Sascha Steinmann Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing
GABLER RESEARCH Interaktives Ma...
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Sascha Steinmann Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing
GABLER RESEARCH Interaktives Marketing Herausgegeben von Professor Dr. Günter Silberer
Die Schriftenreihe präsentiert wissenschaftliche Beiträge zum Einsatz interaktiver, vor allem multimedialer Systeme im Marketing. Stationäre und portable Applikationen rücken dabei ebenso ins Blickfeld wie Offline- und Online-Anwendungen, insbesondere Internet und interaktives Fernsehen. Als Felder der rechnergestützten Interaktion interessieren vor allem Marktforschung, Produktentwicklung, Electronic Publishing, dialogische Präsentation und Kommunikation von Unternehmen, Programmen und Produkten, Vor- und Nachkauf-Service sowie Verkauf und Vertrieb (Electronic Commerce).
Sascha Steinmann
Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing Ausprägungen, Determinanten und Wirkungen Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Günter Silberer
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Göttingen, 2010
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Stefanie Brich | Jutta Hinrichsen Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2637-1
Geleitwort Mit dem Aufkommen des Internet und seiner Nutzung als Marketingkanal hat die Diskussion und die Erforschung des Multi Channel Marketing an Bedeutung und an Fahrt gewonnen. Dabei standen von Anfang an die Fragen einer möglichst sinnvollen Kombination von Kanälen wie z.B. des stationären Handels, des klassischen Direktvertriebs und des OnlineMarketing im Vordergrund. Eine fortgeschrittene und vertiefte Erforschung des Multi Channel Marketing muss sich nun verstärkt um die Kundenkontakte und damit um den Multi Channel Customer kümmern. Mit der vorgelegten Arbeit erweitert und vertieft Dr. Sascha Steinmann die Erforschung des Multi Channel Marketing und vor allem die Kundenkontaktanalyse in mehrfacher Hinsicht. Zunächst zeigt er auf, dass Kundenkontakte als mehrdimensionale Sachverhalte zu verstehen und zu analysieren sind. Dabei kommt es ihm auf die Kanäle als Kontaktpunkte sowie auf deren Bedeutung und deren Funktion aus der Sicht der Kunden an. Nicht unwichtig ist dabei der Nachweis, dass diese Dimensionen auch erfasst werden können. Von großer Bedeutung sind des Weiteren die Einführung und Begründung einer Sequenzanalyse. Auf diesem Wege kann die Abfolge von Kontenkontakten im Multi Channel Marketing ins Blickfeld gerückt und deren Bedeutung aufgezeigt werden. Ein wertvoller Beitrag der vorgelegten Arbeit besteht unter anderem darin, dass die Möglichkeit einer multidimensionalen Sequenzanalyse demonstriert werden kann. Dies wäre ohne eine Weiterentwicklung der Software für Sequenzanalysen nicht möglich gewesen. Eine besondere Herausforderung bestand für den Autor auch darin, die möglichen Ursachen und Folgen von Kontaktsequenzen herauszustellen und relevante Theorien zu einer Theoriebasis oder einem theoretischen Bezugsrahmen zusammenzufügen. Die im Handel und im Tourismus durchgeführten Studien dienen nicht nur der Erfassung multidimensionaler Kontaktsequenzen im Multi Channel Marketing dieser Branchen, sondern auch der Überprüfung einschlägiger Hypothesen, die aus dem theoretischen Bezugsrahmen abgeleitet werden. Mit seinem Beitrag zur wissenschaftlichen Erforschung des Multi Channel Marketing liefert der Verfasser zugleich wertvolle Hinweise für das Multi Channel Management, das sich darum bemüht, auf diagnostisch wertvollen Einsichten in die Kundenkontakte aufbauend möglichst große Synergiepotenziale zu erkennen und zu realisieren. Ich bin deshalb sicher, dass die hier vorgelegte Arbeit das Interesse der Marketingwissenschaft und der Marketingpraxis nicht nur verdient, sondern auch finden wird.
Göttingen, im Dezember 2010
Prof. Dr. Günter Silberer
Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Günter Silberer, Institut für Marketing und Handel der Georg-AugustUniversität Göttingen. Mein Interesse an den Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen wurde in Forschungsprojekten zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing geweckt. Die Idee zu einer tief gehenden Beschäftigung mit dieser Thematik entstand aus einer kritischen Haltung gegenüber der bisherigen Methodik für die Erfassung und Analyse der Kundenkontakte innerhalb der Marketingforschung und Marketingpraxis, die zumeist auf die Ursachen und Wirkungen einzelner Kundenkontakte sowie auf das Kundenverhalten in einzelnen Kaufprozessphasen fokussierten. Bei meinen Recherchen zeigte sich schnell, dass kaum Arbeiten existierten, die den Versuch unternehmen, das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing umfassend zu analysieren, indem alle Kundenkontakte entlang des gesamten Kaufprozesses Berücksichtigung finden. In der Regel wurden unpersönliche Kontakte, wie beispielsweise mit den klassischen Instrumenten der Marketingkommunikation, in den Untersuchungen vernachlässigt. Weiterhin wurde der Abfolge der Kundenkontakte – die Kundenkontaktsequenz – nicht nur entlang des gesamten Kaufprozesses, sondern auch innerhalb einzelner Prozessphasen und den Zusammenhängen zwischen den einzelnen Kundenkontakten nur wenig Beachtung geschenkt. Mir erschienen diese Sichtweise sowie die Methodik bisheriger Arbeiten allerdings als zu eng. Hieraus entstand die Idee, die Kundenkontakte und somit die Ereignisse innerhalb der Kundenkontaktsequenz als multidimensionale Sachverhalte zu verstehen, die auch die Funktionen und die Bedeutung der Kontakte beinhalten. Ziel ist es deshalb, das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing anhand der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz zu analysieren und hierbei die horizontalen und vertikalen Zusammenhänge zwischen den Dimensionen der Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses zu berücksichtigen sowie deren Ursachen und Wirkungen zu untersuchen. Aus meiner heutigen Sicht stellen der in dieser Arbeit gewählte Ansatz sowie der Einsatz der Sequenzanalyse eine sinnvolle Erweiterung des Methodenarsenals der Konsumentenforschung in Wissenschaft und Praxis dar. Zum Gelingen dieser Ausarbeitung haben viele Personen beigetragen, denen ich herzlich danken möchte. Ganz besonders danke ich meinem Doktorvater Prof. Dr. Günter Silberer, der mein Interesse an den Kundenkontakten geweckt und hierdurch den Anstoß für eine tief gehende Beschäftigung mit dem Thema gegeben hat. Seine wertvolle fachliche Unterstützung und Anregungen, die das Ergebnis unserer fruchtbaren wissenschaftlichen Diskussionen waren, finden sich in vielen in dieser Arbeit formulierten Gedanken wieder. Prof. Dr. Waldemar Toporowski danke ich für die Übernahme des Zweitgutachtens und seinen Beitrag zu der vorliegenden Dissertation. Ebenso gilt mein Dank Prof. Dr. Walter Zucchini, für seine spontane Bereitschaft und Unterstützung als Drittprüfer an der Disputation mitzuwirken.
VIII
Die Durchführung der empirischen Studien wäre ohne die Unterstützung verschiedener Personen nicht möglich gewesen. Herrn Thorsten Metz, Geschäftsführer von Saturn Göttingen, danke ich für die Möglichkeit die Felduntersuchungen für den Elektronikfachhandel in den Geschäftsräumen von Saturn Göttingen durchzuführen. Herrn Dr. Bernd-Holger Köpler, Thomas Cook AG, danke ich für seine Unterstützung bei den Befragungen in der Tourismusbranche. Herzlich danken möchte ich auch den zahlreichen Diplomandinnen und Diplomanden, die durch ihren unermüdlichen Einsatz bei der Datenerhebung zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Die Erstellung dieser Dissertation wäre ohne die Motivation und Hilfestellung meiner Freunde und Kollegen, die mich während dieser Zeit fachlich und menschlich unterstützt haben, kaum möglich gewesen. Besonderer Dank gilt Dr. Gunnar Mau für seine wertvolle fachliche und freundschaftliche Unterstützung. Dr. Oliver Büttner danke ich ebenso für seine fachliche und freundschaftliche Unterstützung, aber auch für die häufige Bereitstellung seiner Wohnung zum gemeinsamen Kochen, Essen und Trinken. Gleiches gilt für Dipl.-Sozw. Julia Wandt. Dipl.-Kffr. Yvonne Siebert und Dipl.-Kffr. Hsiau-Han Wang danke ich für die mühevolle Durchsicht des Manuskripts sowie ihre wertvollen Anmerkungen und ihre Unterstützung. Schließlich gilt ein besonderer Dank meinen Eltern Erika und Kurt Steinmann. Sie haben mich auf meinem Weg stets begleitet, ermutigt und vorbehaltlos unterstützt. Besonders hervorzuheben ist meine Verlobte Janina Schirbel, die sicherlich am meisten unter den Unwägbarkeiten der Promotionszeit leiden musste. Ihr danke ich vor allem für ihre Geduld, ihren unermüdlichen Zuspruch und ihre Motivation sowie für die Durchsicht des Manuskripts. Gewidmet sei diese Arbeit meiner Großmutter Minna Steinmann, die den Abschluss der Dissertation leider nicht mehr erleben konnte.
Düsseldorf, im Dezember 2010
Dr. Sascha Steinman
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................... XIII Tabellenverzeichnis ................................................................................................................. XV 1.
2.
Einleitung ............................................................................................................................ 1 1.1
Kundenkontakte und Kontaktsequenzen .....................................................................1
1.2
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit .............................................................................4
Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing .................. 7 2.1
Begriffsverständnis und Arbeitsdefinition .......................................................... 7
2.1.2
Kategorien von Marketingkanälen und Kundenkontaktpunkten ........................ 9
2.2
Multi Channel Marketing ..........................................................................................13
2.2.1
Begriffsverständnis............................................................................................ 13
2.2.2
Gestaltungsformen im Multi Channel Marketing ............................................. 15
2.2.3
Chancen, Risiken und Herausforderungen im Multi Channel Marketing .......................................................................................................... 19
2.3
Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte im Multi Channel Marketing .......22
2.3.1
Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte aus Anbietersicht ................. 24
2.3.2
Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte aus Kundensicht .................. 26
2.4
Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing ..........................................29
2.4.1
Begriffsverständnis............................................................................................ 30
2.4.2
Eigenschaften von Kundenkontaktsequenzen ................................................... 32
2.4.3
Ansätze zur Analyse von Kundenkontaktsequenzen ........................................ 34
2.4.4
Bedeutung der Kundenkontaktsequenzen für die Marketingforschung und Marketingpraxis ......................................................................................... 37
2.5
3.
Marketingkanäle und Kundenkontaktpunkte ..............................................................7
2.1.1
Theoretische Ansätze zur Beschreibung und Erklärung der Kundenkontakte und Kontaktsequenzen im Multi Channel Marketing ......................................................38
2.5.1
Media Richness Theorie .................................................................................... 39
2.5.2
Motivationstheorien .......................................................................................... 41
2.5.3
Konzept der Einstellung .................................................................................... 42
2.5.4
Theorie der kognitiven Dissonanz..................................................................... 43
2.5.5
Involvement ....................................................................................................... 44
2.5.6
Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung .................................................. 47
Ein Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing .................................................. 53
X 3.1
3.1.1
Stand der Forschung zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing .......................................................................................................... 53
3.1.2
Rahmenmodell der Kundenkontakte und Kontaktsequenzen im Multi Channel Marketing ............................................................................................ 63
3.2
Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Kaufprozess .............................65
3.3
Determinanten der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz ............................69
3.3.1
Personenbezogene Determinanten .................................................................... 70
3.3.2
Situative Determinanten .................................................................................... 74
3.4 4.
Stand der Forschung und Rahmenmodell der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing ..........................................53
Finale Wirkungen der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz .......................81
Anlage und Durchführung von zwei Studien zu Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing .............. 87 4.1
Ziele der Studien .......................................................................................................87
4.2
Anlage der Studien ....................................................................................................88
4.2.1
Ausgewählte Multi Channel Marketing-Systeme ............................................. 89
4.2.2
Aufbau der Fragebögen ..................................................................................... 91
4.2.3 Operationalisierung der Variablen .................................................................... 93 4.2.3.1 Operationalisierung der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz................................................ 94 4.2.3.2 Operationalisierung der Determinanten ......................................................... 97 4.2.3.3 Operationalisierung der Wirkungen ............................................................. 103 4.2.3.4 Operationalisierung der Kontrollvariablen .................................................. 108 4.2.4
Datenerhebung ................................................................................................ 109
4.3
Stichprobenbeschreibung ........................................................................................113
4.4
Ergebnisse ...............................................................................................................114
4.4.1 Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess.................. 114 4.4.1.1 Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel .................................................................................. 115 4.4.1.2 Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte in der Tourismusbranche ....................................................................................... 121 4.4.1.3 Vergleich und Diskussion der Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte in beiden Branchen.......................................................... 132 4.4.2
Vertikale Beziehungen zwischen den Kundenkontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz .................... 139 4.4.2.1 Vertikale Beziehungen zwischen den Dimensionen der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel ............................................................................. 140 4.4.2.2 Vertikale Beziehungen zwischen den Dimensionen der Kundenkontakte in der Tourismusbranche ............................................................................ 145 4.4.2.3 Vergleich und Diskussion der vertikalen Beziehungen zwischen den Dimensionen der Kundenkontakte in beiden Branchen ............................. 148
XI 4.4.3
Horizontale Beziehungen zwischen den Kundenkontakten im Kaufprozess ..................................................................................................... 153 4.4.3.1 Analyse der Substringhäufigkeiten in den Kundenkontaktsequenzen ........... 154 4.4.3.1.1 Substringhäufigkeiten der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel ..... 154 4.4.3.1.2 Substringhäufigkeiten der Kundenkontakte in der Tourismusbranche .... 156 4.4.3.1.3 Vergleich und Diskussion der Substringhäufigkeiten ............................... 158 4.4.3.2 Ermittlung der Übergangswahrscheinlichkeiten zwischen den Kundenkontakten mit Hilfe eines Multi-State Markov-Modells .................. 159 4.4.3.2.1 Ergebnisse des Multi-State Markov-Modells im Elektronikfachhandel ... 164 4.4.3.2.2 Ergebnisse des Multi-State Markov-Modells in der Tourismusbranche... 168 4.4.3.2.3 Vergleich und Diskussion der Multi-State Markov-Modelle beider Branchen ................................................................................................... 172 4.4.3.3 Untersuchung der horizontalen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten mittels Assoziationsanalyse ............................................ 174 4.4.3.3.1 Ergebnisse der Assoziationsanalysen im Elektronikfachhandel ............... 176 4.4.3.3.2 Ergebnisse der Assoziationsanalysen in der Tourismusbranche ............... 179 4.4.3.3.3 Vergleich und Diskussion der Assoziationsanalysen................................ 181
4.4.4
Determinanten der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz ................................................................... 183 4.4.4.1 Ergebnisse der Ursachenanalysen im Elektronikfachhandel........................ 186 4.4.4.2 Ergebnisse der Ursachenanalysen in der Tourismusbranche ....................... 195 4.4.4.3 Vergleich und Diskussion der Befunde der Ursachenanalysen in beiden Branchen ..................................................................................................... 206
4.4.5 Effekte der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz .............................. 211 4.4.5.1 Ergebnisse der Wirkungsanalysen im Elektronikfachhandel ........................ 211 4.4.5.2 Ergebnisse der Wirkungsanalysen in der Tourismusbranche ....................... 216 4.4.5.3 Vergleich und Diskussion der Wirkungsanalysen in beiden Branchen ......... 222 4.4.6
Kundensegmentierung auf Basis der multidimensionalen Kontaktsequenzen ........................................................................................... 224 4.4.6.1 Multidimensionale Sequenzclusterung und multidimensionale Sequenzcluster im Elektronikfachhandel .................................................... 230 4.4.6.2 Multidimensionale Sequenzcluster in der Tourismusbranche....................... 243 4.4.6.3 Vergleich und Diskussion der multidimensionalen Sequenzclusterung in beiden Branchen...................................................................................... 261
5.
Zusammenfassung und Implikationen ............................................................................ 265 5.1
Zusammenfassung ...................................................................................................265
5.2
Implikationen für die Marketingforschung und Marketingtheorie .........................268
5.3
Implikationen für die Marketingpraxis ...................................................................276
Literaturverzeichnis ................................................................................................................. 279 Anhang: Ausgewählte Software zur Sequenzanalyse ............................................................. 307
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Kategorisierung von Kundenkontaktpunkten nach ihrer Reichhaltigkeit von Daft et al. (1987) ................................................................................................. 11 Abbildung 2: Kategorisierung von Kundenkontaktpunkten nach Payne und Frow (2004) ..... 11 Abbildung 3: Gestaltungsformen des Multi Channel Marketing ............................................. 16 Abbildung 4: Funktionalität ausgewählter Kundenkontaktpunkte........................................... 23 Abbildung 5: Präferierte Kontaktfunktionen im Multi Channel Marketing ............................. 27 Abbildung 6: Modell zum Multi Channel Buyer Behavior von Schoenbachler & Gordon (2005) .................................................................................................................. 56 Abbildung 7: Modell zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing von Kumar & Venkatesan (2005) ............................................................................................... 59 Abbildung 8: Modell der Ursachen für die Kanalwahl zu einem bestimmten Zeitpunkt im Kaufprozess von Balasubramanian et al. ( 2005) ................................................ 60 Abbildung 9: Rahmenmodell der Kundenkontakte und Kontaktsequenzen im Multi Channel Marketing .............................................................................................. 63 Abbildung 10: Zusammenspiel von Kundenkontaktpunkten im Kaufprozess.......................... 68 Abbildung 11: Hypothesensystem der Arbeit ........................................................................... 86 Abbildung 12: Erfassung der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz ..................................................................................... 95 Abbildung 13: Verteilung der Anteile häufig genutzter Kundenkontaktpunkte im Elektronikfachhandel....................................................................................... 115 Abbildung 14: Verteilung der Anteile häufiger Kontaktfunktionen im Elektronikfachhandel....................................................................................... 117 Abbildung 15: Verteilung der Bedeutung der am häufigsten genutzten Kontaktpunkte im Elektronikfachhandel....................................................................................... 121 Abbildung 16: Verteilung der am häufigsten genutzten Kundenkontaktpunkte in der Tourismusbranche ........................................................................................... 123 Abbildung 17: Verteilung der Anteile der häufigsten Kontaktfunktionen in der Tourismusbranche ........................................................................................... 125 Abbildung 18: Verteilung der Bedeutung der wichtigsten Kundenkontaktpunkte in der Tourismusbranche ........................................................................................... 130 Abbildung 19: Verteilung der häufigsten 2’er-Substrings der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel....................................................................................... 155 Abbildung 20: Verteilung der häufigsten 2’er-Substrings der Kundenkontakte in der Tourismusbranche ........................................................................................... 157 Abbildung 21: Flow-Chart der Übergänge zwischen den Kundenkontakten im Kaufprozess im Elektronikfachhandel ............................................................ 167 Abbildung 22: Flow-Chart der Beziehungen zwischen den Kundenkontakten im Kaufprozess in der Tourismusbranche ............................................................ 170
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Definitionen für einen Marketingkanal ..................................................................... 8 Tabelle 2: Kategorisierung der Kundenkontaktpunkte nach ihrer Art von Silberer und Mau (2005) ............................................................................................................. 12 Tabelle 3: Definitionen des Multi Channel Marketing / - Retailing / - Distribution ............... 14 Tabelle 4: Aufbau der verwendeten Fragebögen im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche ................................................................................................... 91 Tabelle 5: Vorgegebene Kundenkontaktpunkte im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche ................................................................................................... 96 Tabelle 6: Vorgegebene Kontaktfunktionen im Elektronikfachhandel und der Tourismusbranche ................................................................................................... 97 Tabelle 7: Komplexitätsgrad der erworbenen Produkt- und Reisekategorien ....................... 100 Tabelle 8: Häufigkeitsverteilung der Nennungen unterschiedlicher Preiskategorien der erworbenen Leistungen im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche 101 Tabelle 9: Motive für den Erwerb der Leistung .................................................................... 101 Tabelle 10: Gespräche im privaten Umfeld im Zusammenhang mit der erworbenen Leistung ............................................................................................................... 102 Tabelle 11: Itemkennwerte der leistungs- und prozessbezogenen Kundenzufriedenheit ...... 104 Tabelle 12: Strukturmatrix der rotierten Faktorlösungen der Kundenzufriedenheit .............. 105 Tabelle 13: Itemkennwerte zur Erfassung der Kundenloyalität ............................................. 107 Tabelle 14: Beurteilung der Erinnerung an die Kundenkontakte im Kaufprozess ................ 109 Tabelle 15: Stichprobenkennwerte in den betrachteten Branchen ......................................... 113 Tabelle 16:Anteile der Kundenkontakte in einzelnen Prozessphasen im Elektronikfachhandel ........................................................................................... 116 Tabelle 17: Kontaktfunktionen der am häufigsten genutzten Kontaktpunkte im Elektronikfachhandel ........................................................................................... 118 Tabelle 18: Bedeutung der Kundenkontakte in einzelnen Prozessphasen im Elektronikfachhandel ........................................................................................... 122 Tabelle 19:Anteile der Kundenkontakte in einzelnen Prozessphasen in der Tourismusbranche ............................................................................................... 124 Tabelle 20: Kontaktfunktionen der am häufigsten genutzten Kontaktpunkte in der Tourismusbranche ............................................................................................... 127 Tabelle 21: Bedeutung der Kundenkontakte in der Tourismusbranche ................................. 131 Tabelle 22: Kundenkontakte im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche im Kaufprozess ......................................................................................................... 133 Tabelle 23: Funktionen der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche ............................................................................................... 135 Tabelle 24: Bedeutung der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche im Kaufprozess ..................................................................... 137
XVI Tabelle 25: Partielle Rangkorrelation zwischen der Anzahl an Kundenkontakten und der Anzahl einzelner Kontaktfunktionen im Kaufprozess im Elektronikfachhandel ........................................................................................... 141 Tabelle 26: Partielle Rangkorrelationen zwischen der Bedeutung und der Anzahl einzelner Funktionen der Kontaktpunkte im Elektronikfachhandel .................... 144 Tabelle 27: Partielle Rangkorrelation zwischen der Anzahl an Kundenkontakten und der Anzahl einzelner Kontaktfunktionen im Kaufprozess in der Tourismusbranche ............................................................................................... 146 Tabelle 28: Vergleich der partiellen Rangkorrelationen ziwschen dem Elektronikfachhandel und der Tourismusbranche ............................................... 150 Tabelle 29: Relative Anteile einzelner Substrings im Elektronikfachhandel (in %) ............. 156 Tabelle 30: Relative Anteile einzelner Substrings in der Tourismusbranche (in %) ............. 158 Tabelle 31: Matrix der Übergangswahrscheinlichkeiten Q(z1, z2, z3) entlang des gesamten Kaufprozesses im Elektronikfachhandel (k = 1) ................................ 165 Tabelle 32: Matrix der geschätzten Übergangswahrscheinlichkeiten Q(z1, z2, z3) in der Tourismusbranche (k=1) ..................................................................................... 169 Tabelle 33: Interessante Subsequenzen der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel ........ 177 Tabelle 34:Interessante Subsequenzen der Kundenkontakte in der Tourismusbranche ....... 180 Tabelle 35: Faktoren der Kundenkontakte und Kontaktfunktionen im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche ........................................... 185 Tabelle 36: Einfluss der Determinanten auf die Kundenkontakte im Elektronikfachhandel ........................................................................................... 187 Tabelle 37: Einfluss der Determinanten auf die Kontaktfunktionen im Elektronikfachhandel ........................................................................................... 191 Tabelle 38: Einfluss der Determinanten auf die Kontaktbedeutung im Elektronikfachhandel ........................................................................................... 194 Tabelle 39: Einfluss der Determinanten auf die Länge der Kontaktsequenz in der Tourismusbranche ............................................................................................... 196 Tabelle 40: Einfluss der Determinanten auf die Kontaktfaktoren in der Tourismusbranche. 197 Tabelle 41: Einfluss der Determinanten auf die Kontaktfunktionen in der Tourismusbranche ............................................................................................... 201 Tabelle 42: Einfluss der Determinanten auf die Kontaktbedeutung in der Kundenkontaktsequenz in der Tourismusbranche ............................................... 204 Tabelle 43: Einfluss der Determinanten auf die Bedeutung der Kontaktfaktoren in der Tourismusbranche ............................................................................................... 205 Tabelle 44: Wirkungen der Kontakt- und Funktionsfaktoren sowie der Bedeutung der Kontaktfaktoren auf die finalen Größen im Elektronikfachhandel ..................... 213 Tabelle 45: Wirkungen der Länge der Kundenkontaktsequenz, der Kontaktfunktionen und der Kontaktbedeutung auf die finalen Größen im Elektronikfachhandel ..... 214 Tabelle 46: Wirkungen der Kontakt- und Funktionsfaktoren sowie der Bedeutung der Kontaktfaktoren auf die finalen Größen in der Tourismusbranche ..................... 218
XVII Tabelle 47: Wirkungen der Länge der Kundenkontaktsequenz, der Kontaktfunktionen und der Kontaktbedeutung auf die finalen Größen in der Tourismusbranche .... 220 Tabelle 48: Beschreibung der Cluster im Elektronikfachhandel anhand ihrer Zentroidsequenzen ............................................................................................... 231 Tabelle 49: Beschreibung der Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand ausgewählter Kundenkontakte............................................................................. 233 Tabelle 50: Beschreibung der Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand der Funktionen ausgewählter Kontaktpunkte ............................................................ 236 Tabelle 51: Beschreibung der Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand der Bedeutung ausgewählter Kontaktpunkte ............................................................. 238 Tabelle 52: Beschreibung der Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand der Determinanten der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz ...................... 240 Tabelle 53: Beschreibung der Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand der Effekte der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen............................... 242 Tabelle 54: Trennschärfe der multidimensionalen Sequenzcluster im Elektronikfachhandel, multinominale logistische Regression (Referenzkategorie = Cluster 1) .......................................................................... 243 Tabelle 55: Beschreibung der Cluster in der Tourismusbranche anhand ihrer Zentroidsequenzen ............................................................................................... 245 Tabelle 56: Beschreibung der Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand ausgewählter Kundenkontakte............................................................................. 247 Tabelle 57: Beschreibung der Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand der Funktionen ausgewählter Kontaktpunkte ............................................................ 252 Tabelle 58: Beschreibung der Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand der Bedeutung ausgewählter Kontaktpunkte ............................................................. 255 Tabelle 59: Beschreibung der Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand der Determinanten der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen................... 257 Tabelle 60: Beschreibung der Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand der Effekte der Kundenkontakte und Kontaktsequenzen .......................................... 259 Tabelle 61: Trennschärfe der multidimensionalen Sequenzcluster in der Tourismusbranche, multinominale logistische Regression (Referenzkategorie = Cluster 1) .......................................................................... 260
1. Einleitung 1.1
Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
Wer im Wettbewerb bestehen und seine Ziele erreichen will, muss sich an den Interessen, Erfolgen und Verhaltensweisen seiner aktuellen und potenziellen Kunden orientieren (Silberer 2004 S. 262). Hierbei zählt das Wissen über die Kunden – die Kundenkenntnis – zu den wichtigsten strategischen Erfolgsfaktoren (vgl. Payne & Frow 2004 S. 533). Diese Erkenntnis ist ebenso zentral wie unbestritten (vgl. Bungard et al. 2003, Silberer 2009 S. 16). Ein wichtiges Element für den Aufbau von Kundenkenntnis und die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen ist der Kontakt zwischen einem Anbieter und seinen Kunden an verschiedenen Kundenkontaktpunkten (engl. customer touch points) seines Multi Channel Marketing- und Distributionssystems (vgl. ebda., Payne & Frow 2004 S. 533). Im Multi Channel Marketing werden Kundenkontakte an verschiedenen Kontaktpunkten realisiert, z.B. im Ladengeschäft, im Internet oder mit den unterschiedlichen Formen der Anbieter-Werbung. Nicht nur die Art und Anzahl, Funktion und Bedeutung aller Kundenkontakte sind für den Aufbau von Kundenkenntnis relevant, sondern auch die Abfolge dieser Kontakte – die so genannte Kundenkontaktsequenz – entlang des Kaufprozesses (vgl. Silberer et al. 2006 S. 232, Steinmann & Silberer 2009a S. 515). Daher ist es sinnvoll, bei einer Beschäftigung mit den Kundenkontakten und Kontaktsequenzen unterschiedliche Phasen im Kaufprozess sowie die Unterschiedlichkeit bezüglich der Art der Kontakte zu betrachten (vgl. Silberer & Mau 2005 S. 338). Entlang des Kaufprozesses erfüllen die Kontaktpunkte unterschiedliche Funktionen für Anbieter und Kunden. Während für die Anbieter Funktionen für die Anbahnung und Abwicklung einer Transaktion im Vordergrund stehen (vgl. Simons & Bouwman 2004 S. 234), nutzen die Kunden die Kontaktpunkte, um sich allgemein über die Leistungen des Anbieters zu informieren, gezielte Informationen über Produkte oder Dienstleistungen in der engeren Wahl einzuholen, Preise zu vergleichen, verschiedene Serviceleistungen in Anspruch zu nehmen und selbstverständlich um zu kaufen (Burke 2002, Simons & Bouwman 2004 S. 234, Silberer et al. 2007b S. 1532-1534). Die verschiedenen Funktionen werden häufig entlang der Phasen des Kaufprozesses in Kommunikations-, Distributions- und Servicefunktionen zusammengefasst (vgl. Teltzrow et al. 2003 S. 423, Bachem 2004 S. 31). Allerdings kann nicht jeder Kanal die unterschiedlichen Anforderungen und Präferenzen der Kunden entlang des Kaufprozesses gleichermaßen erfüllen (vgl. Bucklin et al. 1996, Peterson et al. 1997 S. 333f.). Ein Kontakt im Ladengeschäft bietet dem Kunden die Gelegenheit der direkten Erfahrung mit einem Produkt, eine direkte Interaktion mit dem Verkaufspersonal sowie die Möglichkeit, den Kauf als Erlebnis zu erfahren (Balasubramanian et al. 2005). Kontakte im Internet ermöglichen einfache und schnelle Preisvergleiche, sie bieten umfangreiche Informationen über Produkte und ermöglichen eine einfache Kommunikation zwischen Anbieter und Kunden (Song & Zinkhan 2008 S. 105f.). Kunden können sich diese Unterschiede innerhalb des Kaufprozesses zu Nutze machen, indem sie die Kanäle im Multi Channel Marketing, ihren Präferenzen entspre-
S. Steinmann, Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing, DOI 10.1007/978-3-8349-6579-0_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
2
1. Einleitung
chend, komplementär verwenden. Die Anbahnung und Abwicklung von Kaufprozessen kann somit in unterschiedlichen Kanälen eines Anbieters erfolgen (vgl. Wind & Mahajan 2002, Rangaswamy & van Bruggen 2005 S. 5, Verhoef et al. 2007 S. 132). Hierbei ist davon auszugehen, dass die Kontaktpunkte, in Abhängigkeit von ihrer Gestaltung durch den Anbieter, für die Kunden im Kaufprozess unterschiedlich nutzenstiftend sind und es auch phasenbezogene Unterschiede gibt. Somit unterscheiden sich die Kontakte auch in ihrer Bedeutung für die Kunden im Kaufprozess (Hogarth & Einhorn 1992, Mittal et al. 1999). Informationen über den Nutzen bzw. die Bedeutung eines Kundenkontakts stellen einen wichtigen Aspekt für den Anbieter dar. Diese liefern Erkenntnisse über die Qualität der Kontakte im Kaufprozess und geben so dem Anbieter Hinweise, ob die Gestaltung einzelner Kanäle sowie des gesamten Multi Channel Marketing die Kundenbedürfnisse im Kaufprozess befriedigen können. Die angesprochenen Unterschiede der realisierten Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutungen im Kaufprozess spiegeln sich in der Kundenkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses wider (Steinmann & Silberer 2009a S. 516). Diese beinhalten Informationen über die Dynamik des Käuferverhaltens im Zeitablauf und das Zusammenspiel der Kundenkontaktpunkte und ermöglichen es so, Abhängigkeiten zwischen den Kundenkontakten im Kaufprozess zu identifizieren. Hierbei ist anzunehmen, dass Unterschiede in den Sequenzen mit unterschiedlichen Produktkäufen einhergehen und dass darüber hinaus die individuellen Anforderungen und Präferenzen der Kunden im Kaufprozess zu Unterschieden in den Kundenkontaktsequenzen führen (vgl. Peterson et al. 1997 S. 333, Silberer et al. 2007b S. 1534). Die Kundenkontaktsequenzen beinhalten somit Erkenntnisse über die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse im Kaufprozess und ermöglichen ein tiefgreifendes Verständnis des Käuferverhaltens, das durch eine isolierte Betrachtung einzelner Kontakte nicht möglich ist (vgl. Payne & Frow 2005). Dieser kundenzentrierte Ansatz (vgl. Reinartz et al. 2004 S. 293, Vaccaro & Iyer 2005 S. 175) ermöglicht dem Anbieter den Aufbau einer umfassenden Kundenkenntnis hinsichtlich des Käuferverhaltens über alle Kanäle hinweg (vgl. Payne & Frow 2005). Das Wissen um die Kundenkontaktsequenzen ist somit für ein effektives und effizientes Multi Channel Marketing von besonderer Bedeutung. Die Kundenkontaktsequenzen liefern Erkenntnisse über Synergien zwischen den Kanälen im Multi Channel Marketing und ermöglichen die Antizipation zukünftiger Kundenkontakte und hierdurch eine proaktive Reaktion auf die Kundenbedürfnisse im Kaufprozess. In diesem Zusammenhang liefern die Kundenkontaktsequenzen auch Hinweise über die Effekte unterschiedlicher Kommunikationsmaßnahmen des Anbieters auf die Realisation von weiteren Kundenkontakten, die wiederum für die Steuerung der Kunden im Kaufprozess eingesetzt werden können (vgl. Thomas & Sullivan 2005, Ansari et al. 2008). Weiterhin können Kundenkontaktsequenzen die Grundlage einer verhaltensbezogenen Kundensegmentierung bilden, die Erkenntnisse liefert, die etablierte Segmentierungsansätze nicht erbringen können (vgl. Silberer et al. 2006, Steinmann & Silberer 2008a). Darüber hinaus können sie der Kontrolle bestehender Marketingstrategien des Anbieters dienen und leisten so einen Beitrag für einen „optimalen“ Kanalmix und den Aufbau einer langfristigen Kundenbeziehung. Hierdurch kann das wahrgenommene Risiko reduziert und das Vertrauen gegenüber dem Anbieter gesteigert werden, was sich positiv auf die Kundenzufrieden-
1.1 Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
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heit, die Kundenloyalität und somit auf den langfristigen Unternehmenserfolg auswirkt (vgl. Montoya-Weiss et al. 2003, Schramm-Klein 2003b). Die Berücksichtigung von Kundenkontaktsequenzen bietet einem Anbieter vielfältige Möglichkeiten für die erfolgreiche Gestaltung seines Multi Channel Marketing. Daher überrascht es, dass die relevante Forschung zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing und die Marketingpraxis die Kundenkontaktsequenzen bisher nur am Rande betrachten. Obwohl die Zweckmäßigkeit der Berücksichtigung der Dynamik des Käuferverhaltens und der Abhängigkeiten zwischen den Kundenkontakten entlang des Kaufprozesses im Multi Channel Marketing mittlerweile unbestritten ist (vgl. hierzu z.B. die Arbeiten von Peterson et al. 1997, Naewie & Thun 2003, Balasubramanian et al. 2005, Frambach et al. 2007), existieren bisher kaum Forschungsarbeiten, die sich mit der Sequenz der Kundenkontakte im Kaufprozess explizit befassen. Es fehlt besonders an Arbeiten, die sich mit Methoden für die Erfassung der relevanten Daten an unterschiedlichen Kontaktpunkten sowie der Verknüpfung dieser Daten und Zuordnung zu einem Kunden beschäftigen (vgl. Silberer 2009b S. 3f.). Die Notwendigkeit, diese Forschungslücke zu schließen, zeigt sich darin, dass das Marketing Science Institute diesen Problemen aktuell eine hohe Forschungspriorität zuweist (vgl. MSI 2008 S. 3). Ebenso existieren nur wenige Arbeiten, die sich mit den Möglichkeiten der Analyse von Kundenkontaktsequenzen entlang des Kaufprozesses und den Möglichkeiten des Einsatzes unterschiedlicher Methoden der Sequenzanalyse im Multi Channel Marketing befassen, während der Einsatz von Sequenzanalysen in anderen Forschungsgebieten längst etabliert ist (vgl. für einen Überblick Kruskal 1983, Abbott 1995, Silberer 2010). Die wenigen Studien, die sich bisher im Marketing mit der Erfassung und Analyse der Sequenzen beschäftigen, bestätigen allerdings das große Potenzial einer sequenzanalytischen Betrachtung, was sich vor allem in einem zusätzlichen Erkenntnisgewinn zeigt und Ergebnisse liefert, die über die Aussagekraft „klassischer“ Analyseansätze deutlich hinausgehen. Hier zeigen die Analysen des Kundenlaufs im Ladengeschäft von Larson et al. (2005), Varpu et al. (2007) sowie Silberer et al. (2007a), wie die Betrachtung von Laufsequenzen das Wissen über das Käuferverhalten am Point-of-Sale steigern können. Die Analysen des Surfverhaltens von Konsumenten im Internet von Hay et al. (2004) sowie Engelhardt (2006) belegen die Eignung von Sequenzanalysen zur Identifikation so genannter navigation patterns und zeigen zusätzlich die Möglichkeiten der Identifikation von Kundensegmenten, basierend auf derartigen Sequenzen, auf. Bezogen auf das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing offenbaren die Befunde der Arbeiten von Silberer et al. (2006, 2007b) sowie von Steinmann & Silberer (2008a, 2009a) das große Potenzial uni- und multidimensionaler Kundenkontaktsequenzen als Basis für eine verhaltensbezogene Kundensegmentierung. Hierbei beinhalten die unidimensionalen Kundenkontaktsequenzen ausschließlich Informationen über die realisierten Kundenkontakte, während bei den multidimensionalen Sequenzen Informationen über die Kundenkontakte (Dimension 1), die jeweiligen Kontaktfunktionen (Dimension 2) und die Bedeutung der Kontakte für die Kunden im Kaufprozess (Dimension 3) berücksichtigt werden. Ihre Ergebnisse zeigen nicht nur die Eignung des Einsatzes von Kundenkontaktsequenzen für die Kundensegmentierung,
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1. Einleitung
sondern legen den Einsatz weiterer sequenzanalytischer Methoden für die Analyse des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing nahe. Diesbezüglich steht die Forschung ebenfalls noch am Anfang. Neben den angesprochenen Defiziten besteht ebenfalls ein hoher Bedarf an der theoretischen Fundierung zur Beschreibung und Erklärung der Kundenkontaktsequenzen im Kaufprozess. Hier fehlt es auch an einer strukturierten Analyse potenzieller Determinanten und Wirkungen der Kundenkontakte und somit der Kundenkontaktsequenz. Der aktuelle Forschungsstand befindet sich diesbezüglich im Wesentlichen auf einer explorativen Ebene. Wenn in den angeführten Studien überhaupt Theorien eingesetzt und überprüft werden, so eignen sich diese allenfalls zur Erklärung einzelner Phänomene in einzelnen Phasen, handelt es sich doch zumeist um Partialtheorien (vgl. z.B. Balasubramanian et al. 2005, Verhoef et al. 2007). Selbst in den umfassenden Werken zum Konsumenten- bzw. Käuferverhalten der deutsch- und englischsprachigen Literatur1 gibt es zwar Theorien und Konzepte, die das Verhalten in einzelnen Kanälen oder unterschiedlichen Phasen des Kaufprozesses erklären, teils auch Beziehungen zwischen diesen beschreiben können, jedoch fehlen weiterhin geeignete theoretische Ansätze und Konzepte zur Erklärung und Beschreibung des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing über alle Kaufprozessphasen hinweg. 1.2
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Diese Arbeit soll einen Beitrag zur Schließung der skizzierten Forschungslücken zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing leisten. Der Fokus liegt hierbei auf einer Betrachtung der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen als multidimensionale Ereignisse, die Kundenkontakte (Dimension 1), die Kontaktfunktionen (Dimension 2) und die Bedeutung der Kontakte für die Kunden (Dimension 3) entlang aller Phasen des Kaufprozesses beinhalten. Hierbei werden alle Kontakte an allen Kontaktpunkten im Multi Channel Marketing eines Anbieters berücksichtigt. Ein Ziel dieser Arbeit ist es somit aufzudecken, welche Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses realisiert werden, welche Funktionen diese erfüllen und wie wichtig diese für die Kunden sind. Weiterhin interessieren, wie sich die Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutung entlang des Kaufprozesses und in einzelnen Phasen unterscheiden und sich diese Unterschiede in der Kundenkontaktsequenz widerspiegeln und anhand geeigneter theoretischer Ansätze und Konzepte beschrieben und erklärt werden können. Somit versucht diese Arbeit ebenfalls, einen Beitrag für die theoretische Fundierung der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen zu leisten. Die Identifikation der Unterschiede zwischen den Dimensionen der Kundenkontakte innerhalb der Kundenkontaktsequenz sowie die Analyse der Ursachen und Wirkungen setzt den
1 Hier sind vor allem die umfassenden Beiträge von Kroeber-Riel, Weinberg & Gröppel-Klein (2008); Sheth (1968) sowie Engel, Blackwell & Miniard (1995) zu nennen.
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
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Einsatz einer geeigneten Methodik zur Erfassung der relevanten Daten innerhalb von empirischen Studien voraus. In dieser Arbeit wird ein Befragungsinstrument eingesetzt, dass unter Leitung von Prof. Dr. Günter Silberer am Institut für Marketing und Handel, Abteilung Marketing der Georg-August-Universität Göttingen, schrittweise entwickelt wurde. Dieses ermöglicht nicht nur die Erfassung aller Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung, sondern auch die der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz in einzelnen Prozessphasen sowie entlang des gesamten Kaufprozesses. Hiermit wird ein Beitrag zur Schließung der angesprochenen Forschungslücke hinsichtlich der Datenerfassung geleistet. Durch die Erfassung der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz wird eine Analyse der Beziehungen zwischen den einzelnen Dimensionen ermöglicht. Mit Hilfe geeigneter Verfahren der Sequenzanalyse werden in dieser Arbeit sowohl vertikale als auch horizontale Abhängigkeiten zwischen den Dimensionen bzw. den Kundenkontakten in der Kontaktsequenz untersucht. Hierbei wird an einigen Stellen Neuland beschritten, so dass es sich diesbezüglich auch um eine Machbarkeitsstudie handelt, bei der die Eignung der eingesetzten Verfahren kritisch diskutiert wird. Somit ist ein weiteres Ziel dieser Arbeit, das Methodenarsenal für die Analyse des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing um unterschiedliche Verfahren der Sequenzanalyse zu erweitern. Eine umfassende Analyse der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen muss sich auch mit dem Einfluss potenzieller Determinanten (z.B. Produkt, Preis) auf die einzelnen Dimensionen der Kundenkontakte sowie auf die gesamte Kundenkontaktsequenz sowie deren Wirkung auf finale Beurteilungen und Verhaltensweisen (z.B. Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität) beschäftigen. Hierbei ist es nicht nur von Bedeutung, unterschiedliche UrsacheWirkungsbeziehungen grundsätzlich aufzudecken, sondern ebenfalls diese theoretisch zu fundieren. Zusammenfassend wird in dieser Arbeit folgenden Fragestellungen nachgegangen: 1. Welche Kontakte werden zwischen Anbieter und Kunden in der Kundenkontaktsequenz im Multi Channel Marketing im Kaufprozess realisiert? 2. Welche Funktionen erfüllen die Kontakte in der Kundenkontaktsequenz für die Kunden im Kaufprozess? 3. Welche Bedeutung haben die unterschiedlichen Kontakte in der Kundenkontaktsequenz für die Kunden im Kaufprozess? 4. Wie unterscheiden sich die Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz zwischen den einzelnen Phasen des Kaufprozesses? 5. Welche Zusammenhänge bestehen zwischen den Kundenkontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess?
6
1. Einleitung
6. Welchen Einfluss haben personenbezogene und situative Determinanten auf die Realisation von Kundenkontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung und somit auf die Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess? 7. Welche Wirkungen haben die realisierten Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutungen sowie die Kundenkontaktsequenz auf finale Größen? Das folgende zweite Kapitel dieser Arbeit beginnt mit der Einführung und Abgrenzung relevanter Begriffe der vorliegenden Arbeit. Hierbei wird das der Arbeit zugrunde liegende Verständnis eines Kundenkontaktpunkts bzw. eines Kundenkontakts sowie des Multi Channel Marketing hergeleitet und begründet. Weiterhin werden Unterschiede in den Funktionen und der Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess aus Anbieter- und Kundensicht dargestellt. Anhand der relevanten Literatur zur Sequenzanalyse werden die Eigenschaften der Kundenkontaktsequenzen, unterschiedliche Ansätze für ihre Analyse sowie ihre Bedeutung für das Multi Channel Marketing aufgezeigt. Abschließend werden theoretische Ansätze und Konzepte für die Erklärung und Beschreibung der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen vorgestellt. Im dritten Kapitel wird anhand des aktuellen Forschungsstands zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing zunächst ein Rahmenmodell der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Kaufprozess abgeleitet. Ausgehend von diesem Rahmenmodell wird im weiteren Verlauf des dritten Kapitels ein Hypothesensystem hergeleitet und begründet, das das Zusammenspiel der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz und ebenfalls deren Ursachen und Wirkungen berücksichtigt. Das vierte Kapitel beschreibt die Anlage, Durchführung und die Ergebnisse von zwei empirischen Studien in der Handels- und der Dienstleistungsbranche zur Überprüfung der aufgestellten Hypothesen. Die hierbei eingesetzten Methoden werden jeweils kurz erläutert und die Ergebnisse diskutiert. Durch den Vergleich der Ergebnisse der zwei Studien gelingt zusätzlich die Identifikation branchenspezifischer Unterschiede zwischen den Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen im Kaufprozess. Die Arbeit schließt im fünften Kapitel mit einer Zusammenfassung der Befunde und Implikationen für die Marketingforschung und Marketingpraxis.
2. Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Beschreibung und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands dieser Arbeit. Dies ist notwendig für die zielgerichtete Bearbeitung, vereinfacht die Datenerfassung und die Interpretation sowie die Einordnung der Ergebnisse in den Stand der Forschung. Hierfür ist die detaillierte Beschreibung des Untersuchungsobjekts, zusammen mit der Erläuterung seiner Eigenschaften, erforderlich (Rossiter 2002 S. 308). So intuitiv klar die Vorstellung von den Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen auch sein mag, existiert bis heute kein einheitliches Begriffsverständnis von einem Kundenkontaktpunkt im Multi Channel Marketing und somit auch nicht von einem Kundenkontakt in der relevanten Forschung. Daher gilt es, zunächst die unterschiedlichen Sichtweisen von einem Marketingkanal bzw. Kundenkontaktpunkt2 und seinen Funktionen (2.1) und des Multi Channel Marketing (2.2) darzulegen und hieraus das diese Arbeit leitende Verständnis herauszuarbeiten. Anschließend wird aufgezeigt, wie sich die Funktionen und die Bedeutung der Kundenkontaktpunkte bzw. der realisierten Kundenkontakte aus Anbieter- und Kundensicht im Kaufprozess unterscheiden (2.3). Die Unterschiede in der Nutzung der Kontaktpunkte durch die Kunden sowie die unterschiedlichen Funktionen der Kundenkontakte und ihre Bedeutung spiegeln sich in der Sequenz der Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses wider. Eine detaillierte Erläuterung des Begriffs der Kundenkontaktsequenzen und ihre Bedeutung für das Multi Channel Marketing wird in Abschnitt 2.4 vorgenommen. Das Kapitel schließt mit der Darstellung theoretischer Ansätze und Konzepte, die eine Beschreibung und Erklärung der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung und der Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess ermöglichen (2.5). 2.1 2.1.1
Marketingkanäle und Kundenkontaktpunkte Begriffsverständnis und Arbeitsdefinition
Der Begriff Marketingkanal (engl. Marketing Channel) wird vor allem in der englischsprachigen Literatur verwendet. Im deutschsprachigen Raum werden Bezeichnungen wie Absatz-, Distributions- oder Vertriebskanal häufig synonym zum Begriff Marketingkanal verwendet (vgl. Wirtz 2008, S. 15). Während in der englischsprachigen Literatur grundsätzlich der gesamte Marketing-Mix einem Marketingkanal inhärent ist, lassen die deutschsprachigen Begriffe auf eine deutliche Fokussierung auf die Vertriebsfunktion schließen. Im engeren Sinne liegt demnach ein Kanal nur dann vor, wenn dieser auch die Verkaufsfunktion erfüllt. Diese mag aus Anbietersicht im Hinblick auf einen langfristigen Unternehmenserfolg als wichtigste Funktion gelten, diese Sichtweise schließt jedoch (flankierende) Kanalfunktionen, die den
2 Die Begriffe Marketingkanal und Kundenkontaktpunkt werden in Anlehnung an Neslin et al. (2006 S. 96) im Folgenden synonym verwendet.
S. Steinmann, Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing, DOI 10.1007/978-3-8349-6579-0_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
Verkauf einer Leistung an den Endverbraucher erst ermöglichen, nicht explizit mit ein. Weiterhin kann ein Kanal auch dann vorliegen, wenn er keine Vertriebsfunktion, im Sinne der Verfügbarmachung eines Produktes oder einer Dienstleistung, erfüllt. Beispiele hierfür sind die klassischen Kanäle der Marketingkommunikation, wie TV-, Radio oder auch PrintWerbung Je nachdem in welchem Umfang unterschiedliche Funktionen bei der Kanaldefinition berücksichtigt werden, resultieren hieraus verschiedene Sichtweisen eines Marketingkanals (vgl. Tabelle 1). Tabelle 1: Definitionen für einen Marketingkanal Autor/-en
Definition
Revzan (1961 S. 108)
… a (marketing) channel is a pathway taken by goods as they flow from point of production to points of intermediate and final use.
McCalley (1996 S.4)
A marketing channel is a business structure, reaching from the point of product origin to the consumer, through which a manufacturer or marketer motivates, communicates, sells, ships, stores, delivers, and services the customer’s expectations and the product’s needs.
Ahlert (1996 S. 27)
Ein Kanal bezeichnet […] den Weg eines bestimmten Gutes über die verschiedenen Stationen des Absatzkanalsystems […], das alle Wirtschaftssubjekte umfasst, die bezüglich dieses Gutes Verkaufsfunktionen übernehmen.
Meffert (2000, S. 600)
Die Absatzkanäle beziehungsweise Absatzwege umfassen die rechtlichen, ökonomischen und kommunikativ-sozialen Beziehungen aller am Distributionsprozess beteiligten Personen beziehungsweise Institutionen.
Kotler & Bliemel (2001 S. 1074)
Ein Distributionskanal ist die Gesamtheit aller ineinander greifenden Organisationen, die am Prozess beteiligt sind, um ein Produkt oder eine Dienstleistung zur Verwendung oder zum Verbrauch verfügbar zu machen.
Pelton et al. (2002 S. 6)
A marketing channel can be defined as exchange relationships to create customer value in the acquisition, consumption, and disposition of products and services. This definition implies that exchange relationships emerge from market needs as a way of serving market needs.
American Marketing Association
A set of institutions necessary to transfer the title of goods and to move goods from the point of production to the point of consumption and, as such, which consists of all the institutions and all the marketing activities in the marketing process.
Bachem (2004 S. 31)
… eine strukturierte Verbindung zwischen Anbieter und Kunden, bei der dauerhaft eine Interaktion zwischen diesen Akteuren erreicht werden soll.
Rosenbloom (2004 S. 8)
… a marketing channel may be defined as: The external contractual organization that management operates to achieve its distribution objectives.
Coughlan et al. (2006 S. 3)
A marketing channel is a set of interdependent organizations involved in the process of making a product or a service available for use or consumption.
Neslin et al. (2006 S. 96)
By channel, we mean a customer contact point or a medium through which the firm and the customer interact.
Wirtz (2008 S. 17)
Ein Marketingkanal ist die Menge von Akteuren, die den Eigentumstransfer und den Transport von Gütern vom Ort der Herstellung zum Ort der Letztverwendung gewährleisten und die dabei anfallenden Marketingaktivitäten ausführen.
Quelle: in Anlehnung an Wirtz (2008 S. 16)
Hinsichtlich des grundlegenden Zwecks eines Marketingkanals herrscht weitgehende Übereinstimmung zwischen den angeführten Definitionen. Dieser liegt darin, Produkte oder Dienstleistungen für Endverbraucher verfügbar zu machen, wodurch diesen ein Nutzen entsteht. An diesem Prozess können mehrere Akteure oder Institutionen beteiligt sein, die in rechtlichen, ökonomischen sowie kommunikativ-sozialen Beziehungen zueinander stehen
2.1 Marketingkanäle und Kundenkontaktpunkte
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(vgl. Meffert 2000 S. 600). Diese Sichtweise ist aber zu eng. Einige der Definitionen zeigen, dass die Kanäle im Marketing wesentlich mehr Funktionen als nur den Vertrieb eines Produkts oder einer Dienstleistung erfüllen (vgl. Ahlert 1996 S. 1). Das Verständnis von einem Marketingkanal muss daher deutlich breiter gefasst werden. Demnach erfüllen Kundenkontaktpunkte Funktionen der Kundenansprache, der Kundeninformation, der Distribution sowie des Kundenservice (vgl. Bachem 2004 S. 30, Simons & Bouwman 2004) und umfasst somit den Einsatz vielfältiger Marketinginstrumente. Durch den zielgerichteten Einsatz des Marketinginstrumentariums an einem Kundenkontaktpunkt zur Erfüllung der Kundenbedürfnisse kann die Kundenloyalität erhöht und der Customer Value (langfristig) gesteigert werden. Diese Arbeit folgt dem weiter gefassten Verständnis eines Marketingkanals bzw. Kundenkontaktpunkts, der somit vielfältige Aufgaben übernehmen und unterschiedliche Funktionen erfüllt, die die Vertriebsfunktion einschließen können, aber nicht zwingend müssen. In Anlehnung an die Definition von Neslin et al. (2006 S. 96) gelten somit auch Kanäle der klassischen Marketingkommunikation (TV- und Radio-Werbung, Plakate etc.), die wichtige Funktionen der Kundenansprache und -information erfüllen und den Vertrieb in einem anderen Kanal unterstützen bzw. evtl. überhaupt erst ermöglichen, als Marketingkanäle, die einen Kontakt zwischen Anbieter und Kunden herstellen können. Alle Kontakte zwischen einem Anbieter und einem Endkunden an den unterschiedlichen Kontaktpunkten werden daher im Weiteren als Kundenkontakte bezeichnet. In der englischsprachigen Literatur werden die Kundenkontaktpunkte als Customer Contact Point oder auch Customer Touch Point sowie Moments of Truth bezeichnet (vgl. Payne & Frow 2004 S. 533, Neslin et al. 2006 S. 96). Zusammenfassend beruht diese Arbeit auf einem ganzheitlichen, integrativen Verständnis eines Marketingkanals bzw. eines Kundenkontaktpunkts: ein Marketingkanal ist ein Kundenkontaktpunkt und ermöglicht einen Kontakt zwischen Anbieter und Kunden. Er erfüllt in Abhängigkeit seiner Ausgestaltung Funktionen der Kundenansprache, der Kundeninformation und Kommunikation, der Interaktion, der Distribution von Gütern und Leistungen sowie unterschiedliche Formen des Kundenservice. Für das Vorliegen eines Marketingkanals ist die Erfüllung einer der genannten Funktionen ausreichend. 2.1.2
Kategorien von Marketingkanälen und Kundenkontaktpunkten
Grundsätzlich können die Kundenkontaktpunkte in traditionelle Offline- und virtuelle Onlinekanäle unterschieden werden (vgl. Frazier 1999, Rosenbloom 2004). Zu den Offlinekanälen zählen u.a. der stationäre Handel, eigene Filialen, der katalogbasierte Versandhandel, der Außendienst sowie das Mailing Business (vgl. Moriarty & Moran 1990, Schröder & Großweischede 2002). Nach Coughlan et al. (2001 S. 447) wird jeder Kanal, der das Internet als Mittel zur Erreichung eines Endverbrauchers verwendet, oder jeder Kanal, in dem ein Kunde im wahrsten Sinne des Wortes on-line einkauft, als Onlinekanal bezeichnet. Hierzu zählen die verschiedenen Aktivitäten des electronic und mobile Commerce, wie das stationäre und mobile Internet, die in den letzten Jahren für den Direktvertrieb eine große Bedeutung gewonnen haben. Als weitere Online-Kanäle gelten das T-Commerce, interaktives Fernsehen als Ver-
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2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
triebsweg (z.B. Reiseverkaufsfernsehen) und Call-Center. Die letztgenannten Vertriebsformen stellen für die Unternehmen Marketingkanäle mit spezifischen Vorteilen dar, die mit anderen traditionellen Marketingkanälen kombiniert werden können (vgl. Albers et al. 2000 S. 83, Ratchford et al. 2002 S. 12, Song & Zinkhan 2008 S. 105ff.). Daher ist die Kombination von Off- und Onlinekanälen heute eher die Regel als die Ausnahme (vgl. Frazier 1999 S. 232). Bachem (2004 S. 31 ff.) unterteilt die Marketingkanäle einerseits in mediale (z.B. Mailings, Fernsehen oder Internet) und andererseits in institutionelle Kanäle (z.B. Filiale, Call-Center oder Außendienst). In Abhängigkeit von seiner medialen Ausstattung kann ein Kanal sowohl klassisch-monologisch als auch interaktiv-dialogisch geprägt sein (vgl. ebda., Teltzrow et al. 2003 S. 422). Mediale Kanäle entsprechen hierbei, mit Ausnahme der Mailings, den Onlinekanälen. Institutionelle Kanäle, ausgenommen das Call Center, stehen für die Offlinekanäle. Mediale Kanäle dienen im Wesentlichen der Ansprache und Kommunikation für die Generierung zukünftiger Kundenkontakte. Institutionelle Kundenkontaktpunkte beinhalten für gewöhnlich zusätzlich noch die Distributionsfunktion und ermöglichen die Durchführung einer Transaktion (vgl. ebda). Eine weitere Möglichkeit der Einteilung von Marketingkanälen bzw. Kundenkontaktpunkten findet sich bei Bruhn und Ahlers (2007, S. 397f.). Die Autoren unterscheiden neben direkten und indirekten (medialen) Kontakten auch einseitige und zweiseitige Kundenkontaktpunkte. Zweiseitige Kundenkontakte, z.B. Beratungs- und Verkaufsgespräche sowie Kontakte mit dem Call Center, Anfragen über ein Kontaktformular auf der Anbieter-Homepage oder per EMail, ermöglichen eine Interaktion zwischen Anbieter und Kunden. Einseitige Kundenkontakte bieten keine direkte Möglichkeit für eine Interaktion zwischen Anbieter und Kunden (vgl. ebda.), können aber auslösend für spätere zweiseitige Kontakte sein. Eine leicht abweichende Einteilung wird im Rahmen des Customer Relationship Management (CRM) vorgenommen. Hier werden die Kundenkontaktpunkte bzw. die Kundenkontakte nach ihrer Art in persönliche und unpersönliche unterschieden (vgl. Liu 2007, Tuli et al. 2007, Netzer et al. 2008). Ist der Kunde dem Anbieter bekannt und im Kundenkontakt oder davor eindeutig zu identifizieren (z.B. durch Name, Anschrift, Kundennummer, Benutzerkennung auf der Anbieter Homepage), handelt es sich um einen persönlichen Kontakt. Demnach zählen im CRM auch Mailing-Aktionen, bei denen vom Anbieter namentlich bekannte (potenzielle) Kunden gezielt angeschrieben werden, zu den persönlichen Kundenkontakten. Kontakte, bei denen der Kunde nicht vom Anbieter identifiziert werden kann oder der Kunde sich nicht zu erkennen gibt, gelten als unpersönliche Kundenkontakte. Hierzu zählen Kontakte mit unterschiedlichen Instrumenten der Marketingkommunikation, wie z.B. Kontakte mit Zeitungs-, Radio- oder Fernsehwerbung sowie unpersönliche Postwurfsendungen, aber auch der anonyme Besuch der Anbieterhomepage (vgl. Sun 2006, Silberer & Steinmann 2008 S. 6-7). Ausgehend von den Annahmen der Media Richness Theorie (Daft & Lengel 1984) ordnen Daft et al. (1987 S. 358) die Kundenkontaktpunkte entsprechend ihrer Reichhaltigkeit auf einem Kontinuum an (vgl. Abbildung 1). Die Reichhaltigkeit eines Kundenkontaktpunkts er-
2.1 Marketingkanäle und Kundenkontaktpunkte
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gibt sich hierbei aus der Fähigkeit zur Übermittlung von Informationen, den Möglichkeiten zur Interaktion, dem Grad der Personalisierung sowie seiner inhärenten sprachlichen Vielfalt. Demnach sind face-to-face Kontakte die reichhaltigsten Kontakte, gefolgt von telefonischen Kontakten über E-Mails bis hin zu unpersönlichen Kontakten im Internet (z.B. Newsletter, Spam) oder Kontakten mit Postwurfsendungen sowie Plakatwerbung, die die geringste Reichhaltigkeit aufweisen (vgl. hierzu auch Rice 1992). Abbildung 1: Kategorisierung von Kundenkontaktpunkten nach ihrer Reichhaltigkeit von Daft et al. (1987)
Quelle: Daft, Lengel & Trevino (1987 S. 358)
Payne und Frow (2004 S. 530, 2005 S. 172) bilden sechs Kategorien von Marketingkanälen und ordnen die Kundenkontaktpunkte ebenfalls auf einem Kontinuum vom physischen (physical) zum virtuellen (virtual) Kundenkontakt an (vgl. Abbildung 2). Abbildung 2: Kategorisierung von Kundenkontaktpunkten nach Payne und Frow (2004)
Quelle: in Anlehnung an Payne & Frow (2005 S. 171)
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2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
Ein physischer Kundenkontakt ermöglicht hierbei eine direkte, persönliche Interaktion zwischen Anbieter und Kunden. Als virtuelle Kontakte gelten Interaktionen oder Transaktionen, beispielsweise im electronic oder mobile commerce (vgl. ebda.). Zu den als sales force bezeichneten Kanälen zählen z.B. das Verkaufspersonal in der stationären Verkaufsniederlassung, der Außendienst sowie Mitarbeiter im Kundendienst (vgl. hierzu und im Folgenden Payne & Frow 2005 S. 171). Als outlets gelten hierbei die unterschiedliche Formen des stationären Einzel- und Großhandels sowie Depots und auch Kiosks. Direkte telefonische sowie Faxkontakte mit einem Anbieter gehören ebenso wie das Call Center zur Kategorie telephony.Kontakte mit dem direct marketing umfassen Mailingaktionen an potenzielle und/oder bestehende Kunden. Kontakte mit Werbemaßnahmen des Anbieters über TV, Radio und Print fallen ebenfalls in diese Kategorie. Zum e-commerce zählen alle Kanäle, für deren Nutzung eine stationäre Internetverbindung benötigt wird. Das m-commerce umfasst alle Kontakte, die mit Hilfe der mobilen Telefonie bzw. des mobilen Internets zwischen Anbieter und Kunden hergestellt werden. Zusammenfassend zeigt sich für die angeführten Einteilungen der Kundenkontaktpunkte und Kundenkontakte, dass unter Berücksichtigung der Definition eines Kundenkontaktpunkts in dieser Arbeit nicht alle Marketingkanäle bei den unterschiedlichen Kategorisierungen berücksichtigt werden, z.B. die Kontakte mit unterschiedlichen Werbemedien bei Payne und Frow (2004, 2005). Dies liegt vor allem an dem unterschiedlichen Verständnis von einem Marketingkanal. Daher wird die detaillierte Unterscheidung der Kundenkontaktpunkte bzw. Kundenkontakte von Silberer und Mau (2005 S. 338) den weiteren Ausführungen der Arbeit zugrunde gelegt. Die Autoren differenzieren die Kundenkontakte in persönliche, semi-persönliche und unpersönliche Kundenkontakte (vgl. Tabelle 2). Tabelle 2: Kategorisierung der Kundenkontaktpunkte nach ihrer Art von Silberer und Mau (2005) Kaufphase
Nachkaufphase
persönliche (face-toface-) Kontakte
Beratungsgespräche bei Geschäfts-besuchen vorab
Vorkaufphase
Verkaufsgespräche beim Einkauf
persönlich vorgetragene Servicewünsche und Beschwerden
semi-persönliche Kontakte
persönliche Anschreiben, Beratung am Telefon
Kauf über die Homepage des Anbieters
persönliche Anschreiben mit Hinweisen auf Serviceleistungen
unpersönliche Kontakte
TV-, Radio-, Plakat- & Anzeigenwerbung, Prospekteinwurf, unpersönliche Mailings, Internet-Auftritte und Online-Kataloge
Wahrnehmung von Maßnahmen der PoSKommunikation (z.B. im Schaufenster, auf Innenplakaten, DisplayMaterial)
Quelle: Silberer & Mau (2005 S. 338)
Zusendung von Informationsmaterialien auf Anforderung, Standardantworten auf Beschwerden per Brief und im Web
Persönliche Kontakte sind demnach mit face-to-face-Kontakten gleichzusetzen, beispielsweise ein Beratungs- oder Verkaufsgespräch im stationären Handel (vgl. hierzu auch Lovelock
2.1 Marketingkanäle und Kundenkontaktpunkte
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1983 S. 11). Ein Kontakt, bei dem ein Medium, beispielsweise das Telefon oder eine E-Mail, den Kontakt zwischen Anbieter und Kunden herstellt, wird als semi-persönlicher Kontakt bezeichnet (vgl. Silberer et al. 2007a S. 258). Instrumente der klassischen Marketingkommunikation, wie Zeitungsbeilagen, Standardbriefe, Prospekte und Anzeigen, zählen zu den unpersönlichen Kontakten (ebda.)3. Bei ihrer Kategorisierung berücksichtigen Silberer und Mau (2005 S. 338) auch die unterschiedliche Phasen im Kaufprozess. Hierdurch wird deutlich, dass die unterschiedlichen Arten der Kundenkontakte in den einzelnen Phasen des Kaufprozesses vielfältige Funktionen erfüllen können und sich diese Funktionen entlang der unterschiedlichen Phasen des Kaufprozesses verändern. 2.2 2.2.1
Multi Channel Marketing Begriffsverständnis
Durch die Kombination von zwei oder mehreren Marketingkanälen entsteht ein Multi Channel Marketing-System. Als fundamentale Gründe für die Nutzung mehrerer Kundenkontaktpunkte zur Marktbearbeitung gelten vor allem die Steigerung der Marktabdeckung sowie die Notwendigkeit einer verstärkten Kostenorientierung (vgl. Moriarty & Moran 1990). Hierbei sind vielfältige Kombinationen von Marketingkanälen denkbar. Am weitesten verbreitet sind (vgl. Adolphs 2004 S. 270): stationärer Einzelhandel und Internethandel (z.B. Mexx, Esprit); katalogbasierter Versandhandel und Internethandel (z.B. Otto, Bauer); stationärer Einzelhandel, katalogbasierter Versandhandel und Internethandel (z.B. Tchibo, Sportscheck). Die erstgenannte Kombination wird häufig als bricks and clicks oder als clicks and mortar-Strategie bezeichnet (vgl. z.B. Gulati & Garino 2000, Lu 2004). Die ebenfalls häufige Kombination aus katalogbasiertem Versandhandel und Internethandel – clicks and sheets – ist u.a. darauf zurückzuführen, dass sich diese Vertriebskanäle als Formen des Direktvertriebs sehr ähnlich sind (vgl. Liebmann & Foscht 2002 S. 196, Schramm-Klein 2006 S. 510). In den letzten Jahren dominiert aber vor allem die letztgenannte, in der englischsprachigen Literatur als clicks, bricks and sheets bezeichnete, Kombination (vgl. Schramm-Klein 2003b S. 11). Immer häufiger wird das Fernsehen nicht nur als Kanal für die Kundenansprache, sondern auch für den Vertrieb im Multi Channel Marketing genutzt. So werden beispielsweise Reisen nicht nur über Reisebüros und das Internet, sondern auch mit Hilfe des Reiseverkaufsfernsehens vertrieben. Mittlerweile ist es eher die Regel als die Ausnahme, dass Unternehmen in unterschiedlichen Branchen ihre Produkte oder Dienstleistungen über mehr als nur einen Marketingkanal ver-
3 Hinweise auf einen Anbieter, die im Rahmen der Privatkommunikation zwischen (potenziellen) Kunden oder im Rahmen der Mund-zu-Mund-Werbung (Word-of-Mouth) weitergegeben werden, sind nicht zu den Kundenkontaktpunkten, unabhängig von ihrer Art, zu zählen, da hier – streng genommen – kein Kontakt zwischen Anbieter und Kunden vorliegt (vgl. Silberer & Mau 2005 S. 338).
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2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
markten (vgl. Frazier 1999 S. 232). Häufig werden die Begriffe Multi Channel Retailing, Multi Channel Distribution sowie Multi Channel Management synonym mit dem Multi Channel Marketing verwendet (vgl. z.B. Schögel 2001, Duffy 2004, Wallace et al. 2004). In der deutschsprachigen Literatur finden sich die Begriffe Mehrkanalsystem (vgl. Arnold 1995 S. 34, Wirtz 2008 S. 18) oder auch Mehrkanalstrategie (vgl. Ahlert et al. 2007 S. 278). Synonym werden diese auch als Absatzhybride bzw. als hybride Verkaufssysteme bezeichnet (vgl. Bernskötter 1991, Rosenbloom 2004 S. 96). Auch wenn die eingeführten Begrifflichkeiten häufig synonym verwendet werden, unterscheiden sie sich inhaltlich, aufgrund des zugrunde liegenden Verständnis eines Marketingkanals, z. T. deutlich voneinander (siehe Tabelle 3). Tabelle 3: Definitionen des Multi Channel Marketing / - Retailing / - Distribution Autor/-en
Definition
Bowersox & Cooper (1992 S. 11) Berman (1996 S.17)
… a marketing strategy of dual distribution (multi channel distribution) […] implies that a manufacturer has selected simultaneously cultivate alternative channels for the same basic products.
Hurth (2001 S. 464f.) Pelton et al. (2002 S. 80)
Ahlert & Hesse (2003 S. 17)
SchrammKlein (2003 S. 21) Ahlert (2004 S. 7f. Bachem (2004 S. 34) Rangaswamy & van Bruggen (2005 S. 5) Ahlert et al. (2007 S. 278) Wirtz (2008 S. 21)
… in multi channel distribution […] the same good or service is sold through different channel arrangements. Multi Channel Marketing verkörpert somit den Vertrieb von Produkten und/oder Dienstleistungen unter einem Markennamen über mehrere stationäre oder nicht-stationäre Vertriebskanäle überwiegend an Endverbraucher. Die Kanäle sind dabei miteinander verknüpft mit dem Ziel, positive Wechselwirkungen zu erzeugen. …occurs when a single firm uses two or more marketing channels to reach one or more market segments. Der integrierte, koordinierte Einsatz kommunikativer Maßnahmen im Absatz- und Kommunikationssystem einer Unternehmung zeichnet ein Multi Channel Marketing aus. […] Zusammenfassend geht es beim MCM vor allem darum, die verschiedenen Kommunikationsund Distributionskanäle optimal aufeinander abzustimmen und zu nutzen, um neue Dialogmöglichkeiten zu erschließen, den Vertrieb respektive die Absatzkanäle effizienter zu gestalten und Kosten zu senken. Unter Multi Channel Retailing wird eine spezifische Ausprägungsform von Mehrbetriebstypenunternehmen verstanden, bei der ein paralleler Einsatz mehrerer, nicht zwingend inhaltlich-konzeptionell unterschiedlicher Betriebs- und/oder Vertriebstypen erfolgt. Zwischen den alternativen Absatzkanälen besteht ein wesentlicher Sortimentszusammenhang bzw. eine wesentliche Sortimentsüberlappung. […] somit ist die Ansprache der gleichen, aber auch unterschiedlicher Kundensegmente […] und/oder Multi Channel Marketing umfasst im Gegensatz zum Multi Channel Retailing die gleichzeitige Koordination von Kommunikations- und Vertriebskanälen sowie Preismanagement und Markenführung. … als gleichzeitiger Einsatz mehrerer Marketingkanäle mit dem Ziel der Leistungserbringung sowie des Aufbaus und der Pflege von Kundenbeziehungen. Als Leistungserbringung kann hier die Information zu, Kommunikation über und Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen gezählt werden. Multichannel Marketing enables firms to build lasting customer relationships by simultaneously offering their customers and prospects information, products, services, and support (or any combination of these) through two or more synchronized channels. … die Kombination mindestens eines direkten mit mindestens einem indirekten Absatzkanal. Unter Multi Channel Marketing versteht man den Prozess der Planung, Durchführung und Kontrolle aller Marketingaktivitäten in einem Mehrkanalsystem. Dabei sollen durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse die Unternehmensziele verwirklicht werden.
Quelle: in Anlehnung an Wirtz (2008 S. 19f.)
2.2 Multi Channel Marketing
15
Die Definitionen von Bowersox und Cooper (1992), Berman (1996), Hurth (2001) sowie Schramm-Klein (2003) zeigen, dass die Begriffe Multi Channel Distribution sowie Multi Channel Retailing verstärkt auf die Distributionsfunktion abstellen. So liegt für Berman (1996 S.17) ein Mehrkanalsystem dann vor, wenn „[…] the same good or service is sold through different channel arrangements“. Noch enger ist das Begriffsverständnis bei Ahlert et al. (2007 S. 278). Analog zu Bowersox und Cooper (1992) ist ein weiteres Merkmal bei Berman (1996), dass in den beteiligten Kanälen identische Produkte und Leistungen angeboten werden (vgl. hierzu auch Rosenbloom 2004 S. 96, Homburg & Krohmer 2006 S. 881). Eine kanalspezifische Differenzierung der angebotenen Leistungen für eine gezielte Vermarktung an unterschiedliche Kundensegmente ist hierbei nicht vorgesehen. Unter Berücksichtigung des Begriffsverständnisses eines Marketingkanals in dieser Arbeit ist diese Sichtweise aber zu eng. Demnach kann von Multi Channel Marketing bereits dann gesprochen werden, wenn wenigstens einer der beteiligten Kanäle die Verkaufsfunktion erfüllen kann. Diese Sichtweise ist beispielsweise den Definitionen von Pelton et al. (2002 S. 80), Ahlert und Hesse (2003 S. 17) sowie Rangaswamy et al. (2005 S. 5) inhärent, die den gesamten Marketing-Mix einbeziehen. Für Pelton et al. (2002) steht die Ansprache von Kunden und Kundensegmenten durch mehr als zwei Kanäle im Vordergrund. Letztgenannte Definitionen sehen die Funktionen der Ansprache, der Distribution und des Kundenservice als nahezu gleichwertig für den Erfolg des Gesamtsystems an. Die Definition von Wirtz (2008) zeigt ein ähnliches Verständnis vom Multi Channel Marketing. Bei einem Kundenkontakt ist nicht immer der Erwerb von Gütern oder Dienstleistungen von Bedeutung, sondern auch die Information und Kommunikation davor, währenddessen oder danach (Wallace et al. 2004, Simons & Bouwman 2004 S. 238ff., Balasubramanian et al. 2005 S. 13). Daher muss eine geeignete Definition das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing berücksichtigen und somit einem integrativen sowie übergreifenden Konzept folgen, dass entlang des Kaufprozesses mehrere Marketingdisziplinen in sich vereint (vgl. Bachem 2004). Zusammenfassend lässt sich hieraus die der Arbeit zugrunde liegende Arbeitsdefinition des Multi Channel Marketing ableiten: Multi Channel Marketing ist ein integrativer Ansatz der Marktbearbeitung, der den gesamten Marketing-Mix durch den Einsatz von mindestens zwei Marketingkanälen für die Kundenansprache und -information, den Vertrieb der Leistungen sowie für unterschiedliche Formen des Kundenservice entlang des Kaufprozesses in sich vereint. Hierbei ist es ausreichend, wenn nur einer der beteiligten Marketingkanäle die Vertriebsfunktion erfüllt. 2.2.2
Gestaltungsformen im Multi Channel Marketing
Bestenfalls wird durch die Gestaltung des Multi Channel Marketing die komplementäre Nutzung der Kanäle eines Anbieters für die Kunden ermöglicht. Hierdurch soll der Anbieter über die verschiedenen Kanäle hinweg in allen Phasen des Kaufprozesses konsistent wahrgenommen werden (vgl. Schögel & Sauer 2002 S. 26). Die Marktbearbeitung mit den einzelnen Kanälen muss somit derart aufeinander abgestimmt werden, dass für die Erzielung positiver
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2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
Wechselwirkungen – so genannter Synergien – ein ergänzendes Zusammenwirken der Kanäle gewährleistet ist und die ergänzende Nutzung derselben durch den Kunden ermöglicht und angeregt wird (vgl. Gronover & Riempp 2001 S. 26, Steinfield et al. 2002 S. 2f.). Dies bedeutet z.B., dass die Kanäle nach außen unter einer einheitlichen Corporate-Identity und Gestaltung der Marketinginstrumente (Preis-, Leistungs- und Kommunikationsgestaltung) auftreten und zusätzliche kanalübergreifende Serviceleistungen und Kommunikationsmaßnahmen anbieten (vgl. Friedmann & Fury 1999, Schögel et al. 2002 S. 36). Bei solch grundsätzlichen Überlegungen zur Konfiguration und Koordination ist es wichtig, die zu erfüllenden Aufgaben den Marketingkanälen innerhalb des Gesamtsystems entsprechend der Kundenanforderungen zuzuweisen und hierdurch eine effektive und effiziente Form des Zusammenspiels der einzelnen Kanäle zu erreichen (vgl. Specht & Fritz 2005 S. 172). Häufige Fragestellungen, die bei der Konfiguration und Koordination von Kundenkontaktpunkten im Multi Channel Marketing diskutiert werden, sind Anzahl und Unterschiedlichkeit (direkte oder indirekte), Art sowie Überschneidung der beteiligten Kundenkontaktpunkte (vgl. Schögel 2001 S. 33, Coelho et al. 2003, Scholl 2003, Schramm-Klein 2003). Die Überschneidung steht hierbei für die Stärke des Zusammenhangs – den Grad der Verbundenheit – der einzelnen Kanäle im Gesamtsystem. Hierbei werden der Integrationsgrad sowie das langfristige Zusammenspiel der Kanäle festgelegt (vgl. Gulati & Garino 2000 S. 108, Wirtz 2002 S. 679). Die Wahl des Integrationsgrads ist eine strategische Entscheidung, die nicht ohne weiteres wieder umkehrbar ist und den Erfolg des Multi Channel Marketing entscheidend beeinflusst (vgl. Gulati & Garino 2000 S. 108, Schögel & Sauer 2002 S. 28). Nach dem Grad der Verbundenheit ergibt sich ein Kontinuum unterschiedlicher Vertriebsformen, das durch die Extremformen des isolierten und integrierten Multi Channel Marketing aufgespannt wird (vgl. Cespedes & Corey 1990, S. 72ff., Gulati & Garino 2000 S. 110, Specht & Fritz 2005 S. 172ff.), die durch eine unterschiedliche Aufgabenverteilung der beteiligten Kanäle gekennzeichnet sind (vgl. Abbildung 3). Das isolierte Multi Channel Marketing ist dadurch charakterisiert, dass alle Kanäle organisatorisch und prozessual weitgehend voneinander unabhängig sind4. Dieser Ansatz ist durch eine autarke Aufgabenverteilung der Kanäle gekennzeichnet, bei der jeder beteiligte Marketingkanal alle Aufgaben – Ansprache, Information, Vertrieb und Service – eigenständig übernimmt (vgl. Specht & Fritz 2005 S. 174). Jeder Kanal verfolgt eine spezifische Preis- und Leistungsgestaltung und Kommunikationspolitik. Hierdurch kann ein Anbieter seine Produkte und Leistungen zielgerichtet an die Anforderungen und Bedürfnisse unterschiedlicher Kundensegmente anpassen und aus dieser Spezialisierung Vorteile erlangen. Verflechtungen und Wechselwirkungen zwischen den Kanälen werden bewusst vermieden. Diese machen es nahezu unmöglich, über alle Kanäle hinweg auf die unterschiedlichen Bedürfnisse einzelner
4
Ahlert & Hesse (2003 S. 11) bezeichnen diesen Ansatz, bei dem die Kanäle parallel und unkoordiniert nebeneinander eingesetzt werden, als Multiple Channel Retailing.
2.2 Multi Channel Marketing
17
Kundensegmente einzugehen (vgl. Moriarty & Moran 1990 sowie Ahlert & Hesse 2003), was den Kunden die komplementäre Nutzung der Kontaktpunkte im Kaufprozess erschwert (vgl. Friedmann & Fury 1999, Hurth 2001 S. 468, Adolphs 2004 S. 271). Abbildung 3: Gestaltungsformen des Multi Channel Marketing Autarke Aufgabenverteilung
Interdependente Aufgabenverteilung
• jeder Absatzkanal erfüllt seine Aufgaben eigenständig
• Kanäle ergänzen sich untereinander
• Kanäle werden organisatorisch getrennt
• Kanäle übernehmen unterschiedliche Aufgaben und Funktionen
• Abhängigkeiten werden vermieden
Isolierte Mehrkanalsysteme
• Abhängigkeiten werden gefördert
Hybride MehrkanalSysteme als Zwischenform
Integrierte Mehrkanalsysteme
- hohe Eigenverantwortung - geringe Koordination - hohe Dezentralisation
- hohe Interdependenzen - hohe Koordination - hohe Zentralisation
Quelle: Specht & Fritz (2005 S. 174) Aufgrund der organisatorischen Trennung einzelner Kanäle existieren unterschiedliche Kundenmanagement- und Warenwirtschaftssysteme. Eine Zusammenführung dieser so genannten Dateninseln (vgl. Hukemann & Weich 2003 S. 233) in ein einheitliches und übergreifendes Data Warehouse ist nicht vorgesehen. Somit liegen verschiedene, vielfach auch redundante Daten in den unterschiedlichen Kanälen vor. Deren isolierte Auswertung liefert Einblicke in den Marketing-Mix einzelner Kanäle, aber keine Erkenntnisse über Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Kanälen im Multi Channel Marketing. Potenziellen Synergien, die aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Kanäle grundsätzlich auch beim isolierten Multi Channel Marketing entstehen können, wird keine Beachtung geschenkt. Die kanalübergreifende Gestaltung der Marktbearbeitung und die starke Verflechtung der Kanäle im integrierten Multi Channel Marketing bieten dem Anbieter Effizienz- und Effektivitätsvorteile (vgl. Armbruster & Schober 2002 S. 347). Diese Vorteile können sich einerseits aus der kanalübergreifenden Nutzung von Ressourcen und Fähigkeiten, andererseits aus der Möglichkeit einer kanalübergreifenden Abstimmung des Marketinginstrumentariums ergeben (vgl. Steinfield et al. 2002 S. 2 f.). Diese Form der Aufgabenverteilung ist vor allem dann von Vorteil, wenn dem Anbieter bewusst ist, dass die Kunden die unterschiedlichen Kanäle im Kaufprozess wechseln bzw. unterschiedlich kombinieren (vgl. Specht & Fritz 2005 S. 172f.). Typische Charakteristika des integrierten Ansatzes sind: (1) eine einheitliche und kanalübergreifende Kundenansprache, (2) ein konsistentes Produkt- und Leistungsangebot, (3) ein integriertes (Kunden-) Datenmanagement, (4) die Schaffung der Möglichkeit zur komplementären Kanalnutzung, (5) die Schaffung von Synergien für den Kunden und (6) die Nutzung po-
18
2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
tenziell vorhandener Synergien durch den Anbieter (vgl. Berman & Thelen 2004 S. 147, Neslin et al. 2006 S. 95). Bei einem integrierten Multi Channel Marketing werden die unterschiedlichen Kanäle auf Basis eines einheitlichen Kundenmanagementsystems und verknüpfter Warenwirtschaftssysteme ausgestaltet (vgl. Wirtz 2002 S. 679). Hierdurch werden die informationstechnischen Voraussetzungen geschaffen, um an jedem Kundenkontaktpunkt auf die spezifischen Kundenbedürfnisse reagieren zu können (vgl. Ahlert & Hesse 2003 S. 13) und das Kundenverhalten an den unterschiedlichen Kontaktpunkten prozessbezogen und/oder -übergreifend nachzuvollziehen. Eine zwingende Voraussetzung hierfür ist, dass die Kundendatenbank entsprechend gepflegt wird. Allerdings existiert hier das Problem, dass nicht alle Kundenkontakte erfasst werden können. Dies ist im Wesentlichen abhängig von der Art der Kundenkontakte (vgl. Kapitel 2.1.2) Es wird somit der Versuch unternommen, potenzielle Synergien zwischen den Kanälen für die Gestaltung eines effektiven und effizienten Multi Channel Marketing zu berücksichtigen. Durch die zielgerichtete Reaktion auf die Kundenbedürfnisse soll eine perfect customer experience bei allen Kontakten mit dem Anbieter im gesamten Kaufprozess geschaffen werden, die zu einer langfristigen Kundenbeziehung führt und Wettbewerbsvorteile ermöglicht (vgl. Payne & Frow 2005 S. 172f., Burke 2002 S. 418). Zwischen diesen beiden Extremen liegt eine Vielzahl unterschiedlicher Formen von Multi Channel Marketing-Systemen. Specht & Fritz (2005 S. 174) bezeichnen diese als hybride Systeme. Schögel (2001 S. 34) unterscheidet diese, wie Bachem (2004 S. 33ff.), in einen fokussierten und hybriden Ansatz. Der fokussierte Ansatz ist eine abgeschwächte Form des isolierten Multi Channel Marketing. Dieser eignet sich vor allem für Mehrmarkenunternehmen, die für bestimmte Kundensegmente ausschließlich bestimmte Kontaktpunkte für Ansprache und Vertrieb wählen. Daher wird dieser Ansatz auch als customer channel segment strategy bezeichnet (vgl. Payne & Frow 2004 S. 531). Beim hybriden Ansatz handelt es sich um eine abgeschwächte Form des integrierten Ansatzes, bei dem die Verbundenheit der Kanäle weniger ausgeprägt ist. Dieser Ansatz zielt auf die gezielte Befriedigung der Kundenbedürfnisse an unterschiedlichen Kontaktpunkten ab und soll die komplementäre Nutzung der Kontaktpunkte durch die Kunden im Kaufprozess fördern. Payne & Frow (2004 S. 531) bezeichnen diese Gestaltungsform daher auch als channel migrator strategy, die gezielt die Bedürfnisse der Kunden berücksichtigt, die mehrere Kanäle eines Anbieters für den Kauf bzw. innerhalb eines Kaufprozesses für unterschiedliche Funktionen nutzen. Welche Gestaltungsform für einen Anbieter eine optimale Lösung darstellt, lässt sich nur schwerlich bestimmen. Allerdings dürften insbesondere die beiden Extremformen nur in den wenigsten Fällen optimal sein, da deren Realisierung entweder mit mehr Nach- als Vorteilen einhergeht – wie bei einer völligen Isolation der Absatzkanäle – oder durch die hohen Investitionen und den Koordinationsaufwand ineffizient wird, wie bei einer völligen Integration der Kanäle (vgl. Specht & Fritz 2005 S. 173).
2.2 Multi Channel Marketing
2.2.3
19
Chancen, Risiken und Herausforderungen im Multi Channel Marketing
Chancen des Multi Channel Marketing Unterschiedliche Chancen, die insbesondere aus einer integrativen Gestaltung des Multi Channel Marketing resultieren, werden häufig in vielen konzeptionellen und empirischen Beiträgen innerhalb der relevanten Literatur diskutiert. Diese werden hierbei häufig mit den Gründen bzw. unternehmerischen Zielen des Multi Channel Marketing gleichgesetzt und sind in die allgemeinen Ziele des Marketing eingebettet. Allgemein können diese in ökonomische und strategische Chancen unterteilt werden (vgl. Vaccaro & Iyer 2005 S. 170). Als ökonomische Chancen gelten: -
die effektive und effiziente Verfolgung der unternehmerischen Fundamentalziele durch Erschließung von Wettbewerbsvorteilen (Erhöhung des Gewinns, Umsatz, RoA, RoI, Erhöhung des Marktanteils, Steigerung der Profitabilität etc.) (vgl. Hurth 2001, Rosenbloom 2007);
-
die Erkennung und Nutzung von Skaleneffekten, die zu einer Reduzierung der operativen Kosten führen (vgl. Geykens et al. 2002);
-
die Steigerung der Effizienz im operativen Marketing durch Nutzung der Möglichkeiten eines gut organisierten sowie integrierten Multi Channel Marketing-Systems (vgl. Berman & Thelen 2004);
-
die Verknüpfung der Kanäle zur Erzielung positiver Wechselwirkungen und Nutzung dieser Synergien (vgl. Berman & Thelen 2004, Neslin et al. 2006, Zhang et al. 2009);
-
die Lenkung der Kunden (Channel Migration) in einen (für den Anbieter) kostengünstigen Kanal (vgl. Thomas & Sullivan 2005, Ansari et al. 2008);
-
die Erschließung von Cross-Selling-Potenzialen (vgl. Hurth 2001 S. 65);
-
die Steigerung des Customer Value durch eine Verbesserung des Kundenservice sowie die Akkumulation des Kundennutzens über alle Kanäle hinweg (vgl. Neslin et al. 2006).
Hurth (2001 S. 65). bezeichnet die strategischen Chancen auch als psychographische Chancen bzw. Ziele, die mit dem Multi Channel Marketing erreicht werden können. Charakteristisch für die strategischen Chancen ist, dass sie in der Regel direkt durch den gezielten Einsatz des Marketing-Instrumentariums genutzt werden können. Weiterhin ist es wichtig zu berücksichtigen, dass die Verfolgung der strategischen Chancen die Ausnutzung der ökonomischen Chancen indirekt beeinflusst. Zu den strategischen Chancen zählen: -
eine Erweiterung des Marktpotenzials durch Nutzung neuer Dialogmöglichkeiten für die gezielte Ansprache bestehender oder neuer Kundensegmente (vgl. Vaccaro & Iyer 2005 S. 170, Neslin et al. 2006, Zhang et al. 2009);
20
2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
-
die Steigerung des Anbieterimage (vgl. Specht & Fritz S. 168ff.);
-
die gezielte und dauerhafte Erfüllung der unterschiedlicher Kundenbedürfnisse (im Kaufprozess) (vgl. Reinartz et al. 2004, Zhang et al. 2009);
-
die Steigerung des Kundenwissens über die Produkte und Leistungen des Anbieters sowie über den Anbieter selbst (vgl. Hurth 2001 S. 65, Homburg et al. 2009);
-
die Reduzierung des wahrgenommenen Risikos und der Aufbau von Vertrauen gegenüber dem Anbieter (vgl. Schramm-Klein 2003a);
-
die Steigerung der Kundenzufriedenheit (vgl. Montoya-Weiss et al. 2003, Konus et al. 2008);
-
der Aufbau von Kundenloyalität und einer langfristigen Kundenbindung (vgl. Neslin & Shankar 2007);
-
der Aufbau einer umfassenden Kundenkenntnis (single unified view of the customer) hinsichtlich des Käuferverhaltens über alle beteiligten Kanäle hinweg (vgl. Payne & Frow 2005, Silberer et al. 2006, 2007, Steinmann & Silberer 2009a).
Allgemein ist zu den hier angeführten ökonomischen und strategischen Chancen anzumerken, dass diese nicht isoliert realisiert werden können, sondern hierbei vielfältige Beziehungen untereinander bestehen (vgl. Hurth 2001) und für die Nutzung der Chancen berücksichtigt werden müssen. Insgesamt ergeben sich hieraus vielfältige Vorteile insbesondere gegenüber Mono Channel Anbietern. Schramm-Klein (2003a) konnte zeigen, dass Multi Channel gegenüber Mono Channel Anbietern positiver beurteilt werden. Hierbei hat sich gezeigt, dass je mehr Kundenkontaktpunkte ein Anbieter in sein Multi Channel Marketing integriert, desto besser die Gesamtbeurteilung ausfällt (vgl. ebda.). Risiken im Multi Channel Marketing Den strategischen und ökonomischen Chancen stehen aber auch verschiedene Risiken gegenüber, die bei der Konfiguration und Koordination des Multi Channel Marketing zu berücksichtigen sind. So sind Zielkonflikte bei der Verfolgung der unterschiedlichen angesprochenen Chancen unbedingt zu vermeiden. Diese beinhalten die Gefahr hoher Kosten sowie eines permanenten Imageschadens für den Anbieter. Um diese Gefahren zu vermeiden, erstellt Hurth (2001 S. 66-67) ein dreistufiges Zielsystem. Dieses postuliert als erstes die Verfolgung der unternehmerischen Fundamentalziele, als zweites die Nutzung grundsätzlicher ökonomischer und strategischer Chancen des Marketing und auf der dritten Ebene schließlich die Nutzung der Chancen aus der Gestaltung von Mehrkanalsystemen. Bei isolierten Ansätzen ist die Zuordnung einzelner Kunden oder von Kundensegmenten zu einem bestimmten Kanal für einen Anbieter nicht unproblematisch. Fehlerhafte Zuordnungen können langfristig einen negativen Effekt auf die Gesamtperformance des Multi Channel Marketing Systems haben (vgl. Kleinaltenkamp 1999 S. 299, zitiert nach Specht & Fritz 2005
2.2 Multi Channel Marketing
21
S. 168). Weiterhin kann der Einsatz mehrerer Kundenkontaktpunkte, bei einer mangelhaften Konfiguration des Mehrkanalsystems, beim Kunden zu Irritationen führen, da dieser möglicherweise divergierende Informationen über die Leistungen des Anbieters hinsichtlich ihres Inhalts und ihrer Qualität erhält (vgl. Adolphs 2004 S. 271, Steinfield et al. 2002, Falk et al. 2007). Häufig ist im Multi Channel Marketing auch die Erfolgszuordnung, bezogen auf einzelne Marketingkanäle, problematisch. Informieren sich beispielsweise Konsumenten im Onlineshop eines Anbieters über ein bestimmtes Produkt, kaufen es dann allerdings in der stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters, wird der Erfolg bzw. der Erlös dem Offlinekanal zugerechnet, obwohl die Informationen im Onlinekanal für den Kauf letztendlich entscheidend waren (vgl. Fritz 2004 S. 276, Berman & Thelen 2004 S. 155). Werden diese Synergien zwischen den Kundenkontaktpunkten vom Anbieter nicht erkannt, kann es zu fehlerhaften Entscheidungen hinsichtlich der Elimination einzelner Kanäle aus dem Gesamtsystem kommen, die negative Auswirkungen auf den langfristigen Unternehmenserfolg haben können. Weitere Risiken liegen in der Vernachlässigung aller realisierten Kundenkontakte (Silberer & Steinmann 2008 S. 2-3). Die angeführten Risiken resultieren häufig aus einer unzureichenden Koordination und Integration der einzelnen Kanäle im Gesamtsystem. Mit der Kombination von Kanälen steigt auch die Komplexität hinsichtlich der Marktbearbeitung für den Anbieter. Durch die Aufnahme weiterer Kanäle wird der Aufwand hinsichtlich der einheitlichen Steuerung weiter erhöht. Kommen hierbei keine geeigneten Steuerungsmaßnahmen zum Einsatz, kann dies zu einem Kontrollverlust des Anbieters führen (vgl. Specht & Fritz 2005 S. 168). Die hieraus resultierenden Kanalkonflikte stellen eine der größten Gefahren für den Erfolg von Multi Channel Marketing Systemen dar (vgl. Day 1990 S. 223ff., Webb & Hogan 2002, Tsay & Agrawal 2004). Werden solche Dissynergien nicht erkannt, kann es zur gegenseitigen Kannibalisierung der Umsätze zwischen den Kanälen kommen statt Cross-Selling-Potenziale zu nutzen (vgl. Deleersnyder et al. 2002, Vaccaro & Iyer 2005 S. 177, Falk et al. 2007). Ist ein konsistentes Auftreten des Anbieters nicht mehr gewährleistet, hat dies negative Auswirkungen auf das wahrgenommene Risiko hinsichtlich einer Transaktion mit dem Anbieter, aber auch auf die wahrgenommene Nützlichkeit (perceived usefulness) einzelner Kanäle bzw. Kundenkontakte. Hieraus resultieren negative Effekte auf die Kundenzufriedenheit sowie die Kundenloyalität, was die Abwanderung des Kunden vom Anbieter zur Konkurrenz zur Folge haben kann (vgl. Specht & Fritz 2005 S. 169, Falk et al. 2007) und negatives Word-of-Mouth bewirkt (vgl. Payne & Frow 2004 S. 533). Die beste Lösung, um den Risiken dauerhaft zu begegnen und die potenziellen Chancen zu nutzen, ist den Kunden und sein Verhalten im Kaufprozess in den Mittelpunkt der Überlegungen bei der Gestaltung des Multi Channel Marketing zu stellen (Payne & Frow 2004). Daher sehen Vaccaro & Iyer (2005 S. 1) in der Vernachlässigung einer kundenzentrierten Marktbearbeitung (lack of customer centric organisation) eines der größten Risiken für den Erfolg von Mehrkanalsystemen. Ein kundenzentrierter Ansatz (vgl. Reinartz et al. 2004), zusammen
22
2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
mit einer ausgeprägten Kundenkenntnis (vgl. Silberer 2009), bildet die Basis für ein langfristig erfolgreiches Multi Channel Marketing. Herausforderungen im Multi Channel Marketing Um die Chancen des Multi Channel Marketing erfolgreich nutzen zu können und die Risiken zu vermeiden, muss ein Anbieter sich verschiedenen Herausforderungen im Multi Channel Marketing stellen. In ihrem konzeptionellen Beitrag führen Neslin et al. (2006 S. 96ff.) fünf zukünftige Herausforderungen an (vgl. hierzu auch Zhang et al. 2009), die für ein erfolgreiches Multi Channel Marketing von erheblicher Bedeutung sind: -
die Erfassung und Verknüpfung aller Kundenkontaktdaten aus allen Kanälen (tracking consumer behavior across channels) im Kaufprozess (vgl. Marketing Science Institute 2008);
-
ein ausgeprägtes Wissen und Verständnis des Kundenverhaltens, insbesondere über deren Kanalwahl- und Kanalwechselverhalten im Zeitablauf, auch im Zusammenhang mit einer verhaltensbezogenen Kundensegmentierung (vgl. Schoenbachler & Gordon 2002);
-
die Beurteilung des Beitrags bzw. der Rolle einzelner Kanäle für die Performance des Gesamtsystems;
-
eine zielgerichtete Ressourcenallokation auf die einzelnen Kanäle des Gesamtsystems;
-
die zielgerichtete Koordination einzelner Kanalstrategien, sofern unterschiedliche Ausrichtungen der Kanäle vorliegen.
Es ist ersichtlich, dass die einzelnen Herausforderungen direkt aufeinander aufbauen. Somit ist letztendlich die wichtigste Herausforderung die Integration und die Erfassung aller Kundenkontakte und der hierbei anfallenden Daten. Nur dies ermöglicht ein tiefes Verständnis des Kundenverhaltens, die Realisation der angeführten Chancen sowie die erfolgreiche Begegnung zukünftiger Herausforderungen im Multi Channel Marketing und hierdurch der Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolgs. 2.3
Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte im Multi Channel Marketing
Wie die vorhergehenden Ausführungen gezeigt haben, erfüllen die verschiedenen Kundenkontaktpunkte unterschiedliche Funktionen im Multi Channel Marketing. Unter Berücksichtigung der Kategorisierung der Kundenkontaktpunkte von Silberer und Mau (2005 S. 338) ist anzunehmen, dass diese, in Abhängigkeit von ihrer Art und der Kaufprozessphase, unterschiedliche Funktionen für Anbieter und Kunden erfüllen und in ihrer Bedeutung für die Kunden differieren. Aus Anbietersicht liegt die wichtigste Kanalfunktion sicherlich im Vertrieb von Produkten oder Dienstleistungen (vgl. Rutschmann 2005 S. 46). Diese Sichtweise ist allerdings zu eng.
2.3 Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte
23
Im Marketing erfüllen die Kundenkontaktpunkte vielfältige Funktionen für Anbieter und Kunden. Somit unterscheiden sich die Kundenkontaktpunkte in ihrer grundsätzlich inhärenten Funktionalität und daher auch in der Eignung, die unterschiedlichen Problemstellungen bzw. Funktionen entlang des Kaufprozesses sowohl für den Anbieter als auch für die Kunden zu erfüllen (vgl. Schramm-Klein 2003a S. 52). Im Zeitablauf sind die Funktionen auch für beide Parteien unterschiedlich nutzenstiftend (vgl. Hogarth & Einhorn 1992). Kotler (1997) differenziert neun Funktionen, die Marketingkanäle grundsätzlich erfüllen bzw. erfüllen können: Informations-, Ansprache-, Verhandlungs-, Bestell-, Finanzierungs-, Bezahl- und Distributionsfunktionen, die Übernahme oder Reduzierung unterschiedlicher Risiken und letztendlich die Übertragung bzw. der Übergang der Eigentumsrechte vom Anbieter auf den Kunden. Einschränkend ist zu beachten, bezogen auf die von Kotler (1997) genannten Funktionen, dass „[…] no existing marketing channel posses all of these characteristics“ (Peterson et al. 1997 S. 333). Häufig werden die einzelnen Funktionen entlang der Phasen des Kaufprozesses in Kommunikations-, Distributions- und Servicefunktionen zusammengefasst (vgl. Peterson et al. 1997 S. 333f., Bachem 2004 S. 31). Die Kundenkontakte erfüllen somit verschiedene Funktionen der Information und Kommunikation vor, während und nach der Durchführung einer Transaktion (vgl. Wallace et al. 2004, Möhlenbruch & Schmieder 2004). Abbildung 4 gibt einen Überblick über den Grad der Funktionserfüllung ausgewählter Kundenkontaktpunkte in unterschiedlichen Kaufprozessphasen bzw. für die Übernahme verschiedener Funktionen. Es ist ersichtlich, dass insgesamt Kontakte in stationären Verkaufsniederlassungen (physical branch) und dem Internet die unterschiedlichen Kanalfunktionen am umfassendsten erfüllen können, während sich das Fernsehen insbesondere für die Kundenansprache eignet. Abbildung 4: Funktionalität ausgewählter Kundenkontaktpunkte
Quelle: Telztrow et al. (2003 S. 423) Kontakte mit weiteren Instrumenten der klassischen Marketingkommunikation, wie Radiooder Zeitungswerbung, fehlen in Abbildung 4. Deren grundsätzliche Funktionalität ist mit der des TV vergleichbar und daher sollten deren Effekte auf das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing von den Anbietern nicht vernachlässigt werden (vgl. Silberer & Steinmann 2008 S. 6-10).
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2.3.1
2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte aus Anbietersicht
Aus Anbietersicht lassen sich die Funktionen der Marketingkanäle bzw. der Kundenkontakte grundsätzlich in Ansprache- bzw. Informations- und Kommunikationsfunktionen (reach) sowie Vertriebs- (transaction) und Servicefunktionen (service) unterscheiden (vgl. Telztrow et al. 2003 S. 423, Simons & Bouwman 2004). Die primäre Funktion liegt im Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen. In diesem Zusammenhang stellen die effiziente Abwicklung, die Minimierung der Logistikkosten sowie die adäquate Zustellung oder Aushändigung und die Übertragung der Eigentumsrechte vom Anbieter auf den Kunden wichtige Aufgaben und Funktionen der Kanäle für einen Anbieter dar (vgl. Simons & Bouwman 2004 S. 234). Die Marketingkanäle, die hierbei auch die Vertriebsfunktion erfüllen, werden von weiteren Kanälen mit einer eingeschränkten Funktionalität in allen Prozessphasen unterstützt. In der Vorkaufphase dienen die Kanäle der zielgerichteten Ansprache und Information potenzieller oder bereits bestehender Kunden über die unterschiedlichen Produkte und Leistungen sowie über den Anbieter selbst. Potenzielle Käufer sollen auf den Anbieter und seine Leistungen aufmerksam gemacht und aktiviert werden, um so das Interesse an weiteren Kundenkontakten zu wecken (vgl. Schögel & Sauer 2002 S. 30, Simons & Bouwman 2004 S. 234, Steinfield et al. 2005 S. 203). Obwohl alle Kanäle grundsätzlich Funktionen der Kundenansprache erfüllen können, erfolgt diese zumeist über unpersönliche Kommunikationskanäle (z.B. TVund Plakatwerbung oder Bannerwerbung im Internet). Hiermit geht die Bereitstellung von Informationen über die Produkte und Dienstleistungen des Anbieters einher, die ein Konsument nach einem festgestellten Bedarf innerhalb des Kaufentscheidungsprozesses benötigt (vgl. Silberer 1981 S. 28). Homburg et al. (2009) bezeichnen dieses Erkennen der und das zielgerichtete Eingehen auf die Informationsbedarfe der Kunden als Reaktion auf das Customer need Knowledge. Hierdurch sinkt das wahrgenommene Risiko für die Transaktion und es steigen das Vertrauen in den Anbieter und die Kundenzufriedenheit (vgl. ebda., Stauss 2002 S. 281). Somit dienen derartige Ansprachekanäle unter anderem auch der Reduzierung potenzieller Unsicherheiten beim Kunden hinsichtlich einer Transaktion mit dem Anbieter (vgl. Steinfield et al. 2002 S. 110, Simons & Bouwman 2004 S. 234). Hierdurch kann die Kundenbeziehung gefestigt, eine mögliche Abwanderung des Kunden zu einem konkurrierenden Anbieter evtl. verhindert (vgl. Berman & Thelen 2004 S. 152) und dem Problem des so genannten Free Riding5 begegnet werden (vgl. van Baal & Dach 2006). Nach der Durchführung der Transaktion und den hiermit verbundenen Aufgaben in der Kaufphase eröffnet sich, nicht nur in der Nachkaufphase, eine weitere Funktion eines Kundenkontaktpunkts: der Service (vgl. Bachem 2004 S. 231). Allgemein dient die Servicefunktion aus
5
Free Riding bezeichnet die Nutzung von Services im Multi Channel Marketing an unterschiedlichen Kundenkontaktpunkten eines Anbieters, während der Kauf bei einem anderen Anbieter durchgeführt wird (vgl. van Baal & Dach 2006 S. 76). Brynjolfsson und Smith (2000) verwenden den Begriff allerdings für die Nutzung eines Service in kostenintensiven Kanälen eines Anbieters, während der Kauf in einem kostengünstigen Kanal eines Anbieters durchgeführt wird. Beide Fälle ziehen einen Rückgang des Umsatzes nach sich.
2.3 Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte
25
Anbietersicht dazu, die Kundenbeziehung durch regelmäßige, situative und/oder individuelle Zusatzleistungen zu vertiefen und dauerhaft zu festigen (ebda.) Bezogen auf die Nachkaufphase wird auch vom Nachkaufservice oder vom After-Sales Support gesprochen. Simons und Bouwman (2004 S. 234) unterscheiden folgende Servicefunktionen, die teilweise mit den strategischen Chancen bzw. Zielen des Multi Channel Marketing übereinstimmen: -
die Sicherstellung einer effizienten und effektiven Bearbeitung der Kundenbedürfnisse durch die zielgerichtete Koordination der anfallenden Aufgaben;
-
die Wahrnehmung unterschiedlicher, vom Kunden gewünschter Serviceleistungen und deren Erfüllung unter besonderer Berücksichtigung der Kosten, die einem Anbieter hierdurch entstehen;
-
der Ausgleich möglicher (Nach-) Kaufdissonanzen zur Erhaltung bzw. (Wieder-) Herstellung des Anbieterimage sowie einer langfristigen Beziehung zwischen Anbieter und Kunden (auch im Rahmen des Beschwerdemanagements);
-
die Steigerung der Kundenzufriedenheit sowie zukünftiger Umsatzerlöse;
-
die Steigerung der Kundenbindung und somit auch der Wiederkaufbereitschaft durch die Erlangung von Kundenkenntnis.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich einzelne Kanalfunktionen nicht ausschließlich auf eine bestimmte Kaufprozessphase beziehen. Beispielsweise ist die Bereitstellung unterschiedlicher Informationen in allen Prozessphasen für die Erfüllung der Kundenbedürfnisse von Bedeutung. Hierbei ist wichtig zu beachten, dass die unterschiedlichen Kundenkontaktpunkte diese Kanalfunktionen mehr oder weniger umfassend erfüllen. In diesem Zusammenhang ist zusätzlich zu beachten, dass „[…] although conceptually distinct, in the context of consumer marketing these channels frequently overlap, and […] may be responsible for multiple functions“ (Peterson et al. 1997 S. 334). Im Multi Channel Marketing gilt es somit, diese Überschneidungen zu erkennen und erfolgreich zu nutzen. Für eine effektive und effiziente Gestaltung des Multi Channel Marketing ist es wichtig zu wissen, für welche Funktionen die Kunden die Kontaktpunkte entlang der Kaufprozessphasen nutzen und welche hierbei für den Kunden von besonderer Bedeutung sind (vgl. Frambach et al. 2007 S. 27). Eine ausgeprägte Kenntnis der unterschiedlichen Kundenbedürfnisse im Kaufprozess ist somit ein strategischer Erfolgsfaktor (vgl. Vavra 1995 S. 62, Silberer et al. 2004). Kundenkontakte gelten hierbei als das zentrale Element für den Aufbau von Kundenkenntnis (Silberer et al. 2006 S. 232, 2007b S. 1531). Eine weitere wichtige Aufgabe der Kundenkontakte ist der Aufbau von Kundenkenntnis, insbesondere über die Anforderungen und Verhaltensweisen der Kunden an einzelnen Kundenkontaktpunkten sowie über alle Kanäle hinweg. Hierbei kann Kundenkenntnis generiert werden, wenn der Anbieter die anfallenden
26
2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
Kunden- und Kontaktdaten6 an den Kontaktpunkten erfasst und diese durch gezielte Analysen in Kundeninformationen sowie, durch sachkundige Bewertung und Interpretation, in Kundenkenntnis überführt (vgl. Wimmer & Göbb 2006 S. 414). Insbesondere Daten und Informationen hinsichtlich der Nutzung, der Funktionen sowie der Bedeutung der Kontaktpunkte liefern dem Anbieter wichtige Erkenntnisse über die Intention und Wichtigkeit der Kontakte, deren Qualität und schließlich über das Kundenverhalten entlang des gesamten Kaufprozesses (vgl. Silberer et al. 2006 S. 9). Dies ermöglicht ihm eine Prognose zukünftigen Kundenverhaltens (vgl. Silberer 2004, Silberer 2009). Darüber hinaus kann das Wissen über die Anforderungen und Bedürfnisse der Kunden im Kaufprozess die Kundenzufriedenheit und die Kundenloyalität positiv beeinflussen. (vgl. Silberer et al. 2009, Steinmann & Silberer. 2009a, 2009b, Homburg et al. 2009). 2.3.2
Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte aus Kundensicht
Auch für die Kunden erfüllen die Kontakte im Kaufprozess unterschiedliche Funktionen. Diese reichen von der Beschaffung und dem Erhalt allgemeiner sowie gezielter Informationen über die Produkte und Leistungen des Anbieters sowie deren Eigenschaften, dem Vergleich von Produktalternativen und deren Preisen, dem Kauf über die Inanspruchnahme unterschiedlicher Formen des Kundenservice, Beratungen und Hilfestellungen bis hin zu Beschwerden bzw. Reklamationen sowie der Rückgabe und dem Umtausch der erworbenen Leistung (vgl. Burke 2002, Simons & Bouwman 2004 S. 234). Genau wie für einen Anbieter ist für die Kunden ebenfalls nicht nur der Abschluss einer Transaktion von besonderer Bedeutung, sondern auch die Information, Kommunikation und Interaktion mit dem Anbieter im gesamten Kaufprozess (Wallace et al. 2004). In diesem Zusammenhang zeigen die Ergebnisse von Burke (2002 S. 418) in Abbildung 5 für die Vorkauf- und Kaufphase, dass branchenübergreifend nicht jeder Kanal gleichermaßen für die Erfüllung unterschiedlicher Funktionen von den Kunden präferiert wird (vgl. hierzu auch Bucklin et al. 1996, Peterson et al. 1997 S. 333, Li et al. 1999 S. 2). Die Gründe hierfür liegen u.a. in den bereits aufgezeigten spezifischen Unterschieden hinsichtlich der den Kanälen grundsätzlich inhärenten Funktionalität für die Erfüllung der unterschiedlichen Kundenanforderungen im Kaufprozess. Daher existieren auch Differenzen hinsichtlich des Nutzens und somit der Bedeutung der Kundenkontaktpunkte für die Kunden im Kaufprozess (vgl. Noble et al. 2004, Silberer et al. 2007b, Steinmann & Silberer 2009b).
6 Link & Hildebrand (1993 S. 34-36) unterscheiden die Kunden- und Kontaktdaten in Grund-, Potenzial-, Aktions- und Reaktionsdaten. Als Grunddaten gelten alle längerfristig gleich bleibenden und weitgehend produktunabhängigen Daten. Die Adressdaten sowie die Telefonnummer gehören ebenso zu den Grunddaten wie Kaufverhaltensmerkmale oder soziodemografische Faktoren. Potenzialdaten liefern Richtwerte über das individuelle Nachfragevolumen eines Kunden und umfassen produktgruppen- und zeitpunktbezogene Daten. Aktionsdaten dokumentieren kundenspezifische Marketingmaßnahmen hinsichtlich ihrer Art, Intensität, Anzahl und ihres Zeitpunkts. Reaktionsdaten beinhalten das Verhalten der Kunden und geben Aufschluss über die ökonomische und außerökonomische Wirksamkeit der eingesetzten Marketingmaßnahmen.
2.3 Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte
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Abbildung 5: Präferierte Kontaktfunktionen im Multi Channel Marketing
Quelle: Burke (2002 S. 418) So bietet z.B. der stationäre Handel dem Kunden die Gelegenheit der direkten Erfahrung mit einem Produkt, die soziale Interaktion sowie die Möglichkeit, den Kauf als Erlebnis zu erfahren (vgl. Schröder & Zaharia 2006, Venkatesan et al. 2007). Das Internet hingegen ermöglicht einfache und schnelle Preisvergleiche, bietet umfangreiche Informationen über Produkte sowie eine einfache Kommunikation zwischen Anbieter und Kunden (vgl. Rasch & Lintner 2001 S. 7). In diesen Kanälen ist ein physischer Produktkontakt, beispielsweise zur Beurteilung der Produktqualität, nicht möglich. Somit bieten diese Kanäle in der Regel weniger Produktinformationen als Kontakte in einer stationären Verkaufsniederlassung eines Anbieters (Grewal et al. 2004). Daher wird mit dem Abschluss einer Transaktion im Internet häufig, in Abhängigkeit der Produktkategorie, ein höheres Risiko verbunden als mit einem Kauf im Ladengeschäft (Alba et al. 1997, McKnight et al. 2002). Die Kunden machen sich die kanalspezifischen Unterschiede zu Nutze, indem sie die Kanäle im Multi Channel Marketing komplementär und ihren Präferenzen entsprechend im Kaufprozess verwenden (vgl. Burke 2002 S. 417). In diesem Zusammenhang liefern die Befunde von Burke (2002 S. 418) Hinweise, dass sich die Intention für einen Kundenkontakt zwischen den Kanälen, aber auch mit Fortschreiten im Kaufprozess unterscheidet. Es ist daher anzunehmen, dass die Anbahnung und Abwicklung von Kaufprozessen, in Abhängigkeit vom individuellen Kanalwahlverhalten der Kunden, in unterschiedlichen Kanälen eines Anbieters erfolgt (vgl. Armbruster & Schober 2002 S. 348, DoubleClick 2004, Verhoef et al. 2007 S. 132). Hierdurch ist zu erwarten, dass die Bedeutung der Kundenkontaktpunkte sowohl innerhalb einzelner Phasen, als auch zwischen den Prozessphasen differiert (vgl. Gensler & Böhm 2006 S. 31f.).
28
2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
In der Vorkaufphase ist vor allem die Information über die unterschiedlichen Produkte und Leistungen eines Anbieters eine wichtige Funktion für die Kunden (vgl. Burke 2002 S. 416, Simons & Bouwman 2004 S. 234), denn hierauf kann die spätere Kaufentscheidung basieren (Bhatnagar & Ghose 2004 S. 227). Zu den zentralen Informationsbedürfnissen zählen, neben allgemeinen Informationen über die Produkte und Leistungen eines Anbieters, auch gezielte Informationen für die Identifizierung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen sowie deren Attribute, die Feststellung des Preisniveaus und das Auffinden und der Vergleich möglicher Alternativen (vgl. Billen & Weiber 2007 S. 68). Hierfür nutzen die Kunden vor allem unpersönliche Kontakte, insbesondere das Internet (vgl. Rasch & Lintner 2001, AberdeenGroup 2005), aber auch Kontakte mit unterschiedlichen Instrumenten der Marketingkommunikation (Silberer & Steinmann 2009). Diese stellen häufig die initialen Kontakte im Kaufprozess dar, lenken die Aufmerksamkeit der Kunden auf das Angebot des Anbieters und ziehen hierdurch weitere Kundenkontakte nach sich. Beispielsweise zeigen die Befunde von Dach (2002a S. 23f.), ähnlich wie von Burke (2002 S. 418), dass branchenübergreifend über 80% der Befragten vor dem Kauf das Internet für die Beschaffung und den Vergleich von Preisinformationen nutzen. Der hohe Anteil der Nutzung des Internets lässt sich auf die vielfältigen Möglichkeiten für eine effektive und effiziente Informationssuche, den einfachen und schnellen Vergleich alternativer Leistungen sowie deren Bewertung zurückführen (vgl. Jepsen 2007, Song & Zinkhan 2008 S. 105ff.). Darüber hinaus bietet das Internet die Möglichkeit interaktiv spezifische, auf die Kundenbedürfnisse abgestellte Informationen zu erhalten (vgl. Peterson et al. 1997), beispielsweise Empfehlungen bei Internethändlern, die auf der Kaufhistorie eines Kunden basieren. Weiterhin dienen die Kontaktfunktionen in dieser Phase häufig der Beratung und Hilfestellung (vgl. Frambach et al. 2007 S. 29) und somit insgesamt der Entscheidungsunterstützung. In Abhängigkeit von der Produktkategorie sind weitere Funktionen wie die Reduzierung des wahrgenommenen Risikos, der Abbau von Dissonanzen, der Aufbau von Vertrauen sowie die Anpassung der Leistungen an die Kundenbedürfnisse zu nennen (vgl. Simons & Bouwmann 2004 S. 234, Homburg et al. 2009, Silberer & Steinmann 2009 S. 5). Bei extensiven oder primär rationalen Entscheidungsprozessen (vgl. Foscht & Swoboda 2007 S. 151) werden hierfür zumeist persönliche Kundenkontakte in der stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters realisiert (vgl. Burke 2002 S. 416). In der Kaufphase liegen hingegen die Intentionen der Kunden bei einem Kontakt vor allem in der Abwicklung der Transaktion und der Erfüllung der hiermit verbunden Funktionen, wie Bestellung, Bezahlung, Übertragung der Eigentumsrechte sowie Aushändigung des Produkts bzw. Vorbereitung der Lieferung oder des Vertragsabschlusses für die spätere Erfüllung einer Dienstleistung (vgl. Simons & Bouwman 2004 S. 230). Für die Erfüllung dieser Funktionen suchen die Kunden häufig nach Hilfestellungen und zusätzlichen Beratungen, die sie in einem persönlichen Kontakt durch die direkte Kommunikation und Interaktion besser und schneller erhalten als dies in Onlinekanälen möglich ist (Frambach et al. 2007 S. 29). Der Abbau von
2.3 Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte
29
Dissonanzen hinsichtlich potenziell negativer Konsequenzen der Kaufentscheidung ist auch in diesem Zeitraum für die Kunden von besonderer Bedeutung (vgl. Dubé & Morgan 1998). Durch die direkte Interaktion mit dem Verkaufspersonal hat der Kunde somit auch die Gelegenheit, eine schlechte Entscheidung hinsichtlich des Kaufs noch zu vermeiden bzw. seine bisherige Entscheidung zu revidieren und ein alternatives Produkt zu wählen (vgl. Tversky & Kahnemann 1981, Cook & Coupey 1998). Weitere Funktionen, die die Kunden in diesem Zeitraum in Anspruch nehmen, sind unterschiedliche Möglichkeiten für die Bezahlung bzw. Finanzierung der Leistung (vgl. Burke 2002 S. 417). Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Kunden für die Erfüllung der Funktionen in der Kaufphase häufig persönliche Kontakte in Offlinekanälen realisieren und diese auch differenzierter nutzen als Kundenkontaktpunkte, die nur eine zeitverzögerte oder gar keine Interaktion zwischen Anbieter und Kunden ermöglichen. Daher ist auch zu erwarten, dass insgesamt persönliche Kontakte für die Kunden von größerer Bedeutung als semi- oder unpersönliche Kontakte sind. In der Nachkaufphase betonen Simons und Bouwman (2004 S. 234) insbesondere unterschiedliche Funktionen des After-Sales Support, der vor allem nachträgliche Hilfestellungen und Beratungen für den richtigen Umgang mit dem erworbenen Produkt beinhaltet. Darüber hinaus dienen die Kundenkontakte in dieser Phase häufig Reklamationen oder Beschwerden, wenn Probleme mit der erworbenen Leistung auftreten (vgl. Steinmann 2005 S. 8-9). Kontakte in der Nachkaufphase sind in starkem Maße von der Qualität der Leistungen, ihrer Bedienungsfreundlichkeit, aber auch von den Erwartungen der Kunden abhängig. Aufgrund der besonderen Bedürfnisse und Anforderungen, die Kunden in diesen kritischen Situationen haben, sind die Funktionen zur Problembehebung sehr wichtig (vgl. Blodgett & Granbois 1992, Blodgett et al. 1997, Andreassen 2001). Hierbei haben die Kunden ein besonderes Interesse, ihr Anliegen auf einfache Art und Weise vorzubringen. Für den Anbieter ist es wichtig, dies über mehrere Kanäle zu ermöglichen und die Kunden so zu ermutigen, dies zu tun (insbesondere bei Beschwerden) (vgl. Huppertz 2007). Wie die Studien von Silberer et al. (2007) sowie Steinmann und Silberer (2009) im Elektronikfachhandel und der Tourismusbranche zeigen, nutzen Kunden für diese Funktionen, aufgrund der Möglichkeit der direkten Interaktion, vor allem persönliche Kontakte in den stationären Niederlassungen des Anbieters (vgl. hierzu auch Mattila & Wirtz 2004). Diese haben in dieser Phase eine größere Bedeutung für die Kunden als Onlinekanäle oder Kontakte mit unterschiedlichen Instrumenten der Marketingkommunikation. Dies bedeutet aber nicht, dass Kunden in dieser Phase keine Kontakte mit diesen Kontaktpunkten realisieren. Derartige Kanäle werden beispielsweise bei der Suche nach Kontaktdaten des Anbieters, für einen Abgleich zwischen der tatsächlich erhaltenen und der im Vorfeld angekündigten bzw. erwarteten Leistung sowie zur Reduzierung von Nachkaufdissonanzen genutzt (vgl. Silberer & Steinmann 2009 S. 1-2). 2.4
Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing
Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass von einer komplementären Nutzung der Kundenkontaktpunkte durch die Kunden entlang des Kaufprozesses auszugehen ist. Die Kun-
30
2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
den nutzen die Kontaktpunkte in den unterschiedlichen Prozessphasen für verschiedene Funktionen, was sich ebenfalls in Unterschieden in der Bedeutung der Kontakte widerspiegelt. Somit ist von vielfältigen Beziehungen zwischen den Kontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung im Kaufprozess auszugehen. Die Kenntnis der Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Kundenkontakten ist daher für ein detailliertes Verständnis des Käuferverhaltens von besonderer Bedeutung. Die hierfür erforderlichen Informationen sind in der Sequenz aller Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses enthalten. Im Folgenden werden das der Arbeit zugrunde liegende Begriffsverständnis der Kundenkontaktsequenzen dargelegt sowie die Eigenschaften von Kundenkontaktsequenzen vorgestellt. Weiterhin werden Möglichkeiten für die Analyse von Kundenkontaktsequenzen sowie die Bedeutung der Sequenzen für das Multi Channel Marketing aufgezeigt. 2.4.1
Begriffsverständnis
Allgemein ist eine Sequenz definiert als eine (zeitlich) geordnete Abfolge von Zuständen oder Ereignissen (vgl. Sankoff & Kruskal 1983). „By sequence I mean an ordered list of elements“ (Abbott 1995 S. 94). Hierbei gilt der „[…] ordered character […]“ der Ereignisse als konstituierendes Merkmal für das Vorliegen einer Sequenz (vgl. Abbott & Tsay 2000 S. 4). Durch die Anordnung der Ereignisse, entsprechend der Reihenfolge ihres Auftretens, werden diese miteinander zu einer Sequenz verknüpft. Hierdurch gelingt es, die vielfältigen Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen den Ereignissen innerhalb einer Sequenz zu berücksichtigen bzw. eine Möglichkeit für deren Identifikation zu schaffen. Beispiele für typische Sequenzen sind Zeitreihen, wie z.B. Umsatzentwicklungen, der Verlauf des BIP oder eines Aktienkurses, aber auch DNA- und Proteinsequenzen, Tagesabläufe (Activity Patterns), Karriereverläufe (Career Patterns) sowie der Programmcode einer Software oder die Reihenfolge von Buchstaben in Wörtern oder der (menschlichen) Sprache (vgl. Kruskal 1983 S. 202-207, Abbott & Tsay 2000 S. 7ff., Scherer 2001, Brüderl & Scherer 2006 S. 332, Biemann 2009, Silberer 2010 S. 4-7). Im Gegensatz zur Zeitreihenanalyse hat sich im Rahmen der Sequenzanalyse das Verständnis durchgesetzt, die Zustände innerhalb der Sequenz als nominale Ereignisse zu behandeln, selbst wenn es sich um Ereignisse mit höherem Skalenniveau handelt (vgl. Kruskal 1983 S. 202). Die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Ereignissen werden innerhalb der Sequenzanalyse häufig als symbolic time betrachtet und häufig allgemein als timelags bezeichnet, die bei der Interpretation der Sequenzen meist nur implizit berücksichtigt werden (vgl. Abbott 1995 S. 95). Die möglichen Elemente der Sequenz – die Zustände oder Ereignisse – stammen aus einer endlichen oder unendlichen Menge von möglichen Ereignissen (vgl. Gusfield 1999 S. 3), dem „Universe of Events“ (Abbott 1995 S. 95) oder dem „Alphabet“ der Ereignisse (Kruskal 1983
2.4 Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing
31
S. 202)7. Dies ergibt sich entweder direkt aus der Problemstellung, wie z.B. bei der Betrachtung von DNA-Sequenzen, oder muss unter Berücksichtigung des interessierenden Sachverhalts festgelegt werden (vgl. Kruskal 1983 S. 231, Brüderl & Scherer 2006, S. 331, Silberer 2010 S. 8). Für die Definition der möglichen Ereignisse gilt „[…] it is of vital importance that the variables selected should not only be relevant to the topic, but also that they should cover all important aspects of the topic“ (Kruskal 1983 S. 227). Für die Analyse des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing in dieser Arbeit interessieren als Ereignisse die Kundenkontakte an unterschiedlichen Kontaktpunkten im Mehrkanalsystem eines Anbieters im Kaufprozess. Diese Ereignisse stammen aus einem endlichen Alphabet, das durch die im Multi Channel Marketing eines Anbieters zur Verfügung gestellten Kontaktpunkte abgegrenzt wird. Basierend auf den bisherigen Ausführungen wird in dieser Arbeit eine Kundenkontaktsequenz definiert als die (zeitlich) geordnete Abfolge aller realisierten Kundenkontakte zwischen einem Anbieter und einem Kunden innerhalb eines Kaufprozesses (vgl. hierzu auch Steinmann 2005 S. 16, Silberer et al. 2006, 2007). Somit ermöglichen Kundenkontaktsequenzen die vielfältigen Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen den realisierten Kundenkontakten im Kaufprozess zu erkennen und für ein erfolgreiches Multi Channel Marketing zu nutzen. Wie die Definition der Ereignisse ist auch die Definition der Sequenz selbst von besonderer Bedeutung für den Untersuchungsgegenstand; nicht zuletzt deshalb, da auch die Aussagekraft der späteren Analyseergebnisse hiervon wesentlich abhängig ist (vgl. Silberer 2009 S. 9). Eine genauere Betrachtung der Ereignisse innerhalb der Sequenz sowie feinere Einteilungen sind hilfreich, um die bisherige allgemeine Definition zu präzisieren (vgl. ebda.). Einerseits können die Ereignisse – die Kundenkontakte – durch die Betrachtung ihrer Funktionen und Bedeutung zu den einzelnen Zeitpunkten detailliert beschrieben werden. Die beschreibenden Variablen können aber auch als weitere Dimensionen eines Kundenkontakts direkt innerhalb der Kundenkontaktsequenz berücksichtigt werden und so den Informationsgehalt der Sequenz deutlich steigern (vgl. Joh et al. 2002, Steinmann & Silberer 2009 S. 516, Silberer 2010 S. 23f.). Weiterhin können auch nur bestimmte Abschnitte einer Kundenkontaktsequenz interessieren (z.B. die Abfolge der Kundenkontakte in der Vorkaufphase). Allgemein wird hierbei zwischen Subsequenzen und Substrings unterschieden. Eine Subsequenz ist definiert als “[…] sequence formed from the given sequence by deleting some elements without disturbing the relative positions of the remaining elements” (vgl. Gusfield 1999 S. 4). Interessiert beispielsweise, wie häufig auf einen Kundenkontakt mit der Anbieter-Homepage ein Besuch im Ladengeschäft folgt, sind bei derartigen Assoziationen dazwischen liegende realisierte Kundenkontakte nicht von Bedeutung. Daher werden Subsequenzen auch als offene Sequenzen (open sequences) bezeichnet (vgl. Hay et al. 2004 S. 156, Silberer 2009 S. 9). Im Gegensatz dazu ist
7 Ein Beispiel für ein unendliche Menge möglicher Ereignisse sind alle ganzen, positiven Zahlen (1,2,3,…). Die vier unterschiedlichen Basen der DNA (A, C, G und T) sind ein Beispiel für eine endliche Menge möglicher Elemente.
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2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
ein Substring definiert als „[…] consecutive parts of a sequence“ (vgl. Gusfield 1999 S. 4) und stellt somit eine ununterbrochene Abfolge der geordneten Elemente innerhalb einer Sequenz dar (vgl. Silberer 2009 S. 9)8. 2.4.2
Eigenschaften von Kundenkontaktsequenzen
Bei der Beschäftigung mit Sequenzen ist es wichtig, verschiedene Eigenschaften der Sequenzen für das Verständnis des Untersuchungsgegenstands zu berücksichtigen. Innerhalb der relevanten Forschung werden allgemein fünf Eigenschaften von Sequenzen diskutiert, die Ereignisse sowie unterschiedliche Arten von Interdependenzen innerhalb von und zwischen Sequenzen betreffen (vgl. hierzu und im Folgenden Abbott 1995 S. 93f.). 1. Wiederholbarkeit der Ereignisse innerhalb einer Kundenkontaktsequenz Ereignisse innerhalb einer Sequenz können einmalig (noncurrent) oder wiederholbar (recurrent) sein. Dies beeinflusst die maximale Länge – die Anzahl an Ereignissen – innerhalb einer Sequenz. Im ersten Fall entspricht die maximale Länge der Sequenz der Anzahl unterschiedlicher Ereignisse im definierten Alphabet. Im zweiten Fall ist die Länge der Sequenz grundsätzlich nicht begrenzt, aber in der Regel durch die Problemstellung festgelegt. In Rahmen der vorliegenden Arbeit erfolgt diese Begrenzung durch die ausschließliche Betrachtung der realisierten Kontakte zwischen einem Kunden und Anbieter entlang des Kaufprozesses. Die einzelnen Ereignisse innerhalb einer Kundenkontaktsequenz sind mehrfach möglich (wiederholbar), da es beispielsweise nicht ungewöhnlich ist, dass ein Kunde mehr als nur einen Kontakt mit den unterschiedlichen Kanälen eines Anbieters im Kaufprozess realisiert (z.B. Beratungsgespräch mit Verkaufspersonal vor dem Kauf und Beschwerde beim Verkaufspersonal nach dem Kauf). 2. Abhängigkeiten zwischen einzelnen Ereignissen innerhalb einer Kundenkontaktsequenz Ob die Ereignisse innerhalb einer Sequenz als von einander abhängig zu betrachten sind, ergibt sich in der Regel direkt aus der zugrunde liegenden Fragestellung bzw. dem Untersuchungsgegenstand. Bei der Beschäftigung mit DNA-Sequenzen enthält die Abfolge der verschiedenen Basen wichtige Informationen, die beispielsweise für die Zuordnung eines Lebewesens zu einer bestimmten Gattung wichtig ist. Hierbei sind die Ausprägungen der verschiedenen Ereignisse allerdings nicht davon abhängig, welche Ausprägung das vorhergehende Ereignis hat. In den Verhaltenswissenschaften ist allerdings von Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Ereignissen auszugehen. Der Soziologe Thorsten Hägerstrand (1970 S. 15) führte diesbezüglich intuitiv aus: „Human behavior is a sequence of interdependent actions over time“. Bei der Realisation von Kundenkontakten im Kaufprozess ist daher davon auszugehen, dass zwischen den einzelnen Kontakten vielfältige Beziehungen und Abhängigkeiten
8 Demnach besteht zwischen einer Subsequenz und einem Substring folgende Beziehung: ein Substring ist immer eine Subsequenz, aber eine Subsequenz nicht immer ein Substring (vgl. Gusfield 1999 S. 4).
2.4 Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing
33
bestehen und somit bei der Analyse zu berücksichtigen sind (vgl. Peterson et al. 1997 S. 334ff., Silberer et al. 2007b, Steinmann & Silberer 2009a). Solche Abhängigkeiten lassen sich beispielsweise durch einen stochastischen Prozess (z.B. ein Markov-Modell) oder Assoziationsregeln beschreiben (vgl. Hettich & Hippner 2001) und beziehen sich somit auf die Substrings und Subsequenzen der Kundenkontaktsequenz. Dies bedeutet, dass die Realisation eines zukünftigen Kontakts (t+i) von einem vorhergehenden Kundenkontakt (t) abhängig ist und auch von weiter zurückliegenden Ereignissen (t-i) beeinflusst werden kann. 3. Dimensionalität der Ereignisse innerhalb einer Kundenkontaktsequenz Werden die einzelnen Ereignisse in der Sequenz noch durch weitere Dimensionen (Attribute) beschrieben und diese zusätzlichen Dimensionen ebenfalls für die Definition eines Ereignisses berücksichtigt, ist zwischen uni- und mehrdimensionalen Ereignissen zu unterscheiden (vgl. Joh et al. 2002 S. 387, Abbott & Tsay 2000). Im Kontext dieser Arbeit ist ein Beispiel für ein unidimensionales Ereignis der Kundenkontakt selbst. Wird ausschließlich die Abfolge der realisierten Kundenkontakte berücksichtigt, erhält man eine unidimensionale Kundenkontaktsequenz. Innerhalb der unidimensionalen Kundenkontaktsequenz werden somit die horizontalen Beziehungen zwischen den Ereignissen im Zeitablauf berücksichtigt. Im unidimensionalen Fall dienen die Funktionen und die Bedeutung der Kundenkontakte lediglich zur Deskription der Ereignisse. Werden diese Variablen aber als weitere Attribute eines Ereignisses berücksichtigt, handelt es sich um ein multidimensionales Ereignis, das durch den Kundenkontakt (Attribut bzw. Dimension 1), die Kontaktfunktionen (Attribut bzw. Dimension 2) und Kontaktbedeutung (Attribut bzw. Dimension 3) definiert ist (vgl. hierzu auch Joh 2002 S. 387ff., Steinmann & Silberer 2009a S. 517). Die Kombination der multidimensionalen Ereignisse entsprechend ihrer Abfolge ergibt die multidimensionale Kundenkontaktsequenz. Gegenüber unidimensionalen Sequenzen berücksichtigen multidimensionale nicht nur horizontale Beziehungen zwischen den Ereignissen, sondern zusätzlich noch vertikale zwischen den einzelnen Attributen bzw. Dimensionen (vgl. Joh 2002 S. 387). Wie die vorherigen Ausführungen gezeigt haben, sind bei der Beschäftigung mit den Kundenkontakten im Kaufprozess horizontale und vertikale Abhängigkeiten zwischen den Dimensionen der Ereignisse zu berücksichtigen bzw. von Interesse (vgl. Kapitel 2.3). Somit liegt in der vorliegenden Arbeit der Fokus auf der Erfassung und Analyse der Kundenkontakte als multidimensionale Ereignisse sowie der Erfassung und Analyse der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz. 4. Abhängigkeiten zwischen Kundenkontaktsequenzen Abhängigkeiten können nicht nur innerhalb einer Sequenz, sondern auch zwischen mehreren Sequenzen existieren. Zum einen ist hierbei die Wiederholbarkeit der Ereignisse zu beachten, zum anderen aber auch der Abstraktionsgrad bei der Ereignisdefinition. So ist es möglich, dass das Auftreten eines Ereignisses zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Sequenz das Auftreten desselben Ereignisses in einer anderen Sequenz einerseits grundsätzlich, andererseits aber auch nur bezogen auf den bestimmten Zeitpunkt, verhindert (vgl. White 1970, Abbott 1995 S. 95-96). Ein Beispiel sind hierfür Karrieresequenzen, z.B. kann immer nur ein
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2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
Bundesbürger für einen bestimmten Zeitraum Bundeskanzler/-in sein. Derartige Abhängigkeiten bestehen bei der Beschäftigung mit Kundenkontaktsequenzen in der Regel nicht. Beispielsweise ist es für mehrere Kunden gleichzeitig möglich, die Anbieter-Homepage zu nutzen oder das Ladengeschäft zu besuchen. Andererseits können Abhängigkeiten zwischen Sequenzen im Zeitablauf auf der Individualebene existieren. Bei Kundenkontaktsequenzen kann dies bedeuten, dass die Sequenz der Kundenkontakte beim Kauf eines Produkts bei einem bestimmten Anbieter, die Sequenz bei einem zukünftigen Einkauf beeinflusst, z.B. dass aufgrund der gesammelten Erfahrungen des Kunden die Sequenz des zweiten Kaufs kürzer ist, demnach mit weniger Kundenkontakten einhergeht, als bei einer vorhergehenden Transaktion oder auch vom Kauf des vorigen Produkts abhängt (vgl. Thomas & Sullivan 2005). 5. Kundenkontaktsequenzen als abhängige oder unabhängige Variable Sequenzen können als abhängige und als unabhängige Variable betrachtet werden (vgl. hierzu auch Silberer 2010 S. 14f.). Hierbei kann der Einfluss bzw. die Wirkung der Sequenz als Ganzes, aber auch einzelner Subsequenzen und Substrings interessieren. Der erstgenannte Ansatz bedeutet im Zusammenhang mit Kundenkontaktsequenzen, welche Faktoren für die unterschiedlichen Kundenkontaktsequenzen, Subsequenzen oder Substrings ursächlich sind. Hierbei ist z.B. an das gekaufte Produkt bzw. die Produktkategorie sowie weitere kunden- und anbieterbezogene als auch situative Determinanten zu denken, die Art, Anzahl, Funktionen und Bedeutung der realisierten Kundenkontakte und somit die Kundenkontaktsequenz beeinflussen. Wird die Kundenkontaktsequenz als unabhängige Variable betrachtet, interessieren die finalen Größen – die Wirkungen – auf das zukünftige Verhalten, die Kundenzufriedenheit, die Kundenbindung, das wahrgenommene Risiko sowie das Vertrauen in den Anbieter (vgl. Silberer et al. 2007b, Steinmann & Silberer 2008, 2009a, Steinmann & Silberer 2010a). 2.4.3
Ansätze zur Analyse von Kundenkontaktsequenzen
Bei dem Begriff Sequenzanalyse handelt es sich nicht um eine einzelne Analysemethode, sondern vielmehr um einen Oberbegriff, der eine Vielzahl von Ansätzen zusammenfasst. Abbott und Hrycak (1990 S. 148) unterscheiden hierbei zwei grundsätzliche Methodenstränge, die sich mit verschiedenen Fragestellungen der Sequenzanalyse beschäftigen: (1) Verfahren zur Mustererkennung (the pattern question) sowie (2) Methoden, die Sequenzen als abhängige und unabhängige Variable betrachten (the generation question). Von dieser Einteilung leicht abweichend unterscheidet Abbott (1995 S. 104f.) in Whole Sequence Methods und Step-by-Step Methods. Erstgenannte sind eher den Verfahren der Mustererkennung, die letztgenannten dem zweiten Methodenstrang zuzuordnen, der sich mit der Rolle von Sequenzen in Ursache-Wirkungsmodellen beschäftigt. Silberer (2009 S. 7-15) defi-
2.4 Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing
35
niert, in Anlehnung an Kruskal (1983), Abbott (1995) sowie Abbott und Tsay (2000), sieben Schritte einer klassischen Sequenzanalyse, die beide Methodenstränge berücksichtigen und auch die Definition der Ereignisse sowie der Sequenz und deren Erfassung einbeziehen. Im Zentrum des ersten Methodenstrangs stehen bei Abbott und Hrycak (1990) Verfahren für die Identifikation von Mustern innerhalb sowie zwischen den Sequenzen. Diese sind allgemein den Methoden des Data Mining9 zuzuordnen (vgl. Wilde 2001 S. 13f.). Silberer (2009) unterscheidet hierbei genauer eine lokale und eine globale Analyse von Sequenzen. Bei der lokalen Analyse interessieren die Art und Anzahl unterschiedlicher Ereignisse, bestimmter Substrings und Subsequenzen innerhalb einzelner Sequenzen sowie die Länge der Sequenz, d.h. die Anzahl aller Ereignisse innerhalb einer Sequenz (vgl. Gusfield 1999, Silberer 2009 S. 11-12). Bezogen auf Kundenkontaktsequenzen interessiert in diesem Zusammenhang, welche Kundenkontakte wie oft, an welcher Position und mit welchen Kombinationen häufig beobachtet werden sowie wie viele Kundenkontakte insgesamt in einzelnen Phasen oder im gesamten Kaufprozess realisiert werden. Weiterhin liefert die Ermittlung besonders häufiger bzw. wahrscheinlicher Subsequenzen mit Hilfe von Assoziationsanalysen (vgl. Maier 1978, Agrawal et al. 1993, Agrawal & Srikant 1994, Hettich & Hippner 2001) oder auch die Ermittlung (relativer) Übergangshäufigkeiten (transition frequencies) sowie die Berechnung von Übergangswahrscheinlichkeiten (transition probabilities) zwischen aufeinander folgenden Ereignissen mit Hilfe von Markov-Modellen (vgl. Cox & Miller 1965, Prinzie & Van den Poel 2006, Fink 2003, Zucchini & MacDonald 2009) vielfältige Möglichkeiten für die Identifikation häufiger und wahrscheinlicher Muster in den Sequenzen und somit auch für die Antizipation und Prognose zukünftiger Ereignisse. Für eine globale sequenzübergreifende Analyse zur Mustererkennung wird in einem ersten Schritt meist die Sequenzclusterung eingesetzt (vgl. Abbott & Tsay 2000 S. 14f.). Grundlage hierfür ist die Bestimmung von Ähnlichkeiten – der Abgleich von Sequenzen – mit Hilfe von Verfahren zum so genannten String-Matching. Hierunter fallen verschiedene Methoden des Sequenzvergleichs, die auch einen Vergleich unterschiedlich langer Sequenzen ermöglichen, wie das Optimal Matching, Sequence Alignment oder auch Listings (vgl. Kruskal 1983) und alle auf einer von Levenshtein (1966) vorgeschlagenen Metrik beruhen. Diese Methoden bestimmen anhand der Operationen Einsetzen (insertion), Löschen (deletion) und Ersetzen (substitution) den minimalen Aufwand, der notwendig ist, um eine Sequenz (source sequence) in eine andere (target sequence) zu transformieren (vgl. ebda., Abbott & Tsay 2000, Sörensen 2003 S. 8f.). Weitere Operationen, die teilweise berücksichtigt werden, sind compressions, extansions sowie transpositions, mit denen eine Stauchung und Streckung der Sequen-
9 Beim Data Mining sollen Methoden angewendet bzw. gefunden werden, die „[…] autonom aus großen Datenmengen die bedeutsamsten und aussagekräftigsten Muster identifizieren und sie dem Anwender als interessantes Wissen präsentieren“ (Hagedorn et al. 1997 S. 601). Gelungene Einführungen in die Grundlagen und Prinzipien des Data Mining finden sich beispielsweise bei Hand et al. (2001), Hippner et al. (2001) oder kürzer bei Fayyad et al. (1998).
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2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
zen sowie die Veränderung der Positionen von Ereignissen einhergeht und somit der ursprüngliche Charakter der Sequenz verändert wird (vgl. Kruskal 1983 207ff.)10. Neben dem Vergleich der kompletten Sequenzen für die Bestimmung der Ähnlichkeit bzw. Distanzen, kann auch die Häufigkeit bestimmter Ereignisse oder Elemente innerhalb der Sequenzen, wie Substrings oder Subsequenzen, für den Sequenzvergleich herangezogen werden (vgl. Silberer 2009 S. 12f.). Die Möglichkeit unterschiedlich lange Sequenzen miteinander vergleichen zu können, ist bei der Beschäftigung mit Verhaltenssequenzen von besonderer Wichtigkeit. Es ist zu erwarten, dass hinsichtlich der Art und Anzahl und somit der Länge von Verhaltenssequenzen und somit bei Kundenkontaktsequenzen individuelle Unterschiede bestehen. Die „klassischen“ Methoden der Distanz- bzw. Ähnlichkeitsmessung als Grundlage von Clusteranalysen gehen von einer identischen Anzahl an Beobachtungen zwischen den betrachteten Objekten aus und sind daher für den Vergleich von Kundenkontaktsequenzen nur bedingt einsetzbar (für einen Überblick vgl. Kaufman & Rouseeuw 1990, Handl 2002, Backhaus et al. 2008 S. 393-411). Erschwerend kommt hinzu, dass einige Distanzmaße ein metrisches Skalenniveau voraussetzen. Die Ereignisse innerhalb einer Sequenz werden insbesondere bei Sequenzvergleichen als nominal skaliert betrachtet (vgl. Kruskal 1983 S. 202). Bei der Berücksichtigung der Sequenzen als abhängige oder unabhängige Variable kommen Ursache-Wirkungsmodelle, wie beispielsweise Regressionsmodelle und ihre Abwandlungen, zum Einsatz. Hierbei können potenzielle Determinanten, wie Produkt, Preis oder Soziodemografika, und Wirkungen der Kundenkontaktsequenz, wie Kundenzufriedenheit, Wiederkaufbereitschaft und Weiterempfehlung, betrachtet, aber auch Zusammenhänge zwischen den Ereignissen der Sequenz selbst untersucht werden. So können beispielsweise bestimmte Subsequenzen oder Substrings als change points (vgl. Netzer & Lattin 2008 S. 189) oder als motor pattern (vgl. van Hoof 1982 S. 366) identifiziert werden, die als ursächlich für den weiteren Verlauf der Sequenz gelten. Hierbei muss aber auch interessieren, ob und welchen Erklärungsbeitrag die Berücksichtigung der Sequenz leistet und wie sehr sich die Varianzaufklärung des Modells dadurch steigern lässt. Die wenigen bisherigen Arbeiten, die dies ausführlich betrachten, liefern eindeutige Hinweise, dass mit der Berücksichtigung der Sequenzen bzw. von Sequenzinformationen ein erheblicher Erkenntnisgewinn einhergeht und sich die Aussagekraft von Ursache-Wirkungsmodellen deutlich steigern lässt (vgl. Stark & Vedrés 2006, Steinmann & Silberer 2010a).
10
Für eine ausführliche Erläuterung der mathematischen Hintergründe, der Eigenschaften sowie der Anwendung unterschiedlicher Methoden des Sequenzvergleichs empfiehlt sich ein Blick in die Arbeiten von Sankoff und Kruskal (1983) sowie Gusfield (1999), die mittlerweile als Standardwerke für die unterschiedlichen Ansätze der Sequenzanalyse gelten.
2.4 Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing
2.4.4
37
Bedeutung der Kundenkontaktsequenzen für die Marketingforschung und Marketing-
praxis Die vielfältigen Vorteile und Chancen, die aus der Betrachtung und Analyse der Kundenkontaktsequenzen für Wissenschaft und Praxis entstehen, zeigen die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit einer sequenziellen Betrachtung des Käuferverhaltens, nicht nur im Multi Channel Marketing. Darüber hinaus wird durch die Berücksichtigung der Kundenkontaktsequenzen die Verfolgung des häufig geforderten kundenzentrierten Ansatzes im Multi Channel Marketing ermöglicht (vgl. Reinartz et al. 2004 S. 293, Vaccaro & Iyer 2005 S. 175). Die Marketingwissenschaft und -praxis, die sich für die Beschreibung und Erklärung des Konsumenten- und Käuferverhaltens interessieren muss, sollte sich daher Hägerstrand (1970 S. 15) mit dem Käuferverhalten als „sequence of interdependent actions over time“ beschäftigen. Hiermit geht ein erheblicher Erkenntnisgewinn einher, der durch die isolierte Betrachtung einzelner Ereignisse nicht erreicht werden kann. Im Zusammenhang mit dem Käuferverhalten im Kaufprozess sind hierbei vielfältige Beziehungen zwischen den Kundenkontakten zu berücksichtigen, die von Peterson et al. (1997 S. 333), bezogen auf das Zusammenwirken zwischen stationärem Handel und Internet als Kundenkontaktpunkte, wie folgt zusammengefasst werden: “Specifically, consumers have the choice of (1) whether to focus on a product or service category or a brand at any stage of the information acquisition process, (2) whether to use the Internet or conventional retail channels for information acquisition, and (3) whether to use the Internet or a conventional retail channel for the final transaction and brand acquisition”. Hierdurch entsteht eine „[…] rich melange of theoretical and strategic considerations” (Peterson et al. 1997 S. 334), die von der Marketingwissenschaft und der -praxis nicht vernachlässigt werden dürfen. Die Kenntnis der Sequenzen und der vertikalen und horizontalen Abhängigkeiten zwischen den Ereignissen kann als Basis für die Antizipation zukünftiger Kundenkontakte dienen. Verfolgt ein Anbieter eine bestimmte Strategie bezüglich einer für ihn idealtypischen Sequenz der Kundenkontakte, liefert ihm die Kenntnis der tatsächlich realisierten Kundenkontaktsequenzen, wie viele Kunden sich entsprechend verhalten. Zusätzlich liefern sie Hinweise auf potenziell vorhandene Synergien zwischen den Kundenkontaktpunkten. Dieses Wissen ermöglicht dem Anbieter nicht nur eine Kontrolle seines bestehenden, sondern auch Erkenntnisgewinne für die effektive und effiziente Gestaltung seines Multi Channel Marketing-Systems, um hierdurch die Chancen des Multi Channel Marketing zu nutzen und den genannten Risiken und zukünftigen Herausforderungen, auch bezüglich einer verhaltensbezogenen Kundensegmentierung, erfolgreich zu begegnen (vgl. Kapitel 2.2.3). In diesem Zusammenhang konnten Steinmann und Silberer (2010a) zeigen, dass sich bereits durch die Kenntnis der Abfolge weniger Kundenkontakte in der Vorkaufphase zukünftige Kundenkontakte sowie die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Kundensegment zufrieden stellend prognostizieren lassen. Hierdurch wird ein proaktives Einwirken auf zukünftige Kundenbedürfnisse im Kaufprozess ermöglicht, das sich positiv auf die Kundenzufriedenheit, die Kundenloyalität sowie das wahr-
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2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
genommene Risiko und das Vertrauen für die Durchführung einer Transaktion bei einem Anbieter auswirkt. Überdies ist die Kenntnis der Kundenkontaktsequenzen zentral für ein erfolgreiches Customer Relationship Management (vgl. Kolbe et al. 2003 S. 4)11. Daher überrascht es nicht, dass Peterson et al. (1997 S. 336) im Journal of the Academy of Marketing Science fordern: „Thus, it is important to incorporate consumers’ alternative decision sequences into any analysis of consumer market structure and performance”. Vielmehr verwundert es, dass dieser Forderung bisher kaum nachgekommen wurde. Dies mag zum einen am Mangel der theoretischen Fundierung für die Beschreibung und Erklärung der vielfältigen vertikalen und horizontalen Beziehungen in den Kundenkontaktsequenzen liegen, zum anderen am großen Aufwand, der mit Sequenzanalysen bei der Datenerfassung, -aufbereitung und -auswertung verbunden ist (vgl. Silberer 2009 S. 3f.). 2.5 Theoretische Ansätze zur Beschreibung und Erklärung der Kundenkontakte und Kontaktsequenzen im Multi Channel Marketing Mit Ansätzen für die Beschreibung und Erklärung von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen entlang des Kaufprozesses beschäftigt sich die relevante Forschung zum Multi Channel Marketing bisher nur am Rande. Der Großteil der konzeptionellen und empirischen Beiträge verfolgt einen marken-, produkt- oder kanalzentrierten Ansatz (vgl. Schoenbachler & Gordon 2002). Die Autoren untersuchen hierbei zumeist Fragestellungen, die sich mit der effektiven und effizienten Gestaltung des Multi Channel Marketing aus Anbietersicht befassen. Bislang existieren nur wenige Arbeiten, die einen kundenzentrierten Forschungsansatz wählen, der das Verhalten der Kunden im Mehrkanalsystem in den Mittelpunkt des Interesses stellt (vgl. Reinartz et al. 2004, Vaccaro & Iyer 2005). Zumeist handelt es sich hierbei um explorative und deskriptive Arbeiten. Die Anmerkung des Soziologen Andrew Abbott (1995 S. 94): „we assume intercase independence even while our theories focus on interaction“ ist auch für die Marketingforschung gültig und stellt somit die Allgemeingültigkeit bisheriger Befunde erheblich in Frage. Hinsichtlich einer theoriegeleiteten Beschäftigung bzw. der theoretischen Fundierung des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing steht die Forschung noch am Anfang (vgl. Rangaswamy & van Bruggen 2005 S. 7). Dies betrifft insbesondere die Beschreibung und Erklärung der vielfältigen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten, ihrer Funktionen und Bedeutung und somit ebenfalls die Kundenkontaktsequenz. Bisherige Arbeiten ziehen Konzepte und Theorien heran, die eine isolierte Erklärung einzelner Kundenkontakte zu einem bestimmten Zeitpunkt im Kaufprozess bzw. in einer bestimmten Prozessphase ermöglichen, die vielfältigen Beziehungen zwischen diesen im Kaufprozess aber nur implizit berücksichtigen. Ein umfassender Erklärungsansatz, der die komplexen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten einbezieht, fehlt bis heute (vgl. Silberer et al. 2006 S. 236, 2007 S. 1552).
11
Zu den häufigsten Ursachen für das Scheitern von CRM-Initiativen im Multi Channel Marketing gelten ein mangelndes Wissen über den Kunden und insbesondere der Kundenprozesse (vgl. Kolbe et al. 2003 S. 4).
2.5 Ansätze zur Beschreibung und Erklärung von Kundenkonten und Kontaktsequenzen
39
Im Folgenden werden theoretische Ansätze, die für die Erklärung einzelner Kundenkontakte im Multi Channel Marketing diskutiert werden, kurz erläutert. Das Kapitel schließt mit einem integrativen Konzept von Payne et al. (1993), das die wichtigsten Annahmen dieser Erklärungsansätze in sich vereint und die Berücksichtigung der komplexen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten im Zeitablauf zumindest im Ansatz ermöglicht. 2.5.1
Media Richness Theorie
Vielen Studien, die Kanalwahlentscheidungen von Kunden im Multi Channel Marketing untersuchen, sind die grundsätzlichen Annahmen und Erwartungen der Media Richness Theorie (auch Information Richness Theorie, folgend MRT) von Daft und Lengel (1984, 1986) inhärent. Nach diesem Erklärungsansatz ist anzunehmen, “[…] that the performance of the individuals in a communication context will be a function of the fit between the characteristics of the medium – media richness – and the characteristics of the task to be achieved – task analyzability” (Brunelle & Lapierre 2008 S. 1). Media Richness stellt die Eignung eines Mediums (hier: eines Kundenkontaktpunkts) für die Übermittlung unterschiedlicher Inhalte bzw. Informationen dar und setzt sich aus vier Dimensionen zusammen (vgl. Lengel & Daft 1988): -
der Fähigkeit eines Mediums (Kundenkontaktpunkts), einen – möglichst ohne Zeitverzögerung – interaktiven Informationsaustausch zu ermöglichen (immediate interaction);
-
der Übermittlung mehrerer Inhalte und Reize (multiple cues and senses involved);
-
der sprachlichen Vielfalt (language variety);
-
dem Grad der Personalisierung (personalization).
Persönliche – Face-to-face-Kontakte – stellen somit die reichhaltigsten Kontakte dar, während Kontakte im Internet oder auch mit Instrumenten der klassischen Marketingkommunikation hinsichtlich der verschiedenen Dimensionen vergleichsweise eingeschränkt und daher weniger reichhaltig sind (vgl. Rice 1992, Abbildung 1). Gemäß der MRT ist ein Einfluss der zu lösenden Aufgabe auf die Realisation von Kundenkontakten zu erwarten. Bei der Beschäftigung mit dem Käuferverhalten im Multi Channel Marketing stellt die Erfüllung der unterschiedlichen Anforderungen und Präferenzen im Kaufprozess, in Abhängigkeit von der interessierenden Leistung des Anbieters, die für die Kunden zu lösende Aufgabe dar. Die MRT stellt hierbei auf die Effektivität der Medienwahl – der realisierten Kundenkontakte – für die Übermittlung unterschiedlicher Sachverhalte bei der Lösung der Aufgabe ab (task analyzability). Je komplexer, weniger strukturiert, vieldeutiger und somit auch unzuverlässig übermittelbar die zu bearbeitende Aufgabe (hier: die interessierende Leistung) ist, desto reichhaltiger muss der Kundenkontaktpunkt für die Übertragung der relevanten Informationen sein. Wird das Medium gewählt, dessen inhärente Reichhaltigkeit der Komplexität der Aufgabe angepasst ist, gilt die Wahl als effektiv. Wird ein zu reichhaltiges (overcomplication) oder ein zu wenig reichhaltiges Medium (oversimplification)
40
2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
gewählt, gilt die Wahl als ineffektiv. Für die Beurteilung der Effektivität der Medienwahl sind, gemäß der Media Richness Theorie auch die individuellen kognitiven Kapazitäten der Sender (Anbieter) sowie der Rezipienten (Kunden) hinsichtlich ihrer Fähigkeit zur Übermittlung der relevanten Sachverhalte relevant (vgl. Daft & Lengel 1984). Für die Erklärung der Kundenkontakte im Multi Channel Marketing folgt hieraus, dass die Entscheidung für einen bestimmten Kontaktpunkt zu einem bestimmten Zeitpunkt im Kaufprozess bzw. innerhalb einer bestimmten Prozessphase vom Fit zwischen den Charakteristika der wählbaren Kundenkontaktpunkte im Multi Channel Marketing (der grundsätzlichen Funktionalität bzw. der angebotenen Funktionen), der Reichhaltigkeit der durch den Kundenkontaktpunkt übermittelten Informationen sowie von den individuellen Anforderungen und Präferenzen der Kunden hinsichtlich der von ihnen gewünschten Kontaktfunktion abhängig ist12. Dieser Fit wird durch die Komplexität des nachgefragten Produkts bzw. der nachgefragten Leistung sowie von personenbezogenen Merkmalen beeinflusst. Diese Annahme der MRT findet sich in vielen konzeptionellen und empirischen Studien zur Kanalwahl im Multi Channel Marketing (vgl. z.B. Montoya-Weiss et al. 2003, Gupta et al. 2004, Frambach et al. 2007, Steinmann & Silberer 2009b). Hinsichtlich der Kanalwahl bedeutet dies, dass ein Kunde bei der Erledigung von Routineaufgaben im Kaufprozess, bei habitualisierten Kaufentscheidungen oder auch beim Kauf wenig komplexer Produkte, wenig reichhaltige Kontaktpunkte zur Erfüllung seiner Bedürfnisse im Kaufprozess wählt. Beim Kauf von wenig vertrauten, komplexen und erklärungsbedürftigen Produkten oder Dienstleistungen (extensive oder primär rationale Kaufentscheidungen) mit einem vergleichsweise hohen wahrgenommenen Risiko, postuliert die MRT die Wahl von Kontaktpunkten mit einer ausgeprägten Media Richness, wie persönliche Kontakte im Ladengeschäft des Anbieters, im Rahmen einer notwendigen, extensiven Informationssuche und eines ausgeprägten Alternativenvergleichs (vgl. Verhoef et al. 2007, Frambach et al. 2007 S. 29). In diesem Zusammenhang ist zu erwarten, dass die Eignung eines Kundenkontaktpunkts für die Erfüllung der Kundenanforderungen im Kaufprozess nicht konstant beurteilt wird und zwischen den Kunden differiert. Dies spiegelt sich in unterschiedlichen Kanalwahlentscheidungen sowie in unterschiedlichen Kombinationen von Kundenkontaktpunkten im Zeitablauf wider und geht somit mit unterschiedlichen Kundenkontaktsequenzen einher. Weiterhin ist davon auszugehen, dass diese Unterschiede zu einer divergierenden Beurteilung der Bedeutung der Kundenkontaktpunkte führen. Erste empirische Hinweise auf die Gültigkeit der dargestellten Zusammenhänge zwischen der Reichhaltigkeit der Kundenkontaktpunkte, der Intention bzw. Funktion und Bedeutung ihrer Nutzung sowie des vermuteten Einflusses der Komplexität der interessierenden Leistung liefern die Befunde der Studien von Brunelle und Lapierre (2008), Silberer und Steinmann (2009) sowie Steinmann und Silberer (2009a, 2009b).
12
Unter der Annahme eines rational handelnden Konsumenten bzw. Kunden.
2.5 Ansätze zur Beschreibung und Erklärung von Kundenkonten und Kontaktsequenzen
2.5.2
41
Motivationstheorien
Motivationstheorien werden innerhalb der Marketingforschung häufig für die Erklärung des Konsumenten- bzw. Käuferverhaltens herangezogen (vgl. z.B. Dayton 1958, Haugtvedt et al. 1992)13. Die hierbei betrachteten Motive werden definiert als „[…] forces instigating behavior to satisfy internal need states […]” (Westbrook & Black 1985 S. 89) und entsprechen somit einem Beweggrund in Bezug auf die Erreichung eines bestimmten Ziels (vgl. Homburg & Krohmer 2009 S. 32) und somit einem „Zustand zielgerichteten Verhaltens“ (Puca & Langens 2008 S. 224). In diesem Zusammenhang werden unterschiedliche Motive bzw. Ziele und ihr Einfluss auf das Konsumentenverhalten diskutiert (vgl. Bagozzi & Dholakia 1999, Mowen 1999). Häufig wird im Multi Channel Marketing der Einfluss verschiedener intrinsischer und extrinsischer Motive auf das Konsumentenverhalten diskutiert. Hierbei ist davon auszugehen, dass der Konsument bzw. Kunde einen Abgleich zwischen seiner Motivation bzw. Motivlage und der subjektiven Eignung der Kundenkontaktpunkte im Multi Channel Marketing für die Erfüllung derselben vornimmt. Schließlich wird der Kontaktpunkt gewählt, der die mit dem Motiv verbundenen Bedürfnisse am umfassendsten erfüllen kann und somit den höchsten Nutzen für den Kunden zu einem bestimmten Zeitpunkt hat (vgl. Balasubramanian et al. 2005 S. 16). Diese Annahmen werden auch im Uses and Gratification-Ansatz oder auch in Erwartungswert-Ansätzen postuliert und empirisch überprüft (vgl. O’Donohoe 1994, Stafford et al. 2004). Diese Ansätze werden vor allem im Zusammenhang mit der Medienwahl von Konsumenten empirisch überprüft und beinhalten ebenfalls Annahmen der Media Richness Theorie. Demnach ist in Kaufprozessen davon auszugehen, dass die verschiedenen Kundenkontaktpunkte nicht immer gleichermaßen nutzenstiftend, in Abhängigkeit des verfolgten Motivs, beurteilt werden, sondern sich die Eignung zur Motivverfolgung mit Fortschreiten des Kaufprozesses verändert und dies zur Nutzung unterschiedlicher Kontaktpunkte im Zeitablauf führt (vgl. Peterson et al. 1997 S. 334, Balasubramanian et al. 2005 S. 16ff.). Hiermit gehen ebenfalls Unterschiede der Funktionen und Bedeutung der Kundenkontaktpunkte einher (vgl. Hogarth & Einhorn 1992, Mittal et al. 1999). Motive, wie recreational orientation, risk aversion, self affirmation oder socialisation gehen häufig mit persönlichen Kundenkontakten und einem Besuch im stationären Handel einher (vgl. Balasubramanian et al. 2005, Guiry et al. 2006). Stehen Motive wie convenience orientation oder ökonomische Ziele im Kaufprozess im Vordergrund, realisieren die Kunden vermehrt un- oder semipersönliche Kontakte, deren Realisation für sie mit einem geringen Aufwand verbunden ist (vgl. Schröder & Zaharia 2006). Im Gegensatz dazu wird das Motiv des variety seeking – der Wunsch nach Abwechslung – mit einem ausgeprägten Kanalwechselverhalten verbunden (vgl. Balasubramanian et al. 2005 S. 13-14, Verhoef et al. 2007 S. 137).
13
Für einen ausführlichen Überblick über die unterschiedlichen Richtungen und Ansätze der Motivationsforschung vgl. Kroeber-Riel et al. 2009 S. 176ff.
42
2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
Darüber hinaus ist im Sinne einer polythematischen Motivationstheorie davon auszugehen, dass zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Kaufprozess nicht immer nur ein Motiv verfolgt wird, sondern mehrere Motive bzw. Ziele von den Kunden gleichzeitig verfolgt werden (vgl. Bänsch 1998 S. 21-22, Foscht & Swoboda 2007 S. 52-57). Gemäß der Shopping Goals Theorie (Lee & Ariely 2006) ist anzunehmen, dass diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Kaufprozess, in Abhängigkeit der Anforderungen und Präferenzen der Kunden, mit unterschiedlichem Gewicht in die Kanalwahlentscheidung einfließen (vgl. hierzu auch KroeberRiel et al. 2009 S. 170). Dies führt schließlich im Zeitablauf zu unterschiedlichen Kanalwahlentscheidungen, in Abhängigkeit des jeweils vorherrschenden Motivs, (vgl. Balasubramanian et al. 2005 S. 13-14). Welches Motiv dabei jeweils im Vordergrund steht, ist u.a. abhängig von situativen Einflüssen (vgl. Belk 1975, Nicholson et al. 2002). 2.5.3
Konzept der Einstellung
Das Konzept der Einstellung ist eine wesentliche Einflussgröße des Konsumenten- bzw. Käuferverhaltens, das bis heute ein besonders großes Forschungsinteresse auf sich gezogen hat (vgl. Kroeber-Riel et al. 2009 S. 210). Petty et al. (1991 S. 242) definieren Einstellung als „global and relatively enduring […] evaluations of objects, issues or persons. […] These evaluations can be based on behavioral, cognitive and affective information and experiences“ (zitiert nach Krober-Riel et al. 2009 S. 211). Diese Bewertungen (evaluations) gelten als relativ stabil und zeitbeständig (vgl. Homburg & Krohmer 2009 S. 32) und werden daher häufig für die Vorhersage zukünftigen Verhaltens herangezogen. Trommsdorff (2004 S. 159) stellt in seiner Definition allerdings die besondere Bedeutung der situativen Komponente der Einstellung heraus. Demnach ist die Einstellung stets auch eine situative Bewertung gegenüber einem Objekt, Sachverhalt oder einer Person, die mal eine positive, mal eine negative Reaktion nach sich ziehen kann. Im Multi Channel Marketing hat man sich bisher mit dem situativen Einfluss der Einstellung der Kunden gegenüber einem Kontaktpunkt für die Erklärung der Kundenkontakte beschäftigt (vgl. Verhoef et al. 2007). Hierbei ist von folgendem Zusammenhang auszugehen: hat ein Kunde gegenüber einem Kontaktpunkt für die Erfüllung einer bestimmten Kontaktfunktion eine positive Einstellung, wirkt sich dies positiv auf dessen Attraktivität für den Kunden zu einem bestimmten Zeitpunkt aus. Dies führt dazu, dass der Kunde den Kontaktpunkt zu diesem Zeitpunkt gegenüber anderen präferiert. Da sich die Anforderungen und Präferenzen der Kunden an die Kundenkontaktpunkte mit Fortschreiten des Kaufprozesses verändern, ist zu erwarten, dass sich dies auch in der Realisation unterschiedlicher Kundenkontakte im Zeitablauf widerspiegelt (vgl. Frambach et al. 2007). Nach diesem situativen Verständnis ist die Einstellung gegenüber einem Kundenkontaktpunkt und somit die Kanalwahl eng mit der Intention des Kontakts verbunden; genauer gesagt, vom Fit zwischen den Charakteristika des Kundenkontaktpunkts und den Anforderungen und Präferenzen der Kunden für die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe. Die Einstellung gegenüber einem Kanal beeinflusst den subjektiv wahrgenommenen Nutzen eines Kundenkontakts zu
2.5 Ansätze zur Beschreibung und Erklärung von Kundenkonten und Kontaktsequenzen
43
einem bestimmten Zeitpunkt (Verhoef et al. 2007 S. 131). Somit ist davon auszugehen, dass zwischen der Einstellung gegenüber einem Kontaktpunkt für die Erfüllung einer bestimmten Kontaktfunktion und der Beurteilung seiner Wichtigkeit ein Zusammenhang besteht. Dies bewirkt eine divergierende Bedeutung der Kundenkontakte bzw. einzelner Kontaktpunkte im Zeitablauf. 2.5.4
Theorie der kognitiven Dissonanz
Die Theorie der kognitiven Dissonanz von Festinger (1957) leistet ebenfalls einen Beitrag für die Erklärung der Kanalwahlentscheidungen der Kunden in den unterschiedlichen Phasen des Kaufprozesses (vgl. hierzu auch Raffée et al. 1973). Allgemein liegen Dissonanzen vor, wenn im gedanklichen System eines Individuums Beziehungen zwischen Kognitionen vorliegen, die nicht miteinander harmonieren (vgl. Kroeber-Riel et al. 2009 S. 231). Es ist davon auszugehen, “[…] that people have a motivational drive to reduce dissonance by changing their attitudes, beliefs and behaviors, or by justifying or rationalizing their attitudes, beliefs and behaviors.” (Festinger 1957). Dissonanzvermeidendes Verhalten kann somit im weiteren Sinne auch als ein Motiv angesehen werden. Ein derartiges Verhalten ist beispielsweise dann zu erwarten, wenn ein Kunde nach dem Kauf negative Erfahrungen mit einem Produkt macht, dem er bisher positiv gegenüber eingestellt war (vgl. hierzu und im Folgenden Homburg & Krohmer 2009 S. 61). In einem solchen Fall von Nachkaufdissonanz unternimmt der Kunde gemäß der Theorie der kognitiven Dissonanz verschiedene Anstrengungen, um sein inneres kognitives Gleichgewicht (Konsonanz) wiederherzustellen. Hierfür kann er sich unterschiedlicher Mechanismen bedienen, wie der Suche konsonanter Informationen, der Interpretation der gefundenen Informationen in dissonanzvermeidender Weise oder aber auch in weiteren Handlungen, wie Beschwerden oder sogar dem Umtausch der erworbenen Leistung. Dissonanz kann somit zu Kundenkontakten in der Nachkaufphase führen, beispielsweise für die Suche nach weiteren Informationen im Internet oder in Printmedien, Hilfestellungen und Beratungen zum richtigen Umgang mit einem gekauften Produkt im persönlichen Gespräch mit dem Verkaufs- oder Servicepersonal des Anbieters sowie zu Beschwerden etc. (vgl. Silberer & Steinmann 2009 S. 2). Grundsätzlich sind Dissonanzen und dissonanzvermeidendes Verhalten in allen Kaufprozessphasen zu erwarten (vgl. Dubé & Morgan 1998). Während die Kundenkontakte in der Nachkaufphase vor allem der Bestätigung der getroffenen Entscheidung dienen (choice confirmation), stehen die Kundenkontakte in der Vorkaufphase vor allem mit dem Vergleich alternativer Leistungen in Verbindung (choice comparison), um hierdurch Dissonanzen in weiteren Phasen zu vermeiden. In Anlehnung an die Loss-Aversion Theorie (vgl. Tversky & Kahnemann 1981) kann die Wahrnehmung von Dissonanzen selbst in der Kaufphase verhaltensbeeinflussende Effekte auf das Käuferverhalten haben, bei der die Anstrengungen zur (Wieder-) Herstellung von Konsonanz sogar zur Aufgabe der bisherigen
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2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
Kaufentscheidung und zur Wahl einer alternativen Leistung führen können14. Dies gilt insbesondere bei High-Involvement-Situationen (vgl. Kroeber-Riel et al. 2009 S. 226) oder bei einem hohen wahrgenommenen Kaufrisiko. Ausgehend von der Annahme, dass das Involvement der Kunden mit der Komplexität und dem Preis der interessierenden Leistung ansteigt, ist zu erwarten, dass sich dies auch in einer erhöhten Anzahl von realisierten Kundenkontakten in allen Prozessphasen ausdrückt. Hierbei ist anzunehmen, dass die Bedeutung der unterschiedlichen Kontaktpunkte von der subjektiven Beurteilung seines Beitrags zur Dissonanzreduktion abhängig ist. Allgemein könnte man annehmen, dass hierbei persönliche – face-toface Kontakte – von besonderer Bedeutung sind. Silberer und Steinmann (2009b) konnten in ihrer Studie zur Realisation von Medien- und Werbekontakten im Multi Channel Marketing jedoch zeigen, dass der Beitrag zur Dissonanzreduktion und somit die Nutzung und Bedeutung klassischer Werbemittel sowie weiterer unpersönlicher Kontakte im Kaufprozess nicht zu unterschätzen ist. 2.5.5
Involvement
Die Berücksichtigung des Involvement leistet in Zusammenhang mit dem interessierenden Produkt bzw. der interessierenden Dienstleistung sowie durch die Berücksichtigung verschiedener Kaufentscheidungstypen einen Beitrag für das Verständnis des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing. Kroeber-Riel et al. (2009 S. 386) definieren Involvement als „die Ich-Beteiligung bzw. das gedankliche Engagement und die damit verbundene Aktivierung, mit der sich jemand einer Aktivität zuwendet“. Trommsdorff (2008) weist darauf hin, dass die angesprochene Aktivierung zielgerichtet ist und den Konsumenten in seinem Verhalten grundsätzlich beeinflusst. Hierbei sind allerdings unterschiedliche Aktivierungsgrade zu unterscheiden. Grundsätzlich wird hierbei, in Abhängigkeit vom Produkt und von der Situation, zwischen Low- und High-Involvement unterscheiden (vgl. Homburg & Krohmer 2009 S. 3839). Low-Involvement liegt zumeist bei Produkten oder Situationen vor, die für den Kunden nur mit geringem Risiko verbunden und für ihn weniger wichtig sind, beispielsweise beim habitualisierten Kauf von Gütern des täglichen Bedarfs (vgl. Foscht & Swoboda 2005 S. 151). Hierbei ist ein eher passives Verhalten des Kunden im Kaufprozess typisch, das allgemein mit wenigen Kundenkontakten einhergeht. Die realisierten Kundenkontakte hängen in der Regel mit der Durchführung der Transaktion zusammen. Aufgrund des verkürzten Ablaufs des Kaufprozesses ist davon auszugehen, dass auch die Bedeutung der Kundenkontakte insgesamt eher gering ist. Veränderungen sind hierbei langfristig nur zu erwarten, wenn es dem Kunden
14
Innerhalb der Prospect Theorie (vgl. Kahnemann & Tversky 1979) bedeutet Loss Aversion (Verlustaversion), dass Entscheidungsträger größere Anstrengungen unternehmen potenzielle Verluste zu vermeiden als für die Realisation eines Gewinns in gleicher Höhe. Studien haben gezeigt, dass die Realisation eines Verlusts einen doppelt so starken Effekt auf psychologische Größen hat wie ein Gewinn gleicher Höhe (vgl. Tversky & Kahneman 1981, Homburg & Krohmer 2006 S. 87). Somit steht die Loss-Aversion Theorie in enger Beziehung zur Theorie der kognitiven Dissonanz.
2.5 Ansätze zur Beschreibung und Erklärung von Kundenkonten und Kontaktsequenzen
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aufgrund weiterer situativer Einflüsse nicht mehr möglich ist, seinen Einkauf so durchzuführen, wie er es gewohnt ist. High-Involvement liegt häufig vor, wenn mit dem Kauf ein hohes Risiko verbunden wird oder dieser für den Kunden besonders wichtig ist. Hierbei ist davon auszugehen, dass sich der Kunde aktiv verhält und viel Zeit und Energie in den Kaufprozess investiert. Dies liegt u.a. beim Erwerb komplexer und erklärungsbedürftiger Produkte vor, die dem Kunden häufig auch wenig bekannt sind. Hierbei nutzt der Kunde vor allem reichhaltige Kontaktpunkte (z.B. Verkaufspersonal) für vielfältige Funktionen im Kaufprozess (vgl. Daft & Lengel 1984, Frambach et al. 2007). Diese werden auch hinsichtlich ihrer Bedeutung im gesamten Kaufprozess wichtiger beurteilt als wenig reichhaltige Kontakte (z.B. Plakatwerbung). Der Ausprägungsgrad des Involvement beeinflusst somit die Beurteilung der Kundenkontakte. Somit ist davon auszugehen, dass ein hoher Komplexitätsgrad der Leistung sich auf die Art, Anzahl, die Funktionen sowie die Bedeutung der realisierten Kundenkontakte auswirkt. Je komplexer und somit in den meisten Fällen auch erklärungsbedürftiger ein Produkt oder eine Leistung ist, desto mehr Kontakte wird ein Kunde mit einem Anbieter im Kaufprozess realisieren. Dies gilt insbesondere für die Informationssuche in der Vorkaufphase sowie für Kontakte in der Kaufphase. Um ihren hohen Informationsbedarf über einzelne Produktattribute, das gesamte Leistungsbündel und für den Vergleich mit möglichen Alternativen zu decken, nutzen die Kunden die Kanäle des Anbieters in diesen Phasen diversifizierter und auch differenzierter. Weiterhin kann zwischen langfristigem und situativem Involvement unterschieden werden (vgl. Homburg & Krohmer 2009 S. 38). Langfristiges Involvement liegt vor, wenn ein Konsument über einen langen Zeitraum Interesse an einem Produkt oder einer Leistung hat (z.B. Computer-„Freaks“). Situatives Involvement beschreibt ein vorübergehendes Interesse an einem Produkt / einer Dienstleistung und liegt deutlich häufiger als langfristiges Involvement vor. So interessieren sich grundsätzlich nicht alle Kunden gleichermaßen für Autos, Computer oder Finanzdienstleistungen. Trotzdem zeigen Kunden ohne langfristiges Involvement gegenüber komplexen Produktkategorien ein hohes situatives Involvement beim Erwerb einer derartigen Leistung, das danach wieder deutlich abnimmt. In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass die Realisation von Kundenkontakten im Wesentlichen von der Komplexität der nachgefragten Leistung und dem hiermit einhergehenden Involvement abhängig ist (vgl. Peterson et al. 1997, Neslin et al. 2006 S. 101). Zusätzlich wird Involvement anhand der beteiligten Kognitionen und Emotionen unterschieden (vgl. Kroeber-Riel et al. 2009 S. 386ff., Homburg & Krohmer 2009 S. 38). Hohes kognitives Involvement führt zu einem extensiven Informationsverhalten, z.B. hinsichtlich der Leistungsmerkmale eines Notebooks. Ein hohes emotionales Involvement zeigt beispielsweise ein Fan einer Fußballmannschaft. In Abhängigkeit des kognitiven und emotionalen Involvement lassen sich verschiedene Kaufentscheidungstypen identifizieren (vgl. Foscht & Swoboda 2007 S. 151). Hierbei sind extensive, habitualisierte und primär rationale sowie impulsi-
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2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
ve Kaufentscheidungen (z.B. Kauf von Süßigkeiten an der Kasse) zu unterscheiden (vgl. Krober-Riel et al. 2009 S. 414). Die Kaufentscheidungstypen stehen mit dem interessierenden Produkt und seinen Eigenschaften sowie der Situation in enger Verbindung und beeinflussen daher die Art, Anzahl, die Funktionen sowie die Bedeutung der Kundenkontakte und somit die Länge und den Anteil einzelner Kundenkontaktpunkte an der Kundenkontaktsequenz (vgl. Peterson 1997 S. 339). Bei impulsiven oder habitualisierten Kaufentscheidungen, die mit niedrigem kognitiven Involvement einhergehen, sind insgesamt sehr wenige Kontakte mit wenigen Funktionen und eine entsprechend kurze Kontaktsequenz zu erwarten. Bei impulsiven Kaufentscheidungen mit einem hohen emotionalen Involvement ist eine kurze Vorkaufphase zu erwarten. Beispielsweise wird das Kundeninteresse beim Stöbern im Ladengeschäft zufällig, z.B. durch einen Kontakt mit einem Display am PoS oder durch einen zufälligen Produktkontakt, auf eine bestimmte Leistung gelenkt; der Kunde entschließt sich spontan zum Kauf und bezahlt das Produkt beim Verlassen des Ladens. Auch beim Erwerb von Musik in Online-Shops sind derartige Kundenkontaktsequenzen häufig zu beobachten. Ein ähnliches Verhalten ist bei habitualisierten Kaufentscheidungen, die durch ein geringes emotionales Involvement charakterisiert sind, festzustellen (z.B. beim Kauf von Brot oder Butter). Hierbei beinhaltet die Vorkaufphase die Feststellung des Bedarfs der benötigten Leistung. Für den Erwerb der Leistung in der Kaufphase nutzt der Kunde schließlich den Kanal, den er gewohnheitsmäßig für den Erwerb der betreffenden Leistung wählt (vgl. Thomas & Sullivan 2005, Knox 2006). Sowohl bei impulsiven als auch bei habitualisierten Kaufentscheidungen ist die Realisation zusätzlicher Kundenkontakte für weitere Funktionen, z.B. für einen Preisvergleich, unwahrscheinlich (vgl. Peterson et al. 1997 S. 339). Hinsichtlich der Bedeutung der Kundenkontakte ist von einem positiven Zusammenhang zwischen dem emotionalen Involvement und der Beurteilung der Wichtigkeit der Kundenkontakte auszugehen. Bei impulsiven Kaufentscheidungen werden die Kundenkontakte als wichtig, während bei habitualisierten die Kundenkontakte als eher unwichtig eingestuft werden. Primär rationale (z.B. Lebensversicherungen) oder extensive Kaufentscheidungen (z.B. Urlaubsreisen) werden allgemein mit einem hohen kognitiven Involvement verbunden und unterscheiden sich hinsichtlich des emotionalen Involvement. Diese sind mit einem niedrigen emotionalen, extensive Kaufentscheidungen mit einem hohen emotionalen Involvement verbunden. Der Logik der Media Richness Theorie folgend, ist diesbezüglich bei rationalen Kaufentscheidungen von einer hohen Effektivität der Kanalwahl auszugehen, während bei extensiven Kaufentscheidungen eine overcomplication der Kanalwahl, aufgrund des großen persönlichen Interesses an der Leistung, nicht unwahrscheinlich ist. Somit ist zu erwarten, dass ein Musik-Liebhaber im Kaufprozess für eine HIFI-Anlage auch für Preisvergleiche häufiger Kundenkontaktpunkte nutzt, die ihm einen direkten Produktkontakt ermöglichen, auch wenn hierfür ein Kontakt im Internet effektiv gewesen wäre. Dies zeigt sich auch in der Beurteilung der Bedeutung der Kundenkontaktpunkte. Beiden Kaufentscheidungstypen ist die Realisation einer Vielzahl von Kundenkontakten an unterschiedlichen Kundenkontaktpunkten
2.5 Ansätze zur Beschreibung und Erklärung von Kundenkonten und Kontaktsequenzen
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gemein, die für viele unterschiedliche Funktionen genutzt werden (vgl. Peterson et al. 1997 S. 339). Die Vorkaufphase beinhaltet hierbei eine intensive Informationsbeschaffung über die interessierende Leistung und ihre Eigenschaften zusammen mit einem umfassenden Alternativen- und Preisvergleich. Nach der Kaufentscheidung ist in der Kaufphase ebenfalls eine differenzierte Nutzung der Kundenkontaktpunkte zu erwarten. Im Vordergrund stehen hierbei Kontakte, die mit der Durchführung der Transaktion in Verbindung stehen, wie beispielsweise Verhandlungen über Rabatte, Finanzierungshilfen oder über die Lieferung des gekauften Produkts. Weiterhin sind bei diesen Kaufentscheidungstypen grundsätzlich auch mehr Kundenkontakte in der Nachkaufphase zu erwarten als bei impulsiven und habitualisierten Kaufentscheidungen, die mit einer diversifizierten und differenzierten Kanalnutzung einhergehen. Die Eignung des Involvement für die Erklärung der Kundenkontakte und die Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess wird insbesondere im Zusammenhang mit der betrachteten Produktkategorie deutlich. Die relevante Forschung hat sich hierbei vor allem mit dem Käuferverhalten beim Erwerb so genannter High-Involvement-Produkte sowie in High-InvolvementSituationen beschäftigt. Netzer et al. (2008) betrachten den Einfluss des Involvement von Mitgliedern einer Alumni-Vereinigung unter Berücksichtigung von Kontakten mit unterschiedlichen Instrumenten der Marketingkommunikation auf deren Spendenverhalten. Steinmann & Silberer (2009) analysieren das Käuferverhalten bei der Buchung von Pauschalreisen. Für die Handelsbranche stützen die Befunde von Gupta et al. (2004), Thomas und Sullivan (2005) sowie Verhoef et al. (2007) die vermuteten Zusammenhänge zwischen einem hohen Involvement und der betrachteten Produktkategorie und der Realisation von Kundenkontakten. Silberer et al. (2006, 2007b) liefern zusätzlich Hinweise für das Zutreffen der aufgezeigten Zusammenhänge für Kaufprozesse bei Low-Involvement-Produkten und für LowInvolvement-Situationen. 2.5.6
Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung
Die oben vorgestellten Ansätze leisten einen wesentlichen Beitrag für die Erklärung der Realisation von unterschiedlichen Kundenkontakten, ihrer Funktionen und Bedeutung. Allerdings ermöglichen sie zumeist ein Verständnis von einzelnen Kanalwahlentscheidungen zu einem bestimmten Zeitpunkt im Kaufprozess bzw. in einer bestimmten Kaufprozessphase. Die komplexen Beziehungen zwischen aufeinander folgenden Kundenkontakten, ihren Funktionen und Bedeutungen entlang des gesamten Kaufprozesses werden in diesen Ansätzen allenfalls implizit betrachtet, können mit ihnen jedoch nicht abschließend erklärt werden. Ein Ansatz, der in der relevanten Forschung zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing bislang nur wenig beachtet wurde, ist das Concept of Adaptive Decision Making – das Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung – von Payne et al. (1993). Die Autoren berücksichtigen die wichtigsten Annahmen und Erwartungen aus den aufgeführten Erklärungsansätzen und vereinen diese in einem integrativen Konzept. Hierdurch ermöglichen sie die Berücksichtigung der komplexen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten, ihren Funktionen und Bedeutungen entlang des Kaufprozesses und leisten einen wesentlichen Beitrag für die
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2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
Erklärung der Kundenkontaktsequenz. Für die Formulierung dieses Konzepts haben Payne et al. (1993) das Verhalten von Konsumenten bzw. Käufern in unterschiedlichen Situationen untersucht. Hierbei haben die Autoren festgestellt, dass Konsumenten aus einem Repertoire unterschiedlicher Strategien („Prozesse“) in Abhängigkeit von situativen Umständen auswählen. Diese Auswahl aus mehr oder weniger genau definierten Strategien ist laut Payne et al. (1993 S. 2) die „[…] response of a limited-capacity information processor to the demands of complex decision tasks”. Die Argumentation von Payne et al. (1993 S. 178-180) mündet schließlich im Accuracy/Effort-Framework, das von einem Trade-off zwischen der Genauigkeit und dem hierfür notwendigen Aufwand für eine Entscheidung ausgeht (vgl. Schneider 1995 S. 137ff.). Huneke et al. (2004 S. 67) merken hierzu an: “In “deciding how to decide” the decision maker will trade off effort and accuracy, seeking a decision of acceptable quality for an acceptable effort”. Demnach wiegt der Entscheidungsträger zwischen der kognitiven Anstrengung, die er für die Entscheidungsfindung benötigt, und der gewünschten Entscheidungsgenauigkeit bei seinen Kanalwahlentscheidungen im Zeitablauf ab. Eine höhere kognitive Anstrengung beeinflusst die Entscheidungsgenauigkeit gemeinhin positiv. Hierbei spielen auch die Motivation, die Einstellung sowie das Involvement der Kunden eine wichtige Rolle, denn es wird angenommen, dass eine höhere kognitive Anstrengung mit einer steigenden Komplexität der Leistung bzw. einem höheren wahrgenommenen Risiko einhergeht. Ein rationaler Entscheidungsträger erzielt eine hohe Entscheidungsgenauigkeit bei möglichst geringer kognitiver Anstrengung unter Verwendung einer adäquaten Entscheidungsstrategie. An dieser Stelle greift das Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung Elemente der Media Richness Theorie auf, insbesondere den Gedanken der Effektivität einzelner Kanalwahlentscheidungen. Bei der Wahl eines Kundenkontaktpunkts ist somit davon auszugehen, dass bei einem rationalen Kunden auch Überlegungen zur Nutzenmaximierung hinsichtlich der Funktionen eines Kundenkontakts bzw. der Funktionalität eines Kundenkontaktpunkts für die Erfüllung der Kundenbedürfnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt angestellt werden (vgl. Gupta et al. 2004 S. 133f.). Hinsichtlich der Beziehungen zwischen den Kundenkontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung im Kaufprozess geht das Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung von folgender Logik aus: allgemein ist zu erwarten, dass der Kunde sein Verhalten dem Entscheidungsproblem anpasst. Im Kontext dieser Arbeit entspricht der Entscheidungsträger dem Kunden. Das Entscheidungsproblem ist, in Abhängigkeit von dem interessierenden Produkt, mit den Kanalwahlentscheidungen entlang des Kaufprozesses, bezogen auf eine Kaufentscheidung, gleichzusetzen. Handelt es sich hierbei um eine komplexe Leistung, wählt der Kunde aus einer Menge ihm bekannter Strategien eine zur Lösung dieses Problems geeignete aus und verfolgt diese im Kaufprozess. Hieraus resultieren, unter Berücksichtigung der individuellen Kundenanforderungen und -präferenzen sowie der individuellen kognitiven Fähigkeiten, unterschiedliche Kanalwahlentscheidungen. Dies hat wiederum unterschiedliche Kontaktsequenzen zur Folge. Mit Fortschreiten im Kaufprozess, insbesondere in der Vorkaufphase, ist gemäß dem Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung zu erwarten, dass „[…] a
2.5 Ansätze zur Beschreibung und Erklärung von Kundenkonten und Kontaktsequenzen
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consumer shifts from attribute based search to alternatives-based search as he/she progresses in the decision making process“ (Frambach et al. 2007 S. 29). Demnach verlagern sich die Schwerpunkte bei der Beschaffung und Verarbeitung von Produktinformationen von einer attributbasierten Suche, verbunden mit einem entsprechenden attributbezogenen Leistungsvergleich (z.B. Prozessorleistung eines Notebooks oder Hotelausstattung bei einer Pauschalreise), zu einer auf Produkt- oder Leistungsalternativen beruhenden Suche und Beurteilung ganzer Leistungsbündel (z.B. unterschiedliche Notebooks eines Anbieters oder unterschiedliche Pauschalreisen eines Reiseveranstalters) mit Fortschreiten des Kaufprozesses (vgl. Payne et al. 1993, Verhoef et al. 2007, Frambach et al. 2007 S. 28f.). Hierbei gehen Payne et al. (1993) davon aus, dass die Kunden im Rahmen der Entscheidungsfindung benötigte Einzelinformationen aus unterschiedlichen Kontakten bzw. von verschiedenen Kontaktpunkten aggregieren und hierauf basierend Präferenzwerte für einzelne Leistungsalternativen bilden. Schließlich wählt ein Kunde die Leistung mit dem höchsten Präferenzwert, das ihm den größten Nutzen verspricht (vgl. hierzu auch die Information Integration Theorie von Anderson 1971,1981, Bettman et al. 1975). Für die Realisation eines Kundenkontakts bzw. für die Wahl eines Kundenkontaktpunkts bedeutet dies, dass die Kunden, vor allem mit steigendem Komplexitätsgrad der nachgefragten Leistungen, zunächst die Kundenkontaktpunkte im Multi Channel Marketing äußerst diversifiziert und differenziert für die Deckung ihres Informationsbedarfs sowie zur Bildung eines consideration sets nutzen (vgl. Balasubramanian et al. 2005). Mit Fortschreiten des Kaufprozesses nimmt die Anzahl unterschiedlicher Kanäle und Kontaktfunktionen immer mehr ab. Weiterhin ist hierbei anzunehmen, dass bestimmte Produktattribute für einen Kunden von größerer Wichtigkeit sind als andere und daher auch ein höheres Gewicht bei der Bildung des übergreifenden Präferenzwerts haben (vgl. Anderson 1971, Degeratu et al. 2000 S. 58f.). Es ist davon auszugehen, dass sich dies auch in der Beurteilung der Wichtigkeit eines bestimmten Kundenkontakts bzw. Kundenkontaktpunkts widerspiegelt. Kundenkontakte bzw. Kundenkontaktpunkte, die dem Kunden subjektiv wichtigere Informationen bereitstellen, werden von einem Kunden auch als subjektiv wichtiger beurteilt als Kontakte, in denen der Kunde die gewünschten Informationen nicht erhalten konnte. Somit ist es durchaus möglich, dass sich Kundenkontakte zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Kaufprozess an demselben Kundenkontaktpunkt, in Abhängigkeit vom individuellen Informationsbedarf sowie der Wichtigkeit der Informationen für den Kunden, in ihrer subjektiven Bedeutung für den Kunden unterscheiden. Überdies ist davon auszugehen, dass die Kanäle bei vom Kunden initiierten Kontakten nicht zufällig, sondern entsprechend der spezifischen Anforderungen zu einem bestimmten Zeitpunkt im Kaufprozess bewusst gewählt werden (vgl. hierzu auch Peterson et al. 1997 S. 336f.). Auch wenn das Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung im Wesentlichen auf das Verhalten der Kunden in der Vorkaufphase abstellt, ist es intuitiv eingängig, dass auch in den darauf folgenden Prozessphasen eine ähnliche Akkumulation unterschiedlicher Informationen
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2. Kundenkontakte und Kontaktsequenzen
aus aufeinander folgenden und voneinander abhängigen Kundenkontakten erfolgt. In der Kaufphase, nach der Entscheidung für eine bestimmte Leistung (vgl. Gupta et al. 2004 S. 133, Balasubramanian et al. 2005 S. 15f.), ist beispielsweise eine Entscheidung über den günstigsten Kundenkontaktpunkt für den Kauf zu treffen, der Preisvergleiche an unterschiedlichen Kundenkontaktpunkten erfordert. Auch für die Nachkaufphase, beispielsweise beim Vorbringen von Beschwerden, ist eine derartige Aggregation von Informationen nicht ungewöhnlich. Hierbei nutzt ein Kunde zunächst unpersönliche Kundenkontaktpunkte, um Kontaktinformationen zu erhalten und entscheidet dann, über welchen Kanal er sein Anliegen vorträgt. Hierbei ist davon auszugehen, dass auch in diesen Phasen die Kunden aus einer Menge von Strategien, in Abhängigkeit ihrer Intention sowie der Situation, eine für sie geeignete auswählen. Dies zeigt sich wiederum in der Realisation von unterschiedlichen Kundenkontakten, die auch mit unterschiedlichen Funktionen und Bedeutungen einhergehen. Das Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung wird bislang kaum für die Beschreibung und Erklärung des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing herangezogen. Ausnahmen sind hierbei die Arbeiten von Frambach et al. (2007), Steinmann und Silberer (2008b, 2009a, 2009b) sowie Silberer und Steinmann (2009). Trotzdem ist die zugrunde liegende Idee den meisten konzeptionellen und empirischen Arbeiten zum Käuferverhalten in Kaufprozessen inhärent (vgl. z.B. Peterson et al. 1993, Alba et al. 1997, Gupta et al. 2004 S. 133f., Balasubramanian et al. 2005, Kumar & Venkatesan 2005). Verhoef et al. (2007 S. 132) bezeichnen das von Payne et al. (1993) beschriebene Verhalten als attribute-based decision making. Zusammenfassung In diesem Kapitel wurde dargestellt, welche Funktionen und Bedeutung die unterschiedlichen Kundenkontaktpunkte für Anbieter und Kunden im Multi Channel Marketing erfüllen und welche Unterschiede hierbei entlang des Kaufprozesses zu erwarten sind. Die Betrachtung der realisierten Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung legt eine mehrdimensionale Betrachtung dieser Aspekte nahe. Insbesondere durch die Betrachtung der (multidimensionalen) Kundenkontaktsequenz gelingt die Identifikation vielfältiger horizontaler und vertikaler Beziehungen zwischen den betrachteten Dimensionen der Kundenkontakte im Kaufprozess. Die Kenntnis der Kundenkontaktsequenz und die Berücksichtigung der Zusammenhänge zwischen den einzelnen Ereignissen ist für ein erfolgreiches Multi Channel Marketing von besonderer Bedeutung. Durch das hieraus resultierende tiefgreifende Verständnis des Käuferverhaltens können Anbieter die Chancen des Multi Channel Marketing nutzen und den zukünftigen Herausforderungen erfolgreich begegnen. Weiterhin lassen sich ebenso die mit der Kombination mehrerer Marketingkanäle verbundenen Risiken vermeiden. Problematisch hierbei ist jedoch, dass bis heute keine theoretischen Ansätze und Konzepte für die umfassende Beschreibung der Unterschiede und Abhängigkeiten der Kundenkontakte im Kaufprozess existieren. Allerdings wurden relevante Theorien und Konzepte für die Erklärung und Beschreibung der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen vorgestellt und diskutiert. Von den vorgestellten Ansätzen eignet sich insbesondere die Media Richness Theorie (Daft & Lengel 1984) für die Erklärung einzelner Kanalwahlentscheidungen. Das Konzept der adapti-
2.5 Ansätze zur Beschreibung und Erklärung von Kundenkonten und Kontaktsequenzen
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ven Entscheidungsfindung ermöglicht die Beschreibung der komplexen Zusammenhänge zwischen den Kundenkontakten im Zeitablauf und berücksichtigt vielfältige Aspekte der weiteren angeführten Ansätze. Daher erscheint ein Erklärungsansatz, der die wichtigsten Annahmen der Media Richness Theorie und des Konzepts der adaptiven Entscheidungsfindung in sich vereint, für die Erklärung der Kundenkontaktsequenzen besonders geeignet zu sein.
3. Ein Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing Die zentrale Fragestellung der Arbeit ist: welche Kundenkontakte und Kontaktsequenzen realisieren Kunden im Kaufprozess im Multi Channel Marketing? Wie die vorhergehenden Ausführungen gezeigt haben, ist für die Beantwortung dieser Fragestellung eine intensive Beschäftigung mit den horizontalen und vertikalen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung und somit mit der (multidimensionalen) Kundenkontaktsequenz von besonderer Bedeutung (vgl. Peterson et al. 1997 S. 336). Für ein tief greifendes Verständnis der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz muss dies eine ausführliche Diskussion der Ursachen sowie deren Wirkungen einschließen (vgl. Neslin et al. 2006 S. 97). Basierend auf dem Stand der Forschung wird in diesem Kapitel ein Rahmenmodell für die Strukturierung und Gliederung des Untersuchungsgegenstands in greifbare Teilaspekte abgeleitet, das Determinanten der Kundenkontakte und der Kundenkontaktsequenz sowie deren Effekte zusammenführt (3.1). Die Kapitel 3.2 bis 3.4 befassen sich detailliert mit den aufgezeigten Teilaspekten. Aus den hieraus resultierenden Annahmen werden Hypothesen zu potenziellen Determinanten und Wirkungen der Kundenkontakte sowie zu deren Zusammenspiel in der Kundenkontaktsequenz formuliert, die in ein zusammenfassendes Modell zur Beschreibung und Erklärung der Kundenkontakte im Multi Channel Marketing einfließen. 3.1 3.1.1
Stand der Forschung und Rahmenmodell der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing Stand der Forschung zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing
Die wissenschaftliche und praxisorientierte Forschung zum Multi Channel Marketing beschäftigt sich bis heute vor allem mit Fragestellungen bezüglich der Konfiguration und Koordination des Multi Channel Marketing (vgl. z.B. Weigand 1977, Bucklin et al. 1996, Berman & Thelen 2004, Neslin & Shankar 2009). Während vor der Einführung und Verbreitung des Internets der Fokus auf den Möglichkeiten der Kombination traditioneller, nicht-virtueller Offlinekanäle lag (vgl. Mallen 1977, Moriarty & Moran 1990), wird heute häufig das Zusammenspiel zwischen diesen und virtuellen Onlinekanälen betrachtet (vgl. Tang & Xing 2001, Geykens et al. 2002, Wallace et al. 2004, Duffy 2004). Bei den hierbei betrachteten kanal-, produkt- und markenzentrierten Ansätzen (vgl. z.B. Langford & Cosenza 2000, Schoenbachler & Gordon 2002 S. 45f.) wird diskutiert, wie durch die effektive und effiziente Gestaltung des Multi Channel Marketing bestehende und neue Kundensegmente gezielt angesprochen, die Kundenloyalität und -profitabilität gesteigert, Wettbewerbsvorteile realisiert und gesichert sowie Synergieeffekte aus dem Zusammenspiel der Kanäle realisiert werden können und hierdurch der langfristige Unternehmenserfolg gesichert werden kann (vgl. Frazier 1999, Steinfield et al. 2002, Vaccaro & Iyer 2005, Venkatesan et al. 2007).
S. Steinmann, Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing, DOI 10.1007/978-3-8349-6579-0_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
Bisher existieren vergleichsweise wenige konzeptionelle und empirische Arbeiten, die einen kundenzentrierten Ansatz verfolgen, der den Kunden und sein Verhalten in den Mittelpunkt der Überlegungen für ein erfolgreiches Multi Channel Marketing stellt. Die Notwendig- und Zweckmäßigkeit einer derartigen Beschäftigung mit dem Käuferverhalten im Multi Channel Marketing ist allerdings unumstritten (vgl. Schoenbachler & Gordon 2002, Müller 2009). Für Neslin und Shankar (2007 S. 72) zählt die Beschreibung und Erklärung des Käuferverhaltens sowie eine verhaltensbezogene Kundensegmentierung im Sinne des kundenzentrierten Ansatzes zu den wichtigsten Voraussetzungen für ein langfristig erfolgreiches Multi Channel Marketing. Peterson et al. (1997 S. 336) weisen in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit der Berücksichtigung aller Kanalwahlentscheidungen sowie auf die besondere Bedeutung der Kundenkontaktsequenz hin. Rangaswamy & van Bruggen (2005 S. 6) stellen ebenso die Bedeutung der Erfassung und Analyse der Kundenkontaktsequenz heraus: „[…] by tracking customer behavior across channels, firms can improve their understanding of their customer’s decision making and develop a basis for strong relationships and improving retention“. Eine wesentliche Anforderung hierfür ist die Erfassung der relevanten Daten. In diesem Zusammenhang fordern Frambach et al. (2007 S. 146): „future research should collect longitudinal field data that follows a consumer’s channel choice within the consumer’s shopping process”. Neslin et al. (2006 S. 97) sehen diesbezüglich in der „data integration accross channels“ und der Zuordnung der erfassten Daten zu einem Kunden eine der wichtigsten Herausforderungen im Multi Channel Marketing. Das Marketing Science Insitute (2008 S. 3) weist dem Problem des „tracking customer behavior across channels“ aktuell eine der höchsten Forschungsprioritäten zu. Bisherige Ansätze zur Erfassung der relvanten Daten vernachlässigen vor allem unpersönliche Kundenkontakte, z.B. Kontakte mit unterschiedlichen Instrumenten der Marketingkommunikation, die nur mit großem Aufwand zu erfassen sind (vgl. Netzer & Lattin 2008). Die Befunde von Raghubir (2004b) sowie Silberer & Steinmann (2009) zeigen aber, dass derartige Kundenkontakte nicht nur initial für eine Kaufentscheidung sein können, sondern in allen Kaufprozessphasen vielfältige Funktionen erfüllen und für die Kunden von besonderer Bedeutung sind. Die wenigen empirischen Studien, die einen kundenzentrierten Ansatz verfolgen, haben zumeist einen deskriptiven und explorativen Charakter und beschäftigen sich mit einzelnen Kanalwahlentscheidungen, insbesondere in der Vorkauf- und/oder Kaufphase (vgl. z.B. Ratchford et al. 2001, 2003, Bhatnagar & Ghose 2004, Wendel & Dellaert 2005) sowie dem Käuferverhalten an einzelnen Kundenkontaktpunkten (vgl. Biswas 2004, Johnson et al. 2005, Schlosser et al. 2006)15. Manche Studien betrachten ausschließlich die Nachkaufphase (z.B. Mattila & Wirtz 2004, Falk et al. 2007) und nur wenige Autoren beziehen diese in die Untersuchung des Kanalwahlverhaltens im gesamten Kaufprozess mit ein (vgl. z.B. Silberer et al. 2007b, Frambach et al. 2007, Steinmann & Silberer 2009a). Hierbei interessiert u.a. das Ka-
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Vgl. hierzu auch die ausführlichen Übersichten bei Neslin et al. (2006 S. 102), Kushwaha & Shankar (2006 S. 15f.) sowie Verhoef et al. (2007 S. 130).
3.1 Stand der Forschung
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nalwahlverhalten beim Vorbringen von Beschwerden, für die Inanspruchnahme von Leistungen des After-Sales-Service sowie weiterer Beratungen und Hilfestellungen im Zusammenhang mit der erworbenen Leistung (vgl. Simons & Bouwman 2004 S. 234). Die Autoren fokussieren hierbei stets das Käuferverhalten in einer bestimmten Branche. Beispielsweise betrachten Fox et al. (2004), Thomas und Sullivan (2005) sowie Silberer et al. (2006) das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing der Handelsbranche. In der Dienstleistungsbranche beschäftigen sich beispielsweise Coelho und Easingwood (2005) sowie Prinzie und Van den Poel (2006) insbesondere mit dem Käuferverhalten beim Erwerb von Finanzdienstleistungen, während sich van Dijk et al. (2006) sowie Steinmann und Silberer (2008a, 2009a) mit dem Käuferverhalten im Multi Channel Marketing der Tourismusbranche beschäftigen. Die Befunde deuten auf branchenspezifische Unterschiede hinsichtlich der Realisation von Kundenkontakten, ihrer Funktionen und Bedeutung in den unterschiedlichen Prozessphasen hin, die mit unterschiedlichen Kundenkontaktsequenzen einhergehen. Weiterhin interessieren ein verbessertes Verständnis der Anforderungen und Präferenzen der Kunden an die Kontaktpunkte (vgl. z.B. Frambach et al. 2007), die Funktionen und der individuelle Nutzen bzw. die Bedeutung der Kundenkontakte (vgl. Simons & Bouwman 2004), die komplexen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten bzw. Kontaktpunkten (vgl. z.B. Rhagubir 2004, Bhatnagar & Ghose 2004, Balasubramanian et al. 2005), deren Wirkungen auf finale Größen wie die Kundenzufriedenheit (vgl. Montoya-Weiss et al. 2003), das Vertrauen der Kunden in den Anbieter sowie das wahrgenommene Risiko für eine Transaktion (vgl. Silberer et al. 2006, Steinmann & Silberer 2009). Überdies ist die Identifikation potenzieller Cross-Channel-Synergien (vgl. z.B. Steinfield et al. 2002, Verhoef et al. 2007) oder auch, häufig als Kannibalisierungseffekte bezeichneter, so genannter Dissynergien zwischen den Kundenkontaktpunkten im Multi Channel Marketing relevant (vgl. z.B. Falk et al. 2007). In diesem Zusammenhang ist auch die Beurteilung der Performance der Kanäle, unter Berücksichtigung der Beziehungen bei der Kanalwahl der Kunden im Kaufprozess, für die Gestaltung des Multi Channel Marketing von Bedeutung (vgl. z.B. Coelho et al. 2003, Pauwels & Neslin 2008). Ein Teil der Arbeiten im Bereich des Multi Channel Customer Management sowie im Customer Relationship Management beschäftigen sich mit der effektiven Kundenansprache sowie der kaufprozessübergreifenden Entwicklung und Aufrechterhaltung der Kundenloyalität über alle Kontaktpunkte im Multi Channel Marketing hinweg. Weitere Themen sind unterschiedliche Ansätze der Kundensegmentierung, basierend auf Kundenkontakten, sowie die Steuerung der Kunden in bestimmte Kanäle im Kaufprozess (channel migration) (vgl. Thomas & Sullivan 2005, Ansari et al. 2008). Hierbei interessieren auch die Effekte auf den Customer Value sowie die Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolgs (vgl. Boulding et al. 2005, Payne & Frow 2005, Neslin et al. 2006, Venkatesan et al. 2007). Schoenbachler und Gordon (2002) gehörten zu den Ersten, die die Erkenntnisse unterschiedlicher Studien zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing in einem konzeptionellen Modell für die Analyse prozessübergreifender Kanalwahlentscheidungen zusammenfassen
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3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
(vgl. Abbildung 6). Auch wenn die Autoren lediglich implizit auf Theorien und Konzepte für die Formulierung ihres Modells zurückgreifen und diese nicht empirisch überprüfen, dienen die postulierten Zusammenhänge vielen empirischen Studien als Ausgangspunkt zur Beschreibung und Erklärung des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing. Abbildung 6: Modell zum Multi Channel Buyer Behavior von Schoenbachler & Gordon (2005)
Quelle: Schoenbachler & Gordon (2002 S. 47) Schoenbachler und Gordon (2002 S. 47f.) gehen davon aus, dass insbesondere kundenbezogene Ursachen (perceived risk, past direct marketing experience sowie motivation to buy from a channel) für die Kanalwahlentscheidungen zwischen Off- und Onlinekanälen (Channel Buyer Behavior) im Zeitablauf verantwortlich sind. Hierbei betrachten sie neben demografischen Kundenmerkmalen die bisherigen Erfahrungen der Kunden an unterschiedlichen Kundenkontaktpunkten aus vorgelagerten Prozessphasen und vergangenen Transaktionen. Weiterhin gehen die Autoren von einem Einfluss der Produktkategorie sowie der Gestaltung der Anbieter-Homepage (Web Site Design) aus (vgl. Schoenbachler & Gordon 2002 S. 50). Weitere Eigenschaften, die derartige Kundenkontakte beeinflussen, sind das Informationsangebot über die Produkte und den Anbieter selbst, Serviceleistungen sowie Möglichkeiten zur Interaktion zwischen Anbieter und Kunden, die Usability sowie die gestalterische Qualität der Website (vgl. hierzu Alba et al. 1997, Hoque & Lohse 1999, Jepsen 2007, Schulz 2009). Bei den zuletzt genannten Aspekten ist aber nicht nur von einem Einfluss auf die Nutzung der Anbieter-Homepage, sondern ein grundsätzlicher Effekt auf die Realisation von Kontakten in Off- und Onlinekanälen auszugehen (vgl. Venkatesh & Davis 2000, Burke 2002). Weiterhin nehmen sie einen starken Einfluss des Produkts bzw. der Produktkategorie auf die Wahl eines bestimmten Kanals und die Wahrscheinlichkeit für die Nutzung mehrerer Kundenkontaktpunkte im Zeitablauf an (vgl. ebda. S. 49 sowie Gupta et al. 2004). Wie die Er-
3.1 Stand der Forschung
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gebnisse verschiedener empirischer Studien zeigen, ist das nachgefragte Produkt (bzw. die Produktkategorie) zu den wichtigsten situationsspezifischen Einflussfaktoren für die Realisation von Kundenkontakten zu zählen (vgl. Belk 1974b, 1975, Nicholson et al. 2002, Neslin et al. 2006 S. 101). Neben den Produkteigenschaften und der Komplexität der Leistung ist hierbei auch das Involvement der Kunden von Bedeutung. So werden elektronische Geräte (z.B. Notebooks oder PC-Zubehör) sowie Reisen oder Finanzdienstleistungen häufig im Onlinekanal erworben (vgl. Lohse et al. 2000), während Automobile oder Möbel mehrheitlich in der stationären Niederlassung eines Anbieters gekauft werden (Schoenbachler & Gordon 2002 S. 49). Hinsichtlich des wahrgenommen Risikos (perceived risk) werden häufig soziale, finanzielle und physische Risiken16 sowie deren Kombinationen betrachtet (vgl. Homburg & Krohmer 2006 S. 124f.). Gemäß dem Modell von Schoenbachler und Gordon (2002) wird das wahrgenommene Risiko durch kunden- und anbieterbezogene sowie situative Aspekte bestimmt. Mit Ausnahme des Produktpreises postulieren Schoenbachler & Gordon (2002 S. 47f.) bei kaufprozessübergreifenden Kanalwahlentscheidungen folgenden Zusammenhang: je größer die Ausprägung der genannten Aspekte, desto geringer ist das subjektiv wahrgenommene Risiko für die Nutzung anderer Kundenkontaktpunkte – für das Multi Channel Shopping – im Zeitablauf. Empirische Evidenz für diese Beziehungen liefern die Befunde von Montoya-Weiss et al. (2003) sowie Schröder & Zaharia (2006). Bezogen auf den Produktpreis ist nachstehender Zusammenhang zu erwarten: je niedriger (höher) der Produktpreis, desto größer (geringer) ist die Wahrscheinlichkeit für die Nutzung anderer Kanäle im Zeitablauf (vgl. Schoenbachler & Gordon 2002 S. 48). Hinweise auf die Gültigkeit dieser Beziehung liefern die Befunde von Barnard und Hensher (1992), Bell et al. (1998) sowie Fox et al. (2004 S. 37ff.). Bei der kaufprozessbezogenen Analyse des Kanalwahlverhaltens zeigt sich allerdings ein gegenläufiger Zusammenhang. Demnach ist davon auszugehen, dass mit steigender Komplexität des Produkts und/oder steigendem Produktpreis eine differenzierte Nutzung der Kontaktpunkte im Kaufprozess einhergeht (vgl. z.B. Dach 2002a, van Baal & Dach 2005, Silberer et al. 2007b, Steinmann & Silberer 2009a). Im Kontext des Multi Channel Marketing wird hierbei auch der Einfluss vergangenen Käuferverhaltens auf zukünftige Kauf- und Kanalwahlentscheidungen diskutiert. Schoenbachler und Gordon (2002 S. 48) schließen daher die Past Direct Marketing Experience als Ursache für die Realisation von Kundenkontakten in ihr Modell mit ein. Hierbei gilt die Annahme: je positiver die bisherigen Erfahrungen (bzw. Kundenkontakte) mit dem Anbieter von den Kunden bewertet werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für weitere Kundenkontakte, Käufe und die Nutzung mehrerer Kanäle im Zeitablauf (vgl. ebda.). Die Gültigkeit dieser Beziehung ist in verschiedenen Studien, insbesondere bezüglich der Kundenkontakte mit unterschiedlichen Maßnahmen der Marketingkommunikation, untersucht und bestätigt worden
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Allgemein werden sechs Risikoarten unterscheiden. Neben den drei genannten werden noch das Leistungsrisiko, das psychologische Risiko sowie das Zeitrisiko betrachtet (vgl. Homburg & Krohmer 2006 S. 125).
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3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
(vgl. Kumar & Leone 1988, Blattberg et al. 1993, Rogers 1995, Walters & MacKenzie 1995, Montoya-Weiss et al. 2003 S. 443ff., Dholokia et al. 2005). Diese Befunde stehen jedoch im Widerspruch zu den Ergebnissen der Studien von Thomas und Sullivan (2005), Knox (2006) sowie Gensler et al. (2007). Demnach wirken positive Erfahrungen mit einem Kontaktpunkt langfristig positiv auf die Loyalität (Channel loyalty) der Kunden zu diesem Kanal. Dies gilt insbesondere für die Durchführung einer Transaktion in der Kaufphase. Thomas und Sullivan (2005) sowie Knox (2006) identifizieren hierbei ein Hardcore Offline- und ein Hardcore Online-Segment. Kunden, die sich (zumeist in einer frühen Phase der Kundenbeziehung) nicht eindeutig einem Segment zuordnen lassen, bezeichnen Gensler et al. (2007 S. 18) als Potential Switchers oder Soft Loyals. Die Loyalität zu einem Kontaktpunkt in der Kaufphase ist vor allem durch die nachgefragte Leistung und somit mittelbar durch die betrachtete Branche zu erklären. Inman et al. (2004) und Gupta et al. (2004 S. 138) folgend, entwickeln Kunden so genannte Produkt-Kanal-Assoziationen (Product Channel Associations). So werden search goods, wie Bücher oder Musik-CD’s, häufig über das Internet erworben, während für den Erwerb von experience goods, wie Automobile oder HIFI-Anlagen, in der Regel eine stationäre Verkaufsniederlassung aufgesucht wird (vgl. hierzu auch Burke 2002 S. 418). Die Befunde derartiger Studien dienen als Grundlage für Untersuchungen, die sich mit der Steuerung der Kunden, mit Hilfe von spezifischen Kommunikationsmaßnahmen, in einen bestimmten, bestehenden und für den Anbieter (kosten-) günstigen Kanal (vgl. Thomas & Sullivan 2005, Ansari et al. 2008) oder in einen neu in das Multi Channel Marketing-System hinzugefügten Kundenkontaktpunkt beschäftigen. Bei letztgenannter Problemstellung interessiert nicht nur, ob der Kunde das vom Anbieter gewünschte Kanalwahlverhalten annimmt, sondern auch welche Zeitspanne und welcher Aufwand für diese channel adoption benötigt wird (vgl. Venkatesan et al. 2007). Kumar und Venkatesan (2005) gehen in ihrem Modell zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing ebenfalls von einem großen Einfluss unterschiedlicher Kundenmerkmale (Customer Characteristics) auf die Realisation von Kundenkontakten aus, betrachten diese allerdings differenzierter als Schoenbachler und Gordon (2002). Weiterhin beziehen die Autoren anbieterbezogene Faktoren (Supplier Specific Factors), die die Gestaltung des Multi Channel Marketing betreffen, als mögliche Ursachen mit ein (vgl. Abbildung 7). Allgemein ist hierbei von einem positiven Effekt der Supplier Specific Factors auf die Nutzung mehrerer Kanäle im Zeitablauf auszugehen (vgl. hierzu auch Ganesan 1994, Bowman & Narayandas 2001, Naik & Raman 2003).
3.1 Stand der Forschung
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Abbildung 7: Modell zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing von Kumar & Venkatesan (2005)
Quelle: Kumar & Venkatesan (2005 S. 46) Kumar und Venkatesan (2005 S. 46) gehen grundsätzlich von einem starken Einfluss des Produkts bzw. der Produktkategorie auf die Nutzung unterschiedlicher Kontaktpunkte aus. In diesem Zusammenhang interessieren ebenfalls die Verfügbarkeit der nachgefragten Leistung innerhalb eines bestimmten Kanals (vgl. hierzu auch Ward 2001) sowie das Kaufmotiv, z.B. ob die nachgefragte bzw. erworbene Leistung als Geschenk oder für den Eigenbedarf bestimmt ist (vgl. Belk & Coon 1993). Ausgehend von den Erkenntnissen von Moorman et al. (1993) und Lynch und Ariely (2000) nehmen Kumar und Venkatesan (2005 S. 46ff.) an, dass die im Modell berücksichtigten Customer Characteristics, mit Ausnahme des Umtauschverhaltens (Returns), die Nutzung unterschiedlicher Kanäle eines Kunden im Zeitablauf sowie die angeführten kundenbasierten Kennzahlen (Customer Based Metrics) positiv beeinflusst (vgl. ebda. S. 48-49, Mohr & Nevin 1990, Keltner 2000, Stewart & Kamis 2002). Neben den Befunden von Kumar und Venkatesan (2005) liefern u.a. die Befunde von Gensler et al. (2007) sowie Venkatesan et al. (2007) Hinweise auf die Gültigkeit dieser Zusammenhänge. Hinsichtlich des Umtauschverhaltens (Returns) der Kunden haben die Befunde einen nicht-linearen, umgekehrt u-förmigen Einfluss auf die Nutzung mehrerer Kanäle im Zeitablauf (vgl. Kumar und Venkatesan 2005 S. 46ff.). Demografische Kundenmerkmale17 (Customer Demographics) werden von Kumar und Venkatesan (2005 S. 49) lediglich als Kontrollvariablen berücksichtigt. Eine bestimmte Annahme
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Die angeführten demografischen Merkmale im Modell von Kumar & Venkatesan (2005 S. 49) entsprechen nicht den „typischen“ demografischen Kundenmerkmalen. Die Autoren beziehen diese in ihr Modell mit ein, da
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3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
über einen positiven oder negativen Einfluss dieser Merkmale auf die Realisation von Kundenkontakten wird nicht formuliert. Im Kontext des Multi Channel Marketing haben empirische Studien gezeigt, dass u.a. soziodemografische (Alter, Geschlecht etc.) sowie sozioökonomische Kundenmerkmale (z.B. Beruf, Einkommen) die Art und Anzahl von Kundenkontakten, ihrer Funktionen und Bedeutung beeinflussen (vgl. Rogers 1995, Fox et al. 2004, Thomas & Sullivan 2005, Silberer et al. 2006, Steinmann & Silberer 2009a). Balasubramanian et al. (2005) greifen in ihrem Modell der Ursachen für die Kanalwahl zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Kaufprozess den Aspekt der Motivation von Schoenbachler und Gordon (2002) auf (vgl. Abbildung 8). Die Autoren beschäftigen sich detailliert mit den unterschiedlichen Motiven bzw. Zielen, die Kunden bei der Entscheidung für eine bestimmte Leistung in der Vorkaufphase (forming a consideration set und choosing a product) und während der Kaufphase (buying a product) bei ihren Kanalwahlentscheidungen verfolgen. Abbildung 8: Modell der Ursachen für die Kanalwahl zu einem bestimmten Zeitpunkt im Kaufprozess von Balasubramanian et al. ( 2005)
Quelle: Balasubramanian et al. (2005 S. 16) Balasubramanian et al. (2005 S. 13-14) betrachten in ihrem Modell fünf unterschiedliche Motive bzw. Ziele, die Kunden innerhalb des Kaufprozesses verfolgen und die zu unterschiedlichen Kanalwahlentscheidungen im Kaufprozess führen. Weitere Motive bzw. Ziele, die häufig als Ursache für die Wahl eines Kundenkontaktpunkts zu einem bestimmten Zeitpunkt angeführt werden, sind eine stärker werdende Convenience-Orientierung (z.B. als Ursache für Kontakte über die Anbieter-Homepage), der Kundenwunsch nach Abwechslung (variety see-
die empirischen Daten hauptsächlich aus Interaktionen im B2B-Bereich stammen und die Autoren in diesem Kontext diese Merkmale als wichtige Einflussfaktoren für das Multi Channel Shopping ansehen. Die Ergebnisse von Kumar & Venkatesan (2005) zeigen aber für Daten, die Interaktionen im B2C-Bereich entstammen, einen Einfluss des Alters, der Ausbildung, des Einkommens etc. auf die Kanalwahlentscheidungen.
3.1 Stand der Forschung
61
king) sowie den Einkauf als Freizeitgestaltung zu erleben (recreational orientation), z.B. als Ursache für Kontakte in stationären Verkaufsniederlassungen (vgl. Schoenbachler & Gordon 2002, Guiry et al. 2006, Schröder & Zaharia 2006, Verhoef et al. 2007 S. 137, Kapitel 2.5). Die Autoren untersuchen den Einfluss der angeführten Motive und Ziele auf den subjektiv empfundenen, prozessbezogenen Nutzen instrumenteller und nicht-instrumenteller Elemente18 der Kanalwahlentscheidung. Neben diesen beiden Elementen wird weiterhin von einem Einfluss des produktbezogenen Nutzens auf den Gesamtnutzen ausgegangen. Der prozess- und der produktbezogene Nutzen bilden den Gesamtnutzen der unterschiedlichen Kundenkontaktpunkte im Multi Channel Marketing. Dieser beinhaltet die Anforderungen und Präferenzen der Kunden an die unterschiedlichen Kanäle und dient als Entscheidungsgrundlage für die Wahl eines Kundenkontaktpunkts zu einem bestimmten Zeitpunkt im Kaufprozess. Demnach nutzen Kunden stets den Kundenkontaktpunkt, der ihnen zu einem bestimmten Zeitpunkt den höchsten Nutzen verspricht, in Abhängigkeit ihrer Anforderungen und Präferenzen bzw. unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Motive oder Ziele (vgl. hierzu auch Sen 1997, Colquitt 2001). Das Ergebnis dieser vor jeder Kanalwahlentscheidung durchgeführten Nutzenbewertungen bei der Verfolgung unterschiedlicher Motive bzw. Ziele ist aber nicht konstant, sondern unterliegt im Kaufprozess Veränderungen (vgl. Peterson et al. 1997 S. 336-340, Abschnitt 2.4) und ist ebenfalls abhängig von vorhergehenden Nutzenbewertungen (vgl. Balasubramanian et al. 2005 S. 14-16). Die Autoren gehen somit explizit von Abhängigkeiten zwischen den Kundenkontaktpunkten im Kaufprozess aus und berücksichtigen die dem Käuferverhalten grundsätzliche inhärente Dynamik im Zeitablauf. Dies führt zu unterschiedlichen Kundenkontakten in den unterschiedlichen Phasen des Kaufprozesses. Hogarth und Einhorn (1992) sowie Mittal et al. (1999) haben in diesem Zusammenhang gezeigt, dass der subjektiv empfundene Nutzen eines Kundenkontakts als Grundlage für die Beurteilung seiner Wichtigkeit bzw. seiner Bedeutung herangezogen wird. Nach dem Ansatz von Balasubramanian et al. (2005 S. 16) ist davon auszugehen, dass nicht nur der Nutzen, sondern auch die Bedeutung einzelner Kontaktpunkte von einem Kunden zu einem bestimmten Zeitpunkt im Kaufprozess unterschiedlich beurteilt werden und diesbezüglich phasenbezogene sowie phasenübergreifende Unterschiede bestehen. Diese Sichtweise ist grundsätzlich auch anderen Studien inhärent (vgl. z.B. Montoya-Weiss et al. 2003, Gupta et al. 2004). Balasubramanian et al. (2005) gehören aber zu den Ersten, die in einer empirischen Studie das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing innerhalb eines Kaufprozesses explizit als dynamischen Prozess voneinander abhängiger Kundenkontakte betrachten. In der Folgezeit wurde dieses Verständnis in weiteren Studien immer wieder auf-
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Zu den instrumentellen Elementen zählen Balasubramanian et al. (2005 S. 14) insbesondere physische Aktivitäten, die für den Erwerb eines Produkts erforderlich sein können, wie beispielsweise die Fahrt zu einer stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters, sowie Aktivitäten zur Bewertung der Produktqualität. Nichtinstrumentelle Elemente, wie z.B. die Ladenatmosphäre oder das Bedürfnis nach einem entspannten Einkauf, sind nicht zentral für den Erwerb eines Produkts. Sie können aber in bestimmten Situationen die Wahl sowie die Nutzenbewertung eines Kanals stärker beeinflussen als instrumentelle Elemente.
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3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
gegriffen (vgl. Silberer et al. 2006, 2007, Verhoef et al. 2007, Frambach et al. 2007, Steinmann & Silberer 2008b, 2009a, 2010a). In ihrer empirischen Untersuchung des Research Shopper Phänomens bzw. des Research Shopping19 bezeichnen Verhoef et al. (2007 S. 131) die komplementäre Nutzung der Kontaktpunkte im Kaufprozess als attribute-driven decision making und greifen hierbei die Annahmen der adaptiven Entscheidungsfindung von Payne et al. (1993) auf. Weiterhin identifizieren die Autoren eine fehlende Loyalität der Kunden zu einem bestimmten Kanal für die Erfüllung aller Funktionen im Kaufprozess (lack of channel lock-in) als Ursache für die Realisation unterschiedlicher Kundenkontakte innerhalb des Kaufprozesses: „[…] the Internet is often considered convenient for gathering information, while it is also considered to be risky to purchase because of security factors or the inability to physically touch and test the product“ (ebda. S. 132). Die fehlende Loyalität ergibt sich durch unterschiedliche Nutzenerwartungen an die Kundenkontaktpunkte für die Erfüllung verschiedener Kontaktfunktionen im Kaufprozess. Ausgehend von einer modifizierten Version der Theory of Reasoned Action (vgl. Fishbein & Ajzen 1974) führen Verhoef et al. (2007) diese Unterschiede insbesondere auf die Einstellung der Kunden gegenüber einem bestimmten Kontaktpunkt und die hieraus resultierende Attraktivität eines Kanals für die Erfüllung bestimmter Funktionen in den unterschiedlichen Prozessphasen zurück. Ist die Einstellung positiv, hat dies einen positiven Effekt auf den erwarteten Nutzen und somit auf die Präferenz für einen bestimmten Kundenkontaktpunkt zu einem bestimmten Zeitpunkt. Darüber hinaus werden ausgeprägte Synergien im Frontend (cross channel synergies) des Multi Channel Marketing als Ursache für unterschiedliche Kanalwahlentscheidungen identifiziert. Ein ausgeprägtes Kanalwechselverhalten im Kaufprozess gilt hierbei als Indiz für potenzielle Synergien zwischen den Kundenkontaktpunkten (vgl. Verhoef et al. 2007 S. 132). Ebenfalls der Logik von Payne et al. (1993) folgend sowie unter Berücksichtigung der LossAversion Theorie von Tversky & Kahnemann (1981) untersuchen Frambach et al. (2007) den moderierenden Effekt der Internetaffinität als personenbezogene Ursache für die Realisation von Kundenkontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung entlang der Phasen des Kaufprozesses. Ähnlich wie Verhoef et al. (2007) stellen Frambach et al. (2007) fest, dass sich die Präferenz für die Nutzung eines bestimmten Kundenkontaktpunkts in den einzelnen Prozessphasen unterscheidet und von der gewünschten Kontaktfunktion abhängig ist. Dies spiegelt sich ebenfalls in der unterschiedlichen Bedeutung der Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses wider. Hinsichtlich der potenziellen Wirkungen der Kundenkontakte stellen Frambach et al. (2007) Effekte auf die prozess- sowie leistungsbezogene Kundenzufriedenheit fest.
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Das Research-Shopper Phänomen bzw. Research-Shopping beschreibt allgemein die Neigung eines Kunden, für die Informationssuche in der Vorkaufphase einen anderen Kundenkontaktpunkt zu nutzen als für die Durchführung der Transaktion in der Kaufphase (vgl. Verhoef et al. 2007 S. 129). Die häufigste Form des ResearchShopping ist die Kombination von einem Kundenkontakt mit dem Internet in der Vorkaufphase und einem in der stationären Verkaufsniederlassung in der Kaufphase.
3.1 Stand der Forschung
63
Silberer et al. (2006, 2007b) sowie Steinmann & Silberer (2009a, 2010a) betrachten ebenfalls leistungs- und prozessbezogene Elemente der Kundenzufriedenheit als Wirkungen der Kundenkontakte und ihrer Sequenz im Kaufprozess. Zusätzlich betrachten die Autoren Wirkungen auf die Kundenloyalität, das wahrgenommene Risiko für eine Transaktion und das Vertrauen der Kunden in den Anbieter. Hinsichtlich der Determinanten der Kundenkontakte und der Kundenkontaktsequenz stellen sie einen Einfluss personenbezogener und situativer Aspekte auf die Art und Anzahl der realisierten Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutung fest. Diese sind somit ebenfalls ursächlich für Unterschiede in der Sequenz der Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses. Die Arbeiten haben den Stand der Forschung im Multi Channel Marketing insbesondere durch die Berücksichtigung der komplexen Beziehungen zwischen allen Kundenkontakten, ihren Funktionen und Bedeutung in allen Prozessphasen anhand der uni- und multidimensionalen Kundenkontaktsequenz bereichert (vgl. Müller 2009). Die Autoren haben gezeigt, welche vielfältigen Möglichkeiten aus der Analyse der Kundenkontaktsequenzen für ein tief greifendes Verständnis des Käuferverhaltens, eine verhaltensbezogene Kundensegmentierung sowie eine effektive und effiziente Gestaltung des Multi Channel Marketing resultieren. 3.1.2
Rahmenmodell der Kundenkontakte und Kontaktsequenzen im Multi Channel Marketing
Die Erkenntnisse aus den diskutierten Forschungsansätzen und Modellen bilden die Grundlage für das Rahmenmodell der Ursachen und Wirkungen der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen der vorliegenden Arbeit (siehe Abbildung 9). Abbildung 9: Rahmenmodell der Kundenkontakte und Kontaktsequenzen im Multi Channel Marketing
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3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
Im Zentrum des Rahmenmodells stehen die Kundenkontakte und die Kundenkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses. In dieser Arbeit werden die Kundenkontakte an allen Kundenkontaktpunkten im Multi Channel Marketing – persönliche, semi-persönliche sowie unpersönliche Kundenkontakte – innerhalb eines Kaufprozesses zwischen einem Anbieter und Kunden betrachtet. Hierbei sind Unterschiede hinsichtlich der Art und Anzahl der realisierten Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung im Kaufprozess sowie vielfältige Beziehungen zwischen den Kontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung zu erwarten (vgl. Steinmann & Silberer 2009a, Steinmann & Silberer 2010b). Diese Unterschiede und Beziehungen spiegeln sich in den zu erwartenden horizontalen und vertikalen Abhängigkeiten zwischen den Kundenkontakten in der (multidimensionalen) Kundenkontaktsequenz wider (vgl. Peterson et al. 1997 S. 336, Steinmann & Silberer 2009a S. 516). Ursächlich für die Realisation der Kundenkontakte im Kaufprozess und die Kontaktsequenzen sind personenbezogene und situative Determinanten. Diese gelten als besonders wichtige Ursachen und werden häufig in der relevanten Forschung zur Erklärung und Beschreibung des Käuferverhaltens herangezogen (vgl. Engel et al. 1969). Hierbei folgt die Arbeit der Sichtweise von Belk (1975 S. 157), der im Journal of Consumer Research forderte, „[…] that both individual and situational factors must be considered in order to explain consumer choices“. Die vorhergehenden Ausführungen haben gezeigt, dass die Wirkungen der Kundenkontakte auf finale Größen im Multi Channel Marketing bisher nur am Rande betrachtet wurden. Am häufigsten wurden Effekte auf die Kundenzufriedenheit und die Kundenloyalität betrachtet. In dieser Arbeit wird ebenfalls von Wirkungen der Kundenkontakte und deren Sequenz auf die Kundenzufriedenheit und die Kundenloyalität ausgegangen (vgl. Montoya-Weiss et al. 2003). Als weitere finale Größen werden das Vertrauen der Kunden in den Anbieter sowie das wahrgenommene Risiko der Kunden bei einer Transaktion betrachtet (vgl. Bauer 1960, Jarvenpaa et al. 1999, Schramm-Klein 2003b S. 47, Teltzrow et al. 2003). Einschränkend ist zum Rahmenmodell anzumerken, dass der Einfluss von supplier specific factors, wie Konfiguration und Koordination des Multi Channel Marketing auf die Realisation der Kundenkontakte und der Kundenkontaktsequenz, nicht berücksichtigt wird (vgl. Kumar & Venkatesan 2005 S. 48-89). Grundsätzlich ist allerdings von einem Einfluss hiermit verbundener anbieterbezogener Aspekte auszugehen (vgl. Brynjolfson & Smith 2000, Neslin et al. 2006 S. 101, Venkatesan et al. 2007 S. 115). Hinsichtlich der finalen Größen kann nicht nur ein Effekt der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung und deren Sequenz, sondern ebenfalls ein direkter Einfluss kundenbezogener sowie situativer Determinanten erwartet werden. Ausgehend von diesem Rahmenmodell werden im Folgenden zuerst Hypothesen zu den Kundenkontakten und zum Zusammenspiel der Kundenkontakte im Kaufprozess (3.2), den hierfür betrachteten Ursachen (3.3) und abschließend zu den finalen Wirkungen der Kontakte und deren Sequenz formuliert (3.4).
3.2 Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Kaufprozess
3.2
65
Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Kaufprozess
In Anlehnung an das Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung (vgl. Payne et al. 1993, Kapitel 2.5), ist von vielfältigen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten im Kaufprozess auszugehen (vgl. Gupta et al. 2004, Verhoef et al. 2007 S. 130, 134f., Silberer & Steinmann 2009). Die praktische Relevanz dieser bisher nur selten beachteten Zusammenhänge betonen beispielsweise Frambach et al. (2007 S. 37): „[…] Managers need to better understand the role each marketing channel plays uniquely and interdependently with the other channels. They should recognize […] the dynamics […] to be able to design an appropriate multi channel marketing system”. Ein Grund für die komplementäre Nutzung der Kontaktpunkte ist, dass nicht jeder Kontaktpunkt aufgrund seiner grundsätzlich inhärenten Funktionalität und der Gestaltung durch den Anbieter die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse im Kaufprozess gleichermaßen erfüllen kann (vgl. Kapitel 2.3, Bucklin et al. 1996, Balasubramanian et al. 2005). Somit ist von unterschiedlichen Kundenkontakten sowie ausgeprägten horizontalen und vertikalen Beziehungen zwischen den Dimensionen der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz bei der Anbahnung und Abwicklung von Kaufprozessen sowie für die Inanspruchnahme des AfterSales-Service auszugehen (vgl. Peterson et al. 1997 S. 336f., Schögel et al. 2002 S. 35, Steinmann & Silberer 2009a, 2010b). In der Vorkaufphase sind für die Kunden Kontaktfunktionen zur Befriedigung ihrer Informationsbedürfnisse und die Zusammenstellung eines consideration sets und der Auswahl einer Leistung (choosing a product) von besonderer Bedeutung (vgl. Simons & Bouwman 2004 S. 24, Balasubramanian et al. 2005 S. 15). Nach dem Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung (Payne et al. 1993) und der Information Integration Theorie (Anderson 1971,1981) ist hierbei von der komplementären Nutzung der Kundenkontaktpunkte im Multi Channel Marketing eines Anbieters zur Erfüllung der Kundenbedürfnisse auszugehen. Insbesondere im Kaufprozess von High-Involvement-Produkten oder bei High-Involvement-Situationen ist, aufgrund des hohen Bedarfs an unterschiedlichen Informationen für den attributbasierten Alternativengleich, zu erwarten, dass die Kontaktpunkte für vielfältige Informationen genutzt werden und hierfür auch eine hohe Anzahl von Kundenkontakten, z.B. zur Reduzierung von Dissonanzen, realisiert werden (vgl. Gensch & Javalgi 1987, Frambach et al. 2009 S. 29). Es kann angenommen werden, dass sich die Kunden zur Erfüllung ihrer Anforderungen und Bedürfnisse nutzenmaximierend verhalten und im Sinne der Media Richness Theorie (Daft & Lengel 1984) effektive Kanalwahlentscheidungen treffen. Gupta et al. (2004 S. 133f.) betrachten hierbei den Aufwand, den die Kunden betreiben, und unterscheiden in search effort und evaluation effort. Durch Realisation von Kontakten im Internet, Nutzung von Prospekten und Katalogen oder durch einen Kontakt mit dem Call Center können Kunden ihren Aufwand für die Informationssuche vergleichsweise gering halten. Daher werden derartige Kontakte in dieser Phase auch besonders häufig realisiert und sind für die Kunden von besonderer Bedeutung (vgl. Simons & Bouwman 2004, Silberer & Steinmann 2009 S. 3-4, Steinmann & Silbe-
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3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
rer 2009b S. 9-11). Im weiteren Verlauf der Vorkaufphase suchen Kunden vermehrt die stationäre Verkaufsniederlassung auf. Im Kaufprozess für Ver- und Gebrauchsgüter eröffnet der direkte Kontakt vielfältige Möglichkeiten zur Beurteilung der Produktqualität. In der Handels- und Dienstleistungsbranche können Kunden im persönlichen Gespräch mit dem Verkaufs- und Servicepersonal umfassende Beratungen und Hilfestellungen erhalten und erste Verhandlungen über mögliche Preisnachlässe und Zusatzleistungen führen, die ihnen die häufig eingeschränkte Funktionalität der Onlinekanäle und die klassischen Instrumente der Marketingkommunikation nicht bieten können (vgl. Frambach et al. 2009 S. 29). Solche Kontakte dienen daher auch der Entscheidungsunterstützung bei komplexen Produkten, bei denen sich die Kunden bei der Leistungsbeurteilung unsicher sind und so die negativen Konsequenzen einer Fehlentscheidung möglichst vermeiden wollen (vgl. Tversky & Kahnemann 1981, Xia & Sudharshan 2002). In der Kaufphase stehen Funktionen, die mit dem Abschluss und der Abwicklung des Kaufs verbunden sind, bei den Kundenkontakten im Vordergrund (vgl. Simons & Bouwman 2004 S. 230). In diesem Zeitraum ist erneut von der komplementären Nutzung der Kundenkontaktpunkte auszugehen, mit dem Unterschied, dass nun nicht mehr Informationen über einzelne Produktattribute aus unterschiedlichen Kundenkontakten miteinander kombiniert werden, sondern die Kontakte Funktionen erfüllen, die mit dem Erwerb der Leistungen im Zusammenhang stehen. In dieser Phase sind vor allem persönliche Kundenkontakte mit dem Verkaufs- oder Servicepersonal in der stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters zu erwarten, die für die Kunden von besonderer Bedeutung sind. Für die Nachkaufphase oder den Zeitraum nach Inanspruchnahme einer erworbenen Leistung sind allgemein nur wenige Kundenkontakte zu erwarten. Werden in diesem Zeitraum jedoch Kundenkontakte realisiert, so dienen sie meist dem After-Sales-Service, der neben weiteren Hilfestellungen und Beratungen häufig auch Reklamationen und Beschwerden der Kunden beinhaltet (vgl. Simons & Bouwman 2004 S. 234). Die Befunde von Steinmann & Silberer (2009b) aus einer Studie in der Tourismusbranche zeigen für diesen Zeitraum, dass mehr als 90% aller Kontakte ausschließlich für Beschwerden und zusätzliche Hilfestellungen genutzt wurden. Somit ist eine wenig differenzierte Nutzung der Kundenkontaktpunkte zu erwarten und es kann ein Rückgang der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen angenommen werden. Ebenso wie in den vorigen Prozessphasen ist auch in diesem Zeitraum die komplementäre Nutzung der Kontaktpunkte zu erwarten. Aufgrund der besonderen Anforderungen und Bedürfnisse in diesen zum Teil kritischen Situationen sind die Kontakte und Funktionen zur Problembehebung in dieser Phase von großer Bedeutung für den Kunden. Hierfür wählen die Kunden vor allem persönliche Kontaktpunkte, die eine direkte Kommunikation und Interaktion mit dem Anbieter ermöglichen (vgl. Mattila & Wirtz 2004). Unpersönliche oder semipersönliche Kundenkontakte werden in dieser Phase nur wenig genutzt, erfüllen eher unterstützende Funktionen und sind von geringerer Bedeutung (vgl. Falk et al. 2007, Silberer & Steinmann 2009 S. 9). Allerdings können diese Kontaktpunkte, z.B. ein Katalog, dem Abgleich zwischen der tatsächlich erhaltenen und der zu erwartenden Leistung durch die Kunden
3.2 Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Kaufprozess
67
dienen und so Nachkaufdissonanzen vorbeugen. In diesem Zusammenhang kann angenommen werden, dass viele (persönliche) und informationsreiche Kontakte in der Vorkauf- und Kaufphase die Inanspruchnahme von Hilfestellungen und Beratungen nach dem Kauf verringern können. Konnten die Erwartungen nicht erfüllt werden, zieht dies (möglicherweise) Beschwerdekontakte nach sich und hat weitere negative Effekte auf Kundenzufriedenheit und loyalität. Wurden die Erwartungen erfüllt oder übererfüllt, kann dies ebenfalls Kundenkontakte nach sich ziehen, in denen der Kunde dem Anbieter gegenüber seine Zufriedenheit mitteilt. Zusammenfassend zeigen die vorhergehenden Ausführungen, dass Unterschiede hinsichtlich Art, Anzahl, Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess angenommen werden können. Weiterhin ist von komplexen horizontalen und vertikalen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten im Multi Channel Marketing auszugehen. Diese vielfältigen Unterschiede und Abhängigkeiten spiegeln sich in den uni- und insbesondere in den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen entlang des Kaufprozesses wider (vgl. Steinmann & Silberer 2009 S. 516). Basierend auf den vorherigen Ausführungen leiten sich die erste, zweite und dritte Hypothese der Arbeit ab: H1:
Die (a) Kundenkontakte, (b) ihre Funktionen und (c) Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz unterscheiden sich entlang des Kaufprozesses.
H2:
Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl der Kundenkontakte an einem Kontaktpunkt und … a) … der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen dieses Kontaktpunkts im Kaufprozess. b) … der Bedeutung des Kundenkontaktpunkts für die Kunden im Kaufprozess.
H3:
Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen eines Kundenkontaktpunkts und seiner Bedeutung für die Kunden im Kaufprozess.
Neben den in den Hypothesen H2 und H3 postulierten vertikalen Beziehungen zwischen den einzelnen Dimensionen der Kundenkontakte liefern die Befunde einer Studie von Doubleclick (2004) Hinweise auf Unterschiede hinsichtlich der horizontalen Zusammenhänge zwischen den Kundenkontakten im Kaufprozess (vgl. Abbildung 10). Dies deutet auf Differenzen bezüglich der zu erwartenden Häufigkeiten für verschiedene Kanalkombinationen entlang des Kaufprozesses hin. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die komplementäre Nutzung von un- oder semi-persönlichen Kontakten in der Vorkaufphase und der stationären Verkaufsniederlassung eines Anbieters in der Kaufphase häufiger beobachtet wurde als umgekehrt (z.B. Internet → Retail 43% vs. Retail → Catalog 5%).
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3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
Abbildung 10: Zusammenspiel von Kundenkontaktpunkten im Kaufprozess
Quelle: DoubleClick (2004), entnommen bei Verhoef et al. (2007 S. 130)
Als Hauptgrund hierfür gilt ein hohes Maß an lack of channel lock-in, d.h. eine kaum vorhandene Channel loyalty der Kunden (vgl. Vaccaro & Iyer 2005) hinsichtlich der Nutzung eines Kundenkontaktpunkts für alle im Kaufprozess anfallenden Aufgaben. Diese kann selbst dann vorliegen, wenn ein Kanal grundsätzlich die Erfüllung aller relevanten Kontaktfunktionen im gesamten Kaufprozess ermöglicht. Als weitere Gründe für die komplementäre Nutzung der Kanäle gelten, neben den Unterschieden hinsichtlich der Funktionalität der Kanäle selbst, das attribute-driven decision making sowie die Ausnutzung von Synergien zwischen den Kanälen entlang des Kaufprozesses (vgl. Payne et al. 1993, Verhoef et al. 2007 S. 132). Dieses Zusammenwirken der Kundenkontaktpunkte und die hieraus resultierende komplementäre Nutzung der Kontaktpunkte sind aber nicht nur beim Übergang von einer Prozessphase in die nächste, sondern auch innerhalb einzelner Prozessphasen und phasenübergreifend in der gesamten Kundenkontaktsequenz zu erwarten. Ausgehend von den Befunden von DoubleClick (2004), Silberer et al. (2007b S. 1541) sowie Steinmann und Silberer (2010a) resultieren hieraus unterschiedlich häufige und wahrscheinliche Substrings und Subsequenzen in der Kundenkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses (vgl. Kapitel 2.4). Beispielsweise ist in der Vorkaufphase ein Übergang von TV-Werbung zur Anbieter-Homepage oder ein Besuch in der stationären Verkaufsniederlassung häufiger zu erwarten als in der Nachkaufphase. Für die Vorkaufphase deuten u.a. die Ergebnisse von Burke (2002) darauf hin, dass diese Vermutung zutreffend ist. Die Befunde einer Analyse der Substrings und Subsequenzen von Kundenkontaktsequenzen im Kaufprozess in der Tourismusbranche von Steinmann & Silberer (2010b S. 4-5) zeigen, dass Kombinationen von unpersönlichen und persönlichen Kontaktpunkten im gesamten Kaufprozess sowie innerhalb einzelner Prozessphasen am wahrscheinlichsten sind. Ausgehend vom dargestellten Forschungsstand und den hieraus resultierenden Annahmen folgt die vierte Hypothese der Arbeit:
3.3 Determinanten der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz
69
H4: Die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Kombinationen aufeinander folgender Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz unterscheiden sich (a) innerhalb des Kaufprozesses sowie (b) zwischen den Prozessphasen. Hierbei ist anzunehmen, dass die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Kombinationen und Unterschiede zwischen den Kombinationen auch von den verschiedenen Funktionen und der Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess abhängig sind. 3.3
Determinanten der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz
Eine weitere Fragestellung der vorliegenden Arbeit lautet: welche Ursachen können die Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutung sowie die Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess erklären? Die Beantwortung dieser Frage ist nicht nur für die Marketingforschung von besonderem Interesse, sondern hat auch für die Marketingpraxis eine hohe Relevanz: „[…] Understanding what drives customers’ relative evaluations and use of alternative channels is an important first step in creating complementary synergies across the expanding range of channel formats” (Montoya-Weiss et al. 2003 S. 448). Daher beinhaltet die Beschäftigung mit potenziellen Determinanten in dieser Arbeit nicht nur deren Einfluss auf die Realisation von Kundenkontakten und der Kundenkontaktsequenz, sondern berücksichtigt auch die Funktionen und Bedeutung der Kontakte im Kaufprozess. Die Beschäftigung mit diesen weiteren Dimensionen der Kundenkontakte ermöglicht nicht nur die Identifikation und den Aufbau von Synergien zwischen den Kontaktpunkten, sondern auch ein tiefgreifendes Verständnis des Konsumentenverhaltens, dass vielfältige zusätzliche Möglichkeiten für ein erfolgreiches Multi Channel Marketing eröffnet (vgl. Rangaswamy & van Bruggen 2005 S. 6-7). In dieser Arbeit liegt der Fokus auf der Betrachtung des Einflusses personenbezogener und situativer Determinanten. Diese gelten gemeinhin als die wichtigsten und am häufigsten untersuchten Ursachen für die Realisation von Kundenkontakten im Kaufprozess (vgl. Belk 1975 S. 157, Nicholson et al. 2002, Neslin et al. 2006 S. 101-102). Hinsichtlich der kundenbezogenen Ursachen wird, der Argumentation von Schoenbachler & Gordon (2002) sowie Kumar und Venkatesan (2005) folgend, von einem grundsätzlichen Einfluss soziodemografischer und -ökonomischer Kundenmerkmale auf die Realisation von Kundenkontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung in den unterschiedlichen Phasen des Kaufprozesses ausgegangen. Als wichtigste situative Ursache für die Realisation von Kundenkontakten in unterschiedlichen Prozessphasen gilt gemeinhin das nachgefragte Produkt bzw. die nachgefragte Leistung und alle hiermit verbundenen Eigenschaften (vgl. z.B. Belk 1974a S. 175, Black et al. 2001 S. 167f., Mahajan et al. 2002, Neslin et al. 2006 S. 102). Als weitere wichtige situative Ursachen gelten die physikalische und soziale Umgebung, die zeitliche Perspektive sowie die Kaufmotive der Kunden (vgl. Nicholson et al. 2002). Der Einfluss dieser Determinanten auf die Funktionen und die Bedeutung der Kundenkontakte ist allerdings bisher kaum untersucht worden.
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3.3.1
3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
Personenbezogene Determinanten
Soziodemografische und -ökonomische Kundenmerkmale, wie Alter und Geschlecht, Ausbildung bzw. derzeitige Tätigkeit und Einkommen werden in vielen empirischen Studien als Determinanten für das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing untersucht (vgl. Gupta et al. 2004, Thomas & Sullivan 2005, Kushwaha & Shankar 2006, Ansari et al. 2008). Ein weiterer Aspekt, der immer häufiger als personenbezogene Ursache für Kundenkontakte betrachtet wird, ist die durchschnittliche Internetnutzung (vgl. Schoenbachler & Gordon 2002 S. 49f., Frambach et al. 2007, Jepsen 2007) sowie die bisherigen Erfahrungen der Kunden mit dem Anbieter (Schramm-Klein 2003, Thomas & Sullivan 2005, Ansari et al. 2008). Der Einfluss des Alters der Kunden Inman et al. (2004 S. 53f.) zeigen, dass das Alter die Realisation von Kundenkontakten beeinflusst. Dieses hat einen Effekt auf die Art und Anzahl unterschiedlicher genutzter Kundenkontakte sowie auf den Anteil einzelner Kundenkontaktpunkte an allen realisierten Kundenkontakten (share of volume of a channel) im Kaufprozess (vgl. ebda.). So bevorzugen ältere Kunden allgemein Kundenkontaktpunkte, die eine persönliche Interaktion – insbesondere face-to-face – ermöglichen. Derartige Kontakte haben bei älteren Kunden einen höheren Anteil am individuellen Kanalmix im Kaufprozess; sie werden für vielfältige Funktionen genutzt und ebenfalls wichtiger eingestuft als unpersönliche Kontakte. Jüngere Kunden realisieren hingegen häufiger semi- und unpersönliche Kontakte, was insbesondere für die Nutzung des Internets sowie für weitere internetbasierte Kanäle gilt. Diese vermehrte Nutzung der OnlineKontakte geht auch mit einer höheren Bedeutung dieser Kundenkontaktpunkte einher. Als Grund für diese altersbezogenen Unterschiede wird häufig eine vergleichsweise geringe Affinität älterer Personen für die Nutzung neuer Technologien im Kaufprozess angeführt (vgl. Burke 2002 S. 421, Black et al. 2002). Darüber hinaus bieten die unterschiedlichen Formen des Onlinevertriebs, wie z.B. Online-Auktionen oder das m-commerce, zusätzlich einen gewissen Unterhaltungswert (having fun), der deren Nutzung durch jüngere, technisch affine Kunden begünstigt (vgl. Burke 2002 S. 421, Guiry et al. 2006 S. 81). Die Befunde von Kushwaha und Shankar (2006 S. 15) bestätigen grundsätzlich die Ergebnisse von Inman et al. (2004), deuten aber auf eine „inverted u-shaped relationship“ zwischen dem Alter der Kunden und der Art sowie der Anzahl der Nutzung unterschiedlicher Kundenkontaktpunkte im Kaufprozess hin. Kunden, die relativ jung (≤ 30 Jahre) oder relativ alt (≥ 60 Jahre) sind, nutzen demnach die Kanäle eines Anbieters weniger differenziert als Kunden mittleren Alters (> 30 bis < 60 Jahre). Die Ergebnisse von Silberer et al. (2007b S. 1546-1547) und Steinmann und Silberer (2010a) können die beschriebenen Zusammenhänge zwischen dem Alter und der Nutzung unterschiedlicher Kanäle im Kaufprozess nicht bestätigen, decken aber einen grundsätzlichen Einfluss des Alters auf die Realisation unterschiedlicher Kundenkontakte, deren Funktionen und Bedeutung auf. Aufgrund der nicht eindeutigen Befundlage wird in dieser Arbeit, in Anlehnung an Schoenbachler und Gordon (2002 S. 49f.) sowie Kumar und Venkatesan (2005 S. 49), von einem
3.3 Determinanten der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz
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grundsätzlichen Einfluss des Alters auf die Realisation von Kundenkontakten im Kaufprozess und auf die Kundenkontaktsequenz ausgegangen. Hieraus leitet sich die fünfte Hypothese der Arbeit ab: H5:
Das Alter der Kunden beeinflusst die (a) Realisation von Kundenkontakten, (b) ihre Funktionen und (c) Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess.
Der Einfluss des Geschlechts der Kunden “Men and women had distinctly different views of what would constitute an ideal shopping experience” (Burke 2002 S. 423). Demnach ist von einem Einfluss des Geschlechts der Kunden auf die Realisation von Kundenkontakten auszugehen (vgl. Schoenbachler & Gordon (2002 S. 49). Die Ergebnisse von Guiry et al. (2006 S. 81) zeigen, dass Frauen aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten der Interaktion mit dem Verkaufspersonal und dem weiteren sozialen Umfeld sowie der Möglichkeit für einen direkten Produktkontakt vermehrt Kontakte in stationären Verkaufsniederlassungen realisieren (vgl. Burke 2002 S. 423-424, Fox et al. 2004, Balasubramanian et al. 2005). Daher ist davon auszugehen, dass persönliche Kontakte für Frauen vielfältige Funktionen im gesamten Kaufprozess erfüllen und daher als besonders wichtig beurteilt werden. In der Vorkaufphase realisieren Frauen häufig Kontakte mit unterschiedlichen Printmedien (z.B. Prospekte, Kataloge etc.), nutzen diese aber fast ausschließlich für die Beschaffung allgemeiner Informationen (vgl. Steinmann & Silberer 2009b S. 15-17). Männer realisieren derartige Kontakte zwar insgesamt mit einem geringeren Anteil, nutzen diese aber für mehr unterschiedliche Funktionen (allgemeine und gezielte Informationen, Preisvergleiche, Ermittlung von Kontaktdaten des Anbieters) (vgl. ebda.). Darüber hinaus verwenden Männer häufiger neue Technologien im Kaufprozess und realisieren mehr Kundenkontakte in Onlinekanälen des Anbieters (vgl. Burke 2002 S. 423, Steinmann & Silberer 2009b S. 15-17). Somit wird in dieser Arbeit angenommen, dass sich die dargestellten Zusammenhänge, in Abhängigkeit vom Geschlecht, in Unterschieden bei der Nutzung der Kontaktpunkte und ihren Funktionen sowie in der subjektiven Bedeutung der Kundenkontakte widerspiegeln. Somit lautet die sechste Hypothese der Arbeit: H6:
Das Geschlecht der Kunden beeinflusst die (a) Realisation von Kundenkontakten, (b) ihre Funktionen und (c) Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess.
Der Einfluss der derzeitigen Tätigkeit und des Einkommens der Kunden Einige Studien haben gezeigt, dass die derzeitige Tätigkeit sowie das Einkommen der Kunden ursächlich für die Realisation von Kundenkontakten im Kaufprozess sind (vgl. Neslin et al. 2006 S. 102). Hierbei ist davon auszugehen, dass Kunden in Abhängigkeit ihrer derzeitigen Tätigkeit die Kundenkontaktpunkte eines Anbieters unterschiedlich differenziert im Kaufprozess nutzen (vgl. Kushwaha & Shankar 2006 S. 15). Es ist anzunehmen, dass Kunden, die eine hoch qualifizierte Tätigkeit ausüben, häufiger Kontakte mit dem Anbieter im Internet und weiteren Online-Kanälen realisieren (vgl. Burke 2002 S. 424). Hierbei kann angenommen werden, dass diese Kunden grundsätzlich über mehr Erfahrungen im Umgang mit derartigen
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3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
Kanälen des Anbieters verfügen. Kontakte mit den klassischen Instrumenten der Marketingkommunikation werden von diesen Kunden kaum realisiert und haben daher keine besondere Bedeutung. Kunden mit geringerer Qualifikation nutzen hingegen die Kanäle im Multi Channel Marketing weniger differenziert und realisieren vor allem Kontakte in Offlinekanälen – insbesondere im Ladengeschäft – des Anbieters (vgl. Burke 2002 S. 424). Weiterhin ist bei gering Qualifizierten eine höhere Anzahl von Kontakten mit unterschiedlichen Formen der Anbieter-Werbung zu erwarten, mit der auch eine höhere Bedeutung dieser Kontaktpunkte einhergeht. In engem Zusammenhang mit der derzeitigen Tätigkeit steht das Einkommen der Kunden. Hier zeigen die Ergebnisse von Black et al. (2002 S. 171) sowie von Kushwaha & Shankar (2006 S. 15) einen ähnlichen Effekt auf die Realisation von Kundenkontakten wie die Ausbildung. Kunden mit hohem Einkommen nutzen somit mehr Kanäle eines Anbieters im Kaufprozess als Kunden mit vergleichsweise niedrigem Einkommen. Dieser Zusammenhang ist allerdings nicht generalisierbar, auch die Studie von Guiry et al. (2006) konnte diesen Zusammenhang nicht bestätigen. Allerdings zeigen die Befunde von Burke (2002 S. 424), dass Kunden mit einem höheren Einkommen bei einem Kundenkontakt vor allem ein guter Kundenservice wichtig ist. Weiterhin legen diese Kunden Wert auf qualitativ hochwertige Produktinformationen, wie beispielsweise vielfältige und aussagekräftige Produktabbildungen und -beschreibungen auf der Anbieter-Homepage (vgl. ebda.). Weiterhin ist mit steigendem Einkommen von einer vermehrten Nutzung von Onlinekanälen auszugehen. Ausgehend von der skizzierten Befundlage, hinsichtlich des Einflusses der derzeitigen Tätigkeit und dem Einkommen auf die Realisation von Kundenkontakten im Kaufprozess, leiten sich die siebte und achte Hypothese der Arbeit ab: H7:
Die derzeitige Tätigkeit der Kunden beeinflusst die (a) Realisation von Kundenkontakten, (b) ihre Funktionen und (c) Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess.
H8:
Das Einkommen der Kunden beeinflusst die (a) Realisation von Kundenkontakten, (b) ihre Funktionen und (c) Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess.
Der Einfluss der durchschnittlichen Internetnutzung Einige Autoren beschäftigen sich mit dem Einfluss der durchschnittlichen Internetnutzung sowie der Affinität bzw. Präferenz zur Nutzung neuer Technologien im Kaufprozess auf die Kanalwahl der Kunden im Kaufprozess (vgl. Peterson et al. 1997, Burke 2002, MontoyaWeiss et al. 2003, Gupta et al. 2004). Hierbei wird häufig die durchschnittliche Internetnutzung als Indikator für die Affinität bzw. Präferenz zur Nutzung des Internets im Kaufprozess herangezogen (vgl. Jepsen 2007). Hierbei interessiert die Autoren u.a. der Einfluss der grundsätzlichen Erfahrung im Umgang mit dem Internet nicht nur auf die Realisation von Kundenkontakten im Internet, sondern ebenfalls auf die Nutzung weiterer Off- und Onlinekanäle im Multi Channel Marketing eines Anbieters (vgl. Gupta et al. 2004, Frambach et al. 2007).
3.3 Determinanten der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz
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Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Kunden, die häufig Onlinekontakte realisieren und im Umgang mit dem Internet erfahren sind, mehr Onlinekontakte in allen Phasen des Kaufprozesses realisieren als Kunden mit einer geringen Internetaffinität. Jepsen (2007 S. 29) bestätigt in ihrer empirischen Studie diese Annahme für die Vorkaufphase. Sie identifiziert die bisherige Internetnutzung als Hauptfaktor für die Nutzung des Internets zur Erfüllung der Kundenanforderungen und -präferenzen im Zeitraum vor der Transaktion. Allerdings stellt sie hierfür einen moderierenden Einfluss des Alters der Kunden fest (vgl. ebda.). Neben der durchschnittlichen Internetnutzung gelten die kanalspezifischen Vorteile dieses Kontaktpunkts, gegenüber den meisten Offlinekanälen, als weitere Gründe für dessen vermehrte Nutzung im Kaufprozess (vgl. Ratchford et al. 2002 S. 12, Song & Zinkhan 2008 S. 105ff.). Somit kann nachstehender Zusammenhang angenommen werden: je höher die durchschnittliche Internetnutzung, desto höher ist die Anzahl derartiger Kundenkontakte im Kaufprozess. Weiterhin ist auch anzunehmen, dass dann die Internetkontakte für mehr verschiedene Funktionen genutzt werden und von hoher Bedeutung für die Kunden sind. Die Ergebnisse von Frambach et al. (2007 S. 33) zeigen aber, das selbst Kunden mit einer hohen Affinität für die Internetnutzung in allen Kaufprozessphasen häufiger Kontakte in der stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters realisieren. Hierbei sind allerdings große Abhängigkeiten zur interessierenden Produktkategorie zu erwarten. Es hat sich gezeigt, dass, unabhängig von der Produktkategorie, insbesondere bei Kontaktfunktionen wie Beschwerden, Reklamationen oder auch Umtausch in der Nachkaufphase, selbst interneterfahrene Kunden die Realisation von face-to-face Kontakten, vor allem aufgrund der Möglichkeit zur direkten Interaktion, in Offlinekanälen des Anbieters vorziehen (vgl. Falk et al. 2007 S. 157). Basierend auf dem dargestellten Forschungsstand wird in dieser Arbeit ein grundsätzlicher Einfluss der durchschnittlichen Internetnutzung angenommen. Hieraus folgt die zehnte Hypothese der Arbeit: H9:
Die durchschnittliche Internetnutzung der Kunden beeinflusst die (a) Realisation von Kundenkontakten, (b) ihre Funktionen und (c) Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess.
Der Einfluss der bisherigen Erfahrungen mit dem Anbieter Die Befunde von Miller et al. (1998) weisen darauf hin, dass die bisherigen Erfahrungen eines Kunden mit dem Anbieter aus vergangenen Kundenkontakten (previous channnel experience) in früheren Prozessphasen oder Kaufprozessen die Realisation von (zukünftigen) Kundenkontakten, ihre Funktionen und Bedeutung beeinflussen (vgl. Thomas & Sullivan 2005, Gensler et al. 2007, Ansari et al. 2008). Dies betrifft die bisherigen Erfahrungen mit den (Service-) Leistungen des Anbieters an den einzelnen Kundenkontaktpunkten sowie Erfahrungen, die aus der Kaufhistorie des Kunden resultieren (vgl. Meuter et al. 2000, Keen et al. 2004, Steinmann & Silberer 2009 S. 15). Sind die bisherigen Erfahrungen mit einem Anbieter positiv, führt dies zu einer Reduktion des wahrgenommenen Risikos und steigert das Vertrauen in den Anbieter (vgl. Schramm-Klein 2003 S. 327). Hierdurch steigt die Wahrscheinlich-
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3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
keit für weitere Kundenkontakte bzw. eine weitere Transaktion. Ebenfalls ist ein Effekt auf die Art und Anzahl der Kundenkontakte zu erwarten. Hat ein Kunde bereits häufig Transaktionen bei einem Anbieter durchgeführt, reduziert sich hierdurch die Anzahl an Kontakten im aktuellen oder auch in zukünftigen Kaufprozessen, da dem Kunden die angebotenen Produkte oder Leistungen des Anbieters und auch der Anbieter selbst gut bekannt sind. Dies betrifft die Nutzung aller Arten von Kundenkontaktpunkten im Kaufprozess (vgl. Steinmann & Silberer 2009 S. 17). Weiterhin ist zu erwarten, dass häufige Kundenkontakte über einen bestimmten Kanal die channel loyalty gegenüber diesem positiv beeinflusst (vgl. Knox 2006, Gensler et al. 2007 S. 18). Hat ein Kunde beispielsweise bisher vornehmlich oder sogar ausschließlich Offlinekanäle für die Erfüllung seiner Kundenbedürfnisse genutzt, ist davon auszugehen, dass er auch zukünftig sein Verhalten nicht ändern wird (vgl. Verhoef & Donkers 2005). Gleiches gilt für Kunden, die bisher eine starke Präferenz für Onlinekanäle hatten (vgl. Thomas & Sullivan 2005). Ergänzend zeigen die Ergebnisse der Analyse des Research Shopper Phänomens von Verhoef et al. (2007), dass Kunden bestimmte Kundenkontaktpunkte für spezifische Funktionen nutzen. So wird das Internet häufig als Informationsquelle in der Vorkaufphase genutzt, die Transaktion in der Kaufphase allerdings in einer stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters durchgeführt (vgl. Alba et al. 1997, DoubleClick 2004). Allgemein kann, neben den häufig betrachteten Kanal-Produkt-Assoziationen (vgl. Mahajan et al. 2002, Inman et al. 2004), ebenfalls von Kanal-Funktions-Assoziationen ausgegangen werden. Es ist anzunehmen, dass Kunden die in den einzelnen Phasen präferierten Kanäle als besonders nutzenstiftend und daher als besonders wichtige Kundenkontaktpunkte bewerten und sich somit Unterschiede zwischen der Bedeutung der Off- und Onlinekanäle innerhalb und zwischen den Phasen ergeben. Aufgrund der vielfältigen unterschiedlichen Beziehungen wird in dieser Arbeit, unter Berücksichtigung des konzeptionellen Bezugsrahmens von Schoenbachler und Gordon (2002) sowie den Befunden von Kumar und Venkatesan (2005), von einem grundsätzlichen Einfluss der bisherigen Erfahrungen mit dem Anbieter auf die Kundenkontakte und somit die Kundenkontaktsequenz ausgegangen. Daraus leitet sich die zehnte Hypothese der Arbeit ab: H10: Die bisherigen Erfahrungen der Kunden mit dem Anbieter beeinflussen die (a) Realisation von Kundenkontakten, (b) ihre Funktionen und (c) Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess. 3.3.2
Situative Determinanten
Gemäß Belk (1974 S. 157) sind situative Determinanten definiert als „[…] all those factors particular to a time and place of observation which do not follow from a knowledge of personal (intraindividual) or stimulus (choice alternative) attributes, and which have a demonstrable and systematic effect on current behavior“ (vgl. zu diesem Verständnis auch Nicholson et al. 2002 S. 124f.).
3.3 Determinanten der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz
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Die Befunde von Babin et al. (1994) sowie Childers et al. (2001) liefern Hinweise, dass situtationsbezogene Aspekte nicht nur für das Verständnis der Kanalwahl im Kaufprozess, sondern auch für das der subjektiven Nutzenbeurteilung und somit der Bedeutung eines Kundenkontakts wertvolle Erkenntnisse liefern (vgl. hierzu auch Morton et 2001, Pan et al. 2001, Jiang & Rosenbloom 2004, Teerling & Huizingh 2005). Im Rahmen dieser Arbeit liegt der Fokus insbesondere auf dem situativen Einfluss bestimmter Eigenschaften des nachgefragten Produkts bzw. der nachgefragten Leistung. Als weitere situative Ursachen werden in Anlehnung an Balasubramanian et al. (2005) unterschiedliche Motivlagen bzw. Kaufmotive sowie Einflüsse aus dem sozialen Umfeld des Kunden im Kaufprozess betrachtet. Der Einfluss des Komplexitätsgrads der Produktkategorie und des Produktpreises In der relevanten Forschung zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing gilt die nachgefragte Leistung und deren Eigenschaften als wichtigste situative Determinante für die Realisation von Kundenkontakten und somit auch für die Kundenkontaktsequenz (vgl. Young 2001, Neslin et al. 2006 S. 102). Diesbezüglich liegt der Fokus bislang auf dem Einfluss der Produktkategorie auf die unterschiedlichen Kanalwahlentscheidungen im Kaufprozess. Hierbei ist zunächst von einem grundsätzlichen Einfluss des Produkts bzw. der Produktkategorie auf die Realisation von Kundenkontakten und somit auf die Kundenkontaktsequenzen auszugehen (vgl. Fox et al. 2004). Gupta et al. (2004 S. 143ff.) zeigen, dass dies insbesondere für die Realisation von Kundenkontakten in der Kaufphase gilt, während Silberer et al. (2006, 2007b) einen Einfluss der Produktkategorie auf die Kundenkontakte in allen Prozessphasen zeigen können. Insgesamt deuten die Ergebnisse unterschiedlicher Studien darauf hin, dass so genannte search goods, wie Bücher oder Flugtickets, häufiger im Internet gekauft werden, während experience goods, wie Stereoanlagen oder Möbel, bei denen häufig ein direkter Produktkontakt und -test im Kaufprozess für die Beurteilung der Qualität von den Kunden gewünscht wird, vornehmlich in der stationären Verkaufsniederlassung eines Anbieters erworben werden (vgl. ebda.). Letzteres gilt ebenso für so genannte feel-and-touch-Produkte, wie beispielsweise Bekleidung (vgl. Degeratu et al. 2000, Burke 2002 S. 418, Broekhuizen & Jager 2003 S. 4). Mahajan et al. (2002) identifizieren ähnliche Zusammenhänge im Kaufprozess für digitalisierbare (Tendenz zur Nutzung von Onlinekanälen) und nicht-digitalisierbare Güter (Tendenz zur Nutzung von Offlinekanälen). Diese Produktkategorien unterscheiden sich auch hinsichtlich ihres Komplexitätsgrads. In diesem Zusammenhang kann angenommen werden, dass Unterschiede bezüglich der Komplexität der Leistung mit einer unterschiedlichen Risikobewertung der Kunden im Kaufprozess einhergehen (vgl. Black et al. 2002 S. 167f.). Kundenkontakte können somit auch der Reduzierung des wahrgenommenen Risikos dienen. Hierbei ist zu erwarten, dass die Eignung zur Risikoreduktion einzelner Kontaktpunkte durch die Kunden im Kaufprozess nicht konstant beurteilt wird, was sich auch in Unterschieden der Kontaktfunktionen und -bedeutung zwischen den Kontaktpunkten im Kaufprozess ausdrückt. Hieraus folgen unterschiedliche Muster der Nutzung der Kontaktpunkte, die sich in den Kundenkontaktsequenzen widerspiegeln.
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3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
Ein höherer Komplexitätsgrad geht häufig auch mit einem höheren Preis der nachgefragten Leistung einher. Somit ist auch von einem Einfluss des Preises auf die Realisation von Kundenkontakten auszugehen (vgl. Black et al. 2002 S. 167f.). Mit steigender Komplexität und/oder steigendem Preis steigt auch die Anzahl der im Kaufprozess realisierten Kundenkontakte. Dies gilt insbesondere für die Vorkaufphase, da komplexere, erklärungsbedürftige Leistungen, die häufig auch einem höherpreisigen Segment zuzuordnen sind, mit höherem Involvement bei einem extensiven Kaufentscheidungsprozess der Kunden verbunden sind (vgl. Homburg & Krohmer 2009 S. 38-40, Kapitel 2.5). Dies geht mit Kontaktfunktionen im Hinblick auf eine intensive Informationssuche und einem umfassenden Alternativenvergleich einher, der ebenfalls die Reduzierung potenzieller Risiken beinhaltet. Da bei komplexen Gütern eine Vielzahl von Produktattributen für den Kunden von Interesse sind, ist nach dem Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung (Payne et al. 1993) und der Information Integration Theorie (Anderson 1981) zu erwarten, dass für den attributbasierten Alternativenvergleich vor dem Kauf bis zur Entscheidung für eine bestimmte Leistung eine hohe Anzahl unterschiedlicher Kundenkontakte realisiert werden. Es kann angenommen werden, dass dies insbesondere mit einer vermehrten Realisation informationsreicher bzw. reichhaltiger Kontakte (z.B. persönliche Kontakte) und einer hohen Bedeutung dieser Kontakte im Kaufprozess einhergeht. In der Kaufphase realisieren die Kunden mehr Kontakte für die Suche nach dem günstigsten Kaufkanal oder für Informationen über Finanzierungsmöglichkeiten sowie zusätzliche Serviceleistungen, wie beispielsweise die Lieferung des erworbenen Produkts. Für die Nachkaufphase sind vermehrt Kundenkontakte im Zusammenhang mit Hilfestellungen und Beratungen für die Inbetriebnahme oder Nutzung der erworbenen Leistung sowie Beschwerdekontakte zu erwarten (vgl. Simons & Bouwman 2004 S. 234). Daher muss nicht nur ein Einfluss der Komplexität und des Preises auf die Anzahl der Kundenkontakte, sondern auch auf die Kontaktfunktionen angenommen werden. Dies spiegelt sich auch in der Art der realisierten Kundenkontakte wider, die ebenfalls von der Komplexität und dem Preis beeinflusst wird. Besonders bei komplexen und hochpreisigen Leistungen werden Kunden, aufgrund eines hohen Bedarfs an qualitativ hochwertigen Informationen, besonders reichhaltige und somit insbesondere face-to-face Kontakte zur Erfüllung ihrer Bedürfnisse im Kaufprozess nutzen (vgl. Daft & Lengel 1984, Black et al. 2002 S. 168, Frambach et al. 2007 S. 29, Kapitel 2.5). Hierbei kann zusätzlich angenommen werden, dass diese Kontaktpunkte von den Kunden differenzierter, also für vielfältigere Funktionen, genutzt werden. Hinsichtlich der Bedeutung der Kundenkontakte kann in diesem Zusammenhang angenommen werden, dass derartige Kontakte von den Kunden auch als besonders wichtig im Kaufprozess angesehen werden (vgl. Steinmann & Silberer 2010 S. 3-5). Daraus leiten sich die elfte und zwölfte Hypothese der Arbeit ab: H11: Eine steigende Komplexität der interessierenden Leistung, bewirkt… a) … eine vermehrte Anzahl persönlicher Kontakte in der Kundenkontaktsequenz.
3.3 Determinanten der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz
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b) … insgesamt eine steigende Anzahl an Kundenkontakten in der Kundenkontaktsequenz. c) … eine höhere Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in der Kundenkontaktsequenz. d) … eine höhere subjektive Bedeutung persönlicher Kontakte in der Kundenkontaktsequenz. H12: Je höher (niedriger) der Preis der erworbenen Leistung, desto… a) … mehr (weniger) persönliche Kontakte werden in der Kundenkontaktsequenz realisiert. b) … mehr (weniger) Kundenkontakte werden insgesamt in der Kundenkontaktsequenz realisiert. c) … mehr (weniger) differenziert werden die Kontaktpunkte in der Kundenkontaktsequenz genutzt. d) … höher (niedriger) ist die subjektive Bedeutung persönlicher Kontakte in der Kundenkontaktsequenz. Der Einfluss der Kaufmotive Die Motivation im Kaufprozess bzw. die unterschiedlichen Ziele, die bei der Nutzung eines Kontaktpunkts für die Kunden im Vordergrund stehen, beeinflussen ebenfalls die Kanalwahl im Kaufprozess und somit die Kundenkontaktsequenz (vgl. Belk & Coon 1993, Schröder & Zaharia 2006, Kapitel 2.5). Hierbei werden leistungsbezogene Einkaufsmotive, die sich auf das interessierende Produkt und seine Verwendung beziehen, von prozessbezogenen Motiven für die Kanalwahl unterschieden (vgl. Balasubramanian et al. 2005 S. 14). Hinsichtlich der prozessbezogenen Motive wird die immer stärker werdende ConvenienceOrientierung vielfach diskutiert (vgl. Schoenbachler & Gordon 2002 S. 49, Schröder & Zaharia 2006). Kaufman-Scarborough & Lindquist (2002 S. 335f.) unterscheiden diese in search und access Convenience. Erstgenanntes bezieht sich auf die einfache und schnelle Informationssuche sowie den Vergleich von Produktalternativen oder Preisen. Letztgenanntes steht für die problemlose Erreichbarkeit eines Anbieters über mehrere Kanäle hinweg. Weitere Kategorien sind transaction, time, place sowie schedule Convenience (vgl. ebda.). Diese beziehen sich auf die Einfachheit und Schnelligkeit beim Erwerb oder bei Rückgabe des Produkts, auf die Möglichkeit einer kanalübergreifenden Bestellung und Abholung (z.B. Bestellung im Internet und Abholung im Ladengeschäft) sowie eine zeitunabhängige Kontaktaufnahme. Als weiteres prozessbezogenes Motiv gilt das variety seeking, der Wunsch nach Abwechslung. Variety seeking drückt sich in einem ausgeprägten Kanalwechselverhalten aus, selbst dann, wenn die Kunden mit den bisherigen erhaltenen Leistungen eines Anbieters in einem Kanal zufrieden waren (vgl. McAlister 1982, Kushawa & Shankar 2006 S. 7, Neslin et al. 2006 S.
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3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
101). Die recreational orientation ist ein weiteres prozessbezogenes Motiv der Kanalwahl (vgl. Schröder & Zaharia 2006). Hierbei geht es darum, Freude am Einkaufen zu empfinden und den Kaufprozess als eine Art der Freizeitgestaltung wahrzunehmen (vgl. Guiry et al. 2006). Hinsichtlich der leistungsbezogenen Kaufmotive können Produkte grundsätzlich für den Eigenbedarf oder für Dritte, z.B. als Geschenk, sowie für die private oder geschäftliche Verwendung erworben werden. So sind bei Kauf eines Geschenks Besuche in einer stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters zu erwarten, die ebenfalls mit einer intensiven Informationssuche und einem ausführlichen Alternativenvergleich einhergehen (vgl. Belk 1993, Balasubramanian et al. 2005). Der Grund hierfür liegt in der häufig starken sozialen Bindung zwischen Schenkendem und Beschenkten. Daher ist im Sinne der Media Richness Theorie auch eine overcomplication der Kanalwahl zu erwarten. Selbst bei wenig komplexen Gütern wünschen sich Kunden einen persönlichen Produktkontakt, um keine Fehlentscheidung beim Kauf zu treffen. Steht im Kaufprozess der Erwerb eines Produkts für die geschäftliche Nutzung an, ist mit einem gegenläufigen Effekt zu rechnen. Weiterhin sind Unterschiede zwischen dem geschäftlichen und privaten Gebrauch einer interessierenden Leistung zu erwarten. Man denke hierbei nur einmal an das unterschiedliche Verhalten bei der Organisation einer Geschäftsreise, im Vergleich zu einer privaten Urlaubsreise. Überdies werden Leistungen häufig aus persönlichem Interesse erworben, z.B. weil das Produkt gerade im Angebot ist oder auch um ein defektes Gerät zu ersetzen. Die Realisation von Rabatten, die nur zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Zeitraum eingeräumt werden (z.B. Frühbucherrabatte), sind ein weiterer Kaufgrund und entsprechen dem Motiv des smart shopping (more value for less money), mit dem der Kunde ökonomische Ziele im Kaufprozess verfolgt (vgl. Schmidt 2004 S. 95, Balasubramanian et al. 2005). Ausgehend von dieser vergleichsweise dürftigen Befundlage, wird in Anlehnung an Balasubramanian et al. (2005) von einem grundsätzlichen Einfluss unterschiedlicher Kaufmotive ausgegangen. Daraus folgt die dreizehnte Hypothese der Arbeit: H13: Das Kaufmotiv beeinflusst die (a) Realisation von Kundenkontakten, (b) ihre Funktionen und (c) Bedeutung der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz. Der Einfluss der räumlichen Erreichbarkeit des Anbieters Die Erreichbarkeit des Anbieters über die unterschiedlichen Kontaktpunkte ist ebenfalls den situativen Ursachen der Kundenkontakte zuzuordnen (vgl. Nicholson et al. 2002). Hierbei kann zwischen der räumlichen und der zeitlichen Erreichbarkeit des Anbieters unterschieden werden (vgl. ebda.). In der relevanten Forschung im Multi Channel Marketing wird häufig der Einfluss der räumlichen Erreichbarkeit des Anbieters untersucht. Hierbei wird zumeist die Entfernung zwischen dem Wohnort bzw. der Wohnung eines Kunden und der nächstgelegen stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters als Indikator für die räumliche Erreichbarkeit und deren Auswirkung auf die Nutzung unterschiedlicher Off- und Onlinekanäle eines Anbieters diskutiert (vgl. Davis 1975, Miller 1998, Teltzrow et al. 2003 S. 425, Johnson et al.
3.3 Determinanten der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz
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2006). Bereits Huff (1964 S. 35) vermutete: „[…] a household may tend to shop more at one type of channel, perhaps because of proximity“. Während sich diese Aussage auf die Nutzung unterschiedlicher Offlinekanäle bezieht, geht man heute intuitiv von nachstehendem Zusammenhang aus: je weiter ein Kunde von einer stationären Verkaufsniederlassung entfernt wohnt, desto wahrscheinlicher ist die Nutzung von Onlinekanälen im Kaufprozess, insbesondere des Internets. Ein möglicher Grund, der hierfür häufig angeführt wird, ist eine immer stärker werdende Convenience-Orientierung der Kunden, die Schnelligkeit des Informationserhalts sowie die niedrigen Kosten der Nutzung derartiger Kundenkontakte (vgl. Bachem 2002 S. 263-264, Inman et al. 2004 S. 53, Song & Zinkhan 2008). Die Befunde empirischer Studien zeigen vielfach aber einen gegenläufigen Zusammenhang. So weisen die Ergebnisse von Johnson et al. (2006) für den Kauf von High-InvolvementProdukten auf folgendes hin: je weiter ein (potenzieller) Kunde von einer stationären Verkaufsniederlassung entfernt wohnt, desto häufiger nutzt dieser Kundenkontakte im Ladengeschäft des Anbieters. Als Gründe führen die Autoren die höhere Funktionalität des Ladengeschäfts gegenüber anderen Off- und Onlinekanälen des Anbieters und die hieraus resultierenden Möglichkeiten zur Reduktion des wahrgenommen Risikos sowie für den Aufbau von Vertrauen in den Anbieter, durch die Möglichkeiten des direkten Produktkontakts und auch der direkten Interaktion bzw. Kommunikation im persönlichen Gespräch mit dem Anbieter, an. Je näher das Ladengeschäft am Wohnort der (potenziellen) Kunden liegt, desto wahrscheinlicher ist die Realisation von Kundenkontakten in Online-Kanälen, insbesondere des Internets, im Kaufprozess (vgl. Johnson et al. 2006). Ein möglicher Grund hierfür ist eine Verringerung des subjektiv empfundenen Risikos beim Onlinekauf durch die räumliche Nähe zum Anbieter, die eine vergleichsweise einfache Abwicklung von Reklamationen oder den Umtausch mit relativ geringem Aufwand im persönlichen Kundenkontakt im Ladengeschäft ermöglicht (vgl. Schoenbachler & Gordon 2002 S. 47, Gupta et al. 2004, Verhoef et al. 2005). Basierend auf diesen Ausführungen leitet sich die vierzehnte Hypothese der Arbeit ab. H14: Die räumliche Erreichbarkeit des Anbieters beeinflusst die (a) Realisation von Kundenkontakten, (b) ihre Funktionen und (c) Bedeutung der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz. Der Einfluss der Kommunikation im privaten Umfeld Der Einfluss des sozialen Umfelds gilt ebenfalls als Ursache für das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing (vgl. Nicholson et al. 2002 S. 124f.). Hierbei interessiert insbesondere der Einfluss der Privatkommunikation (Word-of-Mouth) auf Kaufentscheidungen, in Abhängigkeit einer bestimmten nachgefragten Leistung (vgl. Herr et al. 1991, Grewal et al. 2003, Chevalier & Mayzlin 2006, Kroeber-Riel et al. 2009 S. 533ff.). Bezogen auf die intrafamiliäre Kommunikation bezeichneten bereits Converse et al. (1958) die „[…] family as most important business conference“ (zitiert nach Davis 1975 S. 241). Dies gilt vor allem bei Entscheidungen hinsichtlich des Kaufs von komplexen und/oder hochpreisigen Gütern oder Dienstleistungen (vgl. Davies 1975 S. 242ff.), selbst dann, wenn der Kauf nicht alle Familienmitg-
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3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
lieder betrifft bzw. die interessierende Leistung nicht für alle bestimmt ist. Hierbei kann angenommen werden, dass je mehr Gespräche innerhalb des Haushalts bzw. der Familie im Zusammenhang mit der anstehenden Kaufentscheidung geführt werden, desto weniger Kundenkontakte realisiert werden. Dieser Effekt ist insbesondere in der Vorkaufphase zu erwarten. Betrachtet man nicht nur den Einfluss der Kommunikation innerhalb des eigenen Haushalts, sondern bezieht noch den Einfluss und die Anzahl von Gesprächen mit Freunden, Bekannten und Kollegen über den Anbieter und das interessierende Produkt bzw. die interessierende Leistung in die Überlegungen mit ein, wird der postulierte Zusammenhang noch deutlicher. In den letzten Jahren hat sich die Konsumentenverhaltensforschung diesbezüglich vor allem mit dem Einfluss von Online-Produktempfehlungen in Internetforen oder Blogs beschäftigt (vgl. Ward & Ostrom 2006, Bruhn & Homburg 2008). Wird der Einfluss der Privatkommunikation von den Kunden als hoch bewertet, ist auch von einem Effekt auf die Art, die Funktionen und die Bedeutung der realisierten Kundenkontakte auszugehen. So kann eine hohe Anzahl, zusammen mit einem großen Einfluss von Gesprächen im privaten Umfeld, die Realisation von persönlichen Kundenkontakten negativ beeinflussen. Hierbei muss eine hohe Anzahl an Gesprächen nicht immer einen hohen Einfluss nach sich ziehen. Nicht selten besitzt schon ein einzelnes Gespräch einen hohen Einfluss auf die Kaufentscheidung. Weiterhin ist zu vermuten, dass die realisierten Kundenkontakte im Kaufprozess weniger unterschiedliche Funktionen für die Kunden erfüllen und von geringerer Bedeutung sind als bei keinem oder nur einer geringen Anzahl privater Gespräche mit geringem Einfluss auf den Kunden. Aus diesen Überlegungen folgen die fünfzehnte, sechzehnte und siebzehnte Hypothese dieser Arbeit: H15: Die Gespräche im privaten Umfeld, die im Zusammenhang mit dem Kauf stehen, beeinflussen die (a) Realisation von Kundenkontakten, (b) ihre Funktionen und (c) die Bedeutung der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz. H16: Je mehr (weniger) Gespräche im privaten Umfeld im Zusammenhang mit der erworbenen Leistung im Kaufprozess geführt wurden, desto… a)… weniger (mehr) persönliche Kundenkontakte werden in der Kundenkontaktsequenz realisiert. b)… niedriger (höher) ist die Anzahl der realisierten Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz. c)… weniger (mehr) Funktionen erfüllen die realisierten Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz. d)… desto geringer (höher) ist die Bedeutung der realisierten Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz. H17: Je stärker (geringer) der Einfluss der privaten Gespräche im Zusammenhang mit der erworbenen Leistung beurteilt wird, desto…
3.4 Finale Wirkungen der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz
81
a) … weniger (mehr) persönliche Kundenkontakte werden in der Kundenkontaktsequenz realisiert. b) … niedriger (höher) ist die Anzahl der realisierten Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz. c) … weniger (mehr) Funktionen erfüllen die realisierten Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz. d) … geringer (höher) ist die Bedeutung der realisierten Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz. 3.4
Finale Wirkungen der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz
Die wenigen Studien, die sich bislang im Multi Channel Marketing mit den Effekten des Käuferverhaltens im kundenzentrierten Ansatz beschäftigt haben, zeigen die im Rahmenmodell der Arbeit (vgl. Abbildung 9 S. 83) postulierten Effekte der Kundenkontakte sowie der Kundenkontaktsequenz auf die Kundenzufriedenheit, das wahrgenommene Risiko und das Vertrauen gegenüber dem Anbieter sowie die Kundenloyalität (vgl. Montoya-Weiss et al. 2003, Wallace et al. 2004, Silberer et al. 2007, Steinmann & Silberer 2009b). Die Effekte auf die Kundenzufriedenheit Zunächst wird angenommen, dass die Kundenkontakte sowie die Kundenkontaktsequenz die Zufriedenheit der Kunden beeinflussen. Oliver (1997 S. 13) definiert Kundenzufriedenheit als „the consumer’s fulfillment response. It’s a judgement that a product or service feature, or the product or service itself, provided (or is providing) a pleasurable level of consumption-related fulfillment, including levels of under- or overfulfillment”. Bei der Kundenzufriedenheit handelt es sich um ein abstraktes, kognitives Konstrukt, das aus der tatsächlichen Erfahrung bei der Inanspruchnahme einer Leistung (Ist-Zustand) mit einem bestimmten Vergleichsstandard des Kunden (Soll- Zustand) resultiert (vgl. Bigné et al. 2005 S. 834-835, Homburg & Krohmer 2009 S. 44). Kaas und Runow (1984 S. 452) beziehen diesen Soll-Ist-Vergleich direkt auf Konsumerlebnisse, was alle Kundenkontakte im Kaufprozess mit einschließt. Die angesprochenen Konsumerlebnisse werden in der relevanten Forschung zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing in prozessbezogene und leistungsbezogene Merkmale unterschieden (vgl. Balasubramanian et al. 2005 S. 14). Daher unterscheiden Montoya-Weiss et al. (2003 S. 448) in leistungs- und prozessbezogene Aspekte der Kundenzufriedenheit. Die leistungsbezogene Kundenzufriedenheit beinhaltet die globale Bewertung unterschiedlicher Aspekte des Leistungsangebots des Anbieters (vgl. Rapp 1995 S. 119, Montoya-Weiss et al. 2003 S. 449). Hierzu zählen die erworbene Leistung und alle hiermit verbundenen Eigenschaften, aber auch die Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses sowie die Einschätzung des Anbieters im Vergleich zur Konkurrenz (vgl. Beutin 2008 S. 129).
82
3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
Die prozessbezogene Kundenzufriedenheit beinhaltet activity-specific evaluations und umfasst somit alle Aspekte der Kundenkontakte zwischen Anbieter und Kunden im Kaufprozess (vgl. Montoya-Weiss et al. 2003 S. 449, Homburg & Krohmer 2009 S. 45). Gemäß Schütze (1994 S. 212f.) ist hierbei insbesondere von einem Effekt der Service- und Beratungsleistungen an unterschiedlichen Kundenkontaktpunkten auszugehen. Im Multi Channel Marketing sind hierbei nicht nur Wirkungen in persönlichen Kundenkontakten mit einer direkten Interaktion zwischen Anbieter und Kunden, sondern ebenfalls bei semi- und unpersönlichen Kontakten zu erwarten (vgl. Silberer & Steinmann 2009 S. 4-5, Steinmann & Silberer 2009b S. 18-19). Diesbezüglich kann angenommen werden, dass die verschiedenen Kategorien von Kundenkontakten die prozessbezogene Kundenzufriedenheit mit unterschiedlichem Gewicht beeinflussen. Reichhaltige Kundenkontakte beeinflussen, aufgrund ihrer besonderen Eignung zur Bereitstellung hochwertiger Serviceleistungen, die Kundenzufriedenheit stärker als wenig reichhaltige Kontakte (vgl. Daft & Lengel 1984, Zeithaml et al. 2002, Brunelle & Lapierre 2008). Ebenfalls kann von folgendem Einfluss der Bedeutung der Kundenkontakte ausgegangen werden: je höher die Bedeutung eines Kundenkontaktpunkts, desto stärker ist sein Effekt auf die Kundenzufriedenheit. Da von phasenspezifischen Unterschieden der Bedeutung einzelner Kundenkontaktpunkte ausgegangen werden muss (vgl. Kapitel 2.3), gehen hiermit Differenzen, bezogen auf den phasenbezogenen Effekt einzelner Kontaktpunkte auf die prozessbezogene Kundenzufriedenheit, einher (vgl. Mick & Fournier 1998, Montoya-Weiss et al. 2003 S. 449, Silberer & Steinmann 2009 S. 5). Darüber hinaus zeigen sich ebenfalls Wirkungen der Kundenkontakte und der Kundenkontaktsequenz auf leistungsbezogene Aspekte der Kundenzufriedenheit. Beispielsweise zeigen die Ergebnisse von Steinmann & Silberer (2009b S. 18-19) einen negativen Effekt der Anzahl der insgesamt realisierten Kundenkontakte auf die Zufriedenheit der Kunden mit dem Anbieter sowie auf die angebotenen Leistungen des Anbieters. Es kann somit allgemein angenommen werden: je mehr Kontakte ein Kunde für die Befriedigung seiner Bedürfnisse im Kaufprozess realisieren muss, desto unzufriedener ist dieser Kunde auch mit leistungsbezogenen Aspekten des Anbieters. Neben den skizzierten Effekten der Kundenkontakte und der Kundenkontaktsequenzen auf die leistungs- und prozessbezogene Kundenzufriedenheit sind ebenso Abhängigkeiten zwischen diesen beiden Dimensionen zu erwarten (vgl. Montoya-Weiss et al. 2003 S. 451, Homburg & Krohmer 2009 S. 45). Basierend auf den dargestellten Forschungsstand und den hieraus resultierenden Annahmen folgen die achtzehnte und neunzehnte Hypothese der Arbeit: H18: Die (a) realisierten Kundenkontakte, (b) ihre Funktionen und (c) die Bedeutung der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz beeinflussen die (1) leistungs- und (2) prozessbezogene Kundenzufriedenheit. H19: Es besteht ein Zusammenhang zwischen der prozess- und leistungsbezogenen Kundenzufriedenheit.
3.4 Finale Wirkungen der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz
83
Der Effekt auf das wahrgenommene Kaufrisiko Das wahrgenommene Risiko bzw. Kaufrisiko gegenüber dem Anbieter beschreibt die als nachteilig empfundenen Folgen des Konsumenten- bzw. Käuferverhaltens, die nicht sicher vorhergesehen werden können (vgl. Bauer 1960, zitiert nach Kroeber-Riel et al. 2009 S. 435436). Dies ergibt sich insbesondere aus der Qualitätsunsicherheit der Kunden hinsichtlich der interessierenden bzw. erworbenen Leistung. Somit ist eine Reduktion des wahrgenommenen Risikos der Kunden im Kaufprozess für die Anbieter von besonderem Interesse. Für die Dienstleistungsbranche liegt für Homburg und Krohmer (2009 S. 953) das zentrale Ziel aller Marketingaktivitäten in der Reduktion des wahrgenommenen Risikos der Kunden. Vor allem persönliche Kundenkontakte eröffnen ihm hierfür vielfältige Möglichkeiten (vgl. Homburg et al. 2009), aber auch die Bereitstellung umfassender Informationen an weiteren Kontaktpunkten kann die Reduktion des wahrgenommenen Risikos positiv beeinflussen. Bei der prozessbezogenen Analyse des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing identifizieren Jarvenpaa et al. (1999) und Schramm-Klein (2003b) einen positiven Effekt der Gestaltung einzelner Marketingkanäle sowie des gesamten Multi Channel Marketing auf das wahrgenommene Risiko: je mehr Kanäle den Kunden für einen Kontakt zur Verfügung gestellt und Informationen in den Kanälen bereitgestellt werden, desto geringer beurteilen diese das Risiko einer Transaktion mit dem Anbieter. Silberer und Steinmann (2009) sowie Steinmann und Silberer (2009b) stellen zusätzlich eine Wirkung der Art der Kontaktpunkte fest. Demnach können vor allem persönliche Kontakte das wahrgenommene Risiko reduzieren (vgl. hierzu auch Homburg et al. 2009). In diesem Zusammenhang sind auch die Funktionen der Kundenkontakte von Interesse. Überdies kann angenommen werden, dass Kontakte, die für die Kunden von besonderer Bedeutung sind, stärker zur Risikoreduktion beitragen als Kontakte mit geringer Bedeutung im Kaufprozess. Hieraus folgt die zwanzigste Hypothese der Arbeit: H20: Die (a) realisierten Kundenkontakte, (b) ihre Funktionen und (c) Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz beeinflussen das wahrgenommene Kaufrisiko einer Transaktion beim Anbieter. Der Effekt auf das Vertrauen in den Anbieter In engem Zusammenhang zum wahrgenommenen Risiko steht das Vertrauen der Kunden in den Anbieter bzw. die subjektive Einschätzung seiner Vertrauenswürdigkeit (vgl. KroeberRiel et al. 2009). Im Multi Channel Marketing wird häufig der Effekt der Gestaltung der einzelnen Kanäle sowie des gesamten Multi Channel Marketing für den Aufbau von Vertrauen in den Anbieter diskutiert. Schramm-Klein (2003b) identifiziert positive Wirkungen eines hohen Integrationsgrads der Kanäle, einer einheitlichen Preis-, Leistungs- und Sortimentsgestaltung und der bisherigen Erfahrungen auf das Vertrauen in den Anbieter. Hierbei geht sie ebenfalls von einem Effekt der Kundenkontakte an den unterschiedlichen Kontaktpunkten aus. In diesem Zusammenhang ist von einem Vertrauenstransfer von einem Kontaktpunkt auf weitere auszugehen, d.h. ein hohes Vertrauen durch Kontakte an einem bestimmten Kontaktpunkt wirkt sich positiv auf das Vertrauen in andere Kanäle und gegenüber dem Anbieter aus (vgl.
84
3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
ebda.). Steinfield et al. (2002) sehen hierin einen großen Vorteil von Multi Channel gegenüber Mono Channel Anbietern. Jarvenpaa et al. (1999) sowie Ganesan (1994) zeigen, dass ein grundsätzlicher Zusammenhang zwischen der Realisation unterschiedlicher Kundenkontakte und dem Vertrauen besteht. Hierbei ist auch davon auszugehen, dass die Funktionen und die Bedeutung der realisierten Kontakte einen Effekt auf das Vertrauen der Kunden in den Anbieter haben. Somit folgt die einundzwanzigste Hypothese dieser Arbeit: H21: Die (a) realisierten Kundenkontakte, (b) ihre Funktionen und (c) Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz beeinflussen das Vertrauen der Kunden in den Anbieter. Die Effekte auf die Kundenloyalität gegenüber dem Anbieter Ein weiteres Ziel von Marketingaktivitäten ist der Aufbau von Kundenloyalität. Allgemein versteht man unter Kundenloyalität die langfristige Bindung eines Kunden an ein Unternehmen (vgl. Schramm-Klein 2003a S. 136, 141). Kundenloyalität entsteht aus den Anstrengungen des Anbieters, die Bedürfnisse der Kunden (optimal) zu befriedigen, beispielsweise durch eine Übererfüllung der Kundenerwartungen, z.B. durch das erworbene Produkt oder die Leistung, die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Serviceleistungen, regelmäßige Kontakte zwischen Anbieter und Kunden sowie insbesondere bei der Auseinandersetzung mit kritischen Themen über vom Anbieter initiierte Kundenkontakte und durch den Aufbau einer emotionalen Verbundenheit etc. (vgl. Storbacka et al. 1994). Nicht nur im Kontext des Multi Channel Marketing ist die Kundenloyalität für den langfristigen Unternehmenserfolg von besonderer Bedeutung. So haben empirische Studien gezeigt, dass loyale Kunden eine höheren Umsatz generieren, weniger Preissensitiv sind, weniger Kundenbetreuung benötigen und hierdurch äußerst profitabel sind (vgl. z.B. Buchanan & Gilles 1990, Reichheld & Sasser 1990, Reichheld & Schefter 2000 S. 110, Van Oppen 2005 S. 2, Homburg et al. 2005). Dieser Arbeit liegt das in der relevanten Literatur weit verbreitete dreidimensionale Verständnis der Kundenloyalität zugrunde, welches (1) das grundsätzliche Wiederkaufverhalten, (2) die Bereitschaft zu Zusatzkäufen sowie (3) die Bereitschaft, den Anbieter und seine Leistungen an Dritte weiterzuempfehlen, beinhaltet (vgl. Anderson 1998, Symanski & Henard 2001, Schramm-Klein 2003, Homburg & Krohmer 2009 S. 45). Die Befunde von Wallace et al. (2004 S. 258f.) deuten darauf hin, dass die Kundenloyalität direkt durch die Kundenkontakte beeinflusst wird. Demnach ist anzunehmen, dass Kunden, die mehrere Kundenkontaktpunkte eines Anbieters nutzen, auch loyaler gegenüber dem Anbieter sind (vgl. Kumar & Venkatesan 2005 S. 59, Neslin et al. 2006 S. 100). Srinivasan et al. (2002) zeigen, dass insbesondere von Kontaktpunkten, die eine Interaktion zwischen Anbieter und Kunden ermöglichen, ein stärkerer Effekt auf alle Dimensionen der Kundenloyalität ausgeht als von Kundenkontakten ohne direkte Interaktionsmöglichkeit. Durch den zielgerichteten Einsatz des Marketinginstrumentariums können allerdings auch semi- und unpersönliche Kontakte die Kundenloyalität positiv beeinflussen (vgl. hierzu die Beispiele bei Homburg & Krohmer 2009 S. 904). Bezogen auf die Anzahl der Kundenkontakte im Kaufprozess und die Kundenkontaktsequenz zeigen die Ergebnisse von Steinmann & Silberer (2008b, 2009b) einen grundsätzlichen Ein-
3.4 Finale Wirkungen der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz
85
fluss der Art und der Anzahl auf das Wiederkaufverhalten und die Weiterempfehlungsabsicht der Kunden. Hinsichtlich der Art der Kundenkontakte sind die Befunde empirischer Studien widersprüchlich. Während Shankar et al. (2003), Danaher et al. (2003) sowie Verhoef und Donkers (2005 S. 39) feststellen, dass die Nutzung des Internets die Kundenloyalität positiv beeinflusst, identifizieren Wright (2002) und Ansari et al. (2008) diesbezüglich einen negativen Zusammenhang. Darüber hinaus wird in Anlehnung an Steinmann & Silberer (2009b) angenommen, dass die einzelnen Dimensionen der Kundenloyalität ebenfalls von den Funktionen und der Bedeutung der Kundenkontakte beeinflusst werden. Hieraus folgt die zweiundzwanzigste Hypothese der Arbeit. H22: Die (a) realisierten Kundenkontakte, (b) ihre Funktionen und (c) Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz beeinflussen die Kundenloyalität gegenüber dem Anbieter. Einschränkend muss zu diesen postulierten Effekten der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz auf die finalen Größen angemerkt werden, dass zwischen den in dieser Arbeit betrachteten Aspekten ebenfalls Abhängigkeiten bestehen. So wird beispielsweise angenommen, dass ein gewisses Maß an Kundenzufriedenheit eine notwendige Voraussetzung für eine (dauerhafte) Loyalität der Kunden zu einem Anbieter ist (vgl. Storbacka et al. 1994, Beutin 2008). Weiterhin wird ein Einfluss der Kundenzufriedenheit auf das Vertrauen und das wahrgenommene Risiko, die wiederum in enger Beziehung zueinander stehen, angenommen (vgl. Storbacka et al. 1994, Homburg & Bucerius 2008 S. 58-59). Beide Größen beeinflussen ebenfalls die Kundenloyalität (vgl. Schramm-Klein 2003a, Einwiller 2003). Da im Rahmen der Konsumentenverhaltensforschung grundsätzlich von diesen Beziehungen auszugehen ist, werden diese in der vorliegenden Arbeit nicht weiter untersucht. Allerdings werden im Rahmen der Ergebnispräsentation dieser Arbeit Möglichkeiten aufgezeigt, wie der moderierende Effekt der realisierten Kontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz auf die Zusammenhänge zwischen den finalen Größen ermittelt werden kann. Zusammenfassung und Hypothesensystem Basierend auf dem Stand der Forschung wurde in diesem Kapitel ein grundsätzliches Rahmenmodell für die Analyse der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung innerhalb der Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing hergeleitet. Hierauf aufbauend wurden Hypothesen zu den horizontalen und vertikalen Beziehungen zwischen den einzelnen Dimensionen der Kundenkontakte im Kaufprozess formuliert. Darüber hinaus wurde auch der Einfluss personenbezogener sowie situativer Determinanten auf die Kundenkontakte und die Kundenkontaktsequenz dargestellt sowie deren Wirkung auf finale Größen erörtert. Abbildung 11 fasst das hieraus resultierende Hypothesensystem anschaulich zusammen. Auch wenn bisher ein branchenübergreifender Vergleich des Einflusses des Produkts bzw. der Produktkategorie auf das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing fehlt, ist, basierend auf den Studienergebnissen aus unterschiedlichen Bereichen der Handels- und Dienstleistungsbranche, von Unterschieden im Käuferverhalten im Multi Channel Marketing, in Ab-
86
3. Modell der Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kontaktsequenzen
hängigkeit der jeweils betrachteten Branche, auszugehen (vgl. z.B. Burke 2002, Dach 2002a). Um diese Forschungslücke zu schließen, werden in dieser Arbeit die im Hypothesensystem postulierten Zusammenhänge in zwei Branchen, der Handels- und Dienstleistungsbranche, untersucht und miteinander verglichen. Abbildung 11: Hypothesensystem der Arbeit Personenbezogene Determinanten Alter Geschlecht Derzeitige Tätigkeit Einkommen
H5a,b,c H6a,b,c
Kontakte und Kundenkontaktsequenzen im Kaufprozess (H1)
Kundenzufriedenheit H18a,b,c
H7a,b,c
H19
H8a,b,c
durchschnittliche Internetnutzung
H9a,b,c
bisherige Erfahrungen
H10a,b,c,
H18a,b,c
H4a,b
Kundenkontakt
Produktkategorie H11a,b,c,d
Preis
H12a,b,c,d
Kaufmotive
H13a,b,c
räumliche Erreichbarkeit
H14a,b,c
(2) leistungsbezogen
H4b
H4a
H20a,b,c
Wahrgenommenes Kaufrisiko
H21a,b,c
Wahrgenommenes Vertrauen
Situative Determinanten Komplexitätsgrad
(1) prozessbezogen
Kontaktfunktion
H3
Kontaktbedeutung
Kundenloyalität Wiederkaufbereitschaft
Privatkommunikation H22a,b,c
Gespräche geführt?
Anzahl der Gespräche Einfluss der Gespräche
H15a,b,c
Bereitschaft zu Zusatzkäufen
H16a,b,c,d
Weiterempfehlung H17a,b,c,d
Im Folgenden werden im vierten Kapitel die Grundlagen für die empirische Prüfung und den Vergleich des Hypothesensystems gelegt. Hierfür wird ein geeignetes Instrument zur Erfassung aller Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz vorgestellt und in den ausgewählten Branchen eingesetzt. Anschließend werden die Ergebnisse der empirischen Hypothesenprüfung in beiden Branchen vorgestellt, miteinander verglichen und diskutiert.
4. Anlage und Durchführung von zwei Studien zu Ursachen und Wirkungen von Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing In den folgenden Abschnitten werden die Anlage, Durchführung und die Ergebnisse von zwei Befragungsstudien in der Handels- und Dienstleistungsbranche zur Analyse der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung der Kundenkontaktsequenz sowie zur Überprüfung der formulierten Hypothesen dargestellt. Hierfür werden zunächst die Ziele der Studien vorgestellt (4.1). Daran anschließend wird ausführlich die Anlage der Studien beschrieben (4.2). Hierbei werden die ausgewählten Anbieter und ihr Multi Channel Marketing, der Aufbau der verwendeten Befragungsinstrumente, die Operationalisierung der relevanten Variablen sowie der Ablauf der Datenerhebung präsentiert. Nach der Stichprobenbeschreibung (4.3) befasst sich Abschnitt 4.4 mit der Darstellung und Diskussion der Ergebnisse der Datenauswertungen für beide Branchen. 4.1
Ziele der Studien
Dem Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit liegt ein mehrdimensionales Verständnis aller realisierten Kontakte zwischen einem Anbieter und seinen Kunden sowie der Kundenkontaktsequenz zugrunde (vgl. Steinmann & Silberer 2009b). Ein realisierter Kundenkontakt beinhaltet nicht nur den jeweils genutzten Kundenkontaktpunkt (Dimension 1), sondern zusätzlich Informationen über die Funktionen (Dimension 2) und die Bedeutung des Kontakts für den Kunden (Dimension 3). Weiterhin wird jeder realisierte Kundenkontakt einer bestimmten Position in der Kundenkontaktsequenz und einer bestimmten Prozessphase zugeordnet. Das erste Ziel der empirischen Studien der vorliegenden Arbeit muss demnach sein, eine geeignete Methode für die Erfassung aller Kundenkontakte im Kaufprozess sowie ihrer Ursachen und Wirkungen vorzustellen und anzuwenden. Hierdurch soll nicht nur eine detaillierte Deskription des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing ermöglicht werden, sondern auch die Verfolgung des zweiten Studienziels, die Überprüfung der in Kapitel 3.2 bis 3.4 hergeleiteten Hypothesen und ein Vergleich der Ergebnisse aus beiden Branchen. Das dritte Ziel ist somit der Versuch, die Forschungslücke eines branchenübergreifenden Vergleichs des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing zu schließen. Hierbei sollen vermutete Unterschiede aufgrund unterschiedlicher Anforderungen und Präferenzen hinsichtlich der Kundenkontaktpunkte, der gewünschten Funktionen und deren Bedeutung im Kaufprozess aufgezeigt sowie mögliche Gründe hierfür identifiziert werden. Durch die Erfassung der Kundenkontaktsequenz wird eine umfassende Auseinandersetzung mit der Dynamik des Kundenverhaltens im Zeitablauf ermöglicht. Die lokale und globale Analyse der komplexen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten in der (multidimensio-
S. Steinmann, Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing, DOI 10.1007/978-3-8349-6579-0_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
nalen) Kundenkontaktsequenz erfordert den Einsatz geeigneter Methoden der Sequenzanalyse. Solche Methoden sind in der Marketingforschung bisher kaum eingesetzt worden (vgl. hierzu den Überblick bei Silberer 2009). Daher besteht das vierte Ziel der Arbeit im Aufzeigen und Anwenden geeigneter sequenzanalytischer Methoden zur Analyse der Kundenkontaktsequenzen. Hierbei wird an einigen Stellen Neuland beschritten, so dass es sich auch um eine Machbarkeitsstudie handelt, bei der die Eignung der eingesetzten Verfahren sowie die Aussagekraft der erhaltenen Ergebnisse diskutiert werden. 4.2
Anlage der Studien
Die Erfassung der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz erfolgte in Form von mündlichen – paper and pencil – und schriftlichen Befragungen unter Verwendung eines standardisierten und strukturierten Fragebogens (vgl. z.B. Green et al. 1988 S. 174 ff.). In der Handelsbranche wurden hierbei ausschließlich mündliche Befragungen durchgeführt, während in der Dienstleistungsbranche mündliche und schriftliche Befragungen in unterschiedlichen Erhebungswellen eingesetzt wurden. Diese Formen der Datenerhebung bringen u.U. Probleme mit sich, die sich negativ auf die Objektivität, Reliabilität und Validität der Messung und somit auf die Aussagekraft der Befunde auswirken können (vgl. Holm 1976 S. 123ff., Bühner 2004 S. 29ff., Bortz & Döring 2006 S. 195ff.). Grundsätzliche Probleme von Befragungsstudien liegen u.a. in der Allgemeinverständlichkeit der Fragestellungen, einer möglichen Überforderung der Befragten aufgrund der Befragungsthematik, die häufig mit einer reduzierten Auskunftsbereitschaft der Befragten einhergeht, eine eingeschränkte Erreichbarkeit sowie in der Länge des Fragebogens und der Antwortbatterien (vgl. Thoma & Zimmermann 1996 S. 145, Berekoven et al. 2009 S. 98). Bei der mündlichen Befragung ist zusätzlich von einem Interviewereinfluss auszugehen, der durch die soziale Interaktion zwischen Interviewer und Befragtem entsteht (vgl. ausführlich Groves 1989 S. 357ff., Alreck & Settle 2004 S. 181ff.). Dieser kann aber durch eine intensive Interviewerschulung minimiert werden. Mit dem Interviewereinsatz sind allerdings nicht nur negative Effekte verbunden, so beeinflusst dieser die Vollständigkeit der Angaben positiv (vgl. Aaker & Day 1990 S. 201). Bei schriftlichen Befragungen liegen die Probleme häufig in einer niedrigen Rücklaufquote, deren Grund u.a. in der Länge der Fragebögen (vgl. Dillman 1978, Chadwick et al. 1984 S. 138) und der hieraus resultierenden Gefahr einer mangelnden Repräsentativität der erfassten Daten liegt (vgl. Homburg & Krohmer 2006 S. 271). Trotz der angeführten Probleme liegt im Hinblick auf den interessierenden Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit der wesentliche Vorteil einer Befragungsstudie in der Tatsache: „the collection of […] data by survey provides detail, interpretation, and information about situational or contextual factors unavailable via any other research technique” (Chadwick et al. 1984 S. 101). Dies gilt vor allem bezüglich der Erfassung aller Kundenkontakte sowie der Kundenkontaktsequenz als mehrdimensionale Sachverhalte, die neben dem reali-
4.2 Anlage der Studien
89
sierten Kundenkontakt auch Informationen über die Kontaktfunktionen und Kontaktbedeutung aus Kundensicht beinhalten sollen (vgl. Steinmann 2005 S. 10-14, Steinmann & Silberer 2008b). Dieser Vorteil gilt besonders für die Erfassung unpersönlicher Kundenkontakte, die sich in der Regel einer anderweitigen Erfassung entziehen, z.B. Kontakte mit Anzeigen in Printmedien, bzw. deren Zuordnung zu einem Kunden nicht problemlos möglich ist oder beim anonymen Surfen der Kunden auf der Anbieter-Homepage. Zusätzlich gelingt durch die Befragung auch die Untersuchung möglicher Ursachen und Wirkungen aller Kundenkontakte (vgl. Silberer 2004 S. 10, Silberer & Mau 2004 S. 4). Durch den Einsatz eines standardisierten und strukturierten Messinstruments sind überdies die verwendeten Fragebögen und die einzelnen Fragen hinsichtlich Form, Inhalt und Reihenfolge festgelegt und werden diesbezüglich in der Befragungssituation nicht mehr verändert (vgl. Homburg & Krohmer 2006 S. 268). So werden die Grundlagen für die Wiederholbarkeit, Vergleichbarkeit, Aggregation sowie die Verknüpfung der erfassten Daten geschaffen (vgl. Dykma et al. 1997, Berekoven et al. 2009 S. 93). Um die Vorteile von Befragungsstudien für die Beschäftigung mit dem Untersuchungsgegenstand zu nutzen und deren Nachteile zu minimieren, wurden am Institut für Marketing und Handel der Georg-August Universität Göttingen unter Leitung von Prof. Dr. Günter Silberer das Befragungsinstrument für die Erfassung der Kundenkontakte sowie der Kundenkontaktsequenz als multidimensionale Sachverhalte schrittweise durch mehrere Vorstudien in unterschiedlichen Branchen und im Rahmen von Abschlussarbeiten von Studierenden betriebswirtschaftlicher Studiengänge getestet und weiterentwickelt und den jeweiligen branchenspezifischen Besonderheiten und Anforderungen angepasst20. Bei der Auswahl der zu erfassenden Sachverhalte, der Itemformulierung sowie deren Operationalisierung wurde insbesondere darauf geachtet, die grundsätzliche Vergleichbarkeit der erfassten Daten zwischen den beiden betrachteten Branchen zu gewährleisten. 4.2.1
Ausgewählte Multi Channel Marketing-Systeme
Um die branchenübergreifende Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu ermöglichen, wurde bei der Auswahl der jeweiligen Branchenvertreter im Hinblick auf die Konfiguration und Koordination des Multi Channel Marketing darauf geachtet, Anbieter mit möglichst vergleichbaren Mehrkanalsystemen auszuwählen. Dies betrifft die eingesetzten Instrumente der Marketingkommunikation und die Gestaltung der Marketingkanäle. Diesen Anforderungen konnte durch die Auswahl eines Elektronikfachhändlers als Vertreter der Handelsbranche sowie durch die Auswahl von Reiseveranstaltern als Vertreter der Dienstleistungsbranche zum Großteil nachgekommen werden.
20
Zu den Methoden für den Test und die Weiterentwicklung von Fragebögen vgl. die ausführliche Diskussion bei Hunt et al. (1982).
90
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
In der Handelsbranche wurden die Befragungen in Zusammenarbeit mit einer Göttinger Filiale eines europaweit agierenden Elektrofachmarkts durchgeführt. Der Elektronikfachhändler vertreibt seine Produkte überwiegend über seine stationäre Verkaufsniederlassung, bietet seinen Kunden aber ebenfalls die Möglichkeit einer Bestellung über semi-persönliche Kontaktpunkte per Telefon oder E-Mail. Zusätzlich werden ausgewählte Leistungen direkt über die Anbieter-Homepage vertrieben (z.B. MP3’s) und hierüber die Bestellung eines Notebooks mit anschließender Abholung im Ladengeschäft des Anbieters ermöglicht. Weiterhin beinhaltet die Homepage Informationen über aktuelle Angebote und Aktionen des Anbieters. Auf aktuelle Angebote werden registrierte Kunden ebenfalls durch einen regelmäßig (ein- bis zweimal wöchentlich) versendeten Internet-Newsletter aufmerksam gemacht. Weitere unpersönliche Kundenkontaktpunkte des Anbieters sind Prospekte, Anzeigen und Beilagen in Tageszeitungen, Anzeigenblättern und Zeitschriften. Als weitere Instrumente der Marketingkommunikation dienen bundesweite TV- und Radiowerbung sowie Poster- und Plakatwerbung. Unterschiedliche Formen der Online-Marketingkommunikation, wie Banner und Popups, werden zusätzlich auf sonstigen Internetseiten für die Kundenansprache eingesetzt. Innerhalb des Multi Channel Marketing des Elektronikfachhändlers nimmt das Ladengeschäft die Rolle des Lead Channels ein (vgl. Specht & Fritz 2005 S. 174). Das Verkaufs- und Servicepersonal stellen wichtige Kontaktpunkte im Ladengeschäft des Anbieters dar. Die weiteren Kundenkontaktpunkte übernehmen überwiegend unterstützende Funktionen und dienen vor allem der Lenkung der Kunden in die stationäre Verkaufsniederlassung. Der ausgewählte Elektronikfachhändler zeichnet sich darüber hinaus durch ein breites und tiefes Sortiment aus, das von Low-Involvement Produkten aus unteren Preissegmenten, wie z.B. CD-ROM’s, bis hin zu komplexen, technologischen High-Involvement Gütern oberer Preissegmente, wie z.B. Computersysteme oder HIFI-Anlagen, reicht. Darüber hinaus werden im Zusammenhang mit dem Kauf weitere Serviceleistungen, wie Finanzierungshilfen, und ein Lieferungs- und Entsorgungsservice angeboten. Als Vertreter der Dienstleistungsbranche wurde die Tourismusbranche ausgewählt, in der zu den bekanntesten und größten Anbietern auf dem deutschen Markt die TUI AG und die Thomas Cook AG mit ihren dazugehörigen Marken (z.B. TUI AG mit TUI, 1-2-fly, Robinson etc.; Thomas Cook AG mit Thomas Cook, Neckermann, Aldiana, Bucher Reisen etc.) zählen. Innerhalb des Multi Channel Marketing ermöglichen die Anbieter in der Tourismusbranche die Buchung einer Reise im Reisebüro, über die Anbieter-Homepage, das Call Center sowie Off- und Online-Reisemittler (z.B. expedia.de, opodo.de). Bezogen auf das Reisebüro kann die Buchung einer Reise sowohl im persönlichen Kontakt mit den Mitarbeitern direkt vor Ort oder telefonisch durchgeführt werden. Als weitere Kundenkontaktpunkte werden im Multi Channel Marketing der Tourismusbranche ebenfalls Prospekte, Anzeigen und Beilagen in Tageszeitungen, Anzeigenblättern und Zeitschriften im Rahmen der Marketingkommunikation genutzt. Ebenso werden in der Tourismusbranche TV- und Radiowerbung sowie verschiedene Formen der Online-Marketingkommunikation für die Herstellung eines Kundenkontakts eingesetzt. Im Vergleich zum Elektronikfachhandel existieren allerdings drei Kundenkontakt-
4.2 Anlage der Studien
91
punkte, die eine besondere Stellung einnehmen: der Reisekatalog, das Reiseverkaufsfernsehen (z.B. sonnenklar.tv) sowie der Reiseleiter am Urlaubsort. 4.2.2
Aufbau der Fragebögen
Der Aufbau der standardisierten Fragebögen zur Erfassung der Kundenkontakte und der Kundenkontaktsequenz als multidimensionale Sachverhalte sowie der Ursachen und Wirkungen ist für die unterschiedlichen Befragungsstudien in den ausgewählten Branchen identisch (vgl. Tabelle 4). Für den Einsatz in den ausgewählten Branchen wurden die Fragebögen den spezifischen Besonderheiten angepasst. Hierfür wurden zum Teil einzelne Items ergänzt sowie einzelne Itemformulierungen geändert, um so einen konkreten Bezug zu jeweiligen Branche herzustellen. Die grundsätzliche Vergleichbarkeit der Daten wurde hierdurch jedoch nicht beeinträchtigt. Tabelle 4: Aufbau der verwendeten Fragebögen im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche Elektronikfachhandel
Tourismusbranche
A
Ansprache & Begrüßung, kurze Einleitung in das Thema der Befragung, Versicherung der vertraulichen Verwendung der erfassten Daten, Hinweis auf Incentivierung und/oder mögliche Teilnahme an einem Gewinnspiel, Gesprächseröffnung
B
Letzter Kauf bzw. letzte Buchung, Eigenschaften der erworbenen Leistung und Begleitumstände der Transaktion (situative & kundenbezogene Ursachen) Realisierte Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutung sowie die Kundenkontaktsequenz entlang aller Kaufprozessphasen 1. Nachreisephase
C
1. Nachkaufphase
2. Reisephase 3. Vorreisephase
2. Kaufphase
4. Buchungsphase
3. Vorkaufphase
5. Vorbuchungsphase
D
Fragen zur Kundenzufriedenheit
E
Kundenloyalität und Kontrollvariablen
F
Soziodemografische und sozioökonomische Kundenmerkmale
G
Erinnerungsvermögen bezogen auf die Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutungen sowie die Kundenkontaktsequenz
H
Danksagung, Verabschiedung und Hinweis auf Gewinnspiel
Der erste Teil der Fragebögen (A) dient der standardisierten Ansprache und Begrüßung potenzieller Auskunftspersonen sowie, im Rahmen der mündlichen Befragungen, der Feststellung der Bereitschaft und der grundsätzlichen Eignung der angesprochenen Person zur Teilnahme an der Studie. Weiterhin wird hierbei eine kurze Einführung in die Thematik der Studie gegeben, auf die Incentivierung der Teilnehmer und/oder die Möglichkeit zur Teilnahme am Gewinnspiel sowie auf die vertrauliche Verwendung der gegebenen Antworten hingewiesen. Auf diese Weise soll ein potenzielles Misstrauen der Befragten gegenüber dem Interview
92
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
und dem Interviewer abgebaut und die Antwortbereitschaft erhöht werden (vgl. von Kirschhofer-Bozenhardt & Kaplitza 1975 S. 93ff., Bortz & Döring 2006 S. 244ff.). Der weitere Aufbau des Fragenbogens folgt einer gewissen Dramaturgie, die die ausgewählte Person Schritt für Schritt durch die inhaltlichen Themen führt (B-G). Hierdurch kann eine Überforderung der Teilnehmer sowie das Aufkommen von Langeweile verhindert und die Erinnerungsleistung an die interessierenden Sachverhalte erhöht werden (vgl. von Kirschhofer-Bozenhardt & Kaplitza 1975 S. 94). Daher wurden im Themenblock B zu Beginn der Befragung vergleichsweise einfach zu beantwortende Fragen, bezüglich der zuletzt erworbenen Leistung sowie zu Begleitumständen dieser Transaktion, erfasst. Im Themenblock C folgen die anspruchsvollsten Abschnitte der Befragung: die Erfassung aller realisierten Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutung sowie die Kundenkontaktsequenz in allen Phasen des Kaufprozesses. Im Elektronikfachhandel werden hierbei drei Phasen unterschieden, während in der Tourismusbranche fünf Phasen differenziert werden (Meffert & Bruhn 2006 S. 121f., Freyer 2007 S. 70f.). Hierbei folgt die Arbeit einem innerhalb der relevanten Forschung im Multi Channel Marketing weit verbreiteten Phasenverständnis. Demnach endet die Vorkauf- bzw. Vorbuchungsphase mit der (endgültigen) Entscheidung für eine bestimmte Leistung (vgl. Howard 1989 S. 55-59, Schramm-Klein 2003 S. 48, Gupta et al. 2004 S. 133, Balasubramanian et al. 2005 S. 15f.). Die anschließende Kaufbzw. Buchungsphase schließt alle realisierten Kundenkontakte ein, die nach der eigentlichen Entscheidung für eine bestimmte Leistung, im Zusammenhang mit der Abwicklung der Transaktion, realisiert werden. Im Elektronikfachhandel werden alle Kontakte, die nach Durchführung der Transaktion zwischen Anbieter und Kunden realisiert werden und direkt mit der erworbenen Leistung in Zusammenhang stehen, zur Nachkaufphase gezählt. In der Tourismusbranche ist eine genauere Einteilung des Zeitraums nach der Buchung sinnvoll, da der Erwerb und die Inanspruchnahme der erworbenen Leistung zum Teil zeitlich weit auseinander fallen können (vgl. Meffert & Bruhn 2006 S. 121f.). Daher wird der Zeitraum nach der Buchung in die Nachbuchungsphase (alle Kontakte nach der Buchung bis zum Beginn der Reise), die Reisephase (alle Kontakte während des Urlaubs, inklusive An- und Abreise) sowie die Nachreisephase (alle Kontakte nach der Rückkehr, die im Zusammenhang mit der gebuchten Reise stehen) unterschieden (vgl. Freyer 2007 S. 70f., Steinmann & Silberer 2009a S. 518, 2009b S. 7). Um die Erinnerung der Teilnehmer an ihre realisierten Kundenkontakte zu unterstützen, deren kognitive Belastung möglichst gering zu halten und eine hohe Qualität der gegebenen Antworten zu gewährleisten, wurde bei der Fragebogengestaltung ein aus der Gedächtnispsychologie angelehntes retrogrades Vorgehen gewählt, das sich an der Arbeitsweise des menschlichen Gedächtnisses orientiert (vgl. Ericsson & Simon 1980 226f., Ericsson & Simon 1984 S. 149, Anderson 1996): würde zuerst nach den Kontakten in einer frühen Phase des Kaufprozesses gefragt, müsste sich der Kunde an die am weitesten zurückliegenden Ereignisse erinnern – eine Aufgabe, die ihm große Probleme bereiten und wahrscheinlich nur schwer gelingen wird. Dagegen sind ihm die Ereignisse und Kontakte nach dem Kauf am deutlichsten in
4.2 Anlage der Studien
93
Erinnerung – sie liegen die kürzeste Zeit zurück. Im Elektronikfachhandel zielen daher die ersten Fragen auf die Erfassung der Kundenkontakte in der Nachkaufphase ab (siehe Tabelle 4). Eng mit den Ereignissen nach dem Kauf sind im Gedächtnis der Kunden die zeitlich davor liegenden Situationen während des Kaufs verknüpft. Erinnert sich der Kunde an die Nachkaufphase, werden ihm auch die Ereignisse der Kaufphase präsenter. An zweiter Stelle standen somit Fragen zu den Kontakten in der Kaufphase. Dieser Logik folgend wurden die Kundenkontakte in der Vorkaufphase erst im letzten Schritt erfasst. Der Fragebogen führt den Kunden also schrittweise durch seine Erinnerungen – angefangen mit Ereignissen, die ihm am zugänglichsten sind, weil sie am nächsten an der Befragungssituation liegen, bis zu den Ereignissen, die auf Anhieb bzw. ohne Unterstützung nur schwer zu erinnern sind, weil sie z.T. lange zurück liegen. Innerhalb der einzelnen Phasen folgte die Erfassung der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz ebenfalls schrittweise. Hierbei wurde zuerst gefragt, welche Kontaktpunkte von einem Kunden in der betreffenden Prozessphase grundsätzlich genutzt wurden. Daran anschließend wurden die Funktionen der genutzten Kontaktpunkte und schließlich deren Bedeutung erfasst. Im letzten Schritt wurde die Reihenfolge der realisierten Kundenkontakte, die für die Ableitung der Kundenkontaktsequenz wichtigste Information, erfragt. Derselben Logik folgend wurden die Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen in der Tourismusbranche erfasst (vgl. Tabelle 4). Die gewählte retrograde Vorgehensweise ermöglicht, schrittweise relativ präzise Daten in Erfahrung zu bringen (vgl. Loftus et al. 1985 S. 179, Fathi et al. 1984 S. 20) und wurde bereits in mehreren Studien für die Erfassung der Kundenkontakte und der Kundenkontaktsequenz erfolgreich eingesetzt (vgl. Silberer & Mau 2004, Silberer et al. 2006, Steinmann & Silberer 2009a, 2010). Die Themenblöcke D bis F beschäftigen sich mit der Erfassung der Wirkungen sowie der unterschiedlichen personenbezogenen Ursachen der Kundenkontakte und der Kundenkontaktsequenz. Der inhaltliche Teil der Fragebögen schließt in Themenblock G mit der Erfassung der subjektiven Einschätzung der Erinnerungsleistung an die Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen in den unterschiedlichen Kaufprozessphasen als Kontrollvariablen. Die Fragebögen enden mit einer Danksagung, dem Hinweis auf die Teilnahme an einem Gewinnspiel sowie der Verabschiedung. 4.2.3
Operationalisierung der Variablen
Für die Operationalisierung der interessierenden Variablen und die hierbei verwendeten Items und Skalen wurden im Vorfeld der empirischen Studien intensive Gespräche mit Vertretern der Geschäftsführung von Unternehmen aus den beiden gewählten Branchen geführt. Die Feinabstimmung der Itemformulierungen und einzelnen Skalen erfolgte durch die Berücksichtigung der Befunde aus anschließenden Pretests und Vorstudien (vgl. zur Eignung dieser Vorgehensweise Rossiter 2002).
94
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
4.2.3.1 Operationalisierung der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz Die Erfassung aller von einem Kunden realisierten Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz in den unterschiedlichen Branchen erfolgte in Anlehnung an die Vorgehensweise vorangegangener Studien (vgl. Silberer & Mau 2004, Silberer et al. 2006, Steinmann & Silberer 2009, Steinmann & Silberer 2010a). Innerhalb der einzelnen Prozessphasen wurde ein Ansatz gewählt, der die Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutung sowie die Kundenkontaktsequenz schrittweise phasenbezogen erfasst (vgl. Abbildung 1221). Hierfür wurden die Kunden zuerst durch einen einleitenden Text in die interessierende Prozessphase bzw. den relevanten Zeitraum versetzt. Anschließend wurden im ersten Schritt die realisierten Kundenkontakte als nominales Merkmal erfasst, ebenso wie die Funktionen der realisierten Kundenkontakte im zweiten Schritt. Der dritte Schritt diente der Beurteilung der subjektiven Bedeutung der realisierten Kundenkontakte als ordinales Merkmal mittels einer sechs-stufigen Ratingskala (1 = völlig unwichtiger Kontakt bis 6 = sehr wichtiger Kontakt). Im vierten und letzten Schritt mussten die Auskunftspersonen die realisierten Kundenkontakte der jeweiligen Phase entsprechend der Reihenfolge der Realisation anordnen. Hierdurch gelang die Erfassung der phasenbezogenen Kundenkontaktsequenz. Alle Antworten wurden jeweils in eine Tabelle eingetragen. So wurde die Übersichtlichkeit, einerseits für die weitere Verwendung der erfassten Daten, andererseits beim Ausfüllen des Fragebogens, erhöht. Ebenfalls ließen sich so Fehler beim Ausfüllen minimieren. Die schrittweise Erfassung der interessierenden Sachverhalte in einer Phase sollte die kognitive Belastung der Befragten nicht überfordern. Daher wurden in den einzelnen Phasen nur die Kundenkontaktpunkte und möglichen Kontaktfunktionen in der auszufüllenden Tabelle vorgegeben, deren Nutzung sich durch die Kunden in den Vorstudien als besonders häufig herausgestellt hat. Die Eignung der jeweiligen Auswahl konnte in ausführlichen Gesprächen mit Experten aus beiden Branchen und auch anhand relevanter Studien bestätigt werden (vgl. Dach 2002, Silberer et al. 2006, Steinmann & Silberer 2009a). Durch die ersten drei beschriebenen Schritte gelingt es, die realisierten Kundenkontakte als multidimensionale Ereignisse, bestehend aus den realisierten Kundenkontakten (Dimension 1), den unterschiedlichen Funktionen der Kundenkontakte (Dimension 2) sowie der subjektiven Wichtigkeit bzw. Bedeutung der Kundenkontakte (Dimension 3), phasenbezogen zu erfassen. Für die Erfassung der multidimensionalen Sequenz der Kundenkontakte innerhalb einer Prozessphase war es nun noch erforderlich, die angegebenen Kundenkontakte in die Reihenfolge zu bringen, in der diese innerhalb der betreffenden Phase realisiert wurden. Diese
21
Hier dargestellt am Beispiel der Erfassung der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen in der Nachreisephase innerhalb der schriftlichen Befragung in der Tourismusbranche.
4.2 Anlage der Studien
95
für die Auskunftspersonen anspruchsvollste Aufgabe erfolgte im vierten und letzten Schritt innerhalb einer Prozessphase. Abbildung 12: Erfassung der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz In der Zeit nach Ihrem Urlaub haben Sie bestimmt so manches Mal an diese arbeitsfreie Zeit zurückgedacht. Möglicherweise haben Sie auch noch mal Kontakt mit Ihrem Reiseveranstalter aufgenommen. Bitte versuchen Sie sich nun an diese Kontakte zu erinnern! 1. Sagen Sie uns zunächst, welche Kontakte Sie nach Ihrem Urlaub mit Ihrem Reiseveranstalter hatten. Schauen Sie sich die möglichen Veranstalterkontakte in Tabelle 1 genau an und tragen Ihre Antwort in Spalte A ein. Sollten wir Kontakte vergessen haben, dann tragen Sie diese „sonstigen Veranstalterkontakte“ nach. 2. Was haben Ihnen diese einzelnen Kontakte gebracht? Schauen Sie sich die nachstehenden Funktionen an und tragen Sie die entsprechenden Kürzel an dem jeweiligen Kontaktpunkt in Tabelle 1, Spalte B ein. Funktionskürzel: B = Beschwerde bzw. Reaktionen auf Beschwerden H = Hilfestellung und Beratung bei Problemen S = Sonstige Funktionen: _______________________________ Falls erforderlich, können einem Kontaktpunkt auch mehrere Funktionen zugewiesen werden. Sollten wir eine Funktion vergessen haben, dann verwenden Sie das Kürzel S und ergänzen diese sonstige Funktion. 3. Wie wichtig waren diese Kontakte in Zusammenhang mit Ihrer Reise? Bitte bewerten Sie die Bedeutung der von Ihnen genutzten Kontakte anhand dieser Skala: sehr wichtiger Kontakt
wichtiger Kontakt
ziemlich wichtiger Kontakt
ziemlich unwichtiger Kontakt
unwichtiger Kontakt
völlig unwichtiger Kontakt
6
5
4
3
2
1
Bitte tragen Sie die Bedeutung Ihrer Veranstalterkontakte in Tabelle 1, Spalte C ein. 4. Bitte versuchen Sie nun noch, Ihre Kontakte in eine Reihenfolge zu bringen! Tragen Sie die Reihenfolge der Kontakte in Tabelle 1, Spalte D ein. Der erste Kontakt erhält eine 1 als Reihenfolgennummer, der zweite eine 2 usw. Wenn ein Veranstalterkontakt mehrfach von Ihnen genutzt wurde, müssen auch mehrere Reihenfolgennummern in die Tabelle eingetragen werden. Tabelle 1:
96
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Tabelle 5 gibt einen Überblick über alle vorgegebenen Kundenkontaktpunkte in beiden Branchen und zeigt die Ähnlichkeit und somit die grundsätzliche Vergleichbarkeit des Multi Channel Marketing der ausgewählten Anbieter bzw. Branchen. Tabelle 5: Vorgegebene Kundenkontaktpunkte im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche Elektronikfachhandel Werbung in Fernsehen Werbung im Radio Plakatwerbung Anzeigen oder Beilagen in: Tageszeitungen und Anzeigenblättern Zeitschriften
Tourismusbranche Werbung im Fernsehen Werbung im Radio Plakatwerbung Anzeigen oder Beilagen in: Tageszeitungen und Anzeigenblättern Zeitschriften
Werbung im Ladengeschäft (Plakatwerbung, Prospekte, Displays, Verpackungen, sonstige)
Werbung im Reisebüro (Plakatwerbung, Prospekte, Displays, sonstige) Reisekatalog
Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten
Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten
Ladengeschäft Verkaufspersonal Servicepersonal sonstiges Personal
Kontakte im Reisebüro Reisebüromitarbeiter (persönlich) Reisebüromitarbeiter (telefonisch) Reiseleiter am Urlaubsort Hotelanbietera
Call Center
Call Center
sonstige Kontakte
sonstige Kontakte
a
Beim Hotelanbieter handelt es nicht immer um einen Kundenkontaktpunkt im engeren Sinne, da der Hotelanbieter nicht zwangsläufig mit dem Reiseveranstalter gleichzusetzen ist. Aufgrund der häufigen Nennungen durch die Befragten in den Vorstudien in der Reisephase, wurde der schließlich Hotelanbieter explizit als Kontaktpunkt für die Reisephase berücksichtigt.
Analog zu den vorgegebenen Kundenkontakten spiegeln die vorgegebenen Funktionen ebenfalls nur einen Ausschnitt aus allen möglichen Funktionen eines Kundenkontaktpunkts wider. Die Auswahl der Kontaktfunktionen für eine bestimmte Prozessphase erfolgte unter Berücksichtigung der in den Vorstudien am häufigsten genannten Funktionen innerhalb einer einzelnen Phase sowie der Befunde relevanter Studien (vgl. Simons & Bouwman 2004, Silberer et al. 2007, Silberer & Steinmann 2009, Steinmann & Silberer 2009b). Die Eignung der jeweiligen Auswahl wurde wiederum von Experten aus beiden Branchen bestätigt. Tabelle 6 beinhaltet alle vorgegebenen Funktionen für die Befragungen im Elektronikfachhandel sowie die Tourismusbranche. Die Auswahl zeigt ebenso die grundsätzliche Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Kontaktfunktionen sowie notwendige branchenspezifische Modifikationen bzw. Ergänzungen bei der Itemformulierung. Durch die Verknüpfung der erfassten phasenbezogenen Kundenkontaktsequenzen gelingt die Ableitung der multidimensionalen Kontaktsequenz für den gesamten Kaufprozess. Neben den Informationen zu den realisierten Kundenkontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz kann aus den vorliegenden Daten die Nutzungshäufigkeit eines Kontaktpunkts sowie die Anzahl der insgesamt in einer Prozessphase bzw. im gesamten
4.2 Anlage der Studien
97
Kaufprozess realisierten Kundenkontakte bestimmt werden. Dies ermöglicht auch die Ermittlung der relativen Häufigkeiten einzelner Kundenkontaktpunkte innerhalb einer Prozessphase sowie bezogen auf den gesamten Kaufprozess. Tabelle 6: Vorgegebene Kontaktfunktionen im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche Elektronikfachhandel Allgemeiner Überblick über Produkte Gezielte Informationen zu Produkten (in der engeren Wahl) Informationen zu Serviceleistungen: (Finanzierungshilfen, Entsorgungsservice, Lieferservice, Montageservice) Überblick über Preise Hilfestellung und Beratung (bei Problemen)
Tourismusbranche Allgemeiner Überblick über Urlaubsangebote, Reiseziele sowie Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung Gezielte Informationen über die Reiseziele, Hotels sowie Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung (in der engeren Wahl) Überblick über Preise
Hilfestellung und Beratung (bei Problemen)
Möglichkeit zum (günstigen) Kauf
Möglichkeit zur (günstigen) Buchung
Beschwerdeservice bzw. Reaktion auf Beschwerden
Beschwerdeservice bzw. Reaktion auf Beschwerden
sonstige Funktion/-en
sonstige Funktion/-en
Gleiches gilt für die Funktionen der Kundenkontakte. Zusätzlich kann identifiziert werden, welcher Kundenkontaktpunkt für welche Funktionen wie häufig innerhalb einzelner Prozessphasen und phasenübergreifend genutzt wird. Durch die zusätzliche Betrachtung der Bedeutung der Kundenkontakte kann aufgedeckt werden, welche Kundenkontaktpunkte im Zusammenhang mit ihren jeweiligen Funktionen für die Kunden in den Prozessphasen sowie phasenübergreifend von besonderer Bedeutung sind. Darüber hinaus liefert die Kundenkontaktsequenz Hinweise auf häufig beobachtete Kombinationen von Kundenkontakten – Substrings und Subsequenzen – innerhalb der Kundenkontaktsequenz. 4.2.3.2 Operationalisierung der Determinanten Für die Operationalisierung der personenbezogenen und situativen Determinanten der Kundenkontakte sowie der Kundenkontaktsequenz wurden weitgehend Items herangezogen, die sich bereits in Studien zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing bewährt und ihre Eignung bewiesen haben. Darüber hinaus wird hierdurch ein Vergleich der Studienergebnisse mit anderen ermöglicht. Personenbezogene Determinanten Als personenbezogene Ursachen werden Alter, Geschlecht, derzeitige Tätigkeit, (ungefähres) Haushalts-Netto-Einkommen, bisherige Erfahrungen mit dem Anbieter sowie die durchschnittliche Internetnutzung der Kunden erfasst. Das Alter der Auskunftspersonen wurde innerhalb der Befragungen über eine offene Fragestellung als metrisches Merkmal erfasst. Im Rahmen der mündlichen Befragungen wurde zur
98
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Wahrung der Intimsphäre der Teilnehmer und zur Vermeidung unnötiger Fragen das Geschlecht (weiblich, männlich) nicht erfragt, sondern diskret vom Interviewer während der Befragung im Fragebogen vermerkt. Innerhalb der schriftlichen Befragungen in der Tourismusbranche wurde diese Angabe von den Teilnehmern gemacht. Die derzeitige Tätigkeit der Teilnehmer wurde geschlossen durch Vorgabe von sieben Kategorien (z.B. Beamter, Student, in Ausbildung, etc.) sowie einer Kategorie „sonstige“ Tätigkeiten erhoben, die dann genauer von den Befragten benannt werden sollte. Ebenfalls mit einer geschlossenen Fragestellung wurde das Haushalts-Netto-Einkommen als ordinales Merkmal erfasst. Hierbei wurden den Befragten neun Kategorien vorgegeben. Die ersten acht Kategorien umfassen jeweils eine Klassenbreite von 500 Euro (1 = bis 500 Euro bis 8 = 3501 – 4000 Euro). Die neunte Kategorie hat eine rechts offene Randklasse und ermöglicht die Angabe eines Haushalts-Netto-Einkommens von mehr als 4000 Euro. Die bisherigen Erfahrungen eines Befragungsteilnehmers mit dem Anbieter wurden, in Anlehnung an Schoenbachler und Gordon (2002) sowie Kumar und Venkatesan (2005), unterschiedliche Variablen herangezogen. Hierbei wurde die Durchführung vorhergehender Transaktionen mit dem Anbieter grundsätzlich (ja/nein) und deren (ungefähre) Anzahl erfasst. Die Frage, ob eine Auskunftsperson schon einmal eine Transaktion beim entsprechenden Anbieter durchgeführt hat, diente hierbei als Filterfrage (vgl. Decker & Wagner 2002 S. 168, Malhotra & Peterson 2005 S. 293). Wurde diese Frage mit ja beantwortet, folgte die offene Frage nach der Anzahl der bisherigen Transaktion. Anschließend wurden die Teilnehmer befragt, welche Kundenkontaktpunkte sie wie häufig für die bisherigen Transaktionen genutzt haben. Wurde die Filterfrage mit nein beantwortet, entfielen die weiteren Fragen zu den bisherigen Transaktionen. Allerdings wurden diese Aspekte für in der Tourismusbranche erfasst. In einer Studie zu kognitiven Prozessen am Point-of-Sale bei einem vergleichbaren Anbieter zeigten die Befunde von Büttner (2009 S. 119), dass im Elektronikfachhandel grundsätzlich von einem hohen Anteil und einer hohen Anzahl an bisherigen Transaktionen auszugehen ist und demnach nur geringfügige Effekte der bisherigen Erfahrungen auf die einzelnen Dimensionen der Kundenkontakte und der Kundenkontaktsequenz zu erwarten sind. Die durchschnittliche Internetnutzung wurde, ähnlich wie bei Jepsen (2007), als ordinales Merkmal mit Hilfe einer fünf-stufigen Ratingskala (5 = mehrmals täglich bis 1 = weniger als einmal in der Woche) erfasst und gilt gemäß Montoya-Weiss et al. (2003) als ein Indikator für die grundsätzliche Internetaffinität eines Konsumenten. Sollte eine teilnehmende Person darauf hinweisen, das Internet gar nicht zu nutzen, waren die Interviewer dazu angewiesen, dies auf dem Fragebogen gesondert zu vermerken. Allerdings hat in beiden Branchen kein Teilnehmer angegeben, das Internet überhaupt nicht zu nutzen. Ein Überblick über die Stichprobenkennwerte der hier angeführten personenbezogenen, soziodemografischen und sozioökonomischen Ursachen in beiden Branchen gibt die Stichprobenbeschreibung in Tabelle 15 auf Seite 148.
4.2 Anlage der Studien
99
Situative Determinanten Als situative Determinanten wurden Komplexität, Preis der erworbenen Leistung, Kaufmotiv, räumliche Erreichbarkeit des Anbieters, Gespräche im privaten Umfeld sowie deren Einfluss im Kaufprozess erfasst. Im Folgenden werden die verwendeten Items dargestellt. Die Kategorie der zuletzt erworbenen Leistung wurde im Elektronikfachhandel als nominales Merkmal mit einer offenen Fragestellung erhoben („Was haben Sie genau gekauft? Bitte machen Sie zum gekauften Produkt möglichst genaue Angaben!“). Die gegebenen Antworten wurden anschließend vom Versuchsleiter der entsprechenden Produktkategorie im Sortiment des Anbieters zugeordnet. Wurden bei dieser Frage von einem Kunden mehrere Produkte angegeben, die beim letzten Kaufakt erworben wurden, so waren die Interviewer angewiesen, in Absprache mit dem Kunden eines hiervon auszuwählen, das im Fokus der weiteren Befragung stand. Sofern möglich, sollte es sich hierbei stets um das Produkt mit dem höchsten Komplexitätsgrad handeln22. In der Tourismusbranche hingegen mussten die Auskunftspersonen die Art der gebuchten Reise bzw. der Reisekategorie ihrer letzten Buchung in einer geschlossenen Fragestellung einer von sieben Kategorien zuordnen („Was für eine Art von Reise haben Sie gebucht?“). Zusätzlich wurde den Kunden noch die Angabe von „sonstigen“ Reisen ermöglicht, die ebenfalls benannt werden sollten. Bei besonders häufigen Nennungen wurden im Rahmen der Datenaufbereitung weitere Kategorien gebildet. Der Komplexitätsgrad wurde dann aus den Kategorien der unterschiedlichen Leistungen in beiden Branchen in Anlehnung an die von Kotteaku et al. (1995) verwendete Vorgehensweise durch Berücksichtigung der unterschiedlichen Charakteristika einer Leistung in drei Gruppen eingeteilt (niedriger, mittlerer und hoher Komplexitätsgrad). Je mehr unterschiedliche Charakteristika eine Leistung in sich vereint, desto höher ist auch ihr Komplexitätsgrad (vgl. hierzu auch Berkowitz et al. 2006 S. 364). Demnach weist ein Notebook einen hohen und eine DVD einen niedrigen Komplexitätsgrad auf. Ähnlich sind die Unterschiede hinsichtlich des Komplexitätsgrads zwischen einem Aktivurlaub und einem Badeurlaub. Tabelle 7 gibt einen Überblick über die erworbenen Produkt- und Reisekategorien und die vorgenommene Einteilung, entsprechend ihrer Komplexität in beiden Branchen. Da sich die Befragung in der Tourismusbranche nicht ausschließlich auf Buchungen bei einem einzelnen Reiseveranstalter bzw. auf eine einzelne Veranstaltermarke beziehen, wurde zusätzlich noch der Reiseveranstalter geschlossen erfragt („Bei welchem Reiseveranstalter haben Sie gebucht?“). Hierfür wurden zehn Veranstaltermarken, entsprechend ihrem Anteils und Bekanntheitsgrad am deutschen Markt, ausgewählt und als Antwortmöglichkeiten vorgegeben. War eine Veranstaltermarke nicht vertreten, konnte diese unter „sonstige“ angegeben werden. Wie erwartet wurde der Großteil der gebuchten Reisen bei den bekanntesten Verans-
22
Hat ein Kunde angegeben, bei seinem letzten Kauf eine Musik-CD und ein Notebook beim Anbieter erworben zu haben, wurde er nur zu den realisierten Kundenkontakten, ihren Funktionen und Bedeutungen sowie der Kundenkontaktsequenz befragt, die mit dem Kauf des Notebooks im Zusammenhang standen.
100
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
taltermarken gebucht. Die am häufigsten gewählte Veranstaltermarke war Neckermann Reisen mit 31,6%. TUI wurde von 18,7% und Thomas Cook von 12,6% der Kunden gewählt. Aufgrund der vielfältigen Unterschiede der Nennungen wurden Reiseveranstalter, entsprechend ihrer Art, in Kategorien zusammengefasst. Tabelle 7: Komplexitätsgrad der erworbenen Produkt- und Reisekategorien Elektronikfachhandel
Tourismusbranche
zuletzt erworbene Produktkategorie
Anteil
zuletzt gebuchte Reisekategorie
Anteil
niedriger Komplexitätsgrad
55.8%a
niedriger Komplexitätsgrad Badeurlaub (maximale Entfernung Mittelstrecke; z.B. Balearen, Kanaren, Türkei, Nordafrika, Ägypten)
47.2%
Kleinteile/Zubehör (z.B. Stromkabel, Glühbirnen etc.)
24,0%
Musik-CD’s/DVD’s
19,4%
PC-Zubehör (z.B. Speichermedien)
12,4%
mittlerer Komplexitätsgrad Elektrokleingeräte inkl. Bodenpflege (z.B. Kaffemaschinen, Mikrowellen, Staubsauger) Elektrogroßgeräte (z.B. Waschmaschinen, Kühlschränke) PC-Software/Konsolenspiele Büro/Telekommunikation (z.B. Faxgeräte)
44,1%
Wellnessreise/-wochenende
3,1%
23.7%
mittlerer Komplexitätsgrad
40.8%
12,2%
Wellnessreise/-wochenende
3,1%
2,0%
Städtereise
11,7%
5,9%
Cluburlaub
8,4%
Fernreise (Langstrecke)
17,6%
hoher Komplexitätsgrad Aktivurlaub (z.B. Sportreisen, Adventure-Tours) sonstige Reisen (z.B. Studienreisen, Kombinationen Städtereise & Badeurlaub, etc.) Luxusreise (z.B. Kreuzfahrt, höchste Hotelkategorien)
12.0%
2,0%
Fernsehgeräte
1,6%
hoher Komplexitätsgrad
20.5%
PC-Hardware/Spielkonsolen
4,3%
Foto (Digitalkameras & Zubehör)
8,6%
Handy/Mobilfunk
3,0%
DVD/Video/HIFI-Geräte
4,6%
1,1% 7,7% 3,2%
a bedeutet, dass 55.8% der Befragten im Elektronikfachhandel ein Produkt mit niedrigem Komplexitätsgrad erworben haben
Hierbei wurde in Premiumveranstalter (z.B. Meiers Weltreisen, TUI), Veranstalter von Clubreisen (z.B. Aldiana), Last-Minute-Anbieter (z.B. L’Tur) und sonstige Anbieter (z.B. Veranstalter von Sport- oder Studienreisen, Gruppenreisen) unterschieden. Insgesamt wurden 38.0% der Reisen bei einem Premiumveranstalter, 8.4% bei einem Veranstalter von Clubreisen, 29.6% bei einem Last-Minute-Anbieter sowie 24.0% bei einem sonstigen Veranstalter gebucht. Zusätzlich wurde in der Tourismusbranche noch die Länge des Urlaubs in Tagen als metrisches Merkmal offen erhoben („Wie lange sind Sie verreist?“). Als Mittelwert (Standardabweichung) zeigte sich in der Gesamtstichprobe eine Reisedauer von M = 11.45 (SD = 7.57) Tagen. Am häufigsten wurden hierbei Reisen bis zu einer Woche (36.7%) sowie zweiwöchige Reisen (30.3%) gebucht.
4.2 Anlage der Studien
101
Der Preis der erworbenen Leistung wurde in beiden Branchen zum einen mit einer offenen Fragestellung („Wie teuer war die Reise ungefähr?“) als metrisches, zum anderen mit einer geschlossen Fragestellung als ordinales Merkmal, durch Angabe einer bestimmten Preisklasse, erfasst. Bei der geschlossenen Fragestellung wurden in beiden Branchen neun Klassen vorgegeben, wobei die neunte Klasse jeweils einer rechts offenen Randklasse entsprach. In Rahmen der Befragung im Elektronikfachhandel sind hierbei unterschiedliche Klassenbreiten bei den Antwortmöglichkeiten vorgegeben worden. Innerhalb der Tourismusbranche wurden einheitliche Klassenbreiten, mit Ausnahme der offenen Randklasse, vorgegeben (vgl. Tabelle 8). Tabelle 8: Häufigkeitsverteilung der Nennungen unterschiedlicher Preiskategorien der erworbenen Leistungen im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche Elektronikfachhandel
Tourismusbranche
Preiskategorie
Anteil
bis 10 Euro 11 – 50 Euro 51 – 100 Euro 101 – 500 Euro 501 – 1000 Euro 1001 – 1500 Euro 1501 – 2000 Euro
a
14,5% 47,4% 13,5% 16,8% 5,9% 1,6% 0%
2001 – 2500 Euro
0,3%
mehr als 2500 Euro Mittlerer Preis in Euro M(SD)c
0% 137,36 (273,01)
Preiskategorie (pro Reiseteilnehmer) bis 500 Euro 501 – 1000 Euro 1001 – 1500 Euro 1501 – 2000 Euro 2001 – 2500 Euro 2501 – 3000 Euro 3001 – 3500 Euro 3501 – 4000 Euro mehr als 4000 Euro
Anteil 36,8%b 37,8% 15,5% 5,4% 1,7% 1,4% 0% 0,3% 1,0%
825,99 (886,02)
a
bedeutet, dass 14,5% der befragten Personen im Elektronikfachhandel für die erworbene Leistung bis 10 Euro ausgegeben haben; b bedeutet, dass 36,8% der Befragten für ihre Reise bis 500 Euro pro Person ausgegeben haben; c Mittelwert (Standardabweichung).
Das Kaufmotiv bzw. der Grund für den Erwerb der Leistung wurde in beiden Branchen mit einer offenen Fragestellung erfasst („Was waren die Anlässe für ihre Entscheidung?“). Die verschiedenen Nennungen der Teilnehmer wurden anschließend in sinnvolle Kategorien unterteilt (vgl. Tabelle 9). Tabelle 9: Motive für den Erwerb der Leistung Elektronikfachhandel Kaufmotiv
Tourismusbranche
Bedarf
Anteil 42,4%a
Interesse am Produkt
24,5%
altes Gerät defekt Geschenk durch Werbung aufmerksam geworden Produkt war im Angebot sonstige Kaufgründe
20,9% 7,6% 3,0% 2,6% 2,4%
a
Buchungsmotiv jährliche Urlaubsplanung spontaner Urlaubswunsch (LastMinute) Empfehlung Interesse am Reiseziel/Urlaubsort Geschenk Frühbucherrabatt sonstige Buchungsgründe
Anteil 39,6% 38,8% 6,6% 4,1% 1,6% 1,3% 4,5%
bedeutet, dass 42,4% der Befragten im Elektronikfachhandel angaben, das Produkt aus Bedarf gekauft zu haben
102
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Hierfür wurden die angeführten Buchungsgründe der Probanden von zwei Personen (einem/r Diplom-Kandidaten/-in im Studiengang BWL oder Master-Kandidaten/in im Studiengang Marketing und Distributionsmanagement sowie vom Verfasser) unabhängig voneinander in Kategorien eingeteilt. Diese wurden anschließend diskutiert, bis Einigkeit erzielt werden konnte. Die weiteren angeführten Gründe in den verbleibenden Fragebögen wurden dann von den Diplom- bzw. Master-Kandidaten selbstständig den gebildeten Kategorien zugewiesen. Bei sehr ausführlichen Angaben der Teilnehmer waren hierbei Mehrfachzuweisungen möglich. Für die Messung der räumlichen Erreichbarkeit des Anbieters wurde, in Anlehnung an Teltzrow et al. (2003), die Entfernung (in km) zwischen der Wohnung des Kunden und der nächstgelegenen stationären Verkaufsniederlassung offen erfragt (z.B. „Wie weit ist das nächste Reisebüro von Ihnen entfernt?“) (vgl. hierzu auch Johnson et al. 2006). Als Mittelwert (Standardabweichung) für die Entfernung zwischen dem Wohnort des Kunden und der nächten stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters (in km) erhält man für den Elektronikfachhandel M = 7.43 km (SD = 14.97) und die Tourismusbranche M = 4.12 km (SD = 6.46). Der Unterschied hinsichtlich der durchschnittlichen Entfernung zum nächstgelegenen Ladengeschäft bzw. Reisebüro zwischen beiden Branchen ist zwar signifikant (T(281) = 3.401; p < .01), aber absolut betrachtet vergleichsweise gering. Zur Erfassung der Häufigkeit und des Einflusses der Gespräche im privaten Umfeld im Kaufprozess wurde erfragt, ob der Kunde in seinem privaten oder beruflichen Umfeld im Zusammenhang mit der durchgeführten Transaktion über den Anbieter und seine Leistungen gesprochen hat (ja/nein). Wurde diese Frage bejaht, mussten diese Personen die ungefähre Anzahl der jeweils geführten Gespräche in einer geschlossenen Fragestellung offen angeben. Der Einfluss dieser Privatkommunikation in der Vorkauf- bzw. Vorbuchungsphase auf die spätere Entscheidung wurde mit einer sechs-stufigen Rating-Skala gemessen (1 = gar kein Einfluss bis 6 = sehr großer Einfluss). Tabelle 10: Gespräche im privaten Umfeld im Zusammenhang mit der erworbenen Leistung Elektronikfachhandel Anteil Anzahl M(SD) a
Item Gespräche geführt?
Tourismusbranche Anteil Anzahl M(SD)
41,4%b
2,82 (2,04)
67,5%
5,99 (4,86)
***
54,0%
1,79 (0,98)
78,6%
2,96 (4,37)
**
50,8% 3,9% 15,1% 1,3%
2,84 (3,84) 2,08 (1,16) 2,05 (2,04) 1,32 (0,76)
60,5% 48,1% 17,7% 2,8%
3,80 (5,37) 2,87 (4,54) 1,02 (2,19) 1,01(0,89)
** *** n.s. n.s.
Gespräche mit … Familie (Partner/-in, Kinder, etc.) Freunde Bekannte Kollegen sonstige Einfluss dieser Gesprächec
3,66 (1,87)
4,42 (1,73)
**
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, n.s. = nicht signifikant; a Mittelwert (Standardabweichung); b bedeutet, dass 41,4% der Befragten im Elektronikfachhandel angaben, private Gespräche im Zusammenhang mit der Transaktion geführt zu haben; c der Einfluss der Gespräche im Kaufprozess wurde auf einer sechs-stufigen Rating-Skala gemessen: 1 = gar kein Einfluss bis 6 = sehr großer Einfluss.
4.2 Anlage der Studien
103
In der Tourismusbranche haben die Teilnehmer deutlich häufiger, im Zusammenhang mit der zuletzt erworbenen Reise, Gespräche im privaten Umfeld geführt. Dies spiegelt sich nicht nur anhand der deutlich höheren Anteile von Gesprächen mit Personen aus unterschiedlichen Bezugsgruppen wider, sondern auch an den signifikanten Unterschieden hinsichtlich der Anzahl dieser Gespräche (vgl. Tabelle 10). Weiterhin zeigt sich ein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Beurteilung des Einflusses dieser Gespräche auf die getroffene Entscheidung. In der Tourismusbranche wird der Einfluss der Privatkommunikation von den Befragten als deutlich höher bewertet. 4.2.3.3 Operationalisierung der Wirkungen Die Wirkungen der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz werden, in Anlehnung an die Arbeiten von Montoya-Weiss et al. (2003), Schramm-Klein (2003) sowie Kumar & Venkatesan (2005), in Effekte auf die Kundenzufriedenheit, das wahrgenommene Risiko sowie das Vertrauen der Kunden gegenüber dem Anbieter und auf die Kundenloyalität unterschieden. Kundenzufriedenheit Die Messung der leistungs- und prozessbezogenen Kundenzufriedenheit (vgl. Abschnitt 3.4) erfolgte u.a. unter Berücksichtigung der bei Schütze (1994) und Rapp (1995) verwendeten Items mittels einer sechs-stufigen Rating-Skala (1 = sehr unzufrieden bis 6 = sehr zufrieden). Die Itemkennwerte für die leistungs- und prozessbezogene Kundenzufriedenheit in Tabelle 11 zeigen für den Elektronikfachhandel durchgängig hohe Trennschärfen und akzeptable Werte für die interne Konsistenz der Skalen (vgl. Fisseni 1997 S. 124). Hohe Trennschärfen lassen sich ebenfalls für die Tourismusbranche feststellen. Die interne Konsistenz beider Skalen ist für die Tourismusbranche als gut zu beurteilen. Branchenübergreifend zeigen die Ergebnisse nur vereinzelt signifikante Unterschiede der leistungs- und prozessbezogenen Kundenzufriedenheit. Die Kundenzufriedenheit mit der Erreichbarkeit des Anbieters wird im Elektronikfachhandel signifikant höher bewertet als in der Tourismusbranche (T(290) = 5,568; p < .001). Jedoch wird in der Tourismusbranche die Zufriedenheit mit dem Service und der Beratung des Anbieters während der Durchführung der Transaktion signifikant höher bewertet als im Elektronikfachhandel (T(294) = 2,081; p < .05). Für den Zeitraum vor der Entscheidung für eine bestimmte Leistung des Anbieters zeigt sich eine tendenzielle, signifikant höhere Kundenzufriedenheit im Elektronikfachhandel (T(150) = 1,775; p < .1). In der Tourismusbranche wird die prozessbezogene Kundenzufriedenheit signifikant höher beurteilt als die leistungsbezogene (T(289) = 3,459; p < .01). Die Kunden in der Tourismusbranche sind ebenfalls zufriedener mit dem Kaufprozess als mit leistungsbezogenen Aspekten, jedoch ist dieser Unterschied nur marginal.
104
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Tabelle 11: Itemkennwerte der leistungs- und prozessbezogenen Kundenzufriedenheit Elektronikfachhandel M (SD)a
Itemtext
Trennschärfec
Tourismusbranche M (SD)
Trennschärfe
leistungsbezogene Kundenzufriedenheit b Zufriedenheit mit… …dem gekauften Produkt und seinem Preis (Reise und Preis) …dem Angebot des Elektronikfachhändlers (ihres Reiseveranstalters) …den Preisen des Elektronikfachhändlers (ihres Reiseveranstalters) …der Erreichbarkeit des Elektronikfachhändlers (ihres Reiseveranstalters) …dem Elektronikfachhändler (ihrem Reiseveranstalter) insgesamt …dem Elektronikfachhändler (ihrem Reiseveranstalter) im Vergleich zu konkurrierenden Anbietern …der Parkplatzsituation bei Elektronikfachhändler Gesamtskala merkmalsbezogene Kundenzufriedenheit prozessbezogene Kundenzufriedenheit
4.88 (1.08) 4.81 (0.73) 4.51 (0.84) 5.20 (0.86) 4.82 (0.80)
.57 .67 .60 .53 .75
4.65 (0.83)
.76
4.20 (1.59)
.52
4.81 (0.86)
Cronbach’s alpha = .76
4.89 (1.01) 4.69 (0.98) 4.44 (1.08) 4.73 (1.08) 4.75 (0.98)
.61
n.s.
.69
n.s.
.55
n.s.
.63
***
.81
n.s.
4.57 (1.09)
.78
n.s.
4.74 (0.81)
Cronbach’s alpha = .87
n.s.
b
Zufriedenheit mit… …der Beratung und dem Service vor dem Kauf (vor der Buchung) …der Beratung und dem Service während des Kaufs (während der Buchung) …der Beratung und dem Service nach dem Kauf (nach der Buchung)
4.81 (0.96) 4.92 (1.16) 4.95 (1.24)
4.75 (1.12) 4.96 (0.95) 4.65 (1.13)
.70
T
.65
*
…der Beratung und dem Service während ihres Urlaubs
4.19 (1.45)
.64
…Beratung und Service nach ihrer Reise
4.01 (1.37)
,61
.68 .73 .69
.76 **d
4.84 Cronbach’s Cronbach’s n.s. alpha = .74 alpha = .84 (0.93) *** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, n.s. = nicht signifikant; a Mittelwert (Standardabweichung); b Kundenzufriedenheit wurde gemessen von 1 = sehr unzufrieden bis 6 = sehr zufrieden; c Korrelation des Items mit dem Skalenmittelwert; d bezogen auf den Vergleich der Kundenzufriedenheit in der Nachkaufphase im Elektronikfachhandel mit der per Mittelwertbildung zusammengefassten Kundenzufriedenheit der Vorreise-, Reise- und Nachreisephase in der Tourismusbranche.
Gesamtskala prozessbezogene Kundenzufriedenheit
4.89 (1.13)
In H19 wird ein Zusammenhang zwischen den beiden Dimensionen der Kundenzufriedenheit postuliert. In beiden Branchen zeigen die Ergebnisse einer Korrelationsanalyse, bezogen auf die Gesamtskalen, positive lineare Zusammenhänge zwischen der durchschnittlichen leistungs- und prozessbezogenen Kundenzufriedenheit (Elektronikfachhandel: rsr = .391, p < .05; Tourismusbranche: rsr = .660, p < .001) und stützen somit H19.
4.2 Anlage der Studien
105
Mittels Faktoranalyse (vgl. Überla 1977, Backhaus et al. 2006 S. 259ff.) wurde die Struktur der zehn (Elektronikfachhandel) bzw. elf (Tourismusbranche) differenzierten Zufriedenheitsitems ermittelt (siehe Tabelle 12). Tabelle 12: Strukturmatrix der rotierten Faktorlösungen der Kundenzufriedenheit Elektronikfachhandel Itemtext leistungsbezogene Kundenzufriedenheit …dem gekauften Produkt und seinem Preis (Reise und Preis) …dem Angebot des Elektronikfachhändlers (ihres Reiseveranstalters) …den Preisen des Elektronikfachhändlers (ihres Reiseveranstalters) …der Erreichbarkeit des Elektronikfachhändlers (ihres Reiseveranstalters) …dem Elektronikfachhändler (ihrem Reiseveranstalter) insgesamt …dem Elektronikfachhändler (ihrem Reiseveranstalter) im Vergleich zu konkurrierenden Anbietern prozessbezogene Kundenzufriedenheit …der Beratung und dem Service vor dem Kauf (vor der Buchung) …der Beratung und dem Service während des Kaufs (während der Buchung) …der Beratung und dem Service nach dem Kauf (nach der Buchung) …der Beratung und dem Service während ihres Urlaubs …Beratung und Service nach ihrer Reise
Faktor 1: Faktor 2:
Tourismusbranche
Faktor 3: Faktor 1: Faktor 2:
Faktor 3:
.528
.262
.166
.702
.243
.274
.809
.205
.160
.725
.255
.276
.809
.250
.085
.757
-.039
.120
.635
-.024
.284
.687
.331
.136
.768
.229
.492
.676
.319
.475
.775
.164
.334
.711
.250
.387
.297
.875
.074
.226
.826
.197
.232
.880
.044
.234
.850
.070
.166
.124
.833
.078
.826
.254
.390
.165
.747
.200
.219
.842
Eigenwert des Faktors
3.149
1.358
1.003
5.103
1.338
1.041
Erklärter Varianzanteil
35.0%
15.1%
11.1%
51.0%
13.7%
7.4%
Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung
Im Elektronikfachhandel zeigten die Befunde einer ersten Faktoranalyse keine eindeutigen Faktorladungen für die Zufriedenheit mit der Parkplatzsituation beim Anbieter. Daher wurde dieses Item in einer zweiten Faktoranalyse nicht berücksichtigt. Nach dem Kaiser-GuttmannKriterium wurden in beiden Branchen schließlich drei Faktoren extrahiert. Beide Faktorlösungen sind sich hinsichtlich der inhaltlichen Bedeutung der extrahierten Faktoren ähnlich.
106
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Mit ihnen werden 61.1% der Gesamtvarianz der Kundenzufriedenheit für die erfassten Daten im Elektronikfachhandel erklärt. In der Tourismusbranche erklären die drei extrahierten Faktoren 72.1% der Gesamtvarianz. Wie erwartet laden nach Varimax-Rotation (vgl. Kaiser 1958) die Items der leistungs- sowie der prozessbezogenen Kundenzufriedenheit auf jeweils einen Faktor (EH: F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit, F2: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters vor und während des Kaufs; TB: F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit, F2: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters bis zum Antritt der Reise). Eine Ausnahme bildet in der Handelsbranche die Zufriedenheit mit dem Service und der Beratung in der Nachkaufphase, die auf einen dritten Faktor lädt (EH: F3: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters in der Nachkaufphase). Für die Tourismusbranche zeigt sich ein ähnliches Ergebnis. Hier laden die Zufriedenheit mit dem Service und der Beratung sowohl während, als auch nach dem Urlaub auf den dritten Faktor (TB: F3: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters während und nach der Reise). Für eine bessere Übersichtlichkeit der Ergebnisse beider Studien wurden in beiden Branchen die auf einen Faktor hoch ladenden Items per Mittelwertbildung für die weitere Verwendung in dieser Arbeit zusammengefasst. Wahrgenommenes Risiko Das wahrgenommene Risiko bzw. Kaufrisiko beschreibt die vom Konsumenten als nachteilig aufgefassten Folgen seines Verhaltens, die von ihm nicht sicher vorhergesehen werden können (vgl. Bauer 1960, zitiert nach Kroeber-Riel et al. 2009 S. 435-436). Das wahrgenommene Risiko für eine Transaktion bei einem Anbieter wurde in dieser Arbeit mit nachstehendem Single-Item gemessen: Für wie risikoreich halten Sie es, ein Produkt (eine Reise) bei diesem Elektronikfachhändler (Ihrem Reiseveranstalter) zu buchen? 1 = überhaupt nicht risikoreich bis 6 = sehr risikoreich
Als Mittelwert (Standardabweichung) ergibt sich für den Elektronikfachhandel M = 2,10 (1,29), für die Tourismusbranche M = 2,11 (1,03). Anders als erwartet, wird das wahrgenommene Risiko in beiden Branchen nahezu identisch beurteilt. Aufgrund der grundsätzlichen Unterschiede im Komplexitätsgrad und im Preisniveau der angebotenen Leistungen, hätte eine signifikant höhere Beurteilung des wahrgenommenen Risikos in der Tourismusbranche nicht überrascht. Vertrauen Das Vertrauen der Kunden in den Anbieter bzw. die Vertrauenswürdigkeit des Anbieters (vgl. Barney & Hansen 1994) wurde mit folgendem, auch bei Ohanian (1990) sowie Jarvenpaa (1999) verwendeten Single-Item gemessen: Für wie vertrauensvoll halten Sie den Elektronikfachhändler (Ihren Reiseveranstalter)?
4.2 Anlage der Studien
107
1 = gar nicht vertrauensvoll bis 6 = sehr vertrauensvoll
Als Mittelwert (Standardabweichung) ergibt sich für den Elektronikfachhandel M = 4,71 (1,0) und für die Tourismusbranche M = 4,94 (1,0). Die Kunden in der Tourismusbranche haben somit ein signifikant höheres Vertrauen in den Anbieter bzw. schätzen den Anbieter als vertrauenswürdiger ein als die Kunden im Elektronikfachhandel (T(295) = 3,584; p < .001). Kundenloyalität Als Indikator für das (grundsätzliche) Wiederkaufverhalten und die Bereitschaft zu Zusatzkäufen werden in dieser Arbeit die (grundsätzliche) Wiederkaufbereitschaft sowie die Wiederkaufwahrscheinlichkeit erfasst. Im Elektronikfachhandel wurde die Wiederkaufbereitschaft als binäres Merkmal (0 = nein, 1 = ja) und die Wiederkaufwahrscheinlichkeit mittels einer sechs-stufigen Ratingskala erfasst (Wiederkaufwahrscheinlichkeit: 1 = sehr unwahrscheinlich bis 6 = sehr wahrscheinlich). In der Tourismusbranche wurden diese beide Größen geschlossen mittels einer sechs-stufigen Ratingskala abgefragt (Wiederkaufbereitschaft: 1 = kann ich mir nicht vorstellen bis 6 = auf jeden Fall, Wiederkaufwahrscheinlichkeit: 1 = sehr wahrscheinlich bis 6 = sehr unwahrscheinlich). Die Bereitschaft der Kunden, den Anbieter und seine Leistungen an andere weiterzuempfehlen, wurde in die grundsätzliche Bereitschaft der Kunden zur Weiterempfehlung und die Weiterempfehlung des Anbieters wegen der zuletzt durchgeführten Transaktion unterschieden und mittels einer vier-stufigen Ratingskala erfasst (1 = nein, noch nie bis 4 = öfter als dreimal). Tabelle 13 gibt einen Überblick über die Stichprobenkennwerte hinsichtlich der Dimensionen der Kundenloyalität in beiden Branchen. Tabelle 13: Itemkennwerte zur Erfassung der Kundenloyalität Elektronikfachhandel Itemtext Wiederkaufverhalten bzw. Bereitschaft zu Zusatzkäufen Wiederkaufbereitschaft Wiederkaufwahrscheinlichkeit3
Tourismusbranche
M (SD)
M (SD)
83.21 5,43 (0,9)
5,01 (1,3) 2 4,38 (1,5)
***
2,21 (1,2) 1,23 (0,7)
2,31 (1,2) 1,94 (1,1)
T ***
Weiteremfehlung4 grundsätzlich wegen der letzten Transaktion
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, n.s. = nicht signifikant; 1 bedeutet, dass 83.2% der Befragten im Elektronikfachhandel bereit sind eine erneut eine Leistung beim Anbieter zu erwerben; 2 1 = kann ich mir nicht vorstellen bis 6 = auf jeden Fall; 3 1 = sehr unwahrscheinlich bis 6 = sehr wahrscheinlich; 4 1 = nein, noch nie; 2 = einmal; 3 = zwei bis dreimal; 4 = öfter als dreimal.
Die Wiederkaufwahrscheinlichkeit ist Elektronikfachhandel signifikant höher als in der Tourismusbranche. In diesem Zusammenhang überrascht, dass die befragten Kunden in der Tourismusbranche signifikant häufiger den Anbieter wegen der letzten Transaktion weiterempfehlen als im Elektronikfachhandel (vgl. Tabelle 13). So haben 51,6% der Auskunftspersonen in der Tourismusbranche den Anbieter wegen der zuletzt erworbenen Leistung mindestens einmal weiterempfohlen, während im Elektronikfachhandel der Anbieter diesbezüglich von nur
108
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
14,1% der Befragten weiterempfohlen wurde. Hinsichtlich der grundsätzlichen Weiterempfehlung des Anbieters zeigt sich ein tendenzieller Unterschied zwischen den beiden Branchen bezogen auf den Skalenmittelwert. Bezogen auf die relativen Häufigkeiten haben in der Tourismusbranche 57,2% der Auskunftspersonen den Anbieter mindestens einmal, unabhängig von der letzten Transaktion, weiterempfohlen. In der Tourismusbranche war dies bei 63% der Teilnehmer der Fall. Die Gründe für diese Differenz können aus den Unterschieden hinsichtlich der erworbenen Leistungen sowie aus den Unterschieden im Preisniveau resultieren, aber auch in der zu erwartenden häufigeren Realisation und einer höheren Bedeutung persönlicher Kundenkontakte in der Tourismusbranche liegen. 4.2.3.4 Operationalisierung der Kontrollvariablen Zeitpunkt der letzten Transaktion Um zusätzlich einschätzen zu können, ob die Probanden den maximalen zurückliegenden Zeitraum von sechs Monaten, in dem der letzte Kauf bzw. die letzte Buchung durchgeführt wurde, zum Zeitpunkt der Befragung tatsächlich nicht überschritten haben, wurden sie gleich zu Beginn offen und geschlossen gefragt, wann sie die letzte Transaktion bei dem Anbieter durchgeführt haben (Wann haben Sie zuletzt bei dem Elektronikfachhändler eingekauft? bzw. Wann haben Sie die Reise gebucht?). Gab ein Teilnehmer einen längeren Zeitraum an, wurde im Rahmen der mündlichen Befragung das Interview an dieser Stelle beendet. Im Rahmen der schriftlichen Befragung in der Tourismusbranche diente die gegebene Antwort als Kriterium für die weitere Verwendung des Fragebogens in der Studie. Im Mittel lag im Elektronikfachhandel der Kauf MD = 2 Monate, die Buchung in der Tourismusbranche MD = 5 Monate zurück, bezogen auf den Befragungszeitpunkt. Erinnerung Um die gegebenen Antworten der befragten Personen und somit die Eignung für die weitere Verwendung eines Fragebogens beurteilen zu können, wurden die Kunden in Anlehnung an den von Jacoby et al. (1974) gewählten Ansatz danach gefragt, wie gut sie ihre Erinnerung an die von ihnen realisierten Kundenkontakte, deren Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz in den unterschiedlichen Kaufprozessphasen beurteilen. Tabelle 14 zeigt die zur Erinnerungsmessung herangezogenen Itemformulierungen sowie die Itemkennwerte für die einzelnen Prozessphasen in beiden Branchen. Wie erwartet wurden bei der Befragung im Elektronikfachhandel die Kundenkontakte in der Nachkaufphase von den Befragten am besten erinnert, da diese zeitnah zum Befragungszeitpunkt realisiert wurden. Die realisierten Kontakte vorhergehender Phasen wurden deutlich schlechter erinnert. Hierbei zeigt sich, dass, je weiter die Kundenkontakte vom Befragungszeitpunkt zurücklagen, diese umso schlechter erinnert wurden. Die Unterschiede zwischen
4.2 Anlage der Studien
109
den Prozessphasen sind hoch signifikant (Hotelling-Spur F(2,48) = 9,692; p < .001). Insgesamt ist die Erinnerung der Teilnehmer in dieser Branche aber als gut zu beurteilen. Tabelle 14: Beurteilung der Erinnerung an die Kundenkontakte im Kaufprozess Itemtext Wie gut konnten Sie sich noch an die jeweiligen Kontakte in den verschiedenen Phasen erinnern?
Elektronikfachhandel M (SD) 1
Tourismusbranche M (SD)
Kontakte vor dem Kauf (vor der Buchung) Kontakte während des Kaufs (während der Buchung) Kontakte nach dem Kauf (nach der Buchung) Kontakte während des Urlaubs Kontakte nach der Reise
2,56 (1,1)2
2.01 (0,9)
***
2,02 (0,9)
1,79 (0,8)
**
1,54 (0,6)
2,13 (0,9)
Erinnerung insgesamt
2,14 (0,6)3
1,61 (0,8) 2,31 (1,0) 1,98 (0,6)
**
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, n.s. = nicht signifikant; 1 Mittelwert (Standardabweichung) des Items; 2 Erinnerung wurde gemessen auf einer vier-stufigen Ratingskala: 1 = sehr gut; 2 = gut; 3 = ziemlich gut; 4 = nicht so gut; 3 Mittelwert (Standardabweichung) der Erinnerungsleistung über alle Prozessphasen
Für die Tourismusbranche zeigen die Ergebnisse ebenfalls hoch signifikante Unterschiede zwischen den betrachteten Phasen (Hotelling-Spur F(4,273) = 13,790; p < .001). Auch hier ist die Erinnerung der Teilnehmer insgesamt als gut zu beurteilen. Im Vergleich mit dem Elektronikfachhandel konnten sich die Befragten in der Tourismusbranche insgesamt besser an die Kundenkontakte im Kaufprozess erinnern (T(101) = -2,482; p < .01). Interessant ist allerdings der Befund, dass, anders als im Elektronikfachhandel, die Kundenkontakte, die zeitlich am nächsten am Befragungszeitpunkt lagen, am schlechtesten von den Kunden erinnert wurden. Am besten konnten sich die Kunden an ihre Kontakte während des Urlaubs und in der Buchungsphase erinnern. Mögliche Gründe für die beobachteten Unterschiede in der Beurteilung der Erinnerung liegen möglicherweise zum einen in der Unterschiedlichkeit der Leistungen hinsichtlich ihrer Komplexität sowie im unterschiedlichen Preisniveau, bezogen auf das gesamte Leistungsangebot in beiden Branchen, aber auch in den jeweiligen Prozessphasen. So überrascht es nicht, dass die Kontakte während des Urlaubs in der Tourismusbranche am besten erinnert werden. 4.2.4
Datenerhebung
Elektronikfachhandel Im Elektronikfachhandel wurde die Datenerhebung in Form standardisierter mündlicher Befragungen in der Göttinger Filiale des ausgewählten Elektronikfachhändlers durchgeführt. Die Datenerhebung fand hierbei in zwei direkt aufeinander folgenden Erhebungswellen, im Rahmen von Abschlussarbeiten von Studierenden im Diplom-Studiengang Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing, statt. Für die Akquise der Befragungsteilnehmer wurden den Interviewern Vorgaben hinsichtlich des Geschlechts sowie des Alters der Kunden gemacht. Hierdurch sollte ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis sowie ein breites Alters-
110
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
spektrum in der Stichprobe erreicht und die Repräsentativität der Studie erhöht werden. Im Vorfeld der Befragung wurden die Interviewer für die Durchführung der Interviews vom Verfasser intensiv geschult. Während des Zeitraums der Befragungen erfolgten tägliche Besprechungen mit den Interviewern, in denen diese den Verfasser über den aktuellen Stand der Befragungen und aktuelle Probleme der Datenerhebung informierten. Hieraus folgten Anweisungen an die Interviewer hinsichtlich der Akquise weiterer Teilnehmer sowie für die Durchführung der Interviews. Die Rekrutierung der Teilnehmer erfolgte jeweils durch persönliche Ansprache am zentralen Ein- und Ausgang des Elektronikfachhändlers beim Verlassen des Ladens. Die Interviewer stellten sich dem Kunden vor und fragten, ob dieser bereit sei, an einer Befragung teilzunehmen. Bei Interesse an der Befragungsteilnahme wurde abgeklärt, ob sich die angesprochene Person an einen Kauf bei dem Elektronikfachhändler innerhalb der letzten sechs Monate erinnern kann. Hierdurch wurde dem angesprochenen Kunden verdeutlicht, dass bei der Befragung nicht der aktuelle Geschäftsbesuch von Interesse ist, sondern ein vergangener, bereits getätigter Kauf im Fokus der Studie steht. Durch dieses Auswahlkriterium konnte, im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit, sichergestellt werden, dass ein Teilnehmer grundsätzlich die Möglichkeit hatte, in allen interessierenden Kaufprozessphasen Kundenkontakte mit dem Anbieter zu realisieren. Der Zeitraum von sechs Monaten erscheint recht lang, aber die Ergebnisse ähnlicher Studien zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing haben die Zweckmäßigkeit und Eignung dieses Zeitraums für den Elektronikfachhandel gezeigt (vgl. Silberer & Mau 2004, Silberer et al. 2006, 2007b). Weiterhin wurde die absolut vertrauliche und anonyme Bearbeitung der gemachten Angaben versichert. In diesem Zusammenhang wurden die Teilnehmer zusätzlich darauf hingewiesen, sich bei Rückfragen zur Studie jederzeit an den Geschäftsführer des Göttinger Elektronikfachmarktes sowie an den Verfasser der Arbeit wenden zu können. War das Auswahlkriterium erfüllt, schloss sich das persönliche Interview an. Die Teilnehmer wurden an einen separaten Tisch gebeten. Vor Beginn wurden jedem Teilnehmer alkoholfreie Getränke und Süßigkeiten angeboten. Weiterhin wurde auf die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Gewinnspiel verwiesen, bei dem unter allen Teilnehmern Gutscheine des Elektronikfachhändlers im Wert von 20, 30 und 50 Euro verlost wurden. Wollte ein Teilnehmer am Gewinnspiel teilnehmen, war hierfür lediglich die Angabe seiner E-Mail-Adresse nötig, um die Auskunftsperson im Falle des Gewinns benachrichtigen zu können. Im Schnitt dauerte ein Interview 12 bis 15 Minuten und überschritt nur in Einzelfällen die bei Böhler (2001 S. 490) angegebene kritische Länge von 15 Minuten für eine Kundenbefragung. Insgesamt konnten so N = 304 Personen im Elektronikfachhandel befragt werden. Tourismusbranche In der Tourismusbranche erfolgte die Erfassung der Gesamtstichprobe durch eine Kombination mündlicher und schriftlicher Befragungen. Die mündlichen Befragungen wurden in zwei aufeinander folgenden Erhebungswellen, im Rahmen von Abschlussarbeiten von Studieren-
4.2 Anlage der Studien
111
den betriebswirtschaftlicher Studiengänge mit Schwerpunkt Marketing und Distributionsmanagement an der Georg-August-Universität Göttingen unter Leitung des Verfassers, durchgeführt. Für die Durchführung der Befragungen wurden die Interviewer intensiv geschult. Die mündlichen Befragungen fanden im zentralen Hörsaalgebäude (ZHG) auf dem Campus der Georg-August-Universität Göttingen statt. Während der Befragungszeiträume erfolgten tägliche Besprechungen, in denen der Verfasser über den aktuellen Stand der Befragungen sowie aktuelle Probleme der Datenerhebung informiert wurde. Hieraus folgten Anweisungen an die Interviewer für das weitere Vorgehen bei der Datenerhebung. Auf die Thematik der Studien und die Befragungen im ZHG wurde durch Plakate im ZHG, am Institut für Marketing und Handel ausliegende Handzettel sowie Ankündigungen in den Hörsälen des ZHG am Ende unterschiedlicher Lehrveranstaltungen hingewiesen23. Jeder Befragungsteilnehmer erhielt auch hier als Dankeschön Süßigkeiten und alkoholfreie Getränke. Hinsichtlich des Auswahlkriteriums mussten die Teilnehmer vor maximal acht Monaten eine Reise gebucht und zum Zeitpunkt der Befragung diese bereits beendet haben. Die Eignung dieses Zeitraums hat sich in den Ergebnissen der Vorstudien gezeigt. So konnte auch hier sichergestellt werden, dass jeder Teilnehmer grundsätzlich die Möglichkeit hatte, in allen Prozessphasen Kundenkontakte mit dem Anbieter zu realisieren. Unter allen Teilnehmern wurden Gutscheine in Höhe von 20, 30 und 50 Euro eines Göttinger Elektronikfachmarkts verlost. Auch hier war für die Teilnahme am Gewinnspiel lediglich die Angabe einer E-MailAdresse nötig. Für eine möglichst hohe Repräsentativität der Gesamtstichprobe wurden den Interviewern ebenfalls Vorgaben bezüglich einer ausgewogenen Geschlechterverteilung gemacht. Vorgaben hinsichtlich eines breiten Altersspektrums konnten aufgrund der Durchführung der Befragung auf dem Campus der Georg-August-Universität Göttingen nicht eingehalten werden. Die Tatsache, dass in dieser Teilstichprobe ausschließlich Studierende vertreten sind, kann sich u.U. negativ auf die Repräsentativität der erhobenen Daten auswirken. Allerdings haben sich in verschiedenen wissenschaftlichen Studien keine grundlegenden Unterschiede zwischen Studierenden und anderen Bevölkerungsgruppen gezeigt (vgl. z.B. Donovan et al. 1994, Bortz & Döring 2006). Im Rahmen der mündlichen Befragungen im ZHG konnte eine Teilstichprobe von n1 = 204 Personen befragt werden. Die zweite Teilstichprobe wurde in Zusammenarbeit mit einem bekannten international agierenden Touristikkonzern mit einem Marktanteil von ca. 20% auf dem deutschen Markt und 30 Veranstaltermarken mittels schriftlicher Kundenbefragungen erfasst. Die hierbei eingesetzten Fragebögen unterscheiden sich lediglich durch einen ausführlichen einleitenden Text, der den angeschriebenen Kunden ähnliche Informationen vermittelt wie die Ansprache im Rahmen der mündlichen Befragungen. Jedem versendeten Fragebogen war noch ein separates persönliches Anschreiben beigefügt, das die angeschriebenen Personen auf die Thematik der Befragung hinwies (z.B. Sehr geehrte Frau XY, sicher erinnern Sie sich noch gerne an ihren Ur-
23
Der Verfasser möchte sich an dieser Stelle noch einmal für die uneingeschränkte Kooperation und Unterstützung der hieran beteiligten Professoren und deren Mitarbeitern ganz herzlich bedanken.
112
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
laub auf Mallorca im September 2008 …). Das Anschreiben enthielt weitere Informationen zu den Studieninhalten, die zusätzlich auch auf dem Deckblatt des Fragebogens angeführt waren. Hierbei wurde ebenfalls der absolut vertrauliche Umgang mit den gemachten Angaben versichert. Darüber hinaus wurden die Erläuterungen der Aufgabenstellungen im Fragebogen, insbesondere für die Erfassung der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen, erweitert, um den besonderen Anforderungen schriftlicher Befragungen gerecht zu werden. Jedem versendeten Fragebogen war ein adressierter und ausreichend frankierter Rückumschlag beigefügt. Alle vollständig ausgefüllten und zurückgesendeten Fragebögen nahmen an einem Gewinnspiel teil, bei dem zwei hochwertige Wellnesswochenenden für jeweils 2 Personen auf eine deutsche Ostseeinsel sowie Eintrittskarten für einen großen deutschen Freizeitpark unter den Teilnehmern verlost wurden. Für die Auswahl geeigneter potenzieller Teilnehmer aus der Kundendatenbank des Reiseveranstalters wurden, neben den Vorgaben bezüglich des Buchungszeitpunkts und der bereits durchgeführten Reise, weitere Vorgaben hinsichtlich einer ausgewogenen Geschlechterverteilung, einem breiten Altersspektrum, unterschiedlicher Veranstaltermarken, dem gewählten Buchungskanal (Reisebüro, Anbieter-Homepage etc.) sowie den unterschiedlichen Reisekategorien (Fernreise, Cluburlaub, Last-Minute etc.) gemacht. Die bei diesem Quotenverfahren (vgl. Decker & Wagner 2002, Bortz & Döring 2006 S. 483) gemachten Vorgaben für die Stichprobenauswahl orientierten sich an der typischen Verteilung der genannten Merkmale, bezogen auf alle Kunden in der Kundendatenbank des Reiseveranstalters. Hierdurch konnte die Repräsentativität der Stichprobe weitestgehend sichergestellt werden. Drei Wochen nach Zusendung des Fragebogens wurden zur Erhöhung der Rücklaufquote die Personen, die ihren ausgefüllten Fragebogen noch nicht zurückgesendet hatten, ein zweites Mal angeschrieben und der Fragebogen mit einem persönlichen Anschreiben und frankierten Rückumschlag ein zweites Mal zugestellt. Das Resultat war eine Gesamtrücklaufquote von 13,4%, die zwar knapp unterhalb der durchschnittlichen Rücklaufquoten von 15 bis 20% in vergleichbaren Studien liegt (vgl. Götz et al. 2006 S. 389), aber aufgrund des anspruchsvollen und umfangreichen Fragebogens sowie der hohen kognitiven Belastung der Teilnehmer, hinsichtlich der Erinnerung an die Kundenkontakte in vergangenen Prozessphasen, immer noch zufrieden stellend ist. Überdies kann sich das Auftreten des Reiseveranstalters als „Sponsor“ der Studie negativ auf die Rücklaufquote ausgewirkt haben (vgl. Jones 1979). Insgesamt konnten n2 = 154 der zurückgesendeten Fragebögen für die weiteren Analysen verwendet werden. Durch die Kombination der erfassten Daten aus den mündlichen (n1 = 204) und schriftlichen Befragungen (n2 = 154) ergibt sich für die Tourismusbranche eine Gesamtstichprobengröße von N = 358.
4.3 Stichprobenbeschreibung
4.3
113
Stichprobenbeschreibung
Insgesamt wurden N = 304 Kunden des Elektronikfachhändlers interviewt. In der Tourismusbranche ergibt sich aus der Zusammenführung der Teilstichproben (schriftliche Befragung und mündliche Befragung im ZHG der Georg-August-Universität Göttingen) ein Gesamtstichprobeumfang von N = 358 Kunden. Tabelle 15: Stichprobenkennwerte in den betrachteten Branchen Elektronikfachhandel
Tourismusbranche
304
358
48,0% 52,0% 37,19 (13,78)1 2,27 (1,68) 1 27,0% 1,58 (0,66) 1
55,3% 44,7% 35,39 (16,71) 2,94 (1,35) 24,0% 1,69 (0,71)
61,1% 16,2% 10,6% 3,3% 8,9% 5.17 (1.27) b
44,2% 23,8% 18,1% 4,0% 9,9% 4.89 (1.29)
Beruf bzw. derzeitige Tätigkeit selbständig Angestellte/-r Beamte/-r Rentner/in Studierende/Schüler in Ausbildung sonstige Tätigkeit
9,6% 37,3% 7,3% 6,3% 30,3% 4,0% 5,6%
4,8% 24,0% 2,8% 9,3% 56,5% 3,8% 2,5%
Netto-Einkommen bis 500 Euro 501 – 1000 Euro 1001 – 1500 Euro 1501 – 2000 Euro 2001 – 2500 Euro 2501 – 3000 Euro 3001 – 3500 Euro 3501 – 4000 Euro mehr als 4000 Euro
13,6% 20,1% 12,3% 18,2% 9,5% 5,7% 6,4% 6,1% 7,6%
22,4% 24,8% 11,8% 14,2% 8,8% 4,5% 4,2% 5,4% 3,3%
N Geschlecht weiblich männlich Alter Haushaltsgröße Kinder im Haushalt Anzahl Kinder Internetnutzung mehrmals täglich täglich mehrmals in der Woche einmal in der Woche weniger als einmal in der Woche M (SD)
bisherige Transaktionen beim Anbieter Anteil 57,3% Anzahl (M, SD) 4,78 (4,59) 1 1 Mittelwert (Standardabweichung) des Items; 2 die durchschnittliche Internetnutzung wurde gemessen auf einer fünf-stufigen Rating-Skala von 1 = weniger als einmal in der Woche bis 5 = mehrmals täglich; - = nicht erfasst.
114
4.4
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Ergebnisse
Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich mit der Darstellung und Interpretation der Ergebnisse der Datenauswertungen. In Anlehnung an die einzelnen Schritte einer Sequenzanalyse befassen sich die Datenauswertungen zunächst mit der lokalen und anschließend mit der globalen Analyse der erfassten Sequenzdaten beider Branchen (vgl. Silberer 2010 S. 6-14). In den Abschnitten 4.4.1 bis 4.4.5 liegt der Fokus auf der lokalen Analyse der erfassten multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen, ihrer Ursachen und Wirkungen sowie auf der Überprüfung der im Hypothesensystem postulierten Annahmen. Hierbei interessieren zunächst die Art und Anzahl der Ausprägungen der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung (4.4.1) sowie die vertikalen und horizontalen Beziehungen zwischen diesen Dimensionen im Kaufprozess (4.4.2 und 4.4.3). Im Rahmen der horizontalen Analyse liegt der Fokus auf der Identifikation häufiger Substrings und Subsequenzen innerhalb der multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen. Anschließend erfolgt der Versuch, einzelne Charakteristika der Kundenkontaktsequenzen zu erklären sowie die Wirkungen der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung in der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz auf finale Größen zu bestimmen (4.4.4 und 4.4.5). Für die globale Analyse der multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen wird in dieser Arbeit ein innovatives Verfahren für die Sequenzclusterung von Joh et al. (2002) angewendet (4.4.6). Dies ermöglicht die Bestimmung der Ähnlichkeit bzw. Distanz zwischen den erfassten multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen. Die ermittelten Distanzen bilden die Basis für die Aufdeckung homogener Sequenzcluster mittels Clusteranalyse (vgl. Kaufman & Rousseuw 1990, Silberer et al. 2007b, Steinmann & Silberer 2008a, 2009a). Die identifizierten multidimensionalen Sequenzcluster werden anschließend anhand ihrer konstituierenden und weiteren beschreibenden Variablen ausführlich dargestellt. Die durchgeführten Gruppenvergleiche liefern wichtige Erkenntnisse hinsichtlich der Ursachen und Wirkungen der Abfolge der Ereignisse in den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen im Kaufprozess. Im Anschluss an die einzelnen Analyseschritte erfolgen jeweils ein Vergleich und eine Diskussion der Ergebnisse aus beiden Branchen. 4.4.1
Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess
H1: Unterschiede zwischen den Kundenkontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess In Hypothese H1 wird angenommen, dass sich die Realisation von Kundenkontakten (H1a), ihre Funktionen (H1b) und Bedeutung (H1c) in der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses unterscheiden. Im Folgenden wird diese Hypothese zunächst für die Studie im Elektronikfachhandel und anschließend für die erfassten Daten in der Tourismusbranche untersucht. Nach der Darstellung der Ergebnisse erfolgt ein branchenübergreifender Vergleich der realisierten Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung im Kaufprozess mit einer Diskussion der Befunde.
4.4 Ergebnisse
115
4.4.1.1 Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel Im Elektronikfachhandel hat jeder Proband im Kaufprozess mindestens einmal einen Kontakt mit dem Ladengeschäft des Anbieters realisiert. Weitere Kontaktpunkte, die phasenübergreifend mit hohem Anteil von den Kunden genutzt wurden, sind persönliche Kontakte mit dem Verkaufs- und Servicepersonal (64.5%24) sowie unpersönliche Kontakte mit der AnbieterHomepage (23.4%) und mit sonstigen Internetseiten (31.6%). Die Verteilung der Anteile dieser Kontaktpunkte in Abbildung 13 zeigt deutliche Unterschiede für deren Nutzung durch die Befragten innerhalb und zwischen den Prozessphasen, die H1a stützen. Abbildung 13: Verteilung der Anteile häufig genutzter Kundenkontaktpunkte im Elektronikfachhandel 100 90
Anteile in % 1
80 70
Ladengeschäft
60
Verkaufspersonal
50
Servicepersonal
40
Anbieter-Homepage
30
sonstige Internetseiten
20 10 0 Vorkaufphase
Kaufphase
Nachkaufphase
Prozessphasen 1
100% entsprechen N = 304 Befragten (Mehrfachnennungen möglich).
Die Ergebnisse der χ2-Homogenitätstests (vgl. Schlittgen 2003 S. 387-394) in Tabelle 16 können darüber hinaus die aufgezeigten Unterschiede für diese Kontaktpunkte inferenzstatistisch belegen. Insgesamt wurde in der Kaufphase, wie erwartet, von allen Kunden ein Kontakt mit dem Anbieter realisiert. Mehr als 80% der Befragten nutzten die Kontaktpunkte des Anbieters in der Vorkaufphase; nach dem Kauf hatten allerdings weniger als 15% der Probanden einen Kontakt mit dem Anbieter. Für weitere einzelne Kontaktpunkte zeigen sich ebenfalls signifikante Unterschiede zwischen den Kaufprozessphasen, wie z.B. für die Kontakte mit den unterschiedlichen Maßnahmen der Anbieter-Werbung in der Vorkauf- und Kaufphase. Vor allem in der Vorkaufphase wurden Werbekontakte mit einem hohen Anteil von den Auskunftspersonen realisiert. Mit Ausnahme der Anbieter-Werbung am Point-of-Sale zeigt sich in der Kaufphase ein deutlicher Rückgang der Anteile dieser Kontaktpunkte. Im Zeitraum nach dem Kauf wurden von den Probanden
24
Bedeutet, dass 64.5% der N = 304 Befragten Kunden im Kaufprozess mindestens einen Kontakt mit diesem Kontaktpunkt realisiert haben (Mehrfachnennungen möglich).
116
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
keine Werbekontakte mehr berichtet. Kontakte mit dem Call Center oder sonstige Kontakte (z.B. SMS-Benachrichtigungen) werden im Kaufprozess kaum realisiert. Tabelle 16:Anteile der Kundenkontakte in einzelnen Prozessphasen im Elektronikfachhandel Anteile der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel (in %) Kontakt gehabt? Kontaktpunkt Anbieter-Werbung (insgesamt) TV-Werbung Radio-Werbung Plakatwerbung Werbung am Point-of-Sale Werbung im Internet Anzeigen und Beilagen in Zeitungen und Zeitschriften Werbung in Anzeigenblättern Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Ladengeschäft Verkaufspersonal Servicepersonal Call Center sonstige Kontakte
VK1 81,32
K 100
NK 17,8
76,83 49,74 12,8 28,0 19,1 39,5 55,3
56,3 19,1 27,3 11,5
-5 -
3,6
-
-
23,0 52,3 41,1 14,5 2,0 0,3 4,9
98,6 61,5 5,6 0,3
0,3 2,0 16,9 10,2 10,5 1,0 0,7
-
40,5
-
χ2(2) = 166,34*** χ2(1) = 20,58***
χ2(1) = 5,13* χ2(1) = 3,47T χ2(1) = 186,78***
χ2(1) = 1722,81*** χ2(1) = 1290,86*** χ2(2) = 137,51*** χ2(2) = 79,29 *** n.s. n.s n.s.
weitere Kontaktpunkte Verpackungen am Point-of-Sale
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 VK = Vorkaufphase, K = Kaufphase, NK = Nachkaufphase; 2 bedeutet, dass 81,3% der N = 304 Teilnehmer mindestens einen Kontakt mit dem Anbieter in der Vorkaufphase genannt haben; 3 bedeutet, dass 76,8% der Teilnehmer in der Vorkaufphase mindestens einen Kontakt mit der Anbieter-Werbung genannt haben (Mehrfachnennungen möglich); 4 bedeutet, dass 49.7% der Befragten, die einen Kontakt mit der Anbieter-Werbung in der Vorkaufphase hatten, hierbei mindestens einen Kontakt mit der TV-Werbung des Anbieters realisiert haben (Mehrfachnennungen möglich); 5 - = nicht genannt.
Die durchschnittliche Anzahl der Kundenkontakte – die Länge der Kundenkontaktsequenz – entlang des Kaufprozesses beträgt im Elektronikfachhandel M = 6.22 (SD = 2.7), wobei Kontakte mit dem Ladengeschäft im Mittel am häufigsten berichtet wurden (M = 1.56, SD = 0.7). Weiterhin wurden häufig Kontakte mit dem Verkaufspersonal (M = 1.39, SD = 0.7) und dem Servicepersonal (M = 1.21, SD = 0.5) im Kaufprozess genutzt. In diesem Zusammenhang zeigen die Ergebnisse eines Mittelwertvergleichs, mittels T-Test für gepaarte Stichproben (vgl. Schlittgen 2003 S. 337ff.), signifikante Unterschiede zwischen der Anzahl der Kundenkontakte mit dem Ladengeschäft und der mit dem Verkaufspersonal (T(194) = 8.311, p < .001), zwischen dem Ladengeschäft und dem Servicepersonal (T(48) = 7.209, p < .001) sowie zwischen dem Verkaufs- und dem Servicepersonal (T(47) = 3.632, p < .01). Bezüglich der Anzahl der insgesamt realisierten Kundenkontakte zeigen sich hoch signifikante Unterschiede zwischen den Kaufprozessphasen, die somit ebenfalls die Hypothese H1a
4.4 Ergebnisse
117
stützen. Wie erwartet, nimmt hierbei die durchschnittliche Anzahl der realisierten Kundenkontakte entlang der Kaufprozessphasen stetig ab (VK: M = 3.69, SD = 1.7; K: M = 2.81, SD = 1.2; NK: M = 2.27, SD = 0.9; Hotelling-Spur F(2,56) = 13.585; p < .001). Bei Betrachtung einzelner Kontakte mit einzelnen Kontaktpunkten konnten jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den Prozessphasen festgestellt werden. Diese Befunde können ebenfalls Hypothese H1a teilweise stützen. Als Kontaktfunktionen wurden in dieser Arbeit im Elektronikfachhandel allgemeine und gezielte Informationen über Angebote und Leistungen des Anbieters, Preisvergleiche, Hilfestellungen und Beratungen, Kauf sowie unterschiedliche Funktionen des Kundenservice (Finanzierungshilfen, Liefer- und Entsorgungsservice, Montageservice) und Beschwerdefunktionen betrachtet. Insgesamt erfüllten die Kontakte neben dem Kauf vor allem Funktionen der allgemeinen (84.2%) und gezielten Informationen (82.6%) sowie der Hilfestellungen und Beratungen (55.6%). Abbildung 14 zeigt die Verteilung dieser am häufigsten genannten Kontaktfunktionen. Es werden deutliche Unterschiede der Kontaktfunktionen innerhalb und zwischen den einzelnen Prozessphasen sichtbar. Abbildung 14: Verteilung der Anteile häufiger Kontaktfunktionen im Elektronikfachhandel 100
Anteile in %2
90 80
Allgemeine Informationen
70
Gezielte Informationen
60
Preisvergleiche
50 40
Hilfestellung & Beratung
30 20
Beschwerde
10 0 VK
K
NK
Prozessphasen1 1 VK = Vorkaufphase, K = Kaufphase, NK = Nachkaufphase, 2 100% entsprechen N = 304 Befragten (Mehrfachnennungen möglich).
Die Ergebnisse der χ2-Homogenitätstests in Tabelle 17 stützen die in H1b angenommenen Unterschiede für einzelne Funktionen der Kontakte mit der Anbieter-Werbung insgesamt, mit sonstigen Internetseiten sowie dem Ladengeschäft und für die persönlichen Kontakte mit dem Verkaufs- und Servicepersonal. Für eine bessere Übersichtlichkeit wurden die Funktionen der Kontakte mit der Anbieter-Werbung aggregiert betrachtet. Diese Kontakte erfüllten in der Vorkaufphase im Mittel M = 2.38 (SD = 1.1) unterschiedliche Funktionen und wurden insbesondere für allgemeine Informationen und Preisvergleiche genutzt.
118
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Tabelle 17: Kontaktfunktionen der am häufigsten genutzten Kontaktpunkte im Elektronikfachhandel Anteile der Kontaktfunktionen im Elektronikfachhandel (in %) VK1 K NK Kontaktpunkt Anbieter-Werbung (insgesamt) allgemeine Information gezielte Information Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung Kauf
77,32 19,1 46,7 1,0 -
37,4 76,1 2,8 19,3 4,7
-3 -
Anbieter-Homepage allgemeine Information gezielte Information Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung
57,1 40,0 27,1 4,3
-
100
n.e.4
sonstige Internetseiten allgemeine Information gezielte Information Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung
18,1 87,2 62,8 5,3
-
66,6 33,3
n.s. χ2(1) = 35,29 ***
Ladengeschäft allgemeine Information gezielte Information Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung Kauf Beschwerde
41,7 62,9 57,4 8,7 4,7 -
0,7 2,1 1,1 100 -
2,3 68,2 36,4
χ2(1) = 2418,36 *** χ2(2) = 141,16 ***
Verkaufspersonal allgemeine Information gezielte Information Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung Kauf Beschwerde
20,3 65,9 14,6 59,1 11,4 -
3,2 64,7 1,6 81,4 8,1 -
-
χ2(1) = 94,398 *** n.s. χ2(1) = 107,34 *** χ2(2) = 12,73,16 * n.s.
Servicepersonal allgemeine Information gezielte Information Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung Kauf Beschwerde
33,3 50,0 16,6 50,0 -
58,8 52,9 23,6 -
74,2
χ2(1) = 67,99 *** χ2(1) = 178,63 *** χ2(1) = 708,12 *** χ2(1) = 21,49 ***
χ2(2) = 140,34 ***
51,2 18,8 62,5 43,8
χ2(2) = 36,151 *** n.s.
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, n.s. = nicht signifikant; 1 VK = Vorkaufphase, K = Kaufphase, NK = Nachkaufphase; 2 bedeutet, dass für 77,3% der Kontakte mit der Anbieter-Werbung in der Vorkaufphase die Funktion allgemeine Information hatten (Mehrfachnennungen möglich); 3 - = nicht genannt, 4 nicht ermittelbar.
Diese Funktionen erfüllen insbesondere Kontakte mit Anzeigen und Beilagen in Tageszeitungen und Anzeigenblättern (allgemeine Informationen: 80.5%; Preisvergleiche: 69.2%). Kon-
4.4 Ergebnisse
119
takte mit der TV-Werbung haben zumeist die Aufmerksamkeit der Kunden auf aktuelle Angebote und Aktionen des Anbieters gelenkt und sie so mit allgemeinen Informationen versorgt. In der Kaufphase dienten die Kontakte mit der Anbieter-Werbung der allgemeinen und insbesondere der gezielten Information über die Angebote (vgl. Tabelle 16). Diese Funktionen wurden vor allem von Kontakten mit der Werbung am Point-of-Sale (allgemeine Information: 51.7%, gezielte Information: 53.4%) und von im Ladengeschäft ausliegenden Prospekten (allgemeine Information: 40%, gezielte Information 54.3%) erfüllt. Weiterhin haben Kontakte mit Produktverpackungen im Ladengeschäft die Probanden häufig mit gezielten Informationen (81.9%) versorgt und erfüllten darüber hinaus Funktionen der Hilfestellung und Beratung (8.1%). Persönliche Kontakte mit dem Verkaufspersonal erfüllen in der Vorkauf- und Kaufphase vielfältige Funktionen für die Probanden, in der Nachkaufphase wurden sie jedoch ausschließlich für Hilfestellungen und Beratungen sowie für Beschwerden genutzt. Die Anteile der unterschiedlichen Funktionen für die persönlichen Kontakte mit dem Servicepersonal deuten auf eine weniger differenzierte Nutzung dieser Kontakte durch die Probanden im Kaufprozess hin. In der Vorkauf- und Kaufphase dienten sie vor allem der gezielten Information und dem Erhalt von Hilfestellungen und Beratungen, während nach dem Kauf – ähnlich wie beim Verkaufspersonal – letztgenannte Kontaktfunktion sowie Beschwerden im Vordergrund standen. Kontakte mit der Anbieter-Homepage und sonstigen Internetseiten wurden von den Befragten ausschließlich in der Vorkauf- und Nachkaufphase berichtet. Während die AnbieterHomepage in der Vorkaufphase am häufigsten für den Erhalt allgemeiner Informationen genutzt wird, stehen bei den Kontakten mit sonstigen Internetseiten der Erhalt gezielter Informationen und Preisvergleiche alternativer Leistungen im Vordergrund. Diese Unterschiede zeigen sich auch in der Anzahl der unterschiedlichen Funktionen, die diese Kontakte im Zeitraum vor dem Kauf für die Kunden erfüllen. So wurden sonstige Internetseiten im Mittel von den Kunden differenzierter genutzt als die Anbieter-Homepage (sonstige Internetseiten: M = 1.56, SD = 0.6; Anbieter-Homepage: M = 1.13, SD = 0.8; T(70) = 2.356, p < .05). Der Grund für diese Unterschiede liegt, verglichen mit sonstigen Internetseiten, in der eingeschränkten Funktionalität der Anbieter-Homepage. Der Anbieter präsentiert auf seiner Homepage lediglich einen Ausschnitt seines Gesamtsortiments, der sich zumeist auf aktuelle Angebote und Aktionen bezieht und lediglich Informationen über die wichtigsten Merkmale der beworbenen Produkte anbietet. Sonstige Internetseiten halten hingegen nicht nur umfassendere Informationen über die aktuellen Angebote des Anbieters bereit, sondern ebenfalls über alternative Leistungen. Daher überrascht der deutlich höhere Anteil realisierter Kontakte mit sonstigen Internetseiten sowie die subjektiv höhere Bedeutung dieser, gegenüber der Nutzung und Bedeutung der Anbieter-Homepage in der Vorkaufphase, nicht (siehe Tabelle 16, Tabelle 18). In der Nachkaufphase wurden diese beiden Kontaktpunkte von den Kunden kaum genutzt. Aufgrund ihrer eingeschränkten Funktionalität sind diese Kontaktpunkte nur wenig geeignet, die spezifischen Anforderungen der Kunden in dieser Prozessphase zu erfüllen, z.B. bei Problemen bei der Inbetriebnahme oder im Umgang mit einem erworbenen Elektrogerät. Somit ist
120
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
davon auszugehen, dass die Kontakte im Internet in der Nachkaufphase als nur wenig nutzenstiftend von den Kunden beurteilt werden. Insgesamt wurden die Kontakte im Kaufprozess im Elektronikfachhandel von den Probanden im Mittel für M = 3.08 (SD = 1.2) unterschiedliche Funktionen in der Kundenkontaktsequenz genutzt. Bezüglich der Anzahl verschiedener Kontaktfunktionen einzelner Kontaktpunkte ergeben sich signifikante Unterschiede zwischen den Prozessphasen. Insgesamt zeigt sich hierbei, dass die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen entlang der Kaufprozessphasen abnimmt (VK: M = 2.16, SD = 0.7; K: M = 1.74, SD = 1.2; NK: M = 1.23, SD = 0.8; Hotelling-Spur F(2,50) = 4.363 p < .05). Für die Anzahl an Funktionen des Ladengeschäfts ist ein analoger Verlauf festzustellen (VK: M = 2.34, SD = 1.4; K: M = 1.78, SD = 0.9; NK: M = 1.09 SD = 0.6; Hotelling-Spur F(2,50) = 5.348, p < .01). Kontakte mit dem Verkaufspersonal in der Vorkaufphase werden dagegen weniger differenziert genutzt (M = 1.69; SD = 1.4) als in der Kaufphase (M = 2.17, SD = 0.8). In der Nachkaufphase nimmt die Anzahl an unterschiedlichen Kontaktfunktionen dann wieder ab (M = 1.29, SD = 0.6). Diese Unterschiede sind signifikant (Hotelling-Spur F(2,29) = 3.279, p < .05). Somit wird die Hypothese H1b durch diese Befunde partiell gestützt. Die vorhergehenden Ausführungen haben gezeigt, dass die Kontaktpunkte in den einzelnen Prozessphasen von den Kunden unterschiedlich häufig und für verschiedene Funktionen genutzt werden. Es ist zu erwarten, dass dies auch mit Unterschieden in der Bedeutung der Kontaktpunkte für die Kunden im Kaufprozess einhergeht. Diese Annahme wurde in Hypothese H1c formuliert. Im Mittel wurden die Kontakte im Kaufprozess insgesamt von den Befragten als eher wichtige Kontakte beurteilt (M = 4.11, SD = 1.125). Von besonders großer Bedeutung waren hierbei die persönlichen Kontakte mit dem Servicepersonal (M = 5.26, SD = 1.1), dem Verkaufspersonal (M = 4.82, SD = 1.4) sowie die Besuche im Ladengeschäft (M = 4.35, SD = 1.7). Diese Kontakte wurden von den Probanden auch am häufigsten genutzt und erfüllten die meisten unterschiedlichen Funktionen im Kaufprozess. Bei genauerer Betrachtung des Bedeutungsverlaufs dieser Kontaktpunkte entlang des Kaufprozesses zeigt sich, dass diese entlang der einzelnen Prozessphasen stetig ansteigt (vgl. Abbildung 15). Insbesondere der Verlauf der Bedeutung des Servicepersonals ist hierbei hervorzuheben. Ist dieser Kontaktpunkt in der Vorkaufphase für die Kunden noch von relativ geringer Bedeutung, steigt diese im Verlauf des Kaufprozesses stetig an. In der Nachkaufphase ist das Servicepersonal von den Kunden als wichtigster Kontaktpunkt beurteilt worden. Es ist anzunehmen, dass dieser Verlauf in engem Zusammenhang mit der steigenden Nutzung und den verschiedenen Funktionen dieses Kontaktpunkts entlang des Kaufprozesses steht. Die Bedeutung der Kontakte mit dem Ladengeschäft und dem Verkaufspersonal ist in allen Kaufprozessphasen auf einem hohen Niveau. Auch hier liegt die Vermutung nahe, dass dies u.a. mit den Ver-
25
Die Bedeutung der Kundenkontakte wurde auf einer sechs-stufigen Rating-Skala gemessen: 1 = völlig unwichtiger Kontakt bis 6 = sehr wichtiger Kontakt.
4.4 Ergebnisse
121
änderungen der Funktionen dieser Kundenkontakte und insbesondere mit dem hohen Anteil an Beschwerdefunktionen in der Nachkaufphase zusammenhängt. Diese Befunde liefern erste Hinweise auf die Gültigkeit der in H1c vermuteten Unterschiede. Abbildung 15: Verlauf der Bedeutung der am häufigsten genutzten Kontaktpunkte im Elektronikfachhandel
5,75
Bedeutung 2
5,25 Ladengeschäft
4,75
Verkaufspersonal Servicepersonal
4,25 3,75 3,25 VK
K
NK
Prozessphasen1
1
VK = Vorkaufphase, K = Kaufphase, NK = Nachkaufphase;
2
die Bedeutung wurde gemessen auf einer sechs-stufigen
Rating-Skala von 1 = völlig unwichtiger Kontakt bis 6 = sehr wichtiger Kontakt.Tabelle
18 zeigt die durchschnittliche Bedeutung der Kundenkontakte in den Kundenkontaktsequenzen der unterschiedlichen Prozessphasen. Die Ergebnisse der Mittelwertvergleiche bestätigen die in H1c postulierten Unterschiede für die Bedeutung der Kontakte mit der Anbieter-Werbung (insgesamt). Bezogen auf die einzelnen Instrumente der Anbieter-Werbung ist aber lediglich für die Bedeutung der Kontakte mit der Plakatwerbung des Anbieters ein signifikanter Unterschied zwischen der Vorkauf- und Kaufphase festzuhalten. Weiterhin zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen der Wichtigkeit des Ladengeschäfts und den Kontakten mit dem Servicepersonal. Hinsichtlich der Kontakte mit dem Verkaufspersonal kann H1c nur tendenziell bestätigt werden. 4.4.1.2 Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte in der Tourismusbranche In der Tourismusbranche wurden im gesamten Kaufprozess von den Probanden am häufigsten Kontakte mit dem Katalog des Anbieters (67.9%), den Reisebüromitarbeitern (telefonisch: 30.5%, persönlich: 52.4%, gesamt: 67.5%) sowie mit sonstigen Internetseiten (43.9%) und der Anbieter-Homepage (33.3%) realisiert. Weitere Kontaktpunkte mit einem hohen Anteil an Kundenkontakten waren die Reiseunterlagen (62.9%) und die Kontakte mit dem Reiseleiter am Urlaubsort (55.3%). Abbildung 16 zeigt die Verteilung der Anteile der Kontakte an diesen Kontaktpunkten entlang der fünf Prozessphasen in der Tourismusbranche.
122
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Tabelle 18: Bedeutung der Kundenkontakte in einzelnen Prozessphasen im Elektronikfachhandel Bedeutung der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel M (SD)1 Bedeutung der Kontaktpunkte3 Kontaktpunkt Anbieter-Werbung (insgesamt) TV-Werbung Radio-Werbung Plakatwerbung Werbung am Point-of-Sale Werbung im Internet Anzeigen und Beilagen in Zeitungen und Anzeigenblättern Werbung in Zeitschriften
VK2 4,23 (1,3)
K 4,49 (1,1)
NK 5,26 (0,9)
4,17 (1,7) 5,05 (1,4) 5,34 (1,2) 5,34 (1,2)
3,47 (1,7) 2,92 (1,5) 3,32 (1,9) -
-4 -
3,52 (1,8) 3,51 (1,8)
-
-
Anbieter-Homepage
4,37 (1,6)
-
sonstige Internetseiten
4,42 (1,7)
-
Ladengeschäft
4,62 (1,3)
4,93 (1,4)
Verkaufspersonal
4,84 (1,3)
4,85 (1,4)
Servicepersonal
4,00 (1,8)
4,94 (1,6)
Call Center
5,00 (NA)
-
sonstige Kontakte
4,39 (1,6)
3,0 (NA)
4,0 (NA)5 4,2 (0,4) 5,28 (1,1) 5,29 (0,8) 5,69 (0,7) 2,0 (NA) 4,5 (0,7)
-
4,27 (1,6)
-
F(2,56) = 25,857 ***
T(171) = 7.316 **
T(84) = 19,136 ***
n.s. F(2,44) = 5,674 * F(2,29) = 3,573 T F(2,18) = 6,783 **
n.s.
weitere Kontaktpunkte Verpackungen
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, n.s. = nicht signifikant; 1 Mittelwert (Standardabweichung), 2 = Vorkaufphase, K = Kaufphase, NK = Nachkaufphase; 3 Die Bedeutung der Kundenkontakte wurde gemessen auf einer sechs-stufigen Rating-Skala 1 = völlig unwichtiger Kontakt - 6 = sehr wichtiger Kontakt; 4 - = nicht genannt bzw. kein Kontakt realisiert, 5 NA = nicht ermittelbar.
In der Vorbuchungsphase wurden von den Kunden am häufigsten Kontakte mit dem Reisekatalog des Anbieters realisiert. Der Anteil der Nutzung dieses Kontaktpunkts nimmt bis einschließlich der Reisephase stetig ab. In der Buchungsphase wurden Kontakte mit den Reisebüromitarbeitern am meisten genutzt. Wie zu erwarten ist, haben in der Vorreisephase semipersönliche Kundenkontakte mit den Reiseunterlagen und in der Reisephase Kontakte mit dem Reiseleiter den höchsten Anteil an allen Kundenkontakten. Mit Fortschreiten der Kaufprozessphasen nimmt die Nutzung dieser Kontaktpunkte dann ab. Allerdings zählen die Reiseunterlagen in der Nachreisephase, nach den persönlichen Kontakten mit dem Reisebüromitarbeiter, immer noch zu den am meisten genutzten Kontaktpunkten in dieser Prozessphase.
4.4 Ergebnisse
123
Abbildung 16: Verteilung der am häufigsten genutzten Kundenkontaktpunkte in der Tourismusbranche 100
Anteile in % 2
90 80
Reisebüromitarbeiter (gesamt)
70
Anbieter-Homepage
60 sonstige Internetseiten
50 40
Reisekatalog
30 20
Reiseleiter
10 Reiseunterlagen
0 VB
B
VR
R
NR
Prozessphasen1 1 VB = Vorbuchungsphase; B = Buchungsphase; VR = Vorreisephase; R = Reisephase; NR = Nachreisephase; 2 100 % entsprechen N = 358 Befragten (Mehrfachnennungen möglich).
Bei den Anteilen der Kundenkontakte mit der Anbieter-Homepage und mit sonstigen Internetseiten sind die Unterschiede in der Nutzung entlang des Kaufprozesses auffällig. Hierbei werden in der Vorbuchungs-, Vorreise- und Reisephase Kontakte mit sonstigen Internetseiten häufiger realisiert als mit der Anbieter-Homepage. In der Buchungs- und Nachreisephase ist dieses Verhältnis dann umgekehrt. Die Ergebnisse der χ2-Homogenitätstests in Tabelle 19 bestätigen, mit Ausnahme der Kontakte mit der Anbieter-Werbung insgesamt, der Plakatwerbung, der Werbung am Point-of-Sale, in Tageszeitungen und Anzeigenblättern sowie mit Ausnahme der Kontakte mit dem Call Center, dem Reiseverkaufsfernsehen und sonstigen Kontaktpunkten, das Zutreffen der Hypothese H1a. Kontakte mit der Anbieter-Werbung werden in der Tourismusbranche nur mit vergleichsweise geringen Anteilen im Kaufprozess genutzt. Ab der Vorreisephase sind derartige Kontakte von keinem Probanden mehr berichtet worden. Auffällig ist allerdings der leichte Anstieg der Anteile derartiger Kontakte von der Vorbuchungs- zur Buchungsphase, was auf die vermehrte Kontaktrealisation mit der Anbieter-Werbung am Point-of-Sale sowie insbesondere auf die erhöhten Anteile der Kontakte mit unterschiedlichen Werbemaßnahmen im Internet zurückzuführen ist. Haben die Befunde bezüglich der Anteile der Kundenkontakte gezeigt, dass sonstige Internetseiten in den Kundenkontaktsequenzen mit einem höheren Anteil als die Anbieter-Homepage genutzt werden, ist bei der mittleren Anzahl von Kontakten mit diesen Kontaktpunkten ein gegenläufiges Ergebnis festzuhalten. Im Mittel realisierten die Befragten mehr Kontakte mit der Anbieter-Homepage (M = 2.53, SD = 1.8) als mit sonstigen Internetseiten (M = 2.37, SD = 2.4), jedoch ist dieser Unterschied nicht signifikant (T(69) = .724, p = .236). Bei einem Vergleich der durchschnittlichen Anzahl der Kontakte entlang des gesamten Kaufprozesses zei-
124
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
gen sich für einzelne Kontaktpunkte keine signifikanten Unterschiede zwischen den Prozessphasen. Diese Befunde können Hypothese H1b ebenfalls teilweise stützen. Tabelle 19:Anteile der Kundenkontakte in einzelnen Prozessphasen in der Tourismusbranche Anteile der Kundenkontakte in der Tourismusbranche (in %) Kontakt gehabt? Kundenkontaktpunkt Anbieter-Werbung (insgesamt) TV-Werbung Radio-Werbung Plakatwerbung Werbung am Point-of-Sale Werbung im Internet Anzeigen und Beilagen in Zeitungen und Zeitschriften Werbung in Anzeigenblättern Reisekatalog Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Ladengeschäft / Reisebüro Reisebüromitarbeiter (persönlich) Reisebüromitarbeiter (telefonisch) Call Center sonstige Kontakte
VB1 77,12
B 100
VR 86,8
R 77,9
NR 58,4
χ2(4) = 137,51***
31,03 28,84 4,5 18,9 36,0 48,6 22,5
34,6 16,1 4,3 5,6 43,5 58,8 12,9
-5 -
-
-
n.s. χ2(1) = 11,94*** n.s. χ2(1) = 3,43T n.s. χ2(1) = 4,29* χ2(1) = 8,21***
16,5
11,3
-
-
-
n.s.
50,6 32,2 34,4 41,1 36,5 11,8 0,7 4,9
46,1 31,8 21,8 66,8 58,7 11,5 2,2 1,4
39,7 23,9 32,9 35,7 32,6 26,5 6,5 2,6
17,9 3,9 5,0 9,3 3,9 5,4
40,6 27,3 22,9 44,3 43,5 25,8 6,7 1,3
χ2(4) = 26,63*** χ2(4) = 23,15*** χ2(4) = 24,97*** χ2(3) =22,55*** χ2(3) =16,21*** χ2(4) = 20,16*** n.s. n.s.
2,3 -
2,0 -
64,8 -
48,4 74,2 37,8
38,7 10,5 7,2
n.s. χ2(2) =13,93*** χ2(1) = 430,43*** χ2(1) = 140,14***
weitere Kundenkontaktpunkte Reiseverkaufsfernsehen Reiseunterlagen Reiseleiter Hotelanbieter
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 VB = Vorbuchungsphase, B = Buchungsphase, VR = Vorreisephase, R = Reisephase, NR = Nachreisephase; 2 bedeutet, dass 77,1% der N = 358 Teilnehmer mindestens einen Kontakt mit dem Anbieter in der Vorbuchungsphase genannt haben; 3 bedeutet, dass 31,0% der Teilnehmer in der Vorbuchungshase einen Kontakt mit der Anbieter-Werbung genannt haben (Mehrfachnennungen möglich); 4 bedeutet, dass 28.8% der Befragten, die Kontakte mit der Anbieter-Werbung berichtet haben, mindestens einen Kontakt mit der TV-Werbung des Anbieters in der Vorbuchungsphase hatten (Mehrfachnennungen möglich), 5 - = nicht genannt.
Als Mittelwert (Standardabweichung) für die Länge der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses ergibt sich M = 9.63 (4.9) Kontakte. Bezogen auf die Anzahl der realisierten Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses zeigen sich hoch signifikante Unterschiede zwischen den betrachteten Prozessphasen. Die meisten Kontakte wurden von den Kunden während der Buchung sowie in der Vorreisephase realisiert (VB: M = 2.25, SD = 1.6; B: M = 2.72, SD = 1.4; VR: M = 2.49, SD = 1.3; R: M = 2.14, SD = 1.1; NR: M = 2.35, SD = 1.4; Hotelling-Spur F(4,172) = 6.869, p < .001). Phasenübergreifend wurde der Reisekatalog im Mittel am häufigsten von den Befragten im Kaufprozess genutzt (M = 2.54, SD = 1.4). Persönliche Kontakte (M = 2.29, SD = 1.2) und semi-persönliche telefonische Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter (M = 1.91, SD = 1.3) wurden ebenfalls häufig realisiert. Allerdings
4.4 Ergebnisse
125
wurde der persönliche Kontakt zum Reisebüromitarbeiter von den Probanden im Kaufprozess signifikant häufiger gesucht (T(73) = 3.288, p < .001). Über alle Phasen hinweg erfüllten die Kundenkontakte in der Tourismusbranche, neben der Buchung einer Reise, vor allem Funktionen für den Erhalt allgemeiner (86.2%) und gezielter Informationen (86.3%) über die Leistungen des Anbieters. Weiterhin wurden die Kontakte häufig für Preisvergleiche (79.1%), Hilfestellungen und Beratungen (66.2%) sowie das Vorbringen von Beschwerden im Kaufprozess genutzt (22.6%). Abbildung 17 zeigt die Anteile und die Verteilung dieser Kontaktfunktionen entlang der Kaufprozessphasen. Abbildung 17: Verteilung der Anteile der häufigsten Kontaktfunktionen in der Tourismusbranche 100
Anteile in %2
90 80
Allgemeine Informationen
70
Gezielte Informationen
60
Preisvergleiche
50 40
Hilfestellung & Beratung
30 Beschwerde
20 10 0 VB
B
VR
R
NR
Prozessphasen1 1
VB = Vorbuchungsphase, B = Buchungsphase, VR = Vorreisephase, R = Reisephase, NR = Nachreisephase; 2 100% entsprechen N = 358 Befragten (Mehrfachnennungen möglich).
In der Vorbuchungs- und Buchungsphase wurden die Kontakte am häufigsten für gezielte und allgemeine Informationen über die angebotenen Reisen des Anbieters realisiert. Weiterhin dienten die Kontakte in diesen Phasen oft dem Preisvergleich unterschiedlicher Leistungen des Anbieters. Im Zeitraum vor der Reise (VR) werden die Kontakte deutlich häufiger für Hilfestellungen und Beratungen sowie für Beschwerden genutzt. Während der Reise (R) werden sie besonders für Hilfestellungen und Beratungen bei Problemen mit der Unterbringung im Hotel und für gezielte Informationen zum Urlaubsort oder zu Möglichkeiten der Freizeitgestaltung am Urlaubsort genutzt. In der Nachreisephase (NR) erfüllen die Kontakte für die Kunden hauptsächlich Funktionen für die Inanspruchnahme von Hilfestellungen und Beratungen sowie für das Vorbringen von Beschwerden, die im Zusammenhang mit dem zurückliegenden Urlaub stehen. Bei einem Vergleich der Anteile der einzelnen Kontaktfunktionen zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Prozessphasen (allgemeine Information: χ2(4) = 90.909; p < .001; gezielte Information: χ2(4) = 62.519; p < .001; Preisvergleiche: χ2(4) = 75.308; p < .001; Hilfestellung & Beratung: χ2(4) = 80.149; p < .001; Beschwerde: χ2(2) = 14.019; p < .001). Die Befunde dieser kontaktpunktübergreifenden Analyse stützen somit für
126
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
die Tourismusbranche die in H1b angenommenen Unterschiede hinsichtlich der Funktionen der Kundenkontakte im Kaufprozess. Tabelle 20 zeigt die Anteile der betrachteten Kontaktfunktionen für die in den betrachteten Phasen am häufigsten genutzten Kontaktpunkte in der Tourismusbranche. Da Kontakte mit den Reiseunterlagen und dem Reiseleiter nur in einzelnen Phasen realisiert wurden, sind diese in Tabelle 20 nicht mit aufgeführt. Die Funktionen dieser Kontaktpunkte werden im Folgenden aber ebenfalls verbal dargestellt. Die Ergebnisse der χ2-Tests zeigen für fast alle aufgeführten Kontaktpunkte signifikante Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Funktionen, die die einzelnen Kontaktpunkte in der Kontaktsequenz entlang des Kaufprozesses erfüllen und somit die Hypothese H1b stützen. Lediglich für gezielte Informationen, Preisvergleiche sowie Hilfestellung und Beratung konnte bei den Kontakten mit der Anbieter-Werbung (insgesamt) kein signifikanter Unterschied festgestellt werden, was auch für den Erhalt allgemeiner Informationen auf der Anbieter-Homepage und für Beschwerdefunktionen bei sonstigen Internetseiten gilt. Die unterschiedlichen Maßnahmen der Anbieter-Werbung und der Reisekatalog wurden von den Probanden in der Vorbuchungsphase vornehmlich für allgemeine Informationen über die Angebote und Leistungen des Anbieters genutzt. Gezielte Informationen erhielten die Kunden vor der Buchung insbesondere von den Mitarbeitern im Reisebüro. Bei einem Vergleich der Funktionen der Anbieter-Homepage mit denen sonstiger Internetseiten in diesem Zeitraum, fallen die hohen Differenzen hinsichtlich der Funktionen der allgemeinen und gezielten Informationen sowie der Preisvergleiche auf. Sonstige Internetseiten wurden häufiger für gezielte Informationen und Preisvergleiche genutzt (gezielte Information: χ2(1) = 119.59, p < .001; Preisvergleiche: χ2(1) = 54.56, p < .001), während der Anteil an allgemeinen Informationen bei Kontakten mit der Anbieter-Homepage höher war (χ2(1) = 102.61, p < .001). Ein Grund hierfür kann in der eingeschränkten Funktionalität der Anbieter-Homepage zur Erfüllung der beiden erstgenannten Funktionen gegenüber sonstigen Internetseiten liegen. Insbesondere für Preisvergleiche ermöglichen sonstige Internetseiten, wie beispielsweise Expedia.de oder Opodo.de, den Vergleich von Preisen alternativer Reisen auf einen Blick. Auffällig ist der vergleichsweise geringe Anteil der Inanspruchnahme von Hilfestellungen und Beratungen in der Vorbuchungs- und Buchungsphase. Aufgrund der relativ hohen Komplexität der angebotenen Reisen, einem vergleichsweise hohen Preisniveau und einem zu erwartenden hohen emotionalen Involvement, war in diesen Phasen ein höherer Anteil dieser Funktion anzunehmen, besonders bei der Realisation persönlicher Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter.
4.4 Ergebnisse
127
Tabelle 20: Kontaktfunktionen der am häufigsten genutzten Kontaktpunkte in der Tourismusbranche Anteile der Kundenkontakte in der Tourismusbranche (in %) VB1
B
VR
R
NR
Kundenkontaktpunkt Anbieter-Werbung (insgesamt) allgemeine Information gezielte Information Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung (Hinweis auf Gelegenheit zum) Kauf
88,62 17,8 32,0 6,3 4,8
72,4 18,6 35,3 3,8 12,5
-
-
-3 -
χ2(1) = 13,13*** n.s. n.s. n.s. χ2(1) = 5,42 *
Reisekatalog allgemeine Information gezielte Information Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung (Hinweis auf Gelegenheit zum) Kauf Beschwerde
74,1 41,6 64,9 3,2 0,6 -
79,1 58,6 50,9 1,2 9,2 -
63,3 53,9 12,2 13,8 3,3 -
62,5 19,6 17,9 19,6 3,6 1,8
30,6 52,9 8,2
χ2(3) = 9,49 * χ2(4) = 43,14*** χ2(3) = 84,17 *** χ2(4) =117,14*** χ2(3) = 9,78 * χ2(2) = 5,44 *
57,1 40,0 27,1 4,3
57,1 67,9 1,8 48,2
43,2 38,5 13,5 55,4
45,5 9,1 9,1 72,7
3,5 1,8 68,4
n.s. χ2(4) =125,95 *** χ2(4) = 45,97 *** χ2(4) =118,98 ***
Anbieter-Homepage allgemeine Information gezielte Information Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung (Hinweis auf günstige Gelegenheit zum ) Kauf Beschwerde sonstige Internetseiten allgemeine Information gezielte Information Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung (Hinweis auf günstige Gelegenheit zum ) Kauf Beschwerde
-
10,8
-
-
-
-
-
13,5
45,5
33,3
χ2(2) = 24,49 ***
18,1 87,2 62,8 5,3
56,3 54,5 59,7 1,3
38,2 53,5 22,5 6,8
21,4 40,8 57,1 35,7
2,1 29,2 22,9
χ2(4) = 88,58 *** χ2(4) = 75,78 *** χ2(3) = 43,29 *** χ2(4) = 67,99 ***
-
27,2
4,9
7,1
-
χ2(2) = 26,59 ***
-
-
1,9
7,1
10,4
n.s.
Reisebüromitarbeiter (gesamt) allgemeine Information gezielte Information
52,3 77,5
28,8 56,3
22,7 32,7
7,7 7,7
1,8 20,4
Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung
53,2 10,8
30,8 13,1
6,9 59,4
3,8 73,1
55,6
89,1
72,3
7,9
11,5
-
-
-
9,9
30,1
46,5
χ2(4) = 89,88 *** χ2(4) = 132,37 *** χ2(3) = 88,48 *** χ2(4) = 144,48 *** χ2(3) = 209,47 *** χ2(2) = 32,76 ***
(Hinweis auf günstige Gelegenheit zum ) Kauf Beschwerde
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 VB = Vorbuchungsphase, B = Buchungsphase, VR = Vorreisephase, R = Reisephase, NR = Nachreisephase; 2 bedeutet, dass für 88,6% der genannten Kontakte mit der Anbieter-Werbung in der Vorkaufphase die Funktion allgemeine Information hatten (Mehrfachnen3 nungen möglich); - = nicht genannt
In der Vorreisephase fällt der deutliche Anstieg der Funktion Hilfestellung und Beratung bei Kontakten mit dem Reisebüromitarbeiter sowie der bereits in dieser Phase vergleichsweise hohe Anteil an Beschwerden bei Kontakten mit der Anbieter-Homepage auf (vgl. Tabelle 20). Für letztgenannte Funktion eröffnet die Anbieter-Homepage, beispielsweise durch Bereitstellung eines Kontaktformulars, einfache Möglichkeiten für das schnelle Vorbringen einer Beschwerde. Darüber hinaus hält sie Kontaktinformationen des Anbieters be-
128
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
reit, die von den Kunden für das Vorbringen von Beschwerden an weiteren Kontaktpunkten benötigt werden. Die Kontakte mit dem Reisekatalog und sonstigen Internetseiten erfüllen vor allem Funktionen der allgemeinen und gezielten Information. Darüber hinaus erfüllen die semi-persönlichen Kontakte mit den Reiseunterlagen im Zeitraum vor der Reise vielfältige Funktionen für die Kunden und werden von ihnen für Hilfestellungen und Beratungen (53.6%), allgemeine und gezielte Informationen (49.2%) sowie (unterstützend) beim Vorbringen von Beschwerden verwendet (24.5%). Während des Urlaubs deuten die hohen Anteile der unterschiedlichen Kontaktfunktionen der persönlichen Kontakte mit dem Reiseleiter auf eine besonders differenzierte Nutzung dieses Kontaktpunkts hin. Diese Kontakte werden vor allem für gezielte Informationen (44.9%) und Hilfestellung und Beratung (40.5%) genutzt. Weiterhin wenden sich die Kunden bei der Organisation und Buchung von Aktivitäten am Urlaubsort (42.9%) sowie bei Beschwerden an den Reiseleiter (29.9%). Der Reisekatalog erfüllt auch in dieser Phase viele unterschiedliche Funktionen für die Kunden, ebenso wie die Kontakte mit sonstigen Internetseiten sowie mit dem Reisebüromitarbeiter. Bei den beiden letztgenannten Kontaktpunkten ist allerdings zu beachten, dass diese Kontakte nur mit äußerst geringem Anteil in dieser Phase realisiert wurden (vgl. Tabelle 18). Darüber hinaus berichteten die Probanden im in der Reisephase von vielfältigen Funktionen der Kontakte mit dem Hotelanbieter. Auch wenn es sich bei diesem Kontaktpunkt in der Tourismusbranche nicht zwingend um einen Anbieter-Kontakt handeln muss, sollen die Funktionen dieses Kontaktpunkts, aufgrund der hohen Anteile der Funktionen Hilfestellungen und Beratung (54,3%), Beschwerden (37,7%) und gezielten Informationen (37,1%) nicht vernachlässigt werden. In der Nachreisephase wurden die Kontakte von den Probanden vornehmlich für Hilfestellungen und Beratungen sowie für das Vorbringen von Beschwerden genutzt. Wie erwartet, wurden hierfür die Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter bevorzugt. Zusammenfassend deuten die Ergebnisse in Tabelle 19 auf eine differenzierte Nutzung der Kontaktpunkte für vielfältige Funktionen im Kaufprozess hin. Dies zeigt sich auch bei der Betrachtung der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Kaufprozess. Insgesamt wurden die Kontaktpunkte im Mittel für M = 4.51 (1.6) unterschiedliche Funktionen von den Probanden in der Kundenkontaktsequenz genutzt. Die meisten unterschiedlichen Funktionen erfüllten die Kontakte mit sonstigen Internetseiten (M = 2.99, SD = 1.7) und dem Reisebüromitarbeiter im Kaufprozess (M = 2.92, SD = 2.3). Weitere Kontaktpunkte, die von den Probanden differenziert genutzt wurden, waren die Reiseunterlagen (M = 2.31, SD = 1.2), die Anbieter-Homepage (M = 2.04, SD = 1.3), der Reisekatalog (M = 1.89, SD = 1.4) und die Kontakte mit dem Reiseleiter am Urlaubsort (M = 2.17, SD = 1.1). Bei einer kontaktpunktübergreifenden Analyse sind signifikante Unterschiede hinsichtlich der durchschnittlichen Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen zwischen den Prozessphasen festzustellen (VB: M = 3.59, SD = 2.3; B: M = 4.33, SD = 2.6; VR: M = 3.56, SD = 2.7; R: M = 3.33, SD = 2.0; NR: M = 2.00, SD = 1.4; Hotelling-Spur F(4,128) = 26.034; p < .001).
4.4 Ergebnisse
129
Hierbei erfüllen die Kontaktpunkte in der Buchungsphase die meisten unterschiedlichen Funktionen. Auch für einzelne Kontaktpunkte sind signifikante Unterschiede entlang des Kaufprozesses festzuhalten. Der Reisekatalog wird in der Vorbuchungsphase im Mittel für die meisten unterschiedlichen Funktionen genutzt. Mit Fortschreiten der Kaufprozessphasen nimmt diese Anzahl dann stetig ab (VB: M = 1.82, SD = 0.7; B: M = 1.76, SD = 0.8; VR: M = 1.74, SD = 0.9; R: M = 1.58, SD = 0.7; NR: M = 1.02, SD = 0.2; Hotelling-Spur F(4,46) = 5,347; p < .05). Ein analoger Verlauf wird auch bei der Nutzung der Anbieter-Homepage identifiziert, allerdings sind hierbei die Differenzen zwischen den einzelnen Phasen deutlich größer (VB: M = 3.00, SD = 1.8; B: M = 2.13, SD = 1.0; VR: M = 1.88, SD = 0.9; R: M = 1.50, SD = 0.5; NR: M = 1.04, SD = 0.2; Hotelling-Spur F(4,20) = 5.988; p < .05). Die insgesamt höhere Anzahl an Funktionen, im Vergleich zum Reisekatalog, lässt sich vor allem durch die grundsätzlich höhere Funktionalität der Anbieter-Homepage erklären. Die persönlichen Kontakte mit den Mitarbeitern im Reisebüro und dem Reiseleiter am Urlaubsort weisen ebenfalls signifikante Unterschiede bezüglich der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Kaufprozess auf. Diese erfüllen während der Buchung und in der Reisephase im Mittel die meisten Kontaktfunktionen (VB: M = 2.00, SD = 0.9; B: M = 2.13, SD = 0.9; VR: M = 1.45, SD = 0.8; R: M = 2.68, SD = 1.3; NR: M = 1.22, SD = 0.4; Hotelling-Spur F(4,80) = 7.894; p < .01). Für die Anzahl unterschiedlicher Funktionen der weiteren Kontaktpunkte zeigen die Befunde allerdings keine signifikanten Unterschiede entlang des Kaufprozesses. Diese Ergebnisse können die in H1b formulierten Unterschiede ebenfalls partiell bestätigen. Die bisherigen Ausführungen lassen vermuten, dass sich die differierende Nutzung der Kontaktpunkte und die aufgedeckten Unterschiede bei den Kontaktfunktionen in der Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess auch in der Tourismusbranche widerspiegeln. Im Mittel haben die Probanden die Kontakte als wichtig beurteilt (M = 5.12, SD = 0.7). Entlang des gesamten Kaufprozess wurde den Kontakten mit dem Reisebüromitarbeiter mit die höchste Bedeutung beigemessen (telefonisch: M = 4.99, SD = 1.2; persönlich: M = 5.53, SD = 0.6; gesamt: M = 5.12, SD = 0.8). Weitere Kontaktpunkte, denen eine hohe Bedeutung von den Befragten beigemessen wurde, sind der Reisekatalog (M = 5.22, SD = 0.5), der Reiseleiter (M = 5.02, SD = 1.1), die Reiseunterlagen (M = 4.89, SD = 1.0), die Kontakte mit sonstigen Internetseiten (M = 4.79, SD = 1.2) und mit der Anbieter-Homepage (M = 4.99, SD = 0.9). In diesem Zusammenhang fällt auf, dass die Kontaktpunkte als besonders wichtig beurteilt wurden, die im Kaufprozess mit hohen Anteilen realisiert wurden und vielfältige Funktionen erfüllten und somit für die Kunden besonders nutzenstiftend waren. So wurden die Kontakte mit der Anbieter-Werbung auch als weniger wichtig beurteilt (M = 4.34, SD = 1.6), wobei sich jedoch dieser Zusammenhang nicht ohne Einschränkung verallgemeinern lässt. Beispielsweise wurde den Call Center-Kontakten ebenfalls eine hohe Bedeutung beigemessen (M = 5.34, SD = 0.8), obwohl diese nur mit einem äußerst geringen Anteil realisiert wurden. Sie erfüllten aber vor allem Beschwerdefunktionen und dienten dem Erhalt von Hilfestellungen und Beratungen. Es kann somit ein Zusammenhang zwischen den vorherrschenden Kontaktfunktionen und der Bedeutung eines Kundenkontaktpunkts angenommen werden.
130
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Die Verteilung der Bedeutung der wichtigsten und am häufigsten genutzten Kundenkontaktpunkte in Abbildung 18 liefert Hinweise für die Gültigkeit von H1c für die dargestellten Kontaktpunkte. Die persönlichen Kontakte beinhalten hierbei in der Reisephase die Kontakte mit dem Reiseleiter am Urlaubsort, während in den anderen Prozessphasen die persönlichen Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter berücksichtigt wurden. Über alle Phasen hinweg wurde den persönlichen Kundenkontakten die höchste Bedeutung beigemessen. Abbildung 18: Verteilung der Bedeutung der wichtigsten Kundenkontaktpunkte in der Tourismusbranche
5,75
Bedeutung2
5,25
persönliche Kontakte Anbieter-Homepage
4,75
sonstige Internetseiten Reisekatalog
4,25
Reiseunterlagen
3,75 3,25 VB
B
VR
R
NR
Prozessphasen1 1
VB = Vorbuchungsphase, B = Buchungsphase, VR = Vorreisephase, R = Reisephase, NR = Nachreisephase; 2 Bedeutung wurde gemessen auf einer sechs-stufigen Rating-Skala von 1 = völlig unwichtiger Kontakt bis 6 = sehr wichtiger Kontakt
Tabelle 21 gibt einen Überblick über die durchschnittliche Bedeutung aller betrachteten Kontaktpunkte in der Tourismusbranche. Die Ergebnisse der Mittelwertvergleiche stützen die in Hypothese H1c postulierten Unterschiede für die Bedeutung der Kundenkontakte insgesamt, für die Bedeutung der Kontakte mit dem Reisekatalog, der Anbieter-Homepage und für sonstige Internetseiten. Hinsichtlich der Kontakte mit den Reisebüromitarbeitern (persönlich und telefonisch) kann H1c nur tendenziell bestätigt werden. Die Anbieter-Werbung ist für die Kunden in der Vorbuchungs- und Buchungsphase, wie die Kontakte mit dem Reiseverkaufsfernsehen, von vergleichsweise geringer Bedeutung. Zwischen den Phasen unterscheidet sich die Bedeutung dieser Kontaktpunkte nur marginal. Die Bedeutung des Reisekatalogs nimmt entlang der Kaufprozesses deutlich ab. Hierbei lässt sich ein Zusammenhang mit der grundsätzlichen Funktionalität dieses Kontaktpunkts vermuten, die sich auch in der geringen Anzahl an unterschiedlichen Funktionen widerspiegelt, die dieser Kontaktpunkt mit Fortschreiten im Kaufprozess für die Kunden erfüllt. Die Internetkontakte werden in der Buchungsphase am wichtigsten beurteilt. Im weiteren Verlauf des Kaufprozesses nimmt die Bedeutung dieser Kontakte stetig ab.
4.4 Ergebnisse
131
Tabelle 21: Bedeutung der Kundenkontakte in der Tourismusbranche Bedeutung der Kundenkontakte in der Tourismusbranche M (SD)1 VB2 5,02 (0,9)
Bedeutung der Kundenkontakte3
B 5,26 (0,8)
VR 4,95 (0,9)
R 4,87 (1,1)
NR 4,43 (1,3)
F(4,123) = 9,781 ***
Kundenkontaktpunkt 4.52 (1.2) 3,63 (1,4) 3,50 (2,08) 3,24 (1,2) 4,25 (1,2) 4,28 (1.2)
4.13 (1.2) 3,60 (1,6) 2,40 (1,9) 3,50 (1,4) 4,36 (1.1) 4,29 (1,4)
Anzeigen und Beilagen in Zeitungen und Anzeigenblättern
4,13 (1,1)
Werbung in Zeitschriften
Anbieter-Werbung (insgesamt) TV-Werbung Radio-Werbung Plakatwerbung Werbung am Point-of-Sale Werbung im Internet
Reisekatalog Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Reisebüromitarbeiter (persönlich) Reisebüromitarbeiter (telefonisch) Call Center sonstige Kontakte
-
-
-
T(102) = 2.31*
-
-
-
n.s.
-
-
-
n.s.
-
-
-
n.s.
-
-
-
n.s.
-
-
-
n.s.
4,15 (1,1)
-
-
-
n.s.
3,67 (1,2)
3,92 (1,2)
-
-
-
n.s.
5,16 (0,9) 5,13 (0,93) 4,86 (1,15) 5,46 (0,9) 5,08 (1,2) 4,20 (1,6) 4,67 (1,2)
5,13 (0,8) 5,27 (0,9) 5,09 (1,0) 5,67 (0,6) 5,32 (0,9) 5,39 (0,95) 6,00 (NA)
4,59 (1,1) 4,53 (1,2) 4,78 (1,2) 5,26 (0,9) 5,08 (1,1) 4,89 (1,4) 4,13 (2,4)
4,62 (1,1) 4,46 (1,3) 4,39 (1,3)
3,99 (1,3) 4,36 (1,2) 3,89 (1,4) 5,23 (1,2) 5,10 (1,0) 5,00 (1,3)
3,84 (1,6)
2,0 (1,2)
-
-
-
n.s.
4,75 (1,0) 4,92 (1,4) 4,50 (1,2)
4,72 (1,3) 4,50 (1,3) 4,27 (2,1)
F(2,29) = 11,095 ***
4,69 (1,4) 5,55 (0,52) -
F(4,86) = 6,467 ** F(4,76) = 4,467 * F(4,48) = 3,347 * F(3,29) = 2,594 T F(4,28) = 2,873 T n.s. -
weitere Kundenkontaktpunkte Reiseverkaufsfernsehen Reiseunterlagen
-
-
5,05 (1,1)
Reiseleiter
-
-
-
Hotelanbieter
-
-
-
T(17) = 1,932 T n.s.
1
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p <.1, n.s. = nicht signifikant; Mittelwert (Standardabweichung), 2 VB = Vorbuchungsphase, B = Buchungsphase, VR = Vorreisephase, R = Reisephase, NR = Nachreisephase; 3 Die Bedeutung der Kundenkontakte wurde gemessen auf einer sechs-stufigen Rating-Skala 1 = völlig unwichtiger Kontakt - 6 = sehr wichtiger Kontakt; 4 - = nicht genannt bzw. kein Kontakt realisiert.
Auffällig ist, dass die Kontakte mit sonstigen Internetseiten, die insgesamt häufiger und differenzierter genutzt wurden, von den Kunden in allen Prozessphasen von geringerer Bedeutung sind als die Kontakte mit der Anbieter-Homepage. Dieser Unterschied war insbesondere für die Vorbuchungsphase nicht zu erwarten, da in diesem Zeitraum sonstige Internetseiten vor
132
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
allem Funktionen für den Erhalt von gezielten Informationen über die Angebote des Anbieters und für Preisvergleiche genutzt wurden, von denen anzunehmen ist, dass diese für die Kunden grundsätzlich von höherer Bedeutung als der Erhalt allgemeiner Informationen auf der Anbieter-Homepage sind. Zusammenfassend zeigt sich für die Tourismusbranche anhand der hohen Anteile, der vielfältigen Funktionen und ihrer hohen Bedeutung, dass die persönlichen Kundenkontakte eine besondere Stellung in der Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess einnehmen. Dies war aufgrund der angebotenen Leistungen auch so zu erwarten (vgl. Peterson et al. 1997 S. 336, Gupta et al. 2004 S. 133f., Frambach et al. 2007 S. 29, Steinmann & Silberer 2009b S. 16). Weiterhin deuten die Befunde, ähnlich wie im Elektronikfachhandel, auf vielfältige vertikale Beziehungen zwischen den einzelnen Dimensionen der Kundenkontaktsequenzen hin. 4.4.1.3 Vergleich und Diskussion der Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte in beiden Branchen Für die Identifikation der Unterschiede zwischen den beiden Branchen werden im Folgenden die Kontakte, Funktionen und die Bedeutung vergleichbarer Kontaktpunkte gegenübergestellt. Branchenübergreifend lassen sich die Kontakte mit den verschiedenen Formen der AnbieterWerbung, Kontakte mit der Anbieter-Homepage und sonstigen Internetseiten, die persönlichen Kontakte mit dem Verkaufs- und Servicepersonal bzw. den Reisebüromitarbeitern sowie die Kontakte mit dem Call Center und sonstige Kontakte miteinander vergleichen. Die weiteren Ausführungen beschäftigen sich mit der Analyse der Unterschiede der Kontaktfunktionen und der Bedeutung dieser vergleichbaren Kundenkontakte im Kaufprozess. Die Ergebnisse der χ2-Homogenitätstests (vgl. Backhaus et al. 2008 S. 299) in Tabelle 22 zeigen zum Teil hoch signifikante Unterschiede hinsichtlich der Anteile der realisierten Kundenkontakte zwischen den betrachteten Branchen im Kaufprozess. Für sonstige Internetseiten ist in der Tendenz (p < .1) ein signifikanter Unterschied festzustellen (p = 0.061), lediglich für Kontakte mit der Anbieter-Werbung in Zeitschriften sowie für Kontakte mit dem Verkaufsund Servicepersonal bzw. den Reisebüromitarbeitern, für Kontakte mit dem Call Center und sonstige Kontakte werden keine signifikanten Unterschiede festgestellt. Für die durchschnittliche Anzahl aller im Kaufprozess realisierten Kontakte – der Länge der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz – zeigen sich ebenfalls signifikante Unterschiede zwischen den Branchen. In der Tourismusbranche realisieren die Kunden insgesamt mehr Kontakte im Kaufprozess als im Elektronikfachhandel (EH: M = 6.22, SD = 2.7; TB: M = 9.63, SD = 4.9; T(542) = 10.305, p < .001). Kontakte mit der Anbieter-Werbung wurden von den Befragten im Elektronikfachhandel deutlich häufiger berichtet als in der Tourismusbranche. Diese Unterschiede zeigen sich jedoch nicht nur phasenübergreifend zwischen den betrachteten Branchen, sondern auch bezogen auf einzelne Prozessphasen. So werden im Zeitraum vor einer Transaktion im Elektronikfachhandel Werbekontakte mit einem signifikant höheren Anteil realisiert als in der Touris-
4.4 Ergebnisse
133
musbranche (χ2(1) = 98.07, p < .001). Gleiches gilt für den Anteil derartiger Kontakte während der Transaktion (χ2(1) = 28.01, p < .001). Tabelle 22: Kundenkontakte im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche im Kaufprozess Anteile der Kundenkontakte in % Kontaktpunkt Anbieter-Werbung (insgesamt) TV-Werbung Radio-Werbung Plakatwerbung Werbung am Point-of-Sale Werbung im Internet Anzeigen und Beilagen in Zeitungen und Anzeigenblättern Werbung in Zeitschriften Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Verkaufs- und Servicepersonal bzw. Reisebüromitarbeiter Call Center sonstige Kontakte
EH1
χ2-Homogenitätstest
81,92
TB 38,6
χ2(1) = 79,11 ***
49,7 12,8 28,0 56,9 39,5 52,3
8,5 2,4 5,3 14,6 19,1 11,0
χ2(1) = 218,11 *** χ2(1) = 46,17 *** χ2(1) = 102,67 *** χ2(1) = 145,51 *** χ2(1) = 26,93 *** χ2(1) = 174,23 ***
3,6
7,7
n.s.
23,4 34,6
33,3 43,9
χ2(1) = 4,41 * χ2(1) = 3,51 T
64,5
58,7
n.s.
1,9 5,3
4,9 4,9
n.s. n.s
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 EH = Elektronikfachhandel, TB = Tourismusbranche; 2 bedeutet, dass 81,9% der genannten Kontakte mit der Anbieter-Werbung in der Vorkaufphase die Funktion allgemeine Information hatten (Mehrfachnennungen möglich).
Ebenso zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den Anteilen der Kontakte mit Anzeigen und Beilagen in Tageszeitungen und Anzeigenblättern in der Vorkaufs- bzw. Vorbuchungsphase (χ2(1) = 358.35; p < .001). Diese Kontaktpunkte werden im Elektronikfachhandel in dieser Phase häufiger genutzt als in der Tourismusbranche. Für Kontakte mit der Anbieter-Werbung im Internet können diese Unterschiede zwischen den Branchen ebenfalls für den Zeitraum bis zur Entscheidung für eine Leistung des Anbieters bestätigt werden (χ2(1) = 46.44; p < .001). Es ergeben sich nicht nur für die Anteile, sondern auch für die durchschnittliche Anzahl einzelner Werbekontakte in den Kundenkontaktsequenzen signifikante Unterschiede zwischen den betrachteten Branchen. Die Ergebnisse eines T-Tests für unabhängige Stichproben (vgl. Schlittgen 2003 S. 345-353) zeigen diesbezüglich im Elektronikfachhandel eine signifikant höhere Anzahl an Kontakten mit der Anbieter-Werbung im Ladengeschäft (EH: M = 1.61, SD = 0.8; TB: M = 1.32, SD = 0.5; T(208) = 2.140, p < .05), mit der Anbieter-Werbung im Internet (EH: M = 1.61, SD = 0.5; TB: M = 1.45, SD = 0.6; T(349) = 1.988, p < .05) sowie mit Anzeigen und Beilagen in Tageszeitungen und Anzeigenblättern (EH: M = 1.29, SD = 0.4; TB: M = 1.01, SD = 0.2; T(196) = 7.535, p < .001) als in der Tourismusbrache. Diese Differenzen ergeben sich u.a. aus der vergleichsweise hohen Werbefrequenz des Elektronikfachhändlers, der mehr oder weniger täglich in den unterschiedlichen Medien auf aktuelle Angebote und Aktionen aufmerksam macht. In der Tourismusbranche ist die Werbefrequenz insgesamt
134
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
deutlich niedriger und eher saisonal angelegt, um beispielsweise im Winter auf die Möglichkeit des Erhalts von Frühbucherrabatten oder Gutscheinen bei rechtzeitiger Buchung des Sommerurlaubs aufmerksam zu machen. Diese Unterschiede in der Werbefrequenz müssen nicht zwangsläufig dazu führen, dass die Kunden mehr Werbekontakte realisieren. Die Ausstrahlungshäufigkeit kann aber die Erinnerungsleistung an Kontakte mit der AnbieterWerbung im Kaufprozess, im Rahmen der durchgeführten Kundenbefragungen, entscheidend beeinflussen, was auch ein Grund für die deutlichen Unterschiede zwischen den beiden Branchen sein kann (vgl. Zielske 1953, Barnard 1975). Die Anbieter-Homepage und sonstige Internetseiten werden im Kaufprozess in der Tourismusbranche mit einem höheren Anteil genutzt. Darüber hinaus ist für beide Branchen festzustellen, dass Kontakte mit sonstigen Internetseiten häufiger als mit der Anbieter-Homepage realisiert werden. Bei einem phasenbezogenen Vergleich zeigen sich insbesondere für den Zeitraum nach dem Kauf bzw. der Reise hoch signifikante Unterschiede zwischen beiden Branchen. Während diese Kontakte im Elektronikfachhandel keine besondere Stellung für die Kunden haben, werden sie in der Tourismusbranche mit einem vergleichsweise hohen Anteil genutzt (vgl. Tabelle 16, Tabelle 19; Anbieter-Homepage: χ2(1) = 18.34; p < .001; sonstige Internetseiten: χ2(1) = 11.12; p < .001). Dieses Ergebnis überrascht, waren doch aufgrund der eingeschränkten Funktionalität und des wenig umfassenden Informationsangebots der Anbieter-Homepage im Elektronikfachhandel, die lediglich Informationen über einen kleinen Ausschnitt des Gesamtsortiments bereitstellt und den Erwerb ausgewählter Leistungen ermöglicht, im Vergleich zu der umfassenden Funktionalität der Anbieter-Homepage in der Tourismusbranche signifikante Unterschiede für alle vergleichbaren Prozessphasen zu erwarten. Persönliche Kundenkontakte wurden im Elektronikfachhandel im Kaufprozess insgesamt mit einem höheren Anteil realisiert als in der Tourismusbranche. Hierbei war, aufgrund der häufig höheren Komplexität touristischer Leistungen im Vergleich zu einer Vielzahl der Produkte im Elektronikfachhandel (z.B. Kleinteile, Musik-CD’s, DVD’s), ein umgekehrtes Verhältnis zu erwarten. Allerdings ist dieser Unterschied nur marginal (vgl. Tabelle 21). Bei einem Vergleich der Anzahl persönlicher Kundenkontakte zeigt sich ebenfalls kein Unterschied entlang des Kaufprozesses. Ein höherer Anteil persönlicher Kundenkontakte lässt sich nur bei einem phasenbezogenen Vergleich der Kundenkontakte in der Nachkauf- bzw. Nachreisephase feststellen. Hier haben 25.4% der Kunden in der Tourismusbranche persönliche Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter realisiert, während der Anteil der Kontakte mit dem Verkaufs- und Servicepersonal im Elektronikfachhandel mit 15.8 % deutlich geringer war (χ2(1) = 4.86, p < .05). Bei einem Vergleich der Kontaktfunktionen zeigt sich, dass, neben dem Kauf des interessierenden Produkts bzw. der Buchung der gewünschten Reise, bei der Realisation von Kundenkontakten der Erhalt von allgemeinen und gezielten Informationen über die Leistungen des Anbieters in beiden Branchen im Vordergrund standen (allgemeine Informationen: EH: 84.2%, TB: 86.6%, χ2(1) = 0.49; p = 0.48; gezielte Informationen: EH: 82.6%, TB: 86.3%, χ2(1) = 1.16; p = 0.28). In der Tourismusbranche ist der Anteil an Preisvergleichen (EH:
4.4 Ergebnisse
135
19.1%, TB: 79,1%, χ2(1) = 217,76; p < .001), Hilfestellung und Beratung (EH: 55,6%, TB: 66,2%, χ2(1) = 5,02; p < .05) sowie Beschwerdefunktionen (EH: 9,9%, TB: 26,0%, χ2(1) = 13,47; p < .001) allerdings signifikant höher als im Elektronikfachhandel. Die Ergebnisse des χ2-Homogenitätstests in Tabelle 23 offenbaren vielfältige Unterschiede der Funktionen für vergleichbare Kontaktpunkte im Kaufprozess. Insgesamt weisen die Unterschiede in den Anteilswerten darauf hin, dass die Befragten in der Tourismusbranche die Kontaktpunkte differenzierter, d.h. für mehr unterschiedliche Funktionen im Kaufprozess, genutzt haben, während bei den Kunden im Elektronikfachhandel einzelne Funktionen bei den unterschiedlichen Kontaktpunkten im Vordergrund standen. Tabelle 23: Funktionen der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche Anteile Kontaktpunkt
EH1
TB χ2-Homogenitätstest
Anbieter-Werbung (insgesamt) allgemeine Informationen gezielte Informationen Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung (Hinweis auf Gelegenheit zum) Kauf Beschwerde Anbieter-Homepage allgemeine Informationen gezielte Informationen Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung Beschwerde sonstige Internetseiten allgemeine Informationen gezielte Informationen Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung Beschwerde Verkaufs- und Servicepersonal bzw. Reisebüromitarbeiter allgemeine Informationen gezielte Informationen Preisvergleiche Hilfestellung & Beratung (Hinweis auf Gelegenheit zum) Kauf Beschwerde
57,42 47,6 24,8 10,2 4,7
80,5 18,2 33,6 5,1 8,7
χ2(1) = 33,99 *** χ2(1) = 58,06 *** n.s. χ2(1) = 5,37 * n.s.
57,1 40,0 27,1 4,3 -
50,7 43,8 10,7 49,8 30,8
n.s. n.s. χ2(1) = 32,49 *** χ2(1) = 82,81 *** -
18,1 87,2 64,7 6,3 -
27,2 53,1 50,3 14,1 6,4
χ2(1) = 4,19 * χ2(1) = 46,69 *** χ2(1) = 8,29 ** χ2(1) = 5,02 * -
14,8 65,3 10,1 71,6 14,8 13,3
22,7 46,4 28,6 42,6 45,2 28,4
n.s. χ2(1) = 14,36 *** χ2(1) = 16,76 *** χ2(1) = 34,39 *** χ2(1) = 37,31 *** χ2(1) = 11,21 ***
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .01, n.s. = nicht signifikant; 1 EH = Elektronikfachhandel, TB = Tourismusbranche, 2 bedeutet, dass 57,4% der genannten Kontakte mit der Anbieter-Werbung im Elektronikfachhandel die Funktion allgemeine Information hatten (Mehrfachnennungen möglich).
Dies zeigt sich beispielsweise bei einem Vergleich der relativen Häufigkeiten der Funktionen der Kontakte mit dem Verkaufspersonal bzw. den Reisebüromitarbeitern (vgl. Tabelle 23). Die Befragten im Elektronikfachhandel haben diese Kontakte vor allem zur gezielten Information (65.3%) über die Leistungen des Anbieters sowie für Hilfestellungen und Beratungen genutzt (71.6%). In der Tourismusbranche hingegen sind die Anteilswerte der einzelnen Kon-
136
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
taktfunktionen zwar deutlich niedriger, aber insgesamt relativ gleichverteilt, was auf eine differenziertere Nutzung dieses Kontaktpunkts im Kaufprozess schließen lässt. Der Vergleich der Anzahl der unterschiedlichen Funktionen dieser Kontakte im Kaufprozess bestätigt diese Vermutung für die Kontakte mit dem Verkaufspersonal bzw. den Reisebüromitarbeitern (EH: M = 2.31, SD = 1.5; TB: M = 2.92, SD = 2.3; T(496) = 3.098, p < .01) und ebenso bei einer kontaktpunktübergreifendem Analyse. Die Kunden in der Tourismusbranche nutzen insgesamt die Kontakte in der Kundenkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses differenzierter als im Elektronikfachhandel (EH: M = 3.08, SD = 1.2; TB: M = 4.51, SD = 16; T(458) = 10.458, p < .001). Bezogen auf einzelne Kontaktpunkte zeigen die Ergebnisse gleich gerichtete Unterschiede für die Funktionen der Kontakte mit der Anbieter-Homepage (EH: M = 1.28, SD = 0.6; TB: M = 2.04, SD = 1.3; T(483) = 4.73, p < .001) und die Funktionen sonstiger Internetseiten (EH: M = 1.74, SD = 0.7; TB: M = 2.99, SD = 1.7; T(506) = 5.17, p < .001). Lediglich für die Anzahl unterschiedlicher Funktionen der Anbieter-Werbung ist ein umgekehrtes Verhältnis festzustellen. Diese erfüllten im Elektronikfachhandel mehr unterschiedliche Funktionen für die Probanden als in der Tourismusbranche (EH: M = 3.38, SD = 2.5; TB: M = 2.82, SD = 2.3; T(362) = 5.171, p < .001). Abschließend zeigen die Ergebnisse der T-Tests für unabhängige Stichproben in Tabelle 24 signifikante Unterschiede hinsichtlich der durchschnittlichen Bedeutung für einzelne, zwischen den Branchen vergleichbare Kontaktpunkte sowie für die durchschnittliche Bedeutung aller realisierten Kontakte in der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz. Hierbei zeigt sich, dass die unterschiedlichen Kontakte im Kaufprozess für die Probanden in der Tourismusbranche fast durchweg von höherer Bedeutung waren als für die Befragten im Elektronikfachhandel. Lediglich einzelne Maßnahmen der Anbieter-Werbung wurden im Elektronikfachhandel wichtiger und somit nutzenstiftender beurteilt. Der Grund hierfür liegt vermutlich in der Unterschiedlichkeit der Komplexität und der Preisspanne der erworbenen Leistungen zwischen den beiden Branchen. Selbst touristische Leistungen aus unteren Preissegmenten (z.B. Last-Minute-Reisen) und mit kurzer Reisedauer weisen zumeist einen vergleichsweise hohen Komplexitätsgrad auf, da sie sich aus mehreren Komponenten zusammensetzen und somit erklärungsbedürftig sind. Dies kann dazu führen, dass die Kunden mehr Kontakte im Kaufprozess realisieren, diese für mehr Funktionen nutzen und sie somit als wichtiger beurteilen (vgl. Black et al. 2002 S. 168, Verhoef et al. 2007, Frambach et al. 2007). Weiterhin ist häufig auch von einem grundsätzlich höheren (emotionalen) Involvement der Kunden im Kaufprozess beim Erwerb einer Urlaubsreise, verglichen mit dem Kauf einer Leistung aus dem Elektronikfachhandel, auszugehen (z.B. Erholungsurlaub vs. CD-Rom), was sich in der Art und Anzahl, den Funktionen und der Bedeutung einzelner Kundenkontakte widerspiegelt.
4.4 Ergebnisse
137
Tabelle 24: Bedeutung der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche im Kaufprozess Bedeutung der Kundenkontakte M (SD) 1
Bedeutung Kundenkontakte insgesamt3 Kontaktpunkt Anbieter-Werbung (insgesamt) TV-Werbung Radio-Werbung Plakatwerbung Werbung am Point-of-Sale Werbung im Internet Anzeigen und Beilagen in Zeitungen und Anzeigenblättern Werbung in Zeitschriften Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Verkaufs- und Servicepersonal bzw. Reisebüromitarbeiter Call Center sonstige Kontakte
EH2
TB
T-Test für unabhängige Stichproben
4,11 (1,1)
5,12 (0,6)
T(660) = -10,460 ***
3,89 (1,2)
4,34 (1,6)
T(446) = 2,43 *
4,28 (2,0) 2,74 (1,2) 3,21 (1,3) 4,26 (1,2) 3,69 (1,4) 4,57 (1,8)
4,15 (1,3) 3,50 (3,5) 2,50 (0,7) 4,66 (1,1) 4,18 (1,2) 4,40 (1,0)
n.s. n.s. n.s. T(89) = 5,36 *** T(283) = 2,42 * n.s.
4,28 (1,8)
4,06 (0,8)
n.s.
3,98 (1,8) 4,35 (1,7)
4,99 (0,9) 4,79 (1,1)
T(115) = 1,95T T(238) = 8,61 ***
4,88 (1,3)
5,12 (0,6)
T(407) = 5,08 ***
5,22 (1,1) 4,12 (2,1)
5,34 (0,8) 5,73 (0,6)
n.s. T(37) = 2,41 *
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 Mittelwert (Standardabweichung), 2 EH = Elektronikfachhandel, TB = Tourismusbranche; 3 Die Bedeutung der Kundenkontakte wurde gemessen auf einer sechs-stufigen Rating-Skala 1 = völlig unwichtiger Kontakt - 6 = sehr wichtiger Kontakt.
Dies erklärt insgesamt die höhere Anzahl an Kontakten sowie differenziertere Nutzung und auch höhere Bedeutung der Kundenkontaktpunkte in der Tourismusbranche (vgl. Peterson et al. 1997 S. 339). Dies gilt insbesondere für die Kontaktpunkte, denen eine vergleichsweise hohe Funktionalität inhärent ist und die somit von großem Nutzen für die Erfüllung der Kundenanforderungen im Kaufprozess sind, wie beispielsweise die Kontakte mit sonstigen Internetseiten oder persönliche Kontakte. In diesem Zusammenhang verwundert auch die relativ geringe Bedeutung der Werbekontakte nicht. Diese wurden von den Probanden in der Tourismusbranche nur mit geringem Anteil und für wenige Funktionen realisiert. Allerdings muss in diesem Zusammenhang auf die besondere Stellung des Reisekatalogs in der Tourismusbranche hingewiesen werden, der als Informationsmedium in allen Phasen des Kaufprozesses häufig genutzt wurde, vielfältige Funktionen erfüllte und eine hohe Bedeutung für die Kunden im Kaufprozess hatte (Reisekatalog: M = 5.22; SD = 0.5) (vgl. hierzu auch Silberer & Steinmann 2009). Die erworbenen Produkte im Elektronikfachhandel hingegen weisen deutliche Unterschiede in ihrer Komplexität und ebenfalls der Preisspanne auf (z.B. CD-ROM vs. LED-TV). Dies führt vor allem im Kaufprozess von wenig komplexen Produkten aus unteren Preissegmenten, die häufig mit geringerem Involvement einhergehen und habitualisiert erworben werden, da-
138
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
zu, dass die Kunden insgesamt weniger Kontakte im Kaufprozess realisieren, die Kontakte weniger Funktionen erfüllen und daher auch weniger wichtig beurteilt werden. Die Befunde liefern eindeutige Hinweise darauf, welche Kontaktpunkte von den Probanden in den betrachteten Branchen als besonders nutzenstiftend im Kaufprozess angesehen werden, wobei sich zum Teil deutliche Unterschiede zeigen. In Anlehnung an die Befunde von Burke (2002), Dach (2002a) sowie Van Baal und Dach (2005) kann angenommen werden, dass hierfür u.a. die Unterschiedlichkeit der gehandelten Leistungen und ihrer Eigenschaften verantwortlich ist. Zusammenfassend zeigen die Befunde, wie in Hypothese H1 erwartet, dass hinsichtlich der Realisation von Kundenkontakten, ihren Funktionen und Bedeutung vielfältige Unterschiede in der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses zwischen den beiden betrachteten Branchen bestehen. Weiterhin liefern die Ergebnisse Hinweise auf die komplementäre Nutzung der Kundenkontakte in allen Prozessphasen. Nicht nur ein Kontakt wird von den Kunden realisiert, um allgemeine oder gezielte Informationen zu erhalten, sondern mehrere Kontaktpunkte erfüllen diese Funktion. Somit ist davon auszugehen, dass im Sinne des Konzepts der adaptiven Entscheidungsfindung (Payne et al. 1993) sowie der Information Integration Theorie (Anderson 1971), die Kundeninformationen aus unterschiedlichen Kontakten und Kontaktpunkten für die Erfüllung ihrer unterschiedlichen Kundenbedürfnisse miteinander verknüpft sind. Weiterhin wird insgesamt deutlich, dass bestimmte Kontakte in einzelnen Phasen von den Kunden für vielfältige Funktionen genutzt werden, in anderen Phasen dann aber keine oder nur äußerst wenige Funktionen erfüllen (z.B. Kontakte mit der Anbieter-Werbung oder Anbieter-Homepage). Demnach ist davon auszugehen, dass sich der Nutzen eines Kontakts mit dem Anbieter an einem bestimmten Kontaktpunkt für die Kunden im Kaufprozess unterscheidet, was sich auch in den Unterschieden der Bedeutung der Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses widerspiegelt. In diesem Zusammenhang können, in Anlehnung an die Media Richness Theorie (Daft & Lengel 1984), Schlussfolgerungen hinsichtlich der Effektivität eines Kontakts bzw. Kontaktpunkts zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. in einer bestimmten Phase im Kaufprozess getroffen werden. In beiden Branchen scheinen persönliche Kontakte mit dem Verkaufspersonal bzw. den Reisebüromitarbeitern in allen Phasen als vergleichsweise effektive und nutzenstiftende Kontakte zu sein, während beispielsweise Kontakte mit einzelnen Maßnahmen der Anbieter-Werbung nur zu Beginn des Kaufprozesses von den Kunden so beurteilt werden. Allerdings zeigen die Befunde auch hierbei deutliche Unterschiede zwischen den beiden Branchen. So werden Werbekontakte im Elektronikfachhandel mit einem hohen Anteil in der frühen Phase des Kaufprozesses realisiert, während diese in der Tourismusbranche eine weniger wichtige Stellung einnehmen.
4.4 Ergebnisse
4.4.2
139
Vertikale Beziehungen zwischen den Kundenkontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz
H2 und H3: Vertikale Beziehungen zwischen den Dimensionen der Kundenkontakte in der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz Die Befunde haben gezeigt, dass von vielfältigen vertikalen Beziehungen zwischen den Kontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung in der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz auszugehen ist. In der Hypothese H2 wird diesbezüglich ein positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl an Kontakten (Dimension 1) und der Anzahl unterschiedlicher Funktionen (Dimension 2) eines Kundenkontaktpunkts im Kaufprozess (H2a) sowie zwischen der Anzahl an Kontakten (Dimension 1) und der Bedeutung eines Kontaktpunkts (Dimension 3) im Kaufprozess angenommen (H2b). In Hypothese H3 wird ein positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl unterschiedlicher Funktionen (Dimension 2) und der Bedeutung eines Kontaktpunkts (Dimension 3) im Kaufprozess vermutet. Die Erfassung der Kundenkontakte als multidimensionale Ereignisse in der Kundenkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses ermöglicht die statistische Analyse dieser postulierten Zusammenhänge in beiden Branchen. Die Überprüfung der Hypothesen erfolgt unter Verwendung eines geeigneten Ansatzes der Korrelationsanalyse (vgl. Cohen et al. 2003). Da bei der Untersuchung der Zusammenhänge zwischen den Dimensionen der Kundenkontakte davon auszugehen ist, dass beispielsweise die Korrelation zwischen der Anzahl unterschiedlicher Funktionen und der Bedeutung eines Kontaktpunkts ebenfalls mit der Anzahl an Kontakten an diesem Kontaktpunkt zusammenhängt, wird in dieser Arbeit die partielle Korrelation für die Bestimmung der Richtung (negativ vs. positiv) und der Stärke eines linearen Zusammenhangs zwischen zwei Merkmalen herangezogen (vgl. Schlittgen 2003 S. 178). Partielle Korrelationsanalysen ermöglichen die Ermittlung der Wechselbeziehungen zwischen zwei Merkmalen (X und Y) unter Partialisierung eines dritten Merkmals (Z), d.h. sie ermöglichen die Bestimmung der Korrelation zwischen zwei Merkmalen, die ohne den „Einfluss“26 des dritten Merkmals vorhanden wäre – allgemein: die partielle Korrelation von X und Y unter Konstanthaltung von Z (vgl. Hartung et al. 2002 S. 561-564). Hierdurch wird die Identifikation und die Berücksichtigung evtl. vorhandener „Scheinkorrelationen“ zwischen den betrachteten Merkmalen möglich und die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht (vgl. Bortz & Döring 2006 S. 510). Die Ermittlung der partiellen Korrelation unter Verwendung der Produkt-Moment-Korrelation von Bravais und Pearson setzt die Normalverteilung der betrachteten Merkmale voraus (vgl. Bühner & Ziegler 2009 S. 606). Die Ergebnisse eines Kolmogorov-Smirnov-Tests (vgl. Schlittgen 2003 S. 395) zeigen für die Anzahl der Kontakte und die Anzahl unterschiedlicher
26
Das Wort Einfluss wird hier in Anführungszeichen gesetzt, da die Beziehung zwischen den beiden Merkmalen und dem dritten betrachteten Merkmal nicht zwangsläufig kausal sein muss (vgl. Bortz & Döring 2006 S. 510).
140
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Funktionen eines Kontaktpunkts vereinzelt Verletzungen der Normalverteilungsannahme. Daher wird in dieser Arbeit für die Betrachtung der vertikalen Beziehungen zwischen den Dimensionen der Kundenkontaktsequenz die von Kendall (1942) vorgeschlagene Methode zur Bestimmung der partiellen Rangkorrelation τXY/Z verwendet (vgl. hierzu auch Sachs & Hedderich 2009 S. 71-74). Für die Berechnung des partiellen Rangkorrelationskoeffizienten τ wird keine Normalverteilung für die betrachteten Variablen vorausgesetzt (vgl. Hartung et al. 2002 S. 553). Dieser ist weniger anfällig für Ausreißer in den erfassten Daten, ermöglicht allerdings lediglich eine Aussage über die Richtung und Stärke des monotonen Zusammenhangs zwischen der Anzahl an Kundenkontakten, der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen und der Bedeutung einzelner Kontaktpunkte im Kaufprozess. Im Folgenden werden die Ergebnisse der partiellen Rangkorrelationen für die Überprüfung der in den Hypothesen H2a, H2b und H3 postulierten Beziehungen für die Studien im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche präsentiert. Anschließend erfolgt ein Vergleich der Ergebnisse aus beiden Branchen mit einer kurzen Diskussion der Befunde. 4.4.2.1 Vertikale Beziehungen zwischen den Dimensionen der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel Zunächst wird die partielle Rangkorrelation τKF/B zwischen der Anzahl an Kontakten (K) und der Anzahl unterschiedlicher Funktionen (F) eines Kontaktpunkts im Kaufprozess, unter Konstanthaltung der Bedeutung (B) dieses Kundenkontaktpunkts im Kaufprozess, für die Überprüfung der angenommenen positiven Zusammenhänge zwischen diesen Merkmalen im Elektronikfachhandels betrachtet. Insgesamt zeigen die Ergebnisse positive monotone Beziehungen zwischen den betrachteten Dimensionen für alle Kontaktpunkte im Kaufprozess. Hinsichtlich der Stärke der Zusammenhänge und deren Übertragbarkeit auf die Grundgesamtheit sind jedoch deutliche Unterschiede zwischen den ermittelten partiellen Rangkorrelationen festzustellen. Die Befunde belegen einen monotonen, mittleren27 positiven Zusammenhang zwischen der gesamten Anzahl an Kontakten und der gesamten Anzahl unterschiedlicher Funktionen der Kundenkontakte im Kaufprozess (τKF/B(gesamt) = .513, p < .00128). Bezogen auf einzelne Kontaktpunkte ist eine starke positive partielle Rangkorrelation zwischen der Anzahl an Kontakten und der Anzahl an Funktionen des Ladengeschäfts festzuhalten (τKF/B(Laden) = .857, p < .001). Weitere signifikante mittlere positive Wechselbeziehungen ergeben sich für die Anzahl und Funktionen persönlicher Kontakte im Ladengeschäft (Verkaufspersonal: τKF/B(Verkaufspersonal) = .532, p < .01); τKF/B(Servicepersonal) = .506, p < .01). Für die Kundenkontakte mit der Anbieter-Werbung insgesamt ist eine schwache positive, allerdings hoch
27
Zur Interpretation der Stärke des (Rang-) Korrelationskoeffizienten vgl. Cohen (1988) sowie Schlittgen (2003 S. 179).
28
Signifikanz einseitig.
4.4 Ergebnisse
141
signifikante partielle Rangkorrelation festzuhalten (τKF/B(Werbung) = .407, p < .001). Bezogen auf einzelne Instrumente der Anbieter-Werbung ist lediglich für die Kontakte mit Anzeigen und Beilagen in Tageszeitungen und Anzeigenblättern ein schwacher, tendenziell signifikanter (p < .1), positiver Zusammenhang festzustellen (τKF/B(Zeitungswerbung)= .143, p = .065). Für die weiteren Träger der Anbieter-Werbung zeigen die Befunde ebenfalls positive monotone Zusammenhänge. Diese sind jedoch zumeist vernachlässigbar gering und nicht signifikant (z.B. τKF/B(Zeitschriftenwerbung) = .050, p = .543). Hinsichtlich der Kundenkontakte im Internet zeigen die Befunde schwache partielle Rangkorrelationen für die Anzahl und die unterschiedlichen Funktionen der Kundenkontakte mit der Anbieter-Homepage (τKF/B(Homepage) = .169, p = .159) und mit sonstigen Internetseiten (τKF/B(sonst. Internetseiten) = .139, p = .176). Für die Kontakte mit dem Call Center des Anbieters ist eine vernachlässigbare positive Beziehung festzuhalten (τKF/B(Call Center)= .089, p = .632). Bezogen auf die Übertragbarkeit der identifizierten Zusammenhänge auf die Grundgesamtheit wird anhand der hier identifizierten monotonen Zusammenhänge Hypothese H2a nur partiell gestützt Nach dieser übergreifenden Analyse werden nun die partiellen Rangkorrelationen zwischen der Anzahl an Kundenkontakten an einem bestimmten Kontaktpunkt und der Anzahl einzelner Kontaktfunktionen zur Überprüfung von H2a ermittelt. Die Betrachtung dieser Wechselbeziehungen liefert zusätzliche Erkenntnisse hinsichtlich der Intention der Probanden bei der Realisation eines Kundenkontakts. Tabelle 25 beinhaltet die signifikanten partiellen Rangkorrelationen. Diese monotonen Wechselbeziehungen können Hypothese H2a ebenfalls nur teilweise stützen. Tabelle 25: Partielle Rangkorrelation zwischen der Anzahl an Kundenkontakten und der Anzahl einzelner Kontaktfunktionen im Kaufprozess im Elektronikfachhandel
Kontaktpunkt Anbieter-Werbung (insgesamt) Anbieter- Homepage sonstige Internetseiten Ladengeschäft Verkaufspersonal Servicepersonal Call Center
allgemeine Information .580***
Funktionen der Kundenkontakte (Hinweis auf Hilfestellung gezielte Preisund BeraGelegenheit Information vergleiche tung zum) Kauf .362**
Beschwerde
.307**
.518** .588* .359**
.362** .349** .312*
.307**
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, nur signifikante partielle Rangkorrelationen werden berichtet (Signifikanz einseitig).
Die Ergebnisse zeigen signifikante, mittlere partielle Rangkorrelationen für die Anzahl der Kundenkontakte mit der Anbieter-Werbung insgesamt sowie für die Kontakte mit dem Ladengeschäft, um allgemeine Informationen zu erhalten, im Kaufprozess. Ein ebensolcher mittlerer positiver Zusammenhang kann zwischen der Anzahl an Kontakten mit sonstigen Internetseiten und der Anzahl der Funktion Hilfestellung und Beratung festgehalten werden.
142
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Die weiteren angeführten Rangkorrelationen zeigen nur schwache monotone Beziehungen zwischen der Anzahl der Kontakte und der Häufigkeit einzelner Kontaktfunktionen im Kaufprozess. Für die Anbieter-Homepage konnte mit keiner Kontaktfunktion ein signifikanter monotoner Zusammenhang identifiziert werden. In Hypothese H2b wird ein positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl an Kontakten mit einem bestimmten Kontaktpunkt und seiner Bedeutung für die Kunden im Kaufprozess angenommen. Demnach wird angenommen: je häufiger ein Kontaktpunkt im Kaufprozess genutzt wird, desto wichtiger ist er für die Kunden im Kaufprozess (oder umgekehrt). Zur Überprüfung von H2b wurde die partielle Rangkorrelation τKB/F zwischen der Anzahl an Kontakten (K) und der Bedeutung (B) eines bestimmten Kontaktpunkts im Kaufprozess, unter Konstanthaltung der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen (F), ermittelt. Die ermittelten partiellen Rangkorrelationen zeigen vorwiegend schwache und zumeist nicht signifikante Zusammenhänge zwischen den betrachteten Dimensionen der Kundenkontakte. Demnach kann nicht zwangsläufig davon ausgegangen werden, dass häufige genutzte Kontaktpunkte mit einer hohen Bedeutung für die Kunden einhergehen. Lediglich für die Anzahl und die Bedeutung der Kontakte mit der Anbieter-Werbung insgesamt ist eine mittlerer, positiver monotoner Zusammenhang festzustellen (τKB/F(Werbung) = .549, p < .01). Bezogen auf einzelne Werbekontakte zeigen die Befunde eine signifikante, positive partielle Rangkorrelation zwischen der Anzahl und der Bedeutung der Kundenkontakte mit Anzeigen und Beilagen in Tageszeitungen und Anzeigenblättern (τKB/F(Zeitungswerbung) = .324, p < .01). Für die Kontakte mit dem Ladengeschäft im Kaufprozess zeigt sich ein schwacher positiver Zusammenhang (τKB/F(Laden) = .198, p < .01). Weiterhin deuten die Ergebnisse auf eine positive, jedoch nicht-signifikante, monotone Wechselbeziehung von der Anzahl und der Bedeutung der Kontakte mit der Anbieter-Homepage (τKB/F(Homepage) = .131, p = .598), mit sonstigen Internetseiten (τKB/F(sonst. Internetseiten) = .054, p =598), mit dem Call Center (τKB/F(Call Center) = .333, p = .667) sowie mit sonstigen Kontaktpunkten (τKB/F(sonstige) = .097, p = .657). Anders als erwartet deuten die ermittelten partiellen Rangkorrelationen für die Anzahl und Bedeutung der Kundenkontakte mit dem Verkaufs- und Servicepersonal im Kaufprozess auf einen negativen monotonen Zusammenhang zwischen der Anzahl und Bedeutung dieser Kundenkontakte hin (τKB/F (Verkaufspersonal) = -.046, p = .546; τKB/F(Servicepersonal) = -.039, p = .789). Diese Beziehungen sind zwar nicht signifikant und vernachlässigbar gering, dennoch lassen sie allgemein folgenden Zusammenhang zwischen der Anzahl und Bedeutung der persönlichen Kundenkontakte im Elektronikfachhandel vermuten: je mehr persönliche Kontakte die Kunden zur Erfüllung ihrer Anforderungen und Bedürfnisse im Kaufprozess benötigen bzw. realisieren müssen, desto weniger nutzenstiftend und somit ineffektiv ist die Wahl dieser Kontaktpunkte. Dies hat einen negativen Einfluss auf die Bedeutung dieser Kontaktpunkte. Bezogen auf einzelne Prozessphasen ist eine derart gerichtete Beziehung im Elektronikfachhandel für Kontakte mit dem Verkaufspersonal in der Vorkauf- und Kaufphase festzustellen (VK: τKB/F (Verkaufspersonal) = -.052, p = .741; K: τKB/F (Verkaufspersonal) = -.045, p =
4.4 Ergebnisse
143
.464). Für die Kontakte mit dem Servicepersonal zeigen die partiellen Rangkorrelationen nur in der Kaufphase einen schwach negativen Zusammenhang für die Anzahl an Kontakten und ihrer Bedeutung (K: τKB/F (Servicepersonal) = -.193, p = .372). Für die persönlichen Kontakte in der Nachkaufphase ist hingegen der in H2b angenommene positive Zusammenhang für persönlichen Kontakte zu beobachten, allerdings sind die errechneten monotonen Zusammenhänge nicht signifikant (τKB/F (Verkaufspersonal) = .160, p = .407; τKB/F (Servicepersonal) = .177, p = .341). Diese Ergebnisse lassen einen Einfluss der in den verschiedenen Prozessphasen vorherrschenden Kontaktfunktionen auf die Beurteilung der persönlichen Kundenkontakte vermuten. Für den eben formulierten allgemeinen Zusammenhang folgt hieraus: je mehr Kontakte Kunden in der Vorkauf- und Kaufphase benötigen, zur Deckung ihrer Informationsbedarfe und Durchführung der Transaktion, desto weniger nutzenstiftend und daher weniger bedeutend sind diese Kontakte für sie. In der Nachkaufphase werden diese Kontaktpunkte vornehmlich für Hilfestellungen und Beratungen sowie für Beschwerden genutzt. Persönliche Kontakte gelten für die Erfüllung dieser Funktionen als vergleichsweise effektiv und nutzenstiftend (vgl. Falk et al. 2007), was sich in der Bedeutung der Kontakte in dieser Phase ausdrückt. Zusammenfassend können die aufgedeckten monotonen Zusammenhänge die Hypothese H2b nur teilweise stützen. Grundsätzlich ist ebenfalls von vielfältigen Beziehungen zwischen den Funktionen und der Bedeutung der Kundenkontaktpunkte auszugehen. Diesbezüglich wird in Hypothese H3 ein positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl unterschiedlicher Funktionen und der Bedeutung eines Kontaktpunkts im Kaufprozess angenommen. Für die Überprüfung von H3 werden die partiellen Rangkorrelationen τFB/K zwischen der Anzahl unterschiedlicher Funktionen (F) eines Kontaktpunkts und seiner Bedeutung (B) für die Kunden, unter Konstanthaltung der Anzahl der Kontakte mit diesem Kontaktpunkt (K) im Kaufprozess, ermittelt. Die ermittelten partiellen Rangkorrelationen deuten insgesamt auf schwache Zusammenhänge zwischen den Funktionen und der Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess hin. Für die Kontakte mit der Anbieter-Werbung (insgesamt) zeigt sich ein schwacher positiver Zusammenhang (τKB/F(Werbung) = .253, p < .01). Bezogen auf Kontakte mit einzelnen Instrumenten der Anbieter-Werbung ist ein signifikanter positiver Zusammenhang für die Anzahl unterschiedlicher Funktionen und der Bedeutung der Kontakte mit Anzeigen und Beilagen in Tageszeitungen und Anzeigenblättern festzuhalten (τKB/F(Werbung) = .213, p < .01). Weiterhin sind signifikante positive Zusammenhänge für Kontakte mit dem Anbieter im Internet festzustellen (τKB/F(Anbieter-Homepage) = .376, p < .01; τKB/F(sonst. Internetseiten) = .234, p < .01). Hinsichtlich der persönlichen Kundenkontakte zeigt sich insbesondere eine positiver monotoner Zusammenhang für die Funktionen und die Bedeutung des Servicepersonals im Kaufprozess (τKB/F(Servicepersonal) = .305, p < .05). Anders als erwartet offenbart der Befund für den monotonen Zusammenhang zwar eine positive, aber vernachlässigbar geringe Wechselbeziehung zwischen den betrachteten Merkmalen für die Kontakte mit dem Verkaufspersonal (τKB/F(Verkaufspersonal) = .026, p = .722). Für die Kundenkontakte mit dem
144
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Call Center zeigt der partielle Rangkorrelationskoeffizient ebenfalls einen positiven Zusammenhang (τKB/F(Call Center) = .333, p = .667). Allerdings weisen die errechneten partiellen Rangkorrelationen nicht ausschließlich auf den in H3 erwarteten positiven Zusammenhang zwischen der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen und der Bedeutung eines Kontaktpunkts im Kaufprozess hin. Hierbei überrascht vor allem die signifikante negative Wechselbeziehung zwischen der Anzahl der Funktionen und der Bedeutung des Ladengeschäfts für die Kunden (τKB/F(Laden) = -.161, p < .01). Je mehr unterschiedliche Funktionen das Ladengeschäft erfüllt bzw. erfüllen soll, desto weniger wichtig ist es für die Probanden im Kaufprozess. Dies Ergebnis lässt vermuten, dass das Ladengeschäft zwar für die Erfüllung unterschiedlicher Funktionen im Kaufprozess genutzt wird, diese aber scheinbar nur unzureichend erfüllen kann. Dies führt dazu, dass das Ladengeschäft von den Kunden weniger nutzenstiftend, weniger effektiv und hierdurch als weniger wichtig beurteilt wird. Zusammenfassend können die errechneten monotonen Zusammenhänge die postulierten Beziehungen in Hypothese H3 nur vereinzelt bestätigen. Weiterhin wurden partielle Rangkorrelationen zwischen der Anzahl einzelner Kontaktfunktionen und der Bedeutung eines Kontaktpunktes im Kaufprozess ermittelt. Die Befunde dieser Analyse geben einem Anbieter wichtige Hinweise für die Ausgestaltung einzelner Kundenkontaktpunkte für die Erfüllung der Kundenbedürfnisse im Kaufprozess. Tabelle 26 gibt einen Überblick über die signifikanten monotonen Wechselbeziehungen im Elektronikfachhandel. Tabelle 26: Partielle Rangkorrelationen zwischen der Bedeutung und der Anzahl einzelner Funktionen der Kontaktpunkte im Elektronikfachhandel
Kontaktpunkt Anbieter-Werbung (insgesamt) Homepage sonstige Internetseiten Ladengeschäft Verkaufspersonal Servicepersonal Call Center
allgemeine Information .348***
Funktionen der Kundenkontakte (Hinweis auf Hilfestellung gezielte Preisund BeraGelegenheit Information vergleiche tung zum) Kauf .262**
Beschwerde
.257**
-.294**
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, nur signifikante partielle Rangkorrelationen werden berichtet (Signifikanz einseitig)
Die angeführten Ergebnisse zeigen positive Zusammenhänge für die Bedeutung der Kundenkontakte mit der Anbieter-Werbung, sowohl insgesamt für den Erhalt von allgemeinen und gezielten Informationen als auch für Preisvergleiche. Für die Beziehungen zwischen dem Erhalt allgemeiner Informationen und der Bedeutung der Kontakte mit sonstigen Internetseiten ist ein gegenläufiger Zusammenhang festzustellen. Je häufiger die Kunden bei Kontakten mit sonstigen Internetseiten „lediglich“ allgemeine Informationen erhalten, als desto weniger
4.4 Ergebnisse
145
wichtig werden diese Kontakte von ihnen beurteilt. Demnach ist festzuhalten: es besteht nicht nur ein Zusammenhang zwischen der Anzahl unterschiedlicher Funktionen und der Bedeutung eines Kundenkontaktpunkts, sondern es hängt auch die vermehrte Nutzung eines Kontaktpunkts für eine einzelne Kontaktfunktion mit dessen Bedeutung im Kaufprozess zusammen. Die Kenntnis dieser Zusammenhänge ermöglicht einem Anbieter die problemorientierte Gestaltung einzelner Kontaktpunkte unter Berücksichtigung der jeweiligen Kundenbedürfnisse im Multi Channel Marketing. 4.4.2.2 Vertikale Beziehungen zwischen den Dimensionen der Kundenkontakte in der Tourismusbranche Die Befunde der partiellen Rangkorrelationen τKF/B können in der Tourismusbranche den in Hypothese H2a angenommenen positiven Zusammenhang zwischen der Anzahl an Kontakten (K) und der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen (F), unter Konstanthaltung der Bedeutung des betrachteten Kontaktpunkts, teilweise bestätigen. Signifikante monotone Zusammenhänge ergeben sich hierbei für die Kontakte mit der Anbieter-Werbung insgesamt (τKF/B(Werbung) = .421, p < .05) und ebenfalls für einzelne Instrumente der AnbieterWerbung. Ein mittlere monotone Beziehung ist für die Kontakte mit Anzeigen und Beilagen in Tageszeitungen und Anzeigenblättern festzuhalten (τKF/B(Zeitungswerbung) = .621, p < .05). Weiterhin sind schwache Rangkorrelationen für die Anbieter-Werbung in Zeitschriften (τKF/B(Zeitschriften) = .447, p < .05) sowie für die im Internet festzustellen (τKF/B(Internetwerbung) = .330, p < .05). Die Ergebnisse zeigen darüber hinaus positive Wechselbeziehungen zwischen der Anzahl an Kontakten und der Funktionen des Reisekatalogs (τKF/B(Katalog) = .289, p < .001), sonstiger Internetseiten (τKF/B(sonst. Internetseiten) = .396, p < .001), der Reisebüromitarbeiter (insgesamt) (τKF/B(Reisebüromitarbeiter) = .502, p < .001), des Call Centers (τKF/B(Call Center) = .839, p < .001) und des Reiseleiters am Urlaubsort (τKF/B(Reiseleiter) = .237, p < .01). Weitere positive, aber nicht-signifikante Zusammenhänge sind für die Reiseunterlagen (τKF/B(Reiseunterlagen) = .081, p = .313) und die Kontakte mit dem Hotelanbieter festzuhalten (τKF/B(Hotelanbieter) = .303, p = .237). Anders als erwartet zeigt die partielle Rangkorrelation zwischen der Anzahl und den Funktionen der Kontakte mit der Anbieter-Homepage einen monotonen negativen Zusammenhang (τKF/B(AnbieterHomepage) = -.058, p < .05). Dieser ist zwar äußerst gering, deutet aber darauf hin, dass dieser Kontaktpunkt nur wenig differenziert von den Befragten im Kaufprozess genutzt wurde. Wie erwartet sind insgesamt vielfältige positive monotone Wechselbeziehungen zwischen den betrachteten Merkmalen festzustellen. Der Großteil der partiellen Rangkorrelationen ist signifikant, jedoch zeigen die Werte der Koeffizienten zumeist schwache Zusammenhänge zwischen den betrachteten Merkmalen (z.B. für die Reiseunterlagen). Mittlere Beziehungen sind lediglich für die Anzahl der Kontakte und Kontaktfunktionen mit Anzeigen und Beilagen in Tageszeitungen und Anzeigenblättern sowie bei den Kontakten mit Reisebüromitarbeitern festzuhalten. Der starke monotone Zusammenhang für die Kontakte mit dem Call Center konnte anhand der bisherigen Ergebnisse nicht erwartet werden, da dieser Kontaktpunkt von
146
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
den Kunden entlang des Kaufprozess nur wenig genutzt wurde. Wurden aber Kontakte mit dem Call Center in der Kundenkontaktsequenz realisiert, wurde dieser Kontaktpunkt von den Kunden auch für vielfältige Funktionen im Kaufprozess genutzt. Tabelle 27 fasst die Ergebnisse der partiellen Rangkorrelationsanalysen, bezogen auf die Wechselwirkungen zwischen der Anzahl der Kontakte und der Anzahl einzelner Funktionen, in der Tourismusbranche zusammen. Eine starke monotone Beziehung ist für die Anzahl der Kontakte und die Anzahl der Funktion allgemeine Information für Kontakte mit der AnbieterWerbung insgesamt festzuhalten. Mittlere Korrelationen sind bei Kontakten mit sonstigen Internetseiten für den Erhalt allgemeiner Informationen sowie bei Beschwerdekontakten mit dem Call Center des Anbieters festzustellen. Insgesamt zeigen sich jedoch größtenteils schwache monotone Beziehungen zwischen den betrachteten Merkmalen. Trotzdem liefern diese Befunde wichtige Hinweise auf die Intention der Kunden bei ihren Kanalwahlentscheidungen in der Tourismusbranche, die die erwartete differenzierte Nutzung einzelner Kundenkontaktpunkte für vielfältige Funktionen im Kaufprozess widerspiegelt Tabelle 27: Partielle Rangkorrelation zwischen der Anzahl an Kundenkontakten und der Anzahl einzelner Kontaktfunktionen im Kaufprozess in der Tourismusbranche
Kontaktpunkt Anbieter-Werbung (insgesamt) Reisekatalog Reiseunterlagen Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Reisebüromitarbeiter Call Center Reiseverkaufs-TV Reiseleiter Hotelanbieter
allgemeine Information
Funktionen der Kundenkontakte (Hinweis auf Hilfestellung gezielte Preisund BeraGelegenheit Information vergleich tung zum) Kauf
Beschwerde
.879* .235**
.351** .185*
.192*
.365** .170*
.307**
.218*
.298**
.210* .503**
.430**
.243** .302**
.373*
.393*** .558***
.407**
.307** .621*
.834**
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, nur signifikante partielle Rangkorrelationen werden berichtet (Signifikanz einseitig)
Ausgenommen sind hiervon die Kontakte mit der Anbieter-Werbung insgesamt sowie mit der Anbieter-Homepage, die beide im Kaufprozess vornehmlich für den Erhalt allgemeiner Informationen genutzt werden. Für die Anbieter-Werbung war dieses Ergebnis so zu erwarten; für die Anbieter-Homepage können diese Befunde auf eine eingeschränkte Eignung dieses Kontaktpunkts für die Erfüllung weiterer Kundenanforderungen im Kaufprozess hindeuten, was sich negativ auf die Beurteilung des Nutzens und die Bewertung der Bedeutung dieses Kontaktpunkts durch die Probanden auswirken kann. Zur Überprüfung der in H2b angenommen positiven Zusammenhänge zwischen der Anzahl (K) und der Bedeutung (B) der Kundenkontakte werden die partiellen Rangkorrelationen τKB/F,
4.4 Ergebnisse
147
unter Konstanthaltung der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen (F), ermittelt. Die Befunde zeigen insgesamt vorwiegend schwache und zumeist nicht-signifikante monotone Wechselbeziehungen zwischen diesen Dimensionen der Kundenkontakte in der Tourismusbranche. Signifikante positive partielle Rangkorrelationen wurden für die Kontaktpunkte, die häufig im Kaufprozess realisiert wurden, ermittelt und sind somit für die Kontakte mit den Reiseunterlagen (τKB/F(Reiseunterlagen) = .203, p < .05) sowie für die persönlichen Kontakte mit Reisebüromitarbeitern im Kaufprozess festzuhalten (τKB/F(Reisebüromitarbeiter) = .198, p < .05). Ein tendenziell signifikanter positiver Zusammenhang (p < .1) ist für die Kontakte mit dem Reiseleiter am Urlaubsort festzustellen (τKB/F(Reiseleiter) = .144, p = .089). Weitere schwache positive, aber nicht signifikante monotone Beziehungen ergeben sich für die Kontakte mit der Anbieter-Werbung insgesamt (τKB/F(Werbung) = .238, p = .186), dem Reisekatalog (τKB/F(Reisekatalog) = .064, p = .249), sonstigen Internetseiten (τKB/F(sonst. Internetseiten) = .087, p = .392) und mit dem Hotelanbieter (τKB/F(Hotelanbieter) = .172, p = .151). Für die Kontakte mit der Homepage und dem Call Center des Anbieters liefern die partiellen Rangkorrelationen schwache negative Zusammenhänge zwischen der Anzahl der Funktionen und der Bedeutung dieser Kontaktpunkte im Kaufprozess (τKB/F(Homepage) = -.138, p = .189; τKB/F(Call Center) = .109, p = .396), die allerdings nicht signifikant sind. Bezüglich der Anbieter-Homepage liefert dieser Befund Hinweise für die oben vermutete negative Wechselbeziehung zwischen der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen und der Bedeutung dieses Kontaktpunkts im Kaufprozess. Allerdings stützen diese Befunde die Hypothese H2b nur teilweise. Bezogen auf die Befragungsdaten der Studien der Tourismusbranche ist somit nicht zwangsläufig davon auszugehen, dass eine vermehrte Realisation eines Kontaktpunkts mit einer erhöhten Bedeutung für die Kunden einhergeht. Hinsichtlich der im Sinne der Media Richness Theorie von Daft und Lengel (1984) als wenig reichhaltig geltenden Kundenkontaktpunkte (z.B. Kontakte mit der Anbieter-Werbung) waren diese Befunde auch so zu erwarten. Bezogen auf die reichhaltigen persönlichen Kundenkontakte mit den Mitarbeitern im Reisebüro und dem Reiseleiter war jedoch von anderen Ergebnissen auszugehen (vgl. Abschnitt 3.2). Diese partiellen Rangkorrelationen sind zwar signifikant und hypothesenkonform, bezüglich ihrer Stärke jedoch teilweise vernachlässigbar gering. Zusammenfassend können diese Befunde die in Hypothese H2b angenommen Beziehungen nur teilweise stützen. In Hypothese H3 wird ein positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl unterschiedlicher Funktionen (F) und der Bedeutung (B) der Kundenkontakte im Kaufprozess postuliert. Die ermittelten partiellen Rangkorrelationen τFB/K zwischen diesen beiden Dimensionen der Kundenkontakte, unter Konstanthaltung der Anzahl realisierter Kontakte (K) im Kaufprozess, bestätigen die angenommene positive Beziehung jedoch nur teilweise. Weiterhin ergeben sich auch hier überwiegend schwach positive partielle Rangkorrelationen. Signifikante positive Wechselbeziehungen sind lediglich zwischen der durchschnittlichen Anzahl unterschiedlicher Funktionen und der durchschnittlichen Bedeutung aller Kontaktpunkte (τFB/K(gesamt) = .190, p < .01), für die Funktionen der Anbieter-Werbung insgesamt (τFB/K(Werbung) = .355, p <
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4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
.01) und die Anzahl der unterschiedlichen Kontaktfunktionen des Hotelanbieters festzuhalten (τFB/K(Hotelanbieter) = .703, p < .001). Bezogen auf die Funktionen einzelner Werbekontakte zeigen sich tendenziell signifikante positive Rangkorrelationen (p < .1): für die Kontakte mit der Anbieter-Werbung im TV (τFB/K(TV-Werbung) = .581, p = .078) und für die Kontakte mit Anzeigen und Beilagen in Zeitungen und Anzeigenblättern (τFB/K(Zeitungswerbung) = .621, p = .086). Hinsichtlich der unterschiedlichen Funktionen sonstiger Internetseiten ist ebenso eine tendenziell signifikante positive Beziehung zwischen den betrachteten Merkmalen festzustellen (τFB/K(sonst. Internetseiten) = .242, p = .075). Nicht signifikante, aber ebenfalls positive Rangkorrelation sind für die Funktionen der Kontakte mit dem Reisekatalog (τFB/K(Reisekatalog) = .047, p = .632), den Reiseunterlagen (τFB/K(Reiseunterlagen) = .124, p = .251), der Anbieter-Homepage (τFB/K(Homepage) = .061, p = .699), dem Call Center (τFB/K(Call Center) = .118, p = .573), den Reisebüromitarbeitern (τFB/K(Reisebüromitarbeiter) = .107, p = .257) und dem Reiseleiter zu beobachten (τFB/K(Reiseleiter) = .863, p = .137). Bezogen auf den Zusammenhang zwischen der Anzahl einzelner Kontaktfunktionen und der Bedeutung der Kundenkontaktpunkte ergeben sich in der Tourismusbranche nur wenige signifikante monotone Beziehungen zwischen den betrachteten Merkmalen. Für die Anzahl der Funktion allgemeine Information und der Bedeutung der Kundenkontakte mit der AnbieterWerbung insgesamt (τFB/K(Werbung) = .355, p < .01) sowie dem Erhalt allgemeiner Funktionen und der Bedeutung der Reiseunterlagen im Kaufprozess wurden signifikante Beziehungen errechnet (τFB/K(Reiseunterlagen) = .261, p < .05). Weiterhin zeigen sich schwache Zusammenhänge für die Bedeutung der Kontakte mit dem Reisekatalog und der Anzahl der Inanspruchnahme von Hilfestellungen und Beratungen (τFB/K(Reisekatalog) = .165, p < .05) sowie auch der Anzahl von Beschwerdefunktionen im Kaufprozess (τFB/K(Reisekatalog) = .296, p < .05). Diese letzten Befunde unterstreichen zusätzlich die bereits angesprochene besondere Stellung des Katalogs im Kaufprozess der Tourismusbranche. 4.4.2.3 Vergleich und Diskussion der vertikalen Beziehungen zwischen den Dimensionen der Kundenkontakte in beiden Branchen Die ermittelten partiellen Rangkorrelationen deuten auf vielfältige Unterschiede hinsichtlich der in den Hypothesen H2 und H3 angenommenen Zusammenhänge zwischen den beiden Branchen hin. Diese lassen sich einerseits anhand der Stärke und der Richtung, andererseits anhand der Signifikanz der ermittelten Wechselbeziehungen vermuten. Beispielsweise wurde bei der Überprüfung von Hypothese H2a für den Zusammenhang zwischen der Anzahl an Kontakten und der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen für die Kontakte mit sonstigen Internetseiten in beiden Branchen ein positiver Zusammenhang ermittelt. Dieser ist im Elektronikfachhandel deutlich geringer als in der Tourismusbranche (EH: τHF/B (sonst. Internetseiten) = .139, p = .176; TB: τHF/B (sonst. Internetseiten)= .396, p < .01). Weiterhin unterscheiden sich diese partiellen Rangkorrelationen hinsichtlich ihrer Signifikanz. Es liegt nun nahe, aufgrund der Unterschiede in der Stärke und Signifikanz auf einen Unterschied zwischen diesen beiden Korrelationen zu schließen. Diese Aussage ausschließlich auf Grundlage
4.4 Ergebnisse
149
der erhaltenen Ergebnisse zu treffen, ist jedoch – streng genommen – nicht möglich und kann somit zu fehlerhaften Schlussfolgerungen führen. Für einen Vergleich der beiden Rangkorrelationen muss deren Differenz betrachtet werden. Allerdings müssen hierfür die ermittelten Rangkorrelationen vorher noch transformiert und standardisiert werden, um einen aussagekräftigen Vergleich zu ermöglichen (vgl. Bühner & Zöfel 2009 S. 611). Für den korrekten Vergleich der aufgedeckten Zusammenhänge zwischen den beiden voneinander (unabhängigen) Studien werden in dieser Arbeit die ermittelten partiellen Rangkorrelationen mit Hilfe der Fisher-z-Transformation standardisiert und so vergleichbar gemacht (vgl. Bortz 2005 S. 218-220). Die derart transformierten Rangkorrelationen sind approximativ standardnormalverteilt und bilden die Grundlage für die Ermittlung der standardnormalverteilten Prüfgröße z zur Überprüfung der Nullhypothese: die Rangkorrelationen zwischen Elektronikfachhandel und Tourismusbranche unterscheiden sich nicht. Für die Berechnung von z werden die Differenz der Fisher-z-transformierten Rangkorrelationen aus beiden Studien und die unterschiedlich großen Stichprobenumfänge berücksichtigt (vgl. Bortz 2005 S. 220, Bühner & Zöfel 2009 S. 608-609). Für die Überprüfung der Nullhypothese wird der erwartete Wert für z bei einem vorgegebenen Signifikanzniveau mit dem entsprechenden tabellierten Wert der Standardnormalverteilung verglichen und hierdurch die Übertragbarkeit der ermittelten Differenz auf die Grundgesamtheit beurteilt. Neben der Frage, ob sich die partiellen Rangkorrelationen signifikant zwischen den Studien unterscheiden, interessiert auch die Stärke der Unterschiede – die Effektstärke – zwischen den betrachteten Zusammenhängen. Für die Ermittlung der Effektstärke wird in dieser Arbeit die von Cohen (1988) vorgeschlagene Größe q herangezogen. Demnach entspricht der Absolutbetrag der Differenz der Fisher-z-transformierten Rangkorrelationen der Effektstärke q der Unterschiede zwischen den beiden Studien (vgl. Cohen et al. 2003 S. 49ff). Für die Interpretation der ermittelten Differenzen q wird in dieser Arbeit, in Anlehnung an die Einteilung der Effektstärken bei Bühner und Zöfel (2009 S. 610), folgende Klassifikation verwendet: fällt eine Differenz q in das Intervall 0.10 ≤ q ≤ 0.30, liegt ein geringer Unterschied zwischen den betrachteten partiellen Rangkorrelationen vor. Ein mittlerer bzw. moderater Unterschied liegt vor, wenn 0.30 < q ≤ 0.50 gilt. Differenzen von q > 0.50 zeigen einen großen Unterschied zwischen den partiellen Rangkorrelationen. Insgesamt ist bei der Überprüfung der Signifikanz der Unterschiede und der Ermittlung der Effektstärke zu beachten, dass beide Ansätze zwar die Fisher-z-transformierten Korrelationsmaße verwenden, ihre Ergebnisse aber voneinander unabhängig sind. Eine große Effektstärke geht somit nicht zwangsläufig mit einen signifikanten Unterschied zwischen den betrachteten Korrelationen einher (und umgekehrt). Tabelle 28 fasst die Ergebnisse der ermittelten partiellen Rangkorrelationen für zwischen den Branchen vergleichbare Kontaktpunkte zusammen. Weiterhin sind die jeweils ermittelten zWerte sowie die berechneten Effektstärken q angegeben. Die ermittelten partiellen Rangkorrelationen für die Kundenkontakte gesamt, basieren auf der Anzahl aller realisierten Kontakte,
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4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
der Anzahl aller unterschiedlichen Kontaktfunktionen sowie der durchschnittlichen Bedeutung aller Kontakte für die Kunden im Kaufprozess. Für den Vergleich der Zusammenhänge bei persönlichen Kundenkontakten wurde in beiden Branchen die Anzahl der Kontakte an unterschiedlichen persönlichen Kontaktpunkten (Elektronikfachhandel: Verkaufs-, Serviceund sonstiges Personal; Tourismusbranche: Reisebüromitarbeiter und Reiseleiter) sowie die Anzahl der unterschiedlichen Kontaktfunktionen und die durchschnittliche Bedeutung der persönlichen Kontakte ermittelt. Korrelationsanalysen der beiden Studien für die vergleichbaren Kontaktpunkte. Tabelle 28: Vergleich der partiellen Rangkorrelationen ziwschen dem Elektronikfachhandel und der Tourismusbranche τXY/Z EH
TB
Prüfgröße Z
Effektstärke q
H2a: Anzahl Kundenkontakte ↔ Anzahl Kontaktfunktionen Kundenkontakte insgesamt Anbieter-Werbung (insgesamt) Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Ladengeschäft bzw. Reisebüro persönliche Kontakte Call Center
.536*** .407*** .169 n.s. .139 n.s. .857*** .516** .089 n.s.
.282*** .421* -.058 n.s. .396** .407*** .502*** .239 n.s.
3.04*** 0.16n.s. 1.65 n.s. 2.11* 9.61*** 0.41 n.s. 1.10 n.s.
.303 .017 .228 .278 .851 .041 .153
H2b: Anzahl Kundenkontakte ↔ Bedeutung des Kontaktpunkts Gesamt Anbieter-Werbung (insgesamt) Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Ladengeschäft bzw. Reisebüro persönliche Kontakte Call Center
-.238*** .549*** .131 n.s. .054 n.s. .198 n.s. -.042 n.s. .333 n.s.
-.087 n.s. .238 n.s. -.138 n.s. .087 n.s. .127 n.s. .198* .109 n.s.
1,97* 3.55*** 1.77 n.s. 1.46 n.s. 0.82 n.s. 1.54 n.s. 1.23 n.s.
.155 .374 .271 .193 .072 .155 .337
H3: Anzahl Kontaktfunktionen ↔ Bedeutung des Kontaktpunkts Gesamt Anbieter-Werbung (insgesamt) Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Ladengeschäft bzw. Reisebüro persönliche Kontakte Call Center
.189*** .253** .376** .234** -.160 n.s. .198 n.s. .333 n.s.
.058 n.s. .355** .061 n.s. .242T .210 n.s. .467 n.s. .118 n.s.
1.30 n.s. 1.07 n.s. 2.19* 0.67 n.s. 4.23*** 3.05*** 0.47 n.s.
.133 .113 .334 .089 .375 .306 .026
Die geringen Unterschiede in der Stärke der partiellen Rangkorrelationen in Tabelle 28 lassen auf eine, im Vergleich zum Elektronikfachhandel, diversifiziertere und differenziertere Nutzung der betrachteten Kundenkontaktpunkte schließen, die ebenfalls als ähnlich bedeutend im Kaufprozess von den Kunden in der Tourismusbranche beurteilt werden (vgl. Tabelle 22, Tabelle 23, Tabelle 24). Lediglich die Unterschiede in der Stärke und Richtung der verschiedenen Zusammenhänge für die Kundenkontakte mit der Anbieter-Homepage zwischen den bei-
4.4 Ergebnisse
151
den Branchen überrascht. Hier waren aufgrund der bisherigen Ergebnisse hinsichtlich der Anteile der realisierten Kundenkontakte, der unterschiedlichen Kontaktfunktionen sowie der Bedeutung dieses Kontaktpunkts, positive und auch stärkere Wechselbeziehungen in der Tourismusbranche zu erwarten (vgl. Tabelle 22, Tabelle 23, Tabelle 24). Für den Elektronikfachhandel spiegeln die Ergebnisse die besondere Stellung einzelner Kontaktpunkte bei den betrachteten Wechselbeziehungen wider. Auffällig sind hierbei die vergleichsweise hohen partiellen Rangkorrelationen für die unterschiedlichen Dimensionen bei Kontakten mit der Anbieter-Werbung. Allerdings zeigen die Ergebnisse der Effektstärken insgesamt vornehmlich geringe und moderate Unterschiede zwischen den beiden betrachteten Branchen. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der angebotenen Leistungen und der Konfiguration und Koordination des Multi Channel Marketing zwischen beiden Branchen, waren hierbei eigentlich größere Unterschiede zu erwarten. Bei einem Vergleich der Ergebnisse für die in H2a postulierten Zusammenhänge zwischen der Anzahl an Kontakten und der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in Tabelle 28 fällt der hoch signifikante große Unterschied für die Kontakte mit der stationären Verkaufsniederlassung zwischen den beiden Branchen auf. Dieser Zusammenhang ist in Elektronikfachhandel deutlich stärker als in der Tourismusbranche. Diese Differenz war aufgrund der Unterschiedlichkeit der angebotenen Leistungen zwischen beiden Branchen auch so zu erwarten. Im Elektronikfachhandel eröffnet ein Besuch des Ladengeschäfts vielfältige Möglichkeiten durch direkte Produktkontakte umfassende Produktinformationen zu erhalten und problemlos Alternativenvergleiche durchzuführen, die aufgrund der Immaterialität der der Leistungen in der Tourismusbranche nicht möglich sind. Weiterhin sind signifikante moderate Unterschiede bei den insgesamt realisierten Kundenkontakten sowie signifikant geringe Differenzen für die Kontakte mit sonstigen Internetseiten festzustellen. Für die Kontakte mit dem Call Center deutet die Effektstärke auf einen moderaten Unterschied zwischen den betrachteten Branchen hin. Hier zeigen die ermittelten partiellen Rangkorrelationen einen stärkeren Zusammenhang in der Tourismusbranche. Dieser Kontaktpunkt wurde im Kaufprozess in der Tourismusbranche von den Kunden häufiger und für mehr unterschiedliche Funktionen als im Elektronikfachhandel genutzt (vgl. Tabelle 22, Tabelle 23). Allerdings ist dieser Unterschied nicht signifikant. Persönliche Kontakte wurden in beiden Branchen von den Kunden häufig realisiert und von den Kunden von unterschiedlichen Funktionen genutzt. Die Ergebnisse in Tabelle 28 lassen hierbei auf eine ähnliche Stellung der persönlichen Kontakte in beiden Branchen schließen. Kontakte mit der Anbieter-Werbung werden zwar im Elektronikfachhandel mit einem deutlich höheren Anteil im Kaufprozess als in der Tourismusbranche realisiert, bezogen auf den Zusammenhang zwischen der Anzahl und den unterschiedlichen Funktionen der Kundenkontakte sind diesbezüglich allerdings nur vernachlässigbare Unterschiede festzuhalten. Für die in H2b postulierten Zusammenhänge deuten die Ergebnisse in Tabelle 28 lediglich einen geringen signifikanten Unterschied für die Anzahl und die Bedeutung aller Kundenkontakte sowie einen moderaten Unterschied für die unterschiedlichen Kontakte mit der Anbieter-
152
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Werbung insgesamt. Für letztgenannte Kontaktpunkte ist im Elektronikfachhandel ein deutlich stärkerer Zusammenhang als in der Tourismusbranche festzuhalten. Bezogen auf die identifizierten Zusammenhänge für alle realisierten Kundenkontakte deutet insbesondere das Ergebnis im Elektronikfachhandel auf nachstehende Beziehung zwischen der Anzahl und der Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess hin: Je mehr Kontakte die Kunden im Kaufprozess realisieren (müssen), desto weniger nutzenstiftend und somit weniger bedeutend werden die Kontakte von den Kunden beurteilt (oder umgekehrt). In der Tourismusbranche ist dieser Zusammenhang nicht signifikant, die Richtung der partiellen Rangkorrelation lässt allerdings auf eine analoge Wechselbeziehung schließen. Auffällig ist der hoch signifikante moderate Unterschied hinsichtlich der Kontakte mit der Anbieter-Homepage. Hierbei überraschen die Unterschiede in der Richtung und der Stärke der partiellen Rangkorrelationen zwischen den beiden Branchen. Diese waren aufgrund der höheren Funktionalität und des umfassenderen Informationsangebots der Anbieter-Homepage in der Tourismusbranche genau umgekehrt zu erwarten, so dass in der Handelsbranche mit einer steigenden Anzahl von Kontakten, die Bedeutung der Anbieter-Homepage zurückgeht, da dieser Kontaktpunkt, die vielfältigen Anforderungen der Kunden im Kaufprozess nur begrenzt erfüllen kann. Für sonstige Internetseiten zeigen sich vergleichbare positive Wechselbeziehungen zwischen beiden Branchen. Diese Kontakte wurden in beiden Branchen mit einem relativ hohen Anteil realisiert und von den Kunden als vergleichsweise bedeutend beurteilt vielfältige Funktionen genutzt (vgl. Tabelle 22, Tabelle 24). Im Vergleich mit den Kontakten mit der Anbieter-Homepage waren daher hierbei auch stärkere Zusammenhänge zu erwarten. Für Kontakte mit dem Ladengeschäft bzw. dem Reisebüro, persönliche Kontakte und die Kontakte mit dem Call Center werden keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Branchen festgestellt, die mit geringen Effektstärken einhergehen. Für die in H3 postulierten Zusammenhänge zwischen der Anzahl unterschiedlicher Funktionen und der Bedeutung der Kundenkontakte zeigen sich signifikante moderate Unterschiede bei Kontakten mit der Anbieter-Homepage, bei Kontakten mit der stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters sowie bei persönlichen Kontakten (vgl. Tabelle 28). Der deutlich stärkere positive Zusammenhang für die Kontakte mit der Anbieter-Homepage als in der Tourismusbranche war auch hier, aufgrund der geringeren Funktionalität und des deutlich eingeschränkten Informationsangebots dieses Kontaktpunkts im Elektronikfachhandel, nicht zu erwarten. Aufgrund der vorhergehenden Ergebnisse konnte auch nicht von der unterschiedlichen Richtung der Wechselbeziehung für Kontakte mit der stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters zwischen den betrachteten Branchen ausgegangen werden. Die in der Tourismusbranche höhere partielle Rangkorrelation zwischen den unterschiedlichen Funktionen und der Bedeutung der Kundenkontakte bei den persönlichen Kontakten war, aufgrund der höheren Komplexität und Erklärungsbedürftigkeit der angebotenen Leistungen, zu erwarten. Für die weiteren Kontaktpunkte sind bezüglich der Effektstärke nur geringe und vernachlässigbare Unterschiede zwischen den beiden Branchen festzuhalten.
4.4 Ergebnisse
4.4.3
153
Horizontale Beziehungen zwischen den Kundenkontakten im Kaufprozess
H4: Unterschiede in den Kombinationen der Kontaktpunkte in den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen. Gemäß des Konzepts der adaptiven Entscheidungsfindung von Payne et al. (1993) und der Information Integration Theorie (vgl. Anderson 1971, 1981) ist von einer komplementären Nutzung der Kontaktpunkte durch die Kunden im Kaufprozess auszugehen, die sich in unterschiedlichen horizontalen Beziehungen zwischen den realisierten Kontakten in der Kundenkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses widerspiegelt. Die Annahmen und Befunde verschiedener Arbeiten zeigen, dass hierbei, bezogen auf den gesamten Kaufprozesses sowie innerhalb einzelner Prozessphasen, bestimmte Kanalkombinationen häufiger zu beobachten und daher wahrscheinlicher sind als andere (vgl. Peterson et al. 1997, DoubleClick 2004, Silberer et al. 2007b S. 1538-1539, Verhoef et al. 2007 S. 129-132, Frambach et al. 2007, Steinmann & Silberer 2010b). Daher wird in Hypothese H4 angenommen, dass sich die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Kombinationen von Kundenkontaktpunkten in der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses (H4a) und zwischen den einzelnen Prozessphasen (H4b) unterscheiden. Beispielsweise ist anzunehmen, dass der Substring Anbieter-Werbung → Verkaufspersonal in der Kundenkontaktsequenz innerhalb der Vorkaufphase häufiger realisiert wird als nach dem Kauf. Für die betrachteten Branchen deuten bereits die Anteilswerte der realisierten Kundenkontakte in Tabelle 15 und Tabelle 18 auf unterschiedlich häufige Kanalkombinationen im Kaufprozess hin. Die in dieser Arbeit verwendete Vorgehensweise für die Erfassung der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz ermöglicht eine intensive Analyse der Kombination der unterschiedlichen Kontaktpunkte entlang des gesamten Kaufprozesses und innerhalb einzelner Prozessphasen. So erhält ein Anbieter nicht nur detaillierte Erkenntnisse über das Käuferverhalten im Zeitablauf, sondern ebenso wichtige Hinweise auf potenziell vorhandene Synergien zwischen den Kanälen seines Multi Channel Marketing (Silberer et al. 2006, Silberer & Steinmann 2009a S. 520). Dies spiegelt sich u.a. in den transition frequencies für direkt aufeinander folgende Kundenkontakte im Rahmen der Identifikation besonders häufiger Substrings sowie bei der Analyse der Subsequenzen für nicht direkt aufeinander folgende Kundenkontakte innerhalb der Kundenkontaktsequenz wider (vgl. Steinmann & Silberer 2010b). Für die Überprüfung der in H4 postulierten Unterschiede werden zunächst in beiden Branchen die Übergangshäufigkeiten für zwei direkt aufeinander folgende Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz im Rahmen einer Substringanalyse betrachtet. Diese liefern insbesondere Informationen über die „highly frequent transitions“ in den erfassten Kundenkontaktsequenzen und so auch wichtige Erkenntnisse über „characteristic features“ (vgl. Stark & Vedres 2006 S. 1408) des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing. Anschließend werden mit Hilfe eines stochastischen Prozesses – einem Markov-Modell – die Übergangswahrscheinlichkeiten für unterschiedliche direkt aufeinander folgende Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz ermittelt (vgl. Cox & Miller 1965 S. 76ff., Fink 2003 S. 47-52, Zucchini &
154
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
MacDonald 2009). Ein solches Modell erlaubt die Berücksichtigung der Dynamik des Käuferverhaltens im Zeitablauf sowie die Analyse des Effekts der Sequenz der Kundenkontakte (vgl. Netzer & Lattin 2008 S. 185). Hierdurch wird nicht nur eine Diagnose der Zusammenhänge unter Verwendung der gegebenen Daten zwischen den Kanalwahlentscheidungen und der Stellung einzelner Kundenkontaktpunkte im Kaufprozess ermöglicht, sondern ebenfalls die Prognose zukünftigen Kundenverhaltens (hier: zukünftiger Kundenkontakte) im Multi Channel Marketing (vgl. Prinzie & Van den Poel 2006). Abschließend werden mit Hilfe eines bei Büchner et al. (1999) sowie Hay et al. (2003) verwendeten Ansatzes der Assoziationsanalyse, der die Eigenschaften der Sequenz der Kundenkontakte berücksichtigt, häufig vorkommende Subsequenzen in den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen identifiziert (vgl. Hettich & Hippner 2001 S. 473-476, Steinmann & Silberer 2010b). 4.4.3.1 Analyse der Substringhäufigkeiten in den Kundenkontaktsequenzen 4.4.3.1.1 Substringhäufigkeiten der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel Für die Analyse der Substringhäufigkeiten wurden die Kontakte mit unterschiedlichen Maßnahmen der Anbieter-Werbung (TV- und Radio-Werbung, Werbung am PoS, Plakatwerbung etc.) zusammengefasst als Werbekontakte (W) betrachtet. Die Ermittlung der Substringhäufigkeiten bei Vorliegen von Sequenzdaten kann mit unterschiedlichen Computerprogrammen durchgeführt werden (vgl. hierzu die Übersicht im Anhang). In dieser Arbeit wurde hierfür der SequenceAnalyser 1.029 verwendet. Insgesamt konnten im Elektronikfachhandel für den gesamten Kaufprozess 85 unterschiedliche 2’er-Substrings identifiziert werden. Am häufigsten wurden hierbei zwei direkt aufeinander folgende Werbekontakte (Werbung → Werbung) beobachtet (276 mal bzw. 17.2%). Bezogen auf drei aufeinander folgende Kundenkontakte wurden phasenübergreifend 227 unterschiedliche 3’er Substrings identifiziert. Die Kombination von zwei Werbekontakten mit einem anschließenden Besuch in der stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters (Werbung → Werbung → Laden) wurde hierbei am häufigsten beobachtet (68 mal bzw. 5.3%). Der längste Substring beinhaltet 16 Kundenkontakte und entspricht der längsten erfassten beobachteten Kundenkontaktsequenz im Elektronikfachhandel. Aufgrund der hohen Anzahl unterschiedlicher Substrings wird im Folgenden der Fokus auf die Betrachtung der zehn häufigsten 2’er Substrings entlang des gesamten Kaufprozesses gelegt (vgl. Abbildung 19). Die Verteilung der Substringhäufigkeiten liefert erste Hinweise auf das Zutreffen der in H4a und H4b postulierten Unterschiede. Wie erwartet zeigen sich deutliche phasenübergreifende Differenzen zwischen den betrachteten Kombinationen. Insgesamt wurden im Elektronikfachhandel im gesamten Kaufprozess am häufigsten Kombinationen von Kontakten mit unter-
29
Der SequenceAnalyser 1.0 wurde am Institut für Marketing und Handel, Abteilung Marketing der GeorgAugust-Universität Göttingen unter Leitung von Prof. Dr. Günter Silberer entwickelt.
4.4 Ergebnisse
155
schiedlichen Maßnahmen der Anbieter-Werbung und weiteren Kontakten identifiziert (44.9%). Abbildung 19: Verteilung der häufigsten 2’er-Substrings der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel 50
45
40
35
Anteile in %
2
30 Gesamt Vorkaufphase Kaufphase Nachkaufphase
25
20
15
10
5
0 W →W
W→L
L→V
L→W
W→V
V→L
L→L
I→L
V→W
H→L
Substrings der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel1
1
W = Anbieter-Werbung, L = Laden, V = Verkaufspersonal, H = Anbieter-Homepage, I = sonstige Internetseiten; 2 100% entsprechen allen aufgedeckten 2’er-Substrings in den N = 304 Kundenkontaktsequenzen.
In der Vorkaufphase (VK) fallen vor allem die hohen Anteile von zwei aufeinander folgenden Werbekontakten (Werbung → Werbung; 40.0%) sowie die Realisation eines Werbekontakts mit einem anschließenden Besuch im Ladengeschäft des Anbieters (Werbung → Laden; 45.0%) auf (vgl. Tabelle 29). Der hohe Anteil der Kombination Laden → Werbung (23.8%) in der Kaufphase, im Vergleich mit den weiteren Phasen, lässt auf eine erhöhte Sensibilisierung der Kunden für Kontakte mit der Anbieter-Werbung am Point-of-Sale in diesem Zeitraum schließen. Substrings, die Kontakte mit der Anbieter-Homepage und sonstigen Internetseiten enthalten, wurden entlang des Kaufprozesses mit einem relativ geringen Anteil beobachtet (insgesamt 5.4%). Die Ergebnisse in Tabelle 28 lassen jedoch horizontale Beziehungen zwischen den Internetkontakten und Kontakten im Ladengeschäft des Anbieters vermuten. Insbesondere in der Vorkaufphase folgte Kontakten mit der Anbieter-Homepage bzw. sonstigen Internetseiten ein Besuch in der stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters. Insgesamt deuten die Ergebnisse der Substringanalyse auf unterschiedlich stark ausgeprägte cross-channel synergies im Multi Channel Marketing im Elektronikfachhandel hin. Beispielsweise deuten die hohen Anteilswerte für die Kombination Werbung → Laden auf ein positives Zusammenwirken dieser Kontaktpunkte im Kaufprozess hin. Die Unterschiede der Kanalkombinationen zwischen den Kaufprozessphasen bestätigen überdies die vermuteten Unterschiede bei der Kombination der Kundenkontaktpunkte im Kaufprozess.
156
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Tabelle 29: Relative Anteile einzelner Substrings im Elektronikfachhandel (in %) Anteile des Substrings in einzelnen Prozessphasen Substring Werbung → Werbung Werbung → Laden Laden → Verkaufspersonal Laden → Werbung Werbung → Verkaufspersonal Verkaufspersonal → Laden Laden → Laden sonst. Internetseiten → Laden Verkaufspersonal → Werbung Anbieter-Homepage → Laden
Anteil am Kaufprozess 17.22 10.6 10.2 9.3
40.0 45.0 12.3 0.2
6.2 21.6 7.4 23.8
-6 6.25 1.4
5.2
2.3
8.7
-
4.0 3.5
5.7 8.9
10.3
23.0 17.8
χ2(2) = 33.165 *** χ2(2) = 4.236 n.s.
3.2
6.8
-
1.3
χ2(2) = 9.919 *
2.6
3.7
7.4
-
χ2(2) = 7.727 n.s.
2.2
5.7
-
1.4
χ2(2) = 7.637 n.s.
VK1 3
K
NK 4
χ2(2) = 71.149 ***7 χ2(2) = 41.538 *** χ2(2) = 12.498 *** χ2(2) = 45.599 *** χ2(2) = 11.507 *
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, n.s. = nicht signifikant; 1 VK = Vorkaufphase, K = Kaufphase, NK = Nachkaufphase; 2 bedeutet, dass 17.2% aller N = 1575 identifizierten 2’er-Subtrings in den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen entlang des gesamten Kaufprozesses aus zwei aufeinanderfolgenden Werbekontakten bestehen; 3 N = 691 identifizierte 2’er-Substrings in der Vorkaufphase; 4 N = 486 identifizierte 2’er-Substrings in der 6 – = Substring nicht in Kaufphase; 5 N = 70 identifizierte 2’er-Substrings in der Nachkaufphase; Kundenkontaktsequenz enthalten; 7 χ2-Test bezieht sich auf den Vergleich der Substringhäufigkeiten zwischen den
4.4.3.1.2 Substringhäufigkeiten der Kundenkontakte in der Tourismusbranche Für eine bessere Übersichtlichkeit wurden für die Analyse der Substringhäufigkeiten in der Tourismusbranche, analog zu der gewählten Vorgehensweise im Elektronikfachhandel, die Kontakte mit unterschiedlichen Formen der Anbieter-Werbung (TV- und Radio-Werbung, Plakatwerbung, Werbung im Internet etc.) ebenfalls aggregiert als Werbekontakte (W) betrachtet. Weiterhin wurden telefonische und persönliche Kontakte mit den Mitarbeitern im Reisebüro zusammengefasst (RM). Phasenübergreifend wurden insgesamt 222 unterschiedliche 2’er-Substrings identifiziert. Am häufigsten (163 mal, 15.6%) wurde hierbei die Kombination eines Katalogkontakts, direkt gefolgt vom Kontakt mit einem Reisebüromitarbeiter in den Kundenkontaktsequenzen beobachtet (K → RM). Bezogen auf drei direkt aufeinander folgende Kundenkontakte wurden entlang des gesamten Kaufprozesses 906 unterschiedliche Kombinationen ermittelt. Als häufigster 3’er-Substring zeigte sich hierbei die Kombination von zwei Katalogkontakten gefolgt von einem Kontakt mit einem Reisebüromitarbeiter (93 mal bzw. 2.1%). Die längsten ermittelten Substrings beinhalten insgesamt 32 Kundenkontakte. Insgesamt wurde von den Befragten 15 mal eine Kontaktsequenz dieser Länge angegeben, von denen jede nur einmal in den erfassten Sequenzdaten vorkommt. Wie auch im Elektronikfachhandel wird im Folgenden, aufgrund der hohen Anzahl unterschiedlicher Substrings, der Fokus auf die Betrachtung der phasenübergreifend zehn häufigsten 2’er-Substrings im Kaufprozess gelegt. Abbildung 20 zeigt die Verteilung der Anteile der betrachteten 2’er-Substrings in der Tourismusbranche.
4.4 Ergebnisse
157
Abbildung 20: Verteilung der häufigsten 2’er-Substrings der Kundenkontakte in der Tourismusbranche 70
60
Anteile in %2
50
Gesamt Vorbuchungsphase Buchungsphase Vorreisephase Reisephase Nachreisephase
40
30
20
10
0 K → RM
RM → K
K → RU
RU → RL RM → RM
K→K
H→H
H→I
RM → RU
I→H
Substrings der Kundenkontakte in der Tourismusbranche1
1 K = Katalog; RM = Reisebüromitarbeiter; H = Anbieter-Homepage; I = sonstige Internetseiten; RL = Reiseleiter; RU = Reiseunterlagen; 2 100% entsprechen allen aufgedeckten 2’er-Substrings innerhalb der N = 358 Kundenkontaktsequenzen
Die Ergebnisse lassen auch hier auf die Gültigkeit der in H4 postulierten Unterschiede schließen. Während die Unterschiede der Anteile der 2’er-Substrings bezogen auf den gesamten Kaufprozess noch vergleichsweise moderat sind, lassen sich bei einem phasenbezogenen Vergleich der Anteilswerte zum Teil deutliche Unterschiede zwischen den Prozessphasen für einzelne Kanalkombinationen feststellen (vgl. Tabelle 30). Die Ergebnisse zeigen, dass Substrings, die einen Kontakt mit dem Katalog des Anbieters beinhalten, am häufigsten im gesamten Kaufprozess realisiert wurden (49.7%). Insbesondere gilt dies für die realisierten Kundenkontakte in der Buchungsphase (B), wobei diese vor allem mit Kontakten mit den Mitarbeitern im Reisebüro einhergehen (Katalog → Reisebüromitarbeiter: 37.4%; Reisebüromitarbeiter → Katalog: 20.8%). Weiterhin ist auffällig, dass Substrings, die Kontaktpunkte beinhalten, die Kunden erst ab bzw. in einer bestimmten Prozessphase realisieren können (z.B. Kontakte mit den Reiseunterlagen oder mit dem Reiseleiter) nicht nur ab den jeweiligen Prozessphasen, sondern auch phasenübergreifend mit einem relativ hohen Anteil in den erfassten Kundenkontaktsequenzen enthalten sind. Darüber hinaus spiegeln die Befunde der Substringanalyse die bereits angesprochene untergeordnete Rolle der Kontakte mit der Anbieter-Werbung im Kaufprozess der Tourismusbranche wider. Trotz der Aggregation der unterschiedlichen Kontakte mit der Anbieter-Werbung sind unter den zehn häufigsten 2’er-Substrings keine Kombinationen von Werbekontakten mit sich selbst oder weiteren Kontaktpunkten zu finden. Substrings, die Kontakte mit der Homepage sowie Kontakte mit dem Reiseveranstalter mit sonstigen Internetseiten enthalten, wurden vor allem in der Vorbuchungs- und Buchungsphase von den Kunden realisiert (VB:
158
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
36.6%; B: 30.0%). Hieran wird die besondere Stellung der Internetkontakte für die Beschaffung allgemeiner und gezielter Informationen über die Angebote des Reiseveranstalters und zur Durchführung einer Transaktion noch einmal deutlich. Tabelle 30: Relative Anteile einzelner Substrings in der Tourismusbranche (in %) Anteile des Substrings in einzelnen Prozessphasen Substring Katalog → Reisebüromitarbeiter Reisebüromitarbeiter → Katalog Katalog → Reiseunterlagen Reiseunterlagen → Reiseleiter Reisebüromitarbeiter → Reisebüromitarbeiter Katalog → Katalog Homepage → Homepage Homepage → sonst. Internetseiten Reisebüromitarbeiter → Reiseunterlagen sonst. Internetseiten → Homepage
Anteil am Kaufprozess
VB1
B
VR
R
NR
15.62
20.53
37.44
13.15
-8
9.67
χ2(4) = 57.945 ***9
15.2
18.4
20.8
10.9
-
19.2
χ2(4) = 24.991 ***
10.4
-
-
31.3
27.56
38.5
χ2(2) =2.795 n.s.
9.7
-
-
-
66.6
15.4
χ2(1) = 201.209 ***
8.6
5.4
4.9
2.9
-
3.9
χ2(4) = 5.554 n.s.
8.5 8.3
8.9 19.9
6.8 12.2
χ2(4) = 9.141 n.s χ2(2) = 17.282 **
9.6
9.2
2.9 1.4
1.9 -
8.2
2.1 1.4 10.9
-
χ2(4) = 19.385 ***
7.9
-
-
18.2
-
11.5
χ2(2) = 18.997 ***
7.1
17.1
8.6
8.7
1.4
-
χ2(4) = 28.236 ***
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, n.s. = nicht signifikant; 1 VB = Vorbuchungsphase, B = Buchungsphase, VR = Vorreisephase, R = Reisephase, NR = Nachreisephase; 2 bedeutet, dass 15.2% aller N = 3380 identifizierten 2’er-Subtrings in den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen entlang des gesamten Kaufprozesses aus zwei aufeinanderfolgenden Werbekontakten bestehen; 3 N = 765 identifizierte 2’er-Substrings in der Vorbuchungsphase; 4 N = 849 identifizierte 2’erSubstrings in der Buchungsphase; 5 N = 726 identifizierte 2’er-Substrings in der Vorreisephase; 6 N = 559 identifizierte 2’erSubstrings in der Reisephase; 7 N = 481 identifizierte 2’er-Substrings in der Nachreisphase; 8 – = Substring nicht in Kundenkontaktsequenz enthalten; 9 χ2-Test bezieht sich auf den Vergleich der Substringhäufigkeiten zwischen den einzelnen Prozessphasen.
Insgesamt deuten die Ergebnisse auf vielfältige Synergien zwischen den Kundenkontaktpunkten im Multi Channel Marketing der Tourismusbranche hin, deren Ausprägungen sich allerdings in Abhängigkeit zum Teil erheblich voneinander unterscheiden, wie auch die Ergebnisse der χ2-Tests in Tabelle 30 zeigen. Insgesamt liefern diese Befunde erste Hinweise auf das Zutreffen von H4 in der Tourismusbranche. 4.4.3.1.3 Vergleich und Diskussion der Substringhäufigkeiten in beiden Branchen Zwischen den beiden Branchen zeigen sich deutliche Unterschiede bei den Ergebnissen der Substringanalysen. So wurden in der Tourismusbranche phasenübergreifend und phasenbezogen deutlich mehr unterschiedliche 2’er Substrings in den Kundenkontaktsequenzen ermittelt als im Elektronikfachhandel. Dies liegt vor allem daran, dass in der Tourismusbranche im gesamten Kaufprozess sowie in einzelnen Prozessphasen im Mittel mehr Kundenkontakte realisiert wurden. Mögliche Gründe hierfür sind u.a. die vergleichsweise höhere Komplexität
4.4 Ergebnisse
159
und das höhere Preisniveau der angebotenen Leistungen, die mit einer vermehrten Realisation von Kundenkontakten einhergehen. Bezogen auf die betrachteten zehn häufigsten 2’erSubstrings können ebenfalls deutliche Unterschiede zwischen beiden Branchen festgehalten werden. Während im Elektronikfachhandel Substrings, die Kontakte mit unterschiedlichen Maßnahmen der Anbieter-Werbung enthalten, mit hohem Anteil im Kaufprozess beobachtet wurden, sind in der Tourismusbranche Kombinationen, die derartige Kontakte beinhalten, nicht unter den zehn häufigsten Kanalkombinationen zu finden. Allerdings zeigt sich diesbezüglich ein signifikanter Unterschied zwischen dem Anteil des Substrings Katalog → Reisebüromitarbeiter in der Tourismusbranche (15.2%) und dem Substring Werbung → Verkaufspersonal aus dem Elektronikfachhandel (5.2%) (χ2(1) = 20.285, p < .001). Weiterhin zeigen die Befunde zwischen den betrachteten Branchen Unterschiede bei 2’er-Substrings, die Interkontakte beinhalten. Hierbei ist auffällig, dass Substrings mit derartigen Kontakten phasenübergreifend und phasenbezogen im Elektronikfachhandel mit geringerem Anteil realisiert wurden. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse in Tabelle 29, dass die Realisation von zwei aufeinander folgenden Internetkontakten phasenübergreifend und in einzelnen Prozessphasen in der Tourismusbranche mit einem hohen Anteil vorkommt. Im Elektronikfachhandel hingegen sind derartige Kanalkombinationen nicht unter den zehn häufigsten 2’er-Substrings vertreten. Somit liefern die Befunde Hinweise für die Gültigkeit der in H4 angenommenen Unterschiede hinsichtlich der Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Kanalkombinationen im Kaufprozess und weisen darüber hinaus auf unterschiedlich ausgeprägte Synergien zwischen den Kundenkontaktpunkten in beiden Branchen hin. Hierbei ist in beiden Fällen davon auszugehen, dass sich die Stärke dieser positiven Wechselbeziehungen mit den Phasen des Kaufprozesses verändert. Somit liefern die Befunde Hinweise, welche Kombinationen in den einzelnen Phasen vor allem zu erwarten sind. Ein Anbieter kann diese Erkenntnisse nutzen und die spezifischen Kundenbedürfnisse an die Kombinationsmöglichkeiten der Kundenkontakte in den unterschiedlichen Prozessphasen für die effektive und effiziente Gestaltung seines Multi Channel Marketing berücksichtigen. Allerdings ist es hierbei wichtig, die phasenbezogenen Unterschiede bei den Funktionen und der Bedeutung der Kundenkontakte nicht zu vernachlässigen. 4.4.3.2 Ermittlung der Übergangswahrscheinlichkeiten zwischen den Kundenkontakten mit Hilfe eines Multi-State Markov-Modells Die vorhergehenden Ergebnisse der Substringanalysen haben erste Hinweise auf die zu erwartenden Kanalkombinationen in beiden Branchen geliefert. Allerdings können diese Befunde nicht ohne weiteres verallgemeinert werden. Durch die Ermittlung von Übergangswahrscheinlichkeiten für aufeinander folgende Kundenkontakte und somit für unterschiedliche Substrings können hierfür tiefer gehende Befunde erhalten werden, die auch eine Prognose zukünftiger Kundekontakte und somit zukünftigen Kundenverhaltens im Kaufprozess ermöglichen. Derartige Übergangswahrscheinlichkeiten werden in dieser Arbeit, basierend auf den erfassten multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen, mit Hilfe eines Markov-Modells er-
160
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
mittelt, mit dem ein stochastischer Prozess modelliert werden kann, der die Abfolge der Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses berücksichtigt (vgl. Cox & Miller 1965, Fahrmeir et al. 1981). Aufgrund der vergleichsweise hohen Anzahl unterschiedlicher möglicher Kundenkontaktpunkte (allgemein: multiple states) innerhalb der Kundenkontaktsequenz (vgl. Tabelle 5, S. 127), wird hierfür ein bei Jackson (2008) vorgestellter Ansatz eines Multi-State MarkovModells angewendet, der eine aussagekräftige Schätzung von Übergangswahrscheinlichkeiten auch bei einer Vielzahl von unterschiedlichen Ereignissen ermöglicht. Wie die Analyse der vertikalen Beziehungen zwischen den einzelnen Dimensionen der Kundenkontaktsequenz gezeigt hat, ist bei der Schätzung der Übergangswahrscheinlichkeiten zwischen aufeinanderfolgenden Kundenkontakten in der ersten Dimension der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz von einem Einfluss der Funktionen (Dimension 2) und der Bedeutung (Dimension 3) eines Kontakts und darüber hinaus von seiner Position bzw. der Prozessphase in der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz auszugehen und daher bei den Berechnungen zu berücksichtigen. Dieser Ansatz und die zugrunde liegende Idee wurden bisher für die Analyse des Käuferverhaltens im Kaufprozess noch nicht angewendet. Daher erfolgt im weiteren Verlauf dieses Kapitels für ein besseres Verständnis der angewendeten Methodik sowie für ein besseres Verständnis der Ergebnisse der Modellschätzungen zunächst eine kurze Einführung in die Grundlagen von stochastischen Prozessen und Markov-Modellen sowie die Vorstellung des in dieser Arbeit verwendeten Ansatzes eines Multi-State Markov-Modells, der die Berücksichtigung des Einflusses der Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte sowie ihrer Position in der Kundenkontaktsequenz als Kovariate auf die zu ermittelnden Übergangswahrscheinlichkeiten ermöglicht. Stochastische Prozesse und Markov-Modelle Allgemein ist ein stochastischer Prozess definiert als eine Folge – eine Sequenz – von Zufallsvariablen s1, s2, …, die Werte st aus einem Zustandsraum unter Berücksichtigung individueller Wahrscheinlichkeitsverteilungen annehmen (vgl. Fink 2003 S. 47). Ist der Zustandsraum abzählbar und endlich, wird dieser als diskret bezeichnet (vgl. Fahrmeier et al. 1981 S. 5). Bei abzählbar unendlichen bzw. überabzählbaren Zuständen handelt es sich um einen kontinuierlichen Zustandsraum (vgl. ebda.). Bei der Betrachtung von Kundenkontaktsequenzen ist demnach von einem diskreten Zustandsraum auszugehen, der abzählbar viele Zustände bzw. abzählbar viele mögliche Ereignisse – die unterschiedlichen Kundenkontaktpunkte im Multi Channel Marketing eines Anbieters – beinhaltet. Analog zur eingeführten Unterscheidung des Zustandraums wird bei einem stochastischen Prozess die betrachtete (zeitliche) Entwicklung der Zufallsvariablen – der Parameterraum – ebenfalls in diskret und kontinuierlich unterschieden (vgl. ebda.). Bei einem stochastischen Prozess mit einem diskreten Parameterraum wird angenommen, dass sich die Zufallsvariable nur an bestimmten fest definierten Zeitpunkten verändern kann. Bei einem kontinuierlich stochastischen Prozess hingegen ist eine Veränderung der Zufallsvariablen an beliebigen Zeitpunkten möglich (vgl. Hull 2000 S. 218). Beispielsweise handelt es sich bei dem Verlauf einer Krankheit um einen kontinuierlichen stochastischen Prozess, während bei der Analyse der Kundenkontakte in Kaufprozessen
4.4 Ergebnisse
161
ein diskreter Parameterraum vorliegt, da sich die Ausprägung der Zufallsvariablen nur an bestimmten Zeitpunkten, nämlich bei der Realisation eines Kundenkontakts, verändert. Die Verteilungsfunktion der Zufallsvariablen st zum Zeitpunkt t hängt bei einem stochastischen Prozess allgemein vom Zeitpunkt t selbst sowie von ihren Ausprägungen s1, s2,…, st-1, …, st-i an vorhergehenden Zeitpunkten (vgl. Fink 2003 S. 48). Im einfachsten Fall eines stochastischen Prozesses wird von einem diskreten Zustands- und einem diskreten Parameterraum ausgegangen. Gilt weiterhin, dass die Prozesseigenschaften nur von einer endlichen Vergangenheit der vorhergehenden Ereignisse abhängig sind, wird solch ein stochastischer Prozess als Markov-Modell30 bezeichnet (vgl. Cox & Miller 1965 S. 84, Langrock & Jahn 1979). Allgemein ist ein Markov-Modell definiert als „a probabilistic model used to represent dependencies between successive observations of a random variable“ (Prinzie & Van den Poel 2006 S. 716) und eignet sich demnach für die Analyse der Abhängigkeiten zwischen den realisierten Kontakten innerhalb der Kundenkontaktsequenzen. Im Falle eines einfachen stochastischen Prozesses wird davon ausgegangen, dass der zukünftige Prozessverlauf, d.h. die zukünftige Ausprägung der betrachteten Zufallsvariablen bzw. die Wahrscheinlichkeit für ein bestimmtes zukünftiges Ereignis, bei einem bekannten, aktuellen Ereignis nicht vom gesamten vergangenen und bekannten Prozessverlauf, sondern lediglich vom aktuellen Ereignis abhängig ist (vgl. Fahrmeir et al. 1981 S. 13). Diese Eigenschaft wird gemeinhin Markov-Eigenschaft genannt (vgl. Schäl 1990 S. 12, Krengl 2005 S. 194). Demnach werden in Markov-Modellen bedingte Wahrscheinlichkeiten betrachtet. Markov-Ketten, die die Markov-Eigenschaft erfüllen, heißen Markov-Ketten 1. Ordnung (vgl. Decker & Wagner 2002 S. 388). Bei Markov-Ketten 1. Ordnung (time-lag k = 1) ist demnach der aktuelle Wert st vollständig durch die Ausprägung der gleichen Zufallsvariablen zum Zeitpunkt t-1 erklärt. Bezogen auf die Analyse der Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Übergänge bei direkt aufeinander folgenden Kundenkontakten bedeutet dies, dass in einer Kundenkontaktsequenz ein Kundenkontakt zum Zeitpunkt t ausschließlich vom direkt vorhergehenden Kundenkontakt zum Zeitpunkt t-1 abhängig ist31. Demnach kann bei einem Markov-Modell 1. Ordnung die bedingte Wahrscheinlichkeit der Ausprägung der Zufallsvariablen st zum Zeitpunkt t angegeben werden mit P( st = i0 s 0 = it ,...., st −1 = i1 ) = P( st = i0 s t −1 = i1 ) = q i1i0 (t ) , wobei it, …, i0 ∈ {1,…,m}, der Menge der verschiedenen möglichen Ausprägungen der betrachteten Zufallsvariablen entspricht. Diese bedingte Wahrscheinlichkeit wird auch als einschrittige Übergangswahrscheinlichkeit bezeichnet. Im einfachsten Fall eines MarkovModells wird angenommen, dass die bedingte Wahrscheinlichkeit qi1i0(t) (für den Übergang
30
Die Markov-Modelle sind nach dem russischen Mathematiker Andrej Andrejewitsch Markov (1856-1922) benannt, von dem sie auch entwickelt wurden.
31
Im Kontext der vorliegenden Arbeit werden somit bei einem Markov-Modell 1. Ordnung die Übergangswahrscheinlichkeiten für die möglichen 2’er-Substrings der Kundenkontakte geschätzt.
162
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
vom Ereignis i1 zum Ereignis i0) entlang des gesamten Prozesses unveränderlich bleibt. In diesem Fall spricht man von einem homogenen Markov-Modell, bei dem auch ein Gleichgewichtszustand bestimmt werden kann (vgl. Fahrmeir et al. 1981 S. 14, Prinzie & Van den Poel 2006 S. 716). Kann nicht von konstanten Übergangswahrscheinlichkeiten im Zeitablauf ausgegangen werden, d.h. die Übergangswahrscheinlichkeiten verändern sich mit Fortschreiten des Prozesses, spricht man allgemein von einer inhomogenen Markov-Kette bzw. einem inhomogenen Markov-Modell (vgl. Fleming & Harrington 1978, Netzer & Lattin 2008). Mit inhomogenen Markov-Modellen wird somit eine Berücksichtigung der dem Käuferverhalten im Zeitablauf inhärenten Dynamik, die sich in nicht-konstanten Übergangswahrscheinlichkeiten im Prozessablauf widerspiegelt. Somit kann man bei einem inhomogenen Markov-Modell auch von einem dynamischen Markov-Modell sprechen. Wie die Unterschiede der Substringhäufigkeiten in beiden Branchen gezeigt haben, ist bei der Analyse der Kundenkontaktsequenzen von einem inhomogenen stochastischen Prozess auszugehen. Da die Analyse eines inhomogenen stochastischen Prozesses mit Hilfe eines Markov-Modells außerordentliche Stichprobenumfänge und/oder Sequenzlängen voraussetzt, einen erheblichen Aufwand bei der Schätzung der Übergangswahrscheinlichkeiten sowie mit Problemen bei der Ergebnisinterpretation und der Bestimmung eines Gleichgewichtszustands verbunden ist (vgl. Fink 2003 S. 17), wird in dieser Arbeit durch Aufnahme des Zeitparameters in den Zustandsraum – also durch die Berücksichtigung der Position eines realisierten Kundenkontakts in der Kundenkontaktsequenz – die Homogenität des Markov-Modells wieder hergestellt (vgl. Bosch 1979). Hierdurch können aussagekräftige und gut interpretierbare Ergebnisse erhalten werden. Die ermittelten Übergangswahrscheinlichkeiten qi1i0(t) – die geschätzten Parameter des MarkovModells – zwischen den unterschiedlichen Ereignissen bzw. Ausprägungen der betrachteten Zufallsvariablen st werden in einer Matrix der Übergangswahrscheinlichkeiten Q zusammengefasst. st st-1 1 … … m 1 q11 … … q1m Q= … … … … … … … … … m qm1 … … qmm Die Matrix der Übergangswahrscheinlichkeiten Q beinhaltet somit die Wahrscheinlichkeitsverteilung von st in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Ausprägungen der Zufallsvariablen zum Zeitpunkt t-1. Jede Zeile von Q entspricht hierbei einer Wahrscheinlichkeitsverteilung, die sich zu 1 bzw. 100% summiert und ausschließlich nicht-negative Elemente enthält (vgl. hierzu ausführlich Fahrmeir et al. 1981 S. 14ff.). Bei Markov-Ketten höherer Ordnung, d.h. unter Berücksichtigung größerer time-lags (k ≥ 2), wird angenommen, dass die Ausprägung der Zufallsvariablen zum Zeitpunkt t nicht nur von dem direkt vorhergehenden Ereignis, sondern von den Ausprägungen an den betrachteten k vorhergehenden Zeitpunkten abhängig ist. Die Betrachtung von Markov-Ketten höherer Ordnung erfordert einen höheren Aufwand bei der Modellschätzung, da in Abhängigkeit von der
4.4 Ergebnisse
163
Ordnung k die Anzahl der zu ermittelnden Modellparameter bzw. Übergangswahrscheinlichkeiten in der Übergangsmatrix exponentiell wächst (allgemein: mk(m-1)) und hierdurch die Interpretation der Ergebnisse erheblich erschwert wird (vgl. Pegram 1980, Berchtold & Raftery 2002 S. 329f., Prinzie & Van den Poel 2006 S. 717). Neben den horizontalen Abhängigkeiten zwischen den realisierten Kundenkontakten sind, wie die Ergebnisse in Abschnitt 4.4.2 gezeigt haben, ebenfalls vielfältige vertikale Beziehungen zwischen den Dimensionen der Kundenkontakte für die Ermittlung der Übergangswahrscheinlichkeiten entlang des Kaufprozesses zu berücksichtigen. Daher werden diese als Kovariate Z (z1: Kontaktfunktionen, z2: Kontaktbedeutung) bei der Ermittlung der Matrix der Übergangswahrscheinlichkeiten Q(z1, z2, z3) zwischen den realisierten Kundenkontakten berücksichtigt (vgl. zu dieser Vorgehensweise Netzer & Lattin 2008). Um phasenbezogene Unterschiede zwischen den Übergangswahrscheinlichkeiten aufzudecken, werden die Prozessphasen ebenfalls als Kovariate bei der Modellschätzung in beiden Branchen berücksichtigt (z3: Prozessphase)32. Wegen der zugrunde liegenden Annahmen sowie der vergleichsweise hohen Anzahl an unterschiedlichen Kundenkontaktpunkten im Multi Channel Marketing in beiden betrachteten Branchen und der hiermit verbundenen hohen Anzahl unterschiedlicher möglicher Zustände bzw. Ereignisse im diskreten Zustandsraum und der hieraus resultierenden hohen Anzahl zu schätzender Modellparameter wird in dieser Arbeit ein Multi-State Markov-Modell für die Schätzung der Übergangswahrscheinlichkeiten im Kaufprozess herangezogen. „The multistate Markov model is a useful way of describing a process in which an individual moves through a series of states […]” (Jackson 2008 S. 1). Diese Modelle sind für die Analyse der Zusammenhänge zwischen den realisierten Kontakten innerhalb der Kundenkontaktsequenzen besonders geeignet, da es sich hierbei um einen „extremely flexible approach“ handelt, der die vielfältigen Eigenschaften der Ereignisse in der Kundenkontaktsequenz berücksichtigt und daher „can model almost any kind of longitudinal failure time data. This is particularly relevant for modeling different events, which have an event-related dependence […]. It can also model paired data. It is useful for recurrent events […]” (Hougaard 1999 S. 239). Die Schätzung der Übergangswahrscheinlichkeiten in einem Markov-Modell erfolgt allgemein unter Vorgabe einer vorher zu definierenden Ausgangskonfiguration (initial distribution) in einer Übergangsmatrix (transition matrix) und wird häufig mit Hilfe der MaximumLikelihood-Schätzung durchgeführt (vgl. Fahrmeir et al. 1981 S. 65-69 & 118-121)33. In der Ausgangskonfiguration sind Annahmen über die grundsätzlich möglichen Übergänge (instantaneous transitions) von einem Ereignis in t-1 zu einem Ereignis zum Zeitpunkt t sowie über
32
Für die mathematischen Hintergründe für die Berücksichtigung von Kovariaten in Markov-Modellen vgl. ausführlich Netzer & Lattin (2008 S. 190-193) sowie Jackson (2008 S. 11-12).
33
Die einzelnen Schritte für die Schätzung der Übergangswahrscheinlichkeiten mit einem Markov-Modell sowie alternative Vorgehensweisen können beispielsweise ausführlich bei Fahrmeir et al. (1981), Fink (2003) oder bei Zucchini und MacDonald (2009) nachgelesen werden.
164
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
deren Stärke zu treffen (vgl. Jackson 2008 S. 19). Die getroffenen Annahmen an die unterschiedlichen Übergänge werden schließlich in der Übergangsmatrix zusammengefasst, die bei Fahrmeir et al. (1981 S. 34f.) auch als Potenzialmatrix bezeichnet wird. Die Dimensionen der Potenzialmatrix entsprechen den Dimensionen der Matrix der Übergangswahrscheinlichkeiten Q. Die Güte der Lösung eines Markov-Modells und somit die Aussagekraft der geschätzten Übergangswahrscheinlichkeiten sind in hohem Maße von den in der Ausgangskonfiguration getroffenen Annahmen abhängig. Daher sind diese Annahmen mit Bedacht zu treffen. Zur Absicherung dass im Rahmen der Modellschätzung die „wahren“ Maximum-LikelihoodSchätzer ermittelt werden und somit eine „optimale“ Lösung gefunden wurde, ist eine wiederholte Schätzung des Multi-State Markov-Modells unter Vorgabe unterschiedlicher Ausgangskonfigurationen zu empfehlen. Dies gilt insbesondere für „unstable models with flat or multi-modal likelihoods“ (Jackson 2008 S. 20). Die Ermittlung der Übergangswahrscheinlichkeiten des zugrunde gelegten Multi-State Markov-Modells in beiden Branchen wurde mit Hilfe des von Jackson (2008) für die Satistiksoftware R entwickelten Packages msm durchgeführt (msm = Multi-State Markov). Dieses erlaubt dem Anwender ebenfalls die Modellierung von Kovariaten im Rahmen der Modellschätzung (vgl. Anhang). In beiden Branchen wurden für die Ermittlung einer optimalen Lösung mehrere Ausgangskonfigurationen vorgegeben und die Ergebnisse der Modellschätzung miteinander verglichen. Die Ausgangskonfigurationen unterschieden sich hierbei bezüglich der getroffenen Annahmen der vorgegebenen Stärke für die unterschiedlichen Übergänge, wobei jeder Startkonfiguration die Annahme inhärent war, dass grundsätzlich jeder Übergang – jede Kombination von Kundenkontaktpunkten – im Kaufprozess möglich ist. Als Maß für den Modellfit wurden die jeweils ermittelten -2LL-Werte (-2 Log-Likelihood), die Devianz vom „Idealmodell“, herangezogen. Basierend auf diesen Werten wurde in beiden Branchen jeweils das Modell mit der geringsten Devianz für die weiteren Betrachtungen ausgewählt, das demnach den „besten“ Modellfit aufweist (vgl. Aguirre-Hernandez & Farewell 2002, Prinzie & Van den Poel 2006 S. 723-724, Backhaus et al. 2008 S. 261-262). Die in diesem Sinne „besten“ Ergebnisse lieferten in beiden Branchen die Modellschätzungen, bei denen die Ausgangskonfiguration aus den erfassten multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen ermittelt wurde. 4.4.3.2.1 Ergebnisse des Multi-State Markov-Modells im Elektronikfachhandel Für die Schätzung des Multi-State Markov Modells wurden für den Erhalt einer stabileren Lösung sowie eine bessere Übersichtlichkeit der Ergebnisse die unterschiedlichen Kundenkontakte mit der Anbieter-Werbung erneut aggregiert als Werbekontakte (W) betrachtet. Tabelle 31 zeigt die ermittelte Matrix der Übergangswahrscheinlichkeiten Q(z1, z2, z3) als Ergebnis des geschätzten Multi-State Markov Modells für den time-lag k = 1. Das aufgeführte Modell wurde anhand der oben beschriebenen Vorgehensweise ausgewählt (-2LL = 6046.85). Der vergleichsweise hohe -2LL-Wert ergibt sich u.a. wegen der relativ hohen Anzahl zu schätzender Modellparameter und weist auf eine relativ hohe Abweichung vom Idealmodell
4.4 Ergebnisse
165
hin. Ein weiterer Grund für diesen hohen -2LL-Wert und die hiermit verbundene hohe Devianz ist der mit N = 304 relativ geringe Stichprobenumfang und die im Mittel vergleichsweise kurzen Kontaktsequenzen (vgl. Fink 2003 S. 17). Trotz allem liefern die ermittelten Übergangswahrscheinlichkeiten vielfältige Erkenntnisse über die horizontalen Beziehungen in der Kundenkontaktsequenz und somit über die komplementäre Nutzung der Kundenkontakte im Kaufprozess. Tabelle 31: Matrix der Übergangswahrscheinlichkeiten Q(z1, z2, z3) entlang des gesamten Kaufprozesses im Elektronikfachhandel (k = 1)
Q(z1, z2, z3)1 =
t-1 W H I L V S CC SO
W2
H
I
t L
V
S
CC
SO
0,643 0,18 0,18 0,24 0,26 0,22 0,14 0,08
0,02 0,38 0,08 0,01 0,02 0,01 0,02 0,02
0,04 0,10 0,39 0,02 0,01 0,02 0,04 0,19
0,19 0,26 0,26 0,49 0,16 0,22 0,18 0,27
0,06 0,01 0,02 0,05 0,39 0,04 0,02 0,01
0,05 0,05 0,05 0,17 0,14 0,44 0,21 0,04
0,01 0,02 0,02 0,03 0,03 0,05 0,38 0,01
0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,01 0,37
1
Matrix der Übergangswahrscheinlichkeiten Q mit den Kovariaten z1 = Kontaktfunktionen, z2 = Bedeutung der Kundenkontakte, z3 = Prozessphase; 2 W = Anbieter-Werbung, H = Anbieter-Homepage, I = sonstige Internetseiten, L = Laden, V = Verkaufspersonal, S = Servicepersonal, CC = Call Center, SO = sonstige Kontakte; 3 die Übergangswahrscheinlichkeit von einem Kontakt mit der Anbieter-Werbung zu einem weiteren Kontakt mit der Anbieter-Werbung beträgt qi1i0 = 0.64.
Die Unterschiede der geschätzten Übergangswahrscheinlichkeiten können die in H4a postulierten Annahmen überwiegend bestätigen. Die geschätzten Übergangswahrscheinlichkeiten auf der Hauptdiagonalen von Q(z1, z2, z3) zeigen, dass insbesondere die wiederholte Nutzung eines bestimmten Kontaktpunkts durch die Kunden im Kaufprozess zu erwarten ist. Für jeden der betrachteten Kontaktpunkte wurde hierfür eine Wahrscheinlichkeit qi1i0 = 0.37 ermittelt. In diesem Zusammenhang fällt vor allem die hohe Wahrscheinlichkeit für wiederholte Kontakte mit der Anbieter-Werbung auf (qi1i0 = 0.64). Diese ist vor allem auf die hohe Werbefrequenz des Anbieters und die hiermit verbundenen hohen Anteile an Kontakten mit der Anbieter-Werbung an unterschiedlichen Kontaktpunkten im Kaufprozess zurückzuführen. Weitere Kontaktpunkte, deren wiederholte Nutzung im Kaufprozess ebenfalls mit einer vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeit einhergeht, sind das Ladengeschäft (qi1i0 = 0.49) sowie das Servicepersonal (qi1i0 = 0.44). Aufgrund der Befunde der Substringanalysen waren die ermittelten hohen Wahrscheinlichkeiten für die wiederholte Realisation dieser Kontaktpunkte nicht zu erwarten (Anbieter-Homepage: qi1i0 = 0.38; sonstige Internetseiten: qi1i0 = 0.39). Weiterhin zeigen die Ergebnisse in Tabelle 31 insgesamt relativ hohe Wahrscheinlichkeiten für die Kombinationen eines Kundenkontakts in t-1 mit einem Kontakt im Ladengeschäft zum Zeitpunkt t. Allerdings war für die Wahrscheinlichkeit der Kombination eines Kontakts mit der Werbung in t-1 und einem Besuch im Ladengeschäft des Anbieters zum Zeitpunkt t, aufgrund der ermittelten Substringhäufigkeiten, ein höherer Wert zu erwarten. Auffällig sind ebenfalls die vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeiten für die Kombination von Kontakten mit der
166
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Anbieter-Homepage und sonstigen Internetseiten mit einem anschließenden Besuch im Ladengeschäft des Anbieters. Ausgehend von den Befunden der untersuchten 2’er-Substrings war hier von deutlich geringeren Wahrscheinlichkeiten auszugehen. Weiterhin konnten die relativ geringen Wahrscheinlichkeiten für Übergänge zu Kontakten mit dem Verkaufspersonal des Anbieters so nicht erwartet werden. Hierbei waren vor allem höhere Wahrscheinlichkeiten für Kombinationen, die mit einem Kontakt mit dem Ladengeschäft und der AnbieterWerbung in t-1 einhergehen zu erwarten. Ebenfalls überraschen die hohen Wahrscheinlichkeiten für Übergänge vom Ladengeschäft, dem Verkaufspersonal und dem Call Center in t-1 zu einem Kontakt mit dem Servicepersonal im Zeitpunkt t. Eine anschauliche Darstellung der mit Hilfe des geschätzten Multi-State Markov-Modells aufgedeckten Beziehungen zwischen den realisierten Kundenkontakten im Kaufprozess im Elektronikfachhandel liefert das Flow-Chart34 des stochastischen Prozesses in Abbildung 21. „A flow-chart is a graph representing the elementary operations of an algorithm” (Picard 1980 S. 292) und “gives an overview of the most common flow” (Prinzie & Van den Poel 2006 S. 726) zwischen den Kundenkontakten. Die Pfeile geben an, welcher Kundenkontakt für gewöhnlich vor einem anderen realisiert wird, d.h. zu einem vorhergehenden Zeitpunkt im Kaufprozess realisiert wurde. Beispielsweise zeigt W → L an, dass ein Übergang von einem Kontakt mit der Anbieter-Werbung zu einem mit dem Ladengeschäft wahrscheinlicher ist als umgekehrt. Die Schlaufen (Loops) geben Hinweise darauf, ob eine wiederholte Nutzung eines Kontaktpunkts zu erwarten ist (vgl. Prinzie & Van den Poel 2006 S. 726). Die Stärke der Pfeile gibt Hinweise auf die Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten Flow: Je dicker ein Pfeil, desto wahrscheinlicher ist ein bestimmter Übergang. Ein Nachverfolgen des Flow-Charts entlang der wahrscheinlichsten Übergänge liefert somit wichtige Erkenntnisse über die komplementäre Nutzung der Kontaktpunkte und kann darüber hinaus Hinweise auf die Wahrscheinlichkeiten für „typische“ Kundenkontaktsequenzen entlang der Kaufprozesses liefern. Für eine bessere Übersichtlichkeit wurden in Abbildung 21 nur Übergänge mit einer Wahrscheinlichkeit qi1i0 > 0.05 berücksichtigt. Anhand der grafischen Darstellung werden die besondere Stellung und die hohe Wahrscheinlichkeit für Kundenkontakte in der stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters im Kaufprozess im Elektronikfachhandel verdeutlicht. Hierbei ist auffällig, dass der größte Teil der Pfeile auf das Ladengeschäft gerichtet ist und somit ein Übergang von einem Kontakt in t-1 zum Laden im Zeitpunkt t eher zu erwarten ist als umgekehrt (vgl. Tabelle 31). Ein Grund hierfür mag darin liegen, dass das Ladengeschäft insbesondere für die Durchführung einer Transaktion von den Kunden im Kaufprozess genutzt wurde. Weitere Kontaktpunkte, die eine
34
Flow-Charts (auch bezeichnet als gerichtete Graphen) ermöglichen eine übersichtliche Darstellung der Zusammenhänge zwischen den Ereignissen in Markov-Modellen (vgl. Ferschl 1970). Bei einem Flow-Chart bilden die unterschiedliche Ereignisse im Zustandsraum die Knoten, die Übergänge i1→i0 mit qi1i0 > 0 allgemein die Menge der Kanten und die Wahrscheinlichkeit qi1i0 > 0 die Bewertung der Kante i1→i0 (vgl. Fahrmeier et al. 1981 S. 21). Durch die graphische Darstellung der Übergänge wird außerdem eine graphentheoretische Auseinadersetzung der Modellschätzung möglich (vgl. Ferschl 1970).
4.4 Ergebnisse
167
Vielzahl von Pfeilen als Ausgangs- oder Zielpunkt aufweisen und somit eine besondere Stellung im Kaufprozess einnehmen, sind das Verkaufs- und Servicepersonal sowie sonstige Internetseiten. Abbildung 21: Flow-Chart der Übergänge zwischen den Kundenkontakten im Kaufprozess im Elektronikfachhandel
L H
W
S V I
SO
CC
W = Anbieter-Werbung, H = Anbieter-Homepage, I = sonstige Internetseiten, L = Ladengeschäft, V = Verkaufspersonal, S = Servicepersonal, CC = Call Center, SO = Sonstige Kontakte
Nun stellt sich die Frage, in wie weit die einzelnen Übergänge von den Kontaktfunktionen (z1), ihrer Bedeutung (z2) und den unterschiedlichen Phasen des Kaufprozesses (z3) beeinflusst werden. Die Bewertung der Stärke des Einflusses der Kovariaten erfolgt in dieser Arbeit in Anlehnung an die bei Netzer und Lattin (2008 S. 194) angewendete Vorgehensweise, eines Vergleichs von separaten Matrizen Q(z1, z2, z3), die die Übergangswahrscheinlichkeiten für einzelne Ausprägungen der Kovariaten beinhalten35, mit den Übergangswahrscheinlichkeiten für das Gesamtmodell in Tabelle 31. Insgesamt haben sich nur äußerst wenige Abweichungen von den Übergangswahrscheinlichkeiten des Gesamtmodells gezeigt und teilweise nur eine Abweichung im Promillebereich aufgewiesen. Daher soll in dieser Arbeit schon von einem
35 Das msm-Package von Jackson (2008) ermöglicht die Ermittlung dieser separaten Matrizen. Darüber hinaus kann aber auch ein grundsätzlicher Einfluss der Kontaktfunktionen auf die Übergangswahrscheinlichkeiten untersucht werden.
168
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Effekt der Kovariaten gesprochen werden, wenn diese die Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten Übergang um mindestens 1 Prozent verändert hat (Δqi1i0 ≥ 0.01). Bei der Analyse der grundsätzlichen Effekte der Kontaktfunktionen und der Bedeutung der Kundenkontakte zeigte sich kein Einfluss dieser Kovariaten auf die Übergänge in der Kundenkontaktsequenz. Hierbei wurde lediglich ein grundsätzlicher Einfluss der Prozessphase auf den Übergang von einem Kontakt mit dem Ladengeschäft zu einem Kontakt mit dem Verkaufspersonal festgestellt. Bezogen auf einzelne Ausprägungen der Kovariaten der Kontaktfunktionen zeigen die Befunde der separaten Analysen vereinzelt Effekte der Funktionen allgemeine und gezielte Informationen, für Hilfestellungen und Beratungen. Die Beschaffung allgemeiner Informationen reduziert hierbei die Wahrscheinlichkeiten für den Übergang von sonstigen Internetseiten in t-1 zum Ladengeschäft in t. Die Funktion allgemeinen Informationen zeigt allerdings einen positiven Effekt auf die Übergänge von direkt aufeinander folgenden Kontakten mit der AnbieterWerbung im Kaufprozess. Für die Funktion gezielte Information zeigten sich positive Effekte auf die Übergänge von einem Kontakt mit der Anbieter-Werbung zu einem Kontakt im Ladengeschäft. Gleiches gilt für die Kombination eines Kontakts im Ladengeschäft mit einem persönlichen Kontakt zum Verkaufspersonal. Der Erhalt von Hilfestellungen und Beratungen hat einen positiven Effekt auf die Übergänge von Kontakten mit der Anbieter-Werbung (t-1) zum Verkaufspersonal zum Zeitpunkt t. Bezogen auf die Bedeutung der Kundenkontakte ist lediglich bei sehr wichtigen Kontakten ein positiver Effekt auf den Übergang von einem Kundenkontakt mit dem Verkaufspersonal in t-1 zu einem Kundenkontakt mit dem Servicepersonal zum Zeitpunkt t festzuhalten. Bei Berücksichtigung des Einflusses der unterschiedlichen Prozessphasen zeigen die Analyseergebnisse nur für die Vorkaufphase einen positiven Effekt auf den Übergang von Kontakten mit der Anbieter-Werbung auf die Realisation eines Kundenkontakts im Ladengeschäft. Der in H4b angenommene Unterschied bezüglich der Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Kanalkombinationen zwischen den Phasen des Kaufprozesses kann anhand der separaten Übergangsmatrizen für einzelne Prozessphasen in dieser Arbeit somit nur für einen einzelnen Übergang im Elektronikfachhandel bestätigt werden. 4.4.3.2.2 Ergebnisse des Multi-State Markov-Modells in der Tourismusbranche Für die Ermittlung einer aussagekräftigen Lösung der Schätzung des Multi-State MarkovModells Q(z1, z2, z3) in der Tourismusbranche wurden, analog zur Analyse der Substringhäufigkeiten, die Kontakte mit den unterschiedlichen Maßnahmen der Anbieter-Werbung (W) sowie die persönlichen und telefonischen Kontakte mit den Mitarbeitern im Reisebüro (RM) jeweils aggregiert betrachtet. Aufgrund ihres geringen Anteils an den Kundenkontakten im Kaufprozess wurden die realisierten sonstigen Kontakte für den Erhalt einer stabileren Lösung bei der Modellschätzung nicht berücksichtigt. Tabelle 32 beinhaltet die geschätzten Wahr-
4.4 Ergebnisse
169
scheinlichkeiten für die einzelnen Übergänge zum time-lag k = 1. Als Maß für den Fit des gewählten Modells ergab sich -2LL = 17651.66. Tabelle 32: Matrix der geschätzten Übergangswahrscheinlichkeiten Q(z1, z2, z3) in der Tourismusbranche (k=1)
Q(z1, z2, z3)1
W2 t-1 W 0,363 K 0,06 H 0,07 I 0,05 RM 0,05 CC 0,04 R-TV 0,12 RU 0,02 HA 0,03 RL 0,01
K 0,15 0,35 0,08 0,08 0,11 0,10 0,04 0,10 0,04 0,07
H 0,11 0,08 0,25 0,13 0,04 0,06 0,05 0,07 0,03 0,04
t I RM 0,16 0,16 0,10 0,28 0,36 0,13 0,38 0,22 0,04 0,61 0,11 0,14 0,03 0,09 0,05 0,13 0,02 0,09 0,03 0,12
CC R-TV RU 0,00 0,02 0,02 0,01 0,01 0,08 0,01 0,01 0,04 0,01 0,01 0,06 0,00 0,01 0,07 0,39 0,00 0,08 0,00 0,49 0,04 0,02 0,00 0,45 0,00 0,03 0,06 0,01 0,00 0,09
HA 0,01 0,01 0,01 0,02 0,01 0,03 0,11 0,04 0,60 0,06
RL 0,01 0,03 0,03 0,04 0,04 0,03 0,02 0,12 0,08 0,56
1
Matrix der Übergangswahrscheinlichkeiten Q mit den Kovariaten z1 = Kontaktfunktionen, z2 = Bedeutung der Kundenkontakte, z3 = Prozessphase; 2 W = Anbieter-Werbung, K = Katalog, H = Anbieter-Homepage, I = sonstige Internetseiten, Reisebüromitarbeiter, CC = Call Center, R-TV = Reiseverkaufsfernsehen, RU = Reiseunterlagen, HA = Hotelanbieter, RL = Reiseleiter; 3 die Übergangswahrscheinlichkeit von einem Kontakt mit der Anbieter-Werbung zu einem weiteren Kontakt mit der Anbieter-Werbung beträgt qi1i0 = 0.36.
Die Ergebnisse auf der Hauptdiagonalen von Q(z1, z2, z3) zeigen, dass vor allem die aufeinander folgende Nutzung von Kundenkontakten mit den Reisebüromitarbeitern (qi1i0 = 0.61), dem Hotelanbieter (qi1i0 = 0.60) sowie dem Reiseleiter (qi1i0 = 0.56) in der Kundenkontaktsequenz zu erwarten ist. Diese Befunde zeigen die besondere Stellung dieser (größtenteils) persönlichen Kundenkontakte im Kaufprozess. Die vergleichsweise hohe Wahrscheinlichkeit für einen Übergang vom Reiseverkaufsfernsehen (R-TV) in t-1 zu einem weiteren Kontakt mit diesem Kontaktpunkt zum Zeitpunkt t konnte so nicht erwartet werden, da derartige Kontakte von den Kunden nur mit geringem Anteil im Kaufprozess realisiert wurden. Gleiches gilt für die Kundenkontakte mit dem Call Center. Diese Befunde zeigen allerdings, dass ein Anbieter die wiederholte Nutzung eines bereits realisierten Kontaktpunkts durch den Kunden mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit erwarten kann. Die geschätzten Übergangswahrscheinlichkeiten bei Kontakten mit der Anbieter-Werbung in t-1 zu anschließenden Kontakten mit dem Katalog, sonstigen Internetseiten, der Anbieter-Homepage und den Reisebüromitarbeitern zum Zeitpunkt t deuten auf eine besondere Stellung der Werbekontakte als initiale Kontakte im Kaufprozess der Tourismusbranche hin. Die insgesamt hohen Wahrscheinlichkeiten für Übergänge von unterschiedlichen Kontaktpunkten in t-1 zu Kontakten mit dem Reisebüromitarbeiter im Zeitpunkt t weisen auf die besondere Stellung dieses Kontaktpunkts als Zielpunkt vieler Kontaktkombinationen im Kaufprozess hin. Insbesondere gilt dies für den Übergang von einem Katalogkontakt (qi1i0 = 0.28). Überdies liefern die geschätzten Übergangswahrscheinlichkeiten Hinweise auf die komplementäre Nutzung von Internetkontakten im Kaufprozess. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass ein Übergang von der Anbieter-Homepage zu sonstigen Internetseiten wahrscheinlicher als die umgekehrte Kombination dieser beiden Kontaktpunkte ist. Auch hierbei lässt sich vermuten, dass dieses Ergebnis in der höheren Funktionalität sons-
170
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
tiger Internetseiten, insbesondere für den Vergleich von alternativen Leistungen und deren Preise, begründet liegt. Insgesamt bestätigen die Befunde die in H4a abgenommenen Unterschiede für die Wahrscheinlichkeiten unterschiedlicher Kanalkombinationen im Kaufprozess. Das Flow-Chart in Abbildung 22 gibt eine anschauliche Darstellung der vielfältigen horizontalen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten im Kaufprozess in der Tourismusbranche. Für eine bessere Übersichtlichkeit wurden hier nur die Übergänge mit qi1i0 > 0.10 berücksichtigt. Abbildung 22: Flow-Chart der Beziehungen zwischen den Kundenkontakten im Kaufprozess in der Tourismusbranche
K RU R‐TV HA
W RL
CC
RM
H
I
W = Anbieter-Werbung, K = Katalog, H = Anbieter-Homepage, I = sonstige Internetseiten, Reisebüromitarbeiter, CC = Call Center, R-TV = Reiseverkaufsfernsehen, RU = Reiseunterlagen, HA = Hotelanbieter, RL = Reiseleiter.
Die gerichteten Pfeile zwischen den Kundenkontaktpunkten im Flow-Chart zeigen wieder die besondere Rolle der Kontakte mit den Mitarbeitern im Reisebüro als Zielpunkte unterschiedlicher Übergänge entlang des Kaufprozesses. Gleiches lässt sich für die Kontakte mit dem Katalog feststellen. Dieser fungiert ebenfalls häufig als Zielpunkt eines Übergangs von unterschiedlichen Kontaktpunkten, was auf eine besondere Rolle dessen im Rahmen der Beschaffung unterschiedlicher Informationen und des Alternativenvergleichs für die Kunden schließen lässt. Überdies deutet die Stärke der Verbindung zwischen dem Reisekatalog und den Kontakten mit dem Reisebüromitarbeiter im Flow-Chart auf eine komplementäre Nutzung dieser Kontaktpunkte entlang des gesamten Kaufprozesses hin. Gleiches gilt auch für die komplementären Kombinationen von Kundenkontakten im Internet. Weiterhin deuten die
4.4 Ergebnisse
171
Loops darauf hin, dass ebenfalls eine wiederholte Nutzung einzelner Kontaktpunkte im Kaufprozess mit hohen Wahrscheinlichkeiten zu erwarten ist. Für die Werbekontakte zeigt sich die bereits angesprochene Stellung als Initialkontakt. Diese dienen zumeist als Startpunkt für die anschließende Realisation unterschiedlicher Kundenkontaktpunkte. Diese Befunde zeigen einerseits die wichtige Rolle dieser Kontaktpunkte bei der Kundenansprache, andererseits spiegeln sie aber auch die geringe Funktionalität der Werbekontakte wider, die daher von den Kunden zumeist nur für den Erhalt allgemeiner Informationen genutzt wurden. Die Überprüfung der Effekte der unterschiedlichen Ausprägungen dieser Kovariaten auf die einzelnen Übergänge erfolgte hier mit der im Elektronikfachhandel angewendeten Methodik. Auch in der Tourismusbranche lassen sich hierdurch insgesamt nur sehr wenige Effekte der Kovariaten auf die Übergangswahrscheinlichkeiten feststellen. Somit soll auch hier von einem Einfluss der Kontaktfunktionen (z1), der Bedeutung (z2) sowie der Prozessphase (z3) bereits bei einer Abweichung von Δqi1i0 ≥ 0.01 gesprochen werden. Bei einer übergreifenden Analyse wurden keine bedeutsamen Effekte der Funktionen und der Bedeutung der Kundenkontakte sowie der Kaufprozessphase auf die geschätzten Übergangswahrscheinlichkeiten festgestellt. Allerdings zeigen sich bei separater Betrachtung einzelner Ausprägungen der Kovariaten vereinzelte Effekte auf die Übergänge zwischen den Kundenkontakten. So beeinflusst die Funktion allgemeine Informationen die Übergänge direkt aufeinander folgender Kontakte mit der Anbieter-Werbung positiv, dem Kontakt mit der Anbieter-Werbung zu einem mit dem Reisekatalog sowie von Kontakten mit der Anbieter-Werbung zu sonstigen Internetseiten. Für die Beschaffung von gezielten Informationen über die Leistungen des Anbieters zeigen die Ergebnisse ebenfalls positive Effekte auf die Übergänge zu Kontakten mit dem Reisekatalog, der Anbieter-Homepage, sonstigen Internetseiten und dem Reisebüromitarbeiter, die die Anbieter-Werbung als Startpunkt haben. Ein negativer Effekt ist bei der separaten Betrachtung dieser Kontaktfunktion lediglich für den Übergang zwischen aufeinander folgenden Werbekontakten festzuhalten. Preisvergleiche beeinflussen lediglich die Übergänge von Kontakten mit dem Reisekatalog sowie von der Anbieter-Homepage zu sonstigen Internetseiten positiv. Dieser Befund weist auf die besondere Eignung der Kontakte mit sonstigen Internetseiten für den Vergleich alternativer Leistungen hin. Wie zu erwarten war, erhöht die Kontaktfunktion Hilfestellung und Beratung die Wahrscheinlichkeiten für Übergänge von Kontakten mit der Anbieter-Werbung, dem Reisekatalog sowie sonstigen Internetseiten in t-1 auf die Realisation von Kontakten mit dem Reisebüromitarbeiter in t. Für die Funktion Buchung sind keinerlei Effekte festzuhalten. Für das Vorbringen von Beschwerden konnten die positiven Effekte der Kombination eines Kontakts mit dem Reisekatalog, dem Reisebüromitarbeiter sowie für den Übergang vom Reisekatalog zum Reiseleiter erwartet werden. Insgesamt deuten diese Befunde darauf hin, dass die einzelnen Funktionen vor allem einen positiven Effekt auf die Übergänge haben, die einen persönlichen Kundenkontaktpunkt als
172
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Zielpunkt haben, während Übergänge zu unpersönlichen Kontaktpunkten eher mit einem negativen Effekt einhergehen. Bezogen auf die Bedeutung der Kundenkontakte zeigen die Ergebnisse ausschließlich vernachlässigbare Effekte der einzelnen Ausprägungen der Wichtigkeit der Kundenkontakte auf die unterschiedlichen Übergänge zwischen den Kundenkontakten. Für den Einfluss der Prozessphasen konnte ebenfalls nur vereinzelt ein Effekt einer einzelnen Prozessphase auf die Übergangswahrscheinlichkeiten festgestellt werden. Hierbei zeigen die Befunde in der Buchungs- und der Nachreisephase einen positiven Effekt auf den Übergang vom Reisekatalog zu einem Kontakt mit dem Reisebüromitarbeiter. Der in H4b postulierte Unterschied für die Wahrscheinlichkeiten der unterschiedlichen Kanalkombinationen zwischen den Prozessphasen kann anhand dieser Ergebnisse nur für die beiden genannten Übergänge bestätigt werden. 4.4.3.2.3 Vergleich und Diskussion der Multi-State Markov-Modelle beider Branchen Insgesamt liefern die Befunde der ermittelten Multi-State Markov-Modell vielfältige Hinweise auf das Zutreffen der in H4 postulierten Unterschiede hinsichtlich der Wahrscheinlichkeiten für unterschiedlichen Kombinationen von Kontaktpunkten im Kaufprozess. Ein Vergleich der ermittelten Übergangswahrscheinlichkeiten zeigt jedoch einige Unterschiede zwischen den betrachteten Branchen. So ist die Wahrscheinlichkeit für die Übergänge aufeinander folgender Werbekontakte im Elektronikfachhandel deutlich höher als in der Tourismusbranche. Allerdings zeigen die Ergebnisse, dass in der Tourismusbranche die Wahrscheinlichkeiten für Kombinationen, die Werbekontakte als Startpunkte haben und mit weiteren Kontaktpunkten einhergehen, höher als im Elektronikfachhandel sind. Dies gilt insbesondere für die Übergänge zu Kontakten mit der Anbieter-Homepage, sonstigen Internetseiten und zu (persönlichen) Kundenkontakten mit den Mitarbeitern im Reisebüro. Für Internetkontakte zeigen die Befunde im Elektronikfachhandel eine höhere Wahrscheinlichkeit für die wiederholte Nutzung der Anbieter-Homepage und sonstigen Internetseiten. Dieses Ergebnis war aufgrund der im Vergleich zur Tourismusbranche geringen Anteile dieser Kundenkontakte im Kaufprozess so nicht zu erwarten. Im Elektronikfachhandel bestätigen die ermittelten Wahrscheinlichkeiten die besondere Stellung des Ladengeschäfts als Zielpunkt unterschiedlicher Kombinationen im Kaufprozess. In der Tourismusbranche gilt dies für die Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter. Vergleichbare Übergänge zu persönlichen Kontakten mit dem Verkaufspersonal treten im Elektronikfachhandel hingegen nur mit einer relativ geringen Wahrscheinlichkeit auf. Ausgenommen ist hierbei die wiederholte Konsultation des Verkaufspersonals, die mit einer hohen Übergangswahrscheinlichkeit einhergeht, die allerdings für die wiederholte Realisation von Kontakten mit dem Reisebüromitarbeiter in der Tourismusbranche deutlich höher ist. Im Zusammenhang mit Kombinationen, die weitere persönliche Kontakte beinhalten, fallen im Elektronikfachhandel die relativ hohen Wahrscheinlichkeiten für verschiedene Übergänge zu Kontakten mit dem Servicepersonal als Zielpunkt auf. Bei der Analyse der betrachteten Kovariaten lassen sich in beiden Branchen nur wenige Effekte der einzelnen Kontaktfunktionen (z1) auf die Übergänge zwischen den Kundenkontakt-
4.4 Ergebnisse
173
punkten festhalten. Für die Tourismusbranche zeigen die Befunde diesbezüglich insgesamt vielfältige positive Effekte auf Kombinationen, die einen persönlichen Kundenkontaktpunkt (insbesondere den Reisebüromitarbeiter) als Zielpunkt haben. Im Elektronikfachhandel waren hierbei zumeist nur vernachlässigbar geringe Effekte der einzelnen Kontaktfunktionen auf derartige Übergänge festzustellen. Hinsichtlich des Einflusses der weiteren berücksichtigten Kovariaten – der Bedeutung der Kundenkontakte (z2) und der Kaufprozessphase (z3) – zeigen sich in beiden Branchen ebenfalls nur vereinzelt Effekte auf die Modellparameter. Bezogen auf die Bedeutung kann dies an den absolut betrachtet relativ geringen Unterschieden zwischen den Kontaktpunkten im Kaufprozess liegen. Für die Überprüfung der Unterschiede zwischen den Übergangswahrscheinlichkeiten einzelner Prozessphasen haben die Ergebnisse – anders als in H4 erwartet – ebenfalls kaum Effekte gezeigt. Insgesamt können diese zum Teil wenig aussagekräftigen Befunde auf die vergleichsweise geringen Stichprobenumfänge und relativ kurzen Sequenzen in beiden Branchen zurückgeführt werden, da allgemein für die Schätzung von Markov-Modellen erhebliche Stichprobenumfänge und/oder ausreichende Sequenzlängen erforderlich sind (vgl. Fink 2003 S. 17). Für die Lösung dieser Problematik ist bei der Ermittlung von Übergangswahrscheinlichkeiten, bei Vorliegen von Kundenkontaktsequenzen mit Hilfe des hier verwendeten Ansatzes eines Multi-State Markov-Modells, aufgrund der nicht zu beeinflussenden Sequenzlänge somit ein deutlich größerer Stichprobenumfang zu empfehlen. Ein weiteres Problem liegt in der vergleichsweise hohen Anzahl unterschiedlicher Ereignisse im Zustandsraum in beiden Branchen. Dies gilt insbesondere für die hohe Anzahl an betrachteten Kundenkontaktpunkten sowie bei den unterschiedlichen Kontaktfunktionen. Hier kann eine stärkere Aggregation dieser Ereignisse bzw. Dimensionen die Güte der Modellschätzung positiv beeinflussen. So können in Anlehnung an die Einteilung der Kontaktpunkte von Silberer und Mau (2005 S. 338) die genutzten Kundenkontaktpunkte in der Kundenkontaktsequenz weiter in unpersönliche, semi-persönliche und persönliche Kontakte zusammengefasst werden. Für die Kontaktfunktionen erscheint eine Kategorisierung in Informations- bzw. Kommunkations-, Distributions- und Servicefunktionen, in Anlehnung an Bachem (2004 S. 31), zielführend. Für die Bedeutung der Kundenkontakte bietet sich eine binäre Unterscheidung in wichtige und unwichtige Kontakte an. Allerdings geht mit diesen Aggregationen ein erheblicher Informationsverlust einher. Ein Anwender steht somit einem Trade-Off zwischen einer zufrieden stellenden Modellschätzung und dem Informationsgehalt der Ergebnisse gegenüber. Eine Faustregel für eine zielführende Vorgehensweise existiert hierbei nicht. Letztendlich muss die Entscheidung zwischen einem hohen Informationsgehalt und/oder einem guten Modellfit von dem vorliegenden Datenmaterial abhängen. Trotz der angesprochenen Probleme bei der Schätzung der Modellparameter liefern die ermittelten Übergangswahrscheinlichkeiten einem Anbieter wichtige Erkenntnisse über die komplementäre Nutzung der Kundenkontaktpunkte im Kaufprozess und können sowohl für eine Diagnose als auch eine Prognose des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing eingesetzt werden. Im diagnostischen Ansatz erhält der Anbieter vielfältige Hinweise auf Syner-
174
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
gien zwischen den Kontaktpunkten im Multi Channel Marketing. Im prognostischen Ansatz können die ermittelten Übergangswahrscheinlichkeiten für die Vorhersage zukünftigen Verhaltens, d.h. zukünftiger Kundenkontakte, genutzt werden. Berücksichtigt der Anbieter die identifizierten Effekte der unterschiedlichen Kovariaten auf die einzelnen Übergangswahrscheinlichkeiten, können hierdurch die Vorhersagen noch präziser werden. Überdies enthalten die Ergebnisse wichtige Hinweise für die Gestaltung einzelner Kontaktpunkte sowie für die Koordination des gesamten Multi Channel Marketing. Hierdurch können vorhandene CrossChannel Synergien erkannt und gefördert werden, um hierdurch die komplementäre Nutzung der Kontaktpunkte für die Kunden zu ermöglichen, was einen positiven Effekt auf die Kundenzufriedenheit und somit die Abwanderung des Kunden zur Konkurrenz – das so genannte free riding – im Kaufprozess verhindert (Van Baal & Dach 2005). 4.4.3.3 Untersuchung der horizontalen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten mittels Assoziationsanalyse Im Zusammenhang für die in H4 angenommenen Unterschiede interessieren neben den bisherigen Analysen der Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit der Substrings in der Kundenkontaktsequenz ebenfalls, welche Kombinationen von Kundenkontakten bei einer Analyse der Subsequenzen (vgl. Abschnitt 2.4.1, S. 41-42) der Kundenkontakte zu erwarten sind und welche Unterschiede hierbei im Kaufprozess identifiziert werden. Hierbei interessiert somit nicht nur die Analyse der geschlossenen Subsequenzen – der Substrings -, sondern auch die Analyse offener Subsequenzen (vgl. Silberer 2010 S. 7-8), innerhalb der Kundenkontaktsequenz. Vor allem durch die Betrachtung der offenen Subsequenzen werden wichtige Einblicke in das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing erhalten, die die Analyse der Substringhäufigkeiten und der Übergangswahrscheinlichkeiten mit Hilfe des Multi-State Markov-Modells nicht liefern kann. Für die Beantwortung der angeführten Problemstellung wird in dieser Arbeit ein modifizierter Ansatz der Assoziationsanalyse von Zaki (1997) verwendet, der die Reihenfolge der realisierten Kundenkontakte in den Kundenkontaktsequenzen berücksichtigt (vgl. hierzu auch Hettich & Hippner 2001),. Allgemein dient die Durchführung einer Assoziationsanalyse der Ermittlung von Assoziationsregeln (vgl. Decker & Wagner 2002 S. 308). Diese beschreiben Zusammenhänge (Korrelationen) zwischen Ereignissen (Items aus einer vorab definierten Menge), die gemeinsam eintreten (vgl. Hettich & Hippner 2001 S. 459). Die Assoziationsanalyse dient somit der Ermittlung von Ereignissen, die das Auftreten anderer Ereignisse implizieren (vgl. Cabena et al. 1998 S. 80). Im Rahmen der Assoziationsanalyse werden die Ereignisse allgemein als Items bezeichnet. Die im Rahmen der Assoziationsanalyse aufgedeckten Beziehungen werden dann als Assoziationsregel allgemein wie folgt formuliert: „Wenn Ereignisse (Item oder Itemmenge) A, dann Ereignisse (Item oder Itemmenge) B“ oder auch „A ⇒ B“. Eine Assoziationsregel „A ⇒ B“ besteht somit aus zwei Items und/oder Itemmengen A und B. Allgemein wird A als Regelrumpf oder auch als Prämisse, B als Regelkopf oder als Konklusion bezeichnet (vgl.
4.4 Ergebnisse
175
Hettich & Hippner 2001 S. 460). Sowohl A als auch B können grundsätzlich mehrere Items bzw. Ereignisse – hier: mehr als einen Kundenkontakt – enthalten. Häufige Anwendungsgebiete der Assoziationsanalyse liegen in der Warenkorbanalyse (vgl. z.B. Decker 2001, Boztug & Silberhorn 2006) sowie der Analyse von navigation patterns im Rahmen des Web Usage Mining (vgl. z.B. Hay et al. 2001, Engelhardt 2006). Bei der Analyse der horizontalen Beziehungen zwischen den Kontakten in den Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing könnte eine mit Hilfe der Assoziationsanalyse aufgedeckte Assoziationsregel somit lauten: „Wenn eine Kunde einen Kontakt mit der Anbieter-Homepage realisiert (Ereignis bzw. Item(-menge) A), dann folgt darauf auch einen Kontakt mit dem Verkaufspersonal (Ereignis bzw. Item(-menge) B) im Kaufprozess“ oder „Anbieter-Homepage ⇒ Verkaufspersonal“. Hierbei stellt A den Regelrumpf (die Prämisse) und B den Kopf (die Konklusion) der Assoziationsregel dar. Bei der Beschäftigung mit Kundenkontaktsequenzen ist die sind die möglichen Ausprägungen der Items durch die betrachteten Kontaktpunkte im Multi Channel Marketing eines Anbieters definiert. Für die Ermittlung von Assoziationsregeln ist es irrelevant, ob zwischen dem ersten Kontakt bzw. den ersten Kontakten in der Regel (Itemmenge A) und dem zweiten Kontakt bzw. Kontakten in der Regel (Itemmenge B) weitere Kontakte realisiert wurden (offene Subsequenz), oder diese direkt aufeinander folgen (geschlossene Subsequenz bzw. Substring). Im Zusammenhang mit der Analyse von Kontaktsequenzen dient die Assoziationsanalyse somit der Analyse bzw. der Identifikation (häufiger) offener und geschlossener Subsequenzen im Kaufprozess. Es ist intuitiv klar, dass bei der Vielzahl unterschiedlicher Kundenkontakte und den Unterschieden in der Kundenkontaktsequenz eine Vielzahl von Subsequenzen und somit auch von Assoziationsregeln existiert. Daher empfiehlt es sich, den Fokus auf die Ermittlung besonders häufiger Assoziationsregeln zu legen. Im Rahmen der Assoziationsanalyse werden Subsequenzen bzw. Assoziationsregeln, die vorher festgelegte Gütekriterien – so genannte Interessantheitsmaße – erfüllen und häufig in einem Datensatz vorkommen, als interessante Assoziationsregeln bezeichnet (Decker & Wagner 2002 S. 309). Als Interessantheitsmaße für die Identifikation werden im Rahmen der Assoziationsanalyse für gewöhnlich der Support und die Konfidenz einer Regel betrachtet (vgl. Borgelt & Kruse 2002 S. 395)36. Der Support einer Regel A ⇒ B ist definiert als der Anteil der Sequenzen, die A und B enthalten, bezogen auf alle zugrunde liegenden Kontaktsequenzen. Einfacher ausgedrückt entspricht der Support der relativen Häufigkeit der Sequenzen in denen die Regel anwendbar ist. Hierbei sind nur die Regeln von Interesse, die in besonders vielen Kontaktsequenzen erfüllt werden, daher ist es zweckmäßig, im Vorfeld einen Mindestsupport (minsupp.) festzulegen. Überschreitet eine ermittelte Regel den festgelegten Mindestsupport, deutet dies auf eine Beziehung zwischen A und B hin. Die Konfidenz ist definiert als ein Schätzer für die bedingte Wahrscheinlichkeit für das Eintreten der Konklusion der Regel bei gegebenem Regelrumpf (vgl. Borgelt & Kruse
36
Eine ausführliche Erläuterung der Berechnung von Support und Konfidenz kann bei Decker und Wagner (2002 S. 309-310) sowie bei Hettich und Hippner (2001 S. 461) nachgelesen werden.
176
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
2002 S. 396, Decker & Wagner 2002 309-310). Auch hier ist es zweckmäßig, im Vorfeld der Durchführung einer Assoziationsanalyse eine Mindestkonfindenz (minkon.) bei der Extraktion der Regeln festzulegen. Zur Identifikation interessanter Assoziationsregeln, unter Berücksichtigung der Vorgaben für den Mindestsupport und die Mindestkonfidenz, können im Rahmen von Assoziationsanalyse unterschiedliche Algorithmen eingesetzt werden37. Einer der am häufigsten verwendeten Algorithmen der Assoziationsanalyse ist der apriori-Algorithmus (vgl. Agrawal et al. 1993, Agrawal und Srikant 1994). Dieser Algorithmus kann allgemein in zwei Phasen eingeteilt werden (vgl. Hettich & Hippner 2001 S. 462). In der ersten Phase werden alle Itemmengen ermittelt, die dem vorgegebenen Mindestsupport entsprechen. Diese werden dann als häufig bezeichnet. In der zweiten Phase werden aus den ermittelten häufigen Itemmengen alle Regeln bestimmt, die der Vorgabe für die Mindestkonfidenz entsprechen. Die derart aufgedeckten Regeln werden dann als interessant bezeichnet. In seiner ursprünglichen Form berücksichtigt der apriori-Algorithmus jedoch nicht die Abfolge – die Sequenz – der Ereignisse im vorliegenden Datenmaterial, sondern dient lediglich der Identifikation von häufig gemeinsam auftretenden Ereignissen. Für die Analyse der horizontalen Beziehungen zwischen den Kontakten in den Kundenkontaktsequenzen muss dieser Algorithmus noch derart modifiziert werden, dass die Eigenschaften der Sequenz bei der Aufdeckung von Assoziationsregeln berücksichtigt werden (vgl. Hettich & Hippner 2001 S. 475). Ausgehend von dem Ablauf des aprioriAlgorithmus hat Zaki (1997) den SPADE-Algorithmus (Sequential Pattern Discovery using Equivalence classes) vorgeschlagen, der die Abfolge von Ereignissen bei der Ermittlung von Assoziationsregeln berücksichtigt (vgl. Hettich & Hippner 2001 S. 476). Dieser ist u.a. im RPackage arules implementiert (Buchta & Hahsler 2009), dass in dieser Arbeit für die Identifikation interessanter Subsequenzen in beiden Branchen verwendet wurde (vgl. Anhang). 4.4.3.3.1 Ergebnisse der Assoziationsanalysen im Elektronikfachhandel Bei der Identifikation interessanter Assoziationsregeln und somit häufig auftretender Subsequenzen wurde im Elektronikfachhandel für den Mindestsupport ein Wert von minsupp. = 0.2 (20%) vorgegeben und als Mindestkonfidenz ein Wert von minkon. = 0.5 (50%) festgelegt. Auch hier wurden für eine bessere Übersichtlichkeit und die Extraktion aussagekräftiger Regeln die unterschiedlichen Kontakte mit der Anbieter-Werbung zusammengefasst (Werbung). Hierdurch konnten vielfältige interessante Regeln innerhalb der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses sowie für eine phasenbezogene Betrachtung der Kontaktsequenzen extrahiert werden (vgl. Tabelle 33). Die interessanten Subsequenzen in Tabelle 33 können die in H4a und H4b postulierten Unterschiede hinsichtlich der Unterschiede der Wahrscheinlichkeiten für vereinzelte Kanalkombinationen stützen. Bei Betrachtung der Kombinationen innerhalb der Kundenkontaktsequenz
37
Für einen Überblick vgl. Hettich und Hippner (2001).
4.4 Ergebnisse
177
entlang des gesamten Kaufprozesses konnten deutlich mehr interessante Subsequenzen identifiziert werden als innerhalb der einzelnen Prozessphasen. Der Grund hierfür liegt in den großen Unterschieden der Gesamtzahl der betrachteten Sequenzen sowie in den Unterschieden der Länge der Kundenkontaktsequenzen zwischen dem Gesamtprozess und einzelnen Phasen. Bezogen auf den gesamten Kaufprozess wurden vor allem interessante Subsequenzen aufgedeckt, die Kontakte mit der Anbieter-Werbung beinhalten. Aufgrund der vorhergehenden Ergebnisse und des hohen Anteils der Werbekontakte an allen Kontakten konnten diese Beziehungen erwartet werden. Tabelle 33: Interessante Subsequenzen der Kundenkontakte im Elektronikfachhandel Assoziationsregel bzw. Subsequenz Regelrumpf (A) Konklusion (B) ⇒ ⇒ ⇒ ⇒
Laden Verkaufspersonal Anbieter- Werbung Verkaufspersonal
Support %a 0.68 0,63 0,57 0,45
⇒
Verkaufspersonal
0,44
Gesamter Kaufprozess Anbieter- Werbung Laden Laden Anbieter-Werbung Anbieter-Werbung; Laden Anbieter-Werbung Anbieter-Werbung; Laden Anbieter-Werbung; Anbieter-Werbung Anbieter-Werbung Anbieter-Werbung Laden Anbieter-Werbung; Laden Anbieter-Werbung; Anbieter-Werbung sonst. Internetseiten sonst. Internetseiten Laden Laden Laden; Anbieter-Werbung
Konfidenz %b 0,99 0,64 0,58 0,66 0,67
⇒
Anbieter-Werbung
0,39
0,69
⇒
Anbieter-Werbung
0,39
0,58
⇒
Laden
0,37
0,98
Anbieter-Werbung Laden Verkaufspersonal
0,41 0,38 0,32
0,76 0,52 0,57
Verkaufspersonal
0,23
0,62
Vorkaufphase ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ Kaufphase ⇒ ⇒ ⇒
Laden
0,23
0,59
Anbieter-Werbung Laden
0,22 0,21
0,67 0,68
Verkaufspersonal Anbieter-Werbung
0,62 0,56
0,62 0,61
Verkaufspersonal
0,34
0,60
Nachkaufphase Laden Verkaufspersonal 0,54 0,93 ⇒ Laden Servicepersonal 0,50 0,87 ⇒ a Der Support entspricht der relativen Häufigkeit der Kundenkontaktsequenzen in denen die Regel b anwendbar ist, bezogen auf alle zugrunde liegenden Sequenzen; Die Konfidenz ist ein Schätzer für die bedingte Wahrscheinlichkeit für das Eintreten der Konklusion in den Kundenkontaktsequenzen bei gegebenen Regelrumpf.
Mit einer besonders hohen bedingten Wahrscheinlichkeit (Konfidenz) ist bei den Kundenkontaktsequenzen im Elektronikfachhandel eine Kombination eines Werbekontakts mit einem Besuch im Ladengeschäft des Anbieters zu erwarten (99%). Dieser Befund sollte aber hinsichtlich seiner Fähigkeit zur Verallgemeinerung auf andere Anbieter im Elektronikfachhandel nicht überbewertet werden, da in dem hier betrachteten Fall das Ladengeschäft zumeist
178
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
die einzige Möglichkeit für den Erwerb eines Produkts dargestellt hat. Somit überrascht auch nicht, dass das Ladengeschäft in den weiteren interessanten Subsequenzen häufig vertreten ist. Ein weiterer Kontaktpunkt, der häufig in den interessanten Assoziationsregeln für den gesamten Kaufprozess enthalten ist, ist das Verkaufspersonal. So zeigen die Ergebnisse, dass ein Besuch im Ladengeschäft mit einer vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeit mit einem Kontakt mit dem Verkaufspersonal einhergeht. Im Gegensatz zu den mit Hilfe des MarkovModells aufgedeckten Beziehungen zwischen zwei direkt aufeinander folgenden Kundenkontakten liefern vor allem die Subsequenzen, die im Regelrumpf mehr als nur einen Kontaktpunkt enthalten, tiefer gehende Erkenntnisse über die realisierten Kontakte in der Kundenkontaktsequenz. Der Befund, dass ein Kundenkontakt mit der Anbieter-Werbung, gefolgt von einem Kontakt mit dem Laden des Anbieters mit einer bedingten Wahrscheinlichkeit von 67% einen Kontakt mit dem Verkaufspersonal im Kaufprozess nach sich zieht, kann anhand der Schätzung des Multi-State Markov-Modells nicht erhalten werden. Allerdings liefert ein Nachverfolgen der Kombinationen im Flow-Chart in Abbildung 21 einen ähnlichen Eindruck (vgl. Abschnitt 4.4.4.1) Wie zu erwarten wurden für die Vorkaufphase interessante Subsequenzen, die Kontakte mit der Anbieter-Werbung beinhalten, häufig extrahiert. Den höchsten Support- und Konfidenzwert hat hierbei die Kombination von zwei aufeinander folgenden Werbekontakten im Kaufprozess. Weitere Kombinationen, die häufig in den Kundenkontaktsequenzen in der Vorkaufphase vorkommen und mit einer hohen bedingten Wahrscheinlichkeit einhergehen, sind ein Kontakt mit der Anbieter-Werbung, gefolgt von einem Besuch im Ladengeschäft sowie die Subsequenz Laden ⇒ Verkaufspersonal. Weitere Subsequenzen, die mit einer hohen bedingten Wahrscheinlichkeit auftreten, sind Kombinationen, die einen Kontakt mit sonstigen Internetseiten als Regelrumpf haben, gefolgt von einem Werbekontakt (67%) oder von einem Kontakt im Ladengeschäft des Anbieters (68%). Allerdings deuten die relativ geringen Supportwerte für diese Kombinationen darauf hin, dass derartige Kombinationen grundsätzlich nicht besonders häufig in den Kundenkontaktsequenzen zu erwarten sind. Dieses Ergebnis spiegelt die untergeordnete Stellung der Internetkontakte und insbesondere der AnbieterHomepage in Kaufprozessen mit dem betrachteten Anbieter im Elektronikfachhandel wider. In der Kaufphase beinhalten die in Tabelle 32 präsentierten interessanten Subsequenzen alle einen Kontakt mit dem Ladengeschäft des Anbieters. Aufgrund der bereits angesprochenen besonderen Stellung dieses Kundenkontaktpunkts für den Erwerb eines Produkts konnten diese genauso erwartet werden wie die hohen Werte für Support und Konfindenz für die Subsequenz Ladengeschäft ⇒ Verkaufspersonal. Für die Nachkaufphase konnten mit Hilfe des hier gewählten Ansatzes der Assoziationsanalyse nur äußerst wenige interessante Subsequenzen im Elektronikfachhandel aufgedeckt werden. Hierbei zeigen die Ergebnisse, dass in diesem Zeitraum insbesondere ein Besuch im Ladengeschäft mit einem persönlichen Kundenkontakt zu erwarten ist. Die Werte für Support
4.4 Ergebnisse
179
und Konfindenz lassen darauf schließen, dass als Konklusion ein Kontakt mit dem Verkaufspersonal wahrscheinlicher als mit dem Servicepersonal des Anbieters ist. 4.4.3.3.2 Ergebnisse der Assoziationsanalysen in der Tourismusbranche Bei der Ermittlung besonders häufiger und interessanter Subsequenzen innerhalb der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses sowie für einzelne Prozessphasen wurden in der Tourismusbranche die Kontakte mit unterschiedlichen Maßnahmen der Anbieter-Werbung sowie die telefonischen und persönlichen Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter zusammengefasst. Für die Identifikation interessanter Subsequenzen wurde ein Mindestsupport von minsupp. = 0.1 (10%) und Mindestkonfidenz minkon. = 0.5 (50%) festgelegt. Unter Vorgabe dieser Werte konnte eine Vielzahl interessanter Assoziationsregeln innerhalb der gesamten sowie der phasenbezogenen Kundenkontaktsequenzen identifiziert werden (vgl. Tabelle 34). Die mit Hilfe der Assoziationsanalysen ermittelten interessanten Subsequenzen können die in H4 angenommenen Unterschiede bezüglich der Wahrscheinlichkeiten für einzelne Kanalkombinationen in der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses (H4a) sowie für die verschiedenen Prozessphasen (H4b) in der Tourismusbranche teilweise bestätigen. Auch hier wurden mehr interessante Subsequenzen für den Gesamtprozess als in den einzelnen Prozessphasen ermittelt. Entlang des gesamten Kaufprozesses weisen die extrahierten Subsequenzen vor allem Kombinationen auf, die Kontakte mit dem Katalog, den Reisebüromitarbeitern, den Reiseunterlagen sowie dem Reiseleiter beinhalten. Diese Befunde unterstreichen die besondere Stellung der genannten Kontaktpunkte im Kaufprozess der Tourismusbranche. Die höchsten Werte für den Support und die Konfidenz weist hierbei ein Katalogkontakt, gefolgt von einem Kontakt mit dem Reisebüromitarbeiter auf. Die Supportwerte der interessanten Subsequenzen, die Internetkontakte beinhalten, entsprechen ungefähr den Anteilen dieser Kontaktpunkte an den realisierten Kontakten im Kaufprozess. Hierbei zeigen die Werte für die Konfidenz, dass derartige Kontakte vor allem mit einem Kontakt mit den Reiseunterlagen einhergehen. Weiterhin bestätigen die ermittelten Assoziationsregeln die untergeordnete Stellung der Kontakte mit der Anbieter-Werbung. Weder entlang des gesamten Kaufprozesses noch innerhalb einzelner Phasen wurde eine interessante Subsequenz ermittelt, die einen derartigen Kundenkontakt beinhaltet. Für die Vorbuchungsphase deuten die interessanten Assoziationsregeln auf die besondere Stellung des Katalogs, der Kontakte mit der Anbieter-Homepage sowie mit sonstigen Internetseiten im Rahmen der Informationsbeschaffung und des Alternativenvergleichs hin. Weiterhin zeigen die Ergebnisse, dass hierbei die komplementäre Realisation von Kontakten mit dem Katalog und den Reisebüromitarbeitern zu erwarten ist. Das konnte aufgrund der im persönlichen Beratungsgespräch häufig gleichzeitigen Nutzung dieser beiden Kontaktpunkte so erwartet werden. Hierbei ist es nicht unüblich, dass ein Kunde während des Beratungsge-
180
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
sprächs Informationen über die Angebote des Reiseveranstalters aus dem Katalog erhält, während diese gleichzeitig in der persönlichen Interaktion durch den Reisebüromitarbeiter ergänzt werden. Weiterhin ist von einer komplementären Nutzung sonstiger Internetseiten, gefolgt von einem Kontakt mit dem Katalog und einer Nutzung der Anbieter-Homepage zusammen mit sonstigen Internetseiten in dieser Prozessphase auszugehen. Tabelle 34:Interessante Subsequenzen der Kundenkontakte in der Tourismusbranche Assoziationsregel bzw. Subsequenz Regelrumpf (A) Konklusion (B) Gesamter Kaufprozess Support %a Konfidenz %b Katalog Reisebüromitarbeiter 0,59 0,82 ⇒ Reisebüromitarbeiter Reiseunterlagen 0,55 0,74 ⇒ Katalog Reiseunterlagen 0,55 0,75 ⇒ Reiseleiter Reiseunterlagen 0,46 0,77 ⇒ Katalog Reiseleiter 0,45 0,63 ⇒ Katalog; ReisebüroReiseunterlagen 0,44 0,74 ⇒ mitarbeiter sonst. Internetseiten Reiseunterlagen 0,37 0,74 ⇒ Homepage Reiseunterlagen 0,36 0,73 ⇒ sonst. Internetseiten Katalog 0,34 0,69 ⇒ Homepage sonst. Internetseiten 0,32 0,65 ⇒ Vorbuchungsphase Reisebüromitarbeiter Katalog 0,21 0,59 ⇒ Katalog Reisebüromitarbeiter 0,20 0,44 ⇒ Homepage sonst. Internetseiten 0,12 0,43 ⇒ sonst. Internetseiten Katalog 0,11 0,39 ⇒ Buchungsphase Katalog Reisebüromitarbeiter 0,35 0,73 ⇒ sonst. Internetseiten Homepage 0,11 0,50 ⇒ Homepage Katalog 0,11 0,33 ⇒ Vorreisephase Katalog Reiseunterlagen 0,29 0,71 ⇒ Reisebüromitarbeiter Reiseunterlagen 0,21 0,62 ⇒ Reiseunterlagen sonst. Internetseiten 0,18 0,56 ⇒ Reisephase Reiseunterlagen Reiseleiter 0,31 0,67 ⇒ Hotelanbieter Reiseleiter 0,15 0,61 ⇒ Katalog Reiseleiter 0,13 0,66 ⇒ Nachreisephase Reiseunterlagen Katalog 0,20 0,45 ⇒ Reisebüromitarbeiter Katalog 0,19 0,43 ⇒ Hotelanabieter Reiseunterlagen 0,12 0,46 ⇒ Katalog; ReiseunterReisebüromitarbeiter 0,12 0,60 ⇒ lagen a Der Support entspricht der relativen Häufigkeit der Kundenkontaktsequenzen in denen die Regel anwendbar ist, bezogen auf alle zugrunde liegenden Sequenzen; b Die Konfidenz ist ein Schätzer für die bedingte Wahrscheinlichkeit für das Eintreten der Konklusion in den Kundenkontaktsequenzen bei gegebenen Regelrumpf.
Im Zeitraum während der Buchung zeigen die interessanten Subsequenzen, dass vor allem die komplementäre Nutzung des Katalogs, gefolgt von einem Kontakt mit dem Reisebüromitarbeiter zu erwarten ist. Dieses Ergebnis konnte aufgrund des hohen Anteils an Buchungen im Reisebüro sowie aufgrund der häufigen gemeinsamen Realisation dieser Kontaktpunkte so
4.4 Ergebnisse
181
erwartet werden. Die weiteren interessanten Assoziationsregeln zeigen die besondere Stellung der Anbieter-Homepage und sonstiger Internetseiten innerhalb der Buchungsphase. Wie erwartet wurden in der Vorreisephase vor allem interessante Subsequenzen ermittelt, die Kontakte mit den Reiseunterlagen enthalten. Hierbei zeigen die Ergebnisse, dass derartige Kontakte in diesem Zeitraum vor allem mit Kontakten mit dem Katalog, dem Reisebüromitarbeiter und dem Katalog einhergehen. Während der Reise spiegeln die extrahierten Assoziationsregeln die wichtige Stellung des Reiseleiters wider. Insbesondere sind in dieser Phase Kombinationen mit Kontakten mit den Reiseunterlagen, dem Hotelanbieter sowie dem Katalog zu erwarten, die alle einen Kontakt mit dem Reiseleiter als Konklusion haben. Die Subsequenz mit dem höchsten Supportwert in der Nachreisephase (Reiseunterlagen ⇒ Katalog) lässt eine komplementäre Nutzung dieser Kontaktpunkte, beispielsweise für den Abbau von Dissonanzen nach der Rückkehr aus dem Urlaub, vermuten. Weiterhin ist anzunehmen, dass die Assoziationsregel mit der höchsten Konfindenz (Katalog; Reiseunterlagen ⇒ Reisebüromitarbeiter) mit weiteren Hilfestellungen und Beratungen oder einer Beschwerde einhergeht (vgl. Silberer & Steinmann 2009 S. 4-5). 4.4.3.3.3 Vergleich und Diskussion der Assoziationsanalysen in beiden Branchen Die extrahierten Subsequenzen bestätigen in beiden Branchen die in H4 angenommenen Unterschiede für verschiedene Kombinationen von Kontaktpunkten in den Kundenkontaktsequenzen entlang des gesamten Kaufprozess und innerhalb der verschiedenen Phasen. Insbesondere für die verschiedenen Kaufprozessphasen konnten mit dem gewählten Ansatz der Assoziationsanalyse Beziehungen zwischen den Kundenkontaktpunkten identifiziert werden, die mit Hilfe des Multi-State Markov-Modells, aufgrund der zu geringen Stichprobenumfänge und der zu geringen Anzahl an Kundenkontakten in den Phasensequenzen, nicht ermittelt werden konnten. Im Elektronikfachhandel wurden insbesondere Subsequenzen mit vergleichsweise hohen Support- und Konfidenzwerten aufgedeckt, die Kontakte mit dem Ladengeschäft als Regelrumpf, aber auch als Konklusion beinhalten. Weiterhin zeigen die Ergebnisse interessante Assoziationsregeln, die vor allem persönliche Kontakte mit dem Verkaufspersonal des Anbieters enthalten und somit die besondere Stellung dieser Kontaktpunkte für den betrachteten Anbieter im Elektronikfachhandel widerspiegeln. In der Tourismusbranche wurden häufig interessante Kombinationen extrahiert, die Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter, dem Reisekatalog, den Reiseunterlagen sowie dem Reiseleiter beinhalten. Auch diese Befunde waren aufgrund der hohen Anteile derartiger Kundenkontakte im Kaufprozess in der Tourismusbranche zu erwarten. Deutliche Unterschiede sind zwischen den Branchen für interessante Subsequenzen festzuhalten, die Kontakte mit der Anbieter-Werbung, der Anbieter-Homepage und sonstigen Internetseiten als Prämisse oder Konklusion beinhalten. Hier schlagen sich die höheren Anteile an Werbekontakten im Elektronikfachhandel auch in den Assoziationsregeln
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4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
nieder, während interessante Subsequenzen in der Tourismusbranche häufiger Kontakte mit der Anbieter-Homepage und sonstigen Internetseiten enthalten. Überwiegend deuten die extrahierten Assoziationsregeln auf grundsätzlich ähnliche Beziehungen zwischen den Kontaktpunkten, wie die mit Hilfe des Multi-State Markov-Modells ermittelten Zusammenhänge, im Kaufprozess hin. Hierbei sind allerdings zum Teil erhebliche Unterschiede hinsichtlich der bedingten Wahrscheinlichkeiten für die verschiedenen Kombinationen festzuhalten. Diese zeigen sich insbesondere für die wiederholte Nutzung eines Kontaktpunkts im Kaufprozess. Während die Ergebnisse der Modellschätzung des MarkovModells hierbei eine wiederholte Nutzung einzelner Kontaktpunkte mit vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeiten erwarten lassen, deuten die extrahierten Assoziationsregeln nicht auf derartige Zusammenhänge hin. Eine Ausnahme stellt die mit einem hohen Konfidenzwert einhergehende wiederholte Realisation von Werbekontakten im Elektronikfachhandel dar (vgl. Tabelle 33). Ein möglicher Grund hierfür liegt in den Unterschieden bei der Betrachtung der Kombinationen von Ereignissen in der zugrunde liegenden Sequenz. Während beim Markov-Modell zum time-lag k=1 immer nur der direkt vorhergehende bzw. der direkt folgende Kundenkontakt von Interesse ist, werden bei dem gewählten Ansatz der Assoziationsanalyse alle weiteren realisierten Kundenkontakte in die Analyse mit einbezogen. Die Befunde der Assoziationsanalyse können sowohl für die Diagnose des aktuellen als auch die Prognose zukünftigen Käuferverhaltens, bezogen auf zu erwartende Kundenkontakte bei bekanntem Regelrumpf, im Multi Channel Marketing eingesetzt werden. Bei den gegebenen Daten ist ein Vorteil der Assoziationsanalyse gegenüber der Schätzung des Multi-State Markov-Modells, dass auch in einzelnen Prozessphasen aussagekräftige Beziehungen zwischen den Kundenkontakten aufgedeckt werden konnten. Ein Nachteil gegenüber dem MarkovAnsatz ist allerdings, dass die interessanten Subsequenzen keine Information darüber enthalten, wann der Kundenkontakt in der Konklusion in der Kundenkontaktsequenz realisiert wird. Ebenfalls eignet sich der hier angewendete Ansatz lediglich für die Analyse der horizontalen Beziehungen in der unidimensionalen Sequenz der Kundenkontakte. Effekte der Kontaktfunktionen und der Bedeutung der Kontakte konnten bei diesem Ansatz nicht berücksichtigt werden. Diesbezüglich lassen die Ergebnisse der Assoziationsanalyse lediglich Vermutungen zu. Dies erschwert die Steuerung der Kunden im Kaufprozess sowie ein proaktives Eingehen auf die Kundenbedürfnisse bei zukünftigen Kontakten. Diese Vor- und Nachteile der einzelnen Ansätze sprechen letztendlich für den kombinierten Methodeneinsatz bei der Analyse der horizontalen Beziehungen zwischen den realisierten Kundenkontakten innerhalb der Kundenkontaktsequenz im Multi Channel Marketing. Zusammenfassend liefern die Befunde der Assoziationsanalysen Hinweise auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede hinsichtlich der anhand des Konzepts der adaptiven Entscheidungsfindung (Payne et al. 1993) sowie der Informationen Integration Theorie (Anderson 1971) anzunehmenden komplementären Nutzung der Kundenkontaktpunkte entlang aller Prozessphasen. Hierbei zeigt sich, dass nicht nur, wie bei der Analyse des Research-ShopperPhänomens bei Verhoef et al. (2007) phasenübergreifend von einer komplementären Wech-
4.4 Ergebnisse
183
selbeziehung zwischen den Kontaktpunkten auszugehen ist, sondern ein analoges Kundenverhalten in jeder Prozessphase zu erwarten ist. Hierbei allerdings jeweils unterschiedliche Kontaktpunkte im Vordergrund stehen, was auf Unterschiede im Nutzen einzelner Kontaktpunkte für die Erfüllung der Kundenbedürfnisse in einzelnen Prozessphasen schließen lässt. Weiterhin ist in Anlehnung an die Media Richness Theorie (Daft & Lengel 1984) anzunehmen, dass diese Kontaktpunkte insgesamt als besonders effektiv im Zusammenhang mit den Anforderungen und Präferenzen der Kunden im Kaufprozess gelten, die Effektivität der Kanalwahl sich allerdings entlang des Kaufprozesses verändert. Für einen Anbieter enthalten diese Befunde wichtige Erkenntnisse über das Zusammenspiel der Kontaktpunkte im Kaufprozess, die dieser bei der Konfiguration und Koordination der einzelnen Kanäle im Multi Channel Marketing berücksichtigen kann. Derartige Befunde können für die Beurteilung der Performance einzelner Kanäle im Gesamtsystem verwendet werden. Hierdurch können auch Fehlentscheidungen bei Kanaleliminationen vermieden werden, die den Erfolg des Gesamtsystems gefährden können. 4.4.4
Determinanten der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der Kundenkontaktsequenz
In Kapitel 3.3 wurden Annahmen über den Einfluss personenbezogener (H5 bis H10) und situativer Determinanten (H11 bis H17) auf die einzelnen Dimensionen der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz formuliert. Demnach wird die Realisation von Kundenkontakten, ihre Funktionen und Bedeutung und somit die Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses sowie innerhalb einzelner Prozessphasen von personenbezogenen Determinanten wie dem Alter (H5) und Geschlecht (H6), der derzeitigen Tätigkeit (H7) und dem Einkommen (H8) sowie der durchschnittlichen Internetnutzung (H9) und der bisherigen Erfahrungen der Probanden mit dem Anbieter (H10) beeinflusst. Bei den situativen Determinanten wird ein Effekt des Komplexitätsgrads der nachgefragten Leistung (H11), ihrem Preis (H12), dem Kaufmotiv (H13), der räumlichen Erreichbarkeit des Anbieters (H14) sowie der Kommunikation im privaten Umfeld der Kunden im Zusammenhang mit dem Kauf auf die einzelnen Dimensionen der Kundenkontaktsequenz (H15 bis H17) angenommen. Da in der Tourismusbranche Kunden unterschiedlicher Reiseveranstalter befragt wurden, wurde hier zusätzlich ein möglicher Einfluss des Reiseveranstalters, entsprechend der in Abschnitt 4.2.3.2 auf S. 132 vorgenommenen Einteilung (Premiumveranstalter, Veranstalter von Clubreisen, LastMinute-Veranstalter und sonstige Veranstalter sowie der mögliche Einfluss der Reisedauer untersucht. Der Einfluss dieser Ursachen wurde mit Hilfe von Regressionsanalysen überprüft (vgl. Cohen et al. 2003, Schlittgen 2003 S. 414-447). Wichtige Modellannahmen der Regressionsanalyse sind das Fehlen von Multikollinearität bei den unabhängigen Variablen (Prädiktoren) sowie keine Autokorrelation der Residuen (vgl. Backhaus et al. 2008 S. 86-89, Albers & Skiera 2008 S. 478-479). Die Gültigkeit dieser Modellannahmen ist für die Reliabilität der geschätzten Regressionskoeffizienten sowie für die Fehleranfälligkeit der T- und F-Statistiken für die
184
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Modellprüfung und somit für die Beurteilung der Aussagekraft des geschätzten Regressionsmodells besonders wichtig. Die Multikollinearität wurde anhand der Toleranz (T) und des Variance Inflation Factors (VIF) überprüft. Bei Gültigkeit der Modellannahmen liegen beide Werte nahe bei 1. Mit zunehmender Multikollinearität nähert sich die Toleranz immer mehr dem Wert 0 an, während der VIF größer wird. Gilt für T > 0.1 und für den VIF < 10 kann von der Erfüllung der Modellannahmen bezüglich der Multikollinearität ausgegangen werden (vgl. Urban & Mayerl 2008 S. 232). Anhand der Durbin-Watson-Statistik wurde die Verletzung der Annahme hinsichtlich der Autokorrelation überprüft. Der Wert der Durbin-WatsonStatistik liegt umso näher an 2, je geringer die Korrelation der Residuen ist. Werte der Durbin-Watson-Statistik, die < 1 oder > 3 sind, gelten als Hinweis auf das Vorliegen von Autokorrelation (vgl. Urban & Mayerl 2008 S. 266). Als abhängige Variablen (Kriterium) wurden in beiden Branchen die Länge der Kundenkontaktsequenz, die Anzahl an unterschiedlichen Kontaktfunktionen sowie die durchschnittliche Bedeutung der Kundenkontakte phasenübergreifend sowie phasenbezogen betrachtet. Anhand dieser aggregierten Daten kann jedoch noch nicht der Einfluss der ausgewählten Ursachen auf die Art und Anzahl bestimmter Kontaktpunkte, auf einzelne Kontaktfunktionen und die Bedeutung einzelner Kontaktpunkte im Kaufprozess beurteilt werden. Da in beiden Branchen bestimmte Kontaktpunkte im Kaufprozess nur selten realisiert und bestimmte Kontaktfunktionen nur wenig von den Kunden in Anspruch genommen wurden, wurden, basierend auf der Anzahl der Kundenkontakte sowie auf Anzahl unterschiedlicher Funktionen eines Kontaktpunkts, mittels explorativer Faktorenanalyse die Struktur der Kontakte und der Kontaktfunktionen im Kaufprozess in beiden Branchen ermittelt (vgl. Überla 1977, Backhaus et al. 2008 S. 323-387). Hierbei zeigten die Befunde einer ersten explorativen Faktorenanalyse für die Ermittlung der Kontaktfaktoren in beiden Branchen keine eindeutigen Faktorladungen für die Kontakte mit dem Call Center des Anbieters. Da dieser Kontaktpunkt in beiden Branchen nur mit vergleichsweise geringen Anteilen von den Probanden im Kaufprozess genutzt wurde, wurde er in einer zweiten Faktorenanalyse nicht mehr einbezogen. Die Ergebnisse der zweiten Faktorenanalysen lieferten für beide Branchen eine eindeutige Struktur der Faktorladungen sowie inhaltlich interpretierbare Faktoren der Kundenkontakte (vgl. Tabelle 35). Insgesamt zeigen die Befunde, dass in beiden Branchen inhaltlich vergleichbare Faktoren der Kundenkontakte und Kontaktfunktionen extrahiert werden konnten. Die Ergebnisse zeigen noch weitere Gemeinsamkeiten der Faktorlösungen. Insgesamt unterscheiden sich beide Faktorlösungen im Hinblick auf die erklärte Gesamtvarianz nur marginal (EH: 65.66% vs. TB: 62.48%). Ein ähnliches Bild zeigt sich auch für den Erklärungsbeitrag einzelner Faktoren. Weiterhin sind viele Gemeinsamkeiten bezüglich der hoch ladenden Kontaktpunkte festzustellen.
4.4 Ergebnisse
185
Tabelle 35: Faktoren der Kundenkontakte und Kontaktfunktionen im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche Elektronikfachhandel
Tourismusbranche
Faktor1
Faktor durchschnittliche Bedeutung der Kontaktfaktoren2 M (SD)3
F1: Bedeutung persönliche Kontakte und Ladengeschäft F2: Bedeutung Anbieter-Werbung
4.83 (0.9) 4.28 (1.7)
F3: Bedeutung Internetkontakte
4.59 (1.3)
F4: Bedeutung sonstige Kontakte
2.75 (2.1)
M (SD) F1: Bedeutung persönliche Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen F2: Bedeutung Internetkontakte F3: Bedeutung Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung F4: Bedeutung sonst. AnbieterWerbung F5: Bedeutung sonstige Kontakte
5.47 (0.7) 5.24 (1.2) 4.26 (2.1) 4.17 (1.3) 5.43 (2.1)
1
Extraktionskriterium: Kaiser-Guttmann-Kriterium (Eigenwerte > 1); Rotationsmethode: Varimax; 2 Bedeutung der Kundenkontakte wurde gemessen auf einer sechs-stufigen Ratingskala von 1 = völlig unwichtiger Kontakt bis 6 = sehr wichtiger Kontakt; 3 Mittelwert (Standardabweichung).
Im Elektronikfachhandel erklärt der erste Faktor der Kundenkontakte (F1: Anzahl persönliche Kontakte und Laden), auf den die persönlichen Kontakte mit dem Verkaufs- und Servicepersonal und die Kontakte mit dem Laden des Anbieters hoch laden, den größten Anteil an der Gesamtvarianz. Ebenso haben die Kontaktpunkte dieses Faktors die größte Bedeutung für die Kunden im Kaufprozess. Innerhalb der Tourismusbranche lässt sich ein ähnlicher Befund festhalten. Auch hier erklärt der Faktor (F1: Anzahl persönliche Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen), der die persönlichen Kontakte (Reisebüromitarbeiter, Reiseleiter, Hotelanbieter) im Kaufprozess beinhaltet, den höchsten Anteil an der Varianz. Dieser Faktor beinhaltet ebenfalls die telefonischen Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter, die Kontakte mit dem Reisekatalog und den Reiseunterlagen und weist die höchste durchschnittliche Bedeutung auf (vgl. Tabelle 35). In beiden Branchen werden die Kontakte mit der Anbieter-Homepage und sonstigen Internetseiten im Faktor Internetkontakte zusammengefasst (EH: Kontaktfaktor F3 & TB: Kontaktfaktor F2). Diese unterscheiden sich im Hinblick auf ihren Beitrag zu Varianzerklärung nur gering (EH: 14.36% vs. TB: 13.82%). Auch hinsichtlich der Werbekontakte ergeben sich insgesamt nur wenige Unterschiede. Während im Elektronikfachhandel diese hoch auf einen einzelnen Faktor laden (F2: Anzahl Anbieter-Werbung), beinhalten in der Tourismusbranche zwei Faktoren die Kontakte mit der Anbieter-Werbung (F3: Anzahl Zeitungsund Zeitschriftenwerbung, F4: Anzahl sonstige Anbieter-Werbung). Kumuliert erklären diese in der Tourismusbranche einen vergleichbar hohen Varianzanteil, wie der zweite Faktor im Elektronikfachhandel (EH: 19.06% vs. TB: 19.69%), sind für die Kunden aber von deutlich geringerer Bedeutung als im Elektronikfachhandel. Weiterhin laden in beiden Branchen die sonstigen Kontakte auf einen Faktor. Bei den Faktorlösungen für die Kontaktfunktionen zeigen sich ebenfalls Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Branchen, allerdings erklärt diese in der Tourismusbranche insgesamt einen deutlich höheren Varianzanteil (EH: 54.49% vs. TB: 74.19%). In den einzelnen Faktoren werden überwiegend identische Kontaktfunktionen zusammengefasst. Inhaltlich sind die
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4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Faktorlösungen der Kontaktfunktionen somit zwischen beiden Branchen durchaus vergleichbar; hinsichtlich ihres Beitrags zur Varianzaufklärung ergeben sich jedoch deutliche Unterschiede (vgl. Tabelle 35). Für die weitere Verwendung der Kontaktfaktoren im Rahmen der Regressionsanalysen wurde die Anzahl der Kundenkontakte, der auf einen Faktor hochladenden Kontaktpunkte, im Kaufprozess aggregiert und als abhängige Variable betrachtet. Entsprechend wurde bei den Funktionsfaktoren vorgegangen. Weiterhin wird die durchschnittliche Bedeutung der realisierten Kundenkontakte der extrahierten Faktoren der Kundenkontakte als abhängige Variable berücksichtigt. Hierfür wurden die Bedeutungen der auf einen Faktor der Kundenkontakte hochladenden Kontaktpunkte an der Anzahl der realisierten Kontakte der jeweiligen Kontaktpunkte eines Faktors gewichtet und per Mittelwertbildung zur Bedeutung des Kontaktfaktors zusammengefasst. Hierdurch konnten aussagekräftigere Ergebnisse als bei einer Einzelbetrachtung erhalten sowie eine verbesserte Übersichtlichkeit der Befunde der Regressionsanalysen ermöglicht werden. 4.4.4.1 Ergebnisse der Ursachenanalysen im Elektronikfachhandel Einfluss personenbezogener und situativer Determinanten auf die Kundenkontakte Für die Untersuchung des Einflusses der personenbezogenen Determinanten auf die Realisation von Kundenkontakten im Elektronikfachhandel wurden das Alter, die durchschnittliche Internetnutzung sowie das Einkommen der Probanden herangezogen. Das Geschlecht und die derzeitige Tätigkeit der Befragten wurden als Dummy-Variablen in den Regressionsanalysen berücksichtigt (vgl. Bühl 2008 S. 367). Für die situativen Determinanten wurden der Produktpreis, der Komplexitätsgrad (niedrig, mittel, hoch) der erworbenen Leistung und die Entfernung zum nächstgelegenen Ladengeschäft (in km) für die räumliche Erreichbarkeit des Anbieters herangezogen. Als weitere situative Variable wurden die Gespräche im privaten Umfeld (ja/nein) im Zusammenhang mit dem Kauf sowie die Anzahl und der Einfluss dieser Gespräche berücksichtigt. Der Einfluss der unterschiedlichen Kaufmotive wurde mit Hilfe von Dummy-Variablen modelliert. Als abhängige Variable wurden die Länge der Kundenkontaktsequenz, d.h. die Anzahl insgesamt realisierter Kundenkontakte, entlang des gesamten Kaufprozesses sowie innerhalb einzelner Prozessphasen betrachtet. Weiterhin wurden die Effekte der personenbezogenen und situativen Determinanten auf die extrahierten Kontaktfaktoren untersucht. Bei Durchführung der Regressionsanalysen ergaben sich für die Toleranz Werte von T ≥ .223 und für den VIF ≤ 4.492. Die Werte der Durbin-Watson-Statistik liegen zwischen 1.835 und 2.426. Die Modellbedingungen sind demnach ausreichend erfüllt. Tabelle 36 fasst die Ergebnisse dieser einzelnen Regressionsanalysen zusammen.
4.4 Ergebnisse
187
Die errechneten korrigierten Bestimmtheitsmaße (korr. R2) in Tabelle 36 lassen insgesamt auf eine gute Aussagekraft der Ergebnisse schließen und zeigen einen großen Effekt der betrachteten Prädiktoren auf die abhängigen Variablen (vgl. Bortz & Döring 2006 S. 606)38. Die größten Effekte sind auf die Länge der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses und in den einzelnen Prozessphasen festzustellen. Deutlich geringere, aber immer noch große Effekte, zeigen sich für den Einfluss der betrachteten Ursachen auf die unterschiedlichen Kontaktfaktoren. Tabelle 36: Einfluss der Determinanten auf die Kundenkontakte im Elektronikfachhandel Kriterium Prädiktoren
Länge der Kundenkontaktsequenz Gesamt
VK1
K
NK
Kontaktfaktoren F12
F2
F3
F4
personenbez. Determinanten Alter Geschlecht3 derzeitige Tätigkeit4 selbstständig angestellt Beamter in Ausbildung Student/Schüler berentet sonstige Tätigkeit Einkommen Internetnutzung5
-.246**
.157*** .356*** .153*** .085*** .327*** .151*** .130***
.291* .172T .182T
-.077*
.285T
.585***
situative Determinanten Komplexitätsgrad6 Preis räumliche Erreichbarkeit7 Privatkommunikation Gespräche geführt?8 Anzahl Gespräche Einfluss Gespräche9 Kaufmotiv10 Bedarf Gerät alt/defekt Geschenk Werbung/Angebot Interesse am Produkt korr. R2
.323T .146T
.029*
.074 T
.876* .417*
-.357*
.648** .737** .462* .235* .542** .912***
.913* .929* .752* .462** .701* .792***
.740** .843** .456* .153 T .565** .915***
.259** .186** .100** .100** .206*** .969***
.516* .247** .426*
.336*
.367*
.319*
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; in den Zellen standardisierte Regressionskoeffizienten bzw. das korrigierte R2; 1 VK = Vorkaufphase, K = Kaufphase, NK = Nachkaufphase; 2 F1: Anzahl persönliche Kontakte und Laden, F2: Anzahl Anbieter-Werbung, F3: Anzahl Internetkontakte, F4: Anzahl sonstige Kontakte; 3 DummyVariable: 0 = weiblich, 1 = männlich; 4 Dummy-Variable: 0 = Tätigkeit wird nicht ausgeübt, 1 = Tätigkeit wird ausgeübt; 5 durchschnittliche Internetnutzung: 1 = weniger als einmal in der Woche bis 5 = mehrmals täglich; 6 1 = niedriger bis 3 = hoher Komplexitätsgrad; 7 als Maß für die räumliche Erreichbarkeit des Anbieter wurde die Entfernung (in km) von der Wohnung bis zum nächstgelegenen Laden des Anbieters erfasst; 8 Dummy-Variable: 0 = keine Gespräche, 1 = Gespräche geführt; 9 1 = gar kein Einfluss bis 6 = sehr großer Einfluss; 10 Dummy-Variable: 0 = Kaufmotiv lag nicht vor, 1 = Kaufmotiv lag vor.
38 Bei R2 ≥ .25 sprechen Bortz und Döring (2006 S. 606) von einem großen, bei R2 ≥ .09 von einem mittleren und bei R2 ≥ .01 von einem geringen Effekt.
188
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Diese Unterschiede spiegeln sich auch bei einer Betrachtung des Einflusses der einzelnen Determinanten auf die einzelnen Kriterien wider. Insgesamt zeigen die Befunde mehr signifikante Effekte der Prädiktoren auf die Länge der Kundenkontaktsequenz als auf die extrahierten Kontaktfaktoren. Bezüglich der personenbezogenen Determinanten zeigt sich ein negativer Einfluss des Alters auf die Länge der Kundenkontaktsequenz in der Kaufphase (K). Demnach gehen mit steigendem Alter der Kunden weniger Kundenkontakte in der Kaufphase einher. Darüber hinaus belegen die Befunde einen negativem Einfluss des Alters auf den dritten Kontaktfaktor (F3: Anzahl Internetkontakte): je älter die Probanden sind, desto weniger Interkontakte realisieren sie im Kaufprozess. Letztgenannter Befund bestätigt somit die Annahmen von Schoenbachler und Gordon (2002) sowie die Ergebnisse von Inman et al. (2004 S. 53f.) und kann den in H5a postulierten Einfluss des Alters auf die Realisation von Kundenkontakten partiell stützen. Weiterhin ist ein tendenziell signifikanter Einfluss (p < .1) des Geschlechts auf die Anzahl an realisierten Kundenkontakten in der Nachkaufphase (NK) festzuhalten. In diesem Zeitraum realisieren Frauen häufiger Kundenkontakte als Männer. Dieses Ergebnis kann die in H6a angenommenen Effekte des Geschlechts auf die Kundenkontakte ebenfalls nur partiell bestätigen. Für die derzeitige Tätigkeit der Befragten sind insbesondere Effekte auf die Länge der Kundenkontaktsequenz in der Nachkaufphase festzustellen (H7a). Die stärksten Effekte sind hierbei für die Tätigkeiten angestellt und Student/Schüler festzuhalten. Für Studienteilnehmer, die zum Zeitpunkt der Befragung berentet waren, zeigen die Ergebnisse zusätzlich Wirkungen auf die Länge der Kundenkontaktsequenz in der Vorkaufphase (VK). Die durchschnittliche Internetnutzung beeinflusst die Anzahl an Kundenkontakten, bezogen auf den gesamten Kaufprozess und in der Vorkaufphase, tendenziell positiv: Je häufiger ein Kunde grundsätzlich das Internet nutzt, desto mehr Kundenkontakte werden von ihm in den genannten Zeiträumen realisiert. Der tendenziell positive Effekt für die Vorkaufphase bestätigt somit die Ergebnisse von Jepsen (2007 S. 29), die eine hohe Affinität zur Internetnutzung als Ursache für derartige Kontakte in der Vorkaufphase ausgemacht hat. Die nahe liegende Vermutung, dass sich dies positiv auf die Realisation von Internetkontakten im Kaufprozess auswirkt, wird durch die Ergebnisse der Regression mit dem Kontaktfaktor F3: Anzahl Internetkontakte als Kriterium bestätigt (vgl. hierzu auch Montoya-Weiss et al. 2003, Gupta et al. 2004). Anhand dieser Ergebnisse kann der in H9a vermutete grundsätzliche Einfluss der durchschnittlichen Internetnutzung zumindest teilweise bestätigt werden. Anders als in H8a erwartet, zeigen die Regressionsanalysen keinen signifikanten Einfluss des Einkommens der Kunden auf die Realisation von Kundenkontakten im Kaufprozess. Hinsichtlich der situativen Determinanten zeigen die Ergebnisse der Regressionsanalysen, dass die Länge der Kundenkontaktsequenz von mehr situativen Prädiktoren beeinflusst wird als die Kontaktfaktoren. Auffällig ist, dass alle betrachteten Kaufmotive die Länge der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses sowie in den einzelnen Phasen positiv beeinflussen (H13a). Die stärksten Effekte gehen hierbei, mit Ausnahme der Nachkaufphase, vom Kaufmotiv Gerät alt/defekt aus. Dieser Befund überrascht, da angenommen wer-
4.4 Ergebnisse
189
den konnte, dass bei dem hiermit verbundenen Austausch bzw. Neukauf eines „bekannten“ Produkts nur wenige Kontakte im Kaufprozess realisiert werden. Weiterhin sind Effekte der Kaufmotive Werbung/Angebot und Interesse am Produkt auf die Faktoren F3: Anzahl Internetkontakte und F4: Anzahl sonstige Kontakte festzuhalten. Hierbei liegt die Vermutung nahe, dass ein besonderes Interesse am Produkt mit einer gesteigerten Anzahl an Kundenkontakten im Internet im Rahmen der Informationsbeschaffung einhergeht. Für die räumliche Erreichbarkeit (H14a) offenbaren die Befunde lediglich einen schwachen, tendenziell signifikanten negativen Einfluss auf die Kundenkontakte in der Nachkaufphase: je näher ein Kunde an einer stationären Verkaufsniederlassung des Anbieters wohnt, desto mehr Kundenkontakte realisiert er in der Nachkaufphase. Für den vermuteten Effekt der Privatkommunikation zeigt sich, wie erwartet, ein negativer Einfluss der Anzahl der Gespräche, im Zusammenhang mit dem interessierenden Kauf im privaten Umfeld, auf die Länge der Kundenkontaktsequenzen in der Vorkaufphase (VK), was die Annahmen in H17b teilweise stützen kann. Der in H17a angenommene Einfluss auf die Realisation von persönlichen Kundenkontakten im Kaufprozess kann anhand der Befunde der Regression mit dem ersten Kontaktfaktor als Kriterium nicht bestätigt werden. Ebenso zeigen sich keinerlei Hinweise für die in H18a und H18b postulierten Effekte des Einflusses der Gespräche auf die Realisation von Kundenkontakten. Vom Komplexitätsgrad des erworbenen Produkts geht, wie in H11a erwartet, ein starker positiver Effekt auf den Kontaktfaktor F1: Anzahl persönliche Kontakte und Ladengeschäft aus, der einen erheblichen Anteil der Varianz erklären kann: je höher der Komplexitätsgrad, desto mehr persönliche Kundenkontakte und mehr Kontakte mit dem Ladengeschäft werden im Kaufprozess realisiert. Der tendenziell positive Einfluss des Komplexitätsgrads auf die Anzahl der Kundenkontakte in der Kaufphase kann den in H11b angenommenen positiven Effekt dieses Prädiktors zumindest teilweise bestätigen. Weiterhin liefert dieser Befund einen Hinweis auf die Gültigkeit der Annahme der Loss-Aversion Theorie (Tversky & Kahnemann 1981), dass Kunden auch nach der eigentlichen Kaufentscheidung in der Vorkaufphase, bei hohem Komplexitätsgrad der nachgefragten Leistung, einen hohen Aufwand zur Vermeidung einer endgültigen Fehlentscheidung betreiben und hierfür häufiger den persönlichen Kontakt zum Anbieter und zur interessierenden Leistung in der Kaufphase suchen. Überdies zeigen die Ergebnisse einen positiven Einfluss des Preises auf die Länge der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses (tendenziell) und in der Nachkaufphase (NK) sowie, wie erwartet, einen vergleichsweise starken positiven Effekt auf die Realisation persönlicher Kundenkontakte und die Besuche des Ladengeschäfts im Kaufprozess. Diese Ergebnisse können die Annahmen in H12a und H12b ebenfalls nur teilweise stützen. Neben der Analyse des Einflusses der personenbezogenen und situativen Determinanten auf diese aggregierten Größen der Kundenkontakte wurden mit Hilfe weiterer Regressionsanalysen die Effekte der ausgewählten Ursachen auf die Abfolge der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses untersucht. Hierfür wurden die Substringhäufigkeiten als abhängige Variablen in den Regressionen herangezogen. Die Befunde zeigten lediglich signifikante positive standardisierte Regressionskoeffizienten für den Preis des erworbenen Produkts auf die Realisation der Substrings Laden → Verkaufspersonal (β = .588, p
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4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
< .01, korr. R2 = .428), Anbieter-Werbung → Anbieter-Werbung (β = .460, p < .05, korr. R2 = .062) sowie Verkaufspersonal → Laden (β = .633, p < .01, korr. R2 = .376). Einfluss personenbezogener und situativer Determinanten auf die Kontaktfunktionen Für die Untersuchung des Einflusses der Determinanten auf die Funktionen der Kundenkontakte im Kaufprozess wurden dieselben personenbezogenen und situativen Aspekte als Prädiktoren in den Regressionsanalysen berücksichtigt wie bei der vorhergehenden Analyse. Als Kriterien werden einerseits die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen, bezogen auf den gesamten Kaufprozess sowie innerhalb einzelner Prozessphasen, andererseits die extrahierten Faktoren der Kontaktfunktionen betrachtet. Die signifikanten standardisierten Regressionskoeffizienten der einzelnen Regressionen sind in Tabelle 37 dargestellt (T ≥ .219, VIF ≤ 4.567; 1.481 ≤ Durbin-Watson-Statistik ≤ 1.903). Die Ergebnisse der korrigierten Bestimmtheitsmaße lassen überwiegend auf akzeptable Modellschätzungen und große Effekte der unabhängigen Variablen schließen. Ausnahmen stellen hierbei die Regressionen mit der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in der Kaufphase (K) und F3: Anzahl Beschwerde und sonstige Funktionen dar. Für diese Kriterien konnte kein signifikantes Regressionsmodell ermittelt werden. Darüber hinaus wurde für den dritten Funktionsfaktor nicht nur kein signifikantes Regressionsmodell, sondern auch kein signifikanter Effekt eines Prädiktors festgestellt. Die größten Effekte sind für die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses und in Zeiträumen vor (VK) sowie nach Erwerb (NK) der interessierenden Leistung festzuhalten. Ebenso ist anhand des Bestimmtheitsmaßes ein großer, aber deutlich schwächerer Effekt auf F2: Anzahl gezielte Informationen, Hilfestellungen und Beratungen, Kauf festzuhalten. Bezüglich F1: Anzahl allgemeine Informationen und Preisvergleich zeigen die Ergebnisse einen mittleren Effekt der betrachteten Determinanten. Für die personenbezogenen Determinanten sind vor allem Effekte der derzeitigen Tätigkeit der Befragten auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses festzuhalten. Weiterhin zeigen sich diesbezüglich positive Effekte der Tätigkeiten in Ausbildung sowie Student/Schüler auf die unterschiedlichen Kontaktfunktionen in der Nachkaufphase. Diese Befunde können die in H7b postulierten Annahmen somit nur teilweise bestätigen. Das Einkommen hat einen signifikant positiven Effekt auf die Funktionsfaktoren F1: Anzahl allgemeine Informationen und Preisvergleiche und F2: Anzahl gezielte Informationen, Hilfestellungen und Beratungen, Kauf. Je höher das Einkommen der Kunden, desto häufiger nutzen sie die Kontakte für den Erhalt derartiger Funktionen im Kaufprozess. Weiterhin geht mit höherem Einkommen eine differenziertere Nutzung der Kundenkontakte im gesamten Kaufprozess und insbesondere in der Nachkaufphase (NK) einher. Diese Befunde bestätigen die Ergebnisse von Burke (2002 S. 424), der einen analogen Zusammenhang zeigen konnte und stützen den in H8b postulierten Einfluss des Einkommens auf die Kontaktfunktionen partiell.
4.4 Ergebnisse
191
Tabelle 37: Einfluss der Determinanten auf die Kontaktfunktionen im Elektronikfachhandel Kriterium Prädiktoren Personenbezogene Determinanten Alter Geschlecht3 derzeitige Tätigkeit4 selbstständig angestellt Beamter in Ausbildung Student/Schüler berentet sonstige Tätigkeit Einkommen Internetnutzung5 situative Determinanten Komplexitätsgrad6 Preis räumliche Erreichbarkeit7 Privatkommunikation Gespräche geführt?8 Anzahl Gespräche Einfluss Gespräche9 Kaufmotiv10 Bedarf Gerät alt/defekt Geschenk Werbung/Angebot Interesse am Produkt korr. R2
Anzahl unterschiedlicher Funktionen in der Kundenkontaktsequenz Gesamt
VK1
K
NK
Funktionsfaktoren F12
F2
F3
-.579*
.146* .281* .081* .306**
.128** .313*
.140**
.191**
.363*
.264*
.237* .096T
.258T
.428** .451***
.384**
.268T
.036*
.283***
.116* .056**
.159*
.153**
.339T .243T
.919***
.756***
.003n.s.
.813***
.004n.s.
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; in den Zellen standardisierte Regressionskoeffizienten bzw. das korrigierte R2; 1 VK = Vorkaufphase, K = Kaufphase, NK = Nachkaufphase; 2 F1: Anzahl allgemeine Informationen und Preisvergleiche, F2: Anzahl gezielte Informationen, Hilfestellungen und Beratungen, Kauf, F3: Anzahl Beschwerde und sonstige Funktionen; 3 Dummy-Variable: 0 = weiblich, 1 = männlich; 4 Dummy-Variable: 0 = Tätigkeit wird nicht ausgeübt, 1 = Tätigkeit wird ausgeübt; 5 durchschnittliche Internetnutzung: 1 = weniger als einmal in der Woche bis 5 = mehrmals täglich; 6 1 = niedriger bis 3 = hoher Komplexitätsgrad; 7 als Maß für die räumliche Erreichbarkeit des Anbieter wurde die Entfernung (in km) von der Wohnung bis zum nächstgelegenen Laden des Anbieters erfasst; 8 Dummy-Variable: 0 = keine Gespräche, 1 = Gespräche geführt; 9 1 = gar kein Einfluss bis 6 = sehr großer Einfluss; 10 Dummy-Variable: 0 = Kaufmotiv lag nicht vor, 1 = Kaufmotiv lag vor.
Für das Alter offenbaren die Ergebnisse einen negativen Einfluss für die Inanspruchnahme der auf den zweiten Faktor ladenden Kontaktfunktionen (F2: Anzahl gezielte Informationen, Hilfestellungen und Beratungen, Kauf), der H5b teilweise stützt. Dieser Befund konnte insbesondere im Zusammenhang mit den angebotenen Leistungen im Elektronikfachhandel nicht erwartet werden, da älteren Konsumenten häufig eine geringere Affinität zu technologischen Produkten nachgesagt wird, was mit intensiven Beratungen und der vermehrten Beschaffung
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4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
von hochwertigen Informationen im Kaufprozess einhergeht (vgl. Black et al. 2002). Für das Geschlecht und die durchschnittliche Internetnutzung der Kunden sowie für die räumliche Erreichbarkeit des Anbieters wurden in den Regressionen keine signifikanten Effekte errechnet. Bezüglich des Einflusses der situativen Determinanten sind vor allem positive Effekte des Komplexitätsgrads des erworbenen Produkts, des Preises und der Privatkommunikation auf die abhängigen Variablen festzuhalten. Hierbei zeigt sich, dass sich ein steigender Komplexitätsgrad des interessierenden Produkts positiv auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im gesamten Kaufprozess sowie die Anzahl der unterschiedlichen Kontaktfunktionen vor und nach Erwerb des Produkts auswirkt. Diese Befunde stützen die in H11c angenommenen Beziehungen zwischen der Komplexität der Leistung und der differenzierten Nutzung der Kundenkontakte partiell. Daher überrascht es nicht, dass für diesen Prädiktor ebenfalls positive Effekte auf den Faktor F1: Anzahl allgemeine Informationen und Preisvergleiche (tendenziell) sowie ein starker Effekt auf F2: Anzahl gezielte Informationen, Hilfestellungen und Beratungen, Kauf festzuhalten ist. Im Zusammenhang mit den Ergebnissen des Einflusses des Komplexitätsgrads auf die Realisation von Kundenkontakten im Kaufprozess ist anzunehmen, dass hierfür insbesondere persönliche Kontakte und Kontakte mit dem Ladengeschäft des Anbieters realisiert werden (vgl. Tabelle 36). Der Preis hat einen positiven Effekt auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im gesamten Kaufprozess. Allerdings ist dieser vergleichsweise schwach. Ein etwas stärker positiver, aber lediglich tendenziell signifikanter Einfluss geht vom Preis auf die Anzahl der unterschiedlichen Kontaktfunktionen in der Nachkaufphase aus. Insbesondere bewirkt er die Inanspruchnahme gezielter Informationen, Hilfestellungen und Beratungen sowie die Kauffunktion (F2) positiv. Diese Befunde können H12b partiell stützen. Nicht zu erwarten waren hingegen die positiven Effekte der Gespräche im privaten Umfeld (0 = nein, 1 = ja) auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im gesamten Kaufprozess sowie auf F1: Anzahl allgemeine Informationen und Preisvergleiche und F2: Anzahl gezielte Informationen, Hilfestellungen und Beratungen, Kauf, die die Annahmen in H15b zum Teil bestätigen können. Hierbei war eher ein gegenläufiger Effekt zu erwarten. Werden solche Gespräche allerdings im Zusammenhang mit dem Erwerb komplexer und/oder höherpreisiger Leistungen des Anbieters geführt, lässt dieser Befund auf ein erhöhtes kognitives und/oder emotionales Involvement der Kunden im Kaufprozess schließen. Dies beeinflusst schließlich nicht nur derartige Gespräche positiv, sondern geht auch mit einer höheren Anzahl an unterschiedlichen Kontaktfunktionen einher. Weiterhin zeigen die Befunde tendenziell positive Effekte der Kaufmotive Bedarf und Gerät alt/defekt auf die unterschiedlichen Kontaktfunktionen in der Vorkaufphase und liefern somit vereinzelte Hinweise für die Gültigkeit von H13b. Für die Gültigkeit der angenommenen Effekte der räumlichen Erreichbarkeit (H14b), der Anzahl (H16c) und des Einflusses der Gespräche im privaten Umfeld (H17c) liefern die Ergebnisse der Regressionen keinerlei Hinweise. Einfluss personenbezogener und situativer Determinanten auf die Bedeutung der Kundenkontakte
4.4 Ergebnisse
193
Weiterhin wurde der Einfluss der unterschiedlichen personenbezogenen und situativen Determinanten auf die Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess mit Hilfe von Regressionsanalysen untersucht. Als Kriterium wurden die durchschnittliche Bedeutung aller realisierten Kundenkontakte im gesamten Kaufprozess sowie die Bedeutung der realisierten Kundenkontakte innerhalb der einzelnen Prozessphasen betrachtet. Weiterhin wurden die Bedeutungen der extrahierten Kontaktfaktoren als Kriterien berücksichtigt. Tabelle 38 beinhaltet die signifikanten standardisierten Regressionskoeffizienten der einzelnen Regressionen (T ≥ .126, VIF ≤ 7.947; 1.677 ≤ Durbin-Watson-Statistik ≤ 2.052). Die Ergebnisse des Bestimmtheitsmaßes korr. R2 lassen größtenteils auf eine gute Modellschätzung schließen. Allerdings konnten für die Kriterien Bedeutung der Kundenkontakte in der Nachkaufphase (NK), die Bedeutung des Kontaktfaktors F3: Internetkontakte und F4: Bedeutung sonstige Kontakte keine signifikanten Regressionsmodelle ermittelt werden. Für die weiteren abhängigen Variablen zeigen die Ergebnisse allerdings große Effekte der Determinanten. Für die personenbezogenen Determinanten lassen sich vielfältige positive Effekte der derzeitigen Tätigkeit der Befragten auf die durchschnittliche Bedeutung der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz insgesamt sowie in der Vorkaufkaufphase festhalten, die H7c teilweise stützen. Die stärksten Effekte zeigen hierbei die standardisierten Regressionskoeffizienten bei der Tätigkeit angestellt sowie bei Student/Schüler. Für Angestellte ist ein signifikanter positiver Effekt auf die Bedeutung des Kontaktfaktors F2: Anzahl Anbieter-Werbung sowie ein schwächerer, tendenziell signifikanter positiver Effekt auf die Bedeutung des Faktors F1: Bedeutung persönliche Kontakte und Ladengeschäft festzuhalten. Für das Alter der Kunden zeigen die Befunde einen negativen Einfluss auf die Bedeutung der unterschiedlichen Kontakte mit der Anbieter-Werbung (F2) und einen schwachen positiven Effekt auf die Bedeutung der sonstigen Kundenkontakte (F4), die den in H5c vermuteten Einfluss des Alters auf die Bedeutung der Kundenkontakte vereinzelt bestätigen können. Hinsichtlich des Geschlechts der Kunden sind ebenfalls unterschiedliche Effekte festzuhalten, die Hypothese H6c teilweise stützen. Die Befunde zeigen, dass Männer den Kundenkontakten in der Kaufphase und darüber hinaus den Kontakten mit dem Anbieter im Internet (F3: Bedeutung Internetkontakte) eine höhere Bedeutung als Frauen beimessen. Für Frauen haben persönliche Kundenkontakte und die Kontakte mit dem Ladengeschäft (F1) eine höhere Bedeutung im Kaufprozess (vgl. hierzu auch die Befunde von Burke 2002 S. 423-424, Guiry et al. 2006 S. 81). Das Einkommen bewirkt die Bedeutung der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz in unterschiedlichen Richtungen. Der stärkste (positive) Effekt ist hierbei für die Bedeutung der Kundenkontakte in der Kaufphase festzuhalten. Bezogen auf die Bedeutung der Kundenkontakte im gesamten Kaufprozess und in der Vorkaufphase zeigen sich schwächere (negative) Effekte des Einkommens. Diese Befunde können somit den in H8c erwarteten grundsätzlichen Einfluss des Einkommens auf die Bedeutung der Kundenkontakte vereinzelt bestätigen.
194
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Wie in H9c erwartet, beeinflusst die durchschnittliche Internetnutzung die Bedeutung der Internetkontakte im Kaufprozess (F3) positiv. Allerdings zeigen sich keine weiteren Effekte der durchschnittlichen Internetnutzung auf die Bedeutung der Kundenkontakte. Tabelle 38: Einfluss der Determinanten auf die Kontaktbedeutung im Elektronikfachhandel Kriterium Prädiktoren
Bedeutung der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz Gesamt
VK
1
K
NK
Bedeutung Kontaktfaktoren F1
2
F2
F3
F4
personenbez. Determinanten Alter Geschlecht3 derzeitige Tätigkeit4 selbstständig angestellt Beamter in Ausbildung Student/Schüler berentet sonstige Tätigkeit Einkommen Internetnutzung5
-.339* .093** .260** .490** .234** .133* .451** .187* -.094*
-.088**
.253*** .461*** .216*** .238*** .436*** .195** -.111*
.129T
.055* .047*
.050T .175*
.138* .153**
situative Determinanten Komplexitätsgrad6 Preis räumliche Erreichbarkeit7 Privatkommunikation Gespräche geführt?8 Anzahl Gespräche Einfluss Gespräche9 Kaufmotiv10 Bedarf Gerät alt/defekt Geschenk Werbung/Angebot Interesse am Produkt
.155** .040*
korr. R2
.918***
.147** .047*
.143* .082**
.212*** .079**
-.259***
-.158T
-.059*
.246*
.900***
.842***
.188* .135*
.233n.s.
.598** .422** .236* .256** .457** .886***
.777***
.189n.s.
.064n.s.
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; in den Zellen standardisierte Regressionskoeffizienten bzw. das korrigierte R2; 1 VK = Vorkaufphase, K = Kaufphase, NK = Nachkaufphase; 2 F1: Bedeutung persönliche Kontakte und Laden, F2: Bedeutung Anbieter-Werbung, F3: Bedeutung Internetkontakte, F4: Bedeutung sonstige Kontakte; 3 Dummy-Variable: 0 = weiblich, 1 = männlich; 4 Dummy-Variable: 0 = Tätigkeit wird nicht ausgeübt, 1 = Tätigkeit wird ausgeübt; 5 durchschnittliche Internetnutzung: 1 = weniger als einmal in der Woche bis 5 = mehrmals täglich; 6 1 = niedriger bis 3 = hoher Komplexitätsgrad; 7 als Maß für die räumliche Erreichbarkeit des Anbieter wurde die Entfernung (in km) von der Wohnung bis zum nächstgelegenen Laden des Anbieters erfasst; 8 Dummy-Variable: 0 = keine Gespräche, 1 = Gespräche geführt; 9 1 = gar kein Einfluss bis 6 = sehr großer Einfluss; 10 Dummy-Variable: 0 = Kaufmotiv lag nicht vor, 1 = Kaufmotiv lag vor.
Bei Betrachtung der Ergebnisse für den Einfluss der situativen Determinanten lassen sich für die Bedeutung der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz positive Effekte des Komplexitätsgrads und des Preises des erworbenen Produkts festhalten. Demnach geht mit einem höheren Komplexitätsgrad und einem höheren Preis des interessierenden Produkts eine höhe-
4.4 Ergebnisse
195
re Bedeutung der Kundenkontakte im gesamten Kaufprozess, in der Vorkauf- und der Kaufphase einher. Wie erwartet beeinflussen diese beiden Kriterien ebenso die Bedeutung des Faktors F1: Bedeutung persönliche Kundenkontakte und Ladengeschäft positiv. Letztgenannte Ergebnisse liefern Hinweise auf die Gültigkeit der in den Hypothesen H11d und H12d angenommenen positiven Wirkungen des Komplexitätsgrads und des Preises auf die Realisation von persönlichen Kontakten im Kaufprozess (vgl. hierzu auch Black et al. 2002 S. 168, Frambach et al. 2007 S. 29). Die Ergebnisse zeigen insgesamt stärkere Effekte der Produktkomplexität im Vergleich zum Preis. Insgesamt beeinflussen die Kaufmotive (H13c) die Bedeutung des Faktors F2: Bedeutung Anbieter-Werbung. Die stärksten Effekte zeigen sich hierbei für die Kaufmotive Bedarf und Interesse am Produkt. Diese Befunde deuten auf die besondere Stellung der Anbieter-Werbung zur Information der Kunden über die Angebote und Leistungen im Elektronikfachhandel hin. Für den in H15c angenommenen Einfluss der Privatkommunikation auf die Bedeutung der Kundenkontakte ist festzuhalten: werden Gespräche im privaten Umfeld geführt, beeinflusst dies die Bedeutung des ersten Kontaktfaktors F1: Bedeutung persönliche Kontakte und Ladengeschäft sowie die Bedeutung der Anbieter-Werbung (F2) im Kaufprozess negativ. Dies spiegelt sich auch in dem negativen Einfluss der Anzahl solcher Gespräche auf die durchschnittliche Bedeutung aller Kundenkontakte im Kaufprozess wider. Für den Einfluss der Gespräche im privaten Umfeld (H17d) sowie die räumliche Erreichbarkeit des Anbieters zeigen die Regressionen keine signifikanten Effekte auf die Bedeutung der Kundenkontakte (vgl. Tabelle 38). 4.4.4.2 Ergebnisse der Ursachenanalysen in der Tourismusbranche Einfluss personenbezogener und situativer Determinanten auf die Kundenkontakte Für die Analyse der Ursachen der Kundenkontakte wurden auch in der Tourismusbranche die Effekte der ausgewählten personenbezogenen und situativen Determinanten untersucht. Da in der Tourismusbranche nicht ausschließlich Kunden eines Reiseveranstalters bzw. einer einzelnen Veranstaltermarke befragt wurden, wurde als weitere situative Determinante der Einfluss der Art des Reiseveranstalters, entsprechend der in Abschnitt 4.2.3.2 auf S. 133 vorgenommenen Einteilung (Premiumveranstalter, Last-Minute-Anbieter, Veranstalter von Clubreisen sowie sonstige Reiseveranstalter), als Dummy-Variable in den Regressionen berücksichtigt. Weiterhin kann von einem Einfluss der Reisedauer auf die Realisation von Kundenkontakten in der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz ausgegangen werden. Diese situative Ursache wurde ebenfalls als Prädiktor in den Regressionsanalysen berücksichtigt. Als abhängige Variablen wurden die Länge der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses sowie innerhalb einzelner Prozessphasen (siehe Tabelle 39) und die extrahierten Kontaktfaktoren in der Tourismusbranche betrachtet (siehe Tabelle 40). Darüber hinaus wurde ebenfalls mit Hilfe von Regressionsanalysen der Einfluss der ausgewählten Ursachen auf die Abfolge der Kundenkontakte im Kaufprozess untersucht. Bei der Überprüfung der Modellannahmen dieser Regressionsanalyen ergaben sich für die Toleranz T ≥ .179 und den VIF ≤ 5.595. Die Werte der Durbin-Watson-Statistik liegen zwi-
196
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
schen 1.387 und 1.989. Die Modellbedingungen sind somit noch ausreichend erfüllt. Die ermittelten korrigierten Bestimmtheitsmaße (korr. R2) lassen überwiegend auf eine gute Aussagekraft der Regressionen schließen. Nur für das Modell mit dem Kontaktfaktor F5: sonstige Kontakte als Kriterium wurde kein signifikantes Regressionsmodell und ebenso kein signifikanter Einfluss der betrachteten Determinanten errechnet. Daher sind die Ergebnisse bezüglich dieses Faktors als Kriterium nicht in Tabelle 4040 dargestellt. Tabelle 39: Einfluss der Determinanten auf die Länge der Kontaktsequenz in der Tourismusbranche Kriterium Prädiktoren
Länge der Kundenkontaktsequenz Gesamt
VB1
.888***
.832***
B
VR
R
NR
personenbez. Determinanten Alter Geschlecht3 derzeitige Tätigkeit4 selbstständig angestellt Beamter berentet sonstige Tätigkeit Einkommen bisherige Erfahrungen bisherige Transaktionen?5 Anzahl Transaktionen Internetnutzung6
-.218T .206* .209*
.403** .444** .893***
.879***
.656***
situative Determinanten Komplexitätsgrad7 Preis räumliche Erreichbarkeit8 Kaufmotiv11 jährliche Urlaubsplanung Gerät alt/defekt Geschenk Interesse am Urlaubsland spontaner Urlaubswunsch Reiseveranstalter12 Premiumveranstalter Clubreisen Last-Minute sonstige Veranstalter Reisedauer13 korr. R2
.369T
.191*
.194T
.293*
.222** .479*** .951***
.736***
.786***
.759***
.806***
.850***
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; standardisierte Koeffizienten bzw. korrigierte R2; 1 VB = Vorbuchung, B = Buchung, VR = Vorreise, R = Reise, NR = Nachreise; 3 Dummy-Variable: 0 = weiblich, 1 = männlich; 4 Dummy-Variable: 0 = Tätigkeit nicht ausgeübt, 1 = Tätigkeit ausgeübt; 5 Dummy-Variable: 0 = keine bisherigen Erfahrungen, 1 = min. eine Buchung durchgeführt, 6 durchschnittl. Internetnutzung: 1 = weniger als einmal in der Woche bis 5 = mehrmals täglich; 7 1 = niedriger bis 3 = hoher Komplexitätsgrad; 8 Entfernung (in km) von der Wohnung zum nächstgelegenen Laden des Anbieters; 11 Dummy-Variable: 0 = Kaufmotiv lag nicht vor, 1 = Kaufmotiv lag vor; 12 DummyVariable: 0 = nicht beim Veranstalter gebucht, 1 = beim Veranstalter gebucht; 13 Reisedauer in Tagen.
Demnach kann der angenommene Einfluss der personenbezogenen (H5a bis H10a) und situativen Determinanten (H11a bis H17a) auf die Realisation von sonstigen Kontakten (F5) im
4.4 Ergebnisse
197
Kaufprozess in der Tourismusbranche nicht bestätigt werden. Insgesamt belegen die korrigierten Bestimmtheitsmaße große Effekte der betrachteten personenbezogenen und situativen Determinanten auf die Länge der Kundenkontaktsequenz sowie einzelner Kontaktfaktoren. Tabelle 40: Einfluss der Determinanten auf die Kontaktfaktoren in der Tourismusbranche Kriterium Prädiktoren
Kontaktfaktoren F12
F2
F3
F4
personenbez. Determinanten Alter Geschlecht3 derzeitige Tätigkeit4 selbstständig angestellt Beamter berentet sonstige Tätigkeit Einkommen bisherige Erfahrungen bisherige Transaktionen?5 Anzahl Transaktionen Internetnutzung6
.429** -.632** .517**
-.318**
.209* .375* -.442**
-.578*
.444** .656*** .886**
-.307*
situative Determinanten Komplexitätsgrad7 Preis räumliche Erreichbarkeit8 Kaufmotiv11 jährliche Urlaubsplanung Gerät alt/defekt Geschenk Interesse am Urlaubsland spontaner Urlaubswunsch Reiseveranstalter12 Premiumveranstalter Clubreisen Last-Minuter sonstige Veranstalter Reisedauer13 korr. R2
-.693** .787***
-.425*
-.618** .375T
.141T .827*** .864***
.436**
-.295T
.733***
.586*
.157T
-.670* .749***
.661**
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; standardisierte Koeffizienten bzw. korrigierte R2;2 F1: Anzahl persönliche Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen, F2: Anzahl Internetkontakte, F3: Anzahl Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung, F4: Anzahl sonstige Anbieter-Werbung; 3 Dummy-Variable: 0 = weiblich, 1 = männlich; 4 Dummy-Variable: 0 = Tätigkeit nicht ausgeübt, 1 = Tätigkeit ausgeübt; 5 DummyVariable: 0 = keine bisherigen Erfahrungen, 1 = min. eine Buchung durchgeführt, 6 durchschnittl. Internetnutzung: 1 = weniger als einmal in der Woche bis 5 = mehrmals täglich; 7 1 = niedriger bis 3 = hoher Komplexitätsgrad; 8 Entfernung (in km) von der Wohnung zum nächstgelegenen Laden des Anbieters; 11 Dummy-Variable: 0 = Kaufmotiv lag nicht vor, 1 = Kaufmotiv lag vor; 12 Dummy-Variable: 0 = nicht beim Veranstalter gebucht, 1 = beim Veranstalter gebucht; 13 Reisedauer in Tagen.
Hinsichtlich der personenbezogenen Determinanten zeigen die Ergebnisse vereinzelte Effekte des Alters und des Geschlechts der Probanden auf die Länge der Kundenkontaktsequenz sowie auf die Kontaktfaktoren. Besonders hoch sind hierbei die positiven Effekte des Alters auf
198
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
die Länge der Kundenkontaktsequenz im gesamten Kaufprozess sowie in der Vorbuchungsphase (VB). Demnach realisieren ältere Kunden im gesamten Kaufprozess und insbesondere in der Vorbuchungsphase mehr Kundenkontakte als jüngere. Dieser Befund lässt auf ein ausgeprägtes Informationsverhalten älterer Kunden im Kaufprozess in der Tourismusbranche schließen, wobei sie besonders Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter, dem Reisekatalog und den Reiseunterlagen (F1) realisieren. Diese Befunde können die Annahmen in H5a zumindest teilweise stützen und bestätigen überdies die Befunde von Inman et al. (2004 S. 53f.), die einen ähnlichen Einfluss des Alters auf die Kundenkontakte zeigen konnten. Die signifikanten Effekte des Geschlechts zeigen, dass Frauen in der Vorreisephase (VR) mehr Kundenkontakte und insgesamt häufiger Kontakte mit den auf den vierten Kontaktfaktor hoch ladenden Kontaktpunkten im Kaufprozess realisieren (F4: Anzahl sonstige Anbieter-Werbung) als Männer. Diese Befunde können den in H6a postulierten grundsätzlichen Einfluss des Geschlechts auf die Realisation von Kundenkontakten vereinzelt belegen. Weiterhin sind Einflüsse der derzeitigen Tätigkeit der Kunden auf die Kontaktfaktoren festzuhalten, die H7a für die Tourismusbranche teilweise bestätigen können. Der stärkste Effekt geht von der Tätigkeit selbstständig auf den Kontaktfaktor F1: persönliche Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen aus. Vergleichsweise große negative Wirkungen zeigen sich für berentete Kunden auf F2: Anzahl Internetkontakte und F4: Anzahl sonstige Anbieter-Werbung. Diese Kunden realisieren weniger Internetkontakte und auch weniger Kontakte mit der sonstigen Anbieter-Werbung im Kaufprozess als Probanden, die einer anderen Tätigkeit nachgehen. Hierbei ist durchaus ein moderierender Einfluss des Alters auf diese Effekte anzunehmen, der aber nicht weiter geprüft wurde. Weiterhin zeigen die Befunde einen positiven Einfluss des Einkommens auf die Länge der Kundenkontaktsequenz in der Nachreisephase sowie positive Effekte bisheriger Transaktionen mit dem Anbieter (0 = nein, 1 = ja) auf die Kundenkontakte während der Buchung (B), vor der Reise (R) und in der Nachreisephase (NR). Überdies ist ein positiver Effekt der Anzahl bisheriger Transaktionen mit dem Anbieter auf F1: Anzahl persönliche Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen sowie ein negativer Effekt auf F4: Anzahl sonstige Anbieter-Werbung festzuhalten. Diese Befunde können die Hypothesen H8a und H10a partiell bestätigen. Lediglich für die durchschnittliche Internetnutzung (H9a) ist kein signifikanter Effekt auf die abhängigen Variablen festzuhalten. Bei den situativen Determinanten zeigen die Buchungsmotive Interesse am Urlaubsland sowie spontaner Urlaubswunsch starke Effekte auf die Realisation von Kundenkontakten des ersten und zweiten Kontaktfaktors. Hierbei ist festzuhalten: das Interesse am Urlaubsland bewirkt die Realisation persönlicher Kontakte sowie die Nutzung des Katalogs und der Reiseunterlagen (F1) im Kaufprozess positiv. Ein spontaner Urlaubswunsch hat einen positiven Effekt auf die Realisation von Internetkontakten (F2) im Kaufprozess. Demnach führt das Interesse am Urlaubsland zu einer höheren Anzahl von Kontakten mit den Kontaktpunkten des ersten Kontaktfaktors, während ein spontaner Urlaubswunsch die Realisation von Anbieter-Kontakten im Internet positiv bewirkt. Diese und die weiteren signifikanten Effekte der
4.4 Ergebnisse
199
unterschiedlichen Buchungsmotive stützen die Erwartungen in H13a partiell und konnten auch so erwartet werden. Dies gilt insbesondere für den letztgenannten Zusammenhang, aufgrund der besonderen Eignung der Kontakte mit dem Anbieter über das Internet für den schnellen und problemlosen Erhalt unterschiedlicher Informationen und den Vergleich unterschiedlicher Reisen. Für den Komplexitätsgrad der gebuchten Reise (H11a und H11b) ist lediglich ein in seiner Tendenz signifikanter (p < .1) positiver Einfluss auf die Länge der Kontaktsequenz in der Vorreisephase festzuhalten. Ein vergleichsweise starker negativer Effekt geht vom Preis auf den Kontaktfaktor F3: Anzahl Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung aus: Ein hoher Preis der erworbenen Reise bewirkt die Häufigkeit von Kontakten mit der Anbieter-Werbung in Zeitungen und Zeitschriften im Kaufprozess negativ. Der in H12a erwartete positive Effekt dieses Prädiktors auf den ersten Faktor der Kundenkontakte kann nicht bestätigt werden. Somit stützen diese Befunde die in H12b postulierten Effekte des Preises auf die Anzahl der Kundenkontakte lediglich partiell. Für die räumliche Erreichbarkeit sind ein positiver Effekt auf F1: Anzahl persönliche Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen sowie negative Effekte auf F2: Anzahl Internetkontakte und F4: Anzahl sonstige Anbieter-Werbung festzuhalten, die den in H14a angenommenen grundsätzlichen Einfluss der Erreichbarkeit des Anbieters auf die Realisation von Kundenkontakten teilweise bestätigen können. Wie anhand der Befunde von Johnson et al. (2006) angenommen werden konnte, deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass mit steigender Entfernung zu einer stationären Niederlassung des Anbieters häufiger Kontakte in einer stationären Verkaufsniederlassung – im Reisebüro – und weniger Kontakte im Internet zu erwarten sind. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit der grundsätzlich hohen Komplexität der angebotenen Leistungen in der Tourismusbranche (vgl. hierzu Abschnitt 3.3.2). Bezüglich der Privatkommunikation zeigen die Ergebnisse keine signifikanten Einflüsse auf die betrachteten Kriterien, die die Annahmen in H15, H16 und H17 stützen. In Abhängigkeit von der Reisedauer zeigt sich sowohl ein positiver Effekt auf die Länge der Kundenkontaktsequenz in der Reisephase (R) als auch ein stärkerer negativer Effekt auf den Kontaktfaktor F3: Anzahl Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung. Wird die Reise bei einem LastMinute-Anbieter oder einem sonstigen Veranstalter gebucht, beeinflusst dies die Länge der Kundenkontaktsequenz in der Vorbuchungshase (VK) bzw. in der Reisephase (R) positiv. Aufgrund der anzunehmenden kurzen Vorbuchungsphase bei der Buchung von Last-MinuteReisen überrascht der positive Zusammenhang für die Last-Minute-Anbieter. Da in den sonstigen Anbietern vor allem Veranstalter von Aktiv- oder Studienreisen beinhaltet sind, konnte dieses Ergebnis, aufgrund der intensiven Betreuung der Kunden während derartiger Reisen, erwartet werden. Neben der Analyse des Einflusses der personenbezogenen und situativen Determinanten auf diese aggregierten Größen der Kundenkontakte wurden mit Hilfe weiterer Regressionsanalysen die Effekte der betrachteten Ursachen auf die Abfolge der Kundenkontakte in der Kun-
200
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
denkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses untersucht. Hierfür wurden die Substringhäufigkeiten als abhängige Variable in schrittweisen Regressionsanalysen herangezogen. Ähnlich wie im Elektronikfachhandel sind nur wenige signifikante Effekte auf die Substrings festzuhalten. Hierbei zeigt sich ein signifikanter Einfluss der räumlichen Erreichbarkeit des Anbieters auf den Substring Katalog → Reisbüromitarbeiter (β = .529, p < .01, korr. R2 = .623). Demnach ist davon auszugehen, dass, je weiter ein Kunde von einem stationären Reisebüro des Anbieters entfernt wohnt, er diese Kontaktpunkte im Kaufprozess in dieser Abfolge desto häufiger kombiniert. In diesem Zusammenhang war der positive Effekt der räumlichen Erreichbarkeit auf den Substring Reisebüromitarbeiter → Katalog zu erwarten. Die Realisation dieser Kombination von aufeinanderfolgenden Kundenkontakten wird zusätzlich noch von der durchschnittlichen Internetnutzung negativ beeinflusst (räumliche Erreichbarkeit: β = .496, p < .05; durchschnittliche Internetnutzung: β = -.540, p < .01, korr. R2 = .505). Diese Befunde lassen darüber hinaus auch auf die komplementäre und vor allem gleichzeitige Realisation dieser Kontakte bei einem Besuch im Reisebüro schließen. Weiterhin beeinflusst die Anzahl bisheriger Buchungen bei einem Veranstalter den Substring Reisebüromitarbeiter → Reisbüromitarbeiter positiv (β = .495, p < .05, korr. R2 = .194) Darüber hinaus sind ein positiver Effekt des Preises und ein negativer Effekt der Reisedauer auf den Substring AnbieterHomepage → sonstige Internetseiten festzuhalten (Preis: β = .784, p < .001; Reisedauer: β = .393, p < .01, korr. R2 = .433). Einfluss personenbezogener und situativer Determinanten auf die Kontaktfunktionen Der Einfluss der Determinanten auf die Funktionen der Kundenkontakte im Kaufprozess in der Tourismusbranche wurde anhand derselben personenbezogenen und situativen Prädiktoren in den Regressionsanalysen untersucht wie bei den vorhergehenden Analysen. Als abhängige Variablen werden die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen, bezogen auf den gesamten Kaufprozess sowie innerhalb einzelner Prozessphasen, und die in der Tourismusbranche extrahierten Funktionsfaktoren betrachtet (vgl. Tabelle 35). Tabelle 41 fasst die Ergebnisse der verschiedenen Regressionen zusammen (1.322 ≤ DurbinWatson-Statistik ≤ 2.029, T ≥ .215, VIF ≤ 4.650). Die korrigierten Bestimmtheitsmaße (korr. R2) lassen insgesamt auf akzeptable Modellschätzungen schließen und zeigen große Effekte zwischen den betrachteten Prädiktoren und den unterschiedlichen Kriterien. Die stärksten Zusammenhänge sind hierbei für die Anzahl unterschiedlicher Funktionen in der Nachreisephase (NR) festzuhalten. Der geringste Zusammenhang zeigt sich für die Regression mit dem Funktionsfaktor F3: Anzahl Hilfestellungen und Beratungen, Beschwerden als abhängiger Variable. Insgesamt zeigen die Ergebnisse nur wenige signifikante Effekte der personenbezogenen Determinanten auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in der Kundenkontaktsequenz sowie auf die extrahierten Faktoren der Kontaktfunktionen im Kaufprozess. Der größte Effekt geht vom Alter auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen aus, bezogen auf den gesamten Kaufprozess. Dieser positive Einfluss bestätigt die Annahmen in Hypothese H5c. Demnach geht mit steigendem Alter eine differenziertere Nutzung
4.4 Ergebnisse
201
der Kundenkontaktpunkte im Kaufprozess einher. Ein deutlich geringerer, aber immer noch großer positiver Einfluss geht vom Einkommen der Kunden auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Zeitraum vor der Buchung (VB) aus. Kunden mit höherem Einkommen nutzen die Kundenkontakte für mehr unterschiedliche Funktionen in der Vorbuchungsphase. Dieser Befund kann H8c partiell stützen. Tabelle 41: Einfluss der Determinanten auf die Kontaktfunktionen in der Tourismusbranche Kriterium Prädiktoren
Anzahl unterschiedlicher Funktionen in der Kundenkontaktsequenz Gesamt
VB1
B
VR
R
Funktionsfaktoren F12
NR
F2
F3
persbez. Determinanten Alter
.259T
.960***
Geschlecht3 derzeitige Tätigkeit4 selbstständig angestellt
.386**
in Ausbildung Student/Schüler berentet
.417*
sonstige Tätigkeit Einkommen
.567**
.317*
.581**
.444**
bisherige Erfahrungen bisherige Transaktionen?5
.793***
.763***
-.394*
Anzahl Transaktionen Internetnutzung6
.886**
situative Determinanten Komplexitätsgrad7 Preis
.229T
.143* .104*
.617**
räumliche Erreichbarkeit8
.219T
.279*
Privatkommunikation Anzahl Gespräche
-.178T
Kaufmotiv11 jährliche Urlaubsplanung Geschenk Reiseveranstalter12 Last-Minute Veranstalter
.292T .274T T
.287
.229T
.355*
.220*
.511***
sonstige Veranstalter Reisedauer13 korr. R2
.416T
.439* .809***
.313* .909***
.722***
.606***
.875***
.796***
.913***
.846***
.442**
.343***
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; standardisierte Regressionskoeffizienten bzw. korrigiertes R2; 1 VB = Vorbuchung, B = Buchung, VR = Vorreise, R = Reise, NR = Nachreise; 2 F1: Anzahl allgemeine Informationen, Preisvergleiche und Buchung, F2: Anzahl gezielte Informationen und sonstige Funktionen, F3: Anzahl Hilfestellung und Beratung, Beschwerde; 3 Dummy-Variable: 0 = weiblich, 1 = männlich; 4 Dummy-Variable: 0 = Tätigkeit wird nicht ausgeübt, 1 = Tätigkeit wird ausgeübt; 5 Dummy-Variable: 0 = keine bisherigen Erfahrungen mit dem Veranstalter, 1 = mindestens eine Buchung beim Veranstalter durchgeführt, 6 durchschnittliche Internetnutzung: 1 = weniger als einmal in der Woche bis 5 = mehrmals täglich; 7 1 = niedriger bis 3 = hoher Komplexitätsgrad; 8 Entfernung (in km) von der Wohnung bis zum nächstgelegenen Laden des Anbieters; 9 Dummy-Variable: 0 = keine Gespräche, 1 = Gespräche geführt; 10 1 = gar kein Einfluss bis 6 = sehr großer Einfluss; 11 DummyVariable: 0 = Kaufmotiv lag nicht vor, 1 = Kaufmotiv lag vor; 12 Dummy-Variable: 0 = nicht bei Veranstalter gebucht, 1 = bei Veranstalter gebucht; 13 Reisedauer in Tagen.
202
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Bei der Überprüfung von H7c sind vereinzelte positive Effekte der derzeitigen Tätigkeit selbstständig auf die Funktionsfaktoren F1: Anzahl allgemeine Informationen, Preisvergleich und Buchung sowie auf F2: Anzahl gezielte Informationen und sonstige Funktionen der Kundenkontakte festzustellen. Der negative Effekt der bisherigen Erfahrungen mit dem Reiseveranstalter auf den ersten Funktionsfaktor konnte so erwartet werden: hat ein Kunde bereits eine Buchung bei einem Veranstalter durchgeführt, so reduziert sich hierdurch die Beschaffung allgemeiner Informationen und die Preisvergleiche bei einer erneuten Buchung im Kaufprozess. Dieser Befund stützt den in H10c postulierten Effekt. Anders als angenommen, zeigen die Befunde in Tabelle 40 keine signifikanten Effekte des Geschlechts und der durchschnittlichen Internetnutzung auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Kaufprozess sowie auf die extrahierten Funktionsfaktoren. Die Hypothesen H6c und H9c sind somit für die Studie in der Tourismusbranche abzulehnen. Der positive Effekt der Buchung bei einem Last-Minute-Anbieter auf den Faktor F1: allgemeine Informationen, Preisvergleiche und Buchung konnte aufgrund der anzunehmenden kurzen Vorbuchungsphase so erwartet werden. Dieser Befund zeigt, dass diese Funktionen bei der Buchung derartiger Reisen eine besondere Stellung im Kaufprozess für die Kunden einnehmen. Ebenso sind positive Effekte der Buchung bei einem Last-Minute-Anbieter auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in der Vorbuchungs- (VB), Buchungs- (B) und der Vorreisephase (VR) festzustellen. Überdies zeigen die Ergebnisse, dass die Buchung bei sonstigen Veranstaltern (von Aktivurlauben, Studienreisen etc.) nicht nur mit einer erhöhten Anzahl an Kundenkontakten (vgl. Tabelle 39), sondern auch mit einem positiven Effekt auf die Anzahl der Kontaktfunktionen in der Reisephase (R) einhergeht. Für die Reisedauer belegen die Befunde keinen signifikanten Beitrag zur Erklärung der betrachteten abhängigen Variablen. Weiterhin ist ein vergleichsweise hoher Einfluss des Preises auf F3: Anzahl Hilfestellungen und Beratungen, Beschwerden festzustellen. Wie erwartet geht ein höherer Preis der interessierenden Reise mit mehr Hilfestellungen und Beratungen sowie mehr Beschwerdefunktionen im Kaufprozess einher. Der in H12c postulierte Effekt auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Kaufprozess kann anhand dieser Ergebnisse nicht bestätigt werden. Allerdings zeigt sich der in H11c angenommene Effekt des Komplexitätsgrads der Reise auf die differenzierte Nutzung der Kundenkontakte im gesamten Kaufprozess. Ein steigender Komplexitätsgrad bewirkt die differenzierte Nutzung der Kontaktpunkte im Kaufprozess positiv. Wird die erworbene Reise als Geschenk gebucht, hat dies eine positive Wirkung auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in der Buchungsphase (B) sowie während und nach der Reise (R, VR). Dieses Kaufmotiv bewirkt insbesondere die Anzahl gezielter Informationen und sonstiger Funktionen (F2) im Kaufprozess positiv. Der in H13c formulierte grundsätzliche Einfluss des Kaufmotivs auf die Funktionen der Kundenkontakte kann somit partiell bestätigt werden. Der tendenziell negative Einfluss (p < .1) der Anzahl der Gespräche im privaten Umfeld auf den Funktionsfaktor F1: Anzahl allgemeine Information, Preisvergleich und Buchung, konnte so erwartet werden. Hierbei ist insbesonde-
4.4 Ergebnisse
203
re ein Einfluss auf die Funktionen allgemeine Information und Preisvergleiche anzunehmen. Allerdings kann anhand dieses Befunds der in H16c angenommene Effekt auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Kaufprozess nicht bestätigt werden. Gleiches gilt für H17c: für den Einfluss der Gespräche im privaten Umfeld auf die Kaufentscheidung wurden keine signifikanten Effekte auf die abhängigen Variablen errechnet. Die räumliche Erreichbarkeit des Anbieters hat einen signifikant positiven Effekt auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Zeitraum vor der Reise (VR): je weiter ein Kunde von einem stationären Reisebüro des Anbieters entfernt wohnt, desto mehr unterschiedliche Funktionen erfüllen die Kundenkontakte in der Vorreisephase. Dieser Befund kann den in H14c angenommenen grundsätzlichen Einfluss der räumlichen Erreichbarkeit auf die Kontaktfunktionen im Kaufprozess nur zum Teil bestätigen. Einfluss personenbezogener und situativer Determinanten auf die Bedeutung der Kundenkontakte Die signifikanten standardisierten Koeffizienten der Regressionen für die Analyse der Effekte der personenbezogenen und situativen Determinanten auf die Bedeutung der Kundenkontakte in der Tourismusbranche sind in Tabelle 42 und Tabelle 43 zusammengefasst (T ≥ .215, VIF ≤ 4.650; 1.352 ≤ Durbin-Watson-Statistik ≤ 2.029). Als abhängige Variable wurden die durchschnittliche Bedeutung aller realisierten Kundenkontakte im gesamten Kaufprozess und die durchschnittliche Bedeutung der realisierten Kundenkontakte innerhalb der einzelnen Prozessphasen betrachtet. Weiterhin diente die mittlere Bedeutung der extrahierten Kontaktfaktoren als abhängige Variable. Die korrigierten Bestimmtheitsmaße (korr. R2) lassen insgesamt auf aussagekräftige Modellschätzungen schließen. Insgesamt sind große Effekte der ausgewählten Determinanten festzuhalten. Besonders gut kann die durchschnittliche Bedeutung der Kundenkontakte im gesamten Kaufprozess sowie die Bedeutung der auf F1: Bedeutung persönliche Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen durch die personenbezogenen und situativen Determinanten erklärt werden. Lediglich für die durchschnittliche Bedeutung des Kontaktfaktors F5: Bedeutung sonstige Kontakte wurde kein signifikantes Regressionsmodell und keine signifikanten Regressionskoeffizienten errechnet. Daher werden diese nicht in Tabelle 423 angeführt. Demnach kann ein Einfluss personenbezogener und situativer Determinanten auf die Bedeutung der sonstigen Kontakte für die Studie in der Tourismusbranche nicht bestätigt werden. Bezüglich der personenbezogenen Determinanten sind insbesondere für das Alter der Probanden durchweg positive Effekte auf die Bedeutung der Kundenkontakte im gesamten Kaufprozess und in den einzelnen Prozessphasen festzustellen: demnach wird mit steigendem Alter den Kundenkontakten im Kaufprozess eine höhere Bedeutung beigemessen. Diese Befunde bestätigen den in H5c postulierten grundsätzlichen Einfluss auf die Beurteilung der Kundenkontakte im Kaufprozess. Hierbei deuten die Befunde für den Einfluss des Alters auf die Bedeutung der Funktionsfaktoren darauf hin, dass diese positiven Effekte mit einer erhöhten Bedeutung der persönlichen Kontakte, des Katalogs und der Reiseunterlagen
204
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
(F1) im Kaufprozess einhergehen. Überdies ist ein positiver Effekt des Alters auf die Bedeutung von F2: Bedeutung Internetkontakte festzuhalten. Da mit steigendem Alter häufig auch eine geringe Internetaffinität zu erwarten ist (vgl. Burke 2002 S. 423-424, Inman et al. 2004), war für den letztgenannten Zusammenhang eine gegenläufige Richtung anzunehmen. Tabelle 42: Einfluss der Determinanten auf die Kontaktbedeutung in der Kundenkontaktsequenz in der Tourismusbranche Kriterium Prädiktoren
Bedeutung der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz Gesamt
VB1
B
VR
R
NR
.192** .039*
.364***
.475***
.622***
.438***
.481***
.233***
.397**
.251***
.361*** .103***
.277***
Personenbezogene Determinanten Alter Geschlecht3 derzeitige Tätigkeit4 in Ausbildung Student/Schüler berentet sonstige Tätigkeit Einkommen bisherige Erfahrungen bisherige Transaktionen?5 Anzahl Transaktionen Internetnutzung6
.205***
-.044*
-.082*
situative Determinanten Komplexitätsgrad7 Preis räumliche Erreichbarkeit8 Kaufmotiv11 jährliche Urlaubsplanung Empfehlung Interesse am Urlaubsland spontaner Urlaubswunsch korr. R2
.040T .123**
.122** -.026* .114* .832***
.780***
.788***
.757***
.766***
.805***
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; standardisierte Regressionskoeffizienten bzw. korrigiertes R2; 1 VB = Vorbuchung, B = Buchung, VR = Vorreise, R = Reise, NR = Nachreise; 3 Dummy-Variable: 0 = weiblich, 1 = männlich; 4 Dummy-Variable: 0 = Tätigkeit wird nicht ausgeübt, 1 = Tätigkeit wird ausgeübt; 5 Dummy-Variable: 0 = keine bisherigen Erfahrungen mit dem Veranstalter, 1 = mindestens eine Buchung beim Veranstalter durchgeführt, 6 durchschnittliche Internetnutzung: 1 = weniger als einmal in der Woche bis 5 = mehrmals täglich; 7 1 = niedriger bis 3 = hoher Komplexitätsgrad; 8 Entfernung (in km) von der Wohnung bis zum nächstgelegenen Laden des Anbieters; 11 Dummy-Variable: 0 = Kaufmotiv lag nicht vor, 1 = Kaufmotiv lag vor.
Weiterhin zeigt sich ein großer Effekt des Geschlechts auf die Bedeutung der Kundenkontakte mit der Anbieter-Werbung in Zeitungen und Zeitschriften (F3). Männer messen diesen Werbekontakten im Kaufprozess eine höhere Bedeutung als Frauen bei. Anhand der Ergebnisse von Steinmann und Silberer (2009b S. 15-17) war hierbei eigentlich zu erwarten, dass derartige Kontakte für Frauen eine höhere Bedeutung haben. Überdies deuten die Befunde darauf hin, dass Männer die Kontakte in F1: Bedeutung persönliche Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen (tendenziell) und die Kontakte in der gesamten Kundenkontaktsequenz wichtiger als Frauen beurteilen. Auch dieser Befund konnte so nicht erwartet werden. In Anlehnung an
4.4 Ergebnisse
205
Burke (2002 S. 423-424) und Fox et al. (2004) war ebenfalls anzunehmen, dass diese Kontaktpunkte für Frauen eine höhere Bedeutung im Kaufprozess haben. Diese Befunde stützen den in H6c angenommenen Einfluss des Geschlechts auf die Bedeutung der Kundenkontakte partiell. Tabelle 43: Einfluss der Determinanten auf die Bedeutung der Kontaktfaktoren in der Tourismusbranche Kriterium Prädiktoren
Bedeutung der Kontaktfaktoren F12
F2
.430*** .038T
.600***
-.058* .264***
-.256*** .125**
.178***
.058T
F3
F4
Personenbezogene Determinanten Alter Geschlecht3 derzeitige Tätigkeit4 in Ausbildung Student/Schüler berentet sonstige Tätigkeit
.861*
.442***
situative Determinanten Komplexitätsgrad7 Preis räumliche Erreichbarkeit8 Privatkommunikation Anzahl Gespräche Kaufmotiv11 jährliche Urlaubsplanung Empfehlung Interesse am Urlaubsland spontaner Urlaubswunsch Reiseveranstalter12 sonstige Veranstalter korr. R2
-.207* .197T
-.099T .068T
-.232* .468*** .030T .102T
.055** .106** .053* .866***
.812***
.752***
.759***
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; standardisierte Regressionskoeffizienten bzw. korrigiertes R2; 2 F1: Bedeutung persönliche Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen, F2: Bedeutung Internetkontakte, F3: Bedeutung Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung, F4: Bedeutung sonstige Anbieter-Werbung; 3 Dummy-Variable: 0 = weiblich, 1 = männlich; 4 Dummy-Variable: 0 = Tätigkeit wird nicht ausgeübt, 1 = Tätigkeit wird ausgeübt; 7 1 = niedriger bis 3 = hoher Komplexitätsgrad; 8 Entfernung (in km) von der Wohnung bis zum nächstgelegenen Laden des Anbieters; 9 Dummy-Variable: 0 = keine Gespräche, 1 = Gespräche geführt; 10 1 = gar kein Einfluss bis 6 = sehr großer Einfluss; 11 DummyVariable: 0 = Kaufmotiv lag nicht vor, 1 = Kaufmotiv lag vor; 12 Dummy-Variable: 0 = nicht bei Veranstalter gebucht, 1 = bei Veranstalter gebucht.
Weiterhin zeigen die Ergebnisse unterschiedliche Effekte der derzeitigen Tätigkeiten Student/Schüler und berentete Probanden auf die Bedeutung der Kundenkontakte. Diese Ergebnisse stützen Hypothese H7c partiell. Die schwachen negativen Effekte der Anzahl bisheriger Buchungen leisten nur einen geringen Beitrag zur Erklärung der durchschnittlichen Bedeutung der Kundenkontakte entlang der gesamten Kundenkontaktsequenz sowie im Zeitraum nach der Reise, können aber den in H10c vermuteten grundsätzlichen Einfluss dieser personenbezogenen Ursache zumindest teilweise bestätigen. Anders als in H9c erwartet, wurde in
206
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
den Regressionen kein signifikanter Effekt der durchschnittlichen Internetnutzung auf die Kontaktbedeutung errechnet. Für die situativen Determinanten zeigen die Ergebnisse vielfältige positive und negative Effekte auf die Bedeutung der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz in der Tourismusbranche, haben allerdings einen geringeren Einfluss auf die betrachteten Kriterien und tragen weniger zur Varianzaufklärung bei. Den stärksten Effekt der situativen Determinanten übt hierbei das Buchungsmotiv jährliche Urlaubsplanung auf den Faktor F1: Bedeutung persönliche Kundenkontakte, Katalog und Reiseunterlagen aus. Insgesamt lassen sich für die betrachteten Kaufmotive nur geringe, allerdings durchweg positive Wirkungen auf die Bedeutung der Kundenkontakte festhalten, die die Annahme in Hypothese H13c teilweise bestätigen können. Lediglich für das Motiv Geschenk ist kein signifikanter Effekt auf eins der betrachteten Kriterien festzustellen. Der negative Effekt des Komplexitätsgrads der Reise auf die Bedeutung der Kundenkontakte mit Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung (F3) war aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten dieser Kontaktpunkte zur Erfüllung der vielfältigen Kundenbedürfnisse im Kaufprozess so zu erwarten. Allerdings kann der in H11d postulierte positive Einfluss des Komplexitätsgrads auf die Bedeutung der persönlichen Kontakte anhand dieser Befunde nicht bestätigt werden. Gleiches gilt auch für den angenommenen positiven Effekt des Preises auf die Bedeutung der persönlichen Kundenkontakte in der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz (H12c). Allerdings bewirkt der Preis der gebuchten Reise die Bedeutung der Kundenkontakte in den Zeiträumen vor (VR) und nach der Reise (NR) positiv. Eine hohe Anzahl an Gesprächen im privaten Umfeld, im Zusammenhang mit der Buchung, führt zu einer Reduzierung Faktors F3: Bedeutung Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung im Kaufprozess. Anhand dieses Ergebnisses kann H17d zumindest teilweise bestätigt werden. Der in H18d postulierte Effekt des Einflusses dieser Gespräche auf die Bedeutung der Kundenkontakte ist jedoch anhand dieser Befunde abzulehnen. Weiterhin zeigen die Ergebnisse positive Effekte der Art des Reiseveranstalters auf die Bedeutung des Faktors F1: Bedeutung persönliche Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen. Demnach wird bei einer Buchung bei einem Premiumveranstalter und bei sonstigen Veranstaltern den Internetkontakten (F2) von den Befragten eine höhere Bedeutung im Kaufprozess beigemessen. 4.4.4.3 Vergleich und Diskussion der Befunde der Ursachenanalysen in beiden Branchen In den vorherigen Abschnitten wurde der Einfluss personenbezogener und situativer Determinanten auf die Realisation von Kundenkontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung im Kaufprozess im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche untersucht. Als abhängige Variablen wurden die Länge der Kundenkontaktsequenz, die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen sowie die durchschnittliche Bedeutung der Kundenkontakte phasenübergreifend und phasenbezogen betrachtet. Weiterhin wurde in beiden Branchen der Einfluss der Determinanten auf die, mittels explorativer Faktorenanalyse extrahierten, Kontaktfaktoren
4.4 Ergebnisse
207
und Funktionsfaktoren sowie auf die durchschnittliche Bedeutung der auf einen Faktor hoch ladenden Kontaktpunkte im Kaufprozess untersucht. Unter Berücksichtigung der korrigierten Bestimmtheitsmaße zeigen sich in beiden Branchen insgesamt starke Effekte der ausgewählten Determinanten auf die Länge der Kundenkontaktsequenzen sowie auf die Faktoren der Kundenkontakte (EH: .319 ≥ korr. R2 ≥ .969, TB: .586 ≥ korr. R2 ≥ .951). Allerdings können in der Tourismusbranche die extrahierten Kontaktfaktoren besser durch die Prädiktoren erklärt werden. Ebenso sind in der Tourismusbranche zur Erklärung der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Kaufprozess und bei den extrahierten Funktionsfaktoren insgesamt starke Effekte festzuhalten (.343 ≥ korr. R2 ≥ .909). Hingegen zeigen sich für diese abhängigen Variablen im Elektronikfachhandel zum Teil geringe und statistisch nicht-signifikante Effekte der personenbezogenen und situativen Ursachen (.003 ≥ korr. R2 ≥ .919). Gleiches gilt für die durchschnittliche Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess. Hier lassen sich ebenfalls für die Tourismusbranche größere Effekte gegenüber dem Elektronikfachhandel feststellen (EH: .069 ≥ korr. R2 ≥ .918, TB: .752 ≥ korr. R2 ≥ .866). Aber nicht nur hinsichtlich des Gesamtmodells, sondern auch bezüglich der Stärke und Richtung der Prädiktoren zeigen sich zum Teil Unterschiede zwischen den beiden Branchen. So zeigen die signifikanten standardisierten Regressionskoeffizienten, dass im Elektronikfachhandel vor allem ein negativer Einfluss vom Alter der Kunden auf die Kundenkontakte, den Funktionsfaktor F2: Anzahl gezielte Informationen, Hilfestellungen und Beratungen, Kauf, auf die Bedeutung der Kontaktfaktoren F3: Anzahl Anbieter-Werbung und F4: Anzahl sonstige Kontakte ausgeht, während in der Tourismusbranche überwiegend positive signifikante Effekte festzuhalten sind. Der größte Effekt im Elektronikfachhandel geht vom Alter auf den Kontaktfaktor F2: Anzahl gezielte Informationen, Hilfestellungen und Beratungen, Kauf vor (33.5% erklärte Varianz) aus. Die weiteren signifikanten Koeffizienten weisen im Elektronikfachhandel hingegen nur auf geringe und mittlere Effekte des Alters auf die Anzahl der Kundenkontakte (erklärte Varianz ≤ 6.1%) sowie auf die Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess hin (erklärte Varianz ≤ 11.5%). Insgesamt sind in der Tourismusbranche mehr signifikante und deutlich stärkere Effekte des Alters festzustellen. Insbesondere werden mit steigendem Alter mehr unterschiedliche Funktionen im Kaufprozess genutzt (92.2% erklärte Varianz) und ebenso mehr Kundenkontakte im Kaufprozess realisiert, was sich vor allem in der Länge der Kundenkontaktsequenz in der Vorbuchungsphase und in dem positiven Effekt auf den ersten Kontaktfaktor F1: Anzahl persönliche Kundenkontakte, Katalog und Reiseunterlagen im Kaufprozess niederschlägt. Weiterhin sind in der Tourismusbranche mittlere und große positive Effekte auf die phasenübergreifende sowie phasenbezogene Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess (3.7% ≤ erklärte Varianz ≤ 38.7%) und ebenso für die Bedeutung des Kontaktfaktors F1: Bedeutung persönliche Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen festzuhalten. Im Elektronikfachhandel zeigen die Befunde der Regressionsanalysen keine signifikanten Effekte des Geschlechts auf die Realisation von Kundenkontakten und auf die Kontaktfunk-
208
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
tionen im Kaufprozess. Bezogen auf die Bedeutung der Kundenkontakte sind nur wenige signifikante Effekte des Geschlechts festzuhalten, die ebenfalls äußerst gering sind (0.2% ≤ erklärte Varianz ≤ 0.8%). Demgegenüber sind für die Tourismusbranche signifikante Effekte des Geschlechts auf die Anzahl und die Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess festzuhalten, die auch mit deutlich größeren Effektstärken des Geschlechts einhergehen. Beispielsweise können 74.1% der Varianz der Bedeutung des Kontaktfaktors F3: Bedeutung Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung durch das Geschlecht der Probanden erklärt werden. Derartige Kontakte im Kaufprozess sind in der Tourismusbranche für Frauen von höherer Bedeutung als für Männer. Die derzeitige Tätigkeit der Kunden beeinflusst in beiden Branchen die Realisation von Kundenkontakten, ihre Funktionen und ihre Bedeutung im Kaufprozess. Für den Elektronikfachhandel zeigen sich hierbei vielfältige, durchweg positive signifikante Effekte, vor allem für die Länge der Kundenkontaktsequenz in der Nachkaufphase, für die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Kaufprozess und in der Nachkaufphase sowie für die durchschnittliche Bedeutung der Kundenkontakte entlang der gesamten Kundenkontaktsequenz sowie in der Vorkaufphase. Die Befunde in der Tourismusbranche zeigen hingegen deutlich weniger, sowohl mittlere bis große positive als auch negative signifikante Effekte der derzeitigen Tätigkeit auf die Kundenkontakte, deren Bedeutung und die Kontaktfunktionen im Kaufprozess. Allerdings ist die Interpretation der aufgeführten dargestellten Effekte schwierig. Weiterhin lassen sich hieraus nur schwer Handlungsempfehlungen für die Praxis ableiten. Daher erscheint es sinnvoll, in zukünftigen Studien den Bildungsstand der Studienteilnehmer (z.B. Studium, Abitur, Fachhochschulreife, mittlere Reife, …) anstelle der derzeitigen Tätigkeit als personenbezogene Ursache heranzuziehen. Hieran lassen sich die Einflüsse der kognitiven Kapazitäten einfacher auf das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing ableiten. Für den Elektronikfachhandel zeigen die signifikanten Effekte des Einkommens einen positiven Einfluss auf die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen und auf einzelne Funktionsfaktoren im Kaufprozess. Allerdings kann durch das Einkommen der Probanden nur ein geringer Anteil der Varianz erklärt werden (erklärte Varianz ≤ 2.8%). In der Tourismusbranche zeigen die Ergebnisse zwar deutlich weniger signifikante Koeffizienten für das Einkommen bei diesen abhängigen Variablen, dafür aber eine deutlich höhere Effektstärke dieses Prädiktors (erklärte Varianz ≤ 33.7%). In beiden Branchen wird die Realisation von Kundenkontakten allerdings kaum durch das Einkommen beeinflusst. Während im Elektronikfachhandel hierfür kein signifikanter Effekt festzuhalten ist, nimmt das Einkommen in der Tourismusbranche einen mittleren Einfluss auf die Länge der Kundenkontaktsequenz in der Nachkaufphase. Weiterhin beeinflusst das Einkommen im Elektronikfachhandel die durchschnittliche Bedeutung der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz sowohl positiv als auch negativ. In der Tourismusbranche sind hierfür hingegen ausschließlich geringe Effekte auf die durchschnittliche Bedeutung einzelner Kontaktfaktoren im Kaufprozess festzustellen. Der Einfluss der bisherigen Erfahrungen mit dem Anbieter konnte für die Studie im Elektronikfachhandel nicht untersucht werden. Die Befunde in der Tourismusbranche zeigen hinge-
4.4 Ergebnisse
209
gen vereinzelte signifikante Effekte der hierfür betrachteten Variablen auf die Realisation von Kundenkontakten und die Funktionen der Kundenkontakte, die einen großen Teil der Varianz erklären (erklärte Varianz ≤ 79.7%) und hierdurch die Annahmen von Miller et al. (1998) sowie Ansari et al. (2008) bestätigen können. Demnach kann im Elektronikfachhandel ein Effekt der bisherigen Erfahrungen auf die multidimensionale Kundenkontaktsequenz erwartet werden. Zukünftige Studien im Elektronikfachhandel sollten daher die bisherigen Erfahrungen der Probanden bei der Analyse des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing berücksichtigen. Bezogen auf den Einfluss situativer Determinanten zeigen die signifikanten Regressionskoeffizienten in beiden Branchen überwiegend positive Effekte auf die Realisation von Kundenkontakten, ihre Funktionen und Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz. Hierbei nehmen vor allem die unterschiedlichen Kauf- bzw. Buchungsmotive einen Einfluss auf die Anzahl der Kundenkontakte im Kaufprozess und können zum Teil einen hohen Anteil der Varianz dieser abhängigen Variablen erklären (EH: 1.0% ≤ erklärte Varianz ≤ 86.3%, TB: 3.6% ≤ erklärte Varianz ≤ 74.6%). Im Elektronikfachhandel wirken sich diese insbesondere positiv auf den Kontaktfaktor F2: Anzahl Anbieter-Werbung aus, während in der Tourismusbranche einzelne Buchungsmotive eher die Bedeutung persönlicher Kundenkontakte, des Katalogs und der Reiseunterlagen (Kontaktfaktor F1) beeinflussen. Weiterhin belegen die Befunde im Elektronikfachhandel einen Effekt der Motive auf die Länge der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses sowie in den einzelnen Prozessphasen. In der Tourismusbranche sind vor allem signifikante Effekte auf die Kontaktfaktoren und somit auf die Art der Kundenkontaktpunkte festzuhalten. Bei Betrachtung des Einflusses der Kauf- und Buchungsmotive auf die Kontaktfunktionen zeigen diese in beiden Branchen insgesamt nur wenige Effekte mit einem geringen bis mittleren Erklärungsbeitrag (EH: erklärte Varianz ≤ 11.5%, TB: erklärte Varianz ≤ 19.3%). Die erwarteten positiven Effekte des Komplexitätsgrads auf die einzelnen Dimensionen der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz wurden vor allem für die Studie im Elektronikfachhandel festgestellt. Der Komplexitätsgrad nimmt hier besonders einen Einfluss auf den ersten Kontaktfaktor F1: Anzahl persönliche Kontakte und Ladengeschäft (76.7% erklärte Varianz) und erhöht auch die Bedeutung dieses Kontaktfaktors im Kaufprozess. Die weiteren signifikanten Effekte des Komplexitätsgrads leisten im Elektronikfachhandel nur einen geringen Beitrag zur Varianzaufklärung (erklärte Varianz ≤ 4.5%). Die wenigen Effekte des Komplexitätsgrads der gebuchten Reise in der Tourismusbranche können insgesamt ebenfalls nur einen geringen Varianzanteil erklären. Darüber hinaus offenbaren die Ergebnisse in der Tourismusbranche auch negative Effekte des Komplexitätsgrads, die allerdings so auch erwartet werden konnten: offensichtlich verringert ein hoher Komplexitätsgrad der Reise die Bedeutung der Kontakte mit der Werbung des Reiseveranstalters in Zeitungen und Zeitschriften (F3) sowie die Bedeutung der sonstigen Anbieter-Werbung (F4) im Kaufprozess. Häufig geht eine erhöhte Komplexität mit einem höheren Preis der nachgefragten Leistung einher. Daher verwundet es nicht, dass die Befunde in beiden Branchen ähnlich gerichtete Effekte des
210
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Preises auf die unterschiedlichen Kriterien zeigen, die im Elektronikfachhandel weniger zur Varianzaufklärung als der Komplexitätsgrad beitragen. In der Tourismusbranche hingegen kann durch den Preis vereinzelt mehr Varianz erklärt werden als durch den Komplexitätsgrad. Der Grund hierfür kann u.a. in der vorgenommenen Kategorisierung der Komplexität der gebuchten Reisen liegen (vgl. Tabelle 7 S. 131). Demnach ist davon auszugehen, dass sich die unterschiedlichen Leistungen in der Tourismusbranche hinsichtlich ihrer Komplexität weniger stark als angenommen unterscheiden. Ebenso zeigen die Befunde in beiden Branchen nur wenige signifikante Effekte der Privatkommunikation, die darüber hinaus auch nur einen geringen Beitrag zu Erklärung der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung im Kaufprozess leisten. Allerdings zeigen die signifikanten Ergebnisse sowohl für den Elektronikfachhandel als auch für die Tourismusbranche vereinzelt den erwarteten negativen Effekt auf die betrachteten abhängigen Variablen. Darüber hinaus konnte im Elektronikfachhandel kein signifikanter Effekt der räumlichen Erreichbarkeit des Anbieters auf die abhängigen Variablen errechnet werden, während in der Tourismusbranche einzelne signifikante Einflüsse dieses Prädiktors auf die Realisation von Kundenkontakten und von Kontaktfunktionen festzuhalten sind, die zum Teil einen großen Beitrag zur Varianzaufklärung leisten (erklärte Varianz ≤ 61.9%) Zusätzlich wurde bei der Studie in der Tourismusbranche noch der Einfluss der Art des Reiseveranstalters und der Reisedauer untersucht. Für beide Prädiktoren ergeben sich nur wenig signifikante Effekte auf die Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutung im Kaufprozess, die überwiegend nur einen geringen Anteil der Varianz erklären können. Eine Ausnahme stellt hierbei der starke Einfluss einer Buchung bei einem Last-Minute-Anbieter auf den ersten Faktor der Kontaktfunktionen dar, der 65.4% der Varianz erklärt. Weiterhin konnten in beiden Branchen nur wenige Effekte der Determinanten auf die Abfolge der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz festgestellt werden. Die durchgeführten Regressionen zeigten hierbei im Elektronikfachhandel lediglich einen Einfluss des Preises auf einzelne Substrings, die allerdings einen vergleichsweise hohen Beitrag zur Varianzaufklärung leisten (24.5% ≤ erklärte Varianz ≤ 61.1%). In der Tourismusbranche zeigte sich ebenfalls ein Effekt des Preises auf einzelne Substrings. Weiterhin sind in dieser Branche noch Effekte der bisherigen Erfahrungen, der räumlichen Erreichbarkeit sowie der durchschnittlichen Internetnutzung festzuhalten. Insgesamt leisten diese Variablen in der Tourismusbranche für einzelne Substrings einen guten Beitrag zur Varianzaufklärung (24.6% ≤ erklärte Varianz ≤ 61.5%). Zusammenfassend zeigt der Vergleich der Befunde der Ursachenanalysen zwischen beiden Branchen zum Teil deutliche Unterschiede der Effekte der betrachteten personenbezogenen und situativen Determinanten auf die Dimensionen der multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen, die unterschiedliche Anforderungen und Präferenzen der Kunden an die Kundenkontakte im Kaufprozess offenbaren. Die Marketingpraxis muss sich dieser branchenspezifi-
4.4 Ergebnisse
211
schen Differenzen bewusst sein und diese bei der Konfiguration und Koordination des Multi Channel Marketing für den langfristigen Unternehmenserfolg berücksichtigen. 4.4.5
Effekte der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz
In den Hypothesen wurde ein Einfluss der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung auf die prozess- und leistungsbezogene Kundenzufriedenheit (H18a & b), das wahrgenommene Kaufrisiko (H20), das Vertrauen gegenüber dem Anbieter (H21) sowie auf die Dimensionen der Kundenloyalität (H22) postuliert. Diese Hypothesen werden im Folgenden wiederum mittels Regressionsanalysen überprüft. Als abhängige Variablen werden in den Regressionen für beide Branchen die drei extrahierten Faktoren der Kundenzufriedenheit (EH: F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit, F2: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters vor und während des Kaufs, F3: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters in der Nachkaufphase; TB: F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit, F2: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters bis zum Antritt der Reise, F3: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters während und nach der Reise), das wahrgenommene Risiko, das Vertrauen sowie die Wiederkaufbereitschaft, die Wiederkaufwahrscheinlichkeit und die Weiterempfehlung des Anbieters betrachtet. Als Prädiktoren der Regressionsanalysen dienten in beiden Branchen die extrahierten Faktoren der Kundenkontakte, die ermittelten Faktoren der Kontaktfunktionen und die durchschnittliche Bedeutung der in den Faktoren der Kundenkontakte enthaltenen Kontaktpunkte im Kaufprozess. Weiterhin wurde der Einfluss der Länge der Kundenkontaktsequenzen entlang des gesamten Kaufprozesses und innerhalb einzelner Prozessphasen, die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Kaufprozess und in einzelnen Phasen sowie die durchschnittliche Bedeutung der Kundenkontakte phasenübergreifend und phasenbezogen untersucht. Für die Analyse des Effekts der Sequenz der Kundenkontakte wurde in weiteren Regressionen die Wirkung der Anzahl der zehn häufigsten 2’er-Substrings auf die finalen Größen untersucht. Überdies ist zusätzlich von einem direkten Einfluss soziodemografischer Aspekte sowie insbesondere von einem Effekt der erworbenen Leistung und deren Eigenschaften auf die finalen Größen auszugehen. Diese wurden abschließend ebenfalls betrachtet. Da sich zwischen den herangezogenen unabhängigen Variablen zum Teil signifikante Korrelationen zeigten, wurden, zur Gewährleistung der Modellannahme bezüglich der Multikollinearität, die Effekte der Prädiktoren mit Hilfe von schrittweisen Regressionen überprüft (vgl. zu diesem Vorgehen Urban & Mayerl 2008 S. 236). 4.4.5.1 Ergebnisse der Wirkungsanalysen im Elektronikfachhandel In den ersten schrittweisen Regressionsmodellen wurden die extrahierten Faktoren der Kundenkontakte und der Kontaktfunktionen sowie die Bedeutung der Kontaktfaktoren als Prädiktoren ins Regressionsmodell einbezogen. In den zweiten Regressionsmodellen wurde der Einfluss der Länge der Kundenkontaktsequenzen, die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen sowie die durchschnittliche Bedeutung der Kundenkontakte im gesamten Kaufprozess
212
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
und innerhalb der einzelnen Prozessphasen berücksichtigt39. Die weiteren Analysen befassen sich mit dem Einfluss der Substrings auf die finalen Größen. Weiterhin wird der direkte Einfluss ausgewählter personenbezogener und situativer Determinanten auf die finalen Größen betrachtet (Komplexitätsgrad der erworbenen Produktkategorie, Produktpreis, räumliche Erreichbarkeit des Anbieters, Alter, Geschlecht, derzeitige Tätigkeit, Einkommen und durchschnittliche Internetnutzung). Tabelle 444 fasst die Ergebnisse der ersten schrittweisen Regressionen zusammen (T ≥ .255, VIF ≤ 3.921; 1.449 ≤ Durbin-Watson-Statistik ≤ 2.036). Die ermittelten Bestimmtheitsmaße (korr. R2) lassen insgesamt auf geringe und mittlere Effekte der betrachteten Variablen auf die finalen Größen schließen. Weiterhin konnten signifikante Regressionsmodelle lediglich für den Einfluss auf den Faktor F2: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters vor und während des Kaufs, die Bereitschaft zur Weiterempfehlung des Anbieters (grundsätzlich und wegen des interessierenden Kaufs) sowie für das Kriterium Wiederkaufbereitschaft (W3) als Dimensionen der Kundenloyalität ermittelt werden. Für die extrahierten Kontaktfaktoren sind insgesamt nur wenige signifikante Effekte auf die finalen Größen festzuhalten (vgl. Tabelle 44). Hierbei zeigt sich ein signifikant negativer Effekt des Kontaktfaktors F1: Anzahl persönliche Kontakte und Ladengeschäft auf die leistungsbezogene Kundenzufriedenheit. Hieraus lässt sich schließen, dass, je mehr derartige Kontakte ein Kunde im Kaufprozess realisieren muss, desto geringer seine Zufriedenheit mit dem Anbieter und dem erworbenen Produkt ist. Der in H18a postulierte Einfluss der Kundenkontakte auf die Kundenzufriedenheit kann hierdurch nur teilweise bestätigt werden. Basierend auf diesen Befunden ist H18a für die prozessbezogene Kundenzufriedenheit abzulehnen. Weiterhin zeigt sich ein positiver Einfluss des Kontaktfaktors F3: Anzahl Internetkontakte auf die Weiterempfehlung des Anbieters wegen des letzten Kaufs (W2). Die Hypothese H22a wird somit nur vereinzelt gestützt. Für die extrahierten Funktionsfaktoren ergaben die schrittweisen Regressionen überwiegend positive vielfältige Effekte auf die finalen Größen, allerdings sind diese zumeist nur tendenziell signifikant (p < .1). Die stärksten positiven Effekte gehen hierbei von dem Faktor F2: Anzahl gezielte Informationen, Hilfestellungen und Beratungen, Kauf auf das wahrgenommene Risiko und das Vertrauen gegenüber dem Anbieter aus. Erhalten die Kunden eine Vielzahl gezielter Informationen, eine gute Beratung vom Anbieter im Kaufprozess und erhalten sie unterschiedliche Hilfestellungen, reduziert dies ihr wahrgenommenes Risiko im Zusammenhang mit dem Kauf und fördert gleichzeitig das Vertrauen in den Anbieter. Diese Befunde deuten auf die Gültigkeit von H20b und H21b nur für einzelne Kontaktfunktionen hin.
39
Die Wirkungen der unabhängigen Variablen auf das dichotome Kriterium Wiederkaufbereitschaft (0 = nein, 1 = ja) wurden mittels schrittweiser binär logistischer Regressionen untersucht (vgl. Backhaus et al. 2008 S. 243ff.).
4.4 Ergebnisse
213
Tabelle 44: Wirkungen der Kontakt- und Funktionsfaktoren sowie der Bedeutung der Kontaktfaktoren auf die finalen Größen im Elektronikfachhandel Kriterium
Faktoren der Kundenzufriedenheit1 F1
Prädiktoren
F2
F3
Kundenloyalität2 wahrg. Risiko3
Vertrauen4
W1
W2
W3
W4
Kontaktfaktoren (EH) F1: Anzahl pers. Kontakte und Laden F2: Anzahl AnbieterWerbung F3: Anzahl Internetkontakte F4: Anzahl sonstige Kontakte
-.250*
.133*
Funktionsfaktoren (EH) F1: Anzahl allg. Info und Preisvergleiche F2: Anzahl gez. Info, Hilfestellung und Beratung, Kauf F3: Anzahl Beschwerden und sonstige Funktionen
.146T .144T
-.219**
.147T
.229**
.129T
-.145T
Bedeutung der Kontaktfaktoren (EH) F1: pers. Kontakte und Laden F2: Anbieter-Werbung F3: Internetkontakte F4: sonstige Kontakte korr. R2
.178*
.133T
.121T
.118T
-.136* -.191T .069 n.s.
.110**
.066n.s.
.146T
.131*
.064n.s.
.073n.s.
.095**
.121***
.092*
.065n.s.
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; in den Zellen standardisierte Regressionskoeffizienten bzw. das korrigierte R2; 1 F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit, F2: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters vor und während des Kaufs, F3: Kundenzufriedenheit mit dem Anbieter nach dem Kauf; 2 W1 = Weiterempfehlung (grundsätzlich): 1 = nein, noch nie bis 4 = öfter als dreimal; W2 = Weiterempfehlung wegen des letzten Kaufs: 1 = nein, noch nie bis 4 = öfter als dreimal; W3 = Wiederkaufbereitschaft: 0 = nein, 1 = ja; W4 = Wiederkaufwahrscheinlichkeit: 1 = sehr unwahrscheinlich bis 6 = sehr wahrscheinlich; 3 wahrgenommenes Risiko: 1 = überhaupt nicht risikoreich bis 6 = sehr risikoreich; 4 Vertrauen: 1 = gar nicht vertrauensvoll bis 6 = sehr vertrauensvoll.
Ebenso zeigen die Ergebnisse vielfältige positive und negative Effekte der Bedeutung der Kontaktfaktoren auf die abhängigen Variablen. Signifikant sind aber lediglich die negative Wirkung der Bedeutung des Faktors F2: Bedeutung Anbieter-Werbung auf den dritten Faktor der Kundenzufriedenheit F3: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters in der Nachkaufphase sowie der positive Effekt der Bedeutung der Anbieter-Werbung auf die Weiterempfehlung des Anbieters wegen des letzten Kaufs (W2). Für den letztgenannten Effekt ist anzunehmen, dass dieser vor allem beim Erwerb aktuell beworbener Angebote des Elektronikfachhändlers gültig ist. Diese Ergebnisse stützen die Annahmen in H18c und H22c nur teilweise. Die weiteren, in den Hypothesen zu den finalen Größen angenommenen Effekte können anhand dieser Befunde nicht gestützt werden. Die Ergebnisse der zweiten schrittweisen Regressionsanalysen sind in Tabelle 455 zusammengefasst (T ≥ .230, VIF ≤ 4.351, 1.853 ≤ Durbin-Watson-Statistik ≤ 2.044). Auch hier deuten die korrigierten Bestimmtheitsmaße (korr. R2) insgesamt auf mittlere Effektstärken hin, die Regressionen sind aber im Vergleich zu den vorhergehenden Analysen überwiegend sig-
214
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
nifikant. Offensichtlich können im Elektronikfachhandel die aus der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz abgeleiteten Informationen über die Ausprägungen der einzelnen Dimensionen die finalen Größen besser erklären als die extrahierten Kontakt- und Funktionsfaktoren und die Bedeutung der Kontaktfaktoren. Die Befunde in Tabelle 45 zeigen ausschließlich negative Effekte der Länge der Kundenkontaktsequenzen auf die Kundenloyalität, die die Annahmen in Hypothese H22a für einzelne Dimensionen der Kundenloyalität stützen. Der größte Effekt ist hierbei für die Wirkung der Länge der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozesses auf die Wiederkaufbereitschaft (W3) der Kunden festzustellen: Je mehr Kontakte ein Kunde im Kaufprozess zur Erfüllung seiner Kundenbedürfnisse benötigt, desto geringer ist seine grundsätzliche Bereitschaft für eine erneute Transaktion bei dem betrachteten Elektronikfachhändler. Hierbei liegt aufgrund der weiteren Befunde die Vermutung nahe, dass dieser Effekt insbesondere in der Anzahl der notwenigen Kundenkontakte in der Vorkauf- und Kaufphase begründet ist. Im Zusammenhang mit letztgenannter Wirkung ist zusätzlich eine tendenziell signifikante Reduzierung der Wiederkaufwahrscheinlichkeit (W4) festzuhalten. Tabelle 45: Wirkungen der Länge der Kundenkontaktsequenz, der Kontaktfunktionen und der Kontaktbedeutung auf die finalen Größen im Elektronikfachhandel Kriterium Prädiktoren
Faktoren der Kundenzufriedenheit1 F1
F2
F3
Kundenloyalität2 wahrg. Risiko3
Vertrauen4
W1
W2
W3
W4
-.415*** -.270* -.294***
-. 201T
-.202**
-.160**
.133***
.100*
Länge der Kundenkontaktsequenz Gesamtprozess Vorkaufphase Kaufphase Nachkaufphase
-.097T
-.190**
-.089T -.209***
-.173**
-.158**
.169***
.129**
.119**
Anzahl Kontaktfunktionen Gesamtprozess Vorkaufphase Kaufphase Nachkaufphase
.123T
.184*
-.106T
.093T -.152**
Kontaktbedeutung Gesamtprozess Vorkaufphase Kaufphase Nachkaufphase korr. R2
.104T
.142* -.103T -.199**
-.159**
.129***
.122***
.134***
.145***
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; in den Zellen standardisierte Regressionskoeffizienten bzw. das korrigierte R2; 1 F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit, F2: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters vor und während des Kaufs, F3: Kundenzufriedenheit mit dem Anbieter nach dem Kauf; 2 W1 = Weiterempfehlung (grundsätzlich): 1 = nein, noch nie bis 4 = öfter als dreimal; W2 = Weiterempfehlung wegen des letzten Kaufs: 1 = nein, noch nie bis 4 = öfter als dreimal; W3 = Wiederkaufbereitschaft: 0 = nein, 1 = ja; W4 = Wiederkaufwahrscheinlichkeit: 1 = sehr unwahrscheinlich bis 6 = sehr wahrscheinlich; 3 wahrgenommenes Risiko: 1 = überhaupt nicht risikoreich bis 6 = sehr risikoreich; 4 Vertrauen: 1 = gar nicht vertrauensvoll bis 6 = sehr vertrauensvoll.
4.4 Ergebnisse
215
Weiterhin belegen die signifikanten standardisierten Regressionskoeffizienten negative Wirkungen der Anzahl der Kundenkontakte in der Nachkaufphase auf die grundsätzliche Weiterempfehlung des Anbieters sowie auf die Weiterempfehlung des Anbieters wegen des letzten Kaufs. Hierbei ist anzunehmen, dass diese Wirkungen mit der vorherrschenden Funktion der Beschwerde bei den Kundenkontakten in diesem Zeitraum zusammenhängen. Für die Anzahl unterschiedlicher Funktionen der Kundenkontakte zeigen sich vor allem Effekte auf die leistungsbezogene Kundenzufriedenheit (F1) sowie den Faktor F3: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters in der Nachkaufphase. Diese Befunde können den in H18b angenommenen grundsätzlichen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit zumindest teilweise bestätigen. Eine Vielzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen trägt somit zur Reduzierung des wahrgenommenen Risikos bei. Ebenso finden sich anhand der Befunde zu den Wirkungen der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen auf das wahrgenommene Risiko Belege für die partielle Gültigkeit von H20b. Insgesamt ist bei diesen Befunden zu beachten, dass anhand der errechneten standardisierten Regressionskoeffizienten hierbei zumeist nur von tendenziell signifikanten Wirkungen der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen auf diese finalen Größen auszugehen ist (p < .1). Mit Ausnahme des wahrgenommenen Risikos bewirkt die Bedeutung der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz einzelne finale Größen in unterschiedlichem Maße ausschließlich negativ. Dies lässt darauf schließen, dass es dem Anbieter nicht gelungen ist, die Kundenanforderungen bzw. -bedürfnisse in den unterschiedlichen Kontakten ausreichend zu erfüllen, was vor allem bei Kontakten, die für die Kunden wichtig sind, negative Effekte auf finalen Größen nach sich zieht. Die stärksten negativen Effekte sind für die Beziehung zwischen der Bedeutung der Kundenkontakte in der Vorkaufphase und dem Vertrauen gegenüber dem Anbieter festzustellen sowie für die Bedeutung der Kundenkontakte in der Nachkaufphase und der Wiederkaufbereitschaft. Aus Anbietersicht sind diese Befunde äußerst kritisch zu beurteilen. Gerade in der Vorkaufphase ist der Aufbau von Vertrauen zwischen Kunden und Anbieter von großer Wichtigkeit für den langfristigen Unternehmenserfolg. Gleiches gilt im Zusammenhang mit der Wiederkaufbereitschaft der Kunden. Diesbezüglich sind die negativen Effekte der Bedeutung der Kundenkontakte in der Vorkaufphase auf die Weiterempfehlung (W1 und W2) und in der Kaufphase auf die Faktoren F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit und F2: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters vor und während des Kaufs zu beachten. Zusammenfassend bestätigen auch diese Befunde die Annahmen der Hypothesen H18c, H21c und H22c partiell. Für die Wirkung der Abfolge der Kundenkontakte in der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz zeigen die Befunde der schrittweisen Regressionsanalysen für den Elektronikfachhandel nur wenige signifikante Effekte der jeweiligen Anzahl der häufigsten 2’er-Substrings auf die finalen Größen. Hierbei ist eine positive Wirkung des Substrings Anbieter-Werbung → Anbieter-Werbung auf den Faktor F1: Kundenzufriedenheit mit leistungsbezogenen Aspekten festzuhalten (β = .174, p < .01; korr. R2 = .027). Weiterhin beeinflusst die Kombination
216
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Ladengeschäft → Verkaufspersonal die Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters vor und während des Kaufs (F2) positiv (β = .222, p < .001; korr. R2 = .046). Das Vertrauen der Probanden in den Anbieter wird durch den Substring Anbieter-Werbung → Verkaufspersonal negativ und durch den Substring Ladengeschäft → Anbieter-Werbung positiv beeinflusst (Anbieter-Werbung → Verkaufspersonal: β = -.207, p < .01; Ladengeschäft → AnbieterWerbung: β = .165, p < .05; korr. R2 = .028). Überdies wird die Weiterempfehlung des Anbieters wegen der letzten Transaktion positiv von den Substrings Verkaufspersonal → Ladengeschäft sowie Anbieter-Werbung → Anbieter-Werbung beeinflusst (Verkaufspersonal → Ladengeschäft: β = .193, p < .01; Anbieter-Werbung → Anbieter-Werbung: β = .124, p < .05; korr. R2 = .044). Die errechneten korrigierten Bestimmtheitsmaße lassen insgesamt auf geringe Effekte der einzelnen Substrings auf die betrachteten finalen Größen schließen. Überdies können die signifikanten Regressionskoeffizienten nur wenig zur Varianzaufklärung beitragen (erklärte Varianz ≤ 4.9%). Bei der Untersuchung der direkten Effekte der ausgewählten personenbezogenen und situativen Determinanten auf die finalen Größen sind im Elektronikfachhandel nur wenige signifikante Wirkungen festzuhalten. Hierbei fiel auf, dass weder die Produktkomplexität noch der Preis oder die räumliche Erreichbarkeit des Anbieters den Faktor F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit signifikant beeinflussen. Allerdings zeigte sich anhand der standardisierten Regressionskoeffizienten ein signifikant positiver Effekt des Preises auf die prozessbezogene Kundenzufriedenheit in der Vorkauf- und Kaufphase (F2) (β = .166, p < .01). Darüber hinaus hat die durchschnittliche Internetnutzung einen positiven Effekt auf das wahrgenommene Risiko gegenüber einer Transaktion bei dem betrachteten Anbieter im Elektronikfachhandel (β = .162, p < .05). Eine hohe Affinität zur Nutzung des Internets trägt demnach zur Reduzierung des wahrgenommenen Risikos bei. Bei diesem Befund ist davon auszugehen, dass dieser in hohem Maße mit der betrachteten Branche zusammenhängt, da anzunehmen ist, das Kunden die häufig das Internet nutzen, auch eine grundsätzlich höhere Affinität zu technologischen Produkten haben und deshalb eine Transaktion mit dem Anbieter im Elektronikfachhandel allgemein als weniger risikoreich bewerten (vgl. Burke 2002 S. 421, Guiry et al. 2006 S. 81). 4.4.5.2 Ergebnisse der Wirkungsanalysen in der Tourismusbranche In der Tourismusbranche wurde der Einfluss der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung in der Kundenkontaktsequenz auf die finalen Größen ebenfalls mit unterschiedlichen Regressionen untersucht. Analog zur Vorgehensweise im Elektronikfachhandel wurde zunächst die Wirkung der extrahierten Kontakt- und Funktionsfaktoren sowie die Bedeutung der Kontaktfaktoren auf die finalen Größen betrachtet. Im nächsten Schritt wurde die Wirkung der Länge der Kundenkontaktsequenzen, die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen sowie die durchschnittliche Bedeutung der Kundenkontakte im gesamten Kaufprozess und innerhalb einzelner Prozessphasen analysiert. Für die Beurteilung des anzunehmenden Einflusses der Abfolge der Kundenkontakte wurde die Wirkung der Anzahl der zehn häufigsten 2’er
4.4 Ergebnisse
217
Substrings auf die finalen Größen betrachtet. Ebenso wurde, wie im Elektronikfachhandel, zusätzlich der direkte Einfluss ausgewählter Determinanten auf die abhängigen Variablen mittels Regressionsanalysen untersucht. Anders als im Elektronikfachhandel wurden bei letztgenannten Analysen zusätzlich noch die Reisedauer und die Art des Reiseveranstalters (Premiumanbieter, Last-Minute-Anbieter, Veranstalter von Clubreisen sowie sonstige Veranstalter) als Dummy-Variablen mit einbezogen. Tabelle 466 fasst die Ergebnisse für die ersten Regressionen zusammen (T ≥ .198, VIF ≤ 5.056; 1.785 ≤ Durbin-Watson-Statistik ≤ 2.071). Die ermittelten Bestimmtheitsmaße (korr. R2) lassen insgesamt auf geringe und mittlere Effekte der betrachteten unabhängigen Variablen auf die finalen Größen schließen. Mit Ausnahme der Regressionen mit F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit, dem wahrgenommenen Risiko und der Weiterempfehlung des Anbieters wegen der letzten Buchung als Kriterium konnten jeweils signifikante Regressionsmodelle ermittelt werden. Auffällig bei den Ergebnissen der Regressionen ist, dass von der durchschnittlichen Bedeutung der Kontaktfaktoren keinerlei signifikante Effekte auf die finalen Größen ermittelt wurden. Die in den Hypothesen H18c, H20c, H21c und H22c postulierte grundsätzliche Wirkung der Bedeutung der Kundenkontakte kann anhand dieser Befunde für die Tourismusbranche nicht bestätigt werden. Für die Kontaktfaktoren sind vereinzelte signifikante Effekte auf die prozessbezogene Kundenzufriedenheit festzuhalten, die die Annahmen in H18a teilweise stützen aber nur geringfügig zur Varianzaufklärung beitragen (erklärte Varianz ≤ 3.3%). Wie erwartet zeigen die standardisierten Regressionskoeffizienten einen positiven Effekt von F1: Bedeutung persönliche Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen auf die Zufriedenheit mit dem Anbieter bis zum Beginn der Reise (F2) sowie eine in ihrer Tendenz positive Wirkung auf die Kundenzufriedenheit während und nach dem Urlaub (F3). Darüber hinaus sind weiterhin positive Effekte der Anzahl der Internetkontakte (F2) und der Anzahl der Kontakte mit Anbieter-Werbung in Zeitungen und Zeitschriften (F3) auf die Kundenzufriedenheit während und nach dem Urlaub festzuhalten. Interessanterweise zeigen die Ergebnisse positive Wirkungen der Anzahl der Kontakte mit der Anbieter-Werbung in Zeitungen und Zeitschriften (F3) auf das Vertrauen (H21a) gegenüber dem Anbieter sowie die Bereitschaft für eine erneute Buchung (H22a) beim Anbieter. Diese positiven Wirkungen waren aufgrund der inhärenten höheren Funktionalität und der höheren Reichhaltigkeit der Kontaktpunkte (vgl. Daft et al 1987) eher für den Faktor F1: Anzahl persönliche Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen zu erwarten (vgl. Brunelle & Lapierre 2008). Diese Befunde zeigen allerdings, dass die Anbieter die positiven Effekte der Werbekontakte nicht vernachlässigen dürfen, auch wenn derartige Kontakte nur mit geringen Anteilen im Kaufprozess realisiert und für die Kunden von geringerer Bedeutung als andere Kontaktpunkte im Kaufprozess sind (vgl. Tabelle 18, Tabelle 20).
218
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Tabelle 46: Wirkungen der Kontakt- und Funktionsfaktoren sowie der Bedeutung der Kontaktfaktoren auf die finalen Größen in der Tourismusbranche Kriterium
Faktoren der Kundenzufriedenheit1 F1
Prädiktoren
F2
F3
.180**
.112T
Kundenloyalität2 wahrg. Risiko3
Vertrauen4
W1
W2
W3
W4
Kontaktfaktoren (TB) F1: Anzahl pers. Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen F2: Anzahl Internetkontakte F3: Anzahl Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung F4: Anzahl sonstige Werbung F5: Anzahl sonstige Kontakte
.116* .135*
.114*
.142*
Funktionsfaktoren (TB) F1: Anzahl allg. Informationen, Preisvergleich, Buchung F2: Anzahl gez. Informationen und sonst. F3: Anzahl Hilfestellungen und Beratungen, Beschwerden
-.118*
.123* .136*
.132*
.130***
.027n.s.
.105*
Bedeutung der Kontaktfaktoren (TB) F1: pers. Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen F2: Internetkontakte F3: Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung F4: sonstige Werbung F5: sonstige Kontakte korr. R2
.020n.s.
.112**
.061*
.023n.s.
.111***
.073**
.112***
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; in den Zellen standardisierte Regressionskoeffizienten bzw. das korrigierte R2; 1 F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit, F2: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters bis zum Antritt der Reise, F3: Kundenzufriedenheit mit dem Anbieter während und nach der Reise; 2 W1 = Weiterempfehlung (grundsätzlich): 1 = nein, noch nie bis 4 = öfter als dreimal; W2 = Weiterempfehlung wegen der letzten Buchung: 1 = nein, noch nie bis 4 = öfter als dreimal; W3 = Wiederkaufbereitschaft: 0 = nein, 1 = ja; W4 = Wiederkaufwahrscheinlichkeit: 1 = sehr unwahrscheinlich bis 6 = sehr wahrscheinlich; 3 wahrgenommenes Risiko: 1 = überhaupt nicht risikoreich bis 6 = sehr risikoreich; 4 Vertrauen: 1 = gar nicht vertrauensvoll bis 6 = sehr vertrauensvoll.
Die Ergebnisse der Regressionsanalysen ergaben für den Funktionsfaktor F1: Anzahl allgemeine Informationen, Preisvergleich und Buchung keine signifikanten Wirkungen auf die finalen Größen (vgl. Tabelle 44). Ebenso wurden keine signifikanten Wirkungen der Funktionsfaktoren auf die leistungs- und prozessbezogene Kundenzufriedenheit ermittelt. Der in H18b vermutete Einfluss der Funktionen der Kundenkontakte wird, ausgehend von diesen Ergebnissen, für die Tourismusbranche nicht bestätigt. Die Befunde deuten insgesamt darauf hin, dass in der Tourismusbranche vor allem positive Effekte der Funktionsfaktoren auf die Kundenloyalität zu erwarten sind, die den in H22b angenommenen grundsätzlichen Einfluss der Kontaktfunktionen auf die Dimensionen der Kundenloyalität partiell bestätigen. Allerdings zeigen auch hier die standardisierten Regressionskoeffizienten nur geringe Beiträge zur
4.4 Ergebnisse
219
Varianzaufklärung der signifikanten Effekte (erklärte Varianz ≤ 1.8%). Der Funktionsfaktor F3: Anzahl Hilfestellungen und Beratungen, Beschwerden bewirkt die Weiterempfehlung des Anbieters (W1 und W2) und die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Buchung beim Anbieter (W4). In diesem Zusammenhang deutet der Befund darauf hin, dass eine effektive und effiziente Bearbeitung der Kundenbedürfnisse selbst in kritischen Situationen zwischen Anbieter und Kunden, wie bei Beschwerdekontakten, positive Effekte auf die Kundenloyalität hat. Kontakte für den Erhalt gezielter Informationen und sonstiger Funktionen (F2) bewirken die Bereitschaft für eine erneute Buchung (W3) beim Veranstalter positiv und tragen ebenfalls zur Reduzierung des wahrgenommenen Risikos (H20b) bei. Die Ergebnisse der zweiten schrittweisen Regressionsanalysen mit der Länge der Kundenkontaktsequenzen, der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen und der durchschnittlichen Bedeutung der Kundekontakte als unabhängige Variablen sind in Tabelle 477 dargestellt (T ≥ .200, VIF ≤ 4.699, 1.872 ≤ Durbin-Watson-Statistik ≤ 2.051). Insgesamt deuten die Bestimmtheitsmaße (korr. R2) auf moderate Effekte der Prädiktoren auf die finalen Größen hin. Allerdings konnten keine signifikanten Effekte einzelner Variablen auf das wahrgenommene Risiko und das Vertrauen gegenüber dem Anbieter ermittelt werden. Die Annahmen in den Hypothesen H20 und H21 werden anhand dieser Befunde somit nicht gestützt. Insgesamt zeigen die Ergebnisse nur wenige signifikante Effekte der aus den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen abgeleiteten Größen. Für die Länge der Kundenkontaktsequenz sind negative signifikante Effekte auf einzelne Dimensionen der Kundenloyalität festzuhalten. Eine hohe Anzahl an Kundenkontakten bewirkt demnach eine geringere Wiederbuchungsbereitschaft und -wahrscheinlichkeit. Darüber hinaus zeigt sich ein negativer Effekt der Länge der Kundenkontaktsequenz in der Reisephase auf F3: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters während und nach der Reise. Auch dieser Befund belegt die bereits angesprochenen, von Steinmann und Silberer (2009b S. 18-19) identifizierten, negativen Effekte einer hohen (notwendigen) Anzahl an Kontakten zur Erfüllung der Kundenbedürfnisse. Anhand dieser Befunde können die Annahmen in den Hypothesen H18a und H22a teilweise bestätigt werden. Für die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen belegen die angeführten standardisierten Regressionskoeffizienten in Tabelle 45 für die Vorbuchungs- und Vorreisephase positive Effekte auf die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Buchung beim Anbieter (W4). Diese Befunde stützen den in H22b vermuteten grundsätzlichen Einfluss der Kontaktfunktionen auf die Kundenloyalität partiell. Bezogen auf die durchschnittliche Bedeutung der Kundenkontakte können anhand dieser Regressionen nur vereinzelte, tendenziell signifikante Wirkungen (p < .1) auf die finalen Größen festgehalten werden. Hierbei liefern die Ergebnisse Hinweise auf positive Effekte der durchschnittlichen Bedeutung der Kontakte vor der Reise auf F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit und F2: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters bis zum Beginn der Reise.
220
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Eine hohe Bedeutung der Kundenkontakte hat demnach nicht nur einen Einfluss auf die Beurteilung prozessbezogener, sondern ebenfalls auf die leistungsbezogener Aspekte. Tabelle 47: Wirkungen der Länge der Kundenkontaktsequenz, der Kontaktfunktionen und der Kontaktbedeutung auf die finalen Größen in der Tourismusbranche Kriterium Prädiktoren
Faktoren der Kundenzufriedenheit1 F1
F2
F3
Kundenloyalität2 wahrg. Risiko3
Vertrauen4
W1
W2
W3
W4
-315**
-.250**
Länge der Kundenkontaktsequenz Gesamtprozess Vorbuchungsphase Buchungsphase Vorreisephase Reisephase Nachreisephase
-.172*
Anzahl Kontaktfunktionen Gesamtprozess Vorbuchungsphase Buchungsphase Vorreisephase Reisephase Nachreisephase
.185** .164**
Kontaktbedeutung Gesamtprozess Vorbuchungsphase Buchungsphase Vorreisephase Reisephase Nachreisephase korr. R2
-.129T .110T
.104T
.129***
.122***
-.099T .134***
.145***
.169***
.129**
.119**
.133***
.100*
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; in den Zellen standardisierte Regressionskoeffizienten bzw. das korrigierte R2; 1 Kundenzufriedenheit: 1 = von 1 = sehr unzufrieden bis 6 = sehr zufrieden, F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit, F2: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters bis zum Antritt der Reise, F3: Kundenzufriedenheit mit dem Anbieter während und nach der Reise; 2 W1 = Weiterempfehlung (grundsätzlich): 1 = nein, noch nie bis 4 = öfter als dreimal; W2 = Weiterempfehlung wegen der letzten Buchung: 1 = nein, noch nie bis 4 = öfter als dreimal; W3 = Wiederkaufbereitschaft: 0 = nein, 1 = ja; W4 = Wiederkaufwahrscheinlichkeit: 1 = sehr unwahrscheinlich bis 6 = sehr wahrscheinlich; 3 wahrgenommenes Risiko: 1 = überhaupt nicht risikoreich bis 6 = sehr risikoreich; 4 Vertrauen: 1 = gar nicht vertrauensvoll bis 6 = sehr vertrauensvoll.
Waren die Kundenkontakte in der Vorbuchungsphase von hoher Bedeutung für die Kunden, kann sich dies auf die Weiterempfehlung wegen der letzten Buchung negativ auswirken. Anhand dieser negativen Effekte der durchschnittlichen Bedeutung der Kundenkontakte in einzelnen Prozessphasen lässt sich vermuten, dass es dem Anbieter nicht gelungen ist, die unterschiedlichen Anforderungen und Erwartungen der Kunden in für die Kunden wichtigen Kontakten zu erfüllen. Das Ergebnis für die Vorkaufphase zeigt, dass eine derartige Abweichung vom Soll-Zustand bereits zu einem frühen Zeitpunkt im Kaufprozess einzelne Dimensionen der Kundenloyalität negativ bewirken kann.
4.4 Ergebnisse
221
Auch in der Tourismusbranche zeigen die Befunde der schrittweisen Regressionsanalysen mit der jeweiligen Anzahl der zehn häufigsten 2’er-Substrings als unabhängige Variable nur wenige signifikante Wirkungen auf die finalen Größen. Die errechneten korrigierten Bestimmtheitsmaße (korr. R2) belegen hierfür ausschließlich geringe Effekte auf die betrachteten Kriterien. Für die abhängigen Variablen F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit, das Vertrauen der Kunden in den Anbieter, die Wiederkaufwahrscheinlichkeit sowie die Weiterempfehlung des Veranstalters wegen der letzten Buchung wurden keine signifikanten Effekte der ausgewählten Substrings ermittelt. Für die prozessbezogene Kundenzufriedenheit ergaben die schrittweisen Regressionen einen negativen Effekt des Substrings Reisebüromitarbeiter → Reisebüromitarbeiter auf F2: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters bis zum Beginn der Reise (β = -.134, p < .05; korr. R2 = .011). Dieses Ergebnis lässt nachstehenden Zusammenhang vermuten: Müssen die Kunden häufig derartige Kontakte (aufeinanderfolgend) zur Befriedigung ihrer Kundenbedürfnisse realisieren, deutet dies auf einen vergleichsweise geringen Nutzen dieser Kontakte hin, der sich negativ auf die Kundenzufriedenheit vor der Reise auswirkt. Weiterhin sind signifikante positive Effekte der Substrings sonstige Internetseiten → Anbieter-Homepage und Reiseunterlagen → Reiseleiter und ein negativer Effekt der Kombination Reisebüromitarbeiter → Reiseunterlagen auf F3: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters während und nach der Reise festzuhalten (sonstige Internetseiten → Anbieter-Homepage: β = .114, p < .05; Reiseunterlagen → Reiseleiter: β = .114, p < .05; Reisebüromitarbeiter → Reiseunterlagen: β = -.114, p < .05; korr. R2 = .031). Für den letztgenannten Substring zeigen sich ebenso negative Effekte auf das wahrgenommene Risiko gegenüber einer Transaktion mit dem Anbieter (Reisebüromitarbeiter → Reiseunterlagen: β = -.120, p < .05; korr. R2 = .031) und die Bereitschaft für eine erneute Buchung (Reisebüromitarbeiter → Reiseunterlagen: β = -.153, p < .01; korr. R2 = .021). Darüber hinaus bewirkt der Substring Reisebüromitarbeiter → Katalog die Weiterempfehlung des Anbieters positiv (β = .106, p < .05; korr. R2 = .008). Diese Befunde liefern tiefer gehende Erkenntnisse als die isolierte und aggregierte Betrachtung der Kundenkontakte. Allerdings dürfen diese Befunde aufgrund des geringen Beiträge zur Varianzaufklärung der signifikanten Substrings, nicht überbewertet werden (erklärte Varianz ≤ 2.3%). Bei der Untersuchung der direkten Effekte ausgewählter personenbezogener und situativer Determinanten auf die finalen Größen sind in der Tourismusbranche ebenfalls nur wenige signifikante Wirkungen einzelner Variablen festzuhalten, die überwiegend nur einen geringen Beitrag zur Varianzaufklärung leisten (erklärte Varianz ≤ 13.8%). Die Ergebnisse zeigen, dass die meisten Effekte vom Komplexitätsgrad der gebuchten Reise sowie von der Art des Reiseveranstalters ausgehen. So bewirkt ein steigender Komplexitätsgrad den Faktor F3: Kundenzufriedenheit mit dem Service des Anbieters während und nach der Reise negativ (β = -.116, p < .05). Dieser Befund lässt darauf schließen, dass es dem Anbieter nicht gelungen ist, die mit der Buchung einer höherwertigen Reise häufig verbundenen hohen Erwartungen der Kunden in diesen Prozessphasen zu erfüllen. In diesem Zusammenhang war der positive Effekt des Komplexitätsgrads auf das Vertrauen gegenüber dem Anbieter eigentlich nicht zu erwarten (β = .122, p < .05). Gleiches gilt für den errechneten positiven Effekt des Komplexi-
222
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
tätsgrads auf die Weiterempfehlung des Anbieters. Diese wird zusätzlich noch von der Art des Reiseveranstalters – Anbieter von Clubreisen - positiv beeinflusst (Komplexitätsgrad: β = .154, p < .05; Anbieter von Clubreisen: β = .129, p < .05). Weiterhin zeigen sich positive Effekte der Buchung bei einem Premiumveranstalter und einem Anbieter von Clubreisen auf die Wiederbuchungsbereitschaft der Kunden (Premiumveranstalter: β = .371, p < .05; Anbieter von Clubreisen: β = .132, p < .05). Darüber hinaus ist ein positiver Effekt der Buchung bei einem Anbieter von Clubreisen auf die Wiederbuchungswahrscheinlichkeit festzuhalten (β = .117, p < .05). 4.4.5.3 Vergleich und Diskussion der Wirkungsanalysen in beiden Branchen Der vorherige Abschnitt beschäftigte sich mit der Analyse der Wirkungen der realisierten Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung in beiden Branchen auf unterschiedliche finale Größen: die leistungs- und prozessbezogene Kundenzufriedenheit, das wahrgenommene Risiko und Vertrauen gegenüber dem Anbieter sowie den Dimensionen der Kundenloyalität. Insgesamt konnten in beiden Branchen die finalen Wirkungen der Kontakte in der multidimensionalen Kontaktsequenz nur wenig zufrieden stellend erklärt werden. Dies zeigen einerseits die Werte der ermittelten Bestimmtheitsmaße der schrittweisen Regressionen, die lediglich geringe bis mittlere Effekte der ausgewählten Prädiktoren ausweisen (EH: .064 ≤ korr. R2 ≤ .133, TB: .020 ≤ korr. R2 ≤ .141), andererseits sind sie häufig nicht signifikant von Null verschieden. So konnte im Elektronikfachhandel der Faktor F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit, wahrgenommenes Risiko und Weiterempfehlung des Anbieters im Zusammenhang mit der durchgeführten Transaktion nur wenig zufrieden stellend durch die unabhängigen Variablen erklärt werden. Die Ergebnisse in der Tourismusbranche offenbaren ähnliche Probleme der Modellschätzung. Die Tests auf statistische Signifikanz auf Ebene der einzelnen Prädiktoren belegen im Elektronikfachhandel vielfältige signifikante Wirkungen der Länge der Kundenkontaktsequenz, der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen sowie der Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess. Die Befunde in der Tourismusbranche hingegen zeigen ein anderes Bild. Hier belegen die statistischen Tests der Koeffizienten mehr signifikante Effekte der Kontakt- und Funktionsfaktoren sowie der durchschnittlichen Bedeutung der Kontaktfaktoren auf die finalen Größen. Die Befunde dieser Arbeit zeigen, dass in beiden Branchen von den ermittelten Faktoren der Kundenkontakte nur wenig signifikante Effekte auf die finalen Größen ausgehen. Übereinstimmend belegen die signifikanten Effekte einen schwachen positiven Einfluss der Kundenkontakte mit der Anbieter-Werbung auf die Weiterempfehlung des Anbieters im Zusammenhang mit der letzten Transaktion. Darüber hinaus ist für die Studie im Elektronikfachhandel festzuhalten: müssen die Kunden eine hohe Anzahl der auf den ersten Kontaktfaktor hoch ladenden Kontaktpunkte persönliche Kontakte und Kontakte mit dem Ladengeschäft für die Erfüllung ihrer Bedürfnisse im Kaufprozess realisieren, wirkt sich dies negativ auf den Faktor
4.4 Ergebnisse
223
F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit aus. Dies ist ein interessanter Befund, war doch im Elektronikfachhandel zu erwarten, dass eine steigende Anzahl an Kundenkontakten für die Erfüllung der Anforderungen und Präferenzen der Kunden im Kaufprozess eher mit negativen Effekten auf die prozessbezogene Kundenzufriedenheit einhergeht. In der Tourismusbranche belegen die signifikanten standardisierten Regressionskoeffizienten jedoch einen Effekt der Anzahl persönlicher Kontakte, Katalog und Reiseunterlagen (F1) auf die prozessbezogene Kundenzufriedenheit. Hierbei zeigen die Ergebnisse jedoch eine positive Wirkung der vermehrten Nutzung der genannten Kontaktpunkte im Kaufprozess auf die Faktoren der prozessbezogenen Kundenzufriedenheit. Letztgenannte Befunde spiegeln die besondere Stellung dieser Kontaktpunkte für die Probanden im Kaufprozess wider. Die Länge der Kundenkontaktsequenzen beeinflusst in beiden Branchen die unterschiedlichen Dimensionen der Kundenloyalität durchgehend negativ. Somit kann allgemein angenommen werden: je mehr Kontakte die Kunden im Kaufprozess realisieren (müssen), desto geringer ist ihre Weiterempfehlungsabsicht sowie ihre Bereitschaft und die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Transaktion mit dem Anbieter. Die jeweils größten Effekte sind für den Einfluss der Länge der Kundenkontaktsequenz entlang des gesamten Kaufprozess auf die Wiederkaufbereitschaft der Kunden festzuhalten (EH: 17.2% erklärte Varianz vs. TB: 9.9% erklärte Varianz). Ausgehend von diesen Befunden lässt sich somit vermuten, dass allgemein die Anzahl der Kundenkontakte branchenunabhängig vor allem die Kundenloyalität negativ bewirkt. Bezüglich der Funktionen der Kundenkontakte sind sowohl positive als auch negative Effekte der Funktionsfaktoren und der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Kaufprozess auf die finalen Größen festzuhalten, die allerdings nur geringfügig zur Varianzaufklärung beitragen (EH: erklärte Varianz ≤ 3.6% vs. TB: erklärte Varianz ≤ 3.4%). Die Kontaktfunktionen nehmen in beiden Branchen einen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit, das wahrgenommene Risiko und unterschiedliche Dimensionen der Kundenloyalität. Für das Vertrauen der Kunden gegenüber dem Anbieter zeigen allerdings nur die Befunde im Elektronikfachhandel einen signifikanten positiven Effekt des Funktionsfaktors F2: gezielte Informationen, Hilfestellungen und Beratungen, Kauf. Insgesamt deuten die Befunde aus beiden Branchen auf vielfältigere Effekte der extrahierten Funktionsfaktoren auf die finalen Größen hin als für die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Kaufprozess. Während im Elektronikfachhandel für Letztgenannte ausschließlich signifikante Effekte auf die Faktoren der Kundenzufriedenheit festzuhalten sind, belegen die Befunde in der Tourismusbranche vor allem Effekte auf die Wiederkaufwahrscheinlichkeit der Kunden. Hinsichtlich des Einflusses der Bedeutung der Kundenkontakte sind für die Studie im Elektronikfachhandel deutlich mehr signifikante Ergebnisse als in der Tourismusbranche festzuhalten. Im Elektronikfachhandel zeigen sich unterschiedliche Wirkungen der Prädiktoren auf alle ausgewählten finalen Größen, die überwiegend negativ sind. Offenbar gilt im Elektronikfachhandel: werden die Kundenkontakte im Kaufprozess von den Kunden als wichtig beurteilt, geht dies mit negativen Effekten auf unterschiedliche Wirkungen einher. Diese Zusammenhänge wurden aber in dieser Arbeit nicht untersucht. Insgesamt können die signifikanten Prä-
224
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
diktoren im Elektronikfachhandel nur geringe Anteile der Varianz erklären (erklärte Varianz ≤ 4.3%). In der Tourismusbranche sind nur vereinzelt (tendenziell) signifikante Einflüsse der Bedeutung der Kundenkontakte auf die leistungs- und prozessbezogene Kundenzufriedenheit sowie auf einzelne Dimensionen der Kundenloyalität festzuhalten, die ebenfalls nur in geringem Maß zur Varianzaufklärung beitragen (erklärte Varianz ≤ 3.4%). Für den Einfluss der Abfolge der Kundenkontakte auf die finalen Größen sind in beiden Branchen nur wenige signifikante Effekte festzuhalten, die darüber hinaus auch nur einen vergleichsweise geringen Beitrag zur Varianzaufklärung leisten können (EH: erklärte Varianz ≤ 4.3%, TB: erklärte Varianz ≤ 2.3%). Ein ähnlicher Befund ist für die untersuchten direkten Effekte der ausgewählten personenbezogenen und situativen Variablen festzuhalten (EH: erklärte Varianz ≤ 2.8%, TB: erklärte Varianz ≤ 13.8%). Auffällig ist der Befund, dass für letztgenannte unabhängige Variablen in beiden Branchen keine direkten Effekte (z.B. vom Komplexitätsgrad oder vom Preis der Reise) auf den Faktor F1: leistungsbezogene Kundenzufriedenheit ermittelt wurden. Einschränkend muss zu diesen Befunden für beide Branchen angeführt werden, dass neben den hier untersuchten und identifizierten direkten Effekten der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung auf die finalen Größen, auch von indirekten und moderierenden Effekten einzelner Variablen auszugehen ist (vgl. Urban & Mayerl 2008 S. 293-302). Beispielsweise ist davon auszugehen, dass die Kundenzufriedenheit eine notwendige Voraussetzung für eine (dauerhafte) Kundenloyalität ist (vgl. Storbacka et al. 1994, Homburg & Krohmer 2009 S. 45). Weiterhin ist von einem Effekt der Kundenzufriedenheit auf das wahrgenommene Risiko sowie auf das Vertrauen der Kunden auszugehen (Homburg & Bucerius 2008 S. 58-59). Darüber hinaus konnte Schramm-Klein (2003b) einen Zusammenhang zwischen dem wahrgenommenen Risiko, dem Vertrauen der Kunden gegenüber dem Anbieter und der Kundenloyalität aufdecken. Demnach ist beispielsweise davon auszugehen, dass die Kundenkontakte nicht nur direkt die Kundenzufriedenheit und die Kundenloyalität beeinflussen, sondern ebenfalls die Ausprägung der Kundenloyalität indirekt durch die Kundenzufriedenheit bewirkt wird. Ebenso ist bei den personenbezogenen und situativen Variablen eher von einem indirekten Effekt auf die finalen Größen auszugehen. Die einzelnen Determinanten bewirken die Realisation von Kundenkontakten, ihre Funktionen und Bedeutung sowie die multidimensionale Kundenkontaktsequenz, wodurch sie ebenfalls einen Einfluss auf die finalen Größen nehmen. Die Überprüfung der hier angesprochenen indirekten und moderierenden Effekte kann beispielsweise mit Strukturgleichungsmodellen durchgeführt werden (vgl. Backhaus et al. 2008 S. 511-517, Ullman & Bentler 2004 S. 431-458). Eine weitere Möglichkeit liegt in der Durchführung moderierter Regressionsanalysen (vgl. Baron & Kenney 1986 S. 1174, Richter 2007 S. 118, Mau 2009 S. 133). 4.4.6
Kundensegmentierung auf Basis der multidimensionalen Kontaktsequenzen
In den vorhergehenden Auswertungen wurden für beide Branchen Unterschiede hinsichtlich der Art und Anzahl der realisierten Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie
4.4 Ergebnisse
225
vielfältige vertikale und horizontale Beziehungen zwischen diesen Dimensionen im Kaufprozess aufgedeckt. Die Analyse der Ursachen und Wirkungen der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Kaufprozess zeigte darüber hinaus vielfältige Zusammenhänge zwischen den betrachteten Determinanten, den aus der multidimensionalen Sequenz abgeleiteten Informationen über die Kundenkontakte, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung und deren Effekte auf die betrachteten finalen Größen. Das Problem letztgenannter Analysen besteht vor allem in der aggregierten Untersuchung der Ursachen und Effekte des Käuferverhaltens entlang des Kaufprozesses. Informationen über die Abfolge und Abhängigkeiten der Kontakte in der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz, die zu einem tiefer gehenden Verständnis der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing führen, gingen bei der Datenaggregation verloren und wurden nicht weiter berücksichtigt (vgl. Abbott 1995 S. 94, Steinmann & Silberer 2008b S. 5-6, 2009a S. 516). Die Befunde verschiedener Studien, die die Abfolge unterschiedlicher Ereignisse des Konsumenten- bzw. Käuferverhaltens untersuchen zeigen jedoch, dass sich deutliche Differenzen in der Abfolge von Ereignissen feststellen lassen und dass diese darüber hinaus von der Ausprägung der betrachteten Determinanten abhängen und finale Größen in unterschiedlichem Maße beeinflussen können. Innerhalb der relevanten Forschung im Marketing konnten beispielsweise Larson et al. (2005) zeigen, dass sich deutliche Unterschiede, bezogen auf den Laufweg von Kunden durch einen Supermarkt, feststellen und sich, basierend auf diesen Laufsequenzen, Kundensegmente identifizieren lassen, die sich hinsichtlich ihrer kumulierten Regal- und Flächenkontakte bei ihrem Weg durch das Ladengeschäft nur wenig unterscheiden. Eine aggregierte Betrachtung hätte somit stark differierende Kundensegmente ergeben, die allerdings keinerlei Informationen über die Abfolge des tatsächlichen Verhaltens der Kunden im Ladengeschäft enthalten hätten. Silberer et al. (2007a) identifizieren ebenfalls unterschiedliche Kundensegmente basierend auf Laufsequenzen. Zusätzlich können die Autoren zeigen, dass verschiedene Größen für diese Unterschiede ursächlich sind. Weiterhin untersuchten Hay et al. (2003, 2004) sowie Engelhardt (2006) das Klickverhalten von Konsumenten im Internet. Auf Basis der erfassten Navigationssequenzen konnten in diesen Studien ebenfalls unterschiedliche Kundengruppen identifiziert werden. Die Befunde von Engelhardt (2006) zeigen zusätzlich, dass hierbei u.a. ein Einfluss der Gestaltung der Website auf das Klickverhalten anzunehmen ist und dies ebenfalls finale Größen beeinflusst. Bezogen auf das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing zeigen Silberer et al. (2006, 2007b) sowie Steinmann und Silberer (2008b, 2009a), dass sich sowohl anhand uni- sowie anhand multidimensionaler Kundenkontaktsequenzen Sequenzcluster identifizieren lassen. Hierbei deuten die Befunde auf einen Einfluss ausgewählter Ursachen, wie beispielweise der nachgefragten Produktkategorie, des Produktpreises, des Kaufmotivs oder der bisherigen Erfahrungen mit dem Anbieter, auf die Abfolge der Kundenkontakte hin. Ebenso liefern die Befunde Hinweise auf unterschiedliche Wirkungen der Kundenkontaktsequenzen auf finale Größen wie die Kundenzufriedenheit und die Kundenloyalität. Demnach soll auch in dieser Arbeit geprüft werden, in wie weit sich die Abfolge der Kontakte in den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen unterscheidet. Im Folgenden stehen so-
226
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
mit die multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen und die Unterschiede hinsichtlich ihrer Ursachen und Wirkungen im Mittelpunkt. Die Vorgehensweise für die Identifikation von Sequenzclustern lehnt sich hierbei grundsätzlich den oben beschriebenen Studien an. Basierend auf den Ähnlichkeiten der erfassten multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen werden mit Hilfe einer Clusteranalyse (vgl. Kaufman & Rousseuw 1990, Handl 2002 S. 363-401), in sich homogene Kundensegmente gebildet und anschließend anhand ihrer konstituierenden und weiterer beschreibender Variablen miteinander verglichen, um hieraus unterschiedliche Ursachen und Wirkungen der Abfolge der Kundenkontakte im Kaufprozess abzuleiten (vgl. Silberer et al. 2007a, 2007b). Grundlage für die Durchführung von Clusteranalysen sind die Distanzen oder Ähnlichkeiten zwischen den betrachteten Objekten (vgl. Berekoven et al. 2009 S. 212). Bei der Analyse von Kundenkontaktsequenzen stellen die Sequenzen die interessierenden Objekte dar. Für die Bestimmung der Ähnlichkeiten zwischen Sequenzen im Rahmen des so genannten StringMatching, werden in der relevanten Literatur unterschiedliche Methoden, wie das Sequence Alignment, Optimal Matching, oder auch Listings diskutiert, die bei der Bestimmung der Ähnlichkeit letztendlich auf eine von Levenshtein (1966) vorgeschlagene Metrik zurückgreifen (für einen Überblick vgl. Kruskal 1983 S. 209-220, Gusfield 1999 S. 5-84, Abbott & Tsay 2000). „The interesting feature of sequence alignment is that it employs biological distance rather than geometric (Euclidean) distance as the basic concept of comparison” (Joh et al. 2002 S. 386-387). Diese Methoden berücksichtigen also das tatsächliche Verhalten von Kunden beim Sequenzvergleich. Durch die Berücksichtigung der Kundenkontaktsequenzen kann somit, im Sinne des kundenzentrierten Ansatzes, einer der wichtigsten zukünftigen Herausforderungen für ein erfolgreiches Multi Channel Marketing – der verhaltensbezogenen Kundensegmentierung – begegnet werden (vgl. Schoenbachler & Gordon 2002, Neslin et al. 2006 S. 96ff., Zhang et al. 2009, Abschnitt 2.2.3). Die unterschiedlichen Methoden des Sequence Alignment haben ihren Ursprung im Bereich der Molekularbiologie und wurden insbesondere für den Vergleich von DNA- und Proteinsequenzen entwickelt (vgl. Sankoff & Kruskal 1983). Mittlerweile werden diese Methoden in vielen Disziplinen angewendet und sind insbesondere in der Soziologie fester Bestandteil des Methodenarsenals (vgl. Abbott & Tsay 2000). Der große Vorteil dieser Verfahren bzw. der hieraus resultierenden Distanzmaße ist, dass sie einen Vergleich unterschiedlich langer Sequenzen ermöglichen und ein metrisches Distanz- bzw. Ähnlichkeitsmaß liefern, was für die weitere Verwendung der Ergebnisse für eine Clusteranalyse eine zwingende Voraussetzung ist (vgl. Silberer 2010 S. 11). Die Bestimmung der Ähnlichkeit bzw. Distanz bei Vorliegen von unidimensionalen Sequenzen erfolgt bei den oben angeführten Ansätzen grundsätzlich nach dem gleichen Schema: anhand der Operationen Hinzufügen (insertion), Löschen (deletion) und Ersetzen (substitution) wird der notwendige Aufwand der Transformation einer source sequence (s1) in eine target sequence (s2) ermittelt. Zumeist wird den Operationen Hinzufügen und Löschen der Wert bzw. Aufwand 1 zugewiesen (insertion = 1, deletion = 1). Ersetzen beinhaltet die Operationen
4.4 Ergebnisse
227
Löschen und Hinzufügen, daher wird dieser Operation zumeist der Wert bzw. Aufwand 2 zugewiesen (indel = 2). Für die einzelnen Operationen sind auch unterschiedliche Gewichtungen denkbar, die sich aus dem jeweiligen Untersuchungsgegenstand und der zugrunde liegenden Fragestellung ergeben können (vgl. Silberer et al. 2008). Für die Bestimmung der Ähnlichkeit werden Operationen solange durchgeführt, bis s1 und s2 identisch sind (vgl. Joh et al. 2002 S. 388). Die Summe der Aufwände aller hierfür notwendigen Operationen ergibt den Gesamtaufwand der vorgenommenen Transformation. Dieser entspricht der Ähnlichkeit zwischen den Sequenzen s1 und s2. Je geringer der Aufwand ist, desto ähnlicher sind sich die betrachteten Sequenzen. Für gewöhnlich ist davon auszugehen, dass mehrere Wege (trajectories) existieren, eine Sequenz in eine andere zu überführen, die in einem so genannten comparison table dargestellt werden können (vgl. Kruskal 1983 S. 215-220 sowie das Beispiel bei Joh et al. 2002 S. 388). Dies führt in Abhängigkeit der jeweils notwendigen Operationen zu Unterschieden bei der Bewertung der Ähnlichkeit der betrachteten Sequenzen. Im Rahmen der Sequenzanalyse hat sich als Maß für die Ähnlichkeit die Levenshtein-Distanz durchgesetzt (vgl. Levenshtein 1966). Diese entspricht dem minimalen Gesamtaufwand der (gewichteten) Operationen von allen möglichen unidimensionalen Sequenzvergleichen. Werden die Ergebnisse der einzelnen Sequenzvergleiche in einer Matrix zusammengefasst, erhält man eine Distanzmatrix, die die Grundlage für die Durchführung einer Clusteranalyse darstellt. Multidimensionaler Sequenzvergleich und Sequenzclusterung Die Ähnlichkeit zwischen zwei multidimensionalen Sequenzen werden ermittelt, indem der minimale Aufwand für die Transformation jeder einzelnen Dimension, der source sequence, mit Hilfe der oben beschriebenen Vorgehensweise in die entsprechende Sequenz der jeweiligen Dimension der target sequence überführt und anschließend die ermittelten Distanzen der einzelnen Dimensionen zu einem Maß für Ähnlichkeit der multidimensionalen Sequenzen addiert werden. Diese Vorgehensweise geht allerdings von der Annahme aus, dass die Ausprägungen der einzelnen Dimensionen voneinander unabhängig sind. Somit werden vorhandene Interdependenzen zwischen den einzelnen Dimensionen beim Sequenzvergleich nicht berücksichtigt. Dies ist bei den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen allerdings nicht der Fall, wie u.a. die Analyse der vertikalen und horizontalen Beziehungen zwischen den einzelnen Dimensionen in dieser Arbeit gezeigt hat (vgl. Abschnitt 4.4.2 & 4.4.3). Somit ist die Berücksichtigung dieser komplexen Interdependenzen in der Kundenkontaktsequenz bei der Bestimmung der Ähnlichkeit zwischen den erfassten multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen von besonderem Interesse. Daher wird in dieser Arbeit das Joh et al. (2002) vorgeschlagene Verfahren des Optimal Trajectory Multidimensional Sequence Alignment für den Sequenzvergleich verwendet, das die komplexen Beziehungen zwischen den einzelnen Dimensionen bei der Ermittlung der Ähnlichkeiten zwischen den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen berücksichtigt. Die unterschiedlichen Dimensionen der Sequenz werden bei Joh et al. (2002) als Attribute bezeichnet. Dieses Verfahren ermittelt den minimalen Aufwand der notwendigen Operationen, um eine multidimensionale source sequence in eine multidimensionale target sequence zu überführen (vgl. Joh et al. 2002 S. 389-395). Hierbei handelt
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4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
es sich um ein dreistufiges Verfahren, das auf den Ergebnissen bzw. der Menge der notwendigen Operationen – den sogenannten Operation Sets - der unidimensionalen Vergleiche jeder einzelnen Dimension basiert. Im Folgenden werden die einzelnen Schritte dieses Ansatzes vorgestellt. Schritt 1: Ermittlung unidimensionaler Operation Sets Im ersten Schritt des Verfahrens von Joh et al. (2002) werden für jede einzelne Dimension der multidimensionalen Kontaktsequenz alle möglichen Transformationen für die Überführung einer Dimension, der source sequence, in die entsprechende Dimension, der target sequence, ermittelt und die hierfür jeweils notwendigen Operationen zusammen mit der Position des Ereignisses, an der die betreffende Operation in der Sequenz durchgeführt wurde, in einem unidimensionalen Operation Set zusammengefasst. „Alignments can therefore be summarized by recording the operations, the positions to which these operations are applied, and the attributes on which the operations are applied, translating each trajectory into a set of operations“ (Joh et al. 2002 S. 391). Silberer (2010 S. 11) bezeichnet dies als dimensionsinternen Vergleich. Als Ergebnis erhält am für jede Dimension alle möglichen unidimensionalen Operation Sets. Bei der Bestimmung der Ähnlichkeit von zwei dreidimensionalen Sequenzen, die sich in jeder Dimension an mindestens einer Position unterscheiden, müssen somit mindestens drei unidimensionale Operation Sets ermittelt werden. Schritt 2: Ermittlung multidimensionaler Operation Sets Im zweiten Schritt des Verfahrens von Joh et al. (2002) wird überprüft, ob bei den unidimensionalen Sequenzvergleichen bei unterschiedlichen Dimensionen an derselben Position, d.h. beim selben Ereignis, identische Operationen in der multidimensionalen Sequenz durchgeführt wurden. Hierfür werden alle ermittelten unidimensionalen Operation Sets der dimensionsinternen Sequenzvergleiche miteinander verglichen. Zeigen sich bei diesem dimensionsübergreifenden Vergleich (vgl. Silberer 2010 S. 11) an einer bestimmten Position identische Operationen bei unterschiedlichen Dimensionen, gilt dies als Indikator für vertikale Interdependenzen zwischen den einzelnen Dimensionen der multidimensionalen Sequenzen (vgl. Joh et al. 2002 S. 390). Um diese Interdependenzen auch bei der Ermittlung der Ähnlichkeit zu berücksichtigen, werden die identischen Operationen für unterschiedliche Attribute eines Ereignisses zusammengefasst und im Folgenden integriert als eine einzelne Operation behandelt, um so den Aufwand für die Transformation zu verringern. Die derart zusammengefassten integrierten Operationen über mindestens zwei Dimensionen werden schließlich als Segment bezeichnet (vgl. ebda.). Unter Berücksichtigung der identifizierten Segmente werden nun wiederum Operation Sets ermittelt, die die einzelnen Operationen bezüglich einzelner Dimensionen enthalten, sowie die in den Segmenten zusammengefassten identischen Operationen des dimensionsübergreifenden Vergleichs. Diese bezeichnen Joh et al. (2002 S. 393) als multidimensionale Operation Sets. Hierbei ist wichtig festzuhalten, dass in der Regel nicht nur ein multidimensionales Operation Set existiert, sondern der dimensionsübergreifende
4.4 Ergebnisse
229
Vergleich der unidimensionalen Operation Sets ebenfalls zu mehreren multidimensionalen Operation Sets führt. Schritt 3: Ermittlung der multidimensionalen Ähnlichkeit Basierend auf den ermittelten multidimensionalen Operation Sets wird im dritten und letzten Schritt des Verfahrens von Joh et al (2002) eine Maßzahl für die Ähnlichkeit der betrachteten multidimensionalen Sequenzen bestimmt. Unter Berücksichtigung der Gewichtung für die unterschiedlichen Operationen wird für jedes ermittelte multidimensionale Operation Set der Gesamtaufwand berechnet. Hierbei kann neben der Gewichtung der einzelnen Operationen zusätzlich auch noch eine Gewichtung der unterschiedlichen Dimensionen der Kundenkontaktsequenz berücksichtigt werden, die wiederum einen Effekt auf das zu ermittelnde Ähnlichkeitsmaß haben (Joh et al. 2002 S. 394). Ausgehend von der Logik der LevenshteinDistanz wird schließlich der minimale Aufwand der multidimensionalen Sequenzvergleiche als Grundlage für die weiteren Analyseschritte verwendet. Ein anschauliches Beispiel für das grundsätzliche Prinzip des multidimensionalen Sequenzvergleichs und die Unterschiede zum unidimensionalen Ansatz kann bei Joh et al. (2002 S. 388-391) nachgelesen werden. In dieser Arbeit wurde die Ähnlichkeit zwischen den erfassten multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen (Dimension 1: Kundenkontakte, Dimension 2: Kontaktfunktionen, Dimension 3: Bedeutung der Kontakte) entlang des gesamten Kaufprozesses mittels der beschriebenen Vorgehensweise und den angeführten Gewichtungen für die einzelnen Operationen ermittelt. Hierfür wurde, anders als bei den vorhergehenden Auswertungen, keine Aggregation der zur Verfügung stehenden Sequenzdaten vorgenommen, um hieraus resultierende Informationsverluste über die Abfolge der Kontakte zu vermeiden. Die multidimensionalen Sequenzvergleiche wurden mit Hilfe der Software DANA40 durchgeführt (vgl. hierzu auch den Überblick im Anhang). Hierbei wurde im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse in beiden Branchen ebenfalls der Effekt unterschiedlicher Gewichtungen für einzelne Dimensionen der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz betrachtet. Hierbei ergaben sich zum Teil deutliche Überschneidungen zwischen den Clusterlösungen bei unterschiedlich gewichteten Dimensionen. In beiden Branchen legte die visuelle Inspektion der Dendogramme eine vier Clusterlösung bei gleichgewichteten Attributen der multidimensionalen Sequenzen nahe. Mit Hilfe des Single-Linkage Verfahrens wurde anschließend die entsprechende Distanzmatrix auf Ausreißer untersucht. Hierbei ergab sich in beiden Branchen eine vergleichsweise hohe Anzahl potenzieller Ausreißer. Bei einer weiteren Clusteranalyse mit Hilfe der Ward-Methode (vgl. Backhaus et al. 2008 S. 418) wurden diese potenziellen Ausreißer, mit wenigen Ausnahmen, in ein Cluster zusammengefasst, so dass letztendlich in beiden Branchen alle Probanden im Rahmen der Clusteranalyse berücksichtigt wurden. Im Folgenden werden die Ergebnisse der
40 DANA: Dissimilarity Analysis of Activity-travel patterns, wurde entwickelt von Joh, Chang-Hyeon., Theo A. Arentze and Harry J. P. Timmermans, Urban Planning Group, Eindhoven University of Technology (http://www.bwk.tue.nl/urb)
230
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
multidimensionalen Sequenzclusterung in beiden Branchen anhand der konstituierenden und weiterer beschreibender Variablen dargestellt und die erhaltenen Befunde anschließend miteinander verglichen und diskutiert. 4.4.6.1 Multidimensionale Sequenzclusterung und multidimensionale Sequenzcluster im Elektronikfachhandel Beschreibung der multidimensionalen Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand ihrer konstituierenden Variablen In Tabelle 46 werden die vier im Elektronikfachhandel identifizierten Cluster anhand ihrer multidimensionalen Zentroidsequenzen beschrieben. Hierfür wurde für jedes Cluster die multidimensionale Kundenkontaktsequenz ermittelt, die die geringste Distanz zu allen weiteren Sequenzen eines Clusters aufweist. Somit handelt es bei den angeführten Sequenzen nicht um künstlich berechnete Clusterzentren, sondern um tatsächlich in den Befragungen erfasste multidimensionale Kontaktsequenzen. Anhand des beschriebenen Vorgehens bei der Clusteranalyse wurden die N = 304 Teilnehmer im Elektronikfachhandel wie folgt in den vier Sequenzclustern zusammengefasst: CL1: n1 = 145 (47.7%), CL2: n2 = 55 (18.1%), CL3: n3 = 74 (20.7%), CL4: n4 = 30 (9.9%). Die in dieser Arbeit gewählte Vorgehensweise für die Erfassung der multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen ermöglicht die Berücksichtigung der Prozessphase, in der die einzelnen Kundenkontakte realisiert wurden. Diese fließen für eine erhöhte Aussagekraft in die Beschreibung der Clusterzentroide mit ein (siehe Tabelle 48). Mit Ausnahme des zweiten Clusters starten die multidimensionalen Zentroidsequenzen der weiteren Sequenzcluster mit einem Kontakt mit der Anbieter-Werbung (CL1: Zeitungswerbung, CL3: TV-Werbung, CL4: Werbung am PoS). Diese dienten vornehmlich dem Erhalt allgemeiner Information über die Leistungen des Anbieters sowie für Preisvergleiche. Darüber hinaus deuten die Zentroide der Cluster 1, 3 und 4 darauf hin, dass unterschiedliche Kontakte mit der Anbieter-Werbung in diesen Kundensegmenten insgesamt mit einem hohen Anteil im Kaufprozess realisiert wurden. Diese Kontakte wurden überwiegend im Zeitraum vor dem Kauf genutzt. Lediglich der Kontakt mit der Werbung am PoS des dritten Clusterzentroiden wurde von den Kunden in der Kaufphase realisiert und diente der gezielten Information über die Leistungen des Anbieters sowie sonstigen Kontaktfunktionen. Bezüglich der Bedeutung der Anbieter-Werbung deuten die Beurteilungen in den Zentroiden nur auf geringfügige Unterschiede zwischen dem ersten, dritten und vierten Sequenzcluster hin. Bezogen auf die weiteren Kontaktpunkte zeigt sich die besondere Stellung des Ladens für den Kauf, was einerseits die bereits angesprochene Stellung dieses Kontaktpunkts als Lead Channel (vgl. Specht & Fritz 2005 S. 174) unterstreicht und andererseits die geringe Funktionalität der weiteren Kontaktpunkte im Multi Channel Marketing des ausgewählten Anbieters im Elektronikfachhandel zur Durchführung einer Transaktion widerspiegelt. Wurden in den Zentroidsequenzen persönliche Kontakte mit dem Verkaufspersonal realisiert, dienten diese
4.4 Ergebnisse
231
vor allem Hilfestellungen und Beratungen der Kunden und wurden von den Kunden insgesamt als wichtig beurteilt. Tabelle 48: Beschreibung der Cluster im Elektronikfachhandel anhand ihrer Zentroidsequenzen Multidimensionale Zentroidsequenzen im Elektronikfachhandel Cluster 1 Kontakte
Zeitungswerbung
Funktionen
Preisvgl.
Bedeutung1
6
6
4
VK
VK
K
Prozessphase2
TV-Werbung >
Laden
allg. Info
>
Kauf
Cluster 2 Kontakte
allg. Info
Funktionen Bedeutung Prozessphase Cluster 3 Kontakte
>
allg. Info 5 VK
>
5 VK Zeitungswerbung
TV-Werbung
Bedeutung Prozessphase Cluster 4
Verkaufspersonal
gez. Info
5 VK
Funktionen
Kontakte
sonst. Internetseiten
Laden
>
gez. Info, Hilfestellungen & Beratungen 6 K Werbung am PoS
allg. Info
>
gez. Info, sonst. Fkt.
5 VK
Werbung am PoS
5 K
Werbung am PoS
Verkaufspersonal
Laden
Laden >
Kauf 6 K Verkaufspersonal Hilfestellung > & Beratung 6 K
Laden
Laden >
Kauf 6 K Verkaufspersonal
HilfestelHilfestellung Hilfestellung lung & > > Kauf > & Beratung & Beratung Beratung Bedeutung 5 5 4 6 6 6 Prozessphase VK VK VK VK K NK 1 Bedeutung: 1 = völlig unwichtiger Kontakt bis 6 = sehr wichtiger Kontakt; 2 VK = Vorkaufphase, K = Kaufphase, NK = Nachkaufphase Funktionen
allg. Info
>
allg. Info
>
Der Proband, der den ersten Clusterzentroiden stellt, hat die wenigsten Kontakte im Kaufprozess realisiert. Nach den sehr wichtigen Kontakten mit Zeitungs- und TV-Werbung in der Vorkaufphase, die für Preisvergleiche und gezielte Informationen genutzt wurden, hat diese Auskunftsperson das interessierende Produkt schließlich bei einem Besuch im Laden des Anbieters gekauft. Letztgenannter Kontakt war für diesen Kunden von deutlich geringerer Bedeutung und wurde lediglich als eher wichtiger Kontakt beurteilt. Der Proband, der das zweite multidimensionale Sequenzcluster repräsentiert, unterscheidet sich nicht nur durch die Länge seiner multidimensionalen Kontaktsequenz von den weiteren Clusterzentroiden, sondern auch durch die Art der realisierten Kundenkontakte. Diese Zentroidsequenz beinhaltet als einzige einen Kontakt mit dem Anbieter im Internet. Als ersten Kontakt realisiert dieser Kunde einen Besuch im Laden, um allgemeine Informationen über die Leistungen des Anbieters zu erhalten. Der folgende Kontakt mit sonstigen Internetseiten dient der gezielten Information. Diese beiden ersten Kontakte wurden in der Vorkaufphase realisiert und von der Auskunftsperson als wichtig beurteilt. In der Kaufphase erhält der Kunde weitere gezielte Informationen sowie Hilfestellungen und Beratungen in einem Gespräch
232
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
mit dem Verkaufspersonal und führt anschließend den Kauf im Laden durch. Diese beiden Kontakte hatten eine besonders hohe Bedeutung und wurden von dem Kunden als sehr wichtig beurteilt. Nach Kontakten mit TV- und Zeitungswerbung in der Vorkaufphase, die beide Funktionen der allgemeinen Information erfüllten und als wichtig beurteilt wurden, realisiert der Proband des dritten Clusterzentroiden in der Kaufphase einen Kontakt mit der Werbung am PoS, der dem Erhalt gezielter Informationen über die Leistungen des Anbieters diente und darüber hinaus noch sonstige Funktionen erfüllte. Dieser Kontakt wurde ebenfalls als wichtig beurteilt. Das anschließende Gespräch mit dem Verkaufspersonal diente dem Erhalt von Hilfestellungen und Beratungen und wurde ebenfalls, wie der darauf folgende Kauf im Laden, als sehr wichtiger Kundenkontakt bewertet. Der Befragungsteilnehmer, der den vierten Clusterzentroiden repräsentiert, weist die längste multidimensionale Zentroidsequenz der vier Cluster sowie einen hohen Anteil an Kundenkontakten in der Vorkaufphase auf (66.6%), die alle im Laden des Anbieters realisiert wurden. Auf zwei Kontakte mit Werbung am PoS, die den Kunden mit allgemeinen Informationen versorgten und vom Probanden als wichtig beurteilt wurden, folgte ein Gespräch mit dem Verkaufspersonal, das dem Erhalt von Hilfestellung und Beratungen diente, jedoch für den Kunden von geringerer Bedeutung war (eher wichtiger Kontakt). Der folgende Kontakt im Laden in diesem Zeitraum erfüllte ebenfalls diese Funktion. Es ist davon auszugehen, dass die Möglichkeit für einen direkten Produktkontakt am PoS für diesen Probanden von besonderer Bedeutung war und dieser Kontakt daher als sehr wichtig eingestuft wurde. Der anschließende Besuch im Laden in der Kaufphase diente dem Kauf des interessierenden Produkts. Der Repräsentant dieses Clusters realisierte als einziger, im Vergleich mit den ersten drei Clusterzentroiden, einen Kontakt in der Nachkaufphase. Dieser Kontakt mit dem Verkaufspersonal diente dem Erhalt von Hilfestellungen und Beratungen und wurde als sehr wichtiger Kontakt beurteilt. Beschreibung der multidimensionalen Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand der Dimensionen der Kundenkontakte Für die Beschreibung der vier Sequenzcluster im Elektronikfachhandel werden im Folgenden ausgewählte Unterschiede hinsichtlich der drei Dimensionen zwischen den Clustern berichtet. Insgesamt zeigen die Befunde, dass sich die identifizierten Cluster nicht nur hinsichtlich der Abfolge der Kundenkontakte in den multidimensionalen Sequenzen unterscheiden, sondern auch in der Anzahl und den Anteilen der realisierten Kundenkontakte, ihren (unterschiedlichen) Funktionen und ihrer Bedeutung im Kaufprozess. Die Befunde in Tabelle 49 zeigen, dass sich die Sequenzcluster in der Länge der multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen (F(3,301) = 16.938, p < .001) und in den Anteilen am häufigsten genutzten Kundenkontaktpunkte im Kaufprozess unterscheiden. Bei einem Vergleich der durchschnittlichen Anzahl an Kontakten mit einzelnen Kontaktpunkten zeigen die Befunde signifikante Unterschiede für die Nutzung des Ladens und die Kontakte mit dem Ver-
4.4 Ergebnisse
233
kaufspersonal im Kaufprozess. Wie anhand der Zentroidsequenzen zu erwarten war, realisierten die Probanden in Cluster 4 im Mittel die meisten Kontakte mit dem Verkaufspersonal und dem Laden des Anbieters im Kaufprozess (Laden: CL1: M = 1.37, SD = 0.51; CL2: M = 1.79, SD = 0.76; CL3: M = 1.74, SD = 0.75; CL4: M = 1.89, SD = 0.74; F(3, 298) = 9.35, p < .001; Verkaufspersonal: CL1: M = 1.16, SD = 0.43; CL2: M = 1.48, SD = 0.77; CL3: M = 1.41, SD = 0.58; CL4: M = 1.54, SD = 0.58; F(3, 190) = 3.09, p < .05). Tabelle 49: Beschreibung der Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand ausgewählter Kundenkontakte Länge der Kontaktsequenz M (SD)1 Kontakt in VK gehabt? Anzahl an Kontakten M (SD) Anbieter-Werbung TV-Werbung Werbung in Tageszeitungen und Anzeigenblättern Werbung in Zeitschriften Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Ladengeschäft Verkaufspersonal Kontakt in K gehabt? Anzahl an Kontakten M (SD) Werbung am PoS Ladengeschäft Verkaufspersonal Servicepersonal Kontakt in NK gehabt? Anzahl an Kontakten M (SD) Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Ladengeschäft Verkaufspersonal Servicepersonal
Cluster 1 5.19 (2.4)
Cluster 2 6.64 (2.9)
Cluster 3 7.26 (2.5)
Cluster 4 7.83 (2.3)
***
Vorkaufphase (VK) 90.9 89.72 3.46 (1.9) 2.81 (1.8)
73.4 3.02 (2.1)
100 4.17 (1.8)
n.s **
88.93 50.34
83.6 32.7
89.1 54.1
100 66.7
n.s. *
48.3
43.6
62.2
83.3
**
46.9 24.1 30.3 31.7 2.8
43.6 20.0 36.4 47.3 30.9
54.1 20.3 28.4 54.1 24.3
76.7 30.0 30.0 43.3 16.7
* n.s. n.s. ** ***
100
100 2.73 (1.1)
n.s. ***
6.8
40.0 100 86.7 3.3
* n.s. *** n.s.
23.0 2.50 (1.2)
43.3 2.15 (0.6)
*** n.s
1.4 4.1 18.9 14.9 10.8
3.3 40.0 30.0 20.0
n.s. *** *** *
Kaufphase (K) 100 100 2.18 (1.1) 3.00 (1.2) 39.3 100 31.0 3.4
34.5 100 96.4 10.9
Nachkaufphase (NK) 7.6 23.6 2.00 (0.8) 2.31 (1.1) 1.4 5.5 3.4 5.5
18.2 10.9 18.2
3.10 (1.1) 31.1 100 85.1
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 Mittelwert (Standardabweichung); 2 bedeutet, dass 73.4% der Kunden aus Cluster 1 einen Anbieter-Kontakt in der Vorkaufphase hatten; 3 bedeutet, dass 88.9% der Probanden in Cluster 1 einen Kontakt mit der Anbieter-Werbung in der Vorkaufphase hatten; 4 bedeutet, dass 50.3% der Kunden aus Cluster 1 einen Kontakt mit der TV-Werbung des Anbieters in der Vorkaufphase hatten (Mehrfachnennungen möglich).
Überdies zeigen die Ergebnisse in Tabelle 49 signifikante Unterschiede bei der durchschnittlichen Anzahl der Kundenkontakte in der Vorkauf- (F(3,231) = 5.124, p < .01) und der Kaufphase (F(3,300) = 13.770, p < .001). Bezogen auf die durchschnittliche Anzahl an Kundenkontakten entlang der einzelnen Prozessphasen ist lediglich für das vierte Sequenzcluster ein
234
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
signifikanter Unterschied festzuhalten (Hotelling-Spur F(2,11) = 6.599, p < .05). Hierbei zeigen die Ergebnisse, dass diese Probanden im Mittel die höchste Anzahl an Kundenkontakten in der Vorkaufphase realisieren. Weiterhin zeigen die Befunde der χ2-Tests, dass die vier Cluster in der Vorkaufphase insbesondere in den Anteilen der Kundenkontakte mit der Anbieter-Werbung, dem Laden und dem Verkaufspersonal differieren. In der Kauf- und Nachkaufphase sind wiederum signifikante Unterschiede hinsichtlich der Anteile von Kontakten mit der Anbieter-Werbung am Point-ofSale, von persönlichen Kontakten mit dem Verkaufs- und Servicepersonal sowie der Anteile der Kontakte mit dem Ladengeschäft festzuhalten. Die Kunden im ersten Cluster realisierten entlang des gesamten Kaufprozesses die wenigsten Kontakte. Dies bezieht sich nicht nur auf die Länge der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz, sondern zeigt sich auch anhand der Anteile realisierter Kundenkontakte mit angeführten Kontaktpunkten in der Vorkauf- und Nachkaufphase entlang des Kaufprozesses. Kunden des ersten Sequenzclusters realisierten, bezogen auf die relativen Häufigkeiten, die wenigsten Kontakte mit dem Ladengeschäft und dem Verkaufspersonal in der Vorkaufphase. Auch in den weiteren Phasen wurden persönliche Kontakte nur mit geringem Anteil von diesen Kunden realisiert. In allen Kaufprozessphasen realisierten sie im Mittel die geringste Anzahl an Kundenkontakten. Wie aufgrund der ersten Dimension des Clusterzentroiden erwartet werden konnte, zeichnen sich die Kunden in Cluster 2 durch den höchsten Anteil an AnbieterKontakten mit sonstigen Internetseiten in der Vorkaufphase aus. In diesem Zusammenhang deuten die in diesem Zeitraum vergleichsweise hohen Anteile an Besuchen im Laden und an Kontakten mit dem Verkaufspersonal auf eine intensive Informationssuche und einen intensiven Alternativenvergleich im Rahmen der Entscheidungsfindung hin. Solche reichhaltigen Kontaktpunkte (vgl. Daft et al. 1987 S. 358, Abschnitt 2.1.2) haben für diese Kunden in der Kaufphase ebenfalls eine besondere Stellung. So realisierten die Kunden des zweiten Clusters die höchsten Anteile an persönlichen Kontakten mit dem Verkaufs- und Servicepersonal. In der Nachkaufphase hatten diese Kunden vor allem Kontakte mit dem Ladengeschäft und dem Servicepersonal. Besuche im Laden des Anbieters in der Vorkaufphase sind charakteristisch für die Probanden im dritten Cluster. Mehr als die Hälfte dieser Kunden realisierten mindestens einen derartigen Kontakt in diesem Zeitraum. Dieser Kontaktpunkt wurde in der Kauf- und Nachkaufphase von diesen Kunden ebenfalls häufig genutzt und nimmt somit eine besondere Stellung im Kaufprozess ein. Die Kunden im Cluster 4 realisierten im Mittel die höchste Anzahl an Kundenkontakten im Kaufprozess. In der Vorkaufphase nutzten diese Probanden vor allem Kontakte mit unterschiedlichen Maßnahmen der Anbieter-Werbung. Auch in der Kaufphase haben sie am häufigsten Kontakte mit Anbieter-Werbung am Point-of-Sale sowie mit dem höchsten Anteil Kontakte in der Nachkaufphase realisiert. Aber nicht nur bei der isolierten Betrachtung der Anzahl und Anteile einzelner Kontaktpunkte ergeben sich signifikante Unterschiede zwischen den Clustern, sondern ebenfalls bezüglich
4.4 Ergebnisse
235
der Abfolge der Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses. Ein Vergleich der vier Sequenzcluster, bezogen auf die zehn häufigsten 2’er Substrings (vgl. Tabelle 28 S. 203), zeigt, dass in Cluster 2 der Substring Laden → Verkaufspersonal mit dem höchsten Anteil im Kaufprozess beobachtet wurde (CL1: 21.4%, CL2: 74.5%, CL3: 51.4%, CL4: 53.3%, χ2(3) = 53.63, p < .001). Der Substring Anbieter-Werbung → Laden ist im vierten Cluster am häufigsten zu finden (CL1: 35.3%, CL2: 38.2%, CL3: 52.7%, CL4: 56.7%, χ2(3)=9.23, p<.05). Gleiches gilt für zwei direkt aufeinander folgende Kontakte mit der Anbieter-Werbung (CL1: 29.0%, CL2: 38.3%, CL3: 41.9%, CL4: 60.0%, χ2(3) = 11.63, p < .01) sowie für den Substring Verkaufspersonal → Laden (CL1: 4.1%, CL2: 36.4%, CL3: 27.0%, CL4: 36.7%, χ2(3) = 41.17, p < .001). Darüber hinaus zeigen sich ebenso Unterschiede bezüglich der interessantesten Subsequenzen entlang des Kaufprozesses (vgl. Tabelle 32 S. 230). Zur Identifikation dieser Unterschiede wurden auf Ebene der einzelnen Cluster Assoziationsregeln, basierend auf den Kundenkontaktsequenzen, ermittelt (minsupp. = 0.2, minkon. = 0.5). Die Befunde zeigen, dass die Subsequenz Anbieter-Werbung ⇒ Laden vor allem bei den Kunden des zweiten Clusters im Kaufprozess zu erwarten ist (CL1: supp. = .496, kon.= 1.00; CL2: supp .= .621, kon.=1.00; CL3: supp.=.541, kon.=.717; CL4: supp. = .600, kon. = .900). Weiterhin zeigen die Interessantheitsmaße, dass eine Kombination eines Kontakts mit dem Ladengeschäft, gefolgt von einem Kontakt mit dem Verkaufspersonal, insbesondere von Kunden des dritten und vierten Clusters in der Kundenkontaktsequenz realisiert wird (Laden ⇒ Verkaufspersonal: CL1: supp. = .331, kon. = 1.00; CL2: supp. = .356, kon. = 1.00; CL3: supp. = .892, kon. = .892; CL4: supp. = .847, kon. = .929). Zwei aufeinander folgende Kontakte mit der Anbieter-Werbung sowie die Subsequenz Anbieter-Werbung ⇒ Verkaufspersonal ist vor allem in den Kontaktsequenzen des vierten Clusters zu erwarten (Anbieter-Werbung ⇒ Anbieter-Werbung: CL1: supp. = .459, kon. = .850; CL2: supp. = .338, kon. = .681; CL3: supp. = .467, kon. = .837; CL4: supp. = .667, kon. = 1.00; Anbieter-Werbung ⇒ Verkaufspersonal: CL1: Vorgaben nicht erfüllt; CL2: supp. = .338, kon. = .681; CL3: supp. = .662, kon. = .837; CL4: supp. = .866, kon. = .866). Die Ergebnisse in Tabelle 50 zeigen Unterschiede hinsichtlich der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Kaufprozess sowie bezüglich der Anteile einzelner Funktionen der Kundenkontakte zwischen den Sequenzclustern. Bei der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen, bezogen auf den gesamten Kaufprozess, zeigen die Befunde hoch signifikante Unterschiede zwischen den vier Clustern (F(3, 301) = 25.331, p < .001). Die meisten unterschiedlichen Funktionen erfüllen die Kundenkontakte für die Kunden in Cluster 4, während die Probanden im ersten Cluster die Kontaktpunkte am wenigsten differenziert im Kaufprozess nutzen. Bezogen auf einzelne Prozessphasen sind diesbezüglich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Sequenzclustern festzuhalten.
236
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Tabelle 50: Beschreibung der Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand der Funktionen ausgewählter Kontaktpunkte Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen M (SD)1
Cluster 1
Cluster 2
Cluster 3
Cluster 4
3.83 (1.2)
4.96 (1.4)
5.09 (1.5)
5.50 (1.3)
***
Vorkaufphase (VK) Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in VK M (SD)
3.01 (2.3)
3.09 (2.0)
3.70 (2.4)
3.27 (2.1)
n.s.
Anbieter-Werbung (gesamt) allgemeine Information gezielte Information Preisvergleich
77.92 11.0 37.9
65.5 22.0 38.2
75.7 28.4 58.1
100 33.3 76.7
** ** ***
Ladengeschäft allgemeine Information gezielte Information Preisvergleich Hilfestellungen & Beratungen
39.1 60.9 56.5 2.2
46.2 57.7 50.0 3.8
47.5 79.6 60.0 17.5
30.8 84.6 76.9 15.4
* * * *
0.7
3.8
22.2
15.4
**
25.0
11.8
5.6
20.0
*
25.0
52.9
72.2
60.0
***
Verkaufspersonal allgemeine Information Hinweis auf Gelegenheit zum Kauf Hilfestellungen & Beratungen
Kaufphase (K) Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in K M (SD)
3.52 (1.4)
3.53 (1.98)
4.13 (2.6)
3.59 (1.6)
n.s.
Werbung am PoS allgemeine Information
36.4
85.7
56.5
50.0
*
Verkaufspersonal allgemeine Information gezielte Information Hilfestellungen & Beratungen
31.0 21.8 25.4
96.4 73.6 79.9
85.1 80.4 88.9
86.7 57.7 69.2
*** *** ***
Nachkaufphase (NK) Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in NK M (SD)
1.74 (1.4)
1.72 (0.9)
2.02 (1.5)
2.00 (1.1)
n.s.
Ladengeschäft Hilfestellungen & Beratungen
75.0
50.0
85.7
58.3
**
Verkaufspersonal Hilfestellungen & Beratungen Beschwerde
23.0 8.7
63.3 16.7
90.9 36.4
77.8 66.7
* *
Servicepersonal Hilfestellungen & Beratungen
75.0
20.0
100
66.7
**
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 Mittelwert (Standardabweichung); 2 bedeutet, dass 77.9% der Kunden aus Cluster 1, die einen Kontakt mit der Anbieter-Werbung in der Vorkaufphase hatten, diesen für allgemeine Informationen genutzt haben (Mehrfachnennungen möglich).
Die Kunden des ersten Clusters nutzen die Kontaktpunkte des Anbieters am wenigsten differenziert, während die Kontakte für die Auskunftspersonen des vierten Clusters am meisten unterschiedliche Funktionen erfüllen. Insgesamt erfüllen die Kontakte in der Kaufphase die meisten unterschiedlichen Funktionen für die Kunden in allen Clustern. Diese Befunde konn-
4.4 Ergebnisse
237
ten bereits anhand der Ausprägungen der zweiten Dimension der angeführten Clusterzentroide in Tabelle 48 erwartet werden. Auch für die Kunden des zweiten und dritten Clusters erfüllen die Kontakte vergleichsweise vielfältige unterschiedliche Funktionen entlang des Kaufprozesses. Bei einem Vergleich der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen innerhalb der einzelnen Sequenzcluster zeigen sich für die Probanden im ersten, zweiten und dritten Cluster hoch signifikante Unterschiede zwischen den betrachteten Prozessphasen (CL1: F(2, 57) = 17.669, p < .001; CL2: Hotelling-Spur F(2,22) = 30.561, p < .001; CL3: Hotelling-Spur F(2,30) = 26.176, p < .001; CL4: Hotelling-Spur F(2, 13) = 2.259, p = .144). Bezogen auf die durchschnittliche Anzahl einzelner Kontaktfunktionen ergibt sich ein signifikanter Unterschied für die Funktion gezielte Information. Für allgemeine Informationen sowie Hilfestellungen und Beratungen sind tendenziell (p < .1) signifikante Unterschiede festzuhalten. Für allgemeine Informationen wurden die Kontakte vor allem von den Kunden des dritten Clusters im Kaufprozess genutzt (CL1: M = 2.69, SD = 1.48; CL2: M = 2.34, SD = 1.35; CL3: M = 3.09, SD = 1.57; CL4: M = 2.72, SD = 1.16; F(3, 252) = 2.416, p = .067). Ebenso haben die Kunden im dritten Cluster am häufigsten Kontakte für Hilfestellungen und Beratungen genutzt (CL1: M = 1.24, SD = 0.73; CL2: M = 1.81, SD = 1.39; CL3: M = 1.89, SD = 1.60; CL4: M = 1.66, SD = 0.87; F(3, 165) = 2.408, p = .069). Der Erhalt von gezielten Informationen bei den Kontakten stand bei den Probanden in Cluster 4 im Kaufprozess im Vordergrund (CL1: M = 2.15, SD = 1.09; CL2: M = 2.65, SD = 1.55; CL3: M = 2.88, SD = 1.67; CL4: M = 3.23, SD = 1.77; F(3, 257) = 5.807, p < .001). Bezogen auf die Anteile einzelner Funktionen der Kundenkontakte zeigen die Ergebnisse der χ2-Tests in Tabelle 48, dass sich die Sequenzcluster in der Vorkaufphase insbesondere hinsichtlich der Funktionen der Kontakte mit der Anbieter-Werbung insgesamt unterscheiden. Diese Kontakte wurden vornehmlich für allgemeine Informationen genutzt, vor allem von den Kunden im vierten Sequenzcluster. Auffällig sind die zum Teil erheblichen Unterschiede für die Funktionen gezielte Information und Preisvergleiche zwischen den Clustern. Während die Kunden des ersten und zweiten Clusters die Kontakte mit der Anbieter-Werbung nur mit einem vergleichsweise geringen Anteil für Preisvergleiche nutzen, erfüllen derartige Kontakte für die Probanden in Cluster 3 und Cluster 4 diese Funktion mit einem deutlich höheren Anteil. Weiterhin sind Unterschiede zwischen den Clustern für die Funktionen der Kontakte mit dem Ladengeschäft und dem Verkaufspersonal im Zeitraum vor dem Kauf festzuhalten. Insbesondere zeigen sich diese Unterschiede bei Kontakten mit dem Verkaufspersonal für allgemeine Informationen sowie für Hilfestellungen und Beratungen. In der Kaufphase lassen sich anhand der Befunde in Tabelle 48 tendenzielle Unterschiede (p < .1) für die Funktionen allgemeine Informationen sowie Hilfestellungen und Beratungen bei Kontakten mit unterschiedlichen Maßnahmen der Anbieter-Werbung insgesamt feststellen. Insbesondere sind aber in diesem Zeitraum Unterschiede bei Kontakten mit dem Verkaufspersonal festzustellen. Für Kunden des ersten Sequenzclusters, die solche Kontakte mit einem
238
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
geringen Anteil realisiert haben, erfüllen die persönlichen Kontakte nur wenige Funktionen in diesem Zeitraum. Die Befunde für die verbleibenden Cluster deuten hingegen darauf hin, dass die Kontakte mit dem Verkaufspersonal die angeführten Funktionen mit deutlich höheren Anteilen erfüllen, was insgesamt auf eine differenzierte Nutzung dieses Kontaktpunktes schließen lässt. In der Nachkaufphase zeigen sich signifikante Unterschiede bei den Anteilen der Funktionen Hilfestellungen und Beratungen sowie Beschwerden für die Kontakte mit dem Ladengeschäft und bei persönlichen Kundenkontakten (vgl. Tabelle 50). Vor allem für die Kunden des vierten Clusters waren diese hohen Anteile anhand des Clusterzentroiden zu erwarten, der als einziger einen Kontakt in der Nachkaufphase beinhaltet. Bezüglich der Bedeutung der Kundenkontakte zeigen die Befunde der Mittelwertvergleiche in Tabelle 51 deutliche Unterschiede zwischen den vier Sequenzclustern. Insgesamt haben die realisierten Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses für die Kunden des zweiten Clusters die höchste Bedeutung, während sie für die Probanden im ersten Cluster von vergleichsweise geringer Bedeutung sind (F(3,301) = 6.538, p <. 001). Tabelle 51: Beschreibung der Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand der Bedeutung ausgewählter Kontaktpunkte Cluster 1 Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess M (SD)1
4.21 (1.1)
2
Cluster 2
Cluster 3
Cluster 4
4.94 (1.3)
4.91 (1.1)
4.02 (0.8)
***
Vorkaufphase (VK) Bedeutung der Kundenkontakte in VK M (SD) Anbieter-Werbung Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Ladengeschäft Verkaufspersonal
4.17 (1.5)
3.28 (1.6)
3.43 (1.2)
3.43 (1.2)
***
4.41 (0,.9) 4.61 (1.7) 4.00 (1.8) 4.39 (1.8) 3.49 (1.9)
3.49 (1.1) 3.73 (2.1) 4.75 (1.5) 4.88 (1.4) 5.35 (1.1)
3.88 (1.0) 4.25 (1.8) 4.53 (1.6) 4.74 (1.2) 4.67 (1.2)
3.76 (0.9) 4.89 (1.3) 5.00 (1.4) 4.92 (0,8) 4.80 (1.1)
*** n.s. n.s. ** *
Kaufphase (K) Bedeutung der Kundenkontakte in K M (SD) Anbieter-Werbung Ladengeschäft Verkaufspersonal
4.37 (1.4)
5.09 (0.8)
4.59 (0.9)
4.24 (1.1)
***
3.59 (1.8) 4.84 (1.5) 3.94 (1.8)
4.00 (1.3) 5.27 (1.3) 5.45 (0.7)
3.65 (1.6) 5.04 (1.1) 5.03 (1.2)
3.17 (1.8) 4.37 (1.5) 4.58 (1.3)
* * ***
Nachkaufphase (NK) Bedeutung der Kundenkontakte in NK M (SD) Ladengeschäft Verkaufspersonal Servicepersonal
5.27 (0.9)
5.75 (0.4)
5.02 (0.8)
5.18 (1.0)
n.s.
5.13 (1.1) 5.80 (0.4) 5.62 (0.7)
5.60 (0.5) 5.67 (0.5) 5.80 (0.6)
5.24 (0.9) 4.90 (0.8) 5.25 (0.8)
5.17 (1.5) 5.22 (1.1) 5.67 (0.5)
n.s. n.s. n.s.
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 Mittelwert (Standardabweichung); 2 Bedeutung: 1 = völlig unwichtiger Kontakt bis 6 = sehr wichtiger Kontakt.
4.4 Ergebnisse
239
Hinsichtlich des Verlaufs der durchschnittlichen Kontaktbedeutung entlang aller Kaufprozessphasen ergeben sich für die einzelnen Cluster keine signifikanten Unterschiede. Bezogen auf einzelne Prozessphasen sind in der Vorkauf- und Kaufphase deutliche Differenzen bei der durchschnittlichen Kontaktbedeutung festzuhalten. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass die Kunden des ersten Clusters den Kontakten in der Vorkaufphase die höchste Bedeutung beimessen. Dies gilt vor allem für die Kontakte mit der Anbieter-Werbung in diesem Zeitraum, die von diesen Teilnehmern am wichtigsten beurteilt wurden. Weiterhin zeigen sich signifikante Unterschiede hinsichtlich der Bedeutung des Ladens und des Verkaufspersonal im Zeitraum vor dem Kauf. In der Kaufphase unterscheidet sich die Bedeutung des Ladens und des Verkaufspersonals ebenfalls zwischen den Sequenzclustern. Für die Kunden des zweiten und dritten Clusters hatten diese Kontakte die höchste Bedeutung in dieser Phase und erfüllten vielfältige Funktionen. In diesem Zusammenhang überrascht, dass für die Probanden, die das vierte Cluster repräsentieren, die Kontakte mit dem Verkaufspersonal in dieser Phase von vergleichsweise geringer Bedeutung sind, obwohl diese mit einem hohen Anteil in diesem Zeitraum realisiert und für vielfältige Funktionen von den Kunden genutzt wurden (vgl. Tabelle 47, Tabelle 48). Für die Nachkaufphase sind keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Bedeutung der Kundenkontakte zwischen den Clustern festzuhalten. Werden in dieser Phase Kontakte zwischen Anbieter und Kunden realisiert, sind diese, aufgrund der vorherrschenden Kontaktfunktionen Hilfestellungen und Beratungen sowie Beschwerden in diesem Zeitraum für die Kunden von hoher Bedeutung. Beschreibung der multidimensionalen Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand der personenbezogenen und situativen Determinanten Die vorhergehenden Ergebnisse haben vielfältige Unterschiede hinsichtlich der einzelnen Dimensionen der Sequenzcluster aufgedeckt. Bleibt die Frage, in wie weit sich die vier Cluster hinsichtlich der Determinanten unterscheiden. Die Ergebnisse in Tabelle 52 zeigen für die personenbezogenen Ursachen lediglich signifikante Unterschiede beim Alter und beim (Haushalts-) Netto-Einkommen zwischen den Clustern. Allerdings lässt sich kein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Alter und den Unterschieden in den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen feststellen. Zwar hat das Cluster mit den insgesamt jüngsten Kunden die kürzeste multidimensionale Kundenkontaktsequenz realisiert, jedoch deuten die weiteren Ergebnisse nicht darauf hin, dass mit steigendem Alter auch längere Kontaktsequenzen einhergehen. Die Unterschiede der situativen Ursachen zwischen den Clustern lassen allerdings verschiedene Zusammenhänge zwischen diesen Determinanten und den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen vermuten. Hierbei zeigen sich deutliche Unterschiede hinsichtlich des Komplexitätsgrads und des Preises zwischen den vier Clustern. Die Probanden in Cluster 1 kauften vor allem Musik-CD’s, DVD’s sowie Software und Videospiele (37.3%). Diese Kunden haben insgesamt auch die wenigsten Kontakte im Kaufprozess realisiert. Während die multidimensionalen Kontaktsequenzen in Cluster 2 zumeist mit Kaufprozessen für den
240
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Erwerb von Elektrokleingeräten und PC-Hardware einhergingen (30.9%). Die Probanden des dritten Clusters haben in hohem Maß Produkte mit einem mittleren und hohen Komplexitätsgrad erworben und insgesamt mehr Kundenkontakte für mehr unterschiedliche Funktionen mit einer hohen Bedeutung im Kaufprozess realisiert. Hier haben die Befragten vor allem PCZubehör (17.6%), Produkte aus der Fotoabteilung (z.B. Digitalkameras) (18.9%) und der Kategorie Büro und Telekommunikation (6.8%) erworben. Tabelle 52: Beschreibung der Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand der Determinanten der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz Cluster 1 Alter M (SD)1 Geschlecht (Anteil Frauen) derzeitige Tätigkeit Selbständig Angestellt Beamte Berentet Studierende/Schüler in Ausbildung sonstige Tätigkeit
Cluster 2
personenbezogene Ursachen 33.72 43.27 (12.1) (15.4) 2 43.4 50.9
HH-Nettoeinkommen M (SD)4 5
Internetnutzung M (SD)
3
Cluster 3 39.67 (14.1) 50.0
5.6 32.6 7.6 3.5 37.5 6.9 1.4
14.5 36.4 10.9 21.8 3.6
12.2 44.6 4.1 9.3 17.6 2.7 1.5
3.45 (2.3)
4.56 (2.26)
4.67 (2.4)
1.88 (1.3)
1.75 (1.2)
1.82 (1.3)
Cluster 4 36.51 (12.9) 60.0 13.3 43.3 6.7 33.0 4.78 (2.6) 1.73 (1.2)
*** n.s.
n.s.
** n.s.
situative Ursachen Komplexitätsgrad Niedrig Mittel Hoch Produktpreis in Euro M (SD) Kaufmotiv Bedarf Interesse am Produkt altes Gerät defekt Geschenk durch Werbung aufmerksam geworden Angebot räumliche Erreichbarkeit8 M (SD) Privatkommunikation Gespräche geführt Anzahl der Gespräche M (SD) Einfluss der Gespräche10 M (SD)
58.36 34.7 6.9 61.57 (156.3)
59.3 22.2 18.5 329.74 (452.1)
27.8 38.9 33.3 128.5 (208.4)
25.0 43.8 31.3 172.83 (258.9)
44.87 27.3 14.7 4.2
40.0 20.0 16.3 12.7
36.5 24.3 31.1 8.1
46.7 10.0 16.6 13.3
-
2.8
-
-
6.3 15.33 (59.9)
5.5 17.22 (56.1)
12.14 (31.5)
6.7
29.09 3.12 (4.2) 3.59 (1.9)
58.2 3.37 (3.1) 3.68 (1.93)
47.3 2.41 (1.6) 3.80 (1.8)
*** ***
n.s.
8.12 (1.5)
n.s.
56.7 1.88 (2.0) 3.53 (1.6)
*** n.s. n.s.
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 Mittelwert (Standardabweichung); 2 43.4% der Probanden in Cluster 1 sind weiblich; 3 5.6% der Probanden in Cluster 1 haben die Tätigkeit selbständig ausgeübt; 4 HH-Netto-Einkommen: 1 = bis 500 Euro bis 9 = mehr als 4000 Euro; 5 durchschnittliche Internetnutzung 1 = weniger als einmal in der Woche bis 5 = mehrmals täglich; 6 58.3% der Probanden in Cluster 1 erwarben ein Produkt mit einem niedrigen Komplexitätsgrad; 7 bedeutet, dass 44.8% der Probanden in Cluster 1 als Kaufmotiv Bedarf angegeben haben; 8 Entfernung (in km) von der Wohnung bis zum nächstgelegenen Laden des Anbieters; 9 bedeutet, dass 29.0% der Probanden in Cluster 1 Gespräche im privaten Umfeld im Zusammenhang mit dem Kauf geführt zu haben; 10 Einfluss: 1 = gar kein Einfluss bis 6 = sehr großer Einfluss.
4.4 Ergebnisse
241
Der hohe Anteil an Produkten mit einem niedrigen Komplexitätsgrad in Cluster 4 überrascht. Diese Kunden haben im Mittel die meisten Kontakte im Kaufprozess realisiert, aber zumeist Leistungen aus der Kategorie Kleinteile und Zubehör gekauft (40.0%). Aufgrund der langen multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen waren für dieses Cluster eigentlich mehr Käufe von Leistungen mit einem hohen Komplexitätsgrad und einem höheren Produktpreis zu erwarten. Ebensolche Unterschiede zwischen den Clustern sind auch für den Preis der erworbenen Leistung festzuhalten. Somit ist auch von einem Einfluss des Preises der nachgefragten Leistung auf die einzelnen Dimensionen der Kundenkontaktsequenz auszugehen und ebenso auf die Abfolge – die Sequenz – der Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses. Weiterhin zeigen sich Unterschiede hinsichtlich der Anteile der Gespräche im privaten Umfeld im Zusammenhang mit dem Kauf. Die höchsten Anteile solcher Gespräche sind hierbei für die Probanden in Cluster 2 und Cluster 4 zu beobachten. Beschreibung der multidimensionalen Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand der finalen Größen Bei den Effekten der multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen zeigen sich Unterschiede hinsichtlich einzelner Aspekte der leistungs- und prozessbezogenen Kundenzufriedenheit, des wahrgenommenen Risikos, des Vertrauens sowie einzelner Dimensionen der Kundenloyalität (vgl. Tabelle 53). Vor allem die Kunden des zweiten Clusters sind mit den einzelnen leistungsbezogenen Aspekten besonders zufrieden. Sie haben im Kaufprozess insgesamt vergleichsweise wenige Kontakte realisiert, auch nur wenige Kontakte mit der Anbieter-Werbung im Kaufprozess und weisen insgesamt die höchste Zufriedenheit mit den prozessbezogenen Merkmalen der Kundenzufriedenheit auf. Auffällig ist, dass die Kunden des vierten Clusters insgesamt am wenigsten mit den unterschiedlichen leistungs- und prozessbezogenen Aspekten zufrieden sind. Hierbei ist vor allem ein Einfluss der nachgefragten Leistung anzunehmen, was sich ebenfalls in dem vergleichsweise hohen wahrgenommenen Risiko und dem relativ geringen Vertrauen dieser Probanden gegenüber dem Anbieter zeigt. Hinsichtlich der einzelnen Dimensionen der Kundenloyalität ist lediglich ein Unterschied bei der Weiterempfehlung des Anbieters wegen der letzten Transaktion festzuhalten. Hier zeigen die Befunde, dass die Kunden des zweiten Clusters den Anbieter am häufigsten weiterempfohlen haben.
242
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Tabelle 53: Beschreibung der Sequenzcluster im Elektronikfachhandel anhand der Effekte der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen Cluster 1
Cluster 2
Cluster 3
Cluster 4
Kundenzufriedenheit leistungsbezogene Kundenzufriedenheit M (SD)1 Produkt und Preis Angebot insgesamt Anbieter insgesamt Preise insgesamt Erreichbarkeit Anbieter im Vergleich zur Konkurrenz
4.93 (1.0) 2 4.78 (0.7) 4.75 (0.8) 4.43 (0.9) 5.24 (0.8) 4.58 (0.8)
5.33 (0.8) 5.09 (0.7) 5.07 (0.9) 4.85 (0.8) 5.27 (1.0) 4.93 (0.7)
4.82 (0.9) 4.77 (0.7) 4.79 (0.6) 4.53 (0.7) 5.15 (0.8) 4.63 (0.8)
4.13 (1.5) 4.52 (0.8) 4.57 (0.9) 4.30 (0.6) 5.20 (0.7) 4.45 (0.9)
*** ** * ** n.s. *
prozessbezogene Kundenzufriedenheit M (SD) Service in der Vorkaufphase Service in der Kaufphase Service in der Nachkaufphase
3.81 (1.3) 3.86 (1.4) 4.70 (1.7)
5.85 (0.3) 5.43 (0.7) 5.38 (1.0)
4.82 (0.5) 4.93 (0.6) 5.00 (0.8)
4.03 (0.2) 4.24 (0.8) 4.83 (1.3)
*** *** n.s.
wahrgenommenes Risiko M (SD) Vertrauen M (SD)
2.27 (1.1)3 4.60 (1.1)4
1.81 (0.8) 5.11 (0.8)
1.89 (0.8) 4.76 (0.8)
2.40 (1.1) 4.37 (1.1)
** **
97.95 5.40 (1.0) 1.15 (1.2)
100 5.51 (0.8) 1.09 (1.3)
100 5.41 (0.8) 1.34 (1.2)
96.7 5.43 (0.8) 1.47 (1.1)
n.s. n.s.
1.16 (0.6)
1.49 (0.8)
1.26 (0.6)
1.23 (0.7)
*
Kundenloyalität Wiederkaufbereitschaft Wiederkaufwahrscheinlichkeit6 Weiterempfehlung allgemein7 Weiterempfehlung wegen des letzten Kaufs
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 Mittelwert (Standardabweichung); 2 3 Kundenzufriedenheit: 1 = sehr unzufrieden bis 6 = sehr zufrieden; wahrgenommenes Risiko: 1 = überhaupt nicht 4 risikoreich bis 6 = sehr risikoreich ; Vertrauen: 1 = gar nicht vertrauensvoll, 6 = sehr vertrauensvoll; 5 bedeutet, dass 97.9% der Probanden in Cluster bereit sind, erneut ein Produkt beim Anbieter zu erwerben; 6 Wiederkaufwahrscheinlichkeit: 1 = sehr unwahrscheinlich bis 6 = sehr wahrscheinlich; 7 Weiterempfehlung: 1 = nein, noch nie bis 4 = öfter als dreimal.
Trennschärfe der multidimensionalen Sequenzcluster im Elektronikfachhandel Abschließend interessieren noch die Fragestellungen, wie stark sich die Abfolge der Kundenkontakte im Kaufprozess zwischen den Sequenzclustern unterscheidet und in wie weit sich die Clusterzugehörigkeit mit Kenntnissen über die Kundenkontaktsequenz bzw. einzelner Abschnitte dieser zufrieden stellend prognostizieren lässt. Hierfür wurde die Eignung zur Gruppentrennung anhand der zehn häufigsten 2’er-Substrings im Kaufprozess, mit Hilfe von zwei multinominalen logistischen Regressionsmodellen, mit der Clusterzugehörigkeit als abhängiger Variable überprüft (vgl. Hosmer & Lemeshow 2000, Backhaus et al. 2008 S. 275296, Frenzen & Krafft 2008 S. 607-650). Im ersten Modell wird hierbei ausschließlich die Eignung der ausgewählten Substrings zur Gruppentrennung und Prognose betrachtet. Das zweite Modell berücksichtigt zusätzlich noch ausgewählte personenbezogene und situative Determinanten, von denen ebenfalls ein Einfluss auf die Gruppenzugehörigkeit zu erwarten ist (vgl. Tabelle 52).
4.4 Ergebnisse
243
Die Ergebnisse eines Likelihood-Ratio-Tests zeigen eine hoch signifikante Anpassung der Schätzung für beide Modelle (Modell 1: χ2(30) = 163.368, p < .001; Modell 2: χ2(51) = 129.094, p < .001). Die angeführten Pseudo-R2-Statistiken belegen darüber hinaus die Güte der Gesamtmodelle. Tabelle 54: Trennschärfe der multidimensionalen Sequenzcluster im Elektronikfachhandel, multinominale logistische Regression (Referenzkategorie = Cluster 1) Multinominale logistische Regression Modell 1 Substring Laden → Verkaufspersonal Laden → Werbung Werbung → Laden Werbung → Werbung Werbung → Verkaufspersonal Verkaufspersonal→ Laden Laden → Laden Werbung → Homepage Sonst. Internetseiten → Laden ausgewählte Determinanten Alter Geschlecht1 HH-(Netto-) Einkommen2 Internetnutzung3 Komplexitätsgrad4 Produktpreis5 Konstante korrekt klassifiziert -2LL Cox & Snell R2 Nagelkerke R2
Cluster 2 2.416*** -.098 -.266 .689T 2.638*** .700 -.357 -.345 -.154
-3.078***
Cluster 3 2.430*** 1.210* .313 .718T 2.208*** .476 .081 .482 -.359
-3.575*** 56.6% 417.091 .416 .454
Modell 2 Cluster 4 1.914** -.354 .210 1.317** 2.935*** .133 .491 .663 -.666
-4.181***
Cluster 2 3.144*** .984 -.142 .746 2.808*** -.705 .042 -.350 -.415
Cluster 3 2.499*** 1.067 .346 .682 2.471*** -.183 .365 .740 -.303
Cluster 4 2.576*** .130 .171 1.652** 3.251*** .142 .821 .553 -.096
.065** .482 -.087
.033T .222 .020
.002 .811 .158
.372T .132 .005** -6.178***
-.449* .618T .001 -5.398
-.266 -.798T .004 -4.465
79.8 101.219 .729 .807
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 Dummy-Variable: 0 = weiblich, 1 = männlich; 2 Einkommen: 1 = bis 500 Euro bis 9 = mehr als 4000 Euro; 3 durchschnittliche Internetnutzung: 1 = weniger als einmal wöchentlich bis 5 = mehrmals täglich; 4 Komplexitätsgrad: 1 = niedrig bis 3 = hoch; 5 Produktpreis in Euro.
Bereits durch die Berücksichtigung der Sequenzinformationen im ersten Modell können 56.6% der Kunden der Gesamtstichprobe korrekt klassifiziert werden, was auf den Zusammenhang zwischen den Sequenzinformationen und der Clusterzugehörigkeit zeigt. Die Befunde der einzelnen Parameterschätzer belegen, dass insbesondere die Substrings Laden → Verkaufspersonal sowie Anbieter-Werbung → Verkaufspersonal zur Trennung zwischen den Clustern beitragen. Diese statistischen Beziehungen zwischen den betrachteten Substrings und der Clusterzugehörigkeit bleiben bestehen, wenn im zweiten Modell unterschiedliche Determinanten der Kundenkontakte und Kontaktsequenzen mit aufgenommen werden. Allerdings zeigt sich, dass durch die zusätzliche Betrachtung dieser Variablen der Anteil korrekt klassifizierter Fälle um mehr als 23% auf 79.8% gesteigert werden konnte. Vor allem die Berück-
244
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
sichtigung des Alters, der durchschnittlichen Internetnutzung der Kunden sowie der Preis des erworbenen Produkts tragen zusätzlich zur Unterscheidung zwischen den Clustern bei. 4.4.6.2 Multidimensionale Sequenzcluster in der Tourismusbranche Beschreibung der multidimensionalen Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand ihrer konstituierenden Variablen In Tabelle 55 werden die vier identifizierten Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand ihrer jeweiligen multidimensionalen Zentroidsequenzen beschrieben. Wie im Elektronikfachhandel wurde hierfür für jedes Cluster die multidimensionale Kundenkontaktsequenz ermittelt, die die geringste Distanz zu allen weiteren Sequenzen innerhalb eines Sequenzclusters aufweist. Die N = 358 Befragungsteilnehmer in der Tourismusbranche verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Cluster: CL1: n1 = 97 (27.1%), CL2: n2 = 117 (32.7%), CL3: n3 = 35 (9.8%), CL4: n4 = 109 (30.4%). Für ein besseres Verständnis der identifizierten multidimensionalen Zentroidsequenzen werden, analog zum Elektronikfachhandel, die jeweiligen Prozessphasen, in der die einzelnen Kundenkontakte realisiert wurden, zusätzlich in Tabelle 55 berücksichtigt. Mit Ausnahme des Kunden, der den ersten Clusterzentroiden stellt, realisierten die Probanden der anderen Zentroidsequenzen vor allem Kontakte mit dem Katalog des Reiseveranstalters, mit den Reisebüromitarbeitern und dem Reiseleiter. Diese Kontakte erfüllten für diese Kunden vielfältige Funktionen im Kaufprozess und waren vor allem in frühen Prozessphasen (Vorbuchungs- und Buchungsphase) von großer Bedeutung für sie. Auffällig ist, dass in keinem Clusterzentroiden Kontakte mit unterschiedlichen Maßnahmen der Anbieter-Werbung enthalten sind. Dieser Befund unterstreicht die bereits angesprochene untergeordnete Stellung der Werbekontakte in der Tourismusbranche. In allen multidimensionalen Zentroidsequenzen wurde der Kontakt bzw. der Kontaktpunkt, bei dem die Buchung der interessierenden Reise durchgeführt wurde, von den Kunden als sehr wichtiger Kontakt im Kaufprozess beurteilt. Der Proband, der den ersten Clusterzentroiden stellt, weist insgesamt die kürzeste multidimensionale Kundenkontaktsequenz auf. Er realisierte keinen persönlichen Kontakt mit dem Anbieter und hat auch den Katalog im Kaufprozess nicht genutzt. Der erste Kontakt mit dem Anbieter wurde über sonstige Internetseiten in der Buchungsphase realisiert und für gezielte Informationen sowie für die Buchung der Reise genutzt. Dies lässt insgesamt auf eine kurze Entscheidungsphase der Kunden in diesem Cluster im Zeitraum vor der Buchung schließen, die beispielsweise bei einem spontanen Urlaubswunsch zu erwarten ist. Der anschließende Kontakt mit den Reiseunterlagen, die direkt darauf folgende Nutzung der Homepage des Reiseveranstalters und der Kontakt mit dem Anbieter über sonstige Internetseiten wurden alle in der Vorreisephase realisiert. Diese dienten der allgemeinen und gezielten Informationen über das Reiseziel sowie der Buchung von Aktivitäten am Urlaubsort (z.B. Tagesausflüge). Diese Kontakte wurden im Mittel als wichtig beurteilt. In der Reisephase erfolgte ein weiterer Kontakt mit den Reiseunterlagen. Dieser sehr wichtige Kontakt diente der allgemeinen Informati-
4.4 Ergebnisse
245
on. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub hat dieser Proband keine weiteren Kontakte mit dem Anbieter realisiert. Tabelle 55: Beschreibung der Cluster in der Tourismusbranche anhand ihrer Zentroidsequenzen Multidimensionale Zentroidsequenzen in der Tourismusbranche Cluster 1 sonst. Internet gez. Info & Buchung 6 B
Katalog
allg. Info
Reiseunterlagen >
6 VR
allg. Info
2 B
allg. & gez. Info
Reisebüromitarbeiter >
Katalog
allg. Info > & Preisvergleich
6 VB Reisebüromitarbeiter > gez. Info 6 B
>
Katalog
Preisvergleich
5 B Reisebüromitarbeiter
>
Buchung 6 B
>
Buchung
gez. Info & Buchung
5 B
6 VB
1
>
gez. Info & Buchung
Homepage Hilfestel> lung & Beratung 4 NR
allg. Info 3 R Reiseunterlagen >
>
Bedeutung: 1 = völlig unwichtiger Kontakt bis 6 = sehr wichtiger Kontakt; VR = Vorreisephase, R = Reisephase, NR = Nachreisephase.
allg. Info 4 R
2
5 NR Reiseleiter >
2 VR Reiseleiter
>
Hilfestellung & Beratung
>
allg. Info
5 VR
allg. & gez. Info 5 VR
Reisebüromitarbeiter
Katalog
allg. Info
Reiseunterlagen >
allg. Info 6 R
Reisebüromitarbeiter
6 B Cluster 4
allg. & gez. Info 5 VR
>
4 VR
6 B Cluster 3 Reisebüromitarbeiter >
Reiseunterlagen
> allg. Info
>
Katalog >
sonst. Internet
Homepage
5 VR Cluster 2 Reisebüromitarbeiter
Reisebüromitarbeiter
allg. Info & Info, > Preisvergleich
Reisebüromitarbeiter
allg. Info 4 B
allg. Info
Katalog
2 VB
Homepage gez. > Info 5 VR
Reiseleiter >
gez. Info 4 R
allg. & gez. Info, Preisvergleich & Buchung 6 R Reisebüromitarbeiter > sonst. Fkt. 3 NR
VB = Vorbuchungsphase, B = Buchungsphase,
Der Befragungsteilnehmer, der die zweite Zentroidsequenz repräsentiert, zeichnet sich insgesamt durch einen hohen Anteil an persönlichen Kontakten mit dem Reisebüromitarbeiter entlang des Kaufprozesses aus. In der Vorbuchungs- und zu Beginn der Buchungsphase nutzt dieser Kunde den Katalog, um sich allgemein und gezielt über die Angebote des Veranstalters zu informieren sowie für Preisvergleiche alternativer Leistungen. Allerdings scheinen diese Kontakte für den Kunden nicht besonders nutzenstiftend gewesen zu sein, da sie durchweg als unwichtig beurteilt wurden. Anders sieht es bei den Kontakten mit dem Reisebüromitarbeiter während der Buchung der Reise und in der Nachreisephase aus. Diese wurden für vielfältige Funktionen genutzt und wurden in diesen Zeiträumen als wichtige Kontakte beurteilt. Interessanterweise realisierte dieser sogar in der Reisephase einen semi-persönlichen (telefonischen) Kontakt mit dem Reisebüromitarbeiter. Dies lässt auf ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Kunden und dem Mitarbeiter schließen, da sich dieser mit seinem Anliegen lieber an den Reisebüromitarbeiter wendet als den Reiseleiter am Urlaubsort zu konsultieren.
246
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
In diesem Zusammenhang überrascht der Kontakt mit der Homepage für den Erhalt von Hilfestellungen und Beratungen in der Nachreisephase. Dieser Kontakt konnte scheinbar diese Kundenbedürfnisse nicht in vollem Umfang erfüllen, so dass dieser Proband einen weiteren Kontakt mit dem Reisebüromitarbeiter für die gleiche Funktion realisiert, der von dem Kunden auch als wichtiger beurteilt wurde. Die Auskunftsperson, die den dritten Clusterzentroiden stellt, realisierte vor allem persönliche Kontakte im Kaufprozess, die durchweg als sehr wichtig beurteilt wurden. In der Vorbuchungsphase dienten diese Kontakte der allgemeinen und gezielten Information und Preisvergleichen. Während der Buchungsphase nutzte dieser Kunde den Katalog für den Erhalt allgemeiner Informationen und Preisvergleiche und führte anschließend die Buchung der Reise im persönlichen Kontakt mit dem Reisebüromitarbeiter durch. In der Vorreisephase nutzte dieser Proband die Reiseunterlagen für allgemeine Informationen und realisierte anschließend aus derselben Intention einen Kontakt mit dem Katalog. Letztgenanntem Kontakt wurde zu diesem Zeitpunkt nur eine geringe Bedeutung beigemessen und als unwichtig beurteilt. Der Kontakt mit dem Reiseleiter in der Reisephase erfüllte vielfältige Funktionen für diesen Kunden und wurde als sehr wichtiger Kontakt beurteilt. Nach der Reise wurde von diesem Probanden kein weiterer Veranstalterkontakt berichtet. Der Kunde des vierten Clusterzentroiden weist die längste multidimensionale Zentroidsequenz auf. Wie der Proband des ersten Clusterzentroiden realisierte dieser keine Kontakte in der Vorbuchungsphase. Allerdings unterscheiden sich der erste und vierte Clusterzentroid erheblich im Hinblick auf die genutzten Kontaktpunkte im Kaufprozess und somit in der Abfolge der Kundenkontakte. Dieser Befragungsteilnehmer nutzte seinen ersten Kontakt mit dem Katalog in der Buchungsphase für den Erhalt allgemeiner Informationen. Dieser Kontakt hatte allerdings eine vergleichsweise geringe Bedeutung, während die folgenden persönlichen Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter, die für gezielte Information und für die Buchung der Reise genutzt wurden, sehr wichtige Kontakte darstellten. In der Vorreisephase dienten der Katalog und die Reiseunterlagen dem Erhalt von allgemeinen und gezielten Informationen über das Reiseziel und über die Möglichkeiten unterschiedlicher Aktivitäten am Urlaubsort, die beide vom Probanden als wichtig beurteilt wurden. Anschließend folgen in der multidimensionalen Sequenz in der Reisephase Kontakte mit dem Reiseleiter am Urlaubsort sowie ein weiterer Kontakt mit dem Reisebüromitarbeiter in der Nachreisephase. Für diesen Befragungsteilnehmer waren diese im Kaufprozess jedoch nur vergleichsweise geringer Bedeutung und wurde als eher wichtige (Reiseleiter) bzw. eher unwichtige (Reisebüromitarbeiter) Kontakte bewertet. Beschreibung der multidimensionalen Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand der Dimensionen der Kundenkontakte Die Ergebnisse in Tabelle 56 zeigen Unterschiede zwischen den vier Clustern hinsichtlich der Anzahl aller realisierten Kundenkontakte – der Länge der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz – entlang des gesamten Kaufprozesses sowie bezüglich der Anteile ausgewählter
4.4 Ergebnisse
247
Kontaktpunkte an den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen in einzelnen Prozessphasen. Tabelle 56: Beschreibung der Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand ausgewählter Kundenkontakte Cluster 1
Cluster 2
Cluster 3
Cluster 4
6.74 (3.3)
11.21 (5.5)
11.13 (3.7)
11.54 (4.6)
***
Vorbuchungsphase (VB) 82.9 71.82 2.93 (2.8) 2.06 (1.9) 41.23 19.7 9.3 0.9 27.8 4.3 20.6 68.8 57.7 16.2 48.5 12.0 7.2 23.9
89.7 2.51 (1.5) 38.6 14.3 17.1 42.9 28.6 20.0 60.6
95.4 2.69 (1.7) 34.9 5.5 14.7 37.6 11.9 18.3 28.6
*** ** ** *** *** *** *** ***
Kontakt in B gehabt? Anzahl an Kontakten in B M (SD) Anbieter-Werbung Werbung im Internet Reisekatalog Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Reisebüromitarbeiter
Buchungsphase (B) 100 100 2.81 (1.8) 1.96 (1.0) 45.4 27.4 33.0 14.5 24.7 34.2 72.2 12.8 44.3 8.5 19.6 65.0
100 2.91 (1.3) 48.6 28.6 64.7 37.1 22.9 65.7
100 2.64 (1.2) 28.4 12.8 72.5 14.7 15.6 84.4
*** ** ** *** *** *** ***
Kontakt in VR gehabt? Anzahl an Kontakten in VR M (SD) Reisekatalog Reiseunterlagen Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Reisebüromitarbeiter
Vorreisephase (VR) 95.9 68.4 2.36 (1.2) 1.83 (0.9) 25.8 19.7 59.8 38.5 42.3 7.8 47.4 12.0 12.4 19.7
91.4 2.77 (1.7) 45.7 71.4 20.0 25.7 28.6
96.3 2.62 (1.2) 54.1 67.0 15.6 30.3 51.4
*** *** *** *** *** *** ***
Kontakt in R gehabt? Anzahl an Kontakten in R M (SD) Reisekatalog Reiseunterlagen Reiseleiter
Reisephase (R) 76.3 63.2 2.15 (1.1) 1.52 (0.8) 14.4 7.7 40.2 13.7 45.4 49.6
100 2.35 (1.1) 11.4 60.0 94.3
88.1 2.19 (1.0) 21.1 54.1 66.1
*** *** *** *** ***
Kontakt in NR gehabt? Anzahl an Kontakten in NR M (SD) Reisekatalog Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Reisebüromitarbeiter Call Center
Nachreisephase (NR) 50.5 53.8 2.52 (1.6) 1.94 (1.2) 16.5 19.8 27.8 9.5 19.6 10.3 8.2 23.3 8.2 -
68.6 2.25 (1.2) 31.4 17.1 8.6 25.7 8.6
67.0 2.42 (1.4) 32.1 12.0 13.0 43.1 2.8
*
Länge der Kundenkontaktsequenz M (SD)1 Kontakt in VB gehabt? Anzahl an Kontakten in VB M (SD) Anbieter-Werbung Plakatwerbung Werbung im Internet Reisekatalog Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten Reisebüromitarbeiter
T
T
* ** n.s. *** **
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 Mittelwert (Standardabweichung); 2 bedeutet, dass 71.8% der Kunden aus Cluster 1 einen Anbieter-Kontakt in der Vorbuchungsphase hatten; 3 bedeutet, dass 41.2% der Kunden aus Cluster 1 einen Kontakt mit der Anbieter-Werbung in der Vorbuchungsphase hatten (Mehrfachnennungen möglich).
248
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Hinsichtlich der Länge der Kundenkontaktsequenz offenbaren die Befunde einen hochsignifikanten Unterschied zwischen den Clustern im gesamten Kaufprozess (F(3,355) = 20.755; p < .001) sowie für die Anzahl an Kundenkontakten in der Buchungs- (F(3,355) = 8.780, p < .001), der Vorreise- (F(3,304) = 7.736, p < .001) und Reisephase (F(3,271) = 8.390, p < .001). Wie anhand der Clusterzentroide anzunehmen ist, realisieren die Kunden im ersten Cluster die wenigsten Kundenkontakte im Kaufprozess, während der Unterschied hinsichtlich der durchschnittlichen Länge der Sequenzen zwischen den Kunden des zweiten, dritten und vierten Clusters nur marginal ist. Darüber hinaus zeigen sich bei einem Vergleich der durchschnittlichen Anzahl an Kontakten mit einzelnen Kontaktpunkten im Kaufprozess signifikante Unterschiede für die Nutzung des Katalogs, der persönlichen Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter sowie bei der AnbieterHomepage und sonstigen Internetseiten. Im Mittel realisierten die Kunden im vierten Sequenzcluster die meisten Katalogkontakte (CL1: M = 2.20, SD = 1.2; CL2: M = 2.01, SD = 1.1; CL3: M = 2.57, SD = 1.2; CL4: M = 3.01, SD = 1.6; F(3,240) = 8.498, p < .001) und haben auch die meisten persönlichen Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter im Kaufprozess (CL1: M = 1.61, SD = 0.8; CL2: M = 1.96, SD = 1.1; CL3: M = 2.31, SD = 1.5; CL4: M = 2.66, SD = 1.3; F(3,246) = 8.862, p < .001). Vor allem die hohe Anzahl an Kontakten mit dem Reisebüromitarbeiter konnte bereits anhand des vierten Clusterzentroiden vermutet werden. Ebenfalls konnte anhand der Zentroidsequenz des ersten Cluster vermutet werden, dass sich diese Kunden durch eine hohe Anzahl von Kontakten mit der Anbieter-Homepage und sonstigen Internetseiten im Kaufprozess auszeichnen. Die genaue Betrachtung der Mittelwerte für die Anzahl dieser Kundenkontakte bestätigt diese Vermutung. Die Probanden im ersten Cluster haben die meisten Kontakte mit der Homepage und sonstigen Internetseiten im Kaufprozess realisiert (Homepage: CL1: M = 2.88, SD = 2.5; CL2: M = 1.76, SD = 0.9; CL3: M = 2.27, SD = 1.2; CL4: M = 1.91, SD = 1.0; F(3,169) = 3.928, p < .05; sonstige Internetseiten: CL1: M = 2.47, SD = 2.2; CL2: M = 1.46, SD = 0.6; CL3: M = 2.00, SD = 0.9; CL4: M = 1.71, SD = 0.9; F(3,172) = 4.159, p < .01). In der Vorreisephase nutzten die Kunden in allen Sequenzclustern vornehmlich Kontakte mit den Reiseunterlagen. Diese werden vor allem von den Probanden im dritten und vierten Cluster realisiert. Der Anteil der Kontakte mit sonstigen Internetseiten ist bei den Probanden im ersten Cluster in diesem Zeitpunkt im Vergleich zur Buchungsphase fast unverändert geblieben, während die Nutzung der Anbieter-Homepage um fast 30% zurückgegangen ist. Bezogen auf den Verlauf der durchschnittlichen Anzahl an Kundenkontakten entlang der einzelnen Prozessphasen ist für das zweite Sequenzcluster ein signifikanter Unterschied entlang des Kaufprozesses festzuhalten (Hotelling-Spur F(4,23) = 3.981, p < .05). Die Kunden des zweiten Clusters realisieren im Mittel die meisten Kontakte in der Vorbuchungsphase (vgl. Tabelle 54). Weiterhin zeigen die Befunde für das erste Cluster tendenziell signifikante (p < .1) Unterschiede für die Anzahl an Kundenkontakten zwischen den Prozessphasen (HotellingSpur F(4,32) = 2.639, p = .052). Hierbei zeigen die Ergebnisse, dass diese Probanden im
4.4 Ergebnisse
249
Kaufprozess mit einer vergleichsweise hohen Anzahl Kontakte im Zeitraum vor der Buchung und in der Buchungsphase realisieren. Für die Anteile der Kundenkontakte offenbaren die Ergebnisse der χ2-Tests in Tabelle 56 vielfältige Unterschiede zwischen den vier multidimensionalen Sequenzclustern, die die Stellung einzelner Kontaktpunkte im Kaufprozess für die Kunden innerhalb der Segmente aufzeigen. Wie anhand der Zentroidsequenzen vermutet, realisierten die Kunden des ersten Clusters die geringsten Anteile an Kundenkontakten in der Vorbuchungsphase, was sich auch in den geringen Anteilen einzelner Kontaktpunkte in dieser Phase widerspiegelt. In diesem Zeitraum nutzten diese Probanden vornehmlich die Anbieter-Homepage und sonstige Internetseiten. Weiterhin zeichnen sie sich durch ihre vergleichsweise hohen Anteile mit der AnbieterWerbung aus. Wie erwartet beziehen sie sich aufgrund der hohen Anteile an Internetkontakten in Cluster 1, vor allem auf Kontakte mit der Anbieter-Werbung im Internet. Die Kunden im zweiten Cluster realisierten in diesem Zeitraum vor allem Kontakte mit dem Katalog des Anbieters. Die Befragten in Cluster 3 hatten den höchsten Anteil an Kontakten mit dem Reisebüromitarbeiter. Sie realisierten auch den höchsten Anteil an Kontakten in dieser Phase, was auf eine intensive Vorbuchungsphase dieser Auskunftspersonen schließen lässt. Anders als anhand des Clusterzentroiden anzunehmen war, wurde von den Kunden in Cluster 4 ein hoher Anteil an Kontakten mit dem Anbieter in der Vorbuchungsphase realisiert. Hierbei wurde der Kontakt zwischen Anbieter und Kunden vor allem über den Katalog des Veranstalters hergestellt. In der Buchungsphase zeigt sich die besondere Stellung der Internetkontakte für die Kunden des ersten Clusters. Fast 75% aller Kunden dieses Segments realisieren in dieser Phase Kontakte mit der Anbieter-Homepage und nahezu die Hälfte dieser Probanden nutzen darüber hinaus sonstige Internetseiten. Für die Kunden der weiteren Cluster zeigen sich insbesondere hohe Anteile bei persönlichen Kontakten mit dem Reisebüromitarbeiter sowie bei Kontakten mit dem Reisekatalog, was auf eine komplementäre Nutzung dieser Kontaktpunkte im Zeitraum während der Buchung schließen lässt. Dies gilt vor allem für die Befragten in Cluster 4, die die höchsten Anteile an derartigen Kontakten in dieser Phase aufweisen. Auffällig sind die hohen Anteile an Kontakten mit der Anbieter-Werbung während der Buchung, die sogar im Vergleich zur Vorbuchungsphase in den Clustern 1, 2 und 3 noch angestiegen sind. Diese vermehrte Nutzung derartiger Kontaktpunkte konnte anhand der Clusterzentroide für diese Segmente nicht erwartet werden. In der Reisephase realisierten insbesondere die Kunden des dritten und vierten Clusters mit einem hohen Anteil Veranstalterkontakte. In Cluster 4 hatte jeder Proband mindestens einen Kontakt mit dem Anbieter in dieser Phase. Hierbei wurden Kontakte vor allem mit den Reiseunterlagen und dem Reiseleiter am Urlaubsort realisiert. Die Anteile weiterer Kontaktpunkte gehen in diesem Zeitraum deutlich zurück, was sich beispielsweise in den deutlich geringeren Anteilen an Katalogkontakten im Vergleich zu den vorhergehenden Phasen wiederspiegelt.
250
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Nach der Reise nimmt der Anteil an Kundenkontakten in allen Sequenzclustern deutlich ab. Die höchsten Anteile an Kundenkontakten haben in diesem Zeitraum die Kunden im dritten und vierten Cluster mit dem Reisebüromitarbeiter. Auffällig sind bei diesen beiden Clustern auch die vergleichsweise hohen Anteile an Kontakten mit dem Katalog des Reiseveranstalters. Die Kunden in Cluster 1 realisierten insgesamt in dieser Phase die geringsten Anteile an Veranstalterkontakten. Haben diese Probanden in diesem Zeitraum den Kontakt zum Anbieter gesucht, nutzten sie hierfür vornehmlich Internetkontakte, wobei die Anbieter-Homepage mit einem deutlich höheren Anteil als sonstige Internetseiten gewählt wurde. Weiterhin sind, bezogen auf die Abfolge der Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses, signifikante Unterschiede bei den in Abschnitt 4.4.3.2 identifizierten zehn häufigsten 2’erSubstrings im Kaufprozess festzuhalten (vgl. Tabelle 29), die sich teilweise anhand der Clusterzentroide erwarten ließen. So realisieren die Kunden des vierten Clusters am häufigsten den Substring Katalog → Reisebüromitarbeiter entlang des Kaufprozesses, während diese Kombination im ersten Cluster nur mit vergleichsweise geringem Anteil vorkommt (CL1: 10.3%, CL2: 26.5%, CL3: 31.4%, CL4: 55.0%, χ2(3) = 55.24, p <.001). Eine ähnliche Häufigkeitsverteilung zeigt sich für einen Kontakt mit dem Reisebüromitarbeiter, gefolgt von einem Katalogkontakt (Reisebüromitarbeiter → Katalog: CL1: 10.3%, CL2: 24.8%, CL3: 42.9%, CL4: 53.2%, χ2(3) = 56.35, p < .001). Weiterhin ergeben sich signifikante Unterschiede bei dem Substring Reiseunterlagen → Reiseleiter, der in Cluster 3 mit einem hohen Anteil beobachtet wurde (CL1: 20.6%, CL2: 15.4%, CL3: 42.9%, CL4: 33.9%, χ2(3) = 22.11, p < .001). Substrings, die ausschließlich Internetkontakte enthalten, werden, wie erwartet, mit einem hohen Anteil von den Kunden im ersten Cluster im Kaufprozess realisiert, während solche Kombinationen in den weiteren Clustern nur mit einem geringen Anteil vorkommen (Anbieter-Homepage → sonstige Internetseiten: CL1: 43.3%, CL2: 6.8%, CL3: 14.3%, CL4: 6.4%, χ2(3) = 71.19, p < .001; Anbieter-Homepage → Anbieter-Homepage: CL1: 14.7%, CL2: 5.1%, CL3: 8.6%, CL4: 0.9%, χ2(3) = 45.86, p < .001). Auch für den Substring Reisebüromitarbeiter → Reiseunterlagen zeigt sich ein signifikanter Unterschied. Diese höchsten Anteile für diese Kombination sind für die Kunden im dritten und vierten Cluster festzuhalten (CL1: 20.6%, CL2: 15.4%, CL3: 42.9%, CL4: 33.9%, χ2(3) = 71.19, p < .001). Bezogen auf die interessantesten Subsequenzen (vgl. Tabelle 32) zeigen sich in der Tourismusbranche ebenfalls Differenzen entlang des Kaufprozesses. Auf Ebene der Sequenzcluster wurde für die Ermittlung interessanter Assoziationsregeln, basierend auf den Kundenkontaktsequenzen, ein Mindestsupport von minsupp. = 0.1 und eine Mindestkonfidenz von minkon. = 0.5 vorgegeben. Die Befunde zeigen, dass die Kombination eines Kontakts mit dem Katalog, gefolgt von einem persönlichen Kontakt mit dem Reisebüromitarbeiter insbesondere in den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen in Cluster 4 zu erwarten ist, während diese im ersten Cluster eine vergleichsweise geringe Wahrscheinlichkeit im Kaufprozess hat (Katalog ⇒ Reisebüromitarbeiter: CL1: supp. = .278, kon. = .729; CL2: supp. = .548, kon. = .873; CL3: supp. = .657, kon. = .852; CL4: supp. = .839, kon. = .889). Ähnlich sind die Unterschiede auch für die Subsequenz Reisebüromitarbeiter ⇒ Reiseunterlagen. Diese kommt ebenfalls
4.4 Ergebnisse
251
mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in den Sequenzen des vierten Clusters vor, sind aber auch häufig im dritten Cluster zu erwarten (CL1: supp. = .298, kon. = .784; CL2: supp. = .425, kon. = .506; CL3: supp. = .714, kon. = .893; CL4: supp. = .834, kon. = .843). Weiterhin zeigen die Interessantheitsmaße, dass die komplementäre Nutzung des Katalogs und der Reiseunterlagen im Kaufprozess im dritten und vierten Cluster mit hohen Support- und Konfidenzwerten einhergeht (CL1: supp. = .432, kon. = .777; CL2: supp. = .371, kon. = .568; CL3: supp. = .742, kon. = .963; CL4: supp. = .752, kon. = .829). Die hohen Interessantheitsmaße für die Subsequenz Reiseunterlagen ⇒ Reiseleiter im dritten Sequenzcluster waren aufgrund der hohen Anteile der Kontakte mit diesen Kontaktpunkten in der Vorreise- und Reisephase (vgl. Tabelle 54) zu erwarten. In den weiteren Clustern ist die Wahrscheinlichkeit für diese Subsequenz hingegen deutlich geringer (CL1: supp. = .371, kon. = .783; CL2: supp. = .327, kon. = .617; CL3: supp. = .829, kon. = .935; CL4: supp. = .568, kon. = .861). Unter Berücksichtigung der vorgegebenen Werte für den Mindestsupport und die Mindestkonfidenz konnte die Subsequenz Anbieter-Homepage ⇒ sonstige Internetseiten nur für die Kontaktsequenzen im ersten Cluster ermittelt werden (CL1: supp. = .453, kon. = .814). Ebenso zeigen die Interessantheitsmaße eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Subsequenz sonstige Internetseiten ⇒ Reiseunterlagen im ersten Cluster (CL1: supp. = .588, kon. = .731; CL2: supp. = .185, kon. = .600; CL3: supp. = .371, kon. = .867; CL4: supp. = .366, kon. = .816). Die Ergebnisse in Tabelle 57 zeigen Unterschiede zwischen der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen entlang des Kaufprozesses und den Anteilen einzelner Kontaktfunktionen ausgewählter Kontaktpunkte zwischen den vier Sequenzclustern in der Tourismusbranche. Hierbei zeigen sich signifikante Unterschiede für die Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz, bezogen auf den gesamten Kaufprozess (F(3, 355) = 3.173, p < .05), und in den einzelnen Prozessphasen. Die meisten unterschiedlichen Funktionen erfüllen hierbei die Kontakte für die Kunden im dritten Cluster. Die Probanden in Cluster 1 nutzen die Kontaktpunkte am wenigsten differenziert im Kaufprozess. Hierbei erfüllen die Kontakte im Zeitraum während der Buchung für alle Cluster die meisten unterschiedlichen Funktionen. Bezogen auf den gesamten Kaufprozess nutzen die Kunden im dritten Sequenzcluster die Kontakte vor allem für allgemeine (67.5%) und gezielte Informationen (68.4%) über die Angebote und Leistungen. Weiterhin haben diese Kunden die geringsten Anteile der Kontaktfunktion Beschwerden (14.5%) sowie bei der Inanspruchnahme von Hilfestellungen und Beratungen (27.4%) im Kaufprozess. Diese beiden letztgenannten Kontaktfunktionen sind in den weiteren Clustern mit deutlich höheren Anteilen im Kaufprozess vertreten (allgemeine Information: CL1: 67.5%, CL2: 90.7%, CL3: 97.4%, CL4: 99.1%, χ2(3) = 163.12, p < .001; gezielte Information: CL1: 68.4%, CL2: 92.4%, CL3: 95.4%, CL4: 98.3%, χ2(3) = 130.93, p < .001, Hilfestellungen und Beratungen: CL1: 27.4%, CL2: 36.1%, CL3: 46.8%, CL4: 40.0%, χ2(3) = 57.97, p < .001; Beschwerden: CL1: 14.5%, CL2: 44.3%, CL3: 57.3%, CL4: 41.3%, χ2(3) = 28.686, p < .01).
252
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Tabelle 57: Beschreibung der Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand der Funktionen ausgewählter Kontaktpunkte Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen im Kaufprozess M (SD)1
Cluster 1
Cluster 2
Cluster 3
Cluster 4
2.48 (0.9)
3.15 (1.2)
4.17 (1.1)
3.67 (0.9)
***
Vorbuchungsphase (VB) Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in VB M (SD) Reisekatalog allgemeine Information Anbieter-Homepage Preisvergleich sonstige Internetseiten gezielte Information Preisvergleich Reisebüromitarbeiter allgemeine Information gezielte Information Preisvergleich
2.53 (1.2)
1.98 (1.0)
2.92 (1.3)
2.65 (1.1)
***
60.02
38.6
80.0
84.1
***
21.1
50.0
71.4
30.8
***
55.3 76.6
21.4 35.7
42.9 42.9
25.0 30.0
* **
21.4 60.7 21.4
50.0 100 70.0
51.5 63.6 60.6
71.4 100 85.7
* * **
Buchungsphase (B) Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in B M (SD) Reisebüromitarbeiter allgemeine Information gezielte Information Preisvergleich Buchungskanal Reisebüro Internet
3.24 (1.3)
2.15 (1.1)
3.84 (1.0)
3.22 (1.1)
***
26.1 59.8 39.1
10.5 27.6 10.5
43.5 73.9 47.8
31.6 47.4 47.4
** *** ***
27.8 70.1
79.5 13.7
74.3 25.7
85.3 8.3
***
Vorreisephase (VR) Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in VR M (SD) Reiseunterlagen Preisvergleich Hilfestellungen & Beratungen Beschwerden Reisebüromitarbeiter gezielte Information
2.77 (1.3)
1.71 (0.9)
2.63 (1.3)
2.83 (1.2)
***
9.1 7.4 7.4
12.5 2.8 7.9
13.6 17.4 13.6
32.7 26.7 25.0
* ** *
41.7
21.7
80.0
41.1
*
Reisephase (R) Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in R M (SD) Reiseunterlagen gezielte Information Hinweis zur Gelegenheit zur Buchung Hilfestellungen & Beratungen Beschwerden Reiseleiter allgemeine Information gezielte Information Buchung
2.76 (1.2)
1.78 (1.1)
3.64 (1.1)
2.84 (1.2)
***
12.0 8.3 18.5 21.4
14.3 25.0 40.0
60.0 66.7 86.7 84.6
44.8 30.4 56.8 48.4
*** * *** **
36.6 22.7 45.5
27.6 17.2 17.2
75.8 42.5 84.8
51.4 40.3 43.1
*** * ***
Nachreisephase (NR) Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen in NR M (SD) Anbieter-Homepage Hilfestellungen und Beratungen sonstige Internetseiten Hilfestellungen und Beratungen Reisebüromitarbeiter Hilfestellungen und Beratungen
1.95 (1.3)
1.41 (0.8)
1.87 (1.0)
1.76 (0.9)
*
19.5
5.4
9.4
5.9
**
13.3
3.7
-
5.1
*
10.3
10.3
14.3
25.7
**
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 Mittelwert (Standardabweichung); 2 60.0% der Kunden aus Cluster 1 haben den Reisekatalog für allgemeine Informationen genutzt (Mehrfachnennungen möglich).
4.4 Ergebnisse
253
Für die durchschnittliche Anzahl der Kontaktfunktionen allgemeine und gezielte Informationen sowie Preisvergleiche sind ebenfalls hoch signifikante Unterschiede zwischen den Sequenzclustern festzuhalten. Die Kunden in Cluster 3 nutzen die Kundenkontakte am häufigsten für die Beschaffung allgemeiner Funktionen, während die Probanden im ersten Cluster die Kundenkontakte für diese Funktion entlang des gesamten Kaufprozesses am wenigsten nutzen (allgemeine Information: CL1: M = 2.69, SD = 2.0; CL2: M = 5.00, SD = 2.5; CL3: M = 5.65, SD = 2.8; CL4: M = 5.25, SD = 3.3; F(3,306) = 17.159, p < .001). Analoge Unterschiede finden sich bei der Nutzung der Kontaktpunkte für gezielte Informationen (gezielte Informationen: CL1: M = 2.20, SD = 1.2; CL2: M = 3.70, SD = 1.7; CL3: M = 4.51, SD = 1.9; CL4: M = 4.00, SD = 2.7; F(3,305) = 16.920, p < .001). Für Preisvergleiche wurden die Kontakte hingegen am häufigsten von den Kunden im vierten Cluster genutzt, allerdings ist der Unterschied zu den Kunden im dritten Cluster nur marginal (Preisvergleich: CL1: M = 1.67, SD = 0.9; CL2: M = 3.18, SD = 1.86; CL3: M = 4.12, SD = 2.7; CL4: M = 4.18, SD = 2.4; F(3,305) = 21.748, p < .001). Weiterhin sind noch signifikante Unterschiede für die Verteilung der Anzahl unterschiedlicher Kontaktfunktionen entlang der Kaufprozessphasen für das zweite (F(4,17) = 4.419, p < .05) und das vierte Sequenzcluster festzuhalten (F(4,30) = 7.688, p < .001). Die Probanden beider Cluster nutzen die Kontakte während der Buchung und in der Reisephase für die meisten unterschiedlichen Funktionen. Die Befunde der χ2-Tests in Tabelle 55 zeigen in der Vorbuchungsphase signifikante Unterschiede für die Anteile einzelner Kontaktfunktionen mit dem Reisekatalog, der AnbieterHomepage und sonstigen Internetseiten sowie für die Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter zwischen den Sequenzclustern. Hinsichtlich der Funktionen der Kontakte mit unterschiedlichen Maßnahmen der Anbieter-Werbung konnten für diese Phase keine signifikanten Unterschiede zwischen den Clustern identifiziert werden. Diese wurden in allen Sequenzclustern vor allem für den Erhalt von allgemeinen Informationen genutzt. Anhand der Zentroidsequenz von Cluster 1 war der Befund, dass für diese Kunden vor allem die Kontakte mit der Anbieter-Homepage und sonstigen Interseiten mit einem hohen Anteil für den Erhalt allgemeiner und gezielter Informationen genutzt werden, zu erwarten. In diesem Zusammenhang überrascht auch der geringe Anteil allgemeiner Informationen bei Kontakten mit dem Reisekatalog nicht. Dieser Kontaktpunkt wurde in den weiteren Clustern mit deutlich höheren Anteilen für diese Funktion und für Preisvergleiche genutzt. Die insgesamt hohen Anteile der aufgeführten Funktionen bei den Kontakten mit dem Reisebüromitarbeiter deuten auf die besondere Stellung dieses Kontaktpunkts für unterschiedliche Funktionen hin. Vor allem die Kunden des vierten Clusters nutzen diesen Kontaktpunkt für vielfältige Funktionen in diesem Zeitraum. In der Buchungsphase ergeben sich signifikante Unterschiede für die Anteile der Kontaktfunktionen des Reisebüromitarbeiters. Diese Kontakte werden von den Kunden des dritten Clusters differenziert genutzt. Hierbei steht insbesondere der Erhalt von gezielten Informationen über die Angebote und Leistungen des Anbieters im Vordergrund. Die Kunden des ersten Clusters nutzen diesen Kontaktpunkt für die angeführten Funktionen, verglichen mit den wei-
254
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
teren Clustern, jeweils mit dem geringsten Anteil. Sie realisieren auch in dieser Phase vor allem Kontakte mit dem Anbieter über das Internet, was sich auch in dem hohen Anteil an Buchungen in diesen Kanälen widerspiegelt. Die Probanden in den weiteren Sequenzclustern führen die Buchung zumeist im Reisebüro des Anbieters durch. Diese Befunde konnten anhand der multidimensionalen Zentroidsequenzen in Tabelle 55 so erwartet werden. Für den Zeitraum vor der Reise ist für die angeführten Kontaktpunkte insgesamt ein deutlicher Rückgang der Anteile einzelner Kontaktfunktionen festzuhalten. Signifikante Unterschiede zwischen den Clustern ergeben sich vor allem für die Funktionen der Reiseunterlagen. Auffällig ist hierbei, dass dieser Kontaktpunkt in dieser Phase mit einem vergleichsweise hohen Anteil bereits Beschwerdefunktionen erfüllt. Hierbei ist davon auszugehen, dass die Reiseunterlagen zum einen unvollständig waren, zum anderen aber auch der Beschaffung von Kontaktdaten des Anbieters dienten, was in beiden Fällen eine Beschwerde über einen anderen Kanal des Anbieters nach sich zieht. Vor allem die Kunden des vierten Sequenzclusters nutzten diesen Kontaktpunkt im Rahmen einer Beschwerde. Darüber hinaus nutzten sie die Reiseunterlagen mit einem hohen Anteil für Preisvergleiche und Hilfestellungen und Beratungen. Für die Reisephase zeigen die Befunde signifikante Unterschiede für die Funktionen der Reiseunterlagen und die Kontakte mit dem Reiseleiter am Urlaubsort. Diese Kontaktpunkte wurden von den Kunden aller Cluster für vielfältige Funktionen in diesem Zeitraum genutzt. Die Kunden des dritten Clusters nutzten die Reiseunterlagen vor allem für Hilfestellungen und Beratungen sowie im Rahmen von Beschwerden. Die Kontakte mit dem Reiseleiter dienten den Kunden in Cluster 3 darüber hinaus für den Erhalt allgemeiner Informationen und der Buchung von Freizeitaktivitäten am Urlaubsort. Mit deutlich geringeren Anteilen dienten die Kontakte mit dem Reiseleiter ebenfalls der Beschaffung gezielter Informationen sowie dem Vorbringen von Beschwerden. Im Vergleich mit den anderen Sequenzclustern nutzten die Kunden aus Cluster 3 den Reiseleiter für diese Funktionen allerdings mit dem höchsten Anteil. Nach der Reise erfüllten die Kundenkontakte besonders die Funktionen Hilfestellungen und Beratungen sowie Beschwerden. Für die Anteile an Beschwerdekontakten ergaben die Ergebnisse der χ2-Tests jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den Clustern. Die Kunden des ersten Clusters nutzen hierfür vorwiegend die Anbieter-Homepage sowie sonstige Internetseiten, während die Kunden des dritten und vierten Cluster hierfür Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter realisierten. Tabelle 58 deckt signifikante Unterschiede in der Bedeutung einzelner Kontaktpunkte zwischen den Sequenzclustern auf. Bezogen auf den gesamten Kaufprozess wurden die Kontakte von den Kunden des dritten Clusters im Mittel am wichtigsten beurteilt, während diese für die Kunden des zweiten Clusters die geringste Bedeutung hatten (F(3,355) = 3.173, p < .05). Allerdings wurden im zweiten Cluster die Kontakte insgesamt auch als wichtig beurteilt. Darüber hinaus sind signifikante Unterschiede für die durchschnittliche Bedeutung der Kunden-
4.4 Ergebnisse
255
kontakte in der Vorbuchungs- (F(3,285) = 2.681, p < .05), der Vorreise- (F(3,287) = 2.980, p < .05) und Reisephase zwischen den Sequenzclustern festzuhalten (F(3,264) = 6.723, p < .05). In diesen Prozessphasen haben die Kontakte für die Kunden im dritten und vierten Cluster die höchste Bedeutung, während sie für die Probanden aus Cluster 1 und 2 weniger wichtig sind. Tabelle 58: Beschreibung der Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand der Bedeutung ausgewählter Kontaktpunkte Bedeutung der Kundenkontakte im Kaufprozess M (SD)1
Cluster 1
Cluster 2
Cluster 3
Cluster 4
5.06 (0.7)
4.99 (0.7)
5.59 (0.4)
5.18 (0.5)
*
Vorbuchungsphase (VB) Bedeutung der Kundenkontakte in VB M (SD) Reisekatalog Anbieter-Homepage Reisebüromitarbeiter
4.96 (0.9)
4.81 (1.1)
5.33 (0.7)
5.13 (0.8)
*
4.87 (1.1) 5.60 (0.5) 5.13 (1.2)
5.20 (0.9) 4.39 (1.3) 5.72 (0.7)
5.31 (0.8) 5.31 (0.8) 5.68 (0.5)
5.28 (0.7) 4.99 (0.7) 5.51 (0.8)
**
T
T
Buchungsphase (B) Bedeutung der Kundenkontakte in B M (SD) Reisekatalog Anbieter-Homepage sonstige Internetseiten
5.19 (0.8)
5.16 (1.0)
5.18 (0.6)
5.22 (0.6)
n.s.
4.84 (1.0) 5.43 (0.7) 5.29 (0.9)
5.18 (0.8) 4.87 (1.51) 5.12 (0.8)
4.81 (0.8) 4.99 (0.8) 4.34 (1.1)
5.28 (0.7) 5.20 (0.8) 4.97 (1.1)
T T T
Vorreisephase (VR) Bedeutung der Kundenkontakte in VR M (SD) Reisekatalog Reisunterlagen Anbieter-Homepage Reisebüromitarbeiter
5.03 (0.9)
4.65 (1.1)
5.08 (1.1)
5.09 (0.7)
*
4.32 (1.2) 5.21 (0.9) 4.90 (1.1) 5.67 (0.8)
4.48 (0.8) 4.64 (1.3) 3.34 (1.3) 4.90 (1.0)
4.07 (1.5) 4.96 (1.2) 4.86 (0.9) 5.80 (0.4)
4.90 (1.0) 5.18 (0.9) 4.12 (0.9) 5.21 (1.0)
* * ** *
Reisephase (R) Bedeutung der Kundenkontakte in R M (SD) Reiseleiter
4.84 (0.9)
4.53 (1.3)
5.47 (0.5)
4.96 (0.9)
***
4.86 (1.1)
4.69 (1.3)
5.97 (0.2)
4.99 (0.9)
***
Nachreisephase (NR) Bedeutung der Kundenkontakte in NR M (SD) Anbieter-Homepage
4.26 (1.3)
4.15 (1.6)
4.57 (1.2)
4.72 (1.2)
T
4.43 (1.4)
3.40 (1.5)
3.84 (0.8)
4.54 (0.9)
*
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 Mittelwert (Standardabweichung); Bedeutung: 1 = völlig unwichtiger Kontakt bis 6 = sehr wichtiger Kontakt.
2
Innerhalb der Sequenzcluster zeigen sich, bezogen auf den Verlauf der Bedeutung in den fünf Prozessphasen, signifikante Unterschiede im ersten (Hotteling-Spur F(4,30) = 4.667, p < .01), zweiten (Hotelling-Spur F(4,21) = 3.813, p < .05) und vierten Sequenzcluster (Hotelling-Spur F(4,54) = 3.569, p < .05). Innerhalb der einzelnen Prozessphasen ergeben sich nur für wenige Kontaktpunkte signifikante Unterschiede zwischen den identifizierten Sequenzclustern. Entlang des Kaufprozesses beziehen sich diese Differenzen vor allem auf die Bedeutung der Kontakte mit dem Katalog,
256
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
mit der Anbieter-Homepage, mit sonstigen Internetseiten sowie die persönlichen Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter und dem Reiseleiter. In der Vorbuchungs- und Buchungsphase wurde den Kontakten mit der Anbieter-Homepage die höchste Bedeutung von den Kunden des ersten Clusters beigemessen, während sie für die anderen Kunden von geringerer Bedeutung sind. In der Vorbuchungsphase wurden diese Kontakte von den Probanden in Cluster 3 am wichtigsten beurteilt, während sie in diesem Zeitraum in den multidimensionalen Kontaktsequenzen der Kunden im zweiten Cluster die geringste Bedeutung hatten. Für die Kunden in Cluster 2 haben die persönlichen Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter in der Vorbuchungsphase die höchste Bedeutung. In der Vorreisephase nimmt die Bedeutung der Kontakte mit dem Reisekatalog gegenüber den vorhergehenden Prozessphasen ab. Hieran wird deutlich, dass diese Kontakte vor allem in der Vorbuchungs- und Buchungsphase eine besondere Stellung im Kaufprozess in der Tourismusbranche einnehmen und in diesen Zeiträumen für die Kunden besonders nutzenstiftend sind. Zwischen den Clustern können allerdings nur tendenziell signifikante Unterschiede in der Bedeutung einzelner Kontaktpunkte festgehalten werden. Weiterhin zeigen sich in der Vorreisephase Unterschiede hinsichtlich der Wichtigkeit der Internetkontakte zwischen dem ersten und den weiteren Sequenzclustern. Während dieser Phase unterscheiden sich die Cluster lediglich in der Bedeutung der Kontakte mit dem Reiseleiter. Diese werden von den Kunden in Cluster 3 am wichtigsten beurteilt. Dieser Kontaktpunkt wurde von diesen Kunden auch am häufigsten in dieser Phase realisiert und erfüllte vielfältige Funktionen (vgl. Tabelle 54, Tabelle 55). Nach der Reise wurden signifikante Unterschiede in der Bedeutung der Kundenkontakte mit der Anbieter-Homepage festgestellt, wobei diese Kontakte die höchste Bedeutung für die Kunden des ersten Sequenzclusters haben. Insgesamt ist dieser Kontaktpunkt für die Kunden in den einzelnen Sequenzclustern allerdings von deutlich geringerer Bedeutung als in den vorhergehenden Prozessphasen. Am wichtigsten wurden von den Kunden in allen Clustern in dieser Phase die persönlichen Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter und den Reiseunterlagen beurteilt. Hierbei konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Sequenzclustern festgestellt werden (Reisebüromitarbeiter (persönlich): CL1: M = 1.63, SD = 0.9; CL2: M = 2.17, SD = 1.7; CL3: M = 1.67, SD = 0.7; CL4: M = 1.62, SD = 0.9; F(3,81) = 1.207, p = .313; Reiseunterlagen: M = 2.57, SD = 1.4; CL2: M = 2.33, SD = 1.5; CL3: M = 1.86, SD = 0.9; CL4: M = 2.12, SD = 1.0; F(3,71) = .808, p = .494). Beschreibung der multidimensionalen Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand der personenbezogenen und situativen Determinanten Nun stellt sich die Frage, in wie weit sich die vier Sequenzcluster in der Tourismusbranche im Hinblick auf die personenbezogenen und situativen Determinanten unterscheiden. Die Befunde in Tabelle 59 zeigen vielfältige signifikante Unterschiede zwischen den betrachteten Ursachen. Hierbei ist auffällig, dass anhand der Befunde in der Tourismusbranche vor allem ein Einfluss der betrachteten personenbezogen Determinanten auf die multidimensionale Kundenkontaktsequenz angenommen werden kann. Die im Mittel jüngsten Kunden finden sich in
4.4 Ergebnisse
257
Cluster 1. Hier ist auch der höchste Anteil an Studierenden/Schülern enthalten. Diese Kunden haben die wenigsten Kontakte im Kaufprozess realisiert und hierfür insbesondere die Anbieter-Homepage und sonstigen Internetseiten genutzt. Tabelle 59: Beschreibung der Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand der Determinanten der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen Cluster 1 Alter M (SD)1 Geschlecht (Anteil Frauen) derzeitige Tätigkeit Selbständig Angestellt Beamte Berentet Studierende/Schüler in Ausbildung sonstige Tätigkeit HH-(Netto-)Einkommen4 Internetnutzung5 bisherige Erfahrungen bisherige Buchungen beim Veranstalter? Anzahl an bisherigen Buchungen M (SD)
Cluster 2
personenbezogene Ursachen 28.99 35.25 (11.4) (17.0) 51.52 47.9 3
Cluster 3
Cluster 4
28.4 (10.9) 80.0
43.01 (18.4) 58.7
2.1 15.5 4.1 1.0 75.3 0.8 1.0 2.94 (2.3) 1.54 (0.8)
4.3 31.6 6.8 17.1 35.0 2.3 2.6 3.92 (2.3) 2.57 (1.4)
5.7 17.1 65.7 6.1 5.7 3.34 (2.6) 1.82 (1.1)
5.5 14.7 5.5 11.0 57.8 3.1 2.8 3.21 (2.0) 2.24 (1.3)
39.26 3.16 (2.8)
70.9 5.53 (4.9)
54.3 4.66 (6.1)
59.6 5.03 (4.7)
*** **
***
* ***. *** T
situative Ursachen Komplexitätsgrad Niedrig Mittel Hoch Preis (je Teilnehmer in Euro) M (SD) Reisedauer (in Tagen) M (SD) Reiseveranstalter Premiumveranstalter Last-Minute-Anbieter Veranstalter von Clubreisen sonstige Veranstalter Buchungsmotiv jährlicher Erholungsurlaub gute Erfahrungen/Empfehlungen Geschenk durch Werbung aufmerksam geworden spontaner Urlaubswunsch Interesse am Reiseziel/Urlaubsland Frühbucherrabatte räumliche Erreichbarkeit (in km)10 M (SD) Privatkommunikation Gespräche geführt? Anzahl der Gespräche M (SD) Einfluss der Gespräche M (SD)12
82.47 8.8 8.8 510.57 (310.2) 9.98 (4.8)
74.5 15.5 10.0 1044.33 (1138.7) 12.34 (5.3)
75.8 12.1 12.1 423.80 (273.1)
76.4 15.1 8.5 988.99 (943.7)
9.38 (3.9)
12.19 (11.3)
T
**
n.s. *
48.68 10.3 2.1 36.1
73.5 4.3 0.9 19.7
54.6 11.4 31.4
67.9 10.1 15.6
15.69 4.4 1.1 29.2 4.5 1.1 2.76 (3.4)
26.1 11.4 4.2 28.1 3.1 1.0 4.67 (8.3)
27.3 3.0 12.1 21.2 6.1 3.0 4.49 (5.9)
33.3 5.0 4.0 29.3 4.0 1.0 4.66 (6.2)
n.s.
72.2 6.38 (6.4) 3.79 (1.8)
74.3 9.86 (7.4) 3.57 (1.8)
67.6 9.14 (13.5) 3.56 (1.7)
n.s. n.s. n.s.
11
62.9 10.58 (14.7) 3.31 (1.5)
**
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 Mittelwert (Standardabweichung); 2 51.5% der Probanden in Cluster 1 sind weiblich; 3 2.1% der Probanden in Cluster 1 üben die Tätigkeit selbständig aus; 4 HHNetto-Einkommen: 1 = bis 500 Euro bis 9 = mehr als 4000 Euro; 5 durchschnittliche Internetnutzung 1 = weniger als einmal in der Woche bis 5 = mehrmals täglich; 6 59.6% der Kunden in Cluster 1 haben bereits min. eine Reise beim Anbieter; 7 82.4% der Probanden in Cluster 1 haben eine Reise mit einem niedrigen Komplexitätsgrad gebucht; 8 48.6% der Kunden in Cluster 1 haben bei einem Premiumveranstalter gebucht; 9 15.6% der Probanden in Cluster 1 gaben als Buchungsmotiv jährlicher Erholungsurlaub an; 10 Entfernung (in km) von der Wohnung bis zum nächstgelegenen Reisebüro des Anbieters; 11 62.9% der Probanden in Cluster 1 führten Gespräche im privaten Umfeld im Zusammenhang mit der Buchung; 12 1 = gar kein Einfluss bis 6 = sehr großer Einfluss der Gespräche.
258
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Die Internetkontakte erfüllten auch die meisten unterschiedlichen Funktionen im Kaufprozess für diese Probanden und wurden insbesondere für die Buchung der interessierenden Reise genutzt. Die Kunden im vierten Cluster weisen das höchste Durchschnittsalter auf. Sie haben deutlich mehr Kontakte realisiert und hierfür insbesondere persönliche Kontakte für vielfältige Funktionen im Kaufprozess genutzt, die von ihnen als besonders bedeutend und somit als nutzenstiftend beurteilt wurden. Bezogen auf das Alter bestätigen die Befunde die Annahmen von Kushwaha und Shankar (2006 S. 15), die einen umgekehrt u-förmigen Zusammenhang zwischen dem Alter und der Art und Anzahl der genutzten Kundenkontakte zeigen konnten (vgl. Abschnitt 3.3.1). Auch die bisherigen Erfahrungen scheinen die multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen zu beeinflussen. Allerdings können die Befunde die Vermutung, dass mit einem höheren Anteil bzw. einer höheren Anzahl an bisherigen Buchungen bei einem Anbieter weniger Kontakte im Kaufprozess einhergehen, nicht bestätigen. Vielmehr deuten die Unterschiede zwischen den Clustern auf einen gegenläufigen Zusammenhang hin. So haben die Kunden des ersten Clusters mit dem geringsten Anteil und der geringsten Anzahl an bisherigen Buchungen auch die wenigsten Kontakte im Kaufprozess realisiert, während die des dritten und vierten Sequenzclusters die höchsten Anteile und im Mittel am häufigsten bei dem gewählten Reiseveranstalter gebucht haben, die längsten Kontaktsequenzen aufweisen und auch die Kontakte differenzierter im Kaufprozess genutzt haben. Für die situativen Ursachen der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen zeigen die Ergebnisse signifikante Unterschiede zwischen den vier Sequenzclustern, bezogen auf den Preis der Reise (je Teilnehmer) sowie auf die Art des Reiseveranstalters. Für die Reisedauer ist lediglich ein tendenziell signifikanter Unterschied zwischen den Clustern festzuhalten (p < .1). Diese deuten darauf hin, dass mit steigendem Preis und einer längeren Urlaubsdauer auch eine höhere Anzahl von Kundenkontakten in der Kundenkontaktsequenz einhergeht und hierbei mehr persönliche Kontakte realisiert werden, die im Kaufprozess viele unterschiedliche Funktionen erfüllen und von den Kunden ebenfalls als wichtig beurteilt werden. Bei kürzeren Reisen aus unteren Preissegementen werden weniger Kontakte in der Sequenz realisiert, hierbei insbesondere Kontakte mit dem Anbieter im Internet. Ein ebensolcher Zusammenhang ist auch für den Einfluss der Art des Reiseveranstalters zu vermuten. Anders als erwartet ergeben sich keine signifikanten Unterschiede für den Komplexitätsgrad der gebuchten Reise zwischen den Clustern. Die Kunden in allen Clustern haben vornehmlich Reisen mit einem niedrigen Komplexitätsgrad gebucht. Bei einer Betrachtung der Unterschiede, bezogen auf einzelne Reisekategorien, zeigen sich jedoch die erwarteten Unterschiede zwischen den Clustern (χ2(21) = 71.04, p < .01). Kunden des ersten Cluster haben vornehmlich Badeurlaube (Mittelstrecke) und Cluburlaube gebucht (62.3%). Neben Badeurlauben (40.0%) buchten die Probanden in Cluster 2 häufig Fernreisen (18.3%). Der höchste Anteil an Fernreisen (22.9%) und Luxusreisen (19.1%) ist aber für die Kunden des dritten Clusters festzuhalten. Die Kunden im vierten Cluster haben den geringsten Anteil an Badereisen gebucht (38.1%) sowie ebenfalls in hohem Maße Fernreisen (15.5%), Städtereisen (25.7%) und Aktivurlaube.
4.4 Ergebnisse
259
Beschreibung der multidimensionalen Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand der finalen Größen Hinsichtlich der Effekte der Kundenkontaktsequenzen zeigen die Ergebnisse in der Tourismusbranche keine Unterschiede für die leistungsbezogene Kundenzufriedenheit zwischen den Sequenzclustern (vgl. Tabelle 60). Für die prozessbezogene Kundenzufriedenheit ist ein tendenziell signifikanter Unterschied (p < .1), bezogen auf den Service des Anbieters in der Vorbuchungsphase, sowie ein signifikanter Unterschied für den Service in der Nachreisephase festzuhalten. Tabelle 60: Beschreibung der Sequenzcluster in der Tourismusbranche anhand der Effekte der Kundenkontakte und Kontaktsequenzen Cluster 1
Cluster 2
Cluster 3
Cluster 4
leistungsbezogene Kundenzufriedenheit2 M (SD)1 Reise und Preis Angebot insgesamt Anbieter insgesamt Preise insgesamt Erreichbarkeit Anbieter im Vergleich zur Konkurrenz
4.82 (1.1) 4.64 (0.9) 4.59 (1.0) 4.59 (1.0) 4.67 (1.0) 4.57 (1.1)
4.99 (0.9) 4.63 (0.9) 4.77 (0.9) 4.39 (1.1) 4.73 (1.1) 4.61 (0.9)
4.92 (1.2) 4.80 (1.1) 4.72 (1.2) 4.32 (1.3) 4.77 (1.2) 4.38 (1.3)
5.04 (0.9) 4.77 (1.0) 4.87 (1.0) 4.41 (1.1) 4.87 (1.1) 4.59 (1.2)
n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. n.s
prozessbezogene Kundenzufriedenheit M (SD) Service in der Vorbuchungsphase Service in der Buchungsphase Service in der Vorreisephase Service in der Reisephase Service in der Nachreisephase
4.64 (1.1) 4.86 (0.9) 4.55 (1.2) 4.15 (1.4) 4.21 (1.3)
4.76 (0.9) 5.13 (0.8) 4.67 (0.9) 4.19 (1.4) 4.09 (1.4)
4.91 (1.2) 5.06 (1.0) 4.79 (1.4) 4.46 (1.5) 3.76 (1.4)
4.97 (1.0) 5.15 (0.9) 4.82 (1.0) 4.41 (1.3) 4.06 (1.5)
T
n.s. n.s. n.s. *
2.15 (1.3) 4.85 (1.0)
2.00 (1.3) 5.06 (1.0)
2.52 (1.6) 4.69 (1.3)
2.02 (1.2) 4.98 (1.1)
n.s. n.s.
4.73 (1.4) 3.92 (1.6) 2.02 (1.1)
5.17 (1.1) 4.82 (1.3) 2.42 (1.2)
4.89 (1.4) 4.20 (1.6) 2.57 (1.1)
5.13 (1.2) 4.38 (1.4) 2.36 (1.2)
* *** *
1.76 (1.0)
1.87 (1.1)
2.17 (1.1)
2.05 (1.1)
n.s.
wahrgenommenes Risiko3 Vertrauen4 Kundenloyalität M (SD) Wiederkaufbereitschaft5 Wiederkaufwahrscheinlichkeit6 Weiterempfehlung allgemein7 Weiterempfehlung wegen betreffender Buchung
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 Mittelwert (Standardabweichung); 2 3 Kundenzufriedenheit: 1 = sehr unzufrieden bis 6 = sehr zufrieden; wahrgenommenes Risiko: 1 = überhaupt nicht 4 risikoreich bis 6 = sehr risikoreich; Vertrauen: 1 = gar nicht vertrauensvoll bis 6 = sehr vertrauensvoll; 5 Wiederkaufbereitschaft: 1 = kann ich mir nicht vorstellen bis 6 = auf jeden Fall; 6 Wiederkaufwahrscheinlichkeit: 1 = sehr unwahrscheinlich bis 6 = sehr wahrscheinlich; 7 Weiterempfehlung: 1 = nein, noch nie bis 4 = öfter als dreimal.
Insbesondere zeigen die Ergebnisse Unterschiede bei den einzelnen Dimensionen der Kundenloyalität. Die Kunden des vierten Clusters, die insgesamt die längsten Kundenkontaktsequenzen entlang des Kaufprozesses realisieren, weisen die geringste Wiederkaufbereitschaft und auch die geringste Wiederkaufwahrscheinlichkeit auf. Ebenso haben sie den Anbieter am wenigsten allgemein und im Zusammenhang mit der letzten Transaktion weiterempfohlen. Trennschärfe der multidimensionalen Sequenzcluster in der Tourismusbranche
260
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
Auch in der Tourismusbranche wurde mit Hilfe von zwei multinominalen logistischen Regressionsmodellen überprüft, in wie weit sich die Cluster hinsichtlich der Abfolge der Kundenkontakte unter Verwendung der zehn häufigsten 2’er-Substrings im Kaufprozess unterscheiden und in wie weit sich hiermit die Clusterzugehörigkeit zufrieden stellend prognostizieren lässt. Mit dem ersten Modell wird die Eignung der Substrings zur Gruppentrennung und Prognose betrachtet. Das zweite Modell prüft zusätzlich noch den Beitrag ausgewählter personenbezogener und situativer Determinanten, von denen ebenfalls ein Einfluss auf die Clusterzugehörigkeit zu erwarten ist. Für beide Modelle bildete Cluster 1 die Referenzkategorie (vgl. Tabelle 61). Die Ergebnisse eines Likelihood-Ratio-Tests zeigen eine hoch signifikante Anpassung der Schätzung für beide Modelle (Modell 1: χ2(30) = 206.556, p < .001; Modell 2: χ2(51) = 97.405, p < .001). Die angeführten Pseudo-R2-Statistiken belegen darüber hinaus die Güte der Gesamtmodelle. Tabelle 61: Trennschärfe der multidimensionalen Sequenzcluster in der Tourismusbranche, multinominale logistische Regression (Referenzkategorie = Cluster 1) Multinominale logistische Regressionen Modell 1 Substring Katalog → Reisebüromitarbeiter Reisebüromitarbeiter → Katalog Katalog → Reiseunterlagen Reiseunterlagen → Reiseleiter Reisebüromitarbeiter → Reisebüromitarbeiter Katalog → Katalog sonst. Internet → sonst. Internet sonst. Internet → Homepage Reisebüromitarbeiter → Reiseunterlagen Homepage → sonst. Internet. ausgewählte Determinanten Alter Geschlecht1 HH-(Netto-) Einkommen2 Internetnutzung3 Komplexitätsgrad4 Reisepreis5 Konstante korrekt klassifiziert -2LL Cox & Snell R2 Nagelkerke R2
Modell 2
Cluster 2 .882* .252 .313 -.792*
Cluster 3 .613 1.050* .535 .314
Cluster 4 1.255** 1.019* .189 -.129
Cluster 2 -.794 2.913 -1.139 -2.049*
Cluster 3 -2.134 3.175T -.698 -.309
Cluster 4 1.490 3.938* -3.314T -2.861*
2.358**
2.164*
2.724**
2.131
2.503
4.267T
.096 -.754T -1.372**
.259 -.486 -1.287*
.872T -1.419* -1.984***
-.728 -1.761 -.494
-1.949 -.290 -3.155
1.520 -2.084 -3.780
.503
.751
.938*
.787
1.646
1.529
-1.542**
-.002
-.266
-.896
3.573T
.816
-.598
.012 .941 .375 .354 -.374 .001 -.445
-.059 1.874 .562 -9.60 .432 -.003 1.429
-.063 -.053 .247 .484 -1.490T .001 1.574
.558*
-1.495*** 58.7 438.518 .438 .472
62.2 140.370 .661 .712
*** = p < .001, ** = p < .01, * = p < .05, T = p < .1, n.s. = nicht signifikant; 1 Dummy-Variable: 0 = weiblich, 1 = männlich; 2 Einkommen: 1 = bis 500 Euro bis 9 = mehr als 4000 Euro; 3 durchschnittliche Internetnutzung: 1 = weniger als einmal wöchentlich bis 5 = mehrmals täglich; 4 Komplexitätsgrad: 1 = niedrig bis 3 = hoch; 5 Reisepreis in Euro.
4.4 Ergebnisse
261
Bereits durch die Berücksichtigung der Sequenzinformationen im ersten Modell können 58.7% der Kunden der Gesamtstichprobe korrekt klassifiziert werden. Die Befunde der einzelnen Parameterschätzer belegen, dass insbesondere die Substrings Katalog → Reisebüromitarbeiter, Reisebüromitarbeiter → Katalog, Reisebüromitarbeiter → Reisebüromitarbeiter sowie Anbieter-Homepage → sonstige Internetseiten zur Trennung zwischen den Clustern beitragen. Diese statistischen Beziehungen zwischen den betrachteten Substrings und der Clusterzugehörigkeit gehen allerdings größtenteils verloren, wenn im zweiten Modell zusätzlich ausgewählte Determinanten der Kundenkontakte und Kontaktsequenzen im multinominalen logistischen Regressionsmodell berücksichtigt werden. Allerdings konnte der Anteil der korrekt klassifizierten Fälle durch die Aufnahme der zusätzlichen Variablen nur geringfügig verbessert werden. Diesbezüglich konnte lediglich eine Steigerung um 3.5% auf 62.2% korrekt klassifizierter Fälle erreicht werden. Darüber hinaus zeigt sich lediglich für den Komplexitätsgrad der nachgefragten Leistung ein tendenziell signifikanter Einfluss für die Trennung zwischen dem dritten Sequenzcluster und der Referenzkategorie. 4.4.6.3 Vergleich und Diskussion der multidimensionalen Sequenzclusterung in beiden Branchen Die Ergebnisse der globalen Analyse der multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen zeigen, dass mit der hier angewendeten Methodik für den multidimensionalen Sequenzvergleich von Joh et al. (2002) und der anschließenden Clusteranalyse in beiden Branchen gut interpretierbare Sequenzcluster identifiziert werden konnten. In beiden Branchen wurden vier Sequenzcluster aufgedeckt, die sich in der Abfolge der Kundenkontakte als multidimensionale Ereignisse entlang des Kaufprozesses deutlich unterscheiden. Hinsichtlich der Länge der multidimensionalen Zentroidsequenzen sowie bezogen auf die Art und Anzahl der realisierten Kundenkontakte zeigen sich Unterschiede zwischen beiden Branchen. So sind die Zentroidsequenzen in der Tourismusbranche vergleichsweise länger und beinhalten höhere Anteile an persönlichen Kundenkontakten sowie an Kontakten mit dem Anbieter im Internet. Mit dem gleichen Ansatz des Sequenzvergleichs und einer analogen Vorgehensweise bei der Clusteranalyse haben Steinmann und Silberer (2008b, 2009a S. 519) in einer ähnlichen Studie in der Tourismusbranche ebenfalls vier Sequenzcluster identifiziert, die sich, bezogen auf ihre Zentroidsequenzen, nur marginal von der erhaltenen Lösung in dieser Arbeit unterscheiden. Das hier verwendete Verfahren scheint somit auch über die Zeit robuste Clusterlösungen zu liefern. Bei einem Vergleich der Abfolge der Kundenkontakte in den Clusterzentroiden zeigen sich zum Teil deutliche Unterschiede hinsichtlich der komplementären Nutzung der Kontaktpunkte entlang des Kaufprozesses. Hierbei spiegeln sich in beiden Branchen auch die bereits angesprochenen Differenzen hinsichtlich der Stellung einzelner Kontaktpunkte sowie ihrer Funktionen und Bedeutung im Kaufprozess wider (vgl. Abschnitt 4.4.1). Weiterhin werden durch die Betrachtung der gesamten Sequenzen die angeführten Unterschiede hinsichtlich der vertikalen und horizontalen Beziehungen zwischen den Kundenkontaktpunkten anschaulicher
262
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
als bei der lokalen Analyse einzelner Abschnitte der Sequenz dargestellt (vgl. Abschnitt 4.4.2, Abschnitt 4.4.3). Hierbei können bereits anhand der Clusterzentroide vielfältige Erkenntnisse über die Anforderungen und Präferenzen der Kunden im Kaufprozess in den unterschiedlichen Clustern abgeleitet werden. In beiden Branchen wurden die Erwartungen, die aus der Interpretation der Zentroidsequenzen resultierten, durch die isolierte Analyse der einzelnen Dimensionen der multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen bestätigt. So werden in beiden Branchen die Kontakte, die in den Sequenzen mit einem hohen Anteil realisiert werden und vielfältige Funktionen für die Kunden erfüllen, auch als besonders wichtige Kontakte entlang des Kaufprozesses beurteilt. Allerdings zeigten sich hierbei, in Abhängigkeit der individuellen Anforderungen und Präferenzen der Kunden im Kaufprozess, auch deutliche Unterschiede zwischen den Sequenzclustern innerhalb einer Branche. Diese Ergebnisse liefern in beiden Branchen Hinweise auf die Gültigkeit der Annahmen der Media Richness Theorie (Daft & Lengel 1984) im Zusammenhang mit der Effektivität der Kanalwahl unter Berücksichtigung der jeweiligen Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte entlang des Kaufprozesses. Hierbei ist anzunehmen, dass die Effektivität eines Kundenkontaktpunkts über alle Phasen des Kaufprozesses nicht konstant beurteilt wird und diese Beurteilung darüber hinaus noch von kundenindividuellen Faktoren sowie den Eigenschaften der nachgefragten Leistung (task analyzability) beeinflusst wird. Dies zeigt sich anhand der Unterschiede in der Bedeutung einzelner Kontaktpunkte zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Kaufprozess bzw. an unterschiedlichen Positionen in der Kundenkontaktsequenz. Darüber hinaus ist hierbei ebenfalls ein Einfluss der Funktion der Kundenkontakte anzunehmen. So haben beispielsweise die unterschiedlichen Kontakte mit der Anbieter-Werbung zu Beginn des Kaufprozesses für den Erhalt allgemeiner Informationen eine hohe Bedeutung für die Kunden, was auf einen besonderen Nutzen dieser Kontakte und auf die Effektivität der Wahl dieses Kontaktpunktes in einer frühen Phase des Kaufprozesses schließen lässt. In den weiteren Phasen nimmt die Bedeutung dieser Kontakte im Zusammenhang mit den gewünschten Kontaktfunktionen aufgrund der geringen Funktionalität dieser Kontaktpunkte deutlich ab. Hierbei ist im Sinne der Media Richness Theorie von einer oversimplification der Kanalwahl zu sprechen (vgl. Abschnitt 2.5.1). Somit sind diese Kontaktpunkte auch nur wenig effektiv für die Erfüllung der Kundenbedürfnisse in späteren Phasen des Kaufprozesses, weshalb auch häufig zum Ende des Kaufprozesses nicht mehr in den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen zu beobachten sind. Bei den weiteren Kontaktpunkten sind ebenfalls diese Unterschiede in der Kundenkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses zu beurteilen (z.B. beim Reisekatalog in der Tourismusbranche). Darüber hinaus liefern die Befunde der globalen Sequenzanalysen Hinweise auf die Gültigkeit der Annahmen des Konzepts der adaptiven Entscheidungsfindung (vgl. Payne et al. 1993) entlang des gesamten Kaufprozesses. Bereits anhand der Clusterzentroide ist ersichtlich, dass die Kunden nicht nur im Rahmen ihrer Entscheidungsfindung und für den Alternativenvergleich die Kontaktpunkte im Multi Channel Marketing komplementär nutzen, sondern dieses Zusammenwirken der Kontakte in allen Phasen des Kaufprozesses zur Erfüllung der Kunden-
4.4 Ergebnisse
263
bedürfnisse zu erwarten ist. Allerdings kann hierbei von deutlichen Unterschieden bei der Kombination der Kundenkontaktpunkte entlang des Kaufprozesses ausgegangen werden. Aufgrund der identifizierten Unterschiede hinsichtlich der Produkt- und Reisekategorien in den Segmenten können die in den jeweiligen Clustern enthaltenen Kundenkontaktsequenzen, in Anlehnung an das Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung von Payne et al. (1993 S. 2), auch als Strategiemengen zur Erfüllung der Anforderungen in Kaufprozessen für unterschiedliche Leistungen interpretiert werden (vgl. Abschnitt 2.5.6). Die identifizierten Zentroidsequenzen können somit als „typische“ Strategie innerhalb der Strategiemenge eines Clusters aufgefasst werden. Demnach ist anzunehmen, dass ein Kunde im Kaufprozess nicht immer die gleiche Strategie verfolgt und die gleiche Kundenkontaktsequenz realisiert, sondern in Abhängigkeit der nachgefragten Leistung und weiterer situativer Einflüsse alternative Strategien im Kaufprozess wählt und in ein anderes Sequenzcluster fällt. Die Sequenzcluster selbst können aber als relativ stabil angenommen werden. Weiterhin liefern die Befunde Hinweise auf die Gültigkeit der Annahmen der Information Integration Theorie von Anderson (1971, 1981) in allen Phasen des Kaufprozesses. Somit ist das postulierte Zusammenfügen von Informationen aus unterschiedlichen Kontakten nicht nur im Rahmen der Entscheidungsfindung in der Vorkaufphase, sondern zur Erfüllung der Anforderungen und Präferenzen der Kunden in allen Phasen des Kaufprozesses zu erwarten. Die Befunde zu den Determinanten der multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen weisen für beide Branchen auf ähnliche Effekte einzelner personenbezogener und situativer Determinanten hin, nicht nur auf die Realisation einzelner Kontakte, ihrer Kontaktfunktionen und Bedeutung, sondern auch auf die Abfolge der Kundenkontakte in der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses. Hierdurch liefern sie zusätzliche Erkenntnisse hinsichtlich der im Hypothesensystem in Abbildung 11 auf S. 113 postulierten Einflüsse. Bezüglich der Effekte lassen die Ergebnisse allerdings deutliche Unterschiede der Wirkung der Abfolge der Kundenkontakte auf finale Größen nicht nur zwischen den Sequenzclustern innerhalb einer Branche, sondern auch branchenübergreifend vermuten. Während innerhalb des Elektronikfachhandels von deutlichen Differenzen bei der Wirkung der multidimensionalen Sequenzen auf die leistungs- und prozessbezogene Kundenzufriedenheit auszugehen ist, sind diesbezüglich in der Tourismusbranche nur vereinzelt signifikante Unterschiede festzuhalten. Gleiches gilt für die Unterschiede beim wahrgenommenen Risiko und dem Vertrauen gegenüber dem Anbieter. Bezüglich der Effekte der Kundenkontaktsequenzen auf die Kundenloyalität zeigt sich jedoch ein anderes Bild. Hier sind für einzelne Dimensionen in der Tourismusbranche Differenzen zwischen den Clustern festzuhalten, während im Elektronikfachhandel die Befunde lediglich auf einen Effekt der Sequenzen auf die Weiterempfehlung des Anbieters wegen der letzten Transaktion schließen lassen. Die Ergebnisse der multinominalen logistischen Regressionsanalysen belegen für beide Branchen, dass die Abfolge der Kundenkontakte in den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen gut zwischen den Sequenzcluster trennen kann. Weiterhin zeigen die Befunde, dass bereits mit wenigen Informationen über die Abfolge der Kundenkontakte die Clusterzugehö-
264
4. Zwei Studien zu Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen
rigkeit in beiden Branchen zufrieden stellend prognostiziert werden kann und diese einen größeren Beitrag zur Vorhersage leisten als ausgewählte personenbezogene und situative Determinanten. Letzter Befund ist vor allem aus Anbietersicht von besonderer Bedeutung. Bereits durch die Kenntnis von nur zwei aufeinander folgenden Kundenkontakten liegen ausreichend Informationen vor, die Clusterzugehörigkeit zufrieden stellend zu prognostizieren und hierdurch auf die zu erwartenden Kundenbedürfnisse an die Kontakte im Kaufprozess zielgerichtet einzugehen. Durch diesen kundenzentrierten Ansatz wird einem Anbieter somit die Schaffung einer perfect customer experience (vgl. Payne & Frow 2004) über alle Kanäle seines Multi Channel Marketing entlang des Kaufprozesses ermöglicht, die sich positiv auf die Kundenzufriedenheit und die Kundenloyalität auswirkt und somit entscheidend zum langfristigen Unternehmenserfolg beitragen kann (vgl. Reinartz et al. 2004 S. 293).
5. Zusammenfassung und Implikationen 5.1
Zusammenfassung
Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stand die Analyse der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche. Hierbei interessierte nicht nur, welche Kontaktpunkte von den Kunden genutzt werden, sondern auch welche Funktionen und welche Bedeutung diese für die Kunden im Kaufprozess haben und welche Unterschiede zwischen einzelnen Phasen im Kaufprozess existieren. Neben der Beantwortung dieser grundsätzlichen Fragestellungen lag ein besonderes Augenmerk auf dem Zusammenspiel der Kundenkontakte (Dimension 1), ihrer Funktionen (Dimension 2) und Bedeutung (Dimension 3) in einzelnen Prozessphasen sowie entlang des gesamten Kaufprozesses. Somit war die Analyse der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz zusammen mit der Betrachtung der vertikalen und horizontalen Beziehungen zwischen den einzelnen Dimensionen von besonderer Bedeutung. Weiterhin sollten für ein tief gehendes Verständnis der Unterschiede zwischen den Kundenkontakten und der Sequenz unterschiedliche personenbezogene und situative Determinanten herausgearbeitet, deren Einfluss auf die einzelnen Kontaktdimensionen und die multidimensionale Kundenkontaktsequenz sowie die Wirkungen der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen auf finale Größen – die Kundenzufriedenheit, das wahrgenommene Risiko, das Vertrauen und die Kundenloyalität – untersucht werden. Um diese Fragestellungen zielführend zu bearbeiten und zu beantworten, wurde im zweiten Kapitel zunächst das der Arbeit zugrunde liegende Verständnis eines Kundenkontaktpunkts bzw. Kundenkontakts sowie das hieraus resultierende Verständnis des Multi Channel Marketing dargestellt und begründet. Demnach wurde Multi Channel Marketing als ein integrativer Ansatz der Marktbearbeitung definiert, der den gesamten Marketing-Mix und alle Kundenkontaktpunkte in sich vereint. In diesem Zusammenhang wurden auch die Chancen und Risiken sowie zukünftige Herausforderungen des Multi Channel Marketing diskutiert. Daran anschließend wurde aufgezeigt, welche Funktionen und Bedeutung die Kundenkontakte für Anbieter und Kunden im Kaufprozess erfüllen und welche Unterschiede zwischen den Kaufprozessphasen bestehen. Diese Unterschiede spiegeln sich in der Abfolge der Kundenkontakte – der (multidimensionalen) Kundenkontaktsequenz – entlang des Kaufprozesses wider. Diese wurden ausführlich definiert und ihre Eigenschaften diskutiert. Weiterhin wurden unterschiedliche Ansätze für die lokale und globale Analyse der Kundenkontaktsequenzen (vgl. Abbott & Tsay 2000, Silberer 2010) und die hierdurch zu gewinnenden Erkenntnisse vorgestellt und, hierauf aufbauend, die Bedeutung einer intensiven Auseinandersetzung mit den Kundenkontaktsequenzen für die Marketingforschung und Marketingpraxis dargelegt. Abschließend wurden theoretische Ansätze und Konzepte für die Beschreibung und Erklärung der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing eingeführt. Hierbei zeigte sich die besondere Eignung der Media Richness Theorie (Daft & Lengel 1984)
S. Steinmann, Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing, DOI 10.1007/978-3-8349-6579-0_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
266
5. Zusammenfassung und Implikationen
für die Begründung einzelner Kanalwahlentscheidungen und die Eignung des Konzepts deradaptiven Entscheidungsfindung (Payne et al. 1993) für die Berücksichtigung der komplexen Beziehungen zwischen den einzelnen Dimensionen der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses. Weitere Theorien und Konzepte, deren Eignung für die Beschreibung und Erklärung einzelner Kanalwahlentscheidungen und der Abfolge der Kundenkontakte im Multi Channel Marketing diskutiert wurden, waren Motivationstheorien bzw. die Motive, die Kunden in Kaufprozessen verfolgen (vgl. Balasubramanian et al. 2005, Kroeber-Riel et al. 2009 S. 176ff.), das Konzept der Einstellung (vgl. Verhoef et al. 2007), die Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger 1957) sowie das Involvement, das in der relevanten Forschung zum Multi Channel Marketing häufig im Zusammenhang mit der Komplexität der nachgefragten Leistung und ihrem Preis betrachtet wird (vgl. Peterson et al. 1997, Neslin et al. 2006). Im dritten Abschnitt dieser Arbeit wurden, basierend auf dem aktuellen Stand der relevanten wissenschaftlichen und praxisorientierten Forschung, Hypothesen zum Zusammenspiel der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz entlang des Kaufprozesses, zum Einfluss personenbezogener und situativer Determinanten auf die Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenz sowie deren Wirkungen auf finale Bewertungen und Verhaltensweisen, hergeleitet und anschaulich in einem Hypothesensystem zusammengefasst (vgl. Abbildung 11). Das vierte Kapitel beschäftigte sich mit der Anlage, Durchführung und Auswertung von zwei Befragungsstudien im Elektronikfachhandel und in der Tourismusbranche. Hierdurch sollten die in den Hypothesen postulierten Zusammenhänge und Ursache-Wirkungsbeziehungen empirisch überprüft, aber auch angenommene Unterschiede im Käuferverhalten im Multi Channel Marketing zwischen den betrachteten Branchen aufgedeckt werden. Dies setzte den Einsatz einer geeigneten Methodik zur Erfassung aller hierfür relevanten Daten, insbesondere für die Erfassung der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung sowie der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz in einzelnen Prozessphasen und entlang des gesamten Kaufprozesses voraus. Hierfür wurde am Institut für Marketing und Handel der Georg-AugustUniversität Göttingen ein Fragebogen entwickelt, in dem ein an die Gedächtnispsychologie angelehntes retrogrades Vorgehen gewählt wurde, das sich an der Arbeitsweise des menschlichen Gedächtnisses orientiert (vgl. Ericsson & Simon 1980 226f., Ericsson & Simon 1984 S. 149, Anderson 1996). Hierbei wurde der Befragungsteilnehmer Schritt für Schritt durch seine Erinnerungen geführt; eine Vorgehensweise, die es ermöglichte, schrittweise vergleichsweise präzise alle realisierten Kundenkontakte als multidimensionale Ereignisse sowie deren Sequenz entlang des Kaufprozesses in Erfahrung zu bringen (vgl. Loftus et al. 1985 S. 179, Silberer et al. 2007a, Steinmann & Silberer 2009a). Im Rahmen der Datenauswertung im vierten Kapitel wurden zur Überprüfung der Hypothesen und für die Diagnose und Prognose der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing beider Branchen neben den „klassischen“ Analyseansätzen vor allem unterschiedliche Methoden für die lokale und globale Analyse der multidimensionalen Kontaktsequenzen in beiden Branchen eingesetzt, die bisher für die Erforschung des Käufer-
5.1 Zusammenfassung
267
verhaltens im Multi Channel Marketing nur wenig Beachtung fanden. Hierbei wurden Methoden für die Analyse häufiger Substrings und Subsequenzen innerhalb der multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen aufgezeigt sowie ein Verfahren der Sequenzclusterung zur Identifikation von Kundensegmenten, basierend auf den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen von Joh et al. (2002), vorgestellt, das die komplexen vertikalen und horizontalen Beziehungen zwischen den einzelnen Dimensionen der Kundenkontaktsequenzen berücksichtigt. Diese verhaltensbezogenen Ansätze ermöglichten ein tieferes Verständnis des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing, als Ansätze die lediglich auf kumulierte Verhaltensdaten zurückgreifen und somit keine Informationen über die Abfolge des Verhaltens beinhalten (vgl. Steinmann & Silberer 2008a S. 4). An einigen Stellen wurde hierbei Neuland beschritten, beispielsweise bei der Anwendung eines Multi-State Markov Modells (vgl. Jackson 2008) für die Analyse der Übergangswahrscheinlichkeiten zwischen direkt aufeinander folgenden Kundenkontakten im Kaufprozess, zusammen mit der Untersuchung des Einflusses der Funktionen und Bedeutung der Kundenkontakte auf die einzelnen Übergänge entlang des Kaufprozesses und beim Einsatz der Assoziationsanalyse für die Identifikation interessanter Subsequenzen (vgl. Agrawal & Srikant 1994, Hettich & Hippner 2001). Somit war in dieser Arbeit auch die Bewertung der Eignung der einzelnen (sequenzanalytischen) Methoden zur Untersuchung der unterschiedlichen Problemstellungen durch die Auswertung der Kundenkontaktsequenzen zusammen mit der Betrachtung ihrer Ursachen und Wirkungen in beiden Branchenvon Interesse. Hierbei zeigte sich vor allem für die Anwendung des Multi-State MarkovModells ein wesentliches Problem, das aber nicht in der Methodik selbst, sondern durch die zu geringen Stichprobenumfänge und vergleichsweise kurzen Kontaktsequenzen in beiden Branchen begründet war. Daher waren diese Modellschätzungen anhand des eingesetzten Gütekriteriums nur als wenig zufriedenstellend zu beurteilen. Trotzdem lieferten die Befunde der Markov-Modelle wichtige Erkenntnisse über die horizontalen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten im Kaufprozess, die den Einsatz dieser Methodik auch für zukünftige Studien nahe legen. Die Auswertungen zeigten Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Befunde der Datenanalysen zwischen beiden Branchen, die in sechs Unterkapiteln ausführlich dargestellt, miteinander verglichen und diskutiert wurden. Insgesamt lieferten die Ergebnisse tief greifende Erkenntnisse über die Realisation von Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen im Kaufprozess, für deren Erklärung und Beschreibung insbesondere die Kombination der Media Richness Theorie (Daft & Lengel) mit der Information Integration Theorie (Anderson 1971, 1981) und dem Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung (Payne et al. 1993) geeignet ist. Auch wenn durch die Verknüpfung dieser drei Ansätze das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing nicht in vollem Umfang erklärt werden kann, so liefern diese Befunde, zusammen mit den Erkenntnissen der identifizierten Ursache-Wirkungsbeziehungen bezüglich der Determinanten und Wirkungen der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen, dennoch wichtige Anknüpfungspunkte für
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5. Zusammenfassung und Implikationen
die weitere Entwicklung einer ganzheitlichen Theorie zum Kundenverhalten in Mehrkanalsystemen. In den folgenden Abschnitten werden die Implikationen für die Marketingforschung und Marketingpraxis, die sich aus dem konzeptionellen Teil und den empirischen Studien ergeben, dargestellt und diskutiert. Dies muss auch eine Betrachtung der Limitationen der vorliegenden Arbeit einschließen, um hieraus Handlungsempfehlungen für die zukünftige Forschung zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing abzuleiten. 5.2
Implikationen für die Marketingforschung und Marketingtheorie
Aus den Befunden der vorliegenden Arbeit ergeben sich vielfältige Implikationen für die theoretische Fundierung der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing, ihrer Determinanten sowie ihrer Wirkungen auf finale Beurteilungen und Verhaltensweisen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die vorliegende Arbeit, wie nahezu alle empirischen Studien, nicht frei von Limitationen ist, die für die Aussagekraft der Ergebnisse einbezogen werden müssen. Darüber hinaus wurden im Rahmen der Datenauswertungen einzelne Aspekte der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Wirkungen lediglich aggregiert betrachtet, was ebenfalls bei der Interpretation der Befunde bedacht werden muss. Allerdings sind noch weitere Limitationen dieser Arbeit festzuhalten, aus denen sich Implikationen für zukünftige Forschungsvorhaben zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing ableiten lassen. Ein Ziel dieser Arbeit war es, ein geeignetes Instrument für die Erfassung aller realisierten Kundenkontakte und der Kundenkontaktsequenz im Kaufprozess als multidimensionale Sachverhalte aufzuzeigen und anzuwenden. Um die Erinnerung der Teilnehmer an die realisierten Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutung zu unterstützen und deren kognitive Belastung möglichst gering zu halten, wurde bei der Erfassung der relevanten Daten, in Anlehnung an Erkenntnisse der Gedächtnispsychologie ein retrogrades Vorgehen gewählt, das sich an der Arbeitsweise des menschlichen Gedächtnisses orientiert (vgl. Ericsson & Simon 1980 S. 226f., Anderson 1996). Demnach wurde zuerst nach den realisierten Kontakten, ihren Funktionen und Bedeutung sowie nach der Kundenkontaktsequenz in der letzten Prozessphase (EH: Nachkaufphase bzw. TB: Nachreisephase) gefragt, die zeitlich am nächsten am Befragungszeitpunkt lag. Der Fragebogen führte die Auskunftspersonen schrittweise durch ihre Erinnerungen an die Kundenkontakte in den einzelnen Prozessphasen bis hin zur Vorkaufbzw. Vorbuchungsphase. So gelang es, relativ präzise Daten über die Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutung und die Kontaktsequenz in Erfahrung zu bringen. Auch wenn die Eignung dieses retrograden Ansatzes für die Datenerfassung auch in weiteren Forschungsbereichen gezeigt werden konnte (vgl. Fathi et al. 1984, Loftus et al. 1985), darf der hier gewählte Ansatz hinsichtlich der Reliabilität und der Validität (vgl. Bortz & Döring 2006 S. 196-202) der erfassten Kontaktdaten nicht unkritisch gesehen werden. Trotz der schrittweisen retrograden Erfassung der interessierenden Sachverhalte muss davon ausgegangen werden, dass einzelne Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutung, aufgrund der Länge der be-
5.2 Implikationen für die Marketingforschung und Marketingtheorie
269
trachteten Zeiträume (EH: bis zu sechs Monate, TB: bis zu acht Monate) von den Auskunftspersonen nicht erinnert oder bei der Erfassung der Kundenkontaktsequenz nicht in ihrer tatsächlichen Abfolge angegeben werden, was bei der Datenerfassung sowie bei den Ergebnissen und Interpretation der Datenauswertungen zu Verzerrungen führt. Hierbei kann angenommen werden, dass, je weiter man bei der Befragung im Kaufprozess zurückgeht, desto ungenauer werden die Angaben der Probanden. Weiterhin ist zu vermuten, dass die Erinnerungsleistung darüber hinaus von der nachgefragten Leistung, ihrem Komplexitätsgrad und Preis sowie dem hiermit verbundenen Involvement der Befragungsteilnehmer abhängig ist. Hierbei kann angenommen werden, dass die Kundenkontakte und Kontaktsequenzen in Kaufprozessen von Leistungen mit einem hohen emotionalen und/oder kognitiven Involvement (vgl. Kroeber-Riel et al. 2009 S. 386ff., Homburg & Krohmer 2009 S. 38) von den Kunden besser erinnert werden können als in Low-Involvement-Situationen, bei denen die Kaufprozesse eher habitualisiert ablaufen (vgl. Foscht & Swoboda 2007 S. 151, Kroeber-Riel et al. 2009 S. 414). Zukünftige Studien, die sich mit der Analyse der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen beschäftigen, müssen diese Problematik bei der Erfassung der interessierenden Sachverhalte berücksichtigen, schließlich zählt deren Erfassung neben deren Definition zu den wichtigsten Schritten einer Sequenzanalyse. Hiervon hängen der Gehalt und die Gültigkeit der Ergebnisse der Datenauswertungen in erheblichem Maße ab (vgl. Kruskal 1983 S. 231, Silberer 2010 S. 7-9). Anstatt alle Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutung am Ende des Kaufprozesses zu erfassen, könnte eine Lösung für diese Problematik sein, den Kunden mehrfach im Kaufprozess nach seinen realisierten Kontakten zu befragen. Beispielsweise könnten die Kunden im Elektronikfachhandel beim Verlassen des Ladens nicht nach allen Kundenkontakten des letzten Kaufs gefragt werden, sondern nach den bisherigen Kontakten, die mit einem aktuell erworbenen bzw. interessierenden Produkt in Verbindung stehen. Am Ende dieser Befragung kann dann ein Termin mit der Auskunftsperson für eine weitere Befragung vereinbart werden (z.B. einen Monat später), bei der dann die realisierten Kontakte in den weiteren Prozessphasen erfasst werden. Ein ähnliches Vorgehen bietet sich auch in der Tourismusbranche an. Hier können die Kunden ebenfalls nach ihrer Buchung befragt werden. Weitere geeignete Zeitpunkte sind direkt sowie nach einem gewissen Zeitraum nach der Rückkehr aus dem gebuchten Urlaub. Durch eine derartige Erfassung der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Kaufprozess würde die kognitive Belastung der Auskunftspersonen reduziert, was zu einer erhöhten Qualität der erfassten Daten und zu aussagekräftigeren Ergebnissen der Datenauswertungen führt. Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung eines Tagebuchs (vgl. Bolger et al. 2003, Berekoven et al. 2009 S. 126), in dem alle realisierten Kontakte, ihre Funktionen und Bedeutung, die im Zusammenhang mit dem Kauf einer bestimmten Leistung stehen, von den Kunden regelmäßig eingetragen werden. Diese Form der Datenerhebung reduziert die kognitive Belastung der Auskunftspersonen erheblich. Weiterhin wird hierdurch die Rekonstruktion der Kundenkontaktsequenz deutlich vereinfacht. Allerdings darf bei den hier skizzierten alternativen Möglichkeiten der Datenerfassung der Aspekt der Teilnahmebereitschaft der Probanden nicht unterschätzt werden.
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5. Zusammenfassung und Implikationen
Eine weitere wichtige Limitation der Ergebnisse dieser Arbeit liegt in der Tatsache, dass in beiden Branchen nur Probanden befragt wurden, die tatsächlich eine Leistung bei den betrachteten Anbietern erworben haben. Hierdurch wurde zwar sicher gestellt, dass die realisierten Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing entlang des gesamten Kaufprozesses untersucht und hierdurch tief gehende Erkenntnisse über das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing erhalten werden konnten, jedoch liefert dieser Ansatz keine Informationen darüber, warum ein potenzieller Kunde keinen Kauf bei einem der betrachteten Anbieter durchgeführt hat bzw. ob er während des Kaufprozesses zu einem anderen Anbieter gewechselt ist. Zukünftige Studien sollten daher auch die Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen der Nicht-Käufer bei der Analyse des Verhaltens im Multi Channel Marketing berücksichtigen, um hierdurch Ursachen für die Problematik des so genannten Free Riding, des Abwanderns eines potenziellen Kunden zur Konkurrenz, zu identifizieren (vgl. van Baal & Dach 2006 S. 76). Ein Aspekt, der nicht nur für die Marketingforschung, sondern auch für die Marketingpraxis von besonderer Relevanz ist. In diesem Zusammenhang ist eine weitere Limitation der gewählten Vorgehensweise für die Datenerfassung zu berücksichtigen. In der vorliegenden Arbeit wurden ausschließlich die Kontakte der Kunden mit einem bestimmten Anbieter, bei dem sie auch die Leistung erworben haben, innerhalb eines Kaufprozesses betrachtet. Kontakte mit konkurrierenden Anbietern, die vor allem in frühen Phasen des Kaufprozesses bei der Informationsbeschaffung und beim Alternativenvergleich zu erwarten sind, wurden nicht betrachtet. Streng genommen liefert die hier gewählte Vorgehensweise somit unter Umständen kein vollständiges Bild vom Käuferverhalten im Multi Channel Marketing, was sich auch negativ auf die Aussagekraft der erhaltenen Ergebnisse auswirkt und letztendlich zu fehlerhaften Interpretationen der Befunde, zum Beispiel im Hinblick auf die Identifikationen potenzieller Synergien zwischen den Marketingkanälen eines Anbieters, führen kann. In zukünftigen Studien sollten daher auch die Kundenkontakte mit konkurrierenden Anbietern einbezogen werden. Ebenso handelt es sich bei den Studien in den beiden betrachteten Branchen jeweils um Querschnittstudien, bei denen die Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen innerhalb eines Kaufprozesses für eine bestimmte Leistung erfasst wurden. Diese liefern zwar tief greifende Erkenntnisse über das Käuferverhalten im Multi Channel Marketing, lassen jedoch keine Aussagen über die Konsistenz der Befunde im Zeitablauf zu (vgl. Decker & Wagner 2002, Bortz & Döring 2006 S. 519). Aufgrund der Befunde von Thomas und Sullivan (2005) sowie Ansari et al. (2008) muss aber angenommen werden, dass sich diesbezüglich im Zeitablauf deutliche Abhängigkeiten, aber auch Veränderungen im Kundenverhalten feststellen lassen. Hierbei ist u.a. von einem Effekt der bisherigen Erfahrungen bzw. der bisherigen Transaktionen der Kunden auf die Art und Anzahl der Kundenkontakte mit dem Anbieter, ihre Funktionen und Bedeutung im Kaufprozess und somit auf die Kundenkontaktsequenz auszugehen (vgl. Meuter et al. 2000, Keen et al. 2004, Steinmann & Silberer 2009b S. 17). Diese vermuteten Veränderungen im Zeitablauf lassen sich jedoch mit Hilfe von Längsschnitt- oder Panelstudien identifizieren (vgl. Decker & Wagner 2002, Bortz & Döring 2006 S. 565-566, Bere-
5.2 Implikationen für die Marketingforschung und Marketingtheorie
271
koven et al. 2009 S. 120ff.). Sie ermöglichen darüber hinaus die Identifikation weiterer Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Kaufprozessen, die sich beispielsweise aus der Kaufhistorie der Kunden ergeben können (vgl. Prinzie & Van den Poel 2006). Weiterhin könnten so dieselben Auskunftspersonen zu ihren Kundenkontakten und Kundenkontaktsequenzen in Kaufprozessen beim Erwerb unterschiedlicher Leistungen aus unterschiedlichen Branchen befragt werden. So könnten aussagekräftigere Befunde für einen branchenübergreifenden Vergleich des Käuferverhaltens erhalten werden und Erkenntnisse hinsichtlich der Konsistenz der im Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung von Payne et al. (1993) angesprochenen Strategiemengen, aus denen die Kunden in Abhängigkeit einer zu lösenden Aufgabe auswählen. Ebenso kann die Konsistenz der Gültigkeit der Annahmen der Media Richness Theorie von Daft und Lengel (1984) hinsichtlich der Effektivität der Kanalwahl zur Erfüllung der spezifischen Kundenbedürfnisse in Kaufprozessen untersucht werden. Auch hierbei ist zu erwarten, dass die Beurteilung der Effektivität der Kanalwahl durch einen Kunden im Zeitablauf deutlichen Veränderungen unterliegt, die u.a. mit der Anzahl der bisherigen Transaktionen zwischen Anbieter und Kunden zusammenhängen können. Weitere Aspekte, die in diesem Zusammenhang ebenfalls von Bedeutung sind, sind die mit steigender Anzahl an Transaktionen zu erwartende Reduzierung des wahrgenommenen Risikos für einen Kauf beim Anbieter sowie ein hiermit häufig einhergehendes gesteigertes Vertrauen. Diese können letztendlich im Sinne der Media Richness Theorie zu einer oversimplification der Kanalwahlentscheidungen der Kunden führen (vgl. Daft & Lengel 1984, Abschnitt 2.5.1). Demnach können Längsschnitt- und Panelstudien auch eine Grundlage für die Analyse der Customer Channel Migration (vgl. Ansari et al. 2008) oder für die Identifikation einer Channel Loyalty im Multi Channel Marketing darstellen (vgl. Gensler et al. 2007 S. 18). Ein weiteres Ziel dieser Arbeit lag in der Anwendung geeigneter Ansätzen zur Analyse der erfassten Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen als multidimensionale Sachverhalte sowie deren Ursachen und Wirkungen auf finale Beurteilungen und Verhaltensweisen, aus denen sich Implikationen für Forschung und Theorie ableiten lassen. Die hierbei erhaltenen Erkenntnisse dienen der Diagnose und Prognose des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing. Vor allem bei der Analyse der komplexen vertikalen und horizontalen Beziehungen zwischen den betrachteten Dimensionen der Kundenkontakte wurde häufig Neuland beschritten, so dass es sich diesbezüglich bei der vorliegenden Arbeit auch um eine Machbarkeitsstudie handelte, die den bisherigen Forschungsstand ergänzen konnte. Zunächst konnten durch die Analyse der vertikalen Beziehungen, mit Hilfe des hier gewählten Ansatzes der partiellen Rangkorrelation von Kendall (1942), zwischen den einzelnen Dimensionen der Kundenkontakte in den Kundenkontaktsequenzen wichtige Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen den Kundenkontakten, ihren Funktionen und ihrer Bedeutung im Kaufprozess erhalten werden, die Aufschlüsse über die Effektivität der Kundenkontakte zur Erfüllung unterschiedlicher Kundenbedürfnisse im Kaufprozess lieferten. Diesbezüglich ließen sich auch deutliche Unterschiede zwischen den betrachteten Branchen feststellen. Die Betrachtung der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen als unidimensionale Sachverhalte hätte das Verständnis vom Käuferverhalten im Multi Channel Marketing nicht in diesem Umfang
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5. Zusammenfassung und Implikationen
erweitern können. Darüber hinaus konnten bei der Betrachtung der horizontalen Beziehungen, zunächst durch eine intensive Beschäftigung mit den Substrings, zwischen den Kundenkontakten in der Kundenkontaktsequenz auch die vermuteten Effekte der unterschiedlichen Kontaktfunktionen und Bedeutung der Kontakte bei der Schätzung der Übergangswahrscheinlichkeiten für aufeinander folgende Kundenkontakte im Kaufprozess berücksichtigt werden. Das für die Schätzung der Übergangswahrscheinlichkeiten vorgeschlagene Multi-State Markov-Modell (vgl. Jackson 2008) wurde in dieser Arbeit erstmalig für die Analyse des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing eingesetzt. Dieser Ansatz erlaubte die Betrachtung aller Kundenkontaktpunkte zur Ermittlung der Übergänge sowie die Berücksichtigung der Funktionen und der Bedeutung der Kundenkontakte als Kovariate bei der Modellschätzung. Die Ergebnisse der Modellschätzungen lieferten tief greifende Erkenntnisse über die Abhängigkeiten der Kanalwahlentscheidungen der Kunden im Zeitablauf, die zusätzlich in FlowCharts (vgl. Ferschl 1970, Picard 1980) grafisch anschaulich aufbereitet wurden. Hierdurch konnte die besondere Stellung einzelner Kundenkontaktpunkte im Kaufprozess in den betrachteten Branchen herausgearbeitet werden. Im Elektronikfachhandel zeigte sich eine besondere Stellung des stationären Ladens, während in der Tourismusbranche die persönlichen Kontakte mit dem Reisebüromitarbeiter und dem Reiseleiter für die Kunden im Kaufprozess eine besondere Stellung einnahmen. Weiterhin legen die Befunde des hier gewählten Ansatzes auch die Verwendung von Hidden-Markov-Modellen nahe (vgl. Zucchini & MacDonald 2009), mit denen nicht nur die horizontalen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten im Zeitablauf untersucht werden können, sondern darüber hinaus eine Betrachtung der Effekte einzelner Übergänge im Zeitablauf auf finale Beurteilungen (z.B. Kundenzufriedenheit) und Verhaltensweisen (z.B. Kundenloyalität) ermöglicht (vgl. Netzer & Lattin 2008). Allerdings konnten mit den zugrunde liegenden Sequenzdaten in beiden Branchen nur wenig zufrieden stellende Modellschätzungen erzielt werden. Dies liegt nicht daran, dass der verwendete Ansatz grundsätzlich nicht für die Analyse der horizontalen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten in der Kontaktsequenz geeignet ist, sondern ist vielmehr in den vergleichsweise geringen Stichprobenumfängen und relativ kurzen Sequenzlängen zu suchen (vgl. Fink 2003 S. 17). Zukünftige Studien sollten daher deutlich größere Stichproben für die Schätzung des hier verwendeten Multi-State Markov-Modells verwenden. Die Beschaffung einer ausreichend großen Stichprobe ist allerdings häufig mit einem erheblichen Aufwand und hohen Kosten verbunden. Ein erster Schritt in Richtung einer verbesserten Modellschätzung liegt daher in einer Aggregation der erfassten Sequenzdaten. Dies führt zu einer Reduktion der zu schätzenden Modellparameter und so zu einer verbesserten Modellschätzung und aussagekräftigen Ergebnissen, auch wenn relativ geringe Stichprobenumfänge vorliegen. Hierfür empfiehlt es sich, eine Aggregation der Kundenkontaktpunkte nach ihrer Art vorzunehmen. In Anlehnung an die Einteilung von Silberer und Mau (2005 S. 338) ist eine Unterscheidung in unpersönliche, semi-persönliche und persönliche Kundenkontakte zielführend. Die Datenaggregation sollte sich allerdings nicht nur auf die Dimension der Kundenkontakte beziehen, sondern auch auf die betrachteten Kontaktfunktionen, um aussagekräftige Modellschätzungen
5.2 Implikationen für die Marketingforschung und Marketingtheorie
273
zu erhalten. In Anlehnung an die von Telztrow et al. (2003 S. 423) und Simons und Bouwman (2004) vorgenommene Kategorisierung der grundsätzlichen Funktionen der Kundenkontakte ist eine Unterscheidung in Informationsfunktionen, die auch den Vergleich der Eigenschaften alternativer Leistungen und deren Preise mit einschließen, Kauffunktionen und Servicefunktionen im Kaufprozess sinnvoll. Allerdings muss der mit der Datenaggregation verbundene Informationsverlust bei der Ergebnisinterpretation berücksichtigt werden. Der im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendete Ansatz der Assoziationsanalyse wurde ebenfalls erstmalig für die Identifikation von Abhängigkeiten zwischen einzelnen Kanalwahlentscheidungen im Kaufprozess eingesetzt. Die Befunde dieser Analysen lieferten wichtige Erkenntnisse über die Kombinationen von Kundenkontaktpunkten innerhalb einzelner Prozessphasen sowie entlang des gesamten Kaufprozesses. Darüber hinaus konnten durch einen Vergleich der Befunde deutliche Unterschiede zwischen den betrachteten Branchen identifiziert werden. Neben dieser Diagnose der horizontalen Beziehungen zwischen den Kundenkontakten lieferten die ermittelten Assoziationsregeln, ähnlich wie die geschätzten Modellparameter des Multi-State Markov-Modells, eine Grundlage für die Prognose zukünftiger Kundenkontakte im Kaufprozess. Der Vorteil der Assoziationsregeln gegenüber dem des MarkovModells liegt in der Tatsache, dass hiermit selbst bei geringen Stichprobenumfängen aussagekräftige Befunde erhalten werden können, für die eine Aggregation des vorliegenden Datenmaterials nicht zwingend notwendig ist, wie die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen. Allerdings ist insgesamt zu beachten, dass mit der Anwendung des Multi-State Markov-Modells und der Ermittlung von Assoziationsregeln grundsätzlich unterschiedliche Problemstellungen untersucht werden. Während in Markov-Modellen der Fokus insbesondere auf einer Analyse der Substrings in der Kundenkontaktsequenz liegt, werden bei der Ermittlung von Assoziationsregeln vornehmlich Subsequenzen in der Abfolge der Kundenkontakte im Zeitablauf betrachtet. Aufgrund dieser Unterschiede ist für die Diagnose und Prognose der Kundenkontakte im Multi Channel Marketing eine Kombination beider Ansätze zu empfehlen. Insgesamt lieferten die Befunde beider Ansätze vielfältige Hinweise für die Gültigkeit der Annahmen des Konzepts der adaptiven Entscheidungsfindung (Payne et al. 1993) und der Information Integration Theorie (Anderson 1971, 1981) hinsichtlich der komplementären Nutzung der Kundenkontaktpunkte im Kaufprozess. Hierbei zeigt die Analyse der multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen, dass dieses Zusammenspiel der Kundenkontakte nicht nur zu Beginn des Kaufprozesses in der Vorkauf- bzw. Vorbuchungsphase, sondern in allen Prozessphasen zu erwarten ist. Weiterhin ergänzt diese Arbeit den bisherigen Forschungsstand um die Zusammenhänge zwischen personenbezogenen und situativen Determinanten der Realisation der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und ihrer Bedeutung im Kaufprozess sowie deren Effekte auf finale Beurteilungen und Verhaltensweisen. Hierbei zeigten die Befunde der Ursachenanalysen, dass die ausgewählten Determinanten in beiden Branchen zum Teil erheblich zur Erklärung der einzelnen Aspekte beitragen können, während die Befunde der Wirkungsanalysen, anders als erwartet, nur geringe Effekte der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und Bedeutung auf die
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5. Zusammenfassung und Implikationen
Kundenzufriedenheit, das wahrgenommene Risiko und das Vertrauen gegenüber dem Anbieter sowie auf die betrachteten Dimensionen der Kundenloyalität offenbarten. Allerdings ist bei der Interpretation der Ergebnisse zu beachten, dass im Rahmen der Ursachen- und Wirkungsanalysen in dieser Arbeit zumeist auf aggregierte Daten bei den abhängigen und unabhängigen Variablen zurückgegriffen wurde, womit ein Informationsverlust einhergeht. Weiterhin wurden bei den Ursachen- und Wirkungsanalysen lediglich direkte Effekte der jeweiligen Prädiktoren auf die betrachteten abhängigen Variablen untersucht. Allerdings sind insbesondere bei den Wirkungen der Dimensionen und bei der Sequenz der Kundenkontakte unterschiedliche indirekte bzw. moderierende Effekte anzunehmen, beispielsweise dass die einzelnen Dimensionen der Kundenloyalität nicht nur von den Kundenkontakten und der Kundenkontaktsequenz beeinflusst werden, sondern auch ein indirekter Effekt der Kundenzufriedenheit zu erwarten ist (vgl. Storbacka et al. 1994, Homburg & Krohmer 2009 S. 45). Zukünftige Studien sollten diese indirekten Effekte in ihre Analysen einbeziehen, beispielsweise mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellen oder durch Verwendung moderierter Regressionsanalysen (vgl. Ullman & Benteler 2004 S. 431-458, Richter 2007). Trotz dieser Einschränkungen konnten vor allem die Befunde der Ursachenanalysen zum Verständnis des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing beitragen. Überdies wurde in dieser Arbeit ein innovativer Ansatz der multidimensionalen Sequenzclusterung, basierend auf den erfassten multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen von Joh et al. (2002), vorgestellt und angewendet. Die verwendete Vorgehensweise ermöglicht eine verhaltensbezogene Segmentierung der Kunden, die die vielfältigen vertikalen und horizontalen Beziehungen zwischen den einzelnen Dimensionen in den multidimensionalen Kundenkontaktsequenzen bei der Bestimmung der Ähnlichkeit zwischen den multidimensionalen Sequenzen berücksichtigt. Die Erkenntnisse, die aus den identifizierten Sequenzclustern erhalten wurden, gehen über die der bisherigen „klassischen“ Segmentierungsansätze, basierend auf soziodemo- und/oder psychografischen Variablen (vgl. für einen Überblick Shinha & Uniyal 2005, Ganesh et al. 2007), deutlich hinaus und tragen zu einem tiefer gehenden Verständnis des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing bei. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass sich bereits mit äußerst wenigen Informationen über die Abfolge der Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz die Clusterzugehörigkeit zufrieden stellend prognostizieren lässt. Allerdings ist für die Identifikation der Sequenzcluster auch die Verwendung alternativer Clusteralgorithmen denkbar. Hierfür bieten sich insbesondere Ansätze der MedoidClusterung (z.B. k-medoid) an (vgl. Kaufman & Rousseeuw 1987). Die Verwendung dieser Algorithmen ist vor allem dann sinnvoll, wenn die mit anderen Ansätzen ermittelten Zentroidsequenzen nicht im Datensatz enthalten sind bzw. eine Realisation der errechneten Zentroidsequenz grundsätzlich nicht möglich ist (vgl. Larson et al. 2005, Steinmann & Silberer 2010b). Insgesamt können die erhaltenen Befunde dieser Arbeit eine Grundlage für die Entwicklung einer Theorie zum Käuferverhalten im Multi Channel Marketing bilden, die neben dem Zusammenspiel der einzelnen Dimensionen der Kundenkontakte im Kaufprozess auch deren
5.2 Implikationen für die Marketingforschung und Marketingtheorie
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Ursachen und Wirkungen einbezieht. Allerdings stellen diese Ergebnisse lediglich einen ersten Schritt für die Formulierung einer Theorie der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen dar. Die Resultate dieser Arbeit legen vor allem eine Kombination der Media Richness Theorie (Daft & Lengel 1984) mit dem Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung von Payne et al. (1983) und der Information Integration Theorie (Anderson 1971, 1981) nahe. Zukünftige Studien sollten neben den in dieser Arbeit betrachteten Aspekten zusätzlich den Einfluss weiterer psychografischer Größen (z.B. der Einstellung) betrachten, die ebenfalls im Konzept der adaptiven Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. In dieser Arbeit wurden sie jedoch meist nur implizit betrachtet, um hierdurch zur Entwicklung einer umfassenden Theorie zur Beschreibung und Erklärung der Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing beizutragen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Befunde dieser Arbeit auch ein alternatives Verständnis der realisierten Kundenkontakte in der Kundenkontaktsequenz nahelegen. Beispielsweise ist bei bestimmten Substrings – z.B. Laden → Verkaufspersonal oder Katalog → Reisebüromitarbeiter – nicht zwingend davon auszugehen, dass diese Kontakte nacheinander, sondern vielmehr gleichzeitig zu einem bestimmten Zeitpunkt im Kaufprozess realisiert wurden. Demnach ist von einem Kundenkontakt mit dem Verkaufspersonal im Laden des Anbieters oder von einem mit dem Katalog des Anbieters während eines Beratungsgesprächs mit dem Reisebüromitarbeiter im Reisebüro zu sprechen. Ausgehend von dieser Sichtweise erscheint eine Unterscheidung in primäre, sekundäre etc. Kundenkontaktpunkte innerhalb eines Kundenkontakts sinnvoll. Die Beurteilung der Bedeutung eines Kontakts aus Kundensicht kann in diesem Zusammenhang die Grundlage für die Identifikation einer Rangfolge der innerhalb eines Kundenkontakts genutzten Kontaktpunkte bilden. Schließlich ist zu bedenken, dass in der vorliegenden Arbeit die Kundenkontakte, ihre Funktionen und Bedeutung sowie die multidimensionale Kundenkontaktsequenz lediglich in zwei Branchen betrachtet wurden. Auch wenn die erhaltenen Befunde weit über die Erkenntnisse bisheriger Studien hinausgehen, in denen die Abfolge der Kundenkontakte im Kaufprozess nicht berücksichtigt wurde, und hierdurch, die Weiterverfolgung dieses (neuen) Ansatzes für die Analyse des Käuferverhaltens nicht nur im Multi Channel Marketing nahe liegt, können die Befunde aus diesen Studien nicht ohne Weiteres verallgemeinert und auf andere Branchen übertragen werden. So ist davon auszugehen, dass in Kaufprozessen in der Automobil- oder der Finanzdienstleistungsbranche die Effektivität der Kontaktpunkte von den Kunden anders beurteilt wird, was sich in den Kanalwahlentscheidungen und somit in den Kundenkontaktsequenzen widerspiegelt. Darüber hinaus sind solche Unterschiede in Abhängigkeit vom Anbieter sowie der Gestaltung seines Multi Channel Marketing auch innerhalb einzelner Branchen zu erwarten. Daher ist auch die wiederholte Durchführung derartiger Studien innerhalb der in dieser Arbeit betrachteten und in weiteren Branchen für die Verallgemeinerung der Befunde sowie im Rahmen der Theorieentwicklung von besonderer Bedeutung.
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5.3
5. Zusammenfassung und Implikationen
Implikationen für die Marketingpraxis
Die Befunde der vorliegenden Arbeit liefern vielfältige Implikationen für die Marketingpraxis. Durch die Beschäftigung mit den Kundenkontakten und insbesondere mit den Kundenkontaktsequenzen wird eine Verfolgung des bisher häufig geforderten, aber bisher nur ansatzweise umgesetzten kundenzentrierten Ansatzes für die Konfiguration und Koordination des Multi Channel Marketing ermöglicht (vgl. Reinartz et al. 2004 S. 293, Vaccaro & Iyer 2005 S. 175). Der in dieser Arbeit angewendete holistische Ansatz für die Erfassung und die vorgeschlagenen Methoden zur Analyse aller Kundenkontakte und der Kundenkontaktsequenz ermöglichen einem Anbieter ein tief greifendes Verständnis des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing sowie den Aufbau einer umfassenden Kundenkenntnis.Hierbei haben die Befunde gezeigt, dass auch die unpersönlichen Kundenkontakte, z.B. mit den unterschiedlichen Instrumenten der Marketingkommunikation, die in der Regel nur mit einem hohen Aufwand zu erfassen sind, von den Anbietern bei der Analyse des Käuferverhaltens und den Überlegungen zur Gestaltung des Multi Channel Marketing nicht vernachlässigt werden dürfen. Weiterhin zeigen die Befunde deutliche Unterschiede hinsichtlich der Art und Anzahl sowie der Funktionen und Bedeutung der realisierten Kundenkontakte entlang aller Phasen des Kaufprozesses. Durch die Berücksichtigung dieser Befunde wird ein single-unified view of the customers über alle Kanäle im Multi Channel Marketing ermöglicht, der es einem Anbieter erlaubt, im Sinne eines „One face to the customer“, über alle Kontaktpunkte hinweg gezielt auf die spezifischen Bedürfnisse der Kunden an die Kundenkontakte im Kaufprozess einzugehen und hierdurch profitable und langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen (vgl. Payne & Frow 2005, Silberer & Steinmann 2008 S. 21). Weiterhin ermöglicht das Wissen um die Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen einem Anbieter, basierend auf dem tatsächlichen Verhalten der Kunden im Kaufprozess, die in Abschnitt 2.2.3 dieser Arbeit angeführten ökonomischen und strategischen Chancen des Multi Channel Marketing zu realisieren, die angeführten Risiken zu minimieren sowie zukünftigen Herausforderungen des Multi Channel Marketing effektiv und effizient zu begegnen (vgl. hierzu auch Vaccaro & Iyer 2005, Zhang et al. 2009). Eine der größten zukünftigen Herausforderungen im Multi Channel Marketing liegt in der Identifikation und Anwendung einer geeigneten Methodik für eine verhaltensbezogene Kundensegementierung, die eine gezielte Ansprache unterschiedlicher Kundensegmente ermöglicht und alle Kundenkontakte im Kaufprozess berücksichtigt (vgl. Schoenbachler & Gordon 2002, Neslin et al. 2006 S. 96f.). Der in dieser Arbeit angewendete Ansatz der multidimensionalen Sequenzclusterung wird dieser Forderung gerecht. Die identifizierten Sequenzcluster ermöglichen eine zielgerichtete Ressourcenallokation auf einzelne Kanäle des Gesamtsystems, sofern sich deutliche Unterschiede hinsichtlich der Nutzung der Kanäle zwischen den einzelnen Sequenzclustern zeigen. Darüber hinaus können die Befunde auch für die zielgerichtete Koordination segmentspezifischer Kanalstrategien genutzt werden, sofern unterschiedliche Ausrichtungen der Kanäle vom Anbie-
5.2 Implikationen für die Marketingpraxis
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ter gewünscht sind bzw. die Verfolgung segmentspezifischer Kanalstrategien, ausgehend von den Befunden der Sequenzclusterung, zu empfehlen ist. Darüber hinaus können die Befunde auch für die Kontrolle bereits bestehender segmentspezifischer Marketingstrategien genutzt werden und können in diesem Zusammenhang auch der Kontrolle und/oder der Neuausrichtung der bisher vom Anbieter vorgenommenen Kundensegmentierung dienen. Weiterhin ermöglicht die Kenntnis der realisierten Kundenkontakte, zusammen mit ihren Funktionen und ihrer Bedeutung sowie der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz, dem Anbieter eine Beurteilung der Stellung einzelner Kontaktpunkte im Gesamtsystem. Hierbei wird durch eine Analyse der horizontalen Beziehungen zwischen den einzelnen Kundenkontaktpunkten die Basis für die Identifikation potenzieller Synergien zwischen den Kanälen geschaffen, die bei der Konfiguration und Koordination der Kanäle im Gesamtsystem für die dauerhafte Erzielung positiver Wechselwirkungen zwischen den Kanälen genutzt werden kann (vgl. Berman & Thelen 2004). Hierdurch wird auch eine Evaluation der Performance einzelner Kanäle und ihres Beitrags zum Erfolg des gesamten Multi Channel Marketing ermöglicht, die über eine Bewertung anhand betriebswirtschaftlicher Kennzahlen hinausgeht. Beispielsweise können sich Kunden im Onlineshop eines Anbieters über eine bestimmte Leistung informieren, erwerben diese aber dann in der stationären Verkaufsniederlassung. In diesem Fall wird der Erfolg bzw. der Erlös dem Offlinekanal zugerechnet, obwohl die Informationen im Onlinekanal letztendlich für die Durchführung der Transaktion entscheidend waren. Bei einer Beurteilung der Performance, ausschließlich auf betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, würde der Anbieter den Beitrag des Kontakts im Onlineshop nicht berücksichtigen und auch die Synergien zwischen dem Offline- und Onlinekanal nicht erkennen. Werden derartige Synergien zwischen den Marketingkanälen nicht erkannt, kann dies zu fehlerhaften Entscheidungen hinsichtlich der Elimination einzelner Kanäle bzw. deren Konfiguration und Koordination im Gesamtsystem führen, die sich negativ auf den (langfristigen) Unternehmenserfolg auswirken können (vgl. Berman & Thelen 2004 S. 155, Fritz 2004 S. 276). Anhand des Beispiels stellt sich für einen Anbieter auch die Frage, ob es sinnvoll ist, die Verkaufsfunktion des Onlinekanals den Kunden weiterhin zur Verfügung zu stellen oder diesen als einen reinen Informationskanal innerhalb seines Multi Channel Marketing zu gestalten. Das Wissen über das Zusammenspiel der Kundenkontakte ermöglicht in der Kundenkontaktsequenz überdies die Antizipation zukünftiger Kontakte der Kunden im Kaufprozess sowie eine zufrieden stellende Prognose der Zugehörigkeit eines Kunden zu einem bestimmten Sequenzcluster. Dies ermöglicht dem Anbieter ein proaktives und systematisches Eingehen auf die zukünftigen Kundenbedürfnisse, das sich positiv sowohl auf die leistungs- als auch die prozessbezogene Kundenzufriedenheit auswirken kann (vgl. Montoya-Weiss 2003). Weiterhin ist hierdurch ein Abbau des wahrgenommenen Risikos zusammen mit einer Steigerung des Vertrauens gegenüber dem Anbieter zu erwarten (vgl. Schramm-Klein 2003), was sich schließlich positiv auch auf die einzelnen Dimensionen der Kundenloyalität auswirkt (vgl. Neslin & Shankar 2007). Darüber hinaus kann durch das gezielte Eingehen auf die aktuellen und zukünftigen Kundenbedürfnisse der Verbleib des Kunden beim Anbieter im Kaufprozess
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5. Zusammenfassung und Implikationen
gesichert und somit die Gefahr der Abwanderung dessen zu einem konkurrierenden Anbieter minimiert werden. Durch die Kenntnis der Kundenkontaktsequenzen und der Effekte einzelner Kundenkontakte wird neben der Antizipation zukünftiger Kundenkontakte auch die Lenkung der Kunden im Kaufprozess, im Sinne der bei Thomas und Sullivan (2005) sowie Ansari et al. (2008) untersuchten Customer Channel Migration, ermöglicht. Hierbei kann das Wissen um die Anforderungen und Präferenzen der Kunden im Zeitablauf dafür genutzt werden, die Kunden durch gezielte Marketingmaßnahmen (langfristig) in einen für den Anbieter kostengünstigen Kanal zu lenken und hierdurch auch eine gewisse Channel Loyalty aufzubauen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Analyse der Kundenkontakte, ihrer Funktionen und ihrer Bedeutung sowie der multidimensionalen Kundenkontaktsequenz ein tief greifendes Verständnis des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing ermöglicht. Das Wissen um die Kundenkontakte und die komplexen vertikalen und horizontalen Beziehungen zwischen einzelnen Kontakten in der Kontaktsequenz erlaubt eine effektive und effiziente Konfiguration und Koordination des Multi Channel Marketing, bei der das tatsächliche Verhalten der Kunden in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt wird und somit einen optimalen Kanalmix ermöglicht, der sich positiv auf den langfristigen Unternehmenserfolg auswirkt. Darüber hinaus können diese Erkenntnisse auch für ein erfolgreiches Customer Relationship Management eingesetzt werden. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass es für ein effektives und erfolgreiches Marketing wichtig und vor allem zielführend ist „to incorporate alternative consumer decision sequences into any analysis of consumer market structure“ (Peterson et al. 1997 S. 336). In diesem Zusammenhang liefert die vorliegende Arbeit vielfältige Hinweise darauf, dass sich der hier verfolgte kundenzentrierte Ansatz zukünftig nicht nur auf die Analyse des Käuferverhaltens im Multi Channel Marketing beschränken darf, sondern auch bei weiteren Fragestellungen im Marketing Anwendung finden muss (vgl. hierzu auch Silberer 2010).
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Anhang: Ausgewählte Software zur Sequenzanalyse Software für die lokale Sequenzanalyse Bei der lokalen Sequenzanalyse interessieren die Art und Anzahl der unterschiedlichen Ereignisse sowie die Identifikation häufiger Substrings und Subsequenzen (vgl. Kapitel 3). Hierbei liefern insbesondere Informationen über die „highly frequent transitions“ entlang der betrachteten Sequenz wichtige Erkenntnisse über „characteristic features“ des jeweiligen Untersuchungsgegenstands (vgl. Stark & Vedres 2006 S. 1408). Für die Identifikation derartiger Charakteristika innerhalb der Sequenzen sind in der letzten Zeit verschiedene Softwarepakete entwickelt worden, die unter Berücksichtigung des jeweiligen Untersuchungsgegenstands, mehr oder weniger flexibel bei unterschiedlichen Problemstellungen eingesetzt werden können. Im Folgenden sollen die Möglichkeiten ausgewählter Software bzw. Module für bereits existierende Softwarepakete kurz vorgestellt werden, die sich hinsichtlich ihrer Vielseitigkeit für die Analyse unterschiedlicher Problemstellungen sowie bezüglich ihrer Praktikabilität der Nutzung auszeichnen. Die Praktikabilität der Nutzung bezieht sich hierbei nicht nur auf die Einfachheit der Nutzung, sondern auch auf die Möglichkeit unterschiedlich lange Sequenzen zu analysieren, die maximal mögliche Länge der betrachteten Sequenz sowie auf den Umfang des möglichen Alphabets der unterschiedlichen Ereignisse. Diese Aspekte sind für eine Anwendung der Sequenzanalyse in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, bei der in Abhängigkeit vom Untersuchungsgegenstand vielfältige unterschiedliche Ereignisse berücksichtigt werden müssen und Sequenzen unterschiedlicher Länge eher die Regel als die Ausnahme sind (z.B. bei der Analyse des Kundenlaufs im stationären Handel), von besonderer Bedeutung. Unter Leitung von Prof. Dr. Günter Silberer wurde am Institut für Marketing und Handel der Georg-August-Universität Göttingen der SequenceAnalyser 1.0 entwickelt, dass eine Analyse der Art und Anzahl der unterschiedlichen Ereignisse innerhalb einer Sequenz bzw. innerhalb mehrerer Sequenzen ermöglicht. Weiterhin erhält der Anwender einerseits allgemeine Informationen über die Häufigkeiten der verschieden Substrings innerhalb der Sequenz, hat andererseits aber ebenso die Möglichkeit benutzerdefiniert nach der Häufigkeit bestimmter Substrings innerhalb der verschiedenen Sequenzen zu suchen. Der SequenceAnalyser 1.0 zeichnet sich hierbei insbesondere dadurch aus, dass er die Identifikation von Substrings unterschiedlicher Länge (mit unterschiedlicher Anzahl von Ereignissen) ermöglicht, während alternative Tools mit ähnlicher Funktionalität hierbei zumeist auf die Aufdeckung von zwei aufeinander folgenden Ereignissen beschränkt sind. Ebenfalls ist eine benutzerdefinierte Suche nach der Häufigkeit bestimmter Kombinationen von Substrings sowie die Identifikation der längsten gemeinsamen Subsequenz bezogen auf alle betrachteten Sequenzen möglich. Ähnliche und weitere Funktionen für die Beschreibung der Sequenzen und der Aufdeckung verschiedener Charakteristika in den Sequenzdaten bietet das R-Package TraMineR von Gabadinho et al. (2008). Dies ist aufgrund seiner vielfältigen Möglichkeiten für die grafische Darstellung der
S. Steinmann, Kundenkontakte und Kundenkontaktsequenzen im Multi Channel Marketing, DOI 10.1007/978-3-8349-6579-0, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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identifizierten Beziehungen in den betrachteten Sequenzen zu empfehlen. Darüber hinaus können die erhaltenen Analyseergebnisse vom Anwender problemlos für weitere Auswertungen in R genutzt werden, z.B. im Rahmen einer Regressionsanalyse für die Analyse von Ursache- und Wirkungsbeziehungen bei Sequenzen. Ebenfalls für die Statistiksoftware R entwickelte Jackson (2008) das Package msm (msm = Multi state Markov), dass die Identifikation der Häufigkeiten von zweier Substrings innerhalb der betrachteten Sequenzdaten ermöglicht. Neben der Aufdeckung dieser Übergangshäufigkeiten von zwei direkt aufeinander folgenden Ereignissen, zeichnet sich das msm-Package insbesondere durch die Möglichkeit der Ermittlung von Übergangswahrscheinlichkeiten im Sinne eines Markov-Modells für unterschiedliche time-lags aus. Für die Analyse unidimensionaler Sequenzdaten können hierbei „einfache“ Markov-Modelle ermittelt und in hinsichtlich ihrer Aussagekraft statistisch geprüft werden. Hierbei kann auch der Einfluss von Kovariaten auf die ermittelten Übergangswahrscheinlichkeiten berücksichtigt werden. Im Rahmen der Analyse bzw. der Ermittlung von Übergangswahrscheinlichkeiten bei multidimensionalen Sequenzen, ermöglicht das msm-Package die Definition eines Hidden Markov-Modells für unterschiedliche time-lags. Hierbei können ebenfalls Kovariate bei der Modellschätzung berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist eine grafische Präsentation der Ergebnisse möglich. Einer der großen Vorteile dieses Packages ist seine ausgesprochene Flexibilität bei der Anwendung, die dem Anwender vielfältige Möglichkeiten bei der Modellspezifikation eröffnet. Für die Analyse häufiger unidimensionaler Subsequenzen eignen sich insbesondere die ebenfalls für die Statistiksoftware R entwickelten Packages arulesSequences (Buchta & Hahsler 2009) sowie regsubseq (Di 2008). Basierend auf Sequenzdaten ermittelt arulesSequences (Associationrules based on Sequences) unter Verwendung des a-priori-Algorithmus der Assoziationsanalyse (vgl. Agrawal & Srikant 1994, Hettich & Hippner 2001) Assoziationsregeln besonders häufiger offener Sequenzen. Hierbei hat der Anwender die Möglichkeit Mindestwerte für die Confidence und den Support der zu extrahierenden Assoziationsregeln vorab zu definieren. Als Gütemaß für die Beurteilung der aufgedeckten Regeln in den Sequenzdaten wird stets der lift einer Regel ausgegeben. Das Package regsubseq („too“ regular subsequences) verwendet einen anderen Ansatz für die Identifikation bestimmter Subsequenzen. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die Ereignisse und auch ihre Reihenfolge in den betrachteten Sequenzen einem Poisson-Prozess folgen. Ausgehend von dieser Annahme, werden nun Subsequenzen extrahiert, die eine vom Benutzer spezifizierte Abweichung von dem zu erwartenden Verlauf überschreiten. Anhand der extrahierten Subsequenzen und deren Häufigkeiten zeigen sich nun besonders auffällige Charakteristika in den betrachteten Sequenzdaten (vgl. Di & Perlmann 2007). Software für die globale Sequenzanalyse (Sequenzalignment und Sequenzclusterung) Für die Bestimmung der Ähnlichkeit zwischen zwei oder mehreren Sequenzen werden unterschiedliche Verfahren des Sequencealignments – der Überführung einer source-sequence in eine target-sequence - diskutiert (vgl. z.B. Kruskal 1983, Abbott & Tsay 2000), die im we-
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sentlichen auf der von Levenshtein (1966) vorgeschlagenen Metrik beruhen (vgl. Kapitel 3.). Zusammengefasst in einer Distanzmatrix, bilden die Ergebnisse dieser Ähnlichkeits- bzw. Distanzmessung die Grundlage für die Identifikation homogener Sequenzcluster im Rahmen einer Clusteranalyse. Der SequenceAnalyser 1.0 ermöglicht eine Ähnlichkeitsmessung für unidimensionale Sequenzen unter Verwendung der Levenshtein-Metrik. Als Ergebnis des Sequencealignements erhält der Anwender eine Distanzmatrix. Diese kann anschließend von Anwender in weitere Softwarepakete (z.B. SPSS, Statistica) importiert werden und bildet die Basis für die Identifikation homogener Segmente mit unterschiedlichen Fusionierungsalgorithmen der Clusteranalyse (z.B. single-linkage, Ward, k-Means, …). Eine ähnliche Funktionalität bietet das Programm Clustal (vgl. Thompson et al. 1997, Larkin et al. 2007, Gibson et al. 2009). Hierbei handelt es sich um eine mittlerweile weit verbreitete Software, die in den Versionen ClustalW und ClustalX erhältlich ist. Bei der Nutzung von ClustalW erfolgt die Eingabe der unterschiedlichen Befehle über einen Kommandointerpreter, während ClustalX über eine grafische Benutzeroberfläche verfügt. Hinsichtlich ihrer Funktionalität sind beide Versionen identisch. Ein Vorteil von Clustal gegenüber dem SequenceAnalyser 1.0 ist, dass ein Import der ermittelten Distanzmatrix in eine andere Statistiksoftware für weitere Analyseschritte nicht notwendig ist. Eine kurze aber gute Übersicht über die Funktionen und Möglichkeiten von Clustal findet sich bei Wikipedia (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Clustal). Das R-Package TraMineR (Gabadinho et al. 2008) ermöglicht ebenfalls den Vergleich unidimensionaler Sequenzen unter Verwendung des Optimal Matching-Algorithmus (vgl. Kruskal 1983, Abbott 1995). Als Ergebnis erhält der Anwender eine Distanzmatrix, die mit weiteren R-Funktionen oder Packages weiter analysiert werden kann. Für den Vergleich multidimensionaler Sequenzen eignet sich insbesondere die Software DANA (Joh et al. 2002a, 2002b), die für das Alignment so genannter Activity Patterns entwickelt wurde, sich aber ohne Schwierigkeiten bei unterschiedlichen Problemstellungen bzw. für verschiedenste Untersuchungsgegenstände einsetzen lässt. Für den Vergleich der multidimensionalen Sequenzen kann der Anwender aus einer Vielzahl unterschiedlicher Algorithmen auswählen, die sich einerseits auf die Güte der Ergebnisse, andererseits aber auf die erforderliche Rechenzeit auswirkt. Letztgenannte ist Abhängig von der Anzahl und der Länge der unterschiedlichen Sequenzen und kann bei großen Stichprobenumfängen erheblich sein. DANA zeichnet sich insbesondere durch seine Einfachheit in der Nutzung aus. Die grafische Benutzeroberfläche führt den Anwender Schritt für Schritt durch die notwendigen Einstellungen vor Beginn für den Sequenzvergleich. Als Ergebnis erhält der Anwender eine Distanzmatrix. Diese muss für die Ermittlung der Sequenzcluster anschließend in eine andere Statistiksoftware importiert werden.