Forschungen zum Alten Testament herausgegeben von Bernd J anowski und Hermann Spieckermann
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Herrschaft, Königtum und Staat Skizzen zur soziokulturellen Entwicklung im monarchischen Israel
von
Hermann Michael Niemann
J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen
Hermann Michael Niemann, geb. 1948; 1967-1972 Studium der Evangelischen Theologie in Rostock und Berlin; ab 1972 Universitäts-Assistent im Fachgebiet Altes Testament der Rostocker Theologischen Fakultät, zugleich Lehrbeauftragter für Hebräisch; 1980 Promotion; 1983 Stipendiat des Lehrkurses des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes, Zweigstelle Amman, in Jordanien und Syrien; 1991 Habilitation; seit 1992 Akademischer Oberrat an derTheologischen Fakultät der Universität Rostock. Lehrauftrag am Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Harnburg (SoSem. 1993).
Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Niemann, Hermann Michael: Herrschaft, Königtum und Staat: Skizzen zur soziokulturellen Entwicklung im monarchischen Israel I von Hermann Michael Niemann. Tübingen:Mohr,1993 (Forschungen zum Alten Testament; 6) ISBN 3-16-146059-6 NE:GT
© 1993 J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen aus der TimesAntiqua gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier der Papierfabrik Gebr. Buhl in Ettlingen gedruckt und von Heinr. Koch in Tübingen gebunden. ISSN 0940-4155
Den Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden in Rostock, Heide/berg und Kopenhagen zu Dank und Ehren
Vorwort Die hier veröffentlichten Untersuchungen bilden die zweite Hälfte einer unter dem Titel "Stadt, Land und Herrschaft. Skizzen und Materialien zur Sozialgeschichte im monarchischen Israel" im April 1990 der Theologischen Fakultät der Universität Rostock vorgelegten Arbeit. Sie wurde im Wintersemester 1990/91 als Habilitationsschrift aufgrund der Gutachten der Herren Professoren K.-D. Schunck, G. Wallis und K.-H. Bernhardt angenommen. Auf meinen Rostocker Lehrer Klaus-Dietrich Schunck geht die Anregung zurück, mich mit der Frage des Verhältnisses von Stadt und Land in Israel zu beschäftigen. Ich bin ihm für sein stetiges Interesse und seine Geduld sehr dankbar, die er mir und meiner Arbeit auch dann unverändert bewahrt hat, als Untersuchungsbereich und -methoden sowie Ergebnisse in andere Richtung gingen als ursprünglich von ihm gedacht. Die geographischen und sozialgeschichtlichen Struktur-Fragen und Begriffsanalysen, von denen meine Arbeit ausging und die sich in der 1. Hälfte der Habilitationsschrift niedergeschlagen haben (sie werden in absehbarer Zeit an anderer Stelle publiziert), drängten im Ergebnis nahezu zwangsläufig zu einer Weiterführung: Hatten in Israel die soziostrukturellen Entwicklungen der monarchischen Zeit auch soziokulturelle Veränderungen zur Folge- und wenn ja, durch welche Faktoren und mit welchen Ergebnissen im Bereich des gesellschaftlichen Lebens im allgemeinen und der Herrschaftsausübung im besonderen? Der Beantwortung dieser Fragen widmete sich der 2. Teil der Habilitationsschrift, der hiermit vorgelegt wird. Da er ei~~in sich abgerundetes Ganzes bildet wie auch der strukturgeographische und begriffsanalytische 1. Teil, werden beide Teile, auch wegen des sonst ausufernden Umfangs, separat publiziert. Am Zustandekommen der vorliegenden Arbeit haben neben Prof. Schunck Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde in Kopenhagen und Heidelberg den bedeutendsten Anteil. Der jetzige Prorektor der Universität Kopenhagen und frühere Alttestamentler am dortigen Institut für Biblische Exegese, Prof. John Strange, hat - zu DDR-Zeiten fast ein Wunder! - mit diplomatischem Geschick Wege gefunden, so daß ich auf seine Einladung hin in der Anfangsphase des Habilitationsprojekts eine Ausreisegenehmigung für vier grundlegende wertvolle Wochen des Literaturstudiums an der Kopenhagener Universität erhielt. Lisbeth und John Strange haben mich mit liebenswürdiger Herzlichkeit in dieser Zeit in ihr ,Haus und ihre Familie aufgenommen.
VI
Vorwort
Entscheidend für die Erarbeitung wurde der auf den "Lehrkurs des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Hl. Landes" 1983 zurückgehende Kontakt mit Frau Dr. Helga Weippert, Prof. Manfred Weippert und Dr. Ernst Axel Knauf in Heidelberg. Ohne das ständige briefliche und persönliche Gespräch mit ihnen, ohne ihre Kritik, zahllose Aufsatzkopien und großzügige Büchersendungen wäre es schwerlich möglich gewesen, die Arbeit um den Jahreswechsel1989/90 abzuschließen, sie überhaupt zu schreiben, da das Thema breiteste Verwertung von Literatur erforderte, die in der DDR im allgemeinen, in Rostock im besonderen jedoch nur höchst lückenhaft vorhanden war. Ernst Axel Knauf hat mehrmals die Mühe und das zeitliche Opfer von Wochenendreisen nach Rostock über die damals noch existierende innerdeutsche Grenze nicht gescheut, um in stundenlangen Diskussionen meine Thesen einer unerbittlich-konstruktiven Kritik zu unterziehen. Mit Literatur haben neben den Genannten dankenswerterweise aber auch mehrfach Prof. Rudolf Smend (Göttingen), Prof. Eckart Otto (damals Osnabrück), Prof. Winfried Thiel (Marburg), Prof. Timo Veijola (Helsinki), Dr. Andreas Reichert (Tübingen), Dr. Ulrich Hübner (Mainz), Georg Steins (Münster) sowie in schon langjähriger Treue Frau Dr. Mechthild Kellermann und Dr. Diether Kellermann (Tübingen) geholfen. Prof. Bernd Janowski hat mir Anfang 1990, auch im Namen von Prof. Hermann Spieckermann, das Angebot unterbreitet, die noch nicht einmal eingereichte Habilitationsschrift in der Reihe FAT zu publizieren. Für dieses Vertrauen in meine Arbeit bin ich beiden Herren sehr dankbar. Herr Janowski hat mit ebenso freundlich-humorvoller wie interessierter und konstruktiver Ungeduld bewirkt, daß das Manuskript nach der Annahme als Habilitationsschrift trotz meiner starken Zusatzbelastung aufgrund des vakanten alttestamentlichen Lehrstuhls und in der ungewöhnlich turbulenten, kräftezehrenden Umbruchszeit an der Rostocker Universität 1990-1992, die geduldiger wissenschaftlicher Forschungsarbeit sehr abträglich war, nicht noch länger liegenblieb. Immerhin konnte bis zum endgültigen Abschluß der Manuskriptüberarbeitung im Mai 1992 noch manches an Literatur, das bis Dezember 1989 nicht zugänglich war, nachgetragen sowie eine größere Zahl von Titeln von 1990 und einzelne Arbeiten von 1991 wenigstens in den Anmerkungen eingearbeitet werden. H.M.N.
Inhalt Vorwort
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Abkürzungen
Einleitung
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
V
IX
1
3
I. Funktionäre ("Beamte") . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
1. Sau! und Eschbaal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
2. David . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
3. Salomo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
4. Königliche Funktionäre im Südreich seit Rehabeam . . . . . . . . . . . . .
41
5. Königliche Funktionäre im Nordreich seit Jerobeam I.
.......... .
56
Exkurs: Relationen zwischen Samaria umwohnenden Sippen und der Residenz. Zum konkreten Hintergrund der Samaria-Ostraca . . . . . . . .
83
II. Königliche Funktionalorte und -bauten als Herrschaftsmittel . . . . . . . . . .
91
1. Residenzorte
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2. Befestigungs-Bautätigkeit: Grenzstädte, Wagen- undPferdestädte, weitere Festungsorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereintes Reich/Südreich Juda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nordreichisrael . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
92 96 96 132
3. Ökonomisch ausgerichteteFunktionalorte und ökonomisch-herrschaftliche Bautätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Königliche "Vorratsstädte" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Krongut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Häfen und "industrielle Standorte" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
169
B) Recht und Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel . . . . . . . . .
174
151 151 156
VIII
Inhalt
C) Kult und Kultorganisation als Herrschaftsmittel
185
I. Vormonarchische Kultstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
185
II. Juda: Vom Königtum dominierte bzw. funktionalisierte Kultstätten? . . . . .
192
111. Nordreich: Vom Königtum dominierte bzw. funktionalisierte Kultstätten? .
206
IV. Propheten und Kultstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
216
V. Anmerkungen zu neueren Forschungsbeiträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
227
1. G. W. Ahlström . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
227
2. M. Rose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
236
3. R. Albertz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
239
4. B. Lang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
242
D) Verwaltungsgliederung des Landes als Herrschaftsmittel . . . . . . .
246
I. Salomos "Provinzsystem" (1Kön4,7ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
246
II. Listen im Josuabuch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
251
Rückblick
273
Literaturverzeichnis
283
Bibelstellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
307
Namen-undSachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
312
Register hebräischer Wörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
317
Abkürzungen
ABLAK AOTS BAR BN BTAVO DISO E
EAEHL EI FrBr FrE GB
GK HAL JSOT(SS) KS MBr NBL NEB OLA
OLB;l OLB2 SpBr PSAS TA
M. NoTH, Aufsätze zur biblischen Landes- und Altertumskunde, 1. H. W. Wolff ed. Neukirchen-Vluyn 1971 D. W. THOMAS ed., Archaeology and OldTestament Study. Oxford 1967 Biblical Archaeology Review Biblische Notizen (M. GöRG ed.). Harnberg/München Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients C.-F. JEAN -J. HOFI'IJZER, Dictionnaire des Inscriptions Semitiques de l'Ouest. Leiden 1965 Eisenzeit M. Avr-YoNAH!E. STERN ed., Encyclopedia of Archaeological Excavations in the Holy Land 1-4. London 1975-1978 Eretz-Israel Frühbronzezeit Früheisenzeit Wilhelm Gesenius' Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, bearbeitet von F. BuHL. Berlin etc. 1915 = 1962 Wilhelm Gesenius: Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament. 18. Auf!. R. MEYERIH. DoNNER ed., 1. Lfg. Berlin etc. 1987 Wilhelm Gesenius' Hebräische Grammatik. Völlig umgearbeitet von E. KAUTZSCH. 28. Auf!. Leipzig 1909 Hebräisches und Aramäisches Lexikon zum Alten Testament ... dritte Auf!., neu bearbeitet von W. BAUMGARTNER et al., Lfg. 1-3. Leiden 1967-1983 Journal for the Study ofthe Old Testament. (Supplement Series). Sheffield A. ALT, Kleine Schriften zur Geschichte des Volkes Israel. 1: 1953; 2: 1978; 3: 1968. München Mittelbronzezeit M. GöRGIB. LANG ed., Neues Bibel-Lexikon. Zürich 1988ff. Die Neue Echter Bibel. Würzburg Orientalia Lovaniensia Analeeta 0. KEELIM. KücHLER!C. UEHL!NGER, Orte und Landschaften der Bibel. 1: Geographisch-geschichtliche Landeskunde. Zürich/Göttingen 1984 0. KEELIM. KüCHLER, Orte und Landschaften der Bibel. 2: Der Süden. Zürich/Göttingen 1982 Spätbronzezeit Proceedings of the Seminar for Arabian Studies Tel Aviv. Journal ofthe TelAviv University Institute of Archaeology
X TUAT WHJP
Abkürzungen/Hinweis
0. KAISER ed., Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. 111-6. Gütersloh 1982-1985 A. MALAMAT ed., The World History of the Jewish People. First Series: Ancient Times. Vol.4/2: The Age of the Monarchies: Culture and Society. Jerusalem 1979
Einleitung Hinweis zu Querverweisen in den Anmerkungen In den Anmerkungen wird bei Querverweisen auf (eine) andere Anmerkung(en) der Zusatz einer Seitenzahl in der Regel unterlassen, wenn sich der Querverweis auf eine Anmerkung desselben Kapitels bezieht.
Ich meinerseits bin freilich für das "Neue", selbst wenn es nicht durchaus stichhaltig sein sollte; nur die Gedankenlosigkeit kann sich einbilden, daß wir auf alttestamentl. Gebiet es zu "objectiven", "gesicherten" Resulthaten ... gebracht hätten. (BERNHARD DUHM an seinen Verleger Gustav Ruprecht, 14. 2. 1894)
Das Alte Testament ist ein theologisches Buch. Wo es historische Sachverhalte berichtet, finden wir sie in der Regel als Geschichtstheologie, als theologische Interpretation von Geschichte, nicht als historische Primärquellen. Indem die vorliegende Arbeit ihre Aufmerksamkeit auf soziokulturelle Entwicklungen im monarchischen Israel richtet, versucht sie einen Beitrag zur Sonderung von - plakativ-verkürzt und, wenn man will, mißverständlich ausgedrückt (theologischer) story und history im Alten Testament zu leisten. Die Bemühung um solche klärende Sonderung soll helfen, die primär theologischen Intentionen der alttestamentlichen Texte freizulegen. Sie sucht sie von der ungerechtfertigten und unangemessenen Belastung zu befreien, historischen Urteilen als Primärquelle dienen zu sollen. D~!llit bekommen die Texte ihre Rolle als theologische Zeugnisse zurück. Was sich bei der Sonderung vorläufig als historisches Material herausschält, kann der external evidence zur weiteren Prüfung gegenübergestellt werden. Sonderung vonstoryund history, wenn sie gelingt, dient also sachgerechter Interpretation in theologischer und historischer Hinsicht. Aufgabe und Ziel der hier vorgelegten Untersuchungen sind damit sowohl historisch als auch theologisch ausgerichtet, primär freilich soziokulturell-historisch, theologische Exegese und Interpretation unterstützend. Das Ziel der Arbeit läßt sich so spezifizieren: Es soll die soziokulturelle Entwicklung Israels in monarchischer Zeit vom Bereich der Herrschaft und ihrer' Struktur(en) und Entwicklung(en) sowie der Herrschaftsausübung her beleuchtet werden. Feststellungen hierzu sind bedeutsam für die Analyse des Entwicklungsstandes einer Gesellschaft insgesamt. Noch konkreter lautet meine spezielle Fragestellung: Wo, wie und (ab) wann entwickelt die monarchische Führungsspitze in Israel ein strukturierendes, machtstabilisierendes Instrumentarium als Herrschafts-
2
Einleitung
mittel? Wo, wie und (ab) wann werden solche Herrschaftsmittel eingeset~t? Wie weit reichen sie von der monarchischen Spitze hinab und (ab) wann Wird eine Durchstrukturierung bis auf die Ebene der Durchschnittsbevölkerung und ihrer Ortschaften hinab erreicht und dort wirksam? Die Gliederung der Untersuchung ergibt sich aus den einze~nen Herr~chafts mitteln, deren Etablierung und Anwendung die gesellschafthebe Entwicklung Israels markieren. Das Ziel der Arbeit besteht in dem Versuch eines Beitrags zur Erhellung des strukturellen Entwicklungsweges Israels von einer vorstaatlichen zu einer staatlich strukturierten Gesellschaft. Wenn soziokultureller Existenz-Rahmen und Entwicklungsweg Israels in monarchischer Zeit mit Hilfe der vorgelegt~n sozialgeschichtlichen Ergebnisse und Hypothesen präziser ~rk~nnt u_nd di_e religionsgeschichtlichen und theologischen Entwicklungen, ~Je Ihren literansehen Niederschlag im Alten Testament gefunden haben, 1m Rahmen der herausgearbeiteten soziokulturellen Entwicklungslinien besser verständlich werden, hat die Untersuchung ihr Ziel erreicht.
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel I. Funktionäre ("Beamte") Zu den Bezeichnungen der königlich-staatlichen Funktionäre ("Beamte") in Israel sind in letzter Zeit vor allem zwei gründliche Untersuchungen vorgelegt worden 1 • Ich kann mich auf dieser Grundlage auf folgende konkrete Fragestellungen konzentrieren: Wie entwickelt sich der königliche Funktionärsstab und woher wird er rekrutiert? Welche Aufgaben haben die Funktionäre? Wie groß ist der Kreis dieser Leute und wie weit reicht er von der Umgebung des Königs hinab in die israelitischen Durchschnittsortschaften, also an die Bevölkerungsbasis? Welche Befugnisse und reale Macht haben die Funktionäre und wie setzen sie sie gegebenenfalls durch? Wo und wie werden außerhalb der Umgebung des Königs die Funktionäre aktiv?
1. Saut und Eschbaal Saul verfügte über eine Dienerschaft, zu der Hirten gehörten 2 , unter denen sich einer, Doeg, vermutlich eher durch persönliche Körperkraft oder andere "Führerqualitäten" auszeichnete als daß er eine Rangbezeichnung trug3 ..Wenn Saul "Boten" 4 ausschickt, dürften sie sich ebenfalls aus seiner Dienerschaft reknitieren. Neben diesem recht durchschnittlichen "zivilen", besser wohl als häuslich-privat anzusprechenden Bereich stehen einige Funktionsträger, die Saul als militärischem Führer dienen. Abner führt die Saul zur Verfügung stehenden Bewaffneten an 5 , aus denen eine von David angeführte Gruppe wohl zum speziellen Schutz Sauls ausgesondert war6 • Ein Mann war Sauls persönlicher Waffenträger7 • Von einem durchstrukturierten militäri1 METITNGER 1971; RüTERSWÖRDEN 1985; vgl. auch DE VAUX 1964, 195ff. 206ff.; YETVIN 1979. 2 Vgl. 1Sam 21,8; 22,9. 14. 17 3 1S
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
sehen Apparat kann man schwerlich sprechen. Das Aufgebot einer Nomaden- oder Bauernsippe ist nicht anders strukturiert. Zu berücksichtigen ist auch, daß Abner zur Sippe Sauls gehört und David in sie integriert ist, wobei er in seiner Person die militärische Funktion mit der "zivilen" des "Unterhalters" Sauls verbindet8.
bzw. Ortschaften an sich band 18 . Aber Sau! hatte anscheinend noch weitergehende Pläne in Richtung einer Ausdehnung und Stabilisierung seines Herrschaftsbereichs. Einen besonders wichtigen Punkt hat K.-D. Schunck m. E. überzeugend herausgearbeitet: Es gibt eine ganze Reihe guter Gründe für die Annahme, daß Sau! nicht nur die Ortschaft Beerot dem Gebiet Benjamins angegliedert hat 19 , sondern daß er den Plan verfolgte, die bedeutende Stadt Gibeon, die innerhalb des Benjamingebietes ungleich zentraler als sein Heimatort Gibea lag, zu seinem Zentral- und Residenzort zu machen2°. Wie er dabei im Einzelnen vorgegangen ist, ob und wieweit er in Gibeon noch vor seinem Tode Maßnahmen eingeleitet hat, die bei einer längeren Herrschaftsdauer als Grundlage und Ausgangspunkt einer organisierten Machtausübung und Herrschafts- bzw. Verwaltungsstruktur hätten dienen können, bleibt weitgehend im Dunkeln. Anscheinend kam es aber zu einem Zerwürfnis zwischen Sau! und der Bevölkerung Gibeons (vgl. Ri 9, 1 22f. )2 und möglicherweise zu Maßnahmen Sauls gegen Gibeon, was die Gibeoniter zu der blutigen Rache an seinen Nachkommen veranlaßte (2Sam 21). Einleuchtend ist aber die von Schunck geäußerte Vermutung, daß, die Identität von el-Gib mit Gibeon einmal vorausgesetzt, eine Norderweiterung der Stadtmauer mit Einschluß der Wasserressourcen in der späteren E-I-Zeit mit der Besetzung Gibeons durch Sau! in Verbindung zu bringen sein könnte 22 . Ist dies aber richtig, so leuchtet die weitere Annahme Schuncks umso eher ein, daß Sau! sich die "Große Bamah" von Gibeon als eine religiöse Legitimation seiner Herrschaft und religiöses Zentralsymbol seines Herrschaftsbereiches zunutze machte einschließlich Zadoks, des Priesters Gibeons, der sich in den Dienst des siegreichen Sau! stellte, wie er später zu David und nach Jerusalem übertrat23 , eine Haltung, die in demselben Muster sich wiederholt, als die danitischen Priester von Dan sich von J erobeam I. in Dienst nehmen lassen 24 • Ist dies alles richtig, so kann man immerhin sagen, daß Sau! seinen durch seine Anfangserfolge errungenen Einfluß planmäßig zu befestigen und auszubauen suchte. Allerdings ist er allem Anschein nach nicht über die vermutliche Besetzung Gibeons als einen ersten Schritt lokaler Verwurzelung seiner Macht im Symbol einer Residenz 25 hinausgekommen , ein erster Schritt, der aber gemeinsam mit seinen Beziehungen ins Ostjordanland (Jabesch-Gilead) und der Zurückdrängang des Einflusses der nördlichen 26 Nachbarn Benjamins den Boden bereitete für den V\)Jl Eschbaal erhobenen Anspruch der Herrschaft über "Gilead, und über die ,Asseriten' und über Jesreel und über
Die Gruppe der Funktionsträger Sauls geht also nicht über die unmittelbare häuslich-familiäre Umgebung und einen militärischen Minimalstab hinaus. Verwaltungsfunktionäre und-funktionenwerden nicht sichtbar. Wo werden Funktionsträger Sauls in irgendeiner Weise aktiv? Sauls Kontakt mit Ahia/Ahimelech9 ist offensichtlich nicht der eines Weisungsberechtigten zu Weisung ausführenden Untergebenen bzw. Funktionsträgern; die Nob-Priesterschaft steht in keinem erkennbaren Dienstverhältnis zu Saul 10 . Ob sich Doeg in einer weisungsberechtigten Funktion in Nob aufhält 11 und welche das sein sollte, ist unbekannt. Die gelegentliche Zusammenarbeit der Nob-Priesterschaft mit Saul beruht anscheinend auf einer freiwillig-gleichberechtigten Ebene. Auch Davids Aufenthalt in Nob 12 liegt in derselben Linie. Seine Bitte um Bewaffnung ist keine königlich autorisierte Verwaltungsanforderung. Ihre Gewährung wird durch Davids Bekanntheit und die ihm entgegengebrachte allgemeine Sympathie verständlich 13 . Auf freiwilliger Basis beruht auch die Zusammenarbeit der Zifiter mit Saul14 . Das zeigt schon seine für einen Weisungsberechtigten undenkbare Dankbarkeit für ihre Hilfe 15 .
Nun hat Saul in seiner mehrjährigen Herrschaft 16 zweifellos seine Autoritätsbasis, nicht zuletzt durch militärische Erfolge, erweitern können 17 . Daß er selbst aktiv und bewußt auf eine Ausdehnung seiner Hausmacht hinarbeitete, wird schon durch die Verheiratung seiner Töchter bezeugt, womit er andere Familien
8 Zu Abner vgl. 1Sam 14,50f. u.ö.; zu Davids Doppelfunktion vgl. 1Sam 16,14-24; 22,14: Sollte diese Koppelung von martialischer und romantisch-künstlerischer, ja, musiktherapeutischer Funktion eine sekundäre ideologische Fiktion mit prodavidisch-antisaulidischer Spitze sein? 9 Vgl. 1Sam 14,3.18 und STOEBE 1976 z.St, sowie 1Sam 21,2ff.; 22,9ff. 10 So auch STOEBE 1976, 395 11 Vgl. 1Sam 21,8 und die Überlegungen bei STOEBE 1976,394. 397undjetzt KNAUF 1990b 12 1Sam 21,2-10 13 1Sam 18,7.30 14 Vgl. die beiden Versionen in 1Sam 23,19-28 und 1Sam 26,1-25 und dazu die Kommentare z.St., bes. STOEBE 1976; McCARTER 1984a. Über die Motive der Zifiter, Sau! zu unterstützen (innerjudäische Gruppenkonflikte?) läßt sich keine sichere Entscheidung mehr fällen. 15 1Sam 23,21 16 Dieaufgrund des schwierigen Textes in 1Sam 13,1 immer wieder einmal, zuletzt wieder von CLAuss 1986, 47, vertretene Auffassung, Sau! habe nur zwei Jahre geherrscht, hat mit aller wünschenswerten Gründlichkeit bereits SCHUNCK 1963, 108-124, bes.120ff. widerlegt und überzeugend für eine wahrscheinlich 9jährige, allenfalls 12jährige Herrschaft plädiert (aaO, 124). 17 VgJ. insgesamt vor allem SCHUNCK 1963, 80-138 und danach BLENKINSOPP 1972; DERS. 1974; EDELMAN 1984; KNAUF 1990a, 157f.
18 Vgl. 1Sam 18,19 (Merab heiratet Adriel von Mehola); 1Sam 25,44 (Michal wird vorübergehend David weggenommen und mit Paltiel von Gallim vermählt, vgl. aber 2Sam 3,15). Auch sonst zog Sau! tüchtige Männer in seine Nähe (1Sam 14,52). 19 SCHUNCK 1963, 115f. 20 Zu Belegen und Einzelheiten vgl. SCHUNCK 1963, 131ff.; BLENKINSOPP 1972, 86; DERS. 1974, lff.; EDELMAN 1984, 204; KNAUF 1990a, 158; DONNER 1984, 179f. m. A.29 ist skeptisch, vermag aber keine Gegengründe vorzubringen. 21 KNAUF 1990a, 158. 22 Vgl. ScHUNCK 1963, 131f.; zum archäologischen Befund vgl. REED 1967, 231ff.; PRITCHARD 1976,446-450. Vgl. auch U. S. 119-120. 23 Vgl. ScHUNCK 1963, 134-137. 24 Vgl. NIEMANN 1985a, 61ff. 110ff. 131ff. 25 ScHuNcK spricht daher völlig zu Recht mehrfach von Sauls "Plänen" bzw. von seiner "Konzeption", die er "entworfen" und "begonnen" habe, die aber durch seinen Tod "abgebrochen worden" seien (1963, 115. 131. 137). 26 VgJ. SCHUNCK 1963, 129ff., aber auch EDELMAN 1984.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Ephraim und über Benjamin,
" (2Sam 2,9) und ihn verständlich macht27. So wenig auch über Sauls Sohn Eschbaal bekannt ist, ergänzt es doch das Bild von Saul ein wenig. Seine von Abner angeführten Bewaffneten waren wie möglicherweise schon unter Saul bei konkreten Aktionen oder ständig in Streifscharen untergliedert, die jeweils einen Führer besaßen28 • Ansonsten wird von Eschbaals Haushalt nur eine Pförtnerin oder Haushälterin erwähnt29 • Welches Ziel hat das Auftreten von Eschbaals Funktionsträger Abner bei Gibeon (2Sam 2,12-17)? Der Kampf mit Davids Männern soll wohl auf jeden Fall der Wiederbefestigung der Autorität des Hauses Sauls im Westjordangebiet (und wohl nicht zufällig bei Gibeon, s.o.) nach dem Ausweichen ins ostjordanländische Mahanajim dienen und war wohl mindestens symbolischer und legitimierender Art, wie auch der Kampf in kleinem Rahmen und anscheinend ohne größere Anteilnahme der Israeliten stattfand30 •
Insgesamt blieb die reale Machtbasis des Hauses Sauls ungeachtet des in 2Sam 2,9 angedeuteten Anspruchs z. Zt. Eschbaals relativ beschränkt. Seine Autorität beruhte auf Sauls Anfangserfolgen gegen die Philister und zugunsten von Jabesch-Gilead und vielleicht auf der zeitweiligen Unterstützung durch SamueP 1 . Seine Basis bildeten sein "Haus" (byt), seine "Freunde" (2Sam 3,6. 8) und sein Stamm ('m, 1Sam 15,30; vgl. auch 1Sam 22,6ff.). Ansätze zum Aufbau einer "zivilen" Binnen-Verwaltung sind jedenfalls nicht erkennbar, abgesehen von der Grundlegung dafür, als die man die Besetzung Gibeons zum Zweck der Schaffung einer zentralen Residenz ansehen kann. Berührungen mit anderen Stämmen, Ortschaften und deren Bewohnern geschahen auf der Basis gleichberechtigter Kooperation und fallweiser Interessenübereinstimmung und ohne den erkennbaren Anspruch herrschedieher Weisungsbefugnis. Verwaltungsakte sind nicht bezeugt32 • Die relative Labilität der Herrschaft Sauls und Eschbaals belegt auch die Tatsache, daß Eschbaal aus dem benjaminitischen Kerngebiet fliehen mußte (2Sam 2,8). In dieselbe Richtung weist auch der schnelle Zerfall der Herrschaft des Hauses Saul. Die 27 Vgl. dazu DONNER 1984, 181f.; EDELMAN 1985; KNAUF 1990a, 158f., aber auch neuestens (z. T. anders) NA'AMAN 1990. 28 1Sam 4,2(ff): zwei sry gdwdym aus Beerot; zu gdwd li "Streifschar" vgl. HAL 170. 29 2Sam 4,6; zum Text vgl. neben STOEBE 1976 z.St. zuletzt McCARTER 1984b, 125f. 3o Vgl. STOEBE 1976; SToLz 1981; McCARTER 1984b z.St. 31 Vielleicht kann man im Anschluß an die Überlegungen ScHUNCKS zum Verhältnis Sauls zu Gibeon und Zadok die Vermutung wagen, daß die Entfremdung zwischen Saul und Samuel wenigstens mit verursacht worden sein könnte durch die am Ende der Saulzeit sich entwickelnde Verbindung zwischen Saul und Zadok. Zum Verhältnis Saul-Samuel vgl. neben DIETRICH 1987 neuestens auch MOMMER 1991. 32 Die in 1Sam 17,25 erwähnte "Steuerbefreiung" wird man nicht als Verwaltungsakt bezeichnen und auch nicht aus ihr schließen können, daß Sau! vorher ein Besteuerungssystem eingerichtet habe. V gl. mit Recht kritisch bzw. skeptisch zur Frage der Existenz von Steuern in Israel RüTERSWÖRDEN 1985, 127ff.; vgl. in diesem Sinne zu 1Sam 17,25 auch STOEBE 1976,324. 326f. Die "Steuerbefreiung" wird ein Element der Vorstellung späterer Zeit sein, die das historisch und literarisch schwierige Kapitel erzählerisch ausgestaltete (zu 1Sam 17 insgesamt STOEBE 1976, 312-315 ).
I. Funktionäre ("Beamte")
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Gründe dafür liegen nicht nur im persönlichen, krankheitsbedingten Verfall Sauls und in Erfolg und Genie Davids und auch nicht allein im Zwist innerhalb des Hauses Sauls, den Abner und Eschbaal symbolisieren. Sie liegen auch in der Struktur und dem Charakter der Herrschaft des Hauses Saul: Bei und mit Erfolg besteht Autorität und Bereitschaft zu Loyalität und Gefolgschaft, bei und nach Mißerfolg (1Sam 31) sinkt der Stern eines charismati- .c" J.-(.; sehen Anführers, chiefsoder SefJs: Die Gefolgschaft versagt weitere Loyalität c( und löst sich auf. Die personellen Zerfallsgründe wurden offensichtlich eben c, nicht aufgefangen durch einen selbsttragenden strukturellen Binnenausbau rc~ ,.: 'I'' ' · der Herrschaft. Es fehlte ein strukturierter, lokal und regional verteilter und verwurzelter Funktionärsapparat. Das Haus Saul hat anscheinend keine die Herrschaft sichernden personellen, lokalen und regionalen Organisations- c\::' • strukturen mit sich gebracht33 • Vielleicht war die Zeit der Herrschaft Sauls für "''~-"·t.k .' vdie Entstehung solcher Strukturen zu kurz: Voraussetzung für ihre Entwick- ~~ \•,!r~ lung ist natürlich ihre ökonomische Möglichkeit. Saul und Eschbaal blieben ~~ e..-hr nach ihrer realen Macht, ungeachtet durchaus anzunehmender weitergehen- ~' 'l'\"' ~Jx der Pläne und Ansprüche, Herrscher eines regionalen chiefdoms ("Stämmestaates")34. 33 Mit DONNER 1984, 180f. 184 und LEMCHE 1988, 135-137 gegen EDELMAN 1985, 88f., die ohne überzeugende Gründe bei Sau! ein straffes, verwaltungsmäßig gegliedertes Regiment mit "Distrikthauptstädten"(!) annimmt und auch von einer "Distriktliste" (!) Eschbaals spricht (2Sam 2,9). 34 Zur Definition von (chief und) chiefdom als zwischen egalitären Gesellschaften und "Staaten" stehender gesellschaftlicher Organisationsform vgl. SERVICE 1977, passim; H.T. WRIGHT 1977; FLANAGAN 1981; FRICK 1985, bes. 7lff. 74ff.; EARLE 1987; BREUER 1990, 45ff. 51ff. 55ff. 68ff. Grundlegendes Kennzeichen eines "chiefdoms" ist- zweifellos verkürztdies, daß es eine zweischichtige Gesellschaftsorganisation darstellt (chief mit persönlicher Klientel + Unterschicht) im Unterschied zum stärker, nämlich dreifach stratifizierten "Staat" (Herrscher mit Herrschaftsapparat + Oberschicht + Unterschicht). Dem chiefdom fehlt gegenüber dem Staat noch weitgehend im Unterschied zum "primären" = produzierenden und "sekundären" = verarbeitenden Sektor der "tertiäre Sektor" (der meist aus der Oberschicht rekrutierte, eine funktionale und institutionalisierte Zwischenschicht darstellende Apparat hauptamtlicher Funktionäre) zwischen Herrscher und Volk. Kennzeichnend für chiefdoms sind Reziprozität der Beziehungen (Tausch) sowie zentrale Redistribution durch den chief, der seine Autorität, sein Charisma ständig neu bewähren muß. Horizontale, interaktionsabhängige Formen der Rangbestimmung stehen noch gleichberechtigt neben vertikalen Strukturen. Bei weiterer Vertikalisierung und Hierarchisierung (=Stratifikation) der Gesellschaft entsteht eine staatliche Organisation. Der Staat verfügt im Unterschied zum chiefdom über das Monopol der faktischen Gewalt, besitzt einen "Erzwingungsstab", Macht und Ränge sind institutionalisiert. BREUER weist aber auch darauf hin, daß Globalkategorien wie "Stamm" und "chiefdom" "nicht ausreichen, um das ganze Spektrum der vorstaatlichen Gesellschaften einzufangen" (68). So kommt es mir in der vorliegenden Arbeit überhaupt nicht auf die (Richtigkeit der) Zuweisung von Geschichtsphasen Israels zu dieser oder jener soziologischen Organisations-Kategorie (s. u. A. 129), sondern auf die Herausarbeitung dessen an, was Archäologie, Primär- und Sekundärquellen Israels zur Entwicklung der gesellschaftlichen Organisations-Strukturen, zur Entwicklung und den Formen der Herrschaft in Israel erkennen lassen. Zusammen mit weiteren notwendigen Untersuchungen mag dann die vorliegende Studie Forschern mit mehr soziologischem Fachverstand Material zur Zuwei-
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
Diese Wertung bzw. Benennung hat allerdings keinen Einfluß auf die geschichtstheologische Bedeutung Sauls und verringert sie keinesfalls 35 •
hier deshalb nur unter den eingangs genannten konkreten Fragestellungen betrachtet.
2. David Mit David scheint die Verwaltung gegenüber Saul einen großen Entwicklungssprung zu machen; ganze Listen von Funktionären Davids finden sich. Folgt man dem alttestamentlichen Text, so werden noch vor der ersten Liste im Rahmen eines Sammelberichts über Davids erfolgreiche Kriege gegen die Nachbarvölker n!'!bym erwähnt, die er in Ararn-Damaskus (2Sam 8,6; in 1Chr 18,6 ist n!'!ybym ausgefallen) wie in Edom (2Sam 8,14 36 ; 1Chr 18,13: n!'!ybym) eingesetzt hatte. Von NSB abgeleitet, bedeutet die Bezeichnung recht neutral einen, der "hingestellt ist" (z. B. auf einen Posten), mit 'l verbunden einen, der "über etwas gestellt" ist 37 • Die BegriffsDiskussion, in der manchmal konkret-personal und verwaltungshierarchisch als Übersetzung "Vogt, Gouverneur, Präfekt", manchmal aber neutraler "Posten, Besatzung" vorgeschlagen wird, dürfte hier im letzteren Sinne zu entscheiden sein, nicht nur, weil die ersteren Vorschläge in verschiedenen Gesellschaften und Epochen einen bestimmten Sinn haben, der hier aber gerade in Frage steht, sondern vor allem, weil das neutrale "Posten" der hebräischen Wurzel entspricht und vom jeweiligen Kontext her konkretisiert werden kann. Für die o. g. Belege heißt das: David hat als sichtbares Zeichen seiner errungenen (realen oder nominellen) Oberherrschaft "Delegaten", "Repräsentanten" in Ararn-Damaskus und Edom "aufgestellt", die neben der Repräsentanz-Aufgabe wohl auch für Tributentrichtung (2Sam 8,6) zuständig waren. Es liegt in der Natur der Situation, daß diese Repräsentanten in unterworfenem Gebiet, wenn nicht selbst Militärs, so doch mindestens von einer angemessenen militärischen Bedeckung begleitet waren 38 • Angesichts ihrer Aufgabe, Macht im Feindesland, also auf nicht ungefährlichem Posten zu repräsentieren, war es nicht besonders dringlich, daß die n!'!bym Verwaltungsspezialisten darstellten. Sollte es sich nicht um Militärs gehandelt haben, waren sie jedenfalls enge Vertraute Davids. Die Listen der Funktionsträger Davids in 2Sam 8,16-18//1Chr 18,15-17, 2Sam 20,23-26 und 1Chr 27,25-34 sind oft behandelt worden 39 • Sie werden sung der Geschichtsphasen Israels zu den (freilich unter den Forschern verschieden benannten und definierten) Kategorien gesellschaftlich-struktureller Evolution von Herrschaftsformen bereitstellen. 35 Zu Sau! (und Eschbaal) insgesamt vgl. in letzter Zeit DONNER 1984, 173ff.; EDELMAN 1984; LEMCHE 1988, 133-137; KNAUF 1990a, 157-159 sowie DIETRICH 1987. 36 Zu 2Sam 8,13f. vgl. einerseits M. WEIPPERT 1971, 285f., andererseits (skeptischer) KNAUF 1988e, 69, zum (bescheidenen) Umfang des von David "eroberten" Edom vgl. KNAUF 1988e, 68; DERS. 1984, 94f., ZU Edom insgesamt vgi. nach WEIPPERT 1971 jetzt KNAUF 1990c. 37 Zu NSB Ni. vgl. GB und HALs. v. sowie REINDL 1986 (s. u. A. 110), zur Diskussion des Titels zuletzt RüTERSWÖRDEN 1985, 107ff. 38 McCARTER 1984b, 249, spricht deshalb wohl zu Recht von "garrison". Zurückhaltender gegenüber diesen Kriegsberichten sind z. B. GARBINI 1988, 25f. und KNAUF 1988e, 68f. 39 Vgl. in letzter Zeit neben den Kommentaren bes. METTINGER 1971, passim; auch DE VAux 1964, 195ff. 206ff.; RüTERSWÖRDEN 1985, passim.
Einige Beobachtungen zu den Listen 2Sam 8//lChr 18 und 2Sam 20 und ihr Verhältnis zueinander vorweg: 2Sam 8 nennt sechs Funktionsträger(gruppen) militärischer, ziviler und religiös-kultischer Aufgabenbereiche in einer urtümlich wirkenden, ungeordneten Aufreihung. Familienangehörige Davids halten dabei militärische und kultische Funktionen. Eine kultische und eine weitere militärische Funktion besetzen zuverlässige Parteigänger Davids aus seiner Frühzeit (Abjatar und Benaja). Die restlichen drei Funktionäre mögen erst später zu David gestoßen sein, wofür ihre zivile (Josafat und Seraja) bzw. kultische Funktion (Zadok40 ) spricht. Diese Entwicklung entspricht völlig einem taktisch-politischen Kalkül und dem allgemeinen Muster eines planvollen Machterwerbs. lChr 18 unterscheidet sich, abgesehen von hier unwichtigen Details, nur darin, daß die Söhne Davids nicht mehr Priester, sondern "Erste an der Seite des Königs" sind41 • Rang- bzw. Bedeutungsunterschiede sind nicht festzustellen. Im Unterschied zu 2Sam 8 ordnet 2Sam 20 die Funktionsträger sachlich nach ihren Funktionsbereichen: Die beiden Militärs zu Anfang, dann die Zivilisten, dabei zusätzlich Adoram ('l h-ms), am Ende die Priester, neben Zadok und Abjatar neu Ira, der Jairiter (khn 1-dwd), der die Stelle der Söhne Davids einnimmt. Bieten die Listen ungeachtet der Variationen doch ein in Umfang und historischpolitischer Entwicklung relativ übereinstimmendes und einleuchtendes Bild des kleinen Kreises der Vertrauten in Davids Umgebung, so ändert lChr 27,25-34 das Bild anscheinend nicht unwesentlich. Dieser Komplex ist zweiteilig: V. 25-31listet Funktionäre auf, die das Vermögen des Königs verwalten, V. 32-34 nennt bereits aus den anderen Listen bekannte, aber auch neue Funktionsträger der unmittelbaren Umgebung Davids, insgesamt sieben, deren jeweilige Herkunft und Funktion wiederum interessant sind: Joab, Davids Verwandter und Säule seiner Macht, fehlt natürlich nicht in dieser Aufzählung, wenn er auch am Ende erscheint. Vor allem aber ist im Laufe der Herrschaft Davids, völlig verständlich, sein (ziviler) Beraterkreis größer geworden: Erstgenannt ein Onkel Davids, Jonathan, dazu Ahitophel und Huschai der Arkiter (letzterer r' h-mlk), zwei Männer, die vielleicht nicht 2(Ufällig aus der lokalen Elite des Landes südlich bzw. nördlich Jerusalems stammten42 • Anitophel, der David durch seine 40 Über Josafats Herkunft ist nichts bekannt; sein gut israelitischer Name wie der Vatersname, dessen 2.Element unklar ist (NoTH 1928, 235), läßt israelitische wie nichtisraelitischkanaanäische Herkunft offen. Über Serajas Herkunft läßt sich ebensowenig sagen. Zu Zadoks möglicher Herkunft aus Gibeons Elite s.o. S. 5. 41 Diese Änderung muß nicht (nur) daran liegen, daß die Priesterschaft der Davidsöhne dem Chronisten suspekt war; der Chronist beließ immerhin den Söhnen des von ihm hochverehrten Königs eine Stellung in seiner nächsten Nähe, trifft aber, indem er sie des Priesterrangs entkleidet, eine geschichtlich vorstellbare Entwicklung des allmählichen Ersatzes der (hilfs-) priesterlichen Davidsöhne durch einen professionellen Priester, wie 2Sam 20,26 bezeugt, was umso besser vorstellbar ist, je gefestigter Davids Macht war und er weniger auf die Unterstützung seiner engsten Familienmitglieder angewiesen war. 42 Zum gbwl h- 'rky, der Heimat Huschais, vgl. demnächst meine Studie: "'r.)'-X - eine nordisraelitische Regionalbezeichnung". Zum Titel "Freund des Königs" vgl. McCARTER 1984b, 372; RüTERSWÖRDEN 1985, 73ff. Ahitophel stammte aus Gilo (2Sam 15,12; 17,23), das nicht identifiziert ist, aber nach Jos 15,51 in einem Gebiet liegt, das zwischen der Region Hebron (NoTHs "7.Gau" Jos 15,52-54a) und der Jos 15,21ff. einleitenden südlichsten Region
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
Beteiligung an Absaloms Aufstand letztlich enttäuschte, wurde durch Vertraute aus Davids Frühzeit, Abjatar43 und den Sohn Benajas, Jojada, ersetzt. Schließlich trat noch ein Mann unbekannter Herkunft, Jehiel b. Hachmoni, in Davids Umgebung bzw. in seine Familie ein, der die möglicherweise einflußreiche Funktion eines Prinzenbegleiters bekleidete, wird er doch gleich nach Davids Onkel und vor der Beratergruppe genannt. Was die Liste vermögensverwaltender Funktionäre in 1Chr 27 betrifft, so sind schwerwiegende Argumente gegen ihre Herleitung aus der frühen Königszeit (David/Salomo) geltend gemacht worden, so daß man in ihr wahrscheinlich eher eine- sachlich durchaus zutreffende - Darstellung der Domänen-Besitzverwaltung judäischer Könige der 2. Hälfte der Königszeit (Josia?) aus chronistischer Zeit sehen muß44 • So ist für Davids "Funktionärs-Apparat" von dieser Liste abzusehen; für die Davidzeit bleibt es bei 2Sam 8,16-18//1Chr 18,15-17; 2Sam 20,23-26; 1Chr 27,32-34 als Analysegrundlage.
dem Ostjordanland 45 trat, David also mit fortschreitender Stabilität und zur fortschreitenden Stabilisierung seiner Herrschaft religiös-kultische Repräsentanten aus verschiedenen Bereichen in Jerusalem integrierte, - daß im Laufe der Zeit und im Verlauf der inneren Stabilisierung seines Herrschaftsbereiches nach politischer Logik und Nützlichkeit zivile Funktionen eingerichtet und - ebenfalls nach herrschedieher Logik und Klugheit deren Funktionsträger in einigen Fällen nachweislich, in anderen vielleicht bzw. vermutlich aus der lokalen Elite des Landes stammten (Josafat als mzkyr, Seraja als Schreiber, Ado( ni)ram als der 'l h-ms46 ) wie die Gruppe der Ratgeber in lChr 27, 32ff., die klug gemischt neben Familienangehörigen Davids (Jonathan) und Vertrauten der alten "Kampfzeit" (Abjatar und Benajas Sohn) wiederum Angehörige der Landeselite des Nordens und Südens (Huschai und Ahitophel) enthielt. Die drei Listen sind also nicht als Alternativen gegeneinander auszuspielen, sondern ergänzen einander und spiegeln eine logische (personal-)politische Entwicklung wider. Wichtig ist nun, daß alle Funktionen und Funktionsträger in Davids unmittelbarer Umgebung ("bei Hofe") angesiedelt, ihre Träger nach Herkunft und/ oder Funktion mit dem vergangenen und zukünftigen Schicksal Davids damit eng verbunden sind. Nur zwei Funktionen reichen in ihrem Aufgabengebiet über die unmittelbare Umgebung Davids hinaus und greifen ansatzweise in die Bevölkerungsebene hinab:
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Die drei Listen spiegeln einschließlich ihrer Veränderungen im Laufe der Zeit allem Anschein nach realistisch wider, - daß David sich als König zuerst möglichst stark auf seine Familie (Joab und seine Söhne) und auf enge Vertraute aus der frühen Zeit des Kampfes um die Macht stützte (Benaja und Abjatar), - daß Familienmitglieder in besonders wichtigen Funktionen blieben (Joab), auch hinzukamen (Jonathan, Davids Onkel), aber auch ersetzt wurden (Söhne Davids als Priester), - daß diese Hauptstützen seiner Hausmacht vor allem Funktionen in den sensiblen Bereichen der Machterhaltung (Militär und religiöse Legitimation) ausübten, - daß im innenpolitisch-legitimatorischen Bereich des Kultes im Lauf der Zeit aber auch in ausgewogener Weise neben Davids alten Gefährten Abjatar der nichtisraelitische Gibeoniter Zadok und der nordisraelitische J airit Ira aus
(NoTHs ,,l.Gau", Jos 15.21 b-32a) liegt und üblicherweise als "6.Gau" (Jos 15,48b-51a) gerechnet wird (NoTH 1971a,91. 97; A. MAZAR 1981, 2). Zum Namen Abitophel vgl. McCARTER 1984b, 357. 43 Falls er mit dem Abjatar aus der Nob-Priesterschaft (vgl. 2Sam 8; 20) identisch ist. Oder sollte es ein anderer, neuer Berater des gleichen Namens sein? Zu beachten ist aber auch ein Textänderungsvorschlag RuooLPHS (1955, 182; vgl. BHS App. z. St.), demzufolge Abitophel nur durch den neuen Ratgeber Jojada b. Benaja ersetzt wurde, während RuooLPH den Text nach dem Namen Jojada ergänzt: yw~ l-mlk w-kwhnw "und nach Abitophel war Jojada b. Benaja ,Ratgeber des Königs und sein Priester war' Abjatar ... " 44 Vgl. GALLING 1954, 75f. (Josiazeit); WELTEN 1969, 137f.; KNAUF 1985a, 13f. gegen RoTHSTEIN/HÄNEL 1927, 493f.; RUDOLPH 1955, 183f.; WILLIAMSON 1982, 177 (David-Salomozeit). METTINGER 1971, 87, neigt mehr der David-Salomozeit zu, hat aber letztlich nur das schwache Argument, daß "the territorial scope of the Iist. .. (Sharon v.29) is perfectly consonant with a date in the United Monarchy", weshalb er letztlich zugesteht:"In any case we may be quite sure that the Iist reflects pre-Exilic conditions" (s. aber o. GALLING, WELTEN und KNAUF). Daß der Chronist David die reiche und differenzierte Vermögensverwaltung, die er nach dem Muster spätmonarchisch-judäischer Tatbestände gezeichnet haben dürfte, zuschreibt, ist von seinem Davidbild her völlig verständlich: Wohlstand ist ein sichtbares Zeichen göttlichen Segens, also ein Element der Königsideologie; vgl. auch IM 1985.
Joab leitet das gegebenenfalls einzuberufende Aufgebot der Bewaffneten, was aber auf der Basis der freiwilligen Akklamation Davids zum Herrscher durch Juda und Israel geschah und somit keinen staatlich-verwaltungsorganisatorischen Funktionärsapparat voraussetzte. Nach 2Sam 20,24 soll nun aber David mit der Einsetzung eines Funktionärs '1 h-ms ein Fron-System in Israel eingeführt haben. Unter Salomo j:>reiter bezeugt (1Kön 4,6; 5,28; 12,18//2Chr 10,18), führte es zu einer Katastrophe für dlis davidische Königtum und zur persönlichen Katastrophe des einzigen im AT genannten ms-Funktionärs, Ado(ni)ram, unter Rehabeam. Was aber wissen wir über ms z. Zt. Davids? Mettinger wundert sich, teils zu Recht, teils zu Unrecht, daß außer der Funktionsbezeichnung Ado(ni)rams z. Zt.Davids nie der Begriff vorkommt; der Sache nach sei lediglich auf 1Sam 12,31 (Zwangsarbeit von Kriegsgefangenen) hinzuweisen47 • An staatlich-königlichen (Bau-)Maßnahmen, die ms erforderten, sind textlich nur Befestigungs-/Sicherungsbauten um Jerusalem bezeugt; außerdem hatte David vermutlich Bauhilfskräfte zu stellen, als Hirams Fachhandwerker ihm in Jerusalem ein "Haus" (byt) bauten 48 • Obwohl dies nicht gerade viel ist, mag es genügen, um die Annahme zu rechtfertigen, daß tatsächlich 45 Zur Herkunft Iras vgl. zuletzt McCARTER 1984b, 434; BLENKINSOPP 1969, 156 erwog eine Herkunft aus Qirjat-Jearim ( =Jeariter), und vermutet in seiner Priesterschaft einen Bezug zum Ladeaufenthalt dort. 46 S. u.A. 53 47 METTINGER 1971, 133 48 Vgl. 2Sam5,9-11
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
schon David in der 2. Hälfte seiner Herrschaft einen ms-Funktionär zur Organisation nützlicher Zwangsarbeit von Kriegsgefangenen benannte49 • Aber ob dieser Funktionär in seiner Funktion über Kriegsgefangene (und nichtisraelitische/nichtjudäische Kanaanäer?) hinaus z. Zt. Davids Judäer und Israeliten tangierte, bleibt ganz unklar. Belege sehe ich nicht50 • So hat es den Anschein, daß unter David noch nicht bzw. nur im ersten Ansatz von einer verwaltungsmäßig organisierten ms-Institution 51 gesprochen werden kann. Die entsprechenden begrenzten Aufgaben unter David in Jerusalem und evtl. in 52 Ziqlag sowie wenn Kriegsgefangene "anfielen", konnte ein einzelner, erfahrener 53 Mann mit einigen fähigen Helfern und über die zweite Hälfte der Davidzeit verteilt bewältigen. Eine an die Basis der judäischen bzw. israelitischen Ortschaften hinabrei~ chende ms-lnstitution mit ms-Funktionärsstab ist für die Davidzeit jedenfalls durch die Nennung Ado(ni)rams nicht zu belegen, wie auch die staatliche Bautätigkeit zur Davidzeit nach unserer gegenwärtigen Kenntnis nicht so umfangreich war, daß sie nur mit
einer verzweigten, durchorganisierten ms-lnstitution einschließlich entsprechendem Funktionärsstab unter Einbeziehung der israelitischen und judäischen Ortschaften und ihrer Bewohner hätte bewältigt werden können54 .
49 Diese Auffassung fände beträchtliche Unterstützung, wenn es richtig ist, daß Tell esSeba' Str.VI ein "worker's camp" etwa aus dem 1. Viertel des 10. Jh. v. Chr. ist "for the builders of the royal city of stratum V", bei dem die Arbeiter (Kriegsgefangene? vgl. 2Sam 12,31) in Zelten und Hütten um den Ort wohnten, die Leitenden (Adoram mit Architekt~n und Aufsehern?) die wenigen, flüchtig aus den verlassenen Gebäuden von Str.VII hergenchteten Bauten auf dem Tell bewohnten, von denen "the single sizeable house may have been the residence of the director of the project" (HERZOG in HERZOG ed. 1984, 84f.). Ein solches Projekt zur Errichtung eines Süd-Grenzsicherungspunktes bzw. eines Stabilisierungspunktes, der den Herrschaftsanspruch Davids auch gegenüber der ziehbäuerlich-lokalnomadischen Bevölkerung dieses Nord-Negehgebietes (vgl. FINKELSTEIN 1984; KNAUF 1986, 175) südlich des judäisch-stationärbäuerlichen Bereiches Judas repräsentativ deutlich machte, würde gut in die 2.Hälfte der Davidzeit passen, der Umfang dieses Projektes freilich auch viele Kräfte und Mittel des Davidreiches binden, was das Fehlen von textlichen Informationen über weitere ms-Aktivitäten, über das METTINGER 1971, 133, sich wundert, etwas verständlicher macht. Ob freilich auch am nördlichen Grenzpunkt des von David beherrschten israelitischeJi Kern-Gebietes, in Dan, bereits Befestigungen z. Zt. Davids errichtet wurden, wie AHAROl-li vermutet (1974a, 13~f.), ist eher zweifelhaft. Der Ausgräbe~]lat früher solche Bauten inJ>an Jerobeam I. zuschreiben wollen (BIRAN 1969, 122. 2}51; 1973, 110; 1974, 49), dachte chinach aber (vermutlich mit Recht) eher noch später an.A:llab (1977, 243; 1978, 268f.; 1980,.176ff.), wenn BIRAN auch andere Fortifikationsbauten vielleicht in die David- oder Jeröbeamzeit setzen möchte (1977, 243; 1978, 268f.; 1980, 176-179; 1981, 103). 50 Man kann freilich vermuten, daß sich an Davids Bauten, die als Prestigeobjekte des anerkannten Stammesführers und damit auch als Prestigeobjekte des Stammes gelten konnten (zu Begriff und Bedeutung von "Prestige", "Prestigegütern" und "Prestigewirtschaft" s. u. A. 81), in gewissem Umfang auch judäische Stammesleute beteiligten, aber das bleibt Vermutung (vgl. NoRTH 1984, 1008:"kein biblischer Verfasser verwirft aber mas für gute und notwendige Zwecke"); sollte es so gewesen sein, ist immer noch sehr fraglich, ob solche Beteiligten als unter einem ms-Beauftragten stehend und in eine ms-Institution eingebunden bezeichnet werden können. 51 METTINGER 1971, 132-139; skeptisch WüRTHWEIN 1985, 41. 52 FRITZ 1990b, 78ff. hat neuestens mit bedenkenswerten Argumenten die Identifizierung von Ziqlag mit dem Tell es-Seba'vorgeschlagen. 53 Es wird, auch aufgrundseines Namens, vermutet, daß Ado(ni)ram Nichtisraelit war (DE VAux 1964, 229; METTINGER 1971, 133; RüTERSWÖRDEN 1985, 72), der dann seinen Posten bei David aufgrundfrüherer Erfahrungen mit ms, die schon vorisraelitisch im syrisch-palästinischen Raum existierte (METTINGER 1971, 129ff.; RüTERSWÖRDEN 1985, 72f.; NoRTH 1984, 1007), bekam.
Für die Davidzeit ergibt die Untersuchung, daß alle überlieferten Funktionäre unmittelbar in Davids Umgebung verwurzelt waren, ihre Aufgaben reichten bis auf zwei Ausnahmen nicht in die Tiefe des Landes und auf die Ebene der durchschnittlichen Siedlung. Wo die Aufgabe eines Funktionärs aber doch über die unmittelbare Umgebung Davids hinausreichte, beim allgemeinen Aufgebot der Bewaffneten und bei der im Ansatz vorhandenen ms-Einrichtung, fehlt anscheinend ein organisierendes Funktionärsnetz, das bis in die durchschnittliche Siedlung hinabreicht: Solange der gesellschaftliche Konsens trägt, bedarf es für das allgemeine Aufgebot lediglich benachrichtigender Boten55 ; für den seltenen ms-Einsatz kam z. Zt. Davids anscheinend der Israelit der Durchschnittssiedlung nicht in Betracht. Diese Ergebnis einer nahezu nicht vorhandenen verwaltungsorganisatorischen Binnenstrukturierung durch das Fehlen eines Funktionärsapparates mit Tiefenerstreckung hinab zur Normalsiedlung z. Zt. Davids verwundert auf den ersten Blick angesichts des glanzvollen Bildes des Davidreiches, das in der Chronistischen Darstellung kulminiert56 und auch angesichts der langen Herrschaftsdauer Davids57 • Ist es nicht unmöglich, ein so umfangreiches Gebiet so lange und mit einem minimalen Funktionärsstab zu leiten und zusammenzuhalten? Es gibt Gesichtspunkte, die die Erstaunlichkeit erklären bzw. mindern: Zunächst einmal war Davids Königtum weitestgehend ein auf militärische Aktion ausgerichtetes: Davids Hauptleistungen lagen wesentlich in Abwehr-, Stabilisierungsund Expansionskriegen. Anders gesagt: Nach der erfolgreichen Abwehr der unmittelbaren Gefahren von außen hat er allem Anschein nach nicht mit einer Stabilisierung/ Strukturierung im Innern seines Bereichs fortgefahren und seine Grenzen sozusagen von 54 Dazu paßt die neuestens durch die Beiträge in BASO"R 277/78 (1990) neu aufgebrochene Datierungsdiskussion um wichtige Schlüssel-Ausgrabungen Palästinas im 10./9. Jh. v. Chr. sowie um weitere methodologische Fragen, die größere Unsicherheiten bei der Zuordnung von Bauten zu David und Salomo schaffen als bisher angenommen (vgl. dazu auch u. A. 82). 55 Vgl. z. B.2Sam 20,4f.; 15,10 und später. Wenn das zu lange dauert, konnte man z. Zt. Davids auf die Söldner zurückgreifen (2Sam 20,6f.). Daß das Verfahren beim allgemeinen Aufgebot gelegentlich zu langsam funktionierte, könnte u. a. zu Davids Zensus-Versuch (2Sam 241/lChr 21) mit dem Ziel einer besseren Kenntnis und Strukturierung bzw. Organisation der verfügbaren Kräfte geführt haben, dazu s. u. 56 Vgl. neben IM 1985 vor allem MOSIS 1973; NOTH 1943=1957, 174ff. RUDOLPH 1955, 141ff. ist etwas zurückhaltender im Blick auf ein vorrangiges Anliegen des Chronisten, David als Ideal lrerauszustellen. Vgl. aber auch den differenzierenden Standpunkt von WILL! 1972, 10-12. - Zu David insgesamt vgl. in letzter Zeit DoNNER 1984, 195-215; GARBINI 1988, 21-27; A. R. MüLLER 1990; KNAUF 1990a, 159f., vgl. auch KAISER 1988 (zurThronnachfolgeerzählung). 57 Wie lange David tatsächlich herrschte, ist unbekannt, da die 40 Jahre von 2Sam 5,4 f. sehr wahrscheinlich (wie die Salomos) gerundet sind (vgl. PRITCHARD in PruTCHARD ed. 1974, 21; KNAUF 1990a, 156f.; DERS. 1991b, 173f., vgl. auch u.A. 90).
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
innen befestigt und verteidigt, sondern gewissermaßen durch weitere Expansionskriege "Vorne-Verteidigung" betrieben, also die zu verteidigenden Grenzen nach außen verschoben. Damit wurden auch potentielle Probleme im Innern vorläufig hinausgeschoben. Dabei blieb der Binnenverwaltungsausbau auf der Strecke. Diese Strategie Davids war durch fehlende außenpolitische Bedrohung seines Gebiets zu seiner Zeit möglich. Daß David in Ortschaften und Regionen nicht strukturierend, d.h. machtpolitisch, eingegriffen hat, m. a. W. wie weitgehend die Eigenverwaltung der Siedlungen und Regionen von David unberührt erhalten blieb 58 , belegen nicht wenige Beispiele: 2Sam 19,9b-16 zeigt, wie diplomatisch werbend David den Ältesten seines eigenen Stammes Juda entgegentreten muß, um sie nach dem Absalomaufstand wieder zur Anerkennung seiner Autorität zu bewegen; um wieviel mehr fragil war dann die Anerkennung seiner Autorität durch die Israelstämme! 2Sam 19,17-24 zeigt David, der ja sonst oft nicht zimperlich mit ihm Mißliebigen umgegangen war, eine bemerkenswerte diplomatische Weisheit und Zurückhaltung gegenüber dem "Hochverräter" Simei aus Benjamin, dem Stamm nördlich seiner Residenz, vermutlich ausschließlich aus Diplomatie gegenüber Benjamin; was David am liebsten mit Simei sogleich getan hätte, läßt 1Kön 2,8f. erahnen. 2Sam 19,42-44läßt hinter dem Streit der Männer Israels mit denen Judas noch das enorme Selbstbewußtsein jener erkennen, mit dem sie den Wert der erneuerten freiwilligen Autoritätsanerkennung für David durchschauten. Auch 2Sam 20,1-22 isttrotzdes Scheiterns des benjaminitischen Aufstandes Zeugnis des Selbständigkeitsbewußtseins dieses Stammes. Zugleich zeigt das Kapitel dasselbe Bewußtsein für die Stadt Abel (V. 14ff.) wie der rücksichtslose Haudegen Joab umgekehrt seinen Respekt vor der freien Stadt vielleicht nicht nur aus taktischen Gründen bezeugt, um etwa das Leben von Männern seiner Truppe zu bewahren. David selbst drückt in demselben Kapitel aus, wie gefährlich es für ihn sein kann, wenn Aufständische und Separatisten "feste Städte" gewinnen (V. 6). Wie stark die Herrschaft Davids zwar auf seinen Erfolgen errichtet, aber ständig der freiwilligen Loyalität bedürftig war, zeigt insgesamt der Absalom-Aufstand (2Sam 15 ff.): Die Loyalität David gegenüber ist sogar in seinem eigenen Stamm, seinem engen Ratgeberkreis und seiner Familie nicht automatisch gesichert, ist ein fragiles Verhältnis; sie richtet sich unmittelbar auf die Person des Königs und ist offenbar sogleich und einseitig aufkündbar. Ihre Zerbrechlichkeit ist anscheinend durch keine gewachsene, verzweigte Macht-Nerwaltungshierarchie mit dem König als ihrer organischen Spitze, der der Einzelne verpflichtet, in die er eingebunden wäre, stabilisiert und abgesichert 59 •
So machte er sich ein Faktum zunutze, das sich aus der sozialen Entwicklung am Übergang von EI zu E I1 ergeben hatte: Das Anwachsen der Siedlungs- und Bewohnerzahlen im zentralpalästinischen Bergland seit dem Ende der SpBr führte im Gefolge verbesserter ökonomischer und technologischer Bedingungen im Verlauf der E-I-Zeit zu einer weiteren Vermehrung bei Siedlungen und Bevölkerung60 . Im Rahmen dieser sozioökonomischen und demographischen Entwicklung ergab es sich, daß in steigendem Maße Familienmitglieder, oft jüngere Söhne, die der Haushalt (das "Erbteil") der Kernfamilie bzw. der extended family nicht mehr ohne weiteres ökonomisch mit tragen konnte, gewissermaßen "freigesetzt" werden mußten, sich unabhängig ein Auskommen zu suchen. In dieser Situation verband sich das Interesse dieser "Freigesetzten" mit den Interessen überfamiliarer Strukturen, die hiermit ein gesellschaftliches Ventil für die vergrößerten, aber begrenzt versorgungsfähigen Familien boten, indem solche "Freigesetzten" als eine relativ unabhängige, frei verfügbare und mobile Klientel, etwa als n 'rym oder Soldaten in den Dienst des jungen Königtums oder auch in den eines Heiligtums treten konnten61 . Diese frei verfügbaren, primär dem jeweiligen "Dienstherrn" und seinen Interessen verpflichteten Kräfte sind in ihrer Bedeutung für die gesellschaftliche Entwicklung in Israel kaum zu überschätzen. Ein besonders bekanntes Beispiel sind die "Helden Davids" 62 • Zeichnet man ihre Herkunftsorte und -regionen, soweit bekannt und identifiziert, in eine Karte ein 63 , so wird deutlich, zu wie vielen Orten und Regionen und über welch ein relativ weites Gebiet vom Negebrand bis ins Gebirge Ephraim und darüber hinaus sich damit Beziehungen und Interessenverflechtungen ergaben. Weiterhin wird damit deutlich, daß offensichtlich besonders im Gebiet nördlich und südlich von Jerusalem die sozioökonomische Entwicklung in der von Stager beschriebenen Weise vorangeschritten war. Tendenziell in die gleiche Richtung der Interessenverbindung mit der lokalenjudäischen Elite war David bereits in seiner Aufstiegszeit aktiv vorgegangen, als er sich gegenüber verschiedenen südjudäischen Gruppierungen, Ortschaften und ihren Ältesten als ordnungspolitischer Faktor empfahl 64 .
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Es lassen sich nun aber auch gegenläufige Tendenzen zur bisher festgestellten organisatorischen Zurückhaltung Davids und zur strukturellen Schwäche seiner Herrschaft namhaft machen, mit denen er seine Machtbasis im Innern seines Herrschaftsbereiches zu verbreitern und abzusichern suchte. 58 Deshalb scheint mir das von SCHÄFER-LICHTENBERGER 1983, bes.195-322 (vgl. auch 323-367) grundsätzlich zutreffend gezeichnete Bild der "typische(n) israelitische(n) Stadt der Richterzeit" (322) und ihrer Selbstverwaltung weniger auf die sog. Richterzeit (EI), sondern eher auf die E-Il-Zeit zuzutreffen. 59 Vgl. zur ständigen Notwendigkeit der Bewährung von Einfluß und Autorität und zu den Mechanismen der Institutionalisierung von Charisma und Macht aus ursprünglich freiwilliger Loyalität SERVICE 1977, 78ff. 106ff. 131ff.; BREUER 1990, 34ff. 42ff. 51ff. 55ff. 68ff.
60 Die Untersuchung und Neubewertung der Vorgänge im zentralpalästinischen Bergland einschließlich Galiläas am Übergang von SpBr zu EI steht seit Jahren im Brennpunkt des Interesses der Forschung. Aus der schnell wachsenden Literatur sei auswahlweise folgendes hervorgehoben: KocHAVI ed. 1972; AHARONI 1976a; CRil'sEMANN 1978; M. WEIPPERT 1979; FRITZ 1980; DERS. 1982; DERS. 1987; DERS. 1990a; DERS. 1990b; FREEDMAN/GRAF ed. 1983; ENGEriLOHFINK!JüNGLING/KrNG in: Bibel u. Kirche H.2 (1983); BRANDFON 1983; MEYERS 1983; ÜTIO 1984; DERS. 1986; DE ÜEUS 1976; DONNER 1984, 117-164; GONEN 1984; LEMCHE 1985; DERS. 1988, 77ff.; CALLAWAY 1985; SCHOORS 1985; HOPKINS 1985; DERS 1987; FRICK 1985; STAGER 1985; HAuER 1986; CooTE!WHITELAM 1986; DIES. 1987; AHLSTRöM 1986; McGovERN 1987; KNAUF 1987; DERS.1988a, 62 A.306; 100, A.454; 106ff. 145; DERS. 1988c; LoNDON 1989; M. u. H. WEIPPERT 1991; archäologisch jetzt grundlegend FRITZ 1985, 114-149; PINKELSTEIN 1988; H. WEIPPERT 1988, 255ff. 344ff. 6t Dieses Bild beruht auf STAGER 1985, dort Einzelheiten sowie Karten- und Tabellenmaterial; ethnologisch vgl. BREUER 1990, 63. 62 Vgl. bes. ELLIGER 1935=1966; B. MAZAR 1963=1986; unter den Kommentaren zuletzt McCARTER 1984b, 487ff. 529; zur Chr.-Parallele RUDOLPH 1955, 141ff.; WILLIAMSON 1982, 142ff.; Beispiele über die Helden Davids hinaus sind David selbst, Samuel, Gideon (Ri 6,15), Jiftach (Ri ll,lff.). 63 McCARTER 1984b, 529. 64 Vgl. 1Sam 30,26-31 und dazu ZOBEL 1975; vgl. aber auch 1Sam 23,1-13; 25; vielleicht beruht die Einstellung der Zifiter für Sau! und gegen David darin, daß sie von Davids
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
Daß er diese Politik konsequent fortgesetzt und daß sie Früchte getragen hat, zeigt sich an einer ganzen Reihe namentlich überlieferter, breit gestreut zwischen Südjuda und dem mittleren Ostjordanland ansässiger, wohlhabender Angehöriger lokaler Eliten, die in verschiedener Weise und in verschiedenen Situationen David ihrerseits mit Loyalität und materieller Unterstützung antworten65 .
Wieder erhebt sich die Frage: Warum? Im Bewußtsein der Unbeweisbarkeit sei die Hypothese gewagt, daß David mit dieser Maßnahme einen Ansatz versucht haben könnte, sich einen genaueren Überblick ("Wissen ist Macht!") über das im Vergleich zu Juda ferner liegende und weniger überschaubare Israel zu verschaffen 70 • Damit läge doch ein im Ansatz machtpolitischer, über das nur militärische Interesse hinausgehender Akt dem Zensus zugrunde. Liegen wir mit dieser Vermutung ungefähr richtig, so mag die machtpolitische Absicht der davidischen Maßnahme auch in Israel durchschaut worden sein, könnte zu Widerständen geführt und den in 1Chr 27,24 überlieferten Abbruch der Aktion nach sich gezogen haben. Aber dies alles ist Spekulation.Immerhin bleibt die Vermutung im Rahmen des Wahrscheinlichen, daß man keineswegs zufällig im dem Judäer David ferner als seine judäische Heimatregion stehenden Israel verwaltungs- und damit machtpolitischen Maßnahmen Davids besonders mißtrauisch und ablehnend gegenüberstand.
David hat somit begonnen, eine Interessenübereinstimmung zwischen sich und lokalen Eliten anzubahnen und herzustellen, die beide Seiten in ein gegenseitiges Loyalitätsverhältnis einband, gegenseitige Abhängigkeit und Einflußmöglichkeiten schuf und für David ein von seiner unmittelbaren Umgebung bis hinab in die israelitische Normalsiedlung reichende Verwaltungsfunktionärshierarchie weitestgehend erübrigte und ersetzte. Damit war eine Entwicklung eingeleitet, die für Israel wesentlich wurde und den Keim für eine schwerwiegende gesellschaftliche Differenzierung bzw. sogar Spaltung darstellte. Vor dem Hintergrund der hier vorgetragenen Auffassung verwundert es nun nicht mehr, daß aus der Davidzeit nur ein einziger, vielleicht als "Verwaltungsakt" zu bezeichnenderVorgangtradiert wird: Der Zensus in 2Sam 241/lChr 21 66 • Es ist wohl bezeichnend, daß mit der Durchführung Joab und die "Heeresobersten" (V. 2) betraut werden, was gegen eine zivile und für eine militärische Abzweckung spricht 67 • Aber selbst dieser einzige "Verwaltungsakt", wenn es denn ein solcher war, ist gescheitert. Sein Scheitern wird theologisch begründet 68 • Es wäre sehr interessant zu wissen, was für eine Ursache hinter dem theologisch begründeten Scheitern des Zensus steht 69 • Nach der Überlieferung sollte er, von Aroer ausgehend, über Dan und Tyros bis zurück nach Beerscheba führen und so neben Juda auch ganz Israel einbeziehen (2Sam 24,5 -7). Im Gegensatz zu 2Sam 24,9//1Chr 21,5, die - für einen Zensus allerdings reichlich unpräzise - runde Zahlen bieten, berichtet 1Chr 27,24, der Zensus sei unvollendet abgebrochen worden. "Schutz", wie auch Nabal, nichts hielten und die !Jüwa verweigerten. Zur Beziehung Davidjudäische Lokalelite vgl. aber auch CRüSEMANN 1978, 214. 219ff.; JüNGLING 1981. 65 Vgl. neben Ahitophel von Gilo (2Sam 15,12 und die Listen) und Huschai dem Arkiter (2Sam 15,32ff. und Listen) aus seinem Ratgeberkreis besonders Meribaal und Ziba (2Sam 9,4ff.; 16,1ff.; 19,25ff.), Sobi b. Nachasch von Rabbat-Ammon (!), Machir b. Ammiel von Lodebar (der schon zu Sau! in einem engeren Verhältnis stand, so daß Meribaal b. Sau! bei ihm Unterschlupf gefunden hatte, 2Sam 9,4 f., also ein Mann, der dem jeweiligen Machthaber zuneigte, ohne von sich aus den Nachkommen des früheren Machthabers deshalb zu verraten) und den Gileaditer Barsillai von Rogelim (2Sam 17,27-29; 19,32ff.). 66 Vgl. neben den Kommentaren noch zurLiterar-und Redaktionsgeschichte von 2Sam 24 VEIJOLA 1975, 106ff.; McCARTER 1984b, 514ff. 67 David wollte den Heerbann auflösen oder ändern (v.RAD 1965, 37f.; HERTZBERG 1960, 340); McCARTER 1984b, 512. 514. 516 weist neben militärorganisatorischen auf fiskalische (Re-) Organisationsgründe (Steuern), dagegen vgl. RüTERSWÖRDEN 1985, 127ff. 68 RoTHSTEIN/HÄNEL 1927,489 betrachten den Zorn und das "Eingreifen Gottes", also die theologisch-religiöse Folge des Zensus' als Ursache des Abbruchs; RuooLPH 1955, 183 beschränkt sich auf die Diskussion der chronistisch-theologischen Deutung der Zählung bzw. des Abbruchs bzw. der chronistischen "Reinwaschung" Davids. 69 Da der Abbruch nur in der Chronik (1Chr 27,24; vgl. 21,6) berichtet wird, kann er ein Element des chronistischen Versuchs sein, die Schuld Davids etwas zu mildern; vgl. aber auch soglei~h unten zu einem konkreten historischen Anlaß eines Abbruchs.
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David besaß einen begrenzten, kleinen Funktionärsstab in seiner unmittelbaren Umgebung, nicht aber eine durch eine Funktionärshierarchie repräsentierte, bis an die israelitische Durchschnittsortschaft hinabreichende Verwaltungsorganisation71. In seiner Zeit finden sich aber erste Ansätze zu einer mehr oder weniger gezielt forcierten Übereinstimmung zwischen seinen Herrschaftsinteressen und den Interessen lokaler Eliten, die bei beiderseitiger Loyalität wenigstens indirekten gegenseitigen Einfluß und Ausbalancierung von Interessen ermöglichten und so eine königliche Binnenverwaltung in gewissem Maße aufwogen bzw. erübrigten, ohne die Unabhängigkeit der israelitischen Ortschaften und Regionen grundsätzlich in Frage zu stellen. Verständlicherweise gestaltete sich das Loyalitäts- und Interessenverhältnis zwischen David als Judäer und den Ortschaften und Regionen Israels labiler als dasjenige zwischen David und denen in Juda.
3. Salomo Für Salomo wird nur an einer Stelle von Funktionären berichtet: 1Kön 4, wobei zwischen den Funktionären seiner unmittelbaren Umgebung (1Kön 4,1-6) und einer jenen anscheinend in der Funktions- und Arbeitsebene nicht gleichgestellten Gruppe (1Kön 4,7-19), die einem Funktionär der unmittelbaren Umgebung Salomos untersteht (1Kön 4,5), zu unterscheiden ist72 • Zu7o Sollte der Zensus nach den Aufständen Absaloms und Simeis mit ihrer nordisraelitischen Beteiligung stattgefunden haben, ließe das eine solche Maßnahme umso dringlicher für David erscheinen! Salomo hat diesen ersten Versuch zur Integration der Nordgebiete tendenziell fortgesetzt (lKön 4,7-19, s. u. zu diesem Text). 71 Anders zuletzt LEMCHE 1988, 137. 139-142. 148f. 151 n Zu beiden Listen vgl. zuletzt vor allem REHM 1979, 47ff.; GRAY 1980, 129ff.; NOTH 1983, 55ff.; HENTSCHEL 1984, 35ff.; WüRTHWEIN 1985, 38ff., früher SANDA 1911, 64ff.; vgl. zur Interpretation auch METTINGER 1971; RüTERSWÖRDEN 1985; zu 1Kön 4,7ff. vgl. noch besonders G. E. WRIGHT 1967; ÜTTOSSON 1969, 215ff.; AHARONI 1976; DERS. 1984, 318ff.; AHLSTRÖM 1982a, 31ff.; RösEL 1984; THIEL 1985; NA'AMAN 1986a, 167ff. Zu erwähnen ist noch unter
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
nächst ist der Blick auf die Salomo unmittelbar umgebenden Funktionäre zu werfen.
Erweiterung in zwei Bereichen bzw. bei zwei Funktionären bei Salomo beträchtlich. Zunächst gilt das für den ms-Bereich und seinen Funktionär. Es ist allgemein anerkannt, daß Salomo mit verschiedenen Baumaßnahmen seine größte organisatorische Leistung im innenpolitischen Bereich vollbracht hat, die ihm wesentliches Prestige einbrachten81 • Hiermit hing der Faktor ms wesentlich zusammen, der aber auch letztlich seinen Machtbereich wieder auseinanderbrechen ließ. Seine diesbezüglichen Maßnahmen brauchen hier nicht in allen Einzelheiten untersucht zu werden, weil es mir darum geht zu prüfen, wieweit sie grundsätzlich und durch seine Beauftragten für diese Maßnahmen die Ebene der Israeliten und ihrer Siedlungen berührten.
Die Gruppe der hier bei Salomo srym73 Genannten umfaßt 11 Personen, eine leichte Zunahme gegenüber David. Gegenüber David fällt vor allem die starke Zunahme ziviler Funktionäre (Elihoref und Ahia als sprym7 4, Josafat als mzkyr75 , Asarja b. Nathan als 'l h-n[fbym76 , Sabud als r'h h-mlk77 , Ahisar als 'l h-byP8 und Adoniram als 'l h-ms, insgesamt 7 der 9 [ + 2] Funktionäre) auf, deren drei die Liste nach Asarja b. Zadok, dem Priester, an der Spitze eröffnen, ehe an 5. Stelle Benaja allein das Militär vertritt; Zadok und Abjatar als Priester an 6. und 7. Stelle sind Zusatz 79 • Dann schließen die Liste wieder vier Zivilfunktionäre. Das klare Übergewicht des Zivilen (7 Funktionäre von 9) spiegelt mit aller wünschenswerten Deutlichkeit und realistisch die unbestrittene Tatsache, daß Salomo keine Kriege führte, vielmehr vorrangig Innenpolitik sowie Außenpolitik mit friedlichen Mitteln betrieb. In seinem unmittelbaren Funktionärsstab steht Wandel neben Kontinuität im Vergleich zu den Funktionären seines Vaters: Von David Übernommene im gleichen (bzw. erweiterten) Bereich (Josafat, Benaja, Adoniram) stehen neben neuen Männern in schon bei David vorhandenen Funktionen (Asarja b. Zadok, Elihoref, Ahia und Sabud) und neuen Männern in neuen Ämtern (Asarja b. Nathan als Haupt der n[fbym und Ahisar '! h-byt). Neben direkter personeller Kontinuität von drei schon davidischen Funktionären ist beachtenswert, daß die unmittelbare Umgebung des Königs sich selbst - ein bewährtes Mittel zu Gewinnung loyaler Funktionäre- teilweise regeneriert80 .
Hält sich die Hinwendung Salomos zu einer in die Tiefe reichenden Rinnenverwaltung trotz erkennbarer Entwicklung doch in Grenzen, so ist die Salomo die Funktion des pl)h (1Kön 10, 15), vielleicht ein "Statthalter" in eroberten Gebieten, vermutlich mit repräsentativen, d. h. zivilen und zugleich militärischen Befugnissen (vergleichbar mit Davids nfiyb in Damaskus?), aber das bleibt unklar, falls der Titel überhaupt in die salomonische Zeit gehört (vgl. RüTERSWÖRDEN 1985, 113f.). Dazu wird Salomo noch von Fall zu Fall Leute in Dienst gezogen haben (als 'bd, 1Kön 11,26-28). 73 V gl. zu §r umfassend RüTERSWÖRDEN 1985, 20-95. 74 Zu diesem Amt vgl. METTINGER 1971, 25 ff.; RüTERSWÖRDEN 1985, 85 ff. 75 METTINGER 1971, 52ff.; RüTERSWÖRDEN 1985, 89ff. 76 Vgl. vor allem METTINGER 1971, 111ff.; RüTERSWÖRDEN 1985, 91. 107ff. 77 METTINGER 1971, 63ff.; RüTERSWÖRDEN 1985, 73ff. 78 METTINGER 1971, 70ff.; RÜTERSWÖRDEN 1985, 77ff. 79 Abjatar wurde von Salomo verbannt (1Kön 2,26f.); an Zadoks Stelle trat offenbar sein Sohn Asarja (1Kön 4,2); vgl. zur Streichung von V. 4 bzw. zu seinem Charakter als Zusatz GRAY 1980, 130; WüRTHWEIN 1985, 38f. m. A. 3f. Ob aber auch Benaja (V. 4a) hier zu streichen ist (WüRTHWEIN aaO), scheint mir angesichts seiner auch unter Salomo bewährten Rolle (1Kön 2!) nicht so sicher (vgl. so auch METTINGER 1971, 10f.). 80 Der Priester Asarja als Sohn Zadoks (nach 1Chr 5,34f. allerdings dessen Enkel); vielleicht waren Asarja b. Natan und Sabud b. Natan Söhne des davidischen "Hofpropheten" (so HENTSCHEL 1984, 36, schon SANDA 1911, 68, zurückhaltender z.B. Nom 1983, 64, viel zuversichtlicher GRAY 1980, 133). Solche Familienkontinuitäten gibt es auch bei den 12 nfibym, vgl. A. 111. Daß Ahimaas, der Schwiegersohn Salomos (1Kön 4,15) ein Sohn Zadoks war, wie NA'AMAN 1986a, 177f. A.15 aufgrundvon 2Sam 15,27 meint, ist nicht sicher, wenn auch möglich. - Zu Kontinuität und Wandel in Davids und Salomos Funktionärsstab vgi. auch METTINGER 1971, 12ff.
Salomos Baumaßnahmen kann man in zwei Gruppen gliedern, in diejenigen in Jerusalem und diejenigen außerhalb der Residenz. lKön 9,15-23 faßt alle Bauunternehmungen zusammen 82 , während die Bauorganisation für den Tempel in Jerusalem, 81 Zur Folgewirkung gehört die Legende vom Besuch der Königin von Saba (1Kön 10,1-13; vgJ. PRITCHARD ed. 1974; DONNER 1984, 219f.; KNAUF 1988a, 29f.; DERS. 1989, 85f.) und die Sprichwörtlichkeit seiner Weisheit bis zu Formulierungen heutiger Forscher (vgl. z. B. KATZENSTEIN 1973, 114: "Solomon constitutes Israels age of splendor" ). Zu Begriff und Bedeutung von "Prestige", "Prestige-Wirtschaft" und "PrestigeGütern" vgl. FRIED 1967, 32f. 73ff. 106ff. 115. 118. 131 ff.; STRECK ed. 1987, 164-167; BREUER 1990,42. 45ff. 52. 58. 63ff.; RüTERSWÖRDEN 1985, 133f.; MORENZ 1969 (speziell in Ägypten). Neben dem prestigeträchtigen Komplex baulich-organisatorischer Maßnahmen muß aber als mindestens ebenbürtig- wenn nicht langfristig bedeutender- seine religiös bzw. kultischorganisatorische Leistung herausgestellt werden, indem er allem Anschein nach JHWH "offiziell" in den Jerusalemer Tempel und Kult eingeführt hat (1Kön 8,12f.) (vgl. KNAUF 1990 a, 160). Zur Charakterisierung von Person, Herrschaft und Traditionen (über) Salomo(s) zwischen historisch Feststellbarem und geschichtstheologisch-ideologischer Gestaltung vgl. u.a. DONNER 1984, 217-225; PRITCHARD inPRITCHARD ed. 1974, 17-39; SCHLEY 1987; ÜARBINI 1988, 17. 27-33; LEMCHE 1988, 139-142; KAISER 1988; KNAUF 1988a, 29-31; DERS. 1990a, 160f.; DERS. 1991 b; H. u. M. WEIPPERT 1989. Die kulturelle Differenz zwischen dem (bescheidenen) 10. und dem (entwickelten) 9. Jh. v. Chr sowie das kulturelle Gefälle von Nord nach Süd hat eindrucksvoll H. WEIPPERT 1988, 510-530 herausgearbeitet; vgl. auch die Darstellung der Diskrepanz zwischen der Tradition in 1Kön 3-11 und dem archäologischen Befund im Palästina des 10. Jh. V. Chr. bei PRITCHARD in PRITCHARD ed. 1974, 35f. 82 Für Ergänzungen zum Palastkomplex in Jerusalem vgl. 1Kön 7,1-12. -Die Diskussion, was Salomo archäologisch an Bauten zugeschrieben werden kann, ist neuestens wieder in Bewegung geraten durch die BASOR-Aufsatzserie von WIGHTMAN 1990, HoLLADAY 1990, USSISHKIN 1990, STAGER 1990, PINKELSTEIN 1990 und DEVER 1990. Die Diskussion kann hier nicht in extenso eingearbeitet und dargestellt werden; wichtig scheint mir u. a.: 1. Archäologische Funde in Hazor, Megiddo und Geser können schwerlich allein von der einzigen, äußerst kargen .formulierung in 1Kön 9,15.17-19 (BNY) her als gesichert salomonisch gelten (vgl. schon PRITCHARD 1974, 24-29).- 2. Das BASOR-Heft und seine Beiträge machen verschiedene methodologische Probleme deutlich, so z. B. daß der für die Datierung so wichtige Keramikvergleich nicht auf einer simplen Keramiktypologie beruhen kann, weil nicht nur isolierte Täler ihre eigene konservativere Typologie haben gegenüber Handel und Austausch ausgesetzten Orten der größeren Täler im Norden und der Küstenebene, sondern auch daß "the strong regionalism" "of ceramic assemblages" "even in some limited, geographically homogeneaus areas" "makes a straight-fmward comparison quite a tricky task". Insofern sind Kera-
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I. Funktionäre ("Beamte")
seiner Bedeutung entsprechend, in 1Kön 5,15-32 herausgehoben und vorgezogen berichtet wird. Danach lag der bedeutendste, zumindest aber prestigeträchtigste Teil seiner Bau-Maßnahmen in der Residenz: byt YHWH und Palastkomplex, mlw' und (weitere) Befestigungsanlagen Jerusalems83 • Hinzu kommen zu diesen, mehr oder weniger Repräsentativcharakter tragenden Bauten noch in ihrem Umfang nicht abschätzbare, da allein durch BNY (1Kön 9,15. 17. 19) angedeutete Bau-Maßnahmen in den nach außen dem Landesschutz, nach innen aber auch der Herrschaftslegitimation und -stabilisation dienenden Festungsstädten Hazor, Megiddo, Geser, Unter-Bethoron, Baalat und Tamar in der Wüste 84 , Vorrats-, Wagen- und Pferdestädten.
Zweifellos stellte das eine organisatorische und finanzielle Leistung und einen vorläufigen Höhepunkt für Israel seit Anfang der E I dar. Ebenso unzweifelhaft bedurfte es, auch wenn Hiram von Tyros besonders für die Bauten der Residenz Spezialisten neben Materialien stellte, ms-Arbeiter in nicht geringer Zahl, denen Ado(ni)ram samt ihm unterstellten Hilfsaufsehern 85 organisierend vorstand. Zwar soll die in der Zeit Salomos vollbrachte Leistung keineswegs ungerechtfertigterweise verkleinert werden; es sind aber doch einige Anmerkungen zu den Dimensionen angebracht, da die sehr massierte Darstellung ad maiorem regis gloriam in 1Kön 3-10, wie hier zunächst kommentarlos reproduziert, den Eindruck eines palästinischen Hariln ar-Raschfd oder eines überragenden Renaissance-Herrschers entstehen läßt - wie es denn auch geschehen ist und wohl auch geschehen sollte86 • Die Bau-Maßnahmen in Jerusalem waren tatsächlich- neben dem theologisch-religionspolitisch grundlegenden Beitrag Salomos zur Verwurzelung der JHWH-Verehrung in seinem Jerusalemer Palast-Tempel (1Kön 8,12f.) und dessen Folge-Wirkungen für Juda/Israel insgesamt- die materiell auf lange Sicht bedeutendsten Leistungen Salomos. Es ist jedoch wahrscheinlich falsch, aufgrundvon 1Kön 9,17-19 von 6 Grenzfestungsstädten und Vorratsstädten und Wagen- und Pferdestädten zu sprechen. Wie Würthwein zuletzt betont hat 87 , sind die sechs Festungsstädte wohl mit den Wagen- und Pferdestädten identisch, die zugleich auch als Vorratsstädte gedient haben dürften88 • Über den Umfang des salomonischen (Aus-)Baus von Unter-Bethoron, Baalat und Tamar wissen
mikvergleiche kreuz und quer durchs Land problematisch. Ebenso kann der Fund von unterschiedlicher Keramik in privaten und öffentlichen Bauten an verschiedenen Stellen desselben Stratums eines Ortes zu irreführenden Schlüssen führen. "The limitations of the ceramic data currently available make it premature to attempt etablishing a comprehensive Iron II chronology" (vgl. mit weiteren Beispielen PINKELSTEIN 1990, 116f. sowie zu weiteren methodischen Grundsatzproblemen DEVER 1990). Aus der methodischen "Sackgasse" subjektiver (und ideologischer), vom Bibeltext her interpretierender Sicht auf archäologische Funde können wohl am ehesten Untersuchungen wie die von HoLLADAY 1990 führen, der begonnen hat "to apply truly sophisticated Ievels of statistical analyses to ceramic assemblages"; solange das nicht geschieht,istes schwer, im 10. und 9. Jh. v. Chr. (und auch später?) etwas zu datieren "with confidence, much less make historical correlations via the literature, biblical or otherwise" (DEVER 1990, 122f.). 3. Das BASOR-Heft zeigt eine neue interpretative Unsicherheit bzw. Verunsicherung weniger durch die zu diskutierende Herabdatierung um ca. 80 Jahre der Befunde wichtiger Schlüssel-Ortslagen durch WIGHTMAN 1990, sondern durch das bisherige Fehlen solcher Arbeiten wie die von HOLLADAY 1990. BASOR 277/78 "makes evident ... the disagreements" im Blick auf "two !arger matters: the completeness and reliability ofretrieved data (plus now, quantification of results ... ) and the problern of interpretation at the point of assessing the data". Es besteht "a fundamentally unresolved unclarity in our theoretical and interpretative perspective" (RAST 1990, 2f.). An konkreten Einzelheiten sei noch erwähnt, daß UsSISHKIN 1990, 71ff. wie FINKELSTEIN 1990, 113f. gegenüber z.B. DEVER (1984; DERS. 1986) bezweifeln, daß alle 6-Kammer-Tore "salomonisch" seien wie bisher angenommen; UssiSHKIN stellt das bei Megiddo VA-IVB, evtl. auch in Lachisch Str.IV (9.Jh.) in Frage, PINKELSTEIN auch für das bisher Salomo zugeschriebene Tor in Geser. Mit Recht hat schließlich USSISHKIN 1990, 76f. wieder einmal daraufhingewiesen (vgl. u. a. schon RuPPRECHT 1972; DERS. 1977, 30-32), daß BNYin 1Kön 9,15. 17-19 nicht nur" neu bauen", sondern auch "aus-" und "umbauen" heißen kann und völlig offen läßt, auf welche Bauten Salomos der genannten Orte es sich bezieht. 83 Vgi.dazu KOSMALA 1964; AP-THOMAS 1967, 277ff.; DONNER 1977; KENYON 1968, 64ff.; DIES. 1973, 36ff.; DIES. 1974; BAR-YOSEF et al. 1976, 579-647, bes.580ff.; Orro 1980a, passim, bes. 49ff.; YADIN ed. 1976; SHILOH 1984; H. WEIPPERT 1988,455-76. Zur MilloDeutung vgl. neuestens STEINER 1989. Zur Frage, ob Salomo das "Haus JHWHs" baute oder einen vorhandenen Jerusalemer Stadttempel übernahm, um- und ausbaute, bleibt ernster Beachtung wert RUPFRECHT 1972; DERS. 1977; vgl. auch GARBINI 1988, 17. 22ff. 27. 30f. 89; KNAUF 1991 b. Wichtiger aber als die Bau- oder (nur) Aus-Bau-Frage sind Salomos Verdienste bei der Etablierung des JHWH-Kults in Jerusalem (s.o. A. 81). 84 Es hieße, das Kind mit dem Bade auszuschütten, wollte man angesichts der o. A. 82 genannten neuen Diskussion in BASOR 277/78 und der äußerst unpräzis-pauschalen biblischen Auskünfte in 1Kön 9,15-23 nun überhaupt keine Baumaßnahmen Salomos in Hazor, Megiddo und Geser mehr annehmen. Aber neue Unsicherheiten sind entstanden; Reduktionen von bisher Angenommenem mögen notwendig werden. Bei den drei südlichen Festungsorten Salomos wissen wir wiederum archäologisch gar nichts; zur (unsicheren) Identifi-
zierung von Baalat vgl. NoTH 1983, 213f. Zur Identifizierung von Tamar mit der ~irbe bei 'En lfa~b, 32km sw des Südendes des Toten Meeres vgl. AHARONI 1963, 30ff., zustimmend NoTH 1983, 214; zur weitergehenden Diskussion vgl. aber OLB 2, 267-70. Nach MITTMANN 1977, 220ff. istTamar die "Palmenstadt" von Dtn 34,3. ss Der bekannteste war Jerobeam b. Nebat, der als 'bd (vgl. dazu RüTERSWÖRDEN 1985, 4ff.) Salomos zur Aufsicht gesetzt wurde (PQD Hi.) über die Fronarbeit (sbl, zum Verhältnis von sbl und ms vgl. METTINGER 1971, 137ff.) des byt ywsp (1Kön 11,26-28). Zu den weiteren Hilfsaufsehern und den überlieferten Arbeiterzahlen (1Kön 5,27-30; 9,23; 2Chr 8,10 vgl. die Kommentare, bes. WüRTHWEIN 1985, 56f. 113f.; NoTH 1983, 92ff. 218f. sowie METTINGER 1971, 135ff.; RüTERSWÖRDEN 1985, 41f. Vgl. auch u.A. 147. 86 V gl. die in A. 81-83 genannten kritischen Stimmen, zu den Dimensionen der SalomoDarstellung bzw. zu "History and Ideology" (GARBINI). 87 WüRTHWEIN 1985, 11lf., anders AHLSTRÖM 1982a, 36; NoTH 1983, 215f.; THIEL 1985, 306f. ss Ob sie zugleich als Redistributionszentren des Herrschers gedient haben, ist nicht nachweisbar, wenn auch nicht ausgeschlossen, da die Redistribution in Herrschaften wie der Salomos eine nicht unwichtige Rolle spielt als Mittel der Machtstabilisierung (durch Güteraneignung) und als Nachweis der Existenzberechtigung (Legitimation) der Herrschaft (zu "Redistribution" vgl. PoLANYI 1957, 250-256; FRIED 1967, 116-118. 183f.; SERVICE 1977, 109ff. 128f. 131ff. u. ö.; H.T. WRIGHT 1977, bes. 385ff.; FRICK 1985, 78f. 86; EARLE 1987, 292; STRECK ed. 1987, 224-227; BREUER 1990, 9. 45ff. 55ff. 63ff. 68ff.). Hier wären weitere Klärung;en der Rolle der Pfeilerhäuser als evtl. (auch) diesem Zweck dienende Einrichtungen notwendig; in diese Erwägungen sind auch die bisherigen Ergebnisse bei der Feststellung von "staatlichen" Speicherkapazitäten der E II einzubeziehen (BOROWSKI 1987, 71ff.). Auf diese Fragen wird unten noch näher einzugehen sein. Daß in der Eisenzeit in Israel/Juda die Möglichkeit und der Nutzen herrschaftlicher Redistribution als segensreich für die Bevölkerung, zumal in Notzeiten, die immer vor der Tür standen, bekannt war, zeigt deutlich die Josephsgeschichte (Gen 47,13-26, vgl. dazu CRüSEMANN 1978, 148ff.; OHLER 1979, 121. 134. 196f.; RüTERSWÖRDEN 1985, 131; KNAUF 1988a 139m.A. 593). In derselben Linie der herr-
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I. Funktionäre ("Beamte")
wir.man~~ls Ausgr~bu~gen nichts. In Hazor, Megiddo und Geser, wo ja bereits aus
schaftsantritt erklären, die ja direkt auf ms-Arbeit Bezug nimmt94 • Ist dies richtig, so liegt neben der Verpflichtung zu gelegentlichen Waffendienst mit der potentiellen ms- Dienstleistungsanforderung eine mögliche Einwirkung auf die Ebene der israelitischen Durchschnittssiedlung vor, repräsentiert durch die dienstanfordernden und organisierenden Funktionäre. Voraussetzung ist natürlich eine beiderseitige Loyalität und ein Konsens, der den Anspruch des Herrschers auf Dienstleistungen seitens der Dienstleistenden anerkennt. Loyalität und Konsens blieben anscheinend bis Salomos Tod gewahrt95 • Das mag, was den israelitischen Bevölkerungsteil betrifft, weniger mit der Einsehbarkeit des Wertes repräsentativer, gemeinschaftliches Prestige schaffender Bauten in Jerusalem, vielleicht eher schon mit der Einsehbarkeit von grenzschützenden und gesellschaftsstabilisierenden Maßnahmen durch Aktivitäten in den drei Festungsorten Hazor, Megiddo und Geser erklärt werden können 96 , wenn
vo.nsr~ehtischer Zeit eme Basis für den Ausbau bestand, also nicht auf der "grünen Wiese .neu gebaut ';erden mußte, sind Salomos Baumaßnahmen nach archäologischen Ergebmssen bescheidener gewesen als früher angenommen; die nachsalomonischen Bauten in Megiddo und Hazor haben diejenigen Salomos in beachtlichem Maß übertroffen89. Zudem ist zu bedenken, daß beide Komplexe, Jerusalemausbau und die sechs Festungsgrenzstädte, auf einen großen Zeitraum von ca. 30 friedlichenJahrenoder mehr verteilt realisiert werden konnten, obwohl darüber nichts Genaueres überliefert iseo Trotz dieser Reduktion des traditionellen Bildes von Salomo als "Groß-Bauh~rr" konnten alle seine Vorhaben nur durch den organisierten Einsatz von zahlreichen msArbeitskrä~ten b~wältigt werden, deren Leiter, wie gesagt, Ado(ni)ram war, ausgestattet vermutheb mit entsprechenden Erfahrungen 91 . Gegen die Annahme der Existenz einer gewissen Anzahl von (Unter-)Aufsehern für die ms- bzw. ml'kh-Leistenden ist nichts einzuwenden.
Die hier wi~htigste Fr~ge ist ~ber die: Wer waren die ms- Leistenden? Kriegsgefangene, Wie vermutlich bei David? Ob es solche (noch) z. Zt. Salomos gegeben hat, ist fraglich. So wird dem biblischen Text entsprechendn meist angenommen:. da~ Nic~tisraeliten des Machtbereiches Salomos herangezogen wurd~n. Tatsachlich gibt es aber gute Gründe zu der Vermutung, daß die Arbeitsanforderungen auch Israeliten trafen 93 • Nur so läßt sich vor allem die heftige Reaktion zumindest der Nordgruppen Israels bei Rehabeams Herrschaftlich-könig.li~h~~ Redistr~b~tion liegen vielleicht die landwirtschaftlichen Erschließungsm~~nahmen spatjudaischer Komge (2Chr 26,10, vgl. eingehender unten S. 127ff. 159ff. ). Zu Meg1ddo vgl. bisher SCHOFIELD 1967, 309ff.; (AHARONI/) YADIN 1977 847 -856· KEMPINSKI 1977, 213-2~8, bes. 216ff.; DEVER 1979, 275. 289ff. (Lit.); YADIN 1979, 194ff. I~ Hazor hat. Salomo nur d1e westliche Hälfte des Teils ummauert (mit Tor), ehe im 9. Jh. (Ahab) der Ostteil ebenfalls ummauert, die Stadt weiter ausgebaut wurde (KuscHKE 1977, 141ff., bes.142f.;(AHARON!I) YADIN 1976, 474-495,bes. 485. 487 (Str. X= Salomo), 485. 489. 491. 494 ~.Str. :'Ill-VI = O~riden), vgl. auch YAmN 1972, 135ff. (Salomo). 165ff. (Ahab); zum ~rchaolog1schen Befund m Hazor, Megiddo und Geser in salomonischer Zeit vgl. PRITCHARD m PRITCHARD ed. 1974, 24-29; zum Vergleich der 3 Orte z. Zt. Salomos und Ahabs vgl. YADIN 1972, 147-164: 165f~. 165ff. Neu.estens H. WEIPPERT 1988, 428f. (Hazor). 429-431 (Geser). 431-:-434(~egJd?o) m EI~A sow1e 515. 518-521 (Hazor). 515. 521-525 (Megiddo) in E IIB. - ~1ew~Jt b1shenge Zuweisungen von Bauten u. ä. zu Salomo nach der neu aufgebrochenen D1~kuss10n über archäologische Data im 10. und 9. Jh. v. Chr. (s.o. A. 82) Bestand haben ble1bt abzuwarten. Wichtig ist u. a. der von USSISHKIN 1990, 73f. (vgl. H. WEIPPERT 1988,518: ~~~! herausgestellte Orts-Funktionswechsel von Megiddo Str.VA-IVB zu Str. IVA (s. u. A.
Abg~sehen von .1Kön 6,37f. (ca. 7Tempelbaujahre) wirken die 13 Palastbaujahre (1Kön 7,11) und 1hre Summierung (1Kön 9,10) verdächtig gerundet (2Chr 8,1 nur noch 20 Jahre!). Der ~ert ~er an~egebenen Daten dürfte wie bei Davids und Salomos je 40 Regierungsjahren relatiV genng Sem, vgJ. PRITCHARD in PRITCHARD ed. 1974, 21; KNAUF 1990a, 156f.; DERS. 1991 b,173f. (vgl. Mescha-Inschrift Z. 8:40 Jahre Omridenherrschaft in Moab dazu DEARMAN 1989, 164-167). , 91 Vgl. o.A. 53 92 Vgl. 1Kön 9,20f.//2Chr 8,7f. ~~ Vgl. 1Kön 5,27. 29; 11,28 gegen 1Kön 9,22//2Chr 8,9, dazu u.a. DE VAux 1964, 228f.; WuRTHWEIN 1985,56. 113; RüTERSWÖRDEN 1985, 11; THIEL 1985, 310; NA'AMAN 1986a, 172ff. 90
94 Wenn rns in 1Kön 12,4. 9. 10f. 14 auch nicht direkt genannt wird, ist die Anspielung durch '(w)l kbd, 'bdh qsh (vgl. Ex 1,14; 2,23 u.ö.) sowie durch die provokative Entsendung und Tötung Ado(ni)rams, der ausdrücklich als 'sr 'l h-ms bezeichnet wird (1Kön 12,18), deutlich genug. Für die Arbeit-Leistenden machte es keinen Unterschied, ob von dbr h-rns (1Kön 9,15) oder von ml'kh (1Kön 9,23) gesprochen wurde. 95 Noch während der Verhandlungen um die Anerkennung Rehabeams auch durch die Nordgruppen bestehen diese nur auf einer Erleichterung (1K 12,4.9: QLL Hi., vgl. Jona 1,5) der Lasten, ohne anscheinend die gelegentliche ms grundsätzlich in Frage zu &teilen und ihre Abschaffung zu fordern; vgl. auch NoRTH 1984, 1008. Kann man übrigens die beiden Bezeichnungen '( w)I kbd und 'bdh qsh so deuten, daß die Abneigung der Nordgruppen sich nur auf ms und ml'kh richtete, daß also evtl. Viktualienabgaben nicht als unzumutbar abgelehnt wurden? (vgl. unten zu 1Kön 4, 7 ff.)- Übrigens spielen freiwillige Loyalität und eine stets aufkündbare Akzeptanz seitens der Glieder der Gemeinschaft gegenüber dem Gruppen-/Stammesführer wie auch von diesem ständig neu unter Beweis zu stellende Autorität bzw. Charisma bzw. Prestige (s.o. A. 81) in vor- und frühstaatlichen Gesellschaften eine wesentliche Rolle; daneben fehlt noch weitgehend ein "Erzwingungsstab", physische Durchsetzungs- und Dauergewalt. Mit der Entwicklung von staatlichen Strukturen verlieren bzw. verändern freiwillige Akzeptanz sowie Autorität, Charisma bzw. Prestige ihre~Charakter und Stellenwert und institutionalisierte Macht-Strukturen treten an ihre Stelle; vgl. zum hier stark verkürzt Angedeuteten differenzierter (und mit z. T. unterschiedlichen Begriffen und Wertungen) neben FRIED 1967 und SERVICE 1977 zuletzt BREUER 1990, bes. 9ff. 34ff. 45ff. 49. 51f. 55ff. 71f. 96 Die stabilisierende und schützende Funktion von Hazor (gegen die Aramäer) und Megiddo und Geser (gegen die Küstenebene) mag vielleicht den Nordgruppen, deren Verhältnis namentlich gegenüber den Philistern auf ungünstigeren Erfahrungen beruhte als dasjenige der Judäer (vgl. ZoBEL 1975), tatsächlich einleuchtend gewesen sein. Zum Topos königlichen Bauens als herrschaftslegitimierender Tätigkeit vgl. AHLSTRÖM 1982a, lff. 10ff. 27ff.; WELTEN 1973, 9ff.; SERVICE 1977, 113. 134. Art und Umfang salomonischer Baumaßnahmen (militärisch-grenzsichernd und/oder repräsentativ, eine zivile Verwaltung vorbereitend und aufbauend? vgl. auch u. zu 1Kön 4,7ff.) sind freilich in Hazor, Megiddo und Geser gegenüber dem durch die Literatur in A. 89 repräsentierten Wissensstand durch BASOR 277/ 78 (1990) (vgl. o. A. 82) unsicherer geworden. USSISHKIN 1990, 73f. deutet Megiddo Str. VAIVB als zivilen königlichen Stützpunkt (freilich kann man auch an ein autochthones regionales Zentrum, was Megiddo immer war, ohne Königseinfluß denken; aber daß in Megiddo ein königlicher Militärführer oder Abgesandter wenigstens zeitweise residierte, ist auch ~?glich <1Kön 4,12> ), der in Str. IVA einen Funktionswechsel, nun sicher unter königlicher Agide, zur stark ausgebauten Grenzfestung durchmachte (gleich nach 925 v. Chr. oder später). Für
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I. Funktionäre ("Beamte")
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
zugleich der ms-Dienst zeitlich und räumlich gestreut angefordert wurde. Zur Erklärung dessen, daß erst am Ende der Zeit Salomos das Aufbegehren gegen ms hervorbrach, und auch das wohl nur durch die arrogante Fehleinschätzung Rehabeams, mag auch eine von Mettinger betonte Unterscheidung dienen. Danach wäre zwischen permanentem ms-Dienst (ms 'bd) bei Nichtisraeliten und einfachem, zeitweisem ms-Dienst (ms) für Israeliten zu unterscheiden 97 • Dennoch:"Die Zeit trägt die Last." Besonders wenn im Blick auf die israelitischen Gruppen auf dem Nordteil des zentralpalästinischen Berglandes Elemente neuerer Landnahmevorstellungen98 Richtiges treffen, denen zufolge mindestens Teile der später Israel bildenden Neu-Siedler auf dem Bergland sich aus dem Umland kanaanäischer Städte abgesetzt hatten, da die sozialen Probleme sich dort im Zusammenhang sozioökonomisch bedingter Bevölkerungs-Verschiebungen und direkter Unterdrückung durch ägyptische Fronarbeit und indirekter Bedrückung durch ägyptische Forderungen an kanaanäische Vasallen-Stadtherren verschärft hatten, der (oder ein) geschichtliche(r) Exodus also sozusagen in Palästina stattfand "als massenhafte Auswanderung aus einer alten Lebens- und Wirtschaftsweise in eine neue" (Knauf)99 , traf Salomo mit dem ms-Dienst eine äußerst empfindliche Stelle, war sie ein ÄrgerHazor hält H. WEIPPERT 1988,429 in Str. X -IX (vor 900 v. Chr.) einen Palast oder festungsartiges Gebäude nicht für ausgeschlossen, wobei wiederum offen bleibt, ob es sich um ein salomonisch veranlaßtes, ziviles und/oder militärisches Bauwerk oder um einen Fluchtbau der lokalen Bevölkerung handelt. Aber: Waren Hazor, Megiddo und Geser z. Zt. Salomos Grenz-Orte (zum Machtgebiet Salomos vgl. auf der Grundlage der Scheschonk-Liste KNAUF 1991 b, 174-176. 181f.)? Falls sie tatsächlich sein nordisraelitisches Einflußgebiet nach N und W abgrenzten, wären Salomo-Baumaßnahmen als Grenzschutz und damit ms gegenüber der Bevölkerung einsehbar. Auf jeden Fall waren Hazor und Megiddo immer wichtige Regionalzentren. Bildeten sie dagegen keine Grenzfunktionalorte, mögen, falls dortige Bauten als salomonisch gedeutet werden dürfen, sie als öffentliche Bauten dem Bestreben Salomos nach festerer Integration des Nordens und dem Verwaltungsaufbau gedient haben (s. u. zu 1Kön 4,7ff.). Das könnte sie wiederum bei der Bevölkerung verdächtig gemacht haben, die sich n~cht nur ~ngern "verwalten" ließ, sondern dann möglicherweise die ms-Forderung nicht emsah: Beides führt zu 1Kön 12,1-19! - Wie weit es Israeliten interessierte, daß Salomo JHWH einen (ursprünglich dynastischen) Tempel in Jerusalem um- und ausbaute (RUPPRECHT 1972; DERS. 1977), ist schwer zu sagen. Immerhin hat David die Lade als israelitisches Kultsymbol nach Jerusalem geholt, um das Interesse der Nordgruppen an Jerusalem zu wecken, wiederum (nach 1Kön 6,23-28) haben "Männer Israels", weniger Salomo, eine primäre Rol~e gespielt bei der Einholung der Lade in den Tempel (JANOWSKI 1991,253-255), auch wenn die Lade bald keine Rolle mehr spielte, weil sie die erhoffte Wirkung anscheinend nicht erzielte (SPIECKERMANN 1989, 88ff. 93m. Anm. 12; JANOWSKI 1991, 255f.). Damit stimmt zusammen, daß solche kultisch-ideologischen und symbolischen Versuche der Davididen den schnellen Abfall des Nordens in keiner Weise verzögerten: Jerobeams sorgenvoller Gedanke 1Kön 12,26f. ist aus judäisch-dtr. Perspektive formuliert und belegt kein brennendes Interesse der Israeliten am Jerusalemer Kult. 97 METTINGER 1971, bes. 134-139; vgl. dagegen WüRTHWEIN 1985, 112f. m.A. 19 (Lit.); vgl. auch DoNNER 1987,59-61. 98 Vgl. dazu o. S. 15 mit A. 60 99 KNAUF 1988 a, 106-110 (Lit.)
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nis wenn nicht eine Provokation, die Konsens und freiwillige Loyalität der No~disraeliten untergrub. Das Ergebnis bei Rehabeams Herrschaftsantritt ist bekannt. Bei allem kann nun aber die Inanspruchnahme durch gelegentliche Arbeitsleistung nicht als ein die Autonomie der israelitischen Siedlung~~ grundl~ge~d berührender verwaltungsorganisatorischer und damit machtpolitischer Emgnff betrachtet werden, wenn er auch unzweifelhaft die betroffenen Siedlungen ökonomisch belastete. An dieser Stelle soll wenigstens kurz die Frage berührt werden, mit welchen Mitteln aus welchen Quellen Salomo seine Baumaßnahmen finanziert haben mag. Zu nennen sind
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Tribute (lKön 10,14f.) Krongüter Handelsbesteuerung in seiner Hauptstadt (1Kön 10,15) Zwischenhandelsgewinne (1Kön 10,28f.) 100 Fernhandel in Kooperation mitTyros (1Kön 9,26-28; 10,22) Landverpfändung (lKön 9,10-14) 101 Geschenke (1Kön 10,25) .
Ob und wieweit es sich bei diesen angegebenen Finanzquellen Salomos grundsätzlich und in ihren Zahlen- und Mengenangaben mehr oder weniger um spätere "Ideologie" und Eulogie des 9. und der folgenden Jhh. v. Chr. handelt: W~chtig ~st ~ier ~~r, daß alle diese Einkünfte und potentiellen Baufinanzierungsquellen mcht die Israelitische Normalsiedlung und ihre Bewohner belasteten! Anders w~r es mögliche:weise bei dem Kompensationsgeschäft, in dem Salomo landwirtsc~afthche :rodukte m. großem Umfang gegen tyrisches Baumaterial und Handwerksleistungen l.1eferte (~Kon 5,24f.). Ob die Landwirtschaftsprodukte alle von Krongütern stammten, rst anges1chts der Menge100 Auch wenn von Salomo nicht ausdrücklich Krongut erwähnt wird, kann über dessen Existenz seit David, der schon saulidischen Besitz übernahm, kein Zweifel bestehen, vgl. DE VAux 1964, 201ff. (m. Belegen). Zum Krongut insgesamt vgl. u. a. NoTH 1927=1971, 159ff.; DERS. 1932, 60f.; ALT 1955=1968, 348ff.; WELTEN 1969; ~ETTIN?ER 1971, 80-101; AHARONI 1984 371ff. Zu den Einkünften der Könige vgl. auch den Uberbhck bei DE VAUX 1964, 224ff. (zu Steuern und Zehnten vgl. aber RüTERSWÖRDEN 1985, 127ff.).- Z:u IK_ön 10,14f. vgl. abe~ die berechtigten Bedenken zu Text und historischer AusdeutbarkeJt bei NoTH 1983, 228f., WüRTHWEIN 1985 122f. - Zum Zwischenhandel mit Pferden/Wagen und zum Fernhandel Salomos vgl. aber' die kritische Reduktion und Korrektur der eulogisch~n Darstellun? 1Kön 10 23-28 bei ScHLEY 1987. Zum Realitätsgehalt und zu den popularen (Ideologischen) Übertreibungen dieser und der vorhergenannten ökonom~schen Aktivitäten Salomos gegenüber vergleichbaren (realistischen) Zahlen und Angaben 1m AT vgl. neben den Kommentaren PRITCHARD in PRITCHARD ed. 1974, 32ff.; KNAUF 1991 b, 170. 175ff. 180ff.. . 101 Solche Repräsentativgeschenke (sie berühren sich de~ Sache nach mmdestens r.ar~Iell mit "Prestigegütern" und deren Austausch, vgl. o. A. 81) zwis.ch~n hochgestellt~n ~ersonhch keiten sind nicht eigentlich als Einnahmen zu bezeichnen, weil Sie nach dem Prmz1p do ut des gegeben werden, vgl. grundsätzlich MAuss 19~8 sowie SERVICE 1977:. 93ff.; ~ARL~ 1987, ~84. Ob kleinere Höflichkeitsgeschenke (Belege bei DE VAUX 1964, 225) okonom1sch ms Gewicht
fallen, ist sehrfraglich.
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falls die Angaben einigermaßen zutreffend und nicht auch ein Element der Ideologie zum Ruhme Salomos sind- zweifelhaft. So ist es möglich, daß ein Teil der Lieferungen aus der Bevölkerung erhoben wurde. Aber wie und auf welcher Berechtigungsgrundlage? Nun hat U. Rüterswörden überzeugend nachgewiesen, daß bis in die Spätzeit der israelitischen Monarchie- abgesehen von vereinzelten Sonder-Umlagen 102 - kein geregeltes, regelmäßiges Steuer- und Abgabensystem bestand neben der Institution der mnhh und dem Zehnten, auf die Tempel/Priesterschaft(en) und Königtum gleicherweise u~d gewissermaßen konkurrierend Anspruch erhoben 103 • Kann man die Hilfs-Vorstellung heranziehen, daß bei dem traditionsreichen kanaanäischen Stadt-Heiligum Jerusalems, das nach Salomos Grundlegung allmählich aus dem Rahmen eines davidisch-dynastischen Hausheiligtums hinauszuwachsen begann, wozu die Jerusalemer dynastische Kultideologie einen entscheidenden Beitrag leistete 104 , ein gewisses Maß an Verständnis von seiten nicht nur der Judäer, sondern auch der Israeliten für die Leistung eines Beitrages neben dem vom König zu tragenden Hauptanteil als gegeben vorausgesetzt werden kann? Die Notwendigkeit der Hilfsvorstellung nimmt in dem Maß ab, in dem man mit K. Rupprecht und anderen akzeptiert, daß Salomo den Tempel nicht neu errichtete, sondern um- und ausbaute und entsprechend weniger Geld, Material und Leistungen benötigte. Bleibt die Frage eines Beitrags der Bevölkerung zum Aus- und Umbau des Tempels z. Zt. Salomos letztlich offen, stehen aber ms-Arbeitsleistungen in Jerusalem und im übrigen Lande wohl außer Zweifel. Man kann vermuten, daß gelegentliche ms- Leistungen als eine Art von akzeptierter Ersatzleistung für die sehr wahrscheinlich nicht existierende Einrichtung direkter Steuern angesehen wurden, wie ms-Arbeit ebenfalls als Ersatz für den unter Salomo stark, wenn nicht ganz zurückgegangenen Waffendienst der Bevölkerung, den jetzt das Berufs-Söldnerheer leistete, apostrophiert worden sein mag. Nochmals: Lediglich gelegentlich geforderte Arbeitsleistungen können nicht als die Autonomie der israelitisch-judäischen Durchschnittssiedlung berührender herrschaftlicher Eingriff betrachtet werden. War dies aber alles an herrschaftlicher Einwirkung und strukturierender Organisation in der Durchschnittsortschaft, so erweist sich das Salomo-Reich als noch schwach binnenstrukturiert. Der entwickelte Staaten kennzeichnende "Erzwingungsstab" (S. Breuer), der in vor- und früh"staatlichen" Gesellschaften fehlt wie das Monopol physischer legitimierter Gewalt, fehlt anscheinend weitgehend noch z. Zt. Salomos: Die Nordgruppen kündigen Salomos Nachfolger die Loyalität auf und gehen ihrer Wege (1Kön 12,1-16); der Herrscher des ehemals anerkannten Hauses David ist machtlos- und gefährdet (1Kön 12,18). Vgl. 2Kön 15,19f. (Menahem); 2Kön 23,35 (Jojakim) So gegen die häufige Meinung (vgl. z. B. DE VAUX 1964, 226f.; REDFORD 1972; THIEL 1982, 245; vgl. auch u.A.131) überzeugend RüTERSWÖRDEN 1985, 127ff. 104 Aus der sehr umfangreichen Literatur zur vorisraelitischen Religion und zu Ku1t/ Theologie/Ideologie Jerusalems und deren Ausbau seit David und Salomo vgl. nur STOLZ 1970; ÜTTO 1976; DERS. 1980a; DERS. 1980b; DERS. 1986a; NIEHR 1990, 167ff.; JANOWSKI 1991 (Lit.!); KNAUF 1991 b, 182-184; vgl. auch VEIJOLA 1975; METTINGER 1976. S. auch u. S. 203ff. mit A.l06ff. 102
103
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Der soeben vorläufig festgestellten Binnenstruktur- und Organisationsschwäche der Herrschaft Salomos scheint nun aber ein Text deutlich zu widersprechen: Die Liste der zwölf n~bym Salomos von 1Kön 4,7-19, "die den König und sein Haus mit Speise versorgten, je einen Monat im Jahr lag jedem die Versorgung ob" (V. 7). Auf den ersten Blick entsteht der Eindruck, hier liege ein nüchternes Verwaltungsdokument und damit ein direkt historisch auswertbares Traditionsstück vor. Innerhalb des Rahmenverses 7 verrät freilich 7aßb Nähe zu den Vorstellungen von 1Kön 5,2f. 7f., die zweifellos mit ihrer Begeisterung für verschwenderische Prestigewirtschaft wiederum ein deutlich ideologisches Element darstellen (vgl. auch lKön 9,28; 10,1ff. 14ff.), so daß V. 7aßb eine 105 spätere, einengende Deutung der Liste sein dürfte • Nun ist die Liste V. (7aa) 8-19 seit langem mit viel Aufmerksamkeit bedacht worden; sie bildet ein starkes Argument, wenn man Salomo als einen klugen, weitblickenden Herrscher darstellen will, der sein außerjudäisches Interessengebiet durch eine flächendeckende Verwaltungs-Gliederung als Herrschaftsmittel mit "Gouverneuren" an der Spitze von Verwaltungseinheiten effektiv im 107 Griff hielt106 • Ist diese Annahme historisch zutreffend ? Vor dem geographisch-herrschaftsstrukturellen sowie organisatorisch-funktionalen 108 Aspekt der sogenannten salomonischen "Provinzen", der an späterer Stelle behandelt wird, möchte ich hier zunächst den personellen Aspekt der sog. "Liste der Gouverneure" oder "Vögte Salomos" behandeln. Folgende formale, strukturelle und sachliche Feststellungen scheinen mir zur Analyse und Auswertung wichtig: 1. Neben fünf Funktionären, für die lediglich der Vatersname erwähnt ist
109 ,
stehen
sieben mit eigenem Namen. 2. Vier n:sbym 110 sind mit dem König persönlich eng verbunden, zwei davon als Vgl. WüRTHWEIN 1985, 41. 43f. Fast ohne Ausnahme spricht man seit Jahrzehnten bei diesem Text von "Verwaltungsgliederung", "Provinzen", "Gauen", "Distrikten" und deren "Gouverne~ren", "Vögte~", "Präfekten" und ihren "Provinz-" oder "Distrikt-Hauptstädten" etc. Für Literaturnachweise vgl. unten A. 115. 101 Daß 1Kön 4,7-19 im Kontext von 1Kön 2-9 genau diesen Eindruck hervorrufen sollte und auch tatsächlich hervorgerufen hat, also in seiner ihm gegebenen literarisch-ideologischen Funktion sehr erfolgreich war, zeigt die Geschichte der Exegese. 10s S. u. Kap. D (S. 246-251 m. A. 2-20). 109 Zur Deutung dieses Phänomens vgl. ALT 1950=1968, 198ff. 110 WÖrtlich "Aufgestellte" (mit einem bestimmten Auftrag eines Auftraggebers gegenüber bzw. über< 'l> jemandem), "Hingestellte", (NSB); ein unspezifisch-umfassender Ausdruck wie deutsch "Vorgesetzter" (vgl. REINDL 1986, 556-559). Vgl. auch GB s. v., 515-517; HALs. v., 674b-675a (interpretiert freilich das zutreffende "Vorgesetzter" sogleich wieder im Sinne des im Deutschen semantisch als Terminus technicus festgelegten "Vogt, Statthalter"); für altsüdarab. NSB = "set up, place" vgl. BEESTON-GHUL-MüLLER-RYCKMANS 1982, 99; zum Westsemit. DISO 184. Vgl. auch o. A. 37. 105
106
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Schwiegersöhne Salomos (V.11. 15), die anderen waren vermutlich Glieder von Hoffunktionärsfamilien 111 .
chend interpretierenden Begriffen sogleich im Hintergrund semantisch mitschwingt. Eine solche klassifizierende Orts-Deutung ist aber vor allem bei b. Deker (V. 9) und bei b. Hesed (V. 10) äußerst fraglich, weil Makaz und Arubbot nicht bzw. nicht sicher identifiziert sind116 , sonst nie erwähnt werden, also wohl recht unbedeutend waren, während die den beiden Funktionären weiterhin zugeordneten Orte ihrer Regionen bedeutender und als "Provinz-Hauptstädte" viel geeigneter wären, viel bekannter und sicher oder ziemlich sicher identifiziert sind 117 • Die ihnen beiden zugeordneten Orte und Regionen stellen auch keinen naturräumlich oder sozialräumlich geschlossenen Organismus dar 118 ; dies und die Nichtidentifikation bzw. Unsicherheit der Identifizierung bei
3. Den Schwiegersöhnen des Königs und den vermutlichen Verwandten der Hotfunktionäre sind übereinstimmend Randgebiete der Herrschaft Salomos (Hügelland von Dor; Naphtali; Asser ) sowie das besonders wichtige Städtegebiet der Jesreelebene von Taanach und Megiddo bis Bet-Schean und bis Abel-Mehola und das 112 angrenzende Gebiet anvertraut. M. E. ist es kein Zufall, daß besonders zuverlässige Beauftragte für diese Randgebiete und für ökonomisch-politisch besonders wichtige Gebiete zuständig sind, die alle außerhalb des israelitischen Kerngebiets, dem zentralpalästinischen Bergland, liegen. 4. Bei vier anderen n~bym wird unmittelbar nach dem Namen zunächst ein Ort genannt, in (be) dem der jeweilige Funktionär allem Anschein nach seinen Wohnsitz hat und von dort sein "Zuständigkeitsgebiet" betreut (V. 9. 10. 13. 14). Alle zwölf "Zuständigkeitsbereiche" sind überaus unterschiedlich, sehr summarisch und unpräzise beschrieben, eigentlich überhaupt nicht "beschrieben", nicht einmal grob umrissen, sondern nur pauschal als Region genannt oder durch einen oder mehrere Orte oder durch einen Ort und eine Region vage angedeutet. In einem der hier in Frage stehenden vier Fälle wird überhaupt nur der vermutliche Wohnort des Funktionärs genannt (V. 14113). In den anderen drei Fällen folgt nach dem vermutlichen Wohnsitz die Andeutung des Zuständigkeitsgebietes durch weitere Ortsnamen (V. 9), durch einen Ortsnamen sowie eine Region (V.10) bzw. nur durch eine Region (V.l3 114). Als vermutliche Wohnsitze finden wi.: konkret Makaz (V. 9), Arubbot (V. 10), Ramot-Gilead (V. 13), Mahanajim (V. 14). Ublicherweise deutet man die Orte nicht einfach und vorsichtig, wie hier vorgeschlagen, als Wohnsitze, sondern sogleich konkret und kühn als "Provinz-Hauptstädte", "Distriktzentren" der Funktionäre o. ä. 115 - mit allem, was bei diesen weitreim Baana b. Ahilud (V. 12) wohl Bruder von Josafat b. Ahilud, dem mzkyr (2Sam 8,16; 20,24); Baana b.Huschai (V.16) wohl Sohn des r'h dwyd (2Sam 15,37; 16,16, zum Terminus vgl. METIINGER 1971, 63ff.; RüTERSWÖRDEN 1985, 73ff.); vgl. auch noch u. A. 123 (zu Simei b. Ela). 112 Was hinter MT b 'lwt (V.16), das zu Baana b.Huschai gehört, steckt, weiß man nicht. So':"eit die Kommentare es ~icht bei der Konstatierung der Unklarheit belassen (NoTH; WURTHWEIN; HENTSCHEL), Wird seit THENIUS' (1873, 37f.) Vorschlag w-b-m'/wt (~r) von manchen Kommentatoren an die "tyrische Leiter" gedacht ( u. a. SANDA, 1911, 83; GRAY, 1980, 139; SrMONS 1959, 352), was in der Tat gut und konkret zu dem daneben zu Baana gehörenden Gebiet Asser paßt. Wenn nicht der graphische Weg von dem (zudem bekannten!) zb(wJ.lwn zu (.ungeläufigem~ b'h.vt im Althebr. wie in der Quadratschrift etwas schwierig zu begrunden ware, ebenso w1e em Hörfehler dieser Art, könnte man statt des obigen Vorschlags, der das Gebiet nw von Asser beschriebe, auch an das sebulonitische Gebiet das Asser in der sw.lichen Gegenrichtung benachbart ist, denken (so schon ALT 1913, 14f=l978, 84f.; AHARONI 1984, 325;zuletzt wieder NA'AMAN 1986a, 178. 192f. ). 113 Zum he locale in der seltenen Funktion der Ortsbezeichnung, wo sich etwas befindet, vgl. BL § 65 o (S. 527). 114 . "Ben-Geber in Rarnot Gilead- <>,zu ihm gehörte der Landstrich Argob <>";zu den h1er ausgelassenen Glossen vgl. zuletzt WüRTHWEIN 1985, 42m. A.4-5; u. A. 120. 115 Vgl. SANDA 1911, 73 (V. 14:"Regierungssitz" Mahanajim); aaO, 81 (V. 13: "Zentrum des Steuerbezirks" sei Ramot); SANDA spricht oft von "Präfekturen" und "Präfekten", DE VAUX 1964, 216 vom "Hauptort" Rarnot des Gebiets von b. Geber (V.l3), OrrossoN 1969, 217f. vom "Zentrum" Bet-Schean, Ramot, Mahanajim usw. GRAY 1980, 137 nennt Arubbot das "administrative Zentrum" des 3."Distrikts"; NoTH 1983, 68 etwas vorsichtiger: Makaz =
"Dienstsitz", ebenso zu Arubbot (S. 68), Rarnot (S. 71), Mahanajim (S. 72). NA'AMAN 1986a, 190f. bezeichnet Rarnot und Mahanajim als "Gouverneurssitz", "Hauptstadt" und "Distriktszentrum"; vgl. auch AHLSTRÖM 1982a, 44f. Von "Provinzen", "Gauen" bzw. "Distrikten" oder gar einem "Distriktsystem" Salomos sprechen in dieser Tendenz viele, z. B. ALT 1913=1978; WRIGHT 1967; METTINGER 1971, 111ff.; GRAY 1980, 134ff. 249; DONNER 1970, 44f.; DERS. 1984, 226f.; AHARONI 1976; DERS. 1984, 318ff.; REHM 1979, 48; WüRTHWEIN 1985, 41ff.; THIEL 1985; NA'AMAN 1986a, 167ff.; FRITZ 1987, 99; LEMCHE 1988, (137-)143; AHLSTRÖM 1982a, 44f. (A. geht sogar so weit, eine Untergliederung der "Distrikte" in "Subdistrikte" zu vermuten mit "subcenters" z. B. für Steuersammlung, deren eines Tell Mubärak Str.VIII sei <mit STERN 1978, 77>, das aber vielmehr ein befestigtes Gehöft gewesen ist ). Nach ISH!DA (1979,475 m. A. 25) zeigt das System der Distrikte gar, daß unter Salomo Israels "nationale Identität"(!) vollendet gewesen sei. Dagegen setzt RösEL 1984 mit Recht "Gaue" Salomos in Anführungszeichen! 11 6 Vgl. zu Makaz SrMoNs 1959,349; GRAY 1980, 137; NoTH 1983, 68; zu Arubbot Nom 1983, 68f. und dagegen M. DoTHAN 1975, 100-102 (Tell el-Asäwir im 10.Jh. v. Chr. unbesiedelt!); RöSEL 1984, 89. -Obwohl bereits ALT 1913, 3ff. = 1978, 77ff. gezeigt hat, daß das schwer identifizierbare Arubbot in 1Kön 4,10 nicht durch das benachbart stehende Socho ( = Efirbet es-Suweke) in Juda, sondern durch Socho ( = Suweket er-Räs) am Westrand des samarischen Gebirges wenigstens in seiner ungefähren Lage zu bestimmen ist, hat GB 18 1987,94 "Arubboth, Stadt i. Juda" nicht nur unkorrigiert aus GB 17 1915 = 1962, 63 übernommen, sondern sogar dessen vorsichtiges "wahrscheinlich" gestrichen. 117 V. 9: Schaalbim =vermutlich Selbft; Bet-Schemesch = Telllfirbet er-Rumele; Ajalon = Yä/6; Bet-Hanan =vielleicht Bet I'nän (?? vgl. BHH IV <189> 15; aber auch ZADOK 1988, 47f.; KELMIMAZAR 1991, 56). Davon wäre nach Größe, Lage und Bedeutung zweifellos BetSchemesch, aber auch Ajjalon als "Provinzhauptstadt" geeignet, während von Makaz ausgerechnet am wenigsten, nämlich nichts als der Name bekannt ist. -V. 10: Zur Identifikation von Socho vgl. A. 116; zum "Land Hefer" werde ich demnächst an anderer Stelle ausführlich handeln; vgl. vorläufig NoTH 1983, 69; RösEL 1984, 89. 11s Das stellt zu V.10 nach ALT auch RösEL 1984,89 fest; es gilt aber (gegen z.B. AHARONI 1984, 326f. <"homogene geographische Distrikte", "klare(!) Beschreibung des Territoriums von Israel">; AHLSTRÖM 1982a, 33) nicht nur für diese beiden Gebiete, sondern auch für das "Zuständigkeitsgebiet" von V. 11 (vgl. auch RöSEL 1984, 90) und besonders V.12 (RösEL 1984, 85). Unklarheiten bestehen auch bei anderen "Zuständigkeitsgebieten": Ist "Naphthali" als Stammesgebiet (sozialräumlich) oder als Landschaft (naturräumlich) gemeint? Bei "Gebirge Ephraim" (V. 8) kann man an ein naturräumliches Gebiet denken, oder ist es "amputiertes" Stammesgebiet, um den Stamm Ephraim zu reglementieren (METIINGER 1971, 119f.; WüRTHWEIN 1985, 45), also sozialräumlich-politisch zu deuten? Vgl. dazu zuletzt RösEL 1984, 86; NA'AMAN 1986a, 180ff. Anscheinend kommt wegen dieser Schwierigkeiten um die Abgrenzung der "Provinzen" die Diskussion nicht zur Ruhe, aber auch, weil unidentifizierte Orte und unabgrenzbare Regional-Bezeichnungen, bei einem neuen Versuch ältere Ergebnisse wieder verschieben und unsicher machen. Welche verwaltungstechnisch fragwürdigen
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Makaz und Arubbot schließt auch jede Spekulation aus, die Orte seien vielleicht das natürliche Zentrum, der natürliche Zentralort des jeweiligen Zuständigkeitsgebietes der beiden Funktionäre. Was stellen dann die vier Orte dar, wenn sie nicht "Provinzhauptstädte", "Distriktzentren", Gebietszentren auf naturräumlicher oder sozialräumlicher Basis waren? Die beobachteten eigenartigen Tatbestände lassen sich m. E. am einfachsten so erklären, daß die vier Orte Wohn- und Herkunftsorte der Funktionäre darstel119 len , sie selbst Salomo verbundene, angesehene Angehörige der jeweiligen Ortselite waren, die Einfluß in den durch weitere Orte bzw. Regionen angedeuteten Gebieten besaßen, den sich Salomo zunutze machen wollte. Neben b.Deker in (und aus) Makaz und b. Hesed in (und aus) Arubbot kann man dann bei b. Geber (V. 13) und seinem vermutlichen Vater Geber b. Uri (V. 19) entsprechend annehmen, daß sie der Ortselite von Ramot-Gilead entstammten und beide zusammen (von Rarnot aus?) für Gebiete nördlich und südlich von Rarnot zuständig waren 120 . Nicht sicher zu klären ist es, warum
in Mahanajim ein weiterer Beauftragter neben ihnen für das Ostjordanland saß (V. 14). Immerhin ist der Ort bedeutend innerhalb der Geschichte der Sauliden und auch Davids1 21 und nimmt eine beherrschende Mittelstellung zwischen dem nördlichen und
"Provinzen" und Provinzgrenzen in der Diskussion herauskommen, zeigen Karten (AHARONI 1984, 314; NA'AMAN 1986a, 189) in ihrer Unterschiedlichkeit, wobei NA'AMAN (aaO, 179ff. 184. 186. 190f.) selbst (wie AHARONI 1984, 320. 322. 324; 0ITOSSON 1969, 218; RöSEL 1984, 85f.) bei mehreren "Provinzen" die Unmöglichkeit der Ziehung von Außengrenzen zugesteht. Der Versuch, den Knoten durchzuhauen, indem man behauptet, die "Provinzgebiete" würden nur "abriged" genannt (NA'AMAN 1986a, 167; vgl. AHARONI 1984, 319f.) scheint attraktiv. Aber man fragt sich, warum so extrem unterschiedlich genau beschrieben wird. NA' AMAN stellt in seinem Streben nach klaren Provinzgrenzen die Dinge methodisch und zeitlich auf den Kopf, wenn er das "boundary system" des Josuabuches in die David-/ Salomozeit datiert und mit ihm im Hintergrund die lückenhaften "Provinz"-Gebiets-Andeutungen in 1Kön 4,7ff. zu präzisieren sucht (1986a, 78-80. 194ff.). Vgl. MIITMANN, der hinter Jos 13 den Verwaltungsbezirk Ahinadabs b.Iddo (1Kön 4, 14) erkennen möchte (1970, 232ff.) und AHARONI 1984, 318-327, der ebenfalls nur durch Unterlegung der "Provinzen" von 1Kön 4,7ff. mit den Josualisten halbwegs abgrenzbare "Provinzen" gewinnt. AHARONI behauptet auch, daß es ein "Original" der Liste 1Kön 4,7ff. mit unverkürzten ausführlichen "Provinzbeschreibungen" gegeben habe (1984, 319f. 324). Diese Vermutung zu beweisen ist unmöglich. AHLSTRÖM weiß noch mehr als AHARONI und NA'AMAN und kennt sogar Unterdistrikte und Beispiele von deren "subcenters" (1982a, 44f.)! Vgl. zur Sache auch A. 120. 123. 119 Als solche- nur als solche- waren sogar die sonst unbedeutenden, wenig oder nichtssagenden Ortsnamen Makaz und Arubbot nennenswert, parallel zu dem bekannteren Wohnund Herkunftsort Rarnot von Geber b. Uri und b. Geber. Diese Deutung ist etwas anderes als die Deutung als "Dienstsitz", der den Beauftragten vom König zugewiesen worden sein soll oder als "Provinzhauptstadt" oder ähnlich (s.o. A. 115) und verändert die Gesamtdeutung des Charakters und der Funktion der niibym, wie zu zeigen sein wird. Die bloße Herkunft aus einem Ort oder einer Region wird gewöhnlich durch die Beziehungsendung -f (vgl. z. B. Ri 12,11.1~.15; 1Sam 6,14; 1Kön 16,34; 21,1; 17,1; Mi 1,1; Nah 1,1) oder mit mrn bezeichnet (vgl. z. B. R1 5,14; 12,8; 13,2; 17,7; 1Sam 1,1; 9,1; 1Kön 13,1; Am 1,1.5). Wenn man den Ton auf den andauernden Wohnort legt, der freilich als Dauerwohnort zugleich auch die Herkunft bezeichnet, kann be- auf den Wohn- und Herkunftsort bzw. das Herkunftsgebiet zugleich weisen (so auch im Ugarit.: GB 18 , 120b ); vgl. Ri 5,15 (neben Ri 5,14!); Am 6,1; 1Sam 25,2; Jer 1,1. Unterstützend wird be-als Wohn- und Herkunftsorts-Präformativ manchmal mit ywsb kombiniert (Ri 10,1; 1Kön 13,11 u. ö.), freilich nicht hier in 1Kön 4,7ff. in der Kürze der tabellarisch-statistischen Aufzählung, wo primär der Name (V. 8a!) und danach das Zuständigkeitsgebiet von Interesse sind. Izo In V. 13 ist wahrscheinlich als Beschreibung des b. Geber anvertrauten Gebietes nur zu ihm gehörte der Landstrich Argob <der in Basehau liegt>" ursprünglich (vgl. BHS A~~.; NOTH 1941, 78f. 91 A.3 = 1971, 371f. 381 A.111; DERS. 1983, 72; WüRTHWEIN 1985, 42). Was
sich hinter "Landstrich Argob" (Dtn 3, 4. 13f.; 1Kön 4,13) verbirgt, ist ebenso unklar wie seine genaue geographische Lage, die durch die verschiedenen Glossen des V. 13 kaum geklärt wird (vgl. NoTH 1941,90-98 = ABLAK 1, 1971, 380-387; DERS. 1946-51,9-18 = ABLAK 1, 1971, 441-449; DERS. 1983, 72). Man kann nur vermuten, daß es sich um einen relativ schmalen Streifen (IJbl!) Land im Grenz-Gebiet zwischen israelitischen, gileaditischen und aramäischen Interessen- und Siedlungsbereichen handelt, der sich durch einen aus Rarnot stammenden salomonischen Vertrauensmann von Rarnot (Tell er-Raml!) aus beobachten ließ, also nicht allzuweit von dort entfernt (in nordwestlicher Richtung?) lag. Die Beauftragung einer einheimischen Autoritäts- und Vertrauensperson Salomos für das Gebiet deutet darauf hin, daß es sich um eine wichtige Grenzzone handelte. Ob der "Landstrich" nur (oder auch) israelitisch besiedelt war und deshalb schützend beobachtet oder nicht israelitisch besiedelt und deshalb im Interesse künftiger Gebietsausweitung Israels im Auge behalten und beeinflußt werden sollte? Dtn 3,4.13f. setzen israelitischen Besitz später unbefangen voraus, vielleicht aufgrundvon 1Kön 4,13. Wenn man mit S. MIITMANN (1970, 224ff.) annimmt, daß israelitische Ansiedlung im nördlichen Ostjordanland nach Osten zu in vorköniglicher Zeit begrenzter war als noch von Nom angenommen, wird die Beauft~agung eines in Salmt~os Interesse handelnden einheimischen Beauftragten sehr verständhch, wenn z. Zt. Davids nach der Niederwerfung der Aramäer und Ammoniter die nichtisraelitischen Teile des ~ördlichen Ostjordanlandes dem israelitischen Staatsverband einverleibt wurden" (MrrrMANN 1970, 231) und die militärische Unterwerfung stabilisiert werden sollte. MrrrMANN stützt seine Vermutung allerdings allein mit 1Kön 4,13, aber dieser Text steht hier ja gerade in Frage. -Wenn der "Landstrich Argob" nördlich/nordwestlich von Rarnot lag, leuchtet ebenfalls ein, daß Geber b.Uri (V. 19) für den Bereich südlich von Rarnot Salomos Interessen vertreten sollte. Es besteht kein Grund, den MT, der mit 'rii gl'd den Zuständigkeitsbereich Gebers südlich von Rarnot bezeichnet, mit LXX8 L in "Gad" zu ändern (so mit Recht z. B. 0ITOSSON 1969 218-220· RöSEL 1984, 87f.; AHARONI 1984, 324 U. a. gegen MIITMANN 1970, ' ' ·· 240m. Anm. 93; NoTH 1983, 74; WüRTHWEIN 1985, 42). Die Anderung der LXXBL versteht sich leicht dadurch, daß LXX und viele danach bis heute Ramot-Gilead als "Hauptstadt" der im folgenden beschriebenen "Provinz" (Gilead V. 13) auffassen, weshalb V. 19 nicht nochmals auch Gebers Vater dasselbe Gebiet "Gilead" wie seinem Sohn zugesprochen werden konnte: So wurde "Gilead" zu "Gad"! Es fragt sicf!'nur, ob "Gilead" hier im älteren, engeren Gebrauch oder im späteren, weiteren Gebrauch mit Einschluß des Landes nördlich des Jabboks gemeint ist (vgl. zu beidem NoTH 1941 58ff. 71ff. 81ff. 89ff= ABLAK 1, 1971, 354ff. 365ff. 373ff. 380ff.; MIITMANN 1970, 224ff.). Wegen der Effektivität mag die Zuständigkeit b. Gebers nicht zu weit von Rarnot nach Süden reichen, aber wie weit? Manche Forscher wundern sich, wieso es für das mittlere Ostjordanland zwei "Gaue" und "Vögte" gegeben habe (V.13 + 14) (NoTH 1941, 90ff. = ABLAK 1, 380ff.; MIITMA~N 1970, 2~2ff.). MriTMANN wendet ein hohes Maß an Scharfsinn auf die Klärung der Grenzziehung zwischen den "Gauen" von V. 13 + 14, ohne zu einem präzisen Ergebnis zu kommen. Die Verwunderung kann aber entfallen, wenn nach meiner Hypothese mit Rarnot und Mahanajim die Wohnund Herkunftorte der Beauftragten gemeint sind, aus denen sie ohne präzise abgegrenzte Provin'Zen" Einfluß und Autorität im Interesse Salomos ausüben sollten: b. Geber von Rarnot nach Nordwesten, Geber b. Uri von Rarnot nach Süden und Ahinadabvon Mahanajim aus mindestens in der Ortsregion, ohne angegebene Ziel-Zone.- Ob die von LAPP auf Tell erRamft!Rumet Stratum VIII (10.Jh. v. Chr.) entdeckte kleine Zitadelle (37 x 32m) als Sitz von Geber b. Uri- und b. Geber gedeutet werden darf (AHLSTRÖM 1982a, 38), ist unsicher. I2I Vgl. 2Sam 2,8; 4,1ff.; 17,24ff.; 18-19 und ScHUNCK 1963a = 1989, 49ff.; zur Identifikation ( Tulül elf:.-Qahab) vgl. CouGHENOUR 1989, zum archäologischen Befund GORDON and
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A) Binnenverwaltung alsHerrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
dem südlichen Ostjordanland ein. Das könnte genügen, einen Beauftragten zusätzlich zwischen die umfänglichen Bereiche der beiden anderen Ostjordanischen Beauftragten in der Stadt zu postieren. Ob Ahinadab b. lddo aus der Lokalelite Mahanajims stammt, ist unklar, aber möglich 122 . Falls er tatsächlich aus Mahanajim stammte, kann dies neben der wichtigen Lage des Ortes ein Grund sein, ihm Verantwortung in seinem Herkunftsort zu übertragen, wenn Salomo mit ihm nun einmal einen Vertrauten dort besaß. 5. Es bleiben drei Beauftragte, die es verbindet, daß für sie kein Ort als Wohnsitz genannt ist, und sie für naturräumlich (Gebirge Ephraim, V. 8) bzw. sozialräumlich (Issachar, V.17; Benjamin, V.18) abgegrenzte Regionen zuständig sind. Die Vermutung liegt nahe, daß ihnen als Vertrauensleuten des Königs deshalb diese Gebiete zugewiesen wurden, weil sie aus ihnen stammten und deshalb mit ihrer Autorität den König dort optimal repräsentieren konnten 123 . Sind die hier geäußerten Vermutungen richtig, kann zu der oben geäußerten Beobachtung im Blick auf die Schwiegersöhne die vergleichbare Möglichkeit nicht ausgeschlos-
sen werden, daß sie nicht - wie oben vermutet -primär wegen ihrer Eigenschaft als Schwiegersöhne und als solche besonders vertrauenswürdig und mit der Autorität des Königsverwandten ausgestattet, in wichtige Rand-/Grenzregionen g~schickt wur~~n, sondern umgekehrt als Eliteangehörige der ihnen anvertrauten RegiOnen ausgewahlt und dann durch Verheiratung mit Salomo-Töchtern eng an das Königtum gebunden und in ihrer Loyalität bestärkt wurden.
VrLLIERS 1983. Zur Funktion der Ortslage zur Sau!- und Davidzeit CouGHENOUR 1989 (logistisches Zentrum des nahen Erzabbaus >). 122 Ob Ahinadab b. 'd' etwas mit ydw b. Sacharjahu, einem Stammesführer über das gileaditische Halbmanasse in 1Chr 27,21 zu tun hat (so B. HALPERN bei NA'AMAN 1986a, 178 A.15), ist sehr zweifelhaft. 123 Gegen YEIVIN 1979, 166. Simei b.Ela, für Benjamin zuständig (V.18), ist wohl identisch mit einem Vertrauten Davids (1Kön 1,8). Das macht Sinn, denn für Salomo war das an die Residenz im Norden grenzende Benjamin wichtig. Daß er Benjaminit war, ist durch den "davidischen" Besitzverwaltungsfunktionär Simei von Rama (1Chr 27,27) nicht zu sichern, denn das Verzeichnis stammt sehr wahrscheinlich nicht aus der Davidzeit (gegen u. a. RuDOLPH 1955, 183f.; DE VAUX 1964, 203f.; METTINGER 1971, 87; WILLIAMSON 1982, 177; BoROWSKI 1987, 28), sondern aus der Josiazeit (GALLING 1954,75f.; WELTEN 1969, 137f.; DoNNER 1984, 205f.; KNAUF 1985a, llm.A.47. 13f.), allerdings könnte der Name aus 1Kön 1,8; 4,18 hierher geraten sein! Freilich kommt der Name Simei noch für einen benjaminitischen Zeitgenossen Davids und Salomos, den Sauliden Simei b.Gera, vor (2Sam 16,5ff.; 1Kön 2,8ff.), außerdem für einen weiteren Benjaminiten (1Chr 8,21), allerdings auch bei einem Rubeniten (1Chr 5,4), einem Simeoniten (1Chr 4,26f.) und einigen Leviten sowie einem Nachkommen Davids (1Chr 3,19). Der Vatersname des Emissärs Salomos begegnet später wieder bei einem Benjaminiten (1Chr 9,8) und zweimal in Königsfamilien des Nordreichs (1Kön 16, 6. 8. 13f.; 2Kön 15,30; 7,1; 18,1.9), aber es ist unbekannt, ob diese Benjaminiten waren. Vgl. noch den Sohn Kalebs (1 Chr 4,15). Über die Möglichkeit benjaminitischer Herkunft Simeis b. Ela ist also nicht hinauszukommen, wenn er auch sicher, was wichtiger ist, ein Vertrauter Davids war. -Daß b. Hur vom Gebirge Ephraim stammt (V. 8), ist noch nicht deshalb ausgeschlossen, weil ein bekannter Träger dieses Namens kalebitischer Judäer war (vgl. 1Chr 2,19f.; 4,4). Personennamen mit dem Element IJ(w)r (vgl. KNAUF 1988a, 89. 166) kommen auch bei Midianitern, in Benjamin und Gad vor (Zusammenstellung bei SANDA 1911, 74f.). Ein Ephraimit dieses Namens macht dann guten Sinn, wenn man annimmt, daß die "Exodus-Mose-Gruppe", in deren Überlieferung sich der Name Hur findet (Ex 17,8ff.), in Ephraim aufgegangen ist (ScHUNCK 1963, 15ff.).- Über Josafat b. Paruach (V. 17) ist nichts bekannt; trotzdem kann er aus dem ihm anvertrauten Gebiet Issachar stammen (aus dem für das Issachargebiet wichtigen Ort Jesreel >, vgl. AHARONI 1984, 325). Ist das richtig, so liegt sein Herkunfts- und Wohnort und sein Wirkungs-Gebiet inmitten des Zuständigkeitsgebietes von Baana b. Ahilud (V. 12), so daß auch dieses Ineinandergeschobensein von zwei Zuständigkeitsgebieten gegen abgegrenzte "Provinzen" und für personenbezogene, auf sie, ihre Herkunft und ihren Wohnort zugeschnittene Zuständigkeiten der nsbym zum optimalen Nutzen Salomos durch ihre Autorität vor Ort spricht.
Während Saul sich im Führungszirkel seiner Herrschaft noch nahezu ausschließlich auf seine eigene Sippe stützte 124 , zeigt der (relativ kleine) Kreis der Führungskräfte Davids eine deutliche Erweiterung über seine Fa_milie hinaus12s. Die Liste der Beauftragten Salomos zeigt in dieser Tendenz eme konsequente Weiterentwicklung, indem er neben Mitgliedern seiner Familie und Gliedern bzw. Abkömmlingen seines ererbten Hofes (srym, 1Kön 4,1-6) zunehmend Männer seines Vertrauens aus örtlichen und regionalen Eliten im nichtjudäischen Norden seines Herrschafts- und Interessengebietes als "Außen-Beauftragte" wählte und anscheinend dort als eine Art von Interessenvertreter installierte (n~bym, Wz. NSB!); nach dem Motiv und ihrer Aufgaben~tel lung von Salomo her wird noch zu fragen sein. Fe~t steht,. daß er s~men Herrschaftsanspruch im nichtjudäischen Norden damit auf eme verbretterte Basis stellte und stabilisierte. Bei seinem Vorgehen in dieser wichtigen organisatorischen Frage wird eine konzeptionelle Grundlinie deutlich: Salomo hat seinen Emissären ihre Gebiete a) entsprechend ihrer Zuverlässigkeit und nach der Wichtigkeit des Gebiets zugeteilt; dabei bekamen besonders zuverl~~sige Königsverwandte und bewährte Hofleute ökonomisch und verkehrspohti~ch strategisch besonders wichtige bzw. abgelegene und als Rand-/Grenzgebiete wichtige und sensible Bereiche (V. 11. 12. 15. 16) 126 . b) Er s~tzte s~e so ein, daß sie ihre entweder von König und Hof abgeleitete und/oder Ihre ergene Lokal-/ Regional-Autorität den königlichen Interessen optimal dienstbar machen konnten (V. 9. 10. 13. 19, vielleicht auch V. 8. 14. 18). c) Manchmal konnte aber ein Emissär- aus welchen konkreten Gründen im Interesse Salomos auch immer- auch für (einen Teil) ein(es) Stammesgebiet(es) zuständig sein, aus dem er nicht stammte bzw. es konnten Zuständigkeitsgebiete von n~bym scheinbar ineinandergreifen 127 . Alles bisher Festgestellte spricht dafür, daß die 124 125
s. 0. s. 3-8.
Vgl. 2Sam 8,16-18//1Chr 18, 15-17; 2Sam 20,23-26 und o. S. 8-17. " . Daß der Arkiter Baana b. Huschai (V. 16) den fernen Bereich "Asser nach Tyrus hm bekam, nicht aber Ephraim, an dessen Südrand der gbwl h- 'rky lag, liegt vielleicht a~c~ daran, daß nach EDELMAN 1985 bleibende Beziehungen zwischen ehemaligen Assenten, die Jetzt auf dem Gebirge Ephraim wohnten, und ihrem Asser-Herkunftsgebiet a~zunehmen sind, ~o daß ein Arkiter vom Südrand Ephraims mit einem Vertrauensvorschuß Im Herkunftsgebiet der ephraimitischen Asseriten im Norden rechnen konnte. . . . . 121 Bei b. Deker (V. 9) greift sein vermutlicher Bereich ~us der Sch.efela biS ms B.~n]~mmge biet hinein, wo eigentlich Simei b. Ela (V.18) für Benjammzuständig war, falls namhch BetHanan in b. Dekers Gebiet benjaminitisch besiedelt war, Wie ZADOK 1988, 47f. ansprechend vermutet. Weiterhin könnte das Issachargebiet des Josafat b. Paruach (V. 17) sich möglicher126
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
Zuständigkeitsbereiche der n:)bym eher personell auf ihre jeweilige Art der Herkunft und Beziehung zu König und Hof und die damit ihnen zukommende v?n dort abgeleitete oder ihnen selbst in ihren Herkunftsorten und -Regione~ ergene Autorität und die daraus resultierende Wirkungsmöglichkeit abgestellt waren, nicht aber umgekehrt Beauftragte für vorher nach einem Raumaufteilungsplan territorial abgegrenzte "Provinzen" oder "Gaue" ernannt wurden. Dennoch mußte natürlich aus Praktikabilitätsgründen möglichst ein gewisses flächendeckendes Netz von Beauftragten erreicht werden, ein Ziel, dem die Verfügbarkeit von zuverlässigen Kandidaten gelegentlich Grenzen setzte, so daß manche geographisch sehr problematischen "Provinzen" zustande kommen (V. 10. 12; V. 13 in Zusammenhang mit V. 14 und V. 19)128. Von Bedeutung für die nähere Bestimmung der gesellschaftlichen Rolle derjenigen n:)bym, die nicht Königsfamilien- und Hofmitglieder waren ist nun die Frage, ob sie, modern ausgedrückt, hauptamtliche Funktionäre wa:en oder nebenamtlich die königlichen Interessen und Ansprüche vertraten.
Das Faktum, daß in Jerusalem einer der unmittelbaren Hof-Funktionäre Salomos, Asarja b.Nathan (1Kön 4,5), anscheinend eine koordinierende Ober-BeauftragtenFunktion bekleidete, spricht dafür, daß die vermutlich der lokalen/regionalen Elite ihrer Funktionsbereiche entstammenden n~bym nicht in Jerusalem bzw. von Jerusalem aus, sondern in ihrer heimatlichen Umgebung, wo ihre Autorität zur Geltung kommen konnte, die Interessen des Königs vertraten, also in ihrer gewohnten Lebens- und Arbeitsweise verharrten 130 • Das spräche für noch nicht voll institutionalisierte, sondern im wesentlichen "ehrenamtliche" Funktionäre. Dagegen darf bei den beiden Verwandten der Hof-Funktionäre Salomos unter den Beauftragten wohl doch schon von institutionellen Funktionären gesprochen werden, während für die Schwiegersöhne Salomos dasselbe gilt mit dem Unterschied, daß sie zugleich zur Herrscherfamilie gehörten. Das bedeutet, ist die Datierung der Liste 1Kön 4,7-19 in die 2. Hälfte der Salomozeit richtig, daß wir hiermit ein erstes Anzeichen dafür besitzen, daß seine Herrschaft in dieser Zeit partiell begann, sich von dem Status eines chiefdoms in Richtung eines Staates zu entwickeln.
Die Konsequenz aus der Beantwortung dieser Frage ist folgende: Wenn sie in ihrem Herkunftsgebiet dem Herrscher vor allem durch ihr Ansehen als Angehörige der Elite repräsentativ dienten, dabei aber ihr normales Leben als örtliche/regionale Elitäre fortsetzten, sind sie, je weniger vom Herrscher delegierte direkte Macht sie besaßen, desto eher nach kultursoziologischem Verständnis noch nicht oder erst im Ansatz als funktionalisierte Elite, als eine institutionalisierte Zwischenschicht zwischen Herrscher und Volk: m .. a. W. als Teil eines "tertiären Sektors", zu bezeichnen. Kultursoziologen sprechen m diesem Falle, wenn eine institutionalisierte Zwischenschicht hauptamtlicher Funkti?näre noc~ fehlt, also eine zwei-, nicht eine dreischichtige Gesellschaft vorliegt, noch mcht von emem Staat, wo die Macht durch eine Funktionärselite institutionalisiert und organisiert ist, sondern von einem chiefdom, wo die Macht zunächst personalisiert und konzentriert (beim chief) ist 129 • weise ter:itorial ~it dem Gebiet des Baana b. Ahilud (V. 12) überschneiden, da jener für Iss~char(lt~n) ZWisch~~ dem ausgedehnten Städtegebiet des letzteren zuständig war. Auch bei Ahmadab m MahanaJlm und Geber b. Uri in Gilead ( = südlich von Ramot) sind Überschneidungen eher wahrscheinlich, wenn man- wie üblich- abgegrenzte "Provinzen" oder "Gaue" voraussetzt (s. aber A. 120). Akzeptiert man aber meine Grund-Hypothese zur Funktion der n~bym, so entfällt der Zwang zu immer neuen, immer wieder scheiternden Versuchen scharfer Abg~enzung d~r angeblich vorhandenen "Provinzen". Die unklaren Grenzziehungen erklären sich eben mcht als Kompetenzüberschneidungen, sondern dadurch, daß pauschal Zuständigkeitsregionen angegeben werden und vom Herkunfts- und Wohnort nach außen offen Sa~omos Interessen vertreten :-:verden sollten ohne Angabe von Außengrenzen der Wirksamkelt der Beauftragten, so daß Uberschneidungen nur scheinbar auftreten. 128 Aue~ von,~ier zeigt ~ich, daß die hin ~nd her ?ehende Diskussion um die "Abgrenzung" von "Provmzen Salomos Im Grunde gar mcht zu emem klaren Ergebnis mit klaren Grenzziehungen kommen kann, weil Voraussetzung und Ansatz der Grenzdiskussion unangemessen sind. 129 Vgl. dazu SERVICE 1977 passim, bes. 12f. 31. 35-40. 46. 73f. SOff. 106-144. 147-161; T.H. ~RIGHT 1977; F~ICK 19.85, bes. 74ff.; EARLE 1987; KNAUF 1989. In der Sache ähnlich, aber mit ~nderer Termmologie nennt FRIED 1967 die dem chiefdom entsprechende vorstaatliche Entwicklungsstufe stratified society, DoSTAL 1985 spricht von "entwickelter tribaler Klas-
Ohne den repräsentativen, Salomos Herrschaftsanspruch ideell stabilisierenden Aspekt der Funktion der Beauftragten zu unterschätzen, muß weiter gefragt werden, ob und wenn ja, welche eventuellen weiteren Funktionen sie in ihren Bereichen im Interesse Salomos vertreten haben können. Dazu nennt 1Kön 4,7; 5,7f. zweierlei: Versorgung des Hofes mit Lebensmitteln und Versorgung der Rosse und Wagenpferde der Streitmacht Salomos. Diese Aufgabenstellung der n:)bym ist meist akzeptiert 131 , in letzter Zeit aber auch ange-
sengesellschaft", KNAUF 1990a, 157 vom "Stammesstaat". Zur Kritik am "Neoevolutionismus" FRIED's und SERVICE's vgl. neuestens BREUER 1990, der terminologisch ebenfalls vom chiefdomzwischen egalitären und staatlichen Gesellschaften spricht, aber andere Entwicklungslinien zieht: Zwischen chiefdom und Staat steht kein Bruch, sondern es liegt eine Weiterentwicklung vor: Vertikalisierungen und Hierarchisierungen der Verwandtschaftsbeziehungen sind fortgeschritten, horizontale Integration tritt zurück; das chiefdomwar durch Austausch bestimmt, von dem der Staat unabhängig ist. Ge~ellschaftlich-hierarchische Ränge werden nicht mehr durch Interaktion gewonnen, sondern sind durch konische Struktur vorgegeben. Charisma/Autorität wird monopolisiert und appropriiert durch den herrschenden Clan. Wenn ich BREUER richtig verstehe und versuchsweise auf Israel/Juda anwende, befindet es sich z. Zt. Salomos auf dem Weg vom chiefdomzum "archaischen Staat", genauer auf dem Weg, der durch die Typen "konischer Klanstaat", "Prestigegüter-System" und "patrimonial strukturierter Staat" gekennzeichnet ist. Dabei ist m. E. BREUERS (gegen FRIED gerichtete) Feststellung nicht unproblematisch, daß bereits da, wo eine Gesellschaft stratifiziert ist, von "Staat" gesprochen werden muß (vgl. noch PRICE 1978 u. o. A. 34) 130 Dabei können die Ben- X Genannten, entsprechend A. ALTs Beobachtung (s.o. A. 109) Väter gehabt haben, die schon irgendwann z. Zt. Davids in Kontakt und Vertrauensverhältnis mit dem Jerusalemer Hof gekommen waren, weshalb die Söhne nach der traditionellen Weise als Ben-X benannt wurden. Dazu gehört auch einer der Schwiegersöhne Salomos (V.ll). 131 Daneben werden ohne Beleg Steuereintreibung und Administration ihrer "Provinzen" genannt, so die meisten Kommentare, früher SANDA 1911, 73, zuletzt REHM 1979, 52; GRAY 1980, 130f. 135f.; NOTH 1983,66. 78; vgl. auch DE VAUX 1964, 217; DONNER 1970, 44; DERS. 1984, 227; STERN 1978, 78; AHLSTRÖM 1982a, 33; AHARONI 1984, 326; PINTORE (b. RöSEL 1984, 87); THIEL 1985, 305(ff); CLAUSS 1986,86. 154; NA'AMAN 1986a, 167ff.
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I. Funktionäre ("Beamte")
zweifelt worden 132 • Waren dies also die einzigen, die Haupt- oder eher Nebenaufgaben, oder handelt es sich überhaupt nicht um eine zutreffende Beschreibung der n~bym-Funktion?
nicht einmal der bloßen Erwähnung für wert gehalten! Das spricht nochmals für die Deutung der ersten Ortsnamen in V. 9. 10. 13. 14 als ihre Wohn- und Herkunftsorte statt als "Provinz-Hauptstädte". Überdies legt sich nahe, ihre Aufgabe vom militärischen Bereich weitgehend zu trennen, denn es gibt zudem keinen Beleg dafür, daß sie eine militärische Durchsetzungsmacht (Truppen) bei sich hatten. Schließlich haben weder sie noch die von Salomo ausgebauten136 und besetzten Festungen im Norden die erneute Separation der Nordstämme verhindert oder nur verzögert. Bei der Einsetzung der n!)bym ein finanzorganisatorisches Planungskalkül (Steuererhebung) zu vermuten 137 , wäre in der 2. Hälfte der Herrschaft Salomos138 zwar gut zu verstehen: Wenn man annehmen darf, daß die 7 (?)Jahre Tempelaus-und Umbau139 und die 13 (?) Jahre Bauzeit für den Palastkomplex (1Kön 6,37; 7,1) und vielleicht teilweise gleichzeitig Baumaßnahmen welchen Umfangs auch immer in den sechs Festungsstädten140 im 1. und 2. Drittel seiner Herrschaft lagen, leuchtet es ein, daß sich etwa in der 2.Hälfte seiner Regierung die Frage immer dringender zu stellen begann, wie die verbrauchten Gelder (zumal bei abnehmendem Tributaufkommen, 1Kön 11,14ff. in Verbindung mit 2Sam 8,6, und vielleicht noch steigenden Kosten für aufwendige Hofhaltung, 1Kön 5,1-8; 10; 11,1-7) ersetzt werden konnten. Die Verpfändung des Landes Kabul (1Kön 9,10-14) macht jedenfalls die Finanz-, mindestens aber Liquiditätsprobleme sichtbar. Falls aber dieses oft vermutete Nebenziel der nl)bym-Entsendung überhaupt bestand: Von seiner Realisierung oder einer Wirkung dieser vermuteten Aufgabe der n!)bym ist absolut nichts bekannt, ja, sie ist durch die Beweisführung U. Rüterswördens141 ganz unwahrscheinlich geworden.
Dazu ist zu bedenken, daß das Versorgungs-Rotationssystem für beide Bereiche sehr mechanisch gedacht ist und recht unrealistisch die Gegebenheiten des landwirtschaftlichen Jahresablaufs außer Acht läßt 133 . Problematisch ist für diese Auffassung auch die beträchtliche Verschiedenheit der Regionen in Größe und wirtschaftlicher Kapazität. Es muß auch erstaunen, daß die Hof- und Pferdeversorgung allein von den 12 n!)bym außerhalb Judas zu bewerkstelligen gewesen sein soll 134 . Wozu dienten denn die Erträge der judäisch-davidischen Krongüter, von denen man zuerst die Versorgung des Hofes erwarten sollte? Am ehesten kann man noch für wahrscheinlich halten, daß die n!)bym zur Versorgung der in ihrem Bereich liegenden (Grenz-?)Festungsorte (1Kön 9,15. 17-19) beizutragen hatten. Wäre das der reale Kern und eine tatsächliche Funktion der geographisch betroffenen n!)bym, so könnte das Ausspinnen zur Idee des kompletten 12Monats-Rotationssystems schließlich ein "Schreibtisch-Produkt" und ähnlich theoretisch wie das angebliche Freistellen der Israeliten vom ms-Dienst (1Kön 9,22) sein. In diesem Zusammenhang ist jedoch auffällig, daß von keinem der n!)bym als Wohnsitz eine der Festungsstädte im Norden (Hazor) und Westen (Megiddo, Geser, Unter-Bethoron) genannt ist, was verwaltungsorganisatorisch und militärstrategisch sowie von der vermuteten Versorgungsaufgabe her zu erwarten wäre! 135 Außer Megiddo werden sie sogar 132 Vgl. schon DE VAux 1964, 218 (der an der traditionellen Aufgabenstellung für die Emissäre festhält, aber sich mit Recht nicht vorstellen kann, wie das System praktisch funktioniert haben soll); kritisch in letzter Zeit aber WüRTRWEIN 1985, 43f.; HoPKINS 1983, 197; grundsätzlich mit Recht kritisch zur königlichen Steuereintreibung RüTERSWÖRDEN 1985, 127ff. Auch METTINGER 1971, 119f.; GRAY 1980, 131 haben neben ökonomischen Beweggründen Salomos bei den "Provinzgründungen" immerhin auf politisch-repressive Gründe verwiesen, wobei eher von diplomatisch-integrativem Vorgehen Salomos gesprochen werden sollte. 133 Vgl. WüRTRWEIN aaO; ARARONI 1984, 325f. Was die Speicherkapazitäten in EI und E II betrifft, so zeigt BoROWSKI 1987,71-83, daß solche, die man "staatlich" nennen könnte, in auffallend geringer Zahl zu beobachten sind, jedenfalls sind weniger als erwartet gefunden worden. 134 Wahrscheinlich mußte auch Juda Leistungen erbringen, war aber nicht in das n!!bymSystem für die Nordgebiete einbezogen; V. 19bß mit der Erwähnung eines weiteren n!!yb für Juda (unter der Voraussetzung, daß "Juda" hier durch Haplographie ausgefallen ist; V. 20 beginnt mit "Juda"!) ist anscheinend (wie V. 19a) späterer Zusatz, vgl. schon ALT 1913, 18f = 1978, 88f., zuletzt NoTR 1983, 67; ARARONI 1984, 318; RösEL 1984, 88; WüRTRWEIN 1985, 44f.; TRIEL 1985, 299f. m. A. 9; dagegen METTINGER 1971, 121ff.; GRAY 1980, 140; NA' AMAN 1986a, 173-175. 194. 135 Das könnte man besonders bei Baana b. Ahilud (V. 12) erwarten, der auch für Megiddo zuständig, sowie für Ahimaaz (V. 15), der für Naphtali verantwortlich war, wozu Hazor gehört. TRIEL 1985, 307 nimmt das als "plausibel" an, ohne freilich einen schlüssigen Beweis zu bieten, denn daß der sog. Nord- oder der Südpalast in Megiddo Str. VA-IVB unbedingt Sitz des n!!b, nicht aber die zweifellos anzunehmende Zentrale der Militärbesatzung in Megiddo gewesen sei, wäre erst zu beweisen (vgl. DEVER 1979, 292f. ). So einleuchtend die Feststellung USSISRKINS (1990, 73f., vgl. H. WEIPPERT 1988, 518. 521) vom Funktions-Wechsel Megiddos (VA-IVB: ziviles Regional-Zentrum; gleich nach 925 v. Chr. oder später: IVA stark ausgebaute Grenzfestung) auch ist, bleibt doch ganz offen, wer in Str. VB-IVA residierte: ein königlicher n!!b, der aus Taanach stammte (und dort
Umgekehrt muß nun aber auch gefragt werden, was wohl positiv für die Funktion( en) der n~bym festzustellen ist. in der Regel wohnte? 1Kön 4,12) oder ein Stützpunktkommandant oder- warum nicht?- ein lokaler Kleinherrscher? Und wer saß in dem von H. WEIPPERT 1988, 429 in Hazor Str. X- IX nicht ausgeschlossenen Palast oder festungsartigen Gebäude (falls es denn ausgerechnet in die Zeit Salomos gehört): Ein königlicher n!!b (1Kön 4,15) oder ein königlicher Militärführer oder - warum nicht? - ein lokaler Kleinherrscher oder war dlf Bau ein lokaler Fluchtbau der Bevölkerung? Nicht nur diese Fragen sind offen, sondern nach der neu aufgebrochenen Diskussion (BASOR 277/78, vgl. oben A. 82) die Zuweisung von Baulichkeiten zum 10. oder 9. Jh. v. Chr. Aber selbst wenn sich ein Zusammenhang zwischen n!!bym und öffentlichen Bauten in Hazor und Megiddo ausgerechnet und exakt in der Salomozeit beweisen läßt, handelt es sich um ein nur für Megiddo und Hazor sich örtlich ergebendes Zusammentreffen und Zusammenwirken von ziviler(?)/militärischer (?) Ortsführung und n!!bym, kann aber nicht für alle n!!bym verallgemeinert werden. Aber auch gegenüber dieser Vermutung muß eingewandt werden, daß Hazor in V. 15 nicht einmal genannt ist und Megiddo in V. 12 nicht an erster Stelle als n.'!b-Sitz steht, was kein Problem gewesen wäre, wie V. 9. 10. 13. 14 zeigen. 136 Bei der offenen archäologischen Datierungs-Diskussion (s. oben A. 82) unter Vorbehalt! m S.o. A. 131 138 So wird die Liste 1Kön 4, 7 ff. auch nahezu einhellig datiert, vgl. z. B. METTINGER 1971, 112; ARARONI 1984, 327; TRIEL 1985, 306 A. 28; NA' AMAN 1986a, 176f. und schon SANDA 1911, 73; anders ARLSTRÖM 1982a, 32. 139 Vgl. RUPPRECRT 1972; DERS. 1977; GARBINI 1988, 27ff.; KNAUF 1991 b. 140 Vgl. abero.A. 82. 141 1985, 127ff.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
/. Funktionäre ("Beamte")
Dabei spricht m. E. das zu ihrer Herkunft, ihrer Verteilung und über die Art, Umfang und Gliederung der ihnen anvertrauten Gebiete Vorgetragene am ehesten dafür, in den n!)bym Beauftragte mit besonderem Vertrauen des Königs zu sehen, die vor allem durch ihre von der persönlichen Beziehung zum Herrscher abgeleiteten Autorität bzw. durch ihre Autorität als Angehörige der lokalen bzw. regionalen Elite, innerhalb derer sie im Interesse des Königs wirksam werden sollten, zur festeren Integration der (nord-) israelitischen Gruppen und Regionen und der darüber hinausreichenden Gebiete in das judäisch-davidische Herrschaftsgebiet beitragen sollten. Mit dieser herrschaftsstabilisierenden, ideologischen Funktion kann sich sehr wohl eine verwaltungsorganisatorische Planungs-Absicht 142 verbunden haben, für die aber die Beauftragten erst den Boden vorzubereiten hatten. Daß sie, trifft diese Planungs-Absicht zu, nicht sehr weit damit kamen, zeigt der schnelle Abfall der Nordregionen und -gruppen nach Salomo; die erhoffte Stabilisierung des Herrschaftsanspruchs Salomos ist also kaum zur Wirkung gekommen 143 • Darüber hinaus dürfte als realistische Vermutung hinsichtlich zusätzlicher Funktionen der n!)bym neben ideologisch unterstützender und/oder organisatorischer Beteiligung bei ms!ml 'kh-Anforderungen vielleicht noch gelegentliche Beihilfe zur Festungsversorgung bei denjenigen annehmbar sein, deren Gebiet einen königlichen Funktionalort (Festung) enthielt sowie gelegentliche Hof-Lieferungen am ehesten bei den Jerusalem am nächsten wohnenden Beauftragten.
Repräsentanten planmäßig eine festere politisch-ideologische und evtl. auch ökonomische Integration seiner Interessengebiete im Norden außerhalb Judas an. Die Entsendung dieser Beauftragten zielte vor allem auf stabilisierende Repräsentanz seines Herrschaftsanspruchs im Norden, vielleicht auch mit dem Hintergedanken an ökonomische Nebeneffekte (ideologische und/oder organisatorische Beteiligung bei ms/ml'kh; gelegentliche Festungs- und Hofversorgung). Daß Salomo auch auf den Aufbau einer stabilisierend wirkenden herrschaftsstrukturell-gesellschaftlichen Interessen-Übereinstimmung zwischen sich und der Elite zielte, aus der seine n!lbym stammten, ist vielleicht zu modern gedacht. Der entsprechende Effekt mag jedoch partiell eingetreten sein und in der wachsenden gesellschaftlichen Differenzierung des Nordreiches im 8./ 7. Jh. v. Chr. erkennbar werden. Die konkrete Verteilung der Beauftragten geschah anscheinend mit kluger Überlegung: Den ebenso wichtigen wie schwierigen Auftrag der Repräsentanz und Tätigkeit in israelitischen Randgebieten (oder schon außerhalb seines Einflusses) und der ökonomisch und strategisch-verkehrspolitisch wichtigen Jesreelebene übertrug Salomo verständlicherweise besonders zuverlässigen, ihm und seinem Schicksal als Herrscher besonders verbundenen Angehörigen seiner Familie und Verwandten bewährter Hof-Leute. ·Ihre Autorität in den anvertrauten Gebieten beruhte auf dem Ansehen Salomos bzw. des Hauses Davids sowie- soweit sie aus den ihnen anvertrauten Gebieten/Orten stammten- auf ihrem eigenen Ansehen. Für die anderen Gebiete setzte er vermutlich so weit wie möglich Angehörige der dortigen lokalen und/oder regionalen (Stammes-)Eliten ein, die sein Vertrauen besaßen und seine Interessen/seinen Herrschaftsanspruch auch außerhalb Judas mit Hilfe ihrer Autorität als Eliteangehörige ihrer Orte und Regionen vertreten und stützen konnten. Die geographisch-regional ungleichmäßige Verteilung der Beauftragten durch Salomo 144 erklärt sich vielleicht aus der nicht unbegrenzten Verfügbarkeit zuverlässiger Beauftragter, die mindestens zwei von drei funktional notwendigen Eigenschaften besitzen mußten: 1. Vertrauen bei Salomo, 2. Herkunft und Wohnsitz in einem Bereich außerhalb Judas, in dem Salomo seinen Einfluß durch einen Beauftragten zu stabilisieren wünschte, 3. vorzeigbare, vom Herrscher delegierte Autorität (Königsverwandter, Hof-Funktionär) bei Nichtabstammung aus dem anvertrauten Gebiet. Wenn es sich bei den n!lbym teils um "hauptamtliche" (V.11f. 15f.) und teils um "nebenamtliche" = "ehrenamtliche" Beauftragte (V. 8-10. 13f. 17 -19) handelte, wird in dieser Maßnahme Salomos eine Übergangsphase von einer nur auf der Herrscherfamilie und Hof-Funktionärsfamilien basierenden zu einer fandesweit Lokal- und Regionaleliten einbeziehenden Herrschaftsorganisation sichtbar, wenn auch letztere Elite noch nicht sicher bzw. voll als "hauptamtliche" Funktionärsschicht ("tertiärer Sektor") gelten kann, da sie in
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Insgesamt ist erkennbar: Salomo erweiterte die Zahl der Funktionäre seiner unmittelbaren Umgebung schwerpunktmäßig im innenpolitischen und ökonomischen Bereich (7) auf Kosten des religiös-kultischen (1) und des militärischen (1) Bereichs. Dieser Kreis setzte sich vorzugsweise aus bereits unter David bewährten Funktionären und deren Nachkommen und Verwandten zusammen. Der vergrößerte Rot-Funktionärskreis war aber weiterhin zum größten Teil für zentrale Leitungsaufgaben abgestellt. Während die militärische Inanspruchnahme der Bevölkerung sogar abnahm, ist einzig bei der Heranziehung zu ms-Diensten eine ökonomische Einwirkung des Herrschers in die Ebene der Durchschnittssiedlung feststellbar, die aber die lokale und regionale Autonomie anscheinend nicht berührte, wenn sie auch ökonomisch belastende Auswirkungen gehabt hat. Einen konzeptionell weiterreichenden und schwerwiegenderen Eingriff mit kaum sauber trennbarer ideologischer und ökonomischer Abzweckung begann Salomo in der 2. Hälfte seiner Herrschaft ins Werk zu setzen. Salomo strebte durch die Installation von Königsverwandten und Hoffunktionären in ökonomisch und verkehrspolitisch-strategisch wichtigen sowie abgelegeneren Gebieten und von Männern seines Vertrauens aus lokalen und regionalen Eliten des israelitischen Kernlandes (zentralpalästinisches Bergland von Ephraim bis Galiläa einschließlich des Ostjordanlandes) als 142 Die Ausführung solcher Absicht staatlicher Landesgliederung als politisches Herrschaftsmittel ist für Juda der Josiazeit in Jos 15,21-44. 48-62 erhalten geblieben, wie unten (S. 251-268) zu zeigen ist. 143 Deshalb ist es unverständlich, wieso AHLSTRÖM 1982a, 59 behaupten kann, man solle nicht annehmen, daß die Distriktorganisation Salomos nach seinem Tode verfiel, vielmehr habe Jerobeam I. darauf zurückgegriffen. Woraus AHLSTRÖM das schließt, bleibt sein Geheimnis (vgl. u. Kap. D, A. 18).
144 Vgl. die kartographischen Versuche bei G. E. WRIGHT 1967; AHARONI 1984, 314 (Karte 23); DERS. 1976; NA'AMAN 1986a, 189.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre (»Beamte")
ihrer lokalen und regionalen Verwurzelung verblieb 145 . Kultursoziologisch heißt das, daß Salomos Herrschaft hier einen Ansatz zum Übergang von einem chiefdom zu einem Staat zeigt146 . Dies gilt allerdings nur für den Norden des israelitisch-salomonischen Kerngebiets. Für den Süden (Juda) fehlt sogar dieser Ansatz einer n.~bym-Organisation. Was den m. E. vorrangigen integrativen und legitimatorischen Aspekt der n~bym-Funktion betrifft, so mochte er in Juda, Salomos Heimat, wenig notwendig erscheinen. Daher ist zu vermuten, daß Juda, was die Funktionärsschicht, den "tertiären Sektor" betrifft, auch unter Salomo noch weiter als chiefdom anzusprechen ist. Auch wenn von Salomo materielle und ms-Dienste von der Durchschnittsbevölkerung verlangt und von ihr geleistet wurden und dabei Beauftragte 147 des Königs in den israelitischen Siedlungen auftraten, kann dies noch nicht als direkter königlicher Eingriff verwaltungsorganisatorisch-machtpolitischer Art in die lokale und regionale Selbstverwaltung bezeichnet werden. Dazu steht nicht im Widerspruch, daß die ökonomische Belastung der (nord-) israelitischen Bevölkerung am Ende der Salomozeit einen Grad erreicht hatte, der zur Aufkündigung des freiwilligen Loyalitätsverhältnisses der Nordgruppen gegenüber dem Hause David führte. Das geschah mit einer relativen Leichtig-
keit, die das Unabhängigkeitsbewußtsein und das Wissen um die Freiwilligkeit der Loyalität deutlich unterstreicht.
145 Wir wissen über ihre vermutete ideologisch-repräsentative Hauptfunktion und die vermuteten wenigen weiteren Nebenfunktionen im Interesse Salomos hinaus nicht, in welchem Maße sie einerseits ihrer normalen Tätigkeit vor Ort weiter nachgingen und in welchem Maße sie andererseits durch die Funktion als n!fbym in Anspruch genommen waren. Einen Eindruck von Sympathisanten des Königs (David), die in ihren Orten verblieben, ihm zugeneigt waren und gelegentliche (auch materielle) Hilfe gewährten, ohne aber Funktionen anzunehmen, vermittelt 2Sam 19, 32-41: Barzillai bleibt an seinem Ort, aber sein Sohn wird Höfling (ein potentieller nii< y> b)! 146 Neben dieser personellen Komponente der Entwicklung vom chiefdomzum Staat gibt es weitere kennzeichnende Komponenten, vgl. die A. 129 genannte Literatur.- Es sei auch hier betont, daß es mirangesichtsder offenen Diskussion um Termini und den Gang der Entwicklung gesellschaftlicher Strukturen unter Anthropologen, Ethnologen und Soziologen hier nicht auf die Zuweisung von Abschnitten der Geschichte Israels zu einer spezifisch zu benennenden Phase gesellschaftlich-struktureller Entwicklung von Prä-Staatlichkeit, ProtoStaatlichkeit und Staatlichkeit ankommt, sondern um einen Beitrag zur klareren Erkenntnis der Stufen bzw. Phasen der Entwicklung in Israel selbst. Die Benennung (als chiefdom, "Stammesstaat" o. ä. ) ist dabei von sekundärer oder tertiärer Bedeutung. 147 Sie müssen keineswegs mit n!fbym identisch gewesen sein. So war Jerobeam b. Nebat, ein 'bd Salomos (zu 'bd vgl. RüTERSWÖRDEN 1985, 4ff.) als einer, der Aufsicht führte (PQD Hi.) über sbl des "Hauses Joseph" (1Kön 11,26-28), wahrscheinlich Ado(ni)ram und nicht dem nifb b. Hur des Gebirges Ephraim (1Kön 4,8) unterstellt. Besonders interessant ist es, daß Jerobeam als Funktionär Salomos für Ephraim und Manasse selbst Ephraimit war (1Kön 4,26), also der regionalen Elite seines Aufgabengebietes entstammte. Seine Haltung, als "das Maß der Belastung durch die Davididen voll war" in den Augen der Nordgruppen, mag beispielhaft sein für diejenigen Funktionsträger Salomos, denen die Solidarität mit ihrem Ort oder ihrer Region unter den Nordgruppen denn doch höher stand als die Loyalität zu den judäischen Davididen, natürlich abgesehen von den n!fbym, die mit Salomo verwandt waren bzw. zu seinem Hof gehörten durch Verwandtschaft.
4. Königliche Funktionäre im Südreich Juda seit Rehabeam Es geht um folgende Fragen: Welche königlichen Funktionsträger sind uns in der davidischen Residenz und im Lande Juda in biblischen und außerbiblischen Quellen überliefert? Welche Funktionäre greifen in ihren Funktionen vom Hof bis in die Bevölkerungsebene hinab und wie tun sie es? Vor allem: Berühren sie die Verwaltung der Ortschaften der Bevölkerungsebene? Wie steht es um die Herausbildung einer "hauptamtlichen" Schicht von Funktionären einer königlichen Verwaltung ("tertiärer Sektor")? Die Funktionsträger sollen in drei Gruppen gegliedert betrachtet werden: 1. Funktionäre, deren Aufgabenbereich auf die Residenz Jerusalem als Stadt bezogen ist, 2. in Jerusalem "stationierte" militärische Funktionäre, 3. Funktionäre der unmittelbaren Umgebung des Königsam Hof. Das Hauptaugenmerk gilt dabei, wie gesagt, der Frage, ob königliche Funktionäre bis in die Bevölkerungsebene hinab wirksam werden oder auch Funktionärsgruppenleitend beaufsichtigen, die dies tun. Ad 1: Von einer solchen Funktionärsgruppe ist am wenigsten überliefert; eine verwaltungsorganisatorische Einwirkung auf die Bevölkerungsebene ist hier auch von vornherein wenig wahrscheinlich. Jerusalem war als "Stadt Davids", als Residenzort der Davididen148 entscheidend vom Königshof her geprägt. Für spezielle (Haupt-)Stadtaufgaben ist Funktion und Titel des §r h- 'yr überliefert 149 , dem Wachoffiziere und sicherlich eine entsprechende Wachmannschaft untergeordnet war150 . Da der Wachoffizier bei der Verhaftung Jeremias am Benjamintor den Verhafteten den srym des Hofes überstellt, ist anzunehmen, daß §r h- 'yr und Wachmannschaft nicht'Vom Hof unabhängige städtische Funktionäre waren, sondern dem König unterstanden 151 . Das kann ein Hinweis darauf sein, daß srym, die im Zusammenhang mit und in J erusalem erwähnt werden 152 , in erster Linie königliche Spitzenfunktionäre sind neben in Jerusalem zeitweise oder fallweise 148 Zur Kritik der einflußreichen These ALTS 1925=1968, 243ff.; DERS. 1930=1978, lff., bes. 45ff.; DERS. 1951=1978a, 116f. u.ö.) zum davidischen "Stadtstaat" Jerusalem vgl. bes. BucCELLATI 1967, 162ff.; ScHÄFER-LICHTENHERGER 1983, 381ff., wonach Jerusalem unter (den) David(iden) nicht Stadtstaat, sondern Residenzstadt war. 149 2Kön 23,8; 2Chr 34,8; für einen außerbiblischen Beleg vgl. das Siegel des sr h- 'r (!)bei AVIGAD 1986,30-33. 150 Jer 37,12-16 (ein b 'I pqdtim Benjamintor Jerusalems) 151 Es dürfte sich um Mitglieder derselben Truppe handeln, die auch am Königspalast Wache halten (1Kön 14,27f./12Chr 12,10). Vgl. auch die Palastwache z. Zt. Ataljas (2Kön 11,4); vgl. auch 2Sam 15,1; lKön 1,5 und insgesamt RüTERSWÖRDEN 1985,30-32. 152 Vgl. z. B. 2Kön 24,12; Jes 1,23; Jer29,2; 34,10. 19. 21; 37,11-16; Zeph 3,3; Klgl1,6; 2,9; 5,12; Ez 17,12; 2Chr 22,8; 29, 20, evtl. auch 2Kön 11,14; vgl. auch u. mit A. 196.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
oder auch ständig anwesenden srym des Landes 153 . Hinweise, daß Jerusalem eine städtische Selbstverwaltung von srym als lokale Elite an der Spitze unabhängig vom Königshof besessen hätte, sehe ich nicht154 . Das entspricht auch dem bereits beobachteten bleibenden Dualismus zwischen Juda und Jerusalem155 , zwischen Königshof/Königsstadt einerseits und dem 'm h- 'r:J mit seiner Elite (srym) an der Spitze. Jerusalem war anscheinend als davidische Residenz nie voll in das judäische Stammesterritorium integriert, sondern blieb eine besondere territoriale Einheit mit einer gewissen Distanz zu Juda, was schließlich auch die Notwendigkeit des Synoikismos nach 587/86 v. Chr. bestätigend zeigt (Neh 11). Es ist offensichtlich, daß von den königlichen Funktionären mit Aufgaben speziell für die Stadt Jerusalem keine verwaltungsorganisatorische Wirksamkeit ins Land hinaus und bis zu den judäischen Ortschaften hinab ausging. Ad 2: Von dieser Gruppe wird weniger und weniger Differenziertes berichtet als nach gewöhnlicher Auffassung und Erwartung zu vermuten ist156 . Der §r h-:Jb' gehört zur unmittelbaren Umgebung des Königs in Jerusalem 157 • Sein Titel ist auch außerbiblisch-epigraphisch belegt158 . Ab Salomo sind- wohl als unmittelbar beigeordnete Spitzenmilitärs des obersten Heerführers - sry h-:Jb' am Hof bezeugt159. Sind diese Militärführer als Spitzen der Heeresleitung in Jerusalem stationiert, so ist das Verhältnis eines spätmonarchisch erwähnten srys < 'l;d> 'Sr hw 'pqyd 'l 'nsy hmll;mh160 zu den anderen Spitzenmilitärs sowie seiner Leute zum Heer nicht völlig klar. Es könnte sich im Unterschied zu dem fallweise einzuberufenden Heer des sr h-[/b ', ZU dessen Unterstützung es in Jerusalem einen oder mehrere Mitarbeiter161 gab, um eine ständige Jerusalemer Verfügungs- und Elitetruppe begrenzten Ausmaßes 162 handeln, möglicherweise von der Palast- und Leibwache 163 unterschieden; vielleicht war der srys
der zivile Inspekteur und Aufseher aller in Jerusalem anwesenden Truppen 164 . Daß im wesentlichen nur Spitzenmilitärs am Hofe selbst ständig anwesend waren und deshalb auch - soweit anwesend - exiliert wurden 165 , ist kaum zu bezweifeln; die Masse der normalen Heeresoffiziere wird weitgehend mit den Soldaten zusammen jeweils aus den Ortschaften und Verwandtschaftsgruppen 166 einberufen und deshalb auch nach 587/86 v. Chr. im Lande verblieben sein 167 . Als ständig oder fallweise auf der Ebene zwischen J erusalemer Hof und Bevölkerungsebene im Sinne einer königlichen Militärverwaltungsorganisation agierend, finden sich dann nur der Schreiber des obersten Heeresführers für die Einberufungen 168 , der vermutlich jeweils etliche Helfer und Mitarbeiter zugeteilt bekam sowie die königlichen Festungs-/Garnisonskommandanten, die biblisch freilich nur sehr selten ausdrücklich erwähnt werden 169 , dafür aber namentlich in außerbiblisch-epigraphischen Zeugnissen 170 •
153 Jer 29,2; 26,10. 16; 34,19; Ez 17,12; 2Chr 12,5; 29,20; in Jer 52,10 dürften von den srym Judas diejenigen gemeint sein, die bei der Belagerung in Jerusalem gerade anwesend waren. S. auch im Folgenden unten. 154 Jedoch hatten die Bewohner ihre Ältesten: 2Kön 23,1f.; Klgl1,19; 2,10; 4,16; 5,12. 155 S.o. passim. 156 Umfassend zum Militär und seinen Rängen etc. nach DE VAUX 1966, 13 ff. jetzt RüTERSWÖRDEN 1985, 23ff. 157 Vgl. RüTERSWÖRDEN 1985, 35f. 1ss Lachisch-Ostracon Nr. 4, Z. 14: KAI 193, vgl. PARDEE 1982, 81-89; JAROS 1982, 91-93 (Nr. 74); CONRAD 1985, 221f.; SMELIK 1987, 112-115. 159 1Kön 1,25; vgl. auch 1Chr 27,3.5 (in V. 3: sry h-:Jb'wt), vgl. weiter RüTERSWÖRDEN 1985, 36f. 160 2Kön 25,19//Jer 52,25. 161 Vgl. 2Kön 25,19//Jer 52,24f.; nach 2Chr 26,11 gibt es einen Schreiber für Musterungen sowie einen swtr (dazu RüTERSWÖRDEN 1985, 109-111) unter Oberaufsicht eines sr h-mlk z. Zt. Ussias. In Dtn 20,1-9 wird die Heeresstruktur mit sry :Jb 'wt und strym verallgemeinert, wobei die sry :)b 'wt wohl eher Heeresoffiziere als die "Generäle" vom Hof sind. 162 Vgl. 1Kön 10,26 (Salomozeit); 2Chr 17,13ff. (neben Truppen in Festungen auch in Jerusalem unter sry 'lpym, wobei die hohen Zahlen natürlich nicht als realistisch für die Jerusalemer Garnison gelten können. In 2Kön 24,14 könnte diese Residenz-Elitetruppe (kl hsrym w-'t kl gbwry h-l;yl) von 10000 Mann gemeint sein, sicher einschließlich einer Verstärkung anläßlich der Belagerung durch die Babyionier. 163 Vgl. z. B. 1Kön 14,27f.//2Chr 12,10; 2Kön 11,4ff. 15 ( sry h-m 'ywt l-kry w-1-r:)ym), vgl. zu den Palastwachen o. A. 151, sowie die Gruppen von l;msym 'ys r:)ym, die einem Thronprätendenten zustehen (2Sam 15,1; 1Kön 1,5).
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164 Etwas anders DE VAux 1966, 28. DE VAUX hat ansonsten sehr gut den Unterschied verschiedener (auch die Bezeichnung) wechselnder Elite-(Söldner-)Truppen neben dem Volksheer herausgearbeitet (1966, 20-24). 165 2Kön 24,12.14 166 2Chr 17,14; 25,5; 26,12; zugbwr/'ys /Jylvg!. SCHÄFER- LICHTENBERGER 1983,313-321. 167 Vgl. 2Kön 25,23ff.; Jer40,7ff.; 41-43 (sry h-l;ylym, zum Terminus vgl. RüTERSWÖRDEN 1985, 34f.). 168 2Kön 25,19//Jer 52,24f.; 2Chr 26,11. 169 2Chr 33,14 (sry l;yl), vgl. RürERSWÖRDEN 1985,35. 11o Das Ostracon von Me()ad lfasavyähü, Z.1.12, erwähnt h-sr, wohl den Kommandanten der Festung, ohne Personennamen (PARDEE 1982, 20f.; JAROS 1982, 77; SMELIK 1987, 90 und schon KAI Nr. 200 <S. 199-201>; unentschieden CRÜSEMANN 1983, 76f.).- Das Ostracon Arad Nr.40 (Ende des 8.Jh. v. Chr.) nennt Malkiyahu wohl den Kommandanten, ohne aber einen Titel zu erwähnen (vgl. AHARONI 1981, 70-74; PARDEE 1978, 323ff.; DERS. 1982, 63-65; SMELIK 1987, 96f. Arad Nr. 1-18 sind Briefe an (außer Nr. 17) Elyasib b.Es(i)yahu, wahrscheinlich auch ein Kommandant von Arad, obwohl auch wieder kein Titel genannt ist (Zeit Josias), vgl. AHARONI 1981, 12-38; PARDEE 1978, 291-318; DERS. 1982, 30-57; JAROS 1982, 82-88 (Auswahl); SMELIK 1987,98-105 (Auswahl). Der vermutliche Kommandant Elyasib besaß drei Siegel, vgl. AHARONI 1981, 119f.; HERR 1978, 84 (Nr. 5-7), vgl. Ostraca Nr. 4, Z. 2; Nr. 7, z. 8f.; Nr.13, Z. 3. Auch einer seiner Untergeben~n namensNahumhatte ein Siegel: Ostracon Nr. 17, Z. 6f. Interessant ist auch die Erwähnung eines Vorgesetzten oder gleichgestellten Nachbarkommandanten des Elyasib namens lfananyahu, der vielleicht in Beerscheba saß, vgl. Ostraca Nr. 3, Z. 3f.; Nr. 16 (aber auch ohne Titel), vgl. hierzu AHARONI 1981, 17f.; PARDEE 1982, 34f. 48-50. Schließlich wird in Arad Nr. 24 ein EliSa b. Yirmeyahu, vermutlich Kommandant in Ramat-Negeb erwähnt, auch wieder ohne Titel (vgl. AHARONI 1981, 46-49; PARDEE 1982, 58-61). Nur in Arad Nr. 26, Z. 2 findet sich evtl. ein Titel, der zum Festungskommandanten gehören könnte: 'dny sr, aber es ist umstritten, ob es sich um einen Titel oder bei §rum einen Teil eines Personennamens handelt, vgl. dazu AHARONI 1981, 52; PARDEE 1982,62. Erwähnenswert ist schließlich noch ein vermutlicher Briefvon König Joahas b. Josia an Elyasib b. Es(i)yahu (Arad Nr. 88, vgl. AHARONI 1981, 103f.) mit der Mitteilung, er sei König geworden, was die Bedeutung Arads als Festung und Elyasibs als des Kommandanten bekräftigen würde. -In den Ostraca aus der königlichen Festungsstadt Lachisch (um 589/8 v. Chr.) wird ein gewisser Y'ws erwähnt, wiederum ohne Titel, aber wahrscheinlich der Ortskommandant. Der ebenfalls mehrfach erwähnte Hosiyahu, der an jenen schreibt, dürfte ein Befehlshaber eines Außenpostens Lachischs sein. In Ostracon Nr. 3, Z. 14f. findet ein Konyahu b.Elnatan mit dem Titel sr h-()b'Erwähnung, also entweder der Oberbefehlshaber des Gesamtheeres (er zieht zu Verhandlungen nach Ägypten!) oder ein anderer hoher "Heeres-General"; vgl. hierzu (und zu den Lachisch-Ostraca insgesamt) PARDEE 1982,
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Ad 3: Von den aus der David- und Salomozeit bekannten Hoffunktionären findet man später die "Schreiber" relativ regelmäßig bezeugt 171 , ebenso begegnet wiederholt der '/ h-byt 172 , dessen Titel auch außerbiblisch belegt ist 173 . In die Nähe der Funktion des 'l hbyt gehört die nur Jes 22,15 erwähnte Funktion des skn 174 , die nach Rüterswörden 175 dem hohen Hofamt eines Wesirs entspricht und außenpolitische Aktivitäten einschließlich grenzüberschreitender Strafverfolgung umfassen kann. Auch das Amt des mzkyr 176 hat nach Salomo im Südreich weiter existiert 177 • Einen Hoffunktionär 'l h-ms findet man nach dem Tode des salomonischen Amtsträgers z. Zt. Rehabeams (1Kön 12,18) nicht mehr erwähnt. So ist unsicher, ob bei der einzigen überlieferten Aktion, wo möglicherweise mit Hilfe von ms-Dienstleistungen unter Asa die Grenzorte Geba und Mizpa gegen das Nordreich befestigt wurden (1Kön 15,22f.), ein koordinierender königlicher ms- Funktionär beteiligt war. Unmöglich ist dies nicht178 , jedoch stellt der Text mit einer angeblichen Beteiligung "ganz Judas", "keiner blieb frei", die Sache überdimensioniert dar; die begrenzte Aufgabe könnten wohl auch die Bewohner der betroffenen Orte, vielleicht unter Anleitung, ausgeführt haben. Neben diesen schon traditionellen Hoffunktionen, bei denen sich Funktionärs-"Dynastien" bildeten 179 , finden sich weitere, von denen früher nichts bekannt ist mit teils sehr speziellen, teils sehr allgemeinen Aufgaben und Bezeichnungen: 67-114 (zu Ostracon Nr.3 bes. 81-89) sowie JAROS 1982, 91-93; CONRAD 1985,620-624, bes. 621f.; SMELIK 1987, 108-121, bes. 112-115 und schon KAI Nr. 193. 171 Vgl. z. B. 2Kön 12,11f. (Zeit des Joas); 2Kön 18,18.37; 19,2; Jes 36,3.22 (Zeit Hiskias); 2Kön 22,3ff. (Zeit Josias); Jer 36,10.20f. (zwei verschiedene Schreiber z. Zt. Jojakims); Jer 37,15 (Zeit Zedekias). Vgl. insgesamt DE VAux 1964, 212f.; RüTERSWÖRDEN 1985, 85ff.; zu "Schreiber"-Siegeln vgl. AviGAD 1986, 28f. (s. u. A. 180). 172 Vgl. z. B. 2Kön 18,18. 37; 19,2; Jes 36,3. 22; 37,2 (Zeit Hiskias); Jes 22,15ff. (Zeit Hiskias, vgl. dazu WILDHERGER 1978, 835-839; RüTERSWÖRDEN 1985, 79f.); in 2Kön 15,5 wird mit diesem Titel sogar Jotam b. Ussia bezeichnet. Vgl. insgesamt RüTERSWÖRDEN 1985, 77ff. 173 Vgl. RÜTERSWÖRDEN 1985, 77; SMELIK 1987, 127; AviGAD 1986,21-23 (zwei verschiedene Siegel eines Mannes dieses Titels mit Namen Adoniyahu, von dem drei Bullen gefunden wurden sowie eine Bulle eines gewissen Natan 'Sr<'> I byt). 174 Von SKN "pflegen, sorgen, sich (etw.) annehmen". 175 1985,79-85; vgl. auch DE VAUX 1964, 212; WILDHERGER 1978, 833ff.; anders GRAY 1980, 249 ("Distriktpräfekt"). 176 RüTERSWÖRDEN 1985, 89-91 und schon DE VAUX 1964,214. 177 Vgl. 2Kön 18,18.37; Jes 36,3.22 (Zeit Hiskias); 2Chr 34,8 (Zeit Josias); für ein mzkyrSiegel vgl. jetzt auch ABU TALEB 1985,21ff. 178 Tatsächlich existiert vom Ende des 7. Jh. v. Chr. das Siegel eines in der Bibel nicht genannten Mannes pl'yhw 'sr 'l h-ms, vgl. AviGAD 1980, 170-173; JAROS 1982, 79f., Nr. 59; Smelik,1987,127f. So mag gelegentliche ms-Anforderung weiter existiert haben, sicherlich nach den Salomo-Rehabeam-Ereignissen vernünftig reduziert auf einsichtige Maßnahmen. 179 Als besonders deutliches Beispiel vgl. den Schreiber Schafan (2Kön 22,3ff.) und dessen Sohn Achikam (2Kön 22,12); Schafanhatte einen Sohn Eleasa als Gesandten Zedekias (Jer 29,3) und Achikam einen Sohn Gedalja (2Kön 25,22; vgl. Jer 40f.). Achikam wiederum hatte einen Bruder, der ebenfalls am Hof agierte (Gemarja, Jer 36, 10.12), der wiederum einen Sohn Michajehu (Jer 36,11). Gemarja b.Schafan besaß ein Büro im Tempelvorhof (Jer 36,10), wodurch die Verbindung von Hof- und Tempelfunktion(är)en belegt ist. In der Schafanfamilie begegnen interessanterweise mit Jaasanja (Ez 8,11) und Achikam als "Ältesten" neben den srym der Familie nebeneinander Funktionsträger der lokalen Selbstverwaltung und königliche (und Tempel-) Funktionäre! Als Negativbeispiel einer Funktionärssippe kann Eljakim b. Hilkijahu (Jes 22,20ff.) gelten. Zu Funktionärsfamilien vgl. auch RüTERSWÖRDEN 1985, 115f.
I. Funktionäre ("Beamte")
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Ein "Ober-Quartiermeister" ist z. Zt. Zedekias180 , ein "Kleiderverwalter" z. Zt. Josias181 bezeugt, beide zweifellos in unmittelbarer Nähe des Königs. Eine Palastwache samt Führern (srym) kann wohl immer vorausgesetzt werden, auch wenn sie nur z. Zt. Rehabeams (1Kön 14,27) und Ataljas (2Kön 11,4ff.) genannt wird. Häufig werden srysym erwähnt, Hoffunktionäre zur Verfügung des Königs mit verschiedensten Aufgabenbereichen, auch für ad-hoc-Aufträge, gelegentlich auch für militärische Aufgaben182. Daß judäische Könige zeitweise besetzte außerisraelitische Gebiete durch zweifellos aus ihren engsten Hof-Vertrauten ausgewählte Beauftragte (n~bym) verwalten ließen, zeigt 1Kön 22,48183 für die Zeit Josafats. Eine wichtige, aber auch schwer in ihren Funktionen präzise zu bestimmende Gruppe sind die 'bdym. Rüterswörden hat eine ebenso knappe wie instruktive Übersicht zu den mehreren hundert Belegen erarbeitet unter Einschluß von 'bd-Belegen auf Siegeln, Ostraca und Inschriften 184 . Sieht man von hier nicht belangreichen Belegen von 'bd "zur Umschreibung des Verhältnisses zwischen König und Volk", "'bd des Königs als Arbeiter" und "als Soldat" ab, so ist mit Rüterswörden zum "'bd des Königs am Hofe", in welchem Bereich der 'bd des Königs am weitaus häufigsten vorkommt, folgendes festzuhalten: Deutlicher als die vielfältigen Aufgaben der 'bdym des Königs, die freilich nicht über Hof und Haus (byt) des Herrschers hinausgehen, ist die persönliche enge gegenseitige Anteilnahme, die Verbundenheit der 'bdym mit, aber auch die Abhängigkeit vom König 185 . Die 'bdym können auch eine beratende Aufgabe am Hof erfüllen 186 , eine Funktion, für die bei Ahitophel die Quasi-Amtsbezeichnungyw~ dwd (2Sam 15,12, vgl. 17,14) auftritt 187 . Im spätmonarchischen Juda findet sich eine solche Quasi-Amtsbe-
18° Wörtlich: "Oberster der Ruhe", Jer 51,59. Wahrscheinlich handelt es sich um den Bruder des Baruch, des Schreibers Jeremias. Von diesem Serajahu b. Nerijahu wurde ein Siegel gefunden (2. H. 7. Jh. v. Chr., AviGAD 1978a, 56; JAROs 1982, 79, Nr. 57), ebenso wie von Baruch selbst (AVIGAD 1978a; DERS. 1986, 28f.). 181 2Kön 22,14. 182 Vgl. z. B. 2Kön 23,11 (Josiazeit); 2Kön 24,12; Jer 29,2 (Jojachin); 2Kön 25,19//Jer 52,25; Jer 34,19; 38,7ff. (Zedekia); Jer41,16 (Zeit Gedalj'l:~); 1Chr 28,1 (Davidzeit) und 1Sam 8,15 sind vermutlich Rückprojektionen dieses Amtes, vgl. dazu die Kommentare, zu 1Sam 8, 15 VEIJOLA 1977, 95. 112. 120; CRüSEMANN 1978, 66ff.; RüTERSWÖRDEN 1985, 100; zu den srysym vgl. auch DE VAUX 1964, 197. 183 Vgl. M. WEIPPERT 1971, 306f.; WüRTHWEIN 1984, 263f.; GRAY 1980, 457; anders SANDA 1911,503. 184 1985, 4-19; DERS. 1986, 997-999; für zwei Siegelbullen vgl. AviGAD 1986, 23-25; vgl. auch SMELIK 1987, 130ff. 185 RüTERSWÖRDEN 1985, bes. 12-19. 93-95 186 RüTERSWÖRDEN 1985, 19. 187 In 1Chr 27,33 hört sich die Bezeichnung Ahitophels yw '~ l-mlk vielleicht ein wenig mehr wie ein Titel an, besonders in Parallele zum folgend genannten Huschai, dem r' h-mlk; aber ein weiterer "Berater" Davids, sein Onkel Jonatan, wird etwas weitschweifig in V. 32 mit Eigenschaften genannt, die ihn neben der verwandtschaftlichen Zuverlässigkeit zum Berater prädestiniert erscheinen lassen. Es kommt wohl auf bestimmte Eigenschaften an, um den König zu beraten, so daß "Berater" wohl doch eher eine Quasi-Sammelbezeichnung für "Weise und Lebenserfahrene" ist als immer eine "Ressort"-Bezeichnung; an einen Titel denken aber doch DE VAux 1964, 196f.; METTINGER 1971,65, demzufolge der yw'~ das Amt des r'(h) aufgesogen habe.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
zeichnung yw~ noch in Jes 1,26; 3,3, aber dort wie auch bei einigen noch späteren Belegen gibt es Zweifel, ob es sich um eine reguläre Amtsbezeichnung handelt oder lediglich Leute bezeichnet, die durch Alter, Ansehen und Einfluß Rat zu geben vermög~n~88. Ebenso dürften z. Zt. Rehabeams 189 die beiden Gruppen der zknym und yldym, d1e Ihn beraten (W'S), wohl kein spezifisches festumgrenztes Beratergremium darstel-
~en, sondern die Erfahrenen und die ihm vertrauten Altersgenossen (V. 8) am Hof msgesamt meinen. Damit ist das tradierte Material an Hoffunktionären in Jerusalem
nahez~ erschöpft, jedenfalls soweit, als sie durch eine mehr oder weniger konkrete Funktionsbezeichnung ausgewiesen sind, eine abgrenzbare Gruppe bilden oder eine einigermaßen klar umrissene Aufgabe wahrnehmen. Allerdings war letzteres schon bei den letzten beiden Gruppen nicht eindeutig: Eine beratende Funktion war nicht mit einer festen Amtsbezeichnung vertreten. Eine solche Funktion dürften fast alle Hoffunktionäre auch ausgeübt haben. Und 'bd ist auch eher ein Relationsbegriff190, bezogen auf den König, weniger ein präziser Amtsbegriff. Letzteres gilt ebenfalls für die zahlreich bezeugten srym 191 • .. Mit ~en .srym geht die Betrachtung zu einer Gruppe in der Umgebung des Königs uber, d1e emen besonderen Akzent besitzt. Rüterswörden hat im Ergebnis umfassender Untersuchung herausgearbeitet, daß ungeachtet gelegentlicher Überschneidungen zwischen 'bdym und srym die ersteren speziell als "Palastpersonal" in engerer Umgebung des Königs aufzufassen seien, während die letzteren einen "weiteren Kreis" bilden und beide als "Hofstaat" zusammengefaßt werden können. Während 'bd ein "Relationsbegriff" ist, ist sr eher ein "Statusbegriff". "Der 'bd gehört in den Herrschaftsbereich des Königs", ist "abhängig vom König"; "der sr ist eine Größe, die neben König, Priester und ~roph~.t als ein.e tragende Institution des Volkes erscheint", "eine Gruppe von Funktwnstragern, d1e an der Herrschaftsausübung" teilhatl 92 • Damit, als Relations- bzw. Statusbegriffe, sind 'bdym und srym sachlich zwei verschieden akzentuierte Sammelkeine "Fachressort"-Begriffe für die meisten der oben einzeln aufgeführten Hoffunktio~ näre193. 188 r;ri~ Belegen ~nd Lit. vgl. RürERSWÖRDEN 1985, 106f. R. weist allerdings auf das Chromstische Geschichtswerk, wo yw :S als Amtsbezeichnung zu verstehen sei sowie auf den "Thronnamen" pl' yw:S (Jes 9,5). 189 1Kön 12,6. 8f. 13f.; vgl. dazu die Kommentare. 190 RüTERSWÖRDEN 1985, 94; DERS. 1986. 191 Umfassend nach SCHÄFER-LICHTENHERGER 1983, 243ff. zuletzt RürERSWÖRDEN 1985 20-95; zur Etymologie ebd., 60-63. ' 192 ~Ü.TERSWÖRDEN .1985, 93f. "Ein~ Mittelstellung zwischen diesen srym und den 'bdym des Kom~s neh~en Jene Beamten em, deren Titel zwar mit sr gebildet ist, die jedoch a~dererselts .-.dies g!lt gerade für die Militärführer - auch als 'bdym bezeichnet werden konne.n. Offiziere we~den gelegentlich summarisch als srym bezeichnet und mit h-sr angeredet; d~es ~er~ht auf.emer Verselbständigung des Elements sr, das eigentlich nur ein Bildeelement 1st, m Ihren Titeln; von den srym, den höchsten Beamten, deren Titel oft nicht mit sr gebildet werden, sind sie zu unterscheiden." (RüTERSWÖRDEN aaO , 94f.). m Außerhalb bei~er stehen nach RüTERSWÖRDEN 1985, 93 (vgl. z. B. 2Kön 24,12; Jer 29,2; 3~,19; 1Chr 28,1). d1e srysym und die yw:rym, wobei der letztere Begriff (s.o.) eher eine E1gensc~aft und e~n Verpflichtung aller wichtigen Hoffunktionäre und Hofmitglieder bedeutet..als em ~e~tumnssene~ Amt.- Eine weitere allgemein-umfassende Bezeichnung für "Große des Kom~s(hofes): nsym m-r'y pny h-mlk (2Kön 25,19//Jer 52, 25), vgl. auch DE VAux 1964, 196. - Em Status- und Würdebegriff, nicht aber eine Amtsbezeichnung ist es auch, wenn
I. Funktionäre ("Beamte")
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Im Unterschied zu den eng auf den König bzw. Hofbezogenen 'bdym ist bei den srym nun aber zu beachten, daß schon ihre Bezeichnung als solche semantisch keineswegs notwendig auf einen König bzw. ein Königsamt bezogen ist. Das wird offensichtlich bei einer Reihe von Belegen, wo sr mit ethnischen bzw. geographischen Termini verbunden ist 194 ; bezeichnend sind auch z.B.Jes 3,1-4. 14; Jer 8,1; 24,1; 25,18; 26, 10. 16; 29,2; 34,19; 52,10; 2Kön 24,14f. 195 ; Ps 68,28; 2Chr 12,5; 24, 17. 23, wo srym Judas als Landeselite in gewissem Bezug zu Königtum und J erusalem stehen,aber nicht als "beamtete" srym des Hofes zu kennzeichnen sind, im Gegensatz zu Stellen, die Rüterswörden als Belege für srym als königliche Spitzenfunktionäre zusammengestellt hat196 . Dann muß man bei der Bezeichnung sr mit einem breiten Spektrum rechnen, deren Vertreter einerseits unter dieser Sammelbezeichnung am Hof verschiedenartig engagiert sind, andererseits aber als "tragende Institution des Volkes" (Rüterswörden) auf der Volks-, Orts- und Regionalebene als Elite wurzeln. Reicht also die Verwendbarkeit von sr über den Hof weit hinaus, liegt nichts näher als dies, daß sich die Gesamtgruppe der srym in Jerusalem und am Hof mindestens zum Teil aus der srym-Elite der Ortschaften und Regionen Judas rekrutierte. Graphisch kann man sich das vorstellen wie u. S. 48. Das aber bedeutet, daß man bei der am Hofe anwesenden Gesamtgruppe der srym nur bei ständigen Amtsinhabern mit sr-Bezeichnung und sr-Status 197 sowie Inhabern erblicher/vererbter Ämter (Hoffunktionärsfamilien), nicht aber in jedem Fall eines am Hof anwesenden sr von "Beamten", "Funktionären des Königs" sprechen sollte 198 . Die Annahme scheint mir kaum abweisbar, daß zum weiteren Kreis des Hofes, evtl. unter der Bezeichnung §rym subsummierbar, durch zeit- bzw. fallweisen Aufenthalt und durch jemand als "groß", als "Großer" bezeichnet wird, wobei diese Bezeichnung wie bei den s?m in Bezug auf den König und seinen Hof (2Kön 5,1; 10,11; 25,9; Jer 52,13; Jona 3,7) oder eme Residenz (2Kön 10,6) gleichbedeutend mit der Bezeichnung rb (rbym h-mlk, Jer 41,1, vgl. aber z. St. BHS App.; zum Verhältnis von sr und rb vgl. RüTERSWÖRDEN 1985, 56f. 63), aber auch allgemein für die Elite des Volkes (Ex 11,3; Lev 19,15 ; 2Sam 7,9; Mi 7,3 <parallel mit srym und sptym> bzw. für die Besitzelite (1Sam 25,2; 2Sam 19,33; 2Kön 4,8) Verwendung findet. 194 Zusammenstellung der Belege: RüTERSWÖRDEN 1985,43. 195 In V. 15 stehen die 'yly (so Q statt K 'wly) h- 'r~ ("Ge'Y~lthaber" des Landes, H~L 39a), vgl. Ex 15,15; Ez.17, 13; 31,11; Jer 25,34), womit sicherlich die sonst als srym Bezeichneten gemeint sind, im Unterschied zu den srym als Spitzenfunktionäre am Hof (V. 12) und den srym als Militärs (V. 14). Diese 'yly h- 'r~ dürften in Mi 7,3 unter der Bezeichnung sr (und spt und gdwl) gemeint sein. 196 1985, 44. 65(ff). Bei RüTERSWÖRDENS Belegsammlung kann man aber bei manchen Belegen streiten, ob es sich wirklich um königliche Spitzenfunktionäre oder nicht doch um Mitglieder der regionalen bzw. lokalen Eliten handelt: z.B. bei Num 21,18; Jes 23,8; Jer 4,9; 26,(10) 11. 12. 16. 21; 44,17; Mi 7,3; Ps 119,23. 161; 148,11; Hi 3,15; 29,9; 34,19; Spr 8,16; Koh 10,7; 2Chr 24,10. In 2Sam 19,7; 2Kön 24,14 handelt es sich eher um Militärführer als um Hofleute. Auch bei den "Großen" (s.o. A. 193) gibt es Belege, wo es durchaus unsicher ist, ob es sich um "Große" des Königs oder solche der Volkselite handelt. 197 Mlt letzterem sind Spitzenfunktionäre der seit den Listen 2Sam 8; 20 und 1Kön 4,2-6 überlieferten Ämter (RüTERSWÖRDEN 1985, 71-91) gemeint, deren Amtsbezeichnung nicht das Element sr enthält. 198 So z. B. noch RürERSWÖRDEN 1985, 69-71 u. ö., wie überhaupt der Titel seines ansonsten sehr präzisen und nützlichen Buches durch den Begriff "Beamte" m. E. zu eng formuliert ist und die "nichtbeamteten" Funktionäre des Königs auszuschließen scheint. Das mindert jedoch keineswegs den Wert der Studie.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktiondre ("Beamte")
hätten wir dann im Unterschied zu den sozusagen ständigen "beamteten" Spitzenfunktionären sowie dem übrigen Hofstaat mit oder ohne sr-Dienstbezeichnung keine dem Königsdienst von vornherein bzw. ständig verpflichteten, sondern dem Hof beigeordnete oder besser: sich mehr oder weniger freiwillig in Interessenübereinstimmung beiordnende "Spitzen" oder "Stützen der Gesellschaft", Mitglieder der lokalen/regionalen Elite des Landes und "frei(willig)e Teilhaber der Macht" zu sehen. Sie tragen durch diese mehr oder weniger starke Einbindung in den Hof, die "Landeszentrale", dann auch Verantwortung, können Befehle geben, aber auch vom König erhalten, sind "aufgestiegen", können dann aber auch fallen 201 • Ihre verschieden verursachte Parteinahme führte zu gesellschaftlicher Differenzierung, die die allgemeine und vielfältig verwendete Bezeichnung §rauf den ersten Blick etwas verwischt, die aber die Propheten spätestens seit dem 8. Jh. v. Chr. durch die Breite ihrer keineswegs nur auf König und Hof-srym beschränkten, sondern auch gegen die sich vertiefende sozioökonomische Stratifikation in den einzelnen Ortschaften und zwischen ihren Bewohnern gerichteten sozialen Kritik bloßlegten202 •
Hof-srym
Militär-srym
KÖNIG--
49
s
srysym etc.
199
wie auch immer entstandene dauerhafte Beziehungen zu Hof und Königsfamilie Glieder der Elite des Landes (srym) gehörten, die sich aber deshalb keineswegs (alle) dauerhaft aus ihren lokalen und regionalen Verwurzelungen lösten200 • Bei diesen srym 199 Beziehungen zum und Funktionen am Hof, die Würde und Status und damit Macht mit sich bringen, ob nun zeitweise oder dauerhaft, können für und durch Künstler (vgl. 1Sam 16,14-23), Ratgeber (2Sam 15,12), Ehren-"Pensionäre" (2Sam 9; 19,34-41), Elitesoldaten ("Helden") (vgl. 2Sam 15,18-22; 23,8-39 und auch schon 1Sam 14,52), überhaupt beg~bte junge Männer, die in ihrer (Groß-)Familie aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen mcht genügend Existenzmöglichkeiten oder Entwicklungschancen haben (vgl. im Einzelnen STAGER 1985, bes. 24ff.) entstehen. Besonders wichtig ist aber das Netz von Beziehungen des Königshofes zu Familien der Orts- und Landeselite, das im Rahmen und Verlauf einer kontinuierlich regierenden Herrscherdynastie über mehrere Jahrhunderte hinweg durch die nicht aus der Königsfamilie oder ausländischen Dynastien stammenden Haupt- und Nebenfrauen der Könige entsteht. So entstanden durch Königinnen Beziehungen des Jerusalemer Hofes zu folgenden Orten: zu Gibea durch Asas Mutter (1Kön 15,11), zu Beerscheba durch Joas' Mutter (2Kön 12,1), zu Jotba durch Amons Mutter (2Kön 21, 19), zu Bozkat durch Josias Mutter (2Kön 22,1), zu Libna durch Joahas' und Zedekias Mutter (2Kön 23,31), zu Ruma durch Jojakims Mutter (2Kön 23,36). Aus der Jerusalemer Elite stammen die Mütter Amazjas (2Kön 14,2), Asarjas (2Kön 15,2) und Jojachins (2Kön 24,8) bzw. ihre Familien wurden dadurch Glieder der Jerusalemer Elite. Insgesamt heirateten zehn Südreichskönige Frauen aus sieben Orten und neun verschiedenen lokalen Familien. Vielleicht sind die Zahlen aber noch höher, denn von Josafat (1Kön 22,42), Jotam (2Kön 15,33), Hiskia (2Kön 18,2) und Manasse (2Kön 21,1) sind die Namen der Mütter ohne Herkunftsort überliefert. So ist lediglich bei Rehabeam (1Kön 15,2) eine innerdynastisch-davidische Heirat und bei Joram eine Heiratsverbindung mit den Omriden zu konstatieren. Nichts bekannt ist natürlich über die Herkunft von königlichen Nebenfrauen, ebenso wie darüber, in welche Ortseliten Königskinder verheiratet wurden. Daß sich von daher aber auch wieder zahlreiche Verknüpfungen mit Jerusalem und dem Hof ergaben, steht außer Zweifel. zoo DONNER trennt schroff kanaanäische und israelitische "Beamtenschaft", wobei nur die Kanaanäer in ihren Familienverbänden verblieben seien und weiter von ihrem Besitz lebten, während die israelitischen "Beamten" zunächst nur (aber nicht als Besoldung, sondern nur zur ökonomischen Absicherung) Ländereien des Königs erhielten, weil sie aus ihren Familienver-
bänden unter Verlust ihrer n}Jlh ausgeschieden seien; im Laufe der Zeit hätten die "Kanaanäer-Beamten" u. a. durch "Bauernlegen" ihren Besitz erweitert, worin ihnen die israelitischen "Beamten" allmählich folgten (1963 = 1979, 496ff.; vgl. auch DIETRICH 1976, 15). Aber ob diese Unterscheidung von "israelitischen" und "kanaanäischen" "Beamten" angesichts der neueren Auffassungen von der Entstehung Israels (vgl. o. m. A. 60. 99) weitgehend innerhalb Kanaans in dieser Schärfe noch aufrechtzuerhalten ist, scheint mir sehr zweifelhaft (vgl. inzwischen auch NIEHR 1990, 183). Im großen und ganzen scheint mir die gesellschaftliche Differenzierung, wie sie in der Entstehung einer Status- und Besitzelite ab lesbar ist, unabhängig von einer solchen künstlichen Aufspaltung verlaufen zu sein, wie ja nach DONNER auch beide "ethnischen Beamtengruppen" exakt denselben gesellschaftlich negativen Weg nehmen. Daß die religiös-ethischen Grundsätze des Jahweglaubens der frühisraelitischen Gesellschaft, wie sie in der Sozialkritik der Propheten zum Ausdruck kommen (vgl. zum Hintergrund u. a. KocH 1971, 242ff. 249ff. = 1979, 574ff. 583ff.), die beiden angeblichen Zweige der "Beamtenschaft" auch nicht getrennt angreifen, spricht gegen die Trennung einer "israelitischen" von einer "kanaanäischen Beamtenschaft". Im Sinne dieser Überlegungen weist RüTERSWÖRDEN 1985, 120, darauf hin, daß die srym nicht wie die 'bdym in die königliche Versorgung einbezogen sind, was die Selbständigkeit deN'rym unterstreicht, besonders der Landes-srym! Zur Praxis der Vergabe von Kronland an Funktionäre vgl. noch RüTERSWÖRDEN 1985, 125 ff. 201 Vgl. RüTERSWÖRDEN 1985,68-71. 202 Vgl. Am 2,6-8; 3,9-11; 4,1-3; 5,10-15; 8,4-6; Mi 2,1ff.; 3,1-4. 9-12; 6,9-12; 7,1-6; Jes 1,10-17. 23; 3,1-4,1; 5,8-24; 10,1-4; 29,20f.; für §rym in vorköniglicher Zeit vgl. schon Ri 5,15. Ri 10,18 und Ps 68,28 sind wohl terminologische Rückprojektionen aus königlicher Zeit. Die prophetische Kritik und Polemik läßt sich kaum mit Recht nur auf König(shof) und Hoffunktionäre einschränken. Es geht vielmehr um das wachsende Auseinanderfallen von - vergröbert - zwei gesellschaftlichen Hauptschichten, der (immer mehr) Besitzenden, d.h. (vor allem) der höfischen und (weniger) der lokalen Besitzelite (Oberschicht) einerseits und der verarmenden Masse der Bevölkerung (Unterschicht) andererseits (vgl. KocH 1971, 242ff. = 1979, 574ff.; auch RüTERSWÖRDEN 1985, 116f. 135, weist auf das Nebeneinander von sr und zkn in der prophetischen Sozialkritik; vgl. auch o. A. 179). Insofern ist die schroffe Trennung von Königskritik und prophetischer Sozialkritik u. a. bei RüTERSWÖRDEN 1985, 137f. wohl dahingehend einzuschränken, daß doch ein gewisser, wenigstens partieller Zusammenhang besteht. Bei Hosea richtet sich die Kritik an Israel insgesamt, nicht nur, aber natürlich auch, an die Oberschicht, wobei Hos 5,10; 7,16; 9,15 die lokalen srym der Status- und Besitzelite einschließt; vgl. auch UTZSCHNEIDER 1980, 125ff. Ebenfalls allgemein
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Diese "nichtbeamteten" §rym aus der Status- und Besitzelite des Landes, deren Einfluß auf die gesellschaftliche Entwicklung kaum überschätzt werden kann 203 , waren anscheinend das wesentlichste, lange aber auch das einzige Kommunikationselement zwischen Residenz und König einerseits und Volk und Ortschaften andererseits, denn keine der überlieferten Aufgaben der Hoffunktionäre greift erkennbar in die örtlichen Selbstverwaltungen ein. Mit Hilfe dieser durch die örtliche und regionale Elite, aber auch am besten auf diesem dezentralen Wege vermittelten Kommunikation dürfte gelegentliche indirekte Beziehung des Königtums zur örtlichen Bevölkerungsebene erfolgt sein, konkret beispielsweise bei von der Bevölkerung für das Landesinteresse (Festungsbauten, Militärdienst, Zehnter > 204) vom König hin und wieder einmal angeforderten Leistungen und geleisteten Diensten. Die lokale und regionale Statusund Besitz-Elite mußte bei gelegentlichen Sonderumlagen205 selbst zusätzlich in die finanzielle Bresche springen. Umgekehrt aber waren die §rym auch der Kanal oder Arm, durch den der 'm h- 'r!J von der Basis her Einfluß am Hofe ausübte, gelegentlich sogar sehr massiv, etwa bei Thronbesetzungs-Problemen im Hause Davids206 . Nach der festgestellten Rolle der Oberschicht ( 'm h- 'r!J) und ihrer Spitze am Hof (srym) ist es nur konsequent, daß sie in Konflikte der Residenz bzw. des Königshauses stets dynastiestabilisierend eingriff.
Als Zwischenergebnis ist vor allem festzuhalten: Der "Hofstaat" in Jerusalem ist seit Salomo strukturell im wesentlichen unverändert geblieben, wenn auch beim Personal Erweiterungen und neue Funktionsbezeichnungen im Laufe der Zeit aufgetreten sind, von denen aber nicht sicher ist, ob die eine oder andere Funktion für frühere Zeit nur nicht belegt ist. Am wichtigsten ist zweierlei: Nach dem Verschwinden des zentralen an §rym übt Zeph 1,8; 3,3 scharfe Kritik, sicherlich einschließlich der Status- und Besitzelite des Landes. Da kleidet es den "Reformator" Josia gut, daß er bald daraufund im Unterschied dazu die breite Basis der zknym des Landes einbezieht (2Kön 23,1f.). 203 Vgl. auch SERVICE 1977, 106ff.; RüTERSWÖRDEN 1985, 117 A. 13 (Lit.). Mit Recht hat RüTERSWÖRDEN 1985, 144f. angesichts der problematischen Erfahrungen Israels mit der Schicht der Status- und Besitzelite, aber auch der Hof-srym, darauf hingewiesen, daß in Ezechiels "Verfassungsentwurf" diese §rym nicht mehr vorkommen; bei 'bdym des Königs wird eine Versorgungsordnung rechtlich(-utopisch) verankert (Ez 46,16-18). 204 Zum Problem des Zehnten vgl. früher z. B. DE VAux 1964, 226f.; JAGERSMA 1981; dagegen jetzt mit Recht RüTERSWÖRDEN 1985, 129ff. Ob die "Königsmahd" (Am 7,1) ein "Recht" des Königs (im ganzen Land??) war (DE VAux 1964, 226f.), scheint mir sehr zweifelhaft aus Bodenrechts- und Praktikabilitätsgründen; eher handelt es sich um einen Ausdruck für eine "Spitzenernte" (vgl. "Kaiserwetter"), zur Sache vgl. die Kommentare. 205 S. o.A. 102; Jojakim legt die Finanzlast auf die Landes-Besitzelite um (2Kön 23,35: SANDA 1912, 359; WüRTHWEIN 1984, 467), ebenso Menahem (2Kön 15,20, vgl. SANDA 1912, 186f.; WüRTHWEIN 1984, 380, zu gbry h-fJyl s.o. A. 166). 206 Vgl. 2Kön 11 (dazu besonders LEVIN 1982); 14,19-21; 21,23; 23,30; insgesamt auch CRüSEMANN 1978. 'm h- 'r!i ist m. E. ein umfassender Begriff für die judäische freie Bevölkerung (="Oberschicht"= Elite, im Unterschied zur "Unterschicht" ) außerhalb Jerusalems, die lokal durch ihre jeweiligen Ältesten und am Hof durch die (kleinere Gruppe der) §rym des Landes Juda, also die Spitze der landjudäischen Besitz- und Status- (=Macht-)Elite repräsentiert wird (zur Diskussion um 'm h- 'r!J vgl. zuletzt LEVIN 1982, 64ff. und ScHÄFER-LICHTENHERGER 1983, 391ff.). Vgl. ethnologisch jetzt BREUER 1990, 71f.
I. Funktionäre ("Beamte")
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ms-Beauftragtenamtes unter Rehabeam207 ist einzig im Bereich gelegentlicher Militärkonskription eine Hoffunktion zu erkennen, die fallweise, nicht kontinuierlich, die Ebene der Bevölkerung berührt, aber dies, wie gesagt, nicht als ständiger, verwaltungsorganisatorisch-machtpolitischer Akt208. Außerdem: Auf ~er Basis sie~ entwickelnder gegenseitiger Interessenübereinstimmungen hat dre lokale/regronale Landeselite auf verschiedenen Wegen und durch verschiedene Gegebenheiten in einem stetigen, nicht durch Revolten konkurrierender Einzel- und Gruppen-/Stammes-Interessen unterbrochenen Prozeß Einfluß und Positionen als Teilhaber königlicher Autorität gewonnen ohne dabei freilich notwendig und auf Dauer am Hof anwesend sein zu müss;n. Die Betrachtung der Hoffunktionäre und ihrer Aufgaben hat durch die lückenhafte, mehr ?der weniger zufällige und ungleichmäßige Tradierung ein nur punktuelles, mcht ein flächiges Bild gesellschaftlich-struktureller Entwicklung ergeben. . Dieses Bild wird nun aber nicht unwesentlich ergänzt und bestätigt durch ein m den letzten Jahren ständig gewachsenes Corpus von Siegeln und Bullen mit umfangreichem Namen- und FunktionsbezeichnungsmateriaL Aber schon das in bezeichnender Weise im Laufe der Geschichte Israels und Judas anwachsende Auftreten von Siegeln/Bullen ist vielsagend. Die Zusammenstellung von Herr09 ergibt folgendes Bild: 9. Jh. v. Chr.: 2 unsichere Beispiele (eins aus dem Nordreich) frühes 8.Jh.v.Chr.: 4 Mitte 8. Jh. v. Chr.: 12 + 2 unsichere Beispiele = 48 (8. Jh. insgesamt) 21 0 spätes 8. Jh. V. Chr.: 30 frühes 7.Jh.v.Chr.: 41 Mitte 7. Jh. v. Chr.: 28 + 2 unsichere Beispiele = 108 (7. Jh. insgesamt )211 spätes 7.Jh.v.Chr.: 37 1. Hälfte 6. Jh. v. Chr.: 4 + 1 unsicheres Beispiel= 5212
207 Vgl. oben mit A. 178. Wie schon gesagt, ist anzunehmen, daß im Interesse des Landes bzw. Kön_igs gelegentlich Arbeitsleistungen von der Bevölkerung angefordert und von ihr auch geleistet wurde, aber zweifellos nicht mehr im Krisen hervorrufenden Maße der Zeit Salomos. D_aß über der Bevölkerung gerechtfertigt erscheinende gelegentliche Leistungsforderungen mchts überliefert worden ist, ist deshalb einleuchtend, denn im umgekehrten Falle u~g~rechtfertigte~ Forderungen gibt es auch entsprechenden Protest (vgl. Jer 22,13ff.). Für komghche Funktwnalbauten, bei denen vermutlich Leistungen angefordert wurden vgl. u. S. 121ff. 208 S.' o. Auf die Frage einer evtl. verwaltungsorganisatorischen Wirksamkeit von königlichen Funktionalorten ( Festungen usw.) wird u. genauer einzugehen sein. 209 1978; die hier interessierenden hebräischen Siegel finden sich S. 82-150 (Nr. 1-163). 210 Abzüglich von 13 Beispielen aus dem Nordreich. 211 Abzüglich von 5 Beispielen aus dem Nordreich. 212 Zu der Sammlung von HERR ist anzumerken, daß eine Reihe von Siegeln zwar im Jerusalemer Antikenhandel gekauft ist, aber der genaue Herkunftsort nicht feststeht.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
Neben dem Material von Herr ergab ein von Avigad213 zusammenfassend veröffentlichter Fund eines großen Bullen- "Archivs", dessen Bestandteile seit 1975 sukzessive im Antikenhandel Jerusalems auftauchten, insgesamt 255 Bullen von 211 verschiedenen Siegeln. Der Fundort, angeblich Tell Bet Mirsim in Südjuda, ist aber unsicher. Die Bullen stammen aus dem Ende des 7./Anfang des 6. Jh. v. Chr. Damit wird das Bild wesentlich erweitert und die festgestellte Tendenz starker Zunahme von siegelbesitzender Elite in Juda im Laufe des 7. Jh. v. Chr. nachdrücklich unterstützt. Einige Einzelheiten verdeutlichen das Bild: Neben 10 Bullen mit "titles of officials"214 enthält die Hauptmasse (200 Bullen von 158 verschiedenen Siegeln) Besitzer- und Vatersnamen zuzüglich 12 Bullenfragmente von 11 verschiedenen Siegeln nur mit Vatersnamen der Besitzer215 • Der Rest sind Bullen mit Fragmenten von Namen und Bullen mit Ornamentalmotiven sowie 5 unlesbare Bullen 216 • Besonders interessant für die Entwicklung der gesellschaftlichen Schichtung in Juda ist es, daß das Corpus der Bullen acht Personen nachweist, die zwei Siegel besitzen, vier Personen mit drei, eine Person mit vier Siegeln sowie eine Person, die sogar sechs Siegel besessen hat217 • Dadurch wird innerhalb der siegelbesitzenden Elite-srym eine deutliche Status- bzw. Besitzrang-Abstufung erkennbar. Wer mehrere Siegel besitzt, besitzt soviel, daß er mehr als einen Verwalter anstellen muß, der mit dem Siegel seines Herrn sich ausweist und autoritativ handeln darf (Gen 41,42). Neben einzelnen und kleineren Gruppen von Siegel-/Bullenfunden, die das Bild weiter bereichern und bestätigen 218 , ist schließlich noch ein umfangreicherer Fund von 1982 zu nennen, der sogar in kontrolliertem stratigraphischem Kontext in Jerusalem zutage kam und 51 Bullen, davon 41lesbar, aus der 2. Hälfte des 7./Anfang des 6.Jh. v. Chr. ans Licht brachte219 •
so interpretieren, daß diese Elitebildung unter assyrischer Oberherrschaft220 sozioökonomisch zumindest auch durch eine Steigerung von produziertem Mehrwert (Surplus) stimuliert wurde, der teilweise von den Assyrern als Tribut (oder auch von im Lande befindlichen assyrischen Funktionären?), teilweise aber auch rentenkapitalistisch 221 von der judäischen Elite abgeschöpft wurde. Diese epigraphisch dokumentierte gesellschaftliche Entwicklung steht in engster Beziehung zu der ihr folgenden prophetischen Kritik seit der 2. Hälfte des 8. Jh. V. Chr. 222 • Über diese außerbiblischen Belege zur Elitebildung in Juda hinaus finden sich besonders in den historischen Büchern des AT nur vergleichsweise wenige Hinweise und Aussagen über die Elite der Ortschaften an der Bevölkerungsebene Judas 223 • Das liegt wahrscheinlich nicht nur an der vorrangigen Blickrich-
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Die Tendenz ist signifikant: Nach bisher kaum wahrnehmbaren Anfängen am Ende des 9. Jh. steigt die Zahl der Menschen, die ein Siegel benötigen, weil sie Besitz akkumulierten, der zu kennzeichnen oder durch Verträge abzusichern war oder sie ihren Status oder anderes vertraglich zu sichern hatten, im 8. Jh. deutlich und kontinuierlich, im 7. Jh. geradezu rapide weiter an. Es liegt am nächsten, in den Siegelbesitzern eine Schicht in Juda zu erkennen, die durch Besitz und Einfluß sich immer deutlicher nicht nur als Elite aus der Bevölkerung, sondern auch aus der Elite als srym abzuheben begann und in sich auch noch geschichtet war, wie die Besitzer mehrerer Siegel (private und AmtsSiegel?) zeigen. Von der zeitlichen Entwicklung her kann man den Tatbestand 1986 AaO, 21-33 (Nr. 1-10): 3 Bullen von 2 verschiedenen Funktionären 'l h-byt; 2 Siegelbullen von verschiedenen 'bdy h-mlk, 3 Bullen von 3 verschiedenen bny h-mlk; das Siegel des Berechyahu b.Neriyahu h-spr sowie eine Bulle eines sr h- 'r. 21s AaO, 33-106 (Nr. 11-180) 216 Aaü, 107-112 (Nr. 181-211) 217 Aaü, 20 21s LEMAIRE 1986: 17 nordwestsemitische Siegel, davon 5 ( + vielleicht 3) hebräische Siegel bzw. Bullen vom (Ende 9. ?) Anfang des 8. Jh. v. Chr. bis 7. Jh. v. Chr.; DERS. 1985: 6 hebräische Siegel vom Ende des 8. bis Anfang des 6. Jh. v. Chr.; AviGAD 1987: 1 Frauensiegel (Datum:?). 219 In der Davidstadt, Areal G, Str. 10: SHILOH 1986; vgl. auch SHILOH/TARLER 1986. 213 214
220 Zum zeitgeschichtlichen und religiös-kulturellen Hintergrund zuletzt umfassend SPIEKKERMANN 1982; vgl. auch die Kritik von ZENGER 1986, 445-447, bes. 446, der erst den politischen Bruch mit Assur annimmt, dann die theologische Begründung bzw. den theologischen Bruch mit dem von Assur aufgedrängten Kult, letzteren aber auf der Basis allmählich entstandenen Widerstands im Jerusalemer Tempel gegen die assyrische religiöse Überfremdung; m. E. wollte Josia wahrscheinlich politisch unabhängig von Assur (und Ägypten) werden, was die Priesterschaft wegen ihrer kultischen Opposition gegen die assyrische Überfremdung unterstützte, ebenso wiederum Josia, da es in seinem Sinne war, eine starke Residenz mit Zentralkult (ideologisch legitimierende Komponente) zu schaffen, zuzüglich evtl. eines finanzpolitischen Hintergrunds (vgl. CLABURN 1973). 221 Zu Begriff und Sache des "Rentenkapitalismus" vgl. grundlegend BOBEK 1959, 279ff.; DERS. 1974; DERS. 1979; auch WIRTH 1971, 154f. 216-219. 264f. 298f. U. passim; DERS. 1973; DERS. 1975; LoRETZ 1975; DE PLANHOL 1975,56ff.; DE GEUS 1982, 54ff.; DOSTAL 1987, 360-363. Rentenkapitalistische Konsumption und Akkumulation des Surplus' statt Re-Investition zur Produktionssteigerung sind kennzeichnend für die antike Wirtschaftsweise, speziell für diejenige in Randgebieten; der Rentenkapitalismus ist überhaupt ein Sekundärprodukt der antiken Wirtschaftsweise unter dem Einfluß von entstehendem HandelskapitaL Im Zusammenhang mit dieser Wirtschaftsweise und der damit verbundenen vorkapitalistischen Einstellung zum Besitz, wo der Besitz neben der Konsumption vorrangig als umverteilter Besitz dem Prestige des Besitzers dient, steht die wirtschaftsgeschichtliche Entwicklung der Redistributions-und Prestigewirtschaft als Weiterentwicklung aus der Stufe der Reziprozität. Reziprozität ist kennzeichnend für vorstaatliche Gesellschaften. Zu Begriff und Sache der Reziprozität, der Redistribution, Prestigegütern und Prestigewirtschaft in chiefdom- und frühstaatlichen Gesellschaften vgl. neben der in A. 81. 88 genannten Literatur SERVICE 1977, 93f. 109ff. 112ff. 128. 131. 361 u. passim; H. T. WRIGHT 1977; FrucK 1985, 78f. 86. 195. 199ff.; RüTERSWÖRDEN 1985, 132ff.; EARLE 1987; BREUER 1990; zur antiken Wirtschaft vgl. KIPPENBERG ed. 1977; Fl:NLEY 1980, bes. 123ff. 137ff. 166ff. 173ff. 188f. 210. 222 S.o. mit A. 200. 202. 223 Hier ist (z. B. neben Jes 3,14 und den anderen Belegen in A. 202) nur 2Kön 23,1f. zu nennen, wo Josia die Ältesten von Juda (und Jerusalem?) bzw. die Männer von Juda zusammenruft; V.17 erwähnt die "Männer der Stadt" (Betel). Weder die Tatsache, daß Josia auf die Ortselite zurückgreift noch ihre Benennung als "Älteste" und nicht als sry yhwdh, ist zufällig. Zum einen zeigt sich damit, daß die lokale Selbstverwaltung im wesentlichen durch die Königszeit weithin dieselbe wie in E I geblieben ist (was ScHÄFER-LICHTENEERGER 1983, 195-367 beschreibt, ist die Situation in E II entsprechend den Texten, die sie behandelt, nicht die "vorstaatliche Zeit"). Zum anderen zeigt die Formulierung, daß Josia sich eben nicht an die Spitze der Besitz- und Status-Elite, die
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
tung der Texte und Autoren auf die "große Linie" der Geschichte und die überragenden Ereignisse der Tagespolitik. Vielmehr kann man das Schweigen durchaus mit Recht auch als Zeichen eines weitgehend ungestörten Eigenlebens und der Eigenverwaltung des 'm h- 'r.s in seinen Ortschaften werten224 , in das, wie die Untersuchung der Funktionärs-Aufgabenbereiche am Königshof von sich aus ergab, von seiten des Hofes und seiner Funktionäre so gut wie nicht, jedenfalls kaum erkennbar, eingegriffen wurde. Wenn Kommunikation stattfand, lief sie aller Wahrscheinlichkeit nach über die lokale/regionale Oberschicht, deren Spitze, die Status- und Besitzelite der srym, bis zum Hof reichte. Man kann daher sagen, daß in dieser gesellschaftlichen Situation die lokale und regionale Elite einen in die Tiefe der Bevölkerungsebene reichenden königlichen Lokalverwaltungsapparat als organisierendes Macht- und Herrschaftsmittel weitgehend ersetzte, was mindestens konfliktdämpfend wirkte, ohne daß diese im wesentlichen lokalverwurzelt bleibende Elite aber als "hauptamtliche" Funktionärsschicht ("tertiärer Sektor") im typischen Sinne anzusprechen wäre 225 • Zur Begründung dieser im Blick auf die judäische Verwaltungsor-
ganisation von der bisherigen Sicht abweichenden Feststellung, die sich bisher nur aus der Untersuchung der königlichen Funktionsträger ergab und in der weiteren Untersuchung noch weiter zu prüfen ist, soll aber vorläufig schon auf folgende allgemeine Gesichtspunkte hingewiesen werden: - Auf den Lebensraum des Südreiches Juda in relativ abgeschiedener Berglaud-Randlage abseits der großen Nord-Süd-Durchgangsstraßen (im Unterschied zum Nordreich !) , - auf die weitgehende ethnische Einheitlichkeit Groß-Judas mit nur wenigen nichtjudäischen, aber assoziierten Randgruppen im Süden (Negeb) und Norden (Benjamin) innerhalb eines relativ kleinen, überschaubaren und zusammenhängenden Territoriums (im Unterschied zum Nordreich!), - eine autochthone, kontinuierlich herrschende Dynastie ohne Umstürze (im Gegensatz zum Nordreich!), - ein integrierendes "Dach" des Südreiches durch das religiös-kultische Zentralsymbol des Heiligtums in Jerusalem (bei Tolerierung von Lokalkulten bis auf Josia) als Kern der judäisch-davidischen Königsideologie 226 (im Unterschied zum Nordreich!), - ein auf Stammeszusammengehörigkeit basierender, dem davidischen Königtum grundsätzlich loyal gegenüberstehender 'm h- 'r.s (lokale und regionale Oberschicht)227 sowie deren (partiell/zeitweise) am Hof präsente Spitze (Status- und Besitz-Elitäre: srym), die, im Lauf der Jahrzehnte und Jahrhunderte ohne Revolten und Brüche und sogar durch Königsfrauen und -nebenfrauen, Hoffunktionäre, Heeresoffiziere und Elitesoldaten ("Helden") die Umgebung des Königs in der Residenz und in den königlichen Funktionalorten kontinuierlich speisend, ein Netz aus Kommunikationssträngen zwischen Hof, Hauptstadt und Ortschaften des Landes ergaben (weitgehend im Unterschied zur oft durch Umstürze unterbrochenen Entwicklung im Nordreich!).
§rym, sondern an die (breite) Orts-Oberschicht ('m h- 'r~) wandte, wobei diese "basisdemokra-
tische" Maßnahme mit der Abzweckung seiner strukturellen Pläne zusammenhing, für die er sich einer breiteren Basiszustimmung versichern mußte und wollte als sie die §rym bieten konnten. Die von ihm geplante Zentralisierung mit dem äußerlich augenfälligsten Teil, der Kultzentralisierung (vgl. oben A. 220) beinhaltete weniger eine direkte oder indirekte partielle Verminderung der Rolle der Spitze der Status- und Besitzelite (srym) als Zwischenglied zwischen König und freier Orts-Oberschicht, sondern eine direkte Verbreiterung der Einflußmöglichkeit des Königs auf die Volksbasis, die dann nicht mehr nur über die Spitze der Statusund Besitzelite des Landes lief. Damit konnte also der Bezug der Bevölkerungsbasis zum König und der Residenz und kultischen Zentrale enger und direkter geknüpft werden. Die Auswirkung der (nie verschwundenen, aber) besonders von Josia in den Vordergrund gerückten lokalen Ältesten-Selbstverwaltung zeigt sich am und nach dem Ende des Königtums im Dtn (19; 21,1-9. 18-21; 22,13-21; 25,5-10); zu den "Ältesten" vgl. SCHÄFER-LICHTENBERGER 1983, 228ff. 290ff.; BucHHOLZ 1988. 224 Vgl. aber oben A. 202. Für eine immer noch gute Zeichnung des Alltagslebens der Israeliten vgl. KöHLER 1953 = 1980, bes. 48-100. 143-171. Vgl. auch DE VAux 1964, 222f., der nach einer umfassenden Darstellung der Umgebung des Königshofes, seiner "Beamten" und der "Verwaltung", die den Eindruck sehr differenzierter Durchstrukturierung der Orte und des Landes vermittelt, am Ende bündig und zum vorher Dargelegten etwas gegensätzlich, aber m. E. zutreffend feststellt, daß" außerhalb der Hauptstädte ... die Sorge um die örtlichen Angelegenheiten wohl bei den Ältesten" gelegen habe (vgl. auch aaO, 161). 225 Es sei hier darauf hingewiesen, daß im Laufe der Untersuchung dieses bisher nur auf der Analyse der königlichen Funktionsträger basierende Urteil durch gesellschaftspolitische Veränderungen im letzten Drittel des 7. Jh. v. Chr. (Josiazeit) etwas differenziert werden wird. Diese Veränderungen waren so bedeutsam, daß sie, nicht zuletzt durch den fast unmittelbar folgenden Schock der Katastrophe von 587/6 v. Chr., dem Ende der Staatlichkeit, als gewissermaßen letzterreichter Stand der gesellschaftlichen Entwicklung Judas in der dann entstehenden rückblickenden Geschichtsaufarbeitung im DtrG die Darstellung der gesellschaftlichen Wirklichkeit vor Josia beeinflußt haben. Vor diesem Hintergrund müssen von meiner Darlegung abweichende Formulierungen z. B. DoNNERs verstanden werden, wenn erz. B. von einer "Beamtenschaft im flachen Lande der Reiche Juda und Israel" spricht, die ich nicht feststellen kann, oder von einer "institutionelle(n) Verfestigung und verwaltungstechni-
sche(n) Durchformung" seit David, der "eines sorgsam gegliederten Staatsapparates bedurfte, in dem nach dem Prinzip der Arbeitsteilung Ressorts der militärischen, zivilen und kultuspolitischen Verwaltung gleichmäßig vertreten waren" mit "ministerialen Spitzen dieses Systems" (DoNNER 1963 = 1979, 494; vgl. auch RüTERSWÖRDEN 1985, 126: " ... schon zur Zeit Davids und Salomos die Verwaltung durchaus ausgeprägt"; vgl. auch LEMCHE 1988, 139< ff. >). M.E. wird hier die vorjosianische judäische Gesellschaft rückblickend und rückprojizierend dargestellt, wie sie sich in Ansätzen seit Josia oder allenfalls seit Hiskia entwickelt hatte - zudem in einer modernen Terminologie, wie sie der Wirklichkeit eines abgelegenen vorderasiatisch-bäuerlichen Bergland-Kleinstaates, der rückwärtigen Bergland-Peripherie der entwickelteren palästinisch-phönizischen Küstenstädte am Ende der 1. Hälfte des 1. Jt. v. Chr. nicht gerecht wird. Vgl. auch noch u. A. 228. 226 Vgl. dazu umfassend zuletzt BERNHARDT 1961; VEIJOLA 1975; METI1NGER 1976; W. H. ScHMIDT 1987, 210ff. (Lit. 370f.) und o. S. 203-205; zum weiteren (altorientalischen) Umfeld vgl. bes. FRANKFORT 1948 = 1978. 221 Vgl. o.A. 206 mit Lit. sowie CRüSEMANN 1978; DIETRICH 1979.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
Angesichts dieser eine kontinuierliche und stabile gesellschaftliche Entwicklung begünstigenden Gegebenheiten, innerhalb derer die sich herausbildende Elite selbst ein Stabilitätsfaktor, vermutlich einer der wichtigsten war kann es m. E. gar nicht verwundern, daß es entgegen häufiger (ausgesp;oche~er oder unausgesprochen vorausgesetzter) Anschauung zu einer nennenswerten königlichen Verwaltungsbürokratie in Juda, soweit die bisherigen Untersuchungen erkennen lassen, nicht gekommen ist 228 • Deren Aufgabe hat allem Anschein nach die lokal und regional verwurzelte Elite besser, jedenfalls konfliktdämpfend, mindestens -verzögernd, erfüllt als es vermutlich eine aufgepfropfte ortsfremde "Bürokraten"-Schicht vermocht hätte.
David. Mit (dem Zweitwohnsitz?) Pnuel234 reklamierte Jerobeam seinen Anspruch auf die israelitischen Gebiete im Ostjordanland, wiederum wohl keineswegs zufällig nicht im mit saulidisch-davididischen Traditionen behafteten Mahanajim. Dafür, daß er in beiden Orten nennenswerte herrschaftliche Bauten errichtet hat, gibt es keine näheren Hinweise235 , obwohl man vermuten kann, daß die Orte befestigt wurden bzw. vorhandene Befestigungen aktiviert worden sind236 . Selbst in seinem weiteren Wohnsitz im manassitischen Tirza ist zu seiner Zeit nur von einem byt die Rede 237 , nicht von einem Palast238 • Ob Sichem-Pnuel-Tirza ein Nacheinander oder eher ein Nebeneinander, etwa
5. Königliche Funktionäre im Nordreich seit Jerobeam I. Es geht wieder um die Frage nach königlichen Funktionären als personale Mittel der Herrschaft und darum, ob bzw. wie sie bei der Ausübung ihrer Funktionen bis auf die lokale Bevölkerungsebene wirksam werden. Über Einzelheiten der Hof- und Verwaltungsorganisation im Nordreich sind wir weit weniger detailliert unterrichtet als über diejenigen im Südreich. Liegt das daran, daß die als Quellen in Frage kommenden Texte der historischen Bücher aus judäischer Sicht, mit Hauptinteresse an Juda und mit einem nordreichskritischen Blick berichten? Daneben kommen für das Nordreich unter den Prophetenbüchern nur Amos und Hosea in Frage. Jerobeam, ein Ephraimit, war königlicher Aufseher über die Dienstleistenden des ganzen "Hauses Joseph" und verfügte so über Einfluß auf dem gesamten Gebirge Ephraim229 . Der negative Aspekt seiner Tätigkeit als 'bd Salomos auf dem sbl- Sektor wurde vermutlich durch seinen Widerstand gegen Salomo230 in den Augen der Nordgruppen neutralisiert. Es spricht für sein politisches Gespür, daß er als eine herrschaftliche Maßnahme seinen Wohnsitz als Ephraimit zunächst im manassitischen 231 Sichern mit seiner alten 232 Tradition nahm , das außerdem- wiederum klug und bezeichnend- sehr nahe an der Grenze zur anderen, der ephraimitischen Hauptstammesmacht lag, und dessen Ortsgebiet besonders südlich und östlich an das Ephraimgebiet grenzt 233 • Diese geschickte Positionierung seines ersten Sitzes zwischen beiden Hauptkräften auf dem zentralpalästinischen Gebirge erinnert an die Wahl Jerusalems zwischen Juda und Israel durch 228
Gegen z. B. DE VAux 1964, 206 und passim (mit argumenta e silentio: "entwirft die Bibel nur ein unvollständiges Bild dieser Zentralverwaltung") und DONNER (s.o. A. 225). 229 1Kön 11,26-28 230 1Kön 12,2ff. 231 Vgl. Num 26,31; Jos 17,7ff.; ELLIGER 1930, 265ff. 232 1Kön 12,25; vgl. zur alten Bedeutung Sichems Ri 9 und Gen (12,6f.;) 33,18-20; (35,4; 37,12-14; Dtn 27; Jos 24,32); vgl. insgesamt JAROs 1976, bes. 67ff.; Orro 1979. 233 Jos 17,7ff. und dazu ELLIGER 1930, 265ff.
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234 1Kön 12,25; auch nach OuviER 1983, 119f. ist Pnuel nur ein Stützpunkt, keine Hauptstadt, kein Wohnort Jerobeams. Zur Identifizierung vgl. neuestens CouGHENOUR 1989 (Tell ed-Dahab el-Garbf= Mahanajim, Tell et:j_-I!_ahab es-Sarqf = Pnuel) und TRIEL 1991. -235 Obwohl er ja nach 1Kön 11,27f. organisatorische Erfahrungen besaß. 236 Vgl. auch OLlVIER 1983, 119f. Zum archäologischen Befund Sichems vgl. G. E. WRIGHT 1967a; DERS. 1978, 1083ff.; JAROS 1976, 11ff.; H. WEIPPERT 1977, 293-296 (Lit.). Nach der Zerstörung der E-I-Zeit gewann Sichern nie mehr die frühere Bedeutung der durch Befestigung, Palast- und Tempelbauten und gute Verkehrslage ausgezeichneten Ortschaft der MBr und SpBr zurück, obwohl sie im 9. Jh. v. Chr. (also nicht schon z. Zt. Jerobeams I.) eine Kasemattenmauer erhielt. 724 v. Chr. zerstörte Salmanassar V. den Ort. In dieser Zeit zwischen dem 9. und der 2. H. des 8. Jh. v. Chr. sind keine Tempel- oder Palastbauten neben den Wohnhäusern Sichems festgestellt worden. WRIGHTS Deutung eines großen Vorratsgebäudes auf den Ruinen des Tempels (Str.IXa oder VIII <2. H. 9. oder 8.Jh. v.Chr.>, WRIGHT 1978, 1093) und der Stadt als "tax collection center" ist zweifelhaft (vgl. u. mit A. 690), besagt jedenfalls nichts für die Zeit Jerobeams, wie auch WRIGHTs zuversichtliche Behauptung nicht eindeutig nachgewiesen ist, daß Jerobeam I. die bronzezeitlichen Befestigungen reparierte (WRIGHT aaO), obwohl das nicht nur vorstellbar, sondern auch durch 1Kön 12,25 gedeckt ist (w-ybn yrb'm 't skm).- Zu Pnuel: Auch hier ist eine Bau- und Befestigungstätigkeit Jerobeams I. archäologisch nicht nachweisbar. Die Tulül eif:.-I!_ahab sind bisher nicht ausgegraben worden. In zwei Surveys haben GORDON and VILLIERS (1983, 275ff.) festgestellt, daß der mehrfach größere West-Tell mehrere Bauterrassen, doppelte Befestigungsmauer und Haupttor aufweist. Die meiste Keramik stammt (auf dem West-Tell) aus E-I-B/C, weniger aus E II (anscheinend schnelles Aufblühen in EI) und hellen!~tischer Zeit; auf dem Ost-Tell gibt es mehr E-Keramik. Beide Tulül sind "eminently defensible" (284). Auf dem Ost-Tell finden sich lange Mauerzüge und zeigen die Absicht der Verteidigungsverbindung. Ein genaues Datum der Befestigungen ist nur nach Ausgrabungen auszumachen. Besiedlung in E I und II ist also nachgewiesen, auf dem West-Tell stärker. Die extensiven Kasemattenmauern auf dem West-Tell können nach GORDONNILLIERS aus E oder auch aus hell.-frühröm. Zeit stammen, evtl. in der Eisenzeit gegründet. Vielleicht kann man danach annehmen, daß der E-IlAusbau, wenn er denn in diese Zeit gehört, jedenfalls noch nicht in die Zeit Jerobeams I., sondern eher in die relativ stabile Omridenzeit (oder später?) fiel, wofür die Kasemattenbefestigungen sprechen könnten. Vermutungen zur Funktion der Orte bei CouGHENOUR 1989; vgl. neuestens auch TRIEL 1991. 237 1Kön 14,17; die häuslichen Verhältnisse hören sich bescheiden-privat an; man fühlt sich an die' Verhältnisse Sauls erinnert, dessen "Hofhaltung" sich im Rahmen seines byt 'b abspielte (YEIVIN 1979, 148); OuviER 1983, 120f. bestreitet, daß Jerobeam überhaupt in Tirza residiert habe, indem er MT (mit LXX) in 1Kön 14,17 in ,Zereda', Jerobeams Heimatort, ändert; aber das bleibt eine unsichere Hypothese (DE VAUX 1956, 135). 238 Dagegen ist bei Salomo immerhin ausdrücklich von einem byt h-mlk die Rede (1Kön 9,10), bei Ahab von einem hykl (1Kön 21,1; vgl. u. A. 275. 281), bei Simri (von Baesa übernommen) von einem 'rmwn byt h-mlk in Tirza (1Kön 16,18).
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I. Funktionäre ("Beamte")
in einer Art von Pfalzsystem, darstellen, ist unsicher239 . Jedenfalls hat Jerobeam anscheinend auf das machtpolitische Symbol einer unzweideutig hervorgehobenen Residenz möglicherweise bewußt - verzichtet. Dazu und zu der Annahme, daß er wechselnde Residenzen bewohnte, paßt es, daß nichts von einer "Hofhaltung" bekannt ist240 . Die Tendenz zum Residieren in manassitischem Gebiet mag aber durchaus einem machtpolitischen Kalkül zur Integration von Ephraim-Manasse als Kern seiner Herrschaft entsprechen. In dieselbe integrative Richtung geht sehr wahrscheinlich die religionspolitische Absicht der Einrichtung königlicher Kulte mit ihren Stiersymbolen in Bethel und Dan241 sowie die volkstümlichen Priesterbestallungen242 . Schließlich handelte er auch volkstümlich-traditionell und integrativ durch Veranstaltung bzw. Einrichtung eines Festes für das Volk243 , ein - abgesehen von dem vom Jerusalemer Kult ablenkenden Aspekt- zeitloses "Rezept" für Herrscher aller Art und Zeiten, auch, aber nicht nur anläßlich ihres Herrschaftsantritts. Dabei ist zu beachten, daß das Fest an einem traditionellen Kultort, nicht aber in seiner bzw. einer seiner Residenzen stattfindet. Letzteres kann einen doppelten Grund haben: Einmal unterstützt das Fest am traditionsreichen Heiligtum die religiöse Legitimation der Herrschaft, andererseits bestärkt das Nichtstattfinden in einer der Residenzorte die obige Auffassung, daß auf Jerobeams Residenzorten kein machtpolitisches Gewicht lag, ihre machtpolitische Funktion eher sekundär war.
tisch gegen Rehabeams Juda eingesetzt worden245 , also nicht als innenpolitisches Machtinstrument anzusprechen sind, sondern sogar innenpolitisch integrativ wirkten, da sie die antidavidisch-antijudäische Ausgangstendenz der Nordgruppen und damit Jerobeams Herrschaftsanspruch unterstützten und seine Existenzberechtigung als Führer unterstrichen. Neben diesem einzigen Machtmittel nach außen mit seiner integrativ-stabilisierenden Wirkung nach innen dürften vor allem zwei mehr oder weniger ideelle Faktoren J erobeams Herrschaft weiter stabilisiert haben: Einmal hat er alles zu unterlassen sich bemüht, was die Empfindlichkeit der Nordgruppen im Blick auf ihre Selbständigkeit nach den Erfahrungen mit Salomo über ein tolerables Maß hinaus herausgefordert hätte: Zurückhaltung gegenüber zentralistischen Maßnahmen, etwa durch Verzicht auf das Symbol einer funktional-integrativen Haupt-Residenz246 . Vielmehr stützte sich Jerobeam allem Anschein nach auf seinen eigenen Stamm unter kluger "Hofierung" der benachbarten Manassiten durch die manassitischen Residenzen Sichern und Tirza. Ebenso wirksam, wenn nicht sogar noch bedeutender, waren seine, ebenfalls den antidavidischen Impetus seines Anfangs verstärkenden, religionspolitisch das Nordreich gegen Juda abgrenzenden Kultmaßnahmen247 einschließlich der seine Autorität stärkenden Priesterinvestituren248 sowie populärer Festveranstaltungen249. Als weitere ideelle Autoritätsbasis oder als Grundlage für die beiden Vorgenannten muß die prophetische Legitimation Jerobeams durch Ahia von Silo gelten 250 , deren Gewicht durch die anscheinend erforderliche, ausführlich überlieferte Rücknahme 251 nur noch unterstrichen wird. Insgesamt erweckt die Herrschaft Jerobeams strukturell einen relativ schwachen bzw. bescheidenen Eindruck, gegenüber Salomo vielleicht sogar organisatorisch einen gewissen Rückschritt. Der mag unter den Nordgruppen aber keineswegs als solcher gesehen worden sein wie Jerobeam selbst offensichtlich eine starke und weitblickende Persönlichkeit gewesen ist (l~,ön 11,28; 12,25ff.), war der Impetus, der zur Trennung von dem davididischen Juda geführt hatte, doch gerade ein bewußt antistrukturell-zentrifugaler bzw. dezentraler. D.h. die negativ ausgedrückt - Strukturschwäche des Reiches Jerobeams war genau
Dies alles spricht dafür, daß Jerobeam b. Nebat mit einem bemerkenswert geringen Aufwand an Funktionären (überliefert sind überhaupt keine Angaben dazu!), verwaltungsorganisatorischen und baulichen sowie anderen herrschaftsrepräsentativen und -sichernden Maßnahmen regiert hat. Von königlichen Funktionären als einem Herrschaftsmittel, das bis in die Bevölkerungsebene der Orte und Regionen hinabreichte, ist nichts bekannt. Vielmehr basierte seine immerhin zwei Jahrzehnte währende Herrschaft allem Anschein nach neben dem gesamtgesellschaftlichen Konsens, der sich zunächst im wesentlichen aus einer antidavididischen Grundhaltung der Nordgruppen speiste, nur auf einem einzigen nichtideellen "Herrschaftsmittel", der Verfügung über die (von Salomo übernommenen?) im Norden in ihren Garnisonen (Hazor und Megiddo) stationierten Posten 244 , die aber- soweit bekannt- nur außenpoli239 Vgl. am umfassendsten zu den Anfängen der Entwicklung der Nordreichs-Residenzen bis Omri: ÜLIVlER 1983 (mit Lit. zur Forschungsgeschichte). ÜLIVIER spricht mit Recht bei keinem Residenzort vor Samaria unter Omri von "Hauptstadt"; Sichern war ihm zufolge die einzige Residenz Jerobeams I., aber keine Hauptstadt, ebensowenig wie Tirza als Residenz Baesas. 240 Vgl. schon A. 237; auf die ResidenzTirza und ihre Entwicklung wird unten (S. 139m. A. 635-639) näher eingegangen. 241 1Kön 12,26-30; vgl. NIEMANN 1985a, 72f. m.A. 54. 118(ff).124f. m.A. 239. 242 1Kön 12,31; 13,33; NIEMANN 1985a, 119f. 132. 243 1Kön 12,33; vgl. die Kommentare z.St.; Zeremonien und Feste gehören zu den wichtigsten integrierenden Legitimationselementen ("nicht-rechtliche Verstärkung") von "Häuptlingstümern" (chiefdoms), aber nicht nur zu solchen (vgl. SERVICE 1977, 127-131; STRECK ed. 1987, 53-56). 244 Umfang? Anzahl?? Sie werden in der Zeit nach dem Auseinanderfallen des SalomoReiches erst unter Ela erwähnt (1Kön 16,9), aber wohl nicht erst unter dessen Vater Baesa
(neu) aufgestellt, sondern, von Salomo möglicherweise aus den Nordgruppen angeworben, dort nach dem Zerfall des salomonischen Reiches verblieben sein. 245 Vgl. 1Kön 15,6 246 Vgl. richtig ÜLIVlER 1983, 121ff. 131. Für Samaria wurde nie. eine "Theo~ogi~ der Hauptstadt" als ideologisches Herrschaftsmittel wie für J erusalem entw1ckelt- oder rst sre uns nur nicht überliefert? 247 Vgl. 1Kön 12,26-30; NIEMANN 1985a, 73. 112. 118f. 124f. 132 248 Vgl. 1Kön 12,31; NIEMANN 1985a, bes. 119. 132; vgl. auch o. mit A. 241-243. 249 Vgl. 1Kön 12,32-33; o. mit A. 242-243. 250 Vgl. 1Kön 11,29ff.; vgl. dazu H. WEIPPERT 1983. Mit Recht weist ÜLIVIER 1983,127f. 131, dagegen auf das Fehlen einer Königsideologie im Nordreich, stattdessen auf eine egalitäre (m. E. besser: tribale) dezentrale gesellschaftliche Grundhaltung auf der Basis von Führungstraditionen (Mose und Exodus). 251 Vgl. 1Kön 14,1-18
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I. Funktionäre ("Beamte")
das, was die verschiedenen Gruppen wollten, positiv ausgedrückt: lokale und regionale Unabhängigkeit für die vielen verschiedenen Gruppen im auch geomorphologisch vielgestaltigen Nordreich252 • Ob aber selbst das bescheidene Maß an Zentralismus und Autorität Jerobeams auf die Dauer noch zuviel für die Nordgruppen war? Jerobeams Sohn und Nachfolger Nadab b. Jerobeam hat bald durch die Belagerung des philistäischen Gibbeton möglicherweise nicht nur seine SW-Grenze gegen die Philister stabilisieren wollen, sondern sich auch Prestige und Autorität als neuer, siegreicher Herrscher schaffen und sich so legitimieren wollen 253 • Trifft letztere Motivation zu, hatte sie kaum Erfolg. Handelt es sich beim sogleich während dieser Belagerung stattfindenden Umsturz des Issachariten Baesa um eine Aktion von Israeliten außerhalb des Gebirges Ephraim gegen den Machtblock Ephraim/Manasse auf dem zentralpalästinischen Gebirge oder um eine solche mit engerem Stammeshintergrund: Issachar contra Manasse(-Ephraim) oder nur um einen persönlichen Putsch innerhalb des Heerlagers durch den Militärführer Baesa? Für letzteres kann sprechen, daß Baesa sich als tüchtiger Krieger254 vom einfachen Soldaten zum Führer255 heraufgearbeitet hatte. Er besaß auch politischen und organisatorischen Weitblick, denn falls nicht schon Jerobeam sich nicht nur in Tirza niedergelassen hat, sondern auch schon mit dem Ausbau zur wirklichen Residenz begonnen hat, muß spätestens Baesa es gewesen sein, denn in der sehr kurzen Zeit seines SohnesEla bzw. des Usurpators Simri, 1-2 Jahre nach Baesas Tod, existierte in Tirza ein 'rmwn byt
h-mlk256 , dem ein Funktionär 'l h-byt vorstand 257 , ein organisatorisches Unternehmen, das sicher eher in die 23 Jahre Baesas (906-883 v. Chr.) als in die Wirren nach seinem Tode paßt. Auch den Gegensatz zu Juda betrieb Baesa weiter, wobei die - letztlich mißglückte - Besetzung und Befestigung von Rama neben der militärischen Grenzsicherung möglicherweise zugleich als ein kräftiges Ärgernis "vor der Haustür" Asas von Juda gedacht war258 und damit eine plakativ-legitimatorische Absicht zugunsten der Herrschaft Baesas mitenthalten haben kann. Auch vom Hause Baesas aus Issaschar wurde mit dessen Sohn Eta der Versuch unternommen, eine Dynastie zu installieren259 , die territorial zu dem von Jerobeam zusammengefügten Komplex Ephraim/Manasse nun Issachar kumulativ fügte, was das Begräbnis Baesas in der von ihm beibehaltenen Residenz Tirza, also außerhalb seines Stammesgebietes, zeigt 260 • Man sieht, daß Baesa und Ela sich, gestützt auf das Militär, eher an ihre Herrschaft und die Residenz als an ihren Herkunftsstamm gebunden fühlen. Dieser Ansatz zur herrscherlieh-konzeptionellen Kontinuität wie auch der nach dem Vorgang Nadabs von Ela wiederholte Versuch der Profilierung und Legitimation durch die (freilich zugleich grenzsichernde) Belagerung des philistäischen Gibbeton261 kann dafür sprechen, daß, wenn nicht von Anfang an, so doch im Laufe der 23jährigen Herrschaft Baesas eher ein persönliches Machtkalkül Baesas als ein stämmepolitischer Impuls oder ein Gegensatz Issachars zu Ephraim/Manasse ihn angetrieben hat.
252 Daß sich die Nordgruppen nach der Erfahrung mit Salomo (und David) überhaupt wieder mit Jerobeam auf einen Führer einigten, ist wohl zunächst eher aus dieser Erfahrung und mit der Zielrichtung gegen die davidisch-judäische Einheitsführung als mit einer langfristig-perspektivischen Absicht für eine einheitliche Herrschaft zu erklären. M.a.W. die Einigung auf den einen Führer Jerobeam war eher einheitlich-abgrenzend, kräftebündelnd und zweckbestimmt gegen die Davididen und Juda als einheitlich-konstruktiv auf eine zukünftige einheitliche Nordgruppenführung ausgerichtet; vgl. auch ÜLIVIER 1983, 127ff. Angesichts dieser Sachlage scheint es mir zweifelhaft, in dieser Zeit für das Gebiet der Nordgruppen von "Staat" zu sprechen, eher angebracht wäre (complex) chiefdom, "Stämmestaat" oder ein entsprechender Begriff (s.o. A. 34. 129). 253 Vgl. 1Kön 15,27; DONNER 1986, 258; TIMM 1980,40. Das Verhaltensmuster begegnet oft (z. B. Sau!: 1Sam 10,17-11,15; Jonathan: 1Sam 14; David: 1Sam 17; 18,17ff.; 23,1-5; 30,1ff. 26-31) 254 Vgl. 1Kön 16,5. 255 Aus dem "Staub" ('pr) (=aus dem Stand des einfachen Kriegers?) zum ngyd (1Kön 16,2), vgl. zum Titel RüTERSWÖRDEN 1985, 101ff.
256 Wohl weniger ein ausgedehnter Palast als (wegen 'rmwn) vielleicht ein befestigter "Wohnturm" (vgl. NOTH 1983, 349; zu einem solchen Wohnturm auf Tell el- 'Oreme vgl. jetzt HüBNER 1988 (8. Jh. v. Chr. !). Archäologisch ist dieses Bauwerk freilich nicht nachgewiesen. Der Ausgräber DE VAUX (zu den Einzelheiten der Grabung vgl. DE VAUX 1956; DERS. 1967, 371ff.; DERS. 1976, 395-404; zusammenfassend H. WEIPPERT 1977, 344f. ) meint, daß die bronzezeitliche (seit MBr IIB) Befestigung (Mauer u11,d Tor) in E I + II weiterbenutzt wurde, da keine Zerstörung zwischen SpBr und E nachgewiesen werden konnte und direkt auf der SpBr-Schicht eine gleichförmige Bebauung mit 4-Raum-Häusern der EI-IIA festgestellt wurde. Beim Wiederaufbau nach der Selbstverbrennung Simris in seinem "Wohnturm", wohl im Zusammenhang mit der Zerstörung durch Omri (1Kön 16,17f.), blieb ein großes Gebäude unvollendet, das DE V AUX als von Omri begonnenen Residenzbau deutet, bevor er nach Samaria umzog. Die Gesamtdeutung der Ausgrabungen der Eisenzeit durch CHAMBON 1984 hat allerdings manche wichtige Korrektur an den Deutungen von DE VAUX ergeben. So hat z.B. die Nachprüfung die Deutung des "unvollendeten Gebäudes" 411 als "begonnenem Residenzbau Omris" gerade nicht bestätigt (vgl. zu den involvierten Gebäuden 411 und 148 CHAMBON 1984, 38ff.; zur kritischen Prüfung des Befundes H. WEIPPERT 19S5, 180). 257 Vgl. 1Kön 16,18 mit 1Kön 16,9. 258 Vgl. 1Kön 15,17-22; 15,32; zum Grenzverlauf ScHUNCK 1963, 169. 259 Vgl. 1Kön 16,6.8. 260 Vgl. 1Kön 16,6; es gehört zur Ideologie einer Residenz (Hauptstadt), daß der König dort begraben wird ( OLlVIER 1983, 123). 261 Vgl. 1Kön 16,15; vgl. o. mit A. 253.
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Eine organisatorische Entwicklung von der Dynastie Jerobeams zur Dynastie Baesas mit der Folge einer beginnenden strukturellen Verfestigung ist erkennbar: - Wiederhalter Versuch einer Dynastiegründung, wenn auch beidemal gescheitert, in diesem Zusammenhang - wiederholter kriegerischer Versuch einer legitimierenden Profilierung als berechtigter Nachfolge-Herrscher, - Stabilisierung und Legitimation nach innen durch Expansion und Aggression nach außen (gegen Juda), - vermutlich Fortsetzung der Religionspolitik Jerobeams 262 , - von wechselnden Herrscherwohnsitzen zur Etablierung einer ständigen Residenz und Beginn ihres Ausbaus (Tirza), - erstmals bei Baesa!Ela Erwähnung eines Hoffunktionärs 'l h-byt263 • - Während bei Jerobeam sich die herrscherliehe Legitimation wesentlich aus dem antidavidisch-antijudäischen Impuls mit dem Auslöser der durch Dienstleistungen überstrapazierten Loyalität herleitete, stand bei dem Heerführer Baesa (wie auch bei Simri) anscheinend eher ein persönlicher militärisch-machtpolitischer Impetus im Vordergrund264 • Bei aller relativen Entwicklung ist in den knapp 50 Jahren beider Dynastien dennoch keine nennenswerte verwaltungsorganisatorische Entwicklung und Strukturierungsbemühung erkennbar, zumal solche, die durch königliche Funktionsträger bis in die Bevölkerungsebene der Ortschaften eingegriffen hätte. Die einwöchige Episode des Militärputsches Simris, des Führers der Hälfte der Streitwagentruppen265 , ist insofern erwähnenswert, weil sie nicht nur das Weiterbestehen dieser Waffengattung samt ihrer Führungselite im Nordreich dokumentiert, sondern auch ein neuerliches Beispiel für den im Unterschied zum Südreich starken militärischen Charakter von Herrschaft und Herrscherfalge im Nordreich unterstreicht. Das Heer zeigt sich bei Baesa wie bei Simri als ambivalenter Faktor, indem es nach außen zwar zur Stabilität beiträgt, nach innen aber sich wiederholt als Ausgangsbasis für herrscherliehe Diskontinuität erweist.
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Vgl. 1Kön 16,1-7. Die Formulierung zum von Simri ausgerotteten Hofstaat Baesas (1Kön 16,10f.) (einschließlich dessen 'l h-byt?) erwähnt ausdrücklich nur die nächste Verwandtschaft (g'lyw) und seine Freunde (r'hw, vgl. BHS App., MT Sg.), so daß man bei dem 'l h-byt vielleicht sogar ebenfalls an ein Glied der Sippe Baesas denken kann und der "Hofstaat" im wesentlichen aus dem byt 'b Baesas bestanden hätte, strukturell dann nur wenig weiter entwickelt war als der Hofstaat Sauls (s.o. A. 237 und o. S. 3-8) und derjenige Jerobeams b. Ne bat sowie derjenige Davids in der Anfangsphase, die sich alle aus machtpolitischen Gründen vorrangig mit zuverlässigen Familienmitgliedern umgaben. 264 Dieser persönliche Wille zur Macht zeigt sich auch durch die totale Eliminierung der Vorgängerdynastie durch Baesa (1Kön 15,27-29) und Simri (1Kön 16,10f.). 265 Vgl.1Kön 16,9-20 263
I. Funktionäre (.Beamte")
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
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Mit Omri, dem sr ~b' 1 ysr'F66 wird im Heerlager vor Gibbeton zum drittenmal ein Militärführer nach dem Abbruch der vorherigen Dynastie zum König ausgerufen. Bei diesem Herrschaftsübergang wird zweierlei Wichtiges erkennbar: Einmal legt man nun inzwischen -war es Absicht und Planung oder beginnt sich eine Struktur durchzusetzen?- im Nordreich allem Anschein nach Wert auf die kontinuierliche Existenz eines Herrschers, und zwar bei Heer und Bevölkerung! Denn zum anderen tritt bei diesem dritten Fall des Herrschaftsanspruchs aus dem Militär267 dem Herrschaftsprätendenten des Militärs ein anderer Herrschaftsanwärter, Tibni b. Ginat entgegen, der nicht genauer auszumachende Volksteile hinter sich hatte268 • Die reale Macht lag aber offensichtlich schon so deutlich beim Militär, daß hier wie auch nahezu ausschließlich von jetzt ab bis zum Ende des Nordreiches die Macht bei den häufigen Herrschaftsübergängen letztlich innerhalb der Militärführung und der engeren Herrscherumgebung weitergegeben wurde. Neben diesem Element der Veränderung steht ein taktisch kluges wie praktisch-sinnvolles Element der Kontinuität, zumal dann, falls Omri nichtisraelitischer Herkunft war269 , daß er nämlich zunächst mit Tirza die Residenz seiner Vorgänger auf israelitischem Stammesboden übernahm270 , bevor er nach sechsjähriger Konsolidierung seiner Macht weitergehende Pläne in die Tat umzusetzen begann. In dem Bestreben zur Gewinnung einer stammesunabhängigen Residenz folgte Omri partiell dem Handlungsmodell Davids gegenüber Jerusalem, aber ohne das Risiko der Eroberung einer nichtisraelitischen Stadt, vielmehr durch Grundstückskauf und Neugründung der Residenz Samaria als Eigenbesitz271 • Ob die Residenzgründung gerade an dieser Stelle zusätzlich ein taktisches Zugeständnis an die Bevölkerung des Kerngebietes des Nordreiches auf dem zentralpalästinischen Bergland, speziell Manasses, war272 , ist nicht sicher, aber möglich. Vgl. 1Kön 16,16 In 1Kön 16,16f. ist mit "ganz Israel" ~.ie im Krie~slager vor Gibbe.ton versammelte Heeresmacht, keine Volksrepräsentanten- ( =Altesten-) Versammlung gememt. . 268 V gl. 1Kön 16,21f., auch wenn über Tibnis Herkunft nichts Sicheres auszumachen rst (so sind mit Recht SANDA 1911, 403; Norn 1983, 350; WüRTHWEIN 1985, 198 zurückhaltender als GRAY 1980, 365 f.; J. A. SoGGIN: Tibni, King of Israel in the First Half of the 9th Century. OT and Oriental Studies, Biblica et Orientalia 29 <1975> ,50-55 war mir unzugänglich). Der Riß zwischen den beiden Revoltengruppen verlief, wenn ich 1Kön 16,21f. richtig verstehe, nicht einfach zwischen Volk und Militär, sondern zwischen Volksteilen unter Tibnis Führung auf der einen und Volksteilen und dem Militär unter Omris Führung auf der anderen Seite (anders DONNER 1986, 259). 269 So NoTH 1928, 63; DERS. 1983, 348f.; Vg!. aber TIMM 1982, 22. Daß er speziell aus lssachar stammte (SANDA 1911, 402f.; AHARONI 1984, 344; vgl. STAGER 1990, 103f.), ist nicht über alle Zweifel erhaben. 210 Vgl. 1Kön 16,23; nach Num 26,33; 27,1; 36,11; Jos 17,3 ist Tirza manassitisch. Der aufgrund der archäologischen Deutungen DE VAuxs früher in Tirza .vermut~te Neuaufbau einer Residenz nach der Zerstörung durch Omri (1Kön 16,17f.) hat steh als mcht zutreffend erwiesen (s.o. A. 256). 271 Vgl. 1Kön 16,24; archäologisch vgl. jetzt STAGER 1990. 272 Vgl. SANDA 1911, 403. 266 267
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
Es soll und braucht hier bei der breiter als andere Phasen des Nordreiches bezeugten Omridenzeit kein vollständiges Bild gezeichnet zu werden 273 , vielmehr geht es lediglich um die Funktionäre der Omriden in Hof, Residenz und Heer.
Neben diesen auf Hof und Residenz funktional beschränkten Funktionsträgern steht der Militärapparat des Nordreiches, dem die Omriden selbst entstammten und der deshalb verständlicherweise dasjenige Herrschaftsinstrument darstellte, auf dem sie am erfolgreichsten zu "spielen" vermochten: 2Kön 4,13f. erscheint der sr h-~b' als der zweite Mann am Hof neben dem König, wenn eine möglichst einflußreiche Persönlichkeit in einem Fall gesucht wird, die einen Fürsprecher außerhalb bzw. über der Ebene der Verwandtschaftsgruppe ('m) erfordert. Unter dem sr h-~b' stehen die Heeresobersten (sry h-1Jylym) 290 • Das hierarchische Verhältnis der sl(y)sym 291 zu den srym des Heeres ist nicht völlig klar, aber es wird sich bei jenen nicht um subalterne Heeresoffiziere handeln 292 . Die Belege zeigen, daß sie als Elitemilitärs verschieden einsetzbar sind; stets aber haben sie Vertrauensposten. slsym werden auffälligerweise erst seit den Omriden und konzentriert im Nordreich erwähnt293 , was als Anzeichen eines Ausbaus der Heeresstruktur unter der omridischen Militärdynastie gewertet werden kann, speziell des Ausbaus eines dem Herrscher besonders verbundenen und verpflichteten "Berufsoffizierscorps", vermutlich neben den subalternen Offizieren des gelegentlich einberufenen Volksheeres 294 . Dem allem entspricht die zur Herkunft der Omriden aus dem Militärapparat passende, durchdacht angelegte Politik, vor allem Ahabs, die stark von militärstrategischen Gesichtspunkten ausging - von der geopolitischen Situation und der stammesmäßigen Vielfalt des Nordreiches her auch ausgehen mußte! Dafür gibt es mehrere Anzeichen: Durch die dynastische Heirat Ahabs mit der phönizischen Prinzessin Isebel295 und die Verheiratung von deren Tochter Atalja mit Joram von Juda296 hielten sich die Omriden den Nordwesten und den Süden krisenfrei. Das war aber auch dringend notwendig, denn die Auseinandersetzungen mit den Aramäern bildeten das permanente Hauptproblem ihrer Dynastie, ob die Aramäer nun bis Samaria vordrangen297 , ob die Omriden mit Judas Unterstützung ihre Ansprüche im Ostjordanland bei Ramot-Gilead gegen die nördlich benachbarten
Eine neue Qualität erreichte Omri jedenfalls durch die Gründung der Dauerresidenz Samaria274 als gekauftem Eigenbesitz. Damit ist die Entstehung eines Hofstaates im Palast275 verbunden, von dem für die Zeit Ahabs und seiner beiden Nachfolger zwar nicht in der Differenziertheit des Hofes Salomos berichtet wird, der aber die Funktion des'/ h-byf-76 , srysym277 , einen sr h-'yr Samarias278 , 'bdym 279 , Männer der Umgebung des Königs und Boten280 kennt; auch in der omridischen Nebenresidenz Jesreel 281 sind srysym bezeugt282 • Zum Hofstaat Samarias gehören weiter Prinzenerzieher283 , die zu den Würdenträgern der Residenz 284 zählten, unter die auch srym und zknym 285 zu subsummieren sein dürften, ebenso wie ein weiterer Kreis von Vertrauten des Königs mit wahrscheinlich beratender Funktion 286 • Zum Hofstaat gehören schließlich auch der '1 h-mltfJh 287 und r~ym 288 • Nicht direkt zum Hofstaat zu rechnen sind die Ältesten der Residenz, die die Familien der Bewohner vertreten, die aber in Verbindung mit dem und im Abhängigkeitsverhältnis zum Hof gestanden haben werden 289 • Vgl. TIMM 1982; DoNNER 1986, 260ff.; AHARONI 1984, 344ff. Vgl. 1Kön 16,24; das unterstreicht vor allem OLlVIER 1983, 130. 132; vgl. früher ALT 1951, 2ff. = 1978a, 116ff.; DERS. 1954 = 1968, 258ff.; BUCCELLATI 1967, 186ff.; TIMM 1982, 142ff.; ScHÄFER-LICHTENHERGER 1983, 396ff.; DoNNER 1986, 267 (zur Diskussion um den Charakter und die staatsrechtliche Stellung Samarias im Vergleich zu Jerusalem); STAGER 1990. 275 Vgl. 1Kön 22,39 (byt h-sn); 2Kön 7,11 (byt h-mlk); Am 3,15 (byt h-lJTp und byt h-qyii sowie bty h-sn) 276 Vgl. 1Kön 18,3(ff) (Ahab); 2Kön 10,5 (Joram). 277 Vgl. 1Kön 22,9//2Chr 18,8; vgl. 2Kön 8,6. 278 Vgl. 1Kön 22,26 (sr h- yr; zu diesem Titel vgl. RüTERSWÖRDEN 1985, 38ff.; AviGAD 1986, 30f.); 2Kön 10,5 ('/ h- yr); diesem unterstanden Stadt(tor)wächter (2Kön 7,10f.). 279 1Kön 20,6; 2Kön 7,12f.; 9,11 28° Vgl. 2Kön 6,32 281 Dort besaß Ahab einen königlichen Palast (hykl) (zum Begriff vgl. OrrossoN 1977, 409f.; H. WEIPPERT 1988, 535), den er selbst nur als bytbezeichnet (1Kön 21,1f.) und der Ort einen Turm (mgdl) (2Kön 9,17) (eine Zitadelle oder eine Burg oder eher einen Fluchtturm, zu mgdl vgl. KELLERMANN 1984b, 642f. (mit Belegen und Diskussion).- Weswegen ScHÄFERLICHTENHERGER 1983, 399-401, Jesreel, das sie ausdrücklich und mit Recht als "Residenz" bezeichnet, ohne daß es ein königliches Verwaltungszentrum sei, in ihrer Überschrift als "israelitische Hauptstadt" (S. 399) benennt, die aber, so wiederum zutreffend, "niemals in Opposition zu Samaria" trat, ist unklar.- Zu Jesreel vgl. neuestens 0EMING 1989; WILLIAMSON 1991. 282 Vgl. 2Kön 9,32. 2 3 8 2Kön 10,1.5 ('mnym, von 'MNII, vgl. HAL 62a ="Wärter, Vormund"). 284 Vgl. auch die gdly h- yr2Kön 10,6.10. 285 2Kön 10,1.5 286 2K10,1. 11 (gdlym, mydym, khnym). 287 2Kön 10,22: mltl]h: ass. Lehnwort:"Kleiderkammer", vgl. GRAY 1980,561. 288 2Kön 10,25 (RüTERSWÖRDEN 1985, 30f.) 289 2Kön 10,1.5 273 274
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29o 2Kön 9,5(ff); vgl. auch die sry l]msym in 2Kön 1,9ff. der Garnison Samarias (zu diesen Dienstgraden RüTERSWÖRDEN 1985, 23ff. 34ff.). 291 Der slys wird üblicherweise als der "Dritte" (Mann) auf dem Streitwagen, als Schildträger (daher auch Schildträger, Adjutant des Königs) g~deutet (GB 834b; KBL 977b; DE VAux 1964, 199; DERs.1966, 26). Zum Terminus vgl. aber zuletzt NA'AMAN 1988. 292 Vgl. Ez 23,23 und die dortigen Parallelbegriffe; auch 2Kön 7,2. 17. 19 (diensthabender Offizier am Tor der Residenz ('sr l-mlk nS'n 'l ydw), also ein persönlicher Adjutant); 2Kön 9,25 (Adjutant Jehus); 2Kön 10,25; auch Pekach b. Remalja war vor seinem Putsch slys des Königs (2Kön 15,25). 293 Ihr Auftreten in der Sammelnotiz 1Kön 9,22 (WüRTHWEIN 1985, 109: Der Vers ist dtr. innerhalb vordtr. Kontext <1Kön 9,15. 17*. 18. 19*. 23> )//2Chr 8,9 und Ex 14,7; 15,4 sowie Ez 23,23. 25 ist von hier aus zu erklären. 294 Die Sorgfalt, mit der der Militärherrscher Ahab auf die Einsatzbereitschaft seiner Truppen, zumal der Streitwagen achtet, ist in einer scheinbar nebensächlichen Einzelheit (oder Iegendarischen Ausmalung, die dennoch realistisch an das Gedächtinis einer militärisch geprägten Zeit und deren Herrscher anknüpfen mag) erhalten geblieben: 1Kön 18,5 sorgt er sich persönlich um das Wohlergehen der Pferde. Wohl nicht zufällig aus der Omridenzeit (Ahasja) wird auch eine Notiz für die Durchstrukturierung des Heeres in 50erEinheiten mit je einem sr l]msym überliefert (2Kön 1,9 ff.). 295 Vgl. 1Kön 16,31 296 2Kön 8,18. 26 297 Vgl. 1Kön 20; 2Kön 6,24ff.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
Aramäer verteidigten298 oder die Aramäer "nur" durch Streifscharunternehmen die Nordgrenze Israels heimsuchten 299 , immer fühlten sie sich durch Aram bedroht und herausgefordert3°0 • Mehr und dauerhafteren Erfolg hatte Ahab immerhin im Südosten: Er konnte seine Grenze zum Nachteil Moabs nach Süden vorschieben und halten 301 , bis Mescha die für Israel unstabile Situation um den Tod Ahabs und den schnell hintereinander erfolgenden Thronwechsel seiner beiden Nachfolger Ahasja und Joram zum Abfall nutzte302 • Zu einer durchdachten Vorbereitung der Expansion Ahabs gegen Moab könnte durchaus die Befestigung Jerichos (1Kön 16,34) gehört haben; damit gewann Ahab einen festen Ausgangspunkt an der Südostflanke seines westjordanischen Kernlandes. Schließlich zeigt auch der beachtenswerte Umfang des Kontingents, mit dem Ahab sich am Abwehrkampf der syrisch-palästinischen Kleinkönige gegen Assur im Jahre 853 v. Chr. bei Qarqar beteiligte, daß er über eine beträchtliche Streitmacht verfügte 303 •
Landesinnere Ruhe schuf, aber wohl daneben wenig Kraft und Zeit für eine dauerhafte und differenzierte Herrschaftsorganisation im Sinne einer tiefenwirksamen Verwaltungsstrukturierung ließ304 • Hier muß allerdings eine Einschränkung gemacht werden:
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Insgesamt durchlief die Herrschaft der Omriden drei Phasen; zunächst ein grundlegendes Formativum mit Omri, bei dem besonders die Einrichtung der ständigen Residenz hervorzuheben ist. Dann folgte eine Phase militärischer Sicherung nach außen gegenüberAramim Nord(ost)en und gegen Moab im Südosten, die trotz nur wechselnder und zeitweiser Erfolge gegen Aram immerhin durch die bloße Tatsache der militärischen Dynamik im wesentlichen die Grenzen stabil halten, gegen Moab sogar vorschieben konnte, was für das Vgl. 1Kön 22,2; 2Kön 8,28f.; 9 2Kön 5,2; 6,23; vgl. auch 2Kön 6,8ff. 300 2Kön 5,7; vgl. insgesamt zu den Kriegen der Omriden AHARONI 1984, 346ff.; vgl. auch TlMM 1982, bes. 18lff. 185ff.; DEARMAN 1989, bes.157ff. 167ff.196ff.; H. WEIPPERT 1988a (zu 1 Kön 22 und grundsätzlich zur alttestamentlichen "Geschichtsschreibung" ). 301 Mescha-lnschrift Z. 4ff., bes. 5-8. 10f. 18f.; TIMM 1982, 158ff.; NIEMANN 1985b, 171 (Lit.). Zur Mescha-Inschrift vgl. jetzt umfassend DEARMAN ed. 1989. 302 Vgl. TIMMund NIEMANN (A. 301); der gemeinsame Feldzug Jorams b. Ahab mit Josafat von Juda und dem König von Edom gegen Moab (2Kön 3,<4-5> 6-27), der von manchen als in dieser Zeit historisch glaubwürdig erachtet wird (z. B. REHM 1982, 40-48; GRAY 1980, 468f.; BARTLETT 1983 eliminiert aus der Erzählung Josafat und den König von Edom und glaubt, daß allein Joram <2Kön 3,4-6> den- erfolglosen- Feldzug unternommen habe, während später die Prophetenerzählung mit den beiden anderen Königen hinzugekommen sei ), gelegentlich aber auch in seinem historischen Gehalt zurückhaltend beurteilt wird (WüRTHWEIN 1984, 284f.; für unhistorisch, wenigstens im Blick auf die genannten Königsnamen, hält ihn DoNNER 1986, 250. 273,), ist nach BERNHARDT 1971, in die Zeit von Meschas Nachfolger und in die Zeit Joas' (um 800 v. Chr.) zu setzen. Diese These hat TIMM 1982, 171ff. ausgebaut. Vgl. aber neuestens KNAUF 1988f, 175; DEARMAN 1989, 196ff. 201ff. 303 Nach der Monolith-Inschrift Salmanassars III. (II,91f.) waren es 2000 Streitwagen und 10000 Mann und damit im Blick auf die Streitwagenmacht das größte Kontingent der syrischpalästinisch-arabischen Koalition; zum Text vgl. die Transkription bei M. WEIPPERT 1971, 600f.; Übersetzungen: ANET 278f.; TGI 3 49f.; TUAT I/4, 361. Freilich könnte die Streitwagenzahl ad maiorem regis gloriam überhöht sein (AHARONI 1984, 347: 20 statt 2000; vielleicht trifft NA'AMAN 1976, 102, mit 200 Wagen das Richtige). Man kann annehmen, daß Ahab Kräfte dieses sicherlich verlustreichen Einsatzes im Norden an der Südostfront gegen Moab gefehlt haben, wo das Geschehen möglicherweise nicht unbemerkt geblieben war und Mescha nur in seinen Plänen und Vorhaben zum Abfall von Israel bestärkt haben kann. 29s 299
In 1Kön 20,14f. 17. 19 werden z. Zt. Ahabs §ry h-mdynwt erwähnt. mdynh ist aramäisches Lehnwort im Hebräischen 305 und kommt sonst nur noch nachexilisch 306 vor. Nach dieser Herkunft des Begriffs und der Bedeutung "Verwaltungsbezirk", "Gerichtsbezirk", "Provinz" könnte man vermuten, daß Ahab (oder schon Omri?) seinen Herrschaftsbereich verwaltungsorganisatorisch in Bezirke aufteilte. Dagegen meint Würthwein aufgrund dieses vereinzelten Belegs in der Königszeit und der massiven nachexilischen Bezeugung, die Bezeichnung sei hier anachronistisch eingefügt worden, zumal er V. 13f. für nachdeuteronomistisch erklärt307 • Dann bleiben aber die vordeuteronomistischen Belege V.15. 17. 19. Während die Vermutung, die mdynwt-Strukturierung sei aus 304 Insofern ist DoNNERS Urteil, der eine "entschlossen( e) und planvoll( e) ... innenpolitische Konsolidierung" des Omridenreiches konstatiert, wenigstens im Blick auf die (zivilen) Verwaltungsmaßnahmen differenziert zu betrachten (1986, 263). ÜLNIER 1983, 130 nimmt im Unterschied zur Zeit zwischen Jerobeam I. und Simri, wo der ständige Machtwechsel "prevented the formation of an effective bureaucracy and an elite dass in close alliance with the crown and court", an, daß "during the period of the Omrides did it (sei!. das Königtum) become fully institutionalized because of its immediate connection to a capital and centralized administration" (Hervorhebung von mir) (vgl. auch DoNNER 1986, 270, dessen "Beamtenschaft des Verwaltungsapparates" im flachen Land schwerlich nachweisbar ist, vielmehr m. E. nicht existiert hat). Aber das trifft eben nur eingeschränkt zu: Nach den von ÜLIVIER zutreffend aufgestellten Kriterien für eine wirkliche Hauptstadt (aaü, 122-126) besaßen die Omriden zwar jetzt in Samaria eine eigene Dauerresidenz, ideologisch wohl genauso wichtig wie die Königswürde selbst (122f.); aber ob sie vor der Zeit Jerobeams li. tatsächlich das ökonomische Zentrum des gesamten Landes war, ist unsicher. Auf jedem Fall ist es nicht nachweisbar, daß Samaria die Hauptstadt im Sinne des uneingeschränkten Zentrums der Landesadministration war, die die Stämme- und Lokalautorität eingrenzte (124f.), denn weder die postulierte Landesadministration noch eingegrenzte Stammes- und Lokalautorität sind irgendwie belegt (vgl. dazu im Gegenteil meine Untersuchung der Samaria-Ostraca unten!). Was ÜLIVIERS 4.Kriterium betrifft ("Hauptstadt als einigendes politisches Zentrum", aaü, 125f.), so besaß Samaria zwar als Elemente dessen eine "Akropolis" mit Palast und königlicher Hauskapelle (WALLIS 1976, 490), Vorratshaltungs-Installationen und Arsenal, aber ob diese Einrichtungen über die königliche Residenz, das byt h-mlk im umfassenden Sinne, hinaus dem gesamten Lande unmittelbar dienten, ist nicht beweisbar (auf den archäologischen Befund in Samaria ist unten noch genauer einzugehen). Und ob das von ÜLIVIER als Kiiterium genannte "nationale Heiligtum" in Samaria ein wirkliches "nationales Heiligtum" war, ob diese Rolle nicht vielmehr Betel (und Dan) spielten (WALLIS 1976, 490ff.), ist nachdrücklich zu fragen! Ohne die große Bedeutung der Gründung der Residenz Samaria in Frage zu stellen, ist doch zweifelhaft, ob Samaria "einigendes Zentrum" (inwiefern??) für die Nordgruppen war. So scheint es mir gegen ÜLIVIER eher berechtigt, von Samaria als einer bedeutenden "Residenz", einer "Königsstadt" (WALLIS aaü) zu sprechen, aber allenfalls eingeschränkt von einer wirklichen, in jeder Beziehung landesweite Funktionen ausübenden "Hauptstadt", wie es zum Begriff einer Landesmetropole gehört. Vgl. auch u. S. 92-96. 3os Vgl. GB400;HAL521a;DISO 143 306 Besonders häufig im Buch Ester als Bezeichnung persischer Statthalterbezirke sowie in Esra 2,1; Neh 1,3; 7,6; 11,3. 307 1984, 239
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte") 308
Salomos angeblicher "Provinz"-Einteilung lKön 4,7ff. herzuleiten , sehr unwahrscheinlich und durch nichts zu bekräftigen ist 309 , scheint es mir gegen Würthwein doch nicht von der Hand zu weisen, daß angesichts der ständigen, wenn auch feindlichen Nachbarschaft der Omriden mit Aram hier ein wenigstens begrifflich aramäisch vermittelter Ansatz zu einer Gliederung des Nordreiches in der Omridenzeit sichtbar werden könnte 310 • Angesichts des eher militärischen als "zivilen" Charakters der omridischen Herrschaft liegt es m. E. aber näher, bei den mdynwt an ein militärorganisatorisches statt an ein zivilverwaltungsorganisatorisches Herrschaftsmittel zu denken. Dann deuten die mdynwt nicht auf ein das Nordreich lückenlos gliederndes ziviles Verwaltungssystem, sondern auf Bezirke, die das Nordreich im großen Rahmen in Militärbezirke unter der Leitung eines §r des Königs einteilten. Solche Militärbezirke dürften am ehesten Gebiete um die von Ahab ausgebauten königlichen Festungsstädte Megiddo und Hazor gewesen sein 311 , vielleicht auch Rarnot für das (nördliche) Ostjordanland und evtl. Samaria selbst 312 . Für eine solche Deutung, wobei vermutlich nur 3-4 mdynwt anzunehmen sind, spricht auch die relativ geringe, realistisch anmutende Zahl von 232 n 'rym 313 der §ry hmdynwt, in denen mit Recht eine Elitetruppe bzw. Garde der (3-4) §rym gesehen wird und die mit ihren Führern angesichts der Belagerung Samarias in die Residenz beordert worden ist 314 • Diese militärpolitische Deutung sowie die Tatsache des völligen Schweigens über die mdynwt-Gliederung in der Folgezeit sprechen gegen eine Deutung als umfassende zivilorganisatorische Provinzgliederung des Nordreiches 315 • Damit ist aber keineswegs ausgeschlossen, daß die den Omriden folgende Jehudynastie die Einrichtung der (3-4) Militärbezirke beibehielt316 • Das wäre umso wahrscheinlicher, wenn auch noch später die assyrische Provinzgliederung des Nordreiches nach 734 v. Chr. an dieses Militärbezirkssystem anknüpfte.
308 SoDE VAux 1964, 220f.; YEIVIN 1979, 166; dagegen aber auch schon SANDA 1911, 478; GRAY 1980,425. 309 Immerhin ist auffällig, daß diese Bezeichnung bzw. Gliederung niemals vorher und nachher in der monarchischen Zeit Erwähnung findet; zu 1Kön 4,7ff. s.o. S. 27-41 und u. s. 246-251. 310 Zu einem weiteren syrisch-terminologischen Einfluß am Beispiel des FunktionärsTerminus srys vgl. RüTERSWÖRDEN 1985, 123; vgl. den ebenfalls wohl syrisch vermittelten Terminus für die königliche "Kleiderkammer" 2Kön 10,22 (o. A. 287). 311 Vgl. 1Kön 22,39, wo freilich keine Ortsnamen genannt werden; zum Ausbau Megiddos und Hazors hauptsächlich unter Ahab vgl. o. A. 89 und im Folgenden. Die von Ahab ausgebauten Festungsstützpunkte werden auch noch am Ende der Omridenzeit (Joram) in 2Kön 10,2 erwähnt, aber wiederum ohne einzelne Ortsnamen. 312 Ob sich von diesen Militärbezirken teilweise die assyrische Provinzeinteilung Israels mit den Festungsstädten als assyrische Militärverwaltungsstützpunkte erklären läßt (Hazor + Megiddo =Provinz Magiddü <733 v. Chr.>; Rarnot =Provinz Gal'adda <733 v. Chr.>; Samaria: Vasallenkönigtum <733/32 v. Chr.> =Provinz Siimerfna <720 v. Chr.> )? Vgl. zur assyrischen Provinzbildung u. a. 0TZEN 1979; AHARONI 1984, 389ff.; DONNER 1986, 308 und schon ALT 1929 = 1978, 188ff. 313 Vgl. 1Kön 20,15 314 Vgl. SANDA 1911, 478f.; ähnlich GRAY 1980, 424f.; WüRTHWEIN 1984,239 315 So aber anscheinend DE VAux 1964, 220f.; DERS. 1966, 22f. 316 Wenigstens strukturell, wenn auch bei der bekannt blutigen Ablösung/Auswechslung der dem Haus Omri verbundenen Führer durch Jehu mit neuen Befehlshabern besetzt?
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Trifft dies alles etwa das Richtige, so liegt aber lediglich eine Landesstruk-
t~rierung im. Blick auf den königlichen Militärapparat und personal repräsentiert durch die sry h-mdynwt vor, die keine direkte Bedeutung für und Auswirkung auf die lokale und regionale Selbstverwaltung der Ortschaften auf der Bevölkerungsebene hatte. Darüber, ob sie als Basis für eine spätere, weitergehende Zivilverwaltungsorganisation gedacht war, kann man nur spekulieren. Der Entwicklungsbruch des Sturzes der Omriden hemmte auf jeden Fall eine evtl. Entwicklung, wenn geplant, zumal in dem Umsturz, wie bei nahezu jedem Umsturz im Nordreich, die Führungselite der gestürzten Dynastie weitgehend eliminiert wurde, von Jehu bekanntlich besonders radikal (2Kön 20). Neben diesem wahrscheinlich lediglich militärisch motivierten Ansatz der La~desstrukturierung ist für die Omriden keine weitere verwaltungsorganisatonsche Bemühung überliefert, die sich an entsprechend eingesetzten königlichen Funktionären ablesen ließe. Mit Ahabs Nachfolgern Ahasja (852-851 v. Chr.) und Joram (851-845 v. Chr.) trat die Omridynastie bereits in die dritte und letzte Phase ein, die mit d~m Abf~ll Moabs unter Mescha und der nachlassenden militärischen Dynamik deutlich als Phase des Niedergangs gekennzeichnet ist. Das Nordreich war gerade noch zu Abwehrkämpfen gegen Araminder Lage, wobei Joram vor 317 Rarnot verwundet und die Omridendynastie anschließend durch Jehu vernicht.~t wurde. Diese Endphase der Omriden erinnert in einigen Aspekten an den Ubergang von David zu Salomo: Dort wie hier deutliches Zurücktreten der militärischen Dynamik, dort wie hier Verlagerung von Aktivitäten auf ökono318 misches Gebiet , was beides einen Keim von Stagnation, wenn nicht Niedergang in sich trug. Salomo wie Ahasja und Joram fehlte wohl persönlich die militärische Schwungkraft ihrer Väter. So bereitete derselbe Militärapparat, aus dem die Omriden kamen, ihnen durch Jehu schließlich das Ende. Über die königlichen Funktionäre am Hof, in der Residenz und im Militär der immerhin rund hundertjährigen Herrschaft ''cter Dynastie Jehu sind wir relativ schlecht informiert, ungeachtet der ausführlichen Beschreibung ihrer martialischen Anfangsphase 31 9.
317
2Kön8,28f.; 9,1-15a Vielleicht kann dafür der handelsökonomische Vorstoß Ahasjas von Israel zu gemeinsamer Schiffahrt mit Josafat v. Juda beispielhaft stehen (1Kön 22,50), was Josafat freilich ablehnte; ~
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Immerhin steht fest, daß ein Teil des Hofstaates der Omriden bereit war, sich dem Usurpator zu unterwerfen und anzuschließen 320 , was ihn aber nicht davor bewahrte, schließlich doch umgebracht zu werden 321 • So dürfte die Jehudynastie einen neuen Hofstaat aufgebaut haben, der sich strukturell kaum von dem der Omriden unterschieden haben mag, obwohl uns dafür keinerlei Aussagen vorliegen. Ganz deutlich ist jedoch, daß die Jehudynastie eine stark militärisch basierte Herrschaft war wie sie mit Jehu selbst ja auch aus dem Heer hervorging 322 • Das war auch dringend no,twendig, da die Aramäer eine die Dynastie ständig begleitende und beunruhigende akute Bedrohung 323 bildeten • Den Tiefpunkt des "Kriegsglücks" erlitt Israel anscheinend unter Joahas, wo das Heer stark dezimiert war324 , während unter Joas nach Hasaels Tod immerhin Erfolge gegen Aram zu verzeichnen waren325 , wie Joas auch die militärische Provokation Amaz326 jas von Juda zurückschlug , allerdings sich auch gegen Streifscharen Moabs zu wehren 327 hatte • Unter Jerobeam /1. ist immerhin von das Nordreich stabilisierenden Erfolgen gegen Aram (Hamat und Damaskus) die Rede328 • Dennoch ist über Einzelheiten der Heeresstruktur kaum etwas überliefert 329 • Auch darüber, ob die evtl. z. Zt. Ahabs geschaffene Militärbezirksorganisation von der Jehudynastie übernommen wurde ist 'h ts bekanntno . Jedenfalls waren dre . gut 50 Jahre des Joas und des Jerobeam 11. nicht ' mc von die Herrschaft ernsthaft bedrohenden militärisch-außenpolitischen Problemen belastet, eher von innerer Stabilität gekennzeichnet und deshalb wohl auch die wirtschaftlich erfolgreichste Zeit des Nordreiches - mit der negativen Kehrseite der wachsenden sozialen Differenzierung auf dem Hintergrund des konsumptiven, luxuriösen Wohlle-
320
2Kön 10,5 2Kön 10,11 322 Je~u war einer der sry h-}Jyl (2Kön 9,5f.) und wurde von diesem Kreis zum König proklamrert (2Kön 9,13). Die "militärische Herkunft" der Nimsiden steht neben den vielen Kriegen wohl dahinter, wenn von vier der fünf Glieder der Jehudynastie ihre "militärische Tüchtigkeit" ausdrücklich betont wird (2Kön 10,34 <Jehu>; 13,8 <Joahas>; 13,12; 14,15 <Joas>; 14,28 <Jerobeam II.>, auch wenn Joahas schwere militärische Niederlagen einstekken mußte gegen Aram (2Kön 13,7). Ebenso erfolglos war Joas gegen Moab (2Kön 3, <4f.> 6ff.) (vgl. o.A. 302). 323 2Kön 10,32f.; 13,3. 7. 14ff. 22; zur Charakterisierung der Jehudynastie im Unterschied zu den Omriden vgl. DONNER 1986, 280. 324 2Kön 13,7; vgl. AHARONI1984, 354; Joahas zahlte auch 806v. Chr. Tribut an Adadnirari III. (TGI3 53f.). 325 2Kön 13,24f.; vgl. AHARONI 1984, 354f. 326 2Kön 14,8ff. 327 2Kön 13,20; zu Joas' erfolglosem Gegenschlag gegen Moab (2Kön 3, <4-5> 6ff. )(falls historisch) vgl. o. A. 302. 328 2Kön 14,25-28; vgl. Am 6,13f. (Erfolge im Ostjordanland, Lodebar, Karnajim); AHARONI 1984, 355f. 329 Vgl. 2Kön 13,7; Hos 1,5 beschreibt den militärischen Charakter der derzeitigen Herrschaft in Israel im Bild des "Bogens" (vgl. WOLFF 1961, 20f.; RuDOLPH 1971, 52f.), Am 4,10 nennt n 'rym (Elitesoldaten, vgl. dien 'rym der sry h-mdynwt Ahabs, 1Kön 20, 14. 15. 17. 19; W?LFF 1969, 261; RUDOLPH 1974, 179), Kriegsrosse und -Iager; vgl. auch die militärische Ghederung der Städte im Blick auf ihr Heeresaufgebot (Am 5,3). 3 30 Vgl. aber o. S. 68 mit A. 312. 321
I. Funktionäre ("Beamte")
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bens der Oberschicht, wie es Amos und Hosea drastisch beschreiben 331 • HandeJ332 und Kunsthandwerk 333 blühten, Landeselite und Hof hatten Schätze angehäuft334 • Kein Wunder, daß in den Augen Hoseas die Jehudynastie in ihrer Endphase in anderem Licht erschien als man sie anfangs vermutlich gesehen hatte 335 •
Insgesamt stellten die Nimsiden einerseits eine deutlich militärisch charakterisierte Herrschaft dar, ein Faktum, dem sie gemeinsam mit der durch Jehus Tribut an Salmanassar III. 841 v. Chr. abgewendeten assyrischen Gefahr ihre lange Dauer verdankten. Die militärische Kraft reichte aber dennoch nicht über das Maß hinaus, das eine gewisse Ruhe im Landesinnern verschaffen konnte 336 • Andererseits waren, damit zusammenhängend, die letzten 5 Jahrzehnte durch eine stark konsumptive Lebensweise der Oberschicht gekennzeichnet, die zu Lasten der Bevölkerungsmehrheit ging und mit dem Ergebnis wachsender sozialer Stratifikation einherging. Es ist daneben nichts zu erkennen, was für die Entwicklung und Existenz einer Verwaltungsbürokratie königlicher Funktionäre mit Wirkungen bis auf die lokale Ebene spräche. Über die Revolte Sallums, der den letzten Nimsiden Sacharja b. Jerobeam stürzte, ist fast nichts bekannt. Wahrscheinlich handelte es sich wieder um einen Umsturz innerhalb der Hofkreise. Jibleam (= Ifirbet Bel'ame), wo Sallum den König ermordete337 , liegt am Nordabfall des samarischen Gebirges zur Jesreelebene hin, nahe bei Bet-Haggan338 • Besaßen die Könige dort eine Sommerresidenz? Sallum könnte einen Aufenthalt von König und Hofstaat dort zum Umsturz genutzt haben. Daß er sich immerhin in Samaria etablieren konnte, wenn auch nur für einen Monat 339 , spricht dafür, daß er einen gewissen Anhang am Hof besaß; es ist auch nicht überliefert, daß er, wie Jehu, den Hofstaat ausgemordet hätte. Jedenfalls blieb diese vermutliche Hofrevolte eine Episode. Nicht sehr viel mehr als über Sallum ist über Menahem b. Gadi bekannt. Daß 331 Vgl. z.B. Hos 4,8; 7,5(?); 8,13;1 2,9; 13,6; Am 3,9.~11. 15; 4,1-3; 5,10-12; 6,1-7; 8,4-6 (zu Amos vgJ. jetzt FLEISCHER 1989). .. 332 Vgl. Hos 12,2 ( Ölexport?, zu politischen Hintergedanken beim Olexport nach Ägypten vgJ. RUDOLPH 1971, 226). 8f.; Am 8,4ff. 333 Hos 8,4; 9,6; 13,2 334 Hos 12 9· 13 15 335 Vgl. H~s' 1,4' mit der Darstellung des JHWH-Eiferers Jehu und den "!aten von Jesreel" (2Kön 9; 10,1-30). Für den (wirtschaftlichen) Höhepunkt der Jehudynastle unter J~robeam 11. (wie vielleicht auch zur Zeit Salomos) mag ein Wort von Polybios passen: "Wen~ em Staat, der unbeschadet durch viele und große Gefahren gegangen ist, das Höchstmaß semer Macht erreicht und über eine volle und unangefochtene Souveränität verfügt, dann ist offenbar, daß die lange Frist des Wohlstands kostspielige und üppige Sitten aus sich gebären muß und daß die Seelen der Menschen sich in ehrgeizigem Wettstreit erhitzen und im Streben nach Würden allzu begierig und begehrlich werden." (SERVICE 1977, 382). 336 Vgl. die Charakterisierung der Nimsidenzeit durch DoNNER 1986, 280(ff). 337 2Kön 15,10 338 Dort wurde auch Ahasja v. Juda durch Jehu ermordet (2Kön 9 ,27). 339 2Kön 10,13
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er von Tirza her gegen Sallum in Samaria heranzog, muß nicht heißen, daß er von dort stammte 340 und hinter seinem Coup eine Konkurrenz der verlassenen Residenz der Zeit vor den Omriden gegenüber Samaria oder eine Stammesrivalität steht. Falls er aber Manassit war, macht die Eroberung und Ausmordung Tappuachs, der vom manassitischen 'rfi tpwiJ getrennten ephraimitischen Stadt Tappuach341 Sinn als manassitische Aktion zur Korrektur eines geographisch vielleicht als unnatürlich empfundenen Zustandes sowie zur Begründung einer Hausmacht Menahems und als legitimatorischer Beweis seiner militärisch-herrscherliehen Eignung. Für eine mehr stammes- als militärbasierte Herrschaft Menahems mag sprechen, daß weder von weiteren Militäraktionen noch von einer besonderen "militärischen Tüchtigkeit" Menahems in der ihn betreffenden deuteronomistischen Rahmennotiz 342 die Rede ist, wie es z. B. bei allen Nimsiden außer Sacharja, ungeachtet wirklicher militärischer Erfolge, schematisch geschah. Andererseits hat gerade Menahem zur Abwendung der Assyrergefahr bzw. zur Gewinnung der Rückendeckung Tiglat-Pilesers III. für seine -doch wohl usurpatorische -Herrschaft mit einem Tribut an den Assyrer die Besitzelite der Orte und Stämme belastet343 , was nicht gerade zu seiner Popularität auf der Bevölkerungsebene beigetragen haben wird. Bleibt bei Menahem und seinem ihm für ca. 1 Jahr folgenden Sohn Pekachja344 einigermaßen unklar, ob ihre Herrschaft sich mehr auf Stammesloyalität oder auf diejenige des Militärs (oder auf beides ?) stützte, und läßt sich über die Struktur ihres Funktionärsapparates nichts ermitteln, so steht immerhin fest, daß mit Pekach b. Remalja, einem slys des Pekachja345 , die Dynastie Menahems wieder durch einen Putsch der Militärelite am Hof gestürzt wurde 346 . In Pekachs Zeit fällt als Vorbote des endgültigen Endes des Nordreiches der schwere 340 Das nimmt DoNNER 1986, 303 an, freilich ohne Beweis. Falls der "große Bau in Tornähe", den H. WEIPPERT 1977, 345 mit Zurückhaltung vielleicht als "Gouverneurssitz" (Menahems?) ansprechen wollte, mit Gebäude 148 gleichzusetzen ist, so hat sich der Bau inzwischen lediglich als ein "besonders groß und gut gebautes Wohnhaus" (4-Raum-Haus) erwiesen (H. WEIPPERT 1985, 182). 341 Vgl. o. S. 56 m. A. 233 342 2Kön 15,21 343 2Kön 15,19f. (gbwry h-}Jyl); zu Menahem vgl. M. WEIPPERT 1973. 344 2Kön 15,23f. 345 2Kön 15,25 346 Der Umsturz spielt sich diesmal nicht, wie früher im Nordreich öfters, im Heerlager, sondern (wie z. B. auch bei Ela b. Baesa) in der Residenz, diesmal in Samaria im 'rmwn byt 'h-' mlk ab (2Kön 15,25). Interessant ist die Bemerkung, daß bei der Ermordung des Königs "50 Mann von den Gileaditern bei ihm waren": Da "bei ihm" sich wohl auf Pekach bezieht, heißt das, daß Pekach sich auf Gilead, wohl seine Heimat, stützen konnte, wodurch seinem Umsturz als Adjutant Pekachjas der Charakter einer Hofmilitärrevolte aber nicht genommen wird, hinter dem auch ein Gegensatz zwischen der assurfreundlichen Politik Menahems und Pekachjas und der eher damaskusfreundlichen Politik des Aram zugeneigten Pekach stehen dürfte (vgl. WüRTHWEIN 1984, 382f. und schon SANDA 1912, 186ff.; GRAY 1980, 623ff.; REHM 1982, 150ff. wie zuletzt HENTSCHEL 1985, 70ff.).
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I. Funktionäre ("Beamte")
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Einfall Tiglat-Pilesers III. im Norden und Osten Israels347 und der erfolglose Versuch Pekachs und Rezins von Damaskus, Juda in eine Koalition gegen Assur zu zwingen 34s. Man kann mit gutem Recht bezweifeln, daß Pekach Zeit, Kraft und Motivation zu verwaltungsorganisatorischen Maßnahmen gehabt hat. Jedenfalls ist nichts in dieser Hinsicht und nichts an Funktionären solcher Aufgabenbereiche auszumachen. Dasselbe gilt für die Zeit Hoseas b. Eta, den letzten Herrscher Israels. Überliefert ist lediglich die Tatsache, daß er eine Verschwörung gegen Pekach anzettelte349. Da keinerlei Hinweis existiert, daß er ein Militär und "militärisch tüchtig" war, liegt die Vermutung nicht fern, daß er zum Hofe Pekachs gehörte und Mitverschworene dort besaß. Dafür spricht, daß er sich fast ein Jahrzehnt in Samaria halten konnte 350 . Nachdem er 732 v. Chr. assyrischer Vasall geworden war3sl nutzte er in seinem 7. Jahr die Beziehungen seines Hofes nach 352 Ägypten z~ einem Verschwörungsplan zusammen mit Ägypten gegen Assur , was aber schnell zu seiner Verhaftung durch die Assyrer und 720 v. Chr. zur Einnahme Samarias, zum ruhmlosen Ende Hoseas und des Nordreiches überhaupt geführt hat353 . Die Skizze der Herrschaften des Nordreiches, ihrer sozialen Verwurzelungen und die Frage nach ihren Hof-, Residenz- und Heeresfunktionäre~ hat auffallend wenige Anhaltspunkte ergeben, die für eine verwaltungsorgamsatorische Gliederung als königliches Herrschaftsmittel sprächen, wie sich auch keine Funktionsträger bezeugt fanden, die im königlichen Auftrag organisierende Macht bis auf die lokale und regionale Bevölkerungsebene ausgeübt hätten. Das muß auf den ersten Blick Erstaunen erregenangesichtsder immerhin knapp 200jährigen Existenz des Nordreiches. Zur Erklärung kann man sogleich darauf hinweisen, daß die strukturelle Stabilisierung und Entwicklung durch die ständigen Umstürze immer wieder unterbrochen worden war. Aber es hat immerhin doch zwei Dynastien gegeben,,?ie über 30 (Omriden) bzw. knapp 100 Jahre (Nimsiden) währten. Aber auch bei ihnen ist zu. ~emerken, daß sie, bedingt durch die im Gegensatz zu Juda gefährdete geopohttsche Lage des Nordreiches ständig alle Hände voll zu tun hatten, um sich äußerer Gefahren zu erwehren, so daß für innenpolitisch stabilisierende Aufgaben der Landes- und Herrschaftsstrukturierung allem Anschein nach zu wenig Kraft und Zeit blieb. Darüber hinaus spielte zweifellos die zentrifugal wirkende Stämmeund Gruppenvielfalt des Nordreiches eine Rolle. Es ist insofern auch bezeichnend, daß in der relativ stabilen Ahabzeit zuerst und vor allem ein Ansatz zu 347
2Kön 15 ,29
.
348 Vgl. Jes 7,1-9; 2Kön 15,37; zum Syrisch-Ephraimitischen Krieg vgl. d1e Kommentare z.St., bes. WILDHERGER 1980, 262ff., auch HERRMANN 1980, 306ff.; DONNER 1986, 303ff. 349 2Kön 15 ,30 35o 2Kön 17,1 351 2Kön 17,3; ÜTZEN 1979 352 2Kön 17,4; 18,9f. 353 2Kön 17,4-6 (vgl. dazujetzt überzeugend NA' AMAN 1990); 2Kön 18,9-11.
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A) Binnenverwaltung alsHerrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
einer anscheinend lediglich militärorganisatorisch motivierten Gliederung (mdynwt) festzustellen war, aber das ist- wiederum bezeichnenderweise- auch alles, was sich auf diesem Gebiet tat. Weder ist sicher, daß diese Gliederung nach dem Ende der Omriden durch die Nimsiden weitergeführt oder gar ausgebaut worden ist, noch ist irgendetwas über eine Weiterentwicklung in Richtung einer regionalen königlichen Zivilverwaltungsgliederung bekannt. Hat es also gewissermaßen "von oben" keine zivilverwaltungsorganisatorische Strukturierung als Herrschaftsmittel im Nordreich gegeben, stellt sich die Frage, ob vielleicht Ergänzendes sichtbar wird, wenn man von der lokalen und regionalen Bevölkerungsebene her fragt, ob dort irgendwelche Auswirkungen herrschaftlicher Machtausübung und Machtansprüche durch den Einsatz und das Auftreten königlicher Funktionsträger sichtbar werden. Das hierzu relevante Textmaterial ist bescheiden, andererseits eindeutig, indem es deutlich lokale Selbstverwaltung dokumentiert und von königlicher Einflußnahme in lokale Belange, d. h. königliche Verwaltungsorganisation in der Regel keine Rede sein kann. Folgende Texte zeigen das exemplarisch:
Wird die gelegentliche Notwendigkeit einer solchen Vermittlung und Schlichtung durch eine über oder außerhalb der Sippe stehende Instanz hier angedeutet, so findet sich ein konkreter Fall in 2Kön 8,1-6357 . Die in den beiden Beispielen angeführte Art der Vermittlung durch eine übergeordnete Autorität ist eine typische machtstabilisierende Funktion von Herrschern (chiefs 358 ).
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356
1Kön 21 354 : V. 8 schreibt Isebel Briefe an die Ortselite von Jesreel ( zknym und l]rym) im "Fall Nabot", geht also nicht mit Gewalt zu Werke, was vielleicht möglich, aber offenbar untunlich erschien. Das dürfte nicht nur Methode zur Verdeckung der geplanten Unrechtstat gegenüber Nabot sein, sondern auch der Weg, der den Anschein der Legalität bei einem angeblichen Kapitalverbrechen wie Gottes- und Majestätsbeleidigung wahrte. Man kann dabei bezweifeln, daß die in der Erzählungsformulierung deutlich durchscheinende Unterschiebung derTat Nabots (V. 10) im Brief (falls es den gab und ernicht nur ein erzählerisches Element ist) so erkennbar formuliert war; dieser Akzent kann auf den Erzähler zurückgehen, der eindeutig auf seiten Nabots stand und den Eindruck der Niedertracht Isebels herausstellen wollte. Die Abfassung der Briefe im Namen und mit Siegel Ahabs (V. 8) gibt der Aufforderung an die Ortselite Jesreels ohnedies ein solches Gewicht, daß man von einer Weisung sprechen kann, der sich die führenden Kreise des Ortes, in dem ja auch der König zur Besitzelite zählte, kaum entziehen konnten 355 . Wie dem auch sei, es ist jedenfalls bemerkenswert, daß im Ort der königlichen Nebenresidenz mit dem scheinrechtlichen Verfahren, wie Isebel es vorschlägt, formalrechtliche Rücksicht gegenüber der lokalen Gerichtshoheit geübt wird, auch wenn der König selbst involviert ist. Ist dies in einem so exponierten Ort und bei einem so schwerwiegenden Verbrechen der Fall, dürfte dasselbe auf jeden Fall in jedem anderen Ort und bei geringfügigeren Anlässen ebenso gegolten haben.
Ebenso deutlich in diese Richtung weist 2Kön 4,13f.: Die Surramitin lebt innerhalb des offensichtlich voll ausreichenden Schutzes (auch Rechtsschutzes) ihrer Verwandtschaftsgruppe ('m) und bedarf keiner Fürsprache oder Vermittlung bei Autoritäten außerhalb oder über der Ebene der Verwandtschaftsgruppe, als deren höchstmögliche Beispiele König und Oberster Heerführer erwähnt werden. 354 Zu diesem Kapitel und dem "Fall Nabot" vgl. neben den Kommentaren BoHLEN 1978; zum bodenrechtliehen Aspekt DYBDAHL 1981, 152-162. 355 Vgl. die Briefe Jehus in 2Kön10,1 ff. mit ähnlichen Charakteristica.
Stellen diese wenigen, aber wohl repräsentativen Beispiele die rechtlichverwaltungsmäßige Selbständigkeit der von ihrer jeweiligen Oberschicht bzw. deren Elite geführten Ortschaften auch gegenüber dem Herrscher heraus, so ist weiter nach der Stellung dieser selbständigen lokalen Eliten zum Königtum zu fragen. Es liegt auf den ersten Blick nahe, mit dem Südreich und dem dort herausgearbeiteten Verhältnis von Königtum und Orts- und Regionalelite zu vergleichen. Bei näherem Hinsehen stellen sich aber gravierende Unterschiede heraus: Die Ausgangslage für eine einheitliche und gleichartige sowie geradlinige Entwicklung im Nordreich ist durch die Vielzahl der Stämme und Gruppen, die geomorphologische Differenziertheit der Regionen und ihre damit gegebene mindestens latente zentrifugale Neigung, überhaupt den größeren Umfang des Gesamtterritoriums viel ungünstiger gewesen als in Juda. Weiterhin ist durch die überwiegend zu beobachtende Herkunft der Herrscher aus dem Militär bzw. der höfischen Umgebung der jeweiligen Vorgänger359 ihre Verwurzelung in der Bevölkerungsebene geringer als in Juda. Entsprechend gering ist die Einflußnahme des Volkes oder vielleicht sogar sein Interesse am Wechsel der Herrschaften -wieder im Gegensatz zur mehrfachen Aktivität des 'm h- 'r!f bei Revolten in Juda. Wenn sich Glieder der lokalen und regionalen Elite mit dem Herrscher verbunden hatten, standen sie in der Gefahr, bei der nächsten Revolte mit eliminiert zu werden. So verhinderten die Revolten ein gutes Stück weit eine sich pyramidal entwickelnde, breitere Elite in der Oberschicht mit Bindung an das Königtum. Im Unterschied zum Südreich fehlten auch lange einen gesellschaftlichen Konsens fördernde, einigende Symbole, wie Juda sie in Jerusalem, den Davididen und dem Jerusalemer Tempel von Anfang an besaß. Es ist zweifelhaft, ob Samaria jemals für alle Nordreichsbewohner einen vergleichbaren integrierenden Stellenwert besaß; die wechselnden Dynastien haben diese Integrationskraft wohl kaum besessen. Gab es also im Nordreich im Unterschied zum Südreich weniger Anlässe und Motive für Bewohner der Ortschaften und Regionen, grundsätzliche, umfasVgl. 2Sam 14,2ff.; 15,2-6; 1Kön 3,16-28 Vielleicht hatte der König selbst das durch die Auswanderung erledigte Gut eingezogen? Vgl. CH § 30 (TUATI/1, 48) zur Rechtslage im Babylonien Hammurapis. 358 Vgl. SERVICE 1977, 37f. 134ff. 359 Lediglich Jerobeam I. und vielleicht Baesa und Tibni bildeten Ausnahmen mit einem überwiegenden Rückhalt in Stämmen bei ihrer Königserhebung; bei Menahem ist dasselbe möglich, aber er kam zunächst aus dem Hofbereich (?)wie auch Pekach. 356
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I. Funktionäre ("Beamte")
sende sowie stetige Kooperation mit dem Königtum über formale Akzeptanz und fallweise Unterstützung hinaus, etwa bei äußerer Bedrohung, zu suchen, stellt sich die Frage, ob ein Bestreben zur Herstellung eines machtstabilisierenden Konsenses vielleicht von seiten des Königtums zu belegen ist.
hindurch kontinuierlich mehr oder weniger stark besiedelt war366 . Ist daher kein grundsätzlicher Zweifel an der Möglichkeit von Bau- oder Ausbau- oder Befestigungstätigkeit oder am ehesten bescheidener Bautätigkeit zur Ausbesserun[J367 von Befestigungen in welchem Umfang auch immer gerechtfertigt, sehe ich nichts, was zu Mißtrauen gegenüber der Aussage des Verses veranlaßte. Zwar ist, wie gesagt, nicht ausdrücklich von königlicher Beauftragung Hiels die Rede, eine solche ist aber von der strategischen Lage am Südostzipfel des Nordreiches gegenüber Juda und gegen Mescha an den Jordanfurten in Richtung auf Moab zur Zeit Ahabs überaus einleuchtend368 . Bei dem Versuch noch genauerer zeitlicher Einordnung gibt es unterschiedliche Vorschläge: Der Ausbau des exponierten Nordreichsortes als Zwischenstützpunkt Israels macht vor und während der von Mescha bezeugten erfolgreichen Expansion Omris und Ahabs gegen Moab 369 wohl doch besseren Sinn als nach dem Tode Ahabs 370 . Zwar kann man zu dieser Zeit den
Ansatzmöglichkeiten zu einer Interessenverbindung bzw. zur Gewinnung von Loyalität und Kooperation mit der Orts- und Regionalelite boten sich über die Königsfamilien, die Familien der königlichen Haupt- und Nebenfrauen und Hoffunktionäre einschließlich der Spitzenmilitärs. Dabei konnten sich aber keine elitären Kontinuitäten mit ihrer stabilisierenden Funktion wie im Südreich bilden, weil die jeweilige Hofelite bei den meisten Herrschaftsumbrüchen ausgerottet, günstigstenfalls auf den vorherigen Status innerhalb der Herkunftsorte und -regionen zurückgeworfen wurde. Einzelheiten wie etwa Angaben über Königsfrauen sind aber nicht überliefert. Immerhin können vereinzelte Beispiele für die Existenz und Entwicklung von Loyalitätsverhältnissen und Interessenübereinstimmungeil zwischen Gliedern lokaler/regionaler Eliten und dem Königtum namhaft gemacht werden, wozu sich naturgemäß desto mehr Gelegenheit bot, je länger eine Dynastie regierte. Ein symptomatisches Beispiel bildet der Priester Amazja am ausdrücklich als "königliches Heiligtum" bezeichneten Kult von Betel360 z. Zt. Jerobeams II. Eine ähnliche, dem König unmittelbar verbundene Loyalität kann man am Heiligtum von Dan annehmen361. Gerade die Feststellung, daß im königlichen Heiligtum und Ort Bethel bekanntermaßen starke Interessen der Nordreichsherrscher aus ideologisch-legitimatorischen Gründen und außenpolitisch wie innenpolitisch stabilisierenden Motiven der religionspolitischen Abgrenzung gegenüber Juda existierten, die zudem aufgrundder altehrwürdigen Tradition Betels362 im Unterschied zu anderen, mit der einen oder anderen Dynastie allein verknüpften Tradition aller Wahrscheinlichkeit nach ausnahmslos von allen Nordreichskönigen gepflegt wurden, macht es sehr wahrscheinlich, daß die lokale Elite Betels, einschließlich der priesterlichen, in ganz besonderem Maße dem Königtum loyal verbunden war und sich kooperativ verhielt. Vor diesem Hintergrund gewinnt die gelegentlich in ihrem Wert oder in ihrer Zuordnung zur Ahabzeit in Zweifel gezogene 363 Notiz lKön 16,34 an Gewicht. Danach hat ein gewisser Hiel von Bethel in der Zeit Ahabs Jericho "gebaut". Wie und warum dabei seine beiden Söhne umkamen 364 , kann hier auf sich beruhen. Daß Hiel königlicher "Beamter" war, der im Auftrag Ahabs handelte, wird nicht gesagt365 . Die Frage, wann Jericho in der Eisenzeit besiedelt war mit ableitbaren Folgerungen zu Sinn und Zweck des "Bauens" Hiels sowie zu seiner Datierung, ob tatsächlich zur Ahabzeit oder nicht, wobei im letzteren Fall die Ausdeutbarkeit der Notiz sich eher noch verminderte, ist seit der Untersuchung von H. und M. Weippert beantwortbar geworden durch deren Feststellung, daß Jericho die gesamte Eisenzeit 360 Am 7,10-13 361 Vgl. NIEMANN 1985a, 118ff. 131ff. 362 Vgl. Gen 28,10-22 363 So zuletzt von TIMM 1982, 48f. (ihm folgend DONNER 1986, 273) ohne durchschlagende Gründe. 364 Vgl. dazu SANDA 1911, 41lf.; H. u.M. WEIPPERT 1976, 148; REHM 1979, 167; GRAY 1980, 369f.; NOTH 1983, 355f.; WüRTHWEIN 1985, 204; CLAUSS 1986, 196. 365 Gegen SANDA 1911, 411; REHM 1979, 167; NoTH 1983, 355; WüRTHWEIN 1985,203.
Ausbau auch motivieren, nämlich nun als defensive Maßnahme, hat aber den Text von V. 34 mit der Zuordnung zu Ahab gegen sich. Wichtiger als diese zeitliche Detailfrage ist dies, daß mit Hiel allem Anschein nach ein Glied einer Ortselite, ohne ausgesprochenermaßen bzw. nachweislich (Hof-)Funktionär des Königs zu sein, unter persönlichem Einsatz und Opfer, vielleicht auf Wunsch und wohl jedenfalls (auch) im Interesse des Königs eine für das Landeswohl wichtige (Bau-)Aufgabe in einem Ort ausführt, von dem nicht textlich bezeugt, aber geographisch-strategisch wahrscheinlich ist, daß er ein königlicher Funktionalort war. Man muß zugeben, daß in der Episode etliches im Dunkel bleibt: Das genauere Verhältnis König- Hiel und die Funktion des letzteren, die Frage des Todes der Söhne, der exakte Umfang von Hiels Aufgabenstellung. Aber das, was klar ist, ist wichtiger: Ein Mann aus Betel, als solcher dem König verbunden, offenbar ein fähiger Spezialist, ob organisatorisch oder handwerklich, damit Glied der Elite seines Ortes, übernimmt mit allen diesen Voraussetzungen, aber ohne ausdrücklich als königlicher Funktionär ausgewiesen zu sein, eine militärstrategisch wichtige Vertrauensaufgabe. So ist Hiel ein Beispiel für ein Mitglied einer Ortselite, das mit dem Königtum, ohne ausdrücklich in eine Funktion eingebunden zu sein, kooperierte, ein "freier Mitarbeiter" in Interessenübereinstimmung mit dem Königtum. Einen wichtigen Einblick in das Verhältnis der Lokal- und Regionalelite des Nordreiches zum Königtum, das andere Akzente aufweist als das Verhältnis Königtum - Elite in Juda, vermag eine Betrachtung der Samaria-Ostraca zu verschaffen 371 • Sie sind auch deshalb hier heranzuziehen, weil sie gern im Zusammenhang mit dem Krongut als einer ökonomischen Machtbasis des
366 1976, bes. 113f(f); 131. 134ff. 145 367 So mit Recht auch H. u. M. WEIPPERT 1976, 148; REHM 1979, 167; NoTH 1983, 355f.; WüRTHWEIN 1985,203. 368 In dieser Art denken auch SANDA 1911, 411; GRAY 1980, 371; NoTH 1983, 355; WüRTHWEIN 19S5, 203. 369 Mescha-Inschrift Z. 5-9; vgl. SANDA 1911, 411 (denkt aber an eine defensive Maßnahme Ahabs gegen Meschas Vordringen); NoTH 1983, 355; WüRTHWEIN 1985,203. 370 Dann aber als defensive Maßnahme des Nordreiches, vgl. SANDA 1911, 411; H. u. M. WEIPPERT 1976, 148; unentschlossen GRAY 1980, 369-371. 371 Auswahl-Ausgaben: KAI Nr. 183-186; JARos, 1982, Nr. 16-27 (S. 51-57); TUAT I/3, 248f.; vgl. auch AHARONI 1984,374-376.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Königtums und mit Landvergabe an königliche Funktionäre3 72 sowie schließlich auch als Belege für eine Landesgliederung betrachtet werden, alles zumindest indirekte Herrschaftsmittel der Könige. Es ist hier nicht notwendig, den Problemkomplex der Samaria-Ostraca in allen Einzelheiten darzustellen373 . Ich konzentriere mich auf folgende Fragen: Was dokumentieren die Ostraca? Geben sie Einblick in die königliche Binnenverwaltung des Nordreiches? Wenn ja, was ergibt sich für die Frage nach der Verwaltung der Durchschnittsortschaften? Im Blick auf die Datierung der Ostraca hat Aharoni überzeugend dargelegt, daß die beiden Gruppen der auf das Jahr 9 bzw. 10 sowie auf das Jahr 15 datierten Ostraca am ehesten in der Zeit des Joas (800-785/802-787 v. Chr.) und des Jerobeam I1.(785-749/ 787-747 v. Chr.) anzusetzen sind374 . Weiter hat Aharoni mit Recht herausgestellt, daß zwischen den Absender-Sippen bzw. -Orten bzw. -Personen einerseits und den Empfängern andererseits keine wechselseitige Beziehung besteht375 . Er weist auch darauf hin, daß Lieferungen aus einem Sippenterritorium an verschiedene Personen gehen, was bedeute, daß der Empfänger Lieferungen von dem ihm von der Krone übertragenen Landbesitz erhalte, und daß eine Person aus verschiedenen Sippenterritorien Lieferungen erhalten könne 376 . Da nun die Sippenzugehörigkeit der Empfänger nicht feststeht, kann m. E. auch der Fall vorliegen, daß ein (orts-und sippenfremder) Empfänger nicht nur von ihm übertragenen Ländereien, sondern auch von der eigenen Sippe (dem eigenen Gut) Lieferungen erhält377 • Die kleinen Liefermengen bedeuten, daß es sich natürlich nicht um komplette Ernteerträge, sondern um Beihilfen von Fall zu Fall und 372 Hier ist gegenüber der bisherigen Forschung zu fragen, woraus eigentlich mit Sicherheit hervorgehen soll, daß es sich um Krongut-Lieferungen handelt. Aus dem Formular der Ostraca, von dem man aus methodischen Gründen ausgehen muß, geht dies offensichtlich nicht hervor! Der einzige, freilich unsichere "Beweis" ist doch der, daß die Ostraca im Palast von Samaria gefunden worden sind! Ich will allerdings nicht bestreiten, daß sich unter den Lieferungen auch solche von Krongütern befanden, zumal diejenigen, wo die LieferungsOstraca keinen Empfängernamen enthalten und wohl auch diejenigen von den beiden Weinbergen krm htl und krm y}fw'ly. Aber das ist nur ein kleiner Teil. Sowohl die Einzelheiten des Formulars als auch der Fundort des Palastes in Samaria lassen sich, wie ich zu zeigen versuchen werde, neben der Krongut-These (so besonders METIINGER 1971, 91f. nach Früheren , aber diese These ungerechtfertigt auf alle Ostraca ausdehnend; ähnlich auch SMELIK 1987, 56f. ) auch noch anders und nur teilweise als Krongut-Lieferungen erklären, außerdem gänzlich ohne die Annahme einer steuerlichen Deutung (so früher z.B. ALBRIGHT und zuletzt AHARONI ). 373 Vgl. die Übersicht bei AHARONI 1984, 371-385 (Lit.!) sowie u.a. METIINGER 1971, 89-92; RA!NEY 1967; DERS. 1979; DERS. 1982; KAUFMAN 1982; RüTERSWÖRDEN 1985, 123f.; SMELIK 1987, 50-60 sowie die in A. 371 genannte Lit. 374 AHARONI 1984, 381f.; SMELIK 1987, 58f.; vgl. neuestens aber RAINEY 1988 (Joas' 15. und seines Ko-Regenten Jerobeam 9./10. Jahr fallen auf784/3 v. Chr.); eine Datierungsalternative in TUAT U3, 248 (Menahern!Pekach), aber ohne durchschlagende Gründe. Zur Sprache der Samaria-Ostraca vgl. KNAUF 1990d, 15. 375 AHARONI 1984, 380; auch METTINGER 1971, 91. 376 AHARONI 1984, 379f.; vgl.im Einzelnen dazu u. S. 83-85 (Exkurs). 377 So mit AHARONI 1984, 379 und jetzt auch RAINEY 1988, 71-73 gegen METTINGER 1971,
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für die Zeit des Aufenthalts des Empfängers am Hofe handelt, der kein ständiger sein muß378. Aharoni scheint zunächst zurückhaltend gegenüber der Meinung, die Sippenterritorien seien Verwaltungsdistrikte 379 sowie dagegen, die Lieferungen als Steuern anzusprechen380, denn dann frage es sich, warum die Lieferungen nicht mit den Territorien übereinstimmen; eine Besteuerung muß im Blick auf die Notwendigkeit der Akzeptanz konsequent und lückenlos sein. Sippennamennennung neben Nichtnennung spricht gegen die Existenz von Steuern bzw. Abgaben auf Verwaltungsdistrikt- und Sippengebietsbasis. Vielmehr muß m.E. hauptsächlich eine personale Beziehung zwischen Absender/Ort/Sippe und Empfänger bestehen381 . Wegen der verschiedenartigen "Formulare" mit oder ohne Sippennamen eine Verwaltungsreform zu postulieren, die eine Phase 382 der Abgabeerfassung ohne Sippennamen von einer Phase mit Sippennamen trennt , ist nicht zwingend: Zwar treten Sippennamen in den Ostraca der Jahre 9/10 bis auf zwei Ausnahmen nicht, im Jahr 15 dagegen meist auf, aber die Art der Datenerfassung auf den Ostraca zwischen Jahr 9/10 und Jahr 15 ist überhaupt an mehreren Stellen verschieden und auch verschieden ausführlich383 . Der Unterschied kann sich aus mehreren 91f.; SMELIK 1987, 56; RürERSWÖRDEN 1985, 123f., die anscheinend nur an Höflinge der Residenz denken, die von Krongut versorgt werden. 378 AHARONI 1984, 378; vgl. u. S. 83-85 (Exkurs). Wieso SMELIK 1987, 56, meint, daß der (zeitweilige oder längere) Hofaufenthalt es mit sich bringe, daß diese Leute dadurch an ?~n Hof gebunden und nicht mehr in der Lage seien, von eigenen Gütern sich Versorgungsbelhlifen kommen zu lassen, verstehe ich nicht. 379 AHARONI 1984, 380f. 382; vgl. aber zur Meinungsänderung bei AHARONI selbst unten A. 388. 380 AHARONI 1984, 378. 380f.; SO auch mit Recht METTINGER 1971, 91f.; SMELIK 1987, 56. Auch diese seine Meinung nimmt AHARONI (aaO, 382f.) wieder zurück und spricht nachdrücklich von "Steuerlasten", "Steuereintreibungen". 381 Das geht m. E. eindeutig daraus hervor, daß die Lieferungen fast immer an eine Person gehen, wie die Ostraca auch trotz der Wechsel im Formular fast immer einen EmpfängerPersonennamen enthalten (s. u. A. 383), meist auch von einer Absender-Person, während alles andere variiert. Die als Absenderangaben lediglich einen Weinbergs-(Orts-) Namen enthaltenden Ostraca sind natürlich Lieferungen von königlichen Weinbergen, was keiner weiteren Absender-Angabe personeller Art bedurfte (vgl. A. 389). 382 So mit AHARONI 1984, 380f.; vgl. aber die Inkonsequ'enzen AHARONIS (u. A. 388). 383 Der folgende Ordnungsversuch leitet sich von der Zusammenstellung AHARONIS 1984, 374-376 ab da mir keine vollständige Ausgabe in korrekter Transkription vorliegt. Es ist zu beachten, d~ AHARONI möglicherweise die Reihenfolge der Angaben gelegentlich schematisiert hat; so lautet Ostracon Nr.2 nach dem Abdruck bei SMELIK 1987, 55: an PN (= Personenname) aus ON(= Ortsname) von PNN (= Personennamen), wä~rend bei AH~RONI Ostracon Nr. 2 unter Typ 3 den ON vorangestellt hat. Das ergäbe zwar Anderungen m der versuchsweise von mir zusammengestellten Typik und der Belegzahl der Typen, ändert aber nichts an der Existenz der verschiedenen Kombinationstypen der Angaben als solcher. Typ 1 an PN von PN 1 X oJ; 1 X J .15 = 2 Typ2ausON anPN 8xJ.9;6xJ.10;2xoJ =16 Typ 3 aus ON an PN von PNN 2 X J.10 = 2 Typ 4 aus ON von SN an PN von PN 9 x J.15; 3 x oJ = 12 TypS vonSN anPN vonPN 10xJ.15;2xoJ =12 Typ6 vonSN anPN 2xJ.10;1xJ.15;1xoJ 4 Typ 7 von SN von PN 1 x oJ 1 Typ 8 von PN 1 X J.lO; 1 X J.15; 1 X oJ 3 vonSN 1xJ.17(!);1xoJ 2 Typ9
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anderen Faktoren statt einer völlig unbewiesenen Verwaltungsreform herleiten, zumal, wie auch Aharoni 384 feststellt, sich die Frage stellt, warum überhaupt Sippennamen erwähnt werden, da Ortsname, Personenname/Empfänger + Personenname/Absender zur Dokumentation hinreichen und nicht einzusehen ist, was die Sippennamennennung erforderlich macht385 • Die zusätzliche Sippenerwähnung kann z. B., da sie nahezu ausschließlich bei den Ostraca des Jahres 15 auftritt, von einem anderen, neuen Lagerverwalter und dessen anderen Dokumentationsgewohnheiten herrühren 386 • Außerdem ist es äußerst unwahrscheinlich, daß Sippen-Territorien nicht auch z. Zt. der Ostraca der Jahre 9/10 existierten; warum wurden sie dann nicht genannt? Je persönlicher die
Beziehungen und Kenntnisse der beiden Relations-Pole Empfänger und Absender waren, desto weniger Angaben reichten zur sicheren Identifikation aus. Da die Lieferungen aber nicht mit Steuern in Zusammenhang stehen387 , die eine übersichtliche und korrekt-nachprüfbare Dokumentation erforderten, sondern von konkreten Lieferantenpersonen an konkrete Empfänger gingen, ist der Personenname, nicht der Sippenname entscheidend. Es geht also, wie auch Aharoni zunächst anzunehmen scheint, um Belieferung von Empfangsberechtigten während ihres Aufenthalts in Samaria, nicht um Steuern388 • Besonders wichtig ist die Feststellung, daß nie389 der Personenname des
(SN= Sippenname; J =Jahr, oJ =ohne Jahresangabe; Zahl am Ende der Zeile= Anzahl der Belege bei AHARONI) Deutungsversuch des Hintergrundes der Relationstypen: Typ 1: Persönliche Beziehung zwischen Absender und Empfänger (innerhalb von Sippe, Familie, Ort) oder Abhängigkeit Typ 2: Empfänger besitzt einen Hof/einen gesamten Ort, jedenfalls liegt eine persönliche Beziehung vor Typ 3: Empfänger besitzt mehrere Güter oder hat mehrere abhängige Personen/Lieferanten Typ 4: Empfänger hat mehrere Güter/Abhängige in verschiedenen Orten/Sippen (deshalb unterscheidende ON/SN/PN) Typ 5: Empfänger hat mehrere Güter/Abhängige in verschiedenen Sippen (deshalb unterscheidende SN/PN) Typ 6: Sippe schickt Unterstützung (freiwillig oder aus Abhängigkeitsgründen?) an Empfänger Typ 7: Lieferung eines aus welchen Gründen auch immer Lieferpflichtigen an den König(?) (vom Krongut?) Typ 8: Lieferung eines am Hofpersönlich Bekannten (vom Krongut?) an den König Typ 9: Lieferung aus einer aus welchen Gründen auch immer dem König lieferpflichtigen Sippe 384 1984, 381 385 Schwierigkeiten bei der Identifizierung der Herkunft der Lieferung und dem Empfänger kann es bei den Formularen 1-5 nicht geben, ob eine Sippe genannt (Typ 4 + 5) ist oder nicht (Typ 1-3); die übrigen Angaben genügen. Bei Typ 7 kann es sich mangels eines persönlichen Empfängers eigentlich nur um Lieferungen von Krongut(pächtern) an den König handeln, wobei der Personenname des Liefernden zur leichteren Identifizierung in einem Fall durch den Sippennamen ergänzt wurde, in den drei anderen Fällen scheint der Absender-Personenname ausgereicht zu haben. Lediglich bei Typ 6 (4 Beispiele aus Jahr 10, Jahr 15 bzw. o.J.) sowie Typ 9 (2 Beispiele aus Jahr 17 bzw. o. J.) ist der Sippenname die einzige Identifizierungsmöglichkeit, aber da der Empfänger bei Typ 6 eine Einzelperson ist, konnte sie aus dem Sippennamen den (oder die) Liefernden identifizieren; dabei dürfte es sich um Elitevertreter der entsprechenden Sippen (Schemida und Abieser), die am Hof anwesend waren, gehandelt haben. Warum eine Sippe in den nur zwei Fällen des Typs 9 (wem?) liefert, bleibt ein wenig unklar ( evtl. dem Königshof). So kann von einer echten Notwendigkeit der Sippennennung in lediglich 6 von 54 Lieferungsfällen ( = 11%) die Rede sein, eine sehr schmale Basis für die These einer Verwaltungs-Territorialreform auf Sippenbasis, wobei gegen diese Reform die Verteilung dieses kleinen Teils der Ostraca auf die Formulare 6 + 9 und vor allem die Verteilung auf die Jahre 10 (2 X), 15 (1 X), 17 (1 X) und o.J. (2 X) spricht; vgl. aber auch A. 383. 386 So mit Recht METTINGER 1971, 91, der aber dies wiederum unnötigerweise mit einer angeblichen Verwaltungsreform Jerobeams II. verbindet (vgl. u. A. 388).
387 Vgl. neben AHARONIS berechtigter Ablehnung dessen im Falle der Ostraca (vgl. aber A. 388) die zutreffende grundsätzliche Bestreitung von Steuern bei RüTERSWÖRDEN 1985, 127ff. Am Hof gab es wohl immer verschiedene Kostgänger (1Kön 18,19). 388 So neben METTINGER 1971, 91f.; SMELIK 1987, 56 zunächst auch AHARONI 1984, 378f. 380f.; anders DERS. aber aaO, 382f. AHARONI versucht im weiteren Verlauf seiner Darlegungen eine Begründung der Sippennennungen auf manchen Ostraca zu finden. Dabei widerspricht er ohne mir erkennbare neue Argumente seinen eigenen Auffassungen von 1-2 Seiten vorher: War er S. 380 noch geneigt, die Sippennamen als Hinweis auf Sippenterritorien statt Verwaltungsdistrikte zu sehen (m. E. völlig zu Recht) und schien S. 381 skeptisch gegen NoTHs Vermutung einer Verwaltungsreform z. Zt. Jerobeams II., weil die Sippennamen für die Lieferungsidentifizierung wegen der ausreichend genauen Namenangaben im Jahr 15 ke~ne erkennbare Bedeutung hätten (m. E. richtig), nimmt er S. 382 unter Berufung auf eme angebliche Volkszählung Jerobeams II. nach 1Chr 5,17 (das ist aber eine Angabe in einem historisch zweifelhaften, mehrfach geschichteten Text, vgl. RoTHSTEINIHÄNEL 1927, 99-101; GALLING 1954, 28; RUDOLPH 1955, 47; WILL! 1972, 195m.A. 30; KARTVEIT 1987, 69-74. 164-167; die Kommentatoren gehen aber alle nicht auf die Detailfrage der Historizität der Volkszählung ein, auch neuestens WILLIAMSON 1982, 65 nicht; gegen AHARONI bezieht sich m. E. die Eintragung 1Chr 5,17 nur auf die Gaditen <1Chr 5,11-16>, nicht auf das gesamte Nordreich. Vor allem hat aber Mosis nachgewiesen, daß die mit YlfS Hitp. ausgedrückte "Einschreibung" wenig mit einer Volkszählung < z.B. 2Sam 24> oder einem Steuerzensus zu tun hat, sondern offensichtlich eine Vorstellung einer ganz späten nachexilischen Gruppe ist <1982, 610-614>) schließlich doch an, daß es sich zwar nicht bei den Sippennamen um Verwaltungsbezirke (m.E. hat er darin Recht), sondern um Sippenterritorien handele (auch das ist m. E. richtig), aber die Steuern, um die es sich nun (aaO, 382f.) plötzlich doch gegen seine eigene, vorher geäußerte Meinung handeln soll, seiw- nach der angeblichen (m. E. nic~t nachgewiesenen) Volkszählung auf die Sippen verteilt worden; dagegen sprechen aber dte Beispiele aus Jahr 15 mit PN ohne SN und bei Belegen mit SN sind dann doch die PNN überflüssig (s.o. A. 383). AHARONI fährt fort: "Trotzdem wurden die Orte selbst nicht auf die verschiedenen Verwaltungsdistrikte neu verteilt" (aaO, 382). Natürlich nicht, denn solche Verwaltungsdistrikte gab es ja gar nicht, wie auch AHARONI wenige Zeilen vorher selbst gesagt hat, sondern lediglich Sippenterritorien. Das hindert AHARONI aber nicht, auf derselben Seite 382 vom "Verwaltungsbezirk" "Gebirge Ephraim" und auf der folgenden Seite (383) auch wieder von einem "Verwaltungsdistrikt" (Manasse = Nordteil des Gebirges Ephraim) zu sprechen. Hier scheint mindestens terminologisch einiges durcheinanderzugehen; möglicherweise steht die (zu) moderne Ansicht bei AHARONI im Hintergrund, daß ein Königreich doch irgendwie verwaltungsmäßig strukturiert sein müsse. Es ist ganz unmotiviert, daß AHARONI (aaO, ·382f.) aufgrund einer nicht existierenden Volkszählung die Abgaben ~n in Sama~ia anwesende Elitäre der um Samaria liegenden Sippenterritorien und Orte plötzhch (gegen steh selbst, aaO, 379f.) doch als "Steuerlasten", "Steuereintreibungen" bezeichnet und sogar aus dem Nichts eine "exakte, gut organisierte Verwaltung" z. Zt. des Joas und des Jerobeam II. behauptet. 389 Abgesehen von den Lieferungs-Ostraca von den beiden königlichen Weinbergen krm ht/ und krm yl]w'/y (vgl. AHARONI 1984, 378 (Lit.); RAINEY 1967; DERS. 1979; DERS. 1982;
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Absenders fehlt, der zur Identifikation der Lieferung unverzichtbar ist, ob nun zusätzlich noch ein Sippenname und/oder ein Ortsname genannt ist. Das zeigt nochmals, daß es vorrangig um eine persönliche Relation zwischen Empfänger und Absender geht, also um Lieferungen an zeitweise oder ständig in Samaria lebende Eliteangehörige, die von ihren persönlich-familiären oder ihren Sippen gehörenden und/oder von ihnen von der Krone übertragenen Besitztümern je und dann kleine Unterhaltsbeihilfen empfingen. Es ist aber (gegen Aharoni) weder beweisbar, daß es sich um Steuern handelt 390 , noch ist mit den Ostraca ein System von Sippendistrikten zum Zweck der Steuererhebung oder zum Zweck einer königlichen Verwaltungsorganisation belegbar391 , ebensowenig ein "Verwaltungsdistrikt Manasse" bzw. ein Verwaltungsbezirk "Gebirge Ephraim"392. Belegt ist allerdings durch die Ostraca, daß die Bauern in den manassitischen Ortschaften um Samaria nach wie vor tribal organisiert lebten 393 . Es spricht nichts dafür, daß das Königtum die Sippenterritorien organisiert hat. Es ist interessant und m. E. bisher nicht genügend beachtet worden, daß die in den Ostraca registrierten Lieferungsorte und -regionen nur auf ein relativ kleines Gebiet um Samaria beschränkt sind394 . Das spricht auch wieder gegen die "Steuer-These", denn Steuern müßten aus dem ganzen Land wenigstens teilweise in die Residenz geliefert werden, auch wenn ein Teil aus anderen Landesgebieten für den Unterhalt der dortigen königlichen Funktionaleinrichtungen (Festungen) einbehalten worden ist. Das Gebiet, aus dem die Lieferungen stammen, umfaßt nur eine Fläche von ca. 35 x 25 km, d. h. das um Samaria herum liegende manassitische Gebiet der Sippen Schemida, Abieser, I:Ielek, Asriel, Hogla, Noa und Sichern (Tirza wird in den Ostraca nicht erwähnt). Wenn das kein Zufall ist, zeigt es395 , daß zum einen die Lieferungsempfänger sich aus dem tribalen Bereich Manasses rekrutierten und daß zum anderen das an vermutliche Hofleute 396, die
aber auch Nichtmanassiten gewesen sein können, verliehene Krongut sich naheliegenderweise zunächst aus dem Gebiet um die Residenz ergab. Es liegt nun auf der Hand, daß die Könige in Samaria als vor allem auf das Militär, weniger auf eine Stammes- oder gar Stämme-Hausmacht gestützte Herrscher in hohem Maße daran interessiert sein mußten, sich um ihre Residenz herum eine stabile Zone der Loyalität und des Einflusses zu schaffen. Dazu genügte zweifellos verstreutes, durch Zufall erworbenes Krongut in keiner Weise. Ein ungleich wirksameres Stabilisierungsmittel war die Herstellung von Beziehungen und Bindungen zwischen dem Hof und der Elite der umliegenden Orte und Regionen. Dazu kommen neben Krongutverleihungen die bereits erwähnten397 Möglichkeiten der Anknüpfung von Beziehungen und Bindungen durch Heiraten von König und Hofmitgliedern mit Gliedern der umwohnenden Elitefamilien, Ehrenämter und Einbeziehungen verschiedener Art in den weiteren Hofkreis in Frage. Dieses Heranziehen und Einbeziehen, zumal von Angehörigen der Elite der Samaria nördlich und südlich unmittelbar benachbarten Sippen Hogla und I:Ielek, läßt sich m. E. bemerkenswert detailliert aus den Samaria-Ostraca nachweisen.
KAUFMAN 1982, vgl. o. A. 372. 381. Die richtige Feststellung, daß es sich hier um Lieferungen aus Krongut handelt, verallgemeinert MEITINGER 1971, 92 auf alle Ostraca- zu Unrecht. 390 S. o. A. 380. 388. Dagegen sprechen auch die kleinen Liefermengen, die Tatsache, daß Lieferungen wie Absender in keiner Weise flächendeckend verteilt sind, ebenso, wie auch AHARONI (aaO, 377. 380) betont, die Überschneidungen bei den Empfängern. 391 Gegen AHARONI 1984, 383; vgl. oben A. 380. 388. Falls MEITINGER 1971, 91 mit "Distrikten", die die Absenderorte bildeten, etwas anderes meint als Sippendistrikte, trifft das nicht zu. 392 Gegen AHARONI 1984, 382f., s.o. A. 388. 393 So auch AHARONI 1984, 383. Die Sippenerwähnungen besagen nicht mehr und nicht weniger als dies, daß die Sippen als Lebensstrukturen weiterexistierten, aber nicht, daß das Königtum die Sippen in Form von Verwaltungsdistrikten institutionalisierte (so anscheinend MEITINGER 1971, 91). 394 Vgl. auch schon MEITINGER 1971, 92, der aber zu einer zu engen Deutung dieses Tatbestandes kommt, daß nämlich dieses enge Herkunftsgebiet der Ostraca dagegen spreche, daß hier persönliche Besitztümer der Empfänger die Lieferungen lieferten, sondern alles (nur) für Krongüter spreche; vgl. dagegen meine differenzierende Deutung u. (Exkurs). 395 Wiederum gegen eine umfassende Verwaltungsdistrikt-Ordnung mit Besteuerungsabsicht sprechend! 396 An beide Arten von Empfängern denkt mit Recht auch AHARONI 1984, 379f., dagegen MEITINGER 1971, 92 (s.o. A. 394) und SMELIK 1987, 56 zu Unrecht nur an Hofelitäre, die vom Krongut versorgt werden. Das ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil dann um die Residenz eine massierte Akkumulation von Königsland entstanden wäre auf Kosten der angestammten Bevölkerung, wodurch soziale Spannungen in einem Maße forciert wären, an dem dem Königtum nicht im entferntesten gelegen sein konnte. Man vergleiche auch, welche Probleme
Exkurs Relationen zwischen Samaria umwohnenden Sippen und der Residenz. Zum konkreten Hintergrund der Samaria-Ostraca Al]ima ist Absender einer Lieferung aus der Sippe Schemida (zu den Sippen- und Ortsidentifikationen vgl. im Einzelnen Aharoni 1984, 372-384) (Nr. 32, Jahr 15), aber zugleich Empfängervon 3 (oder4) Lieferungen aus der Sippe Schemida (Nr. 37-39 <+ 40>, Jahr 15); das erklärt sich leicht, wenn er als Mitglied der Sippenelite zeitweilig dieselbe - aus welchen Gründen auch immer - am Hof vertrat und versorgt wird, umgekehrt aber auch selbst von "zu Hause" einen anderen Sippenvertreter bei dessen Hofaufenthalt (mit) versorgt. Ähnlich Ahinoam: Er empfängt in Samaria Unterhaltsbeihilfe aus seinem vermutlichen Wohnort Jazit (Sippe Hogla, Nr. 9,10,19, vielleicht auch Nr.11 , Jahre 9 + 10) sowie in einemFall (~r. 8, Jahr9) aus Geba, ebenfalls aus seiner Sippe Hogla, wo er entweder ebenfalls Besitz hatte oder als Mitglied der Sippenelite eine Unterstützung während seines Hofaufenthalts erhielt. Das Fehlen von Absender-PN mag den Charakter der sippeninternen Unterstützung unterstreichen. Auch hier ist es am wahrscheinlichsten, daß Ahinoam zur Sippenelite gehört und von eigenem und/oder sippeneigenem Gut Unterhalt bekommt. Ähnlich auch der Fall des Schamarjahu: Er erhält eine Sammellieferung von 5 verschiedenen Leuten (von ihm Abhängigen?, dann wäre er Großgrundbesitzer, oder Sippengenossen, in jedem Fall gehört er zur Sippenelite) aus Porajim (Nr.1, Jahr 10); weiterhin bekommt er Beihilfe aus Asnot-Par'an (Nr.14, Jahr 9) und Tetel (Nr. 21, Jahr 10) ohne Absenderangabe, was auf sippeninterne Unterstützung deuten mag, da er auch schließlich pauschal eine Lieferung der Sippe Abieser (Nr. 13, Jahr 10) erhält. Da die drei Orte nicht identifiziert sind, ist es annehmbar, daß sie alle dieser Sippe zugehörten. So würde auch hier ein Sippenelitär bei einem längeren oder (zwei?) kürzeren Hofaufenthalten von eigenen es Ahab bereitete, auch nur ein Grundstück in Jesreel einzutauschen, geschweige denn zu kaufen (1Kön 21). 397 S. schon 0. und AHARONI 1984, 379; SMELIK 1987, 57
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und/oder Sippenländereien unterstützt. Die beiden folgenden Beispiele zeigen, daß das System der Hofaufenthalte sich entwickelte, erweitert und verfestigt hat: Gaddiyau ist Empfänger einer Sammellieferung aus Azza (Sippe lfelek, Nr. 2, Jahr 10; 4 persönliche Absender: Abhängige oder Sippengenossen) sowie einer weiteren Lieferung des Ortes ohne Absendernamen (Nr.17, Jahr 10), außerdem 3 (+1) Lieferungen aus Kozo (Nr. 4-6 < + 7?>, Jahr 9, Sippe I:Ielek) ohne Absenderangabe, weiterhin 1 Lieferung aus I:Iazerot (Nr. 18, Jahr 10, Sippe I:Ielek, ohne Absender), schließlich 1 Lieferung aus Sefer (Nr. 16, Jahr 10, Sippe Schemida, ohne Absender). Dieser Fall ist interessant und schwierig durch den Empfang aus zwei verschiedenen Sippen: Entweder man nimmt an, daß der Empfänger zu keiner der beiden Sippen gehörte, was nahelegte, in ihm einen Hoffunktionär mit mindestens vier Krongütern in zwei Sippengebieten zu sehen oder ihn als Angehörigen und Elitär einer der beiden Sippen zu sehen, der zusätzlich neben Lieferungen aus seiner eigenen Sippe auch noch aus einem Krongut (I:Iazerot) versorgt wurde. Die Frage ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Vielleicht spricht aber doch das meiste für eine Herkunft Gaddiyaus aus der Sippe lfelek: Es ist äußerst unwahrscheinlich und würde den Interessen des Königtums stracks zuwiderlaufen, handelte es sich in den Lieferorten Azza, Kozo und auch noch I:Iazerot alles um ortsumfassende Krongüter. Eine solche massive königliche Besitzergreifung und Beschlagnahme von Land und ganzen Ortschaften der die Residenz unmittelbar südlich benachbarten Sippe I:Ielek würde nur Unruhe und Feindschaft gegen und Unsicherheit für das Königtum stiften. Deshalb ist es wahrscheinlich, daß Gaddiyau ein oder das Sippenhaupt I:Ieleks war, aus einem der drei Orte, am wahrscheinlichsten aus Azza oder Kozo, wo die meisten Lieferungen herkamen, stammte und von dort versorgt wurde. Im Gegenteil mußte dem Königtum an einer Anhindung Gaddiyaus und seiner Sippe an den Hof liegen, was mit der Verleihung von Krongut in der westlich entfernter gelegenen Sippe Schemida (Ort Sefer) geschah. Daß die Anhindung Gaddiyaus (und seiner Sippe) gelang, zeigt sein Sohn lfele~ b. Gaddiyau, der im Jahr 15, also unter dem nächsten König (Jerobeam II.) auch am Hof weilt und sogar erweiterte Krongutlieferungen aus der Sippe Schemida bekommt (Nr. 30. 33-35. 49, vielleicht auch Nr. 32). In diese Linie paßte es, wenn Meronyau b. Gaddiyau ein Sohn dieses Gaddiyau wäre und in dem südlich seiner Heimatsippe I:Ielek gelegenen Sippenterritorium Asriel ein Krongut verwaltete, von wo er eine Lieferung (Nr. 42, Jahr 15) an einen gewissen Yedayau nach Samaria schickt, vielleicht ein weiterer Elitär der Familie Gaddiyau bzw. der Sippe I:Ielek. Auf jeden Fall scheinen durch das Königtum Elitäre der Samaria im Süden unmittelbar benachbarten Sippe I:Ielek gezielt und bevorzugt und auf Dauer (mindestens über zwei Generationen) mit Erfolg an den Hof gezogen und gebunden worden zu sein, was deren Besitz und Status zweifellos steigert- und das Königtum und seine Residenz ~tabilisierte! Dasselbe gilt, wenn auch in geringerem Maße, für die Samaria im Norden benachbarte Sippe Hogla, wie das Beispiel Ahinoams zeigt. Als letztes Beispiel sei Asa b. Ahimelek genannt: Auch er erhält Lieferungen von drei verschiedenen Absendern aus I:Iazerot (Sippe I:Ielek, Nr. 22-26, Jahr 15). Das scheint mir nach dem Parallelfall Gaddiyau ebenfalls dafür zu sprechen, daß Asa am Hof von der Sippe I:Ielek unterstützt wurde, besonders aus I:Iazerot, vielleicht seinem Herkunftsort, wobei für seinen Status als EliteMitglied der Sippe I:Ielek spricht, daß er auch aus dem zu I:Ielek gehörenden Ort BaalMeon immerhin 1 Lieferung erhält (Nr. 27, Jahr 15). Die an ihn gerichteten 2 Lieferungen aus Elmatan (Nr. 28, Jahr 15, Sippe Abieser) und Sefer (Nr. 29, Jahr 15, Sippe Schemida, dasselbe Krongut>, aus dem sein Sippengenosse Gaddiyau schon im Jahr
10 beliefert wurde) dürften dann von verstreutem Krongut der entfernteren Sippe Schemida im Westen (sowie Abieser) stammen. Mit Asa hätten wir dann einen zweiten Eliteangehörigen der Sippe I:Ielek, an deren Einbindung in den weiteren Hofkreis der König in Samaria so aktives Interesse haben mußte. -Sind diese Überlegungen einigermaßen richtig, zeigen sie, daß die häufig vertretene, einlinige Annahme, die Ostraca dokumentierten (ausschließlich) Lieferungen aus dem Krongut an den König und Hoffunktionäre (so zuletzt Mettinger 1971, 91f.), mindestens eingeschränkt und differenziert werden muß. Neben den Lieferungen aus den beiden Weinbergen (ohne Adressaten, also sicher an den Hof) sowie weiteren Lieferungen ohne Adressaten in Samaria, die sicherlich für die Hofversorgung aus Krongütern kamen, stehen viel zahlreichere Lieferungen, die am Hof länger oder kürzer anwesende Eliteangehörige von Orten und Sippenregionen unterstützten und von deren eigenem oder sippeneigenem Besitz und/ oder von ihnen verliehenem Krongut stammten. Besonders wichtig ist es, daß anscheinend speziell Elitäre der unmittelbaren Nachbarsippengebiete um Samaria sich auch für längere Zeit an den Hof ziehen ließen (oder freiwillig dorthin kamen), und das Königtum ihren Status wie ihre Abhängigkeit vom Hof durch zusätzliche Krongutsverleihung förderte und damit letztlich die königliche Herrschaftsbasis in kluger Weise festigte und verbreiterte. Die obigen Beispiele zeigen, daß in der Entwicklung keineswegs ein Zufall waltete, sondern von seiten des Königtums eine sozioökonomische und damit eine soziapolitische legitimierende und herrschaftsstabilisierende Linie erkannt und verfolgt wurde. So muß man entgegen Aharoni wenigstens partiell ein wechselseitiges Hin und Her zwischen manassitischer Orts- und Regionalelite des unmittelbaren Umlandes von Samaria und dem Hof hinter den Ostraca erkennen, das durchschaubarem wechselseitigem Interesse des Königtums und der Besitz- und Status-Elite der Sippen diente und nicht zufällig die Residenz und das nächstumliegende manassitische Gebiet betraf mit der Folge der Machtstabilisierung des Königtums auf Kosten fortschreitender sozialer Stratifikation auch innerhalb der betroffenen manassitischen Sippen. Das Knüpfen solcher Bindungen geschieht selbstverständlich nicht über Nacht. Deshalb ist es vollkommen natürlich, daß wir den m. E. in den Samaria-Ostraca dokumentierten Niederschlag des Wachsens solcher Relationen in der zweiten Hälfte der am längsten kontinuierlich herrschenden Dynastie des N orweiches überliefert finden.
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Dieses konkretisierte Hintergrundbild der Samaria-Ostraca, das die dokumentierten Relationen zwischen samarischem Hof und Elite des manassitischen Umlandes als ein Element herrschaftlicher Stabilisierungsbestrebungen und konkreter Interessen in der Residenzregion erkennen läßt, kann selbstverständlich nicht für das gesamte Gebiet des Nordreiches verallgemeinert werden398. Die Frage bleibt deshalb Spekulation, ob dieses Vorgehen der Anfang einer geplanten Ausdehnung des Verfahrens auf weitere Gebiete gewesen sein könnte. Es wird aber nochmals klar, daß aus den Ostraca keine Verwaltungsbezirksstruktur für das Nordreich herausgelesen werden kann. Es handelt sich um eine Sondersituation der (extratribalen ?) Residenz Samaria und ihres tribalen Umlandes, die die Könige auf dem Wege der Anhindung der tribalen Elite in 398 Z. B. gegen AHARONI 1984, 383; eine Verallgemeinerung ist auch aus linguistischen Gründen nicht möglich, denn die "Sprache" der Samaria-Ostraca kann nicht für das gesamte Nordreichsgebiet vorausgesetzt werden (KNAUF 1990d, 15-17).
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I. Funktionäre ("Beamte")
eine nähere, stabilisierende Beziehung zueinander zu bringen suchten. Damit wird indirekt die ungebrochene Existenz und Tragfähigkeit der Stämmestruktur und der Orts- und Stämmeselbstverwaltung unter der Monarchie unterstrichen399. Freilich trugen die samarischen Herrscher, ob nun bewußt oder unbewußt, durch die Anhindung von lokalen und regionalen Elitären an den Hof zur gesellschaftlichen Stratifikation bei. Negativ verdient festgehalten zu werden: Die Samaria-Ostraca lassen kein das Nordreich insgesamt umfassendes bzw. erfassendes und so als Herrschaftsmittel dienendes Instrument der Verwaltungsorganisation erkennen. Sie bilden auch kein zu verallgemeinerndes Beispiel (wirtschafts)administrativer Durchorganisation und Regionalisierung des Nordreiches. Da die Lieferungsempfänger in Samaria aller Wahrscheinlichkeit nach Hoffunktionäre, denen Kronländereien der Umgebung zur Versorgung übertragen wurden, sowie Glieder der Elite der Samaria umgebenden manassitischen Sippenorte und -regionen waren, kann man aus den Samaria-Ostraca keine in den Ortschaften und Regionen installierten königlichen Verwaltungsfunktionäre erschließen. Ein direkter königlicher Eingriff in die Autonomie der Ortschaften und Regionen ist somit von hier aus nicht nachweisbar. Wie sah es über die Samariaregion hinaus im Lande im Blick auf königliche Verwaltungsadministration als Herrschaftsmittel aus? Darüber ist nichts bekannt. Es mag verstreutes Krongut auch dort gegeben haben, das neben der Residenz auch königliche Funktionalorte mitversorgt hat. Aber dafür fehlen uns alle Informationen. Soweit es solches Krongut gab, hat es sehr wahrscheinlich ebensowenig administrative Auswirkungen auf die Selbstverwaltung der Ortschaften der Bevölkerungsebene gehabt wie in der Umgebung Samarias. In einem Satz: Während es sich bei den mdynwt z. Zt. Ahabs höchstwahrscheinlich lediglich um eine militäradministrative Einrichtung gehandelt hat, was dem vorrangig militärischen Charakter speziell der Omridynastie entspricht, ist im Nordreich kein Hinweis auf eine durchgängige zivile, durch königliche Funktionäre repräsentierte Verwaltungsorganisation mit dem Ziel und der Folge der Stabilisation königlicher Macht festzustellen. Ziehen wir eine Bilanz: Der kleine Kreis der Funktionäre Sauls setzte sich noch aus Angehörigen seines byt 'b zusammen. Seit David eine ständige Residenz in Jerusalem installiert hatte, entwickelte sich aus seiner Verwandtschaft und persönlichen Gefolgsleuten seiner vorköniglichen Phase ein begrenzter Kreis von Hof-Funktionären mit Schwerpunkt Heer, Kult und PalastpersonaL Dessen Autorität
beruhte auf der persönlichen Autorität Davids: M. E. kann vielleicht auch hier noch von einem byt gesprochen werden. Eine Verwaltungsorganisation seines Reiches zum Zweck der Machtstabilisierung mittels des personalen Faktors königlicher Funktionäre mit Wirkung bis auf die Ebene der Ortschaften der Bevölkerung ist nicht erkennbar. Salomo erweiterte den Kreis der Hoffunktionäre, zumal auf dem zivilen Sektor, mit besonders folgenschwerer Wirkung durch organisierte Inanspruchnahme der Bevölkerung für ms-/sbl-Dienstleistungen. Daneben ist lediglich eine Maßnahme Salomos festzustellen, die in Richtung verwaltungsorganisatorischer Strukturierung des Reichsgebietes mit dem Ziel der Machtstabilisierung weist: Die Entsendung, Verteilung und Installation von Vertrauten Salomos in die Nordgebiete Israels außerhalb Judas zum Zweck der festeren Integration dieser Gebiete und Gruppen (lKön 4,7ff.). Dieser weitsichtige Versuch wurde aber letztlich zunichte gemacht durch die Aufkündigung der freiwilligen Loyalität der Nordgruppen, die sich vor allem durch die übermäßige Inanspruchnahme durch Dienstleistungen in ihrer Autonomie beeinträchtigt fühlten, und hatte offensichtlich keine strukturpolitischen Folgen in den Nordgebieten. Seit Rehabeam blieb der Kreis der Hoffunktionäre in der Residenz Jerusalem im wesentlichen stabil; nennenswerte Erweiterungen um neue Hoffunktionen und-funktionäresind nicht zu verzeichnen, eher eine Einschränkung im Blick auf den (oder die) Funktionär( e) für Dienstleistungen der Bevölkerung. Zur Stabilität und Kontinuität überhaupt wie auch bei den Hoffunktionären im besonderen trug die relative geographische Abgeschiedenheit und Geschlossenheit des Gebietes Judas bei sowie die Tatsache, daß Juda im wesentlichen aus einem Stamm mit wenigen assoziierten Gruppen im Süden und Norden bestand und die davididische Dynastie die Loyalität ihres Stammes gerroß sowie schließlich mit der davididischen Residenz ein unumstrittenes Zentrum und mit dessen Tempel ein integrierendes religiöses Symbol besaß. Allerdings bestand und verfestigte sich auch ein latenter Dualismus zwischen Juda und JerÜsalem, da die Residenz als Eigenbesitz der Davididen nie voll in das judäische Stammesterritorium integriert worden ist. Dieser Dualismus war aber kein antagonistischer: So vereint die Bezeichnung srym sowohl Mitglieder der J erusalemer Hofelite als auch Angehörige der lokalen und regionalen Landes- und Stammeselite Judas. Letztere zeigte sich als Führungs- und Repräsentationskraft des 'm h- 'r~ loyal gegenüber den davididischen Herrschern ihres Stammes nicht nur in sozioökonomischer Hinsicht, sondern auch durch Unterstützung der Dynastie in Fällen dynastie- und hofinterner Streitigkeiten und damit in Interessenübereinstimmung mlt dem Herrscherhaus im Blick auf die soziopolitische Stabilität und Kontinuität. Diese Loyalität und Interessenübereinstimmung erübrigte offensichtlich den Aufbau und die Organisation einer landesweiten königlichen Verwaltungsbürokratie, für die es tatsächlich auch keine Hinweise auf lokaler und regionaler Ebene gibt. Ist das geringfügige Hervortreten der lokalen und regionalen Selbstverwal-
399 Wenn ÜLIVIER 1983, 124f., den Hauptstadtcharakter Samarias ab Omri u. a. mit dem Kriterium des Landesadministrationszentrums bestimmt, womit gleichzeitig die Stämmeautorität begrenzt werde, zeigt sich hier, daß Samaria eben gegen Olivier auch z. Zt. der Jehudynastie mindestens dieses Kriterium nur sehr eingeschränkt erfüllte, also höchstens in eingeschränktem Maße als (Landes-) Hauptstadt bezeichnet werden kann (vgl. auch schon o. A. 304).
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
tung der Bevölkerungsebene in den alttestamentlichen Texten .somit kein Anzeichen ihrer Nichtexistenz, ihres Zurücktretens bzw. gar Zurückdrängens ihrer Bedeutung durch die Jerusalemer Herrscher, sondern erklärt sich aus dem Gesichtswinkel und der Darstellungstendenz der biblischen Texte, die die Spitzen lokaler Selbstverwaltung meist nur im Zusammenhang von deren Auftreten in der Residenz oder bei gesamtgesellschaftlichen Anlässen erwähnt, findet dies weitere Bestätigung, wenn Josia nach längerer Zeit Älteste und Männer Judas zum Zwecke der Propagierung und breiten lokalen Verwurzelung seiner zentralistischen Absichten in die Residenz ruft (2Kön 23,1f.). Josias Zentralisationsbestrebungen kamen allem Anschein nach zu spät, um noch durchschlagende Wirkungen auf die strukturelle Organisation des Südreiches zu gewinnen und wurden wohl auch in ihrer weiteren Entwicklung gehemmt durch Josias zu frühen Tod. Wenn in dieser Zeit, dem letzten Drittel des 7. und dem Anfang des 6. Jh. v. Chr., in Jerusalem auffällig häufig von srym (des Hofes und des Landes) die Rede ist, dann kann das, wie ich vermuten möchte, nicht nur an der durch das Jeremiabuch besonders breiten Textbasis dieser Zeit, sondern auch in dem in dieser Zeit verstärkten Zug der lokalen und regionalen Elite zur Residenz und umgekehrt dem verstärkten Interesse der Herrscher an politischer und sozialer Übereinstimmung mit der Landeselite begründet sein. Diese verstärkte Einbeziehung der Spitzen des 'm h- 'r.y hatte allerdings keine erkennbaren Auswirkungen auf die soziapolitische Verwaltungsorganisation des Landes im Sinne einer durch diese Elite bewirkten Organisierung des Landes vom Residenzzentrum des Landes her, wohl aber kann diese Konzentration von Landeselitären in der Residenz am Ende der monarchischen Zeit in der hervorgehobenen Stellung Jerusalems innerhalb der (exilisch-)nachexilischen Bürger-Tempel-Gemeinde noch spät eine Auswirkung gehabt haben. Insgesamt muß man aber für die monarchische Zeit feststellen: Da von einer lokalen und regionalen Verwaltungsadministration königlicher Funktionäre in Juda keine Rede ist, können die autonomen Ortschaften der Bevölkerungsebene als solche nicht als Herrschaftsmittel betrachtet werden. Das Nordreich entstand aus einem antistrukturellen Impuls gegenüber Juda bzw. den judäischen Davididen mit Auslöser der überzogenen DienstleistungsInanspruchnahme. Daher erklärt sich das nach der Separation deutliche Fehlen strukturorganisatorischer Maßnahmen hinsichtlich einer Residenz und Funktionären von Jerobeam bis zum Anfang der Omrizeit. Die kultorganisatorischen Maßnahmen Jerobeams dienten mindestens ebensosehr der Abgrenzung von Juda wie der Integration der Nordgruppen und -regionen. Eine Wende von separatistisch-autonomistischen zu integrativ-konstruktiven Bemühungen markiert Omri mit der Gründung der Dauerresidenz Samaria. Nach rudimentären Anfängen einer Hofstaatbildung bis vor Omri neben Beibehaltung der im Norden verbliebenen Militäreinrichtungen aus der Salomozeit war damit die Basis für die Entwicklung eines Residenz- und Hoffunktionärskreises gelegt.
/. Funktionäre ("Beamte")
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Die häufigen Umstürze an der Herrschaftsspitze des Nordreiches ließen dabei kaum generationenübergreifende Funktionärsfamilientraditionen entstehen. Am Hof in Samaria, grundsätzlich vergleichbar dem in Jerusalem aufgebaut, fehlt im Vergleich zum Südreich verständlicherweise ein zentraler ms-Funktionär, aber auch das Amt des mzkyr sowie (ein) khn(ym); für die letztere Funktion kann man aber sicher auf Betel weisen. Berater, deren Bezeichnungen aus dem Südreich bekannt sind, mögen sich hinter Bezeichnungen wie gdlym u. ä. des Nordreiches verbergen. Nur im Nordreich sind Prinzenerzieher erwähnt, deren Fehlen im Südreich aber auf Traditionslücken zurückgehen kann. Der militärische Apparat am Hof einschließlich der Funktion der slsym scheint, dem notgedrungen stärker militärisch ausgerichteten Charakter des Nordreiches entsprechend, entwickelter gewesen zu sein als am Hof des Südreiches, wie ja auch die Herrscher im Nordreich zum größten Teil aus ihm hervorgingen bzw. im Nordreich eine durchgängig sich im Laufe der Zeit verstärkende Tendenz der Machtweitergabe in Militär- und Hofkreisen herrschte. Wie bereits gesagt, waren für das Nordreich sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich die Möglichkeiten für einen sich pyramidal aufbauenden und stabil-kontinuierlich sich verbreiternden Funktionärsstamm durch die ständigen Um- und Abbrüche der Revolten ungleich ungünstiger als im Südreich. Selbst die beiden länger bestehenden Dynastien von ca. 30 bzw. 100 Jahren Dauer erwiesen sich als verwaltungsorganisatorisch wenig produktiv. Der omridische Ansatz militärverwaltungsorganisatorischer Landesgliederung, repräsentiert durch sry h-mdynwt, war vermutlich sehr weitmaschig angelegt und ohne Auswirkung auf die zivile Verwaltungsadministration, offenbar auch, abgesehen von einer evtl. Aufnahme in Form assyrischer Militärbezirkseinteilung, ohne irgendeine Nachwirkung in nachomridischer Zeit. Lokale und regionale srym des Landes treten im Gegensatz zum Südreich deutlich weniger (in der Überlieferung) hervor. Dageg~h finden sich einzelne, aber symptomatische Beispiele einer ausgeprägten örtlichen und Sippenautonomie. Jedoch wird man kaum bezweifeln können, daß den samarischen Herrschern der machtstabilisierende Nutzen einer guten und möglichst engen Beziehung zur lokalen und regionalen Tribaielite verborgen geblieben ist. Das zeigen, wenn auch nur an zwei Beispielen, bezeichnenderweise die beiden länger herrschenden Dynastien, denen für konzeptionelle Vorhaben Zeit zur Verfügung stand und zwar- wiederum bezeichnenderweise -nicht in ihrer formativen Anfangsphase, sondern in ihrer Stabilisierungsphase: die Omriden mit dem Ansatz einer anscheinend allerdings auf den militärischen Bereich beschränkten mdynwt-Verwaltungsstrukturierung; für die Nimsiden ergibt sich eine solche Bemühung aus den Samaria-Ostraca. Sie zogen danach Eliteangehörige der um ihre Residenz herum wohnenden manassitischen Sippen, besonders solche der nördlich und südlich unmittelbar angrenzenden Sippen Hogla und Helek, an den samarischen Hof- bzw. diese ließen sich ziehen-, vermut-
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A) Binnenverwaltung alsHerrschaftsmittel
I!. Königliche Funktionalorte und -bauten
lieh zu Ehrenaufenthalten zeitweiliger Natur, Einbeziehung in welcher Art auch immer in den weiteren Hofkreis oder auch - mit dem zusätzlichen Mittel der Krongutverleihung bzw. Mitversorgung aus Krongut als Anreiz - zur Übernahme von Hoffunktionen. Damit bewirkten die samarischen Herrscher nicht nur eine innenpolitisch wichtige, machtstabilisierende Interessenübereinstimmung und Beziehung, sondern schufen zugleich ein der (extratribalen?) Residenz fehlendes "befriedetes" und stabiles Umland als erweiterte territoriale Basis und Kern ihres Reiches, freilich auf Kosten des sozialen Friedens und mit der Folge wachsender sozialer Stratifikation, nachweislich besonders um Samaria herum 400 • Ungeachtet dessen ist im Nordreich wie im Südreich die Installation einer Verwaltungsorganisation königlicher Funktionäre mit direkten Einwirkungen auf die lokale Verwaltung und unter Beeinträchtigung von deren Autonomie, abgesehen von den Auswirkungen der sozialen Stratifikation, nicht festzustellen. Im Nord- wie im Südreich kann man also nicht eigentlich von königlichen Funktionären als einem personalen Herrschaftsmittel sprechen. Glieder der lokalen und regionalen Elite, die eine soziapolitische Position zwischen Durchschnittsbevölkerung und Herrscher eingenommen haben, ohne doch regelrechte königliche ("beamtete", institutionelle) Funktionäre und in Funktionen eingebunden zu sein, haben durch die sich ergebende, mindestens partielle Interessenübereinstimmung mit dem Königtum die zu erwartende Funktionärsschicht teilweise überflüssig gemacht, teilweise aber auch selbst durch die durch sie geförderte Stratifikation und Spaltung der Gesellschaft die Macht in den Händen der ökonomisch und militärisch potenten Herrschaftselite stabilisiert, wobei im Südreich die demselben Stamm wie die Herrscher angehörende Elite anscheinend eher von sich aus die Dynastie stützte, während im Nordreich, soweit erkennbar, das Interesse an einer Anhindung der Elite an die Residenz als konzeptionelles Element der Innenpolitik anscheinend erst seit den Nimsiden nachweisbar ist und eher von den samarischen Herrschern ausging sowie sich speziell auf die unmittelbar Samaria umgebenden Sippen
richtete. Grundsätzlich gilt aber für das gesamte Südreich ab 8. Jh. v. Chr., im Nordreich vorrangig und nachweislich jedenfalls für das Umland von Samaria im 8. Jh. v. Chr., daß horizontale Solidarität innerhalb der Ortschaften sich zunehmend kreuzte mit vertikaler Solidaritäfl01 zwischen Teilen der lokalen (und regionalen) Oberschicht ('m h- 'r~) bzw. deren Spitze (der Besitz- und Statuselite: srym) sowie Hofund Residenz-Elite (srym) 402 •
400 Wie es in dieser Hinsicht im Nordreich weiter von Samaria entfernt aussah, bleibt unsicher. Vielleicht zeigen die o. angeführten Belege stabiler Sippenstruktur eine weniger schroffe Spaltung und Stratifikation des Nordreiches an als sie durch die Samaria-Ostraca und die bitteren Anklagen vor allem des Amos gerade gegen Samarias "schmarotzende" Bevölkerung erkennbar wird. Wenn es richtig ist, nach meiner Deutung der Ostraca darin die Widerspiegelung einer speziellen Situation um die Residenz zu sehen, die nicht ohne weiteres für das gesamte Gebiet des Nordreiches verallgemeinert werden kann, wäre im Lande die gesellschaftliche Spaltung vielleicht nicht überall so schroff gewesen wie um die Residenz. Dann läge die Annahme näher, daß die lokale und regionale Elite fern( er) von Samaria weder vom Königtum in vergleichbarem Maße angezogen wurde noch in vergleichbarem Maße zur sozialen Differenzierung beigetragen hätte. Das Königtum hätte verständlicherweise mit dem Ansichziehen der lokalen und regionalen Elite um die Residenz herum begonnen. Auf jeden Fall fehlt ein dem Südreich vergleichbares landesweites Indiz für eine sich entwickelnde Status- und Besitz-Elite, wie es im Südreil:;h das rapide Wachsen der Zahl der Siegelbesitzer im 8. und 7. Jh. v. Chr. bildet.
11. Königliche Funktionalorte und -bauten als Herrschaftsmittel Neben dem personalen Herrschaftsmittel eines Verwaltungsfunktionärsapparates bildet Bautätigkeit in Ortschaften bzw. die Errichtung von Ortschaften ein wichtiges Kennzeichen und Ausdrucksmittel herrschaftlicher Macht. Das hat mit Recht in letzter Zeit besonders Ahlström betont403 • Dabei kommt der Positionierung und Verteilung königlicher Funktionalorte über das beherrschte Territorium eine wesentliche Bedeutung für die Effizienz der Funktionalorte zu, wie aus jener auch Rückschlüsse auf die Funktionen der Orte und Bauten abzulesen sind. Es empfiehlt sich, bei der Betrachtung zunächst der davidisch-salomonischen Zeit und dann der Zeit der getrennten beiden Reiche die herrscherliehe Bautätigkeit nach folgenden Kategorien zu prüfen: 401 Zum Begriff vgl. WuNDER 1986, 19-21. 31, zur Sache vgl. auch BREUER 1990, 34ff. 51f. 55ff. 65. 69ff. Freilich gab es auch innerhalb der Orte vertikale Solidarität: Herren und ihre Klienten. 402 Die hier vorgetragene Auffassung von einer eher bescheidenen, durch nicht besonders viele königliche Funktionäre vor allem am Hof und allenfalls in einigen königlichen Funktionalorten repräsentierten königlichen Verwaltungsorganisation als Herrschaftsmittel, die vielmehr im lokalen und regionalen Bereich im Lande unte.r, "Einsparung" eines verzweigten eigenen delegierten Funktionärsapparates sich der lokalen und regionalen Eliten zu versichern und zu bedienen suchte, m. a. W. einer im Blick auf Verwaltungsfunktionäre strukturell schwach entwickelten Herrschaft in beiden israelitischen Reichen, unterscheidet sich neben gelegentlich schon angemerkten Auffassungen u. a. von DE VAux, DoNNER und AHARONI besonders von solchen wie YEIVIN 1979, aber auch REVIV 1979, mit denen nicht eine ausführliche detaillierte Auseinandersetzung geführt wurde, auch weil deren Quellenbewertung und -behandlung sich von der meinen z. T. recht stark unterscheidet, so daß eine Auseinandersetzung Punkt für Punkt zu weit führen würde. Es ist übrigens bezeichnend, daß DE VAUX (1964 passim) ein sehr verzweigtes, anscheinend omnipotentes und ubiquitäres königliches Verwaltungsnetz zeichnet, dann aber auf 2 Seiten (1964, 221-223) zu der zutreffenden Feststellung der weitgehenden Autonomie der Orte im Lande kommt, auch unter Hinweis auf unsere lückenhaften Quellen, ohne daß die Rolle der lokalen Eliten als ambivalentem Zwischenglied zwischen Höfen und Durchschnittsorten und ihrer Bevölkerung zur Erklärung herangezogen und genauer gewürdigt wird. 403 1982a, lff. lOff. 27ff.; vgl. auch zum Topos "königliches Bauen" WELTEN 1973, 9f. u. passim, zur integrativen und legitimierenden Rolle des Bauens in chiefdoms vgl. RENFREW 1974, 84; SERVICE 1977, 113; speziell zur Rolle des Königs bei Kultbauten vgl. FRANKFORT 1948 = 1978, 267ff. 342; RENFREW 1974, 77f.; SERVICE 1977,266. Vgl. auch u. Kap. C, A. 217.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
!I. Königliche Funktionalorte und -bauten
1. Residenzorte 2. Befestigungs-Bautätigkeit (Grenzorte, Wagen- und Pferdestädte, weitere Festungsorte) 3. Ökonomisch ausgerichtete Orte und ökonomische Bautätigkeit (Königliche Vorratsstädte, Krongut und deren Orte und Bauten sowie Häfen und "industrielle Standorte")
grund der obigen Merkmale die herrschaftlichen Residenzen im Laufe der monarchischen Zeit Israels ins Auge, so können Gibea und Gibeon406 für das Reich Sauls, Hebron407 und Rämat Räf)el408 für das Südreich sowie Sichem409 , Pnuel410 , Tirza 411 und Jesreel 412 für das Nordreich zwar als mehr oder weniger bedeutende zeitweilige Residenzen bzw. Nebenresidenzen bezeichnet werden413. Da aber bei allen lediglich das eine oder andere der obigen Merkmale für eine Hauptstadt anzutreffen ist, nicht aber mehrere, die meisten oder gar alle, kann man bei ihnen nicht von Hauptstädten41 4, sondern besser lediglich von Residenzen sprechen. Es müssen m. E. aber auch bei Jerusalem415 und Samaria416 im Gegensatz zu Olivier und Buccellati einzelne Vorbehalte im Blick auf deren uneingeschränkte Bezeichnung beider Orte als Hauptstädte gemacht werden. Einige der "Hauptstadtkriterien" treffen nämlich auf Samaria und sogar Jerusalem durchaus nicht oder nur eingeschränkt zu. Geht man die Kriterien durch, so zeigt sich bei Oliviers Aufstellung, daß Samaria die Kriterien a und b erfüllt, wogegen c nach den bisherigen Ergebnis-
1. Residenzorte
Olivier hat "characteristic features" für die Bestimmung eines Ortes als "Hauptstadt" zusammengestellt 404 • Danach ist eine Hauptstadt a) "the focal point of institutionalized kingship", b) "the focal point of all peace time economic activities" c) "the centre point of the country's administration" d) "the unifying political centre", enthaltend - eine "defendable acropolis" (Palastkomplex) - das Nationalheiligtum - einen "storage sector" (Schatzhaus, Arsenal, weitere Vorratsgebäude), evtl. zusätzliche Repräsentationsbauten, die die Hauptstadt zum "symbol of the nation" machen. Nach Buccellati405 erfüllen Jerusalem und Samaria diese Merkmale, indem sie a) die in jeder Hinsicht führende Rolle in den beiden israelitischen Reichen spielen, b) geographisch im Herzen der Staaten liegen, c) demographisch die bevölkerungsreichsten Orte waren, d) politisch als Königsresidenzen und Regierungssitz die Hauptstädte waren, e) sozial und ökonomisch den höchsten und progressivsten Lebensstandard boten, f) administrativ die Zentren des bürokratischen und juridischen Apparats bildeten, g) militärisch die stärksten Städte und die strategischen Zentren der Verteidigung darstellten, h) kulturell das Beste der Nation in Literatur, Architektur und Kunst in sich versammelten, i) religiös als Sitz des Königtums bedeutend waren und k) das jeweilige ideologische Symbol des Nord- bzw. Südreiches darstellten. Wenn diese Charakterisierungen den Idealtypus einer Hauptstadt beschreiben sollen, kann man ihnen nur zustimmen. Faßt man aber vor dem Hinter404 405
1983, 12lff.; vgl. auch WENDEHORST/SCHNEIDER 1979, Vlff, bes. Xff. 1967, 223f.
406 Vgl. zu Gibea SINCLAIR 1960; DERS. 1964; P. LAPP 1965; DERS. 1970; SINCLAIR 1976, 444-446; ÜALLING/H. WEIPPERT 1977, 96f.; N. LAPP ed. 1981, bes. 23ff. 29ff. 37ff.; HüBNER 1987; zu den alttestamentlichen Belegen vgl. SCHUNCK 1963, bes. 116ff. Zu Gibeon vgl. REED 1967, 231ff.; PRITCHARD 1976, 446-450; KUSCHKE 1977, 97f.; SCHUNCK 1963, bes.28ff. 131ff.; BLENKINSOPP 1972; DERS. 1974. 407 Vgl. BuccELLATI 1967, 223; KNAUF 1990a, 159f.; zum archäologischen Befund vgl. H. WEIPPERT 1977, 144f.; OLB 2, 675ff. 408 Vgl. AHARONI 1962; DERS. 1964; DERS. 1967 a; DERS. 1978, 1000-1009; QLB 2, 596-606, bes. 601-603; H. WEIPPERT 1988,445. 597-599. 670-673. 409 G.E. WRIGHT 1967a, 355ff.; DERS. 1978, 1083f.; JAROS, 1976, 24ff.; H. WEIPPERT 1977, 293-296. 410 GoRDONNILLIERS 1983; CouGHENOUR 1989; THIEL 1991. 411 DE VAUX 1956, 125-140; DERS. 1967, 371-383; DERS. 1976, 395-404; H. WEIPPERT 1977, 344f.; CHAMBON 1984 (dazu H. WEIPPERT 1985, 178-183!); H. WEIPPERT 1988, 516f. 412 ÜEMING 1989; WILLIAMSON 1991 (vgl. auch o.A. 281)' 413 Dabei ist freilich das Residieren keines Königs, auch nicht Jerobeams 1., in Pnuel nachweisbar (s.o.). Es ist auch bezeichnend und spricht wiederum gegen Salomos angebliche Einrichtung von "Provinzen" mit "Provinzzentren", daß keines der nach 1Kön 4, 7 ff. vermuteten "Provinzzentren" eine Nachfolgewirkung in Form einer Residenz von Nordreichsherrschern gefunden hat. 414 Dagegen mit Nachdruck besonders ÜLIVIER 1983 gegen die unbekümmerte Rede von "Hauptstädten", vgl. in letzter Zeit Z. B. H. WEIPPERT 1977, 266 (bei Samaria), BROSHI 1982, 5ff.; ScHÄFER-LICHTENHERGER 1983,399 (Jesreel!) und viele andere. 4 15 Zum archäologischen Befund in Jerusalem vgl. auswahlweise aus der mir zugänglichen Literatur KOSMALA 1964, 820ff.; KENYON 1968; AP-THOMAS 1967, 277ff.; KENYON 1973, 13ff.; BAR-YOSEF et al. 1976, 579ff.; DONNER 1977, 157-165; BROSHI 1974, 21-26; KENYON 1974; ÜTTO 1980a; YADIN ed. 1976; SH!LOH 1984; DERS. in LIPINSKI ed. 1985, 113-146; ÜEMING in GuNNEWEG 1987, 180ff.; insgesamt zum davidischen und salomonischen Jerusalem: H. WEIPPERT 1988, 455-476. 416 Vgl. ACKROYD 1967, 343ff.; KENYON 1973, 71ff.; H. WEIPPERT 1977, 265-269; DIES. 1988, 513-516. 535-540; AVIGAD 1978, 1032-1050; WALLIS 1976; WIGHTMAN 1990; STAGER 1990; PINKELSTEIN 1990; DEVER 1990.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
sen mangels eines bis auf die Bevölkerungsebene reichenden FunktionärsAdministrationsapparates nur sehr eingeschränkt, nämlich auf die Administration königlicher Funktionalorte, zutrifft. Das Kriterium d gilt ebenfalls nur stark eingeschränkt, insofern in und für Samaria niemals eine, etwa derjenigen Jerusalems vergleichbare, Ideologie (Theologie) entwickelt worden ist, die als Basis eines integrativen "unifying" "symbol of the nation" hätte gelten und dienen können - oder wissen wir nur nichts von ihr, sollte sie restlos verloren gegangen, nicht überliefert sein? Bezeichnenderweise fehlt in Samaria auch abgesehen vom zeitweiligen königlichen Ba'al-Heiligtum z. Zt. der Omriden: ein "Nationalheiligtum". Diese Defizite werden durch den königlichen Palastkomplex, Vorratsbauten usw. keinesfalls wettgemacht. Die Prüfung Samarias anhand der Kriterien Buccellatis führt zum gleichen Ergebnis: Samaria war sicher die politisch wichtigste Ortschaft (a + d) im Herzen des Landes (b) mit wenn nicht der zahlreichsten 417 so doch der differenziertesten Bevölkerung (c) und als Dauerresidenz dementsprechend mit dem höchsten Lebens- und Kulturstandard ausgestattet (e + h). Daß Samaria militärisch die stärkste Stadt und strategisches Zentrum der Landesverteidigung war (g), ist mindestens im ersten Teil des Kriteriums keineswegs gesichert418, während der zweite Teil zutreffen dürfte. Daß Samaria als Sitz des Königtums eine religiöse Dignität besessen hätte (i) ist wiederum ebensowenig 419 nachweisbar wie die Kriterienfund k, deren Fehlen für Samaria schon oben (Kriterium b bei Olivier) angemerkt wurde. Es dürfte am wichtigsten für die Beurteilung des Charakters Samarias sein, daß dieser Residenz die integrativ bedeutenden Elemente des Zentralkults für das ganze Territorium sowie 417
Sargon II. will 720 v. Chr. 27290 Einwohner Samarias (ANET 284f.; TGI 3 60: 27280!) gefangengenommen haben. In der Zahl dürften aber auch Bewohner des Umlandes mit enthalten sein (H. WEIPPERT 1977, 267). Zum Ende Samarias 720 ( !) v. Chr. vgl. jetzt NA' AMAN 1990a. 418 Archäologisch vgl. o. A. 416, zuletzt H. WEIPPERT 1988 535-539. Unbekannt ist der genaue Umfang der eisenzeitlichen Stadt, weil der Verlauf der Stadtmauer (wenn es eine solche gab) unbekannt ist. Es ist möglich, daß Samaria aus der Akropolis-Residenz auf dem Hügel sowie einer Anzahl von benachbarten Nebenbauten bestand, während Menschen, die zu Hof und "Stadt-Bevölkerung" zählten, in den Umgebungsorten wohnten. Drei Faktoren können dafür sprechen, daß Samaria tatsächlich "nur" eine Residenz mit Nebenbauten, nicht aber eine stark mit Mauern befestigte Haupt-Stadt war: Dietrotz der Bekanntheit der Gefahr und der Belagerungskünste der Assyrer schnelle Einnahme Samarias (720 v. Chr.) und die vorherige, überraschend problemlose Verhaftung König Hoseas (vgl. dazu überzeugend NA'AMAN 1990a) sowie schon früher 2Kön 15,14, wonach Menahem b. Gadi anscheinend ziemlich ungehindert ohne Belagerung nach Samaria durch's Palasttor "hineinkommt" und Sallum erschlägt. 419 . In diesem Z~sammenhang wird gern auf das "Kalb von Samaria" (Hos 8,5 f.) verwiesen; dabe1 handelt es s1ch aber um den Stier von Betel (ALT 1954 = 1968, 295 A.2; WoLFF 1961, 179f.; RunoLPH 1971, 164; JEREMIAS 1983, 106f.). Das bedeutet nicht, daß die Residenz keine königliche "Kapelle" gehabt hätte (1Kön 16,32; 2Kön 10,18-27). Sie hatte aber keine nachweisliche Bedeutung für das Land. Von einer "Theologie der Residenz Samaria" ist immerhin nichts überliefert.
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soweit wir wissen -einer "Ideologie/Theologie der (Haupt-) Stadt" fehlten. Damit reduziert und konzentriert sich die Rolle und der Charakter Samarias für das jeweilige Herrscherhaus auf diejenige der - zweifellos bedeutenden Residenz mit zentraler funktionaler Bedeutung für die königlichen Funktionalorte im Lande, während eine verwaltungsorganisatorische Bedeutung und Funktion für die Ortschaften der Bevölkerungsebene fraglich bleibt, sich jedenfalls bisher im Blick auf königliche Funktionäre nicht nachweisen ließ. Es sei betont, daß Samaria dessenungeachtet politisch, sozioökonomisch und kulturell die bedeutendste Ortschaft des Nordreiches war, eine Qualität, die sie aber weniger ihrer funktionalen Bedeutung für die Ortschaften der Bevölkerungsebene als vielmehr ihrer Rolle als herrschaftliche Residenz verdankte. So bildete Samaria die Zentrale der herrschaftsinternen Verwaltung. Die Bedeutung der Stadt für die Ebene der Durchschnittsortschaften war aber anscheinend begrenzter als die gängige Bezeichnung als Hauptstadt auf den ersten Blick annehmen läßt. Was nun Jerusalem angeht, so treffen Oliviers Kriterien a + b zweifellos auf Jerusalem zu. Bei c gilt die gleiche Einschränkung wie bei Samaria mangels eines in die Ortschaften der Bevölkerungsebene hinab wirksamen königlichen Verwaltungsfunktionärsapparats. Kriterium d trifft auf Jerusalem in höherem Maße als bei Samaria zu, da nicht nur Palastkomplex einschließlich Vorratsinstallationen und weitere Repräsentativbauten textlich gesichert sind, die zusammen mit dem Jerusalemer Tempel und der an ihn und die davididische Dynastie anknüpfenden "Ideologie/Theologie der Stadt und der Dynastie" 420 Jerusalem im Laufe der Zeit zum "symbol of the nation" werden ließen. Dieser starke, ideologisch integrative Faktor konnte sogar an vordavididische Traditionselemente anknüpfen421 und wurde anscheinend bereits in der Zeit Davids und Salomos zielstrebig ausgebaut422 . Dementsprechend ist unter den Kriterien Buccellatis lediglich bei f (=Oliviers Kriterium c) der erwähnte Vorbehalt anzumelden, während bei Kriterium b die ab Rehabeam nichtzentrale Lage Jerusalems anscheinend kaum negative Auswirkungen für das Südreich mit sich brachte 423 bzw. durch die innertribal-judäische Loyalität der Südreichsbevölkerung ausgeglichen wurde. So kann bei Jerusalem von Residenz- und Hauptstadt uneingeschränkter gesprochen werden als bei Samaria, da in jenem Fall eine bruchlose und sogar wachsende landesweite Akzeptanz bestand. Die sich bei Kriterium c (Olivier) bzw. f (Buccellati) in beiden Fällen zeigende verwaltungsorganisatorisch-personale Strukturschwäche hinsichtlich bevölke42o Vgl. u. S. 203ff. Zur Ideologie als Reserve-Sozialstruktur vgl. SALZMAN 1978. 421 Darauf wird im Folgenden ebenfalls noch näher einzugehen sein; vgl. immerhin u. a. STOLZ 1970; ÜTTO 1976; DERS. 1980a; DERS. 1980b; DERS. 1986a; zuletzt aber besonders NIEHR 1990, 167ff.; JANOWSKI 1991. 422 Vgl. dazu die vorige Anm. und noch unten S. 203ff. . . 423 Zu den Grenzverschiebungen, die sich in Jerusalems nördhchem Vorland 1m Laufe der monarchischen Zeit ergaben, die jedoch immer auf benjaminitisches Gebiet beschränkt waren und judäisches Territorium nicht berührten, vgl. SCHUNCK 1963, bes. die Karte S. 169
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rungswirksamer Funktionäre der Nordreichs- wie der Südreichsherrschaft wurde im Südreich durch die integrierende Kraft der Ideologie von Hauptstadt und Dynastie ausgeglichen, weniger gut dagegen im Nordreich durch militärische Dynamik der Dynastien, die nicht nur durch die ständigen Umstürze, sondern auch durch die ebenfalls ständigen außenpolitischen Bedrohungen beeinträchtigt und behindert, kaum zu herrschaftsstabilisierenden Strukturmaßnahmen kamen. Man kann insgesamt sagen: Jerusalem wurde in wachsendem Maße integrierendes Zentrum des Südreiches und damit eine mit urbanen Metropolen der Antike vergleichbare Hauptstadt424 , und zwar nicht zufällig nach der Zerstörung Samarias. Samaria war dies in demselben Maße nie; es war als Residenz bedeutend, wenn die herrschende Dynastie stark war.
chen suchte 427 • Daß zur Sicherung der überdehnten Grenzen die Kräfte aber nicht ausreichten, begann sich schon während seiner Herrschaft zu zeigen 428 • Nach 1Kön 9.15. 17-19. 24, wo Salomos Baumaßnahmen zusammengefaßt sind, wurden neben dem Hauptbauplatz der Jerusalemer Residenz sechs Städte ausgebaut, deren Auswahl und Lage bezeichnend sind: Hazor429 , Megiddo 430 , Geser43 1, Unter-Bethoron432 , Baalat433 und Tamar434 (vgl. Karte 1 [S. 106]. Karte 2 [S. 146]).
2. Befestigungs-Bautätigkeit: Grenzstädte, Wagen- und Pferdestädte, weitere Festungsorte a) Vereintes Reich/Südreich Juda Während David als Bauherr wenig hervorgetreten ist425 , nimmt in der Zeit Salomos die herrschaftliche Bautätigkeit etwas breiteren Raum ein426 • Diese unterschiedliche Akzentsetzung herrschaftlicher Aktivität entspricht dem verschiedenartigen Charakter beider Herrschaften, indem David sein Reich durch militärische Dynamik nach außen im Innern sicherte ("Vorwärtsstrategie", "Vorneverteidigung"), während Salomo den seinerzeit erlahmenden militärischen Schwung durch bauliche Absicherung der Binnengrenzen, verbunden mit (heirats-)politischen und (handels-)diplomatischen Maßnahmen auszuglei424 Vgl. auch die steigenden Bevölkerungszahlen Jerusalems nach den Schätzungen BRoSHIS (1978, 10-15; DERs.,1974, 21-26 ). 425 2Sam 5,9 (Befestigungsbauten und erster Palast ); 2Sam 6; 24,18-25 (erster Kultplatz, aber noch kein Tempel, 1Kön 3,2; 5,16). Insgesamt ist das an Davidbauten in Jerusalem relativ wenig (H. WEIPPERT 1988, 455-457). Von AHARONI (1974a, 13-16) in die Davidzeit datierte Bauten auf Tell el-Qätf.i sind sehr wahrscheinlich erst (Jerobeam?) Ahab zuzuschreiben (vgl. NIEMANN 1985a, 265f. ; DEVER 1979, 272; HERZOG 1986, 89-91; H. WEIPPERT 1988, 540). Zuletzt hat HERZOG in Megiddo Str. VA David die Paläste 6000 und 1723 und "die 2.Phase der Häuserreihen" zugeschrieben (1986, 108); zur Diskussion vgl. aber KEMPINSKI 1977, 216f.; DEVER 1979, 292f.; USSISHKIN 1990; PINKELSTEIN 1990; DEVER 1990; vgl. auch u. mit A. 620-624. Zu Davids Aktivitäten beim Ausbau von Tell es-Seba' Str. V vgl. u. mit A. 443. 462; HERZOG 1986, 119-122. 124; zu Zweifeln an der Zuweisung von Str. V zum lO.Jh. v. Chr. und zur Zuweisung zum späten 9. Jh. v. Chr. vgl. DEVER 1979,283 ); OLB 2, 202. Zu Tell es-Seba' vgl. zuletzt FRITZ 1990b. 426 Jerusalemer Tempel(aus)bau: 1Kön 6; 7,13ff. (vgl. RuPFRECHT 1972; DERS. 1977); archäologisch vgl. G.R.H. WRIGHT 1985, 254-267. Jerusalemer Palast Salomos: 1Kön 7,1-12; zu weiteren Befestigungsbauten in Jerusalem und außerhalb: 1Kön 9,15ff. Archäologisch zum Jerusalem Salomos H. WEIPPERT 1988, 457-476. Ein Überblick zur "Monumental Architecture in Ancient Israel in the Period of the United Monarchy" bei DEVER 1979.
Hazor, Megiddo und Geser boten als alte, bedeutende Kanaanäerstädte relativ gute Voraussetzungen zum (Wieder-) Aufbau bzw. Ausbau als königliche Funktionalorte. Die baulichen Übereinstimmungen können auf einen konzertierten Ausbau schließen lassen435 • Hazor beherrscht den Nord( ost )en, Megiddo und Geser sichern die strategisch 427 lKön 3,1; 9,16. 24; 11,1-8 (Heirats- und Haremsdiplomatie); lKön 5,15-32; 9,10-14; 10,1-29 (Handelsdiplomatie). Zum historischen Gehalt letzterer Berichte vgl. o. S.19ff., bes. A. 81-83. 96. 100. 428 lKön 11,14-28 (29-39). 40; zu V. 29ff. vgl. H. WEIPPERT 1983. 429 Die Siedlungvon Str. XB-A (2.H. lO.Jh. v. Chr.) bestand wohl nur aus einer befestigten (königlichen??) Zitadelle von ca.6-7 acres (YADIN 1972, 135-146); zum archäologischen Befund vgl. insgesamt YADIN 1967, 245 ff.; DERS. 1972, bes. 110ff. 129ff.; KENYON 1973, 53ff.; YADIN 1976, 474-495; KUSCHKE 1977, 141-144; FRITZ 1983, 31-33; H. WEIPPERT 1988, 428f. zum Torbau Salomos (?) (und Späterer) (Str.XB) vgl. auch HERZOG 1986, 91f. sowie WIGHTMAN 1990; USSISHKIN 1990; PINKELSTEIN 1990 und DEVER 1990. 430 Zum archäologischen Befund: SeROFJELD 1967, 309ff.; KENYON 1973, 58ff. 93ff.; AHARONI!YADIN 1977, 830-856; KEMPINSKI 1977,213-218: FRITZ 1983, 22-30; H. WEIPPERT 1988, 431-434; WIGHTMAN 1990; USSISHKIN 1990; PINKELSTEIN 1990; DEVER 1990; ZU den Torbauten vgl. HERZOG 1986, 93-108, bes. 96ff. 431 Zum archäologischen Befund vgl. DEVER 1967, 47 -62; DERS. 1971, 94-132; KENYON 1973, 68ff.; DEVER 1976, 428-443; KEMPINSKI 1977, 90-93; DEVER 1984, 206-18; DERS. 1986, 9-34; H. WEIPPERT 1988, 429-431; zum Torkomplex vgl. HERZOG 1986, 113-117 sowie insgesamt WIGHTMAN 1990; HOLLADAY,Jr. 1990; UssiSHKIN 1990; PINKELSTEIN 1990; DEVER 1990. 432 Vgl. 0ELGARTE 1918, 73-89; HENTSCHKE 1962, 2:J7; vgl. auch unten S. 118 m. A. 552-554. 433 So MT, gemeint ist wohl Ba'ala ( =Ba'lat Jehuda, 1Chr 13,6), der alte (ältere) Name (eines Heiligtums bei) Kirjat-Jearim(s) (ScHUNCK 1963, 97ff. 145. 150; vgl. auch NoTH 1983, 213f.; AHARONI 1984, 220. 269; OLB 2, 794f.; anders WüRTHWEIN 1985, 111; unentschieden GRAY 1980, 248; zur Diskussion vgl. noch VRIEZEN 1975, 136 A. 3; der einzige Beleg in der Literatur für eine Oberflächenuntersuchung in Der el-Azhar , wonach die Ortslage vielleicht schon in SpBr existierte, war mir unzugänglich). Zum Ort vgl. auch Kap. C, S. 192f. mit A. 51-54. 434 Nach AHARONI 1963, 30-45 = 'En lfa~b am W-Rand des Wädi el- 'Araba (so auch Norn 1983, 214); nach MITIMANN 1977, 228ff.: 'En el- 'Aru~ = 'En Tamar; zur Diskussion vgl. OLB 2, 264-270. 435 Zum Beleg solcher konzertierter (königlicher?) Aktivität wird gern auf die ähnlichen 6Kammer-Torkomplexe von Hazor, Megiddo, Geser und Asdod (vgl. jetzt auch Timna) hingewiesen, vgl. u.a. AHARONI 1974a, 13-16; HERZOG 1986, 9lf. 93ff. 113ff., für Tell esSeba' aaO, 119ff. Zur Diskussion um die Datierung derToranlagen, d.h. um die Frage, ob sie Salomo zugeschrieben werden müssen, vgl. neuestens WIGHTMAN 1990; HOLLADAY,Jr. 1990; DEVER 1990, besonders aber USSISHKIN 1980; DERS., 1990; PINKELSTEIN 1990. Nicht gesichert ist danach nicht nur die Zuweisung aller solcher Tore gerade zur Zeit Salomos; es ist auch nicht
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Il. Königliche Funktionalorte und -bauten
wichtige Ebene Jesreel bzw. die Westgrenze gegenüber der Küstenebene. Soweit die Ausgrabungen es erkennen lassen, scheinen jedoch Hazor, Megiddo und Geser im 10. Jh. v. Chr. noch nicht überwiegend und eindeutig königlich dominierte Funktionalorte gewesen zu sein, eher Wohnorte israelitischer Durchschnittsbewohner, denn der Anteil der öffentlichen Gebäude an der Ortsfläche besonders in Megiddo und Hazor ist zu dieser Zeit allem Anschein nach noch merklich geringer als im 9. Jh. v. Chr. 436 . Ihre Funktion im königlichen Sinne im 10. Jh. ist danebenangesichtsder datierungsmäßigen und interpretatorischen Unklarheiten bei den archäologischen Ergebnissen auch nicht völlig eindeutig zu bestimmen. Angesichts der traditionellen strategischen Wichtigkeit der drei Orte liegt natürlich die Annahme einer (königlichen) Grenzsicherungsfunktion nahe. Gesichert ist eine solche Auffassung aber deshalb nicht, weil nicht völlig sicher ist, daß die Schutz- und Befestigungs-Bauten jedenfalls königlich-salomonisch, nicht aber lokal veranlaßt sind, falls und soweit sie denn in die Salomozeit gehören 437 . Ist aber der archäologische Befund im Blick auf die Bauten-Urheber sowie funktional nicht eindeutig, ruht alles auf 1Kön 9,15. 17-19, wo aber leider nur allgemein von "(aus)bauen" (BNY) in nicht militärisch und/oder zivil spezifizierender Art gesprochen wird. So könnte sich Salomos (Aus-)Bautätigkeit in den drei Orten lediglich auf Repräsentationsbauten438 konzentriert haben. Das deutete auf ein salomonisches Motiv in Richtung Prestigegewinn und Einflußstabilisierung im Norden hin, also Integration der Nordgebiete und -gruppen, neben dem der weitere Gedanke strategischer Grenzsicherung freilich nicht ausgeschlossen ist. Es handelte sich dann gewissermaßen um eine ParallelMaßnahme Salomos zu der Entsendung der n!)bym (1Kön 4,7ff.): Falls die in Frage kommenden "Palast"-Bauten in Hazor und Megiddo auf königliche und salomonische Initiative zurückgingen, deutet dies wie 1Kön 4,7ff. auf Salomos Bemühung um Integration der Nordgebiete. Daß es sich um Parallelmaßnahmen handelte, die nicht von vorn herein verknüpft waren, wird daran deutlich, daß von den drei Orten allein Megiddo überhaupt im Bereich eines n!)b genannt wird, aber nicht als sein Wohn- und Herkunftsort, sondern als einer der Orte seiner Bemühungen um Repräsentation und Prestige für Salomo, als der Ort nahe seinem Wohn- und Herkunftsort Taanach, der traditionell
große regionale Bedeutung hatte und insofern für (s)eine Funktion als zeitweilige Residenz von Nutzen war. Vergleichbares mag für den n!)b von Naphtali (1Kön 4,15) gelten, bei dem Hazor aber nicht einmal genannt wird. Ob und wieweit Hazor und Megiddo bei dieser Deutung bereits organisatorisch-administrative Funktionen der Binnenverwaltung besaßen, ist unbekannt. Bei Tamar, Unter-Bethoron und Baalat, die das judäische "Hausmachts"-Gebiet Salomos gewissermaßen umgaben, sind wir mangels Ausgrabungen völlig auf 1Kön 9,15. 17-19 angewiesen; was Salomo dort "(aus-)gebaut" hat, ist wieder unbekannt. Von ihrer Lage her läßt sich aber für die ihnen vom Königtum zugedachte Funktion folgendes vermuten: Tamar sicherte an der Nordwestecke der Araba-Senke die Südostgrenze und diente zugleich als Stützpunkt für die Sicherung der Handelswege nach Süden in Richtung des Golfs von Aqaba. Auch für den Ausbau der beiden Orte Unter-Bethoron und Baalat kann eine Sicherungsfunktion angenommen werden, freilich wohl eine etwas andere als meist angenommen, soweit bei allen 6 Orten in 1Kön 9,15. 17-19 an Grenzfestungen zum Außenschutz des Kernbereichs von IsraeVJuda gedacht wird: Beide Orte liegen eben nicht an der westlichen Außengrenze zur Küstenebene hin. Weiter westlich als Unter-Bethoron liegt Geser, westlich von Baalat liegen Bet-Schemesch und Zora als feste Städte439 . Damit bilden beide Orte allenfalls Elemente eines gestaffelten Sicherungssystems des nordjudäischen Kernlandes und dienten wohl vorrangig dem speziellen Schutz des nördlichen bzw. südlichen Zugangsweges durch die Ebene Ajjalon bzw. das Wadi e!)-$arar hinauf auf das Gebirge nach Jerusalem. Obwohl in Unter-Bethoron und Baalat keine Ausgrabungen stattgefunden haben, liegt es wie bei den anderen drei von Salomo im Norden (aus-)gebauten Festungsorten nahe, daß keine reinen königlichen Funktional-Festungsorte vorliegen, sondern Befestigungsmaßnahmen im königlichen Auftrag innerhalb der Wohnstädte vorgenommen wurden440 . In 1Kön 9,19 werden Wagen- und Pferdestädte ('ry h-rkb und 'ry h-prsym) Salomos genannt441 . Um welche Orte handelt es sich? Sind es spezielle Städte oder waren die Wagen, Pferde und Mannschaften in den obigen sechs Festungsgrenzstädten sowie evtl. weiteren Ortschaften untergebracht? Es ist in qyr Tat auffällig, daß niemals einer dieser Garnisonsorte für die für Israel aufsehenerregende und moderne Kriegswaffe, mit der noch David nichts anzufangen wußte oder zu tun haben wollte 442 , namentlich genannt wird. Das macht die von Würthwein vertretene Auffassung wahrscheinlich, unter Verständnis des 1Kön 9,19a beginnenden waw als waw explicativum die Vorrats-, Wagen- und Pferdestädte mit den sechs o. g. königlichen Funktionalorten gleichzusetzen443 . Die Stationierung dieser Waffe hatte- wenn sie denn außerhalb
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ausgeschlossen, daß es sich um ein Phänomen, ein Element der Architektur-Entwicklung speziell der E IIA-Zeit (ca. 1000-900 v. Chr.), also ein Element eines Epochenstils handelt, so daß die Torkomplexe nicht notwendig alle auf einen staatlich-königlichen Auftraggeber zurückgehen müssen, sondern vielleicht auf einen Impuls der Architekturentwicklung der palästinischen Küstenebene (vgl. H. WEIPPERT 1988, 440-441), also von philistäischen Baumeistern auch in lokalem Auftrag ausgeführt worden sein können. 436 Für Hazor vgl. o. A. 429, für Megiddo o. A. 430, für Tamar o. A. 434. Vgl. auch KNAUF 1991b, 180ff.; Kartenskizzen bei H. WEIPPERT 1988, 429f. 431; (AHARONII) YADIN 1977, 848 (Megiddo); DEVER 1976,429 (Geser); YADIN 1972, 111 (Hazor). 153 (Megiddo). 437 S.o. S. 19-23 mit A. 81-96 und S. 97 A. 435. 438 In Megiddo vielleicht "Palast 1723" und vielleicht auch "Palast 6000" mit der ihn unter Umständen umgebenden Kasemattenmauer, nicht aber die spätere, über "Palast 1723" hinweglaufende Massivmauer sowie auch nicht das sog. "salomonische Tor" (vgl. H. WEIPPERT 1988, 431f. 434)? Residierte und repräsentierte in "Palast 1723" zeitweilig der aus Taanach stammende und dort wohnende n!)b Baana b. Abilud (1Kön 4,12), während im tornahen "Palast 6000" zum Schutz des Tors und im Schutz der evtl. Kasemattenmauer um den Palast ein salomonischer Militärführer und eine Soldateneinheit ständig stationiert war? Für Hazor vgl. H. WEIPPERT 1988, 429 (vielleicht im 10. Jh. ein "Palast oder festungsartiges Gebäude an die Stadtmauer angebaut" (Str. X- IX) (vgl. 1Kön 4,15??).
439 S. u. m. A. 534-538 (Bet-Schemesch) und u. m. A. 539 (Zora) 440 Vgl. die Lit. in A. 432 (zu Unter-Bethoron) und A. 433 (zu Baala ). 441 Belege: 1Kön 9,19//2Chr 8,6; 1Kön 10,26//2Chr 9,25; 2Chr 1,14; vgl. neben den Kommentaren z.St. noch DE VAux 1966, 24-28; H. WEIPPERT 1977, 250-255; zum mesopotamiseben Hintergrund der Streitwagenwaffe vgl. MAYER 1978. 442 2Sam 8,4, vgl. McCARTER 1984b, 249; oder steckt hinter der Bemerkung eine David zugeschriebene Fremdgötterabwehr (vgl. 2Kön 23,11, zu diesem Text vgl. SPIECKERMANN 1982, 245-256)? Vgl. auch Dtn 17,16. 443 WüRTHWEIN 1985, 109. 112; anders Norn 1983, 216; THIEL 1985, 306. Als Stationierungsort für Streitwagen kommt noch Jerusalem hinzu, s. u. S. 102 m. A. 447. Ob aller-
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von Jerusalem historisch zutreffend und auch der Salomozeit zuzuschreiben ist- neben dem Verteidigungszweck vermutlich speziell bei Hazor, Megiddo und Geser den Sinn, gegenüber den nichtjudäischen Nordgebieten als Demonstration des königlich-salomonischen Machtanspruchs444 und der Fähigkeit, Schutz bieten und eine pax Israelitica garantieren zu können, kurz: herrschedieher Legitimation zu dienen445 , eine der Einset-
zung der salomonischen Emissäre in den Nordgebiete (1Kön 4,7ff.) parallele Maßnahme. Salomos sechs Funktionalorte neben Jerusalem sollten somit sehr wahrscheinlich eine innenpolitisch seine Herrschaft legitimierende propagandistische Funktion erfüllen. Hinzu kommt eine vermutlich begrenzter als früher anzunehmende außenpolitischmilitärische Funktion der Grenzabsicherung, wobei zwischen Baalat, Unter-Bethoron und Tamar einerseits und Hazor, Megiddo und Geser andererseits in der oben angedeuteten Weise ein gradueller Unterschied bestehen mag: Bei jenen (freilich recht punktueller) militärischer Grenzschutz für das judäische Hausmacht-Gebiet, bei diesen vorrangig Repräsentation und Legitimation mit Ziel der Integration- auch mit dem evtl. begrenzt eingesetzten Mittel militärischer Präsenz als (den Nordgruppen einsichtiger?) Grenzschutz-Faktor, freilich wiederum recht punktuell. Mit der vorgeschlagenen Deutung von 1Kön 9,15. 17-19 wird allerdings das Bild Salomos als überragender und glänzender Bauherr reduziert446 , wenn er auch unbestreitbar Beachtliches auf dem Bausektor, besonders in Jerusalem, geleistet hat.
dings Unter-Bethoron und Baala(t) wegen ihrer geomorphologischen Situation (bedeutende) Streitwagengarnisonen gewesen sind, ist wohl zu bezweifeln. (Woher hatte Salomo eigentlich die vielen Streitwagen <1Kön 5,6; 10,23-25. 26-29, zur Vorsicht gegenüber dem Aussagegehalt vgl. SCHLEY 1987 und o. S. 19ff. m. A. 81-90>, die David noch verachtete, und was wollte er mit ihnen: Eine Art repräsentative "Schweizergarde"?) Hinzu kommt, daß im späteren Südreich die Streitwagenwaffe anscheinend kaum mehr eine Rolle gespielt hat, nachdem die bedeutenderen alten Kanaanäerorte Hazor, Megiddo und Geser zum Nordreich gehörten, wo diese Waffengattung weiter gepflegt wurde (oder hat der Aufschwung der Streitwagenwaffe unter Ahab bei der Ausmalung der Salomozeit rückwirkend die Hand des Erzählers mit geführt? Für einen vergleichbaren Vorgang vgl. KNAUF 1991b,174ff.; im übrigen stammt der früher gern als Stallanlage für die "salomonischen" Streitwagenpferde beanspruchte Pfeilerhauskomplex in Megiddo nicht aus der Salomo-, sondern aus der Omridenzeit , vgl. A. 445). Vielleicht waren Unter-Bethoron und Baala(t) eher Vorratsorte neben ihrer Funktion der Zugangssicherung für Jerusalem von Westen her (vgl. SCHUNCK 1963, 100; VRIEZEN 1975, 153). Erstaunlich ist das Fehlen von Beerscheba und/oder Ziqlag in der Reihe der 6 königlichen Funktionalorte; es bleibt eine Lücke der Grenzsicherung im SW. Sollte Tell es-Seba' Str.VIN entgegen der Datierung der Ausgräber nachsalomonisch (s.o. A. 425) und deshalb nicht genannt sein? Oder liegt die Nichtnennung auch daran, daß Tell es-Seba' nach David zeitweise außerhalb des von Salomo kontrollierten Gebietes lag (vgl. KNAUF 1991 b, 181f. )? 444 Vielleicht sollte man bei einer altorientalischen und kleinen, erst am Anfang ihrer Formationsperiode stehenden Gesellschaft wie dem davidisch-salomonischen Israel weniger von (entpersonalisierter,.korporativer, institutionalisierter staatlicher) Macht des Herrschers, sondern von Einfluß und Autorität sprechen (vgl. SERVICE 1977, 106ff. u. passim; zum öffentlichen Bau massiver Monumente in solchen vor- bzw. früh" staatlichen" Gesellschaften SERVICE 1977, 113. 134, speziell in Israel DEVER 1979; WHITELAM 1986 (weitere Lit. in Kap. C, A. 217), zur Rolle der Redistribution SERVICE 1977, 109ff. 112-114. 128. 131. 361 u. ö.; weitere Lit. zur Sache s. A. 81. 88. 221). 445 Vgl. auch WüRTHWEIN 1985, 112; vgl. oben m. A. 444. Es fragt sich, ob die Zahlen der Pferd- und Wagenmacht Salomos real sind (vgl. DE VAux 1966, 25; o. A. 443; vgl. Ahabs Wagenzahl bei Qarqar, o. 66 m. A. 303; 99f. m. A. 443); wo sollten solche Mengen untergebracht sein, wenn Baala(t), Unter-Bethoron und Megiddo als Wagengarnisonen z. Zt. Salomos ausfielen? Die früher gern als Pferdeställe bezeichneten Pfeilerhäuser (zur Diskussion vgl. besonders FRITZ 1977; HoLLADAY,Jr. 1986) haben nämlich wohl nicht direkt etwas mit Streitwagentruppen zu tun, sondern sind eher Kasernen (s. Frurz,aaO, 44f.) oder königlichfunktionale Mehrzweckbauten, die auch dem Handel dienen konnten (vgl. dazu unten Näheres). Sie finden sich in großen Komplexen in königlichen Funktionalorten (Megiddo, Tell esSeba', Tell el-lfasf), einzeln auch in Hazor, Bet-Schemesch, Tell 'Ariid VIII, Tel 'Esdiir III, auch auf Tell Qasile, Tell AbuHawiim IV und lfirbet el-Msiisii, vielleicht auch in lfirbet Gazze (dazu Bmr-ARIEHICRESSON 1982, 262f.). Der vielleicht berühmteste Pfeilerhauskomplex in Megiddo stammt auch nicht aus der Zeit Salomos (Str. VA-IVB), wie früher angenommen, sondern aus der Zeit Ahabs (Str. IVA) (vgl. AHARONI!YADIN 1977, 848; FRITZ 1977, 32f.). M.E. handelt es sich um in königlichen Funktionalorten gern und besonders ausgedehnt benutzte Bauten, deren funktionale Eingrenzung nur auf Kasernen (FRITZ) allerdings nicht sicher ist; man sollte vielmehr an multifunktional verwendbare Bauten denken, neben Kaser-
Als Zwischenergebnis ist hier festzuhalten, daß das Königtum Salomos mit der begonnenen, jeweils verschiedenartig ausgeführten Funktionalisierung der bisher betrachteten sechs Orte in den Fällen von Hazor, Megiddo und Geser anscheinend kaum ersichtlich und nachweisbar in die Selbstverwaltung der jeweiligen Ortsbevölkerung eingegriffen hat; wieweit das dagegen in UnterBethoron, Baalat und Tamar der Fall war, ist nicht festzustellen. Vermutlich ist es aber doch eher unwahrscheinlich, daß in Unter-Bethoron und Baalat das Königtum über militärische Befestigungsmaßnahmen und die Stationierung von Truppen hinaus die der Bevölkerung zum eigenen Schutz und dem des gesamten Gemeinwesens verständlich gemacht werden konnte, lokale Verwaltungsautorität beansprucht oder übernommen hat. Die Zielrichtung des Versuchs m. E. primär der Repräsentation und Herrschafts-Legitimation ist erkennbar; darüber hinaus können von der Lage der drei Orte Judas, aber auch der drei Nord-Ortschaften in dieselbe Richtung gshende, plakative militärische Schutz-Maßnahmen Salomos vermutet werden. Eingriffe des Jerusalemer Königtums in Lokal- und/oder Regionalverwaltung, etwa mit dem Ziel der Durchstrukturierung des Landes bzw. dem Aufbau eines Binnenverwaltungs-Apparates, sind jedoch nicht erkennbar, vermutlich auch nicht einmal wahrscheinlich, da lKön 4,7ff. in der oben vorgetragenen Deutung auch erst den Versuch und Anfang einer solchen herrschaftlich-strukturellen Integration in der Salomozeit dokumentiert. Nun sind ja nach Salomo den Davididen die wichtigen drei nördlichen Funktionalorte (Vorrats-, Wagen- und Pferdestädte oder was immer sie funktionaldarstellten und wieweit sie im 10. Jh. v. Chr. wirklich schon königliche nen auch an Handels-, Vorrats-, überhaupt königlicheRedistributionszwecke (dagegen Frurz 1977, 44f.; vgl. insgesamt und differenzierend H. WEIPPERT 1988, 540-543). Die grundsätzliche Deutung von HoLLADAY,Jr. 1986 als Ställe für "ordinary domestic animals" spricht nicht gegen meine Vorstellung multifunktionaler Verwendung. 446 So mit WüRTHWEIN 1985, 112, anders TRIEL 1985.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
!I. Königliche Funktionalorte und -bauten
Funktionalorte waren) verlorengegangen. Da es mangels archäologischer Erkenntnisse unsicher ist, ob und in welchem Maße Unter-Bethoron, Baalat und Tamar überhaupt Wagenstreitmacht-Garnisonen besaßen, ist es möglich, daß diese Waffengattung im wesentlichen nur in Jerusalem dem Südreich verblieb447. Wo und in welcher Weise finden sich königliche Funktional-, speziell Festungs- und Sicherungsbauten und -orte über die sechs bzw. ab Rehabeam nur noch drei verbliebenen hinaus? In diesem Zusammenhang ist zunächst die Besiedlung in Südjuda und dem nördlichen und zentralen Negeb ins Auge zu fassen, wo durch Surveys und Ausgrabungen bemerkenswerte Erkenntnisse über zahlreiche Siedlungen seit dem Ende des 11. bzw. im 10. Jh. v. Chr. gewonnen worden sind. Eine größere Anzahl von Siedlungsanlagen im Zentrainegeh gehört durch die häufig gewählte interpretierende Bezeichnung als "lron Age Fortresses" anscheinend in den hier zu behandelnden Zusammenhang königlicher Sicherung der Südgrenze. Diese Baugruppen treten in zwei Zeitphasen auf, einmal am Ende des 11. und vor allem im 10.Jh. v. Chr., zum anderen zwischen 800 und 600 v. Chr. Neben der gerraueren Datierung standen in der Diskussion etwa des letzten Jahrzehnts besonders die Frage der äußeren Form (Grundriß) der Ansiedlungen und deren Interpretation sowie die der Funktion der Siedlungen im Mittelpunkt, letzteres besonders im Zusammenhang mit Überlegungen, wer wohl die Bewohner bzw. Urheber dieser "Forts" gewesen seien.
Tell es-Seba' VII (im ll.Jh. nach Südosten) bzw. Kadesch Barnea und El-Qusema (im 10.Jh. nach Nordwesten) ausgestrahlt. Die anderen Negebsiedlungen seien die kleinen quadratischen Festungen mit kleinen offenen Begleitdörfern, verstreut in der Wüste Zin, die auf königliche Initiative zurückgingen452 . Bildet die zwischen "zivilen" Siedlungen und königlich initiierten Grenzschutzbaugruppen differenzierende Sicht Herzogs schon einen akzeptablen Fortschritt, so hat Knauf in einer Kritik gegenüber Cohen 453 die Frage nach Bewohnern und Funktion der "Fortresses" weitergetrieben. Er wendet sich wie Herzog gegen die einheitliche Interpretation der vier im Grundriß unterschiedlichen Bautypen als königliche Festungen, was allenfalls auf die "Forts" mit Turm zutreffen könne, und deutet die Anlagen im Negeb-Hochland, die oberhalb der 100-mrn-Isohyete liegen und damit für Kleinviehzucht und gelegentlichen Feldbau geeignet, außerdem geschützt abseits von internationalen Verkehrswegen liegen, von einer "umwelt- und sozialgeschichtlich orientierten Archäologie" her als" Vorratshäuser und ,Fluchtburgen' einer lokalen Bevölkerung" 454 . "Die Varianz der Grundrisse deutet an, daß die Bewohner des Negeb-Hochlandes im lO.Jh. ethnisch und sozial keine Einheit bildeten, und daß mehr ,nomadisch' orientierte Gruppen, denen ich die ,ovalen' Anlagen zuschreiben möchte, neben mehr ,nördlich' orientierten standen, die ,quadratischer' bauten. " 455 . Unabhängig von Knauf hat Finkelstein456 die Interpretation der sog. "Fortresses" in derselben Richtung überzeugend weitergeführt und differenziert sowie in ein einleuchtendes historisches Gesamtbild gebracht. Er zeigt, daß die Anlagen auf den "Zin-NegevHighlands" zivile Siedlungen der lokalen Bevölkerung waren. Darauf weisen deren nicht so dicke und feste Mauern im Vergleich zu den nördlichen Kasemattenmaueranlagen; auch die Streuung und weiträumige Verteilung spreche gegen ein königliches Festungssystem. Zur Frage der Kurzlebigkeit der Siedlungen erklärt Finkeistein einleuchtend, daß sich diese lokale Ziehbauernbevölkerung ansiedelte, als die Sicherheitslage relativ stabil war; Einflüsse benachbarter Kulturen, der Zugang zu externen ökonomischen Ressourcen neben der Kleinviehhaltung erklären sich in diesem Zusammenhang und erlauben ihnen teilweise den Verzicht auf Herdenhaltung und Wanderungen im 12. -1l.Jh. v.Chr. Zeugnisse der Prosperität des Gebiets bietet z. B.lfirbet el-Msiis II (2. H. 12. Jh. bis Ende 11. Jh. v. Chr.) mit Belegen für Metallvrgie, ägyptisch-kanaanäischer Architektur, phönizischer und midianitischer Keramik. Das deutet auf die Möglichkeit von Handelsbeteiligung dieser Gruppen neben gelegentlichem Ackerbau457 • Die materiellen Verbindungen mit dem Norden (Juda) sind durch scheibengedrehte Keramik und 4-Raum-Häuser belegt. Neben Kleinviehzucht tritt Haltung von Großvieh als Zeichen
R. Cohen448 hat ovale, rechteckige, quadratische und "Forts" mit Türmen unterschieden und sie als königliche Grenzsicherungsanlagen des lO.Jh. z. Zt. Salomos interpretiert, wobei einige der Anlagen im Negeb-Hochland schon ins ausgehende 11. Jh. v. Chr. gehörten. Meshel449 sah ebenfalls die "Forts" als königlich verursachte Anlagen zur Südgrenzsicherung und zum Straßenschutz im Negeb an, klassifizierte sie aber vor allem nach ihrer Größe. Mit Recht hat dagegen Herzog450 kritisiert, daß alle diese Bauten homogenerNaturseien und funktional gleich interpretiert würden. Vom Befund auf Tell es-Seba 'IX-VI ausgehend, trifft er eine wichtige Differenzierung: Man müsse zwischen relativ großen "enclosed settlements" (Tell es-Seba' VII) und einigen anderen NegebOrtslagen451 einerseits und kleineren Negebsiedlungen mit Kasemattenmauern andererseits unterscheiden, wobei jene eher (zivile) Familien-/Sippensiedlungen, diese eher militärisch ausgerichtete Siedlungen seien. Jene seien von solchen Kernsiedlungen wie 447 Vgl. lKön 10,26//2Chr 9,25; 2Chr 1,14. Ihre Bedeutung für Juda war freilich wohl bescheiden im Unterschied zum Nordreich. Ob das in 2Kön 11,16//2Chr 23,15 erwähnte Pferdetor, anscheinend zwischen Tempel und Königspalast gelegen, mit Streitwagen-Pferden zu verbinden ist, ist unsicher (eher königliche Wagenpferde). Das mit diesem Tor nicht identische (GRAY 1980, 578f.; GUNNEWEG 1987, 72) "Pferdetor" an der Ostseite des Tempelbezirks zum Kidrontal hinaus (Jer 31,40; Neh 3,28; vgl. BHH 831f. kommt vielleicht eher für einen Zusammenhang mit Wagentruppen in Frage. 448 COHEN 1979; DERS. 1980; MESHEUCOHEN 1980. 449 1977 450 1983, 41-49 451 Z.B. Me~ad Refed, Me~ad Hatira, Horvat RafJba (vgl. die Zusammenstellung auf der Karte S. 42 Fig. 1; 45, Fig. 2); zu beiden ersteren Anlagen vgl. früher MESHEriCoHEN 1980.
452 Vgl. noch die historische Synthese bei HERZOG 1983 44. 46-48 sowie den Überblick über "Adaptive Strategies in the Archaeology of the Negev" von BARON 1981. 453 KNAUF 1986, 175 454 Diese Bevölkerung stand, "wie die Funde von ,importierter' scheibengedrehter Keramik neben ,einheimischer' handgemachter zeigen, mit ihren Nachbarn im Norden in intensivem Kontakt ... und (haben) sich möglicherweise, obwohl überwiegend ,nomadisch' lebend, dem Staatsverband Judas im 10. Jh. zugehörig gefühlt ... Eine gewisse Festigkeit der Baulichkeiten war erforderlich, da sich ihre Bewohner aller Wahrscheinlichkeit nach der zur Zeit Davids oder kurz zuvor im Negeb aufgetauchten, wahrscheinlich bereits protobeduinischen Amalekiter (1.Sam.30,17 ... ) zu erwehren hatten." (KNAUF aaO). 455 Ebd. 456 1984, 189-209; vgl. H. WEIPPERT 1988, 483f. 457 Vgl. PINKELSTEIN 1988a; H. WEIPPERT 1988, 406f.
104
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
stationären Bauerntums458 . Häuser außerhalb der Negeb-"enclosures" weisen auf die Sicherheit der politischen Situation. Diese seßhafte Phase begann im 12. Jh. und fand einen Höhepunkt Ende des 11./ Anfang des 10. Jh. v. Chr. Als dann im Norden Juda erstarkte459 , entstand ein Konfliktpotential. Allerdings brauchten die judäisch-davididischen Herrscher die zeitweilig seßhaft gewordenen Nomaden nicht zu bekämpfen. Mit ihrem Zurückdrängen (oder Rückzug?) aus dem (Durchgangs-)Handel gingen sie wieder zum Wandern über, was das Verlassen der "Forts" zwanglos erklärt. Die Zerstörung von lfirbet el-Msäs IIA geht parallel mit der judäischen Intensivierung der Besiedlung von Tell es-Seba' und der Festung Arad. So hat das davidisch-judäische Königtum, wie Finkeistein resümiert, in einer klug ausgewogenen Politik mit einzelnen Stützpunkten im Südjuda-Negeb-Bereich "Flagge gezeigt" und für Stabilität, für eine pax Iudaica gesorgt, es anscheinend aber verstanden, die Lokal-Nomaden (Ziehbauern) partiell zu integrieren460 , dabei in ihrer Handelsselbständigkeit bzw. alleinigen Rolle im (Zwischen-) Handel zu begrenzen, jedoch ohne nennenswerte Repression, so daß ein Ausbau weiterer Festungen sich erübrigte, ohne daß die Stabilität gefährdet war. Diese aus den umwelt- und sozioarchäologischen Gegebenheiten im Bereich der sog. Negeb-"Forts" erschlossene, ausgleichende und konstruktive Politik Judas wird auch dadurch wahrscheinlich, daß sie mit textlichen Belegen der frühen Zeit Davids und dessen Beziehungsverhältnissen mit südjudäischen Gruppen vollkommen übereinstimmt461 .
Ist diese Sicht in ihren Grundzügen richtig, bleibt hervorzuheben, daß die Herrschaft in Jerusalem ihre Schutzmachtfunktion bzw. den entsprechenden Anspruch und ihre Autorität in Südjuda und im Negeb nicht in Form eines dichten Administrations- und/oder Festungsnetzes etablierte und demonstrierte, sondern durch eine weitsichtige Mischung von punktueller, auf vereinzelte königliche Stützpunkte konzentrierter Präsenz und partieller Integration der lokalen Bevölkerung die Vorteile und Interessenübereinstimmungen unter einer von ihr garantierten pax Iudaica nahezubringen verstand, die Opposition reduzierte oder gar nicht erst aufkommen ließ. Welche Ansiedlungen Südjudas und des Negeb kommen als königliche Funktionalorte von Art und Positionierung in Frage? 458 Vgl. ZU lfirbet e/-MsiiS Str. li FRITZ 1980, bes. 132ff.; DERS. in DERS./KEMPINSKI eds. 1983, 227ff.; TCHERNOV/DRORI in FRITZ/KEMPINSKI eds. 1983, 213ff.; FRICK 1985, 159ff.; H. WEIPPERT 1988, 402-407; u. a. zur Chronologie vgl. jetzt aber DEVER 1990a. 459 Vgl. 2Sam 8; für Efirbet el-MsiiS folgenreich war Davids Oberherrschaft über Edom (2Sam 8,14), damit kam der Ort in eine empfindliche Interessenzone Davids auf dem Weg nach Edom zu liegen; vgl. hier aber auch KNAUF 1988e. 460 Finkeistein spricht gewöhnlich von Nomaden, während die von ihm beschriebene Bevölkerung sozialökonomisch wohl genauer als "lokalnomadisch" bzw. "ziehbäuerlich" bezeichnet werden sollte, deren "sedentarization" sie zu "Stationärbauern" machte. Der wichtige Aufsatz enthält mehrere nützliche Karten und den m. W. vollständigsten Katalog von "Iron Age ,Fortresses'" (S. 203-206: 47 sites). 461 Vgl. 1Sam 22,1-5; 23,14ff.; 24f.; 27; 30, bes. Vv. 26-31, dazu ZOBEL 1975); s.auch die zahlreichen Gefolgsleute aus Davids Frühzeit aus S-und 0-Juda in 2Sam 23,8-39; vgl. noch FINKELSTEIN 1984, 202m. A. 7.
Il. Königliche Funktionalorte und -bauten
10. Jh.
V.
Chr.
Tell es-Seba 'V
Tell el-MillJ Tell 'Aräd XI Tamar Tell el-lflefe?
105
(zum Folgenden vgl. Karte 1; s. nächste Seite) (David), befestigte Stadt, königlicher Hauptstützpunkt des SW-Gebiets, mit Beerscheba (Bir es-Seba1 zusammen Drehscheibe zwischen Südjuda und Negeb462 ab Mitte 10. Jh. v. Chr., feste Stadt, Süd-(ost)stützpunkt, zerstört Ende 10. Jh. 463 ab 2. H. 10. Jh. v. Chr. oder erst 9. Jh.(?), Festung und SOStützpunkt464 SO-Stützpunkt an handelsstrategisch wichtiger Straße465 ab Mitte 10. Jh. v. Chr. (? eher s. u. 8. Jh.) Festung u. Handelsstützpunkt466
9. Jh. V. Chr. Tell es-Seba 'IV Tell el-Mil/J Tell 'ArädX
(Dever: spätes9.Jh. v. Chr.)
462 Vgl. insgesamt AHARONI ed. 1973; HERZOG ed. 1984, außerdem AHARONI 1975a, 160-168; DERS. 1974b; DERS. 1975; Wüsr 1977, 36; OLB 2,185-209. Zur Identifizierung mit Ziqlag vgl. Frurz 1990b; zur (herrschaftlichen) Ortsfunktion vgl. H. WEIPPERT 1988, 615 A. 10. Vgl. die Datierungskorrektur bei DEVER 1979, 281-283 (Lit.), wonach Str. VI ins späte 10.Jh., Str. V ins späte 9. Jh. und Strata III- li ins 8./7. Jh. v. Chr. gehören. 463 Der Ort liegt an einer wichtigen Wegeverbindung von Jerusalem und Arad bis Tamar nach Edom. Nach den begrenzten und bisher unvollkommen publizierten Ausgrabungen bestand der Ort nach der Zerstörung Ende lO.Jh. v. Chr. und nach einer (unbefestigten) Zwischenphase im 9. -7.Jh. mit einer schwächeren Mauer als früher weiter; die meisten Funde stammen vom Ende dieser Zeit. Die Keramik ähnelt nach dem Ausgräber Arad VI, En-Gedi und Rämat Räl]el; dies und der Fund eines Pfeilerhauses kann für eine königliche Funktionalisierung des Ortes sprechen. Vgl. zum archäologischen Befund KocHAVI 1977, 771-775; OLB 2, 351f(353f.). ,, 464 Vgl. archäologisch AHARONI 1968, 2-32; AHARONI (/AMIRAN) 1975, 74-89; AHARONI 1981; HERZOG et al. 1984, 1-34; OLB 2, 209-233; H. WEIPPERT 1988, 403. 408f. 477. 482f. 513. 550.556-558. 616f. 623-625. Nach DEVER 1979, 284m.A. 31, wäre auch hier die Datierung mindestens ein Jahrhundert herunterzusetzen, so daß ihm zufolge Str. X frühestens ins späte 9. Jh. v. Chr. gehört. 465 Die Ortslage ist wichtig für den Verkehr vom und nach dem Süden zur Küste des Mittelmeeres hin und nach Jerusalem, sie ist nach schriftlicher Überlieferung von E I bis in spätbyzantinische Zeit fast ununterbrochen besiedelt gewesen (vgl. MITTMANN 1977, 228ff.); archäologisch sind ab 9. Jh. v. Chr. weiterführende Einzelheiten nicht nachweisbar (vgl. OLB 2, 267-270). 466 ~u archäologischen Einzelheiten vgl. GLUECK 1970, 106-137; DERS. 1977, 713-717; OLB 2, 279-288. Vermutlich muß aber aufgrundvon Ergebnissen von ROTRENBERG (RoTHENBERGIGLASS 1983; vgl. auch PRATICO 1985; KNAUF/LENZEN 1987; H. WEIPPERT 1988, 482) die GLUECK'sche Datierung vom 10. auf das 8. Jh. herabgesetzt werden. Weiterhin wird Tell el-lflefe mit Elat (nicht mehr mit Ezion-Geber = Geziret Far'iin) zu identifizieren sein (vgl. u. S. 170f. m. A. 804-807). Historisch hätte nach KNAUF (1988e, 72; DERS. 1990c, 469) Mitte des 8. Jh. v. Chr. Ussia b. Amazja das Nordende des Golfs von Aqaba besetzt und Elat als Nachfolgesiedlung von Ezion-Geber gegründet.
106
ll. Königliche Funktionalorte und -bauten
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Tamar Kuntilet 'Agrüd
107
ab ca. 850 v. Chr., (königliche) Straßenfestung467
8. Jh. V. Chr. Tell es-Seba'III Tell es-Seba 'II (Ende des 8. Jh.v.Chr. aufgegeben) Tell el-Mil}J (Ussia) Tell 'Aräd IX (Hiskia, spätes 8. Jh. v. Chr.) Tell 'Aräd VIII Tamar (?) Tell el-lflefe (Ussia) (baulich vgl. Arad X- VIII) Neuhinzukommenim8.Jh. v. Chr.: Tell el-Qederat (8.-7. Jh. v. Chr.) Festungsstützpunkt und Zentrum weiterer benachbarter Anlagen, SW-Grenzstützpunkt + Handelsstraßen-Sicherung nach Süden468 Hirbet el-Garra gegründet von Hiskia469 Tell 'Ar 'ara gegründet von Hiskia470 Me(iad Misor ha-Rua}J? (Ende 8. oder erst 7. Jh. v. Chr. ?) 471 (bis ca. 750 v. Chr.) K_untilet 'Agrüd
038 37. 0
36
!:::. 35
0 34
7. Jh. V. Chr. Tell es-Seba'I Tell el-Mil}J Tell 'Aräd VII
033 290 0 30
•
(kleinere Festung als die vorhergehenden) (vgl. Arad VI; aus dieser Zeit am meisten Keramik) (Manasse)
32
0 31
47
0
Karte 1: Königliche Funktionalorte (z. T. nur zeitweilig bzw. partiell königlich funktionalisiert) in Juda D 10. Jh. v. Chr; 6 9. Jh.; 0 8. Jh.; e 7. Jh. lJerusalem; 2Gibea; 3Geba (?); 4Mizpa; 5Gibeon (?); 6Kephira; 7Baala(t); 8UnterBethoron (8./7.Jh.?); 9Ajjalon (?); 10Geser (8.Jh.?); llTimna (?); 12Zorea (?); 13Bet-Schemesch (?); 14 Tell e(i-Säfi; 15Aseka; 16Socho; 17 Adullam; 18Qe'ila (8. Jh. ?); 19Moreschet-Gat; 20 Libna (?); 21 Tell es-Se~ A}Jmed el- 'Arenf; 22Marescha; 23Lachisch; 24 Tell el-lfasf; 25 Tell Bet Mirsim (?); 26 Tell el-lfuwelfe (?); 27 Tell esSerf'a (10. ?/7. Jh. ?); 28 Tell es-Seba'; 29lfirbet el-Garra; 30 Tell el-Mil}J; 31 Tell 'Ar'ara; 32Hirbet Gazze; 33Arad (lO.Jh.?); 34Maon; 35Debir (9.Jh.?); 36Zif; 37 Adorajim; 38Hebron; 39Bet-Zur (8.Jh.?); 40Teqoa; 41Etam; 42Betlehem; 43lfirbet Säli}J; 44 En-Gedi; 45 Tell el-Hlefe; 46 Gezfret Far'ün; 47 Tamar; 48 Kuntilet 'Agrüd; 49 Tell elQederat; 50 Me(iad lfas~vyähü (um 600 v. Chr.)
467 Zum archäologischen Befund vgl. MESHEL 1978a; DERS. 1978b. Auf einem Vorratsbehälter fand sich die Inschrift: 1-sr'r = "to the chief functionary (sr) of the city, the governor, commander or the like" (MESHEL 1978b, 52f.; DERS. 1978a, 18), aber 'r sollte m.E. aufgrund des asa. 'r "mountain, citadel" (Wz. 'RR, vgl. BEESTON et al. 1982, 20) nicht als "city", was die Ortslage zweifellos nicht war, sondern als "Schutzort", "(befestigter) Posten", die Inschrift also "dem Kommandeur des Berg-/Schutzorts/der Zitade,Ue (gehörig)" verstanden werden; §r'r zu lesen und als Personennamen zu verstehen (AviGAD 1986, 32, A. 31) ist weniger einleuchtend. Zu der Anlage vgl. auch noch H. WEIPPERT 1988,617-619. 468 Zu den archäologischen Einzelheiten vgl. CoHEN 1978; DERS. 1980a; DERS. 1981; DERS. 1982; DERS. 1982a; DERS. 1983; M. DOTHAN 1977, 697-699; OLB 2, 177-184; H. WEIPPERT 1988,481. 617f. 469 Im 7.Jh. v.Chr. Ausbau zur starken Festung mit dicken Kasemattenmauern gegen Edom; zum archäologischen Befund vgl. BIRAN/COHEN 1979, 124f.; BEIT-ARIEH 1981, 243-245; DERS. 1982, 69f.; OLB 2, 350f. 354. Vgl. auch H. WEIPPERT 1988, 593. 607. 609f. 614f. 470 Am 0-Fuß des Hügels eine 1 ha große unbefestigte Siedlung, auf dem Hügel eine 1 ha große befestigte Siedlung; drei Schichten aus der späten Eisenzeit (7./6. Jh. v. Chr.). Massive Stadtmauer mit Vor- und Rücksprüngen, gleichzeitig mit Arad Str. VIII; gute Straßenlage nach Süden! Archäologisch vgl. BIRAN/COHEN 1975, 171; DIES. 1976, 139f.; DIES. 1977, 250f.; DIES. 1978, 197-199; DIES. 1981, 131f.; OLB 2, 337-341; H. WEIPPERT 1988, 593. 607. 609. 614f. 645. (BIRAN/CoHEN: Aroer in the Negev. EI 15 (1981), 250-273 war mir unzugänglich). 471 Festung der späten Königszeit; drei Seiten Kasemattenmauer, eine Seite massiv mit einem Tor; zum archäologischen Befund vgl. AHARONI et al. 1958, 239-242; DERS. 1967, 6f.; OLB 2, 311f.
108 Tell 'Aräd VI Tamar (?) Tell el-Qederat Hirbet el-Garra lfirbet Gazze
Tell 'Ar'ara
A) Binnenverwaltung alsHerrschaftsmittel
(spätes 7./frühes 6. Jh. v. Chr., kleinere Festung als früher) (7.-6.Jh. V. Chr.) (starke Festung gegen Edom, Ende 7. Jh. v. Chr. zerstört) (Qina, Jos 15,22; gegründet erst von Josia >,Festung mit Kasematten und 8 Türmen, ähnlich Arad VI und Tell elQederat ) 472 (massiv ummauerter Ort, vgl. Arad VIII, Straßenstützpunkt nach Süden gegen Edom)
Als stabilste Elemente des Schutzgürtels erwiesen sich Tell es-Seba' (bis 7. Jh. v. Chr.), Tell el-Mill] (bis 7. Jh. v. Chr.) und Tell 'Aräd (bis Anfang 6. Jh. v. Chr. ), während von Tamar nach dem 10. Jh. textliche Belege fehlen, die archäologischen unklar sind. Die Funktion dieses bis Anfang des 7. bzw. durch das 7. Jh. v. Chr. stabilen Funktionalortgürtels ist klar: Südgrenzschutz und Sicherung der (Handels-)Wege nach Süden. Z. Zt. Hiskias und noch einmal unter Josia fällt die Verstärkung des Schutzgürtels parallel mit dem Verlust der südlichen Negeb-Herrschaft an die Edomiter ins Auge. Die vorstehende Skizze zeigt ein Nebeneinander, kein Ineinander47\ aber auch kein Gegeneinander: Eine begrenzte Zahl von königlichen Funktionalorten zum Zweck der Grenzsicherung und der Absicherung der Verbindungen nach Süden steht neben oder zwischen einer nach einer stationären Phase im 10. Jh. v. Chr. nur begrenzt mit den königlichen Funktionalorten in Verbindung stehenden lokalnomadisch-ziehbäuerlichen Bevölkerung. Größere Bedeutung für diese Bevölkerung scheinen allein Tell es-Seba' = Ziqlag als "das logistische Zentrum der Südgrenze Judas" 474 mit dem nahen Beerscheba als traditionellem Kommunikationsknotenpunkt zwischen (Süd-)Juda und Negeb besessen zu haben 475 • Bei der Suche nach evtl. königlichen Funktionalorten werfen wir nun einen Blick vom eben betrachteten Südrand des Einflußgebietes Judas auf den äußeren Gürtel des judäischen Kerngebietes und schreiten dabei eine Reihe von 472 Anscheinend ein Eckpfeiler der SO-Grenze Judas; am Hügel fand sich eine Siedlung des 7./6. Jh. v. Chr. mit einem Pfeilerhaus (6 x 14m), gepflastertem Hof und 3 Räume mit gepflastertem Fußboden; Einzelheiten: AHARONI 1958, 32-35; BEIT-ARIEHICRESSON-1982, 262f.; DIES. 1983, 271f.; DIES. 1991; OLB 2, 233f.; H. WEIPPERT 1988,579. 614. 616. Vgl. auch TATUM 1991. Zur Identifizierung mit Qina vgl. MITTMANN 1977, 234 f. 473 Vgl. einerseits die Tatsache, daß über den Gebietsstreifen auf der Höhe des HeersehebaBeckens sich von Osten nach Westen ein ausgesprochenes /.z~rym-Streu-Siedlungsgebiet hinzog (vgl. dazu umfassend im Einzelnen demnächst meine Untersuchung "Stadt und Land. Studien zur sozialen und strukturellen Entwicklung Altisraels"), andererseits die Zweigsiedlungen, die vom Umland größerer königlicher Funktionalsiedlungen wie Tell es-Seba 'und Tell el-Qederat ausgingen (vgl. HERZOG 1983), also keine weiteren größeren Siedlungsknotenpunkte entstanden. 474 OLB 2, 185 475 Das zeigt sehr schön der Überblick zu Beerscheba in OLB 2, 185ff. 193ff. 197f.; vgl. auch ALT 1956, 17f.
/I. Königliche Funktionalorte und -bauten
109
Ortschaften vom Südosten über den Südwesten, Westen, Nordwesten und Norden Judas ab.
1. TellZif Der vermutlich ab EI besiedelte Tell 476 hatte am Anfang der Eisenzeit Bewohner, die David anscheinend ablehnend gegenüberstanden 477 • Im Laufe der Eisenzeit, aus der viel E-Il-Keramik gefunden wurde 478 , war Tell Z!f aber anscheinend in das Reich Juda integriert479 .lmlk-Stempel mit der Aufschrift z p 480 und einige Steine mit Bossen481 deuten vielleicht auf königlichen Einfluß im Ort hin. Oder muß man über dieses königlich-ökonomische Engagement am Ende des 8. und im 7. Jh. v. Chr. hinaus auch militärisches annehmen482 ?
2. lfirbet el-Karmil Die lfirbe, deren Name wohl auch eine Landschaft bezeichnet483 und auf Weinbau hinweist, ist in ihrem größeren Westteil nach der Keramik nur römisch-byzantinisch besiedelt, auf dem kleineren Ostteil dagegen auch eisenzeitlich besiedelt gewesen484 • Königliche Bauaktivitäten sind nicht festzustellen. Der Ort bzw. das Gebiet oder Leute des Gebiets standen aber in Beziehung zum frühen Königtum 485 • Ussia war im 8. Jh. v. Chr. anscheinend in dieser Gegend landwirtschaftlich aktiv486 •
3. lfirbetel-Ma'fn(Maon) Maon mag der Vorort des Gebietes Karmel gewesen sein487 und war die Heimat des kalebitischen Bauern und Viehzüchters Nabal (lSam 25). Die Baulichkeiten der Eisenzeit dürften dem relativ bescheidenen Fund an Keramik dieser Zeit488 und der lokalnomadischen Subsistenzweise der Bewohner entsprochen haben. /m/k-Stempel489 deuten auf Krongut im Gebiet Karmel hin.
476 ALT 1926, 77; vgl. auch STOEBE 1964, 9; DERS. 1966, 16; KOCHAVI ed. 1972, 29. 68 (Nr.l78); OLB 2, 747-749; AXELSSON 1987,37. 477 lSam 23,19; 26,1, vielleicht Kalebiter (lChr 2,42); vgl. STOEBE 1976, 426f. 478 KocHAVl ed. 1972,29. 68 (Nr.178) 479 Jos 15,55 480 WELTEN 1969, 152. 175ff. 481 STOEBE 1966, 16 482 Assyrer: 2Chr 11,8 483 JEPSEN 1959, 74f.; OLB 2, 751-754 484 Neben chalkolith., hellenist. u.röm.-byzant. (und einem MBr-Friedhof): KoCHAVI ed. 1972, 30. 77 (Nr. 222). 485 lSam 30,29 (LXX); 2Sam 23,35//lChr 11,37 486 2Chr 26,10; vgl. u. m. A. 598 487 OLB 2, 756f. 488 Norn 1934 = 1971, 186; KocHAVI ed. 1972, 30. 77 (Nr. 231): neben vor allem E auch FrBr, Hell. und Röm.-Byz. 489 Eine Abb. bei KocHAVl ed. 1972, 77 (Nr. 231)
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
4. lfirbet Riibüq (Debir, Qirjat Sefer) 490 Die kanaanäische Stadt war erstmals in SpBr IIA (14. Jh. v. Chr.) ummauert491 • Auf dem letzte SpBr-Stratum IIB ruht direktE I (12. Jh. v. Chr.) auf. Die Stadt war danach bis zum Ende Judas besiedelt. Aus dem 10. Jh. v. Chr. (E IIA) sind einige Gräber freigelegt. Im 9. Jh. v. Chr. (E IIB, Stratum IIIB) bestand eine 4m dicke Stadtmauer. Der Fund von /m/k-Stempeln in der Zerstörungsschicht IIB (E IIC, Sanherib um 700 v. Chr.) zeigt anscheinend Interesse der judäischen Könige an dem Ort, das vielleicht, wie der Beiname Qirjat-Sefer zeigt492 , mit einer handwerklichen Spezialisierung des Ortes auf Schreibmaterialherstellung zusammenhängt493 • Man kann insofern vermuten, daß die Stadt vielleicht schon im Laufe des 9. Jh. v. Chr. durch diese Spezialität für das Königtum als den wichtigsten Verbraucher interessant wurde. Ob mit diesem wirtschaftlichen Interesse des Königtums und davon möglicherweise herrührendem wirtschaftlichen Aufschwung die Errichtung der beachtlichen Stadtmauer im 9. Jh. v. Chr. ursächlich zusammenhängt, ist allerdings nicht sicher. Immerhin beginnt im 9. Jh. v. Chr. für Israel, im 8. Jh. für Juda die eigentliche Periode von Schrift und Schreiben494, die für die Entwicklung und Konsolidierung eines staatlichen Gemeinwesens von fundamentaler Bedeutung ist495 • Wenn für das 9. und beginnende 8. Jh. v. Chr. ein dirigistisch-administrativer Einfluß des Königtums in Debir auch nicht sicher nachweisbar ist, man vielmehr für diese Zeit auch mit der Möglichkeit einer lokal und regional günstigen ökonomischen Entwicklung der Ortschaft aus eigener Kraft und in eigener Regie rechnen kann, dürfte aber in der 2. Hälfte des 8. Jh. mit zunehmender Assyrergefahr naheliegen, daß das königliche Interesse an der Stadt, einer der nicht zahlreichen festen Städte südlich von Hebron, also an der Südflanke Judas, gewachsen ist. Darauf deuten die erwähnten Funde von /mlk-Stempeln496 • Bedeutung und Gefährdung in dieser Zeit läßt die Totalzerstörung durch Sanherib erkennen. Als Konsequenz dessen dürfte danach die Verstärkung der Stadtmauer auf 7 m (E IIC, 7. Jh. v. Chr., Stratum IIA/IB) das Sicherheitsbedürfnis nach Süden dokumentieren und auf Josia, vielleicht aber doch eher schon auf Manasse zurückgehen497 •
l/. Königliche Funktionalorte und -bauten
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5. TellBetMirsim498 Die alte Hyksosstadt der MBr IIB war in SpBr II materiell ägyptisch beeinflußt und wurde Ende des 13. Jh. v. Chr. zerstört. Die E-I-Zeit ist baulich dürftig vertreten. Im 10. Jh. v. Chr. findet sich eine Kasemattenmauer mit einem West-Turmtor und einem Osttor499 • SeitE 11 (9. Jh. v. Chr.) war der Ort durchgängig bis 587/86 v. Chr. besiedelt. Ein gewisser Wohlstand der Bewohner scheint sich evtl. nicht, wie früher angenommen, 500 aus Färbereigewerbe, sondern aus Ölproduktion ergeben zu haben . Als Beleg für königlichen Einfluß auf die Stadt kann man im letzten Viertel des 8. Jh. v. Chr. 4/m/kStempel anführen 501 • In dieselbe Richtung mag evtl. der Fund zweier Krughenkel vom Ende des 8. Jh. v. Chr. mit der Aufschrift l'lyqm n'r ywkn 502 weisen, besonders wenn der mit l'lyqm n'r ywkn gestempelte Henkel von einem /m/k-Gefäß stammt, wie vermutet wurde. Was dieser Eljakim dort (in Geschäftsverbindung mit dem König oder im Auftrag des Königs?) tat, ist unklar. War er Produzent von Vorratsgefäßen oder deren Inhalten, Mitarbeiter (n 'r) eines königlichen Funktionärs oder (königlicher) LieferungsOrganisator? Als Siegelbesitzer war er jedenfalls Angehöriger der sozialen Elite. Daß die Ortschaft in die Verteidigungsvorbereitungen Hiskias gegen die Assyrer einbezogen worden ist, geht allenfalls aus den wenigen /m/k-Henkeln hervor: Ob das al~. Beweis ausreicht? Die erwähnte Kasemattenmauer läßt durch zeitliche und bauliche Ahnlichkeit mit Parallelen in Hazor, Megiddo, Geser und Bet-Schemesch vielleicht an eine königlich initiierte Maßnahme denken503 , aber sicher ist das nicht. Möglicherweise ruhte aber in der Folgezeit das königliche Interesse, als die Südgrenze Judas weiter südlich im Negeb kaum gefährdet, jedenfalls im Süden gesichert war, weil die Stadtmauer stellenweise verfiel, so daß die Errichtung des Westturms ein schwaches Mauerstück im 9. Jh. v. Chr. sichern mußte504 • Letzteres kann auch in Eigeninitiative der Bewohner geschehen sein. Von einem königlichen Funktionalort kann man dann wohl nicht durchgängig sprechen. Der Grundriß der Stadt, die allerdings durch die Ausgrabungen nur teilweise erkennbar geworden ist505 , läßt nichts erkennen, was eindeutig auf königliche Administrationsbauten schließen läßt. So kann man mit Vorbehalt mit einem gewissen ökonomischen Interesse und Einfluß des frühjudäischen Königtums vermutungsweise rechnen; ein königlicher Militärposten am Ort ist nicht auszuschließen.
490 491
Zur Identifikation GALLING 1954a; KocHAVI 1974,26-32. Zum archäologischen Befund vgl. KocHAVI 1974; KuscHKE 1977, 56f.; KocHAVI 1978, 995; OLB 2, 765-769 492 Vgl. dazu im Einzelnen demnächst meine Untersuchung "Qaryah und Kopher. Zwei siedlungsgeographische Begriffe des Alten Testaments". 493 ÜALLING 1954a, 139 494 Vgl. MILLARD 1985; SMELIK 1987, 8ff. 22ff.; H. WEIPPERT 1988, 574. 579; KNAUF 1989; DERS. 1990d, 12f(f). 495 Vgl. ScHENKEL 1983,61; GuMBRECHT 1983; A. und J. AssMANN 1983; GoonY 1988 passim, bes. 87ff. 91f. 92ff. 100. 112. 121; KNAUF 1989; DERS. 1990d, 12f(f); BREUER 1990, 67f.
72. 496
KocHAVI 1974, 18 Die Tatsache, daß der Ort in der Festungsliste 2Chr 11,6-10 fehlt, die m. E. am wahrscheinlichsten in die Zeit Josias (FRr!z 1981) (NA'AMAN 1986: Hiskia-Zeit) gehört (diese Alternative wird unten noch genauer nachzuprüfen sein), mag dafür sprechen, daß auch die Zeit Manasses in Frage kommt. 497
498 Vgl. archäologisch ALBRIGHT 1967, 207-220; DERS. 1975, 171-178; OLB 2, 773-783; H. WEIPPERT 1988,434-436. 441. 515. 529. 554. 556f. 593 499 OLB 2, 779-783 500 DALMAN 1937, 77f.; EITAM 1979, 150-154; G.R.H. WRIGHT 1985, 310f.; OLB 2, 778. 782f. 501 WELTEN 1969,91 502 ALBRIGHT 1975, 178; Abb. in OLB 2, 779 Abb. 497. Ähnliche Stücke in Bet-Schemesch (G.E.WruGHT 1975, 253; OLB 2, 813) und Ramat Rä}Jel (AHARONI 1962, 59f.; DERS. 1978, 1006, vgl. auch unten mit A. 537). Daß der /'/yqm-Stempel ins späte 8., nicht ins 6. Jh. (ALBRIGHT) gehört, ywkn nicht König Jojachin ist und n 'r somit hier keinen Königs-Funktionär meint, zeigte nach H. WEIPPERT 1988, 576f. 678 jetzt ÜARFINKEL 1990. 503 OLB 2, 782 504 OLB 2, 779f. 505 Vgl. ALBRIGHT 1975, 171; OLB 2, 780 Abb. 498; 782
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
6. Tell el-lfuwelfe
!I. Königliche Funktionalorte und -bauten
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8. Tell el-lfasf 506
Die Identifikationsfrage ist nach wie vor umstritten , die Grabungen sind noch im Gange. SpBr IIB (Stratum VIII, 13. Jh. v. Chr.) geht anscheinend bruchlos in E 1/E IIA (Stratum VII, 1200-900 v. Chr.) über. Innerhalb des 10. Jh. evtl. zeitweise unbesiedelt, besaß der Ort im 9./8. Jh. v. Chr. eine Kasemattenmauer; dieses Stratum VIB (E II, 900-700 v. Chr.) wurde von Sanherib zerstört, danach war der Ort nur bescheiden bewohnt (E IIC, Stratum VIA, 700-650 v. Chr.) 507 • Angesichts der unabgeschlossenen Grabung, der bescheidenen Ergebnisse und der Unsicherheit einer Beziehung zu biblischen Texten, sind keine sicheren Schlußfolgerungen möglich. Ob der Fund eines lmlkStempels eine Einbeziehung in Hiskias Verteidigungssystem belegt508 , muß unsicher bleiben. Die Zerstörung durch Sanherib trägt diese Beweislast wohl nicht allein.
7. Tell es-Serfa 509 Die Festungsstadt des 13. Jh. v. Chr. kann aufgrundder reichen Ausstattung als Sitz eines ägyptischen Funktionärs oder Ägypten verbundenen lokalen Herrschers angesehen werden. Nach der Zerstörung Mitte des 12. Jh. v. Chr. scheinen Philister das Erbe der Vorgänger angetreten zu haben (E 1: Stratum VIII; 1l.Jh. v. Chr.). Wichtig ist, daß im 10. Jh. v. Chr. (Stratum VII: E IIA) intensive Bautätigkeit herrscht510 • Der Ort erlitt eine Zerstörung vielleicht durch Erdbeben Anfang des 9. Jh. v. Chr. E IIB (ca. 900-850/ 800 v. Chr.) fehlt! Erst im (späten?) 7. Jh. v. Chr. entstand wieder eine stark befestigte Siedlung511 , deren Keramik(mischung) Oren an Anwesenheit von königlichen Söldnern denken läßt512 • Ende des 7./Anfang des 6. Jh. wurde die Festungsstadt zerstört, danach gibt es Anzeichen assyrischer Besatzung. Die archäologischen Ergebnisse für das 10./9. Jh. v. Chr. lassen hier, auch angesichts der exponierten Lage im Südwesten Judas einen königlichen Funktionalort vermuten. Diese Vermutung findet weitere Nahrung durch die anscheinend starke Befestigung in der krisenhaften Zeit des 7./6. Jh. So könnte der Ort vielleicht eine königlich-judäische Grenzfestung gegen Gefährdung aus Südwesten gewesen sein. Sicher ist dies freilich nicht.
506 Goschen? (En-)Rimmon? Für letzteres zuletzt BoROWSKI 1988, 21ff.; zur Diskussion vgl. aber OLB 2, 935 und neuestens FRITZ 1990b, 80f. 84 (Horma?). 507 Vgl. zum archäologischen Befund mit vorläufiger Stratigraphie: SEGER 1980, 223-226; DERS. 1981, 183-186; DERS. 1983, 1-23; DERS. 1987, 192-195; BOROWSKI 1988, 21-27 (Lit.); OLB 2, 935-939. 5os WELTEN 1969, 87f. Ob man die Kasemattenmauer des 9./8. Jh. v. Chr. königlicher Bauaktivität zuschreiben muß? 509 Zur ungeklärten Identifikation vgl. OLB 2, 939; zum archäologischen Befund vgl. OREN 1978, 1059-1069; DERS. 1982, 155-166; OLB 2, 939-943, neuestens FRITZ 1990b, 81. 510 Nach dem Ausgräber handelt es sich um Vorratsbauten, Wohnviertel; Binder- und Läufer-Technik ist zu beobachten. 511 E IIC (OREN: E III), 7./6. Jh. v. Chr., Str. VI: eineSW-und eine NO-Zitadelle, 4m dicke Mauern. 512 1978, 1062 (OREN weist auf Parallelen, z. B.Meiiad lfasavyähu und En-Gedi).
Die Ausgrabungen513 sind noch im Gange. Nach einer auf die letzte spbr Siedlung folgende Lücke findet sich im Unterschied zur Unterstadt die Akropolis im 10. Jh. v. Chr. wieder besetzt und mit einer dicken, turmbewehrten Mauer umgeben. In E II (2. H. 9. >18. -6. Jh. v. Chr., Str. Vlla-d) besteht der Ort anscheinend nur aus einer mit einem System von Stützmauern, erdgefüllten Kammern und Glacis ausgestatteten starken Festung auf der Spitze der Akropolis. Der Ort wird einleuchtend als Vorposten von Lachisch zum Schutz gegen die Küstenebene interpretiert. Nach den bisherigen Erkenntnissen scheint es sich kaum um eine Wohnstadt, sondern um eine königliche Grenzfestung in Verbindung mit Lachisch zu handeln.
9. Tell ed-Du wer (Lachisch) 514 Auf dem Tell ist eine starke Hyksosstadt (MBr IIB) und eine stark ägyptisch beeinflußte Stadt der SpBr nachgewiesen. Wer die spbr Stadt zerstörte, ist unklar (Seevölker? Judäer?). Nach einer Lücke von 200 Jahren beginnt im 10. Jh. v. Chr. (Stratum V) israelitische Besiedlung, im 9. Jh. v. Chr. (Stratum IV) besteht eine befestigte judäische, überwiegend königlich funktionalisierte Stadt mit mächtiger Palastfestung, Mauer, Glacis und dem größten bisher in Israel gefundenen Torkomplex. Lachisch war wie Tell esSeba' Garnisonsstadt, nicht Wohnstadt515 und blieb es durch das 9./8. Jh. v. Chr. Die Bedeutung dieser nach Jerusalem wichtigsten judäischen Grenzfestung zeigt die Flucht Amazjas dorthin vor einer Palastrevolte (2Kön 14,19f.). Ein weiterer Ausbau der Palastfestung mit Wiederaufbau der Umfassungsmauer (nach einem Erdbeben ca. 760 v. Chr. ?) kennzeichnet Stratum 111, das durch Sanherib nach der von ihm persönlich geleiteten Belagerung (wieder ein Zeichen für die hohe Bedeutung Lachischs!) zerstört wurde. Danach bestand zunächst nur spärliche Besiedlung. Unter Josia war Lachisch wieder königlich-judäische Festungsstadt (Stratum 11), allerdings war das Lachisch Josias weniger stark und eindrücklich als dasjenige Hiskias, konnte aber dennoch neben Aseka und Jerusalem selbst gegen die Neubabyionier wieder am längsten von allen Städten standhalten (Jer 34,7). Für die Zeit Hiskias belegen die sehr zahlreichen lmlkStempei den königlichen Funktionalcharakter des Qrtes516 • Die Rolle Lachischs als wichtigste königliche Funktional-, Garnisons- und Festungsgrenzstadt nach der davididischen Residenz selbst und wohl gleich bedeutend im Westen wie Tell es-Seba 'und Arad als Südfestungen steht außer Frage. Das wird auch dadurch unterstrichen, daß Lachisch (wie Megiddo im 9. Jh. v. Chr.) etwa zur Hälfte aus öffentlichen Gebäuden bestand. In dieselbe Richtung weist die Tatsache, daß Lachisch neben Tell el-lfasfmit 513 O'CoNNELLIRosEITooMss 1977, 246ff.; DIES. 1978, 75ff.; O'CoNNELL/RosE 1980, 221ff.; DIES. 1980a, 73ff.; TOOMBS 1982, 67-69; AMIRANIWORRELL 1976, 514-520; OLB 2, 928-931; DOERMAN/FARGO 1985, 1-24. 514 Zum archäologischen Befund vgl. zusammenfassend TuFNELL 1967, 296ff.; TuFNELLI AHARONI/USSISHKIN 1977, 735-753; H. WEIPPERT 1977, 196-198; G.R.H. WRIGHT 1983, 413-417; OLB 2, 881-923; H. WEIPPERT 1988,477-479. 525-529. 542f. 576f. 610-612; im Einzelnen: AHARONI 1975b; USSISHKIN 1977, 28-60; DERS. 1978, 1-97; DERS. 1983, 97-179; EPH'al1984, 60-70 5 15 OLB 2, 892 (Hinweis auf Streitwagen der Garnison: Mi 1,13) 516 Nach WELTEN 1969, 84-87, stammt von den seinerzeit bekannten lmlk-Stempeln fast die Hälfte aus Lachisch!
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
10. Tell es-Se!JAIJmed el- 'Arenf5 17 noch eine weitere königliche Zweig- und Vorposten-Festung besaß.
11. Tell SandafJanna (Marescha) Königliche Bautätigkeit ist archäologisch nicht nachweisbar518 , aber 17lmlk-Stempel zeigen immerhin für das Ende des 8. Jh. v. Chr. ein Bemühen Hiskias um zusätzliche Grenzabsicherung, dem J osia gefolgt sein mag519 •
12. Tell e~-Säfi Innerhalb von Stratum III (1000-587/86 v. Chr.) ist ein maximal 4m dickes Stadtmauerstück der E II entdeckt worden 520 • Ussia hat nach 2Chr 26,6 die Stadt erobert (auf Dauer?). Durch die 6 gefundenen lmlk-Stempel ist zwar keine Festung Hiskias am Ort bewiesen, aber eine Bemühung um Einbeziehung in den Westgrenzgürtel, einer Maßnahme, der auch hier Josia vermutlich gefolgt ist 521 •
13. Tell el-Gudede (Moreschet-Gat )522 Die Ortslage war in EI verlassen, in E II (wann?) wiederbesiedelt. 3 km östlich von Tell Bornät, 4km nördlich von Marescha, lOkm nordöstlich von Lachisch gelegen,
befand sich der Ort nicht gerade in vorderster Front gegenüber der Küstenebene und war keine königliche Festungs-Funktionalortschaft. Die 37 dort gefundenen lmlk-Stempel 523 lassen aber immerhin einen Beobachtungsposten, vielleicht sogar eine kleine Garnison Vgl. S. YEIVIN 1975, 89-97; OLB 2, 923-926 (ab 10. Jh. bis Anfang 6. Jh. v. Chr.); zu lm/k-Henkeln vgl. WELTEN 1969, 83f. Vgl. auch Tell es-Suqaf(H. WEIPPERT 1988, 614). 51 8 Zum archäologischen Befund vgl. AVI-YONAH!KLONER 1977, 782-91; OLB 2, 854-861. 519 Zu den (hiskianischen) /m/k-Stempeln WELTEN 1969, 82, für Josia vgl. 2Chr 11,9 (dazu unten genauer). 520 Vgl. zum archäologischen Befund STERN 1978a, 1024-1027; OLB 2, 836-844 (Gat!); zur Identifizierungsdebatte vgl. aber WELTEN 1969, 68-81 (Libna?) (s. aber u. zu Tell Bormit). 521 Zu den /m/k-Stempeln WELTEN 1969, 68. In 2Chr 11,8 erscheint Gat als Festung Josias (s. u.). Von Josia wurde früher eine nahezu vollständige Restitution des Reichsgebietes Davids/Salomos angenommen (so in letzter Zeit noch AHARONI 1984, 413-416), vgl. aber dagegen mit Recht z. B. WELTEN 1969, 163-167. Als Beleg für einen weiten westlichen Vorstoß Josias gilt allgemein der Stützpunkt Me11ad lfasavyiihü (vgl. in letzter Zeit CRüsEMANN 1983, 74ff.), jedoch ist die Zuweisung dieses Stützpunktes zu Josia durch die gründliche Analyse von WENNING 1989, 169-196 sehr zweifelhaft geworden, der einleuchtend für die Zeit Jojakims votiert. Immerhin meinte auch schon WELTEN 1969, 166, daß Josia einzelne Orte am W-Rand der Schefela bzw. des 0-Randes der Küstenebene besetzen konnte (Geser). Dann ist die Besetzung des Tell e!f-Siifi immerhin für Hiskia nach den dort gefundenen lmlkStempeln (WELTEN 1969, 68), aber auch für Josia möglich, zumal wenn man 2Chr 11,5-10 seiner Zeit zuordnet und den Tell mit Gat identifizieren darf. Für eine Besetzung der Ortslage durch Hiskia spräche es auch, wenn "eine Königsstadt des Philisterlandes, ja eingenommen und für sich befestigt hatte ... " (zu diesem Sanheribtext vgl. HuTTER 1982, 49f. 89-91) mit NA'AMAN 1974,35 mit Tell e!f-Siifizu identifizieren ist. 522 Zum archäologischen Befund vgl. BROSHI 1977 a, 694-696; OLB 2, 849-853 5 23 WELTEN 1969, 81f. 517
//. Königliche Funktionalorte und -bauten
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dort vermuten und zeigen, wie Hiskia zur Verdichtung und Tiefenstaffelung seines Verteidigungsgürtels aus aktuellem Anlaß der Assyrerbedrohung auch kleinere Ortschaften hinter der äußeren Kette starker Festungen einzubeziehen sich bemühte (vgl. auch Marescha).
14. ljirbet es-Sei; Magkür (Adullam) Eine kleine, durch Hügellage aber wohl nicht ganz leicht einnehmbare Stadt524 , möglicherweise von J osia in seine Grenzsicherung einbezogen525 •
15. Tell Bornät (Libna) Die Ortslage besteht aus einer Unterstadt und dem Tell526 • Besiedelt war sie in EI und II; sie fielnach 2Kön 8,22//2Chr21,10z. Zt. Jorams von Juda ab. Daß sie 701 v. Chr. von den Assyrern belagert wurde (2Kön 19,8//Jes 37,8), muß nicht heißen, daß sie zu dieser Zeit judäisch war, denn Hiskia arbeitete mit den Philistern zusammen527 ; auch sind in Libna keine lmlk-Stempel gefunden worden. Daß eine Frau Josias, Hamutal, die Mutter Joahas' und Zedekias (2Kön 23,31; 24, 18) aus Libna stammte, beweist ebenfalls nicht, daß Libna judäisch war, da es sich um eine dynastische Heirat handeln kann. Immerhin ist bei der schon außerhalb des Hügellandes gelegenen Ortschaft nicht ausgeschlossen, daß Josia dort Einfluß gewonnen hat, da er ein Stück in die Küstenebene hinausgreifen konnte 528 •
16. ljirbet Tell Zakarfye (Aseka) 529 DerTellliegt wie ein Wächter am Eingang des Wadi es-Sant zum Gebirge hinauf in der Schefela. Neben Siedlungsspuren schon der FrBr und MBr trug der Tell in der SpBr wohl eine kleine feste Siedlung. Es kann sich in der Früheisenzeit um einen Vorposten der Philister von Gat und Ekron gehandelt haben. Zu Beginn der Königszeit mag Aseka in israelitische Hände übergegangen sein. Die exponierte Lage gegenüber der philistäischen Küstenebene könnte dazu geführt haben, daß es sich im wesentlichen immer um eine königliche Festung, kaum um einen Bevölkerungsort gehandelt hat: Aseka lag in EI als philistäischer Posten weit im Osten, als judäischer in E II weit im Westen. Zur Zeit Hiskias ist Aseka jedenfalls als starke königliche Festung ausgebaut, was auch lmlkStempel belegen 530 , aber dennoch von Sanherib erobert worden. Josia hat die Festung so widerstandsfähig wieder aufgebaut 531 , daß sie mit Lachisch und Jerusalem zusammen am längsten den Neubabyioniern trotzen konnte 532 • Königlicher Einfluß in Aseka ist damit Vgl. DALMAN 1913, 33f.; OLB 2, 846-848 Vgl. 2Chr 11,7 (zur Zuweisung zu Josia s. u. S. 124ff.) 526 Ausgrabungen haben nicht stattgefunden; vgl. immerhin ELLIGER 1934, 59-63; OLB 2, 880f. (Lit.); HThR 64, 1971, 144 mit dem Nachweis von Keramik aus EI und II (nach OLB 2, 880) war mir unzugänglich. 527 Vgl. OLB 2, 880 528 Vgl. o. A. 521 529 Vgl. zum archäologischen Befund STERN 1975, 141-143; OLB 2, 826-829 530 STERN 1975, 143; WELTEN 1969, 67f. 531 2Chr 11,9 532 Jer 34,7; Lachisch-Ostracon 4: KAI Il, 194f.; JAROS 1982, 94, Nr. 75; TUAT I/6, 622f.; SMELIK 1987, 116-118 524 525
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
am Ende des 8. und im (letzten Drittel des) 7. Jh. v. Chr. offenkundig, wie auch die Bauform der Akropolisfestung mit den Festungen von Kadesch-Barnea, Arad und Efirbet Gazze vergleichbar ist533 und damit auf zentrale Planung weist.
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Il. Königliche Funktionalorte und -bauten
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Königszeit in die Grenzsperrfestungen gegen Westen als Glied zwischen Aseka und Ajjalon eingereiht und befestigt worden ist539 •
19. Tell el-Batä.fi (Timna) 17. ljirbet Tell er-Rumele (Bet-Schemesch)534 Bet-Schemesch wartrotz der scheinbar strategisch günstigen Lage als Sperrfestung am Ausgang des Wädi e!f-Sarär in die Küstenebene schwer zu verteidigen und daher als Grenzfestung nicht von Bedeutung535 • Jedoch trug die Lage des Ortes und eine anscheinend geschickte Schaukelpolitik der kanaanäisch-philistäisch-israelitischen Bevölkerung dazu bei, daß der Ort auf Dauer ein wohlhabender "Handels- und lndustrieplatz" war und blieb 536 , was auch das judäische Königtum erkannt haben mag. Ob es sich am Ort ökomanisch engagierte? Ein Krughenkel mit dem Siegelabdruck des auch in Rämat RäfJet (Hirbet Säli/J) und Tell Bet Mirsim durch Siegelabdrücke bezeugten 'lyqm n 'r ywkn 537 -lädt zur Interpretation ein: Ob der Mann nun Produzent der gestempelten Vorratsgefäße oder des Inhalts oder ein Lieferant oder Überwachungs-Funktionär des Königs war, jedenfalls gehörte er zur Elite (eines der Orte oder des Hofes) und bezeugt mit der Streuung seiner Siegelabdrücke ökonomische Relationen zwischen der Residenz Rämat Räljel (Hirbet Säli/J) und den Orten Bet-Schemesch und Tell Bet Mirsim, wo wiederum sein Siegelabdruck nahe bei lmlk-Siegeln gefunden wurde, wenn beide nicht sogar zum selben Vorratsgefäß gehörten. Die israelitisch dominierte Stadt Stratum II (ca. 1000-587 v. Chr.) besaß im Gegensatz zu der 2,2 m breiten Ringmauer von MBr IIB zunächst eine Kasemattenmauer wie das salomonische(?) Hazor und Megiddo, die aber nach der Zerstörung durch Scheschonk um 925 v. Chr. (1Kön 14,25ff.) nicht mehr erneuert wurde. Ob diese Kasemattenmauer aber königliche Organisation und Verwaltungsdominanz beweist538 , ist doch zweifelhaft. Von einer königlichen Funktional(grenz)stadt kann man wohl nicht reden, jedenfalls aber von einer wohlhabenden Stadt, an deren Wohlstand das Königtum vielleicht teilzuhaben suchte, falls das o. g. Siegel nicht doch einfach nur eine Handelsrelation u. a. zum Königtum, nicht aber königlichen Einfluß in Bet-Schemesch signalisiert.
18. Sar'a (Zorea) Die Ortslage ist nie archäologisch untersucht worden. Gerade weil das südlich jenseits des Wadi e!f-Sarär gelegene Bet-Schemesch keine Festungsstadt war, hat es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß das nördlich gegenüber und hoch gelegene Zorea am Ende der
533 STERN 1975, 142f.; OLB 2, 827. 829. 234 (lfirbet Gazze). 255 (Arad). 183 (KadeschBarnea, vgl. dazu auch CoHEN 1983). 534 Zum archäologischen Befund EMERTON 1967, 197ff.; G.E. WRIGHT 1975, 248-253; OLB 2, 805-817 535 OLB 2, 806; vgl. auch 2Kön 14,11-14; 2Chr 25,17-24; 28,18 536 OLB 2, 806-813 537 Beleges. o. A. 502; vgl. auch WELTEN 1969, 66f. 182f. zu lmlk-Stempeln. 538 Zusammen mit großen Gebäuden und Silos scheint OLB 2, 811f. das so zu deuten, aber warum sollte die wohlhabende Bevölkerung nicht selbst ihre Vorräte gelagert und verteidigt haben? Bet-Schemesch war damals "eine blühende, aber dörfliche Siedlung" (OLB 2, 812).
Auf dem Tell bestand schon eine Hyksosstadt (MBr IIB) 540 • Die Stadt der SpBr (Strata VII- VI) besaß keine Stadtmauer, war aber durch starke Außenmauem der Häuser am Rand des Teils geschützt. In E I (Stratum V, 12./11. Jh. v. Chr.) besetzten Philister den Ort 541 , der als östlicher Vorposten Ekrons gelten kann, und haben in E IIA (Stratum IV, 10./9. Jh. v. Chr.) Befestigungen errichtet, von denen eine Toranlage gefunden wurde; eine Akropolis findet sich im Nordosten der Stadt (Plan: OLB 2, 835). Hiskia hat anscheinend mit der Bevölkerung Ekrons ("the officials, the patricians and the people" ) im syrisch-palästinischen Aufstand seit 705/4 v. Chr. gegen deren König und gegen Assur paktiert542 • Ob die Befestigung von Timna mit 4m dicker Stadtmauer (8. Jh.) und 6-Kammer-Tor (Str. III, 8. Jh.; 4-Kammer-Tor Str.II, 7. Jh. v. Chr.) durch Padi von Ekron oder durch Hiskia initiiert wurde, ist kaum festzustellen; wohlletztlich doch von Padi. Oder sollte Hiskia schon vorher den EkronVorposten Timna erobert haben (2Kön 18,7f.)? Jedenfalls scheinen 1mlk-Stempel543 zu belegen, daß Hiskia Timna in seine Verteidigungsmaßnahmen gegen Assur einbezog. Nach der Zerstörung Timnas durch Sanherib (ANET 287f.) hat vielleicht Josia in der Stadtvon Stratum II (E IIC) wieder Einfluß gehabt, wieJos 15,10 zeigt. Falls aber Hiskia Timna nicht besaß, mag er im verbündeten ekronitischen Timna einen Posten haben einrichten können, wenn die Krugstempel das zu belegen vermögen. Ob Josia die Stadt insgesamt unter seinen Einfluß gebracht habt, muß offen bleiben.
20. Tell el-Gazarf ( Geser )544 Geser gehörte ab Salomo zu Israel bzw. nach Salomo zum Nordreich545 , nach 722 v. Chr. zur assyrischen Provinz Sämerfna 546 • Insofern scheint Geser nicht hierherzugehören. Allerdings fanden sich 9lmlk-Stempel, die möglicherweise andeuten, daß Hiskia an der Nordwestecke seines Reiches zeitweise Einfluß in Geser gewinnen konnte 547 • Oder 2Chr 11,10; OLB 2, 804 Zum archäologischen Befund vgl. insgesamt KAPLAN 1978, 1204f.; KELM/A. MAZAR 1977, 167f.; DIES. 1978, 195f.; DIES. 1979, 241-243; DIES. 1982; DIES. 1985; DIES. 1991; OLB 2, 833-835. Zur Toranlage Timnas im 9.-8.Jh. v.Chr. (4-Kammer-Tor mit Außentor) im Kontext anderer Tore (im Unterschied zu den Ausgräbern) vgl. UssiSHKIN 1990. 541 VgJ. NIEMANN 1985 a, 176-186 542 Zu diesem Aufstand und Sanheribs Feldzug vgl. 2Kön 18, 13-19,37; ANET 287f.; HUITER 1982, 9ff. 39ff. 84ff.; SPIECKERMANN 1982, 170ff. 346ff. 364. 374f.; DONNER 1986, 322ff. 543 Vgl. KELM/A. MAZAR 1979, 243; DIES. 1982, 29f. 544 {':um archäologischen Befund: DEVER 1967, 47 -62; DERS. 1971, 94-132; DERS. 1976, 428-443; DERS. 1984, 206-218; DERS. 1986, 9-34; KEMPINSKI 1977, 90-93; H. WEIPPERT 1988, 429-431. 443-445. 447f. 556; neuestens WIGHTMAN 1990; HOLLADAY,Jr. 1990; USSISHKIN 1990; PINKELSTEIN 1990; DEVER 1990. 545 1Kön 9,15-17; VON RAD 1933, 30-42; USSISHKIN 1990, 76f. 546 GALLING 1935, 75-93; vgl. ÜTZEN 1979; ALT 1929 = 1978 547 WELTEN 1969, 65f.; Welten denkt wegen der Keilschriftdokumente (GALLING), der (m.E. überholten) Datierung der Bittschrift von Me11ad lfasavyähü (s.o.A. 521) und seiner 539 540
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I!. Königliche Funktionalorte und -bauten
sollten die gestempelten Krüge mit Krongut-Ernteerträgen gelegentlich auch exportiert worden sein? Wenn letzteres nicht der Fall ist, bilden die Stempel, wenn ich recht sehe, den einzigen Beweis für judäischen Einfluß in Geser am Ende des 8. Jh. v. Chr. Die relativ spärlichen Architekturreste von Stratum V in Geser lassen nicht an eine- von der strategischen Lage Gesers her zu erwartende- wichtige Grenz-Funktionalstadt Hiskias denken. Möglicherweise richtete er dort kurzzeitig einen kleinen Militärposten ein, zog sich aber wieder aus dem assyrischen Provinzgebiet zurück, als die Assyrergefahr akut wurde. Dazu paßt, daß Sanherib Geser nicht als eroberte Stadt Hiskias erwähnt 548 •
teidigung möglichst früh und vorn vor dem Gebirgszugang nach Jerusalem. Anders nach der Trennung Judas von den Nordgruppen: Solange das Nordreich existierte, ist von seitenJudasnur eine Befestigung oder Posteneinrichtung in Ober-Bethoron möglich, da nach Jos 16,3. 5; 18,13f. die Zugehörigkeit Unter-Bethorons zum Nordreich nicht zweifelhaft ist. Danach wäre theoretisch auch wie zur Zeit Salomos, etwa durch Hiskia oder Josia, auch die Befestigung Unter-Bethorons wieder möglich. Beide sind ja anscheinend vor gelegentlichen oder auch nachdrücklicheren Übergriffen in assyrisches Provinzgebiet nicht zurückgeschreckt. Da aber weder lmlk-Stempel gefunden wurden noch überhaupt archäologische Ergebnisse vorliegen und beide Orte in 2Chr 11,5 ff. fehlen, ist es überhaupt fraglich, ob trotzder strategisch günstigen Verteidigungslage in der späteren Königszeit ein judäischer Nordgrenzposten bestand. Beweisbar ist es nicht.
21. Yälö (Ajjalon) Archäologische Untersuchungen sind mir nicht bekannt 549 • Daß am Ort spätmonarchisch eine Festung oder vielleicht ein Posten existierte (2Chr 11,6), würde nach der strategischen Lage an einem wichtigen Aufweg ins Gebirge guten Sinn machen550 , auch schlösse ein solcher Posten eine Lücke in der Nordgrenze Judas zwischen Zorea, Timna (und Geser?) im Westen sowie Kephira und Mizpa im Osten 551 • Mangels archäologischer Belege läßt sich aber nichts Sicheres über die durch 2Chr 11,6 angedeutete Möglichkeit eines königlichen Grenzpostens feststellen.
22. Bet 'Ür et-taiJ,tälel-föqä (Unter-/Ober-Bethoron) Nach Jos 16,3; 18,13f. verläuft die Grenze zwischen Ephraim und Benjamin südlich von Unter-Bethoron, während anscheinend Ober-Bethoron zu Benjamin gehört. Aber nach Jos 16,5 gehört auch Ober-Bethoron zu Ephraim 552 • Liegen hier Stammesgebietsdifferenzen bzw. Stämmebesitzbeschreibungen verschiedener Zeiten vor? Oder zieht der Verfasser von Jos 18,13f. die Grenze über einen Berg südlich von Unter-Bethoron und Ober-Bethoron unter Ausschluß also auch Ober-Bethorons aus Benjamin, so daß Ober-Bethoron wie auch nach Jos 16,5 an Ephraim fiele 553 ? Die Stammesgrenzfrage sollte getrennt werden von der hier wichtigen Frage, ob israelitische/judäische Herrscher einen der beiden Orte oder beide als Grenzfunktionalorte benutzten. Die bezeugte Befestigung von Unter-Bethoron durch Salomo554 ist militärpolitisch verständlich: Ver(inzwischen als nicht zutreffend erwiesenen) Datierung der lmlk-Stempel auch in die Josiazeit an letztere Zeit. Aber die Keilschriftdokumente (ca. 650 v. Chr.) widerstreiten nicht einer kurzzeitigen Besetzung durch Hiskia und die Bittschrift gehört in die Zeit Jojakims (s.o. A. 521); zur alleinigen Zuweisung der lmlk-Stempel zur Zeit Hiskias (gegen WELTEN 1969, 10-46) vgJ. USSISHKIN 1976, 1-13; DERS. 1977, 54-60; DERS. 1978, 76-81; DERS. 1983, 160ff.; MOMMSENfPERLMANfYELLIN 1984, 89-113; NA'AMAN 1986, 5-21; H. WEIPPERT 1988, 605-607. 614. 548 ANET287f.; darüber, ob Geser unter den 46 von Sanherib eroberten Orten war (aaO), ist Spekulation müßig. Man sollte an sich, da Sanherib wichtige Orte nennt (Lachisch, Aseka, eine Philisterstadt ), Gesers Nennung erwarten können, falls es eine nennenswerte Festung (Hiskias?) war. 549 Erwägungen zur Identifikation bei ALT 1926, 71f.; SIMONS 1959, 178 §328; 284 §536 (Tell el-Qöq'ah bei Ytilö) 550 Vgl. BALY 1966, 93-95; HAR-EL 1981, 12-16. 551 Nach ScHUNCK 1963, 169lag Ajjalon nur z. Zt. Ussias/Ahas' außerhalb Judas. 552 Vgl. auch 1Chr 7,24 553 Vgl. zum Problem ScHUNCK 1963, 151. 554 S. o. S. 97 mit A. 432
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23. ljirbet Kefire (Kephira) Kephira war in E II eine blühende Stadt: Eine große, befestigte Anlage mit Zitadelle und Unterstadt, strategisch günstig (hoch) gelegen und an wichtiger Straße zwischen Bergland und Küstenebene; auch 2 lmlk-Stempel wurden gefunden 555 • Das macht die Annahme eines königlichen Grenzpostens durch Hiskia im Ort wahrscheinlich, zumal wenn Ober-Bethoron keine Grenzsicherungsfunktion hatte. Durch Kephira wird die Grenzlücke zwischen Geser, Ajjalon (?)und Mizpa etwas verringert. Deshalb muß aber Kephira keineswegs insgesamt eine königlich dominierte Stadt gewesen sein.
24. El-Gzb (Gibeon?) Die Identifikation ist wahrscheinlich, wenn auch nicht endgültig gesichert556 • Es handelt sich um eine ca. 6 ha große, befestigte Stadt der E IIB/C557 mit zwei Mauersystemen und zwei Wasserversorgungsanlagen. Probleme bei der Methodik der Ausgrabung, nur sehr begrenzte stratigraphisch verwertbare Grabungsfläche, z. T. unzureichend publizierte Keramik und Probleme der Dokumentation der Fundkontexte558 mahnen zur Zurückhaltung bei der Deutung der Ergebnisse und bei Thesen zur Funktion der Ortschaft im Verhältnis zum Königtum. Möglicherweise war Gibeon weniger eine militärisch-funktional ausgerichtete (königliche) Grenzfestungsstadt als vielmehr nach einer Phase kultischer und residentieller Bedeutung in der frühen Königszeit559 in E IIB/ C eine intensiv besiedelte560 , wohlhabende Handwerker- und Bauernstadt mit guten Vorratshaltungsmöglichkeiten, die sich durch Mauern und Wasserbevorratung wirksam zu schützen wußte. Für ein ökonomisches Interesse des Königtumsam Ort könnte es sprechen, wenn in Gibeon in den gefundenen Henkelkrügen mit der Aufschrift gb 'n (falls sie aus Gibeon stammen!) ein Produkt der Ortsregion gelagert und verschickt wurde, für das im Austausch ein Produkt von Krongütern in lmlk-Stempel-Krügen561 nach Gibeon geliefert wurde. Freilich ist nicht ausgeschlossen, daß es in Gibeon wegen Vgl. VRIEZEN 1975 Vgl. M. WEIPPERT 1967,21-23 m. A. 5; FRITZ 1990b, 79. 557 Zum archäologischen Befund vgl. REED 1967, 231ff.; PRITCHARD 1976, 446-450; KuscHKE 1977, 97f.; H. WEIPPERT 1988, 546-549. 579. 586. 604-606. 674f. 558 WELTEN 1969, 59f.; KuscHKE 1977,97. 559 S.o. S. 5 mit A. 20-23 560 Im 9.-6. Jh. v. Chr. sind drei Bauschichten zu beobachten. 561 WELTEN 1969, 59f. 555
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
der lmlk-Stempel auch eine königliche Garnison gab, aber das bleibt letztlich unbewiesen. So ist m. E. nicht nachweisbar, daß das Königtum in Gibeon eine die Lokalautonomie begrenzende Rolle spielte, z. B. durch Funktionalisierung des Ortes als Nordgrenzfestungsstadt. Vielleicht bestand zwischen der Ortschaft und dem Königtum eine ökonomisch beiderseitig vorteilhafte Verbindung- wie eventuell im Fall von Bet-Schemesch.
25. Tell en-Na~be (Mizpa) 562 Die in der SpBr unbewohnte Ortschaft entstand in der FrE neu und war mit ca. 1m dicker Mauer mit Türmen umgeben. Um 900 v. Chr. wurde eine stärkere, ca. 4 m breite, außerhalb der früheren gelegene Mauer mit ca. 10 vorspringenden Türmen in unregelmäßiger Bauweise, vielleicht in mehreren Phasen gebaut563 , vor der noch Glacis und Stützmauern lagen. Die Stadt bestand so, 587/86 v. Chr. evtl. weitgehend unversehrt564 , bis ins 6. Jh. v. Chr. und später. In diesem Zusammenhang ist wichtig, daß die fast vollständig ausgegrabene, 3 ha umfassende Ortschaft fast komplett mit Wohnhäusern ausgefüllt war565 und öffentliche Gebäude nicht sicher auszumachen sind 566 . Anzeichen einer zentralen herrschaftlichen Stadtbauplanung sieht anscheinend McClellan in der Wohnbebauung besonders in Stadtmauernähe sowie in der Ringstraße und Querstraßen ("peripheral streets") zum Zentrum hin für Phase B567 . Daß die Ortschaft für das judäische Königtum als fester Ort "vor der Haustür" J erusalems ( 1Kön 15, 17) und an der wichtigen Nordsüdstraße Jerusalem-Nablus immer von Bedeutung war, zeigt sich an der Befestigung durch Asa (1Kön 15,22) bis hin zum zahlreichen Vorkommen von lmlkStempeln568. Soll man von einem königlichen Funktionalort reden? Ein ganz gewöhnlicher Ort der Durchschnittsbevölkerung war es wohl nicht. Wohnten hier zahlreiche Funktionäre oder Offiziere des Königs569 ? Das wäre von der Lage (Nordgrenze, Nähe zur Residenz) nicht unverständlich. Schwierigkeiten macht bei einer Deutung als Militär-Funktionärssiedlung, daß nur wenig Waffen gefunden wurden 570 . Und wäre Mizpa eine Garnisonsstadt gewesen: Wieso wurde sie nicht 587/86 v. Chr. erobert und zerstört? Vielleicht sollte man eher an eine befestigte Grenzstadt Judas denken mit einem beachtlichen Anteil königlicher Funktionäre neben der Normalbevölkerung, was der Stadt insgesamt besondere Fürsorge des Königtums bei Stadtplanung, -befestigung und -bebauung eingetragen haben mag.
562 Zum archäologischen Befund vgl. DIRINGER 1967, 329ff.; ßROSHI 1977, 912-918; H. WEIPPERT 1977, 227-228; McCLELLAN 1984, 53-69; H. WEIPPERT 1988, 434f. 551-555. 563 Seit Asa (1Kön 15,22//2Chr 16,6)? Leicht zugängliche Gesamt-Kartenskizzen: H. WEIPPERT 1988, 552; PINKELSTEIN 1988, 62; McCLELLAN 1984, Fig.l. 564 Sitz Gedaljas (2Kön 25,22f.; Jer 40,6ff. 41); vgl. aber WELTEN 1969,59 (eine Zerstörung der Mauer; wann?) 565 Vgl. aber BROSHI 1977,916. 566 So anscheinend H. WEIPPERT 1977, 228 gegen ßROSHI 1977, 916 567 McCLELLAN 1984, passim (bes. 68f.); vgl. aber FRITZ 1990b, 83 m. A. 30. 568 WELTEN 1969, 57-59 (in Privathäusern gefunden). 569 Vgl. WELTEN 1969, 58: Verteilung der Krughenkel auf Privathäuser, keine Ballung in Magazinen! Vgl. auch BROSHI 1977,916. 570 Vgl. H. WEIPPERT 1977, 228 (oder hat man so wertvolle Gegenstände eingesammelt/ recycliert, so daß das Nichtfinden nicht bezeichnend ist?).
I!. Königliche Funktionalorte und -bauten
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26. Geba' (Geba) Geba liegt östlich der Hauptstraße von Nablus nach Jerusalem, an der nächst der Nordgrenze Judas zunächst Mizpa den Zugang zur Residenz vor einem von Norden kommenden Feind schützt; weiter südlich erfüllt Gibea noch einmal im 2.Glied diese Funktion. Ein beide Orte östlich umgehender Feind (Jes 10,27-34) traf aber u. a. auch auf Geba571 . Asa hat nach 1Kön 15,22 neben vor allem Mizpa auch Geba als Festung ausgebaut. Der Wert Gebas als Grenzfestung nach Norden war allerdings durch die Abseitigkeit der Lage gegenüber Mizpa geringer, bildete dennoch aber einen zusätzlichen Schutz für Jerusalem. Immerhin liegt der Ort strategisch günstig am Südrand des tief eingeschnittenen Wadi e~-Suwenft gegenüber Michmas (1Sam 13,16; 14,5) in guter Berglage. Da Grabungen m. W. fehlen, ist man ganz auf Texte angewiesen. Ob Jes 10,27b-34 reale militärische Operationen dokumentiert oder doch nur die Vorstellungen Jesajas darüber, wo der Feind von Norden anrücken könnte, welche Orte also bedroht sein könnten, festhält 572? Der Jesajatext sagt nicht, ob und daß Geba z. Zt. dieses Textes573 eine (königliche) Festung war. Immerhin ist es unter Hinweis auf 1Kön 15,22 möglich, daß Befestigungen in der 2. H. des 8. Jh. v. Chr. noch bestanden oder aktiviert worden waren (von Ahas? oder Hiskia ?) . Ein schlüssiger Beweis fehlt.
27. Tell el-Fül (Gibea) 574 Die Festung I wurde im 11. Jh. v. Chr. zerstört, Festung IIA-B wenig später nach gleichem Plan neu errichtet und ca. 950 v. Chr. aufgegeben. Erst im späten 8. und 7. Jh. findet sich wieder eine Festung (lilA). Die lmlk-Stempel dieses Stratums sprechen für einen Nordstützpunkt Hiskias, der den Zugang nach Jerusalem mit schützen sollte. Festung IIIB mag der Zeit (Manasses? oder) Josias zugewiesen werden (7.- frühes 6. Jh. v. Chr.), obwohl2Chr 11,6-10 Gibea nicht erwähnt 575 • Das Druschreiten des Randes des judäischen Kernlandes zusammenfassend, ergibt sich, daß zu dem oben 576 festgestellten Schutzgürtel auf der Höhe des Beerschebabeckens nun am nördlicheren Binnenrand Südjudas im 10. Jh. V. Chr. vielleicht als Festungsstadt Tell es-Serf'a und evtl. ein königlicher Posten in Tell Bet Mirsim hinzukommt; beides bleibt aber sehr unsicher. Ob aufgrund einer Kasematten-Ummauerung und eines(!) lmlk-Stempels im 9. und 8. Jh. Tell el-lfuwelfe als königlicher Funktionalort bezeichnet werden kann, ob dort ein königlicher Posten stationiert war oder sonstiger königlicher Einfluß anzu571 Vgl. DONNER 1968,51 (Karte); zum Text WILDHERGER 1980, 423ff. (Karte: 431). 572 Vgl. WILDHERGER 1980,430-432 573 Vgl. DoNNER 1968, 46 (Syr.-Ephraimit. Krieg) 574 Zum archäologischen Befund vgl. SINCLAIR 1960; WELTEN 1969, 60f.; SINCLAIR 1976, 444-46; GALLING/H. WEIPPERT 1977, 96; N. LAPP ed. 1981 (dazu HüBNER 1987); H. WEIPPERT 1988, 481. 484 575 Scharfe Kritik, auch an der 1964er Kampagne und deren verfeinerten/korrigierten Ergebnissen, übt jetzt methodisch und hinsichtlich der gewonnenen stratigraphischen Daten und Datierungen PINKELSTEIN 1988, 56-60: Falls überhaupt das "große Fort", das immer rekonstruiert wurde, existierte, gehört es (parallel zu den ähnlichen Anlagen in Tell 'Arad, Tell el-Qederatund lfirbet Gazze) in die späte Eisenzeit). 576 S. 105-108 mit A. 462-475; vgl. auch Karte 1 (S. 106) zum Folgenden.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
!I. Königliche Funktionalorte und -bauten
nehmen ist, dürfte doch eher zu bezweifeln sein. Spätestens am Ende des 8. Jh. v. Chr. können (durch lmlk-Stempel belegte) königliche Posten in Debir und Tell Bet Mirsim ( + Tell el-lfuwelfe??: nur ein Stempel!) existiert haben. Am Ende des 7. Jh. V. Chr. ist Tell es-Serf'a wieder als (judäische?) Festung existent, Debir besaß, falls die Mauerverstärkung königlich initiiert ist, einen königlichen Posten. Als vorrangig und relativ deutlich militärisch ausgerichteter königlicher Stützpunkt kann dann nördlich des genannten Schutzgürtels auf der Höhe des Beerscheba-Beckens im 10./Anfang 9. Jh. v. Chr. kein weiterer Ort zweifelsfrei genannt werden, im 7. Jh. v. Chr. nur Tell es-Serf'a (?), während in Debir und Tell Bet Mirsim von königlichen Funktionalstädten allenfalls sehr eingeschränkt und partiell gesprochen werden kann, da ein wirtschaftliches Engagement wie auch eine Beteiligung des Königtums an Befestigungen im 10., Ende des 8. und im 7. Jh. v. Chr. nicht sicher, wenn auch möglich ist. Ökonomisches Engagement des Königtums in Südjuda (Krongut) ist aber spätestens seit dem 8. Jh. v. Chr. im Gebiet von Zif, Karmel, Maon und Hebron anzunehmen. In den bedeutenderen Orten Debir und Tell Bet Mirsim sowie vielleicht in Tell el-lfuwelfe kann sich unter Umständen solches königlich-ökonomische Interesse, wenn die entsprechende Vermutung richtig ist, mit militärischen Sicherungsmaßnahmen in den Orten (Posten, Garnison, Beteiligung an Befestigungen) verbunden haben. Vieles bleibt aber unsicher. Was Judas Westgrenze betrifft, so finden sich im 10. Jh. v. Chr. königliche Festungen in Tell el-lfasf und evtl. in Tell es-Se!J Al]med el- 'Arenf; erst im 9. Jh. v. Chr. übernimmt die mächtige königliche Festungsstadt Lachisch die Haupt- und Schlüsselrolle zusammen mit Tell d-Se!J Al]med el- 'Arenf. Auch im 8. Jh. übt Lachisch gemeinsam mit den beiden genannten Vorposten diese Rolle aus; neben diesen traditionellen Festungen bemüht sich am Ende des 8. Jh. Hiskia um weitere Verstärkung. Neben der Festung Aseka nimmt er mehrere kleinere feste "Zivil"-Städte im östlichen Hinterland der großen Festungen in Anspruch und stattet sie anscheinend mit Posten aus (Marescha, Moreschet-Gat, Tell e~-Säfi). In dieser Methode folgt ihm im 7. Jh. v. Chr. Josia, der neben den traditionellen Hauptstützpunkten Lachisch samt Vorposten sowie Aseka vermutlich noch über Stützpunkte und Posten in Marescha, Tell e~-Säfi, Adullam und Zorea verfügte, außerdem evtl. noch über weiter nach Westen vorgeschobene Stützpunkte577 • Es scheint insgesamt, daß die Südgrenze Judas bis ins 8. Jh. v. Chr. wie die Westgrenze nur mit wenigen, aber starken Festungen auf der Höhe des Heerseheba-Beckens und um das Zentrum Lachisch gesichert wurden, ehe durch den aktuellen Anlaß der Assyrerbedrohung die Verteidigung vor allem an der Westgrenze noch mehr Aufmerksamkeit erfuhr, die königlichen Maßnahmen schließlich die
Befestigungs-Grenzlinie zum Grenzgürtel verbreiterte und staffelte und zu diesem Zweck auch in "normale" judäische Wohnstädte eingriff (Karte 1). Bemerkenswert ist der Befund an der Nordgrenze 578 : Nachdem um 900 v. Chr. Mizpa wohl auf königliche Initiative (Asa) zur Hauptfestungsstadt der Nordgrenze Judas ausgebaut wurde, bestand der Ort in dieser Funktion und damit wohl relativ stark königlich dominiert579 bis 587/86 v. Chr. Eine weitere Festung von diesem Rang ist an derNordgrenze nicht hinzugekommen. Mizpa wurde im Osten der Nord-Südstraße von der festen Stadt Geba flankiert. Erst in der 2. H. des 8. Jh. v. Chr. (Hiskia) legte das Königtum aufgrund akuter Gefahren von Norden eine Kette von Posten in verschiedene Städte, von denen aber keine mit Sicherheit wegen dieser und durch diese Posten erkennbar in ihrer Lokalautonomie beschränkt wurde und als königlich dominierte Funktionalstadt bezeichnet werden müßte: Kephira, Mizpa, Gibea und vielleicht Geba bildeten einen schützenden Halbkreis nördlich um Jerusalem. Nächst Mizpa ist königliche Militärpräsenz vielleicht am deutlichsten in Kephira durch die Zitadelle zu vermuten, daneben in Gibea. Nordwestlich Jerusalems sieht es viel bescheidener mit der Nordgrenzsicherung aus: In Geser bestand vielleicht kurzzeitig ein Posten Hiskias. Ob Befestigungen in Timna Ende des 8. Jh. auf Hiskia zurückgehen oder auf die lokale Bevölkerung, ist nicht zu klären; letzteres mag doch wahrscheinlicher sein. Einen Posten und zeitweiligen Einfluß Hiskias dort deuten vielleicht lmlk-Stempel an. Anscheinend wurde besonderer Wert auf den unmittelbaren Schutz der Residenz im Norden gelegt; die Nordwestecke des Reiches erfuhr weniger Aufmerksamkeit, ganz im Unterschied zur Westgrenze. Im 7. Jh. v. Chr. kam vielleicht als Grenzposten Josias Ajjalon hinzu, was eine beträchtliche Lücke schloß zwischen Kephira und Timna; letzteres wurde möglicherweise unter Josia von Juda dominiert (Jos 15,10). Möglich ist eine weitere Nordwestgrenz-Verstärkung im 7. Jh. v. Chr. in ~orea. Nördlich der Residenz blieb es im 7. Jh. v. Chr. bei dem nördlichen Residenzschutz durch Kephira, Mizpa und Gibea (letzteres unter Manasse ). Unsicherheiten bleiben freilich! Im Unterschied zur Süd- und zur Westgrenze mit mehreren eindeutig königlichen Funktionalfestungsstädten seit dem 10./9. Jh. v. Chr., zu denen im 8./ 7. Jh. v. Chr. weitere hinzutraten und das Königtum den Verteidigungsgürtel durch sukzessive Einbeziehung einzelner Wohnstädte verstärkte, macht die Nordgrenze einen relativ schwach gesicherten Eindruck. Nur eine Festungsstadt (Mizpa), die aber zugleich Wohnstadt war, flankiert von einer Nebenfestungsstadt (Geba). Alle anderen Orte, die auch erst am Ende des 8. Jh. v. Chr. hinzukamen, besaßen lediglich königliche Posten und wurden vermutlich auf
Timna? (s.o. S. 117 m.A. 540-543); Libna? (s.o. S. 115m. A. 526-528); das oft Josia zugeschriebene Meiiad lfasavyähü entfällt mit der Zuweisung zur Zeit Jojakims (WENNING 1989).
Zur Nordgrenze Judas vgl. ScHUNCK 1963, 169; s.o. Karte 1 (S. 106]. Aber Einzelheiten einer evtl. königlichen (?) Ortsverwaltung sind unbekannt und auch archäologisch nicht zu belegen; eindeutig königlich bestimmte Verwaltungsbauten sind nicht auszumachen (vgl. o. A. 562). s7s
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I/. Königliche Funktionalorte und -bauten
königliche Initiative mit Befestigungen versehen oder solche ausgebaut. Das erklärt sich m. E. am wahrscheinlichsten so, daß diese Orte lediglich der nördlichen Vorfeldsicherung Jerusalems dienen sollten, während das den Südund Westgrenz-Großfestungen entsprechende Hauptbollwerk des Nordens Jerusalem selbst darstellte (vgl. Karte 1). Es scheint also, daß die judäischen Könige ihre militärische Landes- und Machtsicherung - und damit einen wichtigen Aspekt innenpolitisch-ideologischer Herrschafts-Legitimation- bis in das 8. Jh. v. Chr. wesentlich auf eine relativ begrenzte Zahl von Funktional-Grenzorten an der Süd- und West-, noch bescheidener an der Nord-Grenze konzentrierten, ehe sie ab dem späten 8. Jh. v. Chr. den Grenzgürtel durch Einbeziehung von einigen Wohnstädten- akut veranlaßt- verbreiterten. Von einer durchgängigen landesweiten und flächendeckenden Etablierung militärischer Präsenz im judäischen Binnen-Kernland, die einer inneren Herrschaftsstabilisierung dienen konnte, haben sie anscheinend abgesehen! Aber trifft das wirklich zu? Zwei Texte bzw. Tatbestände scheinen dem zu widersprechen. Nach 2Chr 11,5-12 etablierte Rehabeam im Unterschied zu dem für Juda bisher festgestellten, sich auf den Grenzbereich beschränkenden königlichen Festungsbau bzw. der Posten-Einrichtung ein praktisch ganz Juda überziehendes Netz von 15 Festungsstädten.
genannten Orte auf den drohenden Angriff der Assyrer von Westen her vorbereitet, wobei die vier auf den Stempeln genannten Orte die Zentren von Militärdistrikten und Verteilungsknotenpunkte seien 584 . So ansprechend diese Ansicht unter Einbeziehung der lrnlk-Stempel auf den ersten Blick auch ist, erheben sich doch einige Bedenken, die die Datierung der Liste in die Zeit Josias wahrscheinlicher machen. Vor allem besteht keine so zwingende und nahtlose Kongruenz zwischen den Orten der Festungsliste und den Fundorten von lrnlk-Stempeln, wie Na'aman nahelegt: Daß 8 der 15 Orte, wo keine Stempel gefunden wurden, auch nicht ausgegraben worden sind, ist zwar ein Argument, aber ein schwaches und nur ein argurnenturne silentio. Na'aman drängt auch die Tatsache in den Hintergrund, daß ein großer Teil der Stempelkrüge nicht militärischen, sondern zivilen Zwecken diente 585 . Auch sind einige der in der Liste als Festungen apostrophierten Orte sehr wahrscheinlich keine Festungen gewesen586 . Es gibt Orte mit Funden von Stempeln, die eben nicht in der Ortsliste auftauchen587 , umgekehrt aber auch, wie gesagt, Orte der Liste, in denen keine Stempel gefunden wurden. Alles das spricht gegen eine enge Kongruenz von Liste und Stempelfundorten als Verteidigungszentren. Ein Problem bildet auch Bet-Zur, das nach Ausweis der Ausgrabungen z. Zt. Hiskias nicht, sondern erst ab 650 v. Chr. wieder besiedelt, dabei aber unbefestigt war588 .
Auf den ersten Blick scheint diese Maßnahme als eine zeitlich und sachlich vollkom~en ver~tändliche und konsequente Weiterführung der salomonischen Bemühungen um
dre und m den 3 + 3 Haupt-Funktionalorte(n) im Nord- und Südteil seines Reichessso die am Ende der Formationsphase des davidisch-salomonischen "Stämmestaates" nun~ mehr eine Herrschafts-Stabilisierung im Innern folgen läßt. Seit langem ist aber erkannt worden, daß diese Ortsliste nicht in die Zeit Rehabeams gehört581 . Die genauere Datierung ist aber noch umstritten. Fritz582 zeigt unter Berücksichtigung der archäologischen Daten der erwähnten Orte sowie textlicher Belege, daß die Ortsliste einen breiten und tiefgestaffelten Gürtel von befestigten Orten dokumentiert, den Josia aus der Erfahrung des Sanherib-Feldzuges gegen Juda präventiv und von Nordwest- über Südwest- und Südost- bis Nordostjuda sich hinziehen ließ, um damit das Land und letztlich die Residenz gegen Angreifer von Westen und Süden optimal zu schützen. Na'aman bezieht die lrnlk-Stempel in seine Argumentation ein und glaubt daher, daß die Verteilung der lrnlk-Stempel, die nach neueren Untersuchungen nicht in zwei Gruppen auf die Hiskia- und die Josiazeit verteilt werden können, sondern alle aus der Hiskiazeit stammen583, eine durchorganisierte präventive Maßnahme Hiskias darstellt, mit der er die 580 So wird auch das chronistische Motiv der Einfügung der Liste an dieser Stelle bei Rehabeam b. Salomo verständlich: vgl. FRITZ 1981, 50*f; NA'AMAN 1986, 7ff. 581 Zur Forschungsgeschichte vgl. neben den Kommentaren z.St. auch FRITZ 1981 und NA'AMAN 1986; für Rehabeam votierten zuletzt z.B. noch WELTEN 1969, 167ff. · AHARONI 1984,340ff. , 582 FRITZ aa0; vgl. auch H. WEIPPERT 1988, 613f. 583 G~ge~über WELTEN 1969, 10-46. 103-114, der noch mit zwei Phasen der lmlk-Stempel . m der Hrskraz~rt ~nddem 7. Jh. v. Chr. (Josia) rechnete, hat sich inzwischen gezeigt, daß alle Stempel zur Hrskrazert gehören, vgl. UssrsHKIN 1977, <28-60> 54-60; DERS. 1978, <1-97>
76-81; DERS. 1983, 160ff.; MOMMSENfPERLMANIYELLIN 1984, 89-113; NA'AMAN 1986; H. WEIPPERT 1988, 605-607. 584 NA'AMAN 1986, 14ff.; zu Hiskia vgl. insgesamt HurrER 1982 5 85 Neben der einen Hauptfunktion der gestempelten Krüge zur Versorgung von königlichen Militärstützpunkten (WELTEN 1969, 133-142. 143. 156; AHARONI 1984, 404-411; zu früheren Deutungen WELTEN aaO, 118-133), in deren größtem, Lachisch, allein 314 Stempel ( = 39%, Stand der Arbeit von WELTEN) gefunden wurden, tritt die andere Funktion der Versorgung des königlichen Haushalts aus dem Krongut, was der zweitgrößte Fund in Rämat Räl]el, der Nebenresidenz, zeigt (147 Stempel = 18,3%, Stand v. 1969). Den drittgrößten Fundposten bildet die wichtigste N-Grenzfestung Mizpa (86 Stempel= 10,7%, Stand v. 1969), an vierter Stelle steht Gibeon (83 Stempel= 10,6%, Stand v. 1969), das wahrscheinlich keine königliche Grenzfestung, sondern ein Ort mit ökonomischen Akzent war, also ein "ziviler" Ort; an 6. Stelle folgt wieder ein "ziviler" Ort, der nicht Festung war, aber ein Ort blühender Wirtschaft (mit königlicher Beteiligung?): Bet-Schemesch (28 Stempel= 3,5% ). Alle übrigen 19 Fundorte haben zusammen nur 146 Stempel = 18,15% (Stand von 1969)! Da ich A. MAZARS binnenländische "Militär-Signalstationen" sw.lich 'von Jerusalem (A. MAZAR 1982b) eher "zivil" deuten möchte (s. u. S. 127ff.), ist z. B. auch der in lfirbet el- 'Abhar gefundene lmlk-Stempel (aaO, 107) hierher gehörig. 586 Socho (2Chr 11,7) war Krongut, keine Festung (OLB 2, 844-846); Zif und Adorajim sind nicht als Festungsorte nachweisbar, ersteres eher Krongutsammelstelle; auch in Bettehern (OLB 2, 611ff.) und Teqoa (SüTIERLIN 1921, 31-46; OLB 2, 662ff.: Straßenposten 7km östlich der Straße Hebron-Jerusalem; archäologisch von einer Festung nichts auszumachen, nur ein undatiertes Kastell100 Schritte vom Ort weg) sind keine eisenzeitlichen Festungsstädte, wenn in Betlehem auch ein Posten stationiert gewesen sein könnte (1lmlk-Stempel). 587 Z.B. Qe'ila (OLB 2, 788f.), Debir (OLB 2, 767), Tell es-Seba', Aro'er (NA'AMAN 1986, 12f.), lfirbet Garra, Tell 'Aräd, Timna (s.o. mit A. 543), Kephira (s.o. mit A. 555), Geser (s.o. mit A. 547), Moreschet-Gat(s. 0. mit A. 523), Bet-Schemesch (WELTEN 1969, 66f. 182f.). 5 88 lfirbet et-Tubeqa ist einer der höchstgelegenen Orte Judas, seine strategische Bedeutung besteht aber nicht in natürlicher Festigkeit (keine Quelle!), sondern in der verkehrsgeographischen Lage an der Hauptstraße Hebron-Jerusalem. Str. III (EI, 1l.Jh. v. Chr.) wurde ca.1000 v. Chr. zerstört, der Ort erst Ende E II (ca.650 v. Chr.) wieder besiedelt (bis 587 v. Chr.) und blieb unbefestigt, d. h. von einer Befestigung des Orts durch Rehabeam gibt es keine Spur (vgl. SELLERS et al. 1968; FUNK 1975, 263-267; OLB 2, 718-724; zu den Krugstem-
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Insge~amt wird nicht eindeutig klar, wieso die Existenz von Stempeln in einigen der Orte der Liste beweist, daß diese Liste jedenfalls der Hiskiazeit entstammen muß. Es bleiben also einige Unsicherheiten bei Na'amans These 589 , die vorerst die zuletzt von Fritz vorgeschlagene Datierung wahrscheinlicher erscheinen lassen.
S~ch~r scheint mir also zu sein, daß die Liste keine reine Festungsliste ist, wie der Jetzige Kontext suggeriert590 , wohl aber eine Liste mit Ortschaften in die in der einen oder anderen Art und Intensität das Königtum (Josias) durch Aktivitäten, sei es Einrichtung eines militärischen Wegepostens oder einer Festung o~er durch Befestigung eines "zivilen" Ortes, aufgetreten ist oder, wie die Listenorte Soc?o, Zif und Hebron zeigen, durch den Besitz von Krongut im Orts- oder RegiOnalbereich präsent war (vgl. Karte 1). Ist dies richtig, so stellt 2Chr 11,5-10 einen bisher so nicht festgestellten Beleg von Orten königlicher Aktivität verschiedener Art über das ganze Land v~~s~reut da~ und ist ein Beleg, daß spätestens im 7. Jh. v. Chr. das judäische Komgtum mcht mehr nur mit der Residenz sowie einem Gürtel von militärischen Sicherungsbauten und -orten an den Außengrenzen Judas befaßt war sondern auch im Landesinnern mindestens eine herrschaftliche, vor der Bevöl~ kerung wohl außenpolitisch motivierte Schutzfunktion in einigen Ortschaften ausübte. Dabei ist eine Entwicklung sogar innerhalb des 7. Jh. v. Chr. erkennbar: ~ährend Hiskia im militärischen Bereich neben den Grenzfestungen anschemend erstmals west- und nordjudäische grenznahe Orte der Bevölkerung durch Einrichtung von Posten in Anspruch nahm kommen bei Josia w~itere in der Küstenebene, besonders aber in Südost- und Nordostjuda hinzu, mit Bet-Zur sogar einer mitten im Herzen Judas, falls letzterer nicht schon auf Hiskia zurückgeht. Es hat den Anschein, daß somit bisher nachweislich erst seit Hiskia und peln vgl. WELTEN 1969, 90f. 183). Wieso dieser Krugstempelfund im Binnenland, außerhalb der Gr.enzfestun?szone? Hiskia konzentrierte sich ja sonst auf die Grenzorte (abgesehen von Kr~ngute~Residenzen; zu einem Streufund vgl. WELTEN 1969, 90 ). ~A AMAN ha~t kurzerhand die Datierung bei SELLERS für falsch. Dann müßte man mangels e~ner Befestigung von Bet-Zur in E II nicht an eine (Grenz-)Festung, sondern allenfalls an emen Straßenposten Hiskias denken .
~~·~MAN.s These, die vier Orte, die auf den Stempeln genannt sind, seien Zentren von VIer Mihtarbezirken (1986, 14ff. ), ist nicht sehr wahrscheinlich. Hebron Zif und Socho drei der angeblichen Bezirkszentren, waren keine Festungen, m. E. vielmehr Sammelstelle~ für Kronguterzeugnisse in besonders komplexen Krongutgebieten, von wo die Krüge abgeschickt wurden, weshalb dort auch keine Funde von Stempeln gemacht worden sind (außer Socho) so~.dern dort, wo .der Inhalt verbraucht wurde bzw. umgelagert, wobei gelegentlich auch Kruge ~u Br~ch gmgen (Funde!). In den vier Stempelorten (NA'AMANs "Bezirkszentren") s~llen die ~ruge nach NA'AMAN gefüllt worden sein. Richtig! Aber dazu muß man m.E. die v~er Ort~ mcht zu ·:~ezirkszent~en" m~chen! Gegen NA'AMANs Vorstellung spricht besonders die unmittelbare Nahe von zwei angeblichen "Bezirkszentren": Hebron und Zif! Die Einrichtung. s~ gelegener "Bezirkszentren" wäre geographisch äußerst ungeschickt und unwahrschemhch (auch gegen AHARONI 1984,366. 409-411). 590 S. o.A. 558 589
I!. Königliche Funktionalorte und -bauten
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veranlaßt durch die Vorbereitung auf die akute Bedrohung durch die Assyrer ein judäischer Herrscher in judäische Ortschaften direkt eingriff, allerdings auch nur aus aktuellem Anlaß und auf das militärische Ziel der Einrichtung von Posten beschränkt. Dasselbe wiederholte sich dann in etwas ausgedehntem Maße zur Zeit Josias, wenn vielleicht auch nicht aus so aktuell drohendem Anlaß, wohl aber jedenfalls auch aus der Erfahrung der Hiskiazeit. Sieht man von vereinzelten und auch nicht ganz sicheren Beispielen ab, wo man erwägen kann, ob das judäische Königtum nicht an der Entwickl~ng wirtsch~f~lich handwerklich besonders erfolgreicher Ortschaften ökonomisch zu profitieren bzw. sich zu beteiligen suchte59 I, sich dabei zugleich als Schutzmacht profilierte und legitimierte, was sich zweifellos als herrschaftliche Gratifikation 592 gut darstellen ließ, sieht man also von solchen evtl. existierenden Einzelfällen sowie verstreutem Krongut bei verschiedenen Ortschaften im Lande ab, das durch die /m/k-Stempel erst in der 2. Hälfte des 8. Jh. v. Chr. deutlich und epigraphisch nachweisbar wird und dessen Erträge wohl in den vier /m/kStempelorten gesammelt wurden, so ist herrschaftlicher Einfluß bis ans Ende des 8. Jh. v. Chr. in Juda nur an den Außengrenzen in mehr oder weniger eindeutigen königlichen Funktional-, genauer: Grenzschutzorten anzutreffen. Umgekehrt heißt das, daß die durchschnittliche judäische Ortschaft v~n königlicher Administration unberührt blieb, nicht königliches Herrschaftsmittel war. Das änderte sich, freilich in begrenztem Maße und durch aktuelle, von außen kommende militärische Bedrohung hervorgerufen, von den Außengrenzen her in Einzelfällen erst, soweit bisher erkennbar, in der 2. Hälfte des 8. Jh. v. Chr. Der zweite der beiden oben angekündigten Tatbestände, ein archäologisch erhobener, ist geeignet, weiteres Licht in die Entwicklung der Herrschaftsausübung judäischer Könige zu bringen. A. Mazar hat 1982 über die Entdeckung einer Anzahl von Bautengruppen westlich der Linie Jerusalem/Bet-Zur und etwa in der Mitte zwrschen Bet-Schemesch, Socho und Qe'ila im im Westen, Betlehem im Osten auf dem judäischen Gebirge gelegen, ~n einem in SpBr und E wenig besiedelten Gebiet, das durch wenig Wasserquellen, wemg gutes, für den Ackerbau hinderlicherweise bewaldetes Land und schwierige Straßen gekennzeichnet war, berichtet593 • Die bedeutendste Baugruppe, lfirbet Abu et-Twen, besteht
•
591 Vgl. z.B. Debir, Tell Bet Mirsim, Bet-Schemesch, Gibeon (s.jeweils oben zu diesen Orten). 592 Herrschaft legitimiert sich durch bestimmte Leistungen für die Gesell~c~a~t (S~RVI~E 1977, 31. 36 u.ö.); eine besonders wesentliche "Wohltat", die Herrschaft legitimiert, ISt die Sicherung des Gebietes (SERVICE 1977, 99. 132. 137ff. 140). Bei einer solchen Herrschaf~ kan~ man nach SERVICE dann von einer staatlichen Herrschaft sprechen. M.E. kommt Sie bei Hiskias systematischer (im Gegensatz zu der früher noch mehr punkt~el~en) Grenzsicheru.ng erstmals deutlich zum Tragen. Dasselbe gilt ebenfalls spätestens für Hiskia, aber wahrschemlich schon für frühere judäische Herrscher (s.unten im Einzelnen) in einem anderen Punkt: Legitimation der Herrschaft durch Redistribution (zu Begriff ~nd Sache vgl. u. a. SERVICE 1977, 109ff. 112-114. 128. 131 ff. 359ff. u. ö. und schon o. S. 53 mit A. 221). 593 1982b, 87-109; vgl. H. WEIPPERT 1988, 615; s.o. Karte 1 (S.106 (schraffiert]).
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
/I. Königliche Funktionalorte und -bauten
aus einem isolierten viereckigen Gebäude von 30 X 30m; die zum Teil mit (in einem Fall bis zu 16!) Pfeilern ausgestatteten Räume um einen Innenhof deutet Mazar als Wohn-, Vorrats-, Stall- und Werkstatträume. Vielleicht gab es ein 2. Stockwerk. Am Hügelfuß nahe dem Quadratbau fanden sich 10 verstreute Häuser eines kleinen, unbefestigten Dorfes. Die Lage auf einem Hügel mit guter Rundsicht und in einem ungünstigen Gebiet sprechen nach Mazar trotz der relativ schwachen Mauern gegen eine Deutung als "regional administration centre or the centre of a !arge royal estate", vielmehr für eine militärische Funktion. Zur Stützung dessen weist Mazar auf die "tenth century Negev fortresses" und die (größeren) königlichen Festungen von Kadesch Barnea, Arad und lfirbet Gazze. Auf königliche Bau-Initiative weist nach Mazar die Verwendung von "monolithic pillars" wie in den Pfeilerhäusern königlicher Funktionalstädte. Die gefundene Keramik umfaßt im wesentlichen E II (weniges aus dem 9. Jh. bzw. vor dem 8. Jh. v. Chr., mehr schon aus dem 8. Jh., das meiste aus dem 7. Jh. v. Chr.); keine Zerstörung 587/86 v. Chr., nach kurzer Nichtbesiedlung nach 587/86 v. Chr. erneute Besiedlung (Jer 52,16!), aber nicht im Dorf, nur im Gebäude auf dem Hügel. Zwei ähnliche Quadratbauten fanden sich ca. 5 km nördlich (Der Bagl) bzw. nordwestlich (lfirbet et-Tibne), etwa 4-5km südlich (2km nördlich von Bet-Zur) ein weiterer mit kleinem zerstreutem Begleitdorf (lfirbet el-Qatt), knapp 3 km nördlich von Der Bagl vielleicht ein weiterer (lfirbet el- 'Abhar). Für eine militärische Funktion spricht nach Mazar auch, daß die auf Hügelspitzen gelegenen Quadratbauten in Sichtverbindung miteinander stehen. Die kleinen Festungen seien in dieser Pufferzone zwischen Zentraljuda und den Schefelafestungsstädten zur Überbrückung und Signalgebung gebaut. In 2Chr 27,4 findet Mazar als Datierungsfixpunkt die Zeit Jotams sowie in den dort erwähnten 'rym, byrnywt wmgdlym die in Frage stehenden Baugruppen und deren militärische Funktion. Man wird Mazar jedenfalls zustimmen, daß die relativ einheitliche Bauweise auf einheitliche, wohl königliche Urheberschaft weist. Die Datierung nur bzw. gerade auf Jotamist aufgrunddes Keramikbefundes, wie auch Mazar einräumt, aber keineswegs zwingend. Eine sukzessive Errichtung der Bauten bzw. Komplexe dürfte vielleicht seit Joas, jedenfalls aber seit Amazja und Ussia (2Chr 26,10!) erfolgt sein. Weniger wahrscheinlich oder jedenfalls zu einseitig erscheint mir aber Mazars Insistieren auf einer ausschließlich militärischen Funktion. Hier sollte differenziert und zugleich der Befund in einen weiteren Horizont herrschaftlicher Aktivitäten gestellt werden. Der Hinweis auf die Negeb-"fortresses" des 10.Jh. v. Chr. als Beleg für militärischen Charakter gilt nur in eingeschränktem Maße, wie Knauf und Finkeistein gezeigt haben594; als Parallelen kommen nur die- freilich größeren und viel stärkeren- wirklichen königlichen Festungen etwa in Kadesch Barnea, Arad und lfirbet Gazze in Frage. Ein verteidigungspolitischer Schwerpunkt lag hier im zentraljudäischen Binnenland sicher nicht. Die dünnen Mauern und das anscheinend völlige Fehlen von Waffenfunden, von denen Mazar jedenfalls nichts erwähnt, rät auch zur Zurückhaltung bei militärischer Deutung. Festungen im Binnenland nahe südwestlich der Residenz scheinen von der Zeitlage nicht besonders dringlich. Ussia hatte vielmehr in Grenzbereichen Judas für Sicherheit gesorgt 595 . Daß Siedlungen oder Gebäude Palästinas auf Hügeln liegen, ist außerordentlich häufig und beweist allein keine militärische Funktion. Was den Hinweis Mazars auf die Fernsicht und das Signalgeben zum Überbrücken der Lücke zwischen
Jerusalem und Schefelafestungen betrifft, so kann diese Aufgabe ohne weiteres auch in einer "zivilen" königlichen Funktionalsiedlung durch dortige zivile Funktionäre geschehen. Immerhin ist die Anwesenheit einzelner Soldaten in den Quadratbauten nicht völlig ausgeschlossen, aber doch nicht bewiesen. Der militärische Charakter von mgdlym, ein Begriff, mit dem Mazar einige der Quadratbauten in Verbindung bringt, ist nicht über allen Zweifel erhaben596 . Der in 2Chr 27,4 genannte Terminus byrnywt, der bei Mazars "militärischer Interpretation" eine wichtige Rolle spielt, stammt wahrscheinlich aus viel späterer Zeit597 . In der relativ stabilen und friedlichen, langen Herrschaft Ussias sind neben Grenzsicherungen ökonomisch-innenpolitische Aktivitäten bezeugt: Königliche Fürsorge für verstreutes Kronland (2Chr 26,10598) und Bemühung um Fernhandei599 . Dazu paßt es bestens, daß das Königtum systematisch die Hand auf weniger begehrtes Land im Landesinnern, wie es hier in Rede steht, legt, zumal nahe der Residenz, und damit nicht nur seine ökonomische Position stärkt, sondern auch mit ökonomischer Potenz seine Funktion als Schutzmacht demonstriert, die Fähigkeit zur Redistribution in Friedens- und Krisenzeiten 600 beweist und überhaupt Präsenz im Binnenland zeigt. Man braucht das nicht königliche Kolonisation zu nennen, aber im Endeffekt bedeutet es eine beginnende Durchdringung des Landesinnern als Herrschaftsmittel, wobei die herrschaftliche Erfassung von nichtbegehrtem unumstrittenem Land eine Maßnahme ist, die keine bzw. nicht notwendig Konflikt~ mit der benachbarten Lokalbevölkerung provoziert, wenn und solange deren ökonomische und verwaltungsmäßige Selbständigkeit unberührt bleibt. Daß das judäische Königtum Landarbeiter, Besitz und Vorräte im Lande besaß, ist belegt601 und unumstritten. So kann ich nicht einsehen, warum Mazar die Deutung der Baugruppen als königliche "estates" mit Vorratshaltung und vielleicht z. T. Verarbeitung des im Umland von königlichen Landarbeitern Erarbeiteten strikt ablehnt. Wird diese Politik königlich-ökonomischer Landeserschließung allerdings lange geübt und ausgedehnt, sei es bei friedlicher außenpolitischer Lage und sicheren Außengrenzen (z. B. Ussia, Manasse, Josia), sei es in Krisenzeiten zur Unterstützung von Verteidigungsvorbereitungen (Hiskia, Josia), kann sie ebenso wie die königliche Einrichtung von Posten in den grenznahen Wohnorten der Bevölkerung spätestens seit Hiskia ein Eie-
594 S.o. S. 103 mit A. 453.456 595 S.o. S. 105-108 m. A. 462-475
596 WELTEN 1973,24-27 597 WELTEN 1973, 19-24 598 Zum Text: WELTEN 1973,24-27. Vgl. zur Sache auch u. S. 160 mit A. 746. 599 Dazu s. u. S. 151ff. ausführlicher ("Ökonomisch ausgerichtete Funktionalorte und ökonomisch-herrschaftliche Bautätigkeit"); vgl. 2Kön 14,22 6oo Zur Redistribution als wichtiger herrschaftslegitimierender, als Gratifikation dargestellter Aktivität eines Herrschers (big man, chief, König) vgl. o. A. 221.592. 601 1Chr 27,25-31 (Davidzeit; der Text ist freilich spät<er>, vgl. die Kommentare z.St. zur Diskussion, zuletzt KNAUF 1985a, 13f. und wohl ad maiorem regis gloriam David zugeschrieben, aber aus der Zeit Ussias, Manasses, Hiskias oder sogar erst Josias stammend in deren Zeit intensivere Krongutaktivitäten und -Organisation anzunehmen und s~gar' nachgewiesen sind). Für Ussia vgl. 2Chr 26,10 ('krym, dazu WELTEN 1973, 25m. A. 75) und Jer 52,16. Von den intensivierten ökonomischen (landwirtschaftlichen und handelspolitischen) Aktivitäten der Könige Judas seit Ussia und Hiskia her wird es verständlich, daß sie die für die Davididen im 10. Jh. v. Chr. so katastrophale ms-Dienstleistung wieder aktiviert haben, wie ein Siegel eines königlichen ms-Beauftragten des 7. Jh. v. Chr. zeigt (AviGAD 1980): Manasse? Josia? Jojakim?: für letzteren spräche Jeremias Polemik gegen unbezahlte Arbeit im Königsdienst (Jer 22,13ff.).
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11. Königliche Funktionalorte und -bauten
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
ment der Entwicklung sozialer Spannungen sein, wie sie für das 8. kennzeichnend waren.
+ 7. Jh.
v. Chr.
Mir scheint es insgesamt erwägenswert, in den hier in Frage stehenden Beispiele einer königlich-zivilen Landeserschließung und -durchdnngung, etwa ab Anfang des 8. Jh. v. Chr. (Amazja, Ussia), nicht aber vorrangig Anlagen militärischen Charakters zu sehen. Eine gelegentliche militärische Mit-Nutzung der auf den Hügeln gelegenen Hauptbauten, etwa zur Signalübertragung, durch dort residierende königliche Ökonomiefunktionäre ist dabei durchaus möglich. ' In Kür~e seien hier die wichtigsten Ergebnisse genannt unter der Hauptfragestellung, m welchen Orten zu welchen Zeiten und Zwecken sich königliches Bauen vorwiegend militärischen Charakters nachweisen läßt und ob und wie es die lokale Autonomie der Bevölkerung berührt bzw. einschränkt, m. a. W.: es ge~t. ~~ die Frage, ob, wann, wo und wie Ortschaften dem Königtum als (mthtansches) Herrschaftsmittel dienten. David legte mit der Eroberung Jerusalems den Grund zu der Dauerresidenz ~ u.~d damit einen entscheidenden Grundstein für die Entwicklung seines JUdaischen Stammesfürstentums (engl.: chiefdom) zum Stämmestaat. Salomo führt~ dies ~ort und stattete die Residenz mit herrschaftlichen Prestige- und Reprasentat10nsbauten aus: Er schuf- zweifellos seine größte und weittrag~nd~te Leistung ~ mit dem Ausbau des Jerusalemer Stadttempels und der feterhchen Inthromsation JHWHs darin nicht nur seiner Dynastie ein religiöses Z~ntralsym?ol, sondern legte damit auch die Grundlage für die religiöse Ent":tcklung, dte theologisch schließlich zum Deuteronomium, geschichtstheologtsch zum Deuteronornistischen Geschichtswerk, zur theologischen Überhöhung des realen Symbols "Jerusalem" führte und die Katastrophe des totalen Zusammenbruchs von Staat und Volk überwinden half. Salomo bemühte sich durch Entsendung von zuverlässigen Delegaten, die Nordgruppen in seine Herrschaft ~in~.~binden. Zugleich baute er drei Orte zu Funktionalstützpunkten um das JUdaische Kernland herum aus und versuchte - wir wissen nicht in welchem Ausmaß- solche Stützpunkte auch im Gebiet der Nordstämm~ in Hazor und Megiddo sowie in Geser zu etablieren. Dabei erwies sich die Bemühung um Integration der Nordgruppen als nicht ausreichend effektiv. Im lO.Jh. v. Chr. gewann David durch einzelne Festungen im Negeb Schutzherrschaft und Autorität über die dortige lokalnomadisch-ziehbäuerliche, zeitweise stationär angesiedelte Bevölkerung. David konnte wahrscheinlich vor allem Tell es-Seba' (Ziqlag?) als "logistisches Zentrum Südjudas" etablieren. Ab 9. Jh. v. Chr. verstärkte das judäische Königtum an der Süd-, West- und Nordgrenze durch einzelne starke königliche Festungen und Festungsstädte den Gren.zschutz (besonders Arad, Tell el-Mill], Tell es-Seba', , Lachtsch und dessen Vorposten, Mizpa und kleinere Begleitfestungen). Im Laufe der folgenden Zeit, besonders in der 2. Hälfte des 8. Jh. v. Chr. wurde B~ugruppen
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sukzessive durch vor, aber auch hinter diesem Schutzgürtel im Binnenland liegende Festungen und Posten der Verteidigungsgürtel verbreitert; einen Höhepunkt erreichte dies, akut durch die Assyrergefahr herausgefordert, mit Hiskia. Das Königtum begann nämlich, über königliche Funktionalorte hinaus, zu Verteidigungszwecken auch in grenznahe Wohnstädte der Bevölkerung am Rande des Binnenlandes durch Stationierung von Posten, Ausbau oder Aktivierung von Befestigungen einzugreifen, wobei vermutlich die lokale Autonomie der Orte relativ unberührt blieb. Jedoch haben wahrscheinlich die ökonomischen Belastungen, z. B. durch Heranziehung zum Posten-Militärdienst unter einem königlichen Offizier und Beiträge zu dessen Versorgung602 , krisenhafte Entwicklungen in der und für die Ortsbevölkerungen in Gang gesetzt, die schon durch die partielle Zusammenarbeit von Angehörigen der lokalen und regionalen Oberschicht (und ihrer Vertreter am Jerusalemer Hof <srym>) mit dem König vorbereitet waren, ebenso wie durch die sozioökonomische Differenzierung (Stratifikation) in den Ortschaften und die damit verbundene wirtschaftliche Krise für die Unterschicht. Von administrativer Durchdringung des Landes durch Ortsfunktionalisierung zur Herrschaftsstabilisation kann aber auch z. Zt. Ussias und Hiskias nicht die Rede sein. Seit Ussia gibt es Anzeichen verstärkter binnenländischer Aktivität des Königtums auf ökonomisch-landwirtschaftlichem (nicht bzw. nicht primär militärischem) Sektor neben handelspolitischen Bemühungen. Evtl. vereinzelte königliche Beteiligung an lokalen "Industrien" sind auch schon früher möglich (Bet-Schemesch >, Tell Bet Mirsim, wahrscheinlicher Debir und Gibeon), freilich alle nicht mit Sicherheit nachweisbar. Die aktuell herausgeforderte, außen- und militärpolitisch motivierte Verbreiterung des Grenzschutzgürtels unter Hiskia603 , die grenznahe Wohnortschaften der Bevölkerung zu berühren begann, bildet aber noch keine konsequente machtstrukturell-repressive und administrative Durchdringung des gesamten Landes. Zur Versorgung des Grenzschutzes und des Hofes wird Vgl. WELTEN 1969, 170f. SERVICE 1977, 99: "Primitive Staaten und Häuptlingstümer sind in einem viel stärkeren Maße als die egalitären Gesellschaften abgegrenzt (Hervorhebung von mir, H. M. N.), politisch beherrscht und auf Dauer eingestellt." Es "gehört zu den wichtigen Aspekten von Staat oder politischer Herrschaft gerade die ausgeprägte Sensibilität für das Gebiet, in dem die Gesetze gelten sollen und das zu verteidigen ist" (Hervorhebung von mir). Vgl. auch SERVICE aaO, 139f. -Wenn bei der Untersuchung der Funktionäre der israelitischen Könige die für eine staatliche Gesellschaft kennzeichnenden hauptamtlichen Funktionäre ("tertiärer Sektor", zur Sache vgl. z.B. FRIED 1967, 239f.) als institutionalisierte Gruppe nur sehr begrenzt erkennbar bzw. vorhanden waren, zeigt die allmählich wachsende territoriale Abgrenzung durch Grenzsicherung von punktuellen Anfängen im 10. Jh. v. Chr. über eine langsame Steigerung im 9. Jh. v. Chr. durch den Höhepunkt in der 2. H. des 8. Jh. v. Chr. m. E. eine deutliche Tendenz in dieser Hinsicht vom Stammesfürstentum bzw. Stammesstaat (chiefdom bzw. complex chiefdom) zum Staat (so differenzierend z.B. gegenüber FRICK 1985; PINKELSTEIN 1989, 43), die von einem vollentwickelten "powerful state through most of the country <Palestine> ... , a national ethnic state with a distinctive ideological and religious identity" schon bei David ausgehen). 602 603
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!I. Königliche Funktionalorte und -bauten
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
aber die Krongutorganisation unter Hiskia, die ökonomische, redistributive und logistische Leistungs-Steigerung und -fähigkeit erkennbar und damit ab dem 8. Jh. v. Chr. eine verstärkte binnenländische "zivile" Präsenz und Aktivität des Königtums, aber weitgehend ohne direkte erkennbare Bevölkerungsrepression. Ohne daß es gerrauer nachweisbar ist, dürfte die Entwicklung nach Hiskia graduell in dieser Richtung weitergegangen sein, wobei im 7. Jh. v. Chr. im Süden Gebietseinbußen neben verstärktem neuem Festungsbau stehen, im Westen die Grenzsicherung weiterbesteht. Die wahrscheinlich aus der Josiazeit stammende "Festungs"-Liste 2Chr 11,5-10 dokumentiert in dieser Tendenz zweierlei: Sie ist keine reine Grenzfestungsliste und keine reine Festungsliste, sondern nennt Orte mit militärischen und ökonomischen Aktivitäten und Interessen des Königs. Außerdem zeigt sie deutlich, daß die militärische Sicherung wie das ökonomische Engagement des judäischen Königtums an der Grenze und wachsend auch im Binnenland, das z. Zt. Ussias sichtbar wurde, in der Folgezeit bis ins späte 7. Jh. v. Chr. fortgeführt wurde (Karte 1). b) Nordreich Israel
Die Frage nach königlichen Funktionalorten im Nordreich steht vor etwas größeren Problemen als beim Südreich. Biblische Texte, die erste Hinweise auf königliche Aktivitäten geben und die archäologisch kontrolliert werden können, sind spärlicher für die ohnehin kürzere Zeit von 200 Jahren des Nordreiches als für die knapp 350 Jahre des Südreiches. Weiterhin handelt es sich durchweg um judäische Texte! Schwierigkeiten bereitet auch das Fehlen solcher Kennzeichen von königlicher Aktivität und Präsenz wie die judäischen lmlk-Stempel. Eine Kasemattenbefestigung ist keineswegs ein sicheres Anzeichen königlicher Befestigungstätigkeit, sondern kann lokal initiiert sein 604 , ebenso wie ein dem allgemeinen Trend der E II entsprechender Torbau 605 • Immerhin vermag die Positionierung von Orten einen Hinweis auf die Funktion eines Ortes zu geben, auch wenn kein zusätzlicher biblisch-textlicher Hinweis vorhanden ist. Da aber bei dieser Situation sowie den Unsicherheiten der Grabungsbefunde und der teilweise geringen Grabungsfläche unvermeidlich Unklarheiten bleiben, kommt es darauf an, ob sich immerhin interpretierbare Tendenzen herausschälen. Im folgenden werden deshalb von Norden nach Süden Ortschaften zusammengestellt, die nach textlichen Hinweisen oder Ausgrabungen als königliche Funktionalorte in Frage kommen können.
604 H. WEIPPERT 1988, 403. 426f. (mit berechtigter Kritik an AHLSTRÖM 1982b ) 428ff. 434. 441f. 551ff. 608ff.; SHILOH 1987,3-15. Auch z.B. Asdod hat in Ei I (Str.XA) eine Kasemattenmauer (H. WEIPPERT 1988, 442). 605 Zu Typologie und Entwicklung des Torbaus vgl. bes. HERZOG 1986, 89 ff.; H. WEIPPERT 1988, 426ff., bes. 440f.; 510ff. 518ff., bes. 551ff.; 572ff.; 587ff., bes. 608ff.
133
1. Tellel-QäQI(Dan) Die Siedlung der EI ist architektonisch noch nicht gefunden worden 606 • Im 10. (?)/ 9. Jh. v. Chr. wurde der Ort neu befestigt und mit einem bedeutenden Süd-Torkomplex ausgestattet, wobei die Datierung umstritten ist (Beginn unter Jerobeam I.>, Hauptbauzeit wohl eher unter Ahab) 607 • Im Norden des Teils nahe der Quelle findet sich ein großer Baukomplex, eine massive Plattform mit Zugangstreppe. Hier wird ein Kultplatz vermutet, evtl. seit MBr li bis in römische Zeit in Benutzung. Drei Phasen lassen sich unterscheiden: Rechteckige Plattform (10. Jh. v. Chr. > ); quadratische Plattform mit Binder-Läufer-Quadern eingefaßt und mit ummauertem Hof (Mitte 9. Jh. v. Chr.); Anbau der Zugangstreppe im Süden (1. H. 8. Jh. v. Chr.> ). Nahe der Treppe fand sich ein Hörneraltar und eine 1 x 1m große Struktur aus behauenen Steinen (Altar?) 608 • 734/33 v. Chr. eroberten die Assyrer den Ort (2Kön 15,29), auf die wahrscheinlich größere (öffentliche?) Gebäude westlich des Kultplatzes zurückgehen. Eine überregionale kultisch-religiöse Bedeutung Dans geht wohl unzweifelhaft aus 1Kön 12,29f. ebenso hervor wie die königliche Beteiligung oder sogar Regie in diesem Bereich. Deutet man das Podium als Unterbau für einen Palast609 , was freilich nicht sicher ist, so unterstriche das die königliche Präsenz in Dan, die ohnehin angesichtsder beachtlichen Befestigungsbauten, die königliche Inanspruchnahme des Ortes als nördlicher Grenzfestungsstadt gegenüber den Aramäern signalisieren, sehr wahrscheinlich ist610 •
2. Tell Waqqii!l
= Tell Qedii/J el-Gül (Hazor)
Ob Salomo oder die zeitgenössische lokale Bevölkerung oder noch ca. 50 Jahre später Lebende die westliche Hälfte der Oberstadt mit Kasemattenmauer und 6-Kammer-Tor (Stratum X) befestigt haben, ist neuestens noch umstrittener als schon vorher6 11 • Notwendig war die Befestigung bei der äußerst günstigen und wichtigen, aber auch dadurch gefährdeten Verkehrslage an der Hauptstraße zwischen Ägypten und Nordsyrien/Mesopotamien und der Grenzlage nach Aram allemal. Vor der Zeit Omris/Ahabs ist ein Niedergang (Stratum IX) zu beobachten, bis im 9. (Yadin) bzw. in der 2. H. des 9. Jh. (Wightman) eine bemerkenswerte und substantiell veränderte Neuerrichtung und Erweiterung des Orts seit Omri und besonders Ahab ~tattfand (Stratum VIII): Die Festungsstadt umfaßte wieder die gesamte Oberstadt, die Kasemattenmauer wurde durch 606 Zum archäologischen Befund vgl. BIRAN, 1975, 313-321; DERS. 1974, 26-51; DERS. 1980, 162-182; H. WEIPPERT 1977, 55-56; Zusammenstellung der gesamten Lit. bis 1983 bei NIEMANN 1985, 258(ff), danach BIRAN 1984,1-19; DERS. 1985, 186-189; DERS. 1986, 168-187; DERS. 1989, 93-96; KNAUF 1985d; NIEMANN 1990; DERS.1993 (Lit.). 607 Belege zum Befund und zur Diskussion bei NIEMANN 1985 a, 265f. 608 Einzelheiten bei NIEMANN 1985 a, 265 (Lit.) 609 Vgl. H. WEIPPERT 1988,540. 622f.; SHILOH 1979, 152f. 610 Vgl. NIEMANN 1985a, 196-211. Eine evtl. ebenso bedeutende nördliche Grenz-Festungsstadt (mit Akropolis und Unterstadt) von der Größe, strategischen und Straßen-Lage her war Abel-Bet-Maacha (Tell Abil el-QamfJ), jedoch wechselte häufig israelitische und aramäische Souveränität (vgl. im EinzelnenDEVER 1986a). Ein königlich-israelitisches Interesse am Ort als Grenzstützpunkt (mit Beteiligung an Befestigungsbauten und durch ein Militärkontingent??) kann man vermuten, jedoch weder archäologisch noch textlich nachweisen. 611 Lit. zum archäologischen Befund o. A. 429, zu E IIB/C in Hazor vgl. bes. H. WEIPPERT 1988,515. 518-521. 601-603. 609.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
eine Massivmauer ersetzt, eine Palastzitadelle an der Westspitze errichtet (die bis Stratum VII in Benutzung blieb), ebenso eine große Wasserversorgungsanlage im Süden (Ahab, vgl. Megiddo), große Silos und ein großes Pfeilerhaus (Stratum VIII). Nach mehrfachen Zerstörungen des exponierten Grenzstützpunkts (wahrscheinlich durch die Aramäer) wurde die letzte ummauerte Festungsstadt Stratum VA in der 2. H. des 8. Jh. v. Chr. durch Tiglatpileser III. eingenommen. Nach einem gescheiterten Wiederbesiedlungsversuch (Stratum IV) stand nur noch ein assyrischer Palast auf der Zitadelle (Stratum III). Der militärische Nord-Grenzsicherungscharakter des Ortes für das Nordreich steht außer Frage.
3. Tell el- 'Oreme (Kinneret )612 Nach einer dorfartigen Siedlung des 11. Jh. v. Chr. (Stratum VI) entstand nach Ausweis der Keramik in der 2. H. des 10. Jh. v. Chr. ein Ort mit starker Stadt- und zusätzlicher Stützmauer, von der allerdings bisher nur geringe Baureste und auch keine öffentlichen Gebäude gefunden wurden (Stratum V). Zwischen Stratum V und IV besteht ein Einschnitt, den Fritz evtl. mit der "Reichsteilung" in Zusammenhang bringen will. In Stratum IV wurde die Stadt unter teilweiser Wiederbenutzung der Befestigung, aber auch Änderungen in der Bebauung etwa auf gleicher Fläche (5 ha) neu errichtet. Mehrere Gebäude, u. a. wohl Vorratsräume eines größeren Baukomplexes, ein Pfeilerhaus parallel zur Stadtmauer, evtl. ein Palast mit einem gepflasterten Hof (20 x 25m) dürften als öffentliche Gebäude wahrscheinlich machen, daß Kinneret königlicher Grenzfunktionalort nach Nordosten war. Die Keramik des Stratums aus der 1. H. des 9. Jh. ist vergleichbar mit Hazor Strata X und IX, aber Kinneret V und IV war größer und bedeutender als Hazor und -nach Fritz- mit Megiddo vergleichbar. Aus unbekannten Gründen wurde der Ort in der 1. H. des 9. Jh. aufgegeben (noch unter Baesa oder schon unter Omri/Ahab?). Die Stadt Stratum III ist beschränkt auf eine Festung des Nordhügels (25 x 20m) und dürfte im Verlauf des 9. Jh. v. Chr. der Wegesicherung zwischen Zentralpalästina und Nordsyrien gedient haben und wohl unter königlicher Regie gestanden haben. In Stratum II erfolgte eine Neugründung der Stadt auf nur 1 ha; die Ummauerung geschah nur auf der Ostseite neu. Zur Ummauerung gehören 4 starke Türme und ein Glacis sowie ein 2-Kammer-Tor an der Ostseite (vgl. Tell Bet Mirsim B3 + Az; Megiddo VIA, VA+ 111; Geser). EinPfeilerhaus fand sichneben dem Tor alsTeil eines größeren Baukomplexes. Die Keramik ist stark von Strata V + IV unterschieden und weist auf das 8. Jh. v. Chr. Der Ort könnte in die Zeit Joas' und/oder Jerobeams II. gehören. Eine starke Brandschicht bei Tor und Pfeilerhaus mag auf die Eroberung Tiglatpilesers III. 734/3 v. Chr. (2Kön 15,29) weisen. Die Stadt von Stratum I ist durch Wiederbesiedlung im Süd-Stadtgebiet bezeugt, unter Benutzung von Mauern aus Stratum li und neuer Nordmauer befestigt. Es handelt sich wohl um einen Stützpunkt der Assyrer mit verbliebener israelitischer Bevölkerung im letzten Drittel des 8. Jh. v. Chr. Wahrscheinlich erst im 7. Jh. v. Chr., als die israelitische Siedlung nicht mehr bestand, wurde vor dem Stadttor ein assyrischer Palast gebaut. Man kann wohl für Stratum IV (und V) von einer königlichen Festungsstadt, für Strata III + li jedenfalls von einer königlichen Wege-Festung (Via Maris) sprechen.
612
Vgl. zum archäologischen Befund FRITZ 1986, 1-39.
1/. Königliche Funktionalorte und -bauten
4. lfirbet el- 'Aseq
135
= 'En Gev613
Es handelt sich um einen sehr kleinen Ort (250 x 120m) mit einer zeitweilig existierenden Zitadelle in guter Straßenlage von Syrien nach Nord-/Mittelpalästina am Ostufer des Sees von Kinneret. Im Süden lag das Wohnviertel, wovon aber sehr wenig Gebäude gefunden wurden: Stratum V besaß eine massive Mauer (David/Salomo [?]), Stratum IV durch Kasemattenmauer ersetzt (vgl. Megiddo VA-IVB; Hazor X-IX). In Stratum IV wurden wenig Baureste gefunden; Zerstörung noch im 10. Jh. v. Chr. Stratum III ist eine Neusiedlung mit anderem Charakter, neuer Mauer, zusätzlicher Außenverstärkung und Glacis (vgl. Megiddo IVA + HazorVIII, 9. Jh. v. Chr.). Ein Gebäude enthielt Hinweise auf Familienhauskult; ein Vorratsgefäß trug eine aramäische Inschrift, die vor 850 v. Chr. zu datieren ist. Die Keramik zeigt Ware vergleichbar solcher aus Nord- und Zentralpalästina des 9. Jh. v. Chr. wie Keramik aus dem syrischen Bereich. Stratum li besteht über dem verbrannten Stratum 111 aus einer Siedlung gleichen Plans, was an Bevölkerungskontinuität denken läßt. Soll man an eine israelitisch-aramäische Mischbevölkerung in Strata III + li denken oder nur an Aramäer im Unterschied zu Strata V/IV? Stratum I nach der Totalzerstörung von Stratum li hat wiederum anderen Charakter: Es finden sich große öffentliche Gebäude zu militärischen oder Vorratszwecken (8. Jh. v. Chr.). Die etwas erhöht gelegene, 60m2 große Zitadelle Stratum 3* datiert der Ausgräber auf die Mitte der Salomozeit, danach besaß die Zitadelle eine Mauer mit Vorund Rücksprüngen bis Anfang 8. Jh. v. Chr. Strata 2*-1 *haben keine Befestigung mehr und existieren bis 733/2 v. Chr. Es handelt sich um eine befestigte Stadt (Israels?), zerstört im 10. Jh. v. Chr., ab Stratum III (Zitadelle Stratum 3*) um eine feste Stadt mit Zitadelle des 9./Anfang 8. Jh. v. Chr., deren Bewohnerschaft nicht sicher festzustellen ist (Israeliten? Israeliten und Aramäer? Israeliten mit Ararn-Beziehungen oder Israel verbündete Aramäer?). Stratum I ist evtl. nur noch ein Militärstützpunkt: Arams oder Israels? Wenn auf die in den Grabungsberichten genannten Befestigungsähnlichkeiten in Strata IV und III mit Megiddo sich Beweislastbürden läßt, könnte es sich vielleicht um eine Grenzfestung(sstadt) des Nordreiches handeln.
5. lfirbet el-Burg (Dor )614 Nach Ri 1,27 blieb Dor den Israeliten verschlossen, aber nach 1Kön 4,11 saß Abinadab, Schwiegersohn Salomos, als Emissär in Dor, was die Bedeutung des Ortes für die Davididen unterstreicht. Falls Jos 12,23 salomonische Zeit spiegelt615 , bestätigt die Erwähnung Salomos Besitzanspruch auf den Ort. Bedeutung und Gefährdung Dors in der heeresdurchzogenen Küstenebene zeigen Zerstörungen im 13. Jh. v. Chr. (Seevölker?), 11. Jh. (Phönizier616 ) und Tiglatpilesers III. (734 v. Chr.); letzterer richtete dort den Stützpunkt Dilru für die Küstenebene ein. Bisher sind nur wenige Areale ausgegraben. In E I kann man eine florierende Stadt annehmen mit großen Gebäuden und Ternenos (70,4 x 41,6m mit Podium und gut behauenen Steinen). Im Nordteil der 613 Vgl. B. MAZAR et al. 1964, 1-49; B. MAZAR 1976a, 382-385; DEVER 1979, 272. 275; H. WEIPPERT 1988,553. 585. 588. 609. 628 614 Zum archäologischen Befund: FOERSTER 1975, 334-337; GALLING 1977, 62f.; STERN 1983; STERN/SHARON 1983, 117-119; DIES. 1985, 101-104; STERN 1985, 169-192; STERN/ SHARON 1987, 201-211; H. WEIPPERT 1988, 533. 551. 556. 610f. 622; STERN 1990. 615 FRITZ 1969, 136-161 616 STERN 1990
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
!I. Königliche Funktionalorte und -bauten
Ifirbe, Areal B: 4 E-Phasen, die früheste aus dem 10. Jh. v. Chr. (Wohnviertel). Aus dem 11./10. Jh. fanden sich verschiedene Fragmente bemalter zyprischer Keramik, für die es in Israel kaum Beispiele gibt. Die Stadt des 11./10. Jh. hat nach Meinung von Stern ähnliches Iayout wie die des 9./8. Jh. v. Chr. (vgl. aber das begrenzte Ausgrabungsgebiet!). Aus E IIB stammt eine8mbreite Stadtmauer (Lachisch: nur 6m!). Der in Areal Bl und Cl festgestellten Lehmziegelmauer war ein "mud brick glacis" vorgelagert. Zu E IIB gehört auch ein 4-Kammer-Tor (vgl. Megiddo IVA; das von Dor ist massiver!), das wahrscheinlich von den Assyrern zerstört und durch ein 2-Kammer-Tor (E IIC) ersetzt wurde. Auch in der späten E und der Perserzeit blieb Dor ummauert. Über den beiden Phasen des 9./8. Jh. v. Chr. an der Westseite von Areal Bl fand sich Besiedlung wahrscheinlich des 7./6. Jh. v. Chr. nur in Form von "pits and installations". In Areal D (Südecke der Ifirbe) vermutet Stern das Gebiet des Haupthafens und fand die Ecke eines Monumentalbaus der Eisenzeit. Das auf dem Ostteil des Hügels gelegene große Gebäude mit offenen Plätzen ist eher ein öffentliches Gebäude als zum Wohnbereich gehörig. Über seine Funktion kann man noch nichts sagen, z. B. ob es königlicher Funktionalbau sei oder lokale Einrichtung. Das in Samaria gefundene Siegel mit der Aufschrift kryw khn d'r aus dem 8. Jh. v. Chr. 617 besagt nicht sicher, daß Dor einen eigenen Tempel besaß618 , was aber doch wahrscheinlich sein dürfte. Das Siegel belegt aber - das ist hier wichtiger -, daß es Verbindungen zwischen dem samarischen Hof und der Elite von Dor gegeben haben dürfte. Daß der Hof ökonomische Interessen am Hafen Dors hatte, ist nur zu verständlich wie umgekehrt Interesse der Hafenstadt Dor an Kontakten mit der samarischen Residenz. Die beträchtlichen Befestigungen mit Tor (vgl. Megiddo IVA) und die Zerstörungen zeigen Bedeutung, Gefährdung, wirtschaftliche Potenz und Verteidigungswillen der Stadt, wobei wirtschaftliche Interessen-Übereinstimmung von samarischem Königtum und phönizischer Stadt Kooperation bewirkt haben wird. Damit ist freilich königlich-samarische Beteiligung am Befestigungsbau oder gar königlicher Eingriff in die Lokalautonomie nicht bewiesen 619 • Die begrenzten Ausgrabungen bietentrotzder Beziehungen Dor- Samaria und des im Trend der Zeit liegenden 4-Kammer-Tors noch keine ausreichende Sicherheit für eine solche Annahme.
benwerden müssen622 • Trotz im Grunde wachsenden Unsicherheiten und Streitpunkte ist hier vor allem wichtig- und auch unstrittig -, daß das Megiddo von der Salomo-Zeit bis vor Omri/Ahab deutlich weniger öffentliche Bauten besaß als dasjenige der Omridenzeit, also jenes noch mehr Wohnstadt war, wenn auch schon mit beachtlichem Anteil öffentlich besetzter Ortsfläche623 • In Megiddo E IIA treten aber bereits die ersten Volutenkapitelle auf, und zwar hier in Megiddo im einzigen kontrollierten stratigraphischen Kontext 624 • Bei diesen Kapitellen handelt es sich zweifellos um ein Architektur-Schmuckelement, das als Indikator für herrschaftlich-repräsentatives Bauen und entsprechend herrschaftlich funktionalisierte Orte gelten kann. Ahabs Megiddo (Stratum IVA) hat offensichtlich mehr öffentliche als für Wohnzwecke bebaute Fläche, war somit überwiegend Funktional-, nämlich Garnisons- und Versorgungsort. Mindestens eines der Wasserversorgungssysteme (der Schacht) gehört in die Zeit Ahabs (vgl. Ahabs System in Hazor). So stellte Megiddo zweifelsfrei für das Nordreich ab Omri einen wichtigen königlichen Funktionalort dar. Was Lachisch an der Westgrenze für das Südreich war, das war Megiddo für das Nordreich 625 • Stratum III ist ein nach der Eroberung durch Tiglatpileser III. 743 v. Chr. angelegter assyrischer Stützpunkt für die Provinz Magidda. Die Lage und Bedeutung Megiddos an der Via Maris und am Südrand der Ebene Jesreel am Ausgang eines Paßweges von Nordosten nach Südwesten in die Küstenebene war durch die Jahrhunderte unverändert groß.
6. Tell el-Mutesellim (Megiddo ) 620 Über die Datierung ausgegrabener öffentlicher Bauten in Megiddo herrscht nicht nur bisher schon Streit621 • Es ist nicht auszuschließen, daß meist in salomonische Zeit datierte öffentliche Bauten Megiddos noch weiter herabdatiert und Salomo abgeschrie617
AvrGAD 1975, 101-105 (Mitte 8. Jh. v. Chr.); HERR 1978, 108f. (Ende 8. Jh. v. Chr.) H. WEIPPERT 1988, 622 Die phönizische Eroberung von Dor (STERN 1990) und die durch das Priestersiegel belegte Beziehung der Elite von Dornach Samaria konkretisieren die Möglichkeit, daß die ?mriden phönizische Baumeister in ihren Funktionalstädten beschäftigt haben, so daß die Ahnlichkeit z. B. der Bauten in Dor und Megiddo Str. IVA nicht nur allgemein mit einem architektonischen Trend der Zeit erklärt werden muß. 620 Archäologische Literatur s.o. A. 430; vgl. speziell zu E IIB/C H. WEIPPERT 1988, 515. 521-525.610 621 Einiges spricht eher für YADIN und gegen AHARONIS Trennung von David- und SalomoSchichten in VA-IVB und IVA(1000-734 v. Chr.): 618 619
7. Tell Ta 'annek (Taanach) 626 In E I war Taanach eine anscheinend räumlich begrenzte, aber wohlhabende Stadt, von der zwar keine öffentlichen Gebäude, aber drei größere Häuser gefunden wurden. Zwei Zerstörungen erlitt der Ort in dieser Phase ungeachtet einer ca. 4,25 m dicken Mauer. Salomo versuchte möglicherweise Einfluß in der Stadt zu gewinnep (lKön 4,12), die im späten 10. Jh. v. Chr. wohl durch Scheschonk zerstört wurde. Zwar wird der Ort textlich nach Salomo nicht mehr erwähnt, aber in E IIB besaß er zwei Mauern (am AHARONI David: Palast 6000 + 1723 Salomo: 6-Kammer-Tor + Mauer mit Voru. Rücksprüngen + Pfeilerhäuser
YADIN l ..'
Salomo: Palast 6000 + 1723 + Kasemattenmauer+ 6-Kammer-Tor Jerobeam/Ahab: Mauer mit Vor- und Rücksprüngen + Pfeilerhäuser Jerobeam/Ahab: 4-Kammer-Tor Ahab: 4-Kammer-Tor vgl. 0. S. 96-101; KEMPINSKI 1977, 217; H. WEIPPERT1988, 431ff. 515.521-525. 610; DIES.1990. 622 Vgl. schon USSISHKIN 1980; H. WEIPPERT 1988, 434. 556; DIES. 1990 sowie neuestens WIGHTMAN 1990; USSISHKIN 1990; FINKELSTEIN 1990; DEVER 1990 (vgl. 0. A. 82. 96. 430; vgJ. auch A. 438). 623 Vgl. die Kartenskizzen bei H. Weippert 1988,432 (Str. VA- IVB) und 522 (Str.IVA). 624 Vgl. neben dem Katalog von SHILOH 1979a, 1-25 auch H. WEIPPERT 1988, (442-447) 444, die zugleich den Katalog von SHILOH ergänzt (445 A. 8); ein weiteres Exemplar: DoNNER u. KNAUF 1985. Die anspruchsvollen Kapitelle bilden einen guten Hinweis auf königliches Bauen, sie sind nicht zufällig nur in deutlich königlichen Funktionalorten gefunden worden. 625 Wie Ahasja während der Revolte Jehus dorthin flüchtet als der scheinbar sichersten Zuflucht (2Kön 9,27), so Amazja nach Lachisch (2Kön 14,19f.). 626 Archäologischer Befund: LAPP 1964; DERS. 1967; DERS. 1969; THOMPSON 1977, 342-344; GLüCK 1978.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Hügelrand und auf einer tiefer gelegenen Terrasse), zu deren äußerer aus Quadern mit Randschlag ein rechteckiger Turm von 9,55 x 7,15m gehörte 627 • Aus E IIB stammen auch einige Gebäude mit Funden von kultischen Gegenständen (Vorratsgebäude?), evtl. auch ein Pfeilerhaus. Die Bewohnerschaft war möglicherweise schon im Verlauf des 9. und im 8. Jh. v. Chr. spärlich geworden. Die Siedlung erlitt seit Ende des 8. Jh. v. Chr. einen Niedergang und war (vielleicht nach einer Besiedlungslücke in E IIC zwischen Strata IVN und VI?) seit 650 v. Chr. nur noch ganz dürftig besiedelt bzw. ab 587/6 v. Chr. bis zur Perserzeit verödet. Die Funde der begrenzten Ausgrabungsfläche lassen nur mit Zurückhaltung einen zeitweiligen königlichen Stützpunkt der E IIA/B in der Stadt vermuten, der aber, falls er mit Recht vermutet wird, sicher im Schatten des wichtigeren Stützpunkts Megiddo stand.
8. Tell er-Rämft!Rumet (Ramot?) Auf eine vorübergehende Besiedlung in FrBr628 folgt erst wieder eine am Ende der Früheisenzeit, eine 1. Festung des 2. H. des 10. Jh. v. Chr.(Stratum VIII) 629 • Ob Aramäer diese Festung errichteten 630 , Salomo631 oder die Orts- bzw. Regionalbewohner, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Strata VII- VI (9. Jh. -850 v. Chr.) enthalten ausschließlich syrische Keramik, was für Aramäer als Besitzer spricht 632 • In diesen beiden Phasen muß man wohl nach dem archäologischen wie textlichen Befund633 mit mehrmaligem Besitzerwechsel (Aram-Damaskus, Israel) rechnen, bis die Ortschaft wohl von Tiglatpileser 111. zerstört wurde. Für die militärische Funktion des Ortes spricht der Fund einer Eisenschmiede in E IIC634 • Insgesamt kann man sagen, daß es sich im 10./9. und bis ins 8. Jh. v. Chr. um eine oft umstrittene Grenzfestung zwischen dem Nordreich und Syrien handelt und durch die exponierte strategische Lage der Besitz von beträchtlicher Bedeutung für das Nordreich war.
Vgl. H. WEIPPERT 1988,533. NOTH 1957,24 629 P. W. LAPP 1963; DERS. 1968; MITTMANN 1970, 225; DORNEMANN 1983, 125; H. WEIPPERT 1988, 481f.; N.L. LAPP 1989 630 MITTMANN 1970, 227 631 1Kön 4,12; ÜTTOSSON 1969, 32ff.; METTINGER 1971, 117; vgl. auch H. WEIPPERT 1988, 481f. (Ähnlichkeit mit Tell el-Ful, Phasen 1/2); N.L. LAPP 1989,495. 497 632 P. W. LAPP 1963, 410; H. WEIPPERT 1988, 645; N.L. LAPP l989, 496; vgl. aber H. WEIPPERT 1988, 323. 633 Vgl. MITTMANN 1970, 245; H. WEIPPERT 1988, 619. Zu biblischen Erwähnungen vgl. OrrossoN 1969, 32-34: Salomo (1Kön 4,12 <Str. VIII?>); Ahab/Josafat (1Kön 22,1-37) (vielleicht unechte Königsnamen: nMM 1982, 241-245; DoNNER 1986, 250. 261); Joram/ Ahasja (2Kön 8,28; 9; 10) (bezieht sich auf Hasael <2Kön 10,32>, vgl. DoNNER 1986, 275; danach ging Rarnot vermutlich an die Syrer verloren (Am 1,3), ehe Jerobeam li. es evtl. nochmals zurückeroberte (Am 6,13f., ohne Nennung Ramots). Vgl. jetzt auch N.L. LAPP 1989,497. 634 P. W. LAPP 1968, 103f.; H. WEIPPERT 1988, 680f. 627 628
!I. Königliche Funktionalorte und -bauten
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9. Tell el-Fär'a Nord (Tirza) 635 Stratum Vlla (12. -11. Jh. v. Chr.) war eine unbefestigte Siedlung mit bescheidenen, kleinen Häusern (ein 4-Raum-Haus, Haus 490). Stratum Vllb (10. Jh. v. Chr.) findet sich in Areal II dichte Bebauung leichtgebauter Wohnhäuser und eine Ringstraße; die bronzezeitlichen Befestigungen mit Tor, Turm und einer Bastion wurden restauriert und ausgebaut. In Stratum Vllc (Anfang 9. Jh. v. Chr.) 636 wurde von de Vaux das Gebäude 411 ( + 429A) als (unvollendet gelassener) Palast Omris gedeutet. Nach der gründlichen Neuanalyse von Chambon und der Überprüfung durch H. Weippert ist diese Deutung aus bauanalytischen und stratigraphischen Gründen unmöglich geworden. Vielmehr handelt es sich bei dem Komplex 411 ( +429A) um ein besonders großes und gut gebautes 4-Raum-Haus637 aus dem Stratum Vlld (oder c), das in den "Palast 148" (ebenfalls ein großes und gut gebautes 4-Raum-Haus) aus Stratum Vlld hineingebaut wurde und dessen Ostteil ersetzte 638 • Stratum Vlld (9. -8. Jh. v. Chr.) war eine weiterhin befestigte Ortschaft und enthielt, wie bereits angedeutet, mit Gebäude 148 einschließlich dem eventuellen Anbau 411 + 429A ein besonders großes und gut gebautes 4-Raum-Haus, das trotz Vergleichbarkeiten mit Bauten in Megiddo, Hazor, Samaria und Lachisch aber auch deutliche Unterschiede zu dortigen Bauten aufweist, die es nicht als königlichen oder Gouverneurs-Palast, sondern als Wohlhabenheit zeigenden compound erscheinen lassen639 • Nach einer Zerstörung von Stratum Vlld läßt Stratum Vlle (Ende 8.-7. Jh. v. Chr.) nach einem raschen Wiederaufbau einen deutlichen Niedergang erkennen, der sich auch in Vlle 1 ( 6.-5. Jh. v. Chr.) fortsetzt. Insgesamt kann man wohl kaum von einer königlichen Funktionalstadt im militärischen oder auch anderen Sinne sprechen.
10. Samaria640 Das Hügelplateau von 400 x 200m, das die Residenz des Nordreiches trug, besitzt eine gute Verkehrslage. Leider haben Ölbaumpflanzungen eine umfassende und systematische Ausgrabung behindert. Zusammenhängende eisenzeitliche Architekturreste sind nur im Westteil freigelegt worden. Es gibt schon für das späte 11. und 10. Jh. v. Chr. Hinweise für eine kleine (issacharitische Sippen-?) Siedlung, die aber bei Omris Residenzbau beseitigt wurde. Im Südwestteil eines z. T. kasemattenummauerten Gebiets wurde der Palastkomplex gefunden. Der Palast Omris umfaßt etwa 89 x 89 m und besaß 635 Zum archäologischen Befund vgl. nach DE VAUX 1956; DERS. 1976, 395-404; H. WEIPPERT 1977, 344f., zuletzt vor allem CHAMBON 1984 (dazu H. WEIPPERT 1985, 178-183); H. WEIPPERT 1988,434-439. 449 (E IIA). 515 (Stratigraphie). 516f. 530-534 (E IIB). 588. 597 (E IIC). 636 Das Stratum beschreibt CHAMBON 1984, 39 als "abandon de courte dun~e" und auch Str. V!Id sei "une ville ouverte sans rempart" (ebd.), dem aber schon NoDET (in CHAMBON 1984, 12) widerspricht (Str. VIId war nach N. "fortifie"), vgl. auch H. WEIPPERT 1985, 180. 637 Vgl. H. WEIPPERT 1985, 182; CHAMBON 1984, 39: ein "ensemble public OU palatial". 638 So H. WEIPPERT 1985, 180; DIES. 1988, 517. 531f. (Abb. 4. 47). 533f. überzeugend gegen CHAMBON. 639 So H. WEIPPERT 1985, 182 gegen ihre frühere Deutung als eventueller Gouverneurspalast Menahems (2Kön 15,14) (1977, 345). Zur (sozialen) Differenzierung zwischen Häusern von Wohlhabenden und bescheideneren Häusern innerhalb Str. Vlld und zwischen Str. VIIb + VIId vgl. H. WEIPPERT 1988, 532. 640 Archäologisch vgl. ACKROYD 1967, 343ff.; H. WEIPPERT 1977, 265-269; DIES. 1988, 511-516. 535-540; AVIGAD 1978, 1032-1050; STAGER 1990.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
eine Massivmauer, Ahab erweiterte den Palastkomplex auf ca. 100 x 200m. Auf ihn gehen neue Ummauerungen (z. T. Kasematten) des Komplexes zurück, während wohl auch noch Jerobeam II. Erweiterungen vornahm; vermutlich nahm der Akropoliskomplex das gesamte Hügelplateau ein 641 . Unbekannt sind der Zugangsteil zum ummauerten Palastkomplex und der Gesamtumfang der E-Stadt; auf den westlichen Terrassen fa~d sich keine vorperserzeitliche Siedlung, nur Einzelnes aus E II. Wenn Sargon 11. mehr als 27000 Menschen aus Samaria deportiert haben will (TGI3 Nr. 30), muß das Bewohner der Umgebung der Residenz einschließen 642 . Insgesamt sind also in Samaria nur Teile einer bedeutenden ummauerten Residenz, der Palastkomplex mit dem berühmten "Elfenbeinhaus" und administrative Bauten gefunden, nicht aber Wohnkomplexe einer Bevölkerung und auch nicht der Ba'altempel von 1Kön 16,32; 2Kön 10,26f. Die hervorragende Funktion als Residenz steht außer Frage.
11. Tulül ed_-l)ahab (Mahanajim, Pnuel) Für den Doppeltell gibt es bisher nur eine Oberflächenuntersuchung643 . Der Westhü-
g~l umfaßt sechs Terrassen, ummauert mit einer kasemattenartigen Mauer; vielleicht bildet Terrasse I eine Zitadelle. An Keramik fand sich neben etwas FrBr auch E IB und E IIA, wenig( er) E IIB/C. Auf beiden Tulül ist E und Hellenistisches am meisten vertreten. Beide sind von ihrer Lage und Gestalt gut zu verteidigen. Auf dem Westhügel gibt es An~eichen von Eisenverarbeitung. Die Befestigungen sind nicht ohne Ausgrabung datierbar; in Frage kommt die Eisenzeit oder die hellenistisch-römische Zeit. Ob GordonNilliers mit Recht für die Kasemattenmauer des Westhügels das Erstere favorisie~en, steht dahin. So ist Besiedlung für E IIC (850-586 v. Chr.) gesichert, die Befestigung m E Il ~ur möglich, aber ungesichert. Solange keine Ausgrabungen stattgefunden haben, d1e gerraueren Aufschluß bringen, wird man nur mit Vorbehalt im allgemeinen hier einen israelitische Sicherungs-Stützpunkt ansetzen können.
12. Ijirbetel-Mergame644 Der Ort liegt als kleine Oase nahe der Quelle 'En es-Sämiye und bei gutem Land innerhalb eines wüsten, trockenen Gebiets am Gebirgsabfall zum Jordan hin. Den strategisch gut auf einem abfallenden Hügel mit verteidigungsgünstigen Abhängen gelegenen Ort von 4 ha (!) umgab eine Stadtmauer von ca. 4 m Dicke. Die bisherigen Untersuchungen erfaßten zwei Teile der Befestigung: Die massive Stadtmauer und einen großen, rechteckigen (außen halbrunden) Turm (ca.14m Durchmesser) am oberen Nordende der Stadt. Zwischen ihm und einer vorgelagerten Außenstützmauer fand sich Keramik des 10. Jh. v. Chr., so daß er im 10./9. Jh. gebaut sein dürfte. DerTurm ist nach Mazar nur mit Lachisch-Türmen vergleichbar, Parallelen in Mizpa und Hazor sind 645 kleiner . In einer späteren, noch eisenzeitlichen Phase, kam der Innenteil der doppelten Stadtmauer außer Gebrauch, was durch Keramik aus einem Haus, dessen Mauer 641 H. WEIPPERT 1988, 535; vgl. auch o. S. 94 mit A. 418; unten (Kap. C) S. 214f. mit A. 168ff. 642 H. WEIPPERT 1988, 267; vgl. auch o. S. 77ff. (Samaria-Ostraca) 643 Vgl. .GORDONNILLIERS 1983; zur Identifizierung vgl. zuletzt CouGHENOUR 1989 (Tell edI!_ahab el-Garbt = Mahanajim; Tell efj_-I!_ahab es-Sarqt = Pnuel); TRIEL 1991. 644 A. MAZAR 1982a, 171-174. 178; vgJ. auch H. WEIPPERT 1988, 519 A.4. 533. 551. 645 Für weitere Parallelen vgl. A. MAZAR 1982a, 173
/I. Königliche Funktionalorte und -bauten
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über den Innenteil der Stadtmauer gebaut wurde, auf das 9./8. Jh. v. Chr. zu datieren ist. Die Stadt florierte bis ins 8. Jh. (732 oder 720 v. Chr. ?) als einzige befestigte Stadt der Gegend. Mazar scheint eher an einen Bevölkerungswohnort als an eine königliche Regional- oder Grenzfestungsstadt zu denken 646 . Bedenkt man, daß es sich um eine der stärksten Stadtbefestigungen des Nordreiches oder noch des Endes des salomonischen Reiches handelt in einem kargen Gebiet von Berg- und Ziehbauern, so kann es sich um einen festen Schutz-Zentralort einer verstreuten regionalen Bevölkerung handeln. Aber angesichts des Bauaufwandes scheint es auch nicht abwegig, eine königliche Baubeteiligung in Erfüllung einer Obhutspflicht zu vermuten. Gegen wen war das Schutzbedürfnis gerichtet? Fürchtete man gelegentliche Einfälle über den Jordan aus dem Ostjordanland, wie man es in Ri 6-8. 10f. darstellte? Soweit die Befestigung in die Omridenzeit fällt, könnte das Königtum an einem Zwischen-Sicherungsstützpunkt in Richtung der moabitischen Okkupationsgebiete interessiert gewesen sein, dies umso mehr, wenn es sich bei den Tulül ed-Dahab nicht um eine eisenzeitliche Festung zum Schutz gegenüber Ostjordanischen Gefährdungen handelt. Eine sichere Aussage ist z. Zt. nicht möglich.
13. Tell el-Qasfle647 Nach den philistäischen Strata XI- X entstand auf den Ruinen von Stratum X die israelitische Siedlung Stratum IX2 . Die vorherige starke Ziegelmauer kam außer Gebrauch, eine israelitische Stadtmauer scheint erodiert. Auch in der Stadt gab es starke Bau-Änderungen. Die Haupt-Innovation in Stratum IX1 (E IIA) war ein öffentliches Gebäude (14 x 12 m)(administratives Zentrum/Palast?). Wohnhäuser des vorigen Stratums wurden hier weiterbenutzt. Die wenige Keramik hat Parallelen mit Megiddo VAIVB, Tell Abü Hawäm III, Bet-Schemesch IIA und Tell Bet Mirsim B. In Stratum VIII wurde das öffentliche Gebäude weiter benutzt. In Stratum VII scheint die Kontinuität beendet. Das öffentliche Gebäude wurde durch gewöhnliche Häuser ersetzt. Die wenigen Gebäudereste sind durch perserzeitliche Bautätigkeit gestört. Von Strata VIII- VII fand sich keine Stadtmauer, evtl. ist sie erodiert? Die Keramik von Strata VIII- VII aus dem (Ende des 10. ?) 9./8. Jh. v. Chr. weist auf die übliche Keramik des israelitischen Binnenlandes. Zwei Ostraca aus E IIC648 legen es nahe, daß das nordisraelitische Königtum an dem Handelsplatz interessiert und engagißrt war und möglicherweise einen Wirtschaftsfunktionär (in dem öffentlichen Gebäude?) stationiert hatte. Auffallend bleibt die nicht gefundene israelitische Befestigung. Ist die These von der Erosion eine Verlegenheitsauskunft der Ausgräber? Die Möglichkeit eines königlichen Handelsstützpunktes am Ort ist m.E. diskutabel; er würde den nördlichen Hafenstützpunkt Dor ergänzen.
646 AaO, 178: "Its location, far from any major road system, indicates that the Israelites developed a dense population in this hill country and took advantage of every important water source accompanied by good land." Vgl. aber WHITELAM 1986, 169. 647 B. MAISLER (MAZAR) 1950/51; A. MAZAR 1986; DEVER 1979, 279f.; T. DOTHAN/DuNAYEVSKY/A. MAZAR 1978, 963-975, bes. 966-968; T. DOTHAN 1982, 57-67; H. WEIPPERT 1988,443.447.540. 648 Vgl. T. DOTHAN/DUNAYEVSKYIA. MAZAR 1978, 967f.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
14. Tell Räs el- 'En (Aphek)649 Der große ~eil von 12 ha liegt an der wichtigen ViaMarisund war seit MBr umwallt. In SpBr gab es eme Akropolis (Areal X) und öffentliche Gebäude, ab 16. Jh. v. Chr. einen Palast, auch z. Z~. Ramses II. saß ein Gouverneur im Palast der Akropolis. In der 2. H. des 13. J~. fand eme Zerstörung statt. Nach einer Zwischenphase (ein armes Fischerviertel und em b~sser ge~aute~ Viertel) scheint sich hier eine philistäische Festung befunden zu haben, d1e auf d1e Mitte des 12. Jh. v. Chr. datiert werden kann (ein Skarabäus Ramses IV.). Ob bereits im 10. Jh. v. Chr. Israeliten nach Aphek kamen ist umstritten650· Nach der "Reichsteilung" gehörte Aphek zum Nordreich; die Gre~ze der Philister !ag weiter südlich, was der Versuch von Nordreichskönigen zeigt, Gibbeton (Tell ~e~at ?) zu erober~. (1Kön 15,~7; .16,15:-17). Aus E IIB sind 4-Raum-Häuser gefunden, ~~ emem davon schone Keramik emschließlich Kultgefäßen. Für das 7./6. Jh. v. Chr. sind d1e Funde ~isher seh~ mager. Es ist anzumerken, daß sich die Grabungen bisher vor allem a~~ d1e Akropolis konzentriert haben (Areal X); nach einem ersten Eindruck von KochaVI m Areal C, wo substantielle hellenistische und eisenzeitliche Reste auftauchten sc~eint sich aber die E-Siedlung keineswegs nur auf die Akropolis beschränkt zu haben: Na~ere Angab~n fehlen bisher. Aufgrund der bisher begrenzten Grabungen bleibt vieles unsicher. Da d1e Grabungen bisher keine Zerstörung am Ende von EI fanden könnten Proto-"I~raeliten" die Ortschaft allmählich unterwandert haben. Von der Stad~ der E 11 fand~n SIC~ ~uf der Akropolis für das 9./8. Jh. nur private Häuser. Wenn Aphek in E 11 auch I~raeli.tJ~ch war, ist bisher weder der Festungs(stadt)charakter noch eine königliche FunktiOnalisierung klar nachgewiesen. Von der Lage Apheks her würde ein israelitischer Süd~estgrenzstützpunkt, zugleich rückwärtige Sicherung des (evtl. unbefestigten) Handelsstutzpunkts Tell el-Qasfle, guten Sinn machen.
15. Geser651 Nach der Zerstöru~~ Ende des 10. Jh. v. Chr. (Stramm VIII) war die Besiedlung der Strata VII- V eher dunn. Nach Salomo wird Geser im Alten Testament nicht mehr en:~hnt. War es keine beliebte Wohngegend (gefährliche Grenzlage gegenüber den Philistern und an der heeresdurchzogenen Küstenebene)? Von der strategischen Lage he~ ~teht. der W~~ ?es O.rtes. als Grenz-Defensivstützpunkt wohl außer Frage6sz. Ob er freilich d.Ieser Moglichkeit, die auch Gefährdung mit sich brachte653, für das Nordreich in der Praxis gerecht geworden ist, ist unbekannt 654 .
649
EITAN 1975, 70-73; KocHAVI 1981, 75-86· BEcK/KocHAVI1985 30 ' ' · g · KocHAVI 1981, 82; BEcK/KocHAVI 1985, 30 (Str. X8 auf der Akropolis: 10. Jh. v. ~~r.); aber ~.ach ~· DoTH~N 1982, 89 ist Str. X9 + 8 (11.-10. Jh. v. Chr.) noch philistäisch! 652 Z~r archaologischen Literatur vgl. o. A. 431; zu E IIB vgl. noch H. WEIPPERT 1988, 556. D1e Kasemattenmauer und das 6-Kammer-Tor waren auch in E IIB in Gehrau h c (H. WEIPPERT 1988, 556). 653 Vgl. Zerstörungen des philistäischen Geser Str. VI um 700 v. Chr., Str. V um 600 v. Ch (H. WEIPPERT 1988, 593). r. 654 Vielleicht hat vielmehr Juda gelegentlich die Ortslage sich defensiv zunutze zu machen versucht (s.o. S. 117f.). 65o
V 1
/I. Königliche Funktionalorte und -bauten
143
16. Unter-Bethoron655 Im Anschluß an den Tatbestand, daß Salomo hier einen Stützpunkt besaß (1Kön 9,17) sowie aufgrund der geomorphologisch-militärtaktischen Situation des Ortes kann man vermuten, daß auch die Nordreichskönige hier einen Grenz-Sperrstützpunkt unterhielten. Näheres und Sicheres kann nicht gesagt werden.
17. Betel656 Der Ort war seit MBr IIB mit einer ca. 3,5 m starken Mauer bis in römische und- mit Veränderungen- byzantinische Zeit befestigt657 , was freilich Zerstörungen, z. B. in der 2. H. des 13. Jh. v. Chr. und zwischen 533 und 521 v. Chr. nicht verhinderte658 . Nach einer bescheideneren SpBr-I-Phase bildete SpBr II eine Blütezeit des Ortes; auf einen kulturellen Niedergang in E I 659 folgte in E II eine allmählich sich entwickelnde Wohlstandsphase660. Durch die existierende Befestigung bildete der Ort nahe der Südgrenze des Nordreiches eine feste Grenzstadt, in deren Befestigungsbau oder gelegentlicher Befestigungs-Reparatur das Königtum vermutlich kaum helfend einzugreifen brauchte, da dies unter lokaler Regie der wohlhabenden Bevölkerung geschehen sein mag661 . Von dem berühmten (vorstaatlichen und) königlichen Nordreichsheiligtum662 , das bis in die Endphase des Nordreiches bestand (Am 7,10-13) und nach der Profanierung durch Josia (2Kön 23,15) evtl. aktiviert wurde (2Kön 17,28-41), ist bei den Ausgrabungen nichts entdeckt worden, auch fanden sich kaum Gegenstände kultischer Natur663 . Vielleicht lag es außerhalb der Ortschaft 664 . Auch wenn Betel einen Grenzstützpunkt des Nordreiches nach Süden bildete, hat doch wohl die kultische Funktion des Ortes als königliches und Staatsheiligtum (Am 7,13) den Hauptwert für das Königtum ausgemacht.
18. Tell es-Sul(än (J ericho ) 665 Nach einer Besiedlungspause in der SpBr war der Ort ab 11. Jh. v. Chr. bis zur Perserzeit bewohnt, jedoch anscheinend bescheiden. Für E II sind einzelne Häuser, aber keine nennenswerte und durchgängige Befestigung nac~gewiesen. Der sog. "l}ilani655 Zur Lit. s.o. A. 432. 656 Zum archäologischen Befund vgl. KELSO ed. 1968; DERS. 1975, 190-193; WüsT 1977, 44f. 657 Zur Befestigung vgl. KELSO ed. 1968, 10-19; WüsT 1977, 44 658 KELSO ed. 1968, 37. 48 659 KELSO ed. 1968,32-35. 47ff. 660 KELSO ed. 1968, 36f. 51ff. (bes. 50. 52) 661 KELSO ed. 1968, 52 662 lKön 12,26-33 (Installationen durch Jerobeam 1.); Existenz unter Jerobeam II_. .(Am 7,10-13); :Verbindung mit Betel hatten Elia und Elisa (2Kön 2,2f.. 23f.); scharfe Kn~1k an Betel dann aber 1Kön 13,1-10; Am 3,14; 4,4; 5,5; Hos 4,15; 10,5; 13,1f.; Josia profamert es (2Kön 23,15). 663 KELSO ed. 1968, 37. 51 664 GALLING 1944/45, 27 665 H. u. M. WEIPPERT 1976; DIES. 1977, 152-157, bes. 155f.; vgl. insgesamt auch KENYON 1967, 264ff.; DIES. 1976, 550-564; OLB 2, 492-550, zur Lage bes. 492-497, zum Tell esSultän 532 ff.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Bau" des 10. und/oder 9. Jh. v. Chr. 666 dürfte einen Beleg für königliche Präsenz am Ort darstellen, was sich von der Verkehrs- und strategischen Lage des Ortes ohne weiteres erklärt. In dieselbe Richtung weist die wohl königlich initiierte Bautätigkeit des Hiel von Betel, die wahrscheinlich der Schaffung eines Zwischenstützpunktes in Richtung südliches Ostjordanland und den dortigen Eroberungen Omris und Ahabs diente 667 • Ob er nach dem Verlust dieser Eroberungen nach Ahabs Tod, nun noch näher der Grenze gelegen und als Grenzstützpunkt fast noch wichtiger geworden, noch weiter ausgebaut wurde, ist nicht bekannt. Das Nordreichskönigtum hat jedenfalls innerhalb Jerichos zeitweise einen bescheidenen Grenzstützpunkt unterhalten.
19. ljirbet 'Atärüs (Atarot) Der Ort ist während der Zeit Omris/Ahabs als Regionalfestung zum Schutz der Ostjordanischen Eroberungen gegenüber den Moabitern ausgebaut worden, bevor er von Mescha erobert wurde und damit dem Nordreich verloren ging668 .
Ziehen wir eine- sicher summarische und gelegentlich verkürzende- Bilanz: Es war kein Zufall, daß die wichtigsten militärischen Stützpunkte des Nordreiches alte Kanaanäer-Festungsstädte waren, die schon Salomo als Stützpunkte (in welchem <möglicherweise bescheidenerem> Umfang auch immer) zu funktionalisieren versucht hatte. Nach einer Zwischenphase zu Anfang des Nordreiches, die a) "staatspolitisch" vielleicht eine Phase des Suchensund des Neuanfangs 669 war, falls man nicht überhaupt unter den Nordgruppen zunächst und vor allem weg von dem von Salomo praktizierten Weg zentralistisch orientierter Herrschaft wollte und gar nicht so sehr einen eigenen Weg in eine letztlich auch wieder ins Zentralistisch-Staatliche tendierende Herrschaftsform suchte, b) organisatorisch evtl. einen gewissen Rückschritt bedeutete, hat erst unter den tatkräftigen Königen Omri und Ahab das Nordreich deutlichere Züge eines relativ einheitlichen, jedenfalls Einheitlichkeit von oben anstrebenden Staates angenommen. Die Bedingungen dafür bzw. die dem entgegenstehenden Probleme waren gegenüber dem Südreich im Nordreich durch landschaftlich-geomorphologische und Gruppen-Vielfalt schwieriger bzw. größer. Der Gründung der zentralen und gruppenunabhängigen Residenz Samaria kommt in diesem Entwicklungsprozeß von oben eine symptomatische und Signalbedeutung zu. Es folgt der Salomo übertreffende, sehr beachtenswerte und ebenso innovative wie weitsichtige Ausbau der be666 Vgl. H. u. M. WEIPPERT 1976, 139-145; H. WEIPPERT 1988, 443 (Ähnlichkeit mit Palast 6000 in Megiddo, 10. Jh. v. Chr.!) 667 Vgl. 1Kön 16,34 (s.o. S. 66; o. S. 76f. m.A. 363-370); neben den Kommentaren z.St. vgl. H. u. M. WEIPPERT 1977, 156; OLB 2, 544f. 668 Vgl. NIEMANN 1985b (Lit.); KNAUF 1988a, 162; DERS. 1991a, 26f.; DEARMAN in DEARMAN ed. 1989, 157ff. 177f. 190. 196ff. 204ff. 669 Das Nordreich fing im Grunde organisatorisch in gewisser Weise wieder mit der Entwicklungsphase Sauls/Davids an und erreichte den Anschluß an die Entwicklungsphase Salomos erst mit Omri/Ahab, wobei speziellletztere freilich das Südreich im militärischen Organisationsgrad überholten.
li. Königliche Funktionalorte und -bauten
145
deutenden Haupt-Festungsstädte Hazor, Megiddo und Geser(?) sowie die Ergänzung durch vor allem Dan, Kinneret, vielleicht auch Ifirbet el- '}Üeq, Tulül ed_-[}ahab und Aphek. Hinzu kommt die hartnäckige Bemühung um Ramot, d. h. die Bemühung um Stabilisierung der Nordostgrenze gegen die Aramäer. Darüber hinaus findet sich im 9. Jh. v. Chr., wo es die außenpolitische Situation und die '""schwäche der Nachbarn zuläßt, eine konstruktiv-"imperialistische" (Vorwärtsstrategie ist die beste Verteidigung!) Gebietserweiterung mit Sicherungsfestungen (Jericho, Atarot) gegen Moab. Daß die königliche Grenzsicherung immer noch auffallend punktuell und lückenhaft war im Vergleich zum Südreich, zeigt Karte 2, zumal die Funktionalisierung mehrerer Süd-Orte unsicher ist. Noch lückenhafter sieht es aus, wenn man auf Karte 2 die unter den Nimsiden vor allem im südlichen und nördlichen Ostjordanland zu verzeichnenden Verluste abzieht. Überhaupt beginnt mit Jehu schon Stagnation670 und Niedergang des Nordreiches, wobei aber aufgrundder Leistungen Omris und Ahabs sowie einer günstigen außenpolitischen Konstellation vor allem die Zeit Jerobeams II. dem Nordreich noch eine Ruhepause und gute, "goldene" Zeit brachte, freilich zugleich mit einer eskalierenden gesellschaftlichen, innenpolitisch-ökonomischen und religiösen Krise. Die letzten 25 Jahre des Nordreiches lassen keine herrschaftlich-organisatorische und staatskonzeptionelle Entwicklung mehr erkennen. Wohl die größte herrschaftlich-konzeptionelle Leistung Jerobeams I. war die Einrichtung von Kulten mit überregionalem Anspruch in den Grenzorten Betel und Dan, deren Ideologie und Gegen-Ideologie partiell noch in Ri 17f. erhalten sind. Dabei ging es ihm einerseits vermutlich um eine Abgrenzung vom Südreich. Er hatte wahrscheinlich aber auch die entscheidende Bedeutung eines umfassenden ideologischen Rahmens bzw. Fundaments für die Gruppenvielfalt der zentrifugalen Nordreichsgesellschaft erkannt. Letzterem wie auch der Tatsache, daß die Gruppen des Nordreichs 'am Anfang einerneuen wie auch am Ende einer alten, allgemein abgelehnten Entwicklung standen, ist es angemessen, daß er es allem Anschein nach bewußt bei dem großzügig weiten Rahmen der beiden Grenzheiligtümer bewenden ließ, nicht aber ein als Zwang empfindbares Netz von Heiligtümern über das Land legte (vgl. Karte 3). In Dor hat die bisherige archäologische Untersuchung für die Salomozeit keine klaren Hinweise auf eine königliche Funktionalstadt ergeben. Das archäologische Ergebnis einer florierenden E-I-Stadt kann eher das salomonische Interesse an dem Seehandelsplatz und die Entsendung eines Emissärs erklären als daß die Etablierung eines königlichen Emissärs umgekehrt die Entwicklung einer florierenden Stadt begründet. Die gewaltige Stadtmauer 670 Vgl. DONNER 1986, 280 (im Vergleich zur Omridendynastie, aaO, 260ff.) Die Tendenz vom monumentalen Ausbau von (Funktional-) Ortschaften der Omriden zur kulturellen Stagnation unter den Nimsiden hat jetzt H. WEIPPERT 1988, 513. 516. 518ff. 541. 572. 587ff. eindrucksvoll herausgearbeitet.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Il. Königliche Funktionalorte und -bauten
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Karte 2: Raupt-Funktionalorte militärischen Charakters zeitweilige und kleinere Militärstützpunkte
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• •
Karte 3: Haupt-Funktionalort (Residenz) Orte mit ökonomischen Interessen der Könige Königliche Kultzentren
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!I. Königliche Funktionalorte und -bauten
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
und das an Megiddo IVA erinnernde Tor sind aber mögliche Hinweise auf königliches Engagement (der Omriden) am Ort. Ob der königliche Einfluß dominant war oder Kooperation der wohlhabenden Handelsstadt mit dem Königtum anzunehmen ist, kann kaum entschieden werden. Die bescheidenere Siedlung in E IIC nach einer vermutlichen Zerstörung durch die Assyrer paßt zu dem tendenziellen allmählichen Niedergang des Nordreiches nach den Omriden. Das in Samaria gefundene Siegel des "Priesters von Dor" aus dem 8. Jh. v. Chr. belegt immerhin weitergehende Beziehungen zwischen Samaria und Dor. Die Bedeutung des Seehandelsstützpunktes Tell el-Qasfle könnte schon Salomo erkannt haben. Vielleicht ist aber die (bisher!) fehlende Befestigung des Ortes in E II ein Zeichen, daß das Königtum auch hier eher kooperativ und handelsbeteiligt als dominant aufgetreten ist. Königliche Präsenz sichern immerhin die beiden Ostraca aus E IIC. Die bisher recht begrenzten und unabgeschlossenen Grabungen in Aphek beweisen noch nicht die an sich nicht abwegige Vermutung, daß Aphek das Hinterland bzw. den Zugang vom Binnenland nach Tell el-Qasfle als königliche Festungsstadt sicherte. Legt man alle vermutlichen königlichen Funktionalorte bzw. Orte, wo das Königtum mit ökonomischen, kultisch-religiösen und Grenzverteidigungsinteressen wenigstens präsent war, zusammen auf eine Karte (vgl. Karte 4), so wird dreierlei deutlich: Eine militärische Grenzsicherung ist erkennbar, besonders im Nordosten und Süden, weniger im Nordwesten (gute Beziehungen zu Phönizien) und Südosten. Eine militärische Binnenstrukturierung fehlt; Megiddo und Taanach können dafür nur sehr begrenzt in Anspruch genommen werden, denn sie bilden traditionelle Stützpunkte in der wichtigen Ebene Jesreel und an einem wichtigen Paß der Via Maris. Damit bleibt die Grenzsicherung sogar in der besten Zeit (Omri/Ahab) sehr punktuell und lückenhaft, obwohl gerade die beiden Omriden die Verteidigung noch zusätzlich durch expansive Politik unterstützten. Am auffälligsten ist es, daß abgesehen von Megiddo (und Taanach) neben der Residenz selbst kein binnenländischer Funktionalort existiert (Mahanajim als Funktionalort ist unsicher)! Die großen, von königlichen Funktionalorten freien Flächen (Karte 4) zeigen, daß das Nordreich anscheinend keine organisatorische Strukturierung als Herrschaftsmittel kannte. Lediglich zwei Ansätze sind festzustellen: Der mit dem unmittelbaren Umland Samarias beginnende Versuch des Königtums zur Anbindung der dortigen lokalen und regionalen Elite an die Herrschaft in Samaria, wie er sich in der 1. H. des 8. Jh. v. Chr. in den Samaria-Ostraca zeigt und eine vermutliche weitmaschig-punktuelle Einrichtung von evtl. 4 Militärbezirken (mdynwt), bezeichnenderweise (nur) unter den Omriden (bezeugt). Insgesamt scheint der machtstrukturelle Organisationsgrad, besonders angesichts der geographisch-geomorphologischen und Gruppenvielfalt sowie des Umfangs des Nordreiches und der damit zusammenhängenden Schwierigkeiten angesichts der kurzen Existenzzeit des Nordreiches zwar immerhin beson-
Karte4: •
Bedeutende königliche Funktionalorte e Kleinere/zeitweilige kgl. Funktionalorte WZZt Gebiet ohne königliche Funktionalorte ~ Gebiet königlicher Funktionalorte (z. T. nur zeitweise)
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ders während der Omridenzeit respektabel, aber insgesamt doch bescheiden und unentwickelt. Als respektabel muß er auch bezeichnet werden, wenn man bedenkt, daß die Entwicklung ständig konterkariert wurde durch außenpolitische Bedrohungen, die Kräfte banden, und innere zentrifugale Gruppeninteressen und dynastische Umbrüche zuzüglich religiöser Probleme seit etwa dem 9. Jh. v. Chr. 671 . Noch respektabler wird er freilich, wenn man bedenkt, daß sogar das bewohnermäßig einheitlichere, kleinere Südreich mit seinem organisatorischen Vorlauf, von Anfang an im Besitz einer unumstrittenen Residenz, einer ungebrochenen und akzeptierten dynastischen Kontinuität sowie -last but not least - einer früh sich entwickelnden kultisch-religiösen und dynastischen Ideologie erst des aktuell-akuten Anstoßes der Assyrerbedrohung des 8. Jh. v. Chr. bedurfte und glücklicherweise gleichzeitig einen fähigen Herrscher (Hiskia) besaß, um überdie im 10. Jh. v. Chr. gewonnene erste Stufeherrschaftlicher Organisation und Machtsicherung hinauszukommen, etwa mit dem beobachteten gestaffelten Grenzsicherungssystem in der 2. Hälfte des 8. Jh. v. Chr. Die durch Omris und Ahabs militärische Dynamik, ihre weitblickende organisatorische Begabung, die offensichtliche Fähigkeit zur Förderung innovativer baulicher Maßnahmen und die Funktionalisierung von Ortschaften erreichte Entwicklung eines nordisraelitischen Stämmestaates war es, die m. E. trotzdes nach ihnen einsetzenden, auch außenpolitisch verursachten Niedergangs ihren Nachfolgern, den Nimsiden und den letzten Nordreichskönigen überhaupt und immerhin noch fast 140 Jahre Herrschaft und Selbständigkeit ermöglichte, eine Zeit, die freilich noch etwas länger hätte dauern können, wenn Omris und Ahabs Entwicklungsansätze fortgesetzt und ausgebaut worden wären, die assyrische Bedrohung nicht gewachsen wäre, es weniger innenpolitisch-dynastische Diskontinuitäten gegeben hätte 672 und weniger außenpolitische Fehler (Hosea) gemacht worden wären. Insgesamt blieb das Nordreich bzw. seine Herrschaft aus diesen objektiven und subjektiven Gründen bei dem binnenstukturellen Organisationsgrad der Herrschaftsphase Omris/Ahabs im wesentlichen stecken. Wie es unter Omri und Ahab vergleichbar begabten Herrschern und unter günstigeren außenpolitischen Bedingungen hätte weitergehen können, zeigt ein Stück weit die Entwicklung des Südreiches nach 720 v. Chr. 671 Aus herrschaftlicher Sicht mußten die Propheten des 9. Jh. v. Chr. (Elia, Elisa) als religiös-fanatische Unruhestifter und Kritikaster gegen eine im Herrschaftsinteresse ausgleichende "synkretistische" Religionspolitik im Rahmen der Bemühungen um eine konstruktive Landespolitik und -entwicklung wirken. Die Propheten des 8. Jh. v. Chr. (Amos, Hosea) griffen dann anhand der "Früchte" dieser Politik und Entwicklung, der gesellschaftlichen Differenzierung, Königtum und Elite insgesamt in ihrer religiös-moralischen Haltung als Verursacher der von ihnen konstatierten religiös-gesellschaftlichen Krise an. Die unmittelbare Wirkung ihres Auftretens wird man aber kurzfristig und mittelfristig eher als bescheiden bezeichnen müssen. Vgl. zum Ganzen B. LANG 1983a; M. WEIPPERT 1990; DERS. 1991. 672 Joram/Jehu; Sacharja/Sallum; Sallum/Menahem; Pekachja!Pekach; Pekach/Hosea = 5 Königsmorde und Dynastiewechsel in 114 Jahren zwischen 845 und 731 v. Chr. !
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3. Ökonomisch ausgerichtete Funktionalorte und ökonomischherrschaftliche Bautätigkeit a) Königliche" Vorratsstädte"
Welche Orte sind als königliche Vorratsstädte textlich bezeugt und/o~er archäologisch nachweisbar? Wie wird dort königli~he Vo.rratshaltun~ betneben und welche Funktion(en) haben die Orte bzw. die dortigen Vorratsmstalla.. tionen? . Ausgangspunkt und Hauptbeleg ist 1Kön 9,19. Würthw~m h~t zuletzt uberzeugend dargelegt, daß die hier und auch sonst namentlich memals konkret benannten Vorratsstädte ( 'ry h-msknwt) mit den sechs von Salomo "ausgebauten" Städten Hazor, Megiddo und Geser (?), Unter-Bethoron, Baalat und Tamar identisch sind, die (zum Teil/vielleicht) auch die Stationierungsorte 67 Streitwagen ("Pferde- und Wagenstädte") (1Kön 9,15. 17- ~9) w.aren \ ~Icht aber zusätzliche, der Vorratshaltung etwa allein oder spezi~ll dienende .rym belegen. Vorratshaltung in großem .Stil und in .herrschafthch-landeswei~e~ Interesse macht getrennt von königheben Funktwnalorten. schon aus l~gistl schen und Praktikabilitätsgründen auch keinen Sinn. Daß die herrs~haf~hchen Vorratshaltungsorte in 1Kön 9,19 als 'rym bezeichnet w.erden; erklart ~Ich aus dem kontextuellen Zusammenhang mit den sechs Funktwnal- rym (1K~n 9,15 · 17-19). 2Chr 8,4.6 (ebenfalls 'ry h-msknwt) hängt von 1Kön 9,19 ~achhch und nach der Formulierung ab, während 2Chr 17,12 ('ry msknwt) als mchtque.llenhafte Chronistische Formulierung674 an jene Texte anschließt. Hat man bei den Vorratsstädten" also nicht an unifunktionale königliche Vorratsorte, sondern ~n Vorratsinstallationen innerhalb königlicher Multifunktionalorte ~u denken, regens Im Grunde Sp rechen 2Chr 16 , 4·, 32,28 unter Weglassung des nomen )675 h ·r h d sachgemäßer nur von msknwt. Lediglich Ex ~' 11 b (J ste t zeit.Ic. un sachlich wohl auf gleicher Traditionsebene mit Q,er vor.?euteronomistlschen Tradition 1Kön 9,19676; ein Zusammenhang bzw. eine Ubertragung der ~e zeichnung 'ry h-msknwt bzw. der Vorstellung auf Ex 1,11 b ( 'ry msknwt) schemt
:on
1 möglich. k· Selbstverständlich schließt diese auf die sechs "salomonischen" ~un twna orte die auch später königliche Funktionalorte von mehr oder wemger großer Bed~utung blieben bzw. im Falle von Megiddo und Hazor besonders unter den . B . h 677 ' Omriden darin wesentlich zunahmen, schembar begrenzte ezeic nung ry 673 WüRTHWEIN 1985, 109. 112; vgl auch SANDA 1911, 258; anders NoTH 1983, 215f.; ~IEL 1985, 306(ff) und wohl auch GRAY 1980, 249; REHM 1979, 107; HENTSCHEL 1984, 67f., dte an landesweit gestreute Orte und neben militärischer Vorratslagerung an Abgabensammlung denken. Vgl. o. S. 19ff. 97ff. und u. A. 677. 674 Vgl WELTEN 1973,21-23. 675 Vgl: W.H. SCHMIDT 1988, 12ff. 21ff. 33-40 und KNAUF 1988a, 104f. 125f. 154 676 WüRTHWEIN 1985, 109. . . . 677 msknwt erscheint im AT neben Ex 1,11 bunddem vordtr. 1Kön 9,19 nur m chromstl-
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msknwt nicht aus, daß königliche Vorräte auch an anderen Orten gelagert wurden. Das deutet nicht nur die Chronistische Aufnahme in 2Chr 17,12 (ungeachtet der Historizitätsfrage) an, sondern auch 2Chr 16,4; 32,28678 . Die hebräische Terminologie für Vorratshaltung und entsprechende Installationen läßt kaum präzise Schlüsse auf Bau- und Einrichtungsformen zu 679 . Daher führt über den begrenzten Hinweis der 'ry < h->msknwt hinaus eher die Analyse verschiedener archäologisch erhebbarer Vorrats- und Lagerhaltungsinstallationen auf die Spur herrscherlieh-staatlicher Vorratshaltung und ökonomisch motivierter Bautätigkeit.
ratshaltung ziehen. Nimmt man die Kategorien Größe und Lage zusammen, so kommen tendenziell, wenn auch nicht ausschließlich, für den privaten Bereich vor allem unterirdische "grain pits" und oberirdische Vorratsräume, also kleinere Installationen, in Frage, für die öffentliche (lokale oder herrschaftliche) Vorratshaltung Kornspeicher, Vorratshäuser und große Silos, also größere Installationen, aber auch Vorratsräume und Keller bei öffentlichen Gebäuden und Bereichen; natürlich muß bei dieser groben Kategorisierung der Einzelfall geprüft werden 689 . Was nun die hier hauptsächlich interessierenden herrschaftlichen Vorratsbauten be690 trifft, so sind im eisenzeitlichen Israel Kornspeicher ("granaries") nicht belegt . Will man herrschaftliche Lagerhaltung feststellen, muß man nach Vorratshäusern, Vorratsräumen vor allem in und bei öffentlichen Gebäuden (Palästen, Tempeln, Torbauten) und großen Silos Ausschau halten. Die wohl eindeutigste und am leichtesten erkennbare herrschaftlich-ökonomische Vorratsbauform ist das Pfeilerhaus691 . Mehrere zu Komplexen zusammengefaßte Pfei693 lerhäuser kommen in Megiddo Stratum IVA 692 , Tell es-Seba 'Stratum 111 + 11 und Tell el-Hast'94 vor. Einzelne Pfeilerhäuser finden sich in Hazor Stratum VIII + VII 695 , Tell el'Ortme Stratum 11696 und Bet-Schemesch Stratum IIA697 , vielleicht auch auf Tell Ta 'annek698. Die Lage der Pfeilerhäuser in den Ortschaften spricht oft zusätzlich für eine öffentliche Funktion, freilich nicht in jeden Fall zwingend auch für eine königliche Urheberschaft699 . Mit Ausnahme von Bet-Schemesch handelt es sich nämlich sicher oder wahrscheinlich sämtlich um Orte mit starker königlicher Präsenz und Funktionalisierung 700 und damit bei den Pfeilerhäusern um königlich verursachte Funktionalbauten . Was
Borowski hat neuestens eine nützliche typologisch-strukturelle und funktionale Zusammenstellung geliefert 680 . Er unterscheidet oberirdische und unterirdische Lagerinstallationen und gliedert weiterhin die oberirdischen Installationen in Kornspeicher681 , Vorratshäuser682 , öffentliche Vorratsräume 683 sowie private Vorratsräume 684 . Unterirdisch unterscheidet er zwischen "grain pits" 685 , Silos 686 und Kellern687 . Bei dieser Kategorisierung688 kann man, was hier besonders wichtig ist, nach der Größe der Lagerkapazität und der Lage der Installationen entweder im öffentlichen Ortsbereich (bei oder in öffentlichen Gebäuden, im Torgebiet) oder im privaten Wahn-Ortsbereich Schlüsse auf die gesellschaftliche Funktion bzw. die Urheber/Besitzer oder die Zielgruppe der Vorsehen Texten; es ist assyr. Lehnwort im Hebr. (KNAUF 1988a, 104f.). Bedenkt man, daß das omridische Nordreich mit mdynhlmdynwt eine Verwaltungsbezeichnung ebenfalls aus dem syrisch-mesopotamischen Bereich übernommen hat, so ist zu erwägen, ob msknwt als herrschaftliche Vorratsbezeichnung ebenfalls im Nordreich zuerst eingeführt und literarisch auf die salomonischen und ägyptischen Verhältnisse rückübertragen wurde. 678 Der summarische chronistische Bericht über Hiskias ökonomische Aktivitäten spiegelt offensichtlich ohne genauere lokale Spezifikation die sich archäologisch-epigraphisch in den lmlk-Stempeln niederschlagenden militärischen Versorgungs-Vorbereitungen in den vier bei Krongutzentren liegenden Sammelorten Socho, Zif, Hebron und mmst (LEMAIRE 1975: 'Amwäs?) wider. Es ist zu vermuten, daß in den vier Orten Vorratsinstallationen (msknwt o. ä.) existiert haben, ebenso wie die Zielorte der lmlk-Krüge Installationen besessen haben dürften (vgl. auch WELTEN 1969, 125 und u.A. 712), aber auch Lagermöglichkeiten in Kasemattenmauer-Abschnitten (vg!. dazu G. R. H.WRIGHT 1985, 308). Königliche Vorräte lagerten wohl auch in den landwirtschaftlichen Stützpunkten im Binnenland (s.o. S. 127-130 m. A. 593-601). 679 Vgl. die Zusammenstellungen bei H. WEIPPERT 1977, 308f.; BoROWSKI 1987,83. 680 1987, 71-83; vgl. die (tabellarische) Zusammenfassung S. 72. 82; zur Vorratshaltung vgl. auch DALMAN 1933,186-206; H. WEIPPERT 1977, 308f.; DIES. 1988, 395ff. 540-543. 604-607. 635f.; G. R. H. WRIGHT 1985, 298-309; EARLE 1987. J. D. CuRRID: Archaeological Investigations into the Grain and Storage Practices of Iron Age Palestine. PhD Thesis: University of Chicago 1980 war mir nicht zugänglich. 681 1987, 76-78 682 Ebd., 78-80 683 Ebd. 80-82 684 Ebd. 82 6ss Ebd. 72f. 686 Ebd. 73-75 687 Ebd. 75f. 688 Zu einer ähnlichen Kategorisierung hauptsächlich nach Größe und Lage im Ort vgl. G. R. H. WRIGHT 1985, 299f.; vgl. auch EARLE 1987, bes. 295.
689 Vg!. auch G. R. H. WruGHT 1985,299. 300ff. 690 G. R. H. WRIGHT 1985, 303; BoROWSKI 1987, 76-78. Vgl. neuestens aber vielleicht CuRRID 1989 (Sichern "Building 5900"); freilich spricht nichts direkt für "government granary", zumal Sichern nie königlicher Funktionalort war, ausgenommen vielleicht kurzzeitig als vorübergehender Wohnsitz Jerobeams I. (vgl. o. A. 236). 691 Vg!. insgesamt zu "Pfeilerhäusern" FRITZ 1977; AHARONI in AHARONI ed. 1973, 14-16; HERZOGinAHARONied. 1973, 23-30; DEGEus 1984, 70-81; G. R. H. WRIGHT 1985, 306f.; H. WEIPPERT 1988, 540-543; HOLLADAY Jr. 1986. 692 FRITZ 1977,30-33 693 FRITZ 1977, 33f.; H. WEIPPERT 1988,541. 694 FRITZ 1977, 34 f. 695 FRITZ aa0 696 FRITZ 1986, 23. 25 697 FRITZ 1977, 34f. 698 H. WEIPPERT 1988, 341; nichtisraelitische Pfeilerhäuser öffentlichen Charakters finden sich in Tell el-Qasile Str. X und Tell Abü Hawäm Str. IV (FRITZ 1977, 40. 42f.). Zu einer (privaten) Entsprechung des langräumigen Pfeilerhauses in dem Typ des durch Pfeilerreihen gegliederten Breitraumhauses der EI vgl. FRITZ 1977,40. 43f.; s. u. S. 155m. A. 713. 699 Tell es-Seba' (neben dem Stadttor), Bet-Schemesch (nahe der Stadtmauer), Kinneret (neben dem Stadttor an der Stadtmauer), Megiddo (Nordkomplex, beim Stadttor; Südkomplex, an der Stadtmauer), Hazor (Stadtmitte: YADIN 1972, 111 Abb. 27); vgl. aber auch A. 698. 100 Vgl. in diesem Sinne wohl auch H. WEIPPERT 1977, 308; zur Diskussion um die Funktion der Pfeilerhäuservgl. u. a. HERZOG in AHARONI ed. 1973, 28f.; FRITZ 1977; DERS. 1990b, 83; G. R. H. WRIGHT 1985, 306f.; BOROWSKI 1987, 78f.; H. WEIPPERT 1988, 542f.; HOLLADAY Jr. 1986. M.E. muß man jeden Fall für sich mit baulichen Spezifica, der Lage im Ort und den Spezifica des Ortes betrachten (s. u. gegenüber HoLLADAY Jr. 1986). Wenig wahrscheinlich ist
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Vorratshäuser betriffC01 , so findet sich ein solches als dreischiffige Halle aneinandergereihter Langräume in Arad Stratum VIII702 • Noch größere Vorratshäuser als langgestreckte Lagerräume befinden sich als Anbauten innerhalb der Akropoleis von Lachisch und Samaria703 , ein kleineres in Hazor Stratum VIII als zweischiffiger Anbau an das Pfeilerhaus704 • Weitere Beispiele von Vorratshäusern nennt Borowski für Jericho (10. Jh. v. Chr.), Megiddo (10. Jh. v. Chr.), Bet-Schemesch (1. H. 10. Jh. v. Chr.), Tell en-Na$be (9.Jh. v. Chr.), Tell Bet Mirsim (spätestens 9.Jh. v. Chr.) und Dotan (2. H. 7. Jh. v. Chr.f 05 • Auch hier fällt die Existenz von wohl öffentlichen Vorratshäusern in fast allen Fällen mit der sich bereits oben herausgestellten Annahme mehr oder weniger starker königlicher Funktionalisierung der Orte zusammen, was an königliche Urheberschaft der Vorratshäuser denken läßt. Da das Beispiel von Silo vormonarchisch, dasjenige in Dotan nachmonarchisch ist, können lediglich die Häuser in Bet-Schemesch und Tell Bet Mirsim lokale Einrichtungen der Bevölkerungen sein, falls man nicht königliches ökonomisches Engagement in beiden Orten annimmC06 • Beispiele für öffentliche Vorratsräume707 gibt es z. B. auf Tell el-Qiü/J, in Samaria, Taanach, Dotan708 und KinnereC09 • Mit Ausnahme von Dotan handelt es sich wieder um königliche Funktionalorte. Während zu Beginn der E IIC-Zeit Pfeilerhäuser als Mittel öffentlich-herrscherlicher Vorratshaltung noch in Gebrauch blieben (Tell es-Seba', Hazor), kam in E IIC eine andere Methode zunehmend auf, nämlich große zylindrische Schächte, wovon im assyrisch besetzten Megiddo Stratum III das eindrücklichste Beispiel vorliegt, andere in Hazor schon Stratum VII (9. Jh. v. Chr.) in Tor- und Stadtmauernähe sowie in BetSchemesch IIA (oder IIB) zu finden sind, aber auch Lagerung in Nebenräumen von
(öffentlichen) Gebäuden, in Kellern (besonders in ariden!semiariden Gebieten) und in Gruben710 •
die Deutung (allein) als Pferdeställe (dagegen besonders FruTz 1977; HoLLADAY Jr. 1986 votiert sehr dezidiert und differenziert für Ställe für "ordinary domestic animals" statt Pferde, seine Argumentation ist in einigen Punkten bedenkenswert, jedoch spricht schon die Lage der Pfeilerhäuser in einigen königlichen Funktionalorten (Tell es-Seba', Megiddo) dagegen und läßt HoLLADAY's Deutung auch wieder zu einseitig-pauschal erscheinen), vielmehr sollte grundsätzlich von einer möglichen multifunktionalen Verwendung bzw. Verwendbarkeit ausgegangen werden unter Berücksichtigung der o. g. Spezifica (vgl. immerhin YADIN 1979, 233), wie ich demnächst in meiner Untersuchung "Stadt und Markt im monarchischen Israel" zeigen werde; dabei kommt eine Verwendung als Kaserne (so bes. FRITZ 1977; am deutlichsten vielleicht in Kinneret ) und/oder als Vorratsmagazin (so wohl H. WEIPPERT 1988, 542f.), aber m. E. auch als (königliche) Handelseinrichtung (Redistributionsfunktion des Herrschers!, vgl. die häufige Nähe zum Torplatz als Haupthandelsplatz, s.o.A. 699) in Frage. 701 Zur Charakterisierung vgl. BOROWSKI1987, 78-80; HERZOG in AHARONI ed. 1973, 29f. 702 FruTz 1977, 40f. (Parallelen der Umwelt) 703 H. WEIPPERT 1988, 540-543, bes. 542f.; Abb. von Lachisch IV: S. 527, Samaria: S. 538 704 FRITZ 1977, 34 705 BOROWSKI 1987, 78-80; für ein früheisenzeitliches Vorratshaus in Silo vgl. HOPKINS 1987, 188. 706 Zu Bet-Schemesch vgl. o. S. 116m. A. 534-538, zu Tell Bet Mirsirn vgl. o. S. 111m. A. 498-505. 707 Zur Charakterisierung vgl. BoRowsKI 1987, 80. 1os BoRowsKI 1987, 80-82 709 FRITZ 1986, 19
Dieser sehr wahrscheinlich unvollständige Überblick über herrschaftlichökonomische Bauten der Vorratshaltung711 zeigt tendenziell immerhin folgendes: Die bedeutendsten Ortschaften mit herrschaftlichen Vorratsinstallationen (Pfeilerhäusern), Megiddo, Hazor, Tell el-lfas'i, Kinneret, Taanach (?),Tell esSeba' und Bet-Schemesch, hatten sich bereits aus anderen Gründen oben als königliche Funktional(grenz)orte (Bet-Schemesch wohl nur als Ort evtl. königlich-ökonomischen Engagements) erwiesen. Königlich ausgebaute Grenzschutz-Stützpunkte und Orte königlicher Vorratsinstallationen ("Vorratsstädte", 'ry < h-> msknwt) sind also tatsächlich aus Gründen sachlich-funktionaler Affinität weitgehend identisch712 • Die nächstbedeutende Gruppe der königlichen Vorratsbauten, die Vorratshäuser (msknwt), nachgewiesen im Südreich in Arad, Lachisch, Tell en-Nai)be sowie Bet-Schemesch und Tell Bet Mirsim, im Nordreich in Megiddo, Hazor und Samaria, kennzeichnen ebenfalls bereits aus anderen Gründen als (Grenz-) Funktionalorte bzw. Orte mit möglicherweise königlichem Wirtschaftsengagement erkannte Ortschaften. Öffentliche Vorratsräume in Dan, Samaria, Kinneret und Taanach signalisieren wiederum mehr oder weniger königlich funktionalisierte Orte, wie dies auch große öffentliche Silos, Vorratsnebenräume und Keller in Tell es-Seba ', Bet-Schemesch, Tell en-Nai)be, Megiddo und Hazor tun. Man kann die grobe Regel aufstellen, daß die bedeutendsten öffentlich-herrschaftlichen Groß-Vorratsbauten sich in den bedeutendsten königlichen Funktionalorten finden. Weniger große Vorratsbauten finden sich in weniger stark bzw. nicht von Königtum funktional besetzten Ortschaften, m. a. W.: in vorrangigen Bevölkerungs- Wohnorten. Dort gibt es keine Pfeilerhäuser(-gruppen), sondern das diesen funktional und typologisch verwandte Breitraum-Pfeilerhaus (z. ß. in T~l 'Esdär Stratum li <10. Jh.v. Chr.> und auf der Ifirbet el-MsäS), das dem Wohnhaus (4-RaumHaus) enger verwandt ist und, sozusagen durch einen Raum erweitert, zum Pfeilerhaus weiterentwickelt wurde 713 • Privat-lokale Vorratshäuser gab es z. B. in Jericho und Dotan (nachmonarchisch) sowie Silo (vormonarchisch), Silos, Vorratsnebenräume, Gruben und 710 Vgl. insgesamt G. R. H. WRIGHT 1985, 303f.; BoROWSKI 1987, 73-76; H. WEIPPERT 1988, 604-607. 711 Hier ist nochmals auf weitere Möglichkeiten herrschaftlicher Vorratshaltung hinzuweisen, die sich nicht in separaten Installationen niederschlägt (z. B. Stadtmauerkasematten, vgl. G. R. H. WRIGHT 1985, 308), sowie solche, die nur durch die mit lmlk-Stempeln angezeigte Vorratsorganisation Hiskias vor 701 v. Chr. (s.o. und zuletzt H. WEIPPERT 1988, 605-607), nicht aber durch aufweisbare Baulichkeiten zu erschließen sind. 712 AHARONI 1984, 409, möchte auch die vier auf den lmlk-Stempeln genannten Orte, die wohl nahe bei größeren Krongutkonzentrationen gelegene Orte waren (s. auch oben S. 152 m. A. 678), als "Vorratsstädte" bezeichnen. m Vgl. FRITZ 1977, 43f. (s. schon o. A. 698)
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Keller nachweislich in Gibeon und Tell el-Fill. Neben privaten Vorratsräumen dürften aber sicherlich überall die "grain pits" die häufigste Art privater Vorratshaltunggewesen sein714 • Das deutliche Schwergewicht großer Vorratsinstallationen in königlichen Funktionalorten militärischen Charakters dürfte auf eine primär militärischverteidigungspolitische Motivation herrschaftlicher Vorratshaltung neben weiteren herrschaftlichen Lagerinstallationen in Residenzen und (den vier) von den /m/k-Krugstempeln her bekannten Haupt-Sammelstellen von Kronguterträgen weisen. Das bedeutet zugleich, daß bei den herrschaftlichen Vorratsinstallationen in Israel weniger an eine herrschaftliche Redistributionsfunktion für die Bevölkerung gedacht ist715 • Die Lage der großen Installationen im Torbereich und an der Stadtmauer (aber gelegentlich auch im Ortsinnern ) bietet für eine herrschaftliche und für eine zivil-lokale Funktion gleichermaßen praktische Vorteile. Eher gegen eine (zivile) Redistributionsiunktion herrschaftlicher Vorratsinstallationen spricht die Grenzlage der (ohnedies als Grenzschutzorte erkannten) meisten der in Frage kommenden Orte, die das Binnenland im wesentlichen ausläßt. Eine landesflächendeckende Verteilung königlicher Vorratsstädte sollte aber bei einer zivilen Redistributionsabsicht erwartet werden. In dieselbe Richtung weist es, daß nicht nur in EI-11 in Israel keine "granaries" als Zeichen umfassender staatlicher Redistribution existieren, sondern die Josephserzählung geradezu wärmstens die Vorteile einer umfassenden herrschaftlichen Vorratshaltung für das Volk propagierC 16 offenbar wei.~ es sie in Israel nicht gab, ebensowenig wie die in der Josephserzählung für Agypten dargestellte umfassende, ja, alleinige Landverfügung des Königtums.
programmatisch eine Beschränkung von herrschaftlichem Landbesitz wie auch anderer Macht- und RepräsentationsmitteF19 • Während der monarchischen Zeit war vermutlich weniger die Existenz von Krongut umstritten, zumal wenn es für herrschaftliche Zwecke der Prestigewirtschaft und des Landesschutzes verwendet wurde, sondern eher die Art des Erwerbs720 und die sozialen Folgen der Landbesitzakkumulation im Rentenkapitalismus innerhalb der sozialen Krise des 9. und 8. Jh. v. Chr., wo zunehmend der Besitzstand der Bevölkerung in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ich kann mich im Rahmen dieser Arbeit auf folgende Fragestellungen konzentrieren: Wo gab es Krongut? Ist das Krongut mit königlichen Baumaßnahmen, mit königlichen Funktionalorten und/oder Bevölkerungswohnorten verbunden? Wie und wofür wurden Krongüter oder ganze Krongutorte als ökonomische Herrschaftsmittel verwendet?
b) Krongut Krongut ist ein ökonomisches Herrschaftsmittel des Königtums. Daß es in Israel Krongut gegeben hat, steht außer Frage717 • Aus deuteronomistischer Perspektive bildete es einen sozial negativen Faktor, freilich von Israel selbst mit dem Wunsch nach einem König verursacht 718 • Ezechiel verlangt utopisch714 Vgl. BOROWSKI 1987, 72f. 82f. m. A. 7; HOPKINS 1985, 151; PINKELSTEIN 1988, 264-269 (schon in EI landesweit grain pits); von einer "Grubenphase" vor "Dorfgründungen" in EI (Gruben für Vorrats- und Wohnzwecke) spricht H. WEIPPERT 1988, 402. 715 Zur Rolle der Redistribution in chiefdomsund "primitiven Staaten" vgl. SERVICE 1977, 109ff. 112-114. 128. 131. 361 u. ö. und schon o. A. 221. 592. 600; zur Palastökonomie in kanaanäischen Stadtstaaten der SpBr vgl. G. R. H. WRIGHT 1985, 304; HELTZER 1982; DERS. 1976; LIVERANI 1975. Zum weiteren Umkreis vgl. LIPINSKI ed. 1979. Wenn es aber richtig ist, daß die Pfeilerhäuser u. a. auch eine gewisse Handelsfunktion ausübten (s.o. A. 700), hat das Königtum mit herrschaftlichen Vorratsinstallationen wie den Pfeilerhäusern doch wenigstens in Ansätzen zu einer Redistribution von Gütern beigetragen. 716 Vgl. Gen 41; 42,1-6; 47,13-26; RüTERSWÖRDEN 1985, 131 717 Vgl. noch das späte Echo Koh 2,4-7 11s 1Sam 8, bes. V. 10-17
Die Schwierigkeit einer präzisen Beantwortung gleich der ersten Frage belastet die Beantwortung der weiteren Fragen. Am sichersten greifbar ist Krongut wohl z. Zt. Hiskias im Südreich durch die lmlkStempef21. Von entscheidender Bedeutung sind hier die vier Ortsnamen l]brn, §wkh, zp und mmst auf den Stempeln und die Funktion der Orte im Rahmen der Krongutorganisation. Genau die aber ist umstritten. Für die bisherige Diskussion können abgesehen von älteren, überholten Deutungen die Interpretationen von Aharoni722 und Welten723 stellvertretend stehen, die sich in letzter Zeit umfassend mit der Frage befaßt haben. Aharoni erklärt die vier Orte als Distrikthauptstädte für jeweils drei der früheren 12 "Distrikte" Judas nach Jos 15,21ff. und bestimmt ihre Funktion als Sammelstellen für Naturalsteuern. Daß nur vier Orte für 12 Distrikte diese Funktion erfüllen, erklärt er mit einer die Administration erleichternden Verwaltungs-Neuordnung Judas z. Zt. Hiskias in Vorbereitung der Assyrerabwehr. Die vier Orte seien in diesem Zusammenhang die königlichen Hauptvorratsstädte. Diese verwaltungstechnische und militär-ökonomische Deutung als Distrikthauptstädte ist aber sehr unwahrscheinlich. Welten hat schon auf die für Distrikthauptstädte und Steuersammlung überaus unpraktische Verteilung der Orte, speziell auf das nahe Beieinanderliegen von Hebron und Zif hingewiesen724 • Zwar war Hebron wichtiger Ort in der Frühzeit Davids, trat aber danach für die gesamte Zeit des Südreiches in einen politischen Windschatten hinter dem nördlichen Landeszentrum Jerusalem und dem südlichen Zentrum Tell es-Seba' + Beerscheba. Als königlicher Funktionalort kommt Hebron nirgends zur Sprache, abgesehen von der hier in Rede stehenden, näher zu bezeichnenden Funktion im Krongutsystem. Mangels AusgrabunEz 46,(16-) 18; vgl. auch schon Dtn 17,16-20 Vgl. dazu DE VAUX 1964,202 ff.; WELTEN 1969, 133 ff.; METTINGER 1971, SOff. 85 f.; RAINEY 1982, 59; BOROWSK! 1987, 27. 721 Vgl. zum Problemkomplex WELTEN 1969; METTINGER 1971, 93-97; UssiSHKIN 1977, 28-60, bes. 54ff.; DERS. 1978, 76-81; RAINEY 1979; DERS. 1982; AHARONI 1984, 404-411; MoMMSEN et al. 1984, 89-113; H. WEIPPERT 1988, 605-607. 722 1984, 404-411 723 1969, 142-174 (bisherige Deutungen S.118-142) 724 1969, 123f. 719
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
gen ist auch über herrschaftliche Bauten nichts aussagbar. Der unbedeutende Ort Zif erscheint ebenfalls als Distrikthauptstadt schwerlich geeignet725 . Socho war im Kreis der bedeutenden königlichen Grenzfunktionalorte an der Westgrenze Judas nur ein bescheidener Ort, wohl nicht mehr als ein bedeutendes Krongutzentrum726 . Mmst schließlich ist nach wie vor nicht identifiziert; man kann nur vermuten, daß es nördlich von Hebron lag727 • Ganz ungesichert ist auch Aharonis der Distrikthauptstadt-Hypothese zugrundeliegende Annahme einer Verwaltungsneuordnung bzw. Umbildung der 12-DistrikteGliederung in eine 4-Distrikte-Gliederung728 . Hinzu kommt gegen Aharoni schließlich, daß die von ihm vermutete Funktion der vier Hauptstädte als Sammelstellen für Naturalsteuern schon deshalb zweifelhaft ist, weil es, wie besonders Rüterswörden zeigen konnte, ein (durchstrukturiertes) Steuererhebungssystem in Israel nicht gegeben hat729 . Damit ist allerdings nicht gesagt, daß das Königtum nicht spezifische und unregelmäßige Einnahmen und Leistungen aus der Bevölkerung bezog bzw. auch in Konkurrenz zum Kultbetrieb oder aus ihm (an königlichen Heiligtümern) beanspruchte (mnf}h) sowie gelegentliche, aktuell herausgeforderte Sonderumlagen erhob 730 . Na'aman731 hat Aharonis Deutung insofern variiert, als er die 4 Stempelorte als Zentren einer Militärbezirkseinteilung Hiskias betrachtet und mit 2Chr 11,5-12 verbindet. Demgegenüber gilt aber ebenfalls das gegen Aharonis These Gesagte. Wie bereits oben 732 gezeigt wurde, stellt 2Chr 11,5-12 keine Militärbezirksgliederung dar, sondern dokumentiert einen gestaffelten Schutzgürtel in einem von Nordwesten nach Südosten laufenden breiten Halbkreis im Vorfeld Jerusalems, der halb Juda abdeckt und königliche Funktionalorte verschiedener Funktionen nennt sowie (gegen Na'aman und mit Fritz) am ehesten in die Josiazeit zu datieren ist. Da die Krugstempelfundorte (gegen Na'aman) keineswegs mit den Orten der Funktionalortliste 2Chr 11,5-12 deckungsgleich sind733 und auch 2Chr 11,5-12 weder aus der Hiskia- noch aus der Rehabeam-Zeit stammt, haben sie nichts miteinander zu tun734 ; beide Ortsgruppen ergeben auch keine Distriktgliederung im Sinne Aharonis. Eine Distriktgliederung ist auch nicht aus den Relationen der 4 Krugstempelorte und der Empfängerorte der Krüge in dem Sinne abzuleiten, daß ein bestimmter Krugstempelort für eine geographisch präzise und sinnvoll abgegrenzte Region ("Distrikt") allein zuständig wäre, wie Weltens Aufstellungen zeigen; vielmehr ist bei der Lieferungsverteilung eine quantitativ deutliche Bevorzugung größerer Festungen sowie der Residenz Rämat RäfJet ( = lfirbet Sälif}), also eine Lieferung nach Größe der Bedürfnisse vorherrschend, auch liefern Hebron und Zif nahezu an dieselben Orte 735 . Gegen eine Distriktgliederung aufgrundder Stempel spricht auch noch, daß die Stempel 725 S. o. S. 109m. A. 476-482 726 Vgl. OLB 2, 844f.; ohne zwingende Gründe dagegen RAINEY 1982, 59; DERS.1983, 15. 727 VgJ. WELTEN 1969, 147ff.; RAINEY 1982, 59; vgJ. aberLEMAIRE 1975: 'Amwäs. 728 Dagegen auch RAINEY 1982,59. 729 S.o. S. 26m. A. 102f. (RüTERSWÖRDEN 1985, 127ff.) 730 S. vorige Anm.; RAINEY 1982, 60f. deutet das bescheidene Vorkommen von lmlkStempeln im Beerschebagebiet so, daß Festungen und Funktionalorte nicht nur vom Krongut, sondern auch aus privaten lokalen Beiträgen versorgt wurden, auch aus Einkünften aus Heiligtümern und aus der mnl]h, vgl. auch RüTERSWÖRDEN 1985, 127ff. 731 1986 732 S. o. S. 124ff. m. A. 580ff. 733 S.o. S. 125f. m.A. 585-590 734 Gegen METTINGER 1971, 98(ff) 735 Vgl. WELTEN 1969, 151f.
I!. Königliche Funktionalorte und -bauten
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nur gleichzeitig und kurze Zeit aus aktuellem Anlaß der hiskianischen AssyrerabwehrrnaBnahmen am Ende des 8. Jh. v. Chr. in Gebrauch waren. Die Krugstempelaktion war eine akut hervorgerufene, keine generelle ökonomische Maßnahme. Auf eine solche die Entstehung einer strukturellen regionalen Landesgliederung zu gründen, leuchtet kaum ein. Landesgliederungen entstehen nicht von heute auf morgen auf dem "Reißbrett" und im Zusammenhang kurzfristiger staatlich-militärischer Kriegsvorbereitungen, sondern entwickeln sich gewöhnlich auf der Grundlage z.B. ethnischer bzw. Gruppentraditionen, politisch-kriegerischer Ereignisse sowie in Anlehnung an geomorphologische Gegebenheiten736. Waren nun die 4 Stempelorte keine Distrikthauptstädte (Aharoni) und keine Steuersammelstellen (Aharoni) wie auch keine Hauptorte von Militärdistrikten (Na'aman), spricht alles für die von Welten vertretene konkrete Verknüpfung der Orte mit Krongütern. Die unsystematische geographische Verteilung der Orte erklärt sich am einfachsten und wahrscheinlichsten so, daß in der Nähe der Orte besonders bedeutende, umfangreiche Krongutkomplexe existierten737 . Sie waren so die gegebenen Haupt-Sammel- und Umschlagplätze für die Verteilung der akut benötigten Güter zur Versorgung der königlichen Grenzfestungen und der Residenz(en), die aus Kronguterträgen am sichersten krisenfrei zu bewerkstelligen war, sicherer als aus sporadischen oder Sonderabga739 ben73s. Daß gerade bei diesen vier Orten sich (besonders viel) Krongut befand , 740 bedeutet nicht notwendig, daß die Orte zur Gänze Kroneigentum waren und auch 741 nicht daß es nicht auch noch woanders verstreutes Krongut gab . Vo~ dem sicheren Beleg des Krongutes z. Zt. Hiskias durch die vier Krugstempelürte als logistische Zentren bei Krongutkomplexen kommt man mit 2Chr 26,10 zu einem früheren, freilich etwas unsichereren und vor allem unbestimmteren, Beleg der Ussiazeit: "Auch in der Steppe (mdbr) baute er mgdly"! und ließ viele Zis~ernen aushauen, ~enn er hatte großen Viehbesitz (mqnh) <sowohl> m der Schefela als m der Ebene (myswr), dazu Ackerleute ('krym) und Winzer auf den Bergen (h-hrym) sowie im Fruchtgartenland (krml); er liebte nämlich den Landbau (h-'dmh)." Die landschaftlichen Bezeichnungen sind so allgemein und umfassend gehalten, daß sie wohl mit Recht nicht als 742 konkrete Regionalbezeichnungen, sondern als Appellatiya aufgefaßt werden müssen . Immerhin besagt 2Chr 26,10 trotzoder gerade durch diese geographische Unbestimmt736 Negativ formuliert: Allgemeine bloße Existenz von verstreute~ (!).Krongut ist (allei.n) ebensowenig ein Impetus für die Einrichtung eines Distriktsystems w1e d1e konkreten, erelgnisbezogenen logistischen Verteidigungsmaßnahmen Hiskias. 737 Vgl. WELTEN 1969, 141; METTINGER 1971, 95f. 738 So mindestens indirekt auch WELTEN 1969, 172(ff); vgl. auch RAINEY 1982, 59. 739 Auf frühe davidische Tradition bei diesen Orten, die zu Krongut geführt haben können, wurde seit langem verwiesen, vgl. WELTEN 1969, 141; METTINGER 1971, 96. 740 So kann man WELTEN 1969, 173f.; METTINGER 1971, 95f. verstehen. 741 Da~ geht aus den vielen Möglichkeiten der Entstehung von Krongut (s.o. A. 720) ebenso hervor wie aus 1Chr 27,25-31 (vgl. WELTEN 1969, 138) und den folgenden Darlegungen (zur Ebene el-Buqe'a, Me~ad lfasavyähu). 742 Das ist am sichersten bei mdbr, h-hrym und krml der Fall (vgl. RuDOLPH 1955, 282; WELTEN 1969, 134 A. 7; anders RAINEY 1982, 58), obwohl krml (vgl. o. A. 483), mdbr (vgl. WELTEN 1969, 101f.) und h-hr (Jos 15,48, vgl. WELTEN 1973, 28 A. 84) (im Gegensatz zu hhrym) auch ganz konkrete, wenngleich große, umfassende Regionen bezeichnen können. Dasselbe gilt für myswr (RuDOLPH 1955, 285: Moab; WILLIAMSON 1982, 337 erwägt daneben
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
heit, daß U~~ia verstreutes Krongut besaß und der Ausdehnung und Stärkung der königlichen Okonomie als herrschaftlicher Machtbasis in allen ihren landwirtschaftlichen Zweigen besondere Aufmerksamkeit widmete einschließlich deren Schutz- und Lagereinrichtungen (mgdlym 743 ) und den Arbeitskräften 744 . Man kann annehmen, daß die weitgefaßten Appellativa von 2Chr 26,10 den geographischen Rahmen der unter Hiskia dann konkreter durch die Sammelzentren angedeuteten Krongutschwerpunkte andeuten. Wenn es, wie oben745 angenommen, richtig ist, die von A. Mazar im Bergland südwestlich von Jerusalem entdeckten Installationen und Siedlungskomplexe als Beispiele für eine herrschaftlich-landwirtschaftliche Landeserschließung im Interesse der königlichen Palastökonomie zu betrachten, bilden sie nicht nur eine konkrete Illustration zu 2Chr 26,10, sondern auch Anschauungsmaterial, wie das Königtum aufwenig begehrtes Land die Hand legte und Krongut konfliktfrei gewann, ohne nämlich die Landbesitzinteressen der Bevölkerung zu beeinträchtigen746 . Nach 2Chr 27,4 kann man annehmen, daß Ussias Sohn Jotam diese Maßnahmen Ussias weiter verfolgte und den Krongutbesitz ausbaute 747 .
Zu dem verstreuten Krongut Ussias/Jotams lassen sich- im Unterschied zu Hiskia - mit den von A. Mazar beschriebenen Anlagen konkrete Bauten aufweisen, aber- wiederum im Unterschied zu Hiskia- keine speziellen Sammelzentren namhaft machen. Vielleicht ergänzen sich aber beide Tatbestände. Man kann vermuten, daß das einmal von davididischen Herrschern gewonnene Krongut im großen und ganzen kontinuierlich in ihrer Hand blieb, auch wenn auch die Scharonebene; RAINEY 1982, 58 nur letztere) und die weite Region der Schefela (vgl. zuletzt RAINEY 1980; DERS. 1983). 743 Vgl. S. 127-129. m. A. 593-601; auch WELTEN 1969, 134; DERS. 1973, 25-27; WILLIAMSON 1982, 336f.; BoROWSKI 1987, 106 meinen, daß diese landwirtschaftlichen Schutz"Türme" keinen Bezug zu militärischen Ereignissen haben. Der vorrangig militärische Charakter der Negebfestungen auf der Höhe von Beerscheba im 8./7. Jh. v. Chr. ist dagegen offensichtlich; vgl. noch unten A. 759. 744 Wer bearbeitete diese neuen Krongüter, wer waren die 'krym und krmym? Vgl. neben den Kommentaren z.St. vor allem WELTEN 1973, 25f. m.A. 75. Es ist vorstellbar, daß es in der friedlich-prosperierenden Zeit Ussias zu einer Bevölkerungsvermehrung kam, bei der in manchen Familien Arbeitskräfte freigesetzt und vom König in nahegelegenen Krongütern beschäftigt wurden (zu einem vergleichbaren Vorgang in EI vgl. STAGER 1985; Orro 1986). 745 S.o. S.127-129mitA. 593-601 746 Vgl. METTINGER 1971, 82-84. 89 (kein "clash" zwischen Königs- und Bevölkerungseig.entum).- ~~eh DE PLANHOL 1975, 76 ist es kennzeichnend für sich entwickelnde Organisation zentralisierter Gesellschaften (Staaten), daß sie unbeanspruchte Zwischenräume zwischen intensiv bebauten Flächen in Nutzung nehmen (vgl. o. S. 129 mit A. 598. 600). 747 Für eine sich allmählich entwickelnde militärische Sicherung dieser Krongüter könnte d~r (allerdings späte!!) Begriff byrnywt bei Jotam (2Chr 27,4) sprechen, für Erweiterung die hier erwähnten 'rym neben den (bei Krongütern zunächst errichteten?) mgdlym auf dem gesamten Gebiet des Gebirges Juda und der Schefela (vgl. WELTEN 1973, 20f. 28f.; DERS. 1969, 90f.). Der Text ist nach WELTEN im Gegensatz zu 2Chr 26,10 aber chronistisch.- Das B.ild wird vervollständig~ durch den mehr der Absicherung des Reichsinnern als der Expansion dienenden Vorstoß Ussias von 2Chr 26,6 gegen das Philisterküstengebiet; er diente, wenn 2Chr 26,10b ursprünglich und kein Zusatz ist (so WELTEN), der Sicherung seiner landwirtschaftlichen Interessen in der Schefela.
/I. Königliche Funktionalorte und -bauten
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es gelegentlich an Funktionäre zur NutzungNerwaltung übergeben worden sein mag. Dann ist es möglich, daß mit wachsendem Krongut erst allmählich eine stärker durchorganisierte Krongutverwaltung entstanden ist. Ob die vier logistischen Zentren aber erst durch die konkreten Verteidigungsmaßnahmen unter Hiskia diese Position erhielten, bleibt unklar. Eine Entwicklung beim Krongut hin zu allmählich differenzierterer Organisation ist aber nicht nur bei wachsendem Krongut notwendig und zu erwarten, wie es die Aktivitäten Ussias in Sachen Palastökonomie und Krongut markieren, sondern auch durch eine nachweisbare Aufwertung des Hoffunktionärsamtes des 'l h-byt bzw. des 748 n'r-Amtes im 8. Jh. v. Chr., also z. Zt. Ussias, zu beobachten . Der archäologische Krongutbeleg der lmlk-Stempel z. Zt. Hiskias und der textliche und archäologisch ergänzte Beleg z. Zt. Ussias und Jotams läßt sich für die Hiskia- und die Folgezeit durch einen weiteren archäologischen Fund wahrscheinlich ergänzen. In der Ebene El-Buqe'a hat Stager in Weiterführung früherer Exploration durch Cross/Milik749 drei Ansiedlungen untersucht: lfirbet Abü Tabaq, l[irbet es-Samrä'und Hirbet el-Maqär? 50 Es handelt sich nachStagerum "paramilitary outposts" mit "outliers a-nd nearby desert farms" 75 I in einem an sich für Ackerbau ungünstigen, aridenGebiet (mdbr, vgl. 2Chr 26,10), das aber als Weideland brauchbar ist. Mit angelegten Terrassen752 auf den Wadiböden, mit Dämmen und Schleusen sind durch das Flutwasser, das fruchtbare alluviale Bodenablagerungen einschließlich Mikroflora auf die Wadifelder schwemmt und durch die ständige Frischwasserzufuhr die Bodenversalzung begrenzt, die Ertragsmöglichkeiten sogar vergleichsweise günstiger als in entsprechenden Gebieten ohne solche Installationen, so daß durch diese jeweilige winterliche "Düngung" sogar die Brache-Zwischenphase entfallen kann. Nahe den mit "U-shaped enclosure wall" 753 umgrenzten Farmen und deren Zisternen und Vieh-"corrals" befinden sich jeweils Schutzbauten754 z. T. mit Kasematten( mauern) zu Wohn- und Lagerz~ecken. Nach der gefundenen Keramik speziell von lfirbet Abü Tabaq, die der von 'En Gid!
748 Vgl. DE VAux 1964, 204; WELTEN 1969, 239f.; METriNGER 1971, 88 (mit Hinweisen auf biblische Belege von entsprechenden Funktionären und gefundene Siegel derselben); vgl. aber auch die Kritik bei RüTERSWÖRDEN 1985, 78ff. Danach wäre der (ältere) Titeln 'r eher mit der Krongutverwaltung zu verbinden (RüTERSWÖRDEN 1985, 79 m. A. 48). Zu biblischen und epigraphischen Zeugnissen auch spätmonarchischer Zeit dieses Titels vgl. neben METriNGER 1971, 88; DE VAux 1964, 204 jetzt HERR 1978, 96 (Nr. 31, spätes 8. Jh. v. Chr., Südreich). 119 (Nr. 82, Mitte 7. Jh. v. Chr., Südreich). 131 (Nr.ll3, dto.). 749 1956, 5-17; CROSS 1975. 750 STAGER 1972; DERS. 1976. Vgl. S. 106, Karte 1 (schraffiert). 751 STAGER 1976, 145; vgl. aber auch OLB 2, 451-453. 752 Z~ dieser Technik vgl. u. a. DE GEUS 1975; HOPKINS 1985, 36ff. 173ff. 208f. U. passim; BOROWSKI 1987, 15ff.; vgl. auch KEDAR 1957a; DERS. 1957b; MAYERSON 1962; EVENARrf AHARONrfSHANANfTADMOR 1958; EVENARrfSHANANfTADMOR 1982 (Bibi.); EDELSTEIN/GIBSON 1982; GIBSON/EDELSTEIN 1985; KNAUF 1988a, 68. 753 1976, 146f. (l[irbet Abu Tabaq) 754 lfirbet Abu '[abaq: 30 x 60m; lfirbet es-Samrä' :68 x 40m; lfirbet el-Maqäri: 32 X 32m mit 6 runden Türmen in der Nähe.
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A) Binnenverwaltung alsHerrschaftsmittel
I!. Königliche Funktionalorte und -bauten
Stratum V sehr ähnlich sei, datiert Stager die Anlagen auf das 7. Jh. v. Chr. 755 . Da aber in lfirbet es-Samrä' ein lmlk-Stempel gefunden worden isC 56 , kann man annehmen, daß mindestens diese Siedlung bereits am Ende des 8. Jh. v. Chr. angelegt worden ist. Sie waren nach Stager bis Ende 7./Anfang 6. Jh. v. Chr. besiedelt. Was war die Funktion, speziell die der rechteckigen!qadratischen Schutzbauten und wer war(en) der/die Urheber der Ansiedlung in diesem abgelegenen und ohne den landwirtschaftstechnologischen Aufwand wenig nutzbaren Landesteil? Stager denkt anscheinend an königlich initiierte "paramilitary outposts" 757 und meint, daß "the casemate fortresses" "not only as a military outpost but also as a facility for the storage and protection of the agricultural produce" dienten 758 . Man kann die Frage nach der Funktion der Siedlungen so stellen: Königlicher Grenzschutz mit begleitender Selbstversorgungs-Landwirtschaft der Besatzung (also vorrangig militärische Funktion <Stager>) oder königliche Landeserschließung unbeanspruchten Randlandes mit begleitenden Schutz: und Lagerbauten? Daß es sich um königlich initiierte Baukomplexe handelt, ist zwar mcht völlig sicher, aber durch den lmlk-Stempel und die Ähnlichkeit mit den von Mazar beschriebenen Anlagen südwestlich Jerusalems ziemlich wahrscheinlich. Falls nicht_die obige Alternative zu scharf und ausschließlich ist, scheint mir aber doch einiges für dre zweite Möglichkeit nicht (vorrangig) militärischer Provenienz zu sprechen: Das Gebiet liegt nicht an vorderster Grenzlinie Judas und auch nicht bei einem besonders gefährdeten Grenzabschnitt. Die relativ dünnen Außenmauern (in lfirbet Abü '[abaq 1,25 m) sind kaum auf einen Schutz vor militärischem Angriff hin geplant und für einen solc~en geeignet. Die aufwendigen technologischen Landwirtschafts-Anlagen sprechen für em Hauptgewicht ökonomischer Zielstellung der Baukomplexe. Schließlich legt der Vergleich mit den Anlagen südwestlich Jerusalems, die m. E. wesentlich auch landwirtschaftlich-nichtmilitärischen bzw. nur nebenbei militärisch-nachrichtendienstliehen Charakter haben, auch hier die Vermutung nahe, eine ökonomische Aktion Hiskias und seiner Nachfolger im 7. Jh. v. Chr. im Interesse von Krongut und Palastökonomie und in Nachfolge der unter Ussia bezeugten Erschließung unbeanspruchten Randlandes anzunehmen, die auch hier den Vorteil hatte, Besitzrechte der Landesbevölkerung nicht zu beeinträchtigen759 .
Ein weiterer, wohl hierher gehöriger archäologischer Beleg für die Folgezeit ist zu erwähnen.
755 1972, 2; DERS. 1976, 146. 756 1972, 2; vgl. WELTEN 1969, 92. Weitere Stempel der Gegend: Qumriin, Jericho, Horvat Sill]a (H. WEIPPERT 1988, 614). · 757 1976, 146 ("compound or fort"). 758 1972, 3 f.; ob diese Neusiedlungen (von und seit Hiskia?, s.o. m. A. 756) u. a. auch mit Flüchtlingen aus dem Nordreich besetzt wurden? 759 In diesen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang gehören vermutlich auch solche Negebsiedlungen wie Me~ad Misor Ha-Rual] (vgl. EvENARI et al. 1958,235. 245-248; OLB 2, 311f.). Sicher existierten sie im (8.-)7. Jh. v. Chr. unter dem Schutz der königlichen SGrenzfestungen und mögen von judäischen Königen wohlwollend protegiert worden sein. Ob das Fort (Abb. OLB 2, 312) deshalb aber ein vom König erbauter Schutzort (so anscheinend BoROWSKI 1987, 19f. 106) war, der neben landwirtschaftlichen auch militärischen Zwecken diente (als sich selbst versorgende Festung?), ist m. E. nicht sicher (zurückhaltend anscheinend auch STAGER 1976, 151f. 157; OLB 2, 311f.). Man ist eher an die Siedlungen mit Schutzbauten der lokalen Bevölkerung unter dem Schutz der königlichen Festungen im 10. Jh. v. Chr. in diesem Gebiet erinnert (s.o. S. 102-104 m. A. 448-461); vgl. auch den von Welten betonten friedlichen, landwirtschaftlich-nichtmilitärischen Charakter der mgdlym (s.o. A. 743). Als solcher mag auch Me~ad Misor ha-Rual] anzusprechen sein. Daß es sich um
Neuestens hat Wenning die Anlage von Me!)ad lfasavyähü einer eingehenden Prüfung unterzogen 760 . Wennings sorgfältige Analyse der örtlichen Keramik und die Einbeziehung des historischen Kontextes führt zu dem Ergebnis, daß es sich bei der kurzlebigen, einphasig-bruchlosen, ohne Zerstörung aufgegebenen Siedlung entgegen der früheren Ansetzung in die Josiazeit161 um eine königliche Gründung der Zeit Jojakims zwischen 600 und 598 v. Chr. handelC 62 . Was die Funktion betrifft, so will Wenning sich anscheinend nicht festlegen im Blick auf die primäre Funktion. Sicher ist nach Wenning, daß die hafenlose Anlage an der Mittelmeerküste keinen Handelsstützpunkt darstellC63 . Tatsächlich liegt eine multifunktionale Deutung am nächsten: Von einem Grenzfunktionaiort kann trotz der exponierten Lage nicht gesprochen werden764 , eher von einem königlichen festen Stützpunkt und Brückenkopf7 65 , mit dem Jojakim die Gunst einer kurzen Autonomie nutzte, um "einen Korridor nördlich der philistäischen Städte zum Mittelmeer zu okkupieren oder ... dort nur partiell bestehende Besitzrechte" zu reklamieren766. Nach Wenning scheint leitendes Interesse Jojakims "neben den wirtschaftlichen Interessen auch ... ein politisches ,Flagge zeigen'" gewesen zu sein; der Brückenkopf sollte "nicht nur einem Sicherheitsbedürfnis oder dem Bezug zur Domäne" dienen, sondern den "Anspruch Judas auf Zugang zum Mittelmeer ostentativ" dokumentieren767. Andererseits hält Wenning wohl mit Recht auch ein deutliches ökonomisches Interesse Jojakims am Gebiet um Me!)ad lfasavyähü768 für wahrscheinlich, so daß Krongut qua Eroberungsrecht vorliegt, das durch Fronleistungen bearbeitet wurde769 . Wenn Wenning formuliert: "Eine besondere Gefährdung der judäischen Besitzungen im Krongut handelt, ist jedenfalls m. E. nicht klar nachweisbar (wenn das Gebiet auch in den allgemeinen Begriff mdbr einbezogen sein kann, 2Chr 26,10). Auf jeden Fallliegt die Aufsiedlung, auf wessen Initiative auch immer, auch im königlichen Interesse und stand demzufolge wohl unter dessen Grenzsicherungsschutz. 760 1989; vgl. vorherbes. NAVEH 1962, 89-113; DERS. 1977, 862f.; für eine Literaturauswahl zum Ort und der dort gefundenen "Bittschrift" vgl. neben WENNING 1989, 169f. auch PARDEE 1982, 15ff.; CRüSEMANN 1983, 74m. A. 6; SMELIK 1987, 158;,NIEHR 1987a, 91-94; zur Analyse der Bittschrift zuletzt M. WEIPPERT 1990a. · 761 So die bisherige einhellige Meinung, vgl. WENNING 1989, 169-171 (Lit.) 762 Nach WENNING 1989, 192f. ist archäologisch auch eine Ansetzung z. Zt. Zedekias (zwischen 597 und 588 v. Chr.) möglich, wobei es sich dann um einen babylonischen Besatzungsposten handelte, aber WENNING hält diese Deutung vom historischen Kontext her selbst für weniger wahrscheinlich. 763 1989, 173. 175f. mit Einzelargumenten. 764 WENNING 1989, 181 A. 47. 765 Abb. der L-förmigen festen Anlage mit ca. 3m dicken Mauern und einer Öffnung (Tor) zum Meerbei WENNING aaO, 175. 766 WENNING 1989, 191 767 1989, 181 768 Der Umfang des Einflußgebietes der Festung ist kaum festzustellen (WENNING 1989, 180). 769 WENNING 1989, 192; vgl. die Interpretation der Bittschrift des dort Frondienst Leistenden durch die in A. 760 genannten Autoren. Das Siegel des königlichen Funktionärs pl'yhw 'sr 'l h-ms (AVIGAD 1980, 170-173) gehört in diese Zeit (7.Jh. v.Chr.) und wohl in diesen sozialen, administrativen Kontext. Zu Frondienst z. Zt. Jojakims vgl. Jer 22,13-17.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
I!. Königliche Funktionalorte und -bauten
Küstenstreifen führte zur Errichtung von Me11ad lfasavyähu'm0 , nimmt er anscheinend an, daß erst eine Landbesitzergreifung Jojakims im Interesse der Erweiterung des Kronguts und der Stärkung der Palastökonomie sowie vielleicht im Blick auf Verteidigungsvorbereitungen nach dem Vorbild Hiskias erfolgte, die dann durch den Schutzbau der "Festung" samt griechischer Söldnerbesatzung unter judäischem Kommando 771 gesichert wurde. Vielleicht ist es aber eine überscharfe Analyse, wollte man entscheiden, ob der ökonomische oder der (sicherheits)politische Aspekt primär sei. Jedenfalls existierte hier ein durch Fron bebautes Krongut, das angesichts exponierter Lage durch Schutzbau mit Besatzung gesichert war und neben Versorgungsgütern für die Besatzung vielleicht Überschüsse an die königliche Ökonomie lieferte (Karte 1 [S. 106]).
Was die Frage nach herrschaftlichen Bauten ökonomischer Bestimmung betrifft, so verlautet in diesem Text nur allgemein, daß das Königtum über Vorratsinstallationen in 'rym, kprym und mgdlym verfügte (V. 25). Letztere erinnern an Ussias mgdlym in 2Chr 26,10 sowie die von A. Mazar und Stager beschriebenen Baugruppen im Südwesten und Südosten Jerusalems, bei den 'rym wird man an königliche Funktionalorte ("Vorratsstädte") zu denken haben776 • Vom Krongut der Nordreichskönige ist archäologisch und textlich weniger festzustellen als von demjenigen im Südreich777 • Als Hauptquelle gelten gewöhnlich die Samaria-Ostraca. Da dieser Komplex bereits oben778 behandelt worden ist, mag hier nur an die dort gewonnenen Ergebnisse erinnert werden. Danach nehme ich an, daß die Ostraca nur zum Teil unter das Problem "Krongut der Nordreichskönige" 779 verbucht werden können. M.E. handelt es sich vielmehr um Belegnotizen von Lieferungen a) vor allem vom Familienbesitz von Eliteangehörigen manassitischer Sippen der Umgebung von Samaria, die das samarische Königtum zeitweise oder dauernd an den Hof und in den Interessenbereich des Königtums zu ziehen suchte, um so seine gesellschaftliche Machtbasis zu erweitern und zu stabilisieren, ohne daß diese Elitäre notwendig königliche Funktionäre gewesen und geworden sein müssen, b) in vermutlich geringerem Umfang von wie auch immer in königlichen Besitz übergegangenen Gütern780 , die an königliche Funktionäre am Hofe als Gratifikationen zur Nutzung übergeben worden sind. Selbstverständlich können sich beide Gruppen und Lieferherkünfte überschneiden, wenn manassitische Elitäre zusätzlich mit Lieferungen von königlichem Gut gratifiziert wurden und königliche Funktionäre neben Krongutlieferungen auch solche von eigenen Gütern erhielten781 , was die beobachteten Überschneidungen (Lieferungen an eine Person von verschiedenen Orten/
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Haben wir zum Krongut bisher, vom Sicheren zum Ungesicherteren fortschreitend, nur wenige biblische Texte, aber eine Reihe von epigraphischenund vermutlich hierher gehörigen archäologischen Zeugnissen aus der 2. Hälfte der Königszeit behandelt und sind dabei zu der Vermutung sich allmählich erweiternden Kronguts mit fortschreitendem Organisationsgrad gekommen, so findet sich mit 1Chr 27,25-31 ein mit archäologischen Mitteln nicht verifizierbarer Text, der für das Krongut schon z. Zt. Davids eine sehr differenzierte Organisation mit ebenso differenzierten Verantwortungsbereichen zeigt. Dieser Text wird nicht selten für ein authentisches Dokument aus der Zeit des Vereinigten Königreichs gehalten772 • Aber die für ein so hohes Alter angeführten Argumente sind durchweg nicht zwingend, wie zuletzt Knauf773 an Einzelheiten gezeigt hat. So ist m.E. mit Recht auch schon früher an die Zeit Josias gedacht worden774 • Der Text zeigt mindestens zweierlei: 1. Es handelt sich anscheinend um ein gelehrtes, land- und viehwirtschaftlich sachkundig systematisierendes Stück chronistischer Schreibtischarbeit, das OrganisatorischSachliches vom Krongut spätestens der spätmonarchisch-vorexilischen Zeit wahrscheinlich zutreffend bewahrt175 • 2. Der Text belegt eine in der königlichen Palast-Krongut-Ökonomie im Laufe der monarchischen Zeit entstandene differenzierte Organisation und Administration, wie sie für ein allgemeines königliches Steuer-/Fiskalsystem gegenüber der Landesbevölkerung so nicht belegt und deshalb wohl auch nicht vorhanden war.
Zu kprym vgl. demnächst meine in A. 773 genannte Studie. BoRowsKI 1987,29 778 S.o. S. 77-86m.A. 371-399 779 Vgl. dazu die Darstellung der Diskussionslage und-entwicklungbei METTINGER 1971, 89-92 sowie u. a. AHARONI 1984, 371ff.; RAINEY 1967; DERS. 1979; DERS. 1982; KAUFMAN 1982; SHEA 1977; DoNNER 1986, 283f. 780 An Lieferungen vom Krongut und vom an Funktionäre verliehenen Krongut denkt (zu) ausschließlich METfiNGER 1971, 89-92; vgl. auch RüTERSWÖRDEN 1985, 124. METriNGER meint, an Lieferungen von persönlichen Gütern der Empfänger zu denken sei auch deshalb unmöglich, weil dann alle Funktionäre der Könige aus der Umgebung Samarias stammen müßten, 'was unwahrscheinlich sei. Diese Schwierigkeit löst sich aber einfach durch meinen differenzierenden Vorschlag zur Deutung der mehrfach verschiedenen Absender-Empfänger-Relationen (s.o. S. 83-85, Exkurs). 781 So zutreffend auch RAINEY 1979, 91f.; anscheinend auch AHARONI 1984, 379f., der aber S. 383 von Steuereintreibungen spricht und das Krongut stark hervorhebt, weniger Lieferungen von Privatgütern; bei Lieferungen von letzteren denkt er auch nur an die in Samaria Diensttuenden (aaO, 379; vgl. auch SHEA 1977,26 <Empfänger seien "courtiers"> ). 776
111
1989, 192 Vgl. WENNING 1989, 171-177. 180f. 192 zur (griechischen) Besatzung; zum (judäischen) königlichen Chef-Funktionär (sr) in der Bittschrift Z. 1. 12 vgl. die Textausgaben: z. B. PARDEE 1982, 20f. (weitere Lit. zur Diskussion um seine Funktion und deren Bereichs. o. A. 760). 772 Vgl. U. a. RUDOLPH 1955, 183 f.; DE VAUX 1964, 203 f.; METfiNGER 1971, 87; WILLIAMSON 1982, 177; BOROWSKI 1987, 28. 773 KNAUF 1985a, 11m. A. 47. 13f.; vgl. auch demnächst meine Studie "Qaryah und Kopher. Zwei siedlungsgeographische Begriffe des AT". 774 Vgl. GALLING 1954, 75f.; WELTEN 1969, 137f.; zuletzt DONNER 1984, 205f.; BECKER 1986, 107. 775 Der Autor beweist landeskundliehe Kenntnisse, wo was gut wächst und Herden gedeihen bzw. Menschen welcher Herkunft/Ethnie für bestimmte Arbeiten/Tierarten geeignet erscheinen. Für Krongut(entwicklung) der frühen Zeit (Saul-David) vgl. die Zusammenstellung der Belege bei METfiNGER 1971, 83-85 und die weitere Literatur o. A. 720. Für königliche Bauten und Installationen besagen die biblischen Texte nichts. 770 771
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Il. Königliche Funktionalorte und -bauten
Sippen bzw. Lieferungen an verschiedene Personen aus einem Ort/von einer Sippe) leicht erklärt. c) In einigen Fällen handelt es sich um Lieferungen aus Krongut (königliche Weinberge) zur Hofversorgung, so am sichersten bei den Lieferungen ohne Absender und Adressaten aus krm htl und krm yf)w 'ly782 . Das Wichtigste scheint mir in der dabei gewonnenen neuen Auffassung zu liegen, daß hier ein Versuch des Königtums erkennbar wird, die innerhalb des Sippenlandes (Manasses) isoliert liegende königliche Residenz durch Interessenverbindung mit der umwohnenden Elite zu integrieren 783 , ohne daß diese Elitäre notwendig alle in königliche Dienste genommen worden sein müssen (gegen Aharoni, Shea und auch Rainey). Vielmehr haben sie m. E. in rentenkapitalistischer Weise ihre eigenen und/oder im Rahmen königlicher Prestigewirtschaft auch Krongut-Erträge in der Residenz bei zeitweiligen oder dauernden Aufenthalten konsumiert. So spiegeln m. E. die Samaria-Ostraca nur zum Teil eine Krongutadministration wider. Eher und vor allem dokumentieren sie eine integrativ-innenpolitische Maßnahme zur Herrschaftsstabilisierung der Nimsidendynastie. Nun besteht allerdings kaum ein Zweifel, daß das Nordreichskönigtum verstreutes Krongut nicht nur um Samaria besessen hat784, denn ohne dies hätten besonders unter den Omriden kaum die beachtlichen und die salomonischen Maßnahmen übertreffenden Ausbauten einiger wichtiger Grenzfunktionalorte stattfinden können. Sie werden neben Einkünften aus Krongut, Handelsgewinnen785, Kriegsbeute und sonstigen gelegentlichen Einnahmen786 möglicherweise auch unter Beteiligung der lokalen Bevölkerung zustande gebracht worden sein, wenn man dieser den Nutzen für die Landessicherheit verständlich machen konnte. Wie Krongut zustande kam, deuten der Kauf des Bauplatzes für die samarische Residenz787 , die Auseinandersetzung zwischen Ahabund Nabot7 88 und der Fall der Frau aus Schunem789 beispielhaft an.
Fragt man, wieso im Nordreich das Krongut im Vergleich zum Südreich von bescheidenerem Umfang gewesen zu sein scheint790 , so bieten sich einige erwägenswerte Gesichtspunkte zur Erklärung an791 :
782
Vgl. AHARONI 1984, 376. 378f. 382; vgl. auch METfiNGER 1971, 92; RAINEY 1979, 91f. Das wird anscheinend auch von RAINEY 1979, bei seiner an sich m. E. tendenziell richtigen Deutung nicht erkannt. 784 Vgl. zur Entstehung des Krongutes o.A. 720, dessen Entstehungsbedingungen Zerstreutheit nahezu notwendig mit sich bringt. 785 Vgl. nur 1Kön 20,34 (Beziehungen Nordreich- Damaskus) und zu den besonders unter den Omriden guten Beziehungen des Nordreiches zu den Phöniziern KATZENSTEIN 1973, 129ff.; TiMM 1982; KNAUF 1991 b. 786 Man kann erwägen, ob die Nordreichskönige die (königlichen) Heiligtümer (Dan, Betel, Samaria) nicht nur aus legitimierenden Gründen unterhalten und ihre Funktionäre dotiert (Am 7,17), sondern auch Gewinn materieller Art daraus gezogen haben (vgl. dazu auch RüTERSWÖRDEN 1985, 129ff.; METTINGER 1971, 85; NIEMANN 1985a, 72-129. 131-133). Ihr Verhältnis zu den Priesterschatten in Betel und Dan war aber wohl nicht so eng wie dasjenige zwischen den Davididen und der Jerusalemer Priesterschaft (WALLIS 1976). 787 1Kön 16,24; STAGER vermutet mit Hilfe einiger Kombinationen, daß Omri (als Issacharit >) "had kinship ties with ,Shemer' or the Shomron family" und daß "he as ,redeemer' 783
1. Grundlegend war wohl die zentrifugale und bleibende Vielstämmestruktur der Nordreichsbevölkerung mit einem ausgeprägten Selbständigkeitsbestreben von Anfang an (1Kön 12,1-20). 2. Hinzu kommt ein Spezifikum des Nordreichkönigtums, daß es, anscheinend von den Königen jeweils stark persönlich und unterschiedlich geprägt und gehandhabt, anscheinend nie eine sehr breite Basis in der Bevölkerung über den vermutlichen eigenen Stamm des Herrschers hinaus besaß, soweit bei den zahlreichen Umstürzen oft militärischer Provenienz der jeweilige Usurpator sich überhaupt auf eine Stammesbasis und nicht eher auf militärische Macht gestützt hat. Die häufige politische Diskontinuität in diesem Zusammenhang hat sicherlich negative, entwicklungshemmende Auswirkungen gehabt und war im Blick auf eine sich allmählich stabilisierende königlich-ökonomischen Hausmacht eher kontraproduktiv. 3. Beide Faktoren, die selbständigen Nordgruppen und das zum Taktieren zwischen verschiedenen Sippen-, Regional-Gruppen, Stämmen, sozialen Schichten bis hin zu religiösen Strömungen genötigte Königtum792 hielten sich anscheinend gegenseitig in Grenzen und auf einer gewissen Distanz. (go'e[) could legally purchase the ancestral estate and transform it into his new capital" (1990, 103f.). 788 1Kön21 789 2Kön 8,1-6 790 Das wird oft verwischt, wenn Krongut im Nordreich und Südreich gemeinsam abgehandelt und keine deutliche Trennung der Tatbestände in beiden Reichen vorgenommen sowie die regionale Begrenzung des Bereichs der Samaria-Ostraca und die von mir vorgeschlagene, nur teilweise Zugehörigkeit der Ostraca zum Krongutproblem nicht wahrgenommen wird, so daß insgesamt ein beachtliches und differenziertes Gesamtbild entsteht, das aber vom Südreichs-Befund her auf das Nordreich übertragen und für das Nordreich überdimensioniert ist (vgl. METriNGER 1971, 80ff., zu allem Überfluß noch unter J;:linbeziehung von begrenzt oder nicht hierhergehörigen Texten und Tatbeständen <2Chr 11,5-12; Jos 21,9-42; 1Chr 6,39-66>). 791 Wenn man bei den folgenden Punkten zugleich an das Südreich und seine jeweils bezeichnenden Unterschiede zu den Feststellungen im Nordreich denkt, wird der andersartige Umfang und die andersartige Entwicklung des Krongutes im Nordreich und die umfänglichere Akkumulation im Südreich ohne weiteres verständlich. 792 Vgl. nur einerseits die in Richtung divide et impera gehende Regionalpolitik der Nimsiden um Samaria, wenn meine Deutung der Samaria-Ostraca zutrifft, andererseits Elia, Elisa und ihre Anhänger sowie die Rekabiter und die Haltung der Omriden und Nimsiden ihnen gegenüber (vgl. insgesamt DIETRICH 1979). Vgl. auch METTINGER 1971, 82f. 84, der meinte, daß es zu. keinem "clash" zwischen dem "Fremdkörper" des königlichen Landbesitzes und dem privaten Landbesitz im Nordreich gekommen sei, da das Königtum vorrangig "kanaanäischen" Landbesitz zu erwerben suchte. In dem Maße aber, in dem die Erkenntnis wächst, daß Israel selbst zum (größten) Teil Ergebnis innerkanaanäischer Umschichtungen und Wanderbewegungenist (vgl. u.a. FREEDMAN/GRAF 1983; GONEN 1984; DONNER 1984, 47-49. 55. 124-126; LEMCHE 1985; AHLSTRÖM 1986; COOTEfWHITELAM 1987; KNAUF 1987; FRrrZ 1987; DERS. 1990a; ÜTIO 1984; DERS. 1986; DERS. 1989; H. WEIPPERT 1988, 340ff. 352ff. 415-417; FINKELSTEIN 1988; KNAUF 1988a, 106-110; A. LEONARD Jr. 1989; LONDON 1989) und beachtet
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l/. Königliche Funktionalorte und -bauten
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
4. Das anscheinend weitgehende Fehlen einer landesweit organisierten Redistribution des Königtums, das sich mit einer in den Samaria-Ostraca zum Ausdruck kommenden Palastökonomie begnügte, die der Versorgung des Hofes und der Funktionalorte diente und zugleich eine begrenzte Redistribution, treuhänderische Verwaltung und Prestigewirtschaft für Elitäre des Residenzumlandes ausübte, läßt auf eine ökonomische Autonomie und Selbstversorgung der Orte und Regionen des Nordreiches schließen, die dem Königtum weder Raum noch Gelegenheit bot, umfänglichere Redistribution auf der Grundlage größeren königlichen Landbesitzes als notwendig und wünschenswert zu propagieren oder auszuüben. Sollten die Samaria-Ostraca einen ersten Versuch der Nordreichskönige in der 1. Hälfte des 8. Jh. v. Chr. dokumentieren, in dieser Richtung gesellschaftsstrukturell voranzukommen, so war das ein sehr später Versuch in den letzten Jahrzehnten des Nordreiches, der, selbst wenn er nach Jerobeam II. weitergeführt sein sollte, wohl nicht mehr zu einer breiteren und tieferen strukturell-ökonomischen Entfaltung und Wirkung gekommen ist. Sicher ist wohl, daß die im 8. Jh. v. Chr. an den Ostraca ab lesbare Kooperation von Königtum und residenzumwohnender manassitischer Elite - m. E. vom Königtum her primär mit dem Bestreben zur Schaffung einer sozial "befriedeten", stabilisierten Zone um die stammes-exterritoriale Residenz betrieben- im Zusammenhang mit der von Amos793 gegeißelten sozialen Entwicklung dieser Zeit steht.
Fassen wir zusammen: In den königlichen Funktionalorten wurden im wesentlichen diejenigen Vorräte konsumiert und redistribuiert, die am anderen Ende der Relation, vor allem den Krongütern, produziert wurden. Im Südreich wird Krongut konkret greifbar mit archäologischen Belegen einer Erschließung kaum beanspruchten Landes südwestlich von Jerusalem wohl z. Zt. Ussias, ähnlich seit Hiskia z. B. in der Ebene El-Buqe'a. Konzentrationen von Krongut markieren die vier Krugstempelorte z. Zt. Hiskias. Ob die vier Orte selbst insgesamt Kroneigentum waren, ist unklar; vielleicht ist es bei Socho der Fall gewesen. Ein kurzfristiger Versuch landwirtschaftlich-politisch motivierter Krongutgewinnung ist unter Jojakim in der Küstenebene anzunehmen. Hinter diesen belegten Beispielen können weitere unbelegte stehen. Organisatorischpersonell wird eine Entwicklung des Krongutsystems ab dem 8. Jh. v. Chr. mit Funktionären für das Krongut erkennbar, logistisch mit Hiskias vier Umschlagorten von Kronguterträgen für Grenzfestungen und Residenzen. Mangels Ausgrabungen ist über königliche Bauten in den vier Krugstempelorten nichts bekannt. An den Zielorten, gewöhnlich königlichen Funktionalorten, sind die wird, daß "Kanaan" eine geographische und politische Größe, das davon abgeleitete Ethnonym aber künstlich ist (vgl. u. a. M. WEIPPERT 1980a, 352-355), verliert die übliche, dem Alten Testament entnommene Dichotomie "Israeliten vs. Kanaanäer" und die pseudoethnische Verwendung von "Kanaanäer" für die historische Analyse an Gebrauchswert. Die Differenz zwischen Israel und "Kanaan" war historisch gesehen eine sozioökonomische und entwickelte sich spät zu einer zugleich religiös-ideologischen (vgl. auch KNAUF 1989a, bes. 37-39; neuestens auch NIEHR 1990, 12f. 183ff. 211). 793 Am 2,6-8; 3,9-11. 12. 13-15; 4,1-3; 5,7.10-12; 6,1-7; 8,4-7; für Juda vgl. Micha 2,1-11; 3,1-12; vgl. auch Jes. 1,15-17. 21-23; 3,13-15. 16ff.; 5,8; lO,lf.
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Vorräte in größeren oder kleineren öffentlichen Lager-Installationen- soweit vorhanden - zwischengelagert und dann offenbar im wesentlichen auf die Haushalte der Besatzungsmitglieder verteilt worden794 • Die Schutzbauten bei den vermutlichen Königsländereien südwestlich und östlich Jerusalems dürften ebenfalls partiell der (Zwischen-)Lagerung der Erträge gedient haben (Karte 1, S. 106, jeweils schraffiert). Im Nordreich sind wir viel weniger gut informiert, obwohl es zweifellos verstreutes Krongut über den Umkreis Samarias hinaus gegeben haben wird. Die Samaria-Ostraca zeigen nur teilweise ein Krongutsystem an, sind vor allem Zeugnis eines soziapolitischen Integrationsversuchs der Nimside~ zur He~r schaftsstabilisierung im Sippen-Gebiet um ihre Residenz herum. Uber kömglich-ökonomische Bauten (Lagerinstallationen, Schutzbauten) beim Krongut ist für das Nordreich nichts bekannt, nur über die Lagerung der durch die Ostraca bezeugten, (nur) teilweise aus Krongut kommenden Lieferungen in die samarische Residenz besteht kein Zweifel, ebensowenig wie über die Lagerung von Versorgungsgütern in den Lagerinstallationen der königlichen Funktionalorte des Nordreiches. Wenn man vom besser bekannten SüdreichKrangut grundsätzlich auch auf das des Nordreichs schließen und verallgemeinern darf, diente das Krongut in Israel im wesentlichen der Palastökonomie und ihren allgemeinen repräsentativen, prestigewirtschaftlichen und konkreten militärischen Aufgaben. Seine Administration bildete einen relativ geschlossenen ökonomischen Komplex. Von einer auf die Durchschnittsbevölkerung zielenden königlichen Redistributionswirtschaft ist kaum etwas zu erkennen. Indirekt-positiv wurde die Durchschnittsbevölkerung vom Krongut berührt, indem das Königtum, soweit nach seinem Besitz möglich, für die gegebenenfalls notwendige Verteidigung materiell (vor-)sorgte, negativ wohl nur in Fällen, wo privates Gut ungerechtfertigt und gewaltsam vom König angeeignet wurde, wofür es relativ wenige Beispiele gibt.
c) Häfen und "industrielle Standorte" Die älteste Bauschicht auf dem Tell el-Iflefe, Stratum F 95 , wird durch eine quadratische Kasemattenanlage von 45 X 45 m Seitenlänge und einem (Wohn96 oder Lager- >)Gebäude von 13,2m im Quadrat in ihrer Mitte gebildet7 • 797 Stratum II stellt einen um mehr als das Doppelte vergrößerten Neubau dar • Nach einer Wiederbenutzungsphase (Stratum III) ist Stratum IV zweifelsfrei nicht mehr judäisch798 • VgJ. WELTEN 1969, 170-172. Vgl. insgesamt GLUECK 1970, 106-137; DERS. 1977, 713-717; OLB 2, 279-288. 796 GLUECK 1970, 111-121; OLB 2, 282. 797 GLUECK 1970, 121-124; OLB 2, 283 798 GLUECK 1970, 124-137; OLB 2, 284-286; vgl. das edomitische Funktionärssiegel 1qws'nl 'bd h-mlk (spätes 7./Anfang 6.Jh. v.Chr.: GLUECK 1970,132. 134; HERR 1978, 164f. (Nr. 4). 794
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
!1. Königliche Funktionalorte und -bauten
Lage, Art der Baulichkeiten und die offensichtliche Handelsfunktion wie die Einzelfunde sprechen dafür, daß es sich kaum um eine Wohnsiedlung, sondern um einen festen Handelsstützpunkt gehandelt haC99 . Der erste Stützpunkt von Stratum I wurde früher Salomo zugeschrieben800 , der zweite von Stratum II Josafat801 , derjenige von Stratum III der Zeit Ussias und Jotams 802 . Letzteres würde recht gut zu der bereits beobachteten ökonomischen Aktivität auf landwirtschaftlichem Gebiet passen. Dieses weithin akzeptierte803 Bild, das auf der vor allem durch Glueck Gemeingut gewordenen Identifikation von Tell el-Iflefe mit Ezion-Geber sowie seiner Datierung der Strata und der Keramik beruht, muß aber wahrscheinlich korrigiert werden. Schon M. Weippert hat nach Untersuchungen von B. Rotheuberg gezeigt, daß der Hafen-Stützpunkt Ezion-Geber eher mit Gezlret Far'ün gleichzusetzen ist804 . Auf diesen Hafen wären die biblischen Belege von Salomo, Josafat und Ussia zu beziehen. Dann fragt sich, was Tell el-Iflefe war. Rothenberg bezweifelt aufgrundder Keramik des Tells, daß es auf der Ortslage, dessen früheste Schicht I er auf das Ende des 8. Jh. v. Chr. datiert805 , je eine judäische Siedlung gegeben hat. Das auf dem Tell gefundene Siegel eines gewissen ytm bezieht sich nicht zwingend auf Ussias Sohn noch belegt es sicher eine judäische Siedlung, wie Herr (o. A. 802) es auch als edomitisch eingestuft hat. Auszuschließen sind beide Deutungen freilich auch nicht. 2Kön 16,6 setzt das endgültige Übergehen von Elat z. Zt. des "Syrisch-Ephraimitischen Krieges" aus judäischer in edomitische Hand voraus. Wenn der israelitisch-judäische Handelsstützpunkt Ezion-Geber mit Gezlret Far'ün gleichzusetzen ist und nach biblischem wie archäologischem Befund806 mit dem 8. Jh. v. Chr. geendet hat und wenn schließlich Tell el-lflefe I mit dem 8. Jh. v. Chr. beginnt (Rothenberg), dürfte der Ort z. Zt. des aktiven Königs Ussia als Nachfolge-Stützpunkt von EzionGeber gegründet worden sein und mit Elat gleichgesetzt werden dürfen 807 . Freilich hat nach 2Kön 16,6 der judäische Stützpunkt Ussias Herrschaft nicht
lange überdauert, sondern ging, vielleicht im Zusammenhang der Bedrohung Judas im Syrisch-Ephraimitischen Krieg, endgültig für Juda verloren. Die Bedrohungen, die nur zeitweilige Benutzung und die Zerstörungen der Handelsstützpunkte und der endgültige Verlust wie auch 1Kön 22,48-50; 2Chr 20,35-37 zeigen, daß die judäischen Herrscher an den fernen Stützpunkten zwar interessiert waren, aber nicht viel Glück, vor allem kein dauerhaftes, mit ihnen hatten. Die von Jerusalem ca. 250 km (davon ca.170km Wüste/Steppe) entfernten Handelsplätze waren für Juda nur in günstigen Zeiten zu halten. Die Edomiter übernahmen nach dem Ausscheiden Judas die Handelshoheit am
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799 Für Str. I spricht GLUECK von "fortified depot", "sea-post" und "industrial complex" (1970, 116) in handelsstrategisch günstiger Position nach Süden (aaO, 111). 800 1Kön 9,26-28//2Chr 8,17, zu letzterem Text vgl. WELTEN 1973,37. 801 1Kön 22,49f.//2Chr 20,35-37, zu letzterem Text vgl. WELTEN 1973, 38f. 802 2Kön 14,22//2Chr 26,2 (zu letzterem Text WELTEN 1973, 38), vgl. GLUECK 1970, 124-127. Daß das Siegel eines gewissen ytm dem Sohn Ussias gehörte und vom Ortskommandanten in dessen Namen gebraucht wurde (GLUECK 1970, 125f.; DERS. 1977, 716), ist unwahrscheinlich (OLB 2, 283f.; zum Siegel vgl. HERR 1978, 163 , 1. H. 7.Jh. v.Chr., edomitisch!!). Man sollte an edomit. 3. m. sg. Impf. [KF] von TMM denken (E. A. KNAUF münd!.). 803 Vgl. in letzter Zeit z. B. AHARONI 1984, 356. 440; OLB 2, 281ff. 804 1971, 432f.; auch KNAUF 1988a, 2m. A. 4; DERS. 1988e, 72; DERS. 1990c, 469; FUNDER 1989. 805 ROTHENBERG/GLASS 1983, 75f. m.A. 33f.; vgl. auch DORNEMANN 1983, 125; PRATICO 1985; KNAUF/LENZEN 1987; KNAUF 1988a, 2m. A.4 (dort weitere Lit.). 806 Vgl. M. WEIPPERT 1971,433. 807 Vgl. KNAUF 1988e, 72; DERS. 1990c, 469.
Golf. Die abgelegene 808 Oase En-Gedi mit dem Tell el-Gurn hat am Ende der 809 Königszeit (E IIC, etwa ab 630 v. Chr.) Bedeutung gewonnen . Das späteisenzeitliche Fort Stratum V nahe (nordöstlich) der Quelle (quadratisch, 10 X 10 m)s1o diente sicherlich zunächst einmal dem Schutz der kleinen Siedlung, die durch die Herstellung kostbarer Salben und Parfum811 von hohem ökonomischem Wert war. Diese nicht für normalen Bevölkerungsbedarf bestimmten Produkte, die Festung selbst, phönizische Keramik und u. a. ein (Funktionärs>-)Siegel812 machen es sehr wahrscheinlich, daß die Siedlung eine königlich-ökonomische Funktionalortschaft spätestens Josias 813 und seiner Nachfolger war. Zunächst als wirtschaftlich bedeutende Siedlung durch das Fort auf dem Tell geschützt, könnte eine weitere späteisenzeitliche Festung auf hoher Kuppe über dem Tell (Mizpe En-Gedi), die vom polygonalen Grundriß und einem rechteckigen Gebäude etwas seitlich der Mitte her den Eindruck einer Fluchtfestung erweckt, Ergebnis eines zeitbedingt gesteigerten Sicherheitsbedürfnisses gewesen sein814 . Ob man den gesamten Siedlungskomplex als Grenz815 festungs-Funktionalort Josias (und seiner Nachfolger) bezeichnen sollte , scheint mir nicht sicher; die zweifellos zu schützende816 wirtschaftliche Funktion und Bedeutung ist dem gegenüber wohl primä~. Über die im 10. -8. Jh. v. Chr. gelegentlich von Davididen genutzten Häfen Ezion-Geber und Elat und den spätmonarchischen "Spezerei-Standort" EnGedi hinaus kann für Juda in diesem Zusammenhang nur noch mit Vorbehalt 808 Vgl. die bezeichnende Rolle als Rückzugsgebiet 1Sam 24,1 ff. 809 Zum archäologischen Befund B. MAZAR!DuNAYEVSKY 1964, 121-130; DIES. 1967, 133-143; B. MAZAR 1967, 223-230; DERS. 1976, 370-378; OLB 2,414-438. 8to Grundriß: OLB 2, 433 811 Dazu neben B. MAZAR 1976, 373f. vor allem OLB 2, 418-423. 812 1-'ryhw 'zryhw: OLB 2, 418; B. MAZAR 1976, 375; HERR 1978,94 (Nr.27, spätes 7.Jh. V. Chr.) . . . 813 Nach dem Fund eines lmlk-Stempels (WELTEN 1969, 92f.) hätte schon H1sk1a hter herrschaftlichen Einfluß ausgeübt und Interessen gehabt. Ob man auch das Fort von Str. V auf die Hiskiazeit datieren kann, vermag ich nicht zu entscheiden. 814 Grundrißzeichnung: OLB 2, 437 815 So anscheinend OLB 2, 418. 816 Z.B. vor Edomitereinfällen von Süden (nach 700v. Chr.), vgl. Ez 35,5. 10. 15.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
auf eventuelles königliches Engagement an lokaler Wirtschaft in Debir (Schreibmaterialproduktion) 817 , Tell Bet Mirsim (Öl-Produktion) (?)818 und Bet-Schemesch (landwirtschaftliche Produkte, Wein?)B 19 hingewiesen werden (vgl. Karte 1). Für das Nordreich ist (noch) wenig( er) an evtl. königlichen Funktionalorten auf ökonomisch-"industriellem" Gebiet bzw. Häfen zu finden. Man kann begründet annehmen, daß Dor 820 und - mit größerer Unsicherheit - Tell elQasfle821 di~jenigen Seehandelsplätze waren, mit denen das Nordreichskönigtum koopenerte, wenngleich eindeutige archäologische und textliche Belege für Dor al~ königlic~ dominierten Seehandelsplatz fehlen. Bei Tell el-Qasfle gibt es keramische Beziehungen zum israelitischen Binnenland sowie zwei dies unterstützende Ostraca aus E IIC. Das alles muß keine königliche Dominanz a~ c:>rt be~~uten.' Immerhin ist ein königlicher Handelsstützpunkt im Ort ~og~Ich, f~eihch mcht ?achgewiesen. Ob es Königen des Nordreiches gelungen Ist, m Je~Icho, z. B. m der omridischen Zeit im Zusammenhang mit dem Versuch emes Ausbaus als Zwischenstützpunkt 822 , auch ökonomischen Einfluß zu gewinnen und d~n ~andel mit dem Ortsprodukt BalsamB23 (wenn ja, in ':elchem Ausmaß?) m die Hand zu bekommen, darüber kann man nur spekulieren; Ez 27,17 mag ein Hinweis in dieser Richtung sein (vgl. Karte 3). Es bleibt festzuhalten: Zu verschiedenen Zeiten bemühte sich das davididische Königshaus mit wechselndem Erfolg um den Fern(see)handel von Ezion-Geber und Elat aus. Der Erfolg in gesamtwirtschaftlicher Hinsicht war bescheidener als die glanzvolle Darstellung der entsprechenden Aktivitäten Salomos vermuten läßt. Fern(see)handel war jedenfalls in monarchischer Zeit Israels immer Sache der 824 Herrscher . Für die Landesökonomie Judas insgesamt waren Häfen, Fernh~ndel .. u~d "Indust.rie" von untergeordneter Bedeutung, was die wenigen emschlagigen Funktionalorte zeigen. Wenn man vom evtl. zweifelhaften salomonischen Zwischenhandel mit Pferden und Wagen absehen muß82s bleiben vom ~öniglichen Fernhandel die Einfuhr von Luxus-, Repräsentati~ns- und Prestigegütern (1Kön 5,20ff.; 10,22) und die Ausfuhr landwirtschaftlicher Pr.odukte (1Kön 5,25; Ez 27, 17), seit spätmonarchischer Zeit auch von Spezereien (Ez 27,17). Alles das bleibt in seiner wirtschaftlichen Bedeutung auf die Palastökonomie und Prestigewirtschaft im weiteren Sinne begrenzt, ist freilich 817
S.o. S. 110 mit A. 492-496 S. o. S. 111 mit A. 500-504 819 S.o. S.l16mitA. 537f. 820 S.o. S. 135f. mit A. 614-618 821 S.o. S. 141 mit A. 647f. 822 S.o. S. 143f. mit A. 665-667 823 OLB 2, 493 824 Vgl. KNAUF 1985a, 16 825 Vgl. die bedenkenswerten Erwägungen zu 1Kön 10,28f. bei WüRTHWEIN 1985, 128-129; ScHLEY 1987; GARBINI 1988, 31; KNAUF 1991 b, 178f. 818
!I. Königliche Funktionalorte und -bauten
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in seiner ideell-ideologischen Bedeutung für die Herrschaftslegitimation ungeachtet des Umfangs nicht zu unterschätzen! Nur wenige vermutliche Felder wirtschaftlichen Engagements des Königtums sind daneben zu nennen, wahrscheinlich bei der für eine Herrschaftsausübung wichtigen Herstellung von Schreibmaterial (Debir), vielleicht innerhalb lokaler Ölproduktion (Tell Bet Mirsim) und vielleicht in landwirtschaftlicher (Wein-> )Produktion (BetSchemesch). Über die nur begrenzt faßbare Krongutwirtschaft des Nordreiches hinaus kann man dort lediglich Handelsengagement in den Seehandelsplätzen Dor und (unsicherer) Tell el-Qasfle vermuten. Fernhandel dürfte von den Nordreichskönigen zeitweilig über die Relation Samaria- Damaskus (1Kön 20,34), sonst durch die beiden Seehandelsplätze und durch Vermittlung der Phönizier gelaufen sein. Die ökonomische Bedeutung für das Nordreich insgesamt ist schwer abzuschätzen. Es ist aber wahrscheinlich, daß die wirtschaftliche Bedeutung dieses königlichen Handels wie im Südreich wenig über die Palastökonomie und Prestigewirtschaft hinausreichte und die lokalen Märkte der Bevölkerung nur am Rande berührt hat.
B) Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel
B) Recht und Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel Es ist für eine Gesellschaft und ihre Herrschaftsstruktur von wesentlicher Bedeutung, wie ihre Rechtsprechung organisiert ist, in wessen Hand die Rechtsprechung liegt, wie die Durchsetzung der Rechtssanktionen geschieht und we~che Mechanismen dafür zur Verfügung stehen. Ebenso wichtig ist die Existenz und Art des der Rechtsprechung zugrundeliegenden Rechts und Rechtsbewußtseins sowie die allgemeine Akzeptanz des gegebenen Rechts und der Gerichtsorganisation. . In die~er Arbeit geht es nicht um diesen Gesamtkomplex und auch nicht um d~e te~thchen und traditionalen Grundlagen des israelitischen Rechts, ihre histonseh-gesellschaftliche Entwicklung und ihre Wurzeln, auch im Vergleich zu den Umweltgesellschaften1 , sondern vielmehr um die Rechts- bzw. Gerichtsorganisation und ihre Entwicklung. Diesem Fragenkomplex sind in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von Untersuchungen gewidmet worden 2 , die neuestens von Niehr kritisch gesichtet und aufgrund eigener umfassender U.ntersuchungen zur hebräischen Wurzel SP'[ zu einem Gesamtbild der Entwicklung der Gerichtsorganisation in Israel geführt worden sind3 . Meine eigenen Vo~untersuch~n~en ~ber die .alttestamentlichen Texte zur Entwicklung der G~r~ch.tsorgamsatwn m Israel zielten auf die Hauptfrage nach Existenz und Art k?mghcher Rechtsprechung und Gerichtsorganisation in ihrer Einwirkung auf die Rechtsprechung und Gerichtsorganisation der durchschnittlichen israelitische_n Sta.dt, m. a. W.: Gab es eine königliche Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel gegenüber und in den israelitischen Ortschaften? Wenn ja, ab wann und durch wen wurde königliche Gerichtsorganisation in den Ortschaften repräsentiert, auf welcher Basis funktionierte sie und welche Gebiete der Rechtsprechung betraf sie? Es hat sich ergeben, daß meine Quellenuntersuchungen zur Beantwortung der genannten Hauptfragestellung in fast allen Punkten zu ähnlichen bzw. gleichen Ergebnissen gelangt sind wie die mir während der Erstellung der Endfassung bekannt gewordenen Arbeiten Niehrs. 1.
V gl. zuletzt u. a. HossFELD 1982; zur Rechtsgeschichte und zum Rechtsvergleich in letzter Z~tt bes. ?rr~ 1987a; DERS. 1988a; DERS. 1988b; DERS. 1988c Geweils mit ausführlichen Ltteraturhmwetsen). 2 Nach den im~er noch lesenswerten Aufsätzen von ALT 1934 = 1953, 278ff.; DERS. 1955 = 1968, 348ff. sowte KöHLER 1953= 1980, 143ff.; HORST 1956 = 1961, 260ff. vgl. zuletzt bes. ßOECKER 1976; MACHOLZ 1972a; DERS. 1972b; WHITELAM 1979. 3 NJEHR 1987a; Vorarbeiten: DERS. 1986; DERS. 1987b
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Im Interesse einer strafferem Darstellung mag es daher genügen, die die bisherige Diskussion umfassend aufarbeitenden Thesen Niehrs, ergänzt durch eigene Ergebnisse, kritisch darzustellen. Die hauptsächlichen Leitfragen für diese Arbeit sind- präzisiert - folg~nde: _ Gab es mit der Etablierung des Königtums in Israel Veränderungen m der Gerichtsorganisation und wenn ja, welche? Hatten sie Auswirkungen auf die Gerichtsautonomie der Ortschaften? _ Wie sind im Rahmen der Entwicklung der Gerichtsorganisation die beiden _ allerdings nicht unumstrittenen - "Rechts- bzw. Gerichtsreformen" Moses (Ex 18,13-27) und Josafats (2Chr 19,5-11) zu beurteilen? . In weitgehender Übereinstimmung mit der bisherigen Forschu~g hat Nieh~ herausgestellt, daß es im vormonarchischen Israel eine auß~rgentile un~ ~W~I gentile Formen der Rechtsprechung gab, diejenige durch Pne~~er an He~hgtu mern sowie diejenige des pater familias innerhalb der Familie und die der Sippenältesten4 • Die Entstehung des Königtums stellt insofern tatsächlich eine Zäsur darS, als 6 mit ihm neue Bereiche der Rechtsprechung und neue Rechtsfälle auftauchen : Der königliche "Haushalt" im weiten Sinne (byt) einschließli~h des Kron~utes, Kriegs- und Heeresangelegenheiten einschließlich der königheben FunktiOnalorte, Angelegenheiten der Herrschaft (Auseinandersetzungen um Kronko~ 7 kurrenten u. ä.). Diese Zäsur darf aber nicht überschätzt werden • Es I~t nämlich zu beachten, daß, wie noch zu zeigen sein wird, für den größten Teil der Königszeit die königliche Gerichtsbarkeit sich eine~seits w~itestgeh~nd auf königliche Angelegenheiten beschränkt, auf des Kömgs Genchtshoheit als freilich den normalen Bereich eines pater familias weit übersteigender - Herr seines byt und als Heeresführer8 begrenzt ist, also keine Konkurrenz zur Ortsgerichtsbarkeit darstellt9, andererseits allerdings tats.äch~ich dieser große und umfassende, im Laufe der Zeit noch wachsende Bereich m zunehmendem Maße Ausgangspunkt von potentiellen Streitfällen wurde, die zwischen dieser 4 NrEHR 1987a, 39ff.; vgl. auch BoECKER 1976, 21ff.; WHITELAM 1979, 39ff.; zum Problem eines vormonarchischen "Richteramtes" vgl. NIEHR 1986, 127ff.; DERS. 1987a, 55ff.; WHITE-
LAM 1979, 47ff. s Vgl. NIEHR 1987a, 58. 6 NIEHR 1987a, 58f.; vgl. auch ALT 1955 = 1968, 365; MACHOLZ 1972~; ßOECKER 19?6, 32ff.; WHITELAM 1979, 220. Daß mit der Entstehun~ des Königtums et~ Rechtsberetch "Abgabenforderungen des Königtums" aufgetaucht set (NIEHR 1987 ~· 58) tst aufgrund d~r berechtigten Zweifel an einem königlichen Abgabensystem (RüTERSWORDEN 1985, 127ff.) mit großer Zurückhaltung zu beurteilen. 7 NIEHR 1987 a, 58 u. passim. .. . . s Königliches byt meint hier immer Krongut, Besitz in/von Residenzen und komghchen Funktionalorten; vgl. NIEHR 1987a, 67-71. 91f.; vgl. ALT 1955 = 1968, 365. 367; MAcHOLZ 1972a, 162ff. 175ff.; ßOECKER 1976, 32ff. 9 NIEHR 1987a, 84f.; vgl. auch ALT 1934 = 1953, 289. 299; DERS. 1955 = 1968, 365-369; KöHLER 1953 = 1980, 160; HoRST 1956 = 1961, 263; MACHOLZ 1972a, 168(ff). 177(ff); ßOECKER 1976, 34; anders WHITELAM 1979, 181f. 184. 220.
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B) Gerichtsorganisation alsHerrschaftsmittel
B) Gerichtsorganisation alsHerrschaftsmittel
königlichen Sphäre und einem oder mehreren Angehörigen der Bevölkerung entstehen konnten 10 • Je mehr der königliche Bereich kumulierte, desto häufiger konnte es naturgemäß zu Konflikten kommen. Das war verständlicherweise bei der kontinuierlichen Dynastie des Südreiches stärker der Fall als im Nordreich. Diese Voraussetzung für eine (wenn auch nicht strukturell) unterschiedliche Entwicklung in beiden Reichen ist in der bisherigen Forschung, auch zuletzt bei Niehr, m.E. nicht genügend beachtet worden. Im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklung hat Niehr mit Recht seit Beginn der Monarchie eine allmähliche Beschränkung der Jurisdiktionsgewalt des pater familias zugunsten der Ältestengerichtsbarkeit herausgearbeitet 11 • Zugleich meint Ni ehr, daß die Ältesten politisch unter der Monarchie zunehmend entmachtet worden seien, aber ihr Einfluß im Bereich der Rechtsprechung dafür auf Kosten des paterfamiliaszugenommen habe 12 . Letzteres ist wohl richtig, aber die Auffassung von einer politischen Entmachtung der Ältesten wird man mit Vorsicht zu betrachten haben. In diesem Zusammenhang muß auf einen wichtigen Unterschied der Entwicklung im Südreich bzw. Nordreich hingewiesen werden, der sich aus meinen obigen Untersuchungen ergeben hat 13 • Danach kann man im Südreich eine der kontinuierlichen Herrschaft des David-Hauses entsprechende kontinuierlich wachsende Kooperation von Teilen der Lokalelite (srym) mit dem Königshaus annehmen, wobei zwar nicht alle diese Elitäre als Funktionäre dem König gedient haben dürften, aber doch in einer Interessenübereinstimmung mit dem Königshaus standen und so einer gesellschaftlichen Spaltung innerhalb der Ortschaften mindestens Vorschub leisteten 14 . Von einer politischen Entmachtung kann man insofern aber nicht pauschal sprechen, eher von einer politisch und ökonomisch bedingten Zunahme der Macht von Teilen der Lokalelite, die durch ihre Beziehungen und Interessenübereinstimmungen mit dem Herrscherhaus und damit gewon-
nenes Prestige sowie evtl. verliehene Güter auch größeren gesellschaftlichen Einfluß in lokalen Angelegenheiten einschließlich der Rechtsprechung gewannen. Im größeren und differenzierteren Nordreich undangesichtsder diskontinuierlichen dynastischen Entwicklung dort waren einer vergleichbaren Entwicklung von vornherein Grenzen gesetzt. Ansätze sind jedenfalls nur im Umland von Samaria festzustellen 15 . Niehr stellt mit Recht fest, daß das Königtum in Israel naturgemäß bestrebt 16 war, seine Herrschaft auch durch den Bereich der Rechtsprechung zu stärken und zu legitimieren 17 . Das geschah, wie Niehr richtig betont, zunächst ausgehend von der königlichen Gerichtsautonomie im eigenen, relativ geschlossenen byt: Der König als pater familias im umfassenden Sinne 18 und als Führer des Heeres in Kriegs- und Verteidigungsangelegenheiten19 . Auf diesen Gebieten ist im Laufe der Königszeit zweifellos eine wenigstens partielle Delegierung der königlichen Rechtsprechungskompetenz auf königliche Fun~tionäre festz~ stellen2o, aber, wie gesagt, zunächst immer innerhalb des königlichen byt und m Kriegsangelegenheiten. . Es gibt jedoch vom Beginn der Monarchieperiode an verständlic~erwe1se Konfliktfälle, die zwischen dem königlichen Bereich und Angehöngen der Bevölkerung entstehen. Hier entscheidet der König entweder selbst oder zunehmend durch seine Funktionäre21 • Dabei ist zu beachten, daß die Trennung zwischen der Rechtsprechung innerhalb des königlichen byt und der autonomen Ortsgerichtsbarkeit schon dadurch (besonders in Juda) zunehmend durch-
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10 NIEHR 1987 a, 58. 66ff.; vgl. immer noch ALT 1955 = 1968, bes. 365ff. und jetzt MACHOLZ 1972a, 162ff. 170ff.; BOECKER 1976, 38. 11 NIEHR 1987a, 60ff. 63ff. Dabei ist zu unterstreichen, was bei NIEHR nicht deutlich genug herausgestellt wird, daß diese Verschiebung mit der soziapolitischen Entwicklung der kleineren Sippen- bzw. Familiensiedlungen der EI zu territorialen Ortsgemeinden ab Anfang der E II zusammenhängt (vgl. u. a. Orro 1986; STAGER 1985) und nicht auf eine königlich verursachte Gesellschafts-Umstrukturierung zurückgeht. Daß dies allmählich vor sich ging, muß ebenfalls stärker als bei NIEHR geschehen unterstrichen werden, wie auch die von NIEHR in diesem Zusammenhang angeführten Belege auch dtr. Herkunft sind, also aus exilischer Zeit stammen; wenn sie bzw. falls sie auch spätmonarchische Zustände spiegeln, ist ihr Alter in die Königszeit hinauf kaum abschätzbar (vgl. WEINFELD 1977, 86-88), zumal die Dtn-Texte auch utopisch-programmatische Elemente enthalten statt nur eingebürgerte feste Bräuche (s. den "theoretischen Monotheismus" in Dtn 4,1-40 sowie Dtn 17,14-20 , vgl. KAISER 1984, 132ff.; weitere Beispiele KNAUF 1990e, 12-14). Zur Sache vgl. auch u. (Kap. C) S. 241 mit A. 305 (Lit.!). 12 NIEHR 1987 a, 63(ff), aber auch die vorige Anm. 13 S.o. Kap. A, S. 47-56 mit A. 194-228 14 Vgl. ansatzweise auch NIEHR 1987 a, 64 und z. B. schon ALT 1955 = 1968, 365 ff. 370ff.
1s S.o. Kap. A, S. 77-86 mit A. 371-399 . . 16 NIEHR 1987a, 72. 77ff. Das ging aber (gegen NIEHR) mcht allem auf Kosten der Oberschicht vor sich (aaO, 72), sondern z. T. eben in Kooperation ";i! ihr (vgl. ?· S. 176 ~: A. 14); Zusammenstellung von Belegen zur Benutzung des "Rechts' m Machtsicherungsfallen bei MACHOLZ 1972a, 162ff. 170ff. 176f. 11 Dazu s. u. S. 182f. mit A. 47. 18 Vgl. o.A. 8; NIEHR 1987a, 67-71. 77ff.; ALT 1955 = 1968, 365(ff); .zu den Fällen der (Un-)Rechtsanwendung der Könige zur Sicherung ihrer Herrschaft und Ihres Besitzes vgl. auch MACHOLZ (o. A. 16); BOECKER 1976, 21 f. 34. 19 Vgl. MACHOLZ 1972a, 173f. 176f.; BOECKER 1976, 33f.;.WHIT.ELAM 1~79, 170; .N~~HR 1987a 67-69. In der Konsequenz lehnt NIEHR es ab, den Kömgen eme GenchtshoheJt uber die R~sidenzorte zuzugestehen, wo vielmehr eine normale Älte~tengerichtsbarkeit ~e~ta.nden habe (aaO, 72 -76); wenn aber Samaria als Residenz im wesen~hchen nur ~us den: komglichen Palastbestand (s.o. S. 139f. m.A. 640-642), also dem "königlichen Haus (byt) 1m u~fassen den Sinne, war der König in Samaria doch als "Hausherr" zugleich Gerichtsherr Sam.an~~; ~g~. zur Frage der Gerichtshoheit in den Residenzen auch HoRsT 1956 = .. 1~6~, 263 (k~zn komgl~ ches Stadtrecht in Jerusalem und Samaria); MACHOLZ 1972a, 176 (komghche GenchtshoheJt in den Residenzen, aber für Jerusalem fehlen Belege); im Prinzip wie MACHOLZ auch schon ALT 1954 = 1968, 258ff.; BoECKER 1976, 34f.; vgl. auch gegen die These ALTS von den Stadtstaaten" Jerusalem und Samaria in der israelitischen Eisenzeit BuccELLATI 1967, 162ff.; ScHÄFER-LICHTENHERGER 1983, 381ff. 20 NIEHR 1987a, 72ff. Slff.; vgl. auch BoECKER 1976, 35. Das wird besonders Krongut und königliche Funktionalorte betroffen haben (vgl. auch u. S. 178f. mit A. 29). 21 NIEHR 1987 a, 81 ff.
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B) Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel
B) Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel
brochen wird, daß nicht nur - wie gesagt - in wachsendem Maße Konfliktfälle
Königtums im Südreich einhergeht29 • Schon früher ist angenommen worden30 , daß die Aufhebung lokaler Kulte und deren priesterlicher Gerichtsbarkeit ein gewisses juristisches Vakuum verursachte wie vermutlich von Josia neben der kultischen Zentralisierung auch eine administrative Zentralisierung geplant gewesen sein mag31 . Der Ersatz für das juristische Vakuum in den Ortschaften durch die Heiligtumsaufhebungen mußte aber in der Konsequenz der Kultzentralisation in einer "säkularisierten" Rechtsprechung in den Orten bestehen. Dies zeigt sich in verschiedenen Texten der Josiazeit und im Deuteronomium wie in der Einrichtung der in diesen Zusammenhang gehörenden Asylstädte 32 . Dabei kann, wie Niehr ansprechend vermutet, die zivil-juristische Entwicklung die kultische Zentralisation überholt haben33 , läßt sich doch Altüberliefertes im kultischen Bereich mit seinem großen Beharrungsvermögen, wie die Religionsund Kulturgeschichte zeigt, ungleich schwerer (radikal) umformen als ziviladministratorische Einrichtungen. Niehr hat textliche und archäologische Belege einer verstärkten königlich beeinflußten wie -in den königlichen Funktionalstädten - auch direkt in königlichen Auftrag ausgeübten Rechtsprechung zusammengestellt34 . Weitere Belege bei Niehr - wenn sie denn tatsächlich spätmonarchische Realitäten und nicht doch erst exilische Idealvorstellungen spiegeln - lassen einerseits eine beachtliche Beteiligung des 'm h- 'r~ bei der Ortsgerichtsbarkeit erkennen, während andererseits, so Niehr, die königliche Initiative "von oben" deutlich bleibe, etwa bei dem Bestreben, Richter, die hier erstmals in der Geschichte Israels Berufsrichter seien35 , zum Zwecke der Schaffung größerer Objektivität und überlokaler Unparteilichkeit der Rechtsfindung einzusetzen36 - m. E. natürlich auch als Mittel der Herrschaftslegitimation auf dem gesellschaftlich so wichtigen Gebiet der Gerichtsorganisation.
z~ischen Königsbereich und Bevölkerung auftreten, sondern königliche srym mcht d~r~hw.eg nur Funkt~onäre des Königs sind, sondern nicht selten zugleich Angeh~nge Ihrer Lokalehte bleiben 22 , wenn auch mehr oder weniger interessenmäßig, also soziapolitisch auf seiten des Königtums stehen was eine indirekte Einwirkung der gesellschaftlichen Oberschicht einschließiich des Königtums auf die ökonomische Struktur der Ortschaften bedeuten dürfte. Damit ist aber die .Grundl~ge gelegt fü~ eine allmähliche Auswirkung dieser soziapolitischen Differenzierung auf die lokale Gerichtsorganisation23. Grundsätzlich stand die Ortsjustizjedoch lange weitgehend unabhängig neben der des königlichen Bereichs24 . In den Zusammenhang dieser ersten, von Niehr mit Recht herausgestellten Neuerung ~it. dem ~önigtu~ gehört es auch, daß die Justiz von Anfang an durch das Komgtum m verschiedenen Fällen innerhalb des engeren königlichen B~reichs (Aus~~haltung von Kronkonkurrenten und anderen Gegnern u. ä.) als Mittel der politischen Stabilisierung der Herrschaft benutzt wurde wobei es nicht selten scheinlegal zuging, ja, man von Rechtsbeugung sprechen mußzs. Trug also die königliche Rechtspraxis bei Fällen innerhalb des Königshauses im umfassen.den Sinne wie ?ei diesen von außen, von der Bevölkerung her berührenden ~ällen ebenso wie der Rechtseinfluß und die Rechtspraxis der entstehenden Innerlokalen Eliten gemeinsam nicht unwesentlich zur krisenhaften Entwicklung besonders des 8. Jh. v. Chr. bei, und kann von einer Konkurrenz königlicher und lokaler Gerichtsbarkeit lange keine Rede sein eher von einer bereichsspezifischen Komplementarität26, fand die zweite we~entliche Neue~u~g i~ monarchischer Zeit nach Niehrs Analyse 27 im Zusammenhang mit den JOSiamsch~n Ref~rm- und Zentralisierungsbestrebungen statt. Ni ehr hat dargelegt, daß die kultische Zentralisation z. Zt. Josias mit der (geforderten) Aufhebung lokaler Kulte, deren reales Ausmaß allerdings möglicherweise von der deuteronomistisc~en Darstellung übertrieben wird 28 , tatsächlich wohl nur langsam vonstatten gmg und - was hier wichtiger ist - mit einer auffallenden Häufung von Belegen juristischen Handeins von srym und Militärführern des
22
.. S. o. Kap. A, S. 27ff. mit A. 105ff.; S. 47ff. mit A. 194-228; das hat NIEHR nicht genugend beachtet. 23 NIEHR 1987 a, 8lff.
.~
4
Vgl. NIEHR 1987a, 84f. und schon ALT 1934 = 1953,289. 299; DERS. 1955 = 1968, 365(ff); KüHLER 1953 = 1980, 160; HORST 1956 = 1961, 263; MACHOLZ 1972a, 168-177f. 181; DERS. 1972b,329 A. 31. 331; BOECKER 1976, 32. 34; anders WHITELAM 1979, 184. 205f. 220 25 NIEHR 1987a, 77-80. NIEHR 19~7a, 84f.; schon ALT 1955 = 1968, 365-369; HoRST 1956 = 1961, 263; MACHOLZ 1972a, 178 spncht von Weiterentwicklung(?). 27 1987 a, 87 ff. 28 Mit NIEHR 1987a, 90 und SPIECKERMANN 1982, 30ff. 26
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29 V gl. NIEHR 1987 a, 91 ff. 95. Erster epigraphischer Beleg einer Rechtsentscheidung durch einen königlichen Funktionär (sr) erst unter Jojakim (WENNING 1989; anders noch NIEHR 1987 a, 91f.)! , 30 Belege bei NIEHR 1987 a, 89f. (neben den dort Genannten vgl. auch noch KöHLER 1953 = 1980, 165-168). Mit Recht vorsichtig abwägend DONNER 1986, 343ff. 3! Vgl. HORST 1930 = 1961, 129f., zustimmend NIEHR 1987a, 89; vgl. auch CLABURN 1973, 11-22. 32 Vgl. NIEHR 1987a, 89f. 95ff. mit Nachweisen; zur Einrichtung der Asylstädte in dieser Zeit vgl. auch HoRST 1956 = 1961, 273. 33 NIEHR 1987 a, 91. 34 NIEHR 1987 a, 91ff. 35 Vgl. neben NIEHR 1987 a, 94ff. auch RüTERSWÖRDEN 1985, 112f. und aaO, 109-111; auch der srys ist kein Berufsrichter (gegen WHITELAM 1979, 183f. mit RüTERSWÖRDEN 1985, 96-100) ;, gegen die Existenz von "beamteten" Berufsrichtern schon mit Recht ALT 1934 = 1953,289. 36 1987 a, 94ff. (Belege: neben Zeph 3,3 vgl. Dtn 16,18; 25,1-3; 19,16-21; 21,1-9); vgl. zu Dtn 16,18-18,22 zuletzt RüTERSWÖRDEN 1987, bes. 89-105. Angesichts der unabgeschlossenen Diskussion um die Datierungsfragen des Sachkomplexes "Deuteronomium" (vgl. andeutungsweise die Lit. in Kap. C, Anm.305) ist aber zu fragen, ob und wie weit die deuteronorniseben Belege für die Josiazeit relevant sind, wie weit sie exilische Idealvorstellungen oder (auch?) spätmonarchische Realität zeigen. Zeph 3,3 hat auch eher eingeschränkten Beweis-
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B) Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel
B) Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel
Noch deutlicher sieht Niehr freilich die königliche Initiative dieser Rechtsreform beim priesterlichen Gericht, das im Rahmen der Kultuszentralisation konsequenterweise in Jerusalem etabliert werden soll (Dtn 17,8-13)37 • Was die sogenannte Rechtsreform J osafats nach 2Chr 19,5-11 betrifft38 , zeigt Niehr39 , daß es sich um eine "historische Fiktion" des Chronisten handelt, um chronistisches Sondergut im Rahmen des Chronistischen Topos "Volksbe-
lehrung" 40 • Dabei sollte freilich nicht von einer "reinen Fiktion" 41 gesprochen werden, die um des Namens "Josafat" willenerfunden worden sei42 • Historischer Ausgangspunkt ist die Reform Josias, die sich in Dt 16,18; 17,8-13 literarisch niedergeschlagen hat 43 • Es dürfte m. E. angemessener sein zu sagen, daß in Israel eine Entwicklung der Gerichtsorganisation tatsächlich stattgefunden hat, die in der "tertiären" Geschichtsschreibung der Chronik44 wegen seines Namens historisch auf J osafat fixiert worden ist45 • Als vergleichbaren, theologisch bedingten Vorgang der Anknüpfung einer rechtlich-rechtsorganisatorischen Entwicklung an eine Person der Frühzeit, freilich ohne die namentliche Anknüpfungsmöglichkeit, kann man die Darstellung in Ex 18,13-27 betrachten, wo im Kontext des seit spätmonarchischer Zeit durch das Deuteronomium (und das nachexilische Heiligkeitsgesetz) wiedererwachten Interesses an Mose als Gesetzeslehrer und -vermittler zu seiner Glorifizierung und Idealisierung die realen Ereignisse bzw. Planungen der Josiazeit rückprojiziert worden sind46 • Für die konkrete Fragestellung dieser Arbeit ergibt sich aus der vorstehenden Skizzierung der Entwicklung der Gerichtsorganisation in Israel folgendes: Rechtsprechung und Gerichtsorganisation waren im Südreich bis Josia kein königliches Herrschaftsmittel; die Ortschaften des Landes blieben rechtlich weitestgehend autonom. Wo Streitfälle zwischen dem königlichen byt und Angehörigen der Bevölkerung der Ortschaften anhängig waren, geschah die gerichtliche Klärung durch den König bzw. zunehmend durch königliche Dele-
wert, weil es sich um einen durchaus nicht notwendig für den landjudäischen Gesamtbereich repräsentativen Beleg aus der Residenz Jerusalem handelt. 37 1987a, 99f. (nicht Ober- bzw. Appellationsgericht, sondern für Fälle, die mit normalen gerichtlichen Mitteln nicht lösbar sind); vgl. auch BoECKER 1976, 40, aber auch die vorige Anm. 38 Bei dem respektablen Aufwand an Scharfsinn und Kombinatorik bei MACHOLZ (1972b) zum Versuch des Nachweises der Historizität besteht das Problem, daß er dabei und damit von dem ausgeht (der Historizität), was erst zu beweisen ist. Der in Frage stehende Text 2Chr 19,5-11 ist der einzige, der für das Problem einer zu beweisenden Historizität zur Verfügung steht und kann damit nicht selbst Beweismittel sein. Wenn MACHOLZ seine Historizität so zu beweisen sucht, daß er die angebliche Justizreform als Knotenpunkt und Höhepunkt einer auf der Grundlage dieses Textes angenommenen Gerichtsorganisationsentwicklung behauptet, benutzt er ein Zirkelschlußverfahren. Der Text in 2Chr 19 sagt bei unvoreingenommener Betrachtung nichts von einer Justizreform, sondern lediglich (a), daß Josafat in Funktionalorten Richter einsetzte; das ist ein Vorgehen, das im Rahmen der königlichen Funktion in königlichen Funktionalorten immer anzunehmen ist, es besteht keine Notwendigkeit, es auf einen König zu fixieren. (b) Der Text sagt, daß Josafat in Jerusalem eine priesterliche Rechtshilfe-Instanz einrichtet für schwierige Fälle, für die es in zeitlicher Verbindung zu Josafat sonst keinen textlichen oder sonstigen Beleg gibt, die sich aber zwanglos aus Josias Aufhebung der Heiligtümer im Lande geradezu als Notwendigkeit und politisch-herrschaftliche Konsequenz ergibt. Auch hier ist eine Fixierung auf Josafat weder beweisbar noch wahrscheinlich. Der Weg, den historischen Ausgangspunkt bei Josias Reform und Zentralisation zu nehmen (zuletzt NIEHR), vermeidet den obigen Zirkelschluß und hat m. E. alle historische Wahrscheinlichkeit für sich; zudem erklärt sich die Chronistische Darstellung aus der historisch-typologischen Darstellung des Chronisten aufs beste. Ebensowenig haltbar ist WHITELAMS Versuch, die Historizität einer Justizreform Josafats zu begründen (1979, 185ff.), von der, wie gesagt, im Text auch keine Rede ist (MACHOLZ betonte immerhin, daß die Reform nur innerhalb der königlichen Rechtsprechung stattfand und keine Neuerung war, wenn er ihr auch im gleichen Atemzug große Wirkung bescheinigt und sie als Kulmination der Entwicklung bezeichnet). Die Auslassung der Josafatreform im Dtn und die Zurückverlegung in die Mosezeit so zu begründen, daß eine Rechtsreform theologisch nicht im dtn Rahmen tragbar sei, ist kaum überzeugend, wenn man die Idealisierung Salomos (auch) im Rechtsbereich danebenhält, die gerade WHITELAM betont. Ebensowenig zwingend ist WHITELAMS Auffassung, die Kritik der Propheten des 8. Jh. v. Chr. setze eine Reform mit installierten Berufsrichtern voraus. Seine Auffassung, die Justizreform Josafats sei Teil seiner Religionsreform, entfällt, nachdem SPIECKERMANN 1982, 160ff., bes. 184-189, einer religiösen Reform Josafats den historischen Boden entzogen hat. 39 1987a, 121f.; begründete Zweifel an der Historizität einer Justizreform Josafats äußerten U. a. nach WELLHAUSEN 1886, 196f. auch schon GALLING 1954, 124-126; RUDOLPH 1955, 256-258; Mosis 1973, 177 A. 22; WELTEN 1973, 184f.; WEINFELD 1977, 65ff.; RüTERSWÖRDEN 1985, 111f.; DoNNER 1986, 250f. m. A. 19; vgl. auch SPIECKERMANN 1982, 187-189; zurückhaltend WILLIAMSON 1982, 287ff.
40 Vgl. bes. RuDoLPH 1955, 256 ("Sonderfall der ,Bekehrung des Volkes"'); WELTEN 1973, 184f.; NIEHR 1987a, 121f. 41 Zum Begriffvgl. OEMING 1984; NIEHR 1987 a, 118-124. 42 So GALLING 1954, 126. WELLHAUSEN 1886, 197 sagte allerdings, "der Grund, warum vorzugsweise der letztere zu diesem Werke ausersehen wird, liegt einfach in seinem Namen'', dachte also an den Namen als Anknüpfungspunkt einer spä~rren Entwicklung der Gegenwart des chronistischen Autors, sprach aber nicht ausdrücklich von Erfindung oder Herausspinnen aus dem Namen. 43 So NIEHR 1987 a, 122, der weitere Vertreter dieser Auffassung nennt; vgl. auch GALLING 1954, 126. WILLIAMSoN 1982, 289 hält dagegen die wesentlichen Elemente der "Justizreform" im Chroniktext für älter als die dtn. Belege(?). 44 WILL! 1972,241. 45 So nach WELLHAUSEN 1886, 197; RUDOLPH 1955, 257 jetzt NIEHR 1987a, 122; es handelt sich um ein in der Chronik nicht unübliches Verfahren (RüTERSWÖRDEN 1987, 116 A. 62). Für ein lexikalisches Argument, das die Richterernennungen in 2Chr 19,5.8 als nachexilisch erweist, vgl. WEINFELD 1977, 65 m. A. 4. 46 NIEHR 1987a, 123f., z.B. gegen SCHÄFER-LICHTENBERGER 1985. WEINFELD 1977, 65ff., bes. 86..:.88 weist darauf hin, daß eine genaue historische Fixierung der Verhältnisse in Ex 18,13ff.; Dtn 1,9ff.; 16,18-20; 17,8-13; 2Chr 19 kaum möglich sei, da solche grundlegenden juristischen Prozeduren/Institutionen immer im Alten Orient vorauszusetzen seien. So verwundert nicht die verschiedene zeitliche Ansetzung von Ex 18,13ff. in der Davidzeit (ScHÄFER-LICHTENBERGER 1985), in dtr. (spätmonarchisch-exilischer) Zeit (ZENGER 1978, 188) und zuletzt, vielleicht am wahrscheinlichsten, in der Jerusalemer Bürger-Tempel-Gemeinde der Perserzeit (KNAUF 1988 a, 157 f.).
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B) Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel
gaten/Funktionäre. Das Eindringen königlicher Funktionäre in die Ortsgerichtsbarkeit muß m. E. geringer veranschlagt werden als Niehr annimmt, weil von einer politischen Entmachtung der Ortseliten bzw. Ältesten pauschal nicht gesprochen werden kann. Jedoch ist die autonome Rechtsprechung der Ortschaften dadurch in gewissem Maße zunehmend unterlaufen worden, daß zumindest Teile der lokalen Eliten besonders im Südreich selbst durch Verbindungen und Kooperation mit dem Königtum sich soziapolitisch und -ökonomisch von der Masse der Ortsbevölkerung trennten und so potentiell und auch ohne immer königliche Funktionsträger zu sein, einer Rechtsprechung in den Ortschaften Vorschub leisteten, die auf lokaler Ebene der beobachteten teilweise scheinlegalen bzw. sogar rechtsbeugenden Nutzbarmachung der Rechtsprechung durch das Königtum zur Macht- und Dynastiestabilisierung tendenziell entsprach und so zu der sozialen Krise seit der Mitte des 9. Jh. v. Chr. beitrug. Wenn die angenommene Rechtsreform Josias im Rahmen seiner Zentralisationsbestrebungen über ein Planungsstadium hinauskam, hat jedoch d~s Königtum,_ das einerseits für die negative soziapolitische Entwicklung mltver~_ntworthch war, andererseits wiederum selbst zu deren wenigstens partieller Uberwindung durch Stärkung der lokalen Ältesten-Gerichtsbarkeit beigetragen- desto mehr, je öfter tatsächlich Rechtsentscheidungs-Möglichkeiten an lokalen Kultstätten durch deren Auflösung entfielen. Soweit die Einsetzung von Berufsrichtern im Lande zur Josiazeit aufgrundtextlich-sachlicher Koppelung von 2Kön 22f. mit den Belegen Dtn 16,18; 17,8-13; 19,16-21; 21,1-9; 25,1-3 als spätmonarchische Realität (und nicht als exilische Wunschvorstellung und Rückprojektion) genommen werden darf, hatte das Königtum als Initiator dieser Entwicklung den bedeutenden Gewinn erreicht, seine Rolle und Fähigkeit als Wahrer von effektiver und fairer Rechts- und Gerichtsorganisation ins rechte Licht stellen und sich so auch in und mit dem Bereich der Gerichtsorganisation legitimieren zu können 47 • Die alleinige Konzentration 47
In segmentären Gesellschaften reguliert die prä-rechtliche Gewohnheit oder der Brauch das Zusam~enl~ben, _in hierarchi(sti)schen wie den Häuptlingstümern (zweistufig) oder S~aaten .(dr~Istuf1g) tntt das Recht hinzu (SERVICE 1977, 122). Häuptlingstümer haben als hi~rarchi(stl)sche Gesellschaften die Autoritätsstruktur, die die Entwicklung und Wirksamkelt des Rech~s braucht, aber es fehlen in Häuptlingstümern die physischen Zwangssanktionen des staatlichen Gewaltmonopols (ebd.). In Häuptlingstümern wird die Rechtsautorität au~h nic~trec_htlich verstärkt durch Sanktionierung der Herrschaftsautorität des jeweiligen chtefs mit Mitteln der Mythologisierung und Idealisierung des Herrscherhauses (SERVICE 1977, 113ff.) oder/und Zeremonialität (ebd. 127ff.) (dafür ist besonders auf das biblische David- und Salomobild von 2Sam 6f.; 24,18-25 bis 1Kön 3,4-15. 16-28; 5,9-14; 6; 7,13-9,9 sowie auf die Entwicklung der Jerusalemer Theologie hinzuweisen), ebenso mittels rechtlicher Vermittlung durch das herrschaftliche Bemühen, die Autorität des Herrschers interventionsfähig zu machen (SERVICE 1977, 134ff.). Insgesamt kann man mit SERVICE sagen, daß in Häuptlingstümern sich die durch.hi~rarchi(sti)s~he Gesellschaftsstruktur gegebene Rechtsautorität deschiefsmit anderen möglichen Funktionen des Herrschers im politischen, militärischen, ökonomischen und/
B) Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel
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des priesterlichen Rechtsbescheids in der königlichen Residenz wäre, wenn historisch, allein schon ein bedeutender Gewinn für das Königtum und seine Legitimations- und Stabilitätsbedürfnisse. Im Nordreich ist die Entwicklung der Gerichtsorganisation weniger gut erkennbar. Man kann jedoch annehmen, daß aufgrund des im Vergleich zum Südreich größeren und differenzierteren Gebietes, der Diskontinuität an der Herrschaftsspitze und der (auch deshalb) weniger eng mit den verschiedenen Bevölkerungsgruppen verbundenen, militärisch akzentuierten Königshäuser die älteren Formen der Gerichtsorganisation der vormonarchischen Zeit im großen und ganzen die gesamte Zeit des Nordreiches weiterexistierten, abgesehen von der wie im Südreich auch hier anzunehmenden allmählichen Entwicklung von der Sippengerichtsbarkeit zu einer lokalen Ältestengerichtsbarkeit48 • Dem steht nicht entgegen, daß speziell im Umland Samarias soziale Differenzierungen vermutlich krasser als im übrigen Gebiet zum Ausdruck kamen und wohl Auswirkungen auf die Gerichtsorganisation in den dortigen Ortschaften nach sich zogen. Aber für das übrige Nordreichsgebiet bleibt es ziemlich unklar, ob und wieweit eine dem Südreich entsprechende, allmähliche Verbindung lokaler Eliten mit dem Königtum mit der im Süden zu beobachtenden Folge gesellschaftlicher Spaltung und deren Auswirkungen auf die lokale Gerichtsorganisation stattgefunden hat. Jedenfalls aber ist- soweit wir wissendas Nordreich ohne eine dem Südreich vergleichbare Entwicklung (oder zumindest Planung und Bemühung in dieser Richtung, was sich im Deuteronooder priesterlichen Bereich verbindet, was die Durchsetzungschancen erhöht (aaO, 123). Zum Häuptlingsturn gehört also Recht, nicht aber notwendig ein Gewaltmonopol und das Vorhandensein eines Justizapparates, welche einen Staat kennzeichnen. Der Ursprung eines Staates kann begleitet sein vom Ansteigen der Zahl repressiver Gesetze, stärkerer Repressionen und neuer Gesetzesarten und einer sichtbareren, formelleren, expliziteren Justiz- und Strafmaschinerie (SERVICE 1977, 127; zum Ganzen vgl. auchFRIED 1967, 3ff. 185ff.; BREUER 1990, 72f.). Vergleicht man diese Feststellungen mit dem Befund in Israel (dazu auch HoRST 1956 = 1961, 263; KöHLER 1953 = 1980, 170), sollte man bei der Charakterisierung der beiden israelitischen Reiche als "Staaten" mindestens von der Rechts- und Gerichtsproblematik her vorsichtiger als allgemein bisher üblich sein. Vielleicht ist dann, vorbehaltlich genauerer Untersuchung, das Südreich (z. B. gegen FRICK 1985) auf diesem Bereich erst mit Josia wirklich zum Staat geworden, evtl. mit Tendenzen in dieser Richtung seit Ussia und Hiskia. In diesem Zusammenhang ist auf ALT hinzuweisen, der schon anmerkte, daß Aufzeichnungen von Rechtsbestimmungen in Israel in typischen Restaurationszeiten zu beobachten sind, so z. B. im (späten) 7. Jh. v. Chr. (1934 = 1953, 282f.). 48 Bei 1Kön 21 (vgl. dazu NIEHR 1987a, 64m. A.146 und schon ALT 1934 = 1953, 299 A. 1) wird deutlich, daß die Ortsgerichtsautonomie gewahrt und das Königtum nur mit indirekter Gewalt, Drohung bzw. Täuschung zum Ziel kommt, also eine königliche Gerichtsgewalt im Ortsbereich nicht gegeben war. Bei 2Kön 8,1-6 handelt es sich um einen Rechtsfall zwischen König (Krongut) als Einzelperson/Landbesitzer und einer weiteren Einzelperson (so auch NmHR 1987a, 71. 120 und viele), also ebenfalls nicht um ein königliches Rechtshandeln als Herrschaftsmittel, ausgeübt innerhalb eines Ortes und eingreifend in dessen Rechtsautonomie. In 1Kön 20,35-43 schließlich richtet der König als Kriegsherr, also wieder nicht als Herrscher, der in lokale Rechtsautonomie eingreift.
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B) Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel
mium niedergeschlagen haben mag) einer königlichen Zentralisation des priesterlichen Gerichts und ohne eine königlich initiierte Etablierung von Berufsrichtern zur Förderung objektiver Rechtsfindung in den Ortschaften zu Ende gegangen.
C) Kult und Kultorganisation als Herrschaftsmittel Wie gestaltet sich das Verhältnis des Königtums zum Kult und zur Kultorganisation in den Ortschaften? Welchen Einfluß nimmt es auf den Ortskult? Hat das Königtum den Ortskult im Interesse der Herrschaft instrumentalisiert bzw. funktionalisiert und wenn ja, in welchem Ausmaß, bis in welche Tiefenebene, mit welcher Begründung, zu welchem Zweck und mit welchem Erfolg und welchen Folgen? In einem Satz: Spielte Kult bzw. Kultorganisation in Israel eine Rolle als königliches Herrschaftsmittel? Beim Versuch der Beantwortung wird so vorgegangen, daß textliche Belege vormonarchischer Kultstätten ins Auge gefaßt werden und gefragt wird, ob sie in monarchischer Zeit unter Einfluß und Regie der Könige gekommen und der Herrschaft dienstbar gemacht worden sind. Ebenso werden die königlichen Funktionalorte nach textlichen und archäologischen Hinweisen dahingehend geprüft, ob evtl. vorhandene vormonarchische Kulte vom Königtum übernommen, ausgebaut oder dort oder woanders neue königliche Kultstätten gestiftet wurden. Die Ergebnisse dieses Arbeitsgangs vor allem auf archäologischer und textlicher Grundlage sollen gegenübergestellt und kontrollierend überprüft werden anhand von Prophetentexten mit ihren Aussagen über Kultstätten. Das Ergebnis wird abschließend mit einigen neueren, einschlägigen umfassenden Thesen und Stellungnahmen in der Literatur konfrontiert.
I. Vormonarchische Kultstätten Grundsätzlich kann man davon ausgehen, daß in vormonarchischer Zeit wie auch noch lange danach wenn nicht jeder, so doch fast jeder Haushalt seine wenn auch noch so kleine Kultstätte bzw. einen Kultgegenstand besessen hat 1 . Dasselbe kann von den einzelnen Ortschaften in oder außerhalb derselben wie
1 Die biblischen Belege sind zu zahlreich und zu bekannt, um aufgezählt werden zu müssen; vgl. nur Gen 31,19.30ff.; 35,2-4; Ex 20,4; Dtn 5,8; Ri 6,11ff.; 17; 1Kön 15,13//2Chr 15,16; auch Dtn 4,16; Mi 5,13f.; Jes 41,6f.; 44,9-20; 46,1-7; Jer 10,3-16; Sach 10,2 u.ö. In dieselbe Richtung weist der massenhafte Fund von Figurinen (PRITCHARD 1943; HoLLAND 1977; M. TADMOR 1982; AHLSTRÖM 1984b, bes. 22; ein exemplarisches Stück solcher Massenware bei NIEMANN 1985b) und Model für solche Figurinen (z.B. BACHMANN 1970, 21; BRL2 343; BENARIER 1983; DEVER 1979, 304 und schon SALLER 1963/64, 200); umfassend vgJ. auch WELTEN 1977, 99-111. 119-122; GALLING, 1977, 111-119. Zum Befund und zur Deutung vgl. auch BERNHARDT 1956; ROSE 1975; ALBERTZ 1978; DOHMEN 1985; SCHROER 1987.
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C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
von Ortsgruppen gelten 2. Die Grenze zwischen Ortskult und Gruppenkult ist fließend in dem Maße, wie im Rahmen der Umschichtungen und Wanderbewegungen der Übergangszeit von der SpBr zur E I und innerhalb der Eisenzeit insgesamt einerseits zahlreiche kleine Siedlungen besonders auf dem zentralpalästinischen Bergland entstehen, andererseits durch dauerhafte Ansiedlung sippenübergreifende territoriale Ortsgruppen mit gemeinsamen Gruppenkultstätten entstanden sind. Diese Gruppenkultstätten sind archäologisch nur schwer, oft nur durch Zufallsfunde nachweisbar, jedoch lassen sich die archäologischen Zufallsfunde mit textlichen Nachrichten des Alten Testaments zu einem Gesamtbild zusammenfügen3 • Einige Gruppenkultstätten haben einen größeren Einzugsbereich besessen. Der Tabor, als eindrücklicher Bergkegel zur Kultstätte prädestiniert4, bildete einen Grenzfixpunkt zwischen den Bereichen Issachars, Sebulons und Naphtalis5, so daß man von einem integrativen Grenzheiligtum sprechen kann6 • Der geheiligte Charakter des Berges war anscheinend auch während der monarchischen Zeit anerkannt? und die Orthodoxie des Kults grundsätzlich nicht bestritten8 . Selbst Hosea polemisiert eher gegen die Einflüsse des Ba'alkults des Volkes einschließlich der Elite und des Königtums auch auf dem Tabor9 , wo die Elite samt König ein negatives Beispiel für das gesamte Volk bieten, nicht aber gegen die Existenz des Kultortes auf dem Tabor. Damit ist zwar eine Beteiligung des Königtums als Teil der Volkselite am Taborkult angedeutet, aber nicht eine königliche Dominanz bzw. religionspolitische Instrumentalisierung der dortigen Kultorganisation zu Herrschaftszwecken. Sichern war nach seiner bedeutenden spbr Vergangenheit10 auch ein wichtiges Zentrum der frühisraelitischen Jakobgruppe 11 auf dem zentralpalästinischen Gebirge Ephraim. Die hervorgehobene Bedeutung für die Nordreichsgruppen wird auch noch in 2 Gen 12,8; 13,3f. 18; 21,33; 26,25; 28,18f.; 33,20; 35,1ff. 20; auch Ri 8,27; 18; 1Sam 6,13ff.; 7,1f.; 9; 14,35; 21,1ff. u.ö.; vgl. auch besonders oft bei Hosea, z.B. 4,13; 9,1; 10,8 (UTZSCHNEIDER 1980, 88ff.), ohne daß das in der Bevölkerung als Konkurrenz zu JHWH empfunden wurde (JEREMIAS 1983, 49), von der übrigen prophetischen Polemik gegen lokale Höhen etc. ganz zu schweigen. Vgl. auch die Zusammenstellung von Kultorten bei SALLER 1963/64; NA'AMAN 1987; RosEN 1988. Zur Deutung vgl. RosE 1975; ALBERTZ 1978; LANG 1983; DERS. 1983a; WENNING/ZENGER 1986; AHLSTRÖM 1990. 3 Ein gutes Beispiel für eine Kultstätte, die als Zwischenstufe von Gruppen- und gemeinsamem Gruppenkult mehrerer kleiner Siedlungen in EI gelten kann, ist der sog. "bull site": A. MAzAR 1982; zur Interpretation WENNING/ZENGER 1986; AHLSTRÖM 1990. 4 Vgl. schon EISSFELDT 1934 = 1963, 29ff. 5 Vgl. Jos 19,12. 22; Dtn 33,18f.; Ri 4,6. 12. 14 6 Vgl. SCHUNCK 1971 = 1989, 105ff. 7 Vgl. Jer 46,18; exilisch Ps 89,13 (vgl. VEIJOLA 1982) 8 Vgl. Dtn 33,19 (zb/Jy ~dq!) 9 Hos 5,1 f. (vgl. neben den Kommentaren z. St. auch UTZSCHNEIDER 1980, 78. 136) 10 Vgl. alttestamentlich Gen 12,6; 33,18-20; 34; 35,4; 37,12-14;Jos 24,32; Ri 9. ALT nannte mit Recht Sichern die "ungekrönte Königin von Palästina" (1925 = 1968, 246); vgl. auch NIELSEN 1955; JAROS 1976, 67ff. Zum archäologischen Befund vgl. noch G. E. WRIGHT 1978, 1083-1094; H. WEIPPERT 1977, 293-296; JAROs 1976, 11ff., speziell zur Stratigraphie TOOMBS 1976. 11 ÜTTO 1979
I. Vormonarchische Kultstätten
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1Kön 12 sowie daran deutlich, daß der Ephraimit Jerobeam I. zeitweilig dort seinen Wohnsitz nahm (1Kön 12,25). Eine Heiligtumstradition läßt sich vormonarchisch nur an einer "heiligen Terebinthe" und einer Massebe erkennen12 , von Heiligtumsbauten wie in der SpBr in oder bei Sichern ist nach der Zerstörung des Heiligtums des Baal Berit (Ri 9,4. 46-49) keine Rede 13 • Zur Zeit des Nordreichskönigtums hat aber dieses Baumheiligtum anscheinend keine überregionale Bedeutung mehr besessen. In Hos 6, 7-10 wird Sichern zusammen mit anderen Ortschaften genannt, die teils Heiligtumstraditionen aufweisen, teils aber auch nicht: Die Orte bieten Beispiele verschiedenster, umfassender Abweichungen von JHWH, die nicht auf kultische Vergehen beschränkt sind. Allerdings sind in der hoseanischen Anklage auch und gerade bei der Erwähnung von Sichern Priester mit einbezogen. Das kann man als Ausdruck der Steigerung und der Allgemeinheit des Abfalls von JHWH z. Zt. Hoseas werten und muß nicht auf die Existenz eines von Priestern betreuten Heiligtums in oder bei Sichern weisen. So dürfte Sichern hier nicht qua Kultort mit genannt worden sein (vgl. auch Hos 4,12f.), wie auch wichtige Kultorte der Hoseazeit (Dan, Tabor, Gilgal) an dieser Stelle gerade nicht genannt sind. Vielmehr zielt Hosea auf den allgemeinen und umfassenden Abfall von JHWH vor dem Hintergrund der "besseren" Frühzeit Israels (Hos 2,14ff.; 9,10; 11,1; 12,10 u. ö.). Dieser Frühzeit ist Hosea zugeneigt. Vielleicht steht Sichern für die relativ unbelastete Frühzeit14. Hoseas Verkündigung hängt nicht an einer bestimmten Lokalität religiös-kultischer Dignität, ganz im Gegensatz zu seinen Gegnern 15 . So ist nichts zu sehen, was dafür spräche, daß Sichern in monarchischer Zeit eine nennenswerte Bedeutung als überregionaler Kultort besaß, ebensowenig, daß das Nordreichskönigtum dort im eventuellen Lokalkult engagiert war oder ihn gar dominierte. Auch wenn archäologisch vom hyk/16 Silos manassitisch-ephraimitisch-benjaminitischer Gruppen des zentralpalästinischen Berglandes keine Spur gefunden worden istl 7 , besteht doch aufgrund textlicher Hinweise kein Zweifel, daß in Silo ein vormonarchisches Gruppenheiligtum existiert hat18 , wenn dessen Einzugsgebiet sich auch auf die
Vgl. Gen 12,6; 35,4; Ri 9,37; WÄCHTER 1987; vgl. aucn.Gen 33,18-20. Vgl. JARos 1976,39.44. 122f.; H. WEIPPERT 1977,295. Die nähere Deutung eines kleinen Privatheiligtums mit unvollendeter Massebe, evtl. Ende 10. Jh. v. Chr. (JAROS 1976,44. 121f.) ist unklar, seine Zuweisung an Jerobeams zeitweiligen Sitz in Sichern ungesichert. Vgl. neuestens CuRRID 1989. 14 Daß in der Polemik Hoseas gegenüber vielen namentlich (4,15; 5,1f.; 6,7 -10; 9,9; 10,9; 12,12) und nicht namentlich genannten Kultstätten (4,12f.; 8,14) und nicht kultischen Orten gerade Sichern nicht erwähnt ist, eher (mit WOLFF 1956 = 1973,249 A. 70; DERS. 1961, 154f.) Leute auf dem Weg (von Betel) nach Sichern (Ri 21,19) von Priestern überfallen werden (!) (Hos 6,9), ist bemerkenswert. Dazu paßt, daß für das von Hosea vermutlich beeinflußte Dtn und spätere (dtr.) Texte gerade Sichern eine besondere Dignität besitzt (Dtn 11, 29ff.; 27, lff. 11ff.; JQs 24; Ri 8, 30ff.) (JEREMIAS 1983, 93f.). Vgl. auch LEMCHE 1988, 162f. 15 Vgl. UTZSCHNEIDER 1980, 228f. 16 1Sam 1,9; 3,3; zum Begriff ScHUNCK 1971 = 1989, 105ff.; H. HAAG 1977, 87ff.; OrrossoN 1977. 17 PINKELSTEIN 1985, 167ff.; DERS. 1988, 205ff. 220ff. 233f.; früher BuHL/HOLM-NIELSEN 1969, 43ff. 56ff.;vgl. NIEMANN 1985a, 123ff. 18 Vgl. Ri 18,31; 21,12. 19. 21; 1Sam 1,3. 9. 24; 2,14; 3,21; 4,3f.; 14,3 und neben BuHL! HOLM-NIELSEN, PINKELSTEIN (o. A. 17) noch SCHUNCK 1963, 17ff. 46f. 58f. 12 13
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C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
I. Vormonarchische Kultstätten
genannten mittelpalästinischen Gruppen beschränkt haben wird19 . Die alte Tradition ist zumindest in prophetischen Kreisen auch noch in der Königszeit weiter gepflegt worden20. Schaut man jedoch genauer hin, so wird eine gewisse Abgrenzung und ein Zurücktreten Silos erkennbar: David hat mit der Überführung der silonischenLade nach Jerusalem und der Übernahme der Nachkommen seiner Priesterschaft Silo gewissermaßen kultisch entblößt, wobei die Lade nach der traditionellen Darstellung aus der philistäischen "Gefangenschaft" gar nicht wieder zurück nach Silo gelangte. Auch wenn Salomo Abjatar, den Eliden, später verstoßen hat (1Kön 2,26f. 35), haben die Davididen doch wohlweislich die traditionelle Würde des alten Heiligtums materialiter mit Lade und Priester und ideell mit der Integration jahwistischer Elemente in den EI-Glauben des Jerusalemer Pantheons sehr wirkungsvoll, wie sich auf die Dauer zeigte, an ihren Residenzort ziehen können21 . Das in Silo entstehende Vakuum ist allem Anschein nach nie mehr wieder ausgefüllt worden; Silo hat in monarchischer Zeit keine erkennbare kultische Dignität mehr besessen, und das Königtum hat weder Interesse gezeigt noch anscheinend Notwendigkeit in einer Weiterführung des Kults dort gesehen. Im Gegenteil, nach dem Abfall der Nordreichsgruppen und der offensichtlichen Orientierung prophetischer Traditionsträger in Silo in Richtung Nordreich im Positiven (1Kön 11,29-40) wie im Negativen (1Kön 14,1-18) nimmt sich die spätmonarchische Erinnerung Jeremias an den Traditionsort Silo nur noch wie eine mahnende Negativfolie für Jerusalem aus22 • Auf den ersten Blick scheint Gilgal für das Königtum in Israel eine bemerkenswerte Rolle zu spielen, wird doch nach einer Tradition Sau! dort zum König erhoben (1Sam 11,14f.?3. Diese Bedeutung muß aber relativiert und eingegrenzt werden, wie ein Blick auf die weiteren alttestamentlichen Erwähnungen Gilgals24 zeigt. Die Ortslage ist offensichtlich speziell mit den Ephraimiten und Benjaminiten verbunden gewesen, und zwar genauer mit deren Einwanderung und als Grenzheiligtum dieser Gruppen 25 . Damit schränkt sich die Bedeutung Gilgals für das Königtum auf die Herrschaft Sauls als eines Benjaminiten ein, der dort aufgrund seiner Beziehungen zu dem im benjaminitischen und ephraimitischen Raum agierenden Samuel und seiner Rolle als Führer Benjamins (und Ephraims?6 , nicht aber aufgrundeiner umfassenderen frühisraelitischen Bedeutung Gilgals über diese Gruppen hinaus zum Herrscher erhoben wurde. D. h. Gilgal ist eine gruppenspezifische Einrichtung Ephraims/Benjamins, nicht aber eine des sich entwickelnden Königtums. Die weiteren Texte zeigen eindeutig, daß Gilgal letzteres auch später nicht geworden ist27 • Für Zeit und Königtum Davids und Salomos könnte das
mit dem Königtum Sauls verbundene Grenzheiligtum sogar ein eher negatives Ansehen besessen haben28 . Seit dem Zerfall der herrschaftlichen Personalunion über Nord- und Südgruppen lag Gilgal hart an der Grenze beider Reiche auf Nordreichsgebiet29. Man kann vermuten, daß es sich immer um ein Freilichtheiligtum gehandelt hat3°. Was war die genauere Funktion dieser Heiligtumsstätte? Für ein königliches Grenzheiligtum gibt es keine Hinweise, zumal das wichtigste Nordreichsheiligtum Betel in der Nähe lag. Eher sollte man mit einer Weiterexistenz als Straßenheiligtum und stämmeverbindendes Grenzheiligtum der Regionalbevölkerung an der wichtigen Verbindung über die Jordanfurten zum Ostjordanland rechnen 31 ohne Anzeichen königlicher Dominanz und Bautätigkeit32 . Daß das Heiligtum aus dem regionalen Rahmen in der israelitischen Frühzeit kurzzeitig heraustrat, hängt wohl nur mit der benjaminitischen Stammeszugehörigkeit Sauls zusammen. Das spätere Königtum hat allem Anschein nach keine politischen, militärischen, ökonomischen oder religiös-kultischen Anlässe für eine Funktionalisierung des Heiligtums gesehen. Die Heiligtümer Baal-Peor und Sittim können aufgrundihrer relativen Nähe zueinander gemeinsam behandelt werden, da auch ein phänomenologischer Zusammenhang bestehen dürfte. Ausgehend von Num 25,6-18 hat jüngst Knauf nachgewiesen33 , daß der "Passus von der bestraften ,Unzucht' mit einer Midianiterin ... an 25,1-4" anknüpft; "die Notiz über Israels ,Abfall' knüpft an die Erwähnung von Baal Peor (lfirbet 'Uyün Müsä) in der Bileam-Geschichte an, deren Grundschicht bereits nachjehovistisch ist" 34 . "Es handelt sich dabei um eine Exegese zu Hos.9,10 ... Hosea bezieht sich mit 9,10 auf Verhältnisse seiner Zeit. Im Wädf 'Uyün Müsä gibt es das ganze Jahr hindurch Wasser, Bäume und Gras, damit die Voraussetzung für kulinarische und erotische Lustbarkeiten, die für Menschen der Antike selbstverständlich mit dem Kult eines Gottes verbunden waren ... Da Baal Peor der erste derartige Kultort war, den die seiner (Hoseas, H.M.N.) Ansicht nach aus der ,Wüste' gekommenen Israeliten antreffen mußten, projiziert der Prophet den ,Abfall' in die ,Landnahmezeit' zurück. Das ist sachlich freilich unmöglich. Erst seit Mesa' die Stadt Nebo den Israeliten abnahm ... , also seit der Mitte des 9. Jahrhunderts v. Chr., lag das Mosequellental im moabitischisraelitischen Grenzgebiet und war vom moabitischen Nebo und Mädebä aus ebenso leicht zu erreichen (und für deren Einwohner ebenso"\lttraktiv) wie vom israelitischen
Vgl. neben der vorstehend genannten Lit. zuletzt besonders FINKELSTEIN 1985, 170 ff.; DERS. 1988, 220ff.; KNAUF 1992,241. 20 1Kön 11,29ff.; 12,15; 14,1ff.; 15,29; vgl. auch2Chr9,29 21 Vgl. U. a. GESE 1964 = 1974; STOLZ 1970; ÜTTO 1976; DERS. 1980a, 38ff. 57ff.; DERS. 1980b; DERS. 1986a; NIEHR 1990 (mit Forschungsgeschichte: 167ff.); JANOWSKI 1991. 22 Jer 7,12. 14; 26,6. 9; vgl. auch spätvorexilisch Ps 78,60 23 Vgl. daneben 1Sam 10,17ff. (Mizpa), dazu ßOECKER 1969, 35ff.; VEIJOLA 1977, 39ff.; zur Forschungsgeschichte ausführlich VEIJOLA 1977, 5ff. 24 Zur schwierigen Identifikation des Gilgal vgl. schon BRL1 197; ScHUNCK 1963, 39ff. 48ff.; OLB 2, 521ff. 25 SCHUNCK 1963, 15ff. 18-48; OLB 2, 523-527. 26 OLB 2, 525 27 Es läßt sich kein einziger Text ausfindig machen, der irgendeine spätere königliche Aktion dort fixiert; vgl. SCHUNCK 1963, 135. 19
28 Gilgal steht für David als Symbol des Scheiterns und des Dilemmas seines Vorgängers (OLB 2, 525). 29 Vgl. ScHUNCK 1963, 169 3o OLB 2, 520ff. 525 31 Vgl. ScHUNCK 1963, 39ff.; OLB 2, 523ff. Wie der Gilgal aussah, illustriert vielleicht der von A. MAZAR gefundene offene Ortsgruppen-Kultplatz bei Dotan (1982; vgl. WENNING/ ZENGER 1986, 86 A. 33). Zu Ri 3,19. 26 (Jordanübergänge) vgl. S!MONS 1959, 287 §544; ScHROER 1987, 307-310. Zur Ehud-Erzählung insgesamt vgl. HüBNER 1987a; KNAUF 1991a, 25-34: 32 Dafür kann man evtl. auch die Tatsache anführen, daß Gilgal möglicherweise ein "Stützpunkt" eher königskritischer Kräfte wie Elia (und Elisa) war, vgl. neben den Kommentaren zu 2Kön 2,1f.; 4,38 auch OLB 2, 526f. (mit Texten und Deutungen), was freilich Amos später nicht hinderte, die Gruppenkultausübung dort zu kritisieren. 33 1988a, 161ff. 34 KNAUF 1988a, 161m. A. 684
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C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
I. Vormonarchische Kultstätten
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Sittim au.s-:' . Die Tradition Num 25 ist demnach von Hos 9,10 bzw. Hos 9,11-14 und deren zerthchen Verhältnissen abzuleiten und spiegelt Hoseas Zeitverhältnisse, während denen -100 Jahre nach Ahabund Elia und trotz Jehus Eifer (2Kön 9f. · 17 16)- die beliebte .Ba'alverehrung ungebrochen war. So kann man davon ausgehen, zur Zeit Hoseas rm Mosequellental ein beliebter Freilichtkult grenzüberschreitend zwischen Israel und Moab gepflegt wurde. Auf der gegenüberliegenden israelitischen Seite der 36 ?ffen~~ Grenze darf man ebenfalls unter Berufung auf Hosea (5,1f.) sozusagen das rsraehtrsche Pe~dant eines Freilichtkults in Sittim annehmen 37 • Das paßt gut zum Kult 38 auf. dem Ta~or m Hos 5,1 • Es ist also sehr wahrscheinlich, daß Baal-Peor und Sittim bel~ebte regronale Kulte darstellten, die an der Grenze gelegen sowohl zur SelbstidentifikatiOn der Grenzanrainergruppen als auch einem kommunikativen Zweck über die Grenze hinweg dienten 39 •
daB
Für.~i~ ~iesige ko~krete Fragestellung ist nun wichtig, ob für den Doppel-Gruppenkult komgliche Dommanz bzw. Einfluß vermutet werden kann. Darauf könnte auf den ersten Blick Hos 5,1 weisen mit den Angesprochenen: Priester, (Elite des) Haus(es) Israe.l~, Haus des.Königs. Was ist hier gemeint: Königliche Duldung oder gar aktive Beterhgung, Dommanz, Organisation? Gab es königliche Interessenmotive strategisch~r oder anderer Art an einer Funktionalisierung der Ortslage? Die Art der Ortslagen spn~ht aber ebenso dagegen wie auch die Vorwürfe an die drei Personengruppen eher dahmgehend zu verstehen sind, daß Hosea die im ganzen Volk, besonders kritikwürdi~erweise auch bei den führenden, zum Vorbild geeigneten Gruppen der Priester der Altesten und der Hofelite samt König offenbare Neigung, dem Ba'alkult und s~iner Attraktivität nachzugeben, kritisiert 41 • So kann man nicht aus Hos 5 1 f. schließen daß das König~haus unbedingt speziell an diesem eher abgelegenen Kult teilhatte' und ebensowemg, daß das Königtum organisatorische Dominanz besaß. Vielmehr handelt es sich um ein gre~~nahes, ?ie grenzüberschreitende Kommunikation förderndes, regionales Gruppenherhgtum wre das gegenüberliegende Heiligtum von Baal-Peor. M_izpa (Tell en-Nmibe) war nach 1Sam 7,5ff. ein Ort, in oder bei dem sich eine (auch) kultische Versammlungsstätte der regionalen benjaminitisch-ephraimitischen Bevölke35
AaO, 161; vgl. Nom 1944, 42ff. = 1971, 419ff.; DERS. 1946-51, 48f. = 1971 474f. · WOLFF 1961, 124. ' ' 36 KNAUF 1988 a, 162m. A. 689 37 Zur ldenti~ikati~n mit. Tell el-lfammäm_ vgl. SrMONS 1959, 268 §460; ELLIGER 1966, 1812; Nom 1971 a, 29, GB. .8. Dre Entfernung zwrschen Baal-Peor und Sittim beträgt nur ca. 8 km. De.r Nam~. (Abel) Sittrm = :·~kazien(weide/-trift)" oder "Akazien(bach)" mit seinem Hinwers auf Baume und Wasser rst rdeal für einen Freilichtkult. 38 Etwas weniger gut z~ Mizp~, wenn man in Hos 5,1 f. an das Westjordanische Mizpa denkt, aber vgl. unten zu Mrzpa rm Ostjordanland, das gut passen würde (vgl. dazu WoLFF 1961 124 und Ru~oLPH 1971, 119, jeweils mit Hinweis auf gefundene Astartefigurinen im Westjordanischen Mrzpa). In Hos 5,1ff. wird Ba'alkult zwar nicht ausdrücklich erwähnt aber Unzucht" (V. 3f) und Sc~.af- und. Rinderopfer, was mit dem bei Hosea sonst allgegenw'ärtige~ Ba'alkult Zusammengehort und m Num 25 breit als Ba'al- und Fruchtbarkeitskult ausgestaltet ist 39 Vgl. Num 25,1f. · 40
Zu Text und Aussage vgl. RuDOLPH 1971, 115f. 118f.; WOLFF 1961, 119-121. 123ff.; UTZSCHNEIDER 1980, 12lf. 134-140. 152; JEREMIAS 1983, 73-75. 41 Vgl. die. in A. 40 Genannten; WoLFF 1961, 122 und RunoLPH 1971, 120 betonen mit ~echt, daß dre genannten Ortsnamen nicht als politische Landschaftszentren zu verstehen smd.
rung befand: Der Ort wird wie andere Orte der Region traditionell mit Samuel verbunden und bekam durch eine der Versionen von Sauls Erhebung zusätzliche Bedeutung (1Sam 10,17ff.) 42 • Seit Asas Befestigung von Mizpa (1Kön 15,22) als No~dgrenz-Funk tionalort Judas43 wird nichts mehr von ihm berichtet, bis der Ort babyiomscher Verwaltungsstützpunkt unter Gedalja wurde (2Kön 25,23. 25; Jer 40,6ff.; 41,1ff.). Von einer kultischen Bedeutung dieses Funktionalortes für die davididische Dynastie ist nichts erkennbar. Das muß nicht mit einer Abneigung der Davididen gegen die mit der Erinnerung an Sau! verbundenen Ortschaft zu tun haben. Mizpa war eben in den. ~ugen des Jerusalemer Königtums nur eine Grenzfestung im nördlichen Vorfeld der pohtrschen und kultischen Residenz Jerusalem, hinter der auch ein früher so bedeutender Kultort für die Davididen wie Gibeon zurücktrat. Der Fund zahlreicher Astarte-Figurinen in Mizpa spricht nicht für königlichen, sondern für andauernden privaten Hauskult44 . Nun klagt aber Hosea (5,1f.) die Elite Israels aufs schärfste an wegen ihrer "Untreue': gegen JHWH, die sich im Kult in Mizpa, Tabor und Sittim manifestierte, also an z":er Kulten des Nordreiches (Tabor und Sittim) und einem im Südreich (Mizpa). Das rst auffällig. Oder sollte es sich bei Mizpa um das Mizpa im Ostjordanland (Ifirbet Resüni, n. w. des Berges Gilead45 ) handeln? Das würde guten Sinn machen durch die Zusammenstellung dreier auf Nordreichgebiet liegender traditioneller Gruppenkulte z. Zt. Hoseas 46 • Es istjedoch auch die Auffassung vertreten worden, daß Mizpa in Hos 5,1 das westjordanische Mizpa meine, weil Hos 5,8(ff) die Orte Gibea, Rama und Bet-Awen ( = Betel) in Alarm versetzt sehen will wegen eines Feindes, der diese, so wird vermutet, kurzzeitig vom Nordreich im Rahmen des Syrisch-Ephraimitischen Krieges besetzten Orte und damit auch das zwischen Rama und Betel gelegene Mizpa, zurückzuerobern im B~griff sei47 • Zwar scheint mir diese Konstellation von Eroberung und Rückeroberung nicht völlig gesichert, aber sie ist immerhin möglich. Aber die Entscheidung über die Historizität ist möglicherweise belanglos, wenn es nämlich richtig ist, daß Hos 5,1-7 und Hos 5,8ff. getrennt zu sehen sind. Hos 5, 1-7 handelt nämlich ausschließlich von Ephraimllsrael48 . In Hos 5,8ff. dagegen sind Ephraimllsrael und Juda ständig in Parallele zueinander gesetzt. Das spricht dagegen, Tatbestände aus dem einen Abschnitt zur unmittelbaren Begründung von Sachverhalten des anderen heranzuziehen49 • Dann dürfte es doch vorzuziehen sein, in dem Mizpa von Hos 5,:hcdas Ostjordanische Mizpa als ein altes und zählebiges, stämmeverbindendes Grenzheiligtum der Jakobgruppe und seiner nördlichen Nachbarn zu sehen 5° und dieses Mizpa mit dem Tabor und Sittim in Hos 5,1f. als eine Zusammenstellung traditionsreicher, z. Zt. Hoseas (weiter-) existierender Heiligtümer von Nordreichsgruppen zu betrachten. Von einem königlich dominierten oder Vgl. o.A. 23 S.o. S. 120 mit A. 562-570 44 Vgl. WoLFF 1961, 124 (der Ausgrabungsbericht von McCoWN/WAMPLER war mir nicht zugänglich). 45 NoTH 1941, 69ff. = 1971, 363ff.; ELLIGER 1964b, 1228f.; dagegen WOLFF 1961, 123; unentschieden RuDOLPH 1971, 119. 46 Zu Tabor und Sittim s.o. S. 189-190. 47 So nach SELLIN 1929-30,68 und ALT 1919 = 1978, 164ff. auch SCHUNCK 1963, 155f. 48 V.5bß ist Glosse, vgl. BHS App. und WoLFF, RuDOLPH und JEREMIAS z.St. 49 Die Glosse V. 5bß hat dann ihren historisch-literarischen Platz irgendwann ab dem Zeitpunkt, als Hos 5,8ff. mitV.1-7verbunden wurde. so Vgl. Gen 31,44-49; NoTH 1941, 70 = 1971, 364; vgl. auch Orro 1979, 47ff. 89ff.; WESTERMANN 1981, 607ff. 42 43
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C) Kultorganisation als Herrschaftsmittel
/I. Juda: Vom Königtum funktionalisierte Kultstätten?
organisierten kultischen Funktionalort kann dann auch bei diesem Mizpa keine Rede sein.
teiligung oder gar Dominanz kann dann aber keine Rede sein. Dem widerspricht es nicht, daß, wenn man Baala(t) (1Kön 9,17f.) mit Baala = Kirjat-Jearim gleichzusetzen hat, es sich zeitweilig um einen königlichen Funktionalort handelte 54 . Bet-Schemesch war anscheinend noch kürzer als Baala=Kirjat-Jearim Zwischenstandplatz der Lade auf ihrem Weg nach Jerusalem. Aus dem Namen des Ortes kann man schon die Existenz eines Lokalkultes erschließen. Daß der "große Stein" auf dem Felde Josuas (1Sam 6,14f. 18) ein Freilichtkultplatz war, kann man zwar vermuten; eher leuchtet aber ein, daß erst durch den mit ihm verknüpften Aufenthalt der Lade am Ort der Stein eine gewisse kultische Würde erhalten hat, eine Erinnerung, die nach der Bedeutung, die die Lade im davididischen Jerusalem erhalten hat, nur zu gern in BetSchemesch gepflegt worden sein wird. Wenn es auch Anzeichen dafür gibt, daß das judäische Königtum in Bet-Schemesch ökonomische Interessen besaß55 , ist doch ein kultisches Interesse bzw. Engagement der Monarchie am Ort nicht festzustellen. Gibeon hat politisch und kultisch in der frühen Königszeit insofern eine bedeutende Rolle gespielt, als Sau!, wie K.-D. Schunck und J. Blenkinsopp einleuchtend gezeigt haben56 , in einer später ähnlich von David mit Jerusalem und von Omri mit Samaria noch erfolgreicher und folgenreicher durchgeführten Politik Gibeon zu seiner Hauptstadt zu machen plante und gleichzeitig offenbar den Wert des "Großen Höhenheiligtums" dort samt dem Priester Zadok für die Stabilisierung und Legitimation seiner Herrschaft erkannte und einzusetzen suchte. An diese von Sau! in Gibeon vorgezeichnete Taktik knüpften David und Salomo an, allerdings in der Weise, daß Zadoq schon von David nach Jerusalem gezogen wurde und nach Salomo Gibeon als Heiligtum (1Kön 3,4 ; 9,2 ; 1Chr 16,39; 21,29; 2Chr 1,3ff.) im Schatten Jerusalems verschwand. Gibeon hat somit nach Salomo bzw. schon während der letzten Zeit seiner Herrschaft keine Rolle mehr für den herrschaftlichen Kult der Davididen gespielt, wenn auch die "Große Höhe" der lokalen und regionalen Bevölkerung weiterhin als Lokalheiligtum gedient haben mag, worüber aber nichts bekannt ist 57 • Materielle Konstante für die kultische Bedeutung Mamres durch Jahrtausende scheint ein heiliger Baum gewesen zu sein58 • Die stabilitas loci und die Ökonomie des Gebiets
Il. Juda: Vom Königtum dominierte bzw. funktionalisierte Kultstätten? Baala!Kirjat-Jearim ist eine nordwestliche Grenzstadt Judas51 • Unter kultischem Aspekt tritt der Ort nur in 1Sam 6f. in Erscheinung: Nach der "Gefangenschaft" der Lade im Philisterland war sie von den Leuten von Kirjat-Jearim (warum von ihnen? 52) auf Aufforderung der Leute von Bet-Schemesch ins judäische Hinterland geholt worden. Dort wurde sie in das Haus(heiligtum?) eines gewissen Abinadab gebracht. War er ein Priester und sein Haus, "das auf dem Hügel stand" (1Sam 7,1; 2Sam 6,3) das Ortsheiligtum? Wenn Kirjat-Jearim ein Lokalheiligtum besaß, sollte man erwarten, daß die Lade dorthin verbracht worden ist. Spricht es gegen Abinadabs Priesterschaft, daß eigens ein Sohn Abinadabs zum Hüter der Lade geweiht wurde (1Sam 7,1; vgl. Ri 17,5)? Nach geraumer Zeit (20 Jahre, 1Sam 7,2) holte David die Lade nach Jerusalem (2Sam 6,2ff.). David hat zwar die dem Ort zeitweilig eine besondere, kultische Dignität verleihende Lade also von dort abgezogen. Es wird am Ort aber weiterhin Haus- und Lokalkult gegeben haben 53 . Von königlich-kultischem Engagement und kultischer Be51 Jos 15,9; 18,14f.; vgl. auch 1Sam 6,21; 7,1; 2Sam 6,2f.; Ri 18, 12 und o. S. 97 m. A. 433. Daß sich die Namen Baala(t), Kirjat-Jearim und die Mischform Kirjat-Baal (Jos 15,60; 18,14) auf denselben Ort bzw. dieselbe Ortsregion (OLB 2, 794) beziehen, dabei Baala die ältere Ortsnamenform ist und Kirjat-Jearim ein jüngerer Beiname bzw. ein Appellativum darstellt, werde ich detaillierter in größerem Zusammenhang (vgl. meine Studie "Qaryah und Kopher. Zwei siedlungsgeographische Begriffe des AT") darstellen; vgl. aber auch schon ScHUNCK 1963, 97ff. lOOm.A. 127. 145 A. 45. 150. 152f. 158f. (gegen OLB 2, 794) und u.A. 53. Zur Identifikation der Ortslage vgl. OLB 2, 794. 52 Der Grund ist nicht festzustellen: Daß sie aus Sicherheitsgründen ins nordöstlich von Bet-Schemesch gelegene Kirjat-Jearim und damit weiter ins israelitisch-judäische Hinterland verbracht wurde, kann ich ebensowenig schlüssig beweisen wie die einen Gedanke ALTS aufnehmende Vermutung STOEBES mir etwas zu modern gedacht erscheint, das gibeonitische Kirjat-Jearim sei "neutraler Boden" (1976, 149). HERTZBERG 1960, 46f. ist ebenfalls ratlos und bietet wenig einleuchtende Spekulationen, ebenso McCARTER 1984a, 137. 139 (Bet-Schemesch habe keinen Priester gehabt, das Problem werde erst in Kirjat-Jearim durch Eleasar gelöst- aber der wurde ja auch erst aus diesem Anlaß zum "Hüter" geweiht!). CASPAR11926 und STOLZ 1981 schweigen zu diesem Problem. Vgl. aber die folgende Anm. 53 Man kann vermuten, daß in oder bei Kirjat-Jearim ein Kultplatz oder heiliger Berg existiert hat unter Berufung auf Jos 15,10; 18,28 (AHARONI 1959, 228f.) und Ps 132,6 in Verbindung mit h-gb'h (!) (1Sam 7,1; 2Sam 6,3) (vgl. auch McCARTER 1984b, 169), aber das ist nicht schlüssig zu sichern. BLENKINSOPP 1969; DERS. 1972, 65-83 entwickelte dagegen eine umfassende Hypothese, nach der h-gb 'h (I Sam 7,1;2Sam 6,3) auf einen Standort der Lade auf der "Höhe" von Gibeon weise, der wegen der späteren Konkurrenz Jerusalems und Gibeons und der Unterdrückung der letzteren Heiligtumstradition zugunsten Jerusalems mit Hilfe einer Tradition von verwandtschaftlichen Beziehungen Davids zu Kirjat-Jearim in einen 20jährigen Standort auf h-gb 'h im unverfänglicheren Kirjat-Jearim umgedeutet wurde. Hätte BLENKINSOPP Recht, entfiele Kirjat-Jearim im Zusammenhang der Fragestellung dieser Arbeit ganz. Vielleicht ist es aber gegenüber der komplexen Hypothese BLENKINSOPPS (skeptisch auch McCARTER 1984 b, 169) doch noch einfacher und damit einleuchtender, wenn man h-gb 'h (1Sam 7,1; 2Sam 6,3) mit dem Hause des Abinadab als ein Lokalheiligtum auf einem
nahegelegenen Hügel vermutete (s.o.). Dies gewinnt an pJausibilität, wenn Kirjat-Jearim mit Baala(t-Jehuda) gleichzusetzen ist (vgl. 1Sam 6,21; 7,1f.; 2.Sam 6,2f. u.o.A. 51) und es zutrifft, daß im vordavidischen Juda eine dem Ort Baala(t-Jehuda) ihren Namen gebende Göttin verehrt wurde (KNAUF 1990a, 160). Daß im heutigen Text nur so allgemein von einem Haus Abinadabs gesprochen wird und außerdem die Lade dem Hause bzw. Sohn Abinadabs so gefährlich wird (2Sam 6,6-8), könnte dann auf eine spätere bewußte Verschleierung der älteren judäischen Baala-Verehrung und des entsprechenden Heiligtums hindeuten: Der Aufenthalt der Lade in Baala (!, 2Sam 6,2!) war unangemessen und wurde entsprechend bestraft (2Sam 6,6-9; vgl. schon 1Sam 6,19f.). Sie gehört eben nach Jerusalem, wo sie am Rande der Stadt, außerhalb der (engeren) Stadt Davids (2Sam 6,10-12, vgl. McCARTER 1984b, 170), hingegen Segen stiftet. 54 S. o. S. 97 m. A. 433 55 S. o. S. 116m. A. 534-538 56 1963, 114-116. 131ff.; zu Gibeon in der Zeit Sauls vgl. noch BLENKINSOPP 1972, 53ff., in der Zeit Davids und Salomos ebd. 84ff.; vgl. auch VruEZEN 1975; KNAUF 1991 b, 179. 183f. 57 Ob Hananja von Gibeon (Jer 28,1) nur aus Gibeon stammte oder eine bis in die Zeit Zedekias durchhaltende Propheten-/Priestertradition anzeigt und ob er in Verbindung mit der "Großen Höhe" in Gibeon stand, ist unbekannt. 58 Gen 13,18; 18,1. 8; OLB 2, 696ff.; vgl. allgemein ELAN 1979.
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C) Kultorganisation als Herrschaftsmittel
Il. Juda: Vom Königtum funktionalisierte Kultstätten?
läßt an einen geheiligten open air-Treffpunkt von Seßhaften und Nomaden denken. Dafür ist das Gebiet um Mamre(-Hebron) durch seine geographisch-ökologischen Gegebenheiten genau auf der Grenze zwischen nordjudäischem Bauern- und südjudäischem Nomaden-/Ziehbauernland aufs beste geeignet59 • Damit in ursächlicher Verbindung steht die Tatsache, daß Mamre/Hebron jahrtausendelang stetig ein Tauschmarkt von regionaler, zeitweise überregionaler Bedeutung war60 . Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, warum für die monarchische Zeit Stillschweigen über Mamre herrscht. Die Grabungen von A. E. Mader in Mamre haben immerhin ergeben, daß in E II eine Via Sacra mit zwei Türmen, die wohl ein Tor flankierten, in Mamre errichtet worden ist 61 . Ob es sich dabei um eine lokale oder königliche Initiative handelt, ist nicht zu sagen, obwohl das letztere wahrscheinlicher sein mag, wenn man bedenkt, daß das nahegelegene Hebron eines der ökonomischen Zentren der Krongutwirtschaft judäischer Könige war. Nun ist aber wiederum auffällig, daß auch über Hebron, das Sprungbrett Davids zum Königtum, in der monarchischen Zeit relativ wenig überliefert ist62 , obwohl es, wie gesagt, für das judäische Königtum von wesentlicher ökonomischer Bedeutung war. Ab Pisteine Abwertung Mamres und eine Verschleierung seiner Lage (zugunsten Hebrons: Gen 35,27) erkennbar63 . Bestand hier eine Konkurrenz64 ? Oder sind zwei Kulttraditionen unter königlichem Einfluß zusammengeflossen: Königlich bestimmter, residenzorientierter Kult von Hebron 65 und älterer, regional-/lokalbestimmter Mamrekuit66 ? Denkt man an die oben erwähnte Marktfunktion Hebrons/Mamres, die sich aus ihrer spezifischen Lage ergibt sowie an die kulturgeschichtliche Tatsache, daß sich Markt- und Kultfunktion von drten gern verbinden, so mag hier unter königlichem Einfluß (aufgrund politisch-militärischer und ökonomischer Interessen) ein Zusammenrücken von
zwei Orten (Mamre und Hebron) und drei Funktionen (politische, ökonomische und kultische) stattgefunden haben67 • Die kanaanäische Ortslage Hebron besaß seit MBr eine Ummauerung, die in MBr IIB verstärkt wurde68 • Über das spätbronzezeitliche Schicksal der Ortschaft ist kaum etwas bekannt, und ab wann das nahegelegene Baumheiligtum Mamre bestand, ist offen 69 • Die Überlieferung verbindet den Ort mit Urbewohnern des Landes70 • Am Übergang SpBr/E I dürfte eine Inbesitznahme durch eine kalebitische Gruppe stattgefunden haben 71 • Auf festerem historischem Boden steht man dann wohl erst mit dem Komplex von Überlieferungen, nach dem David in seiner Frühzeit als 'apiru-Führer in den 'ry (I) l}brwn (2Sam 2,<1->3) seinen vorläufigen Hauptstützpunkt und das Sprungbrett zur Macht in Jerusalem fand72 • Die religionsgeschichtlich bekannte Stabilität kultisch bestimmter Orte spricht dafür, daß die ethnischen Übergänge von (fiktiven?) "Enaqitern" zu Kaiebitern und Judäern die heilige Stätte in Mamre als solche unberührt gelassen haben. Besonders aufschlußreich für die funktionale Entwicklung einschließlich der religiös-kultischen Bedeutung Hebrons/Mamres ist die Erzählung vom Beginn des Aufstandes Absaloms: Absalom bringt als Begründung seiner Reise nach Hebron (!)die Gelübdeerfüllung vor "JHWH in Hebron" (2Sam 15,7), nicht vor "JHWH in Mamre" oder "JHWH in Zion!Jerusalem" vor. Das aber heißt: Hebron hat entweder eine Heiligtumsdignität selbständig besessen oder von Mamre übernommen oder die Nennung von Hebron impliziert das nahe Mamre-Baumheiligtum (JHWH von Hebron/Mamrer 3 • Weiterhin heißt das: Mit der kultischen Dignität Hebrons/Mamres als vorgeschobenem Entfernungsgrund von Jerusalem verbindet sich die Tatsache, daß Hebron weit genug von der Residenz entfernt und mitten in Juda lag, um erfolgversprechend den Aufstand anzuzetteln. Wird mit dieser Überlieferung die Existenz eines Kults in Hebron!Mamre zweifelsfrei bestätigt, wenn sie auch im konkreten Fall nur als Vorwand dient, ist noch einmal gerrauer nach der kultischen Bedeutung Hebron/Mamres für die davididische Herrschaft zu fragen. In der Zeit des Aufstandes Absaloms befand sich anscheinend die kultische Stellung Jerusalems noch im status nascendi neben Hebron/Mamre. Faßt man nun das folgende Schweigen über Hebron!Mamre in der Königszeit ins Auge, so mag sich das aus mindestens zwei Faktoren erklären: 1. David und seinen Nachfolgern dürfte die Gefährlichkeit Hebrons als potentielles Sprungbrett für Aufstände (Davids und Absaloms) deutlich geworden sein, je prominenter es als mögliche "Nebenhauptstadt" auch durch kultische Funktion war. Deshalb kann
OLB 2, 670ff., bes. 670-672 OLB 2, 671f. 61 Die Studie von MADER selbst war mir unzugänglich, vgl. OLB 2, 700. Vgl. (zurückhaltend) H. WEIPPERT 1977, 145; APPLEBAUM 1977,776-778. 62 Vgl. 2Sam 2,1ff.; 3,2-5,5; 15,7-12. 2Chr 11,10 gehört in die Josiazeit (s.o. S.124-127 m.A. 580-592) 63 Vgl. im Einzelnen OLB 2, 700f. 64 Wenn es richtig ist, daß erst P sich bemüht hat, die Bedeutung Mamres herunterzuspielen (A. 63), mag das dafür sprechen, daß vorher keine dringende Notwendigkeit gesehen worden ist, zwischen dem evtl. mehr oder weniger friedlichen Nebeneinander von Mamre als lokalbestimmtem älteren Kommunikationskult nord- und südjudäischer Gruppen einerseits und einer mit allmählicher königlich-ökonomischer Funktionalisierung Hebrons als Krongutstützpunkt/-zentrum einhergehenden jerusalemisch-dynastischen Beeinflussung des Lokalkults in Hebron andererseits eine Konkurrenz zu sehen. 65 Die zunächst politische und dann ökonomische Bedeutung Hebrons (Krongutzentrum) für (die) David(iden) ist offensichtlich und trifft sich mit der Beobachtung von KNAUF 1985c, 102; DERS. 1988c, 155-157, der die ursprüngliche Götter-Trias von Hebron (-Mamre) in Gen 18,1ff. wie andere Triaden (Betel, Jerusalem ) als "urbanes" Phänomen im Unterschied zu Götterpaaren des "flachen Landes" deutet. Damit wird neben der politischen und ökonomischen Verbindung Hebrons und Jerusalems eine (wenigstens zeitweilige) religionsphänomenologisch-hierarchische Gleichrangigkeit offenbar. 66 Das Zusammenfließen wird in dem glücklicherweise in Gen 18,1ff. noch erkennbar gebliebenen, unausgeglichenen Nebeneinander von drei Göttern (Männern) und einem Gott, den Abraham im Sg. anspricht (vgl. OLB 2, 698f. ), unübersehbar. 59 60
67 Angemessen behandelt H. WEIPPERT Hebron und Mamre deshalb zusammen in einem Artikel (1977, 144f.). 68 Zum archäologischen Befund in Hebron: H. WEIPPERT 1977, 144f.; OLB 2, 686ff. 69 Vgl. immerhin KNAUF 1985c, 99-103. 7o Gen 23; vgl. Jos 10,3. 5. 23; 11,21; 21,11; Ri 1,10; vgl. H. WEIPPERT 1977, 144; OLB 2, 674. 679. n Jos 14,13f.; 15,13; Ri 1,10. 20; vgl. BELTZ 1974; H. WEIPPERT 1977, 144; OLB 2, 674f.; KNAUF 1990a,159. n Vgl. OLB 2, 675-678 73 2Sam 15,8 spricht von Gelübde und Opfer Absaloms, die 200 Begleiter (V. 11) lassen sich vor David als Mitfeiernde beim Opferfest legitimieren. Zu JHWH von Hebron vgl. auch DoNNER 1973, 45ff. Folgt man der Datierung der Thronfolge-Erzählung in das 7. Jh. v. Chr. (KAISER 1988), so konnte man also im 7. Jh. ohne Bedenken von "JHWH in Hebron" sprechen!
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C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
li. Juda: Vom Königtum funktionalisierte Kultstätten?
die konsequente (politische und kultische) Aufwertung der davidischen Residenz Jerusalem auch ein wenig mit der Abwertung Hebron/Mamres zusammenhängen. Das muß nicht eine Liquidierung jeglichen Kults in Hebron/Mamre bedeuten, wie der Bau der Via Sacra mit einzelnen zugehörigen Bauten im Mamre der E II bezeugt. Lokaler (und regionaler) Kult blieb sicherlich bestehen; königlichen Kult zu organisieren lag aber anscheinend nicht im Interesse der Davididen, im Gegenteil. Das schließt eine gewisse herrschaftliche Tolerierung oder bauliche Unterstützung des Lokalkults nicht aus74 • 2. Das relative Zurücktreten der Bedeutung Hebrons nach dem Absalomaufstand mag weiterhin auch mit der Befestigung und der Ausdehnungjudäischer Herrschaft nach Süden zusammenhängen: Hauptstützpunkte und Hauptfunktionalorte des judäischen Königtums wurden im SüdenabE IIA die Festungen Tell es-Seba', Tell el-Mil/J, Tell 'Artid und einige andere75 • Damit rückte, solange die Haupt-Grenzlinie im Süden Judas im Bereich der Beerschebasenke verlief, Hebron aus dem Gebiet erstrangiger politischherrschaftlicher Aufmerksamkeit, das Grenzgebiete auf sich zu ziehen pflegen, in den Bereich des judäischen Binnenlandes bei zweifellos unveränderter ökonomisch-herrschaftlicher Bedeutung als Krongut-Zentrum und als regionaler Markt zwischen Nordund Südjuda. Das änderte sich erst wieder nach dem Ende des 8. Jh. v. Chr. mit der zunehmenden Schwächung der Stellung Judas im Süden, in welchem Zusammenhang Hebron wieder an Bedeutung gewann76 • Es ist festzuhalten: 1. Mamre besaß ein vermutlich schon vormonarchisches Baumheiligtum. 2. Mamre/Hebron war immer ein wichtiger Markt-Kommunikationspunkt auf der Grenze zwischen nordjudäischem Hirten- und Bauern- und südjudäischem Lokalnomaden-Gebiet. 3. Mit David gewann Hebron politische (erste Residenz) und ökonomische Bedeutung (Krongutzentrum); die ökonomische Funktion behielt der Ort ständig für die davididische Dynastie, der politisch-funktionale Rang hing jeweils von der Lage der Südgrenze Judas ab. Er sank bei Ausdehnung Judas nach Süden in für Juda stabilen Zeiten zugunsten der Festungskette auf der Höhe der Beerschebasenke und stieg in Zeiten sinkenden Einflusses Judas und Gefährdung oder Verlust der Orte der genannten Festungskette.
4. Seit davidischer Zeit kam es anscheinend zu einer Annäherung (bis zum Zusammenfließen) von lokalnomadisch-ziehbäuerlich bestimmtem Mamrekult und königlich(residentiell) bestimmtem Hebronkult. 5. Das kultische Interesse des judäischen Königtums nahm nach David anscheinend bald ab, während Mamre/Hebron eine lokale (und regionale) Bevölkerungskultfunktion durch E II wahrscheinlich neben der Hauptfunktion des Ortes als Kommunikationspunkt zwischen Nord- und Südjuda behielt. Von Bedeutung für die hiesige Fragestellung ist die Tatsache, daß üblicherweise zwei Ortslagen mit Beerscheba verbunden werden: Zum einen die vom 11.-7. Jh. v. Chr. existierende und allmählich zu einer sehr großen, eventuell unbefestigten Siedlung von ca. 9 ha angewachsene Ortslage bei dem berühmten "Patriarchenbrunnen" (Bfr esSeba) 77 , die von ihrer geographisch-ökologischen Lage an der Grenze zwischen Südjuda und dem südlichen Steppen-/Wüstengebiet immer78 einen wichtigen Kommunikationsknotenpunkt darstellte 79 und mit dem Brunnen und einer heiligen Tamariske die typischen Elemente eines gebietsspezifischen Heiligtumsortes der Regionalbevölkerung aufweist80 • Insofern spielt Beerscheba eine Hebron vergleichbare Rolle. Zum anderen befindet sich ca. 5 km entfernt der Tell es-Seba ', ein geplant gebauter königlicher Funktionai-Festungsort von (nur) 1 ha, aber in militärstrategisch guter Lage 81 , mit Höhepunkten und kleinen Unterbrechungen von Beginn der E IIA bis ca. 700 v. Chr. der königliche Hauptstützpunkt in Südjuda. In diesem Gebiet befand sich also "das Heiligtum der Patriarchen und das logistische Zentrum der Südgrenze Judas" (Keel! Küchler). Konkret geht es hier um die Frage der Heiligtümer der beiden Ortslagen und das Verhältnis des Königtums zu ihnen. Was das "Brunnenheiligtum" der Patriarchen betrifft, so kann kein Zweifel bestehen, daß es sich immer um ein Gruppenheiligtum der Regionalbevölkerung gehandelt hat; daß Bfr es-Seba 'noch ein weiteres Heiligtum, etwa einen Tempel besessen habe, ist reine Spekulation, bestenfalls eine völlig ungesicherte Behauptung e silentio, die sich nur darauf berufen könnte, daß ein entsprechendes Bauwerk unter der heutigen Stadt verborgen geblieben sein könne. Aber die Tatsache, daß niemals von einem Tempel oder einem Höhenheiligtum in Beerscheba die Rede ist82 , spricht auch positiv dagegen. Anzeichen von K~ltausübung gibt es auch auf dem Tell es-Seba ': Einen Hörneraltar83 , eine beachtliche Anzahl von Weihegaben, darunter viele ausländische84 , auch eine favissa mit Kultgegenständen und nahebei ein 12 X 17m
74 Die relative Bescheidenheit, die (nur) lokale Bedeutung und das nicht oder kaum existente königliche Engagement wird vielleicht auch daran deutlich, daß ein Kult in Mamre im Gegensatz zu anderen bedeutenden und weniger bedeutenden Kultorten niemals von den Propheten attackiert wird. 1s S.o. S.105-108m.A. 462-472. 76 Während Hebron z. Zt. Hiskias nach Ausweis der lmlk-Stempel noch königlich-ökonomisches Zentrum im Binnenland war und Tell es-Seba'Str. II im 8. Jh. v. Chr. (entweder mit NA' AMAN schon um 730 v. Chr. durch Tiglatpileser III. oder- wahrscheinlicher- mit AHARONI um 700 v. Chr. durch Sanherib zerstört wurde (zur Diskussion und zu weiteren Vorschlägen vgl. OLB 2, 197), wonach nur noch ein schwacher Versuch der Restaurierung der Ortslage auf dem Tell (Str.l, E IIC, 7. Jh. v. Chr.) unternommen wurde (OLB 2, 201f.), war Hebron z. Zt. Josias wieder von steigendem Wert für Juda als Grenzort (vgl. 2Chr 11,10, s.o. S. 124ff.; vgl. hier nur OLB 2, 679) geworden. Natürlich fehlt alles, was südlich von Hebron bzw. Zif liegt! Der weitere Verlust der Südgebiete durch von Süden vorstoßende Gruppen (Edomiter/ Idumäer) zeigt sich darin, daß nach 587 v. Chr. auch Hebron außerhalb der Provinz Yehud liegt (vgl. SIMONS 1959, 394; STERN 1982, 245ff.; AHARONI 1984, 431ff.; H. WEIPPERT 1988, 690f.; OLB 2, 679).
77 Vgl. OLB 2, 185ff. 200 (Karte: 199); GOPHNAIYISRAELI in AHARONI ed. 1973, 115-118; GOPHNA 1975, 158f. 78 Noch für den Anfang des 20. Jh. n. Chr. unter türkischer Verwaltung bezeugt das ALT 1956, 17f.; vgl. OLB 2, 186f. 201. 79 OLB 2, 185-187. 188ff. 193ff. 80 Vgl. Gen 21,27-31; 26,33 (Brunnen; Name "Beerscheba"!); Gen 21,33 (hl. Tamariske); Gen 26,25 (Altar); vgl. OLB 2, 188ff. 200; ELAN 1979 81 Zum archäologischen Befund vgl. AHARONI 1972; DERS. ed. 1973 (dazu WüsT 1976); AHARONI 1974b; DERS. 1975; DERS. 1975a; HERZOG ed. 1984; WüsT 1977, 36; OLB 2, 201ff. Vgl. auch FRITz 1978, 24-39; zur Identifikation (wahrscheinlich) mit Ziqlag vgl. jetzt FRITZ 1990b. 82 2Kön 23,8 ist die Erwähnung zusammen mit Geba eine geographische Rahmenbezeichnung und beweist keine "Höhe" in Beerscheba. 83 AHARONI 1974, 2-6; DERS. 1975, 154-156; OLB 2, 205f.; H. WEIPPERT 1988, 623f. 84 Vgl. AHARONI ed. 1973, 16f. 56-70; neben den Weihegaben auch vier Kalkstein-
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C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
großes Gebäude, bei dessen Bau nach den Ausgräbern ein früheres, dort gelegenes Kultgebäude der Ortslage vernichtet worden sei 85 . Das ist möglich und lokaler Kult gesichert; jedoch ist aus der Existenz eines übriggebliebenen gepflasterten Vorhofes und vor~andener tiefer Keller, falls sie zu dem vermuteten früheren Gebäude gehörten, eine kultische Funktion des Gebäudes, die Existenz eines Tempels nicht zweifelsfrei zu 86 schließen . In Am 8,14 findet sich eine Polemik gegen Verehrer der Kulte von Samaria, Dan und Beerscheba. Daraus, daß Dan und Samaria königliche Funktionalorte waren, kan~ ~an aber noch nicht sicher schließen, daß in allen drei Orten auch königlich dommierter/organisierter Kult existierte. So wahrscheinlich das auch für Samaria und ~an aus an?eren, zusätzlichen Belegen ist, kann diese eine Stelle mit der Erwähnung emes Kults m Beerscheba doch nicht schlüssig beweisen, was aus anderen Belegen nicht bewiesen ist und für dieser Stelle gerade in Frage steht. In Am 5,5 steht neben den königlichen Funktionalorten Betel und Beerscheba das Heiligtum Gilgal, das nicht königlicher Funktionalort war. Auch wenn man auf dem Tell es-Seba ', was nicht zu bezweifeln ist, mit einem Kult (ob mit Gebäude ausgestattet oder nicht oder mit einer "Höhe") zu rechnen hat und selbst wenn er im Rahmen der königlich initiierten Errichtung des Festungsortes eingerichtet wurde, heißt das ja noch nicht notwendig, daß die konkrete Kultorganisation in königlicher Hand war (herrschaftlich dominiert und funkti?nalisiert als H.errschaftsmittel), der dortige Kult nicht vielmehr der lokalen Besatzung diente und nach Ihrer Art der Kultausübung organisiert war. Aus Texten und archäologischen Ergebnissen ist jedenfalls kein Hinweis zu entnehmen, daß der Kult am Ort eine Bedeutung für Königtum und Dynastie besaß, das Königtum unmittelbar an ihm beteiligt war. Die Amosbelege brauchen überhaupt nichts mit dem Kult auf dem Tell zu tun zu haben, sondern können sich auf den altberühmten Kult am Patriarchenbrunnen beziehen87. In ~'ir es~S.eba 'gab es also einen regionalen Gruppenkult ohne ersichtliche königliche FunktiOnahsierung, auf dem Tell es-Seba 'einen Lokalkult, vermutlich im Rahmen des königlichen Ausbaus des Tell es-Seba' errichtet, aber ebenfalls ohne zwingende Gründe für eine direkte königliche Organisation, Dominanz und Funktionalisierung. Auf dem Tell 'Ariid, einer anderen Festung des königlichen Funktionalortgürtels in Südjuda, ist ein Tempel ausgegraben worden 88 . Er setzte die kultische Ortstradition eines älteren kenitischen Heiligtums fort 89 , ist aber viel kleiner (18,8 x 14,9 m) als jenes. Räucheraltärchen (aaO, 52f. +PI. 29f.), zwei aus der späten Eisenzeit, zwei noch später; vgl. auch OLB 2, 195f.; GIVEON in HERZOG ed. 1984, 120f. 85 AHARONI ed. 1973, 16f. 110f.; DERS. 1974; DERS. 1975, 154ff. 162ff.; zur Diskussion vgl. OLB 2, 205-208. 86 Als Gründe für eine kultische Funktion werden (s. Lit. A. 85) neben den Kellern und den nahegelegenen favissae angeführt: die 0-W-Orientierung des großen Gebäudes Nr. 7 die Lage, insofern vom Tor eine direkte Straße zum Platz des Gebäudes führt und ein Kanal wie der, der in Arad von außerhalb der Mauer ins Heiligtum führt, schließlich, daß südöstlich des Gebäudes anscheinend ein hellenistischer Tempel stand. Vgl. aber zurückhaltend zur Deutung des Gebäudes als Tempel H. WEIPPERT 1988, 623f. (Lit.). 87 Das müssen sie sogar, falls FRrrz (s.o.A. 81) Recht hat und Tell es-Seba'mit Ziqlag zu identifizieren ist. 88 Vgl. AHARONI 1968, 2-32; DERS. 1969, 25-39; DERS. (/AMIRAN) 1975, 84-87; WüST 1977, 12; FRITz 1977a, 41ff.; OLB 2, 216ff. 226-233; H. WEIPPERT 1988, 557f. 616. 623-625. 89 FRITZ 1977a, 55-57. 73; OLB 2, 214-216. 227; vgl. auch AHARONI 1968, 27ff.; MITIMANN 1977.
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Der Tempel bestand bei einigen Änderungen im Laufe der Zeit seit Stratum XI bis zum 8. Jh. v. Chr. In Stratum VI wurde eine Mauer mitten durch den Tempel gezogen, was das Ende dieser Kultstätte markiert. Fritz hat gründlich und umfassend nachgewiesen, daßtrotzeiniger Übereinstimmungen der Kultbau einer völlig anderen Tempelbautradition entstammt als der Jerusalemer Tempel und - ebenso wie seine Priesterschaft offenbar ganz unabhängig von Jerusalem, also keineswegs ein königlicher Filialkult, war90 . Die Mischung von Vergleichbarem und Andersartigem in Arad im Vergleich zu Jerusalem zeigt somit, daß das judäische Königtum keine Anstalten machte, in die Gestaltung und die Organisation des Kults selbst einer rein königlichen Funktionalsiedlung (Festung) wie Arad bestimmend einzugreifen. Ähnlich wie auf dem Tell es-Seba ': Vielleicht hat das Königtum (in einer Art Dienstherrn-Sorgepflicht) für die Besatzung die Einrichtung bzw. den Umbau eines Lokalkults finanziert, aber von herrschaftlicher Dominanz, Beeinflussung, Organisation oder Funktionalisierung als Herrschaftsmittel ist nichts erkennbar. Vielmehr lagen Kult und Kultorganisation offensichtlich in lokaler Hand und setzten lokale und regionale Traditionen fort. Der Tempel diente der Besatzung und der Bevölkerung der Umgebung91 und besaß damit eine regional-integrative Bedeutung92 •
Nach der Betrachtung bedeutender Kulttraditionsorte der vormonarchischen Zeit sowie bedeutender königlicher Funktionalorte im Südreich im Blick auf die Frage, ob dort Kulte durch das Königtum aufgenommen und weitergeführt wurden, auf den Kult Einfluß genommen oder sogar die organisatorische Regie über den Kult in den Dienst der Herrschaftsstabilisierung und -Iegitimation gestellt worden ist, sollen unter derselben Fragestellung abschließend drei Beispiele zweier unterschiedlicher Typen eindeutig königlicher Funktionalorte des Südreiches ins Auge gefaßt werden: Einerseits Lachisch als bedeutendste Grenzfestungsstadt nach Jerusalem, andererseits Tell el-Qederat und Kuntilet 'Agrüd, wo es sich nicht um Wohnstädte, sondern königlich initiierte StraßenFestungen an wichtigen Routen nach Süden handelt.
90 FRITZ 1977 a, 66ff.; OLB 2, 229ff. Die Erwähnung des byt YHWH in Jerusalem in einem Ostracon aus der Spätzeit Arads (Str. VI), als das Heiligtum in Arad schon aufgegeben war (vgl. AHARONI 1981, 35-37; FRITZ 1977a, 70; H. WEIPPERT 1988, 624), belegt den königlichen Funktionalort-Charakter von Arad, aber keine kultisch(-organisatorisch und funktional) engen Beziehungen des Jerusalemer Tempels zum Arad-Tempel. 91 FRITZ 1977a, 69. Dazu steht nicht im Widerspruch, daß er auf königliche Anweisung aufgehoben worden sein kann (FRITZ aaO, 70). 92 Das heißt nicht, daß er ein Reichstempel war (gegen AHARONI mit FRITZ aaO, 71) und ebenfalls nicht, daß er ein Grenzheiligtum im Sinne eines abgrenzenden Heiligtums an der judäischen Landesgrenze war (gegen AHARONI mit FRITZ, aaO, 71). "Regional-integrativ" verstehe ich im Sinne eines Lokalheiligtums mit Bedeutung für das Ortsumland (vgl. FRITZ aaO, 69), nicht aber im Sinne eines sakralen Einigungspunktes mehrerer Nachbargruppen oder -stämme (ALT, zit. b. FRrrz aaO, 70), wie es bei Tabor, Gilgal, Baal-Peor und Sittim zutrifft.
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Lachisch: Es ist bemerkenswert, daß zwar aus vorisraelitischer Zeit in und außerhalb der bedeutenden Stadt mehrere Tempel gefunden worden sind 93 , aus der Eisenzeit aber nur ein sehr kleiner Kultraum (Stratum V, 950-900 v. Chr.) von 2,3 x 3,3m94 • Eine Bank zieht sich die Wände entlang, ein Podium fand sich wie auch ein kleiner Kalksteinaltar und eine Massebe, die wohl auf dem Podium ihren Platz hatte, sowie Bruchstücke von evtl. vier weiteren Masseben (!)in zweifavissae nahe bei dem Kultraum zusammen mit Kultgefäßen und einer Ascherafigurine, die Aharoni den kleinen Komplex als Kultraum bei einer Kulthöhe deuten lassen; bis zur Zerstörung durch Sanherib (Stratum 111) dürfte der Komplex bestanden haben. Allerdings ist, wenn ich richtig sehe, die Existenz einer Kulthöhe nicht zweifelsfrei bewiesen. Die Lage des kleinen Kultraums unter dem hellenistischen "Sonnentempel", ein gutes Stück von der Palastfestung auf ihrem Podium entfernt (ca. 60-70m) und auch außerhalb des ummauerten großen Platzes östlich des Palastpodiums, die keinen Zusammenhang mit dem Palast erkennen 95 läßt wie auch die sehr bescheidenen Ausmaße des Kultraums lassen nicht an ein 96 königlich initiiertes oder gefördertes Heiligtum denken, eher an ein Heiligtum der lokalen Bevölkerung. Dieser Befund in der nach Jerusalem wichtigsten und größten königlichen Funktionalortschaft ist m. E. sehr bezeichnend und beachtenswert im Blick auf königliche Kultorganisation außerhalb Jerusalems. Eine königlich initiierte Wege-Schutz-Festung stellt der Bau auf dem Tell el-Qederat 97 (EIIC) dar • Zwar mag auch hier wie bei Tell es-Seba'und Tell 'Aräd gelten, daß der König einer gewissen dienstherrliehen Versorgungspflicht zur Schaffung einer Lokalkultstätte nachkam, aber auch hier wiederum ist nichts feststellbar, was Organisation des Kults bzw. herrschaftliche Funktionalisierung anzunehmen nötigte. Gegen königlichen Einfluß im Einzelnen beim Ortskult spricht sogar, daß der Tempel der Festung sich aus der "idumäischen" Architektur ableitet9 8 , also lokal (und nicht etwa zentral in Jerusalem) geplant und gebaut worden ist. Bei Kuntilet 'Agrud handelt es sich um eine Straßenfestung auf dem Weg von Kadesch nach Ezion-Geber, die etwa von 850-750 v. Chr. existiert hat99 • Die Bauweise, die abgelegene Lage ohne zugehörigen Wohnort in der Nähe sowie die wichtige Funktion zwischen Kadesch und den königlichen Handelsstationen Ezion-Geber und Elat lassen auf königliche Initiative bei der Errichtung schließen. Besondere Aufmerksamkeit haben zwei Räume rechts und links des Eingangsbereichs erregt. An jeweils drei Seiten ziehen sich Bänke die Wände entlang; auf den Bänken waren Weihegaben deponiert, 93
Der spbr "Grabentempel" (OLB 2, 884ff.), ein spbr ägypto-kanaanäischer Tempel (OLB 2, 913ff.), der hellenistische sog. "Sonnentempel" (AHARONI 1975b, 3-9; OLB 2, 916ff.) und ein perserzeitlicher Tempel (OLB 2, 921ff. ). 94 Zu den Einzelheiten vgl. AHARONI 1975b, 26-32; DERS. 1977, 747-749; OLB 2, 891. 918-921; H. WEIPPERT 1988,477-479. 95 Vgl. die Pläne und Fotos bei TuFNELL 1977, 736f.; G. R. H. WRIGHT 1983, 414; OLB 2, 883; H. WEIPPERT 1988, 527. 96 Besonders nicht, weil der kleine Kultraum älter ist als die erste Phase der judäischen Palastfestung (OLB 2, 891; H. WEIPPERT 1988,477-479. 526). 97 Vgl. o. S. 107 m.A. 468; zum archäologischen Befund CoHEN 1978; DERS. 1980a; DERS. 1981; DERS. 1982; DERS. 1982a; DERS. 1983; M. DOTHAN 1977, 697-699; OLB 2, 177ff.; H. WEIPPERT 1988, 617f. 622. 625. 9 8 H. WEIPPERT 1988, 625. 99 Zur Beschreibung der Anlage und Funde vgl. MESHEL 1978a; DERS. 1978b; SMELIK 1987, 141-143; OLB 2, 185; H. WEIPPERT 1988, 617-619. 623. 625-627.
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auf Gefäßen und an den Wänden fanden sich Inschriften mit Anrufungen und Erwähnungen Eis, Ba'als, JHWHs und seiner Aschera und lokaler Erscheinungen JHWHs aus dem Norden und Süden des Landes angebracht 100 • Man kann, da auch in den an die beiden Räume anschließenden Räumen eine Opferkult-Einrichtung fehlt, nicht von Tempel( räumen) sprechen. Wenn es richtig ist, daß die feste Wegestation auf königliche Initiative errichtet wurde, kann man nur sagen, daß mit den Räumen des Eingangsbereichs für Besatzung, Umland-Bevölkerung und Reisende aller Art einschließlich Händlern sozusagen neben dem Schutz und der Erholung auch der Rahmen religiös-kultischer Betätigung durch Weihegaben und zum Reise-Gebet geboten wurd€, ohne daß eine kultische Vor-Prägung, kultische Dominanz oder Funktionalisierung durch den vermutlichen königlichen Bauherrn zu erkennen ist. Die Inschriften anbringenden Reisenden haben sich offensichtlich vielmehr nach ihnen vertrauten heimischen Gottesvorstellungen gerichtet. Das Angebot religiöser Betätigung ließ somit offenbar die Art derselben und die göttlichen Adressaten frei; die Inschriften zeigen ein entsprechend freies Annehmen desselben. Die Hauptfunktion der befestigten Gesamtanlage lag eben primär im Straßenschutz und dem Rekreationsangebot auf beschwerlicher Reise 101 .
Überblickt man die bisherigen Ergebnisse der vormonarchischen Zeit sowie der Zeit Davids/Salomos und des Südreiches, so ist festzuhalten: Eine Reihe von Gruppen-/Regionalheiligtümern der vormonarchischen Zeit haben unter der Monarchie weiterbestanden, ohne daß eine königliche Beteiligung oder gar organisatorische Dominanz bzw. Funktionalisierung erkennbar ist (Tabor, Sichern, Mizpa im Ostjordanland, Bfr es-Seba). Silo hörte mit Beginn der Monarchie auf, eine erkennbare Rolle als Kultort zu spielen. BaalPeor/Sittim bestand als grenzüberschreitendes Doppel-Gruppenheiligtum in monarchischer Zeit. Einige Ortsheiligtümer haben im Übergang zur Monarchie und in deren Frühzeit kurzzeitig eine Rolle für das Königtum gespielt, wurden in der Folge 1oo Erwähnt werden EI, JHWH von Samaria, JHWH von Teman, Ba'al, JHWH und seine Aschera, vgl. MESHEL 1978a, 11 *-14*; SMELIK 1987, 143-:;}45; H. WEIPPERT 1988, 618. 625f. Zur Diskussion vgl. u. a. KEEL ed. 1980; LANG ed. 1981; E. HAAG ed. 1985; LANG 1986; KNAUF 1988c; DERS. 1989a; DERS. 1992; NIEHR 1990; M. WEIPPERT 1990; DERS. 1991 Geweils mit weiterer Lit. ). 101 So auch H. WEIPPERT 1988, 617. Daß es sich zugleich (im Nebeneffekt) um ein Pilgerheiligtum, eine Wallfahrts-oder Memorialstätte handele (H. WEIPPERT 1988,618. 625. 627), kann man erwägen. Von einem "religious centre" (MESHEL 1978a) zu sprechen, geht zu weit und überschätzt die kleinen Räume am Eingang und ihre Neben- und Zusatzfunktion im GesamtEnsemble der Straßenschutz-Anlage. Das Angebot zu Gebet und Votivgaben-Deponierung spricht für die Frömmigkeit der Besatzung und der Reisenden, die gelegentlich auch Pilger gewesen sein können. Zu einer Wallfahrts-Ortsfunktion müßte aber eine Orts- und Heiligtumstradition gehören, von der nichts bekannt ist. Für die primäre Schutzfunktion spricht neben 'der festen Bauweise auch die Existenz eines (königlichen?) "Kommandanten": Die gefundenen Inschriften 1-sr'r werden nicht als "dem ,Stadt'-Kommandanten (gehörig)" zu deuten sein (gegen MESHEL 1978a, 11 *f; SMELIK 1987, 144), denn von einer "Stadt" kann ja keine Rede sein, ebensowenig als Personenname (AviGAD 1986, 32 A. 31; SMELIK 1987, 144), sondern 'r wird nach asa. 'r = mountain, citadel (von 'RR, vgl. BEESTON et al. 1982, 20) "Zitadelle, Burg, Schutzort" heißen; damit bedeutet die Inschrift: "dem Kommandanten der Zitadelle/Burg/dem Schutzort (gehörig)".
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I!. Juda: Vom Königtum funktionalisierte Kultstätten?
aber nicht vom Königtum organisatorisch übernommen oder gar dominiert (Mizpa!Westjordanland, Gibeon, Kirjat-Jearim, Bet-Schemesch >). Einzelne Heiligtümer in oder bei (zu) königlichen Funktionalorten (gewordenen Ortschaften) haben in monarchischer Zeit weiterexistiert, aber allem Anschein nach nicht oder nur sehr begrenzt bzw. nicht erkennbar königlich dominiert, beeinflußt oder funktionalisiert (Tell es-Seba', Arad, Mamre/Hebron), wenn nicht gar in der kultischen Bedeutung zurückgehend (Mamre/ Hebron). Lachisch, Kuntilet 'Agrüd und Tell el-Qederat zeigen schließlich jeweils für ihren Ortstyp (königliche Grenzfunktionalort bzw. königliche Straßenfestung), daß auch hier keine nennenswerten Anstrengungen für eine kultorganisatorische Funktionalisierung und Dominanz sogar in eindeutig und primär königlichen Funktionalorten unternommen worden sind. Dieses landesweit geringe bzw. fehlende königliche kultorganisatorische Engagement in Juda überrascht auf den ersten Blick; es entspricht weder dem Bild, das das DtrG von der königlichen Herrschaft in Juda mit Salomos Tempelbau und Davids und Salomos göttlicher Legitimation nahelegt noch dem ersten Eindruck des Lesers der Prophetenbücher, wonach das Königtum neben und zusammen mit der Elite des Volkes als solche für religiös-kultische Belange bzw. für Verstöße gegen religiös-kultische Orthodoxie und Orthopraxie eine besondere Verantwortung trägt 102 noch schließlich einem in letzter Zeit in der Forschung umfassend entworfenen Bild, das von einer umfassenden königlichstaatlichen ("nationalen") Organisation von Kult und Religionsausübung ausgeht103. Das hier demgegenüber festgestellte überraschend schwache, ja, weithin nicht existierende diesbezügliche Engagement des Königtums im Lande (Juda) ist aber m. E. keineswegs verwunderlich, wenn man es als -wenn auch bisher wohl nicht genügend beachtetes- konsequentes Pendant einer anderen, seit längerem durchaus erkannten, durch zahlreiche Texte belegten und eine umfangreiche Forschungsliteratur angezeigten Tendenz erkennt. Es erklärt sich nicht nur daraus, daß private, lokale und regionale Kulte in der Königszeit allem Anschein nach lange nicht nur nicht als bedrohlich oder als Konkurrenz für Königtum, Residenz und ihren Kult und überhaupt für den Jahweglauben, nicht als heterodox empfunden worden sind 104 . Ein positives Erklärungsmoment liegt auch darin, daß bis in die Spätzeit der Monarchie königlich-kultorganisatorisches Engagement im Südreich sich von Anfang an zunächst und vor allem auf Etablierung und Ausbau eines königlichen legitimierenden Kultes in der Residenz konzentrierte 105 , ohne daß eine dirigistische "Mission" königlicher Kultinhalte und Kultorganisation von der Residenz ausgegangen wäre.
Die für Israel/Juda und das exilisch-nachexilische Judentum folgenreiche Entwicklung der Rolle Jerusalems in kultisch- religiöser Hinsicht kann hier nicht umfassend dargestellt werden. Wenige Andeutungen müssen genügen. Nachdem David mit der Einrichtung der Residenz den Grund gelegt hatte, haben die Überführung der Lade 106 , der Um- und Ausbau des Tempels Salomos107, die theologische Verbindung von vorisraelitisch-Jerusalemer EI-Theologie als Teil des "religiösen Milieu(s) des spätbronze-/früheisenzeitlichen Syrien-Palästina" (B. Janowski) mit frühisraelitisch-judäischem JHWH-Glauben108, schließlich die symbolische Verknüpfung der silonischenLade mit dem im Tempel Salomos aufgestellten J erusalemer Kerubenpaar, das zur Entstehung und späteren Ausprägung der Zionstradition entscheidend beigetragen hat 109 einschließlich weiterer religiös-mythischer Elemente zu einer komplexen Verbindung von Theologumena geführt, bei der ihr Zusammenwachsen und Ausreifen jeweils zeitlich kaum einigermaßen präzise festgelegt werden kann aufgrund des Mangels an präzisen traditionsgeschichtlichen Fixierungsmöglichkeiten110. Es genügt aber hier festzustellen, daß zweifellos viele Generationen von Priestern und "Theologen" Jerusalems an diesen Vorstellungskomple-
102 Dazu s. u. S. 216ff. mit A. 179ff. 103
Besonders AHLSTRÖM 1982a (s. u. S. 227ff. m. A. 213ff.)
104 Vgl. dazu u. S. 216ff. m.A.179ff.; S. 236ff. m.A. 270ff.; S. 239ff. m.A. 291ff. 105 Neben Jerusalem (s. u. sogleich) wird auf die Nebenresidenz Riimat RiifJel/lfirbet Siili/J (vgl. AHARONI 1962; DERS. 1964; DERS 1967 a,171 ff.; DERS. 1978, 1000-1009; OLB 2, 596-606;
H. WEIPPERT 1988, 597-599) hingewiesen. Hier vermutete YADIN einen Ba'altempel neben dem Jerusalemer JHWH-Tempel wie er analog in Samaria nicht den von Jehu zerstörten Ba'altempel vermutet, sondern in Jesreel (1978, 127-135). Jedoch ist weder diese Konstellation in Samaria/Jesreel bewiesen noch archäologisch eine Spur eines Ba'altempels in Riimat RafJel nachgewiesen (vgl. H. WEIPPERT 1988, 622). Das schließt freilich die Möglichkeit eines königlichen Palastkultes (ob JHWH oder Ba'al oder beiden nebeneinander geweiht) do~t nicht aus, nur ist von dem postulierten Tempel des Str. VB (8.-7.Jh. v.Chr.) durch d1e Erweiterungen und Umbauten des Endes des 7. Jh. v. Chr. (Str. VA) ein positiver Nachweis unmöglich und nicht zu erwarten, außerdem speziell ein Ba'altempel, den man auf den Einfluß Ataljas (845-40 v. Chr.) zurückführen könnte, nur möglich, wenn man die Errichtung der Zitadelle heraufdatiert (YADIN 1978), wogegen 11ber die Datierung der Kleinfunde spricht (H. WEIPPERT 1988, 599). 106 Deren Bedeutung für die JerusalemerTheologie hat JEREMIAS 1971 besonders herausgestellt, vgl. dazu jetzt die differenzierende Kritik von JANOWSKI 1991. 101 Vgl. FR!Tz 1977a, 13ff.; Orro 1980a, 51ff.; H. WEIPPERT 1988, 460-474 (Lit.) in Verbindung mit RUPPRECHT 1972; DERS. 1977; KNAUF 1991 bundschon 0. S. 19ff. 108 Vgl. dazu u. a. GESE 1964 = 1974; STOLZ 1970; JEREMIAS 1971; ÜTTO 1980a, 38ff. 57ff.; DERS. 1980b; DERS. 1986a; W.H. ScHMIDT 1987, 249ff.; bemerkenswert differenzierendjetzt NrEHR 1990, bes. 167ff.; JANOWSKI 1991 (Zitat: S. 264); KNAUF 1991 b, 182ff. Zur Diskussion um die Zionstheologie im Jesajabuch (1-39) vgl. auch KrLIAN 1983, 40ff. 131ff. 109 Vgl. JANOWSKI 1991. 110 V~!. W. H. ScHMIDT 1987, 256ff. Man muß allerdings unterschei~~n zwisch~n. de~ mit diesem Komplex von Theologumena entstandenen Anspruch der Davididen (Legitimationsbedürfnis) und der Realisierung und Akzeptanz im Lande, deren Ausmaß kaum abzuschätzen ist und die erst J osia gewaltsam-administrativ zu erreichen versuchte- ohne durchschlagenden Erfolg zu seiner Zeit. Jerusalem hatte zwar ein Residenzheiligtum und war damit von singulärer Bedeutung für die Dynastie und ihre Legitimation, nicht aber ein notwendig üb~rall als solches anerkanntes Heiligtum mit kultorganisatorischer Zentralbedeutung, das für die lokalen Bevölkerungen unbedingt die Bedeutung ihrer jeweiligen Lokalheiligtümer überstieg.
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I Il. Nordreich: Vom Königtum funktionalisierte Kultstätten?
xen gearbeitet haben; daß diese Arbeit vor allem in Jerusalem geleistet worden ist, ist insofern sehr wahrscheinlich, weil sich mit dem genannten Komplex von Theologumena eine legitimatorische "Theologie der davidischen Dynastie" (auch) aus (politisch) verständlichen Interessen verband 111 • Dies ist, soweit wir wissen, in Israel in dieser Weise nur in Jerusalem geschehen, wie auch das einmalige Nebeneinander von Tempel und Palast in Jerusalem nahelegt 112 • Der herrschaftliche Impuls, das herrschaftliche Interesse sowohl bei der allmählichen Entwicklung der im engeren Sinne theologischen Vorstellungen als auch speziell der dynastisch-theologischen Legitimationsideologie und der Verbindung beider wird wohl auch schon durch das Größenverhältnis von (großem) Palastkomplex und (kleinem) TempeP 13 wie auch ihren unmittelbaren örtlichräumlichen Zusammenhang architektonisch-äußerlich erkennbar. Die Ergebnisse dieser königlichen Bemühungen um eine dynastisch-religiöse Legitimation werden am ehesten von den spätmonarchisch-exilisch-nachexilischen Ergebnissen her erkennbar, die sich einerseits vor allem in Psalmen, andererseits im David(iden)bild der Schichten des DtrG (DtrH, DtrP und DtrN) und schließlich der Chronik niedergeschlagen haben 114 • Daß es sich um eine wesentlich vom Königtum beeinflußte bzw. initiierte Entwicklung vorrangig der Legitimation der Dynastie und ihrer Residenz handelte, wird auch nicht nur an dem festgestellten weitgehenden Fehlen königlicher Kultorganisation selbst in königlichen Funktionalorten sichtbar, sondern ebenso daran, daß die Dynastieund Residenz-Ideologie als Mittel der Herrschaftslegitimation mit fortschreitender Entwicklung im Gegenzug auch wachsender Kritik und Relativierungsbemühungen gerade von radikalreligiös-prophetischer als auch - freilich post
festurn - von reformreligiös-deuteronomistischer Seite her ausgesetzt war115 • Dies verhinderte freilich nicht, sondern half vielmehr nicht unwesentlich mit, daß gerade mit und nach der realen Katastrophe von Tempel, Residenz und Königtum der Zion, seine Tradition und Theologie ihren eigentlichen Bedeutungshöhepunkt nun über König, Dynastie, Residenz und Tempel hinaus und ohne sie für das gesamte Judentum erreicht haben 116 • Auch von der spezifischen königlich-Jerusalemer Theologie-Entwicklung her bestand offensichtlich kein Grund zu einer kultorganisatorischen Vereinheitlichung. Die lokale/regionale Kultautonomie wurde vom Königtum nicht angetastet, Kult und Kultorganisation nicht als Herrschaftsmittel im Lande eingesetzt, wohl aber als dynastisches Legitimationsinstrument in der Residenz angewandt. Man kann deshalb für die größte Zeit der Monarchie Judas geradezu von einem kultorganisatorischen Desinteresse des Königtums im Lande sprechen, das erst mit Josia in ein aktives Desinteresse umgeschlagen ist. Josia hat nicht nur die legitimatorischen Aspekte der Residenztheologie aus dem Rahmen dynastisch begrenzter Zielstellung herausgeführt, sondern sie zugleich als religiös-ideologisches Herrschafts-mittel mit ihrer integrativ-organisatorischen und damit herrschaftsstabilisierend-politischen Kraft erkannt. Josias kult-und gerichtsorganisatorisches Zentralisationsprogramm, das für die zeitgenössische Bevölkerung zwar - je weiter er es realisieren konnte, desto mehr - ein harter Einschnitt gewesen sein dürfte 117 , in der Folge nach 586 v. Chr. sich aber für die Existenz und Stabilität der nun nicht mehr staatlich verfaßten Gemeinde "Israel" als positiv erweisen sollte, stellt somit eine späte herrschaftslegitimierend-machtpolitische und radikale organisatorische Konsequenz der von David und Salomo begonnenen, lange gegenüber den lokalen und regionalen Kulten toleranten, ja, anscheinend an ihnen weitgehend uninteressierten, dynastischen Theologisierung der Residenz und ihres Kults dar.
111 Vgl. bes. 2Sam 7; 1Kön 3,4ff.; 8; 9,1-9; insgesamt auch WALLIS 1976; METIINGER 1976. METIINGER 1976, 296 nimmt einleuchtend an, daß die Entwicklung einer solchen legitimatorischen Theologisierung mit der für die Davididen krisenhaften Situation nach Salomo begann. Zur literarischen Entwicklung vgl. VEIJOLA 1975; zur Entwicklung bzw. Jerusalemer Adaptation des Königsrituals und seiner Elemente stellt BERNHARDT 1961, 306 in derselben Tendenz fest, "daß nämlich in Israel nicht einige die Umdeutung mythischer Sachverhalte hervorrufende geschichtliche Traditionen zu einem vollständig vorhandenen Königsritual gestoßen sind, sondern umgekehrt, gemäß der wahrscheinlich gemachten geschichtlichen Übernahmesituation, eine Anzahl königsideologischer Motive zu einer Erwählungs- und Bundesgeschichte". 112 Zur konkreten Lage der Paläste (im Verhältnis zum Tempel) vgl. aber H. WEIPPERT 1988, ( 474-)476. 113 Maße des Tempels: 20 x 60 Ellen (1Kön 6,2); Maße allein des Libanonwaldhauses: 100 x 50 Ellen (1Kön 7,2-5); vgl. insgesamt H. WEIPPERT 1988, 460-476. Die kraß unterschiedlichen Größenverhältnisse werden freilich in der jetzigen biblischen Darstellung durch die Ausführlichkeit der Beschreibung von Palast- und Tempelbau (und -ausstattung) - im umgekehrten Verhältnis zu ihrer realen Größe!- aus theologischen Gründen verschleiert. In ähnlicher bezeichnender Relation stehen die Bauzeiten (1Kön 6,37f.; 7,1). 114 Vgl. neben den Gesamtüberblicken bei W. H. ScHMIDT 1987 (o. A. 110) und BERNHARDT 1961, 183ff. (zu den Psalmen) zum dtr. David(iden)bild bes. VEIJOLA 1975; METIINGER 1976, zum Chronistischen David-Bild IM 1985 und zur Beurteilung des Königtums insgesamt bes. BERNHARDT 1961, 114ff.; H. WEIPPERT 1972; METIINGER 1976; VEIJOLA 1977; W. H. SCHMIDT 1987, 210ff.
115 Vgl. zum Letzteren die A. 114 genannte Lit. und früher u. a. GESE 1964 = 1974, 113ff., der am Beispiel von 2Sam 7 eine Stimme des Protestes aufzeigt, die betont, daß hinter Tempelgründung in Jerusalem, Zionserwählung und der Zusage dauernder (Davididen-) Dynastie keine menschliche, sondern allein JHWH's Initiative steht und sich somit z. B. gegen die Tradition von Ps 132 abheben will; vgl. neuestens ALBERTZ 1989. Zur prophetischen (Sozial-)Kritik vgl. zuletzt umfassend LANG 1983a; W. H. ScHMIDT 1987, 217ff. 259ff., vorher aus der Fülle der Lit. zur Sozialkritik der Propheten nur WüRTHWEIN 1952 = 1970 = 1979; DoNNER 1963 = 1979; KocH 1971 = 1979, speziell zu Amos vgl. FLEISCHER 1989. Zur Frage der konkreten Kritik der Propheten an Kultorten s. u. S. 216ff. 116 Hier hat -besonders wenn man die Eliminierung der früher für Jesaja als charakteristisch angesehenen Zionstradition zuletzt durch KILIAN (1983, 40ff. 131ff.) zustimmen magvermutlich der starke Aufschwung und die Entfaltung der exilisch- nachexilischen Zionstheologie ihren Platz durch Einbau ins Jesajabuch und besonders in die Psalmen. Vgl. neuestens JANOWSKI 1991, 261. Zur Ideologieffheologie als Reserve-Sozialstruktur vgl. SALZMAN 1978. 117 So schon ALT 1953 = 1978, 260; dagegen, daß Josia sein Programm landesweit konsequent hat durchsetzen können, spricht vieles (vgl. auch FRITZ 1977 a, 40).
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C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
III. Nordreich: Vom Königtum dominierte bzw. funktionalisierte Kultstätten? Daß Betel schon alter, vorisraelitischer Kultplatz war, zeigen sowohl die Ausgrabungen als auch die hinter Gen 28,10-22; 31,13; 35,7 stehenden Traditionen 11 s. Der a~ttestamentliche Textbefund nennt für das Gebiet von Betel die Gruppen der Benjamimte~ u~d Ephraimiten, wobei Betel selbst im Grenzbereich zwischen Ephraim und BenJamm auf ephraimitischer Seite liegt, aber als gruppenverbindender Grenz-Heiligtumsortvon beiden frequentiert worden sein mag 119 • Archäologisch bietet EI, besonders E lA, am Ort ein recht ärmliches Bild 120 . Für die David-Salomozeit verlautet im Alten. Testament von Betel nichts, wenn auch die Ausgräber hier den Ausgangspunkt von emem bemerkenswerten ökonomischen Tiefstand zu einer allmählich in Erscheinung tretenden soliden Prosperität der Folgezeit sehen 121 • Eine überregionale, über benachbarte Ephraim-Benjamin-Gruppen hinausgreifende Kultbedeutung ist aber nach Texten und Archäologie nicht erkennbar. In E II spiegeln nach den Ausgräbern die Befunde ein Bevölkerungswachstum nenn~nswerten Ausmaßes, verbunden mit einem beachtlichen Wohlstand, aber ohne eine Wirtschaftliche Differenzierung und Arbeitsteilung am Ort; spezialisiertes Handwerk ist 122 ~aum festzus_tellen • Worauf beruht also die prosperierende Entwicklung des Orts? Es hegt nahe, d1esen Aufschwung als Folge des Herrschaftsantritts Jerobeams I. zu sehen (1K?~ 12,26-33!·. Betel ist Grenzort gegenüber dem Südreich. Daß er zugleich ein traditiOnelles He!lrgtum war, das sich mit der Installation eines an alte, früh- israelitische Traditionen anknüpfenden JHWH-Kults höchst wirkungsvoll als Identifikationsv~elleicht bes.ser: Integrations-Kultort für die Gruppen derNordhälfte des zentralpalästi: mschen Gebrrges und als Abgrenzungs-Kultort gegenüber dem Südreich und dem sich e~:wi~kelnde~_Tempel-__ und Palastzentrum Jerusalem profilieren ließ, war ein außergewohnhcher Glucksfall fur Jerobeam. So stellt sein Interesse und Engagement für den Ort und die Wahl als eines der Hauptkultzentren des Nordreiches keinen Zufall für den anscheinend begabten Organisator (1Kön 11,28) dar. Auch seinen sämtlichen Nachfolgern scheint das klar gewesen zu sein, hat doch selbst Jehu an Betel festgehalten (2Kön 10,28 f.). Man kann fragen, welche Funktion für die NOrdreichsherrscher wichtiger war: G_renzort oder Heiligtum? Das eine ist kaum gegen das andere ausspielbar. Beide E_rgenscha~en zusammen machen den überragenden Wert für Nordreichskönigtum und dre Nordreichsgruppen aus. Das spiegelt sich in der Doppelfunktion des Identifikations-/ 118
Archäologisch für FrBr und MBr vgl. KELSO ed. 1968,21-23. 25-27. 46. 93ff. In SpBr schemt der MBr-Tempel nur ein gewöhnliches Haus gewesen zu sein (Anfang des außerstädtischen Heiligtums ab SpBr?) vgl. KELso ed. 1968, 30; vgl. auch WüsT 1977, 45; zu den Texten vgl. neben den Kommentaren z.St. auch WüsT aaO, 44f.; DOHMEN 1985, 152; vgl. auch DoHMEN 1982, 19f. m. A. 16f. (Lit.). 119 Vgl. Jos 16,1f.; 18,12f. 22; Ri 1,22-26; dazu ScHUNCK 1963, 46f. 146ff. 149ff. 156ff.; DERS. 1980, 757f. (Lit.); vgJ. auch KELSO ed. 1968,49. 12° KELSO ed. 1968, 32ff. 49f.; DERS. 1975, 192. 121 KELSO ed. 1968, 32ff. 36f. 122 KELso ed. 1968, 37. 50f. Für weitere Klein- und Einzelfunde vgl. aaO, 63ff. 82ff. Zu dem ~?n KELSO ed.,1968, 51; DERS. 1975, 192 in Betel gefundenen, als Anzeichen von Betels Beterhgung an weitreichendem Fernhandel (mit Heiligtumszubehör: Räucherwerk) gewerteten sabäischen Siegel vgl. aber HüBNER 1988, 28f. m. A. 29; KNAUF 1988a, 31 A. 158.
!II. Nordreich: Vom Königtum funktionalisierte Kultstätten?
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Integrations- und Abgrenzungs-Kultorts Betel: Der positiven Identifikation und Integration der vornehmlich sich aus einem antistrukturell-oppositionellen Impuls gegenüber der Davididenpolitik zunächst nur negativ abgrenzenden Nordgruppen (1Kön 12,1-20) konnte die Installation von Kultbild, Priesterschaft und königlich initiierten Festen (1Kön 12,26-33) in einem traditionell anerkannten Kultort dienen. Der negativen Abgrenzung gegenüber dem Südreich kam die Grenzlage in Sichtweite von Jerusalem optimal zugute. Dagegen ist die Tatsache, daß Betel von MBr IIB an ummauert war und diese Befestigungen ohne wesentliche Änderungen und Beeinträchtigungen bis ins späte 6. Jh. v. Chr. bzw. noch länger ihren Dienst taten 123 , im Blick auf die kultische Funktion Betels und die Frage nach der Funktionalisierung dieses Kults durch das Königtum sicher von zweitrangiger Bedeutung. Sicherlich konnte damit Betel auch die Funktion einer Süd-Grenzfestungsstadt des Nordreiches ausüben. Da im Ort aber bei den Grabungen keine Spur des eisenzeitlichen Heiligtums gefunden worden ist und sich auch auffällig wenige Kultgegenstände fanden 124 , ist die ansprechende Auffassung vertreten worden, daß die durch Am 7,10-17 eindeutig als königliches Heiligtum (mqds mlk und byt mmlkh, V. 13) apostrophierte Kultstätte außerhalb der befestigten Stadt lag125 . Wie wirkungsvoll der königliche Kult in Betel war und daß er von der Bevölkerung angenommen wurde, zeigt nicht nur die prophetische und deuteronomistische Polemik, sondern auch archäologisch der steigende Reichtum der Stadt in E Il, der offenbar nicht so sehr mit Handwerk, "Industrie" und Landwirtschaft, sondern mit dem Kultbetrieb des Ortes zusammenhing126 . Im Bereich der Jordanquellen bei Dan ist seit alters kanaanäisch-vorisraelitischer Kult nachgewiesen127 , wie das die Religionsgeschichte häufig an bedeutenden und weniger bedeutenden Quellen zeigt. Vorisraelitischer Kult in Dan interessiert hier aber nur 123 KELSO ed. 1968, 10-19. 23. 37. 46. 124 KELSO aa0, 37. 50f. 12s In Burg Betfn, wo dann röm.-byzantin. Kultbauten noch die stabilitas loci bezeugen (WüsT 1977, 44f., mit Einzelheiten; ScHUNCK 1980, 757). Die Kultstätte des Ortes mag also nach MBr ab SpBr außerhalb Betels gelegen haben (s.o. A. 118). Dazu paßt, daß Abia bei seiner kurzzeitigen Besetzung Betels (2Chr 13,19, vgl. ScHUNCK 1963, 154) nach den Ausgräbern den Ort anscheinend nicht zerstörte (KELSO ed. 1968, 51): Möglicherweise ging es ihm einerseits um die Besetzung oder Ausschaltung des außerlialb des Ortes gelegenen, in Sichtweite zu Jerusalem (KELso aaO, 37) befindlichen lästigen Konkurrenzheiligtums (so auch KELSO aaO, 51) und zugleich um Erweiterung des nördlichen schmalen Vorfeldes seiner Residenz. Ein Überwiegen der Kult- oder der Festungsfunktion ist daraus nicht zu erkennen. Die weiteren angeblichen Eroberungen Betels durch Asa und Josafat, die KELSO (aaO, 51) annimmt, sind textlich nicht belegbar. 126 Zur Stellung der Propheten zu Betels. u.; die erbitterte Polemik dtr. Kreise gegen Betel zeigt sich schon durch die Tatsache, daß sie alle Könige an deren Haltung zur "Sünde Jerobeams", nämlich den Stierbildern von Betel und Dan messen und sie zensieren und mit dieser Hauptsündepar excellence ständig Betel in den Blick und das Bewußtsein tritt (vgl. dazu DEBUS 1967; H. WEIPPERT 1972). Der "staatliche", "urbane" Charakter des Kults in Betel wird auch dadurch unterstrichen, daß Betel (wie sonst nur noch Hebron!Mamre und Jerusalem) eine Göttertrias besaß (*Yahü, *'Anat-Yahu und *'lsim-Bet'el), was KNAUF so deutet, daß sich in Göttertriaden wie der von Betel im Vergleich zu Götterpaaren (z. B. JHWH und seiner Aschera, vgl. dazu u. a. ANGERSTORPER 1982) der Unterschied von "urbaner", "staatlicher" zu nichturbaner, "noch nicht ganz von der Staatlichkeit erfaßter Gesellschaft des eisenzeitlichen Palästina" ausdrücke (1988c, 155-157 ). S. auch o. S. 194m. A. 65. 127 Vgl. nur DUSSAUD 1936; NEGBI 1964.
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C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
I Il. Nordreich: Vom Königtum funktionalisierte Kultstätten?
insofern, als traditionelle Kultplätze üblicherweise mit großer Zähigkeit auch über kulturelle Wechselfälle der Geschichte ethnischer und kultureller Provenienz hinaus festgehalten werden 128 •
Polemik enthält, die aber aus dem seit Jerobeam königlich dominierten Heiligtum135 in Dan stammt und die durchaus nicht pauschal gegen das Dan-Heiligtum insgesamt, wie Dohmen annimmt, polemisiert, sondern sehr konkret und differenziert gegen das Gottesbild des danitischen Stammesheiligtums gerichtet ist und die Dan-Priesterschaft sorgfältig aus der Polemik ausspart 136 • Dies scheint mir nach wie vor nur so erklärlich, daß die Jerobeam verbundenen Kreise das Danheiligtum deshalb nicht pauschal verurteilen, weil Jerobeam selbst dort nunmehr Interessen besaß, nämlich das nunmehr königliche Heiligtum und die übernommene Priesterschaft, die deshalb sorgfältig aus der Polemik gegen die Verteidiger des traditionellen, königlich okkupierten Heiligtums und seines Bildes ausgeklammert wurden 137 . Damit scheint mir klar, daß die Polemik aus dem vom Königtum dominierten Heiligtum in Dan selbst, nicht aber, wie Dohmen meint, aus Betel kam; die von Dohmen vermutete "innerisraelitische Auseinandersetzung zwischen Bethel und Dan" hat es nicht gegeben138 • Sie ist nicht nur nicht nachweisbar, sondern von der religionspolitischen Intention Jerobeams auch äußerst unwahrscheinlich. Damit entfällt auch Dohmens m. E. zweifelhafte Annahme, Jerobeam habe Dan bekämpfen müssen, weil es eine Konkurrenz für Betel als Zentralheiligtum des Nordreiches darstelle. Betel war überhaupt kein Zentralheiligtum, sondern ein Integrations- und (Ab-)Grenz(ungs)heiligtum, und zwar das eine, allerdings mit Abstand wichtigere; das andere für das große Nordreich und seine vielen Gruppen notwendige und bedeutende, wenn auch nicht ganz gleichrangige Integrations- und Grenzheiligtum war eben Dan als Pendant Betels für die Nordhälfte des Reiches! Weshalb also Konkurrenz, weshalb gegenseitiges Bekämpfen? Nimmt man aber einmal die zuletzt von Dohmen139 vertretene Auffassung versuchsweise als richtig an, daß es in Dan keinen königlichen (Stier-)Kult gegeben habe, so muß man fragen, worin dann die Bedeutung, Bedrohlichkeit und Konkurrenz Dans zu Betel bestanden haben soll, die Dohmen ebenso wie die Polemik von seiten Jerobeams durchaus einräumtl 40 . Übrigens scheint mir der Gedanke
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Wie Ri 17f. berichtet, haben die Daniten nach Dan ein eigenes Kultbild samt Priester bei ihrer Niederlassung mitgebracht. Wie dieses Kultbild aussah, ist ebenso unbekannt wie man die Frage offenlassen muß, ob sich die Daniten einem Ortskult der Vorbewohner evtl. integriert haben oder umgekehrt. Ri 18,31 hält fest, daß evtl. um 1050 v. Chr. das mitgebrachte Kultbild verloren ging. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit zu vermuten, daß ein gleiches Kultbild an seine Stelle gesetzt worden ist13o. Die hier vor allem interessierende Frage ist nun konkret die, ob der traditionelle Kult in Dan in der Königszeit weiterhin in der Regie der lokalen bzw. regionalen danitischen Bevölkerung blieb oder aus Stammes- in Königsregie (1Kön 12,28-30) überging. Im 131 Gefolge von Motzki hat Dohmen bestritten, daß Dan ein Reichsheiligtum des Nordreiches gewesen sei. Vielmehr sei das üblicherweise aufgrundvon 1Kön 12,29f. angenommene Reichsheiligtum in Dan eine deuteronomistische Fiktion in der Absicht Jerobeams Beteler Stierkult durch Erfindung des zweiten Stierbilds in Dan als polythei~ 132 stisch zu diffamieren . Die Fiktion zeige sich daran, daß Amos und Hosea einen Stierkult in Dan niemals attackierten und eine überlokale Bedeutung des Dankults nicht 133 auszumachen sei • Ausgangspunkt der deuteronomistischen Stierkulterfindung in Dan sei Ri 17f. Dort sei eine Polemik aus Kreisen des Jerobeam-Heiligtums Betelliterarkritisch und redaktionsgeschichtlich nachzuweisen, die heftig im Interesse Betels und seines Reichskults die drohende Konkurrenz des Danheiligtums bekämpfte. Da also Jerobeam und sein Betel-Heiligtum das Konkurrenzheiligtum Dan bekämpft habe, könne Dan kein Reichsheiligtum gewesen sein 134 • Dagegen habe ich detailliert herausgearbeitet, daß Ri 17f. in der Tat eine scharfe
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Zur Beibehaltung von Kult in Dan nach dem Ende des Nordreiches vgl. eine griechischaramäische Dedikations-Bi!ingue (BIRANITZAFERIS 1977; BIRAN 1980, 171; KNAUF 1981, 23f.; ~IRAN 1981a) und ein Nymphäum der Römerzeit (BIRAN 1974a, 262 ). Vgl. auch eme (wohl hell.-röm.) Aphrodite-Statue, gefunden auf einem Feld nahe dem Tell (BIRAN 1974, 42f.). 9 12 Vgl. NIEMANN 1985a, 61-147 130 Vgl. NIEMANN 1985a, 123-129, bes.124f., A. 239: M.E. besaßMicha bzw. dieDaniten zunächst ein Silberbild, über dessen Form sich nur sagen läßt, daß es sicher kein Stierbild war (anders, aber ohne durchschlagende Gegengründe ScHROER 1987, 100 A. 145 · ScHROER hat meine literarisch-redaktionsgeschichtliche Schichtung und die "Jerobeam"-Redaktion anscheinend ~?ersehen; die von ScHROER genannte Polemik des 8. Jh. v. Chr. gehört der nächsten <2.> Uberarbeitung der Erzählung Ri 17f. an ). Die Daniten haben nach ~em Verlust des ~ildes (Ri 18,31) wahrscheinlich ein ähnliches Bild anfertigen lassen. Daß dieses Nachfolgebild des ursprünglichen Bildes weiterexistierte, als Jerobeam den Dan-Kult übernahm, ist unsicher, vielleicht angesichtsder Polemik der Jerobeam-Redaktion" in Ri 17f. (NIEMANN 1985 a, 131-133) gegen das alte Danitenbild we~ig wahrscheinlich, aber doch nicht völlig auszuschließen. 131 1975, 470ff. 132 DoHMEN 1982, 19(ff). Das ist aber schon deshalb völlig ausgeschlossen, weil der BetelKult selbst polytheistisch war (vgl. KNAUF 1988c, 155ff., s.o. A. 126). 133 MOTZKI 1975, 474ff.; DOHMEN 1982, 19; vgl. aber dagegen 1Kön 12,29f. und SCHROER 1987, 99f. 13 4 DOHMEN 1982, 19-21
m Die Frage der Form des Bildes (s.o. A. 130) spielt hier keine Rolle. So schon in der maschinenschriftlichen Fassung der Dissertation von 1980 und dann 1985a, 71-129. 137 Zusammenfassend NIEMANN 1985 a, 131-133 138 DOHMEN 1982, 21 139 1982, 19; früher MOTZKI 1975, 474ff.; H. D. HOFFMANN 1980, 71 und schon NIELSEN 1955, 93-98; dagegen mit Recht jetzt auch ScHROER 1987, 99f. . . I4o DoHMEN 1982, 19-21. Streicht man nämlich mit MoTZKI und DoHMEN den Hmweis auf Dan und seinen Stier in 1Kön 12,28-30 als dtr. Erfindung, so gibt es keine sachliche Brücke mehr, die MoTZKI und DoHMEN zu Ri 17 f. und Dan und damit zu der Vermutung führen kann, DtrG habe aufgrundvon Ri 17f. den Stier Jerobeams in Betel durch die Erfindung des 2.Stiers ausgerechnet in Dan verdoppeln können (MoTZKI 1975, 475ff.; DoHMEN 1982, 19). Aber w~s sollte ohne die Existenz eines jerobeamischen Stiers in Dan DtrG denn veranlassen, Dan em Stierbild anzudichten, wenn 1Kön 12,28-30 nach MOTZKI und DoHMEN Fiktion ist? Ri 17f. enthält aber (gegen MoTzKI und DOHMEN) Polemik gegen das Stammesbild der Daniten, das kein Stierbild war, hinter dem aber (neben 1Kön 12,28-30) der von der "Jerobeam-Redaktion" ~erteidigte Jerobeam-Stier erschließbar ist. Daß die "Jerobeam-Redaktion" in Ri 17f. keinen direkten Hinweis auf den Jerobeam-Stier enthält, liegt einfach daran, daß sie ausschließlich gegen das alte, nicht stierförmige Stammesbild polemisiert. Aus genau diesem Grunde kann die dtr. (2.) Bearbeitung der Erzählung die jerobeamisch bearbeitete Fassung überhaupt aufgreifen und umgekehrt zu ihrer ursprünglichen Intention gegen den JerobeamStier polemisch wenden. Mit ihr ist dann aber eine vordtr. Beziehung Jerobeam~ zu Dan wiederum indirekt bewiesen. Sonst wäre die dtr. Polemik gegenstandslos und die (m.E. 136
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C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
I Il. Nordreich: Vom Königtum funktionalisierte Kultstätten?
einer "Konkurrenz" von zwei verschiedenen Heiligtümern im Nordreich (Josia und Deuteronomium sind noch fern!) recht "modern" und dem religiösen Denken der damaligen Zeit nicht gerecht zu werden. Dagegen ist etwas, was wir heute unter Konkurrenz verstehen, innerhalb eines Ortes (Dan) und zwischen der Anhängerschaft eines traditionellen Lokalkults und den Protagonisten einer ortsfremden Institution (Königtum), die den Lokalkult usurpiert und in ihrem Sinne funktionalisiert haben, immerhin verständlich. So wird man die in Ri 17f. enthaltene Polemik aus Kreisen des königlichen Heiligtums in Dan entgegen Dohmen eher doch in der Weise differenziert und konkret verstehen müssen, daß sie sich gegen das frühere Stammes-Gottesbild von Dan richtet und eine Auseinandersetzung innerhalb des Ortes zwischen Anhängern des alten Stammeskultes und Protagonisten des späteren königlichen Heiligtums darstellt. Dies ändert nichts daran, daß deuteronomistische Kreise die jerobeamische Teilpolemik, die durch die Aussparungen aus der Polemik deutlich die Interessen Jerobeams am Danheiligtum markierten, später höchst wirkungsvoll in die Linie ihrer eigenen Polemik gegen Jerobeam in eine Totalpolemik, nun aber gegen Jerobeam selbst gewendet, umwandeln konnten141. Im Gegensatz zu Dohmens und Motzkis Beiträgen ist also festzuhalten, daß die Existenz einer differenzierenden Polemik gegen das Stammes-Gottes bild von Dan keine pauschale Kritik am Heiligtum von Dan bedeutet, im Gegenteil, Jerobeams Interessen an ihm präzise markiert. M. a. W.: Aus der Polemik jerobeamfreundlicher (Kultfunktionärs-)Kreise in Dan gegen das Stammes- Gottesbild in Dan in Ri 17 f. ergibt sich ein positives königliches Interesse am Dan-Kult, an Dan als Kultplatz! Die aus Dohmens Darlegung entstehende Folgerung: Dan kann kein Reichs- bzw. königliches Heiligtum sein, weil Jerobeam bzw. das königliche Heiligtum Betel es bekämpfte, ist also unzutreffend. Auch ein weiteres Argument Motzkis und Dohmens in dieser Richtung hält nicht Stich: Zwar ist es richtig, daß Amos und Hosea Dan nicht als Kultort schlechthin attackieren, sondern nur die dortige Kultpraxis der Kultteilnehmer142 , aber Am 8,14 zeigt doch immerhin, daß Dan in monarchischer Zeit einen "Gott" bzw. ein Heiligtum besaß, das erwähnenswerte Bedeutung neben Samaria und Beerscheba hatte. Daß Dan in früherer Zeit nicht negativ erwähnt und angegriffen wird, ist als Argument e silentio angesichts der lückenhaften Überlieferung aus dem Nordreich nicht besonders schwer-
wiegend 143 , hinzu kommt die (für Amos) entlegene Randlage Dans und die Tatsache, daß Dan wohl an Bedeutung zu keiner Zeit mit dem viel bedeutenderen, zentral gelegenen Heiligtum Betel konkurrieren konnte wie schließlich die situative Funktion dieses Heiligtums im Rahmen des Nordreiches und der Religionspolitik Jerobeams eine ganz andere war als die Betels 144 . Im übrigen könnte sich das Schweigen Amos' und Hoseas vielleicht auch daraus erklären, daß sich in Dan ein jerobeamisches Stierbild nicht ständig befand, sondern zeitweise im Rahmen regelmäßiger Prozessionsfeste 145 , falls die so deutbare Formulierung in 1Kön 12,29 f. sich nicht auf einen einmaligen Einführungs-Prozessionsritus bezieht, wogegen aber die zwei Stierbilder in 1Kön 12,28 sprechen. Wie dem auch sei, wahrscheinlicher scheint mir immer noch die Annahme zweier Stierbilder146 . Der hier entscheidende Punkt ist aber der: Gleichgültig, ob Betel und Dan je einen Stier hatten oder nur Betel einen besaß, der zu Zeiten in Prozession nach Dan geführt wurde oder ob Dan nie einen hatte, in jedem Fall wird einerseits durch die Bedeutung, die selbst Dohmen dem Heiligtum von Dan als Ursache der angeblichen Bekämpfung Dans durch Betel zugesteht (die m. E. aber nicht existierte, sondern vielmehr eine innerlokale Konkurrenz von Anhängern des alten Stammeskults und Protagonisten des königlichen Heiligtums), andererseits durch die archäologisch nachgewiesenen königlichen Funktionalbauten in Dan 147 und schließlich durch das nach 1Kön 12,28-30 doch schwerlich bezweifelbare königliche Stierbild in Dan 148 hinreichend deutlich, daß das Heiligtum von Dan ein königlich dominiertes, in den Rahmen der Religionspolitik Jerobeams und seiner Nachfolger eingefügtes Grenzheiligtum war, das im Unterschied zum Südheiligtum Betel allerdings kaum eine Abgrenzungsfunktion besaß, sondern an der Nordgrenze eine bewußte, herrschaftlich-integrative Funktion für die nördlichen Gruppen des gegenüber Juda viel umfangreicheren Nordreiches erfüllen konnte. Hatte Betel eine doppelte kultische Funktion für das Königtum (kultische Abgrenzung gegen Juda/Jerusalem und kultische Integration der Südgruppen des Nord-
angebliche) Erfindung eines jerobeamischen Stieres reine Phantasie, wogegen sich auch DoHMEN (1982, 19) ausspricht. Es gibt zusätzlich nur die Möglichkeit, mit NIELSEN 1955, 196, anzunehmen, daß es tatsächlich nur einen Stier (in Betel) gegeben habe, der dann einmalig oder jährlich nach Dan in einer Prozession geführt wurde. Dann wäre aber wiederum die Erwähnung Dans in 1Kön 12,28-30 nicht erfunden, sondern durchaus substantiiert und damit doch Dan als wichtiges königliches Nordreichs-Heiligtum, als (kleineres) Pendant zu Betel (nicht als Konkurrenz, wie DOHMEN meint) bewiesen (gegen MoTzKI). In diesem Fall, der m. E. nicht völlig auszuschließen ist, müßte man, abgesehen von dem Prozessionsfest, in Dan entweder ein leeres Heiligtum vermuten oder eher annehmen, daß Jerobeam in Dan ein danitisches Stammeskultbild neben dem dort jährlich einmal verehrten Stier tolerierte. Für ein nicht stierförmiges Bild in den Zwischenzeiten könnte das weitgehende Prophetenschweigen gegenüber Dan sprechen, obwohl dies ein nicht sehr hohes Gewicht als argurnenturn e silentio hat (vgl. auch ScHROER 1987, 99 m. A. 145). Bei dem Vorschlag von NIELSEN bleibt aber die Schärfe der Jerobeam-Polemik in Ri 17f. verwunderlich, im Grunde kaum motiviert, ja, kontraproduktiv gegenüber den Interessen Jerobeams am Heiligtum in Dan. 141 NIEMANN 1985 a, 133f.; auch DOHMEN 1982, 21. 142 Dazu neben MoTZKI und DoHMEN auch u. "Propheten und Kultstätten" (S. 216ff.).
143 So auch ScHROER 1987, 99 m. A. 145. 144 Betel als kultischer Abgrenzungs-Funktionalort gegenüber dem nahen, wenn auch jüngeren Kultort Jerusalem (1Kön 12,28ff.) und kultischer Integrationsort der südlichen Gruppen des Nordreiches, Dan als militärischer FunktioJ1alort im Norden und kultischer Integrationsort für die Nordgruppen des Nordreiches. ' 145 Zu dieser Möglichkeits. o. A. 140. 146 NIEMANN 1985a, 125 A. 239; vgl. WüRTHWEIN 1985, 163f. 147 S. o. S. 133 m. A. 607-610. Zur Kultkontinuität am Orts. o. A. 127f., zur Kontinuität des Kultpersonalsam Ort vgl. NIEMANN 1985a, 110-123. 131-134. 145-147. Die Form des königlichen Heiligtums spielt hier keine Rolle. Der Ausgräber nimmt drei sukzessive ausgebaute Stufen einer "Höhe" an (Belege bei NIEMANN 1985a, 265; vgl. aber zur evtl. Deutung der Überreste als Substruktur eines Tempels oder Palastes SHILOH 1979, 152f. und H. WEIPPERT 1988,540. 622). 148 Letztlich hängt der Charakter Dans als königlicher Funktionalort bzw. königlicher Kultort nicht an der Form des dortigen Bildes (gegen MoTZKI) und auch nicht an der Frage ständiger Anwesenheit eines Jerobeam-Stierbildes oder einer nur gelegentlichen Anwesenheit eines Stiers bei Prozessionsfesten (NIELSEN). Und die bloße Existenz jerobeamischer Polemik gegen bestimmte Teilaspekte des Dan-Stammeskultes bestätigt gerade die Bedeutung Dans als Kultort, an dem das Königtum interessiert war (gegen DoHMEN), ebenso wie die dtr. Polemik gegen Dan dessen mit Jerobeam verbundene Kultortfunktion unterstreicht (gegen DoHMEN). Bei einem unbedeutenden Ort ohne königlichen Kult wäre Polemik, zumal in dieser Schärfe, gegen den König und seinen Kult dort gegenstandslos.
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C) Kultorganisation als Herrschaftsmittel
!II. Nordreich: Vom Königtum funktionalisierte Kultstätten?
reiches), so besaß Dan eine andere Doppelfunktion für das Königtum: Kultische Integration der Nordgruppen des Nordreiches und militärstrategische Grenzschutzfunktion an der Nordgrenze. Wenn man die Funktionen werten will und kann, heißt das, daß Betels funktionaler Wert vor allem im Kultischen lag, während in Dan sich beides eher die Waage hielt, vielleicht der Grenzschutz allerdings doch ein leichtes Übergewicht besaß. Aufjeden Fall handelt es sich in beiden Orten um wichtige königliche Funktionalorte und beim Kult beider um königlich dominierten Kult, Kult als integratives, stabilisierendes (Am 7,10-13!) und legitimierendes HerrschaftsmitteL In dem wichtigen königlichen Funktionalort Hazor wurde nach verschiedenen Kultstätten der MBr und SpBr149 lediglich im vormonarchischen Stratum XI der Oberstadt (Areal B, 11.10. ?> Jh. v. Chr.) evtl. eine Art "Höhe" mit Kultgefäßen, Waffen und einer Götterstatuette gefunden150 • Irgendwelche textlichen oder archäologischen Anzeichen königlichen Kults fehlen in Hazor völlig. In dem seit dem 9. Jh. v. Chr. zu ca. 50% mit öffentlichen (herrschaftlichen) Gebäuden ausgestatteten königlichen Funktionalort Megiddo 151 wurde die vorisraelitischvormonarchische "sacred area" im Gegensatz zu öffentlichen und Befestigungsbauten nicht übernommen bzw. ausgebaut, sondern sie wurde "completely eradicated" 152 ; in Stratum IVA (9. Jh. v. Chr.) wurde dort der "nördliche Vorratsbaukomplex" errichtet153. Bei zwei Bauten, die früher als Kultbauten angesprochen wurden, hat sich diese Deutung nicht bewährt: Aharoni hielt das Gebäude 2072 mit Locus 2081 (Stratum VA) für einen Kultbau aufgrund des Fundes von kultisch deutbarer Keramik, wobei die Keramik der des kleinen Kultraumes von Lachisch (s.o.) ähnelte, sowie zweier "square stone pillars" als Masseben und zwei kleine Hörneraltäre 154 , wogegen H. Weippert die Pfeiler m. E. einleuchtend als Träger des Türgebälks erklärt und die kultisch deutbaren Funde als Zeichen von Laien-Hauskult deutet, wie er auch an anderen Stellen noch in kleinem Maßstab im Megiddo dieser Zeit vorkommtl 55 • Das früher als Tempel gedeutete Gebäude 338 (Stratum IV A) 156 mit in der Nähe gefundenen kleinen Hörneraltären und Kultobjekten ist aber eher ein "Palast" eines königlichen Funktionärs, Kommandanten o. ä. und belegt wiederum keinen königlichen Kult, sondern Hauskult der Bewohner/Garnisonsangehörigen 157 • So läßt sich auch für die bedeutende königliche Funktionalortschaft Megiddo kein königlicher Kult, keine königliche Kultorganisation feststellen. Taanach: Zu der gegenüber der schwachen Besiedlung vom 1l.Jh. v. Chr. größeren
Ortschaft des 10. Jh. v. Chr. (E IIA), die vermutlich von Scheschonk zerstört wurde, gehört ein 2-Raum-Gebäude, in dem Kultgeräte, Kultbecken, ein Astarte-Model, drei kleine Stelen, zahlreiche Schweine-Astragali u. a. m. gefunden wurden 158 • Wenn man nicht überhaupt von der kultischen Deutung des Gebäudes absehen und hier Vorratsräume sehen sollte159 , liegt jedenfalls wieder lokaler bzw. Hauskultl 60 , nicht aber königlicher Kult mit der Absicht herrschaftlicher Dominanz und Funktionalisierung der lokalen Kultorganisation vor. Einen königlich-israelitisch dominierten Kult in Dar beweist das in Samaria gefundene Siegel eines "Priesters von Dor" 161 ebensowenig wie ein königlich organisiertes Heiligtum 162 , jedenfalls aber lokalen Kult (und Tempel). Ebensowenig zwingend als Ergebnis königlicher Kultorganisation statt vielmehr lokalen Kults ist ein Monolith und ein an ein Kultbecken in Taanach erinnerndes Bassin innerhalb des Torraums von Tirza (E II) zu deuten163 • Die Deutung des in Tell Der 'Allä (Sukkot) als lokales Heiligtum interpretierten Gebäudes (zwischen 800 und 760 v. Chr.) leitet sich nicht vom Gebäude-Grundriß her 164 ; es wäre nicht als Heiligtum erkannt, wenn nicht Verputzstücke (von Wänden und/ oder einer Stele?) in zwei Räumen Reste einer "(In)schrift des (Bi)leam (des Sohnes Beo)rs, eines Göttersehers" (vgl. Num 22,2-24,25) enthalten hätten, die ein (lokales) Pantheon mit EI, Sagar, Astarund Sadday-Gottheiten erwähnen, nicht aber JHWH, obwohl der Ort in der Zeit der Inschrift wohl zum Nordreich gehörte 165 • Das Fehlen einer Opferkult-Installation läßt nicht an einen Tempel, sondern an ein Pilgerheiligtum, eine "Wallfahrts- oder Memorialstätte" denken 166 • Soweit die Ausgrabungen und Funde - beide sind durchaus begrenzt - erkennen lassen, gibt es in keiner Richtung positive Hinweise, die das Heiligtums-Gebäude als königlich dominierte bzw. funktionalisierte, nicht aber als lokale/regionale Einrichtung zu deuten nötigte.
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Vgl. YADIN 1972, 67ff.; KuscHKE 1977, 142. YADIN 1976, 487; vgl. AHARONI 1975b, 31. 151 S.o. S. 136f. m.A. 620-625; Pläne des Ortes: AHARONriYADIN 1977, 848; SHILOH 1985, 126; H. WEIPPERT 1988, 432. 522. 152 SHILOH 1979, 149; vgl. auch AHARONriYADIN 1977, 850; zur älteren, langen Geschichte der Kultstätten in Megiddo vgl. DUNAYEVSKY/KEMPINSKI 1973. 153 SHILOH 1979, 149 154 1975b, 31 155 H. WEIPPERT 1988, 433f.; vgl. ebenso schon SHILOH 1979, 149. YADIN scheint Gebäude 2072 mit Locus 2081 überhaupt in die vormonarchische Zeit (Str. VIA, Ei I) anzusetzen ( YADIN 1977, 842f. 846f. 850f.) 156 Vgl. (AHARONII) YADIN 1977, 853f. 157 Ebd.; H. WEIPPERT 1988, 524f. 150
Als bemerkenswerte königlich-funktionalörtliche Neuschöpfung ist anscheinend im Nordreich nur Samaria zu nennen. Jedoch gibt es für den Ort eine Reihe von Unklarheiten.
!58 Vgl. THoMPSON 1977, 343 (rechnet die meisten der Kultgegenstände zu einer 2.Phase des Gebäudes, 9./8. Jh. v. Chr.); GLOCK 1978, 1147; SHILOH 1979, 151; FowLER 1984, 30ff.; H. WEIPPERT 1988, 447f. 159 THOMPSON 1977, 343; FOWLER 1984, 30-34; zur Diskussion vgl. auch SHILOH 1979, 151. 160 GLüCK 1978, 1147; H. WEIPPERT 1988, 447. 161 S.o. S. 136 mit A. 617-618 162 Zurückhaltend auch H. WEIPPERr 1988,622 (mit Lit. pro etcontra). 163 Vgl. SHILOH 1979, 151f.; FOWLER 1981; DERS. 1984, 30. 34 (bezweifelt den kultischen Charakter der Installation). 164 H.' WEIPPERT 1988, 622. 626. Zur Identifikation mit Sukkot vgl. KNAUF 1988a, 40 m. A. 200, zum archäologischen Befund vgl. FRANKEN 1975, 321- 324; FRANKEN/IBRAHIM 1989; PINKELSTEIN 1988, 110f. 165 H. WEIPPERT 1988, 626f.; KNAUF 1992. Zur Sprache der "Bileam"-lnschrift vgl. KNAUF 1990d, 15-17; M. WEIPPERT 1991. Die maßgebende Edition bzw. Rekonstruktion bei H. und M. WEIPPERT 1982; M. WEIPPERT 1991. 166 H. WEIPPERT 1988, 623.627.
214
C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
Samaria steht als königliche Residenzgründung außer Frage 167 • Jedoch ist die Größe des Ortes unklar168 • Bestand Samaria im wesentlichen nur aus dem königlichen Palastkomplex mit seinen Begleitbauten (2Kön 15,25) 169 ? Gab es darüber hinaus eine nennenswerte Wohnstadt Samaria? Von Bauten, Ausbauten und Erweiterungen ist textlich nach der Gründungsnotiz nirgends mehr die Rede. Für eine weitgehende Beschränkung der Stadt auf eine- wenn auch beachtliche- Palastresidenz sprechen eine Reihe von Textbelegen: 1Kön 20,14ff. erwähnt eine Kerntruppe von nur 232 Elitesoldaten170 , die die Residenz anscheinend wirksam zu verteidigen in der Lage ist. Nach 2Kön 15,14 "kommt" Menahem von Tirza anscheinend ohne langwierige Belagerung einfach nach Samaria hinein und erschlägt den Usurpator Sallum, ebenso Pekach gegenüber Menahem (2K 15,27). Die Anklage des Amos erwecken den Eindruck einer im wesentlichen nur von der wohllebenden Hofelite bevölkerten Palastresidenz (Am 3,9.12; 4,1; 6,1). Das Volk (Ephraim) steht diesem die Residenz bevölkernden Hofstaat gegenüber (Hos 7,1; Jes 7,9; 9,8). Wenn die israelitische Residenz den gesamten, später in römischer Zeit weiträumig ummauerten Bereich umfaßt hätte 171 , fragt man sich, warum Samaria dann nicht einen oder mehrere Marktplätze im weiten Hügelareal besessen hat, da Handel nach 2Kön 7,1. 18 im engen Torbereich stattfand. Daß Hosea b. Ela quasi nebenbei beim Vorbeimarschieren assyrischer Truppen in seiner Residenz "verhaftet" (2Kön 17,4) und Samaria später im 9. Jahr anscheinend ohne Belagerung172 eingenommen werden konnte, spricht ebenfalls deutlich dafür, daß Samaria eine feste Residenz, aber keine schwer befestigte Stadtfestung wie etwa Lachisch war. Noch wichtiger für die Fragestellung dieses Kapitels ist das Problem der Kultstätte(n) Samarias. Ahab hat einen Ba'al-Altar im Ba'al-Tempel (byt h-b '1) aufgestellt (1Kön 16, 32) 173 , von dem aber weder im Palastkomplex noch auf dem gesamten Hügel eine Spur gefunden worden ist; er ist allerdings schon von Jehu restlos zerstört worden (2Kön 10,21 -27). Dabei kann es sich um eine nicht übermäßig große Kultstätte beim Palastkomplex gehandelt haben, denn sehr viele Ba'alverehrer hat es über den Hofstaat hinaus anscheinend nicht gegeben: Obwohl Jehu Ba'alverehrer der Umgebung mit einlädt, um sie alle mit zu vernichten (2Kön 10,20-27), reichen doch 80 Mann zum sicheren Umstellen des Heiligtums aus (2Kön 10,24) und eine Reihe von Offizieren und Wachen genügen, um die Kultbesucher im Heiligtum niederzumachen. Ob es zugleich noch einen weiteren, JHWH geweihten Tempel gegeben hat, ist unklar. Spätestens unter Joahas b. Jehu scheint jedenfalls wieder eine JHWH-Kultstätte (wieder nur eine Palastkapelle?) existiert zu haben, wie die Erwähnung einer Aschera 174 (als Begleiterin JHWHs) in 2Kön 13,6 (vgl. Am 8,14) bezeugt. 167 Vgl. 1Kön 16,24ff.; zum archäologischen Befund AviGAD 1978, 1032-1050; H. WEIPPERT 1977, 265-269; DIES. 1988,535-540. 542f. 550; STAGER 1990. 168 AvrGAD 1978, 1037; o. (Kap. A) S. 94 A. 418; S. 140m. A. 641 169 H. WEIPPERT 1988,353 170 KNAUF 1988a, 37 A.188. 171 Vgl. den Plan bei AVIGAD 1978, 1033. 172 Vgl. im Sinne dieser Deutung von 2Kön 17,4-6 überzeugend NA' AMAN 1990a. 173 H. WEIPPERT 1988, 622f. 174 Folgt man KNAUF 1988c, 154-157, so reden Am 8,14; 2Kön 13, 6 von einer Aschera (als Begleiterin JHWHs), weil die Texte die landjudäische Vorstellung und Terminologie benutzen, während im nordisraelitischen sprachlichen und kultur- bzw. religionsgeschichtlichen
I !I. Nordreich: Vom Königtum funktionalisierte Kultstätten?
215
Für einen auf den Königshof beschränkten Kult sprechen 1Kön 13,32; 2Kön 21,13 und Hos 10,5: Die Hauptkultstätte für die Nordreichsbewohner über den Hof hinaus (und auch für den Hof?) war der Kult in Betel; dort befand sich seit Jerobeam I. (1Kön 12,26ff.) der vom Königtum etablierte und organisierte Landeskult (Am 7,13: mqds mlk und byt mmlkh) bis zum Ende des Nordreiches. Es ist bezeichnend, daß der den verwilderten Kult der alten und neuen Nordreichsbewohner wieder ordnende Priester aus dem Exil sich nicht in Samaria, dessen Kult anscheinend als Residenzkult mit dem Ende des Königtums erloschen war (vgl. Jer 41,5), sondern in Betel zur Belehrung des Volkes niederließ (2Kön 17,28). Der archäologische Befund bestätigt dieses Bild: Nicht nur ist kein kultisch zu deutendes Gebäude bisher gefunden worden, es ist (mir) auch kein größerer Kultgegenstand aus Samaria aus der Ausgrabungsliteratur bekannt. Lediglich eine Anzahl von Figurinen hat man gefunden175 • Dieser Tatbestand ist für eine Residenz wohl doch auffällig. Die aufgeführten Tatbestände weisen insgesamt in die Richtung, daß in Samaria lediglich der Kult für das Königshaus im umfassenden Sinne gepflegt wurde, eine Art Palast-Hauskult wie lange auch in Jerusalem! Eine kultische Bedeutung für das gesamte Nordreich hat Samaria nicht besessen. Der für das Landesgebiet vom Königtum organisierte Kult konzentrierte sich in erster Linie auf Betel, in zweiter Linie anscheinend auf Dan. Das "Kalb von Samaria" (Hos 8,5f.) ist nicht ein Stierbild in der Residenz, sondern das Stierbild in den königlichen Heiligtümern Betel 176 (Hos 10,5) und Dan (?). Die königliche Kultorganisation beschränkte sich den Entstehungsumständen des Nordreiches entsprechend auf zwei Heiligtümer und zwei Ziele: Das Hauptheiligtum Betel diente negativ dem Ziel der Abgrenzung von Juda und Jerusalem (1Kön 12,26ff.). Das alte, gegenüber Jerusalem traditionsreichere Heiligtum von Betel (Gen 28,10ff.; Hos 12,5-7. 13f.) war von dieser Tradition und von der Grenzlage her ideal für diese Funktion sowie daneben positiv zur Integration der südlichen Gruppen des Nordreiches, vor allem Benjamin und Ephraim/Manasse geeignet. Positiv ergänzt wurde Betel durch das an der Nordgrenze gelegene Heiligtum von Dan mittels (nicht widerstandslos gelungener) Zurückdrängung der Danitentradition und Übernahme der (angeblich von 178 Mose abstammenden) Priesterschaft 177 und Ausstattung mit einem Stierbild • Dan fehlte die kultisch abgrenzende Funktion Betels, es W~f aber selbst militärstrategisch Grenzfunktionalstadt neben der kultischen Integrationsfunktion für die Nordgruppen Kontext des "urbanen" Samaria wohl ursprünglich an dieser Stelle von Anat (als Begleiterin JHWHs, *'Anat-Yahü <s. o.A. 126>) geredet worden sein wird (vgl. zum Problem auch M. WEIPPERT 1990). . . . 175 Vgl. HoLLAND 1977 (159 Stück, davon 39 "pillar figurines", 25 Pferd- und ReJterfrgunnen, 21 Tierfigurinen, erstere vielleicht kultisch; vgl. auch AHLSTRÖM 1982a, 82; vgl. auch den Suchgraben E 207 außerhalb der Palastzitadelle im Westen (AvrGAD 1978, 1033. 10.46: 8. Jh. v. Chr.: "this installation probably had some cultic purpose ... perhaps connected wrth one of the cults in Samaria" - das bleibt reichlich vage; wenig erhellend auch der Hinweis 'von AviGAD auf "a burial cave and a cult place (?) from the Israelite period" (aaO, 1037); vgJ. H. WEIPPERT 1988, 622. 176 Vgl. WoLFF 1961, 179f.; RunoLPH 1971, 164; JEREMIAS 1983, 106-108. Nach KNAUF 1988c, 155f. ist in Betel mit drei Postamentstieren (für *Yahü, * 'Anat-Yahü und* '!Sim-Bet'el) zu rechnen, also mit drei Gottheiten (s.o. A. 126). 177 Vgl. NIEMANN 1985a, 110-123. 131-134. 145-147. 178 Dazu ausführlich o. S. 208ff. mit A. 131-148.
216
C) Kultorganisation als Herrschaftsmittel
IV. Propheten und Kultstätten
des Nordreiches. Beide Heiligtümer umschlossen als Grenzheiligtümer das Reichsgebiet optimal.
Elia war in der Mitte des 9. Jh. ein erster und schroffer Parteigänger JHWHs innerhalb der sich- in seinen Augen -in der israelitischen Gesellschaft und Religion abzeichnenden Alternative JHWH- Ba'al180 • Sein Auftreten und Handeln im gesellschaftlich noch relativ stabilen 9. Jh. v. Chr. läßt noch kaum deutliche Hinweise auf die sich mit dem Ende dieses Jahrhunderts verschärfenden sozialen Verwerfungen erkennen 181 • Er stellt vielmehr einen vereinzelten Vorläufer der sich entwickelnden Krise der Folgezeit dar. Elia ("<Mein> Gott ist JHWH") ist ein Einzelkämpfer, er tritt für (s)einen Gott in die Schranken. Kritik an Kultstätten als solchen, ob nun königliche Funktionalkulte oder Gruppenkulte, treten bei Elia (und Elisa) noch nicht in Erscheinung, vielmehr haben beide selbst Beziehungen zu Kultstätten182 • Deutlich anders sieht es ein knappesJahrhundertspäter bei Amos aus. Als vermutlich verhältnismäßig wohlhabender Bewohner eines Landstädtchens nicht fern von Jerusalem, der in kultischen bzw. politischen Zentren des Nordreiches (Betel, Samaria) auftritt und ausdrücklich seine Nichtzugehörigkeit zur Prophetenzunft betont, verfügt er über einen charakteristisch anderen Horizont, geht über die Herausstellung und Bekämpfung der verhängnisvollen Alternative JHWH- Ba'al hinaus und weist auf die Ursachen, die Verursacher und die gesellschaftlichen Folge des Zerfalls der Solidargemeinschaft auf Volksebene ('m 183 ) und Lokalebene. Dabei schaut er konkret und kritisch auf die Paläste(bewohner) (1,4. 7. 10. 12. 14; 2,2. 5; 3,9f. 15; 6,8; 8,3), auf Herrscher und Elite (lf.; 3,9ff.; 4,1-3; 5,10ff.; 6,1ff.; 7,10ff.), auf Reiche (4,1ff.; 5,10ff.; 6,4ff.; 8,4ff.) und
Durch diese gezielte kultorganisatorische Umgrenzung des Nordreichsgebietes und Abgrenzung von Juda bzw. Jerusalem werden die beiden Hauptfunktionen der königlichen Kultorganisation im Nordreich erkennbar: Abgrenzung von Juda/Jerusalem und Integration der verschiedenen Bewohnergruppen des im Vergleich zu Juda viel größeren und geomorphologisch wie gruppenmäßig stärker gegliederten Gebiets. Diese Funktionsbestimmung wird dadurch gestützt und bestätigt, daß die Residenz daneben keine nennenswerte kultische Dignität für die Landesbevölkerung besaß. Im Südreich fehlt die Motivation einer kultorganisatorischen Abgrenzung. Beiden Reichen gemeinsam ist die funktionale Begrenzung der Kultorganisation in den Residenzen auf den Kult des Herrscherhauses. Im Südreich entwickelte sich aber wohl bald nach Salomo im Unterschied zur für das Nordreich spezifischen abgrenzenden und integrativen Kultorganisation eine legitimatorische Funktionalisierung des Residenzkults durch eine theologische Ideologisierung der Dynastie, der sich allmählich eine des Residenzortes (Zion) anschloß. Diese Tendenz ist schließlich zur Zeit Josias durch den Versuch (Anspruch) der Zentralisierung des Kults organisatorisch weitergetrieben worden. Mit der Einbeziehung gerichtsorganisatorischer Maßnahmen wurde sie zugleich vertieft. Begünstigende Grundlage dafür war die lokale Einheit von Palast und Tempel in Jerusalem von Anfang an. Diese lokal einheitliche Grundlage war im Nordreich nicht gegeben. Vielleicht liegt es nicht nur an der durch Diskontinuität gekennzeichneten Nordreichsherrschaft, sondern auch an der lokalen Trennung von Hauptheiligtümern und Herrscherresidenz, daß es im Nordreich-jedenfalls nach unserer Kenntnisnie zur Ausbildung einer der davidischen Dynastie- und Zionstheologie entsprechenden Ideologie gekommen ist.
IV. Propheten und Kultstätten Als ein Symptom wachsender gesellschaftlicher Differenzierung ist bereits das im frühen 8. Jh. v. Chr. beginnende Auftreten von Siegeln der Funktionärsund Besitzelite herausgestellt worden 179 • Ein zweites Symptom stellt das Auftreten der Propheten mit ihrer Sozialkritik dar. Es dürfte kein Zufall sein, daß sie etwa zu derselben Zeit, vereinzelt in der 2. Hälfte des 9.Jh. v. Chr., verstärkt seit dem 8. Jh. v. Chr. in Erscheinung treten. Wie stehen die Propheten, als aufmerksame und kritische Beobachter von Gesellschaft und Leben zu Kult, Kultorganisation und Kultstätten? Vor allem: Was lassen ihre Äußerungen zur Frage königlicher Kultorganisation als Herrschaftsmittel erkennen? 17 9
S.o. Kap. A, S. 5lff. mit A. 209-221.
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1so Sein (Kampf-)Name "(Mein) Gott ist JHWH" markiert sein Programm und sein Zielrichtung; er ist Gegner der integrativen Religionspolitik der Omriden, speziell Ahabs (871-852 v. Chr.). Möglicherweise fühlte er sich als Sachwalter des bergländischen Sippenbauerntums gegenüber dem beginnenden Rentenkapitalismus der Städte (Zentralorte) Israels und spürte, daß die religiöse Entwicklung in Richtung einer "Kanaanisierung" ( = "Phönizisierung") der israelitischen Oberschicht ging (KNAUF 1989 a, 37 f. ); vgl. auch DERS. 1992). 1s1 Vor der späteren Einfügung der Naboterzählung (1Kön 21) in die Eliaerzählungen und Elias Rolle in ihr wird noch kein sozialkritisches Engagement erkennbar (Kmsow 1986, 1016f.). Die Naboterzählung läßt noch alte Bodenrechtsordnungen erkennen, die vom Herrscher nur gewalttätig und mit außergewöhnlichen Mitteln überspielt werden können. 182 2Kön 2,2f.; vgl. 1Kön 13,11f.; UTZSCHNEIDER 1980, WO. Zu Beziehungen zu Gilgal vgl. GALLING 1943, 140ff.; DERS. 1944/45, 21ff. 183 Daß die Propheten seit Amos neben den Königshäusern zunehmend die besondere Verantwortung tragende Schicht der Status- und Besitzelite und das Volk insgesamt in den Blick bekommen, ist vor dem Hintergrund der assyrischen Imperialpolitik zu verstehen: Elia sieht (Mitte 9. Jh. v. Chr., vor der Assyrerzeit) noch die Tatsache des beginnenden Zerfalls der Solidargemeinschaft von dem Zerfall der Integrität der Gesamtgesellschaft her, die er vor dem Hintergrund der Alternative JHWH- Ba'al deutet, und tritt dem König als der gesellschaftlichen Spitze entgegen; seit Amos nehmen die Propheten neben den Königen aber immer breitere Volkskreise, über Hof und höfische Funktional-Elite hinaus auch die lokalen Eliten ins "Visier" und geißeln deren unsoziales Verhalten. Nach HOLLADAY (1970) ist das vor dem Hintergrund der allmählich nach Israel hineinreichenden assyrischen Imperialpolitik zu verstehen: Während die früheren Herrscher Vasallitätsverträge noch mit den Königen abschlossen, werden unter den Assyrern die Völker, die Untertanen in die Verträge mit eingeschlossen. Nach Adadnirari II. (912-891 v. Chr.), Thkulti-Ninurta II. (891-884 v. Chr.) kam Assirnasirpal II. (884-858 v. Chr.) bereits bis zum Mittelmeer, Salmanassar III. (858-824 v. Chr.) war der Gegner einer syrischen Kleinkönigekoalition und nach einigen schwächeren Herrschern erschien Tiglatpileser III. (745 -727 v. Chr.) in Palästina; ihm wurde Menahem (747-738 v. Chr.) tributpflichtig (vgl. M. WEIPPERT 1973).
218
C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
(religös) Sorglose und Selbstsichere (6,1ff. 13f.). Dagegen tritt er ein für Arme, Benachteiligte, Waisen und Witwen (2,6ff.; 4,1; 5,10ff.; 8,3ff.). Die Hauptfront der gesellschaftlichen Differenzierung verläuft also zwischen Herrscher und höfischer Funktionalsowie Besitzoberschicht einerseits und Lokai-Landesbevölkerung einschließlich Teilen des "Lokal-Adels" (Amos, Micha), die sich mit der lokal-sozialen Unterschicht aus Armen, Hilflosen und Benachteiligten solidarisieren, andererseits. An Örtlichkeiten nennt er in Israel (und Juda) im Rahmen seiner Kritik und Anklage Samaria (3,9-12.<15>; 4,1; 6,1.8>), Betel (3,14; 4,4; 5,5; 7,10ff.), Gilgal (4,4; 5,5), (Beerscheba <5,5?>) und allgemein Kultstätten (7,9). Dabei ist beachtenswert, daß nebeneinander die königliche Residenz, der königliche Haupt-Kultfunktionalort und nichtkönigliche Gruppenkultorte stehen. Hier scheint Amos keinen wesentlichen Unterschied gesehen zu haben. Weiterhin ist wichtig, daß Samaria wegen des dortigen Palastes und des Frevels ihrer Elite-Bewohner genannt ist, nicht wegen kultischer Bedeutung des Ortes. Man gewinnt insgesamt den Eindruck, daß die Kultorte nicht deshalb kritisch genannt werden, weil dort Kult stattfindet 184 . Der Kult scheint auch nach Amos durchaus recte und rite begangen zu werden. Jedoch hat Amos das verhängnisvolle Auseinanderfallen, ja, den Widerspruch von rite vollzogenem Gottesdienst und ethischer Folgenlosigkeit in der sozialen Realität erkannt 185 . Er hat als erster diesen Zusammenhang in seiner gesellschaftsschädigenden und kultentleerenden Auswirkung artikuliert. Festzuhalten ist vor allem: Amos kritisiert nicht die Kultorte als solche, am wenigsten aber Samaria als Kultort. Damit bestätigt er die geringe bzw. fehlende Kultbedeutung Samarias im Landesmaßstab. Wenn er Samaria (und Jerusalem) anklagend nennt, dann als Zentren der gesellschaftlich verantwortlichen Herrschafts- und Eliteschicht, von denen nicht nur orthodoxer Gottesdienst, sondern auch entsprechende Orthopraxie, nicht nur rechte devotio religiosa, sondern auch entsprechende religio practica zu erwarten ist, die der Erwartung der Vorbildlichkeit aber im täglichen Handeln nicht gerecht werden. Bald nach Amos richtet Hosea im 3. Viertel des 8. Jh. v. Chr. vor dem Hintergrund eines vielfältigen und blühenden Ba'alkults in vielen Kultstätten und auf den "Höhen"186, insofern thematisch an Elia anknüpfend, das Schwergewicht seiner Verkündigung eben gegen diesen Ba'alkult, dem schon Jerobeam I. in Fortsetzung alter regionaler und lokaler Traditionen Vorschub leistete durch die Errichtung der Stierbilder an prominenten Kultstätten, die zweifellos jahwistisch und orthodox gemeint waren (1Kön
184 Vgl. auch UrzscHNEIDER 1980, 90f. lOlf. Nicht die Ortsgötter soll Israel (auf)suchen, sondern den Gott JHWH des Volkes, der Solidargemeinschaft. Nicht die "Höhen" stehen bei Amos (wie aber bei Hosea) im Zielpunkt der Kritik, sondern der entleerte Kult der Menschen, wo auch immer. 185 Vgl. nur Am 4,1-3; 5,21ff. Die Opfer solcher unsozial-asozialen Menschen sind deshalb für JHWH unakzeptabel (WüRTHWEIN 1963, 115-131 = 1970, 144-160). Zur Sozialkritik des Amos vgl. neuestens sehr gründlich FLEISCHER 1989. 186 Vgl. neben den unten genannten Belegen bes. UrzscHNEIDER 1980, 88ff. 98ff. (BetelKult). 103ff. (König und Elite). Hosea bestreitet die rechte Funktionsfähigkeit der herrschenden Schicht vor dem Urteil JHWH's, obwohl Hoseas Gegensatz nicht der zu Königtum und Elite (allein) ist, sondern der Gegensatz JHWH- Israel (also eine Ausweitung und Verschärfung von Elias Front und Kampf; Hosea unterstreicht, daß der Kult wirkungslos, illegitim geworden ist (UTZSCHNE!DER aa0, 126-128; vgJ. auch WENNING/ZENGER 1986, 82).
IV. Propheten und Kultstätten
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12,28) und vom Volk auch so empfunden worden sein dürften 187 . Exp~nen~en dieser in Hoseas Augen verhängnisvollen Entwicklung sind für ihn zunächst d1e, d1e es - nach Hosea - besser wissen müßten, die das Geld für die Errichtung der Kultstätten und Stierbilder besitzen (10,1) und ihren Kult pflegen, also König(shaus) (1,4; 3,4; 5,1; 7,3.5.7; 10,7.15; 13,10), Priester (4,1ff.; 5,1; 6,9; 9,8; 10,5), Elite (srym) (5,10;7, 5.16; 9,15; 13,10) und Propheten (4,5).In ihrem Sog gerät schließlich das ganze Reich und Volk in die falsche Bahn (1,4.9; 4,1ff.; 5,3ff.; 6,4.7ff.; 7; 8; 9; 10; 11; 12; 13; 14). Als Schauplätze nennt Hosea nebeneinander Gruppenheiligtümer (Gilgal: 4,15; 12,12; Beerscheba: 4,15; Mizpa, Tabor und Sittim: 5,1f.; Baal-Peor: 9,10), königliche Kultorte (Betel: 4,15; 6,10; 10,5; indirekt 8,5f.), die Residenz s.amaria a~s Elite~onzen~rat~~~ (7,1; 13,16), nicht als Heiligtumsort, schließlich Orte, be1 denen eme kultische D1~mtat nicht bekannt ist (Lokalheiligtümer oder Schauplätze andersartiger, nichtkultischer Vergehen?) (Adam: 6,7; Gilead: 12,12), daneben allgemeiner Korntennen (9,1), "Höhen" (4,13; 10,8), hyklwt188 (8,14), byt 'lhym (9,8) und byt YHWH (8,1; vgl. auch 9,15). Die Nebeneinanderstellung von Gruppen- und königlichen Kultorten sowie nicht speziell kultisch bestimmten Orten zeigt wie bei Amos: Wo/wie auch immer der Kultbetrieb189 stattfindet, und er findet anscheinend überall und unter allgemeiner Beteiligung statt, führen Abfall von JHWH durch Untreue, Mangel an Liebe und Gotteserkenntnis (4,1.6; 6,6, vgl. 10,12 u.ö.) zum gleichen Ergebnis pervertierten Gottesdienstes und seinen vielfältigen, sozial verheerenden Folgen im täglichen Leben190 . So zeigt Hosea: Die gesellschaftliche Oberschicht mit den Königen an der Spitze handelt kultisch vorbildlich falsch an einer Vielfalt von unterschiedlichen, unterschiedslos genannten Kultstätten. Mit der Oberschicht wird im Unterschied zu Amos deutlicher das ganze Volk in eine Vielfalt von Abweichungen gezogen, die Hosea noch umfassender benennt als Amos und auf den Ba'alkult und seine vielen Orte zuspitzt. Im Unterschied zu Amos weist Hosea auf die umfassenden sozialen Folgen des Verfalls für alle, nicht nur wie Amos für zu schützende sozial Schwache und Hilflose. Hosea geht über die Feststellung des Mißverhältnisses von orthodoxem Gottesdienst und Orthopraxie hinaus, das sich in ethischer Folgenlosigkeit des rite gefeierten Gottesdienstes für das tägliche Leben niederschlägt, weist nicht so sehr auf die tiefgreifende Störung der Solidargemeinschaft durch die Verletzung des "Rechts im Tor", sondern greift noch tiefer: Der Kult muß sogar rite begangen scheitern, weil schon die Grundlagen fehlen, Liebe, Gemeinschaftstreue und "Wissen um Gott". Die Orte, die Hosea nennt, die Residenz als Konzentration der Führungsschicht und die königlichen Heiligtümer mit ihren Priestern, die es besser wissen müßten wie das ihnen folgende Volk und seine Lokal- und Gruppen187 UTZSCHNEIDER 1980,88ff.; JEREMIAS 1983,49 A. 16; WENNING/ZENGER 1986, 81-83; vgl. auch KNAUF 1989a; AHLSTRÖM 1990. 188 Zum Begriff SCHUNCK 1971 = 1989, l05ff.; WELTEN 1972, 19-37; H. HAAG 1977, 87ff.; 0TTOSSON 1977, 408-415. 189 Fruchtbarkeitsfeste (9,10) und Ba'alfeste (11,2), kultische Prostitution (4,13ff.; 5,3~.; 12,1), Räuchern (4,13), Einschnitte (7,14), Kult für Feldgeister (12,12), Götzen und Gußb11der (4,17; 8,4; 9,6; 10,5f.; 11,2; 13,2), Baum- und Stabanbetung (4,12f.), Altäre (4,19; 8,11; 10,1f.; 12,12), Masseben (3,4; 10,1f.). 190 Feldsteinverrücken (5,10), Räuberei und Gewalttat (4,2; 5,11; 6,8f.; 7,1), Handelsbetrug (12,8), Rechtsverdrehung (5,11), Ansammlung von Reichtums (12,9; 13,6. 15), Trunksucht (7,5), falsche Eide, falsche Worte und Bündnisse (4,2; 5,13; 7,11; 8,9; 10,4. 13; 12,2), Frevel, Lüge, Mord, Diebstahl, Ehebruch (4,2; 7,4).
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C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
heiligtümer und "Höhen", alle sind Orte der Untreue gegenüber JHWH; ihr Kult ist nicht nur hinfällig, von diesen Orten löst sich JHWH 191 • Das ganze Volk bildet eine massa perditionis, ist "nicht mein Volk" (1,9). Bei Micha findet sich eine ganz andere Blickrichtung seiner Verkündigung. Nicht Kult und Kultorten ist seine Aufmerksamkeit gewidmet. Seine Legitimation besteht nicht in einem auszurichtenden Gotteswort, sondern in seiner Verantwortung als Ortsältester als Lokalaristokrat (wie Amos), als eines der lokalen Sippenhäupter und als ihr Spreche; zugunsten der Einhaltung des Rechts (mspt) (3,1.8ff. u. ö.), das er massiv durch vielfältigen Rechtsbruch der gesellschaftlich-politischen Elite, konzentriert in der Residenz Jerusalem (und in Samaria), verletzt sieht mit verheerenden Folgen für "sein Volk" 192. Deshalb sagt er den stolzen und selbstsicheren Hauptstädtern, die JHWH im Tempel bei sich wähnen (3,11), weshalb ihnen kein Unheil zustoßen könne (3,11), ja, schon die Kritik Michas ungehörig und abwegig sei (2,6f.), auf den Kopf zu: "Zion wird um euretwillen zum Feld umgepflügt, Jerusalem wird zum Trümmerhaufen und der Tempelbergzur Waldeshöhe" (3,12). Daß Micha dies so sagen kann, zeigt doch, daß er die Wahrung von msp( höher stellt als die Existenz eines ausgehöhlten, ethisch ohne entsprechen~e Fol~en ?leibenden Kults einer rechtsbrechefischen Residenzelite (3,lff.; 3,9ff.) und emer kaufliehen Propheten- und Priesterschaft (3,5 ff. 11) selbst am Tempel auf dem Zion. Nicht der Untergang des Residenztempels bedeutet eine "nationale" Katastrophe, sondern der .permanente Rechtsbruch. Daß der davididische Residenzkult im Tempel von erstrang~ger Bedeutung über Jerusalem hinaus auch für das Volk insgesamt ist, kann man mit Micha nicht belegen; das zeigt auch der Kontrast zu Mi 4,1ff., wo diese Bedeutung dann nachexilisch offensichtlich istl 93 . Wenn es bei Micha vielleicht mit dem konkreten Anliegen eines Ortschaftsältesten zusammenhängen könnte, daß er weder ein sonderliches Interesse an Kult und königlicher Kult~rganisation in Jerusalem erkennen läßt, und dies und der begrenzte Umfang der auf M1cha zurückgehenden Texte eventuell als Argument dafür verwendet werden ~?nnte, daß der königliche Jerusalemer Kult eine nur scheinbar begrenztere Bedeutung fur das Land Juda außerhalb der Residenz besaß als man allgemein annehmen möchte, so möchte man bei seinem Zeitgenossen Jesaja als einem Jerusalemer194 mehr und g.ena~ere Informationen in dieser Hinsicht erwarten. Dieser Erwartung an Jesaja hinSichtlich Informationen über die kultische Funktion Jerusalems und der königlichen Kultorganisation für das Land Juda insgesamt, seine (kritische) Stellung dazu oder seine Charakterisierung derselben steht aber eine schwierige Diskussionslage in der Exegese von Jes 1-39 entgegen, die durch ziemlich extreme Positionen bestimmt istl 95 . Umstritten ist dabei der Umfang des Jesaja selbst zuzuschreibenden Anteils an Jes 1-39. Damit hängt zusammen, ob Jesaja als im wesentlichen nur mit einem Verstockungsauftrag und der Ankündigung des Gerichts betrauter Prophet zu gelten hatl 96 , ob er aber daneben noch mit einer Umkehrforderung gewissermaßen eine letzte Chance andeutet197 oder_ 191 Vgl. UTZSCHNEIDER 1980, lOlff. 127f. 192 'my (2,8); vgl. vor allem WOLFF 1978, 403ff.; DERS. 1982, XIIIff. XXIIIff. XXVIIff. 193 Vgl. WoLFF 1982, 87ff. 194 Vgl. Jes 7,3; 22,15f.; WILDHERGER 1982, 1587ff. 195 Zur Forschungsgeschichte vgl. FüHRER 1969, 397ff.; WILDHERGER 1982, 1529ff.; KAISER 1984, 228ff.; KILIAN 1983; DERS. 1986, 7ff. 196 So zuletzt KILIAN 1983, besonders 131ff.; DERS. 1986, 7-17 197 So besonders FüHRER 1966, 15f.; DERS. 1967, 161; DERS. 1969a, 258; DERS. 1969, 408f.
IV. Propheten und Kultstätten
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eine vermittelnde Forschungsposition - bei dominierender Gerichtsverkündigung und der Meinung, daß die Umkehrchance bereits vertan sei, Heil immerhin noch bzw. nur im Durchgang durch das Gericht andeutet198 . Hinzu kommt die für die hiesige Arbeit wichtige Frage, ob Jesaja in der Zionstradition verwurzelt ist oder ob ihm die entsprechenden Abschnitte in Jes 1-39 abzusprechen und in exilisch-nachexilische Zeit zu verweisen sind199 . Diese überaus verwickelten und komplexen Probleme können hier nicht in extenso angegangen, geschweige denn gelöst werden. Es muß genügen, auf folgendes hinzuweisen: Jesaja lebte und wirkte als gebildeter Jerusalemer innerhalb der sich seit mehr als 200 Jahren entwickelnden geistig-religiösen Kultur der davidischen Residenz mit ihrem Tempel, der den Hintergrund seiner Berufungsvision wie selbstverständlich bilden dürfte. Geht man von einem gesicherten Minimalkonsens an Jesaja zuzuschreibenden Texten aus200 , so ist es vor diesem Hintergrund umso bemerkenswerter, daß er im Unterschied etwa zu Amos und Hoseaals Wurzel gesellschaftlicher Mißstände nicht so sehr den formalisierten Gottesdienst oder den Ba'alkult ins Auge faßt, sondern eher wie Micha Rechtsbruch und asoziales Verhalten der Elite (3,14-17. 24; 5,1-7. 8. 11. 18. 20-23; 10, 1-4) sowie (politischen) Unglauben und Untreue (8,6a. 7 a) anprangert, und deshalb (weitere) Verstockung, Gericht und Untergang ("Tag JHWHs") ankündigt (2,12-17; 3,1a.2-7; 3,25-4,1; 6,1-11. <12f.> ), die über alles "Hohe" und Bedeutende hereinbrechen (2,12-17) und Städte, Häuser und Ackerland verwüsten (6,11) und anscheinend auch Zion nicht ausnehmen (3,26). Also rettet auch der Tempel Jerusalem nicht, ja, dem Tempel wird offensichtlich kein character indelebilis zuerkannt, denn JHWH selbst wird das Heiligtum werden für Israel (8,13a. 14a). Die in dieser Kernbotschaft Jesajas zum Ausdruck kommende relativ begrenzte Funktion des königlichen Kults und Tempels in der Davididenresidenz für das gesamte Land Juda entspricht, falls sie richtig bestimmt ist, den bisherigen Ergebnissen und läßt das entsprechende Ergebnis bei Micha doch nicht als Zufall erscheinen. Wenn man aber etwa in der Tendenz Wildbergers, schon v.Rads und anderer201 doch jedenfalls annehmen will, daß Jesaja die Wurzeln der Jerusalemer Zionstradition kannte, auf die eine wie auch immer zu datierende Zionstheologie (und die Zionspsalmen) aufbauen, ist doch immerhin auffällig, daß sie in dem genannten Grundbestand jedenfalls keine nennenswerte Rolle spielen. Besonders bemerkenswert scheint mir jedoch, daß n~ch der Ansage der Zerstörung Jerusalems samt dem Tempel bei Micha im jesajanischen Grundtextbestand mit 8,14 jedenfalls von seiten eines weiteren prophetischen Kritikers in Israel die "selbsttragende" Heilsbedeutung und -garantie des Tempels Jerusalems als Wohnstatt JHWHs, wie sie im gesamten Volk mit Ausnahme der prophetischen Einzelgänger zur Zeit Jesajas und Michas (3,11) verwurzelt gewesen zu sein scheint, relativiert wird. Andere Propheten sind dieser Linie, wie sich zeigen wird, gefolgt, während von politisch-kultorganisatorischer Seite mit theologischer Unterstützung eine gegenläufige Entwicklung erkennbar werden wird (Dtn, Josia). Detaillierte Kenntnis von Jerusalem und die Nennung des königlichen Palastes (Zeph 198 W. H. ScHMIDT 1973, 82ff.; DERS. 1987,292. 199 So zuletzt nach FüHRER besonders KILIAN 1983, 40ff. 131ff. 2oo Nach KILIAN 1986, 14ff. wären das: 2,12-17; 3,1a. 2-7. 14f. 16f. 24 (vielleicht auch 3,25-4,1); 5,1-7. 8.11. 18. 20-23; 6,1-11. 12f.; 7,1-17*. 18-22*; 8,1-15*, evtl. 9,7. 8*. 9. 10*.11-13.16b-20; 10,1-4(?). 201 Vgl. KILIAN 1983, 40ff. 131ff.; w. H. SCHMIDT 1987, 250ff.
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1,8f. lOf.) stützen die Annahme, daß Zephanja Jerusalemer war oder wenigstens in Jerusalem wohnte und wirkte. Nach Zeph 1,1 war er Zeitgenosse Josias, aus 1 8 hat man m~g~icherweise zu schließen, daß er in der Frühzeit des womöglich noch u;mündigen Komgs auftrat, als noch srym und Angehörige des Königshauses die Macht innehatten202. Neben Juda und verschiedenen Nachbarvölkern richtet Zephanja seinen Blick ~on~ret a~f J~rusalem (1,4. 8f. 10-12; 3,1-5. 11. 12), wo sich brennglasartig vereint ein upprges, srtthch fragwürdiges Leben mit Gewalt, Trug und allem möglichen Unrecht (1,9; 3,1. 3f. 7. 13) am Hof (1,8), unter der Elite (1,8; 3,3) wie unter Priestern und Propheten (3,4) sowie in Händlerkreisen (1,11) im negativen Sinne beispielhaft ausgebrertet hat2°3 , gepaart mit religiöser Gleichgültigkeit und Vertrauenslosigkeit gegenüber JHWH (1,6. 12; 3,2), Abweichung von JHWH zu anderen Göttern (1,3. 5f. 9. 17) und Stolz, z.B. auf den erworbenen Reichtum (1,13. 18; 3,11). Und das spielt sich ab auf JHWHs "heiligem Berg" (3,11) und sogar im Hause des Herrn (1,9: byt 'dnyhm)! Deshalb wird über sie alle de~_"große Tag JHWHs" kommen, der Tag des Zorns, der Drangsal und der Angst, der Ode und Verödung, des Dunkels und der Finsternis, der Wolken und der Nacht, der Posaunen und des Kriegsgeschreis (1,7ff. 14ff.; 3, 8). Weder Stolz -~och Reichtum können da retten (1,18; 3,11). Ob das mit Gewalttat und Trug an~efüllte "Haus des Herrn" auf JHWHs heiligem Berg von diesem Zornestag verschont blerbt, bleibt offen; seine Existenz rettet jedenfalls nicht vor ihm. Nur der Demütige, der~ der JHWH u~d seine
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IV. Propheten und Kultstätten
C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
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-für seine Zuhörer erschreckenderweise-ansagt (26,6.12). Es hat danach aber nicht den Anschein, als sei speziell der Tempel als solcher für Jeremia von überragender religiös-kultischer Dignität und Bedeutung für das ganze Land. Das wird nicht nur von Jeremias offensichtlicher Sympathie für die Städte und Städtisches überhaupt meidenden Rekabiter bestätigt (35), sondern auch dadurch, daß Jeremia das Sichverlassen auf den Tempel mit einer Schärfe als Täuschung entlarvt (7,4f.), die ihn an den Rand der Todesgefahr brachte (26,1ff. 20ff.). So liegt es durchaus in der Tendenz Jere~ias, wen~ ein später Ergänzer zu der Ergänzung vom "neuen Bund" (31,27-34) m und mit 31,33a2°5 ein zukünftiges Heil nicht in etwas Sichtbar-Materiellem, etwa einem neuen Tempel, sondern in der Tora sieht, die JHWH "in ihr Inneres" legt und sie "ihnen aufs Herz schreiben" wird. Anmerkungsweise sei hier noch Ezechiel erwähnt, für den als Priester und nach den Ereignissen der Josiazeit 597 v. Chr. exilierten Judäer verständlicherweise Jerusalem als Zentrum Judas einen wesentlichen Interessenpunkt darstellt einschließlich des Tempels. In seiner Sicht ist das blutbefleckte, durch soziales Unrecht zerrüttete Jerusalempars pro totodes Landes, aber eben dessen negativer Brennpunkt und bereits so gut wie verloren: Er soll gegen (die) Jerusalem(er) und ihr (man beachte den distanzierten Ausdruck "ihr Heiligtum" in 21,6) Heiligtum reden, von dem nur "Trümmer, Trümmer, Trümmer" bleiben werden (21,32). In Juda und Jerusalem blüht (auch nach Josia!) andauernder Götter- und Höhenkult (bes.6f.; vgl. auch 16), Jerusalem selbst ist durch soziales und religiös-kultisches Unrecht abgrundtief verdorben (15f.; 21; 22; personifiziert und parallelisiert mit Samaria: 23) und der Tempel verunreinigt und entweiht (5; 7f.; 23,38f.; vgl. auch 22,8.26), so daß schließlich JHWH selbst dem ganzen Volk durch_Entweih~ng den Tempel, des Volkes Stolz und seine Sehnsucht, entzieht (9,7; 24,21~, d~e "H_errhchkeit JHWHs" sich aus dem Tempel zur Schwelle begibt (9f.) und schließlich dre Stadt verläßt (11,22f.). Dieser entweihte Tempel, Stolz und Sehnsucht der Bevölkerung, _ist nicht mehr JHWHs Heiligtum. Deshalb kann er zerstört, ja, von JHWH selbst entwerht 206 werden; er hat seine Bedeutung und Würde durch die Schuld des Volkes verloren .
Die hier verkürzt und vermutlich unvollständig skizzierten Äußerungen (oder Nichtäußerungen) einiger Propheten zum königlichen Kult bzw. zur Kultorganisation in Jerusalem und außerhalb ergeBen bei aller Lückenhaftigzos LEVIN hat überzeugend die Entwicklung der Vorstellung vom "Neuen Bund" aufgrund seiner literarkritischen und traditionsgeschichtlichen Analyse aufgezeigt: Danach bildet Jer 31,27-30.31-34 eine in sich uneinheitliche, selbst ergänzte Ergänzung im Kontext;'!· 27a. 29aßyb-30a. 31 a. 34aba1 liegen zwei frühexiiisehe Heilsworte zugrunde, dre. um V.27b-29aa. 31b. 32. 33b. 34ba2ßy von derselben Hand ergänzt wurden, wobei Jer 11,1-14, genauer 11,3b-6. 9a. lOb-11 dem Ergänzer von 31,27-34 vorgelegen hat; Jer 11,3b-6 geht außerdem auf 7,21-23 zurück. Ebenso beruht Jer ~1,27-34 ~och auf 1,10. ~2; 6,13. Außerdem wurde diese "Bundesverheißung durch die Verherßung der ~ns Herz geschnebenen Tora" in 31,33a "in spätalttestamentlicher Zeit" erläutert; 31,30b rst Glosse (LEVIN 1985 55-60. 61ff. 257-264). Zu Jer 31,31-34 vgl. auch THIEL 1981, 23ff. 20; Auf die beiden Ausblicke auf einen evtl. Neubeginn nach dem Gericht über (Juda und) Jerusalem, den einen, der ohne neuen Tempel auf ein anderes Herz, einen neuen Geist, ein "fleischernes" Herz statt des "steinernen" Herzens setzt (11,19f.; 36,26f.) und den anderen mit "Planungen" bzw. dem sog. "Verfassungsentwurf' mit der Wei~sagu.ng vo~ neuen Tempel, der heiligen Stadt und dem heiligen Land (40-48) braucht h1er mcht emgegangen zu
werden.
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C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
IV. Propheten und Kultstätten
keit eine Tendenz, die die obige archäologische und textliche Betrachtung der Kultorte bestätigt. Es sind zunächst weniger die Kultorte, die als solche verurteilt werden, sondern der wo auch immer stattfindende Kult als Ba'alkult bzw. die Abweichung von JHWH (Elia, Hosea), die verschiedenen Kulte an verschiedenen, königlichen und nichtköniglichen Kultorten mit dem dort sichtbar werdenden Mißverhältnis zwischen rite gefeiertem Gottesdienst und dessen ethischer Folgenlosigkeit besonders bei der gesellschaftlichen Elite, den Exponenten der gesellschaftsdifferenzierenden sozialökonomischen Entwicklung, deren Folgen an der Basis immer spürbarer sind (Amos,Micha), die kritisiert werden. Der Gottesdienst als Ba'alkult oder im Alltag folgenloser Kult ist ausgehöhlt und pervertiert. Es geht nicht darum, wo JHWH verehrt wird, sondern wie, darum, ob Verehrung und Handeln übereinstimmen. Dabei kommt Königshaus und Oberschicht größere Verantwortung zu, deshalb geraten mit wachsender gesellschaftlicher Differenzierung die elitären Zentren (Residenzen) in den Blick, wo Kult und Handeln am augenfälligsten auseinanderklaffen. Ab der 2. H. des 8. Jh. v. Chr., besonders seit dem Ende des Nordreichs, konzentriert sich der Blick der Propheten (ab Micha und Jesaja) auf das elitäre Zentrum Jerusalem mit der einmaligen Kombination Palastfrempel als Negativbeispiel und Brennspiegel sozialer und kultisch-religiöser Abweichungen von JHWH; daneben setzen die Propheten weiter Höhen und anderen Kult im Land voraus. Der Residenzort steht nicht wegen seiner Bedeutung für den Kult bzw. die Kultorganisation des ganzen Landes Juda im Zentrum des Interesses, sondern als besonders verwerfliche und augenfällige Konzentration der Abweichungen der gesellschaftlichen Oberschicht, die es besser wissen müßte. Diese beispielhaft negative Rolle Jerusalems wurde durch die kultische und kultorganisatorische Zentralisation Josias offensichtlich nicht aufgehoben, sondern allenfalls die Verantwortung der Residenz und ihrer Bewohner noch erhöht, so daß auch nach Josia Propheten Jerusalem samt undtrotzseinem Tempel die Vernichtung ansagen. In den Augen der Propheten seit Micha sinkt die Bedeutung des Residenztempels Jerusalem für das Land sogar, so daß bei Ezechiel JHWH selbst sein Heiligtum entweiht und den "heiligen Berg", die Stadt verläßt. Daß das allerdings nur die Sicht der Propheten war, muß betont werden. Könige und Volk dürften es anders gesehen haben. Nach der wunderbaren Rettung Jerusalems 701 v. Chr. hatte sich die Zuversicht auf Jerusalems Unbesiegbarkeit, wie verschiedene Prophetenstellen kritisch anmerken, festgesetzt, eine Zuversicht, die sie, wie gezeigt wurde, verschiedentlich zu relativieren suchten, an die aber Josia vermutlich gern anknüpfte. In derTat hat der König die zentrale Rolle Jerusalems kult-und rechtsorganisatorisch entscheidend gefördert207 • So scheint mir, daß man bei und mit Josia auf diesen beiden
Gebieten erstmals ein deutliches Zeichen der Bemühung erkennen kann, dem davididischen Residenzkult landesweit eine zentrale Rolle zuzuweisen, Kult
207 Den weiteren Rahmen und Hintergrund der Reform Josias hat in einer bemerkenswerten Studie SPIECKERMANN (1982) analysiert. Er hat m. E. überzeugend zeigen können, daß die Assyrer von ihren Vasallen auch die Verehrung der assyrischen Reichsgötter erwarteten, eine
Erwartung, dem sich Manasse (nolens volens?) beugte und in seinem Jerusalemer Residenztempel Altäre und ein Ischtarbild aufstellte (2Kön 21,5. 7). Es ist im Zusammenhang meiner Arbeit wichtig, daß dies im Residenztempel geschah, von einer königlich-administrativen Durchsetzung dieser Reverenz an die Assyrer in allen Lokalheiligtümern aber keine Rede ist (V. 3 bezieht sich m. E. auf V. 5. 7), wenn auch ein nicht bestimmbares Ausmaß an Einfluß davon auf die Umgebung Jerusalems möglich ist (V. 9), was später dtr. erweitert wurde, um Manasse zu diskreditieren (V. 10f.< f.> ). Diese königlich-kultische Neuordnung im JerusalemerTempel führte verständlicherweise zu einer Opposition in der Jerusalemer Priesterschaft, die letztlich zu einer Ablehnung aller anderen Götter zugunsten JHWH's führte, wie sie später in Dtn 6,4 gipfelt. So kommt SPIECKERMANN zu der These: "Die nach der Gesetzespromulgation eingeleitete Kultreform, der auch die ass. Kulteinrichtungen im Jerusalemer Tempel zum Opfer fielen, war also nicht primär politisches Signal für die Befreiung vom ass. Joch, sondern theologisches Signal für den Anbruch einerneuen Ära der Jahweverehrung, in der religiöse Kompromisse- ob nun unter ass., ägypt. oder kanaanäischem Vorzeichen- keinen Platz mehr hatten. Der politische Bruch mit Assur war eine notwendige Folge des theologischen Bruches mit jeder halbherzigen Form der Jahweverehrung. Die josianische Reform war eine ,Revolution von oben', denn die radikale Abschaffung lieb gewordener religiöser Gewohnheiten war nicht Sache der Volksfrömmigkeit, sondern priesterlicher, ,wissenschaftlicher' Theologie." (1982, 379). So richtig es m.E. ist, daß der Ausgangspunkt der kultischen Reform Josias und seiner proto-deuteronomischer "Hintermänner" in der assyrischen Kultrepression gegenüber dem Vasallen Manasse zu sehen ist, so sehr wird dabei doch Josia als politischer Herrscher m. E. in seinen Motiven unterschätzt, die wohl doch komplexer waren. Ist es wirklich wahrscheinlich, daß Josia allein eine Repression gegenüber dem Residenzkult Manasses zum Anlaß einer so schwerwiegenden Entscheidung der Kampfansage an das assyrische Weltreich nahm? Seine Motivation und sein Vorgehen dürften komplexer gewesen sein. Von der Textbasis und der religionsgeschichtlichen Realität her nimmt ZENGER vielmehr an, daß die von SPIECKERMANN vorgeschlagene Reihenfolge umzukehren sei: Nicht "der politische Bruch ... mit Assur sei eine Folge des vorangegangenen theologischen Bruchs mit den aufgezwungenen Formen des Synkretismus", sondern voran stehe die Planung des politischen Bruchs mit Assur, dem die theologische Begründung oder Motivation bzw. der theologische Bruch mit dem assyrischen aufgedrängten Kult folgte. Josia beendete "seine Abhängigkeit von Assur demonstrativ mit seinen ,kultpolitischen' Aktionen. Erst in einem zweiten und späteren (!) Akt, der von der dt ,Untergrundbewegung' theologisch und literarisch vorbereitet und getragen war, erhielt die Befreiung von Assur bzw. von der assyrischen Religionspression ihre theologische Innenseite: mit der Promulgation des um das Hauptgebot (Dtn.6,4) zentrierten, ,joschijanischen Urdeuteronomiums"' (ZENGER 1986, 446f.; zu einer weiteren Begründung dieser Reihenfolge s. u. meinen Abschnitt D) "Verwaltungsgliederung des Landes als Herrschaftsmittel"). M. a. W.: Ein außenpolitisch verursachtes Planen und Vorgehen Josias verband sich im Ur-Deuteronomium mit einem wirkungsvollen religiös-kultischen Motiv, das Josia zugleich ein mächtiges innenpolitisches Herrschaftsmittel in der kultorganisatorischen Zentralisation an die Hand gab. Gewissermaßen machte Josia, theologisch legitimiert, JHWH allein "~;esidenzsässig" und bekam ihn damit religionspolitisch (und die ökonomischen Vorteile des zentralen Tempelkults) zu seiner herrschaftlichen "Verfügung". Josia stellte sich außenpolitisch motiviert und auf Außenpolitik zielend an die Spitze einer religiös-kultischen Reformbewegung, nun aber nicht eigentlich in der Tendenz der großen Propheten von Amos, Micha, Hosea und Jesaja bis Zephanja und Jeremia (vgl. nur die Relativierung Jerusalems mit dem Tempel, die für Jeremia schon vor 587 v. Chr. verloren waren). Das war wohl doch nicht die Lösung der von den Propheten gegeißelten Krise und ihre Linie zur Schaffung von Gerechtigkeit, rechtem Gottesdienst und persönlicher Verantwortlichkeit, sondern eine ad-
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C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
V. Anmerkungen zu neueren Forschungsbeiträgen
und Gerichtsorganisation als zentrale Herrschaftsmittel zu funktionalisieren 208 . Speziell für den kultorganisatorischen Bereich kann man aber sicherlich nicht annehmen, daß diese Bemühungen schlagartig in landesweite Realität umzusetzen waren. So eine einschneidende Maßnahme braucht naturgemäß längere Zeit und war als administrativer Eingriff in jahrhundertealte geheiligte Kultbräuche der Bevölkerung ein schwerwiegender, von ihr vermutlich und verständlicherweise nicht gerade mit einhelliger Begeisterung begrüßter Schritt209 • Deutlich ist m. E. einerseits auch, daß der Ansatz Josias zwar die zentrale Bedeutung Jerusalems entscheidend befördert hat und somit grundlegend für die Zukunft werden sollte, in diesem Sinne nachhaltiger nachwirkte als die prophetische Relativierung der Bedeutung des Tempels, letzterer gegenüber in gewisser Weise gegenläufig war, aber andererseits erst exilisch-nachexilisch in der und für die Bürger-Tempel-Gemeinde und ihre Bemühungen zunächst um Neubesiedlung und Wiederaufbau Jerusalems und (erst) später um einen Tempelneubau zum Durchbruch kam und seine volle Wirkung allmählich entfaltete210. Es ist abertrotzder josianischen Bemühungen um Bedeutungssteigerung des davidischen Residenztempels in frühexiiischer Zeit anscheinend keineswegs zuerst und vor allem Klage und Bemühung um den verlorenen Tempel erkennbar, sondern die Klage um den Tempel bildete nur ein Element der Klage um das verlorene ZentrumJudas, J erusalem211 • Das mag weniger mit der Relativierung der Bedeutung des Jerusalemer Tempels durch die Einzelpropheten der 2. Hälfte der Königszeit zusammenhängen, sondern mit der vermuteten relativ begrenzten Bedeutung des davidischen Residenzkults für die Lokalkulte in Juda. Andererseits hat gerade der Verlust der realen Hauptstadt mit dem Tempel, nicht zuletzt durch die vorherigen Zentralisationsbemühungen Josias unbeschadet des vielleicht begrenzten Maßes der Durchführung in der kurzen Zeit bis 586 v. Chr., dem Symbol J erusalem als Zentrum der
Sehnsucht der Zerstreuten ein Gewicht, eine Schub- und Anziehungskraft und insgesamt eine Wirkung verliehen und vermittelt, die diejenige der seinerzeit real existierenden Hauptstadt mit ihrem Residenztempel für die Zukunft weit übertroffen hat.
ministrativ-organisatorische, herrschaftliche Umorientierung, die an der Krisenlösung gemäß der Auffassung der Propheten vorbeiging; ihnen ging es nicht darum, wo JHWH, sondern wie er verehrt wurde und ob Verehrung und Handeln übereinstimmten. Zu Josia vgl. auch noch KNAUF 1990e, 20f.; DERS. 1991 b, 174-176; NA'AMAN 1991. 208 Wenn H. WEIPPERT 1988, 622 als Begründung für die wenigen gefundenen Kultbauten im Palästina der Eisenzeit meint, daß dies damit zusammenhinge, daß "die Verehrung der nationalen Götter den Kult und die Riten für andere Gottheiten ins Abseits von Hauskulten oder abgelegenen Lokalitäten verdrängte", so ist dem hinzuzufügen, daß das Königtum anscheinend im Lande kaum Kultbauten errichtet hat, die dann auch nicht archäologisch aufgefunden werden können. 209 S.o. ALT (o.A. 117). Dazu paßt, daß Josias Maßnahmen einerseits nur den Umkreis Jerusalems wirksam erfaßten, andererseits nach Josia, wie bereits gezeigt, "Höhenkult" anhielt, und weiterhin zahllose Kultorte und Kultgegenstände des Haus- und Lokalkultes in Gebrauch blieben (vgl. u.a. WENNING/ZENGER 1986, 82f.; AHLSTRÖM 1984b; H. WEIPPERT 1988, 628ff.; M. WEIPPERT 1990; DERS. 1991 und Jer 11,13; 44,7ff.; Jes 41,6f.; 44,9-20; 46,1-7; Ez 6f. 16; Sach 10,2 u. ö.). 2 10 Vgl. Hag lf.; Sach 4,9f.; Esra 3ff.; Neh 2,11ff. 211 Vgl. in Klgl nur 1,4. 10; 2,2. 6f. 20; 4,1, dazu aber Ps 74. 78>; 79. 89. 137.
V. Anmerkungen zu neueren Forschungsbeiträgen Aus den bisherigen Untersuchungen, die sich vor allem auf archäologische sowie unterstützend auf notwendigerweise tendenziöse textliche (alttestamentliehe) Belege212 stützten, hat sich ergeben, daß das israelitisch-judäische Königtum auf den persönlichen und lokalen sowie Gruppen-Kult und seine Standorte mindestens bis zum 7. Jh. v. Chr. keinen nennenswerten Einfluß im Sinne einer Dominanz genommen, Kultorganisation nicht funktionalisiert als Herrschaftsmittel eingesetzt hat. Dagegen zeigte sich, daß es im judäischen Bereich zu einem dynastischen Residenzkult in Jerusalem, verbunden mit einer vermutlich nach Salomo beginnenden, allmählichen Entwicklung einer legitimierenden Dynastie- und Residenztheologie gekommen ist. Sie hat allem Anschein nach aber nicht wesentlich auf andere Heiligtümer und Kultstätten im Lande dominierend ausgegriffen, selbst nicht auf ausgesprochene königliche Funktionalorte. Im Nordreich war die Situation anders: Zur Ausbildung einer der Südreichssituation entsprechenden legitimierenden Dynastie- und Residenztheologie kam es dort, soweit wir wissen, nicht, sondern, zusammenhängend mit der historischen Entstehungssituation des Nordreichskönigtums, vielmehr zu der Einrichtung von zwei funktional der Abgrenzung gegenüber Juda/ Jerusalem einerseits und der Integration der zahlreichen Nordreichsgruppen andererseits dienenden königlichen Heiligtümern. Samaria als Residenz besaß einen wahrscheinlich im wesentlichen dem Königshaus dienenden Residenztempel ohne landesweite kultische Bedeutung. '" Diesem Ergebnis steht der Entwurf von Ahlström213 in entscheidenden Punkten nahezu diametral entgegen. Es geht bei Ahlström zwar nicht konkret und vorrangig um "Stadt und Kult", aber umfassend um das "enge Verhältnis von Staat und Religion", Heiligtümern und königlicher Administration, "royal administration and national religion" in Palästina214 . Das lesenswerte, einfallsreiche und anregende Buch kann hier nicht in allen Einzelheiten dargestellt werden. Als problematisch und überaus folgenreich erweist sich aber bereits der methodische Ausgangspunkt, indem Ahlström als Hintergrund und Erklä212 Vgl. NISSEN 1983, 4f.; DIETRICH 1987, 157f.; VAN SETERS 1983; M. WEIPPERT 1990, 149f.; KNAUF 1991. An konkreten Text-Beispielen differenzieren z. B. in letzter Zeit exemplarisch zwischen story and history bzw. history and ideologyltheology D. EDELMAN 1984; H. WEIPPERT 1988a; NA'AMAN 1991; KNAUF 1991a; vgl. umfassend GARBINI 1988. 213 1982a 214 Vgl. AHLSTRÖM 1982a, Foreword
229
C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
V. Anmerkungen zu neueren Forschungsbeiträgen
rungsfolie für die im Buchtitel angezeigten Problemkomplexe in Israel mit Hilfe der heuristischen Topoi "the city", "the king as builder" und "the king as the administratorof the god's territory" die entsprechenden Tatbestände der Flußebenen-Großreiche bzw. -räume Mesopotamien und Ägypten mit ihren Israel unvergleichbaren Dimensionen heranzieht. Dadurch sind die gewonnenen Topoi bzw. "pattem" in ihrem Vergleichswert für die beiden periphären palästinischen Berg-Kleinstaaten Israel und Juda, sogar in der kurzlebigen "Großreichsphase" Davids und Salomos215 von vomherein relativ stark entwertet, zumal- wohl noch schwerwiegender und problematischer- die bemerkenswerte Andersartigkeit des Verhältnisses König- Gott/Kult- Volk in Mesopotamien und Ägypten einerseits und bei den Israeliten andererseits seit langem bekannt ist216 • Die "mehrere Nummern zu große" Terminologie Ahlströms, von Mesopotamien und Ägypten gewonnen und auf Israel angewendet, bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Deutungen und Interpretationen der Tatbestände in Israel. Bei dem unbezweifelbar richtigen Topos des 2. Kapitels ("Building of Cities and Fortresses as a Political Tool") im Blick auf die altorientalischen Großreiche 217 und mutatis mutandis auch auf Israel und Juda, ist es auch wieder problematisch, daß Ahlströms Beispiele aus den genannten Großreichen stammen; einzelne moabitische Beispiele sind von geringer Zahl und bescheidenen Ausmaßen. Für Israel nennt Ahlström als staatlich neuangelegte Stadt nur Samaria218 . Vorbereitend für das 3. Kapitel ("Administration and Building Activities in the Davidic-Solomonic Kingdom") schließt Ahlström aus lSam 7,15ff., daß die vorköniglichen Heiligtümer von Gilgal, Betel, Mizpa und Rama durch Samuels Richter- und Herrscher-Tätigkeit (SPD als "local centers of administration" zu betrachten seien, ebenso Silo durch Eli und Michas Heiligtum (Ri 17f.) 219 • Diese kommunalen und kommunal geleiteten Kulte unterscheidet Ahlström von der "offiziellen/nationalen Religion" als "populäre Religion'm0 • Es mag eine gewisse gegenseitige Beeinflussung gegeben haben, aber königlich-offizielle Nationalreligion änderte im "Dorf" wohl wenig221 • Davon hebt Ahlström nun schroff die "königliche, offizielle Nationalreligion" ab, sichtbar in "Administration und Bauaktivität im davidisch-salomonischen Reich". Dabei macht es sich besonders problematisch bemerkbar, daß Ahlström, beeinflußt von den Darlegungen des 1. (und 2.) Kapitels über die orientalischen Großreiche, mit dem Begriff "Reich" bzw. "Königtum" eine überaus umfassende, beträchtliche königliche "Administration" assoziiert222 , die, altorientalisch durchaus zutreffend, nicht scharf in Verwaltungs- und Kultadministration zu scheiden ist223 • So nimmt er schon für Sauls Reich, ohne von Texten gedeckt zu sein, eine
beachtliche Reichsadministration und Beamtenschaft an 224 , die unter David und unter der zutreffenden Annahme, daß er in wachsendem Maße Elemente der spätbronzezeitlichen Stadtkönigtums-Administration Jerusalems übernommen habe, schon erstaunliche Ausmaße zu haben scheint, obwohl Ahlström nur die beiden Fassungen der "Beamtenlisten" Davids (2Sam 8,16-18; 20,23-26//1Chr 18,15-17) anzuführen vermag! 225 . Bei Salomo gerät das von Ahlström gezeichnete Bild der verzweigten Verwaltungsadministration dann schließlich fast ins Ungeheure, nicht zuletzt durch die angenommene enorme Bautätigkeit226 ! Schlußfolgerung Ahlströms: Umfassende königliche Administration zeige sich in militärischer und religiös-kult( organisator)ischer Form und gebe damit ein Bild der offiziellen Religion.
228
215 S. o. Kap. A, S. 8ff. m. A. 37ff. u. passim; schon FRANKFORT 1948 = 1978, 339 stellte fest, daß "Solomon's kingship conforms indeed to the type of glorified native chieftainship" (Hervorhebung von mir, H.M.N.). 216 Vgl. dazu schon FRANKFORT 1948 = 1978, passim, bes. 337-344 (AHLSTRÖM hat dieses Buch nicht herangezogen). 217 Vgl. neben AHLSTRÖM 1982a, 10ff. wiederum FRANKFORT 1948 = 1978. Zur Monumentalarchitektur als Kennzeichen stratifizierter Gesellschaften vgl. PRICE 1978, 165; BREUER 1990,57. 61f. (vgl. o. Kap. A, S. 91 A. 403; S. 100 A. 444). 21 8 1982a, 17f. 219 1982a, 18ff., bes.22ff. 220 1982a, 26 221 Ebd. 2 22 1982a, 27ff.; vgl. abero. S. 8-41. 223 Vgl. auch BEESTON 1977, 5ff.; auch DERS. 1972, 256ff.
An diesem Bild sind nun aber Korrekturen vorzunehmen und die Dimensionen zurechtzurücken: Es ist zweifellos richtig, daß im Vergleich zu David, noch mehr zu Sau!, bei Salomo von einer beachtenswerten Bautätigkeit gesprochen werden muß. Jedoch ist oben227 bereits gezeigt worden, daß an dem von Ahlström gezeichneten Bild der Bauaktivitäten Salomos substantielle Abstriche zu machen sind. Ganz zu streichen ist Kuntilet 'Agrüd, das nicht in die David!Salomozeit gehört228 • Von einem königlich initiierten Funktional"Neubau" kann man bei Tell es-Seba' (schon David) und bei Tell 'AräJZ 29 sprechen. In Jerusalem als Residenz bilden der Palastbau und der Tempel-Um- und Ausbau die königlichen Hauptaktivposten, freilich in einem im Vergleich zu Ahlströms Vorstellung reduzierten Ausmaß (s. o.). Reduzierung erfährt Ahlströms Aufzählung, wenn man die Vorrats-, Wagen- und Pferdestädte nicht als jeweils separate, nicht namentlich genannte königliche Funktionalstädte neben den sechs von Salomo als Grenzstützpunkte ausgebauten Orten zu sehen hat, sondern jene mit diesen identisch sind230 • Dann schmilzt die Aus-Bautätigkeit Salomos (neben Tell es-Seba'und Tell 'Aräd, deren Datierung in die Salomo-Zeit aber umstritten ist, und Jerusalem) auf Hazor, Megiddo, Geser23 \ UnterBethoron, Baalat und Tamar zusammen, was immerhin beachtenswert ist, wobei aber beachtet werden muß, daß jedenfalls in Hazor, Megiddo und Geser mindestens teilweise auf vorhandene Bausubstanz zurückgegriffen werden konnte. Weitere Bauten, z. B. auf dem Tell el-Qasfle IX, Tell ed-Duwer und Tell er-Rämf[!Rumef, die Abiström anführt232 , 224
1982a, 27 (vgl. die übertriebene Terminologie für Sauls Familienherrschaft: "the kings
entourage", "the court members", "chief priest of the new kingdom", Abner als "generalissimus", vgl. aber o. S. 3-8. 225 1982a, 28ff.; vgl. dagegen o. den Abschnitt über Davids "Funktionäre" (Kap. A, S.8-17). 226 1982a, 31ff. 221 Vgl. o. S. 96ff. m. A. 426ff. 228 Vgl. gegen AHLSTRÖM 1982a, 42f. o. S. 200f. m. A. 99-101 und schon Kap. A, S. 107 m.A.467. 229 S.o. S.105 m.A. 462. 464 (evtl. erst nachsalomonisch); gegen AHLSTRÖMs Deutung (1982a, ~40-42) des Kults in Tell es-Seba' und Tell 'Aräd als dezidiert königlich-national administriert vgl. o. S. 197-199. 230 S. o. (Kap. A) S. 97-101 m. A. 429-446; S. 151m. A. 673. 231 Zu den Unsicherheiten der Zuweisung "salomonischer" Schichten/Bauten in Hazor, Megiddo und Geser s.o. S. 19 A. 82; S. 22 A. 89; S. 23 A. 96. 232 1982a, 38; vgl. aber zu Tell Qasfle o. S. 141 m. A. 647f., zu Tell ed-Duwer o. S. 113f. m. A. 514-516, zu Tell er-Rämf[!Rumet o. S. 138m. A. 629-634.
230
C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
sind archäologisch nicht sicher gedeutet bzw. nicht zweifelsfrei für diese Zeit gesichert. Die von Ahlström für die David/Salomo-Zeit als Beleg königlicher Bauaktivität herangezogenen Negeb-"Festungen" sind nicht in diesem seinem Sinne zu deuten 233 • Insgesamt kann man das Aus-Bau-Programm Salomos schwerlich mit den vorderorientalischen Großreichen vergleichen. Für dieses Kapitel wichtiger ist nun die Frage nachweislicher königlicher Kultbautätigkeit und Kultorganisation. Dazu kann auf meine obigen Ergebnisse gegenüber Ahlström verwiesen werden234 • Außer Frage steht hier nur die Residenz Jerusalem, was sich durch den nichtsakralen Charakter des israelitischen Königtums als besonders notwendig für dessen Legitimation erwies235 • In bescheidenem Ausmaß kann man noch auf Hebron/Mamre verweisen236 • Für alle anderen von Ahlström angeführten Orte sind weder textlich noch archäologisch königlicher Kultbau und Kultorganisation nachweisbar. Die nach Ahlströms Anschauung gewaltige militärische, verwaltungsorganisatorische und religiös-kultische Administration und Bautätigkeit Salomos benötigt natürlich einen beträchtlichen verzweigten und durchorganisierten "Beamten-Apparat", den nachzuweisen sich Ahlström deshalb bemüht237 • So glaubt er, daß mit dem vermuteten rapiden Anwachsen von militärischer und ziviler Administration und Bautätigkeit und deren Funktionären sich auch das religiös-kultische Personal des Königtums vervielfachte238 • Immerhin gibt Ahlström zu, daß unbekannt sei, wie die "Distriktorganisation" das kultische Establishment und die Priesterschaft berührte und ob es in jeder "Distrikthauptstadt" ein königliches Heiligtum gegeben habe 239 • Dennoch postuliert Ahlström aufgrund seiner in Mesopotamien gewonnenen Topoi "der König ist Tempelerbauer" und "Kult als Teil einer staatlichen Administration" staatliche-königliche Heiligtümer (bämöt = bty mmlkh) in Ramot, Taanach, Bet-Schean, vielleicht in Mahanajim und Sichern, vielleicht auch in Bet-Schemesch und in Dor240 • Überhaupt seien in Salomos "Distrikthauptstädten" und Festungen königliche Heiligtümer zu erwarten, die Teil der königlichen Verwaltung waren 241 • Das aber, so muß man gegen Ahlström sagen, ist schlicht unbewiesen, wie oben gezeigt wurde. Im folgenden unternimmt Ahlström den Versuch, die für die postulierte umfangreiche königliche Administration notwendige "Beamtenschaft" in den "Leviten" zu finden: "Levit" sei terminus technicus für alle königlichen "Beamten" einschließlich der Priester, die eine "police force" (!)des Königtums darstellten242 , zwecks Erhöhung der Effizienz in alle Ortschaften verteilt, eine Delegationsmethode, die später im Konstrukt der 1982a, 38f.; vgl. dazu o. (Kap. A) S. 102-104 m. A. 448-461 S.o. S.192-205 m.A. 51-117 235 Vgl. FRANKFORT 1948 = 1978, 339ff. 236 S.o. S.193-197m.A. 58-76 237 1982 a, 44 ff. 238 1982 a, 44 239 1982a, 44(ff); gegen die Behauptung von "Distrikten" und "Distrikthauptstädten" besonders aufgrundvon 1Kön 4, 7ff. vgl. aber schon o. (Kap. A) S. 27-40m. A. 105-147und u. (Kap.D)S. 246-251 m.A. 2-20. 240 1982a, 44f(f) 241 1982a, 46; dies wird von AHLSTRÖM sogar schon für die Zeit Sauls behauptet (aaO, 46f. )! 242 1982a, 47ff.; "priests and Levites had military and/or guarding duties" (aaO, 47); "police-force function of priests and Levites" (aaO, 48). Leviten sollen sogar als Schutztruppe für königliche Landgüter fungiert haben (so nach B. MAZAR) (aaO, 48). 233 234
V Anmerkungen zu neueren Forschungsbeiträgen
231
"Leviten-Städte" nachträglich systematisiert worden sei243 • Neben Provinzsystem und ausgedehnter Bautätigkeit sei vor allem die Levitenschaft = Beamtenschaft der "Arm" der königlichen Verwaltung und der "Nationalreligion" gewesen. Abgesehen von dem m. E. nicht existierenden "Provinzsystem" und der gegenüber Ahlström zu reduzierenden Bauaktivität entfällt aber auch die angeblich ubiquitäre Leviten- = Beamtenschaft ziviler, militärischer und kultischer Provenienz, denn die angeführten Belege sind entweder überhaupt nicht passend244 oder ganz späte chronistische Darstellung des Levitenstatus' 245 oder beziehen sich auf lokale, nicht verallgemeinerbare J erusalemer Einzelereignisse246 • Es findet sich nicht ein einziger Beleg zu den Leviten, der in Ahlströms Sinne gedeutet werden muß. Die These von der allgegenwärtigen "Leviten-Beamten-Polizei" ist sehr modern gedacht, ihr widerspricht auch mein 247 obiges Ergebnis zu den königlichen Funktionären • Im Zusammenhang mit der Vorstellung gewaltiger administrativer Baumaßnahmen und der daraus sich ergebenden Hypothese eines durchorganisierten, verzweigten Beamtennetzes, die sich beidealsnicht haltbar erweisen, entwickelt Ahlström eine weitere, für sein Buch wichtige Hypothese 248 • Vor dem Hintergrund seiner Topoi "Könige bauen Tempel" 249 sowie "Kultbau ist Bestandteil der königlichen Administration ebenso wie die Kultbeamten" 250 interpretiert er dazu in Am 7,13 251 Betel als mqds mlk, als "royal property", "a temple where the kinghirnself could officiate" und byt mmlkh als Bezeichnung für "any other sanctuary that belonged to the nation's official religion", das "as such part of the royal administration system" sei. Solche bty mmlkh seien die in 1Kön 12,31 und 2Kön 23,19 genannten Heiligtümer. Akzeptiert man diese umfassende Deutung, so heißt das, daß zahllose, später nach Ahlström polemisch bty (h)bmwt genannte Heiligtümer über das ganze Land von den Königen gebaut und damit als staatlich-nationale Heiligtümer (bty mmlkh) gerechnet werden müßten. Ist das richtig und wahrscheinlich? Der polemische Charakter von 1Kön 12,31 und 2Kön 23,19 ist unb~zweifelbar, der Zusammenhang mit Am 7,13 sehr indirekt und die Berechtigung der Ubertragung der speziellen Bezeichnung für Betel auf die alle Heiligtümer begrifflich umfassenden Bezeichnungen in 1Kön 12,31; 2Kön 23,19 zweifelhaft. Letztere beiden Belege sind aber außerdem für sich zu prüfen. 1Kön 12,31 bezieht sich viel einleuchtender konkret auf Betel (im Sg., so MT) oder auf Betel und Dan (im PI., v~. BHS App., vgl. 1Kön 13,32). 2Kön 23,19 bezieht sich allem Anschein nach polemisch auf alle Josia erreichbaren
243 1982a, 51ff. Das "System der Levitenorte" hat G. ScHMITI: "Levitenstädte" (unveröff. Manuskript; ich danke Herrn Prof. ScHMITI auch an dieser Stelle für die Möglichkeit der Einsichtnahme in das Ms. im Mai 1988) eindeutig als rein theoretische Konstruktion erwiesen. Vgl. auch D. KELLERMANN 1984a, 510-512. 244 1982a,47f. (AHLSTRÖM nennt 1Sam 10,25; 2Sam 8,15) 245 1982a, 47ff. 64; zu den Leviten vgl. vielmehr umfassend und überzeugend zuletzt D. KELLERMANN 1984a, 499ff. 246 19S2a, 48 (2Kön 11,18) 247 S. o. den Abschnitt I. Funktionäre ("Beamte") des Kapitels A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel (S. 3-91). 248 1982a, 58ff. 249 1982a, 2. 6. 11ff. 17f. 46 u. ö. 250 1982a, 8. llf. 40ff. 44. 48 u. ö. 251 1982a, 59(ff)
232
C) Kultorganisation als Herrschaftsmittel
bmwt, historisch also vor allem in und um Jerusalem (2Kön 23,4 -14) 252 sowie (nur) in Betel (2Kön 23,15-18); der angehängt wirkende V. 19 in seiner Pauschalität dürfte eine (nach-)deuteronomistische Abrundung sein253 (und bleibt bezeichnenderweise ohne concreta im Unterschied zu 2Kön 23,4-14), wofür auch spricht, daß Josias Ausweitung Judas nach Norden durchaus begrenzt war und nicht nachweislich über Betel hinaus nach 254 Norden reichte . Im übrigen sei daran erinnert, daß oben von der massenhaften Existenz von bty mmlkh, wie sie Ahlström in allen israelitischen Orten vorschwebt weder textlich noch archäologisch etwas festgestellt werden konnte. Ahlström ma~ durchaus Recht haben, daß man die Bezeichnung byt mmlkh auf jedes königlich errichtete und dominierte Heiligtum beziehen kann. Damit ist aber nicht gesichert, daß jedes Heiligtum ein solches byt mmlkh ist, es sei denn, es wird tatsächlich so bezeichnet oder archäologische Hinweise und/oder textliche Umschreibungen legen das mehr oder weniger nahe. Es hat sich oben gezeigt, daß nicht einmal bei eindeutigen königlichen Funktionalorten, wo militärische und/oder Verwaltungsfunktionäre des Königtums zweifelsfrei anwesend waren, mit königlich dominiertem Kult zu rechnen ist255. Insgesamt heißt das für das Reich Davids/Salomos und das Südreich Juda, daß der von Ahlström umfassend und überall vermutete enge Zusammenhang zwischen Kult/Religion und königlicher Administration überhaupt nur in der Residenz Jerusalem, dort aber massiv und eng, nachzuweisen ist. Erst z. Zt. Josias wird der Zusammenhang nahezu schlagartig als Anspruch und Programm im Landesrahmen deutlich und vom König politisch instrumentalisiert256 , nun aber gerade nicht in der Art einer netzartig-landesweiten Kultadministration, -organisation und Funktionalisierung, sondern durch den Versuch ausschließlicher Residenzkonzentration.
Wie steht es nun aber im Nordreich nach Ahlström mit der Verbindung von Kult und königlicher Administration? Wie bereits gesagt, kann man über königlichen Kult in Ramot, Taanach, Bet-Schean (!?), Mahanajim, Sichern und Dor nur spekulieren, wenn auch Ahlström dort überall königliche Heiligtümer als Teil königlicher Administration postuliert257 . Das dagegen zweifellos ein königliches Heiligtum darstellende Betel258 ist nun aber gegen Ahlströms Intention ein frappierendes Beispiel dafür, daß "Zivil- und Militärverwaltung" im Nord252 Hier ist zu beachten, daß der Bericht 2Kön 23,4-14 Kenntnisse durch Angaben von concreta ganz eindeutig nur für Jerusalem selbst und die nächste Umgebung erkennen läßt. 253 Vgl. WüRTHWEIN 1984, 454. 460f. (nachdtr.), aber auch SPIECKERMANN 1982, 116ff. (DtrP). 254 Vgl. nur WELTEN 1969, 163f. 255 S. o. Teil II + III des Kapitels C) Kult und Kultorganisation als Herrschaftsmittel· es spricht nicht gerade für AHLSTRÖMS These von überall im Lande befindlichen königlichen Kultstätten, daß seine Beispiele von einer Verbindung "Königtum und Heiligtümer" in Jerusalem, aber eben nicht im Lande draußen spielen (vgl. 2Kön 12,5-17//2Chr 24,4-11; 2Chr26,16: aaO, 64f.). 256 Den politischen Hintergrund der (Hiskia- und) Josiareform hebt AHLSTRÖM mit Recht hervor (aa0, 65-74); vgl. aber auch SPIECKERMANN 1982 und ZENGER 1986 (o. A. 207). 257 1982a, 44-46; vgl. dagegen o. (Kap. A) S. 138 m.A. 629-634 (zu Ramot), o. (Kap. A) S. 137f. m. A. 626f.; S. 212f. m. A. 158-160 (zu Taanach), o. (Kap. A) S. 140m. A. 643 (zu Mahanajim), o. (Kap. A) S. 135f. m. A. 614-618; S. 213f. m. A. 161f. (zu Dor). 258 AHLSTRÖM 1982a, 57-59; vgl. o. S. 206-207 m.A. 118-126. Zum Verhältnis Nordreichskönigtum - Betel/Dan-Heiligtum und -priesterschaft im Unterschied zum Verhältnis
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V. Anmerkungen zu neueren Forschungsbeiträgen
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reich getrennt vom Hauptheiligtum existierte. Das Heiligtum besaß genug eigene traditionelle Würde, so daß die Nordreichskönige geradezu auf es angewiesen waren, sich an es anlehnten aus legitimatorischen und Abgrenzungs- sowie Integrationsinteressen und bezeichnenderweise sich erst beträchtlich später um eine woanders gelegene Residenz bemühten259 , im Unterschied zum Südreich, wo das Heiligtum umgekehrt nach geraumer, wenn auch kürzerer Zeit als im umgekehrten Fall im Nordreich, in die Residenz "hereingeholt", es in ihr etabliert wurde. Am 7,13 bezeugt, daß Betel ausgesprochenermaßen königliches Heiligtum war. Wichtig ist nun: Gab es noch weitere solche Heiligtümer im Nordreich? Man mag in der kurzzeitigen Residenz Tirza eine Palastkapelle vermuten260 , obwohl sie archäologisch wie textlich nicht nachgewiesen ist. Für Samaria gilt archäologisch das gleiche, aber 1Kön 16,32 darf doch wohl als glaubwürdiger Beleg für ein königliches Palastheiligtum gelten261 • Eine landesweite, "nationale" Bedeutung läßt sich ihm aber nicht zuschreiben262. Damit sind die archäologischen und textlichen Belege erschöpft. Damit kann für das Nordreich festgehalten werden, daß von Orten, für die ein Zusammenhang von nationalem Kult und königlicher Administration besteht, gegen Ahlström nur bei Betel und Dan gesprochen werden kann (wobei auf "Nationalkult bzw. -religion" sogleich noch einzugehen ist). Was nennt Ahlström "Nationalreligion"? Das sei neben der ihm zufolge kaum greifbaren "popular religion" 263 die von der Hauptstadt durch die königliche Administration gelenkte Religion264 . Trotz dieses Postulats gibt Ahlström zu, nicht konkret belegen zu können, wie die "nationalen Heiligtümer" administriert worden seien265 . Was er aber zur Stützung seiner Hypothese anführt, vermag die Hypothese, wie bereits gezeigt wurde, nicht zu tragen266 . So kommt man zu dem Schluß, den auch meine obige des Südreichskönigtums zum Jerusalemer Heiligtum und seiner Priesterschaft vgl. schon WALLIS 1976. 259 ÜLIV1ER 1983; WALLIS 1976, 490ff.; vgl. o. S. 214ff. m. A. 167ff. 260 AHLSTRÖM 1982a, 60f.; vgl. aber zum archäologischen Befund o. (Kap. A) S. 139f. m.A. 635-639. 261 AHLSTRÖM 1982a, 62; TIMM 1982, 32f. ("Haus Ba'als" ist Verunglimpfung, es dürfte byt 'lhym ursprünglich geheißen haben, dort stellte Ahab ein~n Ba'al-Altar auf); vgl. auch o. S.214f. mitA.167-175. 262 Dieser Palasttempel oder diese Palastkapelle und Ba'alkult-Installationen allein in Samaria (1Kön 16,32f.; 2Kön 3,2) zeigen Ahab schwerlich als "master of the nation's cultic affairs" (AHLSTRÖM 1982a, 63) (Hervorhebung von mir, H. M. N.)!! 263 AHLSTRÖM 1982a, Foreword. 26. 83; die ist aber durchaus greifbar, jedoch hat AHLSTRÖM die Arbeiten von ROSE 1975; VORLÄNDER 1975; ALBERTZ 1978; LANG ed. 1981 samt und sonders übersehen. Es ist nicht zuletzt die Unterschätzung der Möglichkeit der Erfassung bzw. auch der Existenz der persönlichen und autonomen lokalen Religion und Frömmigkeit, die AHLSTRÖM in der Konsequenz zu seiner Überschätzung und Überzeichnung des Bereichs der offiziellen/"nationalen" Religion bzw. des Kults führt! 264 AHLSTRÖM 1982a, 26. 265 AHLSTRÖM 1982a, 26f. 37. 44. 46. 62. 69 A. 125. 266 S. o., wo gezeigt wurde, daß nur Jerusalem im Südreich und Betel/Dan im Nordreich erkennbar und im wesentlichen "königlich administriert" wurden (gegen AHLSTRÖM 1982a, 27-74). Man kann hier auch auf ein methodisches Problem bei Ahlström hinweisen: Seine Hauptargumente, nämlich massenweise königliche Heiligtümer, zu deren Administration notwendiges zahlreiches und allgegenwärtiges Personal ("Leviten"), sich daraus notwendig ergebende umfassende "Nationalreligion" (!), sind nicht unabhängig voneinander, sondern
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C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
V. Anmerkungen zu neueren Forschungsbeiträgen
Untersuchung stützt, daß über eine legitimatorische Jerusalemer Dynastie- und Residenztheologie und entsprechenden Residenzkult für das Südreich und zwei Abgrenzungs- und Integrationsheiligtümer für das Nordreich hinaus das israelitische Königtum keinen nennenswerten Einfluß und keine Dominanz auf die Lokalkulte des Landes ausgeübt hat. Einen königlich administrierten "Nationalkult" bzw. eine "Nationalreligion", die einen Konsens über Inhalte und Organisation zwischen Volk und Führer(n) ebenso voraussetzen wie eine beiderseitige Akzeptanz, hat es in der Königszeit nicht gegeben und damit auch nicht Ahlströms postulierten engen Zusammenhang von royal administration and national religion. Konzilianter ausgedrückt: Es gab etwa soviel national religion bzw. nation, wie es royal administration gab, nämlich relativ wenig. Innerhalb der Königszeit, genauer: an deren Ende, seit Josia, entstand aber immerhin im Verbund von deuteronorniseher Schultheologie und politischen Interessen des Königtums (Josias) eine Basis für die in Richtung einer "Volks"- oder "Nationalreligion" gehende deuteronomistische programmatische Geschichtsaufarbeitung. Für die Königszeit aber kann man gegen Ahlström nicht von einem engen Zusammenhang von königlicher Administration und "Nationalreligion" sprechen. Was Ahlström so benennt, hat sich tatsächlich im Südreich nur als Zusammenhang zwischen königlicher Administration (die aber viel bescheidener war als Ahlström behauptet!) und dynastischem Residenzkult herausgestellt. Im Nordreich gilt die Ablehnung der These Ahlströms mindestens partiell; dort besteht im Unterschied zum Südreich kein lokaler Zusammenhang zwischen königlicher Administration und herrschaftlichem Kult, vielmehr hat aus den politischen Entstehungsgegebenheiten des Nordreichs heraus das Nordreichskönigtum getrennt von der Residenz bzw. zunächst ohne Residenz an traditionellen Kultorten zum Zwecke der Abgrenzung und Integration (das "nationale" Zusammengehörigkeitsgefühl war eben nicht vorhanden!) königlich dominierten Kult eingerichtet. Es ist
insofern nicht zutreffend, bei Betel und Dan von "Nationalheiligtümern" zu sprechen. Von "Nationalreligion" sollte deshalb gegen Ahlström in monarchischer Zeit überhaupt nicht mehr gesprochen werden267 • Zweifelhaft ist auch der Wert und die Berechtigung der Rede von "offizieller" Religion bzw. "offiziellem" Kult268 • Diese Bezeichnung mag allenfalls an den Residenzheiligtümern in Jerusalem und Samaria sowie an den eindeutig königlich dominierten Kultstätten in Betel und Dan eine gewisse Berechtigung haben. Eine nachweisbare kultorganisatorische Wirkung auf die lokalen Kulte im Lande haben sie nicht oder nur sehr begrenzt ausgeübt, ja, das Königtum hat in Israel bis Josia allem Anschein nach auch keine Anstrengungen in dieser Richtung unternommen und keine Notwendigkeit dazu gesehen. Bei diesen wenigen Kultstätten, bei denen Ahlströms Kennzeichnung als "national" jedenfalls durch "dynastic" oder "governmental" ersetzt werden muß, ist der Legitimationswert für das Süd-, aber auch für das Nordreichskönigtum trotz der dortigen räumlichen Trennung von Residenz und den beiden königlichen Heiligtümern allerdings offensichtlich269 • Der Legitimationswert wird nicht gemindert, sondern möglicherweise durch die Konzentration auf so wenige Kulte noch erhöht, wenn die von Ahlström postulierten allgegenwärtigen königlichen Kultstätten und entsprechenden Funktionäre entfallen. Die kritische Prüfung des Entwurfs Ahlströms zeigt die Begrenztheit der Vergleichsmöglichkeit der Institution des Königtums in Israel/Juda mit der in Mesopotamien und Ägypten in den Dimensionen, aber auch in den Funktionen innerhalb der Gesellschaften. Deutlich werden die bescheidene(re )n Ausmaße der "royal administration" einschließlich der königlichen Bautätigkeit. Deutlich wird auch, daß es bis mindestens zum 7. Jh. v. Chr., evtl. aber für die gesamte Königszeit, sehr fragwürdig ist, von einer "national religion" zu sprechen, ebenso zeigt es sich, daß es schlicht falsch ist, die dynastische Residenztheologie der Davididen in Jerusalem als "national religion" zu bezeichnen, die als solche mit den an sich brauchbaren und richtigen Interpretationsmodellen "the king as builder", "building of cities and fortresses as a political tool" und einer "royal priesthood" für Israel/Juda nicht nachweisbar ist. "The intimate relationship between state and religion", letztere als "national religion" verstanden, hat es so in Israel/Juda in monarchischer Zeit allem Anschein nach nicht gegeben, vielmehr gab es in der Südreichsresidenz Jerusalem ein sich entwickelnde~enges Verhältnis von Dynastie und Residenzkult in Richtung einer legitimierenden Dynastie- und Residenztheologie/ldeologie. Diese Legitimationsideologie hat aber bis in das 7. Jh. v. Chr. nach den bisherigen Ergebnissen keinen erkennbaren Versuch unternommen, den persönlichen/ familiären und lokalen Kult der Bevölkerung zu beeinflussen bzw. zu dominieren. Eine "Nationalreligion" als Substrat oder "einigendes Dach" der verschiedenen religiösen bzw. kultischen Ebenen (der persönlichen, lokalen und regionalen Ebene) ist weder zu erkennen noch nachgewiesen.
auseinander entwickelt, stehen also unter einem Argumentations-Kopplungszwang; wenn ein Argument fällt, fallen auch die anderen! Damit zeigt sich auch die Problematik des mesopotamisch-ägyptischen Großreichs-Ausgangspunktes, die Nichtvergleichbarkeit Israels mit ihnen, die völlig unterschiedlichen Dimensionen (vgl. auch FRANKFORT 1948 = 1978, 339). Drei offensichtliche dimensionale Fehleinschätzungen AHLSTRÖMs seien hier noch hervorgehoben: 1. Ahabs Aufstellung eines Ba'alaltars und Ascheren/Ba'alstelen (1Kön 16,32f.; 2Kön 3,2) sind auf die Residenz beschränkte Maßnahmen, zeigen keinesfalls den König als "master of the nation's cultic affairs" (1982a, 63). 2. Wenn AHLSTRÖM Saul, David, Salomo, Jerobeam I., Ahasund Ussia als "top officials of his nation's (!) religion" bezeichnet (aaü, 65), so zeigen die angeführten Belege, daß es sich immer um Kultausübung allein in der Residenz bzw. einem königlichen Heiligtum handelt, um dynastische Kultmaßnahmen im Dynastieheiligtum und für dessen Legitimation ohne Auswirkungen auf Lokalkulte. 3. Es leuchtet nicht ein, wenn AHLSTRÖM im Zusammenhang mit Hiskias "Reform" davon spricht, die (nach AHLSTRÖM) "nationalen Heiligtümer" im Lande, von Jerusalem administriert, seien ihres nationalreligiösen Status' entkleidet worden, von Manasse wieder als solche bestätigt, von Josia aber dann wieder depotenziert, aber belassen, nur schärferer Kontrolle unterstellt worden (1982a, 65ff. 70. 75ff.). Diese verwaltungsorganisatorische Vorstellung ist nicht nur recht modern gedacht, sondern auch so lange gegenstandslos, wie nicht die königliche Administration der (angeblich königlichen) Heiligtümer bewiesen ist. Was zwischen Hiskia, l'v!_anasse und Josia an kultischen Veränderungen stattgefunden hat, sind vielmehr lediglich Anderungen in der Residenz (zur sehr begrenzten Hiskia-"Reform" vgl. SPIECKERMANN 1982, 170ff. , ZU Manasse SPIECKERMANN aaÜ, 160ff. ).
267 Zur Unbrauchbarkeit und Unangemessenheit des "Nation"-Begriffs im Alten Orient vgJ. MENDENHALL 1973, 189; VON SODEN 1985, 13; vgl. auch FRANKFORT 1948 = 1978, 341; KNAUF 1989, 82f.; ZU 'm ab dem 8. Jh. V. Chr. vgJ. HOLLADAY 1970 (o.A. 183). 268 AHLSTRÖM 1982a, 18u.ö. (vgi. U. S. 238m.A. 289). 269 Schon dadurch, daß bei der Südreichsresidenz Jerusalem (2Sam 6,12-19 ; 1Kön 8 <Salomo>; 2Kön 23,21-23 <Josia> ) und Betel/ Dan (1Kön 12,28-33; 1Kön 13,1ff.) von königlich veranstalteten, die Legitimation des Königs propagandistisch fördernden Festen gesprochen wird (vgl. das makabre "Fest" in Samaria, 2Kön 10,18-27), sonst aber an anderen Kultorten niemals.
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C) Kultorganisation als Herrschaftsmittel
V. Anmerkungen zu neueren Forschungsbeiträgen
Wenn es richtig ist, gegen Ahlström die angebliche "nationale", vom Königtum dominierte Religion auf eine legitimierende Residenztheologie (Ideologie) der Dynastie zu begrenzen, stellt sich die Frage nach dem dann sich eröffnenden, vom Königtum religiös-kultisch relativ unbeeinflußten Raum oder besser der Ebene der Volksreligion bzw. Volksfrömmigkeit. Diesem Bereich hat sich in letzter Zeit ausführlich M. Rose270 zugewandt. Er hat, ausgehend von der Frage der Entwicklung des "Ausschließlichkeitsanspruches Jahwes", das Nebeneinander von oder besser die Entwicklung und Antwort der "deuteronomischen Schultheologie" auf die Volksfrömmigkeit der späten Königszeit, die m. E. aber schwerlich in der von Rose dargestellten Form auf die spätkönigliche Zeit begrenzt werden kann271 , sondern dort nur aus textlichen Gründen erlaßbar, archäologisch aber schon früher nachweisbar ist, untersucht, dabei allerdings die Existenz und Rolle der dynastischen Residenztheologie in der Verbindung, die sie mit der sich entwickelnden deuteronorniseben Theologie mit und nach Josia einging, nur am Rande berücksichtigt272 • Neben wichtigen Erkenntnissen im Blick auf die Entwicklung der deuteronorniseben Theologie273 sind einige Ergebnisse Roses im Zusammenhang mit Josia und den Ereignissen seiner Zeit hervorzuheben:
und dann religiös-kultorganisatorisch untermauert bzw. legitimiert worden ist278 • Rose betont auch wieder mit Recht, daß die beharrende Volksfrömmigkeit zweifellos und nachweislich nicht bzw. nur sehr begrenzt für die josianische radikale Reformplanung gewonnen werden konnte279 • Wenn er dabei aber eine Abstufung der Volksfrömmigkeit von Stadt und Land konstatiert280 , so muß das nach meinen obigen Ergebnissen dahingehend präzisiert und differenziert werden, daß- hier macht sich die Ausklammerung der Analyse der Residenztheologie und ihrer materiellen und ideellen Grundlagen und Motive bei Rose negativ bemerkbar-angesichtsder geringen bzw. fehlenden Einflußnahme des Königtums dieser angesprochene Unterschied speziell im Südreich nicht zwischen Stadt und Land, sondern zwischen Residenz einerseits und dem Land Juda insgesamt einschließlich der Ortschaften des Landes andererseits bestand. Ein wichtiges Ergebnis Roses besteht in der Herausstellung der für die Zukunft wesentlich bedeutenderen Rolle der gewachsenen deuteronorniseben Schultheologie, die später von der deuteronomistischen Bewegung und Literatur aufgegriffen und weitergeführt wurde, gegenüber der im Gegensatz zur Darstellung in 2Kön 22f. tatsächlich weniger bedeutenden Rolle Josias und seiner primär politischen und ökonomischen Ziele, derentwegen er die deuteronornisehe Theologie aufgriff (oder auslöste?) und gern als ihr organisatorischer Promotor fungierte 281 • So ist es ebenso verständlich wie historisch folgerichtig, daß das politische Scheitern Josias für die deuteronorniseh-theologischen Impulse nur eine retardierende Wirkung bedeutete, während die deuteronornisehe Tendenz in der deuteronomistischen Geschichtsaufarbeitung recht eigentlich nach 586 v. Chr. zum Zuge kommen konnte282 • Insofern ist es angemessen, daß bei Rose gar nicht vom Königtum als Träger der offiziellen Religion die Rede ist und Josias Rolle sich recht bescheiden neben der der deuteronorniseben Theologie und ihrer Entwicklung ausmacht. Die josianische Reform mit ihrem Anspruch und Ziel war, wie bereits oben festgestellt, in ihrer und für ihre Zeit ein harter, schwerwiegender Einschnitt283 für die Landes-Bevölkerung; dies wäre sie noch mehr gewesen, hätte sie landesweit und konsequent durchgeführt werden können. Ihre positive Darstellung und Würdigung in 2Kön 22f. versteht sich m. E. wesentlich post eventum aus der exilischen Zeit, als deutlich geworden war, daß Josias politisch motivierte und religiös legitimierte Zentralisation sich nachträglich als den Weg für die theologische Existenzsicherung der exilisch-nachexilischen Bürger-Tempel-Gemeinde ebnend erwies. '' Unterstreichen muß man auch Roses Feststellung, daß die israelitische Volksfrömmigkeit sich als JHWH-Glauben verstand284 • Das Überwiegen von JHWH-haltigen Personennamen in der Spätkönigszeit wird man wohl nicht allein erst auf den Impuls der späten Josiareform zurückführen können285 • Dieses "namentliche" Bekenntnis zu dem
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Nachdrücklich weist Rose auf die Josiazeit als einen, wenn nicht den entscheidenden Umbruch nicht nur auf kultisch/kultorganisatorischem274 , sondern auch auf politischökonomischem Gebiet275 , dem noch die Veränderung auf gerichtsorganisatorischem Gebiet hinzuzufügen ist276 . Rose geht auch auf das Schweigen der spätmonarchischen Propheten über Josia ein, das wahrscheinlich u. a. dadurch erklärlich wird, daß die administrative Zentralisation eben nicht eine Entwicklung in eine Richtung nahm, wie sie der prophetischen Verkündigung und Erwartung entsprach277 • Dabei ist anzumerken, daß m. E. die Zentralisation von Josia aus zunächst vermutlich politisch motiviert 1975 So andeutungsweise auch RosE 1975,270. 272 Allerdings stellt er mit Recht fest, es sprächen alle Anzeichen "dagegen, daß die Volksfrömmigkeit in breitem Umfang für den oft sehr rasch wechselnden, staatspolitisch opportunen Kult gewonnen werden konnte", aber sich "die Hauptstadt und vermutlich auch einige weitere wichtige Zentren dem Kult der einflußreichen Mächte öffneten"; "im wesentlichen wird der Kult ausländischer Götter von denjenigen Kreisen in Israel Förderung erfahren haben, die die jeweilige Politik der Hauptstadt bestimmten" (aaO, 271). Aber diese Religions- und Gesellschaftsschicht ist nicht das Interessengebiet seiner Arbeit. Durch Roses Beschränkung auf die späte Königszeit kommen auch keine Unterschiede bei der Kultausübung des Volkes im Nord- bzw. Südreich und der Kultorganisation des Königtums der beiden Reiche in den Blick. 273 Vgl. die Analysen von Stücken innerhalb Dtn 12-26 (aaO, 18ff.) sowie der Rahmenstücke dieses Corpus (26,16-19; 7,1-11; 10,12-22; 6,4f. (aaO, 100ff.) und der dtr. Einleitung 1,1-4,40 (aaO, 146ff.) als Vorbereitung der Analyse des "Ausschließlichkeitsanspruchs Jahwes in der Volksfrömmigkeit der späten Königszeit" (aaO, 170ff.). 274 RosE 1975, 272f. 275 1975, 161ff. 192-194 276 S. o.: B) Recht und Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel 277 1975, 159ff. 270
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278 1975, 161-164. 192-194; vgJ. SPIECKERMANN 1982 und die Kritik von ZENGER 1986 (o.A. 207). Politik und Religion sind freilich im antiken Verständnis ohnehin viel näher beieinander als in der Moderne. 279 1975, 194ff. 263ff. 269ff. 280 1975' 271 281 Vgl. RosE 1975, 159ff. 166. 169. 191-194. 263. 267f. 271ff. 282 Vgl. jetzt ALBERTZ 1989 283 S. o. S. 205m. A. 117; vgl. RosE 1975, 272f. 284 RosE 1975, 263ff. 285 Vgl. das Namen-Material bei RosE 1975, 171ff.; vgl. auch T!GAY 1986 (und dazu den Rezensions-Artikel von KNAUF 1992); zu Kultgegenständen vgl. RosE aaO, 182ff. und u. a.
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C) Kultorganisation als Herrschaftsmittel
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V Anmerkungen zu neueren Forschungsbeiträgen 291
Volksgott JHWH und die gleichzeitige und andauernde Existenz von zahllosen privaten ~ultgegenständen, besonders Aschera-, Astarte-und Anatfigurinen, kann man aber in Ubereinstimmung mit Rose nicht als religiöse Schizophrenie bezeichnen sondern es zeigen sich damit unterschiedliche religiöse Lebenssphären des Alltags, unt~rschiedliche religiöse Funktionen der Gottheit, die mit unterschiedlichen Gottesbildern besetzt werden. Die Volksfrömmigkeit erwartet von JHWH umfassende Landes- und Lebenssicherung, vom Orts- und Familiengott Sicherheit im alltäglichen und Familienleben286 Da dieser Tatbestand, wie Rose mit Recht zeigt287 , nicht nur dem Volk zugeschriebe~ werden kann, unterscheidet sich die Volksfrömmigkeit insofern nicht von der der "offiziellen Religion" 288 , wobei ich eher sagen möchte: der Religion der Oberschicht und deren Spitze, dem Königshaus. Bedenklich erscheint mir bei Rose der - allerdings nur am Rande auftauchende Begriff eine: "offizielle~" Religion 289 . An sich kann er von der Arbeitskonzeption Roses auch gar keme Rolle sptelen, da er vor allem die" Volksfrömmigkeit" einerseits und die auf sie antwortende deuteronornisehe Schultheologie andererseits behandelt die wie er selbst sagt, vorexilisch noch nicht entscheidend zum Zuge kam, selbst nich; du;ch ihre Aufnahme durch Josia. Zu einer "offiziellen" Religion gehört eine allgemein anerkannte Institution, die den Anspruch einer bestimmten Religions- bzw. Kultform ex officio zur Geltung bringt und auch die Machtmittel und den Willen zur Durchsetzung besitzt und anwendet. Selbst mit Josia hat es diese Konstellation nur als einseitigen Anspruch gege~en, der noch dazu- wie gesagt- zunächst (noch) nicht zur vollen Entfaltung kam. An dtesem Punkt macht sich wiederum RosesAusklammern der Analyse der königlichen Kultbetätigung, die sich nach meinen obigen Ergebnissen im Südreich auf die ~ntwicklung einer dynastischen Residenztheologie beschränkte, im Nordreich nicht ~mmal dies, so~dern lediglich in Abgrenzungs- und Integrationskulten (Betel und Dan) außerte, negativ bemerkbar. Insofern erscheint mir das Reden von einer offiziellen" Religion auf jeden Fall bis Josia, wahrscheinlich aber bis zum Ende der m;~archischen Zeit, ~c~licht unang.emessen290 . Eine offizielle Religion (oder auch Staatsreligion, Nationalrehgwn) hat es m der Realität in der gesamten Königszeit m. E. nicht nachweisbar gegeben, dem Anspruch nach nicht bis Josia. De~ Ansatz Roses .im Blick auf verschiedene Funktionen bzw. religiöse Funktionsebenen kultischer Betätigung haben R. Albertz und B. Lang differenzierend weitergeführt.
AHLSTRÖM 1984b; H. WEIPPERT 1988 passim; exemplarisch auch HüBNER 1989; NIEMANN 1985b. RosE glaubt den Impuls dieser Wandlung in der Namengebung in Josias Reform erkennen zu können (aaO, 192< -4>), vgl. aber die Einschränkung dieser Auffassung bei RosE selbst (aaO, 263 ). 286 RosE 197?, 263-268; vgl. dazu weiter und genauer ALBERTZ 1978 (s. u.) und LANG 1983 (s: u.). D~s heißt, da~ ~sra~ls Rel~gion de _tacto polytheistisch/polyjahwistisch war (s. die Literaturm A. 100) bts m dte persische Zeit (oder später): vgl. zuletzt M. WEIPPERT 1990· DERS. 1991. ' 287 RosE 1975, 182ff., besonders 186. 263-268. 288 R?sE 1975, 17lff. (Siegel und deren Namen sind Kennzeichen der Elite, nicht des Volkes msgesamt!); 182ff. (Kultgegenstände in allen Schichten). 266-268. 289 ~o.sE 1975, 264. 266. 268. Massiver wird der Begriffbei ALBERTZ 1978 schon im Buchtitel thematisiert, s. u. 290 Dazu s. auch unten zu bzw. gegenüber ALBERTZ 1978.
Die verdienstvolle, vielschichtige und weitgespannte Studie von Albertz faßt das von Rose als "Volksfrömmigkeit" Gefaßte und Dargestellte, ausgehend von den primären Gesellschaftsformen der Familie und der politischen Grundgemeinschaft (Volk, Stamm), präziser ins Auge292 . Dabei ist allerdings sogleich zu bemerken, daß an dieser Stelle zwischen Familie und StamrnNolk unbedingt die Siedlungsgemeinschaft (Ort93 schaft) als Ebene der Religion bzw. des Kultes hinzuzufügen ist2 . Albertz stellt unter der gegenüber der "Volksfrömmigkeit" differenzierteren Kategorie der "persönlichen Frömmigkeit" die Ebene der kleinen Alltagsprobleme des Bauern, der Frauen etc. dar294 • Nach Rose, der deutlich gemacht hatte, daß es nicht um die Aufteilung der einen Religion auf zwei verschiedene Subjekte bzw. Subjektgruppen geht, sondern um ein Nebeneinander zweier inhaltlich nicht identischer Religionsschichten, betont Albertz, daß "Volksfrömmigkeit" bzw. "persönliche Religion" nicht primitiver als die offizielle Religion ist, sondern daß es sich um dieselben Träger in einem anderen, weiteren Lebensbereich handelt; man muß, so Albertz mit Recht, nach den Funktionen der Religion in verschiedenen Lebensbereichen fragen 295 . Familien- bzw. persön~iche Frö~ migkeit bleibt bei Alltagsfragen, offizielle Theologie bzw. Religion ist reflektiert und mit spezialisierten Berufen und/oder Institutionen (Tempel) verbunden; die Prophet.en richten sich teilweise gegen beides. Deshalb müsse man immer die Trägergruppen ms Auge fassen296. Albertz arbeitet anhand der Klagepsalmen interessante Unterschiede heraus297 : - Das Volk sieht auf geschichtliche Heilstaten zurück, der Einzelne aktualisiert das persönliche Vertrauensverhältnis zu seinem Gott seit seiner Geburt; - das Volk redet vom Gott Israels in Abgrenzung zu anderen Göttern in einem distanzierteren Verhältnis und benennt einen Anfang in der Geschichte, der Einzelne sagt "mein Gott", das Verhältnis ist durch Geburt geschaffen; - beim Volk fehlt der Rekurs auf die Schöpfung, der Einzelne empfindet die Schöpfung in der Geburt; - das Volk sieht die Not als von JHWH verursacht, beim Einzelnen ist die Beziehung zur Not individueller, er ist verlassen und von , . andringenden Todesmächten bedroht; - beim Volk ist der Feind politisch und militärisch real, Klage nach der Katastrophe wtrd von Überlebenden erhoben, beim Einzelnen ist der Feind ursprünglich eine dämonische Macht, sie zeigt die Gebrechlichkeit des Menschen; der Einzelne erhebt Klage vor der Katastrophe mit der Bitte um Beendigung der Not. Somit ist die Familien- bzw. Frömmigkeit des Einzelnen weitgehend unabhängig und 298 unbeeinflußt von der offiziellen Religion gewesen . 291 1978 292 1978,3. llf. 14ff. (mit berechtigter Kritik an RosE 1975) 293 Vg[ BEESTON 1977, bes. 8f. und (unten) LANG 1983. 294 1978, 14ff. 295 1978, 16-18 296 1978, 17f. 297 1978 18ff. 48f. 298 1978: 56-58; vgl. auch aaO, 161ff. 165ff. Als Ausdruck der persönlichen/Familienfrömmigkeit analysiert ALBERTZ auch die Erzvätererzählungen bzw. die Erzväterreligion (aaO,
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C) Kultorganisation als Herrschaftsmittel
V. Anmerkungen zu neueren Forschungsbeiträgen
So richtig und weiterführend diese Analyse im großen und ganzen auch ist, bleibt doch eine Lücke:
Stämme, später als Religion des seßhaften, staatlich verfaßten Volkes" 304 erweist sich, wie schon oben dargelegt, als kaum beschreibbar und eingrenzbar und insofern als unbrauchbar und irreführend, weil es eine notwendige Institution als Trägerirr in monarchischer Zeit offenbar nicht gegeben hat. Dagegen kann man selbstverständlich religiöse Kultbräuche der monarchischen Zeit zusammentragen, die sich aus persönlicher und lokaler Frömmigkeit und entsprechendem Kult ergeben und in ihm niederschlagen, aber kein System einer "offiziellen Religion" und vor allem keine Trägerinstitution erkennen lassen. Die Nichtexistenz einer "offiziellen Religion" in monarchischer Zeit ergibt sich auch aus Albertz' Arbeit selbst, indem die von ihm für sie herangezogenen biblischen Texte besonders mit dem Deuteronomium in spätmonarchischer oder exilischer Zeit305 überhaupt erst die konzeptionelle Phase der Entwicklung einer "offiziellen Religion" zeigen, während sie ihrer eigentlichen Wirkungsphase nach in exilisch-nachexilische Zeit gehören306 . Die Möglichkeit einer solchen Theologie eines Volksgottes hat sich, wie bereits oben vermerkt, im Grunde seit dem 8. Jh. v. Chr. durch die auftauchende 'mVorstellung in Israel (Holladay) überhaupt erst ergeben. Insofern würde ich gegenüber Albertz, der meint, daß "mit dem Ende der staatlichen Existenz Israels (587 v. Chr.) ... die offizielle Jahwereligion in eine tiefgehende Krise" geraten sei307 , lieber sagen, daß durch die Krise von 587/6 v. Chr. und durch die dtr. Bewegung auf der Basis der "Vorarbeiten" der dtn. Schultheologie und der Josiareform sowie der Wirksamkeit der Propheten die Entwicklung einer "offiziellen" Religion überhaupt erst möglich und freilich zur Integration und Abgrenzung dringend notwendig geworden ist. Von der Krise ist - so Albertz völlig richtig - die Frömmigkeit der Familie wenig betroffen worden, vielmehr bekam sie jetzt "eine weit über die Familie hinausragende Bedeutung für das Ganze" 308 . Das ist zweifellos richtig, nur muß man betonen, daß das, was Albertz nach 587/6 v. Chr. als Mischung der Elemente der persönlichen und Familienfrömmigkeit mit der (m. E. im Deuteronomium zunächst erst programmatisch entworfenen) offiziellen" Religion im Deuteronomium kennzeichnet309 , tatsächlich eher die nach Verlust der Staatlichkeit zu umfassenderer Bedeutung gelangte und (erst jetzt) zur offiziellen Religion werdende persönliche und lokale Frömmigkeit in der Form und Art des deuteronomistischen Denkens ist. Der Jahwist, der "an der Schwelle zur staatlichen Existenz seines Volkes" "eine bewußte Beziehung v9p. offizieller Jahwereligion und persönlicher Frömmigkeit" hergestellt habe 310 , kann (gegen Albertz) das Alter einer "offiziellen" Religion unbedingt und nur im 10. Jh. v. Chr. angesichtsder gegenwärtigen Datierungsunsicherheiten von Jin das 10. bis 7. Jh. v. Chr. 311 schwerlich beweisen.
Sie entsteht da, wo Albertz ebenso wie Rose zwischen Klein(st)-Gruppe (Einzelner/ Familie) und (politischer) Groß-Gruppe (Stamm, Volk) ein Vakuum läßt und die Siedlungsgemeinschaft (Ortschaft) als religiös-kultische Ebene nicht in den Blick bekommt299. Es trifft eben nicht zu bzw. trifft nur einen Teil der Realität, wenn Albertz beim Vergleich mit Mesopotamien feststellt, in Israel stehe das Verhältnis zwischen JHWH und Stamm/Volk ganz im Mittelpunkt300 • Dies trifft erst zu, und zwar zunächst konzeptionell, seit und mit dem Deuteronomium301 . Die Auslassung der ganz wesentlichen lokalen Religions- und Kultebene zeigt sich bei Albertz auch darin, daß er neben der persönlichen/Familienreligion bzw. dem entsprechenden Kult die "offizielle" Religion dort sieht, wo sich Jahresfeste/Großkutte an den großen Heiligtümern des Landes vollziehen302 , eine Ebene, die ich eher Lokal- und Regionalkult nennen möchte. Hier wird m.E. auch von meinen obigen Ergebnissen her die Auslassung der lokalen Religions- und Kultebene und des dynastischen Residenzkults als Spezialfall des Ortskults besonders deutlich greifbar303 . Damit hängt ein weiteres Problem zusammen: Der verwendete schillernde und ungeklärte Begriff der "offiziellen Religion" als "Religion der neuen Lebensraum suchenden 77ff.). Mit Recht nennt er auch die Königsfamilien und ihre Religion als Spezialfall der Familienreligion; hier vermischten sich Elemente der persönlichen/Familienfrömmigkeitund der offiziellen Religion (aaO, 168). Allerdings meine ich oben gezeigt zu haben, daß diese Frömmigkeit der Königsfamilie(n) in ihrer Auswirkung auf die Frömmigkeit und Kultausübung im Lande geringer war als meist angenommen und auf die Residenz relativ weitgehend beschränkt gewesen ist, auch mindestens bis Josia keine besonderen Anstrengungen des Königtums in dieser Richtung unternommen worden sind. Insofern ist m. E. die Etikettierung der Frömmigkeit und des Kults der Königsfamilie(n) als "offiziell" mit Vorsicht anzuwenden. Mit der Frömmigkeit der Königsfamilie ist die legitimatorische Kultausübung des Königs an königlichen Heiligtümern nicht zu eng zu verbinden und zu vermischen. Vgl. auch A. 301. 299 ALBERTZ 1978, 11f. u. passim, bes.158-169.169ff. 300 ALBERTZ 1978, 11f. 161f. 301 Die Ermöglichung dessen ist in größerem Maße dann im 8. Jh. v. Chr. gegeben, als der 'rn-Begriff in Israel wachsende Bedeutung gewinnt (HOLLADAY 1970). Den Tatbestand, daß "in Israel das Verhältnis zwischen Jahwe und dem Volk ganz in ihrem (sei!. der "offiziellen" Religion, H. M. N.) Mittelpunkt steht" (im Gegensatz zu Mesopotamien, wo "das Handeln der Götter nicht wie in Israel primär auf das Volk, sondern auf die Stadt und das Land bezogen ist"), erkennt ALBERTZ mit Recht in einer "offiziellen Religion" (aaO, 161f.), die aber m.E. erst mit dem Deuteronomium sich zu entwickeln beginnt, während ALBERTZ eine offizielle Religion schon viel früher (mit der "Staatswerdung" Israels, die ich, wie bereits angedeutet, sehr viel später, für Juda seit Hiskia oder in Anfängen seit Ussia, für das Nordreich mit den Omriden ansetze) postuliert (aaO, 161ff. 165ff.) und seit und mit dem Deuteronomium "den Versuch einer Integration der persönlichen Frömmigkeit in die offizielle Religion" sieht (aaO, 169). Den Nachweis der Institution bzw. Trägern seiner "offiziellen Religion" seit dem 10. Jh. v. Chr. bleibt ALBERTZ wenn ich recht sehe, schuldig (s. auch o. A. 298 und u. S. 241 m. A. 311).- Er hat den Nachweis bzw. den "Trägerkreis" inzwischen m.E. überzeugend geliefert bzw. beschrieben (1989), freilich den Trägerkreis des "Deuteronomistischen Geschichtswerkes" und ihre Vorläufer in spätmonarchischer Zeit, was aber gar nichts für eine "offizielle Religion" im 10. (und 9. und 8. ) Jh. v. Chr. besagt. Vgl. auch u.A. 311. 302 1978, 11 f. 303 1978, 11f. 17. 158. 161ff.
304 1978, 165; vgl. auch o. A. 303. 305 Vgl. einerseits PREUSS 1982, 31(ff). 43f(f); LOHFINK 1990, andererseits KAISER 1984, 131ff.; LEVIN 1984; WüRTHWEIN 1984, 444ff. 462-464; zur Diskussionslage vgl. SMEND 1978, 78ff. Vgl. auch o. (Kap. B) S. 176m. A. 11; S. 179m. A. 36. 306 1978, 23ff. 169ff. 178ff. 307 1978, 165 3os Ebd. 309 1978, 165f(f); vgl. auch aaO, 169ff. 178ff. 310 1978 167 311 SME~D 1978, 86-94; KAISER 1984, 91-97. 100f.; KNAUF 1988a, 154m.A. 658; vgl. schon JEPSEN 1953/54 = 1978, 68f. (Hiskiazeit!). Datiert man J in das (ausgehende) 8. Jh. v. Chr., steht er tatsächlich (mit der ALBERTz'schen Formulierung, aber zu anderer Zeit, als ALBERTZ meint) mit seinem Denken "an der Schwelle zur staatlichen Existenz seines Volkes",
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C) Kultorganisation als Herrschaftsmittel
V. Anmerkungen zu neueren Forschungsbeiträgen
Wie bei Rose fehlt also in der Analyse von Albertz die überaus wichtige Ortsebene von Religion und Kult, wie auch die hinsichtlich ihrer Tiefenwirkung in monarchischer Zeit sehr bescheidene, ursprünglich legitimatorische Dynastie- und Residenztheologie als Spezialfall der Ortsreligion bzw. des -kults, die nach 587/6 v. Chr. unter Verlust dieser ursprünglichen Motivationsbasis, dafür aber durch Transponierung in die Ebene der umfassenden Volksreligion mit neuer Funktion als Symbol an Bedeutung gewinnt, nicht in den Blick kommt. Auch von hier aus muß man also sagen, daß das Ende des Südreiches letztlich erst den entscheidenden Impuls zu einer reflektierten (zunächst der deuteronomistischen) "offiziellen" Religion gebracht hat. Als erster und -wenn ich recht sehe - bisher einziger hat sich B. Lang der Ortsebene von Religion und Kult gewidmet 312 , freilich von der primären Ebene der persönlichen/Familienreligion her. Dieser Ansatz bildet eine optimale Ergänzung für die von mir oben aus anderer Richtung gewonnene Auffassung von weitgehend auf Dynastie- und Residenzkult beschränkten königlichen Aktivitäten auf kultorganisatorischem Gebiet.
Frömmigkeit: die bis zum respektlosen Hader reichende Vertrautheit des einzelnen mit seinem Gott" 316 . Spr 25,21-22 gehört nun aber nicht in diesen persönlichen Bereich. Hier handelt es sich vielmehr nach Lang bei den "sich feindlich gegenüberstehenden Partnern" nicht um ein "assymetrisches (!)Verhältnis der Über- oder Unterordnung, sondern eines der sozialen Gleichrangigkeit" 317 . Betrachtet man die Kleinheit selbst von als 'yr = "Stadt" bezeichneten israelitischen Ortschaften, so wird verständlich, daß eine Weisung wie Ex 23,4-5 vor dem Hintergrund von Spr 25,21 f. primär als eine Aussage zu verstehen ist, die als "Grundlage des Ethos der Nicht-Aggression in kleinen Gemeinschaften"318 eine Lebensnotwendigkeit darstellt. Auch Lev 19,18: "An den Kindern deines Volkes ('m) sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin JHWH." betont, daß wer Unrecht erlitten habe, "keine Vergeltung üben und auf Selbsthilfe verzichten" solle, "sie würde ihn nur in endlose Auseinandersetzungen ... verstricken, die ihn selbst und die ganze Gemeinschaft belasten " 319 • Hier und an anderen Stellen zeigt sich die gesellschaftliche Funktion des Vergeltungsverzichts der Bewohner ('m) der Ortsgemeinschaft, die Gott belohnt (Spr 28,25, auch Spr 20,22; 29,26; Ps 37,8f.). Der (innerlokale) Verzicht auf Aggression trägt in Iebens- und gemeinschaftserhaltender Weise zum lokalen Zusammenhalt bei 320 . Lang weist die gesellschaftliche Bedeutung eines solchen Verzichts in kleinen/lokalen Gemeinschaften eindrücklich an außeralttestamentlich-außerisraelitischen Gesellschaften nach; er ist Lebens- und Existenzbedingung solcher Gemeinschaften321. Nach dem so abgesteckten Rahmen des Ethos kleiner/lokaler Gemeinschaften wendet sich Lang dem Charakter ihrer Gottheit zu. Der von der Ägyptologie geprägte Begriff des Ortsgottes erweist sich dabei als hilfreich322 und kennzeichnet die Ebene zwischen persönlichem Schutzgott und "National"-Gott. Der Ortsgott ist bezogen auf den gemeinsamen Kult, die Solidarität und Ordnung der Siedlungsgemeinschaft, er garantiert und repräsentiert die moralische Einheit des Ortes (Durkheim), bildet den Kern zur Integration der Bewohner und zu ihrer Identifikation. Lang exemplifiziert das zunächst wieder am "Ortsgott in ägyptischen Lebenslehren": Ortsgott und Ort rücken zusammen und verschmelzen gleichsam- "wenn nicht zu einer metaphysischen, so doch wenigstens zu einer moralischen Einheit"; "der persönliche Gott ist nicht nur Garant des Hausfriedens, sondern auch des Ortsfriedens. Anders g~~agt: Der persönliche Gott wird vom Ortsgott nicht unterschieden". 323 "Weil Jahwe kein Ortsgott, sondern ein Volks- oder Nationalgott ist, aber alle anderen Götter des monarchischen Israel der frühjüdisch-monotheistischen Zensur zum Opfer fielen, ist es schwer, etwas über diesen Gottestyp zu sagen." 324 . Einen Anhaltspunkt für den "Ortsgott in Israel" erkennt Lang in 1Sam 9,11-13. Das Volk ('m) der Stadt feiert ein Opferfest im Heiligtum beim Ort. "Die kultische Solidarität der ganzen Ortschaft wird fraglos vorausgesetzt". Sie ist auch noch im Deuteronomium präsent, das
Lang setzt mit einem Rekurs auf Durkheim ein, den bereits Eißfeldt so aufnahm: "Das eigentlich Seiende ist die Gemeinschaft und die zu ihr gehörenden einzelnen sind aus ihr erwachsen" 313 . So richtig das ist, es hat die Forschung schwerpunktmäßig auf die Frage nach dem "Volk" und die Gemeinschaft und deren Frömmigkeit geführt und die persönliche Frömmigkeit als Forschungsgegenstand zu lange in den Hintergrund treten lassen. Lang weist auf den Unterschied zwischen der "im Tempelritual praktizierten ägyptischen ,Staatsreligion' und dem Volksglauben mit seiner ,persönlichen Frömmigkeit"'314 und hebt drei Charakterzüge ägyptischer persönlicher Frömmigkeit hervor: - "Die einzelne, oft in der hohen Religion unbedeutende Gottheit wird als Helfer, Beschützer und Retter aufgefaßt; sie ist dem Einzelnen nicht fern- zwischen ihr und dem Beter steht keine unfreundliche Bürokratie". - "Eine besondere religiöse Erfahrung- etwa die Gebetserhörung in Tagen der Angst oder Krankheit - schafft ein dauerndes ... gegenseitiges Verhältnis zwischen der Gottheit und dem einzelnen Beter". - "Die persönliche Frömmigkeit bleibt nicht verborgene ,Privatsache' des Anhängers einer Gottheit; vielmehr rühmt er die Rettung, Hilfsbereitschaft und Macht seines Gottes oder seiner Göttin gern öffentlich in einer Inschrift. Es gibt keine persönliche Frömmigkeit ohne persönliches Bekenntnis" 315 • Für Israel zeigt Lang diese persönliche Frömmigkeit in den "Sprichwörtern" und die Weisheit als Echo persönlicher Frömmigkeit, wo "der Nachdruck auf der Gottheit als ErretterundErhörer des Gebets" liegt; es zeigt sich "ein Grundzug der persönlichen denn wie meine Arbeit vorschlägt, hat Juda (mit Vorstufen seit Ussia) mit Hiskia und Josia die Stufe einer vollen, entwickelten Staatlichkeit erreicht. 312 1983 (so 1989). Vgl. BEESTON 1977und inzwischen M. WEIPPERT 1990, 150ff. 313 0. EISSFELDT: Der Gottesknecht bei Deuterojesaja (Jes.40-55) im Lichte der israelitischen Anschauung von Gemeinschaft und Individuum. Halle 1933 (Beiträge zur Religionsgeschichte des Altertums, Heft 2 (zit. bei LANG 1983, 274). 314 1983, 276; vgl. ALBERTZ' Hinweis auf Staatskult in China (1978, 3). 315 1983, 277
316 317 318 319 320 321 322 323 324
1983, 277ff. (ZitatS. 279) 1983, 282 1983, 285 Ebd. 1983, 286 1983,286-288 1983, 289f. 1983, 291f. 1983, 292
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C) Kultorganisation alsHerrschaftsmittel
V. Anmerkungen zu neueren Forschungsbeiträgen
noch "den geheimen Abfall ganzer Städte von der wahren Jahweverehrung" kennt und die Vernichtung jener fordert (Dtn 13,7-12 neben V. 13-19) 325 • Bezeichnend ist auch Ex 22,6f. Lang dazu: "Wenn das örtliche Gericht dem im Eid angerufenen Ortsgott die Strafe überläßt, trägt es zur Wiederherstellung oder Erhaltung der sozialen Harmonie bei. 'm6 • Weiterhin nennt Lang Num 5, wo die verdächtigte Frau im örtlichen Heiligtum dem Ordal unterworfen wird. Auch hier "stiftet das Ritual Frieden, indem es dem Zorn des eifersüchtigen Ehemannes eine geordnete, nur symbolisch aggressive Gestalt gibt" 327 • Es muß fast erstaunen, daß Lang in diesem Zusammenhang von lokalen Heiligtümern und Ortsgott nicht auf die epigraphischenBelege lokaler JHWH-Verehrung (JHWH von Samaria, von Teman, von Hebron etc. 328 ) hinweist. Dafür gibt er aber weitere Belege für den" Ortsgott in den Sprichwörtern" 329 •
gender Einwirkung bzw. Dominanz der Ortskulte unternahm, so wird damit die Selbständigkeit der Ortskult- bzw. Religionsebene auch von dieser Seite her erklärlich und verständlich. Von daher muß aber nochmals der auch von Lang abschließend aufgegriffene Begriff der "Nationalreligion" betrachtet werden. Sie greift nach Lang "über den Ort weit hinaus". Interessanterweise weiß Lang nur 2Chr 28,5-15 zu nennen333 , also eine Darstellung, die traditionsgeschichtlich weit außerhalb der Königszeit liegt334 • Damit finden m.E. die Bedenken gegen den Begriff der "Nationalreligion" erneut Bestätigung; für die Rede von "Nationalreligion" sind die ideellen und materiellen Grundlagen erst nach Ende der Monarchie, des "Staates", aber aufgrundder "Vorarbeit" deuteronorniseher Schultheologie, Josiareform, Prophetie und durch den negativen Impuls der Katastrophe von 586 v. Chr. in der exilisch-nachexilischen Bürger-Tempel-Gemeinde mit dem Symbol Jerusalem und auf der Basis dtr. Geschichtsaufarbeitung gegeben. Neben den Ebenen der persönlichen und der Familienfrömmigkeit, der Ortsfrömmigkeit und der des dynastischen Residenzkults als Spezialfall der Ortsfrömmigkeit hat im monarchischen Israel eine "N ationalreligion" (noch) keine Funktion und keinen Funktionsträger, auch und selbst nicht in königlichen Funktionalorten. In den beiden Hauptheiligtümern des Nordreiches kann man allenfalls einen Ansatz dazu mit dem monarchischen Bestreben erkennen, das Nordreich abgrenzend und jeweils im Norden und Süden regional integrierend zu umfassen. Die durch Lang herausgearbeitete gesellschaftstragende und friedlichlegende, da aggressionsabbauende Funktion der Ortsreligion füllt optimal das zwischen Volks- bzw. Landesebene der Religion und persönlicher Frömmigkeit vorhandene Vakuum, das durch die oben festgestellte Begrenzung der königlichen Kultorganisation auf die Residenzen und vereinzelte königliche Funktionalorte und den Verzicht des Königtums auf Kultorganisation in den Durchschnittsorten entstanden zu sein schien. Die behan.:~nde Rolle der persönlichen Frömmigkeit und der bisher nicht beachteten Ort~frömmigkeit bildete für die Ebene der Gesamtvolksfrömmigkeit nicht nur eine Möglichkeit der Abfederung der Härte der josianischen Zentralisation(sforderung); ihre traditionelle beharrende Existenz läßt auch Zweifel an der Realität der landesweiten Durchführung der Zentralisation bzw. der (schnellen) Durchführbarkeit berechtigt erscheinen335 •
Zusammenfassend kann man mit Lang sagen: Der "interne Pluralismus" der Religion Israels läßt sich "genauer als Schichtungsgebilde erfassen"; man kommt nicht mit zwei Ebenen ("persönliche Frömmigkeit" und "Nationalreligion!Volksfrömmigkeit") aus, sondern eine mittlere Ebene kommt hinzu, die man mit Lang als "Ortsfrömmigkeit" bezeichnen kann 330 • Sie hat es mit der Beziehung des Einzelnen zu seinem Gott als Beschützer und Helfer zu tun; dieser Bereich ist "weder eine Abwertung des Individualismus" noch wird ihm eine "Einstufung als Widerhall der Nationalreligion ... gerecht". "Die Ortsfrömmigkeit teilt mit der Nationalreligion den Gemeinschaftsbezug" 331 • "Mit dem Ortsgott als zentralem Symbol, das den Ort selbst verkörpert, macht diese Frömmigkeit die Stadt und die Beziehung ihrer Bewohner untereinander zu einer moralischen Größe. Neben einem auffälligen und nur im Rahmen einer kleinen Gemeinschaft verständlichen Ethos des friedenserhaltenden Aggressionsverzichts ist besonders die Solidarität mit den armen Mitgliedern hervorzuheben. " 332 • In der Auflösung der Integrität bzw. der moralischen Einheit der Ortschaft, wie Lang sie beschreibt, liegt die Wurzel der sozialen Krise Israels ab Ende des 9. Jh. v. Chr. Fügt man hier meine obigen Ergebnisse zum legitimierenden Dynastie- und Residenzkult als Spezialfall des Ortskultes, wenn auch in hervorgehobener Position, an, der fast die gesamte Königszeit keine erkennbaren Anstrengun325 1983, 292f.; vgl. die von LANG 1983, 293 A. 38 genannten weiteren Belege sowie RosE 1975, 18ff. Das Deuteronomium hatte zweifellos Gründe, diese Forderung zu erheben- weil die Realität anders aussah: vgl. nur das Pantheon von Sukkot mit drei (+X) Gottheiten, aber ohne JHWH (vgl. o. S. 213m. A. 165). 326 1983, 293 327 1983, 293f. 328 Vgl. o. S. 201 mit A. 100. 329 1983, 294. Daß "Frau Weisheit" "am Stadttor auftritt und in der Stadt ein Haus hat, macht sie zu einer göttlichen Repräsentantinder Stadt, zu einer Schutzgöttin. Bei ihr ist alles zu lernen, was wissen muß, wer die Stadt betreten und dort leben will." (LANG 1983, 295) 330 1983, 295; vgl. auch die instruktive tabellarische Darstellung der drei Religionsebenen bei LANG aaO, 298; jetzt auch M. WEIPPERT 1990, 150ff. 331 1983, 295 332 1983, 296
Ebd. Vgl. WELTEN 1973, 166ff. 174 335 So ist es auch unbeweisbar, wenn AHLSTRÖM 1982a, 70 vermutet, daß Josia die bmwt zwar nicht abschaffte (was sicher richtig ist), aber stärker kontrollierte. 333 334
I. Salomos "Provinzsystem" (1Kön 4,7ff)
D) Verwaltungsgliederung des Landes als Herrschaftsmittel Je größer und differenzierter ein Gemeinwesen wird, desto wichtiger erscheint für eine effektive Organisation und Herrschaft eine Verwaltungsgliederung1. Es ist daher bedeutsam zu fragen, ob und wenn ja, welche territorialen Gliederungen als Herrschaftsmittel für Israel/Juda festzustellen sind. Die Antwort erlaubt zum bisher Festgestellten weitere Aufschlüsse über den Grad der gesellschaftlichen Entwicklung und die Art der Herrschaft und ihrer Ausübung und Organisation in Israel.
I. Salomos "Provinzsystem" (1Kön4, 7ff.) Aharoni nennt 1Kön 4,7ff. "das einzige Zeugnis der administrativen Unterteilung des Landes, das in der Bibel überliefert ist" 2 • Aber ist es das? Die Überschrift V. 7 spricht von n~bym und kündigt ihre Namen an! Tatsächlich bilden die 12 Personen-Namen der n~bym das stabilste Element der Liste 3 • Was dagegen die ihnen ergänzend angehängten sogenannten "Provinzen", "Distrikte" oder "Gaue" betrifft, so fehlt jegliche Nennung eines "Provinzgebietes" in V. 14, wo nur der Wohnort (m. E. zugleich vermutlicher Herkunftsort) des Beauftragten erscheint. In acht Fällen (V. 8. 11. 13. 15. 16. 17. 18. 19) wird pauschal ein naturräumliches bzw. sozialräumliches Territorium genannt, in (be) dem der jeweilige Beauftragte für Salomo wirken soll. Wenn es richtig und nicht überscharf interpretiert ist, daß der Beauftragte also irgendwo an unbekanntem, jedenfalls ungenanntem Ort in (be) dem betreffenden Territorium im Interesse Salomos tätig ist, muß das nicht heißen, daß er der Herr, der "Gouverneur" (im Namen Salomos) über das gesamte angedeutete Territorium war! Es scheint mir zweifelhaft, daß der Rahmenvers 7 a mit der Formulierung 1 Tendenzen zur organisatorischen Gliederung der Bevölkerung und des Territoriums als Integrations- und Herrschaftsmittel sind nicht nur charakteristisch für moderne, sekundäre, sondern auch schon für primäre ("primitive") Staaten und ansatzweise bereits für chiefdoms bezeichnend (vgl. FRIED 1967, 175; SERVICE 1977,31.99. 110ff.). 2 AHARONI 1984,318 (Hervorhebung von mir, H. M. N.). Das Urteil trifft aber vielmehr auf Jos 15,21-44. 48-62 zu. 3 Zur Deutung des personellen Elements von 1Kön 4,7ff., der sog. "Gouverneure" o. ä., habe ich o. S. 27-40 zu zeigen versucht, daß sie keine Gouverneure o. ä. waren, sondern vor allem salomonische Delegaten oder Emissäre zur Stabilisierung der Autorität des judäischen Herrschers.
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"Salomo hatte 12 Beauftragte über('[) ganz Israel" als Beweis im Sinne einer Beherrschung der mehr schlecht als recht, grob oder überhaupt nicht umrissenen Wirkungsbereiche gelten kann. Außerhalb des interpretierenden Rahmenverses in der Liste selbst findet sich '/nicht, vielmehr Iw im Sinne von "ihm war (anvertraut)" (V. 10. 13). In zwei Fällen (V. 9. 12) wird das angebliche "Provinz-Territorium" genangenommen nur durch vier Ortsgebiete vage angedeutet4. Es ist keineswegs klar, ob die Gebiete der Beauftragten, durch einzelne Orte grob angedeutet, durch großzügiges Umgrenzen der Orte mit einer Provinzgrenze definiert und gegeneinander abgegrenzt werden dürfen oder ob vielleicht nur speziell in den ausdrücklich genannten Ortsgebieten der Beauftragte zugunsten des Königs wirkte. V. 10 wird einem Beauftragten neben seinem Wohn-(und Herkunfts-) Ort ein weiterer Ort und ein regionaler Bereich zugewiesen. Erinnert man sich, daß alttestamentliche Schriftsteller sehr wohl in der Lage waren, Regionen durch zugehörige Orte oder Grenzlinien zu definieren (vgl. Jos 13-19), wird deutlich, daß hier keine Beschreibung eines Provinzsystems, von Provinzen o. ä. vorliegt und auch kaum die Absicht einer solchen Beschreibung anzunehmen ist. Die bisherigen Interpretationen leiden nicht selten daran, daß sie ausgesprochener- oder unausgesprochenermaßen die offensichtliche Unregelmäßigkeit in der Größe und die (m. E. angebliche) Lückenhaftigkeit der "Zuständigkeitsbereiche" vor dem Hintergrund der Listen der "Stammeserbteile" im Josuabuch und mit Hilfe von vorisraelitisch-kanaanäischen Herrschaftsregionen verstehen, um so geschlossene, abgegrenzte Provinzen zu erhalten, von denen in 1Kön 4,7ff. aus unbekannten Gründen nur torsohafte Beschreibungen vorliegen sollen5 • Eine Begründung für dieses Postulat ist aber weder im Text zu erkennen, wo absolut nichts von einer Provinzeinteilung Salomos gesagt wird\ noch wird sie von den betreffenden Forschern bewiesen. Dies wohl empfin4 Zu V. 12 im Blick auf die vagen, großflächigen Angaben, die im Grunde nur drei nordwestliche und einen südöstlichen Markierungspunkt fixieren und damit die gesamte Jesreel-Ebene umfassen, vgl. NoTH 1983, 70f. 5 So nach ALT 1913 = 1978, 76ff. zuletzt U. a. AHARONI 1984, 318ff. 361 f.; DE VAUX 1964, 216-218; auch METTINGER 1971, lllff.; NA'AMAN 1986a, 167ff. Verhängnisvoll war für die Forschung die Verwendung von modernen, verwaltungstechnischen Begriffen, die eine festumrissene Gebietsgliederung suggerieren, wie "Gau", "Präfektur", "Steuerbezirk", "Provinz", "Distrikt" (für Literaturbelege vgl. o. A. 115), die der Deutung als Vorverständnis im Wege standen und suggestiv die exegetische Deutung beeinflußt haben. AHARONIS im Zusammenhang mit Jos 15,21 ff. getroffene Feststellung "Man sollte annehmen, daß eine administrativ-regionale Unterteilung nach klar umgrenzten geographischen Gebieten vorgenommen wurde." (1984, 359 A. 78) ist auf diesen Text bezogen völlig richtig und zeigt (gegen A.· selbst), daß 1Kön 4, 7 ff. eben nicht eine "administrativ-regionale Unterteilung nach klar umgrenzten geographischen Gebieten" ist! 6 Z.B. gegen DE VAUX 1964, 216f.; METTINGER 1971, 111-27, spez. 111. 126f.; REHM 1979, 48; AHARONI 1984, 326f. ("homogene geographische Distrikte" ); NA'AMAN 1986a, 167ff.; vgl. auch die unpassende Begrifflichkeit (s. vorige Anm.); anders (und angemessener) NoTH 1983, 58 ("Namenliste der ,Vögte"'); REDFORD 1972, 154 A. 79 (Steuern als Zweck <m.E. falsch>, aber R. warnt, an <moderne> "Provinzen" zu denken!).
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D) Verwaltungsgliederung als Herrschaftsmittel
I. Salomos "Provinzsystem" (1Kön 4,7ff.)
dend, hat man über den Umweg einer administrativen Zweckbestimmung der "Provinzen" parallel zur Funktionsbestimmung der "Gouverneure" oft die herrschaftliche Motivation für die Einrichtung der angeblich hier zu findenden flächendeckenden Provinzgliederung zu beweisen versucht, weil man sich das vorausgesetzte glänzende "Großreich" Davids und Salomos nicht anders vorstellen konnte als in "Provinzen" o. ä. gegliedert. Aber die Motivation der Hofversorgung, die allenfalls eine untergeordnete Rolle spielte und vereinfacht in der Überschrift V. 7 in den Vordergrund gestellt worden isC, reicht, wie schon dargelegt, argumentativ nicht aus. Daß assyrische Parallelen die Existenz einer solchen Beschaffungspraxis auf der Grundlage einer Provinzeinteilung belegen8 , bedeutet keineswegs, daß diese Beschaffungspraxis auch in Israel entsprechende Provinzen voraussetzen muß, die in Assur bereits existierten, deren Existenz bzw. Einrichtung für Israel hier aber erst zur Diskussion steht. Ich habe bereits zu zeigen versucht, daß die salomonische Entsendung von Delegaten in außerjudäisches Gebiet wahrscheinlich eine Maßnahme darstellt, die primär der Herrschaftsstabilisierung Salomos außerhalb Judas dienen sollte und in diesem Rahmen auch der Beschaffung von Lebensmitteln für Hof ( 1Kön 4,7; 5,7) und königliche Funktionalorte (1Kön 5,8), soweit solche in den n~bym-Bereichen vorhanden waren, dienen konnte, freilich bei der Hofversorgung nicht in dem mechanischen, unrealistischen Rotationssystem der nachträglichen Darstellung von V. 79 • Aus dieser ersten tastenden, recht punktuellen Stationierung von Delegaten vermag ich aber kein differenziertes und strukturiertes "Provinzsystem" mit "Gouverneuren", "Provinzhauptstädten" und Provinzgrenzen abzuleiten 10 . Weiterhin wird besonders gern an eine Motivation der "Provinzgliederung" für die Organisation der Steuereintreibung und/oder Rekrutierung von Fron-
dienst-Leistungen (ms) gedacht 11 • Dem steht entgegen, daß für ms ein anderer Funktionär neben den zwölf n~bym zuständig war (1Kön 4,6); zudem ist oben bereits die Vorstellung eines durchorganisierten Steuersystems in Israel abgelehnt worden. Entfällt aber die "Steuereintreibung" und weitestgehend auch eine unmittelbare Funktion der Delegaten innerhalb der ms-Organisation als Motivation der (angeblichen) Provinzen, so bleibt nur die von 1Kön 4,7 nahegelegte Hofversorgung, die m. E. allenfalls einen Nebenaspekt der herrschaftlich-repräsentativen, ideologisch stabilisierenden Haupt-Funktion der Delegaten darstellt. Hinzu mag die Entgegennahme gelegentlicher mnhwt für den König kommen 12 , die man auch als "Hof-Versorgung" theologisch-ideologisch deuten und darstellen kann. Insgesamt ist aber damit kaum eine ausreichende Motivation gegeben, die 1Kön 4,7-19 als die Beschreibung eines flächendekkenden, durchorganisierten Verwaltungssystems von Provinzen mit Gouverneuren, Unterbeamtenscharen und Provinzhauptstädten als Herrschaftsmittel zu deuten nahelegte. Die Zweifel an einem durchorganisierten, flächendeckenden Provinzsystem lassen sich auch nicht durch den Gedanken aus der Welt schaffen, die "Provinzen" seien nur unvollständig angedeutet 13 • Das ist eine Verlegenheitsauskunft; die alttestamentlichen Schriftsteller sind, wie allein schon die Stammesgrenzen im Josuabuch zeigen, durchaus in der Lage, präzise Grenzen zu beschreiben. Aus methodischen Gründen muß eine Deutung, die den vorliegenden Text erklärt, deshalb den Vorrang vor Lösungen mit vermuteten, unbewiesenen Hilfs-Voraussetzungen bekommen. Mit dem Postulat von "Provinzhauptstädten" und ihrem angeblich dort stationierten umfangreichen Funktionärsapparat14 kann man die Existenz von "Provinzen" also nicht beweisen. Insgesamt läßt sich das angebliche Provinzsystem auf der Basis der obigen Hypothese zur Haupt-Funktion der n~bym besser ohne "Gouverneure", festumrissene Verwaltungsprovinzen und deren Hauptstädte verstehen: Salomo übertrug die zweifellos schwierige Aufgabe herrschaftslegitimierender und stabilisierender Repräsentanz, die auf keine bestehenden Strukturen zurückgreifen konnte und nichtjudäische Gebiete betraf, Delegaten aus im wesentlichen zwei verschiedenen Herkunftsgruppen. In drei besonders wichtige wie periphäre Gebiete (Dor: See-Handel; Naphtali: Nordost-Grenzgebiet; Asser/ Sebulon: Grenzgebiet zu den Phöniziern, zugleich Nordwestgebiet der wichtigen Jesreelebene, V.ll. 15. 16) entsandte er besonders zuverlässige Königsverwandte und bewährte Hof-Leute, nämlich Schwiegersöhne und den Sohn
7 Zu der Frage, ob 1Kön 4,7 eine spätere Überschrift zu dem Namenmaterial von V. 8ff ist oder nicht, vgl. einerseits NOTH 1983, 61, andererseits z.B. WüRTHWEIN 1985, 41f. 46f.; vgl. auch 1Kön 5,7 und den sich wohl auf die Versorgung von in den jeweiligen n~bym-Bereichen evtl. befindlichen Wagen- und Pferdestädte beziehenden Vers 1Kön 5,8. Tatsächlich erfüllt die V. 7aßb genannte einzige Funktion im Kontext eine allein theologisch-ideologische Aufgabe, nämlich prestigewirtschaftlich und rühmend darauf hinzuweisen: Seht, von allen Seiten im ganzen Land sorgt man für diesen großen, gottesfürchtigen und weisen König! s Vgl. DE VAux 1964, 217; NoTH 1983, 66f.; NA'AMAN 1986a, 170f.; die Untersuchung von REDFORD 1972 ist ein schönes Beispiel, das zeigt, daß eine ähnliche Beschaffungspraxis in Ägypten nicht zwingend mit der Bildung von Provinzen verknüpft sein muß. 9 Vgl. dazu o. (Kap. A) S. 36f. (mit Lit. pro et contra); gegen das mechanisch gedachte Rotationssystem spricht die sehr unterschiedliche Größe und ökonomische Leistungsfähigkeit der verschiedenen Zuständigkeitsgebiete (gegen G. E. WRIGHT 1967, 59*), auf die nach u. a. AHARONI 1984, 326 auch zuletzt NA'AMAN 1986a, 169. 180ff. 194f. hingewiesen hat, ohne Konsequenzen aus dieser Erkenntnis zu ziehen. 10 So zuletzt TRIEL 1985, bes. 304ff., zurückhaltend aber NoTH 1983, 66f. (der nicht auf Provinzen insistiert); NA' AMAN gibt immerhintrotzseines Zurückgreifensauf Josua-Stammesgrenzen und -gebiete unklare "Provinzgrenzen" zu (1986a, 179ff. 184f. 190), was ihn nicht daran hindert, Karten mit scharfen Grenzziehungen zu zeichnen (aaO, 189).
11 Vgl. so u. a. SANDA 1911, 73; DE VAux 1964, 217; GRAY 1980, 135f.; AHARONI 1984, 326; WüRTHWEIN 1985, 43; NA'AMAN 1986a, 171ff. 194f.; dagegen z.B. NoTH 1983, 60f. 66f.; REDFORD 1972, 154 A. 78. 12 Vgl. zu mnl)h RüTERSWÖRDEN 1985, 129ff. 13 AHARONI 1984, 319f. U. Ö.; NA' AMAN 1986a, 167 (vgJ. 0. A. 5). 14 So zuletzt TRIEL (o. A. 10) und viele weitere, die von "Provinzhauptstädten", "Dienstsitzen", "district capitals" u. ä. reden (Nachweise o. A. 5 und schon o. A.115).
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D) Verwaltungsgliederung als Herrschaftsmittel
I/. Listen im ]osuabuch
des treuen Huschai, für die strategisch und ökonomisch wichtige Ebene Jesreel den Bruder seines mzkyr (V. 12). In weiteren vier Fällen, wo nach dem Namen der Delegaten und vor ihrem Zuständigkeitsbereich zunächst ein Ort (V. 9. 10. 13; V.14 nur ein Ortsname) genannt ist, scheint es mir am wahrscheinlichsten, diese Orte als Wohnorte, Herkunfts- und Wirkungsorte dieser Vertrauten des Königs zu deuten, die Salomo aus der Orts- und Regionalelite als Vertrauensleute- wie auch immer- gewonnen hatte. In den restlichen vier Fällen, wo den Beauftragten natur- oder sozialräumliche (Stammes-)Gebiete anvertraut wurden (V. 8. 17-19), kann man zumindest in zwei Fällen mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuten, daß auch hier die Beauftragten in "ihren" Gebieten beheimatet waren (V. 815 • 19), während dasselbe in einem weiteren Fall nur eine Möglichkeit darstellt (V. 18), bei Josafat (V. 17) eine Aussage mangels Hinweisen in keiner Richtung möglich ist. Der Effektivität des Wirkens der n~bym konnte eine Abstammung aus ihren Zuständigkeitsbereichen aber nur nützlich sein. Salomo hätte also - wo immer möglich - für seine außerjudäischen Interessen- und Herrschaftsbereiche auf ihm verbundene Angehörige der dortigen Orts- bzw Regional-Elite zurückgegriffen, um durch die Nutzung von deren Autorität in ihrer Herkunfts-Region seine Interessen und seinen Herrschaftsanspruch zu bekräftigen und ideologisch abzusichern 16 • Ist diese Deutung richtig, wird in 1Kön 4,7ff. ein erster Versuch Salomos erkennbar, das nichtjudäische Nordgebiet fester "in den Griff" zu bekommen. Von dieser Deutung her wird auch die Schwierigkeit oder gar Unmöglichkeit der Versuche verständlich, scharfe Grenzlinien für die angeblichen Provinzen zu ziehen 17 • Wie sehr es sich um einen ersten, weitmaschigen und lockeren Organisationsversuch Salomos handelte, zeigt der schnelle Zusammenbruch des angeblichen Systems z. Zt. Rehabeams, von dem später im Nordreich Israel nichts mehr zu spüren ist 18 • Wenn dies alles richtig ist, kann man die
Frage erheben, wie die Delegaten im Rahmen einer so lockeren Organisation überhaupt wirksam werden konnten. Zwei Gründe lassen sich positiv dafür anführen: Die zwölf Beauftragten konnten, sogar weitgehend ohne zahlreiche "Beamte", "Hilfskräfte" und eine "Verwaltungsbürokratie" 19 durchaus wirksam werden, solange die Bevölkerung freiwillig mit ihnen zusammenarbeitete. Das kann man solange annehmen, wie die Forderungen des Königs nicht ein tolerables Maß überstiegen, ein Maß, das zum Ende der Salomozeit offensichtlich "voll" war (1Kön 12). Dabei ist zu bedenken, daß die zwölf n~bym allem Anschein nach klugerweise nicht vorrangig mit dem zum Eklat führenden msDienst befaßt waren, für den vielmehr Ado(ni)ram speziell zuständig war20 • Als nützlich für die Autorität der n~bym und deshalb als sicherlich nicht zufällig erwies sich außerdem die Auswahl von angesehenen Angehörigen der Königsfamilie bzw. der Hof-Elite zum einen und der Einsatz von lokalen bzw. regionalen Elitären in ihren eigenen Herkunfts-Gebieten zum anderen. So konnte dieser erste tastende Integrationsversuch zeitweise effektiv sein, solange die Akzeptanz der Bevölkerung vorlag. Daß nicht die Tatsache der königlichen Repräsentanz in dieser vorsichtigen, lockeren Form, sondern das Überspannen des Bogens durch intolerable Forderungen im ms-Bereich diesen Organisationsversuch zum Scheitern brachte, zeigt der Übergang von Salomo zu Rehabeam. Von einem administrativen System von "Provinzen", "Distrikten" oder "Gauen" und deren "Gouverneuren", "Vögten" u. ä. zu sprechen, sollte vermieden werden, denn diese Bezeichnungen suggerieren die Existenz eines Entwicklungsstandes organisatorischer Landesstrukturierung als Herrschaftsmittel, die es allem Anschein nach zur Zeit Salomos in dem durch die Begriffe angedeuteten Grade noch nicht gegeben hat.
Zu b. Hur als Ephraimit vgl. oben (Kap. A) A. 123. METIINGER 1971, 119f. sieht die Motivation der Einsetzung der nf!bym als repressive politische Maßnahme Salomos, speziell gegen das Haus Joseph als politischen Kern der Nordgruppen, liegt damit grundsätzlich in einer ähnlichen Tendenz wie ich, freilich ohne die hier vorgeschlagene Spezifik der Delegaten und ihrer Herkunft, dem spezifischen Verhältnis zum König und den Charakter ihrer Verteilung als ersten Versuch einer Repräsentanz der Königsmacht in nichtjudäischen Bereichen zu erkennen. Im Blick auf die Herkunft der Delegaten mit der Namenüberlieferung bn-X schließt er sich ALT 1950 = 1968, 198ff. an und denkt allein an "Adlige aus alter kanaanäischer Administration" (aaü, 120f. ), die nichtisraelitische = kanaanäische Bereiche übertragen bekommen. Die bei seiner Aufnahme der ALTsehen Vorstellung von ihm konstatierten, ihm Schwierigkeiten bereitenden Inkonsequenzen im 5. (kanaanäischen) "Distrikt", wo kein bn-X-Delegat, und im 1. "Distrikt", wo in einem nichtkanaanäischen "Distrikt" aber doch ein bn-X-Delegat zu finden ist, entfallen als Probleme bei der von mir vorgeschlagenen Lösung, bei der es allein auf die Loyalität der Delegaten Salomos ankommt, und unabhängig von der Namenform zuverlässige Delegaten, ob Kanaanäer oder Israeliten, entsandt werden. 17 So zuletzt NA'AMAN 1986a, 189 (vgl. dessen eigene Einschränkung o. A. 10); vgl. auch die Karten bei AHARONI 1984,314 (Karte 23); DERS. 1976; G. E. WRIGHT 1967. 18 Dies zuletzt gegen NA'AMAN 1986a, 194-201, der sogar glaubt, daß das von David (!) 15
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II. Listen imJosuabuch Neben 1Kön 4,7-19 ist im Alten Testament nur noch der umfangreiche Listenkomplex zum Stämmebesitz in Jos 13-19 von solcher Art, daß man auf den ersten Blick geneigt sein kann, hier den Niederschlag königlich-administrativer Verwaltungsgliederung zu vermuten. Die bei genauerem Hinsehen recht verschiedenartig gestalteten Listen sind aber im Blick auf ihre Deutung von einer Anzahl ungeklärter Probleme belastet, die ihre Auswertung erschweren. Neben zahlreichen ungelösten topographischen und Identifikationsfragen bebegonnene Distriktsystem "on a reduced scale" "as the basic administrative system of the Northern and Southern (!!) Kingdoms" (aaü, 201) bis zu ihrer Zerstörung überlebt habe! Ebenso glaubt METIINGER 1971, 124, daß Salomos "Distriktsystem" in den Hauptlinien im Nordreich überlebte, ohne dies irgendwie zu belegen (vgl. auch o. A. 143). 19 THIEL 1985, 312f.; LEMCHE 1988, 137-143. 2o Vgl. o. (Kap. A) S. 11 f. 21. 40 m. A. 147.
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D) Verwaltungsgliederung als Herrschaftsmittel
11. Listen im]osuabuch
stehen Kontroversen zur literarisch-kontextuellen Problematik sowie zur Datierung und- damit zusammenhängend- zur Frage des "Sitzes im Leben" bzw. zur Frage der Motivation der ursprünglichen Erstellung dieser Verzeichnisse und auch ihres Zweckes im gegenwärtigen Kontext des Josuabuches bzw. des DtrG. Selbstverständlich können diese komplexen Probleme hier nicht in extenso aufgerollt und noch viel weniger gelöst werden. Es kann nur darum gehen, im Rahmen des allgemeinsten Konsenses gegenwärtiger Forschung zu den o. g. Hauptfragen möglichst konkret auf folgende Hauptfrage eine Antwort zu versuchen: Läßt es sich wahrscheinlich machen, daß die Listen zum Stämmebesitz in Jos 13-19 ein Niederschlag königlicher Verwaltungsorganisation sind und damit ein Herrschaftsmittel darstellen? Wenn ja, in welche(n) Zeit( raum) gehören sie und welchen herrschaftlichen Zwecken sollten sie dienen? Dazu muß wenigstens in Kürze auf die Diskussionslage zum literarischen Charakter und der Stellung der Verzeichnisse im Kontext, zu Fragen der Datierung und der Motivation ihrer Einstellung in den Kontext und der Entstehung eventueller älterer Vorstufen eingegangen werden.
torisches Herrschaftsmittel glaubhaft im geschichtlichen und soziapolitischen Kontext zuzuschreiben ist26 • Je weniger dies der Fall ist, desto eher muß man m.E. mit der Möglichkeit rechnen, daß es sich um eine gelehrte "Schreibtisch"-Kompilation handelt. Dabei muß aus methodischen Gründen nicht von einem frühestmöglichen "Sitz im Leben" ausgegangen werden, sondern vom literarischen Letztstadium aus die Frage nach früheren Fassungen, Funktionen und Trägerinstitutionen gestellt werden. In diesem Zusammenhang behalten m.E. Einwände Berechtigung, die z.B. Mowinckel gegenüber der Forschungsrichtung von Alt/Notherhoben hat und die bislang m. W. nicht widerlegt und ausgeräumt worden sind27 • So ist die Grenzziehung, was auch Vertreter der Mowinckel gegenüberstehenden Richtung zugeben, teilweise pauschal und rein theoretisch 28 • Daß die Verzeichnisse auf amtlichen königlichen Dokumenten aufbauen, kann man teilweise dennoch vermuten29 , aber schwerlich direkt und mit Sicherheit beweisen30 . Dagegen spricht auch schon die literarisch-formale Unterschiedlichkeit der die verschiedenen Stämme und Regionen beschreibenden Listen, auf die gleich noch zurückzukommen ist. Die Verschiedenheit weist, das sei vorweggenommen, auf einen Wachstumsprozeß des vorliegenden Gesamtkomplexes von Einzeltraditionen31 • Das macht eine präzise Datierung des Gesamtkomplexes sehr schwierig und von derjenigen der Einzeltraditionen abhängig und erklärt die sehr unterschiedlichen Vorschläge in der Forschungsgeschichte, die sich nahezu über die gesamte monarchische Zeit verteilen32 • Argumentationen vom archäologischen Befund zu einzelnen Orten her helfen angesichts
Trotz weitergegangener Diskussion behalten die Untersuchungen zu Jos 13-19 aus der 1. Hälfte dieses Jahrhunderts, die sich einerseits besonders um die Quellenfrage bemühten (P als führender Autor? 21 ), andererseits auf der Basis umfassender geographisch-topographischer bzw. territorialgeschichtlicher Analysen in Verbindung mit der These vom Deuteronornistischen Geschichtswerk wichtige Erkenntnisse lieferten22 , einen Wert. Keine dieser Hauptforschungsrichtungen hat jedoch eine allseitig befriedigende Lösung gebracht, beide haben aber auf Wichtiges und Bleibendes aufmerksam gemacht, worauf aufgebaut werden kann. So scheint es mir mit Noth gesichert, daß der gesamte stämmegeographische Teil erst sekundär ins deuteronomistische Josuabuch eingefügt worden ist23 ; dabei spielt es eine wesentliche Rolle für die literarische Rekonstruktion, ob in dem mit Jos 13,1 und Jos 23,1 angedeuteten Rahmen 13,1 gegenüber 23,1 primär oder sekundär ist. Für die spezielle Fragestellung der vorliegenden Arbeit ist die Entscheidung aber von nebensächlicher Bedeutung, weil der stämmegeographische Teil, wie man auch votiert, jedenfalls in der gegenwärtigen Fasung im jetzigen Kontext entweder auf eine (spät )deuteronomistische Hand zurückgeht24 oder sogar erst nachexilisch ist25 • Wichtiger noch ist die Frage, ob der stämmegeographische Komplex auf ältere Dokumente zurückgeht, wenn ja, wie alt sie sind und welches Entstehungsmotiv auszumachen ist, noch konkreter: ob nicht nur Zeit und Motiv, sondern auch eine zugehörige Institution namhaft gemacht werden kann, der die Landesgliederung als verwaltungsorganisa21 Vgl. SO Z. B. besonders MOWINCKEL 1946; DERS. 1964, 51ff. und schon VON RAD 1934, 148ff.; RuDOLPH 1938, 214ff.; FüHRER 1969, 221; KAISER 1984, 139 (Lit.). 22 ALT 1925 = 1978, 276ff.; DERS. 1927 = 1953, 193ff.; DERS. 1927; DERS. 1951 = 1978, 289ff.; NOTH 1943 = 1957, 40ff.; DERS. 1935 = 1971, 229ff.; DERS. 1950; DERS. 1971 a, lüff. 23 NOTH 1971a, 10(ff); vgl. aber auch MOWINCKEL 1946; DERS. 1964, 33ff. 24 Vgl. SMEND 1971, 494ff.; AULD 1980 (nach KAISER 1984, 143f.; AULDS Buch war mir unzugänglich). 25 So WüST 1975, 187-212; vgl. auch MOWINCKEL 1946; DERS. 1964, 51ff.
26 Daß dafür nicht mit NoTH 1950, 162ff.; DERS. 1971 a, 13f. die vorstaatliche Zeit und eine israelitische Stämmeamphiktyonie in Frage kommt, ist inzwischen nicht mehr umstritten. Schon MoWINCKEL 1946,17f. wies auf das Fehlen einer Träger- bzw. Verursacherinstitution für die Landesgliederung Jos 13-19 in vorstaatlicher Zeit hin. 27 MoWINCKEL 1946, passim. 28 Besonders augenfällig ist das, wenn Grenzziehungen vom Gebirge "bis ans Meer" kurzerhand durchgezogen werden, also Gebiete einschließen, die IsraeVJuda nie besessen hat (vgl. z.B. Jos 15,4.11f.; 16,3. 6. 8; 17,9. 10; 19,29); vgl. nurMOWINCKEL 1946, 27ff. 29 So hat ScHUNCK 1963, 142ff. akzeptable Grenzbeschreibungen im benjaminitischen Raum herausgearbeitet; ob hinter den entsprechenden Josuatexten direkt Original-Archivalien des Jerusalemer Hofes stehen oder ob die Grenzbesshreibungen auf dem Umweg dtr. Sammler überliefert sind und so das Jahr 587 v. Chr. überstanden haben, muß wohl offen bleiben (vgl. auch die folg. Anm.). 3° Den Zweifel, daß Amtsdokumente die Zerstörung Jerusalems 587 v. Chr. überstanden hätten, hat besonders MowiNCKEL 1946, 8 u. passim, herausgestellt (vgl. dagegen NoTH 1950, 158). Er ist insofern nicht durchschlagend, als man umfangreiche dtr. Traditionssammettätigkeit annehmen kann, die auch solche Traditionen wie die Grundlage der Josualisten oder z. B. 1Kön 4,8ff. umfaßt haben mögen (ScHUNCK 1963, 146 A.48). Dann kann man mit MOWINCKEL nur bezweifeln, daß hinter den Josualisten und anderem direkt und unmittelbar OriginalArchivalien stehen. 31 Vgl. besonders ScHUNCK (u. m.A. 41-47); KAISER 1984, 144f.; vgl. auch AHARONI 1984, 365 und schon MOWINCKEL 1946. 32 "dausystem" des Nordreiches: ALT 1913 = 1978, 76ff. und NoTH 1971 a, 14 (Zeit Davids/ Salomos); KALLAI-KLEINMANN 1958 (Entstehung des Grenzsystems z. Zt. Davids/Salomos); für die Ortslisten des Reiches Juda denken CROSS/WRIGHT 1956 an eine Bearbeitung der Zeit Josafats aufgrundeiner Liste der Davidzeit, AHARONI 1959, an die Zeit Ussias, ALT 1925 = 1978, 276ff. und NoTH 1971a, 14 an die Zeit Josias (vgl. neuestens auch NA'AMAN 1991), KALLAI-KLEINMANN 1958 an die Zeit Josafats mit Korrekturen z. Zt. Hiskias bei Jos 15, 21ff., bei der Benjaminliste Jos 18,21-28 an Abia, bei Dan (Jos 19,41-46) an Salomo.
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D) Verwaltungsgliederung als Herrschaftsmittel
dessen nur bei der Datierung einzelner Regionalbeschreibungen in Jos 13-19 bzw. deren frühestmöglicher Fassung weiter33 , wie die Feststellung, der eine oder der andere K_önig h~be diese ode~ jene Ortschaft erobert oder verloren34 , allenfalls Argumente für ~e Datrerung ~?n Tet!en des ~omplexes liefern, damit die Nichtgleichzeitigkeit von emzel~en_Tradttt~nen u~terstrerchen_35 und zeigen, daß mit Jos 13-19 eine eher späte Komprlatton vorltegt. Dtese allgememen Feststellungen bekräftigen noch einmal daß man vom spätesten Endstadium ausgehen muß, von dem her die formalen und inhaltlichen Unters~hie~e und Unau~geglichenheiten .. im Rahmen einer späten Kompilation eben~o v~rsta~dhch w.erden wre auch örtliche Uberschneidungen/Doppelnennungen36. Damit wrrd dte Zuwetsung nur zur Regierungszeit eines Königs desto unwahrscheinlicher, je umfangreicher man einen zusammengehörigen Komplex von Ortslisten innerhalb von Jos 13-19 faßt und zusammenhängend datieren will. So ist zu erwarten daß man nur zu einer zeitli~~ ~her langfristigen Tendenz im Blick auf die Entstehun~ der Grundlagen des gegenwarttgen ~samtkomplexes kommen wird, wobei für die konkrete.re Einordnung in diesen festzustellenden Zeitraum die jeweilige soziapolitische EntWicklung des Süd- und des Nordreiches berücksichtigt werden muß und in diesem Rahmen nach das Entstehen solcher Verzeichnisse verursachenden Entwicklungen und Motiven der jew~iligen Herrschaft und der Gesamtgesellschaft zu fragen ist. M.a.W. gilt es zu fragen, wo.~nnerhalb der Entwi~klu~g königlicher Herrschaft die Entstehung einer umfassenden, flachendeckenden terntonalen Verwaltungsorganisation und -strukturierung des Landes wahrscheinlich gemacht werden kann.
Schon auf den ersten Blick zeigt sich, daß Jos 15,21-6237 einen selbständigen, besonderen Abschnitt bildet, der noch am ehesten den Eindruck einer b~d~cht ~egliedert~n Landesaufnahme des Südreiches in 11 Regionen erweckt, d1e Jeweils durch eme Summierung abgeschlossen werden und in den Rahmen d~r vier naturräumlichen Landschaften Judas (ngb, splh, h-hr und mdbr) emgestellt sind.
33 Ein Beispiel (Tell el-Gurn) bei AHARONI 1984, 364; bei Bet-Kerem (=Hirbet Sälih bei Ramat.Ral]el) (Jos 15,59LXX) weist AHARONI 1984, 364f. darauf hin, daß die ·früheste Keram1~ aus .dem 8. Jh. v. Chr. stammt, der terminus a quo für die Judaliste also das 8. Jh. v. Chr. lS~. D1e Ausgrabungen auf dem Tell el-Gurn (Jos 15,62) zeigen, daß eine Dauersiedlung erst 1m 7. Jh.v.Chr. anzunehmen ist, deshalb kann der Platz aber eine Fixierungsbedeutung für u~wohnende Ziehbauern und Nomaden gehabt haben, wie Bestattungen der Gegend auswe1sen (vg!. AHARONI 1984, 364; OLB 2, 576f.). Der sicherere Termin ist also für die Gesamt-Listenfassu?g mit Tell el-Gurn der spätere, der für frühere Zeit lediglich offengehalten werden kann. ~lt ~ENNI:'G 1~89.könnt~ Me~ad lfasavyahu ein Hinweis auf die Datierung v?n Jos 19,41-46 m dte Zelt Jopk1ms sem (gegen AHARONI 1984, 361, der wie allgemein b1sher angenommen, an die Zeit Josias dachte); vgl. auch noch u. A. 42. 34 Beispiele bei AHARONI 1984, 362f.; vgl. auch SCHUNCK 1963, 163f. 35 KAL~AI-KLEINMANN 1958, neigt methodisch richtig dazu, jede (Stammes-)Ortsliste separat zu datieren (o. A. 32). 36 Zum letzteren vgl. AHARONI 1984, 360f. 363f. (in Auseinandersetzung mit ALT ) und schon SCHUNCK 1963, 163, vgl. auch MOWINCKEL 1946 passim, z. B. 26f. 3 Zur Forschungsgeschichte vgl. SCHUNCK 1963, 153ff.; WELTEN 1969, 93ff.; AHARONI 1984, 359ff.; AUGUSTIN 1989, 41ff.; NA'AMAN 1991,5ff.
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Der Rahmen um diesen Komplex (15,1-12. 13-20. 63) weist durch Wortwahl bzw. 39 Rahmenformeln38 , strukturelle und inhaltliche Übereinstimmungen deutliche Bezüge zu den Verzeichnissen der anderen Stammesgebiete auf. Schon vom Umfang der Angaben her ist deutlich, daß der Gesamtkompilator von Jos 13-19 nach den notwendigerweise durch den Ablauf des "Einwanderungs~chemas" vorangestellten Ostjordanischen Gruppen (13,8-33) und der Kalebgruppe, die der Bedeutung und der Verbindung Kalebs mit Josua entsprechend ebenfalls Juda vorangestellt ist (Jos 14), Juda ein ganz besonderes Augenmerk widmet (Jos 15), wobei um den Listenkern 21-44. 48-62 der aus Erzählung und Grenzbeschreibung kombinierte Rahmen (1-12.13 -20. 63) gelegt ist. Nach Juda folgt, der Bedeutung entsprechend, das "Haus Joseph" (Jos 16,1-4; 17,14-18), zusätzlich in Ephraim (16,5-10) und (Halb)Manasse (17,1-13) unterteilt. Es fällt auf, daß abgesehen von dem eingelegten Ortskomplex Jos 15,21-44.48-62 alle "Stammeserbteile" bzw. "Lose" in Jos.13-17 für die ostjordanischen Gruppen, Kaleb, Juda und J oseph (Ephraim und Manasse) durch eine Mischung von relativ ausführlichen erzählenden Elementen, Grenzbeschreibungen und Nennung von Regionen dargestellt werden. Dabei ist schon lange das Fehlen von Ortslisten bei Ephraim/Manasse im Vergleich zu Juda und den Nordgruppen aufgefallen40 . Ein etwas anderes Bild bietet Jos 18f. mit den "Losen" für die übrigen Stämme. Das erzählende Element tritt weitestgehend zurück. Ausgehend von der reichlich theoretisch-technisch dargestellten strengen, geographischen Landesaufnahme in 18,1-10 bildet Benjamin wieder eine Mischform, kombiniert aus Grenzbeschreibung (18 ,11-20) und einer wie die judäische Ortsliste untergliederte Ortsliste (18,21-24. 25-28*) 41 . Das "Los" Sirneons wird durch eine reine Ortsliste gebildet (19,2-7<8> ). Eine Mischform von Grenzbeschreibung (19,10a-14) und bruchstückhafter Ortsliste (19,15) findet sich für Sebulon. In umgekehrter Ordnung bietet sich das Los Issachars dar: Ortsliste (19,18-21) und Grenzbeschreibung (19,22). Noch ungeordneter geht es bei Asser zu: Ortsliste (19,25a), Grenzbeschreibung (19,25b-29a) und nochmals Ortsliste (19,29b-30). Wieder anders Naphtali: Grenzbeschreibung (19,33-34) und Ortsliste (19,35-38), in der Reihenfolge wie Sebulon. Noch anders schließlich Dan: Ortsliste (19,41-46) und Erzählung (19,47). Das Interessanteste und Wichtigste im Blick auf meine konkrete Fragestellung ist nun dies, daß allein die zu Juda (Südreich) gehörenden Stallmysgebiete Juda, Benjamin und Sirneon über die Existenz von Ortslisten hinaus diese Ortslisten nicht nur summieren (das geschieht bei allen Stämmen, die reine Ortslisten aufweisen; anders die ostjordanischenStämme <Jos 13>, Kaleb <Jos 14>, Ephraim undManasse <Jos 16f.> ), sondern die Ortslisten in Ortsgruppen gliedern und jeweils die Orte der Gruppen separat sum38 Die deutlichsten Elemente sind die Rede vom "Los" (gwrl) der Gruppen, vg!. 15,1 einerseits und 14,2; 16,1; 17, 1. 14. 17; 18, 6. 8. 10. 11; 19,1. 10. 17. 24. 32. 40. 51 andererseits, vom "Anteil" (l]lq) vgl. 15,13 einerseits und 14,4; 18,5. 6. 7. 9. 10 andererseits, vom "Erbbesitz" (nhlh) in 15,20 einerseits und 13,8. 14. 15. 23. 28. 33; 14,2. 3. 9. 13. 14; 16,4. 5. 9; 17,4. 6. 14; 18,i. 4. 7. 20. 28; 19,1. 2. 8. 9. 10. 16. 23. 31. 39. 41. 48. 49. 51 andererseits; vgl. auch das rein theoretische Ausziehen von Grenzen "bis ans Meer" in 15 ,4. 11. 12 einerseits und 16,3. 6. 8; 17,9. 10;'19,29 andererseits. 39 Hier braucht nur auf die Vermischung von Erzählstoffen, Ortslisten und Grenzbeschreibungen hingewiesen zu werden, von der sich die durch Summierung gegliederten Darstellungen von Regionen des Südreiches in Jos 15,21-44. 48-62; 18,(21-24) 25-28*; (19,2-7) deutlich abheben. S. dazu auch sogleich. 40 Vgl. dazu MowrNCKEL 1946, 32f. 41 Vgl. dazu differenzierend ScHUNCK 1963, 156ff.
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D) Verwaltungsgliederung als Herrschaftsmittel
!I. Listen im]osuabuch
mieren. Zwar wird nicht ausdrücklich gesagt, daß es sich um Verwaltungsregionen handelt. Aber die Tatsache der weiteren Untergliederung nur hier ist doch auffällig und mag ein Indiz einer Verwaltungsgliederung sein, das sich nicht aus Interessen und Bedürfnissen einzelner lokaler Siedlungs-Gemeinschaften ableiten läßt, vielmehr auf eine gliedernde Institution hindeutet. Das ist durch Fragen nach Datierung und Motivation zu verifizieren oder zu falsifizieren. Insgesamt finden sich für Juda elf Gliederungselemente (Regionen), für Benjamin eins(+ 1), für Sirneon zwei (aus Juda ausgegrenzte) mit einem Annex von /J:jrym (19,8a), der nicht als Einheit gezählt wird. Lag der Südreichgliederung, wenn es sich denn als eine königliche Verwaltungsgliederung herausstellen und nachweisen läßt, an der Zwölfzahl? Gegen eine rein theoretische Zahlenspielerei spricht die Unregelmäßigkeit der geographisch sehr unterschiedlichen Regionen und die kraß verschiedenen Ortszahlen (zwischen zwei und neunundzwanzig Orten) je Region; wenn man rein theoretisch gliedern will, liegt größere Gleichmäßigkeit nahe. Dafür, daß ein gewisser Wert auf die Zwölfzahl gelegt worden sein mag, spricht die künstliche Ausgliederung Sirneons aus Juda; praktisch bestand (das Südreich) Juda dann aus 12 Einheiten. Ebenfalls für gewisses Wertlegen auf die Zwölfzahl zeugt der Einschub Jos 15,45-47, der nicht selbständig gezählt wurde. Das Dan-"Los" Jos 19,41-46 stört wiederum die Zwölfzahl; aber es handelt sich wohl um eine Zufügung!Landerweiterung Judas (oder nur einen Anspruch42 ) einer bestimmten Zeit, die neben einem Zwölfersystem steht, auf das zu bestimmter Zeit einmal Wert gelegt wurde. Das Dan-"Los" enthält auch nicht die Juda und Benjamin (und Simeon) verbindende, summierende Untergliederung. Man mag deshalb eine Zwölfer-Verwaltungsgliederung einer bestimmten Zeit annehmen, die durch gelegentlichen zusätzlichen Landgewinn gesprengt bzw. ausgedehnt wurde43 .
Daß erst Josia sein Reich in einzelne Gebiete untergliedert haben sollte, sei schon von Alt als wenig wahrscheinlich bezeichnet worden. Diese Auffassung werde auch durch Ergebnisse von Noth, Cross & Wright sowie Kailai und Aharoni gestützt. Also müsse die· Entstehungszeit der Landesgliederung früher liegen; aber wann? Gegenüber den aus verschiedenen Einzelgründen in jeweils die Regierungszeit eines J\önigs vorgeschlagenen Datierungen habe Schunck angesichts der Komplexität und den Ergänzungen innerhalb des Südreichs-Gliederungskomplexes Jos 15,21-44. 45-62; 18,21-24. 25-28*; 19,41-46 eine weiterführende Lösung angebahnt: das "Prinzip einer fortlaufenden Erweiterung und Ergänzung eines Grunddokuments (wird) der Wirklichkeit wohl am ehesten gerecht" 46 • Dieses Grunddokument bzw. diese Grundtradition dürfte nach Schuncks Analyse Jos 15,21-44. 48-62; 18,25-28* umfaßt haben und durch Jos 18 21-24· 19 41-46 ergänzt worden sein. Aharoni, Schunck und Augustin haben gege~über f~üh~ren Ansetzungen der Landesgliederung sicherlich eher Recht, wenn sie die Ussiazeit für die wahrscheinlichste Entstehungszeit halten47 • Kann man damit sagen, daß das judäische Königtum etwa 250 Jahre brauchte, um mit einer mehr oder weniger festen Gliederung zu beginnen, so ist das nicht nur vor dem Hintergrund der in dieser Arbeit bisher gewonnenen Ergebnissen durchaus wahrscheinlich, sondern auch deshalb keineswegs verwunderlich, weil es keine Vorbilder und Vorstufen im Lande gab48 • Zwar hält sich Schunck die Option einer früheren Datierung offen49 , aber man kann m. E. über Spekulationen hinaus nur soviel sagen 5°, daß 1. jedenfalls nachweislich nur naturräumli-
Vorläufig scheint also die Vermutung nicht abwegig, daß die sich aus ganz formalen Beobachtungen ergebende, zusammengehörige und regional in Ortsgruppen gegliederte Gesamtheit von Juda( -Simeon) und Benjamin (Jos 15,21-44. 48-62; 18,25-28*; <19,2-7.8>) mit späteren Zusätzen (18,21-24; 19,41-46), deren Untergliederung sich schwerlich auf Intentionen der lokalen Bewohner zurückführen läßt, auf den organisatorischen Gliederungswillen einer übergeordneten Institution zurückgeht. Was nun die Datierungsfrage betrifft, kommt Augustin44 zum Abschluß seiner neuen forschungsgeschichtlichen Darstellung der Kompositionsgeschichte von Jos 15,21ff. vor allem auf der Basis der Arbeit von Schunck zu folgendem Ergebnis 45 :
42 Für Dan (Jos 19,41-46) läßt sich nach TIMM 1980,29ff. bes. 39f. überhaupt kein sicherer Zeitpunkt nennen, in dem die Region insgesamt mit allen genannten Orten zu Israel gehörte, so daß sich die Annahme eines Ideals (nachexilisch?) oder eines Anspruchs, der literarischen Legitimation eines Eroberungswunsches (welcher Zeit?) gerade nichtisraelitischer Orte nahelegt; s. aber o. A. 33. 43 Zu Zusatz-"Gauen" bzw. Zusatzlisten (Jos 18,21-24; 19, 41-46) vgl. ScHUNCK 1963, 162ff.; vgl. zur Datierung der Zusatzliste Jos 19,41-46 aber auch o. A. 33. 42. 44 1989, 41ff. 45 1989, 51ff.
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46 So ScHUNCK 1963, 157; zustimmend AuGUSTIN 1989, 53. Ich möchte aufgrundder Kritik von MoWINCKEL 1946, bes. 8. 33. 35 lieber von "Grundtraditionen" sprechen: Es dürfte wahrscheinlich sein, daß es am Jerusalemer Hof eine Aufzeichnung der vermuteten Regionalgliederung des Südreiches gegeben hat, aber ob ausgerechnet dieses Originaldokument die Zerstörung Jerusalems 587 v. Chr. überstanden hat, ist unsicher. Daß es außerhalb von Jerusalem (etwa in der Sommerresidenz Ifirbet SiiliiJ) (ein) Duplikat(e) gab, kann man vermuten, wenn auch nicht beweisen. Allerdings schießt MowiNCKELS Hinweis auf die Vernichtung von Originaldokumenten in Jerusalem über das Wahrscheinliche hinaus, da annehmbar ist, daß manche offiziellen oder offiziösen Dokumente, Listen und Traditionen (etwa die Grundlage von 1Kön 4,7ff.) durchaus von spätmonarchisch-deuteronomistischen Sammlern indirekt bewahrt worden sind. Man kann wqbl auch annehmen, daß regionale Grenzverhältnisse Judas vor 587 v. Chr. nach diesem Katastrophenjahr bekannt und auch gültig blieben (vgl. MowrNCKEL 1946, 8. 25 f. 34f.; KAISER 1984, 143), so daß ein landeskundiger Judäer bzw. Jude in exilisch-nachexilischer Zeit auch ohne ein vorliegendes Dokument den Komplex Jos 15,21-44. 48-62; 18,25-28* (und die Zusätze 18,21-24; 19,41-46) rekonstruieren konnte (vgl. zum Ganzen MoWINCKEL 1946, 6ff. 25ff. 34f.; ScHUNCK 1963, 146 A. 48; AUGUSTIN 1989, 45f. m. A. 101). 47 Vgl. SCHUNCK 1963, 157-166; AHARONI 1984, 365f.; AuGUSriN 1989, 53-56; AHARONI erwägt aufgrund von 2Chr 17,2 schon eine Vorstufe unter Josafat, was der Beleg aber nicht hergibt (vgl. WELfEN 1973, 181). 48 Daß es sich bei 1Kön 4,7ff. im Blick auf das Nordreichsgebiet gegen den allgemeinen KonseQS nicht um ein Vorbild administrativer königlicher Landesgliederung, sondern nur um einen ersten Versuch der herrschaftsstabilisierenden Verteilung und Stationierung von dem davidischen Königtum vertrauten Hof- und Eliteangehörigen sowie Gliedern der Orts- und Regionalelite, die dem Königtum wodurch auch immer verbunden waren, handelt, wurde oben gezeigt; 2Chr 11,5-12 kommt als Ansatz bzw. Vorstufe einer Verwaltungsadministration des Südreiches z. Zt. Rehabeams nicht in Betracht (o. S. 124-126 mit A. 580-589). 49 ScHUNCK 1963, 162. so Mit Recht betont AuouSTIN 1989, 53, daß ein höheres Alter (vor Ussia) "nicht auf
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D) Verwaltungsgliederung als Herrschaftsmittel
Il. Listen im josuabuch
ehe Gliederungen (die vier in Jos 15,21ff. genannten Landschaften) 51 , die keine sozialräumlich-politischen sind, vor dieser Liste existierten neben 2. wenigen tribalen Gliederungen 52, die aber alle am SO-, S- und SW-Rand Judas um das gegliederte judäische Kernland (Jos 15,21-44. 48-62) herum liegen und die Gliederung dieses Kernlandes offensichtlich nicht berührten, so daß die deutliche Gliederung des unitribalen JudaKerngebietes bzw. des bitribalen Juda-Benjamin-Gebietes des Südreiches sich umso deutlicher abhebt und kaum aus Intentionen der lokalen judäischen Bevölkerung abgeleitet werden kann. 3. Das unter den Forschern bzw. in den Forschungsüberblicken deutlich erkennbare Hin- und Her-Schieben von Orten, Grenzen und Umformung ganzer "Provinzen" zeigt deutlich, wie wenig starre und verfestigte "Provinzgrenzrealitäten" dahinter stehen bzw. daß von stabilen, mit Grenzen versehenen Verwaltungseinheiten nur mit größter Vorsicht zu sprechen ist53 und sie nicht ohne durchschlagende Argumente allzu früh angesetzt werden können. Solche Entwicklungen brauchen geraume Zeit und eine entsprechende organisatorische Entwicklung <,!er Herrschaft. Von den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit her muß also nicht nur vor zu frühen Ansetzungen der Entstehung einer judäischen Verwaltungsgliederung und -organisation gewarnt werden, sondern es kann auch ein - wenn auch allgemeiner - Trend der Entwicklung königlicher Herrschaft in Juda aufgewiesen werden, der die vorgeschlagene Datierung in die Zeit Ussias als die wahrscheinlich frühestmögliche bekräftigt, die aber deshalb nicht notwendig bereits die wirkliche Zeit der Entstehung der Verwaltungsgliederung des Südreiches gewesen sein muß! Zwei Ergebnisse sind in diesem Zusammenhang wohl bedeutsam: Ich habe oben54 nachzuweisen versucht, daß Ussia als erster König mehr oder weniger systematisch begann, über das Krongut hinaus die Hand auf wenig begehrtes und damit wenig umstrittenes Land im judäischen Binnenland im Interesse der Monarchie zu legen. Ob dies aber bereits ausreicht, ihm auch schon die in Jos 15,21-44. 48-62; 18,25-28* festgehaltene Landesgliederung zuzuschreiben,
scheint mir nicht gesichert, freilich auch nicht völlig ausgeschlossen. Hiskia hat dann im Rahmen seiner Abwehrvorbereitungen organisatorisch Beachtliches geleistet, indem er nicht nur das Krongut als materielle Basis für die Versorgung königlicher Funktionalorte logistisch-organisatorisch zu einem System gestaltete, sondern zugleich den Ring der königlichen Grenzfestungen um Juda herum durch Einbeziehung zahlreicher Orte der Landesbevölkerung in die Verteidigung diese mindestens teilfunktionalisierte55 , was einen breiteren Grenz-Abwehrgürtel ergab, der bei der relativen Kleinheit Judas doch einen beachtlichen Teil der Landesfläche abdeckte. In diesem Rahmen ist die Entstehung (des Gedankens) einer kompletten Landesgliederung m. E. noch besser verständlich als bei Ussia. Wiederum noch besser fügt sich tendenziell die Entstehung einer kompletten Landesgliederung in die Zeitumstände Josias ein, wenn man die das Binnenland und dortige Ortschaften noch stärker als bei Hiskia einbeziehende Funktionalortsliste 2Chr 11,5ff. betrachtet56 • In die gleiche Richtung weist die Neuorganisation des Gerichtswesens z. Zt. Josias 57 • Denkt man auch dar an, daß für Josias Zentralisationbestrebungen ein fiskalisch-or!}llnisatorischer Hintergrund vermutet worden ist58 , was mir diskutabel erscheint, so bietet sich die Zeit Josias als eine von bemerkenswerter organisatorischer Dynamik geprägte dar. Wenn man sich mit Schunck darauf festlegt, daß die Ergänzungen Jos 18,21-24; 19,41-46 in die Zeit Josias gehören 59 , mag man für die Entstehung der Gliederung wohl schon an vorjosianische Zeit (Hiskia? ) denken. Was Jos 19,41-46 betrifft, ist es allerdings auch nicht ausgeschlossen, die Ursache der Angliederung erst z. Zt. Jojakims anzunehmen 60 , so daß theoretisch die Anfügung an die von Josia geschaffene Gliederung z. Zt. Jojakims erfolgt sein könnte. Ob das auch für Jos 18,21-24 gelten kann, müßte dann neu untersucht werden. Zu einem eindeutigen Ergebnis ist wohl schwer zu kommen; Schunck weist mit Recht darauf hin, daß auch an der Ergänzung Jos 18,21-24 noch weiter gearbeitet worden ist61 •
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literarischer Ebene verifizierbar" sei. Dagegen glaubt NA' AMAN, Jos 13-19 sei in der David-/ Salomozeit aufgeschrieben (1987, 17;anders DERS. 1991). 51 Vgl. auch MOWINCKEL 1946, 8. 25 f. und u. A. 91. 52 Vgl. etwa die in 1Sam 30,14. 29 genannten Gruppen-Regionen der "Kreter", Kalebiter, Jerachmeeliter und Keniter. 53 Vgl. neben den von ScHUNCK (o. A. 43; u. A. 59-61) herausgearbeiteten "Zusatzlisten" und deren weiterer Veränderung in diesem Zusammenhang auch die Unklarheiten und Unsicherheiten im Blick auf "Vororte" oder "Hauptstädte" der "Distrikte" bei AHARONI 1984, 367ff. 359 A. 78; OLB 2, 577; NoTH 1971 a, 91; DE VAux 1964, 219, wo mehrfach ganz verschiedene "Hauptstädte" genannt sind; sichere Begründungen können allem. E. verständlicherweise nicht geben. Ist dies so, so erscheint es sehr kühn, wenn EDELMAN 1985, 88f. nicht nur die Existenz von "Distriktlisten", sondern sogar "Distrikthauptstädte" Sauls und Eschbaals zu erkennen behauptet! Vgl. auch MowiNCKELs Hinweis auf die zahlreichen unklaren Grenzziehungen (ostjordanische Stämme, Simeon, Dan, Issachar, Sebulon, Asser, Naphtali, überhaupt bei den Nord- und den Ostjordanland-Gruppen (1946, 27ff.). Der häufig (re-) konstruierte, theoretische und unklare Charakter der Grenzen macht es nachgerade unmöglich, "eine Karte über die genauen Stammesgrenzen zu irgend einer konkreten Zeit" zu zeichnen, allenfalls "annähernd eine Karte über die Vorstellung des Verfassers" der Endfassung von Jos 13-19 (aaO, 36). NA'AMAN bezweifelt neuestens, daß hinter den Städtelisten Judas und Benjamins, speziell bei den durch Zwischen-Summen abgegrenzten Sub-Distrikten, eine königliche administrative Einteilung steht (1991, 15f.; vgl. auch u.A. 63). 54 S. o. S. 127-130 m. A. 593-601.
Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit seit der Zeit Josias kann man mit einer königlich initiierten Verwaltungsgliederung des Südreiches rechnen, die sich in Jos 15,21-44.48-62; 18, 21-24. 25-28*; (19,41-46?) niedergeschlagen hat. Wieweit sie in dieser Form oder überhaupt bereits unter Josias Vorgängern (Manasse 62 , Hiskia63 oder schon U ssia) existierte, . ist nicht mit letzter Sicherheit S.o. S. 108-124 mit A. 476-579; S. 131m. A. 603. S.o. S. 124-126 mit A. 580-590; Karten bei FRITz 1981; NA'AMAN 1986a und AHARONI 1984, 341. 57 S.o. B) Recht und Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel 58 Vgl. CLABURN 1973; RosE 1975, 192-194. 59 1963, 163f. 60 S. o.A. 33undschono. (Kap.A) S.114m.A. 521; S.163-164m.A. 760-771. 61 1963, 164 f. Auch nach NA' AMAN, der neuestens ein einleuchtend-realistisches Bild Josias und seiner Herrschaft gezeichnet hat (1991, 33ff.), nach dem Josia als Vasall zunächst Assurs und dann Ägyptens dennoch relativ viel Handlungsfreiheit für die Innenpolitik besaß, beschreibt der Komplex der Städte Judas und Benjamins das Reichsgebiet Josias (1991, 23ff.). Vgl. auch u.A. 63. 62 Ob der religiöse Einfluß der Assyrer auf Manasses Herrschaft auch zu einer Übernahme assyrischer Provinzgliederungspraxis durch Manasse geführt haben mag? Vgl. WELTEN 1969, 161; RAINEY 1983, 16; ZU Manasse vgJ. auch AHLSTRÖM 1982a, 75ff.; SPIECKERMANN 1982, 160ff. 63 Gegen AHARONIS Hypothese von einer Verwaltungsreform z. Zt. Hiskias, in deren 55
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D) Verwaltungsgliederung als Herrschaftsmittel
11. Listen im Josuabuch
zu klären. Recht sicher kann man aber sagen, daß die oben angedeuteten herrschaftlich-organisatorischen Maßnahmen Hiskias und schon Ussias mindestens den Boden bereitet haben, beide herrschaftlich-organisatorisch auf jeden Fall in einer Weise tätig waren, die spätestens zur Zeit Josias zu der o. g. Form einer Verwaltungsgliederung Judas geführt hat, möglicherweise aber schon früher zu einer nicht ganz sicher festzustellenden Vorform derselben. Auf jeden Fall lassen sich aber in der Herrschaftsausübung Hiskias und schon Ussias die oben genannten Elemente nachweisen, die in Richtung einer königlichen Landes-Strukturierung als Herrschaftsmittel tendierten, wie sie spätestens zur Zeit Josias existierte. Die wichtigste und schwierigste Frage ist nun die nach dem Motividen Motiven der Einführung bzw. der Funktioniden Funktionen der herrschaftlichen Landesstrukturierung Judas in der angenommenen Grundtradition.
Zugegebenermaßen fällt es schwer, eine schlüssige Motivation festzustellen. Als hinderlich für eine Hinterfragung der bisher vorgeschlagenen Motivationen erweist sich die terminologische Vorentscheidung seit Alt (bis heute68), im Zusammenhang mit lKön 4,7ff. und den Listen in Jos 13-19 von "Gauen", "Provinzen", "Distrikten" u. ä. zu sprechen, die nicht nur ein durchorganisiertes staatliches Provinzialsystem suggeriert und damit vorwegnimmt, was erst nachzuweisen ist, sondern mit dieser Vorstellung auch auf die Diskussion über die Motivation beeinflussend eingewirkt hat, indem typische Motive einer staatlichen Administration (etwa Steuern) unterstellt werden. Es sollen deshalb im Folgenden vorläufige Überlegungen für (eine) evtl. Motivation( en) des Königtums zur Gliederung des Landes Juda zusammengestellt werden. Je unbefriedigender die Argumente ausfallen, desto wahrscheinlicher dürfte die Vermutung werden, daß das wahre Motiv uns entweder mangels Kenntnissen nicht bekannt ist oder es sich bei der Liste der Orte (und Regionen) Judas in Jos 15,21ff. und den zugehörigen Abschnitten um eine gelehrte Schreibtischarbeit handelt, wobei erneut die Motivationsfrage zu stellen ist, diese Frage nur vom Bereich der königlichen VerwaltungsAdministration auf die literarische Ebene verschoben ist.
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In den älteren Arbeiten wird diese Frage kaum scharf gestellt, vielmehr die Funktion schon durch die Terminologie ("Gaue") vorprogrammiert im Sinne einer für einen Staat selbstverständlichen Verwaltungsbezirksgliederung vorausgesetzt64 . Auch bei Aharoni ist keine genauere Zweck- bzw. Funktionsangabe zu finden, wenn man nicht seinen Hinweis auf die Verbindung der Ortsliste Jos 15,21ff. mit lKön 4,7ff. so deutet, daß von lKön 4,7ff. her auch für Jos 15,21ff. eine Zweckbestimmung für Steuereintreibung und ms-Organisation anzunehmen sei 65 . Aber für eine solche Verbindung von Jos 15,21ff. und lKön 4,7ff. gibt es kein tragfähiges Argument. Welten z. B. weist für den Zweck der 12 "Gaue" auf die Hofversorgung66 . Wenn das aber die ganze Funktion sein soll, handelt es sich um eine sehr begrenzte ökonomische Abzweckung, die, abgesehen von der Praktikabilitätsfrage67 , kaum allein die Einrichtung einer umfassenden Landesgliederung als verwaltungstechnisches Herrschaftsinstrument motivieren kann. Rahmen die zwölf "Distrikte" Judas aus praktischen(!?) Gründen auf vier reduziert worden seien (1984, 366. 409-411), was weder einleuchtet noch belegbar und außerdem verwaltungsorganisatorisch widersinnig mit der Folge größerer Unübersichtlichkeit ist, s.o. S. 157-159 m. A. 722-736 (dagegen auch WELTEN 1973, 173). Was bei Hiskia belegt ist, ist derins Inland von der Grenz(festungs)linie her verbreiterte Grenz-Funktionalortgürtel (o. S.108-124 m. A. 476-579; S. 131 m. A. 603), aber kein "Provinzsystem". Neuestens hat NA' AMAN vermutet, daß vielleicht schon einige Zeit nach dem Zerfall der salomonischen Herrschaft sich eine Gliederung Judas in die Regionen "Negeb, hill country, Shephelah, Jerusalem and vicinity, Benjamin" ergeben habe, die "reflects the administrative division of the kingdom of Judah, and that this was the external framework for the preparation of the original document on which our town lists (Judas und Benjamins- H. M. N.) are based". Im Zusammenhang mit der Assyrer-Gefahr z. Zt. Hiskias bekamen die Regionen (außer der um Jerusalem) Bedeutung für die Organisation eines "supply system fortimes ofwar and siege" (1991, 15f.). Das ist m.E. gut möglich! Jedoch bezweifelt NA'AMAN, daß die Untergliederung der Städtelisten durch Zwischensummierung in Sub-Distrikte eine administrative Gliederung dokumentiere (1991, 16). Ob die Zweifel berechtigt sind, bleibt offen. Welchen Zweck hätte sonst die Untergliederung? Handelt es sich bei den ("Sub-) Distrikten" Josias um Planungen oder (wie weit?) ausgeführte organisatorische Realität? 64 Vgl. ALTS Aufsatztitel von 1913 ("Gaue") und o. A. 5 sowie schon o. (Kap. A), A.l15. 65 AHARONI 1984, 359-362 in Verbindung mit S. 326. 66 1969, 101 (wohl mit Gedanken an 1Kön 4,7ff.). 67 Zu den berechtigten Zweifeln vgl. zuletzt RüTERSWÖRDEN 1985, 109 und vorher DE VAux
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1. Die hinter lKön 4,7ff. stehenden Maßnahmen Salomos können allenfalls als ein erster Versuch einer herrschafts- und verwaltungsmäßigen Durchdringung seines Gebietes und der Stabilisierung seiner Herrschaft (nur des nichtjudäischen Nordteils) angesehen werden. Für Juda fehlen entsprechende Hinweise. Daß es sich um kein festes, stabiles und wirksames Provinzorganisationssystem handelte, zeigt schon der schnelle Zerfall und der Abfall des Nordgebiets. Welche königlichen Angelegenheiten der nachsalomonischen Zeit in Juda können verwaltungsmäßige Durchdringung und Organisation motiviert haben? 2. Zweifellos muß die Versorgung von Hof und königlichen Funktionalorten, der die Delegaten Salomos für die Nordgebiete u. a. ali'Ch gedient haben mögen, nach dem "Abfall" des Nordens weitergegangen sein. Nach Salomo kommen dafür weiterhin besonders Krongüter in Frage, wenn wir von ihnen im Sinne eines ausgebauten Systems auch erst in der späteren Königszeit (besonders Hiskia) Verläßliches wissen69. Der Mangel darüber an Nachrichten früherer Zeit rät aber ebenso zur Vorsicht, die Hofversorgung als alleiniges Motiv zur Einrichtung einer frühen königlichen Verwaltungsstruktur vor Ussia zu erklären wie überhaupt die Hofversorgung wohl nicht zur Motivation ausreicht. 3. Da, wie bereits festgestellt, regelmäßige Steuererhebungen mit Rüterswörden70
1964, 218; WüRTHWEIN 1985, 43f. 46f. gegen die fast allgemeine Meinung (vgl. ausführlich o. S. 246-"251 m.A. 2-20und schon o. S. 27-40 m.A. 105-147). 68 Vgl. zuerst ALT 1913 = 1978, 76ff. sowie CROSS/WRIGHT 1956; AHARONI 1959; DERS. 1976; METTINGER 1971, 111ff.; WüRTHWEIN 1985, 41ff.; THIEL 1985; NA'AMAN 1986a, 167 ff.; AxELSSON 1987, 73(ff) und viele andere. 69 S.o. (Kap.A) S. 156-165 m.A. 717-776 und o. (Kap.A) S. 10 m.A. 44; S. 129 m. A. 601 (1Chr 27,25ff. stammt nicht aus der Davidzeit). 70 1985, 127ff.; dagegen behauptet in letzter Zeit wieder RAINEY 1982, 61; DERS. 1983, 6
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D) Verwaltungsgliederung als Herrschaftsmittel
I!. Listen im josuabuch
bis auf gelegentliche Sondersteuern entfallen, könnte man an eine Motivation zur Organisation der Zehntenerhebung und zur Systematisierung der Erfassung gelegentlicher mn/Jwt an den König denken71 . Aber über deren technische Abwicklung und überhaupt die Basis des Anspruches des Königs auf den Zehnten, gar in der frühen Königszeit, mangelt es an zusammenhängenden und verläßlichen Angaben, ebenso an Erkenntnissen über die zeitliche Entwicklung im Blick auf die Erhebung des königlichen Anspruchs darauf und darüber, wie allgemein und verbreitet oder gelegentlich und auf bestimmte Kreise/Personen eingeschränkt der königliche Zehnten- und mn/Jh-Anspruch war72 • So kann auch hierin schwerlich, und falls doch, dann aufgrund der durchweg
späten Belege für Zehnten allgemein und des einzigen Zehntenbelegs mit Bezug auf den König (1Sam 8,15.17) erst allmählich in der Königszeit ein Motiv für eine der Zehntenerhebung dienende oder die Organisation der Erhebung unterstützende Landesgliederung gesehen werden. Als alleiniges Motiv der königlichen Landesgliederung muß Zehntenund mn/Jh-Erhebungs-Organisation wohl doch ausscheiden. 4. Bildete die Organisation von ms- Diensten ein Motiv? In der Salomozeit, einer bzw. der "Hoch-Zeit" derselben, war gerade kein seine Organisation unterstützendes Verwaltungsgliederungssystem erkennbar. Ausdrücklich bezeugt ist ms nach Salomo nur unter Abia73 und wohl unter Jojakim74 • In gewissem Rahmen mag sie ungeachtet der sehr punktuellen Bezeugung immer existiert haben, aber es fragt sich, ob solche recht gelegentlichen Dienstleistungen in einem kausalen Zusammenhang mit der Entstehung einer Landesgliederung stehen müssen. 5. Die Motivation zur Entstehung einer Verwaltungsgliederung im Zusammenhang mit königlicher Gerichtsgewalt als Herrschaftsmittel entfällt, wie sich gezeigt hat1 5 , zumindest bis zur Zeit Josias. 6. Lag ein Motiv der vermutlichen Verwaltungsgliederung Judas in der HeeresRekrutierung im allgemeinen oder einer Neuorganisation derselben im besonderen? Solche königlichen Maßnahmen sind tatsächlich vermutet und mit den Josualisten verbunden worden76 • Konkret denkt Aharoni wegen 2Chr 26,11-14 an eine Reichsverwaltungs- und Heeresreform unter Ussia auf der Basis von Jos 15,21ff. 77 • Jedoch hat Welten gezeigt18, daß es sich bei diesen Ussia-Nachrichten um einen chronistischen Topos und chronistische Formulierungen handelt, die chronistisch-theologische Mittel zur "Charakterisierung und Qualifizierung bestimmter Könige" 79 verwenden und deshalb nicht streng historisch ausgewertet werden können. Wenn nun aber eine Heeresreform nicht unter Ussia stattgefunden hat, gab es eine Heeresreform z. Zt. Josias und damit ein Motiv für die (Entstehung der) Verwaltungsgliederung80? Es ist jedoch keineswegs gesichert, daß sie stattgefunden hat bzw., hätte
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ohne Argumentation, in Jos 15 seien "original administrative documents" erhalten mit dem Zweck der Steuererhebung. 71 Früher z. B. DE VAUX 1964, 226f., der außer dem Hinweis auf 1Sam 8,15. 17; 2Chr 17,5, die keine regelmäßigen und umfassenden Zehntenabgaben an den König belegen, aber nichts zur Stützung seiner Behauptung eines königlichen Zehntenempfangs zu nennen weiß. Auch J AGERSMA 1981, kommt zu dem Ergebnis, daß derfreiwillige Zehnte bis zur Zeit J osias wohl im lokalen Heiligtum deponiert wurde (aaO, 120f.) und rechnet damit, daß "everybody personally or the people as a whole was obliged to give tithes ... ", was nicht heißt, daß "everybody in Israel or in Juda gave or had to pay these tithes at all times" (aaO, 125). "In pre-exilic texts nothing is said about measures to be taken in order to collect tithes locally or per district or group" (aaO, 125, vgl. 127 )! Ob auf der alleinigen Grundlage von 1Sam 8,15. 17 der König als Empfänger von Zehnten reklamiert werden kann, scheint auch JAGERSMA sehr unsicher, wenn er auch über den Umweg von Zehnten an staatlichen Heiligtümern (Betel, Jerusalem) eine Verbindung von Königtum und Zehntern vermutet (aaO, 123f.). Unsicher bleibt JAGERSMAS Vermutung, 1Sam 8,15. 17 sei ein Reflex von Salomos unpopulärer Zehntenforderung gegenüber (nur) den nichtjudäischen Nordgruppen (aaO, 121f.). Das ist bestenfalls der theoretisch frühestmögliche Termin, jeder spätere, dtr. oder exilisch-nachexilische Termin ist ebenso möglich, wenn nicht mangels jeglicher vorexilischer, Zehnten direkt mit dem König verbindender Nachricht evtl. sogar wahrscheinlicher. M.E. mag allenfalls ein Anspruch des Königtums sich im Laufe der monarchischen Zeit ergeben haben, wofür vielleicht 1Sam 8,15. 17 eine späte Rückspiegelung vorliegt, die aber noch nicht einmal die Durchsetzung solchen königlichen Anspruchs belegt, sondern möglicherweise eine -im Kontext negativ gewendete- Rückspiegelung des Anspruchs darstellt, die sich frühestens aus der von Josia geplanten Konzentration des Kults in seiner Residenz ergab, so daß sich der gemeinsame Anspruch von Königtum und Heiligtümern (bzw. J erusalemer Tempel) auf den Zehnten erst von der Josianischen Zentralisationsplanung und der damit eröffneten Zugriffsmöglichkeit des Königs auf den Zehnten für den Jerusalemer Tempel herleitete. Ist das richtig, erklärt sich zwanglos das Fehlen jeglicher Nachricht vom Anspruch bzw. von der Realität der Zehntenzahlung an das Königtum in monarchischer Zeit, die ja auch in der Josiazeit nicht direkt belegt ist. 72 Vgl. RüTERSWÖRDEN 1985, 129ff. R. weist mit Recht auf den redistributiven und konsumptiven, durch Besitzakkumulation (Rentenkapitalismus) gekennzeichneten Charakter der Prestigewirtschaft der israelitischen Könige und der Besitzelite (1985, 132ff. ;zur Redistribution vgl. SERVICE 1977, 109ff. 112ff. 128. 131. 361; o. A. 221. 592). Weiter zu prüfen ist aber die Frage, ob man in der krisenhaften Sozialentwicklung Israels ab 8. Jh. v. Chr. bereits den "Übergang zu einer Art Geld- und Marktwirtschaft" sehen kann (RüTERSWÖRDEN aaO, 136f.). M.E. muß man dabei eher zurückhaltend sein, allenfalls bei RüTERSWÖRDENs "Übergang" an die allerersten Anfänge denken; im wesentlichen scheint mir bis zum Ende der Königszeit die redistributive Prestigewirtschaft auf der königlichen und der gesellschaftlichen Elite-Ebene (konsumptiver Rentenkapitalismus) vorgeherrscht zu haben neben der Subsistenzökonomie der Bevölkerungsbasis.
73 Vgl. 1Kön 15,22, wobei es sich um eine konkrete und verteidigungspolitisch akute Notsituation im Zusammenhang mit einem königlichen Grenzfunktionalort handelt, die man nicht ohne weiteres verallgemeinern sollte. , 74 Vgl. Jer 22,13, aber auch hier mag es sich um begrenzten Einsatz bei königlichen Bauten in der Residenz gehandelt haben, der nicht mit Sicherheit verallgemeinert werden darf. In diesem Sinne kann auch das Siegel eines Funktionärs '/ h-ms aus dem 7. Jh. v. Chr. (AVIGAD 1980) gedeutet werden, wie es weitere gegeben haben kann, die für notwendige Arbeiten speziell in königlichen Funktionalorten, besonders bei Grenzverteidigungsbauten und auf Krongütern verantwortlich gewesen sein mögen. Vgl. auch das vorsichtige Urteil von DE VAUX 1964,229. 75 S.o. B) Recht und Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel 76 Vgl. besonders JuNGE 1937 und BÄCHLI 1973, die an die Josiazeit denken; BÄCHLI sieht die Listen Jos 13-19 als Ergebnis der Arbeit einer "Flurkommission" (!), die zugleich für Steuereinschätzung und die Erfassung Wehrpflichtiger dienen sollten. 77 AHARONI 1984, 365; er meint sogar, wegen 2Chr 17,2, wo aber nur von Truppen in befestigten Funktionalorten und n.'jbym in (wohl denselben) Orten die Rede ist, nicht an "Provinzen(bildung)", sondern bereits an eine Provinzgliederung Josafats denken zu können, vgl. dagegen aber WELTEN 1973, 82-87. 181. 78 1973, 87-90. 100-114 79 WELTEN 1973, 114 80 Vertreter einer josianischen Heeresreform o. A. 76.
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D) Verwaltungsgliederung als Herrschaftsmittel
!I. Listen im ]osuabuch
sie stattgefunden, daß sie das (ein) Motiv für die Entwicklung eines Distriktsystems abgegeben hat: Zunächst gibt 2Kön 22f. nicht den geringsten Hinweis darauf. Zwar ist es richtig, daß verstreute (nur!) chronistische Notizen Musterungen überliefern81 , aber es ist unberechtigt, sie alle zusammenfassend auf Josia zu beziehen und die bzw. eine Heeresreform als dessen Neuerung zu interpretieren82 , zumal ein Hinweis in 2Kön 22f. fehlt. Es handelt sich vielmehr bei den Musterungsbelegen mit Welten83 um Elemente des theologischen ("ideologischen") Topos "Heeresverfassung" des Chronisten, gegenüber dessen historischer Auswertung Vorsicht geboten ist, da der zeitliche Hintergrund und die militärischen Anschauungselemente nicht vorexilisch sind 84 • Nicht nur die dargelegten Gründe sprechen gegen eine Heeresreform Ussias und/oder Josias. Es ist auch noch eine andere Überlegung, die zeigt, daß Heeresrekrutierungen schwerlich ein Motiv für die Entstehung einer königliche Distriktbildung darstellen: Zwar gibt es nachweislich am Hofe in Jerusalem Funktionäre, die für die Koordinierung von Einberufungen übergreifend zuständig waren 85 , aber die Einberufungen in concreto und vor Ort lagen auf königliche Anforderung offensichtlich in der Verantwortung der jeweiligen Lokalelite86 , wie schon immer in Israel/Juda. Das zeigt sich auch bei den in Dtn 20,5-9 genannten S(rym, die, wie Rüterswörden nachgewiesen hat87 , nicht Staats-, sondern Stammesleute waren, "Listenführer" 88 für die Einberufung vor Ort. Damit hat sich ergeben, daß Heereseinberufungen (wie Heeresreformen) kein (entscheidendes) Motiv für die königliche Bildung von Distrikten waren. Ein solcher Zusammenhang besteht nicht. Heereseinberufungen werden auf lokaler Ebene organisiert, nicht auf der Grundlage von königlichen Verwaltungsdistrikten. Ein direkter königlichorganisatorischer Eingriff in die lokale Ebene ist nicht zu erkennen. Auch in militärorganisatorischen Dingen besteht also anscheinend lokale Selbstorganisation und -Verwaltung. 7. Handelt es sich bei der Entstehung der Gliederung Judas um eine herrschaftsstrukturelle und strukturstärkende Maßnahme, die im kausalen Verhältnis zu einer auf irgendeinem anderen Gebiet struktur- bzw. herrschaftsschwächenden Maßnahme ausgleichsweise stabilisierend wirken sollte? Ist an diesem Gedanken etwas Richtiges, so kommt dafür wohl nur die Zeit Josias 89 in Frage, wo durch die geplanten kultorganisato-
rischen sowie die gerichtsreformerischen Maßnahmen die Heiligtümer im Lande mit ihrem Personal als Eliteangehörige und damit in gewissen Interessenübereinstimmungen mit dem Königtum an für das und von dem Königtum einsetzbarem Einfluß zwangsläufig verlieren mußten, ein Verlust, der durch die organisatorische Stabilisierung, die eine Verwaltungsgliederung mit sich bringt, für das Königtum ausgeglichen werden konnte. M.a. W. Josia begann anstelle der vom Königtum mindestens partiell beeinflußbaren kultischen Funktionäre, die auf Jerusalem konzentriert werden sollten, einen neuen, "säkularen" Einflußfaktor im Lande aufzubauen: Eine herrschaftsstabilisierende Landesgliederung90 •
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Asa (2Chr 14,7), Josafat (2Chr 17,14-18), Amazja (2Chr 25,5), Ussia (2Chr 26,11-15). So auch DE VAUX 1966, 31, der freilich keinen Grund zu Zweifeln an den A. 81 genannten Musterungen sieht (aaO, 32); vgl. aber u.m. A. 83f. 83 1973, 79-114 84 WELTEN 1973, 103-114 85 2Kön 25,19 (Zedekia!); 2Chr 26,11 (angeblich Zeit Ussias, vgl. aber dazu WELTEN 1973, 87ff.); vgl. auch o. den Abschnitt I. Funktionäre ("Beamte") des Kapitels A) Binnenverwaltung als HerrschaftsmitteL 86 Vgl. WELTEN 1973, 100f. Von hier aus wird auch gut verständlich, daß das "Volk des Landes" ('m h-'r!f) besonders mit der dem Königtum interessenmäßig verbundenen Spitze der Status- und Besitzelite (srym, s.o. S. 46-55 m. A. 191-227) mehrmals zugunsten des davidischen Königtums bei Thronstreitigkeiten und Hofintrigen in Jerusalem eingreift (vgl. auch WALLIS 1976). 87 1985, 109-111 88 RüTERSWÖRDEN 1985, 111; anders, aber nicht überzeugend, DE VAux 1964,250. 89 Die früher oft vermutete umfassende kultische Reform Hiskias (vgl. noch HUTTER 1982, 61-67) hatte nach der einleuchtenden Analyse SPIECKERMANNS 1982, 170-175 einen geringen 82
Überblickt man die hier skizzierten, bisher vorgeschlagenen Motivationen, so erweisen sie sich, soweit sie nicht ganz als solche abzulehnen sind, als jeweils Umfang und bezog sich lediglich auf die Entfernung des Schlangensymbols Nehuschtan aus dem JerusalemerTempel, so daß sie im hiesigen Zusammenhang keine Rolle für die Frage der Verursachung einer Landesgliederung spielen kann. Ein überzeugend realistisches Bild Josias, seiner Herrschaft, deren politischem Status und seinem Schicksal im Kontrast zur theologisch-biblischen Darstellung bietet neuestens NA'AMAN 1991, 33ff. 90 In dieser Zeit und Entwicklungstendenz der geplanten landesweiten Aufbebung der Lokalheiligtümer zugunsten des einen Ortes, "den JHWH, euer Gott erwählt, daß er seinen Namen dort wohnen lasse" (Dtn 12,11; 26,2, vgl. 1Kön 8,29; 11,36 u.ö.), bietet es sich an, die Wurzel des Gedankens der Einrichtung der sog. Asylstädte (Jos 20; Dtn 19,1-13; vgl. auch Num 35) als strukturelle Ausgleichsmaßnahme zu suchen; man mag auch erwägen, ob der Ursprung des Systems der Levitenorte (Jos 21; 1Chr 6,39ff.; vgl. auch Num 35) in denselben zeitlichen und sachlichen Zusammenhang gehört. Wie weit die Umsetzung des Systems der Levitenorte, dessen rein theoretischen Charakter SCHMITT (Ms) überzeugend nachgewiesen hat (dagegen zuletzt wieder HAUER 1982, der das Levitenortssystem in die Zeit Davids datiert <ebenso z. B. BLENKINSOPP 1972, 91>, ohne zu überzeugen; HAUERs Argumentation leidet an dem methodischen Mangel, daß er einseitig nur die frühestmögliche Datierung sucht. Außerdem postuliert er in der Davidzeit einen "national royal ecclesiastical cult"; vgl. dagegen o. S. 227-235 m.A. 214-269. Daß DavidLeviten an sich und in seine Residenz zog, beweist keinesfalls auch die Existenz des Levitenorts-Systems, dafür fehlt jeder positive Beweis) in die Praxis gediehen ist, we~n es denn in monarchischer Zeit überhaupt mehr als die Idee bzw. Planungen des flächendeckenden Levitenort-Systems gegeben hat, läßt sich m. E. nicht mehr feststellen. Die Datierung des realen Systems in die Josiazeit bei NA' AMAN 1986, 8 kann nicht als Beweis der Existenz gelten, trifft aber möglicherweise die die Idee hervorbringende Zeit.- Ebenfalls in die Tendenz der Josiazeit paßt es, daß das Nebeneinander des Anspruchs von (Kult und Priesterschaften) JHWH(s) und Königtum auf mnl]h und Zehnten, auf das RüTERSWÖRDEN 1985, 129ff. aufmerksam gemacht hat und über deren frühe Geschichte kaum etwas bekannt ist (man kann mit RüTERSWÖRDEN 1985, 129f. nur auf 1Sam 8,15. 17; Dtn 12,17f.; 14,22f.; 26,12; Lev 27,30ff. hinweisen, wovon nur 1Sam 8,15. 17 überhaupt einen Bezug zum Königtum hat), durch die Zentralisierungsplanung Josias auf die Residenz konzentriert wurde und damit zwar theoretisch das Nebeneinander des Anspruchs weiterhin durch Tempel und Palast gewahrt blieb, sich praktisch aber, soweit die dtn. Forderung befolgt wurde, zugunsten des Königtums und der Residenzökonomie neigte und mnl]h wie Zehnter damit deutlicher als vor der Zentralisation als Element der Legitimation und der redistributiven Prestigewirtschaft (SERVICE 1977, 109ff. 112ff. 128. 131.361 u.ö.; RüTERSWÖRDEN 1985, 132ff.; weitere Lit. zur Sache o. A. 81. 88. 221. 592) des judäischen Königtums wirksam wurde und beansprucht werden konnte (vgl. auch schon o. S. 262 mit A. 72 sowie CLABURN und RosE < o. A. 58> zum ökonomisch-finanzpolitischen Hintergrund der Josiareform).
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D) Verwaltungsgliederung als Herrschaftsmittel
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für sich gesehen keineswegs durchschlagend; sie kurzerhand zu bündeln und so ein starkes Argument zu gewinnen, scheint mir problematisch. Bemerkenswert ist jedoch, daß dort, wo ein jeweiliges Argument überhaupt sachlich angemessen erscheint, immer wieder sich die Josiazeit als die wahrscheinlichste Epoche der Entstehung der königlich-judäischen Landesgliederung herausstellt und zugleich Anzeichen erkennbar sind, daß die Neigung des Königtums zu solch einer herrschaftsstabilisierenden Maßnahme wahrscheinlich mit der Herrschaft Ussias erste Konturen gewann, eine Entwicklung, die mit den bisherigen Ergebnissen dieser Untersuchung in weitestgehender Übereinstimmung steht. Dieses Zwischenergebnis soll nun noch geprüft werden, indem einige Gesichtspunkte ins Auge gefaßt werden, die aber auch gegen die Annahme einer in Jos 15,21ff. *; 18,21-28*; (19,41-46)- zumindest in derfrühen und mittleren Königszeit - bereits existierenden/fixierten königlichen Landesgliederung einige Bedenken erwecken können:
Kompilator die Realität der letzten "großen" Phase Judas z. Zt. Josias dabei vor Augen gehabt haben 96 • Eine Schwierigkeit dieser Hypothese besteht aber darin, daß dann eine Motivation für die (Wieder-) Aufzeichnung dieser zur Theorie gewordenen Landesgliederung erforderlich ist. Das Problem ist aus der königlichen Verwaltungsorganisation in die exilisch/nachexilisch-schriftstellerische Theorie verschoben. Auch in letzterem Falle bedarf es einer Motivation der Aufzeichnung der Gliederung in dieser Fassung97 , die allerdings für den Zeitrahmen der vorliegenden Arbeit und ihr Interesse an der Motivation einer königlichen Landesgliederung nur von marginaler Bedeutung ist.
Die "Gaue" spielen als solche in keinem einzigen Erzählungstext oder Vorgang eine Rolle als königliche Verwaltungseinheiten. Vielmehr tauchen nicht selten naturräumlich-landschaftliche oder sozialräumlich-tribale Landesgliederungen auf9 1 • Hinzu kommt die häufig erwähnte Landesgliederungs-Gegenüberstellung "Jerusalem und (ganz) Juda" in verschiedenen Anordnungen 92 sowie als Landeserstreckungsbezeichnung "Geba und Beerscheba" durch die nördlich bzw. südlich bedeutend(st)en Orte Judas 93 • Es ist weder begrifflich noch sachlich Klarheit über "Vororte" oder "Hauptstädte" der "Gaue" als königliche Verwaltungszentren zu gewinnen94 . Ebenso fehlen Angaben über "Distriktgouverneure" und solche über "Unterbeamte" für die praktische Verwaltungsarbeit in den "Gauen" 95 • Empfindet man also rückblickend die vorgeschlagenen Motivationen zumindest bis zur Zeit Ussias und Hiskias als schwach, sollte aus methodischen Gründen erwogen werden, daß uns (weitere) Motivationen entweder unbekannt sind oder mit der Zusammenstellung bzw. Einarbeitung der Landesgliederung Judas innerhalb Jos 15*; 18*; 19* ein Stück gelehrter "Schreibtischarbeit" vorliegt; am wahrscheinlichsten dürfte der 91 Vgl. nur Jer 17,26 (dazu THIEL 1973, 206m. A. 17); 32,44; 33,13 zu naturräumlichen, o. S. 258 m. A. 52 zu sozialräumlich-tribalen Gliederungen. S. auch u. S. 268 m. A. 103. Zum Begriff "naturräumlich" und "sozialräumlich" vgl. CHRISTALLER 1950. 92 Zu diesem Belegkomplex vgl. FüHRER 1964,291-318 = 1969, 195-211. 93 Vgl. 2Kön 23,8; vgl. aber auch Sach 14,10 und dazu RUDOLPH 1981, 236f. 94 Vgl. dazu nur die in fünf Fällen voneinander abweichenden, jeweils nicht hinreichend begründet "Vororte" postulierenden Auffassungen bei NoTH, DE VAux, AHARONI und OLB (s.o. A. 53). 95 Gegen die Behauptungen AHLSTRÖMs in dieser Richtung s.o. (Kap. C) S. 228f. m. A. 219-226; S. 230f. m.A. 237-247. Königliche Krongut-Funktionäre, durch Siegelfunde bekannte ms-Funktionäre und srym können nicht in kausale Verbindung mit der Entstehung der Landesgliederung gebracht werden. Vielmehr hat die ursprüngliche und mehr oder weniger bleibende Lokal- und Regionalverbundenheit der Elite-srym (o. S. 46-56 m. A. 191-228) dazu beigetragen, daß die gegenseitig nutzbringende Zusammenarbeit der lokalen Status- und Besitzelite mit dem Königtum lange eine straffe, durchorganisierte Landesgliederung relativ weitgehend erübrigte.
Festzuhalten bleibt jedenfalls, daß sehr wahrscheinlich eine seit Ussia allmählich entstandene Verwaltungsgliederung Judas (Jos 15,21-44. 48-62; 18,25-28*), sukzessive aktualisiert (Jos 18,21-24; 19,41-46?), von nicht präzise und umfassend bestimmbarer Motivation existiert hat9 8 , die Kern und Grundlage einer späteren (spätmonarchischen oder <eher> erst nachexilischen) (Wieder-) Aufzeichnung geworden ist gemeinsam mit älteren, zählebi96 Vgl. in diesem Sinne etwa MoWINCKEL 1946, 33f., zustimmend FüHRER 1969, 221. Von einem rein "literarischen Werk" Jos 14-19 spricht auch WüsT 1975, 210f. Zur Josia-Zeit und -Herrschaft im Spannungsfeld von Planungen, Absichten und (begrenzter) Verwirklichung vgl. neuestens NA'AMAN 1991. 97 Sie liegt wahrscheinlich ähnlich wie bei der (noch theoretischeren) "Planungstheorie" von Ez 47f. in einem idealisierenden, den Landesbesitz nach 597 v. Chr. für die Zukunft legitimierenden "Programm" (FüHRER 1969, 222), freilich auf der Basis von Traditionen, Vorstellungen und "politische(n) Aspirationen" der Josiazeit und früherer Zeit, verknüpft mit "Wiederherstellungshoffnungen" und unter dem Einfluß einer religiös-rechtlichen Theorie, " ... daß ... das ganze Kanaan ... von Israel unter Josua erobert wurde und daher seitdem mit Gott und dem Recht Israel gehörte" (MowiNCKEL 1946, 8.24). Eine nicht politisch-administrative Motivation speziell der Sirneon-Liste Jos 19,1-9, mit Recht z. B. ohne Gedanken an Erfassung Wehrpflichtiger und/oder Steuereinziehung, sondern eine theologisch-theoretische Motivation für die Komposition Jos 19,1-9 zur "theologischen Legitimation eines politisch angestrebten panisraelitischen Anspruches" im Gesamtrahmen allerdings bereits der Herrschaft Josias hat AuGUSTIN 1989, 54-57 herausgearbeitet, ,Das ist möglich, ebenso aber auch eine "theologische Legitimation eines politisch" wieder anzustrebenden "panisraelitischen Anspruches" nach 587 v. Chr. als Motivation hinter dem Gesamtkonstrukt Jos 13-19 einschließlich Jos 19,1-9. Auf jeden Fall ist AuGUSTINs Herausstellen des theoretischen und theologisch-legitimierenden Charakters von Stammesortslisten am Beispiel von Sirneon in seiner Gültigkeit für die Letztfassung von Jos 13-19 insgesamt und ihrer literarischen Motivation zu unterstreichen. 98 Die Auffassung, mit der Entstehung einer Verwaltungsgliederung, sogar in schriftlich dokumentierter Form, nicht vor die Zeit Ussias zu gehen, findet neben der in dieser Arbeit festgestellten allgemeinen Tendenz der Herrschaftsentwicklung in Israel auch durch den kulturgeschichtlichen Zusammenhang der Entwicklung von Schrift/Schreiben und Zentralisation von Herrschaft und Administration, speziell im Falle Israels seit dem 8. Jh. v. Chr. (SMELIK 1987, 9. 22ff.; H. WEIPPERT 1988, 578ff.; KNAUF 1989, SOff.; DERS. 1990d; allgemein vgl. SERVICE 1977, 380; GOODY 1988; SIGRIST in S!GRIST/NEU eds. 1989,7 ; BREUER 1990, 66f.) Bestätigung und Unterstützung. Auch an das kulturgeschichtlich keineswegs zufällig mit dem 8. Jh. v. Chr. auftretende Phänomen der beschrifteten Siegel einer Status- und Besitzelite ist zu erinnern (HERR 1978; AviGAD 1986 und o. S. 51-53 m.A. 209-222).
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D) Verwaltungsgliederung alsHerrschaftsmittel
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gen Traditionen, Landschaftsbezeichnungen und Stämmegebieten/-grenztraditionen aus verschiedenen Zeiten und unter Einschluß zeitgenössischer Verhältnisse und Kenntnisse, Konstruktionen und auch Spekulationen des Kompilators von Jos 13-19, der unter dem Einfluß einer "religiös-rechtlichen Theorie" des Landbesitzes99 mit geschiehtsaufarbeitender wie anspruchslegitimierender, (Iandes-)theologisch-programmatischer Zielstellung für die Zukunft das Ganze, idealisierend abgerundet, festgehalten hat. Was läßt sich an königlicher Landesgliederung im Nordreich feststellen? Nach heutigen Vorstellungen sollte ein größeres und differenzierteres Reich wie das Nordreich einer Verwaltungsgliederung noch eher als das kleinere, weniger differenzierte Südreich bedürfen; aber selbstverständlich dürfen keine modernen Maßstäbe angelegt werden.
Nun gibt es aber im Josuabuch die bereits oben 104 erwähnten Stammesregionen der Nordreichsgruppen. Sollte sich hinter diesen Stammesregionen, in denen sich naturräumliche und sozialräumlich-tribale Gegebenheiten zusammengefunden haben, eine königliche "Provinzgliederung" des Nordreiches verbergen? Das ist sehr unwahrscheinlich, denn es wurde bereits oben dargelegt, daß es sich innerhalb von Jos 13-19 ganz besonders bei Jos 18f. um eine theologisch-theoretische Kompilation, eine "Schreibtischarbeit" wahrscheinlich nachexilischer Zeit handelt, freilich bei Benjamin (Jos 18,25-28* + Ergänzungsliste V. 21-24), Dan (Jos 19,41-46) und Sirneon (Jos 19,2-7 <8>) evtl. auf der Basis spätvorexilischer Tatbestände und Vorstellungen bzw. Rekonstruktionen, die für die Nordreichsgruppen Sebulon, Issachar, Asser und Naphtali noch stärker theoretisch ergänzt worden sind. Daneben steht die andersgeartete Darstellung der mittelpalästinischen Gruppen Ephraim und Manassein Jos 16f., die unter Verwendung älteren Materials, aber auffälligerweise ohne Ortslisten, kompiliert istl 05 • Der späte, theoretische Charakter der literarischen Kompilation wird daran deutlich, daß die Darstellung der Stammesanteile in Jos 13-19 keine Rücksicht auf die Struktur des Süd- bzw. Nordreiches und die Verteilung der Stämme auf die Gebiete beider nimmt106 , sondern eine idealisierte Vorstellung eines 12-Stämme-lsrael als Hintergrundfolievor Augen hat, wo um den Kern Juda/Benjamin (Jos 15.18) unter Einschub von Ephraim!Manasse ( = Joseph) (Jos 16f.) Randgruppen des Südostens (Jos 13) und Südens (Jos 14) sowie des Nordens (Jos 19) (dabei Dan inkonsequenterweise mit einem mittelpalästinischen Gebiet, aber der geographischen Reihenfolge nach am Nordrand Israels!) gelegt wurden.
Zunächst ist aufgrundmeiner bisherigen Ergebnisse festzuhalten, daß das sog. salomonische "Provinzsystem" 1Kön 4,7ff., das m.E. kein ausgeführtes Provinzsystem war100 , verständlicherweise keine nennenswerten Spuren in der Verwaltung des Nordreiches hinterlassen hat 101 • Was sich jedoch sagen läßt, ist dies, daß es nur im Nordreichsgebiet Kleinregionen, aber auf der Basis von autonomen Verwandtschaftsgruppen und Lokalverbänden gegeben hat, die die Bezeichnungen 'r!!-X bzw. gbwl-X tragen 102 . Dabei handelt es sich jedoch um Regionalbildungen, die nicht vom Königtum organisiert worden sind. Auf umfassenderer Ebene kann auf Regionalgliederungen hingewiesen werden, die ihre Benennung und Begrenzung nachweisbar von landschaftlich-naturräumlichen Gegebenheiten ableiten 103 und die Grundlage für tribale Zusammenschlüsse innerhalb dieser Regionen darstellen. Auch sie leiten ihre Existenz nicht aus königlicher Verwaltungsorganisation und Landesgliederung als Herrschaftsmittel her. 99
Zum Ganzen bes. MOWlNCKEL 1946,6. 8. 25f. 34ff. u. passim. S.o. S. 246-251 m. A. 2-20 und schon o. (Kap. A) S. 27-40 m. A. 105-147; vgl. auch AHLSTRÖM 1986, 23. 101 Z.B. gegen METTINGER 1971, 111. 124; AHLSTRÖM 1982a, 59. 102 Diese Regionalbezeichnungen und die dahinter stehenden sozialräumlichen Regionen habe ich in einer Studie analysiert, die hier ausgespart wurde und als separate Untersuchung erscheint. 103 Dies gilt jedenfalls für Naphtali (vgl. Ri 4,6; Jos 20,7; NoTH 1966, 66), Gilead (vgl. OrrossoN 1969, 15ff. 22ff.; Orro 1979, 89ff. 225ff. und schon NOTH 1941 = 1971, 347ff.; DERS. 1959 = 1971, 489ff.) undEphraim (vgl. SCHUNCK 1963, 15; NOTH 1966, 60f.; DERS. 1962, 52f.; DONNER 1984, 136). Auf geographisch bedingte, zählebige Stammesgrenzen (von der Eisen- bis zur Kreuzzügezeit I) zwischen Asser und Naphtali weist PINKELSTEIN 1981, 84ff.; vgl. auch GAL 1985 und allgemein zu "naturräumlichen Einheiten" CHRISTALLER 1950. Auch BALY 1957, 125ff.; DERS. 1966, 70ff. hat auf die wichtige, prägende Rolle von "natürlichen Gebieten" (pays, auf der Grundlage von MoNKHOUSE 1964, bes. 1-11) hingewiesen, die sich mit ihren Begrenzungen und Benennungen jahrhunderte- und jahrtausendelang halten und nicht mit administrativen Regionalisierungen übereinstimmen müssen, ja, oft quer zu ihnen verlaufen. Kritisch gegenüber BALY äußert sich HoPKINS 1985, 259; an der Kritik ist richtig, daß tribale Grenzen wiederum natürliche (naturräumliche) Begrenzungen im Rahmen und Verlauf tribaler Ausdehnungen überschreiten können. Zum Verhältnis von naturräumlichen Gebieten, Verwandtschaftsgruppen und territorialen Abgrenzungen, speziell in egalitären und segmentären Gesellschaften vgl. auch SERVICE 1977, 97ff. 100
Kann man aber weder aufgrundvon 1Kön 4,7ff. noch der Stammeslisten in Jos 13-19 eine königliche Landesgliederung des Nordreiches als Herrschaftsmittel nachweisen, fragt es sich, ob es darüber hinaus Anzeichen in dieser Richtung gibt. Wenn ich recht sehe, lassen sich lediglich zwei- unterschiedlich gewichtige bzw. umfassende - Anzeichen bzw. Ansätze aus verschiedenen Zeiten namhaft machen: 1. Motivisch vergleichbar mit Salomos Entsendung von Delegaten in das nichtjudäische Nordgebiet zum Zwecke des Einflußgewinns und der Herrschaftsstabilisierung (lKön 4,7ff.) ist, allerdings in umgekehrter Richtung verlaufend, m.E. der in den Samaria-Ostraca feststellbare Versuch des Nordreichs-Königtums zu deuten, Eliteangehörige der Samaria umgebenden Regionen, Sippen und Ortschaften durch ständige oder
S.o. S. 251-255 mit A. 21-63. Vgl. dazu ELLIGER 1930, 265ff.; MoWlNCKEL 1946, 33; ScHUNCK 1963, 41f. 146ff.; NOTH 1971 a, 100ff.; SEEBASS 1984. 106 Die Aufreihung von S nach N (Ruben, Gad, Jos 13 = Nordreich; Kaleb, Juda , Jos 14f. = Südreich) wird durch Vorziehen von Ephraim und Manasse (Jos 16f. = Nordreich) durchbrachen, erst dann folgen Benjamin und Sirneon (Jos 18,11-19,9); innerhalb der folgenden Nordreichsgruppen Sebulon, Issachar, Asser, Naphtali und Dan (Jos 19, 10ff.) begegnet die Merkwürdigkeit, daß der nach der geographischen Aufreihung von S nach N die nördlichste Gruppe bildende Dan mit einem mittelpalästinischen Gebiet vertreten ist. Die Stämmeaufzählung in der Reihenfolge von Jos 13-19 gehört weder zu Noths "genealogischem" System (Belege bei H. WEIPPERT 1973, 76 A. 3) noch zum System im Buch Numeri noch zum von H. WEIPPERT herausgearbeiteten "geographischen System der Stämme Israels" als einem nordisraelitischen Gebilde aus vormonarchischer Zeit (H. WEIPPERT 1973). 104 105
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D) Verwaltungsgliederung als Herrschaftsmittel
I I. Listen im ]osuabuch
zeitweilige Aufenthalte verschiedener Abzweckung in die Residenz zu ziehen, soweit sie nicht von sich aus nach Samaria kamen, was die Einflußmöglichkeiten des Königtums in der Umgebung der Residenz in der 1. Hälfte des 8. Jh. v. Chr. (und später?) mindestens indirekt ausdehnte und eine Stabilisierung und Erweiterung der Herrschaftsbasis bedeutete107. Zugegebenermaßen kann von diesem regional begrenzten Tatbestand aber nicht auf eine umfassende königliche Landesgliederung des Nordreiches im Sinne von "Provinzen" geschlossen werden. Es läßt sich vielleicht aber hierin ein Anfang einer in Richtung königlicher Landesgliederung als Herrschaftsmittel beabsichtigten Planung vermuten. Sicherheit ist nicht zu gewinnen. 2. Deutlicher um eine möglicherweise umfassende Maßnahme königlicher Landesgliederung handelt es sich bei den - allerdings ausschließlich in lKön 20,14ff. erwähnten- mdynwt im Nordreich der Omridenzeit 108 • Es ist unbekannt, ob diese Landesgliederung schon vor den und noch nach den Omriden existierte109 • Ebensowenig weiß man etwas Sicheres über den Umfang und die Anzahl der mdynwt. Ich habe oben 110 vermutet, daß es sich möglicherweise um 4 Militärbezirke handelt. In einem Beziehungsverhältnis zu dem unter Pkt.l genannten herrschaftsstabilisierenden Vorgehen der Nimsiden in der Region Samaria könnte die mdynwt-Gliederung allenfalls insofern stehen, als eine eventuelle mdynh mit Namen smrwn nicht nur unter den Nimsiden möglicherweise weiterbestand, sondern durch den Ausbau des Einflußbereichs der Nimsiden um ihre Residenz, den die Samaria-Ostraca m. E. bezeugen, strukturell auszufüllen und zu verfestigen begonnen wurde. Ob aber Vergleichbares bei den anderen, evtl. weiterbestehenden mdynwt geschah, ist wieder völlig unbekannt.
kann man weiterhin darin sehen, daß ein halbes Jahrhundert lang das Nordreichskönigtum nicht zu einer Dauerresidenz gefunden hat 112 • Einer kontinuierlichen, strukturierenden Herrschaftsentwicklung, z. B. durch die allmähliche Schaffung einer Verwaltungsgliederung des Landes, standen die häufigen gewaltsamen Dynastiewechsel hinderlich im Wege. Aus dieser Situation ist einerseits die bleibende Existenz nichtköniglich organisierter Regionalgliederungen und Kleinregionen ( 'r~-X und gbwl-X) verständlich, die für das Nordreichsgebiet geradezu charakteristisch zu sein scheint; andererseits zeigt sich die Herrschaft der Könige des Nordreichs vor allem als eine militärische Führungsmacht, die neben der ideologischen Stabilisierung und Legitimation des Herrschaftsanspruches und der Abgrenzung wie der Integration dienende königliche Grenzheiligtümer (Betel und Dan) 113 vor allem Grenzfunktionalorte ausbaute 114 , was wiederum ein Kennzeichen für relativ binnenstrukturschwache chiefdom-Herrschaften (und "primitive Staaten") darstellt 115 • Ein in die Tiefe der Durchschnittsortschaften reichendes königliches Funktionärsnetz fehlt bezeichnenderweise noch stärker als im Südreich; ein erster Ansatz zeigt sich lediglich in der Region um die Residenz, aber wiederum nicht in Form königlich delegierter Funktionäre in den Ortschaften, sondern durch mit dem Königtum in Interessenübereinstimmung stehende bzw. gebrachte Angehörige
Soweit ich sehe, sind damit die Belege für (Ansätze) eine(r) Verwaltungsgliederung des Nordreiches erschöpft. Die konstatierte strukturelle Schwäche des Nordreiches bzw. die geringe Strukturierungsneigung der Nordreichskönige läßt sich erklären. Dazu kann einerseits auf die geographisch-geomorphologische Differenziertheit des Nordreichsgebietes und seine zahlreichen verschiedenen Bewohnergruppen hingewiesen werden, Faktoren, die für das Nordreich von Anfang an eher eine zentrifugale Tendenz mit sich brachten, wie auch bereits mit Beginn des eigentlichen Nordreiches die Nordgruppen sich aus der Herrschaft des davidischen Königtums lösten (lKön 12) 111 • Ein deutliches Zeichen dieser Dauertendenz
Josias. Die damit verbundene Hypothese, daß das Nordreich nur bzw. erst mit energischen Ansätzen in der Omridenzeit, vor allem Omris und Ahabs (s. u. A. 117), über die Stufe des chiefdoms hinausgelangt sei (vgl. allgemein dazu SERVICE 1977, 98f. 139ff. 377 u. passim) bedarf auf der Basis der vorliegenden Arbeit weiterer Untersuchung. Für diese Hypothese spricht aber auch, daß das Nordreich (im Unterschied zum Südreich z. Zt. Josias) anscheinend nie eine zentrale Rechtsinstanz, keinen zentralen Justiz-"Apparat" besaß, was auf eine hierarchistisch-staatliche Gesellschaft weisen würde (SERVICE 1977, 122ff. 134ff.). In dieser Richtungs. u. sogleich. 112 Vgl. ÜLIVIER 1983; wieweit die dann von den Omri\ilen eingerichtete Residenz Samaria als Herrschaftszentrum überhaupt bis zu den periphären Gruppen des Nordreiches wirklich als solches Anerkennung gefunden hat, ist eine offene Frage und kaum mehr zu beantworten. Je weiter man an die Peripherie geht, desto eher sind Zweifel angebracht (vgl. hier die einleuchtende "Ringtheorie" von BOBEK 1950). 113 S.o. (Kap. C) S. 206-212 mit A. 118-148. Zur "Zeremonialität" als starker sozialpolitisch integrativer Komponente der Herrschaftslegitimation im chiefdom vgl. SERVICE 1977, 127ff. 141(ff). 363 U.ö.; vgl. auch FRIED 1967, 134; STRECK ed. 1987, 53-56; BREUER 1990, 26ff. SOff. 57f. 64ff. 72. 114 S.o. (Kap. A) S. 132-150 mit A. 606-672. 115 Vgl. dazu SERVICE 1977, 72f. 97ff. 139ff. 370 u. passim; auch TRIGGER 1972, 587. Dabei ist zu beachten, daß im Nordreich mit seiner stärker im chiefdom-Status verbleibenden Herrschaftsform eben kaum binnenländische königliche Funktionalorte zu finden sind, schon gar keine königlichen Festungen, im Gegensatz zum Südreich, bei dem allmählich stärkere binnenländische Durchstrukturierung (seit Ussia) und ein vom unmittelbaren Grenzbereich ins Binnenland hinein verbreiterter Grenzfestungsgürtel die Entwicklung in Richtung "Staat" ebenso anzeigen wie die unter Josia erkennbare, in den Anfängen wohl auch auf Ussia und Hiskia zurückgehende Landesgliederung, die ebenfalls königlich-staatliches Herrschaftsmittel ist.
S.o. (Kap. A) S. 77-90 m. A. 371-400. S.o. (Kap. A) S. 67-69 m.A. 305-316. 109 Wenn man bedenkt, daß zwischen Jerobeam I. und Simri (927-882 v. Chr.) nicht einmal eine zentrale Hauptstadt (Residenz) des Nordreichskönigtums installiert wurde, ist die Einrichtung und Existenz einer königlich initiierten, zentralgeplanten und -geleiteten Landesgliederung und-administrationvor den Omriden von vornherein sehr umwahrscheinlich. 110 S.o. (Kap. A) S. 68 mit A. 311-316. 111 Mit solcher inhärenten zentrifugalen Tendenz weist die herrschaftsorganisatorische Entwicklung im Nordreich, abgesehen allenfalls von der Omridenzeit, eher retardierenden Charakter auf im Vergleich zu der kontinuierlichen Entwicklung des Südreiches von Davids Herrschaft über seine Sippe und eine outlaw-Gruppe über eine integrativ-hierarchistische (zweistufige) chiefdom-Gesellschaft (tribale Klassengesellschaft) schließlich zu einer (dreistufigen) zentralistisch-staatlichen Gesellschaft (mit ersten Anfängen bei Ussia, deutlicher bei Hiskia und ausgeprägt bei den durch seinen unzeitigen Tod abgebrochenen Unternehmungen 107
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der lokalen und regionalen Elite 116 • Lediglich mit wahrscheinlichem Bezug auf den militärischen Sektor, die Hauptstütze und das Hauptcharakteristikum des Nordreichskönigtums 117 , findet sich, zudem bezeichnenderweise in der Zeit der stabilsten und dynamischsten Militär-Dynastie, den Omriden, erstmals und nachweislich nur dort, ein Hinweis auf königliche Landesgliederung (mydnwt). Ob dieser Ansatz der Landesgliederung später beibehalten und in Richtung einer "zivilen" Verwaltungsgliederung ausgebaut wurde, ist unbekannt. Spekulationen darüber, ob das Nordreich, wäre ihm eine ebenso lange Dauer wie dem Südreich vergönnt gewesen, ebenfalls zu einer Entwicklung und Landesgliederung wie im Südreich (Jos 15, 21ff.*; 18*; 19*) gelangt wäre, sind müßig.
S.o. (Kap. A) S. 77-90 mit A. 371-400. Zwar spielt "Führung" im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklungsstufe "chiefdom" eine wichtige Rolle im Unterschied zur segmentären Gesellschaft, aber die "Führung im Krieg" durch den chiefhat dabei lediglich eine nachgeordnete, wenn auch besonders augenfällige Funktion (vgl. FRIED 1967, 182. 215f.), dergegenüber die Funktion des chiefs z. B. als "redistributor" sowie seine Funktion als "Vermittler" grundlegender sind (vgl. dazu SERVICE 1977, 69f. 74f. 82f. 91f. 99f. 131ff. 138f. 152f. u. passim; FRIED 1967, 215f.). Die Rolle als kriegerischer Führer beruht z. B. auf der im chiefdom (im Gegensatz zur segmentären Gesellschaft) bedeutenderen Redistribution, der Entwicklung der Herrschaftslegitimation durch (kultische) Zeremonien und der Entwicklung einer Klientel mit teildelegierten Funktionen des chiefs. Bei weiterer Entwicklung und Schichtung der Gesellschaft in Richtung institutionalisierter und zentralisierter Macht des chiefs auf redistributivem, kultisch-zeremoniellem und repressiv-rechtlichem Gebiet wird die (schwer scharf ziehbare) Grenze vom "chiefdom" zum Staat erreicht, die sich dann auch in zentraler militärischer Führung neben einem hauptamtlichen Funktionärsapparat ("tertiärer Sektor") und einer Binnen-Verwaltungsgliederung des Territoriums zeigt. Diese Stufe scheint mir im Südreich, wie gesagt, nach Anfängen bei Ussia und Weiterentwicklung bei Hiskia jedenfalls unter Josia erreicht. Im Nordreich ist Redistribution weniger deutlich als im Südreich, ebenso die Entwicklung eines hauptamtlichen Funktionärsapparates außerhalb der Residenz, während die kultisch-zeremonielle Legitimation und Integration (bei gleichzeitiger Abgrenzung gegenüber Juda/Jerusalem) in Betel und Dan manifest wird. Der deutlichste Hinweis der Entwicklung des Nordreiches vom "chiefdom" in Richtung auf einen Staat liegt auf dem (ephemären?) militärischen Gebiet entsprechend dem militärischen Charakter der meisten Nordreichskönige. Deshalb ist es verständlich, daß auf militärischem Führungsgebiet das Nordreich ausgerechnet auch unter der dynamischsten Militär-Dynastie (den Omriden) den deutlichsten Schritt vom "chiefdom" zum Staat getan hat und entsprechend auch die ersten feststellbaren Maßnahmen königlicher Landesgliederung in Form von vermutlichen Militärbezirken (mdynwt). In diesen Bereich und diese Dynastie gehören auch die bedeutendsten Bauleistungen in den großen Festungsorten und der Residenz. Ob in nachomridischer Zeit ein Rückschritt in der organisatorischen (Weiter-) Entwicklung des Staates eintrat, lassen die Quellen nicht erkennen. Immerhin scheinen die Erfolge Omris und Ahabs in Verbindung mit außenpolitisch günstigen Phasen der Könige nach den Omriden, besonders Jerobeams II., ökonomische Stabilität zugelassen zu haben. Staatsorganisatorische Weiterentwicklungen im Nordreich sind, wenn ich recht sehe, über das von den Omriden Erreichte hinaus nicht erfolgt. 116 117
Rückblick
Das skizzenhaft Unvollkommene mancher behandelten Aspekte ist mir bewußt. Die Arbeit gleicht einem Steinbruch, dessen herausgearbeitetes Thesen-Rohmaterial weiter zu bearbeiten ist. So scheint es mir nicht gerechtfertigt, ein Gesamtbild der Gesellschafts- und Herrschaftsorganisation der monarchischen Zeit Israels"zu entwerfen. Deshalb seien nur einige Hauptergebnisse herausgehoben. Für Details ist auf die Zusammenfassungen der Einzelabschnitte zu verweisen. Die vorliegende Arbeit hatte sich zum Ziel gesetzt, nach den Herrschaftsmitteln zu fragen und zu suchen, die seit Saul von der Herrschaftsspitze in Israel entwickelt und eingesetzt worden sind. Ihre Entwicklung und Differenziertheit, ihr Umfang und die Tiefenerstreckung bzw. Auswirkung bis auf die Ebene der Bevölkerungs- und Ortsbasis waren festzustellen. Die Ergebnisse sollen die soziokulturelle Entwicklung Israels in Zukunft genauer als bisher als Hintergrund oder Basis der religiös-theologischen Entwicklungen zeichnen helfen. Die erste Frage richtete sich darauf, wie die königliche Verwaltung in personeller Hinsicht, d. h. durch Funktionäre des Königs ("Beamte") organisiert war. Dabei zeigt sich, daß unter der Herrschaft Sauls und Davids nur mit einer kleinen Zahl von Funktionären zu rechnen ist, die sich vor allem aus Verwandten und Angehörigen des "Hauses" S~~ls und Davids rekrutiert, im wesentlichen in der königlichen Residenz "stationiert" ist und von dort ihre Aufgaben wahrnimmt. Mit Salomo steigt ihre Zahl, bleibt aber dennoch relativ klein. Die gewöhnlich auf 1Kön 4,7ff. aufgebaute Annahme der Einrichtung eines salomonischen Provinzsystems im nördlich von Jerusalem und dem judäischen Stammland der Davididen gelegenen Gebiet mit Provinzhauptstädten und einem jeweiligen Militär- und Verwaltungsstab erweist sich als nicht haltbar. Vielmehr schickte Salomo in die nördlichen nichtjudäischen Gebiete ihm vertraute und verbundene bzw. verwandte Delegaten, um vor allem" seinen Einfluß dort zu festigen. Nach der Wieder-Verselbständigung der Nordgruppen ist der königliche Funktionärsstab des Südreiches weniger als gemeinhin angenommen gewachsen. Vielmehr hat das davidische Königtum es verstanden, Teile der sich allmählich herausbildenden lokalen und regionalen Besitz- und Status-Elite (Oberschicht) Judas ('m h-'r!f) an sich zu binden und in eine Interessenübereinstimmung mit dem Königtum zu bringen
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Rückblick
Rückblick
(srym). Ein mehr als bisher für die Oberschicht und ihre bis zum Hof reichende Spitze zu berücksichtigender epigraphischer Hinweis ist die seit dem Ende des 9. Jh. v. Chr. anwachsende Zahl von Siegeln und Bullen, die einen Höhepunkt im 7. Jh. v. Chr. findet. Die dem Königtum aufverschiedene Wege und Weisen verbundenen Elitäre sind wahrscheinlich weitgehend in ihren Orten verblieben. Sie haben nicht nur damit die Einrichtung eines "hauptamtlichen" Funktionärsnetzes in den Orten Judas durch das Königtum weitgehend erübrigt, von dem das Alte Testament auch auffallend wenig überliefert, sondern durch ihre jeweilige Bodenständigkeit und ihren Einfluß am Ort bzw. in der Region dem König und seinen Interessen optimal dienen und das Königtum stabilisieren, darüber hinaus auch sehr wahrscheinlich in gewisser Weise konfliktvermindernder wirken können als es eine "von oben" eingesetzte, ortsfremde Funktionärsschiebt hätte tun können, obwohl andererseits durch diese interessenund besitzmäßige Spaltung der Gesellschaft vor Ort dennoch soziale Konfliktpotentiale entstanden. Sie wären durch eine aufgepfropfte Funktionärsschicht aber wohl größer gewesen. Das Nordreich entstand, ausgelöst durch die überzogene DienstleistungsInanspruchnahme der Nordgruppen, aus einem antidavidisch-antistrukturellen Impuls. Daher erklärt sich das nach der Separation offensichtliche Fehlen strukturorganisatorischer Maßnahmen der ersten Herrscher. Eine Wende von separatistisch-autonomistischen und nur antidavidischen zu integrativ-konstruktiven Bemühungen der Herrschaftsorganisation zeigt sich erst unter Omri mit der Gründung der Dauerresidenz Samaria. Nach rudimentären Anfängen der Hofstaatbildung bis Omri und neben vermutlicher Beibehaltung der im Norden verbliebenen Militärstützpunkte der Salomozeit (?) war damit eine Basis zur Entwicklung eines Residenz- und Hoffunktionärskreises gelegt. Die häufigen Umstürze ließen aber kaum generationsübergreifende Funktionärsfamilientraditionen entstehen. Die zivilen Funktionärsämter waren im Nordreich kaum zahlreicher als in Juda, jedoch scheint der militärische Funktionärsapparat der Nordreichskönige, dem notgedrungen stärker militärisch ausgerichteten Charakter des Nordreiches und der Herkunft der meisten Könige aus dem Militär entsprechend, entwickelter gewesen zu sein als im Südreich. Lediglich die Militärdynastie der Omriden hat unter Ahab nachweislich einen Ansatz militärverwaltungsorganisatorischer Landesgliederung, erkennbar an sry h-mdynwt, hervorgebracht. Auswirkungen auf die lokale/regionale Zivilverwaltung sind ebensowenig erkennbar wie nachweisbar ist, daß die mdynwt nachomridisch weiterexistierten. Lokale und regionale srym des Landes treten deutlich weniger als im Südreich hervor. Der herrschaftsstabilisierende Nutzen der Interessenverbindung mit der lokalen/regionalen Elite ist aber auch dem Nordreichskönigtum nicht verborgen geblieben, wie die Samaria-Ostraca zeigen: Die Nimsiden zogen Elitäre der um die Residenz wohnenden manassitischen Sippen anscheinend gezielt an den Hof und schufen damit ein "befriedetes" Umland um ihre sippenexterritoriale Residenz. Ob das der Anfang einer
geplanten weitergehenden Interessenverbindung mit der gesamten Landeselite war, ist nicht feststellbar. Im Nord- wie im Südreich kann man also nicht eigentlich von königlichen Funktionären als einem personalen flächendeckenden Herrschaftsmittel bis auf die Ebene der Durchschnittsorte hinab sprechen. Eine dem Königtum interessenmäßig verbundene "nichtbeamtete" Status- und Besitzelite (Oberschicht) der Orte und deren Spitze am Hof (srym) bildete einen- vermutlich wirksameren - Ersatz. Dabei hat im Südreich die weitgehend demselben Stamm wie die Herrscher angehörende Oberschicht seit früher Zeit von sich aus die Dynastie gestützt, während im Nordreich eine Anhindung der lokalen und regionalen Eliten als konzeptionelles Element der Innenpolitik erst seit den Nimsiden nachweisbar ist, von Samarias Herrschern ausging und auf das Umland Samarias beschränkt blieb. Wenn so zunehmend horizontale Solidarität innerhalb der Orte sich kreuzte mit vertikaler Solidarität zwischen Teilen der lokalen und regionalen Besitz- und Statuselite und der Hof-/ResidenzElite, so liegt dort eine Wurzel der Verschärfung sozialer Spannungen und Stratifikation. Was politische und militärische (Befestigungs-)Bautätigkeit des Königtums in Israel/Juda betrifft, ist die landesweite (urbane) Funktion und Bedeutung von Samaria, aber wohl auch von Jerusalem bis auf Josia für die lokalen Bevölkerungen bisher überschätzt worden. Jedoch schufen David mit der Eroberung Jerusalems und Salomo mit dem Ausbau der Residenz eine wichtige Legitimations-Grundlage für ihren Herrschaftsanspruch. Weiterhin begann Salomo den Ausbau von drei judäischen und- in einem nicht näher bekannten, möglicherweise geringer als früher gedacht zu veranschlagenden Ausmaß- drei (nord-) israelitischen Orten zu Funktionalstützpunkten seines Königtums um das israelitisch-judäische Kernland herum. Im 10. Jh. v. Chr. gewann das davidische Königtum durch zunächst vereinzelte Festungen im Nordnegeb auf der Höhe von Beerscheba/Ziqlag Schutzherrschaft ub.d Autorität. Ab 9. Jh. v. Chr. konnte das judäische Königtum an der S-, W- und N-Grenze durch einzelne starke Festungsstädte den Grenzschutz verstärken. Seit dem 8. Jh. v. Chr. wurde sukzessive durch vor, aber auch hinter diesem Schutzgürtel im Binnenland liegende Orte der Verteidigungsgürtel verbreitert mit Höhepunkt und akt~ell herausgefordert durch die Assyrergefahr z. Zt. Hiskias: Das Königtum begann seit Ende des 8. Jh. v. Chr., neben den königlichen Funktionalorten auch grenznahe Wohnstädte der Bevölkerung am Rande des Binnenlandes mit Posten zu versehen, Ausbauten oder Aktivierung von Befestigungen vorzunehmen, wobei vermutlich die lokale Autonomie der Orte relativ unberührt blieb, jedoch die ökonomischen und personellen Belastungen für die Ortsbevölkerungen krisenhafte Entwicklungen weiter beförderten, die schon durch die partielle Zusammenarbeit von Angehörigen der lokalen und regionalen Eliten (srym) mit dem Hof sowie die sozioökonomische Entwicklung und Differenzierung in den Orten und damit verbundene wirtschaftliche und genta-
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Rückblick
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le Krisen vorbereitet waren. Von einer machtstrukturell-repressiven und administrativen Durchdringung und Gliederung des ganzen Landes kann aber auch z. Zt. Ussias und Hiskias nicht die Rede sein. Möglicherweise ist diese Entwicklung nach Hiskia tendenziell weitergegangen, wobei im 7. Jh. v. Chr. im Süden Gebietseinbußen neben verstärktem neuem Festungsbau stehen, im Westen die Grenzsicherung weiterbesteht. Die wohl aus der Josiazeit stammende "Festungsliste" 2Chr 11,5-10 dokumentiert zweierlei: Sie ist keine reine Grenzfestungsliste und keine reine Festungsliste, sondern nennt Orte mit militärischen und ökonomischen Aktivitäten und Interessen des Königs und zeigt, daß die militärische Sicherung wie auch das ökonomische Engagement des judäischen Königtums an der Grenze und wachsend auch im Binnenland (letzteres läßt sich textlich und archäologisch durch Bauten im SW und SO Jerusalems auf dem Gebirge bzw. am Gebirgsabfall zum Toten Meer belegen) seit Ussia bis ins späte 7. Jh. v. Chr. schrittweise fortgeführt und ausgebaut wurden. Im Nordreich muß man politisch-strukturell für die ersten ca. 50 Jahre von einem vermutlich von der Bevölkerung tendenziell gewollten "Rückschritt" sprechen: Die Loslösung von dem davidischen Juda entsprach einer in 1Kön 12 erkennbar gebliebenen antidavidisch-antistrukturellen Tendenz, die durch überzogene Dienstleistungsforderungen den entscheidenden letzten Anstoß bekam. Erst Omri und Ahab bauten, Salomo weit übertreffend und innovativ, Hazor und Megiddo und einige weitere Grenzfestungsorte mit Schwerpunkt im NO und S aus. Dennoch blieb die Grenzsicherung relativ punktuell. Über den unter den Omriden erreichten Stand herrschaftlicher, politisch-militärischer Organisation ist das Nordreich in der Folgezeit nicht mehr hinausgelangt. Überhaupt setzte mit den Nimsiden bereits machtpolitische Stagnation und Niedergang ein, wenn auch - vielleicht auch aufgrund der Leistungen der Omriden- unter J erobeam II. noch eine vergleichsweise günstige ökonomische Phase zu verzeichnen ist, verbunden aber mit einer (aus prophetischer Sicht) eskalierenden gesellschaftlichen und religiösen Krise. Insgesamt scheint der herrschaftsstrukturelle Organisationsgrad, besonders angesichts der geographisch-geomorphologischen und Gruppen-Vielfalt sowie des Umfangs des Nordreiches und der damit zusammenhängenden zentrifugalen Tendenzen sowie der im Vergleich zum Südreich viel stärkeren ständigen außenpolitischen Bedrohungen und angesichts der kurzen Existenzzeit des Reiches zwar immerhin besonders während der Omridenzeit respektabel, aber insgesamt doch bescheiden. Respektabel ist er allerdings, wenn man bedenkt, daß das kleinere, ethnisch geschlossenere und außenpolitisch weniger bedrohte Südreich trotz organisatorischem Vorlauf und stabiler Dynastie auch erst seit Mitte des 8. Jh. v. Chr. mit einem schrittweise von den Grenzen ins Binnenland vorgehenden königlichen Befestigungsausbau und einer Landerschließungs-Organisation begann. Hinsichtlich ökonomisch ausgerichteter Funktionalorte zeigte sich, daß die sog. königlichen "Vorratsstädte" (Salomos) (1Kön 9,19) sehr wahrscheinlich
mit den sechs königlichen Funktional-Grenzstädten von 1Kön 9,15. 17f. identisch sind. Das schließt nicht aus, daß das Königtum Israels/Judas auch in anderen Orten Vorräte lagerte. Dafür können die Orte in Frage kommen, in denen "Pfeilerhäuser" gefunden wurden, die nicht nur der Versorgung königlicher Funktionsträger, Funktionaleinrichtungen und -orte, sondern in gewissem Umfang möglicherweise auch der Redistribution dienten. Die größten (öffentlichen) Vorratsinstallationen fallen mit den größten (königlichen) Funktionalorten, besonders solchen im Grenzgebiet und solchen militärischen Charakters, zusammen. Das bedeutet, daß der verteidigungspolitische und der Hofversorgungs-Aspekt der königlichen Vorratshaltung den zivil-redistributiven Aspekt der königlichen Vorratshaltung für die Bevölkerung jedenfalls überwog. Die vier gern als Distrikthauptstädte und Steuersammelstellen oder "Hauptstädte" von Militärdistrikten angesprochenen, auf den lmlk-Stempeln genannten Orte in Juda waren eher Hauptsammel- und Umschlag-Orte im Gebiet bedeutender Krongutkomplexe. Mit dem 2Chr 26,10 bezeugten ökonomisch-landwirtschaftlichen Interesse Ussias sind m. E. die archäologisch festgestellten Landerschließungs-Bauten südwestlich Jerusalems zu verbinden. In dieselbe Richtung eher ökonomischer als (nur) militärisch-grenzschützender königlicher. Landerschließung gehen Bauten des 7. Jh. v. Chr. in der Ebene elBuqe'a. Einen vermutlich politischen wie ökonomischen Brückenkopf legte kurzzeitig Jojakim in Me:jad lfasavyähü an. Den in der Josiazeit erreichten Stand der Organisation des Kronguts systematisiert 1Chr 27,25-31 und schreibt ihn David zu. Für das Nordreich belegen die Samaria-Ostraca nur zum Teil eine Krongutorganisation. Über Krongut des Nordreichs, das es sicher auch gab, sind wir insgesamt sehr viel schlechter informiert als im Falle des Südreiches Juda. Einen Hafen hat das Südreich mit Unterbrechungen in EzionGeber (Gezfret Far'ün) bis zum 8. Jh. v. Chr. sowie kurzzeitig im 8. Jh. v. Chr. in Elat (Tell el-lflefe) und einen "industriellen" St,andort in En-Gedi (ca. ab 630 v. Chr.>) besessen und war vermutlich in Debir (Schreibmaterialherstellung), Tell Bet Mirsim (Ölproduktion), vielleicht auch in Bet-Schemesch (Wein, landwirtschaftliche Produkte) beteiligt. Für das Nordreich lassen sich nur Hafen-Aktivitäten in Dor (und Tell el-Qasfle?) vermuten sowie (zeitweise?) solche im Spezereihandel in Jericho. Diese herrschaftlichen Aktivitäten waren wohl insgesamt von geringerem ökonomischen Gewicht als oft angenommen und beschränkten sich in der zeitweiligen Bedeutung weitgehend auf die Prestige-Palastökonomie, sind als solche freilich für die Herrschaftslegitimation nicht zu unterschätzen. Zur Frage der Gerichtsorganisation als königliches Herrschaftsmittel hat sich ergeben, daß Rechtsprechung und Gerichtsorganisation im Südreich bis Josia keine königlichen Herrschaftsmittel waren. Die sog. Rechtsreformen Moses und Josafats sind literarische Konstruktionen und Rückprojektionen. Die Ortschaften des Landes blieben rechtlich weitestgehend autonom. Jedoch ist die autonome lokale Rechtsprechung dadurch zunehmend unterlaufen worden,
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daß zumindest Teile der Lokalelite selbst durch Interessenverbindungen mit dem Königtum sich soziapolitisch und -ökonomisch von der Masse der Ortsbevölkerung trennten und so potentiell, auch ohne immer königliche Funktionäre zu sein, der - wenn auch wohl allmählich und begrenzt voranschreitenden Entwicklung supralokal angesiedelter und legitimierter Rechtsprechung Vorschub leisteten, die einer Nutzbarmachung der Rechtsprechung durch das Königtum zur Macht- und Dynastiestabilisierung und -Iegitimation tendenziell entgegenkam. Wenn die angenommene Rechtsreform Josias im Rahmen seiner Zentralisationsbestrebungen über das Planungsstadium hinausgekommen ist, hat jedoch das Königtum, mitverantwortlich für die negative soziapolitische und ökonomische Stratifikation, wiederum selbst zu deren partieller Überwindung durch Stärkung zumindest der lokalen Ältesten-Gerichtsbarkeit beigetragen, und zwar desto mehr, je öfter wirklich Rechtsentscheidungs-Gelegenheiten an lokalen Kultstätten durch deren Auflösung entfielen. Soweit die andere Komponente der vermuteten Rechtsreform, die Berufsrichter seit Josia, historische Tatsache und nicht in den deuteronomischen Belegen eine exilische Idealvorstellung ist, hatte das Königtum damit den Erfolg, seine Rolle und Funktion als Wahrer effektiver und fairer Rechts- und Gerichtsorganisation ins rechte Licht stellen und sich so auch im Bereich der Gerichtsorganisation legitimieren zu können. Die Konzentration des priesterlichen Rechtsbescheids in Jerusalem war - wenn sie denn für die spätmonarchische Zeit ebenfalls Realität und nicht rückprojizierte Vorstellung ist -jedenfalls ein Gewinn für das Königtum und seine Legitimations- und Stabilitätsbedürfnisse. Im Nordreich ist die Entwicklung der Gerichtsorganisation viel weniger gut erkennbar. Aufgrund des größeren und ethnisch differenzierteren Gebietes und der Konzentration des Königtums auf militärpolitisches Gebiet kann man aber annehmen, daß die lokalautonome Gerichtsbarkeit kaum eingeschränkt durch die Zeit des Nordreiches existierte. Eine dem späten Südreich vergleichbare königliche Zentralisationsbestrebung des priesterlichen Gerichts und eine königlich initiierte Etablierung von Berufsrichtern hat es anscheinend nicht gegeben. Spielten Kult und Kultorganisation in Israel/Juda eine Rolle als königliches Herrschaftsmittel? Einzelne Heiligtümer in oder bei (zu) königlichen Funktionalorten (gewordenen Orten) haben in monarchischer Zeit in Juda weiterexistiert, aber anscheinend wenig oder nicht königlich dominiert. Sogar in einem eindeutig königlichen Funktionalort wie der Grenz-Festungsstadt Lachisch gibt es keine nennenswerten Anzeichen kultorganisatorischer Dominanz des Königtums. Das widerspricht der in letzter Zeit massiv vorgetragenen Vorstellung einer "nationalen" königlichen Kultorganisation (Ahlström). Das davidische Königtum hat sich nahezu ausschließlich auf den materiellen und ideellen Ausbau königlich legitimierenden Kults und einer entsprechenden "Theologie" (in) der Residenz Jerusalem konzentriert. Man kann von einem toleranten kultorganisatorischen Desinteresse des Königtums im Lande sprechen, das erst mit Josia in ein aktives Desinteresse an Lokalkulten zugunsten des Residenzkul-
tes umgeschlagen ist, womit erstmals Kultorganisation als landesweit angewandtes Herrschaftsmittel über den bloßen, wenn auch nicht zu unterschätzenden Aspekt der.Herrschaftslegitimation durch eine Residenztheologie hinausgelangt ist. Josia hat durch seine Zentralisations-Bestrebungen nicht nur die legitimatorischen Aspekte der Residenztheologie aus dem Rahmen dynastisch begrenzter Zielstellung herauszuführen begonnen, sondern sie anscheinend als religiös-ideologisches Herrschaftsmittel mit ihrer integrativ-organisatorischen und herrschaftsstabilisierend-politischen Kraft erkannt. Josias Maßnahmen stellen damit eine späte, radikale Konsequenz der von David und Salomo begonnenen, lange gegenüber den lokalen Kulten toleranten und anscheinend an ihnen kaum interessierten, dynastischen Theologisierung der Residenz und ihres Kultes dar. In Samaria wurde lediglich Kult für das Königshaus im umfassenden Sinne gepflegt. Kultische Bedeutung für das gesamte Nordreich hat Samaria nicht besessen. Den Entstehungsumständen des Nordreiches entsprechend konzentrierte sich die königliche Kultorganisation auf zwei Heiligtümer und zwei Ziele: Betel diente negativ der Abgrenzung von Jerusalem und Juda (falls dieser Abgrenzungsaspekt nicht nur durch die judäische Vermittlung der Erzählungsstoffe hervorgerufen wurde, dem Selbstbewußtsein der Nordreichsgruppen tatsächlich aber abging), positiv zur Integration der südlichen Gruppen des Nordreich es. Ergänzt wurde Betel durch Dan als Integrationsheiligtum für die Nordgruppen des Nordreiches. Damit waren kultorganisatorische Umgrenzung und notwendige Integration des geomorphologisch und ethnisch vielfältigen Nordreiches wie Abgrenzung von Juda/Jerusalem erreicht. Beiden Reichen gemeinsam ist die funktionale Begrenzung der Kultorganisation in den Residenzen auf den Kult des Herrscherhauses (im Südreich bis Josia). Eine legitimatorische Funktionalisierung des Residenzkultes durch eine theologische Ideologisierung der Dynastie und des Residt;:nzortes und seines Kultes wie in Juda/Jerusalem hat es in Samaria, soweit ~ir wissen, nicht gegeben. Es fehlten dafür im Nordreich, wo zudem Hauptheiligtümer und Residenz immer getrennt waren, auch Voraussetzungen, über die Juda verfügte. Vor dem Hintergrund der hiesigen Ergebnisse im Problembereich "Kult und Kultorganisation als Herrschaftsmittel" lag es nahe, in ein Gespräch mit wichtigen neueren Forschungsergebnissen von G. W. Ahlström, M. Rose, R. Albertz und B. Lang einzutreten. Gegenüber der Auffassung Ahlströms von einer kausalen Beziehung zwischen "royal administration and national religion" ist jedoch Skepsis angebracht, da die königliche (Kult-)Administration sich als viel geringfügiger erwiesen hat als von Ahlström angenommen und daneben von einer nationalen Religion im monarchischen Israel keine Rede sein kann, da selbst mit Josia spätmonarchisch überhaupt erst ein königlicher Anspruch in dieser Richtung erhoben wurde, der aller Wahrscheinlichkeit nach in der verbliebenen monarchischen Zeit nur sehr begrenzt realisiert worden ist. Rose und Albertz haben wichtige Aspekte der Volksfrömmigkeit bzw. der persönli-
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Rückblick
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chen Frömmigkeit besonders in spätmonarchischer Zeit herausgearbeitet. Nicht in den Blick gekommen ist bei ihnen die lokale Religionsausübung und -organisation. Sie blieb nach meinen Ergebnissen in monarchischer Zeit (bis Josia) weitestgehend unberührt vom Königtum; das Königtum hat so gut wie keinen Einfluß auf die lokale Kultorganisation genommen. Mit diesem Ergebnis trifft sich die Analyse von Lang, der als erster auf das Phänomen von "Ortsgott" und "Ortsfrömmigkeit" aufmerksam gemacht hat. Der "interne Pluralismus" der israelitischen Religion läßt sich nicht nur mit den beiden Schichten der "persönlichen" und der "Volks"-Frömmigkeit ("National-Religion") angemessen umschreiben. Hinzu muß die "Ortsfrömmigkeit" als mittlere Ebene genommen werden. Die von Lang beschriebene Ortsreligion mit ihrer wichtigen gesellschaftstragenden und friedlichlegenden, da aggressionsabbauenden Funktion füllt das zwischen Volks-Religion und persönlicher Frömmigkeit bestehende Vakuum. Der Ortsgott als integratives Symbol und die Ortsreligion sind für die innerlokale Solidarität von großer ethischer Bedeutung. In der Auflösung der sozial-ethischen Einheit von Ortschaften, der Aufweichung der innerlokalen Solidarität vor dem gemeinsamen Ortsgott, liegt eine Wurzel der sozialen Krise Israels ab dem Ende des 9. Jh. v. Chr. Die Analyse von Lang macht die in dieser Arbeit festgestellte Begrenzung der königlichen Kultorganisation auf die Residenzen und vereinzelte königliche Funktionalorte und den weitestgehenden Verzicht des Königtums auf Kultorganisation in den Durchschnittsorten verständlicher. In Verbindung mit Langs Analyse erweisen meine Ergebnisse zum legitimierenden Dynastie- und Residenzkult diesen als Spezialfall des Ortskultes. Existierte eine Verwaltungsgliederung des Landes als Herrschaftsmittel in monarchischer Zeit? Für Juda kann man spätestens seit Josia mit einer solchen rechnen, die sich in Jos 15,21-44. 48-62; 18, 21-24. 25-28*; (19, 41-46?) niedergeschlagen hat. Wieweit sie in dieser oder einer Vorform bereits unter Manasse, Hiskia oder schon Ussia existierte, ist unsicher. Aktivitäten Hiskias und Ussias machen Vorformen wahrscheinlich. Konkrete Entstehungs-Motivationen lassen sich nicht sichern. Wahrscheinlich handelt es sich um eine herrschaftsstärkende Strukturmaßnahme, die (auch) struktur- bzw. herrschaftsschwächende Maßnahmen ausgleichen sollte. Das weist auf die Josiazeit mit Anfängen wohl unter Ussia. Nur im Nordreich gab es tribale bzw. gentale Kleinregion(albezeichnung)en, dort und im Südreich größere naturräumliche Regionalgliederungen, alle aber nicht mit königlicher Verwaltungsorganisation verbunden. Weder aufgrund von 1Kön 4,7ff. noch aufgrund von Jos 13-19 lassen sich weitere königliche Verwaltungsgliederungen feststellen. Im Nordreich gab es nur zwei Ansätze zu Landesgliederungen: Militärbezirke (mdynwt) (nur) in der Omridenzeit (nachweisbar), während der in den Samaria-Ostraca feststellbare Versuch der Nimsiden, Eliteangehörige der Samaria umgebenden Sippen an die Residenz und das Königtum zu binden, allenfalls vielleicht ein Anfang eines Versuchs der Landesstrukturierung war, eher aber
doch wohl nur auf die Herstellung einer "befriedeten" Zone um die königseigene, nichttribale Residenz zielte. Weitere Hinweise fehlen. Diese strukturelle Schwäche des Nordreiches hat ihre Ursachen in der Art des Nordreiches und seiner Entwicklung. Diese Binnenstrukturschwäche ist geradezu ein Kennzeichen für "chiefdoms" und "primitive Staaten" (E. R. Service), ebenso wie das im Nord- wie im Südreich nur in bescheidenem Maß in die Tiefe der Durchschnittsorte reichende königliche Funktionärsnetz. Will man die Hauptergebnisse dieser Arbeit in wenigen Sätzen stark verkürzt zusammenfassen, die die Richtung künftiger Überprüfung und Weiterarbeit bezeichnen, sind dies folgende: Ein Funktionärsnetz als personales Verwaltungs-Herrschaftsmittel, königliche Bauten und Funktionalorte politischer, militärischer und ökonomischer Abzweckung, Gerichts- und Kultorganisation sowie Landesgliederung als königliche Herrschaftsmittel zeigen sich, funktional als Herrschaftsmittel von der Herrschafts-Spitze bis in die durchschnittliche Bevölkerungs- und Orts-Ebene aktiv hinabwirkend, in Israel zeitlich später, geringfügiger und weniger tiefgreifend als bisher meist angenommen. Die Fortentwicklung Judas und (Nord-) Israels von vorstaatlichen zu staatlich organisierten Gesellschaften geschah demzufolge später als die nicht historisch-soziokulturelle, sondern primär theologische Intentionen übermittelnde biblische Darstellung auf den ersten Blick erkennen läßt. Dabei werden signifikante Unterschiede zwischen dem strukturschwächeren Nordreich Israel und dem allmählich stärker strukturierten Südreich Juda erkennbar, die sich aus der jeweiligen Art, Entstehung, Dauer und der soziapolitischen Entwicklung beider Reiche und ihrer Dynastien erklären.
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Diese Annahme einer langsameren, jedoch kulturevolutionär einleuchtenderen Entwicklung ist ungewohnt- und wird deshalb mindestens teilweise auf Skepsis stoßen-, weil die biblische Darstellung aus theologischen Grüngen und mit bis heute wirksamer suggestiver Kraft einen umgekehrten Verlauf der soziostrukturellen Entwicklungsgeschichte bezeugt: Von einem durch JHWHs Verheißungen begleiteten und geförderten, glanzvollen Groß-Reich fast sogleich am Anfang der monarchischen Epoche Israels z. Zt. Davids und Salomos sinkt Israel, wachsend beladen mit Sünde und Schuld, mit wenigen Unterbrechungen günstigerer Zeiten durch fromme Herrscher, zu zwei periphären, dem Untergang stetig entgegenstrebenden Kleinkönigtümern ab. Die analytische Unterscheidung von primär theologischer Intention und historischsoziokulturellem Hintergrund in den alttestamentlichen Zeugnissen scheint mir so wichtig, daß sie nicht oft genug betont werden kann: Wird sie beachtet, befreit sie die alttestamentlichen Texte weitgehend davon, historischen Urteilen als Primärquelle dienen zu sollen. Sie in dieser Weise zu verwenden tut ihnen mindestens partiell Gewalt an. Sie bekommen jedoch bei der Behandlung als primär theologische und sekundär historische, also historisch tendenziöse Quellen ihr Recht und ihre Bedeutung als religiöse, theologische Zeugnisse verstärkt zurück.
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Mir scheint von den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit her, daß, entsprechend gegenwärtiger soziologischer, kulturanthropologischer und ethnographischer Untersuchungen, für das Südreich Juda erst ab Ussia, für das Nordreich Israel ab Omri, von einem "Staat" gesprochen werden kann. Für die davorliegenden Geschichts- bzw. Entwicklungsphasen kann man Bezeichnungen wie stratified society (M. H. Fried), chiefdom (E. R. Service), "entwickelte tribale Klassengesellschaft" (W. Dostal), "Stammesfürstentum", "Stammeskönigtum" oder "Stämmestaat" (E. A. Knauf) erwägen. Es kommt jedoch nicht auf die Bezeichnung, sondern allein auf die Sache, den herauszuarbeitenden Stand und den Verlauf der soziostrukturellen bzw. umfassender: der soziokulturellen Entwicklung an. Je präziser unsere Kenntnis der soziokulturellen Entwicklung Israels ist, desto besser und begründeter können wir die in diesem Existenz-Rahmen sich bewegenden Ursachen, Strukturen, Kräfte, Motive usw. der religionsgeschichtlichen und theologischen Aussage-Intentionen biblischer Texte und ihrer Autoren und Bearbeiter erfassen, verstehen und für unsere Zeit interpretieren.
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Literaturnachtrag Nicht mehr rechtzeitig zugänglich wurden folgende Beiträge: CoRTESE, E. 1990: Josua 13-21. Ein priesterschriftlicher Abschnitt im deuteronomistischen Geschichtswerk. (OBO 94). Freiburg/Göttingen FRITZ, V. 1990: Kinneret. Ergebnisse der Ausgrabungen auf dem Tell el-'Oreme am See Gennesaret 1982-1985. (ADPV 15). Wiesbaden JAMIESON-DRAKE, D. W. 1991: Scribes and Schools in Monarchie Judah. A Socio-Archeological Approach. (The Social World ofBiblical Antiquity Series, 9 = JSOT. SS 109). Sheffield KESSLER, R. 1992: Staat und Gesellschaft im vorexilischen Juda. Vom 8. Jahrhundert bis zum Exil. (VT.S 47). Leiden
Stellenregister (in Auswahl)
Genesis 14,18f. 18,1ff. 28,10-22 31,13 31,44-49 35,7 41 41,42 42,1-6 47,13-26
194 194 206,215 206 191 206 156 52 156 21,156
Exodus 1,1lb 18,13-27 22,6f. 23,4-5
Leviticus 19,18 27,30ff.
151 175,181 244 243
22,2-24,25 25 25,6-18 35
243 265
244 213 190 189 265
12,23 13 13,1 13-19 15 15,1-12.13-20 15,10 15,21ff. 15,21-44.48-62
Deuteronomium 1,9ff. 3,4.13f. 4,1-40 6,4 12,11 12,17f. 13,7-12 13,13-19 14,22f. 16,18 16,18-20
179 180-182 176 99 157 54 265 179,182 264 54,179,182 54 54 179,182 54 265 265 21
Josua
Numeri 5
16,18-18,22 17,8-13 17,14-20 17,16 17,16-20 19 19,1-13 19,16-21 20,5-9 21,1-9 21,18-21 22,13-21 25,1-3 25,5-10 26,2 26,12 34,3
181 31 176 225 265 265 244 244 265 179, 181f. 181
15,22 15,45-47 15,59LXX 15,60 15,62 18 18,14 18,21-24 18,21-28 18,25-28
135 30 252 247, 251 ff., 280 262,266 63,255 117, 123, 192 157,247,253,256,258, 260f.,263,266,272 38,246,254-259,267, 280 108 256 254 192 254 266,272 192 253,255,257,259,267, 269,280 266 255-258,267,269,280
308 18,28 19 19,1-9 19,2-7.,8 19,41-46 20 21 23,1
192 266,272 267 255f.,269 253f., 256f., 259, 266f., 269,280 265 265 252
Richter 1,27 17f. 17,5
135 145,208-210,228 192
lSamuel 6f. 6,14f., 18 6,21 7,1 7,1f. 7,2 7,15ff. 8,10-17 8,15. 17 9,11-13 12,31 17,25 23,1-13 24,1 ff. 25 30,14 30,17 30,26-31 30,29
8ff., 33,229 75 14 75 195 14 14 40 14 14 11 8ff.,33,223 13, 16,81 96
lKönige 192 193 193 192 193 192 228 156 262f.,265 243 11 6 15 171 15 258 103 15 258
2Samuel 2,1-3 2,9 2,12-17 5,4f. 5,9 6 6,2 6,2ff. 6,3 6,6-8 6,10-12 6,12-19 6,19f. 7 8,4 8,6
8,16-18 14,2ff. 15ff. 15,2-6 15,7 19,9b-16 19,17-24 19,32-41 19,42-44 20,1-22 20,24 20,23-26 24 24,18-25
195 6f. 6 13 96 96 193 192f. 192 193 193 235 193 204f. 99 37
1,8 2,8f. 2-9 3,1 3,2 3,4ff. 3,16-28 3-10 3-11 4 4,1-6 4,5 4,6 4,7 4,7-19
4,8 4,8ff 4,11 4,12 4,15 4,19bß 4,20 4,26 5,1-8 5,2f., 7f. 5,7 5,7f. 5,8 5,15-32 5,16 5,20ff. 5,24f. 5,25 5,27.29
309
Stellenregister
Stellenregister
32 14 27 97 96 204 75 21 19 17 17,33 17,35 11,249 35,248 17, 23f., 27ff., 68, 87, 93,98,101,230, 246-251. 257. 260f., 268f.,273. 280 40 253 135 37, 98, 137f. 37, 98f. 36 36 40 37 27 248 35 248 20,97 96 172 25 172 22
5,28 6 6,23-28 6,37 6,37f. 7,1 7,1-12 7,11 7,13ff. 8 8,12f. 9,1-9 9,10 9,10-14 9,15ff. 9,15-23 9,15.17f. 9,15.17-19 9,15. 17-19. 24 9,16. 24 9,17 9,17-19 9,19 9,20f. 9,22 9,26-28 9,28 10 10,1-29 10,1ff., 14ff. 10,1-13 10,14f. 10,15 10,22 10,23-28 10,25 10,26 10,28f. 11,1-7 11,1-8 11,14ff. 11,14-28 11,26-28 11,28 11,29-39 11,36 12 12,1-16 12,1-19 12,1-20 12,18 12,25 12,26f.
11 96 24 37 22 37 19,96 22 96 204,235 19,21 204 22 25,37,97 96 19 277 19f., 36, 151 97-99,101 97 143 21 99,151,276 22 22,36 25,170 27 37 97 27 19 25 25 25,172 25 25 99 25,172 37 97 37 97 21,40 22 97 265 187,251,276 26 24 167,207 11,26 187 24
12,26-33 12,28 12,28-30 12,28-33 12,29f. 12,31 13,1ff. 13,32 14,25 ff. 15,22 16,21f. 16,24 16,32 16,32f. 16,34 18,5 18,19 18,13-19,37 18,29 20,13f. 20,14f., 17.19 20,14ff. 20,34 20,35-43 21 22 22,39 22,48-50 22,49f.
206f.,215 218f. 208,210f. 235 133 231 235 215,231 116 263 63 166 94,140 233f. 66, 76f., 144 65 81 117 265 67 67 270 173 183 74,83,167,183,217 69 68 171 170
2Könige 3,2 4,13f. 8,1-6 8,22 10,2 10,18-27 10,21-27 10,22 10,26f. 10,28f. 12,5-17 13,6 14,22 15,14 15,25 15,27 15,29 16,6 17,4 17,4-6 17,28 18,7f.
233f. 74 75,167,183 115 68 94,235 214 68 140 206 232 214 170 94,214 214 214 133f. 170 214 214 215 117
310 19,8 20,14ff. 21,3 21,5. 7 21,9 21,10f. 21,13 22f. 23,1f. 23,4-14 23,8 23,11 23,15-18 23,19 23,21-23
115 214 225 225 225 225 215 182,237,264 88 232 40,266 99 232 231f., 235
Jesaja 7,9 9,8 10,27b-34 37,8 41,6f. 44,9-20 46,1-7
214 214 121 115 226 226 226
226 266 263 163 266 266 115 41 215 226 128f.
Ezechiel 6f. 16 27,17 35,5.10.15 46,16-18 47f
226 226 172 171 50,157 267
Hosea 4,12f. 5,1f. 5,1-7 5,8ff. 6,7-10 7,1
8,5f. 9,10 9,11-14 10,5 12,5-7.13f.
187 190f. 191 191 187 214
94,215 189f. 190 215 215
3,9.12 4,1 5,5 6,1 7,1 7,10-13 7,13 7,17 8,14
214 214 198 214 50 212 215,231,233 166 198,210
Micha 1,13
113
Zephanja 3,3
179
226
Sacharja 226 226 266
Psalmen 37,8f. 74 78 79 89 132 132,6 137
243 226 226 226 226 205 192 226
Sprüche 20,22 25,21-22 28,25 29,26
243 243 243 243
Kohelet 2,4-7
156
Klagelieder 1,4.10
226 226
Esra 3ff.
226
2,11ff. 11
226 42
I Chronik 5,11-16 5,17 6,39ff. 18,15-17 21 21,6 27,21 27,24 27,25-31 27,25-34 27,27
81 81 165 8ff.,33,229 13,16 16 32 16f. 129,159, 164f., 261,277 8ff., 32
2Chronik
Haggai
4,9f. 10,2 14,10
2,2. 6f., 20 4,1
Nehemia
Amos
lf.
Jeremia 11,13 17,26 22,13 22,13-17 32,44 33,13 34,7 37,12-16 41,5 44,7ff. 52,16
Stellenregister
Stellenregister
226
1,14 8,1 8,4. 6 8,6
99 22 151 99
8,7f. 8,9 8,17 9,25 10,18 11,5ff. 11,5-10 11,5-12 11,6 11,6-10 11,10 16,4 17,5 17,12 19,5-11 20,35-37 21,10 24,4-11 26,2 26,6 26,10 26,11-14 26,16 27,4 28,5-15 32,28 34,8
311 22 22 170 99 11 119 114, 132,276 124ff., 158,257,259, 276 118 121 117,196 151f. 262 151f. 175, 180f. 170f. 115 232 170 114,160 22, 128f., 159-165,277 263 232 128f., 160 245 151f. 41
Namen- und Sachregister
Namen- und Sachregister (in Auswahl)
Abel-Bet-Maacha 133 Abel-Mehola 28 Abia 207,253, 263 Abieser(Sippe) 80,82-85 Absalom 195f. Adorajim 106,125 Adullam 106,115,122 Ajjalon 29, 99,106,117-119, 123 Ahab 12, 22,64-68,70, 76f., 86, 96, 100, 133f., 136f., 140, 144f., 148, 150, 166,214, 217, 233f., 271f., 274,276 Ahas 118, 121,234 Ahasja 69,137 Amazja 113, 128, 137 Amos 150,168,217-219,221,224f. cAmwäs 152 cAnat-Yahu 207,215 Aphek 142, 145f. Arad 104-107, 113, 116, 128, 130, 154 f., 199,203 Argob 28, 30f. Arubbot 28-30 Asa 44, 120, 207 Asdod 97, 132 Aseka 106,113,115, 117f., 122 Asriel (Sippe) 82 Asser 28,33 Asylstädte 179, 265 Atalja 65 Atarot 144-146 Autorität 7, 14, 23, 34f., 38f., 51, 59f., 100, 104, 182, 250f. Baala(t) 20f., 97-102,106,151, 192f., 229 Baal-Peor 189f., 201,219 Baesa 60-62,75,134 Beerseba 43, 100, 108, 122, 157, 160, 196-198,210,219,275 Betel 58, 67, 76f., 89, 94, 143-147, 166, 189, 191,194,198,206-212,215,217,219, 228,231-233,235,238, 271f., 279
Bet-Haggan 71 Bet-Hanan 29,33 Bethoron, Ober- 118f. Bethoron, Unter- 20f.,36,97-102, 106, 118f., 143, 146,151,229 BetJCnän 29 Betlehem 106, 125, 127 Bet-Schean 28,230,232 Bet-Schemesch 29, 99f., 106,111,116,120, 125,127,130,141, 153-155, 172f., 192,202, 218,230,277 Betcüret-ta}Jtälel-föqä 118 Bet-Zur 106, 125f. Bileam b. Beor 213 Bfres-Sebac 105, 197f., 201 Bullen (s. Siegel) el-Buqe"a 159, 161, 168,277 Burg Betfn 207 chief, chiefdom 7, 34f., 40, 53, 58, 60, 75, 91,129-131,156,182,228,246,270-272, 281f. Dan 12, 58, 67, 76,133,145-147, 155,166, 187,198,206-208,210-212,215,231-233, 235,238, 271f., 279 David(iden) 3-5, 7, 8-17,22,35, 40, 55, 60, 69, 75,86-88, 95f., 99f., 104,124, 129-131,135-137,144,159,164, 166,176, 182,188-197,201-206,226,228-230,232, 234f., 248,250,253,258,265,273-277,279, 281 Debir(QirjatSefer) 106,110,122,127,130, 171, 173, 277 Derel-Azhar 97 DerBagl 128 Doeg 3 Dor 28, 135f., 141,145, 147f., 172f.,213, 230,232,277 Dotan 154f., 189
Ekron 115,117 Ela b. Baesa 60-62,72 Elat 105, 170-172,200,277 Elia 143, 150,217,224 Elisa 143,150 Elite, lokal/regional, Status-/Besitzelite 9, 11,15-17,32-35,38-40,42,47-56,72, 75-77, 82f., 85,87-91,111,116,136,148, 165f., 168,176,178, 182f., 217,222, 250f., 257,264-267,269,272-275,278,280 'lyqmncrywkn 111,116 cEnel-cAru~ 97 En-Gedi 105f.,112,171,277 cEnGev 135 cp;n Gidf 161 cEn lfa~b 21, 97 (En-) Rimmon 112 cEnTamar 97 Eschbaal 3, 6-8,258 Etam 106 Ezechiel 223f. Ezion-Geber 105, 170-172,200,277 Gad 31 Gat 114f., 118 Geba 106,121,123 Gebac 121 Geser 19f., 22-24,36,97-101,106, 111, 117-119, 125, 130, 134, 142, 145f., 151,229 GezfretFarcun 105f., 170,277 el-Grb 5, 119f. Gibbeton 142 Gibea 93, 106, 121, 123 Gibeon 5f., 93,106, 119f., 125,127,130, 156, 191-193,202 Gilead (Berg) 191 Gilead (Region) 31, 35 Gilgal 187-189,198, 218f., 228 Goschen 112 Hazor 19f., 22-24, 36f., 58, 68,97-101, 111,116,130, 134f., 137, 139f., 145f., 151, 153-156,212,229,276 Hebron 93,106,110,122, 125f., 152, 157f., 194-197,202,207,230,244 }Jbrn 157 Hefer(Region) 29 l;lelek (Sippe) 82-85,89 Hiel 144 lfirbetel-cAbhar 125,128 lfirbetAbu Tabaq 161f. lfirbet Abu et- Twen 127
313
lfirbetel-cÄseq 135, 145f. lfirbet cAtärus 144 lfirbetel-Burg 135 Hirbet el-Garra 106-108, 125 IfirbetGazze 100,106,108,116,121,128 lfirbetel-Karmil 109 lfirbet Kefire 119 lfirbetel-Macfn 109 Hirbetel-Maqäri 161 Ifirbetel-Mergame 140,146 lfirbetel-Msäs 100, 103f., 155 lfirbet el-Qatt 128 lfirbet Qumrän 162 lfirbet Räbaq 110 Hirbet Resuni 191 Hirbet Tell er-Rumele 29, 116 Ifirbet Säli}J 106, 116, 158, 202f., 254,257 Hirbetes-Samrä' 161f. Hirbetes-SehMadkur 115 Hirbet Silhä- 162 Ifirbet eisuweke 29 lfirbet et- Tibne 128 lfirbet et- Tubeqa 125 lfirbet cuyunMilsä 189 Hiskia 55, 107f., 110-115,117-127, 129f., 132, 150,152,155,157-162,164,168,171, 00,~6,D2,D4,~0-~2,~3,~9-2M,
264, 266, 270-272, 275 f., 280 Hogla(Sippe) 82-84,89 Horma 112 lforvat Dorvän 126 Hosea b. Beeri 150,191, 218f., 221, 224f. Hosea b. Ela 73, 150 '!Sim-B'it'el 207,215
Jahwist 241 Jehu (-dynastie) 68-71, 73f., 89f., 137,145, 150, 166f., 169,203,206,214,270,274-276, 280 Jeremia 45,222-224 Jericho 66, 76, 143-147, 154f., 162, 172, 277 Jerobeam I. 12, 21, 24, 38, 40, 56-60,62, 67,75,88,93,96,133,137,143,145,153, 187,206,208-211,215,218,234,270 Jerobeam II. 67, 70, 76, 78, 80f., 134, 140, 143,145,168,272,276 Jerusalem 19-24,26,35,38,41-43,46-48, 51-53, 55f., 58f., 63, 75,86-89,92-96, 99-102, 104-106, 113, 115, 120f., 123-125, 129f., 158,160,162, 165f., 168f., 171,177,
314
Namen- und Sachregister
180, 182,188,191-196, 199f., 202-207, 211, 215f., 218,220-227,229-235,245, 253,257,262, 265f., 272f., 275, 278f. Jesaja 220f.,224f. Jesreel 64, 74, 83, 93,203 Jibleam 71 Joahas b. Josia 43, 70, 115,214 Joas 70,78,81,128,134 Jojachin 111 Jojakim 26,114,118,122, 163f., 168,179, 254,259,263,277 Joram 115 Joram b. Ahab 66, 68f. Josafat 66,69,170,175,180f.,207,253,277 Josia 53-55,88,108,110,113-115, 117-119, 121-127, 129, 132, 143, 158, 163f., 171,178-183,196,203,205,210,216, 221-226,232,234-238,240-242,245, 253f., 257, 259f., 262-267, 271f., 275-280 Jotam 128, 160f., 170 Kadesch-Barnea 103, 116, 128,200 Kanaan 167f.,217 Karmel(Region,Juda) 109,122 Kephira 106, 118f., 123,125 Kinneret 134, 145f., 153-155 Kirjat-Jearim 97, 192f., 202 Krongut, -güter 25,77-80, 82f., 85f., 90, 109,122, 126f., 129, 156f., 159-161, 163-169,175,177,194, 196, 261f., 277 Kuntilet cAgrud 106f., 199, 201f., 229 Lachisch 20, 43f., 106,113-115,118,122, 125, 130, 136f., 139f., 154f., 199f., 202, 212, 214,278 Lachisch-Ostraca 42, 44 Lade 24,188,192,203 Landnahme/Entstehung Israels 24, 49, 167 Legitimation (v. Herrschaft etc.) 21, 23, 40, 58f., 100f., 124, 127, 129, 177, 179, 182f., 203-205,216,236,249,265,267, 271f., 275, 277-280 Leviten 230f.,233,265 Leviten-Städte 265 Libna 106,115,122 Loyalität 7, 14, 16f., 18, 23, 25f., 33, 41, 62, 72,76,87 Mahanajim 6, 28f., 31f., 34, 57,140,148, 230,232 Makaz 28-30 Mamre 193-197, 202,207,230 Manasse b. Hiskia 107,110,123,129,224, 259,280
Maon 106,109,122 Marescha 106,114f.,122 Megiddo 19f., 22-24,28, 36f., 58, 68, %-10l,ill,ill,116,130,134-139,Ml, 144-146, 148,151, 153-155,212,229,276 Menahem b. Gadi 26, 71f., 75, 94,139 Me(iad lfa5avyiihi143, 106,112,114,117, 122,159,163f.,254,277 Me(iadMisorha-Rua}J 107,162 Mescha 22, 77 Micha v. Moreschet 220f., 224f. Mizpa (Ostjord.) 191,201,219,228 Mizpa (Westjord,) 106,118-121,123,125, 130,140, 190f., 202 mm§t 152, 157f. Moreschet-Gat 106, 114, 122, 125 Mose 175 Nabal 109 Nabot 74, 167,217 Nadab b. Jerobeam 60 Nebo 189 Negeb 12, 15,102-105,108, ill, 128,130, 160, 162, 230 Noa(Sippe) 82 Nob 4 Omri, Omriden 22, 61,63-70, 73f., 86, 88f., 94,100, 133f., 136f., 141, 144f., 148, 150f., 166f., 193,240,270-272,274,276, 280,282 Ortsgott 242-245 Ortskult 280 Pekach 72f., 75 Pekachja 72 Pfeilerhaus, -häuser 21, 100, 108, 134, 138, 153-156,277 Phönizien, Phönizier 55, 135f., 148,217 Pnuel 57, 93,140 Prestige, P.güter, P.wirtschaft 12, 19, 23, 25, 27, 35, 53, 60, 157, 168f., 172f., 177, 248, 262,265,277 Qecila 106, 125, 127 Qina 108 el-Qusema 103 Rama 228 RiimatRii}Jel 93, 105f., 111,116,125,158,
202f.,229 Rarnot (-Gilead) 28-31,34,65,68, 138, 146,230,232
Namen- und Sachregister
Redistribution 7, 21f., 53, 100, 127, 129, 132,154,156,168f.,262,265,272,277 Rehabeam 22-24,41,44,51, 87, 95,124, 126,158,250,257 Rentenkapitalismus 53, 157, 166, 217,262 Reziprozität 53 (En-) Rimmon 112 Saba 19 Sacharja b. Jerobeam 71 Sallum 71f. Salomo 10f., 13,17-41,55,59, 60, 64, 69, 71, 87,95-102,117-119,124, 130f., ill-~,W-M5,M8,~2,170,~0,~2,
188,201-206,216,227-230,232,234, 246-251,253,258,261-263,273-276,279, 281 Samaria 59,63-65,67f., 71-73,75,78, 81-83,85 f., 88-90,92-96, 136, 139f., 144, 147f., 153,155, 165f., 169,173,177,183, 193,198,201,203,210,213-215,217-220, 223, 227f., 233,235,244,269-271, 274f., 279f. Samaria-Ostraca 67,77-86, 89f., 140,148, 165-169,269,274,277,280 Siimerfna 117 Samuel 6 Sarca 116 Sau! 3-8,86,144, 188f., 191,228-230,234, 258,273 Schaalbim 29 Schemida (Sippe) 80, 82-85 Scheschonk 24,116,137,212 Schrift/Schreiben 110,267 Selbft 29 Sichern 56-59,82,93,153, 186f., 201,230, 232 Siegel 51-53,90,274 Silo 59, 154f., 187f., 201,203,228 Simri 61f., 67,270 Sittim 189-191,201,219 smrwn 270 Socho (Ifirbet es-Suweke) 29 Socho (Ifirbet cAbbad) 106,125-127,152, 158,168 Sochö (Suweket er-Riis) 29 Steuern 6,26,35-37, 78f.,81f., 157-159, 164f., 247-249, 260f., 263 Sukkot 213,244 Suweketer-Riis 29 §wkh 157
315
Taanach 28, 36, 98, 137f., 146,148, 154f., 212f.,230,232 Tabor 186f., 190f., 201, 219 Tamar 20f., 97-99, 101f., 105-108,151, 229 Tappnach 72 T~l 'Esdiir 100, 155 Tell Äbil el-Qam}J 133 TellAbaHawiim 100,141,153 Tell cAriid43, 100,105-108,121,125,196, 198,201,229 Tell cArcara 106-108 Tellel-Asiiwir 29 Tell el-Batiisf 117 Tell Bet Mirsim 106, 111, 116, 121f., 127, 131,134,141, 154f., 172f.,277 Tell Borniit 114f. Tell Der cAllii 213 Tell ed-Duwer 113,229 Tell el-Fiir"a Nord 139 Tellel-Ful 121,138,156 Tell el-Gazarf 117 Tell el-Gudede 114 Tell el-Gurn 171,254 Tell el-lfammiim 190 Tell el-lfasf 100, 106, 113, 122, 153, 155 Tell el-Iflefe 105-107, 169f., 277 Tellel-Ifuwelfe 106,112, 121f. Tell Meliit 142 Tell el-Mil}J 105-108,130,196 Tell Mubiirak 29 Tell el-Mutesellim 136f Tell en-Na(ibe 120, 154f., 190 Tell el-cOreme 60,134,153 Tell el-Qarjf 96, 133, 154 Tellel-Qasfle 100, 141f., 147,153, 172f., 229,277 Tell Qedii}J el-Gul 133 Tell el-Qederat 106-108, 121, 199, 201f. Tell Qoqcah 118 Tell er-Riimf!lRume! 31, 138, 229 TellRiisel-cEn 142 Tell e(i-Siifi 106, 114, 122 Tell Sanda}Janna 114 Tell es-Sebac 12, 96f., 100, 102-108, 113, 125, 130,153-155, 157, 196-200,202,229 Tell es-SehAhmed ez-c Aren! 106, 114, 122 Tell es-Se;rca' 106, 112, 121f., 130 Tell es-Sultiin 143 Tell es-Suqaf 114 TellTacannek 137,153 Tell Waqqii(i 133
316
Namen- und Sachregister
Tell Zakarfye 115 TellZf[ 109 Teman 201, 244 Teqoa 106, 125 tertiärer Sektor 7, 34, 40f., 54, 131,272 Tibni b. Ginat 63,75 Timna 97,106, 117f., 122f., 125 Tirza (Ort) 57-63,72,93,139,213,233 Tirza (Sippe) 82 Tululeq-l2_ahab 31,57, 140f., 145f. Ussia 105,107,109, 114, 118, 128-130,132, ~-M2,~,M8,DO,OO,n4,MO,M2,
253,257-261, 263f., 266f., 270-272, 276f., 280,282 Vorratsstädte 20f., 151, 229
VVädie~-Sarär 99,116 Wagen- u. Pferdestädte20f., 99.151.229
Yahil 207, 215 Yälö 29,118 Zadok 5f., 9,193 Zedekia 115, 163 Zehnter 26,50,262f.,265 Zephanja 222, 224 Zeremonialität 271 f. Zif(iter) 4, 15,106,122, 125f., 152, 157f., 196 Ziqlag 12, 105 f., 108, 197 f., 275 Zorea 99,106,116,118, 122f. z(y)p 157
Register hebräischer Wörter (in Auswahl)
'byrh-rym 3 'rmwn 57, 60,72 'r~gfCd 31 'r~tpwl] 72 byrnywt 128f., 160 byt 6,11,87,175,177,181 byt 'b 57,86 byt 'lhym 219,233 byt h-bel 214 bytYllVVll 20,199,219 byth-mlk 57,60, 72 bytmmlkh 207,215,230-232 bmwt 230f. BNY l9f., 98 bn(y) h-mlk 52 be[ pqdt 41 h-gbeh 192 gdl(ym) 89 gdly h-eyr 64 gwrl 255 dl 47 h-hr 254 hykl 57, 64, 187,219
WS 46 zkn(ym) 46, 49f., 53, 64, 74 l]lq 255 l]~r(ym)
108, 256
l]rym 74 YlfS 81 10, 45f yld(ym) 46
ywe~
khn 89,136
kprym 165 mgdl(ym) 64, 128f., 160,162,165 mdbr 254 mdynh, mdynwt, 67-70,74,86,89,148, 152,270,272,274,280 mzkyr 11,18,28,44,89,250 ml'kh 22f.,38f. mlw' 20 l-mlk 109-125,127,143,152,155-158, 161f.,171,196,277 mnl]h, mnl]wt 26,158,249, 262f., 265 ms s. elh-ms msknwt 151, 155 mqdsmlk 207,215,231 msmet 3 mspt 220 ngb 254 nl]lh 49,255 ner(ym) 15, 68, 70,111,116,161 NSB 8,27,33 niib(ym) 8, 18, 27f.,30, 32-40,45, 98f., 246,248-251,263 sbl 21, 40, 56, 87 skn 44 spr(ym) 18,52 srys(ym) 42f., 45f., 48, 64, 68, 179 ebd(ym) 18, 21, 24, 40,45-50,52,56, 64, 169 el h-byf 18, 44, 52, 60, 62, 64, 161 cl h-mltl]h 64 ("lh-) ms 9,11-13, 18f., 21-24,26,36, 38-40,44,51,87, 89,129,163,249,251,260, 263,266 cm 6, 65, 74,217,235, 240f., 243 emh-'r~ 42, 50, 54f., 75, 87f., 91,119,264, 273 er 107,201
318
Register hebräischer Wörter
crym 128, 151, 165 cry !Jbrwn 195 cry h-msknwt 151, 155
h-sr 43 sr h-cyr 41,64 sr h-er 41, 52, 107
p!Jh 18
sr(h-)~b'
rb (h-mlk) 47 r (h-mlk) 9, 18,45 f. rhdwyd 28 r~ym
64
srr 101,201
3,42,44,63,65
sr(y) h-mdynwt (s. auchmdynh) 67-70,89,274 sw(r(ym) 42, 264 sl(y)S(ym) 65, 72, 89
srr 174
sr(ym) 18, 33,41-44,46-50, 52-55, 64,
spt(ym) 47
87-89,91,107,131,164,176, 178f., 219, 222,264,266, 274f.
spth 254