Peter J. Etges Kritik
der analytischen Theologie Vorwort Hans Albert
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Peter J. Etges Kritik
der analytischen Theologie Vorwort Hans Albert
In dieser Arbeit wird die Rezeption der analytischen Sprachphilosophie - vor allem der Wittgensteinschen Spätphilosophie in der modernen Theologie an Hand einiger Ansätze einer ,.analytischen Theologie« bei einigen Philosophen und Theologen kritisch analysiert. Einführend wird dazu das Problem der Sprache im Rahmen der Theologie diskutiert, wobei vor allem die These, die Sprache sei das zentrale Problem der Theologie, einer Kritik unterzogen wird. Der Autor Peter J. Etges, geboren 1945 in Lütz (Krs. Cochem), Studium der kath . Theologie in Trier und Freiburg i. Br. Examen als Diplomtheologe 1970; anschließend Studium der Soziologie und Wissenschaftstheorie in Freiburg i. Br. und Mannheim, Examen als Diplomsoziologe 1973.
Standpunkt Analysen · Dokumente· Pamphlete
Standpunkt Analysen· Dokumente· Pamphlete Redaktion Hans Helmut Röhring
Peter J. Etges
Kritik der analytischen Theologie Die Sprache als Problem der Theologie und einige Neuinterpretationen der religiösen Sprache Vorwort Hans Albert
Hoffmann und Campe
1.
bis 5. Tausend 1973
© Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1973 Gesetzt aus der Korpus Garamond-Antiqua Gesamtherstellung Clausen & Bosse, Leck ISBN 3-455-09°97-4' Printed in Germany
Inhalt
Vorwort Einleitung: Aufgabenstellung und Aufbau der Arbeit I. Teil: Die Sprache als Problem der Theologie und das Verhältnis der Theologie zur Philosophie I. Theologie, Wissenschaft, Sprache I. Theologie und Wissenschaft: Theologie als »Glaubenswissenschaft« 2. Theologie und Sprache: Analogie und Hermeneutik a) Reden über Gott in der Sprache der Analogie b) Das hermeneutische Problem H. Theologie und Philosophie 2. Teil Darstellung und Diskussion einiger Interpretationen der religiösen und theologischen Sprache im Anschluß an die analytische Philosophie I. Analytische Philosophie und Theologie I. Kurze Charakterisierung der analytischen Philosophie
7 12
15
17 17
21 21
24
33
41 43
43
2.
Religion und Theologie aus der Sicht der Analytiker
a) Alfred J. Ayer: »Language, Truth and Logic« b) Ludwig Wittgenstein: »Vorlesungen über den religiösen Glauben« 3. Die Auswege der Theologen angesichts der Kritik H. Nichtkognitive Deutungen religiöser Aussagen I. Darstellung
a) Richard M. Hare's »blik«-Theorie b) »An Empiricist's View of the Nature of Religious Belief«: Richard B. Braithwaite c) Paul M. van Buren's »Reden von Gott in der Sprache der Welt« d) William E. Kennick 2. Diskussion
a) Die methodologischen Grundlagen (I) Braithwaite und van Buren (2) Hare b) Die Konsequenzen der nichtkognitiven Interpretation III. Kognitive Deutungen religiöser Aussagen I. D. Z. Phillips
2.
51
52 54 59 62 62
62 66 70
76 77 77
78 87 90
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a) Darstellung b)Kritik
99
Ian T. Ramsey
102
a) Darstellung b) Kritik
102
Zusammenfassung
96
107 114
Vorwort
Die Spätphilosophie Ludwig Wittgensteins hat im angelsächsischen Sprachbereich einen außerordentlich starken Einfluß auf die Entwicklung des Denkens gehabt. Die für sie charakteristische Methode der Sprachanalyse gehört zu den bevorzugten Verfahrensweisen in philosophischen Untersuchungen. Auch in die Wissenschaften hat sie schon Eingang gefunden, vor allem in solche, die man in Deutschland den Geisteswissenschaften zuzurechnen pflegt und die hier vor allem dem Einfluß der hermeneutischen Strömungen der Philosophie ausgesetzt waren. So ist im theologischen Denken des angelsächsischen Sprachraums unter anderem auch eine Richtung zu verzeichnen, die man, wie das im Titel dieses Buches geschieht, als »analytische Theologie« bezeichnen kann, eine Theologie also, die sich der Sprachanalyse bedient, um ihre Probleme zu formulieren und zu lösen. Vorderhand ist hierzulande von Versuchen dieser Art noch wenig zu hören. Seit in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg als Reaktion auf den liberalen »Kulturprotestantismus« die dialektische Theologie einen Umbruch im theologischen Denken herbeigeführt hatte, in dem die Autonomie der religiösen Sphäre betont, die biblische Gotteserkenntnis und die sich aus ihr ergebende Weltdeutung als »außer Konkurrenz und 7
außer Diskussion« deklariert und ihr Gegensatz zur säkularen Kultur herausgestellt worden war, ist in zunehmendem Maße die im deutschen Sprachraum vor allem unter dem Einfluß Heideggers und seiner Schüler vordringende hermeneutische Philosophie auch im theologischen Denken wirksam geworden. Charakteristisch dafür ist die Tatsache, daß nach dem Zweiten Weltkrieg lange Zeit das Bultmannsche Programm die theologische Diskussion beherrscht hat. Erst in letzter Zeit - vor allem unter dem Einfluß der philosophischen Diskussionen der letzten Jahre - beginnen sich neue Tendenzen abzuzeichnen. Im Zuge der Wiederbelebung eschatologischer Motive finden geschichtsphilosophische Spekulationen Anklang, die an Hegel und Marx anknüpfen; eine politische Theologie macht von sich reden, die im Gegensatz zu der für die katholische Tradition charakteristischen emanzipatorische und revolutionäre Züge trägt; und überdies scheint sich eine Auseinandersetzung mit der modernen Wissenschaftslehre anzubahnen. über kurz oder lang dürften wohl auch die theologischen Bemühungen bei uns auf Interesse stoßen, die in diesem Buch ~analytische Theologie« genannt werden, zumal sie eine gewisse Verwandtschaft mit den im deutschen Sprachbereich tief verwurzelten hermeneutischen Denkweisen haben. Gemeinsam ist beiden Richtungen die Betonung der Sprachproblematik und die Konzentration auf Fragen des sprachlichen Sinnes und der adäquaten Deutung von Aussagen. In der Art, wie diese Probleme behandelt werden, besteht allerdings eine auffallende Verschiedenheit zwischen ihnen. Während im hermeneutischen Denken zentrale Begriffe wie »Offenbarung«, »Glaube« und »Gott« herausgehoben und in ihren historischen Bezügen und den für sie in Frage kommenden Be8
deutungsnuancierungen »entfaltet« werden, ohne daß man ihre logische Rolle in relevanten Aussagen und die logische Grammatik solcher Aussagen selbst genauer analysiert, geht es im analytischen Denken gerade um den Charakter dieser Aussagen selbst, und die logische Analyse der Aussagen soll nicht nur deren Sinn, sondern zum Beispiel auch ihre Wahrheitsfähigkeit und die Möglichkeit ihrer Prüfung herausarbeiten. Die Ergebnisse solcher Bemühungen pflegen nicht nur den Vorzug größerer Klarheit zu haben als hermeneutische Klärungsversuche, sondern sie machen im allgemeinen auch die Schwierigkeiten deutlicher, mit denen das theologische Denken heute zu kämpfen hat. Solche Schwierigkeiten werden im hermeneutischen Denken nicht selten durch ein anspruchsvolles, aber dunkles und von jedem semantischen Problembewußtsein unberührtes Reden über Gott und den Menschen, über Offenbarung und Verkündigung und über Glaube und Vernunft camoufliert. Während man auf Bedeutungsnuancen gewisser in der Bibel auftretender Worte außerordentlichen Wert legt, behandelt man erkenntnistheoretische Fragen mit kaum verständlicher Nonchalance und redet über die Existenz Gottes in einer Weise, die wohl mit einigem Recht als fahrlässig bezeichnet werden kann, nicht ohne allerdings ständig auf die Verantwortung des Denkens hinzuweisen, die man auf sich lasten fühlt. Daß solche Denkweisen bei uns einen so großen Anklang finden konnten, darf man wohl in erheblichem Ausmaß auf den Einfluß der in Deutschland lange Zeit dominierenden philosophischen Strömungen zurückführen, in denen die »Auslegung des Seins« an die Stelle der Erkenntnistheorie getreten war. Im Hinblick auf diese Entwicklung wird eine Darstellung der analytischen Richtung im theologischen Denken, die bemüht 9
ist, sich die Methoden und Resultate der logischen Analyse zunutze zu machen, vermutlich mit der Aufmerksamkeit theologisch interessierter Leser rechnen dürfen. Allerdings beschränkt sich dieses Buch keineswegs auf einen Bericht über die Rolle der Sprachanalyse in der angelsächsischen Theologie. Es geht vielmehr von der besonderen Situation der Theologie als einer Glaubenswissenschaft aus und von der damit zusammenhängenden Sprachproblematik, die sich vor allem auf das Reden über Gott und auf die Deutung kanonischer Texte bezieht, und diskutiert dann das Verhältnis von theologischem und philosophischem Denken, wobei als Funktion der Philosophie die Ermöglichung der Anpassung theologischer Denkweise an neue Wirklichkeits auffassungen herausgestellt wird. Daraus ergibt sich die Vermutung, daß auch der Rückgriff auf die in der analytischen Philosophie praktizierten Verfahrensweisen mit dem Bemühen um eine solche Anpassungsleistung zusammenhängen könnte, so daß die Konzentration auf Sprachprobleme mit einer Vernachlässigung erkenntnistheoretischer Fragen einhergehen würde. Diese Vermutung bildet den Leitfaden der Erörterung von Interpretationen der religiösen und der theologischen Sprache im Anschluß an die analytische Philosophie im zweiten Teil des Buches. In ihm werden die Deutungsvorschläge der in Betracht gezogenen philosophischen und theologischen Denker einer Kritik unterzogen, die zeigt, daß die vorgeblich neutrale Sprachanalyse mit vorgängigen Entscheidungen infiziert ist, die dafür sorgen, daß die zentralen Probleme der Theologie in den Hintergrund treten und die kritische Diskussion theologischer Grundlagenfragen inhibiert wird. Die Untersuchungen in diesem Buch machen also deutlich, daß im analytischen Denken letzten Endes ganz ähnliche 10
Tendenzen zum Vorschein kommen wie in der hermeneutisch orientierten Theologie des deutschen Sprachbereichs. Die Vorzüge dieser der angelsächsischen Tradition klarer und nüchterner Redeweise verpflichteten theologischen Richtung dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß in ihr die erkenntnistheoretische Problematik ebenso umgangen wird wie in den hermeneutischen Bemühungen kontinentaler theologischer Denker. Die Konzentration auf Sprachprobleme ist in beiden Fällen mit Anpassungsleistungen verbunden, die letzten Endes in mehr oder weniger starkem Maße apologetischen Zwecken dienstbar sind. Auch in der analytischen Theologie tritt das erkenntniskritische Motiv hinter das Streben nach Rettung der Tradition zurück. Hans Albert
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»Fallibility is the price paid for saying something interesting.« I
Einleitung: AufgabensteIlung und Aufbau der Arbeit
Vor einigen Jahren schrieb der amerikanische Theologe Paul M. van Buren: »Heutzutage können wir nicht einmal Nietzsches Ruf, daß Gott tot ist, verstehen, denn wäre dies der Fall, wie könnten wir es wissen? Nein, das Problem ist heute dies, daß das Wort >Gott< tot ist.«l Diese radikale These werden manche als ein Zeichen einer grundlegenden Krise der Theologie deuten; andere sehen darin vielleicht ein Zeichen der Aufgeschlossenheit und Ehrlichkeit moderner Theologie. Wie dem auch sei: auch die Vertreter der »Gott-ist-tot«-Theologie verstehen sich noch als Theologen, und die Theologie ist heute noch nicht tot. Eine kritische Auseinandersetzung mit der modernen christlichen Theologie scheint mir aus drei Gründen angebracht zu sein: I. Wenn auch die soziale Bedeutung von Religion und Theologie heute nicht mehr so groß ist wie in vergangenen Zeiten, so muß man doch sagen, daß, solange es christliche Religionsgemeinschaften geben wird, theologische Gedanken über deren Mitglieder sozial wirksam und bedeutsam werden 1 J. A. Fodor/J. J. Katz: The A vailability of what we say, Philosophical Review, Vol. 72 (1963), S. 66. 2 Reden von Gott in der Sprache der Welt. Zur säkularen Bedeutung des Evangeliums, Zürich/Stuttgart 1965, S. 98.
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können. 2. Die Theologie wurde immer als eine Disziplin verstanden, die Aussagen über einen Seinsbereich macht, der für den Menschen von entscheidender Bedeutung ist. Wenn Gläubige und Theologen die ~ritische Auseinandersetzung mit Religion und Theologie sehr häufig und vorschnell als destruktiv oder für den religiösen Glauben als nicht angemessen disqualifizieren, dann ist dem entgegenzuhalten, daß eine sorgfältige Untersuchung um so notwendiger ist, je wichtiger und folgenschwerer eine Sache ist) 3. Religions- und Theologiekritik sind nicht erst ein Thema unserer Zeit. Dennoch stellt sich dieses Thema immer neu, denn die Theologie erscheint in stets neuen Gewändern - und das besonders in diesem Jahrhundert. In dieser Arbeit sollen die Ansätze einiger Philosophen und Theologen diskutiert werden, die im Anschluß an gewisse Tendenzen der analytischen Philosophie den Versuch einer Neuinterpretation religiöser und theologischer Aussagen unternommen haben. Wie auch schon im Zitat von van Buren deutlich wird, steht hier das Problem der Sprache von Religion und Theologie im Vordergrund des Interesses. Diese Thematik ist zentral für die gesamte analytische Philosophie. Die konkrete Aufgabenstellung der Arbeit ist eine kritische Diskussion der erkenntnistheoretischen und methodologischen Grundlagen und Konsequenzen der einzelnen Ansätze. Die Reihe der zu besprechenden Autoren ist weder umfassend noch repräsentativ; dennoch glaube ich, daß einige wichtige Alternativen, die den Religionsphilosophen und Theologen durch eine Verarbeitung bestimmter Gedanken der analyti3 Vgl. Walter Kaufmann: Religion und Philosophie, München 1966, S.13 0 •
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sehen Philosophie offenstehen, bei diesen Autoren sichtbar werden. Die beiden für die Diskussion der einzelnen Autoren relevanten Fragestellungen, nämlich die Probleme der religiösen und theologischen Sprache (I) und die Frage nach _dem Verhältnis der Theologie zur Philosophie (11), sollen in einem ersten Teil allgemein erörtert werden, um so eine Grundlage für den zweiten spezielleren Teil zu schaffen. Da zur analytischen Philosophie verschiedene philosophische Richtungen gerechnet werden, sollen diese dann kurz dargestellt werden (I). Da die Philosophen und Theologen, die bestimmte Gedanken aus der analytischen Philosophie verarbeiten, damit zugleich der Kritik begegnen wollen, die ebenfalls aus dem Lager der analytischen Philosophie kommt, soll in diesem Zusammenhang diese Kritik am Beispiel von Alfred J. Ayer und Ludwig Wittgenstein verdeutlicht werden. Im Anschluß daran werden die einzelnen Ansätze im Detail darzustellen und zu diskutieren sein; dabei wird unterschieden werden, ob die Interpretation der religiösen und theologischen Aussagen nichtkognitiv (11) oder kognitiv (111) ist.
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Teil: Die Sprache als Problem der Theologie und das Verhältnis der Theologie zur Philosophie 1.
1. Theologie, Wissenschaft, Sprache
I.
Theologie und Wissenschaft: Theologie als »Glaubenswissenschaft« '
»Theologie ist die methodisch geleitete Erhellung und Entfaltung der im Glauben und seinem ihm immanenten Aussagewissen gegebenen und zur verantwortlichen Kündigung aufgegebenen Offenbarung Gottes. Sie wird demnach kurz als >Glaubenswissenschaft< bezeichnet ... «1 Wäre die Theologie eine Disziplin, die wie andere Wissenschaften informative Aussagen über die Realität machte, so wäre kaum zu erwarten, daß die mit der Sprache, in der diese Aussagen gemacht werden, verbundenen Probleme von denen in anderen Wissenschaften unterschieden wären. Es sind die mit Begriffs- und Theoriebildung in Zusammenhang stehenden Probleme, die es in jeder Wissenschaft gibt. Auch die Tatsache, daß sich der Theologe zu einem guten Teil mit schriftlichen überlieferungen beschäftigt, unterscheidet die Theologie nicht wesentlich von anderen Wissenschaften. Aus der oben zitierten Kennzeichnung der Theologie aus der Feder eines als »progressiv« geltenden katholischen Theologen, die als charakteristisch für die traditionelle Theologie und auch für einen großen Teil der modernen Theologie gelI Johann B. Metz: Artikel »Theologie« in: Lexikon für Theologie und Kirche, Band IO, Freiburg i. Br. ~. Auflage I965, Sp. 67.
ten kann, wird aber deutlich, daß die Theologie in erkenntnistheoretischer Hinsicht nicht auf einer Stufe mit den anderen wissenschaftlichen Disziplinen steht. Deren Aufgabe kann man kurz beschreiben als die Erarbeitung überprüfbarer, gehaltvoller Hypothesen mit dem Ziel, unser Wissen zu revidieren, zu verbessern und zu erweitern. 2 Zwar ist auch im Zitat von» Wissen« die Rede; dieses ist aber dadurch qualifiziert, daß es nur im Glauben angeeignet und gerechtfertigt wird. Hier soll nicht die Problematik von »Glauben« in der Sprache einer existentialistischen Philosophie im Gegensatz zum alltäglichen Verständnis im Sinne eines »Für-Wahr-Haltens«, welches häufig von den Vertretern einer existentialen Interpretation als Fehlform eines »echten« oder »wahren« Glaubens beurteilt wird, diskutiert werden. Fest steht, daß die Theologen der Vergangenheit mit ihrem Gottesglauben nicht nur ein besonderes Welt- und Daseinsverständnis zum Ausdruck bringen wollten, sondern auch die Existenz eines transzendenten Gottes für wahr hielten. Zu Recht nennt Hans Albert das Für-W ahr-Halten der These, daß ein Gott existiert, »eine Mindest-Implikation jedes Glaubens, innerhalb dessen in sinnvoller und gehaltvoller Weise von Gott geredet werden kann.«3 Insofern sich das theologische Wissen auf Glauben gründet, steht es in einem entscheidenden Gegensatz zu dem Wissen, das das Ergebnis wissenschaftlicher Erkenntnis ist. Letzteres ist grundsätzlich hypothetisch und revidierbar und dem Prinzip der kritischen Prüfung unterstellt; es gibt keine wissen2 Vgl. etwa Karl R. Popper: Die Zielsetzung der Erfahrungswissenschaft, in Hans Albert (Hrsg.): Theorie und Realität. Ausgewählte Aufsätze zur Wissenschaftslehre der Sozialwissenschaften, Tübingen 1964, S. 73-86. 3 Traktat über kritische Vernunft, Tübingen 2. Auflage 1969, S. II8.
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schaftliche Methode, die absolut sicheres Wissen garantieren könnte. 4 Dagegen gründet sich das Glaubenswissen letztlich auf eine göttliche Offenbarung, deren Möglichkeit zusammen mit der Möglichkeit der Existenz ihres Urhebers eine natürliche Theologie zwar aufzuzeigen versucht, deren faktisches Ereignis bzw. dessen tatsächliche Existenz aber nur als gegeben geglaubt werden kann und damit jeder weiteren Kritik entzogen ist. 5 Theologie unterscheidet sich folglich in drei wesentlichen Punkten, die ihrerseits eng miteinander zusammenhängen, von der Wissenschaft: I. Während sich wissenschaftliches Erkennen auf keine außerordentliche Erkenntnisquelle gründet, gibt es eine solche für die Theologie: die göttliche Offenbarung, der auf der Seite des Menschen der Glaube entspricht. 2. Damit ist auch das Objekt theologischen Erkennens - der Inhalt der Offenbarung - im Gegensatz zu dem des wissenschaftlichen Erkennens in besonderer Weise qualifiziert, denn es kann nur im Glauben erkannt und anerkannt werden. 3. Während es hinsichtlich ihrer Begründung und Rechtfertigung für die wissenschaftliche Erkenntnis keine absolute Gewißheit gibt, ist theologisches Wissen dadurch ausgezeichnet, daß es ein letztes Kriterium für seine Wahrheit gibt: die kano4 Vgl. Karl R. Popper: On the Sources of Knowledge and of Ignorance, in: ders.: Conjectures and Refutations: The Growth of Scientific Knowledge, 3. revidierte Auflage London 1969, S. J--30; ders.: Three Views Concerning Human Knowledge, ebd. S. 97-II9. Diese als »kritischer Rationalismus« bekannte erkenntnistheoretische Position wird von H. Albert a. a. O. in ihrer Bedeutung über den erfahrungswissenschaftlichen Bereich hinaus für andere zentrale Bereiche menschlichen Denkens und HandeIns erörtert. 5 Zur Kritik des Offenbarungsmodells in der Erkenntnislehre vgl. H. Albert a. a. O. S. 15-21.
nischen Schriften. Diese haben ihre Begründung als erste schriftliche Zeugnisse der Offenbarung in sich selbst und sind damit das Kriterium für alle weitere Theologie. Diese findet ihre Rechtfertigung in ihrer übereinstimmung mit den Schriften. Kurz gesagt: Theologie ist hinsichtlich ihres Ursprungs, ihres Objekts und ihrer Begründung dogmatisch. Zweifellos gab es im ~erlauf der Explikation und Systematisierung der in den Schriften gemachten Aussagen zum Teil recht heftige und folgenschwere Auseinandersetzungen; man denke an die großen Kirchenspaltungen, an Ketzer und Häretiker. Dennoch wurden die erkenntnistheoretischen Grundlagen der Theologie nicht in Frage gestellt. »Es wird vielmehr nur das eigentliche Problem in die Identifikation und die Interpretation dieser Offenbarung verschoben, das heißt: es kommt nun darauf an festzustellen, welche der in der betreffenden Tradition überlieferten Außerungen kanonischen Charakter haben und damit als offenbarungshaltig anzusehen sind und wie sie gedeutet werden müssen, damit dieser Gehalt rein und unverfälscht zum Vorschein kommt.«6 Diese kurze Charakterisierung der Theologie mag manche Differenzierungen, die man machen kann und machen sollte insbesondere hinsichtlich der katholischen und protestantischen Theologie -, unberücksichtigt gelassen haben. Es ging hier aber auch nur um eine Darstellung des wesentlichen Unterschieds zwischen Theologie und Wissenschaft, um von hier aus die Frage zu stellen, ob der Theologe auf Grund der Andersartigkeit der Theologie ein besonderes Interesse an der Sprache hat bzw. ob er sich bei der Formulierung theologischer Aussagen vor besondere Probleme gestellt sieht. 6 H. Albert a. a. O. S. 17. 20
2.
Theologie und Sprache: Analogie und Hermeneutik
Auf Grund der Tatsache, daß sich theologisches Wissen auf eine besondere Erkenntnisquelle beruft, die nicht zur natürlichen Ausstattung des Menschen gehört, und auf Grund des Vorhandenseins eines letzten Kriteriums, an Hand dessen über die Richtigkeit theologischer Aussagen zu entscheiden ist, steht der Theologe in der Tat vor sprachlichen Problemen besonderer Art. Einerseits ist der Inhalt theologischer Aussagen ein einzigartiger, geht es doch um Gott, ein welttranszendentes Wesen, und dessen Beziehungen zu Mensch und Welt; darüber irgendwelche positive Erkenntnis zu gewinnen, ist dem Menschen kraft eigener Denkbemühungen unmöglich. Andererseits erfolgte die erste und für alle weitere Theologie entscheidende sprachliche Fixierung dieser Aussagen in einer Sprache und Kulturwelt, von deren direktem Verständnis spätere Theologengenerationen mehr oder weniger weit entfernt sind. Der Theologe sieht sich somit vor ein Problem gestellt, das zwei Aspekte hat: 1. Wie ist ein sinnvolles und verständliches Reden über Gott möglich? Und 2. Wie sind die kanonischen Schriften zu verstehen? a) Reden über Gott in der Sprache der Analogie
Zunächst erscheint als Antwort auf Frage 1. der Verweis auf die Aussagen der Schriften sinnvoll, denn darin ist sehr viel von Gott die Rede; und es ist anzunehmen, daß die Autoren das, was sie geschrieben haben, auch verstanden haben. Dies wäre aber, wie sich zeigen wird, eine vorschnelle Antwort. Daß sich dieses Problem des »Redens von Gott in der Sprache 21
der Welt«7 durch die ganze Theologiegeschichte zieht, weist ebenfalls darauf hin, daß der Verweis auf die Schriften zu voreilig wäre. Wie also ist ein solches Reden möglich? Sagt der Theologe z. B. von Gott, daß er die Eigenschaften hat und die Verhaltensweisen zeigt, die einen Vater auszeichnen, von dem man sagt, er liebe seine Kinder, wenn er Gott einen »liebenden Vater« nennt? Augustinus bemerkt: »Wenn du es begreifen kannst, dann ist es nicht Gott, über den du nachdenkst.«8 Was sagt dann aber der Theologe, wenn er über Gott redet; meint er doch nicht, was er sagt? Im Gegensatz zur These Wittgensteins, daß das Meinen neben dem .Sprechen keine eigenständige geistige Tätigkeit ist9, scheint es dennoch notwendig zu sein, dem Theologen ein »theologisches Meinen« zugestehen zu müssen. Von zentraler Bedeutung für das Reden über Gott sind nämlich in der Theologiegeschichte die überlegungen zur Analogie zwischen Gott dem Schöpfer und Welt und Mensch als den Geschöpfen, insbesondere die scholastische Lehre von der »analogia entis« gewesen. IO Es waren Versuche, dem Dilemma, einerseits in allzu 7 So der deutsche Titel des bereits zitierten Buches von P. M. van Buren. 8 Sermo II3,3,5; zitiert bei R. C. Coburn: The Hiddenness of God and some Barmedical God Surrogates, The Journal of Philosophy, Vol. 57 (1960), S.7II (Anhang); Coburn bringt dort weitere ähnliche Zitate von bekannten Kirchenlehrern und Theologen. 9 Vgl. Philosophische Untersuchungen 5°7-510, 665-682, 687-693 (zitiert wird - wie auch später beim Tractatus - nach den Nummern der Abschnitte), in: Ludwig Wittgenstein: Schriften I, Frankfurt a. M. 1960. 10 So erklärte etwa das IV. Laterankonzil (1215): »inter creatorem et creaturam non potest tanta similitudo notari, quin inter eos maior sit dissimilitudo notanda.« Zitiert im Lexikon für Theologie und Kirche, Band I, Freiburg i. Br. 1. Auflage 1957, Sp. 471, eine Formulierung, die E. Przy22
menschlicher Weise wie die Mythologie von Gott zu reden, andererseits aber auf Grund seines Anders-Seins über ihn zu schweigen, zu entkommen. Ernst Topitsch hat in einer umfassenden StudieII den Versuch unternommen aufzuzeigen, daß die Sprache der Analogie mit ihren aus den dem Menschen bekannten und vertrauten Lebensbereichen entnommenen Modellen grundlegende Bedeutung für den ganzen Bereich von Mythos und Religion hat. Verfügt nun ein Theologe über eine solche Analogielehre, die ihm die Regeln angibt (z. B. »secundum eminentiorem modum«), wie die auf Gott an gewandten Begriffe zu verstehen sind, dann kann er mit Hilfe technomorpher und soziomorpher Modelleu Aussagen über Gott machen. Der Theologe spricht also Gott ein bestimmtes Prädikat zu, »meint« damit aber im Lichte seiner Analogielehre etwas von der normalen Bedeutung dieses Prädikats und dessen Implikationen Verschiedenes. Allerdings ist auch diese Lösung des Problems nicht ohne Schwierigkeiten. I3 Denn eine eindeutige Kennzeichnung Gottes mit Hilfe eines analogen Begriffs würde eine Interprewara eine »wahre Mitte« nennt: »Das Konzil nimmt ... die >so große .i\hnlichkeit zwischen Schöpfer und Geschöpf< ... als Grundlage, akzentuiert aber zugleich ... die >je immer größere Unähnlichkeit in einer noch so großen Ahnlichkeit< zwischen Gott und Geschöpf.« ebd. Auf die Bedeutung der Analogielehre bei Rudolf Bultmann, Kar! Barth und Paul Tillich weist John Macquarrie: God-Talk. An Examination of theLanguage and Logic of Theology, New YorkiEvanston 1967, S. 40 f., 48 f., 50 hin. I I Vom Ursprung und Ende der Metaphysik. Eine Studie zur Weltanschauungskritik, Wien 1958; vgl. besonders seine Kritik der Lehre von der analogia entis, S. 218-221; zum Christentum im allgemeinen vgl. S. 193 bis 221. I2 Zu diesen Begriffen vgl. E. Topitsch a. a. O. S. 19. 13 Vgl. die Kritik von W. Kaufmann a. a. o. S. 215-222.
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tationsregel erfordern, die genau den Umfang angibt, in dem dieser Begriff Gott zuzusprechen ist bzw. nicht zuzusprechen ist. Das aber würde die Kenntnis des Unbekannten voraussetzen. Auch aus den kanonischen Schriften ist keine eindeutige Analogielehre abzuleiten. Damit kommen wir zu Frage 2. b) Das hermeneutische Problem
Es ist erstaunlich festzustellen, daß es offenbar schon unter den Autoren der kanonischen Schriften selbst Verständnisschwierigkeiten gegeben hat. So bemerkt etwa der Verfasser des zweiten Petrusbriefes über die Schriften des Apostel Paulus, daß in ihnen »manches schwer zu verstehen« sei. I4 Es ist dann nicht verwunderlich, daß diese Schwierigkeiten bei späteren Theologengenerationen, die mehr oder weniger weit von einem direkten Verständnis der Sprach- und Kulturwelt der Schriftautoren entfernt sind, noch größer geworden sind. Wenn die These von Topitsch stimmt, daß sich der Mensch zur Bewältigung des Unbekannten ihm vertrauter Sprachrnodelle bedient hat, um sich damit ein zusammenhängendes Weltbild aufzubauen, dann sind diese Verständnisschwierigkeiten hinsichtlich der kanonischen Schriften zu erwarten. Denn diese Weltbilder und ihre Sprachmodelle sind abhängig von den jeweiligen geographischen, sozialen und kulturellen Lebensbedingungen und Gegebenheiten, da die Sprache, die letztere reflektiert, zugleich zur Formulierung des Weltbildes verwendet wird. Wenn nun die christliche Lehre, die auch· ein bestimmtes Weltbild impliziert, in einer Sprach- und Kultur14 Vgl.
2.
Petr. 3)15 f.
welt verkündet werden soll, die sich von der unterscheidet, in der ihre erste schriftliche Fixierung erfolgte, dann werden Transformationen und Interpretationen innerhalb der alten Lehre erforderlich, um sie den neuen Gegebenheiten anzupassen. Faktisch wurde diese Praxis von den ersten Tagen des Christentums an geübtI5 ; die systematische Reflexion darüber, insbesondere über die historische Bedingtheit der biblischen Schriften, die heute von der Theologie allgemein anerkannt ist, begann jedoch erst sehr viel später. Wenn der Theologe Aussagen über Gott macht, genügt es also nicht, daß er die, in den Schriften gemachten Aussagen wiederholt; er muß sie gegebenenfalls interpretieren und verändern. Diese Aussagen werden dann meistens mit Hilfe einer Analogielehre und deren Interpretationsregeln hinsichtlich ihres Aussagegehalts näher qualifiziert. Es wäre unmöglich, in diesem Zusammenhang eine angemessene Darstellung der geschichtlichen Entwicklung der Schriftauslegung zu geben; dennoch ist eine kurze Skizze notwendig, um die grundsätzliche hermeneutische Problematik, um die es hier geht, verständlich zu machen. Aufgabe einer biblischen Hermeneutik I6 ist es, die für die Auslegung der biblischen Schriften notwendigen Regeln und Methoden zu erarbeiten 15 Man denke etwa an die Verarbeitung hellenistischen Gedankengutes bei Paulus und gnostischer Vorstellungen im Johannesevangelium. 16 Hier wird dieser Begriff in einem sehr weiten, formalen Sinn verwendet. Er fand schon vor Buhmann in der Theologie Verwendung, hat aber bei ihm eine besondere Bedeutung erhalten und ist seitdem eng mit seinem Namen verbunden. Deshalb spricht Kurt Frör von einer »speziellen Hermeneutik« Bultmanns ; vgl. Biblische Hermeneutik. Zur Schriftauslegung in Predigt und Unterricht, München 2. Auf!. 1964, S. 39. In unserer Verwendung des Begriffs ist demnach die Hermeneutik Bultmanns, seine existentiale Interpretation, eine hermeneutische Methode unter anderen.
und darzulegen. Daß dies besondere Probleme aufwirft, ist verständlich, da es sich um eine in einer bestimmten historischen Epoche schriftlich fixierte Offenbarung handelt. Im Verlauf der Theologiegeschichte wurden die verschiedensten Auslegungsarten und -methoden praktiziert. 17 Allerdings war diese Auslegungsproblematik so lange nur von relativer Bedeutung, als die grundlegenden Elemente der christlichen Theologie (Gottesglaube, Schöpfungslehre, Erlösungslehre usw.) nicht in Frage gestellt wurden. Bis in die Neuzeit hinein wurde das der christlichen Lehre immanente Weltbild, das nicht zuletzt durch den Einfluß des Christentums das allgemein anerkannte war, nicht problematisiert. Auch die Probleme, die sich zur Zeit der Aufklärung stellten, konnten noch bewältigt werden: »Die Schwierigkeiten, daß die Bibel dem Postulat der zeitlosen Vernunftwahrheiten so schlecht genügte, bewältigte die Aufklärung mit den Begriffen der Entwicklung und der Akkomodation. Der Entwicklungsbegriff konnte einsichtig machen, daß die vollkommene Klarheit der Vernunftreligion erst am Ende eines langen Aufstiegs aus dem Dunkel von Aberglauben und Mystizismus erreicht werden konnte. Die Religionen, einschließlich des Christentums, waren dann nichts anderes als Stationen auf diesem Weg. Und der Begriff der Akkomodation konnte dazu dienen, die Ehrfurcht vor der Gestalt Jesu mit der Kritik seiner Lehre zu verbinden: Gott konnte sich eben nicht anders ver17 In der Zeit der Kirchenväter überwog die allegorische und typologische Auslegung; die Theologen der Scholastik unterschieden neben dem Literalsinn den allegorischen, moralischen und anagogischen Sinn. Für einen überblick vgl. K. Frör a. a. o. S. 200-46 und den Artikel »Exegese« im Lexikon für Theologie und Kirche, Band 3, Freiburg i. Br. 2. Auflage 1959, Sp. 1273- 1293.
ständlich machen als durch Anpassung an die Denkbedingungen des Zeitalters.«18 Immerhin war in dieser Perspektive eine erste Relativierung der biblischen Aussagen enthalten. Außerdem ermöglichten die Verselbständigung des philosophischen Denkens und die Suche nach einer neuen erkenntnistheoretischen Grundlage nun die Formulierung einer grundsätzlichen Kritik der christlichen Lehre und des christlichen Weltbildes. 19 Die hermeneutische Problematik verschärfte sich entscheidend mit dem Aufkommen der historischen Fragestellung im 19. Jahrhundert, denn die Einsicht in die Zeitbedingtheit der biblischen Schriften barg die Gefahr in sich, in diesen nur noch ein Dokument vergangener Zeiten zu sehen. Der protestantische Liberalismus machte den größten Schritt in dieser Richtung. »Der Theologe arbeitete zunächst einmal mit der anerkannten historischen Methode wie jeder andere Historiker auch. Aus deren Ergebnissen konnten aber dann religiössittliche Ideen und Werte entnommen werden, die als Mittel zur Kräftigung der Gemeinde zu gebrauchen waren ... Die Auslegung der biblischen Texte zerfiel damit in zwei Arbeitsstufen: Die exakte historische Forschung auf der einen und die psychologische Wirkung ihrer Ergebnisse auf der anderen Seite.«2o Das Ergebnis dieses hermeneutischen Programms, die Deu18 K. Frör a. a. O. S. 27. 19 Allerdings war auch dies eine sehr langsame Entwicklung; vgl. den überblick bei E. Topitsch a. a. O. S. 221 -280. 20 K. Frör a. a. O. S. 29; vgl. auch die Darstellung der Entwicklung des
protestantischen Liberalismus (unter besonderer Berücksichtigung der Situation in Nordamerika) bei William W. Bartley: The Retreat to Commitment, London 1964, S. 22·- 52.
tung der Person Jesu als eines Moralpredigers, brach aber sehr schnell infolge der weiteren historisch-kritischen Forschung zusammen. Es blieben einerseits die historische Forschung selbst und zum anderen die Erkenntnis, daß Jesu Leben und Predigt - und damit auch die biblischen Schriften - nur aus dem Zusammenhang der jüdischen Religionsgeschichte heraus verstanden werden können. Damit steht der Theologe, der in den biblischen Schriften den Niederschlag einer einmaligen und verpflichtenden Offenbarung sieht, heute vor der Frage, was als der zeitlose Kern dieser Offenbarung zu gelten hat. Einerseits ist der ganze Gehalt der biblisch-theologischen Aussagen durch eine konsequente Durchführung der historischen Fragestellung bedroht, eine Fragestellung, deren kritische Relevanz durch die philosophische Kritik und die Ergebnisse der Naturwissenschaften, die das mythologische Weltbild haben zusammenbrechen lassen, bestätigt und verstärkt wird. Andererseits benützt der Theologe die historische Methode 'selbst zur Entschärfung der verschärften hermeneutischen Problematik. Denn sie liefert ihm die Rechtfertigung, die angesichts der wissenschaftlichen Kritik nicht mehr haltbaren Elemente der biblischen Aussagen ganz auszuscheiden, oder aber ihnen durch Hinzufügung neuer hermeneutischer Prinzipien 21 eine neue Interpretation zu geben, die auf das alte Weltbild als kosmologischen Aussagenzusammenhang verzichtet. Bei dieser Unterscheidung zwischen dem zeitlosen und unaufgebbaren Kern der Offenbarung und dessen zeitbedingter sprachlicher Verkleidung wird nun die Frage nach einem KriHier ist Bultmanns »spezielle Hermeneutik« der existentialen Interpretation zu nennen.
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terium oder einer hermeneutischen Methode zur Ermittlung dieses Kerns entscheidend. Es wurde bereits festgestellt, daß die hermeneutischen Prinzipien im Verlauf der Theologiegeschichte sehr wandlungs- und anpassungsfähig waren. Kann nun eine moderne historisch-kritische Bibelexegese unter Zuhilfenahme der Philologie, der Archäologie, der Geschichtswissenschaften usw. mit den verschiedenen Fragestellungen der Literarkritik (form-, traditions-, redaktionsgeschichtliche, usw.) das gestellte Problem lösen? Sicher kann sie manches zur Klärung der Frage beitragen, welche theologische Aussage der Autor eines Textes machen wollte. 22 Aber damit ist das 22 Zur Illustration sei in aller Kürze als ein Beispiel die Untersuchung des Neutestamentlers Anton Vögtle: Das Schicksal des Messiaskindes. Zur Auslegung und Theologie von Mt. 2, Bibel und Leben (1965), S.246-279, referiert. In diesem Kapitel erzählt der Evangelist die Geschichte der drei Sterndeuter aus dem Morgenland, die Flucht nach Ägypten, den Kindermord in Bethlehem und die Rückkehr aus Ägypten. Dem kritischen Leser stellen sich u. a. folgende Fragen, die zugleich ein erster Hinweis darauf sind, daß es sich hier nicht um einen historischen Bericht handelt: Warum erschrickt »ganz Jerusalem« mit Herodes über die Nachricht des neugeborenen »Königs«? Schließlich war Herodes im Volk verhaßt, so daß man zumindest eine stille Freude erwartet hätte. Warum schickt Herodes den Sterndeutern keine Begleiter oder heimliche Späher mit, da er doch eine Konkurrenz erwarten mußte? Vielmehr verläßt er sich auf Fremde, was ganz dem von ihm überlieferten Charakterbild widerspricht. Warum führt der Wunderstern gerade über Jerusalem statt direkt nach Bethlehem? Warum erinnert sich beim späteren öffentlichen Auftreten Jesu niemand an die unter solchen besonderen Umständen erfolgte Geburt eines »Königskindes«? usw. - Vögtle weist an Hand von gattungs- und motivgeschichtlichen Untersuchungen nach, daß der Autor unter Verwendung alter ähnlicher Erzählungen über die Geburt von Moses und Abraham eine theologische Aussage über Jesus machen will, die man kurz so zusammenfassen kann: Jesus ist der Erfüller der prophetischen Vorgeschichte; er ist der Begründer und Führer des endzeitlichen Gottesvolkes. - Aber ist diese
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Problem nur um eine Ebene verschoben, denn auch hier ist die Frage legitim, warum bzw. ob diese Aussage zum Kern der Offenbarung gehört. Der Theologe, für den die biblischen Schriften das Zeugnis einer göttlichen Offenbarung sind, löst das Problem so, daß er, sofern er sich nicht einem Dogma oder einer kirchlichen Autorität verpflichtet fühlt, das als das »Unveränderliche« und» Unaufgebbare« ansieht, was ihm am wichtigsten und wertvollsten erscheint; dabei kann er die dann noch bestehenden Verständnis schwierigkeiten durch Hinzufügung neuer hermeneutischer Prinzipien zu lösen suchen. Die biblische Hermeneutik ist demnach gekennzeichnet durch die mehr oder weniger große Bereitschaft zu historischer Kritik, verbunden mit einem Dogmatismus verschiedener Prägung. 23 Diese Charakterisierung gilt auch für das Reden über Gott; denn einerseits gehören solche Aussagen zum Inhalt der biblischen Schriften, und zum anderen enthält jede Analogielehre dieselbe Problematik. 2 4 Die Lösung des Problems durch Aussage für den heutigen Menschen nicht auch eine nur im Rahmen der jüdischen Religionsgeschichte verständliche, zeitbedingte Aussage? - Für den Evangelisten war Jesus der selbst die größten Propheten überbietende Gottgesandte. Für R. Bultmann ist er das zu einem neuen Selbstverständnis anleitende »eschatologische Ereignis«, das »hier und jetzt, wo das Wort gepredigt wird«, geschieht (vgl. Jesus Christus und die Mythologie, Stundenbuch 47, Hamburg 1964, S.96). In der »nachtheistischen Theologie« von Dorothee Sölle ist er der Mensch, der »lehrend, lebend und sterbend die Ohnmacht Gottes in der Welt als das Leiden der nichts ausrichtenden Liebe« darstellt (vgl. Stellvertretung. Ein Kapitel Theologie nach dem »Tode Gottes«, Gütersloher Taschenbuchausgabe 65, 1972, S. 153)' 23 Vgl. H. Albert a. a. O. S. 129. 24 Bei der Diskussion der Lehre von der analogia entis schreibt E. Topitsch a. a. O. S. 218: »Eine systematische Klärung und Präzisierung der
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den Rückzug auf eine subjektive Entscheidung, einen subjektiven Glauben oder durch die Berufung auf eine andere Autorität, der geglaubt wird, schließt aber eine unvoreingenommene Diskussion des Problems in sachlich-historischer und erkenntnistheoretischer Hinsicht aus. Damit stellt sich das Problem dieses Abschnitts in einem etwas neuen Licht dar. Wir fragten nach dem besonderen Inte:csse des Theologen an der Sprache und den besonderen Problemen der theologischen Sprache. Wir fanden ein solches Interesse begründet in den Problemen, die einerseits durch das Reden über Gott, insofern er ein welttranszendentes Wesen ist, die andererseits durch die Interpretation der biblischen Schriften, insofern sie Texte aus einem bestimmten geschichtlichen Sprach- und Kulturraum sind, aufgeworfen werden. Solange das im Christentum implizierte mythologische Weltbild allgemein anerkannt war, waren diese Probleme für vergangene Theologengenerationen in der Tat sprachlicher und hermeneutischer Art. Unsere überlegungen ergaben aber, daß daraus im Verlauf der neueren geistesgeschichtlichen Entwicklung primär historisch-wissenschaftliche und erkenntnistheoretische Probleme geworden sind; oder anders: letztere waren hinter den sprachlichen und hermeneutischen Problemen verborgen. Wenn dieses Ergebnis stimmt, dann ist es erstaunlich, wenn John Macquarrie I967 schreiben kann, »daß das Problem der theologischen Sprache, das schon seit langer Zeit in unterschiedlicher Art und Weise erkannt wurde, in der gegenwärtigen theologischen Diskussion eine Schlüsselstellung einAnalogielehre hat selbst Thomas nicht durchgeführt. Das ist wohl kein Zufall, denn die Brauchbarkeit dieses Theologems beruht ja in erster Linie auf seiner Elastizität.«
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nimmt.«25 Es ist um so erstaunlicher, wenn man beachtet, daß die Lösungen, die die modernen Theologen auf die nun auch von ihnen - wenn vielleicht auch nur in einem weiteren Sinn - als wissenschaftliche und erkenntnistheoretische Probleme anerkannten Fragen gegeben haben und geben, kaum als akzeptable Lösungen angesichts der derzeitigen wissensch)Jtlichen und erkenntnistheoretischen Ergebnisse, soweit sie für diese Fragen relevant sind, betrachtet werden können. Der Verdacht liegt nahe, daß hier apologetische Interessen im Spiel sind; zumindest aber wird eine solche Behandlung der Probleme die grundsätzlichere Fragestellung verdrängen müssen. 26 Inwieweit das stimmt, wird die Analyse der in dieser Arbeit zur Diskussion stehenden philosophischen und theologischen Literatur zeigen müssen. Da deren Autoren sich im positiven oder negativen Sinn auf gewisse Richtungen der modernen analytischen Philosophie beziehen, sind zunächst noch einige allgemeine überlegungen zum Verhältnis von Theologie und Philosophie angebracht.
25 a. a. O. S. 33, - Englische Zitate wurden bis auf wenige Ausnahmen,
bei denen eine übersetzung nicht sinnvoll erschien, von mir übersetzt. 2.6 Eine ähnliche Feststellung trifft H. Albert a. a. O. S. 17, Anm. I!.
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11. Theologie und Philosophie
Die Theologie mußte immer mit Kritik aus dem Lager der Philosophen rechnen, fand andererseits aber auch immer wieder kräftige Unterstützung. Dementsprechend war und ist das Verhältnis der Theologie zur Philosophie durch apologetische Reaktionen oder durch Wohlwollen und Kooperation gekennzeichnet. Hier gilt unser spezielles Interesse den kooperativen Aspekten dieses Verhältnisses. Ausgehend von der These, daß jede Gruppe von Menschen ihre spezifischen normativen und kognitiven Wirklichkeitsdefinitionen hat, und daß die Wirklichkeitsdefinitionen verschiedener Gruppen in einer komplexen Gesellschaft differieren können, hat Peter L. Berger folgendes Dilemma für die christlichen Kirchen heute formuliert: »Die Kirchen, als soziale >Plausibilitätsstrukturen< des Christentums, können entweder trachten, sich den Wirklichkeitsbestimmungen der Umwelt anzupassen oder sich als kognitive Minderheiten gegenüber dieser Umwelt zu >verschanzen<.«I Hier soll diese Hypothese nicht weiter diskutiert werden; es soll lediglich der erste Teil dieser Alternative zum Ausgangspunkt der Überle1 Zur Soziologie kognitiver Minderheiten, Internationale DIALOG Zeitschrift, 2. Jahrgang (1969), S. 128 f; er beruft sich auf die Arbeiten von Muzafer Sherif, Solomon Asch, Milton Rokeach und Leon Festinger.
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gun gen gemacht werden. Denn auch Philosophen machen Aussagen über die Wirklichkeit, bzw. was als Wirklichkeit gelten soll, die somit als Wirklichkeits definitionen verstanden werden können. Die Thematik dieses Abschnitts ist gegenüber der des vorangegangenen nicht wesentlich neu; denn auch die Auslegung der Schrift impliziert eine Anpassung alter biblischer Wirklichkeitsdefinitionen an neue philosophische und wissenschaftliche Wirklichkeits definitionen, was durch die sich verändernden hermeneutischen Prinzipien deutlich wird. Hier geht es nun um die Bedeutung und die Rolle der Philosophie im Zusammenhang mit dem hermeneutischen Problem und der Formulierung theologischer Aussagen im allgemeinen. Dies soll wieder an Hand einer kurzen historischen Skizze erläutert werden. Solange die Philosophen selbst auf der Suche nach der reinen und letzten Wahrheit waren, hatte die Theologie eher Unterstützung als Kritik von ihnen zu erwarten. Die philosophischen und theologischen Wirklichkeits definitionen ergänzten sich, insofern letztere als überhöhung und Vollendung der ersteren verstanden wurden. Kritik war schon deshalb selten, weil viele Philosophen selbst Theologen waren; und außerdem hatte die Kirche durch ihren gesellschaftlichen Einfluß keine allzu große Mühe, sich der Kritik zu erwehren. Helmut Gollwitzer charakterisiert dieses Verhältnis von christlicher Theologie und antik-mittelalterlicher Metaphysik treffend in folgenden drei Punkten: »I. Die letzten Fragen des Menschen werden als Fragen theoretischer Welterkenntnis angesehen, formuliert und beantwortet ... 2. Die biblische Gottesverkündigung wird mit der philosophischen Spekulation verbunden in einem Stufenverhältnis: wo die Vernunft die natürli34
che Grenze ihrer Erkenntnis- und Aussagemöglichkeiten erreicht, tritt die Offenbarung überhöhend ein und führt die Vernunft zu weiteren, übernatürlichen Erkenntnissen und Aussagen ... 3. Was dem Menschen von sich aus zu erkennen möglich ist, und was die Offenbarung ihm sagt, bestätigt sich gegenseitig und stützt sich gegenseitig.«2 Erst im Verlauf eines allmählichen Emanzipationsprozesses aus der Rolle der »ancilla theologiae« wurde die Philosophie zu einer ernst zu nehmenden Kritikerin für die Theologie. Indem sie sich von dem alten Weltbild löste, das die Theologie beibehielt, eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Erkenntnis und Wertung, zwischen theoretischer und praktischer Vernunft traf3 und eine neue erkenntnistheoretische Fundierung suchte, wurde sie in die Lage versetzt, Aussagen zu machen, die den theologischen Wirklichkeitsdefinitionen widersprachen. Die Synthese mit der Philosophie, die der Theologie schon sehr früh gelungen war, war mit dem Aufkommen eines in der Terminologie W. Bartleys zunächst »umfassenden Rationalismus«4 ernsthaft bedroht. Der Theologe, der der Gefahr begegnen wollte, daß die Kirche zu einer kognitiven Minderheit wurde, mußte seine Wirklichkeits definitionen verändern und anpassen. Van Austin Harvey spricht von einer neuen Glaubensmoral des »säkularen Geistes«; deren wichtigste Elemente seien I. »das Recht des Denkers, frei zu sein von jeglicher Autorität«, 2. die Verpflichtung, »von seiner Vernunft einen öffentlichen Gebrauch zu machen, d. h. seine Gedanken in einer 2 Krummes Holz - aufrechter Gang. Zur Frage nach dem Sinn des Lebens, München 3. Aufl. 1971, S. 192. 3 Vgl. E. Topitsch a. a. O. S. 220 f. 4 Vgl. a. a. O. S. 109.
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solchen Weise mitzuteilen, daß sie von anderen rational beurteilt werden können«, 3. die sorgfältige Qualifikation eines je-' den Satzes, »so daß der Grad der Zustimmung, die dem Satze beigemessen wird, der auf ihn angewandten Strenge der Argumentation genau entspricht.«5 »Man kann die protestantische Theologie seit der Aufklärung als eine Reihe von Versuchen ansehen, die geistige Wahrhaftigkeit des christlichen Glaubens vor dem Forum der neuen Glaubensmoral zu rechtfertigen. «6 Bei der Darstellung der Entwicklung der hermeneutischen Problematik seit der Aufklärung wurde bereits deutlich, wie die Theologen diese Anpassung mit Hilfe bestimmter Elemente der vorherrschenden philosophischen Strömungen zu meistern suchten. In der Tat ist nicht jede Philosophie zu dieser Aufgabe brauchbar. Denn wenn das grundlegende Problem der Theologie heute ein erkenntnistheoretisches ist, dann sind nur solche philosophischen Gedanken für den Theologen zur Anpassung der alten theologischen Aussagen an neue Wirklichkeitsdefinitionen brauchbar, die auf Grund ihrer Affinität zur Theologie deren erkenntnistheoretische Grundlage bestätigen oder wenigstens nicht in Frage stellenl Da die Philoso5 Die Gottesfrage in der amerikanischen Theologie der Gegenwart, Zeitschrift für Theologie und Kirche, 64. Jahrgang (1967), S. 327 f. 6 ebd. S. 328. 7 Für eine klarere negative Kennzeichnung der Philosophie, die für den Theologen in keinem Fall in Frage kommen kann, kann man die von Mario Bunge formulierten fundamentalen Regeln für eine philosophische Methodologie heranziehen. Demnach wäre eine Philosophie, die folgende methodologische Regeln akzeptiert, für die Theologie nicht brauchbar: »Erstens sollte die Behandlung nichtlogischer philosophischer Probleme mit der üblichen Logik in Einklang stehen ... Zweitens sollte die Behandlung nichtlogischer philosophischer Probleme nicht in Widerspruch stehen zum
phie der Neuzeit sehr komplex ist, sieht sich der Theologe einerseits vor die Aufgabe gestellt, die für die Theologie günstigen philosophischen Strömungen bei der notwendigen Anpassung zu verarbeiten, andererseits die Option für eine bestimmte Philosophie durch eine Kritik anderer philosophischer Richtungen zu rechtfertigen. 8 Der Anpassungsprozeß, der im protestantischen Liberalismus einen ersten Höhepunkt und zugleich den ersten Zusammenbruch erlebte, wurde nach dem Ersten Weltkrieg nicht gleich fortgesetzt. Die »Krisentheologie« Karl Barths tendierte eindeutig in die Richtung der zweiten Möglichkeit des Bergerschen Dilemmas. 9 Dennoch war auch hier der Einfluß der Philosophie bedeutsam, diesmal der von Sören Kierkegaard. wichtigsten Gehalt des wissenschaftlichen Wissens; sie sollte außerdem wissenschaftlich >up to date< sein ... Drittens sollten Darlegung und Ausarbeitung philosophischer Probleme sowie die Prüfung vorgeschlagener Lösungen den jeweiligen Verfahren in der Wissenschaft entsprechen - d. h., die Methode des Philosophie rens sollte wissenschaftlich sein. Viertens sollten die zu philosophischen Problemen vorgeschlagenen Lösungen nur auf Grund ihres Wahrheitswertes beurteilt werden - unabhängig von nichtkognitiven, z. B. politischen überlegungen.« Scientific Research I, The Search for System. Studies in the Foundations; Methodology and Philosophy of Science, Vol. 3/1, Berlin-Heidelberg-New York 1967, S. 216 f. 8 Da die philosophische Kritik heute vor allem aus einer Richtung stammt, die die Theologen selbst allgemein mit dem Prädikat ~positivi stisch« kennzeichnen, richtet sich deren Kritik entsprechend primär gegen diese Richtung; vgl. etwa Bernhard Casper: Die Bedeutung der Lehre vom Verstehen für die Theologie, in: Bernhard Casper/Klaus Hemmerle/Peter Hünermann: Theologie als Wissenschaft. Methodische Zugänge, FreiburgBasel-Wien 1970, S. 9-53; ders.:Die Unfähigkeit zur Gottesfrage im positivistischen Bewußtsein, in: ]oseph Ratzinger (Hrsg.): Die Frage nach Gott, Freiburg-Basel-Wien 1972, S. 27-42. 9 Vgl. P. L. Berger a. a. O. S. 130 f.
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Mit der Entdeckung der Heideggerschen Existentialphilosophie für die Theologie durch Bultmann begann eine zweite große Anpassungswelle, die Berger dazu veranlaßt, von einem Neo-Liberalismus zu sprechen, der aber erheblich »radikaler« sei, »weil die Säkularisierung der gesamtgesellschaftlichen Wirklichkeit seit dem Zeitalter von Ritschl und Harnack erheblichen Fortschritt gemacht hat .... Daher steht der neue Liberalismus vielfach im Zeichen einer kognitiven Totalkapitulation, wie es die jetzt in Mode stehenden Slogans von >weltlichem Christentum<, >Religionslosigkeit< und der sogenannten >Gott-ist-tot<-Theologie bezeugen. Anstatt der auch nur modifizierten religiösen Inhalte der christlichen Tradition werden nun verschiedene auch in der modernen Welt »relevante« Programme aufgestellt, meistens sozialpolitischer oder psychotherapeutischer Art. Da sich die diesbezüglichen Programme kaum von denen unterscheiden, die ganz einfach außerhalb jeglicher Verbindung mit christlich-kirchlichen Symbolen bestehen, ist hier eine Formel für die Selbstliquidierung der Kirchen gegeben - was wieder die konservativen Gegner dieser Programme, auch ohne Benützung von soziologischem Jargon, viel besser verstanden haben als deren Verfechter.«IO Diese verschiedenartigen neuesten »Theologien« verarbeiten unterschiedliche philosophische Gedanken und Ansätze, so daß eine detailliertere Darstellung hier zu weit führen würde. IX ebd. S. I3I. Eine kurze übersicht über die amerikanische Theologie, die heute besonders vielfältig zu sein scheint, gibt Martin E. Marty: Amerikanische protestantische Theologie der Gegenwart, in: Dean Peerman (Hrsg.): Theologie im Umbruch. Der Beitrag Amerikas zur gegenwärtigen TheoloIO
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Zusammenfassend ist zu sagen: Die Philosophie war für die Theologie immer von großer Bedeutung. Im Zusammenhang mit dem hermeneutischen Problem diente sie zur Formulierung hermeneutischer Prinzipien oder ganzer hermeneutischer Programme; insgesamt war und ist sie für die Formulierung und die Interpretation theologischer Aussagen bedeutsam, denn, so sagt der Theologe N orbert Greinacher: »Es kann und muß immer die Offenbarung in menschlichen Kategorien ausgesagt werden, wenn die Offenbarung überhaupt verstanden werden will. Damit ist das Wort Gottes immer zugleich Menschenwort.«12 Bei den meisten Theologen, die von philosophischen Gedanken beeinflußt waren und solche verarbeiteten, war es die Hauptfunktion der Philosophie, die Anpassung theologischer Aussagen an neue Wirklichkeitsdefinitionen zu ermöglichen. 13 Wenn aber auf Grund der fundamentalen erkenntnistheoretischen Problematik nicht jeder philosophische Ansatz für die Theologie geeignet ist, dann kann die zu Ende des letzten Abschnitts geäußerte Vermutung nun etwas konkretisiert werden. Es wurde gesagt, daß diese Problematik bewußt oder unbewußt in den Hintergrund gerückt wird, wenn man theologie, München 1968, S. 13-31. Vgl. auch van Austin Harvey a. a. O. und speziell zur »Gott-ist-tot«-Theologie Jourdain Bishop: Die »Gott-ist-tot«Theologie, Düsseldorf, 2. Auflage 1970. 12 Das Weltverständnis der katholischen Theologie in wissenssoziologischer Sicht, Internationale DIALOG Zeitschrift, 2. Jahrgang (1969), S.I26. 13 »Die berühmten Theologen kommen nach den großen selbständigen Denkern und suchen ihr religiöses Erbe gegen die neuesten Entwicklungen zu verteidigen. Sobald wieder ein großer Philosoph kommt oder eine neue intellektuelle Mode einreißt, ist eine Theologie überholt.« W. Kaufmann a. a. O. S. 259.
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gische Probleme als primär sprachliche behandelt. Die Vermutung liegt nahe, daß diejenigen, die theologische Probleme primär als sprachliche verstehen und zu deren Lösung auf gewisse Strömungen der analytischen Philosophie zurückgreifen, nicht zuletzt deshalb sich dieser Philosophie bedienen, weil sie die theologische Erkenntnisproblematik unangetastet läßt.
Teil: Darstellung und Diskussion einiger Interpretationen der religiösen und theologischen Sprache im Anschluß an die analytische Philosophie 2.
J. Analytische Philosophie und Theologie
I.
Kurze Charakterisierung der analytischen Philosophie
Der Begriff »analytische Philosophie« umfaßt mehrere philosophische Richtungen dieses Jahrhunderts, die primär im angelsächsischen Raum vertreten waren und sind: I. den logischen Atomismus, repräsentiert durch Russell und Wittgen~ stein, 2. den logischen Positivismus oder Empirismus (R. Carnap, A. J. Ayer), 3. die schwerer zu katalogisierenden »Philosophischen Untersuchungen« Wittgensteins oder allgemeiner sein~ Spätphilosophie, und 4. den linguistischen Phänomenalismus I mit seinem bekanntesten Vertreter John L. Austin. Wegen dieser verschiedenartigen Ansätze ist in diesem Zusammenhang eine angemessene Darstellung dieser Philosophie nicht möglich; hier sollen nur die wesentlichsten Punkte aufgezeigt werden. Versucht man, die verschiedenen Richtungen der analytischen Philosophie auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, dann kann man diesen darin sehen, daß hier die Sprachkritik das Erbe der kantischen Vernunftkritik angetreten hat: »so wie 1 Ich übernehme diesen Begriff von Kuno Lorenz an Ste~le von »Oxford Philosophy« oder »ordinary language philosophy«; vgl. Elemente der Sprachkritik. Eine Alternative zum Dogmatismus und Skeptizismus in der analytischen Philosophie, Frankfurt a. M. 1971, S. 142 f. Austin selbst sprach schon von »linguistic phenomenology«.
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die Erkenntniskritik Kants die überlieferte >Wissenschaft< vom Sein des Seienden, die Ontologie, abgelöst hat, so muß jene wiederum der modernen Sprachkritik weichen.«2 Die Fortschritte in der Logik und der mathematischen Grundlagenforschung und die damit sich ergebenden Probleme und weiter die Gegensätze zwischen idealistischer Philosophie und »den in der Sprache des Alltags oder der Wissenschaften ausgedrückten Einsichten waren es, die den Anstoß für jene Hinwendung zur Sprache gegeben haben, die heute als Kennzeichen der Analytischen Philosophie gelten darf«.3 Einige Aussagen dieser Philosophen über die Aufgabe der Philosophie mögen die zentrale Bedeutung der Sprachanalyse und -kritik bei diesen deutlich machen. Programmatisch für Wittgensteins »Tractatus« ist der Satz: »Alle Philosophie ist >Sprachkritik<.«4 Und in den »Philosophischen Untersuchungen« sagt er: »Die Ergebnisse der Philosophie sind die Entdeckung irgend eines schlichten Unsinns und Beulen, die sich der Verstand beim Anrennen an die Grenze der Sprache geholt hat.«f Für Gilbert Ryle ist es Aufgabe der Philosophie, systematisch irreführende Ausdrücke in weniger irreführende umzuformulieren. »Und ich neige vorläufig zu der überzeugung, daß dies philosophische Analyse ist, und daß darin die alleinige und ganze Funktion von Philosophie besteht.«6 2. K. Lorenz a. a. o. S. 30; vgl. speziell zu Wittgensteins .Tractatus« Wolfgang Stegmüller : Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie, 4. erweiterte Auflage Stuttgart 1969, S. 555. 3 K. Lorenz a. a. O. S. 28 f; vgl. insgesamt S. 23-36. 4 Tractatus logico-philosophicus, in: Ludwig Wittgenstein: Schriften I, Frankfurt a. M. 1960,4.0031. 5 ebd., 119. 6 Systematically misleading Expressions, in deutscher übersetzung abgedruckt in Rüdiger Bubner: Sprache und Analysis. Texte zur englischen
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Schließlich noch ein Zitat von A. J. Ayer: » ••• der Philosoph hat es als Analytiker nicht unmittelbar mit den physischen Eigenschaften der Dinge zu tun; er befaßt sich nur mit der Art und Weise, wie wir über sie reden.«7 Hinter dem gemeinsamen Interesse an der Sprache verbergen sich jedoch sehr unterschiedliche sprachkritische und sprachanalytische Programme. Diese lassen sich am besten daran aufzeigen, wie die einzelnen Philosophen die Umgangssprache beurteilen und welche Aufgabe sie der philosophischen Arbeit zuteilen. Die Vertreter des logischen Atomismus und Positivismus vertreten hinsichtlich der Umgangssprache folgende These: »Falls die Umgangssprache nicht offensichtlich selbst-widerspruchsvoll ist, so ist sie zumindest vage, doppeldeutig und irreführend, und im allgemeinen läßt sie keine klare und eindeutige Formulierung dessen zu, was man sagen will.«8 Allerdings gilt dies nur hinsichtlich der Brauchbarkeit für die Wissenschaft, denn die Umgangssprache ist für die alltägliche Verständigung ausreichend. Ausgehend von einer Abbildtheorie der Sprache und der Unterscheidung zwischen einer logischen und einer grammatischen Form der sprachlichen Ausdrücke, sahen die Vertreter des logischen Atomismus die Hauptaufgabe der Philosophie I. in der Aufklärung sprachlicher Verwirrungen und von Mißverständnissen, die auf Philosophie der Gegenwart, Göttingen 1968, S. 62. Treffend bemerkt W. Kaufmann zu dieser These, sie sei selbst äußerst »irreführend«; vgl. Der Glaube eines Ketzers, München 1965, S. 56. 7 Language, Truth and Logic; überetzt und herausgegeben von Herbert Herring, Stuttgart 1970, S. 73. 8 Dudley Shapere: Philosophy and the Analysis of Language, Inquiry, Vol. 3 (1960), S. 40.
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Grund der Nichtbeachtung des Unterschieds von logischer und grammatischer Form entstehen, und 2. im Aufbau einer logisch vollkommenen Sprache für die Wissenschaft9 ; bei Wittgenstein stand Punkt I. im Vordergrund des Interesses, bei Russell Punkt 2. G.]. Warnock spricht von zwei Hauptmerkmalen des Wiener Kreises, dem Ausgangspunkt des logischen Positivismus: »einerseits ein übertriebener Respekt vor Wissenschaft und Mathematik, andererseits eine extreme Abneigung gegenüber der Metaphysik. Sein Hauptziel ... war infolgedessen die Formulierung eines eindeutigen Kriteriums, mit dessen Hilfe Wissenschaft und Mathematik als akzeptabel ausweisbar sind, während damit die Metaphysik verworfen werden konnte.«Io Das philosophische Hauptinteresse galt daher wiederum dem Aufbau einer exakten Wissenschaftssprache und zum anderen der Formulierung eines empiristischen Sinnkriteriums, das zugleich eine Abgrenzung zwischen Wissenschaft und Metaphysik ermöglichen sollte. I I Während es unumstritten ist, daß sich die »Philosophischen Untersuchungen« Wittgensteins wesentlich vom »Tracta tus« unterscheiden, setzen die Wittgenstein-Interpreten dennoch unterschiedliche Akzente hinsichtlich der Frage, ob dieser 9 Vgl. dazu D. Shapere a. a. o. S. 40-42; K. Lorenz a. a. O. S.37-66; speziell zur Abbildtheorie vgl. W. Stegmüller a. a. o. S. 539-550. Lorenz wendet sich gegen eine Interpretation dieser Theorie im Sinne einer Entsprechung von Sprache und nichtsprachlicher Welt und sieht in ihr eine »noch unvollkommene Theorie der Prädikation«; vgl. S.66-105. 10 English Philosophy since 1900, London-Oxford-New York 2. Auflage 19 69, S. 35. I I V gl. dazu Karl R. Popper: The Demarcation between Science and Metaphysics, in: Conjectures and Refutations, a. a. o. S. 253-292; W. Stegmüller a. a. O. S. 346-428.
Unterschied mehr als Bruch mit den alten Gedanken oder als Weiterentwicklung derselben zu verstehen istp Gemeinsamer Ausgangspunkt bei der Philosophien bleibt die Einsicht in den irreführenden Charakter der Umgangssprache I3 ; daraus wird nun aber nicht mehr die Notwendigkeit der Bildung einer Idealsprache oder einer Reform der Umgangssprache abgeleitet. I4 Wittgenstein gibt die alte Abbildtheorie auf, und an die Stelle der Unterscheidung von grammatischer und logischer Form sprachlicher Ausdrücke tritt die Unterscheidung zwischen Oberflächengrammatik und Tiefengrammatik. Jetzt soll »der Sprachgebrauch selbst, ohne Vermittlung theoretischer Konstruktionen, allein auf dem Weg über die >Sprachspiele<, zur Einführung der Rede von >Bedeutungen< hinreichen und die syntaktischen Regeln zur Verwendung gebrauchssprachlicher So betont etwa Stegmüller, daß die zweite Philosophie Wittgensteins als eine Fortsetzung der ersten aufgefaßt werden kann« (a. a. o. S. 524). Paul Feyerabend, der ebenfalls die Unterschiede herausarbeitet, weist andererseits auf das gleichbleib ende Verständnis von Philosophie hin; man ersetze etwa in dem Satz ~Das Wort >Philosophie< muß etwas bedeuten, was über oder unter, aber nicht neben den Naturwissenschaften steht.« (Tractatus 4.111) »Naturwissenschaften« durch »Sprachspiele«; vgl.: Wittgenstein's Philosophical Investigations, abgedruckt in George Pitcher (ed.): Wittgenstein. The Philosophical Investigations, LondonMelbourne 1968, S. 1°4-15°, besonders 146 H. Vor allem Lorenz betont den Zusammenhang: »Wir wollen zeigen, daß die sprachkritische Basis, die den philosophischen Erörterungen im >Tractatus< erst ihren methodischen Halt gibt, auch in den >Philosophischen Untersuchungen< nicht preisgegeben, sondern noch wesentlich verbreitert wird.« (a. a. o. S. 107). 13 Vgl. Philosophische Untersuchungen 119, 122, 1J2. 14 Vgl. Philosophische Untersuchungen 120, 124 (»Die Philosophie darf den tatsächlichen Gebrauch der Sprache in keiner Weise antasten, sie kann ihn am Ende also nur beschreiben.«), 1J2 f. 12
~nicht
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Ausdrücke (Oberflächen grammatik) mit semantischen, das Verständnis dieser Ausdrücke darstellenden Regeln (Tiefengrammatik), ergänzen.«Is An die Stelle der Abbildtheorie oder »Mosaiktheorie der Sprache« tritt eine »Schachtheorie der Sprache«I6, in der der Begriff des »Sprachspiels« von zentraler Bedeutung ist. »Das Wort >Sprachspiel< soll hier hervorheben, daß das Sprechen der Sprache ein Teil ist einer Tätigkeit, oder einer Lebensform.«I7 Wie ein Schachspiel seine Regeln hat, nach denen die verschiedenen Züge gespielt werden, so ist auch jedes Sprachspiel von Regeln geleitet, die als »Gepflogenheiten« verstanden werden. I8 Demnach haben Worte und Sätze einen Sinn und werden verstanden, insofern sie eine »uns geläufige Anwendung«I9 finden und in einem von Regeln geleiteten Sprachspiel gebraucht werden: »Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache.«2o 15 K. Lorenz a. a. O. S. 109. 16 Diese Begriffe stammen von Stegmüller a. a. O. S. 591; zum folgenden vgl. ebd. S. 584-600 und Eike von Savigny: Die Philosophie der normalen Sprache. Eine kritische Einführung in die »ordinary language philosophy«, Frankfurt a. M. 1969, S. 59-76. 17 Philosophische Untersuchungen 23; vgl. auch 7,19. 18 Vgl. Philosophische Untersuchungen 199. 19 Vgl. Philosophische Untersuchungen 349. 20 Philosophische Untersuchungen 43; vgl. auch 9 ff., 290 ff., 383 ff. Feyerabend (vgl. a. a. O. S. 120-146) hat diese Sprachtheorie »instrumentalistisch« genannt, und er kann sich dabei auf einige in diesem Sinn eindeutige Aussagen Wittgensteins stützen (vgl. Philosophische Untersuchungen 1 I, 421, 569). Savigny (vgl. a. a. O. S. 76 f.) hält diese Interpretation für falsch: für Wittgenstein habe ein Ausdruck nicht dann Bedeutung, »wenn und insoweit man mit seiner Verwendung einen bestimmten Zweck erreicht«; nach seiner Interpretation hat z. B. die Äußerung »Schließ die Tür!« deshalb Bedeutung, »weil das Schließen der Tür von allen Sprach-
Die Aufgabe der Philosophie ist für Wittgenstein eine klärende und therapeutische. Es geht ihm um die Beseitigung philosophischer Probleme; deren Hauptursachen sind: »Fehldeutungen der Sprache (linguistische Konfusionen) und das Streben nach dem Allgemeinen und Gemeinsamen (die essentialistische Neigung).«2I »Denn die Klarheit, die wir anstreben, ist allerdings f(ine vollkommene. Aber das heißt nur, daß die philosophischen Probleme vollkommen verschwinden sollen.«22 Den bisher besprochenen Richtungen der analytischen Philosophie ist eine grundsätzliche Kritik der traditionellen Philosophie gemeinsam. Während bei den Vertretern des logischen Atomismus und Positivismus diese Kritik von dem Versuch begleitet war, die wissenschaftliche Erkenntnis auf eine neue Grundlage zu stellen, entfällt dieses Element beim späten Wittgenstein; er beschränkt sich auf eine Rekonstruktion des faktischen Sprachgebrauchs, wenngleich dieses Unternehmen teilnehmern als ein der l1ußerung gegenüber angemessenes Verhalten sanktioniert wird - unabhängig davon, ob der Sprecher das mit ihr im Sinn hatte oder nicht.« Diese Interpretation schließt aber eine instrumentalistische Deutung nicht aus; sie verweist nur darauf, daß das Sprachspiel, das ich spiele, den anderen Sprachteilnehmern vertraut sein muß, damit ich den intendierten Zweck erreiche. Die Interpretation von Lorenz berücksichtigt beide Elemente; er schreibt: »Leider hat die verkürzte Redeweise, bei der die Beschreibung von Sprachspielen mit der Beschreibung von Verwendungsweisen sprachlicher Ausdrücke als gleichwertig angesehen werden kann, dazu geführt, daß die Einführung sprachlicher Ausdrücke von ihrer Verwendung nicht immer sorgfältig unterschieden wird.« (a. a. O. S. 124; vgl. S. I06-I3I). Allerdings hat auch diese Deutung gewisse Modifikationen der Interpretation von Feyerabend zur Folge; vgl. S.124, Anm·5 6. 2.I Stegmüller a. a. O. S. 605. 2.2. Philosophische Untersuchungen I33.
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von einem kritischen philosophischen Interesse geleitet ist. Bei den Vertretern des linguistischen Phänomenalismus, die sich im Anschluß an Wittgenstein ganz auf die »ordinary language« konzentrieren, verschwindet nun auch dieses kritische Interesse mehr und mehr, so daß A. M. Quinton etwa von Austin sagt, sein Interesse habe den »Regeln der Sprache um ihrer selbst willen« gegolten. 23 Auch diese Analytiker sind der Meinung, daß sich die Philosophen durch die Umgangssprache haben in die Irre führen lassen; aber das spricht eher gegen die Philosophen als gegen die Sprache, denn »unser üblicher Bestand an Wörtern enthält all die Unterscheidungen und Verbindungen, die zu machen die Menschen im Laufe vieler Generationen für wichtig erachtet haben: diese sind sicherlich zahlreicher und zuverlässiger - sie haben nämlich den langen Test des überlebens des Tüchtigsten überstanden - und sie sind scharfsinniger - zumindest in allen gewöhnlichen und leidlich wirklichkeitsnahen Angelegenheiten - als irgendwelche, die du oder ich in unserem Lehnstuhl an einem Nachmittag ausdenken mögen - die am meisten bevorzugte Alternativmethode.«24 23 Vgl. Excerpt from »Contemporary British Philosophy«, abgedruckt in G. Pitcher a. a. o. S. 14; vgl. auch Stegmüller a. a. O. S. 569 und Shapere a. a. o. S.42-45, insbesondere seine Kritik an der Interpretation des Zusammenhangs von Wittgenstein und Austin durch Morris Weitz (v gl. Oxford Philosophy, Philosophical Review, Vol. 62 (1953), S. 188); Shapere sagt: »Der Unterschied zwischen den bei den Ansätzen ist darin zu sehen, daß für Wittgenstein die Begriffe, die wir für eine überprüfung auswählen, nicht (wie für Austin) solche sind, mit denen sich die Philosophen nicht beschäftigt haben, sondern eher solche, mit denen sich die Philosophen beschäftigt haben.« (S. 48, Anm. 16). 24 John L. Austin: A Plea for Excuses, in: ders. Philosophical Papers, Oxford 1961, S. 130.
Damit ist der alltägliche Sprachgebrauch in besonderer Weise ausgezeichnet. 25 Es geht nun nicht mehr um die Beseitigung der philosophischen Probleme, sondern um die Aufdeckung und Beschreibung der »Logik« der Umgangssprache: »die wichtigste Aufgabe des Philosophen besteht darin, zu verstehen, wie unser Denken über die Dinge funktioniert, und ... wir können nur dann etwas über dieses Funktionieren herausfinden, wenn wir danach sehen, wie wir die Wörter gebrauchen ... der sprachliche Gebrauch ist das einzige relevante experimentelle Datum, das wir zur Untersuchung des Verhaltens unserer Begriffe haben.«26
2.
Religion und Theologie aus der Sicht der Analytiker
Wir beschränken uns in diesem Abschnitt auf Ayer und Wittgenstein, da sie zu den wenigen Philosophen des analytischen Lagers gehören, die sich explizit zu diesem Thema geäußert haben. Die durch Ayer repräsentierte positivistische erkenntnistheoretische Position ist außerdem insofern in unserem Zusammenhang von Bedeutung, als die noch zu diskutierenden Philosophen und Theologen mehr oder weniger direkt daran anknüpfen; in ihr ist das Problem formuliert, auf das diese mit ihren Entwürfen antworten. Und in der Spätphilosophie 25 Vgl. Austins viel zitierten Satz: »Die Umgangssprache ist nicht das letzte Wort: grundsätzlich kann sie immer ergänzt, verbessert und ersetzt werden. Man denke nur daran: sie ist das erste Wort.« a. a. O. S. IH. 26 Eine Bemerkung von P. F. Strawson bei einer Diskussion I96I, zitiert in Lorenz a. a. O. S. I40. Eine solche »philosophische Analyse« nennt M. Bunge »prescientific linguistic semianalysis«; vgl. The Myth of Simplicity. Problems of Scientific Philosophy, London I963, S. 5.
Wittgensteins liegt ein positiver Ansatz zur Lösung des Problems.
a) Al/red J. Ayer: »Language, Truth and Logic
sion nicht größer sein als der der Prämissen. Nur apriorische Sätze sind logisch gewiß, weil sie Tautologien sind; aus einer Tautologie kann aber nur eine weitere Tautologie abgeleitet werden. 2. Auch der Nachweis der Wahrscheinlichkeit der Existenz eines Gottes ist nicht möglich; wäre nämlich die Existenz Gottes wahrscheinlich, dann wäre die Behauptung seiner Existenz eine empirische Hypothese. »Und in diesem Falle wäre es möglich, aus ihr und anderen Hypothesen gewisse Erfahrungspropositionen herzuleiten, die aus jenen anderen Hypothesen allein nicht herleitbar wären. Das ist aber tatsächlich unmöglich.«3 0 3. Versteht man Gott als ein transzendentes Wesen, das mit einer empirischen Begriffssprache letztlich nicht beschrieben werden kann, dann ist »Gott« ein metaphysischer Begriff, der wissenschaftlich bedeutungslos ist, denn nur eine empirische Aussage kann eine wissenschaftliche sein. 3I 4. Aussagen über Gott können auch nicht das Ergebnis einer rein mystischen Anschauung sein, denn: »Gibt ein Mystiker zu, daß der Gegenstand seiner Vision etwas Unbeschreibliches ist, dann muß er auch zugeben, daß er notwendigerweise Unsinn redet, wenn er ihn beschreibt.«32 Wenn aber eine wirkliche Erkenntnis vorläge, dann müßte sie so formu30 a. a. O. S. 152. 31 Ahnlich argumentiert Antony Flew: der Theologe, dessen Aussagen
über Gott wie Tatsachenaussagen aussehen, läßt nicht zu, daß diese durch empirische Ereignisse oder Fakten widerlegt werden; er entgeht einer solchen Falsifizierung durch immer neue Qualifizierungen seiner theologischen Aussagen (z. B.: »Gottes Liebe ist >nicht eine bloß menschliche Liebe<.«), so daß Gott schließlich »den Tod der tausend Qualifikationen« stirbt; vgl. Antony Flew/Richard M. Hare/Basil Mitchell: Theology and Falsification, in: A. Flew/Alasdair MacIntyre (ed.): New Essays in Philosophical Theology, London 1955. S. 96-99. 32 a. a. O. S. 157.
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liert werden, daß sie empirisch überprüfbar wäre. Aus all dem folgt, daß theologische Aussagen keine Erkenntnisse vermitteln und daher bedeutungslos sind. b) Ludwig Wittgenstein: »Vorlesungen über den religiösen Glauben«
Es ist schwierig und problematisch, etwas Definitives über Religion und Theologie aus der Sicht Wittgensteins zu sagen. Im »Tractatus logico-philosophicus« wird dieses Thema nicht explizit behandelt 33 ; und die» Vorlesungen über den religiösen Glauben« sind nur als Mitschriften von Schülern erhalten.3 4 Hier soll keine Interpretation des» Tractatus« versucht werden; es soll lediglich ein kurzer überblick über die» Vorlesungen über den religiösen Glauben« gegeben werden. 33 Meistens wird bei dieser Frage Bezug auf die Abschnitte 6.41 bis 7 genommen; außerdem auf den Brief Wittgensteins an Ludwig von Ficker, den er diesem mit dem Manuskript des »Tractatus« schickte; abgedruckt in: Atheismus. Profile und Positionen der Neuzeit. Dargestellt an Hand ausgewählter Texte, eingeleitet und herausgegeben von Albert Esser, Köln 1971. Darin schreibt Wittgenstein über den »Tractatus« u. a.: » ... denn der Sinn des Buches ist ein ethischer ... Ich wollte nämlich schreiben, mein Werk bestehe aus zwei Teilen: aus dem der hier vorliegt, und aus alledem, was ich nicht geschrieben habe. Und gerade dieser zweite Teil ist der wichtigste. Es wird nämlich das Ethische durch mein Buch gleichsam von Innen her begrenzt; und ich bin überzeugt, daß es streng nur so zu begrenzen ist. Kurz, ich glaube: Alles das, was viele heute schwefeln, habe ich in meinem Buch festgelegt, indem ich darüber schweige.« 34 Vorlesungen und Gespräche über Asthetik, Psychologie und Religion, herausgegeben von Cyrill Barrett, übersetzt und eingeleitet von Eberhard Bubser, Göttingen 1968, S. 87-IIO. Die »Vorlesungen über den religiösen Glauben« stammen nach Angabe des Herausgebers aus der Zeit um 1938; vgl. S. 17.
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Gleich zu Anfang heißt es dort: »Angenommen, jemand wäre gläubig und sagte >Ich glaube an das jüngste Gericht<, und ich sagte >Nun, ich bin da nicht so ganz sicher. Vielleicht<. Man würde doch sagen, daß ein Abgrund uns beide trennt. Wenn er sagte >Das da oben ist ein deutsches Flugzeug<, und ich antwortete> Vielleicht, ich bin nicht ganz sicher<, würde man sagen, daß unsere Ansichten sich ziemlich nahekommen.«35 Diese Stelle und die weiteren Ausführungen zum Glauben an das jüngste Gericht, in denen er zu zeigen versucht, daß sich dieser Glaube nicht auf Gründe zur Bestätigung des Geglaubten beruft 36, sprechen dafür, daß Wittgenstein die Religion als eine Lebensform ansieht, zu der z. B. Aussagen über das jüngste Gericht als besondere Sprachspiele dazu gehören. »Warum sollte nicht eine Lebensform in einer Äußerung des Glaubens an das Jüngste Gericht kulminieren?«37 Interessant sind weiter folgende Stellen. Zu Beginn des zweiten Abschnitts heißt es: »Das Wort >Gott< gehört zu denen, die am frühesten gelernt werden - Bilder, Katechismen usw. Aber diese Bilder haben nicht dieselben Folgen wie die Bilder von Tanten. Man hat dir nicht gezeigt, (was das Bild abbildet) .... >Hast du nicht, nachdem man dir alle diese Dinge gezeigt hat, verstanden, was dieses Wort bedeutet?< Ich möchte sagen: Ja und Nein. Ich habe gelernt, was es nicht bedeutet. Ich habe mich selbst dazu gebracht, das zu verstehen. Ich konnte Fra35 a. a. O. S. 87. 36 »Diese Kontroversen sehen ganz anders aus als gewöhnliche Kontroversen. Die Gründe sehen ganz anders aus als gewöhnliche Gründe. Sie sind, auf irgendeine Art, ganz unschlüssig. In der Tat ist der Witz der Sache, daß die ganze Geschichte zerstört würde, sobald es Beweise gäbe.« (5. 91). 37 a. a. O. S. 94.
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gen beantworten, Fragen verstehen, wenn sie auf verschiedene Weise gestellt wurden - und in dem Sinne könnte man sagen, daß ich es verstanden habe.«3 8 An anderer Stelle spricht Wittgenstein von Michelangelos Bild der »Erschaffung Adams«. »Man könnte sich vorstellen, daß die Religion mit Hilfe dieser Bilder gelehrt würde .... Ich könnte Moore das Bild einer tropischen Pflanze zeigen. Es gibt eine Technik des Vergleichs zwischen Bild und Pflanze. Wenn ich ihm das Bild von Michelangelo zeigte und sagte >Natürlich kann ich dir nicht das wirkliche Ereignis zeigen, nur das Bild< ... Die Absurdität liegt darin, daß ich ihm niemals eine Technik beigebracht habe, wie er dieses Bild verwenden soll.«39 Wittgenstein verweist hier auf die Schwierigkeit (oder Unmöglichkeit?), die Bedeutung eines so zentralen religiösen Begriffs wie »Gott« eindeutig zu bestimmen; allenfalls ist ihm klar, was er nicht bedeutet. Dabei hat er offenbar den Gottesbegriff der traditionellen Theologie im Auge. Wenn die Interpretation der »Philosophischen Untersuchungen« von Lorenz mit ihrer Unterscheidung der Einführung und der Verwendung sprachlicher Ausdrücke richtig ist, wenn »ein Sprachspiel nicht bloß von der Verwendung, sondern primär von der Einführung sprachlicher Ausdrücke Rechenschaft ablegen soll «40, dann ist die These, für Wittgenstein sei die Theologie ein besonderes Sprachspiel, nicht ohne weiteres aufrechtzuerhalten. Wittgenstein löst philosophische Probleme an Hand von Sprachspielen, »mit deren Hilfe sich die fraglichen sprachli38 a. a. O. S. 95. 39 a. a. O. S. 100. 40 K. Lor.enz a. a. O. S.
124,
Anm. 56.
chen Ausdrücke oder Formen einführen, und das bedeutet eo ipso umgangssprachlich, aber nicht unbedingt dem faktischen Sprachgebrauch entsprechend, einführen lassen«.4I Nun finden die Theologie und die theologische Sprache zwar Verwendung, aber gerade die umgangssprachliche Einführung z. B. des Gottesbegriffs der traditionellen Theologie ist problematisch. Wie können aber solche Begriffe so eingeführt werden, daß ihre Bedeutung klar und damit ihr Gebrauch gerechtfertigt ist? »Die gemeinsame menschliche Handlungsweise ist das Bezugssystem, mittels welches wir uns eine fremde Sprache deuten.«42. Die Bedeutung von Aussagen der traditionellen Theologie, die hier die fremde Sprache ist43 , kann aus den Konsequenzen (»Denk- und Handlungsweisen«) abgelesen werden, die der zieht, welcher solche Aussagen macht. Wer an das Jüngste Gericht glaubt, wird sein Leben in besonderer Weise einrichten; wer an Gott glaubt, wird auch Wunder für möglich halten. »Gott«, das» Jüngste Gericht«, »die Trennung der Seele vom Körper« als eine» Vorstellung vom Tode«, all das sind Wörter und Bilder, die einem mehr oder weniger bekannt sind, aber sie sind als solche unklar. »Ich würde herausfinden müssen, welche Konsequenzen das hat (daß du das sagst).«44 »Wenn ich sage, daß er ein Bild verwendet, ist das bloß eine 41 ebd. S. 130. 42 Philosophische Untersuchungen 206. 43 Allerdings nicht im gleichen Sinn wie in dem Zitat. Die Sprache eines anderen Volkes ist uns fremd, weil wir sie nicht gelernt haben; die Sprache der traditionellen Theologie ist uns fremd, weil, obwohl wir die Verwendungsweise theologischer Begriffe in gewisser Weise gelernt haben, deren Verwendung doch ganz anders ist als die entsprechender umgangssprachlicher Begriffe. 44 Vorlesungen über den religiösen Glauben, a. a. O. S. 107.
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grammatische Bemerkung: (Was ich sage,) kann nur durch die Konsequenzen verifiziert werden, die er zieht oder nicht zieht.«<Js Nach dieser Interpretation ist für Wittgenstein der religiöse Glaube Ausdruck einer Lebensform. Durch den Verweis auf die Konsequenzen, die ein Gläubiger aus den traditionellen theologischen Begriffen für sein Denken und Handeln zieht, hat er eine methodische Anleitung gegeben, wie diese Begriffe umgangssprachlich - aber gegen den faktischen (theologi~ schen) Sprachgebrauch - neu eingeführt werden können. Während theologische Aussagen, sofern sie von Gott als einem welttranszendenten personalen Wesen handeln, keine eigen~ ständigen Sprachspiele sein können, da ihre Bedeutung unklar ist, sind religiöse Aussagen als Ausdruck von bestimmten Denk- und Handlungsweisen Sprachspiele innerhalb einer religiösen Lebensform. Wie die philosophischen, so verschwinden auch die theologischen Probleme. Ausgangspunkt dieser Interpretation war die Unterscheidung zwischen Einführung und Gebrauch sprachlicher Ausdrücke im Anschluß an Lorenz. Würde man lediglich nach dem Gebrauch theologischer Aussagen fragen, um ihre Bedeutung zu ermitteln, dann wäre die Antwort Wittgensteins auf diese Frage nur eine unter anderen. Denn warum sollte ein Theologe mit seinen Aussagen nicht tatsächlich etwas über ein transzendentes Wesen sagen wollen? Genau hier scheint aber für Wittgenstein das zentrale Problem zu liegen, da ihm die Bedeutung theologischer Aussagen bei einem solchen Gebrauch ja unklar ist. Außerdem stellt er seine Lösung des Problems, die Neuinterpretation oder Einführung auf der Basis der allen 45 ebd. S.
IIO.
verständlichen Umgangssprache, auch nicht als eine von vielen möglichen dar. Daß damit die Umgangssprache in besonderer Weise ausgezeichnet wird, ist ein anderes Problem, das hier nicht diskutiert werden soll. Jedenfalls scheinen die » Vorlesungen über den religiösen Glauben« Lorenz recht zu geben. Vergleicht man Wittgenstein mit Ayer, so kann man feststellen, daß sie trotz unterschiedlicher Ausgangspunkte zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Für Ayer ist die Theologie zu Erkenntniszwecken bedeutungslos; für Wittgenstein ist die Bedeutung theologischer Aussagen überhaupt unklar. Ayer geht der Frage nicht weiter nach, ob religiöse Aussagen irgend eine andere Bedeutung oder Funktion haben; es wäre denkbar, daß er ihnen ähnlich ethischen Aussagen eine »emotionale« Funktion zusprechen würde. 46 Wittgenstein war zwar kritisch gegenüber der Theologie, hat aber durch seine Deutung der Religion als einer Lebensform - wenn vielleicht auch einer nicht vernünftigen 47 - und durch seine These von der Bedeutung sprachlicher Ausdrücke den Grundstein für die nichtkognitiven Deutungen religiöser Aussagen gelegt.
3. Die Auswege der Theologen angesichts der Kritik
Wir haben das Verhältnis der Theologie zur Philosophie einerseits als ein kritisch-apologetisches und andererseits als ein kooperatives gekennzeichnet. Im· angelsächsischen Raum 46 Vgl. Ayer a. a. O. S. I42. 47 Vgl. a. a. O. S. 93: »Muß ich sagen, daß sie (die Gläubigen, d. Verf.)
unvernünftig sind? Ich würde sie nicht unvernünftig nennen. Ich würde sagen, daß sie gewiß nicht vernünftig sind, das liegt auf der Hand.«
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wurde in diesem Jahrhundert die schärfste Kritik der Theologie von der philosophischen Richtung vorgetragen, die etwa durch Ayer repräsentiert wird. Es ist daher verständlich, daß die meisten Theologen in diesen Ländern, wenn sie sich auf eine Auseinandersetzung einlassen, diese Philosophie mehr oder weniger explizit zum Ausgangspunkt ihrer überlegungenmachen. Ayer klassifizierte alle Sätze hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Relevanz in wahre, falsche und bedeutungslose; die theologischen Aussagen gehören bei ihm zur letzten Kategorie. Der Theologe, der sich dieser Kritik stellt und die theologischen Sätze vor der Disqualifikation der Bedeutungslosigkeit retten will, steht vor folgender Alternative: I. Er akzeptiert die These, daß theologische Aussagen nicht wahrheits fähig sind, und bestimmt ihre Bedeutung in einem nichtkognitiven Sinn. 2. Er behauptet einen in besonderer Weise qualifizierten kognitiven Charakter der theologischen Aussagen und hält an der These in modifizierter Form fest, nämlich daß diese Aussagen nicht im üblichen Sinn wahrheitsfähig sind. Wittgenstein hat mit seiner Bedeutungstheorie die Grundlage für die erste Lösung dieser Alternative geschaffen. Er selbst hat in seinen» Vorlesungen über den religiösen Glauben« eine allgemeine nichtkognitive Deutung religiöser Aussagen geliefert, denn er legt ihre Bedeutung fest, indem er sie als Ausdruck bestimmter Denk- und Handlungsmuster deutet. Hier ist eine terminologische Anmerkung zu machen. Während bisher immer nur von Theologie die Rede war, wurde im letzten Abschnitt im Zusammenhang mit Wittgenstein von religiösen und theologischen Aussagen gesprochen. Versteht man die Theologie als systematische Reflexion über den Glau-
60
ben und seine Inhalte, dann kann man die theologischen Aussagen als echte Teilklasse der religiösen Aussagen betrachten. Zu letzteren gehören die Aussagen und Formulierungen aus allen Bereichen der Religion wie Kult, Verkündigung usw. Es ist naheliegend, daß bei einer nichtkognitiven Interpretation religiöse Aussagen im umfassenden Sinn bedeutsam werden, weil sich gerade von hier aus positive Ansätze für eine solche Interpretation ergeben. Es wird daher im folgenden einzeln zu prüfen sein, ob bzw. wie in den nichtkognitiven Deutungen diese Unterscheidung reflektiert wird. Die weniger radikale zweite Lösung wird von den Theologen bevorzugt, da sie eine kognitive Deutung der theologischen Aussagen nicht ausschließt. Die besondere Problematik ist hier, wie angesichts der Kritik der besondere Charakter theologischer Aussagen gerechtfertigt und die Frage nach deren Verifizierbarkeit und überprüfung beantwortet werden können. Auch hier bietet die analytische Philosophie einen Ansatzpunkt. Mit Hilfe der Wittgensteinschen Idee der verschiedenen Sprachspiele kann die Eigenart religiöser Sprache legitimiert werden; und unter Berufung auf den linguistischen Phänomenalismus kann die Frage nach Verifizierung und überprüfung im Sinne Ayers umformuliert werden in die Frage nach den Regeln und der Logik theologischer Aussa-
gen. Im folgenden sollen in der Reihenfolge der beiden Lösungsmöglichkeiten die Entwürfe einiger Philosophen und Theologen dargestellt und diskutiert werden.
61
11. Nichtkognitive Deutungen religiöser Aussagen
I.
Darstellung
a) Richard M. Hares »blik«-Theorie
I
Hare geht es nicht um eine Verteidigung des Christentums allein, sondern der Religion im allgemeinen, »denn man kann nicht verstehen, was das Christentum ist, wenn man nicht verstanden hat, was Religion ist.«l Er beginnt mit der Parabel von einem Geisteskranken, der glaubt, daß alle Direktoren ihn umbringen wollen. Seine Freunde machen ihn mit den freundlichsten Direktoren bekannt, um ihm zu zeigen, daß seine Meinung falsch ist. Doch seine Antwort ist jedesmal: »Ja, aber das war nur seine teuflische List; in Wirklichkeit konspiriert er die ganze Zeit gegen mich wie auch die anderen; ich weiß es, ich sag's euch.«3 Die Hypothese des Geisteskranken ist empirisch gehaltlos, da er nicht zuläßt, daß sie durch irgendein Verhalten eines Direktors falsifiziert wird. Was den Geisteskranken vom Normalen unterscheidet, ist der jeweils verschiedene »blik«. Hare betont ausdrücklich, daß auch der Normale einen »blik« hat, nämlich einen richtigen: »Es ist wichtig, sich zu vergegenwärtigen, 1 Diese Theorie stammt aus dem Jahr 1950; sie ist abgedruckt in AntollY Flew/Alasdair MacIntyre (ed.): New Essays in Philosophical Theology, London 1955, S. 99-1°3. 2 ebd. S. 99. 3 ebd. S. 100.
daß wir einen vernünftigen haben, nicht überhaupt keinen >blik<; ... wenn er einen falschen >blik< hat, dann müssen die, welche die richtige Meinung über Direktoren haben, einen richtigen >blik< haben ... es ist sehr wichtig, den richtigen >blik< zu haben.«4 Da sowohl dem Verhalten des Geisteskranken wie auch dem der normalen Menschen gegenüber Direktoren ein bestimmter »blik« zugrunde liegt, und da außerdem jeder Mensch einen »blik« hinsichtlich der Welt hat, muß Hare mit diesem Begriff so etwas wie »gewisse grundlegende metaphysische Einstellungen gegenüber der Welt«5 meinen. Er interpretiert nun auch die Religion im Sinne dieses »blik«-Konzepts. Wenn jemand glaubt, daß alles aus purem Zufall geschieht, wird er zwar keine Voraussagen machen können, er wird sich aber in seinen Aussagen über faktische Gegebenheiten nicht von denen unterscheiden, die diesen Glauben nicht teilen. Dennoch wird man sagen, daß es einen großen Unterschied gibt zwischen ihm und den anderen; »und entsprechend ist der Unterschied zwischen solchen, die wirklich an Gott glauben, und solchen, die tatsächlich nicht an ihn glauben.«6 Wie die Zufalls-Hypothese sind auch religiöse Aussagen empirisch gehaltlos, man kann sie nicht zu Erklärung und Prognose benutzen; sie implizieren andererseits aber bestimmte umfassende Denk- und Verhaltensweisen. Die für Hare so zentrale Frage nach dem richtigen »blik« diskutiert er nicht explizit. In der Kritik an den beiden Forschern der Flewschen Parabel steckt aber ein Hinweis auf 4 ebd. S. 100. 5 VgI. M. J. Charlesworth: Linguistic Analysis and Language about God, International Philosophical Quarterly, I (1961), S. 156. 6 Hare a. a. O. S. 102.
eine methodische Voraussetzung, die Hare zur Klärung dieser Frage notwendig zu sein scheint: »The explorers do not mind about their garden; they discuss it with interest, but not with concern.... It is because I mind very much ab out what go es on in the garden in wh ich I find myself, that I am unable to share the explorers' detachment.«7 Offenbar muß zum sachlichen Interesse an der Frage noch etwas mehr hinzukommen; allerdings bleibt dieses »Mehr« sehr nebulös. In ausführlicherer Form hat Hare das gleiche Thema in einem späteren Aufsatz 8 abgehandelt. Ausgehend von der These, »daß, wenn Etwas-Glauben eine Art von Denken ist, wir das, was ein Mensch glaubt, nur durch das Studium seiner Handlungen herausfinden können«', fragt er nach einer für den gläubigen Menschen typischen Verhaltensweise; er findet sie in einer »attitude of worship«.Io Nun ist es leieher festzustellen, ob einer diese Attitüde hat, als zu bestimmen, was der Gegenstand seiner Verehrung und Anbetung ist. Hare definiert einen als Person verstandenen Gott als »proper object of worship«. Damit stellt sich die Frage, wie ein solches religiöses Verhalten z. B. gegenüber einem Baum und/oder dem darin als präsent gedachten Gott gerechtfertigt wird. Diese Rechtfertigung findet der religiöse Mensch in den Konsequen7 ebd. S. 103; die Parabel, die von John Wisdom stammt, wird von Flew in seinem Beitrag zur »Theology and Falsification«-Debatte wiedergegeben; vgl. in A. Flew/A. MacIntyre a. a. O. S. 96. 8 Religion and Morals, in: Basil Mitchell (ed.): Faith and Logic. Oxford Essays in Philosophical Theology, London 2. Auflage 1958, S. 176-193. 9 ebd. S. 182. 10 » ••• es ist einleuchtend, zu sagen, daß die übernahme dieser Einstelh'!1g in jedem Fall ein Teil dessen ist, was jemand tut, wenn er ein Gläubiger wird.« ebd. S. 184 f.
zen, die ein religiöser (kultischer) Akt bzw. dessen Unterlassung hat (z. B. Regen zur rechten Zeit bzw. Dürre); solche Ereignisse deutet er als Reaktionen des Gottes. Diese religiöse Interpretation des Zusammenhangs zwischen Handlungen und darauffolgenden Ereignissen ist aber in ungünstigen Fällen problematisierbar, denn sie kann falsifiziert werden. Hare sieht in der ganzen Religionsgeschichte einen Prozeß, in dem dieses ursprünglich dominante deskriptive Element zugunsten des präskriptiven einstellungsmäßigen Elements mehr und mehr verdrängt wird. Dennoch wäre es voreilig, den Positivisten und Empiristen zuzustimmen, die aus dieser Entwicklung den Schluß ableiten, daß heute religiöse Aussagen völlig bedeutungslos geworden sind. Denn zum einen ist die empirische Komponente in religiösen Aussagen weder die einzige noch die wichtigste; andererseits fordern aber auch noch die am weitesten entwickelten Religionen von ihren Anhängern »some empirical expectations«.u Die übernahme einer Einstellung der Verehrung impliziert zunächst eine bestimmte Lebensweise. Doch hinsichtlich der empirischen Komponente wird der Leser enttäuscht: gefordert wird lediglich, »daß man an die Richtigkeit gewisser Tatsachenaussagen glaubt (und zwar empirischer: das betreffend, was sich tatsächlich in der Welt ereignet hat und sich wahrscheinlich ereignen wird).«I2 Damit ist jeder spezifisch eigene kognitive Gehalt religiöser Aussagen aufgegeben. Daß in den Religionen von übernatürlichen Tatsachen die Rede ist, erklärt sich nun als das Ergebnis einer »superimposition of the ebd. S. 185-187' 12 ebd. S. 189.
II
attitude of worship upon factual beliefs which are themselves not other than empirical«.I3 Das ist die alte »blik«-Theorie in einer anderen Formulierung.
b) »An Empiricist's View of the Nature of Religious Belief«1 4: Richard B. Braithwaite Braithwaite zeigt zunächst, daß religiöse Aussagen nach dem Verifikationsprinzip des logischen Positivismus bedeutungslos sind. Sie können nicht zur Klasse der singulären Tatsachenaussagen, der allgemeinen empirischen (Gesetzes-) Aussagen oder der Aussagen der Logik und Mathematik gerechnet werden. Aber auch ethische Aussagen können nicht nach den Methoden, die für die genannten drei Klassen gelten, verifiziert werden. Dennoch sind nicht alle ethischen Aussagen sinnlos. »Denn ethische Aussagen haben eine Verwendung, indem sie das Verhalten leiten; und wenn sie eine Verwendung haben, dann haben sie sicherlich eine Bedeutung - in einem gewissen Sinn von Bedeutung.«I5 Um dem gerecht zu werden, ersetzt Braithwaite das alte Verifikationsprinzip unter Berufung auf Wittgenstein durch dessen modifiziertes Prinzip: »die Bedeu13 ebd. S. 189; an anderer Stelle spricht er von den »facts« innerhalb der religiösen Aussagen als »vollkommen gewöhnlichen empirischen Tatsachen«. »Wenn diese Betrachtung richtig ist, dann kann man sagen, daß der Glaube, es gebe spezifische religiöse übernatürliche Tatsachen, daraus resultiert, daß man fälschlicherweise auf der logischen Ebene unterscheidet, was in Wirklichkeit nicht unterscheidbar ist, nämlich Tatsachen und unsere Einstellungen zu ihnen.« (ebd. S. 190). 14 So der Titel des Aufsatzes, in dem er seine Theorie entwickelt; er ist 1955 geschrieben und abgedruckt in: lan T. Ramsey (ed.): Christian Ethics and Contemporary Philosophy, New York 1966, S. 53-73. 15 ebd.S.5 8.
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tung einer Aussage ist gegeben durch die Art und Weise, in der sie gebraucht wird.«I6 Da er behauptet, daß religiöse Aussagen primär als ethische Behauptungen gebraucht werden, skizziert er zunächst eine Theorie der ethischen Aussagen; »a moral assertion is used to express an attitude of the man making the assertion.«I7 Wer eine ethische Aussage macht, bringt damit seine Absicht zum Ausdruck, daß er im Sinne dieser Aussage handeln will, wenn sich eine Situation ergibt, auf die die Aussage anwendbar ist. Braithwaite kritisiert die Einseitigkeit der. emotiven Theorien und nennt seine Theorie eher eine conative als eine emotive: »die primäre Verwendung einer ethischen Behauptung liegt demnach darin, daß sie die Intention dessen, der die Behauptung macht, zum Ausdruck bringt, nämlich in einer ganz bestimmten, in der Behauptung spezifizierten Art und Weise zu handeln.«I8 Diese Theorie wird auf religiöse Aussagen übertragen: »die Bedeutung einer religiösen Aussage ist in ihrem Gebrauch gegeben, nämlich darin, daß sie die Intention des Sprechers zum Ausdruck bringt, einer spezifischen Verhaltensmaxime zu folgen.«I9 Nun gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen ethischen und religiösen Aussagen; während in ethischen Aussagen die Verhaltensmaxime, die in ihnen zum Ausdruck gebracht wird, selbst enthalten ist, ist dies bei religiösen Aussagen nicht der Fall. Dieses Problem löst Braithwaite dadurch, daß er nicht jeder einzelnen religiösen Aussage, sondern einem 16 ebd. S. 58. Das alte Verifikationsprinzip sieht er darin enthalten; vgl. ebd. S. 59. 17 ebd. S. 59. 18 ebd. S. 60. 19 ebd. S. 61 f.
zusammenhängenden religiösen Aussagensystem (Religion) einen bestimmten Lebensstil zuordnet. Wer eine religiöse Aussage macht, bringt damit seine Verpflichtung zu dem Lebensstil zum Ausdruck, der spezifisch für das Aussagensystem ist, zu dem die betreffende Aussage gehört. Die konkreten Verhaltensmaximen, die die Bedeutung religiöser Aussagen festlegen, können durch Befragung und durch Beobachtung des Verhaltens der religiösen Menschen ermittelt werden. Wie kann aber eine religiöse Aussage, die zu einer bestimmten Religion gehört, von einer zu einer anderen Religion gehörigen Aussage unterschieden werden? Diese Frage stellt sich deshalb, weil die Verhaltensmaxime, die in beiden Aussagen zum Ausdruck gebracht werden soll, völlig gleich sein kann. Für Braithwaite ist das Unterscheidungskriterium das ~Den ken an bzw. Sich-Besinnen auf unterschiedliche Geschichten«, das mit einem Lebensstil verbunden ist; diese Geschichten bestehen aus empirischen, überprüfbaren Aussagen.%O Zu den christlichen Geschichten gehören sowohl historische Aussagen über Jesus als auch spezifisch religiöse und doktrin ale Aussagen und deren empirische Interpretationen. 21 »Die Bezugnahme auf eine Geschichte ist nicht eine Behauptung der Geschichte im Sinne einer empirischen Tatsache: es ist ein Erzählen der Geschichte oder ein Sich-Beziehen auf sie, so wie man die Geschichte eines Romans, den man gut kennt, erzählt oder wie man auf sie Bezug nimmt.«%% Braithwaite 20 Vg1. ebd. S. 66; an anderer Stelle nennt er die Geschichten (stories) auch Parabeln, Allegorien, Fabeln, Mythen (S. 68). 2I Vgl. Braithwaites Replik auf einige Kritiken, ebenfalls abgedruckt in 1. T. Ramsey a. a. o. S. 9I. 22 An Empiricist's View ... , a. a. O. S. 66.
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sieht sich hier offenbar zu einem Kompromiß gezwungen. Er braucht die Geschichten, um eine Unterscheidung zwischen den Religionen zu ermöglichen; da in ihnen selbst aber nicht der jeweilige religiöse Lebensstil zum Ausdruck kommt, muß ihr Gebrauch und damit ihre Bedeutung anders festgelegt werden. Die einzige Möglichkeit, die das modifizierte Verifikationsprinzip offenläßt, ist die, daß nur empirische und überprüfbare Aussagen in ihnen zugelassen werden. Andererseits scheint Braithwaite dem heutigen Menschen nicht zumuten zu wollen, daß er alle Geschichten, die z. B. zum Christentum gehören, für wahr hält. Deshalb ist nur verlangt, »that the story shDuld be understood as having a meaning. I have secured this by requiring that the story should consist of empirical propositions.«2 3 ~ennoch haben die Geschichten eine besondere Funktion, eine psychologische. Sie sind nämlich eine Hilfe bei der Realisierung des Lebensstils, vor allem dann, wenn dieser dem Menschen schwerfällt. Sie sind es gerade auch deshalb, weil sie nicht für wahr gehalten werden müssen; und das hat wiederum »den großen Vorteil, daß bezüglich der empirischen Interpretation, die den Geschichten gegeben werden kann, keine Einschränkung gemacht wird«.24 Der religiöse Mensch kann doktrin ale Aussagen mit Hilfe solcher Bilder, Begriffe und Formulierungen interpretieren, die ihm am verständlichsten und vertrautesten und damit am hilfreichsten sind. Es ist außerdem eine praktische Notwendigkeit, »daß die Sätze, die man glaubt, untereinander konsistent sind.«25 Dieser Not23 ebd. S. 67. 24 ebd. S. 69 f. 25 vgl. ebd. S. 70.
wendigkeit kann durch eine individuelle Interpretation Genüge getan werden. Als Ergebnis bleibt festzuhalten, daß, obwohl im Titel des Aufsatzes der Begriff »religiöser Glaube« vorkommt, am Ende alle Glaubenssätze im üblichen Sinn des Wortes eliminiert sind. Zwar spricht Braithwaite von religiösen Aussagen und Behauptungen, aber in einem weiten Sinn. Der Gläubige will nämlich mit seinen religiösen Äußerungen keine Tatsachenaussagen machen; er bringt vielmehr seine Verpflichtung zu einem bestimmten Lebensstil zum Ausdruck. Und auch die damit verbundenen Geschichten müssen nicht für wahr gehalten werden; sie haben lediglich psychologische Hilfsfunktionen. c) Paul M. van Burens »Reden von Gott in der Sprache der Welt«2.6 Van Buren geht es um eine Antwort auf die von Dietrich Bonhoeffer gestellte Frage: »Wie kann der Christ, der selbst ein säkularer Mensch ist, seinen Glauben in säkularer Weise verstehen?«2.7 Dazu bedient er sich der Sprachanalyse, die für 26 So der Titel der deutschen Ausgabe seines Buches The Secular Meaning of the Gospel. Based on an Analysis of its Language, New York 1963; der Zitation liegt die deutsche Ausgabe zugrunde. 27 Zitiert ebd. S. 8; er selbst klärt den Begriff des »Säkularen« nur unzureichend; vgl. S. 24 f. Das Verhältnis des »säkularen Menschen« zur Religion kann man vielleicht am besten - auch im Sinne van Burens - mit dem Satz von Bonhoeffer zusammenfassen: »Der Mensch hat gelernt, in allen wichtigen Fragen mit sich selbst fertig zu werden ohne Zuhilfenahme der >Arbeitshypothese: Gott<.« in: Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft, herausgegeben von Eberhard Bethge, München-Hamburg 1951 (Siebenstern-Taschenbuch I), S. 159.
ihn »eine Methode, und nicht eine philosophische Doktrin« ist. l8 Seine Studie baut wie die von Braithwaite auf der Wittgensteinschen Bedeutungstheorie und dem modifizierten Verifikationsprinzip auf. l 9 Er stimmt grundsätzlich mit Hare und Braithwaite in folgenden drei Punkten überein: I. daß der »gewöhnliche buchstäbliche Theismus« falsch und der »qualifizierte buchstäbliche Theismus« sinnlos ist; 2. daß die religiöse Sprache einen Sinn hat, der mit Hilfe der Sprachanalyse ermittelt werden kann; und 3. daß das Christentum als ein besonderer Lebensstil zu verstehen ist. Damit hat er sich auch grundsätzlich für eine nichtkognitive Interpretation der religiösen Sprache entschieden. 30 Er unterscheidet sich dadurch von beiden, daß er seine Analyse auf das Christentum beschränkt und diese in sehr detaillierter Weise durchführt. Da das Christentum eine historische Religion ist, weil es sich von einer historischen Person herleitet, legt er zunächst sein Geschichtsverständnis dar; er schließt sich R. G. Collingwood an, für den die Geschichte »eine Beantwortung von Fragen über menschliche Tätigkeit in der Vergangenheit ist«Y »Des Historikers Aufgabe ist nach Collingwood, auf den Gegenstand seiner Untersuchung mit Sympathie einzutreten und zu versuchen, an seinen Erfahrungen Anteil zu nehmen.«3 Fragt man nach dem »Sinn der Geschichte«, so bringt man damit seine Bereitschaft zum Ausdruck, ein historisches Ereignis oder eine historische Gel
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Vgl. van Buren a. a. O. S. 8. Vgl. ebd. S. 18-22, besonders Anm. 13, S. 21. Vgl. ebd. S. 92-96. Vgl. ebd. S. 103. ebd. S. 107.
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stalt um der Selbsterkenntnis willen mit Sympathie zu erforschen. Fragt man aus diesem Interesse nach dem historischen Jesus, so steht man vor dem Problem, daß eine Rekonstruktion desselben aus den Quellen sehr schwer ist, da diese nach Ostern geschrieben sind und die Geschichte Jesu im Licht des Ostergeschehens beschreiben; damit rückt dieses Ostergeschehen ins Zentrum des Interesses. Immerhin glaubt van Buren zusammen mit anderen Theologen, daß man auf Grund der Tatsache, daß die neutestamentlichen Schriften - wenn auch als Glaubenszeugnisse - von einer historischen Person handeln, dennoch eine grobe historische Skizze von J esus geben kann. Das kennzeichnendste Merkmal Jesu ist für van Buren seine Freiheit: Jesus setzt sich über religiöse und soziale Gepflogenheiten und Vorschriften hinweg; er beruft sich zur Begründung seiner Lehre nicht auf die Tradition; und auch der Inhalt seiner Lehre zeigt diese Freiheit. Im positiven Sinn war er vor allem frei für seinen Nächsten. 33 Wie steht es aber mit Ostern? Während die frühesten Quellen 34 nur von Erscheinungen des Auferstandenen berichten, kommen in den späteren Evangelienberichten zu den Erscheinungserzählungen auch noch solche über das leere Grab hinzu. Da letztere nicht von Anfang an tradiert werden, und weil ein Verständnis der Auferstehung im Sinne einer Totenerweckung einen »säkular« denkenden Menschen vor große Probleme stellen würde, schließt van Buren, »daß die späte Tradition gar nicht eine Beschreibung des Augenscheins darstell t.« 3S 33 Vgl. dazu ebd. S. IIo-I19. 34 Vgl. 1 Kor. 15,3-8. 35 Vgl. van Buren a. a. O. S. I19 f.
Für van Buren sind daher die Erscheinungsberichte von um so größerer Bedeutung. In den sprachlichen Formulierungen derjenigen, denen eine solche Erscheinung widerfuhr - z. B. »Der Herr ist mir erschienen«, »Ich sah ihn« -, sieht er einen Hinweis auf den »>objektiven< Charakter des Bildes >im Spiegel seines Bewußtseins«<. Dennoch sind solche Aussagen nicht im üblichen Sinn empirisch überprüfbar. Auch der Satz »Jesus ist auferstanden«, der in engem Zusammenhang mit den Erscheinungsberichten steht36, ist sprachlich sonderbar. Der Begriff »Auferstehen« gehört nach van Buren zur Klasse der eschatologischen Begriffe wie »Königsherrschaft Gottes« oder »neuer Himmel und neue Erde«. »Die Aussage >Jesus ist auferstanden< verwendet den Namen einer historischen Gestalt, versetzt sie aber in das >Endreich<.«37 Für den Menschen mit einer empiristischen Einstellung ist ein solcher Satz aber keine empirische Feststellung, denn er kann ihn nicht überprüfen. Was bleibt dann aber vom Ostergeschehen übrig? »Es scheint zutreffend zu sein zu sagen, daß für Petrus und die anderen Jünger an Ostern eine Offenbarungs-Situation entstanden war, in der sie auf dem Hintergrund ihrer Erinnerung an Jesus ihn plötzlich auf neue und unerwartete Weise sahen. >Es ging ihnen ein Licht auf<. Die Geschichte Jesu, welche ihnen als ein Versagen erschienen war, bekam neue Bedeutung als Schlüssel zum Sinn der Geschichte überhaupt. Aus dieser Offenbarung erwuchs eine Verpflichtung auf die Lebensgestaltung, wie Jesus sie gewählt hatte.«3 8 »Jesus war als Befreier 36 Vgl. z. B. Luk. 24,34: »Der Herr ist wahrhaft auferstanden und dem Simon erschienen I« 37 van Buren a. a. O. S. 123. 38 ebd. S. 124.
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der Ausgangspunkt geworden, von dem aus sie nun die Welt sahen und in ihr lebten. Wenn sie sagten, daß J esus der Herr der ganzen Welt sei, drückten sie damit aus, daß ihre neue Perspektive die Gesamtheit des Lebens, der Welt, der Geschichte wie auch ihr Verständnis ihrer selbst und andrer einschloß. Wir nennen diese Sicht >historische Perspektive<.«39 Auch van Buren hat hier offenbar einen Komprorniß geschlossen. Ausgehend von der These, daß die Sache Jesu mit seinem Tod zunächst zu Ende zu sein schien, kann der Neubeginn der christlichen Bewegung nur in einem späteren besonderen Ereignis - im Ostergeschehen - begründet sein. Der säkulare Mensch kann aber nicht an eine Totenerweckung im wörtlichen Sinn glauben; aber auch die Erscheinungserzählungen bereiten ihm keine geringeren Schwierigkeiten. Wenn diesen Menschen das Christentum dennoch nicht bedeutungslos sein soll, muß eine neue Interpretation gefunden werden. Van Buren fragt danach, wozu die Jünger Jesu die Erscheinungsberichte gebraucht haben: sie brachten damit zum Ausdruck, daß sie plötzlich die Bedeutsamkeit des Lebens Jesu und seiner Freiheit für sich erkannten und dies als Verpflichtung verstanden; sie hatten einen neuen »blik«. In diesem Sinne sind auch die Glaubensaussagen späterer Generationen zu verstehen, denn sie sind »logisch und historisch von denjenigen der Apostel abhängig«.40 Wenn solche Menschen vom »Glauben« sprechen, bringen sie damit zum Ausdruck, daß sie die ihnen zuteil gewordene Erfahrung im oben beschriebenen Sinn anerkennen. Im Exklusivitätsanspruch dieses »Glaubens« dokumentiert sich die Be39 ebd. S. 125. 40 Vgl. ebd. S. 128.
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stimmtheit ihrer überzeugung. Allerdings ist auch ein transzendentes Element in diesem »Glauben« enthalten; van Buren verweist auf die vielen neutestamentlichen Stellen, in denen vom Glauben als einer Antwort und vom Glauben, der »gegeben« wird, die Rede ist. Da er aber Gott als transzendentes Wesen eliminiert hat, bleibt von diesem Glaubensverständnis lediglich die verbale Behauptung dieses transzendenten Elements, ohne daß der, dem geantwortet wird, und der, der gibt, benannt werden könnte. 41 In den folgenden Teilen seines Buches prüft van Buren, ob seine Interpretation des Ostererlebnisses der Jünger Jesu mit den neutestamentlichen christologischen Aussagen und der Theologie der folgenden Jahrhunderte übereinstimmt; er glaubt dies bejahen zu können. In der Kritik an van Buren wird darauf näher einzugehen sein. Hier soll seine Interpretation der traditionellen Theologie nur an einem Beispiel verdeutlicht werden. Zur trinitarischen Formel des Konzils von Nicäa schreibt er: »Erstens besteht christlicher Glaube in einfacher, völliger Ausrichtung nach der ganzen Welt. (Das ist der Glaube an Gott den Vater!, d. Verf.) Zweitens entspricht diese Orientierung einem Leben in Freiheit und Liebe zum Menschen, welches seine Norm in der Geschichte Jesu von Nazareth hat. Drittens (und hier nehmen wir die spätere Entwicklung des dritten Artikels betreffend den Heiligen Geist voraus) kommt der Christ zu dieser Orientierung, indem er von deren Norm >erfaßt< wird. Geschieht ihm solches, so wird er frei, diese Norm zu bestätigen und danach zu leben.«4 2 Ist mit diesem Ansatz Theologie auf Ethik reduziert? Diese 41 Vgl. ebd. S. 130-132. 42 ebd. S. 150.
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Frage stellt sich van Buren zu Ende seines Buches selbst, und er beantwortet sie mit der Gegenfrage: »Was wäre denn in einem säkularen Zeitalter dieses >Mehr«43 Ein irgendwie geartetes theologisches »Mehr« läßt sich in einem säkularen Zeitalter sprachlich weder aufzeigen noch rechtfertigen. Deshalb glaubt van Buren, daß er mit seiner Reduktion für die Theologie das geleistet hat, was in anderen Wissenschaften in neuerer Zeit schon lange getan worden ist, nämlich deren empirische Verankerung unter der Anleitung des Verifikationsprinzips. d) William E. Kennick
Zur Vervollständigung des überblicks über die nichtkognitiven Ansätze sei noch kurz der Ansatz von Kennick referiert, der sich aber nicht grundsätzlich von denen der bisher besprochenen Autoren unterscheidet. Kennick verwirft die Trichotomie von wahren, falschen und bedeutungslosen Sätzen und meint, es sei »einfach eine Tatsache, daß die religiöse Rede bedeutungsvoll ist«.44 Auch er versteht die Bedeutung eines Satzes als Funktion seines Gebrauchs und greift zur Interpretation der religiösen Sprache auf Charles L. Stevensons Theorie der ethischen Kußerungen zurück. »Wie ich ihn verstehe, vertritt Stevenson die Ansicht, daß das primäre Ziel der ethischen Rede darin besteht, Einstellungen zu wecken und zu modifizieren, und daß ethische Meinungsverschiedenheiten als solche primär unterschiedliche Einstellungen bedeuten.~4$ Entsprechend sagt er, »daß die 43 ebd. S. 183. 44 The Language of Religion, Philosophical Review, Vol. 65 (1956), S.62.
spezifische Absicht der religiösen Rede darin besteht, Einstellungen zu artikulieren, zu wecken, zu verstärken und zu ändern.«46 Der Tatsache, daß Attitüden durch sprachliche Äußerungen verschiedener Art beeinflußt werden können, entspricht, daß auch im religiösen Sprechen die verschiedenartigsten Sprachformen Verwendung finden. Er kann aber - im Gegensatz zu Hare (Einstellung der Verehrung) - keine spezifisch religiöse Attitüde feststellen. Was eine Einstellung zu einer religiösen macht, ist ihr »Gewicht«, ihre umfassende Bedeutung, die sie im Leben eines Menschen oder einer ganzen Gesellschaft hat. Entsprechend hat jede Religion einen in diesem Sinn typischen Satz von Einstellungen.47
2.
Diskussion
a) Die methodologischen Grundlagen
Mit Ausnahme von Hare gründen alle besprochenen Autoren ihre Deutungen der religiösen Sprache -auf die Wittgensteinsehe Bedeutungstheorie - bei ihnen modifiziertes Verifikationsprinzip genannt. Im Ergebnis stimmt Hare mit ihnen zum Teil überein, aber seine Begründung ist etwas anders; sie soll im Anschluß an die Diskussion des modifizierten Verifikationsprinzips erörtert werden. 45 ebd. S. 65. 46 ebd. S. 66. 47 Vgl. ebd. S. 68. Einen ähnlichen Ansatz entwickelt Paul F. Schmidt: Is there Religious Knowledge?, The Journal of Philosophy, Vö1. 60 (1958), S. 529-538.
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( I) Braithwaite und van Buren Daß die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks sein Gebrauch ist, ist eine sehr allgemeine These. Daher meint Eike von Savigny, man solle ganz auf sie zur Charakterisierung der Spätphilosophie Wittgensteins verzichten; sie sei nur in einem negativen Sinn informativ, insofern sie Wittgensteins Ablehnung der Gegenstandstheorie der Bedeutung zum Ausdruck bringe. 48 Auch die Interpretation von Lorenz relativiert die Bedeutung dieser These zugunsten der Einführung sprachlicher Ausdrücke, sie konkretisiert sie zugleich aber auch: der Gebrauch eines Ausdrucks ist erst dann möglich und seine Bedeutung festgelegt, wenn der betreffende Ausdruck umgangssprachlich eingeführt und damit »gebrauchsfähig« gemacht ist. Versteht man die These im buchstäblichen Sinn, dann impliziert sie, daß jede sprachliche Äußerung Bedeutung hat, sofern sie nur von einer Menschengruppe gebraucht wird. Es ist nicht verwunderlich, daß die Frage nach dem Gebrauch religiöser und theologischer Aussagen in diesem Sinne - oft auch formuliert als Frage nach deren Logik - den Theologen keine allzu große Sorge bereitet. »Die Formulierung solcher Fragen bedeutet ein völlig neutrales Verständnis oder macht den Eindruck, daß ein solches vorliegt; es ist ein Versuch, zu verstehen, nicht zurückzuweisen.«49 Es ist dann aber doch verwunderlich, daß unsere Autoren religiöse Aussagen in ei48 Vgl. Die Philosophie der normalen Sprache, a. a. O. S. 76 f. 49 Basil Mitchell in der Einleitung zu ders. (ed.): Faith and Logic. Oxford Essays in Philosophical Theology, London 2. Auflage 1958, S. 5; vgl. ähnlich Bowman L. Clarke: Language and Natural Theology, Paris 1966, S.20; D. Z. Phillips: Religiöse überzeugungen und Sprachspiele, Ratio, Band 12 (1970), S. 39.
nem nichtkognitiven Sinn verstehen; damit retten sie diese zwar vor der Bedeutungslosigkeit, weichen aber entschieden vom traditionellen Verständnis der Theologie ab. Dieser Tatbestand macht deutlich, daß hier zum modifizierten Verifikationsprinzip noch ein anderes Element hinzukommen muß, damit eine Interpretation theologischer Aussagen im Sinne von Aussagen über eine transzendente Wirklichkeit ausgeschlossen werden kann. De facto werden nämlich solche Aussagen auch heute noch von vielen Theologen und Gläubigen im letzteren Sinn gebraucht. Bei Wittgenstein war dieser Gebrauch ausgeschlossen, weil er umgangssprachlich nicht legitimiert werden konnte. Braithwaite und van Buren reflektieren diesen Wittgensteinschen Gedanken zwar nicht explizit, sie kommen aber auf Grund ähnlicher Annahmen oder persönlicher Bekenntnisse zum gleichen Ergebnis. Braithwaite sagt: »Der Grund, warum ich die metahistorischen christlichen Aussagen in dieser bildhaften Weise verstehe, liegt darin, daß ich als gewissenhafter Empirist sagen muß: ich kann nicht anders.«5 0 Van Burens »säkularer« Mensch hat ebenfalls eine empiristische Einstellung, die ein kosmologisches Verständnis der Aussagen über Gott und ein realistisches Verständnis z. B. der Auferstehung ausschließt. Hier soll nicht das kritische Element, das sich bei beiden zeigt, geleugnet werden; es geht in diesem Zusammenhang darum aufzuzeigen, daß für die Interpretation religiöser Aussagen das modifizierte Verifikationsprinzip von ganz untergeordneter Bedeutung ist. Hier bestätigt sich, was Gellner über den engen Zusammenhang von logischem Positivismus und sprachanalytischer Philosophie sagt; letztere gibt sich zwar als neu50 Vgl. a. a. O. S. 9I.
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trale Methode aus, aber» Linguistic Philosophy absolutely requires and presupposes Positivism, for without it as a tacit premise, there is nothing to exclude any metaphysical interpretation of the usages that are to be found, and allegedly >taken as they are<, in the world. The trouble is that usages >as they are< are quite passive: to give an account of them >as they are in the world< requires principles of interpretation, and amongst these the exclusion of metaphysical ones, based on the positivist argument, is the most important.«5I Wenn man eine metaphysische Interpretation ausschließt, drängt sich die nichtkognitive Interpretation geradezu aufY Braithwaite, van Buren und Kennick stimmen in ihren Interpretationen hinsichtlich des pragmatischen Aspekts religiöser Aussagen weitgehend überein: mit ihnen bringt der Sprecher bestimmte Einstellungen zum Ausdruck; hinsichtlich des semantischen Aspekts sind sie sich im negativen Sinne einig, nämlich daß religiöse Aussagen nicht in einem metaphysischen Sinn zu verstehen sind. Hier ist nun die Frage nach der Methode, mit deren Hilfe diese Einsichten erarbeitet worden sind, und nach deren überprüfbarkeit zu stellen. 51 Words and Things. A critical account of linguistic philosophy and a study in ideology, London 3. Auflage 1963, S. 86. 51. Wegen dieser engen Verbindung zwischen Sprachanalyse und positivistischen Tendenzen und den daraus resultierenden Konsequenzen für die Theologie äußern sich manche Theologen auch äußerst kritisch gegenüber der sprachanalytischen Methode; vgl. etwa N. G. H. Robinson: » ••• eil ist zu vermuten, daß, wenn wir die Eliminierung der theologischen oder religiösen Sprache (durch den logischen Positivismus, d. Verf.) mit Hilfe einer Methode zu korrigieren suchen, welche sicherlich die Eliminierung des religiösen Glaubens impliziert, wir geradezu unsere eigenen Absichten zunichte machen.« The Logic of Religious Language, in: Talk of God, Royal Institute of Philosophy Lectures, Vol. 2 (1967/68), London 1969, S. 7.
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Jerrold Katz und Jerry Fodor stellen fest, »daß es keine Gebrauchs-Theorie der Bedeutung gibt. Was wir statt dessen haben, ist nicht mehr als eine Empfehlung, daß man Fragen nach der Bedeutung als Fragen nach dem Gebrauch von Ausdrücken behandeln soll.«53 Gemessen an den Anforderungen, die Katz und Fodor an eine Bedeutungstheorie stellen, gilt dieses Urteil auch für die besprochenen Autoren; diese wiederholen lediglich die Wittgensteinsche These, daß die Bedeutung eines Ausdrucks sein Gebrauch ist. Daß religiöse Aussagen in einem nichtkognitiven Sinn interpretiert werden, ist, wie bereits gesagt wurde, das Ergebnis vorgängiger Entscheidungen. Es zeigt sich weiter, daß die von van Buren behauptete Neutralität der sprachanalytischen Methode nicht aufrechterhalten werden kann; es bleibt überhaupt unklar, was diese Methode über das modifizierte Verifikationsprinzip hinaus beinhaltet. Braithwaite arbeitet nur mit diesem Prinzip. Mit seiner conativen Theorie ethischer Aussagen interpretiert er zunächst religiöse Kußerungen. Daß er nur empirische und überprüfbare Sätze in den Geschichten H , die die empirischen Interpreta53 What's Wrong with the Philosophy of Language?, Inquiry, Vol. 5 (1962), S. 213. 54 Seine Äußerungen sind in diesem Zusammenhang etwas unklar. Er definiert zunächst den Begriff »Geschichte« (story) als »eine Aussage oder eine Menge von Aussagen, die einer empirischen überprüfung unterzogen werden können« (a. a. O. S. 66); an anderer Stelle spricht er von der »empirischen Interpretation« einer Geschichte (ebd. S. 69 f.). Im Zusammenhang mit der Interpretation nennt er als Beispiel die christliche Trinitätslehre; eine mögliche empirische Interpretation derselben wäre, sie im Sinne der bildlichen Darstellung eines alten Meisters zu verstehen. Die Trinitätslehre in ihrer traditionellen theologischen Formulierung kann aber selbst nicht zu den Geschichten gerechnet werden, denn sie ist weder empirisch
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tionen religiöser und theologischer Aussagen sind, zuläßt, folgt ebenfalls aus dem modifizierten Prinzip. Nach seiner Meinung umfaßt dieses nämlich das ältere Verifikationsprinzip.H Da er die Geschichten von den religiösen Aussagen unterscheidet, dürfen sie infolgedessen nur empirische Sätze enthalten, damit sie bedeutungsvoll sein können. Für van Burgen sind die christlichen Glaubensaussagen Ausdruck einer bestimmten christlichen Perspektive und einer damit verbundenen Lebenshaltung. Dies ist für ihn das Ergebnis einer sprachanalytischen Untersuchung, ausgehend vom modifizierten Verifikationsprinzip. Daß es sich hier aber weniger um ein Ergebnis der Sprachanalyse als vielmehr um eine Konsequenz aus bestimmten Prämissen handelt, soll am Beispiel des Satzes» Jesus ist auferstanden« verdeutlicht werden. Van Burens Analyse lautet folgendermaßen: Hier wird ein Eigenname mit einem eschatologischen Begriff gekoppelt; daher kann es sich nicht um eine empirische Aussage im üblichen Sinn handeln. Sie kann nur an Hand des Verhaltens dessen, der sie macht, verifiziert werden; das heißt, es ist zu prüfen, ob der Sprecher, der damit seine christliche Perspektive zum Ausdruck bringt, auch der damit verbundenen Lebensweise folgt. 56 Dagegen könnte ein orthodoxer Theologe sagen: Hier wird ein Ereignis, das in der Endzeit alle Menschen betrifft, als schon jetzt an Jesus geschehen ausgesagt; dies ist keine übernoch überprüfbar. Deshalb wäre es konsequenter, statt von den Interpretationen der Geschichten von Interpretationen religiöser bzw. theologischer Aussagen zu sprechen; dann wäre die empirische Interpretation selbst die Geschichte. 55 Vgl. a. a. O. S. 59. 56 Vgl. a. a. O. S. 122 ff.
prüfbare Aussage sondern ein Glaubenssatz. Van Buren kann keine sprachanalytische Regel angeben, die seine Interpretation vor der des Theologen auszeichnen würde; dennoch würde er einer Interpretation der Auferstehung im Sinne eines historischen Faktums widersprechen. Hier wird deutlich, daß van Buren zwar formal eine sprachanalytische Argumentation gebraucht, daß deren Ergebnis aber durch andere Prämissen bestimmt ist: die empiristische Einstellung des »säkularen« Menschen erlaubt kein realistisches Verständnis der Auferstehung, sie fordert aber andererseits die Verifizierbarkeit jeder Aussage. Eine weitere Prämisse steckt in van Burens Charakterisierung des historischen Jesus. Ohne auf exegetische Probleme einzugehen, wird man sagen können, daß die Betonung der Freiheit Jesu nur einen Aspekt seines Lebens und insbesondere seiner Lehre trifft. Auch diese Akzentuierung scheint schon durch van Burens »Vorverständnis« beeinflußt zu sein, denn sie vernachlässigt alle diesem verfänglichen und unverständlichen Elemente. Mit diesen Prämissen fällt es van Buren dann nicht schwer, neutestamentliche Aussagen im Sinne seiner christlichen Perspektive auszulegen.5 7 Die empiristische Hal57 Vgl. etwa seine Deutung der Aussage »Er starb für unsere Sünden«, a. a. o. S. 141: »Das >Kreuz< und andere Bezeichnungen für Jesu Tod wurde zum summarischen Reden von seiner ganzen Geschichte, wie ja sein Ende seinen Jüngern nachträglich in seinem ganzen Leben vorgezeichnet zu sein schien. Da ja sein Leben Solidarität mit den Menschen, Mitleid mit ihnen, Nachsicht gegenüber ihrer Schwachheit und ihrem Unrecht war, ist es nicht erstaunlich, daß von seinem Tod, der doch die Konsequenz seiner Freiheit zu solchem Verhalten gegenüber den Menschen war, als von einem Tode >für uns< gesprochen wurde.« Hier bestätigt sich die Vermutung H. Alberts, daß wir »eines Tages zu hören bekommen, das Christentum sei im Grunde genommen immer schon eine atheistische Liebesmetaphysik gewe-
tung schließt ein kosmologisches und realistisches Verständnis aus; das modifizierte Verifikationsprinzip erlaubt die Interpretation im Sinne einer Perspektive; die Freiheit Jesu ist die inhaltliche Norm dieser christlichen Perspektive; und die Sprachanalyse ist schmückendes Beiwerk. Die überprüfung von Aussagen über den Gebrauch bestimmter sprachlicher Außerungen kann extension al oder intensional geschehen. s8 über die von Benson Mates aufgezeigten Schwierigkeiten hinaus ergeben sich bei Braithwaite und van Buren weitere Probleme. Der Gebrauch religiöser Aussagen, um damit etwas über eine transzendente Wirklichkeit auszusagen, ist durch die empiristische Haltung als Mißbrauch gekennzeichnet; ein solcher Gebrauch kann daher die nichtkognitive Deutung nicht in Frage stellen. Braithwaites Interpretation ist dann aber so unspezifisch, daß sie kaum falsifiziert werden kann. Es ist unbestritten, daß jede Religion ihre Anhänger zur Einhaltung bestimmter moralischer Normen und Verhaltensmaximen verpflichtet. Eine Konkretisierung des Lebensstils in einer bestimmten Religion ist aber gar nicht möglich, da diese Normen wiederum verschieden ausgelegt
sen, sofern man den geläufigen Begriff des Atheismus verwenden wolle.« Tradition und Kritik. Zur Problematik der sozialen Verankerung von überzeugungen, in: ders.: Plädoyer für kritischen Rationalismus, München 1971, S. 39 Anm. 13. 58 Vgl. Benson Mates: On the Verification of Statements about Ordinary Language, Inquiry I, 1 (1958), S. 165: »Bei der extensionalen Methode beobachtet man eine ausreichend große Klasse von Fällen, in denen das Subjekt das Wort verwendet, und dann >sieht< oder >entnimmt< man die Bedeutung, indem man das diesen Fällen Gemeinsame herausfindet ... Bei der zweiten Methode fragt man das Subjekt, was es mit einem bestimmten Wort meint oder wie es dieses gebraucht.«
werden können; durch Befragung und Beobachtung ist allenfalls deren »typische Bedeutung« zu erheben.5 9 Van Buren interpretiert zwar -einige religiöse und theologische Aussagen explizit, aber seine Interpretationen selbst sind ebenfalls nicht falsifizierbar, solange man seine Voraussetzungen akzeptiert; es sind Deutungen von Aussagen im Lichte einer empirischen Haltung und einer bestimmten Charakterisierung des historischen Jesus. Fassen wir zusammen: Eine Analyse religiöser Aussagen mit Hilfe des modifizierten Verifikationsprinzips und der Sprachanalyse ist weder notwendig noch ausreichend. Braithwaite und van Buren selbst kommen nicht ohne weitere Annahmen aus. 60 Ihre nichtkognitive Interpretation ist nicht primär das Ergebnis einer solchen Analyse, sondern beruht auf vorgängigen Entscheidungen. Inhaltlich kann sie sich auf die allgemein beobachtbare Tatsache stützen, daß jede Religion verhaltensrelevante Implikationen hat. Dennoch ist das modifizierte Verifikationsprinzip für sie notwendig. Man kann nämlich mit Berufung auf dieses modifizierte Prinzip die Beurteilung des kognitiven Aspekts religiöser Aussagen durch das alte Verifikationsprinzip beibehalten und gleichzeitig die Qualifikation als bedeutungslos durch Verweis auf den Gebrauch aufheben: aus einem »kognitiv bedeutungslos« wird »nichtkognitiv aber bedeutungsvoll«. Der von den Autoren eingeschlagene Weg ist auch nicht ausreichend. Sofern in der empiristischen Haltung eine Form des 59 Vgl. Braithwaite a. a. O. S. 63. 60 Braithwaite akzeptiert mit dem modifizierten Verifikationsprinzip auch dessen ältere Formulierung; es ist unter ersterem subsumiert. Es ist zu vermuten, daß sich hinter van Burens »empiristischer Haltung« ebenfalls eine Form dieses positivistischen Verifikationsprinzips verbirgt.
älteren positivistischen Verifikationsprinzips implizit enthalten ist, müßten sie sich mit der grundsätzlichen Kritik aus einandersetzen, die an diesem Prinzip geübt worden ist. Zwar sind religiöse und theologische Sätze auch nach dem von Popper vorgeschlagenen Falsifikationsprinzip metaphysische Sätze; aber dennoch bietet die dahinter stehende Idee der kritischen Prüfung eine gute methodische Leitlinie zur Diskussion ihrer Grundlagen und Konsequenzen, ohne sie apriori als kognitiv bedeutungslos zu deklarieren. 61 Das modifizierte Verifikationsprinzip ist de facto für Braithwaite und van Buren nicht ausreichend. Es wäre aber auch grundsätzlich problematisch, nur dieses Prinzip und die sprachanalytische Methode zur methodologischen Grundlage zu machen. Damit wäre jeder kritische Impuls in der Analyse ausgeschaltet. Wenn die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke in ihrem Gebrauch liegt, dann erschöpft sich die Aufgabe des Analytikers in einer deskriptiven Bestandsaufnahme der verschiedenen »Sprachspiele«.61 Das dabei verwendete Instrumentarium ist außerdem äußerst fragwürdig, wie Katz und Fodor feststellen. Dieser Ansatz läßt die grundsätzliche Problematik, die mit Glaubensaussagen und mit der Theologie im besonderen gegeben ist, unberührt. Zwar gilt dies nicht in gleichem Maße für Braithwaite und van Buren, da sich bei ihnen der sprachanalytische Ansatz mit einem empirischen 61 Vgl. Poppers Bemerkungen zur Beurteilung metaphysischer Sätze in: On the Status of Science and of Metaphysics, in: ders.: Conjectures and Refutations, a. a. O. S. 198 f. Konkrete Beispiele für eine solche Diskussion von Religion und Theologie bieten W. Kaufmann und W. W. Bartley in den bereits zitierten Werken sowie H. Albert in: Traktat über kritische Vernunft, a. a. 0., Kapitel V. 62 Vgl. auch die Kritik von H. Albert a. a. O. S. 143-148.
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»Vorverständnis« verbindet; weil aber dieses» Vorverständnis« primär nach Verifizierung verlangt, wird die Problematik verkürzt und die Diskussion vorzeitig abgeschnitten. (2) Hare Hare beruft sich nicht explizit auf Wittgenstein und auf das modifizierte Verifikationsprinzip. Die Problematik seines Ansatzes steckt in seinem »blik«-Konzept. Zunächst führt die Geschichte des Geisteskranken etwas in die Irre, denn die »bliks« des Geisteskranken und seiner Freunde unterscheiden sich grundsätzlich. Versteht man sie als Hypothesen über das Verhalten von Direktoren, dann ist der »blik« der Freunde die zumindest vorläufig eindeutig besser bestätigte Hypothese; daher nennt Hare diesen »blik« zu Recht den richtigen. Aber es geht ihm offenbar nicht um eine Interpretation religiöser überzeugungen in diesem Sinne, denn dann wäre eine Beurteilung derselben durchaus möglich. Ein »blik« ist eher eine umfassende »Welt-Anschauung«, die jeder Hypothese und Erklärung logisch vorgeordnet ist; »denn mit Hilfe unserer >bliks< entscheiden wir, was eine Erklärung bzw. keine Erklärung ist.«63 Daher kann ein »blik« auch nicht wie eine Hypothese beurteilt werden; »es gibt keine Beweisführung, die uns dazu veranlassen könnte, den einen >blik< eher anzunehmen als einen anderen«.64 Im zweiten Aufsatz wird er etwas konkreter, wenn er sagt, daß jede Tatsachenaussage ein präskriptives Element enthält. » ••• ohne Prinzipien irgendwelcher Art gelangen wir nicht zu irgendwelchen Tatsachen; es gibt keine Unterscheidung zwi63 Theology and Falsification, a. a. O. S. 64 ebd. S. 101.
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schen Tatsache und Illusion für jemanden, der nicht eine bestimmte Einstellung gegenüber der Welt einnimmt. «65 Der Mensch braucht also gewisse Prinzipien, »letzte Voraussetzungen«, die einer rationalen Diskussion entzogen zu sein scheinen. Der religiöse »blik« ist eine mögliche Form solcher letzter Voraussetzungen. Zu Ende seines Aufsatzes schreibt Hare: »Die Christen glauben, daß Gott die Welt aus dem Chaos oder aus dem Nichts im Sinne von keinem Etwas geschaffen hat. Was ich jetzt sagen werde, sage ich sehr vorläufig. Ist es möglich, daß dies unsere Art ist, die Wahrheit zum Ausdruck zu bringen, daß es ohne den Glauben an eine göttliche Ordnung ... keinen Glauben an reale Sachverhalte oder Objekte geben kann? Es ist sicher heilsam zu erkennen, daß auch unser Glaube an die sogenannten harten Tatsachen letztlich auf einem Glauben, einer Verpflichtung beruht - allerdings nicht einem Glauben an Tatsachen, sondern an etwas, ohne das es überhaupt keine Tatsachen gäbe.«66 Mit dieser Interpretation sind religiöse überzeugungen als legitim ausgewiesen, aber auf Kosten einer dogmatischen Entscheidung. Ohne Zweifel geschieht menschliches Denken nicht voraussetzungslos; aber es besteht kein Grund anzunehmen, daß solche Voraussetzungen jeder Diskussion entzogen sind.67 Gerade wenn der religiöse »blik« nur eine mögliche Form letzter Voraussetzungen ist, drängt sich eine verglei65 Religion and Morals, a. a. O. S. 190. Damit begründet er zugleich seine These, daß es keine religiösen übernatürlichen Tatsachen gibt, denn diese Redeweise ist das Ergebnis einer überlagerung der empirischen Fakten von der Einstellung der Verehrung. 66 ebd. S. 192. 67 Vgl. dazu H. Albert a. a. O. S. 34 f.
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chende Diskussion auf. Worin unterscheiden sich Tatsachen und Illusionen, die von einem religiösen »blik« als solche ausgemacht worden sind, von solchen, die auf Grund anderer Voraussetzungen als solche erkannt wurden? Nach welchen Kriterien urteilt hier der religiöse Mensch im Gegensatz z. B. zu einem Wissenschaftler? Diese interessanten Fragen hat Hare leider nicht mehr aufgeworfen; der Rückzug auf eine Verpflichtung ist aber die denkbar unbefriedigendste und unredlichste Lösung. Hare weist in diesem Zusammenhang auf die jüngsten Ergebnisse der Physiologie hin, die deutlich machten, daß unsere Wahrnehmungen weitgehend abhängig sind »von dem, was wir gelernt haben«68, daß es also auch keine vor aussetzungslose Sinneswahrnehmung gibt. In der Tat ist die Tatsache heute gut belegt, daß die verschiedenartigsten theoretischen Elemente den Wahrnehmungsprozeß beeinflussen.69 Wenn man daraus die Konsequenz ableitet, daß alles Denken und Erkennen nicht voraussetzungslos ist, dann impliziert das aber nicht notwendigerweise, daß man entweder alle Voraussetzungen als gleich gut betrachten oder aber irgendwelche Voraussetzungen als »letzte« deklarieren muß. Daß es keine an sich letzten Voraussetzungen gibt, wurde bereits gesagt; gibt es aber eine Pluralität, dann ist jede Entscheidung in einer Richtung, die sich nicht rechtfertigt und zur Diskussion stellt, willkürlich. Will man hier einer Dogmatisierung entgehen, dann ist es ratsam, die auf bestimmte Voraussetzungen gegründeten Aussagen als hypothetisch zu be68 Er zitiert hier J. Z. Young; vgl. a. a. O. S. 191 f. 69 Vgl. etwa Alfred Bohnen: Zur Kritik des modernen Empirismus. Beobachtungssprache, Beobachtungstatsachen und Theorien, Ratio, Band I I (I9 69), S. 33-49.
trachten und sie wie auch die Voraussetzungen selbst in ihren Konsequenzen kritisch zu prüfen. Dies gilt um so mehr, bedenkt man, daß es immer möglich ist, daß gewisse Voraussetzungen unreflektiert und unbekannt bleiben. Die Redeweise von der Untrennbarkeit der Fakten und der Einstellung zu ihnen gilt nur so lange, wie man letzteren eine Priorität einräumt, womit man dann zugleich bewerkstelligt, daß diese nie durch die Fakten in Frage gestellt werden kann. Das einfachste Verfahren, mit dem man diese Notwendigkeit widerlegen kann, besteht darin, daß man seine Einstellung, seine Prinzipien tatsächlich aufgibt, »nach Alternativen sucht und dann nach übergeordneten Gesichtspunkten zur Beurteilung der betreffenden Prinzipien Ausschau hält.«7 0 Hare reduziert die Religion auf eine Einstellung der Verehrung und versucht, dieser Einstellung zur Welt eine Legitimation zu verschaffen, indem er allgemein die Notwendigkeit von Prinzipien irgendwelcher Art für die Erkenntnis und deren Unzertrennbarkeit behauptet. Wenn auch hier seine zu Anfang gemachte Behauptung gilt, daß es sehr wichtig ist, den richtigen »blik« zu haben, dann muß man zum Schluß feststellen, daß er keine Methode zur Beantwortung der Frage nach dem richtigen »blik« hat angeben können, ja daß er diese Frage grundsätzlich eliminiert hat.
b) Die Konsequenzen der nichtkognitiven Interpretation
Zunächst ist festzuhalten, daß die nichtkognitive Interpretation religiöser Aussagen einen radikalen Bruch mit der theolo70 H. Albert a. a. O. S. 35.
gisehen Tradition hinsichtlich ihres inhaltlichen Aspekts bedeutet. Dem Theologen, dem Prediger und dem Gläubigen ist der Gegenstand ihres N achdenkens, Verkündigens und Verehrens entzogen. Hinsichtlich der Verfahrensweise stimmen die besprochenen Autoren - insbesondere van Buren - allerdings mit der gesamten theologischen Tradition überein: sie verwenden bestimmte philosophische Gedanken, um religiöses und theologisches Gedankengut veränderten Bedingungen anzupassen. Während aber alle bisherigen Neuinterpretationen und philosophischen Adaptationen den kognitiven Charakter der grundlegenden theologischen Aussagen unangetastet ließen, wird dieser nun insgesamt aufgegeben, so daß es sinnvoll erscheint, von einem »qualitativen Umschlag« zu sprechen. Da eine metaphysische Interpretation nicht mehr möglich ist, ist auch nicht mehr von Theologie die Rede sondern allgemein von religiösen Aussagen. Hare und Kennick verweisen auf die Vielfalt der religiösen sprachlichen Ausdrucksformen, zu denen sie offenbar auch theologische Aussagen rechnen; sie billigen letzteren aber keinen besonderen Status zuP Bei Braithwaite sind die Geschichten empirische Interpretationen theologischer Aussagen. Letztere haben wie alle religiösen Aussagen nur insofern Bedeutung, als man mit ihnen seine Verpflichtung zu einem bestimmten Lebensstil ausdrückt; die Geschichten selbst sind kognitiv bedeutungslos,72 Van Buren widmet traditionellen theologischen Sätzen zwar größere 71 Vgl. Hare: Religion and Morals, a. a. O. S.I88; Kennick a. a. O. S.63· 72 Eine unerwartete Konsequenz daraus ist, daß ein Christ, der dem christlichen »agapeistic way of life« verpflichtet ist und die christlichen Geschichten kennt, dennoch nicht an die historische Existenz Jesu glauben muß.
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Aufmerksamkeit; aber auch er interpretiert sie als Ausdruck einer christlichen Perspektive, wobei sein Jesus-Bild von besonderer Bedeutung ist. Diese Interpretationen sind auf dem Hintergrund der neueren geistesgeschichtlichen Entwicklung und insbesondere der philosophischen Strömungen in den Heimatländern der Autoren verständlich. Sie sind aber hinsichtlich ihrer Grundlagen problematisch; und die Konsequenzen, die sie haben - das heißt genauer: die Tatsache, daß die Autoren nicht die entsprechenden Konsequenzen aus den Konsequenzen ziehen, die ihre Interpretationen haben -, machen sie ebenfalls fragwürdig. Zunächst führt die Entscheidung für eine nichtkognitive Interpretation zu einer Konfusion des semantischen und des pragmatischen Bedeutungsaspekts religiöser und theologischer Aussagen. 73 Bei Braithwaite und van Buren wird die semantische Bedeutung zu einer Funktion der pragmatischen; erstere wird auf dem Hintergrund der zuvor beschlossenen nichtkognitiven pragmatischen Interpretation festgelegt. Damit wird erstens der traditionelle Begründungszusammenhang zwischen religiöser Lehre und entsprechendem Lebensstil aufgegeben, und zweitens wird die traditionelle Lehre, deren Aussagen nun in der Form von Geschichten nur noch eine psychologische Funktion haben (Braithwaite) bzw. im Licht von Leben und Lehre einer historischen Person interpretiert und zur Bekundung der eigenen Verpflichtung zu dieser Person verwendet werden (van Buren), austauschbar. Der Vollzug einer christlichen Lebensweise kann nicht mehr als Erfüllung eines göttlichen Willens verstanden werden. An die erste Stelle tritt die persönliche Entscheidung für diese Le73 Auf diese Problematik weist B. Mates hin; a. a. O. S. 169.
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bensweise, die nicht mehr von einer Autorität abgeleitet und begründet werden kann. Man kann sich lediglich auf das Leben Jesu berufen, in dem man diese Lebensweise exemplarisch realisiert sieht. Die Bedeutung Jesu kann aber auch relativiert werden, wenn man feststellt, daß seine Perspektive und die damit verbundenen Handlungsmaximen bei anderen historischen Gestalten in ähnlicher oder sogar vollkommenerer Weise vertreten und befolgt worden sind. Die mit der christlichen Lebensweise tradierte Lehre wird austauschbar; sie hat ihre begründende Funktion verloren. Ihre psychologische Funktion kann aber grundsätzlich von anderen Geschichten oder Aussagensystemen übernommen werden. Relativiert man die Bedeutung Jesu, dann kann die traditionelle Lehre durch Lehren und Aussagen anderer historischer Personen ergänzt oder ersetzt werden. Auch bei Hare ist die religiöse Lehre, verstanden als »blik« oder im Sinne letzter Voraussetzungen, austauschbar. Die Autoren sprechen nicht mehr von Theologie; insoweit sind sie konsequent. Aber sie reden von »Gott« in der Sprache der Welt, von »Glaubensaussagen« und religiösem »Glauben«; das ist verwirrend und irreführend. Denn Gott ist für sie nicht existent, ihre »Glaubensaussagen« sind gehaltlos, und ihr Begriff des religiösen »Glaubens« hat kaum etwas mit dem üblichen Verständnis dieses Begriffs gemeinsam. Sie reden nicht nur darüber, sondern sie verschaffen dem religiösen »Sprachspiel« auch eine Legitimation durch Berufung auf das modifizierte Verifikationsprinzip. Damit ist aber eine kritische Auseinandersetzung unterbunden zugunsten der Aufrechterhaltung gewisser Traditionen, deren Rechtfertigung ansonsten sehr schwierig wäre. Faktisch werden Religion und Theologie auf Ethik reduziert. 93
Nun ist es durchaus legitim, sich die mit der christlichen Lehre tradierte Moral zueigen zu machen. Wenn das traditionelle Verständnis dieser Lehre aber nicht mehr realisierbar ist, und wenn diese Moral ihre Begründung nicht mehr in dieser Lehre findet, dann sollte man eine klare Trennungslinie zwischen beidem ziehen. Was aber für die Lehre gilt, gilt auch für moralische Prinzipien: sie sind der Kritik nicht entzogen,74 Hare und Braithwaite schließen die rationale Argumentation nicht aus,75 Van Buren betont mehr den Entscheidungscharakter im ethischen Bereich sowie die Notwendigkeit der Verifizierung ethischer Entscheidungen und Aussagen. In diesem Zusammenhang sagt er z. B.: »Die Validierung der Osterbotschaft des Petrus kann darin gesehen werden, daß nach einer alten und vermutlich zuverlässigen überlieferung auch Petrus an einem Kreuz gestorben ist.«76 Dies ist ein Beispiel für die irreführende Verbindung zwischen traditioneller christlicher Lehre - nun in grundlegend anderer Weise interpretiert - und moralischen Handlungsmaximen. Gerade der Theologe van Buren sollte sich des neutestamentlichen Satzes erinnern: »Eure Rede sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Bösen.«77
74 Zur rationalen Argumentation und Kritik in der Ethik vgl. H. Albert: Ethik und Meta-Ethik. Das Dilemma der analytischen Moralphilosophie, in: H. Albert und E. Topitsch (Hrsg.): Werturteilsstreit, Darmstadt 1971, S·5 08 -517· 75 Vgl. Braithwaite a. a. O. S. 72. 76 a.a.O.S. 124. 77 Mt. 5,37,
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III. Kognitive Deutungen religiöser Aussagen
Religiöse Aussagen kognitiv zu interpretieren heißt, ihnen Realitätsbezug und sachlichen Gehalt zuzusprechen; es bedeutet weiter, daß die Frage nach Wahrheit und Falschheit gestellt werden kann. Letztere entfällt bei der nichtkognitiven Interpretation. Diese stellt die Frage nach der Bedeutung in den Vordergrund, die dann in einem pragmatischen Sinn beantwortet wird. Eine nichtkognitiv interpretierte religiöse Aussage kann weder wahr noch falsch sein. Es kann lediglich festgestellt werden, ob derjenige, der sie macht, sich in einer bestimmten Weise verhält; tut er dies, dann gebraucht er die Aussage sinnvoll, wenn nicht, ist sie sinnlos. Das Problem einer kognitiven Interpretation besteht in der Schwierigkeit, die Realität, auf die sich religiöse Aussagen beziehen, und damit ihren sachlichen Gehalt näher anzugeben. Solange die Realität Gottes fraglos angenommen wurde, war dieses Problem primär eine Frage der Prädikation, die mit Hilfe der Analogielehre beantwortet werden konnte. Diese Problematik ist durch die positivistische Kritik wesentlich verschärft worden. Der Theologe, der die religiösen und theologischen Aussagen dem Sinnlosigkeitsverdacht entziehen und gleichzeitig deren kognitiven Charakter aufrechterhalten will, muß die Frage nach der Oberprüfbarkeit solcher Aussa95
gen beantworten. Bisher konnte keine befriedigende Antwort auf diese Frage gegeben werden.! Es ist daher nicht verwunderlich, daß manche Theologen auf andere philosophische Gedanken zurückgreifen, die es erlauben, das gestellte Problem anders zu formulieren und damit die positivistische Kritik als unangemessen zurückzuweisen. In diesem Abschnitt sollen zwei Autoren, die sich dazu bestimmter Ansätze aus der analytischen Philosophie bedienen, kurz diskutiert werden.
I.
D. Z. Phillips2
a) Darstellung Phillips verteidigt die These, daß religiöse überzeugungen als besondere Sprachspiele zu betrachten sind. Er wendet sich zunächst gegen die Apologeten, die die Relevanz religiöser I Die Lösungsversuche können deshalb der Kritik - konkret: der Forderung nach empirischer überprüfbarkeit - nicht genügen, weil durch besondere Qualifikationen der religiösen Aussagen etwaige Falsifikationsmöglichkeiten aufgehoben werden, oder eine Falsifikation grundsätzlich ausgeschlossen wird. Eine der neueren Antworten zu diesem Problem hat Henry E. Allison in seinem Aufsatz »Faith and Falsifiability« gegeben, in: The Review of Metaphysics, Vol. 22 (1968169), S. 499-522. Er rechnet die religiösen Aussagen zu den irrealen Konditionalsätzen; demnach ist vor allen religiösen Aussagen sinngemäß folgender Satz zu ergänzen: Wenn wir die Sache »sub specie aeterni« sehen könnten, oder: Würden wir das »big picture« sehen, dann würden wir erkennen, daß wir zu Recht sagen (z. B.): »Gott liebt alle Menschen«. (vgl. besonders S. 517 f.) Damit will er zeigen, daß die Unfalsifizierbarkeit religiöser Aussagen legitim ist, daß aber dennoch faktische überlegungen (wie etwa auch bei historischen irrealen Konditionalsätzen) zur Beurteilung solcher Aussagen relevant und die Aussagen selbst damit nicht bedeutungslos sind.
überzeugungen durch Vergleiche mit anderen überzeugungen aufzuweisen versuchen. Indem sie dies tun, beurteilen sie beide nach demselben Maßstab; damit werden sie aber der Eigenart religiöser überzeugungen nicht gerecht. »Da die Liebe, die man für Gott empfindet, für viele Gläubige bestimmt, was als wichtig gelten soll, so wird es Situationen geben, in denen das, was der Gläubige Erfolg nennt, der Welt als Mißerfolg erscheinen wird; was er Freude nennt, wird als Kummer, was Sieg als Niederlage erscheinen.«3 Religiöse überzeugungen lassen sich nicht von außen beurteilen; sie sind absoluten Werturteilen vergleichbar. »Die absoluten überzeugungen sind nicht der Gegenstand, sondern das Kriterion der Bewertung.~4 Religiöse überzeugungen sind deshalb auch nicht wie Hypothesen zu verstehen; ein Streit über die Existenz von Einhörnern ist nicht vergleichbar einem Streit über die Existenz Gottes. »Der Hauptgrund für den Unterschied liegt in der Tatsache, daß die Wirklichkeit Gottes anders als jede andere Wirklichkeit ist; er ist von anderen Wesen verschieden.«s Phillips stellt dann selbst die Frage, ob die Behandlung religiöser überzeugungen als Sprachspiele und ihre Abgrenzung gegen andere überzeugungen nicht die Gefahr mit sich bringt, daß sie zu isolierten und jeder Kritik entzogenen Sprachspielen werden, daß »religiöse Menschen sagen können, was sie 2 Religiöse überzeugungen und Sprachspiele, Ratio, Band 12 (1970), S.21-39. Eine allgemeine Kritik an der Verwendung der Wittgensteinschen Spätphilosophie - insbesondere der Idee der Sprachspiele - für die Religionsphilosophie formuliert Kai Nielsen : Wittgensteinian Fideism, Philosophy, Vol. 42 (1967), S. 191-2°9. 3 Phillips a. a. O. S. 24. 4 ebd. S. 29· 5 ebd. S. 26.
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wollen«.6 Dem ist nicht so, denn eine Religion ist kein sich selbst genügendes Aussagen- und Handlungssystem. Religiöse Handlungen und überzeugungen beziehen sich in vielfacher Weise auf die Realität und beeinflussen das menschliche Leben. Eine kultische Handlung z. B., die keine Auswirkungen auf andere Aspekte des Lebens hätte, wäre keine religiöse, sondern eine ritualistische Formalität, ein esoterisches Spiel. Diese Auswirkungen oder Realisierungen religiöser überzeugungen stoßen aber auch, obwohl sie nicht von außen beurteilt werden können, an gewisse Grenzen. Wenn der Gläubige sagt, alles Leiden habe einen Zweck, oder der Tod sei ein langer Schlaf, dann, so sagt Phillips, nimmt er die Welt nicht ernst; seine Aussagen sind »phantastisch«. Die Grenzen sind durch Kriterien angezeigt, die sich inhaltlich an dem orientieren, »was wir bereits wissen«; Behauptungen sind »phantastisch«, wenn sie »gegen Tatsachen verstoßen oder unsere Auffassung einer Sachlage verzerren«/ Außerdem können überzeugungen und Handlungen einem Aberglauben entstammen, z. B. wenn eine Mutter einen Kranz am Standbild einer Heiligen niederlegt, um sich dadurch des Schutzes dieser Heiligen für ihr neugeborenes Kind zu versichern; sie befände sich in einem Irrtum hinsichtlich bestimmter Kausalzusammenhänge. Ein entscheidender Punkt für Phillips ist, »daß es sinnlos ist, einen Beweis für die Gültigkeit religiöser überzeugungen was immer wir darunter verstehen - zu verlangen.«8 Wenn auch religiöse überzeugungen in Beziehung zur Realität ste6 ebd. S. 30; vgl. zum Folgenden 32-35. 7 ebd. S. 33. 8 ebd. S. 38.
hen, werden sie dadurch nicht gerechtfertigt. Die Mutter, die einen Kranz niederlegt, tut dies vielleicht aus Dankbarkeit und aus dem Glauben, daß das Leben eine Gabe Gottes ist. »Man kann hier nicht mehr sagen, als daß Menschen wirklich so reagieren... Die Philosophie kann bestimmte, diese Reaktionen betreffende Mißverständnisse aufklären. Sie kann die Naivität bestimmter, gegen die Religion gerichteter Einwände aufdecken oder zeigen, daß gewisse sogenannte religiöse überzeugungen abergläubisch sind. Doch setzt sich die Philosophie weder für noch gegen die Religion ein. Wenn sie es einmal versucht hat, die Grammatik dieser überzeugungen zu klären, dann hat sie ihr Werk getan.«9 b) Kritik
Phillips bietet ein Beispiel dafür, wie die Spätphilosophie Wittgensteins auch für die kognitive Interpretation religiöser und theologischer Aussagen gebraucht werden kann. Für Wittgenstein war diese Interpretation - nach der Auslegung im Anschluß an Lorenz - ausgeschlossen; Braithwaite und van Buren haben sie durch Rückgriff auf die positivistische Kritik ausgeschlossen. Obwohl Phillips Wittgensteins »Vorlesungen über den religiösen Glauben« ausführlich zitiert, unterscheidet er sich insofern von ihm, als er nur den Aspekt des Gebrauchs sprachlicher Ausdrücke betont und deren Grammatik analysiert. lo Wenn er auch den Begriff nicht verwen9 ebd. S. 39· 10 So versteht er z. B. Wittgensteins Bemerkung, daß wir das Wort »Gott« aus Bildern und Geschichten gelernt haben, daß es aber nicht die Konsequenzen »wie Bilder von Tanten« hat, nicht als Kritik an dem traditionellen Verständnis dieses Wortes, sondern als Warnung (nämlich nicht
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det, kann man doch sagen, daß auch für ihn das modifizierte Verifikationsprinzip Ausgangspunkt und Grundlage ist; entsprechend gilt auch für ihn die bereits daran geäußerte Kritik. Seine Analyse erschöpft sich primär in der Darstellung der Mißbräuche religiöser überzeugungen. Solche liegen vor, wenn Aussagen über Gott wie Hypothesen behandelt werden, wenn sie »phantastisch« oder abergläubisch sind. Damit schließt auch Phillips einen buchstäblichen Theismus aus; er qualifiziert religiöse überzeugungen in besonderer Weise. Leider äußert er sich nicht im positiven Sinn über theologische Aussagen, so daß die Art dieser Qualifikation im unklaren bleibt. Zur negativen Abgrenzung rekurriert er auf die Tatsachen und das bereits vorhandene empirische Wissen, denen religiöse überzeugungen nicht widersprechen dürfen. Hier zeigt sich der wesentliche Unterschied in seiner Konzeption und der von Braithwaite, van Buren und Hare. Braithwaite und van Buren schließen eine metaphysische Interpretation apriori aus und interpretieren dann religiöse Aussagen pragmatisch. Phillips beginnt mit der Beschreibung des religiösen Sprachspiels, so daß grundsätzlich eine metaphysische und kognitive Deutung nicht ausgeschlossen wird; dann erst definiert er die Mißbräuche unter Berufung auf die Tatsachen. Hier unterscheidet er sich von Hare, insofern dieser die Tatsachen in Abhängigkeit von letzten Voraussetzungen und Prinzipien sieht. Dem Positivismus der Sprachspiele scheint bei Phillips ein Fakten- und Wissens-Positivismus zu entsprechen. solche Konsequenzen wie bei Bildern von Tanten zu ziehen). Allerdings wird auch damit das traditionelle Verständnis in besonderer Weise qualifiziert. 100
Sein Ansatz ist inkonsequent. Zunächst verfährt er nicht rein beschreibend analytisch, wie man es bei seiner philosophischen Konzeption erwarten würde. Die Abgrenzung religiöser überzeugungen und Handlungen von »phantastischen« und abergläubischen, die nur formal als religiös erscheinen, ist nicht das Ergebnis einer reinen Analyse, sondern stützt sich auf Tatsachen und unser Wissen über sie. Damit erweitert er das analytische Programm wesentlich. Falls dies auch seine Absicht ist, muß man feststellen, daß er auch diese inkonsequent ausführt. Denn Fakten und Faktenwissen sind nicht einfach »gegeben«, sondern sie haben erkenntnistheoretische und methodologische Voraussetzungen. Wenn aber eine Diskussion dieser Voraussetzungen und damit auch implizit dessen, was als »Faktum« zu gelten hat, grundsätzlich möglich und notwendig ist, dann ist diese Diskussion auch hinsichtlich der Voraussetzungen und Konsequenzen religiöser überzeugungen notwendig. Deshalb kann die These von Phillips, die Philosophie setze sich weder für noch gegen die Religion ein, nur als Entscheidung für eine ganz bestimmte Philosophie verstanden werden. Sie mag für Religionsgeschichte und -soziologie gelten, kann aber nicht von einer Philosophie akzeptiert werden, die sich das Recht auf Kritik nicht beschneiden lassen will. Mit Hilfe seiner Philosophie hat Phillips die Frage nach der Begründung religiöser überzeugungen als sinnlos abweisen können. Dem entspricht seine Charakterisierung dieser überzeugungen als absolute. In der Tat haben viele Menschen absolute überzeugungen; diese sind deshalb absolut, weil sie für unaufgebbar gehalten werden. Daraus folgt aber noch nichts für ihre Rechtfertigung. Zwar ist die Macht des Gegebenen auch im Bereich der Ideen und überzeugungen groß, sie kann ror
das Denken aber nicht daran hindern, außer den Begründungszusammenhängen auch die Implikationen und Konsequenzen von überzeugungen kritisch zu untersuchen und sie danach zu beurteilen.
2.
lan T. Ramsey
a) Darstellung Für Ramseys Behandlung des Problems der religiösen und theologischen Sprache ist folgendes Zitat charakteristisch: »Zu oft haben die Menschen so gesprochen, als ob der Weg zur Lösung theologischer Probleme über eine große Vertrautheit mit Gott führe, während eine beharrliche und sorgfältige Prüfung der Sprache, in der man über ihn sprach, notwendig war ... Bevor wir entscheiden, ob gewisse Fragen beantwortbar sind oder nicht, tun wir gut daran, sie zunächst in einen formalen Modus zu übersetzen, so daß ihr wahrer Charakter deutlich werden kann, und manche werden dann zu nicht mehr aber auch nicht weniger als logischen Fragen der Konsistenz und Kohärenz.«II Ramsey will durch eine Analyse des Gebrauchs und der Logik theologischer Begriffe und Aussagen theologische Probleme lösen. Auch er greift also auf gewisse Gedanken der analytischen Philosophie zurück; er will damit zugleich der Infragestellung der Theologie durch die positivistische Kritik begegnen. Dazu glaubt er folgende Fragen beantworten zu müssen: »Auf welche Situationen verII
Hell, in: Talk of God, Royal Institute of Philosophy Lectures, Vol.
(1967/68), London 1969, S. 214 f. 102
2
weist die Religion? Welche empirische Verankerung haben theologische Wörter?«I2 Ramsey sieht religiöse Situationen gekennzeichnet durch eine besondere Einsicht (odd discernment) und eine vollkommene Verpflichtung (total commitment)I3; es sind »disclosure situations«, profanen Situationen vergleichbar, in denen man sagt: »Das Eis bricht«, »Ein Licht geht mir auf«, »Der Groschen fällt«. Er nennt sie auch »perceptual and more«; wie menschliches Verhalten nicht vollkommen mit Raum-ZeitVariablen beschrieben werden kann, so ist auch das »Mehr« in religiösen Situationen nicht empirisch verifizierbar; es kann nur in einer »disclosure« erkannt werden. I4 Diese Erfahrungen rufen eine Antwort hervor, die bei religiösen Situationen im Gegensatz zu profanen die ganze Person und das ganze Leben fordern. Ramsey betont ausdrücklich, daß es sich hierbei nicht um bloße subjektive Erfahrungen handelt: »Es ist unmißverständlich zu betonen, daß alle diese Situationen einen objektiven Bezug und wie alle Situationen eine Subjekt-Objekt-Struktur haben.«I5 Damit glaubt er eine empirische Grundlage für Religion und Theologie geschaffen zu haben. Die solchen Situationen angemessene Sprache ist in zweifacher Hinsicht logisch ungewöhnlich. Entsprechend der Situation, die »perceptual and more« ist, ist die Sprache »Objekt12 Religious Language. An Empirical Placing of Theological Phrases, London 1957, S. 14. 13 Vgl. zum folgenden ebd. S. 15-37. I4 Vgl. dazu auch Ramsey: On the Possibility and Purpose of a Metaphysical Theology, in: ders. (ed.): Prospect for Metaphysics. Essays of Metaphysical Exploration, London 1961, S. 164-167. 15 Religious Language, a. a. O. S. 28.
1°3
sprache und mehr, d. h. Objektsprache mit sehr speziellen Qualifikationen, Objektsprache mit logischen Besonderheiten und Unzulänglichkeiten.«16 Ein profanes Beispiel ist »die Logik der Kosenamen - Namen, deren >Objekt<-Bezug minimal ist, und deren charakteristisches Merkmal es ist, eine spezifisch persönliche Beziehung wachzurufen«.I7 Eine weitere Besonderheit der religiösen Sprache ist die Tatsache, daß in ihr »bedeutsame Tautologien« (significant tautologies) vorkommen, »Tautologien, deren Funktion es ist, solche Schlüsselwörter hervorzuheben ... , die im Zusammenhang der religiösen Sprache auftauchen, insbesondere mit ihrem verpflichtenden Charakter«.18 Ein profanes Beispiel dafür kann an Hand der Frage» Warum hast du das getan?« aufgezeigt werden. Für eine Handlung kann eine Kette von Gründen angegeben werden; wenn an deren Ende immer noch weiter gefragt wird und keine sachliche Antwort mehr möglich ist, kann man nur noch sagen: »Weil ich es tun wollte«, »Weil ich Ich bin«. Diese allgemeine Charakterisierung der religiösen Sprache soll an einigen Beispielen erläutert werden. Für den Gläubigen ist das Wort »Gott« ein Schlüsselwort, eine »letzte Erklärung«. Es ist dies in einem absoluten Sinn, denn auf dieses Wort können alle »disclosures«, die sich in den verschiedensten Wirklichkeitsbereichen ereignen, bezogen werden. 19 Wie dieses 16 ebd. S. 38; vgl. zum folgenden S. 38-48. 17 ebd. S. 38 f. 18 ebd. S. 40. 19 Vgl. On the Possibility and Purpose ... , a. a. O. S. 173: »Disclosures can occur which do not arise around personal nor moral behaviour but around cosmic events or microscopic phenomena ... In all such disclosures we are aware of some >other<, which cannot be thought to be another >I<.
1°4
Wort selbst verstanden und wie es gebraucht wird, erläutert Ramsey an den »bedeutsamen Tautologien« und den Qualifikationen. Der Satz »Gott ist die Liebe« ist eine »bedeutsame Tautologie«. Um ihn verständlich zu machen, muß man von der menschlichen Liebe und von Menschen sprechen, die sie in besonders vollkommener Weise realisiert haben. Irgendwann kann dann ein Punkt erreicht werden, »wo ... wir mit einem totalen Engagement. antworten... In solchen Situationen würde der Gläubige dann das Wort >Gott< oder das Wort >Liebe< gebrauchen.«2o Ramsey betont, daß damit Gott nicht bewiesen und beschrieben wird. Es geht ihm nur um die Erhellung der logischen Struktur religiöser Aussagen, denn Theologie ist »nur unsere Art des Redens über Gott; ... Was wir voraussetzen, ist eine Sprache, die den Anspruch erhebt, über etwas zu sprechen, das uns in einer besonderen Art und Weise gegeben ist und enthüllt wird.«11 In diesem Sprechen über Gott spielen Modelle und Qualifikatoren (»models and qualifiers«) eine wichtige Rolle. 22 Von Gott zu sagen, er liebe die Menschen, er sei die Ursache für alles usw., ist nämlich problematisch, weil hier in der normalen Sprache über ihn gesprochen wird. Da er nur in »disclosures« erkannt werden kann, die in Situationen entstehen, Such situations as these are preeminently those which afford the empirical basis for theism. For they connect >God< with all those features of the world that a metaphysics confined to persons or va lues would have to ignore. >God< can now integrate not only talk about persons and values but talk about science and perception.« 20 Religious Language, a. a. O. S. 46. 2I ebd. S. 74. 22 Vgl. dazu besonders Ramsey: Models and Mystery, London I964.
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welche »perceptual and more« sind, muß auch die Sprache, in der über ihn gesprochen wird, »Objektsprache und mehr« sein. Der normalen Sprache werden Modelle entnommen, die in besonderer Weise zu qualifizieren sind. In diesem Sinne kann von Gott gesagt werden, er sei »unendlich gut«, »unendlich weise«, die »erste Ursache« usw. Diese Modelle - z. B. »Ursache« - müssen zwei Bedingungen genügen: J. »In allen Fällen müssen die Modelle mit den Ereignissen übereinstimmen; sie müssen einem Augenblick der Einsicht oder >disclosure< entstammen.«23 2. Sie sind zu beurteilen »auf Grund ihrer Stabilität über einen möglichst weiten Bereich von Ereignissen und auf Grund ihrer Fähigkeit, die unterschiedlichsten Ereignisse ohne Inkonsistenzen einzuschließen.«24 Da sie das Ergebnis einer »disclosure« sind, müssen sie in besonderer Weise qualifiziert werden - z. B. »erste Ursache«. Der Qualifikator »erste« ist als Anweisung zu verstehen, das Modell» Ursache« an Hand von Beispielen immer weiter zurückzuverfolgen, bis eine Situation hervorgerufen wird, in der »ein Licht aufgeht« und das Wort »Gott« eingesetzt werden kann. 25 »Andere Disziplinen werden vornehmlich auf Grund der Qualität ihrer Artikulation beurteilt; Theologie wird vornehmlich nach ihrer Fähigkeit, auf das Geheimnis zu verwei23 ebd. S. 15. 24 ebd. S. 16 f. 25 Die Modelle sollen also ,.disclosure-situations« entstammen. Sie dienen als qualifizierte Modelle aber auch dazu, solche religiösen Situationen bei anderen Menschen hervorzurufen. Daß dies immer gelingt, ist nicht garantiert. »Ist dies nicht einfach das, was fromme Menschen meinten, wenn sie sagten, daß die >Initiative< in einer >disclosure< oder >Offenbarung< von Gott kommen müsse?«; Religious Language a. a. O. S. 79. J06
sen, beurteilt.«26 Das Geheimnis, das sich in »disclosures« zeigt, wird in Modellen artikuliert. Die Theologie muß sich davor hüten, ihre Modelle zu wörtlich zu nehmen; sie muß sie qualifizieren und außerdem immer neue Modelle entwickeln, um so das Geheimnis als solches zu bewahren und um es gleichzeitig verständlich zu machen. Für Ramsey bedeutet das nicht wie für Flew den »Tod der tausend Qualifikationen«, sondern eher »Leben durch tausenderlei Bereicherungen«.27
b) Kritik Die Fragen, die Ramsey behandelt, sind die nach der Logik religiöser und theologischer Aussagen und die nach deren empirischer Verankerung; letztere knüpft an die positivistische Forderung nach der Verifizierbarkeit von Aussagen an. Beide Fragen hängen eng miteinander zusammen, denn aus der Beschreibung der religiösen Situation, die die empirische Grundlage für Religion und Theologie liefert, ergibt sich die logische Struktur religiöser Aussagen. Auch bei Wittgenstein und im linguistischen Phänomenalismus spielt der Zusammenhang von sprachlicher Kußerung und Situation, in der diese gemacht wird, eine große Rolle. Man kann dies schematisch wie folgt charakterisieren: der sprachliche Ausdruck X, der allgemein die Bedeutung Y hat, hat in der Situation a die spezielle Bedeutung Ya. 28 Nun ist es 26 Models and Mystery, a. a. O. S. 61. 27 Vgl. ebd. S. 60. 28 Vgl. John L. Austin: Der Satz »Der Hund ist bissig« bedeutet allgemein, daß der Hund, von dem die Rede ist, die Eigenschaft hat, bissig zu sein (lokutionärer Akt); dieser Satz, in einer bestimmten Situation gespro-
bei Ramsey nicht ganz klar, ob auch alle religiösen Ausdrücke eine allgemeine situationsunabhängige Bedeutung haben. Dies ist bei Sätzen wie» Jesus wurde von der Jungfrau Maria geboren« möglich; ob aber der Satz »Gott ist die Liebe« eine Bedeutung unabhängig von der religiösen Situation haben kann, ist fraglich, denn die Bedeutung des Wortes »Gott« ist problematisch. 2 9 Wie dem auch sei - wichtig ist, daß die religiöse Bedeutung solcher Sätze nur in der religiösen Situation und im Erlebnis einer »disclosure« erfaßt werden kann. Ein solches Erlebnis kann sogar der Grund für die Formulierung neuer religiöser Ausdrücke und Sätze sein. Außerdem müssen die Modelle, die in religiösen Aussagen so bedeutsam sind, nach der ersten der zwei Bedingungen, die Ramsey für Modelle aufstellt, einer »disclosure« entstammen. Das alles unterstreicht die fundamentale Bedeutung der religiösen Situation und Erfahrung. Die Eigenart der religiösen Situation und Erfahrung, daß sie »perceptual and more« sind, ist aber äußerst problematisch. Ramsey betont zwar ausdrücklich, daß dieses »Mehr«, das in der »disclosure« erfaßt wird, objektiven Charakter hat; dies kann aber nicht mehr als eine fragwürdige Behauptung sein. Zunächst bleibt die der »disclosure« entsprechende Erfahrung unklar; fest steht nur, daß es sich nicht um reine Sinneswahrnehmung handelt. Zum Verständnis hilft seine Besprechung des Wortes »Ich« etwas weiter. Wenn ich sage: »Ich schließe ehen, kann aber auch die Bedeutung einer Warnung oder einer Empfehlung (als Wachhund) haben (illokutionärer Akt); vgl. E. von Savigny a.a.().S. 12 7- 1 3 1 • 29 Nach Austin gehört zum lokutionären Akt u. a., daß etwas Bestimmtes gesagt wird; vgl. Savigny a. a. (). S. 130. Zur Deutung der Jungfrauengeburt bei Ramsey, vgl. Religious Language, a. a. (). S. 131-133. 108
die Tür«, mache ich damit nicht nur eine Aussage über eine beobachtbare Handlung des Sprechers, sondern ich behaupte damit auch »diese besondere Existenz, welche ich zweifellos als meine eigene weiß«.3 0 Letztere ist ein nicht mehr beobachtbares »Mehr«, das mir in einer »disclosure« aufgehen und das ich schließlich in der bedeutsamen Tautologie »Ich bin Ich« zum Ausdruck bringen kann. Mit dieser Existenz ist nicht das physische Existieren gemeint, vielmehr ereignet sich in dieser »disclosure« ein »Zu-Sich-Selbst-Kommen«Y Das Wort »Ich« ist für Ramsey von großer Bedeutung, denn er sieht in ihm den profanen Prototyp für das Verständnis und die Anwendung des Wortes »Gott«. Wie »Ich« zu »disclosures« führen kann, in denen sich ein empirisch nicht mehr verifizierbares »Mehr« zeigt, so auch das Wort »Gott«. Was aber bei dem Wort »Ich« dieses »Mehr«, die »Authentizität«, das »Zu-Sich-Selbst-Kommen« - z. B. über das Bewußtwerden eines moralischen Anspruchs - ist, bleibt ungesagt. Hier wird etwas behauptet, das in seiner Bedeutung völlig unklar bleibt, woraus dann aber weitreichende Konsequenzen gezogen werden könnenY' Khnlich verfährt er mit dem Wort »Gott« und der religiösen Erfahrung. Die Behauptung der Objektivität dieser Erfahrung ist unhaltbar, sofern das in ihr enthaltene Element der 30 On the Possibility and Purpose ..., a. a. o. S. 166; vgl. dazu insgesamt ebd. S. 164-174. 31 ebd. S. 169 sagt er: »We may be psychologically alert and integrated without >coming to ourselves< - we then lack wh at the existentialists caU >authenticity<.« 32 Dieses Verfahren hat Ernst Topitsch für die existentialistische Philosophie beschrieben und kritisiert; vgl. Soziologie des Existentialismus, in: ders.: Sozialphilosophie zwischen Ideologie und Wissenschaft, N euwiedBerlin 2. Auflage 1966, S. 97-117.
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Sinneswahrnehmung angesprochen ist. Daß die Sinneswahrnehmung nicht absolut objektiv über die Realität informiert, kann heute als gesichert gelten.3 3 Die Objektivität des »Mehr« ist wie auch bei all seinen Beispielen, mit denen er den »disclosure«-Begriff erläutert, höchst fragwürdig. Versteht man sie als bloße subjektive Gewißheit, dann sind Täuschung und Irrtum nicht ausgeschlossen, die dann aber nicht mit Hilfe irgendwelcher Kriterien nachgewiesen werden können. Nimmt man aber die Objektivität ernst, dann ist es legitim, eine konkretere Charakterisierung des erfahrenen »Mehr« zu fordern. Ramsey kann die Objektivität lediglich behaupten; was er vorlegt, ist eine Beschreibung der religiösen Situation und Erfahrung, die in zweifacher Hinsicht gehaltlos ist. Zum einen ist das Ereignis einer religiösen Situation nicht feststellbar. Dem, der behauptet, eine »disclosure«, ein »odd discernment« zu erleben, kann nicht widersprochen werden. Denn die »disclosure« bezieht sich auf das Nicht-Beobachtbare der Erfahrung, das nicht beschrieben oder vorgezeigt werden kann. Wenn eine »disclosure« durch eine lange Argumentationsoder Geschichtenkette hervorgerufen wird, ist der Inhalt auch nicht gleich dem letzten Glied dieser Kette; die Kette hat lediglich heuristischen Wert. 34 Die Gehaltlosigkeit gilt demnach auch für die Beschreibung des Objekts der religiösen Erfahrung; Ramsey charakterisiert es als Geheimnis. Von einem Geheimnis spricht man, wenn ein 33 Vgl. die Hinweise dazu bei Alfred Bohnen a. a. o. 34 Wenn Gott »erste Ursache« genannt wird, heißt das nicht, daß er der Ausgangspunkt in einer komplexen Reihenfolge von Ursachen und Wirkungen ist; gerade dies würde ja die Frage nach seiner Ursache implizieren. Vgl. Religious Language, a. a. o. S. 65. 110
Wissen nicht preisgegeben wird, oder wenn ein Sachverhalt unbekannt ist. Ein detailliertes Wissen über das religiöse Geheimnis hat auch Ramsey offenbar nicht. Es ist aber auch nicht dem Geheimnis vergleichbar, als das man z. B. die Heilung des Krebses bezeichnen kann. Solche Geheimnisse sind ungeklärte Probleme, über die man sachliche Aussagen machen kann, sofern die Probleme erkannt sind. In diesem Sinn ist das religiöse Geheimnis kein Geheimnis, denn es ist kein ungelöstes Problem, das es zu lösen gilt; es wird vielmehr als Geheimnis schlechthin erfahren. Darüber kann man aber keine sachlichen Aussagen machen. Was für die Sinneswahrnehmung gilt, ist auch auf Ramseys religiöse Erfahrung anwendbar. Er behauptet die Möglichkeit einer solchen Erfahrung und die objektive Gegebenheit eines Geheimnisses als des Objektes dieser Erfahrung. Da beides weder beschrieben noch festgestellt werden kann, liegt die Vermutung nahe, daß auch hier theoretische Elemente, nämlich vorgängige religiöse überzeugungen für Ramseys Konzeption entscheidend sind. Im Lichte dieser überzeugungen und unter Berufung auf gleichermaßen fragwürdige Parallelen aus dem nichtreligiösen Bereich konzipiert er eine religiöse Situation und ein Objekt religiöser Erfahrung,35 35 Die menschliche Erfahrung spielt in unterschiedlicher Weise bei vielen anderen Theologen, die religiöse Aussagen kognitiv deuten, eine große Rolle. Bei I. M. Crombie z. B. ist »the conception of the divine ... the notion of a complement which could fill in certain deficiencies in our experience, that could not be filled in by further experience or scientific theory-making;« vgl. The Possibility of Theological Statements, in: B Mitchell (ed.) Faith and Logic, a. a. O. S. 56. Oder Edward Schillebeckx: »Die Beziehung zur gelebten Erfahrung ersetzt nach unserer Ansicht das Kriterium der objektiven Verifikation oder Falsifikation ... «; vgl. Glaubensinterpretationen. Beiträge zu einer hermeneutischen und kritischen TheoloIII
Das einzige konkrete Element in der religiösen Situation ist das »total commitment«, das die Antwort auf eine religiöse ~disc1osure« ist. Allerdings ist es ein schlechtes Kriterium zur Feststellung und Beschreibung der religiösen Situation, denn ein »total commitment« ist sicherlich nicht nur bei Menschen zu finden, die man traditionellerweise als religiös bezeichnen würde. Abgesehen von der Schwierigkeit, ein »total commitment« festzustellen, wäre es eine Folge einer solchen Abgrenzung, daß der Begriff der »religiösen Situation« und der »Religion« entschieden erweitert und neu festgelegt würde. Ein ähnliches Problem ergibt sich, wenn man die Objektivität der religiösen Erfahrung im Sinne einer subjektiven Gewißheit versteht. Verschiedene Religionen (im traditionellen oder in einem neuen Sinn des Begriffs) können sich auf verschiedene »disclosures« berufen, die sie rechtfertigen. Die Konsequenz wäre ein allgemeiner Subjektivismus.3 6 Die logische Struktur religiöser Aussagen - insbesondere die Unterscheidung von Modellen und Qualifikatoren -, die Ramsey ermittelt, entspricht der religiösen Situation; wie diese »perceptual and more« ist, so ist die religiöse Sprache »Objektsprache und mehr«. Entsprechend ist der Wert dieser Analyse nicht größer als der Wert der Beschreibung der religiösen Situation; wäre letztere anders, wäre wahrscheinlich auch die Analyse der logischen Struktur eine andere. Man kann in den qualifizierten Modellen ein modernes Gegenstück zu den älteren Analogielehren sehen. Allerdings ist ihre Begie, Mainz I97I, s. I6. Vgl. weiter Austin Farrer: A Starting-Point for the Philosophical Examination of Theological Belief, in: B. Mitchell (ed.) a. a. o. S.9-30 und John Hick: Religious Faith as Experiencing-as, in: Talk of God, Royal Institute of Philosophy Lectures, a. a. o. S. 20-35. 36 Vgl. M. J. Charlesworth a. a. O. S. I6r. 112
deutung noch unklarer als die der analogen Sprache, denn es gibt für sie keine Interpretationsregeln; sie haben lediglich die Funktion, eine religiöse »disclosure« hervorzurufen. 37
37 Zur Kritik der Interpretation theologischer Aussagen im Sinne von Bildern und Modellen vgl. auch R. C. Coburn: The Hiddenness of God and some Barmedical God Surrogates, The Journal of Philosophy, Vol. 57 (I960), S. 689-7I2. 113
Zusammenfassung
Im ersten Teil der Arbeit wurde festgestellt, daß die grundlegende Problematik der Theologie nicht eine sprachliche, sondern eine erkenntnistheoretische und methodologische ist. Es wurde weiter festgestellt, daß für den Theologen, der sich philosophischer Systeme oder Gedanken zur Explikation und Interpretation theologischer Sätze bedient, nicht jede Philosophie brauchbar ist; sie muß sich hinsichtlich der erkenntnistheoretischen und methodologischen Grundlagen der Theologie in übereinstimmung mit dieser befinden oder aber ihr gegenüber neutral sein. Dann wurde die Vermutung geäußert, daß diejenigen, die Gedanken der analytischen Philosophie für Religion und Theologie fruchtbar zu machen suchen, deshalb auf sie zurückgreifen, weil sie die genannte Bedingung erfüllen. Daß damit das Problem der religiösen und theologischen Sprache ins Zentrum des Interesses rückt, ist durch die inhaltliche Fragestellung dieser philosophischen Richtung bedingt. Darin zeigt sich einerseits die enge Verflochtenheit der Theologie mit der Philosophie, die während der ganzen Theologiegeschichte zu beobachten ist. Zum anderen kommt gerade diese Problemstellung der Theologie entgegen, weil sie geeignet ist, das zentrale Problem der Theologie - ob bewußt oder unbewußt, sei dahingestellt - in den Hintergrund zu rücken. 114
Die Vermutung, daß im Kontext der Gedanken der analytischen Philosophie, auf die sich die besprochenen Philosophen und Theologen berufen, die Grundlagenproblematik der Theologie nicht direkt aufgeworfen wird, hat sich bei der Diskussion einiger Ansätze bestätigt. Dem widerspricht nicht die Tatsache, daß Religion und Theologie bei den Vertretern einer nichtkognitiven Interpretation in einem neuen Licht gesehen werden. Denn das ist nicht primär das Ergebnis der Anwendung des modifizierten Verifikationsprinzips, sondern eine Konsequenz der empiristischen Haltung dieser Philosophen und Theologen. Zwar wird dadurch das traditionelle Verständnis der Theologie aufgegeben, eine grundsätzliche kritische Diskussion wird damit aber zugleich voreilig abgeschnitten. Statt dessen wird unter Berufung auf das modifizierte Verifikationsprinzip eine neue Interpretation für religiöse Aussagen gesucht. Die These, daß die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks an dessen Gebrauch festzustellen ist, ist aber keine wirkliche Bedeutungstheorie der Sprache, noch kann die Behauptung, daß die Sprachanalyse als die methodische Anwendung dieser These eine rein deskriptive, neutrale Methode sei, glaubhaft gemacht werden. Bei denjenigen, die diese Methode anzuwenden behaupten, zeigt sich, daß diese Methode zumindest bei solchen sprachlichen Außerungen, die nicht der Umgangssprache zuzurechnen sind, weiterer Prämissen bedarf. Bei van Buren ist es die empiristische Haltung und deren Implikationen, bei Ramsey wird eine Beschreibung der religiösen Situation und Erfahrung vorausgesetzt. I I
Eine etwas fruchtbarere Anwendung der Sprachanalyse im Gefolge von
J. L. Austin findet sich bei Lars Bejerholm und Gottfried Hornig: Wort 115
Die Vertreter der nichtkognitiven Interpretation wie auch Phillips als ein Vertreter der kognitiven Interpretation berufen sich auf die Spätphilosophie von Wittgenstein, speziell auf seine Bedeutungslehre. Daß erstere zusätzlich auf ihre empiristische Haltung rekurrieren müssen, und daß Phillips wenig mehr an Positivem über religiöse überzeugungen sagen kann, als daß dieses Sprachspiel gespielt wird, macht deutlich, wie fragwürdig diese philosophische Konzeption - zumindest in der Version der Wittgenstein-Nachfolger - ist. Diese Philosophie läßt in der Tat alles, wie es ist; und wenn manches so zu sein scheint, wie es nicht sein darf, dann erklärt man zuvor, daß es nicht so sein kann. Zum Abschluß ist noch eine Bemerkung zur Unterscheidung von kognitiven und nichtkognitiven Interpretationen notwendig. Van Austin Harvey weist bei der Diskussion der »blik«-Theorie von Hare darauf hin, daß eine zu grobe Distinktion von kognitiven und nichtkognitiven Aussagen, die »kognitiv« mit »referential« identisch setze, irreführend sei, da nichtkognitive .Äußerungen sinnvoll als Aussagen über Handlungen verstanden werden könnten. 2 Wenn auch viele nichtkognitive .Äußerungen in diesem Sinne bedeutungsvoll sein mögen, so wäre es aber doch falsch, deshalb beide Arten von Aussagen nicht klar voneinander zu trennen. Alle besprochenen Autoren laufen Gefahr, diese Unterscheidung zu verwischen. Die Vertreter der nichtkognitiven Interpretation reduzieren zwar religiöse .Äußerungen auf eine pragmatische Bedeutung bzw. auf eine funktionale Bedeutung und Handlung. Untersuchungen zur analytischen Religionsphilosophie, Gütersloh 1966. Wenngleich auch sie deren Bedeutung überschätzen, machen sie doch die Grenzen dieser Problemstellung sichtbar. 2. Vgl. a. a. O. S. 335. 116
für die Erkenntnis insgesamt; sie reden aber weiterhin von »Glaubensaussagen« und religiösem »Glauben«. Die Vertreter der kognitiven Interpretation sehen sich nicht in der Lage, die kognitive Bedeutung religiöser Aussagen eindeutig anzugeben, und legen deshalb um so größeres Gewicht auf die verhaltensrelevanten Konsequenzen solcher Aussagen und überzeugungen. Hier ist Maxwell und Feigl zuzustimmen, wenn sie im Hinblick auf die Anwendung der Sprachanalyse auf religiöse Aussagen sagen: »Wir meinen, daß die grundlegende Unterscheidung zwischen kognitiver und nichtkognitiver Bedeutung unerläßlich ist, und daß ihre Vernachlässigung uns nur in Obskurität oder - was noch schlimmer ist - in Obskurantismus zurückführen kann. Die Klarheit des Denkens, nach der auch Wittgenstein strebte, kann nur dadurch erreicht werden, daß wir die Fusionen der verschiedenen Funktionen der Sprache zwar eingestehen, vor ihren Konfusionen aber auf def Hut bleiben.«3
3 Why Ordinary Language needs reforming, in: Richard Rorty (ed.): The Linguistic Turn. Recent Essays in Philosophical Method, Chicago-London 1967, S. 200. 117
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