Martin Clark Grün Kundenbeziehungen nach Fusionen und Akquisitionen
GABLER RESEARCH
Martin Clark Grün
Kundenbezieh...
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Martin Clark Grün Kundenbeziehungen nach Fusionen und Akquisitionen
GABLER RESEARCH
Martin Clark Grün
Kundenbeziehungen nach Fusionen und Akquisitionen Die Auswirkung der Beziehungsgestaltung und Synergierealisierung auf den M&A-Erfolg Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Christian Belz
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität St. Gallen, 2010
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Sabine Schöller Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2557-2
V
Geleitwort Für den Erfolg von Mergers & Acquisitions ist es oft entscheidend, die Beziehung zu den Kunden von Seiten der beteiligten Unternehmen wirksam auszuschöpfen. In Forschung und Praxis sind diese Aspekte trotz großer Relevanz ungenügend berücksichtigt. Martin Grün setzt mit der komplexen und anspruchsvollen Thematik auch an früheren Arbeiten des Instituts für Marketing an. Die gewonnenen Erkenntnisse sind ein Plädoyer dafür, die Kundenbeziehungen in Post Merger Phasen intensiv zu gewichten und professionell zu gestalten. Inhaltlich und methodisch bewegt sich der Autor auf hohem Niveau und durch seine quantitative Forschung, konzeptionelle Entwicklung und Operationalisierung (etwa der Kundenbeziehung oder des M&A-Erfolgs) werden wesentliche Fortschritte erzielt. Motivierend führt Martin Grün in das Thema ein und entwickelt anhand einer umfangreichen Analyse des entsprechenden Wissensstandes ein starkes theoretischkonzeptionelles Gesamtmodell der kundenbezogenen Post Merger Integration. Die daraus entwickelten getrennten Modelle der Beziehungsgestaltung und Synergierealisierung liefern auf Basis der Daten einer internationalen Befragung von 206 Unternehmen hypothesengestützt spannende Hinweise auf die kausalen Zusammenhänge zwischen Gestaltungsmaßnahmen und den Konstrukten Marktanteil, Beziehungsqualität, Kostensenkung sowie M&A-Erfolg. Angesichts der Vielzahl an potenziellen Einflussfaktoren der Integration erscheint mir hier u. a. besonders bemerkenswert zu sein, dass über ein Viertel der Unternehmenswertsteigerung nach M&A auf das erfolgreiche Kundenbeziehungsmanagement zurückzuführen war. Die Befragung schloss auch die Frage ein, wie Führungskräfte nach M&A die Kundenbeziehungen erhalten und ausbauen. Die qualitative Auswertung mit den direkten und indirekt wirkenden Maßnahmen liest sich ausgesprochen interessant und ergänzt die Arbeit. Wichtig ist hier, dass sich die Vorschläge nahe am Management bewegen. Zusammenfassend ist eine spannende Arbeit entstanden, die gute Schwerpunkte setzt sowie dicht aber gleichzeitig verständlich geschrieben ist. Martin Grün gibt wichtige sowie praxisrelevante Handlungsempfehlungen für die handelnden Akteure in Vertrieb und Marketing zum wertsteigernden Umgang mit bestehenden Kundenbeziehungen
VI nach M&A. Ebenso werden Hinweise zu möglichen, zukünftigen Forschungsvorhaben dargestellt. Ich empfehle daher dieses Buch für Forscher und Praktiker in Vertrieb, Marketing sowie M&A und wünsche allen Lesern eine anregende Lektüre.
Prof. Dr. Christian Belz Ordinarius für Marketing an der Universität St. Gallen und Geschäftsführer des Instituts für Marketing.
VII
Vorwort Sowohl in der Unternehmenspraxis als auch in der Forschung ist eine insgesamt mangelnde Berücksichtigung der Kundenbeziehungsdimension bei M&A festzustellen. Gleichwohl wird ihre Bedeutung für die gelungene Integration und den M&AErfolg nicht angezweifelt. Als ich in der Vorbereitung zu einer Transaktion wieder einmal Teilnehmer einer Diskussion über den geplanten Umgang mit Kunden während der Integrationsphase war, wurde mir deutlich, dass Nachweise zur Erfolgsrelevanz von Lösungsansätzen fehlten. So reifte der Entschluss in mir, mit Hilfe einer quantitativ-empirisch gestützten Analyse Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Ich würde mir wünschen, dass die gewonnenen Erkenntnisse in zukünftige M&A-Prozesse einfließen und zum beiderseitigen Erfolg für Kunden und Unternehmen beitragen. Meinem Doktorvater Professor Dr. Christian Belz danke ich sehr für das in mich gesetzte Vertrauen und die große Freiheit in diesem Forschungsprojekt. Ebenso bedanke ich mich bei Professor Dr. Torsten Tomczak für die freundliche Übernahme des Korreferats. Beide Herren beeindruckten mich stets durch Ihre besondere Balance zwischen wissenschaftlichem „Rigour“ und praktischer „Relevance“. Ich danke ebenfalls meinen Freunden Dr. Jan Breitkopf, Detlef Faulhaber, Dr. Oliver Merkel und Dr. Ralph Seemann für die anregende und schöne gemeinsame Zeit während des Doktorandenstudiums in St. Gallen. Ein besonders herzlicher Dank geht an Frau Nina Gutzeit, die ganz in Ihrer Art den Text sowohl sehr sorgfältig redigiert als auch zahlreiche wichtige Anregungen gegeben hat. Sie ist mit Ihrer Unterstützung weit über den eigentlichen „Call of Duty“ hinaus gegangen. Mein größter Dank gilt Frau Anna Kleeblatt, neben vielen anderen Dingen insbesondere für das große Verständnis, die vorbehaltlose Unterstützung und ihr Vertrauen in mich.
München, im Mai 2010
Martin-Clark Grün
Inhaltsverzeichnis
IX
Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung der Arbeit Abstract Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abkürzungsverzeichnis 1. Problemstellung, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
XIII XIV XV XVII XIX 1
1.1 Problemstellung 1.2 Zielsetzung und forschungsleitende Fragestellung 1.3 Aufbau der Arbeit
2. Grundlagen, definitorische Abgrenzungen und Gegenstandspräzisierungen 2.1 Mergers and Acquisitions 2.2 Motive und Ziele von Mergers and Acquisitions 2.3 Post Merger Integration 2.3.1 Bedeutung der Post Merger Integration für den M&A-Erfolg 2.3.2 Rolle von Vertrieb und Marketing in der Post Merger Integration 2.4 Zwischenfazit zu den Abgrenzungen und zu wichtigen Erkenntnissen der Post Merger Integration 2.5 Ausgewählte Forschungsbeiträge 2.5.1 Strömungen in der M&A-Forschung 2.5.2 Marketing-, Vertriebs- und Kundenbeziehungsdimension in der M&A-Forschung 2.5.2.1 Literaturbeiträge mit Marketing- und Vertriebsbezug 2.5.2.2 Literaturbeiträge mit explizitem Kundenbezug 2.5.3 Zusammenfassende Betrachtung der analysierten Literaturbeiträge 2.6 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte 2.6.1 Resource-based View 2.6.2 Relationship Marketing-Ansatz 2.7 Theoretischer Bezugsrahmen 2.8 Forschungsansatz und -methoden
1 5 7
9 9 12 15 17 19 22 23 24 28 29 32 35 36 37 39 43 45
X
Inhaltsverzeichnis
3. Konzeption der kundenbezogenen Post Merger Integration
48
3.1 Maßnahmen zur Beziehungsgestaltung 3.1.1 Mitarbeitereinbindung 3.1.2 Kundeneinbindung 3.1.3 Kundenkommunikation 3.1.4 Investition in die Kundenbeziehung 3.1.5 Kundenanalyse 3.1.6 Konfliktmanagement 3.2 Maßnahmen zur Synergierealisierung 3.2.1 Zusammenfassung von Ressourcen 3.2.2 Ressourcenzugang 3.3 Konzeption des M&A-Erfolges 3.3.1 Erfolgsverständnis in M&A-Untersuchungen 3.3.2 Dimensionen des Integrationserfolges 3.3.2.1 Marktanteil 3.3.2.2 Beziehungsqualität 3.3.2.3 Kostensenkung im Zuge der Integration 3.3.3 Dimension Unternehmenserfolg 3.3.3.1 Grundlagen der Unternehmenserfolgsmessung nach M&A-Transaktionen 3.3.3.2 Unternehmenswertsteigerung als Erfolgsgröße 3.4 Gesamtmodell der kundenbezogenen Integration
48 49 50 51 54 55 58 60 62 62 63 66 68 70 71 76 77 77 80 82
4. Beziehungsgestaltung in der PMI – Das Beziehungsmodell
83
4.1 Hypothesenentwicklung 4.2 Methodische Grundlagen der Strukturgleichungsmodellierung 4.2.1 Grundlagen der Operationalisierung von Konstrukten 4.2.2 Spezifikation von Strukturgleichungsmodellen 4.2.3 Gütebeurteilung der Messkonzepte und der Modellstruktur 4.3 Vorgehen bei der Datenerhebung 4.3.1 Abgrenzung der Grundgesamtheit 4.3.2 Gestaltung und Durchführung der Datenerhebung 4.3.3 Stichprobenstruktur und Repräsentativität 4.4 Operationalisierung der Konstrukte des Beziehungsmodells 4.4.1 Messmodelle der Beziehungsgestaltung 4.4.2 Messmodelle des Integrationserfolges 4.4.3 Messmodell des Unternehmenswerts
84 91 92 93 97 105 106 108 111 113 114 119 122
Inhaltsverzeichnis 4.5 Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung 4.6 Zwischenfazit zur Beziehungsgestaltung
XI 124 126
5. Synergierealisierung in der PMI – Das Synergiemodell
128
5.1 Hypothesenentwicklung 5.2 Operationalisierung der Konstrukte des Synergiemodells 5.2.1 Messmodelle der Synergierealisierung 5.2.2 Messmodelle des Integrationserfolgs 5.3 Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung 5.4 Zwischenfazit zur Synergierealisierung
129 133 133 135 138 140
6. Situative Einflüsse auf die Erfolgswirkung der Beziehungsgestaltung in der PMI 6.1 6.2 6.3 6.4
Ableitung des Untersuchungsmodells Methodische Grundlagen der moderierten hierarchischen Regression Messmodelle der Moderatoren Ergebnisse zum situativen Einfluss während der Post Merger Integration 6.4.1 Investition in die Kundenbeziehung 6.4.2 Umgang mit Kundenkonflikten 6.4.3 Kommunikation mit den Kunden 6.4.4 Analyse der Kundensituation 6.5 Zwischenfazit zum situativen Einfluss
142 142 147 150 151 152 155 158 161 162
7. Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen – Status quo in der PMI-Praxis 164 7.1 Direkt wirkende Maßnahmen 7.2 Indirekt wirkende Maßnahmen
8. Schlussfolgerungen 8.1 Erkenntnisbeiträge und Ansatzpunkte für weiterführende Forschungsvorhaben 8.2 Folgerungen für die Marketing- und Vertriebspraxis in der PMI
Literaturverzeichnis Anhang
166 169
176 176 180
191 215
Zusammenfassung
XIII
Zusammenfassung Vertrieb und Marketing agieren nach Fusionen und Akquisitionen im Spannungsfeld zwischen Ausbau des Markterfolgs durch Realisierung jener Vorteile, die sich aufgrund des Zugangs zu neuen Unternehmensressourcen ergeben und Kostensenkungszielen. Oftmals wird jedoch die „Ressource“ Kundenbeziehung in der Integrationsphase vernachlässigt. Die vorliegende Arbeit untersucht erstmals die Wirkungen der kundenbezogenen Beziehungsgestaltung und Synergierealisierung in der Post Merger Phase auf den M&A-Erfolg mithilfe quantitativer Methoden. Methodisch wird auf Strukturgleichungsmodelle und die moderierte hierarchische Regressionsanalyse zurückgegriffen. Zur Konzeption der Untersuchungsmodelle werden Theorien und Erkenntnisse sowohl aus der Geschäftsbeziehungsforschung als auch aus der strategischen Managementforschung miteinander kombiniert. Damit leistet die Arbeit einen Beitrag zur Überwindung des evidenten Mangels an integrativen Ansätzen in der M&A-Forschung. Die Ergebnisse aus der Befragung von 206 Unternehmen nach horizontalen M&A im Industriegüter- und Dienstleistungsbereich zeigen u. a., dass einzelne Maßnahmen zur Kundenbeziehungsgestaltung und der Zugang zu Vertriebs- und Marketingressourcen einen signifikanten Beitrag zur Wertsteigerung des Gesamtunternehmens leisten. Dagegen wirken Kostensenkungen durch den Abbau von Vertriebs- und Marketingressourcen negativ auf die Kundenbeziehungsqualität und in weiterer Folge auch negativ auf den Unternehmenswert. Zudem wird gezeigt, dass die Umweltsituation der M&A-Transaktion die Erfolgswirkung von Beziehungsmaßnahmen signifikant moderiert. In Verbindung mit qualitativen Erkenntnissen zur gegenwärtigen Unternehmenspraxis gibt die Arbeit wichtige Handlungsempfehlungen für Verantwortliche in Vertrieb und Marketing zum wertsteigernden Umgang mit Kundenbeziehungen während der Post Merger Integration. Insgesamt weisen die Ergebnisse quantitativ gestützt darauf hin, dass Führungskräfte zukünftige M&A-Ergebnisse verbessern können, indem die Verbesserung der Kundenbeziehungsqualität als handlungsleitende Perspektive der Integrationsgestaltung stärker berücksichtigt wird.
XIV
Abstract
Abstract All too often customer relations are neglected in the post merger integration. This thesis describes the effects of customer relationship strategies and the realization of synergies in the post merger phase to make the M&A a success. The research methodology makes use of structural equation models and the moderated hierarchical regression analysis. Model development is based on theory and findings from both strategic management and relationship marketing research. This makes the work a contribution to overcoming the evident lack of integrative approaches in M&A research. The results from a survey of 206 horizontal M&A in B2B and service industries shows that examined relationship marketing strategies as well as access to sales and marketing resources in the course of post merger integration positively affects the firm’s value. However, cost reductions in sales and marketing negatively affects the relationship’s quality, and subsequently negatively impacts the firm’s value. Further results show significant moderators in the effectiveness of relationship strategies on customer commitment across several firm and market/customer-level attributes. The thesis provides managerial implications for sales and marketing executives based on additional qualitative statements from CEOs, sales/marketing- and M&Amanagers. Altogether, the results empirically suggest that future M&A performance can be significantly increased by vigorously building and maintaining customer relationships quality during post merger integration efforts.
Abbildungsverzeichnis
XV
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17:
Abbildung 18:
Abbildung 19:
Abbildung 20:
Abbildung 21:
Phasenmodell einer typischen M&A-Transaktion Zielhierarchie zu horizontalen Fusionen und Akquisitionen Bezugsrahmen der Untersuchung M&A-Erfolg als kausale Kette Gesamtmodell der kundenbezogenen Post Merger Integration Konzeption des Beziehungsmodells der PMI Übersicht zu den Hypothesen des Beziehungsmodells Spezifikation eines Strukturgleichungsmodells Kriterien zur Abgrenzung der Grundgesamtheit mit Rücksicht auf die Durchführbarkeit der Empirie Struktur der Stichprobe: Angaben zu den Befragten Pfaddiagramm des Beziehungsmodells Konzeptionelles Synergiemodell der PMI Übersicht zu den Hypothesen des Synergiemodells Pfaddiagramm des Synergiemodells Vermutete kontextabhängige Beeinflussung der M&AErfolgsbeurteilung Mehrstufiges Vorgehen bei der hierarchischen moderierten Regression Moderierender Effekt des Beschaffungsvorgehens auf die Beziehung zwischen der „Investition in die Kundenbeziehung“ und der „Verbundenheit der Kunden“ Moderierender Effekt der Wettbewerbsstärke auf die Beziehung zwischen dem „Konfliktmanagement“ und der „Verbundenheit der Kunden“ Moderierender Effekt des Beschaffungsvorgehens auf die Beziehung zwischen dem „Konfliktmanagement“ und der „Verbundenheit der Kunden“ Moderierender Effekt der Wettbewerbsintensität auf die Beziehung zwischen dem „Konfliktmanagement“ und der „Verbundenheit der Kunden“ Moderierender Effekt des Beschaffungsvorgehens auf die Beziehung zwischen der „Kundenkommunikation“ und der „Verbundenheit der Kunden“
15 23 44 68 82 83 91 94 108 112 125 128 133 139 145 148
154
156
157
158
160
XVI Abbildung 22:
Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25:
Abbildungsverzeichnis Moderierender Effekt der Wettbewerbsintensität auf die Beziehung zwischen der „Kundenkommunikation“ und der „Verbundenheit der Kunden“ Häufigkeit der genannten Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen während der Post Merger Integration Maßnahmenkategorien nach Wirkung auf die Kundenbeziehung Unternehmensinterne Integrationsmaßnahmen in der Post Merger Phase
161 165 166 170
Tabellenverzeichnis
XVII
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13: Tabelle 14: Tabelle 15: Tabelle 16: Tabelle 17: Tabelle 18: Tabelle 19: Tabelle 20: Tabelle 21: Tabelle 22: Tabelle 23: Tabelle 24: Tabelle 25:
Überblick zu häufig genannten Akquisitionszielen Auswahl an Definitionen des Begriffs „Post Merger Integration“ Überblick zu den verschiedenen Forschungsströmungen der M&A-Literatur Auswahl zentraler Arbeiten zu Mergers and Acquisitions Zusammenfassende Darstellung von Arbeiten mit Marketing- und Vertriebsbezug Zusammenfassende Darstellung von Arbeiten mit explizitem Kundenbezug Problemfelder der Erfolgsmessung von M&A-Transaktionen Literaturübersicht zu Misserfolgsquoten bei M&A-Transaktionen Anspruchsniveaus lokaler und globaler Gütemaße Struktur der Stichprobe: Umsatz- und Mitarbeiterverteilung der untersuchten Unternehmen Struktur der Stichprobe: Größenverhältnisse der untersuchten Transaktionen Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Mitarbeitereinbindung“ Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Kundeneinbindung“ Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Kundenkommunikation“ Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Konfliktmanagement“ Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Kundenzufriedenheit“ Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Kundenvertrauen“ Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Verbundenheit der Kunden“ Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Beziehungsqualität“ nach Item-Parcelling Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Unternehmenswert“ Ergebnisse der Überprüfung auf Diskriminanzvalidität des Beziehungsmodells (Fornell-Larcker-Kriterium) Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Zusammenfassung von Ressourcen“ Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Ressourcenzugang“ Ergebnisse zur Messung des ersten Faktors der „Kostensenkung“ Ergebnisse zur Messung des zweiten Faktors der „Kostensenkung“
12 17 24 28 31 33 64 65 105 111 112 115 116 117 119 120 120 121 122 123 124 134 135 136 137
XVIII Tabelle 26: Tabelle 27: Tabelle 28:
Tabelle 29:
Tabelle 30:
Tabelle 31:
Tabellenverzeichnis Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Kostensenkung“ nach Item-Parcelling Ergebnisse der Überprüfung auf Diskriminanzvalidität des Synergiemodells (Fornell-Larcker-Kriterium) Ergebnisse der moderierten hierarchischen Regression: Hauptund Interaktionseffekte der „Investition in die Kundenbeziehung“ und der Moderatorvariablen auf die „Verbundenheit der Kunden“ Ergebnisse der moderierten hierarchischen Regression: Hauptund Interaktionseffekte des „Konfliktmanagements“ und der Moderatorvariablen auf die „Verbundenheit der Kunden“ Ergebnisse der moderierten hierarchischen Regression: Hauptund Interaktionseffekte der „Kundenkommunikation“ und der Moderatorvariablen auf die „Verbundenheit der Kunden“ Ergebnisse der moderierten hierarchischen Regression: Hauptund Interaktionseffekte der „Kundenanalyse“ und der Moderatorvariablen auf die „Unternehmenswertsteigerung“ nach der M&A-Transaktion
138 138
153
155
159
162
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis AGFI bspw. bzw.
Adjusted Goodness of Fit-Index beispielsweise beziehungsweise
B2B
Business-to-Business
CAPM CFI CRM
Capital Asset Pricing Modell Comparative Fit-Index Customer Relationship Management
DE DEV df
Direkter Effekt Durchschnittlich erfasste Varianz Anzahl der Freiheitsgrade
EFA
Exploratorische Faktorenanalyse
FA f., ff. F&E FR
Fallstudie folgende, fortfolgende Forschung und Entwicklung Faktorreliabilität
GFI
Goodness of Fit-Index
HV
Häufigkeitsverteilung
i. d. R. IE IR IT
in der Regel Interaktionseffekt des Moderators Indikatorreliabilität Informationstechnologie
KA KAM KFA
Korrelationsanalyse Key Account Management Konfirmatorische Faktorenanalyse
M&A
Mergers & Acquisitions
XIX
Abkürzungsverzeichnis
XX mglw. ML-Methode Mod MV
möglicherweise Maximum Likelihood-Methode Direkter Moderatoreffekt Mittelwertvergleich
N, n n. s.
Grösse der Stichprobe nicht signifikant
OEM
Original Equipment Manufacturer
p PMI
Irrtumswahrscheinlichkeit Post Merger Integration
R2 RA RBV RG RM RMSEA
Determinationskoeffizienten Reliabilitätsanalyse Ressouce-based View Regressionsanalyse Relationship Management Root Mean Squared Error of Approximation
S. s. SEM sog. Sp. SRMR
Seite siehe Structural Equation Modeling (Strukturgleichungsmodell) so genannt Spalte Standardized Root Mean Square Residual
u. a.
und andere
VIF vs.
Variance Inflation Factor versus
z. B.
zum Beispiel
Problemstellung, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
1
1. Problemstellung, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit 1.1 Problemstellung Langfristig erfolgreiche unternehmerische Tätigkeit in Industriegütermärkten beruht in starkem Umfang vom Ausmaß der im Unternehmen vorhandenen Kundenorientierung (Deshpandé/Farley und Webster 2002; Narver/Slater 1990). Letztlich wird die Existenz von Unternehmen erst durch deren Fähigkeit legitimiert, Kunden und deren Ansprüchen zufriedenzustellen (Brown/Webster/Steenkamp et al. 2005, S. 5). Es gilt, die Kunden dauerhaft an das Unternehmen zu binden (Belz/Brademann/Fuchs et al. 1998). Diesbezüglich erfolgreiches Kundenbeziehungsmanagement verleiht Firmen entscheidende Wettbewerbsvorteile und wird darum mit der Erwartung gesteigerter ökonomischer Erfolgsgrößen verbunden (Reichheld/Sasser Jr 1990; Reinartz/Kumar 2000). So zeigen Gupta/Lehmann und Stuart (2004), dass ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen der Fähigkeit zur Kundenbindung und dem Marktwert des Unternehmens besteht. Beziehungsqualität, Kundenbindung und Wiederkauf sind heute erklärte Ziele der Marketing- und Vertriebsaktivitäten. Aus diesem Grund setzen Unternehmen verstärkt auf den Aufbau und die Pflege langfristiger Beziehungen zu ihren Kunden, reduzieren in Folge Kundengewinnungskosten und erhöhen somit die eigene Profitabilität. Das Kundenverhältnis wird jedoch regelmäßig auf die Probe gestellt, wenn sich Unternehmen auf der Suche nach externem Wachstum für eine Fusion oder Akquisition (Mergers and Acquisitions bzw. M&A) entscheiden oder selbst zum Übernahmeziel werden. Für alle Beteiligten ist die Bedeutung jeder einzelnen Transaktion hoch und die zusätzliche Arbeitsbelastung muss ebenfalls verkraftet werden. Daher scheint es nicht verwunderlich zu sein, wenn die Kundenorientierung vor der Unternehmensübernahme zumeist der Fokussierung auf interne Probleme nach der Übernahme weicht. Häufiger als gedacht wird schlicht davon ausgegangen, dass mit dem Kauf eines Unternehmens dessen Kundenbeziehungen gleichsam automatisch mit übernommen werden. Die Integration der tangiblen Ressourcen des erworbenen Unternehmens alleine kann das jedoch meist nicht leisten. Trotzdem wird das addierte Absatzniveau als gegeben fortgeschrieben und auf Maßnahmen zur flankierenden Pflege der intangiblen „Ressource“ Kundenbeziehung zu häufig verzichtet. Die Folge ist eine Vernachlässigung der Kunden (Homburg/Bucerius 2004, S. 34). Entsprechend stellen Anderson/Havila und Salmi (2001, S. 585) insgesamt fest: „[…] business
2
Kapitel 1
relationships become future potentials only if they are recognized and managed in a similar way as other parts of the company during the integrationphase.” Auf den Punkt bringen es Fubini/Price und Zollo (2006, S. 34), indem sie den Vorstandsvorsitzenden von 3COM, Eric Branhamou, zitieren: „Acquiring customers' is a very arrogant phrase. The customer has to want to be acquired." Das beschriebene Verhalten kontrastiert mit den erklärten Motiven für M&A. So weisen Befragungen von Führungskräften auf Akquisitionsziele hin, die eine starke Gewichtung von marktseitigen Motiven, wie etwa die Erhöhung des Marktanteils, der Marktmacht oder des Umsatzes betonen (Bamberger 1994, S. 75-78; Kitching 1967). Gocke (1997) identifiziert in der Erhöhung des Marktanteils sogar das dominierende Akquisitionsziel. Bei Führungskräften geht damit auch die Vorstellung einher, durch einen Zukauf die eigene Marktposition zu stärken oder durch eine marktbeherrschende Stellung Wettbewerber zu verdrängen. Unternehmen erkennen darüber hinaus eine Chance, noch nicht erschlossene Absatzkanäle und Märkte zu erobern (Böhlke/Walleyo 2007). So gewinnt das Ziel einer verbesserte Marktpräsenz durch offensive Marktstrategien zunehmend an Bedeutung (Reineke 2001, S. 1). Zahlreiche Studien unterstreichen allerdings die negativen Auswirkungen von Unternehmenszusammenschlüssen auf den Markterfolg. So kommt bspw. Jansen (2005, S. 551) nach der Analyse von Transaktionen unter deutscher Beteiligung zum Ergebnis, dass 56 Prozent der Unternehmen nach dem Zusammenschluss im Vergleich zur Gesamtindustrie ein geringeres Umsatzwachstum erreichen. Schoenberg (2006, S. 368) erwähnt Erfolgsraten von lediglich 50 Prozent. Nach einer Fusion verlieren Unternehmen im Industriedurchschnitt zwischen 5 und 10 Prozent ihres Umsatzes (Down 1995 , S. 10). Ebenfalls weisen zahlreiche populärwissenschaftliche und teilweise anekdotisch gehaltene Publikationen (u. a. Bekier/Shelton 2002; Clemente/Greenspan 1997) sowie zweckgerichtete Studien von Beratungsunternehmen (u. a. Spill 2007) auf erhebliche Kundenverluste nach M&A-Transaktionen hin. Die Arbeiten bestätigen damit indirekt die Beeinträchtigung der Kundenbeziehungen durch die Zusammenführung. Die missglückte Unternehmensintegration wird inzwischen als eine Hauptursache für die schlechte Erfolgsquote von M&A-Transaktionen identifiziert (Capron/Hulland 1999; Larsson/Finkelstein 1999; McBeath/Bacha 2001; Shrivastava 1986). Bei einer aktuellen Umfrage gaben 85 Prozent der Entscheidungsträger aus Unternehmen mit
Problemstellung, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
3
Transaktionserfahrung ein falsches Integrationsmanagement als Hauptgrund für das Scheitern von Transaktionen an (Spill 2007). Die Integrationsphase (Post Merger Integration oder kurz PMI) ist aber der Schlüssel zum M&A-Erfolg, denn erst im Zusammenspiel der beteiligten Unternehmen werden die Akquisitionsziele verwirklicht (Haspeslagh/Jemison 1991). Allerdings verdrängt der Fokus auf kurz- bis mittelfristige Kostensenkungen zu häufig Maßnahmen für den Ausbau des langfristigen Markterfolgs. Empirische Hinweise liefern die Bewertungsentwicklungen börsennotierter Unternehmen nach M&A-Transaktionen. Die Übernahmen führen oftmals nicht zu jenen Unternehmenswertsteigerungen, die ursprünglich vom Management erwartet und kommuniziert wurden. Tatsächlich gelingt es aufgrund mangelhafter Integration oftmals nicht, Umsatz oder Marktanteil, z. B. durch Cross-Selling, Bundling oder die Erweiterung der Kundenbasis, über die addierten Marktanteile der Unternehmen hinaus zu erhöhen (u. a. Chatterjee 2007). Das spiegelt sich bei der Preisbildung auf den Kapitalmärkten wider. In der Praxis werden dort zukünftige Umsatzvorteile durch M&A stärker diskontiert als Kostenvorteile (u. a. Bruner 2004, S. 75; Bruner 2002, S. 60; Houston/James und Ryngaert 2001; Houston/Ryngaert 1996, S. 76). In Bezug auf die marktseitigen Motive für M&A vermuten Johanson/Mattson (1992, S. 217), dass das eigentliche Hauptziel sei, „[…] to get control of the exchange relationships, to change their character, or to change the connections between exchange relationships.” Damit werden die Kundenbeziehungen zum wesentlichen Erfolgstreiber auch für Fusionen und Akquisitionen. Allerdings überrascht es, dass gerade dieser Dimension in wissenschaftlichen Arbeiten nahezu keine Aufmerksamkeit zuteilwird (Anderson/Holtstrom und Havila 2003). Dahin gehend kritisieren Anderson/Havila und Salmi (2001, S. 585) im Zusammenhang mit den Beziehungen zu Kunden und Lieferanten im M&A-Fall: „[…] literature concentrates on the strategic or organizational fit between companies and integration processes and fails to recognize the companies’ external business relationships. An implicit assumption seems to be that through acquisition the market position of the target firm can be taken over.“ (Anderson/Holtstrom und Havila 2003). Dementsprechend wenige Arbeiten sind in der Marketingliteratur zum Thema erschienen. Im letzten Jahrzehnt haben zwar zahlreiche Veröffentlichungen die Erfolgsbedeutung der Kunden (u. a. Clemente/Greenspan 1997) oder der Marketing- bzw. Vertriebsfunktion in der Integrationsphase (Bucerius 2004; Reineke 2001) für den M&A-Erfolg akzentuiert, ohne dies jedoch empirisch zu untersuchen. In der Literatur lassen sich aber deutliche Hinweise finden, dass eine marktseitig orientierte Integration Erfolg versprechend ist.
4
Kapitel 1
So weisen Homburg/Bucerius (2005, S. 109) hinsichtlich der Integrationsgestaltung warnend darauf hin, „[…] that market-related performance is far more important than are cost savings.” Gleichermaßen argumentiert fallstudienbasiert Morall (1996, S. 19): „[…] cost reduction to make a merger pay off is not as important as customer retention.” Dass generell M&A-Projekte genauso selten zu einem finanziellen Gewinn für die Stakeholder führen, ist umfassend dokumentiert worden (u. a. Bamberger 1994; Yook 2003). Angefangen mit den Arbeiten von Kitching (1967; 1974) und gefolgt von neueren Befunden zur Erfolgsauswirkung von Akquisitionen (u. a. Agrarwal/Jaffe 2000; Schoenberg 2006) konnten über die Jahre keine Verbesserungen bei den finanziell bemessenen Erfolgsraten festgestellt werden. Hinzu kommt, dass die Gewissheit um die tatsächlichen Erfolgsfaktoren von Fusionen und Akquisitionen aufgrund der fortwährenden Variabilität der Ergebnisse neuerer Literaturbeiträge gering geblieben ist. Dazu stellen King/Dalton/Daily et al. (2004, S. 198) fest: „[…] despite decades of research, what impacts the financial performance of firms engaging in M&A activity remains largely unexplained.“ Zwar haben die M&A-Aktivitäten in der letzten Zeit deutlich abgenommen, jedoch handelt es sich um ein zyklisches und wiederkehrendes Phänomen, dessen Entwicklung einem langfristig steigenden Trend folgt (u. a. Jansen 2005, S. 525-530). Obwohl viele Fragen zum Erfolg externer Wachstumsstrategien immer noch unbeantwortet sind, werden auch in Zukunft technologische, regulatorische und volkswirtschaftliche Umwälzungen sowie Asymmetrien in der Bewertung von Industrien immer wieder mit einem Anstieg der M&A-Aktivitäten einhergehen (Barkoulas/Baum und Chakraborty 2001; Harford 2005; Mitchell/Mulherin 1996). Fasst man alle bisher erwähnten Punkte zusammen, so kann weiterer Forschungsbedarf konstatiert werden. Sowohl in der Unternehmenspraxis als auch in der Forschung zu M&A ist eine insgesamt mangelnde Berücksichtigung der Kundenbeziehungsdimension festzustellen. Gleichwohl wird ihre Bedeutung für die gelungene Integration und den M&A-Erfolg nicht angezweifelt. Bisherige Erkenntnisse legen den Schluss nahe, dass weit umfangreichere Anstrengungen während der Integrationsphase notwendig sind, um Kunden an das Unternehmen zu binden. Zudem müssen Synergieaspekte (Umsatz- und Kostenvorteile) aufgrund ihrer zentralen Bedeutung für M&A und ihrer unmittelbaren Auswirkungen auf die Kundenbeziehungen in der
Problemstellung, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
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Analyse mit berücksichtigt werden. In diesem Sinne untersucht die vorliegende Arbeit empirisch die Auswirkungen kundenbezogener Gestaltungsfacetten der Integration auf den M&A-Erfolg.
1.2 Zielsetzung und forschungsleitende Fragestellung Das Problem der mangelnden Berücksichtigung der Kundendimension im M&AKontext wurde in Abschnitt 1.1 (S. 4) dargelegt. Es zeigt sich, dass Lösungsansätze zur Beziehungsgestaltung in der PMI und empirische Nachweise zu deren Erfolgsrelevanz fehlen. Die Kritik gilt dabei gleichermaßen der Unternehmenspraxis wie auch der Wissenschaft. Im Gegensatz zur unüberschaubaren Vielfalt an Literatur zur strategischen Fundierung von M&A sowie zu unternehmensinternen, prozessualen bzw. funktionalen Fragestellungen der Integration bezieht sich die vorliegende Arbeit stärker auf die externen Kundenbeziehungen der Transaktionspartner, d. h. des kaufenden und gekauften Unternehmens. Damit wird das Kundenbeziehungsmanagement als eines der wichtigsten Themenfelder der Marketingforschung mit der M&A-Forschung verbunden. Das Forschungsziel lautet somit wie folgt: Ziel der Arbeit ist es, die kundenbezogene Integration nach horizontalen Fusionen und Akquisitionen im Industriegüter- und Dienstleistungsbereich zu erklären und ihre Erfolgswirkung empirisch zu untersuchen, um Handlungsempfehlungen für Vertriebs- und Marketingverantwortliche im Umgang mit bestehenden Kundenbeziehungen zur Erreichung der übergeordneten M&A-Ziele zu geben. Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Problemstellung wird in der vorliegenden Arbeit die Beantwortung der nachfolgenden Fragen angestrebt. Die Fragestellungen werden hierbei nicht allein deskriptiv und erklärend verstanden, sondern sind in Orientierung an die obige Zielsetzung zur Herleitung von Handlungsempfehlungen bestimmt. Die erste Gruppe von Forschungsfragen bezieht sich auf das konzeptionelle Verständnis der Beziehungen zwischen der kundenbezogenen Integration und dem M&AErfolg sowie auf die empirische Überprüfung der Wirkungszusammenhänge. Die Erfolgspotenziale spezifischer Maßnahmen zur Kundenbeziehungsgestaltung und
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Kapitel 1
Synergierealisierung stehen dabei im Mittelpunkt. In engem Zusammenhang hiermit steht naturgemäß die Frage nach dem einzunehmenden Erfolgsverständnis. Welche relevanten Maßnahmen der Kundenbeziehungsgestaltung und Synergierealisierung beschreiben die kundenbezogene Integration? (Forschungsfrage 1) Was ist unter dem Erfolg von horizontalen Fusionen und Akquisitionen zu verstehen und welche Erfolgsdimensionen lassen sich identifizieren? (Forschungsfrage 2) Welche Wirkung haben Maßnahmen zur aktiven Kundenbeziehungsgestaltung in der PMI auf den M&A-Erfolg? (Forschungsfrage 3) Welche Wirkung haben Maßnahmen zur Synergierealisierung in der PMI auf den M&A-Erfolg? (Forschungsfrage 4) Die zweite Gruppe von Forschungsfragen berücksichtigt die Umweltsituation der Transaktionspartner. Kontextfaktoren haben meist einen bedeutenden Einfluss auf Austauschbeziehungen. Es wird daher beschrieben, wie sich die Erfolgswirkung der Kundenbeziehungsgestaltung in der PMI durch situative Unterschiede verändert. In welcher Weise beeinflussen Unternehmens-, Markt- und Kundenausprägungen der Transaktionspartner die M&A-Erfolgswirkung der Kundenbeziehungsmaßnahmen? (Forschungsfrage 5) Welche Prioritäten sollten angesichts situativer Unterschiede von Unternehmensübernahmen in der Kundenbeziehungsgestaltung gesetzt werden? (Forschungsfrage 6) Die letzte Forschungsfrage setzt sich schließlich mit dem gegenwärtigen Status der kundenbezogenen PMI auseinander. Wie ausgeprägt werden einzelne Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehung in der heutigen Integrationspraxis angewandt? (Forschungsfrage 7)
Problemstellung, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
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1.3 Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit gliedert sich in acht Kapitel, deren Inhalte nachfolgend kurz vorgestellt werden. In Kapitel 1 wurden bereits die Problemstellung, die mit der vorliegenden Arbeit verfolgte Zielsetzung und die forschungsleitenden Fragestellungen dargelegt. Kapitel 2 setzt sich mit den für die Untersuchung benötigten Grundlagen auseinander. Neben wichtigen definitorischen Abgrenzungen und Gegenstandspräzisierungen entlang wesentlicher Begriffe dieser Arbeit geht es um die Entwicklung eines umfassenderen Verständnisses zu den Zielen horizontaler Unternehmensübernahmen. Im Mittelpunkt des Untersuchungsinteresses steht dabei die Kundenbeziehungsdimension. Nach der Analyse ausgewählter und inhaltlich verwandter Forschungsbeiträge werden jene übergeordneten theoretischen und konzeptionellen Bezugspunkte kurz erörtert, aus denen danach der theoretische Bezugsrahmen der Untersuchung entwickelt wird. Das zweite Kapitel endet mit der Erörterung des adäquaten Forschungsansatzes für die empirische Analyse. In Kapitel 3 werden die im Bezugsrahmen verwendeten Facetten und Konstruktkategorien vertieft. Dabei erfolgt die Konzeptualisierung ausgesuchter Konstrukte zur Beschreibung von Maßnahmen der kundenbezogenen Integration und zur Bestimmung des M&A-Erfolgs. Ergebnis ist ein weiter zu untersuchendes konzeptionelles Gesamtmodell der Post Merger Integration. In Kapitel 4 wird der erste Teil des Gesamtmodells der Post Merger Integration untersucht. Es werden hierzu im Beziehungsmodell kausale Effekte der Kundenbeziehungsgestaltung auf den Integrations- und Unternehmenserfolg quantitativempirisch analysiert. Zunächst werden die Hypothesen zu den Wirkungszusammenhängen zwischen den einzelnen Modellkonstrukten auf Basis theoretischer Überlegungen und Expertenerkenntnisse abgeleitet. Nach einer kurzen Einführung in die methodischen Grundlagen der Strukturgleichungsanalyse wird die Datengewinnung sowie die Stichprobenstruktur beschrieben. Es folgt die Spezifizierung der Messmodelle und die empirische Überprüfung des Beziehungsmodells. Das Kapitel schließt mit der Diskussion zu den Ergebnissen der Hypothesenüberprüfung ab.
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Kapitel 1
In Kapitel 5 wird der zweite Teil des Gesamtmodells der Post Merger Integration untersucht, indem die Auswirkungen der Synergierealisierung in der Integrationsphase auf den Integrations- und Unternehmenserfolg analysiert werden. Auch hier wird ein Strukturgleichungsmodell überprüft. Kapitel 6 beschäftigt sich mit den Einflüssen wichtiger situativer Faktoren auf die Kundenbeziehungsgestaltung und den M&A-Erfolg. Die Untersuchung mithilfe der moderierten hierarchischen Regressionsanalyse geht der Frage nach, ob und wie stark sich die Effekte zwischen den zuvor betrachteten Variablen aufgrund verschiedener Eigenschaften der M&A-Transaktionspartner und ihrer Märkte verändern. Kapitel 7 richtet den Blick auf jene kundenbezogenen, im Rahmen der Unternehmensbefragung qualitativ erfassten Maßnahmen, die nach den Erfahrungen von Führungskräften besonders zum Erhalt und Ausbau von Kundenbeziehungen nach der M&ATransaktion beigetragen haben. Dazu wird der gegenwärtige Status in der Unternehmenspraxis beschrieben und zwischen direkt und indirekt wirkenden Maßnahmenkategorien unterschieden. Kapitel 8 bildet den Abschluss der Arbeit. Zunächst werden die Erkenntnisbeiträge und Restriktionen der Untersuchung zusammengefasst sowie Anregungen für weiterführende Forschungsvorhaben gegeben. Schließlich werden die gewonnenen Ergebnisse auf die Vertriebs- und Marketingpraxis in der PMI übertragen.
Grundlagen
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2. Grundlagen, definitorische Abgrenzungen und Gegenstandspräzisierungen In diesem Kapitel werden zur Präzisierung und zum besseren Verständnis des Forschungsvorhabens die notwendigen Grundlagen erarbeitet und mit dem beschriebenen Forschungsanliegen aus Kapitel 1 in Beziehung gesetzt. Bis jetzt wurde auf die Präzisierung zentraler Begriffe verzichtet. Für den weiteren Lauf der Untersuchung sind indessen definitorische Abgrenzungen und Gegenstandspräzisierungen notwendig. Dabei geht es vorrangig um die Definition des Begriffs Mergers and Acquisitions (Abschnitt 2.1), die Analyse der Motive und Ziele von Unternehmenszusammenschlüssen (Abschnitt 2.2) und eine umfassende Auseinandersetzung mit der Post Merger Integration (Abschnitt 2.3). Danach werden inhaltlich verwandte Forschungsbeiträge analysiert (Abschnitt 2.5) und anschließend in aller Kürze der Resource-based View und das Relationship Marketing als theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte erörtert (Abschnitt 2.6). Das Kapitel 2 endet, nach der Erarbeitung des theoretischen Bezugsrahmens für die empirische Untersuchung (Abschnitt 2.7), mit der Herleitung des adäquaten Forschungsansatzes (Abschnitt 2.8).
2.1 Mergers and Acquisitions Der Begriff „Mergers & Acquisitions“ deutet üblicherweise auf den Erwerb eines Unternehmens oder einer Unternehmenseinheit und die anschließende Eingliederung in den Unternehmensverbund des Käufers hin. Er wird allerdings synonym für eine ganze Reihe verschiedener Formen der vertraglichen und finanziellen Bindung zwischen zuvor rechtlich wie auch wirtschaftlich voneinander unabhängigen Unternehmen verwandt. Solche Bindungen (M&A-Transaktionen) umfassen Unternehmensakquisitionen, Unternehmensverkäufe, Fusionen sowie Beteiligungen an Unternehmen (Krumnow/Gramlich/Lange et al. 2002, S. 914-915). Als Spiegelbild der unterschiedlichen Wortverwendung sind zahlreiche Systematisierungsansätze und Definitionen vorzufinden (detailliert s. Becker 2005, S. 8-68; Gerpott 1993, S. 22-60), Sie geben Hilfestellung bei der Abgrenzung des Begriffs für die vorliegende Arbeit. Die geeignete Begriffsabgrenzung ist eine wichtige Voraussetzung zur Auswahl der relevanten Stichprobe für die spätere quantitativ-empirische Untersuchung und für die Interpretation der Ergebnisse. Ein erstes Abgrenzungskriterium ist zunächst, dass es im Zuge der Unternehmensübernahme zur Integration kommt. Indikatoren für das Aus-
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Kapitel 2
maß an Integrationsaktivitäten sind der ökonomische Verwandtschaftsgrad vor der M&A-Transaktion sowie die angestrebte Verflechtung der Unternehmen nach der M&A-Transaktion. Hier ist der Systematisierungsansatz von Pausenberger (1993, Sp. 4437-4441) hilfreich, der zwischen der Bindungsintensität und dem leistungswirtschaftlichen Zusammenhang differenziert. Die Bindungsintensität ist der Beherrschungs- bzw. Abhängigkeitsgrad, der die gegenseitige wirtschaftliche oder rechtliche Abhängigkeit nach der Transaktion ausdrückt (Schubert/Küting 1981, S 3). Die höchste Bindungsintensität wird erreicht, wenn ein „tatsächlich vollzogener Übergang von aktiv wahrgenommenen Informations-, Leitungs- und Kontrollbefugnissen“ (Achleitner 2000, S. 141) erfolgt. In diesem Fall verliert einer der Transaktionspartner aufgrund vertraglicher Abkommen oder einer kapitalmäßigen Beteiligung seine Selbstständigkeit. Im Gegensatz dazu handeln es sich bei beabsichtigter geringer Bindungsintensität um finanzielle Minderheitsbeteiligungen, Joint Ventures und strategische Allianzen. Bei diesen Formen verpflichten sich die Unternehmen auf Teilgebieten zu einer koordinierten Vorgehensweise, um die jeweiligen individuellen Ziele gemeinsam besser verfolgen zu können. Ihre wirtschaftliche und rechtliche Selbstständigkeit bleibt jedoch prinzipiell erhalten. Im Vergleich zur Unternehmensvereinigung mit hoher Bindungsintensität kommt es auch zu keiner gemeinsamen operativen Führungshierarchie im klassischen Sinne (Von Krogh/Wyss 2006, S. 1013). Es wird deutlich, dass der Umfang etwaiger Integrationsaktivitäten von der Bindungsintensität abhängt. Eine hohe Bindungsintensität verlangt demzufolge eher nach einer tief greifenden Integration von Unternehmensteilen, um so in vielen Fällen eine effektive Führung und Kontrolle erst möglich zu machen. Als Folge werden auch die Kundenbeziehungen stärker betroffen sein. Hingegen kommt es bei niedriger Bindungsintensität zu keiner Integration und damit auch nicht zu unmittelbaren Auswirkungen auf die Kunden. Bei der Frage nach dem leistungswirtschaftlichen Zusammenhang muss eine Differenzierung nach horizontalen, vertikalen und konglomeralen Zusammenschlüssen vorgenommen werden (Ansoff 1965, S 132-134; Kitching 1967, S. 85). Horizontale Unternehmenszusammenschlüsse bezeichnen die Kombination von Firmen mit hohem Verwandtschaftsgrad. Käufer- und Zielunternehmen (die Transaktionspartner) verfügen in diesem Fall über ähnliche Kunden-, Markt- und Leistungsstrukturen und befinden sich zumeist auf gleichen oder sehr ähnlichen Wertschöpfungs- bzw. Markt-
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stufen. Im Gegensatz dazu verbinden sich bei einem vertikalen Zusammenschluss Unternehmen verschiedener Wertschöpfungsstufen innerhalb eines Marktes. In beiden Fällen wird die Integration der beteiligten Unternehmen zur Hebung operativer Vorteile bzw. Synergien angestrebt (Healy/Palepu und Ruback 1997; Kaplan/Weisbach 1992; Yook 2003). Insbesondere bei horizontalen M&A-Transaktionen kommt es in diesem Sinne zu bedeutenden Integrationsaktivitäten entlang aller wesentlichen Unternehmensfunktionen und zu Anpassungen des Leistungsportfolios, die beide mit erheblichen Auswirkungen auf die Kundenbeziehungen verbunden sind. Unterstrichen wird das durch die Tatsache, dass zudem die Integration marktnaher Funktionsbereiche bei horizontalen Unternehmenszusammenschlüssen bedeutend erfolgversprechender ist, als dass bei anderen Arten von Transaktionen der Fall wäre (Chatterjee 2007). Bei vertikalen M&A-Transaktionen kommt es ebenfalls zur Integration und teilweise auch erheblichen Auswirkungen auf die Kundenbeziehungen (etwa durch den Zusammenschluss eines Komponentenlieferanten mit einem OEM). In diesen Fällen sind negative Kundenreaktionen aber alleine durch das Wesen des Zusammenschlusses selbst bedingt und damit unvermeidbar. Hingegen sind bei niedrigem Verwandtschaftsgrad und geringen Überschneidungen Integrationsaktivitäten unwahrscheinlich (Cartwright/Cooper 1995). Das ist bei idealtypischen konglomeralen Zusammenschlüssen der Fall, bei denen die Transaktionspartner über keine ökonomischen Gemeinsamkeiten verfügen. Die Motivation ist zumeist, mittels Investitionen in andere Geschäftsmodelle und Märkte finanzielle Synergien zu erzielen, etwa in Form geringerer Kapitalkosten durch Risikodiversifikation oder z. B. durch steuerliche Vorteile (Lubatkin 1983; Seth 1990, S. 104; Trautwein 1990, S. 284). Bei konglomeralen Zusammenschlüssen werden die jeweiligen Bestandskunden weiterhin getrennt und mit einem unveränderten Produktund Serviceportfolio bearbeitet. Dementsprechend gering sind die Auswirkungen auf die Kundenbeziehungen. Auf Basis der zuvor dargestellten M&A-Formen lässt sich nun eine geeignete Abgrenzung vornehmen. Bezogen auf die forschungsleitenden Fragestellungen sind alleine jene M&A-Transaktionen relevant, bei denen es zur Integration wertschöpfender Aktivitäten oder Ressourcen kommt und gleichzeitig mit bedeutenden Auswirkungen auf die bestehenden Kundenbeziehungen zu rechnen ist. Die Kundenbeziehungen werden besonders dann betroffen sein, wenn es zu Veränderungen bei den angebotenen Leistungen oder zu Anpassungen in den Bereichen Vertrieb und
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Marketing kommt. Das trifft mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die meisten horizontalen M&A-Transaktionen mit hoher Bindungsintensität zu. Im weiteren Verlauf der Arbeit ist daher unter dem Oberbegriff M&A nur diese Form von Unternehmenszusammenschlüssen zu verstehen. Obwohl M&A, Fusionen, Akquisitionen, Unternehmenszusammenschlüsse und Unternehmensübernahmen aus sachlicher Sicht unterschiedliche Vorgänge darstellen, werden diese und ähnliche Begriffe fortan im obigen Sinne synonym verwendet.
2.2 Motive und Ziele von Mergers and Acquisitions Die Gründe für Unternehmenszusammenschlüsse sind denkbar vielfältig. Meist handelt es sich um die Kombination einer ganzen Reihe auslösender Motive und Ziele (Trautwein 1990, S. 283). Die Ursachenforschung zum Auftreten von M&A unterscheidet zwischen einem sozio-emotionalen und sachlich-rationalen Erklärungsansatz (Capron/Hulland 1999, S. 41; Gerpott 1993, S. 63; Seth 1990). Erklärungsansatz und Motive Sozio-emotionaler Ansatz
Vergrößerung der Macht bzw. des Ansehens des Managements Reaktion auf Wettbewerberaktivitäten (Me-too-Akquisition) Erhalt von Tradition und Erbe Druck vonseiten der Kapitalgeber Politische Erfordernisse
Sachlich-rational
Sicherung bzw. Erhöhung des Unternehmenswertes Kostensenkung oder Umsatzsteigerung durch Größenvorteile (Economies of scale) Kostensenkung oder Umsatzsteigerung durch Verbundvorteile (Economies of scope) Sicherung bzw. weitere Erhöhung des Wachstums Komplettierung der Produktlinien Erschließung neuer Märkte, Kunden und Regionen Verringerung von Abhängigkeiten und Unsicherheiten im Hinblick auf vor- oder nachgelagerte Wertschöpfungsstufen (Anbieter/Kunde) Verringerung von Bedrohungen aufgrund von Veränderungen im Wettbewerbsumfeld Zugang zu neuen Technologien und F&E-Know-how Erwerb eines Markennamens bzw. -images Fortentwicklung der Managementressourcen Optimierte Anlage liquider Mittel
Tabelle 1:
Überblick zu häufig genannten Akquisitionszielen (In Anlehnung an Gerpott 1993, S. 63; Schäfer 2001, S. 32)
Der sozio-emotionale Erklärungsansatz (s. Tabelle 1) findet sein Fundament im verhaltenstheoretischen Bereich der Unternehmensführung. Er rückt die Erkenntnis in den
Grundlagen
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Vordergrund, dass Führungskräfte ihren eigenen Wert innerhalb der beteiligten Firmen maximieren möchten. Diesbezüglich werden in der Literatur für das Auftreten von M&A-Transaktionen Managementmotive diskutiert, die auf eine Steigerung des Prestiges und der persönlichen Macht oder eine Reduzierung des Entlassungsrisikos aufseiten der erwerbenden Unternehmensführung abzielen (u. a. Gocke 1997, S. 25; Trautwein 1990, S. 284). In diesen Fällen agiert das Management nicht im besten Interesse der Eigentümer, sondern verfolgt bevorzugt eigene Absichten. Solche opportunistischen und, im eigentlichen Sinne, nicht wertsteigernde Motive treten in der Praxis immer wieder auf. Allerdings wird die Mehrheit der Übernahmen vornehmlich durch die Möglichkeit zur Realisierung von Leistungs- und damit Wertsteigerungspotenzialen getrieben (Berkovitch/Narayanan 1994; Hodgkinson/Partington 2008, S. 102). Darauf gründet der sachlich-rationale Erklärungsansatz, der insbesondere zur Deutung des Auftretens der im Mittelpunkt dieser Arbeit stehenden, horizontalen M&A-Transaktionen relevant ist. Die wesentlichen Gründe dafür liegen im einzelwirtschaftlichen Bereich, da Unternehmen auf die Veränderungsdynamik in ihren Märkten antworten müssen, falls sie nicht Gefahr laufen wollen, an Wachstum zu verlieren. Während internes Wachstum das Ergebnis der unternehmensoriginären Kombination von Produktionsfaktoren ist, werden beim externen Wachstum bereits bestehende Faktorkombinationen (oder sog. Ressourcenbündel, s. dazu Kapitel 2.6.1, S. 37) in Form von Unternehmen oder Unternehmensteilen erworben (Wirtz 2006, S. 5). Berücksichtigt man die Herausforderungen interner Wachstumsbemühungen, wie z. B. ein adäquates Innovationsmanagement oder extensives Know-how, so erscheint der Weg externen Wachstums oftmals der Einfachere zu sein. Die daraus folgenden ressourcenorientierten Optimierungsbestrebungen der Unternehmen fordern und fördern M&A (Lucks/Meckl 2002, S. 6). Im Vergleich der zuvor dargestellten Erklärungsansätze wird ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal erkennbar (Bühner 1989, S. 158; Hodgkinson/Partington 2008). Sachlich-rationale Motive lassen die Absicht des Managements erkennen, durch den Zukauf eine Leistungs- und damit Marktwertsteigerung des Unternehmens zu erzielen. Bei sozio-emotionalen Motiven ist das nicht der Fall. Zudem haben sich auf Basis des umstrittenen, häufig in seiner Zielausprägung missverstandenen Shareholder ValueKonzepts (Rappaport 1986) und der immer stärkeren Abhängigkeit der Unternehmen vom Kapitalmarkt, die Kriterien erfolgreichen unternehmerischen Handelns im M&AKontext deutlich im Sinne der Interessenlage der Eigenkapitalgeber weiterentwickelt.
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Man kann der Auffassung sein, dass Unternehmensübernahmen Effizienz erhöhende Instrumente der Reallokation von Ressourcen zur Verteilung von (Eigen-) Kapital darstellen (Lucks/Meckl 2002, S. 5). Die Mittel werden dementsprechend auf der Suche nach Ertrag nur in solche Projekte fließen, die möglichst gute Aussichten auf eine Steigerung des Eigenkapital- bzw. Unternehmenswertes bieten. Letztere Anschauung, die weite Verbreitung findet, macht auch die Bedeutung der kapitalmarktorientierten, d. h. finanzzentrierten Betrachtungsweise von M&A deutlich. Die Entscheidung für oder gegen eine M&A-Transaktion muss dann anhand des zu erwartenden Wertsteigerungspotenzials für das Gesamtunternehmen nach dem Kauf getroffen werden. Die Entscheidung fällt dann positiv aus, wenn erwartet werden darf, dass durch den Kauf die marktüblichen Renditeerwartungen erfüllt bzw. übertroffen werden. Die M&A-Transaktion wird schließlich unter Ausschluss sozio-emotionaler, nicht ökonomischer Motive zu einem Investitionsprojekt, dessen Erfolg an der Unternehmenswertschaffung nach der Integration gemessen werden muss. Führungskräftebefragungen geben Aufschluss über Motive und Quellen der Leistungsund Unternehmenswertschaffung. Würde man zunächst kostensenkungsbezogene Motive an erster Stelle vermuten, so werden doch überwiegend marktanteils- und marktmachtbezogene Gründe angeführt (u. a. Lechner 2007, S. 29). Spill (2007) stellt fest, dass der Wunsch nach Marktanteilssteigerungen zur Stärkung der eigenen Marktposition bis hin zum Aufbau einer Markt beherrschenden Stellung prädominant ist. Ferner wird die Chance erkannt, noch nicht erschlossene Absatzkanäle und Märkte zu erschließen. Zweitwichtigstes Transaktionsmotiv ist die Optimierung des bestehenden Geschäftsmodells durch die Erweiterung der eigenen Kernkompetenzen. Erst danach folgen Kosteneinsparungen und andere Synergieeffekte. Das bedeutet, dass Führungskräfte den M&A-Erfolg über die insgesamt verbesserte Wettbewerbsposition des Gesamtunternehmens suchen. Dies steht weitestgehend in Einklang mit Forschungsergebnissen, die den langfristigen Unternehmenserfolg auf die Wettbewerbsorientierung zurückführen (u. a. Deshpandé/Farley 1999; Deshpandé/Farley und Webster 2002; Narver/Slater 1990). Der zukünftige Markterfolg führt dann letztlich zu Marktanteilsgewinnen, Umsatzzuwächsen und Rentabilitätssteigerungen. In weiterer Folge steigt der Unternehmenswert. Die Gewinnung neuer Kunden, aber auch der Erhalt bzw. Ausbau vorhandener Kundenbeziehungen spielen zur Erreichung der genannten Ziele die entscheidende Rolle. Die Maßnahmen zur Zusammenführung der Transaktionspartner in der Post Merger Integration müssen somit darauf Bezug nehmen.
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2.3 Post Merger Integration Der Verlauf einer Unternehmensübernahme lässt sich typischerweise in drei Phasen einteilen (s. Abbildung 1): Pre Merger, Merger und Post Merger Phase (u. a. Dabui 1998, S. 21-23; Deiss 1997, S. 490; Meckl 2006, S. 408-413). Da im Laufe einer Transaktion sukzessive ergänzende Informationen über das Zielunternehmen gewonnen werden, stellt der Akquisitionsprozess keine rein sequenzielle Handlungsabfolge, sondern vielmehr einen iterativen Prozess dar (Gomez/Weber 1989, S. 39). Der Akquisitions- und Fusionsprozess Pre Merger Phase Unternehmensstrategie Auslösendes Moment Identifikation und Analyse potentieller Akquisitionsobjekte Entscheidung für oder gegen Akquisition
Merger Phase Kontaktaufnahme Verhandlungen Geheimhaltungsvereinbarung Absichtserklärung Unternehmensprüfung Kaufpreisermittlung Vertragsunterzeichnung Kontroll- und Eigentumsübergang
Post Merger Phase * Transfer von Ressourcen Rekonfiguration der Wertkette Produkt- und Serviceanpassungen Funktionale und hierarchische Integration
* Untersuchungsbereich der Arbeit
Abbildung 1:
Phasenmodell einer typischen M&A-Transaktion
Erweist sich eine Unternehmensübernahme als geeignete Wachstumsoption, werden in der Pre Merger Phase potenzielle Übernahmekandidaten identifiziert und hinsichtlich ihrer Eignung analysiert. Dabei ist die Entscheidung für oder gegen ein Übernahmeziel für den späteren Erfolg von besonderer Relevanz. In der eigentlichen Merger Phase erfolgen die Kontaktaufnahme und die Verhandlungen mit dem Zielobjekt sowie der rechtliche Übergang der erworbenen Unternehmensanteile. Meist kann zur detaillierten Bewertung von Geschäftsrisiken und zur ersten Kaufpreisfindung auf interne Daten des Zielobjektes zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie auf zusätzliche kommerzielle und juristische Informationen zurückgegriffen werden. In einer umfassenden Unternehmensprüfung werden diese Daten analysiert und etwaige Geschäftsrisiken und Chancen identifiziert. Nach Festlegung der Verhandlungsstrategie und der, auf Basis der Unternehmensprüfung festgelegten Parameter für den Kaufvertragsentwurf, werden die Verhandlungen bis zum möglichen Abschluss geführt. Es ist ersichtlich, dass die strategischen und operativen Entscheidungen in der Pre Merger und Merger Phase wichtige Weichenstellungen zum späteren Erfolg der
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Akquisition darstellen (Bower 2001; Hubbard 2001, S. 14; Kitching 1974, S. 126). Auf dem Gebiet der strategischen Managementforschung haben u. a. Becker (2005), Capron/Pistre (2002) und Hitt/Harrison/Ireland et al. (1998, S. 110) die Erfolgsbedeutung der strategischen Fundierung und der Wahl zweckmäßiger Kriterien zur Selektion von Zielunternehmen dargestellt. Letztlich entscheidet sich Erfolg oder Misserfolg aber während der Umsetzung der Integration (s. Abschnitt 2.3.1, S. 17 ff.). Im Allgemeinen führt die horizontale Akquisition zur operativen Eingliederung bzw. zur Post Merger Integration (PMI) des erworbenen Unternehmens in der Post Merger Phase, die den Untersuchungsbereich der vorliegenden Arbeit darstellt. In der Literatur finden sich dazu zwei Gruppen mit unterschiedlich konkreten Begriffsauffassungen (s. Tabelle 2). Die eine Gruppe von Autoren verknüpft den PMI-Begriff mit spezifischen Aufgaben, wie z. B. der Angleichung (Bucerius 2004, S. 17) oder der Veränderung (Gocke 1997, S. 98) von Funktionen, Strukturen und Prozessen sowie dem Transfer von Ressourcen (Gerds 2000, S. 17) zwischen den Transaktionspartnern. Die andere Gruppe generalisiert und verbindet den Begriff mit der Aufgabe, die Qualität der Zusammenarbeit (Chakrabarti 1990, S. 263) und der Interaktion (Gerpott 1993, S. 120) zwischen Organisationseinheiten zu verbessern oder eine zusammengelegte Unternehmenseinheit zu bilden (Shrivastava 1986, S. 65). Autor Bucerius (2004, S. 17)
Definition des Begriffs „Post Merger Integration“
„[…] umfaßt Post Merger Integration die Konzeption und Durchführung der Angleichung von Systemen, Strukturen, Aktivitäten und Prozessen der an der Fusion oder Akquisition beteiligten Unternehmen [...] [und] bedeutet weiterhin die aktive Gestaltung der Beziehungen zu Mitarbeitern und Kunden während der Angleichung." Birkinshaw (2000, „Integration involves task integration and human integration […] Task S. 396-400) integration is defined as the indentification and realization of operational synergies, and human integration is defined as the creation of positive attitudes toward the integration among employees on both sides. Overall acquisition success is contingent on the effective management of both subprocesses." Gerds (2000, S. 17) „[…] werden Integrationen […] dynamisch als Prozesse von Ressourcentransfers definiert, die in Folge von Fusionen bzw. Akquisitionen zwischen den beteiligten Unternehmen durchgeführt werden." Gerpott (1993, „[…] wird Integrationsgestaltung definiert, als sämtliche hauptsächlich vom S.120) akquirierenden Unternehmen initiierte Maßnahmen/Programme, die primär auf die Beeinflussung der Interaktionen zielen, die zwischen den Mitarbeitern des erworbenen oder zwischen diesen und den Mitarbeitern des akquirierenden Unternehmens stattfinden, um für die Erhaltung und Übertragung von Fähigkeiten erforderliche Prozesse zu fördern." Larsson (1999, S. 6) „[…] Integration [is] defined as the degree of interaction and coordination between the two firms involved in a merger or acquisition"
Grundlagen
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Gocke (1997, S. 98) „[…] wird Integration definiert als Veränderung funktionaler Aktivitäten, Organisationsstrukturen, Managementsystemen und Unternehmenskulturen, um die beteiligten Unternehmen effektiv und effizient zu lenken." Chakrabarti (1990, „Integration is defined as the quality of state of collaboration between the S. 263) organizational units." Shrivastava (1986, „Integration means the formation of a single unit." S. 65) Tabelle 2:
Auswahl an Definitionen des Begriffs „Post Merger Integration“ (In Anlehnung an Bucerius 2004, S. 15)
Ein anderes Unterscheidungsmerkmal ist die interne bzw. externe Orientierung der vorgeschlagenen Integrationsbegriffe. Eine ausgeprägte interne Orientierung nehmen jene Definitionen ein, die sich nur auf die Ausformung der Integration innerhalb der Unternehmensgrenzen der Transaktionspartner beziehen und damit nicht explizit auf die Gestaltungserfordernisse in den externen Austauschbeziehungen eingehen. So wird mehrheitlich die Wirkung der Integration auf das Unternehmensumfeld nicht mitberücksichtigt. Die bereits zuvor kritisierte interne Orientierung der Integration prägt damit nahezu alle gängigen PMI-Definitionen. Einzig Bucerius (2004, S. 17) berücksichtigt die aktive Gestaltung der Kundenbeziehungen als externes Gestaltungsfeld. In seiner Definition wird die PMI als die Summe aller internen und externen Maßnahmen verstanden, die zur Vereinigung der Transaktionspartner führt. Für die vorliegende Arbeit ist es weniger wichtig, ob der Begriff unter Einbeziehung bestimmter Aufgaben eng oder eher weit aufgefasst wird. Entscheidend ist vielmehr, dass unter dem PMIZiel horizontaler Transaktionen der langfristige Gesamterfolg des Gesamtunternehmens verstanden wird und das die Integrationsgestaltung auch die externe Kundenbeziehungsdimension umfasst. Ähnlich der Definition von Gerpott (1993, S.120) soll damit auch die spezifische Beeinflussung der Interaktion mit den Kunden gemeint sein.
2.3.1 Bedeutung der Post Merger Integration für den M&A-Erfolg Die Erfolgsbedeutung der PMI wird bei der Betrachtung der M&A-Ziele deutlich. Geht man vom Wertsteigerungsziel aus (s. Abschnitt 2.2, S. 17 ff.), so wird deutlich, dass die Realisierung von Synergien (s. Abschnitt 3.2, S. 6ß ff.) zur wichtigen Voraussetzung der Zielerreichung wird. Ein wichtiger Grund dafür ist in der Kaufpreisbildung auf Transaktionsmärkten zu sehen. Normalerweise verlangt der Verkäufer einen Preisaufschlag zum eigentlichen (Markt-) Wert, da er an den zukünftigen Synergien partizipieren möchte. Unter Synergien sind hierbei alle Möglichkeiten zu verstehen, durch die Kombination und Nutzung wirtschaftlicher Potenziale der Transaktion den
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Unternehmenswert der beteiligten Unternehmen zu erhöhen. Der über den eigenständigen Unternehmenswert hinausgehende Kaufpreis muss daher auf jeden Fall überkompensiert werden, falls mit der Übernahme eine Wertsteigerung des kombinierten Unternehmens erzielt werden soll. Integration bedeutet demnach nicht nur, dass aus zwei Unternehmen eine verbundene und neu justierte, operative Einheit unter gemeinsamer Leitung gebildet wird. Vielmehr müssen in solchen Fällen durch die Verbindung zusätzliche ökonomische Vorteile generiert werden. Die damit verbundenen finanziellen Ziele dienen dann als Richtschnur zur Beurteilung des Erfolgs oder Misserfolgs der M&A-Transaktion. Bestenfalls werden daher alle Entscheide schon vor Beginn der Übernahme hinsichtlich ihrer späteren Auswirkungen auf den ökonomischen Erfolg der Integrationsphase getroffen. Das ist aber regelmäßig nicht der Fall, weswegen die M&A-Probleme in aller Regel in der PMI kulminieren. Zahlreiche empirische Untersuchungen beschreiben die Gründe für den Misserfolg von Unternehmenszusammenschlüssen und verweisen auf die mangelhafte Integrationsleistung des Managements. In der Mehrzahl der Fälle werden Integrationsprobleme für z. B. verfehlte finanzielle Ziele (u. a. Capron/Hulland 1999; McBeath/Bacha 2001; Sutherland/Turner 2003) angeführt. Hierzu gehören beispielsweise die ungenügende Steuerung des Integrationsprozesses (Spill 2007), der falsche Umgang mit unterschiedlichen Unternehmens- und Führungskulturen (Bligh 2006, S. 396), die ausschließliche Konzentration auf umfangreiche Kostensenkungen (Capron/Hulland 1999) oder die systematische Vernachlässigung der Kunden (Bucerius 2004, S. 2). Gerade die mangelnde Kundenbezogenheit der Integrationsentscheide verunsichert aber Bestands- wie auch potenzielle Neukunden, demotiviert die Verkaufsmannschaft (u. a. Mallette/Fowler und Hayes 2003) und gefährdet letztlich die auf dem Markterfolg basierenden M&A-Ziele. Der eigentliche Schlüssel zum Erfolg horizontaler Akquisitionen liegt somit in der Post Merger Integration. Trotz der im Vorfeld getroffenen Weichenstellungen können erst im Zusammenspiel der Transaktionspartner die M&A-Ziele verwirklicht werden (Haspeslagh/Jemison 1991, S. 129; Larsson/Finkelstein 1999, S. 1; Shrivastava 1986, S. 75). Sie bietet im Vergleich zu den anderen Transaktionsphasen die umfangreichsten Gestaltungsoptionen und verfügt daher über ein ausgesprochen hohes Erfolgspotenzial (Hitt/Hoskisson und Ireland 1990, S. 33). Die strategischen Fähigkeiten und Integrationsleistungen der Führungskräfte und Mitarbeiter stellen dabei die wesentlichen Grundlagen zur Unternehmenswertsteigerung dar.
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2.3.2 Rolle von Vertrieb und Marketing in der Post Merger Integration Im Industriegütermarketing wird selten zwischen Vertrieb und Marketing unterschieden (Weinhold-Stünzi 1994, S. 3). Will man eine Abgrenzung vornehmen, so kann dem Marketing eine tendenziell strategische Rolle zugeschrieben werden. Der Vertrieb agiert hingegen zumeist auf einer operativ-taktischen Ebene, implementiert die Marketingstrategien (Schmitz 2005, S. 10) und ist für den eigentlichen Verkauf der Unternehmensleistungen verantwortlich. Wichtiger ist hier der Umstand zu sehen, dass der Vertrieb gerade im B2B-Bereich eine besondere Rolle einnimmt, die sich aus der Bedeutung des persönlichen Verkaufs und des Kundenaußendiensts ergibt (Backhaus/Voeth 2004). Aus diesem Grund verfügt der Vertrieb in M&A-Situationen meist über einen stärkeren Einfluss auf die Integration, als dass beim Marketing der Fall ist. In der vorliegenden Arbeit wird zwecks Vereinfachung allerdings nicht zwischen den beiden Funktionen, sofern überhaupt getrennt vorhanden, unterschieden. Grund dafür ist, das sowohl vom Vertrieb als auch vom Marketing Integrationsmaßnahmen erwartet werden, die zu einer höheren Marktausschöpfung bei gleichzeitiger Kostensenkung führen. Mit kundenbezogenen Auswirkungen ist somit in den allermeisten Fällen zu rechnen. Schon bei der Ankündigung eines Fusionsvorhabens sind Kunden direkt oder indirekt betroffen und werden spätestens durch die Rekonfiguration der Wertschöpfungskette in der PMI vor neue Verhältnisse gestellt. Die Bestandskunden antizipieren nachteilige Auswirkungen und reagieren schädlich für das fusionierte Unternehmen (Scharff 2005). Homburg/Bucerius (2004, S. 34) stellen im Kontext von Unternehmenszusammenschlüssen allgemein fest: „Die Kunden sind mit Blick auf potenzielle Veränderungen hinsichtlich Leistungen, Preisen und persönlicher Beziehungen verunsichert.“ Die Folgen sind Kaufzurückhaltung und Kundenabwanderung (Chakrabarti 1990; Reichheld/Henske 1991). Die Gefahr der Kundenabwanderung entsteht durch eine diffuse Verunsicherung auf Kundenseite und einer wahrgenommenen Verschlechterung der Beziehungsqualität zwischen den Austauschpartnern. Gleichzeitig intensivieren sich die Abwerbeversuche der Wettbewerber (Clemente/Greenspan 1997, S. 24). Besonders kritisch beobachten Kunden daher die Auswirkungen der Vertriebs- und Marketingintegration. Neben augenfälligen Veränderungen, wie bspw. die Neugestaltung der Konditionenpolitik oder die Bereinigung des Produktangebots führen insbesondere organisatorische Veränderungen zu erheblicher Verunsicherung bei den
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Kunden. Durch die Zusammenlegung der Vertriebsbereiche der Transaktionspartner wird beispielsweise die Neujustierung der Verantwortlichkeiten von Mitarbeitern mit Kundenkontakt notwendig. Durch Veränderungen bei den Hauptansprechpartnern der Kunden kommt es zum Verlust wertvollen Betreuungs-Know-hows und zur Auflösung persönlicher Kundenbeziehungen. Zudem konzentrieren sich betroffene Mitarbeiter auf unternehmensinterne Integrationsbelange und verlieren so den Blick für ihre eigentlichen Aufgaben. Ähnliche Effekte verursacht z. B. die Reorganisation von Vertriebskanälen. Ferner ist häufig eine lang anhaltende, fehlende Konsistenz zwischen den Marketinginstrumenten der Transaktionspartner zu beobachten. Hinzu kommt, dass die Realisierung von Kostensynergien, bspw. in Form der Zentralisierung und Zusammenlegung von Vertriebs- und Marketingbereichen, die Kundennähe beeinträchtigt. Schließlich treten auch noch Effekte ein, auf die das Management im Zuge der Integration keinen direkten Einfluss nehmen kann. Beispielsweise besteht immer das Risiko von Umsatzausfällen bei horizontalen Zusammenschlüssen im Investitionsgüter- und Dienstleistungsbereich. So werden Kunden von mehreren Anbietern mit gleichen oder ähnlichen Leistungen beliefert, um Versorgungssicherheit und Wettbewerb aufrecht zu erhalten. Nach Fusionen oder Akquisitionen weichen Kunden folglich auf Drittanbieter aus, um eine zu große Abhängigkeit von einem dominanten Lieferanten zu verhindern. Auf wettbewerbsintensiven Märkten stellt dann selbst eine ausgesprochen enge Kundenbindung keine Wechselbarriere mehr dar. Zwar entzieht sich diese Art von Kundenverlust dem Einfluss des Gesamtunternehmens nach der Transaktion, aber auch in diesen Fällen können kundenbezogene, proaktive Maßnahmen Kunden-, Umsatz- und Rentabilitätsverluste abmildern. Die wenigen hier angeführten Integrationsprobleme beschreiben bereits deutlich die Vielfalt wichtiger Aufgaben von Vertrieb und Marketing in der PMI. Die eigentliche Herausforderung besteht letztlich jedoch darin, den Verlust von Bestandskunden zu vermeiden und den bestehenden Wert des Kundenportfolios zu bewahren bzw. im besten Fall weiter auszubauen. Schließlich stellen die Kundenbeziehungen einen wesentlichen Teil des bestehenden und erworbenen Unternehmensvermögens dar. Im Vordergrund steht die Kundenbindung und weniger die Kundenakquise. Hauptaufgabe von Vertrieb und Marketing wird damit die aktive Gestaltung der Kundenbeziehungen unter Berücksichtigung der PMI-Einflüsse. Bezogen auf die faktische und psychologische Bindung der Kunden (Thomczak/Dittrich 1997, S. 14) an das Gesamtunter-
Grundlagen
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nehmen führt die Frage nach kundenbezogenen Integrationsmaßnahmen zu einer Vielzahl denkbarer Alternativen, die naturgemäß in dieser Arbeit nicht alle betrachtet werden können. Hier seien im Folgenden einige entscheidende Aufgaben zur Kundenbeziehungsgestaltung herausgegriffen. Ein wichtiger erster Schritt besteht zunächst in der Mitarbeitereinbindung in Vertrieb und Marketing. Sie ist sowohl für die Akzeptanz und das Gelingen der Integrationsumsetzung als auch für die Mitarbeiterloyalität und damit für die Kontinuität der Kundenbearbeitung wichtig. Die Kundeneinbindung in die Post Merger Integration führt zu einer höheren Akzeptanz der Veränderungsmaßnahmen bei den Kunden und kann auch wertvolle Rückmeldungen liefern. Eine weitere wichtige Maßnahme ist die intensivierte Kundenanalyse im Rahmen der PMI. Horizontale M&A-Transaktion können die Marktpositionierung des kombinierten Unternehmens erheblich verändern. Ein erweitertes Leistungsangebot oder der Zugang zu neuen Märkten generiert die gesuchten Marktpotenziale. Um jedoch die Marketing- und Vertriebseffektivität zu erhöhen, müssen die neuen Produkt- und Kundenpotenziale erfasst werden. Das wird nötig, da selbst bei horizontalen Zusammenschlüssen von heterogenen Kundenstämmen der Transaktionspartner auszugehen ist. Bei sich schnell ändernden Rahmenbedingungen, wie im Fall von M&A, haben B2BKunden generell einen steigenden Bedarf an Informationsaustausch (Bartsch 2005), S 181, (Noordewier/John und Nevin 1990). Die Integration benötigt Zeit, in der die Kunden aufgrund von Informationsasymmetrien nur eingeschränkt bzw. überhaupt nicht den zukünftigen Zusatznutzen der Fusion oder Akquisition für sich einschätzen können. Das verursacht erhebliche Unsicherheiten. Diese Probleme können durch die intensivierte Kundenkommunikation adressiert werden. In Einklang mit der Kundenkommunikation sind auch Maßnahmen im Rahmen des Konfliktmanagements zu sehen. Manche Integrationsmaßnahmen verschieben das bestehende Interessengleichgewicht zwischen Bestandskunde und Anbieter, was Konflikte verursachen kann. Ein adäquates Beziehungsmanagement muss auch darauf reagieren. Schließlich muss die Kundenbeziehungsgestaltung bei M&A insgesamt mit erhöhtem Aufwand betrieben werden. Während der Integrationsphase bedarf es somit zusätzlicher Investitionen in die bestehenden Kundenbeziehungen, auch wenn die Versuchung groß ist, vor dem Hintergrund von Kostensenkungszielen auf zusätzliche Ausgaben zu verzichten.
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Kapitel 2
Die sechs angeführten beziehungsgestaltenden Maßnahmen wurden an dieser Stelle nur kurz umrissen. Sie werden später in Vorbereitung der Untersuchungsmodelle gemeinsam mit den Maßnahmen zur Synergierealisierung in Kapitel 3 (S. 48 ff.) eingehend besprochen.
2.4 Zwischenfazit zu den Abgrenzungen und zu wichtigen Erkenntnissen der Post Merger Integration In den vorangegangenen Abschnitten wurden die ersten wichtigen Verständnisgrundlagen für die spätere empirische Untersuchung geschaffen. Die folgenden Punkte fassen die Ergebnisse und Abgrenzungen zusammen. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden nur horizontale Unternehmenszusammenschlüsse betrachtet. Da langfristige Kundenbeziehungen insbesondere im Businessto-Business- und Dienstleistungsbereich vorherrschend sind, beschränkt sich der Untersuchung zudem auf Transaktionen innerhalb dieser Branchen. Es wird nicht zwischen den bestehenden Kundenbeziehungen von Käufer- und Zielunternehmen differenziert. Vielmehr werden sie gleichwertig betrachtet, da die grundsätzliche Problemstellung für beide Transaktionspartner und Kundengruppen ähnlich ist. Die Analyse nimmt die Perspektive des akquirierenden Unternehmens ein, da in aller Regel Grundsatzentscheide zur Gestaltung der Post Merger Integration im Käuferunternehmen getroffen werden. Oberziel horizontaler M&A-Transaktionen ist die Unternehmenswertsteigerung. Die Zielerreichung hängt wesentlich vom Markterfolg des Gesamtunternehmens ab. Wichtige Aufgabe von Vertrieb und Marketing in der Post Merger Integration ist u. a. die Werterhaltung und Wertsteigerung des Kundenbeziehungsportfolios. Die Gestaltung der Kundenbeziehungen muss den speziellen Anforderungen der Kunden im M&A-Kontext genügen. Im Ergebnis sind sowohl die Synergierealisierung als auch die Kundenbeziehungsgestaltung entscheidende Erfolgsdeterminanten zur Erreichung der Integrationsziele.
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Die nachfolgende Abbildung 2 fasst die obigen Punkte zu einer Zielhierarchie für horizontale Unternehmensübernahmen zusammen. M&A-Oberziel
Integrationsziele
Integrationsaufgaben für Vertrieb und Marketing
• Unternehmenswert steigern
• Operative Zusammenführung • Umsätze des Gesamtunternehmens steigern • Kosten des Gesamtunternehmens senken
• Umsatz- und Kostensynergien realisieren • Abwanderung profitabler Kunden verhindern • Wert des Kundenbeziehungsportfolios steigern Determinanten der kundenbezogenen Integration
Synergierealisierung
Abbildung 2:
Kundenbeziehungsgestaltung
Zielhierarchie zu horizontalen Fusionen und Akquisitionen
2.5 Ausgewählte Forschungsbeiträge Die Forschung zum Thema M&A ist vielfältig und mittlerweile zu einer umfangreichen Sammlung angewachsen. Trotz der langen Forschungshistorie und der akkumulierten Erkenntnisse entlang verschiedenster Transaktionsstufen sind die wissenschaftlichen Befunde wenig konsistent und lückenhaft geblieben. Speziell die Ergebnisse zu den Erfolgsfaktoren lassen keine Annäherung erkennen. Es scheint so zu sein, dass entscheidende Einflussgrößen bisher nicht berücksichtigt wurden. Zum besseren Verständnis über die Art und Weise der Berücksichtigung der Kundendimension in bisherigen Forschungsvorhaben schließt sich in den nächsten Abschnitten die Auseinandersetzung mit einem Querschnitt der themenrelevanten Literatur an. Zunächst erfolgt ein genereller Überblick zu den maßgeblichen M&AForschungsströmungen. Danach werden Literaturbeiträge mit Vertriebs- bzw. Marketingbezügen und expliziter Berücksichtigung der Kundendimension im Kontext von Unternehmensübernahmen betrachtet.
Kapitel 2
24 2.5.1 Strömungen in der M&A-Forschung
Die Auseinandersetzung mit Mergers & Acquisitions erfolgt entsprechend der Vielfältigkeit des Themas entlang unterschiedlicher Perspektiven. Typischerweise wird zwischen den vier Forschungsströmungen der strategischen Managementperspektive, der organisationstheoretischen Perspektive, der Kapitalmarktperspektive und der volkswirtschaftlichen Perspektive unterschieden (s. Tabelle 3). Forschungsströmungen Strategische Managementperspektive
Untersuchungsgegenstand Integrationsleistung ist Auswirkung des vom Management ab- Integrationshängig und dies kann managements und der Ressourcennicht von den Kapitalmärkten ex ante kombinationen auf die Wettbewerbsposition quantifiziert werden nach erfolgtem Zusammenschluss Auswirkungen der Organisations- Die IntegrationsIntegrationsmaßgestaltung, die theoretische nahmen, der Unterorganisationale und Perspektive die kulturelle Überein- nehmenskultur und der Managementstile stimmung der Unternehmen sowie persönliche Merkmale des Managements und der Mitarbeiter beeinflussen den M&AErfolg KapitalmarktKapitalmarkt- Arbitragefreie, reaktionen nach Anperspektive effiziente Kapitalmärkte mit rationalem kündigung der M&ATransaktion Investorenverhalten; Cashflows aus M&ATransaktionen sind ex ante quantifizierbar Volkswirtschaftliche Perspektive
Tabelle 3:
Annahmen
Forschungsvorgehen Analyse der Managemententscheidungen vor und während der Integrationsphase und deren Einfluss auf finanzielle Erfolgsgrößen des fusionierten Unternehmens
Analyse der Integrationsgestaltung und Analyse von Fähigkeiten, Erfahrungen, Wertvorstellungen und Konflikten von Führungskräften; häufig im Rahmen von qualitativen Longitudinalstudien
Ereignisbezogene Betrachtung der Aktienkursentwicklung der beteiligten Unternehmen (Event Studies), Minimierung von kontextuellen Effekten; Erfolgsmessung anhand der Abweichung gegenüber vorherigem Unternehmenswert (Überrenditen) Effizienzvorteile durch Entwicklung distinkter Analyse des gesellschaftlichen kombinierte bzw. an- Ressourcen und/oder Mehrwerts, verursacht durch einen effizienteren Ressourceneinsatz geglichene Ressourcen Fähigkeiten im und anderen synergetischen MaßRahmen von M&Awerden von Kapitalnahmen nach der M&A-TransTransaktionen märkten nur bedingt aktion reflektiert
Überblick zu den verschiedenen Forschungsströmungen der M&A-Literatur (In Anlehnung an Larsson/Finkelstein 1999, S. 2; Schmidt/Vogt und Schriber 2005)
Die Vertreter der strategischen Managementperspektive gehen von der Annahme aus, dass bei Unternehmensübernahmen erst durch die strategischen Fähigkeiten und die Integrationsleistung der Mitarbeiter dauerhafte Wettbewerbsvorteile aufgebaut
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werden. Hier interessiert die Wirkung unternehmensinterner Maßnahmen vor, während und nach der M&A-Transaktion auf den strategischen Unternehmenserfolg (u. a. Capron/Pistre 2002; Swaminathan/Murshed und Hulland 2007). Der strategische Unternehmenserfolg wird als langfristig orientierte Wertschaffung verstanden und nicht als die Realisierung einmaliger, transaktionsbedingter Erlöse. Wesentlicher Unterschied zu den anderen Denkschulen ist die Auffassung, dass die willentlich durch das Management beeinflussten Maßnahmen die Variabilität der M&A-Erfolge begründen. Die Bedeutung der Integrationsphase zur Hebung von Synergiepotenzialen steht dabei häufig im Mittelpunkt der Betrachtung. Die Forschung der strategischen Managementperspektive kombiniert verschiedenste methodologische Elemente. Die theoretische Abstützung erfolgt meist durch den Resource-based View. Die Forschung der organisationstheoretischen Perspektive betrachtet das Phänomen M&A aus einer organisatorischen, unternehmenskulturellen und psychologischen Sicht heraus (u. a. Shrivastava 1986; Stahl/Voigt 2008). Ist die Integrationsphase in der strategischen Perspektive ein einzelner Aspekt der Betrachtung, so steht hier die Integration im Fokus des Interesses. Auch da lautet eine Grundannahme, dass die Wertschaffung durch M&A zum großen Teil vom Integrationserfolg abhängt. Die Identifizierung von sogenannten „weichen“ Erfolgsfaktoren der Integration steht häufig im Mittelpunkt. Insbesondere werden mitarbeiterbezogene Einstellungsvariablen, wie z. B. die Mitarbeiterzufriedenheit, in die Untersuchungen einbezogen. Methodisch wird in der überwiegenden Zahl der Arbeiten auf Fallstudienuntersuchungen und eher qualitative Daten zurückgegriffen. Die Vertreter der Kapitalmarktperspektive untersuchen die Auswirkungen von Unternehmensübernahmen auf den Marktwert der beteiligten Unternehmen in Abhängigkeit verschiedenster Charakteristika der Transaktionspartner oder des Transaktionsvorgehens. Eine Klassifizierung der untersuchten Transaktionen erfolgt zumeist anhand finanzwirtschaftlicher Merkmale der Unternehmen. Interessenschwerpunkt ist die Frage, ob und wie Mehrwerte erzielt werden können und wie sich diese zwischen Käufer- und Zielunternehmen verteilen. Zentrale methodische Gemeinsamkeit der Arbeiten ist der Rückgriff auf sogenannten „Event Studies“ (s. Abschnitt 3.3.3.1, S. 79). Erfolgskriterium ist die Veränderung der Aktienpreisschwankung in den Tagen kurz vor und nach der Ankündigung der M&A-Transaktion.
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Schließlich betrachten Untersuchungen der volkswirtschaftlichen Perspektive schwerpunktmäßig die Frage, inwieweit vorhandene Ressourcen durch Unternehmenszusammenschlüsse gesamtwirtschaftlich effizienter eingesetzt werden (u. a. Ravenscraft/Scherer 1987; Verde 2008). Beurteilungsmaßstab ist der Wert der kombinierten Ressourcen im Vergleich zur Situation ohne Unternehmenszusammenschluss und der neu geschaffene gesellschaftliche Mehrwert. Die zugrundegelegte Hypothese lautet, dass Wertsteigerungen aufgrund von Effizienzvorteilen eintreten. Auslöser sind realisierte Synergiepotenziale, die beispielsweise durch Größenvorteile in Form von gesamtwirtschaftlichen Preis- und Mengeneffekten sichtbar werden. Im Gegensatz zu den anderen Forschungsströmungen interessiert allerdings die Frage, ob und wie die geschaffenen Werte zwischen Unternehmung und Gesellschaft aufgeteilt werden. Der nachfolgende Überblick in Tabelle 4 stellt eine Auswahl richtungsweisender Literaturbeiträge der jeweiligen Strömungen dar. Ausgenommen sind Arbeiten mit Marketing-, Vertriebs- und Kundenbezug. Diese werden in den nachfolgenden Abschnitten diskutiert. Für eine erschöpfende Literaturübersicht sei zusätzlich auf Becker (2005) verwiesen. Autor(en)
Fragestellung/inhaltliches Interesse
Methode
Datengrundlage
Kapitalmarktuntersuchungen Effekt unterschiedlicher Wahrnehmungen der Unternehmenskulturen durch Führungskräfte auf die Wertschaffung (Überrenditen) nach der M&A-Transaktion Datta/Pinches Einfluss verschiedener Ausprägungen wie Bezahlart (Bargeld/Aktien) oder und des leistungswirtschaftlichen ZuNarayanan sammenhangs (konglomeraler/nicht(1992) konglomeraler Zusammenschluss) auf die Wertschaffung nach der M&ATransaktion Einfluss der strategischen ÜbereinLubatkin/ stimmung (Relatedness) auf die WertSrinivasan und Merchant schaffung (gemessen anhand der Überrenditen und Differenz zu einem Ver(1997) gleichsportfolio) nach der M&ATransaktion Chatterjee/ Lubatkin/ Schweiger et al. (1992)
Event Study, Befragung von FührungsMV kräften zu 23 M&ATransaktionen
Event Study, Daten aus 41 Fallstudien RA (Meta-Analyse) zu insgesamt 409 M&A-Transaktionen
Event Study, Sekundärdaten zu 120 M&AMV Transaktionen
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Strategische Managementperspektive Vergleich des Unternehmenserfolgs akquirierender und nicht akquirierender Unternehmen; Einfluss eines geplanten und kriterienbasierten Vorgehens auf den M&A-Erfolg Einfluss verschiedener Faktoren wie der Geografie oder der Märkte, der Diversifikationsart, der Transaktionsstruktur und der Charakteristika des Zielunternehmens auf den M&AErfolg Effekt einzelner Akquisitionsstrategien auf die Wertschaffung nach der M&ATransaktion
MV
Event Study, Sekundärdaten zu 104 M&AMV, Z-Score Transaktionen
Schoenberg (2006)
Einfluss der strategischen und operativen Übereinstimmung (Relatedness) auf die Wertschaffung (Überrenditen) nach der M&ATransaktion Zusammenhang zwischen Theorien zu den Motiven von M&A-Transaktionen und verschiedenen M&AStrategiemodi Analyse der Vergleichbarkeit unterschiedlicher M&A-Erfolgsmaße
Hodgkinson/ Partington (2008)
Untersuchung der Motive für Unternehmensübernahmen, gemessen anhand von Überrenditen
Ansoff/ Brandenburg/ Portner et al. (1971) Kitching (1974)
Chatterjee (1986) Seth (1990)
Trautwein (1990)
FA, HV
Sekundärdaten zu 271 Käuferunternehmen sowie Befragung von Führungskräften aus 62 dieser Unternehmen Befragung von Führungskräften aus 95 Käuferunternehmen zu 407 M&ATransaktionen
Event Study, Sekundärdaten zu 104 M&AMV Transaktionen
Theoretisch/ konzeptionell
Event Study, Befragung von FührungsKA kräften und Erhebung von Sekundärdaten zu 61 M&ATransaktionen RA Sekundärdaten, Stichprobe schwankt zwischen 199 und 208 M&A-Transaktionen für unterschiedliche Testarten
Volkswirtschaftliche Perspektive Fallbeispiele
Goldberg (1983)
Übergreifende Betrachtung von Determinanten für den Erfolg und Misserfolg von M&A-Transaktionen
Ravenscraft/ Scherer (1987)
RA, FA Übergreifende Betrachtung des Einflusses von M&A-Transaktionen auf die Profitabilität der beteiligten Unternehmen und des Einflusses auf die Sektorproduktivität im produzierenden Bereich Untersuchung zu den Gründen für das RA gehäufte Auftreten von Industrie übergreifenden und sektorspezifischen M&A-Transaktionen (Merger Waves) Betrachtung des Einflusses nationaler FA gesamtwirtschaftlicher Veränderungen auf lokale Unternehmen und deren strategische Gründe für den Kauf ausländischer Unternehmen
Harford (2005)
Conklin (2005)
Befragungen und Interviews, Sekundärdaten zu über 6.000 M&A-Transaktionen
Sekundärdaten
Interviews mit Führungskräften zu acht grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen
Kapitel 2
28 Verde (2008) Untersuchung der Auswirkungen von HV, FA M&A-Transaktionen von Strom- und Gasunternehmen auf den Energiemarkt Organisationstheoretische Perspektive Shrivastava (1986) Cannella/ Hambrick (1993)
Empfehlungen zur Aufgabengestaltung Theoretisch/ konzeptionell in der Integrationsphase anhand von drei Integrationstypen Befragung von FührungsEinfluss der Führungskräftefluktuation KA kräften und Sekundärdaten zu infolge von M&A-Transaktionen auf 97 M&A-Transaktionen die Profitabilität des Zielunternehmens SEM, MetaAnalyse
Fallstudien zu 61 M&ATransaktionen
RA, MetaAnalyse
Fallstudien zu insgesamt 50 M&A-Transaktionen
RA
Sekundärdaten von 60 M&ATransaktionen
SEM
Befragung von Führungskräften zu 264 M&ATransaktionen
Lin/Wei (2006)
Untersuchung des Einflusses ethischen SEM Vorgehens bei M&A-Transaktionen auf die Mitarbeiterleistung
Befragung von Führungskräften zu 264 M&ATransaktionen
Stahl/Voigt (2008)
Einfluss unternehmenskultureller Unterschiede auf den Integrationsprozess und den M&A-Erfolg
Larsson/ Finkelstein (1999)
Larsson/ Lubatkin (2001)
Krishnan/ Park (2002)
Becker (2005)
Untersuchung der Effekte von Kombinationspotenzial (Komplementaritäten und strategische Ähnlichkeit) und Umfang der organisationalen Integration auf die Höhe der Synergierealisierung (als Maß für den M&A-Erfolg) Untersuchung des Einflusses verschiedener Faktoren wie der relativen Größe und der strategischen Übereinstimmung auf das Ausmaß der Akkulturation (Angleichung unterschiedlicher Unternehmenskulturen) nach der Integrationsphase Betrachtung des Einflusses von Mitarbeiterentlassungen im Zuge von Unternehmensübernahmen auf den M&A-Erfolg Effekt des Ressourcenfit auf den M&A-Erfolg
KA, MetaAnalyse
Daten aus 46 Studien zu insgesamt 10'710 M&ATransaktionen
MV: Mittelwertvergleich, FA: Fallstudie, RG: Regressionsanalyse, HV: Häufigkeitsverteilung, KA: Korrelationsanalyse Tabelle 4:
Auswahl zentraler Arbeiten zu Mergers and Acquisitions
2.5.2 Marketing-, Vertriebs- und Kundenbeziehungsdimension in der M&AForschung Es sei angemerkt, dass die kapitalmarktorientierte und die volkswirtschaftliche Perspektive im vorherigen Abschnitt nur der Vollständigkeit wegen angeführt werden. Ein Blick auf das inhaltliche Interesse der strategischen Managementperspektive und
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der organisationstheoretischen Perspektive zeigt, dass dort die Auseinandersetzung mit Stellhebeln zur erfolgreichen Kundenbeziehungsgestaltung in der Post Merger Phase besonders interessieren sollte. In den letzten Jahren erfolgte auch eine erste marketingund damit kundenbezogene wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Ausschlaggebend dafür ist die Betonung der M&A-Erfolgsrelevanz kundenbezogener Aspekte in zahlreichen praxisorientierten Fachartikeln (u. a. Clemente/Greenspan 1997; Selden/Colvin 2003) sowie die zunehmend kritischen Stimmen, welche die mangelnde unternehmensinterne Berücksichtigung der Kundendimension bei M&A beanstanden. Gleichwohl konnte sich noch keine marketingbezogene M&AForschungsströmung etablieren. Die Auswahl an relevanten Arbeiten ist dementsprechend gering geblieben. 2.5.2.1 Literaturbeiträge mit Marketing- und Vertriebsbezug Eine der ersten marketingbezogenen quantitativ-empirischen M&A-Arbeiten ist die Untersuchung von Chakrabarti (1990). Sie zeigt zunächst auf, dass kein Zusammenhang zwischen dem Umfang der Integration des Funktionsbereichs Marketing und dem Integrations- bzw. M&A-Erfolg besteht (s. nachstehende Tabelle 5). Autor(en) Chakrabarti (1990)
Reinke (1996)
Fragestellung/ Theorie/ Methode inhaltliches Interesse Perspektive RBV KA Effekt des Integrationsumfanges funktionaler Einheiten (z. B. Vertrieb) während der Post Merger Phase auf den M&A-Erfolg
KonsumUntersuchung potenzieller Synergie- güter formen und deren Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg
SEM
Datenbasis Befragung von Führungs kräften zu 31 M&ATransaktionen
für die Arbeit relevante Ergebnisse Kein Zusammenhang zwischen dem Umfang der Integration des Funktionsbereichs Marketing und dem Integrations-/M&AErfolg; negativer Effekt der formalisierten Ressourcenallokation auf den M&A-Erfolg Positiver Effekt Bezwischen dem Umfragung fang der internen von Führungs Vertriebsintegration kräften zu und dem Integrations78 M&A- erfolg; positiver Effekt zwischen UmTransaktionen fang der externen Vertriebsintegration (Marktbearbeitung) und Umsatzrückgang
Kapitel 2
30 Capron/ Hulland (1999)
RBV Einfluss der strategischen Übereinstimmung (Relatedness) auf die Wertschaffung (gemessen anhand der Überrenditen und Differenz zu einem Vergleichsportfolio) nach der M&A-Transaktion
Reineke (2001)
Untersuchung der Integrationsplanung im Absatzbereich akquirierender Unternehmen in produzierenden Branchen
Capron/ Pistre (2002)
Effekt des Transfers von unterschiedlichen Ressourcen (inkl. Marketingressourcen) unter Berücksichtigung der Transferrichtung zwischen den Unternehmen
RBV
Palmatier/ Miao und Fang (2007)
Betrachtung von Entscheiden zur Vertriebskanalintegration während der Post Merger Phase
RBV, Vertriebskanäle sind Ressourcen
Kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Transfer von Marketingressourcen und der Kostensenkung; positiver Zusammenhang zwischen dem Transfer von Marketingressourcen und Umsatzsynergien, gemessen anhand des Marktanteils und der Profitabilität Dominanz kostenFA Interviews mit orientierter Führungs Integrationsziele; kräften zu unterschiedliche Verdrei Ver- triebsansätze werden angeglichen und nicht triebsintegratio als Differenzierungsmerkmal genutzt, nen meist vollständige Integration marktnaher Vertriebsfunktionen Der Transfer von BeEvent Marketingressourcen fragung Study, vom Käufer- zum von RA Führungs Zielunternehmen hat einen signifikant kräften negativen Effekt auf und Erden M&A-Erfolg, hebung gemessen anhand von von Sekundär Überrenditen; Grund daten zu ist die hohe Kontext101 hori. abhängigkeit von Marketingressourcen M&ATransaktionen Signifikant positiver Kombinat BeZusammenhang fragung ion aus zwischen der von 252 FA und Integrationsgestaltung MitKA arbeitern von Vertriebskanälen aus zwei in Abhängigkeit von z. B. der VertriebsUnterorganisation und der nehmen Marketingfähigkeiten und von sowie auf Basis von 731 Kundenausprägungen Kunden (Customer Choice) auf das Umsatzwachstum
RA
Befragung von Führungs kräften zu 253 horizontal en M&ATransaktionen
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Positiver Effekt im Falle von M&ATransaktionen mit Konsolidierungsmotiv bei hoher Übereinstimmung der Ressourcenkonfiguration; positiver Effekt im Falle von Transaktionen mit Diversifikationsmotiv bei niedriger Übereinstimmung der Ressourcenkonfiguration KA: Korrelationsanalyse, SEM: Strukturgleichungsmodell, RG: Regressionsanalyse, FA: Fallstudie EventStudy, RA
Sekundär daten zu 206 M&ATransaktionen
Swaminathan/ Murshed und Hulland (2007)
Einfluss des Grads der RBV Übereinstimmung zwischen den Ressourcenkonfigurationen der Unternehmen (inkl. der Marketingressourcen) auf die Wertschaffung (Überrenditen) nach der M&A-Transaktion
Tabelle 5:
Zusammenfassende Darstellung von Arbeiten mit Marketing- und Vertriebsbezug
Reinke (1996) hingegen weist einen Zusammenhang zwischen dem Umfang der externen Vertriebsintegration und einem Umsatzrückgang nach. Capron/Hulland (1999) untersuchen die Auswirkungen des Transfers von Vertriebs- und Marketingressourcen während der Integration auf den M&A-Erfolg. Dabei kommen die Autoren zu dem Schluss, dass zwar kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Transfer von Marketingressourcen und der Kostensenkung nachweisbar ist, jedoch positive Effekte auf den Marktanteil und die Profitabilität bestehen. Reineke (2001) belegt die Dominanz kostenorientierter Integrationsziele im Zusammenhang mit der Vertriebsintegration. Einen wichtigen Hinweis auf die Kontextabhängigkeit von Integrationsmaßnahmen im Marketingbereich liefern Capron/Pistre (2002). Sie erklären damit den negativen Erfolgseffekt des Transfers von Marketingressourcen vom Käufer- zum Zielunternehmen im Zuge der PMI. Auf einen weiteren Aspekt der Kundendimension gehen Palmatier/Miao und Fang (2007) in ihrer Untersuchung ein, indem sie eine Betrachtung von Entscheidungen zur Vertriebskanalintegration in der Post Merger Phase zweier Industrieunternehmen vornehmen. In Anlehnung an die Terminologie der Market-based Assets (s. Abschnitt 2.6.2; Srivastava/Shervani und Fahey 1998) fassen die Autoren Vertriebskanäle als kritische organisationale Ressourcen auf. Die Auswertung ergibt einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen der Selektion von Kanälen auf Basis von Kundenausprägungskriterien als auch von Marketingfähigkeiten und Vertriebsorganisationsmerkmalen auf das Umsatzwachstum. Schließlich untersuchen Swaminathan/Murshed und Hulland (2007) u. a. den Einfluss sich überlappender Marketingressourcen der Transaktionspartner auf die Wertschaffung nach der Integration. Anhand von 206 Fällen weisen die Autoren bei hoher
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32
Übereinstimmung einen positiven Werteffekt im Falle von M&A-Transaktionen mit Konsolidierungsmotiv nach. Die Konsolidierung dient hierbei als Marketingstrategie mit dem Ziel der Produkt- oder Marktbereinigung.
2.5.2.2 Literaturbeiträge mit explizitem Kundenbezug Die Anzahl an M&A-Untersuchungen, welche die Marketing- und Vertriebsdimension berücksichtigen, ist überschaubar geblieben. Sie reduziert sich noch einmal deutlich, wenn es um Arbeiten geht, die sich explizit mit der Kundendimension beschäftigen (s. Tabelle 6). Fragestellung/ inhaltliches Interesse Urban/Pratt Untersuchung des Ein(2000) flusses angekündigter M&A-Transaktionen auf die Kundenerwartung bezüglich zukünftiger Veränderungen der Servicequalität Anderson/ Untersuchung einer Havila und Abfolge von vier M&A-Transaktion Salmi innerhalb derselben (2001) Industrie auf die Kunden-Lieferantenbeziehungen Autor(en)
Nygaard/ Dahlstrom (2002)
Einfluss verschiedener Arten von Mitarbeiterstress auf den Unternehmenserfolg nach erfolgtem Zusammenschluss, gemessen u. a. anhand von Umsatzbeitrag und Kundenzufriedenheit
Theorie/ Perspektive Kundenperspektive, Konsumgütermarkt
Unternehmensnetzwerk
Methode HV, Chi QuadratTest
Longitudinale FA
SEM
Datenbasis Befragung von 801 Kunden
für die Arbeit relevante Ergebnisse Signifikanter Zusammenhang zwischen angekündigten M&ATransaktionen und der erwarteten Servicequalität
Der wirtschaftliche Erfolg ist von der Bereitschaft und der Fähigkeit der beteiligten Parteien abhängig, die bestehenden Kundenund Lieferantenbeziehungen weiter auszubauen und auszuschöpfen Befragung Nicht-linearer Einfluss unklarer Rollenvon 218 Führungs- beschreibungen von kräften, die Führungskräften von einem innerhalb des Vertriebs auf Umsatzbeitrag und Zusammenchluss Kundenzufriedenheit nach Unternehmenszweier zusammenschluss Unternehmen betroffen waren Interviews mit 10 Führungskräften und mit drei Kunden zu vier M&ATransaktionen
Grundlagen
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Bucerius (2004)
Auswirkung der Integration von Marketingaktivitäten auf den Integrationserfolg und den M&AErfolg nach dem Zusammenschluss
RBV
SEM
Befragung von Führungskräften zu 232 horiz. M&ATransaktionen
Öberg/ Henneberg und Mouzas (2007)
Untersuchung der Auswirkung von M&A-Transaktionen auf die Kundenbeziehungen
Unternehmensnetzwerk, Betrachtung aus Unternehmensund Kundenperspektive
FA zur KundenLieferantenDyade
Befragung von 51 Führungskräften in 21 Unternehmen (inkl. Kundenunternehmen), die von M&ATransaktionen betroffen waren
Signifikant positiver Effekt der Einbindung von Kunden in den Integrationsprozess auf die Kundenloyalität sowie in weiterer Folge auf den M&AErfolg; signifikant positiver Effekt der Kundenkommunikation auf die Kundenloyalität in der Integrationsphase Häufig mangelnde Ausrichtung von M&A-Transaktionen am Kundennutzen; M&A wird von den Kunden als fundamentaleVeränderung ihres geschäftlichen Netzwerkes wahrgenommen, allerdings ist bei den Kunden ein oftmals unklares Bild über mögliche Konsequenzen der M&A-Transaktion vorhanden
HV: Häufigkeitsverteilung, FA: Fallstudie, SEM: Strukturgleichungsmodell Tabelle 6:
Zusammenfassende Darstellung von Arbeiten mit explizitem Kundenbezug
Eine Untersuchung, welche die Auswirkungen von M&A-Transaktionen auf kundeneinstellungsbezogene Variablen zu analysieren versucht, ist die Arbeit von Urban/Pratt (2000). Sie betrachtet den Einfluss angekündigter Unternehmensübernahmen im Bankbereich auf die erwartete Servicequalität. Das Ergebnis zeigt einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Ankündigung des Zusammenschlusses und den Kundenerwartungen hinsichtlich einer verschlechterten Servicequalität. Soweit dem Autor bekannt ist, erfolgte eine ernsthafte Beschäftigung mit Kundenbeziehungen im Kontext von Unternehmenszusammenschlüssen bisher nur in der skandinavischen Netzwerkliteratur (Anderson/Havila und Salmi 2001; Havila/Salmi 2000, 2002; Öberg/Henneberg und Mouzas 2007). Im Mittelpunkt des Interesses stehen dort, unter Berücksichtigung von externen und internen Effekten, die Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten und Kunden. Herausgegriffen sei die Untersuchung von Anderson/Havila und Salmi (2001), deren Arbeit vier M&A-Transaktionen innerhalb eines Unternehmensnetzwerkes der grafischen Industrie mittels
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longitudinaler Fallstudien analysiert. Die Interviews mit Führungskräften und Kunden der beteiligten Unternehmen verdeutlichen, dass der wirtschaftliche Erfolg von der Bereitschaft und der Fähigkeit abhängig ist, die bestehenden Kundenbeziehungen im Zuge der Zusammenschlüsse zu vertiefen. Nygaard/Dahlstrom (2002) greifen in ihrer Untersuchung auf die Kundenzufriedenheit als eine Erfolgsvariable zurück. Es zeigt sich diesbezüglich ein signifikant negativer Effekt unklarer Rollen- und Aufgabenbeschreibungen für die Vertriebsmitarbeiter während der Post Merger Integration. Eine Schlüsselarbeit im Rahmen der kundenbezogenen Literatur stellt schließlich die Untersuchung von Bucerius (2004) dar. Der Autor untersucht, gestützt auf den Resource-based View, die Marketingintegration nach M&A-Transaktionen. Dabei wird zwischen dem Integrationserfolg als Maß für die Sicherung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile und dem M&A-Erfolg als Maß für den resultierenden finanziellen Erfolg unterschieden. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass der wirtschaftliche Erfolg von Fusionen und Akquisitionen in stärkerem Maße von marktbezogenen Aspekten als von Kostensenkung abhängt. Ebenso weist er einen signifikant positiven Zusammenhang der Einbindung von Kunden in den Integrationsprozess auf die Kundenloyalität sowie auf den wirtschaftlichen Erfolg nach dem Unternehmenszusammenschluss nach. In gleicher Weise wirkt sich eine offene, proaktive, differenzierte sowie kontinuierliche Kundenkommunikation positiv auf die Loyalität der Kunden während der Integrationsphase aus (Bucerius 2004, S. 142-144). Die Arbeit von Bucerius ist, soweit dem Autor bekannt, die einzige empirische Untersuchung, die auf eine Form der Kundenreaktion, nämlich die Kundenloyalität, als unabhängige Variable zurückgreift. Nach der Befragung von 51 Führungskräften kritisieren Öberg/Henneberg und Mouzas (2007) die häufig mangelnde Ausrichtung von M&A-Projekten am Kundennutzen. Gleichwohl wird ein Unternehmenszusammenschluss von den Kunden als fundamentale Veränderung ihres geschäftlichen Netzwerkes wahrgenommen. So diffus die Vorstellung über den möglichen Kundennutzen der untersuchten Transaktion bei den Befragten Unternehmen ist, so wenig klar ist auch das Bild, das sich die betroffenen Kunden bezüglich der möglichen Konsequenzen machen. Auch in dieser Arbeit fehlen jedoch Hinweise auf Erfolgsdeterminanten der Kundenbeziehungsgestaltung in diesem Kontext.
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2.5.3 Zusammenfassende Betrachtung der analysierten Literaturbeiträge Die große Anzahl an M&A-Arbeiten lässt zunächst auf eine breite Vielfalt an Ergebnissen zu marketing- und kundenbeziehungsbezogenen Fragestellungen im Kontext von M&A hoffen. Leider ist jedoch ein relativ geringes Interesse an M&A in der Marketingforschung festzustellen, obwohl in den letzten Jahren diejenigen Stimmen zugenommen haben, die eine stärkere Beschäftigung der Marketingforschung mit Bereichen wie den Finanzwissenschaften oder dem strategischen Management fordern. Aus theoretischer und empirischer Sicht ist in der M&A-Forschung aber nach wie vor eine starke Übergewichtung der kapitalmarkttheoretischen und strategischen Perspektive festzustellen. Leider entspricht die Variationsbreite an Betrachtungswinkeln aufgrund der ebenso vorhandenen Variabilität der Ergebnisse nicht gleichermaßen einem hohen Erkenntnisgewinn für die M&A-Praxis. Aufgrund der fortschreitenden Spezialisierung sind auch kaum integrative Ansätze im Sinne einer Verknüpfung verschiedener Forschungsströmungen zu finden (Schmidt/Vogt und Schriber 2005, S. 315-316). Beides kann jedoch nicht der Vielschichtigkeit und Breite des Forschungsobjektes und der unterliegenden Marketingfragestellung Rechnung tragen. Die Integrationsproblematik wurde andererseits sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch insbesondere in Praxisbeiträgen fortgesetzt aufgegriffen und führte zu normativen Gestaltungsempfehlungen (z. B. Cartwright/Cooper 1995; Haspeslagh/Jemison 1991; Shrivastava 1986). Problematisch ist allerdings die starke interne Fokussierung der vorherrschenden Beiträge. So werden Integrationsaktivitäten meist nicht im Hinblick auf die externen Geschäftsbeziehungen untersucht. Wegen der Notwendigkeit, die beteiligten Unternehmen prozessual, kulturell und organisatorisch unter wechselnden Anforderungen zu verbinden, ist das verständlich. Wichtige externe, marketing- und vertriebsrelevante Integrationsfelder treten dadurch aber in der Analyse in den Hintergrund. Zwar entwickelte sich in den letzten Jahren eine M&A-Perspektive innerhalb der Marketingforschung, aufgrund der kleinen Zahl an entsprechenden Arbeiten sind jedoch die Erkenntnisse zu wichtigen Stellhebeln des Kundenbeziehungsmanagements während des Integrationsprozesses gering geblieben. Ausnahmen bilden die Arbeiten von Bucerius (2004) zur Marketingintegration und von Urban/Pratt (2000) zur Kundenerwartung hinsichtlich der Servicequalität nach dem Zusammenschluss. Auch die Arbeiten zu Fusionen und Akquisitionen aus der skandinavischen Netzwerkliteratur nehmen eine kundenbeziehungsfokussierte Sichtweise ein. Ein Mangel dieser
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Arbeiten ist aber, dass keine quantitative Betrachtung von kausalen UrsacheWirkungsbeziehungen im Zusammenhang mit der Gestaltung von Kundenbeziehungen stattfindet. Ebenso werden kaum Gestaltungsvariablen der Kundenbeziehungen betrachtet und es erfolgt keine Hilfestellung darüber, was eigentlich unter dem M&Aoder Integrationserfolg genauer zu verstehen ist. Die Erfolgsauffassungen gehen diesbezüglich kaum in die Tiefe. Zudem greifen viele praxisorientierte M&A-Arbeiten auf Forschungsansätze zurück, die häufig mit der Kritik einer mangelnden Generalisierbarkeit zu kämpfen haben. Zusammengefasst muss festgestellt werden, dass die Bedeutung der Kunden für M&A häufig erwähnt wird. Allerdings erfolgen nur selten fundierte Handlungsempfehlungen, die über generalisierende Appelle für eine stärkere Berücksichtigung der Kundenerfordernisse hinausgehen. In der marketingorientierten wissenschaftlichen M&A-Literatur sind taugliche Befunde zur Ausgestaltung der Kundenbeziehungsaktivitäten im Integrationskontext nur in geringer Zahl zu finden. Quantitativ gestützte, normative Handlungsempfehlungen zur Kundenbeziehungsgestaltung können diese Arbeiten nicht geben. Die marketingbezogene M&A-Literatur liefert daher insgesamt nur wenig Hilfestellung zur Beantwortung der forschungsleitenden Fragestellungen dieser Arbeit. Somit müssen grundlegende Erkenntnisse erst erarbeitet und Anleihen aus theoretischen und konzeptionellen Befunden gezogen werden.
2.6 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte Zur Untersuchung der Problemstellung dieser Arbeit sind unter Berücksichtigung der Interdisziplinarität des betrachteten Forschungsgebietes verschiedene Erklärungsansätze dienlich. Insgesamt wird ein theoriegeleitetes Vorgehen angestrebt, das die Ausgangsbasis für die Entwicklung eines Bezugsrahmens bildet. Zwei Ansätze bilden die theoretischen Hauptbezugspunkte der Arbeit: der Resource-based View und der Relationship Marketing-Ansatz. Beide ermöglichen es, den Bogen zwischen den kundenbezogenen Facetten im Rahmen von M&A, dem späteren theoretischen Bezugsrahmen (s. Abschnitt 2.7, S. 43 ff.) und den Untersuchungsmodellen in Kapitel 4 (S. 83 ff.) und Kapitel 5 (S. 128 ff.)) zu spannen.
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2.6.1 Resource-based View In den letzten zwanzig Jahren ist die ressourcenorientierte Strategieschule als theoretische Erklärung für nachhaltige Wettbewerbsvorteile entstanden. Der Resourcebased View (RBV), auch Resource-based Theory genannt, hat in der strategischen Management- und M&A-Forschung breite Anerkennung erfahren. Penrose (1959, S. 75) hat in ihrer Arbeit über das Wachstum von Unternehmen erstmalig Firmen als einzigartige Kombinationen von spezifischen Ressourcen (Ressourcenbündel) betrachtet. Darauf aufbauend erhielt der RBV seine richtungsweisende Prägung durch Wernerfelt (1984), Rumelt (1984) und Barney (1991). Ausgangspunkt ist der zu beobachtende Umstand, dass sich Unternehmen auf unvollkommenen Wettbewerbsmärkten innerhalb der Branche hinsichtlich ihrer Ressourcenausstattung zum Teil stark voneinander unterscheiden. Der ressourcenbasierte Ansatz versucht nun, die Erfolgsunterschiede zwischen Unternehmen durch die Abweichungen in den jeweiligen Ressourcenausstattungen zu erklären. Die Definition und die Abgrenzung des Ressourcenbegriffs ist für die Plausibilität und die logische Geschlossenheit des Resource-based View von zentraler Bedeutung. Nach Barney (1991, S. 101) umfassen Ressourcen „all assets, capabilities, organizational processes, firm attributes, information, knowledge etc. controlled by a firm that enable the firm to conceive of and implement strategies that improve its efficiency and effectiveness”. Aus der Definition ergibt sich, dass neben den tangiblen Ressourcen, z. B. Produktionsanlagen, auch intangible Ressourcen, wie bspw. die Fähigkeiten und Kenntnisse der Mitarbeiter unbedingt zu berücksichtigen sind (Wernerfelt 1984, S. 172). Allerdings haben nicht alle prinzipiell zur Verfügung stehenden Ressourcen ein ähnliches Erfolgspotenzial. Die Identifikation von erfolgsrelevanten Ressourcenmerkmalen wird damit essenziell für die Erklärungskraft des RBV (u. a. Freiling 2001; Peteraf 1993). Der geläufigste Merkmalskatalog beruht auf Barney (1991, S. 105) und besteht aus den vier Eigenschaften der Werthaltigkeit, der Seltenheit sowie der unvollkommenen Imitier- und Substituierbarkeit der Ressourcen. Ressourcen sind werthaltig, wenn sie zur Erreichung der Unternehmensziele beitragen. Das setzt voraus, dass sie einen Beitrag zur Entwicklung und Umsetzung von Strategien liefern, die eine Steigerung der Effizienz und Effektivität der Unternehmung zur Folge haben. Die Seltenheit einer Ressource stellt sicher, dass sie nicht einem aktuellen oder potenziellen Wettbewerber zur Verfügung steht. Der exklusive Besitz beruht auch auf
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einem nicht vorhandenen Markt, auf dem die Ressourcen gehandelt werden können. Ressourcen sind unvollkommen imitierbar, wenn deren Nachahmung aufgrund ihrer Komplexität, ihrer Interdependenz mit anderen Ressourcen oder aufgrund historischer Kontextbedingungen für Wettbewerber nicht möglich ist. Schließlich ist eine Ressource unvollkommen substituierbar, wenn es für konkurrierende Unternehmen weitestgehend unmöglich ist, alternative Ressourcen mit äquivalenter strategischer Wirkung einzusetzen. Aus den obigen Merkmalskategorien lassen sich zwei wichtige grundsätzliche Eigenschaften von Ressourcen isolieren. Zum einen müssen sie einen Wettbewerbsvorteil generieren. Zum anderen sind im Rahmen der Strategieentwicklung nur Ressourcen besonders relevant, die eine Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern erlauben (u. a. Bamberger/Wrona 1996, S. 139; Peteraf 1993). So werden potenzielle Wettbewerbsvorteile geschaffen, die wiederum im langfristigen Unternehmenserfolg münden (Collis/Montgomery 1995; Grant 1991). Dieselbe Ursache-WirkungsBeziehung gilt analog für marketingspezifische Ressourcen. In diesem Fall müssen sie einen überlegenen Kundennutzen schaffen, den Wettbewerber nicht anbieten können (Thiele 1997, S. 54-56) und zugleich eine Zahlungsbereitschaft für die Leistung auslösen (Rasche/Wolfrum 1994, S. 507). Solch ein Wettbewerbsvorteil führt zum langfristigen finanziellen Erfolg des Unternehmens (Srivastava/Fahey und Christensen 2001, S. 782). Ressourcenbedingte Wettbewerbsvorteile können auch Eintrittsbarrieren für Wettbewerber bilden. (Rumelt 1984, S. 567). Transfer- und Replikationsbarrieren bestehen zunächst durch die Nichteinräumung von Verfügungsrechten, wie dies z. B. bei Patenten der Fall ist (Becker 2005, S. 175). Auch Ressourcen, die eine hohe soziale oder technische Komplexität aufweisen, können von Wettbewerbern nur schwer nachgeahmt werden. Unter besonderen historischen Kontextbedingungen entwickelte Ressourcen sind ebenfalls nicht imitierbar, wenn die besonderen Voraussetzungen zur Entstehung nicht mehr existent sind oder wenn Ressourcen nur unter bestimmten, historisch gewachsenen Unternehmensstrukturen erfolgswirksam sind. Schließlich wird ein Transfer von Ressourcen verhindert, falls sich ihre Erfolgswirkung alleine aufgrund der Kombination mit unternehmensinternen oder mit dem Unternehmen verbundenen, unternehmensexternen Elementen entwickelt (Börner 1999, S. 12).
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Zusammengefasst besagt die Grundidee des ressourcenbasierten Ansatzes, dass die spezifische und distinkte Ressourcenausstattung eines Unternehmens zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen führt. Ausschlaggebend dafür ist, dass konkurrierende Unternehmen diese Ressourcen nicht selbst kontrollieren, entwickeln oder einfach erwerben können. Gleichzeitig definiert die Ressourcenausstattung auch die Systemgrenzen des Unternehmens (Srivastava/Fahey und Christensen 2001, S. 786). Die inhärenten Beschränkungen jeder der Organisation augenblicklich zur Verfügung stehenden Ressource limitiert das Spektrum zu vermarktender Leistungen, zu bedienender Märkte (Penrose 1959) oder das für das Unternehmen erreichbare Profitabilitätsniveau (Wernerfelt 1984). Zukünftiges Wachstum wird so durch eine Ressourcenlücke beschränkt und im Extremfall verhindert. M&A-Transaktionen stellen eine Möglichkeit dar, die zuvor angeführten Barrieren zu umgehen und das Leistungsangebot sowie neue Märkte über die Grenzen des vorhandenen Ressourcenpotenzials hinweg zu erweitern. Das Zielunternehmen kann dann als Ressourcenbündel verstanden werden, das den Zugang des Käuferunternehmens zu vorher nicht vorhandenen Ressourcen ermöglicht. Kundenbeziehungen dürften mit Einschränkungen aber auch als Unternehmensressourcen von B2B- und Dienstleistungsunternehmen angesehen werden, wenn sie, wie häufig der Fall, durch eine historisch gewachsene, hohe soziale Komplexität und Kundenintegration gekennzeichnet sind und die Konstitute der Geschäftsbeziehung nur mit hohem Aufwand imitierbar sind. Daher muss die Post Merger Integration in Vertrieb und Marketing so erfolgen, dass diese semi-permanent (Wernerfelt 1984, S. 172) dem Unternehmen zugehörigen Ressourcen (Kundenbeziehungen) nutzbar gemacht und Wertsteigerungspotenzialen im Sinne von Synergien realisiert werden (s. Abbildung 2, S. 23). Der RBV liefert damit eine theoretische Erklärung für das Auftreten von M&A, aber auch für den Wert von Kundenbeziehungen und für Unternehmenswertsteigerungen durch eine erfolgreiche Post Merger Integration.
2.6.2 Relationship Marketing-Ansatz Gegenüber der klassischen Marketingsichtweise des transaktionsbasierten Güteraustausches hat sich Anfang der 80er Jahre (Hakansson 1982) mit dem Relationship- oder Beziehungsmarketing (Berry 1983; Diller 1996; Liljander/Strandvik 1995; Morgan/Hunt 1994; Sheth/Parvatyar 2002) ein Ansatz herausgebildet, der die besondere Erfolgsbedeutung relationaler Kundenbeziehungen hervorhebt. Wird in der traditionellen Marketingsichtweise besonders auf die Neukundengewinnung Bezug
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genommen, so wird diese Auffassung erweitert, indem der Ausbau sowie die Vertiefung der bestehenden Kundenbeziehungen zusätzlich betont wird. In diesem Sinne ist für Berry (1983) das Beziehungsmarketing „a strategy to attract, maintain and enhance customer relationships.“ Morgan/Hunt (1994, S. 22) definieren es ebenso als „all marketing activities directed towards establishing, developing, and maintaining successful relational exchanges.” Im weitesten Sinne wird das Beziehungsmarketing somit ein langfristig orientierter Gestaltungsansatz, der sich auf die Pflege der Beziehungen zu den Kunden fokussiert (Grönroos 1994; Mickeler 2005, S. 49). Diller (1995, Sp. 286) wird in seiner Definition inhaltlich konkreter und beschreibt den Begriff in Bezug auf die Aufgabengestaltung als die „aufeinander abgestimmte Gesamtheit der Grundsätze, Leitbilder und Einzelmaßnahmen zur langfristig zielgerichteten Selektion, Anbahnung, Steuerung und Kontrolle von Geschäftsbeziehungen.“ Nach Slater/Olson (2000) basiert eine relationale Vertriebsstrategie auf der gegenseitigen Abhängigkeit von Kunde und Anbieter, dem stetigen Austausch geschäftsrelevanter Informationen, auf gegenseitigem Vertrauen und dem grundsätzlichen Streben nach dem Erhalt einer stabilen Beziehung. Dieses Miteinander erlaubt den jeweiligen Beteiligten, einen angemessenen Ertrag auf ihre Beziehungsaufwendungen zu erzielen. Der Kundenbeziehung wird somit ein (finanzieller) Wert zugewiesen, dessen Steigerung in beiderseitigem Interesse ist. Der Wert des Kundenbeziehungsmanagements ist in Bezug auf die Interessen aller Stakeholder und damit auch der Unternehmenseigentümer zu sehen. Das wird in der Marketingdefinition der AMA (American Marketing Association 2007) deutlich: „Marketing is an organizational function and a set of processes for creating, communicating, and delivering value to customers and for managing customer relationships in ways that benefit the organization and its stakeholders.“ In Verbindung dazu können die Versuche gesehen werden, eine andere Sichtweise in die Diskussion um den Wert von Unternehmen einzubringen. Unter Einbeziehung der Customer Lifetime Value-Diskussion (u. a. Berger/Nasr 1998; Jain/Sing 2002) werden die Kundenbeziehungen als sogenannte „Market-based Assets“ (Srivastava/Shervani und Fahey 1998) und damit als signifikante Bestandteile des Unternehmensvermögens angesehen. Damit erhält das Kundenbeziehungsmanagement durch Vertrieb und Marketing eine zusätzliche Bedeutung bei der Frage nach Gestaltungsfeldern zur Unternehmenswertsteigerung.
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Die genannten Definitionen deuten die thematische Breite des Relationship MarketingAnsatzes an, der mannigfaltige Querbezüge zu anderen Marketingfeldern aufweist. Aufgrund dieses Umstandes und der erheblichen Anzahl an Forschungsergebnissen sind die Bezugspunkte zur Fundierung von relationalen wirtschaftlichen Austauschbeziehungen zahlreich (detailliert s. Jung 1999). Allerdings existiert dazu bis heute kein umfassender theoretischer Erklärungsansatz. Aus diesem Grund wird häufig von einem Paradigmenwechsel im Marketing (Backhaus 1998) und nicht von einer neuen Theorie gesprochen. Nach Payne/Rapp (2003) handelt es sich beim Beziehungsmarketing vielmehr um die Wiederentdeckung eines Eckpfeilers des Vertriebsansatzes erfolgreicher Unternehmen im Business-to-Business- und Dienstleistungsbereich. Merkmale wie lang anhaltende persönliche Beziehungen, Leistungsindividualisierung und formalisierte Beschaffungsprozesse mit Mehrpersonenbezug (Backhaus/Voeth 2004, S. 8-10) charakterisieren dort die enge Verzahnung von Kunde und Anbieter. Die typische Geschäftsbeziehung in diesen Branchen zeichnet sich deswegen häufig durch einen hohen Grad an Komplexität, gegenseitiger Abhängigkeit und Langfristigkeit aus (Anderson/Narus 1991; Dwyer/Schurr und Oh 1987). Im Falle komplexer und know-how-intensiver Sachleistungen schaffen persönliche Beziehungen Vertrauen und ermöglichen so dem Kunden einen indirekten Zugang zu jenen Leistungen, die er selbst nicht gültig beurteilen kann (Belz/Brademann/Fuchs et al. 1998, S. 23). Deswegen ist eine aktive, relationale Beziehungsgestaltung in den genannten Bereichen schon immer besonders wichtig gewesen. Das ist auch ein Grund, warum Kunden in diesen Märkten besonders sensibel und mit Verunsicherung auf Veränderungen nach Fusionen oder Akquisitionen ihrer Lieferanten reagieren. Aus der Perspektive des Anbieters zielen die Bemühungen einer relationalen Beziehungsstrategie darauf ab, die langfristige, nicht vertraglich verursachte Bindung profitabler Kunden an das Unternehmen zu stärken. Gebundene Kunden bringen Mehrumsätze, weniger Konflikte, eine höhere Planungssicherheit und Kapazitätsauslastung sowie geringere Aufwendungen zur Neukundengewinnung mit sich. Der Umsetzungserfolg basiert dabei darauf, dass die Marktaktivitäten des Unternehmens besonders auf den vorhandenen Kundenstamm ausgerichtet sind und der individuell gehaltene Kontakt u. a. auf Interaktion, Dialog und dem vertrauensvollen Austausch kritischer Informationen basiert (Blomqvist/Dahl und Haeger 1993; Slater/Olson 2000). In Folge können durch den Aufbau intangibler Werte, wie sie z. B. das Kundenvertrauen und die Kundenverbundenheit darstellen (Morgan/Hunt 1994), entscheidende Wettbewerbsvorteile generiert werden (Guenzi/Pardo und Georges 2007, S.
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122). Der potenzielle Gewinn ist für beide Beziehungspartner idealerweise gleich groß (Mickeler 2005, S. 50). Zentrale Voraussetzung ist hierbei die gewinnbringende Erfüllung der Ziele und Bedürfnisse beider Geschäftspartner (Grönroos 1994). Vorteile für den Kunden ergeben sich sowohl durch eine höhere Liefersicherheit, eine verbesserte Produktqualität, geringere Kontroll- und Koordinierungsaufwände als auch in der Befriedigung sozialer Bedürfnisse (u. a. Diller 1996, S. 81; Dwyer/Schurr und Oh 1987, S. 14). Während die externen Marketingmaßnahmen auf die Gestaltung der Beziehungen nach außen abzielen, beziehen sich die internen Marketingmaßnahmen auf die Mitarbeiter des Unternehmens. Ziel ist die innerbetriebliche Durchsetzung des für die externen Kundenbeziehungen benötigten relationalen Marketingkonzepts. Das erfolgreiche externe Geschäftsbeziehungsmanagement setzt somit ein auf die Mitarbeiter gerichtetes, internes Beziehungsmarketing voraus, da letztlich die Mitarbeiter für den Aufbau, die Gestaltung und den Erhalt der Kundenbeziehungen verantwortlich sind. Zusammengefasst zielen relationale Marketingstrategien darauf ab, den Kunden durch schwer von Wettbewerbern zu imitierende Werte an das Unternehmen zu binden. Die daraus entstehende Beziehung erfüllt ausreichend genau die Ressourcenkriterien gemäß dem RBV (s. Abschnitt 2.6.1, S. 39). Zudem kann sie als zentraler, wertbestimmender Bestandteil des erworbenen Unternehmens angesehen werden. In Hinblick auf diesen Zusammenhang kann ein Gedanke von Srivastava/Shervani und Fahey (Srivastava/Shervani und Fahey 1998) aufgegriffen werden, der konzeptionell den Bezug zwischen der Gestaltung von Kundenbeziehungen und dem Unternehmenswert des Anbieters herstellt. Darin werden die Kundenbeziehungen als immaterielle Wirtschaftsgüter (Market-based Assets) angesehen. Durch die Gestaltung der marketingspezifischen „Ressource“ Kundenbeziehung werden Wettbewerbsvorteile generiert, die durch einen erhöhten Cashflow zur Unternehmenswertsteigerung führen: „[…] shareholder value is created to the extent that the firm taps or leverages these marketbased assets to improve its cash flows.“ (Srivastava/Shervani und Fahey 1998, S. 5). Des Weiteren liefert der Relationship Marketing-Ansatz inhaltliche Beiträge zur Gestaltung von langfristigen Kundenbeziehungen. Damit können Maßnahmen der Kundenbeziehungsgestaltung und deren Wirkung auf verschiedene Erfolgsgrößen entwickelt werden. Zweckmäßige Möglichkeiten zur Wertoptimierung der Kundenbeziehungen werden in Abschnitt 3.1 (S. 48 ff.) diskutiert. Die quantitativ-empirischen Erkenntnisse innerhalb des Beziehungsmarketings zu verschiedenen Einstellungs-
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variablen, wie z. B. dem Kundenvertrauen, der Kundenverbundenheit und der Kundenzufriedenheit, liefern zudem Hilfestellung in Form getesteter Messmodelle, auf die in der Modellbildung zurückgegriffen wird.
2.7 Theoretischer Bezugsrahmen Ein Bezugsrahmen hat zum Ziel, anhand allgemeiner Aussagen eine Vorstrukturierung des zu lösenden Forschungsproblems zu bieten (u. a. Kubicek 1977, S. 18). In diesem Abschnitt wird der Bezugsrahmen mittels Rückgriff auf die zuvor dargelegten Überlegungen und Forschungsbezüge ausgearbeitet. Ziel ist es, die analytische Verbindung der theoretischen Bezugspunkte mit der empirischen Untersuchung herzustellen. Es entsteht ein Leitbild bzw. eine Perspektive, die zur Verortung der in Abschnitt 1.2 (S. 5 f.) formulierten Forschungsfragen in den Themenkontext der empirischen Untersuchung dient. Die analytische Arbeit erfolgt dann innerhalb der Grenzen des Bezugsrahmens. Der theoretische Bezugsrahmen dieser Arbeit hilft, den kausalen Zusammenhang zwischen der Kundenbeziehungsgestaltung, der kundenbezogenen Synergierealisierung und dem M&A-Erfolg in geeigneter Weise zu beschreiben. Als Oberziel von Fusionen und Akquisitionen wurde in Abschnitt 2.2 (S. 12 ff.) die Unternehmenswertsteigerung identifiziert. Demgemäß wird sie als eine der Erfolgsgrößen der Untersuchung gewählt. Die Wahl steht auch in Einklang mit der zunehmenden Diskussion über den Beitrag des Marketings zum finanziellen Unternehmenserfolg. Dort wird gefordert, dass finanzwirtschaftliche Kenngrößen, wie z. B. der Cashflow als Treiber des Unternehmenswertes, sowohl in der Marketingforschung (Day/Fahey 1988) als auch in der Marketingpraxis (u. a. Reinecke 2006) verstärkt berücksichtigt werden sollten. Srivastava/Shervani und Fahey (1999, S. 168) stellen diesbezüglich fest: „[…] winning and retaining customers also must result in superior cash flows, a critical prerequisite to augmenting shareholder value.” Eine finanzielle und gleichzeitig differenzierte Beurteilung der Gründe für den Erfolg oder Misserfolg einer Transaktion erweist sich allerdings im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen als anspruchsvoll (s. dazu die detaillierte Diskussion in Abschnitt 3.3, S. 63 ff.). Die meisten existierenden Studien zielen alleine auf den finanziellen M&A-Erfolg ab. Das erweist sich zunehmend als problematisch, da mit solch eindimensionalen Beurteilungen kein umfassender Einblick in die operativen
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Erfolgsmechanismen der PMI zugelassen wird. Zugleich ist die Erfolgskontrolle sowohl vom eingenommenen Erfolgsverständnis als auch von den Interessen der Anspruchsgruppen der beteiligten Unternehmen abhängig. In letzter Zeit lieferten Forschungsarbeiten Argumente für eine differenzierte Sichtweise der Ergebnisbeurteilung, insbesondere wenn auch vorgelagerte Motive einer Transaktion erfasst werden sollten (Becker 2005, S. 333). Empirische Untersuchungen zeigen bspw. auch, dass der M&A-Erfolg ein vielschichtiges, mehrdimensionales Phänomen darstellt (u. a. Becker 2005, S. 333) und das Erfolgsverständnis sowie die Erfolgserwartung je nach Anspruchsgruppe verschieden sein können (Schoenberg 2006, S. 368; s. auch Abschnitt 3.3.1, S. 66 ff.). Ein gangbarer Weg ist die Betrachtung des Integrationsergebnisses. Sie erlaubt eine Beurteilung des Erfüllungsgrades der Bedürfnisse von Anspruchsgruppen der beteiligten Unternehmen über die der Kapitalgeber hinaus (Unterreitmeier 2004, S. 10). Neuere empirische Forschungsansätze beziehen sich demgemäß auf den Integrationserfolg als Erfolgsdimension (u. a. Bucerius 2004), wenngleich der Integrationserfolg als notwendige Voraussetzung für den übergeordneten Akquisitionserfolg bereits von Frank (1993, S. 156) und Salecker (1995, S. 4-6) identifiziert wurde. Ein geeignetes Leitbild erlaubt daher die Beurteilung kundenbeziehungsbezogener Gestaltungsmaßnahmen des Marketing- und Vertriebsbereiches anhand eines mehrstufigen und mehrdimensionalen Erfolgsmaßstabs. Das trifft auf den in Abbildung 3 dargestellten Bezugsrahmen zu. Kundenbeziehungen und Synergien
M&A-Erfolg
Integrationsgestaltung
Integrationserfolg
Unternehmenserfolg
(Nutzbarmachung der Ressourcen)
(Nachhaltiger Wettbewerbsvorteil)
(Wertsteigerung)
M&A-Transaktion Investition in Ressourcenbündel
Abbildung 3:
Situative (moderierende) Faktoren der Integration
Bezugsrahmen der Untersuchung
Der Bezugsrahmen folgt der vorangegangenen Argumentation, indem er eine kausale Kette mit drei Konstruktkategorien abbildet: Integrationsgestaltung, Integrationserfolg und Unternehmenserfolg. Integrations- und Unternehmenserfolg definieren
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gemeinsam den mehrdimensionalen und übergeordneten M&A-Erfolg (Forschungsfrage 2; s. Abschnitt 1.2, S. 6). Zusätzlich wird angenommen, dass die Stärke der Beziehung zwischen der Integrationsgestaltung und dem Integrations- bzw. Unternehmenserfolg von der Umweltsituation der transaktionsbeteiligten Unternehmen beeinflusst bzw. moderiert wird (Forschungsfrage 5; s. Abschnitt 1.2, S. 6). Die dargestellte, ursprünglich von Bucerius (2004, S. 25) in Anlehnung an Überlegungen von Srivastava/Fahey und Christensen (2001, S. 782) skizzenhaft vorgeschlagene, kausale Kette erlaubt die Untersuchung der Beziehungen zwischen den drei Kategorien. Der Unterschied im Vergleich zu den wenigen Arbeiten, die auf ähnliche Zusammenhänge in ihrer Argumentation zurückgreifen, besteht in den entscheidenden inhaltlichen Erweiterungen um relationale Beziehungsmaßnahmen. Für das Käuferunternehmen ergibt sich der Zugang zu den neuen Ressourcen vordergründig durch die Erlangung der Kontrolle über das Zielunternehmen. Allerdings wird erst durch die PMI die Nutzbarmachung der Ressourcen und damit die Ausschöpfung ihres vollen Erfolgspotenzials möglich. Vertrieb und Marketing bei horizontalen Zusammenschlüssen haben während der Integrationsphase die Herausforderung zu bewältigen, zum einen den Erhalt und Ausbau der bestehenden Ressource Kundenbeziehung voranzutreiben und zum anderen Synergiepotenziale zu realisieren. Aber auch die Überprüfung der Auswirkungen der Synergiekonzeption auf den Integrationserfolg wurde in bisherigen Arbeiten vernachlässigt. Eine annähernd vollständige Betrachtung der kundenbezogenen Integration erfordert daher zusätzlich die Berücksichtigung von Synergieaspekten. Die Kategorie der Integrationsgestaltung umfasst deshalb sowohl Beziehungs- als auch Synergiemaßnahmen (s. Abbildung 5, S. 82).
2.8 Forschungsansatz und -methoden Die Betriebswirtschaftslehre ist eine anwendungsorientierte Sozialwissenschaft, die auf konkrete Probleme der Praxis Bezug nimmt, geeignete Lösungen ableitet und diese auch überprüft (Ulrich 1981). Begreift man den Marketingansatz als eine Grundkonzeption der Betriebswirtschaftslehre und als Primat des Absatzes (Raffée 1984), so liegt der Beitrag der realitätsorientierten Marketingforschung in der Schaffung langfristiger Kundenvorteile (Belz/Brademann/Fuchs et al. 1998). Im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenschlüssen wird allerdings das Primat des Absatzes und der Kundenvorteile häufig nicht berücksichtigt (s. Abschnitt 1.1, S. 1 ff.). Wie bereits aufgezeigt, unterschätzen Führungskräfte in diesem Zusammenhang die Erfolgsbedeutung
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der kundenbezogenen Integration. Dies kann auch auf die generelle Schwäche der Marketingbedeutung in den obersten Führungsebenen vieler Unternehmen zurückgeführt werden (Belz 2007, S. 14; Day/Montgomery 1999, S. 3; Doyle 2000, S. 299). Srivastava/Shervani und Fahey (1997, S. 1) identifizierten sogar einen abnehmenden Einfluss des Marketings in den Unternehmen und führten das auf fehlende konzeptionelle Verbindungen zwischen Marketingmanagern und der Unternehmensführung zurück (ebenso Brown/Webster/Steenkamp et al. 2005; Day/Montgomery 1999). Hinzu kommt, dass die Verantwortung für die Vorbereitung und die Durchführung von Unternehmensübernahmen hauptsächlich in den Händen von Führungskräften aus den Finanz- und Stabsbereichen der Transaktionspartner liegt. Ausgangspunkte für die Wahl von Forschungsansatz und Forschungsmethode sind nicht nur die Zielsetzung der Arbeit und die forschungsleitenden Fragestellungen, sondern auch die mit der Arbeit anzusprechenden Zielgruppen. Die Stärkung der Marketingforschung als anwendungsorientierte Disziplin innerhalb der betriebswirtschaftlichen M&APraxis ist daher auch davon abhängig, ob es gelingt, auf die tradierten, vornehmlich quantitativen, Sichtweisen innerhalb der Finanz- und Stabsbereiche einzugehen. Die bisherige Marketingforschung im M&A-Bereich hat jedoch zumeist versäumt, diese Zielgruppen thematisch und vor allem forschungsmethodisch anzusprechen. Deswegen bedarf es einer quantitativ gestützten Verdeutlichung des Wertbeitrags der Vertriebsund Marketingdimension bei Unternehmenszusammenschlüssen. Auch stellt sich die Frage, warum gerade Kundenbeziehungen im Kontext von Mergers and Acquisitions bisher so selten untersucht wurden (s. Abschnitt 2.5.3, S. 35 f.). Eine Erklärung ist in den methodischen Schwierigkeiten zu finden (Anderson/Holtstrom und Havila 2003, S. 14), die sich bei der Erfassung und Bewertung der unzähligen Integrationseinflüsse auf die Kundenbeziehungen ergeben. Da Kundenbeziehungen vielschichtige soziale Gebilde darstellen, wird das geeignete Untersuchungsdesign aufgrund der hohen Anforderungen rasch komplex und es besteht immer die Gefahr, dass der Erklärungsgehalt aufgrund von Kausalitätsproblemen gering bleibt. Zudem ist die Erhebung von Primärdaten für quantitative Methoden aufgrund der beschränkten Größe der infrage kommenden Grundgesamtheit sehr aufwendig. Aus den im Rahmen der Literaturanalyse identifizierten Problemkreisen ergeben sich Hinweise für einen geeigneten Forschungsansatz und eine zieladäquate Forschungsmethode. Es sollten bisherige Ergebnisse der M&A-Forschung mit Erkenntnissen der
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Marketingforschung verknüpft werden. Ausgangspunkt ist hierbei die von Selden/Colvin (2003, S. 72) formulierte Aufforderung, eine „reconception of M&A through a customer perspective“ vorzunehmen. Die Forschungsmethode soll es ermöglichen, auf bisherigen Erkenntnissen aufzubauen. Ein quantitativ-empirisches Vorgehen erlaubt die Synthese bisheriger Erkenntnisse aus der Fusions- und Strategieforschung mit der Geschäftsbeziehungsforschung. Um der zu Beginn geforderten Anwendungsorientierung nahe zu kommen, möchte diese Arbeit ebenso einen Erklärungs- wie auch einen Gestaltungsbeitrag leisten. Zudem sollen quantitativ gestützte Aussagen für die Unternehmenspraxis abgeleitet werden. Das erfordert die Überprüfung komplexer kausaler Zusammenhänge mithilfe leistungsfähiger Analyseverfahren. Zugleich muss eine möglichst starke Eingrenzung des Untersuchungsbereichs erfolgen, um die zuvor genannten methodischen Schwierigkeiten abzumildern. Zusammengefasst bedingt die Beantwortung der Forschungsfragen aus Abschnitt 1.1, (S. 5 f.) ein theoretisch-konzeptionelles und quantitativ-empirisches Vorgehen. Dabei soll die Untersuchung konfirmatorisch-explikativ aufgrund theoretisch abgeleiteter Hypothesen gestaltet werden. Der explikative Charakter leitet sich dabei aus der erklärenden Art der Fragestellungen ab. Im empirischen Teil der Arbeit wird auf ein Strukturgleichungsmodell oder SEM (Structural Equation Model) zurückgegriffen. Dieses multivariate Verfahren erlaubt es, Beziehungen zwischen einer höheren Anzahl von Konstrukten simultan zu testen und hierbei auftretende Messfehler zu berücksichtigen. Damit kann auf die umfangreichen Beiträge der Geschäftsbeziehungsforschung zurückgegriffen werden. Um zusätzlich den Erfolg der Kundenbeziehungsgestaltung bei Unternehmensübernahmen im Kontext unterschiedlicher interner und externer Umweltfaktoren untersuchen zu können (Forschungsfragen 5 und 6; s. Abschnitt 1.2, S. 6), wird auf die Methode der moderierten hierarchischen Regressionsanalyse zurückgegriffen. Sie erlaubt die Beurteilung des moderierenden Einflusses situativer Variablen auf Wirkungsbeziehungen zwischen den Gestaltungsvariablen der Kundenbeziehung und dem M&A-Erfolg.
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3. Konzeption der kundenbezogenen Post Merger Integration Ziel dieses Kapitels ist es, die im Bezugsrahmen zunächst konzeptionell dargestellten Zusammenhänge schrittweise zu differenzieren und zu vertiefen, um sie in Folge hinsichtlich ihrer Stärke und Wirkungsrichtung quantitativ testen zu können. Die einzelnen Kategorien des Bezugsrahmens werden näher beschrieben und ausgesuchte Konstrukte zur Beschreibung von Maßnahmen und Erfolgen in der Post Merger Integration konzeptualisiert (Abschnitte 3.1 bis 3.3). Da in der vorliegenden Arbeit die Handlungsfelder von Vertrieb und Marketing interessieren, erfolgt eine ausschließliche Fokussierung auf wichtige Maßnahmen zur Kundenbeziehungsgestaltung und Synergierealisierung (Forschungsfrage 1; s. Abschnitt 1.2, S. 5), wenngleich dies keinesfalls bedeuten soll, dass von diesen Funktionen nicht auch andere Aufgaben in der PMI umzusetzen sind. Theoretische und konzeptionelle Bezüge liefert im Wesentlichen die Übertragung von Erkenntnissen der zuvor diskutierten Ansätze des Resource-based Views (s. Abschnitt 2.6.1, S. 37 ff.) und des Relationship Marketings (s. Abschnitt 2.6.2, S. 39 ff.). Zusätzlich fließen Ergebnisse der durchgeführten Expertengespräche ein. Am Ende des Kapitels steht das Gesamtmodell der kundenbezogenen Post Merger Integration (Abschnitt 3.4).
3.1 Maßnahmen zur Beziehungsgestaltung Gerade im Fall einer kritischen Veränderungssituation wie der Integration zweier Unternehmen kommt der aktiven Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zum Kundenstamm beider Unternehmen eine hohe Erfolgsbedeutung zu. Das infrage kommende Maßnahmenspektrum ist naturgemäß groß (u. a. Belz/Brademann/Fuchs et al. 1998) und es droht in der Praxis allzu schnell die Gefahr, knappe Ressourcen unfokussiert und damit wenig effizient zwischen zuvielen Betätigungsfeldern aufzuteilen. Die Beschränkung auf zentrale Ansatzpunkte des Kundenbeziehungsmanagements in der PMI wird damit besonders wichtig. In der vorliegenden Arbeit wird ebenfalls eine Auswahl von sechs relevanten Maßnahmen betrachtet, die bereits in Abschnitt 2.3.2 (S. 20 ff.) kurz umrissen wurden:
die Mitarbeitereinbindung, die Kundeneinbindung, die Kundenkommunikation, Investitionen in die Kundenbeziehung,
Entwicklung des Untersuchungsmodells
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die Analyse der Kunden und ihrer Geschäftsbeziehung zum Unternehmen, und das Konfliktmanagement.
3.1.1 Mitarbeitereinbindung Die Mitarbeitereinbindung wird in Forschungsarbeiten und praxisorientierten Veröffentlichungen im Kontext von Unternehmensübernahmen als ein wichtiger Einflussfaktor auf den Akquisitionserfolg benannt. Die Unternehmensübernahme selbst verursacht emotionale Unruhe in der Belegschaft, da mit der Integration operative und organisatorische Veränderungen einhergehen, die für die Mitarbeiter eine Unterbrechung des Status quo darstellen. Im Mittelpunkt der Arbeiten stehen daher meist die psychologischen Konsequenzen und das unternehmensinterne Beziehungsmarketing. Häufig wird die aktive Einbindung der Mitarbeiter gefordert, um das Auftreten von Formen der Leistungsabnahme, Arbeitsunzufriedenheit, innerer Kündigung und des offenen sowie verdeckten Widerstands zu vermeiden und so insgesamt negative Auswirkungen auf den Akquisitionserfolg zu verhindern. Konkret kann die Einbindung von Mitarbeitern aller Funktionsbereiche helfen, Barrieren zwischen den beteiligten Organisationen während der Integration abzubauen (Buono/Bowditch 1989; Gerpott 1993, S. 349) sowie die Kooperation zwischen Käufer- und Zielunternehmen sicherzustellen. Darüber hinaus wird die Akzeptanz für Veränderungsmaßnahmen größer, wenn diese selbst mitgestaltet werden (Ivancevich/Schweiger und Power 1987, S. 29). Das Gleiche gilt für die Einbindung der obersten Führungsmannschaften, die überdies auch eine Unsicherheitsreduktion bei den Mitarbeitern (Gerpott 1993) bewirkt und deren positive Wirkung auf den M&A-Erfolg bestätigt wurde (Hitt/Hoskisson und Ireland 1990). Beziehungsmarketing ist stark von der Fähigkeit, aber insbesondere vom Willen der Mitarbeiter abhängig, die Kundenbeziehung aktiv zu gestalten. So ist der Aufbau einer persönlichen Bindung zwischen Außendienstmitarbeiter und den Kunden für den Erfolg jeder relationalen, langfristig orientierten Vertriebsbemühung von essenzieller Bedeutung (Guenzi/Pardo und Georges 2007, S. 121; Narayandas/Rangan 2004). Umso erstaunlicher ist es, dass insbesondere der Zusammenhang zwischen der Mitarbeitereinbindung als Gestaltungsmaßnahme der PMI und kundenbeziehungsbezogenen Teilaspekten des Integrationserfolgs bis jetzt nicht untersucht wurde.
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Es lässt sich eine Reihe von Begründungen für die verstärkte, aktive Einbindung von Vertriebs- und Marketingmitarbeitern während der Integrationsphase anführen. So können bspw. die Gefahren innerbetrieblicher Umsetzungsbarrieren bei der Realisierung marktnaher Synergien reduziert werden (Mirvis/Marks 1992, S. 69). Zudem tendieren vor dem Hintergrund erhöhter Unsicherheit vor allem erfolgreiche Außendienstmitarbeiter mit hohem Marktwert dazu, alternative Angebote von Wettbewerbern mit klaren beruflichen Perspektiven anzunehmen (Keuper/Häfner und von Glahn 2006, S. 1991). Für den Integrationserfolg ist dieser Umstand von besonderer Bedeutung, da Kunden häufig eine größere Loyalität zu ihrem Verkäufer verspüren als zu dessen Arbeitgeber (Weitz/Bradford 1999) und in der Folge zum alternativen Anbieter (mit-) wechseln. In diesem Zusammenhang konnte gezeigt werden, dass im Verlauf der PMI die frühzeitige Einbindung einen loyalitätssteigernden Effekt beim Vertriebspersonal bewirkt (Bucerius 2004, S. 143; Haunschild/Moreland und Murrell 1994, S. 1153). Zudem wird damit die Kontinuität in der Kundenbetreuung gestärkt und Kundenwissen sowie qualifizierte Vertriebserfahrung im Unternehmen bewahrt. Schließlich hilft die Einbindung von Vertriebs- und Marketingmitarbeitern, dass kundenorientierte Integrationslösungen gefunden werden. Durch den persönlichen und direkten Kontakt erhält der Vertriebsaußendienst von den Kunden kontinuierlich Rückmeldung über die wahrgenommene Qualität der Produkte, der Serviceleistungen und der Vertriebsprozesse. Notwendige Anpassungsmaßnahmen können somit in der PMI zeitnah umgesetzt werden. Die Mitarbeitereinbindung wird vor diesem Hintergrund abschließend als das Ausmaß definiert, in dem Vertriebs- und Marketingmitarbeiter bei der Gestaltung von Veränderungsmaßnahmen nach der Fusion bzw. Akquisition eingebunden waren.
3.1.2 Kundeneinbindung Ähnlich wie für die Mitarbeitereinbindung, wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur ein enger Bezug zwischen der Kundeneinbindung in das Unternehmensgeschehen und der Generierung von Wettbewerbsvorteilen angenommen. Fragen nach den Erfolgsauswirkungen einzelner Strategien der Einbindung oder Mitwirkung von Kunden werden im Wesentlichen in Arbeiten zu den Themenfeldern Innovationen und Produkt-Neuentwicklungsprozesse, sowie der gemeinsamen Leistungserstellung behandelt (u. a. Brown/Eisenhardt 1995; Bruhn/Stauss 2009; Kristensson/Magnusson/ Matthing et al. 2002; Von Hippel 1988; Wecht 2005). Die Formen der Kundenmit-
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wirkung reichen hier von der Bereitstellung von Informationen, über die Mitarbeit bei der Erstellung von Leistungen bis hin zur Beeinflussung des Leistungserstellungsprozesses (Enke/Poznanski 2005, S. 21). In der M&A-Literatur zum Post Merger-Integrationsmanagement wird die Kundeneinbindung vornehmlich als Instrument zur Akzeptanzerhöhung von Veränderungsmaßnahmen und zur kundenseitigen Unsicherheitsreduktion erörtert. In geringerem Umfang wird die Kundeneinbindung als Möglichkeit diskutiert, den Kundennutzen von Integrationsmaßnahmen besser einzuschätzen und Kundenreaktionen zu antizipieren (Bucerius 2004, S. 125). Diesbezüglich stehen verschiedene qualitative und quantitative Formen der Einbindung zur Diskussion. So wird vorgeschlagen, Fokusgruppen mit ausgewählten Kunden durchzuführen (Bond 2001, S. 40; Clemente/Greenspan 1998, S. 293), beratende Kundenbeiräte zu gründen (Gocke 1997, S. 213) oder großzahlige quantitative Kundenbefragungen durchzuführen (u. a. Brass 2002, S. 29-30; Buhlmann/Jensen und Bucerius 2003). Bis auf die Arbeit von Bucerius (2004, S. 172), die den positiven Zusammenhang zwischen der Kundeneinbindung und der Kundenloyalität nach Akquisitionen nachweist, mangelt es allerdings an empirischen Belegen. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen wird die Kundeneinbindung als Ausmaß definiert, in dem die Kunden der Transaktionspartner in den Veränderungsprozess während der Integrationsphase einbezogen wurden.
3.1.3 Kundenkommunikation Die Information der internen und externen Anspruchsgruppen zu den Zielen und Motiven der Unternehmensübernahme ist besonders wichtig. Insbesondere in der Integrationsphase entsteht beim Anbieter eine Veränderungsdynamik, die in der Beschaffungssituation zu einer Verunsicherung des Kundenstammes und damit zu einem erhöhten Kommunikationsbedarf während des gesamten Transaktionsverlaufs führt. Die Kunden stellen sich vor allem die Frage, ob der Zusammenschluss die Kosten und die Qualität der Leistungen beeinflusst, ob bestehende Verträge betroffen sind oder ob mit personellen Verschiebungen in der Kundenbetreuung gerechnet werden muss. Zur Beantwortung sind Informationen zur zukünftigen Leistungs- und Preisgestaltung, zum Produktportfolio, zur Liefersicherheit, zur Anpassung relevanter Geschäftsprozesse sowie zu Veränderungen der vertrieblichen Organisationsprinzipien notwendig. Zusammengefasst kommt es auf Kundenseite zu einer Preis-, Leistungs- und Beziehungsunsicherheit (Homburg/Lucas und Bucerius 2000, S. 11). Die Ver-
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unsicherung führt in letzter Konsequenz zur Kaufzurückhaltung und widrigenfalls zur Kundenabwanderung (Butzer-Strothmann 1999, S. 110). In der M&A-Literatur wird daher die Bedeutung der transaktionsbezogenen, auf den Informationsbedarf der Kunden zugeschnittenen, Kommunikation zur Unsicherheitsreduktion besonders betont (Bucerius 2004, S. 60; Scharff 2005, S. 222; Wirtz 2003, S. 386). Die Kommunikation zwischen Anbieter und Kunde wird in Arbeiten zum Investitionsgüter- sowie Beziehungsmarketing extensiv diskutiert. Es herrscht Übereinstimmung, dass die Kundenkommunikation eine der wichtigsten Maßnahmen für den Aufbau und die Pflege effektiver Geschäftsbeziehungen ist (Palmatier/Dant/Grewal et al. 2006, S. 149). Kommunikation ist zur Koordinierung der Leistungen zwischen den Beteiligten zwingend notwendig. Sie soll sich allerdings nicht auf die bloße Informationsweitergabe beschränken. Die ausschließliche Weitergabe von Information beschränkt die Möglichkeit, durch beständige und gegenseitige Interaktion Kunden an das Unternehmen zu binden. Die Entwicklung enger Geschäftsbeziehungen ist ohne den gegenseitigen Austausch von Anforderungen, Erwartungen und Anliegen sehr unwahrscheinlich (Dwyer/Schurr und Oh 1987, S. 17). Darum muss Kommunikation als Dialog zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden begriffen werden, der sich entlang der gesamten Beziehungsdauer fortsetzt (Anderson/Narus 1990). Die persönlichen Beziehungen zwischen den Mitarbeitern von Anbieter und Kunde definieren sich im vorhandenen Kommunikationsrahmen (Frommeyer 2005, S. 26). Die Bedeutung dieser persönlichen Kommunikation nimmt mit dem Ausmaß der Kundenintegration und der Kundenunsicherheit innerhalb der Geschäftsbeziehung zu (Frommeyer 2005, S. 11-12). Das Ausmaß der Kundenintegration ergibt sich aus dem Grad der vom Kunden nachgefragten Leistungsindividualisierung und dem Interaktionsgrad, der zur individuellen Erklärung des Angebotes sowie zur Koordination der Geschäftsbeziehung notwendig wird. Kundenunsicherheit wiederum hat ihre Wurzeln hauptsächlich in der wahrgenommenen Informationsasymmetrie gegenüber dem Anbieter. Verstärkend wirken die Komplexität und die Vertrauenseigenschaften der Leistung. Anhand der geschilderten Ursachen und Eigenschaften der Kundenintegration und -unsicherheit wird generell die Bedeutung der persönlichen Kommunikation für den B2B- und Dienstleistungsbereich deutlich. In der M&AIntegrationsphase verstärkt sich zudem die (gefühlte) Informationsasymmetrie.
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Bezüglich der Ausgestaltung der Kommunikation wird in der Marketingliteratur zur Anbieter-Kunden-Beziehung zwischen zahlreichen Einzeldimensionen differenziert. Diese sind u. a. die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Direktionalität sowie die Intensität, Qualität und Offenheit der Kommunikation (u. a. Bartsch 2005, S. 179). Madden/Perry (Madden/Perry 2003, S. 119) erwähnen als weitere wichtige Facetten idealer Kommunikation ein direktes, proaktives und kundengerichtetes Kommunikationsverhalten. Von M&A betroffene Kunden nehmen es positiv war, wenn sie über die Ziele hinsichtlich der zukünftigen Geschäftspolitik, die Vor- und Nachteile des Zusammenschlusses und die geplante weitere Vorgehensweise der Integration ins Bild gesetzt werden. Insbesondere die rechtzeitige Information über Veränderungen während der Integrationsphase, z. B. im Fall eines Wechsels des Hauptansprechpartners, wird geschätzt (Scharff 2005, S. 222). Bisherige Gestaltungsvorschläge zur Kommunikation im M&A-Kontext reflektieren diese Empfehlungen. Beispielsweise inkludiert Bucerius (2004, S. 124-125) in einem umfangreichen Konzeptualisierungsansatz die Kommunikationsfacetten Offenheit, Proaktivität, Differenziertheit, Kundenspezifität (Jeffrey 1996, S. 20), Kontinuität (Clemente/Greenspan 1998, S. 277) sowie Umfang bzw. Intensität (Gocke 1997, S. 277-279). Für die spätere Operationalisierung des Kommunikationskonstrukts sollen inhaltliche und beziehungsbezogene Aspekte des Begriffs (Watzlawick/Beavin und Jackson 1996, S. 53) berücksichtigt werden. Der Inhaltsaspekt bildet die Sachebene der Kommunikation ab und erstreckt sich auf die objektive Bedeutung und die logischen Zusammenhänge der zu übermittelnden Informationen. Hier ist z. B. die Information der Kunden über die Ziele bzw. Motive und über alle kundenrelevanten Veränderungen im Zuge der PMI zu beachten. Der Beziehungsaspekt bildet die personengebundene soziale Beziehung zwischen den Interaktionspartnern ab. Er bestimmt den Sachinhalt der Kommunikation insofern, als dass er dem Empfänger der Kommunikationsbemühung signalisiert, wie der Sender seine Nachricht verstanden haben möchte. Hierzu zählt die Art und Weise der Kundenkommunikation während der Integrationsphase, z. B. das Eintreten in einen Dialog mit den Kunden, die Differenzierung der Kommunikationsbemühungen nach Kundengruppen und/oder nach Kundenbedeutung und die möglichst frühzeitige Ansprache. Die Ausgestaltung des Konstrukts Kommunikation basiert in vorliegender Arbeit auf einer breiten Auffassung des Begriffes. Die Kundenkommunikation während der Post Merger Integration wird daher in Anknüpfung der obigen Ausführungen als die Zu-
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sammenfassung aller Bemühungen verstanden, den Dialog mit den Kunden über die relevanten Sach- und Beziehungsaspekte der M&A-Transaktion sicherzustellen.
3.1.4 Investition in die Kundenbeziehung Die konsequente Vertiefung bestehender Kundenbeziehungen ist mit erheblichem Aufwand verbunden, erweist sich aber bei profitablen Kunden meist als lohnenswert. Ziel der Bemühungen ist es, den Kunden über die einmalige Transaktion hinaus an das Unternehmen zu binden, um Folgekäufe zu initiieren. Beziehungsbezogene Investitionen zählen zu den effektivsten und einflussreichsten Relationship MarketingStrategien (Palmatier/Dant/Grewal et al. 2006, S. 151). Deren Effektivität beruht auf dem Grundsatz der Wechselseitigkeit und dem bereits von Blau (1964, S. 91) postulierten Zusammenhang zwischen den in eine Beziehung unwiederbringlich eingebrachten Ressourcen und der daraus entstehenden psychologischen Bindung der beteiligten Parteien (Norm der Reziprozität). Die Beziehungspartner fühlen sich durch die jeweiligen Investitionen zu einem Ausgleich der gefühlten „Schuld“ veranlasst. Der soziale Austausch in Verbindung mit den Investitionen motiviert, die bestehende Geschäftsbeziehung in Erwartung der Gegenleistungen aufrechtzuerhalten. Für Bagozzi (1995, S. 275) stellt dieses Prinzip der Wechselseitigkeit sogar „the core of marketing relationships“ dar. Nach Helm (2003, S. 116) und Plinke (1989, S. 309) weisen solche Bemühungen Investitionscharakter auf, da sie häufig zur Inkaufnahme eines gegenwärtigen Nachteils in der Erwartung eines zukünftigen, wenngleich unsicheren, Vorteils führen. Da die Kundenverunsicherung durch Mergers & Acquisitions besonders groß ist, müssen erhöhte Beziehungsinvestitionen während der PMI als starke Willensbekundung des Anbieters verstanden werden, die Geschäftsbeziehung im Sinne des Kunden fortführen zu wollen. Das trifft besonders dann zu, wenn die Investition neben der ursprünglichen Kundenbeziehung in einer anderen Kundenbeziehung keine Verwendung finden kann oder dies mit hohen Kosten verbunden wäre (Anderson/Weitz 1992, S. 20-21; Williamson 1985). In diesem Sinne definieren Smith/Barclay (1997, S. 6) den engen Begriff der beziehungsbezogenen spezifischen Investition: „Relationship investment is the resource, effort, and attention devoted to a relationship that does not have outside value and cannot be recovered if the relationship is terminated".
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Der Querschnitt an Arbeiten zum Thema der beziehungsbezogenen Investitionen lässt erkennen, dass der Terminus als ein Sammelbegriff für ganz unterschiedliche Marketingaktivitäten und -programme verstanden wird. Zur Verdeutlichung sei die breite Auffassung des Begriffs durch De Wulff/Odekerken-Schröder und Van Kenhove (2003, S. 248) zitiert. Die Autoren definieren die vom Kunden wahrgenommenen Investitionen als das Ausmaß, in dem „a retailer devotes resources, efforts and attention aimed at maintaining or enhancing relationships“. In Arbeiten zur Erfolgswirkung beziehungsbezogener Marketingaktivitäten finden sich zahlreiche Versuche einer Abgrenzung und Klassifizierung der Instrumente, auch unter Berücksichtigung der situativen Verhältnisse der betrachteten Unternehmen (detailliert s. Palmatier/Gopalakrishna und Houston 2006, S. 478-479). Die einzelnen Typologien sind im Ergebnis jedoch weitgehend ähnlich und lassen letztlich eine Zusammenfassung der Marketingaktivitäten entlang finanzieller, sozialer oder strukturellfunktionaler Ausprägungen zu (Berry 1995). Dabei handelt es sich z. B. um Rabattaktionen (finanzielle Ausprägung), Essenseinladungen zum Aufbau persönlichen Kontakts (soziale Bindung) oder die Entwicklung kundenindividueller Geschäftsprozesse (strukturelle Ausprägung). Eine weiter detailliertes, tieferes Eingehen auf den Investitionsbegriff erlaubt der Umfang dieser Arbeit nicht und ist auch aufgrund der Fragestellung nicht notwendig. Die Begriffsbestimmung kann daher in Anlehnung an die breiter angelegten Definitionen von Smith/Barclay (1997) und de Wulff/Odekerken-Schröder und Van Kenhove (2003) erfolgen. Sie erlaubt den Einschluss eines möglichst großen Spektrums beziehungsbezogener Vertriebs- und Marketinginvestitionen und wird dem Ziel dieser Arbeit damit hinreichend gerecht. Demgemäß werden Investitionen in die Kundenbeziehung als das Ausmaß definiert, in dem Zeit, finanzielle Mittel und Ressourcen zur Stärkung der Kundenbeziehungen während der Integrationsphase aufgewendet werden.
3.1.5 Kundenanalyse Der Erfolg im Beziehungsmarketing wird mittels systematischer Analyse, Planung, Organisation und Beurteilung der individuellen Kundenbeziehungen gesucht (Mickeler 2005, S. 52). Plinke (1995, Sp. 1329) definiert die Kundenanalyse als „die systematische Sammlung, Ordnung, Verdichtung und Auswertung von Informationen über Kunden und Kundengruppen.“ Die Fähigkeit und der Wille zur Schaffung einer
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qualitativ und quantitativ hochwertigen informatorischen Basis können in einem umkämpften Wettbewerbsumfeld den entscheidenden Vorteil darstellen, da sie dem Anbieter eine differenzierte und selektive Kundenbearbeitung ermöglichen. Voraussetzung ist die ernsthafte Kundendiagnose, die eine vollständige Analyse der bestehenden sowie der zukünftig zu erwartenden Kunden- und Produktbeziehungen zum Inhalt hat. Naheliegend ist zunächst die Erfassung der kundenspezifischen Anforderungen. Darüber hinaus sind Informationen über die Geschäftsprozesse der Kunden (Plinke 1995, S. 1329-1330), über deren Organisationsstruktur, die internen Entscheidungswege und die maßgeblichen Entscheidungsträger zu erheben. Besonders im B2B-Bereich sind die sozialen Beziehungskomponenten zu beachten, da zumeist mehrere Personen der Kundenorganisation am Kaufentscheidungsprozess beteiligt sind (Multipersonalität der Beschaffung). Die Vertriebs- und Marketingintegration in der Post Merger Phase basiert günstigenfalls auf den Ergebnissen der vertieften Kundenanalyse. Sie ist von zentraler Bedeutung für die kundenbezogene Neujustierung der Vertriebs- und Marketingkonzeption. So sind u. a. Fragen zu den vertrieblichen Organisationsprinzipien, den Kundensystemen, den Konditionensystemen und der selektiven Kundenbearbeitung zu beantworten. Zudem müssen Überlappungen im Kundenportfolio identifiziert und die vorhandenen Informationen zwischen den Unternehmensbereichen der Transaktionspartner ausgetauscht werden. Ebenso zu bedenken ist, dass sich die bisher bestimmenden Faktoren der Geschäftsbeziehungen auf Kunden- wie auch auf Anbieterseite als Reaktion auf die Übernahme mit hoher Wahrscheinlichkeit verändern. Ein Ziel der Kundenanalyse ist daher die frühzeitige Erkennung negativer Entwicklungen in der Geschäftsbeziehung (Wirtz 2003, S. 386). Die umfassende Diagnose und Selektion der Kundenbeziehung ist notwendig, um die Beziehungsmaßnahmen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Der benötigte Informationsbedarf in der Post Merger Phase wird etwa am Beispiel der Gestaltungserfordernisse zur selektiven Kundenbearbeitung deutlich. Hierzu bedarf es der aktiven Gestaltung entlang der vier Handlungsdimensionen Kundenwahl, Kundenstruktur, Bearbeitungsaufwand und Anforderungen von und an den Kunden (Belz 1996; Belz/Brademann/Fuchs et al. 1998, S. 49). Bei der Kundenwahl werden jene Kunden ausgewählt und bearbeitet, die der besonderen Leistungsfähigkeit des Unternehmens entsprechen. Die weitgehende Konzentration auf solche Kunden erlaubt die verbesserte Ausrichtung der Unter-
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nehmensaktivitäten an die Kundenbedürfnisse. Dies führt wiederum zu einem positiven Effekt auf den Unternehmenswert (Gosselin/Bauwen 2006). Die Bedeutung der Kunden für die beteiligten Unternehmen kann anhand verschiedener Bewertungskriterien erfolgen. Die Beurteilung von Umsatzbeitrag und Profitabilität erfolgt naheliegenderweise mittels Rückgriff auf Kennzahlen aus dem internen Rechnungswesen. Zudem werden ABC- oder Kundenportfolioanalysen vorgenommen. Ziel ist die Beurteilung der gemachten Erfahrungen entlang der bisherigen Kundenhistorie. Die Kundenstruktur wird durch die aktive Förderung von Schlüsselkunden, dem Abbau von Kleinkunden und der Erschließung neuer, potenziell attraktiver Kundengruppen beeinflusst. Damit ist die Beantwortung der Frage nach dem angestrebten Organisationsprinzip von Vertrieb und Marketing nach dem Zusammenschluss verbunden. Hier sind besonders Informationen zu den bereits erwähnten sozialen Beziehungsaspekten von Relevanz. Darunter sind die persönlichen Verbindungen und Erfahrungen zwischen den Mitarbeitern von Anbieter und Kunde zu verstehen. Deren systematische Analyse liefert Hinweise auf Entscheiderstrukturen beim Kunden und auf die kundentypengerechte Organisation des Vertriebsteams. Den Bearbeitungsaufwand und den Ressourceneinsatz richtet das Unternehmen nach der Wichtigkeit der Kunden und ihrer spezifischen Anforderungen aus. Schließlich werden alle anderen Anforderungen von und an Kunden definiert, um die wesentlichen Aspekte und die geplante Ausgestaltung der Geschäftsbeziehung weiter abzustützen. Die Kundenanalyse ist auch für die Aufdeckung von Synergiepotenzialen von besonderer Bedeutung. So können bspw. Querbeziehungen zwischen den Kunden der Transaktionspartner untersucht werden, die Hinweise für Produkt- und Dienstleistungsinitiativen, wie z. B. Cross-Selling-Maßnahmen, geben. In vielen M&AFällen ist deren Umsetzung aufgrund der fehlenden Informationsbasis mit Schwierigkeiten verbunden. So stellen Bascle/Duthoit/Goodall et al. (2008, S. 10) fest: „One of the difficulties is that the acquirers and targets sales teams often lack the knowledge and customer relationships to cross-sell each others products and services“. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die intensivierte Erhebung von relevanten Informationen über die bestehenden Kundenbeziehungen notwendig ist, um eine potenzialorientierte und kundenbezogene PMI erst leisten zu können. Auf Basis obiger Überlegungen wird somit für den weiteren Verlauf der Untersuchung die Kundenanalyse nach der Fusion oder Akquisition als das Ausmaß definiert, in dem
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entscheidungsrelevante Informationen zu bestehenden Kundenbeziehungen der beteiligten Unternehmen erhoben und analysiert werden.
3.1.6 Konfliktmanagement Alle Bemühungen zur Pflege der Kundenbeziehung können sich schnell als fruchtlos erweisen, wenn Konflikte zwischen Anbieter und Kunde auftreten und diese nicht rasch genug einer Lösung zugeführt werden können. Der negative Einfluss von Konflikten überwiegt bei Weitem jede positive Einwirkungsstrategie auf die Geschäftsbeziehung (Palmatier/Dant/Grewal et al. 2006, S. 150-151). Konflikte gehören aufgrund ihres häufigen Auftretens und ihres Schadenspotenzials zu den häufig untersuchten Phänomenen in der Geschäftsbeziehungsforschung. Als Beispiele seien hier z. B. Arbeiten zu den Themen Unternehmenskooperationen (u. a. Mentzer/Min und Zacharia 2000; Nordin 2006) oder zur Beziehungsgestaltung in Absatzkanälen (Anderson/Weitz 1992, S. 22; Gaski 1984) genannt. Das Konfliktmanagement im Kontext der Post Merger Integration wurde jedoch, soweit dem Autor bekannt, bisher nicht empirisch behandelt. Grundsätzlich entstehen Konflikte durch die Nichtübereinstimmung bzw. der Divergenz zwischen den Intentionen zweier oder mehrerer Austauschpartner (Locke/Smith/Erez et al. 1994; Palmatier/Dant/Grewal et al. 2006, S. 140). In diesen Fällen unterscheiden sich die von Kunde und Anbieter mittels der Beziehung angestrebten Ziele signifikant voneinander und mindestens eine der Parteien nimmt die Beziehung dadurch als negativ wahr. Eine Vielzahl an Quellen potenzieller Konflikte ist denkbar, da M&A-Transaktionen entscheidenden Einfluss auf Form und Inhalt der bestehenden Interaktion zwischen den Geschäftspartnern haben. Tatsächliche oder antizipierte Veränderungen durch die PMI können auf Kundenseite negativ empfunden werden und schließlich in Konflikten münden. Die Reorganisation der Vertriebs- und Marketingorganisation, die Modifikation des Leistungsspektrums oder die Anpassungen von Preis- und Konditionensysteme können zu einem Auseinanderdriften der vormals, zwischen Kunden und Anbieter weitestgehend übereinstimmenden Interessen und Motiven führen. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Realisierung von Synergien zur Hebung von Effizienzpotenzialen im Zuge der Post Merger Integration ebenfalls dazu führt, dass ein vormals gemeinsames Zielverständnis bzgl. der Geschäftsbeziehung einseitig auf Anbieterseite verändert wird.
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Ein wichtiger Aspekt ist die zeitliche Abfolge von Konflikten. Hier kann zwischen verschiedenen, aufeinanderfolgenden und teilweise überlappenden Eskalationsphasen unterschieden werden (Brown/Lusch und Smith 1991; Kumar/Scheer und Steenkamp 1995; Ndubisi/Wah 2005, S. 545). Für die vorliegende Arbeit ist es zweckmäßig, lediglich eine Differenzierung zwischen potenziellen und manifesten, offenkundigen Konflikten vorzunehmen (Dwyer/Schurr und Oh 1987, S. 24-25). Beim potenziellen bzw. latenten Konflikt sind die strukturellen Konfliktursachen bereits vorhanden und zumindest einer der Parteien bewusst. Der Konflikt selbst ist aber noch nicht offen ausgebrochen. Das trifft erst für die Phase des manifesten Konflikts zu. Die involvierten Parteien konfrontieren einander mit dem Problem und das zuvor vorhandene Vertrauensniveau nimmt rasch ab. Häufig wird der Konflikt vorschnell als eine Situation betrachtet, die in Geschäftsbeziehungen vermieden werden sollte (Plank/Newell 2007, S. 60). Allerdings herrscht heute Einigkeit darüber, dass Konflikte sowohl negative wie auch positive Facetten einschließen. Da sie notwendiger Bestandteil sozialen Wandels und die Basis für Veränderungen sein können, muss deren Auftreten nicht immer um jeden Preis verhindert werden (Rahim 2000). So können sachliche Konflikte durchaus gewollt sein, da sie neue Ideen fördern und Klarheit schaffen (Schögel 1997, S. 92). Zwar argumentiert Rosenbloom (1973, S. 27-29) mit Blick auf Vertriebssysteme, dass ab einem bestimmten Niveau Konflikte Effizienz mindernd wirken und eine ernsthafte Gefahr für die Zusammenarbeit darstellen, aber unterhalb dieser kritischen Grenze ein konstruktives Konfliktniveau sogar eine Effizienz steigernde Wirkung entfalten kann. Wirksame Strategien und Maßnahmen zum differenzierten Umgang und zur Lösung von Konflikten sind somit erfolgsrelevant und werden daher in zahlreichen Arbeiten diskutiert (u. a. Jehn/Mannix 2001; Lam/Chin 2005; McCarthy 2007). Idealerweise werden sich anbahnende, potenzielle Konflikte schon im Vorfeld antizipiert und durch geeignete präventive Maßnahmen verhindert. Dieses Vorgehen lohnt sich, da eine frühe Reaktion einen später höheren Aufwand und Zeiteinsatz vermeiden kann. Alleine die Bereitschaft zur zufriedenstellenden Lösung wird bereits als eine beziehungsstabilisierende Einflussgröße identifiziert (Butzer-Strothmann 1999). Hat sich dennoch ein Konflikt bereits manifestiert, so muss möglichst rasch eine, vor allem für den Kunden, zufriedenstellende Lösung gefunden werden. Trotzdem lässt sich auch für den Anbieter ein vorteilhafter Aspekt aus dem zunächst negativen Ereignis ableiten. So können durch den Konflikt motivierte, positive Veränderungen entstehen (Jehn/Mannix 2001), die für beide Seiten Vorteile generieren und z. B. zu Kostenein-
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sparungen führen (Devasagayam/DeMars 2004, S. 378). Über die Dauer der Geschäftsbeziehung kann sich so auf beiden Seiten ein gegenseitiges Verständnis über Ziele, Motive und Bedürfnisse entwickeln. Aufkommende Differenzen können schneller und erfolgversprechender gelöst werden, solange keine Veränderungen bei jenen Zielen eintreten, die das Fundament der Zusammenarbeit bilden. Bleibt ein manifester Konflikt jedoch ungelöst, wird der ursprüngliche Beziehungszusammenhang gefährdet und es kommt zur Beendigung des Geschäftsverhältnisses. Zusammenfassend beruht erfolgreiches Konfliktmanagement während der PMI auf der Fähigkeit zu phasengerechtem Vorgehen. Potenzielle Konfliktursachen sind frühzeitig zu erkennen bzw. zu verhindern und manifeste Konflikte sind im Sinne des Kunden zu bereinigen. Insgesamt sollte bei Problemen offen mit den Kunden über Lösungsmöglichkeiten diskutiert werden (Ndubisi/Wah 2005, S. 545). In diesem Sinne wird das Konfliktmanagement als das Ausmaß definiert, in dem potenzielle Konflikte während der PMI vermieden und manifeste Konflikte gelöst werden.
3.2 Maßnahmen zur Synergierealisierung Generell wird unter einer Synergie ein Zustand beschrieben, bei dem das Ergebnis der optimalen Kombination zweier Systeme höher ist als die Summe der Einzelsysteme. Im Zuge von M&A-Transaktionen kann unter einem Synergie- oder Verbundeffekt die Veränderung aus den realisierten gemeinsamen Erfolgspotenzialen der Akquisitionsbeteiligten gegenüber der Summe ihrer einzelnen Erfolgspotenziale verstanden werden (Gocke 1997, S. 33; Perin 1996, S. 5; Schäfer 2001, S. 33). Ein positiver finanzieller Synergieeffekt liegt dann vor, wenn der Wert des Gesamtunternehmens nach der Integration die Summe der individuellen Werte der Transaktionspartner vor dem Zusammenschluss übersteigt. Der Synergiebegriff wurde von Ansoff (1965) im Rahmen seiner Arbeit zum strategischen Management geprägt. Bei horizontalen Unternehmensübernahmen werden fast immer Umsatz- und Kostensynergien angestrebt, die üblicherweise im Rahmen der Pre Merger und Merger Phase als Potenziale identifiziert und deren Realisierung in der Post Merger Phase eingeleitet werden. Zur Identifikation von Synergiepotenzialen hat sich eine große Zahl an Autoren bemüht, umfangreiche Systematisierungsansätze für das Synergiekonzept zu entwerfen (u. a. Chatterjee 1986; Porter 1985; Reißner 1992; Weber 1991). Synergien sind insbesondere vom Geschäftsmodell nach dem Zusammenschluss, dem Markt- und
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Kundenumfeld, der leistungswirtschaftlichen Überlappung und der angestrebten Bindungsintensität zwischen den Transaktionspartnern abhängig. Ein einheitlicher Systematisierungsansatz zu Synergien ist schon aufgrund dieser Vielfalt und der gleichzeitigen Einmaligkeit von M&A-Transaktionen nicht möglich. Zudem treten Synergieeffekte nur selten in reiner Ausprägung auf. Mischformen sind die Regel. Eine Unterscheidung nach in der Praxis vorkommenden Synergiearten ist für den Untersuchungszweck dieser Arbeit daher ausgeschlossen und auch nicht zielführend. Ein breiter gefasstes Verständnis wird aus diesen Gründen für die spätere Operationalisierung der zu betrachtenden Synergiekonstrukte notwendig. Weiter ist es entscheidend, dass die Effekte der Synergierealisierung auch anhand von beobachtbaren Erfolgsvariablen gemessen werden können. Hier ist eine Kategorisierung hinsichtlich der Wirkungsweise für eine große Anzahl an Synergiearten möglich, da fast alle Synergiepotenziale auf Erlös- und Kostenvorteile abzielen. Sie erschließen sich u. a. aus Skaleneffekten (Economies of Scale; Jarrell/Bradley 1980), aus Verbundeffekten (Economies of Scope; Panzar/Willig 1981), durch die Ausübung von Marktmacht (Eckbo 1983) im Absatz- wie auch im Beschaffungsbereich sowie generell aus dem möglichen stimulierenden Effekt der Kombination zweier Unternehmen (Christofferson/McNish und L. Sias 2004, S. 21). Die Instrumente zur Kostensenkung sind weitestgehend etabliert und auch außerhalb von M&A-Situationen gängige Maßnahmen der Unternehmensführung. Das Controlling der Soll-IstAbweichungen der Einsparungsziele ist verhältnismäßig einfach durchzuführen. Somit sind Kostensynergien in der Praxis eher zu erreichen, wohingegen die Erzielung von Umsatzsynergien nur schwer zu steuern ist (Chatterjee 2007, S. 49). Bei den marktnahen Umsatzsynergien kommt es zudem häufig durch kostenseitige Maßnahmen zu gegenteiligen Effekten, die eine Wertvernichtung bewirken. Sicher geglaubte, positive Verbundeffekte realisieren sich nicht und es kommt zu negativen Auswirkungen für die Geschäftstätigkeit des kombinierten Unternehmens. Diese sogenannten „Dyssynergien“ werden während und nach der Integrationsphase u. a. durch aggressive Einsparungsmaßnahmen oder Fehleinschätzungen bzgl. der Markt- und Wettbewerbsverhältnisse verursacht. Personalabbau kann z. B. die Produkt- und Servicequalität beeinträchtigen und damit den Verlust von Kunden und Absatzvolumen provozieren.
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In dieser Arbeit wird einem Systematisierungsansatz gefolgt, der zwischen einer Synergierealisierung durch die Zusammenfassung von Ressourcen und einer Synergierealisierung durch den Ressourcenzugang in Vertrieb- und Marketing differenziert. Der Ansatz erfolgt in Anlehnung an Reineke (2001) und Reißner (1992). Er verringert grundsätzliche Abgrenzungsprobleme zwischen den Synergiearten, berücksichtigt gleichzeitig erlös- und kostenorientierte Aspekte (Chatterjee 1986; Weber 1991) und ist durch die ressourcenorientierte Strategieschule geprägt. In den folgenden zwei Abschnitten wird die Konzeptualisierung des Synergiebegriffes vorgenommen. Dazu werden relevante Synergiekategorien kurz vorgestellt und zwischen den Konstrukten „Zusammenfassung von Ressourcen“ und „Ressourcenzugang“ unterschieden.
3.2.1 Zusammenfassung von Ressourcen Synergieeffekte durch Zusammenfassung beruhen auf der Zusammenführung von Funktionen, Prozessen, Aufgaben oder anderen Ressourcen mittels Zentralisierung oder Restrukturierung. Die Ressourcen der Transaktionspartner werden in Abhängigkeit ihrer Ähnlichkeit direkt oder nach vorheriger Angleichung zusammengefasst. Die Angleichung bedeutet dabei den Abbau von Asymmetrien (Freiling 2001, S. 254) und orientiert sich an der jeweils nutzenmaximierenden Ressource. Wesentliches Ziel sind Kostensenkungen bei gleich bleibender Marktausschöpfung. Es ergeben sich hauptsächlich Einsparungen aus Fixkosten-Degressionseffekten, die durch den Abbau redundanter Ressourcen bei gleichbleibender gemeinsamer Ausbringungsmenge entstehen. Die Höhe der Kosteneinsparungspotenziale durch Skaleneffekte ist vom Grad der Übereinstimmung der Ressourcenausstattung zwischen den Transaktionspartnern abhängig. Im Vergleich zu den Kosteneffekten sind mögliche Umsatzeffekte im Rahmen der Zusammenfassung von Ressourcen eher gering. Für die vorliegende Arbeit wird die Zusammenfassung von Ressourcen als das Ausmaß definiert, in dem eine Zusammenfassung bestehender Vertriebs- und Marketingressourcen im Zuge der Post Merger Integration vorgenommen wird.
3.2.2 Ressourcenzugang Im Unterschied zu dem zuvor vorgestellten Konstrukt „Zusammenfassung von Ressourcen“ entstehen bei der Synergierealisierung durch den Zugang zu Ressourcen Erlös- und Kostenvorteile nicht durch den Abbau, sondern durch die Nutzung komplementärer Ressourcen. Synergieeffekte durch Zugang entstehen also, wenn die
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beteiligten Unternehmen über komplementäre, für den jeweils anderen Transaktionspartner wertvolle Ressourcen verfügen und diese im Zuge der PMI zugänglich werden. Hauptziel ist ein höherer Output bei nahezu gleichem Input, d. h. eine verbesserte Marktausschöpfung, für die nur der Zusammenschluss der Transaktionspartner die Grundlage schaffen kann. Diese Synergieeffekte treten ein, wenn Unternehmen mit einem verhältnismäßig hohen Grad an Geschäftsfeldverwandtschaft, d. h. aus ähnlichen Branchen und ähnlichen Wertschöpfungsstufen, Differenzierungsvorteile und damit Effizienzgewinne generieren. Beispielsweise kann der Zugang zu ergänzendem Wissen zur Weiterentwicklung einer gemeinsamen Markt- und Wettbewerbsstrategie führen. Der Zugang zu speziellen Fähigkeiten eröffnet die Möglichkeit zur optimierten Kundenbearbeitung (Seider 2006, S. 82). Schließlich können durch die Rekombination ähnlicher Ressourcen neue Formen der Marktbearbeitung auf der Absatzkanalseite oder neue Produktkombinationen entstehen. In diesem Zusammenhang treten durch die Interaktion der Unternehmen Multiplikatoreffekte auf, die als Erklärung für positive Synergien genannt werden. Allerdings wurde bisher noch kein empirischer Nachweis zu diesem Zusammenhang erbracht (King/Dalton/Daily et al. 2004, S. 197). Der Ressourcenzugang in der Post Merger Integration wird daher abschließend als das Ausmaß definiert, in dem zwischen den Transaktionspartnern auf Vertriebs- und Marketingressourcen zugegriffen wird. Es wird hierbei unterstellt, dass dies mit dem Ziel positiver Verbundeffekte im Sinne einer Wertsteigerung des Gesamtunternehmens verbunden ist.
3.3 Konzeption des M&A-Erfolges Strategiekonforme M&A-Transaktionen sind ein Beitrag zur Erreichung der angestrebten operativen und strategischen Unternehmensziele (Bamberger 1994, S. 9). Die effektive Steuerung und Überprüfung des Zielerreichungsgrades im Sinne eines M&A- oder Integrationscontrollings (Metz 2002; Wirtz 2003, S. 389-408) stellt einen bedeutenden Erfolgsfaktor dar. Voraussetzung ist die Identifizierung und Auswahl geeigneter Messgrößen, was in der Praxis mit beträchtlichen Schwierigkeiten verbunden ist. Neben der Auswahl der „richtigen“ Messgrößen ist hierzu die Frage nach der Quantifizierbarkeit der benötigten Daten zu beantworten. Es treten hier Probleme der Bestimmung, der Abgrenzung und der Verfügbarkeit relevanter Informationen auf. Dies gelingt bei finanziellen Größen ex post meist recht gut, jedoch bleibt die isolierte
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Erfassung (Lucks/Meckl 2002, S. 17) der rein durch die Unternehmensübernahme entstandenen Effekte schwierig. Tabelle 7 veranschaulicht die Problemfelder bei der Erfolgsmessung von M&A-Transaktionen. Bestimmung der Erfolgsgrößen
Referenzierung von Erfolgsgrößen
Analysezeitraum
Mangelnde Aussagefähigkeit finanzieller Erfolgsgrößen
Keine Aussage über die Alternative „NichtAkquisition“ möglich
Subjektivität qualitativer Erfolgsgrößen
Keine komparative Analyse mit Kontrollgruppen
Hohe Anforderung bei der Festlegung und Erfassung von Zielerreichungsgraden
Keine Differenzierung zwischen Käufer- und Verkäufersicht
Multiple, nicht durch die Transaktion verursachte Einflüsse auf potenzielle Referenzwerte, wie z. B. den Aktienkurs, beeinflussen die Aussagekraft
Tabelle 7:
Kurzfristige Analysen liefern keine Aussage über den Post-Merger-Erfolg Mittelfristige Analysen werden durch multiple, nicht durch die Transaktion verursachte Faktoren beeinträchtigt Langfristige Analysen zusätzlich aufgrund mangelnder Informationsgrundlage, z. B. Ausscheiden von Ansprechpartnern, erschwert
Problemfelder der Erfolgsmessung von M&A-Transaktionen (In Anlehnung an Jansen 2004a, S. 111)
Zusätzlich erschweren die Interdisziplinarität, der Umfang und die vielfältigen Facetten des Themenfeldes die Analyse. Es ist demnach nicht verwunderlich, dass hinsichtlich der Messung des M&A-Erfolges weder in der Theorie noch in der Praxis Einvernehmen herrscht (Gerpott 1993, S. 18; Schoenberg 2006) und eine objektive Erfassung der M&A-Erfolgseffekte Schwierigkeiten verursacht. Die dargestellten Probleme mögen in der allgemeinen Diskussion dazu beigetragen haben, den finanziellen und strategischen Erfolg externer Wachstumsstrategien anzuzweifeln. Meist wird davon ausgegangen, dass ungefähr 50 Prozent der Transaktionen als Misserfolge einzuschätzen sind (s. umstehende Tabelle 8). In zahlreichen populärwissenschaftlichen Befragungen werden noch geringere Erfolgsraten berichtet, wenngleich die zugrunde liegenden Messkriterien zumeist unreflektiert angewandt und die Ergebnisse häufig unkritisch ausgewiesen werden.
Entwicklung des Untersuchungsmodells Autor Kitching (1974) Möller (1983) Porter (1987) Hoffmann (1989) Hunt (1990) Guptara (1992) Langer (1999)
UntersuchungsErfolgsmaß zeitraum 1965-70 Subjektive Einschätzung mittels Managementbefragung 1967-81 Subjektive Einschätzung mittels Managementbefragung 1959-86 Unternehmenswert 1960-87 Wiederverkauf des akquirierten Unternehmens
Misserfolgsquote > 46 %
1980-85 1987-92 1996-97
45 % 45 % 31 %
Jansen (2001) Schoenberg (2006)
1994-98 1988-90
Spill (2007)
1992-05
Tabelle 8:
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Finanzieller Erfolg, Integrationserfolg Unternehmenswert Subjektive Einschätzung mittels Managementbefragung Umsatzwachstum, Unternehmenswert Unternehmenswert, subjektive Einschätzung mittels Managementbefragung, Befragung externer Experten, Wiederverkauf Unternehmenswert, subjektive Einschätzung mittels Managementbefragung, Befragung externer Anspruchsgruppen (Stakeholder)
38 % 53 % 20 %
56-76 % 50 %
> 50 %
Literaturübersicht zu Misserfolgsquoten bei M&A-Transaktionen
Auch wissenschaftliche Untersuchungen zu den Erfolgsraten von Unternehmensübernahmen liefern bei genauer Betrachtung kein eindeutiges Bild. Ein Grund mag darin liegen, dass in der allgemeinen Diskussion überraschenderweise vergessen wird, die Unterscheidung zwischen Erfolg und Misserfolg vom eingenommenen Erfolgsverständnis und den verwendeten Erfolgsgrößen bzw. Messparametern abhängig zu machen. Bruner (2002) kommt z. B. nach Berücksichtigung eines vom Üblichen abweichenden Erfolgsmaßstabs zu einem anderen Resultat. Nach Analyse von 114 relevanten Erfolgsstudien aus Käufer- und Verkäufersicht erzielen demnach 60-70 Prozent aller untersuchten M&A-Transaktionen zumindest die von Kapitalgebern für ihr Investment geforderten Opportunitätskosten. Die Übernahmen waren damit aus Eigentümersicht, im Vergleich zur Rendite der Investitionsalternativen, sinnvolle Investitionsentscheidungen. Die Ergebnisse zusammen legen den Schluss nahe, dass für ein besseres Verständnis der Zusammenhänge eine differenzierte Betrachtung der M&A-Erfolgsdimension notwendig ist. Eng verbunden mit dem Erfolgsverständnis ist die Frage nach der eingenommenen Betrachtungs- bzw. Interessenperspektive. Empirische Untersuchungen zum M&AErfolg nehmen typischerweise die Eigentümerperspektive der Transaktionspartner ein. Begründet wird dies mit der Tatsache, dass die Eigentümer bzw. Shareholder in hohem Maße das wirtschaftliche Risiko einer M&A-Investition tragen (Glaum/Lindemann und Friedrich 2006, S. 296-297; Jensen 1984). Zielvorstellungen und Erfolgsauf-
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fassungen anderer Interessengruppen fließen selten in die Arbeiten ein. Eine Neubeurteilung von Akquisitionen kann jedoch möglicherweise dadurch erfolgen, indem die Kundenperspektive, und damit ein wesentlicher Faktor des Unternehmenserfolges, in die Betrachtung mit einbezogen wird. Zur Beantwortung der Forschungsfrage 2 (s. Abschnitt 1.2, S. 5) wird in den folgenden Abschnitten zunächst ein genereller Überblick zu übergeordneten Aspekten der Erfolgsmessung bei M&A-Transaktionen gegeben. Häufig angewandte Erfolgskonzepte und -größen der M&A-Forschung werden kurz umrissen und bezüglich ihrer Eignung für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit kritisch hinterfragt. Daran anknüpfend werden die Konstrukte des Integrations- und Unternehmenserfolgs konzeptualisiert.
3.3.1 Erfolgsverständnis in M&A-Untersuchungen Die theoretischen Vorstellungen hinsichtlich des zu erfassenden Erfolgskonstrukts und der Interessen des Forschers bzw. der Unternehmensführung münden in verschiedene Erfolgsauffassungen und -konzepte (Becker 2005, S. 76). Meist wird der M&A-Erfolg als der Erreichungsgrad von Zielen definiert, die vor dem Beginn der Post Merger Integration festgelegt wurden (u. a. Gerds/Schewe 2001). Bei diesem Zielansatz wird Erfolg als das Ausmaß der Erreichung eines oder mehrerer ex ante definierten SollZustände angesehen. Notwendige Voraussetzung dafür ist, dass das Käuferunternehmen eindeutig formulierte Zielvorstellungen beschließt (Gerpott 1993, S. 235). Dazu werden in der Praxis häufig sogenannte „weiche“ Ziele formuliert, die nur schwer quantifizierbar sind und gegenüber externen Gruppen auch nicht eindeutig kommuniziert werden. Die Folge ist, dass die Ziele nicht oder nur ungenügend einer quantifizierten Ex post-Erfolgsmessung unterzogen werden können. Die Erfolgsbeurteilung kann somit nur subjektiv erfolgen. Es werden aber auch M&A-Ziele anhand der intendierten Veränderung objektiv erhebbarer Indikatoren festgelegt und gemessen. Bei diesem quantitativ-objektiven Ansatz kommen als Messgrößen sowohl strategische Kennzahlen zur Beschreibung der Wettbewerbsposition, z. B. der Marktanteil oder die Kundenbindungsrate, als auch im engeren Sinne formal-finanzielle Kennzahlen infrage. Letztere sind in wissenschaftlichen M&A-Studien am häufigsten vorzufinden, da sie eine einfache quantitative Erfassung erlauben.
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Zusätzlich ist für das Verständnis zu relevanten Ziel- und Erfolgsdimensionen die Betrachtung des Erfolgsverständnisses der einzelnen Anspruchsgruppen wichtig, da diese in ganz unterschiedlicher Weise von einer Fusion oder Akquisition betroffen sind. Hinweise zur Beurteilung lassen sich aus der Analyse häufig zitierter Bedenken im Vorfeld von Unternehmensübernahmen ableiten. Betrachtet man in verkürzter Form die möglichen, vielfach konfliktären Erfolgsansprüche, so ergibt sich anhand der verschiedenen Wahrnehmungsperspektiven ein vielschichtiges Bild. Aus der Unternehmenseigentümerperspektive: der finanzielle Erfolg im Sinne einer Unternehmenswertsteigerung (Shareholder-Value; Hitt/Harrison/Ireland et al. 1998). Aus der Managementperspektive: z. B. der langfristige, strategische Erfolg im Sinne einer verbesserten Wettbewerbsposition des kombinierten Unternehmens, die Sicherung des Unternehmensfortbestandes und damit des eigenen Arbeitsplatzes sowie die Steigerung der Unternehmensreputation. Aus der Mitarbeiterperspektive: u. a. die Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes, die Steigerung der Unternehmensreputation und das Bewahren der Unternehmenskultur (Cartwright/Cooper 1995). Aus der Kundenperspektive: z. B. die Verbesserung der Liefersicherheit und der geografischen Präsenz, die Partizipation an Kostensenkungen durch niedrigere Preise sowie ein besseres Management (Scharff 2005, S. 209-213). In der vorliegenden Arbeit wird zunächst die Perspektive der Unternehmenseigentümer (Kapitalgeber) eingenommen. Gemäß den in Abschnitt 2.7 (S. 43 ff.) entwickelten Überlegungen zum Bezugsrahmen und der beiden unterschiedlichen Wahrnehmungsperspektiven wird im Untersuchungsdesign zwischen dem Integrations- und dem Unternehmenserfolg unterschieden, da die Messung des M&A-Erfolges als einzelne Messgröße kritisch zu sehen ist. Damit wird der Forderung einiger Autoren nach einer multi-dimensionalen M&A-Erfolgsbetrachtung (u. a. King/Dalton/Daily et al. 2004, S. 196; Schoenberg 2006, S. 368) entsprochen, die wiederum einen umfassenderen Einblick in die Erfolgsmechanismen der kundenbezogenen Integrationgestaltung gewährt und eine ganzheitliche Analyse und Interpretation der Ergebnisse ermöglichen soll (s. Abbildung 4). Die vorliegende Arbeit greift später auf ein indirektes Messkonzept zurück, das in einem ersten Schritt die Wirkung von Ge-
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staltungsmaßnahmen auf den mediierenden Integrationserfolg zu erfassen versucht, um dann im zweiten Schritt den Einfluss des Integrationserfolges auf den davon abhängigen Unternehmenserfolg zu erheben. M&A-Erfolg
Integrationsgestaltung
Abbildung 4:
Integrationserfolg (strategisch)
Unternehmenserfolg (finanziell)
M&A-Erfolg als kausale Kette
Es wird hierbei unterstellt, dass M&A-Transaktionen zunächst Motiven gehorchen, die sich in strategischen Erfolgsgrößen widerspiegeln und sich schließlich in einem positiven Effekt auf finanzielle Kennzahlen auswirken (Gerpott 1993, S. 191-193). Der Unterschied zwischen den beiden Größen beruht damit letztlich in der zeitlichen Abfolge ihres Auftretens (Lucks/Meckl 2002, S. 15). Demgemäß wird der Integrationserfolg in der vorliegenden Untersuchung als strategische Erfolgsgröße aufgefasst. Er erlaubt die Beurteilung der Anspruchserfüllung aus Kapitalgebersicht, und, im Unterschied zu vergleichbaren bisherigen empirischen Arbeiten, die Bewertung aus Kundensicht. Der Unternehmenserfolg hingegen bildet rein die Kapitalgebersicht ab und wird als finanzielle Erfolgsgröße aufgefasst.
3.3.2 Dimensionen des Integrationserfolges Der Integrationserfolg ist nur selten mit Konsequenz konzeptionell erörtert worden. Das überrascht, da der Begriff in M&A-Studien häufig erwähnt wird. Die Gründe dafür sind in den zuvor skizzierten grundsätzlichen Problemen der Erfolgsbetrachtung von M&A-Transaktionen zu suchen. In der Literatur können einige Hinweise zur Konzeptualisierung gefunden werden. Gerpott (1993, S. 389) definiert den Integrationserfolg insgesamt als das Ausmaß, „in dem vom Erwerber durch eine Akquisition angestrebte […] Transfers materieller und immaterieller Ressourcen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht wurden.“ Gerds (2000, S. 148–154) untersucht faktorenanalytisch den Integrationserfolg als zweidimensionales Konstrukt aus der Integrationseffektivität und der Integrationseffizienz. Die Integrationseffektivität entspricht dem Zielerreichungsgrad in Bezug auf den materiellen und immateriellen Ressourcentransfer. Die Integrationseffizienz wird aus der Managementzufriedenheit
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in den beteiligten Organisationen, dem Zeitverzug der Realisierung und dem Ausmaß politischer Entscheidungen konzeptionalisiert. Zudem bereiten die Begriffsabgrenzungen und damit die Operationalisierung der Messinstrumente regelmäßig Probleme. Dazu seien an dieser Stelle z. B. Schmidt/Vogt und Schriber (2005, S. 307) zitiert: „Obschon die Integration […] durchaus als zentraler Untersuchungsgegenstand anerkannt wird, ist das Dilemma dabei, dass Integration als Analyseeinheit schwer zu operationalisieren ist.“ Trotzdem unternehmen einige Autoren den Versuch, den Erfolg einer Integration als die Veränderung objektiv erfassbarer Indikatoren zu erfassen. Zu den verwendeten strategischen Größen zählen u. a. die Kostensenkung im Zuge der Integration (u. a. Capron/Hulland 1999), Marktanteilsveränderungen (u. a. Chakrabarti 1990), Kundenloyalität (Bucerius 2004) oder beispielsweise die Anzahl neuer Produktinnovationen und das Ausmaß des zusätzlichen Wissensaufbaus (Prabhu/Chandy und Ellis 2005). In dieser Arbeit wird die Effektivität der Gestaltungsmaßnahmen während der Integrationsphase durch die wettbewerbs- und kundenbezogene Facette des Integrationserfolges beurteilt. Die wettbewerbsbezogene Facette bildet hauptsächlich die Erfolgsansprüche des Käuferunternehmens ab. Anknüpfend an die zuvor erwähnten Arbeiten werden dazu die strategischen Erfolgsgrößen Marktanteil und Kostensenkung in der vorliegenden Untersuchung als Maßstab für die Veränderung der Marktpositionierung des Gesamtunternehmens nach der Integration verwendet. Beide Größen stellen zentrale Indikatoren für die generelle Erfolgsbeurteilung von Unternehmen dar (u. a. Hinterhuber 2004, S. 153). Die Kostensenkung ist besonders hinsichtlich der bei horizontalen Fusionen und Akquisitionen angestrebten Kostensynergien ein wichtiges Ziel. Die kundenbezogene Facette bildet den zweiten Aspekt des Integrationserfolges ab. Die Qualität und Güte der Geschäftsbeziehung unterliegt einem ständigen Bewertungsprozess durch den Kunden. Gerade in der, von hoher Unsicherheit und Veränderung geprägten Situation einer Unternehmensübernahme laufen die Transaktionspartner jedoch Gefahr, ihre Kunden an Wettbewerber zu verlieren. In der Literatur finden sich konzeptionelle und empirische Untermauerungen für die Relevanz der Beziehungsqualität in Bezug auf die Neigung der Kunden, die existierende Geschäftsbeziehung aufzugeben. Ulaga/Eggert (2006, S. 311) konstatieren: „[…] when managers are concerned with the risk of customers leaving a relationship, they should
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focus on relationship quality“. Der Qualität von Kunden- oder Geschäftsbeziehungen im Rahmen des Relationship Marketings kommt generell eine wichtige Rolle als zentrale Erfolgsgröße zu (u. a. Crosby/Evans und Cowles 1990; Hennig-Thurau 2000; Smith 1998). Die Beurteilung von Kundenbeziehungsmaßnahmen in der Integrationsphase anhand der Beziehungsqualität ist daher besonders naheliegend. In den folgenden drei Abschnitten werden die einzelnen Charakteristika der drei identifizierten Konstrukte diskutiert und für die spätere Erarbeitung der jeweiligen Messinstrumente (s. Abschnitt 4.4.2, S. 119 ff.) konzeptualisiert.
3.3.2.1 Marktanteil Der Erfolg des Kundenmanagements wird im Geschäftsbeziehungsmarketing sehr oft mithilfe marktanteilsbezogener Größen gemessen. Durch die Steigerung des Marktanteils ist die Schaffung von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen möglich (Day/Wensley 1988, S. 3). Untersuchungen bestätigen, dass Unternehmen mit ausgewiesenen Marktanteilsteigerungen gegenüber ihren Wettbewerbern bei den Kriterien finanzielle Performance, Kundenbindung und Kundenzufriedenheit besser abschneiden (u. a. O’Regan 2002). Langfristige Marktanteilssteigerungen sind allgemein ein Ergebnis der Fähigkeit, Leistungen mit höherem Nutzen anzubieten und gleichzeitig ein Mittel, um diese Leistungen zu geringeren Kosten darstellen zu können (Gale/Buzzell 1993). Marktanteilsbezogene Motive zählen zu den wichtigen Gründen für Fusionen und Akquisitionen (s. Abschnitt 2.2, S. 14). Die in diesem Zusammenhang zu erwähnenden Umsatzsynergien werden meist mit einer Steigerung des Marktanteiles nach der Transaktion gleichgesetzt. Effizienzsteigerungspotenziale entstehen zudem durch Fixkostendegressionseffekte aufgrund der höheren Ausbringungsmengen. Aus obigen Gründen wird der Marktanteil daher unter Unternehmensentscheidern als besonders relevante Messgröße der Transaktionsperformance angesehen (Spill 2007) und wird auch in einer ganzen Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten zur Beurteilung des Gesamterfolges von Unternehmensübernahmen herangezogen (u. a. Capron/Hulland 1999; Homburg/Bucerius 2005). Darüber hinaus erlaubt die Beobachtung des Marktanteilsverlaufs die Beurteilung von Kundenabschmelzverlusten als Reaktion auf die Transaktion.
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Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Güte der Integrationsleistung nach der Fusion oder Akquisition vor allem davon abhängt, wie gut es gelingt, bestehende und übernommene Kunden zu binden sowie insgesamt neue Umsatzpotenziale, u. a. durch die Neukundengewinnung oder Cross-Selling-Aktivitäten zu erschließen. Der Marktanteil wird daher als das Ausmaß definiert, in dem der Marktanteil des Gesamtunternehmens nach der Fusion oder Akquisition die Summe der Marktanteile der Transaktionspartner vor der Fusion oder Akquisition übersteigt. 3.3.2.2 Beziehungsqualität Der Beziehungsqualität ist ein besonderer Stellenwert im M&A-Fall einzuräumen, da die Unternehmensführung ein situationsbezogenes Risiko der Kundenabwanderung meistern muss. Basierend auf den grundlegenden Arbeiten von Dwyer/Schurr und Oh (1987) zu Geschäftsbeziehungen, von Crosby/Evans und Cowles (1990) zur Beziehungsqualität und von Morgan/Hunt (1994) zur Key Mediating VariablesTheorie haben zahlreiche Untersuchungen die Wirkung von Marketingmaßnahmen auf die Kundenbindung und den Unternehmenserfolg als vollständig mediiert durch die Konstrukte Zufriedenheit, Vertrauen und Verbundenheit nachgewiesen (Palmatier/Dant/Grewal et al. 2006). Einige Überblicksbeiträge, hauptsächlich aus der Service- und Consumerliteratur (u. a. Hennig-Thurau 2000; Liljander/Strandvik 1995; Palmatier/Dant/Grewal et al. 2006; Roberts/Varki und Brodie 2003) geben einen guten Überblick über die Forschungsergebnisse. Eine wichtige Erkenntnis ist die Tatsache, dass die Erfassung lediglich eines eindimensionalen Erfolgsaspektes dem facettenreichen Wesen von Geschäftsbeziehungen nicht gerecht wird. Zur Bewertung der Güte einer Geschäftsbeziehung wurde daher der Begriff der Beziehungsqualität eingeführt, unter dem die übergeordnete Beurteilung der Stärke und Atmosphäre einer Geschäftsbeziehung verstanden wird. Er beschreibt die wahrgenommene Güte der Beziehung hinsichtlich der Erfüllung der Wünsche und Bedürfnisse der Kunden (Jarvelin/Lehtinen 1996; Smith 1998, S. 78). HennigThurau/Klee (1997, S. 751) definieren die Beziehungsqualität ähnlich lautend als „degree of appropriateness of a relationship to fulfil the needs of the customer associated with the relationship.“ Die Beurteilung durch die Beziehungspartner basiert dabei auf den in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen entlang der Abfolge einzelner Austauschprozesse.
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Die erste explizite Konzeptualisierung als mehrdimensionale Variable stammt von Crosby/Evans und Cowles (1990, S. 70) auf Basis der Konstrukte Zufriedenheit und Vertrauen. Betrachtet man über die letzten Jahre alle wesentlichen Beiträge der Beziehungsmarketingforschung, so lässt sich erkennen, dass die Validierung des Konstrukts Beziehungsqualität mittlerweile meist unter Einbeziehung der drei Dimensionen Zufriedenheit, Vertrauen und Verbundenheit erfolgt. Dies legt nahe, dass sich über die Zeit ein gewisser Konsens über die zentralen Dimensionen des Konstrukts gebildet hat. Es handelt sich bei der Beziehungsqualität demnach um ein Metakonzept höherer Ordnung (Smith 1998, S. 4) mit vielfältigen Bezügen zwischen den Konstruktdimensionen (Dorsch/Swanson und Kelley 1998, S. 130; Palmatier/Dant/Grewal et al. 2006, S. 149). Als Beispiele für relevante Studien seien hier Rauyruen/Miller (Rauyruen/Miller 2007), Ulaga/Eggert (Ulaga/Eggert 2006), De Wulf/Odekerken-Schröder und Van Kenhove (De Wulf/Odekerken-Schröder und Van Kenhove 2003), De Wulf/Odekerken-Schroder und Iacobucci (De Wulf/OdekerkenSchroder und Iacobucci 2001), Dorsch/Swanson und Kelley (Dorsch/Swanson und Kelley 1998) sowie Kumar/Scheer und Steenkamp (Kumar/Scheer und Steenkamp 1995) genannt. Zufriedenheit Zufriedenheit ist ein psychologisches Phänomen und stellt eines der zentralen Themen der aktuellen Marketingtheorie und -praxis dar. Der Begriff subsumiert die aggregierten Qualitätswahrnehmungen der Kunden gegenüber den erbrachten Leistungen des Anbieters. Die positiven Effekte einer hohen Kundenzufriedenheit auf die Bereitschaft zur Fortsetzung der Geschäftsbeziehung konnten mehrfach empirisch nachgewiesen werden (u. a. Homburg/Giering und Hentschel 2000; Liljander/Strandvik 1995; Ndubisi 2003). Hinsichtlich der verschiedenen Formen der Zufriedenheit kann zwischen der Kaufzufriedenheit und der Beziehungszufriedenheit unterschieden werden (Bauer 2000, S. 32-37; Winkelmann 2006, S. 346). Die Kaufzufriedenheit bzw. transaktionale Kundenzufriedenheit bezieht sich auf den einzelnen Kaufakt und ist als Ergebnis eines komplexen Vergleichsprozesses zu verstehen. Zu ihrer Modellierung wurden mehrere theoretische Ansätze entworfen, von denen das Confirmation/Disconfirmation-(C/D)Modell (Churchill/Surprenant 1982; Oliver 1981; Parasuraman/Zeithaml und Berry 1988) die meiste Verbreitung gefunden hat. Es erklärt das Zustandekommen von Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit als den kognitiven Vergleich zwischen den
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individuellen Erwartungen an ein Produkt oder eine Dienstleistung (das Anspruchsniveau oder Sollleistung) mit der tatsächlich erlebten, d. h. wahrgenommenen Erfahrung bei Inanspruchnahme der Leistung (Istleistung). Entspricht die wahrgenommene Leistung dem Anspruchsniveau, so werden die Erwartungen bestätigt (Confirming) und man spricht von Zufriedenheit. Werden die Erwartungen übererfüllt (Positively Disconfirming) spricht man von hoher Zufriedenheit. Unzufriedenheit tritt dann ein, wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden (Negatively Disconfirming). Im Gegensatz zur transaktionalen Zufriedenheit, die sich auf eine einzelne Transaktion bezieht, bildet die Beziehungszufriedenheit (auch dynamische Zufriedenheit genannt; Homburg 2000, S. 99) die Kundenzufriedenheit über den gesamten Zeitraum der Geschäftsbeziehung zum Anbieter ab (De Wulf/Odekerken-Schroder und Iacobucci 2001, S. 36). Das Zufriedenheitsniveau ist damit episodenunabhängig und wird meist nicht durch einzelne Ereignisse geradewegs korrigiert. Erst ab einer bestimmten Häufigkeit und Stärke solcher Erfahrungen ergeben sich Auswirkungen auf das vorhergehende Niveau. Die Beziehungszufriedenheit weist damit in höherem Maße einen einstellungsähnlichen und daher relativ dauerhaften und konsistenten Charakter auf (Bauer 2000, S. 33; Kaas/Runow 1984, S. 457). Die Verbundenheit der Kunden und das Kundenvertrauen zum Anbieter bilden die anderen zwei Dimensionen der Beziehungsqualität ab. Beide werden in der Literatur ebenfalls als zentrale Konstrukte des Beziehungsmarketings angesehen, da sie die notwendige Voraussetzung für den Erfolg und die Stabilität von Geschäftsbeziehungen sind (Anderson/Weitz 1992; Doney/Cannon 1997; Moorman/Zaltman und Deshpandé 1992; Morgan/Hunt 1994; Ulaga/Eggert 2006). Stellt die Zufriedenheit eine Qualitätswahrnehmung des Kunden dar, die sich auf die kumulierten Erfahrungen mit der Beziehung zum Anbieter bezieht (Ex post-Orientierung), so zielen Vertrauen und Commitment eher auf die Erwartung hinsichtlich der Kontinuität der Geschäftsbeziehung und damit auf das zukünftige Verhalten des Anbieters ab (Ex anteOrientierung; Hennig-Thurau 2000, S. 140). Vertrauen Morgan/Hunt (1994, S. 23) identifizieren in ihrer Commitment-Trust-Theorie Vertrauen als eine zentrale Erfolgsvariable für den Aufbau von Kundenbeziehungen. Vertrauen liegt dann vor, „[…] when one party has confidence in an exchange partner’s reliability and integrity.“ Ähnlich argumentieren Moorman/Zaltman und
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Deshpandé (1992, S. 82), indem sie Vertrauen als „a willingness to rely on an exchange partner in whom it has confidence.” definieren. Um hinreichende Gewissheit über die Vertrauenswürdigkeit des Anbieters zu erlangen, sind die Kundenerfahrungen entlang einer Reihe vergangener Interaktionen entscheidend (Dwyer/Schurr und Oh 1987, S. 18). Hier stellt sich die Frage nach dem Objektbezug des Vertrauens. Die Beziehungsmarketingliteratur fokussiert sich dabei sowohl auf individuelle Akteure, z. B. die Vertriebs- oder Servicemitarbeiter, als auch auf das Unternehmen als Ganzes. (Doney/Cannon 1997, S. 35). Zumeist wird die besondere Bedeutung persönlicher Beziehungen betont (u. a. Belz/Brademann/Fuchs et al. 1998, S. 23; Dwyer/Schurr und Oh 1987, S. 12), wenngleich Kunden auch Produkt- oder Systemvertrauen aufbauen (Reber 2002, S. 248) und beide Aspekte eine wichtige Rolle in der Kundenbindung spielen. Im B2B-Kontext definieren Doney/Cannon (1997, S. 36) Vertrauen als „the perceived credibility and benevolence of a target of trust.“, und identifizieren damit zwei weitere wichtige Facetten des Begriffes. Glaubwürdigkeit (Credibility) wird durch die objektive Leistungsfähigkeit zur Erbringung der gewünschten Produkte und Dienstleistungen sowie durch die Einhaltung von Zusagen des Anbieters induziert. Mit Wohlwollen (Benevolence) ist gemeint, dass der Anbieter im besten Interesse des Kunden handelt, wobei er nicht gänzlich uneigennützig handeln muss, sondern vielmehr die Basis zur Vorteilsrealisierung für beide Austauschpartner schafft. Vertrauen in den Anbieter ist aus Kundensicht hinsichtlich zweier Aspekte besonders entscheidend (Hennig-Thurau 2000, S. 140). Zum einen kann das Risiko einer fehlerhaften Leistungserbringung durch die Wahl eines vertrauenswürdigen Anbieters beschränkt werden. Zum anderen sollen Such- und Anbahnungskosten, die in der Vorphase der Produktentscheidung anfallen, durch das Wissen um ein faires Verhalten seitens des Anbieters niedrig gehalten bzw. vollständig vermieden werden. Die Bedeutung des Vertrauens variiert in Abhängigkeit des vom Kunden wahrgenommenen Unsicherheitspotenzials bzgl. der nachgefragten Leistung. Besonders bei komplexen und Know-how-intensiven Sachleistungen spielt das Kundenvertrauen bei der Kaufentscheidung und während der Projektzusammenarbeit eine entscheidende Rolle. Es ermöglicht dem Kunden einen indirekten Zugang zu einer Leistung, die er letztlich nicht gültig beurteilen kann (Belz/Brademann/Fuchs et al. 1998, S. 23). Ebenso kommt dem Vertrauen auf Dienstleistungsmärkten aufgrund der im Vergleich zu manifesten Gütern hohen Unsicherheit grundsätzlich große Bedeutung zu (Hennig-
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Thurau 2000, S. 140). Die kontextabhängige Beschaffenheit von Vertrauen (Granovetter 1985, S. 488) wird im M&A-Fall besonders deutlich, wenn die konstituierenden Merkmale der Geschäftsbeziehung, z. B. durch wesentliche organisatorische Veränderungen, modifiziert werden und der Kunde vor eine neue Situation gestellt wird, auf die er mit Verunsicherung reagiert. Verbundenheit des Kunden Das zweite zentrale Konstrukt der Commitment-Trust-Theorie (Morgan/Hunt 1994) ist die Verbundenheit des Kunden (Commitment) zum Anbieter. Auch ihre Bedeutung für das erfolgreiche Management langfristiger Geschäftsbeziehungen ist in der Marketingliteratur vielfach bestätigt worden (u. a. Dwyer/Schurr und Oh 1987; Garbarino/Johnson 1999; Gruen/Summers und Acito 2000). Unter der Verbundenheit kann allgemein die starke innere Bindung (Homburg 1995, S. 129) des Kunden an den Anbieter angesehen werden. Aus der B2B-Marketingperspektive heraus charakterisieren Anderson/Weitz (1992, S. 19) den Begriff mit dem Streben der Austauschpartner, eine stabile Beziehung aufzubauen und zu pflegen, sowie die Bereitschaft, kurzfristige Einbußen zu akzeptieren, um die Geschäftsbeziehung in der Zukunft fortzuführen. Moorman/Zaltman und Deshpandé (1992, S. 316) definieren die Verbundenheit als „an enduring desire to maintain a valued relationship”. Sie ergänzen den Begriff damit um den zentralen Aspekt des Wertes der Beziehung für die Austauschpartner. So sei es unwahrscheinlich, dass sich Kunde und Anbieter ihrer Geschäftsbeziehung verbunden fühlen, wenn sie diese nicht wertschätzen. Wie auch beim Vertrauen knüpft die dritte Dimension der Beziehungsqualität stärker am beabsichtigten Verhalten der Kunden an, das sich unmittelbar aus deren Einstellung zum Anbieter ergibt. Festgemacht an den Konstituten der Kunden-Anbieter-Beziehung wird die Verbundenheit damit ebenfalls zu einem Maßstab für die Kundenloyalität. Im Gegensatz zu den bereits dargestellten Dimensionen „Zufriedenheit“ und „Vertrauen“ der Beziehungsqualität existiert für die Verbundenheit des Kunden kein allgemein akzeptierter Begriffskern und somit kein vorherrschendes, gemeinsames Begriffsverständnis (Hennig-Thurau 2000, S. 140). Eine der häufiger verwendeten Konzeptualisierungen beruht auf der Aufspaltung des kundenseitigen Beziehungscommitments (Hennig-Thurau 2000, S. 141) in zwei Komponenten (Denize/Young 1995). Die erste, emotionale Komponente drückt die gefühlsmäßig begründete Verbundenheit des Kunden zum Anbieter aus. Sie begründet die langfristige Kooperation beider Partner und ist weitgehend unabhängig vom Zeithorizont und der öko-
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nomischen Bedeutung der Beziehung (Diller/Kusterer 1988; Moorman/Deshpandé und Zaltman 1993, S. 23). Die zweite, kognitive Komponente stellt auf den Verbleib des Kunden in der Beziehung aufgrund mehr oder weniger rationaler Kosten-NutzenErwägungen ab. Einflussfaktoren in diesem ökonomischen Kalkül können z. B. Wechselkosten oder der Mangel an (Anbieter-) Alternativen sein (Fullerton 2005, S. 1375; Plinke 1997, S. 35). Zusammenfassend wird die Beziehungsqualität in dieser Arbeit als das Ausmaß definiert, in dem sich die Gesamtbeurteilung zur Stabilität und Stärke der Beziehung zwischen Anbieter und Kunde in Folge der M&A-Transaktion verändert hat. Die Beziehungsqualität wird als multidimensionales Konstrukt mit den drei Faktoren „Kundenzufriedenheit“, „Kundenvertrauen“ und „Verbundenheit des Kunden“ konzeptualisiert. Unter der Kundenzufriedenheit wird die gefühlsbetonte Einstellung des Kunden hinsichtlich seiner kumulierten Erfahrungen während der Geschäftsbeziehung verstanden. Das Kundenvertrauen wird als die Gewissheit des Kunden über die Zuverlässigkeit und Integrität des Anbieters definiert. Schließlich wird die Verbundenheit des Kunden als dessen kontinuierlicher Wunsch zur Weiterführung der Beziehung angesehen.
3.3.2.3 Kostensenkung im Zuge der Integration Ein wesentliches Motiv für Unternehmenskäufe ist die Verbesserung der Kostenposition relativ zu den Wettbewerbern. Das Ausmaß der erzielten Kostensenkungen während der Integration ist daher eine der am häufigsten betrachteten Variablen der M&A-orientierten Literatur. Kosteneinsparungen werden dabei nahezu ausschließlich im Zusammenhang mit dem Begriff „Kostensynergien“ untersucht (z. B. Capron/Hulland 1999; Kromer 2001). Kostensynergien durch den Abbau redundanter Ressourcen ergeben sich insbesondere bei den betrachteten horizontalen M&A-Transaktionen aufgrund der hohen Ressourcenübereinstimmung zwischen den Transaktionspartnern. Die Kostensenkung wird daher in der vorliegenden Arbeit als eigene Erfolgsgröße betrachtet. Das erlaubt die Beurteilung der Kostenwirksamkeit der untersuchten Maßnahmen zur Synergierealisierung (s. Abschnitt 3.2, S. 60 ff.). In Anlehnung an Bucerius (2004, S. 104) wird die Kostensenkung als das Ausmaß definiert, in dem Marketing- und Vertriebsressourcen in den beteiligten Unternehmen als Konsequenz der M&A-Integration reduziert bzw. gestrichen wurden.
Entwicklung des Untersuchungsmodells
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3.3.3 Dimension Unternehmenserfolg Der finanzielle Unternehmenserfolg bildet die abhängige Variable in der kausalen Kette des Bezugsrahmens ab und ist Bestandteil des übergeordneten (Gesamt-) M&AErfolges. Zur Messung treten in quantitativ-empirischen Studien zwei Erfolgskonzepte besonders häufig auf. Die eine Gruppe von Arbeiten betrachtet die Veränderung des operativen Unternehmenserfolgs nach dem Zusammenschluss. Hier werden üblicherweise Kennzahlen aus dem Rechnungswesen miteinander verglichen. Die andere Gruppe beleuchtet die vom Kapitalmarkt erwartete Entwicklung des Unternehmenswertes nach der Transaktion in Form der Aktienpreise. Hinsichtlich der Erhebungsart greifen beide Konzepte auf unternehmensextern verfügbare Kennzahlen zurück. Die Konzeptualisierung des finanziellen M&A-Erfolges ist dabei eng mit der verwendeten Erhebungsmethode und der Datenquelle verknüpft. Im Folgenden werden die Erfolgskonzepte und Messmethoden kurz umrissen. Danach wird der finanzielle Unternehmenserfolg in geeigneter Weise konzeptualisiert, um in einem späteren Schritt die Operationalisierung des Konstrukts zu ermöglichen.
3.3.3.1 Grundlagen der Unternehmenserfolgsmessung nach M&A-Transaktionen Die jahresabschlussorientierte Erfolgsbeurteilung basiert auf der Analyse von Kennzahlen aus dem externen Rechnungswesen der an der M&A-Transaktion beteiligten Unternehmen. Ziel ist es, Aussagen über die Wirkungen von Fusionen und Akquisitionen auf den operativen Erfolg der Unternehmen zu treffen (Glaum/Lindemann und Friedrich 2006, S. 299). Hinsichtlich der Kennzahlen wird insbesondere auf absolute Größenmaße wie den Umsatz oder auf Verhältnisgrößen wie die Umsatzrendite sowie die Eigen- oder Gesamtkapitalrendite zurückgegriffen. In einigen Fällen gehen Untersuchungen über diese klassischen Erfolgsgrößen hinaus. So analysieren bspw. Hitt/Hoskisson/Ireland et al. (1991a; 1991b) sowie Prabhu/Chandy und Ellis (2005) die Auswirkungen von Akquisitionen auf die Innovationskraft des kaufenden Unternehmens. Die Messung erfolgt in diesen Beispielen anhand der Anzahl genehmigter Patente oder der Veränderung von Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Hinsichtlich der Messkriterien lassen sich die jahresabschlussorientierten Erfolgsmessungen in Vorher-/Nachher-Analysen und in komparative Objektanalysen einordnen (Glaum/Lindemann und Friedrich 2006, S. 299; Kolesky 2006, S. 149). In Vorher-/Nachher-Analysen werden Kennzahlen vor und nach der M&A-Transaktion
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Kapitel 3
miteinander verglichen. Die Zeiträume zwischen den Messungen können dabei teilweise mehr als fünf Jahre betragen. In den komparativen Objektanalysen wird überprüft, ob sich die Kennzahlen der Transaktionspartner wesentlich von Branchendurchschnittswerten oder den Werten einer ausgewählten Kontrollgruppe unterscheiden. Der Branchendurchschnitt und die Kontrollgruppe werden aus Unternehmen gebildet, die sich z. B. bezüglich Größe, Branchenzugehörigkeit oder Leistungsangebot dem Untersuchungsobjekt ähneln und im Beobachtungszeitraum keine M&A-Transaktionen durchgeführt haben. Der Vorteil der jahresabschlussorientierten Erfolgsmessung für wissenschaftliche Untersuchungen liegt in der Verfügbarkeit der Daten. Aufgrund der Publizitätspflichten hinsichtlich der Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage, die in den meisten Ländern ab einer bestimmten Unternehmensgröße gelten, können auch Transaktionen beurteilt werden, bei denen nicht börsennotierte Transaktionspartner beteiligt waren. Darüber hinaus erleichtert der Bezug auf quantitativ–objektive Erfolgskennzahlen eine normative Argumentation hinsichtlich der Schlussfolgerungen für die M&A-Praxis (s. Abschnitt 2.8, S. 45 ff.). Generell ist die unternehmensexterne Beurteilung der Unternehmensleistung anhand buchhalterischer Zahlen mit gravierenden Nachteilen verbunden (detailliert s. Becker 2005). Durch die Vergangenheitsorientierung werden zukunftsbezogene Schlüsse erschwert. Zudem sind die Daten unterschiedlicher Unternehmen nur eingeschränkt vergleichbar, da wesentliche Spielräume bei den Ansatzund Bewertungswahlrechten existieren und im Zeitablauf Änderungen der Rechnungslegungsstandards zu Verwässerungen der Aussagekraft führen. Die große Zahl von Übernahmen unter Beteiligung kleiner Firmen, deren Kennzahlen Dritten meist nicht zugänglich gemacht werden, kann damit ebenfalls nicht in die Analyse einbezogen werden. Schließlich können Konfundierungseffekte zu Fehldeutungen bei den Ergebnissen führen. Darunter ist zu verstehen, dass eine Unterscheidung zwischen Auswirkungen aufgrund der Unternehmensübernahme und Auswirkungen, die durch gänzlich andere Einflüsse im selben Zeitraum auftraten, nicht mehr eindeutig möglich ist. Solche, in keinem Zusammenhang mit der Transaktion stehenden, Einflüsse entstehen bspw. durch ein verändertes Markt- und Wettbewerbsumfeld und sind regelmäßig nicht isoliert identifizierbar. Ebenso ist durch umfangreiche Integrationsmaßnahmen und damit der Verschmelzung der Transaktionspartner eine Betrachtung von Ursache und Wirkung der Übernahme nach kurzer Zeit nicht mehr sinnvoll möglich (Lucks/Meckl 2002, S. 17).
Entwicklung des Untersuchungsmodells
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Im Unterschied zu den jahresabschlussorientierten Analysen erfassen Kapitalmarktanalysen den M&A-Erfolg ex ante und nicht ex post. Die kapitalmarktorientierte Erfolgsmessung beruht nicht auf dem tatsächlichen Finanzerfolg, sondern auf den Erwartungen der Kapitalmarkteilnehmer bezüglich der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens in Folge der Übernahme. Dazu wird der Aktienpreis beobachtet, der den Gegenwartswert der zukünftig erwarteten Zahlungsströme an die Aktionäre, respektive Eigentümer, abbildet. Transaktionsbedingte Börsenkursreaktionen sind bei größeren Fusionen und Akquisitionen in unterschiedlicher Stärke und Dauer zu beobachten. In seiner Einfachheit ist dieser Ansatz jedoch aufgrund zahlreicher störender Einflüsse auf den Aktienpreis problematisch. Deswegen greift die Mehrzahl der kapitalmarktorientierten Arbeiten auf einen verfeinerten Messansatz zurück. In den als „Event Studies“ bezeichneten Arbeiten (u. a. Agrarwal/Jaffe 2000; Fama/Fisher/Jensen et al. 1969; Kothari/Warner 2007) werden hypothetische Ereignisfolgen (Kolesky 2006, S. 150) analysiert, die sich aus der M&A-Transaktion ergeben. Als Maßstab für die gesuchte Wertsteigerung wird die abnormale Aktienrendite herangezogen, die sich mittels der Differenz einer erwarteten Rendite, unter der fiktiven Annahme einer Weiterführung des Unternehmens ohne M&A-Transaktion und der tatsächlich zu beobachtenden Aktienrendite ermittelt (s. zur Methode u. a. MacKinlay 1997). Eine positive abnormale Aktienrendite bedeutet einen erwarteten, positiven Einfluss auf die Höhe und das Risiko der zukünftigen Cashflows des Unternehmens (Glaum/Lindemann und Friedrich 2006, S. 300). Als Preisbildungsmodell für die erwartete Rendite wird zumeist auf ein empirisches Marktmodell (Sharpe 1963) zurückgegriffen, das auf dem Capital Asset Pricing Modell (CAPM) beruht. Der Betrachtungszeitpunkt wird so gewählt, dass der Werteffekt möglichst vollständig erfasst wird. In fast allen Fällen wird daher die Phase um das öffentliche Bekanntwerden der Transaktion gewählt. So kann die abnormale Rendite mit einiger Sicherheit als Reaktion auf die Ankündigung einer Fusion oder Akquisition aufgefasst werden. Auch das kapitalmarktorientierte Messkonzept ist nicht ohne Kritik geblieben (detailliert s. Becker 2005). Zunächst erweisen sich die Wahl des korrekten Startzeitpunktes (z. B. die ersten offiziellen Aussagen zum M&A-Vorhaben oder das erste Auftreten von Gerüchten) und die Wahl der Dauer des für die Berechnung der abnormalen Renditen zu beobachtenden Zeitraumes als problematisch. Die Umstände jeder einzelnen Transaktion sind jedenfalls höchst unterschiedlich und die grundsätzliche Problematik konfundierender Ereignisse gilt auch für das kapitalmarktorientierte Untersuchungsdesign. Die Höhe der hypothetischen normalen Renditen ist zudem vom
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Kapitel 3
gewählten Preisbildungsmodell abhängig. Im Falle des CAPM beruhen die Modellannahmen auf stark vereinfachten Annahmen. So kann es zu bedeutenden Messverzehrungen aufgrund von Informationsineffizienzen der Kapitalmärkte (Haspeslagh/Jemison 1991, S. 298-300) kommen. Ebenso sind die Schwierigkeiten bei der Berücksichtigung von Marktrisiken in den Berechnungsmodellen nicht zu vernachlässigen (Chatterjee/Lubatkin 1990). Darüber hinaus ist die Aussagekraft der Daten von Unternehmen mit, in Relation zum Gesamtmarkt, kleinen Marktkapitalisierungen gering. Ähnliches gilt bei deutlichen Größenunterschieden zwischen den Transaktionspartnern. Schließlich bleibt auch hier die Analyse auf Übernahmen beschränkt, an denen börsennotierte Unternehmen beteiligt waren. Neben den beiden erwähnten jahresabschluss- und kapitalmarktorientierten Ansätzen wird vereinzelt auf andere Erfolgsmessungen, wie z. B. Desinvestitionsraten (Porter 1987) zurückgegriffen. Da diese Ansätze aufgrund signifikanter Probleme hinsichtlich der Interpretierbarkeit ihrer Ergebnisse relativ geringe Bedeutung haben, wird an dieser Stelle für deren detaillierte Beschreibung auf die Arbeit von Becker (2005, S. 96-99) verwiesen. Weniger ein Messkonzept als eine Erhebungsmethode ist die Befragung von Experten oder Unternehmensinsidern. Einige Untersuchungen beschränken sich auf die Bitte um eine qualitative Einschätzung des Erfolges einer Fusion oder Akquisition in gänzlich allgemeiner Form. Befragungen dieser Art sind naturgemäß subjektiven Charakters, da sie vom Informationsstand und insbesondere von der individuellen Erfolgsauffassung der Befragten abhängen. Eine andere Vorgehensweise besteht in der Bitte um Einschätzung von Erfolgsindikatoren. Damit können durch Befragung auch Informationen aus dem internen Rechnungswesen erhoben werden, die im Rahmen von Jahresabschlussanalysen nicht verfügbar wären. Untersuchungen dieser Art können damit nur bedingt als subjektiv bezeichnet werden und es kann hier von einer quantitativobjektiven Befragungsmethode gesprochen werden. Aus diesem Grund kommt letztere Methode auch in dieser Arbeit zur Anwendung.
3.3.3.2 Unternehmenswertsteigerung als Erfolgsgröße In Abschnitt 2.2 (S. 12 ff.) wurde die Erhöhung des Gesamtunternehmenswertes als grundsätzliches Oberziel von Fusionen und Akquisitionen diskutiert und anhand einer Zielhierarchie die Verbindung der Post Merger-Aufgaben von Vertrieb und Marketing
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zu den Determinanten der kundenbezogenen Integrationsgestaltung entwickelt (s Abbildung 2, S. 23). Ebenso wird in den letzten Jahren die wachsende Erwartung erkennbar, dass auch Vertrieb und Marketing ihre Beiträge als Mittel zur Unternehmenswertsteigerung sehen sollten (s. Abschnitt 2.3.2, S. 19 ff.). Für dieses Erfolgskriterium sprechen im Fall von M&A-Untersuchungen auch die folgenden Gründe (Lucks/Meckl 2002, S. 18): Ex post ist die Überprüfbarkeit bei der Wahl einer geeigneten Basisgröße, wie z. B. dem Free-Cashflow gut möglich, Ex ante ist diese Größe in der M&A-Praxis als Planzielkriterium durchgängig für alle Transaktionsphasen geeignet, und eine Wertbetrachtung ist unter ökonomischen Effizienzgesichtspunkten sinnvoll. In Einklang mit obigen Überlegungen wird der Unternehmenserfolg daher in dieser Arbeit als das Ausmaß definiert, in dem die M&A-Transaktion zu einer Steigerung des Unternehmenswerts führt. Die Wertsteigerung ergibt sich hierbei aus der Fähigkeit zur Optimierung aller Integrationsmaßnahmen, die auf die Werttreiber im Gesamtunternehmen einwirken.
Kapitel 3
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3.4 Gesamtmodell der kundenbezogenen Integration Die Konzeption der kundenbezogenen Integration ist mit den vorausgehenden Abschnitten abgeschlossen. Die Überlegungen der vorherigen Abschnitte münden in ein Gesamtmodell der kundenbezogenen Integration, das eine weitere Detaillierungsstufe des theoretischen Bezugsrahmens aus Abschnitt 2.7 darstellt. Die drei Kategorien Integrationsgestaltung, Integrationserfolg und Unternehmenserfolg sind nun durch die zuvor jeweils einzeln besprochenen zugehörigen Konstrukte beschrieben (s. Abbildung 5). Die Stärken und Wirkrichtungen der Konstruktbeziehungen werden in den nachfolgenden Kapiteln 4 und 5 untersucht. Die Einflüsse situativer Faktoren auf die Kundenbeziehungsgestaltung werden in Kapitel 6 gesondert betrachtet. Integrationsgestaltung
Integrationserfolg
Unternehmenserfolg
Beziehungsgestaltung Mitarbeitereinbindung
Kundeneinbindung Kostensenkung
Kundenkommunikation
Konfliktmanagement Marktanteil
Investition in die Kundenbeziehung
Kundenanalyse Beziehungsqualität
Synergierealisierung Zusammenfassung von Ressourcen
Abbildung 5:
Ressourcenzugang
Gesamtmodell der kundenbezogenen Post Merger Integration
Unternehmenswert
Beziehungsgestaltung in der PMI
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4. Beziehungsgestaltung in der PMI – Das Beziehungsmodell Auf Basis der Überlegungen zum Bezugsrahmen und zur kundenbezogenen Integration erfolgt zur Beantwortung von Forschungsfrage 3 (s. Abschnitt 1.2, S. 5) nachfolgend die empirische Untersuchung der Effekte beziehungsgestaltender Maßnahmen. Die Synergien realisierenden Maßnahmen werden später in einem eigenen Modell in Kapitel 5 (S. 128 ff.) analysiert. Zunächst werden die Hypothesen zu den Wirkungszusammenhängen zwischen den einzelnen Konstrukten auf Basis theoretischer Überlegungen und der Expertenerkenntnisse abgeleitet (Abschnitt 4.1). Danach erfolgen kurze Beschreibungen zu den methodischen Grundlagen der Strukturgleichungsanalyse (Abschnitt 4.2) und zum Vorgehen bei der Datenerhebung (Abschnitt 4.3). Anschließend werden die Modellkonstrukte operationalisiert (Abschnitt 4.4). Das Kapitel schließt mit der Hypothesenüberprüfung des Beziehungsmodells (Abschnitt 4.5) und einem kurzen Zwischenfazit (Abschnitt 4.6) ab. Das Beziehungsmodell (s. Abbildung 6) stellt die postulierten kausalen Zusammenhänge zwischen ausgesuchten Konstrukten der Integrationsgestaltung, des Integrationserfolgs und des Unternehmenserfolgs nach der PMI dar. Integrationsgestaltung
Integrationserfolg
Unternehmenserfolg
Beziehungsgestaltung Mitarbeitereinbindung
Kundeneinbindung
Marktanteil Unternehmenswert
Kundenkommunikation
Beziehungsqualität
Konfliktmanagement
Abbildung 6:
Konzeption des Beziehungsmodells der PMI
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Kapitel 4
Die Kategorie Integrationsgestaltung beinhaltet die beziehungsgestaltenden Variablen „Kunden- und Mitarbeitereinbindung“, „Kundenkommunikation“ sowie „Konfliktmanagement“. Die Kategorie Integrationserfolg wird durch die beiden Variablen „Marktanteil“ und „Beziehungsqualität“ dargestellt. Der Unternehmenserfolg wird am Ende der kausalen Kette durch die Variable „Unternehmenswert“ nach der PMI gemessen.
4.1 Hypothesenentwicklung Nachdem die Konzeptualisierung und die Definition der Konstrukte in Kapitel 3 (S. 48 ff.) vorgenommen wurde, folgt nun die Betrachtung der Zusammenhänge zwischen den Konstrukten des Beziehungsmodells. Sie münden jeweils in Hypothesen über Richtung und Stärke der Abhängigkeiten. Die erste Gruppe von Hypothesen beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Mitarbeitereinbindung auf einzelne Gestaltungs- und Erfolgsvariablen. Zunächst wird die vermutete Beziehung zur Erfolgsvariable „Marktanteil“ betrachtet. Grundsätzlich bereitet die Beeinflussung des Ausmaßes an realisierten Umsatzsynergien Schwierigkeiten (Chatterjee 2007, S. 49). Zu sehr sind diese von externen Faktoren wie dem Kundenverhalten und der Marktentwicklung abhängig. Unternehmensintern treten aber auch zwischen den Vertriebs- und Marketingorganisationen der Transaktionspartner Umsetzungsbarrieren auf. Sie entstehen hauptsächlich durch die ungenügende Einbindung der Mitarbeiter in die Integrationsaktivitäten: „Too often the marketers who will have to create or exploit these synergies are not intimately involved“ (Mirvis/Marks 1992, S. 69). Marktanteilssteigerungen, etwa durch eine erweiterte Produkt- und Servicepalette, durch die gemeinsame Nutzung von Marken, durch den Einsatz von Cross-Selling-Maßnahmen und durch die Nutzung unternehmensspezifischer Stärken in den Vertriebs- und Servicekanälen stellen aber hohe Anforderungen an den Informationsstand, die Fähigkeiten sowie die Motivation des Vertriebs- und Marketingpersonals. Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Mitarbeiter der Transaktionspartner voneinander lernen müssen, um gemeinsam Synergien realisieren zu können (Madell/Piller 2000; Sutherland/Turner 2003). Die Einbindung des Vertriebs- und Marketingpersonals sollte aufgrund ihrer Kundennähe auch zu kundenorientierteren Organisations- und Prozesslösungen in der PMI führen. Voraussetzung zur Realisierung der Integrationsziele ist somit die intensive Einbindung des Personals von Käufer- und Zielunternehmen. Ein weiterer Aspekt zur Mitarbeiter-
Beziehungsgestaltung in der PMI
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einbindung ergibt sich aus dem Umstand, dass im Zuge von M&A gerade Vertriebsaußendienstmitarbeiter häufig das Unternehmen verlassen. Das hat meist immer Marktanteilsverluste zur Folge, da Kunden oftmals eine größere Loyalität zu ihrem Ansprechpartner verspüren als zum jeweiligen Anbieter (Weitz/Bradford 1999). Die verstärkte Mitarbeitereinbindung hat auch in solchen Fällen eine positive Auswirkung. Es konnte in diesem Zusammenhang nachgewiesen werden, dass sie positiv auf die Mitarbeiterloyalität wirkt (Bucerius 2004, S. 143). Zusammenfassend kann angenommen werden, dass es sich positiv auf das Marktanteilsniveau auswirkt, wenn Vertriebs- und Marketingmitarbeiter intensiv in die PMI eingebunden sind. H 1:
Je stärker die Mitarbeitereinbindung bei der Gestaltung von Veränderungsmaßnahmen im Zuge der Post Merger Integration, desto höher ist der Marktanteil des Gesamtunternehmens nach der M&A-Transaktion.
In Arbeiten der Arbeits- und Organisationspsychologie konnte der positive Zusammenhang zwischen der Mitarbeiterpartizipation und der Mitarbeiterzufriedenheit nachgewiesen werden. Verstärkt eingebundene Mitarbeiter sind demnach allgemein zufriedener und identifizieren sich stärker mit dem Unternehmen (u. a. Appelbaum/Kalleberg und Berg 2000). So weist Langerak (2001, S. 232) auf die Tatsache hin, dass „[…] the manufacturer is fully dependent upon the attitude and behaviours of salespersons to successfully build and maintain relationships with customers“. Zudem existieren in der Marketingliteratur zahlreiche Belege zur positiven Auswirkung der Mitarbeiterzufriedenheit auf die Kundenzufriedenheit (u. a. Stock 2003). Es liegt nahe, eine vergleichbare Wirkung der Mitarbeiterzufriedenheit auf die Beziehungsqualität anzunehmen. Fühlen sich demnach Mitarbeiter mit Kundenkontakt zufrieden und auch mit ihrem Unternehmen verbunden, werden sie bereit sein, sich besonders für die Qualität der Kundenbeziehungen einzusetzen (Grund 1998, S. 24). Schließlich prägt in erster Linie der Vertriebsaußendienst die Geschäftsbeziehung zum Kunden (Weitz/Bradford 1999). Damit ist auch hier die zuvor erwähnte Beziehung zwischen der Einbindung und der Mitarbeiterloyalität anzuführen. In diesem Zusammenhang merkt Hennig-Thurau (2000, S. 16) an, dass eine geringe Personalfluktuation im Außendienst den Aufbau von Kundenvertrauen erleichtert bzw. ermöglicht.
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Kapitel 4
Da in der vorliegenden Arbeit die Beziehungsqualität als mehrfaktorielle Variable, bestehend aus den Konstrukten „Zufriedenheit“, „Vertrauen“ und „Verbundenheit“, aufgefasst wird, führen die vorausgegangenen Überlegungen zur nächsten Hypothese: H2:
Je stärker die Mitarbeitereinbindung bei der Gestaltung Veränderungsmaßnahmen, desto höher ist die Beziehungsqualität.
von
Die Unterstützung von Veränderungsmaßnahmen durch einen Mitarbeiter impliziert, dass er die zugrunde liegende Logik der Begründung für Veränderungen zugleich versteht und auch teilt (Lusch/O'Brien und Sindhav 2003, S. 250). Dieser kognitive Prozess wird durch die Teilhabe am Begründungsprozess unterstützt. Hodapp/Jöns (2004) zeigen im M&A-Kontext, dass Mitarbeiter durch die Einbindung in Integrationsentscheidungen und dem damit empfundenen Kontrollgefühl die Post Merger Integration eher als Herausforderung denn als Bedrohung wahrnehmen. In einem Fallbeispiel zur Vertriebsintegration zeigt Vollmer (2008), dass das Verkaufspersonal optimistisch hinsichtlich der eigenen Chancen im Unternehmen ist, wenn es in die Planung und Vorbereitung einer M&A-Vertriebsintegration eingebunden ist. Es treibt aktiv kundenbezogene Umsetzungsmaßnahmen voran, während weniger involvierte Mitarbeiter zunehmend resignieren. Beide Arbeiten lassen darauf schließen, dass die Einbindung auch eine stärkere Aktivität der Vertriebs- und Marketingmitarbeiter bei der Realisierung kundenbeziehungsbezogener Gestaltungsmaßnahmen während des Integrationsprozesses erwarten lässt. Demzufolge ist anzunehmen, dass in die PMI eingebundene Mitarbeiter auch ein verstärktes Engagement bei der Kundeneinbindung, bei der Kundenkommunikation und beim Konfliktmanagement gegenüber Kunden zeigen. H3-H5: Je stärker die Mitarbeitereinbindung bei der Gestaltung von Veränderungsmaßnahmen, desto stärker ist die Kundeneinbindung (H3), desto stärker ist die Kundenkommunikation (H4) und desto ausgeprägter ist das Konfliktmanagement gegenüber Kunden während der PMI (H5). Nach der Mitarbeitereinbindung wird nun der Zusammenhang zwischen der Kundeneinbindung und der Beziehungsqualität betrachtet. Nachweise zur Auswirkung der Kundeneinbindung auf einzelne Konstrukte der Beziehungsqualität im Kontext von M&A liegen nicht vor. Lediglich für die positive Verbindung zu der, dem Verbundenheitskonstrukt inhaltlich nahestehenden, Kundenloyalität gibt es einen empirischen
Beziehungsgestaltung in der PMI
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Beleg (Bucerius 2004). Das Instrument der Kundenintegration, d. h. die Mitwirkung der Kunden bei der Leistungserstellung, wird im Beziehungsmarketing hinsichtlich seiner positiven Wirkungen auf die Reduktion der vom Kunden wahrgenommenen Risiken diskutiert (Bruhn 2009, S. 114). Analog kann die Kundenmitwirkung bei der Konzeption der PMI als Mittel dienen, die wahrgenommenen Risiken und Unsicherheiten auf Kundenseite herabzusetzen. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Kunden kann helfen, das Vertrauen in die M&A-Integrationslösungen und den Anbieter zu stärken. Zudem steigt die Zufriedenheit der Kunden mit den Ergebnissen. Die Vermutung liegt damit nahe, dass die Kundeneinbindung zur Erhöhung der Beziehungsqualität während der PMI beiträgt. H 6:
Je stärker die Kundeneinbindung in den Veränderungsprozess während der PMI, desto höher ist die Beziehungsqualität.
Kommunikation festigt Geschäftsbeziehungen, in dem sie hilft, Zielkongruenz zwischen den Austauschpartnern herzustellen, neue wertschaffende Perspektiven freizulegen und Streit aufzulösen (Morgan/Hunt 1994, S. 25). In der Marketingliteratur finden sich viele Ergebnisse zu den Auswirkungen der Kommunikation auf mediierende Größen des Beziehungsmarketings. So konnten bspw. signifikant positive Effekte verschiedenster Ausprägungen der Kundenkommunikation auf die Verbundenheit (Anderson/Weitz 1992; Mohr/Fisher und Nevin 1996; Morgan/Hunt 1994), auf die Zufriedenheit (Keith/Jackson und Crosby 1990; Mohr/Fisher und Nevin 1996) und auf das Vertrauen (MacMillan/Money/Money et al. 2005) zwischen Austauschpartnern nachgewiesen werden. Aus diesem Grund wird intensivierten Kommunikationsanstrengungen im Kontext der PMI eine hohe Bedeutung zur kundenseitigen Unsicherheitsreduktion beigemessen (Bucerius 2004, S. 60; Clemente/Greenspan 1998, S. 277). Unsicherheit wird hierbei als ein anderes Maß für das vorhandene Vertrauensniveau gewertet. Obige Ergebnisse bestätigen einen positiven Effekt der Kundenkommunikation auf die drei Faktoren der Beziehungsqualität. Entsprechend lautet die nächste Hypothese: H 7:
Je stärker die Kundenkommunikation, desto höher ist die Beziehungsqualität.
Die nächste Hypothese beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Konfliktmanagements während der PMI. Empirische Nachweise über den Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und Erfolgs- bzw. Leistungsvariablen weisen stets auf einen
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Kapitel 4
negativen Zusammenhang hin. Duarte/Davies (Duarte/Davies 2003) bestätigen den negativen Effekt von Konflikten auf das Umsatzwachstum in Vertriebskanälen von B2B-Unternehmen. Mit zunehmender Intensität und Dauer des Konfliktes wird die Wahrscheinlichkeit immer größer, dass der Kunde sein Vertrauen in die langfristige Orientierung des Anbieters verliert. Anderson/Weitz (1992) argumentieren ähnlich und schließen, dass Konflikte das Vertrauen und die Verbundenheit des Kunden gegenüber dem Anbieter negativ beeinflussen. Andere Autoren hingegen betonen die mögliche konstruktive Rolle von Konflikten. Sie verweisen auf die Aussicht erhöhter Loyalität bzw. Verbundenheit zwischen den Beziehungspartnern, die sich aus der verstärkten Interaktion im Rahmen einer gewollten Konfliktlösung ergeben (Jehn 1995; Jehn/Mannix 2001; Plank/Newell 2007). Erfolgreiches Konfliktmanagement kann in positive Umsatz- und Kosteneffekte auf Anbieter- wie auch auf Kundenseite münden, die durch andere Beziehungsgestaltungsmaßnahmen so nicht erreicht werden können. Palmatier/Dant/Grewal et al. (Palmatier/Dant/Grewal et al. 2006, S. 151) konstatieren in diesem Zusammenhang: „some firms could generate higher returns by reallocating their RM [Relationship Management; Anm. d. Verf.] investments to conflict resolution“. Zum einen können zusätzliche (Kundenakquisitions-) Kosten aufgrund des Verlusts langjähriger Kunden (Devasagayam/DeMars 2004, S. 387) vermieden werden. Zum anderen kommt es zu Umsatzsteigerungen, die sich aus Kundenbindungseffekten ergeben. So kann zusammengefasst festgestellt werden, dass ein erfolgreiches Konfliktmanagement kundenorientiert ist, die Kunden zufriedenstellt und verstärkt an den Anbieter bindet (Devasagayam/DeMars 2004, S. 378; Jeschke/Schulze und Bauersachs 2000, S. 194). Schließlich existiert noch ein direkter empirischer Beleg für die Auswirkungen der Konfliktlösung auf die Beziehungsqualität. Ndubisi (2007, S. 838) zeigt dazu am Beispiel des Finanzdienstleistungsmarktes, dass die vom Kunden wahrgenommene Beziehungsqualität von der Fähigkeit des Anbieters zur effektiven Konfliktlösung abhängig ist. Insgesamt lassen sich entsprechend der zuvor genannten Überlegungen im M&A-Kontext die folgenden beiden Hypothesen ableiten: H8:
Je umfassender das Konfliktmanagement während der PMI, desto höher ist die Beziehungsqualität.
H9:
Je umfassender das Konfliktmanagement während der PMI, desto höher ist der Unternehmenswert des Gesamtunternehmens.
Beziehungsgestaltung in der PMI
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Die nächste Hypothese postuliert einen positiven Effekt der Beziehungsqualität in der Geschäftsbeziehung auf die Variable „Marktanteil“. Zufriedene Kunden sind weniger preissensitiv, fühlen sich dem Anbieter eher verbunden und tendieren deswegen seltener dazu, den Anbieter zu wechseln (Griffin 1995). Darüber hinaus beziehen sie größere Mengen, gestehen dem Anbieter einen höheren Anteil am Gesamteinkaufsvolumen zu (Zeithaml/Berry und Parasuraman 1996) und nehmen mit höherer Wahrscheinlichkeit zusätzliche Produkte und Dienstleistungen im Rahmen der bereits bestehenden Geschäftsbeziehung in Anspruch (Fornell 1992; Parasuraman/Berry und Valerie 1991). Ähnlich konnten De Wulf/Odekerken-Schroder und Iacobucci (2001) für das mehrdimensionale Konstrukt „Beziehungsqualität“ einen positiven Effekt auf den Anteil am Gesamteinkaufsvolumen des Kunden bestätigen. Die genannten Ergebnisse sind speziell vor dem Hintergrund erweiterter Produktportfolios und den damit angestrebten Cross-Selling- und Bundlingaktivitäten im Zuge von Unternehmensübernahmen besonders relevant. Im Kontext von M&A wird schließlich von Gocke (1997, S. 227) das Marktanteilsniveau nach der Transaktion als Entsprechung für das Vertrauensniveau zwischen dem Anbieter und seinen Kunden verstanden: „Eine Marktanteilskonstanz nach Akquisitionen bedingt, dass das Vertrauen, das Kunden und Händler dem Produkt und Hersteller in der Vergangenheit erwiesen haben, konstant bleibt.“ Die folgende Hypothese für das Konstrukt „Beziehungsqualität“ lautet somit: H10a: Je höher die Beziehungsqualität, desto höher ist der Marktanteil des Gesamtunternehmens nach der M&A-Transaktion. Während es zuvor um die Wirkung der Beziehungsqualität auf einen Teilaspekt des Integrationserfolges ging, wird nun der Zusammenhang zwischen der Beziehungsqualität und dem Unternehmenswert betrachtet. In ihrer Meta-Analyse konnten Palmatier/Dant/Grewal et al. (2006, S 149) zeigen, dass die Beziehungsqualität einen starken positiven Effekt auf den objektiven Unternehmenserfolg besitzt. Eine hohe Beziehungsqualität ist Zeichen dafür, dass der Kunde die Leistungserbringung in der Vergangenheit als zufriedenstellend wahrgenommen hat und sich auf die Zuverlässigkeit des Anbieters verlässt. Er vertraut damit auch auf die zukünftige Leistungsfähigkeit des Anbieters. Die Beziehungsqualität wird damit zu einem bestimmenden Faktor der Kundenbindung. Gebundene Kunden ermöglichen Kostensenkungen und Umsatzsteigerungen. Im Ergebnis steigt die Profitabilität des Anbieters (HennigThurau 2000, S. 138; Narayandas 1998). Ein hoher Anteil gebundener Kunden wirkt auch stabilisierend auf die Cashflowentwicklung (Srivastava/Shervani und Fahey
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1998, S. 13). Kundenbindungskosten sind einfacher abschätzbar als der Kostenanfall bei der Neukundenakquise. Zudem kann die Umsatzentwicklung in langfristigen Geschäftsbeziehungen aufgrund zurückliegender Erfahrungen präziser geplant werden. Das erlaubt eine optimierte Kapazitätsauslastung. Damit spannt sich der Bogen zum postulierten Zusammenhang zwischen der Beziehungsqualität in der Post Merger Phase und dem Unternehmenswert. H11a: Je höher die Beziehungsqualität, desto höher ist der Unternehmenswert des Gesamtunternehmens nach der M&A-Transaktion. Abschließend wird der Zusammenhang zwischen der Marktanteilsentwicklung und dem Unternehmenswert behandelt. Einige marketingorientierte M&A-Arbeiten konnten einen positiven Zusammenhang zwischen dem Marktanteil und der Unternehmensprofitabilität aufzeigen (u. a. Bucerius 2004, S. 118; Capron 1999, S. 1006). Ghosh (2004) bestätigt einen ähnlichen Zusammenhang in seiner kapitalmarktorientierten Arbeit, bezieht sich allerdings auf den Marktwert in Form gestiegener Aktienrenditen. Die Ergebnisse stehen in Einklang mit den Befunden aus dem PIMSForschungsprojekt (Buzzell/Gale 1989), welche den positiven Zusammenhang zwischen Marktanteil und Cashflowgrößen bestätigen. Wenn auch die MarktanteilsRentabilitäts-Beziehung auf Basis der PIMS-Daten lange Zeit kontrovers diskutiert wurde, steht sie heute doch weitgehend außer Zweifel (Annacker/Hildebrandt 2004; Szymanski/Bharadwaj und Varadarajan 1993). In Ergänzung des Umstands, dass der Free-Cashflow wesentliche Bestimmungsgröße zur Feststellung des Unternehmenswertes ist (s. zur Unternehmensbewertung Anhang A), führen die zitierten Erkenntnisse zur abschließenden Hypothese des Beziehungsmodells: H12a: Je höher der Marktanteil des Gesamtunternehmens nach der M&A-Transaktion, desto höher ist der Unternehmenswert des Gesamtunternehmens nach der M&A-Transaktions.
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Die Entwicklung der Hypothesen zu den kausalen Zusammenhängen zwischen den Konstrukten des Beziehungsmodells ist damit abgeschlossen. Abbildung 7 zeigt zusammenfassend das vollständige Modell mit den postulierten Richtungsbeziehungen. Integrationsgestaltung
Mitarbeitereinbindung H1(+)
H3(+) Kundeneinbindung
H2 (+)
Integrationserfolg Unternehmenserfolg Marktanteil
H6(+)
H4(+)
H12a(+) Unternehmenswert
H10a(+) Kundenkommunikation
H7(+)
Beziehungsqualität
H11a(+)
H8(+) H5(+)
Konfliktmanagement
Abbildung 7:
H9(+)
Übersicht zu den Hypothesen des Beziehungsmodells
4.2 Methodische Grundlagen der Strukturgleichungsmodellierung Für die Analyse des Beziehungsmodells (und des späteren Synergiemodells) wird auf die Kovarianz-Strukturanalyse zurückgegriffen. Diese Methode wird auch als Strukturgleichungsmodellierung (Structural Equation Modeling bzw. SEM) oder als Kausalanalyse bezeichnet. Sie bietet ein leistungsfähiges Verfahren zur Analyse komplexer Wirkungszusammenhänge sowie zur Messung vielschichtiger Konstrukte. Die Modellierung von Struktur- bzw. Regressionsgleichungen auf der Ebene latenter Variablen wurde erstmals in den Arbeiten von Jöreskog (1978) und Jöreskog/Sörbom (1982) entwickelt. Anhand gemessener Varianzen und Kovarianzen von Indikatorvariablen werden zuvor formulierte Abhängigkeitsbeziehungen zwischen latenten Konstrukten mittels Parameterschätzungen geprüft. Der Reiz in der heutigen Anwendung besteht in der Kombination von Strukturgleichungsmodellen der Ökonometrie mit der angewandten Faktorenanalyse der Psychometrie.
92
Kapitel 4
Strukturgleichungsmodelle werden zur Analyse von komplexen Abhängigkeitsstrukturen zwischen direkt messbaren Variablen herangezogen. Die aus der Psychometrie stammende Faktorenanalyse dient hingegen der Messung nicht direkt beobachtbarer komplexer Konstrukte (Homburg/Klarmann 2006, S. 728). Der Vorteil gegenüber den üblichen multiplen Regressionsanalysen besteht in der Möglichkeit, komplexe Abhängigkeiten zwischen den Variablen untersuchen zu können. Gleichzeitig muss von den abhängigen Variablen weder Fehlerfreiheit der Messungen noch Unabhängigkeit gefordert werden. In den folgenden Abschnitten wird zunächst die Operationalisierung von latenten Variablen (bzw. eines Konstrukts, Faktors oder einer Skala) erläutert. Daran anschließend wird der grundlegende Ansatz der Kovarianz-Strukturanalyse vorgestellt. Der Überblick endet mit einer kurzen Darstellung zur Vorgehensweise bei der Güteüberprüfung von Strukturgleichungsmodellen.
4.2.1 Grundlagen der Operationalisierung von Konstrukten Ein theoretisches Konstrukt definieren Bagozzi/Fornell (1982, S. 24) als eine „abstract entity which represents the ‚true’, nonobservational state of a phenomenon“. Die relevanten inhaltlichen Aspekte und Bezugsdimensionen der in dieser Arbeit berücksichtigten Konstrukte wurden in Abschnitt 3 (S. 48 ff.) im Rahmen der Konzeptualisierung ausgearbeitet. Ziel war es, eine möglichst präzise und widerspruchsfreie Definition für jedes Konstrukt zu finden. Um die nicht direkt erfassbaren Konstrukte messbar zu machen, müssen nun auf Grundlage der Konzeptualisierung empirisch direkt beobachtbare Indikatoren identifiziert werden, welche die einzelnen Facetten des Konstrukts hinreichend genau abbilden. Dieser Vorgang der Entwicklung eines Messinstrumentes wird als Operationalisierung bezeichnet. Die Zuordnung der Indikatoren oder Items kann prinzipiell formativ oder reflektiv erfolgen. Bei formativen Messmodellen wird unterstellt, dass sich die Ausprägung des Konstrukts aus den Messwerten der Indikatoren zusammensetzt (MacCallum/Browne 1993). Die Items erfassen jeweils eine spezifische Komponente eines Konstrukts und bilden somit eine Verdichtung der in den Indikatoren enthaltenen Informationen (Bagozzi/Baumgartner 1994). Ein wesentliches Hindernis für den Einsatz formativer Messmodelle stellen die fehlenden Verfahren zur Gütebeurteilung dar. Zur Überprüfung der Validität und insbesondere der Reliabilität (Herrmann/Huber und Kressmann 2006, S. 57) stehen bisher keine befriedigenden Methoden zur Verfügung
Beziehungsgestaltung in der PMI
93
(Diamantopoulos/Winklhofer 2001). Reflektive Messmodelle gehen davon aus, dass das Konstrukt als latente Variable die Werte der zugeordneten Indikatoren bestimmt (Homburg/Giering 1996, S. 6). Der Messwert eines Indikators setzt sich somit aus dem Einfluss des Konstrukts und einem Messfehler zusammen. Eine Änderung des Konstrukts veranlasst demnach eine Änderung in allen reflektiven Indikatoren (Herrmann/Huber und Kressmann 2006, S. 36). In der Literatur herrscht Uneinigkeit darüber, wie und in welcher Situation die Entscheidung bzgl. formativer oder reflektiver Messmodelle getroffen werden kann (u. a. Fassott 2006; Herrmann/Huber und Kressmann 2006; Jarvis/MacKenzie und Podsakoff 2003). Fehlspezifikationen, d. h. die irrtümliche Annahme eines formativen Zusammenhanges bei tatsächlich reflektivem Bezug und umgekehrt, sollten zu systematischen Ergebnisverzerrungen führen (u. a. Diamantopoulos/Winklhofer 2001). Allerdings zeigen durchgeführte Analyseberechnungen, dass das Ausmaß an Verzerrungen, die durch Fehlspezifikationen der Messmodelle verursacht werden, relativ gering bleibt (Albers/Hildebrandt 2006, S. 18-19). Als Orientierung kann gelten, dass sich je nach Messphilosophie unterschiedliche Anforderungen an die Indikatoren ergeben. In vorliegender Arbeit steht das Erkennen direkt erfassbarer Konstruktindikatoren und deren spezifischen Komponenten nicht im Fokus der Fragestellung, was gegen eine formative Modellierung spricht. Zudem wird von fehlerbehafteten Messungen der Items ausgegangen. Der Mangel an quantifizierbaren Qualitätsstandards zur Gütebeurteilung verursacht außerdem die Gefahr einer theoretischen Beliebigkeit in der Operationalisierung von formativen Messmodellen (Homburg/Klarmann 2006, S. 731). Konsequenterweise wird daher im weiteren Verlauf der Arbeit eine reflektive Messphilosophie verfolgt.
4.2.2 Spezifikation von Strukturgleichungsmodellen Strukturgleichungsmodelle werden grundsätzlich über drei multivariate Submodelle, den beiden Messmodellen und einem Strukturmodell spezifiziert. Die Messmodelle stellen die Beziehungen zwischen den Faktoren (Konstrukten) und ihren Indikatoren her. In einem Messmodell werden über manifeste Indikatoren die latenten exogenen, d. h. unabhängigen oder erklärenden Faktoren erfasst. Im anderen Messmodell werden die latenten endogenen, d. h. abhängigen oder zu erklärenden Faktoren abgebildet (Bollen 1989, S. 13-15).
Kapitel 4
94
Die Erfassung der gerichteten Abhängigkeiten zwischen den Konstruktvariablen erfolgt unter Berücksichtigung von Messfehlern durch das Strukturmodell (s. Abbildung 8). Es beschreibt dabei die auf Basis theoretischer Überlegungen a priori deduzierten Beziehungen zwischen den untersuchten Faktoren.
x1
1
x2
2 3
x3
4
x4 x5
5
x6
6
11 1 21 32
31
21
12
21
42
32
53 3
11
y1
1
21
y2
2
32
y3
3
42
y4
4
1
2 22
2
23 2
63
Messmodell der latenten exogenen Variablen
Abbildung 8:
1
11
Strukturmodell
Messmodell der latenten endogenen Variablen
Spezifikation eines Strukturgleichungsmodells
Ein vollständiges Strukturgleichungsmodell lässt sich formal durch die folgenden drei allgemeinen Gleichungssysteme darstellen (Jöreskog 1977): (1)
(2) (3)
X
/ x [ G (Messmodell der latenten exogenen Variablen),
Y
/ J K H
K
B K * [ ] (Strukturmodell),
(Messmodell der latenten endogenen Variablen), und
wobei der Vektor X die Indikatoren der latenten exogenen Faktoren und der Vektor Y die Indikatoren der latenten endogenen Faktoren darstellen. Die Matrizen der Pfadkoeffizienten / x und / J erfassen die Faktorladungen der Indikatorvariablen auf die exogenen bzw. endogenen Konstruktvariablen. Da die Indikatoren fehlerbehaftete Messungen darstellen, dienen die Vektoren G und H der Messfehlererfassung (Residuen). Gleichungssystem (3) erklärt den latenten endogenen Vektor K durch die
Beziehungsgestaltung in der PMI
95
Matrix B der Pfadkoeffizienten E ii zwischen den latenten endogenen Konstruktvariablen und durch die Matrix * der Pfadkoeffizienten J ii , welche die Relation zwischen den endogenen und exogenen Variablen darstellen. ] ist die zugehörige Residualvariable. Beide Matrizen beschreiben die direkten Effekte innerhalb des Untersuchungsmodells. Unter der Voraussetzung, dass die latenten exogenen Faktoren voneinander unabhängig sind, entsprechen die Faktorladungen den Korrelationen zwischen Indikatorvariablen und Faktoren. Im Messmodell der endogenen Variablen lassen sich die Korrelationen zwischen den empirisch erhobenen Indikatorvariablen und dem zugehörigen Konstrukt auf faktoranalytischem Wege abbilden. Zur Vereinfachung der Darstellung wird im Folgenden davon ausgegangen, dass die Konstrukte durch jeweils zwei direkt beobachtbare Indikatorvariablen x1 , x2 und y1 , y 2 operationalisiert werden. Die Gleichungen der beiden Messmodelle (1) und (2) lassen sich dann in Matrixschreibweise wie folgt darstellen:
(4)
ª x1 º «x » ¬ 2¼
ªOx1 º ªG 1 º «O » >[ @ «G » für eine exogene Variable [ , und ¬ 2¼ ¬ x2 ¼
(5)
ª y1 º « y2 » « » « y3 » «y » ¬ 4¼
ªO y1 «O « y2 «0 « ¬0
0 º ªH 1 º 0 »» ªK 1 º «H 2 » « » für die endogenen Variablen K 1 und K 2 . O y 3 » «¬K 2 »¼ «H 3 » » «H » Oy4 ¼ ¬ 4¼
Die Gleichungen des Strukturmodells lassen sich zusammenfassen zu:
(6)
ªK 1 º «K » ¬ 2¼
ª 0 0 º ªK 1 º ªJ 11 º ª] 1 º «E » «K » «J » [ 1 «] » . 0 ¬ 21 ¼ ¬ 2 ¼ ¬ 21 ¼ ¬ 2¼
Generell gelingt die Erklärung von abhängigen latenten Faktoren in der Praxis nicht vollständig (Herrmann/Huber und Kressmann 2006, S. 36). Mögliche Fehler in den postulierten Kausalbeziehungen (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2006, S. 354) oder Drittvariableneffekte verursachen eine Restvarianz, die durch das Residuum ] berücksichtigt wird.
Kapitel 4
96
Die Datengrundlage für die Schätzung des Modells bilden die Varianzen und Kovarianzen der Indikatorvariablen. Die modelltheoretische Kovarianzmatrix (7)
6 = 6/ y , / x , B, *, I ,\ , T H , T G
der Indikatorvariablen xi und yi wird durch acht Parametermatrizen dargestellt. Die Matrizen / y , / x , B und * stellen die Matrizen der Messmodelle und des Strukturmodells dar. Die restlichen Matrizen I , \ , T H und TG enthalten die Kovarianzen der Variablen [ , ] , H und G . Die Kovarianz erklärende Schätzung der acht Parametermatrizen beruht auf einem Minimierungsproblem (Bollen 1989). Dazu werden die Modellparameter simultan so geschätzt, dass für eine Diskrepanzfunktion gilt: (8)
R - 6ˆ o min!.
Die Funktion misst dabei die Distanz zwischen der empirischen Kovarianzmatrix R und der durch das Modell mittels Schätzung der Parameter generierten Kovarianzmatrix 6ˆ . Zur Abbildung der Distanz werden je nach Schätzalgorithmus unterschiedliche Diskrepanzfunktionen verwendet (detailliert s. Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2006, S. 368-371). Das in der Praxis am häufigsten angewendete Verfahren zur Parameterberechnung der theoretischen Modellstruktur ist die Maximum Likelihood Method (ML-Methode). Ist die Voraussetzung der Multinormalverteilung der manifesten Variablen erfüllt, so liefert die ML-Methode die effizientesten Schätzer (Chou/Bentler 1995, S. 54; Homburg/Baumgartner 1995b, S. 1101-1102). Zahlreiche Simulationsstudien kommen zu dem Ergebnis, dass Verletzungen der Normalverteilungsannahme höchstens zu gering verzerrten Parameterschätzungen führen (u. a. Lei/Lomax 2005). Jedes Mehrgleichungssystem ist bekanntermaßen nur dann lösbar, wenn die Anzahl der Gleichungen mindestens der Anzahl der zu schätzenden Parameter entspricht. Die eindeutige Schätzung der Parameter kann also nur erfolgen, wenn die aus den empirischen Daten bereitgestellten Informationen ausreichen, die aufgestellten Gleichungen zu identifizieren (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2006, S. 366-367).
Beziehungsgestaltung in der PMI
97
Stellen t die Anzahl der zu schätzenden Parameter und q die Anzahl der Indikatoren dar, so ergibt sich für die Identifizierbarkeit des Modells folgende notwendige Bedingung:
(9)
tt
q q 1 . 2
Die Zahl der Parameterschätzer muss mindesten so groß sein wie die Zahl der empirischen Varianzen und Kovarianzen für die q Indikatoren des Modells. Ist es möglich mit einer, von der empirisch ermittelten Kovarianzmatrix unterschiedlichen Kovarianzmatrix zur gleichen Parameterschätzung zu gelangen, so gilt das Modell als nicht identifiziert (Bagozzi/Baumgartner 1994, S. 390). Allerdings reicht die angeführte Bedingung alleine noch nicht aus, um die Identifizierbarkeit mit Sicherheit überprüfen zu können. Bislang sind jedoch notwendige und hinreichende Prüfbedingungen dazu nicht erarbeitet worden.
4.2.3 Gütebeurteilung der Messkonzepte und der Modellstruktur
Jede Messung eines reflektiven Konstrukts unterliegt systematischen und zufälligen Fehlern. Anhand der Überprüfung der Konzepte der Reliabilität (Zuverlässigkeit der Messung) und der Validität (Gültigkeit der Messung) muss beurteilt werden, wie gut die Messung erfolgt. Die Reliabilität berührt die formale Genauigkeit, mit der die Merkmalsausprägungen durch das Messinstrument erfasst werden (Herrmann/Homburg 2000, S.23). Sie definiert sich als jener Grad, zu dem das Messverfahren frei von Zufallsfehlern ist (Peter/Churchill 1986, S. 6). Die Reliabilität ist umso höher, je größer der Anteil der durch das Konstrukt erklärten Varianz der Indikatoren ist (Homburg/Giering 1996, S. 6). Die Validität eines Messinstrumentes gibt an, inwieweit der eigentlich interessierende Sachverhalt tatsächlich erfasst wird und somit über die Eigenschaft der Reliabilität hinaus frei von systematischen Messfehlern ist (Churchill 1979), S. 65. Die Validität bezeichnet folglich die konzeptionelle Richtigkeit einer Messung (Homburg/Giering 1996, S. 7). Konvergenzvalidität liegt vor, wenn die verschiedenen Messungen eines Konstrukts übereinstimmen. Das ist dann der Fall, wenn die Indikatoren des betreffenden Konstrukts hoch miteinander korrelieren (Peter 1981). Diskriminanzvalidität liegt vor, wenn sich die Messungen verschiedener Konstrukte hinreichend stark voneinander unterscheiden. Diskriminanzvalidität ist zudem gegeben, wenn die Indikatoren eines Konstrukts untereinander
98
Kapitel 4
stärker assoziieren als mit den Indikatoren anderer Konstrukte (Bagozzi/Phillips 1982, S. 469). Zusätzlich stellt sich die Frage, inwieweit die einzelnen Indikatoren dem inhaltlichen Bereich des zu untersuchenden Konstrukts angehören. Es kann von Inhaltsvalidität ausgegangen werden, wenn die Indikatoren die wesentlichen inhaltlichen Aspekte des Konstrukts abdecken (Churchill 1979, S. 490; Homburg/Giering 1996, S. 7). Die Beurteilung der Inhaltsvalidität erfolgt in der vorliegenden Arbeit qualitativ (Carmines/Zeller 1979, S. 22), indem die verwendeten Konstrukte inhaltlich präzise voneinander abgegrenzt werden. Zusätzliche Experteninterviews bringen Aufschluss darüber, ob die zunächst vorgesehenen Frage-Items aus Praxissicht das jeweilige Konstruktphänomen hinreichend genau beschreiben. Die quantitative Bestätigung der Inhaltsvalidität erfolgt durch das Vorliegen ausreichend hoher Faktorladungen (Schlichthorst 2006, S. 81). Eine ganze Reihe von Kriterien geben Auskunft über die Zuverlässigkeit und Güte der Messmodelle, des Struktur- sowie des Gesamtmodells (u. a. Bagozzi/Baumgartner 1994; Homburg/Baumgartner 1995b; Hu/Bentler 1999). Aus der großen Zahl an Gütemaßen werden in dieser Arbeit jene ausgewählt, die durch Kontextfaktoren der Untersuchung, wie z. B. der Datenverteilung und des Stichprobenumfangs, möglichst gering beeinflusst werden und zugleich auf Fehlspezifikationen des Untersuchungsmodells sensibel reagieren (Homburg/Klarmann 2006, S. 736). Ferner sollten immer die einzelnen Teilstrukturen des Modells (lokale Modellgüte von Faktoren und Indikatoren) und die Konsistenz des Gesamtmodells mit den empirischen Daten (globale Modellgüte) berücksichtigt werden (Bollen/Long 1993, S. 6). Zur Überprüfung der lokalen und der globalen Reliabilität bzw. Validität wird in dieser Arbeit sowohl auf Prüfansätze der ersten wie auch der leistungsstärkeren zweiten Generation zurückgegriffen (u. a. Homburg/Giering 1996). Als Prüfansätze der ersten Generation werden die exploratorische Faktorenanalyse, das Cronbachsche Alpha und die Item-to-Total Korrelation angewendet. Die Prüfansätze der zweiten Generation bauen auf der konfirmatorischen Faktorenanalyse auf (Jöreskog 1969). Im Begründungszusammenhang der konfirmatorischen Faktorenanalyse werden zuvor postulierte Hypothesen über die Faktorenstruktur und den zugrunde liegenden reflektiven Indikatoren in ein Messmodell übergeführt. Folglich stellt sie einen Spezialfall der Kovarianz-Strukturanalyse dar. Nach der Parameterschätzung auf Basis der erhobenen empirischen Daten wird überprüft, mit welcher Güte die empirischen Daten durch das Modell reproduziert werden können. Darum wird im Zusammenhang mit den Gütekriterien der zweiten Generation meist von Anpassungsmaßen gesprochen.
Beziehungsgestaltung in der PMI
99
Mithilfe der exploratorischen Faktorenanalyse können erste Aussagen betreffend der Validität eines Messkonzeptes getroffen werden. Dazu werden die Indikatoren in Bezug auf die ihnen zugrunde liegende Faktorenstruktur untersucht (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2006, S. 330). Im Gegensatz zur konfirmatorischen Faktorenanalyse bedarf es vorab nicht der Formulierung von Hypothesen zur Faktorenstruktur. Im Entdeckungszusammenhang ist hier vielmehr das Ziel, die Indikatoren auf möglichst wenige Faktoren, d. h. Variablenbündel hinreichend gut zurückzuführen. Hinsichtlich der Beurteilung der Konvergenz- und Diskriminanzvalidität wird nach Homburg/Giering (1996, S. 12) auf drei übliche Kriterien zurückgegriffen. Können die Indikatoren eindeutig einem Faktor zugeordnet werden, so ist dies ein Anzeichen für Konvergenzvalidität. Dabei sollte der Faktor mindestens 50 Prozent der Varianz der zugehörigen Indikatoren erklären. Schließlich kann von Diskriminanzvalidität ausgegangen werden, wenn die Indikatoren eines Faktors auf denselben Faktor mit einem Mindestwert von 0.4 laden und gleichzeitig bei der Messung verschiedener Konstrukte im Verbund auf alle anderen Faktoren mit einem niedrigeren Wert laden. Die Faktorladungen entsprechen den Korrelationen zwischen einem Indikator und einem Faktor. Jene Indikatoren, die nicht ausreichend hoch auf einen Faktor laden, können aus dem Modell entfernt werden (Malhotra 1995, S. 623). Zur Bestimmung der Faktorenanzahl existieren keine eindeutigen Vorschriften. Zumeist wird auf das Kaiserkriterium zurückgegriffen, das die Anzahl der zu extrahierenden Faktoren gleich der Anzahl der Faktoren mit Eigenwerten größer Eins setzt (Kaiser/Price 1974). Die Eigenwerte errechnen sich dabei als Summe der quadrierten Faktorladungen eines Faktors über dessen Indikatoren und stellen einen Maßstab für die durch den jeweiligen Faktor erklärte Varianz der Beobachtungswerte dar (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2006, S. 295). Das Cronbachsche Alpha () gibt Aufschluss über die Interne-Konsistenz-Reliabilität der Indikatoren eines Faktors. In Abhängigkeit der Stärke der Korrelationen zwischen den Indikatoren nimmt es Werte zwischen Null und Eins an, wobei hohe Werte auf eine hohe Reliabilität verweisen. Zu beachten gilt, dass die Höhe des Cronbachschen Alphas positiv von der Anzahl der Indikatoren abhängt. Bei einer niedrigen Anzahl von Indikatoren können unter Umständen auch niedrigere -Werte akzeptiert werden. Der Empfehlung von Nunnally (1978, S. 245) folgend wird in dieser Untersuchung ein Mindestwert von 0.7 gefordert. In der Literatur wird auch darauf hingewiesen, dass
Kapitel 4
100
Werte zwischen 0.6 und 0.7 gerechtfertigt sein dürften, falls die Untersuchung einen stark explorativen Charakter vorweist. Für das Cronbachsche Alpha gilt: k § 2· ¨ ¦ V ¸ k ¨ i 1 i ¸ ¨1 ¸, k 1 ¨ V2 ¸ t ¸ ¨ ¹ ©
(10)
D
mit
k:
Anzahl der Indikatoren des Faktors,
V i2 :
Varianz des i-ten Indikators,
V t2 :
Varianz der Summe aller Indikatoren (Cronbach 1951, S. 299).
Die Item-to-Total-Korrelation ist ein Maß für die Stärke der Korrelation eines Indikators mit der Summe der restlichen Indikatoren desselben Konstrukts. Hohe Itemto-Total-Korrelationen für alle Indikatorvariablen eines Faktors deuten auf eine hohe Konvergenzvalidität hin (Nunnally 1978, S. 279). In der Literatur wird kein Grenzwert vorgegeben (Homburg/Giering 1996, S. 12), allerdings sollte die Item-to-TotalKorrelation möglichst hoch sein. In der Literatur wird empfohlen, auf Basis der Prüfansätze der ersten Generation die Operationalisierung der Messmodelle gegebenenfalls zu verfeinern (Homburg/Giering 1996, S. 11-12). Indiziert ein unter dem Grenzwert liegendes Cronbachsches Alpha ein nicht akzeptables Reliabilitätsniveau, so können die Item-to-Total-Korrelationen als Eliminationskriterium für Indikatoren dienen. Es wird solange der Indikator mit der jeweils niedrigsten Item-to-Total-Korrelation entfernt, bis eine, gemessen am Cronbachschen Alpha, akzeptable Reliabilität des Faktors erreicht wird (Churchill 1979, S. 68). Dadurch kann auch die Konvergenzvalidität des Konstrukts gezielt erhöht werden. Nach den Ausführungen zu den Gütekonzepten der ersten Generation erfolgt nun ein Überblick über die Gütekonzepte der zweiten Generation. Sie liefern Aussagen über die Anpassung der vom Modell reproduzierten Varianzen und Kovarianzen an die empirisch erhobenen Daten. Bei der Auswahl der Anpassungsmaße und der betreffenden Anspruchsniveaus orientiert sich diese Arbeit in Übereinstimmung mit vergleichbaren Studien an den Anwendungsempfehlungen von Homburg/Baumgartner (1995a).
Beziehungsgestaltung in der PMI
101
Mit den folgenden Gütekriterien lassen sich einzelne Bestandteile des Modells auf der Ebene von Faktoren und Indikatoren beurteilen. Auf Indikatorebene gibt die Indikatorreliabilität (IR) den durch das latente Konstrukt erklärten Anteil der Varianz eines einzelnen Indikators an. Der nicht erklärte Anteil der Varianz entfällt auf den Messfehler. Damit gilt, dass je kleiner die Varianz des Messfehlers eines Indikators im Verhältnis zur Varianz des Indikators ist, desto höher ist die IR. Die Größe berechnet sich damit wie folgt (Homburg/Baumgartner 1995a):
O2 I
ij jj , 2 O I T ij jj ii
(11)
IR ( x ) i
mit
xi :
Indikatoren i,
Oij :
geschätzte Faktorladung,
I jj :
geschätzte Varianz des Faktors,
T ii :
geschätzte Messfehlervarianz.
Die Indikatorreliabilität nimmt Werte zwischen Null und Eins an. In Anlehnung an Bagozzi/Baumgartner (1994, S. 402) wird in dieser Arbeit ein Wert von mindestens 0.4 gefordert. Dadurch werden mindestens 40 Prozent der Varianz eines Indikators durch den dahinter stehenden Faktor erklärt. Die Faktorladungen lassen sich durch einen einseitigen t-Test auf Signifikanz prüfen (Homburg/Giering 1996, S. 11). Der t-Wert ist der Quotient aus geschätzter Faktorladung und dessen geschätztem Standardfehler. Nimmt dieser Wert auf dem Fünfprozentniveau einen Mindestwert von 1.645 an, so unterscheidet sich die Faktorladung signifikant von Null. Diese Überprüfung ermöglicht Rückschlüsse auf die Konvergenzvalidität der Indikatoren eines Faktors. Gefordert wird, dass alle Faktorladungen statistisch signifikant werden. Das Programmpaket AMOS berechnet als Standardprüfmaß für einen Indikator die Critical Ratio. Diese berechnet sich aus dem Quotienten der unstandardisierten Faktorladung und dem Standardfehler. Bei einseitigem Test auf dem Fünfprozentniveau muss hierbei ein Wert von mindestens 1.96 erreicht werden (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2006, S. 283).
Kapitel 4
102
Auf Faktorebene geben die Faktorreliabilität (FR) und die Durchschnittlich Erfasste Varianz (DEV) Aufschluss darüber, wie gut ein Faktor durch alle seine Indikatoren gemessen wird (Bagozzi/Baumgartner 1994, S. 402-406; Homburg/Giering 1996). Beide Maße nehmen Werte zwischen Null und Eins an. Hohe Werte sprechen für eine gute Modellanpassung. Die FR und die DEV einer latenten Variablen [ berechnen sich mittels folgender Formeln (Bagozzi/Yi 1988, S. 80; Fornell/Larcker 1981, S. 4547):
(12)
(13)
mit
FR j
DEV [ j
2 § q · ¨ ¦ O ¸ I jj ij ¸ ¨ ©i 1 ¹ , sowie 2 q § q · ¨ ¦ ¸ I ¦T jj ii ij ¸ ¨ i 1 ©i 1 ¹ q 2 ¦ O T jj ij i 1 q
q
i 1
i 1
¦ O2 ij I jj ¦ T ii
,
[j :
Faktor j,
Oij :
geschätzte Faktorladung des i-ten Indikators,
I jj :
geschätzte Varianz des Faktors,
T ii :
geschätzte Varianz des zugehörigen Messfehlers G i ,
q:
Anzahl der Indikatoren.
In der Literatur werden Mindestwerte für die FR von 0.6 und für die DEV von 0.5 gefordert (Bagozzi/Yi 1988, S. 80). Mit den folgenden globalen und interferenzstatistischen Gütekriterien lassen sich Aussagen zur Konsistenz des Gesamtmodells mit den empirischen Daten bzw. zur globalen Anpassungsgüte treffen. Bei interferenzstatistischen Kriterien erfolgt die Modellbeurteilung mittels statistischer Signifikanztests. Dazu gehören der Root Mean Squared Error of Approximation (RMSEA) (Steiger 1990; Steiger/Lind 1980), der Standardized Root Mean Square Residual (SRMR) und der Chi Quadrat-Test ( F 2 -
Test). Mit dem RMSEA wird die Güte der Approximation des Modells an die
Beziehungsgestaltung in der PMI
103
empirisch gewonnenen Daten der Kovarianzmatrix getestet. Bei dem Wert handelt es sich streng genommen lediglich um eine Schätzung für den nicht beobachtbaren RMSEA des Modells. Als zweiten Prüfansatz wird in letzter Zeit häufig auf den SRMR zurückgegriffen. Er vergleicht die standardisierten Residuen zwischen der vorhergesagten und den empirisch beobachteten Residuen der Korrelationsmatrizen. Eine akzeptable Approximation liegt normalerweise dann vor, wenn der RMSEA (Browne/Cudeck 1993, S. 144) und der SRMR (Schermelleh-Engel/Moosbrugger und Müller 2003, S. 38) Werte kleiner oder gleich 0.08 annehmen. Werte unter 0.05 zeigen eine gute Modellanpassung an. Werte zwischen 0.05 und 0.08 deuten auf eine noch akzeptable Modellanpassung hin. Allerdings werden in der Literatur beim RMSEA auch Werte bis 0.1 als noch akzeptabel angesehen (Homburg/Klarmann 2006, S. 737). Die dritte, indes schwächere Methode zur interferenzstatistischen Prüfung stellt der
F 2 -Test dar. Er testet, ob ein Modell in einem absoluten Sinn „richtig“ ist. Die vergleichsweise strengen Kriterien für den F 2 -Test setzen voraus, dass alle beobachteten Variablen normalverteilt sind, ein ausreichend großer Stichprobenumfang vorliegt und die Schätzung auf einer Stichproben-Kovarianzmatrix beruht (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2006, S. 379-380). Unter diesen Bedingungen liefert der F 2 -Test eine geeignete Teststatistik zur Überprüfung, ob die empirische Kovarianzmatrix mit der modelltheoretischen Kovarianzmatrix übereinstimmt (Nullhypothese). In der Praxis liegen die oben genannten Kriterien für den F 2 -Test als geeignete Teststatistik jedoch regelmäßig nicht vor. Zusätzlich reagiert die F 2 -Teststatistik sensibel auf Abweichungen von der Normalverteilungsannahme und auf die Stichprobengröße. Demzufolge müssen die Ergebnisse vorsichtig interpretiert werden. In der Literatur wird empfohlen, den F 2 -Wert als deskriptives Maß zu verwenden. Deskriptive Anpassungsmaße lassen eine Beurteilung der Güte der Datenreproduktion des Modells durch Vorgabe von Mindeststandards auf Basis von Erfahrungswerten oder Faustregeln zu. In diesem Fall ist ein Modell dann anzunehmen, wenn der Quotient aus dem F 2 -Wert und der Anzahl der Freiheitsgrade df möglichst klein ist (Bagozzi/Baumgartner 1994, S. 398). Bei einem Wert kleiner oder gleich drei (Homburg/Baumgartner 1995a, S. 172) wird allgemein von einer guten Modelanpassung ausgegangen (Homburg 1989, S. 189).
Kapitel 4
104
Auf Grund der beschriebenen Restriktionen des F 2 -Test haben Jöreskog/Sörbom (1982) zwei deskriptive Maße zur globalen Anpassungsgüte eines Modells entwickelt. Der Goodness of Fit-Index (GFI) beurteilt ebenfalls die Diskrepanz zwischen dem theoretischen Modell und den empirischen Daten und misst dazu die relative Menge an Varianz und Kovarianz, die das Modell erklärt. Der GFI kann Werte zwischen Null und Eins annehmen. Bei einem Wert von Eins können alle Varianzen und Kovarianzen durch das Modell berechnet werden. In diesem Fall würde eine vollständige Modellanpassung an die Ausgangsvarianz vorliegen. Beim Adjusted Goodness of Fit-Index (AGFI) werden in Ergänzung zum GFI bei der Berechnung die Freiheitsgrade des Modells berücksichtigt. Der AGFI variiert ebenfalls zwischen den Werten Null und Eins. Bei einem Wert von Eins liegt eine vollständige Anpassung vor. In Anlehnung an Homburg/Baumgartner (1995a, S. 172) sollen für den GFI und den AGFI in dieser Arbeit Werte von mindestens 0.9 gefordert werden. Ergänzend kann die globale Anpassung eines Modells mit Hilfe des Comparative Fit Index (CFI) beurteilt werden (Bentler/Bonnett 1980, S. 600). Laut Bagozzi/ Baumgartner (1994, S. 400) und nach Simulationsstudien (Homburg/Klarmann 2006, S. 736) weist der CFI gegenüber dem GFI und AGFI sogar die höhere Eignung zur Einschätzung der Modellanpassung auf. Der CFI beurteilt das theoretische Messmodell in Relation zu einem Vergleichsmodell, dessen Indikatoren als unkorreliert angenommen werden. Somit sind keine maßgeblichen Informationen im Vergleichsmodell, dem sogenannten „Nullmodell“ enthalten. Der CFI ist auf dem Wertebereich zwischen Null und Eins definiert. Gefordert wird ebenfalls ein Mindestwert von 0.9 (Homburg/Baumgartner 1995a, S. 172). Um festzustellen, inwieweit sich die Messungen der unterschiedlichen Konstrukte in den Kausalmodellen dieser Arbeit voneinander unterscheiden und tatsächlich verschiedene Phänomene messen, wird auch die Diskriminanzvalidität (Bagozzi/Phillips 1982, S. 469) überprüft. Einen strengen Prüfansatz dazu bietet das Fornell-LarckerKriterium (Fornell/Larcker 1981, S. 46). Diskriminanzvalidität liegt vor, wenn die Durchschnittlich Erfasste Varianz aller paarweise zu überprüfenden Faktoren DEV(i), DEV(j) jeweils größer als die quadrierte Korrelation dieser Faktoren ist. In diesem Fall erklärt jeder Faktor mehr Varianz seiner eigenen Indikatoren als Varianz der anderen Faktoren. Das Fornell-Larcker-Kriterium lautet damit: (14)
DEV(i), DEV(j) > r2(i, j), für alle i j
Beziehungsgestaltung in der PMI
105
Abschließend sei angemerkt, dass für die Beurteilung eines Strukturgleichungsmodells sowohl inhaltliche Überlegungen als auch die Einhaltung der Gütekriterien ausschlaggebend sind. Alle in dieser Arbeit verwendeten Gütekriterien sind in Tabelle 9 noch einmal zusammenfassend dargestellt. Geringe Abweichungen von einzelnen Vorgaben deuten nicht unbedingt auf die fehlende Eignung eines Modells hin. Vielmehr ist das Gesamtbild der Prüfung entscheidend. Gütekriterien Ansatz zur Reliabilität sowie Validität Faktorladung EFA Anzahl extrahierter Faktoren EFA Erklärter Varianzanteil EFA Cronbachsches Alpha RA Item-to-Total-Korrelation RA Indikatorreliabilität Critical Ratio Faktorreliabilität Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) RMSEA
RA KFA KFA KFA KFA
SRMR X2/df GFI AGFI CFI zur Diskriminanzvalidität Fornell-Larcker-Kriterium
KFA KFA KFA KFA KFA
Anspruchsniveau 0.4 (Homburg/Giering 1996, S. 12) = 1.0 0.5 (Homburg/Giering 1996, S. 12) 0.7 (Nunnally 1978, S. 245) ggf. Elimination des Indikators mit dem niedrigsten Wert (Churchill 1979, S. 68; Homburg/Giering 1996, S. 12) 0.4 (Bagozzi/Baumgartner 1994, S. 402) 1.96 (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2006, S. 383) 0.6 (Bagozzi/Yi 1988, S. 82) 0.5 (Bagozzi/Yi 1988, S. 82) 0.08 (Browne/Cudeck 1993, S. 144); für zwei oder drei Items 0.1 (Homburg/Klarmann 2006, S. 73) 0.08 (Schermelleh-Engel/Moosbrugger und Müller 2003, S. 38) 3.0 (Homburg 1989, S. 189) 0.9 (Homburg/Baumgartner 1995a, S. 172) 0.9 (Homburg/Baumgartner 1995a, S. 172) 0.9 (Homburg/Baumgartner 1995a, S. 172) DEV(i), DEV(j) > r2(i,j) für alle i j (Fornell/Larcker 1981, S. 46)
Explorative Faktorenanalyse: EFA Faktorladung bezüglich anderer Faktoren < .40 EFA: Exploratorische Faktorenanalyse; KFA: Konfirmatorische Faktorenanalyse; RA: Reliabilitätsanalyse Tabelle 9:
Anspruchsniveaus lokaler und globaler Gütemaße
4.3 Vorgehen bei der Datenerhebung In den folgenden Abschnitten werden die einzelnen Schritte der Datenerhebung vorgestellt. Das Erhebungsdesign wurde entlang der maßgebenden Bereiche Grundgesamtheit, Stichprobenbildung, Analyseeinheit und Datenerhebungsverfahren entwickelt (Scheffler 1999, S. 61-69). Zudem wird eine deskriptive Darstellung der realisierten Stichprobenstruktur gegeben und ein Test auf Repräsentativität der gewonnenen Daten unternommen.
106
Kapitel 4
4.3.1 Abgrenzung der Grundgesamtheit
Die angestrebte Grundgesamtheit bildet die Basis für die spätere Generalisierung der gewonnenen Erkenntnisse und wird daher im Hinblick auf die Fragestellung und die Operationalisierung der Untersuchung eindeutig abgegrenzt. Die bewusste Auswahl sollte anhand angebbarer und intersubjektiv nachvollziehbarer Kriterien durchgeführt werden (Kromrey 2006, S. 281-285). Zudem muss eine Identifizierung und Selektierung geeigneter Fälle möglich sein, um die Durchführung der Empirie sicherstellen zu können. Aufgrund des gewählten empirischen Untersuchungsdesigns kann eine Auswahl relevanter Transaktionen nur auf Basis öffentlich zugänglicher Informationen vorgenommen werden. Einschränkend wirkt hier der Detaillierungsgrad der zur Verfügung stehenden Daten. In Abschnitt 2.1 (S. 9 ff.) wurden die engen Bezüge zwischen der Bindungsintensität, der leistungswirtschaftlichen Ähnlichkeit und der Integrationsintensität der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen aufgezeigt. Daraus ergibt sich die besondere Stellung horizontaler M&A-Transaktionen für die Untersuchung. Zusätzlich sind gerade im Business-to-Business-Bereich und in den Dienstleistungsbranchen die bestehenden Kundenbeziehungen von besonderer Erfolgsbedeutung und stehen damit im unmittelbaren Fokus der vorliegenden Untersuchung. Die erste Abgrenzung der relevanten Grundgesamtheit kann folglich durch die Einschränkung auf horizontale Fusionen und Akquisitionen im Industriegüter- und Dienstleistungsbereich vorgenommen werden. Das zweite Abgrenzungskriterium ergibt sich aus der Forderung nach einer hohen Bindungsintensität zwischen kaufendem und gekauftem Unternehmen und damit einem möglichst hohen Umfang an ausgeübter Kontrolle nach der M&A-Transaktion. Ein Beteiligungsverhältnis von mindestens 50 Prozent am Zielunternehmen wird dazu als Maßstab herangezogen. Da die Untersuchung auf die Beurteilung der Post Merger Integration und eine Ex post-Erfolgsbewertung abzielt, kommt der Wahl des Betrachtungszeitraums besondere Bedeutung zu. Zunächst sollte zum Befragungszeitpunkt genügend Zeit für die Umsetzung der Integration vergangen sein. Fusionen und Akquisitionen, deren Integrationsphasen sich zum Zeitpunkt der Befragung mglw. erst in einem frühen Stadium befinden, sind somit auszuschließen. Zugleich darf die Post Merger Phase aber auch nicht zu weit zurückliegen. Andernfalls sind weniger detaillierte Informationen aufgrund von Erinnerungslücken der Beteiligten zu erwarten und wichtige Ansprechpartner könnten, z. B. fluktuationsbedingt (Bucerius 2004, S. 95),
Beziehungsgestaltung in der PMI
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nicht mehr identifiziert werden. Schoenberg (2006, S. 368) schlägt nach der Analyse empirischer Arbeiten zu subjektiven Erfolgsmaßstäben in der Post Merger Phase als Betrachtungszeitraum für die Auswahl zurückliegender Fälle einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren vor. In anderen vergleichbaren Studien werden u. a. Zeiträume von zwei bis sechs Jahren (Bucerius 2004), zwei bis fünf Jahren (Becker 2005) oder zwei bis sieben Jahren (Capron/Hulland 1999) betrachtet. Als Argument wird angegeben, dass Führungskräften meist eine Frist von zwei bis drei Jahren gesetzt wird, um Fusionsziele zu erreichen (Norburn/Schoenberg 1994). Allerdings ist davon auszugehen, dass sich die Zeitvorgaben in den letzten Jahren erheblich verkürzt haben und heute sehr viel schneller Erfolge in der PMI eingefordert werden. Der Druck auf die Unternehmensführung, möglichst frühzeitig nach Abschluss einer M&A-Transaktion erste Erfolge kommunizieren zu können, ist deutlich gestiegen. Dieser Umstand wurde durch die Expertengespräche bestätigt. Dagegen spricht andererseits, dass die Integrationsphasen angesichts der komplexen Themenstellung und den hohen eingeforderten Synergiebeträgen nicht wesentlich kürzer geworden sind. Um auf eine möglichst große Datenbasis zurückgreifen zu können, wurde als drittes Abgrenzungskriterium der längstmögliche und noch vertretbare Untersuchungszeitraum von eineinhalb bis fünf Jahren ausgeschöpft. Das vierte Abgrenzungskriterium betrifft die Entscheidung, aus welcher Betrachtungsebene heraus die Erkenntnisse zu den Gestaltungsmaßnahmen der Kundenbeziehung beurteilt werden sollen. Typischerweise nimmt eines der beteiligten Unternehmen die dominante Rolle während der Integrationsphase ein (McBeath/Bacha 2001). Meist handelt es sich dabei um das Käuferunternehmen, insbesondere wenn eine Mehrheitsbeteiligung erworben wurde. Infrage kommt somit die Befragung geeigneter Personen aus dem Käuferunternehmen, da in aller Regel beim Erwerber die Mehrzahl integrationsrelevanter Grundsatzentscheide zur Gestaltung der Post Merger Phase getroffen werden (Reineke 2001, S. 8). Das fünfte Abgrenzungskriterium betrifft schließlich die geografische Auswahl der Transaktionen. Die für die Kovarianz-Strukturanalyse benötigte große Datenbasis macht es notwendig, Käuferunternehmen mit Sitz in Deutschland, Österreich und der Schweiz in die Untersuchung einzubeziehen. Damit wird eine ausreichend große Grundgesamtheit sichergestellt und zugleich die Befragung in einheitlicher Sprache durchgeführt. Probleme mit der semantischen Äquivalenz der gestellten Fragen (Translation-Backtranslation-Methode) können so vermieden werden.
Kapitel 4
108
Abbildung 9 gibt einen abschließenden Überblick zu den einzelnen Abgrenzungskriterien der Grundgesamtheit. Aspekt
Auswahl
Leistungswirtschaftlicher Zusammenhang
Horizontale Fusionen Ähnlichkeit des Leistungsangebots, der bearbeiteten und Akquisitionen Märkte und Kunden erhöht Integrationswahrscheinlichkeit
Bindungsintensität
Beteiligungsverhältnis > 50%
Hohes Maß operativer Kontrolle über erworbenes Unternehmen erhöht Integrationswahrscheinlichkeit
Marktzugehörigkeit
B2B und Dienstleistungen
Besondere Bedeutung langfristiger Kundenbeziehungen für Unternehmenserfolg gegeben
Betrachtungszeitraum
Jahr 2001-2006
Integration ist bereits in fortgeschrittenem Stadium Mangelnde Informationsqualität zu länger zurückliegenden Transaktionen vermeiden
Betrachtungsebene
Perspektive des Integrationsgestaltung wird beim Käufer entschieden Käuferunternehmens Erkenntnisse über erfolgswirksame Gestaltungsmaßnahmen bzgl. der Kundenbeziehungen entscheidend
Sitz des Käuferunternehmens
Deutschland, Schweiz, Österreich
Abbildung 9:
Begründung
Ausreichend große Grundgesamtheit für Befragung gewährleisten
Kriterien zur Abgrenzung der Grundgesamtheit mit Rücksicht auf die Durchführbarkeit der Empirie
4.3.2 Gestaltung und Durchführung der Datenerhebung
M&A-Transaktionen sind bedeutende Unternehmensprojekte, an die sich Mitarbeiter für gewöhnlich detailliert und umfassend erinnern können (Huber/Power 1985). Als Datenerhebungsverfahren wurde auf die Form der schriftlichen Befragung mittels standardisierter Fragebögen zurückgegriffen. Ausschlaggebend war die große Stichprobe, die für die gewählte Untersuchungsmethode benötigt wird. Als Ansprechpartner wurde jeweils ein unternehmensinterner Experte im Käuferunternehmen ausgewählt. Alternativ wären Befragungsdesigns denkbar, in denen sowohl mehrere Personen innerhalb eines Unternehmens als auch jeweils Personen aus dem Käufer- und Verkäuferunternehmen gleichzeitig befragt werden. Gegen dieses Vorgehen spricht, dass es zunächst schwierig ist, in einer großzahligen Untersuchung in den Unternehmen mehrere gleich gut informierte Schlüsselinformanten zu identifizieren und auch deren Antworten zu erhalten (Capron/Hulland 1999, S. 47). Weiter ist damit zu rechnen, dass aufgrund der nach M&A-Transaktionen häufig zu verzeichnenden, hohen Mitarbeiterfluktuation die gesuchten Informationen nicht mehr verfügbar wären (u. a. Gerpott 1993, S. 4-5; Larsson/Driver/Holmqvist et al. 2001, S. 614; Walsh 1988, S. 177). Schließlich ist es nahezu unmöglich zu überprüfen, ob auftretende Divergenzen in den Einschätzungen der Befragten durch unterschiedliche Wissensstände oder durch tatsächliche Unterschiede entstanden wären. Für die Güte der Befragung ist ent-
Beziehungsgestaltung in der PMI
109
scheidend, dass die Ansprechpartner einen umfassenden Überblick über die Integrationsaktivitäten während der Post Merger Phase erlangen konnten und Beziehungen zum Kundenstamm der Unternehmen pflegen. Die Auswahl und die Ansprache geeigneter Auskunftspersonen sowie die Gestaltung des Fragebogens folgen im Wesentlichen dem von Huber/Power (1985) vorgeschlagenen Verfahren. Die Befragung von Führungskräften bietet den Vorteil, dass die wahrgenommenen Veränderungen im Unternehmen direkt gemessen werden können (Brouthers/van Hastenburg und van den Ven 1998). Dabei sollen hauptsächlich Schlüsselinformanten (Key-Informants Kumar/Stern und Anderson 1993, S. 1634) angesprochen werden, die die Integration im Marketing- oder Vertriebsbereich verantwortlich betreut haben. Die Befragung von Schlüsselexperten ist in Studien zur Post Merger-Gestaltung weit verbreitet (u. a. Capron/Hulland 1999; Homburg/Bucerius 2005). Aufgrund obiger Überlegungen und bezogen auf die Fragestellung sowie das Untersuchungsziel wurden daher gezielt versucht, Vertriebs- und Marketingleiter sowie Vorstände und Geschäftsführer der in der Stichprobe enthaltenen Käuferunternehmen zu kontaktieren. Die ersten Versionen der Kausalmodelle wurden anhand der konzeptionellen und theoretischen Überlegungen der ersten drei Kapitel dieser Arbeit sowie anhand der Analyse bestehender Literaturbeiträge entwickelt. Die weitere Verfeinerung und qualitative Validierung wurde durch eine Vorstudie mittels Experteninterviews durchgeführt. Insgesamt wurden vier Führungskräfte aus den untersuchten Industrien und aus Unternehmensberatungen mit Post Merger-Expertise befragt (für eine Übersicht der Personen s. Anhang B). Dabei wurden die inhaltliche Validität der Messmodelle und die Verständlichkeit der Formulierungsvorschläge der ersten Fragebogenversion unter Hinzuziehung eines semi-strukturierten Gesprächsleitfadens diskutiert. Die Ergebnisse der Interviews führten zu keinen wesentlichen Überarbeitungen der Untersuchungsmodelle und zu lediglich geringen Anpassungen einzelner Frageformulierungen. Zur Präzisierung der Antworten wurde im Fragebogen auf die Analyseeinheit der Untersuchung hingewiesen. Gemäß Untersuchungsdesign wurde sie als die Gesamtheit des Vertriebs- bzw. Marketingbereichs jener Geschäftseinheit im Käuferunternehmen definiert, die am stärksten von der Post Merger Integration betroffen war. Existierte keine Aufteilung nach Geschäftseinheiten, so wurde darum gebeten, das Gesamtunter-
110
Kapitel 4
nehmen zu berücksichtigen. Die Befragten sollten sich ferner auf die Gesamtheit der Kundenbeziehung beider Unternehmen nach dem Zusammenschluss beziehen. Für den Fall mehrerer Transaktionen eines Unternehmens im Betrachtungszeitraum wurde darum gebeten, für jede Transaktion einen eigenen Fragebogen auszufüllen. Als zentrale Datenquelle konnte auf die M&A-Datenbank des Instituts für Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen zurückgegriffen werden. Darin enthalten sind historische Datensätze zu allen bekannten Transaktionen im deutschsprachigen Raum seit dem Jahre 1985. Für den Zeitraum von Juli 2001 bis April 2006 wies die Datenbank nach einer ersten groben Abgrenzung 5’021 horizontale Transaktionen mit hoher Bindungsintensität (Beteiligungsverhältnis > 50 Prozent) von 3’047 Käuferunternehmen aus. Die Differenz ergibt sich aus dem Umstand, dass einige Unternehmen im betrachteten Zeitraum mehrere Übernahmen durchführten. Nachdem die in den Datensätzen genannte Branchenzugehörigkeit nicht in allen Fällen eindeutige Rückschlüsse auf die Zugehörigkeit der Unternehmen zur B2B- und Dienstleistungsbranche zulässt, wurde in einem ersten Schritt eine manuelle Selektierung aufgrund verschiedener Anhaltspunkte (u. a. Firmenbezeichnung, Datenbanken wie Hoppenstedt, Firmenhomepage) vorgenommen. Gleichzeitig wurden die Namen und persönlichen E-MailAdressen geeigneter Ansprechpartner manuell erfasst, sofern diese in den Datenbanken oder Internetauftritten der Unternehmen vorhanden waren. Konnte keine persönliche E-Mail-Adresse erhoben werden, wurde mit vorhandenem Vor- und Nachnamen sowie Internetadresse des Unternehmens eine Dummyadresse kreiert. War dieses Vorgehen ohne Erfolg, so wurde auf die zumeist vorhandenen, nicht personalisierten Kontakt- oder Info-E-Mail-Adressen zurückgegriffen. Am 3. und 4. Juli 2007 wurde an alle zuvor gewonnenen Kontaktadressen eine E-Mail versandt, um die Befragung anzukündigen und um die Teilnahme zu bitten. Die Ankündigung via E-Mail erfüllte mehrere Funktionen: Zum einen konnten fehlerhafte Adressen identifiziert werden. Diese Adressen wurden, sofern es sich um die zuvor genannten Dummyadressen handelte, nach den üblichen Adresskonventionen bis zu dreimal verändert, bis nach wiederholtem Versand der Ankündigung keine Fehlermeldung mehr auftrat. Brachte auch dies keinen Erfolg, wurde der Datensatz gestrichen. Zum anderen konnten Ansprechpartner gestrichen werden, die vorab eine Teilnahme an der Befragung ausschlossen, sich selbst als ungeeignet für die Beantwortung des angekündigten Fragebogens qualifizierten, auf eine andere Kontaktperson verwiesen oder in deren Unternehmen gar keine M&A-Transaktion statt-
Beziehungsgestaltung in der PMI
111
gefunden hatte. Ein weiteres Ziel der Vorankündigung war, die Teilnahmebereitschaft zu erhöhen (Dillman 2000). Am 9. Juli 2007 wurde an die verbliebenen 958 Adresssätze via E-Mail der Fragebogen als Adobe Pdf-Dokument versandt. Dem Fragebogen vorangestellt war ein personalisiertes Anschreiben mit der Bitte um Teilnahme bzw. Weiterleitung an eine zur Beantwortung entsprechend geeignete Person. Zudem wurden die Zusendung eines Ergebnisberichts mit Abschluss der Untersuchung und die Teilnahme an einem kleinen Gewinnspiel in Aussicht gestellt. Am 19. Juli 2007 wurde das empfohlene Erinnerungsschreiben (Dillman 2000, S. 39; Erdogan/Baker 2002, S. 71) versandt. Da der Zeitraum der Befragung in die traditionelle Sommerurlaubszeit fiel, wurde am 20. August ein weiteres Mal mittels E-Mail nachgefasst.
4.3.3 Stichprobenstruktur und Repräsentativität
Insgesamt konnten 206 verwertbare Fragebögen gewonnen werden. Dies entspricht einer bemerkenswerten Rücklaufquote von 21.5 Prozent und kann auf die mit hohem Aufwand betriebene Nachfassaktion zurückgeführt werden. Zudem unterstreicht die vergleichsweise hohe Teilnahmerate die Relevanz der Fragestellung für den angeschriebenen Personenkreis. Vergleichbare Studien (u. a. Bucerius 2004; Capron/Hulland 1999) erzielten einen deutlich geringeren relativen Rücklauf. Die Stichprobenstruktur wird aus Tabelle 11, Abbildung 10 und Tabelle 12 ersichtlich. Umsatz in Mio. < €25 €25-€49 €50-€99 €100-€249 €250-€499 €500> €1'000 n.a. Total
Tabelle 10:
Ziel Käufer Käufer Ziel Anzahl in % Anzahl in % Mitarbeiter Anzahl in % Anzahl in % 26 12.6% 60 29.1% < 25 11 5.5% 18 8.7% 10 4.9% 16 7.8% 25-49 7 3.5% 16 7.8% 16 7.8% 20 9.7% 50-99 11 5.5% 25 12.1% 20 9.7% 27 13.1% 100-249 15 7.5% 34 16.5% 24 11.7% 12 5.8% 250-499 20 10.0% 21 10.2% 25 12.1% 9 4.4% 500-1'000 24 11.9% 27 13.1% 42 20.4% 15 7.3% > 1'000 81 40.3% 29 14.1% 43 20.9% 47 22.8% n.a. 37 18.4% 36 17.5% 206 100.0% 206 100.0% Total 206 100.0% 206 100.0%
Struktur der Stichprobe: Umsatz- und Mitarbeiterverteilung der untersuchten Unternehmen
Kapitel 4
112
100%
Produktmanager 1.0% Leiter Vertrieb 5.8%
100%
Andere 8.7%
Anlagenbau 5.3%
Leiter Marketing 11.2%
IT-Technik/ Telekom 6.8%
Leiter Corp. Development/ M&A 18.0%
100% Transport/ Logistik 5.3% Elektro-/ Medizintechnik 6.3%
Allgemeine Dienstleistungen 14.6%
Österreich 23.8%
Chemie/ Pharma 9.7% Schweiz 30.1%
Financial Services 15.0% Vorstand/ Geschäftsführer 55.3%
Andere 18.0%
Deutschland 46.1%
Maschinenbau 18.9% Position des Befragten
Industrie
Land
n=206
Abbildung 10: Struktur der Stichprobe: Angaben zu den Befragten
Beachtlich ist der hohe Anteil an Vorständen und Geschäftsführern mit 55.3 Prozent der Antwortenden. Dieser hohe Prozentsatz kann als ein positiver Hinweis für die Relevanz und Validität der gewonnenen Daten gelten. Zusammen mit den Führungskräften aus Corporate Development, Marketing und Vertrieb lassen sich 90.3 Prozent der erhaltenen Daten auf die Antworten eines Teilnehmerkreises zurückführen, der über einen insgesamt guten Informationszugang und einen Gesamtüberblick über alle Phasen der untersuchten M&A-Transaktionen verfügen sollte. Größenverhältnis Ziel zu Käufer Umsatzanteil Anzahl in % < 25 % 76 36.9% 25-49 % 31 15.0% 50-74 % 17 8.3% 75-100 13 6.3% > 100 % 21 10.2% n.a. 48 23.3% Total 206 100.0%
Tabelle 11:
Mitarbeiteranteil Anzahl in % < 25 % 76 36.9% 25-49 % 27 13.1% 50-74 % 23 11.2% 75-100 % 16 7.8% > 100 % 27 13.1% n.a. 37 18.0% Total 206 100.0%
Lesebeispiel: Bei 76 Transaktionen (36.9 Prozent der Stichprobe) betrug der Umsatz des Zielunternehmens weniger als 25 Prozent des Käuferunternehmens.
Struktur der Stichprobe: Größenverhältnisse der untersuchten Transaktionen
Um eine systematische Verzerrung der Stichprobe durch die fehlende Beteiligung von an der Befragung eingeladenen Personen auszuschließen (Nonresponse Bias), wurde
Beziehungsgestaltung in der PMI
113
auf die in der Marketingforschung etablierte Methode des Vergleichs der Angaben der „Früh Antwortenden“ (Early Respondents) mit den Angaben der „Spät Antwortenden“ (Late Respondents) zurückgegriffen. Signifikante Unterschiede würden auf eine Nonresponse-Verzerrung der Stichprobe schließen lassen (Armstrong/Overton 1977, S. 399), da eine ähnliche Einstellung der „Spät Antwortenden“ und der „Nicht Antwortenden“ angenommen wird. Zur Differenzierung der Gruppen wurden in Anlehnung an Luthard (2003, S. 141) all jene Teilnehmer als „Late Respondents“ klassifiziert, die erst aufgrund einer Nachfassaktion geantwortet hatten. Wegen der zum Befragungszeitraum vorliegenden Urlaubszeit und wegen zweimaligen Nachfassens kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass ein Teil der später eingegangenen Fragebögen sowohl von Teilnehmern stammt, die mit Verzögerung auf die erste Aussendung antworteten als auch von Teilnehmern stammt, die bereits auf die erste Nachfassaktion reagierten (Fischer 2006, S. 228). Daher wurden ausschließlich die nach der zweiten Nachfassaktion am 20. August 2007 eingegangenen Fragebögen (n = 44) zur Gruppe der Late Respondents gezählt und mit einer gleich großen Gruppe der zuerst eingegangenen Fragebögen (Early Respondents) verglichen. Die in der Arbeit verwendeten Messmodelle wurden dazu mittels t-Tests auf Gleichheit der Mittelwerte zwischen den beiden Gruppen untersucht. Bei einem Signifikanzniveau von fünf Prozent kann nicht auf Unterschiede zwischen den Early und Late Respondents geschlossen werden. Zusätzlich ergibt der Levene-Test keine Hinweise auf signifikante Unterschiede zwischen den Varianzen der beiden Gruppen. Beides spricht nicht für eine systematische Verzerrung der Stichprobe durch einen potenziellen NonresponseEffekt. Das vollständige Ergebnis der Überprüfung kann dem Anhang D entnommen werden.
4.4 Operationalisierung der Konstrukte des Beziehungsmodells Im folgenden Abschnitt wird die Messung der Konstrukte (synonym: Skalen) des Beziehungsmodells im Einzelnen beschrieben und die aussagekräftigsten lokalen und globalen Gütemaße der Skalen angeführt. Die Identifikation geeigneter Indikatoren eines hypothetischen Konstrukts kann durch Rückgriff auf Ergebnisse bisheriger Untersuchungen, durch explorative Vorstudien, Erfahrungen aus der Praxis oder theoretisch-konzeptionelle Überlegungen erfolgen (Braunstein/Huber und Herrmann 2005, S. 197). Alle vier Wege wurden in vorliegender Arbeit parallel beschritten. Es wurde jeweils Bezug auf die in Kapitel 3 (S. 48 ff.) erarbeiteten Konstruktdefinitionen genommen. Aufgrund der erstmaligen Verknüpfung des Relationship Marketing-An-
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Kapitel 4
satzes mit der M&A-Forschung konnte nur sehr beschränkt auf quantitative Untersuchungen mit ähnlichem Bezug zurückgegriffen werden. Nur in wenigen Fällen konnte auf erprobte Multi-Item-Skalen (Bagozzi/Baumgartner 1994, S. 388) zurückgegriffen werden, die bezüglich Konzeptualisierung, Operationalisierung und Messgüte bereits in anderen Arbeiten diskutiert wurden. Wo dies nicht möglich war, wurden neue Messskalen entwickelt oder ähnliche, bereits erprobte Messskalen modifiziert. Die Kovarianz-Strukturanalyse (s. Abschnitt 4.2, S. 91 ff.) sowie die Güteprüfung der Messmodelle wurden mithilfe der statistischen Softwarepakete AMOS und SPSS (Version 17) durchgeführt. Alle Konstrukte wurden zunächst einer explorativen Faktorenanalyse zur Untersuchung der Konvergenzvalidität unterzogen, die Item-toTotal-Werte und die Cronbachschen Alpha berechnet. Zusätzlich wurde für jedes Konstrukt eine konfirmatorische Faktorenanalyse durchgeführt. Die Überprüfung auf Diskriminanzvalidität der Messmodelle des Beziehungsmodells als Konstruktverbund erfolgte mittels des Fornell-Larcker-Kriteriums. Der Dokumentationsstandard in dieser Arbeit folgt den Empfehlungen der aktuellen Literatur (Homburg/Klarmann 2006, S. 738; McDonald/Ho 2002). Für eine Erklärung der verwandten Gütekriterien sei auf Abschnitt 4.2.3 (S. 97 ff.) verwiesen.
4.4.1 Messmodelle der Beziehungsgestaltung Die Mitarbeitereinbindung
Die Mitarbeitereinbindung wurde als das Ausmaß definiert, in dem die Vertriebs- und Marketingmitarbeiter bei der Gestaltung von Veränderungsmaßnahmen während der Fusion bzw. Akquisition eingebunden waren (s. Abschnitt 3.1.1, S. 50). Das Konstrukt wird über drei reflektive Indikatoren operationalisiert und orientiert sich an einem bereits getesteten Messmodell von Bucerius (2004, S.141). Aufgrund der Ergebnisse der Expertengespräche wurde ein zusätzliches Item hinzugefügt. Es bildet den Umfang ab, in dem die Meinung der Vertriebs- und Marketingmitarbeiter eine Rolle spielte. Die Ankerpunkte der Skala bilden 1 = „Stimme überhaupt nicht zu“, und 7 = „Stimme voll und ganz zu“. Tabelle 12 auf der nächsten Seite gibt nur die lokalen Gütemaße wieder, da bei drei Indikatoren ein konfirmatorisches Messmodel keine Freiheitsgrade besitzt. Die Berechnung globaler Gütemaße ist daher in diesem Fall nicht möglich.
Beziehungsgestaltung in der PMI
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Informationen zu den einzelnen Indikatoren der „Mitarbeitereinbindung“ Item-toIndikatorCritical Indikatoren Totalreliabilität Ratio Korrelation Bei der Gestaltung von Veränderungsmaßnahmen nach der Akquisition/Fusion… waren viele Vertriebs-/Marketingmitarbeiter des 0.71 0.62 kaufenden Unternehmens eingebunden. (EINTGR1) waren viele Vertriebs-/Marketingmitarbeiter des 0.74 0.71 11.49 gekauften Unternehmens eingebunden. (EINTGR2) wurde auf die Meinung der Vertriebs0.72 0.65 11.29 /Marketingmitarbeiter besonderer Wert gelegt. (EINTGR3) Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.85 Erklärte Varianz 0.77 -* p-Wert -* F 2 -Wert (df) -* AGFI -* F 2 /df GFI -* RMSEA -* CFI -* SRMR -* Faktorreliabilität (FR) 0.85 Durchschnittlich erfasste 0.66 Varianz (DEV) * Aufgrund der fehlenden Freiheitsgrade eines konfirmatorischen Modells mit drei Indikatoren (Freiheitsgrad = 0) ist eine Berechnung dieser Gütemaße nicht sinnvoll. Tabelle 12:
Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Mitarbeitereinbindung“
Insgesamt erfüllt das Messmodel alle geforderten Gütekriterien. Der Faktor erklärt mit 77 Prozent einen ausreichend hohen Anteil der Varianz der Indikatoren. Das Cronbachsche Alpha von 0.85 liegt über dem Schwellwert von 0.7. Sowohl die Indikatorreliabilitäten als auch die Critical Ratio liegen über den geforderten Mindestwerten von 0.4 bzw. 1.96. Die Kundeneinbindung
Die Kundeneinbindung wurde als das Ausmaß definiert, in dem Kunden der beteiligten Unternehmen in den Veränderungsprozess während der Post Merger Phase einbezogen wurden (s. Abschnitt 3.1.2, S. 51). Das Konstrukt wird ebenfalls über zwei reflektive Indikatoren in Anlehnung an Bucerius (2004, S.141) operationalisiert. Die Befragten wurden gebeten anzugeben, inwieweit sie den beiden Aussagen zustimmten (Ankerpunkt 1 = „Stimme überhaupt nicht zu“, Ankerpunkt 7 = „Stimme voll und ganz zu“). Aufgrund der negativen Anzahl an Freiheitsgraden eines konfirmatorischen Modells mit zwei Indikatoren ist in diesem Fall eine konfirmatorische Faktorenanalyse nicht möglich.
Kapitel 4
116
Der Wortlaut der einzelnen Indikatoren sowie die berechneten Gütemaße der Indikatoren und des Faktors sind in Tabelle 13 zusammengefasst. Informationen zu den einzelnen Indikatoren der „Kundeneinbindung“ Item-toIndikatorIndikatoren Totalreliabilität Korrelation 0.46 -* Wir banden die Kunden aktiv in den Veränderungsprozess ein (z. B. über Fokusgruppen, schriftliche Befragungen, Kundenforen). (CINTGR1) 0.46 -* Wir holten die Meinung unserer Kunden über Veränderungen im Zuge der Akquisition/Fusion ein. (CINTGR2) Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.64 Erklärte Varianz -* p-Wert F 2 -Wert (df) -* AGFI F 2 /df GFI CFI Faktorreliabilität (FR)
Critical Ratio -*
-*
0.74 -* -*
RMSEA -* SRMR -* Durchschnittlich erfasste -* Varianz (DEV) * Aufgrund der negativen Anzahl an Freiheitsgraden eines konfirmatorischen Modells mit zwei Indikatoren ist eine konfirmatorische Faktorenanalyse nicht möglich. Tabelle 13:
-* -* -*
Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Kundeneinbindung“
Die berechneten Gütemaße sind zufrieden stellend. Das Cronbachsche Alpha liegt mit 0.64 unter dem von Nunnally (1978, S. 245) geforderten Wert von 0.7. Allerdings werden bei zwei bis drei Indikatoren bereits Werte von mindestens 0.4 als akzeptabel angesehen (Peter 1997, S. 180). Angesichts der geringen Abweichung kann somit die Interne-Konsistenz-Reliabilität als akzeptabel erachtet werden. Die Kundenkommunikation
Die Kundenkommunikation wurde als das Ausmaß jener Bemühungen definiert, in dem der Dialog mit den Kunden über die relevanten Sach- und Beziehungsaspekte der M&A-Transaktion sichergestellt wird. Operationalisierungsansätze aus der empirischen Marketingforschung erwiesen sich vor dem Hintergrund der Problemstellung dieser Arbeit als nicht brauchbar. Somit wurde ein neues Messmodell mit fünf Indikatoren entwickelt. Sie bilden die in Abschnitt 3.1.3 (S. 53 f.) zur Konzeptualisierung diskutierten Dimensionen des Konstrukts ab. Im Mittelpunkt steht die Effektivität der Kommunikationsbemühungen in der PMI. Die Ankerpunkte lauten 1 = „Stimme überhaupt nicht zu“, und 7 = „Stimme voll und ganz zu“. Der Wortlaut
Beziehungsgestaltung in der PMI
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der einzelnen Indikatoren und die Gütekriterien zu den Indikatoren und dem Faktor werden in Tabelle 14 zusammengefasst. Informationen zu den einzelnen Indikatoren der „Kundenkommunikation“ Item-toIndikatorIndikatoren Totalreliabilität Korrelation 0.68 -* Die Kunden wurden über Veränderungen im Unternehmen nach der Akquisition/Fusion auf dem Laufenden gehalten. (COM1) Wir legten besonderen Wert auf den Austausch von 0.68 -* Informationen mit unseren Kunden (z. B. über Ziele und Motive der Akquisition/Fusion). (COM2) Wir informierten die Kunden so schnell wie möglich über eventuelle Probleme aufgrund der Indikator wurde gestrichen Akquisition/Fusion (z. B. Lieferverzögerungen, Produktqualität). (COM3) Die Art und Weise der Kundenkommunikation bzgl. der Akquisition/Fusion erfolgte kundenindividuell Indikator wurde gestrichen (z. B. differenziert nach A-, B- oder C-Kunden). (COM4) Die Kunden gaben uns regelmäßig Rückmeldung (z. B. zu Veränderungen bei Preisen, Leistungen, Indikator wurde gestrichen Produktqualität). (COM5) Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.81 Erklärte Varianz -* p-Wert F 2 -Wert (df) F 2 /df GFI CFI Faktorreliabilität (FR)
-*
AGFI
Critical Ratio -*
-*
0.84 -* -*
RMSEA -* SRMR -* Durchschnittlich erfasste -* Varianz (DEV) * Aufgrund der negativen Anzahl an Freiheitsgraden eines konfirmatorischen Modells mit zwei Indikatoren ist eine konfirmatorische Faktorenanalyse nicht möglich. Tabelle 14:
-* -* -*
Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Kundenkommunikation“
Entgegen den während der Expertengespräche gewonnenen Erkenntnissen mussten nach Überprüfung der Daten drei Indikatoren aufgrund deutlich zu niedriger Item-toTotal-Korrelationen eliminiert werden. Dies ist allerdings im Prinzip unproblematisch, da die Indikatoren in einem reflektiven Messmodell prinzipiell austauschbare Messungen der latenten Variablen darstellen (Bollen 1991, S.308). Das Cronbachsche Alpha liegt mit 0.81 über dem geforderten Wert und das Konstrukt erklärt mit 84 Prozent einen hohen Anteil der Varianz der Indikatoren.
Kapitel 4
118 Das Konfliktmanagement
Das Konfliktmanagement in der Kundenbeziehung bezieht sich in der vorliegenden Arbeit auf das Ausmaß, in dem potenzielle und manifeste Konflikte während der PMI gelöst wurden. Soweit dem Autor bekannt, wurde ein solches Konstrukt in einem vergleichbaren Forschungskontext bisher nicht operationalisiert. Aus diesem Grund wird das Messinstrument neu entwickelt. Dazu wurde ein Messmodell von Ndubisi/Wah (2005, S. 548) angepasst und neue Indikatoren auf Basis der Ausführungen in Abschnitt 3.1.6 (S. 60) sowie unter Rückgriff auf Modelle zur Messung des Konfliktniveaus zwischen Unternehmensverbünden (u. a. Mohr/Fisher und Nevin 1996, S. 113) entwickelt. Die Operationalisierung basiert auf den zwei Konstruktdimensionen „Konfliktprävention“ und „Konfliktlösung“. Zur Messung werden fünf reflektive Indikatoren herangezogen. Zwei Indikatoren beziehen sich auf die Prävention, die drei anderen Indikatoren beziehen sich auf die Lösung von Konflikten. Das dritte Item (CON3) basiert auf den richtungsweisenden Ergebnissen von Mohr/Spekman (1994) zur Art und Weise der Konfliktlösung in Kooperationsprozessen. Das Item bildet die Argumentation der Autoren hinsichtlich der Bedeutung eines gemeinsamen, integrativen Vorgehens zur Erzielung besserer Lösungsergebnisse und einer verbesserten Zusammenarbeit ab. Zur Messung wird wiederum auf eine siebenstufige Liekert-Skala zurückgegriffen (1 = „Stimme überhaupt nicht zu“, 7 = „Stimme voll und ganz zu“). Wegen zu niedriger Reliabilitäten mussten zwei Indikatoren aus dem Messmodell gestrichen werden. Der Wortlaut der einzelnen Indikatoren und die Gütekriterien werden in Tabelle 15 zusammengefasst. Informationen zu den einzelnen Indikatoren des „Konfliktmanagements“ Item-toIndikatorIndikatoren Totalreliabilität Korrelation Wir setzten Zeit, Geld und Mittel ein, um mögliche Konflikte mit Kunden von vornherein zu verhindern. Indikator wurde gestrichen (CON1) Konflikte mit Kunden lösten wir, bevor diese zu 0.60 0.42 Problemen führten. (CON2) Bei auftretenden Problemen sprachen wir mit unseren 0.74 0.76 Kunden offen und transparent über Lösungen. (CON3) Wir lösten Probleme mit unseren Kunden rasch. 0.74 0.75 (CON4) Konflikte lösten wir im Sinne unserer Kunden, auch Indikator wurde gestrichen wenn wir im Recht waren. (CON5) Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.83 Erklärte Varianz -* p-Wert F 2 -Wert (df) -* AGFI F 2 /df
Critical Ratio
9.56 9.58
0.75 -* -*
Beziehungsgestaltung in der PMI
119
GFI
-*
RMSEA
-*
CFI
-*
SRMR
-*
Faktorreliabilität (FR)
0.83
Durchschnittlich erfasste 0.63 Varianz (DEV) * Aufgrund der fehlenden Freiheitsgrade eines konfirmatorischen Modells mit drei Indikatoren (Freiheitsgrad = 0) ist eine Berechnung dieser Gütemaße nicht sinnvoll. Tabelle 15:
Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Konfliktmanagement“
4.4.2 Messmodelle des Integrationserfolges Der Marktanteil
Die Messgröße „Marktanteil“ wurde als das Ausmaß definiert, in dem der Marktanteil des Gesamtunternehmens nach der Fusion oder Akquisition die Summe der Marktanteile der beiden Transaktionspartner vor der Fusion oder Akquisition übersteigt. Zur Operationalisierung wird auf einen in der Literatur häufig verwendeten Single-ItemAnsatz zurückgegriffen (u. a. Capron/Hulland 1999, S. 996; Homburg/Bucerius 2005, S. 110; Lubatkin/Schulze/Mainkar et al. 2001, S. 345-346). Die beiden Ankerpunkte der siebenstufigen Likert-Skala werden mit 1 = „Stark gesunken“ und 7 = „Stark gestiegen“ bezeichnet. Die Beziehungsqualität
Die Beziehungsqualität wurde als das Ausmaß definiert, in dem sich die Gesamtbeurteilung zur Stabilität und Stärke der Beziehung zwischen Anbieter und Kunde als Folge der M&A-Transaktion verändert hat (zur Definition der drei Faktoren Kundenzufriedenheit, Kundenvertrauen und Verbundenheit der Kunden s. Abschnitt 3.3.2.2, S. 71 ff.). Die Operationalisierung wird in Anlehnung an das von De Wulf/OdekerkenSchröder und Van Kenhove (2003) empirisch getestete, mehrfaktorielle Messmodell übernommen und weiterentwickelt. Die Ankerpunkte der einzelnen Skalen bilden 1 = „Trifft überhaupt nicht zu“ und 7 = „Trifft voll und ganz zu“. Zur Überprüfung der Güte des Modells wurden die drei Faktoren erster Ordnung zunächst einer Faktoranalyse unterzogen. Die explorative Faktoranalyse zeigte, dass die rotierten Faktorladungen der Indikatorbatterien (Varimax-Methode) auf jeweils einen Faktor laden. Die Ergebnisse der darauf folgenden konfirmatorischen Faktorenanalyse sind in Tabelle 16, Tabelle 17 und Tabelle 18 angegeben. Wegen zu niedriger Reliabilitäten mussten jeweils zwei Indikatoren des Konstrukts Verbundenheit
Kapitel 4
120
(COMT3, COMT5) und des Konstrukts Vertrauen (TRU2, TRU3) gestrichen werden. Alle drei Messmodelle übertreffen danach alle geforderten Gütemaße. Informationen zu den einzelnen Indikatoren der „Kundenzufriedenheit“ Item-toIndikatorIndikatoren Totalreliabilität Korrelation Mit unserer Geschäftsbeziehung waren die Kunden 0.75 0.67 zufrieden. (SAT1) Die Kunden waren mit unseren Produkten und 0.75 0.67 Leistungen zufrieden. (SAT2) Die Beziehungsqualität zu unserem Unternehmen 0.73 0.62 schätzten die Kunden als hoch ein. (SAT3) Vor die Wahl gestellt, würden die Kunden jederzeit 0.74 0.64 wieder mit uns zusammenarbeiten. (SAT4) Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.88 Erklärte Varianz 2.74 (2) p-Wert F 2 -Wert (df) F 2 /df GFI CFI Faktorreliabilität (FR)
Tabelle 16:
1.37
AGFI
0.99 1.00 0.88
RMSEA SRMR Durchschnittlich Varianz (DEV)
Critical Ratio 12.77 11.89 12.12
0.74 0.25 0.97
0.04 0.01 erfasste 0.64
Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Kundenzufriedenheit“
Informationen zu den einzelnen Indikatoren des „Kundenvertrauens“ Item-toIndikatorIndikatoren Totalreliabilität Korrelation Die Kunden hatten den Eindruck, dass man sich auf 0.73 0.65 unser Unternehmen verlassen konnte. (TRU1) Vertrauliche Informationen teilten die Kunden mit uns Indikator wurde gestrichen öfter als notwendig. (TRU2) Die Kunden konnten sich jederzeit darauf verlassen, dass wir Versprechen auch einhalten (z. B. zu Preisen, Indikator wurde gestrichen Qualität oder Lieferterminen). (TRU3) Gegenseitiges Vertrauen prägte die Kundenbeziehung. 0.69 0.54 (TRU4) Insgesamt hatten die Kunden Vertrauen zu unserem 0.82 0.90 Unternehmen. (TRU5) Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.87 Erklärte Varianz -* p-Wert F 2 -Wert (df) F 2 /df GFI CFI Faktorreliabilität (FR)
-*
AGFI
-
11.55 13.13
0.79 -* -*
RMSEA -* SRMR -* Durchschnittlich erfasste 0.69 Varianz (DEV) * Aufgrund der fehlenden Freiheitsgrade eines konfirmatorischen Modells mit drei Indikatoren (Freiheitsgrad = 0) ist eine Berechnung dieser Gütemaße nicht sinnvoll. Tabelle 17:
-* -* 0.87
Critical Ratio
Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Kundenvertrauen“
Beziehungsgestaltung in der PMI
121
Informationen zu den einzelnen Indikatoren der „Verbundenheit der Kunden“ Item-toIndikatorIndikatoren Totalreliabilität Korrelation Die Kunden fühlten sich unserem Unternehmen 0.77 0.68 gegenüber verbunden. (COMT1) Den Kunden war die Beziehung zu unserem 0.83 0.85 Unternehmen wichtig. (COMT2) Unser Unternehmen wurde von den Kunden Indikator wurde gestrichen weiterempfohlen. (COMT3) Den Kunden lag viel an einer langfristigen 0.77 0.69 Zusammenarbeit mit uns. (COMT4) Um die Geschäftsbeziehung zu unserem Unternehmen aufrechtzuerhalten, nahmen die Kunden sogar Indikator wurde gestrichen Schwierigkeiten in Kauf. (COMT5) Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.89 Erklärte Varianz -* p-Wert F 2 -Wert (df) F 2 /df GFI CFI Faktorreliabilität (FR)
-*
AGFI
Critical Ratio 14.62
13.61
0.82 -* -*
RMSEA -* SRMR -* Durchschnittlich erfasste 0.74 Varianz (DEV) * Aufgrund der fehlenden Freiheitsgrade eines konfirmatorischen Modells mit drei Indikatoren (Freiheitsgrad = 0) ist eine Berechnung dieser Gütemaße nicht sinnvoll. Tabelle 18:
-* -* 0.90
Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Verbundenheit der Kunden“
Anschließend wurde ein reflektives Messmodell der Beziehungsqualität zweiter Ordnung mithilfe der drei Faktoren erster Ordnung modelliert und getestet. Die Modellgüte erwies sich als akzeptabel. Alle standardisierten Faktorladungen erster und zweiter Ordnung waren signifikant und lagen deutlich über dem geforderten Wert von 0.4 als Voraussetzung für Konvergenzvalidität (Beziehungsqualität auf Zufriedenheit: 0.88, Beziehungsqualität auf Vertrauen: 0.91, Beziehungsqualität auf Verbundenheit: 0.87). Die anderen Modellgütemaße lagen alle in noch akzeptablen Bereichen ( F 2 /df: 2.4, AGFI: 0.88, GFI: 0.93, CFI: 0.97, RMSEA: 0.8, SRMR: 0.03). Aufgrund dieser Ergebnisse scheint es vertretbar, das Messmodell der Beziehungsqualität auf ein Konstrukt erster Ordnung überzuführen. Damit wird eine Reduktion der Komplexität des im späteren Verlauf zu untersuchenden Kausalmodells erreicht und die Interpretationsfähigkeit sowie Übersichtlichkeit wesentlich erleichtert. Zudem kommt es zu einem günstigeren Verhältnis zwischen der Stichprobengröße und der Anzahl zu schätzender Parameter im Kausalmodell. Mittels Item-Parcelling (Schermelleh-Engel/Werner 2009) wurde für jeden der drei Faktoren das arithmetische Mittel über die jeweils zugehörigen Indikatoren gebildet. Die drei Mittelwertvariablen
Kapitel 4
122
bildeten sodann die Indikatoren für das verbliebene Konstrukt erster Ordnung der Beziehungsqualität. Die Güte des Messmodells erfüllt alle geforderten Grenzwerte (s. Tabelle 19). Informationen zu den einzelnen Indikatoren der „Beziehungsqualität“ nach Item-Parcelling Item-toIndikatorCritical Indikatoren Totalreliabilität Ratio Korrelation Arithmetisches Mittel der Indikatoren des Faktors 0.75 0.68 „Kundenzufriedenheit“ (SAT) Arithmetisches Mittel der Indikatoren des Faktors 0.77 0.73 13.04 „Kundenvertrauen“ (TRU) Arithmetisches Mittel der Indikatoren des Faktors 0.76 0.70 12.89 „Verbundenheit der Kunden“ (COMT) Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.87 Erklärte Varianz 0.80 -* p-Wert -* F 2 -Wert (df) F 2 /df GFI CFI Faktorreliabilität (FR)
-*
AGFI
-*
RMSEA -* SRMR -* Durchschnittlich erfasste 0.70 Varianz (DEV) * Aufgrund der fehlenden Freiheitsgrade eines konfirmatorischen Modells mit drei Indikatoren (Freiheitsgrad = 0) ist eine Berechnung dieser Gütemaße nicht sinnvoll. Tabelle 19:
-* -* 0.88
Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Beziehungsqualität“ nach Item-Parcelling
4.4.3 Messmodell des Unternehmenswerts
Der Unternehmenserfolg wurde als das Ausmaß definiert, in dem die M&A-Transaktion zu einer Unternehmenswertsteigerung führt. Die unmittelbare Erhebung des Unternehmenswertes als einzelne Messgröße stellt zwar die direkteste Möglichkeit dar, ist aber in der Praxis mit Schwierigkeiten verbunden. Selbst Unternehmensinsider verfügen meist nicht über diese Information oder sie verfügen über falsche Erwartungen bezüglich der am Markt erzielbaren Preise. Dies trifft insbesondere für kleinere und nicht börsennotierte Unternehmen in der Stichprobe zu. Daher muss eine indirekte Erhebung erfolgen. Zur besseren Veranschaulichung der zentralen Werttreiber sei hier auf die kurze Darstellung zur Unternehmenswertberechnung im Anhang A verwiesen. Es lässt sich daran erkennen, wie im Sinne des Value ManagementAnsatzes (Rappaport 1986; Spremann/Pfeil und Weckbach 2001) der Wert des Gesamtunternehmens von den Zahlungsüberschüssen (Cashflows) und dem Diskontierungszinssatz abhängt. Die weitere Operationalisierung des Messmodells erfolgt daher durch vier reflektive Indikatoren, welche beide Größen hinreichend gut
Beziehungsgestaltung in der PMI
123
repräsentieren, zugleich aber aufgrund ihrer Bedeutung für die Geschäftssteuerung bei den Befragten unternehmensintern leicht verfügbar und daher gut zu erheben sind. Die ersten beiden Indikatoren erfassen die Umsatzrendite und das Umsatzwachstum. Beide Indikatoren sind Ausdruck für das Wachstum und die Ertragskraft und beeinflussen, wenn auch indirekt, die Höhe der Zahlungsüberschüsse. Dabei handelt es sich um Erfolgsgrößen, die in der marketingorientierten M&A-Forschung breite Anwendung gefunden haben (u. a. Cannella/Hambrick 1993, S. 144; Datta 1991, S. 288; Homburg/Bucerius 2005, S. 110) und zugleich unternehmensintern gut verfügbar sind. Der dritte Indikator erfasst die Cashflowstabilität als Indikator für das mit dem Unternehmen verbundene Risiko und damit der Höhe des Diskontierungszinssatzes. Je stabiler der Cashflow, desto niedriger ist die entsprechende Risikoprämie bei der Unternehmensbewertung und eine Unternehmenswertsteigerung ist die Folge. Der vierte Indikator erfasst schließlich die erwartete Cashflowsteigerung aufgrund von Synergieeffekten. Die Ankerpunkte der Skalen werden mit 1 = „Stark gesunken“ und 7 = „Stark gestiegen“ beschrieben. Tabelle 20 fasst die die Spezifizierung des Messmodells und die Ergebnisse der Güteprüfung zusammen. Informationen zu den einzelnen Indikatoren des „Unternehmenswerts“ Item-toIndikatorIndikatoren Totalreliabilität Korrelation Im Vergleich zur Situation vor der Fusion/Akquisition: Wie entwickelte sich das Gesamtunternehmen aus heutiger Sicht in Bezug auf … die jährliche Umsatzrendite (ROS)? (PER1) 0.60 0.47 das jährliche Umsatzwachstum? (PER2) Indikator wurde gestrichen die Stabilität des Cashflows? (PER3) 0.67 0.76 die in Zukunft zu erwartenden Cashflows (z. B. 0.57 0.43 Cashflowpotenziale durch zusätzliches Servicegeschäft, Cross-Selling)? (PER4) Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.78 Erklärte Varianz -* p-Wert F 2 -Wert (df) F 2 /df GFI CFI Faktorreliabilität (FR)
-*
AGFI
Critical Ratio
7.82 7.96
0.69 -* -*
RMSEA -* SRMR -* Durchschnittlich erfasste 0.56 Varianz (DEV) * Aufgrund der fehlenden Freiheitsgrade eines konfirmatorischen Modells mit drei Indikatoren (Freiheitsgrad = 0) ist eine Berechnung dieser Gütemaße nicht sinnvoll. Tabelle 20:
-* -* 0.79
Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Unternehmenswert“
Die Überprüfung der Messmodelle des Beziehungsmodells auf Reliabilität und Konvergenzvalidität ist hiermit abgeschlossen. Abschließend erfolgt die Beurteilung der Diskriminanzvalidität mithilfe des Fornell-Larcker-Kriteriums. Die Durchschnittlich
Kapitel 4
124
Erfassten Varianzen (DEV) der paarweise zu überprüfenden Faktoren sind stets größer als die in Tabelle 21 angeführten quadrierten Korrelationen der Faktoren. Das Ergebnis zeigt, dass Diskriminanzvalidität zwischen den Modellkonstrukten vorliegt. Informationen zur Diskriminanzvalidität des Beziehungsmodells Faktor 1 Faktor 2 Faktor 3 Faktor 4 Faktor 5 Faktor 6 Faktor DEV 0.66 0.63 0,70 1 CINTGR 2 EINTGR 0.66 0.19 3 COM 0.03 0.17 4 CON 0.63 0.03 0.13 0.02 5 RQ 0,70 0.00 0.01 0.11 0.07 6 SHARE 0.02 0.10 0.04 0.03 0.05 7 PER 0.56 0.01 0.04 0.03 0.10 0.12 0.16 Tabelle 21:
Faktor 7 0.56
-
Ergebnisse der Überprüfung auf Diskriminanzvalidität des Beziehungsmodells (Fornell-Larcker-Kriterium)
4.5 Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung Die Überprüfung der Hypothesen 1 bis 12 im Beziehungsmodell erfolgt mithilfe der Kovarianz-Strukturanalyse. Insgesamt weisen die Gütemaße auf eine gute Anpassung des Modells an die empirisch erhobenen Daten hin ( F 2 /df: 1.62, AGFI: 0.88, GFI: 0.91, CFI: 0.95, RMSEA: 0.05, SRMR: 0.07). Alle Werte liegen innerhalb der geforderten Anspruchsniveaus (s. Tabelle 9, S. 105), lediglich der AGFI liegt leicht unter dem geforderten Mindestwert von 0.9. Angesichts der minimalen Unterschreitung und der tendenziell geringeren Bedeutung des AGFI (u. a. Homburg/Klarmann 2006, S. 736; Hu/Bentler 1999) kann insgesamt davon ausgegangen werden, dass die allgemeine Gültigkeit des Beziehungsmodells als gut einzuschätzen ist. Abbildung 11 (S. 125) fasst die Ergebnisse der Parameterschätzung zusammen. Der Grafik können die quadrierten multiplen Korrelationen (r2) als lokale Gütemaße, die standardisierten Pfadkoeffizienten des Strukturmodells und die Ergebnisse der Hypothesenprüfung entnommen werden. Hypothese 1 wird bestätigt. Es besteht ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen der Mitarbeitereinbindung bei der Gestaltung von Veränderungsmaßnahmen in der Integrationsphase und dem Marktanteil des Gesamtunternehmens nach der M&A-Transaktion. Keine empirische Unterstützung findet hingegen Hypothese 2. Die erhobenen Daten liefern keinen Hinweis darauf, dass die Einbindung der Mitarbeiter in den Integrationsprozess die Beziehungsqualität an sich erhöht.
Beziehungsgestaltung in der PMI
125
Hingegen werden die Hypothesen 3 bis 5 bestätigt. Hier zeigen sich signifikant positive Effekte der Mitarbeitereinbindung auf die Kundeneinbindung (H3), auf die Kommunikation mit den Kunden (H4) und auf das Konfliktmanagement im Zuge der Integration (H5). Integrationsgestaltung
Unternehmenserfolg
Integrationserfolg
Mitarbeitereinbindung 0.44*** (H3+)
0.30*** (H1+) r2=0.19
Kundeneinbindung 0.41*** (H4+)
r2=0.17
-0.13 (H2+)
Marktanteil -0.03 (H6+)
0.35*** (H7+)
Beziehungsqualität
0.25*** (H8+) 0.37*** (H5+)
r2=0.13
Konfliktmanagement
Modellgüte: Anmerkungen:
r2=0.27
Unternehmenswert
0.19***(H10a+)
r2=0.17
Kundenkommunikation
0.32*** (H12a+)
0.22*** (H11a+)
r2=0.14
0.21** (H1c+)
2/df: 1.62; AGFI: 0.88; GFI: 0.91; CFI: 0.95; RMSEA: 0.05; SRMR: 0.07 **: p < 0.05; ***: p 0.001; r2=erklärte Varianz
Abbildung 11: Pfaddiagramm des Beziehungsmodells
Hypothese 6 kann überraschenderweise nicht bestätigt werden. Demnach liegt kein Zusammenhang zwischen der Einbindung von Kunden in den Veränderungsprozess und der Beziehungsqualität vor. Wie zu erwarten kann Hypothese 7 bestätigt werden. Die Kundenkommunikation, als eine der wichtigsten Gestaltungsvariablen des Relationship Marketings, trägt zu einer Steigerung der Beziehungsqualität bei. Die Hypothese 8 und Hypothese 9 zum Konfliktmanagement werden ebenfalls bestätigt. Hier hat das Konfliktmanagement sowohl einen signifikant positiven Effekt auf die Beziehungsqualität (H8) als auch einen direkten signifikant positiven Effekt auf die Wertsteigerung des Unternehmens (H9). Die Effekte des Konfliktmanagements sowohl auf die Beziehungsqualität als auch auf die Wertsteigerung sind im Modell annähernd gleich stark (0.21 bzw. 0.22). Dies spricht für die Effektivität der Maßnahme im Integrationskontext von M&A.
126
Kapitel 4
Mit Hinblick auf den Integrations- und Unternehmenserfolg werden die Hypothesen 10 bis 12 bestätigt. Zwischen der Beziehungsqualität und dem Marktanteil des Gesamtunternehmens nach der M&A-Transaktion besteht ein signifikant positiver Zusammenhang (H10). Hypothese 10 bestätigt, dass der positive Effekt der Beziehungsqualität auf die Unternehmenswertsteigerung zu einem Teil durch die Erhöhung des Marktanteils zustande kommt, da der Marktanteil gleichzeitig einen direkten positiven Effekt auf die Wertsteigerung nach der M&A-Transaktion bewirkt (H11). Abschließend besteht zwischen den Konstrukten der Beziehungsqualität und der Wertsteigerung ebenfalls ein signifikant positiver direkter Zusammenhang (H12). Zusammen ergibt sich ein indirekter Effekt zwischen diesen beiden Konstrukten, der durch den Marktanteil gemäß Hypothese 10 mediiert wird und dessen Effektstärke durch Multiplikation der Pfadkoeffizienten berechnet werden kann (Pfadkoeffizient: 0.19 · 0.32 = 0.06). In Summe führt das zu einem stark positiven Gesamteffekt der Beziehungsqualität auf die Unternehmenswertsteigerung (Pfadkoeffizient: 0.06 + 0.22 = 0.28). Angesichts der Vielzahl an potenziellen Einflussfaktoren der Integration stellt das Beziehungsmodell lediglich einen Ausschnitt der M&A-Sphäre dar. Trotzdem erklären die im Modell berücksichtigten Konstrukte 27 Prozent der Varianz (r2 = 0.27) der Unternehmenswertsteigerung im Zuge der PMI. Im Zusammenhang mit dem Gesamteffekt der Beziehungsqualität auf die Wertsteigerung ist das Ergebnis insgesamt eine substanzielle Bestätigung der hohen Bedeutung beziehungsbildender Gestaltungsmaßnahmen während der Integrationsphase.
4.6 Zwischenfazit zur Beziehungsgestaltung In diesem Kapitel wurden die Effekte beziehungsgestaltender Maßnahmen auf den Integrations- und Unternehmenserfolg empirisch untersucht. Das Untersuchungsmodell liefert eine substanzielle Bestätigung der hohen Bedeutung der Kundenbeziehungsqualität und des Marktanteils für den Unternehmenserfolg nach M&A-Transaktionen. Zudem zeigt sich die positive Wirkung der beziehungsgestaltenden Maßnahmen. Die Ergebnisse aus dem Beziehungsmodell können im Einzelnen wie folgt zusammengefasst werden: Die empirischen Daten veranschaulichen deutlich, dass von der Kundenbeziehungsqualität in der PMI ein starker positiver Einfluss auf die Unter-
Beziehungsgestaltung in der PMI
127
nehmenswertsteigerung ausgeht. Die Effektstärke ist hierbei nahezu gleich groß wie die der Marktanteilssteigerung. Dieses Ergebnis unterstreicht die Bedeutung des konsequenten Kundenbeziehungsmanagements zur Erreichung eines der erklärten M&A-Ziele. Im Modell erweist sich die Kundenkommunikation in der Integrationsphase als die am stärksten wirkende Maßnahme zur positiven Beeinflussung der Beziehungsqualität. Das Konfliktmanagement bewirkt ebenfalls eine Steigerung der Beziehungsqualität. Es bestätigt sich zudem auch der direkte positive Effekt auf die Unternehmenswertsteigerung. Wie vermutet scheint ein erfolgreiches Konfliktmanagement nicht nur über Zufriedenheits- und Kundenbindungseffekte, sondern auch durch unmittelbare Umsatz- und Kosteneffekte auf den Unternehmenswert zu wirken. Im Widerspruch zu den gängigen Empfehlungen der praxisbezogenen M&AIntegrationsliteratur steht der Umstand, dass die postulierte positive Wirkung der Kundeneinbindung während der PMI und der Beziehungsqualität nicht bestätigt wird. Die Erklärung könnte in einer Überforderung der Kunden zu finden sein. Sie entsteht möglicherweise dadurch, dass Kunden bspw. Rückmeldungen zur Integration geben sollen, die sie letztlich in ihrer Wirkung auf die bestehende Geschäftsbeziehung nicht gültig beurteilen können. Es ist durchaus vorstellbar, dass sich dadurch positive und negative Effekte neutralisieren. Eine differenzierte Sichtweise ist bei der Beurteilung der Auswirkungen der Mitarbeitereinbindung notwendig. Der stark positive Effekt auf den Marktanteil zeigt, dass die Einbindung von Mitarbeitern aus Vertrieb und Marketing entscheidend zur Erreichung der häufig in Verbindung mit M&A geforderten Marktanteilssteigerungen beiträgt. Der postulierte direkte positive Einfluss auf die Beziehungsqualität konnte im Modell jedoch nicht bestätigt werden. Allerdings zeigen sich zwei indirekte Einflüsse über die positiven Effekte der Mitarbeitereinbindung auf das Ausmaß der Kundenkommunikations- und Konfliktmanagementmaßnahmen, die beide wiederum eine positive Wirkung auf die Beziehungsqualität haben. Die Mitarbeitereinbindung alleine ist daher noch keine wirksame Maßnahmen. Sie wird in den untersuchten Fällen erst in Kombination mit konkreten Aufgaben effektiv und ermöglicht die innerbetriebliche Durchsetzung des Beziehungsmanagements während der PMI.
Kapitel 5
128
5. Synergierealisierung in der PMI – Das Synergiemodell Nach der Untersuchung des Beziehungsmodells werden in diesem Kapitel zur Beantwortung von Forschungsfrage 4 (s. Abschnitt 1.2, S. 6) die Effekte der Synergierealisierung in Vertrieb und Marketing während der PMI untersucht. Zunächst werden die Hypothesen zu den Wirkungszusammenhängen zwischen den einzelnen Konstrukten auf Basis theoretischer Überlegungen und Expertenerkenntnissen abgeleitet (Abschnitt 5.1). Danach erfolgt die Operationalisierung der Modellkonstrukte (Abschnitt 5.2). Die Analyse schließt ab mit der Hypothesenüberprüfung des Synergiemodells (Abschnitt 5.3) und einem kurzen Zwischenfazit (Abschnitt 5.4). Das Synergiemodell stellt die postulierten kausalen Beziehungen zwischen der Synergiegestaltung, dem Integrationserfolg und dem Unternehmenserfolg nach der PMI dar. Die Kategorie Synergiegestaltung umfasst die Variablen „Zusammenfassung von Ressourcen“ und „Ressourcenzugang“. Die Kategorie Integrationserfolg wird durch die drei Erfolgsvariablen „Kostensenkung“, „Beziehungsqualität“ und „Marktanteil“ dargestellt. Der Unternehmenserfolg nach der M&A-Transaktion wird am Ende der kausalen Kette wieder durch das Ausmaß der erzielten Wertsteigerung gemessen. Abbildung 12 veranschaulicht das Untersuchungsmodell mit den drei Kategorien und ihren Konstrukten. Integrationsgestaltung
Synergierealisierung
Integrationserfolg
Unternehmenserfolg
Kostensenkung
Zusammenfassung von Ressourcen Beziehungsqualität Ressourcenzugang Marktanteil
Abbildung 12: Konzeptionelles Synergiemodell der PMI
Unternehmenswert
Synergienhebung in der PMI
129
5.1 Hypothesenentwicklung Die erste Hypothese des Synergiemodells bezieht sich auf den Zusammenhang zwischen der Zusammenfassung von Ressourcen und der Kostensenkung. Insbesondere bei horizontalen Unternehmensübernahmen entstehen durch die starken leistungswirtschaftlichen Übereinstimmungen zwischen den Transaktionspartnern Redundanzen in der Ressourcenausstattung. Durch die Zusammenfassung können diese Redundanzen aufgedeckt und durch den Abbau der nicht mehr benötigten Ressourcen Kosteneinsparungen realisiert werden. Die Kostensenkung beruht hauptsächlich auf der Realisierung von Skaleneffekten (Economies of Scale), die durch eine höhere gemeinsame Ausbringungsmenge bei unterproportional steigenden Inputfaktoren entstehen. Einsparungspotenziale ergeben sich z. B. durch ein bereinigtes, gemeinsames Leistungs- und Serviceangebot, durch den Verzicht auf parallele Produktneuentwicklungsprojekte, durch die Zusammenlegung von Produktionsstandorten oder durch Personalanpassungen im administrativen Bereich. In Vertrieb und Marketing werden ebenfalls fixkostendegressive Maßnahmen vorgenommen (Bucerius 2004, S. 104; Krishnan/Park 2002). So werden bspw. nach der Zusammenfassung interner Funktionsbereiche oder bei geografischer Überlappung der Vertriebsaußendienste personelle Überkapazitäten abgebaut. Die Höhe der Kosteneinsparungen ist somit vom Ausmaß der Zusammenfassung der Ressourcen beider Transaktionspartner abhängig. H13:
Je stärker die Zusammenfassung von Ressourcen im Zuge der Post Merger Integration, desto höher ist die Kostensenkung.
Ziel der Zusammenfassung von Ressourcen ist es, die interne Effizienz durch Kosteneinsparungen zu steigern. Allerdings wird dadurch in der Regel auch erst die Möglichkeit geschaffen, Unternehmensfunktionen unter eine gemeinsame Führung und damit Verantwortung zu stellen. Unternehmensfunktionen stellen dabei ebenfalls Ressourcen dar. Interne Barrieren der Zusammenarbeit können so in der Post Merger Phase gemildert werden und es fällt leichter, Transparenz über die Ressourcenausstattung der Transaktionspartner herzustellen. Die umfassende und vollständige Identifikation wettbewerbsrelevanter Ressourcen der jeweiligen Transaktionspartner, wie etwa Kundendaten oder wichtiges Prozess- und Produktwissen, wird hierdurch möglich.
130
Kapitel 5
Die physische Zusammenfassung ist folglich wichtige Voraussetzung für den Zugang zu synergierelevanten komplementären Ressourcen. Die vorangegangenen Überlegungen führen damit zur nächsten Hypothese: H14:
Je stärker die Zusammenfassung von Ressourcen, desto stärker ist der Zugang zu Ressourcen während der PMI.
Als Nächstes sollen die Auswirkungen des Zugangs zu Ressourcen auf den M&AErfolg betrachtet werden. Eine Erfolgsquelle ist die Möglichkeit, durch den Unternehmenserwerb Ressourcenlücken zu schließen (Hitt/Harrison/Ireland et al. 1998). In diesem Zusammenhang konnten Capron/Hulland (1999, S. 50) und Capron/Pistre (2002, S. 789-790) den signifikanten Erfolgseffekt des Zugangs zu Marketingressourcen sowohl auf den Wert des Käuferunternehmens als auch auf die Marktanteilsentwicklung nachweisen. Ähnlich zeigen Healy/Palepu und Ruback (1992) sowie Engberg/Wholey/Feldman et al. (2004) den Markteffizienz steigernden Effekt des Zugangs zu wettbewerbsrelevantem Wissen und Best-Practices. Auch der Zugang zu Produkten und Dienstleistungen zur Komplettierung des Angebots ist von hoher Erfolgsrelevanz. Neben der Umsatz steigernden Wirkung kann im Rahmen der Portfoliotheorie dahin gehend argumentiert werden, dass die geeignete Diversifikation des Produktportfolios auch zu einer Verstetigung der Ertragssituation, zu einer stabileren Innenfinanzierung und zu einer Verringerung des Unternehmensrisikos beiträgt (Jansen 2004b, S. 23). Die drei genannten Faktoren bewirken eine Stabilisierung und Verstetigung des Cashflows, was sich in einem höheren Unternehmenswert widerspiegeln sollte. Darüber hinaus wird argumentiert, dass die sachgerechte Rekonfiguration und die Rekombination bereits vorhandener Ressourcen der Transaktionspartner zu einer Wertgenerierung führen (u. a. Schmidt/Vogt und Schriber 2005, S. 310). So kann ein höherer Kundennutzen bspw. durch die Kombination von Technologien und Produkten entstehen. Aber auch die gemeinsame Nutzung eines geografisch erweiterten Servicenetzes oder Markenportfolios kann Kundenvorteile generieren. In diesem Zusammenhang werden meist Cross-Selling- und Bundlingpotenziale genannt. Umsatzsynergien und damit verbundene Marktanteilssteigerungen ergeben sich somit aus neuen Optionen der Erlössteigerung (Buhmann 2006, S. 96). Sie beruhen auf dem Zugang zu komplementären Ressourcen oder der Rekombination der Ressourcen. Zudem lässt
Synergienhebung in der PMI
131
sich in Einklang mit dem RBV argumentieren, dass durch den Zugang zu Ressourcen im Zuge der PMI eine optimale Ressourcenkombination geschaffen werden kann, die letztlich eine Wertsteigerung des Gesamtunternehmens zur Folge hat. H15 und H16: Je stärker der Ressourcenzugang während der PMI, desto höher ist der Marktanteil des Gesamtunternehmens (H15) und desto höher ist der Unternehmenswert des Gesamtunternehmens nach der M&ATransaktion (H16).
Die nächste Hypothese beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen der Kostensenkung durch Ressourcenabbau und der Beziehungsqualität. Die Beziehungsqualität zielt auf die Erwartungen hinsichtlich der Kontinuität der Geschäftsbeziehung und damit auf das zukünftige Verhalten des Anbieters ab. Der Abbau von Ressourcen verändert aus Sicht der Kunden den Status quo zugunsten des Anbieters. Das birgt die Gefahr der Beschränkung oder Beeinträchtigung bisher bestehender Leistungen und Beziehungsbemühungen. Beispielsweise verursacht Personalabbau im Vertriebsbereich einen Verlust an personengebundenem Beziehungswissen sowie des organisationalen Gedächtnisses, dem Wissen über Infrastruktur, Prozesse und unternehmenskulturelle Eigenarten. Die Qualität der Prozesse und Abläufe verschlechtert sich zunächst durch die Notwendigkeit der Neuzuordnung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Im Ergebnis kommt es zu einer Beeinträchtigung schneller, flexibler und kundennaher Aufgabenlösungen (Marr/Steiner 2003, 275-276). Zudem führt bereits die Erwartung negativer Auswirkungen zu einer psychologischen Verunsicherung der Kunden, die in weiterer Folge negativ auf alle Dimensionen der Beziehungsqualität wirkt. Zusammengefasst führt das zu nachstehender Hypothese. H17:
Je höher die Kostensenkung in der PMI, desto niedriger ist die Beziehungsqualität.
In der M&A-orientierten Marketingliteratur wird die positive Wirkung von Kostensenkungen auf den Erfolg von Fusionen und Akquisitionen mehrfach bestätigt (u. a. Capron/Hulland 1999). Der positive Zusammenhang folgt schon alleine aus der Definition der Messgrößen, welche zumeist Profitabilitätskennzahlen und damit die Differenz zwischen Erlösen und Kosten sind.
Kapitel 5
132
Auch in dieser Arbeit ergibt sich die Wirkung der Kostensenkung auf die untersuchte Messgröße „Unternehmenswertsteigerung“ unmittelbar aus sachlogischen Gründen. Die Umsatzrendite, das Umsatzwachstum und der Cashflow als Dimensionen der Unternehmenswertsteigerung (s. Abschnitt 4.4.3, S. 122 ff.) sind definitionsgemäß auch von der Kostenposition des Unternehmens abhängig. Zusätzlich wird in der M&A-Praxis das Wertsteigerungspotenzial zu einem bedeutenden Teil von den erzielbaren Kostensynergien abhängig gemacht. Beide Argumente führen damit zur folgenden Hypothese: H18:
Je höher die Kostensenkung während der PMI, desto höher ist der Unternehmenswert des Gesamtunternehmens.
Die vermuteten Zusammenhänge zwischen den drei Konstrukten „Beziehungsqualität“, „Marktanteil“ und „Unternehmenswert“ wurden bereits im Beziehungsmodell untersucht und bestätigt (s. Abbildung 11, S. 125). Die Überlegungen zu den Hypothesen H10a und H11a (Effekt zwischen der Beziehungsqualität und dem Marktanteil bzw. dem Unternehmenswert) sowie die Hypothese H12a (Effekt zwischen dem Marktanteil und dem Unternehmenswert) gelten auch für das Synergiemodell und werden daher unverändert übernommen. H10b und H11b:
Je höher die Beziehungsqualität, desto höher ist der Marktanteil des Gesamtunternehmens nach der M&A-Transaktion (H10b) und desto höher ist der Unternehmenswert des Gesamtunternehmens nach der M&A-Transaktion (H11b).
H12b: Je höher der Marktanteil des Gesamtunternehmens nach der M&A-Transaktion, desto höher ist der Unternehmenswert des Gesamtunternehmens nach der M&A-Transaktion.
Synergienhebung in der PMI
133
Abbildung 13 zeigt zusammenfassend die Kausalbeziehungen mit den abgeleiteten Hypothesen zwischen den Variablen des Synergiemodells. Integrationsgestaltung
Unternehmenserfolg
Integrationserfolg
Synergierealisierung H13(+)
Kostensenkung
Zusammenfassung von Ressourcen
H17(-) Beziehungsqualität
H14(+) Ressourcenzugang
H18(+)
H15(+)
H11b(+)
Unternehmenswert
H10b(+) H12b(+) Marktanteil
H16(+) Abbildung 13: Übersicht zu den Hypothesen des Synergiemodells
5.2 Operationalisierung der Konstrukte des Synergiemodells Im folgenden Abschnitt werden die Messung der Konstrukte des Synergiemodells beschrieben und die maßgeblichen lokalen und globalen Gütemaße der Skalen angeführt. Im Synergiemodell wird auf drei Messmodelle zurückgegriffen, die bereits im Beziehungsmodell Eingang gefunden haben. Dabei handelt es sich um die Beziehungsqualität, den Marktanteil und den Unternehmenswert. Zur Erläuterung dieser Messmodelle sei auf die Abschnitte 4.4.2 (S. 119 ff.) und 4.4.3 (S. 122 f.) verwiesen.
5.2.1 Messmodelle der Synergierealisierung Zusammenfassung von Ressourcen
Die Messgröße „Zusammenfassung von Ressourcen“ wurde als das Ausmaß definiert, in dem eine Zusammenfassung bestehender Vertriebs- und Marketingressourcen im Zuge der Post Merger Integration vorgenommen wird (s. Abschnitt 3.2.1, S. 62). Zur Messung dienen siebenstufige Liekert-Skalen (1 = „Keine Zusammenfassung“, 7 = „Vollständige Zusammenfassung“). Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die befragten Unternehmen jeweils alle abgefragten Ressourcen für ihre Ge-
Kapitel 5
134
schäftstätigkeit benötigen, wurde ein Antwortfeld „Bei uns nicht relevant“ zur Wahl gestellt. Drei Indikatoren mussten aufgrund zu niedriger Item-to-Total-Korrelationen gestrichen werden. Die Bezeichnung der Indikatoren sowie die berechneten Gütemaße der Indikatoren und des Faktors sind in Tabelle 22 zusammengefasst. Informationen zu den einzelnen Indikatoren der „Zusammenfassung von Ressourcen“ Item-toIndikatorCritical Indikatoren Totalreliabilität Ratio Korrelation In welchem Umfang wurde eine Zusammenfassung der folgenden Ressourcen vorgenommen? Leistungsangebot (z. B. Zusammenfassung der Indikator wurde gestrichen Produkt- und Dienstleistungspalette). (ZUSA1) Preise und Konditionen (z. B. Zusammenfassung der 0.63 0.45 Preispositionierungen, Rabattsysteme). (ZUSA2) Marketingkommunikation (z. B. Zusammenfassung Indikator wurde gestrichen von Werbung). (ZUSA3) Markenauftritt (z. B. Zusammenfassung zu einheitlichem Markennamen, einheitlicher Corporate Indikator wurde gestrichen Identity). (ZUSA4) Vertriebssystem (z. B. Zusammenfassung der 0.69 0.55 9.31 Vertriebskanäle, Vertriebspartner, Vertriebsstandorte). (ZUSA5) Vertriebssteuerung (z. B. Zusammenfassung der 0.74 0.65 9.97 Anreiz- und Provisionssysteme, Planung und Budgetierung). (ZUSA6) 0.71 0.60 9.52 Informationsbasis (z. B. Zusammenfassung der Marketing- oder Vertriebsinformationssysteme). (ZUSA7) Marketingsupport/Vertriebsinnendienst. (ZUSA8) 0.76 0.69 10.08 Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.88 Erklärte Varianz 0.67 1.57 (5) p-Wert 0.90 F 2 -Wert (df) F 2 /df GFI CFI Faktorreliabilität (FR)
Tabelle 22:
0.31
AGFI
0.99
0.99 1.00 0.88
RMSEA SRMR Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
0.00 0.01 0.59
Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Zusammenfassung von Ressourcen“
Ressourcenzugang
Die Messgröße „Ressourcenzugang“ wurde als das Ausmaß definiert, in dem zwischen den Transaktionspartnern auf Vertriebs- und Marketingressourcen in der Post Merger Integration zugegriffen wird (s. Abschnitt 3.2.2, S. 63). Zur Messung dienten siebenstufige Liekert-Skalen (1 = „Kein Zugriff“, 7 = „Vollständiger Zugriff“). Wiederum wurde ein Antwortfeld „Bei uns nicht relevant“ zur Wahl gestellt. Ein Item musste aufgrund zu niedriger Item-to-Total-Korrelationen gestrichen werden. Die Be-
Synergienhebung in der PMI
135
zeichnung sowie die berechneten Gütemaße der Indikatoren und des Faktors sind in Tabelle 23 zusammengefasst. Informationen zu den einzelnen Indikatoren des „Ressourcenzugangs“ Item-toIndikatorCritical Indikatoren Totalreliabilität Ratio Korrelation In welchem Umfang wurden jeweils zwischen den beteiligten Unternehmen auf folgende Ressourcen zugegriffen? Leistungsangebot (z. B. Zugriff auf weitere Produkte, 0.64 0.51 Dienstleistungen). (ACC1) Vertriebs- und Marketingfähigkeiten (z. B. Zugriff auf 0.67 0.56 9.38 Verkaufstalente). (ACC2) Marken (z. B. Zugriff auf Produktmarken, Indikator wurde gestrichen Herstellermarke). (ACC3) Vertriebssystem (z. B. Zugriff auf Vertriebskanäle). 0.69 0.61 9.26 (ACC4) Informationsbasis (z. B. Zugriff auf Informationen 0.66 0.51 9.28 über Märkte, Kunden). (ACC5) Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.83 Erklärte Varianz 0.67 4.65 (2) p-Wert 0.09 F 2 -Wert (df) F 2 /df GFI CFI Faktorreliabilität (FR)
Tabelle 23:
2.33
AGFI
0.99 0.99 0.84
RMSEA SRMR Durchschnittlich Varianz (DEV)
0.95 0.08 0.02 erfasste 0.56
Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Ressourcenzugang“
5.2.2 Messmodelle des Integrationserfolgs
Als ergänzende Messgröße des Integrationserfolges wird im Synergiemodell das Konstrukt „Kostensenkung“ während der PMI eingeführt. Die Kostensenkung wurde als jenes Ausmaß definiert, in dem bei den beteiligten Unternehmen Marketing und Vertriebsressourcen als Konsequenz der Fusion bzw. Akquisition reduziert bzw. gestrichen wurden (s. Abschnitt 3.3.2.3, S. 76). Keine Kostensenkung tritt auf, wenn die Kosten des Gesamtunternehmens nach der M&A-Transaktion der Summe der Kosten der beteiligten Unternehmen vor der Fusion oder Akquisition gleichkommen würde. Zur Operationalisierung wurde ein aus neun Items gebildetes und bereits getestetes Messmodell von Bucerius (2004) übernommen. Die Ankerpunkte der Skala bilden 1 = „überhaupt nicht reduziert“, und 7 = „sehr stark reduziert“. Zudem wird ein Antwortfeld „Bei uns nicht relevant“ zur Wahl gestellt.
Kapitel 5
136
Die Überprüfung des Messmodells mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse ergab ungenügende Gütewerte. Das ist überraschend, da die Operationalisierung durch Bucerius (Bucerius 2004, S. 114-115) gute Modellgütemaße vorwies. Eine daraufhin vorgenommene Hauptkomponentenanalyse mit anschließender Varimax-Rotation brachte zutage, dass keine Unidimensionalität der Messung vorlag. Die Analyse der zugrunde liegenden neun Indikatoren erbrachte als Ergebnis eine zweifaktorielle Struktur, die 63.7 Prozent der Varianz des Konstrukts erklärt. Der erste Faktor verursacht die Indikatoren RED1 und RED2 und wird als Umfang der Kostensenkung im Produkt- und Leistungsangebot interpretiert (PROD_RED). Der zweite Faktor mit den Indikatoren RED4 bis RED9 wird hingegen als der Umfang der Kostensenkung innerhalb der Aufbauorganisation der untersuchten Unternehmen interpretiert (ORG_RED). Die Ergebnisse machen deutlich, dass das ursprünglich übernommene Messmodell zwei unterschiedliche Facetten misst. Der Indikator RED3 konnte keinem Faktor zugeordnet werden und wurde als Konsequenz aus den weiteren Betrachtungen ausgeschlossen. Tabelle 24 und Tabelle 25 fassen die Ergebnisse zur Messung der beiden identifizierten Faktoren zusammen. Informationen zu den einzelnen Indikatoren des ersten Faktors der „Kostensenkung“ Item-toIndikatorCritical Indikatoren Totalreliabilität Ratio Korrelation In welchem Maß wurden die folgenden Ressourcen als Konsequenz der Akquisition/Fusion reduziert bzw. gestrichen? Angebotene Produkte beider Unternehmen. (RED1) 0.62 -* -* Angebotene Serviceleistungen beider Unternehmen. 0.62 -* -* (RED2) Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.76 Erklärte Varianz 0.82 -* p-Wert -* F 2 -Wert (df) F 2 /df GFI CFI Faktorreliabilität (FR)
-*
AGFI
-*
RMSEA -* SRMR -* Durchschnittlich erfasste -* Varianz (DEV) * Aufgrund der negativen Anzahl an Freiheitsgraden eines konfirmatorischen Modells mit zwei Indikatoren ist eine konfirmatorische Faktorenanalyse nicht möglich. Tabelle 24:
-* -* -*
Ergebnisse zur Messung des ersten Faktors der „Kostensenkung“
Informationen zu den einzelnen Indikatoren des zweiten Faktors der „Kostensenkung“ Item-toIndikatorCritical Indikatoren Totalreliabilität Ratio Korrelation In welchem Maß wurden die folgenden Ressourcen als Konsequenz der Akquisition/Fusion reduziert bzw. gestrichen? Strategische Geschäftseinheiten. (RED4) 0.66 0.56 Vertriebskanäle. (RED5) 0.65 0.55 9.31
Synergienhebung in der PMI
137
Vertriebsstandorte. (RED6) Produktionsstandorte. (RED7) Mitarbeiter im Vertrieb insgesamt. (RED8) Mitarbeiter im Marketing insgesamt. (RED9) Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.82 4.16(2) F 2 -Wert (df)
0.68 0.61 Indikator wurde gestrichen Indikator wurde gestrichen 0.59 0.43
8.7
Erklärte Varianz p-Wert
0.65 0.12
F 2 /df GFI CFI Faktorreliabilität (FR)
2.08
AGFI
0.95
0.99 0.99 0.82
RMSEA SRMR Durchschnittlich Varianz (DEV)
Tabelle 25:
9.45
0.07 0.02 erfasste 0.54
Ergebnisse zur Messung des zweiten Faktors der „Kostensenkung“
Beim zweiten Faktor mussten wegen niedriger Indikatorreliabilitäten zwei Items gestrichen werden. Alle Gütekriterien liegen nun im Rahmen der geforderten Grenzwerte. Anschließend wurde ein reflektives Messmodell der Kostensenkung zweiter Ordnung mithilfe der zwei Faktoren erster Ordnung modelliert und getestet. Auch hier erwies sich die Modellgüte des Gesamtmodells als akzeptabel. Alle standardisierten Faktorladungen erster und zweiter Ordnung sind signifikant und liegen weit über dem geforderten Wert von 0.4 als Voraussetzung für Konvergenzvalidität (Kostensenkung im Produkt- und Leistungsangebot, PROD_RED): 0.82, Kostensenkung innerhalb der Aufbauorganisation (ORG_RED): 0.74). Die anderen Modellgütemaße übertreffen alle geforderten Werte bei Weitem ( F 2 /df: 1.11, AGFI: 0.96, GFI: 0.99, CFI: 1.00, RMSEA: 0.02, SRMR: 0.03). Auch in diesem Fall ist es vertretbar, das Messmodell der Kostensenkung auf ein Konstrukt erster Ordnung durch Item-Parcelling zu überführen (s. Abschnitt 4.4.2, S. 121). Die Güte des Messmodells „Kostensenkung“ erfüllt abschließend alle verlangten Grenzwerte. Die Zusammenfassung der Ergebnisse der Konstruktmessung zeigt Tabelle 26. Informationen zu den einzelnen Indikatoren der „Kostensenkung“ nach Item-Parcelling Item-toIndikatorCritical Indikatoren Totalreliabilität Ratio Korrelation Arithmetisches Mittel der Indikatoren des Faktors 0.49 -* -* „Kostensenkung bzgl. des Produkt- und Leistungsangebotes“ (PROD_RED) Arithmetisches Mittel der Indikatoren des Faktors „Kostensenkung bzgl. der Aufbauorganisation“ 0.49 -* -* (ORG_RED) Informationen zum Faktor Cronbachsches Alpha () 0.65 Erklärte Varianz 0.80 -* p-Wert -* F 2 -Wert (df) F 2 /df
-*
AGFI
-*
Kapitel 5
138 GFI CFI Faktorreliabilität (FR)
RMSEA -* SRMR -* Durchschnittlich erfasste -* Varianz (DEV) * Aufgrund der negativen Anzahl an Freiheitsgraden eines konfirmatorischen Modells mit zwei Indikatoren ist eine konfirmatorische Faktorenanalyse nicht möglich. Tabelle 26:
-* -* -*
Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Kostensenkung“ nach Item-Parcelling
Die berechneten Gütemaße des Konstrukts sind abschließend als zufriedenstellend zu bezeichnen. Das Cronbachsche Alpha liegt mit 0.65 nur unwesentlich unter dem von Nunnally (1978, S. 245) geforderten Wert von 0.7. Da bei Messmodellen mit zwei oder drei Indikatoren bereits Werte von mindestens 0.4 als akzeptabel angesehen (Peter 1997, S. 180) werden, kann angesichts der geringen Abweichung die InterneKonsistenz-Reliabilität als akzeptabel bezeichnet werden. Die Überprüfung der ergänzenden Messmodelle des Synergiemodells auf Reliabilität und Konvergenzvalidität ist hiermit abgeschlossen. Abschließend erfolgt die Beurteilung der Diskriminanzvalidität mithilfe des Fornell-Larcker-Kriteriums. Die Durchschnittlich Erfassten Varianzen (DEV) der paarweise zu überprüfenden Faktoren sind stets größer als die in Tabelle 27 angeführten quadrierten Korrelationen der Faktoren. Das Ergebnis zeigt, dass Diskriminanzvalidität zwischen den Modellkonstrukten vorliegt.
1 2 3 4 5 6 7
Faktor ZUS ZUG COM RED RQ SHARE PER
Tabelle 27:
Informationen zur Diskriminanzvalidität des Synergiemodells Faktor 1 Faktor 2 Faktor 3 Faktor 4 Faktor 5 Faktor 6 DEV 0.59 0.56 0.70 0.59 0.56 0.35 0.00 0.00 0.19 0.06 0.00 0.70 0.00 0.01 0.14 0.04 0.00 0.01 0.00 0.01 0.05 0.56 0.00 0.08 0.07 0.00 0.12 0.16
Faktor 7 0.56
-
Ergebnisse der Überprüfung auf Diskriminanzvalidität des Synergiemodells (FornellLarcker-Kriterium)
5.3 Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung Die Gütemaße weisen auf eine gute Anpassung des Synergiemodells an die empirisch erhobenen Daten hin ( F 2 /df: 1.16, AGFI: 0.91, GFI: 0.93, CFI: 0.97, RMSEA: 0.03, SRMR: 0.05). Alle Werte liegen innerhalb der geforderten Anspruchsniveaus (s. Tabelle 9, S. 105). Abbildung 14 fasst die Ergebnisse der Parameterschätzung zu-
Synergienhebung in der PMI
139
sammen. Die Grafik bildet die quadrierten multiplen Korrelationen (r2) als lokale Gütemaße, die standardisierten Pfadkoeffizienten des Strukturmodells und die Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung ab. Integrationsgestaltung
Integrationserfolg
Unternehmenserfolg
2
r =0.19 0.44***(H13+)
Kostensenkung 0.01 (H18+)
Zusammenfassung von Ressourcen
Beziehungsqualität
0.59*** (H14+)
Ressourcenzugang
r2=0.28
-0.19** (H17-)
r2=0.03
0.27*** (H11b+)
Unternehmenswert
r2=0.35 0.22*** (H10b+)
r2=0.06 0.10 (H15+)
0.32*** (H12b+)
Marktanteil
0.24*** (H16+) Modellgüte: Anmerkungen:
2/df: 1.16; GFI: 0.93; AGFI: 0.91; CFI: 0.97; RMSEA: 0.03; SRMR: 0.05 **: p < 0.05; ***: p 0.001; r2=erklärte Varianz
Abbildung 14: Pfaddiagramm des Synergiemodells
Hypothese H13 wird bestätigt. Wie zu erwarten, besteht ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen der Zusammenfassung von Vertriebs- und Marketingressourcen während der PMI und der Kostensenkung infolge des Abbaus von Ressourcen. Hypothese H14 wird ebenfalls bestätigt. Das Ausmaß der Zusammenfassung beeinflusst das Ausmaß des Ressourcenzugangs. Überraschenderweise findet Hypothese H15 keine empirische Unterstützung. Demnach kann kein Zusammenhang zwischen dem Zugang zu Vertriebs- und Marketingressourcen und der Marktanteilsentwicklung nach der M&A-Transaktion nachgewiesen werden. Hingegen wird der positive Effekt des Ressourcenzugangs auf den Unternehmenswert nach der M&ATransaktion deutlich bestätigt (H16). In Verbindung mit Hypothese 15 wird ersichtlich, dass der Ressourcenzugang im Modell scheinbar nicht durch Marktanteilssteigerungen, sondern durch andere Erlös-, Kosten- und Cashflowmechanismen Wert stiftet. Die Überprüfung von Hypothese H17 bestätigt den postulierten negativen Effekt der Kostensenkung durch Ressourcenabbau auf die Beziehungsqualität der Kundenbeziehungen. Hypothese H18 wird nicht bestätigt. Eine positive Wirkung der Kosten-
140
Kapitel 5
senkung auf den Unternehmenswert konnte in den untersuchten Fällen nicht bewiesen werden. In Hinblick auf den Integrations- und Unternehmenserfolg werden die bereits im Beziehungsmodell überprüften Zusammenhänge der Hypothesen H10b bis H12b bestätigt. Es bestehen signifikante positive Effekte zwischen der Beziehungsqualität und dem Marktanteil (H10b), der Beziehungsqualität und dem Unternehmenswert (H11b) sowie dem Marktanteil und dem Unternehmenswert (H12b). Damit gilt für horizontale Unternehmensübernahmen, dass eine wertsteigernde Wirkung weniger von Kostensenkungen als vielmehr vom Ressourcenzugang und vom Ausbau der Beziehungsqualität ausgeht. Die Beziehungsqualität wirkt dabei sowohl direkt auf den Unternehmenswert (Pfadkoeffizient 0.27) als auch indirekt, mediiert durch den Marktanteil (Pfadkoeffizient 0.22 · 0.32 = 0.07). Direkter und indirekter Effekt zusammen führen dann im Ergebnis zu einem stark positiven Gesamteffekt der Beziehungsqualität auf die Unternehmenswertsteigerung (Pfadkoeffizient 0.27 + 0.07 = 0.34). Abschließend kann von einer guten lokalen Güte des Modells gesprochen werden. Die im Modell berücksichtigten Parameter erklären bereits 28 Prozent der Varianz (r2 = 0.28) der Unternehmenswertsteigerung im Zuge der PMI, was abermals angesichts der Vielzahl an anderen potenziellen Einflussfaktoren einen guten Wert darstellt.
5.4 Zwischenfazit zur Synergierealisierung In diesem Kapitel wurden die Effekte von Synergiemaßnahmen auf den Integrationsund Unternehmenserfolg empirisch untersucht. Es zeigt sich in den untersuchten Fällen, dass wertsteigernde Synergien eher durch Verbundeffekte in Vertrieb und Marketing aufgrund des Ressourcenzugangs auftreten. Mit einem Ressourcenabbau verbundene Kostensenkungen entwickeln keine Vorteile für das Unternehmen. Stattdessen schädigen sie die Kundenbeziehungsqualität. Die einzelnen Modellaussagen können wie folgt zusammengefasst werden: Das Synergiemodell bestätigt die Ergebnisse des Beziehungsmodells (s. Abschnitt 4.5, S. 124 ff.). Erneut zeigt sich die Erfolgsrelevanz Beziehungsqualität und des Marktanteils in der PMI. Beide Variablen haben einen signifikant positiven Effekt auf den Unternehmenswert nach M&A. Das Ausmaß der Zusammenfassung von Vertriebs- und Marketingressourcen hat erwartungsgemäß einen starken Einfluss auf die Kostensenkung aber auch auf das Ausmaß des Ressourcenzugangs zwischen den Transaktionspartnern.
Synergienhebung in der PMI
141
Offensichtlich wird durch die Zentralisierung und Restrukturierung redundanter Ressourcen der Zugang zu komplementären Ressourcen erleichtert. Es konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Zugang zu Vertriebsund Marketingressourcen im Verlauf der PMI und der Marktanteilsentwicklung nachgewiesen werden. Der direkte positive Effekt des Ressourcenzugangs auf die Unternehmenswertsteigerung bestätigt sich hingegen. Eine mögliche Erklärung für das Ergebnis besteht darin, dass durch Nutzen- und Qualitätsvorteile aufgrund des Ressourcenzugangs bspw. höhere Preise am Markt durchgesetzt werden. Die höheren Gewinnmargen verbleiben dabei hauptsächlich als Wertsteigerungspotenzial im Unternehmen und werden nicht an die Kunden in Form von Preissenkungen weitergegeben. Anderenfalls müsste es tendenziell zu Marktanteilssteigerungen kommen. Das Ergebnis lässt auch vermuten, dass in den untersuchten Fällen nicht unbedingt marktanteilssignifikante Cross-Selling-Erfolge aufgrund unterschiedlicher Produktprogramme erzielt wurden. In Hinblick auf die Unternehmenspraxis in der PMI ist eines der wichtigsten Ergebnisse, dass eine positive Wirkung von Kostensenkungen in Vertrieb und Marketing auf den Unternehmenswert nicht bestätigt wird. Hingegen zeigt sich ein Kostensenkung auf die Beziehungsqualität. negativer Effekt der King/Dalton/Dailey et al. (2004) haben in einer Meta-Analyse zum M&A-Erfolg generell dargelegt, dass unter der Annahme des Synergieparadigmas keine positiven Auswirkungen von M&A zu finden sind. Zusammen mit den hier vorliegenden Ergebnissen deutet daher vieles darauf hin, dass die Erfolgsrelevanz der Kostensenkung, immerhin eines der wichtigsten operativen Integrationsziele horizontaler Unternehmensübernahmen, zumindest für marktnahe Funktionsbereiche deutlich infrage gestellt werden muss.
142
Kapitel 6
6. Situative Einflüsse auf die Erfolgswirkung der Beziehungsgestaltung in der PMI Die Auswirkungen der Kundenbeziehungsgestaltung auf den M&A-Erfolg können nicht losgelöst von der Umweltsituation der transaktionsbeteiligten Unternehmen betrachtet werden. Angefangen mit Kitching (1967; 1974) wird in der M&A-Literatur schon seit Langem der Erfolg von Unternehmensübernahmen im Kontext unterschiedlicher interner und externer Faktoren untersucht. Die Variabilität der Ergebnisse neuerer Literaturbeiträge aus der Marketing- sowie der Fusions- und Akquisitionsforschung (s. Abschnitt 2.5.3, S. 35 f.) deutet zudem auf die Existenz von moderierenden Effekten hin (Hunt 1990, S. 76; King/Dalton/Daily et al. 2004), die in Untersuchungen über den Unternehmenserfolg nach M&A-Transaktionen bisher nicht berücksichtigt wurden. In den vorangegangenen Kapiteln 4 und 5 wurden die direkten Effekte von Variablen der Integrationsgestaltung auf den Integrations- und Unternehmenserfolg untersucht. In diesem Kapitel sollen nun zur Beantwortung der Forschungsfragen 5 und 6 (s. Abschnitt 1.2, S. 6) die Einflüsse wichtiger situativer Faktoren (Moderatoren) auf die Effektstärken der Beziehungsmaßnahmen untersucht werden. Zunächst werden die Moderatoren vorgestellt, um darauf aufbauend das Untersuchungsmodell abzuleiten (Abschnitt 6.1). Danach wird eine kurze Einführung in die Untersuchungsmethode gegeben (Abschnitt 6.2) und die Messmodelle werden vorgestellt (Abschnitt 6.3). Schließlich erfolgt die Auswertung und Diskussion der Ergebnisse (Abschnitte 6.4 und 6.5).
6.1 Ableitung des Untersuchungsmodells In der vorliegenden Arbeit werden vier moderierende Variablen betrachtet, die jeweils unterschiedliche Ausprägungen der Unternehmens-, Markt- und Kundensituation beschreiben. Dabei handelt es sich um das Beschaffungsvorgehen der Kunden, die Wettbewerbsintensität im Markt, die Unterschiede in der Wettbewerbsstärke der Transaktionspartner und die Geschäftsverwandtschaft zwischen den Transaktionspartnern. Wie bereits in der Einleitung zu diesem Kapitel dargestellt, erklären die bisher in der Literatur berücksichtigten Umweltfaktoren die Erfolgsvarianz von M&A nur ungenügend und selten widerspruchsfrei. Alle Moderatorvariablen in dieser Arbeit sind
Situative Einflüsse auf den M&A-Erfolg
143
in der PMI relevant, könnten aber prinzipiell in jeder empirischen Untersuchung zum Kundenbeziehungsmanagement vorkommen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Arbeiten zu M&A berücksichtigten sie bewusst nicht Umweltsituationen, die ausschließlich im M&A-Kontext vorhanden sind. Vielmehr spiegeln die Moderatorvariablen wichtige Umweltfaktoren jeder langfristigen Kunde-AnbieterBeziehung im B2B-Bereich wider. Man kann jedoch davon ausgehen, dass sich die Moderatoreffekte auf die untersuchten beziehungsbezogenen Gestaltungsmaßnahmen vor dem Hintergrund der speziellen Veränderungssituation in der PMI deutlich anders darstellen, als dies während der Phase gewöhnlicher Geschäftstätigkeit ohne M&A der Fall wäre. Als erster Moderator wird das Beschaffungsvorgehen der Kunden betrachtet. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass besonders in B2B-Märkten Leistungen und Konditionen zwischen Anbieter und Kunde in der Regel ausführlich verhandelt werden. Wesentliche Charakteristika sind ein aktives Informationsverhalten der Beteiligten sowie intensive intra- wie auch interorganisationale persönliche Wechselbeziehungen (Johnston/Lewin 1996). Die Beschaffung erfolgt innerhalb eines multipersonalen und multiorganisationalen Problemlösungs- und Entscheidungsprozesses. Abhängig von der Investitionssumme, der Bedeutung sowie der Komplexität der zu beschaffenden Produkte und Dienstleistungen ändert sich die Relationalität, d. h. das Ausmaß der Geschäftsbeziehung und die Häufigkeit der Kontakte zwischen den Austauschpartnern (Richter 2001, S. 35). Unterschiedliche Charakteristika des Beschaffungsverhaltens lassen sich daher besonders auf das vom Kunden wahrgenommene Risiko zurückführen, das von dessen typischen Kaufvorhaben ausgeht. Es entwickeln sich strukturelle, prozessuale und interpersonelle Ausprägungen des Beschaffungsverhaltens, die bei hohem Risiko zu einer fortschreitenden Institutionalisierung der Einkaufsfunktion und der Formalisierung von Kaufentscheidungsprozessen sowie interner Entscheidungsregeln führen (Johnston/Lewin 1996, S. 9). Die Bedeutung von Beziehungs- und Kommunikationsstrukturen zwischen Anbieter und Kunde nimmt dabei zu und wirkt verändernd auf die Effektivität der Kundenbeziehungsgestaltung in der PMI. Das Beschaffungsvorgehen der Kunden wird somit als das Ausmaß definiert, in dem sich das Kaufverhalten der Kunden aufgrund der unterschiedlichen Institutionalisierung der Beschaffungsorganisation und dem unterschiedlichen Grad der Formalisierung des Kaufvorganges unterscheidet.
144
Kapitel 6
Als zweiter Moderator wird die Wettbewerbsintensität berücksichtigt. Die Wettbewerbsintensität definiert Jaworski (1988, S. 29) als „degree of rivalry among firms producing products that are close substitutes“. Intensiver Wettbewerb findet statt, wenn Kunden über vergleichbare funktionale, preisliche oder beziehungsorientierte Leistungsalternativen im Markt verfügen: „Anything that one competitor can offer, others can match readily.“ (Jaworski/Kohli 1993, S. 60). Untersuchungen haben gezeigt, dass Unternehmen bei niedriger Wettbewerbsintensität erfolgreich sein können, obwohl sie nicht marktorientiert agieren und das Leistungsangebot nicht bestmöglich auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt ist, da ihre Kunden nicht auf Alternativanbieter zurückgreifen können (Kohli/Jaworski 1990). Die unmittelbare Gefahr der Kundenabwanderung nach M&A wird dann relativ gering sein und der Anbieter wird in solch einer Marktsituation dazu tendieren, nur minimale Anstrengungen hinsichtlich seiner Kundenorientierung zu unternehmen. Die unternehmerischen Vorteile kundenbezogener Gestaltungsmaßnahmen während der Integrationsphase sind somit in einem wettbewerbsintensiven Marktumfeld höher als in einem weniger wettbewerbsintensiven. In Anlehnung an Jaworski/Kohli (1993, S. 57) und Kohli/Jaworski (1990, S. 14-15) wird die Wettbewerbsintensität als das Ausmaß des Wettbewerbes definiert, mit dem das befragte Unternehmen (das Käuferunternehmen) in seinem Markt konfrontiert wird. Als dritter Moderator wird der Unterschied in der Wettbewerbsstärke zwischen Käufer- und Zielunternehmen berücksichtigt. Die Wettbewerbsstärke der Transaktionspartner kann als Maßstab für die Nützlichkeit und Qualität ihrer Ressourcenausstattung angesehen werden. Die Ressourcenausstattung bestimmt naturgemäß das Potenzial zur Generierung von Kundenvorteilen nach dem Zusammenschluss. Sie hat Auswirkungen auf die wesentlichen Konstitute der bisherigen Geschäftsbeziehungen, wie z. B. dem Produkt- und Serviceangebot. Es ist daher anzunehmen, dass Unterschiede in der Wettbewerbsstärke der Transaktionspartner einen moderierenden Einfluss auf die Effektivität kundenbeziehungsbezogener Gestaltungsmaßnahmen während der PMI haben. Zur Messung dieses Einflusses wird der Unterschied in der Wettbewerbsstärke als Differenz zwischen den jeweiligen ressourcenbasierten Wettbewerbsvorteilen der Transaktionspartner definiert. Als vierte Moderatorvariable wird schließlich die Geschäftsverwandtschaft (Relatedness) der Transaktionspartner in das Analysemodell aufgenommen. Der Einfluss der strategischen und operativen Ähnlichkeit zwischen Käufer- und Zielunter-
Situative Einflüsse auf den M&A-Erfolg
145
nehmen auf die Wertschaffung nach der M&A-Transaktion stellt eine ausgiebig untersuchte situative Variable in empirischen M&A-Studien dar (u. a. Capron/Hulland 1999; Lubatkin/Srinivasan und Merchant 1997; Megginson/Morgan und Nail 2004). Die Ergebnisse zeigen, dass die Auswirkungen von Akquisitionen mit dem Grad der leistungswirtschaftlichen Ähnlichkeit zwischen den beteiligten Unternehmen variieren. Charakteristisch für solche Unternehmen sind z. B. die Bearbeitung derselben Kunden und Märkte, ein vergleichbares Leistungsangebot und eine ähnliche Erfahrungsbasis. Aufgrund der Redundanzen in der Ressourcenausstattung treten höhere Kostensenkungspotenziale auf. Im Fall von verwandten Unternehmensübernahmen ist es folglich wahrscheinlicher, dass es zu Auswirkungen auf die Kundenbeziehungen kommt, als dies bei konglomeralen Unternehmensübernahmen der Fall ist (Anderson/Havila und Salmi 2001, S. 584). In der vorliegenden Arbeit wird durch die Beschränkung der Stichprobe auf horizontale Zusammenschlüsse bereits eine Selektion im Sinne einer hohen Geschäftsverwandtschaft vorweggenommen. Innerhalb dieser Abgrenzung erfolgt dennoch eine weitere Nuancierung durch die Einführung der Geschäftsverwandtschaft als Moderatorvariable. Diese wird als das Ausmaß definiert, in dem sich kurz vor der Fusion bzw. Akquisition Käufer- und Zielunternehmen hinsichtlich ihrer bearbeiteten Märkte und Kundengruppen unterschieden. Damit soll über die bisherigen Erkenntnisse empirischer Studien zum Verwandtschaftsgrad hinaus eine weitergehende Analyse möglich werden. Variablen der Kundenbeziehungsgestaltung Investition Konfliktmanagement Kundenkommunikation Kundenanalyse
Variablen des M&A-Erfolges direkter Effekt
moderierender Effekt
Verbundenheit der Kunden Unternehmenswert
Moderatoren (Kontextvariablen) Beschaffungsvorgehen der Kunden Wettbewerbsintensität Wettbewerbsstärke Geschäftsverwandtschaft
Abbildung 15: Vermutete kontextabhängige Beeinflussung der M&A-Erfolgsbeurteilung
Damit sind Konkretisierung und Definition der Moderatoren abgeschlossen. Abbildung 15 zeigt das vorgeschlagene Untersuchungskonzept. Das Modell umfasst die Variablengruppen der Kundenbeziehungsgestaltung während der PMI, des M&A-
146
Kapitel 6
Erfolgs und der Moderatoren (Kontextvariablen). In Ergänzung zu den bereits zuvor im Beziehungsmodell kausalanalytisch untersuchten Konstrukten „Konfliktmanagement“ und „Kundenkommunikation“ (s. Abbildung 11, S. 125) werden jetzt die beiden Gestaltungsvariablen „Investition in die Kundenbeziehung“ (s. Abschnitt 3.1.4, S. 54 f.) und „Kundenanalyse“ (s. Abschnitt 3.1.5, S. 55 ff.) in die Betrachtung mit einbezogen.
In der Literatur zum Relationship Marketing wurde vielfach die Wirksamkeit beziehungsbezogener Investitionen bestätigt (u. a. Palmatier/Dant/Grewal et al. 2006). Investitionen des Anbieters signalisieren dem Kunden, dass der Wille zur Stärkung und zum Fortbestehen der Geschäftsbeziehung auf Anbieterseite vorhanden ist. Beim Kunden wird damit aber auch ein Gefühl der wechselseitigen Verpflichtung induziert. Zudem schaffen Investitionen beim Kunden Vertrauen hinsichtlich der zukünftigen Leistungserbringung durch den Geschäftspartner, da der Anbieter bei Beendigung der Beziehung mit ökonomischen Konsequenzen in Form des Verlustes seiner Investitionen rechnen muss (Anderson/Weitz 1992, S 21). Die Analyse der Kunden und ihrer Beziehung zum Unternehmen muss als zentraler Aufgabenbereich für das Marketing mit hoher Erfolgsbedeutung angesehen werden. Im Kontext von M&A ist darüber hinaus davon auszugehen, dass die Kundenanalyse aufgrund des hohen Informationsbedarfes zur Auswahl und Steuerung effektiver Integrationsmaßnahmen in Vertrieb und Marketing von besonderer Relevanz ist. Die Auswahl der M&A-Erfolgsvariable erfolgt in Abhängigkeit der Gestaltungsvariablen. Die direkt kundenbezogenen Konstrukte „Investitionen in die Kundenbeziehung“, „Konfliktmanagement“ und „Kundenkommunikation“ werden bezüglich ihrer Auswirkung auf die „Verbundenheit der Kunden“ (s. Abschnitt 3.3.2.2, S. 75 ff.) mit dem Unternehmen untersucht Da während der PMI die Gefahr von Kundenabwanderungen besonders ausgeprägt ist, sollten Beziehungsmaßnahmen hinsichtlich ihrer Konsequenzen für die Kundenloyalität beurteilt werden. Der positive Effekt einer hohen Verbundenheit auf die Absicht zum Verbleib in der Geschäftsbeziehung und auf die Wiederkaufabsicht konnte in zahlreichen Studien nachgewiesen werden (u. a. Fullerton 2003; Garbarino/Johnson 1999; Gilliland/Bello 2002; Wetzels/Ruyter und Van Birgenlen 1998). Meta-Studien haben darüber hinaus gezeigt, dass die Kundenverbundenheit den stärksten positiven Effekt auf die Kundenloyalität bewirkt (Palmatier/Dant/Grewal et al. 2006, S. 148).
Situative Einflüsse auf den M&A-Erfolg
147
Zur Beurteilung der Gestaltungsvariable „Kundenanalyse“ wird als Erfolgsgröße die Variable „Unternehmenswert“ herangezogen (s. Abschnitt 3.3.3.2, S. 80 f.). Entsprechend den erhobenen Informationen dient die Kundenanalyse z. B. der Optimierung des Leistungsangebots oder der Anpassung vertrieblicher Ordnungsprinzipien. Sie beschränkt sich damit nicht allein auf die Beziehungsgestaltung, sondern stellt ein übergeordnetes Entscheidungselement zur Ausgestaltung der PMI dar. Die Beurteilung der Effektivität der Kundenanalyse erfolgt daher anhand eines übergeordneten Erfolgsmaßstabs.
6.2 Methodische Grundlagen der moderierten hierarchischen Regression Eine Methode zur Überprüfung moderierender Effekte bei kausalen Zusammenhängen stellt die Mehrgruppen-Kausalanalyse dar (Jaccard/Wan 1996). Dazu könnte bspw. das Beziehungsmodell für zwei Datengruppen mit jeweils hoher und niedriger Ausprägung des Kontextfaktors zunächst simultan geschätzt werden und nach Fixierung der Pfadkoeffizienten (Gleichheitsrestriktion) des Strukturmodells eine erneute Schätzung erfolgen. Mit dem F 2 -Test wird anschließend überprüft, ob es durch die Restriktionen zu einer verschlechterten Anpassungsgüte gekommen ist, was für einen Moderatoreffekt sprechen würde. Dieses Vorgehen ist allerdings mit Nachteilen verbunden. Es bedarf einer relativ großen Stichprobe zur Einhaltung der Anpassungsgüte sowie zur Erhöhung jener Wahrscheinlichkeit, mit der Moderatoreffekte aufgedeckt werden. Darüber hinaus kann zwar eine Aussage über die Richtung, aber nicht über die Effektstärke der Moderation gemacht werden. Aus diesen Gründen wird auf die moderierte hierarchische Regressionsanalyse zurückgegriffen. Ein Moderatoreffekt liegt vor, wenn die Beziehung zwischen einer unabhängigen Variable (Prädiktor) und einer abhängigen Variable (Kriterium) von der Ausprägung einer anderen Prädiktorvariable (Moderator) abhängig ist (Baron/Kenny 1986, S. 1174). Im vorliegenden Modell stellen die Investition, das Konfliktmanagement, die Kundenkommunikation und die Kundenanalyse die Prädiktoren dar. Die Verbundenheit der Kunden und der Unternehmenswert sind die Kriterien, während das Beschaffungsvorgehen, die Wettbewerbsintensität, die Wettbewerbsstärke und die Geschäftsverwandtschaft die Moderatorvariablen darstellen.
Kapitel 6
148
Im Fall der moderierten Regression folgt aus dem Prädiktor X und dem Moderator M für das Kriterium Y:
E0 E1 x E 2 m E3 x m
(15)
y
mit
y:
Kriteriumsvariable,
x:
Prädiktorvariable,
m:
Moderatorvariable,
E0 :
Konstante,
E1 ,2 ,3 :
Regressionskoeffizienten.
Die multiple Regressionsgleichung unterstellt einen linearen Zusammenhang zwischen mehreren unabhängigen Variablen und der abhängigen Variablen y. Neben dem direkten Moderatoreffekt E 2 m auf das Kriterium ist das zentrale Element der moderierten Regression die Berücksichtigung eines Produktterms x m in der Gleichung. Erweitert um den Pfadkoeffizienten berücksichtigt der Interaktionsterm
E3 x m
den indirekten Moderatoreffekt. Bei Vorliegen eines signifikanten
Regressionskoeffizienten E 3 kann so eine Aussage über die Stärke der Beeinflussung der Beziehung zwischen Prädiktor und Kriterium gemacht werden. Die Schätzung sowie die statistische Prüfung folgen in dieser Arbeit der von Sharma/Durand und Gur-Arie (1981) und Aiken/West (1991) vorgeschlagenen Abfolge von vier Analyseschritten, in der die Prädiktoren schrittweise in Variablenblöcken in die Analyse einbezogen werden. Im ersten Schritt wird zunächst ein Modell (Modell 1; s. Abbildung 16) geschätzt, welches lediglich einen Prädiktor (die betrachtete Gestaltungsvariable) enthält. Modell 1
Gestaltungsvariable
DE
Modell 2
Erfolg
Gestaltungsvariable
DE
Modell 3
Erfolg
Gestaltungsvariable
DE
Erfolg
IE DE Moderator
DE Moderator
Anmerkung: DE = Direkter Effekt, IE = Interaktionseffekt des Moderators
Abbildung 16: Mehrstufiges Vorgehen bei der hierarchischen moderierten Regression (In Anlehnung an Schmitz 2005, S. 145)
Situative Einflüsse auf den M&A-Erfolg
149
Das Modell kann zunächst durch die einfache Regressionsgleichung (16)
y
E0 E1 x
wiedergegeben werden. Um die direkten Moderatoreffekte untersuchen zu können, werden im zweiten Schritt die Moderatorvariablen als zusätzliche Prädiktoren eingeführt. Die Regressionsgleichung für das Modell 2 erweitert sich zu: (17)
y
E0 E1 x E 2 m .
Im dritten Schritt werden die Interaktionsterme als dritte Gruppe von Prädiktoren in die Regressionsgleichung aufgenommen (Gleichung 15). Die Regressionskoeffizienten der Moderator- und Interaktionsterme müssen bei Vorliegen eines Moderatoreffektes zunächst signifikant werden. Ob die Interaktionseffekte über die linearen Effekte der Prädiktoren hinaus zusätzliche Varianz bzw. inkrementelle Validität des Kriteriums erklären können, wird im vierten Schritt geprüft. Die Prüfung des Effektanstieges wird interferenzstatisch mittels partieller F-Tests durchgeführt. Dazu wird das Inkrement bzw. Dekrement des Determinationskoeffizienten R2 (Änderung in R² durch direkten Moderator- und indirekten Interaktionseffekt) auf Signifikanz getestet. Signifikante Ergebnisse weisen auf einen Interaktionseffekt hin. Die Gütebeurteilung der Regressionsmodelle erfolgt global auf Ebene der Regressionsfunktion und lokal auf Ebene der einzelnen Regressionskoeffizienten. Die globale Signifikanzprüfung wird mittels F-Test durchgeführt. Er gibt Aufschluss darüber, ob mit den eingebundenen Prädiktoren zusammen überhaupt die Varianz der Kriteriumsvariablen erklärt wird. Es gilt auszuschließen, dass sich die Höhe des Determinationskoeffizienten R2 durch zufällige Einwirkungen einstellt. Die lokalen Signifikanzprüfungen werden mittels t-Tests durchgeführt. Sie liefern eine Aussage darüber, ob der getestete Prädiktor im Zusammenhang mit den anderen Prädiktoren einen signifikanten Beitrag zur Vorhersage der Kriteriumsvariablen leistet.
150
Kapitel 6
6.3 Messmodelle der Moderatoren Das Messmodell zum Beschaffungsvorgehen der Kunden (CBUY) wird anhand von drei Indikatoren gemessen (z. B. „Häufig sind beim Kunden mehrere Personen an der Kaufentscheidung beteiligt“; für eine vollständige Darstellung aller Indikatoren s. Anhang C, S. 218). Die Ankerpunkte der siebenstufigen Liekert-Skalen bilden 1 = „Trifft überhaupt nicht zu“, und 7 = „Trifft voll und ganz zu“. Die Interne-KonsistenzReliabilität liegt mit einem Cronbachschen Alpha von 0.69 in einem akzeptablen, wenngleich gegenüber dem geforderten Grenzwert von mindestens 0.70 etwas zu niedrigen, Bereich. Zur Beurteilung der Wettbewerbsintensität (COINT) wurde ein Messmodell in Anlehnung an Jaworski/Kohli (1993, S. 68) entwickelt. Die häufig in Studien zur Marktorientierung von Organisationen verwendete Skala wird in vorliegender Arbeit durch sechs Indikatoren gemessen (z. B. „In unserer Branche herrscht Verdrängungswettbewerb“, oder „Ein harter Preiswettbewerb bestimmt unsere Branche“; s. Anhang C, S. 218). Die Ankerpunkte der siebenstufigen Liekert-Skalen bilden 1 = „Trifft überhaupt nicht zu“, und 7 = „Trifft voll und ganz zu“. Durch Eliminierung des, im Fragebogen gedrehten, sechsten Indikators erhöhte sich das Cronbachsche Alpha auf 0.82. Zur Erhebung der Unterschiede in der Wettbewerbsstärke (CMP) zwischen den Transaktionspartnern wurde eine indirekte Vorgehensweise gewählt. Zunächst wurden die Frage-Items in Anlehnung an die Messung des Konstrukts „Zusammenfassung von Ressourcen“ (s. Abschnitt 5.2.1, S. 134) auf Basis von acht wettbewerbsdifferenzierenden Unternehmensressourcen konzipiert (s. Anhang C, S. 218).Anhand zweier separater Indikatorbatterien geben die befragten Käuferunternehmen an, wie sie die Geschäftsposition ihres und des gekauften Unternehmens gegenüber den Hauptwettbewerbern kurz vor der Fusion bzw. Akquisition bewerten. Die Fragen werden dazu auf siebenstufigen Likert-Skalen (1 = „Sehr viel schlechter“, 7 = „Sehr viel besser“) beantwortet. Anschließend wird zur Skalenbildung durch Subtraktion die absolute Differenz zwischen den einzelnen Antworten ermittelt. Nach Eliminierung des zweiten Indikators weist die Variable ein Cronbachsches Alpha von 0.85 auf. Zur Erfassung der Geschäftsverwandtschaft (SIMR) wurden in Anlehnung an Capron/Hulland (1999, S 52) drei Indikatoren herangezogen (z. B. „Kurz vor der Fusion/Akquisition waren beide Unternehmen direkte Wettbewerber“; s. Anhang C, S. 218). Die Antworten werden anhand siebenstufiger Likert-Skalen gegeben (1 = „Trifft
Situative Einflüsse auf den M&A-Erfolg
151
überhaupt nicht zu“; und 7 = „Trifft voll und ganz zu“). Nach Ausschluss des ersten Indikators wird ein noch akzeptables Cronbachsches Alpha von 0.61 erreicht. Alle Skalen wurden durch Mittelwertbildung über die zugehörigen Indikatoren hinweg gebildet. Die deskriptive Statistik zu Mittelwerten, Standardabweichungen, Korrelationen und Reliabilitäten der berücksichtigten Variablen der Regressionsanalyse kann aus Anhang E (S. 224) entnommen werden.
6.4 Ergebnisse zum situativen Einfluss während der Post Merger Integration Die Erfüllung wesentlicher Prämissen für die Durchführbarkeit multipler linearer Regressionsanalysen (Vorliegen einer multivariaten Normalverteilung sowie linearer Zusammenhänge zwischen Prädiktoren und Kriterium, keine übermäßige Multikollinearität zwischen den Prädiktoren, keine Autokorrelation) konnte für alle vier hierarchisch moderierten Regressionen bestätigt werden. Die Normalverteilung der Residuen ist eine Grundvoraussetzung für die Signifikanzprüfung mittels F-Test. Zur Überprüfung wurde die Annäherung der Residuen an die Normalverteilung grafisch, mittels der kumulativen Verteilungsdiagramme (P-P-Plots), überprüft. Die Existenz linearer Zusammenhänge zwischen den Prädiktoren und den Kriterien wurde ebenfalls grafisch, mithilfe paarweiser Scatterdiagramme, überprüft. Die Kontrolle der Multikollinearität (nicht lineare Abhängigkeit) zwischen den Prädiktoren erfolgte sowohl anhand der VIF-Werte (Variance Inflation Factors) als auch durch Sichtung der Korrelationskoeffizienten zwischen den Prädiktoren. Multikollinearität bedeutet, dass ein hoher Anteil der Varianz des betroffenen Prädiktors durch die anderen Prädiktoren erklärt werden kann. Ein solcher Umstand wirkt sich degenerativ auf die Regressionskoeffizienten aus und macht deren Schätzung instabil. Der VIF-Wert errechnet sich aus dem Kehrwert des von Eins subtrahierten Determinationskoeffizienten R2 und lag bei den Regressionen für alle Variablen nicht höher als 1.38. Der Wert liegt damit weit unter der verbreiteten Grenzwertvorgabe (5.0) und lässt darauf schließen, dass keine Probleme aufgrund von Multikollinearität vorliegen (Neter/Wasserman und Kutner 1990). Schließlich wurde mithilfe der Durbin-Watson-Statistik (Durbin/Watson 1950) die Unkorreliertheit der Residuen (fehlende Autokorrelation) getestet. Um Überschätzungen korrelativer Zusammenhänge zu vermeiden, wurden Ausreißer und Extremwerte in den Variablenverteilungen identifiziert. In den vier moderierten
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hierarchischen Regressionen wurden als Ergebnis jeweils bis zu fünf Datensätze von der Analyse ausgeschlossen, wodurch sich die Güte der einzelnen Modelle merklich verbesserte. Da bei der Multiplikation der Prädiktorvariablen zur Erzeugung der Interaktionsterme die Gefahr des Auftretens starker Multikollinearität zwischen den Prädiktoren und den Produkttermen besteht, wurden die Prädiktoren vor Bildung der Interaktionsterme durch Zentrieren auf den Mittelwert Null gebracht (Aiken/West 1991; Cohen/Cohen/West et al. 2003). Zur Kenntlichmachung ist den jeweiligen Bezeichnungen der Buchstabe Z vorangestellt. Entsprechend dem explorativen Charakter der vorliegenden Moderatoranalyse wurden die Signifikanzniveaus mit p < 0.10, p < 0.05; und p 0.01 festgelegt.
6.4.1 Investition in die Kundenbeziehung
Das Konstrukt „Investition in die Kundenbeziehung“ wurde bereits in Abschnitt 3.1.4 (S. 55) als das Ausmaß definiert, in dem Zeit, finanzielle Mittel sowie Ressourcen zur Stärkung der Kundenbeziehungen während der Integration aufgewendet werden. Die Operationalisierung erfolgt in Anlehnung an bereits getestete Messmodelle (Anderson/Weitz 1992, S. 31; De Wulf/Odekerken-Schroder und Iacobucci 2001, S. 47; De Wulf/Odekerken-Schröder und Van Kenhove 2003, S. 256; Ganesan 1994, S. 17; Smith/Barclay 1997, S. 17). Die Auswahl der einzelnen Indikatoren entspricht der Klassifizierung von Marketingaktivitäten durch Berry (1995) und Palmatier/Dant Grewal et al. (2006). Die Indikatoren spannen die drei Konstruktdimensionen finanzielle, soziale und strukturelle Investitionen auf. Zur Messung der vier Indikatoren (z. B. „Wir investierten Zeit, Geld und Mittel, um die Beziehung zu den Kunden zu stärken“; s. Anhang C, S. 218) mussten die Befragten anhand siebenstufiger Liekert-Skalen angeben, inwieweit sie den Aussagen zustimmen (1 = „Stimme überhaupt nicht zu“, 7 = „Stimme voll und ganz zu“). Das Cronbachsche Alpha beträgt 0.85. Tabelle 28 fasst die Ergebnisse der hierarchisch moderierten Regressionsanalyse und die lokalen sowie globalen Gütemaße zusammen. Die globale Signifikanzprüfung der Regressionsmodelle bestätigt einen signifikanten Beitrag zur Erklärung der Varianz der Kriteriumsvariablen „Verbundenheit der Kunden“ (Modell 1: R2 = 0.05, F = 10.17, p 0.01; Modell 2: R2 = 0.07, F = 2.79, p < 0.05; Modell 3: R2 = 0.09, F = 2.09, p < 0.05). Die dem Modell 2 hinzugefügten Moderatorvariablen und die in das Modell 3 eingebrachten Interaktionsterme führen jedoch zu keiner Erhöhung des Erklärungs-
Situative Einflüsse auf den M&A-Erfolg
153
beitrages, wie die Prüfung des Effektanstieges der Determinationskoeffizienten auf Signifikanz durch partielle F-Tests zeigt (Modell 2: R2 = 0.018, F = 0.948, n.s.; Modell 3: R2 = 0.023, F = 1.198, n.s.). Informationen zur moderierten hierarchischen Regression: abhängige Variable „Verbundenheit der Kunden“ Modell 1 Modell 2 Modell 3 Unabhängige Variablen Standardisierte Regressionskoeffizienten Investition in die Kundenbeziehung (ZINVST) 0.219** 0.219*** 0.241*** Mod: Beschaffungsvorgehen der Kunden (ZCBUY) 0.031 0.014 Mod: Wettbewerbsintensität (ZCOINT) -0.095 -0.086 Mod: Wettbewerbsstärke (ZCMP) -0.095 -0.089 Mod: Geschäftsverwandtschaft (ZSIMR) 0.031 0.034 IE: ZINVST * ZCBUY 0.153** IE: ZINVST * ZCOINT 0.067 IE: ZINVST * ZCMP 0.003 IE: ZINVST * ZSIMR 0.035 Modellgüte R 0.219 0.257 0.297 0.048 0.066 0.088 R2 0.043 0.042 0.046 Korrigiertes R2 F 10.173*** 2.791** 2.089** R2 0.048 0.018 0.023 F 10.173*** 0.948 1.198 Anmerkung: n = 204; n.s.: p > 0.10; *: p < 0.10; **: p < 0.05; ***: p 0.01; Mod = direkter Moderatoreffekt, IE = Interaktionseffekt des Moderators Tabelle 28:
Ergebnisse der moderierten hierarchischen Regression: Haupt- und Interaktionseffekte der „Investition in die Kundenbeziehung“ und der Moderatorvariablen auf die „Verbundenheit der Kunden“
Auf Ebene der einzelnen Prädiktoren zeigt sich ein direkter positiver Effekt der Prädiktorvariablen „Investition in die Kundenbeziehung“ auf die Kriteriumsvariable „Verbundenheit der Kunden“. Dieser Zusammenhang bestätigt sich für alle drei Modelle (Modell 1: = 0.22, p < 0.05, Modell 2: = 0.22, p 0.01, Modell 3: = 0.24, p 0.01). Investitionen in die Kundenbeziehung während der Integrationsphase tragen demnach zu einer signifikanten Erhöhung der bewerteten Verbundenheit der Bestandskunden nach der M&A-Transaktion bei. Schließlich zeigt sich eine positive signifikante Interaktion der situativen Variablen „Beschaffungsvorgehen der Kunden“ und der „Investition in die Kundenbeziehung“ in Bezug auf das Kriterium ( = 0.15, p < 0.05). Damit moderiert das Beschaffungsvorgehen der Kunden den Zusammenhang zwischen Investition und Verbundenheit der Kunden. Die grafische Veranschaulichung des moderierenden Effekts wird in Abbildung 17 durch Regressionsgeraden für jeweils schwache und starke Ausprägungen des Beschaffungsvorgehens dargestellt. Die Steigung der Geraden ver-
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154
anschaulicht dabei die Wirkeffizienz der Gestaltungsvariable, in diesem Fall die Investition in die Kundenbeziehung, auf die Erfolgsvariable. Bei kundenseitig ausgeprägter Institutionalisierung und Formalisierung der Beschaffung führen beziehungsbezogene Investitionen zu einer deutlich stärkeren Zunahme der Kundenverbundenheit, als dass bei einer schwachen Ausprägung des Beschaffungsvorgehens der Fall ist. Das Ergebnis deckt sich mit den Ausführungen zum Prinzip der Reziprozität in Geschäftsbeziehungen (s. Abschnitt 3.1.4, S. 54). Ein hoher Ressourceneinsatz in Form eines aufwendigen Beschaffungsvorgehens des Kunden wird scheinbar durch einen bewusst hohen Aufwand des Anbieters in Form von Beziehungsinvestitionen gespiegelt und bindet dadurch den Kunden psychologisch an das Unternehmen. 6.4 Beschaffungsvorgehen: Schwache Ausprägung
Verbundenheit der Kunden
6.2
Beschaffungsvorgehen: Starke Ausprägung
6.0 5.8 5.6 5.4 5.2 5.0 4.8 Niedrig
Hoch Investition Investition
Abbildung 17: Moderierender Effekt des Beschaffungsvorgehens auf die Beziehung zwischen der „Investition in die Kundenbeziehung“ und der „Verbundenheit der Kunden“
Allerdings ist an dieser Stelle anzumerken, dass die Moderator- und Interaktionsterme im Regressionsmodell 3 keinen signifikanten Effektanstieg des Determinationskoeffizienten verursachen. Ein möglicher Grund dafür kann in der oft ungünstigen Teststärke von Interaktionseffekten (Frazier/Tix und Barron 2004, S. 118) gesehen werden, da die Reliabilität der Produktterme messfehlerbehafteter Variablen immer niedriger ist als die Reliabilität der Ausgangsvariablen. Daraus folgen in vielen Befragungsstudien insgesamt niedrige Interaktionseffektstärken (Cohen/Cohen/West et al. 2003, S. 297) mit entsprechend geringen Aufdeckungsraten potenzieller Moderatoreffekte. Eine vorsichtige Interpretation und Berücksichtigung des zuvor beschriebenen Moderatoreffektes sollte somit zulässig sein, wenngleich im vorliegenden Fall nicht von einer statistischen Bestätigung gesprochen werden kann.
Situative Einflüsse auf den M&A-Erfolg
155
6.4.2 Umgang mit Kundenkonflikten
Das im Rahmen der Analyse des Beziehungsmodells erarbeitete Messmodell „Konfliktmanagement“ wird an dieser Stelle unverändert übernommen (s. Abschnitt 4.4.1, S. 118 f.). Tabelle 29 fasst die Ergebnisse und die lokalen sowie globalen Gütemaße zusammen. Die globale Signifikanzprüfung bestätigt einen Beitrag zur Erklärung der Varianz der Kriteriumsvariablen „Verbundenheit der Kunden“ in allen drei Regressionsmodellen auf dem Fünf- bzw. Einprozentniveau. Die im Modell 2 berücksichtigten Moderatorvariablen führen zu keiner Erhöhung des Erklärungsbeitrags. Hingegen verursachen die im Modell 3 berücksichtigten Interaktionsterme einen signifikanten Anstieg des Determinationskoeffizienten (R2 = 0.05, F = 2.67, p < 0.05). Es kann damit von einem zusätzlichen Erklärungsbeitrag zur Varianz des Kriteriums ausgegangen werden. Informationen zur moderierten hierarchischen Regression: abhängige Variable „Verbundenheit der Kunden“ Modell 1 Modell 2 Modell 3 Unabhängige Variablen Standardisierte Regressionskoeffizienten Konfliktmanagement (ZCON) 0.222*** 0.223*** 0.225*** Mod: Beschaffungsvorgehen der Kunden (ZCBUY) 0.037 0.032 Mod: Wettbewerbsintensität (ZCOINT) -0.078 -0.067 Mod: Wettbewerbsstärke (ZCMP) -0.094 -0.051 Mod: Geschäftsverwandtschaft (ZSIMR) 0.061 0.060 IE: ZCON * ZCBUY 0.126* IE: ZCON * ZCOINT -0.138* IE: ZCON * ZCMP -0.139** IE: ZCON * ZSIMR -0.024 Modellgüte R 0.222 0.258 0.340 0.049 0.066 0.116 R2 0.045 0.043 0.074 Korrigiertes R2 F 10.461*** 2.806** 2.800*** 2 R 0.049 0.017 0.049 F 10.461*** 0.898 2.674** Anmerkung: n = 203; n.s.: p > 0.10; *: p < 0.10; **: p < 0.05; ***: p 0.01; Mod = direkter Moderatoreffekt, IE = Interaktionseffekt des Moderators Tabelle 29:
Ergebnisse der moderierten hierarchischen Regression: Haupt- und Interaktionseffekte des „Konfliktmanagements“ und der Moderatorvariablen auf die „Verbundenheit der Kunden“
Es zeigt sich ein signifikanter direkter Effekt des Prädiktors „Konfliktmanagement“ auf das Kriterium „Verbundenheit der Kunden“. Das Konfliktmanagement gegenüber den Kunden während der PMI trägt demnach zu einer signifikanten Erhöhung der Kundenverbundenheit bei. Das Ergebnis steht in Einklang mit dem Beziehungsmodell,
Kapitel 6
156
das einen signifikanten Einfluss des Konfliktmanagements auf die Beziehungsqualität (mit der Dimension Verbundenheit) zeigt (s. Abschnitt 4.5, S. 124 ff.). In Modell 3 werden drei von vier Interaktionstermen signifikant. Es zeigt sich zunächst eine negative, auf dem Fünfprozentniveau signifikante Interaktion der situativen Variable „Wettbewerbsstärke“ und der Variable „Konfliktmanagement“ in Bezug auf das Kriterium. Bei großen Unterschieden in der Wettbewerbsstärke der M&A-Transaktionspartner vor dem Zusammenschluss wird der positive Effekt konfliktlösender Beziehungsmaßnahmen auf die Kundenverbundenheit abgeschwächt. Hingegen fällt bei annähernd gleicher Wettbewerbsstärke die Wirkung des Konfliktmanagements signifikant stärker aus (s. Abbildung 18). 6.2 Geringe Unterschiede in der Wettbewerbsstärke
Verbundenheit der Kunden
6.0
Große Unterschiede in der Wettbewerbsstärke
5.8
5.6
5.4
5.2
5.0 Niedrig
Hoch Konfliktmanagement Konfliktlösung
Abbildung 18: Moderierender Effekt der Wettbewerbsstärke auf die Beziehung zwischen dem „Konfliktmanagement“ und der „Verbundenheit der Kunden“
Eine Erklärung für das Ergebnis ist in der möglichen Heterogenität der Kundengruppen von Unternehmen unterschiedlicher Wettbewerbsstärke zu suchen. So ist etwa denkbar, dass sich die Ansprüche von Kunden an den Beziehungszusammenhang je nach Wettbewerbsstärke ihres Anbieters stark voneinander unterscheiden. Die Ziele, Motive und Bedürfnisse der einen Kundengruppe stehen nach der Unternehmensübernahme und während der PMI womöglich in Widerspruch zu den intendierten Zielen des Gesamtunternehmens. Eine solche Divergenz führt zu grundlegenden Konflikten zwischen Anbieter und Kunde. Eine Überbrückung von Konflikten wird durch die konstitutiven Unterschiede zu den Kundenerwartungen erschwert. Auf
Situative Einflüsse auf den M&A-Erfolg
157
Kundenseite kann dadurch der Eindruck entstehen, dass eine beiderseitig zufriedenstellende Konfliktlösung angesichts der Unterschiede gar nicht vollständig möglich ist. Daraus folgt, dass die Effizienz des Konfliktmanagements hinsichtlich der Schaffung eines Verbundenheitsgefühls beim Kunden geringer ausfallen muss. Die beiden anderen Interaktionsterme werden nur auf dem Zehnprozentniveau signifikant und sind daher hinsichtlich ihrer Wirkung nur vorsichtig zu interpretieren und zu berücksichtigen. Im ersten Fall zeigt sich ein Interaktionseffekt der Situationsvariable „Beschaffungsvorgehen der Kunden“ und der Gestaltungsvariable „Konfliktmanagement“. Der positive Regressionskoeffizient deutet an, dass der Effekt des Konfliktmanagements auf die Verbundenheit der Kunden in Situationen ausgeprägter kundenseitiger Institutionalisierung und Formalisierung der Beschaffung verstärkt wird (s. Abbildung 19). In Abschnitt 6.1 (S. 143) wurde angedeutet, dass sich unterschiedliche Charakteristika des Beschaffungsverhaltens auf das vom Kunden wahrgenommene Risiko zurückführen lassen, das mit dem Kaufvorhaben verbunden ist. Kunden messen demnach dem anbieterseitigen Konfliktmanagement beim Erwerb komplexer, bedeutender und damit risikobehafteter Leistungen naturgemäß eine höhere Bedeutung bei. 6.2 Beschaffungsvorgehen: Schwache Ausprägung
Verbundenheit der Kunden
6.0
Beschaffungsvorgehen: Starke Ausprägung
5.8
5.6
5.4
5.2
5.0 Niedrig
Hoch Konfliktmanagement Konfliktlösung
Abbildung 19: Moderierender Effekt des Beschaffungsvorgehens auf die Beziehung zwischen dem „Konfliktmanagement“ und der „Verbundenheit der Kunden“
Im zweiten Fall zeigt sich schließlich ein Interaktionseffekt der Situationsvariable „Wettbewerbsintensität“. Der negative Regressionskoeffizient signalisiert, dass der
Kapitel 6
158
positive Effekt des Konfliktmanagements auf die Verbundenheit der Kunden in Situationen hoher Wettbewerbsintensität abgeschwächt wird (s. Abbildung 20). Das Ergebnis lässt vermuten, dass die Effektivität des Konfliktmanagements eingeschränkt wird, falls es dem Kunden aufgrund von Alternativangeboten relativ leicht fällt, den Anbieter zu wechseln. 6.2 Niedrige Wettbewerbsintensität
Verbundenheit der Kunden
6.0
Hohe Wettbewerbsintensität
5.8
5.6
5.4
5.2
5.0 Niedrig
Hoch Konfliktmanagement Konfliktlösung
Abbildung 20: Moderierender Effekt der Wettbewerbsintensität auf die Beziehung zwischen dem „Konfliktmanagement“ und der „Verbundenheit der Kunden“
6.4.3 Kommunikation mit den Kunden
Das bereits im Rahmen der Analyse des Beziehungsmodells erarbeitete Messmodell „Kundenkommunikation“ wurde ebenfalls unverändert übernommen (s. Abschnitt 4.4.1, S. 117). Tabelle 30 (S. 159) fasst die Ergebnisse und die lokalen sowie globalen Gütemaße zusammen. Alle drei Regressionsmodelle liefern auf dem Einprozentniveau einen signifikanten Beitrag zur Erklärung der Varianz der Kriteriumsvariablen „Verbundenheit der Kunden“. Die dem Modell 2 hinzugefügten Moderatorvariablen liefern keinen Beitrag zur Aufklärung zusätzlicher Varianz. Hingegen führen die Interaktionsterme in Modell 3 zu einer signifikanten Erhöhung des Erklärungsbeitrages.
Situative Einflüsse auf den M&A-Erfolg
159
Informationen zur moderierten hierarchischen Regression: abhängige Variable „Verbundenheit der Kunden“ Modell 1 Modell 2 Modell 3 Unabhängige Variablen Standardisierte Regressionskoeffizienten Kundenkommunikation (ZCOM) 0.282*** 0.294*** 0.273*** Mod: Beschaffungsvorgehen der Kunden (ZCBUY) -0.006 -0.006 Mod: Wettbewerbsintensität (ZCOINT) -0.071 -0.094 Mod: Wettbewerbsstärke (ZCMP) -0.130* -0.108 Mod: Geschäftsverwandtschaft (ZSIMR) 0.030 0.053 IE: ZCOM * ZCBUY 0.212*** IE: ZCOM * ZCOINT 0.136* IE: ZCOM * ZCMP -0.031 IE: ZCOM * ZSIMR -0.056 Modellgüte R 0.282 0.318 0.383 0.079 0.101 0.147 R2 0.075 0.078 0.107 Korrigiertes R2 F 17.438*** 4.450*** 3.714*** R2 0.079 0.022 0.046 F 17.438*** 1.187 2.613** Anmerkung: n = 204; n.s.: p > 0.10; *: p < 0.10; **: p < 0.05; ***: p 0.01; Mod = direkter Moderatoreffekt, IE = Interaktionseffekt des Moderators Tabelle 30:
Ergebnisse der moderierten hierarchischen Regression: Haupt- und Interaktionseffekte der „Kundenkommunikation“ und der Moderatorvariablen auf die „Verbundenheit der Kunden“
Wie zu erwarten war, zeigt sich in allen Modellen ein signifikanter direkter Effekt des Prädiktors „Kundenkommunikation“ auf das Kriterium „Verbundenheit der Kunden“. Zusätzlich wird ein direkter negativer Effekt der situativen Variable „Wettbewerbsstärke“ auf das Kriterium signalisiert. Allerdings ist dieser Zusammenhang nur leicht ausgeprägt und wird lediglich auf dem Zehnprozentniveau signifikant. Daraus ergibt sich in Folge für das Modell 2 auch kein erkennbarer zusätzlicher Beitrag zur Erklärung der Gesamtvarianz. Negative Auswirkungen großer Unterschiede in der Wettbewerbsposition der Transaktionspartner auf die Kundenverbundenheit nach der M&A-Transaktion scheinen jedoch plausibel zu sein. So könnten Kunden z. B. eine Verschlechterung der Kundenorientierung oder einen zukünftig niedrigeren Qualitätsanspruch bei der Erbringung von Serviceleistungen durch die Integration eines leistungsschwächeren Unternehmens antizipieren und mit verstärkter Unsicherheit bzgl. der Geschäftsbeziehung reagieren. Da der diskutierte Effekt sowohl in Modell 3 als auch in den zuvor untersuchten moderierten hierarchischen Regressionen nicht auftritt, kann hier allerdings nicht von der Bestätigung eines Zusammenhanges gesprochen werden.
Kapitel 6
160
In Modell 3 zeigen sich zwei signifikante Interaktionsterme. Es besteht zunächst eine hochsignifikante positive Interaktion der situativen Variablen „Beschaffungsvorgehen der Kunden“ und „Kundenkommunikation“ in Bezug auf das Kriterium. Bei hoher kundenseitiger Institutionalisierung und Formalisierung der Beschaffung verstärkt sich der bereits vorhandene positive Effekt zwischen der Kundenkommunikation und der Verbundenheit der Kunden zum Unternehmen (s. Abbildung 21). Das Ergebnis steht in Übereinstimmung mit Arbeiten zum persönlichen Verkauf, die besonders die Relevanz der Kommunikation bei hoher kundenseitiger Unsicherheit betonen. Im Kontext von Unternehmenszusammenschlüssen vergrößert sich die Kundenunsicherheit, z. B. über die zukünftige Kontinuität des Leistungsangebotes nach der Integration. Der Grad der Formalisierung und Institutionalisierung der Beschaffung ist u. a. vom Risiko abhängig, welches Kunden mit ihrem typischen Kaufvorhaben verbinden. Das Risiko und damit die Unsicherheit des Kunden ist auch ein Gradmesser für den kundenseitig bestehenden Kommunikationsbedarf in der PMI. Je stärker die Ausprägung des Beschaffungsvorgehens ist, desto höher ist der Kommunikationsbedarf und desto effektiver werden die Auswirkungen der Kommunikationsanstrengungen hinsichtlich der Steigerung der Kundenverbundenheit sein.
6.2 Beschaffungsvorgehen: Schwache Ausprägung
Verbundenheit der Kunden
6.0
Beschaffungsvorgehen: Starke Ausprägung
5.8 5.6 5.4 5.2 5.0 4.8 Niedrig
Hoch Kundenkommunikation Kundenkommunikation
Abbildung 21: Moderierender Effekt des Beschaffungsvorgehens auf die Beziehung zwischen der „Kundenkommunikation“ und der „Verbundenheit der Kunden“
Zuletzt zeigt sich ein leichter Interaktionseffekt der Moderatorvariable „Wettbewerbsintensität“ und der Gestaltungsvariable „Kundenkommunikation“ auf dem
Situative Einflüsse auf den M&A-Erfolg
161
Einprozentniveau. Bei hoher Wettbewerbsintensität wird der positive Einfluss der Kundenkommunikation auf die Verbundenheit der Kunden verstärkt (s. Abbildung 22).
6.2 Niedrige Wettbewerbsintensität Verbundenheit der Kunden
6.0
Hohe Wettbewerbsintensität
5.8 5.6 5.4 5.2 5.0 4.8 Niedrig
Hoch Kundenkommunikation Kundenkommunikation
Abbildung 22: Moderierender Effekt der Wettbewerbsintensität auf die Beziehung zwischen der „Kundenkommunikation“ und der „Verbundenheit der Kunden“
6.4.4 Analyse der Kundensituation
Das Konstrukt „Kundenanalyse“ wurde als das Ausmaß definiert, in dem insgesamt entscheidungsrelevante Informationen zu bestehenden Kundenbeziehungen des Käufer- und Zielunternehmens erhoben und analysiert werden. Soweit dem Autor bekannt, wurde in der Literatur ein ähnliches Konstrukt bisher nicht operationalisiert. Eine Anlehnung an bereits getestete Messinstrumente war somit nicht möglich. Zur Operationalisierung wurden auf Basis der Überlegungen in Abschnitt 3.1.5 (S. 55 ff.) und den Informationen aus den Expertengesprächen sechs reflektive Indikatoren erarbeitet (z. B. „Wir unternahmen erhebliche Anstrengungen, um das Geschäft der Kunden und deren Anforderungen an uns besser zu verstehen“; s. Anhang C, S. 218). Die Aussagen 1 = „Stimme überhaupt nicht zu“ und 7 = „Stimme voll und ganz zu“ bilden die Ankerpunkte der siebenstufigen Liekert-Skalen. Aufgrund zu niedriger Reliabilität musste der Dritte von insgesamt sechs Indikatoren gestrichen werden. Das Cronbachsches Alpha beträgt danach 0.81. Tabelle 31 fasst die Ergebnisse der hierarchisch moderierten Regressionsanalyse und die lokalen sowie globalen Gütemaße zusammen. Alle drei Regressionsmodelle liefern auf dem Einprozentniveau einen hochsignifikanten Beitrag zur Erklärung der Varianz der Kriteriumsvariablen
Kapitel 6
162
„Unternehmenswertsteigerung“. Die Moderatorvariablen und die Interaktionsterme führen allerdings sowohl in Modell 2 als auch in Modell 3 zu keiner Erhöhung des Erklärungsbeitrages zur Gesamtvarianz. Informationen zur moderierten hierarchischen Regression: abhängige Variable „Unternehmenswertsteigerung“ Modell 1 Modell 2 Modell 3 Unabhängige Variablen Standardisierte Regressionskoeffizienten Kundenanalyse (ZALYS) 0.309*** 0.309*** 0.326*** Mod: Beschaffungsvorgehen der Kunden (ZCBUY) -0.066 -0.064 Mod: Wettbewerbsintensität (ZCOINT) -0.016 -0.034 Mod: Wettbewerbsstärke (ZCMP) 0.020 0.019 Mod: Geschäftsverwandtschaft (ZSIMR) 0.065 0.063 IE: ZALYS * ZCBUY 0.072 IE: ZALYS * ZCOINT -0.008 IE: ZALYS * ZCMP 0.033 IE: ZALYS * ZSIMR 0.081 Modellgüte R 0.309 0.324 0.343 0.095 0.105 0.118 R2 0.091 0.082 0.077 Korrigiertes R2 F 21.403*** 4.654*** 2.890*** R2 0.095 0.009 0.013 F 21.403*** 0.518 0.718 Anmerkung: n = 205; n.s.: p > 0.10; *: p < 0.10; **: p < 0.05; ***: p 0.01; Mod = direkter Moderatoreffekt, IE = Interaktionseffekt des Moderators Tabelle 31:
Ergebnisse der moderierten hierarchischen Regression: Haupt- und Interaktionseffekte der „Kundenanalyse“ und der Moderatorvariablen auf die „Unternehmenswertsteigerung“ nach der M&A-Transaktion
Über alle drei Modelle hinweg wird ein starker direkter positiver Effekt des Prädiktors „Kundenanalyse“ auf das Kriterium „Unternehmenswertsteigerung“ ersichtlich. Aufgrund der nicht signifikanten Regressionskoeffizienten der Moderator- und Interaktionsterme wird deutlich, dass die Kundenanalyse in der PMI einen positiven Effekt auf den Unternehmenswert hat, und das unabhängig von den untersuchten situativen Faktoren.
6.5 Zwischenfazit zum situativen Einfluss Zusätzlich zu den in der Kausalanalyse bereits berücksichtigten Variablen wurden die Effekte der kundenbeziehungsbezogenen Gestaltungsvariablen „Investition in die Kundenbeziehung“ und „Kundenanalyse“ auf den Unternehmenserfolg nach M&A untersucht. Neben der Aufdeckung direkter positiver Effekte kundenbezogener Gestaltungsmaßnahmen wurde ebenfalls untersucht, in welchem Maß die Beurteilung des
Situative Einflüsse auf den M&A-Erfolg
163
M&A-Erfolges von Unternehmens-, Markt- und Kundenausprägungen beeinflusst wird. Es können moderierende Einflüsse des Beschaffungsvorgehens der Kunden, der Wettbewerbsstärke der Transaktionspartner und der Wettbewerbsintensität im Markt auf die Kundenverbundenheit zum Gesamtunternehmen festgestellt werden. Das ist eine deutliche Bestätigung der Kontextabhängigkeit der untersuchten kundenbezogenen Maßnahmen in der PMI. Bei den untersuchten Gestaltungsvariablen scheint insbesondere die Wirkung des Konfliktmanagements stark von der spezifischen M&ASituation abzuhängen. Lediglich der stark positive Effekt der Kundenanalyse auf die Unternehmenswertsteigerung ist unabhängig von der Umweltsituation. Zusammengefasst konnten folgende Zusammenhänge aufgedeckt werden: Zur Messung des M&A-Erfolgs werden in der vorangegangenen Analyse die Kundenverbundenheit und die Unternehmenswertsteigerung herangezogen. Es zeigen sich signifikant positive direkte Effekte der vier untersuchten Gestaltungsvariablen „Investition in die Kundenbeziehung“, „Konfliktmanagement“, „Kundenkommunikation“ und „Kundenanalyse“ auf die Erfolgsgrößen. Die Untersuchungsergebnisse signalisieren, dass bei kundenseitig formalisierten Beschaffungsprozessen und institutionalisierten Beschaffungsorganisationen der Kunden verstärkte Konfliktmanagement- und Kommunikationsanstrengungen während der Integrationsphase besonders wertvoll sind, um die Verbundenheit der Kunden zum Gesamtunternehmen zu festigen. Bei großen Unterschieden in der Wettbewerbsstärke von Käufer- und Zielunternehmen wird die Wirksamkeit des Konfliktmanagements auf die Verbundenheit der Kunden zum Gesamtunternehmen abgeschwächt. Beim Zusammenschluss von Unternehmen innerhalb eines, von hoher Wettbewerbsintensität geprägten Marktes wird der positive Effekt der Kundenkommunikation in der PMI auf die Verbundenheit der Kunden zum Gesamtunternehmen verstärkt. Der Effekt des Konfliktmanagements auf die Kundenverbundenheit wird hingegen abgeschwächt. Für die situative Variable „Geschäftsverwandtschaft“ kann in allen vier Fällen kein moderierender Einfluss festgestellt werden. Ein Grund dafür ist mglw. im Umstand zu finden, dass bereits im Zuge der Stichprobenbildung eine Fokussierung auf horizontale Transaktionen, und damit leistungswirtschaftlich ähnliche Unternehmen, vorgenommen wurde. Die erhobenen Daten diskriminieren möglicherweise nicht ausreichend zwischen den Extremen des Konstrukts.
164
Kapitel 7
7. Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen – Status quo in der PMI-Praxis Nachdem der quantitative Untersuchungsteil der Arbeit abgeschlossen ist, erfolgt in diesem Kapitel die Deskription der qualitativen Befragungsstatements. Der gegenwärtige Status kundenbezogener Integrationsmaßnahmen in der Unternehmenspraxis wird beschrieben, indem zwischen direkt (Abschnitt 7.1) und indirekt auf die Kundenbeziehung wirkenden Maßnahmenkategorien (Abschnitt 7.2) unterschieden wird. Zunächst soll jedoch eine Zusammenfassung der Befragungsergebnisse das Kapitel einleiten. Zur Beantwortung von Forschungsfrage 7 (s. Abschnitt 1.2, S. 6) wurden im Rahmen der Befragung die angeschriebenen Personen ungestützt gebeten anzugeben, welche Maßnahmen ihrer Erfahrung nach zum Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen nach der M&A-Transaktion besonders beigetragen haben. Von den insgesamt 206 antwortenden Führungskräften haben 158 mindestens eine Maßnahme genannt. Das entspricht einer Antwortrate von 76.7 Prozent. Die Angaben weisen unterschiedliche Konkretisierungsgrade auf und sind naturgemäß von der jeweiligen Integrationssituation und den ursprünglichen strategischen Zielen der M&A-Transaktion abhängig. Zusätzlich unterstreicht die Vielfältigkeit der Aussagen den kontextabhängigen Charakter der Integrationssituation. Eine Verallgemeinerung der Ergebnisse ohne genaue Kenntnis der situativen Gegebenheiten jeder einzelnen M&ATransaktion ist nicht anzuraten. Darüber hinaus ist die Summe gleichlautender Aussagen je Themenfeld häufig zu gering, um von einem Ergebnistrend sprechen zu dürfen. Allerdings spannen die Antworten die ganze Bandbreite an Gestaltungsfeldern auf, die als Orientierung für das Kundenbeziehungsmanagement in der Post Merger Phase wertvolle Hilfe leistet. Zur Analyse wurden die Antworten einzelnen Maßnahmenkategorien zugeordnet. Abbildung 23 (S. 165) fasst das Ergebnis zusammen und zeigt die zwanzig wichtigsten Maßnahmenkategorien sowie die relative Häufigkeit der Nennung.
Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen
Maßnahmen (1-10)
Maßnahmen (11-20)
Kundenbezogene Kommunikation
46.2%
Management des Produktportfolios
27.8%
Kontinuität der Kundenbetreuung
23.4%
Persönlicher Kundenkontakt
20.9%
Qualitätsverbessernde Produktmaßnahmen Neuordnung der Vertriebs-/ Marketingstrukturen
14.6% 12.7%
Koordinierter Vertriebsansatz und -steuerung
11.4%
Außenauftritt/einheitliche CI
11.4%
Mitarbeiter- und Managementintegration Preis- und Konditionenmanagement
165
10.1% 9.5%
Prozessharmonisierung/ IT-Integration
8.9%
Management der Schlüsselkunden (KAM)
8.2%
Markenmanagement
7.6%
Integrationsvorgehen
7.6%
Direkte Kundenansprache durch Top-Management
7.0%
Accountzuordnung
7.0%
Technologie- und Innovationstransfer
6.3%
Interne Kommunikation
6.3%
Wahrung der Lieferzeiten
3.2%
Kundeneinbindung
3.2%
Anmerkung: Angaben in Prozent der 158 Antwortenden
Abbildung 23: Häufigkeit der genannten Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen während der Post Merger Integration
Bei näherer Betrachtung kann bei den Antwortkategorien zwischen einer direkten und indirekten Wirkung auf die Kundenbeziehungen differenziert werden. Direkt wirkende Maßnahmen beeinflussen unmittelbar entscheidende Konstitute der Geschäftsbeziehung, z. B. die Leistungsgestaltung und die Preise, oder prägen die Interaktion zwischen Anbieter und Kunde. Indirekt wirkende Maßnahmen zeichnen sich hingegen durch die vorwiegend interne Orientierung ihrer Umsetzung aus. Sie betreffen vor allem Unternehmensprozesse, Ressourcen, Strukturen oder das Management- bzw. Führungssystem des Gesamtunternehmens. Die ersten fünf der in Abbildung 23 dargestellten Maßnahmenkategorien zählen zu der Gruppe der direkt wirkenden Maßnahmen. Das unterstreicht die von den befragten Unternehmen wahrgenommene Bedeutung der unmittelbaren Beeinflussung der Geschäftsbeziehungen in der Integrationsphase. Interessant ist der Umstand, dass sich die häufig in der Literatur angeführte starke interne Orientierung bei Fusionen und Akquisitionen zumindest in Bezug auf die Kundendimension in der Befragung nicht widerspiegelt. Es scheint, dass Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen richtigerweise als Aufgaben angesehen werden, die nicht durch die interne organisatorische Integrationsoptimierung, sondern vielmehr durch direkt wirkende Kundeninteraktionsmaßnahmen zu erfüllen sind. Natürlich ist eine Differenzierung zwischen den direkten und indirekten Maßnahmen nicht vollkommen trennscharf möglich, da es zu Überschneidungen und Querbezügen
Kapitel 7
166
kommt. Die nachstehende Unterscheidung kann lediglich ein grobes Bild zeichnen, dass die Wirktendenz der einzelnen Maßnahmen wiedergibt (s. Abbildung 24). Direkt wirkend (1)
Kundenbezogene Kommunikation
(2)
Management des Produktportfolios
(3)
Kontinuität in der Kundenbetreuung
(4)
Persönlicher Kundenkontakt
(5)
Qualitätsverbessernde Produktmaßnahmen
(8)
Außenauftritt/einheitliche CI
Indirekt wirkend (6)
Neuordnung der Vertriebs-/ Marketingstrukturen
(7)
Koordinierter Vertriebsansatz und -steuerung
(9)
Mitarbeiter- und Managementintegration
(11) Prozessharmonisierung/IT-Integration (14) Festlegung des Integrationsvorgehens
(10) Preis- und Konditionenmanagement
(16) Accountzuordnung
(12) Management der Schlüsselkunden (KAM)
(17) Technologie- und Innovationstransfer (18) Interne Kommunikation
(13) Markenmanagement (15) Direkte Kundenansprache durch Top-Management (19) Wahrung der Liefertermine (20) Kundeneinbindung Anmerkung: Rangfolge in Klammern
Abbildung 24: Maßnahmenkategorien nach Wirkung auf die Kundenbeziehung
7.1 Direkt wirkende Maßnahmen Es überrascht nicht, dass die kundenbezogene Kommunikation (Rang 1) von 46.2 Prozent der Antwortenden als wichtigste direkt wirkende Maßnahme zum Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehung genannt wird. Inhaltlich ist meist von der Weitergabe von Informationen zu den Hintergründen, Zielen und Motiven der M&A-Transaktion die Rede. Darin eingeschlossen ist die Kommunikation derjenigen Kundenvorteile, die sich aus dem Zusammenschluss ergeben. Attribute wie Offenheit, Transparenz, Klarheit, Frühzeitigkeit und Proaktivität werden häufig zur Charakterisierung herangezogen. Die M&A-spezifische Kommunikation erstreckt sich hierbei zeitlich entlang des gesamten M&A-Prozessverlaufs. An zweiter Stelle, wenngleich bereits mit deutlichem Abstand, wird mit 27.8 Prozent das Management des Produkt- und Leistungsportfolios genannt. Im Gegensatz zu den anderen aufgezeigten Kategorien handelt es sich hierbei um Maßnahmen, die im starken Maße aufgrund strategischer Beweggründe, z. B. durch die Schließung einer Produktlücke, und damit aus der spezifischen Situation der M&A-Transaktion heraus entstehen. Der überwiegende Teil der in diese Kategorie Antwortenden (70 Prozent)
Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen
167
erwähnt die besondere Bedeutung eines erweiterten Leistungsportfolios insbesondere für den Ausbau der Kundenbeziehungen. In diesem Zusammenhang werden BundlingPotenziale angeführt, die zu Kundenvorteilen führen sollen. Die Sicherung der Kontinuität in der Kundenbetreuung folgt an dritter Stelle. Sie wird von 23.4 Prozent der Befragten erwähnt. Als besonders erfolgskritisch wird häufig die Beibehaltung des gewohnten Kundenansprechpartners benannt. Ebenso oft wird allgemein auf die Wahrung der Kontinuität innerhalb des Vertriebs hingewiesen. Betont wird, dass in kundennahen Bereichen möglichst an Bewährtem festzuhalten ist. Falls wesentliche Veränderungen notwendig werden, sind sie nur äußerst vorsichtig und für den Kunden zunächst unbemerkt vorzunehmen, z. B. im Back-Office-Bereich. In Abgrenzung zur allgemeinen Kundenkommunikation, die prinzipiell alle Formen der Interaktion einschließt, konnte der persönliche Kundenkontakt (Rang 4) als eine eigene Maßnahmenkategorie identifiziert werden. 20.9 Prozent der Antwortenden erwähnen die Bedeutung der persönlichen Kundenansprache durch den Vertriebsaußendienst für den Erhalt der Kundenbeziehung. Kundenbesuche und Kundenevents werden als wichtige Kontaktplattformen angeführt. Teilweise wird eine, für Schlüsselkunden besonders intensivierte, persönliche Betreuung erwähnt. Schließlich weisen einige Befragte darauf hin, dass die direkte, sofortige Ansprache dem Kunden das ausdrückliche Interesse am Fortbestehen der Geschäftsbeziehung signalisieren soll. Die Bedeutung des Kunden für das Unternehmen wird so deutlich erkennbar unterstrichen. An fünfter Stelle mit 14.6 Prozent der Nennungen werden qualitätsverbessernde Produktmaßnahmen genannt. Prioritär ist die Absicherung des vorhandenen Qualitätsniveaus. Differenziert wird zwischen der eigentlichen Produkt- und Servicequalität, aber auch zwischen der Qualität des Vertriebes und der Vertriebsprozesse. Als konkrete Aufgaben werden die Implementierung gemeinsamer Qualitätsstandards sowie der Aufbau bzw. die Übertragung und gemeinsame Nutzung von Qualitätsmanagementsystemen formuliert. Als Ziel häufig genannt wird die Erhöhung des Servicegrades, der in den untersuchten Unternehmen des B2B- und Dienstleistungsbereichs wichtiger Ausgangspunkt für die Qualitätswahrnehmung der Kunden ist. 11.4 Prozent führen einen einheitlichen Außenauftritt (Rang 8) durch die Neugestaltung oder Übernahme der Corporate Identity (CI) als bedeutende Maßnahme an. Aus den Kommentaren ist die Intention abzulesen, dass durch ein vereinheitlichtes Er-
168
Kapitel 7
scheinungsbild die Identität des neu geschaffenen Gesamtunternehmens gestärkt werden soll. Angesprochen wird damit aber nicht nur der Wiedererkennungswert für die Kunden. Es wird auch auf die identitätsstiftende Wirkung gegenüber den Vertriebsmitarbeitern hingewiesen. Ziel ist es, im Vertrieb ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen, das sich auch in der Kundenbetreuung widerspiegelt. Konkrete Maßnahmen reichen vom Relaunch des Werbe- und Kommunikationsauftrittes bis hin zur gleichartigen Produkt- und Vertriebskennzeichnung. Das Preis- und Konditionenmanagement (Rang 10) in der Integrationsphase wird lediglich von 9.5 Prozent der Antwortenden genannt, obwohl in der Literatur immer wieder auf die hohe Sensibilität der Kunden bezüglich dieses Themas hingewiesen wird (u. a. Homburg/Bucerius 2004, S. 34). Erwähnt wird die Bedeutung einer stabilen Preispolitik, die Verlässlichkeit und Kontinuität im Geschäftsgebaren zum Ausdruck bringt. In diesem Zusammenhang wird verständlicherweise darauf hingewiesen, dass besonders der Planungssicherheit ein hohes Interesse aufseiten der Kunden zuteilwird. Lediglich in einem Fall wird die direkte Weitergabe von Kostenvorteilen an die Kunden durch Größeneffekte im Einkauf erwähnt. Preisvorteile durch M&A scheinen nur in geringem Umfang zur Pflege der Geschäftsbeziehung an die Kunden weitergegeben zu werden. Das Ergebnis würde in Einklang mit der im Synergiemodell geäußerten Vermutung stehen (s. Abschnitt 5.4, S. 141), dass Kosteneinsparungen nicht an die Kunden weitergegeben werden. Das Management der Schlüsselkunden (Rang 12) wird noch von 8.2 Prozent als besonders wichtig erachtet. Als Maßnahmen werden bspw. spezifische Kampagnen für A-Kunden genannt, um (wieder) Vertrauen aufzubauen. Veränderungen im Zuge der Integration erfolgen mit dem Schwerpunkt der Unsichtbarkeit für den Kunden. Das gilt vor allem für bisherige Schlüsselkunden des gekauften Unternehmens. Organisatorisch ist die Stoßrichtung häufig die Errichtung eines gemeinsamen, auch geografisch einheitlich organisierten Key Account Managements. Insgesamt scheint das Verhalten gegenüber wichtigen Kunden passiv und vorsichtig ausgerichtet zu sein. Nur in einem Fall wird als Maßnahme die aktive Darstellung spezifischer Vorteile der M&A-Transaktion für Schlüsselkunden erwähnt. Das Markenmanagement (Rang 13) wird von 7.6 Prozent aller Antwortenden erwähnt. Die Unternehmen, die diese Maßnahme anführen, sehen zum großen Teil einen Kundenbeziehungsvorteil darin, die erworbenen Produkt- oder Unternehmensmarken
Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen
169
beizubehalten oder sogar weiter auszubauen. Die Mehrzahl der Antwortenden verfolgt demnach eine Mehrmarken-Strategie. Auch in diesem Zusammenhang wird die identitätsstiftende Wirkung auf die Vertriebsmitarbeiter erkannt. In den genannten Fällen ist eines der Ziele, die Reputation und das eigene Markenimage des gekauften Unternehmens weiter zu profilieren. In einigen wenigen Fällen jedoch wird ein schneller Markenwechsel bzw. eine einheitliche Marke für das kombinierte Leistungsangebot angestrebt. Von 7.0 Prozent der Befragten wird die direkte Kundenansprache (Rang 15) als Chefsache und als besonders wichtig für die Kundenbeziehungen identifiziert. Mehrfach wird von der persönlichen Beziehungspflege zu Schlüsselkunden in Form von „High Level Talks“ berichtet. Ziel ist eine möglichst rasche, umfassende und konsistente Information der Kunden, bspw. durch Besuche der Geschäftsleitung des kaufenden Unternehmens vor Ort. Deutlich abgeschlagen werden die beiden letzten, direkt wirkenden Maßnahmenkategorien erwähnt. 3.2 Prozent der Antwortenden führen an, dass für den Ausbau und Erhalt der Kundenbeziehungen besonderes Augenmerk auf die Wahrung der Liefertermine (Rang 19) während der PMI zu legen sei. Aufschlussreich ist, dass die Kundeneinbindung (Rang 20) ebenfalls von nur 3.2 Prozent der Führungskräfte erwähnt wird. Angeführt wird die Ableitung von Produktportfoliomaßnahmen in der Integrationsphase durch Kundengespräche. Es scheint so zu sein, dass die Einbindung von Kunden eher selten erfolgt. Offenbar wird der Nutzen dieses Instruments in der M&A-Praxis angezweifelt. Dies deckt sich auch mit den Ergebnissen der Analyse des Beziehungsmodells. Dort konnte keine signifikante Wirkung der Kundeneinbindung auf die Qualität der Kundenbeziehung in der Integrationsphase nachgewiesen werden (s. Abbildung 11, S. 125).
7.2 Indirekt wirkende Maßnahmen Bei genauer Betrachtung der Befragungsergebnisse wird deutlich, dass einige der genannten Maßnahmenkategorien vor allem darauf ausgerichtet sind, die organisatorische Verbindung marktnaher Unternehmensfunktionen und -prozesse sowie die Verbesserung der Effizienz zwischen den Transaktionspartner sicherzustellen. Wird bei den Antworten der zuvor diskutierten, direkt wirkenden Maßnahmenkategorien noch hauptsächlich die Perspektive des Kunden eingenommen, so
Kapitel 7
170
verschiebt sie sich hier hin zur unternehmensinternen Sichtweise. Die Befragten gehen also davon aus, dass die erfolgreiche Umsetzung von internen Maßnahmen eine positive indirekte Wirkung auf den Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen hat. Im Gegensatz zu den direkt wirkenden Maßnahmen zielen sie nicht auf unmittelbare Formen der Kundeninteraktion ab, sondern beeinflussen die Beziehung aufgrund der Art und Weise sowie der Qualität der Umsetzung interner Integrationsmaßnahmen. Dahinter steht die Einstellung, dass sich ein etwaiger Unternehmensvorteil in einen Kundenvorteil wandeln kann. Die konkrete Stoßrichtung der Maßnahmen wird deutlich, indem zur Beschreibung eine von Shrivastava (1986, S. 67) entwickelte Systematik grundsätzlicher Integrationsaufgaben herangezogen und weiterentwickelt wird (s. Abbildung 25). Koordination
Kontrolle
Konfliktmanagement
Berichtswesen und Prozesse ausgestalten
Management- und Controllingsystem ausgestalten
Widersprüchliche Regelwerke/Verfahren eliminieren, Systeme angleichen
Prozesse und Systeme
7 11 Gemeinsame Nutzung von Ressourcen fördern
Ressourcen und Anlagen
Ressourcenproduktivität messen und steuern
Ressourcen zuweisen, Anlagevermögen umschichten
7
6
11
17
Gehalts- und Incentivierungssysteme harmonisieren, Befugnisse/Verantwortlichkeiten zuweisen
Machtteilung stabilisieren
17
Integrationsrollen definieren, Organisationsstruktur anpassen
Führungssystem und Mitarbeiter
6 9 14
16 18
Anmerkung: Zahlen repräsentieren Maßnahmenkategorie und Rangfolge
Abbildung 25: Unternehmensinterne Integrationsmaßnahmen in der Post Merger Phase (In Anlehnung an Shrivastava 1986, S. 67)
Die erste Dimension des Rasters umfasst die drei zentralen, sich sowohl unternehmensintern wie auch unternehmensextern erstreckenden Problemkreise der
Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen
171
Integration. Hierbei handelt es sich um die Koordination der Maßnahmen zur Erreichung der Integrationsziele, die Kontrolle der Umsetzung und schließlich das Konfliktmanagement, welches bei divergierenden Interessen und Zielen für Ausgleich sorgen muss. Die zweite Dimension wird durch drei Felder aufgespannt, die jeweils wesentliche Unternehmenskonstitute bzw. Integrationsebenen kennzeichnen. Dabei handelt es sich um Prozesse und Systeme, Ressourcen und Anlagen sowie schließlich Führungssystem und Mitarbeiter der Transaktionspartner. Werden die indirekt wirkenden Maßnahmenkategorien über das Raster gelegt, ergibt sich ein Bild zu einigen der möglichen Querbezüge zwischen den übergeordneten Aufgabenfeldern der Integration. Prozesse und Systeme
Die erste Integrationsebene umfasst die (Re-) Kombination, Harmonisierung und Standardisierung von Prozessen und Systemen der beteiligten Unternehmen. Ziel ist die vollständig integrierte Ablauforganisation. Die Vorteile liegen in der einfacheren Kommunikation zwischen den Organisationseinheiten des kaufenden und gekauften Unternehmens, einer verbesserten Produktivität und reduzierten Kosten der Informationsverarbeitung (Shrivastava 1986, S. 68). Insgesamt werden Reibungsverluste im Rahmen der Ablauforganisation minimiert, die anderenfalls fortbestehen würden. Die erfolgreiche Umsetzung der Maßnahmen auf dieser Integrationsebene ist von entscheidender Bedeutung für die zumeist angestrebten Vertriebssynergien. Insbesondere die Realisierung von Cross-Selling-Potenzialen bedarf harmonisierter und verknüpfter Verkaufsprozesse (Seider 2006, S. 111). 11.4 Prozent der Befragten erwähnen die Bedeutung eines koordinierten Vertriebsansatzes und der Vertriebssteuerung (Rang 7) zwischen den Transaktionspartnern. Darunter wird die Koordination vertrieblicher Maßnahmen in Richtung Kunde während der Integration verstanden. Sie wird durch die Einführung von Controllingund Reportingstandards unterstützt. Letztere werden als besonders wertvoll für die interne Leistungsfähigkeit hervorgehoben. Als Stoßrichtung für einen gemeinsamen Vertriebsansatz wird mehrmals der gemeinsame Zugriff auf bereits durch eines der Unternehmen genutzte Vertriebskanäle, die Internationalisierung bzw. eine Exportoffensive erwähnt. 8.9 Prozent der Antwortenden führen die Prozessharmonisierung und IT-Integration (Rang 11) als besonders wichtig an. Als Beispiel wird die Bündelung und Optimierung
172
Kapitel 7
zentraler Prozesse, wie z. B. die Logistik, das Bestellwesen oder die Gewährleistungsabwicklung angegeben. Die Bedeutung verknüpfter Informationssysteme wird unterstrichen. In diesem Zusammenhang werden auch Bestrebungen für ein gemeinsames CRM angeführt. Anvisiert werden einheitliche Prozesse in der Beziehung zum Kunden. Häufiger wird auch die kundenorientierte Verbesserung der Geschäftsprozesse durch die Übernahme von Best-Practices als ein Integrationsziel angesprochen. Die jeweils besten Abläufe der Transaktionspartner werden übernommen. Ressourcen und Anlagen
Die zweite Integrationsebene umfasst den Transfer und die Konsolidierung von Ressourcen und Anlagen. Darunter zu verstehen sind sowohl tangible Ressourcen, z. B. Produkte, Innovationen und Vertriebs- bzw. Produktionsstandorte, aber auch intangible Ressourcen, wie etwa Kundendaten oder die Ressource Kundenbeziehung. 6.3 Prozent der Antwortenden sprechen den Technologie- und Innovationstransfer (Rang 17) in den Bereichen der Produktneuentwicklung und Verfahren besonders an. In diesem Zusammenhang werden erweiterte Kundenvorteile beim Produkt- und Serviceangebot durch die gemeinsame Nutzung technologischer Ressourcen gesehen. Es wird aber auch der Einsatz von F&E-Kapazitäten des Käuferunternehmens erwähnt, welche die Realisierung von Produktinnovationen im Zielunternehmen erst möglich machen. Zu beachten ist hier, dass die Bedeutung der Maßnahme besonders stark von den ursprünglichen strategischen Motiven der Akquisition abhängig ist. Steht die Erlangung innovativer Technologien oder Produkte nicht im Vordergrund, wird auch dem Transfer solcher Ressourcen weniger Bedeutung zugemessen. Querbezüge bestehen zu bereits zuvor im Rahmen der Integrationsebene der Prozesse und Systeme beschriebenen Maßnahmen. Dabei handelt es sich um die Aktivitäten für einen koordinierten Vertriebsansatz bzw. einer gemeinsamer Vertriebssteuerung oder zur Prozessharmonisierung sowie IT-Integration. Beide Maßnahmen, richtig umgesetzt, sind wichtige Voraussetzungen für die Produktivitätsmessung und -steuerung der eingesetzten Ressourcen und Anlagen im Rahmen der PMI. Gleichermaßen hier zuordenbar sind Maßnahmen, die zur Neuordnung und Zusammenlegung der Vertriebs- und Marketingstrukturen führen. Hier werden bspw. die Verantwortlichkeiten für Ressourcen neu zugewiesen. Die detaillierte Beschreibung dieser Maßnahmenkategorie erfolgt im Rahmen der nächsten Integrationsebene.
Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen
173
Führungssystem und Mitarbeiter
Die dritte Integrationsebene umfasst Maßnahmen rund um die Zusammenführung der Führungssysteme und die Integration der Mitarbeiter in die neuen Strukturen des Gesamtunternehmens. Sie besteht aus einer komplexen Kombination verschiedenster personalorientierter Aufgaben, wie etwa die Auswahl bzw. den Transfer von Führungskräften, die Ausgestaltung der Aufbauorganisation und die Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses über die Art und Weise der zukünftigen Entscheidungsfindung. Diese soziokulturelle Integration (Shrivastava 1986, S. 70) schließt damit die Entwicklung einer gemeinsamen, identitätsstiftenden Unternehmenskultur mit ein. Ziel ist es, alle notwendigen hierarchischen und kulturellen Voraussetzungen für eine effiziente und motivierte Führung des Gesamtunternehmens zu schaffen. Ähnlich wie in der Integrationsebene Prozesse und Systeme ist auch hier der Aufbau einer integrierten Vertriebsstruktur ein Hauptziel, allerdings mit dem Fokus auf personalorganisatorische Maßnahmen. Ebenso wird in diesem Zusammenhang immer wieder auf die Erfolgsbedeutung dieser Maßnahmen für Cross-Selling-Aktivitäten hingewiesen. An sechster Stelle mit 12.7 Prozent wird die Maßnahmenkategorie zur Neuordnung der Vertriebs- und Marketingstrukturen angeführt. Hauptintention ist die funktionale Sicherung der bestehenden Struktur und Vertriebsoberfläche unter Vermeidung interner Konflikte, da diese als besonders negativ für die Kundenbeziehung identifiziert werden. In den Kommentaren der Antwortenden werden häufig Bezeichnungen wie Einheitlichkeit, Ganzheitlichkeit, Klarheit und Gemeinsamkeit verwendet. Gleichzeitig wird versucht, von den neu hinzugekommenen Ressourcen im Sinne der Kunden zu profitieren. Im Zusammenhang mit dem Ausbau bestehender Kundenbeziehungen wird von der möglichst raschen Zusammenführung der Vertriebsorganisationen gesprochen. Ziele sind die Abstimmung der Kundenaktivitäten, der Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen den Mitarbeitern sowie der gemeinsame Zugriff auf bestehende (Vertriebs-) Partnerschaften, Kooperationen und Netzwerke. Die Konsolidierung der Vertriebskanäle und schließlich die Anbindung hinzugekommener Strukturen zur geografischen Expansion wird erwähnt. Die letzte Maßnahme dient insbesondere zur Verbesserung des Kundenzugriffs auf das Serviceangebot. Als besonders kundenbeziehungsrelevant werden die Abstimmung bzw. Zusammenführung redundanter Vertriebsressourcen und die externe Glaubwürdigkeit interner Strukturmaßnahmen genannt.
174
Kapitel 7
Von 10.1 Prozent der Antwortenden wird die Mitarbeiter- und Managementintegration (Rang 9) als besonders wichtig für die Kundenbeziehungen eingestuft. Die soziokulturelle Dimension wird erkannt und die Bedeutung einer gemeinsamen Unternehmenskultur für die Kundenorientierung und den Wissensaustausch im Gesamtunternehmen hervorgehoben. Mehrmals erwähnt wurde die Veranstaltung von Mitarbeiterevents zum gegenseitigen Kennenlernen. Das Zusammenspiel der Führungskräfte beider Transaktionspartner wird als besonders wichtiger Einflussfaktor auf Mitarbeiter und Kunden erwähnt. Angeführt wird auch, dass Personalentscheidungen sofort zu treffen und die Kunden darüber unmittelbar zu informieren sind. Das Integrationsvorgehen (Rang 14) als Oberbegriff wird von 7.6 Prozent der Antwortenden als besonders wirksam für den Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen genannt. Darunter ist im Wesentlichen die Planung und Koordination der PMI zu verstehen. Mehrmals angemerkt wird, dass ein geplantes Vorgehen insbesondere Transparenz für die Mitarbeiter schafft. Da Transparenz zu Verständnis und Verständnis zu Motivation führt, wird so ein wichtiger Baustein für die Vertriebskoordination gegenüber dem Kunden gelegt. Das Integrationsvorgehen wird zudem als Verhaltensprogramm im Hinblick auf kundenrelevante Probleme der Vertriebsintegration verstanden. Dazu gehört etwa die Festlegung von Grundregeln im Umgang mit verunsicherten Kunden vor dem speziellen Hintergrund der PMI. 7.0 Prozent der Antwortenden schätzen die eindeutige Accountzuordnung (Rang 16) in der Vertriebsorganisation als besonders wichtig ein. Sie wird dort notwendig, wo sonst die Gefahr von Redundanzen im Vertriebsaußendienst auftritt. Damit im unmittelbaren Zusammenhang stehen die Maßnahmen rund um die zuvor bereits beschriebene Neuordnung der Vertriebs- und Marketingstruktur. Eindeutigkeit bei der Zuordnung der Kundenansprechpartner ist wichtig, besonders wenn Ziel- und Käuferunternehmen zuvor Wettbewerber mit überlappendem Kundenstamm und Produktprogramm waren. Nur noch ein Verkäufer soll für jenen Kunden zuständig sein, der zuvor von beiden Transaktionspartnern betreut wurde. Als entscheidend wird die richtige Balance zwischen der zügigen Umsetzung lokaler, regionaler oder kundensegmentorientierter Umsatzverantwortung und der notwendigen Kontinuität in der Kundenbetreuung genannt. Sie trägt zur Unsicherheitsreduktion auf Kundenseite bei, indem eine effektivere Kundenbetreuung durch die Vermeidung interner Reibungsverluste, z. B. durch fehlgeleiteten Wettbewerb im Außendienst, erfolgt. Das kundenseitig wahr-
Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen
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genommene Ausmaß an interner Kontrolle und Koordination in diesem Bereich schafft Vertrauen in die Fähigkeit und den Willen zur Fortsetzung der Geschäftsbeziehung. Lediglich mit 6.3 Prozent werden Maßnahmen zur PMI-spezifischen internen Kommunikation (Rang 18) genannt. Die geringe Zahl an Erwähnungen dieser Maßnahmenkategorie überrascht, da in der Literatur immer wieder darauf hingewiesen wird, dass eine umfängliche und wirklichkeitsgetreue Mitarbeiterkommunikation förderliche interne Effekte entlang des gesamten M&A-Prozesses erzeugt (Schweiger/DeNisi 1991). Das Ergebnis ist auch vor dem Hintergrund der im Beziehungsmodell dieser Arbeit gezeigten positiven Wirkung der Mitarbeitereinbindung auf den Integrationserfolg interessant (s. Abbildung 11, S. 125). Gerade die interne Kommunikation ist ein wichtiges Instrument zur Involvierung der Mitarbeiter und es ist offensichtlich, dass ein hohes Informationsniveau wichtige Voraussetzung für die intern wie auch extern wirkenden Koordinations-, Kontroll- und Konfliktmanagementaufgaben in der Integrationsphase ist. Zudem sind gerade Mitarbeiter mit Kundenkontakt auf detaillierte Informationen angewiesen, um auf Kundenfragen entsprechend reagieren zu können: „[…] employees found information about reasons for the merger especially crucial in their dealings with customers“ (Napier/Simmons und Stratton 1989, S. 113).
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Kapitel 8
8. Schlussfolgerungen Ziel dieser Arbeit war es, die Erfolgswirkung der kundenbezogenen Integration nach horizontalen Fusionen und Akquisitionen im Industriegüter- und Dienstleistungsbereich quantitativ-empirisch zu untersuchen. Zur Beantwortung der forschungsleitenden Fragestellungen wurden die Antworten von 206 Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zur Post Merger Integration ausgewertet. Der mit dieser Arbeit angesprochene Adressatenkreis umfasst gleichermaßen Vertreter aus der Wissenschaft und Unternehmenspraxis. Das Schlusskapitel ist demzufolge in zwei Abschnitte unterteilt. In Abschnitt 8.1 werden wichtige Erkenntnisbeiträge für die betriebswirtschaftliche Forschung zusammengefasst. Hier wird auch auf Restriktionen in dieser Arbeit eingegangen, um Ansatzpunkte für lohnende zukünftige Forschungsfelder aufzuzeigen. In Abschnitt 8.2 werden aus den gewonnenen Ergebnissen Handlungsempfehlungen für die Marketing- und Vertriebspraxis in der PMI abgeleitet.
8.1 Erkenntnisbeiträge und Ansatzpunkte für weiterführende Forschungsvorhaben Der Zusammenhang zwischen M&A als strategische Option für externes Wachstum und dem Kundenbeziehungsmanagement ist weitgehend unerforscht. Die vorliegende Arbeit baut eine Brücke zwischen diesen beiden Bereichen. Sie betrachtet nicht, wie zahlreiche Beiträge bisher, aus einer unternehmensinternen Perspektive heraus die konzeptionell-prozessualen Aspekte der Post Merger Integration, sondern geht einen Schritt weiter, indem die Wirkung wichtiger Determinanten einer kundenbezogenen und damit extern orientierten Integration auf den M&A-Erfolg betrachtet wird. Daraus ergeben sich zunächst zwei wesentliche inhaltliche Erkenntnisbeiträge für die Marketing- und M&A-Forschung. Erstens konnte die Erfolgswirkung der Kundenbeziehungsgestaltung (s. Kapitel 4, S. 83 ff.) und der Synergierealisierung (s. Kapitel 5, S. 128 ff.) in der PMI auf den M&AErfolg erstmals auf Basis einer großzahligen empirischen Untersuchung systematisch untersucht werden. In der Konzeption der Untersuchungsmodelle wurde dabei auf Erkenntnisse sowohl aus der Geschäftsbeziehungsforschung als auch aus der strategischen Managementforschung zurückgegriffen. Durch die Verknüpfung der beiden Denkschulen leistet die Arbeit einen inhaltlichen Beitrag zur Überwindung des
Schlussfolgerungen
177
evidenten Mangels an integrativen Ansätzen (Schmidt/Vogt und Schriber 2005, S. 315-316) in der M&A-Forschung. So zeigt sich unter anderem, dass die betrachteten Variablen der Beziehungsgestaltung signifikant positive Effekte auf die beiden mediierenden Variablen „Marktanteil“ und „Kundenbeziehungsqualität“ haben. Zudem wirken sich diese beiden Variablen wiederum deutlich positiv auf den Unternehmenswert nach der Integration aus (s. Abschnitt 4.6, S. 126 f.). Im Fall der Synergierealisierung wurde ein direkter empirischer Nachweis zur Erfolgswirkung bestimmter Synergieformen erbracht (s. Abschnitt 5.4, S. 140 f.). Es zeigt sich, dass der Zugang zu Vertriebs- und Marketingressourcen des jeweiligen Transaktionspartners signifikant positive Auswirkungen auf den Unternehmenswert hat. Das ist zum ersten Mal eine Bestätigung der Existenz des wertsteigernden Effekts komplementärer Synergien. Zweitens leistet die Arbeit über den Kontext von Fusionen und Akquisitionen hinaus einen maßgeblichen inhaltlichen Erkenntnisbeitrag zur Kundenbeziehungsforschung. In den beiden untersuchten Strukturmodellen (s. Abbildung 11, S. 125; Abbildung 14, S. 139) wird der Effekt der Kundenbeziehungsqualität auf die Unternehmenswertsteigerung untersucht. Damit wird nach Wissen des Autors erstmals der Unternehmenswert als objektiver Erfolgsmaßstab im Zusammenhang mit dem Relationship Marketing herangezogen. Als Folge erweitern sich im Unterschied zu vergleichbaren Untersuchungen die Systemgrenzen der Analyse und der angesprochene Adressatenkreis. Eigenkapitalgebern sowie Führungskräften kann der unmittelbare Vorteil von Marketinginvestitionen so anhand einer kapitalmarktrelevanten Messgröße dargelegt werden. Zudem wird damit der vielfach geäußerten Forderung nachgekommen, finanzwirtschaftliche Kenngrößen im Marketing vermehrt zu berücksichtigen (Day 1992; Marketing Science Institute 2006; Reinecke 2006). Die Arbeit leistet, neben den genannten inhaltlichen, auch konzeptionelle Erkenntnisbeiträge. Erstens ist der theoretische Bezugsrahmen zu erwähnen, der aus der Perspektive des Käuferunternehmens die kausalen Zusammenhänge zwischen den Kundenbeziehungen, den Synergien und dem M&A-Erfolg abbildet (s. Abbildung 3, S. 35). Der entscheidende Beitrag besteht hier in der Erweiterung der drei Kategorien „Integrationsgestaltung“, „Integrationserfolg“ und „Unternehmenserfolg“ (s. Abbildung 5, S. 82). So ermöglicht beispielsweise die gewählte differenzierende Ausgestaltung des Integrationserfolgs die wichtige wettbewerbsbezogene und kundenbezogene Effektivitätsbewertung der Integrationsgestaltung (s. Abschnitt 3.3.2, S.
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Kapitel 8
68ff.). Zweitens wurde ein Multi-Item-Messinstrument für den Unternehmenswert entwickelt, welches erstmals die wesentlichen inhaltlichen Aspekte des Konstrukts erfasst. Damit wird eine umfassende und indirekte Messung ermöglicht. Die Konzeptualisierung (s. Abschnitt 3.3.3, S. 77 ff.) und Operationalisierung (s. Abschnitt 4.4.3, S. 122 f.; Tabelle 20, S. 123) ergab ein valides und reliables Messinstrument, das überraschenderweise in solch einer Form bisher nicht zur Verfügung stand. Es kann in zukünftigen Forschungsvorhaben dabei helfen, jene Probleme zu vermeiden, die sich aus der mangelnden Verfügbarkeit von objektiven Daten, wie etwa Börsenpreise, oder der ungenügenden Inhaltsvalidität (Churchill 1979, S. 490; Homburg/Giering 1996, S. 7) von simplen Single-Item-Messkonzepten ergeben. Neu ist auch die in dieser Arbeit vertretene Auffassung, dass bestehende Kundenbeziehungen weitestgehend semi-permanent gebundene Unternehmensressourcen in der Denkart des Resource-based Views sind. Sie werden dadurch zu signifikanten Bestandteilen des Unternehmensvermögens (s. Abschnitt 2.6.1, S. 39). Durch den Rückgriff auf diese Konzepte wird ein neuer theoretischer Erkenntnisbeitrag geleistet, indem die Kundenbeziehungen in den Mittelpunkt der Erfolgsbetrachtung von M&A gestellt werden. Dadurch wird die bisherige Perspektive der M&A-Forschung erweitert. Zugleich ergibt sich daraus die Möglichkeit, die fundierte Bewertung der professionellen kundenbezogenen Integration aus einer kapitalmarktorientierten Perspektive heraus vorzunehmen. Gleichwohl ist auch zukünftig Bedarf an der erweiterten theoretischen Fundierung der Erfolgsentstehung von horizontalen Fusionen und Akquisitionen gegeben. Die Weiterentwicklung bzw. Rekonzeption der theoretischen Annahmen durch den extensivierten Einbezug von Marketingaspekten könnte gegebenenfalls eine neue Sichtweise gegenüber bisherigen tradierten Auffassungen zur Priorisierung von Integrationsmaßnahmen ermöglichen. Zumindest zeigt sich, dass eine Fokussierung auf das kostensenkungsorientierte Synergieparadigma zur Erklärung von Erfolg oder Misserfolg von horizontalen Fusionen und Akquisitionen deutlich zu kurz greift. Die vorliegende Arbeit legt einen Grundstein für die Weiterentwicklung der kundenbezogenen Marketingperspektive innerhalb der M&A-Forschung. Sie unterliegt dadurch naturgemäß auch Restriktionen, die aber als neue Ansatzpunkte und Chancen für zukünftige Forschungsvorhaben verstanden werden sollten. Eine Restriktion besteht darin, dass die untersuchten Strukturgleichungsmodelle einen vergleichsweise kleinen Ausschnitt der kundenbezogenen Integration nach M&A darstellen. Die be-
Schlussfolgerungen
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grenzte Anzahl an Gestaltungsvariablen (s. Abbildung 5, S. 82) und Moderatoren (s. Abbildung 15, S. 145) in den Untersuchungsmodellen limitiert die Analysemöglichkeiten. Das Untersuchungsdesign hat sich jedoch als robust und aussagekräftig erwiesen, sodass in Zukunft eine Überprüfung anderer Kundenbeziehungs- oder Synergierealisierungsmaßnahmen eine lohnende Aufgabe darstellt. Anregungen können bspw. den, aus Sicht der Käuferunternehmen, besonders erfolgsrelevanten Maßnahmenkategorien entnommen werden (s. Kapitel 7, S. 164 ff.). Dabei würde sich auch eine Unterscheidung zwischen den beiden vorgeschlagenen Gruppen direkter und indirekter Maßnahmenkategorien anbieten. In Verbindung mit der Beziehungsqualität könnten daraus komplementierende Hinweise für die Unternehmenspraxis in der PMI abgeleitet werden. Zusätzliche Aufschlüsse könnte auch ein qualitativ-exploratives Forschungsvorgehen geben. Eine fallstudienbasierte Analyse könnte bspw. wertvolle Erkenntnisse über weitere kundenbezogene und werterhöhende Gestaltungsmaßnahmen in der Post Merger Integration liefern. Aufbauend auf den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit wären etwa Veränderungen im Produktportfolio oder die organisatorisch-funktionale Marketing- und Vertriebsintegration interessante Suchfelder. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen darüber hinaus Bedarf zur Identifizierung weiterer situativer Unternehmens-, Markt- und Kundenfaktoren, welche die Effektivität der Kundenbeziehungsmaßnahmen in der PMI stärken oder schwächen. Es hat sich gezeigt, dass Interaktionseffekte in einigen Fällen einen signifikanten Einfluss auf die Effektstärken der Beziehung zwischen den untersuchten Variablen haben (s. Abschnitt 6.4, S. 151 ff.). Speziell für die Unternehmenspraxis ergibt sich daraus die besondere Relevanz eines an die jeweiligen Gegebenheiten angepassten Integrationsvorgehens. Die Schwierigkeit besteht allerdings darin, die relevanten Umweltfaktoren für jede einzelne PMI-Situation zu identifizieren, um kontextspezifisch adäquat handeln zu können. Hier müsste eine Weiterentwicklung der Moderatormodelle stattfinden, indem z. B. auf stabilisierende und destabilisierende Umweltfaktoren (Scharff 2005, S. 131) der Kundenbeziehung als Moderatorvariablen zurückgegriffen wird. Die zukünftige Forschung in diesem Bereich sollte sich verstärkt der gleichzeitigen Betrachtung von direkten und Interaktionseffekten widmen (s. Abschnitt 6.2, S. 148), um daraus weitere empirisch abgesicherte Praxisempfehlungen zu entwickeln. Die Erhebung des Konstrukts „Beziehungsqualität“ durch die Befragung unternehmensinterner Experten stellt ebenfalls eine Restriktion der vorliegenden Unter-
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Kapitel 8
suchung dar. Obwohl in vergleichbaren Fällen bereits deutlich bestätigt werden konnte, dass die (subjektive) Fremdeinschätzung durch Führungskräfte und die (objektive) Selbsteinschätzung durch Kunden in Hinsicht auf durchaus vergleichbare Variablen signifikant korrelieren (u. a. Homburg/Bucerius 2005, S. 102-103; Som 2008, S. 1285), wäre eine ergänzende Validierung zu begrüßen. So könnten verbleibende Unsicherheiten beseitigt werden. Hierzu ist ein vollständig dyadisches Untersuchungsdesign notwendig, das die gleichzeitige Befragung von Führungskräften aus dem Käufer- oder Zielunternehmen und deren Kunden ermöglicht. Die größte Schwierigkeit wird allerdings darin liegen, eine ausreichend große und relevante Stichprobe für die quantitativ-empirische Analyse zu erreichen. Schließlich sei auf die Möglichkeit zur Durchführung von Replikationsstudien verwiesen. Die Erfolgsvariabilität und geringe Konsistenz in M&A-Arbeiten begründet eine immer noch vorhandene, hohe Unsicherheit hinsichtlich der Relevanz bisher untersuchter Erfolgsfaktoren, und das trotz der zahlreichen wissenschaftlichen Befunde zum Thema. Diesbezüglich wird immer wieder die Forderung nach häufigerem Einbezug von bereits bewährten Untersuchungs- und Messmodellen laut (u. a. King/Dalton/Daily et al. 2004, S. 196). Konsequenterweise könnten Forscher die in dieser Arbeit verwendeten Messmodelle in ihre eigenen Arbeiten einbeziehen, um die aufgedeckten Zusammenhänge zu bestätigen oder weiter auszudifferenzieren. Namentlich würde sich die in dieser Arbeit als nicht signifikant identifizierte Kausalität zwischen der Kostensenkung in der PMI und dem Unternehmenswert (s. Abbildung 14, S. 134) für weitere Analysen mit anderen Forschungsmethoden anbieten. Unter Umständen liegt hier kein linearer Zusammenhang zwischen den Variablen vor. So wäre es durchaus denkbar, dass die Kostensenkung und der Unternehmenswert bei horizontalen Akquisitionen bis zu einem bestimmten Punkt miteinander gekoppelt sind, darüber hinaus gehende Kostensenkungen jedoch kontraproduktiv werden, weil sie die Wettbewerbsposition durch extensiven Ressourcenabbau schädigen. Vorteile durch abnehmende Grenzkosten würden dann mit abnehmenden Grenzerträgen einhergehen. Zukünftige Arbeiten sollten sich mit diesem Thema quantitativ auseinandersetzen.
8.2 Folgerungen für die Marketing- und Vertriebspraxis in der PMI Fusionen und Akquisitionen sind spekulative Projekte, deren Ausgang oft nicht an die ursprünglichen Erwartungen heranreicht. Der bloße Erwerb des Zielunternehmens be-
Schlussfolgerungen
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deutet keineswegs, dass auch dessen Kundenbeziehungen „gekauft“ werden können. Hier sind spezifische Maßnahmen notwendig, um den Erhalt und Ausbau dieser wichtigen „Unternehmensressource“ sicherzustellen. Einige der Ergebnisse dieser Arbeit decken sich mit Erkenntnissen aus der Geschäftsbeziehungsforschung, wobei dort meist nicht auf die Unternehmenswertsteigerung als Erfolgsmaßstab zurückgegriffen wird. In dieser Arbeit wurde der empirische Beweis erbracht, dass ernsthafte Maßnahmen zur Kundenbeziehungsgestaltung in der Post Merger Phase einen signifikanten Beitrag leisten, um das M&A-Ziel der Unternehmenswertsteigerung zu erreichen. Zudem sind Beziehungsqualität und Marktanteil wichtige mediierende Variablen des Integrationserfolgs. Ebenso lässt sich nach Analyse der Ergebnisse feststellen, dass Kostensenkungen durch den Abbau von Vertriebs- und Marketingressourcen keine wertsteigernden Strategien darstellen. Im Gegenteil, es kommt dadurch sogar zu negativen Auswirkungen auf die Qualität der bestehenden Kundenbeziehungen. Die Ergebnisse lassen zahlreiche Schlussfolgerungen für die Unternehmenspraxis während der Post Merger Integration zu. Wichtige Handlungsempfehlungen für die handelnden Akteure in Vertrieb und Marketing zum wertsteigernden Umgang mit bestehenden langfristigen Kundenbeziehungen werden im Folgenden vorgestellt. Schlussfolgerung:
Kundenbeziehungsorientierung in den Mittelpunkt der Post Merger-Integrationsgestaltung stellen
Vertrieb und Marketing agieren während der PMI in der Regel im Spannungsfeld zwischen Ausbau des Markterfolgs durch Realisierung jener Vorteile, die sich aufgrund des Zugangs zu neuen Ressourcen ergeben und Kostensenkungszielen. Die inhaltliche Komplexität des Zusammenschlusses marktnaher Organisationsbereiche unter Berücksichtigung aller Belange der Transaktionspartner führt dazu, dass zumeist eine Verengung auf intern wirkende prozessuale und funktionale Veränderungsmaßnahmen zur Erreichung der M&A-Wertsteigerungsziele stattfindet. Hierzu existieren bereits zahlreiche prozessorientierte Fachbeiträge, die sich auch zunehmend mit Praxisthemen der Vertriebs- und Marketingintegration auseinandersetzen (u. a. Palmatier/Miao und Fang 2007; Reineke 2001; Seider 2006; Vollmer 2008). Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen in ihrer Gesamtheit jedoch erstmals deutlich, dass erhebliche Unternehmenswertsteigerungen nach horizontalen M&A durch ein intensives Kundenbeziehungsmanagement in der Post Merger Integration möglich sind. Im Kontext der verschiedenen Anforderungen an eine erfolgreiche PMI ist daher zu-
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Kapitel 8
künftig die Kundenperspektive als zusätzlicher, wenn nicht gar handlungsbestimmender, Standpunkt der Integration noch stärker zu betonen. Als Richtschnur aller Maßnahmen sollte die Wirkung auf die Beziehungsqualität gelten. Hier müssen Führungskräfte in Vertrieb und Marketing nachdrücklich ihre Rolle in der PMI einfordern und wahrnehmen. Zudem müssen ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die instrumentelle Steuerung der Zufriedenheit, des Vertrauens und der Verbundenheit der Kunden sicherzustellen. Schlussfolgerung:
Beziehungsqualität und Marktanteil als Bewertungsmaßstab für den Integrationserfolg heranziehen
Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, dass die Kundenbeziehungsqualität und der Marktanteil einen wesentlichen Einfluss auf die Unternehmenswertsteigerung nach M&A besitzen. Beide Größen zusammen erklären in jedem der beiden untersuchten Strukturmodelle mehr als ein Viertel der Unternehmenswertsteigerung nach horizontalen M&A (s. Abbildung 11, S. 125; Abbildung 14, S. 139). Führungskräfte können die kundenbeziehungsorientierte Gestaltung der Post Merger Integration im Unternehmen verankern, indem die Beziehungsqualität und der Marktanteil als Bewertungsmaßstäbe für den Integrationserfolg herangezogen werden. Dadurch wird sichergestellt, dass zugleich wettbewerbs- und kundenrelevante Konsequenzen in der Potenzialdiagnose, Planung und Umsetzung von Veränderungsmaßnahmen Berücksichtigung finden. Die Messung des Marktanteils ist in den meisten Branchen durchaus in kürzeren Zeitabständen möglich. Schwieriger hingegen und nur mit erheblichem Ressourceneinsatz durchführbar ist die periodische Ist-Beurteilung der Beziehungsqualität innerhalb der Post Merger Phase. Unternehmen können aber im Sinne eines indirekten Integrationscontrollings zumindest für kundenbeziehungsbildende Maßnahmen eine Bewertung hinsichtlich der Zufriedenheits-, Vertrauens- und Verbundenheitswirkung durchführen. Dazu ist der Realisierungsgrad der Maßnahmen regelmäßig einem Soll-Ist-Vergleich zu unterziehen. Schlussfolgerung:
Konkrete beziehungsbildende Maßnahmen festlegen und während der Post Merger Integration konsequent umsetzen
Für das Kundenbeziehungsmanagement während der PMI stehen Unternehmen zahlreiche Ansätze zur Verfügung. Strategien aus dem Beziehungsmarketing bilden Ansatzpunkte für den kunden- und wettbewerbsbezogenen Integrationserfolg. In der vor-
Schlussfolgerungen
183
liegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass kundenbeziehungsbezogene Investitionen während der PMI (s. Abschnitt 3.1.4, S. 54 f.) im besonderen Maß die Verbundenheit der Kunden zum neu geschaffenen Gesamtunternehmen stärken (s. Tabelle 28, S. 153). Es zahlt sich demnach aus, wenn ein Unternehmen über die Anstrengungen der funktionalen und prozessualen Post Merger Integration hinaus zusätzlich Zeit, finanzielle Mittel und andere Ressourcen für das Beziehungsmanagement aufwendet. Es bekundet damit seinen Willen, die Geschäftsbeziehungen auch nach der Unternehmensübernahme im Sinne der Kunden weiterzuführen bzw. weiter zu verbessern. Für die untersuchten spezifischen Maßnahmen der Beziehungsgestaltung ergaben sich die folgenden Ergebnisse (s. Abbildung 11, S. 125; Abschnitt 6.5, S. 162 f.): Die Mitarbeitereinbindung in der PMI (s. Abschnitt 3.1.1, S. 49 ff.) hat eine positive Auswirkung auf den Marktanteil nach M&A. Als Grund kann angeführt werden, dass durch die Einbindung des Vertriebs- und Marketingpersonals die sozio-kulturelle Integration und damit die Zusammenarbeit sowie das Lernen zwischen marktnahen Organisationsbereichen des Käufer- und Zielunternehmens gefördert wird. Im Ergebnis wird die Planung und Realisierung kundenorientierter Integrations- und Synergielösungen stärker begünstigt. In diesem Zusammenhang kann festgestellt werden, dass sich eine kundennahe Integration auch positiv auf die Loyalität des Vertriebsaußendiensts auswirkt, da dort ein besonders unmittelbares Interesse am zukünftigen Verkaufserfolg besteht. Aufgrund der Bedeutung des persönlichen Kunde-Anbieter-Kontakts im B2B-Bereich (s. Abschnitt 7.2, S. 174) ist die Mitarbeiterloyalität im Vertrieb nach horizontalen M&A-Transaktionen ein wichtiger Ausgangspunkt, um Bestandskunden weiter zu binden sowie neue Umsatzpotenziale besser erkennen und ausschöpfen zu können. Voraussetzung für die genannten Punkte ist allerdings, dass Unternehmen die Vertriebs- bzw. Marketingmitarbeiter in nicht weniger als alle Entscheidungsprozesse zur Post Merger Integration aktiv einbinden und konsequent deren Mitwirkung einfordern.
Die Bedeutung der Mitarbeitereinbindung in der PMI verdeutlichen auch die kausalen Zusammenhänge mit den anderen untersuchten Beziehungsmaßnahmen. Positive Effekte ergaben sich auf das Ausmaß der Kundeneinbindung, der Kundenkommunikation und des Konfliktmanagements. Zumindest über die Kundenkommunikation und das Konfliktmanagement beeinflusst die Mitarbeitereinbindung dadurch in indirekter Weise die Beziehungsqualität und den Unter-
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Kapitel 8
nehmenswert. Es reicht daher nicht aus, auf eine möglichst starke Einbindung der Vertriebs- und Marketingmitarbeiter zur setzen, um alleine dadurch die Qualität der Kundenbeziehungen zu beeinflussen. Es müssen vielmehr konkrete, an die Mitarbeiter gerichtete Aufgaben definiert werden, die auch im Sinne eines Verhaltensprogramms gegenüber den Kunden zu verstehen sind („Integrationsvorgehen“; s. Abschnitt 7.2, S. 174). Die Kundenkommunikation (s. Abschnitt 3.1.3, S. 51 ff.) hat einen besonders starken Einfluss auf die Beziehungsqualität in der PMI. Dieses Ergebnis zeigt sich im Beziehungsmodell, im Moderatormodell in Bezug auf die Kundenverbundenheit (s. Tabelle 30, S. 159) und in der qualitativen Befragung (s. Abbildung 23, S. 165). Die Kundenkommunikation wird dort von 46.2 Prozent aller Führungskräfte, mit großem Abstand vor allen anderen Maßnahmen, zum Erhalt und Ausbau von Kundenbeziehungen genannt. Unternehmen können durch die Kommunikation der Hintergründe, der Ziele bzw. Motive und des Zusatznutzens des Zusammenschlusses für den Kunden wesentlich zum Integrationserfolg beitragen. Wichtige Kommunikationsinhalte vor dem Hintergrund von Veränderungsmaßnahmen in der Integration sind zudem die Organisationsstruktur, Ansprechpartner und Geschäftsprozesse. In der Literatur (u. a. Förster 2006) wie auch in der vorliegenden Befragung werden die Frühzeitigkeit, Proaktivität, Eindeutigkeit, Klarheit und Vollständigkeit der Kommunikation als wichtige Beiträge zur Unsicherheitsreduktion bei von M&A betroffenen Kunden genannt. Inhaltlich interessieren insbesondere Informationen zur zukünftigen Qualität und den Kosten der Leistungen wie auch Fragen zur Gültigkeit bestehender Vereinbarungen und Verträge. Manchmal wird in der M&A-Praxis angeführt, dass solche Informationen nur zurückhaltend kommuniziert werden sollten, um keine Vorteile leichtfertig aus der Hand zu geben. Stattdessen wurde in der vorliegenden Befragung dieser Arbeit häufig die Offenheit und Transparenz der Kommunikation betont (s. Abschnitt 7.1, S. 166). Umso wechselwilliger und bedeutender ein Kunde ist, desto intensiver und individueller muss die Kommunikation erfolgen (Penzel/Pietig 2000, S. 258). Als konkrete und besonders effektive Maßnahme erwähnt wurden Kundenbesuche durch das Top-Management vor Ort. Hingewiesen sei aber darauf, dass Ankündigungen bzw. Zusagen etwa zur Produktverfügbarkeit, Qualität und Preisen später auch eingehalten werden müssen. Andernfalls wird die Glaubwürdigkeit des Unternehmens und damit das Vertrauen der Kunden leichtfertig zerstört.
Schlussfolgerungen
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Das kundenbezogene Konfliktmanagement (s. Abschnitt 3.1.6, S. 58 ff.) zeigt im Beziehungsmodell sowohl eine direkte positive Auswirkung auf die Beziehungsqualität als auch auf den Unternehmenswert nach M&A (s. Abbildung 11, S. 125). Zudem wird im Moderatormodell der Einfluss des Konfliktmanagements auf die Verbundenheit der Kunden bestätigt (s. Tabelle 29, S. 155). Interessanterweise wird der Umgang mit Kundenkonflikten in der qualitativen Befragung nicht explizit erwähnt. Lediglich die positive Auswirkung der Vermeidung unternehmensinterner Konflikte wird vereinzelt angesprochen (s. Abschnitt 7.2, S. 173). Das könnte darauf hindeuten, dass in der Integrationspraxis das Management von Kundenkonflikten nicht bewusst und energisch vorangetrieben wird. Wie die Ergebnisse zeigen, können Unternehmen damit jedoch nicht nur Zufriedenheits- und Kundenbindungseffekte erreichen, sondern auch unmittelbar wertsteigernde Umsatz- und Kosteneffekte bewirken. Die systematische und proaktive Erhebung von Kundenfeedback und die Sensibilisierung des Vertriebs- und Marketingpersonals sind zur frühzeitigen Identifikation potenzieller Konfliktursachen im Rahmen der Integration wichtig. Zugleich ist den Mitarbeitern die benötigte Kompetenz und auch Verantwortung zu geben, um manifeste Konflikte im Sinne der Kunden rasch lösen zu können. Die loyalitätssteigernde Wirkung wird erhöht, wenn vorzugsweise der Hauptansprechpartner mit der Konfliktlösung betraut wird (Palmatier/Dant/Grewal et al. 2006, S. 151). Schließlich hat die Kundenanalyse (s. Abschnitt 3.1.5, S. 55 ff.) einen starken Einfluss auf den Unternehmenswert nach M&A (s. Tabelle 31, S. 162). Das Wissen um die spezifischen Ausprägungen der einzelnen Kundenverhältnisse und auch der Zugang zu diesen Informationen sind die entscheidenden Voraussetzungen für die zielgerichtete Beziehungspflege nach dem Zusammenschluss. Die Kundenanalyse ist die maßgebliche Voraussetzung für die kundenbezogene Neujustierung der Vertriebs- und Marketingkonzeption, für die Identifikation von Synergiepotenzialen zwischen den Kundenportfolios und für das Erkennen negativer Entwicklungen im Kundenverhältnis. Günstigenfalls werden bereits im Vorfeld der Unternehmensübernahmen detaillierte Informationen über die Kunden des Zielunternehmens erhoben und ausgewertet, spätestens jedoch unmittelbar nach dem rechtlichen Eigentums- oder Kontrollübergang. Die Kundeneinbindung (s. Abschnitt 3.1.2, S. 50 f.) besitzt keinen Einfluss auf die Beziehungsqualität. Demnach können Unternehmen Kunden in den PMI-Prozess einbinden, bspw. um Informationen zur kundenorientierten Maßnahmengestaltung
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Kapitel 8
zu erlangen, ohne jedoch die Zufriedenheit, das Vertrauen oder die Kundenbindung maßgeblich beeinflussen zu können. Schlussfolgerung:
Die Wirkung interner Veränderungsmaßnahmen der Post Merger Integration auf die Kundenbeziehungen bewerten
Neben den quantitativ-empirisch untersuchten Ansätzen der vorliegenden Arbeit stehen Unternehmen natürlich zahlreiche weitere Ansätze zur Beziehungspflege in der PMI zur Verfügung. Die aus Sicht der befragten Unternehmen zwanzig wichtigsten Maßnahmen für den Erhalt und Ausbau der bestehenden Kundenbeziehungen werden in Kapitel 7 (S. 164 ff.) angeführt. Mit ihren Antworten unterstreichen die Unternehmen die Bedeutung der unmittelbaren Beeinflussung der Geschäftsbeziehungen während der Integrationsphase. Die am häufigsten genannten Maßnahmenkategorien sind die kundenbezogene Kommunikation, das Management des Produkt- und Leistungsportfolios, die Kontinuität in der Kundenbetreuung, der persönliche Kundenkontakt und schließlich qualitätsverbessernde Produktmaßnahmen (s. Abbildung 24, S. 166). Diese direkt wirkenden Maßnahmen beeinflussen unmittelbar ganz entscheidende Konstitute der Geschäftsbeziehung, z. B. die Leistungsgestaltung, oder prägen die Interaktion zum Kunden. Darüber hinaus werden aber auch Maßnahmen genannt, welche die Integration marktnaher Unternehmensfunktionen bzw. -prozesse sowie die Verbesserung der Effizienz zwischen den Transaktionspartnern beschreiben. Die Befragten gehen davon aus, dass die erfolgreiche Umsetzung von diesen, hauptsächlich unternehmensinternen, Maßnahmen eine positive indirekte Wirkung auf den Erhalt und Ausbau der Kundenbeziehungen entfaltet. Dahinter steht häufig die Annahme, dass sich ein etwaiger Unternehmensvorteil in einen Kundenvorteil wandeln kann. Hier besteht jedoch die Gefahr, dass die, sowohl in der Literatur als auch in der Praxis kritisierte, interne Orientierung der PMI überhand nimmt. Unternehmen können dieser Gefahr begegnen, indem zumindest für alle internen Veränderungsmaßnahmen markt- bzw. kundennaher Funktionen und Prozesse vorab eine konsequente Bewertung hinsichtlich ihrer Konsequenzen für die Kundenbeziehungen erfolgt.
Schlussfolgerungen Schlussfolgerung:
187 Synergien durch Zugang zu Vertriebs- und Marketingressourcen in der Post Merger Integration übergewichten, Kostensenkungen in Vertrieb und Marketing deutlich untergewichten
Strategisch verbundene, horizontale Akquisitionen sind unverbundenen Akquisitionen bezüglich ihres Wertschöpfungspotenzials sowohl aufgrund von Kosten- als auch von Umsatzsynergien überlegen. Methodische und konzeptionelle Defizite bei der Realisierung von Umsatzsynergien führen jedoch regelmäßig zur Höhergewichtung von Kostensenkungszielen, um die M&A-Ziele zu erreichen. Entgegen diesem Umstand zeigen die Ergebnisse des Synergiemodells (s. Abbildung 14, S. 139), dass wertsteigernde Synergien nur durch den Zugang zu Marketing- und Vertriebsressourcen (s. Abschnitt 3.2.2, S. 62 f.) und nicht durch Kostensenkungen im Zuge des Abbaus redundanter Vertriebs- und Marketingressourcen auftreten. Stattdessen hat die Kostensenkung (s. Abschnitt 3.3.2.3, S. 76) negative Auswirkungen auf die Beziehungsqualität zu den Kunden und damit indirekt auch auf die Unternehmenswertsteigerung nach M&A. Es finden sich Hinweise darauf, dass die Zusammenfassung marktnaher operativer Vertriebsfunktionen bei zwei Drittel aller Fusionen und Akquisitionen stattfindet (Reineke 2001, S. 212). Wie das Synergiemodell zeigt, bewirkt die Zusammenfassung von Vertriebs- und Marketingressourcen Kostensenkungen durch den Abbau von redundanten Ressourcen. Die vorliegende Arbeit zeigt, dass dies keine wertsteigernde Strategie ist. Ein möglicher Grund liegt mglw. im Umstand, dass Unterschiede in den Vertriebs- und Marketingansätzen der Transaktionspartner nivelliert werden. Damit beraubt sich das Gesamtunternehmen seiner besonderen Differenzierungsmerkmale (Reineke 2001, S. 211) aufgrund der Fusion oder Akquisition. Hingegen wird durch Verbundeffekte aufgrund des Ressourcenzugangs u. a. das Potenzial für einen differenzierten Marktauftritt geschaffen. Für Vertriebs- und Marketingverantwortliche ergeben sich aus den genannten Punkten wichtige Konsequenzen für die Integrationspraxis. Erstens ist die Integration so zu gestalten, dass interne Barrieren der Zusammenarbeit und des Wissensaustauschs marktnaher Funktionen minimiert werden. Die starke Wirkung der Zusammenfassung von Ressourcen (s. Abschnitt 3.2.1, S. 62) auf das Ausmaß des Ressourcenzugangs deutet darauf hin, dass bei den untersuchten horizontalen M&A die Zentralisierung und Restrukturierung zwei erfolgsrelevante Maßnahmen dafür sind. Für die kundenbezogene
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Kapitel 8
Umsetzung können die indirekt wirkenden, internen Integrationsmaßnahmen entlang der drei Integrationsebenen Prozesse, Ressourcen und Führungssystem als Orientierungshilfe dienen (s. Abbildung 25, S. 170). Zweitens muss mit besonderer Umsicht beim Abbau von Vertriebs- und Marketingressourcen vorgegangen werden. Es ist darüber zu entscheiden, ob Ressourcen tatsächlich in ihren Eigenschaften und ihrem Kundennutzen austauschbar sind oder bspw. Differenzierungspotenziale schaffen. Dass Kostensenkungen durch den Abbau von Vertriebs- und Marketingressourcen zu negativen Effekten hinsichtlich der Beziehungsqualität führen, deutet auf Schwierigkeiten bei der Einschätzung der „Wertvollheit“ solcher Ressourcen hin. Um diese Aufgabe zu lösen, müssen Unternehmen verstärkt auf die Kundenanalyse (s. Abschnitt 3.1.5, S. 55 ff.) zurückgreifen. Schlussfolgerung:
Priorisierung der Beziehungsmaßnahmen in Abhängigkeit von der Umweltsituation der M&A-Transaktion
Das Beschaffungsvorgehen der Kunden, die Wettbewerbsstärke der Transaktionspartner und die Wettbewerbsintensität im Markt spezifizieren die Umweltsituation der M&A-Transaktion. Sie moderieren bzw. beeinflussen die Effizienz von Beziehungsmaßnahmen zur Steigerung der Kundenverbundenheit in der Post Merger Integration (s. Abschnitt 6.5, S. 162 f.). Die Zusammenführung der Unternehmen muss parallel zur bisherigen gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erfolgen. In der Integrationsphase ist daher ein erheblicher zusätzlicher Zeit- und Ressourceneinsatz zu leisten. Die vorliegende Untersuchung stellt eine Orientierungshilfe zur Priorisierung von Beziehungsmaßnahmen zur Verfügung, um den effizientesten Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel in der PMI sicherzustellen. Im Einzelnen ergaben sich für die untersuchten spezifischen Umweltsituationen (Moderatoren) die folgenden Handlungsempfehlungen: Formalisierte Beschaffungsprozesse und eine institutionalisierte Beschaffungsorganisation beim Kunden verstärken die Wirkung des Konfliktmanagements (s. Abschnitt 6.4.2, S. 155 ff.; Abbildung 19, S. 157) und der Kundenkommunikation (s. Abschnitt 6.4.3, S. 158 ff.; Abbildung 21, S. 160) auf die Verbundenheit der Kunden zum Gesamtunternehmen nach der PMI. Bedenkt man, dass das kundenseitige Beschaffungsvorgehen ein Abbild des wahrgenommenen Risikos und der Unsicherheit sein kann, welches mit dem typischen Kaufvorhaben verbunden ist, wird dieser Zusammenhang deutlich. D. h., dass Unternehmen in der PMI gerade
Schlussfolgerungen
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im Umgang mit professionalisierten Beschaffungsorganisationen vor allem auf eine intensive Interaktion, z B. im Rahmen des Konfliktmanagements und der Kundenkommunikation, setzen können. Die Wettbewerbsstärke von Käufer- und Zielunternehmen beeinflusst ebenfalls die Wirksamkeit des Konfliktmanagements während der PMI (s. Abschnitt 6.4.2, S. 155 ff.; Abbildung 18, S. 156). Bei großen Unterschieden wird sie hinsichtlich der Verbundenheit der Kunden abgeschwächt. Die Wettbewerbsintensität in jenem Markt, in dem der horizontale Unternehmenszusammenschluss stattfindet, übt einen Effekt auf die Wirkung der Kundenkommunikation in der PMI aus. Bei hoher Wettbewerbsintensität entfaltet die Kundenkommunikation eine stärkere Wirkung hinsichtlich der Verbundenheit der Kunden zum Gesamtunternehmen (s. Abschnitt 6.4.3, S. 158 ff.; Abbildung 22, S. 161). Die Wirkung des Konfliktmanagements auf die Verbundenheit der Kunden wird bei hoher Wettbewerbsintensität hingegen abgeschwächt (s. Abschnitt 6.4.2, S. 155 ff.; Abbildung 20, S. 158). Demnach können Unternehmen bei M&A in einem Marktumfeld, in dem vergleichbare Leistungsalternativen zur Verfügung stehen, besonders auf eine aufwendige Kundenkommunikation setzen. Vorzugsweise ist während der PMI ein intensiver Dialog mit den (wichtigsten) Kunden über die zukünftige Leistungs- und Preisgestaltung, die Liefersicherheit, die Anpassung relevanter Geschäftsprozesse sowie die Veränderungen der vertrieblichen Organisationsprinzipien zu führen. Ziel muss sein, etwaige Unsicherheiten zu beseitigen und den Kunden in seiner Wertschätzung für die bisherige Geschäftsbeziehung zu stärken.
Es kann festgehalten werden, dass die Wirkung von Kundenbeziehungsmaßnahmen mitunter deutlich von der spezifischen Umweltsituation in der PMI abhängt. Unternehmen können daher insgesamt durch die besondere Berücksichtigung ihrer individuellen Unternehmens-, Markt- und Kundensituation eine besonders effiziente kundenbezogene Integration umsetzen. Der Entscheidung über die Priorisierung der Maßnahmen können Unternehmen eine gründliche Bestandsaufnahme zugrunde legen. Es ist durchaus denkbar, dass die Aufwände zur Erhebung und Analyse der entsprechenden Umweltfaktoren in den meisten Fällen durch Erfolge bei der Kundenbindung in der PMI überkompensiert werden.
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Anhang
215
Anhang Anhang A: Unternehmensbewertung im Zuge von M&A Anhang B: Verzeichnis der Gesprächspartner der Experteninterviews Anhang C: Fragebogen der empirischen Untersuchung Anhang D: Ergebnisse der Überprüfung auf Nonresponse Bias Anhang E: Deskriptive Statistik zu den Variablen der moderierten hierarchischen Regression
216 218 219 224 225
Anhang
216
Anhang A: Unternehmensbewertung im Zuge von M&A Die Praxis der Unternehmensbewertung ist durch eine große Methodenvielfalt gekennzeichnet (für einen Überblick s. Drukarczyk/Schüler 2007). Im Wesentlichen lassen sich drei Klassen von Bewertungsverfahren unterscheiden. Neben den sogenannten „Praktikerverfahren“, die durch Unternehmensvergleiche und Multiplikatorformeln den Unternehmenswert festzustellen versuchen, kommen häufig substanzwertorientierte Verfahren zur Anwendung. Dort wird der Unternehmenswert der Differenz zwischen den im Unternehmen gebundenen Vermögensgegenständen und den Verbindlichkeiten gleichgesetzt. Schließlich stellen die ertragswertorientierten Verfahren die mit Abstand am häufigsten angewandte Verfahren dar. Hier wird durch die Diskontierung der zu erwartenden Zahlungsüberschüsse an die Kapitalgeber der Gegenwartswert des Unternehmens berechnet. In der Praxis wird meist zur Entscheidungsfindung und Absicherung der Ergebnisse eine Kombination aus mehreren der angeführten Methoden angewandt (Koller/Goedhart/Wessels et al. 2005). Im Folgenden wird auf die im Rahmen der Ertragswertverfahren gängige DiscountedCashflow-Methode (DCF) näher eingegangen. Die DCF beruht auf einem robusten, investitionstheoretisch hinterlegten Konzept und ist international am weitesten verbreitet (Peemöller/Bömelburg und Denkmann 1994, S. 742; Prietzke/Walker 1995, S. 205). Durch Bezahlung des Kaufpreises investiert das übernehmende Unternehmen in das Zielunternehmen und erwartet dafür als Gegenleistung den Erhalt einer Abfolge von Zahlungsströmen. Insofern unterscheidet sich ein Unternehmenskauf grundsätzlich nicht von anderen Investitionsprojekten. Aus der Zukunftsbezogenheit der Unternehmensbewertung folgt, dass bewertungsrelevante, erwartete Zahlungsströme in einer Planrechnung modelliert werden müssen, die meist den Free-Cashflows des Zielunternehmens entsprechen. Der Unternehmenswert W entspricht den zum Bewertungszeitpunkt diskontierten, zukünftigen Zahlungsströmen an die Eigen- und Fremdkapitalgeber und berechnet sich wie folgt:
(18)
f ¦
W t
mit
FCF t 1 (1 WACC )
t
FCF: freier Cash-flow in der Periode t, WAC: gewichtete durchschnittliche Kapitalkosten des Bewertungsobjekts.
Anhang
217
Die gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten des Bewertungsobjekts entsprechen dem genannten Diskontierungszinssatz. Dieser ergibt sich unter vereinfachten Annahmen aus
(19)
WACC
mit
GK: kFK: kEK: FK: EK:
k FK
FK EK , k EK GK GK
Marktwert des Gesamtkapitals, Kosten des Fremdkapitals, Kosten des Eigenkapitals des zu bewertenden Unternehmens, Fremdkapital, Eigenkapital,
und es gilt: (20)
GK = FK + EK.
In der Regel wird zur Bestimmung der Eigenkapitalkosten auf das Capital Asset Pricing Model (CAPM) zurückgegriffen. Die zukünftigen Free-Cashflows müssen auf Basis einer plausibilisierten Ergebnis- und Bilanzplanung des Zielunternehmens abgeleitet werden, um Eingang in das Bewertungsmodell finden zu können. Da für die Berechnung des Unternehmenswertes üblicherweise auf einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren im Rechenmodell abgestellt wird, ergeben sich selbst bei sehr fundierten Planungsmodellen hohe Unsicherheiten. Zudem hat die Entwicklung der zukünftigen Umsatzerlöse naturgemäß einen starken Einfluss auf die Entwicklung des Cashflows. Die Prognose der zukünftigen Erlös-, aber auch der Kostensituation stellt demnach das zentrale Problem bei der Wertbestimmung dar. Obiges Vorgehen liefert den eigenständigen Wert der Zielgesellschaft (Stand-aloneWert). Die Motive für horizontale Akquisitionen beinhalten stets erwartete Wertsteigerungspotenziale auf Basis von Umsatz- und Kostensynergien, die sich erst durch den Zusammenschluss beider Unternehmen materialisieren. Diese Synergien müssen bei der Bewertung des Unternehmens ebenfalls einbezogen werden, sind zumeist in einer groben Größenordnung dem Verkäufer bekannt und stellen in Verbindung mit dem Stand-alone-Wert des Zielunternehmens die Preisobergrenze für den Käufer dar.
Anhang
218
Anhang B: Verzeichnis der Gesprächspartner der Experteninterviews Die im Rahmen der qualitativen Vorstudie geführten Experteninterviews hatten zum Ziel, einerseits eine an der M&A-Praxis ausgerichtete Verfeinerung des Strukturgleichungsmodells zu erreichen und andererseits relevante Indikatoren der Konstrukte zu überprüfen bzw. zu vervollständigen. Alle Interviews hatten explorativen Charakter. Name Andreas Haegele
Dr. Kai Lucks
Nina Gutzeit
Rolf-Magnus Weddigen
Unternehmen Siemens Optra Communication Technologies Ltd.; Shanghai, China Siemens AG, München, Deutschland MAN Nutzfahrzeuge AG, München, Deutschland Bain & Company Germany, Inc., München, Deutschland
Position Post Merger Integration Manager
Gespräch 02.05.2007; München, Deutschland; Dauer: 120 Minuten
Head of Group Strategies and M&A Integration
11.05.2007; München, Deutschland; Dauer: 70 Minuten 14.05.2007; München, Deutschland; Dauer: 120 Minuten 13.06.2007; München, Deutschland; Dauer: 100 Minuten
Leiterin Unternehmenskommunikation Director, M&A Practice
Anhang
Anhang C: Fragebogen der empirischen Untersuchung
219
220
Anhang
Anhang
221
222
Anhang
Anhang
223
Anhang
224
Anhang D: Ergebnisse der Überprüfung auf Nonresponse Bias t-Test für die Mittelwertgleichheit Signifikanz F Signifikanz t df (2-seitig) Kundeneinbindung 0.26 0.61 1.09 86 0.28 Mitarbeitereinbindung 2.94 0.09 0.62 84 0.54 Kundenanalyse 1.19 0.28 0.28 84 0.78 Investition in die Kundenbeziehung 0.10 0.76 -0.44 85 0.66 Konfliktmanagement 0.01 0.94 1.34 84 0.18 Kundenkommunikation 0.21 0.65 -0.29 83 0.77 Zusammenfassung von Ressourcen 0.04 0.83 -0.16 86 0.88 Ressourcenzugang 3.75 0.06 -0.60 86 0.55 Kundenzufriedenheit 0.02 0.88 0.46 86 0.64 Kundenverbundenheit 0.12 0.73 0.76 84 0.45 Kundenvertrauen 0.45 0.50 -0.02 82 0.98 Marktanteil* 0.00 1.00 0.20 85 0.84 Unternehmenswert 1.99 0.16 1.97 82 0.05 Kostenreduktion 0.88 0.35 -0.90 85 0.37 Beschaffungsvorgehen der Kunden 0.05 0.83 -1.00 86 0.32 Geschäftsverwandtschaft 0.01 0.92 1.31 86 0.19 Wettbewerbsintensität 0.79 0.38 -0.62 85 0.53 Wettbewerbsstärke Käuferunternehmen 0.06 0.81 -0.90 78 0.37 Wettbewerbsstärke Zielunternehmen 1.57 0.21 0.63 78 0.53 Anmerkung: * Single-Item-Messmodell; n=206 Test bei unabhängigen Stichproben, 95%-Konfidenzintervall
Levene-Test der Varianzgleichheit
M S 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 5.292 1.135 (0.85) 1 Investition in die Beziehung 5.234 1.133 0.554*** (0.83) 2 Konfliktlösung 5.141 1.329 0.523*** 0.327*** (0.81) 3 Kundenkommunikation 5.303 1.091 0.640*** 0.529*** 0.434*** (0.81) 4 Kundenanalyse 4.775 1.339 -0.020 -0.034 0.121* 0.153** (0.69) 5 Kaufverhalten der Kunden 5.116 1.076 0.019 0.033 -0.071 -0.012 0.013 (0.82) 6 Wettbewerbsintensität 1.041 0.920 0.009 -0.051 0.136* 0.160** 0.068 -0.023 (0.85) 7 Relative Wettbewerbsstärke zueinander 4.245 1.759 0.090 -0.023 0.041 0.111 -0.077 0.178** 0.014 (0.61) 8 Ähnlichkeit der Unternehmen 5.449 0.921 0.197*** 0.220*** 0.278** 0.100 0.034 -0.096 -0.080 -0.002 (0.89) 9 Verbundenheit der Kunden 5.074 0.847 0.268*** 0.310*** 0.212*** 0.319*** -0.028 -0.013 0.081 0.115* 0.219*** (0.78) 10 Unternehmenserfolg Anmerkung: n = 206; *: p<0.10; **: p<0.05; ***: p0.01; M = Mittelwert; S = Standardabweichung; Cronbachsches Alpha () in Klammern
Mittelwerte, Standardabweichung, Interkorrelation und Cronbachsches Alpha der untersuchten Variablen
Anhang E: Deskriptive Statistik zu den Variablen der moderierten hierarchischen Regression