGF-β1. Seit 1986, als erstmalig von einem positiven Effekt lokal applizierter, autologer thrombozytärer Wachstumsfaktoren auf die Heilung chronischer Wunden beim Menschen berichtet wurde [53], sind eine Vielzahl klinischer Studien mit rekombinanten und autologen, thrombozytären Faktoren durchgeführt worden. Während einige Autoren von einer signifikanten Verbesserung der Heilung, z. B. mit PDGF bei Decubitaluclera bzw. EGF bei Spalthautentnahmestellen, berichten (54, 55), konnten andere keinen eindeutigen Effekt nachweisen (bFGF bei neuropathischen, diabetischen Fußulcera und IL-1β bei Decubitalsulcera) (56). Multizenterstudien reevaluieren gegenwärtig die therapeutischen Möglichkeiten der Anwendung verschiedener Wachstumsfaktoren, wie z. B. PDGF-BB
/4FQQ
oder TGF-β-3, zur Lokalbehandlung bei chronischen, nicht heilenden Wunden. Die häufig widersprüchlichen Ergebnisse der unterschiedlichen Studien sind zum Teil auf eine bislang nur geringe Berücksichtigung der unterschiedlichen pathophysiologichen Ursachen nichtheilender Wunden, der heterogenen Patientenpopulationen und der pharmakologischen Problemstellungen zurückzuführen. Eine Beurteilung der Wertigkeit der einzelnen Faktoren ist anhand der vorliegenden Studien nur schwer möglich. In den verschiedenen Studien finden sich unterschiedliche Patientenkollektive, Dosierungen und galenische Zubereitungen der verschiedenen Wachstumsfaktoren. Die unterschiedlichen Faktoren weisen verschiedene Eigenschaften bei der Stimulation des Granulationsgewebes bzw. der Epithelialisierung auf. Während EGF eher bei Wunden, die zur Epithelialisierung neigen (z. B. venöse Ulcera, Spalthautentnahmestellen), seine potentielle Anwendung findet, werden bFGF, TGF-β oder PDGF primär an Wunden untersucht, die vornehmlich durch Granulationsgewebebildung (z. B. tiefe Decubital- und diabetische Fußulcera) heilen. Trotz noch bestehender offener Fragen, z. B. hinsichtlich Dosierung, Dosierungsintervall und galenischer Zubereitung, ist PDGF-BB als erster und bislang einziger Wachstumsfaktor in den USA seit Ende 1997 für die topische Behandlung neuropathischer, diabetischer Fußulcera zugelassen. Bei einer bislang fehlenden Standardisierung der lokalen Behandlung dieser Ulcera kann aufgrund der gegenwärtigen Datenlage jedoch nur innerhalb kontrollierter klinischer Studien die Anwendung von PDGF-BB und anderer lokal applizierter Wachstumsfaktoren empfohlen werden. Diabetes mellitus als Beispiel für die multifaktorielle komplexe Genese gestörter Wundheilung Experimentell kommt es bei der Wundheilung unter diabetischen Stoffwechselbedingungen zu einer gestörten Heilung primär und sekundär heilender Wunden. Hierbei zeigen sich eine verminderte Bildung des Granulationsgewebes sowie eine reduzierte mechanische Festigkeit von Incisionswunden. Dieses Defizit kann durch frühzeitige Insulingabe teilweise oder ganz wieder ausgeglichen werden [57]. Histologisch findet man eine gestörte Epithelialisierung, Neovaskularisation und Granulationsbildung, die in der Entzündungsphase der Heilung mit einer verminderten IL-6-Anreicherung im Wundexsudat einhergehen. Auch die Wachstumsfaktoren PDGF, TGF-β und IGFI sowie NO sind in tierexperimentellen, diabetischen Wunden vermindert [58, 59]. Aus diabetischen Ulcera
8VOEIFJMVOHVOE*NNVOPMPHJF&JO¿VTTWPOJNNVOTVQQSFTTJWFS5IFSBQJF
isolierte Fibroblasten zeigen eine verminderte Proliferations- und Kollagensyntheserate [60]. Eine erhöhte Infektanfälligkeit diabetischer Wunden wird im Zusammenhang mit der seit langem bekannten verminderten Phagozytosefähigkeit von Makrophagen und Granulozyten diskutiert. Ob diese gestörte Phagozytosefähigkeit und der veränderte Kollagenmetabolismus lediglich auf erhöhte Glucosekonzentrationen zurückzuführen sind oder ob verschiedene metabolische Veränderungen (wie z. B. Proteinkinase C–Diacylglycerol Stoffwechselweg) sekundär zu einer Störung der Reparaturmechanismen führen, wird kontrovers diskutiert. [61]. Ebenso unklar ist, ob die bekanntermaßen kompromittierte humorale und zelluläre Immunität bei Diabetikern eine Bedeutung bei der Wundheilung hat. Therapeutisch führen bei experimentellen, diabetischen Wunden die lokale Applikation von EGF, PDGF, FGF und die systemische Gabe von Molsidomin, einer NO-feisetzenden Substanz, zu einer partiellen oder vollständigen Normalisierung der gestörten Heilung [62, 63]. Bei Applikation von bFGF konnte gezeigt werden, dass es hierbei zu einer vermehrten Stimulation von Entzündungszellen mit konsekutiver Erhöhung der TGF-β-Expression kommt. Auch die systemische Verabreichung von synthetischen, humanen Wachstumshormonen oder Arginin führt experimentell zu einer Verbesserung der Wundheilung diabetischer Tiere [64]. Der beim Wachstumshormon und Arginin zugrunde liegende Mechanismus ist jedoch unklar. Diskutiert wird neben einer Erhöhung der lokalen IGF1- bzw. NO-Konzentration auch eine unspezifische Stimulation des Immunsystems. Ergebnisse klinischer Untersuchungen zur Bedeutung des Diabetes mellitus als Risikofaktor einer Wundheilungsstörung bei primär heilenden Wunden sind widersprüchlich. Während einige Studien keinen Effekt beschreiben [65], ist in anderen Untersuchungen das Vorhandensein eines Diabetes mellitus in der univarianten Analyse ein Risikofaktor für vermehrte Wundkomplikationen [66]. Diese Zahlen wurden an verschiedenen Patientenkollektiven nach Abdominalund peripheren Gefäßeingriffen sowie nach Nierentransplantationen erhoben. Die Fallzahlen sind allerdings gering, sodass kleine Unterschiede nur schwer erfasst werden können. Beim gleichzeitigen Vorliegen weiterer Risikofaktoren, wie z. B. lokale Infektion oder Steroidmedikation, wurden auch in anderen Studien vermehrt Wundkomplikationen beobachtet, sodass ein erhöhtes Risiko einer gestörten Wundheilung bei diabetischen Patienten beim Vorhandensein weiterer Faktoren angenommen werden muss [65].
Ätiologisch kommt dem Diabetes mellitus eine besondere Bedeutung bei der Entstehung schlecht heilender Wunden am Fuß zu (diabetisches Fußsyndrom). Pathogenetisch unterscheidet man beim diabetischen Fußsyndrom den neuropathischen vom ischämischen Typ. Liegen beide Komponenten vor, spricht man vom Mischtyp. Beim neuropathischen Typ kommt es vor allem an druckexponierten Stellen des Fußes zu schmerzlosen Ulcera. Der ischämische Typ führt meist, ähnlich wie beim Vorliegen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit ohne Diabetes mellitus, zu acralen Nekrosen. Ob sich chronische Wunden anderer Genese, z. B. Decubitalulcera oder venöse Ulcera, unterscheiden, wird kontrovers diskutiert. Gemeinsam ist diesen chronischen Wunden meist ein persistierender entzündlicher Stimulus (z. B. wiederholtes Trauma, Ischämie und/oder bakterielle Kontamination). Dies führt zu einer anhaltenden Expression entzündlicher Zytokine (TNF-α, IL-β) und Bildung von MMP (z. B. MMP-9) unter gleichzeitiger Verminderung von MMP-Inhibitoren (TIMP-1) und einzelner Wachstumsfaktoren, wie PDGF [67]. Dieses Ungleichgewicht stimulierender und inhibierender Faktoren scheint entscheidend für eine mangelnde Heilung zu sein.
)JOXFJTFGSEJF1SBYJT
Bei Wundheilungsstörungen ist immer wichtig zu erkennnen, in welcher Phase sich die Wunde befindet und in welcher Phase die Störung auftritt: fehlendes Granulationsgewebe, fehlende Epithelialisierung, Narbenbildung etc. Kurzfristige Kortisonbehandlungen bewirken selten Wundheilungsstörungen. Längerfristige Kortisonbehandlungen jedoch schon. Bei Patienen mit Organtransplantationen sollte beachtet werden, dass immunsuppressive Therapie die Rate der Wundinfektion erhöhen und damit sekundär zu Wundheilungsstörungen führen kann.
1SGVOHTGSBHFO
1. Welche Wundheilungsphasen gibt es? 2. Welche Wachstumsfaktoren sind für die Epithelisierung, welche sind für die Angiogenese wichtig? 3. Welche Bedeutung haben Lymphozyten in der Wundheilung? 4. Welche Wachstumsfaktoren sind beim Diabetes mellitus vermindert vorhanden?
-JUFSBUVS <> Thornton FJ, Schäffer M, Barbul A (1997) Wound healing in sepsis and trauma. Schock 8: 391 <> Efron JE, Frankel HL, Lazarou SA, Wasserkrug HL, Barbul A (1990) Wound healing and T-lymphocytes. J Surg Res 48: 460 <> Schäffer M, Barbul A (1998) Lymphocyte function in wound healing and following injury. Br J Surg 85: 444 <> Downey GP (1994) Mechanisms of leukocyte motility and chemotaxis. Curr Opin Immunol 6: 113 <> Simpson DM, Ross R (1972) The neutrophilic leucocyte in wound repair: a study with anitneutrophil serum. J Clin Invest 51: 2009 <> Leibovich SJ, Ross R (1975) The role of the macrophage in wound repair. Am J Pathol 78: 71 <> Battegay (1995) Angiogenesis: mechanistic insights, neovascular diseases, and therapeutic aspects. J Mol Med 73: 333 <> DiPietro LA, Nissen NN, Gamelli RL, Koch AE, et al (1996) Thrombospondin 1 synthesis and function in wound repair. AM J Pathol 148: 1851 <> Gailit J, Clark RAF (1994) Wound repair in the context of extracellular matrix. Curr Opin Cell Biol 6: 717 <> Subramaniam M, Saffaripou S, Van de Water L, Frenette PS, et al (1997) Role of endothelial selectins in wound repair. Am J Pathol 150: 1701 <> Barbul A, Shaw T, Rotter SM, Efron J, et al (1989) Wound healing in nude mice: a study on the regulatory role of lymphocytes in fibroplasia. Surgery 105: 764 <> Thornton SC, Por SB, Walsh BJ, Penney R, Breit SN (1990) Interaction of immune and connective tissue cells: I. The effect of lymphokines and monokines on fibroblast growth. J Leukoc Biol 47: 312 <> Deuel TF, Kawahara RS, Mustoe TA, Pierce AF (1991) Growth factors and wound healing: Platelet-derived growth factor as a model cytokine. Annu Rev Med 42: 567 <> Feng JJ, Hussain MZ, Constant J, Hunt TK (1998) Angiogenesis in wound healing. J Surg Pathol 3: 1 <> Duncan MR, Berman B (1985) γ-Interferon is the lymphokine and β-interferon the monokine responsible for inhibition of fibroblast collagen production and late not early fibroblast proliferation. J Exp Med 162: 516 <> Beer HD, Longaker MT, Werner S (1997) Reduced expression of PDGF and PDGF receptors during impaired wound healing. J Invest Dermatol 109: 132 <> Nwomeh BC, Liang HX, Diegelmann RF, Cohen K, Yager DR (1998) Dynamics of the matric metalloproteinases MMP-1 and MMP-8 in acute open human dermal wound. Wound Rep Reg 6: 127 <> Moses MA, Marikovsky M, Harper JW, Vogt P, et al (1996) Temporal study of the activity of matrix metalloproteinases an their endogenous inhibitors during wound healing. J Cell Biochem 60: 379 <> Yager DR, Zhang LY, Liang HX, Diegelmann RF, Cohen IK (1996) Wound fluids from human pressure ulcers contain elevated matrix m metalloproteinases levels and activitiy compared to surgical wound fluids. J Invest Dermatol 107: 743 <> Witte MB, Thornton FJ, Kiyama T, Efron DT, et al (1998) Metalloproteinase inhibitors and wound healing: a novel enhancer of wound strength. Surgery 124: 464
/4FQQ <> Schäffer M, Efron PA, Thornton FJ, Klingel K, et al (1997) Nitric oxide, an autokrine regulator of wound fibroblast synthetic function. J Immunol 158: 2375 <> Witte MB, Schäffer M, Barbul A (1996) Phenotypic induction of nitric oxide is critical for synthetic function in wound fibroblasts. Surg Forum 46: 703 <> Iuvone T, Carnuccio R, DiRosa M (1994) Modulation of granuloma formation by endogenous nitric oxide. Eur J Pharmacol 265: 89 <> Yamasaki K, Edington HDJ, McClosky C, Tzeng E et al (1998) Reversal of impaired wound repari in iNOS-feicient mice by topical adenoviral-mediated iNOS gene transfer. J Clin Invest 101: 967 <> Schäffer M, Fuchs N, Proksch B, Bongartz M et al (1998) Tacrolimus impairs wound healing. Transplantation 65: 813 <> Schäffer M, Tantry U, Efron PA, Ahrendt G et al (1997) Diabetes-impaired healing and reduced wound nitric oxide synthesis: a possible pathophysiologic correlation. Surgery 121: 513 <> Witte MB, Thornton FJ, Kiyama T, Efron DT et al (1998) Metalloproteinase inhibitors an wound healing: a novel enhancer of wound strength. Surgery 124: 464 <> Schäffer M, Beiter T, Becker HD, Hunt TK (1998) Neuropeptides: Mediators of inflammation and tissue repair? Arch Surg 133: 1107 <> Wollina U, Bonnekoh B, Klinger R, Wetzker R, Marhle G (1992) Vasoactive intestinal peptide (VIP) acting as a growth factor for human keratinocytes. Neuroendocrinol Lett 14: 21 <> Fan T-PD, Hu D-E (1991) Modulation of angiogenesis by inflammatory polypeptides. Int J Radiat Biol 60: 71 <> Lewis T, Marvin H (1927) Observations relating to vasodilatation arising from antidromic impulses, to herpes zoster and trophic effects. Heart 14: 27 <> Spevak S, Shekhter A, Hilse H, Oehme P, Soloveva A (1989) Aspects of wound healing in spontaneous hypertensive rats. The effect of morphine, substance P and ist fragments SP 1 – 4. Biull Eksp Biol Med 107: 729 <> Ehrlich HP, Hunt TK (1968) Effects of cortisone and vitamine A on wound healing. Ann Surg 167: 324 <> Meisler N, Keefer KA, Ehrlich HP, Yager DR et al (1997) Dexamethasone abrogates the fibrogenic effect of TGF-beta in rat granuloma and granulation tissue fibroblasts. J Invest Dermatol 108: 285 <> Mileski WJ, Rege RV, Joehl RJ, Nahrwold DL (1990) Rats of morbidity and mortality after closure of loop and end colostomy. Surg Gynecol Obstet 171: 17 <> Wengrowitz M, Atnip RG, Gifford RRM, Neumyer MM, et al (1990) Wound complications of autogenous subcutaneous infrainguinal arterial bypass surgery: predisposing factors an d management. J Vasc Surg 11: 156 <> Makela JT, Kiviniemi H, Juvonen T, Laitinen S (1995) Factors influencing wound dehiscenece after midline laparotomy. Am J Surg 170: 387 <> White TJ, Santos MC, Thompson JS (1998) Factors affecting wound complications in repair of ventral hernias. Am Surg 64: 276 <> Schäffer M, Fuchs N, Proksch B, Bongartz M et al (1998) Tacrolimus impairs wound healing. Transplantation 65: 813 <> Green M, Tzakis A, Reyes J, Nour B, et al (1991) Infectious complications of pediatric liver transplantation under FK 506. Transplant Proc 23: 3038
8VOEIFJMVOHVOE*NNVOPMPHJF&JO¿VTTWPOJNNVOTVQQSFTTJWFS5IFSBQJF <> Mustoe TA, Pierce GF, Thomason A, Gramates P et al (1987) Accelerated healing of incisional wounds in rats induced by transforming growth factor-β. Science 237: 1333 <> Shah M, Foreman DM, Feruson MWJ (1994) Neutralizing antibody toTGF-β-1/-2 reduces cutaneous scarring in adult rodents. J Cell Science 107: 1137 <> Okumara M, Okuda T, Nakamura T, Yajima M (1996) Effect of bFGF on wound healing in healing-impaired animal models. Arzneimittelforschung 46: 547 <> Corral CJ, Siddiqui A, Wu L, Farrell CL, Lyons D et al (1999) VEGF is more impotant than bFGF during ischemic wound healing. Arch Surg 134: 200 <> Werner S, Smola H, Liao X, Lonaker MT et al (1994) The function of KGF in morphogenesis of epithelium and re-epithelialization of wounds. Science 266: 819 <> Miles RH, Paxton TP, Zachais D, Dries DJ, Gamelli RL (1994) Systemic administration of interferon-gamma impairs wound healing. J Surg Res 56: 228 <> Regan MC, Kirk SJ, Hurson M, Sodeyama M et al (1993) Tumor necorsis factor-α inhibitis in vivo collagen synthesis. Surgery 113: 173 <> Bettinger DA, Pellicane JV, Tarry WC, Yager DR et al (1994) The role inflammatory cytokines in wound healing: Accelerated healing in endotoxin-resistant mice. J Trauma 36: 810 <> Beer HD, Longaker MT, Werner S (1997) Reduced expression of PDGF and PDGF receptors during impaired wound healing. J Invest Dermatol 109: 132 <> Cooper DM, YU ZE, Hennessey P, Ko F, Robson MC (1994) Determination of endogenous cytokines in chronic wounds. Ann Surg 219: 688 <> Davidson JM, Broadley KN, Quaglino D Jr (1997) Reversal of the wound healing deficit in diabetic rats by combined basic fibroblast growth factor and transforming growth factor-β1-thrapy. Wound Rep Reg 5: 77 <> Puolakkainen PA, Twardzik Dr, Ranchalis JE, Pankay SC et al (1995) The enhancement in wound healing by transforming growth factor-β1 depends on the topical delivery system. J Surg Res 58: 321 <> Knighton Dr, Fiegel VD, Austin LL, Ciresi KF, Butler EL (1986) Classification on treatment of chronic nonhealing wounds. Ann Surg. 204: 322 <> Brown GL, Nanney LB, Griffen J, Cramer AB et al (1989) Enhancement of wound healing by topical treatment with epidermal growth factor. N Eng J Med 321: 76 <> Robson MC, Phillips LG, Thomason A, Altrock BW et al (1992) Recombinant human platelet-derived growth factor-BB for the treatment of chronic pressure ulcers. Ann Plast Surg 29: 193 <> Richard J-L, Pruer-Richard C, Daures J-P, Clouet S et al (1995) Effect of topical basic fibroblast growth factor on the healing of chronic diabetic neuropathic ulcer of the foot. Diabetes Care 18: 64 <> Andreassen TT, Oxlund H (1987) The influence of experimental diabetes and insulin treatment on the biochemical properties of rat skin incisional wounds. Acta Chir. Scand 153: 405 <> Doxey DL, Ng MC, Dill RE, Iacopino AM (1995) Platelet-derived growth factor levels in wounds of diabetic rats. Life Sci 57: 1111 <> Schäffer M, Tantry U, Efron PA, Ahrendt G et al (1997) Diabetes-impaired healing and reduced wound nitric oxide synthesis: a possible pathophysiologic correlation. Surgery 12: 513
<> Hehenberger K, Katz G, Hansson A, Brismar K (1998) Fibroblasts derived from human chronic diabetic wounds have a decreased proliferation rate, which is recovered by the addition of heparin. J Dermatol Sci 16: 144 <> Kamal K, Powell RJ, Sumpio BE (1996) The pathophysiology of diabetes mellitus: simplications for surgeons. J Am Coll Surg 183: 271 <> Albertson S, Hummel RP, Breeden M, Greenhalgh DG (1993) PDGF und FGF reverse the healing impairement in proteinmanourihed diabetic mice. Surgery 114: 368 <> Witte MB, Thornton F, Kiyama T, Tantry U, Barbul A (1997) Nitric oxide enhances wound collagen deposition in diabetic rats. Surg Forum 47: 665 <> Seyer-Hansen M, Andreassen T, Jorgensen PH, Oxlund H (1993) Influence on biosynthetic human growth hormon on the biochemical strength development in skin incisional wounds on diabetic rats. Eur Surg Res 25: 162 <> Makela JT, Kiviniemi H, Juvonen T, Laitinen S (1995) Factors influencing wound dehiscence after midline laparotomy. Am J Surg 170: 387 <> Wengrovitz M, Atnip RG, Gifford RRM, Neumyer MM et al (1990) Wound complications of autogenous subcutaneous infrainguinal arterial bypass surgery: predisposing factors and management. J Vasc Surg 11: 156 <> Mast BA, Schultz GS (1996) Interactions of cytokines, growth factors, and proteases in acute and chronic wounds. Wound Rep Reg 4: 411 <> Kuppahally S, Al-Khaldi A, Weisshaar D, Valantine H A, Oyer P, Robbins R C, Hunt S A (2006) Wound healing complications with De Novo sirolismus versus mycophenolate mofetilbased regimen in cardiac transplant recipients. Am J Transplant 6: 986 <> Gallucci RM, Sugawara T, Yucesoy B, Berryann K, Simeonova PP, Matheson JM, Luster MI (2001). Interleukin-6 treatment augments cutaneous wound healing in immunsuppressed mice. ] J Interferon Cytokine Res 21(8): 603 <> Stephen R. Tan, MD, FRCPC, Tope D, MPhil, MD (2004). Effect of Acitretin on wound healing in organ transplant recipients. Dermatol Surg 30: 667 <> Kahn D, Spearman C.W, Mall A, Shepherd E, Engelbrecht G, Lotz Z, Tyler M (2005) The effect of rapamycin on the healing of the ureteric anastomosis and wound healing. Transplant Proc 37(2): 830 <> Guilbeau JM (2002) Delayed wound healing with sirolimus after liver transplant. Ann Pharmacother 36(9): 1391 <> Schäffer M, Becker HD (1999) Immun regulation of wound healing. Chirurgie 70: 897
,BQJUFM
7FSCSFOOVOHVOE7FSCSFOOVOHTCFIBOEMVOH -1,BNPM[ )"OEFMVOE.'SFZ
"MMHFNFJOFT
Verbrennungen und Verbrühungen sind thermische Schädigungen der Haut, der Hautanhangsgebilde und eventuell auch tiefer liegender Gewebe; eine Verbrennung ist eine Schädigung durch Feuer oder Kontakt mit heißen Gegenständen, eine Verbrühung hingegen durch heiße Flüssigkeiten oder Dampf. Je nach Intensität und Art des einwirkenden thermischen Mediums kommt es zur Ausbildung der Verbrennungswunde in unterschiedlichen Schweregraden. Das Ausmaß der Schädigung ist abhängig von ■ Temperatur, ■ Einwirkungsdauer, ■ Art der Wärmequelle. Entscheidend für die Schwere der Verbrennung/Verbrühung sind vor allem zwei Faktoren: ■ Verbrennungsgrad, ■ Verbrannte Körperoberfläche. %JF7FSCSFOOVOHTXVOEF Die Haut ist die Grenze des Körpers zur Umwelt und besteht aus 3 Schichten: Unterhaut (Subkutis): ist eine mechanische Verschiebeschicht, dient der Fettspeicherung und Wärmeisolierung. Lederhaut (Corium/ Dermis): Sie besteht aus faserreichem Bindegewebe und verfügt über ein Nerven und Gefäßsystem. Die Dermis wird unterteilt in »stratum papillare« und »stratum reticulare«. Das außen gelegene »stratum papillare« dient der Versorgung der selbst gefäßlosen Epidermis. Das darunter gelegene »stratum reticulare« fängt Scherkräfte auf. Oberhaut (Epidermis): Sie besteht aus einem mehrschichtigen, verhornenden Plattenepithel. Getrennt werden die beiden Gewebe durch die »lamina basalis«. Die Dicke der Epidermis liegt, je nach Kör-
perregion, zwischen 0,04–0,4 mm. Sie besteht zu 90 % aus den eigentlichen »Epidermiszellen«, den Keratinozyten. Die Epidermis ist ebenfalls schichtweise aufgebaut und besteht von innen nach außen aus: dem »stratum basale«, »stratum spinosum«, »stratum granulosum«, »stratum lucidum« und »stratum corneum«. Dieser Schichtaufbau ist morphologischer Ausdruck von schrittweise ablaufenden Differenzierungs- und Reifungsprozessen, die mit einer zunehmenden Zellverhornung einhergehen. Die Transitzeit eines hochwandernden, sich differenzierenden Keratinozyten beträgt bei gesunder Haut ca. vier Wochen. Je nachdem welche Schichten der Haut von der Schädigung betroffen sind, unterscheidet man zwischen I°–III° Verbrennungen. Das Ausmaß der Verbrennung ist abhängig von der Hitze und der Einwirkungsdauer. Der Gewebeschaden beginnt bei 40–44 °C, wobei der Zelltod ab etwa einer Temperatur von 45 °C und einer Einwirkzeit von einer Stunde zu erwarten ist. Je höher jedoch die Temperatur ist, desto geringere Einwirkzeiten sind notwendig um einen irreversiblen Zellschaden zu erzielen. So kommt es bei Temperaturen von 70 °C bereits innerhalb von 1–2 sek zu einer III° Verbrennung. Histomorphologisch lassen sich bei Verbrennungen drei Zonen unterscheiden. Im Zentrum des Geschehens steht die Nekrosezone. Daran angrenzend folgt die Zone der Stase, die in eine Zone der Hyperämie übergeht. In der Stasezone herrscht eine verbrennungsbedingte Kapillarschädigung, die zu einer vermehrten Gefäßdurchlässigkeit führt. Bestandteile des Blutes, die normalerweise die Gefäßwand nicht durchdringen, können jetzt in das umliegende Gewebe austreten. Ab etwa 20 % verbrannter Körperoberfläche
bei Erwachsenen ist mit dem Auftreten der »Verbrennungskrankheit« zu rechnen. Hauptsymptom der Verbrennungskrankheit ist das Auftreten eines, auf etwa 24 Stunden nach dem Trauma beschränkten, generalisierten »capillary leak syndromes«. Konsekutiv kommt es zum Auftreten von einem generalisierten interstitiellen Ödem, das durch das Ausströmen von intravasalem Volumen in das Gewebe verursacht wird. Direkte Folge ist das Auftreten eines »Missverhältnisses von intravasalem Flüssigkeitsvolumen und intravasalem Flüssigkeitsbedarf« = Schock. Dieser Schockzustand führt zu einer peripheren Vasokonstriktion mit einer weiteren Verschlechterung der Hautdurchblutung. Als Folge der Verschlechterung der peripheren Durchblutung kommt es zum sogenannten »Nachbrennen«, einer Verschiebung der Nekrosezone in Richtung Stasezone. %JF7FSCSFOOVOHTLSBOLIFJU Das »Thermische Trauma« führt in Abhängigkeit von seiner Tiefe und Ausdehnung nicht nur zu einer örtlichen Gewebeschädigung, sondern löst eine Vielzahl Vorgänge aus, die in einen Verbrennungsschock einmünden, dessen Spätkomplikation die Verbrennungskrankheit ist. Bei einer Verbrennungstiefe ab II° und einer Verbrennungsfläche von mehr als 20 % beim Erwachsenen, 10 % bei Kindern oder 5 % bei Säuglingen muss mit der Entstehung eines Verbrennungsschocks und somit mit einer lebensbedrohlichen Störung für den Patienten gerechnet werden. Die örtliche Schädigung der Haut führt, insbesondere bei ausgedehnten Verbrennungen, zu komplexen Regulations- und Funktionsstörungen, die alle Organe und Organsysteme betreffen können. Diese Krankheit kann noch Tage bis Wochen nach dem Unfallereignis lebensbedrohliche Krisen auslösen. Eine nicht zu vernachlässigende Gefahr ist die Infektion, die sich vor allem in der Phase der Verbrennungskrankheit negativ auf den Heilungsprozess auswirken kann. Bei weit mehr als der Hälfte aller Todesfälle infolge von Verbrennungen sind Infektionen die Ursache. Nach Ablauf einer Woche kann man davon ausgehen, dass jede Brandwunde infiziert ist. Mikroorganismen finden auf der Brandwunde ideale Nährstoffe vor. Die natürliche Barriere ist zerstört, die allgemeine Abwehrlage deutlich herabgesetzt und die Durchblutung minimiert. Diese Mangeldurchblutung verhindert auch, dass im Blut vorhandene Abwehrmechanismen herantransportiert werden können. Generell sind die unspezifischen und spezifischen Abwehrmechanismen stark beeinträchtigt.
-1,BNPM[ )"OEFMVOE.'SFZ
Die Schwere einer Verbrennungskrankheit wird in den ersten Stunden und Tagen mitentscheidend vom Zeitpunkt und der Qualität der Erstversorgung bestimmt. Durch das Verbrennungstrauma wird auch der Grundumsatz des Patienten tiefgreifend verändert. Infolge des Flüssigkeits- und Nährstoffverlustes sowie durch die reparativen Vorgänge ist der Grundumsatz extrem erhöht, was innerhalb kurzer Zeit zur Erschöpfung der eigenen Körperreserven führt. Die Erhöhung der Stoffwechselrate ist nach einer schweren Verbrennung höher anzusetzen als nach jeder anderen Verletzung. Doch aus dem oben Gesagten ergeben sich wesentliche Ansatzpunkte für die Therapie. Wichtigste therapeutische Maßnahmen sind ■ Vermeidung des Verbrennungsschocks durch geeignete Flüssigkeitssubstitution, ■ möglichst frühzeitige Nekrosektomie und Deckung, ■ Optimierung der Ernährung des Patienten, insbesondere durch frühzeitige enterale Ernährung, ■ Prävention septischer Komplikationen. 7FSCSFOOVOHTHSBE Die Einteilung der Tiefe erfolgt meist in drei Verbrennungsgrade: Grad I: Rötung, Schmerzen, Schwellung (wie ein Sonnenbrand). Heilt ohne Intervention (konservativ) – kein Zellschaden Grad II: Blasenbildung (Rötlich-Weißlich), Schmerzen, Schwellung. Bedarf ärztlicher Begutachtung und eventuell chirurgischer Intervention (Die genaue Unterteilung in IIa und IIb ist für den Laien oder Anfänger sehr schwierig und sollte daher von einer/einem auf dem Gebiet der Verbrennungsbehandlung erfahrenen Arzt/Ärztin gestellt werden.) IIa°: Blasenbildung, stark schmerzhaft, Rötung wegdrückbar. Schädigung Epidermis und oberflächlicher Dermis. IIb°: Blasenbildung, schmerzhaft,Rötung nicht wegdrückbar. Schädigung Epidermis und Dermis mit Erhalt von Haarfolikel und Hautanhängsel. IIa-gradige Verbrennungen heilen spontan ab, während IIb-gradige einer chirurgischen Intervention bedürfen. Grad III: Grau-Schwarz-Weiß, lederartige Hautgebiete, keine Schmerzen, Verlust der Haare und Nägel. Bedarf ärztlicher Begutachtung und chirurgischer Intervention. Die genaue und exakte Tiefenbestimmung sollte immer durch eine/n mit Brandverletzungen erfahrene/n Arzt/in gestellt werden.
7FSCSFOOVOHVOE7FSCSFOOVOHTCFIBOEMVOH
In Anbetracht dieser Situation empfiehlt es sich generell bei Kindern oder fleckförmigen Verletzungen das Ausmaß der Schädigung nach der folgenden Faustregel festzulegen: Die Handfläche des Patienten entspricht 1 % seiner Körperoberfläche! %JF5IFSBQJFWPO#SBOEWFSMFU[VOHFO "CCJMEVOH
Erstversorgung: Nach Unterbrechung der Hitzeeinwirkung durch Ersticken der Flammen (z. B. Decke CAVE kein Kunststoff) erfolgt die weitere Versorgung nach der »ABC-Regel«. Nach Sicherung der kardiorespiratorischen Funktion erhält der Patient, wenn vorhanden, immer eine Sauerstoffmaske und 1–2 möglichst großlumige intravenöse Zugänge. Die Fixation mittels Leukoplast ist hierbei meist nicht ausreichend, es empfiehlt sich eine zusätzliche Sicherung der Zugänge mit einer halbelastischen Binde. Wesentlich ist weiters eine adäquate Analgesie, da Stress und Schmerz nicht nur ein Tieferwerden der Verbren"CCJMEVOH nung, sondern auch eine Verschlechterung der durch die Brandverletzung beeinträchtigten Immunsituation verursacht. Je nach Ausmaß der Brandverletzung #FSFDIOVOHEFS7FSCSFOOVOHT¿jDIF ist eine Kühlung der Brandwunden mit Wasser oder Die Ausdehnung einer Verbrennung wird beim Er- feuchten Tüchern zu empfehlen. Eine Genaue Abwachsenen mit der so genannten Neuner-Regel be- schätzung des Verbrennungsausmaßes ist am Unfallstimmt, nach der den einzelnen Körperregionen ent- ort meist sehr schwierig. Wichtig ist ein Inhalationstrauma und die damit eventuell verbundene Indikation sprechende prozentuelle Anteile zugeordnet werden. Bei Kindern verliert die Neuner-Regel ihre Gültig- zur Intubation zu erkennen. Bei Patienten ohne Inhalationstrauma oder ohne Gesichtsbeteiligung wird keit, da sich das Verhältnis von Kopf und Extremitäten die Intubation erst ab etwa 60 % verbrannter Körzum Körperrumpf gegenüber dem Erwachsenen völlig peroberfläche empfohlen. anders verhält. Wichtig ist die Dokumentation des genauen Unfallzeitpunktes 9er Regel nach Wallace und Unfallherganges. Im Schocka) Erwachsener raum erfolgt zunächst die genaue b) Kind Beurteilung des Ausmaßes der c) Kleinkind Verletzung. Um ein weiteres Ab &"$)4& ".% kühlen der zu diesem Zeitpunkt meist hypothermen Patienten zu verhindern, sollte die Raumtemperatur zwischen 26 °C und 35 °C betragen. Patienten mit Verbrennungen bis etwa 20 % KOF benötigen meist keinen zentralen Zugang und kein arterielles Monitoring. Zwischen 20 %–40 % verbrannter Körperoberfläche ist das Anle"CCJMEVOH
gen eines zentralen und eines arteriellen Zuganges zu empfehlen, bei über 40% verbrannter Körperoberfläche hat sich, aufgrund einer direkten myokardialen Beeinträchtigung als Folge des Traumas, ein erweitertes hämodynamisches Monitoring als günstig erwiesen. In dieser ersten Phase der Verbrennungserkrankung kann bzw. sollte man zum Setzen von zentralvenösen Kathetern verbranntes Gewebe wählen. Zu diesem Zeitpunkt ist, im Gegensatz zu später, die Nekrose nicht keimbesiedelt. Da gerade bei großflächigen Brandverletzten die sonst üblichen Zugangswege von den Verbrennungen betroffen sind, hat es sich als günstig erwiesen, unverbrannte Areale für den weiteren Behandlungsverlauf zu reservieren. Neben einer Fortführung der Volumentherapie und adäquaten Analgesie sollte ein Magenschutz, ein peripher wirksames Analgetikum, Tetanus aktiv/passiv (in Abhängigkeit von dem bestehenden Impfschutz), sowie eine Heparinisierung erfolgen. Die Gabe von Radikalfängern (z. B. Vitamin C) und Antioxidantien ist nicht generell anerkannt bzw. derzeit als experimentell einzustufen. Eine Antibiose ist zu diesem Zeitpunkt international nicht üblich und erfolgt im Regelfall erst perioperativ bei der ersten Nekrosektomie. Allerdings werden multiple Abstriche abgenommen, um die Keimsituation des Patienten abschätzen zu können. Bei Verdacht auf Vorliegen eines Inhalationstraumas wird eine Bronchoskopie zur Abschätzung der Läsion durchgeführt (im Rahmen derer ebenfalls eine Bakteriologie abgenommen werden sollte). Aufnahmeblute bei schwer verbrannten Patienten sollten zumindest Blutbild, Blutgerinnung, CK, CK Mb, Myoglobin, KOD, Laktat, sowie einen ASTRUP mit Bestimmung des CO-Hb Gehaltes umfassen. Zirkuläre Verbrennungen müssen aufgrund der Gewebsschrumpfung gespalten werden (Escharotomie, Fasziotomie), da sonst die Entstehung eines Kompartment-Syndromes droht. Bei zirkumferenten Verbrennungen des Rumpfes ist sonst, ohne eine derartige Entlastung, das (Be)atmen des Patienten binnen kürzester Zeit unmöglich. Wenn zu erwarten ist, dass der Patient nicht ausreichend viele Kalorien zu sich nehmen wird, sollte eine Ernährungssonde gelegt werden. Hierbei sollte einer Duodenalsonde der Vorzug gegeben werden, da der Kostaufbau verlässlicher durchgeführt werden kann und später während häufiger Verbandwechsel (in Sedoanalgesie) keine 6-stündige Nüchternheitsgrenze eingehalten werden muss. Innerhalb der ersten 8 Stunden nach Trauma ist in der Literatur die sogenannte »Sofortnekrosektomie«
-1,BNPM[ )"OEFMVOE.'SFZ
beschrieben. Durch Verminderung der Nekrosemenge und Verringerung der mediatorinduzierten Ödemphase wird ein günstiger Einfluss auf den Krankheitsverlauf beschrieben. Die ersten 24 Stunden nach dem Trauma sind in erster Linie durch eine Zunahme des interstitiellen Ödems und einen hohen Volumenbedarf des Patienten gekennzeichnet. Die begonnene Volumentherapie wird nun individuell den Bedürfnissen der Patienten angepasst. Speziell beim Vorliegen eines Inhalationstraumas oder nach Fasziotomie wird der Volumenbedarf (Baxter-Formel) häufig unterschätzt. Mit Hilfe der Formeln nach Harris-Benedikt oder Curreri lässt sich der Kalorienbedarf Brandverletzter abschätzen. Eine hyperkalorische (enterale) Ernährung stellt einen wesentlichen Bestandteil der Behandlung schwer brandverletzter Patienten dar, da sie die Voraussetzung für eine gute Wundheilung bildet. Generell sollte die Therapie dieser Patienten möglichst optimale Voraussetzungen für die Wiederherstellung des Wundverschlusses bieten. Deshalb sollte auf Vasokonstriktoren, die zu einer Verminderung der Hautdurchblutung führen, verzichtet werden. Neben der Harnmenge stellt der Verlauf des Hk einen guten Verlaufsparameter für das intravasale Volumen dar. Die zweiten 24 Stunden sind, nach Verschluss des »capillary leaks«, durch den beginnenden »Rückshift« des interstitiell eingelagerten Volumens gekennzeichnet. Zu diesem Zeitpunkt kann mit der Substitution von Humanalbumin begonnen werden, das über die Verbrennungswunden verloren geht. Im eigenen Bereich wurde der Zielbereich für die Eiweißsubstitution mit einem KOD zwischen 12 mm Hg und 16 mm Hg festgelegt. Bei schwer brandverletzten Patienten beträgt der KOD zum Ende der ersten 24 Stunden etwa 6 mm Hg. Der niedrigste im eigenen Bereich gemessene KOD betrug 2 mm Hg. Als Richtwert für den Volumenbedarf ist etwa von der Hälfte der ersten 24 Stunden auszugehen. Bei großflächig verbrannten Patienten ist eine engmaschige Kontrolle der Volumensituation wichtig, da es aufgrund hoher Rückshiftmengen zu einer Überladung des rechten Herzens bei inadäquater Diurese kommen kann. Therapeutisches Ziel der zweiten 24 Stunden ist das »Trockenlegen« des Gewebes, um möglichst optimale Voraussetzungen für die Nekrosektomie zu schaffen. Gelingt es nicht das Gewebsödem zu reduzieren, ist mit einem erhöhten Blutbedarf und einer schlechteren Abgrenzbarkeit der Nekrose zu rechnen.
7FSCSFOOVOHVOE7FSCSFOOVOHTCFIBOEMVOH
Am 3. postoperativen Tag erfolgt in der Regel die erste Nekrosektomie. Je nach Tiefe der Verbrennung stellt sich die Indikation zur »tangentialen« – nur die obersten Hautschichten unter Zurücklassen von tiefen vitalen Coriumschichten – und der »epifaszialen« Nekrosektomie, die bis auf die Muskelfaszie reicht. Die tangentielle Nekrosektomie verursacht zwar einen wesentlich höheren Blutbedarf, ermöglicht aber deutlich mehr Deckungsmöglichkeiten und bessere Spätergebnisse. Das Ausmaß der Nekrosektomie wird einerseits durch den Allgemeinzustand des Patienten, andererseits durch den Blutverlust limitiert. Die Planung der Operationen ist daher gemeinsam von Chirurgen und Anästhesisten/ Intensivmedizinern durchzuführen, wobei der Patient innerhalb der ersten 11 Tage nach Trauma ausoperiert sein sollte (Frühnekrosektomie). Bei der Spalthautentnahme ist darauf zu achten, dass potentielle Zugangswege zu zentralen Venen ausgespart bleiben sollten, da durch gesunde Haut gelegte Katheter ein geringeres Infektionsrisiko darstellen. Generell ist die Häufigkeit von katheterassoziierten Infektionen bei Brandverletzten um 30 %–50 % höher als bei vergleichbaren Intensivpatienten. Die weitere intensivmedizinische Behandlung hat das Ziel, einen möglichst schnellen Wundverschluss zu erzielen. Hierfür ist nicht nur eine optimale Wundpflege sondern auch eine Protegierung der peripheren Durchblutung von wesentlicher Bedeutung. Im Laufe der Behandlung ist eine zunehmende Keimbesiedelung der Wundflächen nicht zu vermeiden. Dadurch kommt es immer wieder zu Bakteriämien, die erst mit Zuwachsen der Haut enden. Vasokonstriktoren sind zurückhaltend zu verwenden, da sie die periphere Durchblutung und damit die Wundheilung ungünstig beeinflussen. Neben einer rationalen Antibiotika-Therapie nach Antibiogramm stellt die adäquate Ernährung einen wesentlichen weiteren Faktor für die Wundheilung dar.
dender Bedeutung für die Planung der Behandlung. Eine wichtige Entscheidung bei der Behandlung von Verbrennungen stellt die exakte Tiefenbestimmung und die exakte Bestimmung der Ausdehnung dar. Traditionsgemäß beruht dies auf der zuvor beschriebenen klinischen Untersuchung. (a) Verbrennung I. Grades (entspricht einem starken Sonnenbrand) Die Behandlung beschränkt sich auf das Auftragen heilungsfördernder Salben. Die Heilung erfolgt ohne Narbenbildung. Es sind keine Folgeschäden zu erwarten. (b) Verbrennung Grad IIa (Wunde mit Blasenbildung) Die Ziele sind: ■ Schutz der Wunde vor Infektion, bei oberflächlichen Verbrennungen (Grad IIa) Selbstheilung des Körpers (Reepithelisierung) ausnutzen. Diese dauert je nach Ausmaß der Verbrennungsfläche 7–15 Tage. Desinfizierende Verbände sind notwendig. Die Verbände sollten in bestimmten Abständen gewechselt werden, um eine lokale Keimreduktion durch desinfizierende Mittel zu erreichen. ■ Schaffung idealer Heilungsbedingungen; Ruhigstellung, Schmerztherapie. (c) Verbrennung Grad IIb und III Die Standardtherapie bei tief zweit- gradigen und drittgradigen Verbrennungen ist die frühzeitige Operation, wobei das verbrannte Areal entfernt (Nekrosektomie) und je nach Tiefe und Ausdehnung gedeckt wird. Zur definitiven Deckung von Verbrennungswunden dienen in erster Linie Spalthauttransplantate. Diese werden in aller Regel, im Verhältnis 1:1,5 bis 1:3 in Ausnahmefällen auch 1:6 oder 1:9 mit einem geeigneten Gerät »gemesht«.
$IJSVSHJTDIF#FIBOEMVOHBLVUFS7FSCSFOOVOHFO
Das Verbrennungstrauma stellt eine der komplexesten Verletzungen dar, wobei es infolge des Traumas zu zahlreichen physiologischen, metabolischen und immunologischen Reaktionen und Veränderungen kommt. Unabhängig von der Ursache für das Trauma ist eine exakte Schwerebeurteilung von entschei-
"CC )FSTUFMMVOHFJOFT(JUUFSUSBOTQMBOUBUFT .FTI(SBGU
Eine Expansionsrate jenseits von 1:3 hat sich als schwer handhabbar erwiesen und verlängert die Reepithelisationszeit. Sie ist vor allem aber auch unter ästhetischen und funktionellen Gesichtspunkten bestenfalls ein Kompromiss. Der Größengewinn durch das »Meshen« des Transplantates ist allerdings gering. Studien konnten nachweisen, dass ein Gittertransplantat (Mesh) von 1:1,5 etwa 80% der entnommenen Fläche als brauchbare Transplantatmenge liefert. Erst ein Mesh im Verhältnis 1:3 liefert rund 50% mehr Transplantatfläche zur Deckung, als es der Entnahmestelle flächenmäßig entspricht. 1:6 und 1:9 gemeshte Haut wird häufig in Kombination mit Keratinozyten oder Spenderhaut als sogenanntes »Sandwich« verwendet oder eher mit der Technik nach Meek möglich. Vollhauttransplantate sind bei ausgedehnten Verbrennungen meist nur in geringer Menge zu gewinnen. Andererseits gewährleisten sie jedoch als einzige Transplantatform ein Minimum an Schrumpfung und die Übertragung von Hautanhangsgebilden, sodass sie sich für die Transplantation rund um die Körperöffnungen, vor allem Mund und Lider, eignen. Tief dermale Verbrennungen und Verbrühungen werden aber auch an einigen Zentren mit Keratinozyten (gezüchtete Hautzellen) gedeckt. Bei freiliegenden Sehnen oder Knochen bedarf es der Deckung mit Lappenplastiken (gestielte und freie Lappenplastiken). Neben intensivmedizinischen Maßnahmen (künstliche Beatmung, medikamentöse Unterstützung des Kreislaufs, künstliche Ernährung) sind Operationen, bei größerem Ausmaß auch in Etappen notwendig, um primär abgestorbene Hautpartien zu entfernen. Hauttransplantationen dienen einem Wundverschluss und ersetzen die abgestorbenen Hautanteile. Die dazu notwendige Haut wird als Spalthaut direkt vom Patienten
"CC "MMPHFOF4QBMUIBVU[VSWPSCFSHFIFOEFO%FDLVOH
-1,BNPM[ )"OEFMVOE.'SFZ
in einer sehr dünnen Schicht entnommen. Die Spenderareale heilen ähnlich einer Schürfwunde in 10–14 Tagen von selbst ab. Ist die Möglichkeit der ausreichenden Eigenhauttransplantation nicht gegeben (zu wenig Entnahmemöglichkeiten bei ausgedehnten Verbrennungen, Zustand des Patienten lässt eine Operation vorläufig nicht zu, die nekrosektomierte Wunde ist für Eigenhauttransplantate noch nicht bereit), werden zur Überbrückung verschiedene Formen des temporären Hautersatzes angewendet. ■ Allogene Spalthauttransplantation (Spenderhaut): vorübergehender Wundverschluss für 1–2 Wochen. ■ Xenologe Transplantate (z. B. Schweinehaut): vorübergehender Wundverschluss für 1–2 Wochen. ■ Künstlicher Hautersatz: Vorübergehende Wundabdeckung. "VGHBCFVOE&JHFOTDIBGUFOWPO)BVUFSTBU[ Die Frühexzision verhindert die Infektion der Verbrennungswunde und liefert (je eher, je besser) einen hervorragenden Wundgrund, reduziert die Immunantwort auf die Verbrennungsnekrose und die Ausschüttung von systemisch wirksamen Zytotoxinen. Die Vorteile der Frühexzision gehen jedoch verloren, wenn kein Wundverschluss durch epidermale aber auch dermale Strukturen oder Äquivalente erfolgt. Die Aufgaben eines Hautersatzes sind somit: ■ Infektion zu verhindern bzw. zu kontrollieren. ■ Flüssigkeitsverlust zu vermeiden. ■ Funktion der normalen Haut zu imitieren. ■ Gute Voraussetzungen für ein langfristig gutes funktionelles und kosmetisches Resultat zu schaffen. ■ Schnelle Verfügbarkeit bei geringem Preis. ■ Einfache Handhabung. ■ Biologische Sicherheit für den Patienten. "SUFOEFT)BVUFSTBU[FT Nach ihren Funktionen lassen sich Materialien zum Hautersatz in 3 Kategorien teilen: (a) Temporärer Hautersatz: Er bietet einen vorübergehenden Wundverschluss frischer Wunden (sowohl Verbrennungswunden als auch Spenderareale) und wird abgestoßen, phagozytiert oder muss entfernt werden (z. B. Schweinehaut, Biobrane®, Suprathel®, Amnion etc.). (b) Semipermanenter Hautersatz: Teile des H autersatzes werden in die Kollagenmatrix der Narbe integriert oder sukzessive ersetzt (z. B. glycerolkonservierte Fremdhaut, Integra®, Matriderm®).
7FSCSFOOVOHVOE7FSCSFOOVOHTCFIBOEMVOH
(c) Permanenter Hautersatz: Der Hautersatz wird dauerhaft integriert (alle Arten autologen Hautersatzes und azellulärer Dermispräparate). Bei kleineren Verbrennungen kann unter idealen Bedingungen nach einer Hauttransplantation ein Wundverschluss in 14–21 Tagen erreicht werden. Bei ausgeprägten Verbrennungen dagegen dauert die Behandlung oft Wochen bis Monate. Entscheidend für das Gesamtergebnis des Patienten sind ein rascher Wundverschluss und eine frühzeitige Nachbehandlung.
Zu den möglichen Verfahren zählen: ■ Kompressionsbekleidung, Anfertigung von Spezialschienen oder Hilfsmitteln, ■ Applikation von speziellen Silikonfolien, ■ Korrekturoperationen (Auflösung von Narbenkontrakturen), ■ Funktionelle Rekonstruktionen, ■ Laserbehandlung, ■ kosmetische/ ästhetische Korrekturen (zum Beispiel Gesicht).
1SPHOPTF /BDICFIBOEMVOHWPO7FSCSFOOVOHFO
(a) Verbrennung Grad IIa Bei beginnender Heilung kann mit der Behandlung fettender Salben begonnen und auf den Verband verzichtet werden. Hier ist meist eine spontane Heilung zu erwarten, d. h. es ist kein weiterer chirurgischer Eingriff nötig. Die Nachbehandlung erfolgt mit fettender Salbe. Bei zeitgerechter Wundheilung entstehen im allgemeinen keine hypertrophen Narben. Je nach Hauttyp können Pigmentierungsunterschiede verbleiben. Empfehlung: keine intensive Sonneneinstrahlung für 6–12 Monate. Dies lässt sich z. B. durch die Verwendung von Sonnenschutzcreme mit hohem Lichtschutzfaktor einhalten oder die betroffenen Körperteile werden durch bedeckende Kleidung geschützt. (b) Verbrennung Grad IIb und III Je nach Behandlung ist das Tragen von Kompressionswäsche erforderlich. Dies vermindert die Narbenbildung. Transplantierte Haut muss besonders gepflegt werden. Tägliches Einfetten der Haut ist notwendig, da durch die Hauttransplantation nur die Hautzellen, jedoch nicht die zugehörigen Schweiß- oder Talgdrüsen mit transplantiert werden. Die operierten Areale sollten ebenfalls keiner intensiven Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden. Eine tägliche Massage des Narbengewebes beugt ebenfalls einer starken Narbenbildung vor. Narben, die Gelenke in ihrer Funktion beeinträchtigen oder kosmetisch stören, sollten im Verlauf frühzeitig von einem plastischen Chirurgen beurteilt und entsprechend behandelt werden. Schwerbrandverletzte bleiben in ständiger Kontrolle und können die einzelnen Verfahren zum gegebenen Zeitpunkt mit ihrem behandelnden Arzt besprechen.
Jede Verbrennung oder Verbrühung, vor allem von mehr als 10 % der Körperoberfläche, stellt eine schwere Schädigung des Organismus dar. Ohne den heutigen medizinischen Fortschritt (Möglichkeit der Hautzüchtung, moderne intensivmedizinische Verfahren wie Beatmung, künstliche Ernährung, …) könnten viele Verbrennungsopfer nicht oder nur mit wesentlich schlechteren Ergebnissen überleben. Folgen einer mangelnden medizinischen Versorgung sieht man heute noch in den Ländern der Dritten Welt. Nicht nur die Verbrennungstiefe, auch das Ausmaß der Verbrennung entscheiden über die Prognose. Genauso gehen jedoch auch Vorerkrankungen ein (Diabetes, Nikotin- oder Alkoholerkrankung, schwere Stoffwechselerkrankungen,...). Bei schweren großflächigen Verbrennungen erschweren diese Vorerkrankungen vor allem im höheren Lebensalter den Heilungsprozess. Das Überleben einer Erkrankung ist jedoch nicht nur vom medizinischen Fortschritt abhängig. Ist der Patient aus der akuten Behandlungsphase heraus, hängt die spätere Lebensqualität auch in entscheidendem Maße von seiner eigenen Aktivität ab. Der Lebenswille, die Mitarbeit in einer Physiotherapie, die Wiedereingliederung in sein soziales Umfeld spielen eine entscheidende Rolle. Um den Patienten mit schweren Verbrennungen möglichst optimale Bedingungen in der Behandlung und Therapie zu gewährleisten, steht in Spezialkliniken für Verbrennungsbehandlungen ein Team von Schwestern, Ärzten, Physio- und Ergotherapeuten, Psychologen und Sozialarbeitern zur Verfügung.
,SJUFSJFOGSEFO5SBOTGFSWPO#SBOEWFSMFU[UFOBOFJO #SBOEWFSMFU[UFO[FOUSVN
■ Verbrennungen/Verbrühungen > 10 % KOF, ■ Verbrennungen/Verbrühungen im Gesicht, Hand, Fuß, Genital, Damm und großen Gelenken, ■ Alle 3° Verbrennungen/Verbrühungen, ■ Elektrotrauma, ■ Verätzungen, ■ Inhalationstrauma, ■ Verbrennungen/Verbrühungen mit Vorerkrankungen, die den Behandlungsverlauf komplizieren, verlängern und die Überlebenswahrscheinlichkeit entscheidend mit beeinflussen, ■ Verbrennungen/Verbrühungen mit Zusatzverletzungen (Frakturen, …), bei denen v. a. die Verbrennungen/ Verbrühungen krankheitsbestimmend sind, ■ Kindliche Verbrennungen/ Verbrühungen, ■ Verbrennungen/ Verbrühungen bei Patienten, die spezieller sozialer, psychologischer Unterstützung und Rehabilitation bedürfen.
%BT&MFLUSPUSBVNB
Unfälle durch elektrischen Strom verursachen in Abhängigkeit von anliegender Spannung, Stromweg und Expositionszeit schwere thermische und nicht thermisch bedingte Schäden, die einer Behandlung durch auf diesem Gebiet erfahrene Chirurgen/ Plastische Chirurgen bedürfen. 1IZTJLBMJTDIFVOEQBUIPQIZTJPMPHJTDIF (SVOEMBHFO Bei gleichzeitigem Kontakt des Körpers mit einem Leiter und der Erde kommt es zu einer Durchströmung des Gewebes. Im Hochspannungsbereich (> 1000 V) führt bereits das Annähern an den Leiter zum Überschlag, so dass es ebenfalls zur Durchströmung kommt. Zusätzlich wird dabei ein Flammbogen ausgelöst, der durch seine enorme Hitzeentwicklung (ca. 1000 °C) erhebliche Verbrennungen verursachen kann. ■ 220 V (Haushaltstrom), ■ 380 V (Hausverteilerkästen, Industrie), ■ 380 KV (Überlandleitungen), ■ 15 KV (Oberleitungen Bahn), ■ 500–5000 V (S-Bahn, U-Bahn).
-1,BNPM[ )"OEFMVOE.'SFZ
Das Ausmaß des Schadens ist abhängig von der Kontaktzeit, die anliegende Spannung und den Gewebewiderstand (Strommenge). Die Auswirkungen im Gewebe werden definiert durch die Stromdichte, die von Strommenge, spezifischem Gewebewiderstand und Gewebequerschnitt abhängt. Gewebewiderstand: Blut < Nerven < Muskel < Haut < Knochen %JBHOPTUJLVOE5IFSBQJF
Fasziotomien sind dringende Notfalleingriffe, deren Zeitpunkt für Amputationen oder Restitution der Extremität entscheidend sein kann. (a) Spezifische Probleme einzelner Gewebe und Organe: ■ Haut: An den Kontaktstellen (Eintritt, Austritt) entstehen lokale Verbrennungen (Strommarken). ■ Muskulatur: Häufig sind nach Stromunfällen die Hauptschäden im Bereich der Muskulatur zu erwarten. ■ Nerven: Häufig temporäre Schäden; notfallmäßig sollten bei entsprechender Lokalisation Neurolysen zur Prophylaxe von Schäden durchgeführt werden ■ Gefäße: Thrombosen, Rupturen, Aneurysmnen. ■ Knochen und Sehnen: häufiges Problem bei Elektrotraumen → freiliegende oder nekrotische Sehnen und Knochenteile. (b) Organspezifische Komplikationen: ■ Augen: Direkte Schädigung des Auges, Ausbildung eines Kataraktes. ■ ZNS: Blutungen, Koma, zentrale Defizite; Die Prognose der neurologischen Schäden ist uneinheitlich: Primäre Schäden können spontan reversibel sein, mit Verzögerung auftretende Symptome haben eine schlechtere Prognose. ■ Lunge: Folge von zentral induzierter Hypoventilation oder neuromuskulärer Dysfunktion der Thoraxwand bzw. Folge der Verbrennungskrankheit oder Polytraumas. ■ Nieren: Nierenversagen (Hämo- und Myoglobinurie). 3FLPOTUSVLUJWF$IJSVSHJFVOEGSI[FJUJHF 3FIBCJMJUBUJPO Wegen der oft großen Defekte sind häufig aufwändige operative Maßnahmen notwendig, inkl. vorbereitender Maßnahmen zur geeigneten prothetischen
7FSCSFOOVOHVOE7FSCSFOOVOHTCFIBOEMVOH
Versorgung. Aufgrund der latenten Mitschädigung des umgebenden Gewebes und der Defektgröße sind freie mikrovaskuläre Gewebeverpflanzungen häufig notwendig. Jedoch auch axial gestielte Lappenplastiken aus sicher nicht geschädigten Arealen kommen zur Anwendung. Spalthauttransplantationen sind bei oberflächlichen Defekten nach konsequentem Debridement indiziert. Eine Angiographie zur Darstellung der Anschlußgefäße und Ausschluß thrombotischer Komplikationen ist vor einer mikrochirurgischen Rekonstruktion nach Elektrotrauma obligat. 1SGVOHTGSBHFO
1. Welche Verbrennungstiefen kennen Sie und wie sind sie definiert? 2. Was definiert die Schwere eines Verbrennungstraumas? 3. Welche Arten des Hautersatzes kennen Sie?
-JUFSBUVS <> Cone JB (2005) What‹s new in general surgery: burns and metabolism. J Am Coll Surg 200: 607–15 <> Baumeister S, Koller M, Dragu A, Germann G, Sauerbier M (2003) Principles of microvascular reconstruction in burn and electrical burn injuries. Burns 31: 92–8 <> Atiyeh BS, Gunn SW, Hayek SN (2005) State of the art in burn treatment. World J Surg 29: 131–48 <> Bishop JF (2004) Burn wound assessment and surgical management. Crit Care Nurs Clin North Am 16: 145–77 <> Kamolz LP, Luegmair M, Wick N, Eisenbock B, Burjak S, Koller R, Meissl G, Frey M (2005) The Viennese culture method: cultured human epithelium obtained on a dermal matrix based on fibroblast containing fibrin glue gels. Burns 31: 25–29 <> Andel H, Kamolz LP, Horauf K, Zimpfer M (2003) Nutrition and anabolic agents in burned patients. Burns 29: 592–95 <> Herndon DN (2002) Total burn care, 2nd ed. W. B. Saunders <> Bruck JC, Müller FE, Steen M (2002) Handbuch der Verbrennungstherapie. Ecomed <> Shirani KZ, Vaughan GM, Mason AD Jr, Pruitt BA Jr (1996) Update on current therapeutic approaches in burns. Shock 5: 4–16 <> Nguyen TT, Gilpin DA, Meyer NA, Herndon DN (1996) Current treatment of severely burned patients. Ann Surg 223: 14–25
,BQJUFM
#FIBOEMVOHTLPO[FQUFEFS0TUFPNZFMJUJT .74DIJOUMFSVOE&$1SBOEM
;VTBNNFOGBTTVOH
Der Begriff Osteomyelitis bezeichnet die Infektion des Knochens; er wird meist sowohl für den Befall der Corticalis als auch des Markraumes benützt. Bei einer Infektverschleppung von außen (per continuitatem) bei chronischen Wunden (Dekubitus, diabetisches Fußulcus, arterielles oder venöses Ulcus) kommt es zuerst zu einer Beteiligung des Knochencortex (Osteitis) und erst bei Fortschreiten zu einer Beteiligung des Markraumes (Osteomyelitis). Eine Infektion des Knochens kann aber auch hämatogen entstehen, oder viel häufiger posttraumatisch nach offenen, seltener geschlossenen Frakturen mit oder ohne durchgeführte Osteosynthese. Die Entwicklung der modernen Endoprothetik hat als schwerwiegende Komplikation ebenfalls zur Zunahme der Knocheninfektion beigetragen, wobei Biomaterialien und deren hohe Affinität zu Bakterien als besonderer Aspekt zu berücksichtigen sind. Aus diesem Grund sind es Ärzte verschiedenster Fachdisziplinen, die sich mit der Diagnostik und Behandlung der Knocheninfektionen beschäftigen. Pädiater und Internisten behandeln hämatogene Formen, Traumatologen posttraumatischen Formen, Orthopäden solche nach Gelenksersatz, Gefäßchirurgen und Angiologen jene durch arterielle Problemwunden. Allgemeinmediziner und Diabetologen, die das diabetische Fußsyndrom betreuen, sind mit einer Knochenbeteiligung am Fuß konfrontiert. Plastische Chirurgen werden häufig erst zur Defektdeckung nach radikalem Debridement hinzugezogen. Durch die Einführung der systemischen Antibiose haben die Knocheninfektionen zwar an Schrecken verloren, jedoch gilt es, eine Chronifizierung des Infektes mit Sequestrierung und rezidivierender Fis-
telung unbedingt zu verhindern. Beim diabetischen Fußsyndrom ist die Knochenbeteiligung oft der limitierende Faktor für einen Extremitätenerhalt. Die Diagnostik bei Osteomyelitis erfolgt klinisch, mikrobiologisch und histologisch. Als bildgebende Verfahren kommen das konventionelle Röntgen, die Skelettszintigraphie, die Computertomographie und die MRT-Untersuchung zum Einsatz. Die Behandlungsprinzipien der chronischen Osteomyelitis sind: (1) Radikales chirurgisches Debridement (Knochen und Weichteile) (2) Keimgewinnung und Isolierung sowie kulturgerechte systemische Antibiose (3) Weichteilrekonstruktion und Totraummanagement durch gut vaskularisierte gestielte oder freie Lappenplastiken (4) ev. Knochenrekonstruktion (Ilizarovtechnik oder vaskularisierter Knochentransfer).
&JOMFJUVOH
Der deutsche Chirurg August Gottlieb Richter [41] beschrieb schon 1792 den Knocheninfekt; er unterschied den verborgenen Beinfraß (geschlossene Form), der in eine offene Form übergehe, oder nach offenen Verletzungen den feuchten Beinfraß, der sich durch seinen Ausfluß erkennen lässt. Er erkannte die hämatogene und posttraumatische Osteomyelitis, welche beide mit einer hohen Mortalität einhergingen. Drei Prinzipien bestimmen schon seit 2000 Jahren das Behandlungskonzept der Osteomyelitis [31]. Erstens das Eröffnen des Infektherdes am Knochen, zweitens das Entfernen des abgestorbenen Knochens, des Sequesters [19], und drittens die offene Behandlung, um einen Sekretstau zu vermeiden. Schon Celsius soll dieses Verfahren be-
.74DIJOUMFSVOE&$1SBOEM
5BCFMMF &OUXJDLMVOHEFSMPLBMFO"OUJCJPTFJOEFS#FIBOEMVOHEFS0TUFPNZFMJUJT
-BNQIJFSVOE$BTINBO
'JCSJOTDIXjNNFNJU4USFQUPNZDJO
;FOLFSVOE(SPMM
%BVFSUSPQGCFSJFTFMVOHNJU1FOJDJMMJO[VTBU[
#MBOLF
4QPOHJPTBNJU1FOJDJMMJOHFUSjOLU
8PFSJOHFSVOE5IPNBMTLF
1.."1PMZNFUIZMNFUIBDSZMBUCFJ4DIjEFMEFGFLUFO
8JMMFOFHHFSVOE3PUI
4BVH4QMESBJOBHFNJU$IMPSBNQIFOJDPM
8JMETF64"
5JFSFYQFS7FSBOLFSVOHWPO&OEPQSPUIFTFONJU1.."
$IBSOMFZ
1.."7FSBOLFSVOHWPO)GUQSPUIFTFO
#VDIIPM[
(FOUBNZDJOQMVT1.."
7PPSIPFWFVOE4UzIS
1MPNCJFSVOH0TUFPNZFMJUJTIzIMFNJU1.."(FOUBNZDJO
,,MFNN
1.."(FOUBNZDJOLVHFMOVOE,FUUFO
reits eingesetzt haben [14]. Mit Einführung der Antisepsis wuchs auch der Gedanke, einen keimtötenden Stoff zu finden und in den Knochen einzupflanzen. Die Liste reicht von Jodoform bis Carbolsäure über Amalgam, Zement und Ton. Sowohl tierische Implantate als auch Transplantation körpereigener Gewebe wie Fett, Haut und Muskellappen wurden angewandt. Die Mortalität betrug in der Vorantibiotika-Ära über 20 %, nach Einführung der Sulfonamide 13 %. Erst das Penicillin senkte die Sterblichkeit auf unter 3 % (Rauschmann, 2004) [39]. Während die hämatogene Osteomyelitis durch Antibiotika ausheilen konnte, stellte die posttraumatische Osteomyelitis ein ungelöstes Problem dar. Die chronische Knocheneiterung blieb durch jahrzehntelange Fisteleiterungen und Abstoßung von Sequestern unheilbar. Mit Einführung der Antibiotika wurde alsbald die Idee der lokalen Antibiose geboren (Tabelle 1). Bis dato finden intensive Forschungen zur Produktion eines idealen Antibiotikaträgers und Totraumfillers statt [23, 27].
1BUIPQIZTJPMPHJF
Wenn wir, wie Robson 1979 postulierte [43], die Infektion als Ausdruck eines Ungleichgewichtes in der Keim-Wirtbeziehung sehen, so ist die postoperative Infektion an Knochen und Weichteilen stets Folge des verletzungsbedingten Schadens der wirtseigenen Infektionsresistenz und der Inokulation von Mikroorganismen anderseits [24]. Damit bestimmen der lokale Wirtsschaden (Schädigung der Infektabwehr durch lokales Unfalltrauma, therapeutisches Trauma, Implantate), der systemische Wirtsschaden (Polytrauma, Hypovolämie, PAVK, Diabetes mellitus, Malnutrition,
Cortisontherapie, Vorerkrankungen) und das bakterielle Inokulum die Entstehung einer posttraumatischen oder postoperativen Infektion. Die initiale Antwort des Wirtsorganismus auf inokulierte Keime ist die akute Inflammation. Ziel ist die Elimination der Bakterien. Jedoch können proteolytische Enzyme aus Phagozyten gleichzeitig das umgebende Gewebe schädigen. Es kommt durch Einwanderung von Entzündungszellen und Flüssigkeitseinstrom zu einer Druckerhöhung im rigiden Knochen, zum Knochenmarksödem und sogar -infarkt. Die hämatopoetischen Zellen können zerstört werden und Knochentrabekel gehen zugrunde. Es entstehen lokalisierte Abszesse im Knochen, diese könne sich entlang der Haver´schen Systeme und Volkmann Kanäle ausbreiten und schließlich an die Oberfläche durchbrechen. Das Abheben des Periostes führt zur Unterbrechung der Blutversorgung zur Corticalis. Der Knochen wird nekrotisch, es bilden sich Sequester aus. Wenn der Prozess durch das Periost durchbricht, entstehen Weichteilabszesse und äußere Fisteln. Bei offenen Fakturen oder chirurgischen Interventionen kommt es zur bakteriellen Kontamination in einem Areal, wo die idealsten Bedingungen für bakterielle Adhäsion und Multiplikation gegeben sind. Hämatome, minderperfundiertes Gewebe, avitale Weichteile und Knochen führen zur Freisetzung spezifischer Protein-Bindungsrezeptoren wie Kollagen und Fibronectin für Staphylococcus aureus. So steht der bakteriellen Kolonisation und Reproduktion nichts mehr im Wege. Gesundes unverletztes Gewebe und Knochen präsentiert diese Proteine nicht und ist somit weitgehend resistent gegen Adhäsion und Infektion. Die chirurgische Versorgung von Frakturen stellt als Operationstrauma ein zusätzliches Infektionsrisiko dar. Jegliche Manipulation an Knochen, Periost und
#FIBOEMVOHTLPO[FQUFEFS0TUFPNZFMJUJT
Muskulatur bei vorgenommenen Repositionen oder der chirurgische Zugang bei offener Versorgung mit langstreckiger Durchtrennung der Haut, Muskulatur, großflächigem Ablösen der Weichteile, lange Operationszeiten und esmarkbedingte Ischämie imponieren für den Organismus als zusätzliches lokales und systemisches Trauma [24]. Einen kritischen Anteil am therapeutischen Wirtsschaden haben sicherlich die Osteosyntheseimplantate. Nach Implantation von Biomaterialien kommt es zu einer kompetitiven Beziehung zwischen bakterieller Adhäsion und wirtseigener Zelladhäsion an der Implantatoberfläche. Bei rascher Integration des Implantates im Gewebe werden inokulierte Bakterien mit lebenden integrierten Zellen konfrontiert, sie haben »das Rennen verloren« [13]. Problematisch wird es, wenn die Keime zuerst mit dem Biomaterial agieren. Der dominierende Mikroorganismus bei posttraumatischen Infektionen ist Staphylococcus aureus, gefolgt von Staphylococcus epidermidis. Während bei Metallimplantaten eine Affinität durch Staphylococcus aureus nachweisbar ist, dominiert bei Kunststoffimplantaten Staphylococcus epidermidis. Als Ursache der posttraumatischen Infektion wird der exogene Kontaminationsweg angesehen, wobei weniger die primär aquirierten Keime als kausal anzusehen sind, als vielmehr Keime aus dem Bereich der fakultativ pathogenen wirtseigenen Flora und Hospitalismuskeime, die bis zum Operationsende die Wunde besiedeln. Auch die transistorischen nosokomialen Bakteriämien durch zentrale Venenkatheter können selten am locus minoris resistentiae hämatogen zu einer Keimbesiedelung führen.
%JBHOPTUJL
Der Begriff Osteitis beschreibt eine bakterielle Infektion des Knochens, während die Osteomyelitis eine bakterielle Knochenmarksinfektion darstellt. Klinisch lassen sich die beiden Krankheitsbilder nicht voneinander abgrenzen. Dafür lässt sich die akute von der chronischen Osteomyelitis unterscheiden. Eine akute Osteomyelitis tritt innerhalb von 4 Wochen nach Operation oder Trauma auf. Die chronische Osteomyelitis bezeichnet eine mehr als 4 Wochen dauernde symptomatische Infektion, die mit langjährigen Fisteln und lokalen Entzündungszeichen einhergeht, und anderseits eine Form, die sich nach langem, symptomfreien Intervall (Jahre bis Jahrzehnte) wieder manifestiert [10].
,MJOJTDIF%JBHOPTF Die klassischen Entzündungszeichen, Rötung und Überwärmung treten wenige Tage bis zu einem Jahr nach der Operation auf [32]. Aus der Narbe kommt es zur trüben oder eitrigen Sekretion, Dehiszenz und über Wochen kann es zur Fistelbildung kommen. Meist sind mehrere Revisionseingriffe ein Hinweis auf eine Knocheninfektion. Fieber und erhöhte Entzündungszeichen bei Vorliegen einer Fistel sind deutliche klinische Zeichen einer Osteomyelitis. Der histologische Nachweis eines Infektes und die mikrobiologische Keimidentifikation durch Knochenbiopsien oder intraoperative Probengewinnung ist als Goldstandard der Osteomyelitisdiagnostik [7] anzusehen. .JLSPCJPMPHJTDIF%JBHOPTF Der kulturelle Nachweis von Mikroorganismen aus intraoperativ entnommenen Knochenbiopsien ist der sicherste Beweis einer Infektion. Die Diagnose ist bei drei Biopsien mit Nachweis des gleichen Keimes erwiesen [10]. Oberflächliche Abstriche aus Fistelgängen stimmen mit Ausnahme des Nachweißes von Staphylococcus aureus nicht mit dem Resultat aus offenen Knochenbiopsien überein. Material sollte immer für aerobe und anaerobe Keime entnommen werden. Ein rascher Transport und die schnelle Verarbeitung des Probenmaterials ist erforderlich. Der häufigste nachgewiesene Keim bei postoperativen Infektionen ist S. aureus, gefolgt von S. epidermidis. Bei chronischer Osteomyelitis und nach offenen Frakturen kommen Mischinfektionen mit aeroben und anaeroben Keimen vor. In einer retrospektiven Analyse konnten Han et al [17] die Wertigkeit der Jamshidi Core Nadelbiopsie bei der Behandlung von IV-gradigen Dekubitalulcera nachweisen. Das Ergebnis der histologischen Untersuchung der durchgeführten Knochenbiopsien wurde den postoperativen Komplikationen gegenübergestellt. Bei insgesamt 108 Patienten gab es in 25 Fällen Komplikationen, 14 von den 25 Fällen ergaben eine nicht diagnostizierte Osteomyelitis als Ursache. Die präoperative Diagnostik und Therapie der Osteomyelitis vor einer Defektdeckung durch Lappenplastiken konnte dadurch deutlich betont werden. )JTUPMPHJTDIF%JBHOPTF Bei der histologischen Aufarbeitung wird die Anzahl der Leukozyten pro Gesichtsfeld in den tiefgefrorenen Gewebsproben beurteilt [51]. Als Grenze werden 5 bzw. 10 Leukozyten pro Gesichtsfeld angesehen.
#JMEHFCFOEF%JBHOPTUJL Zum Einsatz kommen das konventionelle Röntgenbild, die Skelettszintigraphie, die Entzündungsszintigraphie, die Computertomographie und die Magnetresonanztomographie [25], welche die höchste Sensitivität und Spezifität bei der hämatogenen Osteomyelitis und der akuten Spondylodiscitis beim Erwachsenen aufweist. Problematisch ist die Bildgebung bei der frühen postoperativen Infektion. Das Röntgenbild ist wochenlang diagnostisch nicht aussagekräftig. Erst spät kommt es zur Auflockerung bei gefordertem Durchbau und zu periostalen Reaktionen bei Implantaten. Der Sequesternachweis gelingt oft mit der Computertomographie. Die MRT-Untersuchung bei der chronischen Osteomyelitis schneidet im Vergleich zur Szintigraphie und Antigranulozytenszintigraphie [35] deutlich besser ab. Im ersten postoperativen Jahr wird eine Kombination mit den nuklearmedizinischen Techniken gefordert. Neue Perspektiven könnte die PET–Untersuchung eröffnen. Höpfner et al [16] prüften in einer prospektiven Studie die Wertigkeit der 18F-FDG-PET im Vergleich zur MRT-Untersuchung in der präoperativen Diagnostik des Charcotfußes. Die Untersuchungen erwiesen sich als gleichwertig zur Detektion von Knochendedriti, also Charcotherden; nur bei Patienten mit Osteosynthesematerial in situ war die PET der MRT methodenbedingt überlegen. Sugawara wies schon 1998 in seiner Arbeit auf die Möglichkeit zur Detektion von entzündlichen Weichteil- und Knochenherden mittels gesteigerter FDG-uptake hin [48]. Keidar et al [26] konnten in ihrer Studie durch eine Hybriduntersuchung PET/ CT an 14 Diabetikern eine präzise Diagnose und Abgrenzung einer Osteomyelitis von einer alleinigen Weichteilinfektion aufzeigen.
7FSMBVGTGPSNFO
Die Klassifikation der Osteomyelitis erfolgt nach verschiedenen Gesichtspunkten. Berücksichtigt werden Dauer, Histologie, Pathogenese, Lokalisation, Ausdehnung und Begleitumstände wie vorhandenes Grundleiden oder das Vorliegen von Implantaten [15]. Die historische Einteilung war die in eine akute und chronische Form, berücksichtigt also Dauer bzw. histologischer Typ. Waldvogel et al [54] hat bereits 1970 pathogenetische Faktoren berücksichtigt; er unterschied eine hämatogene von einer per continuitatem entstandene Osteomyelitis, außerdem eine Osteomyelitis bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit. Die fortgelei-
.74DIJOUMFSVOE&$1SBOEM
tet entstandene Osteomyelitis wurde noch unterteilt in eine von außen entstandene (offene Fraktur, chronische Wunde, postoperativ) sowie eine von einem inneren Herd ausgehende Form (bei Zahngranulomen, Sinusitis etc.). Die Osteomyelitis bei PAVK betraf meistens den Diabetiker im Rahmen einer Neuropathie in Kombination mit einer Makroangiopathie. Die Klassifikation des diabetischen Fußsyndroms wurde später von Wagner [55] modifiziert. Wagner Stadium III bedeutet Knochenbeteiligung ohne Nekrose, Stadium IV mit lokaler Nekrose, V mit ausgedehnter Gangrän. Die Einteilung nach Waldvogel war jedoch kaum nützlich für das therapeutische Management und wurde deshalb wieder verlassen. Cierny und Mader [8] haben 1985 zusätzlich Lokalisation, Ausdehnung und Zustand des Patienten herangezogen (Tabelle 2). Das jeweilige Stadium erlaubt Rückschlüsse für das chirurgische Vorgehen und die Prognose. Sie dient vor allem der Therapieplanung von Traumatologen und Orthopäden.
$IJSVSHJTDIF5IFSBQJFLPO[FQUF 7PSHFIFOCFJBLVUFO*OGFLUJPOFO7FSNFJEVOH FJOFS$ISPOJ¾[JFSVOH Wenn wir von chirurgischen Therapiekonzepten sprechen, so gilt es, die posttraumatische und postoperative Osteomyelitis frühzeitig zu erfassen. Das Problem ist, dass eine Abgrenzung von Kontamination (Vorliegen pathogener Keime ohne Wachstum und Krankheitswert) und Kolonisation (Keimwachstum ohne Krankheitswert) bis hin zur Infektion (Entzündung durch pathogene Keime) nicht exakt möglich ist. Das heißt, es besteht ein fließender Übergang. Die klassischen Entzündungszeichen: Rötung, Schwellung, Überwärmung. Schmerzen und Functio laesa sind in verschiedenem Ausmaße als postoperative inflammatorische Reaktion immer zu beobachten. Ebenso wird eine Erhöhung der Akutphaseproteine nach Operationen physiologisch manifest. Negative kulturelle Keimnachweise lassen ebenso wenig eine Infektion ausschließen wie der Nachweis pathogener Keime eine Differenzierung zwischen Kontamination und Infektion zulässt. Aus chirurgischer Sicht sollte man auf eine Unterscheidung zwischen oberflächlichem und tiefem Infekt verzichten, weil es bei »oberflächlichen Infekten« häufig zu einer Verschleppung adäquater Therapiemaßnahmen kommt. Die Unterscheidung zwischen Frühinfekt und Spätinfekt erfolgt in der Literatur eher willkürlich, wobei man bis zum 21. postoperativen Tag
#FIBOEMVOHTLPO[FQUFEFS0TUFPNZFMJUJT 5BCFMMF $JFSOZ.BEFS,MBTTJ¾LBUJPOEFS0TUFPNZFMJUJT
4UBEJVN
.FEVMMjSF0TUFPNZFMJUT
.BSLSBVNVOE&OEPTUWPO/FLSPTFVOE*OGFLUCFUSPGGFO IjNBUPHFOPEFS CFJ.BSLOBHFM
4UBEJVN
0CFS¿jDIMJDIF0TUFPNZFMJUJT
$PSUJDBMJTBMMFJOFWPO/FLSPTFCFUSPGGFO 0TUFJUJT WPOUJFGFS8VOEFBVTHF IFOEPEFSCFOBDICBSUFN'PDVT
4UBEJVN
-PLBMJTJFSUF0TUFPNZFMJUJT
,PNCJOBUJPOWPOVOE MPLBMJTJFSUVOENFDIBOJTDITUBCJM VSTjDIMJDI0QF SBUJPOPEFS5SBVNB GPSUHFTDISJUUFOFT4UBEJVNPEFS
4UBEJVN
%JGGVTF0TUFPNZFMJUJT
*OGFLUJPOVOE/FLSPTFCFUSFGGFOEJFHFTBNUF;JSDVNGFSFO[ NFDIBOJTDIF *OTUBCJMJUjU 6STjDIMJDI5SBVNB 01PEFSGPSUHFTDISJUUFOFT4UBEJVN
1IZTJPMPHJTDIFS ;VTUBOE
4ZTUFNJTDIFT3JTJLP #T
.BMOVUSJUJPO /JFSFOPEFS-FCFSJOTVG¾[JFO[ %JBCFUFTNFMMJUVT 3FTQJSBUP SJTDIF*OTVG¾[JFO[ *NNVOEF¾[JFO[ "*%4 ,PNQMFNFOUEFGFLU (SBOVMP[Z UFOTUzSVOH
.BMJHOPN /FVHFCPSFOFPEFS(FSJBUSJTDIF1BUJFOUFO *NNVO TVQQSFTTJPO $IFNPUIFSBQJF 4UQ5SBOTQMBOUBUJPO
$ISPOJTDIFT-ZNQIzEFN $ISPOJTDI7FOzTF*OTVG¾[JFO[ .BLSPBOHJPQB UIJF "SUISJUJT "VTHFEFIOUF/BSCFOCJMEVOH 4USBIMFO¾CSPTF 7BTLVMJUJT /FVSPQBUIJF /J LPUJOBCVTVT
-PLBMFT3JTJLP #M
"1BUJFOU
,FJOF$PNPSCJEJUjU
#1BUJFOU
3JTJLPGBLUPSFO
$1BUJFOU
#T4ZTUFNJTDIF3JTJLPGBLUPSFO#MMPLBMF3JTJLPGBLUPSFO#TMCFJEF3' #FIBOEMVOHCFMBTUFOEFSBMT,SBOLIFJU
von einem Frühinfekt ausgeht, bis zum Abschluss der 6. Woche von einem subakuten Infekt und danach vom chronischen Infekt. Mangram et al [32] vom Centers for Disease Control and Prevention haben Erstmanifestationen von Infektionen nach endoprothetischen Eingriffen innerhalb von Monaten nach der Operation als postoperativ (= nosokomial) deklariert. Prinzipiell sollte immer dann, wenn ein Chirurg aufgrund einer Auffälligkeit eines Lokalbefundes und der systemischen bzw. Laborbefunde eine systemische Antibiose indiziert, kritisch hinterfragt werden: Handelt es sich um eine postoperative Infektion? Mit dieser Diagnose in Gegenwart von Implantaten nach Knochen und Gelenkseingriffen ist fast immer die Indikation zur chirurgischen Revision gegeben [28]. Frührevision heißt radikales Ausschneiden der kontaminierten und minderdurchbluteten Wundränder, allschichtige Revision und Debridement. Bei Vorliegen von Implantaten stellt sich immer die Frage der notwendigen Entfernung, wobei die Stabilität einer Fraktur eine Voraussetzung jeder Infekttherapie darstellt. Eine äußere Stabilisierung im Sinne eines Fixateur externe wird notwendig, wenn eine primär instabile Osteosynthese vorliegt. Bei Gelenksimplantaten ist beim Frühinfekt bei Ersatz aller austauschbaren Komponenten ein prothesenerhaltendes Vorgehen
möglich. Bei putriden Markrauminfektionen nach intramedullären Osteosynthesen ist die Entfernung des Marknagels, eine mechanische Reinigung durch Jetlavage und ein Umstieg auf einen Fixateur externe unerlässlich. Je nach Lokalisation ist ein primärer Weichteilverschluss möglich, wie häufig an der Hüfte. Am Knie und an der Knöchelregion muss oft eine offene Wundbehandlung oder Vakuumversiegelung mit späterer Sekundärnaht oder plastisch-chirurgischer Versorgung erfolgen. $IJSVSHJFCFJDISPOJTDIFO*OGFLUJPOFO Die Diagnose chronische Infektion ist viel einfacher zu stellen. Rezidivierende Schübe mit lokalen und systemischen Zeichen sind typisch. Meist besteht ein insuffizienter Hautweichteilmantel mit Fistelbildung und ausgeprägten Vernarbungen. Vor jeder Behandlung müssen mit dem Patienten das Behandlungsziel und die notwendigen Maßnahmen evaluiert werden. Das Ziel ist das Erreichen einer infektfreien und funktionstüchtigen Extremität. Bei langdauernden chronischen Infektionen ist dieses Therapieziel bei der geforderten »onkologischen Radikalität« oft nicht zu erreichen. In einer Arbeit von McGrory [33] werden die Ergebnisse der Therapie von 52 Patienten mit Fistelcarcinomen nach langdauernder Osteomyelitis beschrieben. Hier
.74DIJOUMFSVOE&$1SBOEM
"CC *OGFLUJPOOBDI)GU5PUBMFOEPQSPUIFTF
"CC 3BEJLBMFT,OPDIFOEFCSJEFNFOU ¨(JSEMFTUPOFIGUF§
"CC 7JUBMF4QPOHJPTBOBDI"VTGSjTFOEFS1GBOOF
"CC %FGFLUVOE5PUSBVNBVGGMMVOHNJUEJTUBMHFTUJFMUFN¨FY UFOEFE73".§ WFSUJDBMSFDUVTBCEPNJOJTNVTDMF¿BQ
waren nur 8 von 52 Patienten bei notwendiger Radikalität extremitäten-erhaltend zu operieren. Die Rekonstruktionsmaßnahmen werden durch die erforderlichen Resektionsausmaße überfordert. Dazu gehört die Anzahl der notwendigen Operationen, ebenso der Aufwand und die Risiken von lokalen oder freien Lappenplastiken sowie die Notwendigkeit der Rekonstruktion von Knochendefekten mit aufwendigen Stabilisierungsmaßnahmen. Außerdem besteht immer das Risiko einer Rezidivinfektion. Patienten, welche in der Gruppe C nach Cierny-Mader [8] einzustufen sind, also solche, die nicht wesentlich durch die Infektion beeinträchtig sind und denen eine Behandlung mehr Schaden zufügt als die Erkrankung selbst, sind als solche zu evaluieren. Geriatrische Patienten mit Begleiterkrankungen sind häufig nicht für aufwendige Eingriffe, wie freie Lappenplastiken und Knochenrekonstruktionen geeignet. Die resultierende Immobili-
tät bei Belastungsverbot in dieser Situation bedeutet wesentlich mehr Übel als kurzfristige systemische Antibiotika zur Infektberuhigung. Die Behandlungsmaßnahmen bei chronischen Knocheninfekten lassen sich wie folgend definieren: (1) Radikales Debridement (Fistel und Narbenexcision, Knochenresektion, Spongiosaausfräsung, Knochenfensterung, Markraumfräsung, Resektion narbiger und insuffizienter Weichteilstrukturen, manchmal diaphysäre Knochenresektion). (2) Keimgewinnung und Isolierung für gezielte und kulturgerechte systemische Antibiotikatherapie. (3) Weichteilrekonstruktion: Totraumauffüllung und Wiederherstellung des Weichteilmantels mit gut durchbluteten lokalen oder freien Muskellappen oder fasciocutanen Lappen, welche als Vektoren der Antibiotikatherapie anzusehen sind. (Abb. 1– 4).
#FIBOEMVOHTLPO[FQUFEFS0TUFPNZFMJUJT
(4) Knochenrekonstruktion (Spongiosaplastik, Segmenttransport durch Kallusdistraktion, freie mikrovaskuläre Knochentransplantation). 5.2.1 Weichteildebridement Eine radikale Resektion bzw. Excision von minderwertigen Weichteilen ist erforderlich. Dies umfasst die Entfernung von vernarbten Hautanteilen, Fisteln, tiefergelegenen Narben. Narbengewebe erschwert die Wundheilung, verursacht Spannung und ist in der Infektabwehr als minderwertig anzusehen. Überschüssiges Nahtmaterial sollte vermieden werden, weil es Mikroorganismen beherbergen kann und zu entzündlichen Reaktionen führt. Prinzipiell sollte ein Skalpell verwendet werden. Die Excision muss bis auf gesunde, normal durchblutete Wund- und Gewebsränder erfolgen. Keine Kompromisse dürfen wegen der Größe des entstehenden Defektes eingegangen werden. 5.2.2 Knochendebridement Debridement am Knochen hat bestimmten Richtlinien zu folgen: Deperiostierung ist möglichst zu vermeiden, weil die Vaskularität darunter leidet. Das Involucrum (der hyperaktive Knochen um die Infektion) stellt lebendiges Gewebe dar und kann erhalten werden. Präzises Knochendebridement erfolgt am besten mit Hochgeschwindigkeitsfräsen bis zum Auftreten von flächenhaften punktförmigen Blutungen, welche eine ausreichende Vaskularisierung anzeigen. Thermische Schädigungen durch Fräsen lassen sich durch permanentes Spülen verhindern. Endostale Infektionen nach Marknagelung können oft durch Aufbohren und Markraumspülungen beherrscht werden. Wenn die Infektion allerdings die Metaphyse erreicht hat, muss eine Eröffnung des Markraumes im Sinne einer Fensterung 7–10 mm x 3–9 cm – abhängig von der Knochengröße – erfolgen. Wenn über 70 % der Corticalis erhalten bleibt, ist eine Stabilisierung meist nicht notwendig [38]. In Fällen mit circumferentiellem Knochenbefall ist eine weite Resektion erforderlich. Osteotomien werden mit oszillierenden Sägen unter permanenter Spülung durchgeführt. Die Osteotomieflächen werden bezüglich ihrer Vaskularität beurteilt und falls erforderlich nachreseziert. Im Zweifelsfall ist ein Zuviel an Resektion besser als ein Zuwenig anzusehen [38]. Die resezierten Knochenanteile werden zur Histologie und bakteriologischen Untersuchung eingesandt. Die Lösung für eine erfolgreiche Eradikation einer Infektion ist und bleibt ein gründliches Debridement aller entzündlich veränderten und nekrotischen Gewebsanteile [31].
5.2.3 Totraummanagement Kleinere Knochendefekte können mit gesunden Weichteilen aufgefüllt werden. Dies kann sowohl durch lokale Muskellappen als auch durch freie mikrovaskuläre Lappen erfolgen. Lokale Lappen haben den Nachteil der limitierten Größe und des Bewegungsradius, als auch der verminderten Gewebequalität durch die entzündlich mitbeteiligte Umgebung. Arnold et al [2] konnten mit gestielten Muskellappen eine Infektund Rezidivfreiheit nach 5, 10 und 15 Jahren von 94, 92,5 und 86 Prozent erzielen. Am proximalen Unterschenkel steht jedoch mit dem gestielten Gastrocnemiuslappen eine einfache Option zur Verfügung. Ähnlich gute Erfolge können am Oberschenkel mit dem gestielten M. vastus lateralis- Lappen erzielt werden [37]. Oft ist insbesondere am distalen Unterschenkel keine lokale Option gegeben [59]. Meist wird in der Literatur den mit Luxusperfusion versehenen Muskellappen der Vorzug gegeben [11]. Erfolgsraten von 80–95 % [47] werden angegeben. Die gebräuchlichsten Muskellappen sind der Latissimus dorsi, Gracilis[53] und Rectus abdominis-Lappen. Jedoch konnten Zweifel-Schlatter et al [60] zeigen, dass auch gesunde fasciocutane Lappen Knocheninfektionen ausheilen können. Hong et al [18] konnte mit dem freien Anterolateral Tigh Perforator Flap in 28 Fällen einer Osteomyelitis alle zur Abheilung bringen. Die Nachteile der Muskellappen mit starker Vorwölbung, notwendiger Spalthautdeckung mit hypertrophen Narben und trockener Schuppung einerseits, sowie die geringere Hebedefektmorbidität der fasciocutären Lappen sollen natürlich nicht außer acht gelassen werden. Tulner et al [50[ propagierten das zwei bzw. mehrzeitige Vorgehen und erzielten eine Erfolgsquote von 91 % bei mittlerem Follow-up von 94 Monaten. Rhomberg et al [42] konnten jedoch bei einzeitigem Vorgehen ausgezeichnete Ergebnisse erzielen. Die Verwendung des VACSystems hat sich gerade bei zwei und mehrzeitigem Vorgehen als wertvolle Hilfe, als temporärer Wundverschluß und Vorbereitung zur definitiven Deckung mit Muskellappen erwiesen, stellt manchmal auch eine Rettungsmaßnahme vor einer drohenden Amputation bei Osteomyelitis dar [29]. Besonders bei der postoperativen Sternumosteomyelits nach herzchirurgischen Eingriffen wird diese Technik erfolgreich angewandt [46]. 5.2.4 Knochenrekonstruktion Größere Knochendefekte erfordern knöcherne Stabilisierung, welche mit vaskularisierten freien Knochentransplantaten erzielt werden kann. Sowohl freie
mikrovaskuläre Fibula- als auch Beckenkamm- und Scapulatransplantate sind in Verwendung. Hier handelt es sich um komplexe operative Eingriffe, wobei der verwendete Knochenanteil häufig kleiner ist als der zu versorgende Defekt. Die Erfolgsraten sind geringer als bei den Muskellappen anzusehen, wobei dies häufig auch auf die Ausdehnung des Prozesses zurückzuführen ist. Nahai und Cierny [7] berichten über eine Erfolgsrate von 80 % bei einer kleinen Gruppe von Patienten mit vaskularisierten Fibulatransplantaten. Tu et al [49] berichten über eine Erfolgsquote von 93,7 % bei der Anwendung von freien Knochentransplantaten zur Osteomyelitisbehandlung bei einem Follow-up von 6 Jahren. Eine wertvolle Alternative zu diesem freien vaskularisierten Knochentransfer stellt die Rekonstruktion basierend auf der Ilizarovtechnik [21] dar. Mithilfe eines Fixateur externe – meist Ringfixateurs – erfolgt die äußere Stabilisierung. Durch eine infektferne Corticotomie metaphysennah erfolgt schrittweise ein Segmenttransfer. Das Knochenstück wird durch Transportdrähte distrahiert und somit eine Knochenneubildung im Bereich der Corticotomiestelle angeregt. Eine Distraktion von 0,25 mm 4 mal täglich wird ab dem 5–7. Tag bei beginnender Callusformation begonnen und bis zum Andocken am distalen Knochen fortgeführt. Wenn dieses erreicht wird, erfolgt das Andocken unter Kompression bis zur vollständigen Knochenheilung. Morandi konnte 1989 eine 100 %ige Rezidivfreiheit innerhalb von zwei Jahren bei 13 Patienten nach Ilizarovrekonstruktion aufzeigen [36]. Die Ilizarovtechnik ist ebenfalls sehr zeitaufwendig und erfordert absolute Compliance der Patienten. Komplikationen wie Pin-Infektionen und Probleme mit der knöchernen Konsolidierung an der Andockstelle werden beobachtet.
0TUFPNZFMJUJTCFJNEJBCFUJTDIFO'V
Fußinfektionen beim Diabetiker können in ihrem Verlauf bis zum Extremitätenverlust führen. Ausgangspunkt der Infektion ist in den meisten Fällen das neuropathische Ulcus, aber auch Bagatelltraumata bei der Fußpflege, unpassendes Schuhwerk, kleine Fremdkörper oder thermische Läsionen bei vorbestehender sensibler sowie autonomer Neuropathie stellen Erregereintrittspforten dar. Die oft absolute Schmerzlosigkeit führt zu einer späten Konsultation des Arztes. Fußdeformitäten durch motorische Neuropathie und mit plantarer Prominenz der Meta-
.74DIJOUMFSVOE&$1SBOEM
tarsaliaköpfchen und Atrophie des plantaren Fettpolsters tragen zur plantaren Druckbelastung bei und fördern die Entwicklung schmerzloser Ulcera. Die kritische Triade: Neuropathie, Deformität und Bagatelltrauma bahnt den Weg zum diabetischen Ulcus [40]. Oberflächliche Ulcera sind der konservativen Therapie zugänglich. Eine Druckentlastung ist neben konservativ-lokalen Maßnahmen essentiell. Wenn die Infektion nun unbemerkt fortschreitet und per continuitatem Corticalis und schließlich Gelenkräume und Knochenmark erreicht [56], drohen einerseits schwere Fußinfektionen mit nachfolgender septischer Vaskulitis mit ausgeprägten Gewebsnekrosen bis hin zur Sepsis, anderseits wird eine Abheilung auf konservativem Wege nur ausnahmsweise möglich sein. Entsprechend der Infektion bei großen Röhrenknochen kommt es auch hier zur Ausbildung von Knochennekrosen, somit ist eine Keimpersistenz nicht mehr zu verhindern. Auch systemische Antibiotika können avitale Knochenbälkchen nicht erreichen und sind als alleinige Therapie oft unzureichend. Diagnostisch ist die klinische Untersuchung (Sondierbarkeit der Wunde mit Knochenkontakt, »probe to bone« positiv) von besonderer Bedeutung [12]. Damit ist nämlich eine Osteitis per continuitatem erwiesen. Weitere Untersuchungsverfahren wie Nativröntgen, MRT und Szintigraphien können hilfreich sein, aber immer unter Einbeziehung des klinischen Befundes. Eine Abgrenzung zu einer diabetischen Neuroosteoarthropathie, dem sog. Charcotfuß mit aseptischen Knochennekrosen, Spontanfrakturen und gleichzeitiger Kallusbildung ist oft nur bedingt möglich. Insbesondere wenn beide Veränderungen nebeneinander vorkommen, Charcotfuß mit Plantarulcus und sekundäre Osteomyelitis, so ist eine eindeutige diagnostische Aussage erschwert [1, 30]. Die chirurgische Behandlung entspricht den Prinzipien der Osteomyelitisbehandlung bei den posttraumatischen Formen, wenn man das radikale chirurgische Debridement, die intraoperative Keimisolierung mit nachfolgender kulturgerechter systemischer Antibiotikatherapie und suffizienter Weichteildeckung betrachtet. Wesentlich erschwerend kommt beim Diabetiker das häufige Vorliegen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit dazu, welche die Vaskularisation als Vektor jeder Antibiotikatherapie kompromittiert und somit die körpereigene Infektabwehr beeinträchtigt. Schlechte Stoffwechseleinstellung führt auch über eine gestörte Leukozytenfunktion zum ungehinderten Ausbreiten der Infektion. Multimorbide Patienten sind oft
#FIBOEMVOHTLPO[FQUFEFS0TUFPNZFMJUJT
für große rekonstruktive Eingriffe nicht geeignet, abgesehen davon lässt die insuffiziente Gefäßsituation häufig mikrochirurgische Eingriffe a priori nicht zu. Beim rein neuropathischen Fuß mit typischem Malum perforans und Osteomyelitis reichen aber häufig kleinere chirurgische Eingriffe, wie die Resektion einzelner Mittelfußknochen von dorsal aus, um das Ulcus und den Knocheninfekt zur Abheilung zu bringen. Bei schweren Fußinfektionen müssen oft offene Teilamputationen mit primär offener Wundbehandlung erfolgen. Eine mögliche Revaskularisation ist unbedingt zu evaluieren. Die Vakuumunterstützte Wundbehandlung hat sich zur Vorbereitung für den definitiven Wundverschluss bewährt [3]. Eine Reduktion der Wundgröße und die Neubildung von Granulationsgewebe erleichtern schließlich den definitiven Wundverschluss durch Spalthauttransplantate, lokale oder Filetlappenplastiken. Bei der Calcaneusosteomyelitis kommen der proximal gestielte Planta instep flap und der distal gestielte Suralislappen zum Einsatz [6]. Aber auch weiter proximal verlaufende Amputationen sind oft nicht zu vermeiden. Ziel ist daher immer die Vermeidung einer Majoramputation und der Erhalt eines belastungsfähigen Fußstumpfes.
.JLSPCJPMPHJF
Das Keimspektrum bei der Osteomyelitis ist abhängig von ihrer Verlaufsform, Alter des Patienten, von Comorbiditäten, der Dauer der Infektion, der geographischen Epidemiologie und der mikrobiologischen Technik [58]. Nach Waldvogel [54] sind die häufigsten Erreger der hämatogenen Osteomyelitis S. aureus, M. tuberculosis, E.coli Streptokokkus pneumoniae und A-Streptokokken . Bei bestimmten Grundleiden, wie der Sichelzellanämie sind häufig Salmonellenosteomyelitiden zu finden, bei angeborenen oder erworbenen Immundefekten Pneumocystis carinii. Bei Kleinkindern unter einem Jahr sind Gruppe B-Streptokokken, S. aureus und E.coli häufig, bei Kindern von 1–16 Jahren S. aureus, Gruppe A-Streptokokken und Hämophilus influenzae. Bei der per continuitatem enstandenen Osteomyelitis (z. B. diabetischer Fuß) findet man ebenfalls S. aureus, S. epidermidis, Enterokokken und Peptostreptokokken. Bei Osteomyelitis nach Osteosynthesen findet man in 30 % koagulasenegative Staphylokokken, ebenso bei infizierten Endoprothesen. Bei chronischen Fistelungen sind Anaerobier häufiger. Bei langem Verlauf nach multiplen Eingriffen und Antibiotikagaben sind polymikrobielle Infektionen zu erwarten.
Antibiotikaresistenzen sind bei den häufigsten Erregern, den Staphylokokken anzutreffen. Dies ist abhängig von Land zu Land und Klinik zu Klinik. In 60 % der koagulasenegativen Staphylokokken ist eine Methicillinresistenz anzunehmen. Ein besonderes Problem stellen sog. small colony variants dar. Es handelt sich um eine besondere Subpopulation von Staphylokokken, welche langsames Wachstum in Form von kleinen Kolonien aufweist. Sie bilden weniger A-Toxin und haben eine niedrigere Koagulaseaktivität. Diese Subpopulation kann trotz adäquater Antibiotikatherapie persistieren. Die Aufnahme von insuffizienten Phagozyten könnte einen Schutz anstatt Elimination bedeuten. Von Eiff et al [52] konnten bei 4 von 4 Patienten nach lokaler Applikation von Gentamycinketten, small colony variants zeigen, im Gegensatz von 0 aus 10 ohne Gentamycinketten. Der Einsatz dieser Ketten sollte deshalb kritisch indiziert werden.
"OUJCJPUJLBUIFSBQJF
Neben der operativen Sanierung entscheidet vor allem die Wahl der richtigen antimikrobiellen Chemotherapie über den Ausgang der Erkrankung. Fosfomycin ist für den Einsatz in dieser Indikation sehr gut geeignet. Fosfomycin ist der einzige Vertreter der Epoxid-Antibiotikagruppe und wirkt bakterizid gegen zahlreiche Gram-positive und Gram-negative Bakterien sowie verschiedene Anaerobier. Kreuzresistenzen und -allergien mit anderen Antibiotika wurden aufgrund der andersartigen Struktur und Wirkungsweise bisher nicht beschrieben. Da Fosfomycin praktisch nicht an Proteine gebunden wird und ein extrem niedriges Molekulargewicht besitzt, penetriert es ausgezeichnet in das Gewebe [45]. Fosfomycin greift bereits in einem frühen Stadium in den Aufbau der Bakterienwand ein. Durch diese Wirkweise lässt sich die ausgezeichnete synergistische Wirkung mit anderen Antibiotika wie Betalaktamen, die ebenfalls an der Bakterienwand angreifen, erklären. Bei anderen Antibiotika kann der synergistische Effekt – zumindest teilweise – auf eine Fosfomycin-bedingte Permeabilitätssteigerung der Bakterienwand zurückgeführt werden. Vor allem bei der Therapie von Problemkeimen wie MRSA und multiresistenten Pseudomonas aeruginosa-Stämmen erweist sich Fosfomycin als sinnvoller Kombinationspartner. Obwohl Fosfomycin in Österreich bereits 1981 in die antimikrobielle Therapie eingeführt wurde, ist
bis heute kein nennenswerter Aktivitätsverlust zu beobachten. Die häufigsten Erreger einer hämatogenen Osteomyelitis sind Staphylococcus aureus und andere Gram-positive Kokken. Bei postoperativer oder posttraumatischer Osteomyelitis gehören zum Spektrum der zu erwartenden Pathogene auch Gram-negative Keime und Anaerobier. Ein spezielles Problem bei der Behandlung von Knocheninfekten besteht in der Tatsache, dass auch nach symptomfreien Jahren ein Rezidiv wieder auftreten kann. Neben der chirurgischen Intervention spielt hier eine möglichst gezielte antimikrobielle Chemotherapie eine wichtige Rolle. Die Therapie der Wahl bei Osteomyelitis sind Betalaktam-Antibiotika, möglichst in Kombination mit Fosfomycin, da durch einen synergistischen Effekt, die intrazelluläre Wirkung und die gute Gewebepenetration eine zusätzliche Wirkverstärkung erwartet werden darf. Laut pharmakokinetischen Untersuchungen darf man davon ausgehen, dass nach i. v. Gabe von Fosfomycin in üblicher Dosierung die Gewebskonzentrationen deutlich über den MHK-Werten der klinisch relevanten Pathogene liegen [34, 57]. Möglicherweise ist auch die strukturelle Ähnlichkeit zwischen Fosfomycin und Hydroxylapatit dafür verantwortlich, dass die Konzentrationen von Fosfomycin im Knochen höher sind als bei anderen Antibiotika [57]. Bei akuter hämatogener Osteomyelitis sollte die intravenöse Behandlung über 5–14 Tage erfolgen, gefolgt von 2–4 Wochen oraler Therapie. Bei chronischen Verlaufsformen ist eine bis zu 6 Wochen lange parenterale Therapie notwendig, auch die anschließende orale Behandlung muss oft wesentlich länger (6–12 Monate) andauern [22]. In einer prospektiven klinischen Studie an 60 Patienten mit posttraumatischer Osteomyelitis wurden nach einer präoperativen Initialdosis von 10 g dreimal 5 g Fosfomycin pro Tag verabreicht, bis die Entzündungsparameter zumindest drei Tage lang nachweislich zurückgegangen waren. Die durchschnittliche Behandlung dauerte 13,9 Tage (5–28 Tage). Die Patienten waren schon zuvor mit bis zu 12 Antibiotika (Ø 3,1) behandelt worden. Die gemessenen Knochenkonzentrationen lagen weit über den MHK-Werten der nachgewiesenen Pathogene. Bei einer Kontrolluntersuchung nach 7–53 Monaten (Ø 37 Monaten) wurde in nur 26,4 % ein unbefriedigendes Therapieergebnis gefunden [22]. Die rezidivierende posttraumatische oder postoperative Osteitis ist eine Krankheit mit oft unbefriedi-
.74DIJOUMFSVOE&$1SBOEM
genden therapeutischen Resultaten. In einer Studie an 55 Patienten wurde neben der operativen Sanierung eine antibiotische Behandlung mit 2–3 x 5 g Fosfomycin durchgeführt. Die durchschnittliche Krankheitsdauer dieser Patienten betrug zum Zeitpunkt der Inklusion in die Studie bereits durchschnittlich 3,3 Jahre, alle waren bereits mehrfach erfolglos vorbehandelt. Nach zweiwöchiger Therapie waren bei 89 % der Patienten die Kulturen steril. Innerhalb eines Beobachtungszeitraumes von 1,5 Jahren entwickelte sich bei nur 12,7 % der mit Fosfomycin behandelten Patienten ein Rezidiv, im Vergleich dazu lag die Rezidivrate bei Patienten mit Behandlungsschemata ohne Fosfomycin mit 24 % doppelt so hoch [44]. Fosfomycin eignet sich auch sehr gut zur Initialtherapie bei pädiatrischen Knochen- und Gelenksinfektionen. In einer prospektiven Studie an 23 Kindern wurde die Behandlung mit Cefotaxim (100 mg/kg/ Tag) in Kombination mit Fosfomycin (100 mg/kg/Tag) begonnen. Alle Kinder konnten nach einer etwa 15-tägigen parenteralen Behandlung als klinisch geheilt bezeichnet werden [4]. In einer Vergleichsstudie an 103 Kindern mit akuter hämatogener Osteomyelitis benötigten Kinder, die mit Fosfomycin als Monotherapie oder in einer Kombinationstherapie behandelt wurden, die parenterale Antibiotikatherapie über einen signifikant kürzeren Zeitraum. Auch in dieser rezenten Untersuchung war Staphylococcus aureus das am häufigsten isolierte Pathogen, gefolgt von Koagulase-negativen Staphylokokken [9]. Laut einer 2004 erschienenen Publikation könnte auch mit Fosfomycin bzw. Vancomycin angereichertes Hydroxylapatit eine interessante Möglichkeit zur adjuvanten Lokaltherapie bieten [5].
#FIBOEMVOHTLPO[FQUFEFS0TUFPNZFMJUJT )JOXFJTFGSEJF1SBYJT
-JUFSBUVS
Posttraumatische Knocheninfektionen sind am häufigsten am Unterschenkel lokalisiert, hämatogene Osteomyelitiden treten vermehrt bei Kindern auf. Chronische Osteomyelitiden entstehen auch infolge von chronischen Wunden, meist beim diabetischen Fußsyndrom, aber auch tiefreichendem Dekubitus, arteriellen oder venösen Ulcera. Chronische Osteomyelitiden imponieren als rezidivierende Fistelungen bei meist vernarbten und minderwertigen Weichteilen an langen Röhrenknochen, als »konservativ-therapieresistente Wunde« infolge einer Knochenbeteiligung bei chronischen Wunden. Eine Keimisolierung und kulturgerechte systemische Antibiotikatherapie ist unbedingt erforderlich. Die chirurgischen Prinzipien der posttraumatischen Osteomyelitis sind das radikale chirurgische Weichteil- und Knochendebridement, Weichteilrekonstruktion und Totraummanagement durch gut vaskularisierte lokale oder freie Muskel- oder Fasciocutane Lappen. Bei extensiven Knochendefekten ist meist eine Stabilisierung durch Fixateur externe erforderlich. Die knöcherne Rekonstruktion kann durch freien mikrovaskulären Knochentransfer, Ilizarov-techniken und oder Spongiosaplastiken erfolgen.
<> Ahmadi M E, Morrison W B, Carrino J A, Schweitzer M E, Raikin S M, Ledermann H P (2006) Neuropathic Arthropathy of the foot with and without super-imposed osteomyelitis: MR Imaging characteristics. Radiology 238(2): 622–31 <> Arnold P G, Yugueros P, Hanssen A D (1999) Muscle flaps in osteomyelitis of the lower extremity: a 20-year account. Plast Reconstr Surg 104 (1): 107–10 <> Armstrong D G, Lavery L A (2005 ) Negative pressure wound therapy after partial diabetic foot amputation: a multicentre randomized trial. Lancet 366: 1704–10 <> Badelon O, Bingen E, Sauzeau C, Lambert-Zechovsky N, de Ribier A, Bensahel H (1988) Choice of first-line antibiotic therapy in the treatment of bone and joint infections in children. Pathol Biol (Paris) 36: 746–49 <> Buranapanitkit B, Srinilta V, Ingviga N, Oungbho K, Geater A, Ovatlarnporn C (2004) The efficacy of a hydroxyapatite composite as a biodegradable antibiotic delivery system. Clin Orthop: 244–52 <> Chen S L, Chen T M, Chou T D, Chang S-C,Wang H S (2005) Distally based sural fasciocutaneous flap for chronic calcaneal osteomyelitis in diabetic patients Ann Plast Surg 54: 44–48 <> Cierny G III (1990) Chronic osteomyelitis: Results of treatment. Instr Course Lect 39: 495–508 <> Cierny G, Mader J T, Pennich H (1985) A clinical staging system of adult osteomyelitis Contemp Orthop 10: 17–37 <> Corti N, Sennhauser FH, Stauffer UG, Nadal D (2003) Fosfomycin for the initial treatment of acute haematogenous osteomyelitis. Arch Dis Child 88: 512–16. <> Flückiger U, Zimmerli W (2004) Diagnosestellung und Verlaufsmonitoring der postoperativen bakteriellen Osteomyelitis Orthopäde 33: 416–423 <> Gonzalez M H, Weinzweig N (2005) Muscle flaps in the treatment of the lower extremity. J Trauma 58: 1019–23 <> Grayson M L,Gibbons G W, Balogh K et al (1995) Probing to bone in infected pedal ulcers: A clinical sign of underlying osteomyelitis in diabetic patients. JAMA 272: 721–23 <> Gristina AG: Biomaterial-centered infection:microbial adhesions versus tissue integration. Science(1987) ;237:1588–1595 <> Gurlt E (1898) Geschichte der Chirurgie, Bd 3. Hirschwald, Berlin, 592 <> Haaker R, Senge A, Krämer J, Rubenthaler F (2004) Osteomyelitis nach Endoprothesen. Orthopäde 33: 431–38 <> Höpfner S, Krolak C, Kessler S, Tilin R (2006) Preoperative imaging of Charcot neuroarthropathy – Does the additional application of 18-F-FDG-PET make sense? Nuclearmedizin 45: 15–20 <> Han H, Lewis V L, Wiedrich T A, Patel P K (2002) The value of Jamshidi Core Needle Biospy in predicting postoperative osteomyelitis in grade-IV pressure ulcer patients. Plast Reconstr Surg 110(1): 118–22 <> Hong J P, Shin H W, Kim J J, Wei F C, Chung Y K (2005) The use of anterolateral tigh perforator flaps in chronic osteomyelitis of the lower extremity. Plast Reconstr Surg 115: 142 <> Hunter J A (1764) Treatise on the blood, inflammation and gun-shot wounds. London Georg Nicol: 521–67 <> Ilizarov G A (1989) The tension-stress effect on the genesis and growth of tissues, part I The influence of stability of fixation and soft tissue preservation. Clin Orthop 239: 249–81
1SGVOHTGSBHFO
1. Warum führt eine Knocheninfektion oft zu einer Keimpersistenz und ist somit einer alleinigen Antibiotikatherapie nicht zugänglich? 2. Welches chirurgische Vorgehen steht vor allen rekonstruktiven Maßnahmen an erster Stelle, um eine Osteomyelitis zu sanieren? 3. Welches sind die häufigsten Erreger bei der posttraumatischen Osteomyelitis? 4. Wie lange soll eine systemische Antibiotikatherapie bei chronischer Osteomyelitis erfolgen? 5. Welche rekonstruktiven Eingriffe sind erforderlich und welchen Zweck müssen sie erfüllen? 6. Welche Möglichkeiten gibt es, einen Knochendefekt zu ersetzen? 7. Was ist der Unterschied zwischen Osteomyelitis und Osteoarthropathie beim diabetischen Fußsyndrom?
<> Ilizarov G A (1989) The tension-stress effect on the genesis and growth of tissues. Part II. The influence of the rate and frequency of distraction. Clin Orthop 239: 263–85 <> Janata O (2000) Knocheninfektionen – Übersicht. Symposium: Gram-positive Infektionen – eine Herausforderung für Mikobiologie und Klinik, Linz 4.–5. Juli <> Joosten U, Joist A, Gosheger G, Liljenqvist U, Brandt B, von Eiff C (2005) Effectiveness of hydroxyapatite-vancomycin bone cement in the treatment of Staphylococcus aureus induced chronic osteomyelitis. Biomaterials 26: 5251–58 <> Kälicke T, Kutscha-Lissberg F, Frangen T.M. Muhr G, Arens S (2004) Pathophysiologie der posttraumatischen Osteomyelitis. Orthopädie 33: 405–11 <> Karchevsky M, Schweitzer M E, Morrison W B, Parellada J A (2004) MRI findings of septic arthritis and associated osteomyelitis in adults. AJR 2004 182; 119–22 <> Keidar Z, Militianu D, Melamed E, Bar-Shalom R, Israel O (2005) The diabetic foot: Initial experience with 18F-FDG PET/ CT. J Nucl Med 46/3: 444–49 <> Koort JK, Mäkinen TJ, Suokas E, Veiranto M, Jalava J, Knuuti J, Törmälää P, Aro HT (2005) Efficacy of ciprofloxacin-releasing bioabsorbable osteoconductive bone defect filler for treatment of experimental osteomyelitis due to staphylococcus aureus Antimicrob. Agents Chemother 49/4: 1502–08 <> Kutscha-Lissberg, Hebler U, Kälicke T, Arens S (2004) Prinzipien chirurgischer Therapiekonzepte der postoperativen und chronischen Osteomyelitis. Orthopäde: 439–54 <> Lam W L, Garrido A, Stanley P R W (2005) The Use of Topical Negative Pressure in the treatment of chronic osteomyelitis J Bone J Surg 87(A 3): 622–24 <> Ledermann HP, Morrison WB (2005) Differential diagnosis of pedal osteomyelitis and diabetic neuroosteoarthropathy: MRimaging. Seminars in musculoskeletal radiology, Vol 9, Nr 3 <> Lew DP, Waldvogel FA (2004) Osteomyelitis. Lancet 364: 369–79 <> Mangram AJ (2004) A brief overview of the 1999 cdc guideline for the prevention of surgical site infection. Centers for Disease Control and Prevention. J Chemother 13: 35–39 <> McGrory JE, Pritchard DJ, Unni KK, Ilstrup D, Rowland CM (1999) Malignant lesions arising in chronic osteomyelitis. Clin Orthop Relat Res (May) 362: 181–89 <> Meißner A, Haag R, Rahmanzadeh R (1999) Adjuvant fosfomycin medication in chronic osteomyelitis. Infection 17: 146–51 <> Melkun ET, Lewis Jr VL (2005) Evaluation of (111) Indiumlabeled autologous leukocyte scintigraphy for diagnosisi of chronic osteomyelitis in patients with grade-IV pressure ulcers, as compared with a standard diagnostic protocol. Ann Plast Surg 54(6): 63–36 <> Morandi M, Zembo M M, Ciotti M (1989) Infected tibial pseudoarthorosis. A two year follow – up on patients treated by the Ilizarovtechnig. Orthopedics 12(4): 497–508 <> Necmioglu S, Askar I, Lök V, Subasi M (2004) Use of Vastus lateralis muscle flap with a grooving procedure in the surgical treatment of chronic osteomyelitis of the femur. Ann Plast Surg 53: 570–576 <> Parsons B, Strauss E (2004) Surgical management of chronic osteomyelitis. Am J Surg 188 (Suppl): 57–66 <> Rauschmann M A, Thomann K-D, Schwetlick G, Zichner L (2004) Vom feuchten Beinfraß zur beherrschbaren Komplikation. Die Geschichte der posttraumatischen und postoperativen Osteomyelitis. Orthopäde 33: 389–96
.74DIJOUMFSVOE&$1SBOEM <> Reiber G E, Vileikyte L, Boyko E J, del Aguila M, Smith, DG Lavery LA, Boulton AJ (1999) Causal pathways for incident lower-extremity ulcers in patients with diabetes from two settings. Diabetes Care 22(1): 157 <> Richter AG (1792) Anfangsgründe der Wundarzneikunst, Bd. 1. Trattner, Wien, 540 <> Rhomberg M, Frischhut B, Ninkovic M, Schwabegger AH, Ninkovic M (2003) A single stage operation in the treatment of chronic osteomyelitis of the lower extremity including reconstruction with free vascularized iliac bone graft and free-tissue transfer. Plast Reconstr Surg 6; 2353–61 <> Robson MC (1979) Infection in the surgical patient: An imbalance in the normal equilibrium. Clin Plast Surg 6: 493–503 <> Roth B, Mattarelli G, Bartels F (1987) Fosfomycin in the treatment of chronic osteitis. In: New aspects for treatment with fosfomycin (Guggenbichler JP, ed). Springer, Wien, 67–72. <> Schiel H, Steinort D, Graninger W (2005) Fosfomycin – Ein Literaturüberblick. Antibiotikamonitor 1/2 <> Scholl L, Chang E, Reitz B, Chang J (2004) Sternal osteomyelitis: Use of Vacuum-assisted closure device as an adjunct to definitive closure with sternectomy and muscle flap reconstruction. J Card Surg 19: 453–61 <> Smith IM, Austin OMB, Batchelor AG (2006) The treatment of chronic osteomyelitis: A 10 year audit. J Plast Reconstr Aesth Surg 59: 11–15 <> Sugarwara Y, Braun DK, Kison PV, Russo JE, Zasdny KR, Wahl RL (1998) Rapid detection of human infections with fluorine-18-fluorodeoxyglucose and positron emission tomography: preliminiary results. Eur J Nucl Med 25: 1238–43 <> Tu YK, Yen CY, Yeh WL, Wang IC, Wang KC, Ueng SWN (2001) Reconstruction of posttraumatic long bone defect with free vascularised bone graft. Acta Orthop Scand 72(4): 359–64 <> Tulner SAF, Schaap GR, Strackee SD, Besselar PP, Luitse JSK, Marti RK (2004) Long-term results of multiple stage treatment for posttraumatic osteomyelitis of the tibia. J Trauma 56: 633–42 <> Türk E E, Tsokos M, Delling G (2003)Autopsy based assesement of extent and typ of osteomyelitis in advanced grade sacral decubitus ulcers – A histopathologic study. Arch Pathol Lab Med 127: 1599–1602 <> Von Eiff C, Proctor RA, Peters G (2000) Staphylococcus aureus small colony variants: formation and clinical impact. Int J Clin Pract 115 (Suppl): 44–49 <> Vranckx, JJ, Misselyn D, Fabre G, Verhelle N, Heymans O, Van den hof B (2004) The gracilis free muscle flap is more than just a »graceful« flap for lower leg reconstruction. J Reconstr Microsurg 20(2): 143–48 <> Waldvogel FA, Medott G, Swartz MN (1970) Osteomyelits: a review of clinical features therapeutic considerations and unusual aspects. N Engl J Med 282: 198–206 <> Wagner F W (1981) The dysvascular foot. A system for diagnosis and treatment. Foot Ankle 2: 64–122 <> Wheat JL, Allen SD, Henry M et al (1986) Diabetic foot infections. Arch Int Med 146: 1335–40 <> Wittmann DH (1980) Chemotherapeutic principles of difficult-to-treat infections in surgery, II. Bone and joint infections. Infection 8 (6): 330–33 <> Zimmerli W, Flückinger U (2004) Verlaufsformen und Mikrobiologie der bakteriellen Osteomyelitis. Orthopäde 33: 267–272
#FIBOEMVOHTLPO[FQUFEFS0TUFPNZFMJUJT <> Zumiotti AV, Wenig HW, Ferreira MC (2003) Treatment of posttraumatic tibial osteomyelitis using microsurgical flaps. J Reconstr Microsurg 19 (3): 163–171 <> Zweifel-Schlatter M, Haug M, Schaefer D J, Wolfinger E, Ochsner P, Pierer G (2006) Free fasciocutaneous flaps in the treatment of chronic osteomyelitis of the tibia: A retrospective study. J Rec Microsurg 22(1): 41–47
,BQJUFM
%JGGFSFOUJBMEJBHOPTFOWPODISPOJTDIFO8VOEFOVOE6M[FSB /4FQQ
Die Abklärung der Ursache einer chronischen Hautwunde bzw. einer Ulzeration ist oft ein herausfordernder Prozess. Es erfordert nicht nur entsprechende fachspezifische Kenntnisse, sondern auch Kenntnisse in der Allgemeinmedizin. Erste sogenannte »Blickdiagnosen« können oft trügerisch sein, da z. B. hinter einem sogenannten chronisch venösen Ulkus sich oft auch ein Tumor bzw. eine Vaskulitis oder ein infektiöser Prozess verbergen kann. Es gibt verschiedene Ursachen von kutanen Ulzerationen bzw. chronischen Wunden. Oft sind die Ursachen aber ineinander überlappend, so kann eine chronisch venöse Insuffizienz mit arterieller Verschlusskrankheit, Diabetes oder Atrophie der Haut durch langjährige Kortisoneinnahme assoziiert sein. Die Ursachen kutaner Ulzerationen können verschieden sein: Traumata und Verletzungen, Infektionen, vaskuläre Ursachen, Systemerkrankungen wie Bindegewebserkrankungen und Kollagenosen, Dysproteinämien, Hyperkoagulopathien, hämatologische Erkrankungen, Tumoren, Neuropathien, Stoffwechselerkrankungen, Mangelernährungen sowie Medikamenteneinnahme. Mechanische Traumata und andere Verletzungen können zu kutanen Ulzerationen führen und oft sind sie Eintrittspforte für bakterielle Infektionen.
5BCFMMF
¨4DIMTTFMGSBHFO§CFJEFS%JGGFSFOUJBMEJBHOPTFEFS ¨DISPOJTDIFO8VOEF§ -PLBMJTBUJPO "MUFS ,JOEPEFS&SXBDITFOFS
8BTXBSEJFQSJNjSF-jTJPO .PSQIPMPHJFVOE6NHFCVOH
5BCFMMF 6STBDIFOWPOLVUBOFO6M[FSBUJPOFOCFJ,JOEFSO
*OGFLUJPOFO &LUIZNBUB *OTFLUFOTUJDIF -FJTINBOJPTF 5VCFSLVMPTF BUZQJTDIF.ZLPCBLUFSJPTF TFYVFMMCFSUSBHCBSF&SLSBOLVOHFO .FDIBOJTDIF5SBVNBUB 5SBVNB 8JOEFMEFSNBUJUJT 7FSCSFOOVOHFO 'SPTUCFVMFO &YUSBWBTBUJPO "SUFGBLUF )jNPMZUJTDIF"OjNJF 4JDIFM[FMMBOjNJF 5IBMBTTjNJF )FSFEJUjSF4QIjSP[ZUPTF #JOEFHFXFCTFSLSBOLVOHFOVOE4ZTUFNFSLSBOLVOHFO
5BCFMMF
8VOEF ■ ,FJOF%JBHOPTF ■ FJOF7JFM[BIMWPO6STBDIFO ■ ,BVTBMF#FIBOEMVOHFOUTQSFDIFOEEFS6STBDIF %JBHOPTF
■ 'zSEFSVOHEFS8VOEIFJMVOH
-VQVTFSZUIFNBUPEFT 4LMFSPEFSNJF %FSNBUPNZPTJUJT 1BOBSUFSJJUJTOPEPTB "OEFSF %SVDLVM[FSBUJPOFO 4QJOOFOCJTTF 4LPSQJPOCJTTF
5BCFMMF 6STBDIFOWPOLVUBOFO6M[FSBUJPOFO&SXBDITFOF
/4FQQ 5BCFMMFC 6STBDIFOBDI-PLBMJTBUJPO
EFS6M[FSB
'JOHFSVOE;FIFO
6M[FSBCFJQ"7, WFOzTF6M[FSB EJBCFUJTDIF6M[FSB 6M[FSBCFJ)BVUJOGFLUJPO -JWFEPWBTLVMJUJT ¨"USPQIJFCMBODIF§
%SVDLVM[FSB
,jMUFFYQPTJUJPO
5BCFMMFB 6STBDIFOOBDI-PLBMJTBUJPO
6OUFSF&YUSFNJUjUFO "NIjV¾HTUFO WFOzTF6M[FSBUJPOFO QFSJQIFSFBSUFSJFMMF7FSTDIMVTTLSBOLIFJU %JBCFUFT *OGFLUJzT 6M[FSBUJPOFOOBDIFJOFN&SZTJQFM &LUIZNBUB 4ZTUFNFSLSBOLVOHFO 4ZTUFNJTDIFS-VQVTFSZUIFNBUPEFT SIFVNBUPJEF"SUISJUJT 1BOBSUFSJJUJTOPEPTB 8FHOFSµTDIF(SBOVMPNBUPTF 3JFTFO[FMMBSUFSJJUJT "OUJQIPTQIPMJQJETZOESPN 6OUFSF&YUSFNJUjUFO )jNPMZUJTDIF"OjNJFO -FVLP[ZUPLMBTUJTDIF7BTLVMJUJT (FSJOOVOHTTUzSVOHFO 1SPUFJO$%F¾[JU 1SPUFJO4%F¾[JU 3FTJTUFO[HFHFOEBTBLUJWJFSUF1SPUFJO$ "OEFSF -JWFEPWBTLVMJUJT ,BQPTJ4BSLPN 1ZPEFSNBHBOHSjOPTVN #BTBMJPN 1MBUUFOFQJUIFMDBSDJOPN .BMJHOFT.FMBOPN
'SPTUCFVMFO 3BZOBVE1IjOPNFO ,SZPHMPCVMJOjNJF FTTFOUJFMMF5ISPNCP[ZUPTF 1PMZ[ZUIjNJBWFSBSVCSB -FVLjNJF -ZNQIPNF 4ZTUFNFSLSBOLVOHFO 4-& %FSNBUPNZPTJUJT 1BOBSUFSJJUJTOPEPTB 4LMFSPEFSNJF BSUFSJFMMFS7FSTDIMVTT Q"7, &NCPMJF %JBCFUFT *OGFLUJPO 4DIXJNNCBEHSBOVMPN (FOJUBMF6M[FSBUJPOFO 4ZQIJMJT -ZNQIPHSBOVMPNWFOFSFVN (SBOVMPNBJOHVJOBMF )FSQFTHFOJUBMJT $.7*OGFLUJPO *OTFLUFOTUJDIF -FJTINBOJPTF 'PVSOJFSµTDIF(BOHSjO 1BQBWFSJO*OKFLUJPO ,POUBLUEFSNBUJUJT 5VNPSFO FSPTJWFS VM[FSBUJWFS-JDIFOQMBOVT #FImFU&SLSBOLVOHFO &SHPUBNJOQSjQBSBU 6M[FSBUJPOFO(FTJDIU #BTBMJPN 1MBUUFOFQJUIFMDBSDJOPN 'SPTUCFVMFO -FJTINBOJPTF 5VMBSjNJF "OUISBY 5VCFSLVMPTF *OTFLUFOTUJDIF /PNB .FMBOPN )FSQFTJOGFLUJPO
%JGGFSFOUJBMEJBHOPTFOWPODISPOJTDIFO8VOEFOVOE6M[FSB 5BCFMMF #FVSUFJMVOHEFS6NHFCVOHEFS8VOEF
6MDVT←1MBRVFPEFS,OPUFO
0CFS¿jDIF 5JFGF 3BOE[POF 7FSGjSCVOH°CMjVMJDI VOUFSNJOJFSU
6NHFCVOH -JWFEP[FJDIOVOH "USPQIJF 4UBVVOHTEFSNBUJUJT &YLPSJBUJPO &SZUIFN /BSCFO 1SJNjSF-jTJPO
VMDFSJFSFOEF1BOOJLVMJUJT 3IFVNBLOPUFO SIFVNBUPJEF"SUISJUJT .BMJHOPN .FUBTUBTFO -ZNQIPN .C,BQPTJ
#BLUFSJFMMF*OGFLUJPO 4ZQIJMJT 5VCFSLVMPTF -FQSB BUZQJTDIF .ZLPCBLUFSJPTF
-FJTINBOJPTF 6MDVTNJU-ZNQIBEFOPQBUIJF 5C 5VMBSjNJF UJFGF1JM[JOGFLUJPOFO 4QPSPUSJDIPTF
1MBRVFPEFS,OPUFO 7FTJLFMPEFS1VTUFM )BVUJOGBSLU
6MDVT←4DINFS[ Q"7, 5ISPNCBOHJUJTPCMJUFSBOT -JWFEPWBTLVMJUJT8JOJXBSUFS#VFSHFS &NCPMJF $BMDJQIZMBYJF $IPMFTUFSJOFNCPMJF 1ZPEFSNBHBOHSjOPTVN
5BCFMMF &OUXJDLMVOHEFT6MDVT
6MDVT←SBQJEF1SPHSFTTJPO 7BTLVMJUJT &NCPMJF $BMDJQIZMBYJF *OGFLUJPO
6MDVT←&SZUIFN MJWJESPU
6MDVT←MJOFBSF"VTCSFJUVOH
FSZUIFNBUzTFT"SFBMNJUHSBEVFMMFSMJWJESPUFS7FSGjSCVOH
7BTLVMJUJT #JOEFHFXFCTFSLSBOLVOHFO "14 4-& %FSNBUP NZPTJUJT 4LMFSPEFSNJF
5ISPNCPQIJMJF 1SPUFJO$; 1SPUFJO4; "1$3FTJTUFO[
BSUFSJFMMFS7FSTDIMV Q"7, &NCPMJF
4QJOOFOCJTT %SVDLVMDVT
4QPSPUSJDIPTF BUZQJTDIF.ZLPCBLUFSJPTF 1BOBSUFSJJUJTOPEPTB 8FHOFSµTDIF(SBOVMPNBUPTF 6MDVT←7FTJLFMPEFS1VTUFM &LUIZNB HBOHSjOPTVN
5VMBSjNJF .JM[CSBOE 7BSJ[FMMFO;PTUFS &LUIZNBUB
4QJOOFOCJTT 1ZPEFSNBHBOHSjOPTVN
5BCFMMF 7BTLVMJUJT 7BTLVMPQBUIJF °"LVUFT"VGUSFUFO
6MDFSB /FLSPTFFJO[FMO TFISTDINFS[IBGU
6MDFSB NVMUJQMF/FLSPTFO
-JWFEP;FJDIOVOH
/FLSPTFFJO[FMO PIOF-JWFEP;FJDIOVOH
° $IPMFTUFSJOFNCPMJF ° $BMDJQIZMBYJTDVUJT
° 8FHOFSµTDIF (SBOVMPNBUPTF
° 5ISPNCBOHJUJTPCMJUFSBOT TDINFS[IBGU
° "OUJQIPTQIPMJQJE 4ZOESPN
° 4-&
° $IVSHF4USBVTT
° /FLSPUJTJFSFOEF7BTLVMJUJT
° 8FHOFSµTDIF(SBOVMPNBUPTF
° &NCPMJBDVUJT
° 4FQTJT
° 3JFTFO[FMMBSUFSJJUJT
° -JWFEPWBTLVMJUJT
° .PSCVT%FHPT ° SIFVNBUPJEF7BTL
/4FQQ
"SUFSJJUJTUFNQPSBMJT
■ EJTUBMEFS1BQJMMB WBMMBUBFGFIMFOEFS ;VOHFOLzSQFS FJO LMFJOFS5FJMMJOLT OPDIFSIBMUFO ■ EJF0CFS¿jDIFEFT %FGFLUFTUFJMXFJTF HSBOVMJFSFOE
%JGGFSFOUJBMEJBHOPTFOWPODISPOJTDIFO8VOEFOVOE6M[FSB )FSQFTWFHFUBOT
.ZDPTJTGVOHPJEFT
1ZPEFSNBHBOHSjOPTVN
%FDVCJUVT
.C1BHFU
.FMBOPNGFIMEJBHOPTUJ[JFSUBMT$MBWVT
/4FQQ )JTUJPDZUPTJT9
/FLSPCJPTJTMJQPJEJDB
%JBCFUJTDIF(BOHSjO
%JGGFSFOUJBMEJBHOPTFOWPODISPOJTDIFO8VOEFOVOE6M[FSB *NQFUJHPDPOUBHJPTB
*OTFLUFOTUJDI
1TFVEPNPOBT4FQTJT
4USPQIVMVT3FBLUJPO
-FJTINBOJPTF
5SJDIPNZLPTF
$BMDJOPTJTDVUJTCFJ4LMFSPEFSNJF
MJOFBSF*H"%FSNBUPTFCFJN,JOE
/4FQQ "LUJOPNZLPTF
%JGGFSFOUJBMEJBHOPTFOWPODISPOJTDIFO8VOEFOVOE6M[FSB &QJEFSNPMZTJTCVMMPTBEZTUSPQIJDBOT
6MDVTCFJDISPOJTDIWFOzTFS*OTVG¾[JFO[
,POUBLUEFSNBUJUJTCFJ6MDVTDSVSJTNJYUVN
5ISPNCBOHJUJTPCMJUFSBOT
$BMDJQIZMBYJTCFJ/JFSFOJOTVG¾[JFO[
1BOBSUFSJJUJTOPEPTB
8FHFOFSµTDIF(SBOVMPNBUPTF
/4FQQ
%JGGFSFOUJBMEJBHOPTFOWPODISPOJTDIFO8VOEFOVOE6M[FSB (BOHSjO"OUJQIPTQIPMJQJETZOESPN -JWFEP;FJDIOVOH
"OUJQIPTPQIPMJQJETZOESPN
/4FQQ
-JWFEPWBTDVMJUJT
"USPQIJFCMBODIF
JOJUJBMPCFS¿jDIMJDI IjNPSSIBHJTDI JOGBSLUJW
/FLSPUJTJFSFOEF'BT[JJUJTEVSDIIjNPMZTJFSFOEF4USFQUPLPLLFOEFS(SVQQF"
%JGGFSFOUJBMEJBHOPTFOWPODISPOJTDIFO8VOEFOVOE6M[FSB )jNPSSIBHJTDIOFLSPUJTJFSFOEFT&SZTJQFM
1ZPEFSNBHBOHSjOPTVN
1MBUUFOFQJUIFMDBSDJOPN
.FMBOPN
.BNNBDBSDJOPNNFUBTUBTF,PQGIBVU
)FSQFTTJNQMFY(JOHJWBCFJ-FVLjNJF
1ZPEFSNBHBOHSjOPTVNCFJ.C$SPIO
/4FQQ #BTBMJPN(FTJDIU
%JGGFSFOUJBMEJBHOPTFOWPODISPOJTDIFO8VOEFOVOE6M[FSB -JDIFOTDMFSPTVTFUBUSPQIJDBOT
%PYPSVCJDJO1BSBWBTBU
5VCFSLVMPTF
1ZPEFSNJF 4UBQIZMPLPLLFO
4DIXJNNCBEHSBOVMPN
)JOXFJTFGSEJF1SBYJT
Eine Wunde bzw. ein Ulcus ist keine Diagnose, es gibt eine Vielzahl von Ursachen für deren Entstehung. Eine kausale Behandlung ist erst nach Finden der Ursache des Ulcus möglich!
1SGVOHTGSBHFO
(1) An welche ätiologischen Ursachen denken Sie bei einem Ulcus mit Schmerz? (2) Welche Ulcera zeigen eine rasche Progredienz? (3) Was sind die Hauptursachen von Ulcera bei Erwachsenen?
/4FQQ
,BQJUFM
5JTTVF&OHJOFFSJOH 5)VO[JLFS
;VTBNNFOGBTTVOH
Fortschritte in der Kultivierung von Hautzellen und in der Biomaterialtechnologie haben zu kommerziellen autologen und allogenen Hautersatzprodukten geführt, welche Keratinozyten und/oder Fibroblasten z. T. kombiniert mit allogenen (Fibrin) oder xenogenen (Kollagen, Hyaluronan) Matrixsubstanzen einsetzen. Sowohl autologe wie allogene Zelltransplantate stimulieren die Neubildung von Granulationsgewebe und die Reepithelialisation, das Potential eines definitiven Einwachsens kommt jedoch nur autologen Zellen zu. Bei der klinischen Erprobung dieser Tissue Engineering-Produkte der Haut standen bisher chronische Wunden (insbesondere vaskuläre Ulcera cruris und diabetische Fussulzera) im Vordergrund. Eine weitere wesentliche Indikation stellen grossflächige akute Hautdefekte (insbesondere Verbrennungen) dar. Im letzten Jahrzehnt sind mit einigen kultivierten Hautersatzprodukten z. T. kontrollierte klinische Studien vor allem an chronischen Wunden durchgeführt worden, einzelne wurden von Regulationsbehörden verschiedener Länder für definierte Indikationen zugelassen.
Zellsystems 1975 [17] sowie verfeinerter Kulturmedien (Übersicht in 6). Darauf aufbauend wurden ab Ende der 70er Jahre mittels Techniken der sogenannten organotypischen, d.h. die normale Struktur der Haut nachbauenden Kultur Epidermisaequivalente sowie in Kombination mit Dermisaequivalenten aus kultivierten dermalen Fibroblasten und Matrixsubstanzen (insbesondere Kollagen) zusammengesetzte dermoepidermale Hautaequivalente entwickelt [2, 6, 7, 19]. Ungelöst ist zur Zeit die Reproduktion der Hautanhangsgebilde sowie der Subcutis [2].
,VMUVSWPO)BVU[FMMFO
Keratinozyten werden entweder aus der Epidermis von Hautbiopsien (interfollikuläre Keratinozyten) oder aus der äußeren epithelialen Haarwurzelscheide ausgezupfter anagener Kopfhaare (ORS- = outer root
5JTTVF&OHJOFFSJOHEFS)BVU
Der Begriff Tissue Engineering wurde 1987 aus der Taufe gehoben. Mittels der Kombination von Ingenieur- und Biowissenschaften wird die Entwicklung biologischer Gewebesubstitute angestrebt, mit dem Ziel Gewebe- bzw. Organfunktionen wiederherzustellen. Voraussetzung für das Tissue Engineering der Haut war die Etablierung einer effizienten Kultivierung von Keratinozyten durch die Einführung eines Feeder-
"CC "VTHF[VQGUFTBOBHFOFT,PQGIBBSNJUjVFSFSFQJUIFMJBMFS )BBSXVS[FMTDIFJEF
BVTXFMDIFSEJFCFJEFS&QJ%FY1SPEVLUJPO FJOHFTFU[UFO,FSBUJOP[ZUFOBOHF[DIUFUXFSEFO
sheath-Keratinozyten) [siehe Abb. 1] angezüchtet [6, 7]. Plattenepithel-tragende Schleimhäute (insbesondere Mundschleimhaut) stellen eine bisher wenig genutzte Alternative dar [10]. In der äusseren epithelialen Haarwurzelscheide des Anagenhaares finden sich in der Region des Ansatzes der Haarbalgmuskeln pluripotente Keratinozyten-Stammzellen, welche sowohl die epitheliale Haaranlage wie die interfollikuläre Epidermis regenerieren können [12]. Damit in Zusammenhang weisen die ORS-Keratinozyten im Gegensatz zu den interfollikulären Keratinozyten auch bei betagten Spendern noch ein hohes Proliferationspotential auf [13]. Die Zellisolation für die Primärkultur erfolgt aus Hautbiopsien in der Regel durch Trypsinisierung [6], ORS-Keratinozyten können hingegen auch effizient, schonend und selektiv durch Explantation von ausgezupften Anagenhaaren gewonnen werden [13]. In der Primärkultur werden meist Feeder (=Nähr)-Zellen eingesetzt (Wachstums-arretierte murine mesenchymale 3T3-Zellen [17] oder humane dermale Fibroblasten [13]). Obschon mit Explantationsund enzymatischen Techniken aus Hautbiopsien gut anzuzüchten, werden dermale Fibroblasten zur Zeit nur in wenigen Tissue Engineering-Produkten eingesetzt (autolog vgl. Tabelle 1, allogen vgl. Tabelle 2). Gefäßendothelien, welche sich aus verschiedenen Geweben ebenfalls anzüchten lassen, sind bisher nicht in Produkte integriert (Übersicht bei [11]). Bei der Herstellung von Tissue Engineering-Produkten für den Einsatz am Menschen müssen die Kulturmedien voll definiert sein, biologische Zusätze wie z. B. Serum sind auf Infektionserreger (insbesondere HIV, Hepatitis B,C) zu testen. Ebenfalls eingehend getestet werden müssen alle weiteren allo- bzw. xenogenen Biomaterialien, welche im Produktionsprozess oder im Produkt eingesetzt werden, so z. B. die FeederZellen oder Matrixsubstanzen wie Fibrin, Kollagen oder Hyaluronan.
8JSLVOHFOLVMUJWJFSUFS)BVU[FMMFO
Gemäss heutigen Kenntnissen beruht die in akuten und chronischen Wunden sowohl für autologe wie für allogene kultivierte Keratinozyten und Fibroblasten dokumentierte Förderung der Neubildung von Granulationsgewebe durch (Myo-)Fibroblasten und Gefässendothelien sowie der Reepithelialisation durch die Keratinozyten des Wundrandes (»edge effect«) oder nicht zerstörter Haaranlagen auf einer interaktiven biologischen Stimulation der ortsständigen
5)VO[JLFS
Zellen. Dabei ist gut belegt, dass kultivierte Keratinozyten und Fibroblasten für die Wundheilung relevante Wachstumsfaktoren (z. B. EGF, TGF-α und -ß, bFGF, KGF, VEGF, PDGF, GM-CSF) und Zytokine (z. B. IL-1α, -6, -8) sezernieren, wobei in Kokulturen beider Zelltypen in der Regel höhere Konzentrationen resultieren. Seit anfangs der 90er Jahre ist ebenfalls belegt, dass allogene Keratinozyten beim immunkompetenten Menschen nicht definitiv einwachsen können, sondern ohne klinisch erkennbare immunologische Reaktion abgestossen werden [3]. Handelt es sich um einen Hautdefekt, welcher nicht durch ortsständige Keratinozyten vom Wundrand her oder aus residuellen Haarfollikeln reepithelialisiert werden kann, z. B. eine ausgedehnte tiefe Verbrennung oder ein chronisches Ulkus mit nicht aktivierbarem Wundrand, müssen somit zum Wundverschluss autologe Keratinozyten eingebracht werden. Ob die Integration weiterer Zelltypen die Effizienz von Tissue Engineering-Technologien in der Wundbehandlung der Haut steigern kann, ist klinisch nicht untersucht. Diese Frage stellt sich insbesondere für die Gefässendothelien, da die fehlende Vaskularisation einen limitierenden Faktor des Einsatzes dermaler und dermo-epidermaler Hautaequivalente darstellt [11].
,MJOJTDIFS&JOTBU[LVMUJWJFSUFS)BVU[FMMFO
Daten zur klinischen Erprobung von Tissue Engineering-Technologien beim Menschen liegen zur Zeit vor allem mit Keratinozyten vor. Während mit submers gezüchteten, nur wenige Zelllagen dicken und gering differenzierten autologen Keratinozyten-Sheets, welche an eine Gaze geheftet auf die Wundflächen transferiert wurden, anfangs der 80er Jahre bei akuten Wunden (insbesondere Verbrennungen) zum Teil spektakuläre Kasuistiken berichtet wurden (Uebersicht bei [6]), überzeugten die nur an kleinen Patientenkollektiven mit meist schlecht definierten, inhomogenen chronischen Wunden (insbesondere Ulcera cruris) ab Mitte der 80er Jahre durchgeführten Applikationen nicht (Übersicht bei [7]). In den 90er Jahren wurde meist im Rahmen von universitärem Technologietransfer an Start Up-Firmen angestrebt, diverse in Zellkulturlaboratorien weiterentwickelte Technologien in kommerzielle Produkte (autolog vgl. Tabelle 1, allogen vgl. Tabelle 2) überzuführen. Abgesehen von wenigen Ausnahmen muss diese erste Runde des Umsatzes vom Laborprototypen zum registrierten und
5JTTVF&OHJOFFSJOH
allenfalls Kassen-pflichtigen Produkt derzeit als gescheitert betrachtet werden [14]. Als Gründe können das Fehlen aussagekräftiger kontrollierter Studien in der dem jeweiligen Produkt adaequaten, genau definierten Indikation sowie unrealistische Vorgaben bezüglich Wirksamkeit der wegen aufwändiger Logistik teuren Produkte mit dem Resultat einer nicht genügend belegten Kosten-Nutzen-Relation angeführt werden. Zudem tut sich bisher die Regulation (FDA, EMEA, Behörden der einzelnen Länder) mit dieser neuen Produkte-Sparte schwer (Zulassung als medizinische Hilfsmittel, Rezepturarzneimittel, Medizinaloder Zelltherapieprodukte oder Transplantate?), was zu wissenschaftlich und/oder klinisch kaum realisierbaren Auflagen führt. Bei den akuten Wunden im Rahmen der Verbrennungstherapie zeigte sich, dass einerseits die Anwachsraten und andererseits die funktionelle (Instabilität, verminderte Elastizität, Tendenz zu narbigen Kontrakturen) und kosmetische (Oberflächentextur, Pigmentierung) Hautqualität nach alleiniger Transplantation von Keratinozyten-Sheets oft unbefriedigend ausfallen, so dass auch ein dermaler Ersatz anzustreben ist [2, 6, 7, 16, 19]. Dasselbe gilt für die Rekonstruktion von tiefreichenden, akuten traumatischen oder chirurgischen Hautdefekten. Autologe zusammengesetzte dermo-epidermale Hautaequivalente sind in der Produktion in vitro so aufwändig, dass ihre Entwicklung für den grossflächigen Einsatz wenig sinnvoll erscheint. Zudem wird die funktionell bedeutende dermo-epidermale Junktionszone (Verzahnung epidermaler Reteleisten mit dermalen Papillen, komplexe Struktur der Basalmembranzone) mit den derzeitigen Technologien in vitro unvollständig nachgebaut [19], und es ist fraglich, ob die Revaskularisation avaskulärer dermaler Aequivalente so rasch erfolgen kann, dass die epidermalen Aequivalente eine Transplantation überleben [11]. Realistischer ist ein zweizeitiges Vorgehen mit autologem (Hyalograft 3D, Tabelle 1; [5]), allogenem (Dermagraft, Tabelle 2) oder allenfalls zellfreiem, biologischem (z. B. Alloderm = gefriergetrocknete humane Kadaverdermis, Integra = Rinderkollagen + Glycosaminglycan, Transcyte = Fibroblasten-konditioniertes Nylonnetz mit Silikonbeschichtung) Dermis-Ersatz, welcher als Dermis-induzierende regenerative Matrix im Sinne einer In-Vivo-Kultur von ortsständigen mesenchymalen Zellen bevölkert und revaskularisiert wird [19], gefolgt vom autologen Keratinozyten-Ersatz. Die zur Beantwortung dieses Fragenkomplexes letztlich nicht zu umgehenden klinischen Vergleichsstudien
verschiedener Technologien fehlen vorderhand völlig [16]. Beim Einsatz autologer Keratinozyten auf chronischen Wunden entscheidende Aspekte sind eine vorangehende sorgfältige Wundbettkonditionierung mit Reduktion der bakteriellen Kolonisation sowie eine die Transplantation begleitende Verbandtechnik, welche ein optimales Exsudatmanagement gewährleistet. Für die Vermehrung und das definitive Einwachsen der autologen Keratinozyten bedarf es eines ausgewogen feuchten Wundmilieus, bei zu hoher Feuchtigkeit hingegen besteht die Gefahr einer Mazeration sowohl des Transplantates wie auch des Wundrandes sowie einer Keimvermehrung bis hin zur Infektion. Somit ist für diese Produkte (Tabelle 1) wie auch für die allogenen »Wundstimulatoren« (Tabelle 2) die Definition einer optimalen, auf die Applikationsmodalität zugeschnittenen Verbandsstrategie zu fordern. Eine Option für stark sezernierende Problemwunden ist bei genügender Stabilität autologer Keratinozyten-Produkte (z. B. EpiDex) auch eine begleitende mäßig dosierte Vakuumtherapie.
"OGPSEFSVOHFOBO5JTTVF&OHJOFFSJOH1SPEVLUF
Die Ueberführung einer im Forschungslabor entwickelten Tissue Engineering-Technologie in ein kommerzielles Produkt beinhaltet die Erarbeitung einer GMP-konformen, dokumentierten Produktion mit Qualitätskontrolle vor der Auslieferung sowie einer Vertriebslogistik, welche eine hohe Vitalität der eingesetzten Zellen in einem definierten Zeitrahmen gewährleistet. Bei autologen Produkten ist eine durchgehende Identifikation des vom Patienten stammenden Materials im ganzen Produktions- sowie An- und Auslieferungsprozess entscheidend. Für allogene Zellen bzw. allogene/xenogene Biomaterialien wesentliche Aspekte betreffen die mikrobiologische sowie immunologische Sicherheit. Bei GMP-konformer Produktion steht dies für die autologen Produkte nicht im Vordergrund, zum Schutz des Laborpersonals müssen jedoch eine HIV- und Hepatitis-Infektion der Patienten ausgeschlossen sein. Bei der Transplantation autologer Keratinozyten stellt sich hingegen die Frage nach dem Potential einer malignen Entartung der in der Kultur zu massiver Proliferation stimulierten Zellen. Bis heute sind keine Fälle von Hautmalignomen (insbesondere Spinaliome oder Basaliome) im Rahmen solcher Behandlungen mitgeteilt.
5)VO[JLFS
5BCFMMF "VUPMPHF5JTTVF&OHJOFFSJOH°1SPEVLUF
1SPEVLU
5FDIOPMHJF
)FSTUFMMFS-BOE
,FSBUJOP[ZUFO #JP4FFE4
JOUFSGPMMJLVMjS EJTQFST 'JCSJO 4QSJU[F
#JP5JTTVF5FDIOPMPHJFT%
$FMM4QSBZ91
JOUFSGPMMJLVMjS EJTQFST 4QSBZ
$MJOJDBM$FMM$VMUVSF"
&QJCBTF
JOUFSGPMMJLVMjS TVCNFSTF4IFFUT
(FOnWSJFS#JPUFDIOPMPHJF'
&QJDFM
JOUFSGPMMJLVMjS TVCNFSTF4IFFUT
(FO[ZNF#JPTVSHFSZ64
&QJ%FY
034 &QJEFSNJTBFRVJWBMFOUF 4JMJLPONFNCSBO
&VSP%FSN%
-BTFSTLJO"VUPHSBGU
JOUFSGPMMJLVMjS )ZBMVSPOBONFNCSBO
'JEJB"EWBODFE#JPQPMZNFST*
.ZTLJO
JOUFSGPMMJLVMjS CFTDIJDIUFUF17$.FNCSBO
$FMM5SBO6,
)ZBMPHSBGU%
EFSNBM )ZBMVSPOBONBUSJY
'JEJB"EWBODFE#JPQPMZNFST*
*TPMBHFO
EFSNBM
*TPMBHFO64
'JCSPCMBTUFO
*OGPSNBUJPOTTUBOE4FQUFNCFS ""VTUSBMJFO %%FVUTDIMBOE ''SBOLSFJDI **UBMJFO 6,&OHMBOE 647FSFJOJHUF4UBBUFO 5BCFMMF "MMPHFOF5JTTVF&OHJOFFSJOH°1SPEVLUF
1SPEVLU
5FDIOPMHJF
)FSTUFMMFS-BOE
'JCSPCMBTUFO %FSNBHSBGU
OFPOBUBMF7PSIBVU 1PMZHMBDUJONBUSJY LSZPLPOTFSWJFSU
4NJUI/FQIFX64
*$9130
EFSNBM 'JCSJOHFMLSZPLPOTFSWJFSU
*OUFSDZUFY6,
,FSBUJOP[ZUFO , VOE'JCSPCMBTUFO '
"MMPY
JOUFSGPMMJLVMjSF, EFSNBMF' 'JCSJO 4QSBZ LSZPLPOTFSWJFSU
%'#1IBSNBDFVUJDBMT64
"QMJHSBG
OFPOBUBMF7PSIBVU,VOE' PSHBOPUZQJTDI CPWJOFT,PMMBHFO
0SHBOPHFOFTJT64
0S$FM
OFPOBUBMF7PSIBVU,VOE' PSHBOPUZQJTDI CPWJOFT,PMMBHFOLSZPLPOTFSWJFSU
0SUFD*OUFSOBUJPOBM64
*OGPSNBUJPOTTUBOE4FQUFNCFS 6,&OHMBOE 647FSFJOJHUF4UBBUFO
Studien mit den einzelnen Produkten müssen neben der Wirksamkeit in den gewählten Indikationen vor allem auch die Sicherheit belegen. Die meist 2 bis 5 Wochen dauernde Herstellung der autologen Keratinozyten-Produkte (Tabelle 1) ist aufwändig, der Versand der lebenden Zellen ist anspruchsvoll. Folglich sind solche Produkte kurzfristig deutlich teurer als die üblichen modernen Wundverbände. Heilt jedoch eine chronische Wunde unter letzteren über Monate nicht ab, wendet sich das Bild [1]. Autologe Keratinozyten-Produkte sollten somit neben grossflächigen akuten Hautdefekten diesen therapierefraktären chronischen Wunden vorbehalten bleiben, und Studien zu
deren Wirksamkeit müssen an solchen Patienten im Vergleich zu einem in dieser Indikation etablierten, oder besser noch validierten Therapieansatz durchgeführt werden, um realistische Kosten-Nutzen-Analysen anzustellen. Da sie nicht für den individuellen Patienten mit dessen eigenen Zellen angezüchtet werden müssen, liegt ein Vorteil allogener Tissue Engineering-Produkte (Tabelle 2) in der grossvolumigen Vorfabrikation, falls sie ohne wesentlichen Vitalitätsbzw. Wirkungsverlust (kryo)konserviert werden können. Hiermit lassen sich die Produktion und die Logistik vereinfachen und dadurch die Kosten senken, was eine für solche Produkte vor allem bei der Behandlung
5JTTVF&OHJOFFSJOH
chronischer Wunden sinnvolle repetitive Applikation erlauben sollte.
7FSGHCBSF5JTTVF&OHJOFFSJOH1SPEVLUF &VSPQB
Die zur Zeit kommerziell hergestellten autologen (Tabelle 1) und allogenen (Tabelle 2) Tissue EngineeringProdukte (Übersicht bei 8) werden vorwiegend im jeweiligen Herstellerland unterliegend der regionalen Regulation vertrieben. Auflagen bei der Einfuhr in andere Länder sind vor dem klinischen Einsatz abzuklären, die Kostenübernahme ist von Fall zu Fall zu regeln (Internet-Adressen der Hersteller in Europa vertriebener Produkte vgl. Tabelle 3). In Europa ist momentan nur EpiDex, ein autologes Keratinozyten-Produkt , in der Schweiz kassenzulässig für therapierefraktäre vaskuläre Ulcera cruris, für welche eine Eigenhauttransplantation indiziert ist. EpiDex besteht aus 1 cm durchmessenden, hochdifferenzierten Epidermisaequivalenten aus ORS-Keratinozyten (»Haut aus Haaren«) (siehe Abb. 2 und 3), welche mittels einer Silikon-Träger- und Schutzmembran in die Wunde eingelegt werden [siehe Abb. 4]. Ambulant appliziertes EpiDex zeigte sich in einer multizentrischen, randomisierten Studie an 77 Patienten mit auf die übliche Behandlung nicht ansprechenden vaskulären Ulcera cruris stationär durchgeführten Spalthauttransplantationen ebenbürtig [18]. Somit stellt EpiDex eine nicht-invasive, patientenfreundliche Alternative zur Eigenhauttransplantation bei therapierefraktären chronischen Wunden dar. Dank Wegfall der bei einer Eigenhauttransplantation üblichen Hospitalisation lassen sich Kosten einsparen. Im Behandlungsablauf wichtig ist eine optimale Betreuung durch in der Handhabung geschulte Wundfachleute. Daher wird EpiDex nur an spezialisierten Zentren unter kontinuierlicher Dokumentation und Evaluation seiner Wirksamkeit eingesetzt [9].
"CC &QJ%FY FJODNEVSDINFTTFOEFT IPDIEJGGFSFO[JFSUFT &QJEFSNJTBFRVJWBMFOUBVTPSHBOPUZQJTDILVMUJWJFSUFO)BBS XVS[FMTDIFJEFO,FSBUJOP[ZUFO BSNJFSUNJUFJOFS4JMJLPO5SjHFS VOE4DIVU[NFNCSBO
"CC )JTUPMPHJFFJOFT&QJ%FY4DIFJCDIFOTNJUSFHFMNjJHFS 4USBUJ¾[JFSVOH NFISMBHJHFN4USBUVNHSBOVMPTVNVOEPSUIPLFSBUP UJTDIFN4USBUVNDPSOFVN )& 7FSHSzFSVOH
"VTCMJDL
Für die nächsten Jahre zeichnet sich ab, dass einzelne gut dokumentierte Tissue Engineering-Produkte in der Wundbehandlung der Haut ein Nischendasein im Segment der therapierefraktären, das heisst auf übliche konservative Massnahmen nicht abheilenden, chronischen Ulzera sowie – kombiniert mit einem Dermis-Ersatz – in der Verbrennungstherapie und rekonstruktiven Chirurgie führen werden. Dies könnte ge-
"CC &QJ%FY"QQMJLBUJPOBVGHVULPOEJUJPOJFSUFT UIFSBQJFSF GSBLUjSFTWBTLVMjSFT6MDVTDSVSJTBNMJOLFO*OOFOLOzDIFM
5)VO[JLFS
5BCFMMF 5JTTVF&OHJOFFSJOH1SPEVLUF *OUFSOFU"ESFTTFO
#JP5JTTVF5FDIOPMPHJFT%
XXXCJPUJTTVFUFDDPN
$FMM5SBO6,
XXXDFMMUSBODPVL
$MJOJDBM$FMM$VMUVSF"
XXXDMJOJDBMDFMMDVMUVSFDPN
%'#1IBSNBDFVUJDBMT64
XXXEGCDPN
&VSP%FSN%
XXXFVSPEFSNCJPUFDIDPN
'JEJB"EWBODFE#JPQPMZNFST*
XXX¾EJBQIBSNBDPN
(FOnWSJFS#JPUFDIOPMPHJF'
XXXMBCPSBUPJSFTHFOFWSJFSDPN
(FO[ZNF#JPTVSHFSZ64
XXXHFO[ZNFDPN
*OUFSDZUFY6,
XXXJOUFSDZUFYDPN
*TPMBHFO64
XXXJTPMBHFOVLDPN
0SHBOPHFOFTJT64
XXXPSHBOPHFOFTJTDPN
0SUFD*OUFSOBUJPOBM64
XXXPSUFDJOUFSOBUJPOBMDPN
4NJUI/FQIFX64
XXXEFSNBHSBGUDPN
*OGPSNBUJPOTTUBOE4FQUFNCFS ""VTUSBMJFO %%FVUTDIMBOE ''SBOLSFJDI **UBMJFO 6,&OHMBOE 647FSFJOJHUF4UBBUFO
währleisten, dass die vom Konzept her für ein breites Spektrum von akuten und chronischen Problemwunden sowie allenfalls auch für gentherapeutische und kosmetologische Ansätze erfolgversprechenden Technologien weiter verfolgt werden. In Anbetracht spektakulärer rezenter Forschungsberichte zur Plastizität von Stammzellen stehen heute neben foetalen auch adulte Stammzellen im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses [4, 15] und haben Ansätze wie z. B. eine Wachstumsfaktor-Transfektion kultivierter Zellen oder eine molekulargenetische Reduktion der Immunogenität allogener/xenogener Zellen verdrängt [2, 7]. Praxisnahe Aspekte wie innovative, biologische oder synthetische Applikationssysteme bzw. poröse regenerative oder allenfalls sogar vaskularisierte Matrixstrukturen werden weiter bearbeitet [6, 11, 19]. Die derzeitige Haltung der Regulationsbehörden gibt letzteren eine grössere Chance einer baldigen Umsetzung in den klinischen Alltag [4].
)JOXFJTFGSEJF1SBYJT
1. Die zur Zeit kommerziell hergestellten Tissue Engineering-Produkte werden vorwiegend im jeweiligen Herstellerland unterliegend der regionalen Regulation vertrieben. 2. Auflagen bei der Einfuhr in andere Länder sind vor dem klinischen Einsatz abzuklären. 3. Die Kostenübernahme ist von Fall zu Fall zu regeln.
1SGVOHTGSBHFO
1. Welche Zellen enthalten die zurzeit verfügbaren autologen Tissue Engineering-Produkte der Haut vor allem? 2. Mit welchen Hautdefekten befassten sich bisher überwiegend die kontrollierten Studien zum klinischen Einsatz von Tissue Engineering-Produkten der Haut? 3. Was ist entscheidend im Produktionsablauf eines autologen Tissue Engineering-Produktes? 4. Zurzeit steht welche Indikation zur Behandlung mit einem autologen Keratinozyten-Produkt im Vordergrund? 5. Welche Kontraindikationen gibt es für den Einsatz autologer Keratinozyten-Produkte bei chronischen vaskulären Ulcera cruris?
5JTTVF&OHJOFFSJOH -JUFSBUVS <> Augustin M, Ermuth T, Johnsen S, Zschocke I, Schöpf E, Vanscheidt W (2002) Cost effectiveness of autologous keratinocyte transplantation in cases of therapy-refractory chronic wounds – initial results of a monocentric study. Translated from Ellipse 18: 1–10 <> Boyce ST (2001) Design principles for composition and performance of cultured skin substitutes. Burns 27: 523–53 <> Fabre JW (1991) Epidermal allografts. Immunol Lett 29: 161– 66 <> Heng BC, Cao T, Liu H, Phan TT (2005) Directing stem cells into the keratinocyte lineage in vitro. Exp Dermatol 14: 1–16 <> Hollander DA, Soranzo C, Falk S, Windolf J (2001) Extensive traumatic soft tissue loss: Reconstruction in severely injured patients using cultured hyaluronan-based three-dimensional dermal and epidermal autografts. J Trauma 50: 1125–36 <> Horch RE (2001) Tissue engineering and the skin: Development of cultured skin substitutes from sheets and composites to suspensions and monolayers on biological carrier materials. In: Cultured human keratinocytes and tissue engineered skin substitutes (Horch RE, Munster AM, Achauer BM, eds), Thieme, Stuttgart, 3–22 <> Hunziker T, Limat A (1999) Cultured keratinocyte grafts. In: Management of leg ulcers (Hafner J, Ramelet A A, Schmeller W, Brunner UV, eds). Curr Probl Dermatol 27, Karger, Basel, 57–64 <> Hunziker T (2004) Autologer kultivierter Hautersatz. Hautarzt 55: 1077–85 <> Hunziker T (2005) Schlaglichter 2004/Dermatologie: Wird die moderne dermatologische Therapie unbezahlbar? – oder: vom vernünftigen Umgang mit der Innovation. Schweiz Med Forum 5: 14–15 <> Izumi K, Feinberg SE, Iida A, Yoshizawa M (2003) Intraoral grafting of an ex vivo produced oral mucosa equivalent: a preliminary report. Int J Oral Maxillofac Surg 32 : 188–97 <> Kannan RY, Salacinski HJ, Sales K, Butler P, Seifalian AM (2005) The roles of tissue engineering and vascularisation in the development of micro-vascular networks: a review. Biomaterials 26: 1857–75 <> Lavker RM, Sun TT, Oshima H, Barrandon Y, Akiyama M, Ferraris C, Chevalier G, Favier B, Jahoda CA, Dhouailly D, Panteleyev AA, Christiano AM (2003) Hair follicle stem cells. J Invest Dermatol 8: 28–38 <> Limat A, Mauri D, Hunziker T (1996) Successful treatment of chronic leg ulcers with epidermal equivalents generated from cultured autologous outer root sheath cells. J Invest Dermatol 107: 128–35 <> Lysaght MJ, Hazlehurst AL (2004) Tissue engineering: the end of the beginning. Tissue Eng 10: 309–20 <> Parenteau NL, Rosenberg L, Hardin-Young J (2004) The engineering of tissues using progenitor cells. Curr Top Dev Biol 64: 101–39 <> Price RD, Leigh IM, Navsaria HA (2001) The role and requirements of dermis in keratinocyte grafting. In: Cultured human keratinocytes and tissue engineered skin substitutes (Horch RE, Munster AM, Achauer BM, eds), Thieme, Stuttgart, 117–28 <> Rheinwald JG, Green H (1975) Serial cultivation of strains of human epidermal keratinocytes: The formation of keratinizing colonies from single cells. Cell 6: 331–44
<> Tausche A-K, Skaria M, Böhlen L, Liebold K, Hafner J, Friedlein H, Meurer M, Goedkoop RJ, Wollina U, Salomon D, Hunziker T (2003) An autologous epidermal equivalent tissue-engineered from follicular outer root sheath keratinocytes is as effective as split-thickness skin autograft in recalcitrant vascular leg ulcers. Wound Rep Regen 11: 248–52 <> Yannas IV (2004) Synthesis of tissues and organs. Chembiochem 5: 26–39
,BQJUFMB
1IZTJLBMJTDIF5IFSBQJFNPEBMJUjUFOJOEFS#FIBOEMVOH DISPOJTDIFS8VOEFO $;PSOVOE7'JBMLB.PTFS
;VTBNNFOGBTTVOH
Seit Jahrzehnten werden in der Behandlung chronischer Wunden zusätzlich zur Standardtherapie erfolgreich verschiedene physikalische Maßnahmen angewendet. Bis heute sind jedoch die wissenschaftliche Evidenz und die klinische Relevanz einzelner physikalischer Therapiemodalitäten in der Wundbehandlung nicht geklärt. Ziel dieses Beitrages ist es, die verschiedenen physikalischen Therapiemodalitäten vorzustellen, ihre Wirkungsweise zur Förderung der Wundheilung zu erläutern und die Evidenz-basierten Anwendungsmöglichkeiten in der Wundbehandlung anhand der vorhandenen Literatur zusammenzufassen. ■ Venöse Ulzera können mittels Elektrotherapie und Magnetfeldtherapie erfolgreich behandelt werden. ■ Bei diabetischen Ulzera sind Elektrotherapie und Wärmetherapie wirksam. ■ Bei Druck-Ulzera kann Wärmetherapie erfolgreich angewendet werden. ■ Bei allen Wundtypen zeigen sich Ultraschalltherapie und Lasertherapie der Placebobehandlung nicht überlegen. ■ Zu ischämischen Ulzera kann aufgrund fehlender Studienergebnisse keine Aussage getroffen werden. Wie bei vielen anderen Erkrankungsbildern hat sich die physikalische Therapie in der Behandlung chronischer Wunden empirisch bewährt. Wissenschaftliche Nachweise sind jedoch noch ausständig. Trotzdem sind heute physikalische Therapiemaßnahmen aus dem modernen Behandlungsregime chronischer Wunden nicht mehr wegzudenken.
.zHMJDIF8JSLVOHTNFDIBOJTNFOQIZTJLBMJTDIFS 5IFSBQJFNBOBINFO &MFLUSPUIFSBQJF Die Elektrotherapie ist die älteste und am besten untersuchte Form der additiven Wundtherapie. Bereits im 19. Jahrhundert wurden die zugrunde liegenden Mechanismen untersucht, seit Mitte des 20. Jahrhundert wird die Elektrotherapie standardmäßig eingesetzt. Trotz dieser langen Zeitspanne existieren nach wie vor viele verschiedene Stimulationsprotokolle, was auf eine große Vielzahl an Applikationsmöglichkeiten und Parametereinstellungen zurückzuführen ist.
1.1.1 Stromarten Prinzipiell lassen sich drei Arten des elektrischen Stromes unterscheiden: Gleichstrom – oder zu Ehren Galvanis (1737–1798, Begründer der Elektrophysiologie) auch galvanischer Strom genannt – ist gekennzeichnet durch einen gleichmäßigen, unidirektionalen Fluss mit einer Dauer von zumindest einer Sekunde. Gepulster Strom (Impulsgalvanisation) ist definiert als uni- oder bidirektionaler Fluss geladener Teilchen für eine Zeitdauer von einer Milli- bis zu einer Mikrosekunde, gefolgt von einer relativ langen Impulspause ohne Amplitude. Eine Stromstärke von 20 mA wird dabei normalerweise nicht überschritten. Impulsgalvanisation wird einerseits durch die Parameter Amplitude, Dauer und Frequenz beschrieben, andererseits unterscheidet man monophasische und biphasische Ströme. Ein Beispiel für monophasischen Strom ist HVPC (high voltage pulsed current), der oft in Wundbehandlungsprotokollen zur Anwendung gelangt. Dabei werden Amplituden von 80 bis 200 V und 50 bis 120 Impulse pro Sekunde eingestellt.
Beim Wechselstrom ändert sich die Flussrichtung in Bezug auf die Grundlinie zumindest jede Sekunde. Eine Anwendungsmöglichkeit ist die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS), mit einer Impulsdauer von 150 µsec und einer Intensität von 15 bis 20 mA. 1.1.2 Wirkungen des elektrischen Stroms Der menschliche Körper ist ein so genannter »Ionenleiter«. Durch den elektrischen Strom kommt es vor allem zur Ionenbewegung (Elektrokinese), also zur Wanderung von negativ geladenen Anionen (Cl-, CO2--) zur Anode und von positiv geladenen Kationen (Na+, Mg++) zur Kathode. An Metallen (Elektroden, aber auch metallischen Fremdkörpern) kommt es zu chemischen Reaktionen. Vor allem bei Gleichströmen entsteht dadurch das Risiko unerwünschter Verätzungen. Weiters finden im Gleichstromfeld auch eine Wanderung von Eiweißfraktionen (Elektrophorese) und eine Verschiebung von Wasser in Richtung der Kathode (Elektroosmose) statt. Die primäre Wirkung des elektrischen Stroms ist eine Hyperämie. Unter den Elektroden entsteht ein scharf begrenztes Erythem, das mehrere Stunden andauern kann. Die verbesserte Durchblutung beträgt unter der Kathode bis über 800 % und unter der Anode etwas über 100 % [6]. Durch die so genannte Galvanotaxis kommt es zu einer gerichteten Zellwanderung. Neutrophile Granulozyten [39] und Makrophagen [35] werden angelockt. Auch Endothelzellen [25] und Keratinozyten [43] reagieren auf elektrische Felder mit Migration. Fibroblasten werden im elektrischen Feld stimuliert [15, 17]. Darüber hinaus gibt es auch Studien, die die bakteriostatische bzw. bakteriozide Wirkung von elektrischem Strom nachweisen. Dieser Effekt tritt vor allem unter der Kathode auf. Gleichstrom hemmt z.B. das Wachstum von Escherichia coli B [39, 40] und von Staphylococcus aureus [5]. Mittels HVPC konnten direkte und indirekte antibakterielle Effekte bei S. aureus, E. coli, Klebsiella und Pseudomonas aeruginosa erzielt werden [45, 23]. Es konnte allerdings nicht unterschieden werden, ob diese Effekte durch direkten Einfluss auf die Mikroorganismen oder durch Änderungen des PH-Wertes zustande gekommen sind. 1.1.3 «Current of injury« In intakter menschlicher Haut ist durch den hohen Widerstand im Stratum corneum elektrischer Fluss kaum vorhanden. Allerdings entsteht durch ein Einwärtsströmen von Na+-Ionen über Na+/ K+ -ATPase-
$;PSOVOE7'JBMLB.PTFS
Pumpen ein transepitheliales Potential, eine Art »skin battery« [3, 20]. Kommt es zur Zerstörung der epidermalen Integrität, entsteht durch den erniedrigten Widerstand elektrischer Strom, der so genannte »current of injury«. Der negative Pol des Feldvektors des entstandenen elektrischen Feldes zeigt dabei immer in Richtung des Wundzentrums. Dieser natürlich vorkommende »current of injury« führt zu oben genannten Effekten und fördert dadurch das Abheilen der Wunde [3, 20]. Er fließt solange, bis die Wunde vollständig geschlossen ist. Durch ein vorzeitiges Sistieren dieses Stroms kommt es zu einer verzögerten oder inkompletten Wundheilung. Externe Stromapplikation soll das Phänomen des »current of injury« unterstützen und dadurch die Wundheilung beschleunigen. Dabei ist zu beachten, dass ein feuchtes Wundbett Voraussetzung für den elektrischen Fluss ist. 6MUSBTDIBMM 1.2.1 Piezoelektrischer Effekt Ultraschall wird seit über 50 Jahren therapeutisch angewendet. Die Grundlage dazu, den piezoelektrischen Effekt, entdeckten Pierre und Jacques Curie 1880. Wird auf einen Kristall Druck ausgeübt, entstehen an der Oberfläche elektrische Ladungen, es kommt zu einer deutlich messbaren elektrischen Potentialdifferenz. Durch Anlegen eines externen elektrischen Feldes an den Kristall kommt es zur Umwandlung von elektrischer in mechanische Energie, der Kristall schwingt und erzeugt Schall. Durch entsprechend hohe angelegte Wechselspannung entsteht Schall mit sehr hohen Frequenzen, der Ultraschall.
1.2.2 Wirkungen des Ultraschalls Für ihre Fortpflanzung benötigen Schallwellen ein elastisches Medium. In diesem Medium verursachen die Schwingungen Kompressionen und Expansionen in der gleichen Frequenz wie die des Ultraschalls. Dadurch entstehen Druckschwankungen und Volumenveränderungen von Körperzellen, also eine Art Mikromassage. Ein weiterer mechanischer Effekt ist die so genannte »Kavitation«. In Flüssigkeiten entstehen durch den Schallwechseldruck Verdichtungen und Verdünnungen; durch auftretende Zugkräfte können die Flüssigkeiten zerreißen. Dadurch kommt es zur Ausbildung von Hohlräumen. Blasen bis zu einer Größe von 100 µm entstehen. Diese Blasen expandieren und kontrahieren bei Anwendung von pulsierendem, niedrig dosiertem Ultraschall. Sie pulsieren im Rhythmus der Schallwelle und bleiben stabil, solange der Blasen-
1IZTJLBMJTDIF5IFSBQJFNPEBMJUjUFOJOEFS#FIBOEMVOHDISPOJTDIFS8VOEFO
innendruck geringer als der Flüssigkeitsdruck bleibt. Dieses Phänomen nennt man stabile Kavitation. Bei kontinuierlichem Ultraschall können die Blasen größer werden und nach Überschreiten einer kritischen Grenze implodieren, was als instabile Kavitation bezeichnet wird. Um die pulsierenden oder implodierenden Blasen entstehen in der umgebenden Flüssigkeit Turbulenzen und Strömungen, das so genannte »Microstreaming« [8]. Dadurch kann ein weitgehend selektives Debridement erreicht werden, es kommt zur Nekrosektomie und Fibrinolyse. Ebenso konnte die Elimination von bakterieller Kontamination mit S. aureus nachgewiesen werden [31]. Darüber hinaus wird die Vaskularisation verbessert [9] und die Proteinsynthese und die Fibroblastenproliferation stimuliert [10]. Ein Teil der Ultraschallenergie wird im Gewebe absorbiert und in Wärme umgewandelt. Dabei erzeugen hohe Frequenzen kurze Ultraschallwellen mit geringer Eindringtiefe und großer Wärmeentwicklung, der niederfrequente Ultraschall entwickelt im Gegensatz dazu kaum thermische Effekte. Da in der Wundbehandlung vor allem die nicht-thermalen Effekte genutzt werden, wird meistens niedrig-dosierter Ultraschall mit Frequenzen von 30 bis 120 kHz und Intensitäten von 0,05 bis 1,5 W/cm2 appliziert. -BTFS 1.3.1 Arten von Laser Laser (Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation, Gould, 1957) basiert auf dem Prinzip einer kohärenten Verstärkung, bei der die Lichtenergie erhöht, die Frequenz, Richtung, Polarisation und Phase des Ursprungsstrahls beibehalten werden. Gekennzeichnet sind Lasergeräte durch die Parameter Wellenlänge, Leistungsdichte und Energiedichte. Sie werden nach dem aktiven Medium, das die Strahlung erzeugt, benannt. In der Wundbehandlung kommen Low-level Laser zum Einsatz, wie z.B. Gallium-Aluminium (GaAl), Gallium-Arsenid (GaAs) und Helium-Neon (HeNe) Laser mit Leistungsstärken von 1–50 mW. Dabei wird nur wenig Gewebserwärmung erzeugt. Im Gegensatz dazu finden high-energy Laser ihren Einsatz in der Chirurgie zum Durchtrennen und Koagulieren von Gewebe.
1.3.2 Wirkungsmechanismen von Laser Durch die Photoenergie kommt es zur Zellaktivierung und Intensivierung von biochemischen Prozessen. Eine Stimulation von Fibroblasten und vermehrte
Kollagenproduktion konnten nachgewiesen werden [1]. Dieser Effekt wurde zum Teil über eine Hypertrophie von Mitochondrien und endoplasmatischem Retikulum erklärt [7]. Lokale Änderungen von Prostaglandinen und eine gesteigerte epitheliale Aktivität wurden beobachtet [21]. Weiters kommt es zur Ausbildung von neuen Blutgefäßnetzwerken [49, 33] über Aktivierung von Gefäßen am Wundbettrand und Erleichterung des Aussprossens durch gesteigerte phagozytotische Aktivität von Makrophagen. &MFLUSPNBHOFUJTDIF'FMEFS Schon in der Antike wurden Magnetsteine zur Behandlung verschiedener Erkrankungen verwendet. 1865 postulierte Maxwell, dass ein elektrisches Feld immer von einem Magnetfeld begleitet ist und umgekehrt. Darauf basierend wird die Therapie mit pulsierenden elektromagnetischen Feldern (PEMF) mit Hilfe von Elektromagneten, also Strom durchflossenen Spulen, angewendet. Dieses zeitlich sich ändernde Magnetfeld produziert in jedem elektrischen Leiter, wie auch im menschlichen Organismus, Wechselspannungen. Es kommt zu einem Einfluss auf den Ionentransport, v. a. des Kalziums. Die Auswirkungen der PEMF beschränken sich nicht nur auf die Zellmembranen, es entstehen darüber hinaus, über Änderungen der Elektronenbewegungen, auch Änderungen in der DNA (Lorentz-Kraft, »mobile charge interaction model«). Es hat sich eine Stimulation der Kollagenproduktion von Fibroblasten gezeigt, vermutlich über einen Eingriff in den Metabolismus von zyklischem AMP [34]. Im Tierversuch konnte eine erhöhte Zugfestigkeit im Gewebe heilender Wunden nachgewiesen werden [18]. 8jSNFUIFSBQJF Die Anwendung von Strahlungswärme mittels »noncontact bandages« ist ein eher neues Behandlungskonzept. Eine durchsichtige sterile Abdeckung wird ohne Wundkontakt über dem zu behandelnden Areal platziert, ein angeschlossenes Heizelement erzeugt eine Temperatur von 38 °C. Die Wärmeenergie ist begleitet von elektromagnetischen Wellen und schafft ein feuchtes, normo-thermes Wundmilieu. Durch die entstehende relative Hyperämie kommt es zu einer verbesserten Durchblutung der Wundränder. Zell-Proliferation und –Metabolismus werden gesteigert [48].
$;PSOVOE7'JBMLB.PTFS
In-vitro Studien zeigen eine Reduktion der inhibitorischen Effekte des Wundsekrets aufs Fibroblastenwachstum schon bei minimalen Temperatursteigerungen über ein Entgegenwirken auf cycle-regulatory proteins [36]. Lokale Wärmeapplikation kann zu einem signifikanten Anstieg des subkutanen pO2 führen [19]. %FS&JOTBU[QIZTJLBMJTDIFS5IFSBQJFNPEBMJUjUFO JOEFS#FIBOEMVOHWFSTDIJFEFOFS8VOEUZQFO -JUFSBUVSSFDIFSDIF Die durchgeführten Untersuchungen auf dem Gebiet der physikalischen Therapiemaßnahmen in der Wundbehandlung sind zahlreich, wenn auch oft von bescheidener Studienqualität. Dadurch wird es schwierig, konkrete Aussagen zu evidenz-basierten Einsatzmöglichkeiten verschiedener Methoden bei den verschiedenen Wundtypen zu treffen. Um einen besseren Überblick geben zu können, wurde eine Literaturrecherche (MedLine, Jänner 1966 bis November 2005) zu den oben vorgestellten Therapiemodalitäten und den Wundtypen venöses, diabetisches, ischämisches und Druck- Ulkus durchgeführt. Damit konnten 20 randomisierte kontrollierte Studien gefunden werden. Um möglichst klare Aussagen treffen zu können, wurden jene Studien ausgewählt, die jeweils nur eine einzige Therapiemodalität untersuchen und auf die gleichzeitige Behandlung mehrerer Wundtypen verzichten. Die Resultate dieser Studien werden – gegliedert nach Wundtyp und Therapiemodalität – im Folgenden kurz zusammengefasst. $ISPOJTDIWFOzTF#FJO6M[FSB ■ Hochvolttherapie [14] zeigt bei täglicher Anwendung über 50 Minuten (100 Hz, 100 V) eine signifikante Reduktion des Wundareals und eine frühere Granulation. ■ Bei der Behandlung chronischer venöser Ulzera mit Ultraschall [37, 29, 11] brachte nur niedrig dosierter Ultraschall positive Ergebnisse. Die Einstellung der Parameter auf 100 mW/cm2 und 30 kHz war den Anwendungen bei 0,5–1 W/cm2 und 1 MHz deutlich überlegen. Dabei scheint eine Behandlungsdauer von 10 Minuten – bei einer Therapiefrequenz von zumindest dreimal wöchentlich – ausreichend. ■ Die Therapie mit Laser ist in der Literatur gegenüber der Placebobehandlung nicht von signifikantem Vorteil [28, 31, 13, 24]. Die Parameter va-
■
riierten zwischen den einzelnen Studien deutlich (Wellenlänge: 633–904 nm, Leistung: 4–532 mW, Energiedichte: 1,96–12 J/cm2), aber keine dieser Einstellungen zeigte positive Ergebnisse. Dabei muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die durchschnittliche Behandlungsfrequenz nur bei zweimal wöchentlich lag. Eine häufigere Behandlung könnte durchaus bessere Resultate erzielen. Die Behandlung mittels elektromagnetischer Felder erwies sich als überwiegend signifikant erfolgreich [18, 47, 44, 22]. Dabei scheint vor allem die Behandlungsdauer und -frequenz für das Therapieergebnis ausschlaggebend zu sein. Es sollte mindestens fünfmal wöchentlich 30 Minuten lang behandelt werden. Die Einstellung der Parameter lag hierbei zwischen 25 µT und 2,8 mT bzw. zwischen 75 Hz bis 800 Hz.
Elektrotherapie, niedrig dosierter Ultraschall und gepulste elektromagnetische Felder haben signifikanten Erfolg in der Behandlung von chronisch venösen Ulzera. Lasertherapie ist – in Bezug auf die jeweils untersuchten Parameter – nicht wirksam. %JBCFUJTDIF8VOEFO ■ Alle drei Studien zur Elektrotherapie konnten ein positives Ergebnis nachweisen [27, 2, 38]. Die Parameter variierten zwischen monophasischen und verschiedenen biphasischen Strömen von 8–80 Hz. Übereinstimmend war die hohe Behandlungsfrequenz von zwei- bis achtmal täglich für 20–30 Minuten. Diese relativ intensive Anwendung dürfte für die überzeugenden Resultate verantwortlich sein. ■ Auch eine Studie zur Wärmetherapie zeigt eindeutig positive Ergebnisse [31 a]. Dabei ist die hohe Behandlungsfrequenz von fünfmal täglich zwei Stunden zu beachten.
In der Behandlung des diabetischen Ulkus zeigen Elektrotherapie und Wärmetherapie signifikant positive Ergebnisse; zu Lasertherapie, Ultraschalltherapie und Magnetfeldtherapie kann man zur Zeit noch keine Empfehlungen geben, da bis dato keine randomisierten kontrollierten Studien vorliegen. %SVDL6M[FSB ■ Die Ultraschalltherapie [46] brachte mit den untersuchten Einstellungen (0,1 W/cm2, 3,28 MHz, mind. 3 min) keinen Benefit gegenüber Placebotherapie. Höher dosierter Ultraschall bzw. eine
1IZTJLBMJTDIF5IFSBQJFNPEBMJUjUFOJOEFS#FIBOEMVOHDISPOJTDIFS8VOEFO
■
■
längere Dauer der einzelnen Therapiesitzungen könnten allerdings bessere Ergebnisse erzielen. Auch die Lasertherapie [26] ergab in der Therapie des Dekubitus keinen Vorteil. Bei der eingeschlossenen Studie kam niedrig dosierter Laser fünfmal wöchentlich zur Anwendung. Auch hier wären gut durchgeführte Studien mit unterschiedlichen Parameter-Einstellungen von höchstem Interesse. Allerdings konnte der Einsatz von Wärmetherapie signifikant positive Ergebnisse erzielen [38 a, 47 a]. Auch hier muss wieder auf die hohe Therapiefrequenz von einer Stunde zwei- bis dreimal täglich hingewiesen werden.
Wärmetherapie bringt beim Dekubitus signifikante Vorteile; Ultraschalltherapie oder Lasertherapie sind einer Placebo-Therapie nicht überlegen; randomisierte kontrollierte Studien zu Elektro- und Magnetfeldtherapie sind noch nicht vorhanden. *TDIjNJTDIF6M[FSB Aufgrund von fehlenden randomisierten, kontrollierten Studien zur Behandlung von ischämischen Ulzera können zu diesem Wundtyp keine Aussagen getroffen werden. Kritisch anzumerken ist, dass nur wenige, randomisierte kontrollierte Studien vorliegen. Technische Unterschiede der Geräte, unterschiedliche Einstellungen und Parameter erschweren den Vergleich der Studien miteinander. Um effiziente Aussagen treffen zu können, sind Placebo-kontrollierte Studien erforderlich, die die verschiedensten Parameter miteinander vergleichen. Dabei ist die geringste Therapiefrequenz bei größtmöglicher Therapieeffizienz zu ermitteln. Heimtherapie ist ambulanter Therapie vorzuziehen. Auch dies müsste in Studien überprüft werden.
1SGVOHTGSBHFO
1. Was versteht man unter »current of injury«? 2. Wie wirkt elektrischer Strom im Wundgebiet? 3 Welche physikalischen Therapiemodalitäten werden bei der Behandlung des venösen Ulkus empfohlen?
-JUFSBUVS <> Abergel RP, Larn TS, Meeker CA, Castel CJ, Dwyer RM, Uitto J (1984) Biostimulation of procollagen production by low energy lasers in human skin fibroblast cultures. Invest Dermat 82: 395 <> Baker LL, Chambers R, DeMuth SK, Villar F (1997) Effects of electrical stimulation on wound healing in patients with diabetic ulcers. Diabetes Care 20(3): 405–12 <> Barker AT (1981) Measurement of direct current in biological fluids. Med Biol Eng Comput 19: 507–08 <> Barker AT, Jaffe LF, Vanable JW, Jr (1982) The glabrous epidermis of cavies contains a powerful battery. Am J Physiol 242: R358–66 <> Barranco SD, Spadaro JA, Berger TJ, Becker RO (1974) In vitro effect of weak direct current on an infecting microorganism in wounds. Ann N Y Acad Sci 238: 543–51 <> Berliner MN (1997) Reduced skin hyperemia during tap water iontophoresis after intake of acetylsalicylic acid. Am J Phys Med Rehabil 76(6): 482–87 <> Bosatra M, Juccila A, Olliaro P et al (1984) In vitro fibroblast and dermis fibroblast activation by laser irradiation at low energy, an electron microscopic study. Dermatologica 168: 157–62 <> Dissemond J, Fitz G, Goos M (2003) Konditionierung chronischer Wunden mittels Ultraschall. Hautarzt 54(6): 524–29 <> Dyson M (1982) Non-thermal cellular effects of ultrasound. Br J Cancer 45: 165–71 <> Dyson M, Preston R, Woledge R, Kitchen S (1999) Longwave ultrasound. Physiotherapy 85: 40–49 <> Eriksson SV, Lundeberg T, Malm M (1991) A placebo controlled trial of ultrasound therapy in chronic leg ulceration. Scand J Rehab Med 23: 211–13 <> Flemming K, Cullum N (2001) Systematic reviews of wound care management: low-level laser therapy, therapeutic ultrasound, electrotherapy and electromagnetic therapy for the treatment of chronic wounds. Health Technol Assess 5: 139–221 <> Franek A, Krol P, Kucharzewski M (2002) Does low output laser stimulation enhance the healing of crural ulceration? Some critical remarks. Med Eng Phys 24: 607–15 <> Franek A, Polak A, Kucharzewski M (2000) Modern application of high voltage stimulation for enhanced healing of venous crural ulceration. Med Eng Phys 22(9): 647–55 <> Foulds IS, Barker AT (1983) Human skin battery potentials and their possible role in wound healing. Br J Dermatol 109: 515–22 <> Goldman R, Pollack S (1996) Electric fields and proliferation in a chronic wound model. Bioelectromagnetics 17(6): 450–57 <> Hecker B, Carron H, Schwartz DP (1985) Pulsed galvanic stimulation: effects of current frequency and polarity on blood flow in healthy subjects. Arch Phys Med Rehabil 66: 369–731 <> Ieran M, Zaffuto S, Bagnacani M, Annovi M, Moratti A, Cadossi R (1990) Effect of low frequency pulsino electromagnetic fields of skin ulcers of venous origin in humans: a double-blind study. J Orthop Res 8: 276–82 <> Ikeda T, Tayefeh F, Sessler DI, Kurz A, Plattner O, Petschnigg B, Hopf HW, West J (1998) Local radiant heating increases subcutaneous oxygen tension. Am J Surg 175: 33–37 <> Jaffe LF, Vanable JW Jr (1984) Electric fields and wound healing. Clin Dermatol 2: 34–44 <> James J (1994) Laser therapy on trial. Prim Health Care 4: 18–20
<> Kenkre JE, Hobbs FDR, Carter YH, Holder RL, Holmes EP (1996) A randomized controlled trial of electromagnetic therapy in the primary care management of venous leg ulceration. Fam Pract 13(3): 236–41 <> Kincaid CB, Lavoie KH (1989) Inhibition of bacterial growth in vitro following stimulation with high voltage, monophasic, pulsed current. Phys Ther 69: 651–55 <> Lagan KM, McKenna T, Witherow A, Johns J, McDonough SM, Baxter GD (2002) Low-intensity laser therapy/combined phototherapy in the management of chronic venous ulceration: a placebo-controlled study. J Clin Laser Med Surg 20(3): 109–16 <> Li X, Kolega J (2002) Effects of direct current electric fields on cell migration and actin filament distribution in bovine vascular endothelial cells. J Vasc Res 39: 391–404 <> Lucas C, van Gemert MJC, de Haan RJ (2003) Efficacy of low-level laser therapy in the management of stage III decubitus ulcers: a prospective, observer-blinded multicentre randomised clinical trial. Lasers Med Sci 18(2): 72–77 <> Lundeberg T, Eriksson SV, Malm M (1992) Electrical nerve stimulation improves healing of diabetic ulcers. Ann Plast Surg 29(4): 328–31 <> Lundeberg T, Malm M (1991) Low-power HeNe laser treatment of venous leg ulcers. Ann Plast Surg 27(6): 537–39 <> Lundeberg T, Nordstrom F, Brodda-Jansen G, Eriksson SV, Kjartansson J, Samuelson UE (1990) Pulsed ultrasound does not improve healing of venous ulcers. Scand J Rehabil Med 22(4): 195–97 <> Lyons RF, Abergel RP, White RA, Dwyer RM, Castel JC, Uitto J (1987) Biostimulation of wound healing in vivo by a helium neon laser. Ann Plast Surg 18: 47–50 <> Malm M, Lundeberg T (1991) Effect of low power gallium arsenide laser on healing of venous ulcers. Scand J Plast Reconstr Hand Surg 25: 249–51 <B> McCulloch J, Knight CA (2002) Noncontact Normothermic Wound Therapy and Offloading in the Treatment of Neuropathic Foot Ulcers in Patients with Diabetes. Ostomy Wound Manag 48(3): 38–44 <> McDonald WS, Nichter LSM (1994) Debridement of bacterial and particulate-contaminated wounds. Ann Plast Surg 33: 142–47 <> Mester E, Toth N, Mester A (1982) The biostimulative effect of laserbeam. Laser Basic Biomed Res 22: 14–16 <> Murray JC, Frandale RW (1985) Modulation of collagen production in cultured fibroblasts by PEMFs. Biochem Biophys Acta 838: 98–106 <> Orida N, Feldman JD (1982) Directional protrusive pseudopodial activity and motility in macrophages induced by extracellular electric fields. Cell Motil 2: 243–55 <> Park HY, Phillips T, Kroon C, Murali J, Seah CC (2001) Noncontact thermal wound therapy counteracts the effects of chronic wound fluid on cell cycle-regulatory proteins. Wounds 13(6): 216–22 <> Peschen M, Weichenthal M, Schöpf E, Vanscheidt W (1997) Low-frequency ultrasound treatment of chronic venous leg ulcers in an outpatient therapy. Acta Derm Venereol 77: 311–14 <> Peters EJ, Lavery LA, Armstrong DG, Fleischli JG (2001) Electric stimulation as an adjunct to heal diabetic foot ulcers: a randomized clinical trial. Arch Phys Med Rehabil 82: 721–25 <B> Price P, Bale S, Crook H, Harding KGH (200o) The effect of a radiant heat dressing on pressure ulcers. Wound Care 9(4): 201–205
$;PSOVOE7'JBMLB.PTFS <> Robinson KR (1985) The responses of cells to electrical fields: a review. J Cell Biol 101: 2023–2027 <> Rowley BA (1972) Electrical current effects on E.coli growth rates. Proc Soc Exp Boil Med 139: 929–34 <> Rudolph DM (1998) Pathophysiology and management of venous ulcers. J Wound Ostomy Continence Nurs 25(5): 248–55 <> Schindl M, Kerschan K, Schindl A, Schon H, Heinzl H, Schindl L (1999) Induction of complete wound healing in recalcitrant ulcers by low-intensity laser irradiation depends on ulcer cause and size. Photodermatol Photoimmunol Photomed 15(1): 18–21 <> Sheridan DM, Isseroff RR, Nuccitelli R (1996) Imposition of a physiologic DC electric field alters the migratory response of human keratinocytes on extracellular matrix molecules. J Invest Dermatol 106: 642–646 <> Stiller MJ, Pak GH, Shupack JL, Thaler S, Kenny C, Jondreau L (1992) A portable pulsed electromagnetic field (PEMF) ddevice to enhance healing of recalcitrant venous ulcers: a double-blind, placebo-controlled clinical trial. Br J Dermatol 127: 147–154 <> Szuminsky NJ, Albers AC, Unger P, Eddy JG (1994) Effect of narrow, pulsed high voltages on bacterial viability. Phys Ther 74: 660–67 <> terRiet G, Kessels AG, Knipschild P (1996) A randomized clinicla trial of ultrasound in the treatment of pressure ulcers. Phys Ther 76(12): 1301–11 <> Todd DJ, Heylings DJ, Allen GE, McMillin WP (1991) Treatment of chronic varicose ulcers with pulsed electromagnetic fields a controlled pilot study. Ir Med J 84(2): 54–55 <B> Whitney JD, Salve da Lena G, Higa L, Mich M (2001) Treatment of Pressure Ulcers with Noncontact Normothermic Wound Therapy: Healing and Warming Effects. JWOCN 28(5): 244–52 <> Xia Z, Sato A, Hughes MA, Cherry G (2000) Stimulation of fibroblast growth in vitro by intermittent radiant warming. Wound Rep Reg 8(2): 138–44
,BQJUFMC
¨#JPDIJSVSHJF§°'MJFHFOMBSWFOJOEFS8VOECFIBOEMVOH .(SBTTCFSHFS
)JOUFSHSVOE
Problemwunden unterschiedlichster Genese wurden in den letzten Jahren zunehmend mit Larven der Seidengoldfliege Lucilia sericata erfolgreich und Kosten sparend behandelt [1, 11, 13, 8, 38, 41]. Frustrane Behandlungsversuche schlecht heilender Wunden mit zum Teil antibiotikaresistenten Keimen wie MRSA ließen der Biochirurgie im klinischen Alltag der unterschiedlichsten Fachdisziplinen vermehrt Aufmerksamkeit zu Teil werden.
)JTUPSJTDIF&OUXJDLMVOH
Die ersten schriftlich festgehaltenen Beobachtungen, die zu dieser Therapieform führten, stammen von dem französischen Chirurgen Ambroise Paré (1510– 1590). Er schilderte, wie später auch sein Landsmann Baron Dominique Jean Larrey (1766–1842), die positiven Auswirkungen der Maden auf die Wunden verletzter Soldaten [12]. Während des amerikanischen Bürgerkriegs (1861–1865) wurden Fliegenlarven von den Ärzten der Konföderierten Armee erstmals in therapeutischer Absicht eingesetzt [6]. Während des Ersten Weltkrieges behandelte der amerikanische Chirurg W. S. Baer verwundete Soldaten, die mehrere Tage auf dem Schlachtfeld gelegen hatten und deren Wunden mit tausenden Maden infestiert waren. Er war erstaunt über den guten Zustand der Verwundeten, die weder Anzeichen für Sepsis noch Wundinfektionen zeigten [2]. Zehn Jahre später, nachdem er als orthopädischer Chirurg an der Johns Hopkins Universität mit hartnäckigen Fällen von Osteomyelitis konfrontiert war, besann sich Baer auf seine Kriegserfahrung und begann, Fliegenlarven äußerst erfolgreich thera-
peutisch einzusetzen. In der Folge erlebte die Biochirurgie eine Blütezeit, wobei das wundheilungsfördernde Potenzial ganz bestimmter, unter aseptischen Bedingungen gezüchteter Schmeißfliegenlarven genauer untersucht wurde [25, 26, 37]. Das Pharmaunternehmen Lederle verkaufte damals große Mengen von Fliegenlarven unter dem Handelsnamen »Surgical Maggots-Lederle« (Abb. 1). Mit der Verbreitung des Penicillins nach dem zweiten Weltkrieg sowie der Entwicklung neuerer Antiseptika geriet die Maden-Therapie ab Mitte des 20. Jahrhunderts allmählich in Vergessenheit. Erst Anfang der Neunzigerjahre wurde im Rahmen mehrerer Studien begonnen, das biochirurgische Debridement mit konventionellen Methoden der Wundbehandlung an Patienten mit Unterschenkelund Aufliegegeschwüren zu vergleichen [33, 35]. Die Anwendung der Fliegenlarven führte zu signifikant schnellerem Debridement und zu einer schnelleren Wundheilung als alle anderen konservativen (nichtchirurgischen) Maßnahmen.
"CC MJOLT¨4VSHJDBM.BHHPUT-FEFSMF§8FSCFBO[FJHFWPO-FEFSMF -BCPSBUPSJFTJN+PVSOBMPGUIF"NFSJDBO.FEJDBM"TTPDJBUJPO +"." SFDIUT)JTUPSJTDIF.BEFOWFSCjOEFVN
.(SBTTCFSHFS
Nach einer darauf folgenden regelrechten Renaissance der Madentherapie und durch zahlreiche weitere klinische Studien untermauert [10, 21, 29, 32, 41] wurden Fliegenlarven der Schmeißfliegenart Lucilia sericata schließlich im Jahr 2004 von der amerikanischen Regulationsbehörde FDA (Food and Drug Administration) als »Medical Device« klassifiziert und zur Wundehandlung zugelassen. Der britische Krankenversicherungsträger NHS (National Health Service) hat den Kosten sparenden Effekt der Biochirurgie (im angloamerikanischen Sprachraum »Biosurgery« oder »Maggot-Therapy« genannt) ebenfalls erkannt und fördert daher die Produktion hochgradig keimarm hergestellter Fliegenlarven. Derzeit läuft in Großbritannien eine groß angelegte prospektive, randomisierte und kontrollierte 3-armige Studie mit deren Ergebnissen in den nächsten Jahren zu rechnen ist. In Deutschland sind medizinische Fliegenlarven derzeit als Arzneimittel eingestuft.
.FDIBOJTNFOEFS.BEFOUIFSBQJF
Die Lokalbehandlung chronisch infizierter Wunden konzentriert sich auf drei Basismaßnahmen: ■ Nekrosenabtragung (Debridement), ■ Infektbeseitigung und ■ Defektauffüllung. Therapeutisch eingesetzte Fliegenlarven weisen in allen drei Bereichen erstaunliche und vielfältige Wirkungen auf [14, 31]. /FLSPTFBCUSBHVOH %FCSJEFNFOU
Durch die von den Larven extrakorporal abgegebenen Verdauungsenzyme kommt es zu einer Verflüssigung der nekrotischen Beläge unter Schonung der vitalen Zellverbände. Die enzymatisch aufgelösten Wundbeläge werden von den Fliegenlarven als Nahrung aufgenommen. In den Ausscheidungen von Schmeißfliegenlarven konnten unterschiedliche proteolytische Enzyme nachgewiesen werden [5, 27, 40]. Experimente zeigten eine ausgesprochen selektive Aktivität der isolierten Madensekrete gegen Wundschorf und Nekrosen [40]. Die zu ihrer Fortbewegung dienenden feinen Mundhaken der Larven sowie die an jedem Segment der Larven nach hinten abstehenden Hakenkränze führen zu einer mechanischen Beanspruchung der Wundoberfläche (siehe Abb. 2c). Durch das Aufsaugen des enzymatisch angedauten Substrates kommt es zu einer rapiden Abnahme des Wundbelages (Abb. 3 und 4). Das
"CC B 8FJCMJDIF4DINFJ¿JFHFEFS"SU-VDJMJBTFSJDBUBCFJEFS &JBCMBHF C 'MJFHFOFJFSBVGTUFSJMFN/jISNFEJVN D 7PSEFSFS 1PMFJOFSBVTHFXBDITFOFO-BSWF HVU[VFSLFOOFOTJOEEFSTPH ¨.VOEIBLFO§VOEEJFTFHNFOUBMFO)BLFOLSjO[F
Vorhandensein von Larven in der Wunde führt zudem in den meisten Fällen zu einer starken Bildung von Wundexsudat und unterstützt dadurch den Prozess der Wundreinigung wesentlich (Spüleffekt) [14]. Während der Behandlung kann es zu einer gesteigerten Wundexsudation kommen. Daher sind die Sekundärverbände regelmäßig zu kontrollieren und gegebenenfalls auszuwechseln. Die Exsudationssteigerung ist ein typisches Zeichen für eine erfolgreiche Madenbehandlung!
¨#JPDIJSVSHJF§°'MJFHFOMBSWFOJOEFS8VOECFIBOEMVOH
"CC B KjISJHF1BUJFOUJONJUWFOzTFN6MDVTDSVSJTTFJU[XFJ +BISFO&JOWPS#FIBOEMVOHTCFHJOOEVSDIHFGISUFSNJLSPCJPMP HJTDIFS8VOEBCTUSJDIFSHBCFJOF*OGFLUJPONJU4UBQIZMPDPDDVT BVSFVTVOEβIjNPMZTJFSFOEFO4USFQUPLPLLFO C ,PNQMFUUFT %FCSJEFNFOUVOEOFHBUJWFS8VOEBCTUSJDIOBDI4UVOEFOBNCV MBOUFS5IFSBQJF
"CC B KjISJHF1BUJFOUJONJUUIFSBQJFSFGSBLUjSFO6MDFSB CFTUFIFOETFJU[XFJ+BISFO#FGVOELVS[OBDI"OHJPQMBTUJFWPO" GFNPSBMJTVOE"QPQMJUFB C "USBVNBUJTDIFT%FCSJEFNFOUVOE BVGGjMMJHTUBSLF(SBOVMBUJPOTHFXFCTCJMEVOHOBDI[XFJNBMJHFS .BEFOBQQMJLBUJPOGSKF4UVOEFO"OTDIMJFFOEFSGPMHSFJDIF %FDLVOHNJU)BVUUSBOTQMBOUBU
"OUJNJLSPCJFMMF8JSLVOH Da der nekrotische Belag der Hauptsitz der oft pathogenen Wundflora ist, erklärt das mechanisch/enzymatische Debridement grundsätzlich einen Teil der keimzahlreduzierenden Wirkung der Larven. Da aber der natürliche Lebensraum von Schmeißfliegenlarven – Kadaver, Wunden und Exkremente – hochgradig bakteriell kontaminiert ist müssen die Larven in der Lage sein, diese Pathogene zu tolerieren bzw. sie abzutöten. Einige Keime erfahren eine 5fach logarithmische Abnahme während des Transits durch den sauren (pH~3) Mitteldarm der Larven [15]. Die Bakterien werden also schlichtweg verdaut. Durch die larvalen Ausscheidungen (Allantoin, Harnstoff, Ammoniumbikarbonat) kommt es zu einer Alkalisierung des Wundmilieus.
In-vitro Untersuchungen und klinische Beobachtungen zeigen eine eindeutige Wirkung der Larven gegen ein großes Spektrum von pathogenen Keimen inklusive Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus (MRSA) [3, 4, 7, 19, 20, 22, 36, 39, 42]. Die Wirksamkeit gegen gram-negative Keime wird in den vorliegenden Studien allerdings unterschiedlich bewertet. Vorsicht ist auf jeden Fall bei manchen Pseudomonas und Proteus Stämmen geboten. Hier kann es durch Elimination der kompetitiven Wundflora zu einer Vermehrung der Problemkeime kommen [9]. Ein vor Behandlungsbeginn durchgeführter mikrobiologischer Wundabstrich mit Erregernachweis ist daher unbedingt empfehlenswert. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Fliegenlarven die mitunter starke Geruchsentwicklung infizierter Wun-
.(SBTTCFSHFS
den, unter der Patienten wie Personal oft gleichermaßen leiden, schnell beseitigen können. Fliegenlarven besitzen sehr gute antimikrobielle Eigenschaften gegen gram-positive und weniger gute bis schlechte gegen gram-negative Keime. Vorsicht vor allem bei Pseudomonas und Proteus! 4UJNVMBUJPOEFS8VOEIFJMVOH Die außerordentlich schnelle Neubildung von Granulationsgewebe ist eine spektakuläre Beobachtung bei der biochirurgischen Wundbehandlung (Abb. 4). Obwohl früher spekuliert wurde, dass die Larven lediglich eine normale Wundheilung ermöglichen, indem sie Nekrose und Infektion beseitigen, weiß man heute, dass die von den Larven abgegebenen Substanzen das Fibroblastenwachstum stimulieren [18, 23] sowie deren Beweglichkeit erhöhen [16] und das Remodelling der extrazellulären Matrix beschleunigen [17]. Einige der Substanzen, wie Allantoin, Ammoniumbikarbonat und Harnstoff, denen eine antimikrobielle Wirkung zugeschrieben wird, sind wahrscheinlich ebenfalls für das schnelle Wachstum des Granulationsgewebes verantwortlich. Eine ausreichende Oxygenierung des Gewebes vorausgesetzt, bildet sich in den meisten Fällen nach Nekrosektomie und Infektbeseitigung rasch ein kräftiges, gut durchblutetes Granulationsgewebe auf der Wundoberfläche, das schließlich den Gewebsdefekt vollständig ausfüllt und durch spontane Epithelisierung oder eine Hauttransplantation endgültig verschlossen wird [8, 30].
Die physiologische Wundheilung kann zusätzlich durch andere Wundbehandlungsmodalitäten unterstützt werden (Herstellung eines feuchten Wundmilieus, Applikation von Wachstumsfaktoren, Vakuumversiegelungstherapie, Laser etc.).
¨)FSTUFMMVOH§EFS-BSWFO
Fliegenlarven nehmen bereits kurz nach dem Schlüpfen aus ihrer unmittelbaren Umgebung kontaminierte Nahrung zu sich und sind nicht sterilisierbar. Aufgrund der äußerst widerstandsfähigen Eihülle der Schmeißfliegeneier ist es jedoch möglich, diese für eine gewisse Zeit toxischen Desinfektionslösungen auszusetzen, ohne die Eier abzutöten. Da der Embryo im Inneren der Eier in der Regel keimfrei ist, können Fliegenlarven durch entsprechende Oberflächendesinfektion der Eier und anschließender Aufzucht auf
"CC "QQMJLBUJPOTGPSNFOLPNNFS[JFMMIFSHFTUFMMUFS'MJFHFO MBSWFO[VS8VOECFIBOEMVOH B ¨PGGFO§[VS"OXFOEVOHBMTTP HFOBOOUF¨'SFJMjVGFS§ C JN#JPCBHBVT/ZMPOOFU[ D BMTXFJUFS FOUXJDLFMUFS-BSWFOWFSCBOEBVT17"4DIXBNN 7JUBQBE 'PUPT NJUGSFVOEMJDIFS(FOFINJHVOH#JPNPOEF(NC) )BNCVSH
¨#JPDIJSVSHJF§°'MJFHFOMBSWFOJOEFS8VOECFIBOEMVOH
"CC ,POTUSVLUJPOTTDIFNBEFT1SJNjS7FSCBOEFTCFJEFS"O XFOEVOHBMT¨'SFJMjVGFS§
einem sterilen Nährmedium hochgradig keimarm hergestellt werden (Abb. 2b). Die einzelnen Chargen werden zur Qualitätskontrolle vor Auslieferung mikrobiologisch untersucht.
1SBLUJTDIF"OXFOEVOH
Bei der Bestellung (Zustellung per Botendienst) von Fliegenlarven ist unbedingt darauf zu achten, dass die verschiedenen Hersteller an bestimmten Wochentagen ausliefern, und die Larven sodann unverzüglich zur Anwendung gelangen sollten. Eine Lagerung der Larven im Kühlschrank (~8°C) für maximal 1–2 Tage ist zwar möglich, kann aber mit einer erhöhten Mortalität der Tiere verbunden sein. Die Fliegenlarven werden entweder als sog. »Freiläufer« in die Wunde eingebracht und mit Hilfe eines Netz-Käfig-Verbandes auf das zu behandelnde Areal ausbruchssicher begrenzt oder mit dem teebeutelartigen Biobag oder VitaPad® appliziert [13] (Abb. 5). %JFLMBTTJTDIF"OXFOEVOHBMT¨'SFJMjVGFS§ Der ideale »Madenverband« sollte ausbruchssicher und sauerstoffdurchlässig sein, eine gute Wunddrainage sowie eine optische Inspektion der Wunde ermöglichen, mit minimalem Arbeitsaufwand verknüpft und kostengünstig sein. Als Weiterentwicklung der historischen Madenverbände (Abb. 1) kann ein Verbandsaufbau, wie in Abb. 6 dargestellt, empfohlen werden [28]. Vor der Anwendung ist unbedingt darauf zu achten, dass keine Rückstände von Hydrogels, Salben oder Desinfektionsmitteln in der Wunde verbleiben.
Die Wunde wird mit NaCl-Lösung gespült und der Wundrand evtl. mit Alkohol oder Wundbenzin entfettet um eine gute Haftfähigkeit des Verbandes zu gewährleisten. Ausgedehnte großflächige Nekrosen können vor der Behandlung unter Schonung des vitalen Gewebes chirurgisch entfernt werden. Eine systemische Antibiotikatherapie stellt erfahrungsgemäß keine Kontraindikation für den Einsatz von Fliegenlarven dar [34]. Zunächst wird in eine, in verschiedenen Größen erhältliche, Hydrocolloid-Platte (z. B. Varihesive® Extra dünn, ConvaTech, Bristol-Myers Squibb) ein Loch in der Größe der Wunde geschnitten, um den Wundrand damit abzukleben. Alternativ eignet sich dazu ein doppelseitiger Adhäsivgelstreifen (z. B. Vacuseal Gel strips, Coloplast). Anschließend werden die jungen Larven (3–5 mm lang) in die Wunde eingebracht. Am einfachsten gelingt dies, wenn die Larven aus dem Behälter mit etwas Kochsalz-Lösung auf einen Teil des in der Regel mitgelieferten Nylon-Netzes gespült werden. Vom Netz aus lassen sich die Maden einfach mit einem Stiltupfer oder einer Pinzette abheben und auf das gewünschte Wundareal setzen. Ein weiteres Stück steriles feinmaschiges Nylon-Netz (ein wenig größer als die Wunde, jedoch kleiner als die Wundumklebung) wird mit einem geeigneten Adhäsivband (z. B. Leukoplast® S breit, Beiersdorf AG) darauf fixiert. Bei Verwendung des doppelseitigen Adhäsivstreifens entfällt dieser Arbeitsschritt und das Netz wird direkt auf den Streifen aufgebracht. Grundsätzlich können auch andere gleichwertige Materialien benutzt werden, es ist jedoch darauf zu achten, dass eine ausreichende Haftfähigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeit für die gesamte Therapiedauer (2–4 Tage) gegeben ist (eine ausführliche Verbandsbeschreibung gibt Sherman 1997 [28]). Es empfiehlt sich, die Larven erst dann einzubringen, wenn das Netz bereits teilweise fixiert ist, da selbst die kleinen Larven eine beachtliche Geschwindigkeit an den Tag legen können. Werden die Tiere mindestens eine halbe Stunde vor Verwendung im Kühlschrank aufbewahrt, erleichtert das die Anwendung, da die Tiere dann eine herabgesetzte Motilität zeigen. Bei tiefen Wunden mit Taschenbildung sollten Spacer (Abstandhalter) z. B. aus PVA-Schwamm eingesetzt werden, um die Wunde offen zu halten und zu belüften. Diese Vorgangsweise ermöglicht ein Überleben der Fliegenlarven in der Tiefe der Wunde. Einfache absorbierende Kompressen werden abschließend mit einem Mullverband so angebracht,
dass Exsudat und verflüssigtes nekrotisches Gewebe problemlos aufgenommen werden kann. Dieser Sekundärverband kann regelmäßig gewechselt werden, ohne dass die Larven entkommen können. Eine für die Larven essenzielle Prozedur, da sie sonst im Wundexsudat ertrinken oder ersticken würden. Bei sehr trockenen Wundverhältnissen hingegen sollten die Kompressen etwas angefeuchtet werden um ein optimales Milieu für die Larven zu schaffen. Durch das transparente Netz kann die Aktivität der Maden jederzeit kontrolliert werden. Die Anzahl der verwendeten Maden hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Je nach Beschaffenheit des Wundbelages bzw. der Nekrose ist eine Dichte von 3–10 Larven pro cm2 in der Regel ausreichend. Normalerweise werden die Larven nach etwa 2–3 Tagen entfernt, sie können aber länger belassen werden, wenn es die Umstände erforderlich machen und der Patient nicht über Schmerzen klagt. Da im Wesentlichen nur ausgewachsene große Larven zu Beschwerden führen, kann bei entsprechend schmerzsensiblen Patienten eine mehrmalige Behandlung mit kleineren Larven für nur 1–2 Tage angebracht sein. Eine Analgetikagabe ist ebenfalls möglich. Nach Entfernung des Netzes fällt ein Großteil der Larven von selbst aus der Wunde heraus. Eventuell verbleibende Larven können mit einer sterilen Pinzette oder einem Strahl steriler Salzlösung problemlos entfernt werden. Die auf diese Weise entfernten kontaminierten Larven müssen in gut versiegelten Behältnissen zusammen mit dem Verbandmaterial der Vernichtung zugeführt werden. In manchen Fällen ist eine einmalige Applikation ausreichend, um ein befriedigendes Debridement zu erreichen. Bei größeren und tieferen Wunden mit dickerem Belag oder verhärteter Nekrose und schlechten trophischen Verhältnissen kann eine mehrmalige Applikation notwendig sein. Fliegenlarven sind Lebewesen! Es ist daher darauf zu achten, dass der Verband ausreichend luftdurchlässig ist. Übermäßige Exsudatansammlungen sind durch regelmäßigen Verbandswechsel zu vermeiden, da die Tiere sonst ertrinken.
"OXFOEVOHJN#JPCBHC[X7JUBQBE Die Annahme, dass eine mechanische Reizung der Wundoberfläche durch umherwandernde Larven der entscheidende Stimulus für die Wundheilung ist, wird durch die Behandlungsergebnisse mit den weiterent-
.(SBTTCFSHFS
wickelten Madenverbänden erheblich in Frage gestellt [13]. Die Maden sind dabei durch eine 0,5 mm dicke Membran aus Polyvinylalkohol-Hydroschwamm physikalisch von der Wundoberfläche getrennt (VitaPad®, Biomonde, Hamburg, Germany), sodass ein mechanischer Reiz durch die Larven ausgeschlossen ist. Es bleibt lediglich ein Flüssigkeitskontakt erhalten und doch kommt es bei flachen Wunden zu keinem wesentlichen Wirkungsverlust. Die geringe Wandstärke des porösen Materials gewährleistet eine ausreichende Permeabilität. Wundsekret und verflüssigtes nekrotisches Gewebe gelangen ebenso wie Sauerstoff auf diese Weise in das Innere des Vitapads® und ermöglichen Überleben und Wachstum der Larven. Gleichzeitig gelangen die larvalen Ausscheidungen über den Schwamm als Trägermaterial in die Wunde, wo sie die Infektion kontrollieren und die Wundheilung stimulieren. Der Vorteil dieser Fertigverbände liegt in der problemlosen Applikation, der raschen Entsorgung, der Reduktion des Wundschmerzes und dem weitgehend sicheren Verschluss der nicht sichtbaren Larven, wodurch die Ästhetik verbessert und hygienische Risiken reduziert werden. Eine einfachere Version ist die Verpackung der Larven in ein einfaches feinmaschiges Nylonnetz, welches wie ein Tabakbeutel rundherum verschlossen wird. Diese Form der Anwendung ist dem Vitapad® aus PVASchwamm allerdings eindeutig unterlegen, da bei diesem die Membranen aus Polyvinylalkohol die Wundreinigung und die Bildung von Granulationsgewebe zusätzlich unterstützen. Unabhängig von den Besonderheiten der unterschiedlichen Verbandstechniken liegt der Behandlungserfolg mit Maden in der banalen Erkenntnis, dass Fliegenlarven Lebewesen sind. Sie können ersticken, ertrinken, vertrocknen und verhungern und brauchen deshalb eine fürsorgliche Pflege!
6OFSXOTDIUF8JSLVOHFOVOE(FHFOBO[FJHFO
Nach jahrzehntelanger klinischer Anwendung von keimfreien Fliegenlarven der Art Lucilia sericata finden sich in der Literatur keine Hinweise auf Komplikationen. Häufigere leichte Nebenwirkungen sind Hautirritationen und Schmerzen. In Einzelfällen können vor allem bei Patienten mit verzögerter Blutgerinnung kleine kapilläre Blutungen auftreten. Fliegenlarven sollten nicht auf Wunden mit starker Blutungs-
¨#JPDIJSVSHJF§°'MJFHFOMBSWFOJOEFS8VOECFIBOEMVOH
neigung oder auf Wunden, die in der Nähe eines frei liegenden großen Gefäßes liegen, aufgebracht werden. Bei Verwendung einer zu großen Menge von Larven können die reichlich produzierten proteolytischen Verdauungssekrete zu Hautirritationen und Reizungen von gesundem Gewebe führen. Die PAVK im Stadium 4 ist als Kontraindikation anzusehen, da hier aufgrund der schlechten trophischen Verhältnisse keine Heilungsaussicht, ja sogar die Gefahr einer Ausweitung des Defektes besteht. Da Fliegenlarven offenbar das Wachstum von einigen gramnegativen Keimen (insbesondere Pseudomonas und Proteus Stämmen) nicht beeinträchtigen, kann bei längerer Behandlung ein Erregerwechsel eintreten. Die mikrobiologische Untersuchung des Wundabstrichs ist daher die Basis für das gesamte Behandlungskonzept. Die Behandlung von Wunden, bei denen das Risiko eines Wunddurchbruchs in eine Körperhöhle besteht, sollte nur unter strenger Indikationsstellung, wenn möglich mit Vitapad® oder Biobag und nur unter engmaschiger Überwachung erfolgen. Aus krankenhaushygienischer Sicht kommt der sicheren Begrenzung der Fliegenmaden auf die Wundoberfläche große Bedeutung zu, was durch einen gut sitzenden Verband oder durch die Anwendung des BioBags und Vitapads® gewährleistet wird. Da der aufgeklebte Netzverband nach etwa drei Tagen Behandlungsdauer an Festigkeit verliert, sollte er nicht länger verbleiben. Allenfalls entkommene Fliegenlarven suchen eine trockene Umgebung auf, um sich zu verpuppen, wobei die ausschlüpfenden Fliegen innerhalb des Krankenhauses theoretisch zu Vektoren von Keimen und zu Myiasiserregern werden können. Undichte Madenverbände sind daher insbesondere bei stationärer Behandlung umgehend zu entfernen. Im Grunde entspricht das biochirurgische Debridement einer sorgfältig kontrollierten, künstlich induzierten Wundmyiasis. Fälle von natürlich vorkommender, unkontrollierter Myiasis durch fakultativ parasitische Fliegenarten betreffen hauptsächlich ältere, physisch oder psychisch behinderte sowie verwahrloste Personen. Das vernünftigste Vorgehen in solchen Fällen besteht immer in der Entfernung der Larven, um etwaigen Gewebsschäden und Infektionen vorzubeugen, selbst wenn die Larven zu einer der therapeutisch brauchbaren Arten gehören.
'B[JU
Es wird immer deutlicher, dass der seit vielen Jahren beobachtete positive Einfluss der Fliegenmaden auf akute und chronisch infizierte Wunden nicht auf einen speziellen Wirkstoff zurückzuführen ist. Neueste Studienergebnisse zeigen, dass vielfältige Faktoren eine Rolle spielen, die zum Teil synergistisch wirken [3, 5, 14, 16–20, 22, 23, 26, 27, 31, 39, 40]. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die besten Indikationen für Biochirurgie vor allem diabetische Wunden, Dekubitalulzerationen sowie akute posttraumatische und postoperative Wundinfektionen sind. Die heterogene Gruppe der Ulcera cruris spricht aufgrund ihrer komplexen Genese am besten auf eine polypragmatische Therapie an. Die schlechtesten Ergebnisse sind bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAVK) im Stadium 4 zu erwarten, da hier die trophischen Verhältnisse eine Heilung oft unmöglich machen. Aber auch komplizierte Fälle von Fournier’scher Gangrän und nekrotisierender Fasziitis wurden dank Innovationen wie dem Biobag, erfolgreich behandelt [1, 24]. Fliegenlarven stellen in vielen Fällen eine zielführende und kostengünstige Alternative zu herkömmlichen, oft wirkungslosen Wundbehandlungsmethoden dar, ihre Anwendung muss allerdings unbedingt in ein interdisziplinäres Behandlungskonzept eingebunden sein. Wegen des äußerst geringen Risikos einer Madenapplikation ist bei manchen Fällen therapierefraktärer Wunden auch der explorative Behandlungsansatz gerechtfertigt. Als einfach zu handhabende Alternative bei gleichzeitig guter Wirksamkeit hat sich der Biobag bzw. Vitapad® herausgestellt. Der fertige Madenverband ermöglicht eine leichte, gezielte und schnelle Anwendung auch für ungeübtes Personal. Da vor allem chronische, infizierte Ulzera eine große finanzielle Belastung für das Gesundheitssystem darstellen, kann die frühzeitige Verwendung von Fliegenlarven zu substanziellen Einsparungen verhelfen. In vielen Fällen ist auch eine ambulante Therapie problemlos möglich. Das Konzept des biochirurgischen Debridements mit Fliegenlarven erscheint vielen Personen antiquiert und die Furcht vor einer invasiven Myiasis bzw. der Abscheu vor herumkriechenden lebenden Insektenlarven auf dem menschlichen Körper hielt bislang einen großen Teil des medizinischen Personals und der Patienten von einer Anwendung speziell hergestellter Fliegenlarven ab. Eine bessere breite Akzeptanz im Zeitalter der »evidence based medicine« kann nur dann
erwartet werden, wenn die ersten Ergebnisse von größeren randomisierten klinischen Studien vorliegen und die beobachteten Vorteile der Larven gegenüber herkömmlichen Methoden weiter objektiviert werden. Ein weiteres Ziel muss es sein, sowohl Gesundheitspersonal als auch Bevölkerung über die Gefahrlosigkeit und die Vorteile einer solchen Behandlung aufzuklären. Die Tatsache, dass sich die Madentherapie in der westlichen Schulmedizin steigender Akzeptanz erfreut, ist allein als Zeugnis für ihre Wirksamkeit zu werten. Die Verwendung von sterilen Larven der Spezies Lucilia sericata in der Wundbehandlung hat eine feste Basis in der medizinischen Literatur. Hat der Patient keinen Einwand, dann sollte es in Zukunft keine ethischen Barrieren für den breiten medizinischen Einsatz von Fliegenlarven in der Wundbehandlung geben.
1SGVOHTGSBHFO
1. Was sind die drei Hauptwirkmechanismen bei der Wundbehandlung mit Fliegenlarven? 2. Was sind die besten Indikationen für das biochirurgische Debridement? 3. Welche Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen sind bei der Anwendung von Fliegenlarven zu beachten? 4. Wie lange dauert in der Regel eine Madenanwendung? 5. Welche Grundsätze sind bei der Erstellung des Madenverbandes unbedingt zu beachten? -JUFSBUVS <> Angel K, Grassberger M, Huemer F, Stackl W (2000) Madentherapie bei Fournier’scher Gangrän – erste Erfahrungen mit einer neuen Therapie. Aktuelle Urologie 31: 440–44 <> Baer WS (1931) The treatment of chronic osteomyelitis with the maggot (larva of the blowfly). J Bone Joint Surg 13: 438–75 <> Bexfield A, Nigam Y, Thomas S, Ratcliffe NA (2004) Detection and partial characterisation of two antibacterial factors from the excretions/secretions of the medicinal maggot Lucilia sericata and their activity against methicillin-resistant Staphylococcus aureus (MRSA). Microbes Infect 6(14): 1297–1304 <> Bonn D (2000) Maggot therapy: an alternative for wound infection. Lancet 356(9236): 1174 <> Chambers L, Woodrow S, Brown AP, Harris PD, Phillips D, Hall M, Church JC, Pritchard DI (2003) Degradation of extracellular matrix components by defined proteinases from the greenbottle larva Lucilia sericata used for the clinical debridement of non-healing wounds. Br J Dermatol 148(1): 14–23
.(SBTTCFSHFS <> Chernin E (1986) Surgical maggots. South Med J 79: 1143–45 <> Dissemond J, Koppermann M, Esser S, Schultewolter T, Goos M, Wagner SN (2002) Therapie eines Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) im Rahmen der Behandlung eines chronischen Ulkus mittels Biochirurgie. Hautarzt 53: 608–12 <> Fleischmann W, Grassberger M (2002) Erfolgreiche Wundheilung durch Maden-Therapie. Biochirurgie: Die wieder entdeckte Behandlungsmethode bei diabetischem Fuß und anderen schlecht heilenden Wunden. Trias Verlag, Stuttgart <> Fleischmann W, Grassberger M, Sherman RA (2004) Maggot therapy – a handbook of maggot-assisted wound healing. Thieme International, New York <> Fleischmann W, Russ M, Moch D, Marquardt C (1999) Biochirurgie – Sind Fliegenmaden wirklich die besseren Chirurgen? Chirurg 70(11): 1340–46 <> Graninger M, Grassberger M, Galehr E, Huemer F, Gruschina E, Minar E, Graninger W (2002) Biosurgical debridement facilitates healing of chronic skin ulcers. Arch Intern Med 162: 1906–07 <> Grassberger M (2002) Ein historischer Rückblick auf den therapeutischen Einsatz von Fliegenlarven. NTM 10: 13–24 <> Grassberger M, Fleischmann W (2002) The BioBag – a new device for the application of medicinal maggots. Dermatology 204(4): 306 <> Grassberger M, Frank C (2003) Wundheilung durch sterile Fliegenlarven: mechanische, biochemische und mikrobiologische Grundlagen. Wien Med Wochenschr 153(9–10): 198–201 <> Greenberg B (1973) Flies and diseases. Vol. II. Biology and disease transmission. Princeton University Press, Princeton, N J <> Horobin AJ, Shakesheff KM, Pritchard DI (2005) Maggots and wound healing: an investigation of the effects of secretions from Lucilia sericata larvae upon the migration of human dermal fibroblasts over a fibronectin-coated surface. Wound Repair Regen 13(4): 422–33 <> Horobin AJ, Shakesheff KM, Pritchard DI (2006) Promotion of human dermal fibroblast migration, matrix remodelling and modification of fibroblast morphology within a novel 3D model by Lucilia sericata larval secretions. J Invest Dermatol 126(6): 1410–18 <> Horobin AJ, Shakesheff KM, Woodrow S, Robinson C, Pritchard DI (2003) Maggots and wound healing: an investigation of the effects of secretions from Lucilia sericata larvae upon interactions between human dermal fibroblasts and extracellular matrix components. Br J Dermatol 148(5): 923–33 <> Kerridge A, Lappin-Scott H, Stevens JR (2005) Antibacterial properties of larval secretions of the blowfly, Lucilia sericata. Med Vet Entomol 19(3): 333–37 <> Lerch K, Linde HJ, Lehn N, Grifka J (2003) Bacteria ingestion by blowfly larvae: an in vitro study. Dermatology 207(4): 362–66 <> Mumcuoglu KY, Ingber A, Gilead L, Stessman J, Friedmann R, Schulman H, Bichucher H, Ioffe-Uspensky I, Miller J, Galun R, Raz I (1999) Maggot therapy for the treatment of intractable wounds. Int J Dermatol 38(8): 623–27 <> Mumcuoglu KY, Miller J, Mumcuoglu M, Friger M, Tarshis M (2001) Destruction of bacteria in the digestive tract of the maggot of Lucilia sericata (Diptera: Calliphoridae). J Med Entomol 38(2): 161–66 <> Prete PE (1997) Growth effects of Phaenicia sericata larval extracts on fibroblasts: mechanism for wound healing by maggot therapy. Life Sci 60(8): 505–10
¨#JPDIJSVSHJF§°'MJFHFOMBSWFOJOEFS8VOECFIBOEMVOH <> Preuss SF, Stenzel MJ, Esriti A (2004) The successful use of maggots in necrotizing fasciitis of the neck: a case report. Head Neck 26(8): 747–50 <> Robinson W (1933) The use of blowfly larvae in the treatment of infected wounds. Ann Entomol Soc Am 26: 270–76 <> Robinson W (1935) Stimulation of healing in non-healing wounds by allantoin occurring in maggot secretions and of wide biological distribution. J Bone Joint Surg 17: 267–71 <> Schmidtchen A, Wolff H, Rydengard V, Hansson C (2003) Detection of serine proteases secreted by Lucilia sericata in vitro and during treatment of a chronic leg ulcer. Acta Derm Venereol 83(4): 310–11 <> Sherman RA (1997) A new dressing design for use with maggot therapy. Plast Reconstr Surg 100: 451–56 <> Sherman RA (2002) Maggot versus conservative debridement therapy for the treatment of pressure ulcers. Wound Repair Regen 10(4): 208–14 <> Sherman RA, Shimoda KJ (2004) Presurgical maggot debridement of soft tissue wounds is associated with decreased rates of postoperative infection. Clin Infect Dis 39(7): 1067–70 <> Sherman RA, Hall MJR, Thomas S (2000) Medicinal Maggots: An ancient remedy for some contemporary afflictions. Annu Rev Entomol 45: 55–81 <> Sherman RA, Sherman J, Gilead L, Lipo M, Mumcuoglu KY (2001) Maggot debridement therapy in outpatients. Arch Phys Med Rehabil 82(9): 1226–29 <> Sherman RA, Tran J, Sullivan R (1996) Maggot therapy for treating venous stasis ulcers. Arch Dermatol 132: 254–56
<> Sherman RA, Wyle FA, Thrupp L (1995) Effects of seven antibiotics on the growth and development of Phaenicia sericata (Diptera: Calliphoridae) larvae. J Med Entomol 32(5): 646–49 <> Sherman RA, Wyle F, Vulpe M (1995) Maggot therapy for treating pressure ulcers in spinal cord injury patients. J Spinal Cord Med 18(2): 71–74 <> Steenvoorde P, Jukema GN (2004) The antimicrobial activity of Maggots: in-vivo results. J Tissue Viability 14(3): 97–101 <> Stewart MA (1934) The role of Lucilia sericata Meig. larvae in osteomyelitis wounds. Ann Trop Med Parasit 28: 445 <> Tanyuksel M, Araz E, Dundar K, Uzun G, Gumus T, Alten B, Saylam F, Taylan-Ozkan A, Mumcuoglu KY (2005) Maggot debridement therapy in the treatment of chronic wounds in a military hospital setup in Turkey. Dermatology 210(2): 115–18 <> Thomas S, Andrews AM, Hay NP, Bourgoise S (1999) The anti-microbial activity of maggot secretions: results of a preliminary study. J Tissue Viability. 9(4): 127–32 <> Vistnes LM, Lee R, Ksander GA (1981) Proteolytic activity of blowfly larvae secretions in experimental burns. Surgery 90: 835–41 <> Wayman J, Nirojogi V, Walker A, Sowinski A, Walker MA (2000) The cost effectiveness of larval therapy in venous ulcers. J Tissue Viability 10(3): 91–94 <> Wolff H, Hansson C (1999) Larval Therapy for a Leg Ulcer with Methicillin-resistant Staphylococcus aureus. Acta Derm Venerol 79: 320–35
,BQJUFM
8VOEIFJMVOHBVTLJOFTJPMPHJTDIFS4JDIU )3JOEFS
;VTBNNFOGBTTVOH
Ähnliche Ergebnisse konnten wir auch bei anderen Klienten beobachten. Daher sind wir der festen Überzeugung, daß die Zusammenarbeit von Schulmedizin und so genannten komplementären Maßnahmen sicher hilfreich sein kann. Wahrscheinlich spielt es weniger eine Rolle, welches System (wie in diesem Fall Kinesiologie – oder ein anderes Biofeedbackverfahren) angewendet wird, sondern es ist wichtiger, dass die »Behandler« ein gegenseitiges Verständnis aufbringen und vor allem den Klienten (Patienten) in der Selbstverantwortung lassen.
lichen Erkenntnissen, zum Beispiel aus der Stress- und Gehirnforschung. Die Kinesiologie lässt sich vielseitig einsetzen. Sie bietet die Möglichkeit, jedermanns Gesundheit zu fördern und zu verbessern. In der Hand eines professionellen Behandlers lässt sich die Kinesiologie als Biofeedback-System beschreiben, mit dem sich – ergänzend zur Schulmedizin – gesundheitliche Störungen beurteilen, behandeln und beheben lassen. Die kinesiologischen Methoden wirken entspannend und helfen dabei, gesund und leistungsfähig zu bleiben.
(FTDIJDIUFEFS,JOFTJPMPHJF
8BTJTU,JOFTJPMPHJF
Die Kinesiologie sieht den Menschen als Einheit von Körper, Seele und Geist. Das heißt korrekt: Was wir denken und fühlen, wirkt sich auch auf unser körperliches Wohlbefinden aus. Umgekehrt beeinflusst unser körperlicher Zustand unsere geistig-seelische Verfassung. Die Kinesiologie vertraut auf die innere Intelligenz unseres Organismus, sich selbst zu heilen. Ihre Methoden beruhen darauf, diese Selbstheilungskräfte des Körpers zu unterstützen und anzuregen. Die wichtigsten kinesiologischen Techniken regen durch die Aktivierung der Lebensenergie in erster Linie die Selbstheilungskräfte an. Dabei verbindet die Kinesiologie jahrtausende altes Erfahrungswissen der traditionellen chinesischen Medizin mit neuen wissenschaft* Seit 25 Jahren DGKP und akademisch geprüfter Kinesiologe der Österreichischen Akademie für Kinesiologie und Gesundheit
Das Muskeltesten wurde schon vor 2000 Jahren von Hippokrates verwendet, um neurologische Verletzungen an Soldaten zu diagnostizieren. Es wurde von den berühmten Neurologen des letzten Jahrhunderts – den französischen Ärzten J. Charcot und seinem Schüler J. Babinsky – wiederentdeckt und ein fester Bestandteil der modernen Neurologie. Der englische Orthopäde James Dyriax verwendete den Muskeltest Anfang der 40er Jahre als Teil einer umfassenden diagnostischen Methode, die ihm erlaubte, zwischen Bandscheibenvorfällen, neurologischen Erkrankungen und harmlosen Rückenverletzungen zu unterscheiden. Die Krankengymnasten H. O. und F. P. Kendall entwickelten das heute allgemein anerkannte Muskeltestsystem (»Kinesiologie«) für jeden Muskel des Körpers, das in der Krankengymnastik, in der Orthopädie und Neurologie weltweit verwendet wird. Der amerikanische Chiropraktiker George Goodheart griff dieses System auf. Er nannte sein Testsystem »Applied Kinesiology«. Durch seine Beschäftigung mit der Anthropologie in früheren Jahren wusste er, dass
die Maya-Indianer vor über 500 Jahren eine einfache Methode des Muskeltestens verwendeten, um festzustellen, ob Wasser an einer bestimmten Stelle trinkbar ist oder nicht. Er wiederholte diese Tests erfolgreich. Es war der 1987 verstorbene Chiropraktiker Alan Beardall, der den Muskeltest zu einer hohen und subtilen Heilkunst entwickelte. Er nannte sein System »Clinical Kinesiology« und es unterscheidet sich grundsätzlich in vielen Aspekten von Goodhearts System. Beide Methoden erlauben es, sowohl strukturelle, als auch biochemische Abweichungen im Körper elegant und nicht invasiv zu diagnostizieren und sofort die angemessenste Behandlungsmethode zu finden. Die amerikanische Ärztin und Chiropraktikerin Louisa Williams hat zusammen mit dem Autor Beardalls Methode weiterentwickelt; sie berücksichtigt heute insbesondere die Funktion des autonomen Nervensystems und des limbischen Systems sehr viel stärker, ebenso die Tatsache der wachsenden toxischen Belastung unseres Extra- und Intrazellulärraumes. Diese Heilmethode ist heute bekannt unter dem Namen »Neuralkinesiologie« sowie in der Weiterentwicklung unter »Regulations-Diagnostik«.
/FVSPQIZTJPMPHJTDIF)JOUFSHSOEFGSEFO VTLFMUFTU .5
.
In der Regelungstechnik würde man den MT als einfaches Rückkopplungsverfahren (»Biofeedback«) bezeichnen, das dem Untersucher eine deutlich sichtbare Rückmeldung gibt über das, was im Organismus zur Zeit vorgeht. In ihrem Ursprung wurde die moderne Kinesiologie so angelegt, dass sie zur Diagnose funktionsgestörter Organe verwendet wird. Diese Art des Testens wird »Biofeedback Enhanced Physical Examination« (= Biofeedback-unterstützte körperliche Untersuchung) genannt. Die neurophysiologischen Hintergründe für diese Art des MT sind bis heute nicht ganz geklärt. Wenn ein motorischer Nerv, der einen Skelettmuskel innerviert, erkrankt oder geschädigt wird, ist es relativ eindeutig, dass dies zu einer Schwächung oder Lähmung des entsprechenden Muskels führt. Wenn das Auftropfen eines Medikamentes auf die Zunge zu einer sofortigen Schwächung oder Stärkung eines Muskels führt, ist die Interpretation schwieriger. Eine Erklärung des Autors, die aus seinen eigenen Forschungsarbeiten entstammt: Der Tonus eines Skelettmuskels wird reguliert durch Reflexbahnen, deren wichtigster Bestandteil die so genannte Muskelspindel ist. Diese
)3JOEFS
ist eine hochinnervierte spezialisierte Muskelfaser, die sozusagen als Vorbild und als Denkzentrale für alle anderen Muskelzellen dient. Verschiedene Impulse erreichen die Muskelspindel, um den Muskeltonus zu regulieren. Seit 2 Jahren wissen wir jedoch, dass der für den MT verantwortliche Impuls von den sympathischen autonomen Nervenbahnen kommt, die ihrerseits die verschiedenen Rezeptoren und anderen Nervenfasern in der Muskelspindel innervieren und dort einen so genannten »wind-up«-Effekt haben, d. h. der Muskeltonus hängt davon ab, was zur Zeit im autonomen NS vorgeht. Ist das ANS in einem ausgeglichenen Zustand, zeigt sich das dadurch, dass der IM »stark« oder »normoton« ist. Ist das Parasympatische NS dominant, ist dies dadurch erkennbar, dass der IM »schwach« oder »hypoton« ist. Wird – z. B. durch Druck auf ein Organ durch die Hand des Untersuchers – ein afferentes Stresssignal über das Rückenmark zum limbischen System und von dort aus weiter zum Hypothalamus geschickt, reagiert dieser nun wie ein Thermostat und versucht, den Stress oder Tonus im ANS herunterzusetzen: er schaltet den Sympathikus ab und aktiviert den Parasympathikus. Dadurch wird der vorher starke IM jetzt schwach! Stresssignale können durch eine Vielzahl von Reizen ausgelöst werden. In der PK verwenden wir folgende Reize am häufigsten: (1) mechanische Stressoren, z. B. manuellen Druck auf ein Organ oder eine andere Struktur. (2) elektromagnetische Stressoren, z. B. das Auflegen einer Hand, Auflegen eines allergenen Nahrungsmittels, eines Giftstoffes. (3) Psychische Stressoren: wenn eine therapeutische Frage auf einen abgewehrten oder verdrängten Konflikt hinführt, löst dies ein limbisches Stresssignal aus mit der gleichen Konsequenz: der vorher starke Arm wird schwach.
8JFLBOOEJF,JOFTJPMPHJFCFJ8VOEIFJMVOHT TUzSVOHFOIJMGSFJDITFJO
Mit Hilfe des Muskeltests oder Armlängenreflexes als Biofeedbacksystem werden nach meiner Erfahrung am besten alle fünf »Ebenen« durchgetestet (diese Tests verstehen sich als ganzheitliche Ergänzung zu einer ausführlichen schulmedizinischen Anamnese): (1) Allopathie (Erfahrungs– und Schulmedizin). (2) Strukturelle Ebene (von Zähnen über knöcherne Verbindungen bis zum Bindegewebe).
8VOEIFJMVOHBVTLJOFTJPMPHJTDIFS4JDIU
(3) Chemische Ebene (intra- und extrazelluläre Stoffwechselvorgänge). (4) Emotionale Ebene (zum Beispiel: angelernte »Muster« identifizieren und beginnen zu ändern oder nicht aufgearbeitete Traumata erkennen). (5) Energetische Ebene (von Aura-Arbeit über Meridiane bis Zen Meditation). Nach diesen Tests und deren Ergebnissen sollte ein Konzept für die Behandlung am besten in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt und vor allem mit der Unterstützung des Klienten erarbeitet werden. Wie so ein Konzept aussehen kann, soll anhand eines Fallbeispieles gezeigt werden.
#FJTQJFMBVTEFN,MJOJLBMMUBH
Eine 62-jährige Klientin, die im Herbst 2004 im AKH Wien behandelt wurde, hatte zu Ihrer schulmedizinischen Geschichte (Mb. Chron) seit 2 Jahren Wundheilungsstörungen. Trotz modernster Verbandstechniken (in diesem Fall Vakuumverbände) nach einer Dickdarmexstirpation war keine adäquate Wundheilung möglich. Nach einer kinesiologischen Erstsitzung wurden mit dem zuständigen Chirurgen die Ergebnisse und das weitere Vorgehen besprochen und folgendes Konzept erstellt: (1) Entlassung aus dem Spital (Verbesserung der Immunsituation) (2) Ernährungsumstellung (inkl. Vermeidung von Lactose) (3) Orthomolekulare Ergänzungspräparate (Omega 3Fettsäuren und Selen) (4) Sanierung von drei Zahnherden beim niedergelassenen Zahnarzt (5) Ambulante Versorgung der Wunde mit Vakuumverband Nach einem Jahr konnte die Klientin plastisch gedeckt werden (bei adäquater Wundheilung).
)JOXFJTFGSEJF1SBYJT
Therapierefraktäre Wunden kausal abklären Soziales Umfeld und Psychomotorik erheben Rechtzeitige Kooperation von Schulmedizinern mit komplementärmedizinischen Kollegen (Fallbesprechungen)
1SGVOHTGSBHFO
1. Was ist Kinesiologie? 2. Was verstehen Sie unter Biofeedback-Therapie? 3. Was sind bekannte Stresssignale?
,BQJUFM
8VOECFIBOEMVOH°FJOFJOUFSEJT[JQMJOjSF)FSBVTGPSEFSVOH &-BIOTUFJOFSVOE+-PIOJOHFS
;VTBNNFOGBTTVOH
Dem Arzt für Allgemeinmedizin kommt in der Behandlung akuter und chronischer Wunden ein wichtiger Stellenwert zu. Er hat seine Aufgabe in der Gesamtbetrachtung des Geschehens: der klinischen Untersuchung, der Evaluierung der exogenen und endogenen Risiko- und Störfaktoren, die das Entstehen eines ulcerösen Geschehens begünstigen. Prävention, Veranlassung einer erweiterten Diagnostik in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit dem Facharzt und Einleitung lokaler wundkonditionierender und systemisch therapeutischer Maßnahmen in weiterer Folge. Der Stellenwert und die Anforderung an die Ärzte/innen in der modernen Wundversorgung manifestieren sich auch im zunehmenden Angebot an Literatur und Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Wundmanagement. Das Erstellen eines gesamtheitlichen Therapiekonzeptes und die regelmäßigen Verlaufskontrollen im Heilungsverlauf, mit dem Ziel des Defektschlusses und der Wiederherstellung der Organintegrität, sind ausschließlich im Verantwortlichkeitsbereich des behandelnden Arztes/-in. Neben dem hohen Benefit für den Patienten ermöglicht sich somit auch eine kostenökonomische Behandlungsstrategie.
&JOMFJUVOH
Der Rolle des Arztes in der Allgemeinpraxis kommt in der Wundbehandlung eine zunehmende Bedeutung zu. Zum einen in der klinischen Betreuung des Patienten vor Ort, zum anderen in der Erstellung und
Durchführung eines individuellen Wundtherapiekonzepts mit innovativen Verbandstoffen. Eine chronische Wunde ist nicht nur für den Patienten eine große Belastung, sondern es sind auch die damit verbundenen gesundheitsökonomischen Folgekosten enorm. Im Wissen um die kausalen Zusammenhänge der Pathogenese, der Klinik, der Risikofaktoren und Differenzialdiagnosen, sowie der Prozesse von Wundheilungsstörungen liegt der dauerhafte therapeutische Erfolg und die damit verbundene Patientenzufriedenheit. Ist eine operative Intervention erforderlich, unterstützt eine interdisziplinäre Zusammenarbeit des Allgemeinmediziners mit dem Dermatologen, Angiologen, Internisten und Chirurgen den Therapieerfolg.
)BOEMVOHTMFJUMJOJFGSFJOFSGPMHSFJDIFTJOUFS EJT[JQMJOjSFT5IFSBQJFSFHJNFJOEFS1SBYJT &YUSBNVSBMF4FMFLUJPO ■ Ersterhebung und Wunddokumentation durch Arzt für Allgemeinmedizin, ■ Abklärung der Ursache und Behandlung der Grunderkrankung, ■ Wundbettvorbereitung (TIME), mikrobiologische Diagnostik und phasengerechte Lokaltherapie. 'BDIjS[UMJDI"NCVMBOUF)PTQJUBMF#FIBOEMVOH ■ Vorstellung des Patienten beim Facharzt mit vorliegenden Befunden und Fotodokumentation, ■ operative Intervention, ■ Verlaufskontrollen durch interdisziplinäres Behandlungsteam (AM+FA).
&-BIOTUFJOFSVOE+-PIOJOHFS
,MJOJTDIFS-FJUGBEFO
peutischen Überlegungen zur Wundbettvorbereitung und der Anwendung interaktiver Verbandstoffe ein.
" MMHFNFJONFEJ[JOJTDIF#BTJTEJBHOPTUJLEVSDI EFO"S[UGS"MMHFNFJONFEJ[JO (a) Anamnese: Aktuelle Beschwerden, Allgemeinsymptome, Schmerzen, ■ Bisherige Behandlung und Diagnose, ■ Anamnese der Grunderkrankung, früherer Erkrankungen und Erfassen der Risikofaktoren, ■ Allgemein- und Ernährungszustand, ■ Medikation, ■ Soziale Anamnese, ■ Allergien.
(b) Klinisch-körperliche Untersuchung
&STUFSIFCVOHVOE8VOEEPLVNFOUBUJPO
(a) Inspektion und Palpation ■ Fußpulse, ■ Durchblutung (warm/kalt), ■ Marmoriertes Hautkolorit mit belastungsabhängiger Abblassung, ■ Varikosis (Schwere- und Spannungsgefühl, nächtliche Wadenkrämpfe, Juckreiz), ■ Trophische Störung, ■ Beinumfang im Seitenvergleich, ■ Ödem, ■ Stemmer-Zeichen, ■ Dermatitis, Ekzem, ■ Pruritus, ■ Kontaktallergie, ■ Sensibilitätsstörung, ■ Thermoästhesie, ■ Parästhesien, Dysästhesien, ■ Gestörte Schweißsekretion, ■ Beweglichkeit der Gelenke und Muskelaktivität, ■ Zeichen einer Gelenksdestruktion mit Fehlstellung. (b) Wundstatus Zur Erstellung eines individuellen lokalen Wundtherapiekonzeptes ist eine detaillierte Erhebung des Wundstatus erforderlich. Dabei ist die diagnostische Erhebung über Genese, Zeitfaktor, Größe, Ausdehnung, Lokalisation, Beschaffenheit der Wunde sowie mögliche Infektionszeichen unerlässlich. Danach leitet der Arzt seine phasengerechten lokalthera-
Größen- und Tiefenausmaß des Substanzdefektes Schriftliche, digitale und computerunterstützte Dokumentation Wundgrund nekrotisch, fibrinös belegt, granulierend, epithelisierend Exsudationsgrad (trocken – feucht) Wundrand und -umgebung Hyperkeratosen, Schwielen, Rhagaden Mazeration Wundtasche, Fistelgang Dermatitis Mykose Infektionszeichen Rubor (Rötung) Calor (Überwärmung) Dolor (Schmerz) Tumor (Schwellung) Functio laesa (Funktionseinschränkung) Stagnation im Heilungsverlauf Exsudatzunahme Ödementwicklung Schmerzen und erhöhte Empfindlichkeit Wundgeruch Vulnerabilität mit Blutungsneigung systemische Allgemeinsymptome (c) Evaluierung der Genese und Klassifikation des Gewebsdefekts
(3e44&6/% 5*&'& .FTTVOH 8VOECFSFJDI VOE 5JFGFOBVTNB
6.(&/%&)"65 %FSNBUJUJT eEFN
#&635&*-6/(%&386/%&
86/%3`/%&3 #FVSUFJMVOHOBDI 6OUFSIzIMVOHVOE;VTUBOE
86/%#&55 /FLSPTF (SBOVMBUJPO 'JCSJO 4DIPSG &YTVEBU CJPDIFN (MFJDIHFXJDIU [FMMVMjSF %ZTGVOLUJPO #BLUFSJFMMF #FMBTUVOH
"CC .PEFMMGSEJF8VOECFVSUFJMVOH OBDI,FSTUFO.%
8VOECFIBOEMVOH°FJOFJOUFSEJT[JQMJOjSF)FSBVTGPSEFSVOH ;FJUGBLUPS
■ Akut oder chronisch stagnierender Heilungsverlauf ■ Rezidivgeschehen
%JBHOPTUJL
Zur Erstellung eines Behandlungskonzepts einer akuten oder chronisch stagnierenden Wunde ist zuerst die Evaluierung der Genese, die Klassifizierung des Gewebsdefektes inklusive der differentialdiagnostischen Überlegungen von entscheidender Bedeutung. Dabei ist bereits im Vorfeld der Therapieabstimmung die interdisziplinäre fachärztliche Abklärung wesentlich für den dauerhaften Behandlungserfolg. )jV¾HTUF6STBDIFO 6.1.1 Exogene Ursache (a) Mechanisch (Druckstellen, Decubitus, Artefakte, Verletzungen) (b) Thermisch (Verbrennung, Erfrierung) (c) Aktinisch (Verätzung, Sensibilisierung) (d) Iatrogen (Sklerosierung, Phlebographie) (e) Mikrobiell (Ekthymata, tiefe Mykose etc.)
6.1.2 Vaskuläre Ursache (vorwiegend) (a) Vaskulitisch (rheumatoide Vaskulitis etc.) (b) Arteriolär (diabetisch) (c) Embolisch (Cholesterinembolie) (d) Arteriell (PAVK) (e) Hämatologisch ( f) Venös (CVI, postthrombotisches Syndrom) (g) Arteriovenöse Fistel (h) Gemischt arteriell – venös (i) Dermatologisch (Pyoderma gangränosum, Necrobiosis lipoidica etc.) ( j) Tumorös exulzerierend (Basaliom, Spinaliom, Melanom etc.) 6.1.3 Neurotrophe Ursache (a) Periphere Neuropathie (Diabetes mellitus, exogen toxisch – Alkohol etc.) (b) Zentralnervös (Myelodysplasie, Tabes dorsalis etc.) 6.1.4 Differentialdiagnostische Überlegungen zur Ödemabklärung (a) Venöse Abflussbehinderung (b) Kardial
(c) (d) (e) ( f)
Onkotisch Störung der Kapillarpermeabilität Lymphödem Lipödem
#BTJTEJBHOPTUJTDIF6OUFSTVDIVOHTTDISJUUF JOEFS1SBYJT (a) Abklärung einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit in der Praxis ■ Palpation der Fußpulse ■ Temperaturdifferenz ■ Rekapillierungszeit ■ Lagerungsprobe nach Ratschow ■ Evaluierung der Gehstrecke (Fontaine Stadien) ■ Dopplerdruckmessung (Knöchel – Arm – Index)
Fachärztliche Abklärung Farbcodierte Duplexsonographie (arteriell/venös) Verschlußphlethysmographie Digitale Subtraktionsangiographie (Hämodynamik, Morphologie der Gefäßwand, Thrombose, arteriosklerotische Plaques im Gefäßlumen, Cave: Mediasklerose) (b) Abklärung Chronisch venöse Insuffizienz, postthrombotisches Syndrom in der Praxis Varikosis – Inspektion am stehenden Patienten (Besenreiser-Varizen, Retikuläre Varizen, Stammvarikose) Beinumfangdifferenz Trophische Störung Trendelenburg –Test Perthes Test Zeichen einer tiefen Venenthrombose (Mayr-PayrHomann-Zeichen) Fachärztliche Abklärung LRR Farbkodierte Duplexsonographie Verschluss -Phlebographie MRI (c) Abklärung der Lymphgefäße in der Praxis Inspektion und Palpation Stemmer-Zeichen Umfangsmessung Fachärztliche Abklärung Indirekte Lymphangiographie Quantitative Isotopenlymphangiographie
&-BIOTUFJOFSVOE+-PIOJOHFS
(d) Differentialdiagnostische Überlegungen von Neuropathie und Angiopathie beim Diabetischen Ulcus in der Praxis /FVSPQBUIJTDIFS'V
"OHJPQBUIJTDIFS'V
"OBNOFTF
%JBCFUFTNFMMJUVT "MLPIPMBCVTVT 4DINFS[MPTF-jTJPO
[VTjU[M3JTJLPGBLUPSFO )ZQFSMJQJEjNJF ,), BSU)ZQFSUPOJF $MBVEJDBUJPJOUFSNJUUFOT /JLPUJOBCVTVT
-PLBMJTBUJPO
%SVDLFYQPOJFSUF4UFMMFO 1MBOUBS )ZQFSLFSBUPTFOBO'FSTF ;FIFOVOE;FIFOCBMMFO
"LSBM ;FIFO'FSTFOSFHJPO
4DINFS[FO
)ZQP%ZTjTUIFTJFO "OjTUIFTJF
$MBVEJDBUJPJOUFSNJUUFOT 3VIFTDINFS[
)BVUCFGVOE
'VHVUEVSDICMVUFU XBSN SPTJH 5SPDLFOFTDIVQQJHF)BVU eEFNBUzTCFJ*OGFLUJPO 0OZDIPEZTUSPQIJF 1BSPOZDIJF 4VCVOHVBMF#MVUVOH 0OZDIPNZLPTF *OEPMFOU "VTHFTUBO[UNJUIZQFSLFSBUPUJTDIFN3BOEXBMM )jV¾H'VEFGPSNJUjU
,IMF)BVU #MBMJWJEFT)BVULPMPSJU /PSNBMF4DIXFJTFLSFUJPO 0OZDIPHSZQPTF
'VQVMTF
6OBVGGjMMJH
"CHFTDIXjDIUPEFSGFIMFOE
4FOTJCJMJUjU
3FEV[JFSUCJTBVGHFIPCFO
7PSIBOEFO
7JCSBUJPOTFNQ¾OEFO
3FEV[JFSU < CJTBVGHFIPCFO
7PSIBOEFO
5IFSNPTFOTJCJMJUjU
3FEV[JFSUCJTBVGHFIPCFO
6OHFTUzSU
&JHFOSF¿FYF
"43 143TQjUFSBCHFTDIXjDIU
"43OPSNBM
/jHFM
6MDVTCFTDISFJCVOH
(e) Neurologische Abklärung in der Praxis Sensibilitätsprüfung – Schmerzempfindung (Neurotip – Einmalnadel, Hypalgesie, Analgesie) – Oberflächensensibilität (Wattebausch) – Tiefensensibilität (Rhomberg- Versuch) – Temperaturempfindung (Metall – kalt, Plastik – warm) – Vibrationsempfinden (128 Hz Stimmgabel nach Rydel-Seyffer) – Muskeleigenreflex (Reflexhammer), Patellarsehnenreflex, Achillessehnenreflex – Sensorische Druckempfindung (10 g Monofilament nach Semmes-Weinstein). Fachärztliche neurologische Abklärung EMG NLG ( f) Orthopädische Abklärung in der Praxis Inspektion des Stütz- und Bewegungsapparats Veränderte Fuß-Statik mit Functio laesa,
4DINFS[IBGU /FLSPUJTDIVPTDIPSGCFEFDLU
Pathologische plantare Druckpunkte, Überhöhung des Hohlfußes und Verlust der Querwölbung des Vorfußes, Charcot-Fuss. Fachärztliche Abklärung Pedographie, Röntgen in 2 Ebenen unter Belastung, MRT (bei Knochenmarks- und Weichteilinfektionen sensitiver als CT), CT (präoperativ bei geplanten Rekonstruktionen) evt. Knochenszintigraphie. (g) Abklärung Mikrobiologischer Erregernachweis in der Praxis Quantitativer und semiquantitativer Wundabstrich, Blutkultur. Fachärztliche Abklärung perkutane Punktion, Katheteraspiration, Biopsie (Wundrand oder -grund), Allergieaustestung.
8VOECFIBOEMVOH°FJOFJOUFSEJT[JQMJOjSF)FSBVTGPSEFSVOH
Osteomyelitis MRT (Goldstandard), Tc Knochenscan Nativ-Röntgen (erst nach 2 Wochen positiv)
5IFSBQJF
Eine Vielzahl von systemischen und lokalen Faktoren beeinträchtigt die Wundheilung. Folglich ist es für eine erfolgreiche Wundbehandlung von enormer Wichtigkeit, die Grundursachen sowie die Risikofaktoren zu kennen und adäquat in der Gesamtbetrachtung zu behandeln.
#FIBOEMVOHEFS(SVOEFSLSBOLVOHVOE #FHMFJUNBOBINFOJOEFS1SBYJT
Herz-Kreislauferkrankung Stoffwechselstörungen (Blutzucker, Lipide, Hormone, Adipositas) Gefäßerkrankung konservativ Raucherentwöhnung Konzept zur Gewichtsreduktion Labordiagnostik mit Verlaufskontrollen Substitutionstherapie bei Mangel- bzw. Fehlernährung Flüssigkeitsbilanzierung Medikamentöse Therapiemodifikation
Chronische Wunden
Gesamtbetrachtung
Behandlung der Ursachen
Eingehen auf die Patientenbelange
Diagnose
Orthopädie-technische Schuhversorgung, zur Druckentlastung und Mobilitätsaktivierung Prä- und postoperatives Management der Hauskrankenbehandlung
Wound Bed Preparation
Lokale Wundtherapie
Bakterielles Gleichgewicht
Behandlung von Nekrosen
Exsudatmanagement
Antimikrobielle Therapie
Zelluläre Dysfunktion
Debridement
Biochemisches Gleichgewicht
Absorbierende Produkte
Saubere Granulierende Wunde
Wundverschluss Konventionelle und/oder spezielle Therapien
Transplantate
"CC .PEJ¾[JFSUOBDI'BMBOHB7 <>
Wundheilungs faktoren
Biotechnologisch entwickelte Produkte
Positive Prognostische Indikatoren im Arzt-Patienten-Gespräch Aufklärung und Schulung des Patienten Körperlicher, kognitiver und emotionaler Status zur Bestimmung und Förderung der Pflegekompetenz Soziale Integration -PLBMF8VOEUIFSBQJF Lokaltherapeutisch kann der Arzt in der Praxis bereits entscheidend in den physiologischen Heilungsverlauf eingreifen. Eine effiziente Behandlungsleitlinie bietet dabei TIME – die Prinzipien der Wundbettvorbereitung [5, 4]. Eine schrittweise Anleitung für die Praxis, die sich mit den verschiedenen pathophysiologischen Anomalien beschäftigt, die bei chronisch heilenden und infizierten Wunden zugrunde liegen. TIME identifiziert nicht nur die Barrieren, die dem Wundheilungsprozess im Wege stehen, sondern bietet auch einen praktischen Leit-
&-BIOTUFJOFSVOE+-PIOJOHFS
faden für derer Beseitigung in einem ganzheitlichen Behandlungsansatz. Ziel ist es, ein möglichst optimales Wundbett zu schaffen, und zwar anhand der Wiederherstellung des biochemischen Gleichgewichts, der Beseitigung der zellulären Dysfunktion und Reduktion der bakteriellen Belastung in der Wunde, welche die Heilung zusätzlich beeinträchtigt. Weiters ist die direkte und indirekte Behandlung eines gestörten Exsudatgleichgewichts wichtig für den Heilungserfolg und die ReEpithelisierung.
Lokaltherapeutisches Wundkonzept 5*.& 5 5JTTVF
&OUGFSOVOHWPO OFLSPUJTDIFN (FXFCFVOE #FMjHFO
* *OGFDUJPO
*OGFLUJPOT CFIBOEMVOH VOE1SPQZMBYF
. .PJTUVSF
&YTVEBU .BOBHFNFOU
8VOEF
Schutz der Wundumgebung vor toxisch-mazerativen Effekten des Wundexsudats mit topischen zinkhältigen Externa und Behandlung von begleitenden Hauterkrankungen ist Teil des lokalen Behandlungskonzepts. Nach vollständigem Wundverschluss ist neben der klinischen Betreuung eine regelmäßige Kontrolle der Einhaltung post-präventiv verordneter Maßnahmen, wie zum Beispiel die einer exakten Kompression, erforderlich. Empfehlenswert ist es dabei Quartals- und Jahresziele individuell mit dem Patienten zu vereinbaren. Diese richten sich nach Ist-Werten, prognostischer Indikation und dem allgemeinen metabolischen und körperlichen Zustand.
7PSHBOHTXFJTF
1SPEVLUFNQGFIMVOH &SHFCOJT
%FCSJEFNFOU $IJSVSHJTDI
TDIBSGFS-zGGFM 4LBMQFMMFUD
&O[ZNBUJTDI
1SPUFPMZU&O[ZNF° ,PMMBHFOBTF
.FDIBOJTDI
4QMVOH 6NTDIMBH
"VUPMZUJTDI
*OUFSBLUJWF8VOE BV¿BHFO
#JPDIJSVSHJTDI
.BEFO
"OUJNJLSPCJFMMF LFJN FMJNJOJFSFOEF .BOBINFO
LVS[GSJTUJH"OUJ TFQUJLB
4JMCFSIjMUJHF 8VOEBV¿BHFO °"OUJCJPTF °DIJSVSHJTDIF *OUFSWFOUJPO
3FEVLUJPOEFS #BLUFSJFOMBTUVOE #FTFJUJHVOHEFS *OGFLUJPO
8JFEFSIFSTUFMMVOH EFT'FVDIUJHLFJUT (MFJDIHFXJDIUT
)ZESPHFM "MHJOBU )ZESPGBTFS 4DIBVNTUPGG
*EFBMGFVDIUFT 8VOENJMJFV
8VOE LPOEJUJPOJFSVOH
8VOESBOETDIVU[ ,PNQSFTTJPO & &EHF
'zSEFSVOHEFS 3F&QJUIFMJTBUJPO
4DIVU[EFS8VOE SjOEFS
8VOETDIMVTT 4DIBVNTUPGG )ZESPLPMMPJE (JUUFS5MMWFSCBOE 'PMJFO )BVUQ¿FHF ,PNQSFTTJPO
"CC $PVSUFTZPG*OUFSOBUJPOBM"EWJTPSZ#PBSEPO8PVOE#FE1SFQBSBUJPO <> 4DIVMU[(4 4JCCBME3( 'BMBOHB7FUBM <> .PEJ¾[JFSUVOE#JMEEPLVNFOUBUJPO&-BIOTUFJOFS
8VOECFIBOEMVOH°FJOFJOUFSEJT[JQMJOjSF)FSBVTGPSEFSVOH
8VOECFIBOEMVOHJOEFS"MMHFNFJONFEJ[JO
Die Wundbehandlung in der Allgemeinmedizin ist eigentlich eine Basisleistung, die – wenn man die Geschichte der Medizin und der Allgemeinmedizin im Besonderen betrachtet – eigentlich der Beginn der Allgemeinmedizin war. Moderne medizinische Entwicklungen haben diese medizinische Basisleistung in den letzten Jahren in den Hintergrund treten lassen, wobei sich der Zuständigkeitsbereich scheinbar in Richtung Pflege verschoben hat. Modernes zeitgemäßes Wundmanagement bedingt nun ein neuerliches Umdenken in diesem Bereich. (1) Eine entsprechende Beurteilung einer chronischen Wunde mit davor geschalteter Diagnostik, die – ökonomisch ausgerichtet – zu raschen und effizienten Ergebnissen führt (2) Einleitung von labor-, zyto- und kulturdiagnostischen Maßnahmen zur Aufbereitung und Effektuierung der Therapie (3) Vorbereitung der Umgebung, der heilungsfördernden Faktoren bzw. Optimierung etwaiger Stoffwechselstörungen (4) Aufbereitung der Läsion an sich (5) Phasengerechte Wundbettvorbereitung nach den modernen Regeln und mit den modernen Methoden – soweit dies allgemeinmedizinisch möglich ist (6) Kritische Beobachtung der Therapie und Beurteilung ihrer Fortschritte bis hin zu Heilung. Diese oben genannten 6 Punkte dienen als Anhaltspunkte und stellen das Grundschema für eine erfolgreiche Wundbehandlung dar. Dies insbesondere dann, wenn auf der einen Seite eine zielorientierte fachärztliche Zuweisung möglich ist und eine entsprechende Unterstützung in diesem modernen Wundmanagement auch von dieser Seite kommt. Auf der anderen Seite bedarf es einer exakten strikt vernetzten Tätigkeit der Pflege und Pflegeberufe, damit phasengerecht der Einsatz dieser modernen Produkte auch über verschiedene Akteure hinweg gesichert ist. Dabei ist nahezu blindes Verstehen, vor allem wenn Komplikationen auftreten oder bei Entscheidung bezüglich Therapieumstieg, notwendig. Der chronisch Kranke, meist ältere Patient, gehört zum Stamm der Patienten des Allgemeinmediziners und es ist unabdingbar, dass Wundmanagement, Wunddiagnostik und Wundbehandlung sein therapeutisches Spektrum umfasst und zum Standardangebot der niedergelassenen Allgemeinmedizin gehört. Eine
Begründung für die Zunahme alters-/krankheitsbedingter chronischer Wunden zeigt uns die Demographie. Es wird in der Zukunft für jeden Allgemeinmediziner unumgänglich sein, sich mit dieser Thematik zu befassen. Wünschenswert wäre, dies schon in der Ausbildung entsprechend zu berücksichtigen. 1SGVOHTGSBHFO
1. Welche Basismaßnahmen sind bei der Erstellung eines Wundtherapiekonzeptes wichtig und wie ist die Rolle des Arztes für Allgemeinmedizin? 2. Welche Handlungsleitlinien für ein interdisziplinäres Therapieregime kennen Sie? 3. Nennen Sie die wichtigen Elemente der Wundbettvorbereitung!
-JUFSBUVS <> Kerstein MD (1997) The scientific basis of healing. Adv Wound Care 10: 30–36 <> Falanga V (2000) Classification for wound bed preparation and stimulation of chronic wounds. Wound Rep Reg 8: 347–52 <> European Wound Management Association (EWMA) (2004) Position document: wound bed preparation in practice. MEP, London <> Schultz GS, Sibbald RG, Falanga V et al (2003) Wound bed preparation: a systematic approach to wound management. Wound Rep Reg 11(2): Suppl S1–28 <> Courtesy of International Advisory Board on Wound Bed Preparation (2003)
,BQJUFM
.FUIPEJLWPOLMJOJTDIFO4UVEJFO 84DIJNFUUB
;VTBNNFOGBTTVOH
Eine klinische Studie kann ganz allgemein als systematische Überprüfung medizinisch relevanter Interventionen oder Verfahren am Menschen beschrieben werden. Die von Beobachtungsstudien zu unterscheidenden Interventionsstudien unterliegen den ethischen Grundsätzen der Deklaration von Helsinki (Ethikkommissionsvotum, Aufklärung und Einwilligung von Studienteilnehmern, Studienprotokoll) und insbesondere im Arzneimittel- und Medizinproduktebereich z. T. massiven gesetzlichen Regelungen. Prinzipiell kann die Durchführung einer klinischen Studie in eine Planungs-, eine Datenerhebungs- und eine Finalisierungsphase gegliedert werden. In der Planungsphase werden essentielle Dokumente wie das Studienprotokoll und der Prüf- bzw. Beobachtungsbogen entwickelt. Maßnahmen zur angemessenen Qualitätssicherung bzw. -kontrolle (z. B. Monitoring) und zum Schutz der Studienteilnehmer (z. B. Beobachtung von unerwünschten Ereignissen und der NutzenRisiko-Situation im allgemeinen) sind die wesentlichsten Elemente der Datenerhebungsphase. Die Finalisierungsphase beinhaltet das Datenmanagement (Dateneingabe und -kontrolle), die biometrische Auswertung und (als krönenden Abschluss) die Ergebnispublikation.
&JOMFJUVOH
Die Methodik der Erkenntnisgewinnung in der Medizin hat sich in den letzten Jahrzehnten enorm weiterentwickelt. Die Gründe dafür sind vielfältig. So führte die Diskussion der Zumutbarkeit medizinischer Ver-
suche an Menschen zu immer ausgefeilteren ethischen Denkansätzen. Weiters war es nötig, durch die zunehmende Attraktivität auch von kleinen Fortschritten ein vermehrtes Augenmerk auf die Objektivierung und Qualität von Forschungsergebnissen zu legen. Das alles veranlasste die Gesetzgeber, in vielen Bereichen massive Überwachungsstrukturen vorzuschreiben, was vor allem im Arzneimittelbereich letztendlich in eine formale Überregulierung und Verbürokratisierung der klinischen Forschung mündete. Allerdings gab es nicht nur auf dem Gebiet der Ethik und Qualitätssicherung Neuerungen, auch die Methodik der Studienplanung und -auswertung konnte stark verfeinert werden. Somit ist die klinische Forschung und hier insbesondere deren wichtigstes Instrument, die klinische Studie, heute ein Bereich mit derart umfassenden Know-how-Erfordernissen, dass die folgenden Ausführungen nur einen äußerst eingeschränkten Einstieg in die Thematik bieten können.
%F¾OJUJPOVOE"SUFOLMJOJTDIFS4UVEJFO
Eine klinische Studie kann ganz allgemein als systematische Überprüfung medizinisch relevanter Interventionen oder Verfahren am Menschen beschrieben werden. Obwohl der Begriff »systematisch« auch auf retrospektive Forschungsprojekte wie z. B. die Auswertung von Datenbanken oder Fall-Kontroll-Studien anwendbar ist, erfolgt aus Praktikabilitätsgründen häufig (wie auch im gegenständlichen Beitrag) eine Definitionseinschränkung auf Projekte, bei denen die Details der Erkenntnisgewinnung bereits vor den spezifischen Datenerhebungen festgelegt werden. Dies ermöglicht insbesondere im formalen und ethischen Bereich eine zumindest einigermaßen homogene Be-
trachtungsweise. Dessen ungeachtet empfiehlt sich die sinngemäße Übertragung vieler Aspekte bei der Planung, Qualitätssicherung und Auswertung auch auf Forschungsvorhaben, die mit bereits verfügbaren Datensätzen oder z. B. auf dem tierexperimentellen Sektor stattfinden. Die vielfältigen klinischen Studien können auf verschiedene Arten in Kategorien eingeteilt werden. Im ersten Schritt macht es Sinn, zwischen Beobachtungsstudien und Interventionsstudien zu unterscheiden. Conditio sine qua non bei Beobachtungsstudien (nicht-interventionelle Studien) ist, dass ausschließlich in der klinischen Routine anfallende Daten zur Erkenntnisgewinnung herangezogen werden. Diese Spezifikation bedingt auch bestimmte Präferenzen bei den Einsatzmöglichkeiten derartiger Studien. So eignen sie sich hervorragend für großflächige (z. B. epidemiologische) Erhebungen mit hohen Fallzahlen und/ oder langen Beobachtungszeiträumen sowie für Darstellungen und Analysen von Maßnahmen im Rahmen der klinischen Routine (»real life«). Auch hochwertige Vergleichsstudien sind möglich, z. B. wenn es darum geht, ob gewisse Auswirkungen einer medizinischen Maßnahme bei unterschiedlichen Patientenkollektiven (Kohorten) gleiche oder unterschiedliche Erfolge zeigen (wie etwa die Wirkung eines Arzneimittels auf junge und auf alte Menschen). Interventionsstudien (interventionelle Studien) sind durch das Setzen von spezifischen Maßnahmen (Interventionen) zur Erleichterung bzw. Ermöglichung der Beantwortung von Fragestellungen charakterisiert. Solche Interventionen stellen das wirkungsvollste Instrument der objektiven wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung dar. So fallen Vorgänge wie die zufällige Zuordnung von Personen zu zwei oder mehreren Behandlungsschemata (Randomisierung) oder die Unkenntnis des Arztes und/oder Studienteilnehmers, welche der zu überprüfenden Behandlungen im Einzelfall angewendet wird (Verblindung), unter den Begriff »Intervention«. Randomisierung und Verblindung gehen Hand in Hand mit einem generellen Qualitätsmerkmal, nämlich dem Vergleich. Lässt sich die Kontrolle eines Behandlungsschemas durch eine Gegenüberstellung mit Standard- oder Nulltherapie zumindest in beschränkter Weise auch bei Beobachtungsstudien umsetzen (z. B. »historische« Kontrolle), so ist ein Vergleich mit Scheinbehandlungen (Scheinmedikamenten, Placebos) nur bei Interventionsstudien zulässig. Die randomisierte kontrollierte klinische Studie (Randomized Controlled Trial, RCT) genießt den höchsten Anerkennungsgrad in der Evi-
84DIJNFUUB 5BCFMMF &JOUFJMVOHTLSJUFSJFOLMJOJTDIFS1SGVOHFOWPO"S[OFJ NJUUFMOOBDI1IBTFO
1IBTF* TZTUFNBUJTDIF&STUBOXFOEVOHFJOFSOFVFO4VCTUBO[BN .FOTDIFO PGUBOHFTVOEFO1SPCBOEFO (FXJOOVOHWPOFS TUFO&SLFOOUOJTTFO[V1IBSNBLPLJOFUJLVOE1IBSNBLPEZOB NJLTPXJF[VSHSVOEMFHFOEFO7FSUSjHMJDILFJUCFJN.FOTDIFO (SVOEMBHFGSEJF1MBOVOHWPO1IBTF**4UVEJFO 1IBTF** UIFSBQFVUJTDIF1JMPUVOUFSTVDIVOHFO ,VS[[FJUBOXFOEVOHBO XFOJHFO 1BUJFOUFO (FXJOOVOHWPOFSTUFO&SLFOOUOJTTFO[VS QPUFOUJFMMFO8JSLTBNLFJUVOE[VSEB[VOzUJHFO%PTJFSVOHTP XJF[VIjV¾HFO/FCFOXJSLVOHFO (SVOEMBHFGSEJF1MBOVOH WPO1IBTF***4UVEJFO 1IBTF*** HSPBOHFMFHUF6OUFSTVDIVOHFOBO1BUJFOUFOJONzHMJDITU QSBYJTOBIFS8FJTF /BDIXFJTEFS8JSLTBNLFJUVOE4JDIFSIFJU 7FSHMFJDINJUIFSLzNNMJDIFO5IFSBQJFWBSJBOUFO &SNJUUMVOH WPO#FTPOEFSIFJUFOCFJTQF[J¾TDIFO1FSTPOFOHSVQQFOPEFS #FHMFJUUIFSBQJFOFUD )BVQUHSVOEMBHFGSEJF;VMBTTVOH 1IBTF*7 6OUFSTVDIVOHFOOBDIEFN*OWFSLFISCSJOHFOEFT'FSUJHBS[OFJ NJUUFMTBVGEFS(SVOEMBHFEFSJN;VMBTTVOHTCFTDIFJEGFTUHF MFHUFO#FEJOHVOHFO &JOTBU[[#CFJ5IFSBQJFPQUJNJFSVOHFO PEFSHSPBOHFMFHUFO4JDIFSIFJUTCFSQSGVOHFO
dence-Based Medicine (EBM) und ist das Beweismittel schlechthin für die Wirksamkeit und Verträglichkeit neuer medizinischer Präparate und Verfahren. Weitere Kriterien für die Kategorienbildung bei klinischen Studien stellen u. a. die Identität des Auftraggebers (kommerzielle Studien bzw. Firmenstudien vs. nicht-kommerzielle bzw. akademische Studien) oder die Natur des im Mittelpunkt stehenden Untersuchungsgegenstandes (Arzneimittelstudien vs. Medizinproduktstudien vs. Methodenstudien) dar. Bei Arzneimittelstudien kann weiters zwischen unterschiedlichen Entwicklungsphasen differenziert werden (siehe Tabelle 1).
'PSNBMBOGPSEFSVOHFO
Als Formalanforderungen werden gesetzliche Vorschriften, Leitlinien mit dringendem Empfehlungscharakter und aus dem ärztlichen Berufsethos abgeleitete Verpflichtungen zusammengefasst. Die meisten Vorschriften bestehen dabei für den Bereich derjenigen Studien, die mit einer potentiellen Risikoerhöhung für teilnehmende Patienten oder gesunde Probanden ver-
.FUIPEJLWPOLMJOJTDIFO4UVEJFO
bunden sind, also für Interventionsstudien. Allen derartigen Studien ist gemeinsam, dass auf sie die ethischen Grundsätze für die medizinische Forschung am Menschen (Deklaration von Helsinki) anzuwenden sind. Daraus leitet sich die Verpflichtung zur Einholung eines positiven Votums einer Ethikkommission, zur Aufklärung und Einwilligungseinholung von Studienteilnehmern sowie zur Erstellung eines Versuchsplans (Prüfplans, Studienprotokolls) ab. Gute Ergänzungen zu den Grundsätzen der Deklaration von Helsinki stellen die ethischen Leitlinien für biomedizinische Forschung des Council for International Organisation of Medical Sciences (CIOMS-Leitlinien) und das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin über biomedizinische Forschung des Europarats dar. Diese beiden rechtlich allerdings unverbindlichen Dokumente sind für alle Interventionsstudien gleichermaßen heranziehbar und enthalten z. T. auch ausführliche Anforderungen an die Qualitätssicherung klinischer Studien. Nationale Gesetzgebungen beziehen sich zumindest derzeit weniger auf die Gesamtheit aller Interventionsstudien als vielmehr auf den jeweiligen Untersuchungsgegenstand, insbesondere sind ausführliche Vorschriften für den Bereich der Arzneimittel und der Medizinprodukte erlassen (z. B. Österreichisches und Deutsches Arzneimittelgesetz, Österreichisches und Deutsches Medizinproduktegesetz). Diese Vorschriften leiten sich weitestgehend aus der Umsetzung von EURichtlinien ab und betreffen neben Patientenschutzund Qualitätssicherungsbereichen insbesondere das Melde- und Genehmigungswesen. Es muss dabei betont werden, dass derzeit bis auf kleine Ausnahmen keine Erleichterungen bei den Formalvorgaben für nicht-kommerzielle (akademische) Studien vorgesehen sind. Auch werden nur unwesentliche Abstufungen zwischen Studien in den frühen Phasen einer Arzneimittelentwicklung (Phasen I bis III) und Studien der Phase IV (Anwendung von zugelassenen Arzneimitteln in zugelassenen Modalitäten) vorgenommen. Das logische Prinzip der Orientierung von Patientenschutz- und Qualitätssicherungsmaßnahmen am spezifischen Design und Ziel der jeweiligen Studie ist somit zumindest in einigen aktuellen nationalen Gesetzgebungen nicht ausreichend umgesetzt. Für Interventionsstudien mit Arzneimitteln und Medizinprodukten (klinische Prüfungen) gibt es über die gesetzlichen Regelungen hinaus eine Reihe von Normen und Leitlinien der Europäischen Union (EU), deren Inhalte zwar z. T. in besagten nationalen Gesetzen enthalten sind, die per se aber keine Rechtsverbindlich-
keit besitzen. Die wichtigsten Vertreter dieser Kategorie von Dokumenten sind die EU-GCP-Leitlinie E6, die das Prinzip der Guten Klinischen Praxis (Good Clinical Practice, GCP) als Qualitätsstandard für klinische Prüfungen von Arzneimitteln beschreibt, und die GCPähnliche Norm EN ISO 14155 für klinische Prüfungen von Medizinprodukten. Für die Forschungsprojekte der pharmazeutischen Industrie sind aus Gründen der Anerkennbarkeit von Studienergebnissen für Zulassungszwecke besagte Dokumente de facto verbindlich. Beobachtungsstudien erhöhen definitionsgemäß das Patientenrisiko nicht. Interpretiert man die Vorgangsweise bei dieser Studienkategorie so, dass aus der klinischen Routine gewonnene Daten anonymisiert und anschließend für wissenschaftliche Zwecke verwendet werden, so entfällt auch die Grundlage für eine Anwendung der Grundsätze der Deklaration von Helsinki (medizinische Forschung schließt hier nur die Forschung an identifizierbaren Daten, nicht aber an anonymisierten Daten mit ein). Die Befassung einer Ethikkommission und die Aufklärung sowie Einwilligungseinholung von Patienten ist somit für Beobachtungsstudien nicht bindend, erfolgt aber manchmal aus strategischen Gründen (Publikationsvorteile) auf freiwilliger Basis. Wird von Patienten kein Einverständnis zur Dateneinsichtnahme eingeholt, so ist dies bei der Dokumentation, Kontrolle und Verwertung von Studiendaten entsprechend zu berücksichtigen (Einhaltung der nationalen Datenschutzbestimmungen). Ein generelles Prozedere für die Erfassung bzw. Meldung von Beobachtungsstudien gibt es nicht, für Teilbereiche können allerdings nationale Regelungen bestehen (z. B. Meldung von Anwendungsbeobachtungen, also Beobachtungsstudien mit Arzneimitteln, in Deutschland an Sozialversicherungsträger und Behörden). Ungeachtet des Nichtvorliegens verbindlicher Vorschriften gebieten Logik und Plausibilitätsüberlegungen, auch für Beobachtungsstudien Qualitätsstandards einzuhalten, die dem Design und der Zielsetzung des jeweiligen Projekts angemessen sind, und die sich, soweit zutreffend und sinngemäß, an den GCPGrundsätzen für klinische Prüfungen von Arzneimitteln (z. B. ICH-GCP-Leitlinie E6) orientieren können.
1MBOVOH
Für eine gute klinische Studie ist eine sorgfältige und professionelle Planung obligatorisch. Letztere hat sowohl wissenschaftliche als auch formal-administrative Aspekte zu berücksichtigen.
Sobald konkrete Vorstellungen über die Zielsetzung der Studie bestehen, deren Sinnhaftigkeit bzw. Notwendigkeit abgeklärt ist (u. a. mittels Literaturrecherche) und zumindest bei einer ersten vorläufigen Betrachtung vom Vorhandensein bzw. von der Beschaffbarkeit der nötigen Ressourcen ausgegangen werden kann, empfiehlt sich die Erstellung eines Layout. Dessen Inhalte richten sich prinzipiell nach der spezifischen Natur des Projekts, sollten aber in der Regel eine Kurzdarstellung von Hintergrund, Ziel, Design, Studienteilnehmerauswahl, Prüf- und Begleitinterventionen, Zielparametern, Mess- bzw. Erhebungszeitpunkten sowie Strukturen und Formalaspekten enthalten. Das Layout dient einerseits als Besprechungsgrundlage bei der Akquirierung des Studienteams und andererseits als Ausgangsbasis für die spätere Erstellung eines Studienprotokolls (Prüfplans, Beobachtungsplans, Versuchsplans). Bereits bei der Layout-Erstellung und dann im verstärkten Ausmaß bei der detaillierten Formulierung des Studienprotokolls soll versucht werden, möglichst viele Faktoren für die Gewährleistung einer Gewinnung von aussagekräftigen Ergebnissen bzw. objektiven Erkenntnissen zu berücksichtigen (siehe Tabelle 2). Auch sollten diverse Fachleute auf den Gebieten der Biostatistik, Studienplanung, Qualitätssicherung, Formalabwicklung und speziellen studienrelevanten Bereichen wie z. B. Labormedizin, Radiologie etc. bereits in einer sehr frühen Phase der Planung, auf jeden Fall aber in die Studienprotokollerstellung mit einbezogen werden. Das Studienprotokoll (Beispiel eines Inhaltsverzeichnisses siehe Tabelle 3) stellt das Kernstück jeder kli5BCFMMF ,SJUFSJFO[VS&SIzIVOHEFS"VTTBHFLSBGULMJOJTDIFS 4UVEJFO
84DIJNFUUB
nischen Studie dar. Für den Arzneimittelbereich sind ausführliche Anleitungen in der ICH-GCP-Leitlinie E6 und für den Medizinproduktebereich in der Norm EN ISO 14155 enthalten. Da der Prüfplan das offizielle Basisdokument für alle anderen Studienunterlagen (wie z. B. Aufklärungs- und Einwilligungsformulare, Prüfbzw. Beobachtungsbögen etc.) darstellt, müssen alle 5BCFMMF #FJTQJFMFJOFT*OIBMUTWFS[FJDIOJTTFTFJOFT4UVEJFO QSPUPLPMMT
■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■
&JOMFJUVOH°)JOUFSHSVOEVOE3BUJPOBMF ;JFMEFS4UVEJF°)BVQUVOE/FCFO[JFM F
)ZQPUIFTFO %FTJHOEFS4UVEJF°JODM'BMM[BIM 3BOEPNJTJFSVOHVOE4USBUJ¾[JFSVOH 4UVEJFOUFJMOFINFSBVTXBIM°&JOVOE"VTTDIMVTTLSJUFSJFO 1S¾OUFSWFOUJPO°"SUVOE"OXFOEVOH%PTJFSVOH #FHMFJUNFEJLBUJPOVOE#FHMFJUUIFSBQJF°PCMJHBUPSJTDI PQUJPOBM VOUFSTBHU &SOjISVOHVOEEJWFSTF#FHMFJUNBOBINFO°PCMJHBUP SJTDI PQUJPOBM VOUFSTBHU 4UVEJFOBCMBVG°OBSSBUJWF#FTDISFJCVOH "CMBVGTDIFNBJODM&SIFCVOHFOVOE.FTT[FJUQVOLUF 4UVEJFOQBSBNFUFS°;JFM 4JDIFSIFJUTVOE(SVQQFOWFS HMFJDITQBSBNFUFS 3JTJLFO°1S¾OUFSWFOUJPO PCMJHBUPSJTDIF#FHMFJUNB OBINFO 6OFSXOTDIUF&SFJHOJTTFJODM/FCFOXJSLVOHFO #FFOEJHVOHEFS1SGVOHTUFJMOBINF°QMBONjJHVOEWPS [FJUJH %SPQ0VU,SJUFSJFO°/JDIUCFSDLTJDIUJHVOHCFJEFS1FS 1SPUPDPM"OBMZTF "CCSVDIEFS#FIBOEMVOHPCMJHBUPSJTDIVOEGBLVMUBUJW "CCSVDIEFS4UVEJF°,SJUFSJFOVOELPNQFUFOUF*OTUJUVUJP OFOC[X1FSTPOFO 2VBMJUjUTTJDIFSVOH°401T .POJUPSJOH "VEJU *OTQFLUJPO FUD %BUFOFSGBTTVOHVOE%PLVNFOUBUJPO°$3'T 4UVEJFOPSE OFSFUD #JPNFUSJTDIF7FSTVDITQMBOVOHVOE"VTXFSUVOH "ENJOJTUSBUJWF"TQFLUF°;FJUQMBO 1SGNVTUFSCFSFJUTUFM MVOHFOFUD +VSJTUJTDIF&UIJTDIF"TQFLUF°3FDIUTHSVOEMBHFO /VU [FO3JTJLP"CXjHVOH 7FSTJDIFSVOH°)zIFVOE"SUEFT7FSTJDIFSVOHTTDIVU[FT &SHFCOJTWFSzGGFOUMJDIVOH°&STUVOE$PBVUPSTDIBGU FO
1VCMJLBUJPOTQ¿JDIU 1SGQMBOjOEFSVOHFO,SJUFSJFOVOELPNQFUFOUF1FSTPOFO 7FSBOUXPSUMJDILFJUFOBMMFSCFUFJMJHUFO1FSTPOFOC[X1BS UFJFO "OIjOHF°[#*$'.VTUFS $3'.VTUFS 7FSTJDIFSVOHT %FDLVOHTCFTUjUJHVOH 1S¾OUFSWFOUJPOT1SG HFHFOTUBOETJOGPSNBUJPOFO -JUFSBUVSWFS[FJDIOJT "CLS[VOHTWFS[FJDIOJT WFSTJFHFMUFT,VWFSUNJU3BOEP NJTJFSVOHTMJTUF
.FUIPEJLWPOLMJOJTDIFO4UVEJFO
studienrelevanten Aspekte detailliert und unmissverständlich ausformuliert werden (gestalten sich Angaben zu umfangreich, kann auf externe Dokumente verwiesen werden). Eine wichtige Forderung besteht in der eindeutigen Festlegung des wichtigsten Zielparameters (der wichtigsten Zielparameter). Diese sind nicht unbedingt mit den erhobenen Parametern identisch (z. B. wird die Ulcusfläche an zwei Untersuchungszeitpunkten erhoben, Zielparameter ist aber die prozentuelle Abweichung der zweiten Ulcusfläche von der ersten). Vor allem bei Messwiederholungen gibt es verschiedene Möglichkeiten für die Definition eines sinnvollen Zielparameters (z. B. Heranziehung von Absolutwertdifferenzen, prozentuellen Abweichungen, Minimal- und Maximalwerten, Gesamtverläufen über die Zeit im Sinne einer Area Under the Curve AUC etc.). Wenn Mess- bzw. Erhebungszeitpunkte festgesetzt werden, so ist dabei zu berücksichtigen, dass diese oft nicht exakt eingehalten werden können. Es müssen also Toleranzspielräume angeboten werden. Studien können konfirmatorisch (mit der Absicht, einen Effekt nachzuweisen) oder explorativ (mit der Absicht, Hinweise und Hintergrundinformationen für spätere Beweisführungen zu sammeln) geplant werden, letztere werden auch als Pilotstudien bezeichnet. Für konfirmatorische Studien sind Hypothesen aufzustellen (z. B. Hypothese H1: Effekt bei Behandlung A größer als bei Behandlung B, Hypothese H0: Effekt bei Behandlung A nicht größer als bei Behandlung B). Außerdem ist bei der Festlegung des Studienziels zwischen einem Überlegenheits- (Effekt bei Behandlung A größer als bei Behandlung B) und einem Äquivalenz- (Effekt bei Behandlung A und bei Behandlung B gleich) oder Nichtunterlegenheitsansatz (Effekt bei Behandlung A nicht kleiner als bei Behandlung B) zu unterscheiden. Ein weiteres Merkmal von konfirmatorischen Studien ist die Dimensionierung der Anzahl an Einschlüssen mittels einer statistischen Fallzahlschätzung. Beim Design gibt es ein mannigfaltiges Repertoire an Gestaltungsmöglichkeiten. So können Prüf- und Kontrollbehandlungen als sich bei ein und demselben Studienteilnehmer gegenseitig ausschließende Alternativen (Parallelgruppendesign) oder als Hintereinanderschaltung bei ein und demselben Studienteilnehmer (Cross-Over-Design) vorgenommen werden. Der Einsatz von Placebos ist in »klassischen« Designs (Behandlung vs. Placebo) zwar oft ethisch höchst bedenklich, es gibt allerdings interessante Ausweichmöglichkeiten, bei denen wirksame Therapiemaßnahmen nicht vorenthalten werden und trotzdem auf die me-
"CC #FJTQJFMGSEFO&JOTBU[WPO1MBDFCPT&BSMZ&TDBQF%FTJHO
thodischen Vorzüge der Scheinbehandlung nicht verzichtet werden muss (Beispiel siehe Abb. 1). Das Grundprinzip bei klinischen Studien sollte auf jeden Fall die (weitestgehende) Nichtbenachteiligung von Studienteilnehmern gegenüber »normalen« Patienten, aber auch (soweit vor und während der Studie absehbar) gegenüber anderen Studienteilnehmern sein. Bei Studien an gesunden Probanden dürfen letzte nur dem geringstmöglichen, keinesfalls aber einem relevanten Risiko ausgesetzt werden. Verblindungen können das Studienteam und die Studienteilnehmer (doppelte Verblindung) oder nur letztere (einfache Verblindung) betreffen. Ist eine Verblindung des Studienteams nicht durchführbar, so besteht die Möglichkeit, wenigstens die Datenerhebenden in Unkenntnis der Gruppenzugehörigkeiten zu lassen (Observer-Verblindung). In bestimmten Fällen und mit erhöhtem Aufwand können auch unterschiedliche Behandlungs- bzw. Darreichungsformen verblindet werden (Beispiel siehe Abb. 2). Unabhängig
"CC 7FSCMJOEVOHWPOBOVOEGSTJDIOJDIUWFSCMJOECBSFO%BS SFJDIVOHTGPSNFO%PVCMF%VNNZ5FDIOJL
von Verblindungsmöglichkeit und -grad sollte bei allen RCTs die Aufnahme des Studienteilnehmers noch in Unkenntnis der späteren Gruppenzugehörigkeit erfolgen. Randomisierungen erfolgen zumeist in Blockform (z. B. Sechserblock: nach jeweils 6 Einschlüssen immer 3 Behandlungen A und 3 Behandlungen B), um zeitspezifische Einflüsse zu minimieren (Vorteile auch bei Kontrollmaßnahmen wie z. B. Zwischenauswertungen). Sind Situationen bekannt, die Studienergebnisse modifizieren können (z. B. Diabetes) , so sollten diese auf die Behandlungsgruppen gleich aufgeteilt werden (Stratifizierung – z. B. gleiche Häufigkeit von Diabetes in allen Behandlungsgruppen). Bei akademischen Studien wird nicht selten die Frage vernachlässigt, welches Patienten- bzw. Datenkollektiv letztendlich in die statistische Analyse eingeht. Der Intent-To-Treat-Ansatz geht davon aus, dass alle Einschlüsse in die Analyse eingehen, gleich ob es dabei relevante Verstöße gegen das Studienprotokoll gibt oder nicht. Der Per-Protocol-Ansatz berücksichtigt nur diejenigen Einschlüsse, die den Studienbedingungen vollinhaltlich entsprechen. Je näher eine Studie der klinischen Routine steht, desto höhere Bedeutung hat der Intent-To-Treat-Ansatz. Der Per-Protocol-Ansatz spielt vor allem bei der Gewinnung von grundlegenden Erkenntnissen (z. B. auf dem Gebiet der Pharmakodynamik oder Pharmakokinetik) eine dominierende Rolle. Bei Beobachtungsstudien wird häufig noch ein weiterer Ansatz verwendet, der davon ausgeht, dass alle erhobenen Daten (also vollständige und unvollständige Datensätze) analysiert werden (»Realdatenanalyse«). Da ein Intent-To-Treat-Ansatz auch Studienteilnehmer mit fehlenden Daten in die Analyse (des Hauptzielparameters) einbezieht, muss prospektiv ein Verfahren festgelegt werden, mit dem diese fehlenden Daten (Missing Values) auf einigermaßen plausible aber doch konservative Weise ersetzt werden. Häufige Prinzipien sind dabei Worst Case (Ersetzen mit dem schlechtest möglichen Wert) und Last Observation Carried Forward (LOCF: Ersetzen mit dem letzten verfügbaren Wert). Für die (auch bei einer vorrangig Intent-To-TreatAnalyse zumeist parallel durchgeführte) Per-ProtocolAnalyse ist es wichtig, genaue Bedingungen dafür festzulegen, wann ein Prüfplanverstoß so schwerwiegend ist (Major Deviation), dass er zu einem Ausschluss aus dieser Analyse führt (Definition von Drop Outs). Dabei ist zu beachten, dass derartige Drop Outs nach der erfolgten Studienprotokollverletzung nicht automatisch
84DIJNFUUB
die Studie beenden sollten, sondern eine Fortführung der Datenerhebung, wenn immer möglich, anzustreben ist. Im Studienprotokoll ist also zwischen derartigen Drop-Out-Kriterien, die lediglich einen Ausschluss aus der Per-Protocol-Analyse bedeuten, und Kriterien für eine vorzeitige Beendigung der Studienteilnahme zu unterscheiden. Es gehört zu den Eigenschaften einer guten Studie, sämtliche unerwünschten Ereignisse, die während deren Durchführung auftreten, genau zu erfassen und zu analysieren (ggf. auch schon während der Studie mit der Option eines Studienabbruchs aus Sicherheitsgründen). Demgemäß ist das Vorgehen bei der Erfassung und Bewertung von unerwünschten Ereignissen im Studienprotokoll festzuhalten. Es besteht auch die Möglichkeit, externe Komitees (z. B. Steering Committee, Safety Committee etc.) vorzusehen, diesen die Bewertung der (insbesondere schwerwiegenden oder unerwarteten) unerwünschten Ereignisse zu überantworten und die Kompetenz für einen allfälligen Studienabbruch einzuräumen. Im Falle klinischer Prüfungen von Arzneimitteln oder Medizinprodukten sind Vorgangsweisen und Meldevorgänge bei schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen z. T. gesetzlich geregelt. Ist der Prüfplan fertiggestellt und von allen Verantwortlichen gutgeheißen (ein Biostatistiker sollte hier unbedingt dabei sein), so können die aus diesem Dokument ableitbaren Unterlagen wie Aufklärungs- und Einwilligungsformular für die Studienteilnehmer (Informed Consent Form, ICF) und Prüf- bzw. Beobachtungsbogen (Patientenheft, Case Report Form, CRF) gestaltet werden. Für ICFs können Vorlagen herangezogen werden, die von Ethikkommissionen angeboten werden und auch den rechtlichen Anforderungen entsprechen. Standardformulierungen zu Freiwilligkeit und Zurückziehbarkeit der Teilnahme, Gewährleistung der Vertraulichkeit, Versicherungsschutz, Überprüfung und Vermeidung einer Schwangerschaft etc. gehören zumeist zum Standardrepertoire derartiger Vorlagen. Bei den studienspezifisch zu verfassenden Abschnitten wie Ziel und Design der Studie, Vorteile und Nachteile sowie Risiken und Belastungen für die Studienteilnehmer, Ablauf der Studie, Behandlungsalternativen bei einer Nichtteilnahme etc. muss auf eine verständliche Wortwahl und kurze Satzkonstruktionen geachtet werden. Eine Validierung der ICF in Form einer Begutachtung durch den einen oder anderen Laien im Vorfeld der Studie ist empfehlenswert. CRFs (Beispiel eines Inhaltsverzeichnisses siehe Tabelle 4) werden in ihrer »klassischen« Variante als
.FUIPEJLWPOLMJOJTDIFO4UVEJFO
Hard Copies erstellt, neuerdings nimmt aber die Verwendung von elektronischen Varianten zu. Bei letzteren ist darauf zu achten, dass die Vertraulichkeit des Dokuments, die Nachvollziehbarkeit jeglichen Zugangs und jeglicher Veränderung sowie der Schutz vor irrtümlicher Vernichtung bzw. Löschung gewährleistet ist. Für alle Arten von CRFs ist zu fordern, dass Informationen, die zur Identifizierung von Studienteilnehmern führen können (z. B. Patientenname, Krankenhausidentifizierungs- oder Sozialversicherungsnummer, Kombinationen aus Geburtsdatum und Wohnort etc.) entfernbar sind und spätestens dann entfernt werden, wenn das Dokument den Bereich des behandelnden Arztes oder Personals verlässt (Verpflichtung zur Verhinderung jeglicher Identifizierbarkeit des Studienteilnehmers durch Dritte). Während bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten Versicherungsabschlüsse für Studienteilnehmer gesetzlich vorgeschrieben sind, liegt bei anderen Studienarten die Entscheidung über eine solche Maßnahme bei der Ethikkommission (es empfiehlt sich daher in strittigen Fällen eine entsprechende Kontaktaufnahme mit der Ethikkommission schon vor der Projekteinreichung). Die Wünsche der Versicherungsgesellschaften bezüglich Studienunterlagen sind unterschiedlich, in vielen Fällen reichen das Studienprotokoll, die ICF und ein Entwurf des Ethikkommissionsantrags aus. Bei multizentrischen Studien ist der logistisch-administrative Aufwand um ein Vielfaches höher als bei monozentrischen Studien. Der Organisationsaufbau ist in seinen wichtigsten Zügen im Prüfplan enthalten (z. B. in den Kapiteln »Administrative Aspekte« und »Verantwortlichkeiten«), mit detaillierten Regelungen von Abläufen (Materialbereitstellungen, Informationsfluss etc.) muss aber bereits in der Planungsphase begonnen werden. Beinhaltet die Studienteilnahme auch Abschnitte, in denen der Patient oder gesunde Proband das Studienzentrum verlässt (ambulante Studiendurchführung), so sollte ein Studienteilnehmerausweis, der bei Arztbesuchen vorzuzeigen ist und wichtige Informationen wie z. B. Einbestellungstermine enthält, ausgestellt werden. Auch Studienteilnehmertagebücher sind in vielen Fällen wertvolle Instrumente zur Beschaffung relevanter Daten (z. B. Kontrolle von Compliance, Verträglichkeit und subjektiven Eindrücken). Sobald alle nötigen Unterlagen verfügbar sind, erfolgt die Projekteinreichung bei der Ethikkommission ( für klinische Prüfungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten: Einreichung vorgeschriebener Unter-
5BCFMMF #FJTQJFMGS*OIBMUFFJOFT$3'
■ ■
■ ■ ■ ■ ■
■ ■ ■
■ ■ ■ ■ ■
■ ■
■ ■ ■ ■ ■
■ ■ ■
■
*EFOUJ¾LBUJPOEFS4UVEJF 4UVEJFOUJUFM 4UVEJFOLVS[CF [FJDIOVOHPEFSDPEF
4UVEJFO[FOUSVN /BNFVOENFISPEFSXFOJHFSEFUBJM MJFSUF"OTDISJGU /FOOVOHEFTjS[UMJDIFO4UVEJFOWFSBOU XPSUMJDIFO
4UVEJFOUFJMOFINFS/VNNFSVOE*OJUJBMFO %BUVNEFT&JOTDIMVTTFT %FNPHSBQIJTDIF%BUFO "MUFS (FTDIMFDIU ,zSQFSHSzF ,zSQFSHFXJDIU FUIOJTDIF;VHFIzSJHLFJUFUD
#FTPOEFSIFJUFOEFS4UVEJFOUFJMOFINFS [#3BVDIHF XPIOIFJUFO TQF[JFMMF%JjUFO 4DIXBOHFSTDIBGUTUFTUFUD
,SBOLFOHFTDIJDIUFJODM#FHMFJUFSLSBOLVOHFOVOE#F HMFJUNFEJLBUJPO HHG'FTUMFHFOFJOFTEF¾OJFSUFO&SGBT TVOHT[FJUSBVNT
,zSQFSMJDIF6OUFSTVDIVOH FO
&SOjISVOH &JOVOE"VTTDIMVTTLSJUFSJFO JODM4UBUFNFOU[V"SUVOE ;FJUQVOLUEFS&JOIPMVOHEFS4UVEJFOUFJMOFINFSFJOXJMMJ HVOH
%JBHOPTF *OEJLBUJPOGSEJF"OXFOEVOHEFS1S¾OUFSWFO UJPO
7FSXFOEVOHEFSLPSSFLUFO1S¾OUFSWFOUJPO [#CFJ1SGNVTUFSO&JOLMFCFOWPO"CSJTTFUJLFUUFO
;FJUQVOLU %BVFSVOE"VTNB%PTJTEFS1S¾OUFSWFOUJPO "CTDIjU[VOHPEFS,POUSPMMFEFS$PNQMJBODF .FTTXFSUF#FGVOEFEFS[VFSIFCFOEFO1BSBNFUFS FJO TDIMJFMJDI;FJUBOHBCFOGSEJF.FTTVOHFO &SIFCVOHFO VOEPEFS1SPCFOFOUOBINFO
.BFJOIFJUFOEFS[VFSIFCFOEFO1BSBNFUFS 6OFSXOTDIUF&SFJHOJTTF JODM"SU %BVFS *OUFOTJUjU ,POTFRVFO[FO .BOBINFOFUD °7FSXFOEVOHWPOFJO HFMFHUFO'PSNCMjUUFSO ;FJUTQBOOFEFS4UVEJFOUFJMOBINF JODM%BUVNEFS5FJM OBINFCFFOEJHVOH
(SOEFGSFJOFBMMGjMMJHFWPS[FJUJHF#FFOEJHVOHEFS 4UVEJFOUFJMOBINF (SOEFGSFJOBMMGjMMJHFT;VUSFGGFOWPO%SPQ0VU,SJUFSJFO (SOEFGSFJOFOBMMGjMMJHFO1S¾OUFSWFOUJPOTBCCSVDI "CXFJDIVOHFOWPOEFO4UVEJFOCFEJOHVOHFO 7FS TUzFHFHFOEBT4UVEJFOQSPUPLPMM°.JOPSVOE.BKPS %FWJBUJPOT
#BTJTJOGPSNBUJPOFOGSEFO$3'#FOU[FS%PLVNFOUBS JODM"OXFJTVOHFO[VN"VTGMMFOVOE[VS'FIMFSLPSSFLUVS "CTDIMJFFOEF#FVSUFJMVOHEFT'BMMT JOOBSSBUJWFS'PSN JODM8JSLTBNLFJUTVOE7FSUSjHMJDILFJUTEJTLVTTJPO 7FSBOUXPSUVOHTCFSOBINFGSEJF%BUFOSJDIUJHLFJU 6O UFSTDISJGUFOEFT%PLVNFOUBSTVOEPEFSEFTjS[UMJDIFO 4UVEJFOWFSBOUXPSUMJDIFO
"OIjOHF°[#*OGPSNBUJPOFOVOE'PSNCMjUUFS[VVO FSXOTDIUFO&SFJHOJTTFO *$' /PUGBMMLVWFSUJODM"OMFJ UVOHFO[VS&JO[FMGBMMEFDPEJFSVOH
lagenzusammenstellungen zusätzlich bei den zuständigen Behörden). Mit dem Vorliegen eines positiven Ethikkommissionsvotums (bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten: zusätzlich einer behördlichen Genehmigung oder Nichtuntersagung), der anschließenden Vervielfältigung von Studienunterlagen (CRFs, ICFs, Studienteilnehmerausweise und -tagebücher etc.), der Beschaffung und Zusammenstellung aller benötigten Materialien (z. B. Prüfmuster, Testkits etc.) und der letztendlichen Festlegung eines Termins für den Beginn der Interventionsphase (bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten: obligatorische Verknüpfung mit dem Erstbesuch des Monitors bzw. Study Initiation Visit) endet die Planungsphase.
%BUFOFSIFCVOHTQIBTF
Die Datenerhebungsphase wird je nach Studienart auch als Interventionsphase, Medikationsphase oder Beobachtungsphase bezeichnet und beinhaltet als Schwerpunkte Dokumentations-, Kommunikationsund Qualitätssicherungsvorgänge sowie den Umgang mit Studienteilnehmern und Maßnahmen zu deren Schutz. Die Dokumentation aller studienrelevanten Daten erfolgt in (elektronisch oder als Hard Copies vorliegenden) CRFs. Eine GCP-Forderung, deren Berücksichtigung auch außerhalb klinischer Prüfungen von Arzneimitteln Sinn macht, ist die Nachvollziehbarkeit von nachträglichen Änderungen (die ursprüngliche Eintragung sollte auch später noch sichtbar sein, ggf. ist eine Begründung der Korrektur anzubringen). Zwischen Werten mit dem Messergebnis »0« und Missing Values ist eindeutig zu unterscheiden. Manuelle (z. B. handschriftliche) Übertragungen von elektronisch oder als Ausdrucke verfügbaren Daten sollten soweit wie möglich vermieden werden (vorzugsweise Beilage von Ausdruckkopien oder Direktüberspielung in ein elektronisches CRF). Bei Ausdruckbeilagen ist darauf zu achten, dass alle Hinweise auf die Identität des Studienteilnehmers entfernt werden, dabei aber die Möglichkeit der Zuordnung zu letzterem durch Befugte gewährleistet bleibt (Eintragungen von Studienteilnehmernummern, Entfernung von Namen, Anschriften, Sozialversicherungsnummern etc.). Für alle dokumentierten Studiendaten sollte eine verantwortliche Person (Eintragungsverantwortlicher) identifizierbar sein (das gilt auch für die eingangs erwähnten nachträglichen Änderungen).
84DIJNFUUB 5BCFMMF %F¾OJUJPOFOWPO401T "VEJUVOE.POJUPSJOH
4UBOEBSE0QFSBUJOH1SPDFEVSFT 401T
*$)($1-FJUMJOJF& (MPTTBS
&JOHFIFOEF TDISJGUMJDIF"OXFJTVOHFO VNEJFFJOIFJUMJDIF %VSDIGISVOHFJOFSCFTUJNNUFO5jUJHLFJUTJDIFS[VTUFMMFO "VEJU *$)($1(VJEFMJOF& (MPTTBS
&JOFTZTUFNBUJTDIFVOEVOBCIjOHJHFfCFSQSGVOHEFSNJU EFSLMJOJTDIFO1SGVOHJO;VTBNNFOIBOHTUFIFOEFO"LUJWJUj UFOVOE%PLVNFOUF[VS'FTUTUFMMVOH PCEJFCFSQSGUFOTUV EJFOCF[PHFOFO"LUJWJUjUFOHFNj1SGQMBO EFO4UBOEBSE BSCFJUTBOXFJTVOHFO 401T 4UBOEBSE0QFSBUJOH1SPDFEVSFT EFT4QPOTPST EFS(VUFO,MJOJTDIFO1SBYJT ($1 TPXJFEFO HFMUFOEFOHFTFU[MJDIFO#FTUJNNVOHFOEVSDIHFGISUXVSEFO VOEPCEJF%BUFOHFNjEJFTFO"OGPSEFSVOHFOEPLVNFO UJFSU BVTHFXFSUFUVOELPSSFLUCFSJDIUFUXVSEFO .POJUPSJOH *$)($1(VJEFMJOF& (MPTTBS
%JFfCFSXBDIVOHEFT'PSUHBOHTEFSLMJOJTDIFO1SGVOHTP XJFEJF4JDIFSTUFMMVOH EBTTEJFTFHFNj1SGQMBO 4UBOEBSE BSCFJUTBOXFJTVOHFO 401T
(VUFSLMJOJTDIFS1SBYJT ($1 TP XJFHFMUFOEFOHFTFU[MJDIFO#FTUJNNVOHFOEVSDIHFGISU EPLVNFOUJFSUVOECFSJDIUFUXVSEFO
Die Implementierung von Qualitätssicherungssystemen dient dazu, möglichst hochwertige Studienergebnisse zu produzieren und unnötige Fehler rechtzeitig zu erkennen bzw. zu vermeiden. Die wichtigsten drei Instrumente sind dabei die Anwendung von Verfahrensanleitungen (Standard Operating Procedures, SOPs) sowie die Durchführungen von Monitorings und Audits (Definitionen siehe Tabelle 5). SOPs werden für klinische Prüfungen von Arzneimitteln durch GCP und z. T. auch nationale Gesetzgebungen gefordert. Sie dienen dazu, für sämtliche Erstellungen relevanter Dokumente sowie für Kommunikations- und Meldevorgänge, aber auch für weitere Qualitätssicherungsmaßnahmen wie Monitoring und Audit, Standards zu schaffen. Monitorings werden für klinische Prüfungen von Arzneimitteln und von Medizinprodukten durch GCP, die Norm EN ISO 14155 und z. T. nationale Gesetzgebungen vorgeschrieben. Diese Qualitätssicherungsmaßnahme, insbesondere die Kontrolle der dokumentierten Studiendaten (Source Data Verification), muss allerdings auch für die meisten anderen Interventionsstudien als dringend empfehlenswert eingestuft werden. Eine Source Data Verification kann dann entfallen bzw. durch ein verstärktes Datenmanagement ersetzt werden, wenn ein Vergleich der dokumentierten Daten mit Originaldaten nicht möglich bzw. sinnvoll ist, oder wenn Dimensionierung und Zielsetzung
.FUIPEJLWPOLMJOJTDIFO4UVEJFO
der Studie einen durch das Unterlassen dieser Kontrollmaßnahme auftretenden Datenqualitätsverlust tolerierbar erscheinen lassen (diese Ausnahmemöglichkeiten bestehen nicht für klinische Prüfungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten). Im Bereich von Beobachtungsstudien ist ein Monitoring aus theoretischer Sicht oft genau so sinnvoll wie bei Interventionsstudien. Für eine Source Data Verification müsste allerdings das Einverständnis der Studienteilnehmer zur Dateneinsichtnahme durch Kontrollorgane eingeholt werden. Da das aber zumeist nicht der Fall ist, verzichtet der überwiegende Teil der Beobachtungsstudien auf das Instrument des Monitoring und greift statt dessen auf ein intensiviertes Datenmanagement (s. u.) zurück. Audits sind als ein stichprobenweise anzuwendendes Kontrollinstrument u. a. von GCP gefordert. Der Stichprobencharakter bedingt allerdings, dass für keine einzelne klinische Studie, also auch nicht für eine klinische Prüfung von Arzneimitteln, ein Audit verpflichtend sein kann. Dessen ungeachtet erlegt die Industrie den meisten kommerziellen Studien aus Gründen einer verbesserten Akzeptanz bei der Vorlage zu Zulassungszwecken ein Audit auf. Ein von behördlicher Seite durchgeführtes Audit nennt sich Inspektion. Inspektionen werden nach einem Stichprobenverfahren bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten durchgeführt. Sowohl (nichtbehördliche) Audits als auch Inspektionen müssen rechtzeitig angekündigt werden, sodass die zu überprüfenden Personen und Einrichtungen noch eine angemessene Zeit (z. B. von einigen Wochen) zur Vorbereitung haben. GCP und nationale Gesetzgebungen schreiben für klinische Prüfungen von Arzneimitteln die Einrichtung von Ordnersystemen zum Führen sämtlicher Unterlagen und Formblätter im Studienumfeld vor. Unter anderem sollen hier Originaldokumente wie Prüfplan, Prüfpräparatinformationen (z. B. Analysenzertifikate, Investigator’s Brochure etc.), Ethikkommissionsvotum etc., aber auch für die Dokumentation von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen, Patienteneinschlüssen, Prüfmustererhalt und -verbrauch sowie -rückgabe (Drug Accountability), Monitorbesuchen etc., angelegte Formblätter, vertrauliche Unterlagen wie ausgefüllte ICFs und eine Liste zur Identifizierung der Studienteilnehmer sowie letztendlich auch relevante Korrespondenz aufbewahrt werden. In eingeschränkter Form empfiehlt sich auch für klinische Studien außerhalb des Arzneimittelbereichs das Anlegen von Ordnersystemen zwecks Sammlung und ord-
nungsgemäßer Aufbewahrung aller studienrelevanten Unterlagen (z. B. Gewährleistung des Datenschutzes bei der Verwahrung von Studienteilnehmeridentifizierungslisten, ICFs etc.). Aufgrund nationaler Gesetzgebungen werden für klinische Prüfungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten gewisse Meldeverpflichtungen vorgegeben. So sind mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen (Suspected Unexpected Serious Adverse Reactions, SUSARs) von arzneilichen Prüfpräparaten unverzüglich an zuständige Behörden und Ethikkommissionen zu melden. Ungeachtet dieser gesetzlichen Vorschriften gibt die Deklaration von Helsinki vor, dass Ethikkommissionen über alle während einer klinischen Studie auftretenden ernsten Zwischenfälle (schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse – Definitionen siehe z. B. ICH-GCP-Leitlinie E6, Norm EN ISO 14155 oder nationale Gesetze) informiert werden müssen. Indirekt leitet sich aus der Deklaration von Helsinki auch ab, dass unerwartete nicht-schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (wie z. B. gehäuftes Auftreten von Juckreiz) als Vorkommnisse, die möglicherweise die Nutzen-Risiko-Kalkulation für die Studienteilnehmer ändern, zu berichten sind. Eine weitere in nationalen Gesetzgebungen enthaltene Verpflichtung bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln besteht in der Genehmigungseinholung bei zuständigen Behörden und Ethikkommissionen für substantielle Prüfplanänderungen (Prüfplan-Amendments). Aber auch für andere klinische Studien lässt sich wieder aus der Deklaration von Helsinki ableiten, dass derartige substantielle Änderungen des Studienprotokolls der Ethikkommission zur Kenntnis zu bringen sind, da sie Änderungen der Nutzen-Risiko-Kalkulation für die Studienteilnehmer bedeuten können (Analoges gilt für die substantielle Änderung von allen anderen Studienunterlagen). Ethikkommissionen und Behörden (soweit vom Gesetz her involviert) haben stets die Kompetenz, Interventionsstudien zu unterbrechen oder zu beenden. Für Beobachtungsstudien gibt es keine Meldepflichten, sieht man davon ab, dass mutmaßliche Nebenwirkungen bzw. relevante Mängel von zugelassenen Arzneimitteln und Medizinprodukten gemäß nationalen Gesetzgebungen zu berichten sind (diese zusätzliche Berichtserfordernis trifft auch zu, wenn in Interventionsstudien zugelassene Arzneimittel oder Medizinprodukte verwendet werden). Neben der Kommunikation mit bzw. Informationsweiterleitung an Behörden und Ethikkommissionen sind derartige Vorgänge auch innerhalb des Studien-
teams erforderlich. Dies betrifft insbesondere Informationen über den Studienfortgang, über schwerwiegende oder unerwartete unerwünschte Ereignisse sowie über diverse administrative Maßnahmen und Probleme. Je nach Dimensionierung der Studie und je nach vorgeschriebener Rollenverteilung (klinische Prüfungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten erfordern die Unterscheidung zwischen einem Auftraggeber bzw. Sponsor und einem oder mehreren verantwortlichen Ärzten oder Prüfern, dazu kommt in Deutschland noch die Funktion des Leiters der Klinischen Prüfung LKP) sind diese Informationsnetzwerke mehr oder weniger umfangreich und ausgefeilt. Einfache Systeme umfassen oft nur die regelmäßigen Besprechungen des ärztlichen Studienteams, bei Multizenterstudien und der Einschaltung von externen Komitees (z. B. Advisory Board, Steering Committee, Safety Committee, Independent Data Monitoring Committee) sind Logistik und Aktivitäten entsprechend aufwändiger. Während bei Beobachtungsstudien die Betreuung der Studienteilnehmer nicht von der klinischen Routine abweicht, muss bei Interventionsstudien von jedem Patienten oder Probanden vor Beginn von dessen Teilnahme eine entsprechende Einwilligung nach vorhergehender Aufklärung eingeholt werden (de facto obligatorisch in schriftlicher Form mittels ICF). Diese Einwilligung ist bei nicht-geschäftsfähigen Patienten und Kindern alternativ oder zusätzlich von Sachwaltern und Erziehungsberechtigten zu erteilen. Eine weitere Ausnahmeregelung besteht für Notfallstudien, bei denen nach eingehender Prüfung und Zustimmung durch die Ethikkommission ein Procedere mit primärerer Aufnahme in die Studie ohne Einwilligung und mit einem späteren Nachholen des Aufklärungs- und Einwilligungsvorgangs gewählt werden kann (sofern nicht nationale gesetzliche Regelungen – wie z. B. bis vor kurzem für klinische Prüfungen von Medizinprodukten in Österreich – dieser Ausnahme entgegenstehen). Entschließt sich ein Patient oder Proband während der Studie, diese vorzeitig zu beenden, so darf dieser Entscheidung nichts in den Weg gelegt werden und das Ausscheiden aus der Studie auch keine medizinische Benachteiligung des Patienten zur Folge haben. Bis zum Zeitpunkt des Studienausscheidens gewonnene Daten können in der Regel für die spätere Auswertung verwendet werden. Neben der allgemeinen Sorgfaltspflicht stellt die ständige Überprüfung der Nutzen-Risiko-Situation für die Studienteilnehmer das wesentliche Kriterium für deren Schutz dar. Während in kleinen Studien die Nut-
84DIJNFUUB
zen-Risiko-Situation oft aus subjektiver Sicht der ärztlichen Verantwortlichen überwacht wird, empfiehlt sich bei heiklen bzw. größer dimensionierten klinischen Studien die Etablierung von objektiven Kontrollinstrumenten wie die Delegierung der Sicherheitsüberwachung an ein externes Komitee (z. B. Steering Committee, Safety Committee) und die Festlegung von Zwischenauswertungen mit Abbruchregeln (jeder verantwortliche Arzt hat allerdings über die statistischen Zwischenauswertungsergebnisse hinaus jederzeit das Recht, aus subjektiven Gründen einen Studienabbruch vorzunehmen). Mit der Beendigung der Studienteilnahme des letzten Patienten oder Probanden ist die Datenerhebungsphase beendet. Fallweise kann es allerdings erforderlich sein, dass auch noch danach Erhebungen bzw. Dokumentationen durchgeführt werden, und zwar wenn die Auswirkungen eines unerwünschten Ereignisses noch weiter verfolgt werden müssen. Nachbeobachtungen sind entweder in die betreffende klinische Studie zu integrieren (Follow-Up-Untersuchung gleichbedeutend mit Beendigung der Studienteilnahme) oder können als eigenständiges Forschungsprojekt (z. B. Beobachtungsstudie mit früheren Teilnehmern an einer Interventionsstudie) definiert werden (letzteres macht insbesondere dann Sinn, wenn die Nachbeobachtungszeiträume sehr lang sind).
'JOBMJTJFSVOHTQIBTF
Die Finalisierungsphase umfasst die gesamte Aufbereitung und Auswertung der Studiendaten sowie die Verdichtung und Interpretation der Studienergebnisse und reicht prinzipiell bis hin zu deren Veröffentlichung. Bei monitierten klinischen Studien wird bei einem Monitorletztbesuch (Study Close Out Visit) die Betreuung des Studienteams und die Datenkontrolle abgeschlossen. Allen Einrichtungen mit offiziell erfolgter Ankündigung der Studiendurchführung (z. B. Behörden, Ethikkommissionen, Versicherungen etc.) wird die Studienbeendigung mitgeteilt, diese Informationspflicht besteht auch gegenüber allen Mitgliedern des Studienteams. Die Aufbereitung der Daten für die statistische Auswertung wird als Datenmanagement bezeichnet. Im ersten Schritt erfolgt die Eingabe oder Überspielung der Einzeldaten aus den CRFs in eine Datenbank. Bei hochwertigen Projekten werden die Daten zweimalig durch voneinander unabhängige Personen eingegeben (Minimierung von Übertragungsfehlern). Die Datenbank
.FUIPEJLWPOLMJOJTDIFO4UVEJFO 5BCFMMF "SUFOVOE#FTDISFJCVOHFOWPO1BSBNFUFSO
" "SUFOWPO1BSBNFUFSO NFUSJTDI RVBOUJUBUJW
← EJTLSFU
← TUFUJH KFEFS8FSUNzHMJDI [#-BCPS %SVDLNFTTVOHFO
OVSHBO[F;BIMFO [#"VG[jIMVOHFO 1FSTPOFO[BIMFO
PSEJOBM 3BOHNFSLNBMF
HFPSEOFUF BCHFTUVGUF,BUFHPSJFO [#4DIVMOPUFO ,SBOLIFJUTTDIXFSFHSBEF
OPNJOBM RVBMJUBUJW
VOHFPSEOFUF HMFJDICFSFDIUJHUF,BUFHPSJFO [#,SBOLIFJUFO (FTDIMFDIU
# #FTDISFJCVOHWPONFUSJTDIFO1BSBNFUFSO -BHFNBF "VTXBIM ■ "SJUINFUSJTDIFS .JUUFMXFSU°&JO[FMXFSUTTVNNFEJWJEJFSUEVSDIEJF'BMM[BIM ■ .FEJBO°8FSU VOUFSVOECFSEFNHMFJDIWJFMF8FSUFMJFHFO ¨NJUUFMTUFS§8FSU
4USFVVOHTNBF "VTXBIM ■ .BYJNVN°.JOJNVN 4QBOOXFJUF
■ 4UBOEBSEBCXFJDIVOH8VS[FMEFS7BSJBO[ ■ 2VBSUJMF°2VBSUJMF *OUFSRVBSUJMTBCTUBOE
7PS[VHTXFJTF,PNCJOBUJPOWPO-BHFVOE4USFVNBFO .JUUFMXFSU4UBOEBSEBCXFJDIVOH .FEJBO<2VBSUJMF2VBSUJMF> CFJOVS,BUFHPSJFOEJDIPUPN
wird anschließend auf Vollständigkeit und Plausibilität kontrolliert. Es wird versucht, Missing Values und aus der Reihe fallenden Werten (Ausreißer, Outlyers) auf den Grund zu gehen. Zu diesem Zweck erstellt der Dateneingeber einen Fragenkatalog bzw. eine Mängelliste (Query List), die über den Monitor oder direkt an die für die CRF-Eintragungen Verantwortlichen übermittelt wird. Nach diesem Datenbereinigungsschritt wird die Datenbank geschlossen (Verfügbarkeit eines Originaldatensatzes). Falls erforderlich wird der Originaldatensatz für die biometrische Auswertung noch gesondert aufbereitet. Dies umfasst sowohl die Berechnung von Zielparametern aus den erhobenen Parametern (siehe Kapitel »Planungsphase«), die Identifizierung von Drop Outs (Definition unterschiedlicher Datenkollektive für die Intent-To-Treat- und die Per-Protocol-Analyse) sowie das Ersetzen von Missing Values mittels der prospek-
tiv festgelegten Verfahren (Missing-Value-Ersetzungen werden zumeist nur für den Hauptzielparameter vorgenommen). Bei verblindeten Studien wird das Datenmanagement bis zum Schließen der Datenbank ohne Kenntnis der Gruppenzugehörigkeit durchgeführt, erst danach erfolgt die Entblindung. Wird für die Aufbereitung der Daten die Einbeziehung eines kompetenten Datenmanagers dringend empfohlen, so ist die Heranziehung eines Biostatistikexperten bei der Auswertung de facto obligatorisch. Dieser führt für jeden Datensatz (z. B. Intent-To-Treatund Per-Protocol-Kollektiv) sowohl eine deskriptive als auch eine statistische Analyse durch. Die deskriptive Analyse stellt die Studienergebnisse in beschreibender Weise dar. Metrische Daten werden mit Lagemaßen (Median, Mittelwert) und Streumaßen (Minimum/Maximum, Quartile, Standardabwei-
84DIJNFUUB
Subgruppen oder Kohorten (ist Behandlung A wirksamer oder sicherer als Behandlung B?, ist Behandlung A zumin20 dest gleich wirksam oder sicher wie Behandlung B? etc.). 10 Eine statistische Aussage wird in der Medizin in der Regel dann als gültig akzep0 tiert (Signifikanz), wenn die Irrtumswahrscheinlichkeit -10 unter 5 % beträgt (α-Fehler < 5 %). Derartige signifikante -20 Aussagen (bezüglich Überlegenheit oder Äquivalenz) sind jedoch nur für die Ver-30 gleiche bei denjenigen Parametern zulässig, die prospekBehandlung A Behandlung B O O tiv als Hauptzielparameter 2VFSMJOJF.FEJBO definiert worden sind. Mit je3FDIUFDLBMMFS8FSUF dem zusätzlich durchgeführ#FHSFO[VOHFOBVFSIBMCEFT3FDIUFDLT.JOJNVNVOE.BYJNVN ten statistischen Vergleich BVTHFOPNNFO"VTSFJFSVOE&YUSFNXFSUF vergrößert sich nämlich die 0"VTSFJFS > VOE<3FDIUFDLIzIFO
&YUSFNXFSU >3FDIUFDLIzIFO
Chance, dass ein ermittelter Unterschied oder eine er"CC #FJTQJFMFJOFS#PY1MPU%BSTUFMMVOHNFUSJTDIFS%BUFO7FSMBVGEFT33TZTUPMJTDI[XJTDIFO mittelte Äquivalenz rein auf 6OUFSTVDIVOHT[FJUQVOLUFO Zufall beruhen. Führt man zwanzig derartige Vergleiche 60 51,1 durch, so beträgt die Chance, 48,3 50 dass davon zumindest ein Ergebnis »signifikant« ist, be40 reits 100 %. Bei Vorliegen von 30 mehreren Hauptzielparametern kann dieser Fehler kor20 rigiert werden, indem man 10 die zulässige Irrtumswahr0,6 scheinlichkeit herabsetzt 0 (Adjustierung des α-Fehlers). subjektiv besser subjektiv gleich subjektiv schlechter n=180 Für Ergebnisse aus Verglei1BUJFOUFOFJOTDIjU[VOHEFS8JSLTBNLFJUFJOFSOFVFO#FIBOEMVOHTNFUIPEFJN7FSHMFJDI[VS4UBOEBSEUIFSBQJF chen bei Nebenzielparametern oder aus Subgruppen"CC #FJTQJFMFJOFS#BMLFOEJBHSBNN%BSTUFMMVOHOPNJOBMFS%BUFO analysen gilt allerdings, dass hier Ergebnisse mit Irrtumswahrscheinlichkeiten unchung) präsentiert, nominale und ordinale Daten mit Häufigkeitsangaben (siehe Tabelle 6). Grafische Dar- ter 5 % nicht zur Beweisführung sondern lediglich zur Hypothesengenerierung (Hinweise auf Effekte, die in stellungen erfolgen zumeist in Form von Boxplots bei späteren Projekten verifiziert werden müssen) dienen metrischen Parametern und in Form von Balkendiakönnen. grammen bei nominalen und ordinalen Parametern Weitere Bereiche der schließenden Statistik sind (Beispiele siehe Abbildungen 3 und 4). Statistische BeKorrelations- und Regressionsanalysen sowie die Berechnungen von Wahrscheinlichkeiten (schließende stimmung von Konfidenzintervallen. Korrelationen Statistik) betreffen oft Vergleiche zwischen Gruppen, %
RR systolisch Differenz U2-U1 (mmHg)
30
.FUIPEJLWPOLMJOJTDIFO4UVEJFO 5BCFMMF 0EET3BUJP //5VOE//)
0EET3BUJP $IBODFOWFSIjMUOJT
%BT7FSIjMUOJT[XJTDIFOEFS$IBODFFJOFS1FSTPOBVTEFS (SVQQFNJUEFSOFVFO*OUFSWFOUJPO 7FSVNHSVQQF VOEEFS $IBODFFJOFS1FSTPOBVTEFS(SVQQFNJUEFS¨BMUFO§*OUFSWFO UJPO ,POUSPMMHSVQQF
FJO&SFJHOJT[VFSMFJEFOFSMFCFO /VNCFS/FFEFEUP5SFBU //5
;BIMEFS1BUJFOUFO EJFCFIBOEFMUXFSEFONTTFO VN[V TjU[MJDIFTTDIjEMJDIFT&SFJHOJT[VWFSNFJEFO EIVN1BUJ FOUFO[V¨SFUUFO§ /VNCFS/FFEFEUP5SFBUUP1SPEVDF0OF&QJTPEF PG)BSN //)
;BIMEFS1BUJFOUFO EJFCFIBOEFMUXFSEFONTTFO EBNJU[V TjU[MJDIFTTDIjEMJDIFT&SFJHOJTBVGUSJUU EIVN1BUJFOUFO [VTDIBEFO
geben den Grad des Zusammenhangs zwischen zwei Parametern bekannt (Korrelationskoeffizient), wobei auch dieser mit Wahrscheinlichkeiten besetzt ist. Regressionsanalysen dienen dazu, eine eventuelle gute Vorhersagbarkeit von Effekten durch Heranziehung von verschiedenen Parametern herauszufinden (z. B. »kann das Entstehen eines Ulcus durch Alter und Vorerkrankungen vorhergesagt werden?«). Konfidenzintervalle geben ebenfalls mit einer bestimmten (zumeist 95 %-igen) Wahrscheinlichkeit an, in welchem Korridor der wahre Wert eines Parameters (z. B. das wahre Ausmaß eines Effekts) liegt. Die angeführten Beispiele bilden nur einen kleinen Auszug der Möglichkeiten einer biometrischen Auswertung von Studiendaten. Insbesondere bei größer dimensionierten Projekten erfolgt in der Regel eine ausführliche Befassung mit möglichen Einflussfaktoren (Covarianzanalysen), weiters gibt es die Möglichkeit, maskierte Effekte und Einflüsse durch Kombination verschiedenster statistischer Verfahren zu »entlarven« (Data Mining). Auch bei der Ergebnisdarstellung gibt es zahlreiche Varianten (z. B. Number Needed to Treat, Number Needed to Treat to Produce One Episode of Harm, Odds Ratio – Tabelle 7), auf die aber hiermit ebenso nur am Rande eingegangen worden sein soll wie auf Besonderheiten bei der Befassung mit diagnostischen Methoden. Für letztere werden u. a. Receiver Operating Characteristic- (ROC-) Kurven ermittelt, in denen die Wertepaare von Sensitivität (Anteil der korrekt als krank erkannten Personen an allen Personen mit der betreffenden Krankheit) und Spezifität (Anteil der korrekt als gesund erkannten Personen an allen Gesunden) für alle möglichen Trennwerte (Cut-Off-Punkte) innerhalb des Messbereichs aufgetragen sind. Relia-
bilität (Stabilität eines Testergebnisses) und Validität (Ausmaß, in dem ein Testergebnis die Wirklichkeit widerspiegelt) sind weitere wichtige im Diagnostikbereich abzuklärende Themen. Die Studienergebnisse werden durch den biostatistischen Experten an die ärztlichen und sonstigen Mitglieder des Studienteams in verständlicher und übersichtlicher Form übermittelt (vorzugsweise als biometrischer Abschlussbericht). Danach erfolgt die Diskussion und Festlegung der klinischen Interpretierbarkeit dieser Ergebnisse unter Federführung der verantwortlichen Ärzte, aber auch unter Miteinbeziehung des biostatistischen Experten. Für klinische Prüfungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten fordern die ICH-GCP-Leitlinie E6 und die Norm EN ISO 14155, aber auch nationale Gesetzgebungen, die Anfertigung eines (generellen) Abschlussberichts, der u. a. sämtliche Auswertungsergebnisse und deren medizinische Interpretation enthält. Für Zulassungsstudien gibt es dazu ausführliche Anleitungen (z. B. ICH-Clinical-Study Report-Leitlinie E3 auf dem Arzneimittelsektor, Norm EN ISO 14155 auf dem Medizinproduktesektor). Außerhalb dieses geregelten Bereichs kann eine Daten- und Ergebniszusammenstellung, die einer abgespeckten Version eines Abschlussberichts von Zulassungsstudien entspricht bzw. ähnlich ist und die doch einigermaßen über das in einer späteren Publikation beabsichtigte Ausmaß an Datenpräsentationen hinausgeht, empfohlen werden. Den (krönenden) Abschluss einer klinischen Studie bildet naturgemäß die Veröffentlichung der Ergebnisse (oft im ersten Schritt als Abstract oder Poster, danach als Originalarbeit). Wesentlich erscheint dabei, dass das Nichterreichen des Studienziels zu keinem Publikationsverzicht führt (ansonsten Förderung des Publication Bias), dass alle Personen, die maßgeblich (!) an der klinischen Studie beteiligt waren, als Coautoren oder zumindest in einem Acknowledgement miteingebunden bzw. genannt werden, dass das Publikationsmanuskript nicht ohne Zustimmung aller Coautoren bei einem Journal eingereicht wird (gilt sinngemäß auch für Poster und Abstracts), dass die Eckpfeiler der Projektplanung nicht verfälscht werden (keine nachträgliche Abänderung von Studienzielen, Hauptzielparametern etc.), und dass keine relevanten Studienergebnisse »unterschlagen« werden (kein Verheimlichen von beobachteten Nebenwirkungen oder sonstigen unbequemen Ergebnissen). Alle studienrelevanten Dokumente (inklusive Studienprotokoll, Ethikkommissionsvotum, CRFs, ICFs, Studienteilnehmeridentifikationsliste, Auswertungs-
ergebnisse, Publikation und ggf. Abschlussbericht) sind bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln bis zum Ablauf der gesetzlich festgelegten Fristen, ansonsten während einer angemessenen Zeitspanne (z. B. 5– 10 Jahre), auf jeden Fall aber noch einige Zeit nach der erfolgten letzten Publikation von Studienergebnissen und damit verbundenen allfälligen Korrespondenzen (Leseranfragen etc.) aufzubewahren. Zum Abschluss ein ethischer Leitsatz: Plane eine klinische Studie stets so, dass Du ggf. Deine engsten Freunde und Familienangehörigen bedenkenlos teilnehmen lassen könntest.
1SGVOHTGSBHFO
1. Welchen Quellen sind die wichtigsten ethischen Grundsätze und Qualitätsstandards bei klinischen Studien zu entnehmen? 2. Was sind die wesentlichsten Instrumente für eine Vermeidung von subjektiven Einflüssen auf die Studienergebnisse? 3. Zwischen welchen Arten von Parametern kann man unterscheiden?
84DIJNFUUB -JUFSBUVS <> Council for International Organizations of Medical Sciences (CIOMS) (2002) International Ethical Guidelines for Biomedical Research Involving Human Subjects. (cited 2003 June 04). Available from URL: http://www.cioms.ch/guidelines_nov_ 2002_blurb.htm <> Council of Europe (2005) Additional Protocol to the Convention on Human Rights and Biomedicine, concerning Biomedical Research. Strasbourg. 25.I.2005 (cited 2005 Jan 24). Available from URL: http://conventions.coe.int/Treaty/EN/Treaties/Html/195.htm <> Deutsches Arzneimittelgesetz (AMG idjgF) <> Deutsches Medizinproduktegesetz (MPG idjgF) <> EN ISO 14155–1 (2003) Clinical investigation of medical devices for human subjects – Part 1: General requirements. EN ISO 14155–2 (2003) Clinical investigation of medical devices for human subjects – Part 2: Clinical investigation plans <> International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use (ICH) ICH Harmonised Tripartite Guideline: Guideline for Good Clinical Practice (E6)(1997) <> International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use (ICH) (1996) ICH Harmonised Tripartite Guideline: Note for Guidance on Structure and Content of Clinical Study Reports (E3) <> Österreichisches Arzneimittelgesetz (AMG idjgF) <> Österreichisches Medizinproduktegesetz (MPG idjgF) <> Weltärztebund. Deklaration des Weltärztebundes von Helsinki (2002) Ethische Grundsätze für die medizinische Forschung am Menschen. Verabschiedet von der 54. Generalversammlung des Weltärztebundes, Washington, USA
,BQJUFM
eLPOPNJFEFS8VOEIFJMVOH )+FO[FS
;VTBNNFOGBTTVOH
Die in den letzten Jahren im Markt angebotenen modernen Wundverbände, die auf dem Prinzip der Erhaltung des feuchten Milieus basieren und dank denen die Frequenz des Verbandwechsels erniedrigt werden kann, haben die traditionellen Wundverbände aus guten Gründen bereits verdrängt. Neben dem Outcome ist auch die Kosteneffektivität ein Hauptargument für die exklusive Verwendung moderner Wundverbände. Eine optimale, d. h. kosteneffiziente, Wundpflege muss die Interessen des Wound Care Teams (klinisches Outcome), des Steuerzahlers/Direktors (ökonomisches Outcome) und des Patienten (humanistisches Outcome) in ein Gleichgewicht bringen. Die interne Arzneimittelliste eines Spitals trägt diesen Interessen weitestgehend Rechnung (primäre Selektion). In die Selektionskriterien fliessen, sofern vorhanden, die Ergebnisse pharmakoökonomischer Studien mit ein (Cost-benefit – Studie, Cost-effectiveness – Studie, Cost-minimization – Studie, Cost – utility – Studie). Da sich die totalen Kosten durch Multiplikation aus dem Einstandspreis und der verbrauchten Menge ergeben, unterliegt die Kostenkontrolle der verwendeten Produkte einem interdisziplinären Teamwork. Dabei kommt dem Arzt eine Schlüsselrolle zu: Er diagnostiziert und indiziert (sekundäre Selektion). Die effektivste Kostenminimierung lässt sich nur mit einer ganzheitlichen Strategie, nicht aber mit Einzelmassnahmen erreichen. Hausinterne Standards, die für die Behandlung des weitaus grössten Teils der in der betreffenden Institution zu behandelnden Wunden definiert sind, sind eine notwendige und hinreichende Massnahme, um die Kosten
im Griff zu halten. In diesen Standards sind heute weitgehend moderne Verbände berücksichtigt, deren Kosten im Verlaufe der letzten Jahre wesentlich gesunken sind. Da sie während mehrerer Tage auf der Wunde belassen werden können und zu schnellerer Wundheilung führen, sinken in der Folge ebenfalls die Arbeitskosten, und die Reintegration der Patienten in den Arbeitsprozess kann früher erfolgen. Berechnet auf den Behandlungsendpunkt der Granulation kann der grösste Teil der Wundpflege heute dank der Verwendung moderner Verbände durchaus auf rund 20 % derjenigen Kosten gesenkt werden, die bei Verwendung traditioneller Methoden anfallen würden.
"MMHFNFJOFT
Prinzipien der Pharmakoökonomie können mit wenigen Vorbehalten auf die Wundheilung übertragen werden. Die in den letzten Jahren im Markt angebotenen modernen Wundverbände, die auf dem Prinzip der Erhaltung des feuchten Milieus basieren [1] und dank denen die Frequenz des Verbandwechsels erniedrigt werden kann, haben die traditionellen Wundverbände aus guten Gründen bereits verdrängt. Neben dem Outcome ist auch die Kosteneffektivität ein Hauptargument für die exklusive Verwendung moderner Wundverbände.
4UFUJHTUFJHFOEF"VTHBCFOGSNPEFSOFT7FSCBOE NBUFSJBM
Manche Spitäler haben in den letzten Jahren in der Verbrauchsstatistik eine überproportionale Zunahme der Ausgaben für modernes Verbandmaterial festgestellt.
)+FO[FS
Im Kantonsspital Fribourg stieg der Verbrauch zwischen 1997 und 2004 von rund 28.000 € (42.000 CHF) auf rund 126.000€ (189.000 CHF) (+450 %) [2]. Eine derartige Investition ist nur gerechtfertigt, wenn daraus ein entsprechender Nutzen entspringt. Die Evaluation muss eine zweifache Betrachtungsweise rechtfertigen: (1) Retrospektiv: Den Vergleich der Kosteneffektivität moderner Wundbehandlung gemäß internen Standards mit traditioneller Wundpflege. (2) Prospektiv: Die Ratifizierung des steigenden Verbrauchs der neuen Wundverbände.
1IBSNBLPzLPOPNJTDIF.FUIPEPMPHJFVOE S[OFJNJUUFM4FMFLUJPO "
"CC 'BMMB
Pharmakoökonomie beschreibt und analysiert die Kosten der medikamentösen Therapie(n) für das öffentliche Gesundheitswesen und die Gesellschaft [3]. Die pharmakoökonomische Forschung identifiziert, misst und vergleicht nicht nur die Kosten bzw. die verbrauchten Ressourcen, sondern auch die Konsequenzen von pharmazeutischen Produkten und Dienstleistungen. Zu diesen Konsequenzen gehören die klinischen, ökonomischen und humanistisch-ethischen Resultate. Eine optimale, d. h. kosteneffiziente Wundpflege muss diese drei Dimensionen des Outcome derart in ein Gleichgewicht bringen, dass die Interessen der Akteure angemessen abgeglichen sind (Abb. 1): "CC 'BMMC
"CC %JF%JNFOTJPOFOEFT0VUDPNF6NFJO(MFJDIHFXJDIUEFS VOUFSTDIJFEMJDIFO*OUFSFTTFO[VFSSFJDIFO NTTFOEJFTF%JNFO TJPOFOBOHFNFTTFOHFXJDIUFUXFSEFO%JFTFT(MFJDIHFXJDIULBOO BMT0QUJNVNFJOFS5IFSBQJFBVTHBO[IFJUMJDIFS4JDIUBVGHFGBTTU XFSEFO
(1) Klinisches Outcome der Behandlung: Interesse des Arztes und der Mitglieder des Wound Care Teams
"CC 'BMMD
eLPOPNJFEFS8VOEIFJMVOH
"CC 'BMMB
"CC 'BMMB
"CC 'BMMC
"CC 'BMMC
"CC 'BMMD
"CC 'BMMD
"CC #FJTQJFMFGSFJOGBDIF LPNQMFYFVOEUFSNJOBMF8VOEQ¿FHFGjMMF'BMM B°D7FSMBVGFJOFS8VOEIFJMVOHCFJNFJOGBDIFO'BMMXjISFOE 5BHFOCJT[VS(SBOVMBUJPO 'BMM B°D7FSMBVGFJOFS8VOEIFJMVOHCFJNLPNQMFYFO'BMMXjISFOE5BHFOCJT[VS(SBOVMBUJPO 'BMM B°D 7FSMBVGFJOFS8VOEIFJMVOHCFJNUFSNJOBMFO'BMMXjISFOE5BHFOCJT[VN&YJUVT
)+FO[FS
5BCFMMF .FUIPEFOEFS1IBSNBLPzLPOPNJF
.FUIPEPMPHJF
,PTUFO.FTT FJOIFJU *OQVU
0VUDPNF.FTTFJOIFJU 0VUQVU
#FJTQJFMF
$PTUCFOF¾U ,PTUFO/VU[FO
€
&JO/VU[FONVTTJOjRVJWBMFOUFN(FME XFSU € BVTHFESDLUXFSEFO DBWFFTJTUTDIXJFSJH /VU[FOJO€[V LPOWFSUJFSFO EFTIBMCCMFJCFOJOUBOHJCMF 8FSUFPGUEFO&OUTDIFJEVOHTUSjHFSO CFSMBTTFO
&OUTDIFJECFS*OWFTUJUJPOFJOFTMJNJUJFS UFO#FUSBHFTGS/FPOBUPMPHJFPEFS,BS EJPMPHJFPEFS 8PJTU3FUVSOPOJOWFTU NFOUCFTTFS
$PTUFGGFDUJWFOFTT ,PTUFO&GGFLUJWJUjUC[X ,PTUFO&G¾[JFO[
€
/BUSMJDIF.FTTFJOIFJU ;FJU-FCFOT KBISF #MVU[VDLFSXFSU #MVU ESVDL
$BWF%BTEFSNBTTFOBVTHFESDLUF 0VUDPNFXJSEOJDIUWPOBMMFO.JUHMJF EFSOEFS(FTFMMTDIBGUJOHMFJDIFS8FJTF CFXFSUFU
HFXPOOFOF-FCFOTKBISF &SOJFESJHVOH EFS(MZLjNJF &SOJFESJHVOHEFS)ZQFS UFOTJPO
$PTUNJOJNJ[BUJPO ,PTUFO.JOJNJFSVOH
€
,PTUFOWFSTDIJFEFOFS5IFSBQJFOJO€ CFJEF¾OJFSUFN&OEQVOLU WPOEFOFO FJOHMFJDIXFSUJHFT0VUDPNFBOHFOPN NFOXJSE GPMHUPGUBVGFJOF$PTUFGGFDUJWFOFTT "OBMZTF XFOOLFJOF0VUDPNF6OUFS TDIJFEFFSTJDIUMJDITJOE
0SJHJOBMWFSTVT(FOFSJDVN PEFS.P EFSOFWFSTVTUSBEJUJPOFMMF8VOEQ¿FHF
$PTUVUJMJUZ ,PTUFO°/U[MJDILFJU
€
0OLPMPHJTDIF5IFSBQJF$IJSVSHJFPEFS 2VBMJUZBEKVTUFEMJGFZFBST 2"-:T
[#$PTUFGGFDUJWFOFTTNJU[VTjU[MJDIFS $IFNPUIFSBQJF %JNFOTJPO JBNJUEFS4JDIUEFT 1BUJFOUFO
(2) Ökonomisches Outcome / Ressourcenverbrauch: Interesse des Steuerzahlers und des Spitaldirektors (3) Humanistisches Outcome der Therapie – die Lebensqualität: Interesse des Patienten Die interne Arzneimittelliste eines Spitals trägt diesen Interessen weitestgehend Rechnung. Die Arzneimittelkommission, die diese Liste redigiert, definiert die Prozedur zur Arzneimittelselektion in einer SOP (standard operating procedure). Sie beinhaltet eine Liste von Kriterien zur Evaluation von Medikamenten und von Material, welche es erlaubt, die Selektion projektmässig, d. h. durch vorgängige Festlegung der Gewichtung dieser Kriterien, durchführen zu können. Insgesamt zeigen die Kandidaten einen bestimmten Erfüllungsgrad der Anforderungen, welcher unmittelbar die Rangliste ergibt. Als Ergebnis der Evaluation entsteht ein Sortiment von qualitativ hochstehenden Arzneimitteln für das Spital. Die Kriterien gruppieren sich wie folgt: ■ Physiko-chemisches und biochemisches Profil des Wirkstoffes und der Hilfsstoffe, ■ Pharmazeutisch-technologische (galenische) Aspekte,
■ ■ ■ ■
Beschaffungs-Logistik inkl. ökonomische Aspekte, Evaluation der Hersteller/Lieferanten, Distributions-Logistik, Therapeutische Aspekte und pharmakologisches Profil. In manchen Evaluationen nimmt das ökonomische Kriterium eine Sonderstellung ein. Wird diesbezüglich eine vertiefte Analyse nötig, so stehen folgende pharmako-ökonomische Methoden zur Verfügung (Tabelle 1): ■ Cost-benefit – Studie ■ Cost-effectiveness – Studie ■ Cost-minimization – Studie ■ Cost-utility – Studie. Diese Ansätze unterscheiden sich in der Messeinheit des Outputs. Bei der Cost-Benefit-Studie muss ein Benefit in einen Geldwert transformiert werden, aufgrund dessen dann für oder gegen die Investition entschieden werden kann. Bei der Cost-effectiveness-Studie werden natürliche Messeinheiten wie Blutdruck, Blutglucosewert oder ähnliches gemessen und in Relation zu den Kosten gesetzt. Im Anschluss an eine solche Kosten-Effektivitäts-Evaluation wird häufig auch eine Kosten-Minimierungs-Studie durchgeführt. Da-
eLPOPNJFEFS8VOEIFJMVOH 5BCFMMF ,MBTTJFSVOHWPOWPO#FIBOEMVOHTGjMMFO ° JO.PEFMMGjMMF
)jV¾HLFJU
'BMM FJOGBDI
'BMM LPNQMFY
'BMM UFSNJOBM
#FTDISFJCVOHEFTUZQJTDIFO 8FJCMJDI KjISJH HVUFS 1BUJFOUFO "MUFS (FTVOEIFJUT QIZTJTDIFS QTZDIJTDIFSVOE TUBUVT &SOjISVOHT[VTUBOE .PCJMJUjU OJDIUFJHFTDISjOLU
.jOOMJDI KjISJH XFOJH QIZTJTDIBLUJW MFJDIUBEJQzT HVUFSQIZTJTDIFSVOEQTZDIJ TDIFS;VTUBOE
.jOOMJDI KjISJH EFIZESJFSU LBDIFLUJTDI $PMP TUPNJF SFEV[JFSUFSQIZTJTDIFS QTZDIJTDIFS;VTUBOE .BMOVUSJ UJPO CFUUMjHFSJHTFJUNFISFSFO 8PDIFO
8VOE[VTUBOEVOETUBEJVN
7FOzTFT4UBVVOHTVMDVT 4UBEJVN TFJU .POBUFO
WFOzTF4UBVVOHTVMDFSB CFJETFJUJH 4UBEJFOCJT TFJU.POBUFO
%FLVCJUVTTBLSBM 4UBEJVN CJT TFJU8PDIFO TUBSLFT &YTVEBU CFMSJFDIFOE
%JNFOTJPOFO
DNYDN DNUJFG
DNY DNCJTDNYDN DNYDN CJTDNUJFG DNCJT DNUJFG
-PDBMJTBUJPO
'VTTHFMFOLSFDIUTEJTUBM
4DIJFOCFJOVOE'VHFMFOL CFJETFJUJH
4BLSVN
#FIBOEMVOHTCFHJOO
'JCSJOCJT(SBOVMBUJPOT TUBEJVN
"MMF4UBEJFO /FLSPTFO 'JCSJO VOE(SBOVMBUJPO
'JCSJOzTOFLSPUJTDIFT4UBEJVN
#FIBOEMVOHT[JFM
7PMMTUjOEJHF(SBOVMBUJPO 4DINFS[MJOEFSVOH
0LLMVTJPO 4DINFS[MJOEFSVOH
4DINFS[MJOEFSVOH QBMMJBUJWF #FIBOEMVOH
#FIBOEMVOHTFOEQVOLU
7PMMTUjOEJHF(SBOVMBUJPO &QJUIFMJBMJTBUJPO
3FEVLUJPOEFS8VOE¿jDIF WPMMTUjOEJHF(SBOVMBUJPO &QJUIFMJBMJTBUJPO
1BSUJFMMF(SBOVMBUJPO FYJUVT
4DINFS[TLBMB NBY
CJTCFJN7FSCBOE XFDITFM
CJT[V#FIBOEMVOHTCFHJOO CJTCFJN7FSCBOEXFDITFM EBOBDISVOE
$PNQMJBODF
"L[FQUBO[EFT#FIBOEMVOHT QMBOFT BCFS$PNQMJBODF VOCFGSJFEJHFOE
(VUF.JUBSCFJUVOE"L[FQUBO[ JOGPSNFEDPOTFOU
bei wird ein Outcome-Endpunkt definiert, z. B. in der Wundpflege die vollständige Granulation. Dies erlaubt, alle bis zu diesem Zeitpunkt auftretenden Kosten zu addieren und somit verschiedene Therapien zu vergleichen. Auch die Cost-utility-Studie schliesst sich häufig an eine Cost-effectiveness-Studie an. Sie schliesst zusätzlich die Sicht des Patienten mit ein, nämlich seine Lebensqualität, ausgedrückt in Qalys (quality adjusted life-years). Die Resultate aus solchen Studien müssen bezüglich Kosteneinsparung und Outcome interpretiert werden. Ist eine neue Therapie kostensparend und zeigt gleichzeitig ein verbessertes Outcome, so wird sie die Therapie der Wahl. Ist sie kostenintensiver bei verbessertem klinischen Outcome oder kostensparend bei schlechterem klinischem Outcome, so muss von Fall zu Fall entschieden werden, ob der alten oder der neuen Therapie der Vorzug zu geben ist. Ist hingegen die neue Therapie kostenintensiver bei gleichzeitig schlechterem klinischen Outcome, so wird sie kaum auf dem
1BUJFOUJOQBTTJWFN;VTUBOE
Markt bestehen können und hat keine Daseinsberechtigung.
"CC 5PUBMF,PTUFOBMT1SPEVLUFBVT&JO[FMQSFJTVOEWFS CSBVDIUFS.FOHF;VS.JOJNJFSVOHEFS5PUBMFO,PTUFOCSBVDIUFT *OUFSWFOUJPOFOCFJCFJEFO,PNQPOFOUFO VOEEJFTCFSEBTHBO[F 4PSUJNFOU NJOEFTUFOTKFEPDICFSEJFWPSEFSTUF1PTJUJPOEFS NFJTUWFSCSBVDIUFO1SPEVLUF)BVQUBLUFVSFCFJEJFTFN1SP[FTT TJOEEJF"QPUIFLFSGSEJF1SFJTWFSIBOEMVOHFOVOEEBT8PVOE $BSF5FBNCFJEFS4UFVFSVOHEFS.FOHF
)+FO[FS
5BCFMMF 4UBOEBSEEFSNPEFSOFO8VOECFIBOEMVOH .PEFMMGjMMFOBDI5BC 4UBOE
'BMM
#FIBOEMVOHTEBVFSCFJ7FS XFOEVOHNPEFSOFS7FSCjOEF 5BHFCJT[VS(SBOVMBUJPO
8PDIF /S
"O[BIM7FSCBOETXFDITFM QSP8PDIF
)ZESPLPMMPJEWFSCBOENJU3BOE $BDBSCPYZNFUIZMDFMMV DNYDN MPTF $BBMHJOBU
)ZESPLPMMPJEWFSCBOE DNYDN
/BDBSCPYZNFUIZMDFMMV MPTF1FDUJO (FMBUJOF
"MHJOBUWFSCBOEDNYDN
$BBMHJOBU /BBMHJOBU
)ZESPHFMH
/BDBSCPYZNFUIZM DFMMVMPTF /BBMHJOBUF
)ZESPGBTFSWFSCBOE DNYDN
/BDBSCPYZNFUIZMDFMMV MPTF
)ZESP[FMMVMjS4DIBVNWFS CBOEDNYDN
1PMZVSFUIBO
"LUJWLPIMFWFSCBOE DNYDN
"LUJWLPIMF 4JMCFS
4QMMzTVOHNM
/B$M
4QMMzTVOHNM
/B$M
4QMMzTVOHNM
/B$M
4DIVU[TBMCFTUFSJMH
1BSBG¾OXFJTT
(B[FCJOEFNYDN
#JTUPVSJF,MJOHFVOE)BMUFS
(SPTTF(B[FLPNQSFTTFOTUFSJM DNYDN "SCFJUT[FJU,SBOLFOQ¿FHF &JOIFJU4UVOEF
,PNQSFTTJPOTWFSCBOE
-PLBMBOjTUIFUJTJFSFOEF$SoNF 1SJMPDBJOJ)$M H -JEPDBJOJ)$M
4UBOEBSE8VOEQ¿FHFTFU
FYJ UVT
In der Wundpflege sind brauchbare pharmakoökonomische Studien nicht sehr zahlreich verfügbar. Dies mag weitgehend darin begründet sein, dass ein und dieselbe Wunde (Status, Stadium, Ausdehnung) selten bei ein und demselben Patienten doppelt vorkommt, und somit der Beurteilung durch verschiedene Therapien kaum zugänglich ist. Randomisierte Doppelblindstudien sind praktisch nicht durchführbar und stellen für die Wundpflege ein ungelöstes Problem dar. »Oe-
konomische« Studien in der Wundpflege sind meistens problemorientiert und in wenigen Fällen generalisiert [4–6]. Einige Studien untersuchen einzelne Prozeduren der Wundpflege wie Debridement [7, 8], oder bestimmte Produkte oder Pathologien [9–13]. Kosteneffektivitätsstudien sind erst in jüngster Zeit vermehrt durchgeführt worden [2, 14, 15].
eLPOPNJFEFS8VOEIFJMVOH 5BCFMMF 4UBOEBSEEFSLPOWFOUJPOFMMFO8VOECFIBOEMVOH .PEFMMGjMMFOBDI5BC 4UBOE
'BMM
#FIBOEMVOHTEBVFSCFJ7FSXFOEVOH LPOWFOUJPOFMMFS7FSCjOEF 5BHFCJT [VS(SBOVMBUJPO
FYJUVT
"O[BIM7FSCBOETXFDITFM
FYJUVT
4QMMzTVOHNM
/B$M
0SUIPQjEJTDIF%FTJOGFLUJPOTMzTVOH NM
1PMZIFYBOJE .BDSPHPM 3JOHFS
8BTTFSTUPGGQFSPYJENM
)0
%BLJONM
)$M0
-PLBMBOjTUIFTJFSFOEF$SoNFH
1SJMPDBJOJ)$M -JEPDBJOJ)$M
$PSUJDPJE$SoNFH
#FUBNFUIBTPOEJQSP QJPOBU (FOUBNJDJO TVMGBU
;JOLQBTUFH
;O40
*SVYPMNPOP4BMCFH
$MPTUSJEJPQFQUJEBTF" &QSPH
171*PE4BMCFH
171**
#FUBEJOF 4UBOEBSENM
171**
(B[FCJOEFNYDN
4UFSJMF5BNQPOBEF
4QBUFM
,VSFUUFTUFSJM
#JTUPVSJF,MJOHFVOE)BMUFS (SPTTF(B[FLPNQSFTTFOTUFSJM DNYDN
%BLJO,PNQSFTTFODNYDN ,MFJONBUFSJBM "SCFJUT[FJU,SBOLFOQ¿FHF &JOIFJU4UVOEF
,PTUFOLPOUSPMMF
Ist ein neues Produkt in die Arzneimittelliste aufgenommen worden (primäre Selektion eines Produktes aus dem Markt), so gilt es, in der Folge den Kostenaufwand zu minimieren: Die Totalen Kosten ergeben sich durch Multiplikation aus dem Einstandspreis und der verbrauchten Menge (Abb. 2). Der tiefstmögliche Einstandspreis ergibt sich durch Verhandlungen zwischen dem Pharmazeuten und dem Lieferanten. Der Verhandlungsspielraum bzw. die Einigungszone liegt zwischen dem lieferantenseitig nicht unterschreitbaren Fabrikabgabepreis (ex factory, evtl.
Abzüglich Rabatt), dem heutigen behördlich festgelegten Referenzpreis, welcher sich an Forschungs- und Entwicklungskosten, Deckungsbeitrag, Marketingaufwand, Herstellungskosten und Technik/Administration orientiert, und dem verbraucherseitig maximal bezahlbaren Preis für ein erwartetes Outcome. Die Steuerung des Verbrauchs ist eine interdisziplinäre Aufgabe, an der die Akteure des Wound Care Teams teilnehmen, Aerzte, Apotheker, Pflege, sowie konsultativ auch Diätetik, jeder mit seiner eigenen Kompetenz und Kapazität. Dem Arzt kommt insofern eine Schlüsselrolle zu, dass er die Diagnose und Indikation stellt (sekundäre Selektion eines Produktes aus dem Spitalsortiment). Selbst der Patient ist in die
Wundpflege mit einzubeziehen, will man dem Prinzip der ganzheitlichen Pflege nachkommen. Letztlich sind alle Massnahmen, die ergriffen werden, durch die Bedürfnisse des Patienten gesteuert und getriggert. Es wird nicht nur eine Wunde behandelt, sondern ein Patient in seiner ganzen Individualität [16, 17].
,PTUFONJOJNJFSVOHJOEFS8VOEQ¿FHF
Anders als in der Privatindustrie, wo Einzelpositionsverrechnung die Regel ist (z. B. Autowerkstatt), tendiert die Medizinpolitik zur Definition und Abgeltung von Regelfällen (Fallpauschalen). Vielfach lässt sich eine Behandlung tatsächlich auf Routineprozeduren reduzieren. In diesem Sinn können rund 6 von 7 Patienten (86 %), die vom Wound Care Team betreut werden, drei Modellfällen zugeordnet werden: einem einfachen, einem komplexen und einem terminalen Wundpflegefall (Abb. 1–3). Die Kategorisierung ergibt sich aufgrund der Dimension und der Lokalisation der Wunde(n). Die Einteilung zur jeweiligen Gruppe wird durch die pflegerische Beurteilung bestimmt und nicht durch medizinische Evaluationen. Im Kantonsspital Fribourg entfallen rund ein Viertel der Patienten (27,3 %) auf den einfachen, rund zwei Drittel (70,3 %) auf den komplexen und eine marginale Menge (2,4 %) auf den terminalen Fall (Tab. 2). Zu jedem dieser »durchschnittlichen« Fälle kann eine Standardtherapie definiert werden, die bis zum Erreichen des Endpunktes, d. h. der Granulation, angewendet wird (Tabelle 3). Der Endpunkt ist so gewählt, weil hospitalisierte Patienten aufgrund der Wunde allein nicht im Spital behalten werden, und somit die längerfristige Beobachtung, d. h. bis zur Epithelialisierung, nicht mehr gewährleistet ist. Die Leistungen der Therapie bis zur Granulation können danach tarifiert und addiert werden. Wird dasselbe Vorgehen für die traditionellen Verbände durchgeführt (Tabelle 4), so ergibt sich folgender Vergleich [2]: ■ Moderne Verbände können während mehrerer Tage auf der Wunde belassen werden. Die Anzahl Verbandswechsel und die Behandlungsdauer bis zur Granulation nehmen ab. Dies setzt personelle Ressourcen frei und ist volksökonomisch hinsichtlich Reintegration der Patienten in den Arbeitsprozess willkommen. ■ Die Gesamtkosten der Behandlungen werden durch die Materialkosten dominiert. ■ Die Gesamtkosten der traditionellen Wundpflege eines bestimmten Falles übersteigt diejenigen, die nach modernem Ansatz ausgeführt werden.
)+FO[FS
■ Für 86 % aller Fälle sanken bis zum Jahre 2003 die relativen Gesamtkosten für moderne Wundpflege bezogen auf die traditionellen Ansätze stetig bis auf rund 20 %. In diese Kostenminimierungsrechnung fliessen Material- und Personalkosten ein. Infrastrukturkosten, mobile und fixe Installationen, Energieverbrauch und andere direkte oder indirekte Kosten sind für beide Ansätze als konstant anzunehmen und müssen nicht weiter berücksichtigt werden. Die erreichte Kostenminimierung ist eine Momentaufnahme zur Zeit der in der Kalkulationstabelle hinterlegten Preise und bei einer bestimmten Version des Pflegestandards. Sie ist für jede Institution selbst zu bestimmen. Der Pflegestandard wird laufend reevaluiert. Es ist denkbar, Spüllösungen vom Typ NaCl 0,9 % oder Ringer durch Aqua Dalibour zu ersetzen, welches die für die Wundheilung essentiellen Elemente Kupfer und Zink enthält. Das Debridement kann durch apparative Alternativen (Jetox®, Debritom®) abgelöst werden. Anstatt eines einfachen Hydrogels wird vor allem bei sehr schmerzhaften Verbandwechseln ein MorphinHydrogel 0,2 % bessere Linderung verschaffen. Die in letzter Zeit auf dem Markt erschienenen desinfizierenden Produkte (v. a. Silber-haltige Alginate, und das PVP-Iod-Hydrogel Repithel®) haben bei infizierten Wunden ihren berechtigten Stellenwert. Nicht zu vergessen ist die Bedeutung der Ernährung, vor allem der Substrate Arginin, Kupfer und Zink, deren Ergänzung selbst bei Mangelernährung eine adäquate Wundheilung dennoch ermöglichen können. Diese Variationen werden sich in den Totalkosten unter Umständen niederschlagen. 14 % der Fälle können aufgrund von besonderen Aetiologien und/oder Komplikationen nicht diesen drei Gruppen zugeordnet werden. Der Aufwand für diese anderen Fälle kann sehr hoch werden, falls Proteaseinhibitoren, Wachstumsfaktoren, Ernährung oder Methoden des Tissue Engineering oder der Chirurgie angewendet werden müssen. Die theoretische Einsparung in der Wundpflege bei Verwendung moderner Methoden gegenüber traditionellen beträgt im Kantonsspital Fribourg (420 Betten) jährlich nicht weniger als rund 735.000 € (1,1 Millionen Franken). Ein solches Ergebnis lässt sich nur mit einer ganzheitlichen Strategie, nicht aber mit Einzelmassnahmen erreichen. In diesem Sinn ist kritisch zu hinterfragen, ob die Produktselektion aufgrund des Gewinnes einiger Eurocents (Rappen) selbst, ohne begleitende Maßnahmen im Bereich interdisziplinäre Zusammenarbeit, kosteneffizient ist.
eLPOPNJFEFS8VOEIFJMVOH )JOXFJTFGSEJF1SBYJT
1. Die Definition eines hausinternen Pflegestandards ist unabdingbar für eine effiziente Kostenminimierung der Wundpflege. 2. Ein hausinterner Standard ist typisch für die Institution, für die dieser definiert wurde. Er berücksichtigt den Patientenmix und damit den Leistungsauftrag, den die Institution zu erfüllen hat. 3. Ein hausinterner Standard und die daraus sich ergebende Kostenminimierung ist immer eine Momentaufnahme, die nur solange wie die hinterlegten Preise und Einzelprozeduren gilt.
1SGVOHTGSBHFO
1. Definieren sie die Begriffe »moderne Wundverbände« und »traditionelle Wundverbände« im Hinblick auf eine ökonomische Analyse! 2. Erklären sie die Dimensionen des Outcomes und der dahinter steckenden Interessen! 3. Welche Rolle spielt die Arzneimittelliste für die Arzneimittelselektion? Nennen sie die vier gängigen Methodologien der Pharmakoökonomie und die wichtigsten Kriterien(gruppen), die für die Evaluation von Produkten für die Arzneimittelliste angewandt werden! 4. Woraus setzen sich die totalen Kosten der Wundpflege zusammen? 5. Mit welcher Strategie lässt sich eine effiziente Kostenminimierung und nachhaltige Kostenkontrolle in der Wundpflege bzw. eine Verbrauchsteuerung von Verbandmaterial umsetzen?
-JUFSBUVS <> Winter GD, Scales JT (1963) Effect of air drying and dressings on the surface of a wound. Nature 197: 91–91 <> Jenzer H et al (2004) Modern wound care is cost-effective and amounts to merely 20% of conventional wound care cost – a survey comparing coest-effectiveness of conventional and modern wound care approaches. EJHP 10(4): 48–55 <> Townsend RJ (1987) Postmarketing drug research and development. Drug Intell Clin Pharm 21: 134–36 <> Boykin JV jr, Crossland MC, Cole LM (1997) Wound healing management: enhancing patient outcomes and reducing cost. J Healthcare Res Management 15(4): 22–26 <> Macario A. The economic assessment of advanced wound care products: from research theory to practice. http://ww.etrs. org/bulletin8_1/page4.html.
<> Lewis R, Whiting P, ter Riet G, O’Meara S, Glanville J (2001) A rapid and systematic review of the clinical effectiveness and cost-effectiveness of debriding agents in treating surgical wounds healing by secondary intention. Rev Health Tech Assess 3(14). http://www.ncchta.org <> Hermans MHE, Bolton LL (1996) The influence of dressings on the costs of Wound Treatment. Rev. http://www.woundheal. com/pubs/woundPub07.htm <> Mulder DG (1995) Cost-effective managed care: Gel versus wet-to-dry for debridement. Ostomy Wound Manage 41: 68–74 <> Xakellis GC, Chrischillis EA (1992) Hydrocolloid versus saline-gauze dressings in treating pressure ulcers: a cost effectiveness analysis. Arch Phys Med Rehab 73: 463–68 <> Harkiss K (1985) Cost analysis of dressing material used in venous leg ulcers. Pharmacol J 286: 1920–22 <> Simon DA, Freak L, Kinsella A, Walch J, Lane C, Groarke L, et al (1996) Communitiy leg ulcer clinics: a comparative study in two health authorities. Br Med J 312: 1648–51 <> Kartes SK (1996) A team aproach for risk assessment, prevention, and treatment of pressure ulcers in nursing home patients. J Nurs Care Qual 10: 34–35. <> Franks PJ, Moffatt CJ, Connolly M, Bosanquet N, Oldroyd M, Green-Halgh RM, et al (1994) Community leg ulcer clinics : effect on quality of life. Phlebology 9: 83–86 <> Kerrigan J, Knight C (2001) Lifetime Utility Gain (LUG) and the Life Years Gained (LYG) considered as an aid to funding decisions for health care professionals. Value Health 4(6): 423–24. <> Daniels S, Kerrigan J (2001) Modern wound dressings are more cost-effective than traditional gauze dressings in managing difficult to heal surgical wounds. Abstract 23, 11th Conference of the European Wound Management Association, 17–19 May 2001, Dublin, Ireland <> Bastos A, Jenzer H (2002) Prise en charge des plaies dans sa globalité / Ganzheitliche Wundpflege. 6ème Conférence nationale des plaies et cicatrisation, 13–15 janvier 2002, Paris, France (abstract et poster) <> Bastos Bettencourt AJ (2004) Etude de coûts dans le traitement des soins de plaies – Méthode conventionnelle – méthode moderne. Mémoire pour l’obtension du diplôme d’université »Palie et Cicatrisation«, Université Pierre et Marie Curie, Faculté de Médecine Pitié-Salpetrière, 3 juin 2004
,BQJUFMB
"S[UIBGUVOHJN3BINFOEFS8VOEIFJMCFIBOEMVOH (.BZFSVOE&4BHNFJTUFS
;VTBNNFOGBTTVOH
Ärzte und medizinisches Pflegefachpersonal unterliegen formelhaft formulierten Regelungen, was Wohl und Gesundheit ihrer Patienten anlangt. Welche Aufgaben sie in diesem Zusammenhang konkret wahrnehmen müssen, definiert der Gesetzgeber nicht. Diese Unschärfe birgt die Gefahr von Behandlungsfehlern, als deren Folge – zum Teil jahrelange – Gerichtsverfahren. Die Praxis zeigt, dass wechselseitige Kontrolle der Beteiligten die Anzahl solcher Fehler vermindern kann. Die Größe moderner Krankenanstalten, ökonomische Zwänge und die damit verbundene Belastung und Fluktuation des Personals erschweren die reibungslose Kommunikation zwischen und unter Ärzten bzw Pflegefachkräften. Einzig vernünftiger Lösungsansatz zur Verbesserung der Kommunikationssituation ist eine umfassende Dokumentation von Krankheits- und Behandlungsverlauf. Nur so ist sichergestellt, dass Folgekrankheiten, wie etwa ein Dekubitus (Druckgeschwür), frühzeitig erkannt und behandelt werden. Eine umfassende Wunddokumentation und Heilverlaufskontrolle ist somit für die erfolgreiche Behandlung des Patienten, die Vermeidung von Fehlern und die Eindämmung der Haftungsproblematik unumgänglich.
&JOMFJUVOH
Gemäß § 4 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) haben Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe ihren Beruf ohne Unterschied der Person gewissenhaft auszuüben. Sie haben das
Wohl und die Gesundheit der Patienten, Klienten und pflegebedürftigen Menschen unter Einhaltung der hiefür geltenden Vorschriften und nach Maßgabe der fachlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen zu wahren. Jede eigenmächtige Heilbehandlung ist zu unterlassen. § 5 GuKG ordnet eine umfassende Pflegedokumentation an: Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe haben bei Ausübung ihres Berufes die von ihnen gesetzten gesundheits- und krankenpflegerischen Maßnahmen zu dokumentieren. Die Dokumentation hat insbesondere die Pflegeanamnese, die Pflegediagnose, die Pflegeplanung und die Pflegemaßnahmen zu enthalten. Die allgemeinen Berufspflichten für Pflegekräfte normieren zwar formelhaft die Pflicht jedweder Unterlassung der eigenmächtigen Heilbehandlung sowie Vornahme der Pflegedokumentation, doch werden diese Grundsätze in der Praxis aufgrund Zeit- und Personalmangels immer öfter vernachlässigt. Dieser Beitrag behandelt die ordnungsgemäßen Anleitungs- und Überwachungspflichten von Ärzten, insbesondere die Wahrnehmung ärztlicher Aufklärungspflicht und Verantwortung im Zusammenhang mit der Früherkennung und Behandlung von Dekubitus. Zudem beschäftigt er sich mit der Abgrenzung der eigenverantwortlichen Aufgabenbereiche von Arzt und Krankenpfleger und deren Haftung. Es ist nämlich eine Tatsache, dass Rechtsstreitigkeiten über das Vorliegen von Behandlungsfehlern zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die Frage, ob der behandelnde Arzt seine Aufklärungspflicht und/oder seine ärztliche Verantwortung vernachlässigt hat, ist regelmäßig nicht leicht zu beantworten. Einzig die sorgfältige und umfassende Umsetzung der bestehenden Dokumentationspflicht der verantwortlichen Ärzte sowie
des Pflegepersonals können das rechtliche Risiko von Krankenanstaltenträgern und Mitgliedern der Heilberufe minimieren. Checklisten für Ärzte und Pflegekräfte, die sich an bestehende deutsche Pflegerichtlinien anlehnen, sollen in diesem Zusammenhang Unterstützung bieten.
4QJUBMTBMMUBH
Patienten haben aufgrund des medizinischen Fortschritts und der technischen Möglichkeiten eine erhöhte Erwartungshaltung gegenüber Ärzten. Deren Entscheidungen sind maßgeblich für Erfolg oder Nichterfolg der Heilbehandlung. Der Erfolgsdruck führt oft zur Überforderung der Ärzteschaft. Finanzielle Einsparungen im Gesundheitswesen resultieren Stellenkürzungen für Ausbildungsärzte und medizinisches Pflegepersonal bei gleichzeitig steigenden Patientenzahlen. Dies verdeutlichen folgende Daten des Allgemeinen Krankenhauses in Wien: Im Jahr 2004 waren ca 1.574 Ärzte sowie 2.784 Krankenpfleger beschäftigt. Diese betreuten ■ Ambulante Fälle: 493.385 ■ Ambulanz-Frequenz: 1.296.528 ■ Ambulanz-Frequenz inkl. Stationärpatienten: 1.848.029 ■ Stationäre Aufnahmen: 94.079 an ■ Pflegetagen: 673.644 ■ Belagstagen:: 581.700 also durchschnittlich für 6,10 Tage. Ein Spitalsarzt in Deutschland leistet durchschnittlich 60 Wochenstunden. Die Situation in Österreich wird sich davon nicht wesentlich unterscheiden. Die ständig steigende Anzahl der zu behandelnden Patienten erzwingt eine immer weiter fortschreitende Aufgabenteilung. Die Kategorisierung in »wichtige« Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (»AWMF«) im AWMF-LeitlinienRegister Nr. 036/005 (http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/ AWMF/ll/036–005.htm, 3. 1. 2006); vgl. dazu auch MedReport, 2004, 28. http://www.akhwien.at, 2. 1. 2006 (Personalstand 2004). http://www.akhwien.at, 2. 1. 2006 (medizinische Eckdaten). http://www.medizinstudent.de, 2. 1. 2006.
(.BZFSVOE&4BHNFJTUFS
und »weniger wichtige« Fälle führt zur Delegation an das medizinische und/oder Pflegepersonal. In Einzelfällen soll es – als Folge davon – sogar zur Heilbehandlung ohne jegliche ärztliche Anweisung gekommen sein. Obwohl das pflegende Personal idR eine Ausbildung zur Pflege von Dekubitus-Patienten absolviert (Ausbildungsmodul »Unterstützung bei der Basisversorgung«, Sanitäter-Ausbildungsverordnung), obliegt ihm weder eine Aufklärungspflicht noch hat es Entscheidungsbefugnis im Rahmen der Früherkennung bzw Therapie. Sollte sich das Pflegepersonal daher streng an seine Vorgaben halten (und nicht selbst aktiv werden), besteht bei einer zu großen anderweitigen Auslastung des ärztlichen Personals die Gefahr von Unzulänglichkeiten in der Heilbehandlung. Bei (gesetzlich unzulässiger) zu weit reichender eigener Aktivität ohne Einbeziehung des Arztes besteht ein erhöhtes Risiko für das Eintreten von Behandlungsfehlern. Solche können gravierende Auswirkungen auf die Betroffenen und deren Familien haben. So löst immer öfter durch den Stations- und Heimalltag bedingte Bettlägerigkeit die an sich vermeidbaren Druckgeschwüre aus. Die Symptome von Dekubitus werden oft übersehen bzw bereits entstandene Geschwüre unzureichend therapiert. Patienten mit Risikoanlage werden zu spät behandelt, nicht selten fehlt es an der Konsequenz der Ärzte und Pfleger, eine Therapie ordnungsgemäß anzuordnen bzw durchzuführen. Wissensdefizite der Betreuer im Zusammenhang mit mangelndem Zeitaufwand für den Patienten seitens der Ärzte haben bisweilen fatale Folgen. Nur bei frühzeitiger Erkennung sind Wundinfektionen vermeidbar. Betroffen sind überwiegend ältere Patienten mit schweren Grundkrankheiten. Die Anzahl der Dekubitus Patienten steigt. Nur eine intensive Therapie führt zur Linderung deren Schmerzen. Die Diagnose Dekubitus bedeutet für jeden Kranken eine zusätzliche Gefährdung seines Gesundheitszustandes. Schmerzen und damit einhergehende septische Wundinfektionen führen nicht selten zum Tod. Dies kann erhebliche rechtliche Konsequenzen für BGBl I Nr. 55/2005. BGBl II Nr. 420/2003. Zu den Risikofaktoren vgl. dArbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (»AWMF«) im AWMF-Leitlinien-Register Nr 036/005 (http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/036–005.htm, 3.1.2006). Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften m AWMF-LeitlinienRegister Nr. 036/005 (http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/ AWMF/ll/036–005.htm, 3. 1. 2006), derzeit bei 5 Prozent.
"S[UIBGUVOHJN3BINFOEFS8VOEIFJMCFIBOEMVOH
den Krankenhausträger sowie dessen bezughabendes Personal haben.
3FDIUMJDIFS)JOUFSHSVOE "MMHFNFJOFT Gemäß § 49 Abs 1 ÄrzteG ist ein Arzt verpflichtet, jeden von ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaft zu betreuen. Er hat sich laufend im Rahmen anerkannter Fortbildungsprogramme der Ärztekammern in den Bundesländern oder der Österreichischen Ärztekammer oder im Rahmen anerkannter ausländischer Fortbildungsprogramme fortzubilden und nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und der fachspezifischen Qualitätsstandards das Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden zu wahren. Der Arzt hat seinen Beruf persönlich und unmittelbar, allenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Ärzten auszuüben. Zur Mithilfe kann er sich jedoch Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht ihr Dienstverhältnis ausüben. #FIBOEMVOHTWFSUSBH Grundlage des medizinischen Behandlungsverhältnisses zwischen Patient und Arzt ist der Behandlungsvertrag. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (»OGH«) ist der Behandlungsvertrag als freier Dienstvertrag zu qualifizieren.10 Der OGH setzt dabei nur die ärztliche Verpflichtung zur sorgfältigen Untersuchung und Betreuung voraus. Ein darüber hinausreichendes eigenständiges Erfolgsmerkmal fordert er nicht. Der Arzt schuldet als Vertragspartei dem Patienten demnach nicht die »Heilung«, sondern (nur) eine lege artis durchgeführte Behandlung. Die aus dem Behandlungsvertrag für den Arzt resultierenden Pflichten sind ua die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung, Anamnese sowie ärztlichen Nachversorgung und Kontrolle. Er schuldet therapeutische Aufklärung über die Diagnose. Darüber hinaus treffen ihn Informations- und Beratungspflichten sowie die Pflicht zur schriftlichen Doku Engljähringer, Ärztliche Aufklärungspflicht vor medizinischen Eingriffen 34ff; Schwimann, Kommentar zum ABGB VII2 1997 Rz 15 zu § 1165 ABGB. SZ 57/98.
mentation des Behandlungsablaufs. Dem Patienten hat er Einsicht in die jeweiligen Dokumente zu gewähren. Eine sorgfältige Patientenaufklärung gehört demnach zum Aufgabengebiet des Arztes. Informationen durch das medizinische Pflegepersonal reduzieren zwar die Aufklärungspflicht, können aber keinesfalls die ärztliche Aufklärungspflicht ersetzen. Es obliegt allein dem verantwortlichen Arzt, sich über den individuellen Wissensstand des Patienten Kenntnis zu verschaffen. &JHFOWFSBOUXPSUMJDILFJU 3.3.1 Eigenverantwortlichkeit des Arztes § 3 ÄrzteG bestimmt Folgendes: »Die selbstständige Ausübung des ärztlichen Berufes ist ausschließlich Ärzten für Allgemeinmedizin und approbierten Ärzten sowie Fachärzten vorbehalten. Die selbstständige Ausübung des ärztlichen Berufes ist auch als Gruppenpraxis in der Rechtsform einer offenen Erwerbsgesellschaft zulässig.« Weiters normiert dessen § 31: »Ärzte, die die Erfordernisse für die Ausübung des ärztlichen Berufes als Arzt für Allgemeinmedizin oder als approbierter Arzt erfüllt haben, sind zur selbständigen Ausübung einer allgemeinärztlichen Berufstätigkeit als Arzt für Allgemeinmedizin oder als approbierter Arzt berechtigt […]«. Um eine kostengünstige und vorwiegend effiziente Arbeitsweise zu erzielen, hat die moderne Medizin die Arbeitsteilung eingeführt. So darf sich ein Arzt Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln (§ 49 Abs 2 ÄrzteG). Deren Handlungen bedürfen also der Kontrolle durch den Arzt (etwa der Turnusarzt, der beim Setzen eines Katheters unter Beaufsichtigung des ausbildenden Arztes steht). Der diensthabende Arzt muss jederzeit verfügbar sein, wobei bloße Rufbereitschaft nicht ausreichend erscheint. In jedem Fall obliegt es dem verantwortlichen Arzt, die Kenntnisse sowie die Fähigkeiten der jeweiligen Hilfsperson zu überprüfen. Es liegt somit in seiner Verantwortung, ob sie tatsäch Engljähringer, Ärztliche Aufklärungspflicht vor medizinischen Eingriffen, 57. Engljähringer, Ärztliche Aufklärungspflicht vor medizinischen Eingriffen, 136. Holzer in Holzer/Posch/Schick, Arzt- und Arzneimittelhaftung in Österreich, 52ff. Kopetzki, Turnusärzte und Famulanten. Rechtliche Aspekte der Ausübung ärztlicher Tätigkeit während der Ausbildung, 58.
lich imstande ist, ihre Tätigkeit ordnungsgemäß auszuführen. 3.3.2 Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger Gemäß § 14 GuKG umfasst die Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege die eigenverantwortliche Diagnostik, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle aller pflegerischen Maßnahmen im intra- und extramuralen Bereich. Der gesamte Pflegeprozess, insbesondere auch die Gesundheitsförderung und -beratung sowie die Durchführung administrativer Aufgaben in dessen Rahmen, ist somit davon erfasst. Auch die Pflegeforschung gehört zu den Aufgaben des gehobenen Pflegedienstes. Beispielhaft nennt das Gesetz als Aufgabenbereiche die Pflegeanamnese, -diagnose, -planung, Durchführung der entsprechenden Maßnahmen und deren Evaluierung. Dazu kommen die Information über Krankheitsvorbeugung und Anwendung von gesundheitsfördernden Maßnahmen, psychosoziale Betreuung, Anleitung und Überwachung des Hilfspersonals sowie Anleitung und Begleitung der Schüler im Rahmen der Ausbildung und – im Rahmen dieses Buches nicht oft genug hervorzuheben – die Dokumentation des Pflegeprozesses. Daraus folgt, dass zwar die Dekubitus-Prophylaxe zu den eigenverantwortlichen Tätigkeiten des gehobenen Pflegepersonals gehört, nicht jedoch dessen selbstständige Behandlung. Im Rahmen des eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereichs ergibt sich auch eine selbstständige Warnpflicht, insbesondere im Hinblick auf ein vorliegendes Dekubitus Risiko, gegenüber dem behandelnden Arzt.
'PMHFO )FJMCFIBOEMVOH Jede ärztliche Heilbehandlung, die ohne Einwilligung des Patienten vorgenommen wird, ist eine Verletzung der körperlichen Integrität und somit eine Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts, für die der eingreifende behandelnde Arzt bzw der Krankenanstaltenträger haftet.
Schmiedbauer, Lagerung im OP: Wer verantwortet was? RdM 2005, 111. Holzer in Holzer/Posch/Schick, Arzt- und Arzneimittelhaftung in Österreich 3; Engljähringer, Ärztliche Aufklärungspflicht vor medizinischen Eingriffen, 71f.
(.BZFSVOE&4BHNFJTUFS
Ob der Eingriff rechtswidrig erfolgte und somit als Körperverletzung zu qualifizieren ist, hängt von der Einwilligung des zu behandelnden Patienten ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Einwilligung stets auf die vorzunehmende Behandlungsmaßnahme beziehen muss. Fehlt es somit bei der Behandlung an einer Einwilligung, kann dies zur Bestrafung nach § 110 StGB – eigenmächtige Heilbehandlung – führen. Die rechtswirksame Einwilligung setzt die ordnungsgemäße Aufklärung durch den Arzt voraus. Dabei ist Inhalt und Umfang der Aufklärung vom konkreten Einzelfall abhängig. Die Rechtsprechung bewertet den Umfang der Aufklärungspflicht am Grad der Gefährlichkeit. Als Faustregel kann somit gelten: Je gefährlicher der Eingriff, desto mehr hat der Arzt in dessen Vorfeld aufzuklären. Nicht nur die einwilligungslose, sondern auch eine nicht nach den anerkannten Regeln der Medizin vorgenommene Behandlung zieht als Behandlungsfehler Haftungsfolgen nach sich. ;JWJMSFDIUMJDIF)BGUVOH Zentrale Norm für Schadenersatzansprüche wegen Körperverletzung ist § 1325 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB): »Wer jemanden an seinem Körper verletzt, bestreitet die Heilungskosten des Verletzten; ersetzt ihm den entgangenen, oder wenn der Beschäftigte zum Erwerb unfähig wird, auch den künftig entgehenden Verdienst, und bezahlt ihm auf Verlangen überdies ein den erhobenen Umständen angemessenes Schmerzengeld.« Nach der ständigen Rechtsprechung des OGH ist davon jede Störung bzw Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Gesundheit und Unversehrtheit umfasst. Der objektive Verschuldensmaßstab bestimmt sich für Ärzte und für alle Arten von Professionisten, dazu gehören auch die Gesundheits- und Krankenpfleger, im Zivilrecht nach § 1299 ABGB. Wer sich demnach zu einem Amt, zu einer Kunst, zu einem Gewerbe oder Handwerk, also zu einer Tätigkeit als Sachverständiger, öffentlich bekannt hat, gibt dadurch zu erkennen, dass er sich den nötigen Fleiß und besondere Kenntnisse zutraut und muss daher ihren Mangel vertreten. Ein Arzt oder eine Gesundheits- und Krankenpflegefachkraft muss daher die typischen Fähigkeiten seines Vgl. Brandstetter/Zarl, Die strafrechtliche Haftung des Arztes, RdM 1994, 17. Vgl. Engljähringer, Ärztliche Aufklärungspflicht vor medizinischen Eingriffen, 79.
"S[UIBGUVOHJN3BINFOEFS8VOEIFJMCFIBOEMVOH
Berufstandes, die – hohen – Leistungsstandards der Berufsgruppe haben. Kommt der behandelnde Arzt hingegen bei vertikaler Arbeitsteilung (Arzt delegiert Aufgaben an Pfleger) seinen Anleitungs- und Überwachungspflichten nicht nach, hat er gemäß § 1313a ABGB für das Verschulden der Hilfsperson einzustehen. Es handelt sich hierbei um die so genannte Gehilfenhaftung, dh das Verhalten des Gehilfen ist so zu bewerten, als ob es der Arzt selbst gesetzt hätte. Dabei kommt es gemäß OGH nicht darauf an, unter welchen Voraussetzungen ein Famulant nach ärzterechtlichen Vorschriften eingesetzt werden darf, sondern nur darauf, was dem Patienten geschuldet ist. Unerheblich ist somit haftungsrechtlich, ob die Hilfskraft handeln durfte. Entscheidend ist allein, was der Famulant aufgrund des Behandlungsvertrags tun musste. Davon zu trennen, ist die allfällige Möglichkeit des schadenersatzrechtlich zur Verantwortung gezogenen Arztes, sich gemäß § 1313 ABGB bei der für ihn tätigen Hilfsperson Regress zu nehmen. 4USBGSFDIUMJDIF)BGUVOH21 Nur eine unter Vorliegen der Einwilligung des Patienten lege artis durchgeführte Heilbehandlung ist nicht strafbar. Das Strafgesetzbuch (StGB) teilt menschliches Handeln in fahrlässiges und vorsätzliches Verhalten. Ein Arzt handelt vorsätzlich, wenn er – etwa – seinen Patienten mittels einer nicht anerkannten Behandlungsmethode am Körper verletzt und vor oder bei Beginn der Behandlung den Eintritt der Körperverletzung ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet. Bei der fahrlässigen Behandlung hingegen unterlässt er die gebotene Sorgfalt, zu der er nach den Umständen objektiv verpflichtet, und die ihm subjektiv – nach geistigen und körperlichen Fähigkeiten – zumutbar ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn er einen alle drei Tage zu wechselnden Verband nur alle vier Tage austauscht, weil ohnehin »nie etwas passiert«. Menschliches Handeln kann sowohl durch Unterlassen, zB der Hilfeleistungspflicht nach einem Unfall, als auch – in der Regel – durch ein konkretes Tun, zB eine falsche oder fehlerhafte Behandlung, die zum Tod des Patienten führt, erfolgen. Beide Handlungsarten können somit eine strafrechtliche Haftung begründen.
Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II12, 330. Reischauer in Rummel, Kommentar zum ABGB II/Teil 2b3 Rz 12 zu § 1313a ABGB. Vgl. dazu im Detail Brandstetter/Zarl, Die strafrechtliche Haftung des Arztes, RdM 1994, 17.
Im Rahmen dieses Beitrags relevante strafrechtliche Tatbestände sind ■ Durchführung zustimmungsloser medizinischer Behandlung § 110 StGB (eigenmächtige Heilbehandlung) ■ Tötung des Patienten § 88 StGB ( fahrlässige Tötung) ■ Körperverletzung durch eine Behandlung § 80 StGB ( fahrlässige Körperverletzung); § 84 StGB kommt zur Anwendung, wenn diese eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit nach sich zieht. Der Arzt haftet demnach bei einem Behandlungsfehler oder bei mangelnder Aufklärung. Im Falle eines Verfahrens prüft das Gericht, ob der behandelnde Arzt objektiv und subjektiv sorgfaltswidrig gehandelt hat. Objektive Sorgfaltswidrigkeit bezeichnet die Abweichung des Verhaltens des Schädigers vom nach den jeweiligen Umständen gebotenen Verhalten. Letzteres beurteilt sich anhand einer so genannten Modell- und Maßfigur. Bei einem Facharzt ist das der lege artis handelnde Vertreter seines Berufsstandes. Wie schon unter Punkt 4 dargelegt, obliegen dem verantwortlichen Arzt bei der vertikalen Arbeitsteilung (Arzt-Pfleger) Anordnungs- und Überwachungspflichten. Diese begrenzen die objektive Sorgfaltswidrigkeit des jeweiligen Schädigers. Für den Arzt bedeutet das, dass er dem bezughabenden Pflegepersonal detaillierte Anordnungen über die im Rahmen der Heilbehandlung zu setzenden Maßnahmen zu geben und deren Ausführung zu überwachen hat. Tut und – ganz wichtig: dokumentiert – er das ordnungsgemäß, so ist sein Haftungsrisiko minimal, sofern er dabei lege artis vorgeht. Umgekehrt kann das Pflegepersonal bei Vorliegen (aber auch beim Unterbleiben) entsprechender Anordnungen und Überwachungsmaßnahmen seitens des Arztes und – wiederum ganz wichtig – deren Dokumentation einen Gutteil der Haftung rechtmäßig auf den Arzt abwälzen. Bei der Arbeitsteilung im Rahmen der Heilbehandlung – etwa – in einer Krankenanstalt wendet die Rechtsprechung einen Vertrauensgrundsatz, der je Für ein konkretes Beispiel siehe Brandstetter/Zarl, Die strafrechtliche Haftung des Arztes, RdM 1994, 6f. Etwa: Nach den Regeln der Heilkunst wäre es (objektiv) erforderlich gewesen, den Verband alle drei Tage zu wechseln. Allerdings hat der behandelnde Arzt nur alle vier Tage einen Verbandwechsel durchgeführt. Vgl dazu Brandstetter/Zarl, Die strafrechtliche Haftung des Arztes, RdM 1994, 7.
nem der Straßenverkehrsordnung (StVO) entspricht, an. Dieser stellt darauf ab, dass grundsätzlich jeder Mitarbeiter eines Behandlungsteams einschließlich des Pflegepersonals darauf vertrauen darf, dass jedes andere Teammitglied die ihm auferlegten Sorgfaltspflichten einhält. Wie bereits oben ausgeführt präzisiert in diesem Zusammenhang § 14 GuKG den eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich des gehobenen Pflegepersonals, für dessen ordnungsgemäße Ausübung grundsätzlich dessen Mitglieder selbstständig haften. In der Praxis darf zwar gehobenes Krankenpflegefachpersonal (Diplomkrankenschwester und -pfleger) im Einzelfall und unter Anordnung einfachste ärztliche Tätigkeiten vornehmen. Die Haftung dafür liegt jedoch grundsätzlich stets beim behandelnden Arzt. Das Krankenpflegehilfspersonal (Ordinationsgehilfinnen, Sanitätshelfer) darf keine ärztliche Tätigkeiten vornehmen, sondern nur nach vorheriger ärztlichen Anordnung Hilfsdienste. Ist die Anordnung für das Krankenpflegefach- und/oder -hilfspersonal klar als unrichtig und somit für den Patienten (potentiell) schädlich erkennbar, darf es diese nicht ausführen.
%PLVNFOUBUJPOTQ¿JDIUJOEFS1SBYJT
Wie schon unter Punkt 3.2 erläutert, ist der Arzt aus dem Behandlungsvertrag verpflichtet, den Krankheitsverlauf und die Behandlungsmaßnahmen zu dokumentieren.27. Die Frage, welches Maß dabei zu treffen ist, lässt sich in der Praxis oft nur schwierig beantworten. Als Anhaltspunkt dafür kann § 10 Abs 1 dMusterberufsordnung Ärzte (dMBO-Ä) dienen, der wie folgt lautet: »Der Arzt hat über die in Ausübung des Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen. Ärztliche Aufzeichnungen sind nicht nur Gedächtnisstützen, sie dienen auch dem Interesse der Patientinnen und Patienten an einer ordnungsgemäßen Do § 3 StVO: »Vertrauensgrundsatz: (1) Jeder Straßenbenützer darf vertrauen, dass andere Personen, die für die Benützung der Straße maßgeblichen Rechtsvorschriften befolgen, außer er müsste annehmen, dass es sich um Kinder, Sehbehinderte mit weißem Stock oder gelber Armbinde, offensichtlich Körperbehinderte oder Gebrechliche oder um Personen handelt, aus deren augenfälligem Gehaben geschlossen werden muss, dass sie unfähig sind, die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten.« Vgl. Punkt 3.3.2. Bergmann, Die Arzthaftung 2, 137.
(.BZFSVOE&4BHNFJTUFS
kumentation«. Daraus lässt sich ableiten, dass es nicht ausreicht, nur solche Stichworte zu verwenden, die gerade einmal den die konkrete Behandlungsmaßnahme durchführenden Arzt daran erinnern, welche Behandlung er einem Patienten hat angedeihen lassen. Zwar bedürfen in der Praxis Routinevorgänge und selbstverständliche Maßnahmen grundsätzlich keiner Dokumentation, doch sollte in jedem Fall gewährleistet sein, dass jeder in die Behandlung Eingebundene den Behandlungs- und Krankheitsverlauf ohne weiteres Nachfragen jederzeit nachvollziehen kann. Insbesondere sollte man sich in diesem Zusammenhang vergegenwärtigen, dass im (ungünstigen) Fall eines Verfahrens, das Gericht in der Regel nicht mit medizinisch – und auch nicht mit graphologisch oder erkennungsdienstlich – ausgebildeten Fachkräften besetzt ist. Auch wenn es wie eine Binsenweisheit klingen mag: Es ist bestimmt kein Nachteil in einem Prozess, wenn auch das Gericht (und nicht nur ein allenfalls anwesender Sachverständiger) in der Lage ist, eine Dokumentation ohne größere Schwierigkeiten nachzuvollziehen. In jedem Fall obliegt es dem ärztlichen Leiter einer Abteilung und somit dem Krankenanstaltenträger festzulegen, in welcher Form die Dokumentation zu erfolgen hat. Das »Wie« ist oft entscheidend. Dokumentationen über den Behandlungsverlauf sollen ja gerade langwierige Haftungsprozesse verhindern. Auch die diplomierten Krankenschwestern und pfleger sind zur Dokumentation verpflichtet. Dabei ist – schriftlich – festzuhalten: »Wer« hat »Wann« »Was« angeordnet und »Wer« hat »Wann« »Was« und »Wie« durchgeführt.
.PEFSOFT8VOENBOBHFNFOU $IFDLMJTUFOGS`S[UF Um einer Haftung für iatrogene Schäden, somit für nachteilige Umstände aufgrund der Aktivität eines Arztes oder Chirurgen, zu entgehen, sind folgende Grundsätze zu beachten:
Bergmann, Die Arzthaftung 2 139. dBGH 1. 2. 1994, VI ZR 65/93, NJW 1994, 1595; 7. 6. 1983, VI ZR 284/81, VersR 1983, 983; 24. 1. 1989, VI ZR 170/88, VersR 1989, 512.
"S[UIBGUVOHJN3BINFOEFS8VOEIFJMCFIBOEMVOH
6.1.1 Allgemeine Grundsätze Nach Bergmann30 hat der behandelnde Arzt jedenfalls folgende Tatsachen im Rahmen des Behandlungsgeschehens zu dokumentieren: (a) (b) c) (d) (e) ( f) (g) (h) (i) (j)
Anamnese; Diagnose; Therapie; Untersuchungen; Ergebnisse und Befunde; Zeiten der Behandlung; Pflegeanweisungen; Verlaufsdaten; besondere Zwischenfälle; therapeutische Behandlungen.
Ob diese Dokumentationen im Krankenblatt, Operationsbericht, Narkoseprotokoll, Aufklärungsbogen, Pflegebericht, Arztbrief oder dergleichen enthalten sind, ist rechtlich irrelevant. Wichtig ist, dass sie vollständig und – insbesondere auch für Dritte – nachvollziehbar sind. 6.1.2 Dokumentation und Dekubitus Bei der Dokumentation von Dekubitus Patienten sollte man zudem Folgendes beachten32: (a) Die Vorbeugung und Therapie von Dekubitus obliegt der ärztlichen Verantwortung. (b) Risikopatienten sind in der Dokumentation schriftlich als solche auszuweisen. (c) Sowohl die Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe als auch bereits getroffene zur -therapie sind für Dritte nachvollziehbar schriftlich zu dokumentieren. (d) Vom bezugpflegenden Personal durchgeführte Maßnahmen unterliegen der Kontrolle des verantwortlichen Arztes. (e) Das Pflegepersonal muss auch im Fall von Bedenken ärztliche Anordnungen befolgen. Es hat allerdings, insbesondere zur Abwälzung der rechtlichen Verantwortung auf den Arzt, seine Bedenken schriftlich zu dokumentieren. Bergmann, Die Arzthaftung 2 138. Noch einmal die oben gemachten Anmerkungen zur Nachvollziehbarkeit für das Gericht in einem allfälligen Verfahren. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (»AWMF«) m AWMF-Leitlinien-Register Nr 036/005 (http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/ AWMF/ll/036–005.htm, 3.1.2006); vgl dazu auch MedReport, 2004, 28.
6.1.3 Form der Dokumentation Folgendes ist bei der Abfassung von Dokumentationen zu beachten: (a) Stichwortartige Angaben genügen, sofern sie für Dritte nachvollziehbar sind. (b) Ist das nicht der Fall, so ist die Angabe von Details unbedingt erforderlich. (c) Dokumentationspflicht für Routinekontrollen besteht nur bei Anfängeroperationen. $IFDLMJTUFOGSEBT1¿FHFQFSTPOBM Grundsätzlich trägt der bezughabende Arzt die Verantwortung. Dennoch sollte das Pflegepersonal zur Qualitätssicherung auch die Dokumentationspflicht der Ärzte »kontrollieren«. Zur Vermeidung bzw Linderung der Schmerzen bedarf es nämlich einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Arzt und Pfleger. Folgende Punkte sind zur Vermeidung von Druckgeschwüren zu beachten:
(a) Aus medizinischer Sicht sind Risikopatienten und/oder ihre Angehörigen über eine bestehende Dekubitus-Gefahr aufzuklären. Dabei ist über die geplanten Maßnahmen und deren Handhabung so zu informieren, dass die Aufgeklärten die Informationen auch tatsächlich verstehen. (b) Gefährdete Körperstellen sind ständig zu untersuchen. (c) Untersuchungen und dabei festgestellte Veränderungen beim Patienten sind – für Dritte nachvollziehbar – zu dokumentieren. Insbesondere sollte man dabei einen möglichst detaillierten Bewegungs- und Lagerungsplan führen. (d) Sollte ein Dekubitus auftreten, hat – auch – das Pflegepersonal Ursachenermittlung zu betreiben und diese entsprechend zu dokumentieren. (e) Über alle Schritte ist der bezughabende Arzt immer zu informieren. Jede Veränderung ist ihm zur Kenntnis zu bringen.
Stösser, Pflegestandards 3. http://www.pflegekonzepte.de, 30. 12. 2005.
(.BZFSVOE&4BHNFJTUFS
)JOXFJTFGSEJF1SBYJT
"CLS[VOHTWFS[FJDIOJT
1. Sowohl medizinisches Pflegefachpersonal als auch Ärzte müssen ihre Warnpflicht im Rahmen ihres eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereiches gegenüber dem behandelnden Arzt wahrnehmen. 2. Eine ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten hat durch den behandelnden Arzt zu erfolgen. 3. Es bestehen wechselseitige Kontroll- und Überwachungspflichten. 4. Der behandelnde Arzt und auch das verantwortliche Fachpersonal sind zur Dokumentation verpflichtet. 5. Die Dokumentation muss für jedermann nachvollziehbar sein. 6. Auch Routinevorgänge sind in der Regel schriftlich festzuhalten. 7. Bestehen Bedenken gegenüber ärztlichen Anordnungen, sind diese immer schriftlich zu dokumentieren.
OGH ABGB BGBl ZR BGH SZ
1SGVOHTGSBHFO
1. 2. 3. 4.
Wer ist zur Dokumentation verpflichtet? Nennen Sie die Merksätze zur Dokumentation! Wen trifft die Aufklärungspflicht? Darf der Patient in seine Krankenakte Einsicht nehmen? 5. Nennen Sie die gesetzliche Definition von »Heilbehandlung«? 6. Wann liegt kein rechtswidriger Eingriff in die körperliche Integrität vor?
Oberster Gerichtshof Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Zivilrecht Bundesgerichtshof (Deutschland) Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen VersR Zeitschrift für Versicherungsrecht StGB Strafgesetzbuch ÄrzteG Ärztegesetz GuKG Gesundheits- und Krankenpflegegesetz RdM Recht der Medizin (Zeitschrift) StVO Straßenverkehrsordnung AWMF Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
,BQJUFMC
3FDIUMJDIF"TQFLUFjS[UMJDIFS#FIBOEMVOH #3PUI
;VTBNNFOGBTTVOH
Die Wunde als Thema in der Rechtsprechung kann vor allem da Bedeutung erlangen, wo es um Dokumentation und Delegation geht. So wenig wie es einen »Königsweg« in der Wundbehandlung geben wird, gibt es einen universellen Tipp für das »rechtlich richtige Verhalten«. Die Fort- und Weiterbildung ist aus medizinischen und juristischen Gesichtspunkten heraus unerlässlich. Die Dokumentation und die Aufklärung muss die Patientenrechte und Patientenansprüche berücksichtigen und ebenso unter dem Gesichtspunkt der Beweissicherung geführt werden. Zusätzlich hilft der Dialog zwischen den Beteiligten in der Behandlung und mit dem Patienten, Fehler mit rechtlich negativen Konsequenzen zu vermeiden.
&JOMFJUVOH
Die ärztliche und pflegerische Tätigkeit wird zunehmend in ein Korsett rechtlicher Bestimmungen gezwängt. Zusätzlich nehmen Klagen und Verfahren im Zusammenhang mit ärztlichen Behandlungen zu. Es gibt keine verlässlichen Zahlen. Die Haftpflichtversicherer sprechen von jährlich 30.000 neuen Haftpflichtfällen. Es wird geschätzt, dass sich die Zahl der Prozesse wegen Behandlungsfehlern in den letzten 20 Jahren verzehnfacht hat. Etwa 3000 staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren werden jährlich eröffnet. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig: das Bild des Arztes hat sich in den vergangenen Jahren deutlich geändert. Den so genannten »Halbgott
in Weiß« gibt es nicht mehr. Die Politik und die Presse tragen das ihre zur Demontage des Arztbildes bei. Hinzu kommt die Entwicklung in der Medizin. Der ständige Fortschritt erhöht die medizinischen Standards. Zur Erbringung einer optimalen Versorgung ist die Arbeitsteilung zwischen den Fachgebieten und über die Fachgebiete hinaus unerlässlich. Das erfordert Kommunikations- und Delegationsfähigkeiten der Beteiligten. Der Einsatz moderner Apparate anonymisiert das Behandlungsverhältnis. Information und Halbinformationen prägen die Erwartungshaltung der Patienten. Die Tatsache, dass immer mehr Patienten rechtsschutzversichert sind, nimmt ihnen die Hemmung, die ein eventuelles Prozessrisiko darstellen würde. Auch die Kostenträger werden häufiger aktiv und legen ihren Versicherten die Überprüfung der richtigen Behandlung nahe (§ 66 SGB V). Die erste Konsequenz aus dieser Entwicklung spiegelt sich deutlich in den steigenden Prämien der Haftpflichtversicherungen für Ärzte wider. In der Furcht vor Verfahren »…droht eine defensive Medizin…, die aus Scheu vor Klagen zuviel untersucht oder zu wenig an Eingriffen wagt.« [1, S. 165] Umso wichtiger ist es für den Arzt und alle an der Behandlung der Patienten beteiligten, Strategien zu entwickeln, die juristischen Aspekte in die täglichen Abläufe zu integrieren. Dazu gehört es in erster Linie, die Kenntnisse der rechtlichen Voraussetzungen zu verbessern.
3FDIUTHFCJFUF
Zunächst ist die für Nicht-Juristen häufig schwer nachzuvollziehende Unterscheidung zwischen den betroffenen Rechtsgebieten des Zivil- und Strafrechts
#3PUI
wichtig. Die sozialrechtlichen und arbeitsrechtlichen Bezüge dürfen dabei nicht vergessen werden. Bei zivilrechtlichen Fragen geht es um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche des Patienten. Das Ergebnis sind Geldansprüche, die zumeist von den Haftpflichtversicherungen abgedeckt sind. Die strafrechtlichen Konsequenzen treffen den Arzt persönlich. Es geht um Vorstrafe und Strafe und evtl. um berufsrechtliche Folgen. Beide Rechtsgebiete stehen unabhängig nebeneinander. Wer zu Schadensersatz- oder/und Schmerzensgeld verurteilt wird, hat nicht notwendigerweise strafrechtliche Konsequenzen zu fürchten. Auch wirkt ein Schuldspruch im Zivilverfahren bei gleichzeitig anhängigem Strafverfahren nicht präjudizierend. Der Grund hierfür ist in den unterschiedlichen Beweislastregeln und Haftungsvoraussetzungen zu sehen: während im Zivilrecht sich die Zweifel und Beweisprobleme am ehesten zugunsten des Patienten niederschlagen, wirken sie im Strafverfahren »im Zweifel für den Angeklagten«. ;JWJMSFDIUMJDIF)BGUVOH ° BVT#FIBOEMVOHTWFSUSBH J7N GG#(# ° BVTVOFSMBVCUFS)BOEMVOH %FMJLU #(#
4USBGSFDIUMJDIF)BGUVOH ° CFJTUSBGCBSFS)BOEMVOH [#XH'BISMjTTJHFS5zUVOH ,zSQFSWFSMFU[VOH "CSFDI OVOHTCFUSVH 7FSMFU[VOHEFS jS[UM4DIXFJHFQ¿JDIU GG VB4U(#
;JWJMSFDIU Der zwischen Arzt und Patient geschlossene Behandlungsvertrag ist rechtlich ein Vertrag besonderer Art. Grundsätzlich besteht auch bei Abschluss des Behandlungsvertrages für beide Teile die Abschlussfreiheit: für den Patienten bedeutet dies die freie Arztwahl, für den Arzt, dass er, außer in Notfällen, grundsätzlich keinem Kontrahierungs- und Behandlungszwang unterliegt. Eingeschränkt wird diese Freiheit beim zugelassenen Vertragsarzt. Seine Zulassung bewirkt gem. § 95 III S. 1 SGB V das Recht und die Pflicht, gesetzlich versicherte Patienten zu behandeln. Dennoch darf der Arzt bei fehlendem Vertrauensverhältnis, Überlastung oder aus sonstigen »triftigen Gründen« in Einzelfällen eine erbetene Behandlung ablehnen [2]. Der Anspruch des Patienten aus diesem Vertrag richtet sich nicht auf den erfolgreichen Abschluss der Behandlung. Nicht jeder Behandlungsmisserfolg hat Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche zur Folge. Die dem Anspruch korrespondierende Hauptpflicht des Arztes ist die Behandlung des Patienten:
die Untersuchung, die Diagnosestellung, die Therapie mit dem Ziel der Heilung bzw. Linderung auf die einfachste, schonendste Weise [3]. Die Rechtsprechung hat angesichts der Fülle der Krankheiten und möglichen Therapien und Behandlungen die Behandlungspflicht des Arztes formelhaft zusammengefasst: geschuldet wird eine Behandlung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft im Zeitpunkt der Behandlung. Der Stand der medizinischen Wissenschaft bezeichnet einen Behandlungsstandard, der von einem durchschnittlichen, pflichtbewussten Facharzt innerhalb seines Gebietes in der konkreten Situation verlangt und erwartet werden kann. Der Patient darf ein Behandlungsniveau erwarten, dass immer dem eines Facharztes entspricht. Der behandelnde Arzt muss zwar nicht eine entsprechende Facharztprüfung abgelegt haben, seine Behandlung muss aber Facharztqualität besitzen. Er kann sich nicht damit entschuldigen, diesen Behandlungsstandard nicht erfüllen zu können. Dabei dürfen Behandlungsstandards und Behandlungsleitlinien nicht gleichgesetzt werden. Zwar werden die Leitlinien in den meisten Fällen den medizinischen Standard widerspiegeln, sie dürfen jedoch den Arzt nicht zu einer »Kochbuch-Medizin« verleiten. Maßstab der geforderten Behandlung ist der Patient mit seinen individuellen Gegebenheiten. Stand der medizinischen Kenntnisse kann im konkreten Einzelfall eine Abweichung von Leitlinien zwingend erforderlich machen. Letztere haben keinen konstitutiven sondern rein deklaratorischen Charakter. Der Arzt muss sich den jeweiligen Kenntnisstand durch Weiterbildung selbst aneignen [4] und darf sich nicht »auf Leitlinien ausruhen«. Bei der Frage nach dem Kenntnisstand ist im konkreten Fall auf den jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung abzustellen (ex-ante Betrachtung) [5]. »… es ist allgemein anerkannt, dass die vertragliche Haftung des Arztes für Behandlungsfehler an die Verletzung von Verhaltenspflichten anknüpft, die in gleicher Weise und mit demselben Inhalt auf den Schutz der Gesundheit des Patienten bezogen sind wie die Pflichten, deren Verletzung zur deliktischen Arzthaftung führt ...«OLG Karlsruhe 7 U 132/04 Ein Verstoß des Arztes gegen seine vertraglichen Pflichten stellt eine Verletzung der »im Verkehr erforderlichen Sorgfalt« (§ 276 Abs. 2 BGB – Fahrlässigkeit), hier eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung
3FDIUMJDIF"TQFLUFjS[UMJDIFS#FIBOEMVOH
dar und kann gleichzeitig deliktische Ansprüche auslösen. Deliktische Ansprüche, also Ansprüche aus unerlaubter Handlung, richten sich nicht unbedingt gegen den Vertragspartner, sondern können gegen den, der die Behandlung durchgeführt hat geltend gemacht werden. Die Delegation an Pflegepersonal und Helfer entlässt den Arzt nicht aus seiner Haftung. Er haftet für Fehler des Pflegepersonals, das er zur Erfüllung seiner eigenen Aufgaben eingesetzt hat, wie für eigene Fehler. D. h., dass der Arzt, der zur Wundreinigung eine Krankenschwester, Arzthelferin oder einen Pflegedienst beauftragt, dafür Sorge tragen muss, dass diese Person die nötige Kenntnis und Qualifikation besitzt. Ist das nicht der Fall, haftet er neben den vertraglichen Ansprüchen auch aus Ansprüchen aus unerlaubter Handlung. Kann er sich darauf berufen, dass diese Person die nötige Sachkenntnis hat, haftet die Arzthelferin oder der Pfleger zusätzlich selbst. Die Unterscheidung in vertragliche und deliktische Haftung ist für die Durchsetzung von Ansprüchen für den Patienten durchaus wichtig: er wird sich immer auf den Anspruch berufen, der ihm einen zahlungskräftigen Schuldner bieten wird. Auch Einwilligungs- und Aufklärungsmängel können eine objektive Pflichtverletzung darstellen. Jede gegen oder ohne den Willen eines Patienten vorgenommene Maßnahme der Behandlung stellt einen Verstoß gegen das grundgesetzlich geschützte Selbstbestimmungsrecht des Menschen dar. Eine wirksame Einwilligung des Patienten liegt nur dann vor, wenn der Patient informiert ist über die Diagnose, die Therapie und ihre Alternativen und die damit verbundenen Risiken und möglichen Komplikationen. Die Beweislast für die vorhandene Einwilligung und Aufklärung hinsichtlich notwendiger Eingriffe und möglicher Risiken liegt grundsätzlich beim Arzt. Gerade im Bereich der fehlenden Aufklärung bewegt sich eine Vielzahl von Vorwürfen gegen Ärzte. Ein großes Problem in den gerichtlichen Verfahren ist dabei die fehlende Dokumentation über Inhalt und Umfang eines Aufklärungsgespräches.
* Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG – Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. ** einwilligungsfähig einwilligungsfähig istist ein ein Patient Patient der der einsichtseinsichtsund und urteilsurteilsfähig ist und die Tragweite seiner Entscheidung erkennen und beurteilen kann.
Die Aufklärung ist nach Ansicht der Rechtsprechung eine originär ärztliche Pflicht, die nicht auf nichtärztliches Personal delegiert werden kann. Sie muss sich auf die Erläuterung der Diagnose, der Behandlung und die Risiken beziehen und den Patienten in die Lage versetzen, eine selbst bestimmte Entscheidung zu treffen. Je weit reichender ein Eingriff für den Patienten ist, desto höhere Ansprüche werden an das Aufklärungserfordernis gestellt. Bei Notfällen ändert sich die Sichtweise und die Beurteilung sowohl bei der Frage des objektiven Sorgfaltsmaßstabes als auch bei den Aufklärungs- und Einwilligungsfragen. Im Notfall wird die Einwilligung des Patienten in die notwendige Behandlung vorausgesetzt oder vermutet (hypothetische Einwilligung). Rasche Entscheidungen des Arztes bei Komplikationen und im Notfall, die er bei überlegtem und wohl vorbereitetem Handeln anders zu treffen gehabt hätte, sind nicht zwangsläufig als ein Behandlungsfehler anzusehen. Nur solche objektiven Pflichtverletzungen lösen Ansprüche aus, die ursächlich sind für den vom Patienten geltend gemachten Schaden (Kausalität). Das wird in der Rechtsprechung angenommen, wenn ein »…für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit« [6] darüber besteht, dass die objektive Pflichtverletzung den Schaden herbeigeführt hat. Hinzu muss die subjektive Schuld treten. »Der Fall, dass ein Gericht einen Behandlungsfehler festgestellt hat, ein Verschulden des Arztes aber als nicht bewiesen angesehen hat, ist praktisch nicht vorgekommen..« (Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 64. Auflage BGB, § 280 Rnr. 42) Die Schuld kann auch darin liegen, dass der Arzt eine Behandlung übernimmt, von der er tatsächlich aber überfordert ist. Will er das sog. »Übernahmeverschulden« vermeiden, muss er, wenn er nicht über die nötigen persönlichen und fachlichen Fähigkeiten verfügt, eine Behandlung an einen Kollegen mit mehr Erfahrung weitergeben [7]. Kooperation ist unbedingt nötig, denn hier kann mangelhafte Information des Kollegen wieder zu einer Haftung führen. Wichtig ist also, sich bei Kooperation und Delegation der Kenntnisse und Fähigkeiten der Partner zu versichern.
»Ein grober Behandlungsfehler eines Arztes ist anzunehmen, wenn ein Fehlverhalten vorliegt, das … aus objektiver ärztlicher Sicht bei Anlegung des für einen Arzt geltenden Ausbildungs- und Wissensmaßstabes nicht mehr verständlich und verantwortbar erscheint, weil ein solcher Fehler dem behandelnden Arzt aus dieser Sicht schlechterdings nicht unterlaufen darf.« OLG Celle 1 U 22/00 Grundsätzlich gilt vor Gericht, dass derjenige, der einen Anspruch behauptet, diesen auch Beweisen muss. Bei der zivilrechtlichen Geltendmachung von Ansprüchen aus Behandlungsfehlern ist dies nicht anders. Die objektive Pflichtverletzung des Arztes muss vom Patienten bewiesen werden. Hierzu gibt es jedoch einige Ausnahmen: ■ ■ ■ ■ ■
Beweislast des Arztes (Beweislastumkehr): Risikoaufkärung hypothetische Einwilligung grober Behandlungsfehler gröbliche Verletzung von Organisations- oder Koordinationsfehlern.
Beweiserleichterung für den Patienten bis hin zur Beweislastumkehr können durch Fehler in der Befunderhebung oder Archivierung von Befunden verursacht werden [8]. Gleiches gilt für Dokumentationsmängel. Die Dokumentation ist schon lange mehr als eine reine Gedächtnisstütze des Arztes. Sie ist gesetzliche Pflicht und eine Pflicht gegenüber dem Patienten. Allerdings begründet ein Dokumentationsmangel, anders als z. B. ein Aufklärungsmangel, keinen eigenen Schadensersatzanspruch. Die Dokumentation ist also in erster Linie eine Obliegenheit des Arztes und auch des Pflegepersonals sich selbst gegenüber, deren befolgen ihm die Möglichkeit gibt, im Zweifel einen Entlastungsbeweis zu führen. »Nachlässigkeit bei der erforderlichen Dokumentation stellt ein Indiz dafür dar, dass im Krankenhaus bzw. Pflegeheim die ernste Gefahr der Entstehung von Durchliegegeschwüren nicht erkannt und die Durchführung vorbeugender Maßnahmen nicht
*** Innerhalb des Systems der Vergütung sind viele Leistungen in ihrer Abrechenbarkeit von einer entsprechenden Dokumentation abhängig, Dokumentationspflichten darüber hinaus aus § 10 MBO-Ärzte, z. B. auch § 73 Abs. 1 SGB V
#3PUI
in ausreichender Form angeordnet wurden und das Pflegepersonal nicht so intensiv auf die Prophylaxe geachtet hat wie erforderlich, und führt zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich des von dem pflegebedürftigen Heimbewohner behaupteten Pflegefehlers.« OLG Düsseldorf, 16.06.2004, 15 U 160/03 Der Patient hat grundsätzlich ein Einsichtsrecht in »seine« Dokumentation, soweit Sie objektive Befunde und Erhebungen beinhaltet. Persönliche Notizen des Arztes müssen nicht weitergegeben werden. 4USBGSFDIU Seit dem Reichsgerichtsurteil vom 31. 5. 1894 [9] gilt, dass jeder ärztliche Heileingriff zunächst als eine Körperverletzung anzusehen ist, deren Strafbarkeit nur dadurch entfallen kann, dass dieser Eingriff medizinisch indiziert und eine wirksame Einwilligung des Patienten vorliegt. Sämtliche seither geführten Diskussionen haben zu einer Bestätigung dieses Urteils in der Judikatur geführt. Die meisten Reformvorschläge zum Strafgesetzbuch enthielten in der Vergangenheit Vorschläge, den lege artis durchgeführten Heileingriff als gesonderte Regelung aufzunehmen. Dies konnte bisher zumindest in Deutschland nicht durchgesetzt werden [10] . Die Zahlen der Verurteilungen wegen Straftaten im Zusammenhang mit ärztlichen Behandlungen liegen seit vielen Jahren konstant bei ca. 5 % der eingeleiteten Ermittlungsverfahren.
»In den letzten fünf Jahren beispielsweise hat die DBV etwa 4500 Schadensmeldungen erhalten. In 45 % der Fälle waren die Ansprüche der Patienten berechtigt. Zu Verurteilungen im Strafverfahren kam es in nur ganz wenigen Fällen, und zwar maximal in einem Fall pro Jahr.« (Medical tribune, 2005, Ausgabe 4, S. 26) Jeder ärztliche Heileingriff ist eine tatbestandsmäßige Körperverletzung. Zur Rechtfertigung bedarf es der wirksamen Einwilligung des Patienten. Dabei muss er wissen, in was er einwilligt. Das bedeutet, dass Aufklärungs- und Einwilligungsmängel zur Strafbarkeit führen können. Im Gegensatz zum Zivilverfahren wird im Strafverfahren nicht nur die objektive, berufsbezogene Verletzung der Sorgfaltspflicht geprüft sondern auch die subjektiven, persönlichen Aspekte. Erfüllt ein Arzt in der konkreten Behandlungssituation nicht die nach objektiven Gesichtspunkten einzuhaltenden medizinischen
3FDIUMJDIF"TQFLUFjS[UMJDIFS#FIBOEMVOH
Standards, führt das nicht zwangsläufig zu einem strafrechtlichen Schuldvorwurf. Es wird vielmehr geprüft, ob der beschuldigte Arzt nach seinen individuellen Fähigkeiten in der Lange war, die von ihm erwartete Sorgfalt zu erkennen und entsprechend zu handeln. Anders als im Zivilrecht werden also durchaus unterschiedliche Anforderungen an den Allgemeinmediziner gestellt als z. B. an den Facharzt. Fehlende persönliche Qualifikation für die konkrete Behandlung führt jedoch nicht unbedingt zur Straflosigkeit. Im Einzelfall bleibt immer zu prüfen, ob der Arzt hätte erkennen können, dass er den Anforderungen an die Behandlung nicht gewachsen war. Straftatbestände können sich auch durch das Unterlassen einer gebotenen Handlung verwirklichen. Der Arzt erhält aus der Übernahme der Behandlung regelmäßig eine Garantenstellung, § 13 StGB Begehen durch Unterlassen Wer es unterlässt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. er muss »… dafür einstehen, dass der Erfolg (der Tod, die Körperverletzung etc.) nicht eintritt.« Hinsichtlich der Strafbarkeit des Arztes ist zusätzlich die Kausalität zu prüfen. »Die Kernfrage dabei ist, welche Erfordernisse an den Nachweis des ursächlichen Zusammenhanges zu stellen sind. Ihre Beantwortung bietet in den Fällen keine Schwierigkeiten, in denen entweder feststeht, dass der Erfolg ohne das pflichtwidrige Verhalten des Täters vermieden worden, oder feststeht, dass er auch bei pflichtgemäßer Handlungsweise eingetreten wäre. Im ersten Fall muss der ursächliche Zusammenhang bejaht, im zweiten Fall muss er verneint werden.« [11] Die Zahl der jährlich eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen Straftaten von Ärzten wird auf 1500 bis 3000 geschätzt. Nur ein Teil davon bezieht sich auf Straftaten im Zusammenhang mit Behandlungsfehlern. Andere Strafermittlungsverfahren können nahezu saisonhaft festgestellt werden: nach einer Welle von Verfahren wegen Korruption häufen sich zurzeit die Verfahren wegen Abrechnungsbetruges. Die Konsequenzen für die betroffenen Ärzte sind hart. Zum Teil wird bei bloßem Tatverdacht zunächst das Ruhen der Approbation angeordnet. Im Vertrags-
arztrecht kann die Zulassung zeitweise oder ganz zurückgenommen werden. Angestellte Ärzte haben, arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Entlassung zu fürchten. 3FTNFF
Die einzelnen Berufsgruppen in der Ärzteschaft sind unterschiedlich intensiv sowohl von zivilen als auch von strafrechtlichen Verfahren betroffen. Das zeigen zum Beispiel Zahlen der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen in Norddeutschland: Von 2820 Fällen, die 2004 von der Schlichtungsstelle außergerichtlich abgeschlossen wurden, betrafen nur 159 die Fachgruppe Allgemeinmediziner (und 1036 Fälle niedergelassene Ärzte insgesamt). Die Hauptvorwürfe, die den Allgemeinärzten gemacht wurden: fehlerhafte Diagnostik, falsche Behandlung mit Medikamenten und unterlassene stationäre Einweisung.
1SGVOHTGSBHFO
1. Darf ein Arzt die Behandlung eines Patienten ablehnen? 2. Welche Pflichten hat ein Arzt gegenüber dem Patienten zu erfüllen? 3. Was bedeutet »Facharztniveau« im Zusammenhang mit ärztlicher Behandlung? 4. Warum ist die Einwilligung des Patienten in die Behandlung des Arztes wichtig? 5. Was bedeutet die »Beweislastumkehr« und wann tritt sie ein?
-JUFSBUVS <> Laufs (1986) Medizinrecht, S. 165 <> Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts § 41, Rn. 5 ff <> Quass/Zuck, Medizinrecht § 13 Rn. 28 <> OLG Hamm NJW 2000, 1802 <> BGH NJW 1961, 600, Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 39 Rn. 9, § 44 Rn.3 mit weiteren Nachweisen <> BGH VersR 1989, 758 <> BGHSt 10, 135 <> BGH NJW 1996, 1589 <> RGSt 25, 375 <> § 110 StGB Österreich <> BGHSt 11,1
"OIBOH
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
Mit freundlicher Genehmigung: European Wound Management Association (EWMA). Position Document. Management of Wound Infection. London: MEP Ltd, 2006. Available from www.ewma.org
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO 6&;JFHMFS
Mit der Entdeckung von Antibiotika in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts dachte man, das Problem von Wundinfektionen letztendlich gelöst zu haben. Durch das Auftauchen neuer, resistenter Keime in jüngerer Zeit gelangten topische Wundbehandlungen unter Einsatz von Silber, Iod, Maden und Honig wieder zu neuen Ehren, um Bakterien auf der Wundoberfläche zu kontrollieren und eine schnellere Heilung infizierter Wunden anzuregen. Der unkontrollierte Einsatz von Antiseptika führte jedoch zu neuen kontroversen Diskussionen. Dieses Positionsdokument über das »Management von Wundinfektionen« greift in direkter Folge die Thematik der letztjährigen Veröffentlichung auf, in der Kriterien für Infektionen bei verschiedenen Wundtypen aufgestellt wurden. Es soll denjenigen, die über die Behandlung infizierter Wunden zu entscheiden haben, eine klare Orientierungshilfe an die Hand geben. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die lokale Anwendung von antimikrobiell wirksamen Substanzen (mit Ausnahme der lokalen Anwendung von Antibiotika) gelegt. Alle vier Artikel beklagen den Mangel an in vivo erhobenen Daten für die Anwendung von topischen Antimikrobia bei infizierten Wunden. Dennoch nehmen die Autoren eine kritische Beurteilung der zur Verfügung stehenden Evidenz-basierten Hinweise vor und ziehen diese heran, um klinisch tätigen Ärzten Empfehlungen für die Behandlung zu geben (Hilfen zur praktischen Entscheidungsfindung).
* Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Facharzt für Chirurgie und Handchirurgie, Plastisch Ästhetische Chirurgie, Sporerstraße, Stuttgart, Deutschland.
Der erste Artikel von Vowden und Cooper beschreibt die vier Stadien der Infektion mit offensichtlichen und weniger offensichtlichen klinischen Symptomen, die als Grundlage für die Festlegung der Behandlungsstrategien dienen können. Es wird ein Behandlungsalgorithmus für den Einsatz von Antimikrobia mit entsprechendem Sekundärverband vorgestellt, auch wenn die langfristige Anwendung dieser Mittel nicht empfohlen wird. Aufgrund der großen Vielzahl von Bakterienspezies und deren Verhalten bei Wundinfektionen wird ein differenziert-optimiertes Wundmanagement propagiert. Eine kritische Indikationsstellung wird angeraten, wenn es um die Entscheidung über die Notwendigkeit von systemischen Antibiotika geht. Im zweiten Artikel von Maillard und Denyer wird der Wirkmechanismus von Silber auf Bakterien beschrieben und der Effekt auf verschiedene Spezies erläutert. Die Wirksamkeit der Anwendung von Silber auf infizierten Wunden wird aufgezeigt (insbesondere bei Pseudomonas aeruginosa), wenn auch der Wirkmechanismus bei Anaerobiern bislang nicht verstanden wird. Außerdem werden in der Arbeit weitere Faktoren wie Temperatur, pH-Wert oder Konzentration aufgeführt, die die Aktivität von Silber beeinflussen. Auch wird die Tatsache erwähnt, dass es inzwischen Resistenzen gegen Silber gibt. Topisch angewendete antimikrobiell wirksame Substanzen (Silber und Iod) spielen eine Rolle in der Behandlung von Druckgeschwüren 3. und 4. Grades, welche eine deutlich erhöhte Bakterienbelastung auf der Wundoberfläche aufweisen und sich häufig infizieren. Der Einsatz dieser Antimikrobia wird im dritten Artikel von Moore und Romanelli empfohlen. Diese betonen besonders die Bedeutung der Wahl des richtigen Verbandes, auch in Abhängigkeit von der Exsudatmenge, Wundgröße und Wundtiefe, Inkontinenz
etc., im Umgang mit solchen komplexen Wundverhältnissen. Die Anwendung topischer Antimikrobia bei bestimmten oberflächlich infizierten chirurgischen Wunden nach primärem Wundverschluss wird von Melling, Gould und Gottrup im letzten Beitrag dieses Positionsdokumentes diskutiert. Auch die vorbeugende Anwendung dieser Substanzen soll eine Infektion verhindern. Die Anwendung topischer Antibiotika gilt es zuvermeiden, da diese Überempfindlichkeitsreaktionen, Superinfektionen und Bakterienresistenzen hervorrufen können. Die Anwendungsgebiete für topische Antimikrobia werden in Abhängigkeit von der Häufigkeit des Verbandwechsels, der Wundgröße und Wundlokalisation, Schmerzen und den persönlichen Präferenzen des Patienten für eine bestimmte Verbandart vorgeführt.
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
Mit der Beurteilung einer infizierten Wunde ergeben sich spezielle Behandlungsstrategien, die zur Kontrolle der Bakterienbelastung verfolgt werden können. Wenn es das Ziel ist, die Wunde für eine sekundäre Wundheilung, eine Defektdeckung z. B. durch Hauttransplantation oder Lappenplastik vorzubereiten, muss zunächst die Bakterienbelastung unter Kontrolle gebracht werden. Die zunehmende Resistenz der Bakterien, vor allen bei offenen Wunden, wird uns in Zukunft vor große Probleme stellen. Deshalb sollte klar sein, wie ein adäquates Management von infizierten Wunden auszusehen hat. Weitere klinisch-evidente Daten sind deshalb dringend zu fordern. Nur der sensible und kontrollierte Umgang mit antimikrobiell wirksamen Substanzen auf den Wundoberflächen kann sicherstellen, dass diese Lokaltherapeutika auch weiterhin ihre Wirksamkeit behalten.
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
&JOJOUFHSBUJWFS"OTBU[GSEBT.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO 17PXEFOVOE3"$PPQFS
&JOMFJUVOH
Alle Wunden beherbergen Mikroorganismen, die Mehrzahl ist jedoch nicht infiziert. Das Spektrum der Wechselwirkungen zwischen der Mikrobengemeinschaft und dem Wirt kann allmählich einen Punkt erreichen, bei dem der Wundheilungsprozess behindert wird oder lokalisiert nachteilige Wirtseffekte in Gang gesetzt werden. Wenn sich dies ankündigt, ist eine unverzügliche Intervention angezeigt, um einer Infektion zuvorzukommen. Viele Probleme im Zusammenhang mit dem Auftreten und der erhöhten Prävalenz von Antibiotikaresistenzen sind erst entstanden, weil Antibiotika eingesetzt bzw. missbräuchlich eingesetzt wurden. Auch über Resistenzen gegen topische Mittel wurde berichtet [1]. Wenn also die derzeitig verfügbaren Antimikrobia wirksam bleiben sollen, muss deren Einsatz wohl überlegt erfolgen. Gegenstand dieser Arbeit sollen klinische Beobachtungs- und Managementstrategien sein, die im Vorfeld einer geeigneten antimikrobiellen Intervention zu verfolgen sind.
.JLSPCJPMPHJF
Es gilt zu erkennen, dass die Diagnose einer Wundinfektion klinisch zu stellen ist und dass Informationen über mikrobielle Spezies, die der praktizierende Arzt
1 Gastprofessor für Wundheilungsforschung, Universität Bradford, und Leitender Gefäßchirurg, Abteilung für Gefäßchirurgie, Bradford Royal Infirmary, Bradford, Großbritannien. 2 Dozentin für Mikrobiologie, Institut der Universität Wales, Cardiff (UWIC), Cardiff, Wales, Großbritannien.
vom Labor erhält, möglicherweise von nur geringem Wert sind, wenn sie nicht im Zusammenhang mit dem einzelnen Patienten gesehen werden [2]. Der Rat eines Labors sollte jedoch angemessenerweise dann eingeholt werden, wenn es darum geht, die Diagnose einer Infektion abzusichern, wenn eine antimikrobielle Intervention versagt hat, wenn ein Patient auf einen speziellen Organismus hin gescreent, d. h. ein Suchtest durchgeführt werden soll, oder wenn die Heilung nicht voranschreitet und alle anderen möglichen Einflussfaktoren bereits abgeklärt sind. Zur Laboranalyse eingeschickte Wundproben sind Abstriche, Eiter, Biopsien, Feinnadelaspirate und gelegentlich auch Wunddebris. Fragestellungen zur Probengewinnung wurden an anderer Stelle bereits diskutiert [3, 4]. Bakterien werden normalerweise aus Abstrichen isoliert, die von chronischen Wunden genommen werden; dabei können auch Hefen, Pilze oder Protozoen (selten) gefunden werden. Noch speziellere molekulare Techniken setzen auf die DNAAnalyse zum Nachweis weiterer Mikroben-Arten, die durch Routinemethoden möglicherweise nicht erfasst werden [5, 6]. Allerdings sollte nicht von jeder Wunde eine Probe zur Laboranalyse eingesendet werden. Die Kenntnis der Identität bestimmter in einer Wunde vorliegenden Mikroorganismen kann Fragen zur Vorgehensweise beantworten helfen: ■ bei Vorliegen einer systemischen Infektion kann die Feststellung der Empfindlichkeitsmuster von Antibiotika von Nutzen sein; ■ beta-haemolysierende Streptokokken oder Pseudomonas-Arten haben nachteilige Effekte auf Hauttransplantate und müssen daher vor einem operativen Eingriff eradiziert werden; ■ bestimmte Bakterienkombinationen (z. B. Escherichia coli und Bacteroides fragilis) können Synergie-
Effekte hervorrufen, so dass diese trotz möglicherweise niedriger Keimzahlen zusammen ein erhebliches klinisches Infektionspotential besitzen [7]; ■ hat sich ein Antibiotika-resistenter Stamm (z. B. MRSA) eingenistet, kann eine Isolierung oder Dekontamination des Patienten vor Einleitung einer weiteren Behandlung angezeigt sein. ,FSOQVOLUF
1. Wundmanagement-Strategien müssen darauf abzielen, optimale Bedingungen zur Förderung einer raschen Heilung zu schaffen. 2. An topische antimikrobielle Therapien sollte gedacht werden, wenn der Verdacht besteht, dass sich eine offensichtliche Infektion entwickelt oder wenn beobachtet wird, dass der Heilungsverlauf zu einem Stillstand kommt. 3. Die Langzeitanwendung antimikrobieller Substanzen ist zu vermeiden. 4. Der Antibiotikaeinsatz sollte auf spezielle klinische Situationen (z. B. offensichtliche Infektionen) beschränkt bleiben und nur gegen empfindliche Organismen eingesetzt werden. 5. Der Wundstatus muss regelmäßig überprüft werden und die Vorgehensweise in der Behandlung entsprechend geändert werden, wenn kein Heilungsfortschritt erzielt wird.
8BOOJTUFJOF*OUFSWFOUJPOBOHF[FJHU
An eine mikrobielle Beteiligung bei verzögerter Wundheilung ist zu denken, wenn andere Ursachen zuvor sicher ausgeschlossen werden konnten. Produkte bestimmter Mikroben-Spezies beeinträchtigen bekanntermaßen die Wundheilung wie z. B. das von Pseudomonas aeruginosa gebildete Exotoxin A [8],
"CC ,MJOJTDIF4UBEJFO[VS&SNJUUMVOHFJOFSUIFSBQFVUJTDIFO 4USBUFHJF
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
das aus den Zellwänden abgestorbener gram-negativer Bakterien freigesetzte Endotoxin und die destruktiven Enzyme von Staphylokokken, Streptokokken, Pseudomonaden und Anaerobiern. Auch spricht einiges dafür, dass das Vorliegen gemischter Gemeinschaften von Organismen die Wundheilung indirekt behindern könnte, indem eine chronische Entzündungsreaktion unterhalten wird [7]. Es konnte gezeigt werden, dass die antimikrobielle Intervention die einer Heilung im Wege stehenden Hindernisse bei solchen Wunden beseitigt [9, 10]. Ob es gerechtfertigt ist auf die Zahlenstärke mikrobieller Zellen zurückzugreifen, um zu entscheiden, ob eine Infektion vorliegt oder nicht, wurde in Frage gestellt weil sich in Wunden auch riesige Keimpopulationen nachweisen lassen, ohne dass eine offensichtliche Infektion vorliegt [11]. Dennoch gibt es durchaus gute Gründe für eine Reduzierung der Keimzahl, um der Entwicklung einer Wundinfektion vorzubeugen [12]. Die Problematik besteht darin, dass sich derzeit die Einflüsse von Mikroben auf die Heilung nicht mittels Routinetests ermitteln lassen. Eine Wundverschlechterung oder ein Stillstand des Heilungsprozesses sind Merkmale für eine Wundinfektion. Daher ist die Heilungsrate in Zusammenhang mit subtilen oder offensichtlichen Zeichen einer Infektion für die Entscheidungsfindung über eine Intervention hilfreich. ,MJOJTDIF4UBEJFO Kriterien für das Erkennen einer Infektion im Frühstadium wurden im Positionsdokument des Jahres 2005 des Europäischen Wundbehandlungsverbandes (European Wound Management Association, EWMA) kurz dargestellt und diskutiert [13]. Durch Heranziehen dieser Frühzeichen lässt sich ermitteln, in welchem klinischen Stadium sich eine Infektion befindet und eine entsprechende therapeutische Strategie einschlagen (Abb. 1). Jedes Stadium erfordert eine andere
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
"CC "MHPSJUINVTGSEJF#FIBOEMVOHWPO8VOEJOGFLUJPOFO
Behandlungsstrategie und lässt sich sowohl auf infizierte akute als auch chronische Wunden anwenden. In Stadium 1 ist eine antimikrobielle Intervention eindeutig nicht nötig. Wundverbandregime sollten so konzipiert werden, dass sie den Grundsätzen der feuchten Wundheilung folgen. Dabei sind Produkte zu wählen, die optimal auf die Symptome der Patienten zugeschnitten sind und dabei gleichzeitig die Wundheilung fördern. Ziel in Stadium 2 muss es sein, dem Übergang zu einer offensichtlichen Infektion schnellstmöglich vorzubeugen und den Patienten dann wieder auf einfache Verbände zurückzusetzen, die die feuchte Wundheilung unterstützen. Bei diesen Wunden, akut oder chronisch, können topische Antimikrobia einen Platz in der Wiederherstellung des Bakteriengleichgewichts haben. Wunden der Stadien 3 und 4 erfordern einen entsprechenden Einsatz systemischer Antibiotika, möglicherweise auch in kombinierter Anwendung mit topischen Antimikrobia, wenn die Wunde offen ist und das Wundbett saniert werden muss.
.BOBHFNFOU
Das in Abb. 2 dargestellte Behandlungsschema gibt eine Anleitung für die Vorgehensweise in der Behandlung potentieller und offensichtlicher Infektionen. Die dieser Anleitung zugrundeliegenden Prinzipien sollen: ■ eine optimale Umgebung zur Förderung einer raschen Wundheilung schaffen; ■ den Einsatz von sich möglicherweise auf menschliche Zellen nachteilig auswirkenden antimikrobiellen Substanzen so gering wie möglich halten; ■ einen angemessenen Einsatz antimikrobieller Substanzen bewirken, um die Selektion resistenter Stämme zu reduzieren; ■ den Einsatz systemischer Mittel auf Fälle begrenzen, wo diese spezifisch angezeigt sind; ■ eine topische Sensibilisierung oder allergische Reaktionen vermeiden.
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
"OGPSEFSVOHFOBOEFO7FSCBOE Wenn eine Reduktion der mikrobiellen Belastung erforderlich ist, müssen bei der Wahl des antimikrobiellen Verbandes auch die primären und sekundären Erfordernisse berücksichtigt werden. Die Entscheidung ist davon abhängig zu machen, ob der Verband ein vermehrtes Exsudatvolumen aufnehmen, nekrotisches Gewebematerial entfernen, üblen Geruch reduzieren, sich den anatomischen Verhältnissen sowie der Form der Wunde gut anpassen, Funktionen zur Wundbettvorbereitung übernehmen sowie die Erwartungen des jeweiligen Patienten und die Behandlungsziele erfüllen kann. Wie bei allen Wunden ist es wichtig, das Wundbett und das umgebende Gewebe häufig einer erneuten Untersuchung zu unterziehen und auf Zeichen einer sich ausbreitenden oder systemischen Infektion hin zu kontrollieren. Wenn sich die Wunde bessert und sich die Zeichen einer Infektion zurückbilden, sollte die Therapie beendet und eine feuchte Wundheilung entsprechend der lokal gültigen Behandlungsprotokolle angestrebt werden. Wenn sich die Wunde weiter verschlechtert oder wenn sich innerhalb von sieben bis 10 Tagen keine Besserung zeigt, sollte eine erneute Untersuchung von Wunde und Patient erfolgen, wobei auch an alternative Ursachen für die Verschlechterung (wie z. B. eine Ischämie) zu denken ist und nachgeforscht werden sollte, ob nicht möglicherweise eine immunkompromittierende Problematik vorliegt. Wenn eine Infektion nach wie vor als wahrscheinlich angenommen wird, sollten alternative antimikrobielle und/oder antibiotisch wirksame Substanzen entsprechend der Keimkultur und den Sensitivitätsergebnissen ausgewählt werden.
"VTXBIMUPQJTDIFS"OUJNJLSPCJB
Das über allem stehende Ziel muss immer sein, optimale Voraussetzungen für die Förderung einer raschen Wundheilung zu schaffen. Bei der Auswahl antimikrobieller Substanzen zur Reduktion oder Eradikation von Mikroorganismen muss die Wahl durch die Spezifität und Wirksamkeit des Mittels, dessen Zytotoxizität gegenüber menschlichen Zellen, dessen Potential zur Selektion resistenter Stämme und dessen Allergenizität beeinflusst werden. Die Bandbreite der heute zum Einsatz kommenden topischen Antimikrobia beinhaltet Chlorhexidin, iodhaltige Produkte (Cadexomeriod und Povidoniod) sowie silberhaltige Produkte (Silbersulfadiazin und Verbände mit Silberimprägnierung). Ein weiteres Mittel zur Senkung der Mikrobenlast ist die Anwendung von Maden. Diese beseitigen nicht nur die Bakterien [14–16], sondern führen auch ein Wunddebridement durch [17] und tragen so mit zur Wundheilung bei [16, 18]. Die Beseitigung gram-positiver Bakterien durch Larven erfolgt effizienter als die Beseitigung gram-negativer Bakterien [19], so dass also für eine mit gram-negativen Bakterien infizierte Wunde möglicherweise eine höhere Zahl von Maden erforderlich sein könnte. Auch Honig wirkt antimikrobiell und wundreinigend. Zudem trägt er zur Geruchskontrolle bei [20]. Die Verfügbarkeit von mit dem »CE«-Prüfzeichen ausgezeichneten honighaltigen Wundpflegeprodukten hat das Interesse der Fachwelt geweckt. Tabelle 1 bietet einen Vergleich der üblicherweise Anwendung findenden Antimikrobia.
8JSLTBNLFJU Evidenz-basierte Hinweise zur klinischen Wirksamkeit topischer Antimikrobia sind aufgrund der großen Bandbreite von unterschiedlichen Wundtypen, der 5BCFMMF 7FSHMFJDIEFSCMJDIFSXFJTFWFSXFOEFUFO"OUJNJLSPCJB
"OUJNJLSPCJFMMF&JHFOTDIBGUFO HSBNQPT
HSBNOFH
1JM[F
&OEPTQPSFO
7JSFO
3FTJTUFO[
$IMPSIFYJEJOF< >
)POJH<>
*PE< >
.BEFO<° >
/%
/%
/%
4JMCFS< >
/%
/%LFJOF%BUFOWFSGHCBS
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
Vielfalt der verfügbaren Produkte und der Kosten klinischer Studien in gewissem Sinne nur beschränkt aussagekräftig. Fallberichte, Kohortenstudien und randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) tragen zum Erkenntnisgewinn bei, die höchste Aussagekraft kommt jedoch einem systematischen Review der RCTs zu. Allerdings wird mit den Schlussfolgerungen aus diesen Studien häufig die Qualität der klinischen Hinweise in Frage gestellt, indem sie nämlich das Studiendesign von seinem Aufbau her kritisieren. MetaAnalysen haben die Unzulänglichkeit der Hinweise für die Wirksamkeit topischer Mittel abgesehen von Silbersulfadiazin in der Behandlung chronischer Wunden gezeigt [21].
Zytokine durch humane Zellen spricht für ihr Potential zur Beeinflussung der für die Heilung wichtigen Zellen [25, 26]. Unterschiedliche Wirkungen topischer Antimikrobia auf die Heilungsraten zeigen ebenfalls einen Einfluss [9, 10, 27]. Ein Vergleich von Honig mit Povidoniod ergab schnellere Heilungszeiten für Iodverbände nach komplettem Nagelverlust, aber keinen signifikanten Unterschied bei einer operativen Teilentfernung des Zehennagels [28]. In jüngerer Zeit mehren sich die Hinweise für die Wirkung von Silberverbänden in der Behandlung chronischer Wunden [29–31], aber bislang wurden in keiner Studie zwei antimikrobiell wirksame Verbände verglichen. "OUJNJLSPCJB
4QF[J¾UjU Viele der genannten Substanzen finden seit jeher Anwendung in der Behandlung von Wunden, moderne Formulierungen zielen jedoch darauf ab, in der Wundumgebung nur relativ geringe Konzentrationen des Wirkstoffs freizusetzen, um der früheren Kritik an schmerzhaften, zu Irritationen und Verfärbungen führenden Behandlungen effektiv zu begegnen. Prophylaktisch bei traumatischen Wunden oder präoperativ auf intakter Haut zum Einsatz kommende Mittel (wie Povidoniod oder Chlorhexidin) haben möglicherweise nur relativ kurze Kontaktzeiten, wohingegen Antimikrobia, die bereits in Verbände integriert sind, längere Kontakt- und damit Einwirkzeiten haben können. In Labortests konnte gezeigt werden, dass alle ein breites Spektrum von Bakterien sowie bestimmte Pilzarten und einige Viren hemmen, aber nur Iod wirkt sporenabtötend [1, 22]. Für alle konnte gezeigt werden, dass sie antibiotikaresistente Bakterienstämme hemmen [1, 22]. Im Vergleich zu der in vitro-Wirkung von Povidoniod und Chlorhexidin gegen MRSA hemmte Iod alle 33 getesteten Stämme, Chlorhexidin jedoch nur drei [23]. Über Povidoniod wurde berichtet, dass es Biofilme hemmt. Eine in vitro-Studie verglich die Wirkung von vier Antiseptika gegen Biofilme auf Teflonchips: eine 10 %ige Lösung von Povidoniod führte bereits nach 10-minütiger Einwirkzeit zu einer signifikanten Reduktion lebender Zellen, wohingegen für die anderen Antiseptika (unter anderem Chlorhexidin) auch nach 60minütiger Einwirkzeit keine Reduktion der Bakterienzahl festzustellen war [24]. Die Fähigkeit einiger antimikrobieller Wirkstoffe zur Modulierung der Sekretion proinflammatorischer
Antimikrobia sind Substanzen, die Mikroorganismen entweder abtöten oder deren Wachstum und Teilung hemmen. Zu den antimikrobiell wirksamen Mitteln zählen Antibiotika (die an speziellen Stellen auf Zellebene ansetzen), Antiseptika, Desinfektionsmittel und sonstige Substanzen (die an multiplen Stellen auf der zellulären Ebene ansetzen).
/FCFOXJSLVOHFO
Ein weiterer Faktor mit Einfluss auf die Wahl eines topischen Antimikrobiums ist das Nebenwirkungspotential. Antimikrobia können potentiell auch das Wachstum menschlicher Zellen hemmen und deshalb möglicherweise auch die Heilung negativ beeinträchtigen. Hypochlorit ist besonders gewebetoxisch [32]. Keine Mittel scheinen von solchen potentiellen Wirkungen völlig frei zu sein, obwohl es hier normalerweise selten zu Problemen kommt. Der ausgedehnte Einsatz von Antimikrobia ist auch mit dem Risiko einer Selektion resistenter Stämme verbunden. Die Entwicklung von Antiseptikaresistenzen wurde bereits bei bestimmten Substanzen wie Chlorhexidin beobachtet [1]. Sorge bereitet auch die Resistenzentwicklung gegen anorganische Ionen wie Silber [33], wobei der hier zugrundeliegende Mechanismus erstmals 1998 dokumentiert wurde 1998 [34]. Eine Resistenzentwicklung gegen Iod und Honig konnte bislang nicht gezeigt werden.
4DIMVTTGPMHFSVOH
Derzeit kann der Einsatz topischer Antimikrobia nicht uneingeschränkt und ohne weiteres empfohlen wer-
den. Die Anwendung von antimikrobiell wirksamen Substanzen ist dann als missbräuchlich anzusehen, wenn damit keine Reduktion der Mikrobenbelastung beabsichtigt wird. Mit der Literatur befasste und aktiv forschende Wissenschaftler scheinen sich einig zu sein, dass in klinischen Studien spezifischere Endpunkte festgelegt werden sollten und dass größere auswertbare Patientenzahlen benötigt werden. Da mit steter Regelmäßigkeit neue Erkenntnisse veröffentlicht werden, ist der Stand der Dinge von Zeit zu Zeit zu überdenken. Insofern bleibt abzuwarten, welche Erkenntnisse das noch laufende Cochrane-Review zur Wirksamkeit von Verbänden und/oder topischen Mitteln in der Behandlung von Druckulcera, Ulcus cruris, Verbrennungen, pilzbesiedelten und postoperativen Wunden liefern wird.
-JUFSBUVS <> McDonnell G, Russell AD (1999) Antiseptics and disinfectants: activity, action, and resistance. Clin Microbiol Rev 12(1): 147–79 <> Schmidt K, Debus ES, St Jessberger et al (2000) Bacterial population of chronic crural ulcers: is there a difference between the diabetic, the venous, and the arterial ulcer? Vasa 29(1): 62– 70 <> Gilchrist B (1996) Wound infection. 1. Sampling bacterial flora: a review of the literature. J Wound Care 5(8): 386–88 <> Slater RA, Lazarovitch T, Boldur I et al (2004) Swab cultures accurately identify bacterial pathogens in diabetic foot wounds not involving bone. Diabet Med 21: 705–09 <> Redkar R, Kalns J, Butler W et al (2000) Identification of bacteria from a non-healing diabetic foot wound by 16S rDNA sequencing. Mol Cell Probes 14: 163–69 <> Davies CE, Hill KE, Wilson MJ et al (2004) Use of 16S ribosomal DNA PCR and denaturing gradient gel electrophoresis for analysis of the microfloras of healing and nonhealing chronic venous leg ulcers. J Clin Microbiol 42: 3549–57 <> Percival S, Bowler PG. Understanding the effects of bacterial communities and biofilms on wound healing. www.worldwide wounds.com/2004/july/Percival/Community-InteractionsWounds.html (accessed 2 February 2006) <> Heggers JP, Haydon S, Ko F et al (1992) Pseudomonas aeruginosa exotoxin A: its role in retardation of wound healing. J Burn Care Rehabil 13(5): 512–18 <> Sibbald RG, Browne AC, Coutts P et al (2001) Screening evaluation of an ionized nanocrystalline silver dressing in chronic wound care. Ostomy Wound Manage 47: 38–43 <> Fumal I, Braham C, Paquet P et al (2002) The beneficial toxicity paradox of antimicrobials in leg ulcer healing impaired by a polymicrobial flora: a proof-of-concept study. Dermatology; 204(Suppl 1): 70–74 <> Bowler PG (2003) The 105 bacterial growth guideline: reassessing its clinical relevance in wound healing. Ostomy Wound Manage 49: 44–53
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO <> Lyman LR, Tenery JH, Basson RP (1970) Correlation between decrease in bacterial load and rate of wound healing. Surg Gynecol Obstet (April): 616–21 <> European Wound Management Association (EWMA) (2005) Position Document: Identifying criteria for wound infection. London: MEP Ltd <> Thomas S, Andrews AM, Hay NP et al (1999) The anti-microbial activity of maggot secretions: results of a preliminary study. J Tissue Viability 9: 127–32 <> Beasley WD, Hirst G (2004) Making a meal of MRSA – the role of biosurgery in hospitalacquired infection. J Hosp Infect 56: 6–9 <> Horobin AJ, Shakesheff KM, Woodrow S et al (2003) Maggots and wound healing: an investigation of the effects of secretions from Lucilia sericata larvae upon interactions between human dermal fibroblasts and extracellular matrix components. Br J Dermatol 148(5): 923–33 <> Armstrong DG, Salas P, Short B et al (2005) Maggot therapy in “lower-extremity hospice” wound care: fewer amputations and more antibiotic-free days. J Am Podiatr Med Assoc 95: 254– 57 <> Horobin AJ, Shakesheff KM, Pritchard DI (2005) Maggots and wound healing: an investigation of the effects of secretions from Lucilia sericata larvae upon the migration of human dermal fibroblasts over a fibronectin-coated surface. Wound Repair Reg 13: 422–33 <> Steenvoorde P, Jukema GN (2004) The antimicrobial activity of maggots: in-vivo results. J Tissue Viability 14(3): 97–101 <> Molan PC (2002) Re-introducing honey in the treatment of wounds and ulcers – theory and practice. Ostomy Wound Manage 48(11): 28–40 <> O’Meara SM, Cullum NA, Majid M et al (2001) Systematic review of antimicrobial agents used for chronic wounds. Br J Surg 88(1): 4–21. <> Cooper R. A review of the evidence for the use of topical antimicrobial agents in wound care. www.worldwidewounds. com/2004/february/Cooper/Topical-Antimicrobial-Agents. html (accessed 2 February 2006) <> McLure AR, Gordon J (1992) In-vitro evaluation of povidoneiodine and chlorhexidine against methicillin-resistant Staphylococcus aureus. J Hosp Infect 21: 291–99 <> Kunisada T, Yamada K, Oda S, et al (1997) Investigation on the efficacy of povidone-iodine against antiseptic-resistant species. Dermatology 195 (Suppl 2): 14–18. 25 <> Tonks AJ, Cooper RA, Jones KP et al (2003) Honey stimulates inflammatory cytokine production from monocytes. Cytokine 21(5): 242–47 <> Moore K, Thomas A, Harding KG (1997) Iodine released from the wound dressing Iodosorb modulates the secretion of cytokines by human macrophages responding to bacterial lipopolysaccharide. Int J Biochem Cell Biol 29: 163–71 <> Kjolseth D, Frank JM, Barker JH et al (1994) Comparison of the effects of commonly used wound agents on epithelialization and neovascularization. J Am Coll Surg 179: 305–12 <> Marshall C, Quenn J, Manjojoran J (2005) Honey vs povidone iodine following toenail surgery. Wounds UK 1(1): 10–18 <> Jørgensen B, Price P, Andersen KE et al (2005) The silver-releasing foam dressing, Contreet foam, promotes faster healing of critically colonised venous leg ulcers: a randomised, controlled trial. Int Wound J 2(1): 64–73.
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO <> Meaume S, Vallet D, Morere MN et al (2005) Evaluation of a silver-releasing hydroalginate dressing in chronic wounds with signs of local infection. J Wound Care 14: 411–19 <> Coutts P, Sibbald RG (2005) The effect of a silver-containing Hydrofiber® dressing on superficial wound bed and bacterial balance of chronic wounds. Int Wound J 2(4): 348–55 <> Leaper DJ. EUSOL. BMJ 1992; 304: 930–31
<> Silver S, Phung le T (2005) A bacterial view of the periodic table: genes and proteins for toxic inorganic ions. J Ind Microbiol Biotechnol 32: 587–605 <> Percival SL, Bowler PG, Russell D (2005) Bacterial resistance to silver in wound care. J Hosp Infect 60(1): 1–7
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
&OUNZTUJ¾[JFSVOHWPO4JMCFS +:.BJMMBSEVOE41%FOZFS
&JOMFJUVOH
Silberionen (in einer Konzentration von 10–9 bis 10–6 mol/l) wirken bakterizid, fungizid, viruzid und protozoizid [1, 2]. Dieser Breitspektrumeffekt hat Vorteile in der topischen Behandlung. Obwohl Silber seit vielen Jahrhunderten und in der Wundbehandlung schon seit langem Anwendung findet, werden seine bakteriziden Wirkmechanismen immer noch nicht vollständig verstanden [1]. Inzwischen nimmt Silber eine herausragende Stellung in der Wundversorgung ein. Schon allein deshalb erscheint es angemessen, diese Substanz genauer unter die Lupe zu nehmen und die verschiedenen Wirkmechanismen, Beweggründe für die Anwendung sowie die potentiellen Unzulänglichkeiten von Silber als Vertreter der Antimikrobia zu beleuchten. "VGOBINFJOEJF;FMMF Um seine Wirkung entfalten zu können, muss Silber in direkten Austausch mit Mikroorganismen treten und in diese eindringen können, um an die Zielstellen auf zellulärer Ebene zu gelangen. Es wird angenommen, dass Silberionen möglicherweise mit anderen Kationen um die Aufnahmestellen auf der Zelle konkurriert [3]. Bakterienzellen besitzen in der Regel zwei Arten von Aufnahmesystemen für Schwermetallionen [4]: ein unspezifisches System (das viele Arten von Ionen durch die Zellmembran schleust) und ein Substratspezifisches System (das nur einen Ionentyp oder
1 Leitender Dozent für Pharmazeutische Mikrobiologie; Universität Cardiff, Cardiff, Wales, Großbritannien. 2 Leiter des Institutes und Professor für Pharmazie; Welsh School of Pharmacy, Universität Cardiff, Cardiff, Wales, Großbritannien.
ausgewählte Ionen transportiert), die von der Zelle unter bestimmten Bedingungen ein- und ausgeschaltet werden können. Obwohl für Silberionen nicht hinreichend dokumentiert, kann es durchaus sein, dass die Bakterienzelle den Transport von Metallionen in das Zytoplasma nicht stoppen kann (weil unspezifische Transport-Funktionen nicht abgeschaltet werden können). Dies würde die zytotoxische Wirkung von Schwermetallen gegen Bakterien erklären [4]. Die gegenüber Silbernitrat erhöhte Wirksamkeit von Silbersulfadiazin kann möglicherweise durch die scheinbar höhere Aufnahme von Silber bei Anwesenheit von Sulfonamid erklärt werden [3]. "LUJWJUjUBVG.PMFLMFCFOF Einflussnahme auf die Zellatmung Die Aktivität von Silber auf Molekülebene erklärt sich durch dessen starke Affinität zu Elektronendonorgruppen, die Schwefel, Sauerstoff und Stickstoff enthalten. Diese ruft eine Hemmung der bakteriellen Enzyme hervor und nimmt so Einfluss auf die Zellatmung [5]. Die Wechselwirkung von ionischem Silber mit Thiolgruppen lässt sich insbesondere durch die Inaktivierung von Silberionen mit Aminosäuren wie Cystein und Natriumthioglycolat zeigen [6].
Unterbrechung der DNA-Transkription Ionisches Silber bildet Komplexe mit Nukleinsäurebasen [7], wenn es auch in vitro zu keiner Verklumpung kommt und auch die Doppelhelix nicht aufgebrochen wird. Ob es hingegen in vivo zu einer Verklumpung des Silbers in der Wunde kommt, muss in weiteren Forschungsarbeiten noch geklärt werden. Bei dem Hauptwirkmechanismus von Silber in vivo soll es sich um eine irreversible Reaktion mit DNA-Basen handeln, obgleich dies unwahrscheinlich erscheint,
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
zumal Silber vorzugsweise mit externen Substanzen interagiert, was sich durch grobe Strukturveränderungen wie Oberflächen- und Membranblasen manifestiert [1, 8, 9]. Die Zahl der beteiligten Zielstellen und das Ausmaß der Schädigung sind mitverantwortlich dafür, wie vernichtend die Wirkung insgesamt ausfallen wird.
8JSLTBNLFJU
Wie bei vielen Bioziden wird die Wirksamkeit von Silber durch verschiedene Faktoren beeinflusst, die wesensinhärent oder durch die Anwendung bedingt sein können. .JLSPPSHBOJTNFOUZQFO Ionisches Silber hat ein breites Wirkungsspektrum (es ist bakterizid, fungizid, viruzid und protozoizid), wenngleich resistentere Mikroorganismen wie Sporen, Zysten und Mykobakterien weniger oder gar nicht inaktiviert werden [1]. Es ist hinreichend bekannt, dass Silbernitrat eine starke Aktivität gegen Pseudomonas aeruginosa, aber nicht zwingend auch so stark gegen andere Mikroorganismen zeigt. In frühen Arbeiten über Silbernitratkompressen berichteten Cason et al. darüber, dass Silbernitrat die Besiedelung mit Staphylococcus aureus oder coliformen Stäbchenbakterien im Vergleich zu anderen prophylaktisch eingesetzten Antiseptika nicht signifikant reduzieren konnte [10]. Es liegen verhältnismäßig wenige Informationen über die Wirkung von Silber und silberhaltigen Produkten gegen Anaerobier vor [11], obwohl diese Organismen in chronischen Wunden zu finden sind [12]. Für die Kombination von Silber und einem Sulfonamid konnte nachweislich eine synergistische Wirkung gegen verschiedene vegetative Bakterien gezeigt werden, die gemeinhin mit Verbrennungsinfektionen assoziiert sind [3]. Außerdem könnte die Verwendung bestimmter Verbandstypen (z. B. silberhaltige Hydrofiber®) die Beseitigung und Inaktivierung von Mikroorganismen durch Komplexbildung (Retention) innerhalb der Verbandsmatrix fördern [13]. ;ZUPUPYJ[JUjU Die Anwendung früher Silberformulierungen wie Lösungen und Cremes für die Behandlung offener Wunden war assoziiert mit verschiedenen unerwünschten Wirkungen (siehe Kasten, rechts). Es wurde erkannt, das die Anwendung von Silbercremes und -salben mit einer gewissen Zytotoxizität verbunden ist [14]. Die in
vitro-Keratinozytentoxizität wurde in einigen Studien mit silberhaltigen Verbänden beschrieben [18], nicht jedoch in anderen [19], was darauf hindeutet, dass die Wahl des Keratinozytenzelltyps und die angewandte Methodik wichtig sind. In vivo-Studien und klinische Beurteilungen solcher Silberverbände zeigten keine Gewebetoxizität [20]. Die Zytotoxizität von Silbersulfadiazin ist assoziiert mit der Freisetzung des Sulfonamids und nicht des Silbers, und es wurde mit schweren Blut- und Hautstörungen in Verbindung gebracht (Brennen, Jucken und Hautausschläge). Auch eine Leukopenie und Argyrie (Hautverfärbung infolge einer elementaren Silberablagerung) wurden beobachtet [21]. Eine Studie des Jahres 2002 berichtete eine erhöhte Produktion von S. aureus-Toxin im Rahmen eines Toxic-Shock-Syndroms infolge einer Exposition gegenüber niedrigen Konzentrationen von Silbersulfadiazin [22]. Auch wenn dies Anlass zu Sorge bietet, ist nicht klar, ob es überhaupt von klinischer Relevanz ist. ,PO[FOUSBUJPO Einer der wichtigsten Faktoren für die Wirksamkeit eines Biozids ist dessen Konzentration [23]. Silber hat einen niedrigen Konzentrationsexponenten, was bedeutet, dass es auch noch verdünnt seine Wirksamkeit behält. Jedoch ist Silber schlecht wasserlöslich und demzufolge wurden irreführende Aktivitätsniveaus berichtet [24]. "ETPSQUJPO 1Sj[JQJUBUJPOVOEPSHBOJTDIF#FMBTUVOH Silberionen werden rasch an Oberflächen adsorbiert, vermutlich durch Wechselwirkungen mit negativ geladenen Stellen [7], und die Aufnehmbarkeit nimmt bei Anwesenheit von Chloriden, Phosphaten, Sulfiden und hartem Wasser ab. Theoretisch könnte die organische Belastung von proteinhaltigen Körperflüssigkeiten (oder die Verunreinigung durch Eiter) einen wichtigen Faktor für die Wirksamkeit von Silber darstellen. Die maximale in einer physiologischen Umgebung in vitro aufnehmbare Menge Silber wurde mit circa 1µg/ml angegeben [25]. Konzentrationen, die darüber hinausgehen dienen wahrscheinlich lediglich als Reserve gegen eine Ionenverarmung in Lösung. In höherer Konzentration bilden Silberionen einen Komplex mit Anionen, vorwiegend Chlorid, um ein unlösliches inaktives Silbersalz zu bilden [25]; es liegen keine Hinweise darauf vor, dass Silber oder Silbersalze in trockenem Zustand aktiv sind. Die nachhaltige Wirksamkeit einer Formulierung hängt von der Bioverfügbarkeit der Silberionen ab und
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
als solches ist das Freisetzungsvehikel von vorrangiger Bedeutung, um eine langsame und auch nachhaltige Abgabe von Silber zu garantieren. In den meisten silberhaltigen Verbänden ist Silber in hohen Konzentrationen enthalten. Die Entwicklung von silberhaltigen Verbänden hat, in einigen Fällen, die kontrollierte Freisetzung von Silber erlaubt, und somit die Aktivität bei gleichzeitiger Kontrolle potentiell toxischer Wirkungen und Nebenwirkungen sichergestellt. Die Geschwindigkeit der Freisetzung und Ablagerung wird kontrolliert durch die Hydration [26]. Es gilt zu bedenken, dass Verbände, auch silberhaltige, als Barriere gegen eine Wundkontamination dienen, aber sie können Mikroorganismen, die eine Wunde bereits besiedeln, nicht eliminieren. Der hohe Grad der Silberreaktivität könnte sein Eindringen in das Wundbett beeinträchtigen, was dann Relevanz erhält, wenn Bakterien in tiefer liegenden Gewebeschichten angesiedelt sind [27]. 5FNQFSBUVSVOEQ) Ein Anstieg der Temperatur erhöht die bakterizide Aktivität. Daher kann die Testung der in vitro-Aktivität bei Raumtemperatur möglicherweise eine geringere Wirksamkeit zeigen als die Testung bei einer höheren Hauttemperatur. Die Aktivität nimmt auch bei einem /FHBUJWF8JSLVOHFOWPO4JMCFS
■ ■ ■ ■ ■ ■ ■
Zytotoxizität [14] Verfärbungen von Haut und Textilien Methaemoglobinaemie Störung des Elektrolythaushaltes [15] Verzögerung der Wundheilung [16] Längere Wundschorfabsonderungszeit [10] Inaktivierung von enzymdebridierenden Mitteln [17]
alkalischen pH zu, obgleich bestimmte Kombinationen (z. B. Silbersulfadiazin) bei einem alkalischen pH instabil werden. Der pH-Wert der Haut ist in der Regel sauer, obgleich eine bakterielle Kontamination und ein Bakterienwachstum hier zu Verschiebungen führen können [28]. Faktoren, die die Aktivität von Silber beeinflussen, sind in Tabelle 1 aufgeführt.
4JMCFSGSEBT.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
Das Anlegen silberhaltiger Verbände im Management chronischer Wunden findet zunehmend breite Anwendung. Eine frühe Studie zeigte, dass der Einsatz von Silbernitrat zu einem höheren Anteil erfolgreicher Transplantate im Vergleich zu anderen prophylaktisch eingesetzten Antiseptika führt [29]. Es liegen auch Hinweise darauf vor, dass Silber möglicherweise entzündungshemmende Eigenschaften hat, weil es die Metalloproteinaseaktivität herunterreguliert, welche in chronischen Wunden erhöht sein kann [30]. Allerdings gibt es einen Mangel an hochqualitativen Studien, obwohl Verbände weltweit breite Anwendung finden [31, 32]. Fortschritte bei den Imprägnationstechniken und Polymertechnologien haben in jüngerer Zeit zu einem gesteigerten Interesse an Verbänden auf Silberbasis geführt. Diese modernen Produkte wurden auf der Grundlage unseres Verständnisses der Eigenschaften von Silber entwickelt, insbesondere der Wechselwirkungen zwischen Silber und dem Verband sowie zwischen dem Verband und der Wunde. Sie zielen darauf ab, die Bedingungen für eine Wundheilung primär über die Kontrolle der Biobelastung in der Wunde zu verbessern. Maßnahmen zur Verbesserung der Wirksamkeit von Silberverbänden in der Wundversorgung sind:
5BCFMMF 'BLUPSFO EJFEJF"LUJWJUjUWPO4JMCFSJOEFS"OXFOEVOHBVGPGGFOFO8VOEFOCFFJO¿VTTFO
.JLSPPSHBOJTNFO
8JSLTBNLFJUIjOHUWPOEFS"SUEFT.JLSPPSHBOJTNVTBC TJFIF5FYU
5PYJ[JUjU
&JOFHFXJTTF;ZUPUPYJ[JUjUJTUVOWFSNFJECBSBVGHSVOEEFSVOTQF[J¾TDIFO8JSLVOHWPO4JMCFS
,PO[FOUSBUJPO
"LWJUJUjU EJFEVSDI7FSEOOVOHBVGHSVOEEFTHFSJOHFO,PO[FOUSBUJPOTFYQPOFOUFOOJDIUXFTFOUMJDICF FJO¿VTTUXJSE
"ETPSQUJPO
3BTDIF"VGOBINFCFSCFTUJNNUF0CFS¿jDIFO
1Sj[JQJUBUJPO
3BTDIF"VTGjMMVOHCFJ,PNCJOBUJPONJU$IMPSJE 1IPTQIBUVOE4VM¾E XBTFGGFLUJWEJF.FOHFEFTWFSGH CBSFO EIBVGOFINCBSFO 4JMCFSTSFEV[JFSU
0SHBOJTDIF#FMBTUVOH %VSDI7FSVOSFJOJHVOH [#1SPUFJOF TUBSLCFMBTUFUF,PO[FOUSBUJPO 5FNQFSBUVS
1SP"OTUJFHVN$TUFJHUEJF"LUJWJUjUVNFJOFO'BLUPSWPO
Q)
&SIzIUF"LUJWJUjUCFJBMLBMJTDIFNQ) NBODIF,PNCJOBUJPOFOLzOOFOCFJBMLBMJTDIFNQ)JOTUBCJMTFJO
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
■ die Entwicklung von Verbänden, die übermäßig hohe Konzentrationen von Silber enthalten, um eine nachhaltige Freisetzung anzuregen, auch wenn letztlich die Wundumgebung darüber entscheidet, welche Menge ionisches Silber in Lösung verfügbar ist (siehe Abschnitt über Adsorption); ■ die Optimierung des Kontakts des Verbandes mit der Wunde: auf diese Weise wird eine maximale Exposition gegenüber dem Silber und damit eine potentiell bessere antimikrobielle Wirksamkeit sichergestellt [33]; ■ die komplexbildenden Eigenschaften bestimmter Verbände können zusammen mit der Aktivität von Silber zur Reduktion der Biolast beitragen [13]. Was die Struktur, Formulierung und Konzentration von Silber in diesen Produkten anbelangt, gibt es jedoch große Unterschiede. Silberhaltige Verbände und Präparate haben eine bessere antimikrobielle Wirksamkeit als Silbernitrat oder Silbersulfadiazin alleine [34, 35]. Die Kombination von Silbersulfadiazin mit anderen Antiseptika wie Chlorhexidin oder Povidoniod regen möglicherweise die bakterielle Aktivität an (und reduzieren die Wahrscheinlichkeit einer bakteriellen Resistenz), könnten jedoch die Zytotoxizität erhöhen [19]. Kombinationen sind nicht neu, allerdings wurden sie zum Gegenstand von Untersuchungen einer Studie des Jahres 1971 nach einem Ausbruch von silberresistenten S. aureus-Infektionen in Melbourne, Australien [19]. In jüngster Zeit unterzogen Garner und Heppell die klinische Anwendung von Silbersulfadizin in Kombination mit Cerium einem umfassenden Review [36]. Der Einsatz etablierter Silberformulierungen wie Silbernitratlösung und Silbersulfadiazin wurde mit einer längeren Wundschorfabsonderungszeit [10], einer langsameren Wundheilung [16] und einer Inaktivierung von enzymdebridierenden Mitteln assoziiert [17]. Silberhaltige Verbände wurden entwickelt, um diese Nebenwirkungen zu lindern, vor allem durch eine langsame aber nachhaltige Freisetzung von Silber, um somit die lokale Zytotoxizität und Verfärbungen zu mindern und gleichzeitig die Wundheilung und das Handling von Flüssigkeit zu verbessern. Wenn gesicherte Daten fehlen, an denen sich Kliniker orientieren könnten, ist es wichtig, einen vom gesunden Menschenverstand geleiteten Ansatz zu verfolgen und einen Verband auszuwählen, der im Wesentlichen eine geeignete, angenehm zu tragende Abdeckung der Wundoberfläche erlaubt, um eine maximale Wirksamkeit sicherzustellen [33].
#BLUFSJFMMF3FTJTUFO[
Es liegen Hinweise auf eine bakterielle Resistenzbildung gegen Silber vor. Daher könnte die Exposition gegenüber Silber zu einer Selektion von resistenten Keimen führen. Dies erklärt möglicherweise auch die Vorherrschaft intrinsischer silberresistenter Bakterien in Bereichen, wo Silber breite Anwendung findet [37–39]. Li et al. berichteten über die Entwicklung einer bakteriellen Resistenz gegenüber hohen Konzentrationen von Silber (> 1024 ppm) durch wiederholte Exposition gegenüber steigenden Konzentrationen in vitro [40]. Der exakte Mechanismus, über den diese Konzentrationen erreicht werden, ist unbekannt.
4DIMVTTGPMHFSVOH
Silber hat viele Eigenschaften, die es als topisches Antimikrobium bei Wunden, die Zeichen einer Infektion zeigen, geeignet erscheinen lassen. Das Problem liegt im Mangel beweiskräftiger Daten, die Klinikern eine Anleitung für Entscheidungen darüber geben, welche Bakterien wahrscheinlich effektiv bekämpft werden können und welche Freisetzungssysteme sich für welche Wundtypen eignen. Die Kombination von Silber (oder Silbersulfadiazin) mit einem anderen breit wirksamen Antimikrobium eröffnet die Aussicht auf eine noch größere Wirksamkeit, obwohl diese Kombination möglicherweise zytotoxischer ist und zu höheren klinischen Kosten führen kann [41]. Die Zukunft muss sich auf die Bereitstellung beweiskräftiger Argumente für den Einsatz von Silber und die Überwachung von möglichen Resistenzentwicklungen konzentrieren. ,FSOQVOLUF
1. Silber ist ein breit wirksames Antimikrobium mit einer geringen Toxizität in der Anwendung auf Wunden. 2. Silber ist aktiv in seiner ionischen Form, dessen Konzentration durch die Lösbarkeit des Silbersalzes beeinflusst wird. 3. Silber kann in einer Vielfalt von Verbandsystemen formuliert werden, die eine Reservoir-Funktion bieten. 4. Es wurden Bakterien gefunden, die gegen Silber resistent sind. 5. Der Einsatz von Silber in Verbänden muss durch weitere wissenschaftliche und klinische Untersuchungen untermauert werden.
-JUFSBUVS <> Russell AD, Hugo WB (1994) Antimicrobial activity and action of silver. Prog Med Chem 31: 351–71 <> Maillard J-Y (2001) Virus susceptibility to biocides: an understanding. Rev Med Microbiol 12(2): 63–74 <> Richards ME, Taylor RG, Xing DKL et al (1991) An evaluation of the antibacterial activities of combinations of sulphonamides, trimethoprim, dibromopropamidine, and silver nitrate compared with uptakes by selected bacteria. J Pharm Sci 80(9): 861–67 <> Nies DH (1999) Microbial heavy-metal resistance. Appl Microbiol Biotechnol 51(6): 730–50 <> McDonnell G, Russell AD (1999) Antiseptics and disinfectants: activity, action, and resistance. Clin Microbiol Rev 12: 147–79 <> Liau SY, Read DC, Pugh WJ et al (1997) Interaction of silver nitrate with readily identifiable groups: relationship to the antibacterial action of silver. Lett Appl Microbiol; 25: 279–83 <> Richards RM (1981) Antimicrobial action of silver nitrate. Microbios 31: 83–91 <> Coward JE, Carr HS, Rosenkranz HS (1973) Silver sulphadiazine: effect on the growth and ultrastructure of Staphylococci. Chemotherapy 19: 348–53 <> Coward JE, Carr HS, Rosenkranz HS (1973) Silver sulphadiazine: effect on the ultrastructure of Pseudomonas aeruginosa. Antimicrob Agents Chemother 3(5): 621–24 <> Cason JS, Jackson DM, Lowbury EJ et al (1966) Antiseptic and aseptic prophylaxis for burns: use of silver nitrate and of isolators. BMJ; 2: 1288–94 <> Jones SA, Bowler PG, Walker M et al (2004) Controlling wound bioburden with a novel silver-containing Hydrofiber® dressing. Wound Rep Reg 12(3); 288–94 <> Bowler PG (1998) The anaerobic and aerobic microbiology of wounds: a review. Wounds 10(6): 170–78 <> Newman GR. Visualisation of bacterial sequestration and bactericidal activity within hydrating Hydrofiber® wound dressings. Biomaterials 2006 [in press] <> Mehta DK (Ed). Silver nitrate. In: British National Formulary. Issue 50. Oxford: Pharmaceutical Press, 2005 <> Sweetman S (Ed). Silver nitrate. In: Martindale: the complete drug reference. 33rd edition. London: Pharmaceutical Press, 2002 <> Muller MJ, Hollyoak MA, Moaveni Z et al (2003) Retardation of wound healing by silver sulphadiazine is reversed by aloe vera and nystacin. Burns 29: 834–36 <> Sweetman S (Ed). Silver sulfasalazine. In: Martindale: the complete drug reference, 33rd edition. London: Pharmaceutical Press 2002 <> Lam PK, Chan ES, Ho WS et al (2004) In vitro cytotoxicity testing of a nanocrystalline silver dressing (Acticoat) on cultured keratinocytes. Br J Biomed Sci 61(3): 125–27 <> Fraser JF, Cuttle L, Kempf M, et al (2004) Cytotoxicity of topical antimicrobial agents used in burn wounds in Australasia. ANZ J Surg 74: 139–42. 20 <> Dunn K, Edwards-Jones V (2004) The role of Acticoat with nanocrystalline silver in the management of burns. Burns 30 (Suppl 1): S1-S9. 21. <> Mehta DK (Ed). Silver sulfasalazine. In: British National Formulary. Issue 50. Oxford: Pharmaceutical Press 2005
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO <> Edwards-Jones V, Foster HA (2002) Effects of silver sulphadiazine on the production of exoproteins by Staphylococcus aureus. J Med Microbiol 51: 50–55 <> Russell AD, McDonnell G (2000) Concentration: a major factor in studying biocidal action. J Hosp Infect 44(1): 1–3 <> Hamilton-Miller JM, Shah S, Smith C. Silver sulphadiazine: a comprehensive in vitro reassessment. Chemotherapy; 39(6): 405–09. <> Percival SL, Bowler PG, Russell D et al (1993) Bacterial resistance to silver in wound care. J Hosp Infect 2005; 60(1): 1–7 <> Walker M, Cochrane CA, Bowler PG (2006) Silver deposition and tissue staining associated with wound dressings containing silver. Ostomy Wound Manage 52(1): 42–50 <> Burrell RE (2003) A scientific perspective on the use of topical silver preparations. Ostomy Wound Manage 49 (5A Suppl): 19–24 <> Messager S, Hann AC, Goddard PA et al (2004) Use of the »ex-vivo« test to study long term bacterial survival on human skin and their sensitivity to antisepsis. J Appl Microbiol; 97(6): 1149–60 <> Klasen HJ (2000) A historical review of the use of silver in the treatment of burns. II. Renewed interest for silver. Burns 26: 131–38 <> Lansdown AB, Sampson B, Laupattarakasem P et al (1997) Silver aids healing in the sterile skin wound: experimental studies in the laboratory rat. Br J Dermatol 137(5): 728–35 <> Vermeulen H, Ubbink DT, Goossens A et al (2005) Systematic review of dressings and topical agents for surgical wounds healing by secondary intention. Br J Surg 92(6): 665–72 <> O’Meara SM, Cullum NA, Majid M et al (2001) Systematic review of antimicrobial agents used for chronic wounds. Br J Surg 88(1): 4–21 <> Jones S, Bowler PG, Walker M (2005) Antimicrobial activity of silver-containing dressing is influenced by dressing conformability with wound surface. Wounds 17(9): 263–70 <> Wright JB, Lam K, Hansen D et al (1999) Efficacy of topical silver against burn wound pathogens. Am J Infect Control; 27: 344–50 <> Yin HQ, Langford R, Burrell RE (1999) Comparative evaluation of the antimicrobial activity of ACTICOAT antimicrobial barrier dressing. J Burn Care Rehabil 20: 195–200 <> Garner JP, Heppell PS (2005) Cerium nitrate in the management of burns. Burns 31: 539–47 <> Wenzel RP, Hunting KJ, Osterman CA, et al (1976) Providencia stuartii, a hospital pathogen: potential factors for its emergence and transmission. Am J Epidemiol 104(2): 170–80 <> Bridges K, Lowbury EJ (1977) Drug resistance in relation to use of silver sulphadiazine cream in a burns unit. J Clin Pathol 30(2): 160–74 <> Silver S (2003) Bacterial silver resistance: molecular biology and uses and misuse of silver compounds. FEMS Microbiol Rev 27: 341–53 <> Li XZ, Nikaido H, Williams KE (1997) Silver-resistant mutants of Escherichia coli display active efflux of Ag+ and are deficient in porins. J Bacteriol 179: 6127–32 <> Fong J, Wood F, Fowler B (2005) A silver coated dressing reduces the incidence of early burn wound cellulitis and associated costs of inpatient treatment: comparative patient care audits. Burns 31: 562–27
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
5PQJTDIFT.BOBHFNFOUJO¾[JFSUFS%SVDLVMDFSBVOE(SBEFT ;.PPSFVOE.3PNBOFMMJ
&JOMFJUVOH
Das Erkennen der Frühzeichen einer Infektion bei komplexen Wunden wie Druckulcera 3. und 4. Grades erfordert eine aufmerksame und erfahrene Beobachtung. Das Management dieser Wunden kann viele verschiedene interventionelle Maßnahmen und Behandlungsstrategien beinhalten wie die Anwendung von druckverteilenden Oberflächen (Dekubitusmatrazen), Umlagerung, Ernährung, Schmerzkontrolle, Kontinenzversorgung sowie Haut- und Wundpflege [1]. Topische Interventionen wie Debridement, Madentherapie und topische Negativdrucktherapie haben sich ebenfalls einen Platz gesichert. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich vorwiegend auf die Anwendung topischer Antimikrobia, insbesondere Iod und Silber. Auch althergebrachte Produkte wie Honig finden sich wieder auf dem Markt und finden zunehmend Interesse, was die Beforschung der Einsatzmöglichkeiten anbelangt [2].
)JOUFSHSVOE *PE Ein systematisches Review, das die Anwendung antimikrobieller Mittel für das Management chronischer Wunden untersuchte, fand eine Reihe randomisierter kontrollierter Studien (RCTs), die den Einsatz topischer Antimikrobia in der Behandlung von Druckulcera untersuchten [3]. 1 Dozent, Fachbereich für Pflegeberufe und Hebammen, Royal College of Surgeons of Ireland, Dublin, Irland. 2 Direktor der Klinik für Dermatologie, Forschungsbereich Wundheilung, Universität von Pisa, Italien.
Eine dieser Studien (RCTs) verglich einen Povidoniod-Verband mit einem Hydrokolloid-Verband in der Anwendung bei Druckulcera der Grade 2 und 3. Die Autoren berichteten keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen, was die komplette/ partielle Heilung oder Reduzierung der Geschwürsfläche nach 56 Tagen anbelangt. Die zweite RCT verglich eine Povidoniod-Salbe mit 0,1 % Gentianaviolett als Salbe bei älteren Frauen mit Druckulcera. Keine Informationen wurden über die begleitende Druckentlastung geliefert. Es wurde kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen in Bezug auf eine Veränderung der Wundheilungsfläche nach 14 Wochen festgestellt. Die dritte RCT verglich die Heilungsraten einer Salbe, die das Antiseptikum Oxyquinolin mit einem Standard-Emolliens enthielten. Auch hier wurden keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen bemerkt. Eine weitere Studie untersuchte Ulcera unterschiedlichster Ätiologie einschließlich der Druckulcera. Ein Povidoniod-Verband wurde mit Hydrokolloid-Verbänden verglichen. Nach 12 Wochen wurden keine statistisch signifikanten Unterschiede bei den Heilungsraten festgestellt. Es ist wichtig hervorzuheben, dass diese Studien mit einer zu niedrigen Power (Trennschärfe) versehen waren, was es schwierig machte, einen statistischen Unterschied zwischen den Gruppen zu zeigen, auch wenn einer vorlag. Es sind daher noch genauere Untersuchungen durchzuführen, bevor endgültige Schlussfolgerungen gezogen werden können. 4JMCFS Coutts und Sibbald untersuchten die Wirkung von silberhaltigen Hydrofiber®-Verbänden auf die Wundgröße und das Bakteriengleichgewicht von Wunden unterschiedlicher Genese [4]. Von den 30 untersuchten
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
"CC #FJEFS"VTXBIMFJOFT7FSCBOEFT[VCFSDLTJDIUJHFOEF1VOLUF
Wunden handelte es sich bei vier um Druckulcera mit einer lokalen Wundinfektion. Die Autoren kontrollierten die Wirkung des Verbandes auf die Wundgröße sowie auf die Zeichen und Symptome einer erhöhten Bakterienlast über vier Wochen bzw. bis zur vollständigen Abheilung. Über die Druckulcera wurden keine weiteren Angaben gemacht, obwohl die Autoren vermerkten, dass 56 % der Wunden größenmäßig abnahmen. ,FSOQVOLUF
1. Topische Antimikrobia (Iod und Silber) haben im Management von Wunden mit hoher Bakterienlast bzw. Zeichen einer frühen lokalisierten Infektion einen festen Platz. 2. Bei der Auswahl eines Verbandes sind die Wundverhältnisse, die Exsudatmenge und die flexible Anpassbarkeit des Verbandes an die Wundabmessungen zu berücksichtigen. 3. Eventuelle Kontraindikationen der jeweiligen Produkte gilt es zu beachten; falls Zweifel bestehen, ist die Gebrauchsanweisung des Herstellers zu konsultieren. 4. Silber- und Iodverbände dürfen nur nach Vorschrift verwendet werden; eine nicht bestimmungsgemäße Anwendung kann eine Bakterienresistenz zur Folge haben. 5. Laufende Kontrolluntersuchungen von Patient und Wunde sind für eine Überwachung und Sicherstellung des Behandlungserfolges unabdingbar. Das Bakteriengleichgewicht wurde anhand der Schorfreduktion und Mazeration in der Wundumgebung gemessen. Eine Beschreibung, welche Methoden genau zur Bewertung von Schorf und Mazeration herangezogen wurden, erfolgte jedoch nicht. Die
Autoren berichten eine Besserung der Mazeration bei 46% der Wunden und eine Schorfreduktion bei 50 % der Wunden. Eine inferentielle, d. h. schließende Statistik wurde nicht erhoben. Die Autoren kommen jedoch zu dem Schluss, dass dem Verband eine Rolle in der Feuchtigkeitsregulierung, in der Exsudatkontrolle und in der Sicherung des Bakteriengleichgewichts zukommt. Eine vergleichende Studie untersuchte Silbersulfadiazin, Povidoniod und physiologische Kochsalzlösung in der Behandlung chronischer Druckulcera. Sie zeigte, dass Silber eine Schlüsselrolle in der Aufrechterhaltung des Bakteriengleichgewichts zukommt [5].
1SPEVLUFNJUOFVFS'PSNVMJFSVOH
Produkte mit einer verbesserten Formulierung bieten neue Chancen für das topische Management von infizierten Druckulcera und sind dabei gleichzeitig weniger toxizitätsbehaftet. Eine in vitro-Studie hat die Eigenschaften des silberimprägnierten Verbandes im Verhältnis zu den verwendeten Materialien gezeigt und die Fähigkeit des Verbandes, Flüssigkeit aufzunehmen, ist wichtiger als die Menge des im Verband enthaltenen Silbers [6]. Cadexomeriod ist ein stark absorbierendes Produkt, das Iod langsam über längere Zeit in die Wunde abgibt. Sowohl Povidoniod als auch Cadexomeriod können effektiv sein, wenn es darum geht, die Bakterienlast in den Druckulcera zu senken. Es liegen jedoch Hinweise darauf vor, dass Cadexomeriod möglicherweise auch in der Lage ist, die Wundheilung zu beschleunigen [7]. Zu berücksichtigen ist aber auch die Wirksamkeit und Effizienz des Produktes gegenüber spezifischen Bakterien (siehe S. 335–341). Leider gibt es derzeit keine tragfähigen Beweise, auf die sich klinische Entscheidungen stützen könnten [3].
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
"CC #FJEFS"VTXBIMWPOUPQJTDIFO"OUJNJLSPCJB[VCFSDLTJDIUJHFOEF1VOLUF
%BT.BOBHFNFOUOPO8VOEJOGFLUJPOFO %JFCFXFSUFOEF6OUFSTVDIVOH Es konnte gezeigt werden, dass der Erhalt des Bakteriengleichgewichts in Druckulcera für die Wundheilung wichtig ist [8]. Es ist eine sorgfältige holistische Bewertung erforderlich, um die Frühzeichen einer Infektion bei Druckulcera des Grades 3 und 4 zu erkennen. Die subtilen Veränderungen, die sich sowohl beim Patienten als auch in der chronisch entzündeten Wunde abspielen können, wurden von Sanada et al. genau beschrieben [9]. Zunehmende Schmerzen sollten vor einer Verschlechterung des Ulkusstatus warnen und können auf das Vorliegen einer Osteomyelitis hindeuten. Daher sollte die Beurteilung der Schmerzen bei jeder Untersuchung nach der gleichen Schmerzscore-Skala erfolgen [10]. Welche Rolle der Ernährung im Management infizierter Druckulcera des Grades 3 oder 4 zukommt, ist unklar [11]. Während der Infektion ist der metabolische Bedarf jedoch erhöht, ebenso wie die Produktion von Wundflüssigkeit. Bei unzureichender Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit sollte eine umfassende Beurteilung des Ernährungsstatus unter Hinzuziehen eines Ernährungsberaters vorgenommen werden [12]. %JF4jVCFSVOHEFT8VOECFUUFT Druckulcera enthalten mit hoher Wahrscheinlichkeit eine beträchtliche Menge abgestorbenen Gewebes, das die Bakterienbelastung weiter verschärft. Es ist daher eine spezielle Gewebebehandlung (Debridement von nekrotischem Gewebe) notwendig. Aufgrund des Vorliegens einer Infektion stellt das chirurgische Debridement gewöhnlich die Methode der Wahl dar [13], ob-
wohl das Risiko einer Blutung und Verschlimmerung der Schmerzen zu bedenken sind. Wenn die Entscheidung auf das chirurgische Debridement fällt, sollte die Notwendigkeit systemischer Antibiotika sorgfältig bedacht werden; zum Beispiel werden diese bei einem ausgedehnten Debridement mit starken Blutungen benötigt [13]. Ein unlängst durchgeführtes systematisches Review kam zu dem Schluss, dass es keine guten Hinweise aus Studien gibt, die den Einsatz einer bestimmten Lösung oder Technik für die Reinigung von Druckulcera stützen würden [14]. Dennoch müssen infizierte Druckulcera des Grades 3 oder 4 grundsätzlich gereinigt werden, weil große Mengen von Exsudat anfallen, das zudem häufig übel riecht. Die Konsensus-Meinung über das Management besteht in der vorsichtigen Spülung der Wunde mit normaler Kochsalzlösung bei Raumtemperatur. 7FSTPSHVOHEFT8VOECFUUFTNJUFJOFN7FSCBOE Die Auswahl des Verbandes muss auf Grundlage des Patientenstatus im Allgemeinen und des Wundstatus im Besonderen erfolgen (Abb. 1). Bei Vorliegen von subtilen, auf eine Infektion hindeutenden Veränderungen im Patienten- und/oder Wundstatus kann es durchaus Sinn machen, eine antimikrobielle Therapie in Erwägung zu ziehen (siehe S. 335–341). Weitere Punkte, die es bei der Auswahl eines Antimikrobiums zu bedenken gilt, sind die spezifischen Ziele des Managements von Wundinfektionen und das Vermögen des Verbandes, diesen Zielen gerecht zu werden. Die gewünschte Häufigkeit von Verbandwechseln, die Größe der Wunde und der für die Anwendung dieses Produktes vorgesehene Zeitrahmen sind für die Wahl des Verbandes von Bedeutung (Abb. 2)
[15]. Dabei ist es wichtig, mit den Anwendungsempfehlungen des Herstellers vertraut zu sein. So müssen zum Beispiel manche Produkte vor der Anwendung angefeuchtet werden.
4DIMVTTGPMHFSVOH
Die Anwendung neuerer Formulierungen topischer Antimikrobia, insbesondere von Silber und Iodprodukten, wird immer häufiger als eine Behandlungskomponente in der Versorgung von Wunden mit problematischer oder zunehmender Bakterienlast beschrieben [7]. Eine sorgfältige Untersuchung, entsprechende Planung der Wundversorgung, eine effektive Wahl der Hilfsmittel und die regelmäßige Kontrolle des Behandlungserfolges sind für die erfolgreiche Anwendung dieser Produkte in der klinischen Praxis von zentraler Bedeutung.
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO -JUFSBUVS <> Bergstrom N, Allman R, Alvarez OM et al (1994) Ulcer Care. In: Treatment of pressure ulcers. Clinical Practice Guideline Number 15. Rockville, MD, USA: US Department of Health and Human Services, Public Health Service, Agency for Health Care Policy and Research (15): 45–57. Available at: www.ahcpr.gov/ clinic/cpgonline.htm (accessed 30 March 2006) <> Molan PC. Re-introducing honey in the management of wounds and ulcers – theory and practice. Ostomy Wound Manage; 48(11): 28–40 <> O’ Meara SM, Cullum NA, Majid M et al (2002) Systematic review of antimicrobial agents used for chronic wounds. Br J Surg (2001) 88: 4–21 <> Coutts P, Sibbald RG (2005) The effect of a silver containing Hydrofiber® dressing on superficial wound bed and bacterial balance of chronic wounds. Int Wound J 2(4): 348–56 <> Kucan JO, Robson MC, Heggers JP et al (1981) Comparison of silver sulfadiazine, povidone-iodine and physiologic saline in the treatment of chronic pressure ulcers. J Am Geriatr Soc 29: 232–35. <> Parsons D, Bowler PG, Myles V et al (2005) Silver antimicrobial dressings in wound management: a comparison of antibacterial, physical and chemical characteristics. Wounds 17(8): 222–32 <> Drousou A, Falabella A, Kirsner RS (2003) Antiseptics on wounds: an area of controversy. Wounds 15(5): 149–66 <> Robson MC, Mannari RJ, Smith PD et al (1999) Maintenance of wound bacterial balance. Am J Surg 178(5): 399–402 <> Sanada H, Nakagami G, Romanelli M (2005) Identifying criteria for pressure ulcer infection. In: European Wound Management Association (EWMA). Position document: Identifying criteria for wound infection. London: MEP Ltd, 10–13 <> European Wound Management Association (EWMA). Position document: Pain at wound dressing changes. London: MEP Ltd, 2002 <> Stratton RJ, Ek AC, Engfer M et al (2005) Enteral nutritional support in prevention and treatment of pressure ulcers: a systematic review and meta-analysis. Ageing Res Rev 4: 422–50 <> European Pressure Ulcer Advisory Panel. EPUAP guidelines on the role of nutrition in pressure ulcer prevention and management. EPUAP Review 2003; 5(2): 50–63. www.epuap.org/review5_2/page5.html (accessed 2 February 2006) <> Romanelli M, Flanagan M. Wound bed preparation for pressure ulcers. www.worldwidewounds.com/2005/july/Romanelli/ Wound-Bed-PreparationPressure-Ulcer.html (accessed 2 February 2006) <> Moore Z, Cowman S (2005) Wound cleansing for pressure ulcers. Cochrane Database Sys Rev 4: CD004983 <> Bale S, Jones V (1997) Wound care nursing: a patient centered approach. London: Balliere Tindall, 3–46 <> Jones S, Bowler PG, Walker M (2005) Antimicrobial activity of silver-containing dressings is influenced by dressing conformability with a wound surface. Wounds 17(9): 263–70
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
5PQJTDIF"OUJNJLSPCJBVOEQPTUPQFSBUJWF*OGFLUJPOFO "$.FMMJOH ',(PVMEVOE'(PUUSVQ
&JOMFJUVOH
In den vergangenen 150 Jahren haben Verbesserungen im Hinblick auf aseptische Arbeitsmethoden und Entwicklungen bei den antimikrobiell wirksamen Mitteln die Infektionsraten nach einem operativen Eingriff sinken lassen. Daher infiziert sich heute nur noch ein kleiner Prozentsatz primär heilender chirurgischer Wunden. Wenn solche Wunden jedoch nicht heilen, kann dies erhebliche wirtschaftliche Folgen haben [1]. Der Patient muss möglicherweise erneut stationär behandelt, vielleicht sogar nochmals operiert werden und intravenöse Antibiotikagaben erhalten. Die vorliegende Arbeit untersucht das Management von postoperativen Wundinfektionen, wobei schwerpunktmäßig auf topische Antimikrobia, insbesondere Silber und Iod, eingegangen wird. Was unter postoperativen Infektionen (engl. surgical site infections = SSI) zu verstehen ist, wurde im Positionsdokument von 2005 von der European Wound Management Association (EWMA) definiert [2].
nehmend Einsatz in der Wundbehandlung und –versorgung, insbesondere bei infizierten oder offenen Wunden mit sekundärer Heilung. Um während einer kurzen Kontaktzeit überhaupt effektiv sein zu können, mussten ausreichend hohe Konzentrationen gewählt werden, was das Risiko einer Gewebetoxizität und Verzögerung der Wundheilung erhöhte [3]. Diese potentiellen Nebenwirkungen brachten die topischen Antimikrobia in Verruf – in manchen Fällen durchaus berechtigt. Studien haben jedoch gezeigt, dass einige in niedrigeren Konzentrationen nicht zytotoxisch sind und möglicherweise zu einer Reduktion der Bakterienzahl beitragen können [4–11]. Experimentelle Untersuchungen bei Mensch und Tier, in denen die Wirkungen topischer Antimikrobia in akuten Wunden untersucht wurden, konzentrierten sich auf deren Fähigkeit zur Reduktion der Bakterienzahl und Prävention von Infektionen. Sie lieferten teils widersprüchliche Ergebnisse, von denen einige in Tabelle 1 zusammenfassend aufgeführt sind.
#FIBOEMVOHWPOQPTUPQFSBUJWFO*OGFLUJPOFO 44*4 )JOUFSHSVOE
Angesichts einer zunehmenden Antibiotikaresistenz finden topische antimikrobiell wirksame Mittel zu-
1 Forschungsstipendiat – Pflege, Lehrstuhl für Chirurgie, Universitätsklinik North Tees, Stockton, Großbritannien. 2 Facharzt für Mikrobiologie, Freeman Hospital, Newcastle Upon Tyne, Großbritannien. 3 Professor für Chirurgie, Universität Süddänemark, Zentrum für Wundheilung, Abteilung für Plastische Chirurgie, OdenseKlinik, Dänemark.
%JF#FHVUBDIUVOHEFS8VOEF Eine ganzheitliche Untersuchung des Patienten ist häufig der Schlüssel zur Förderung einer normalen Wundheilung. Risikofaktoren wie Diabetes, starkes Übergewicht, Ernährungsmängel und ischämische Störungen müssen erkannt und, falls möglich, angegangen werden. Dabei gilt es anzumerken, dass die Serumalbuminspiegel bei stark sezernierenden Wunden abfallen können, was sich wiederum ungünstig auf die Wundheilung auswirken kann. Durch eine sorgfältige Inspektion der Wunde können die Frühzeichen einer Infektion erkannt und eine
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
5BCFMMF ,MJOJTDIF4UVEJFO[VUPQJTDIFO"OUJNJLSPCJBCFJBLVUFO8VOEFO
0YJEJFSFOEF-zTVOHFO 8BTTFSTUPGGQFSPYJE /BUSJVNIZQPDIMPSJU
;VS"OXFOEVOHWPO8BTTFSTUPGGQFSPYJEJOBLVUFO8VOEFOMJFHFOOVSCFTDISjOLUF'PSTDIVOHTFSHFCOJTTFWPS &TCFTUFIFO;XFJGFMBOEFSBOUJNJLSPCJFMMFO8JSLVOHJOOJDIUUPYJTDIFO7FSEOOVOHFO&YQFSJNFOUFMMF6OUFSTV DIVOHFOCFJ5JFSVOE.FOTDIFSHBCFOLFJOFOBDIUFJMJHFO8JSLVOHFOBVGEJF8VOEIFJMVOH BCFSOVSFJOFOHFSJO HFO&JO¿VTTBVGEJFCBLUFSJFMMF#FMBTUVOH<°>&JOFOBDIFJOFS"QQFOEFLUPNJFEVSDIHFGISUF6OUFSTVDIVOH TUFMMUF[XBSLFJOF5PYJ[JUjU BCFSBVDILFJOF&GGFLUJWJUjUJOEFS*OGFLUQSjWFOUJPOGFTU<>-JOFBXFBWFSFUBMLPOO UFOFJOFCBLUFSJ[JEF OJDIUUPYJTDIF7FSEOOVOHWPO/BUSJVNIZQPDIMPSJU¾OEFO<>+FEPDIGBOEFO$BOOBWPFU BMLFJOFO6OUFSTDIJFECF[HMJDIEFSBLVUFO8VOEIFJMVOHCFJ"OXFOEVOHFJOFS/BUSJVNIZQPDIMPSJUHFUSjOLUFO (B[F<>)ZQPDIMPSJUFTJOEGSEJF8VOEWFSTPSHVOHOVSBMT.JUUFM[VNWPSTJDIUJHFO&OUGFSOFOOFLSPUJTDIFS(F XFCFUFJMF[VQSPQBHJFSFO
&TTJHTjVSF
*OWJUSP4UVEJFOMFHFO[ZUPUPYJTDIF8JSLVOHFOOBIF< >;XFJOJDIULPOUSPMMJFSUF6OUFSTVDIVOHFOCFJN.FO TDIFOMJFFOFJOF8JSLTBNLFJUCFJBLVUFO8VOEFONJU1TFVEPNPOBTBFSVHJOPTBWFSNVUFO< >
$IMPSIFYJEJO
8JSLTBNJOEFS)BVUXBTDIVOHCFJN1BUJFOUFOVOEBVDIGSEBT)jOEFXBTDIFOWPSFJOFNPQFSBUJWFO&JOHSJGG 5JFSFYQFSJNFOUFMMF6OUFSTVDIVOHFOHFCFO)JOXFJTFBVGFJOF4UzSVOHEFS8VOEIFJMVOH< > PCXPIMBOEFSF 4UVEJFOCFJOJFESJHFSFO,PO[FOUSBUJPOFOBVGLFJOF;ZUPUPYJ[JUjUVOETPHBSBVGFJOFEFS8VOEIFJMVOH[VUSjHMJDIF 8JSLVOHIJOXFJTFO< >3FEV[JFSUFNJLSPCJFMMF,PNQMJLBUJPOFOCFJBLVUFO8VOEFOJN3BINFO[BIOjS[UMJDIFS &JOHSJGGF<> BCFSLFJOF8JSLVOHBVGEJF8VOEJOGFLUJPOPEFSTUBUJPOjSF-JFHF[FJUFOOBDI"QQFOEFLUPNJF<>
4JMCFS
"OXFOEVOHCFJ7FSCSFOOVOHFOVOE)BVUUSBOTQMBOUBUJPOFOJOEFS*OGFLUJPOTQSPQIZMBYF<>%JFNFJTUFOUJFSFY QFSJNFOUFMMFO6OUFSTVDIVOHFOTUFMMUFOLFJOFVOHOTUJHFO8JSLVOHFOBVGEJF)FJMVOHGFTU<°>&TXFSEFOEFS [FJUWJFMFOFVF1SjQBSBUFJOEFO.BSLUFJOHFGISU<>
*PE
5JFSFYQFSJNFOUFMMF6OUFSTVDIVOHFO[FJHFOFJOF3FEVLUJPOEFS#BLUFSJFO[BIMVOUFS1PWJEPOJPEVOE$BEFYPNFS JPE< >&JOF6OUFSTVDIVOHCFJN.FOTDIFOMFHUOBIF EBTT1PWJEPOJPEEBT3JTJLPFJOFS*OGFLUJPOJOEFSDIJSVS HJTDIFO8VOEIFJMVOHSFEV[JFSU<> XFOOHMFJDIFJOFBOEFSF6OUFSTVDIVOHFJO6OWFSNzHFO[VS3FEVLUJPOEFS #BLUFSJFOMBTUWFSNVUFOMjTTU<>6OUFSTVDIVOHFO[V$BEFYPNFSJPEFSHBCFOFJOF3FEVLUJPOEFS#BLUFSJFO[BIM VOEFJOFWFSCFTTFSUF)FJMVOH<>
entsprechende Behandlung eingeleitet werden bevor die Wunde Zersetzungszeichen zeigt. Es stehen Mittel zur Verfügung, die Klinikern die Beurteilung einer postoperativen Wunde und das Erkennen einer Infektion erleichtern [2].
,FSOQVOLUF
1. Die Anwendung topischer Antimikrobia kann bei bestimmten Arten infizierter chirurgischer Wunden neben der Standardbehandlung (systemische Antibiotika zur Verhinderung der Ausbreitung der Infektion sowie der Wunde und Drainage von Eiter) erwogen werden. 2. Es werden hochqualitative randomisierte kontrollierte klinische Prüfungen zu neuen antimikrobiell wirksamen Verbänden benötigt. 3. Derzeit spricht alles dafür, dass topische Antimikrobia in der Infektionsprophylaxe von größtem Nutzen sind. 4. Topische Antibiotika sollten vermieden werden, da sie Überempfindlichkeitsreaktionen und Superinfektionen hervorrufen und zur Selektion resistenter Bakterien führen können.
*O[JTJPOVOE%SBJOBHF Das Öffnen infizierter Wunden und Ableiten von Eiter wird seit tausenden von Jahren praktiziert. Wahrscheinlich geht auf den daraus zu gewinnenden Nutzen der medizingeschichtliche lateinische Ausdruck pus laudabile (»lobenswerter Eiter«) zurück. In den meisten Fällen reicht es aus, Klammern oder Fäden aus zumindest einem Teil der Wunde zu entfernen, um die Drainage eitriger Flüssigkeit zu ermöglichen. Infizierte Flüssigkeit, die sich in tieferen Schichten angesammelt hat, kann häufig perkutan über einen eingelegten (und an ein Drainagesystem angeschlossenen) Katheter unter CT- oder Ultraschallkontrolle abgeleitet werden. In Einzelfällen muss die Wunde operativ geöffnet und einem chirurgischen Debridement unterzogen werden [28]. Die meisten wieder geöffneten chirurgischen Wunden heilen per secundam intentionem, wenngleich auch einige nach der Behandlung und nach dem Verschwinden klinischer Zeichen einer Infektion wieder geschlossen werden. Von einer verzögerten primären Heilung wird dann gesprochen, wenn eine Wunde, die nach einer Infektion wieder geöffnet wurde, nach vierbis fünftägiger lokaler Behandlung mit systemischen Antibiotika erneut geschlossen wird ( früher Wieder-
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
"CC *OEJLBUJPOFOGSUPQJTDIFBOUJNJLSPCJFMMXJSLTBNF.JUUFM
verschluss). In über 90 % der Fälle tritt ohne Komplikationen eine Heilung ein [29, 30]. "OUJCJPUJLB Obwohl antibiotikaresistente Bakterien zunehmend Sorge bereiten, wird nach wie vor eine angemessene Anwendung systemischer Antibiotika empfohlen, und zwar dann, wenn eindeutige Hinweise auf eine Cellulitis, Lymphangitis oder systemisch bedingte Komplikationen (z. B. Bakteriämie und Sepsis) vorliegen [30]. Eine Antibiotikabehandlung ist unter diesen Umständen indiziert, und zwar ungeachtet der Ergebnisse von Wundkulturen. Art und Dosierung des verwendeten Antibiotikums kann zu einem späteren Zeitpunkt angepasst werden, wenn die Kulturergebnisse einen Hinweis darauf geben, welches alternative Regime geeigneter wäre. Wenn Wundkulturen für eine Infektion sprechen aber keine klinischen Zeichen vorliegen, sollten Antibiotika bis zum Vorliegen eines gesicherten Ergebnisses zurückgehalten werden. Topische Antibiotika gilt es in der Regel zu vermeiden, da diese Überempfindlichkeitsreaktionen und Superinfektionen hervorrufen und zu einer Selektion resistenter Bakterien führen können [31]. Oberflächliche postoperative Wundinfektionen erfordern nicht notwendigerweise den Einsatz systemischer Antibiotika und können unabhängig davon ausheilen, wenn keine systemische Infektion vorliegt. 4POTUJHF.JUUFM Fest steht, dass topische antimikrobiell wirksame Verbände in der Behandlung von postoperativen Wundinfektionen in der Vergangenheit verwendet wurden und
auch weiterhin Anwendung finden werden. Bislang konzentrierten sich Forschungsarbeiten zu akuten Wunden auf die Darstellung, dass topische Antimikrobia keine zytotoxischen Wirkungen haben und möglicherweise auch einen infektpräventiven Effekt haben können. Es liegen kaum Hinweise auf eine durch moderne Antimikrobia verursachte systemische Toxizität vor [32], es gibt aber gewisse Hinweise darauf, dass die Anwendung topischer Antimikrobia eine Infektion in akuten Wunden verhindern kann [19, 22, 24, 26]. Die meisten dieser Studien untersuchten jedoch die Anwendung antimikrobieller Mittel in offenen Wunden, die häufig stark kontaminiert sind. Die meisten chirurgischen Wunden werden geschlossen (genäht), so dass diese Erkenntnisse hier möglicherweise keine Relevanz besitzen. )FJMVOHQFSTFDVOEBNJOUFOUJPOFN Ein systematisches Review, das die Rolle von Verbänden und topischen Mitteln bei per secundam intentionem heilenden chirurgischen Wunden untersuchte, lieferte keine Hinweise, die ihre Anwendung stützen würden [33]. Von den 13 eingeschlossenen Studien beinhalteten sechs Patienten, die sich einer Sinus pilonidalis-Exzision unterziehen mussten, fünf beinhalteten Patienten mit postoperativer Zersetzung der Wunde, eine beinhaltete Patienten, die abdominoperineal reseziert worden waren und eine beinhaltete Patienten, bei denen eine knieerhaltende Unterschenkelamputation durchgeführt worden war. Fünf von den 13 Studien untersuchten die Rolle von in Antimikrobia getränkter Bandgaze und verglich diese mit alternativen Verbänden – in der Regel
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO
5BCFMMF #FJEFS"VTXBIMFJOFT7FSCBOEFT[VCFSDLTJDIUJHFOEF1VOLUF
)jV¾HLFJUEFS7FSCBOEXFDITFM &TESGFOLFJOF1SjQBSBUFNJU43'PSNVMJFSVOH EI3FUBSEQSjQBSBUFNJUWFS[zHFSUFS8JSLTUPGG GSFJTFU[VOH CFJ8VOEFOWFSXFOEFUXFSEFO EJFFJOFOIjV¾HFO7FSCBOEXFDITFMCFOzUJHFO#FJ WJFMFO1SjQBSBUFOXFSEFOEJFXJSLTBNFO4VCTUBO[FOOVSEBOOGSFJHFTFU[U XFOOEFS7FSCBOE 'MTTJHLFJUBVGOJNNU%JFTFTJOEEFTIBMCGSUSPDLFOF8VOEFONzHMJDIFSXFJTFOJDIUHFFJHOFU <>$SFNFTBVG8BTTFSCBTJT EJF"OUJNJLSPCJBFOUIBMUFO FJHOFOTJDIOJDIUCFJFY[FTTJWFS&YTV EBUCJMEVOH<> 8VOEHSzF
.BODIF1SjQBSBUFTPMMFOBOHFCMJDITZTUFNJTDIBVGHFOPNNFOXFSEFO BCFSFTHJCULFJOFLMBSFO )JOXFJTF EJFEJFTTUU[FOXSEFO7PSTJDIUJTUCFJHSPFO8VOEFOHFCPUFOVOE,MJOJLFSTPMMUFO GSXFJUFSF*OGPSNBUJPOFOFSGPSEFSMJDIFOGBMMTEJF(FCSBVDITJOGPSNBUJPOFOEFT)FSTUFMMFSTCF BDIUFO
8VOEMPLBMJTBUJPO
7FSCjOEFTPMMUFO¿FYJCFMTFJO*NPSUIPQjEJTDIFO#FSFJDICF¾OEFOTJDIEJFNFJTUFODIJSVSHJ TDIFO8VOEFOCFSFJOFN(FMFOLVOEEJF7FSCjOEFTPMMUFOFJOFGSFJF#FXFHMJDILFJUGSEJF QPTUPQFSBUJWF.PCJMJTBUJPOFSNzHMJDIFO*O'jMMFO XPEFS;VHBOH[VFJOFS8VOEIzIMFBVGHSVOE FJOFSOVSUFJMXFJTFHFzGGOFUFO/BIUCFTDISjOLUJTU TJOEFOUTQSFDIFOEF'PSNVMJFSVOHFO[VXjI MFO
4DINFS[
'FVDIUF OJDIUIBGUFOEF7FSCjOEFSVGFONJUHFSJOHTUFS8BISTDIFJOMJDILFJUCFJN&OUGFSOFO 4DINFS[FOIFSWPS(B[FTUSFJGFOXFSEFOCFJN7FSCBOETXFDITFMNJU4DINFS[FOBTTP[JJFSU<>
1SjGFSFO[FOTFJUFOT EFT1BUJFOUFO
#FSFJUTJN7PSGFMEEFS#FIBOEMVOHJTUFJOFNzHMJDIF6OWFSUSjHMJDILFJUHFHFOBOUJNJLSPCJFMM XJSLTBNF7FSCjOEF[VFSVJFSFO%JF$PNQMJBODFJTUJOEFS3FHFMVNTPIzIFS KFCFTTFSEJF7FS CjOEFEJF#FESGOJTTFEFS1BUJFOUFOFSGMMFO EI8VOETFLSFUFBVGGBOHFO CFRVFNVOEBOHF OFIN[VUSBHFO ¿FYJCFMVOEOJDIUWPMVNJOzTTJOEVOEOVSNJOJNBMF4DINFS[FOCFJN"OMFHFO VOE&OUGFSOFOIFSWPSSVGFO
mit Schaumverbänden. Es konnte kein Vorteil für die Wundheilung mit einer antimikrobiellen Therapie ermittelt werden, aber die Gazeverbände waren weniger angenehm zu tragen und die Patienten weniger zufrieden als bei der Behandlung mit Schaumverbänden. )FJMVOHQFSQSJNBNJOUFOUJPOFN Es gibt keine hochqualitativen Untersuchungen zu den Vorteilen topischer antimikrobiell wirksamer Mittel in postoperativen Wunden, die per primam intentionem heilen, obwohl einige unlängst durchgeführten Untersuchungen vermuten lassen, dass topische antimikrobiell wirksame Mittel als »Notfallmittel« bei postoperativen Wunden eingesetzt werden können, die aufgrund einer Infektion nicht heilen (siehe Abbildung 1) [34]. Außerdem kommen topische Antiseptika (z. B. ionisches Silber) inzwischen in Kombination mit den besten Wundpflegeprodukten wie Hydrofiber®-Verbänden, Alginaten, Schaum, Hydrogelen und sogar einer topischen Negativdrucktherapie zum Einsatz [25]. Es werden jedoch vergleichende randomisierte Studien benötigt, bevor diese Behandlungen routinemäßig empfohlen werden können. Antimikrobiell wirksame Mittel können prophylaktisch vor dem Verschluss Anwendung finden.
Povidoniod soll auch eine gute Gewebepenetration im Vergleich zu Silber zeigen, das möglicherweise nur oberflächlich angesiedelte Bakterien zerstört [35], so dass der Einsatz von Povidoniod bei geschlossenen chirurgischen Wunden möglicherweise geeigneter ist. Eine Studie untersuchte die Wirkungen von Povidoniod auf geschlossene akute Wunden bei Tieren und stellte keine vorteilhafte Wirkung fest. Allerdings gaben die Autoren nicht an, in welcher Stärke Povidoniod zum Einsatz kam [36]. Topische Antimikrobia zeigen möglicherweise gegen die in Wunden angesiedelten Bakterien nicht die gleiche Wirksamkeit wie gegen eben diese Bakterien in vivo. Dies liegt daran, dass das Vorliegen von Exsudaten wie Serum, Blut und Eiter die Aktivität von antiseptisch wirksamen Mitteln reduzieren kann [37]. "VTXBIMFJOFTHFFJHOFUFO7FSCBOEFT Die meisten infizierten postoperativen Wunden zeigen keine vollständige Zersetzung. Daher ist der Zugang zu postoperativen Wunden häufig beschränkt und kann über eine teilweise geöffnete Naht oder oberflächliche Gewebeseparation erfolgen. Was es bei der Verbandauswahl zu berücksichtigen gilt, ist in Tabelle 2 aufgelistet.
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO 4DIMVTTGPMHFSVOH
Es werden groß angelegte, hochqualitative Studien benötigt, die die neuen Antimikrobia untersuchen, bevor diese routinemäßig bei infizierten chirurgischen Wunden eingesetzt werden. Auch eine Kosten-Nutzen-Analyse ist unabdingbar und es ist sorgfältig zwischen einem negativen Einfluss auf die Wundheilung und den kurzfristigen Vorteilen einer Reduzierung der Bakterienlast abzuwägen [31]. Es gibt jedoch stichfeste Belege, die nahelegen, dass topischen Antimikrobia durchaus ein Platz in der Prophylaxe einzuräumen ist (d. h. in der Hautvorbereitung vor einem operativen Eingriff); allerdings ist von diesen Mitteln bei geschlossenen postoperativen Wunden wohl kaum mit einem Nutzen zu rechnen, weil die Penetration eher schlecht sein wird. Unter bestimmten Umständen können topische Antimikrobia notfallmäßig bei nicht heilenden postoperativen Wunden eingesetzt werden.
-JUFSBUVS <> Leaper DJ, Goor HV, Reilly J et al (2004) Surgical site infection – a European perspective of incidence and economic burden. Int Wound J; 1: 247–73 <> Melling AC, Hollander DA, Gottrup F (2005) Identifying surgical site infection in wounds healing by primary intention. In: European Wound Management Association (EWMA). Position Document: Identifying criteria for wound infection. London: MEP Ltd, 14–17 <> Scanlon E (2005) Wound infection and colonisation. Nurs Standard 19: 57–62 <> Tur E, Bolton L, Constantine BE (1995) Topical hydrogen peroxide treatment of ischemic ulcers in the guinea pig: blood recruitment in multiple skin sites. J Am Acad Dermatol 33(2:1): 217–21 <> Brennan SS, Foster ME, Leaper DJ (1986) Antiseptic toxicity in wounds healing by secondary intention. J Hosp Infect 8(3): 263–67 <> Shahan MH, Chuang AH, Brennan WA et al (1993) The effect of chlorhexidine irrigation on tensile wound strength. J Periodontol 64(8): 719–22 <> Rodeheaver G, Bellamy W, Kody M et al (1982) Bactericidal activity and toxicity of iodine-containing solutions in wounds. Arch Surg 117: 181–85 <> Mertz PM, Oliveira-Gandia MF, Davis SC (1999) The evaluation of cadexomer iodine wound dressing on methicillin resistant Staphylococcus aureus (MRSA) in acute wounds. Dermatol Surg 25: 89–93 <> Kjolseth D, Frank JM, Barker JH et al (1994) Comparison of the effects of commonly used wound agents on epithelialization and neovascularization. J Am Coll Surg 179: 305–12 <> Lansdown AB, Sampson B, Laupattarakasem P et al (1997) Silver aids healing in the sterile skin wound: experimental studies in the laboratory rat. Br J Dermatol 137(5): 728–35
<> Geronemus RG, Mertz PM, Eaglstein WH (1979) Wound healing. The effects of topical antimicrobial agents. Arch Dermatol 115: 1311–14 <> Lineaweaver W, Howard R, Soucy D et al (1985) Topical antimicrobial toxicity. Arch Surg 120(3): 267–70 <> Lau WY, Wong SH (1981) Randomized, prospective trial of topical hydrogen peroxide in appendectomy wound infection. High risk factors. Am J Surg 142: 393–97 <> Leyden JJ, Bartelt NM (1987) Comparison of topical antibiotic ointments, a wound protectant, and antiseptics for the treatment of human blister wounds contaminated with Staphylococcus aureus. J Fam Pract 24(6): 601–04 <> Cannavo M, Fairbrother G, Owen D et al (1998) A comparison of dressings in the management of surgical abdominal wounds. J Wound Care 7(2): 57–62 <> Cooper ML, Laxer JA, Hansbrough JF (1991) The cytotoxic effects of commonly used topical antimicrobial agents on human fibroblasts and keratinocytes. J Trauma 31(6): 775–84 <> Lineaweaver W, McMorris S, Soucy D et al (1985) Cellular and bacterial toxicities of topical antimicrobials. Plast Reconstr Surg 75: 394–96 <> Phillips I, Lobo AZ, Fernandes R et al (1968) Acetic acid in the treatment of superficial wounds infected by Pseudomonas aeruginosa. Lancet 1: 11–13 <> Sloss JM, Cumberland N, Milner SM (1993) Acetic acid used for the elimination of Pseudomonas aerguinosa from burn and soft tissue wounds. J R Army Med Corps 139(2): 49–51 <> Saatman RA, Carlton WW, Hubben K et al (1986) A wound healing study of chlorhexidine digluconate in guinea pigs. Fundam Appl Toxicol 6(1): 1–6 <> Niedner R, Schopf E (1986) Inhibition of wound healing by antiseptics. Br J Dermatol 115 (Suppl 31): 41–44 <> Lambert PM, Moris HF, Ochi S (1997) The influence of 0.12 % chlorhexidine gluconate rinses on the incidence of infectious complications and implant success. J Oral Maxillofac Surg 55(12): 25–30 <> Crossfill M, Hall R, London D (1969) The use of chlorhexidine antiseptics in contaminated surgical wounds. Br J Surg 56(12): 906–08 <> Livingston DH, Cryer HG, Miller FB et al (1990) A randomized prospective study of topical antimicrobial agents on skin grafts after thermal injury. Plast Reconstr Surg 86(6): 1059–64 <> Parsons D, Bowler PG, Myles V et al (2005) Silver antimicrobial dressings in wound management: a comparison of antibacterial, physical and chemical characteristics. Wounds 17(8): 222–32 <> Viljanto J (1980) Disinfection of surgical wounds without inhibition of wound healing. Arch Surg 115: 253–56 <> Lammers RL, Fourre M, Callaham ML et al (1990) Effect of povidone-iodine and saline soaking on bacterial counts in acute, traumatic, contaimated wounds. Ann Emerg Med 19(6): 709–14 <> Patel CV, Powell L, Wilson SE (2000) Surgical wound infections. Curr Treat Opinions Infect Dis 2: 147–53 <> Gottrup F, Gjøde P, Lundhus F et al (1989) Management of severe incisional abscesses following laparotomy. Early reclosure under cover of metronidazole and ampicillin. Arch Surg 124: 702–04 <> Gottrup F (1999) Wound closure techniques. J Wound Care 8: 397–400
<> White RJ, Cooper R, Kingsley A (2001) Wound colonization and infection: the role of topical antimicrobials. Br J Nurs 10(9): 563–78 <> Lansdown AB, Williams A (2004) How safe is silver in wound care? J Wound Care 13(4): 131–36 <> Vermeulen H, Ubbink D, Goossens A, et al (2004) Dressings and topical agents for surgical wounds healing by secondary intention. Cochrane Database Sys Rev (2): CD003554 <> Grubbs BC, Statz CL, Johnson EM et al (2000) Salvage therapy of open, infected surgical wound: a retrospective review using Techni-Care. Surg Infect 1(2): 109–14 <> Sibbald RG, Browne AC, Coutts P et al (2001) Screening evaluation of an ionized nanocrystalline silver dressing in chronic wound care. Ostomy Wound Manage 47(10): 38–43
.BOBHFNFOUWPO8VOEJOGFLUJPOFO <> Kashyap A, Beezhold D, Wiseman J et al (1995) Effect of povidone iodine dermatologic ointment on wound healing. Am Surg 61(6): 486–91 <> Drosu A, Falabella A, Kirsner RS (2003) Antiseptics on wounds: an area of controversy. Wounds 15(5): 149–66 <> Thomas S: A structured approach to the selection of dressings. www.worldwidewounds.com/1997/july/Thomas-Guide/ Dress-Select.html (accessed 2 February 2006) <> Moffatt CJ, Franks PK, Hollinworth H (2002) Understanding wound pain and trauma: an international perspective. In: European Wound Management Association (EWMA). Position document: Pain at wound dressing changes. London: MEP Ltd, 2–7
"VUPSFOWFS[FJDIOJT
"P6OJW1SPG%S)BSBME"OEFM Univ. Klinik für Anästhesie und Allgemeine Intensivmedizin Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien E-Mail: [email protected]
1SPG%S5IFP%BTTFO Charité – Universitätsmedizin Berlin Institut für Medizin-/ Pflegepädagogik und Pflegewissenschaft Charitéplatz 1 10117 Berlin E-Mail: [email protected]
6OJW1SPG%S+PTFG"VCzDL Abteilung für Dermatologie und Venerologie Allgemeines Krankenhaus Krankenhausstraße 9 4020 Linz E-Mail: [email protected]
%S$ISJTUPQI%PNFOJH Universitätsklinik für Chirurgie Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien E-Mail: [email protected]
1BUSJDL#JOETDIFEMFS Dipl. Pflegefachmann AKP Neue Aarauerstraße 9a 5034 Suhr E-Mail: [email protected]
.BH&EJUI%POBUZ Spitalsapotheke Allgemeines Krankenhaus Wien Korrespondenzadresse: Promenadegasse 3 1170 Wien E-Mail: [email protected]
%S"MFYBOEFS#MBDLZ Klin. Abt. für Krankenhaushygiene Klin. Institut für Hygiene und medizinische Mikrobiologie Medizinische Universität Wien Kinderspitalgasse 15 1090 Wien E-Mail: [email protected] .JDIBFM$MBSL 1I% Wound Healing Research Unit Cardiff University Cardiff, Wales CF14 4UJ United Kingdom E-Mail: [email protected]
%SNFE5IPNBT&CFSMFJO Dermatologe/Venerologe – Allergologe G.-E.-Lessing-Straße 8 90537 Feucht b. Nürnberg E-Mail: [email protected] 6OJW1SPG%S7FSPOJLB'JBMLB.PTFS Univ. Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien E-Mail: [email protected]
6OJW1SPG%S.BOGSFE'SFZ Abt. für Wiederherstellende und Plastische Chirurgie Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien E-Mail: [email protected]
"VUPSFOWFS[FJDIOJT 1SPG%SNFE5IPNBT)VO[JLFS Dermatologische Universitätsklinik Inselspital 3010 Bern E-Mail: [email protected]
1SPG%S8PMGHBOH'SJF Ludwig-Maximilians Universität München Department Pharmazie, Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie Butenandtstraße 5 81377 München E-Mail: [email protected]
%SQIBSN)FMFOB+FO[FS Spitalapothekerin Chefapothekerin Chargé de cours Université de Fribourg Pharmacie Hôpital cantonal 1708 Freiburg Schweiz E-Mail: [email protected]
%%S.BSUJO(SBTTCFSHFS Department für Gerichtliche Medizin Medizinische Universität Wien Sensengasse 2 1090 Wien E-Mail: [email protected]
%P[%S-BST1FUFS,BNPM[ Abt. für Wiederherstellende und Plastische Chirurgie Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien E-Mail: [email protected]
3+()BMGFOT 1I% Associate Professor Health Care Studies / Section Nursing Science Universiteit Maastricht P.O. Box 616 6200 MD Maastricht The Netherlands E-Mail: [email protected]
%S)VHP#,JU[JOHFS Abt. für Wiederherstellende und Plastische Chirurgie Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien E-Mail: [email protected]
"P6OJW1SPG%S5IPNBT)zM[FOCFJO Universitätsklinik für Chirurgie Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien E-Mail: [email protected] 6OJW1SPG%SNFE3BZNVOE&)PSDI Plastisch- und Handchirurgische Abteilung Universitätsklinikum Erlangen Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Krankenhausstraße 12 91054 Erlangen E-Mail: [email protected]
%S&MJTBCFUI-BIOTUFJOFS Ärztin für Allgemein- und Arbeitsmedizin Ordination: Schwarzspanierstraße 11 / Stg. 2 / Tür 19 1090 Wien E-Mail: [email protected] %SNFE.BSFJLF-FG¿FS Plastisch- und Handchirurgische Abteilung Universitätsklinikum Erlangen Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Krankenhausstraße 12 91054 Erlangen E-Mail: [email protected]
"VUPSFOWFS[FJDIOJT %S+PTFG-PIOJOHFS Arzt für Allgemeinmedizin Bundessektionsobmann der Ärzte für Allgemeinmedizin Ordination: Wolfgangseestraße 26 5322 Hof bei Salzburg E-Mail: [email protected] %S(FPSH4.BZFS Rechtsanwalt Georg S. Mayer Rechtsanwalt GmbH Dorotheergasse 7 1010 Wien E-Mail: [email protected] +VEJUI.FJKFST .4$ 3/ Health Care Studies / Section Nursing Science Faculty of Health Sciences, University Maastricht P.O. Box 616 6200 MD Maastricht The Netherlands Visiting address: UNS40 West, Room 3.547 E-Mail: [email protected] %S*SJT.FU[NBDIFS Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG Biopharma Operations 88397 Biberach an der Riss E-Mail: [email protected]. com 1SPG%S%JFUSJDI/PSE Universität Konstanz Korrespondenzadresse: Schweizertalstraße 10 69118 Heidelberg E-Mail: [email protected] 1SPG%S)VHP1BSUTDI Baumeistergasse 85 1160 Wien E-Mail: [email protected] 6OJW"TT%S&WB$ISJTUJOB1SBOEM Klinische Abteilung für Plastische Chirurgie Universitätsklinik für Chirurgie Medizinische Universität Graz Auenbruggerplatz 29 8036 Graz E-Mail: [email protected]
)PSTU3JOEFS Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger akad. gepr. Kinesiologe der österr. Akad. für Kinesiologie und Gesundheit Heigerleinstraße 16/16 1160 Wien E-Mail: [email protected] #SJHJUUF3PUI Rechtsanwältin Kanzlei Kiechle + Partner Hindenburgstraße 1 86807 Buchloe E-Mail: [email protected] .BH&MLF.BSJB4BHNFJTUFS Rechtsanwaltsanwärterin Georg S. Mayer Rechtsanwalt GmbH Dorotheergasse 7 1010 Wien E-Mail: [email protected] %S8PMGHBOH4DIJNFUUB Arbeitsgruppe zur Systemoptimierung klinischer Forschungsprojekte ASOKLIF Institut für Angewandte Systemforschung und Statistik Johannes-Kepler-Universität Linz Altenbergerstraße 69 4040 Linz E-Mail: [email protected] "TT1SPG%S.JDIBFM7BMFOUJO4DIJOUMFS Klinische Abteilung für Plastische Chirurgie Universitätsklinik für Chirurgie Medizinische Universität Graz Auenbruggerplatz 29 8036 Graz E-Mail: [email protected] 1SPG+PT.("4DIPMT .% 1I% Department Tranzo Faculty of Social and Behavioural Sciences Tilburg University and Department of General Practice Maastricht University P. O. Box 616 6200 MD Maastricht The Netherlands E-Mail: [email protected]
"VUPSFOWFS[FJDIOJT
1%%SNFEIBCJM"OESFBT4DIXBS[LPQG Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie Öffentlich bestellter und beeidigter Sachverständiger für Krankenhaushygiene Stellvertretender Vorsitzender der Initiative Chronische Wunde e.V. Mangelsfeld 16 97708 Bad Bocklet E-Mail: [email protected]
%SNFE"MFYBOESB6LBU Paula-Modersohn-Platz 3 79100 Freiburg E-Mail: [email protected]
%JQM#JPDIFN$MBVEJB4DIXBS[LPQG Gesundheitsakademie Bad Kissingen CAS-Schulungen GbR Otto-von-Bamberg-Straße 10 97717 Aura an der Saale E-Mail: [email protected]
%S7PMLFS7FJUM %JQMUSPQI Ernährungsphysiologe Mauerhofweg 9 5411 Oberalm E-Mail: [email protected]
"P6OJW1SPG%S/PSCFSU4FQQ Univ.-Klinik für Dermatologie und Venerologie Medizinische Universität Innsbruck Anichstraße 35 6020 Innsbruck E-Mail: [email protected] %S4UFGBO4USFNJU[FS Universitätsklinik für Chirurgie Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien E-Mail: [email protected] "OUKF5BOOFO .1) Diplom-Pflegepädagogin Charité – Universitätsmedizin Berlin Institut für Medizin-/Pflegepädagogik und Pflegewissenschaft Charitéplatz 1 10117 Berlin E-Mail: [email protected] 6OJW1SPG%S-VD5FPU Burns and Plastic Unit Lapeyronie Hospital 371 Avenue Doyen Giraud 34295 Montpellier Cedex 5 E-Mail: [email protected]
1SPG%SNFE8PMGHBOH7BOTDIFJEU Hautarzt Phlebologe Allergologe Paula-Modersohn-Platz 3 79100 Freiburg E-Mail: [email protected]
%S8BMUFS8FU[FM3PUI Facharzt für Chirurgie Thorax-Kardiovaskularchirurgie Hindenburgstraße 1 86807 Buchloe E-Mail: [email protected] %S5IPNBT8JME Universitätsklinik für Chirurgie Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien E-Mail: [email protected] 1SPG%SNFE(FSOPME8P[OJBL Klinik für Gefäßchirurgie Knappschaftskrankenhaus Bottrop Osterfelderstraße 157 46242 Bottrop E-Mail: [email protected] %S$BSJOB;PSO Univ. Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien E-Mail: [email protected]
4BDIWFS[FJDIOJT
"bwehr 42, 48, 155 Acrylat 66 Acrylat-Schutzfilme 66 Acticoat 80–86, 88, 336 Actisorb 80–85, 88 Ag 26–27, 80–88, 112, 336 AKN-Faktor 74, 77 Aktivkohleverbände 26–27 akute Wunden 131, 344 Alginat 24–25, 28, 280 Allergien 24–25, 28, 276 Allergisches Potential 149 Allogene Spalthaut 212 Ambulante Versorgung 273 Angiogenese 1–5, 31–32, 34–38, 56, 91, 93, 104, 113, 127, 195–199, 203 Antibiotika 29, 32, 57, 60–61, 79, 84–85, 87, 103–104, 151, 156, 211, 218, 222, 224–226, 323–327, 329, 339, 342–343 Antioxidantien 38–39, 47, 49, 210 Aquacel 26, 80–82, 86–87, 112 Arbeitsdruck 173–174, 177 Arginin 31, 36, 41–42, 47–48, 50, 190, 197, 203, 304 Atrauman 80–85, 87, 88 #akterien 3, 48, 54–55, 71, 87, 100, 103, 155–156, 194, 217–219, 225, 263, 323,–326, 328–329, 332–335, 338, 342–344 Belege 345 Besiedelung 111, 131, 151, 333 Beweislast 317, 318 Beweislastumkehr 318–319 Biochirurgie 56, 103, 261–262, 267–268 Biokompatibilität 82–83 BMI 42–46, 189
Braden 50, 185 Brandverletztenzentrum 214 $harmeuse 83, 85 Chirurgisch 3 Chronifizierung 115, 217, 220 chronische Wunden 15, 93, 99, 101, 104–105, 113, 203, 247, 327 Contreet 80–82, 84, 330 Cystein 41–42, 91, 332 %armbakterien 156 Debridement 16, 19, 32, 53–57, 102–103, 107, 124–127, 131, 133–134, 162, 166, 215, 217, 221–224, 257, 260–263, 266–268, 280, 302–304, 337, 339, 342 Dekubitalulcus 46, 50 Dekubitus 15, 24–25, 28–29, 34, 41–43, 46–47, 50–51, 137–141, 179–184, 187–190, 217, 227, 259, 301, 307–308, 310, 313 Dekubitusprävalenz 179–182 Dekubitusprophylaxe 47, 189, 313 Dermatologisch 277 Desinfektion 27, 154, 156–157 Diabetes 2, 7–8, 20, 94–95, 109, 119–121, 152, 159–161, 169, 193–194, 197–198, 202–205, 213, 218, 221, 228, 231–232, 259–260, 277–278, 288, 341 diabetischer Fuß 15, 137–138, 141, 225 Diagnostik 16–17, 99, 101–102, 105, 159, 161–162, 189, 214, 217, 219–220, 272, 275, 277, 281, 310, 319 Differentialdiagnosen 94, 231, 243 Dokumentation 11–12, 16, 21, 69–70, 73–77, 89, 112, 146, 153–154, 209, 251, 276, 285–286, 290–291, 307, 309–318 Dokumentationspflicht 307, 312, 313 Drainagen 20, 163
Durchblutung 15, 42, 48, 53–54, 126, 171–172, 176, 208, 211, 256–257, 276 &DV 69, 75 Effektivität 60–61, 137, 145, 180, 187, 300, 342 Eigenverantwortlichkeit 309 Einwirkzeit 65, 153–154, 207, 329 Eiweiß 41–43, 46–48, 50, 85, 190 Elektrotherapie 255, 258 Elektrotrauma 214–215 Endothel 48, 115, 117, 120, 197, 201 Energiebedarf 45–46 Engineering 38, 247–252, 304 Enterococcus 84 Entzündungsphase 1–3, 7, 53, 100, 110, 193–194, 198, 202 Entzündungszeichen 85, 219, 220 Enzyme 3–4, 8, 29, 31, 36, 49, 55–58, 62, 90,–92, 100, 102–103, 117, 196, 218, 262, 280, 326, 332 Epidermis 6, 8, 11, 32, 47, 102, 207, 208, 247, 248 Epithelialisierung 41, 49, 54, 87, 105, 160, 165, 174, 196, 199, 202–304 Epithelisierung 2, 6, 12–13, 63, 89, 93–96, 112, 203, 264, 280 EPUAP 50, 180–181, 184, 188, 190, 340 Eradikation 87, 112, 223, 328 Erfrierung 277 Ernährung 5, 41, 42–43, 45–51, 73, 77, 96, 154, 187–190, 208, 210–213, 286, 289, 304, 337, 339 ESBL 156 EWMA 11, 14, 51, 68, 79, 143, 178, 281, 321, 326, 330, 340–341, 345, 346 Exsudat 3, 7, 11, 18, 24, 26, 55, 72, 93, 101–102, 104, 110– 111, 113, 147, 175, 266, 276, 280, 301, 339 'aktor XIII 109, 116–121 Fibrin 2–4, 16, 55, 58, 94–96, 100, 115, 117, 195, 247– 248, 250, 276, 301 Fibrinolysin 59, 103 Fibroblasten 1–5, 7–8, 28, 31, 34–36, 41, 47, 49, 54–55, 91, 93, 99, 101, 103, 105, 110, 115, 123, 194–198, 200–201, 203, 247–250, 256, 257 Fischerverband 173, 175 Fistel 219, 222, 277 Flächenreinigung 154 Fliegenlarven 261–268 Flüssigkeitsbedarf 45, 208 Flüssigkeitszufuhr 45, 189 Folien 26, 280 Folienverbände 60–61, 104 Fußischämie 169
4BDIWFS[FJDIOJT (angrän 34, 160, 172, 220, 232, 236, 241, 267, 268 Gaze 104, 109, 111, 248, 342 Gerinnung 35 Geruch 13, 86, 116, 328 Gesundheitsökonomie 138 Gewichtsverlust 41–42, 44, 187, 189 Glutamin 31, 36, 41, 47–48, 50–51, 117 Granulation 3, 12, 28, 89, 93, 95, 101, 104, 113, 119, 258, 276, 297, 299, 301–304 Granulozyten 1, 3, 5, 53–54, 115, 193–195, 201, 203, 256 )aftung 2, 6, 155, 307, 310–312, 316, 317 Händedesinfektion 153 Haut 1–3, 6, 8, 14, 16, 23, 28, 32, 34, 36, 46, 54–55, 66, 69, 72, 90–92, 101, 105, 109, 116, 126, 129, 135, 143, 147– 149, 151, 156, 161, 164, 168, 174, 176, 180, 193, 195, 197, 199, 207–208, 211–214, 218–219, 231, 247–248, 251– 252, 256, 278, 329, 334, 337 Hauttransplantation 124, 132, 213, 264, 324 Hautzellen 212–213, 247, 248 Heilbehandlung 307–308, 310–311, 314 Heilungsverlauf 5, 21, 50, 69, 75–76, 101, 115, 199, 275– 277, 279, 326 Hepatitis 154–156, 248–249 HIV-Infektion 156 Homecare 129 Hyaluronsäure 4–5, 28, 195 Hydrofaser 24–27, 29, 67, 72, 86, 104, 111, 280 Hydrogel 32, 87, 104, 280, 302, 304 Hydrokolloid 24–27, 72, 80, 103, 280, 337 Hygiene 62, 152, 157, 347 Hygieneplan 151–153 Hypergranulation 12 Hypoxie 2–4, 7, 31–32, 34, 37, 195, 196 *mmunologie 193 In vitro 62, 88, 259, 336, 342 In vivo 51, 197, 333 Inzidenz 6, 21, 48–49, 50, 92, 139, 159, 179, 180, 184, 198 ,eratinozyten 3–4, 6–7, 28, 31, 35, 38, 86, 91, 93, 101, 105, 116, 195–197, 199–201, 207, 212, 247–252, 256 Kinesiologie 271–273, 349 Kollagen 2–7, 29, 35, 48, 54-55, 58, 89–96, 101, 105, 117, 195–196, 198, 218, 247–248, 250 Kollagenase 8, 55, 103, 196, 280 Kolonisation 79, 86, 94, 96, 113, 123, 168, 218, 220, 249 Kompatibilität 60, 61 Kompressionsdruck 171–172 Kompressionsmaterial 171 Kompressionsstrümpfe 173–175, 177
4BDIWFS[FJDIOJT
Kompressionstechniken 174 Kompressionstherapie 29, 64, 112, 171, 173, 175–178 Kontamination 69, 109, 111, 113, 131, 133, 153, 199, 203, 218, 220, 257, 334 Kortikosteroide 2, 67, 193 Kosten 15, 21, 43, 71, 74, 77, 85, 105, 137–139, 159, 179, 185, 187, 249–251, 261–262, 297–298, 300–305, 329, 335, 345 Kosten-Effizienz 300 Kosten-Minimierung 300 Kosten-Nutzen 74, 77, 138, 249–250, 300, 345 Krankenkasse 139 Kurzzugbinden 173, 174, 175, 176 -angzugbinden 173 Lappenplastik 125–126, 163, 324 Laser 176, 257–260, 264 Läsion 16–21, 143, 160–162, 164, 166–168, 197, 210, 231, 233, 278, 281 Leukase 59 Lipide 31–32, 36, 154, 279 Lucilia sericata 56, 103, 261–262, 266, 268–269, 330 Lymphdrainage 176–177 Lymphozyten 3, 36, 48–49, 83, 195–196, 199–201, 203 .aden 32, 56, 103, 261, 265–266, 268, 280, 323, 328 Makrophagen 1–5, 7, 34, 36, 47–49, 54–55, 93–95, 102, 110, 115, 117, 194–195, 196–197, 199–201, 203, 256–257 Management 9, 14, 57, 62, 66, 68, 79, 99, 105–107, 111, 114, 146–148, 150, 159, 168, 220, 253, 279–281, 305, 321, 323–327, 330, 334, 337–341, 345, 346 Mangelernährung 2, 6–7, 11, 32, 41–45, 48, 50, 79, 94, 189, 304 Manifestationsindex 151 Mazeration 13, 29, 55, 63, 64, 72, 102, 104, 110, 111, 144, 147, 148, 249, 276, 338 Mesh-Graft 211 Methionin 41–42 Mikroangiopathie 163 Mikrozirkulation 56, 100, 111, 123–124, 171, 176, 177 MRSA 84, 88, 103, 114, 153, 156, 225, 261, 263, 268, 326, 329–330, 345 /ADPH 34, 36 Nahrung 42, 45, 47–49, 151, 154, 188–190, 262, 264, 339 Nahrungsergänzung 41, 51, 187–190 Narbe 2, 5, 63, 212, 219 Nekrose 15–20, 41–42, 54, 73, 130, 180, 200–201, 210, 220–221, 233, 264, 266–276 Nekrosektomie 53, 95, 208, 210–211, 257, 264
Neuropathie 2, 32, 124, 144, 159–161, 163–164, 166, 168–169, 176, 220–221, 224, 277, 278 Neuropathischer Schmerz 143 NO 31–32, 34, 36–37, 39–40, 48, 117, 195, 197–198, 202– 203 Nozizeptiver Schmerz 143 NSAR 148 edem 13, 14, 63, 101–102, 147, 171–172, 176, 193, 208, 276 Ökonomie 297 Opioide 147, 148 ORSA 156 Osteitis 217, 219, 221, 224, 226 Osteomyelitis 12, 60, 124–125, 127, 160–161, 162, 165, 167, 168, 217–221, 223–228, 261, 279, 339 1CM 187 Phlebitis 175 Pilze 84, 100, 325, 328 Polypragmasie 105, 106 Prävalenz 135, 138–139, 141, 179, 180–181, 184, 325 Proliferation 1–3, 5–8, 28, 32, 34, 41, 49, 89, 93, 100– 101, 106, 110, 112–113, 194–196, 249, 257 Proliferationsphase 2–3, 100, 193, 194 Protein 2, 4, 38, 42–43, 46, 48, 55, 80, 83, 85, 117, 119, 123, 187, 190, 199, 218, 232–233 Pseudomonas 27, 100, 154–156, 225, 237, 256, 263–267, 323, 325–326, 330, 333, 336, 342, 345 PUFA 41, 49 Puls 169 PVP-Jod 39, 94, 155 3echt 76, 292, 311, 314, 316–317 Reißfestigkeit 5, 8, 91 Resistenz 84, 232–233, 324, 328, 335 Revaskularisation 127, 159, 163–164, 225, 249 Risiko 8, 43–44, 50, 60–61, 63, 65–66, 70, 72, 79, 82, 143, 152–156, 181–182, 187–189, 198, 203, 221–222, 256, 267, 275, 283, 286–287, 291–292, 308, 310, 329, 339, 341–342 Rötung 2, 14, 47, 70, 102, 180, 208, 219–220, 276 Ruhedruck 172, 174, 176–177 4auerstoff 4, 31, 32–34, 41–42, 56, 90, 93, 104, 148, 197, 266, 332 Schaumstoff 23, 87, 280 Schmerz 143–148, 179, 209, 233, 246, 276, 344 Schmerzevaluation 145, 149 Schmerzintensität 119, 146, 148–149 Schmerzskala 13, 146, 301 Schwamm 28, 104, 123, 129, 131, 136, 264–266
Schwellung 14, 70, 165, 175–176, 193, 208, 220, 276 Sekret 175 Silber 26–28, 35, 70, 79–81, 83–87, 103–104, 302, 304, 323, 328–329, 332–335, 337, 338, 340–344 Sonden 154 Staphylococcus 79, 84–85, 88, 100, 103, 114, 155–157, 218–219, 226, 228, 256, 263, 268–269, 330, 333, 336, 345 steril 56, 113, 153, 155, 226, 302, 303 Sterilisation 92, 152, 154 Stickstoffmonoxid 48, 117, 195, 197 Stoma 110 Streptokinase 29, 55, 59, 60 Stromarten 255 Studien 12, 15, 53, 55–56, 70, 79, 96, 100, 105, 109, 123, 131, 135, 137, 139–140, 171–172, 177–181, 187, 189, 195, 197–198, 202–203, 212, 247, 249–250, 252, 256, 258– 259, 261–263, 268, 283–289, 291–293, 296–297, 301– 302, 329–330, 333–334, 337, 339, 341–345 Studiendesign 329 5exas University Klassifikation 160 Thrombozyten 2, 54, 117–118, 193–194, 195, 201 TIME-Prinzip 99, 101–102, 105–106 Tissue 8–9, 11, 38, 91, 99, 101–102, 108, 195–196, 247– 253, 269, 280, 304, 330 TNF-α 3, 7, 10, 38, 101, 195–196, 199, 203 Toxizität 47, 60–61, 79, 103, 168, 334–335, 342–343 Trypsin 29, 59 fbertragungswege 151 Ulcus cruris 9, 15, 34, 64, 94, 99, 114, 119, 134, 137–141, 178, 239, 251, 263, 330 Ultraschall 162, 171–172, 176, 256–259 Umweltresistenz 151 7.A.C. 17, 19–20, 28–29, 56, 104, 127–131, 133, 135–142 V.A.C.-Therapie 19–20, 56, 128–129, 130–131, 133, 135– 142 Vakuum 28, 92, 115, 129, 104 Vaskulitis 63, 221, 224, 231–233, 277 VEGF 3–4, 10, 31–32, 34–35, 37–38, 40, 195–196, 199, 201, 205, 248 Venöse Insuffizienz 221 Verbandswechsel 12, 17, 56, 86, 101–102, 104–105, 111– 112, 118, 143, 146, 148–149, 163, 266, 302–304, 344 Verbandwechsel 28–29, 32, 55, 57, 60–61, 69–75, 77– 78, 113, 133, 137, 140, 144, 175, 210, 301, 311, 344 Verbrennung 32, 207–209, 211, 213, 248, 277 Verbrennungsgrad 207–208 Verbrennungswunde 207, 212
4BDIWFS[FJDIOJT
Verkleben 24, 87 Verschlusskrankheit 79, 102, 124, 177, 203, 220, 224, 231–232, 267, 277 Vitamin 4, 36, 39, 42, 47, 50, 96, 189, 198, 210 VRE 84, 156 8achstumsfaktoren 1, 3–4, 6–8, 29, 31, 34, 36, 54, 90, 92–93, 99–102, 105, 110, 193–196, 198–200, 202–203, 248, 264, 304 Wagner Klassifikation 160 Wallace 39 Wärmetherapie 255, 257–259 Wundbesiedelung 157 Wundbeurteilung 14, 20, 68, 127, 276 Wunde 1–8, 11–21, 23–29, 31–32, 41–42, 47–48, 50, 53– 58, 61, 63, 67, 69–80, 82, 85, 89, 92–93, 99–111, 113– 116, 119–120, 123–127, 129, 131, 133, 137, 139, 143–144, 147–149, 151, 155, 157, 165, 168, 182–183, 190, 194–195, 198–199, 202–203, 211–212, 219–221, 224, 227, 231, 233, 246, 250–251, 256, 262, 265–266, 273, 275–277, 280–281, 297, 302, 304, 315, 324–325, 327–328, 332, 334–335, 338–339, 341–343, 350 Wundfotografie 21, 69, 75 Wundheilung 1–5, 7–9, 21, 28–29, 31–32, 34–36, 38– 39, 41–43, 46–50, 53–54, 56, 66, 69–70, 72, 76, 78–79, 86, 88–89, 91–96, 100, 103–104, 109–110, 113–116, 118, 120–121, 123–124, 126, 130–131, 135–136, 143, 146, 149, 159, 193–200, 202–203, 210–211, 213, 223, 231, 248, 255–256, 261, 264, 266, 268, 271, 273, 279, 297, 299, 304, 324, 326–328, 334–335, 337–339, 341–342, 344– 345 Wundinfektion 70, 81, 86, 100–101, 198, 203, 325–326, 338, 342 Wundmakrophagen 194 Wundmanagement 11, 14, 21, 56, 62, 68–69, 73, 77–78, 106, 111–112, 143, 146, 275, 281, 312, 323, 326 Wundrandschutz 26, 29, 65, 87, 111–113, 280 Wundreinigung 3, 17, 19, 23, 25–26, 29, 53–55, 57–58, 60–61, 71, 103, 110, 113, 144, 262, 266, 317 Wundtaschen 11, 20, 54, 72, 152 Wundverschluss 1–2, 5, 115, 118, 124, 135, 211–213, 225, 248, 280, 324 WUWHS 143, 150, 188 9erose
63
;ink 35, 40–42, 44, 49–50, 66, 190, 304 Zivilrecht 310, 314, 316, 319 Zytokine 1–4, 7–8, 90, 93, 101, 194–195, 196, 199–200, 203, 248, 329 Zytotoxizität 80, 82–83, 85–86, 94, 328, 333–335, 342