Springer-Lehrbuch
Das Erste – kompakt Herausgeber Jesko Priewe Daniel Tümmers Konzept PD. Dr. Dr. Oliver Friedrich Jesko Priewe Daniel Tümmers
Weitere Titel dieser Reihe: Ernst/Krantz/Witt, Chemie Physik Biologie – GK1 978-3-540-36485-6 Friedrich, Physiologie – GK1 978-3-540-36479-5 Schön, Medizinische Psychologie und Soziologie – GK1 978-3-540-36361-3 Witt, Anatomie – GK1 978-3-540-36367-5
Priewe/Tümmers (Hrsg.), Das Erste Kompendium Vorklinik 978-3-540-32877-3
Sven Krantz
Biochemie – GK 1 Mit 56 Abbildungen und 48 Tabellen
123
Prof. Dr. Sven Krantz Universität Greifswald Institut für Med. Biochemie u. Molekularbiologie Sauerbruchstraße 17487 Greifswald
Reihenherausgeber:
Jesko Priewe Daniel Tümmers medicu(r)s GbRmbH Hauptstraße 580 53347 Alfter
[email protected]
ISBN-13 978-3-540-36470-2 Springer Medizin Verlag Heidelberg Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2007 Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Planung: Renate Scheddin, Kathrin Nühse, Heidelberg Projektmanagement: Sigrid Janke, Heidelberg Lektorat: Dr. med. Susanne Meinrenken, Freiburg Layout und Umschlaggestaltung: deblik Berlin Satz: Fotosatz-Service Köhler GmbH, Würzburg SPIN 11796633 Gedruckt auf säurefreiem Papier
15/2117 – 5 4 3 2 1 0
V
Vorwort DIE Klippe im Medizinstudium ist und bleibt das Physikum, oder wie es nunmehr seit kurzer Zeit genannt wird, das erste Staatsexamen. Wir widmen uns seit mittlerweile knapp fünf Jahren der professionellen Bewältigung dieser Hürde, indem wir medicu(r)s – ein Repetitorium für Medizinstudenten – gegründet und seit dieser Zeit schon zahlreiche Studenten erfolgreich durch die Vorbereitung und die anschließende Prüfung geleitet haben. Im Jahr 2004 kam der Springer-Verlag mit der Bitte auf uns zu, Fachbücher zur Prüfungsvorbereitung auf das neue erste Staatsexamen zu erarbeiten. Wir haben unsere Zusage an die Bedingung geknüpft, dass die Bücher sowohl enge klinische Bezüge enthalten müssen, als auch durch eine sinnvoll dosierte Didaktik geprägt sein sollen. Beide Aspekte haben in diesem Buch ihre Umsetzung auf besondere Weise gefunden: Zum einen stellen unsere Klinikboxen schon erste klinische Bezüge her, die durch die abschließenden klinischen Fallbeispiele am jeweiligen Kapitelende komplettiert werden. Zum anderen bieten die Mindmaps einen strukturierten Überblick über den Inhalt der jeweiligen Kapitel und die Merkeboxen, sowie Prüfungsfallstricke geben eine Gewichtung vor, worauf Sie in der Vorbereitung besonders achten sollten. Dieses Buch ist streng nach dem aktuellen GK1 gegliedert, um Ihnen, liebe Leser, den Weg zu ebnen, sich strukturiert vorzubereiten, ohne einen thematischen Aspekt zu übersehen oder zu vernachlässigen. Wir möchten uns in diesem Zusammenhang bei unserem Autor Herrn Professor Dr. Krantz für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit bedanken. Des Weiteren möchten wir uns beim Springer-Verlag bedanken, der letztlich das Erscheinen des Buches ermöglicht hat. Hier danken wir insbesondere Frau Kathrin Nühse für die stets gute und konstruktive Zusammenarbeit und Frau Sigrid Janke für das professionelle Projektmanagement. Zum Schluss danken wir unseren Ehefrauen Nadine und Petra für ihren Rückhalt, ihre Geduld und häufige Rücksichtnahme. Unser großer Wunsch ist es, dass Ihnen, liebe Leser, dieses Buch bei der Bewältigung Ihrer Prüfung hilft und Sie sich im Nachhinein gerne an die »Zeit des Lernens und Leidens« zurückerinnern. Bonn, Juli 2006 Daniel Tümmers und Jesko Priewe
Die ständige Zunahme biochemischen Fachwissens erfordert eine überschaubare und zusammenfassende Darstellung der medizinischen Biochemie. Dieses Buch ist, gegliedert am Gegenstandskatalog für die Ausbildung in Biochemie für Medizinstudenten, in einer Kurzfassung geschrieben worden. Es versucht, die wesentlichen Sachverhalte der Biochmie unter Bezug auf klinische und praktische Aspekte zum Bestehen des 1. Staatsexamens zu vermitteln. Ziele dieses Buches sind die Darstellung von Zusammenhängen und nicht nur die Vermittlung von Fakten sowie die Leistung sowohl von Hilfestellungen zur Beantwortung der MultipleChoice-Fragen als auch zum Bestehen der mündlichen Prüfung. Beim Springer-Verlag möchte ich mich für die angenehme Zusammenarbeit bedanken. Weiterhin danke ich Frau Dr. S. Meinrenken (Freiburg) und Frau Dr. R. Brandt (Greifswald) für ihre Hilfe und Unterstützung bei der endgültigen Fertigstellung des Manuskripts. Greifswald, August 2006 S. Krantz
Die Herausgeber Jesko Priewe geboren 1974 in Bonn-Bad Godesberg, verheiratet. Studium der Humanmedizin an der Ruhr-Universität-Bochum und der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Studium der Gesundheitsökonomie, Akademie Prof. Dr. Braunschweig, Köln. 2003 Gründung der Firma medicu(r)s GbRmbH. Geschäftsführer der medicu(r)s GbRmbH von 2003 bis heute. Seit 2006 Tätigkeit in der Klinik für Innere Medizin am Marienhospital Euskirchen. Herausgeber des Bandwerkes »Das Erste – kompakt« mit den Einzelwerken: »Chemie, Physik, Biologie«; »Biochemie«; »Medizinische Psychologie und Soziologie«; »Anatomie«; »Physiologie«. Herausgeber des Kompendiums »Das Erste – kompakt . Kompendium Vorklinik« im Springer-Verlag Heidelberg.
Daniel Tümmers geboren 1976 in Hamm, verheiratet. Studium der Humanmedizin an der Universität Bochum von 1998 bis 2002. Studium der Biologie, Germanistik und Pädagogik an der Universität Essen von 2002 bis 2006. 2003 Gründung der Firma medicu(r)s GbRmbH. Geschäftsführer der medicu(r)s GbRmbH von 2003 bis heute. 2006 Staatsarbeit zum Thema: »Das Arzt-Patienten-Gespräch«. Herausgeber des Bandwerkes »Das Erste – kompakt« mit den Einzelwerken: »Chemie, Physik, Biologie«; »Biochemie«; »Medizinische Psychologie und Soziologie«; »Anatomie«; »Physiologie«. Herausgeber des Kompendiums »Das Erste – kompakt . Kompendium Vorklinik« im Springer-Verlag Heidelberg.
VII
Der Autor Sven Krantz 1940 in Gotenhafen geboren, Medizinstudium von 1959–65 an der Ernst Moritz Arndt-Universität Greifswald, seit 1966 am Institut für Biochemie in Greifswald, Promotion 1965, Habilitation 1976, Facharzt für Biochemie 1971, 1980 Berufung zum Professor, 2005 Eremetierung.
Biochemie: Das neue Lehrbuch Mind Map: grafische Übersicht der wichtigsten Kapitelinhalte, kombiniert mit einer Zusammenfassung
36
Kapitel 5 · Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information
5 Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information Mind Map
Leitsystem: schnelle Orientierung über alle Kapitel und den Anhang
Der Bauplan des Menschen ist in jeder Körperzelle als DNA gespeichert. Jeder Zelltyp hat aber sein spezifisches Expressionsmuster für RNAs und Proteine, welches durch Hormone, Zytokine oder Umweltbedingungen beeinflusst werden kann. Das Dogma der Molekularbiologie bedeutet: DNA besitzt die Fähigkeit zur identischen Selbsterneuerung (Replikation). Die in der DNA gespeicherte genetische Information wird auf RNA übertragen (Transkription). Die in der RNA enthaltene genetische Information wird in eine Aminosäuresequenz übersetzt (Translation). Die in einer Aminosäuresequenz enthaltene Information kann nicht auf Nucleinsäuren rückübertragen werden. Jedoch kann an RNA (z. B.
5 4.2.3
Verweis auf Abbildungen und Tabellen: deutlich herausgestellt und leicht zu finden
Gleichungen, Formeln, Gesetze und Theoreme
Viren) eine DNA synthetisiert werden (reverse Transkription). Replikation, Transkription und Translation bestehen aus den Schritten Initiation, Elongation und Termination. Für die Expression spezifischer Gene durch Transkription und Translation besteht die Möglichkeit einer Steigerung oder Drosselung der Genaktivität. Solche Regulationen sind die Induktion und Repression. Induktoren führen über eine Steigerung der Genaktivität zu einer vermehrten Synthese eines oder mehrerer Proteine (Enzyme). Repressoren unterdrücken die Genaktivität und verursachen dadurch eine Hemmung der Proteinsynthese.
Der Fettsäureabbau (β-Oxidation) vollzieht sich in folgenden Schritten (. Tab. 3.7, . Abb. 3.4): 1. Aktivierung der Fettsäure an der äußeren Mitochondrien-Membran: Fettsäure+ATP+CoA-SH→ Acyl-S-CoA+AMP+2 Pa. Dabei wird intermediär ein Acyl-Adenylat (gemischtes Säureanhydrid = energiereiche Verbindung) zwischen der Carboxylgruppe und dem Phosphatrest des AMP gebildet, welches durch CoA unter Ausbildung eines Thioesters (energiereiche Verbindung) gespalten wird. 2. Transport des Acyl-S-CoA durch die innere Mitochondrienmembran mittels der Acyl-CarnitinTransporter 1 und 2. Dabei findet zunächst eine Übertragung des Acylrests aus der CoA-Verbindung auf Carnitin statt. Nach dem Transport durch die Membran wird aus der Acyl-Carnitin-Verbindung die Fettsäure auf CoA rückübertragen.
Triacylglycerinsynthese
Die Biosynthese der Triacylglycerole läuft in folgenden Schritten ab: 4 Bereitstellung von Glycerol-3-Phosphat durch direkte ATP-abhängige Phosphorylierung von Glycerol durch die Glycerolkinase in Leber, Niere, Dünndarmmukosa und laktierender Mamma. Im Fettgewebe fehlt die Glycerolkinase. Daher erfolgt eine Reduktion von Dihydroxyacetonphosphat durch die Glycerolphosphatdehydrogenase zu Glycerolphosphat. Alternativ wird Dihydroxyacetonphosphat mit einer Acyl-CoA verestert und durch Reduktion in ein Lysophosphatid überführt. 4 Anlagerung von 2 Acyl-CoA an Glycerol-3-Phosphat unter Bildung der Phosphatidsäure. Die an der primären OH-Gruppe veresterte Fettsäure ist häufig Palmitinsäure, an der sekundären OH-Gruppe Ölsäure. 4 Abspaltung des Phosphats aus der Phosphatidsäure durch eine Phosphatase unter Bildung eines Diglycerids. 4 Anlagerung der dritten Fettsäure an das Diglycerid. Lipolyse und Lipogenese unterliegen einer hormonellen Kontrolle. Die Lipolyse wird durch Adrenalin und Noradrenalin stimuliert, durch Insulin gehemmt. Die Katecholamine aktivieren die hormonsensitive Lipase über eine Erhöhung des cAMP-Spiegels und die Aktivierung der Proteinkinase A (Bindung an β2-Rezeptoren der Adipozyten). Die Reizung des Sympathikus aktiviert die Lipolyse über die Freisetzung von Noradrenalin.
Zahlreiche Abbildungen: veranschaulichen komplizierte und komplexe Sachverhalte . Abb. 2.1. Kinetik allosterischer Enzyme; links = K-Typ, rechts = V-Typ (aus Löffler 2005)
Aufzählungen: Lerninhalte übersichtlich präsentiert
Navigation: Seitenzahl und Kapitelnummer für die schnelle Orientierung
Inhaltliche Struktur: klare Gliederung durch alle Kapitel
37 3.5 · Protein- und Aminosäureabbau
3
. Tab. 3.9. Biogene Amine
Aminosäure
Amin
Bedeutung
Glutamat
γ-Aminobutyrat
Überträgersubstanz im ZNS
Cystein
Cysteamin Taurin
Bestandteil des CoA Konjugationsprodukt von Gallensäuren
Serin
Ethanolamin, Cholin
Bestandteil des Phosphatidylcholins, der Sphingosin-Phosphatide und des Acetylcholins (Neurotransmitter)
Histidin
Histamin
Gewebshormon
Dihydroxyphenylalanin
Dopamin
Neurotransmitter, Vorstufe von Noradrenalin und Adrenalin
Tryptophan
5-Hydroxytryptamin (Serotonin)
Gewebshormon, Neurotransmitter
3.5.3
Wege des Kohlenstoffs
Der Abbau des C-Skeletts von Aminosäuren mündet in den Stoffwechsel von Glucose (glucogene Aminosäuren) oder von Fettsäuren (ketogene Aminosäuren). Eine wichtige Rolle im Stoffwechsel der Methylgruppe spielt das Methionin. Als S-Adenosyl-Methionin (SAM) ist es der wichtigste Methylgruppendonator im Stoffwechsel (methylierte Basen in der DNA und RNA, Methylhistidin in Proteinen, Adrenalin-, Creatin- und Cholinsynthesen). Nach Abgabe der Methylgruppe entsteht Homocystein, welches in einer Vitamin
B12-abhängigen Reaktion (Methylcobalamin) zu Methionin durch Übernahme der Methylgruppe aus Methyl-FH4 remethyliert werden kann. Diese Remethylierung ist nur in beschränktem Umfang möglich. Der Bedarf des Stoffwechsels an Methylgruppen muss zu einem wesentlichen Teil durch die Aufnahme von Methionin mit der Nahrung gedeckt werden. Allerdings stellt diese Reaktion FH4 für den C1-Stoffwechsel wieder zur Verfügung! Methylen-FH4 wird ebenfalls zur Bildung der Methylgruppe im Thymin benötigt (Bildung von dTMP).
Prüfungsfallstricke Die Anorexia nervosa ist eine psychiatrische Form extremer Mangelernährung.
Wird 12 h keine Nahrung aufgenommen, sind fast das ganze Leberglycogen und große Teile des Muskelglycogens verbraucht (. Tab. 4.5). Innerhalb von 24 h sinkt die Blut-Glucosekonzentration. Die Insulinsekretion sistiert. Die Glucagonfreisetzung wird stimuliert. Es kommt zu einer Mobilisierung der Neutralfette, deren Fettsäuren zu primären Brennstoffen für Muskulatur und Leber werden. Für die Glucoseversorgung des Hirns kommt die Gluconeogenese auf, in der Glycerol, Lactat und glucogene Aminosäuren (aus den Proteinen von Leber, lymphatischem Gewebe und Muskulatur) verwertet werden. Dadurch steigt die Harnstoffsynthese in der Leber an. Durch die Gluconeogenese kommt es zu einer Verarmung des Citratzyklus an Oxalacetat, wodurch die Verstoffwechslung von AcetylCoA behindert wird.
KLINIK
Tabelle: klare Übersicht der wichtigsten Fakten
Klinik-Box: klinisch relevantes Wissen für die Praxis
Der Körpermasse-Index (BMI = body mass index) dient der Definition einer Adipositas. Er errechnet sich aus dem Quotient aus Körpergewicht in kg, dividiert durch die Körpergröße in Metern zum Quadrat. Normal ist ein BMI von 20–24,9. Darüber und darunter hinausgehende Werte sind pathologisch (25–30= Übergewicht; >30= Adipositas; < 20= Magersucht).
Merke Fettsäurebiosynthese und Lipogenese sind gekoppelte Prozesse. Hauptorgane für die Neutralfettsynthese sind Leber und Fettgewebe. Die Lipolyse und Lipogenese werden durch Katecholamine, Glucagon und Insulin reguliert. Schilddrüsenhormone und Glucocorticoide stimulieren den Fettabbau erst nach einer Latenzzeit.
Schlüsselbegriffe: sind fett bzw. kursiv hervorgehoben
Merke: das Wichtigste auf den Punkt gebracht
Fallbeispiel Ein etwas übergewichtiger 56-jähriger Patient kommt in die Sprechstunde seines Hausarztes und klagt über anfallsartige Schmerzen im Grundgelenk der 1. Zehe beider Füße. Er habe diese Schmerzen schon häufiger gespürt, sie seien aber immer wieder von alleine verschwunden. Auf Nachfrage berichtet er, dass er am vergangenen Wochenende ein Familienfest gefeiert habe und gut gegessen und getrunken habe. Auch sonst esse er gern viel Fleisch und trinke regelmäßig abends ein bis zwei Flaschen Bier. Bei der körperlichen Untersuchung fallen eine Rötung, Schwellung und Druckempfindlichkeit über
Prüfungsfallstricke: hilft erfolgreich durch die Prüfung
den betroffenen Stellen auf. Differenzialdiagnostisch kommt neben der Hyperurikämie mit Gicht auch die rheumatoide Arthritis in Betracht. Eine Harnsäurebestimmung im Blut allerdings zeigt eine deutliche Erhöhung der Uratkonzentration, was die Hyperurikämie beweist. Zur Behandlung erhält der Patient für den akuten Anfall nicht steroidale Antiphlogistika (z. B. Diclofenac), sowie einen Xanthinoxidase Hemmer (z. B. Allopurinol). Des Weiteren empfiehlt der Hausarzt eine Reduktion des Fleisch- und Alkoholkonsums sowie eine Reduktion des Körpergewichts und reichlich Flüssigkeitszufuhr.
Fallbeispiel: gelerntes Wissen praktisch anwenden und umsetzen
XI
Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.5 1.1.6 1.1.7 1.1.8 1.1.9
2
Bioenergetik und Biokatalyse . . . . . . Energetik und Kinetik biochemischer Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reversible Reaktionen . . . . . . . . . . . . Fließgleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . Gekoppelte Reaktionen . . . . . . . . . . . Energiereiche« Verbindungen, Gruppenübertragungspotenzial . . . . . . . . . . . . Biokatalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Enzymkinetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hemmung von Enzymen . . . . . . . . . . Enzymaktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . Photometrische Methoden . . . . . . . . .
2
3.5.2
4 4 4 4
3.5.3 3.5.4 3.6 3.7 3.7.1
4 4 6 8 9 9
Prinzipien der Stoffwechselregulation 12
Regulation der Enzymaktivität durch die Substratkonzentration . . . . . . . . . . 2.1.2 Negative Rückkopplung . . . . . . . . . . . 2.1.3 Allosterische Regulation . . . . . . . . . . . 2.1.4 Enzymgesteuerte chemische Modifikationen von Enzymen . . . . . . . 2.1.5 Induktion und Repression der Enzymsynthese . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.6 Limitierte Proteolyse . . . . . . . . . . . . . 2.1.7 Protein-Protein-Interaktionen . . . . . . . 2.1.8 Multienzymkomplexe . . . . . . . . . . . . 2.1.9 Isoenzyme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.10 Nomenklatur und Einteilung der Enzyme 2.1.11 Medizinische und technische Bedeutung von Enzymen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.7.2 3.7.3 3.7.4 3.8
2.1.1
14 14 14
3.8.1 3.8.2 3.9
15
4
15 15 16 16 16 16
Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung . . . . . . . . . . . . . 20
3.1 3.2 3.2.1
»Energiereiche« Verbindungen . . . . . . Kohlenhydratabbau . . . . . . . . . . . . . Glycolyse und aerobe Verstoffwechselung der Glucose . . . . . . . . . . Der Pentosephosphatweg . . . . . . . . . Glycogenabbau . . . . . . . . . . . . . . . Der Stoffwechsel der Galactose . . . . . Der Stoffwechsel der Fructose . . . . . . Triacylglycerin- und Fettsäureabbau . . Der Abbau von Neutralfetten (Lipolyse) Fettsäureabbau . . . . . . . . . . . . . . . Die Thermogenese im braunen Fettgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ketonkörpersynthese und -abbau . . . . Protein- und Aminosäureabbau . . . . . Proteinabbau . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4 3.5 3.5.1
. 22 . 22 . . . . . .
4.1.5 4.1.6
17
3
3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4
.
22 24 26 27 27 28 28 29
. . . .
31 31 32 32
4.1.7 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.3 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.5 4.5.1 4.5.2
Transaminierung und Desaminierung, Decarboxylierung . . . . . . . . . . . . . . Wege des Kohlenstoffs . . . . . . . . . . . Wege des Stickstoffs . . . . . . . . . . . . Ethanolabbau . . . . . . . . . . . . . . . . . Pyruvatdehydrogenase, Citratzyklus . . Die oxidative Decarboxylierung des Pyruvats durch die Pyruvatdehydrogenase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Verstoffwechslung der aktivierten Essigsäure im Citratzyklus . . . . . . . . . Auffüllungsreaktionen (anaplerotische Reaktionen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regulationen im Citratzyklus . . . . . . . Atmungskette und oxidative Phosphorylierung . . . . . . . . . . . . . . Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . . . . . .
Bildung von Energiespeichern . . . . Kohlenhydrate . . . . . . . . . . . . . . . . Verwertung der Glucose . . . . . . . . . . Gluconeogenese . . . . . . . . . . . . . . . Glycogensynthese . . . . . . . . . . . . . . Synthese von Aminozuckern sowie von Fucose und Mannose . . . . . . . . . Glycoproteine . . . . . . . . . . . . . . . . Die Blutglucosekonzentration und ihre Regulation . . . . . . . . . . . . . . . . Der Diabetes mellitus . . . . . . . . . . . . Lipide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwertung von Lipoproteinen und Fettsäuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fettsäuresynthese . . . . . . . . . . . . . . Triacylglycerinsynthese . . . . . . . . . . Proteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regulation der Energiespeicherbildung und -verwertung . . . . . . . . . . . . . . . Bildung von Energiespeichern . . . . . . Speicherverwertung . . . . . . . . . . . . Energiegewinnung . . . . . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . . . . . . Stoffwechsel bei Nahrungsmangel . . . Adipositas . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 34 . 37 . 42 . 44 . 44
.
44
.
45
. .
47 47
. . . .
48 48 50 53
. . . . .
56 58 58 58 61
. .
62 62
. . .
63 63 64
. . . .
64 64 68 74
. . . . . . .
74 74 74 75 75 75 76
XII
5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.2.6 5.2.7 5.2.8 5.2.9 5.2.10 5.2.11 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.3.5 5.3.6 5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3
Inhaltsverzeichnis
Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information Nucleotide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbau der Nucleotide . . . . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . . . . . . . Nucleinsäuren . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . DNA-Replikation . . . . . . . . . . . . . . . . DNA-Schädigung und -Reparatur . . . . . Transkription . . . . . . . . . . . . . . . . . . Translation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regulation der Genexpression . . . . . . . DNA- und RNA-Viren . . . . . . . . . . . . . DNA-Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . In-vitro-DNA-Rekombination, Gentechnik Analyse von Nucleinsäuren . . . . . . . . . Abbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Faltung und Modifikation von Proteinen Proteinfaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . Adressierung von Proteinen . . . . . . . . . Limitierte Proteolyse . . . . . . . . . . . . . Proteinglycosylierung . . . . . . . . . . . . Verankerung von Proteinen und Membranen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nichtenzymatische Glycierung . . . . . . . Proteolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Proteasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lysosomale Proteasen . . . . . . . . . . . . Zytosolische Proteolyse . . . . . . . . . . . Tumorbiochemie . . . . . . . . . . . . . . . Kanzerogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Apoptose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78 80 80 82 83 83 84 84 85 87 87 89 93 95 96 96 97 97 97 97 98 98 98 99 99 99 99 99 99 99 99 100 101
6.6.2 6.7 6.8 6.8.1 6.8.2 6.9 6.9.1 6.9.2 6.10 6.11 6.11.1 6.11.2 6.11.3 6.12 6.13 6.14
Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . Peroxisomen . . . . . . . . . . . . . . Endoplasmatisches Retikulum (ER) Aufbau und Zusammensetzung . . Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . Golgi-Apparat . . . . . . . . . . . . . Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . Zytoskelett . . . . . . . . . . . . . . . Extrazelluläre Matrix . . . . . . . . . Strukturprinzip, Vorkommen . . . . Synthese, Abbau . . . . . . . . . . . . Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . Zellzyklus . . . . . . . . . . . . . . . . Apoptose . . . . . . . . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . . .
7
Säurebasenhaushalt, Wasser- und Elektrolythaushalt, Spurenelemente 114
7.1 7.2 7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.4 7.3.5 7.4
Säurebasenhaushalt . . . . . . . Wasser- und Elektrolyt-Haushalt Spurenelemente . . . . . . . . . . Eisen . . . . . . . . . . . . . . . . . Kupfer . . . . . . . . . . . . . . . . Zink . . . . . . . . . . . . . . . . . . Iod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Selen . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
116 116 116 116 116 117 117 117 118
8
Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . Kontraktile Systeme . . . . . . . . . . . Aktinmyosinsystem in Muskelzellen Motile Systeme . . . . . . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
120 122 122 122 122
Hormone und Zytokine . . . . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau des Hormonsystems und Grundlagen der hormonellen Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . Hormone und Zytokine . . . . . . . . . . . Hormon- und Zytokinrezeptoren . . . . . Signaltransduktion . . . . . . . . . . . . . . Neurohormonale Kopplung . . . . . . . . . Stoffwechselregulation . . . . . . . . . . . . Insulin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glucagon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Adrenalin und Noradrenalin . . . . . . . . Glucocorticoide . . . . . . . . . . . . . . . . Wachstum und Differenzierung, Fortpflanzung . . . . . . . . . . . . . . . . . Somatotropin (STH, Wachstumshormon) Schilddrüsenhormone . . . . . . . . . . . .
124 126
8.1 8.1.1 8.2 8.3
9 6
Zellstrukturen und interzelluläre Matrix; allgemeine Zytologie . . . . . . 102
6.1 6.2 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.5 6.5.1 6.5.2 6.6 6.6.1
Prokaryonte Zellen . . . . . . . . . . . Eukaryonte Zellen . . . . . . . . . . . . Membranen . . . . . . . . . . . . . . . . Membrankomponenten . . . . . . . . Bildung und Abbau von Membranen Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zellkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chromatin . . . . . . . . . . . . . . . . . Kernhülle . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . Mitochondrien . . . . . . . . . . . . . . Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . Lysosomen . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung, Aufbau . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
104 104 104 104 106 106 106 106 106 106 107 107 107 107 107
9.1 9.1.1
9.1.2 9.1.3 9.1.4 9.1.5 9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.2.4 9.3 9.3.1 9.3.2
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
107 107 107 107 108 108 108 108 108 109 109 110 112 112 113 113
126 127 127 127 130 131 131 132 133 134 135 135 135
XIII Inhaltsverzeichnis
9.3.3
9.8 9.8.1 9.8.2 9.8.3 9.8.4 9.8.5 9.9 9.9.1
Sexualhormone (Androgene, Estrogene, Gestagene) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prolactin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oxytocin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regulation von Verdauung und Resorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gastrin, Sekretin, Cholecystokinin (CCK) Salzsäureproduktion der Belegzellen des Magens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hydrogencarbonat- und Enzymsekretion des Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elektrolyt- und Wasserhaushalt . . . . . . . Aldosteron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renin-Angiotensin-System . . . . . . . . . Atriales natriuretisches Hormon (Atriopentin, ANP) . . . . . . . . . . . . . . . Vasopressin (Adiuretin) . . . . . . . . . . . . Calcium- und Phosphatstoffwechsel . . . Parathormon . . . . . . . . . . . . . . . . . . Calcitonin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Calciferole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewebshormone, Mediatoren . . . . . . . Histamin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Serotonin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kinine (Bradykinin, Kallidin) . . . . . . . . . Eicosanoide (Prostaglandine, Leukotriene, Thromboxane) . . . . . . . . . Zytokine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Proinflammatorische Zytokine . . . . . . . Chemokine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interleukine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wachstumsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . Interferone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . . . . . . . Hormonmangel und Hormonüberschuss
10
Immunsystem . . . . . . . . . . . . . . . . 146
10.1 10.1.1 10.1.2 10.1.3 10.1.4
Aufbau des Immunsystems . . . . . . . . . Organe und Zellen des Immunsystems . . Antigene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immunglobuline . . . . . . . . . . . . . . . . Histokompatibilitätsantigene, Antigenpräsentation . . . . . . . . . . . . . T-Zellrezeptor, T-Zell-Antigenerkennung Zytokine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unspezifische Immunantwort . . . . . . . Spezifische Immunantwort . . . . . . . . . Störungen des Immunsystems . . . . . . .
9.3.4 9.3.5 9.4 9.4.1 9.4.2 9.4.3 9.5 9.5.1 9.5.2 9.5.3 9.5.4 9.6 9.6.1 9.6.2 9.6.3 9.7 9.7.1 9.7.2 9.7.3 9.7.4
10.1.5 10.1.6 10.1.7 10.1.8 10.2
136 138 138 138 139 139 139 139 139 140
11.1.3 11.1.4 11.1.5 11.1.6 11.2 11.3 11.4
Hämoglobin . . . . . . . . . . . . . . . . . Erythropoese und Erythrozytenabbau Stoffwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . Granulozyten, Makrophagen . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . . . . . Lymphozyten . . . . . . . . . . . . . . . . Blutstillung, Blutgerinnung und Fibrinolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.1 Thrombozyten . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.2 Blutgerinnung . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.3 Fibrinolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5 Pathobiochemie . . . . . . . . . . . . . . 11.6 Blutplasma . . . . . . . . . . . . . . . . .
12 140 140 140 140 141 141 141 141 142 142 142 143 143 143 143 143 143 144 144
148 148 149 149 151 153 153 153 155 155
11 Blut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 11.1 Erythropoese und Erythrozyten . . . . . . 158 11.1.1 Sauerstoffaufnahme und -versorgung . . . 158 11.1.2 CO2-Transport . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
. . . . . .
. . . . . .
160 161 163 164 164 164
. . . . . .
. . . . . .
164 164 165 167 168 168
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
172 174 174 175 175 175 175 175 175
12.6
Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Energiestoffwechsel . . . . . . . . . . Serviceleistungen . . . . . . . . . . . Cholesterin . . . . . . . . . . . . . . . Gallenflüssigkeit und Gallensäuren Biotransformation . . . . . . . . . . . Prinzip und Bedeutung . . . . . . . . Phase 1 der Biotransformation . . . Phase 2 der Biotransformation . . . Induktion des Biotransformationssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endokrine Funktionen . . . . . . . .
13
Magendarmtrakt . . . . . . . . . . . . . . 178
13.1 13.1.1 13.1.2 13.1.3 13.1.4 13.2 13.2.1 13.2.2 13.2.3 13.2.4 13.2.5 13.3 13.4 13.5
Grundlagen der Ernährung . . . . . Wert der Nahrung . . . . . . . . . . . Essenzielle Nahrungsbestandteile . Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Parenterale Ernährung . . . . . . . . Verdauung und Resorption . . . . . Verdauungssekrete . . . . . . . . . . Kohlenhydrate . . . . . . . . . . . . . Proteine . . . . . . . . . . . . . . . . . Lipide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vitamine . . . . . . . . . . . . . . . . . Wasser, Elektrolyte . . . . . . . . . . . Endokrine Funktionen . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . . .
14
Fettgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
14.1 14.2
Stoffwechselleistungen . . . . . . . . . . . 188 Endokrine Funktion . . . . . . . . . . . . . . 188
15
Niere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Energiestoffwechsel . . . . . . . . . . . . . . Endokrine Funktionen . . . . . . . . . . . . Grundlagen der Harnbildung . . . . . . . . Rückresorption . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausscheidung von Säuren und Ammoniak
12.1 12.2 12.3 12.4 12.5 12.5.1 12.5.2 12.5.3 12.5.4
15.1 15.2 15.3 15.4 15.5
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . 176 . . . . 176
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
180 180 180 180 181 181 181 181 182 183 183 184 184 184
190 192 192 192 192 192
XIV
16
Inhaltsverzeichnis
16.1 16.1.1 16.1.2 16.1.3 16.2 16.3 16.4
Muskulatur . . . . . . . . Energiestoffwechsel . . . Skelettmuskel . . . . . . . Herzmuskel . . . . . . . . Glatte Muskulatur . . . . Kontraktion, Relaxation Endokrine Funktionen . Pathobiochemie . . . . .
17
Stützgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
Aufbau von Knorpel, Knochen, Zahnhartsubstanz . . . . . . . . 17.1.1 Knorpel . . . . . . . . . . . . . . . 17.1.2 Knochen . . . . . . . . . . . . . . 17.1.3 Zähne . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
194 196 196 196 196 196 196 196
17.1
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
200 200 200 200
17.2 17.3 17.4
Extrazelluläre Matrix . . . . . . . . . . . . . 201 Knorpelgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Knochen, Zahnhartsubstanz . . . . . . . . 201
18 18.1 18.2 18.3 18.4
Nervensystem . . . . . . . . . . . . . Energiestoffwechsel . . . . . . . . . . . Liquor cerebrospinalis . . . . . . . . . Myelin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erregungsleitung und -übertragung
19
Auge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
. . . . .
. . . . .
. . . . .
202 204 204 204 204
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . 209 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
Biochemie 1 Bioenergetik und Biokatalyse
–2
2 Prinzipien der Stoffwechselregulation – 12 3 Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung – 20 4 Bildung von Energiespeichern
– 56
5 Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information – 78 6 Zellstrukturen und interzelluläre Matrix; allgemeine Zytologie – 102 7 Säurebasenhaushalt, Wasser- und Elektrolythaushalt, Spurenelemente – 114 8 Bewegung
– 120
9 Hormone und Zytokine – 124 10 Immunsystem – 146 11 Blut – 156 12 Leber
– 172
13 Magendarmtrakt – 178 14 Fettgewebe – 186 15 Niere
– 190
16 Muskulatur – 194 17 Stützgewebe – 198 18 Nervensystem – 202 19 Auge – 206
1
3
1 Bioenergetik und Biokatalyse Mind Map Kennzeichen des Lebens sind: 5 Stoffwechsel und Energieumwandlung erfolgt durch katalytische Proteine (Enzyme). 5 Die Ausbildung von Fließgleichgewichten ist zur Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit biologischer Systeme unter isothermen und isobaren Bedingungen erforderlich. 5 Zellen befinden sich nie im Gleichgewicht mit ihrer Umgebung. Sie erhalten ihre komplizierten geordneten, spezifisch zellulären Strukturen durch Aufnahme von Energie. 5 Jede Energieumwandlung in Zellen beruht auf einem Elektronenfluss von Redox-Reaktionen. 5 ATP ist der universelle Energieträger des Stoffwechsels. 5 Die dreidimensionale Struktur von Makromolekülen wird durch nichtkovalente Wechselwirkungen stabilisiert; Makromoleküle sind aus relativ
einfach aufgebauten Untereinheiten zusammengesetzt. Aus der Struktur der Makromoleküle ergeben sich ihre biologischen Funktionen. 5 Zellen besitzen die Fähigkeit zur identischen Reproduktion durch Nucleinsäuren. Der Stoffwechsel (Metabolismus) eines Organismus besteht aus anabolen Prozessen, die dem Aufbau von Stoffen dienen und damit Energie verbrauchen, sowie aus katabolen Prozessen, die dem Stoffabbau und damit der Energiegewinnung zuzuordnen sind. Die Vielfalt dieser Reaktionen kennzeichnet den intermediären Stoffwechsel. Dieser ist in Reaktionsketten und Zyklen organisiert, die Stoffwechselwege genannt werden. Ein amphiboler Stoffwechselweg vereinigt anabole und katabole Mechanismen und Funktionen. Anabole und katabole Stoffwechselwege können in der Zelle räumlich getrennt voneinander ablaufen (Kompartimentierung).
1
1
4
Kapitel 1 · Bioenergetik und Biokatalyse
1.1
Energetik und Kinetik biochemischer Reaktionen
1.1.1 Reversible Reaktionen Biochemische Reaktionen sind meist Gleichgewichtsreaktionen, die durch das Massenwirkungsgesetz beschreibbar sind. Durch den Abbau eines Metaboliten in einer Folgereaktion der Reaktionskette – und damit der Entfernung aus dem chemischen Gleichgewicht – werden chemische Gleichgewichte umgangen (TrioseIsomerase-Reaktion in der Glycolyse). Für Grundlagen GK Chemie 7 Kap. 3.1. 1.1.2 Fließgleichgewicht Chemische Reaktionen, die sich im chemischen Gleichgewicht befinden, können keine Arbeit leisten, da 'G=0 ist. In den thermodynamisch offenen Systemen der Zelle ist die Ausbildung dynamischer Gleichgewichte wie den Fließgleichgewichten (»steady states«) möglich, die zur Leistung von Arbeit fähig sind, da sie die Ausbildung thermodynamischer Gleichgewichte verhindern. Für weitere Grundlagen GK Chemie 7 Kap. 3.1. 1.1.3 Gekoppelte Reaktionen Unter gekoppelten Reaktionen versteht man auch die Kopplung des Ablaufs einer endergonischen Reaktion auf Kosten einer exergonischen (GK Chemie 7 Kap. 3.1). 1.1.4 »Energiereiche« Verbindungen,
Gruppenübertragungspotenzial Unter energiereichen Verbindungen versteht man Verbindungen, bei deren Hydrolyse über 20 kJ/mol an Energie freigesetzt werden. Zu ihnen gehören: 4 Säureanhydride (z. B. ATP), 4 Thioester (Carbonsäureester mit CoA), 4 Enolphosphate (Phosphoenolpyruvat), 4 Amidinphosphate (Kreatinphosphat), 4 Sulfoniumverbindungen (S-Adenosyl-Methionin); Weiteres in GK Chemie 7 Kap. 3.1. Dadurch besitzen diese Verbindungen ein hohes Gruppenübertragungspotenzial. Die Reaktion Glucose+H2PO4– zu Glucose-6-Phosphat als Standardreaktion zur Fixierung von Glucose in Zellen ist in einem wässrigen Milieu aus energetischen
Gründen unmöglich. Die energiereiche Verbindung ATP mit einem hohen Phosphorylierungspotenzial ermöglicht die Phosphorylierung der Glucose nach der folgenden Gleichung: Glucose+ATP = Glucose-6-Phosphat+ADP. Das Reaktionsgleichgewicht liegt auf Seiten der Produkte. Ermöglicht wird dies auch dadurch, dass Wasser als Reaktionspartner durch das Enzym Hexokinase ausgeschaltet wird. 1.1.5 Biokatalyse Chemische Reaktionen zur Aufrechterhaltung des Lebens laufen bei konstanter Temperatur und konstantem Druck ab. Diese müssen deshalb katalysiert sein. Die erforderlichen Biokatalysatoren sind die Enzyme. Enzyme beschleunigen Reaktionen um mindestens das Millionenfache. Sie sind hoch spezifisch. Ihre Aktivität ist regulierbar und sie selbst haben auch regulatorische Eigenschaften im Stoffwechsel. Sie sind zum über wiegenden Teil Proteine. Nur ganz wenige sind RNAs (Ribozyme), die Phosphodiesterbindungen spalten. Ein weit verbreitetes Regulationsprinzip im Stoffwechsel ist die negative Rückkopplung, bei der ein Endprodukt als allosterischer Inhibitor auf ein am Anfang eines Stoffwechselweges stehendes Enzym wirkt. Solche Enzyme sind Schlüssel- oder Schrittmacherenzyme, die auch einer kovalenten Kontrolle unterliegen können. Enzyme können durch verschiedenste Stoffe gehemmt werden. Wesen der biologischen Katalyse Die Biokatalyse besitzt folgende Merkmale: 4 Enzyme setzen die Aktivierungsenergie einer chemischen Reaktion herab und beschleunigen dadurch die Einstellung des chemischen Gleichgewichts. 4 Das Reaktionsgleichgewicht wird nicht verändert. 4 Ein Enzym stellt das chemische Gleichgewicht von beiden Seiten der Reaktion ein. 4 Enzyme sind Teilnehmer am Reaktionsprozess, in dem sie stöchiometrisch mit ihren Substraten Enzym-Substrat-Komplexe ausbilden. 4 Das Enzym geht unverändert aus der katalytischen Reaktion hervor: E+SlESlES*lEPlE+P. 4 Bildung und Zerfall des Enzym-Substrat- und des Enzym-Produkt-Komplexes sind Gleichgewichtsreaktionen.
5 1.1 · Energetik und Kinetik biochemischer Reaktionen
4 Die eigentliche katalytische Reaktion vollzieht sich bei der Umwandlung von ES in EP. 4 Das Substrat wird spezifisch in einem aktiven Zentrum gebunden. Für o. g. Gleichung gilt: E= Enzym; S= Substrat; ES= Enzym-Substrat-Komplex; ES*= aktivierter Enzym-Substrat-Komplex (Übergangszustand); EP= Enzym-Produkt-Komplex; P= Produkt. Das aktive (katalytische) Zentrum stellt nur einen kleinen Teil des Gesamtenzyms dar. Es ist eine dreidimensionale Einheit (Spalte, Höhle) in einem kleinen Teil des Enzymproteins, in die das Substrat diffundieren muss. Substrate werden durch Ionenbindungen und apolare Bindungskräfte im aktiven Zentrum gebunden und orientiert. Die Bindungsspezifität wird von einer definierten Anordnung substratbindender Aminosäurereste bestimmt. Die am Katalyseprozess beteiligten Aminosäurereste werden optimal am Substrat orientiert (induzierte Anpassung, induced fit) und induzieren Spannungsund Dehnungseffekte an Bindungen des Substrats, welches in einen aktivierten Komplex oder Übergangszustand (ES*) übergeht. Im aktiven Zentrum herrscht ein die chemische Reaktion begünstigendes hydrophobes Mikromilieu, welches sich von der meist wässrigen Umgebung des Enzyms unterscheidet. Prüfungsfallstricke Im aktiven Zentrum besitzt Arginin eine positive Ladung und kann demzufolge positiv geladene Gruppen eines Substrats nicht binden.
Chemische Prozesse der enzymatischen Katalyse sind: 4 die kovalente Katalyse. Das bedeutet, das Substrat, meist aber ein Produkt, geht eine kovalente Bindung mit einem katalytisch aktiven Aminosäurerest ein (z. B. mit der OH-Gruppe des Serins). Die kovalente Katalyse ist meist nucleophil, seltener elektrophil. 4 Säure-Basen-Katalyse: in die Katalyse sind Protonen oder Hydroxyl-Ionen, z. B. zur Spaltung kovalenter Bindungen, einbezogen. 4 Metall-Katalyse unter Einbeziehung von Übergangsmetallen. Die Katalyse ist temperaturabhängig. Eine Temperaturerhöhung um 10°C steigert die Katalysegeschwindigkeit um das 2- bis 3-Fache. Oberhalb von 40°C gibt es einen sehr schnellen Abfall der Katalysegeschwindigkeit, da die Enzyme denaturieren.
1
Die Katalyse ist pH-abhängig. Alle Enzyme haben
ein pH-Optimum für ihre Wirkung, Beispiele: Pepsin pH 1–2, Amylase um 6,8. Enzymspezifitäten Man unterscheidet: 4 eine Substratspezifität, die absolut (Sonderfall: sterisch und geometrisch) oder relativ ist; 4 eine Reaktionsspezifität, die ebenfalls absolut oder relativ sein kann. Absolute Substratspezifität bedeutet, dass ein Enzym nur mit einem Substrat reagiert. Sie ist sehr selten. Beispiel: das Enzym Urease aus Mikroorganismen und Pflanzen spaltet Harnstoff hydrolytisch: CO(NH2)2+H2O→CO2+2NH3 Bei der sterischen Substratspezifität akzeptiert ein Enzym nur D- oder L-Formen bzw. cis- oder trans-Isomere als Substrat. Geometrische Spezifität bedeutet die Eigenschaft von Enzymen, nur auf ganz spezifische Gruppen einzuwirken. Relative Substratspezifität zeigt z. B. die Alkoholdehydrogenase. Neben Ethanol dehydriert sie auch Methanol und Glycol. Dafür ist die Alkoholdehydrogenase absolut reaktionsspezifisch, denn sie katalysiert nur die Dehydrierung der genannten Substrate. Eine relative Reaktionsspezifität zeigen einige proteolytische Enzyme, wie Trypsin oder Chymotrypsin. Neben der hydrolytischen Spaltung von Peptidbindungen hydrolysieren sie auch Aminosäure-Ester (unphysiologisch). Enzymaktivierungen Für ihre Aktivität benötigen viele Enzyme Nichtproteinbestandteile. Das können sein: 4 aktivierende Ionen: K+, Ca2+, Mg2+, Zn2+, Mn2+, Cl–; 4 Coenzyme: Coenzyme sind organische Moleküle, die für viele Enzymwirkungen essenziell sind. Zahlreiche Coenzyme leiten sich von Vitaminen ab, da sie vom Organismus nicht synthetisiert werden. Sie werden nichtkovalent oder kovalent (prosthetische Gruppe) an das Enzym gebunden. Apoenzym+Coenzym (prosthetische Gruppe)→ Holoenzym. Da Coenzyme in die katalytische Funktion einbezogen sind, kann man sie auch als Cosubstrate auffassen. Die im Stoffwechsel eine Rolle spielenden Coenzyme sind in der folgenden . Tabelle 1.1 zusammengefasst.
6
1
Kapitel 1 · Bioenergetik und Biokatalyse
. Tab. 1.1. Coenzyme
Coenzym/prosthetische Gruppe
Funktion
Vitamin
Nucleosidtriphosphate (ATP, UTP,CTP, GTP)
Transphosphorylierung, Gruppentransfer
PAPS
Sulfatgruppentransfer
Gruppen-übertragende Coenzyme Pyridoxalphosphat (PALP)
Transaminierung, Desaminierung, Decarboxylierung, Spaltung von Aminosäuren (Lyasen)
Vitamin B6
Thiamindiphosphat
Oxidative Decarboxylierung, Aldehydtransfer
Vitamin B1
Coenzym A
Aktivierung von Carbonsäuren
Pantothensäure
Tetrahydrofolsäure
C1-Stoffwechsel
Folsäure
Biotin
Carboxylierung
Biotin
Cobalamine
CH3-Transfer, Isomerisierung
Vitamin B12
Liponsäure
Acyltransfer bei oxidativer Decarboxylierung
Naphtochinon
Carboxylierung von Glutamylresten
S-Adenosyl-Methionin
Methylgruppentransfer
Vitamin K
Redox-Reaktionen katalysierende Coenzyme NAD und NADP
Wasserstofftransfer
Nicotinsäure
FAD und FMN
Wasserstofftransfer
Vitamin B2
Ubichinon
Wasserstofftransfer
Cytochrome
Elektronen- und O2-Transfer
Neben den Coenzymen spielen folgende Prozesse eine Rolle: 4 limitierte Proteolysen zur Proenzym-Enzym-Umwandlung, Beispiel Pepsinogen-Pepsin. 4 kovalente Modifikationen durch Phosphorylierung von Serin-, Threonin- oder Tyrosin-Resten. Die Phosphorylierung kann aber auch zu Enzymhemmungen führen. Enzyme, deren Aktivität durch reversible Phosphorylierung reguliert wird, nennt man interkonvertierbare Enzyme. 4 Assoziationen, Beispiel: die Acetyl-CoA-Carboxylase, das Schlüsselenzym der Fettsäurebiosynthese, ist als Monomer inaktiv. Citrat begünstigt die Polymerisation und wirkt dadurch aktivierend. 4 Dissoziationen, Beispiel: die cAMP-abhängige Proteinkinase A liegt als inaktiver C2R2-Komplex vor (C = katalytische Untereinheit, R = regulatorische Untereinheit). Durch Bindung von 4 cAMP an die regulatorischen Untereinheiten dissoziieren diese aus dem Enzymkomplex ab, wodurch die C-Untereinheiten aktiv werden können. 4 allosterische Aktivierungen.
1.1.6 Enzymkinetik Die Reaktionsgeschwindigkeit des Substratumsatzes ist linear abhängig von der Enzymkonzentration: v=–dS/dt≈[E] Merke Bei Verdopplung der Enzymkonzentration verdoppelt sich auch die Maximalgeschwindigkeit.
Die Reaktionsgeschwindigkeit des Substratumsatzes in Abhängigkeit von der Substratkonzentration zeigt einen hyperbelförmigen Kurvenverlauf. Dieser ist kennzeichnend für eine Sättigungskinetik. Wenn das Enzym mit Substrat abgesättigt ist, kann die Reaktionsgeschwindigkeit nicht mehr zunehmen. Maximale Reaktionsgeschwindigkeit (V oder Vmax) ist erreicht (. Abb. 1.1). Die Substratkonzentration, bei der halbmaximale Umsatzgeschwindigkeit besteht, kennzeichnet die Michaelis-Konstante Km.
7 1.1 · Energetik und Kinetik biochemischer Reaktionen
1
die Geschwindigkeit der Bildung des Enzym-ProduktKomplexes wesentlich kleiner ist als die Geschwindigkeit der Bildung des Enzym-Substrat-Komplexes (k2<
> k-1), ist Km eine komplexe Konstante: Km =
. Abb. 1.1. Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit v von der Substratkonzentration S (aus Löffler 2005)
Die hyperbelförmige Reaktionskinetik wird durch die Michaelis-Menten-Gleichung beschrieben: v=
V [S ] K m + [S ]
Ist die Substratkonzentration sehr viel größer als Km, entspricht der Substratumsatz einer Reaktion 0. Ordnung in Bezug auf den Umsatz von [S]. Ist die Substratkonzentration kleiner als Km, entspricht der Substratumsatz einer Reaktion 1. Ordnung in Bezug auf [S]. Dazwischen liegt ein Übergangsbereich. Die Michaelis-Menten-Konstante Km stellt . Abbildung 1.2 dar. Vereinfachend lässt sich die Kinetik der enzymatischen Umwandlung eines Substrats in ein Produkt durch die obigen Geschwindigkeitskontanten beschreiben: 4 k1 ist die Geschwindigkeitskonstante für die Bildung des Enzym-Substrat-Komplexes (ES), 4 k–1 ist die Geschwindigkeitskonstante für die Rückreaktion, 4 k2 definiert die Geschwindigkeit der Umwandlung des Enzym-Substrat-Komplexes in den EnzymProdukt-Komplex (EP). Die Michaelis-Menten-Konstante Km ist die Dissoziationskonstante des Enzym-Substrat-Komplexes, wenn
E + S
k+1
ES
EP
k+2
E + P
k–1 . Abb. 1.2. Kinetik der Umwandlung von S in P
k-1 + k2 k1
Weiterhin gilt für die Michaelis-Menten-Konstante Km: 4 Km hat die Dimension einer Substratkonzentration (mol/l). Der physiologische Bereich liegt zwischen μmol/l und mmol/l. 4 Km entspricht der Substratkonzentration, mit der die halbmaximale Reaktionsgeschwindigkeit erreicht wird. 4 Km ist ein Maß für die Affinität eines Enzyms zu seinem Substrat. Je kleiner Km ist, desto höher ist die Affinität. Dies trifft streng genommen nur zu, wenn Km der Dissoziationskonstante des EnzymSubstrat-Komplexes entspricht. 4 Km ist unabhängig von der Enzymmenge. Merke Die Michaelis-Konstante ist keine Geschwindigkeitskonstante μmol/s. Die Michaelis-MentenKinetik ist in erster Linie Ausdruck der Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit v von der Konzentration des Enzym-Substrat-Komplexes (ES).
Die maximale Reaktionsgeschwindigkeit V (Vmax) wird erreicht, wenn das Enzym mit Substrat gesättigt ist; ihre Größe ist von der Enzymkonzentration abhängig. Sie wird zur Bestimmung von Enzymaktivitäten verwendet, da die Aktivität der Enzymmenge proportional ist. Prüfungsfallstricke Wenn zwei Enzyme um ein Substrat konkurrieren, wird das Enzym mit der höheren Aktivität und dem kleineren Km (höhere Affinität) den Substratumsatz bewerkstelligen.
Die hyperbelförmige Darstellung des Substratumsatzes mit ihrer asymptotischen Annäherung an Vmax ist schwierig auszuwerten. Es gibt zahlreiche mathematische Varianten zur Linearisierung der Michaelis-Menten-Gleichung. Das am häufigsten genutzte Verfahren
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Kapitel 1 · Bioenergetik und Biokatalyse
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. Abb. 1.3. Doppelt reziproke Auftragung von 1/v gegen 1/[S] der Reaktionsgeschwindigkeit gegen die Substratkonzentration (aus Löffler 2005)
ist die doppelt reziproke Darstellung nach LineweaverBurk; dabei wird der reziproke Wert der Reaktionsgeschwindigkeit v gegen den reziproken Wert der Substratkonzentration [S] aufgetragen (. Abb. 1.3). Die Michaelis-Menten-Gleichung nimmt dabei die folgende Form an: 1 Km 1 1 = ¥ + v V [S ] V Diese Umformung entspricht der Gleichung für eine Gerade im x,y-Koordinatensystem y=ax+b. Die Gerade schneidet die Ordinate bei 1/Vmax und die Abszisse bei –1/Km. Der Anstieg ergibt sich aus Km/Vmax. Das Verfahren eignet sich zur Bestimmung von Enzymhemmungen. Enzyme mit einer Michaelis-Menten-Kinetik werden als isosterische Enzyme bezeichnet. 1.1.7 Hemmung von Enzymen Es gibt verschiedene Hemmtypen: 1. reversible Hemmungstypen: a) Hauptformen isosterischer Hemmungen – kompetitive Hemmung (Spezialfall: Produktenhemmung), – nichtkompetitive Hemmungen, b) allosterische Hemmung (7 Kap. Allosterie) 2. irreversible Hemmungen. Kompetitive Hemmung Aufgrund chemischer Ähnlichkeiten mit dem Substrat verdrängt der Inhibitor das Substrat konzentrationsabhängig aus dem aktiven Zentrum des Enzyms. Um-
gekehrt kann das Substrat konzentrationsabhängig den Inhibitor verdrängen. Der Kompetitor verändert demzufolge Vmax nicht; Km wird größer. Beispiel: Hemmung der Succinatdehydrogenase durch Malonsäure. Malonsäure enthält eine Methylengruppe weniger als Bernsteinsäure und kann demzufolge nicht dehydriert werden; Hemmung der Alkoholdehydrogenase durch Ethanol bei der Dehydrierung von Methanol oder Ethylenglycol. Produkte einer enzymatischen Reaktion können große Ähnlichkeit mit dem Substrat aufweisen und demzufolge als kompetitive Inhibitoren auftreten (Produktenhemmung). Beispiel: Hemmung der Hexokinase durch Glucose-6-Phosphat. Merke Kompetitive Hemmung: Bei der Auftragung nach Lineweaver-Burk bleibt der Schnittpunkt mit der y-Achse erhalten.
Nichtkompetitive Hemmung Nichtkompetitive Inhibitoren binden außerhalb des aktiven Zentrums an das Enzym oder den Enzym-Substrat-Komplex. Sie beeinflussen Km (die Affinität) nicht, reduzieren jedoch Vmax (die Aktivität des Enzyms). Beispiel: Die Hemmung von Proteinasen durch antiproteolytische Proteine (Proteinase-Inhibitoren) des Bluts. Merke Nichtkompetitive Hemmung: Bei der Auftragung nach Lineweaver-Burk bleibt der Schnittpunkt mit der x-Achse erhalten.
Irreversible Enzymhemmungen Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass der Inhibitor eine kovalente Bindung mit dem Enzym innerhalb oder außerhalb des aktiven Zentrums eingeht. Organische Phosphorsäureverbindungen lagern sich mit ihrem Phosphorsäurerest an die die OH-Gruppe von Serylresten im aktiven Zentrum an. Enzyme, die durch solche Verbindungen hemmbar sind, werden Serinenzyme genannt. Dazu gehören die Acetylcholinesterase und proteolytische Enzyme, wie Trypsin, Chymotrypsin und Thrombin. Organische Phosphorsäure-Inhibitoren wurden als Insektizide und chemische Kampfstoffe eingesetzt. Iodessigsäure und Iodacetamid alkylieren SH-Gruppen und inaktivieren dadurch Enzyme mit essenziellen Sulfhydrylgruppen. Schwermetallionen bilden mit SH-Gruppen Mercaptide, z. B. Hg+.
9 1.1 · Energetik und Kinetik biochemischer Reaktionen
Komplexbildner, z. B. EDTA binden Ca- oder Mg-Ionen, die für die Enzymwirkungen notwendig sind. Beispiel: In-vitro-Blutgerinnungshemmung durch EDTA. Die Kinetik irreversibler Inhibitionsprozesse entspricht formal einer nichtkompetitiven Hemmung. Suizid-Hemmungen sind Sonderfälle irreversibler Enzymhemmung. Der irreversible Inhibitor wird erst durch enzymatische Katalyse erzeugt und bleibt im aktiven Zentrum gebunden. Beispiele: Hemmung der Xanthinoxidase, welche Molybdän im aktiven Zentrum enthält, durch Allopurinol; Hemmung der Thymidylatsynthase durch Fluoruracil. Beide genannten Inhibitoren finden Anwendung als Arzneimittel. KLINIK Sofern nicht diätetisch beherrschbar, kann man die Hyperurikämie, die der Gichtsymptomatik zugrunde liegt, mit Allopurinol behandeln. Allopurinol ist ein Substratanalogon des Hypoxanthins. Es wird durch die Xanthinoxidase zu Alloxanthin oxidiert, bleibt im aktiven Zentrum gebunden und verhindert die Reoxidation von Mo(IV) zu Mo(VI). Bei der Methylierung von dUMP zu dTMP durch die Thymidylatsynthase stammt die Methylengruppe aus Methylen-FH4. Dabei wird ein Hydrid-Ion des Folats zur Methylengruppe verschoben und ein Proton vom C5 des Pyrimidinrings entfernt. Fluoruracil wird in Fluordesoxyuridylat umgewandelt und an das Enzym gebunden. Eine Übertragung des Methylenrests auf das Substratanalogon findet statt, aber die Abspaltung des Protons ist nicht möglich, da am C5 Fluor gebunden ist. Ein »Klassiker« unter den Medikamenten, die Enzyme irreversibel hemmen, ist die Acetylsalicylsäure (Aspirin£, ASS). Sie bewirkt eine irreversible Hemmung der Cyclooxygenase. Dadurch kommt es zur verminderten Bildung von Thromboxan durch COX 1 in den Thrombozyten (overminderte Thrombozytenaggregation) und zu einer zeitweise verzögerten Bildung von Prostacyclin durch COX 2 in den Endothelien (oEntzündungshemmung). Die Hemmung der Cyclooxygenase der Endothelien wird durch Neusynthese des Enzyms kompensiert, in den Thrombozyten ist dies nicht mehr möglich.
Enzyminhibitoren haben erhebliche medizinische Bedeutung als Medikamente. Allerdings realisieren auch viele Gifte ihre Wirkungen als Enzymhemmer, z. B. als Verunreinigungen von Luft und Wasser.
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1.1.8 Enzymaktivität Die Aktivität eines Enzyms hängt von der Temperatur, dem pH-Wert, Ionen, Substraten und Effektoren ab (7 Kap. 1.1.5). Aktivitätsgrößen von Enzymen sind: 4 die internationale Enzymeinheit: 4 alt: IU (international unit) =μmol/min (Substratumsatz oder Produktbildung); 4 neu: Katal (kat) =mol/s; 1 IU=16,67 nkat. 4 Die spezifische Aktivität: IU/mg bzw. kat/kg Protein (Enzym) bzw. IU/L bzw. kat/l Flüssigkeit. 4 Die molekulare Aktivität: IU/mol bzw. kat/mol Enzymmolekül. 4 Die Wechselzahl kcat, die katalytische Konstante. Sie entspricht der Geschwindigkeitskonstanten k2. 4 Die Wechselzahl (s–1) beträgt z. B. für ein Molekül Carboanhydrase 600.000 und für Lysozym 0,5. Das bedeutet einen Substratumsatz von 600.000 bzw. 0,5 Substratmolekülen pro Enzymmolekül und Sekunde. Da die Enzymaktivitäten temperaturabhängig sind, wird ihre Bestimmung in der Regel bei 25°C durchgeführt. 1.1.9 Photometrische Methoden Der optische Test wird zur Bestimmung von Enzymaktivitäten, Substraten und Produkten eingesetzt. Er beruht auf dem unterschiedlichen Lichtabsorptionsverhalten der Coenzyme NAD und NADH2 bei 320– 360 nm. NADH2 absorbiert Licht bei den genannten Wellenlängen. Den Bestimmungen liegt das LambertBeer’sche Gesetz zugrunde. 4 Enzymaktivitäten sind ein Maß für Enzymkonzentrationen in Körperflüssigkeiten. Sie werden »kinetisch« bestimmt, d. h. es wird die Geschwindigkeit bestimmt, mit der die Lichtabsorption auftritt oder verschwindet, Beispiel Lactatdehydrogenase. 4 Substrat- oder Produktbestimmungen sind Endpunktbestimmungen. Es werden Endpunkte der Lichtabsorption mit substrat- bzw. produktspezifischen NAD-abhängigen Enzymen ermittelt, Beispiel Ethanol oder Lactat. Der »gekoppelte optische Test« wird verwendet, um die Metaboliten einer Primärreaktion durch NAD-abhängige Dehydrogenasen als Indikator-Reaktion in einer nachfolgenden Reaktion zu bestimmen. Beispiele sind Bestimmungen der Aminotransferasen sowie der Glucosekonzentration im Blut.
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Kapitel 1 · Bioenergetik und Biokatalyse
Nicht nur im experimentellen Bereich, sondern auch im klinischen Alltag spielt die Bestimmung von Enzymen eine wichtige Rolle! Fallbeispiel Am späten Abend kommt ein 32-jähriger Patient in die Ambulanz und krümmt sich aufgrund von ausgeprägten Oberbauchschmerzen. Er gibt an, der Schmerz strahle in den Rücken aus und er habe zu Hause mehrfach erbrochen. Das Abdomen ist gummiartig gespannt und die Darmperistaltik spärlich. Differenzialdiagnostisch kommt neben einer abdominellen Ursache auch eine thorakale Ursache in Frage, z. B. ein Myokardinfarkt. Im weiteren Verlauf werden EKG, Röntgen-Thorax (Frage nach freier Luft unter dem Zwerchfall bei Perforation eines Hohlorgans), eine sonographische Untersuchung des Abdomens und eine Labordiagnostik veranlasst. Hier werden neben einem Blutbild auch die leberspezifischen Enzyme γ-GT (Gamma-Glutamyltransferase) und ASAT (Aspartat-Aminotransferase [alte Bezeichnung: GOT]), die herzspezifischen Enzyme Troponin und CK-MB (Kreatininkinase) und die pankreasspezifischen Enzymen Lipase und Amylase bestimmt (nur relativ spezifisch, da auch von der Parotis produziert). EKG und Röntgen-Thorax sind unauffällig, allerdings zeigt sich im Laborbefund ein Anstieg der Lipase
auf das 10-Fache der Norm und der Amylase auf das 4-Fache der Norm. Somit ist die Diagnose einer akuten Pankreatitis gesichert; dabei gelangen die Enzyme durch die Zerstörung des Pankreasgewebes in die Blutbahn. Wegen des lebensbedrohlichen Krankheitsbildes erhält der Patient neben einem venösen Zugang eine Monitorüberwachung der Puls- und Blutdruckwerte und ein Abdomen-CT. Dies zeigt eine ausgeprägte Nekrose des Pankreas. Der junge Mann wird auf die Intensivstation verlegt und mit einem zentralen Venenkatheter zur parenteralen Ernährung (absolute orale Nahrungskarenz) versorgt. Des Weiteren erhält er eine Schmerztherapie mittels Pethidin (niemals Opiate wie Morphin, da diese einen Papillenspasmus erzeugen). Nach Befragung der Ehefrau stellt sich heraus, dass der Mann des Öfteren große Mengen Alkohol konsumiert – eine häufige Ursache einer akuten Pankreatitis. Der Mann kann nach 14 Tagen aus dem Krankenhaus entlassen werden. Die Pankreasfunktionen sind durch intaktes Restgewebe erhalten.
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2 Prinzipien der Stoffwechselregulation Mind Map Schlüssel- oder Schrittmacherenzyme sind wichtige regulatorische Elemente des Stoffwechsels. Sie werden über die Enzymmenge kontrolliert (Induktion, Repression, Proteolyse) sowie durch allosterische Modifikationen und reversible Phosphorylierung (interkonvertible Enzyme) aktiviert oder gehemmt.
Sowohl genetische als auch metabolische Regulationen stehen unter der Kontrolle von Hormonen. Die Kompartimentierung führt zu einer räumlichen Trennung von Stoffwechselwegen, die zum Teil gegenläufig sind, und erleichtert ihre Regulation.
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Kapitel 2 · Prinzipien der Stoffwechselregulation
2.1.1 Regulation der Enzymaktivität durch
die Substratkonzentration
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Eine Substrathemmung als Regulator von Enzymaktivitäten spielt in menschlichen Zellen keine Rolle. Das Substratangebot für die unterschiedlichen Zellen des Organismus mit ihren verschiedenen Funktionen ist variabel, da auch die Transportmechanismen für Substrate in die Zellen unterschiedlich sein können (z. B. Glucosetransporter). Die Glucokinase mit ihrem hohen Km (mmol/l) für Glucose in der Leber ist an die hohen Glucosekonzentrationen aus dem Pfortaderblut angepasst, während die Hexokinase in den meisten Geweben einen niedrigen Km-Wert (μmol/l) aufweist, da das Glucoseangebot an die Zellen durch die Transportkapazität ihrer Zellmembranen im Vergleich zur Leber wesentlich geringer ist. 2.1.2 Negative Rückkopplung Negative Rückkopplung ist ein generelles Regulationsprinzip. Es bedeutet, dass das Endprodukt in einer Regelstrecke seine Bildung hemmt. Die kompetitive Produktenhemmung der Hexokinase durch Glucose-6-Phosphat ist ein Beispiel für eine Stoffwechselregulation durch negative Rückkopplung. Von wesentlich größerer Bedeutung ist die Regulation durch allosterische Enzyme, deren Aktivitäten durch Stoffwechselprodukte beeinflusst werden, die mit der eigentlichen enzymkatalysierten Reaktion nichts zu tun haben. 2.1.3 Allosterische Regulation Allosterische Enzyme zeigen folgende Eigenschaften (. Abb. 2.1):
4 Sie sind oligomere Proteine, die häufig aus 4 Untereinheiten bestehen. 4 Sie besitzen neben den katalytischen (aktiven) Zentren regulatorische (allosterische) Zentren, an die positive (Aktivatoren) oder negative (Inhibitoren) Effektoren spezifisch gebunden werden. 4 Sie zeigen eine sigmoidale Reaktionskinetik, die Ausdruck von Kooperativitätsbeziehungen zwischen den Untereinheiten bei der Bindung von Substraten und Effektoren ist. 4 Sie sind Regulatoren des Stoffwechsels auf der metabolischen Ebene als Schrittmacherenzyme. 4 Sie sind einem K- oder V-Typ in Bezug auf ihre Regulation zuzuordnen. Die sigmoidale Reaktionskinetik ermöglicht, dass bei niedrigen Substratkonzentrationen der Umsatz gering ist, aber bei Anstieg der Substratkonzentration der Substratumsatz schon in einem engen Bereich stark ansteigt. Eine optimale Anpassung an die Stoffwechselsituation ist dadurch gegeben. Merke Stoffwechselprozesse sind als Ketten oder Zyklen organisiert. Wenn ein allosterisches Enzym Anfangsreaktionen katalysiert, sind über Effektoren Regulationen möglich.
Die Hemmung des allosterischen Enzyms E* durch das Produkt P ist eine negative Rückkopplung (. Abb. 2.2). Allosterische Vorwärtsaktivierungen sind sehr selten. Beispiele: Hemmung der Phosphofructokinase durch ATP, Fettsäuren, Citrat; Aktivierung durch ADP und Fructose-2,6-Bisphosphat; Regulation der Phosphoribosyl-Amidotransferase-Aktivität bei der Purinnucleotidbiosynthese durch die Endprodukte der Reaktionskette IMP, AMP, GMP; Aktivator ist PRPP.
. Abb. 2.1. Kinetik allosterischer Enzyme; links = K-Typ, rechts = V-Typ (aus Löffler 2005)
15 Prinzipien der Stoffwechselregulation
S
x1 E*1
x2 E2
x3 E3
P E4
. Abb. 2.2. Prinzip einer allosterischen Stoffwechselregulation
Effektoren sind Stoffwechselmetabolite, die mit der eigentlichen Katalysereaktion nichts zu tun haben. Allosterische Aktivatoren bei Enzymen des K-Typs verschieben die Substratbindungskurve nach links, wodurch eine Verminderung von Km und eine Erhöhung der Substrataffinität des Enzyms induziert wird. Negative Effektoren haben einen gegensätzlichen Effekt. Sie verschieben die Substratumsatzkurve nach rechts und erniedrigen die Substrataffinität des Enzyms. Effektoren von V-Typ-regulierten Enzymen (selten) beeinflussen die maximale Umsatzgeschwindigkeit. Zur Beschreibung des kooperativen Verhaltens allosterischer Enzyme stehen 2 Modellvorstellungen im Vordergrund: 4 das Sequenzmodell und 4 das Symmetriemodell. Das Sequenzmodell geht von der Vorstellung aus, dass die Bindung eines Substrats oder Aktivators an eine Untereinheit eine Konformationsänderung herbeiführt. Diese Konformationsänderung induziert in der benachbarten Untereinheit ebenfalls eine Konformationsänderung, die die Bindung eines weiteren Substratmoleküls erleichtert. Ein negativer Effektor führt zu einem Konformationszustand, der die Substratbindung erschwert. Das Symmetriemodell geht davon aus, dass das allosterische Enzym in 2 Zuständen vorliegt: einem inaktiven T- (tensed) und einem aktiven R- (relaxed) Zustand. Beide stehen miteinander im Gleichgewicht. Die Bindung von Substraten und Aktivatoren verschiebt das Gleichgewicht zum R-Zustand. Inhibitoren verschieben das Gleichgewicht in Richtung T-Zustand. 2.1.4 Enzymgesteuerte chemische Modifi-
kationen von Enzymen Die Phosphorylierung/Dephosphorylierung von Enzymen (interkonvertierbare Enzyme) ist ein wesentliches Element der Stoffwechselregulation, welches durch Hormone gesteuert wird (. Tab. 2.1). Sie bestimmt ebenfalls den für die Zelle günstigsten Stoffumsatz. Die
2
. Tab. 2.1. Auswahl interkonvertierbarer Enzyme
Enzym
Aktive Form
Glycogenphosphorylase
phosphoryliert
Phosphorylasekinase
phosphoryliert
Hormonsensitive Lipase
phosphoryliert
Glycogensynthase
dephosphoryliert
Pyruvatdehydrogenase
dephosphoryliert
phosphorylierenden Enzyme sind Proteinkinasen, die unter ATP-Verbrauch die Phosphorylierung von Enzymen an den OH-Gruppen von Serin-, Threonin- und Tyrosinresten katalysieren. Die Dephosphorylierung betreiben Proteinphosphatasen. Merke Allosterie und Interkonvertabilität von Enzymen treten auch gemeinsam auf und sind wichtige Kontrollelemente des intermediären Stoffwechsels.
2.1.5 Induktion und Repression
der Enzymsynthese Steigerung der Biosynthese von Enzymen (Induktion) sowie Verminderung ihrer Synthese (Repression) sind Regulationsmechanismen des Stoffwechsels über die Enzymmenge. Sie wird durch Hormone reguliert. Beispiele sind: 4 Induktion der Glucokinase und anderer Glycolyseenzyme und Repression gluconeogenetischer Schlüsselenzyme durch Insulin, 4 Induktion gluconeogenetischer Schlüsselenzyme und Aminotransferasen und Repression glycolytischer Schlüsselenzyme durch Cortisol, 4 Induktion von Cytochrom P450-Hydroxylasen in der Leber durch Barbiturate. 2.1.6 Limitierte Proteolyse Die Menge an aktiven Enzymen kann durch die Aktivierung von inaktiven Proenzymen durch limitierte Proteolyse, die der Demaskierung des aktiven Zentrums dient, in die aktiven Enzyme reguliert werden. Solche Vorgänge spielen eine Rolle bei folgenden Prozessen: 4 der Aktivierung proteolytischer Enzyme im Verdauungstrakt, 4 der Aktivierung von Blutgerinnung und Fibrinolyse,
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Kapitel 2 · Prinzipien der Stoffwechselregulation
4 der Komplementaktivierung, 4 der Bildung von Kininen, 4 der Umwandlung von Prohormonen in ihre aktiven Formen. 2.1.7 Protein-Protein-Interaktionen Die Wechselwirkungen von Proteinen spielen bei der Regulierung enzymatischer Prozesse eine wichtige Rolle. Hierbei sind zu nennen: 4 die G-Proteine, die Aktionen hormonaktivierter Rezeptoren in der Zellmembran auf die Adenylatzyklase vermitteln (Adrenalin, Glucagon); 4 Hitzeschockproteine, die intrazelluläre Hormonrezeptoren maskieren (Glucocorticoidrezeptor). 2.1.8 Multienzymkomplexe Multienzymkomplexe stellen eine Zusammenfassung von Enzymen einer Reaktionsfolge in einem großen Molekülverbund dar, sodass das Produkt eines Enzyms sehr rasch vom nächsten aufgegriffen werden kann. Die Diffusionswege werden verkürzt und die durch eine proteinreiche Lösung gesetzten Diffusionsbeschränkungen überwunden. Beispiele sind: 4 Der Fettsäuresynthetase-Komplex der Leber besteht aus 2 antiparallel angeordneten Polypeptidketten. Jede Polypepitidkette ist aus 3 Domänen aufgebaut und enthält die für die Synthese eines Palmitats notwendigen 7 Enzymaktivitäten. Der Komplex ist ein Dimer. 4 Der Pyruvatdehydrogenase-Komplex als Mitglied der Familie der D-Ketosäuredehydrogenasen besteht aus Pyruvatdecarboxylasen, Dihydrolipoyltransacetylasen und Dihydrolipoyldehydrogenasen. Die D-Ketoglutarat- oder D-Ketobutyratdehydrogenasen funktionieren in gleicher Weise. 2.1.9 Isoenzyme Enzyme, die die gleiche chemische Reaktion katalysieren, können sich in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften unterscheiden. Die Ursachen dafür sind genetisch bedingt oder beruhen auf posttranslationalen Modifikationen. Genetische Ursachen sind: 4 die Enzymproteine werden durch verschiedene Gene kodiert, Beispiel: mitochondriale und zytoplasmatische Malatdehydrogenase;
4 heteropolymere Enzyme bestehen aus verschiedenen Untereinheiten, Beispiel: Lactatdehydrogenase (M4, M3H, M2H2, MH3, H4); 4 Varianten bestehen infolge multipler Allelie, Beispiel Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase. Merke Genetisch bedingte Enzympolymorphismen führen zur Bildung von Isoenzymen. Isoenzyme unterscheiden sich in ihrer Aminosäuresequenz
Posttranslationale Modifikationen bedingen eine Heterogenität infolge 4 einer unterschiedlichen Phosphorylierung, Beispiel: interkonvertierbare Enzyme; 4 eines unterschiedlichen Proteolysegrades bei der Aktivierung von Proenzymen zu den aktiven Enzymen, Beispiel: Chymotrypsinogen-Chymotrypsin-Umwandlung; 4 eines unterschiedlichen Polymerisationsgrades oligomerer Enzyme, Beispiel: Glutamatdehydrogenase. Prüfungsfallstricke Enzyme mit posttranslationaler Modifikation sind keine Isoenzyme.
2.1.10 Nomenklatur und Einteilung
der Enzyme Für die Bezeichnung von Enzymen sind verschiedene Varianten in Gebrauch. In der Trivialnomenklatur existieren: 4 historisch bedingte Namen für Enzyme des Verdauungstrakts und der Blutgerinnung, z. B. Trypsin, Thrombin; 4 Verwendung des Suffix »-ase« und des umgesetzten Substrats, z. B. Amylase oder Maltase; 4 Verwendung des Suffix »-ase« unter Bezug auf das Substrat und die katalysierte Reaktion, z. B. Lactatdehydrogenase. Diese Bezeichnung wird am häufigsten verwendet. In der wissenschaftlichen Nomenklatur ist die Grundlage der Einteilung die katalysierte chemische Reaktion. Es werden 6 Hauptgruppen unterschieden: 4 EC 1: Oxidoreduktasen, Katalyse von Oxidationen und Reduktionen; 4 EC 2: Transferasen, Katalyse von Gruppenübertragungen;
17 Prinzipien der Stoffwechselregulation
4 EC 3: Hydrolasen, hydrolytische Spaltung kovalenter Bindungen; 4 EC 4: Lyasen, nichthydrolytische Spaltung kovalenter Bindungen; 4 EC 5: Isomerasen, Isomerisierungen, Verschiebungen von Resten (Mutasen); 4 EC 6: Ligasen, Knüpfung kovalenter Bindungen unter Verbrauch von Säureanhydriden (ATP). 2.1.11 Medizinische und technische
Bedeutung von Enzymen Die medizinische Bedeutung von Enzymen ist umfangreich und findet Anwendung in den folgenden interdisziplinären Bereichen: 4 Genetik, Pädiatrie: angeborene Stoffwechselstörungen beruhen auf Enzymdefekten oder dem Fehlen von Enzymen. 4 Klinische Chemie: Bestimmungen von Enzymaktivitäten in Körperflüssigkeiten spielen für die Diagnostik von Organerkrankungen eine wichtige Rolle. 4 Experimentelle Medizin und klinische Chemie: Enzyme sind Werkzeuge für die Bestimmung von Metaboliten des Stoffwechsels zur Diagnostik. 4 Pharmakologie und Pharmaindustrie: Enzyme werden gezielt durch Arzneimittel gehemmt. Technisch werden Enzyme genutzt in der Brauerei- und Gärungsindustrie und anderen Formen der Nahrungsmittelproduktion, bei der Lederherstellung, in der Papier-, Textil- und Waschmittelindustrie, bei der Herstellung von Arzneimitteln und Gewinnung von Feinchemikalien und in der Laboratoriumsmedizin und Lebensmittelanalytik. Ribozyme sind katalytisch wirksame RNAs. Sie wurden bei Pro- und Eukaryonten gefunden. Ribozyme binden über Basenpaarung an eine Substrat-RNA und spalten Phosphodiesterbindungen. Eine sich selbst spleißende rRNA wurde beim Ciliaten Tetrahymena thermophila beobachtet. Auch die RNAse P (t-RNA) aus E. coli sowie eine t-RNAPhe aus Hefe gehören zu den Ribozymen. In Anlehnung an natürlich vorkommende Ribozyme lassen sich künstliche Ribozyme herstellen, die als Arzneimittel gegen Virusinfektionen und gegen Krebs eingesetzt werden könnten.
Merke Die isotherm und isobar ablaufenden chemischen Reaktionen in der Zelle sind katalysiert. Die Biokatalysatoren, genannt Enzyme, sind bis auf wenige Ausnahmen (Ribozyme = RNA) Proteine. Sie beschleunigen die Einstellung des chemischen Gleichgewichts durch Herabsetzung der Aktivierungsenergie. Dabei gehen sie mit ihrem Substrat die Bildung von Enzym-Substrat-Komplexen ein. Das Substrat wird in aktiven Zentren gebunden. Enzyme zeigen Substrat- und Reaktionsspezifität. Die katalysierte Reaktion bestimmt die Zuordnung zu 6 Hauptklassen. Viele Enzyme arbeiten mit Coenzymen bzw. prosthetischen Gruppen. Coenzyme können als Cosubstrate aufgefasst werden. Viele Coenzyme sind Derivate von Vitaminen. In Bezug auf den Substratumsatz zeigen isosterische Enzyme eine hyperbelförmige Umsatzkurve, die durch die Michaelis-Menten-Gleichung beschrieben wird (7 Kap. 1). Diese definiert die Größen Km und V (Vmax). Km hat die Dimension einer Substratkonzentration (mol/l), bei der die halbmaximale Reaktionsgeschwindigkeit erreicht wird. Km ist eine von der Enzymmenge unabhängige Konstante, die der Dissoziationskonstante des Enzym-Substrat-Komplexes nahe kommt und der Abschätzung der Affinität eines Enzyms zu seinem Substrat dient. V ist die maximale Reaktionsgeschwindigkeit bei Substratsättigung des Enzyms. Sie ist abhängig von der Enzymmenge und dient der Bestimmung von Enzymaktivitäten. Diese sind definiert als IU (μmol/min) bzw. kat (mol/s). Enzyme werden reversibel (kompetitiv, nichtkompetitiv, allosterisch) und irreversibel gehemmt. Allosterische Enzyme zeigen eine sigmoidale Reaktionskinetik als Ausdruck der Kooperativität der aktive Zentren tragenden Untereinheiten. Sie sind oligomere Proteine. Neben den katalytischen, aktiven Zentren besitzen diese Enzyme allosterische, regulatorische Zentren, an die positive (Aktivatoren) oder negative (Inhibitoren) Effektoren gebunden werden. Die Beeinflussung des Substratumsatzes von allosterischen Enzymen durch Substrate und Effektoren kann einem K- oder V-Typ (selten) zugeordnet werden. Dadurch besitzen diese Enzyme Bedeutung für die Regulation von Stoffwechselprozessen. Neben der allosterischen Regulation können Enzyme durch Phospho6
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Kapitel 2 · Prinzipien der Stoffwechselregulation
rylierung aktiviert oder gehemmt werden (interkonverIsoenzyme sind genetisch determinierte Enzymtierbare Enzyme). Allosterie und kovalente Modifikation varianten, die dieselbe Reaktion katalysieren, sich ergänzen einander bei der Regulation des Stoffwechsels. jedoch in ihrer Aminosäuresequenz unterscheiden. Multienzymkomplexe sind eine weitere Möglichkeit zur Optimierung von Stoffwechselprozessen.
Fallbeispiel Ein 47-jähriger Entwicklungshelfer, der vor 2 Tagen aus Bangladesh zurückgekehrt ist, kommt mit ausgeprägtem Durchfall und Erbrechen in die Ambulanz eines Krankenhauses. Er ist in einem deutlich reduzierten Allgemeinzustand und gibt an, vor dem Durchfall, an dem er erst seit der Rückkehr leidet, einen fiebrigen Infekt gehabt zu haben. Noch während der Untersuchung muss der Patient erneut wegen des Durchfalls zur Toilette. Die Dienstärztin sieht sich die Ausscheidungen an und erkennt »reiswasserartige« Durchfälle, an denen der Patient nach eigenen Angaben 20- bis 30-mal am Tag leidet. Unter dem Verdacht einer Cholera-Infektion isoliert die Internistin den Patienten auf der Infektionsstation in einem Einzelzimmer mit eigener Toilette und versorgt ihn mit einem venösen Zugang zur Flüssigkeitssubstitution. Des Weiteren informiert sie das Gesundheitsamt
(schon bei Verdacht meldepflichtig) und sendet einem Bakteriologen der nächsten Uniklinik durch ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr einen Rektalabstrich (muss innerhalb einer Stunde untersucht sein!). Der Bakteriologe bestätigt den Verdacht nach Identifikation der Vibrio cholerae. Das Choleratoxin führt zu einer Dauerstimulation der Adenylatzyklase mit erhöhtem cAMP-Spiegel in den Enterozyten. Es katalysiert die Übertragung von ADP-Ribose aus NAD+ auf Gsα. Dadurch werden Wasser und Elektrolyte ständig in den Darm abgegeben, wodurch ohne Behandlung eine schwere, lebensbedrohende Dehydratation entsteht. Der Patient erholt sich unter Substitution von Flüssigkeit und Elektrolyten schnell und erhält zusätzlich eine antibiotische Therapie. Er muss aber bis zu negativen Stuhlprobe isoliert bleiben.
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3 Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung Mind Map Kohlenhydrate in Form v. a. der Glucose, Neutralfette in Form ihrer Fettsäuren sowie Aminosäuren können im Stoffwechsel oxidativ verwertet werden. Ihr kataboler Stoffwechsel liefert Energie, die als chemische Energie in ATP gespeichert wird. Kohlenhydrate nehmen daher eine Schlüsselstellung im intermediären Stoffwechsel ein. Sie sind Energielieferanten, Reservestoffe und
Strukturbestandteile von Membranen, der extrazellulären Matrix und des Bindegewebes in Form von Glycolipiden, Glycoproteinen und Proteoglykanen. Sie können in Lipide umgewandelt werden, liefern das C-Skelett der nichtessenziellen Aminosäuren und sind am Aufbau von Nucleotiden und Nucleinsäuren beteiligt.
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Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
3.1
»Energiereiche« Verbindungen
GK Chemie 7 Kap. 3.1 und GK Biochemie 1.1.4.
3
Kohlenhydratabbau
3.2
3.2.1 Glycolyse und aerobe Verstoff-
wechselung der Glucose In der Glycolyse, die im Zytoplasma abläuft, wird Glucose anaerob zu 2 Molekülen Lactat unter Gewinn von 2 ATP abgebaut (. Tab. 3.1). Daran sind 11 Enzyme beteiligt. In der ersten Phase der Glycolyse entstehen unter Verbrauch von 2 ATP 2 Triosephosphate. In der zweiten Phase werden die Triosephosphate unter Gewinn von 4 ATP in Lactat umgewandelt. Bei der Oxidation des Glyceraldehyd-3-Phosphats zum 1,3-Bisphosphoglycerat wird eine energiereiche Phosphorsäure-Carbonsäure-Anhydrid-Bindung geschaffen, die in der nachfolgenden Kinasereaktion zur Bildung eines ATP genutzt wird. Diese Reaktion ist ein Beispiel für eine Substratkettenphosphorylierung. Phosphoenolpyruvat als Enolester ist ebenfalls energiereich und liefert die Energie für die Bildung eines weiteren ATP. Merke Substratkettenphosphorylierungen dienen der ATP-Gewinnung außerhalb der Atmungskette. Sie sind deshalb nicht entkoppelbar.
Durch die Lactatdehydrogenase-Reaktion wird NADH2 oxidiert, sodass durch die Bildung von NAD+ der weitere Ablauf der Glycolyse gewährleistet ist. Die Hexokinase kommt in fast allen Zellen vor. Sie wird konstitutiv exprimiert und phosphoryliert neben Glucose auch Mannose und Fructose. Sie zeigt eine Michaelis-Menten-Kinetik mit niedrigem Km-Wert (μM) (7 Kap. 1.1.6) und wird durch Glucose-6-Phosphat kompetitiv gehemmt. Sie ist das glucosephosphorylierende Enzym in Fettgewebe und Muskulatur. Die Glucokinase phosphoryliert Glucose in der Leber (hohes Glucoseangebot über den Pfortaderkreislauf) und in den E-Zellen des endokrinen Pankreas (Glucosesensor). Sie ist substratspezifisch für Glucose, zeigt eine sigmoidale Reaktionskinetik und wird nicht durch Glucose-6-Phosphat gehemmt. Ihr Km-Wert ist hoch (mM) entsprechend den Anforderungen des Stoffwechsels. Insulin induziert die Synthese der Glucokinase in der Leber. Bei längerem Fasten ist die Glucokinaseaktivität der Leber sehr gering. Deshalb kommt es bei Kohlenhydratzufuhr nach einer längeren Nahrungskarenz zunächst zu einem sehr hohen postprandialen Blutglucosespiegel. Unter aeroben Bedingungen wird NADH2 in der Atmungskette oxidiert. Dabei erfolgt gleichzeitig ein Übergang des Pyruvats in das Mitochondrium, wo es oxidativ zu Acetyl-CoA decarboxyliert wird. AcetylCoA geht in den Citratzyklus ein. Daraus ergeben sich folgende Energiebilanzen für die Glycolyse und die aerobe Glucoseverstoffwechslung:
. Tab. 3.1. Die Glycolyse
Schritt
Reaktion
Enzym
1
Glucose+ATPoGlucose-6-Phosphat
Hexokinase/Glucokinase
2
Glucose-6-PhosphatoFructose-6-Phosphat
Hexose-Isomerase
3
Fructose-6-Phosphat+ATPoFructose-1,6-Bisphosphat
Phosphofructokinase
4
Fructose-1,6-BisphosphatlDihydroxyacetonphosphat+ 3-Phosphoglyceraldehyd
Aldolase
5
Dihydroxyacetonphosphato3-Phosphoglyceraldehyd
Triose-Isomerase
6
3-Phosphoglyceraldehyd+NAD++Pao 1,3-Bisphosphoglycerat+NADH2
3-Phosphoglyceraldehyddehydrogenase
7
1,3-Bisphosphoglycerat+ADPo3-Phosphoglycerat+ATP
Phosphoglyceratkinase
8
3-Phosphoglycerato2-Phosphoglycerat
Phosphoglyceratmutase
9
2-Phosphoglycerat–H2OoPhosphoenolpyruvat
Enolase
10
Phosphoenolpyruvat+ADPoPyruvat+ATP
Pyruvatkinase
11
Pyruvat+NADH2oLactat+NAD+
Lactatdehydrogenase
23 3.2 · Kohlenhydratabbau
4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
Glucokinase/Hexokinase: –1 ATP, Phosphofructokinase: –1 ATP, 1,3-Bisphoglycerat-Kinase: +2 ATP, Pyruvatkinase: +2 ATP, Bilanz Glycolyse: +2 ATP, 2 NADH2 aus 3-Phosphoglyceraldehyd-Dehydrogenase: 5 ATP, 2 NADH2 aus Pyruvatdehydrogenase: 5 ATP, 2 Acetyl-CoA aus Citratzyklus: 20 ATP, Glycolyse: 2 ATP, Bilanz aerobe Glucoseverstoffwechslung: 32 ATP. Merke Unter anaeroben Bedingungen wird Glucose in 2 Moleküle Lactat unter Gewinn von 2 ATP umgewandelt. Diese als Glycolyse bezeichnete Reaktion dient jedoch nicht nur dem Energiegewinn, sondern auch der Bereitstellung von Metaboliten für Synthesen. Die Glycolyse ist demzufolge amphibol. Unter aeroben Bedingungen wird Pyruvat in das Mitochondrium geschleust und zu CO2 und H2O vollständig abgebaut. Beim aeroben Glucoseabbau entstehen maximal 32 ATP.
Normalerweise unterdrückt die oxidative Glucoseverwertung die Glycolyse vollständig (Pasteur-Effekt). Einen aufgehobenen Pasteur-Effekt beobachtet man bei der aeroben Glycolyse, bei der Lactatbildung und Glucoseoxidation zu CO2 und H2O nebeneinander ablaufen. Dies ist der Fall in Geweben mit einem sehr hohen ATP-Bedarf, z. B. in der Retina und in manchen Tumoren.
3
Hilfs- und Nebenreaktionen der Glycolyse sind: 4 Adenylatkinase: 5 2 ADPoATP+AMP (Muskel), 4 Kreatinkinase: 5 Kreatin+ATPoKreatinphosphat+ADP (Muskel), 4 ATPasen und Apyrasen: 5 ATPasen hydrolysieren im ATP die terminale Anhydrid-Bindung ATP+H2OoADP+Pa; 5 Apyrasen spalten im ATP beide Anhydrid-Bindungen ATP+2 H2OoAMP+2 Pa, 4 Glycerol-3-Phosphat-Dehydrogenase: 5 Dihydroxyacetonphosphat+NADH2oGlycerol-3-Phosphat+NAD+ (Bedeutung: Bereitstellung von Glycerolphosphat für Lipidsynthesen, H2-Transport in das Mitochondrium); 4 Glycerolkinase: 5 Glycerol+ATPoGlycerol-3-Phosphat+ADP (findet nicht im Fettgewebe und in der Muskulatur statt); 4 Triosekinase: Phosphorylierung von Glyceraldehyd oder Glycerat unter ATP-Verbrauch, 5 z. B. Glyceraldehyd+ATPoGlyceraldehyd-3Phosphat+ADP; 4 Bisphosphoglyceratmutase: Überführung von 1,3-Bisphosphoglycerat in 2,3-Bisphosphoglycerat, einem negativen Effektor für die O2-Beladung des Hämoglobins und Cofaktor bei der Umwandlung von 3-Phosphoglycerat in 2-Phosphoglycerat.
. Tab. 3.2. Pentosephosphatweg
Schritt
Reaktion
Enzym
Oxidativer Teil 1
Glucose-6-Phosphat+NADP+o6-Phosphoglucono-G-lacton+NADPH2
Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase
2
6-Phosphogluconolacton+H2OoGluconat-6-Phosphat
Lactonase
3
Gluconat-6-Phosphat+NADP+oRibulose-5-Phosphat+CO
2+NADPH2
Gluconat-6-Phosphat-Dehydrogenase
Nichtoxidativer Teil 4
Ribulose-5-PhosphatlRibose-5-Phosphat
Pentose-5-Phosphat-Isomerase
5
Ribulose-5-PhosphatlXylulose-5-Phosphat
Pentose-5-Phosphat-Epimerase
6
Xylulose-5-Phosphat+Ribose-5-Phosphatl Sedoheptulose-7-Phosphat+Glyceraldehyd-3-Phosphat
Transketolase
7
Sedoheptulose-7-Phosphat+Glyceraldehyd-3-Phosphatl Fructose-6-Phosphat+Erythrose-4-Phosphat
Transaldolase
8
Erythrose-4-Phosphat+Xylulose-5-Phophatl Fructose-6-Phosphat+Glyceraldehyd-3-Phosphat
Transketolase
24
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
Prüfungsfallstricke
3
Glycerol-3-Phosphat ist kein Glycolysesubstrat. Glycerol-2-Phosphat und 2-Phosphoglycerat sind nicht identisch. Glycerol-2-Posphorsäure ist ein Ester des Glycerols. 2-Phosphoglycerat ist ein Phosphorsäure-Ester des D-Glycerats. Unterschiede zwischen Adenylatzyklase und Adenylatkinase: Die Adenylatzyklase katalysiert die Umwandlung von ATP in cAMP. Die Adenylatkinase katalysiert die reversible Disproportionierung von 2 ADP in ATP und AMP und dient damit der Bereitstellung von Energie für die Skelettmuskulatur.
3.2.2 Der Pentosephosphatweg Im Pentosephosphatweg entstehen aus Glucose Pentosen für die Nucleotidbiosynthese und NADPH2 für reduktive Prozesse (z. B. Fettsäure- und Cholesterolsynthesen) (. Tab. 3.2). Er besteht aus einem oxidativen und einem nichtoxidativen Teil. Im nichtoxidativen Teil werden reversibel Pentosen in Hexosen umgewandelt: Glucose-6-Phosphat+2 NADP++H2Oo Ribose-5-Phosphat+2 NADPH2+CO2, 3 Pentosenl2 Hexosen+1 Triose. Oxidativer Teil des Pentosephosphatwegs
Die Nettoreaktion des oxidativen Teils der Pentosephosphatwegs ist: Glucose-6-Phosphat+2 NADP++H2Oo Ribulose-5-Phosphat+2 NADPH2+CO2. Bilanz des oxidativen Teils: Glucose wird an der acetalischen OH-Gruppe zu einer Onsäure unter Bildung von 2 NADPH2 oxidiert, die unter Abspaltung von CO2 in eine Pentose überführt wird (. Abb. 3.1). Nichtoxidativer Teil des Pentosephosphatwegs
Die Nettoreaktion des nichtoxidativen Teils des Pentosephosphatwegs ergibt sich aus:
. Abb. 3.1. Oxidativer Teil des Pentosephosphatwegs. Oxidation und Decarboxylierung von Glucose-6-Phosphat zu Ribulose-5-Phosphat (aus Löffler 2005)
3 Ribulose-5-PhosphatoGlyceraldehyd-3Phosphat+2 Fructose-6-Phosphat. Reaktionen des Pentosephosphatwegs
Bilanz des nichtoxidativen Teils: 3 Pentosen liefern 2 Hexosen und eine Triose. Die Reaktionen sind reversibel, sodass Hexosen in Pentosen umgewandelt werden können (. Abb. 3.2).
Die Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase ist das Schlüsselenzym des Pentosephosphatwegs. NADP+ ist ein allosterischer Aktivator, NADPH2 ein kompetitiver Inhibitor. Die Transketolase überträgt die Ketolgruppe aus der Xylulose auf eine Aldose. Coenzym ist Thiamindiphosphat.
25 3.2 · Kohlenhydratabbau
3
. Abb. 3.2. Nichtoxidativer Teil des Pentosephosphatzyklus (aus Löffler 2005)
Die Transaldolase überträgt eine DihydroxyacetonEinheit von einer Ketose auf eine Aldose (SedoheptuloseoGlyceraldehyd). Über Fructose-6-Phosphat und Glyceraldehyd-3Phosphat bestehen enge Beziehungen zur Glycolyse. Wenn weit mehr NADPH2 als Ribose-5-Phosphat benötigt wird, dann kann Glucose-6-Phosphat im Pentosephosphatweg vollständig abgebaut werden: Glucose-6-Phosphat+12 NADP++7 H2Oo 6 CO2+12 NADPH2+Pa.
Merke Der Pentosephosphatweg stellt NADPH2 für reduktive Prozesse bereit und spielt demzufolge eine Rolle in Geweben mit einer intensiven Fettsäure- und Cholesterol- (Steroid-)Biosynthese. Er liefert weiterhin Pentosen für die Synthesen von Nucleotiden. Pentosen können über diesen Weg in Hexosen umgewandelt und in der Glycolyse verstoffwechselt werden.
Die Aktivität des Pentosephosphatwegs ist in der Leber, im Fettgewebe, in der laktierenden Mamma und in den
26
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
Erythrozyten (NADPH2-abhängige Glutathionreduktase) hoch, in der Muskulatur niedrig. Prüfungsfallstricke Der Pentosephosphatweg kann in Verbindung mit der Glycolyse nach Bedarf NADPH2, Ribose-5-Phosphat, Pyruvat , Acetyl-CoA und ATP liefern. Der Pentosephosphatweg dient nicht der Energiegewinnung.
3
Gewebe mit einem geringen Bedarf an NADPH2 bilden Ribose-5-Phosphat mithilfe der Transketolase und Transaldolase aus Fructose-6-Phosphat und Glyceraldehyd-3-Phosphat. KLINIK Ein X-chromosomal bedingter Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel manifestiert sich besonders an den Erythrozyten als hämolytische Anämie. Die Einnahme von Antimalariamitteln wie Primaquin oder der Verzehr von Fava-Bohnen führen zu einer gesteigerten Bildung von Peroxiden und der Oxidation von Membranlipiden und induzieren eine hämolytische Krise. Der G6P-Dehydrogenasemangel bewirkt insbesondere bei Frauen (heterozygote Merkmalsträgerinnen) einen Schutz vor Malaria, da die Plasmodien ein reduktives Milieu für ihren Stoffwechsel benötigen.
der Glycogenketten phosphorolytisch unter Verbrauch anorganischen Phosphats gespalten. Das gebildete Glucose-1-Phosphat wird durch die Phosphoglucomutase in Glucose-6-Phosphat überführt (. Tab. 3.3). Die Phosphorylase kommt 4 Glucosereste vor einer Verzweigung zum Stillstand. Die Glucantransferase überträgt einen Trisaccharidrest in eine 1,4-D-glycosidische Bindung auf einem anderen Zweig. Die 1,6-glycosidische Bindung wird unter Freisetzung von Glucose hydrolytisch durch das entzweigende Enzym Amylo1,6-Glycosidase gespalten. Die Phosphorylase kann nun den Abbau bis zur nächsten Verzweigung fortsetzen. Die Glycogenphosphorylase ist das Schlüsselenzym des Glycogenabbaus. Ihre Regulation erfolgt durch allosterische Mechanismen und kovalente Modifikation. Das dephosphorylierte Enzym (Phosphorylase b) ist die inaktive Form. AMP aktiviert, ATP, Glucose und Glucose-6-Phosphat stabilisieren die inaktive Form in der Muskulatur. Die Phosphorylasekinase der Muskulatur wird durch Ca-Ionen aktiviert und stimuliert dadurch den Glycogenabbau. Dadurch wird erreicht, dass die calciumstimulierte Muskelkontraktion mit einer Energiebereitstellung durch den Abbau von Muskelglycogen gekoppelt ist. In der Leber wird die Phosphorylase b durch Phosphorylierung in die aktive Phosphorylase a überführt. Unter Verbrauch von ATP wird diese Phosphorylierung von der Phosphorylasekinase bewerkstelligt. Diese ist in ihrer inaktiven b-Form nicht aktiv und muss durch die cAMP-abhängige Proteinkinase A in die phosphorylierte aktive a-Form gebracht werden (. Abb. 3.3). Merke
3.2.3 Glycogenabbau Glycogen ist ein osmotisch fast inaktiver Speicherstoff der Glucose. Nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit kann der Glycogengehalt der Leber bis zu 10% des Feuchtgewichts betragen (etwa 150 g). Der Glycogengehalt der Muskulatur beträgt maximal 1% (etwa 250 g). Nach etwa 18-stündigem Fasten sind die Glycogenreserven der Leber aufgebraucht. Beim Glycogenabbau werden durch die Phosphorylase 1,4-D-glycosidische Bindungen von den Enden
IP3, welches aus dem endoplasmatischen Retikulum nach Bindung an einen spezifischen Rezeptor Ca2+-Ionen freisetzt, hat bei der Regulation des Muskelglycogenstoffwechsels keine Bedeutung.
Die Phosphoprotein-Phosphatase-1 wird durch die cAMP-abhängige Proteinkinase ebenfalls phosphoryliert und inaktiviert. Dadurch wird erreicht, dass bei einem durch Glucagon oder durch Adrenalin erhöhten
. Tab. 3.3. Glycogenabbau
Schritt
Reaktion
Enzym
1
(Glucose)n+H2PO4-o(Glucose)n-1+Glucose-1-Phosphat
Glycogen-Phosphorylase
2
Glucose-1-PhosphatlGlucose-6-Phosphat
Phosphoglucomutase
3
1,4-D-Glucano1,4-D-Glucan-Trisaccharid
D(1,4)-D(1,4)-Glucantransferase
4
1,6-D-Glucosid+H2OoGlucosid+Glucose
Amylo-1,6-Glucosidase (entzweigendes Enzym)
3
27 3.2 · Kohlenhydratabbau
. Abb. 3.3. Aktivierung der Phosphorylase in der Leber
Phosphorylase b
Phosphorylase a
ATP
ADP
Phosphorylase-Kinase a ADP Proteinkinase A
cAMP
ATP Phosphorylase-Kinase b
cAMP-Spiegel die Glycogenolyse ungehemmt abläuft. Insulin aktiviert die Phosphatase über eine Absenkung von cAMP. Eine Inaktivierung des Glycogenabbaus wird erreicht 4 durch Absenken des cAMP-Spiegels durch Phosphodiesterasen, 4 durch Dephosphorylierung der Phosphorylase und Phosphorylasekinase durch Phosphoproteinphosphatase-1. Merke Glucagon ist der physiologische Aktivator des Glycogenabbaus. Adrenalin wirkt unter Stressbedingungen glycogenolytisch und gluconeogenetisch.
führen, da die Zufuhr mit der Nahrung den Galactosebedarf nicht deckt bzw. eine Lactose-Intoleranz (Lactasemangel in der Dünndarmschleimhaut) eine Aufnahme durch die Nahrung verhindert. Die Milchzuckersynthese in der laktierenden Mamma erfolgt nach dem nachstehenden Reaktionsschema: UDP-Galactose+GlucoseoLactose+UDP. Sie wird katalysiert durch die Lactosesynthase. Das Enzym besteht aus den Untereinheiten A und B, wobei die Galactosyltransferase-Aktivität an A gebunden ist. Die Untereinheit B, das D-Lactalbumin, bestimmt die Spezifität der Untereinheit A für Glucose. In Abwesenheit von Lactalbumin wird Galactose auf N-Acetyl-Glucosamin übertragen.
3.2.4 Der Stoffwechsel der Galactose 3.2.5 Der Stoffwechsel der Fructose Der Milchzucker Lactose enthält Galactose. Nach Spaltung der Lactose im Darm gelangt Galactose mit dem Pfortaderblut zur Leber. Hier findet die Verwertung wie folgt statt (. Tab. 3.4): Über Reaktion 3 gewinnt die Galactose Anschluss an den Glucosestoffwechsel. Die Reaktion kann aber auch genutzt werden, Glucose in Galactose zu über-
Fructose wird in beträchtlichen Mengen über das Disaccharid Saccharose mit der Nahrung aufgenommen und gelangt nach Spaltung des Disaccharids über die Pfortader zur Leber. Die Verwertung in der Leber erfolgt wie in . Tabelle 3.5 dargestellt.
. Tab. 3.4. Galactoseverwertung in der Leber
Schritt
Reaktion
Enzym
1
Galactose+ATPoGalactose-1-Phosphat+ADP
Galactokinase
2
Galactose-1-Phosphat+UDP-Glucoseo UDP-Galactose+Glucose-1-Phosphat
Galactose-1-Phosphat-Uridyltransferase
3
UDP-GalactoseoUDP-Glucose
C4-Epimerase
28
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
. Tab. 3.5. Fructoseverwertung in der Leber
3
Schritt
Reaktion
Enzym
1
Fructose+ATPoFructose-1-Phosphat+ADP
Fructokinase
2
Fructose-1-PhosphatoGlyceraldehyd+Dihydroxyaceton-Phosphat
Aldolase B
3
Glyceraldehyd+ATPoGlyceraldehyd-3-Phosphat+ADP
Triosekinase
Prüfungsfallstricke
KLINIK
Dihydroxyacetonphosphat und Glyceraldehydphosphat sind Glycolysemetabolite.
Die übermäßige Zufuhr von Fructose durch Getränke und Fast-food-Ernährung sind Ursachen für Übergewicht und Fettsucht mit ihren Folgen für Diabetes und Arteriosklerose.
Der Polyol-Stoffwechselweg der Fructose ist in der Leber, den Augenlinsen und in den Samenblasen des Mannes ausgeprägt (. Tab. 3.6). KLINIK Fructose ist Bestandteil der Samenflüssigkeit und kann zur Beurteilung der männlichen Fertilität herangezogen werden, da die Biosynthesen der Enzyme in der Samenblase unter der Kontrolle von Testosteron stehen. Fructose ist für die Vitalität und Mobilität der Spermien von Bedeutung.
Die Reaktionen sind reversibel und können auch der Umwandlung von Fructose in Glucose dienen. Merke Galactose kann nach Überführung in Galactose-1Phosphat durch die Galactokinase in der Leber in Glucose umgewandelt werden (C4-Epimerase). Da die Reaktion reversibel ist, kann aus Glucose auch Galactose gebildet werden, sodass eine Zufuhr von Galactose mit der Nahrung (als Lactose) nicht notwendig ist, den Bedarf an Galactose zu decken. Das Schlüsselenzym für die Fructoseverwertung ist die Fructokinase der Leber. Das gebildete Fructose-1-Phosphat wird durch die Aldolase B in Glyceraldehyd und Dihydroxyacetonphosphat gespalten. Über den Sorbitolstoffwechselweg kann Glucose reversibel in Fructose überführt werden.
3.3
Triacylglycerin- und Fettsäureabbau
Lipide nehmen viele Funktionen im Organismus wahr: 4 Sie sind Energiereserve (Triacylglycerole), 4 sie dienen dem mechanischen Schutz (Triacylglycerole des retrobulbären und perirenalen Fettgewebes), 4 sie üben einen Kälteschutz als subkutanes Fettgewebe aus, 4 sie sind Membranbestandteile (Phospho-, Glycolipide, Cholesterol), 4 sie wirken als Hormone und Vitamine (Steroidhormone, Vitamine A, D, E, K), 4 sie sind für die Fettverdauung als Detergenzien notwendig (Gallensäuren), 4 sie sind Botenstoffe (Eicosanoide), 4 sie sind Transporter für Oligosaccharide (Dolicholphosphat), 4 sie sind Ankergruppen für Membranproteine (über Fettsäuren, Prenylreste, Phosphatidylinositol). Lipide werden im Blut als Lipoproteine transportiert (Chylomikronen, VLDL, LDL, HDL). 3.3.1 Der Abbau von Neutralfetten
(Lipolyse) . Tab. 3.6. Polyol-Stoffwechselweg der Fructose
Schritt
Reaktion
Enzym
1
Glucose+NADPH2o Sorbitol+NADP+
Aldosereduktase
2
Sorbitol+NAD+o Fructose+NADH2
Sorbitoldehydrogenase
Triacylglycerole (Triglyceride, Neutralfette) werden im Zytoplasma der Adipozyten gespeichert. Ein 70 kg schwerer Mann verfügt über eine Energiereserve von ca. 400.000 kJ in Form von Neutralfetten, die etwa 11 kg seines Körpergewichts ausmachen und für 30–40 Tage seinen Energiebedarf decken. Wenn die darin enthal-
29 3.3 · Triacylglycerin- und Fettsäureabbau
tene Energie als Glycogen gespeichert würde, wäre sein Gesamtgewicht um 55 kg höher. Zur Hydrolyse der Neutralfette verfügt die Fettzelle über eine Triacylglycerole spaltende, cAMP-abhängige, hormonsensitive Lipase, die das Triglycerid in Glycerol und 3 Fettsäuren, aber auch Cholesterolester spaltet (Esterhydrolyse). Die Triglyceridlipase wird durch die Proteinkinase A phosphoryliert und aktiviert: Lipase (inaktiv)+ATPo phosphorylierte Lipase (aktiv)+ADP. Ihre Aktivität wird durch die Hormone Adrenalin, Noradrenalin und ACTH reguliert, die den cAMP-Spiegel in der Zelle erhöhen. Das in der Lipolyse entstandene Glycerol kann im Fettgewebe nicht verwertet werden. Es wird über das Blut in die Leber transportiert und dort durch die Glycerolkinase phosphoryliert: Glycerol+ATPoGlycerol-3-Phosphat+ADP. Nach Dehydrierung durch die Glycerolphosphatdehydrogenase zu Dihydroxyacetonphosphat gewinnt es Anschluss an die Glycolyse/Gluconeogenese: Glycerol-3-Phosphat+NAD+o Dihydroxyacetonphosphat+NADH2. Die Fettsäuren werden im Blut gebunden an Albumin zu den Fettsäuren oxidierenden Organen (z. B. Muskulatur, Leber) transportiert. Aufgrund ihrer Lipophilie können sie Zellmembranen durchdringen, wobei dieser Prozess durch ein Fettsäuretransportprotein unterstützt wird, welches in vielen Zellmembranen vorkommt. Für die Spaltung der im Blutplasma zirkulierenden Neutralfette als Chylomikronen (exogene, in der Dünndarmmukosa synthetisierte Lipide, die der Nahrung entstammen) bzw. VLDL (endogene, in der Leber
synthetisierte Lipide) ist eine Lipoproteinlipase verantwortlich, die in den Endothelzellen gebildet und durch Heparansulfat oder Heparin aktiviert wird. Ihre Bildung wird durch Insulin induziert. Die Spaltung der Nahrungsfette im Dünndarm erfolgt durch Lipasen, die v. a. im Pakreas gebildet werden. 3.3.2 Fettsäureabbau Der Fettsäureabbau (β-Oxidation) vollzieht sich in folgenden Schritten (. Tab. 3.7, . Abb. 3.4): 1. Aktivierung der Fettsäure an der äußeren Mitochondrien-Membran: Fettsäure+ATP+CoA-SHo Acyl-S-CoA+AMP+2 Pa. Dabei wird intermediär ein Acyl-Adenylat (gemischtes Säureanhydrid = energiereiche Verbindung) zwischen der Carboxylgruppe und dem Phosphatrest des AMP gebildet, welches durch CoA unter Ausbildung eines Thioesters (energiereiche Verbindung) gespalten wird. 2. Transport des Acyl-S-CoA durch die innere Mitochondrienmembran mittels der Acyl-CarnitinTransporter 1 und 2. Dabei findet zunächst eine Übertragung des Acylrests aus der CoA-Verbindung auf Carnitin statt. Nach dem Transport durch die Membran wird aus der Acyl-Carnitin-Verbindung die Fettsäure auf CoA rückübertragen. 3. E-Oxidation im Matrixraum des Mitochondriums. Energetik der E-Oxidation: 4 n Spaltungsreaktionen = n FADH2+n NADH2 =nx4 ATP; 4 n+1 Acetyl-CoA =(n+1)u10 ATP; 4 Aktivierung =–1 ATP.
. Tab. 3.7. Grundreaktionen der Fettsäure-Oxidation
Schritt
3
Reaktion
Enzym
1
Fettsäure+CoA+ATPoAcyl-CoA+AMP+2 Pa
Acyl-CoA-Synthetase
2
Carnitin+Acyl-CoAlAcyl-Carnitin+CoA
Carnitin-Acyl-Transferasen
3
Acyl-CoA+FADotrans-'2-Enoyl-CoA+FADH2 (D,E-ungesättigte Fettsäure)
Acyl-CoA-Dehydrogenasen mit unterschiedlicher Kettenlängenspezifität
4
trans-'2-Enoyl-CoA+H2OoL-3-Hydroxy-Acyl-CoA (E-Hydroxyacyl-CoA)
Enoyl-CoA-Hydratase
5
L-3-Hydroxyacyl-CoA+NAD+o3-Ketoacyl-CoA (E-Ketoacyl-CoA) +NADH2
E-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase
6
3-Ketoacyl-CoA+CoAoAcetyl-CoA+Acyl-CoA (um C2 verkürzt)
E-Ketothiolase
30
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
. Abb. 3.4. E-Oxidation von Fettsäuren (aus Löffler 2005)
3
Beispiel Palmitinsäure (C16): 4 Spaltungsreaktionen: n=7, ergibt 28 ATP, 4 Acetyl-CoA n+1=8, ergibt 80 ATP, 4 Aktivierungsreaktion =-1 ATP 4 Gesamt: 107 ATP. Die Fettsäureoxidation in den Peroxisomen der Leber ist formal mit der E-Oxidation in den Mitochondrien vergleichbar. Es bestehen jedoch Unterschiede: 4 Die Aufnahme von Fettsäuren in die Peroxisomen ist unabhängig von Carnitin. 4 Die peroxisomale Acyl-CoA-Dehydrogenase ist autoxidabel, d. h. das gebildete FADH2 reagiert mit O2 zu H2O2, welches durch die peroxisomalen Hydroperoxidasen sofort abgebaut wird und Wärme erzeugt. 4 Das NADH2 der E-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase kann nicht in den Peroxisomen oxidiert werden. Demzufolge ist eine ATP-Bildung nicht möglich. 4 Acetyl-CoA kann nicht in den Citratzyklus eingeschleust werden. Es wird im Zytosol für die Cholesterolsynthese und die Bildung von Prenylen (Geranyl- und Farnesylpyrophosphat) verwendet. 4 Die E-Oxidation läuft nur bis zu maximal 5 Zyklen ab. Sie dient der Verkürzung langkettiger Fettsäuren. Die biologische Bedeutung ist unklar.
Prüfungsfallstricke In den Peroxisomen werden außer Fettsäuren auch Aminosäuren, Amine und Purine oxidiert. Die erforderlichen Oxidasen besitzen das Coenzym FAD bzw. FMN (L-Aminosäureoxidase).
Die E-Oxidation ungeradzahliger Fettsäuren liefert Propionyl-CoA. Sie entstammen der Nahrung und werden nicht wieder verwertet. In der E-Oxidation entstehen demzufolge bei der letzten Spaltung Acetyl-CoA und Propionyl-CoA. Propionyl-CoA wird unter Verbrauch von ATP mittels Biotin als CO2-bindendes und -aktivierendes Coenzym zu D-Methylmalonyl-CoA carboxyliert: Propionyl-CoA+CO2+ATPo D-Methylmalonyl-CoA+ADP+Pa. CO2 wird durch Bindung an Biotin aktiviert. Diese Aktivierung erfordert ATP: Biotin+CO2+ATPoCarboxy-Biotin+ADP+Pa. D-Methylmalonyl-CoA wird zu L-Methylmalonyl-CoA umgelagert und dieses durch eine Mutase unter Mitwirkung eines Vitamin-B12-abhängigen Coenzyms
31 3.4 · Ketonkörpersynthese und -abbau
(Deso xyadenosyl-Cobalamin) zu Succinyl-CoA isomerisiert. Merke Propionyl-CoA ist auch ein Abbauprodukt von Aminosäuren. Deshalb hat dieser Stoffwechselweg besondere Bedeutung für die Verwertung des C-Skeletts von Aminosäuren.
Der oxidative Abbau ungesättigter Fettsäuren ist dadurch charakterisiert, dass die Doppelbindung in das Abbaumuster der E-Oxidation eingefügt werden muss. Bei der einfach ungesättigten Ölsäure erfolgt der Abbau nach den Prinzipien der E-Oxidation in den ersten 3 Zyklen. Das in der 3. Runde entstehende cis-'3Enoyl-CoA wird durch eine Isomerase in die trans'3-Enoyl-CoA umgewandelt. Bei mehrfach ungesättigten Fettsäuren entsteht nach E-Oxidation aus einer '2-Transdoppelbindung eine D-E-Hydroxyacyl-Verbindung, welche, um dehydriert zu werden, durch eine Epimerase in eine L-E-Hydroxyacyl-Verbindung umgelagert wird. Merke Neutralfette stellen die größte Energiereserve des Organismus dar. Die Lipolyse wird durch die hormonsensitive Lipase (unter Kontrolle der Proteinkinase A nach cAMP-abhängiger Aktivierung durch Katecholamine, ACTH) eingeleitet. Der oxidative Abbau von Fettsäuren, die weniger stark oxidiert sind als Monosaccharide, liefert demzufolge auch mehr Energie. Fettsäuren werden durch β-Oxidation abgebaut. Ein Durchlauf durch die E-Oxidation mit der Abspaltung eines Acetyl-CoA ergibt durch die Oxidation von einem FADH2 und einem NADH2 4 ATP. Propionyl-CoA wird zu Succinyl-CoA umgewandelt. Der Abbau von ungesättigten Fettsäuren erfolgt ebenfalls durch E-Oxidation. Jedoch müssen die Doppelbindungen in das Abbauraster der E-Oxidation integriert und cis-ungesättigte Fettsäuren in die trans-Verbindungen umgelagert werden. Die E-Oxidation in den Peroxisomen dient der Verkürzung von Fettsäuren ohne ATP-Ausbeute. Die Energie wird als Wärme frei.
3.3.3 Die Thermogenese im braunen
Fettgewebe Dieses Fettgewebe ist besonders reich an Mitochondrien und dient der Wärmeproduktion. Durch Adre-
3
nalin und Noradrenalin wird die Lipolyse aktiviert. Die Fettsäuren öffnen einen Thermogenin genannten Protonenkanal in der inneren Mitochondrienmembran, wodurch der Abbau des Protonengradienten am Komplex V vorbeigeleitet wird. Die in der biologischen Oxidation erzeugte Energie dient nicht der oxidativen Phosphorylierung, sondern wird als Wärme freigesetzt. Es handelt sich hierbei um eine physiologische Entkopplung der oxidativen Phosphorylierung. ATP, ADP, CTP und CDP blockieren Thermogenin. Merke Braunes Fettgewebe findet sich beim Neugeborenen und bei Tieren, die Winterschlaf halten.
3.4
Ketonkörpersynthese und -abbau
Als Ketonkörper werden bezeichnet: 4 Acetoacetat CH3-CO-CH2-COOH, 4 β-Hydroxybuttersäure CH3-CHOH-CH2-COOH und 4 Aceton CH3-CO-CH3. Diese Nomenklatur ist keine chemische, sondern eine physiologische, da β-Hydroxybutyrat das überwiegende Produkt in den Körperflüssigkeiten darstellt. Ketonkörper werden in der Leber gebildet und v. a. in der Muskulatur und im Hirn verwertet. Sie sind wichtige Energiequellen bei Kohlenhydratmangel v. a. für das ZNS, weil sie Zellmembranen leicht permeieren. Fettsäuren passieren die Blut-Hirn-Schranke nicht. Eine vermehrte Ketonkörperbildung findet dann statt, wenn ein ausgewogenes Verhältnis von Kohlenhydrat- und Fettabbau nicht mehr besteht, z. B. beim chronischen Hungern oder beim Diabetes mellitus vom Typ I. Eine gesteigerte E-Oxidation der Fettsäuren führt zu einem Überangebot von Acetyl-CoA an den Citratzyklus. Ursache ist einerseits ein Mangel an Oxalacetat (Gluconeogenese) und ein hoher Spiegel an NADH2, FADH2 und ATP durch die E-Oxidation. Die E-Oxidation ist die Energiequelle für die Gluconeogenese. Eine gesteigerte Ketogenese bewirkt eine metabolische Azidose. Die Bildung der Ketonkörper in den Mitochondrien der Leber erfolgt in 4 Schritten: 1. 3 Acetyl-CoA lagern sich E-Hydrxy-E-MethylGlutaryl-CoA (HMG-CoA) unter Freisetzung von 2 CoA-SH zusammen. 2. Durch eine Lyase wird HMG-CoA in Acetyl-CoA und Acetoacetat gespalten.
32
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
3. Acetoacetat wird durch die E-HydroxybutyratDehydrogenase unter Verbrauch von NADH2 zu E-Hydroxybutyrat hydriert. 4. Acetoacetat wird zu Aceton decarboxyliert.
3
Aceton wird v. a. über die Lungen abgeatmet (obstartiger Geruch der Atemluft). Die E-Keto- und die E-Hydroxysäuren können über die Nieren ausgeschieden werden. Eine Wiederverwertung von Aceton in nennenswerten Mengen erfolgt nicht. E-Hydroxybutyrat wird durch die E-Hydroxybutyrat-Dehydrogenase mit NAD+ zu Acetoacetat dehydriert: CH3-CHOH-CH2-COOH+NAD+o CH3-CO-CH2-COOH+NADH2. In den verwertenden Organen wird aus Succinyl-CoA der CoA-Rest auf Acetoacetat übertragen. Die aktivierte E-Ketocarbonsäure wird über die E-Oxidation in 2 Acetyl-CoA gespalten, die dann im Citratzyklus weiter abgebaut werden. Merke Ketonkörper werden gebildet, wenn eine gesteigerte E-Oxidation von Fettsäuren erfolgt, aber eine Verwertung von Acetyl-CoA im Citratzyklus nicht möglich ist (Verwertungsstörungen von Glucose, gesteigerte Gluconeogenese, Fehlen von Oxalacetat, hoher Gehalt an den reduzierten Coenzymen). Ketonkörper ersetzen zum Teil Glucose als Energielieferant für das Gehirn und drosseln dadurch die Gluconeogenese aus Aminosäuren. Auch die Muskulatur verwertet Ketonkörper. Eine gesteigerte Ketogenese führt zu einer metabolischen Azidose.
3.5
Protein- und Aminosäureabbau
Durchschnittlich 32 g eines hochwertigen Nahrungsproteins müssen täglich zugeführt werden, um eine ausgeglichene N-Bilanz zu erreichen (Bilanzminimum). Tatsächlich werden im Organismus täglich etwa 300– 400 g Protein umgesetzt (etwa 100 g aus der Nahrung und 200–300 g aus Abbau von Körperprotein). Die Muskelproteine sind ein wichtiges Aminosäurereservoir des Organismus. Die biologische Wertigkeit der Nahrungseiweiße beruht auf dem optimalen Vorhandensein aller essenziellen Aminosäuren und einem ausgewogenen Verhältnis an nichtessenziellen Aminosäuren. Tierisches
Eiweiß besitzt eine höhere biologische Wertigkeit als pflanzliches Eiweiß. Durch Kombination verschiedener pflanzlicher Eiweiße kann dieser Nachteil ausgeglichen werden (z. B. Mais und Bohnen). Proteinabbau findet extra- und intrazellulär statt. Extrazelluläre Prozesse sind die Eiweißverdauung im Magen-Darm-Trakt, limitierte Proteolysen im Blut zur Aktivierung der Blutgerinnung, der Fibrinolyse und des Komplementsystems, die Bildung des Angiotensins und von Kininen. Wichtige intrazelluläre Abbaureaktionen sind die lysosomale Proteolyse und der Proteinabbau an den Proteasomen. 3.5.1 Proteinabbau Proteine haben eine begrenzte Lebensdauer. Sie werden durch Oxidationen und andere Modifikationen in ihren Strukturen so verändert, dass sie ihre biologischen Funktionen nicht mehr wahrnehmen können. Proteine haben zudem sehr unterschiedliche biologische Halbwertszeiten (z. B. bleiben die Crystalline der Augenlinse nach ihrer Synthese ein Leben lang erhalten, zelluläre Enzyme dagegen haben Halbwertszeiten von wenigen Minuten bis Tagen). Der Proteinabbau wird Proteolyse genannt. Eiweißspaltende Enzyme sind Peptidasen (Proteasen), die die Peptidbindung hydrolytisch spalten. Nach ihrem Angriff an einer Polypeptidkette teilt man sie ein in: 4 Endopeptidasen (Proteinasen) und 4 Exopeptidasen (Aminopeptidasen und Carboxypeptidasen). Nach dem Katalysemechanismus unterscheidet man Serin-, Cystein-, Aspartat- und Metalloproteasen. Extrazelluläre Proteolysen Die bedeutendste extrazelluläre Proteolyse läuft bei der Eiweißverdauung im Magen-Darm-Trakt ab (Verdauung). Limitierte Proteolysen im Blut spielen eine wichtige Rolle bei den o. g. Prozessen. Intrazellulärer Proteinabbau Der Ubiquitin-abhängige Proteinabbau im Proteasom
Die Ubiquitin-abhängige Proteolyse ist der wichtigste intrazelluläre Abbaumechanismus. Durch ihn werden Peptide gebildet, die mit dem MHC-Komplex-I in die Zellmembran transportiert und dort durch T-Lymphozyten erkannt werden. Folgende Proteine unterliegen einem Ubiquitinabhängigen Proteinabbau:
33 3.5 · Protein- und Aminosäureabbau
4 denaturierte oder fehlgefaltete Proteine nach der Biosynthese, 4 gealterte Proteine (Oxidation von Methionin- und Tryptophanseitenketten), 4 Fremdproteine, z. B. virale Proteine und 4 Proteine in Signaltransduktionsketten und Transkriptionsfaktoren. Ubiquitin ist ein aus 76 Aminosäuren bestehendes kleines Protein, welches bei der Proteolyse nicht verbraucht wird. Die abzubauenden Proteine werden mehrfach mit Ubiquitin markiert und in den Proteasomen abgebaut. Die C-terminale Carboxylgruppe des Ubiquitins wird mit ATP aktiviert (Bildung eines intermediären Acyl-Adenylats, E1) und unter Ausbildung von Thioestern auf ein Carrierprotein (E2) übertragen. Ubiquitin-Protein-Ligasen (E3) binden unter Ausbildung von Isopeptidbindungen das aktivierte Ubiquitin an H- und N-terminale Aminogruppen des abzubauenden Proteins. Dabei werden mehrere Ubiquitine an ein Protein gebunden (. Abb. 3.5). Das Proteasom ist ein Multienzymkomplex (26 S). Der Proteolysekomplex (20 S) enthält verschiedene Protease-Aktivitäten und besteht aus 28 Subeinheiten, die in 4 heptameren Ringen angeordnet sind (D7, E7, E7, D7). Die proteolytischen Aktivitäten sind an die E-Subeinheiten gebunden. Die regulatorische Untereinheit des Proteasoms ist ein 19 S-Partikel, welcher aus ATPasen, Ubiquitinbinden Proteinen und einem Ubiquitin-abspaltenden Enzym besteht. Die ATPasen liefern die Energie für die Proteolyse.
3
Die beim proteosomalen Proteinabbau entstehenden Peptide sind Oligopeptide aus maximal 10 Aminosäureresten, die durch den MHC-I-Komplex auf der Zelloberfläche präsentiert werden. Der lysosomale Proteinabbau
Lysosomen enthalten eine Vielzahl von Hydrolasen, die Zellbestandteile abbauen. Ihre Freisetzung führt zum Zelluntergang. Deshalb findet der lysosomale Proteinabbau in Vakuolen statt, die aus Komponenten der Zellmembran, des endoplasmatischen Retikulums und des Golgi-Komplexes gebildet werden (Endosomen). Diese Vakuolen enthalten die abzubauenden Makromoleküle und bilden sich zu sekundären Lysosomen um, in denen sich der Abbau vollzieht. Lysosomal werden nicht nur intrazelluläre, sondern auch extrazelluläre Proteine abgebaut, die nach Rezeptorbindung durch Endozytose in die Zellen gelangen (z. B. LDL, Transferrin). Die lysosomalen Proteasen werden Kathepsin genannt. Sie sind Endo- und Exopeptidasen, von denen die meisten im pH-Bereich von 3–6 optimal wirken und Serin-, Cystein- und Asparaginsäureproteasen zuzuordnen sind. Cysteinenzyme sind die Kathepsine B, C und einige im Neutralen wirkende Kathepsine (E). Bei einer Zellschädigung werden die lysosomalen Enzyme aus den zerstörten Lysosomen freigesetzt und sind für den deregulierten Zellabbau (Autolyse, Nekrose) verantwortlich. Viele normale und pathologische Prozesse sind mit einer gesteigerten lysosomalen proteolytischen Aktivität verbunden: 4 Die lysosomale Proteolyse ist nicht selektiv. 4 Diabetes mellitus stimuliert lysosomale Aktivitäten. 4 Muskelschwund infolge Inaktivität oder Traumen ist ein Ergebnis eines gesteigerten lysosomalen Proteinabbaus. 4 Die rheumatoide Arthritis bewirkt eine Freisetzung von Kathepsinen. 4 Die Uterusinvolution post partum von 2 kg auf ca. 50 g innerhalb von 10 Tagen ist das Ergebnis der Wirkung von Kathepsinen. 4 Die aus einem lysosomalen Proteinabbau der Makrophagen stammenden Peptide werden durch den MHC-II-Komplex präsentiert. Sonstige intrazelluläre Proteolysen
. Abb. 3.5. Die Ubiquitinbindung an Proteine (Einzelheiten im Text) (aus Löffler 2005)
Ein Ca2+-abhängiger Proteinabbau wird durch Calpaine bewerkstelligt. Sie gehören zur Gruppe der Cysteinproteinasen und sind in den Abbau von Membranproteinen und Proteinen des Cytoskeletts einbezogen. Caspasen sind eine Familie von Cysteinproteinasen, die Peptidbindungen C-terminal von Aspartat spalten.
34
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
Sie werden als Proenzyme synthetisiert, die durch limitierte Proteolyse aktiviert werden. Diese Proteasen spielen eine wichtige Rolle bei der Apoptose, dem programmierten Zelltod. Ihre Substratproteine sind aber noch nicht vollständig bekannt.
3
Merke Apoptose, das genetisch gesteuerte Absterben von Körperzellen, überwiegt bei weitem die Nekrose, den traumatischen zufälligen Zelltod. Auch die Mechanismen, die zum Absterben der Zellen führen, sind völlig unterschiedlich. Zeichen einer Apoptose sind eine Kondensation des Chromatins und die Fragmentierung der DNA; Zerfall der Zelle in apoptotische Partikel, die von Makrophagen phagozytiert werden. Mechanismen der Apoptose bestehen in einer Freisetzung von Cytochrom c, Bildung eines Komplexes mit Apaf-1 und der Aktivierung von Caspasen durch limitierte Proteolysen. Caspasen spalten Proteine des Cytoskeletts, DNA-Reparatur- und Spleißenzyme. Durch Bindung von Cytochrom c an die innere Seite der Zellmembran kommt ist zu einem transversalen Flop von Phosphatidylserin an die Außenseite mit einer neuen Markierung, die den Zellabbau einleitet.
Im endoplasmatischen Retikulum spaltet eine Signalpeptidase das Signalpeptid bei den am endoplasmatischen Retikulum synthetisierten Proteinen ab. Weiterhin gibt es einen in seinen Mechanismen noch wenig aufgeklärten intramitochondrialen Proteinabbau. Merke Der wichtigste intrazelluläre Proteinabbau wird durch Ubiquitin-markierte Proteine ATP-abhängig in Proteasomen vollzogen. Einem Ubiqutin-abhängigen Proteinabbau unterliegen denaturierte oder falsch gefaltete, gealterte und körperfremde virale Proteine. Die aus diesem Abbau stammenden Peptide werden durch den MHC-I-Komplex präsentiert. Der lysosomale Proteinabbau dient sowohl extrazellulären, durch Endozytose aufgenommenen, als auch intrazellulären Proteinen in sekundären Lysosomen, die durch Verschmelzung einer Verdauungsvakuole mit Lysosomen entstehen. Die proteolytischen Enzyme der Lysosomen nennt man Kathepsine. Die aus einem lysosomalen Abbau der Makrophagen stammenden Peptide werden durch den MHC-II-Komplex präsentiert.
3.5.2 Transaminierung und
Desaminierung, Decarboxylierung Aminosäuren, die nicht zur Synthese von Proteinen und anderen Biomolekülen verwendet werden, können nicht gespeichert werden, sondern sie werden zur Gewinnung von Energie abgebaut. Die D-Aminogruppe wird entfernt und das C-Skelett in allgemeine Stoffwechselwege überführt. Ein Aminosäureabbau findet unter unterschiedlichen Bedingungen statt: 4 Die während eines normalen Proteinumsatzes nicht benötigten Aminosäuren werden oxidativ abgebaut. 4 Die nach einer proteinreichen Mahlzeit nicht für die Proteinsynthese benötigten Aminosäuren werden oxidativ zur Energiegewinnung abgebaut. 4 Bei ungenügender Nahrungszufuhr oder beim Diabetes mellitus dienen zelluläre Proteine mit ihren Aminosäuren als mittelbare Brennstoffquelle. Insgesamt liefern die Wege des Aminosäureabbaus nur 10–15% der im menschlichen Körper erzeugten Energie! Der Stoffwechsel der Aminosäuren zeigt Gemeinsamkeiten in Bezug auf die Verwertung der D-Aminogruppen, jedoch Unterschiede bei der Verstoffwechslung ihres C-Skeletts. In Verbindung mit einer möglichen Synthese im Stoffwechsel muss zwischen essenziellen und nichtessenziellen Aminosäuren unterschieden werden. Essenzielle Aminosäuren müssen mit den Nahrungseiweißen zugeführt werden. In Bezug auf die Verwertung des C-Skeletts unterscheidet man glucogene und ketogene Aminosäuren. Die für den Menschen essenziellen Aminosäuren sind Threonin, Valin, Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Tryptophan und Histidin. Semiessenziell, d. h. in der Neugeborenenperiode nur unzureichend durch die Leber synthetisierbar, sind Cystein und Tyrosin. Nichtessenziell für den Erwachsenen sind Aspartat, Glutamat, Asparagin, Glutamin, Alanin, Glycin, Serin, Prolin, Arginin, Cystein und Tyrosin. Aminosäuren, deren C-Skelett Anschluss an die Gluconeogenese findet, nennt man glucogen. Aminosäuren, bei deren Abbau Ketonkörper oder Vorstufen von Ketonkörpern entstehen, werden als ketogen bezeichnet Das Schicksal der D-Aminogruppen von Aminosäuren lässt sich wie in . Tabelle 3.8 dargestellt zusammenfassen.
35 3.5 · Protein- und Aminosäureabbau
. Tab. 3.8. Reaktionen der D-Aminogruppe von Aminosäuren
Reaktion
Enzyme
Coenzyme
Transaminierung
Aminotransferasen
PALP
Oxidative Desaminierung
Glutamatdehydrogenase Aminosäureoxidasen
NAD+, NADP+ FAD, FMN
Eliminierende Desaminierung
Dehydratasen, Desulfhydrase
PALP
Glutaminsynthese
Glutaminsynthetase
ATP
3
Die beteiligten Enzyme sind die Aminotransferasen, als Coenzym wird Pyridoxalphosphat (PALP) genutzt. Auf PALP wird die Aminogruppe unter intermediärer Bildung von Pyridoxamin übertragen. Für die Transaminierung wichtige Aminosäuren und ihre korrespondierenden Ketosäuren sind Alanin (Pyruvat), Aspartat (Oxalacetat) und Glutamat (D-Ketoglutarat). Aminotransferasen, die eine große Bedeutung für die Diagnostik von Herz- und Lebererkrankungen haben, sind die Aspartat-Aminotransferase (ASAT) und die Alanin-Aminotransferase (ALAT).
Harnstoffzyklus
ASAT (AST): Aspartat+D-Ketoglutaratl Oxalacetat+Glutamat Transaminierung Die Transaminierung besteht in der Übertragung der D-Aminogruppe einer Aminosäure auf eine D-Ketosäure, wobei die Aminosäure in die korrespondierende Ketosäure und die Ketosäure in eine Aminosäure übergeht, ohne dass intermediär freier Ammoniak entsteht (. Abb. 3.6a, b).
. Abb. 3.6a, b. Schema der Transaminierung (aus Löffler 2005)
ALAT (ALT): Alanin+D-Ketoglutaratl Pyruvat+Glutamat. Die Aktivität der ASAT ist in der Leber am höchsten. Die Aminosäuren Histidin, Lysin, Arginin, Threonin und Glycin transaminieren nicht. Allerdings kann
36
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
die Glyoxylsäure (korrespondierende Ketosäure des Glycins) zum Glycin transaminiert werden.
3
Oxidative Desaminierung Die Glutamatdehydrogenase ist das Schlüsselenzym der oxidativen Desaminierung. Sie katalysiert die Dehydrierung der D-Aminogruppe des Glutamats, wobei eine Iminosäure entsteht. Diese ist in wässrigem Milieu instabil und zerfällt in D-Ketoglutarat und NH3. Coenzyme der reversiblen Reaktion sind NAD+ oder NADP+ (ein sehr seltener Fall, dass eine Dehydrogenase mit beiden Pyridinnucleotiden reagiert): 4 Glutamat+NAD+lIminoäure+NADH2; 4 Iminosäure+H2OlD-Ketoglutarat+NH3. Die Bedeutung der Reaktion für den Gesamt-Aminosäurestoffwechsel ergibt sich daraus, dass das D-Ketoglutarat durch Transaminierung wieder in Glutamat überführt wird. Die Umkehrung der GlutamatdehydrogenaseReaktion bei hohem Gehalt an reduzierten Coenzymen kann in den Geweben, die keinen Harnstoffzyklus besitzen, der Entgiftung von NH3 dienen. Nebenwege der oxidativen Desaminierung in der Leber ergeben sich aus der Wirkung von D- und L-Aminosäureoxidasen. Die D-Aminosäureoxidase besitzt das Coenzym FAD, die L-Aminosäureoxidase FMN. Die Enzyme dehydrieren an der Aminogruppe unter Bildung von Iminosäuren, die wie bei Glutamatdehydrogenase-Reaktion in Ketosäuren und Ammoniak zerfallen. Die hydrierten Coenzyme werden jedoch nicht in der Atmungskette oxidiert. Sie reagieren mit O2 unter Bildung von H2O2. Oxidasen sind deshalb autoxidable Enzyme. Die D-Aminosäure-Oxidase dient dem Abbau mit der Nahrung aufgenommener D-Aminosäuren pflanzlichen Ursprungs in der Leber. Zudem ist sie an der Desaminierung von Glycin zur Glyoxylsäure beteiligt, dem Abbauweg des Glycins. L-Aminosäure-Oxidasen haben eine niedrige Aktivität. Ihre biologische Bedeutung ist unklar. Eliminierende Desaminierung Einer eliminierenden nichtoxidativen Desaminierung unterliegen die Aminosäuren Threonin, Serin, Homoserin (entsteht beim Abbau des Methionins) und Cystein. Diese nichtoxidative Form der Desaminierung beruht auf einer Abspaltung von H2O bzw. H2S durch Dehydratasen und Desulfhydrase mit dem Coenzym PALP. Die entstehenden Iminosäuren hydrolysieren in die korrespondierenden Ketosäuren unter Freisetzung von NH3: 4 Serin, CysteinoPyruvat+NH3, 4 Threonin, HomoserinoD-Ketobutyrat+NH3.
R-CH-COOH NH2
R-CH2 + CO2 NH2 (primäres Amin)
. Abb. 3.7. Decarboxylierung von Aminosäuren
D-Ketobutyrat wird oxidativ zu Propionyl-CoA decarboxyliert (Vergleich Pyruvat, D-Ketoglutarat). Merke Die D-Aminogruppe der meisten Aminosäuren wird transaminiert. Die oxidative Desaminierung besteht in einer Oxidation der Aminogruppe des Glutamats. Das entstandene D-Ketoglutarat wird durch Transaminierung wieder in Glutamat überführt. Nebenreaktionen der oxidativen Desaminierung werden durch Aminosäureoxidasen katalysiert. Einer eliminierenden Desaminierung unterliegen Ser, Thr, Cys und Homoserin. Ammoniak wird im Harnstoffzyklus, in der Glutaminsynthese und durch die reversible Glutamatdehydrogenase-Reaktion entgiftet.
Decarboxylierung Amine entstehen durch Decarboxylierung von Aminosäuren, katalysiert durch Aminosäuredecarboxylasen mit PALP als Coenzym (. Abb. 3.7). Da die entstandenen Amine biologische Aufgaben haben, wurden sie biogene Amine genannt. Die in . Tabelle 3.9 aufgeführten Amine haben eine Funktion im Zellgeschehen. Durch Decarboxylierung von Lysin und Ornithin entstehen Diamine, die in der Samenflüssigkeit vorkommen und unspezifischen Abwehrmechanismen dienen. Durch Decarboxylierung von Lysin entsteht Diaminopentan (Cadaverin). Aus Ornithin wird Diaminobutan (Putrescin), aus Arginin Agmatin gebildet. Die Diamine sind keine Neurotransmitter. Die Inaktivierung der Amine erfolgt durch Monound Diaminooxidasen mit FAD als Coenzym. Dabei werden Imine gebildet, die zu Aldehyden und NH3 hydrolysieren (Analogien zu Aminosäureoxidasen): 4 R-CH2-NH2+FADoR-CH=NH+FADH2, 4 R-CH=NH+H2OoR-CHO+NH3. Die Aldehyde werden durch Aldehyddehydrogenasen zu Carbonsäuren oxidiert.
37 3.5 · Protein- und Aminosäureabbau
3
. Tab. 3.9. Biogene Amine
Aminosäure
Amin
Bedeutung
Glutamat
J-Aminobutyrat
Überträgersubstanz im ZNS
Cystein
Cysteamin Taurin
Bestandteil des CoA Konjugationsprodukt von Gallensäuren
Serin
Ethanolamin, Cholin
Bestandteil des Phosphatidylcholins, der Sphingosin-Phosphatide und des Acetylcholins (Neurotransmitter)
Histidin
Histamin
Gewebshormon
Dihydroxyphenylalanin
Dopamin
Neurotransmitter, Vorstufe von Noradrenalin und Adrenalin
Tryptophan
5-Hydroxytryptamin (Serotonin)
Gewebshormon, Neurotransmitter
3.5.3 Wege des Kohlenstoffs Der Abbau des C-Skeletts von Aminosäuren mündet in den Stoffwechsel von Glucose (glucogene Aminosäuren) oder von Fettsäuren (ketogene Aminosäuren). C1-Stoffwechsel
Einkohlenstoffverbindungen (C1), die im intermediären Stoffwechsel auch der Aminosäuren eine Rolle spielen, sind 4 die Methylgruppe (–CH3), 4 die Hydroxymethylgruppe (–CH2OH), 4 die Formylgruppe (–CHO) und 4 Kohlendioxid (CO2). Die Tetrahydrofolsäure (FH4) hat bei der Übertragung und Umwandlung von C1-Verbindungen eine wichtige Rolle. Der Formylrest kann als Formyl-FH4 gebunden werden und geht nach Abspaltung von H2O in Methenyl-FH4 über. Mittels NADPH2 wird Methenyl-FH4 zu Methylen-FH4 reduziert. In begrenztem Umfang ist eine Reduktion von Methylen-FH4 zu Methyl-FH4 möglich. Die Hydroxymethylgruppe wird ebenfalls als Hydroxymethyl-FH4 gebunden und geht nach Abspaltung von H2O in Methylen-FH4 über. Eine wichtige Rolle im Stoffwechsel der Methylgruppe spielt das Methionin. Als S-Adenosyl-Methionin (SAM) ist es der wichtigste Methylgruppendonator im Stoffwechsel (methylierte Basen in der DNA und RNA, Methylhistidin in Proteinen, Adrenalin-, Creatin- und Cholinsynthesen). Nach Abgabe der Methylgruppe entsteht Homocystein, welches in einer Vitamin B12-abhängigen Reaktion (Methylcobalamin) zu Methionin durch Übernahme der Methylgruppe aus Methyl-FH4 remethyliert werden kann. Diese Remethylierung ist nur in beschränktem Umfang möglich. Der Bedarf des Stoffwechsels an Methylgruppen muss zu
einem wesentlichen Teil durch die Aufnahme von Methionin mit der Nahrung gedeckt werden. Allerdings stellt diese Reaktion FH4 für den C1-Stoffwechsel wieder zur Verfügung! Methylen-FH4 wird ebenfalls zur Bildung der Methylgruppe im Thymin benötigt (Bildung von dTMP). Durch Decarboxylierungen entsteht CO2 im Stoffwechsel (z. B. Decarboxylasen mit Thiamindiphosphat oder Pyridoxalphosphat als Coenzymen). Carboxylierungsreaktionen bestehen in einer Anlagerung von CO2 (Carboxylasen mit Biotin oder Vitamin K als Coenzymen). Glucogene Aminosäuren Das C-Skelett glucogener Aminosäuren liefert Pyruvat bzw. Intermediate des Citratzyklus: 4 Pyruvat: Alanin, Serin, Glycin, Cystein; D-Ketoglutarat: Glutamat, Glutamin, Prolin, Histidin, Arginin; 4 Oxalacetat: Aspartat, Asparagin; 4 Succinyl-CoA: Valin, Threonin, Methionin. Einige Aminosäuren sind sowohl glucogen als auch ketogen: 4 Succinyl-CoA und Acetyl-CoA: Isoleucin; 4 Acetoacetat und Fumarat: Phenylalanin, Tyrosin; 4 Acetoacetat und Alanin: Tryptophan. Glycin
Viele Synthesen laufen unter Beteiligung von Glycin ab (. Tab. 3.10). Der Sheminzyklus: Die Kondensation von Glycin (ak-
tiviert durch PALP) und Succinyl-CoA ergibt unter Decarboxylierung G-Aminolaevulinsäure, die nach Desaminierung in den Aldehyd des D-Ketoglutarats übergeht. Der Aldehyd wird zur Dicarbonsäure oxi-
38
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
. Tab. 3.10. Synthesen mit Glycin
3
Reaktion
Produkt
Bedeutung
Übernahme der CH2OH-Gruppe aus Methylen-FH4
Serin
Serinbildung aus Glycin
Bildung von Peptid-Bindungen mit Glu und Cys
Glutathion
Glutathionsynthese
Kondensation mit Succinyl-CoA
G-Aminolaevulinat
Porphyrinsynthese und Glycinabbau
Kondensation mit Phosphoribosylamin
Glycinamid-Ribosyl-5-Phosphat
Purinnucleotidbiosynthese
Konjugation mit Cholsäure
Glycocholsäure
Synthese von Gallensäurekonjugaten
Kondensation mit Benzoesäure oder Salicylsäure
Hippursäure
Entgiftungsreaktionen der Leber; Biotransformationen
Übernahme eines Amidinrests aus Arginin
Guanidinoacetat
Kreatinsynthese
diert. Das D-Ketoglutarat wird oxidativ zu SuccinylCoA decarboxyliert. Dieser Zyklus ergibt 2 NADH2. Von Bedeutung ist er aber für die Bereitstellung der G-Aminolaevulinsäure für die Synthese des Protoporphyrinskeletts. Bei der Kreatinsynthese wird der Amidinrest aus der Guanidinogruppe des Arginins auf Glycin unter Bildung des Guanidinoacetats übertragen. Das dabei aus Arginin gebildete Ornithin geht in den Harnstoffzyklus ein und wird wieder zu Arginin regeneriert. Durch Methylierung (Methyl-Donator: S-AdenosylMethionin) von Guanidinoacetat entsteht das Kreatin, welches im Energiestoffwechsel der Muskulatur (Kreatinphosphat = ATP-Reserve) eine Rolle spielt:
KLINIK Oxalsäure bildet mit Ca2+-Ionen unlösliche Ca-Oxalate, die die Ursache eines frühzeitigen Auftretens von Konkrementen in den ableitenden Harnwegen bei Abbaustörungen des Glycins sind.
Alanin
Alanin ist die bedeutendste glycogene Aminosäure, weil sie durch Transaminierung in Pyruvat übergeht. Ein bedeutender Anteil an Alanin im Blut entstammt dem Muskel-Stoffwechsel. Serin
KreatinoKreatinin+H2O.
Serin hat Beziehungen zum Stoffwechsel der Kohlenhydrate und Lipide. Der Hauptabbauweg des Serins ist die eliminierende Desaminierung zu Pyruvat. Durch Übertragung der Hydroxymethylgruppe auf FH4 entsteht Glycin. Durch Decarboxylierung wird Ethanolamin gebildet, welches durch Methylierung in Cholin übergehen kann. Serin ist selbst Bestandteil der Phosphatidylserine. Mit Palmitoyl-CoA ist es an der Synthese des Sphingosins beteiligt (7 Kap. Lipide und Membranen).
KLINIK
Asparaginsäure
Bei der Niereninsuffizienz steigt der Kreatiningehalt im Blutplasma an. Die endogene Kreatininclearance ist ein Kriterium für die Ausscheidungsfunktion der Nieren.
Aspartat ist eine wichtige glycogene Aminosäure, die aber auch bei zahlreichen Synthesen eine Rolle spielt (. Tab. 3.11). Die Transaminierung zu Oxalacetat ist eine wichtige anaplerotische Reaktion des Citratzyklus, aber auch bedeutend für die Gluconeogenese (7 Kap. 3.7.3). Bei der Bildung des Asparagins wird die Säureamidgruppe des Glutamins auf Aspartat übertragen.
Kreatin+ATPlKreatinphosphat+ADP. Die Reaktion wird durch die Kreatinkinase (7 Hilfsreaktionen der Glycolyse) katalysiert. Durch intramolekularen Ringschluss unter Wasserabspaltung wird Kreatin in Kreatinin überführt, welches im Harn ausgeschieden wird:
Der Abbau des Glycins erfolgt durch Desaminierung zur Glyoxylsäure durch die D-Aminosäureoxidase. Glyoxylsäure wird in einen Formylrest, der durch FH4 übernommen wird, und CO2 gespalten. Ist dieser Abbauweg gestört, wird die Glyoxylsäure zu Oxalsäure oxidiert.
Glutaminsäure
Die Stoffwechselbedeutung des Glutamats ergibt sich aus der folgenden Übersicht (. Tab. 3.12).
39 3.5 · Protein- und Aminosäureabbau
3
. Tab. 3.11. Reaktionen der Asparaginsäure
Reaktion
Produkt
Bedeutung
Transaminierung
Oxalacetat
amphiboles Produkt des Citratzyklus
Amidbildung
Asparagin
proteinogene Aminosäure
Kondensation mit Carbamoylphosphat
Carbamoylaspartat
Pyrimidinnucleotidbiosynthese
Kondensation mit Citrullin
Argininosuccinat
Harnstoffsynthese
Kondensation mit Inosinmonophosphat
Adenylsuccinat
AMP-Synthese (Purinnucleotidbiosynthese) Einbau von N1 in den Pyrimidinring des Purinskeletts
. Tab. 3.12. Reaktionen der Glutaminsäure
Reaktion
Produkt
Bedeutung
Transaminierung
D-Ketoglutarat
amphiboles Produkt des Citratzyklus, Freisetzung von NH3 bei der oxidativen Desaminierung, Aminogruppen für D-Keto-Säuren bei der Transaminierung
Decarboxylierung
J-Aminobutyrat
Neurotransmitter
Kondensation mit Acetyl-CoA
N-Acetylglutamat
Aktivator der Carbamoylphosphat-Synthetase I
Amidbildung mit NH3
Glutamin
Entgiftung von Ammoniak in extrahepatischen Geweben
Glutamin
Glutamin ist über seine Säureamid-Gruppe ein wichtiger Aminogruppendonator bei Synthesen (. Tab. 3.13). Über die Glutaminase wird es in Glutamat überführt und abgebaut. Die Glutaminase der Leber liefert NH3 damit für die Harnstoffsynthese. In der Niere dient diese Reaktion der Bildung von NH4+-Ionen.
Die Guanidinogruppe des Arginins wird zur Synthese von NO durch NO-Synthasen (Ca2+-abhängig) genutzt (Coenzym NADPH2). Dabei geht Arginin in Citrullin über. Konstitutiv exprimiert werden die endotheliale e-NOS und die neuronale n-NOS. In Monozyten/Makrophagen wird u. a. die induzierbare i-NOS mit hoher Aktivität exprimiert.
Arginin, Prolin, Histidin
KLINIK
Alle drei Aminosäuren bilden bei ihrem Abbau Glutamat. Arginin wird im Harnstoffzyklus zu Ornithin gespalten, welches nach Abgabe seiner J-Aminogruppe und Oxidation Glutamat bildet. Auch beim Abbau von Prolin bildet sich intermediär der Semialdehyd des Glutamats. Beim Histidinabbau bildet sich nach Spaltung des Imidazolrings Formiminoglutamat. Die Forminogruppe findet Anschluss an Tetrahydrofolsäure.
NO ist das bedeutendste Vasorelaxans, es hemmt zudem die Proliferation der vaskulären Myozyten und die Thrombozytenaggregation. Im ZNS spielt es eine Rolle als Neurotransmitter bei der Ausprägung von Gedächtnisprozessen. Als Radikal wirkt es in höheren Konzentrationen schädigend auf biologische Systeme.
. Tab. 3.13. Reaktionen des Glutamins
Akzeptor
Produkt
Bedeutung
Fructose-6-Phosphat
Glucosamin-6-P
Aminozucker-Bildung
Desamido-NAD+
NAD+
NAD+-Biosynthese
Phosphorybosylpyrophosphat
Phosphoribosylamin
Schlüsselreaktion der Purinbiosynthese
Aspartat
Asparagin
Asparaginsynthese
Bicarbonat und ATP
Carbamoylphosphat
Pyrimidinnucleotidbiosynthese mittels Carbamoylphosphatsynthetase II
40
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
NO reagiert in wässriger Lösung sofort mit Sauerstoff zu Nitrit bzw. Nitrat. Deshalb ist seine biologische Halbwertszeit nur sehr kurz (Transport mittels Hb und Anionentransporter in den Erythrozyten, 7 Kap. 11). Prüfungsfallstricke
3
Acetylcholin stimuliert in Endothelien die NO-Synthese über eine Aktivierung der Proteinkinase C und eine Erhöhung der Ca2+-Konzentration.
Threonin
Der Hauptabbauweg des Threonins erfolgt über eliminierende Desaminierung mittels der Threonin-Dehydratase mit PALP als Coenzym. Das entstandene D-Ketobutyrat wird oxidativ zu Propionyl-CoA decarboxyliert. Dieses wiederum wird nach Carboxylierung in Succinyl-CoA umgelagert (Fettsäure-Stoffwechsel, 7 Kap. 3.3.2; Decarboxylierung von D-Ketosäuren). Ein weiterer Abbaumechanismus ist die nichthydrolytische Spaltung des Threonins mittels der Threoninaldolase (einer Lyase) unter Beteiligung von PALP in Glycin und Acetaldehyd. Dieser wird durch die Aldehyddehydrogenasen der Leber zu Essigsäure oxidiert.
Der Hauptabbauweg des Cysteins ist die desulfhydrierende Desaminierung zu Pyruvat durch die PALPabhängige Desulfhydrase. Ein weiterer Weg besteht in der Oxidation der SH-Gruppe zur Cysteinsulfonsäure (SO3–), die durch Decarboxylierung Taurin (Konjugation mit Gallensäuren) oder unter Desaminierung und Abspaltung des Sulfonsäurerests Pyruvat bildet. H2S kann in der Leber zu HSO3– oxidiert und entgiftet werden. Das gebildete Sulfat wird unter Verbrauch von 2 ATP zu Phosphoadenosylphosphosulfat (PAPS = aktives Sulfat, energiereiche Sulfatverbindung als gemischtes Säureanhydrid) aktiviert. PAPS ist die Ausgangsverbindung für die Bildung von Sulfatestern: 4 saure Mucopolysaccharide, z. B. Chondroitinsulfate, Heparin, 4 Sulfatide, 4 Konjugation an aromatische Alkohole (z. B. Steroidhormone), um die Wasserlöslichkeit zu verbessern und die Ausscheidung über die Niere zu gewährleisten. Ketogene Aminosäuren Valin, Isoleucin, Leucin
Methionin und Cystein
Methionin ist der bedeutendste Methylgruppendonator im Stoffwechsel. Dafür wird es unter ATP-Verbrauch unter Anlagerung von Adenosin zu S-Adenosyl-Methionin aktiviert: Methionin+ATPoS-Adenosyl-Met+3 Pa. Nach Demethylierung entsteht S-Adenosyl-Homocystein. Der Adenosylrest wird hydrolytisch abgespalten: S-Adenosyl-Homocytein+H2Oo Homocystein+Adenosin. Homocystein kann durch Übertragung der Methylgruppe aus Methyl-FH4 nicht vollständig zu Methionin durch die Vitamin B12-abhängige Methioninsynthase regeneriert werden. Deshalb ist die Zufuhr von Methionin über die Nahrungsproteine essenziell. Der Abbau des Homocysteins beginnt mit einer PALP-abhängigen Kondensation mit Serin zu Cystathionin (Cystathioninsynthase), welches, ebenfalls PALP-abhängig, durch eine Lyase (Cystathionase) in Homoserin und Cystein gespalten wird. Homoserin wird eliminierend (PALP-abhängige Dehydratase) zu D-Ketobutyrat desaminiert, welches über Propionyl-CoA in Succinyl-CoA umgewandelt wird.
Valin, Isoleucin und Leucin werden nicht in der Leber, sondern in der Muskulatur verwertet. Sie unterliegen einem gemeinsamen Abbauprinzip. Zunächst erfolgt ihre Transaminierung zu D-Ketosäuren, die dann oxidativ zu CoA-Verbindungen mittels eines α-Ketosäuredehydrogenase-Komplexes oxidativ decarboxyliert werden. Diese CoA-Verbindungen werden über Fettsäure-ähnliche Abbaumechanismen zu Succinyl-CoA (Valin, glucogen), AcetylCoA und Propionyl-CoA, welches in Succinyl-CoA umgewandelt wird (Isoleucin, glucogen und ketogen) und Acetyl-CoA und Acetoacetat (Leucin, ketogen) abgebaut. Lysin
Für Lysin gibt es verschiedene Abbauwege. Letztendlich bildet Lysin Acetoacetyl-CoA bzw. Malonyl- und Acetyl-CoA. In seinen Abbau sind Flavoproteine, PALP und Thiamindiphosphat einbezogen. Es ist eine ketogene Aminosäure. Phenylalanin, Tyrosin
Der Abbau des Phenylalanins verläuft über Tyrosin. Die Hydroxylierung des Phenylalanins zu Tyrosin (p-Hydroxyphenylalanin) durch die Phenylalanin-Hydroxylase benötigt Tetrahydrobiopterin als H-Donator für die Monooxygenase. Für die Bereitstellung des hydrierten Biopterins wird NADPH2 gebraucht. Die Regenerierung
41 3.5 · Protein- und Aminosäureabbau
des dehydrierten Dihydrobiopterins durch eine Reduktase erfordert NADH2. Tyrosin wird zu p-Hydroxyphenylpyruvat transaminiert (Tyrosinaminotransferase). Dieses wird durch eine Hydroxylase mit Vitamin C in Homogentisinsäure überführt. Homogentisinat wird durch eine Dioxygenase oxidativ gespalten. Es entsteht Maleylacetoacetat. Eine cis,trans-Isomerase lagert diese Verbindung in Fumarylacetoacetat um. Fumarylacetoacetat wird hydrolytisch in Fumarat und Acetoacetat gespalten. Damit sind Phenylalanin und Tyrosin gluco- und ketogen. Aus Tyrosin kann über eine weitere Hydroxylierung, die mit den gleichen Coenzymen abläuft wie die Hydroxylierung des Phenylalanins, Dihydroxyphenylalanin (DOPA) entstehen. DOPA ist die Ausgangssubstanz für die Bildung der Katecholamine und der Melanine (Pigmente der Haut und Haare). Weiterhin werden die Schilddrüsenhormone Thyroxin und Triiodthyronin aus Tyrosin gebildet. KLINIK Genetische Defekte bei der Hydroxylierung des Phenylalanins führen zur häufigsten angeborenen Stoffwechselstörung im Metabolismus der Aminosäuren – der Phenylketonurie oder Fölling-Krankheit. Phenylalanin wird nun ausschließlich über Transaminierung zu Phenylpyruvat umgewandelt. Aus der Verbindung entstehen Phenyllactat, Phenylacetat bzw. Phenylacetylglutamin, die im Harn ausgeschieden werden. Diese Stoffwechselmetabolite sind in den gebildeten Konzentrationen toxisch für das Hirn und lösen die Entwicklung einer Demenz aus. Die betroffenen Individuen sind zudem Albinos, weil die Bildung von Haut- und Haarpigmenten (Melaninen) nicht möglich ist. Die symptomatische Therapie besteht in einer Begrenzung des Phenylalanins in der Nahrung und Substitution von Tyrosin, welches durch diesen Gendefekt zu einer essenziellen Aminosäure geworden ist. Dadurch lässt sich diese genetische Erkrankung beherrschen. Die Erkrankungshäufigkeit beträgt 1:10000 Neugeborener. Jeder 50. Mitteleuropäer ist heterozygoter Merkmalsträger.
Prüfungsfallstricke Der Gendefekt bei der Phenylketonurie betrifft die Phenylalaninhydroxylase, nicht die Tyrosinhydroxylase.
3
Tryptophan
Durch die Tryptophandioxygenase (ein Häm-Enzym) wird der Pyrrolring des Indols im Tryptophan oxidativ gespalten. Das gebildete Formylkynurenin wird über Kynurenin in Hydroxykynurenin überführt. In einer PALP-abhängigen Reaktion entsteht unter Abspaltung von Alanin die Hydroxyanthranilsäure. Diese wird durch eine Dioxygenase zu einem Dialdehyd mit einer Amino- und Carboxylgruppe gespalten (Acroleyl-Eaminofumarsäure). Aus dieser Verbindung entsteht über Zwischenstufen die D-Ketoadipinsäure, die ähnlich wie beim Lysinabbau zu Acetoacetyl-CoA umgewandelt wird. Dadurch ist Tryptophan gluco- und ketogen. Vom Acroleyl-E-fumarat geht unter Wasserabspaltung ein Ringschluss vonstatten, der zur Ausbildung von Chinolinsäure führt. Dieses Pyridin-Derivat wird unter Decarboxylierung auf Phosphoribosylpyrophosphat (PRPP) (Nucleotidsynthesen, 7 Kap. 5.1.1) übertragen und es entsteht Nicotinsäuremononucleotid, der monomere Bestandteil des NAD. Die Nicotinsäure wird unter Nutzung der Säureamid-Gruppe des Glutamins zu Nicotinsäureamid amidiert. Nicotinsäure bzw. ihr Amid ist der Vitaminbestandteil der Pyridinnucleotide NAD+ bzw. NADP+. Die Synthesekapazität für Nicotinsäure aus Tryptophan ist zu gering, um den Bedarf zu decken. Jedoch reduziert eine genügende Zufuhr an Nicotinsäure die Umsetzung von Tryptophan in diesem Stoffwechselweg. Die Beutung von Pyridoxalphosphat im Aminosäurestoffwechsel
PALP spielt bei vielen Reaktionen des Aminosäurestoffwechsels eine wichtige Rolle. Es ist Coenzym 4 der Aminotransferasen, 4 der Aminosäuredehydratasen und Desulfhydrase (eliminierende nichtoxidative Desaminierung), 4 der Aminosäuredecarboxylasen, 4 der Aminosäurelyasen (Threonin-, Homocystein-, Tryptophanabbau), 4 bei der Kondensation von Homocystein mit Serin, 4 bei der Spaltung von Cystathionin in Homoserin und Cystein, 4 bei der Abspaltung der Hydroxymethylgruppe aus Serin bzw. der Übertragung dieser Gruppe auf Glycin, 4 bei der Kondensation von Glycin mit Succinyl-CoA bei der Bildung von G-Aminolaevulinat und 4 bei der Kondensation von Palmitoyl-CoA mit Serin in der Sphingosinbiosynthese. Dabei reagiert die Aminogruppe der Aminosäure mit der Carbonylgruppe des Pyridoxalphosphats unter Aus-
42
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
bildung eines Aldimins (Schiff ’sche Base). Das Enzym bestimmt die Spezifität der Reaktion. Merke Nichtessenzielle Aminosäuren sind glucogen. Histidin, Threonin und Valin als essenzielle Aminosäuren sind ebenfalls glucogen. Ausschließlich ketogen sind die Aminosäuren Leucin und Lysin. Ketogen und glucogen sind die essenziellen Aminosäuren Isoleucin, Phenylalanin und Tryptophan sowie das nichtessenzielle Tyrosin.
3
3.5.4 Wege des Stickstoffs Ammoniak wird durch oxidative und nichtoxidative Desaminierungen von Aminosäuren sowie durch Desaminierung von Adenosin/Adenin in der Muskulatur freigesetzt und ist besonders toxisch für das zentrale Nervensystem. Seine Entgiftung ist deshalb von großer Bedeutung. Glutamatdehydrogenase Die Glutamatdehydrogenase-Reaktion kann bei Verfügbarkeit von NADH2/NADPH2 zur Bindung von NH3 an D-Ketoglutarat genutzt werden. Sie spielt im Hirn eine wichtige Rolle. Glutaminsynthese und Abbau Die Glutaminsynthese spielt in extrahepatischen Geweben die entscheidende Rolle zur Ammoniak-Fixierung:
In der Leber stellt die Glutaminase NH3 für die Harnstoffsynthese bereit. Der Harnstoffzyklus Ammoniak wird in 5 Reaktionsschritten im Harnstoffzyklus umgesetzt (. Tab. 3.14). Die Harnstoffsynthese ist der wichtigste Mechanismus zur Ammoniakentgiftung. Sie läuft ausschließlich in der Leber ab. Die Menge des über die Niere ausgeschiedenen Harnstoffs ist ein Maß für den Proteinbzw. Aminosäureabbau. In Abhängigkeit von der mit der Nahrung aufgenommenen Proteinmenge kann sie 20–30 g/Tag betragen. Prüfungsfallstricke Das Leberversagen ist neben den seltenen genetisch bedingten Enzymdefekten im Harnstoffzyklus die Ursache für eine Hyperammoniämie, die zum Koma führt. Die molekularen Ursachen für die Ammoniaktoxizität im Gehirn sind noch nicht eindeutig geklärt. Die NH3-Entgiftung durch die Glutamatdehydrogenase führt zu einer Verarmung des Citratzyklus an D-Ketoglutarat und zu einer verminderten ATP-Synthese. Die Glutaminsynthetase verbraucht ATP. Beide Enzymaktivitäten sind im Gehirn hoch. Glutamat und D-Aminobutyrat sind Neurotransmitter. Eine überschießende Bildung könnte pathogenetische Bedeutung haben. Ist die Ausscheidungsfunktion beider Nieren beeinträchtigt, kommt es zu einem Anstieg harnpflichtiger Substanzen, zu denen Harnstoff gehört, im Blut. Ein Nierenversagen führt zur Urämie.
Glutamat+NH3+ATPoGlutamin+ADP+Pa. Die Reaktion wird durch die Glutaminsynthetase katalysiert. Glutamin wird in der Niere durch die Glutaminase hydrolytisch in Glutamat und NH3 gespalten. Ammoniak wird als NH4+-Ion mit dem Harn eliminiert. Die Ausscheidung von Ammonium-Ionen spielt bei der Regulation einer Azidose eine wichtige Rolle.
Die Harnstoffsynthese beginnt in den Mitochondrien mit der Bildung von Carbamoylphosphat durch die Carbamoylphosphatsynthetase I unter Verbrauch von 2 ATP. Das Enzym muss durch N-Acetylglutamat aktiviert werden. N-Acetylglutamat entsteht durch Umsetzung von Glutamat mit Acetyl-CoA. Carbamoylphosphat reagiert – katalysiert durch die Transcarbamoylase – mit Ornithin zu Citrullin, welches
. Tab. 3.14. Harnstoffzyklus
Schritt
Reaktion
Enzym
1
NH4++HCO3-+2 ATPoCarbamoylphosphat
Carbamoylphposphatsynthetase I
2
Carbamoylphosphat+OrnithinoCitrullin
Ornithintranscarbamoylase
3
Citrullin+Apartat+ATPoArgininosuccinat+AMP+2 Pa
Argininosuccinatsynthetase
4
ArgininosuccinatoArginin+Fumarat
Argininosuccinatlyase
5
Arginin+H2OoHarnstoff+Ornithin
Arginase
43 3.5 · Protein- und Aminosäureabbau
3
. Abb. 3.8. Der Harnstoffzyklus und seine Beziehungen zum Citratzyklus (aus Löffler 2005)
im Austausch mit Ornithin das Mitochondrium verlässt. Die weiteren Prozesse spielen sich im Zytoplasma der Hepatozyten ab. In einer ATP-verbrauchenden Reaktion lagert sich Aspartat an Citrullin unter Bildung von Argininosuccinat an (Argininosuccinatsynthetase). Argininosuccinat wird nichthydrolytisch durch eine Lyase in Fumarat und Arginin gespalten. Fumarat wird zu Malat hydratisiert, zu Oxalacetat dehydriert (Citratzyklus) und durch Transaminierung in Aspartat überführt, welches wieder Eingang in den Harnstoffzyklus finden kann. Die Arginase spaltet Arginin hydrolytisch in Harnstoff und Ornithin, welches im Austausch mit Citrullin wieder in die Mitochondrien aufgenommen wird (. Abb. 3.8).
Pro Mol Harnstoff werden 3 ATP, aber 4 energiereiche Säureanhydrid-Bindungen benötigt. Durch die Dehydrierung des Malats zu Oxalacetat können 2,5 ATP zurückgewonnen werden. KLINIK Urease spaltet Harnstoff hydrolytisch in 2 NH3 und CO2. Das Enzym kommt in vielen Organismen vor, jedoch nicht in menschlichen Zellen. Helicobacter pylori, ein Bakterium, welches in der Magenschleimhaut zu chronischen Entzündungen, Ulzera und zu Krebs führt, produziert Urease. Über den gebildeten Ammoniak nach einem harnstoffhaltigen Testtrunk ist eine Diagnostik über die Atemluft möglich. 6
44
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
Mikroorganismen im Darm bauen ebenfalls Harnstoff ab. Die gebildeten Mengen an NH3 können problematisch werden, wenn Leberfunktionsstörungen vorliegen.
3
zymsystem ist bei chronischem Alkoholgenuss induzierbar und beschleunigt den Alkoholabbau. In den Peroxisomen ist eine Oxidation des Ethanols und Acetaldehyds ebenfalls möglich. Acetaldehyd setzt sich mit Proteinen unter Bildung von Aldiminen nichtenzymatisch um. Diese Reaktion kann Ursache für weitere Schädigungen sein.
Die Arginase ist ein Schlüsselenzym der Harnstoffsynthese. Ihre Aktivität ist bei einer proteinreichen Kost erhöht und bei Leberkarzinomen erniedrigt. Bei längerem Hungern wird vermehrt Muskeleiweiß für die Gluconeogenese abgebaut. Dabei kommt es ebenfalls zu einer erhöhten Aktivität des Harnstoffzyklus.
Merke 50 g Ethanol sind etwa zu 90 g Protein energieäquivalent. 1 g Ethanol liefert die Energie von 30 kJ/g (7,1 kcal/g).
Prüfungsfallstricke Aus Arginin kann auch extrahepatisch Harnstoff gebildet werden, da die Arginase in verschiedenen Geweben auftritt, z. B. in der Niere.
Ein Mann baut 7 g Ethanol pro Stunde ab. Bei Frauen liegt die Kapazität niedriger. KLINIK Die häufigste Ursache für eine Leberzellschädigung ist der Alkoholismus. Zunächst kommt es zur Ausbildung einer Fettleber. Später entsteht eine Leberzirrhose, an deren Ausbildung der Acetaldehyd und die bei der Ethanol- und Acetaldehyd-Oxidation aus H2O2 entstehenden reaktiven Sauerstoffspecies beteiligt sind.
Merke Warum liegen Alanin und Glutamin im Blut in viel höheren Konzentrationen vor als andere Aminosäuren? Beide Aminosäuren werden auch in der Muskulatur gebildet und zur Leber transportiert. Alanin entsteht durch Transaminierung des aus der Glycolyse stammenden Pyruvats. Glutamin dient der Ammoniak-Fixierung des aus der Desaminierung von Adenosin zu Inosin stammenden NH3. Alanin wird in der Leber zu Glucose umgewandelt und diese wieder zur Muskulatur befördert (AlaninGlucose-Zyklus; Analogie zum Lactat-Glucose-Zyklus). Glutamin wird durch die Leber-Glutaminase zu Glutamat und NH3 gespalten, welches im Harnstoffzyklus entgiftet wird. Durch diese Mechanismen wird gewährleistet, dass nicht muskelspezifische Stoffwechselprozesse, die nicht der Energiegewinnung und -verwertung dienen, an die Leber delegiert werden.
3.6
Ethanolabbau
Alkohol wird in der Leber durch die Alkoholdehydrogenase umgesetzt, die aus Ethanol Acetaldehyd bildet. Das anfallende NADH2 stimuliert die Fettsäure- und Neutralfettsynthese über eine vermehrte Bildung von D-Glycerolphosphat. Bei chronischem Alkoholkonsum kommt es dadurch zur Entstehung der Fettleber. Acetaldehyd liefert durch Aldehyddehydrogenasen zudem Essigsäure. Bei höheren Alkoholkonzentrationen wird auch ein Teil durch das Cytochrom P450 abgebaut. Dieses En-
3.7
Pyruvatdehydrogenase, Citratzyklus
Der Citratzyklus ist die Endabbaustrecke der Kohlenhydrate, Fettsäuren und Proteine zum Energiegewinn. Er stellt weiterhin Substrate für Synthesen zur Verfügung und hat demzufolge anabole und katabole Funktionen, die als amphibol zusammengefasst werden. Im Citratzyklus, der im Matrixraum des Mitochondriums lokalisiert ist, wird Acetyl-CoA zu CO2 und H2O abgebaut. Die durch die Oxidation freigesetzte Energie wird in NADH2 und FADH2 konserviert, die dann in der Atmungskette oxidiert werden. 3.7.1 Die oxidative Decarboxylierung
des Pyruvats durch die Pyruvatdehydrogenase Pyruvat (CH3–CO–COO–) entsteht beim Abbau der Glucose und von Aminosäuren. Seine oxidative Umwandlung in Acetyl-CoA (CH3CO–S–CoA) wird durch den Multienzymkomplex Pyruvatdehydrogenase bewerkstelligt (. Tab. 3.15). Der Enzymkomplex besteht
45 3.7 · Pyruvatdehydrogenase, Citratzyklus
3
. Tab. 3.15. Schritte der Pyruvatdecarboxylierung
Schritt
Reaktion
Enzym/Coenzym
1
Decarboxylierung von Pyruvat zu Acetaldehyd und Bindung an TDP als Hydroxyethyl-TDP
Pyruvat-Decarboxylase/Thiamindiphosphat (TDP)
2
Übertragung des Acetaldehyds auf oxidierte Liponsäure unter Bildung eines Acetyl-Lipoats, wobei die Liponsäure reduziert wird
Liponsäure
3
Übertragung des Acetylrests auf Coenzym A
Transacetylase/Coenzym A
4
Reoxidation der reduzierten Liponsäure
Lipoamiddehydrogenase/FAD, NAD+
aus 3 Enzymspecies, die in unterschiedlicher Menge vorhanden und im Matrixraum des Mitochondriums lokalisiert sind. Die Bilanzgleichung ergibt:
säuredehydrogenase-Komplexen, wie z. B. Pyruvatdehydrogenase) decarboxyliert. Dabei entstehen um ein C-Atom verkürzte (Abspaltung der Carboxylgruppe) CoA-aktivierte Carbonsäuren und NADH2.
Pyruvat+NAD++CoA-SHo Acetyl-CoA+CO2+NADH2. Die Oxidation des NADH2 in der Atmungskette liefert maximal 2,5 ATP. Thiamindiphosphat ist ein Derivat des Vitamins B1. Liponsäure ist eine Dithiooctansäure, deren 2 SH-Gruppen im oxidierten Zustand ein Disulfid bilden. Bei der Bindung eines Aldehyds wird die oxidierte Liponsäure reduziert und der Aldehyd zur Carbonsäure oxidiert. Die erhaltene Thioesterbindung ist energiereich, sodass die Übertragung des Acetylrests auf CoA keine Energiezufuhr erfordert. Merke α-Ketocarbonsäuren wie Pyruvat werden oxidativ (dehydrierend) in Multienzymkomplexen (D-Keto6
3.7.2 Die Verstoffwechslung der aktivier-
ten Essigsäure im Citratzyklus Umsatz des Acetyl-CoA sowie Reaktionen im Citratzyklus stellen die . Abbildung 3.9 und die . Tabelle 3.16 dar. Die Bilanzgleichung des Umsatzes von Acetyl-CoA lautet: Acetyl-CoA+2 H2Oo2 CO2+4 H2O+CoA. Bei der Umwandlung des energiereichen CoA-Esters Succinyl-CoA in Succinat wird die bei der Spaltung frei werdende Energie zur Bildung von GTP genutzt: GDP+PaoGTP+H2O.
. Tab. 3.16. Der Umsatz des Acetyl-CoA
Schritt
Reaktion
Enzym/Coenzym
1
Kondensation von Acetyl-CoA mit Oxalacetat zu Citroyl-CoA, hydrolytische Spaltung zu Citrat und CoA
Citratsynthase
2
Umlagerung von Citrat in Isocitrat über Aconitat
Aconitase
3
Dehydrierung und Decarboxylierung von Isocitrat zu D-Ketoglutarat
Isocitratdehydrogenase, NAD+
4
Oxidative Decarboxylierung von D-Ketoglutarat zu Succinyl-CoA
D-Ketoglutaratdehydrogenase/TDP, Liponsäure, CoA, FAD, NAD+
5
Umwandlung von Succinyl-CoA in in Succinat mit Bildung von GTP
Succinat-CoA-Synthetase/GDP
6
Dehydrierung von Succinat zu Fumarat
Succinatdehydrogenase/FAD
7
Wasseranlagerung an Fumarat zu Malat
Fumarathydratase
8
Dehydrierung von Malat zu Oxalacetat
Malatdehydrogenase/NAD+
46
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
. Abb. 3.9. Die Reaktionen im Citratzyklus
3
Da die Bildung einer energiereichen Verbindung unter Umgehung der oxidativen Phosphorylierung auf dem Substratniveau erfolgt, bezeichnet man diese Form der Energiegewinnung als Substratkettenposphorylierung im Gegensatz zur Atmungskettenphosphorylierung. Sie ist nicht entkoppelbar. GTP kann seine terminale Phosphatgruppe auf ADP unter Bildung von ATP übertragen.
Die Energieausbeute beim oxidativen Abbau der Essigsäure im Citratzyklus ergibt sich aus 4 Dehydrierungsreaktionen und einer Substratkettenphosphorylierung. Von den 4 Dehydrierungsreaktionen sind 4 drei mit NAD+=7,5 ATP und 4 eine mit FAD=1,5 ATP. Das sind 9 ATP aus der oxidativen Phosphorylierung.
47 3.7 · Pyruvatdehydrogenase, Citratzyklus
Mit der Substratkettenphosphorylierung ergibt sich eine Gesamtbilanz von 10 ATP beim Abbau von Acetyl-CoA im Citratzyklus. Geht man vom Pyruvat aus, werden 12,5 ATP gebildet. Prüfungsfallstricke Die Hauptmenge des durch die Lunge abgeatmeten CO2 wird in der Pyruvatdehydrogenasereaktion und im Citratzyklus gebildet.
3.7.3 Auffüllungsreaktionen
(anaplerotische Reaktionen) Da Zwischenprodukte für Biosynthesen aus dem Citratzyklus entnommen werden, müssen dem Zyklus, damit er nicht zum Erliegen kommt, auch Produkte aus anderen Stoffwechselprozessen zugeführt werden (. Tab. 3.17). Die wichtigste Reaktion ist die Pyruvat-Carboxylase-Reaktion. Zunächst wird ATP-abhängig CO2 an das Coenzym Biotin gebunden, ehe die Übertragung auf Pyruvat erfolgt. Die Pyruvatcarboxylase wird allosterisch durch Acetyl-CoA aktiviert. Biotin ist ein Vitamin (Vitamin H). Die PEP-Carboxykinase-Reaktion ist reversibel und kann unter GTP-Verbrauch und Decarboxylierung aus Oxalacetat Phosphoenolpyruvat liefern (Gluconeogenese). Die PEP-Carboxykinase-Genexpression wird durch cAMP gesteigert. Merke Zu den anabolen Funktionen des Citratzyklus gehört nicht die Bildung von Oxalacetat. Diese läuft außerhalb des Zyklus ab. Oxalacetat besitzt keinen Carrier in der inneren Mitochondrienmembran und wird deshalb als Malat, Aspartat oder Citrat geschleust.
3
3.7.4 Regulationen im Citratzyklus Die Produktion von Acetyl-CoA wird durch den Pyruvatdehydrogenase-Komplex allosterisch und durch kovalente Modifikation reguliert. 4 Allosterische Hemmer sind: ATP, Acetyl-CoA, Acyl-CoA und NADH2. 4 Allosterische Aktivatoren sind: AMP, CoA und NAD+. Somit wird die Enzymaktivität abgeschaltet, wenn der Quotient ATP/ADP+Pa und der Quotient NADH2/NAD und damit die Energieladung hoch sind und reichlich »Brennstoff« in Form von Acetyl-CoA und Fettsäuren zur Verfügung steht. Die kovalente Modifikation besteht in einer reversiblen Phosphorylierung der Decarboxylase. Durch Phosphorylierung wird das Enzym gehemmt. Die phosphorylierende Kinase ist Bestandteil des Multienzymkomplexes und nicht cAMP-abhängig. Sie wird durch Erhöhung des Verhältnisses NADH2/NAD+, Acetyl-CoA/CoA oder ATP/ADP aktiviert. Prüfungsfallstricke Die Hemmung der Pyruvatdehydrogenase durch Phosphorylierung ist nicht cAMP-abhängig.
Drei Enzyme im Citratzyklus werden durch Produktenhemmung und allosterische Mechanismen reguliert. 4 NADH2 hemmt die Isocitrat- und die D-Ketoglutaratdehydrogenase, 4 Succinyl-CoA hemmt die D-Ketoglutaratdehydrogenase und die Citratsynthase, 4 Citrat hemmt die Citratsynthase, 4 ATP hemmt die Citratsynthase und Isocitratdehydrogenase und 4 ADP ist ein allosterischer Aktivator der Citratsynthase und Isocitratdehydrogenase.
. Tab. 3.17. Auffüllungsreaktionen des Citratzyklus
Reaktion
Enzym/Coenzym
Pyruvat+CO2+ATPoOxalacetat+ADP+Pa
Pyruvat-Carboxylase/Biotin
Phosphoenolypyruvat+CO2+GDPoOxalacetat+GTP
PEP-Carboxykinase
AspartatoOxalacetat
Aminotransferase/PALP
GlutamatoD-Ketoglutarat
Aminotransferase/PALP; Glutamatdehydrogenase/NAD+, NADP+
48
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
Prüfungsfallstricke Die Geschwindigkeiten der Glycolyse und des Citratzyklus sind so aufeinander abgestimmt, dass nur soviel Glucose zu Pyruvat umgesetzt wird, wie für den Umsatz von Acetyl-CoA im Citratzyklus erforderlich und möglich ist.
3
Merke Der Citratzyklus ist die Endabbaustrecke für Kohlenhydrate, Lipide und Eiweiße (Aminosäuren) zum Zweck der Energiegewinnung. In ihm wird AcetylCoA oxidativ zu CO2 und H2O abgebaut. Metabolite des Citratzyklus dienen Synthesen. Er ist deshalb ein amphiboler Stoffwechselweg. Vier Dehydrierungsreaktionen und eine Substratkettenphosphorylierung liefern 10 ATP/Acetyl-CoA. Die Pyruvatdehydrogenase-Reaktion und die Reaktionen im Citratzyklus sind durch isosterische und allosterische Regulationsmechanismen aufeinander abgestimmt. Die PyruvatcarboxylaseReaktion ist die wichtigste anaplerotische Reaktion für den Citratzyklus.
3.8
Atmungskette und oxidative Phosphorylierung
Die wichtigste Energiequelle des aeroben Stoffwechsels ist die Oxidation des Wasserstoffs zu Wasser: H2+½O2oH2O; 'G=-235 kJ/mol. Dies bedeutet die Übertragung von Elektronen von Donatoren mit einem niedrigen Redox-Potenzial auf Sauerstoff mit höherem Redox-Potenzial. Dieser Prozess läuft in der inneren Mitochondrienmembran ab (Atmungskette). Die frei werdende Energie wird als chemische Energie in Form von ATP gespeichert (oxidative Phosphorylierung). Die biologische Oxidation vollzieht sich in der inneren Mitochondrienmembran mittels großer multifunktioneller Komplexe, die Elektronen transportieren. In den inneren Mitochondrienmembranen geben H-Atome, die durch NAD- und FAD-abhängige Dehydrogenasen von Substraten abgespalten werden, über Elektronentransferkomplexe ihre Elektronen auf Sauerstoff unter Bildung von H2O ab. Der Elektronentransfer wird durch Protonenbewegungen von der Matrix in den intermembranalen Raum begleitet. Die Erzeugung eines elektrochemischen
Gradienten über der inneren Mitochondrienmembran, die protonenmotorische Kraft (chemiosmotisches Potenzial), liefert die Energie zur ATP-Synthese. 3.8.1 Aufbau Komponenten der Atmungskette Der Wasserstoff wird dehydrierbaren Substraten entzogen. Dabei werden folgende Verbindungen/Substanzgruppen ineinander überführt: 4 gesättigte Verbindungen in ungesättigte Verbindungen, 4 Alkohole in Carbonyle, 4 Aldehyde in Carbonsäuren, 4 Amine in Imine. Die dehydrierenden Enzyme werden Dehydrogenasen genannt. Man unterscheidet 2 Gruppen von Dehydrogenasen: 4 Dehydrogenasen mit Pyridinnucleotiden (NAD+, NADP+) als Coenzymen, 4 Dehydrogenasen mit Flavinnucleotiden (FMN, FAD) als Coenzymen. Nicotinsäureamid ist E-N-glycosidisch an Ribose gebunden. Ribose ist mit Phosphorsäure verestert. Über eine Säureanhydridbindung wird dieses Nucleotid an AMP gebunden. Durch Phosphorylierung am C’2 der Ribose im AMP entsteht NADP. Nicotinsäureamid-Adenin-Dinucleotid (NAD+) hat die in . Abbildung 3.10 dargestellte Molekülstruktur. Merke NAD+ ist nicht nur Coenzym von Dehydrierungsreaktionen, sondern auch Cofaktor bei der ADPRibosylierung von Proteinen (z. B. Histonen). Nach Abspaltung des Nicotinamids wird der verbleibende ADP-Riboserest auf das Protein übertragen. Auch eine Poly-ADP-Ribosylierung ist möglich.
Nicotinsäureamid
Adenin
Ribose
Ribose
Phosphat
Phosphat
. Abb. 3.10. Schema der Struktur des NicotinsäureamidAdenin-Dinucleotid (NAD+)
49 3.8 · Atmungskette und oxidative Phosphorylierung
Isoalloxacin-Ring
3
Adenin
Ribitol
Ribose
Phosphat
Phosphat
. Abb. 3.11. Schema der Struktur des Flavin-Adenin-Dinucleotid (FAD)
Flavin-Adenin-Dinucleotid (FAD) hat die in . Abbildung 3.11 dargestellte Molekülstruktur. Flavin-Mononucleotid (FMN) besteht nur aus dem Isoalloxacin-Ring, Ribitol und Phosphat. Nicotinsäureamid sowie Riboflavin (Alloxacin+ Ribitol) sind Vitamine. Der Wasserstoff wird als Hydrid-Ion (:H–) an den kationischen Pyridinring gebunden. Das zweite dem Substrat entzogene H-Atom wird als H+ frei. S–H2+NAD+oS+NADH+H+ (einfacher, aber ungenau NADH2). Bei der Dehydrierung mit Flavinenzymen werden beide Wasserstoffatome mit ihrem Einzelelektron auf den Isoalloxacin-Ring übertragen. S–H2+FADoS+FADH2. Die Oxidation der reduzierten Coenzyme in der Atmungskette ist stark exergon: NADH2+½O2oNAD++H2O; 'G=–218 kJ/mol, FADH2+½O2oFAD+H2O; 'G=–141 kJ/mol (!). Bei den eisenhaltigen Elektronentransferproteinen, den Eisen-Schwefel-Proteinen, ist Fe nicht an Häm gebunden, sondern an anorganische Schwefelatome und an die SH-Gruppe von Cysteinen der Proteine. In Eukaryonten enthalten die Fe-S-Proteine komplexe Strukturen mit 2 oder 4 Fe-Atomen. Sie sind aufgrund ihrer meist niedrigen Standardreduktionspotenziale gute Elektronendonatoren. Anorganischer Schwefel und Eisen werden durch Säuren aus diesen Proteinen freigesetzt. Ubichinon (Coenzym Q) fungiert als Elektronenüberträger zwischen NADH2 bzw. FADH2 und den Cytochromen. Es enthält in seiner Seitenkette bis zu 10 Isopren-Einheiten und kann demzufolge frei in der inneren Mitochondrienmembran diffundieren. Cytochrome: Die mitochondrialen Cytochrome dienen dem Elektronentransport in der Atmungskette. Sie enthalten als prosthetische Gruppe das Häm mit
. Abb. 3.12a, b. Strukturen des Häm von Cytochrom c (a) und Cytochromoxidase (b) (aus Löffler 2005)
Eisen als Zentralatom des Protoporphyrins (Hämoglobin, 7 Kap. 11). Die Komponenten der Atmungskette sind: 4 Cytochrom c: Die Hämgruppe ist über 2 Thioetherbindungen zwischen den Vinylresten und den SH-Gruppen zweier Cysteine kovalent an das Enzymprotein gebunden. Es ist an der Außenseite der inneren Mitochondrienmembran über elektostatische Bindungen als peripheres Membranprotein assoziiert. Die Cytochrome a und b sind integrale Membranproteine (. Abb. 3.12a, b). Cytochrom b enthält die klassische Hämgruppe. Cytochrom a/a3 enthält am C8 des Porphyrinrings eine isoprenoide Seitenkette von 17 C-Atomen, die die prosthetische Gruppe in einem hydrophoben Bereich des Enzymproteins bindet. Kleinste Einheit ist ein
50
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
. Tab. 3.18. Funktionelle Komplexe der Atmungskette
3
Nummer
Bezeichnung
Coenzyme/Cofaktoren
ProtonenTransfer H+/e-
I
NADH-Ubichinon-Reduktase
FMN, Fe-S-Proteine
2
II
Succinat-Ubichinon-Reduktase (Succinatdehydrogenase)
FAD, Fe-S-Proteine Cytochrom b560
0
III
Ubichinol-Cytochrom C-Reduktase
Cytochrom b, Cytochrom c1, Fe-S-Protein
2
IV
Cytochrom C-Oxidase
Cytochrom a/a3
1
Hämo-Lipo-Cupro-Protein von 200 kDa, welches die Cytochrome a und a3 so wie 2 Cu-Atome enthält. Die a3-Komponente überträgt Elektronen auf Sauerstoff und reagiert mit CN-, CO, H2S und Aziden.
Die NADH-Ubichinon-Reduktase (Oxidoreduktase) katalysiert die Reaktion:
Multienzymkomplexe der Atmungskette Der Elektronentransport von den reduzierten Coenzymen auf den Sauerstoff ist in 4 Multienzymkomplexen in der inneren Mitochondrienmembran organisiert (. Tab. 3.18). Lediglich der Komplex I benötigt keine Cytochrome zum Elektronentransfer.
Die Ubichinol-Cytochrom c-Reduktase (Oxidoreduktase) katalysiert die Reaktion:
3.8.2 Arbeitsweise Der Elektronentransport vom NADH2 zum Sauerstoff läuft über die Komplexe I, III und IV ab (. Abb. 3.13).
NADH2+UbichinonoNAD++Ubichinol.
Ubichinol+2 oxidierte Cytochrom c (Fe(III)) o Ubichinon+2 reduzierte Cytochrom c (Fe(II)). Die Cytochrom c-Oxidase katalysiert die Reaktion: 2 reduzierte Cytochrom c (Fe(II))+½O2+2 H+o 2 oxidierte Cytochrom c Fe(III)+H2O. Der Elektronentransport vom Succinat zum Sauerstoff wird über die Komplexe II, III und IV vermittelt. Die Succinat-Ubichinon-Reduktase (Oxidoreduktase) katalysiert die Reaktion: Succinat+UbichinonoFumarat+Ubichinol. Der weitere Elektronentransfer erfolgt durch die Komplexe III und IV. Formal ist die Elektronenübertragung von den reduzierten Coenzymen NADH2 und FADH2 zum Ubichinon unter Bildung eines Hydrochinons mit einem Wasserstofftransfer gekoppelt. Danach erfolgt über die Cytochrome eine reine Elektronenübertragung. Merke Die Komplexe I und II sind in der inneren Mitochondrienmembran zum Matrixraum orientiert, sodass sie die Reduktionsäquivalente aus dem im Matrixraum befindlichen Citratzyklus übernehmen können.
. Abb. 3.13. Elektronentransport in der Atemkette über die Komplexe I, III und IV (aus Löffler 2005)
Im Zytosol gebildetes NADH2, für welches die innere Mitochondrienmembran undurchlässig ist, kann in die
51 3.8 · Atmungskette und oxidative Phosphorylierung
Atmungskette über folgende Mechanismen eingebracht werden: 4 den Glycerolphosphatzyklus und 4 den Malatzyklus. Glycerolphosphatzyklus
Dihydroxyacetonphosphat wird im Zytoplasma durch die NADH2-abhängige Glycerolphosphatdehydrogenase zu Glycerol-3-Phosphat reduziert und an der inneren Mitochondrienmembran durch eine FAD-abhängige Glycerolphophatdehydrogenase wieder zum Keton dehydriert. FADH2 wird über einen dem Komplex II ähnlichen Vorgang in die Atmungskette eingeschleust. Der Glycerolphosphat-Shuttle spielt vorrangig in der Muskulatur und im Gehirn eine Rolle. Malatzyklus
Oxalacetat wird im Zytoplasma mittels NADH2 durch die zytoplasmatische Malatdehydrogenase zu Malat hydriert, dies in das Mitochondrieninnere geschleust und dort wieder mittels der mitochondrialen Malatdehydrogenase dehydriert. Das gebildete NADH2 gelangt in den Komplex I. Oxalacetat wird als Malat oder Aspartat durch die innere Mitochondrienmembran befördert (s. o.). Dieser Zyklus hat eine ubiquitäre Bedeutung im oxidativen Zellstoffwechsel. Bei der E-Oxidation von Fettsäuren im Matrixraum ist der erste Schritt eine FAD-abhängige Dehydrierung. Mittels eines Elektronen transportierenden Flavoproteins gelangen die Reduktionsäquivalente über einen Komplex II-ähnlichen Mechanismus in die Atmungskette. Der Elektronentransfer zwischen den Komplexen I, III und IV bewirkt eine Translokation von Protonen vom intramitochondrialen Matrixraum, einem Bereich mit niedriger H+-Konzentration und negativem elektrischen Potenzial in den intramembranalen Spalt, einen Bereich mit hoher H+-Konzentration und positivem elektrischen Potenzial. Diese Protonenbewegung bewirkt, dass der Matrixraum alkalischer wird als der intermembranale Raum. Daraus resultiert eine chemische und elektrische Potenzialdifferenz, die Arbeit leisten kann: 'G=–RT (pHinnen–pHaußen)+2 F') (F= Faraday-Konstante; ')= Membranpotenzial). Prüfungsfallstricke Die Succinat-Ubichinon-Reduktase (Komplex II) ist keine Protonenpumpe.
Der Protonengradient wird durch die F1/F0-ATPase (Komplex V) zur ATP-Synthese genutzt (F0= »o« für
3
Oligomycin, da die F0-Komponente durch Oligomycin gehemmt wird). Der Komplex V ist eine protonengetriebene ATPSynthase. Der F0-Teil ist in die innere Mitochondrienmembran integriert und stellt einen Protonenkanal dar, über den Protonen vom intramembranalen Spalt in den Matrixraum zurückgeführt werden. Im F1-Anteil findet die ATP-Synthese aus ADP und anorganischem Phosphat unter Nutzung der Energie des Protonengradienten statt: ADP+PaoATP+H2O. F0 besteht aus einem Ring von 10 c-Untereinheiten und einer assoziierten D1-Polypeptidkette. F1 besteht aus einem kugelförmigen Hexamer der Zusammensetzung DE, welches in den Matrixraum ragt und über einen Stil aus J-G-und H-Ketten mit der F0-Untereinheit des ATP-Synthase-Komplexes verbunden ist. Zwei weitere Polypeptidketten verbinden F0 und F1 miteinander. Beim Rücktransport der Protonen durch den c10Ring von F0 wird eine Drehbewegung ausgelöst, die auf die J-Untereinheit im Stiel von F1 übertragen wird. Dadurch entstehen Konformationsänderungen in den katalytischen, nicht rotierenden E-Untereinheiten von F1, in denen die ATP-Synthese stattfindet. Das katalytische Zentrum der E-Ketten kann in folgenden Konformationen vorliegen: 4 O-Zustand (offen), 4 L-Zustand (lose), 4 T-Zustand (tight, eng). Im L-Zustand werden ADP und Pa gebunden. In der T-Konformation erfolgt die ATP-Bildung. Im O-Zustand finden die ATP-Freisetzung und der Übergang in die L-Konformation statt. Durch Kooperativität wird in benachbarten Untereinheiten ein L-T- oder O-L-Übergang erzeugt. Bei einer vollständigen Umdrehung in F0 hat jede E-Untereinheit die 3 Konformationszustände durchlaufen und 1 ATP gebildet. Pro oxidiertem NADH2 werden 10 Protonen transloziert, pro oxidiertem FADH2 sind es 6, entsprechend der unterschiedlichen freien Enthalpie bei der Oxidation von NADH2 und FADH2. Der Rücktransport von 4 Protonen wird für die Synthese eines ATP benötigt. Daraus folgt, dass maximal 2,5 ATP/NADH2 und 1,5 ATP/FADH2 entstehen können. Für die oxidative Phosphorylierung sind die Adeninnucleotid-Translokase und ein Phosphat-Carrier notwendig, da ein ausreichendes Angebot von ADP und Phosphat für den Gesamtprozess von Atmung und Phosphorylierung notwendig ist.
52
3
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
Die Translokase schleust ATP aus dem Mitochondrium und nimmt dafür ADP auf (Antiport). Die dafür benötigte Energie entstammt dem chemiosmotischen Potenzial. Der Phosphattransfer ist auf verschiedene Weise möglich. Im Symport mit H+ kann Phosphat durch die innere Mitochondrienmembran transportiert werden. Der intramitochondriale ATP-Gehalt ist niedrig. Demzufolge ist für die Beurteilung des Energiepotenzials der Zelle der zytoplasmatische ATP/ADP-Quotient wichtig. Entkoppler und Hemmer von Atmungskette und Phosphorylierung Entkoppler von Atmungskette und oxidativer Phosphorylierung machen die innere Mitochondrienmembran für Protonen durchlässig, wodurch über den Zusammenbruch des chemiosmotischen Potenzials die ATP-Synthese gesenkt, die Atmung jedoch maximal stimuliert wird. Die gebildete Energie wird als Wärme frei. 2,4-Dinitrophenol ist ein klassischer chemischer Entkoppler. Hemmer der Atmungskette und damit auch der oxidativen Phosphorylierung finden sich in der folgenden Tabelle (. Tab. 3.19). Prüfungsfallstricke Rotenon, Amytal, Antimycin sowie CN–-Ionen und Verwandte hemmen den Elektronentransport durch die Multienzymkomplexe der Atmungskette und damit die Ausbildung des Protonen-Gradienten.
beigeleitet wird. Die in der biologischen Oxidation erzeugte Energie dient nicht der oxidativen Phosphorylierung, sondern wird als Wärme freigesetzt. ATP, ADP, CTP und CDP blockieren den Kanal. Regulation von H2-Oxidation und Phosphorylierung Die Beziehung zwischen der Oxidation in der Atmungskette und der mitochondrialen ATP-Synthese wird als Atmungskontrolle bezeichnet. Die Atmungskontrolle wird bestimmt durch 4 das Angebot an dehydrierbaren Substraten, 4 die Verfügbarkeit von Coenzymen der Atmungskette und 4 durch das Vorhandensein von O2 und ADP. Die Quotienten von NADH2/NAD sowie von ATP/ ADP+Pa (Phosphorylierungspotenzial) regulieren in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit von O2 den oxidativen Energiestoffwechsel. Die Kopplung von Atmung und Phosphorylierung ermöglicht die Anpassung des zellulären Stoffwechsels an den Energiebedarf der Zelle. Die Energieladung = [ATP]+0,5 [ADP]/[ATP]+ [ADP]+[AMP] ist eine Möglichkeit zur Beurteilung des energetischen Zustandes einer Zelle. Die Energieladung kann theoretisch 0 sein (nur AMP) bzw. maximal 1,0 betragen (nur ATP). Der Normalwert liegt bei 0,8. Eine hohe Energieladung fördert anabole Stoffwechselprozesse. Bei niedriger Energieladung < 0,8 laufen katabole Stoffwechselwege bevorzugt ab. Merke
Ein physiologischer Entkoppler ist Thermogenin, ein kleines Protein in der inneren Mitochondrienmembran. Fettsäuren öffnen den Protonenkanal, wodurch der Abbau des Protonengradienten am Komplex V vor-
. Tab. 3.19. Hemmer der biologischen Oxidation
Verbindung
Wirkort
Rotenon (Alkaloid)
Komplex I
Amytal (Barbiturat, Schlafmittel)
Komplex I
Antimycin (Antibiotikum)
Komplex III
Cyanid, CO, H2S, Azide
Komplex IV
Oligomycin (Antibiotikum)
Komplex V
Atractylosid (Glycosid)
ATP/ADP-Translokase
2,4 Dinitrophenol (DNP)
Transport von Protonen durch die innere Mitochondrienmembran
Die Oxidation von Substrat-Wasserstoff zu Wasser ist die Hauptenergiequelle einer oxidativ stoffwechselnden Zelle. Die Coenzyme NADH2 und FADH2, die bei der Dehydrierung von Substratmolekülen durch Dehydrogenasen gebildet werden, unterliegen einer stufenweisen Oxidation in Komplexen der Atmungskette in der inneren Mitochondrienmembran. In der Atmungskette kann man einen H-übertragenden Teil bis zum Ubichinon von einem nur Elektronen übertragenden Teil mittels der Cytochrome unterscheiden. Der Elektronentransport innerhalb der Atmungskette baut einen Protonengradienten an der inneren Mitochondrienmembran auf. Dessen chemiosmotisches und elektrochemisches Potenzial (protonenmotorische Kraft) ist die Triebkraft der ATP-Synthese durch den Komplex V (oxidative Phosphorylierung). 6
53 3.9 · Pathobiochemie
Für die ATP-Synthese sind weiterhin notwendig eine ATP/ADP-Translokase sowie die Bereitstellung von Phosphat durch Phosphat-Carrier. Oxidation und ATP-Synthese sind gekoppelte Prozesse, die im Wesentlichen durch die NADH2/NAD- und ATP/ADP+Pa-Quotienten bestimmt werden. Entkopplung bedeutet den Abbau des chemiosmotischen Potenzials an der inneren Mitochondrienmembran mittels chemischer (z. B. Dinitrophenol) oder physiologischer Mechanismen (Thermogenin). Dadurch wird die Oxidationsenergie als Wärme frei, eine ATP-Synthese findet nicht mehr statt. Bei der Hemmung der Atmungskette wird durch den gestörten Elektronentransport auch die oxidative Phosphorylierung zum Erliegen gebracht.
Stearinsäure, (C18) erzeugt. Das Enzym funktioniert intermediär als Monooxygenase, indem es unter O2Verbrauch eine Hydroxylgruppe in die aliphatische Kette einfügt, die unter Ausbildung einer Doppelbindung als H2O eliminiert wird. Coenzyme sind NADPH2 und FAD. Die Cytochrom P450-Familie ist eine Gruppe von Enzymen, die als Monooxygenasen OH-Gruppen anlagern (Hydroxylasen). Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Hydroxylierung von Steroiden und im Arzneimittelmetabolismus. Ein O-Atom aus O2 wird unter Ausbildung einer Hydroxylgruppe auf das Substrat übertragen. Das zweite O-Atom wird mittels eines Wasserstoffdonators zu Wasser reduziert: S-H+O2+D–H2oS–OH+H2O+D. KLINIK
Prüfungsfallstricke
Der genetische Polymorphismus der P450-Cytochrome spielt im Medikamentenmetabolismus und der daraus resultierenden Medikamentenverträglichkeit und der Wirksamkeit eine wichtige Rolle.
Der ATP-Umsatz pro Tag entspricht dem Körpergewicht.
Oxidasen und Oxygenasen Oxidasen sind dehydrierende FAD- bzw. FMN-abhängige Enzyme (z. B. Aminosäureoxidasen, Amino-Oxidasen). Die hydrierten Coenzyme FADH2 bzw. FMNH2 werden nicht in der Atmungskette oxidiert, sondern reagieren direkt mit Sauerstoff unter Bildung von Wasserstoffperoxid. Sie sind autoxidabel. Die Prozesse laufen in Peroxisomen ab.
Merke Cytochrome sind Hämoproteine, die als Enzyme in der inneren Mitochondrienmembran dem Elektronentransport in der Atmungskette dienen. Die Cytochrome des endoplasmatischen Retikulums sind Bestandteile der Fettsäure-Desaturase (Cytochrom b5) oder des Cytochrom P450-Systems, welches u. a. Steroidhormone und Xenobiotika hydroxyliert und eine bedeutende Rolle beim Ab- und Umbau von Arzneimitteln hat.
Prüfungsfallstricke Oxidasen können auch Häm-Enzyme sein, z. B. die Cytochrom c-Oxidase der Atmungskette.
Monooxygenasen (Hydroxylasen) katalysieren die Bildung von Hydroxylgruppen, wobei ein O-Atom aus O2 auf das Substrat und das zweite unter Mitwirkung eines Wasserstoffdonators zu Wasser reduziert wird (z. B. Cytochrom P450). Dioxygenasen spalten kovalente Bindungen mittels O2 unter Anlagerung von beiden Sauerstoffatomen an das Produkt. Die Tryptophan-Dioxygenase ist ein Hämenzym, welches den Indolring im Tryptophan oxidativ spaltet. Mikrosomale Cytochrome sind in den Membranen des endoplasmatischen Retikulums lokalisiert. Cytochrom b5 ist Bestandteil der Fettsäure-Desaturase, die einfach ungesättigte Fettsäuren, wie die Palmitoleinsäure aus Palmitinsäure (C16) und Ölsäure aus
3
3.9
Pathobiochemie
Oxidativer Stress ist ein physiologisches Geschehen, das allerdings bei fehlender Dekompensation eine umfassende pathologische Bedeutung gewinnt. KLINIK Einige Myopathien (Muskelschwäche, leichte Ermüdbarkeit, Krampfneigung) werden durch Mutationen an mitochondrialen Genen verursacht, deren Produkte in die biologische Oxidation und oxidative Phosphorylierung einbezogen sind.
54
Kapitel 3 · Kataboler Stoffwechsel und Energiegewinnung
Der O2-abhängige oxidative Stoffwechsel erzeugt in Nebenreaktionen reaktive Sauerstoffspecies wie 4 das Superoxid-Anion-Radikal O2–, 4 Wasserstoffperoxid H2O2 und 4 das Hydroxyl-Radikal OH•.
3
Prüfungsfallstricke Reaktive Sauerstoffspecies sind keine Oxidationsprodukte des Sauerstoffs.
Etwa 2% des Sauerstoffs werden in der Atmungskette nicht zu Wasser, sondern nur zum Superoxid-Anion reduziert. Dieses wird durch die Superoxid-Dismutasen (Mn-abhängige Superoxid-Dismutase im Mitochondrium, Cu, Zn-Dismutase im Cytoplasma) in H2O2 überführt. H2O2 wird durch die Hydroperoxidasen abgebaut, kann aber unter der Beteiligung von Schwermetallionen (Cu, Fe) zu OH- und OH* gespalten werden. Das OH--Radikal ist ein starkes Oxidationsmittel. Nichtenzymatische Reduktionsmittel zur Beseitigung der reaktiven O-Verbindungen sind Harnsäure, Vitamin E, Vitamin C und Provitamin A.
Die Schädigung durch reaktive Sauerstoffspecies betrifft 4 DNA durch oxidative Veränderung an den Basen und Strangbrüche, 4 Proteine durch Modifikation von Cystein-, Methionin- und Tryptophanseitenketten, 4 Membranlipide durch Bildung von Peroxiden mit ungesättigten Fettsäuren. Merke Reaktive Sauerstoffspecies wie das Superoxidanion-Radikal, Wasserstoffperoxid und das Hydroxyl-Radikal (OH-) sind obligate Nebenprodukte des oxidativen Stoffwechsels. Ihre vermehrte Bildung oder ihr verminderter Abbau führt zu oxidativem Stress, der ein Pathogenesefaktor entzündlicher und degenerativer Erkrankungen ist. Reaktive Sauerstoffspecies schädigen DNA, Proteine und Membranlipide. Ihr Abbau ist enzymatisch durch Superoxiddismutasen und Hydroperoxidasen sowie nichtenzymatisch durch die Vitamine E, C und Provitamin A, E-Carotene sowie Harnsäure möglich.
Fallbeispiel 5 Minuten nach Alarmierung trifft der Notarzt in einer Firma ein. Während der Einweisung berichtet ein Arbeiter, dass seinem Kollegen plötzlich übel geworden sei. Er hätte über ein Hitzegefühl im Hals geklagt und nach Luft geschnappt, bevor er ohnmächtig wurde. Das Team trifft einen bewusstlosen Patienten in dessen Werkstatt an. Auf einer Werkbank befinden sich Utensilien zum Galvanisieren. Während das Team die Vitalparameter bestimmt und den Patienten untersucht, stellt der Rettungsassistent den Atemstillstand fest. Gleichzeitig zur Intubation durch den Notarzt erhält der Patient zwei großlumige venöse Zugänge. Das Team stellt einen typischen Geruch nach Bitter-
mandeln fest. Die Werkstatt wird sofort evakuiert und der beatmete Patient in den Rettungswagen transportiert. Plötzlich beginnt der Patient zu krampfen, was sich durch intravenöse Gabe von Valium beenden lässt. Nach kurzer Rücksprache mit den Kollegen des Patienten über dessen Tätigkeit ist klar, dass es sich um eine Cyanidvergiftung handelt, bei der die Atmungskette zum Erliegen kommt. Der Patient erhält sofort 4-Dimethylaminophenol (DMAP) zur Methämoglobinbildung. Im Schockraum des nahe gelegenen Krankenhauses wird er mit Natriumthiosulfat behandelt, um das Cyanidion in das Rhodanidion zu überführen. Nach einigen Tagen Überwachung kann der Patient das Krankenhaus verlassen.
4
57
4 Bildung von Energiespeichern Mind Map Wichtige Energiespeicher sind das Muskelglycogen sowie das subkutane Fettgewebe. Wenn erforderlich, werden auch Proteine der Muskulatur und der
lymphatischen Gewebe zur Energiegewinnung abgebaut.
4
58
Kapitel 4 · Bildung von Energiespeichern
4.1
Kohlenhydrate
4.1.1 Verwertung der Glucose
4
Im Mittelpunkt des Kohlenhydratstoffwechsels der Zellen steht die Glucose. Sie ist für alle Zellen das Hauptenergiesubstrat. ZNS, Erythrozyten und Nierenmark decken ihren Energiebedarf ausschließlich über den Glucoseabbau. Glucose nimmt im Energiestoffwechsel eine zentrale Stellung ein. Ihr aerober und anaerober Abbau liefert Energie. Ihre Speicherung als Glycogen führt zu einem osmotisch nur gering wirksamen Reservekohlenhydrat im Zytosol. Beim Abbau der Glucose entstehen C3-Verbindungen in der Glycolyse oder im Pentosephosphatweg, die in anderen Stoffwechselwegen verwertet werden können. Die wichtigsten Glucoselieferanten für den Stoffwechsel sind einerseits die Kohlenhydrate der Nahrung Stärke, Glycogen, Saccharose und Lactose. Andererseits kann Glucose im Prozess der Gluconeogenese aus Nichtkohlenhydraten bei einem Kohlenhydratmangel gebildet werden. Sie wird jedoch auch in andere Kohlenhydrate umgewandelt. Fructose und Galactose können im Stoffwechsel in Glucose überführt werden. Das wichtigste Organ für den Glucosestoffwechsel ist die Leber. Sie ist verantwortlich für die lebensnotwendige Aufrechterhaltung des Blutglucosespiegels. Die Glucose gelangt in die Körperzellen durch erleichterte Diffusion (Ausnahme Mukosazellen und Nierentubuli, sekundär aktiver Transport mit Na+). Dafür sind Carrierproteine verantwortlich, die als Glucosetransporter (GLUT) bezeichnet werden. Sieben verschiedene solcher Transporter sind bekannt. Von besonderer Wichtigkeit sind 4 GLUT 2 in den Zellmembranen der Hepatozyten und den E-Zellen des endokrinen Pankreas, die unabhängig von Insulin exprimiert werden, und 4 GLUT 4 in Muskel- und Fettzellen, dessen Expression in der Zellmembran durch Insulin kontrolliert wird. Unter Insulin kommt es zu einer Verlagerung dieses Proteins vom endoplasmatischen Retikulum in die Zellmembran. Merke Der Glucosetransport in die Körperzellen erfolgt durch erleichterte Diffusion mittels Carrier-Proteinen (GLUT). GLUT 2 wird in Hepatozyten und den E-Zellen des Pankreas exprimiert und ist Insulin-unab6
hängig. GLUT 4 befindet sich in den Zellmembranen von Fett- und Muskelzellen und steht unter Kontrolle des Insulins. Der Glucosetransport in Mukosa- und Tubulizellen ist ein ATP-abhängiger Symport mit Na+-Ionen (sekundär aktiver Transport).
4.1.2 Gluconeogenese Gluconeogenese ist die Neubildung von Glucose aus Nichtkohlenhydraten bei fehlender Kohlenhydratzufuhr (Fasten) oder gestörter Glucoseverwertung (Diabetes mellitus). Der Tagesbedarf an Glucose liegt bei 200 g. Körperflüssigkeiten enthalten 20 g Glucose. Über den Glycogenspeicher der Leber sind etwa 150 g Glucose verfügbar, sodass die direkten Glucosereserven etwa 24 h reichen. Substrate für die Gluconeogenese sind Lactat, Glycerol sowie die glucogenen Aminosäuren, deren C-Skelette Pyruvat oder Substrate für den Citratzyklus liefern. Prüfungsfallstricke Fettsäuren sind keine Gluconeogenesesubstrate.
Mit Ausnahme dreier irreversibler exergoner Reaktionen ist die Gluconeogenese eine Umkehrung der Glycolyse (. Abb. 4.1): 4 Die Hexokinase/Glucokinase-Reaktion wird durch die Glucose-6-Phosphatase umgangen: Glucose-6-Phosphat+H2OoGlucose+Pa. 4 Die Phosphofructokinase-Reaktion wird ersetzt durch die Fructose-1,6-Bisphosphatase: Fructose-1,6-Bisphosphat+H2Oo Fructose-6-Phosphat+Pa. 4 Die Pyruvatkinase-Reaktion wird durch folgende Reaktionen reversibel gestaltet: Pyruvatcarboxylase: Pyruvat+CO2+ATPo Oxalacetat+ADP+Pa. Die Carboxylierung ist Biotin-abhängig. Das ATP wird für die Bindung von CO2 an Biotin verbraucht. Oxalacetat wird unter Verbrauch von GTP und Decarboxylierung durch die PEP-Carboxykinase in Phosphoenolpyruvat umgewandelt: Oxalacetat+GTPl Phosphoenolpyruvat+GDP+CO2.
59 4.1 · Kohlenhydrate
4
. Abb. 4.1. Glycolyse und Gluconeogenese (aus Löffler 2005)
Merke Die GTP-abhängige Decarboxylierung von Oxalacetat ist eine Schlüsselreaktion der Gluconeogenese. Ihre Reversibilität ist eine wichtige anaplerotische Reaktion des Citratzyklus.
Der Energieverbrauch der Gluconeogenese ist abhängig vom Substrat:
4 Pyruvat: 6 ATP: 2 ATP für Carboxylierung zu Oxalacetat, 2 ATP (GTP) zum Phosphoenolpyruvat, 2 ATP für die Phosphoglyceratkinase; 4 Oxalacetat: 4 ATP: 2 ATP für die PEP-Carboxykinase, 2 ATP für die Phosphoglyceratkinase; 4 Glycerol: 2 ATP für die Glycerolkinase. Die Gluconeogenese findet vorwiegend in der Leber, aber auch in der Niere statt. Die Leber vermag etwa
60
Kapitel 4 · Bildung von Energiespeichern
160 g Glucose/Tag beim chronischen Hungern zu synthetisieren. Das deckt den Bedarf des ZNS und anderer Glucose verbrauchender Gewebe kurzzeitig ab. Die einsetzende Ketogenese senkt den Glucosebedarf des ZNS, da dann die Ketonkörper zur Energiegewinnung herangezogen werden. Merke
4
Über diesen Effekt stimulieren Glucagon und Adrenalin in der Leber die Gluconeogenese und hemmen die Glycolyse. In der Muskulatur führt die Proteinkinase-A-abhängige Phosphorylierung der Phosphofructokinase 2 zu einer Aktivierung. Hierdurch löst Adrenalin eine Steigerung der Glycolyse und eine vermehrte Bereitstellung von Energie aus.
Die Energie für die Gluconeogenese wird durch die β-Oxidation von Fettsäuren bereitgestellt.
Prüfungsfallstricke
Die bei der Muskelkontraktion entstehenden Lactat und Alanin (aus der Transaminierung von Pyruvat) gelangen über das Blut zur Leber, wo sie zu Glucose umgebaut werden. Glucose wird zurück in die Muskulatur befördert (Cori-Zyklus). Die Regulation von Glycolyse und Gluconeogenese erfolgt an den Kinasereaktionen. Schlüsselenzyme sind die Phosphofructokinase und Fructose-1,6-Bisphosphatase. Die Phosphofructokinase als allosterisches Enzym wird durch ATP, Citrat und Fettsäuren gehemmt und durch ADP und Fructose-2,6-Bisphosphat (stärkster und wichtigster positiver Effektor) aktiviert. Die Aktivatoren der Kinase sind Inhibitoren der Bisphosphatase. Fructose-2,6-Bisphosphat wird durch die Phosphofructokinase 2 aus Fructose-6-Phosphat gebildet. Fructose-2,6-Bisphosphat wird durch die Fructose-2,6-Bisphosphatase abgebaut. Beide Enzymaktivitäten befinden sich auf einem Protein (bifunktionelles Enzym). Fructose-6-Phosphat stimuliert die Kinase (PFK2) und hemmt die Phosphatase (FBPase 2). Durch cAMP-abhängige Phosphorylierung über die Proteinkinase A wird die Kinase gehemmt und die Phosphatase aktiv.
Die Phosphofructokinase mit ihren allosterischen Aktivatoren AMP und ADP bzw. dem Inhibitor ATP ist ein Beispiel für die Kontrolle des Stoffwechsels über die Energieladung.
Die L-Form der Pyruvatkinase (Leber) wird durch Phosphorylierung, ATP, Citrat und Alanin gehemmt und durch Fructose-1,6-Bisphosphat aktiviert (allosterische Vorwärtsaktivierung, selten), wodurch sich eine Regulation der Glycolyse ergibt. Prüfungsfallstricke Citrat hemmt die Phosphofructokinase und die Pyruvatkinase.
Eine Übersicht zur Regulation von Schlüsselenzymen der Glycolyse und Gluconeogenese liefert die . Tabelle 4.1. Beziehungen der Glycolyse/Gluconeogenese zu anderen Stoffwechselwegen ergeben sich aus: 4 Fructose-6-Phosphat: Aminozucker (Glucosamin), Mannose, Fucose, 4 Dihydroxyacetonphosphat: Glycerol-3-Phosphat (Lipid-Synthesen, H2-Transport),
. Tab. 4.1. Schlüsselenzyme von Glycolyse und Gluconeogenese
Enzym
Aktivator
Induktor
Inhibitor
Repressor
Phosphofructokinase
F2,6BP, ADP, AMP
Insulin
N-Acetylglucosamin
Glucagon
Insulin
ATP, Citrat, Fettsäuren
Glucagon
Pyruvatkinase
F1,6BP (Leber)
Insulin
ATP, Citrat, NADH2, Fettsäuren
Glucagon
Acetyl-CoA, Adrenalin*, Glucagon*
Glucocorticoide
ADP
Insulin
PEP-Carboxykinase
Glucagon*
Glucocorticoide
Fructose-1,6-Bisphosphatase
Glucagon*, ATP, Citrat, 3-Phosphoglycerat
Glucocorticoide
F2,6BP
Insulin
Glycolyse Glucokinase
Gluconeogenese Pyruvat-Carboxylase
(* über cAMP)
Insulin
61 4.1 · Kohlenhydrate
4
. Tab. 4.2. Glycogensynthese
Schritt
Reaktion
Enzym
1
Glucose-6-PhosphatlGlucose-1-Phosphat
Phosphoglucomutase
2
Glucose-1-Phosphat+UTPoUDP-Glucose+PPa
Glucose-1-Phosphat-UTP-Transferase
3
UDP-Glucose+Glycogen-Keim (bzw. Glycogenin)o(Glucose)n+1+UDP
Glycogensynthase
4
1,4-D-Glucoseo1,6-D-Glucose
Amylo-1,4-1,6-Transglycosylase (verzweigendes Enzym)
4 Phosphoenolpyruvat: Neuraminsäurebildung, Oxalacetatbildung (Umkehr der PEP-CarboxykinaseReaktion). Die Gluconeogenese ist keine einfache Umkehr der Glycolyse, da die Reaktionen der glycolytischen Schlüsselenzyme aufgrund ihrer Energetik nicht umkehrbar sind. Die gluconeogenetischen Schlüsselenzyme Pyruvat-Carboxylase/PEP-Carboxykinase, Fructose1,6-Bisphosphatase und Glucose-6-Phosphatase umgehen die Glycolysereaktionen durch die Glucokinase, Phosphofructokinase und Pyruvatkinase. Gluconeogenese und Glycolyse werden durch die Hormone Insulin, Glucagon, Adrenalin und Cortisol reguliert. Glycolyse/Gluconeogenesesubstrate sind auch Metabolite für andere Stoffwechselwege. Merke Gluconeogenese bedeutet Neubildung von Glucose aus Nichtkohlenhydraten. Diese sind Lactat, Glycerol und glucogene Aminosäuren. Die Gluconeogenese läuft primär in der Leber, aber auch in der Niere ab.
4.1.3 Glycogensynthese Glycogen ist ein osmotisch fast inaktiver Speicherstoff, der maximal 24 h die Aufrechterhaltung der Blutglucosekonzentration bei Nahrungskarenz ermöglicht (. Tab. 4.2). Bei der Glycogensynthese wird die UDP-aktivierte Glucose unter Ausbildung einer 1,4-α-glycosidischen Bindung auf eine terminale Glucose eines kleinen . Abb. 4.2. Regulation der Glycogensynthase
Glycogenmoleküls (Keim) übertragen. Für eine Neubildung von Glycogen ist das Protein Glycogenin erforderlich. Dieses glycosyliert sich selbst durch seine Glucosyltransferase-Aktivität unter Anlagerung von bis zu 8 Glucosemolekülen aus UDP-Glucose an eine Tyrosin-OH-Gruppe. Daran kann dann die Glycogensynthase anknüpfen. Für die Ausbildung von Verzweigungen wird eine aus 6–7 Glucosemolekülen bestehende Kette auf das C6 eines anderen Glucosemoleküls übertragen. Das Schlüsselenzym für den Glycogenaufbau ist die Glycogensynthase. Die dephosphorylierte Form ist enzymatisch aktiv. Durch Phosphorylierung mittels der Proteinkinase A wird das Enzym gehemmt (. Abb. 4.2). cAMP spielt im Glycogen-Stoffwechsel eine zentrale Rolle, da es als zweiter Bote von Hormonwirkungen (Glucagon, Adrenalin) die Glycogenolyse aktiviert und den Glycogenaufbau hemmt. Prüfungsfallstricke Insulin stimuliert die Glycogensynthese durch eine Senkung des cAMP-Spiegels.
In der Leber wird nach der Mutasereaktion Glucose-1Phosphat in Glucose-6-Phosphat durch die Glucose-6Phosphatase G6P in freie Glucose überführt und in das Blut abgegeben. In der Muskulatur, die über keine Phosphataseaktivität verfügt, entsteht Lactat. UDP-Glucose ist auch Ausgangsstoff für die Bildung der Glucuronsäure. Da die glycosidische OH-Gruppe vor Oxidation geschützt ist, kann die primäre HydroxylGruppe am C6 unter Bildung einer Carboxylgruppe und 2 NADH2 oxidiert werden.
Glycogen-Synthase a
Glycogen-Synthase b
ATP
ADP Proteinkinase A
62
4
Kapitel 4 · Bildung von Energiespeichern
Prüfungsfallstricke
Merke
Glucose-6-Phosphat ist kein allosterischer Aktivator der Phosphorylase b, sondern in hohen Konzentrationen ein Aktivator der Glycogensynthase.
Fucose und Neuraminsäure stehen in den Oligosaccharidketten der Glycoproteine immer endständig.
Der Glycogenabbau in der Leber steht unter Kontrolle der Hormone Glucagon und Adrenalin über interkonvertible Enzyme. Der Glycogenabbau in der Muskulatur wird durch AMP und Ca-Ionen kontrolliert. Insulin stimuliert die Glycogensynthese in Leber und Muskulatur. Adrenalin fördert den Abbau. Merke Glucose wird als Glycogen besonders in Leber und Muskulatur gespeichert. In der Leber ist Glycogen Blutglucose-Reserve, in der Muskulatur EnergieReserve. Demzufolge sind auch die Aktivierungsmechanismen für das Hauptenzym des Glycogenabbaus, der Phosphorylase, in Leber und Muskulatur unterschiedlich.
4.1.4 Synthese von Aminozuckern sowie
von Fucose und Mannose Aminozucker sind Bestandteile von Glycoproteinen und Glycosaminoglycanen. Die Schlüsselreaktion dieses Stoffwechselweges besteht in der Übertragung der Säureamidgruppe des Glutamins auf Fructose-6-Phosphat unter Bildung von Glucosamin-6-Phosphat. Die Aminogruppe ist sehr häufig acetyliert. N-Acetyl-Glucosamin kann in N-Acetyl-Mannosamin umgelagert werden. Beide Aminozucker werden unter Verbrauch von UTP/GTP zu UDP-N-AcetylGlucosamin bzw. zu GDP-N-Acetyl-Mannosamin aktiviert. N-Acetyl-Mannosamin-6-Phosphat bildet mit Phosphoenolpyruvat (PEP) N-Acetyl-Neuraminsäure, die unter Verbrauch von CTP zu CMP-Neuraminsäure aktiviert wird. Mannose und Fucose sind Bestandteile von Glycoproteinen. Fructose-6-Phosphat wird durch eine Isomerase in Mannose-6-Phosphat umgelagert. Aus Mannose-6-Phosphat entsteht mittels einer Mutase Mannose-1-Phosphat, welches unter Verbrauch von GTP GDP-Mannose bildet. GDP-Mannose wird zu GDPFucose reduziert (Reduktion der primären OH-Gruppe am C6 zur Methylgruppe –CH3).
4.1.5 Glycoproteine Glycoproteine sind Sekret- und Membranproteine. Mit Ausnahme des Albumins sind alle wichtigen Blutplasmaproteine glycosyliert. Auch intrazelluläre Proteine enthalten oft einen kleinen Kohlenhydratanteil (N-AcetylGlucosamin). Sie dienen 4 der körpereigenen Abwehr (Immunglobuline, Komplement), 4 der Blutgerinnung und Fibrinolyse, 4 als Transportproteine im Blut für Hormone und Metalle, 4 als Bestandteile der extrazellulären Matrix und des Bindegewebes (Kollagene, Elastine), 4 als Schmierstoffe und Oberflächenschutz (Mucine), 4 als Rezeptorproteine in Membranen und 4 als Vermittler von Zell-Zell-Wechselwirkungen (Lectine). Glycoproteine enthalten ihre Saccharide in N- oder O-glycosidischer Bindung gebunden an das Protein über die Säureamidgruppe des Asparagins oder die Hydroxylgruppen von Serin oder Hydroxylysin. Bei der Synthese der N-Glycoside wird zunächst an dem Isoprenderivat Dolicholphosphat aus den Nucleotid-aktivierten Neutral- und Aminozuckern in den Membranen des endoplasmatischen Retikulums ein Heterosaccharid mit einem Zuckerüberschuss aufgebaut und an Asparagin angekoppelt, welches dann im Golgi-Apparat als endgültiges Oligosaccharid modifiziert und fertig gestellt wird. Die Synthese von O-Glycosiden verläuft wesentlich unkomplizierter. Im Golgi-Komplex wird die Nucleotid-aktivierte Zuckereinheit direkt an die OH-Gruppen von Serin oder Hydroxylysin gebunden. Die Zuckerreste sind häufig Di- aber auch Monosaccharide. Bei der Biosynthese der Glycosaminoglycane werden schrittweise die repetitiven Disaccharid-Einheiten an das entsprechende Core-Protein der Proteoglycane angefügt.
63 4.1 · Kohlenhydrate
4.1.6 Die Blutglucosekonzentration
4
4.1.7 Der Diabetes mellitus
und ihre Regulation Der Blutglucosespiegel wird in einem engen Konzentrationsbereich (60–100 mg/100 ml Blut =3,3–5,5 mmol/l) reguliert, um insbesondere die Glucoseversorgung des ZNS zu sichern. Wenn die Blutglucosekonzentration nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit auf über 5 mmol/l ansteigt, wird Insulin aus den E-Zellen des endokrinen Pankreas ausgeschüttet, welches die Glucoseverwertung in Leber, Muskulatur und Fettgewebe stimuliert (Glycogensynthese in Leber und Muskulatur, Glycolyse in der Leber, Triacylglycerolsynthese in Leber und Fettgewebe). Insulin hemmt die Glucagonsekretion und die Gluconeogenese durch ein Absenken des cAMPSpiegels. Bei Erniedrigung des Blutglucosespiegels unter 5 mmol/l wird Glucagon aus den D-Zellen des Pankreas abgegeben, welches die Insulinsekretion hemmt. Über eine Erhöhung des cAMP-Spiegels stimuliert es Glycogenolyse und Gluconeogenese in der Leber und erhöht dadurch die Blutglucosekonzentration. Auch Adrenalin und Noradrenalin stimulieren die Glycogenolyse in Leber und Muskulatur und fördern den Fettabbau. Da die Muskulatur keine Glucose-6Phosphatase besitzt, kommt es zu einer vermehrten Produktion von Lactat in der Glycolyse, welches zur Leber transportiert wird (Cori-Zyklus). Adrenalin fördert die Glucagonsekretion und hemmt die Insulinfreisetzung. Es stimuliert die Gluconeogenese und Glycogenolyse in der Leber. Die Glucocorticoide, insbesondere das Cortisol, üben einen langfristigen Effekt auf die Gluconeogenese aus. Sie stimulieren den Abbau von Muskeleiweiß, induzieren die Bildung von Enzymen zum Aminosäureabbau sowie die Schlüsselenzyme der Gluconeogenese.
Der Diabetes mellitus (»Zuckerkrankheit«) ist eine Volkserkrankung in den westlichen Industrienationen mit einem noch meist unbekannten genetischen Hintergrund. In Deutschland sind über 5 Millionen Menschen erkrankt. Der Diabetes beruht auf einem absoluten oder relativen Defizit von Insulin. Man unterscheidet 2 Hauptformen: 4 den Typ 1-Diabetes, der durch eine autoimmunologische Zerstörung der E-Zellen im Pankreas hervorgerufen wird und 4 den Typ 2-Diabetes, der in einer Insulinresistenz von Muskulatur und Fettgewebe sowie einer Sekretionsstarre der E-Zellen begründet ist. Das führende Symptom ist eine Hyperglycämie über 6 mmol/l. Die Hyperglycämie ist die Hauptursache für die folgenreichen Spätkomplikationen des Diabetes. Diese betreffen v. a. die Gefäße. 4 Bei der Makroangiopathie kommt es zu arteriosklerotischen Veränderungen der Koronar-, Zerebral- und Beinarterien. 4 Bei der Mikroangiopathie sind die Retina (Gefahr der Erblindung), die Niere (chronische Niereninsuffizienz) und die sensorischen und vegetativen Nerven (Polyneuropathie) betroffen. Ein wesentlicher Pathogenesefaktor der diabetischen Folgeerkrankungen ist der oxidative Stress, der u. a. durch den gesteigerten oxidativen Abbau der Glucose ausgelöst wird. In der Atmungskette entstehen vermehrt Superoxidanionen. Weiterhin spielt die gesteigerte Glycierung intra- und extrazellulärer Proteine und deren Wechselwirkung mit Rezeptoren eine wichtige Rolle.
Merke
KLINIK
Die Blutglucosekonzentration wird durch die Hormone Insulin, Adrenalin, Glucagon und Cortisol reguliert. Glucagon ist der direkte Gegenspieler des Insulins. Dabei spielen die Leber, das Fettgewebe und die Muskulatur eine Schlüsselrolle. Da das ZNS Energie nur aus dem Glucoseabbau gewinnen kann, ist die Aufrechterhaltung der Blutglucose auf einem Niveau von 3,5–5,5 mmol/l lebensnotwendig. Auch Nierenmark und Erythrozyten sind für ihren Energiegewinn abhängig von Glucose.
Genetisch bedingte Störungen im Kohlenhydratstoffwechsel sind selten. Die Galactosämie ist die häufigste hereditäre Störung. Sie beruht auf genetischen Defekten der Galactose-1-Phosphat-Uridyltransferase oder der Galactokinase. Es kommt zu einer Akkumulation von Galactose im Blut und zur Galactosurie. Eine Hypoglycämie durch Störungen der Gluconeogenese sowie geistige Retardierung und Katarakte sind Symptome der Erkrankung. Für die Linseneintrübung ist nicht nur Galactose, sondern auch der Zuckeralkohol Galactitol verantwortlich, der durch die Aldosereduktase gebildet wird. 6
64
Kapitel 4 · Bildung von Energiespeichern
4.2.2 Fettsäuresynthese Die sehr seltene Fructose-Intoleranz wird durch einen genetischen Defekt der Fructose-1Phosphat-Aldolase (Aldolase B) hervorgerufen. Durch den Anstau von Fructose-1-Phosphat in der Leber nach Fructosezufuhr wird die Fructose-1,6Bisphosphatase und auch die Aldolase A (Fructose1-6-Bisphosphat-Aldolase) gehemmt, wodurch Glycolyse und Gluconeogenese beeinträchtigt werden. Folgen sind schwere hypoglycämische Zustände. Eine Infusion von Sorbitol kann bei diesen Patienten zu einer lebensbedrohlichen Situation führen, weshalb Sorbitol in den Infusionsprogrammen durch Mannitol ersetzt wurde. Die häufigste Glycogenose (Glycogen-Speicherkrankheit) ist die vom Typ I mit einem Mangel an Glucose-6-Phosphatase. Sie ist durch erhebliche Glycogenablagerungen in der Leber und Hypoglycämien gekennzeichnet. Das Insulinom ist ein Adenom der E-Zellen des Pankreas, welches in 10–15% der Fälle maligne ist. Hauptsymptom ist die Hypoglycämie. Das Glucagonom ist ein Adenom oder Karzinom der α-Zellen des endokrinen Pankreas, das sich manchmal in einer Epidermolysis manifestiert.
4
4.2
Lipide
4.2.1 Verwertung von Lipoproteinen
und Fettsäuren Die aus der Fettverdauung stammenden Fettsäuren werden in den Mukosazellen zu Neutralfetten resynthetisiert und in Chylomikronen verpackt. Chylomikronen gelangen über die Lymphe in die Blutzirkulation. Glucose, die in der Leber nicht mehr als Glycogen gespeichert werden kann, wird in Neutralfette umgebaut. Die Neutralfette werden mit den VLDL (Lipoproteine sehr niedriger Dichte) in das Blut abgegeben (7 Lipoproteine). Die Lipoproteinlipase, die auf der Oberfläche von Endothelzellen exprimiert wird (Aktivierung durch Heparansulfate und Heparin, Induktion durch Insulin), hydrolysiert die Neutralfette in den Chylomikronen und VLDL. Die Fettsäuren permeieren die Zellmembranen aufgrund ihrer Lipophilie. In den Muskelzellen dienen sie der Energiegewinnung durch die E-Oxidation. In den Adipozyten werden sie für eine Neusynthese von Fetten verwertet.
Die Synthese gesättigter Fettsäuren ist aus energetischen Gründen keine einfache Umkehrung der E-Oxidation. Sie ist durch folgende Fakten gekennzeichnet (. Tab. 4.3, . Abb. 4.5): 4 Die Synthese erfolgt im Zytosol an einem Multienzymkomplex, der Abbau in den Mitochondrien über Einzelenzyme. 4 Die Zwischenprodukte der Fettsäuresynthese bilden Thioester mit den SH-Gruppen des Acyl-Carrier-Proteins (ACP) (zentrale SH-Gruppe) und der Ketoacylsynthase (periphere SH-Gruppe) in dem Multienzym-Komplex der Fettsäuresynthase. Die Zwischenprodukte des Fettsäureabbaus sind Thioester des CoA. 4 Die wachsende Carbonsäurekette wird durch aufeinander folgende Addition von C2-Einheiten verlängert. Als Donor dieser C2-Einheiten tritt Malonyl-CoA auf, welches an das ACP gebunden wird. Die Verlängerungsreaktion wird durch Abspaltung von CO2 vorangetrieben. 4 In der Fettsäuresynthese tritt NADPH2 als Coenzym auf. Beim Abbau sind es FAD und NAD+. 4 Das Syntheseprodukt der Fettsäuresynthase ist Palmitat (C16), in geringerer Menge auch Stearat (C18). Kettenverlängerungen und die Einführung von Doppelbindungen werden durch andere Enzyme wahrgenommen. 4 Das regulatorisch wirksame Enzym der Fettsäuresynthese ist die Acetyl-CoA-Carboxylase; Schlüsselenzyme des Fettsäureabbaus sind die Acyl-CoACarnitin-Transferasen. 4 Die Schlüsselenzyme des Fettsäureabbaus (AcylCoA-Carnitin-Transferase I) werden durch Malonyl-CoA gehemmt. Fettsäuren hemmen die AcetylCoA-Carboxylase. 4 Der getrennte Verlauf von Synthese und Abbau in unterschiedlichen Zellkompartimenten erleichtert die Regulation. Die Fettsäuresynthase ist ein dimerer Multienzymkomplex und ein Beispiel für ein polyfunktionelles Enzymprotein. Die Untereinheiten sind antiparallel angeordnet, jede besteht aus 3 Domänen, die die Aktivitäten für die 7 Schritte der Biosynthese enthalten. In jedem Monomer der Synthase kommen 2 essenzielle SH-Gruppen vor. Die zentrale SH Gruppe wird vom Phosphopantethein, der prosthetischen Gruppe des ACP, geliefert (. Abb. 4.3). Diese ist auch Bestandteil des CoA. Die periphere SH-Gruppe besteht aus einem Cysteinrest der Ketoacylsynthase (kondensierendes Enzym).
65 4.2 · Lipide
. Abb. 4.3. Schema der Struktur der Pantethein
HS-CH2-CH2-NH-CO-CH2-CH2-NH-CO-CHOH-C(CH3)2-CH2-O-PCysteamin
. Abb. 4.4. Carboxylierung von Acetyl-CoA
β-Alanin
α,γ-Dihydroxy-β,β-dimethyl-buttersäure
Acetyl-CoA + CO2 + ATP
Malonyl-CoA + ADP + Pa
CH3-CO-S-CoA
–
Die Bereitstellung von Malonyl-CoA im Zytosol geschieht wie folgt: 4 Acetyl-CoA aus dem Mitochondrium (entstammt der Pyruvatdehydrogenase-Reaktion, nicht der E-Oxidation) wird als Citrat in das Zytosol geschleust. 4 Citrat wird im Zytosol durch die Citratlyase unter Verbrauch von ATP und CoA-SH in Acetyl-CoA und Oxalacetat gespalten. 4 Acetyl-CoA wird biotinabhängig unter ATP-Verbrauch durch die Acetyl-CoA-Carboxylase zu Malonyl-CoA carboxyliert (. Abb. 4.4). Die Acetyl-CoA-Carboxylase wird durch Citrat aktiviert und durch Fettsäuren gehemmt. Citrat ist für die Assoziation in die aktiven Polymere des Enzyms erforderlich. Weiterhin führt eine durch Adrenalin und Glucagon induzierte Phosphorylierung zu einer Inaktivierung. Auch durch eine AMP-Kinase kann das Enzym phosphoryliert werden (Cholesterolbiosynthese). Die Phosphorylierung geht mit einer Dissoziation in die inaktiven Monomere einher. Die Acyl-CoA-CarnitinTransferasen werden durch Malonyl-CoA gehemmt. Dadurch werden Nonsens-Zyklen unterbunden.
OOC-CH2-CO-S-CoA
Die Bilanz der Palmitat-Synthese ergibt: Acetyl-CoA+7 Malonyl-CoA+14 NADPH2o Palmitat+7 CO2+8 CoA+14 NADP++6 H2O. Ein H2O wird für die Freisetzung von Palmitinsäure aus dem Synthasekomplex verbraucht. Die Gleichung für die Synthese des Malonyl-CoA, das in der obigen Reaktion benötigt wird, lautet: 7 Acetyl-CoA+7 CO2+7 ATPo 7 Malonyl-CoA+7 ADP+7 Pa Für die Synthese des Palmitats lautet demzufolge die Gesamtgleichung: 8 Acetyl-CoA+7 ATP+14 NADPH2o Palmitat+14 NADP++8 CoA+6 H2O+7 ADP+7 Pa. Das verbrauchte NADPH2 stammt aus dem oxidativen Teil des Pentosephosphat-Wegs und aus dem durch die zytoplasmatische Malatdehydrogenase und das Malatenzym katalysierten Stoffwechselweg: 4 Oxalacetat+NADH2oMalat+NAD+ (Malatdehydrogenase), 4 Malat+NADP+oPyruvat+CO2+NADPH2 (Malatenzym).
. Tab. 4.3. Die Grundreaktionen der Fettsäurebiosynthese
Schritt
4
Reaktion
Enzym
1
Acetyl-CoA+ATP+CO2oMalonyl-CoA
Acetyl-CoA-Carboxylase
2
Bindung von Acetyl-CoA an ACP (zentrale SH-Gruppe)
3
Übertragung des Acetylrests auf 3-Ketoacylsynthase (periphere SH-Gruppe) und Bindung eines Malonylrests an ACP
Malonyl/Acetyltransferase, Ketoacylsynthase
4
Malonyl-ACP+Acetyl-S-Ketoacyl-SynthaseoAcetoacetyl-ACP+CO2
5
Acetoacetyl-ACP+NADPH2oD-3-Hydroxybutyryl-ACP
E-Ketoacyl-ACP-Reduktase
6
D-3-Hydroxybutyryl-ACP–H2Oo'2-Enoylacyl-ACP
3-Hydroxyacyl-ACP-Dehydratase
7
Enoylacyl-ACP+NADPH2oButyryl-ACP
Enoylacyl-ACP-Reduktase
8
Übertragung des Butyrylrests auf die periphere SH-Gruppe und Bindung eines Malonylrests an ACP
66
Kapitel 4 · Bildung von Energiespeichern
. Abb. 4.5. Biosynthese von Fettsäuren (aus Löffler 2005)
4
Pyruvat wird in das Mitochondrium rücktransportiert und durch die Pyruvatdehydrogenase zu Acetyl-CoA oxidativ decarboxyliert. Acetyl-CoA wird für die Fettsäurebiosynthese erneut als Citrat aus dem Mitochondrium geschleust (. Abb. 4.5). Merke Palmityl-CoA hemmt nicht die Fettsäuresynthese, sondern die freie Fettsäure Palmitinsäure. Der zu Beginn der Palmitinsäurebiosynthese an das ACP gebundene Acetylrest liefert die C-Atome 15 und 16 der Fettsäure (ganz hinten unter Bezug auf die Stellung der COOH-Gruppe).
Die Biosynthese ungesättigter Fettsäuren ist nur begrenzt möglich. Ungesättigte Fettsäuren werden von terminalen Desaturasen hergestellt. Säugetiere haben 4 verschiedene Enzyme, die als '9-, '8-, '6- und '5-Fettsäure-Acyl-CoA-Desaturasen bezeichnet wer-
den. Sie sind in den Membranen des endoplasmatischen Retikulums der Leber lokalisiert, benötigen das Cytochrom b5 und katalysieren die folgende Reaktion: CH3–(CH2)x–CH2–CH2–(CH2)y–CO–S–CoA+ NADPH2+O2oCH3–(CH2)x–CH=CH–(CH2)y– CO–S–CoA+2 H2O+NADP+ Für die Einführung einer Doppelbindung in die Palmitin- bzw. Stearinsäure zur Synthese der Palmitoleinsäure bzw. Ölsäure ist die '9-spezifische Desaturase verantwortlich. Jedoch ist ausgeschlossen, dass durch diese Enzyme eine Doppelbindung in Position '12 oder '15 eingeführt werden kann; daher sind Linol- und Linolensäure essenziell. Eine Einführung von Doppelbindungen distal von C9 ist nicht möglich. Die Arachidonsäure ist jedoch nicht essenziell. Kettenverlängerungen der Palmitinsäure werden durch Elongasen katalysiert. Diese Enzyme kommen
67 4.2 · Lipide
sowohl in den Mitochondrien als auch im endoplasmatischen Retikulum vor. Bei der mitochondrialen Elongation wird in Umkehrung der E-Oxidation Acetyl-CoA addiert und reduziert. Beim letzten Reduktionsschritt wird allerdings nicht FADH2, sondern NADPH2 als Coenzym verwendet. Die biologische Bedeutung dieser mitochondrialen Prozesse ist nicht geklärt. Bei Elongationen am endoplasmatischen Retikulum werden Fettsäuren durch aufeinander folgende Kondensationen von Malonyl-CoA verlängert. Die Reduktionen sind NADPH2-abhängig. Durch die Kombination von Elongations- und Desaturierungsreaktionen kann eine Vielzahl ungesättigter Fettsäuren entstehen. So wird die vierfach ungesättigte Arachidonsäure (C20) durch Kettenverlängerung und Desaturierung aus Linolsäure erzeugt. Merke Die Fettsäurebiosynthese ist ein zytoplasmatischer Prozess in einem Multienzym-Komplex. Aus energetischen Gründen kann sie keine Umkehrung der E-Oxidation sein. Die Anlagerung von C2-Einheiten erfolgt über Malonyl-CoA. Das reduzierende Coenzym ist NADPH2. Dieses wird in der direkten Glucoseoxidation und durch das Malatenzym bereitgestellt. Palmitat hemmt die Acetyl-CoA-Carboxylase. Malonyl-CoA hemmt den Fettsäuretransfer in das Mitochondrium. Die Acetyl-CoA-Carboxylase wird weiterhin durch Phosphorylierung inaktiviert.
welches die Muttersubstanz für die PG D2, E2, I2 und Thromboxan A2 ist. Durch die Lipoxygenase werden aus Arachidonsäure die Leukotriene gebildet. Glucocorticoide hemmen die Freisetzung von Arachidonsäure. Aspirin hemmt COX irreversibel und wirkt dadurch entzündungshemmend, Fieber senkend, Schmerz lindernd und als Hemmer der Blutgerinnung. KLINIK Biologische Effekte ausgewählter Prostaglandine sind: 5 PGF2D: Kontraktion der glatten Muskulatur (therapeutisch genutzt zur Geburteneinleitung), 5 PGI2 (Prostazyklin): Vasodilatator, Hemmer der Thrombozytenaggregation und 5 Thromboxan A2: Vasokonstriktion, Stimulation der Thrombozytenaggregation.
Störungen im Verhältnis von endothelialem PGI2 und thrombozytärem TXA2 spielen möglicherweise eine Rolle bei der Entstehung von Arteriosklerose. Raucher haben eine verminderte Prostazyklinsynthese. Leukotriene sind die stärksten Konstriktoren der Bronchialmuskulatur (wirksamer als Histamin). Sie erhöhen die Kapillarpermeabilität und sind Chemotaxine für Leukozyten. Sie sind Mediatoren für Entzündungs- und allergische Reaktionen z. B. beim Asthma bronchiale.
Prüfungsfallstricke
Prüfungsfallstricke
Die Fettsäuredesaturasen benötigen Cytochrom b5 und nicht Cytochrom P450. Fettsäuredesaturasen sind Monooxygenasen, da intermediäre Hydroxylverbindungen entstehen, die durch Wasserabspaltung in ungesättigte Verbindungen überführt werden.
Die Cyclooxygenase, nicht die Lipoxygenase, wird durch Acetylsalicylsäure (Aspirin) gehemmt.
Eicosanoide Eicosanoide sind Mediatorstoffe und Gewebshormone mit sehr kurzer biologischer Halbwertszeit. Sie lösen vielfältige Effekte aus, die durch Rezeptoren auf den Zellen der Zielgewebe vermittelt werden. Die Eicosanoide werden aus Arachidonsäure gebildet, die durch die Phospholipase A2 aus den Zellmembranen freigesetzt wird. Durch die Prostaglandinsynthase, bestehend aus den Untereinheiten Cyclooxygenase (COX) und Peroxidase, wird unter Verbrauch von O2 zunächst Prostaglandin (PG) H gebildet,
4
Merke Prostaglandine und Leukotriene werden unter dem Begriff Eicosanoide zusammengefasst und aus Arachidonsäure gebildet. Als Mediatorstoffe vermitteln sie zahlreiche Reaktionen, u. a. Entzündungsreaktionen, Blutgerinnungseffekte, Kontraktionen der glatten Gefäß-, Uterus- und Bronchialmuskulatur. Cyclooxygenasen (durch Aspirin hemmbar) sind die Schlüsselenzyme für die Synthese der Prostaglandine. Lipoxygenasen (durch Aspirin nicht hemmbar) leiten die Biosynthese der Leukotriene ein.
68
Kapitel 4 · Bildung von Energiespeichern
4.2.3 Triacylglycerinsynthese
4
Die Biosynthese der Triacylglycerole läuft in folgenden Schritten ab: 4 Bereitstellung von Glycerol-3-Phosphat durch direkte ATP-abhängige Phosphorylierung von Glycerol durch die Glycerolkinase in Leber, Niere, Dünndarmmukosa und laktierender Mamma. Im Fettgewebe fehlt die Glycerolkinase. Daher erfolgt eine Reduktion von Dihydroxyacetonphosphat durch die Glycerolphosphatdehydrogenase zu Glycerolphosphat. Alternativ wird Dihydroxyacetonphosphat mit einer Acyl-CoA verestert und durch Reduktion in ein Lysophosphatid überführt. 4 Anlagerung von 2 Acyl-CoA an Glycerol-3-Phosphat unter Bildung der Phosphatidsäure. Die an der primären OH-Gruppe veresterte Fettsäure ist häufig Palmitinsäure, an der sekundären OH-Gruppe Ölsäure. 4 Abspaltung des Phosphats aus der Phosphatidsäure durch eine Phosphatase unter Bildung eines Diglycerids. 4 Anlagerung der dritten Fettsäure an das Diglycerid. Lipolyse und Lipogenese unterliegen einer hormonellen Kontrolle. Die Lipolyse wird durch Adrenalin und Noradrenalin stimuliert, durch Insulin gehemmt. Die Katecholamine aktivieren die hormonsensitive Lipase über eine Erhöhung des cAMP-Spiegels und die Aktivierung der Proteinkinase A (Bindung an E2-Rezeptoren der Adipozyten). Die Reizung des Sympathikus aktiviert die Lipolyse über die Freisetzung von Noradrenalin. Insulin senkt den cAMP-Spiegel über eine Aktivierung der cAMP-Phosphodiesterase und fördert die Neutralfettsynthese über die Induktion der AcetylCoA-Carboxylase. Es stimuliert zudem die Bildung der Lipoproteinlipase, wodurch die Versorgung der Fettzellen mit Fettsäuren erhöht wird. Im gynoiden Fettgewebe (Oberschenkel, Gesäß bei der Frau, Bauch beim Mann) bindet Adrenalin auch an D2-Rezeptoren, wodurch die cAMP-Konzentration gesenkt und die Lipolyse gehemmt wird. Schilddrüsenhormone und Glucocorticoide stimulieren die Lipolyse erst nach einer Latenzzeit. Das Hormon Leptin des Fettgewebes steuert die Nahrungsaufnahme und nimmt dadurch Einfluss auf die Lipogenese. Glucagon stimuliert die Lipolyse ebenfalls über die Aktivierung der Proteinkinase A. Jedoch wird dieser Effekt für den Menschen unterschiedlich interpretiert.
KLINIK Der Körpermasse-Index (BMI = body mass index) dient der Definition einer Adipositas. Er errechnet sich aus dem Quotient aus Körpergewicht in kg, dividiert durch die Körpergröße in Metern zum Quadrat. Normal ist ein BMI von 20–24,9. Darüber und darunter hinausgehende Werte sind pathologisch (25–30= Übergewicht; >30= Adipositas; < 20= Magersucht).
Merke Fettsäurebiosynthese und Lipogenese sind gekoppelte Prozesse. Hauptorgane für die Neutralfettsynthese sind Leber und Fettgewebe. Die Lipolyse und Lipogenese werden durch Katecholamine, Glucagon und Insulin reguliert. Schilddrüsenhormone und Glucocorticoide stimulieren den Fettabbau erst nach einer Latenzzeit.
Synthese und Abbau von Phospholipiden und Glycolipiden Die Biosynthese der Glycerolphosphatide läuft in folgenden Schritten ab: 4 Bereitstellung der Phosphatidsäure (siehe Neutralfettsynthese), 4 Bildung der Aminoalkohole Ethanolamin und Cholin durch Decarboxylierung von Serin zu Ethanolamin und Methylierung des Ethanolamins (Methylgruppen-Donator S-Adenosyl-Methionin) zu Cholin, 4 Aktivierung der Aminoalkohole durch Phosphorylierung unter ATP-Verbrauch und Übertragung auf CTP unter Bildung von CDP-Ethanolamin bzw. -Cholin (7 Analogien zur Bildung der UDP-Glucose), 4 Bildung eines Diacylglycerols aus Phosphatidsäure und Übertragung von Phosphorylcholin bzw. Phosphorylethanolamin aus den Nucleotidderivaten auf das Diglycerid unter Bildung von Phosphatidylcholin und Phosphatidylethanolamin. Alternativ kann Phosphatidylethanolamin durch Austausch mit Serin in Phosphatidylserin oder durch Methylierung in Phosphatidylcholin überführt werden. 4 Für die Bildung von Phosphatidylinositol wird das Diglycerid mit CTP zum CDP-Diacylglycerol aktiviert und auf Inositol übertragen. Prüfungsfallstricke Ein Nebenweg ist, dass CDP-Diacylglycerol auch Cholin und Ethanolamin unter Bildung der entsprechenden Phosphatidylverbindungen binden kann.
69 4.2 · Lipide
Der Abbau von Glycerolphosphatiden wird durch Phospholipasen katalysiert. 4 Die Phospholipasen A1 und A2 hydrolysieren die am C1 oder am C2 des Glycerols gebundenen Fettsäuren ab. 4 Die Phospholipase C spaltet die Phosphodiesterbindung am Glycerol unter Freisetzung der phosphorylierten Aminoalkohole bzw. von Inositolphosphat. 4 Die Phospholipase D hydrolysiert die Phosphoesterbindung zu den Aminoalkoholen. 4 Phospholipase B spaltet aus Lysophosphatiden den Fettsäurerest ab. Prüfungsfallstricke Reaktionsprodukt der Phospholipase A2 ist neben Arachidonsäure ein Lysophosphatid. Phospholipase C setzt IP3 und Diacylglycerol (DAG) frei.
Der Abbau der Phosphoglyceride liefert wichtige Moleküle für die Signaltransduktion, wie Inositoltrisphosphat (IP3) (Mobilisierung von Ca2+ aus dem endoplasmatischen Retikulum), Diacylglycerol (Aktivierung der Proteinkinase C zusammen mit Ca2+) und Arachidonsäure für die Eicosanoidsynthese. Merke Die Synthese der Glycerolphosphatide ist bis zur Bildung der Phosphatidsäure mit der Neusynthese von Neutralfetten identisch. CDP-aktivierte Aminoalkohole werden dann auf die Phosphatidsäure übertragen. CDP-Glycerol wird für die Synthese der Phosphatidylinositole und von Cardiolipin genutzt. Phospholipasen katalysieren den Abbau von Phospholipiden. Der Abbau von Glycerolphosphatiden ist mit zellulären Signaltransduktionsprozessen verbunden.
Die Biosynthese der Sphingolipide beginnt mit der Bildung des Sphingosins aus Palmitoyl-CoA und Serin. Die Aminogruppe des Sphingosins wird unter Bildung des Ceramids mit einer C24-Carbonsäure amidiert. Ceramid ist Ausgangsprodukt für die Synthesen von 4 Sphingomyelinen durch Veresterung der primären OH-Gruppe des Sphingosins mit Phosphorylcholin (Donator: CDP-Cholin), 4 Cerebrosiden und Gangliosiden. Dabei reagieren UDP-Galactose oder UDP-Glucose mit der primären OH-Gruppe des Sphingosins. Sulfatide entstehen durch Veresterung des Galactoserests mit Sulfat
4
(aus PAPS); Ganglioside werden durch schrittweise Anlagerung von aktivierten Zuckern, Aminozuckern und Neuraminsäure an die Cerebroside gebildet. Cerebroside und Ganglioside kommen besonders häufig in den Membranen der Axone und der grauen Substanz des ZNS vor. Der Abbau der Sphingomyeline und Glycolipide wird bewerkstelligt durch 4 Sphingomyelinasen, die Cholinphosphat abspalten, wobei Ceramid entsteht, 4 Ceramidasen, die die Säureamidbindung unter Bildung von Sphingosin und einer C24-Fettsäure hydrolysieren und 4 lysosomale E-Galactosidasen, Glucosidasen, Hexosaminidasen und Neuramidasen, welche die Kohlenhydrate aus Cerebrosiden und Gangliosiden abspalten. Abbauprodukte der Sphingomyeline und Glycolipide haben zelluläre Effekte als Botenstoffe. 4 Ceramid: Hemmung der Proteinkinase C, Aktivator der Apoptose, 4 Sphingosin: Hemmer der Apoptose, 4 Sphingosin-1-Phosphat: Förderung der Zellproliferation, Hemmung der Apoptose. KLINIK Lipidosen sind Lipidspeichererkrankungen. Sphingolipidosen sind durch Ablagerungen von Sphingomyelinen, Cerebrosiden oder Gangliosiden in Leber, Milz, Niere, Hirn, aber auch Makrophagen gekennzeichnet. Sie beruhen auf genetischen Defekten der abbauenden Enzyme. Sie sind selten. Ihre Symptomatik wird u. a. durch zentralnervöse Erscheinungen (Demenz) bestimmt.
Synthese und Stoffwechsel des Cholesterols Die Hauptmenge an Cholesterol wird beim Menschen in der Leber gebildet. Aber fast alle Zellen sind zur Cholesterolbiosynthese befähigt. Cholesterol wird über »aktives Isopren« aus Acetyl-CoA am endoplasmatischen Retikulum aufgebaut. Die Synthese läuft in folgenden Schritten ab: Zunächst erfolgt die Bildung von E-Hydroxy-E-methylglutaryl-CoA (HMG-CoA) aus 3 Acetyl-CoA (formal identisch mit der Bildung im Mitochondrium bei der Ketogenese). Anschließend folgt die Reduktion von HMG-CoA unter Abspaltung von CoA durch die HMG-CoA-Reduktase mittels 2 NADPH2 zu Mevalonsäure; die HMG-CoA-Reduktase ist an die zytoplas-
70
Kapitel 4 · Bildung von Energiespeichern
. Abb. 4.6. Synthese des aktiven Isoprens (aus Löffler 2005)
4
matische Seite des endoplasmatischen Retikulums gebunden. Mevalonat wird zweifach phosphoryliert zu 5-Pyrophosphomevalonat = Mevalonsäurepyrophosphat (Verbrauch von 2 ATP). Der nächste Schritt ist die Phosphorylierung am C3 des Mevalonsäurepyrophosphats, was zu einer Decarboxylierung und Phosphatabspaltung führt; es entsteht das aktive Isopren Isopentenylpyrophosphat (C5). Es folgt die Isomerisierung des Isopentenylpyrophosphats zu Dimethylallylpyrophosphat (. Abb. 4.6). Sodann katalysieren Prenyltransferasen die Kondensation aktiver Isoprene zu Terpenen:
4 Aus 2 aktiven Isoprenen entsteht Geranylpyrophosphat (C10), aus 3 Isoprenen Farnesylpyrophosphat (C15). Durch Kopf-Schwanz-Addition lagern sich Dimethylallylpyrophosphat und Isopentenylpyrophosphat unter Abspaltung eines Pyrophosphats zu Geranylpyrophosphat zusammen. Durch eine weitere Kopf-Schwanz-Anlagerung von Isopentenylpyrophosphat unter Abspaltung von PPa entsteht Farnesylpyrophosphat. Die Bildung von Isopentenylpyrophosphat bis zum Farnesylpyrophosphat findet in den Peroxisomen statt.
71 4.2 · Lipide
4 2 Moleküle Farnesylpyrophosphat bilden das Triterpen Squalen, welches über verschiedene Zwischenstufen (Bildung des Steranrings als Lanosterin, Abspaltung von 3 C-Atomen) in Cholesterol (C27) überführt wird. Diese Reaktionen finden im endoplasmatischen Retikulum statt. Für die Biosynthese des Cholesterols werden 6 HMGCoA-Moleküle benötigt. Schlüsselenzym der Cholesterolsynthese ist die HMG-CoA-Reduktase. Die Aktivität des Enzyms wird auf genetischem und metabolischem Niveau reguliert. 4 Transkriptionskontrolle der HMG-CoA-Reduktase-Aktivität: Cholesterol und andere Steroide hemmen die Transkription der Gene der HMGCoA-Synthase und -Reduktase, der Prenyl-Transferasen sowie des LDL-Rezeptors. 4 Metabolische Kontrolle der HMG-CoA-Reduktase-Aktivität: Eine Phosphorylierung des Enzyms durch eine AMP-abhängige Proteinkinase führt zu seiner Inaktivierung (7 Acetyl-CoA-Carboxylase). Insulin fördert und Glucagon hemmt die HMGCoA-Reduktase. 4 Die HMG-CoA-Reduktase ist in die Membranen des endoplasmatischen Retikulums integriert. Bindung von Cholesterol und nichtsteroidaler IsoprenDerivate an ihre transmembranalen Domänen löst ihren proteolytischen Abbau aus. KLINIK Mevalonsäure-Analoga (z. B. die Pilzmetabolite Compactin und Mevinolin) hemmen die HMG-CoAReduktase kompetitiv und finden als Statine therapeutische Anwendung bei der Hypercholesterolämie.
Die Menge des mit der Nahrung aufgenommenen Cholesterols hat Einfluss auf den Cholesterolgehalt des Bluts. Durch Reduktion des Nahrungscholesterols lässt sich der Plasmaspiegel absenken. 800 mg Cholesterol werden pro Tag hepatisch und extrahepatisch gebildet. Mit der Nahrung aufgenommenes Cholesterol greift in die Regulationsmechanismen ein. Prüfungsfallstricke In den Hepatozyten wird der Cholesterolstoffwechsel über die HMG-CoA-Reductase-Aktivität reguliert. In der Peripherie bestimmt die Verfügbarkeit des LDL-Rezeptors die Regulation.
4
Aus Cholesterol entstehen im Stoffwechsel: 4 7-Dehydrocholesterol = Provitamin D (Einführung einer zweiten Doppelbindung im B-Ring), 4 Cholesterolester als intrazelluläre Speicherform durch die Acyl-CoA-Cholesterol-Acyltransferase (ACAT), die durch Cholesterol aktiviert wird, 4 Steroidhormone und 4 Gallensäuren. Die Ausscheidung des Cholesterols erfolgt über die Galle als freies Cholesterol sowie in Form von Gallensäuren. Die wichtigsten Gallensäuren sind Cholsäure und Chenodesoxycholsäure. Bei der Umwandlung von Cholesterol in Gallensäuren erfolgen 4 eine oxidative Verkürzung der Isooctyl-Seitenkette um 3 C-Atome unter Ausbildung einer Carboxylgruppe, 4 eine Hydrierung der Doppelbindung des B-Rings, 4 Hydroxylierungen am Steranring (CD7, CD12), die durch Cytochrom P450 katalysiert werden, 4 Aktivierung mit CoA und Konjugation mit Taurin (H3N+–CH2–CH2–SO3H–) oder Glycin. Das Verhältnis von Glyco- zu Taurocholsäuren liegt bei 4:1. Die täglich synthetisierte Menge beträgt 200–500 mg. Das entspricht dem Verlust über die Faeces. Der tägliche Umsatz beträgt 5–10 g, das bedeutet, der enterohepatische Kreislauf nach Resorption im Ileum wird 6–10 Mal täglich durchlaufen. Funktionen der Gallensäuren sind: 4 Fettverdauung (Emulgierung des Nahrungsfetts, Micellenbildung zur Resorption von Fettverdauungsprodukten, Aktivierung von Lipasen, Anregung der Darmperistaltik), 4 in der Gallenflüssigkeit Lösungsvermittler für Cholesterol und 4 in der Leber Hemmer der Cholesterolsynthese. Im Dünndarm kommt es zu chemischen Veränderungen der Gallensäuren. Die Produkte werden sekundäre Gallensäuren genannt, z. B. Desoxycholsäure. Merke Die Biosynthese des Cholesterols erfolgt aus Acetyl-CoA über die Bildung aktiven Isoprens. Das Schlüsselenzym ist die HMG-CoA-Reduktase, die einer genetischen und metabolischen Kontrolle unterliegt. Aus Cholesterol werden Steroidhormone, Gallensäuren und das Provitamin D gebildet. Cholesterol wird zusammen mit Gallensäuren über die Galle ausgeschieden. Cholesterol und Gallensäuren unterliegen einem enterohepatischen Kreislauf.
72
4
Kapitel 4 · Bildung von Energiespeichern
Lipoproteine Lipoproteine sind die Transportform der apolaren Lipide im Blut. Der Proteinanteil wird Apolipoprotein genannt. Sie vermitteln einerseits die Löslichkeit und sind andererseits auch Strukturelemente der Lipoproteinpartikel. Die Apoliproteine enthalten einen großen Anteil amphiphiler Helices, deren hydrophile Aminosäurereste der Außenseite zugewandt sind. Sie sind auch für die Rezeptorenkontakte zuständig. Die hydrophoben Aminosäurereste sind in das Innere des Partikels gerichtet. Der Kern der Lipoproteine besteht aus Cholesterolestern und Neutralfetten sowie den hydrophoben Anteilen von Phospholipiden. Prüfungsfallstricke Die elektrophoretische Wanderungsgeschwindigkeit der Lipoproteine hängt nicht von ihrem Cholesterolgehalt ab, sondern von ihren Apolipoproteinen.
Entsprechend ihrer Dichte werden Lipoproteine in 4 Hauptklassen eingeteilt: 4 Chylomikronen: (d<0,95 g/ml), ca. 98% Fette (davon 85% Neutralfette), 2% Protein (überwiegend Apo B48); 4 VLDL: (d=0,95–1,006 g/ml), ca. 90% Fett (davon 50% Neutralfette), 10% Protein (Apo B100, Apo CI–III, Apo E); 4 LDL: (d=1,006–1,063), ca. 75% Fett (davon 45% Cholesterol), 25% Protein (Apo B100, C, E); 4 HDL: (d=1,063–1,21), ca. 45% Fett (davon 17% Cholesterol und 24% Phospholipide), 55% Protein (Apo AI, II, IV, Apo CI–III, Apo D). Prüfungsfallstricke Die Chylomikronen und VLDL sind die an Triacylglycerol reichen Lipoproteine und LDL und HDL sind die an Cholesterol reichen Lipoproteine.
Chylomikronen werden in der Dünndarmschleimhaut synthetisiert und gelangen über die Lymphe ins Blut. Sie transportieren die mit der Nahrung aufgenommenen Fette, v. a. Triacylglycerole. Durch die Lipoproteinlipase der Endothelien in Muskel und Fettgewebe werden die Triacylglycerole gespalten und es entstehen die so genannten remnants, die von der Leber über B/E-Rezeptoren aufgenommen und endgültig abgebaut werden. VLDL werden in der Leber gebildet und transportieren die synthetisierten Neutralfette und Cholesterol in die Körperperipherie. Dort übernehmen sie von
den HDL die Apoliporoteine C und E und geben unter der Wirkung der Lipoproteinlipase die meisten ihrer Neutralfette ab. Es entstehen die IDL (Lipoproteine intermediärer Dichte), die nach Leberkontakt (Abbau weiterer Neutralfette durch die Leberlipase) in die LDL umgewandelt werden. Die LDL transportieren das in der Leber gebildete Cholesterol in die Körperperipherie. Dabei laufen folgende Prozesse ab: 4 Bindung der LDL an LDL- (B/E-) Rezeptoren der extrahepatischen Zellen, 4 Bildung von »coated pits«, 4 Endozytose unter Ausbildung clathrinbedeckter intrazellulärer Vesikel, 4 Ausbildung von Endosomen unter Absenkung des pH-Werts und Verschmelzung mit Lysosomen sowie 4 Recycling des Rezeptors und Abbau der LDL. Daraus folgt: 4 Speicherung des Cholesterols als Ester durch die ACAT, 4 Hemmung der zellulären Cholesterolsynthese und 4 Niederregulation der HMG-Reduktase- und der LDL-Rezeptor-Synthese, Steigerung der Expression von ACAT. HDL werden vorrangig in der Leber gebildet und sind für den reversiblen Cholesteroltransport von der Körperperipherie zur Leber verantwortlich. Für den Transport von Cholesterol aus den Körperzellen zu den HDL sind ABC-Transportproteine verantwortlich. Das mit den HDL assoziierte Enzym Lecithin-CholesterolAcyltransferase (LCAT) katalysiert die Übertragung eines Acylrests aus Phosphatidylcholin auf Cholesterol, wobei ein Cholesterolester und ein Lysophosphatid entstehen. Da das Lysophosphatid aus den HDL abgegeben wird, entsteht Platz für die Bindung weiterer Cholesterolmoleküle. Dabei bilden sich die HDL2 und HDL3, die von der Leber aufgenommen werden. HDL können auch Cholesterol auf VLDL rückübertragen. HDLs geben Teile ihrer Apolipoproteine an Chylomikronen und VLDL ab. Apolipoprotein CII ist Aktivator der Lipoproteinlipase, Apo AI aktiviert die LCAT. Störungen im Stoffwechsel der Lipoproteine spielen eine große Rolle in der Ätiopathogenese der Arteriosklerose.
73 4.2 · Lipide
Merke Lipoproteine sind die Transportformen für Lipide im Blut. Chylomikronen befördern die aus der Nahrung stammenden Lipide, die in der Mukosa resynthetisiert werden, v. a. Neutralfette. VLDL transportieren die in der Leber synthetisierten Neutralfette und Cholesterol zur Körperperipherie. Die LDL entstammen dem Abbau der VLDL und übernehmen den Cholesteroltransport zu den Geweben. HDL sind für den Rücktransport von Cholesterol v. a. zur Leber verantwortlich. Die in den Endothelien gebildete Lipoproteinlipase, aktiviert durch Apo CII, katalysiert den Abbau der Neutralfette in den Chylomikronen und VLDL. Die LCAT (aktiviert durch Apo AI) in den HDL fördert die Veresterung des Cholesterols. LDL werden durch Endozytose über den LDL(B/E-)-Rezeptor in die Zellen aufgenommen.
KLINIK Hypolipoproteinämien beruhen auf genetischen Defekten: Die A-E-Lipoproteinämie ist v. a. durch eine Verminderung der LDL gekennzeichnet. Die Apolipoprotein B-Biosynthese ist beeinträchtigt. Die Hypo-β-Lipoproteinämie (Tangier-Erkrankung) beruht auf einem Synthesedefekt des Apolipoprotein A. Die Folge ist eine Verminderung des HDL-Cholesterols. Primäre Hyperlipoproteinämien sind genetisch bedingt. Man unterscheidet 5 Typen: 5 Typ I: Anstieg der Chylomikronen, Erhöhung der Neutralfette im Blut; Fehlen der Lipoproteinlipase und Mangel an Apolipoprotein CII. 5 Typ II: Cholesterol im Blut stark erhöht; defekter LDL-Rezeptor (familiäre Hypercholesterolämie, molekulare Defekte im Apolipoprotein B). 5 Typ III: Neutralfette und Cholesterol im Blut erhöht, atypische VLDL, Auftreten der Isoform E2 des Apolipoproteins E (Apolipoprotein E-Defekt). 5 Typ IV: Neutralfette und VLDL erhöht; Ursache unbekannt. 5 Typ V: Neutralfette, Cholesterol, Chylomikronen und VLDL erhöht; Ursache unbekannt. Sekundäre Hyperlipoproteinämien sind erworben. Sie lassen sich nach ihrem Erscheinungsbild wie die genetisch bedingten Hyperlipoproteinämien klassifizieren. Von besonderer Bedeutung ist, dass die Höhe des Cholesterolspiegels (LDLCholesterol) mit der koronaren Herzkrankheit und der Arteriosklerose korreliert.
4
Arteriosklerose und Cholesterolhomöostase Die Arteriosklerose ist eine chronisch-proliferative Entzündung der Gefäßwände der großen Arterien. Sie ist Ursache der koronaren Herzkrankheit (Infarkte), der zerebralen Insulte und von Durchblutungsstörungen in den Extremitäten. Störungen im Lipidstoffwechsel spielen in ihrer Pathogenese eine wichtige Rolle. Als gesichert gilt die Korrelation zwischen der Höhe des Plasma-Cholesterolkonzentration (erhöhtes LDL-Cholesterol) und dem Risiko für eine Gefäßerkrankung. Ein hohes HDL-Cholesterol wirkt antiatherogen. Die Cholesterolhomöostase wird durch die zelluläre De-novo-Synthese, die intestinale Resorption und durch die biliäre Ausscheidung bestimmt. In den apikalen Enterozytenmembranen wird ein Transporterprotein exprimiert, welches die Aufnahme von Cholesterol aus dem Darmlumen befördert. Seine medikamentöse Hemmung (Ezetimib) senkt den Plasmacholesterolspiegel. Für den Ausstrom von Cholesterol aus den Körperzellen existieren ebenfalls membrangebundene Transportproteine (ABC-Transporter), die Cholesterol auf die HDL übertragen. Die HDL-assoziierten Cholesterolester können selektiv aus dem Plasma von der Leber aufgenommen und der biliären Exkretion zugeführt werden. Dieser HDL-Rezeptor gehört zur Gruppe der Scavenger-Rezeptoren. Die Sekretion von Cholesterol von den Hepatozyten in die Galle wird ebenfalls durch membranale Transporter vermittelt. In den Enterozyten werden diese Transporter ebenfalls exprimiert, die eine Ausscheidung von Cholesterol in das Darmlumen befördern. Diese Proteine begrenzen die Aufnahme von Cholesterol aus dem Darm. Störungen des membranalen Cholesteroltransports können demzufolge auf verschiedene Weise die Entstehung der Arteriosklerose begünstigen. Chemisch-modifizierte, z. B. oxidierte LDL werden von Makrophagen über Scavenger-Rezeptoren aufgenommen. Ihre Akkumulation in den Makrophagen der Gefäßwände führt zur Bildung von Schaumzellen, die für die Cholesterolablagerungen in den arteriosklerotischen Plaques der Gefäßwände verantwortlich sind. Merke Die Begrenzung der Cholesterolaufnahme durch die Nahrung ist eine erste präventive Maßnahme zur Senkung des Arterioskleroserisikos.
4
74
Kapitel 4 · Bildung von Energiespeichern
4.3
Proteine
Die physiologische Bedeutung der Proteine besteht nicht primär darin, Energiereserve wie das Glycogen oder die Neutralfette zu sein. Insbesondere die Muskulatur sowie das lymphatische Gewebe ist die Reserve für die Bereitstellung von Aminosäuren für den intermediären Stoffwechsel bei Protein-Mangelernährung oder fehlender Glucosezufuhr bzw. Glucoseverwertung. Der Abbau von Aminosäuren kann direkt oder über die Gluconeogenese sowie die Ketogenese indirekt zur Energiegewinnung verwendet werden. Zum Stoffwechsel der essenziellen und nichtessenziellen Aminosäure 7 Kap. 3.5. KLINIK Mangel an Körpereiweiß infolge einer unzureichenden Zufuhr von Proteinen in der Nahrung (alimentäres Dystrophie-Syndrom, Hunger, Kwashiorkor) oder als Folge von Resorptionsstörungen der Aminosäuren (Sprue, Zoeliakie), Eiweißverlusten (Proteinurie, z. B. beim nephrotischen Syndrom, exsudative Gastroenteropathie) äußern sich in einer Ödembildung sowie einer Hypoproteinämie verbunden mit einer Dysproteinämie (7 Kap. 11). Chronischer Eiweißmangel führt zu degenerativen Veränderungen des Leberparenchyms.
4 Stimulierung der Proteinbiosynthese in der Muskulatur. Die langsamen Stoffwechselwirkungen des Insulins sind an die Induktion und Repression von Enzymen gebunden. Dazu sind zu nennen: 4 die Induktion glucoseverwertender Schlüsselenzyme der Glycolyse und der Glycogensynthese sowie die Repression gluconeogenetischer Schlüsselenzyme, 4 die Hemmung der Gluconeogenese und Stimulierung der Glycolyse, 4 die Induktion der Lipoproteinlipase, wodurch eine erhöhte Spaltung von Chylomikronen und VLDL stattfindet und die Triglyceridsynthese in den Adipozyten stimuliert wird, sowie der Fettsäure-Synthetase und Acetyl-CoA-Carboxylase in Leber und Fettgewebe. Ein Fehlen oder Mangel des Insulins führt zum Entstehen des Diabetes mellitus (7 Kap. 4.1.7). Weitere Hormone mit proteinanaboler Wirkung sind das somatotrope Hormon (STH) mit den insulinähnlichen Wachstumsfaktoren IGF 1 und 2 sowie das Testosteron (7 Hormone). 4.4.2 Speicherverwertung
4.4
Regulation der Energiespeicherbildung und -verwertung
4.4.1 Bildung von Energiespeichern Die biochemischen Grundlagen der Synthesen von Glycogen und Neutralfetten wurden in den vorangegangenen Kapiteln erwähnt. Ihre Regulation erfolgt durch Hormone. Das wichtigste anabole Hormon ist das Insulin. Es fördert die Glucoseverwertung in Leber, Muskulatur und Fettgewebe. In der Leber stimuliert es die Bildung von Glycogen und die Lipogenese. In Fettgewebe und Muskulatur fördert es die Aufnahme von Glucose durch GLUT 4. In der Muskulatur stimuliert es die Proteinbiosynthese u. a. durch eine Förderung der Aminosäureaufnahme. Eine schnelle Realisierung der Stoffwechselwirkungen des Insulins kommt durch eine Absenkung des cAMP-Spiegels zustande. Dazu gehören: 4 Steigerung der Glycogensynthese in Leber und Skelettmuskulatur, 4 Steigerung der Neutralfettsynthese im Fettgewebe und
Glucagon, Adrenalin und die Glucorticoide (insbesondere das Cortisol) spielen beim Abbau von Glycogen, bei der Aufrechterhaltung der Blut-Glucosekonzentration und in der Lipolyse eine herausragende Rolle. Glucagon induziert kurzfristig über die Erhöhung des cAMP-Spiegels die Glycogenolyse und Gluconeogenese in der Leber. Es ist der unmittelbare Gegenspieler des Insulins bei der Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels. Längerfristige Wirkungen auf die Gluconeogenese beruhen auf der Reprimierung der glycolytischen Schlüsselenzyme und der Induktion der gluconeogenetischen Schlüsselenzyme zusammen mit Cortisol. Cortisol bewerkstelligt auf noch unbekannte Weise eine Proteolyse in der Muskulatur und im lymphatischen Gewebe zur Bereitstellung glucogener Aminosäuren. Adrenalin als Stresshormon sorgt für eine unmittelbare Bereitstellung von energieliefernden Metaboliten. Nach seiner Bindung an E-Rezeptoren kommt es zu einer Erhöhung des zellulären cAMP mit Aktivierung der Glycogenolyse in Leber und Muskulatur, einer Stimulierung der Gluconeogenese in der Leber und einer Lipolyse im Fettgewebe.
4
75 4.5 · Pathobiochemie
Schlüsselenzyme für die Regulation sind: 4 die Glycogenphosphorylase in Leber und Muskulatur, 4 die hormonsensitive Lipase im Fettgewebe, 4 die Phosphofructokinase 2/Fructose-2,6-Biphosphatase und damit die Regulation von Phosphofructokinase 1 und Fructose-1,6-Bisphosphatase sowie 4 die Pyruvatcarboxylase und PEP-Carboxykinase.
. Tab. 4.4. Energiereserven des Menschen (70 kg)
Menge (g)
Energiewert (kJ)
Triacylglycerole (Fettgewebe)
15.000
600.000
Glycogen (Leber, Muskel)
max. 400
Protein (Muskel)
6000
7000 101.000
4.4.3 Energiegewinnung Der Energiegewinnung dienen v. a. der Abbau von Glucose über die Glycolyse und die aerobe Verstoffwechselung zu CO2 und H2O sowie der Fettsäureabbau in der E-Oxidation zusammen mit dem Citratzyklus. Die regulatorisch wirksamen Mechanismen sind bei den entsprechenden Stoffwechselwegen abgehandelt. 4.5
Pathobiochemie
4.5.1 Stoffwechsel bei Nahrungsmangel Beim Fasten und Hungern verändert sich der Stoffwechsel, damit das Gehirn und andere ausschließlich von Glucose abhängige Gewebe (Nierenmark, Erythrozyten) weiterhin mit Brennstoffen versorgt werden können. Die Energiereserven sind (. Tab. 4.4): 4 Leber- und Muskelglycogen (gering), 4 Triacylglycerole des Fettgewebes (ausreichend für etwa 3 Monate) und
4 Proteine der Leber, Muskulatur und des lymphatischen Gewebes, die bei Bedarf zur Energieversorgung (u. a. Gluconeogenese) abgebaut werden. Prüfungsfallstricke Die Anorexia nervosa ist eine psychiatrische Form extremer Mangelernährung.
Wird 12 h keine Nahrung aufgenommen, sind fast das ganze Leberglycogen und große Teile des Muskelglycogens verbraucht (. Tab. 4.5). Innerhalb von 24 h sinkt die Blut-Glucosekonzentration. Die Insulinsekretion sistiert. Die Glucagonfreisetzung wird stimuliert. Es kommt zu einer Mobilisierung der Neutralfette, deren Fettsäuren zu primären Brennstoffen für Muskulatur und Leber werden. Für die Glucoseversorgung des Hirns kommt die Gluconeogenese auf, in der Glycerol, Lactat und glucogene Aminosäuren (aus den Proteinen von Leber, lymphatischem Gewebe und Muskulatur) verwertet werden. Dadurch steigt die Harnstoffsynthese in der Leber an. Durch die Gluconeogenese
. Tab. 4.5. Stoffwechsel in der Postresorptionsphase (Hunger) und bei längerem Fasten
Strategie
Stoffwechsel
Organ
Aufrechterhaltung der Glucosekonzentration
Glycogenolyse erhöht
Leber
Im Blut für Glucoseverbraucher
Gluconeogenese erhöht
Leber, Niere
1. Deckung des Energiebedarfs durch Fettsäuren
Lipolyse erhöht, E-Oxidation erhöht
Fettgewebe, alle nicht obligaten Glucoseverbraucher
2. Stopp des Glucose-Abbaus
Glucose-Carrier* erniedrigt Phosphofructokinase 1 erniedrigt
Muskel, Fett Leber, Muskel, Fett
Beschränkung des Glucoseverbrauchs auf ein Minimum (Einsparung von Protein)
3. Rückführung von Lactat in die Gluconeogenese
Pyruvatdehydrogenase erniedrigt
Leber, Muskel, Fett, Herz
4. Teilweise Deckung des Energiebedarfs durch Ketonkörper und Einsparung von Glucose
Ketogenese erhöht, Ketonkörperabbau erhöht
Leber, ZNS und Muskulatur
* Aktivierung durch Insulin entfällt. Die insulininduzierte Biosynthese geht zurück.
76
4
Kapitel 4 · Bildung von Energiespeichern
kommt es zu einer Verarmung des Citratzyklus an Oxalacetat, wodurch die Verstoffwechslung von AcetylCoA behindert wird. Acetyl-CoA wird nun in der Ketogenese genutzt. Nach einigen Fastentagen steigt die Konzentration von Ketonkörpern im Blut deutlich an. Die Ketonkörper werden als Energielieferanten von Herz- und Skelettmuskel sowie vom Gehirn genutzt. Anstelle von Glucose verbraucht das Gehirn bevorzugt Ketonkörper. Das Gehirn kann wegen der Blut-Hirn-Schranke Fettsäuren zur Energiegewinnung nicht verwerten. Der Energiebedarf wird bei normaler Ernährung durch Glucose gedeckt. Dafür sind 120 g Glucose/Tag erforderlich! Dazu kommen noch 40 g für die anderen obligat glucoseverwertenden Gewebe (Erythrozyten, Nierenmark). Glucose kann beim Menschen nicht aus Fettsäuren gebildet werden. Für die Gluconeogenese im Hunger stehen nur das aus dem Fettgewebe stammende Glycerol und glucogene Aminosäuren zur Verfügung. Die Bildung von 1 g Glucose erfordert den Abbau von 1,75 g Protein. Bei Fortsetzung des Glucoseverbrauchs beim Fasten würden 19 g Glycerol und 177 g Protein/ Tag benötigt. Nach Verlust von etwa 3,5 kg Protein, das ist nach ca. 20 Tagen der Fall, träte der Tod ein, während die Energiereserven in Form der Neutralfette 70 Tage reichen. Die Strategie besteht in einer maximalen Einsparung von Glucose durch E-Oxidation von Fettsäuren in den nicht obligat glucoseverbrauchenden Organen und Geweben, im ZNS durch Abbau von Ketonkörper, die die Blut-Hirn-Schranke passieren. Das ZNS verbraucht beim Fasten nach einer Latenzzeit von 3 Tagen nur 35 g Glucose und 64 g Ketonkörper, wodurch die aus Aminosäuren zu bildende Glucosemenge auf 16 g und damit der Proteinverlust auf 28 g/Tag reduziert wird.
Merke Der Stoffwechsel im Fasten steht unter Kontrolle der Glucocorticoide und des STH mit seinen glucostatischen, lipolytischen und proteinanabolen Effekten. Im Hungerstoffwechsel steht die Gluconeogenese für die obligat Glucose benötigenden Gewebe, insbesondere das ZNS, im Vordergrund. Die Gluconeogenese wird aus Glycerol, Lactat und glucogenen Aminosäuren bestritten. Für 1 g Glucose müssen 1,75 g Protein abgebaut werden, was nur etwa 20 Tage mit dem Leben vereinbar ist. Das ZNS stellt sich auf die Verwertung von Ketonkörpern nach einer Latenzzeit ein. Dadurch werden der Glucoseverbrauch und die Proteolyse deutlich reduziert. Die nicht obligat zur Energiegewinnung Glucose benötigenden Gewebe decken ihren Energiebedarf durch die E-Oxidation von Fettsäuren.
4.5.2 Adipositas Übergewicht und Fettsucht stellen ein Problem der modernen Gesellschaftsentwicklung dar. Falsche Ernährung und Bewegungsmangel sind die häufigsten Ursachen. Ein klinischer Index zur Beurteilung des Körpergewichts ist der Körpermasse-Index (BMI), der sich aus dem Quotient aus Körpergewicht durch Körperlänge in Metern zum Quadrat (kg/m2) ergibt. Normal sind 20–24,9. Abgesehen von degenerativen Erkrankungen der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten ist Übergewichtigkeit ein Pathogenesefaktor für Diabetes Typ 2 und Arteriosklerose. Angeborene Störungen des Abbaus von Energiespeichern sind Glycogenosen und Lipoidosen. Die häufigste Glycogenose ist die vom Typ I mit einem Mangel an Glucose-6-Phosphatase.
77 4.5 · Pathobiochemie
Fallbeispiel Ein 35-jähriger Mann klagt bei der Arbeit über plötzliches Unwohlsein und thorakales Engegefühl. Wenig später sagt er zu seinem Kollegen, dass es immer schlimmer würde und er nun auch Schmerzen im Kiefer hätte. Da der Mann plötzlich bleich wird und massiv zu schwitzen beginnt, entscheidet sich der Kollege, einen Arzt zu verständigen. Dieser alarmiert nach Eintreffen sofort den Rettungsdienst, da der Mann kaum noch ansprechbar ist. Auf der Fahrt in das nahe gelegene Krankenhaus zeigen sich im abgeleiteten EKG infarkttypische Veränderungen (GK Physiologie). Da der Kreislauf des Patienten zunehmend instabiler wird, wird er im Krankenhaus sofort mittels eines Herzkatheters untersucht: es zeigt sich ein akuter totaler Verschluss einer Koronararterie und eine hochgradige Stenose einer weiteren Koronararterie. Nach erfolgreicher Wiedereröffnung mittels Stenteinlage in die Gefäße geht es dem Patienten bald besser, sodass er nach anfänglicher Überwachung auf der Intensivstation schnell verlegt werden kann.
Aufgrund des untypischen jungen Alters des Patienten wird eine umfangreiche Diagnostik bezüglich der Ursache der Arteriosklerose durchgeführt. Laut Anamnese war der Vater des Patienten mit 40 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben und auch der Onkel hatte schon zwei Infarkte. In der Lipoproteinelektrophorese zeigt sich schließlich eine deutliche Erhöhung der LDL-Fraktion 320 mg/dl (Grenzwert 160 mg/dl), so wie ein VLDL-Fraktion von 280 mg/dl und ein HDLFraktion von 33 mg/dl (Grenzwert 40 mg/dl). Nach ausgiebiger Familienanamnese ergibt sich somit eine familiäre (primäre) Hyperlipoproteinämie vom Typ II(b). Schon bei Werten von 300 mg/dl ist das Risiko um das Vierfache erhöht gegenüber Werten im Normbereich. Der Patient erhält eine detaillierte Diätberatung sowie HMG-CoA-Reduktasehemmer (z. B. Simvastatin) zur Reduktion der Lipoproteine. Aufgrund des Risikoprofils (Infarkt) sollte der Zielwert für LDL unter 100 mg/dl liegen.
4
5
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5 Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information Mind Map Der Bauplan des Menschen ist in jeder Körperzelle als DNA gespeichert. Jeder Zelltyp hat aber sein spezifisches Expressionsmuster für RNAs und Proteine, welches durch Hormone, Zytokine oder Umweltbedingungen beeinflusst werden kann. Das Dogma der Molekularbiologie bedeutet: DNA besitzt die Fähigkeit zur identischen Selbsterneuerung (Replikation). Die in der DNA gespeicherte genetische Information wird auf RNA übertragen (Transkription). Die in der RNA enthaltene genetische Information wird in eine Aminosäuresequenz übersetzt (Translation). Die in einer Aminosäuresequenz enthaltene Information kann nicht auf Nucleinsäuren rückübertragen werden. Jedoch kann an RNA (z. B.
Viren) eine DNA synthetisiert werden (reverse Transkription). Replikation, Transkription und Translation bestehen aus den Schritten Initiation, Elongation und Termination. Für die Expression spezifischer Gene durch Transkription und Translation besteht die Möglichkeit einer Steigerung oder Drosselung der Genaktivität. Solche Regulationen sind die Induktion und Repression. Induktoren führen über eine Steigerung der Genaktivität zu einer vermehrten Synthese eines oder mehrerer Proteine (Enzyme). Repressoren unterdrücken die Genaktivität und verursachen dadurch eine Hemmung der Proteinsynthese.
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Kapitel 5 · Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information
5.1
Nucleotide
Purin- und Pyrimidinnucleotide sind Bausteine der Nucleinsäuren und von Coenzymen. Ihre Biosynthese geht von einfachen Molekülen aus. Freie Purinbasen können im Stoffwechsel wiederverwertet werden, Pyrimidinbasen nicht. Ein Abbau des Purinskeletts ist nicht möglich. Es erfolgt lediglich ein Umbau zu Harnsäure. Pyrimidine werden vollständig abgebaut.
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5.1.1 Synthese Synthese der Purinnucleotide Die Synthese der Purinnucleotide startet mit der Bereitstellung einer besonders aktivierten Ribose Phosphoribosylpyrophosphat (PRPP), bei der die glycosidische OH-Gruppe durch Pyrophosphat aktiviert wird: Ribose-5-Phosphat+ATPo 5-Phosphoribosyl-1-pyrophosphat+AMP Im nächsten Reaktionsschritt wird auf die aktivierte Ribose die Säureamidgruppe des Glutamins unter Bildung von Phosphoribosylamin und Pyrophosphat übertragen. Das Schlüsselenzym der Purinsynthese ist die Phosphoribosylamidotransferase: PRPP+Glutamino Phosphoribosylamin+Glutamat+PPa Die weiteren Schritte vollziehen sich wie in . Abbildung 5.1 angegeben.
Die Anlagerung des N1 aus der D-Aminogruppe des Aspartats ähnelt der Einführung des zweiten N-Atoms bei der Harnstoffsynthese. Das C-Skelett des Aspartats wird als Fumarat zurückgewonnen.
Das erste Purinnucleotid ist die Inosinsäure (IMP; Purinbase Hypoxanthin). Durch Anlagerung der Aminogruppe des Aspartats an das C6 entsteht Adenosinmonophosphat (AMP). Dabei geht das C-Skelett des Aspartats wiederum als Fumarat aus der Reaktion hervor. Für diese Reaktion wird GTP als Energiedonator benötigt. Zur Bildung von Guanosinmonophosphat wird die Inosinmonophosphat am C2 unter Bildung von Xanthosinmonophosphat oxidiert (XMP, Base Xanthin), ehe die Anlagerung einer Aminogruppe aus dem Glutamin unter Verbrauch von ATP erfolgen kann. Die gebildeten Monophosphate werden unter Verbrauch von ATP zu den Triphosphaten phosphoryliert. ATP entsteht aus ADP und Pa in der Atmungskettenphosphorylierung. Die Synthese der Purinnucleotide ist energieaufwändig: 4 Synthese von IMP = 4 ATP; 4 Synthese von AMP = 4 ATP und 1 GTP zur Aktivierung von Aspartat; 4 Synthese von GMP = 5 ATP. Die Synthese der Purinnucleotide erfolgt in 3 Multienzymkomplexen. Lediglich die Synthese des Phosphoribosylamins und von Adenylsuccinat (Anlagerung von Aspartat an IMP) werden durch Einzelenzyme katalysiert. Die Regulation der Phosphoribosyl-Amidotransferase-Aktivität ist ein Beispiel für die Steuerung von Stoffwechselprozessen nach dem Prinzip der negativen Rückkopplung. Inhibitoren der Transferase sind die Endprodukte der Reaktionskette IMP, AMP, GMP; Aktivator ist PRPP. Weitere Regulationen bestehen in der Hemmung der Oxidation von IMP zu XMP durch GMP und der Hemmung der AMP-Bildung durch IMP. Eine hohe intrazelluläre GTP-Konzentration begünstigt die Bildung von AMP, eine hohe ATP-Konzentration fördert die Bildung von GMP.
5 C6
2
6 N1
C5
7 C2
C4 2
N7 2 C8 3
N3 4
N9 1 Ribose Phosphat
. Abb. 5.1. Syntheseschritte bei der Bildung von Purinnucleotiden
Synthese der Pyrimidinnucleotide Im Gegensatz zur Synthese der Purinnucleotide wird bei den Pyrimidinnucleotiden zunächst der Ring synthetisiert, der dann auf PRPP übertragen wird (. Abb. 5.2). Die Biosynthese beginnt mit der Bereitstellung von Carbamoylphosphat im Zytoplasma durch die Carbamoylphosphatsynthetase II. Die Unterschiede zur mitochondrialen Carbamoylsynthetase I zeigt die . Tabelle 5.1. Carbamoylphosphat wird durch die Aspartattranscarbamoylase auf Aspartat unter Bildung von Carbamoylaspartat übertragen. Unter Wasserabspaltung
81 5.1 · Nucleotide
5
. Tab. 5.1. Unterschiede zwischen Carbamoylsynthetase I und Carbamoylsynthetase II
Carbamoylsynthetase I
Carbamoylsynthetase II
Stoffwechselweg
Harnstoffzyklus
Pyrimidinnucleotidsynthese
Stickstoffdonator
NH4+-Ionen
Säureamidgruppe des Glutamins
Aktivator
N-Acetylglutamat
keiner
C6 N1
C5
C2
C4 N3 Ribose Phosphat
. Abb. 5.2. Syntheseschritte bei der Bildung von Pyrimidinnucleotiden
kommt es zum Ringschluss unter Bildung von Dihydroorotsäure. Diese wird zu Orotsäure dehydriert und auf PRPP unter Bildung von Orotidinmonophosphat übertragen. Durch Decarboxylierung entsteht Uridinmonophosphat (UMP). Dieses wird unter ATP-Verbrauch zum UTP phosphoryliert. UTP wird durch die Säureamidgruppe des Glutamins zu Cytidintriphosphat (CTP) aminiert. Lediglich die Dihydroorotatdehydrogenase ist ein Einzelenzym. Die übrigen bilden 2 Multienzymkomplexe. Der Energieaufwand beträgt für die Synthese von UMP 3 ATP und für CTP ohne Berücksichtigung der UTP-Bildung 4 ATP. Die Regulation ist ein Beispiel für negative Rückkopplung. UTP inhibiert die Carbamoylphosphatsynthetase II. Die Orotidinmonophosphatdecarboxylase wird durch UMP und CMP allosterisch gehemmt. Phosphoribosylpyrophosphat ist ein allosterischer Aktivator der Carbamoylphosphatsynthetase II. Synthese von Desoxyribonuleotiden Die Umwandlung der Ribonucleotide in Desoxyribonucleotide für die DNA-Replikation wird durch die Ribonucleotidreduktase katalysiert. Substrate des Enzyms sind die Ribonucleotiddiphosphate, in denen unter Verbrauch von NADPH2 Ribose zu Desoxyribose reduziert wird (. Abb. 5.3): Ribonucleotid-Diphosphat+NADPH2o Desoxyribonucleotiddiphosphat+NADP++H2O
. Abb. 5.3. Die Bildung von Desoxyribonucleotiden (aus Löffler 2005)
Die aktive Reduktase enthält 2 SH-Gruppen, welche für die Umwandlung der Ribo- in Desoxyribonucleotide verantwortlich sind. Dabei entsteht eine Disulfidbrücke. Das Enzym ist inaktiv. NADPH2 wird zur Reduktion des Disulfids und Reaktivierung des Enzyms verwendet. Die Reaktion läuft wie folgt ab: 4 NADPH2 reduziert FAD zu FADH2, 4 FADH2 reduziert eine Disulfidbrücke in dem kleinen Protein Thioredoxin, 4 reduziertes Thioredoxin reduziert das Disulfid in der Reduktase und geht dabei in den oxidierten Zustand über (Disulfid). Die Desoxyribonucleotiddiphosphate werden unter ATP-Verbrauch zu den Triphosphaten phosphoryliert. Die Bildung von Thyminnucleotiden DNA enthält anstelle von Uracil Thymin. Uracil wird durch die Thymidylatsynthase in Thymin überführt.
82
Kapitel 5 · Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information
. Abb. 5.4. Biosynthese des Desoxythymidylats (dTMP) (aus Löffler 2005)
5
Ausgangsverbindung ist dUMP, das mittels Methylen-FH4 zu dTMP methyliert wird. Die Methylengruppe –CH2– muss zur Methylgruppe –CH3 reduziert werden. Das geschieht durch die Tetrahydrofolsäure, die dabei in Dihydrofolsäure übergeht. Der fehlende Wasserstoff wird dem Tetrahydrofolat entnommen (. Abb. 5.4): dUMP+N5,N10-Methylen-Tetrahydrofolato dTMP+7,8-Dihydrofolat Merke Diese Methylierung ist unabhängig von S-Adenosyl-Methionin!
Die Dihydrofolatreduktase überführt unter NADPH2Verbrauch Dihydrofolat wieder in Tetrahydrofolat. KLINIK Hemmstoffe der Purin- und Pyrimidinnucleotidsynthese Die folgenden Verbindungen finden als Arzneimittel infolge ihrer antiproliferativen Wirkungen Anwendungen in der Krebstherapie (Kanzerostatika): 6
5 Aminopterin, Amethopterin: Hemmer der Dihydrofolatreduktase, 5 Deazauridin: Hemmer der Orotidinphosphatdecarboxylase, 5 Fluor-dUridin, Fluoruracil: Hemmer der Thymidylatsynthase und 5 Ribovirin, Mycophenolsäure: Hemmer der IMPDehydrogenase. Hemmer der Dihydrofolatreduktase werden auch zur Therapie von Autoimmunerkrankungen eingesetzt (Immunsuppressiva), da sie die Proliferation von immunkompetenten Zellen unterdrücken.
5.1.2 Funktion Nucleotide üben vielfältige metabolische Funktionen aus: 4 Energiestoffwechsel: Adenylsäuresystem, insbesondere ATP; GTP für spezielle Reaktionen, 4 Monomere der Nucleinsäuren, 4 physiologische Mediatoren: cAMP und cGMP als »second messenger«; GTP für die cap-Bildung am 5‘-Ende von mRNA oder die Signaltransduktion durch Bindung an G-Proteine,
83 5.1 · Nucleotide
4 Bestandteile von Coenzymen wie NAD(P), FAD und CoA, 4 aktivierte Intermediate: UDP-Glucose, UDP-Galactose; GDP-Mannose, GDP-Fucose; CDP-Cholin, CDP-Ethanolamin, CDP-Diacylglycerol, CMPNeuraminsäure. 5.1.3 Abbau der Nucleotide Nucleotidasen spalten die Phosphorsäure-Esterbindung zwischen Pentose und Phosphat hydrolytisch. Sie sind Phosphatasen. Es entsteht ein Nucleosid und anorganisches Phosphat:
5
wiederverwertet. Folgende Enzyme sind von Bedeutung: 4 Die Adenosindesaminase überführt Adenosin bzw. Desoxyadenosin durch Abspaltung von NH3 in Inosin/Desoxyinosin (Base Hypoxanthin), 4 Die Purinnucleosidphosphorylase spaltet Inosin/ Desoxyinosin in Hypoxanthin und Pentose-1Phosphate. Die eigentlich wiederverwertenden Enzyme sind: 4 die Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase (HGPT), die auf Hypoxanthin bzw. Guanin Ribose-1-Phosphat aus dem PRPP überträgt: Hypoxanthin/Guanin+PRPPoIMP/GMP+PPa.
B–R–P+H2OoB–R+Pa. Nucleosidasen spalten die N-glycosidische Bindung zwischen Base und Pentose hydrolytisch. Sie sind Glycosidasen. Es entstehen die freien Basen und der Zucker: B–R+H2OoB+R (bzw. dR). Nucleosid-Phosphorylasen spalten Nucleoside phosphorolytisch unter Bildung von Ribose- bzw. Desoxyribose-1-Phosphat: B–R+H2PO4–oB+R–1–P (bzw. dR–1–P). Ribose-1-Phosphat kann durch eine Mutase in Ribose5-Phosphat überführt und im Stoffwechsel wiederverwertet werden. Desoxyribose-1-Phosphat wird abgebaut. Prüfungsfallstricke Das Purinskelett kann synthetisiert, aber nicht abgebaut werden!
Adenin wird zu Hypoxanthin desaminiert, Guanin zu Xanthin. Hypoxanthin wird über Xanthin zur Harnsäure oxidiert. Das erforderliche Enzym ist die Xanthinoxidase mit FAD als Coenzym. Das gebildete FADH2 überträgt den Wasserstoff auf molekularen Sauerstoff unter Bildung von H2O2. Die Xanthinoxidase ist in den Peroxisomen der Leber lokalisiert. Das Pyrimidinringsystem kann im Organismus vollständig zu CO2, H2O und NH3 abgebaut werden. Nach Spaltung des Pyrimidinrings entstehen intermediär E-Aminosäuren, wie z. B. aus Uracil E-Alanin. Bergungsstoffwechsel Die Purinsynthese ist energetisch aufwändig. Deshalb werden die Basen Adenin, Guanin und Hypoxanthin
4 die Adenin-Phosphoribosyl-Transferase (ARRT), die auf Adenin Ribose-1-Phosphat überträgt: Adenin+PRPPoAMP+PPa. KLINIK Ein Adenosindesaminase-Mangel führt zu schweren Immundefekten (SCID: severe combined immunodeficiency). Ursache ist eine Akkumulation von Adenosin/Desoxyadenosin, die durch Nucleosid- und Nucleotidkinasen zu ATP/dATP phosphoryliert werden. dATP ist ein allosterischer Inhibitor der Ribonucleotidreduktase. Daraus entsteht ein Mangel an Desoxyribonucleotiden, eine Hemmung der DNA-Replikation und der Lymphozytenproliferation, die zu einem Antikörpermangel führt. Das Lesh-Nyhan-Syndrom beruht auf einem genetischen Defekt der HGPT.
Eine Wiederverwertung von Pyrimidinbasen ist nur auf der Stufe der Nucleoside möglich, die unter ATPVerbrauch zu den Nucleotiden phosphoryliert werden. Die dafür erforderlichen Enzyme sind die Uridin-Cytidin-Kinase und die Thymidinkinase. 5.1.4 Pathobiochemie Die Hyperurikämie, als Krankheitsbild Gicht, spielt unter Wohlhabenden der Gesellschaft eine vorrangigere Rolle, da sie sowohl genetische als auch ernährungsbedingte Ursachen hat.
84
Kapitel 5 · Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information
KLINIK Die Gicht ist durch eine Erhöhung des Blutspiegels an Harnsäure (Hyperurikämie) und ihrer Ablagerung in den Bindegeweben, insbesondere in kleineren Gelenken, gekennzeichnet. Die primäre Hyperurikämie beruht auf genetischen Störungen im Purinstoffwechsel. Die sekundäre Hyperurikämie ist die Folge erworbener Erkrankungen, die einen vermehrten Zellabbau oder eine verminderte Ausscheidung über die Niere verursachen. Allopurinol ist ein therapeutisch genutzter Inhibitor der Xanthinoxidase. Weiterhin ist eine Verabfolgung von Urikosurika angebracht, z. B. Probenecid, die die Ausscheidung von Harnsäure begünstigen. Neben einer medikamentösen Therapie spielt die Einhaltung von Diäten eine wichtige Rolle: Reduktion von Alkohol und purinreichen Nahrungsmitteln wie Kaviar und Fleischprodukten, dafür Kohlenhydrate und Milchprodukte. Eine Erhöhung des Harnsäurespiegels wird auch bei Typ I Glycogenose (v. Gierke) beobachtet. Infolge des Fehlens der Glucose-6-Phosphatase wird Glucose-6-Phosphat vermehrt im Pentosphosphatweg in Ribose-5-Phosphat überführt, aus welchem Phosphoribosylpyrophosphat (PRPP) entsteht. Dieses stimuliert die Purinsynthese und es kommt zu einer gesteigerten Bildung von Uraten. Auch beim Lesh-Nyhan-Syndrom ist die Gicht eine Begleiterkrankung. Sulfonamide wirken antibakteriell als Strukturanaloga der p-Aminobenzoesäure bei der Synthese der Tetrahydrofolsäure, die in Bakterien, aber nicht beim Menschen möglich ist (GK Chemie, 7 Kap. 8: Vitamine, Folsäure) (Chemotherapeutika) und hemmen dadurch alle FH4-abhängigen Prozesse im Nucleotid- und Aminosäurestoffwechsel. Weiterhin finden Sulfonamide Anwendung als Antidiabetika und Diuretika.
5
5.2
Nucleinsäuren
5.2.1 Grundbegriffe Die informationsspeichernden Elemente in der DNA sind die Gene für Ribonucleinsäuren und Proteine. Das Genom beinhaltet die gesamte genetische Information einer Zelle. Ihr Proteom ist die Gesamtheit realisierter Information durch Proteine (GK Chemie 7 Kap. 7.2). Veränderungen im Genom können ausgelöst werden durch:
4 Rekombination genetischen Materials zwischen meist homologen Chromosomen (z. B. in der Meiose), 4 Verlagerung von Genen innerhalb des Genoms durch Transposition und 4 stabile Mutationen. Punktmutationen betreffen den Austausch einer Base. Nucleotidsubstitutionen sind die Transition und Transversion. Die Transition ersetzt eine Purin- eine andere Purinbase bzw. eine Pyrimidinbase eine andere Pyrimidinbase. Bei der Transversion wird eine Purin- durch eine Pyrimidinbase ersetzt und umgekehrt. Daraus können sich folgende Konsequenzen ergeben: 4 Missense-Mutation: es entsteht ein Triplett, welches eine andere Aminosäure codiert, 4 neutrale Mutation: das veränderte Triplett codiert die gleiche Aminosäure oder 4 Nonsense-Mutation: die Nucleotidsubstitution führt zu einem Stopp-Codon, wodurch eine verkürzte Aminosäuresequenz entsteht. Deletionen (Verlust von Nucleotidsequenzen) und Insertionen (Einfügen neuer Nucleotidsequenzen) bewirken immer Veränderungen des Leserahmens und damit Veränderungen der Aminosäuresequenz. Chromosomenmutationen führen zu Veränderungen der gesamten Chromosomenstruktur, ihrer Entfernung oder Verdopplung, z. B. XO oder XXY bei den Geschlechtschromosomen. Chromosomenbrüche induzieren eine Translokation der Fragmente, wobei fusionierte Gene entstehen können.
KLINIK Mutationen können zum Auftreten von Erkrankungen führen. Wenn sie sich in der Keimbahn manifestieren, sind sie vererbbar. Beispiele für Mutationen sind: 5 die Sichelzellanämie: Ursache Punktmutation im E-Globingen, Austausch A/T führt zum Ersatz von Glu6 gegen Val in der E-Kette. Folge ist eine Klebrigkeit des Hb im desoxygenierten Zustand. Hb aggregiert, bindet weniger O2 und führt zu einer sichelförmigen Verformung der Erythrozyten. 5 Phenylketonurie: Mutationen im Phenylalaninhydroxylase-Gen bewirken, dass Phe nicht mehr in Tyr umgewandelt werden kann (Folgen 7 Aminosäurestoffwechsel). 6
85 5.2 · Nucleinsäuren
5 Cystische Fibrose (Mucoviszidose): Deletion im Gen für den Cl–-Transporter in Epithelzellmembranen (Folge: u. a. zäher muköser Schleim in den Bronchien). Monogenetisch bedingte Erkrankungen sind Ziele einer Gentherapie, die einen Ersatz des mutierten Gens anstrebt.
5
Die Initiation der Replikation erfordert eine Entwindung der DNA-Doppelhelix in den ORs. Daran sind beteiligt: Helicasen, Topoisomerasen, die die entstehende Superspiralisierung der DNA bei der Entwindung aufheben, sowie Einzelstrang-stabilisierende Proteine. Im Ergebnis entsteht eine Replikationsblase mit 2 Replikationsgabeln. Die Replikation der DNA läuft in beiden Richtungen ab. Sie ist bidirektional vom Ursprung weg. KLINIK
5.2.2 DNA-Replikation Jeder Zellteilung geht eine Verdopplung des Chromosomenbestandes voraus. Das setzt die identische Verdopplung (Replikation) der DNA voraus, die in der S-Phase des Zellzyklus erfolgt. Die Replikation von 3,2 Milliarden Basenpaaren der menschlichen Zellen erfordert etwa 8 h. Die Replikation ist semikonservativ, d. h. an jedem Elternstrang wird ein Tochterstrang synthetisiert, sodass bei der Zellteilung die Tochterzellen je einen Elternstrang und einen neu synthetisierten Strang enthalten (. Tab. 5.2). Mit der Replikation werden auch die Histone und Nichthistonproteine verdoppelt. Die Verteilung der elterlichen Chromatinproteine auf die Filial-DNA erfolgt zufällig. Die frei bleibenden Plätze werden durch Neusynthese in der G1-Phase besetzt. An der DNA-Replikation sind folgende Enzyme beteiligt: 4 DNA-Polymerasen mit den DesoxyribonucleosidTriphosphaten (dATP, dGTP, dTPP, dCTP), 4 Helicasen, Topoisomerasen, 4 Primase, 4 Ligasen sowie 4 Telomerasen. Die Replikation beginnt an spezifischen Startstellen, den ORs (origins of replication). Eukaryontische DNA enthält mehrere ORs (. Abb. 5.5).
Die Topoisomerase-Hemmer Topotecan und Irinotecan sind hochpotente Kanzerostatika, die sich vom Camptothecin, einem natürlich vorkommenden Chinolin-Alkaloid ableiten, welches selbst aber zu toxisch ist. Sie hemmen die DNAReplikation.
Die Elongation erfordert verschiedene DNA-Polymerasen, die den elterlichen Strang (Matrize) in 3c-5cRichtung lesen und den Tochterstrang in 5c-3c-Richtung synthetisieren. Daraus ergibt sich, dass ein Strang kontinuierlich repliziert werden kann (Führungsstrang), während der andere »im Rückwärtsgang« der Polymerase (entgegen der Wanderungsrichtung der Replicationsgabel) diskontinuierlich unter Bildung kurzer Okazaki-Fragmente von ca. 150–200 Nucleotiden aufgebaut wird (Verzögerungsstrang). DNA-Polymerasen verknüpfen die Desoxyribonucleosid-Triphosphate dATP, dGT, dCTP, dTTP unter Abspaltung von Pyrophosphat zu einem neuen DNAPolymer. Alle DNA-Polymerasen benötigen eine freie 3c-OH-Gruppe, um die Desoxyribonucleotide anzuknüpfen. Dies Problem wird am Start durch die Bildung von Primern gelöst. Diese sind kurze RNA-Stücke aus 3–10 Nucleotiden, die durch Primasen (RNA-Polymerasen) gebildet werden. An der Replikation der DNA bei Säugetieren sind folgende Polymerasen beteiligt:
. Tab. 5.2. Die Replikation der eukaryontischen DNA
Schritt
Mechanismus
Produkt
1
Initiation
Erkennung des OR (origin of replication), Entwindung der DNA, Bildung der Replikationsblase mit 2 Replikationsgabeln, Bildung der Primer
2
Elongation
Synthese der kontinuierlichen und diskontinuierlichen Tochterstränge unter Verbrauch von Desoxyribonucleosid-Triphosphaten
3
Termination
Verschmelzung der Replikationsblasen, Entfernung der Primer, Auffüllung der Lücken und Ligierung der Fragmente
86
Kapitel 5 · Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information
. Abb. 5.5. Schema der Replikation von DNA (aus Löffler 2005)
5
4D-Polymerase: Synthese von Primern (Primase-Aktivität) und Okazaki-Fragmenten am Verzögerungsstrang, 4 G-Polymerase: kontinuierliche Synthese am Führungsstrang, 4 E- und H-Polymerasen: Reparaturenzyme sowie 4J-Polymerase: Replikation mitochondrialer DNA. Die D- E- G- und H-Polymerasen kommen im Zellkern vor. Die J-Polymerase befindet sich im Mitochondrium. Die Polymerasen katalysieren eine nucleophile Reaktion zwischen der 3c-OH-Gruppe und der DE-Phosphorsäure-Anhydridbindung des zu bindenden Desoxynucleosidtriphosphats: (DNA)n+dNTPo(DNA)n+1+PPa; dNTP=dATP, dGTP, dCTP, dTTP Durch Abbau des Pyrophosphats wird die Reaktion irreversibel. Um den Verzögerungsstrang zu komplettieren, müssen die RNA-Primer abgebaut, die entstehenden Lücken durch die E-Polymerase aufgefüllt und die Stücke durch Ligasen miteinander verbunden werden. Die Replikation ist beendet (Termination), wenn sich alle Replikationsblasen vereinigt haben.
Die Replikation linearer DNA birgt eine Komplikation: die am elterlichen Verzögerungsstrang synthetisierte DNA kann an ihrem 3c-Ende nicht zu Ende synthetisiert werden. Der hier liegende Primer kann nach seinem Abbau nicht durch DNA ersetzt werden, sodass sich die DNA bei jeder Replikation weiter verkürzt. Um einem Verlust von Genen vorzubeugen, enthalten diese als Telomeren bezeichneten DNA-Abschnitte hochrepetitive G-reiche Basensequenzen. Nach etwa 50 Replikationen ist in somatischen Zellen jedoch der Vorrat aufgebraucht. Es kommt zu Genverlusten und damit zum Zelltod (biologische Uhr). In den Keimbahnzellen, den Stammzellen der Hämatopoese und der Haut sowie in Tumorzellen befindet sich eine Telomerase, die eine Wiederverlängerung der Telomere bewirkt. Die Telomerase enthält eine RNA, die zur Kettenverlängerung genutzt wird. Das Enzym wirkt wie eine reverse Transkriptase (7 Viren). Dadurch sind sehr viel mehr Zellteilungen möglich. Merke Replikation ist die Verdopplung der DNA vor einer Zellteilung in der S-Phase an den Replikationsgabeln, die an »den origins of replication« (OR) entstehen. Die DNA-Polymerasen lesen in 3’-5’-Rich6
87 5.2 · Nucleinsäuren
5
5.2.4 Transkription tung den zu replizierenden Strang ab und synthetisieren in 5’-3’-Richtung. Der Führungsstrang wird kontinuierlich (G-Polymerase), der Folgestrang diskontinuierlich unter Bildung der Okazaki-Fragmente gebildet (D-Polymerase). Die Okazaki-Fragmente haben eine Länge von ca. 140 Nucleotiden. Die DNA-Polymerasen benötigen einen RNA-Primer zur Anknüpfung an das freie 3’-OH-Ende von Desoxyribonucleotiden. Die nach Abbau der Primer entstandenen Lücken werden durch die E-Polymerase gefüllt. Ligasen katalysieren die Verknüpfung der DNA-Stücke. Telomerasen katalysieren nur in wenigen Geweben, z. B. Keimbahn, Haut, hämopoetische Stammzellen, Tumore, die Wiederverlängerung von Telomeren.
5.2.3 DNA-Schädigung und -Reparatur Die hohe Stabilität der DNA wird durch effektive Reparaturprozesse gewährleistet. Ursachen für notwendige Reparaturen sind: 4 Die thermische Spaltung N-glycosidischer Bindungen von Purinbasen, 4 die Desaminierung von Cytosin zu Uracil, 4 die Bildung von Thymindimeren durch UV-Licht. Dabei sind zwei Mechanismen bedeutungsvoll: die Basenexzisionsreparatur und die Nucleotidexzision. Bei der Basenexzision wird das fehlerhafte Desoxyribonucleotid entfernt und die Lücke mit einer Polymerase und Ligase geschlossen. Bei der Nucleotidexcisionsreparatur wird ein aus etwa 20 Nucleotiden bestehendes Stück in der Umgebung der fehlerhaften Base herausgeschnitten und die Lücke durch Polymerasen und Ligasen geschlossen. Voraussetzung ist die Intaktheit des komplementären DNA-Strangs.
Die Umschreibung von DNA-Genen in einsträngige RNA-Sequenzen bezeichnet man als Transkription (. Tab. 5.3). Die Transkription findet im Zellkern/Nucleolus statt und liefert noch nicht funktionstüchtige RNA-Transkripte (Vorläufermoleküle), die zu den funktionsfähigen RNAs »prozessiert« werden müssen und in der Lage sind, die Kernporen zu passieren. Es wird nur ein DNA-Strang abgelesen und transkribiert: 4 Matrizen- oder nichtcodierender Strang ist der DNA-Strang, an dem die RNA-Synthese erfolgt (–Strang), 4 der komplementäre DNA-, Nichtmatrizen- oder codierende Plus-Strang, der nicht transkribiert wird, entspricht der Basensequenz der transkribierten RNA, wobei T statt U steht (+Strang). Die erforderlichen Enzyme sind die DNA-abhängigen RNA-Polymerasen. Im Gegensatz zu den Prokaryonten gibt es bei Eukaryonten 3 Polymerasen: 4 RNA-Polymerase I transkribiert r-RNA-Gene im Nucleolus, 4 RNA-Polymerase II transkribiert m-RNA-Gene im Kern, sie ist durch D-Amanitin, das Gift des Knollenblätterpilzes (bizyklisches Polypeptid) in sehr niedrigen Konzentrationen hemmbar; und die 4 RNA-Polymerase III transkribiert im Zellkern t-RNA-Gene, die 5S-r-RNA der Ribosomen sowie die sn-RNAs. Sie wird durch hohe D-AmanitinKonzentrationen gehemmt. Die RNA-Polymerasen brauchen keine Primer, um mit der Synthese zu beginnen. Gelesen wird in Richtung 3c-5c, synthetisiert wird in Richtung 5c-3c. Das 5c-Ende ist demzufolge ein Nucleotid-Triphosphat. Substrate sind Ribonucleosid-Triphosphosphate der Purinbasen A und G und der Pyrimidinbasen C und U. Die freie OH-Gruppe am C’3 des ersten Nucleotids wird mit der D-Phosphatgruppe am C’5 des zweiten Nucleotids verbunden. Dabei wird Pyrophosphat frei, welches sofort in 2 anorganische Phosphate hydrolysiert wird. Das Gleichgewicht der Reaktion liegt demzufolge auf Seiten
. Tab. 5.3. Die Transkription
Schritt
Mechanismus
Produkt
1
Initiation
Bindung der RNA-Polymerase an den Promotor unter Mitwirkung von Transkriptionsfaktoren.
2
Elongation
Aufbau der RNA unter Verbrauch von Nucleosid-Triphosphaten.
3
Termination
Prä-RNAs, Abbruch der Kettenverlängerung nach Erkennung von Stopp-Signalen auf der DNA.
88
5
Kapitel 5 · Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information
des Produkts Phosphodiesterbindung. Der Reaktionsmechanismus der Anlagerung eines Nucleotids an die 3c-OH-Gruppe entspricht dem der DNA-Polymerasen. Die Initiation der Transkription beginnt mit der Bindung der Polymerase an den Promotor. Die Promotorregion, oberhalb des 3c-Endes der Startnucleotidsequenz der DNA gelegen, ist eine regulatorische Erkennungssequenz zur Bindung der Polymerase zusammen mit Transkriptionsfaktoren, die für die Polymeraseaktivität beim Start essenziell sind (Erkennung und Bindung) und einen Initiationskomplex bilden. Promotoren enthalten AT-reiche Sequenzen (TATA-Boxen) sowie eine variable Anzahl von CCAAT- bzw. GC-Boxen, die für die Aufspaltung der DNA in Einzelstränge und die Bindung von Transkriptionsfaktoren erforderlich sind, um der Polymerase das Ablesen der Basenfolgen zu ermöglichen. Merke Basensequenzen, wie die AT- und GC-reichen Regionen in den Promotoren, werden, da sie in vielen Genen auftreten, Consensus-Sequenzen genannt.
Jede Polymerase hat ihre eigenen Transkriptionsfaktoren (TF I–III). Neben den klassischen Transkriptionsfaktoren gibt es auch spezifische Transkriptionsfaktoren, die aktivierend oder hemmend (Aktivatoren, Repressoren) in die Transkription eingreifen. Dazu gehören die intrazellulären Rezeptorproteine z. B. für Steroidhormone. Weiterhin gibt es auf der DNA Enhancer- und Silencer-Sequenzen, die weiter von der Promotorregion entfernt liegen, aber durch Schleifenbildungen der DNA zusammen mit an diese DNA-Regionen bindenden Proteinen den Start einer RNA-Synthese verstärken oder hemmen können. Die Initiationsfaktoren werden mit Beginn der RNA-Synthese (Elongation) abgelöst. Der Prozess der eigentlichen Synthese ist nicht genau bekannt. Die DNA liegt als 10 nm-Fibrille vor. Ob die Nucleosomenstruktur aufgelöst wird, ist nicht geklärt. Es muss jedoch zu einer reversiblen Entwindung der DNA kommen, damit die Polymerasen den Matrizenstrang ablesen können. Ebenfalls nicht bekannt sind die Terminationssequenzen auf der eukaryonten DNA. Von einem Gen können verschieden lange Transkripte erhalten werden. Die RNA-Polymerasen besitzen keine Korrekturmöglichkeiten für falsch eingebaute Nucleotide. Die Fehlerquote liegt bei ~10–5, d. h. pro 100.000 Nucleotide wird ein falsches Nucleotid eingebaut.
Merke An DNA-Genen werden auch RNAs transkribiert, deren Funktion unbekannt ist.
Alle Primärtranskripte werden mit einem erheblichen Basenüberschuss synthetisiert. Gut bekannt ist die Überführung der hn-RNA = prä-m-RNA in die funktionsfähige m-RNA. Die posttranskriptionalen Modifikationen der hn-RNA bestehen aus: 4 der Anheftung der cap-Gruppe (7Methyl-GTP) an das 5c-Ende der m-RNA. Diese ermöglicht den Transport der m-RNA vom Kern ins Zytoplasma, schützt die m-RNA vor dem Abbau durch Exonucleasen und dient der Orientierung bei der Bindung der m-RNA an die kleine Ribosomenuntereinheit bei der Initiation der Proteinbiosynthese, 4 der Synthese einer Poly-A-Sequenz am 3c-Ende der mRNA aus bis zu 200 AMP-Resten, die die Lebensdauer der m-RNA im Zytoplasma bestimmen und 4 der Entfernung der Introns (Spleißen). Introns haben eine durchschnittliche Größe von 5500 Nucleotiden. Die Exon-Intron-Grenze wird durch spezifische Consensus-Sequenzen markiert. Das Spleißen wird von sn-RNA-Protein-Komplexen (sn-RNPs) katalysiert. Die sn-RNPs binden an die hn-RNA, die ebenfalls als RNP vorliegt, markieren die Spleißstellen und schneiden zuerst an der 5c-Exon-Intron-Grenze und verbinden das Ende des Introns mit einer OH-Gruppe innerhalb des Introns, wobei sich eine »Lasso-ähnliche« Struktur des Introns ausbildet (Lariat-Struktur), die das 3c-Ende an den Spaltungskomplex (Spleißosom) heranführt. Nun wird das 3c-Ende an der Exon-IntronGrenze geschnitten und die Enden zwischen den Exons werden ligiert. Eine freie OH-Gruppe innerhalb des Introns greift die Phosphodiesterbindung am ExonIntron-Übergang an. Das entstehende freie 3cOH-Ende des Exons I greift dann am Übergang zu Exon II an, wodurch das Intron eliminiert und die beiden Exons verbunden werden. Das Intron in der Lariat-Struktur wird freigesetzt. Einige intronische RNAs können sich selbst spleißen (Ribozyme). Prüfungsfallstricke Histon-RNAs enthalten keine Introns und keinen Poly-A-Schwanz. Das Spleißosom ist ein komplexer Apparat aus hn-RNA, sn-RNAs und Proteinen, der eine zwei6
89 5.2 · Nucleinsäuren
fache Umesterung von Phosphodiesterbindungen zur Entfernung der Introns katalysiert. Die Lariatstruktur wird auf dem stromabwärts (5’-3’) gelegenen Intron (nicht Exon) gebildet.
Alternatives Spleißen bedeutet, dass aus einer hn-RNA verschiedene m-RNAs entstehen können. Dabei werden neben den Introns auch Exons entfernt. RNA-Editing ist ein posttranskriptionaler Basenaustausch auf der m-RNA. Dieser führt dazu, dass z. B. in der m-RNA für Apolipoprotein B in der Mukosazelle frühzeitig ein Stopp-Codon entsteht (Umwandlung von Cytosin in Uracil durch Desaminierung), wodurch das ApoB48 als Bestandteil der Chylomikronen gebildet wird, in der Leber, wo das Editing unterbleibt, hingegen Apo B100 als Komponente der VLDL entsteht. Das Editing besteht in Veränderungen der Basensequenz. Merke Variable RNA-Termination beim Transkriptionsvorgang, alternatives Spleißen und RNA-Editing sind für das Entstehen unterschiedlicher Kopien eines Gens verantwortlich und eine Erklärung dafür, dass mittels 25.000–30.000 Protein-Genen über 100.000 verschiedene Proteine synthetisiert werden können.
Das »Processing« von prä-r-RNAs und prä-t-RNAs ist einfacher, da Nucleasen bestimmte Konformationsmerkmale erkennen. Die prä-r-RNA ist ein 45 S-Komplex, aus dem die 28 S-, 18 S- und 5,8 S-r-RNAs heraus geschnitten werden. Die 5 S-r-RNA wird von einem anderen Gen geliefert und durch Polymerase III transkribiert. Die Assemblierung mit Proteinen erfolgt ebenfalls im Nucleolus, wird aber erst im Zytoplasma komplettiert. Die prä-t-RNAs werden sowohl vom 5cals auch vom 3c-Ende verkürzt und erst dann die CCASequenz an das 3c-Ende angebunden. Weiterhin finden posttranskriptional zahlreiche Basenmodifikationen statt. Merke Transkription ist die Überschreibung einer DNAin eine RNA-Sequenz durch DNA-abhängige RNAPolymerasen. Die Polymerasen erkennen und binden mit Hilfe von Transkriptionsfaktoren an ihre Promotoren, von denen aus die Transkription beginnt. RNA-Polymerase I transkribiert r-RNA-Gene 6
5
im Nucleolus; RNA-Polymerase II transcribiert m-RNA-Gene im Kern, sie ist durch D-Amanitin, das Gift des Knollenblätterpilzes hemmbar; RNA-Polymerase III transkribiert im Zellkern t-RNA- und andere 5S-RNA-Gene, sie ist durch hohe D-Amanitin-Konzentrationen hemmbar. RNA-Polymerasen benötigen keine Primer. Die Transkriptionsprodukte müssen durch ein Processing in die reifen RNA-Formen überführt werden, um den Zellkern verlassen zu können. Die verschiedenen pro-RNA-Formen unterliegen einem unterschiedlichen Zurechtschneiden.
5.2.5 Translation Translation bedeutet die Übersetzung des in der m-RNA enthaltenen genetischen Codes in eine Aminosäuresequenz. Der Code besteht aus 64 Codons, davon sind 3 Stopp-Codons. Der genetische Code ist ein Triplett-Code, d. h. 3 Basen in Sequenz bestimmen die Aminosäure. Er ist degeneriert, da mit Ausnahme von Met und Trp alle Aminosäuren mehrere Basentripletts haben. 61 Codons codieren 20 Aminosäuren. Er ist universell, da alle Lebewesen für die Translation fast den gleichen Code benutzen (in Mitochondrien gibt es z. B. Abweichungen). Für die Spezifität des Codes sind die ersten beiden Basen im Triplett verantwortlich. In der dritten Position wird lediglich zwischen Purin- und Pyrimidinbase unterschieden. Diese dritte Base paart mit der ersten Base im Anticodon-Bereich der t-RNA, die meist Hypoxanthin ist und sowohl mit Pyrimidinen als auch Purinen paaren kann (wobble- oder Wackelsitz-Paarung). Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: 4 Eine Punktmutation der dritten Base des Codons wirkt sich biologisch nur dann aus, wenn ein StoppCodon entsteht. 4 Die Bindung zwischen Codon- und Anticodon-Bereich ist nicht so stabil, wie wenn 3 Basen über Wasserstoffbrücken verbunden wären. Es muss also im Translationsprozess weniger Energie zur Auflösung der Basenpaarungen zwischen dem Codon auf der m-RNA und dem Anticodon auf der t-RNA aufgewendet werden. 4 Die zweite Base entscheidet, ob die Aminosäure hydrophile oder hydrophobe Reste besitzt. Bei Mutationen der zweiten Base werden hydrophobe gegen hydrophile Reste ausgetauscht. Der genetische Code ist konservativ.
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Kapitel 5 · Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information
Prüfungsfallstricke Die codogene Basensequenz einer m-RNA besteht aus 3000 Basen, die die Aminosäuresequenz eines Proteins aus 1000 Aminosäuren bestimmt. Bei einem durchschnittlichen Molekulargewicht von 100 für eine Aminosäure hätte das Protein ein Molekulargewicht von 100.000.
5
Ribosomen sind die Organellen, an denen sich im Zytoplasma und in den Mitochondrien die Proteinbiosynthese vollzieht. Die kleine Untereinheit des Ribosoms ist primärer Datenempfänger und Datenleser über die Bindung von m-RNA und Start-Aminosäure. Die große Untereinheit ist die eigentliche Fabrik der Proteinsynthese. Bei Eukaryonten codiert eine m-RNA eine Polypeptidkette. Sie ist monocistronisch. Die Proteinsynthese verläuft vom N- zum C-terminalen Ende. Dabei wird die m-RNA in 5c-3c-Richtung abgelesen. Eine m-RNA wird nicht nur durch ein, sondern durch mehrere Ribosomen unter Polysomenbildung translatiert. Ähnlich wie bei der Replikation und Transkription kann auch bei der Proteinbiosynthese zwischen Initiation, Elongation und Termination unterschieden werden (. Tab. 5.4). Der erste Schritt der Proteinbiosynthese besteht in einer Aktivierung der Aminosäuren und ihrer Bindung an die CCA-Sequenz der t-RNAs. Für jede Aminosäure gibt es mindestens eine t-RNA entsprechend der Degeneriertheit des Codes. Die dafür notwendigen Enzyme sind die Aminoacyl-t-RNA-Synthetasen. Die Reaktion besteht aus 2 Einzelschritten: 4 Aktivierung der Aminosäure mit ATP unter Bildung eines Aminoacyladenylats (AminoacylAMP) unter Freisetzung von Pyrophosphat und Hydrolyse des Pyrophosphats (Analogie zur Aktivierung von Fettsäuren); 4 Übertragung des Aminoacyladenylats auf die Ribose des 3c-terminalen Adenosinrests der t-RNA unter Bildung einer Aminoacyl-t-RNA.
Diese Reaktionen sind hochspezifisch und manche Synthetasen besitzen Korrekturfähigkeit. So kann z. B. bei der Aktivierung von Leucin ein falsch gebundenes Valin aus dem Aminoacyl-t-RNA-Komplex wieder abgespalten werden. Die Startaminosäure ist Methionin. Für die Initiation, Elongation und Termination werden Initiations(eIF)-, Elongations(eEF)- und Freisetzungsfaktoren (eRF) benötigt, die Proteine mit sehr speziellen Funktionen sind. Die für die Knüpfung von Peptidbindungen notwendige Energie wird durch GTP bereitgestellt. Die Initiation der Proteinbiosynthese beginnt mit der Bindung von Methioninyl-t-RNA an den eIF2 unter Beteiligung von GTP und die Übertragung auf die kleine Untereinheit des Ribosoms (40S). Für die Initiation muss das Ribosom in seine kleine und große Untereinheit dissoziiert sein. Danach erfolgen die Bindung der m-RNA und die Zuordnung der Methioninyl-t-RNA an das Startcodon AUG der m-RNA unter Mitwirkung von eIF1 und Verbrauch von ATP. Der nächste Schritt ist die Anlagerung der großen ribosomalen Untereinheit (60 S). Unter Spaltung des GTP dissoziieren alle eIF aus dem Initiationskomplex ab. Im Initiationskomplex sind mehrere Bindungsstellen entstanden (. Abb. 5.6): 4 die Peptidyl- oder P-Stelle, an die die Startaminosäure-t-RNA gebunden ist und 4 die Akzeptor- oder A-Stelle, an die die nächste Aminoacyl-t-RNA gebunden wird. In die E-Position (exit) gelangen die freien t-RNAs nach Ausbildung einer Peptidbindung. DieElongation erfolgt durch Bindung einer Aminoacyl-t-RNA mittels eEF1 und GTP an der A-Stelle (. Abb. 5.7). Die nächsten Schritte bestehen in 4 der Übertragung der in P-Stellung stehenden Aminosäure auf die in A-Stellung befindliche Aminosäure durch die aus dem Ribosom stammende Peptidyltransferase-Aktivität unter Bildung einer Peptidbindung und
. Tab. 5.4. Die Proteinbiosynthese
Schritt
Mechanismus
Produkt und Reaktion
1
Präinitiation
Bildung des aktivierten Aminoacyl-t-RNA-Komplexes
2
Initiation
Bildung des Startkomplexes aus Startaminosäure-t-RNA, kleiner ribosomaler Untereinheit, m-RNA, Assemblierung mit der großen Untereinheit, GTP-Verbrauch
3
Elongation
Polypeptid-t-RNA, Aminosäure-t-RNA, Verbrauch von GTP, Ausbildung der Peptidbindungen
4
Termination
Freisetzung der Polypeptidkette und der letzten t-RNA, GTP-Verbrauch
91 5.2 · Nucleinsäuren
5
. Abb. 5.6. Initiation der Proteinbiosynthese (aus Löffler 2005)
4 der Abspaltung der nicht mehr nötigen t-RNA, ihre Verlagerung in den E-Ort und die Translokation des entstandenen Peptids in den P-Ort unter Spaltung von GTP unter Mitwirkung von eEF2. Die Termination findet statt, wenn ein Stopp-Codon in den A-Ort einrückt. Dann binden eRF und GTP an das Ribosom. Dadurch werden die Peptidkette und die letzte t-RNA unter GTP-Spaltung freigesetzt. Die Proteinsynthese kann durch Phosphorylierung von eIF2 reguliert werden. Der phosphorylierte eIF2
bindet an einen Guaninnucleotid-Austauscherfaktor und wird dadurch inaktiv. Nach Dephosphorylierung spaltet der Komplex wieder auf. Häm hemmt die Phosphorylierung von eIF2 und fördert dadurch die Globinsynthese in den Retikulozyten. Die Stabilität der m-RNA im Zytosol ist ebenfalls eine Möglichkeit zur Regulation der Proteinsynthese. Die Proteinbiosynthese ist sehr energieaufwändig. ATP wird für die Aktivierung der Aminosäuren, für die Sortierung der m-RNA an der kleinen Untereinheit des Ribosoms sowie für die Funktionen der Chaperone verbraucht. GTP
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Kapitel 5 · Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information
. Abb. 5.7. Elongationsprozesse bei der Proteinbiosynthese (aus Löffler 2005)
5
ist für die Initiation, Elongation und Termination erforderlich. Die im Zytoplasma verbleibenden Proteine sowie die für den Import in Kern, Mitochondrien oder Peroxisomen vorgesehenen Proteine werden an freien Polysomen im Zytoplasma synthetisiert. Die Bildung von Proteinen, die in das endoplasmatische Retikulum, in die Lysosomen oder in die Zellmembran gelangen sollen oder zum Export aus der Zelle durch Exozytose vorgesehen sind, werden am endoplasmatischen Retikulum (raues ER) synthetisiert, zum Golgi-Komplex befördert und in Vesikel verpackt.
Die Synthese dieser Proteine beginnt zunächst im Zytoplasma mit der Bildung einer N-terminalen Signalsequenz aus etwa 20 Aminosäuren. Diese wird an ein im Zytoplasma befindliches Ribonucleoprotein (SRP= signal recognition particle, kleine zytoplasmatische RNA, sc-RNA) gebunden, wodurch der Fortgang der Proteinsynthese unterbunden wird. Über einen SRP-Rezeptor auf der Membran des endoplasmatischen Retikulums wird der SRP-markierte Peptid-Ribosomenkomplex gebunden und auf einen spezifischen Ribosomenrezeptor (Translocon) umgelagert. Dadurch geht die Proteinsynthese im Lumen
93 5.2 · Nucleinsäuren
des endoplasmatischen Retikulums weiter. Durch eine Signalpeptidase wird das Signalpeptid abgespalten.
faktoren und GTP bilden einen Startkomplex, der durch die große ribosomale Untereinheit komplettiert wird. Die Met-RNA befindet sich am P-Ort des Ribosoms. Am A-Ort wird die nächste Aminoacyl-t-RNA mit GTP gebunden. Es erfolgt die Übertragung der am P-Ort gebundenen Aminosäure auf die am A-Ort befindliche Aminosäure unter Ausbildung einer Peptidbindung und die GTP-abhängige Translokation in den P-Ort. Der Vorgang wiederholt sich, bis ein Stopp-Codon auf der m-RNA erscheint.
Prüfungsfallstricke Das Signalpeptid enthält einen hohen Anteil von Aminosäuren mit hydrophoben Resten und wird nicht im endoplasmatischen Retikulum glycosyliert.
Proteine, die mit einer Signalsequenz synthetisiert werden, heißen Prä-Proteine. Ist eine limitierte Proteolyse notwendig, um sie in ihre biologisch aktive Form zu überführen, handelt es sich um Pro-Proteine. Ein PräPro-Protein ist demzufolge ein Translationsprodukt, welches am endoplasmatischen Retikulum synthetisiert und posttranslational durch die Signalase und weitere Proteasen in das aktive Protein umgewandelt werden muss. Prüfungsfallstricke Glycoproteine werden nicht an den zytosolischen freien Polysomen gebildet.
Hemmstoffe der Proteinbiosynthese haben therapeutische Bedeutung (. Tab. 5.5). KLINIK Das Diphtherietoxin hemmt durch Poly-ADPRibosylierung eines Diphthamidrests den Elongationsfaktor eEF-2 (= Translokase) und damit die Translation. Diphthamid ist eine posttranslationale Histidinmodifikation.
Merke In der Präinitiation werden Aminoacyl-t-RNAKompexe gebildet. Die Met-t-RNA als Startaminosäure, m-RNA, die kleine Ribosomenuntereinheit, Initiations6
5
Zytoplasmatische Proteine, nucleare, mitochondriale und peroxisomale Proteine werden durch freie Polysomen synthetisiert. Proteine für das endoplasmatische Retikulum, den Golgi-Komplex, Lysosomen und Zellmembranen sowie extrazelluläre Proteine werden mit einer Signalsequenz synthetisiert (Prä-Proteine), die das Anbinden der Polysomen an das endoplasmatische Retikulum gewährleistet. Die Proteine werden im endoplasmatischen Retikulum und im Golgi-Komplex posttranslational modifiziert und in Vesikel verpackt. Die Einnahme der nativen Konformation der neu synthetisierten Proteine wird durch Chaperone und Enzyme beschleunigt. Pro-Proteine müssen durch limitierte Proteolyse in die funktionsfähigen Proteine überführt werden. 5.2.6 Regulation der Genexpression Die Regulation der Genexpression beinhaltet nicht nur die Beeinflussung der Ablesbarkeit der DNA bei der Transkription, der Aktivität insbesondere der RNAPolymerase II, sondern auch die Regulation des Transports durch die Kernporen und die Abbauprozesse von RNA im Zytoplasma. Einige Möglichkeiten der Regulation sind: 4 Methylierung von Cytosin führt zu Inaktivierung, Demethylierung zu Aktivierung von Genen,
. Tab. 5.5. Hemmstoffe der Proteinbiosynthese
Hemmer
Gehemmte Reaktion
Therapeutische Anwendung
Tetrazykline
Bindung der Aminoacyl-tRNA an die Akzeptorstelle von 70S-Ribosomen von Bakterien
Breitbandantibiotikum
Streptomycin
Bindung an 30S-Untereinheit von Tuberkulose-Bakterien
Tuberculose
Chloramphenicol
Hemmung der Peptidyltransferase von 70S-Ribosomen
Antibiotikum zweiter Wahl
Diphtherietoxin
Hemmung der Translocase in 80S-Ribosomen
94
5
Kapitel 5 · Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information
4 Methylierungen/Demethylierungen von Histonen u. a. postranslationale Modifikationen am Chromatin beeinflussen die Genaktivität. Durch Modifikation basischer Aminosäuren in den Histonen werden die Wechselwirkungen mit der sauren DNA abgeschwächt, 4 durch Ligandenbindung aktivierte Transkriptionsfaktoren fördern die Bildung spezifischer Initiationskomplexe der RNA-Polymerase, Beispiel: DNABindung von durch Steroidhormone aktivierten Rezeptoren, 4 Hemmung des Transports von Transkriptionsfaktoren vom Zytoplasma in den Kern, z. B. Bindung von NF-NB an INB, 4 Bindung der m-RNA im Zytoplasma an Proteine verhindert ihren Abbau, z. B. Stabilisierung der Transferrinrezeptor m-RNA. Hormonrezeptoren im Zytoplasma (z. B. für Steroidhormone, Retinsäure, T3) werden durch Bindung ihrer Liganden aktiviert, dimerisieren, wandern in den Zellkern und binden in der großen Furche an die DNA. Sie enthalten folgende Domänen: 4 für die Bindung des Hormons 4 trans-Elemente für die DNA-Bindung (cis-Elemente auf der DNA, die Palindrome darstellen können), 4 für die Aktivierung des Initiationskomplexes der Transkription. Für die Bindung an die DNA ist eine Dimerisierung der durch Liganden aktivierten Transkriptionsfaktoren notwendig. In der DNA-Bindungsdomäne dieser Proteine finden sich folgende Strukturen: 4 Zink-Finger (Komplexierung eines Zn-Atoms durch Cys- oder His-Reste führt zu einer Proteinschleife): zu den Zn-Finger-Proteinen gehören die Rezeptorproteine für Steroidhormone, T3, Calcitriol und Retinoide, 4 Leucin-Zipper; eine leucinreiche Helix bewirkt die Dimerisierung über hydrophobe Wechselwirkungen; CREB (cAMP-responsives Element-bindendes Protein) ist ein solcher Ligand,
4 Helix-Loop-Helix-Elemente; Schleifenstrukturen, die durch die Wechselwirkungen von 2 Helices gebildet werden. Prüfungsfallstricke Über die Erhöhung des zellulären cAMP-Spiegels können Gene aktiviert werden, die ein cAMP-responsives Element (CRE) in ihrer Regulatorregion enthalten. cAMP-bindende Proteine (CREB) aktivieren diese Gene.
Merke NF-NB aktiviert im Genom eine Vielzahl von Genen, die im Zusammenhang mit oxidativem Stress und akuten Entzündungsreaktionen stehen. Er liegt im Zytoplasma im Komplex mit INB vor und ist inaktiv. Durch Phosphorylierung von INB durch verschiedene Kinasen wird der Komplex gelöst. NF-NB wandert in den Zellkern. INB wird in Proteasomen abgebaut. Die Proteinsynthese wird in der Initiationsphase durch Phosphorylierung des eIF-2 reguliert, der dadurch inaktiviert wird. Die eIF-2-Kinase wird durch Interferone, Hitzeschock, Mangel an Wachstumsfaktoren und Aminosäuren aktiviert und durch Häm gehemmt. Häm stimuliert dadurch die Globinsynthese in den erythrozytären Vorstufen.
KLINIK Hemmstoffe der Genexpression finden unter verschiedenen Gesichtspunkten in Forschung und Praxis Anwendung. Solche Pharmaka sollten bakterielles Wachstum und damit Infektionen bekämpfen oder proliferatives und metastasierendes Wachstum von Tumoren verhindern. Die erste Gruppe von Substanzen sollte selektiv für prokaryontische Prozesse, die zweite Gruppe gut verträglich für den Menschen sein, d. h. Tumorselektivität besitzen.
. Tab. 5.6. Substanzen mit antiproliferativen Wirkungen
Antibiotikum
Wirkungsmechanismus
Organismus
Rifamycin und Rifampicin
binden an die bakterielle RNA-Polymerase und hemmen den Start der Transkription, Hemmung der RNA-Polymerase (Therapeutikum)
Prokaryont
Actinomycin
interkaliert in der DNA-Doppelhelix und hemmt dadurch die RNA-Polymerase (Einsatz in der Forschung)
Pro- und Eukaryont
Erythromycin
hemmt die Translokation des Codons an der großen Untereinheit des Ribosoms (Therapeutikum)
Prokaryont
95 5.2 · Nucleinsäuren
5.2.7 DNA- und RNA-Viren Viren sind Zellparasiten, die sich nicht selbst replizieren können. Sie infizieren Zellen und verwenden die zelleigenen Replikations-, Transkriptions- und Translationsmechanismen sowie die vorhandenen Energiequellen und Bausteine für ihre Vermehrung. Viren sind infektiöse Partikel – aber keine Lebewesen – die beim Menschen schwere Infektionen verursachen können. Sie zeigen einen sehr ähnlichen Aufbau. Im Inneren der Viren ist einzel- oder doppelsträngige DNA (DNA-Viren) oder einzel- oder doppelsträngige RNA (RNA-Viren) lokalisiert. An die Nucleinsäuren sind Proteine gebunden. Der Nucleinsäure-Protein-Komplex ist das Nucleocapsid. Als Bestandteile kommen virale Proteine, aber auch zelleigene Proteine, wie Histone, vor. Das Nucleocapsid ist von einer Proteinhülle umgeben, dem Capsid, welches aus Untereinheiten, den Capsomeren, besteht. Weiterhin können Viren eine Hüllmembran besitzen, deren Lipidkomponenten von den Viren selbst gebildet werden oder den Membranlipiden der infizierten Zelle entstammen. Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel. Zur Synthese ihrer Nucleinsäuren und Proteine nutzen sie den genetischen Apparat der Wirtszelle. Prüfungsfallstricke Viren sind keine Lebewesen und demzufolge nicht den Prokaryonten zuzuordnen. Viren sind unabhängige genetische Elemente.
Die Infektion beginnt mit der Adsorption der Viren an die Zellmembran der Wirtszelle. Dabei binden sie an spezifische Strukturen der Zellmembran, wie Rezeptoren, Cadherine oder Integrine, die als Virus-Rezeptoren wirken. Penetration bedeutet das Eindringen in die Wirtszelle mittels Endozytose. Danach findet die Freisetzung der Nucleinsäuren statt. Die DNA der DNA-Viren wird in das Genom der Wirtszelle aufgenommen. Produktive Virusinfektionen bestehen in einer massiven Neubildung von Viren, die die Zellen durch Zelllyse (lytischer Weg) oder Knospung unter Mitnahme von Zellmembranbestandteilen verlassen. Latenz bedeutet, dass das Virus in die Zelle integriert ist. Das Virusgenom wird dann, wenn überhaupt, nur in geringem Maße repliziert (lysogene Viren). Das Genom der für den Menschen pathogenen RNA-Viren ist klein und überwiegend einsträngig. RNA-Viren können sich nach unterschiedlichen Mechanismen vermehren:
5
4 Zeigt die Virus-RNA eine so genannte (+)-Polarität, so kann sie direkt als m-RNA in der Zelle dienen. Für ihre Replikation wird sie durch eine virale RNA-abhängige RNA-Polymerase in einen (–)-Strang umgeschrieben, der als Matrize für die Replikation neuer (+)-RNA dient. 4 Virus-RNA mit primärer (–)-Polarität muss durch die RNA-abhängige RNA-Polymerase in einen (+)-Strang umgeschrieben werden, der dann als m-RNA verwendet wird. 4 Retroviren wie HIV-I bilden ein diploides RNA-Genom aus, welches durch die viruseigene reverse Transkriptase in DNA umgeschrieben und als Provirus-DNA in das Wirtsgenom aufgenommen wird. Die reverse Transkriptase katalysiert die Synthese eines DNA-Strangs, der zur Virus-RNA komplementär ist. Anschließend baut sie den RNA-Strang im DNA-RNA-Hybrid ab und ersetzt ihn durch DNA. Die virale RNA sowie Proteine werden vom Wirtsgenom aus transkribiert und translatiert. Die neuen Viren verlassen die Zelle durch Knospung. HIV-Viren befallen v. a. T-Lymphozyten und Makrophagen. Diese sterben nach Wochen bis Monaten ab. Merke Das besonders Gefährliche am HIV ist seine hohe Mutationsrate.
Beispiele für RNA-Viren neben HIV sind: 4 Picornaviren: Einzelstrang-RNA mit Capsid; PolioVirus verursacht Kinderlähmung, 4 Arboviren: Einzelstrang-RNA mit Capsid und Hülle; Tollwut-Virus, 4 Myxoviren: Einzelstrang-RNA mit Capsid und Hülle; Influenza-Virus. DNA-Viren translozieren ihre meist doppelsträngige DNA in den Zellkern. Durch die zellulären Transkriptionsmechanismen entstehen virale m-RNAs, die virale Proteine translatieren. Für die Replikation der viralen Genome gibt es unterschiedliche Mechanismen, wobei die zelleigene Replikationsmaschinerie, aber auch die reverse Transkription (z. B. Hepatitis B-Virus) verwendet wird. DNA-Viren sind: 4 Poxviridae: Doppelstrang-DNA mit Capsid und Hülle, Pocken-Virus, 4 Herpes-Viren: Doppelstrang-DNA mit Capsid und Hülle, Herpes-simplex-Virus, 4 Papova-Viren: Doppelstrang-DNA mit Capsid und ohne Hülle, Papilloma-Virus, welches Hautwarzen (einige Typen auch Genitalwarzen) verursacht.
96
Kapitel 5 · Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information
4 Hepatitis B-Virus mit Capsid und Hülle, Erreger der Hepatitis B.
5
Zur Abwehr von Virusinfektionen werden Komponenten der unspezifischen und spezifischen Immunmechanismen des Organismus genutzt: 4 Mononukleäre Zellen, Makrophagen und Killerzellen erkennen virusbefallene Zellen oder Viruspartikel und phagozytieren sie. 4 Die Präsentation von Virusantigenen durch den MHC-I-Kompex aktiviert T- und B-Lymphozyten. 4 Die Lyse virusbefallener Zellen erfolgt durch das Komplementsystem unter Mithilfe der von B-Lymphozyten stammenden Antikörper. 4 Es werden D- und E-Interferone gebildet. KLINIK Durch Impfung wird vorbeugend gegen Virusinfektionen interveniert. Für die Chemotherapie von Virusinfektionen werden Nucleosidanaloga eingesetzt, die die Vermehrung des Virus hemmen. Proteasehemmstoffe inhibieren die Umwandlung viruscodierter Pro-Proteine in die funktionellen Proteine.
5.2.8 DNA-Übertragung Die Transfektion ist die Infektion von höheren eukaryontischen Zellen mit DNA (z. B. mit Plasmiden) oder RNA. Dieser Vorgang wird häufig auch als Transformation bezeichnet, obwohl der Begriff Transformation den Übergang einer normalen Zelle in eine Tumorzelle beschreibt. Transduktion beschreibt in der Molekulargenetik die Genübertragung mittels Viren. Von medizinischem Interesse ist die Transduktion von Onkogenen durch RNA-Tumorviren. 5.2.9 In-vitro-DNA-Rekombination,
Gentechnik Gentechnik ist der Begriff für Verfahren, die den Transport, die Stabilisierung und Expression fremder DNA in Zellen ermöglichen. Klonierung ist die Einschleusung von DNA mittels geeigneter Vektoren in Einzelzellen und ihre anschließende Vermehrung. Die Herstellung genetisch weitgehend identischer Organismen kann durch Embryonenspaltung oder mittels Kerntransplantation in eine entkernte Eizelle erfolgen. Das so genannte therapeutische
Klonen dient der Gewinnung von Ersatzgeweben mit günstigen antigenen Eigenschaften (Gewebezüchtung). Klonierungsvektoren sind gentechnische Vehikel zur Übertragung von Fremd-DNA in Fremdzellen zu deren Vermehrung (Klonierung). Expressionsvektoren sind so aufgebaut, dass eine codierende DNA-Sequenz transkribiert und translatiert werden kann. Als solche Vektoren können Plasmide und Viren verwendet werden. Ein Plasmid ist eine kleine, im Zytoplasma von Bakterien vorkommende zirkuläre DNA, die wenige Gene enthält und unabhängig von der chromosomalen DNA repliziert wird. Sie enthält u. a. Resistenzfaktoren für Antibiotika, die sie für die Gentechnik sehr brauchbar machen. Bei der Klonierung wird das zirkuläre Plasmid durch Restriktionsenzyme unter Bildung spezifischer Schnittstellen gespalten, damit durch Ligation DNA-Fragmente mit kompatiblen Enden eingeführt werden können. In manchen Hefen vorkommende plasmidähnliche Komponenten sind die YAK’s. Cosmide sind genetisch veränderte Plasmide zur Klonierung von großen DNAFragmenten (40 kB). Genbanken(DNA-Bibliotheken) sind die Ansammlung der gesamten genomischen DNA (Genom) eines Organismus in Form von klonierten DNA-Fragmenten. Man unterscheidet zwischen genomischen Bibliotheken und cDNA-Banken. KLINIK Die medizinische Bedeutung von Resistenzfaktoren gegen Antibiotika in Bakterien beruht darauf, dass es durch die Einnahme von Antibiotika aus therapeutischen Gründen oder den Verzehr von Fleisch antibiotikabehandelter Tiere zur Selektion und Anreicherung antibiotikaresistenter Bakterien in der Darmflora kommen kann und pathogene Mikroorganismen diese Resistenzfaktoren übernehmen. Durch Ligation eukaryontischer Gene in Plasmide kann eine Expression eukaryontischer Proteine in Bakterienkulturen erreicht werden, die z. B. für die Produktion von Hormonen genutzt wird. Damit ist man unabhängig von der Extraktion aus humanem Material und die Kosten für die Bereitstellung solcher Therapeutika vermindern sich. Das Risiko, mit HIV- und Hepatitis-Viren infiziert zu werden, ist ebenfalls minimiert. Zur Erstellung einer Genombank muss die gesamte zelluläre DNA durch Einwirkung von Restriktionsenzymen in Fragmente von 30.000–40.000 Basenpaare gespalten werden, die danach in einen 6
97 5.3 · Faltung und Modifikation von Proteinen
geeigneten Vektor, z. B. Cosmid oder Virus, eingebaut und vermehrt werden. Die Genombank des Menschen würde bei 3,2 Milliarden Basenpaaren aus mindestens 80.000 verschiedenen Klonen bestehen. Zum Aufbau einer cDNA-Bank wird die zur zellulären mRNA komplementäre cDNA durch reverse Transkription gewonnen und in der Regel in Expressionsvektoren kloniert (cDNA-Expressionsbibliothek). Die Anreicherung und Isolierung einzelner Klone aus einer Genbank erfolgt mittels Hybridisierung mit radioaktiv markierten OligonucleotidSonden. Die PCR spielt dabei eine wichtige Rolle.
Bei Knockout-Mäusen wird durch so genanntes »Gene targeting« spezifisch die Funktion eines Gens ausgeschaltet. Solche Tiere eignen sich als Modellsysteme für menschliche Stoffwechselvorgänge und Krankheiten sowie Gentherapien (das Mausgenom ist zu 98% identisch mit dem menschlichen Genom). Transgene Tiere tragen in ihrem Genom zusätzlich zu ihren natürlichen Genen Fremdgene. Zu ihrer Übertragung stehen viele Methoden zur Verfügung, z. B. die Injektion in eine befruchtete Eizelle oder in kultivierte embryonale Stammzellen bzw. die Anwendung von modifizierten Retroviren. Die Verwendung transgener Tiere bezieht sich auf: 4 die Charakterisierung menschlicher Erkrankungen, 4 Verwendung transgener Tiere als Gewebe- oder Organspender, 4 die Erzeugung pharmazeutisch relevanter Proteine in Milchdrüsen. 5.2.10 Analyse von Nucleinsäuren Auf die Blot-Techniken (Northern-, Southern-Blots) zur Darstellung von DNA-Fragmenten oder RNAs und die PCR wird auf GK Chemie, 7 Kap. 7.2 verwiesen. KLINIK RFLP, der Restriktionsfragment-Längenpolymorphismus lässt sich u. a. nutzen: 5 in der Populationsgenetik, 5 als genetischer Marker zur Durchführung von Verwandtschaftsanalysen und zur Überführung von Straftätern und 5 zur pränatalen Diagnostik vererbbarer Erkrankungen. 6
5
Der genetische Fingerabdruck dient der Analyse genetischer Merkmale zur Identifizierung von Individuen (Vaterschaft, Täter-Ermittlung). Der RFLP wird zusammen mit der PCR zur Charakterisierung hochvariabler DNA-Bereiche (Satelliten-DNA = keine Gene), die individualspezifisch sind, eingesetzt. Für die Analyse ist die DNA einer einzigen Zelle ausreichend.
5.2.11 Abbau Der Abbau von Nucleinsäuren findet abgesehen von den Prozessen im Verdauungstrakt im Zytoplasma statt. Endonucleasen (DNasen, RNasen) spalten im Inneren eines Polynucleotidstrangs unter Bildung von Oligonucleotiden. Exonucleasen setzen Nucleotide vom 5c- oder 3c-Ende frei. Beide Enzymgruppen spalten Phosphorsäurediesterbindungen hydrolytisch. Nucleinsäureabbauende Enzyme sind in den Lysosomen lokalisiert. 5.3
Faltung und Modifikation von Proteinen
5.3.1 Proteinfaltung Die Einnahme der nativen Raumstruktur durch die synthetisierte Polypeptidkette ist ein thermodynamisch freiwilliger Prozess, der durch die Aminosäuresequenz bestimmt wird. Die Ausbildung der Konformation erfolgt spontan langsam und wird in vivo durch die intrazellulären hohen Proteinkonzentrationen beeinträchtigt. Für die Beschleunigung der Faltung werden in vivo Hilfsproteine genutzt: 4 Proteindisulfidisomerasen beschleunigen die Ausbildung von Disulfidbrücken und korrigieren die Ausbildung von falsch gebildeten Disulfidbrücken. 4 Peptidyl-Prolyl-cis-trans-Isomerasen katalysieren die Umwandlung von cis-konfigurierten Peptidbindungen am Prolin in die trans-Form. 4 Chaperone stabilisieren intermediäre Faltungsstrukturen und verhindern eine unspezifische Aggregation. Sie »trimmen« die neu synthetisierten Polypeptidketten in ihre richtige Konformation und verbrauchen dabei ATP. Einige Chaperone gehören zu den Hitzeschockproteinen, z. B. Hsp 70, die bei Temperaturerhöhung vermehrt gebildet werden.
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Kapitel 5 · Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information
Prüfungsfallstricke Falsch gefaltete Proteine werden in den Proteasomen abgebaut.
In vivo können lösliche Proteine mit vorwiegend DStrukturen in E-Strukturen umgelagert werden, die zur Ausbildung unlöslicher Aggregate führen (7 Prionen-Erkrankungen, Alzheimer-Krankheit mit Amyloidbildung, GK Chemie, 7 Kap. 5.3).
5
5.3.2 Adressierung von Proteinen Die Zielsteuerung der Proteine während und nach ihrer Synthese (Sortierung = »protein targeting«) in verschiedene Zellkompartimente oder zur Exozytose erfolgt durch spezifische Markierungen. 4 Signalsequenzen bestimmen die Translokation von Peptidketten während ihrer Synthese in das endoplasmatische Retikulum. 4 Viele Sekret- und Membranproteine erhalten Oligosaccharid-Sequenzen, die im endoplasmatischen Retikulum und Golgi-Komplex via Dolicholphoshat-aktivierter Oligosaccharide an die Proteine gebunden werden. Als spezieller Sortierungskomplex sendet der Golgi-Apparat Proteine zu Lysosomen, Sekretgranula oder in die Zellmembran. 4 Durch Mannose-6-Phosphat werden Proteine gekennzeichnet, die in Lysosomen transportiert werden. 4 Im Zytosol synthetisierte mitochondriale Proteine enthalten an ihrem N-Terminus spezifische Aminosäuresequenzen, die sich von den Signalsequenzen durch ihren hohen Arginingehalt unterscheiden. 4 Kleine im Zytosol synthetisierte Kernproteine durchdringen die Kernmembran leicht. Große Proteine (> 90 kDa) benötigen eine Kern-Lokalisationssequenz und Energie in Form von ATP. 4 Die Verankerung zytosolischer Proteine in der Zellmembran geschieht durch N-Myristoyl- oder S-Palmitoyl-Gruppen oder die Bindung über Geranyl- oder Farnesylgruppen (Prenylreste) an C-terminale Cysteine von Membranproteinen. Ein Sonderfall ist der GPI-Anker für Acetylcholinesterase. 5.3.3 Limitierte Proteolyse Die limitierte Proteolyse ist eine posttranslationale Modifikation. Sie dient der Bildung aktiver Proteine aus inaktiven Vorstufen. Beispiele sind
4 die Umwandlung von Proenzymen in aktive proteolytische Enzyme, 4 die Umwandlung von Prohormonen in aktive Hormone. Merke Ein Prä-Pro-Protein (Prä-Pro-Insulin) wird über eine Signalsequenz in das endoplasmatische Retikulum überführt. Das nach Abspaltung der Signalsequenz durch Signalasen entstanden Pro-Protein (Pro-Insulin) wird durch eine weitere limitierte Proteolyse in das aktive Protein (Insulin) gespalten. Das Tripeptid Glutathion ist kein posttranslationales Proteolyseprodukt, wie z. B. die Liberine des Hypothalamus. Es wird in 2 ATP-abhängigen Reaktionen aus Glutamat, Cystein und Glycin gebildet. Die J-Glutamyl-Cystein-Synthetase verknüpft Glutamat über seine J-Carboxylgruppe mit Cystein. Die Glutathionsynthetase kondensiert das Dipeptid mit Glycin.
5.3.4 Proteinglycosylierung Die Glycosylierung von Proteinen ist ein posttranslationales Geschehen, welches im endoplasmatischen Retikulum und Golgi-Komplex stattfindet. Man unterscheidet O- und N-glycosidisch gebundene Oligosaccharide. O-glycosidisch gebundene Kohlenhydratreste werden schrittweise durch Glycosyltransferasen als UDPaktivierte Zucker auf die OH-Gruppe von Serin-, Threonin- und Hydroxylysinresten in den Proteinen übertragen. Bei N-glycosidisch an Asparagin gebundenen Oligosacchariden wird die Zuckerstruktur in einem höher molekularen Vorläufermolekül an Dolicholphosphat synthetisiert, vom Dolicholphosphat auf das Protein übertragen und danach in die endgültige Struktur durch Abspaltung von Monosacchariden umgewandelt. Die Biosynthese der Proteoglycane erfolgt durch schrittweise Übertragung der Disaccharideinheiten an die Core-Proteine. KLINIK Durch eine ausbleibende Lysinhydroxylierung im Kollagen ist die Anlagerung von Glucose-GalactoseDisacchariden beeinträchtigt und die Fibrillenbildung der Kollagene gestört. Das Ehlers-DanlosSyndrom VI ist durch eine Überdehnbarkeit der Haut, Überstreckung der Gelenke und Verformungen der Wirbelsäule gekennzeichnet.
99 5.5 · Tumorbiochemie
5.3.5 Verankerung von Proteinen
5.4
5
Proteolyse
und Membranen 5.4.1 Proteasen Die Bindung von Proteinen an der Zellmembran geschieht durch N-Myristoyl- oder S-Palmitoylgruppen oder die Bindung über Geranyl- oder Farnesylgruppen (Prenylreste) an C-terminale Cysteine von Membranproteinen. Die gebundenen Proteine sind periphere Membranproteine. Ein Sonderfall ist der GPI-Anker (Glycosyl-Phosphatidylinositol-Anker) für Acetylcholinesterase. 5.3.6 Nichtenzymatische Glycierung Die nichtenzymatische Umsetzung von Glucose mit freien Aminogruppen von Proteinen, Lipiden (Phosphatidylethanolamin) und DNA (Guanin) wird als Glycierung (nichtenzymatische Glucosylierung) bezeichnet. Dabei reagiert die Carbonylgruppe der Glucose in ihrer azyklischen Form mit Aminen unter Ausbildung eines Aldimins (Schiff ’sche Base), die sich über eine Amadori-Umwandlung in eine Aminoketose (Amadori-Produkt) umlagert. Amadori-Produkte werden durch Oxidationen, Dehydratisierungen und Gruppenumlagerungen in fortgeschrittene Glycierungsprodukte (advanced glycation end products, AGEs) überführt. Die Glucose-Adducte führen zu Struktur- und Funktionsänderungen von Proteinen. Durch Bindung an verschiedene Rezeptoren lösen sie oxidativen Stress und die Aktivierung verschiedener Signaltransduktionsketten aus. Die Glycierung ist eine physiologische, posttranslationale Modifikation, die unter den Bedingungen einer Hyperglykämie (Diabetes mellitus) pathogenetische Bedeutung erlangt. KLINIK Hämoglobin mit einer Halbwertszeit von 100–120 Tagen ist ein Maß für die Glycierung und damit die Höhe der Blutglucosekonzentration der letzten 6–8 Wochen. Die Bestimmung des glycierten HbA1c (Amadori-Produkt des Hb) ist der GoldStandard zur Beurteilung des diabetischen Stoffwechsels. Werte unter 7% sind bei einem Diabetiker als optimal zu bewerten. Normalwerte sind 4–6%. Sowohl Amadori-Produkte als auch die AGEs spielen bei der Entstehung der diabetischen Folgeerkrankungen, degenerativen Hirnerkrankungen (z. B. Alzheimer-Krankheit) und bei Amyloidosen anderer Genese eine Rolle.
Einteilung und Mechanismen wurden im 7 Kap. 3.5.1 abgehandelt. 5.4.2 Lysosomale Proteasen Die Einteilung dieser Enzyme und ihre Bedeutung u. a. für die Antigenpräsentation durch Makrophagen im MHC-II-Komplex wurde im 7 Kap. 3.5.1 beschrieben. 5.4.3 Zytosolische Proteolyse Der Proteinabbau im Proteasom und seine Bedeutung für die Präsentation von Peptidantigenen im MHC-IKomplex wurden im Komplex 7 Kap. 3.5.1 abgehandelt. 5.5
Tumorbiochemie
5.5.1 Kanzerogenese Umwelt- und Ernährungsfaktoren sind bis zu 90% für Krebserkrankungen verantwortlich. Bei den übrigen 10% sind genetische und virale Faktoren sowie eine Strahlenexposition von Bedeutung. Chemische Kanzerogene sind: 4 polyzyklische Aromaten (z. B. Benzanthracen), 4 aromatische Amine, 4 sekundäre Amine, die mit Nitrit-Ionen Nitrosamine bilden, 5 Stilbenanaloga weiblicher Sexualhormone, 5 alkylierende Substanzen. Chemische Karzinogene entfalten ihre Wirkungen erst nach 20–30 Jahren. Sie werden im Organismus z. T. erst unter Beteiligung des Cytochrom P450-Systems in die aktiven Formen umgewandelt. Viele chemische Kanzerogene können mit DNA interagieren und mutagene Wirkungen haben. UV- und radioaktive Strahlungen wirken ebenfalls kanzerogen und mutagen. Auch Viren können krebsauslösend sein. Onkogene Viren wirken krebserzeugend durch die Integration ihres Genoms in die Zelle, wobei bei DNA-Viren deren DNA direkt, bei RNA-Viren das durch reverse Transkription erzeugte Amplifikat in der Zell-DNA gebunden wird.
100
5
Kapitel 5 · Speicherung, Übertragung und Expression genetischer Information
Onkogene sind Gene, deren Genprodukte die Ursache für die Transformation gesunder Zellen zu Tumorzellen sind. 4 Virale Onkogene werden in das Zellgenom integriert. Bei den DNA-Tumorviren besitzen die Onkogene nicht nur tumorinduzierende Wirkungen, sondern sind auch für die Replikation der VirusDNA verantwortlich. Onkogene von Retroviren sind nur für die Zelltransformation von Bedeutung. 4 Zelluläre Onkogene leiten sich von Protoonkogenen ab, die als normale Bestandteile im Genom gesunder Zellen vorliegen. Die Umwandlung von Protoonkogenen in Onkogene erfolgt durch Mutationen. Protoonkogene werden nach ihren zellulären Funktionen in 5 Gruppen eingeteilt: 4 Wachstumsfaktoren, z. B. EGF, b-FGF, TGF, 4 Rezeptoren, z. B. Tyrosinkinaserezeptoren für Wachstumsfaktoren (EGF-R, PDGF-R), 4 Proteine, die in Signaltransduktionswege eingebunden sind, z. B. Tyrosinkinasen, c-ras, Cycline, 4 Transkriptionsfaktoren, wie jun, c-myc, c-fos, 4 Tumorsuppressorgene, z. B. APC (benannt nach Adenomatosis polyposis coli) oder Rb (benannt nach Retinoblastom). Tumorsuppressorgene (Antionkogene) codieren Proteine, die Zellwachstum und Tumorbildung unterdrücken. Dazu gehören Gene, die verantwortlich sind für die Reparatur von DNA-Schäden oder für die Chromosomenstabilität, sowie Gene, die die Zellvermehrung und Alterung sowie die Expression von Protoonkogenen und ihre Expression kontrollieren. Die physiologische Funktion dieser Gene besteht nicht in der Unterdrückung neoplastischen Wachstums, sondern in der Kontrolle von Proliferation und Differenzierung von Zellen. Das p53-Protein ist das bedeutendste Suppressor-Genprodukt, weil Veränderungen des p53-Gens am häufigsten bei menschlichen Tumoren gefunden wurden. Prüfungsfallstricke p53 ist ein nucleäres Phosphoprotein, welches wahrscheinlich als Transkriptionsaktivator dient. p53 hemmt den Übergang von der G1- in die S-Phase bei DNA-Schädigungen und wird bei DNA-Schäden vermehrt gebildet. Es hemmt die Phosphorylierung von Rb. Damit kann die Zelle nicht von der G1- in die S-Phase gelangen. p53 kann auch die Apoptose aktivieren.
p53 sorgt dafür, dass eine Zelle sich nur dann teilt, wenn ihre Informationszentrale intakt ist. Rb ist ein Protein des Zellkerns wie p53. Es wird durch Phosphorylierung durch Cdk’s inaktiviert und leitet durch Freisetzung von Wachstumsfaktoren die S-Phase ein. Rb ist bei mehr als 60% aller menschlichen Tumoren und p53 bei mehr als 50% aller Tumoren mutiert oder deletiert. Für die Tumorentstehung sind wahrscheinlich Veränderungen in beiden Allelen von Tumorsuppressorgenen notwendig. KLINIK Tumoren mit mutierten Rb- und p53-Proteinen haben eine schlechte Prognose. Bei ihnen spricht auch eine Chemo- und Strahlentherapie nur ungenügend an.
Merke Das APC-Gen ist bei Dickdarmtumoren das am häufigsten mutierte Gen. Es codiert für Catenine, die mit Cadherinen assoziiert sind und deren Verbindung zu den Aktinfilamenten des Zytoskeletts vermitteln. Catenine spielen zudem eine Rolle bei Signalübertragungen. Beim Retinoblastom liegt eine Mutation im Rb-Gen vor.
5.5.2 Therapie Zytostatika werden zur medikamentösen Tumortherapie verwendet. Sie werden eingeteilt in 4 Antimetabolite: Strukturanaloga von Purinen und Pyrimidinen oder Nucleosiden, 4 Alkylierende Verbindungen: die Wirkung des Cyclophosphamids beruht auf einer Alkylierung der DNA und ihrer Vernetzung sowie fehlerhaften Basenpaarungen; es wird auch als Immunsuppressivum verwendet. Methansulfonsäureester wie Busulfan rufen ebenfalls Vernetzungen der DNA hervor. 4 Zytostatisch wirkende Antibiotika lagern sich zwischen die DNA-Stränge und hemmen die Replikation. 4 Mitose-Hemmstoffe sind z. B. Vinca-Alkaloide und Colchicin.
101 5.5 · Tumorbiochemie
5.5.3 Apoptose Apoptose ist der programmierte Zelltod. Sie steht dem durch Noxen induzierten Zelltod, der Nekrose, gegenüber, die durch Autolyse gekennzeichnet ist. Kennzeichen der Apoptose sind: Schrumpfen der Zellen, charakteristische Fragmentierung der DNA, Auflösung der Zellmembran in Vesikel und Phagozytose der Zellreste.
Apoptose wird ausgelöst durch 4 Todesrezeptoren, integralen Membranproteinen aus der TNF-Rezeptor-Familie (z. B. CD95). Nach Bindung entsprechender Liganden wird ein Adapterprotein aktiv, welches die Aktivierung der Caspasen (Proteolyse 7 Kap. 3.5) einleitet. 4 Freisetzung von Cytochrom c und Bindung an Apaf-1, welches nach ATP-abhängiger Oligomerisierung die Caspase 9 aktiviert (7 Kap. 3.5).
Fallbeispiel Ein etwas übergewichtiger 56-jähriger Patient kommt in die Sprechstunde seines Hausarztes und klagt über anfallsartige Schmerzen im Grundgelenk der 1. Zehe beider Füße. Er habe diese Schmerzen schon häufiger gespürt, sie seien aber immer wieder von alleine verschwunden. Auf Nachfrage berichtet er, dass er am vergangenen Wochenende ein Familienfest gefeiert habe und gut gegessen und getrunken habe. Auch sonst esse er gern viel Fleisch und trinke regelmäßig abends ein bis zwei Flaschen Bier. Bei der körperlichen Untersuchung fallen eine Rötung, Schwellung und Druckempfindlichkeit über
5
den betroffenen Stellen auf. Differenzialdiagnostisch kommt neben der Hyperurikämie mit Gicht auch die rheumatoide Arthritis in Betracht. Eine Harnsäurebestimmung im Blut allerdings zeigt eine deutliche Erhöhung der Uratkonzentration, was die Hyperurikämie beweist. Zur Behandlung erhält der Patient für den akuten Anfall nicht steroidale Antiphlogistika (z. B. Diclofenac), sowie einen Xanthinoxidase Hemmer (z. B. Allopurinol). Des Weiteren empfiehlt der Hausarzt eine Reduktion des Fleisch- und Alkoholkonsums sowie eine Reduktion des Körpergewichts und reichlich Flüssigkeitszufuhr.
6
103
6 Zellstrukturen und interzelluläre Matrix; allgemeine Zytologie Mind Map Säugerzellen besitzen im Gegensatz zu Prokaryonten Kompartimente, die aus durch Membranen abgegrenzten Zellorganellen mit unterschiedlichen, spezifischen Stoffwechselleistungen bestehen. Das Zytoskelett bildet ein intrazelluläres Gerüst aus fadenoder netzförmigen Proteinpolymeren, die einerseits der mechanischen Stabilität der Zellen, andererseits ihrer definierten Verformbarkeit und intrazellulären Transportprozessen dienen. Eine lebende Zelle besitzt drei Alternativen: 5 Sie kann ruhen, d. h. sich nicht teilen. 5 Sie kann z. B. durch Wachstumsfaktoren aus dem Ruhezustand durch Aktivierung des Zellzyklus in die Teilung eintreten.
4 Sie kann absterben. Der programmierte Zelltod, die Apoptose, kann jede Zelle betreffen. Die extrazelluläre Matrix besteht aus Glycosaminoglycanen, Kollagenen, Elastin, Fibronectin und Laminin. Zellrezeptoren für die extrazelluläre Matrix dienen nicht nur der mechanischen Haftung, sondern lösen auch Signaltransduktionsprozesse aus.
6
104
Kapitel 6 · Zellstrukturen und interzelluläre Matrix; allgemeine Zytologie
6.1
Prokaryonte Zellen
(GK Biologie 7 Kap.3). 6.2
6
Eukaryonte Zellen
Organellen sind als subzelluläre Struktureinheiten ein Charakteristikum eukaryontischer Zellen. Sie stellen membranumschlossene Reaktionsräume – Kompartimente – innerhalb der Zellen dar, denen spezifische Strukturen und Funktionen zugeordnet werden können. Auch das Zytosol, von der Zellmembran umgeben, wird als eigenständiges Kompartiment angesehen. Dabei ist die Zellmembran selbst ein gesonderter Reaktionsort. Die Stoffwechselvorgänge in den Zellen werden durch die Existenz von Kompartimenten beeinflusst. Glycolyse, Pentosephosphatweg, Fettsäuresynthese und einige Aminosäuresynthesen finden im Zytosol statt. Fettsäureabbau, Citratzyklus und oxidative Phosphorylierung laufen intramitochondrial ab. Gluconeogenese und Harnstoffzyklus benötigen beide Zellkompartimente. Das Schicksal einiger Metabolite ist ein anderes, je nachdem, ob sie sich im Mitochondrium oder im Zytosol befinden, da der Transport durch die innere Mitochondrienmembran kontrolliert ist. Fettsäuren werden intramitochondrial abgebaut, im Zytosol verestert oder ausgeschieden. Pyruvat wird im Zytosol zu Lactat hydriert, im Mitochondrium oxidativ decarboxyliert. Die Glutaminsynthese findet im Zytosol, die Glutaminasereaktion intramitochondrial statt. Das Prinzip der Kompartimentierung erlaubt, dass in derselben Zelle gegenläufige Stoffwechselprozesse ablaufen und gesondert reguliert werden können. . Tab. 6.1. Leitenzyme
Zellkern
DNA- und RNA-Poymerasen, NAD-Pyrophosphorylase
Zytosol
Enzyme der Glycolyse
Mitochondrien
Cytochrom c-Oxidase, Succinatdehydrogenase, Glutamatdehydrogenase
Lysosomen
Saure Phosphatase, ß-Glucuronidase, Kathepsine
Peroxisomen
Katalase, D-Aminosäure-Oxidase
Golgi-Komplex
UDPG-N-Acetylglucosamin-Galactosyl-Transferase
Endoplasmatisches Retikulum
Glucose-6-Phosphatase
Zellmembran
5’-Nucleotidase
Zur Isolierung subzellulärer Strukturen werden Zellen in indifferenten Medien (z. B. Saccharose-Lösungen) homogenisiert und durch differenzielle Zentrifugation oder Dichtegradienten-Zentrifugation die Zellorganellen erhalten. Der Reinheitsgrad einer Zellfraktion wird durch die Bestimmung von Leitenzymen kontrolliert. Diese sind Enzyme, die vorzugsweise oder ausschließlich in der betreffenden Partikelfraktion lokalisiert sind. Eine Listung von Leitenzymen zeigt die . Tabelle 6.1. 6.3
Membranen
6.3.1 Membrankomponenten Plasmamembranen grenzen Zellen gegen ihre Umgebung ab, vermitteln aber auch Kontakte zu benachbarten Zellen bzw. zu ihrer Umgebung. Innerhalb von Zellen schaffen sie Kompartimente, also spezielle Funktionsräume (Kompartimente) wie Zellkern, Mitochondrien, Golgi-Apparat und endoplasmatisches Retikulum, Lysosomen und Peroxisomen. Zelluläre Membranen haben folgende Merkmale: Sie sind blattartige Strukturen, nur wenige Moleküle dick, die geschlossene Grenzen zwischen Kompartimenten unterschiedlicher Zusammensetzung bilden (Abgrenzung). Die Dicke der meisten Membranen liegt zwischen 6 und 10 nm. Membranen bestehen aus Lipiden und Proteinen. Das Gewichtsverhältnis liegt zwischen 4:1 und 1:4. Membranen enthalten Kohlenhydrate, die an Lipide und Proteine gebunden sind. Membranlipide (Phospholipide, Glycolipide) sind amphiphile Moleküle. Sie bilden in einem wässrigen Milieu geschlossene bimolekulare Schichten aus. Diese Lipiddoppelschichten sind Barrieren für die Passage polarer Moleküle. Sie besitzen eine selektive Permeabilität für Gase (CO2, O2) und hydrophobe Moleküle (z. B. Fettsäuren, Steroide, Retine, Calcitriol, T3). Innerhalb der Membran ist die laterale Mobilität von Phospholipiden hoch, transversale Bewegungen von einer Schicht in die andere (Flip-Flop) sind sehr selten. Neben Phospholipiden und Glycolipiden gehört auch unverestertes Cholesterol zu den Lipidbestandteilen von Zellmembranen. Die Fluidität der Membranen wird durch den Anteil ungesättigter Fettsäuren in den Membranlipiden, der Länge der aliphatischen Ketten und den Cholesterolgehalt bestimmt: Ungesättigte (wegen der cis-Konfiguration) und kurzkettige Fettsäuren erhöhen die Fluidität. Cholesterol erniedrigt die Membranfluidität, hemmt den Phasenübergang
105 6.3 · Membranen
vom festen in den flüssigen Zustand der Lipiddoppelschicht und wirkt dadurch versteifend. Glycolipide machen nur 2% der Membranlipide aus. Sie sind Bestandteil der negativ geladenen Glycocalix. Membranen sind asymmetrisch und geladen. Die Innen- und Außenseiten unterscheiden sich. Phosphatidylethanolamin, -serin und -inositol kommen auf der zytosolischen Seite der Zellmembran vor und verleihen ihr eine negative Ladung. Phosphatidylcholin und Sphingomyeline befinden sich in der äußeren Membranschicht und sind elektroneutral. Prüfungsfallstricke Cholesterol in den Zellmembranen ist unverestert. Integrale Membranproteine und Glycolipide können nicht von der Außenseite zur Innenseite der Membran ausgetauscht werden. Zellmembranen sind asymmetrisch aufgebaut.
Membranen sind semikristalline flüssige Strukturen. Man kann sie als zweidimensionale Lösungen gerichteter Lipide und Proteine auffassen, wobei die Lipide sich lateral und senkrecht zur Membranebene bewegen können, die Proteine nur lateral. Zellkontakte und Stofftransport durch Membranen Integrale Membranproteine durchsetzen die gesamte Membran. Sie werden durch hydrophobe transmembranale Domänen in der Membran gehalten. Spezifisch in die Membran integrierte Proteine, die spezielle Funktionen vermitteln, sind z. B.: 4 Ionenpumpen und Ionenkanäle, 4 Kanäle für Wasser, 4 Rezeptoren, 4 Enzyme, 4 Energieüberträger (Transport-ATPasen) und 4 Transporter für Stoffwechselmetabolite. Periphere Membranproteine sind an den Seiten der Membran angeordnet. Sie sind über Fettsäuren (Myristinsäure, C14, Palmitinsäure, C16) oder Prenylreste (Farnesyl-, C15; Geranyl-, C10) bzw. über elektrostatische Beziehungen mit der Membran verbunden. Ein Sonderfall ist der Glycosyl-Phosphatidyl-Inositol-Anker (GPI) z. B. für die Acetylcholinesterase. Zytoplasmatische Proteine können zeitweilig in Membranstrukturen einbezogen sein. Zellmembranen vermitteln über ihre Proteine Kontakte zu anderen Zellen und zu den Basalmembranen. Diese Proteine sind z. T. mit dem Zytoskelett assoziiert.
6
Der Transport von Stoffen durch Membranen ist wie folgt zu charakterisieren: 4 Uniport: Transport eines Stoffs oder Ions in einer Richtung (z. B. Glucoseaufnahme in Muskulatur und Fettzellen), 4 Symport: Transport zweier Moleküle in einer Richtung (z. B. Aufnahme von Glucose oder Aminosäuren zusammen mit Na+ durch Mukosazellen), 4 Antiport: Transport zweier Moleküle in Gegenrichtung (z. B. Na+/K+-ATPase). Transportmechanismen sind: 4 Diffusion: Stofftransport in Richtung eines Konzentrationsgradienten (kein Carrier, keine Energie, z. B. Gase). 4 Erleichterte Diffusion: Carriertransport in Richtung eines Konzentrationsgefälles, Sättigungskinetik, keine Energie (z. B. Aufnahme von Glucose in den Muskel). 4 Primär aktiver Transport: Carriertransport entgegen einem Konzentrationsgradienten, Sättigungskinetik, Verbrauch von Energie (z. B. Na+/ K+-ATPase). 4 Sekundär aktiver Transport: Sättigungskinetik, Carriertransport, Energieverbrauch (z. B. Na+abhängige Glucose- oder Aminosäureaufnahme durch die Dünndarmmukosa mit sekundärem Abtransport der aufgenommenen Na+ durch die Na+/ K+-ATPase). 4 Transport durch Gap junctions: Bestandteil sind Connexine, keine Sättigung, kein Energiebedarf (z. B. Synchronisation von Kardiomyozyten), Transport kleiner Moleküle wie Glucose möglich. 4 Transport durch Poren: Wassertransport über Aquaporine in den Nierentubuli. 4 Membrankanäle: Ionenkanäle. 4 Transport in Membranvesikeln: Endo- und Exozytose. Rezeptoren sind integrale Membranproteine, an die bestimmte Liganden spezifisch binden. Deren Signal wird durch den Rezeptor gewandelt und verstärkt (z. B. Bindung von Catecholaminen an E-adrenerge Rezeptoren, Stimulierung der Adenylatzyklase, vermehrte Bildung von cAMP, Aktivierung der Proteinkinase A). Eine intrazelluläre Zunahme des Membrangehalts erfolgt durch Insertion von Lipiden und Proteinen in existierende Membranen.
106
Kapitel 6 · Zellstrukturen und interzelluläre Matrix; allgemeine Zytologie
KLINIK
6
Beispiele für Störungen von Membranfunktionen sind: 5 LDL-Rezeptor-Defekte infolge von Genmutationen sind die Ursache der familiären Hypercholesterolamie mit frühzeitiger Arteriosklerose und Herzinfarkten. 5 Die Sphärozytose, kugelförmige Verformung der Erythrozyten mit hämolytischer Anämie, beruht auf Mutationen im Spectrin-Gen. Spectrin ist mit dem Anionentransporter der Erythrozytenmembran verbunden. 5 Die Duchenne-Muskeldystrophie beruht auf einem X-chromosomalen Gendefekt für Dystrophin, wodurch Dystrophin im Sarkolemm nicht mehr exprimiert wird. Dies führt zu einer extremen Schwächung der Muskulatur. 5 Ein Carnitinmangel kann ebenfalls zu Myopathien führen. 5 Mucoviszidose (Cystische Fibrose) ist eine der häufigsten angeborenen Stoffwechselerkrankungen (1:2400) infolge eines Gendefekts auf Chromosom 6. Betroffen ist das Gen für den Anionenaustauscher in der Zellmembran von exokrinen Drüsen. Dies führt zu einer gesteigerten Cl–-Ionen-Exkretion, Bildung eines zähflüssigen Sekrets infolge Wasserretention in den Drüsen. Die klinische Symptomatik betrifft besonders die Bronchien und das Pankreas (7 Maldigestion). 5 Die Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung der Muskulatur, die durch eine durch Antikörper bedingte Blockade der Acetylcholinesteraserezeptoren an den motorischen Endplatten hervorgerufen wird. Daraus resultiert eine Störung der neuromuskulären Erregungsübertragung.
Ein transversaler Lipidtransport in der Membran ist möglich, jedoch selten. Der laterale Lipidtransport erfolgt mit hoher Geschwindigkeit. Der Zellkern ist von zwei Lipid-Doppelschichtmembranen umgeben.
impermeabel (Ausnahme O2, CO2), befördern einen selektiven Stofftransport durch Carrier und Kanäle (Diffusion, erleichterte Diffusion, primär und sekundär aktiver Transport) und sind für Signalerkennungs- und Signaltransduktionsprozesse sowie interzelluläre Kontakte und die Bindung an Basalmembranen verantwortlich.
6.3.2 Bildung und Abbau von Membranen Der Stoffwechsel der Membrankomponenten wurde in den vorgehenden Kapiteln zu den Lipiden und zur Bildung von N- und O-Glycosiden an Proteinen und Glycolipiden erläutert. Die Endozytose ist im Zusammenhang mit dem LDL-Stoffwechsel erwähnt. Ebenso wurde die Bildung von Signalmolekülen wie Diacylglycerol und IP3 und von Eicosanoiden (Prostaglandine, Leukotriene) aus Arachidonsäure abgehandelt. 6.3.3 Funktion 7 Kap. 6.3.1
6.4
Zellkern
6.4.1 Chromatin GK Chemie, 7 Kap. 7.3. 6.4.2 Kernhülle Der Zellkern ist von einer Doppelmembran umgeben, die Poren für den Transport von Molekülen in den und aus dem Kern enthält. Die Kernporen sind kompliziert aufgebaute Strukturen aus Nucleoporinen, durch die z. B. nicht nur Histone eingeschleust, sondern auch Ribosomen oder kleine Verbindungen wie NAD ausgeschleust werden.
Merke Zelluläre Membranen bestehen aus PhospholipidDoppelschichten mit unverestertem Cholesterol, in die integrierteProteine eingelagert oder periphere Proteinen angelagert sind. Sie dienen nicht nur der Abgrenzung. Sie sind für hydrophile Stoffe 6
6.4.3 Funktionen Wichtige Prozesse sind die DNA-Replikation (7 Kap. 3.2.2), die RNA-Transkription (7 Kap. 3.2.4) und die Ribosomensynthese in Nucleolus.
107 6.8 · Endoplasmatisches Retikulum (ER)
6.5
Mitochondrien
6.5.1 Aufbau GK Biologie, 7 Kap. 1.12. 6.5.2 Funktionen Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zelle und auf das Engste mit dem oxidativen Stoffwechsel und der ATP-Synthese verbunden (7 Kap. 3.3 und 7 Kap. 3.8). Aber auch synthetische Leistungen wie die Gluconeogenese, die Hämsynthese und der Harnstoffzyklus haben Beziehungen zu den Mitochondrien. 6.6
4 die peroxismale E-Oxidation von Fettsäuren zur Kettenverkürzung, 4 die Biosynthese der Plasmalogene (Etherlipide) und Gallensäuren, 4 Oxidase-Reaktionen von Aminen, Aminosäuren und Purinen und 4 Peroxidabbau durch Hydroperoxidasen, v. a. der Katalase. Zu den Hydroperoxidasen gehören die Katalase und Peroxidasen. Sie bauen Wasserstoffperoxid ab. Katalase kommt in den Erythrozyten und in den Peroxisomen der Hepatozyten vor. Sie spaltet H2O2 in Wasser und molekularen Sauerstoff, wobei das Wasserstoffperoxid selbst als Wasserstoffdonator dient:
Lysosomen
6.6.1 Entstehung, Aufbau Die Bildung von Lysosomen erfolgt im Zusammenhang mit der Bildung von Endosomen. Mittels Endozytose gebildete Vesikel verschmelzen mit so genannten frühen Endosomen, die aus dem Golgi-Komplex stammen. Dadurch entstehen späte Endosomen, die aus dem GolgiKomplex stammende Hydrolasen enthalten und ein Lysosom bilden. Zum Abbau vorgesehene Zellorganellen bilden aus Membranen des endoplasmatischen Retikulums Autophagosomen, die mit späten Endosomen fusionieren und Lysosomen bilden. Durch Phagozytose entstehende Phagosomen bilden mit späten Endosomen Lysosomen.
2 H2O2→2 H2O+O2 Peroxidasen benötigen einen Wasserstoffdonator, um H2O2 zu Wasser zu reduzieren: DH2+H2O2→D+2 H2O. Als Wasserstoffdonator dient häufig Glutathion. Die Glutathion-Peroxidase enthält die seltene Aminosäure Selenocystein. Das Enzym kommt in vielen Zellen vor. KLINIK Das Zellweger-Syndrom ist ein seltener, autosomal rezessiver Gendefekt, der sich durch Störungen der Bildung von Leber-Peroxisomen manifestiert. Es fehlen neben den Peroxisomen auch die von ihnen synthetisierten Plasmalogene (Acetalphosphatide), die wesentlicher Bestandteil der Plasmamembranen im ZNS sind. Bei der X-chromosomal rezessiv erblichen Adrenoleukodystrophie treten im Blutplasma vermehrt langkettige Fettsäuren auf, die im Zusammenhang mit einer Abbaustörung in den Peroxisomen stehen könnten.
6.6.2 Funktionen Lysosomen dienen dem Abbau intrazellulärer »Abfälle«. Dazu enthalten sie eine Vielzahl von Hydrolasen, deren pH-Optimum bei 5–6 liegt. Lysosomal entstehende Peptide werden über den MHC-II-Komplex präsentiert, über den aber nur wenige Zellen, z. B. Makrophagen verfügen. Durch das genetisch bedingte Fehlen lysosomaler Enzyme entsteht eine Vielzahl von Speichererkrankungen. 6.7
Peroxisomen
Peroxisomen bewerkstelligen den extramitochondrialen O2-Umsatz unter Wärmeproduktion. In ihnen finden folgende Reaktionen statt:
6
6.8
Endoplasmatisches Retikulum (ER)
6.8.1 Aufbau und Zusammensetzung Das weit verzweigte Schlauchsystem des endoplasmatischen Retikulums besteht aus 2 Komponenten, dem glatten und dem rauen ER.
108
Kapitel 6 · Zellstrukturen und interzelluläre Matrix; allgemeine Zytologie
6.8.2 Funktionen Im glatten endoplasmatischen Retikulum werden die in den zellulären Membranen vorkommenden Lipide synthetisiert. Weiterhin spielen die in der Leber ablaufenden Biotransformationen unter Beteiligung des Cytochroms P450 sich in diesem Kompartiment ab. Es dient zudem der Speicherung von Ca2+-Ionen besonders in der Muskulatur. Die Hauptfunktion des rauen endoplasmatischen Retikulums besteht in der Biosynthese und Modifikation extrazytosolischer Proteine u. a. zum Zweck ihrer Adressierung (7 Kap. 5.3.3).
6 6.9
Golgi-Apparat
6.9.1 Aufbau Der Golgi-Komplex steht in enger Verbindung zum endoplasmatischen Retikulum. Von ihm lösen sich die Transport-Vesikel ab, die die im ER synthetisierten Proteine enthalten. 6.9.2 Funktionen Der Golgi-Apparat dient ebenfalls Proteinmodifikationen und der Verpackung von Proteinen in Vesikel, die z. B. für eine Exozytose vorgesehen sind. 6.10
Zytoskelett
Das Zytoskelett ist für die mechanische Festigkeit und die räumlichen Organisation der Zellen verantwortlich. Es besteht aus (. Tab. 6.2): 4 Aktin- oder Mikrofilamenten, 4 den Mikrotubuli sowie 4 den Intermediärfilamenten. Die 3 Proteinpolymere sind miteinander verbunden und funktionieren gemeinsam. Aktin ist ein globuläres Protein, welches zu Filamenten polymerisiert. In Aktin-Myosin-Komplexen gewährleistet es die Muskelkontraktion. Als zwei- oder dreidimensionales Netzwerk (Mikrofilamente) bewegt es Zellmembranen, z. B. zur Furchung oder für die Motilität von Zellen auf ihrer Matrix (Chemotaxis). Die Polymerisation monomeren Aktins zu den Filamenten erfordert K+/Mg2+ und ATP. Mikrotubuli sind polymere Hohlzylinder aus D- und E-Tubulinen. Mikrotubuli strahlen von den
. Tab. 6.2. Dimensionen des Zytoskeletts
Durchmesser (nm) Aktinfilamente (Mikrofilamente)
5–9
Intermediärfilamente
10
Mikrotubuli
20–25
Centrosomen in die Zellperipherie. Bei der Zellteilung bilden sie den Spindelapparat. Tubuline treten assoziiert mit spezifischen Proteinen auf (wie z. B. W im ZNS). Sie bilden unter GTP-Verbrauch ein dynamisches intrazelluläres Gerüst, woran Zellorganellen und Zellkomponenten orientiert und transportiert werden. GDP fördert die Depolymerisation. Colchicin, das Gift der Herbstzeitlose, behindert die Polymerisation der Mikrotubuli. Intermediärfilamente bilden die stabilsten Elemente des Zytoskeletts. Sie verleihen den Zellen mechanische Stabilität. Die Intermediärfilamentproteine sind sehr heterogen und verschiedensten Gruppen zuzuordnen, wie z. B. Keratinen, nucleären Laminen, Vimentinen u. a. Die Zytokeratine der Epithelzellen der Haut binden an Desmosomen, die Nachbarzellen verbinden, sowie an Hemidesmosomen, die über Integrine Kontakte zu den Basalmembranproteinen herstellen. Merke Das Zytoskelett dient der mechanischen Stabilität der Zellen. Es bewirkt aber auch ihre Verformbarkeit und Motilität sowie intrazelluläre Transportprozesse.
Viele Zell-Zell-Verbindungen sind mit dem Zytoskelett verbunden. Anchoring junctions sind die Kontaktstellen der Zellen zu ihrer Umgebung, zu Nachbarzellen und zur Matrix (z. B. Epithelien). Benachbarte Zellen haften mittels 4 Verbindungen aneinander (. Tab. 6.3): 4 Desmosomen, 4 Tight junctions (zona occludens), 4 Adherence junctions (Adhäsionsverbindungen) und 4 Gap junctions (Nexus). Für die Bindung von Zellen an Basalmembranen sind Hemidesmosomen verantwortlich. Desmosomen sind Kontaktstellen für die Intermediärfilamente an der Zellmembran und dienen der mechanischen Stabilisierung eines Zellverbandes. Das Dünndarmepithel wird zudem aus einem Adhäsions-
109 6.11 · Extrazelluläre Matrix
6
. Tab. 6.3. Zellverbindungen
Zell-ZellVerbindung
Zytoskelett
Ankerprotein
Transmembranprotein
Extrazellulärer Ligand
Funktion
Desmosom
Intermediärfilamente
Desmoplakin Plakoglobin
Cadherin
Desmoglein, Desmocollin der Nachbarzelle
Stabilisierung
Adherence junction
Aktinfilamente
Catenine
Cadherin
Cadherin der Nachbarzelle
Stabilisierung
Tight junction
Keine
keines
keines
Tight junction-Proteine der Nachbarzelle
Abdichtung der Epithelschicht
Gap junction
Keine
keines
Connexin
Connexin der Nachbarzelle
Zell-Zell-Kommunikation
Zell-Matrix-Verbindung Hemi-Desomosom
Intermediärfilamente
Plectin
Integrin
Matrixproteine
Verankerung
Fokale Adhäsion
Aktinfilamente
Vinculin, Actinin
Integrin
Matrixproteine
Motilität und Signalübertragung
gürtel mit Aktinfilamenten stabilisiert, der Ca2+-abhängig durch Cadherine zusammen gehalten wird (Adherence junctions). Tight junctions verhindern, dass Flüssigkeit zwischen dem Zwischenzellraum zirkuliert und dienen der Abdichtung epithelialer Schichten. Gap junctions vermitteln den Austausch kleiner Moleküle zwischen den Zellen über die Bildung von Poren, die durch zwischen den zellverbindenden Connexinen aufgebaut werden. Sie können dadurch die Synchronisation von Aktionen in Zellverbänden ermöglichen (Herzmuskel). An den Hemidesmosomen und den fokalen Adhäsionspunkten sind Zellen mit der extrazellulären Matrix verbunden. Die Verbindung wird durch Cadherine hergestellt. Intrazellulär bestehen Verbindungen zu den Aktin- und Intermediärfilamenten. Zelladhäsionsproteine sind die Ca2+-abhängigen Cadherine und die CAM’s (cell adhesion molecules), von denen es die I-CAMs (interzelluläres Adhäsionsprotein), N-CAMs (neuronales Adhäsionsprotein) und V-CAMs (vasculäres Adhäsionsprotein) gibt. Integrine der Leukozyten binden an die CAMs der Endothelien. Die Selectine der Endothelien binden an Glycoproteine auf der Oberfläche von Granulozyten. Dadurch wird ein »Rollen« der Leukozyten auf der Endotheloberfläche und die Extravasation der Leukozyten bewirkt. Die Cadherine sind transmembranale Proteine, die mit Cadherinen anderer Zellen Wechselwirkungen eingehen. Die CAMs sind für Feinregulationen der ZellZell-Wechselwirkungen verantwortlich.
Zelladhäsionsproteine haben Immunglobulin-ähnliche Strukturen. Merke Das Zusammenwirken von Zelloberflächen-Adhäsionsproteinen führt zur Bildung organisierter Zellverbände. Zellkontakte werden durch Desmosomen, Tight und Gap junctions sowie Cadherine und Adhäsionsproteine vermittelt. Zellmembranen organisieren Beziehungen zu anderen Zellen. Laterale Zellkontakte werden durch die Zellmembran über Desmosomen mittels Cadherinen vermittelt. Die Verankerung von Epithelien mit Basalmembranen geschieht durch Hemidesmosomen, deren wesentlicher Bestandteil die Integrine sind. Desmosomen und Hemidesmosomen haben Kontakte zu den Intermediärfilamenten des Zytoskeletts. Leukozyten binden mittels ihrer Cadherine an Selectine der Endothelzellen. Weitere leukozytenbindende Proteine der Endothelien sind die Zelladhäsionsproteine (CAM), die bei Entzündungen exprimiert werden.
6.11
Extrazelluläre Matrix
6.11.1 Strukturprinzip, Vorkommen Bindegewebe kommt als Knochen- und Knorpelgewebe, in Form von Sehnen und Bändern sowie als Interzellularsubstanz vor. Die extrazelluläre Matrix besteht
110
6
Kapitel 6 · Zellstrukturen und interzelluläre Matrix; allgemeine Zytologie
aus Kollagen, Elastin, Proteoglycanen, Hyaluronsäure und Glycoproteinen. Die Zellen des Bindegewebes stammen von mesenchymalen Zellen ab. Sie bilden die extrazelluläre Matrix: 4 Fibroblasten bilden die Grundstrukturen von Sehnen und Bändern (Kollagene, Elastin), 4 Chondroblasten bilden den Knorpel (Kollagen, Proteoglycane wie das Aggrecan), 4 Osteoblasten bilden die organische Grundsubstanz des Knochens (Kollagene, Proteoglycane); Ameloblasten und Odontoblasten bilden die organische Grundsubstanz des Zahnschmelzes und Dentins, 4 Endothelzellen sind pluripotente Zellen, die sich an der Bildung von Basalmembranen beteiligen, Gerinnungs- und Fibrinolysefaktoren sowie Chemotaxine und Zelladhäsionsproteine bilden. Die extrazelluläre Matrix dient dem Gesamtorganismus und den Zellen als Stütze. Sie hält die Zellverbände zusammen und ermöglicht auch zelluläre Migration und Proliferation. 6.11.2 Synthese, Abbau Kollagene Kollagene sind die mengenmäßig überwiegenden Proteine des menschlichen Körpers. Über 20 verschiedene Isoproteine sind beschrieben. Die häufigsten Kollagene sind die Typen I–V. Die Funktionen der übrigen Vertreter sind z. T. nur unzureichend bekannt. Man unterscheidet: 4 die fibrillenbildenden Kollagene der Sehnen, Bänder, des Knochens und Knorpels, zu denen die Subtypen I–III gehören und 4 die nichtfibrillären, netzförmige Strukturen ausbildenden Kollagene IV und V der Basalmembranen. Sie bilden Assoziate mit anderen Proteinen der Basalmembranen. Die häufigen Kollagentypen sind in der . Tabelle 6.4 aufgeführt. . Tab. 6.4. Kollagene
Typ (Untereinheiten)
Vorkommen
I D, D,
Sehnen, Knochen, Zähne, Haut
II (D1II)3
Knorpel
III (D,,,
Haut, Blutgefäße, Darm
IV (D1IV)3
Basalmembranen der Endothelien
V (D1V)3
Basalmembranen
Nur Typ-I-Kollagen ist aus 2 verschiedenen D-Ketten aufgebaut. Grundstruktur der fibrillenbildenden Kollagene ist das Tropokollagen mit einer Länge von 300 nm und einer Dicke von 3 nm. Es besteht aus einer rechtsgängigen Superhelix, die aus drei linksgängigen Einzelhelices mit einem Gangunterschied von 1 nm zusammengesetzt ist. Durch End-zu-End und versetzte laterale Assoziation der Tropokollagene entstehen Mikro- und Makrofibrillen mit einer charakteristischen Querstreifung. 30% der Aminosäuren des Kollagens bestehen aus Glycin, wodurch die Voraussetzungen für die Bildung der linksgängigen Einzelhelices geschaffen werden. Die Aminosäuresequenz der Kollagene besteht aus Wiederholungen des Tripeptids Gly-X-Y, wobei X häufig Prolin und Y Hydroxyprolin ist. Eine weitere Besonderheit ist das Vorkommen von Hydroxylysin, dessen OHGruppe mit Glucose oder Galactose verbunden ist. Die Synthese erfolgt als Prä-Pro-Kollagen. Die nach Abspaltung des Signalpeptids erhaltenen D-Ketten des Prokollagens im endoplasmatischen Retikulum enthalten am C- und N-Terminus Propeptide. Durch die Prolyl-Hydroxylase und die Lysyl-Hydroxylase mit den Cofaktoren Fe2+, D-Ketoglutarat und Vitamin C erfolgt die Hydroxylierung von Prolin und Lysin. An die Hydroxylgruppe des Lysins werden Glucose und Galactose angelagert. Nach Exozytose aus der Zelle werden zwischen den C-terminalen Propeptiden der 3 α-Ketten Disulfidbrücken ausgebildet. Von hier aus formt sich die Tripelhelix in Richtung auf den N-Terminus. Danach werden die Propeptide durch Prokollagen-Peptidasen abgespalten. Es entsteht Tropokollagen, welches zu Fibrillen assoziiert. Die Funktion der Propeptide besteht einerseits in der Organisation der Bildung von Tripelhelices, andererseits in der Verhinderung einer intrazellulären Fibrillenbildung. Kollagenfibrillen werden durch Quervernetzungen stabilisiert. Die Lysyloxidase katalysiert die Desaminierung der H-Aminogruppen des Lysins unter Bildung eines Aldehyds (Allysin). Zwei Allysine, Hydroxylysin und Histidin, bilden an den Enden der Tropokollagene eine Quervernetzung und erhöhen dadurch die Reißfestigkeit der Kollagenfasern. Über diesen »Crosslink« werden bis zu 4 Polypeptidketten miteinander verbunden.
111 6.11 · Extrazelluläre Matrix
Prüfungsfallstricke Die Tripelhelix des Kollagens wird nicht durch Disulfidbrücken stabilisiert. Diese werden zwischen den C-terminalen Propeptiden der Kollagenketten ausgebildet. Wie einige Oxidasen auch, ist die Lysyloxidase ein Cu-haltiges Enzym.
Die biologische Halbwertszeit der Kollagene beträgt Jahre. Ihr Abbau wird durch Kollagenasen bewerkstelligt. Diese sind Zn-haltige Metalloproteinasen. KLINIK Ein Mangel an Vitamin C führt zum Scorbut infolge einer Störung der Hydroxylierung und Glycosylierung der Kollagenketten. Dadurch wird die Bildung der Fibrillen beeinträchtigt. Genetische Defekte der Lysylhydroxylase führen zum Ehlers-Danlos-Syndrom mit Überdehnbarkeit der Haut und Gelenke und Verformungen der Wirbelsäure infolge der beeinträchtigten Lysinhydroxylierung und einer ausbleibenden Glycosylierung, die für die Fibrillenbildung der Kollagene notwendig ist. Die Osteogenesis imperfecta ist durch eine extreme Knochenbrüchigkeit infolge einer Synthesestörung des Kollagens I gekennzeichnet. Hauptsymptom ist eine erhöhte Knochenbrüchigkeit. Daneben sind auch andere Gewebe, die Kollagen I enthalten, betroffen (u. a. Zähne, Sehnen). Das Marfan-Syndrom wird durch genetische Defekte in den Fibrillingenen hervorgerufen, wodurch Störungen bei Synthese des elastischen Bindegewebes auftreten. Symptome sind Hochwuchs, Spinnenfinger, Linsenveränderungen, Aneurysmen und Aortenrupturen.
Elastin Elastin ist ein Protein von 68 kDa und Bestandteil der elastischen Fasern in den Wänden der großen Arterien, der Lunge und Haut. Es bildet ähnlich wie Kollagen Quervernetzungen über die Lysyloxidase mit der Bildung von Allysin, welches sich zu Desmosinen verbindet. Elastin lässt sich auf ein Vielfaches seiner normalen Länge reversibel dehnen. Elastin besteht aus hydrophoben und hydrophilen α-helicalen Domänen. Die hydrophoben Domänen sind für die Elastizität zuständig, weil sie sich dehnen und entspannen lassen. Die hydrophilen Domänen sind Verbindungsstrukturen zwischen den hydrophoben Molekülabschnitten.
6
Elastin kommt assoziiert mit den Fibrillinen vor, mit denen es den Aufbau elastischer Netzwerke gewährleistet (Mikrofibrillen). Glycosaminoglycane und Proteoglycane Glycosaminoglycane bilden mit einer Vielzahl von Proteinen Proteoglycane der extrazellulären Matrix. Ein extrazelluläres proteinfreies Heteroglycan ist die Hyaluronsäure. Sie bildet mit Proteoglycanen, Kollagenen und Elastinen dreidimensionale Strukturen aus, z. B. im Knorpel. Heparansulfat ist für die Nichtbenetzbarkeit der Oberflächen von Endothelzellen verantwortlich. Infolge ihrer hohen Bindungsfähigkeit für Wasser haben Glycosaminoglycane eine große Bedeutung für die elastischen Eigenschaften von Bindegeweben, insbesondere des Knorpels. Heparin ist ein wichtiges Anticoagulans, aber kein Bestandteil der extrazellulären Matrix. Prüfungsfallstricke Hyaluronidase spaltet glycosidische Bindungen der Hyaluronsäure. Die Hyaluronidase ist wie andere Glycosaminoglycane abbauende Hydrolasen ein lysosomales Enzym.
Glycoproteine der extrazellulären Matrix Fibronectin ist ein Heterodimer von 450 kDa. Es bindet an Kollagene und Proteoglycane der Matrix sowie an die Integrine, die Bindungsproteine von Zellen, die mit der Matrix interagieren. Fibronectin kommt als lösliches Protein auch im Blutplasma vor. Laminine sind Heterotrimere mit der Konformation eines Kreuzes. Auch sie binden an Kollagene, Fibronectine, Proteoglycane und Integrine. Sie sind Hauptbestandteile der extrazellulären Matrix und stimulieren über ihre Zellkontakte Adhäsion, Proliferation, Differenzierung und Migration von Zellen. Integrine sind zelluläre Membranrezeptoren. Die Bindung von Liganden der extrazellulären Matrix bewirkt die Aktivierung intrazellulärer Signaltransduktionen über Proteinkinasen, die mit den durch Wachstumsfaktoren induzierten Prozessen übereinstimmen. Abbau der extrazellulären Matrix Kollagene werden durch Kollagenasen, Elastine durch Elastasen abgebaut. Die Enzyme sind Matrix-Metalloproteinasen mit Zn2+ als Bestandteil des aktiven Zentrums. Die meisten werden als Proenzyme in den Matrixraum sezerniert und durch limitierte Proteolyse aktiviert. Der Abbau der Proteoglycane erfolgt durch
112
Kapitel 6 · Zellstrukturen und interzelluläre Matrix; allgemeine Zytologie
lysosomale Enzyme wie Hexosaminidasen und Galactosidasen sowie Sulfat abspaltende Sulfatidasen. KLINIK Mucopolysaccharidosen beruhen auf Abbaustörungen der Proteoglycane, die sich in den Geweben anreichern. Folgen sind Skelettveränderungen und Demenzen.
6.11.3 Funktion
6
Kollagene als fibrilläre Proteine sind Bestandteile von Sehnen und Bändern (Zugbeanspruchung), der extrazellulären Matrix (fibrilläre Netze), der Knochengrundsubstanz und der Haut. Elastine in den Lungen, der Haut und in den Gefäßwänden sind für die elastischen Eigenschaften verantwortlich. Proteoglycane binden aufgrund ihres polyanionischen Charakters viel Wasser und Ionen (Na, K, Ca, Mg) und tragen zu den elastischen Eigenschaften der Knorpel bei. Hyaluronsäure kommt auch in der Synovialflüssigkeit vor. Heparin aktiviert Antithrombin III (7 Kap. 11.4, Blutgerinnung). Fibronectin erfüllt Brückenfunktionen zwischen Kollagenen, anderen Proteinen der extrazellulären Matrix und zu Adhäsionsproteinen der Zellen. Laminine als wesentliche Komponenten der Basalmembranen fördern die Zelladhäsion, -proliferation und -differenzierung sowie die Zellmigration. Zellmembranrezeptoren, die Integrine, binden an Komponenten der Basalmembranen und lösen eine Aktivierung des Zytoskeletts und intrazellulärer Signaltransduktionswege aus, die denen von Wachstumsfaktoren ähnlich sind. Prüfungsfallstricke Die extrazelluläre Matrix besteht aus Kollagenen, Elastinen, Proteoglycanen, Hyaluronsäure, Fibronectinen und Lamininen. Kollagene kommen in etwa 20 verschiedenen Isoformen vor. Die am häufigsten auftretenden Isoproteine werden in fibrilläre (I–III) Kollagene als Bestandteile von Sehnen, Bändern, der Haut, der Knochen- und Knorpelmatrix und der Arterienwände und nicht fibrilläre, Netze aufbauende Kollagene (IV und V) als Bestandteile der Basalmembranen eingeteilt.
Die Grundbausteine des Kollagens, die Tropokollagene, sind Tripel-Helices mit einer charakteristischen Amino-
säuresequenz, die zu 30% Glycin, Hydroxyprolin und Hydroxylysin enthält. An Hydroxylysin werden Glucose oder Galactose gebunden. Elastische Fasern enthalten neben Kollagenen Elastin und Fibrillin. Proteoglycane bestehen aus einem großen Glycosaminoglycan- und einem kleinen Proteinanteil. Die Kohlenhydratkomponenten werden aus repetitiven Disaccharidanteilen aufgebaut, die aus Aminozuckern, Uronsäuren und Schwefelsäureestern bestehen. Die extrazelluläre Matrix der Basalmembranen enthält die Glycoproteine Fibronectin und Laminin, die nicht nur Strukturbestandteile sind, sondern über die Integrinrezeptoren der Zellen unterschiedliche Reaktionen auslösen können. Diese betreffen Wachstum, Differenzierung und Migration. Der Ab- und Umbau der extrazellulären Matrix erfolgt durch Metalloproteinasen, Elastasen und Glycosaminoglycane abbauende Enzyme. 6.12
Zellzyklus
Ein Zellzyklus setzt sich aus den G1-, S-, G2- und M-Phasen zusammen. Eine ruhende, sich nicht mehr teilende Zelle befindet sich in der Go-Phase. Die regulatorischen Elemente, die den Übergang in diese Phase bestimmen, sind noch weitgehend unbekannt. Der Ablauf des Zellzyklus wird durch Wachstumsfaktoren bestimmt, die an Rezeptoren mit Tyrosinkinaseaktivität binden. Die Regulation der verschiedenen Phasen des Zellzyklus wird durch cyclinabhängige Proteinkinasen (Cdk’s) bestimmt. Cycline sind die regulatorischen Untereinheiten der Cdk’s, die abhängig vom Zellzyklus exprimiert werden. Da verschiedene Cycline an verschiedene Kinasen binden können, werden die für die verschiedenen Phasen notwendigen Cdk’s durch verschiedene Cycline reguliert. Die Cycline D und E steuern die G1- und S-Phase, Cyclin A die G2-Phase und Cyclin B die Mitose. Dabei sind Cdk’s 2, 4 und 6 für die Regulation der G1- und S-Phase spezifisch; Cdk1 steuert zusammen mit Cyclin B die G2-Phase. Ein Substrat für den Cyclin-D/Cdk 4-Komplex in der G1-Phase ist das Wachstumsupressor-Protein Rb, welches Transkriptionsfaktoren bindet, die in der S-Phase benötigt werden. Durch seine Phosphorylierung werden diese Transkriptionsfaktoren freigesetzt und gelangen in den Zellkern. In der G2- und M-Phase sind Proteine der Kernmembran Substrate der Cdk’s. Cycline und Cdk’s werden nach Ubiquitinylierung in den Proteasomen abgebaut. Wachstumsfaktoren, wie IGF1, PDGF und EGF stimulieren den Eintritt der Zellen in die S-Phase. Sie binden an Rezeptoren mit
113 6.14 · Pathobiochemie
Tyrosinkinase-Aktivität und induzieren die Transkription von Genen, die für Cycline und ihre Cdk’s sowie für Transkriptionsfaktoren verantwortlich sind. Proteine des Zellzyklus sind Protoonkogen- und Tumorsuppressorgenprodukte. KLINIK Colchicin, das Hauptalkaloid der Herbstzeitlose, ist als Mittel zur Bekämpfung eines akuten Gichtanfalls bekannt. Es verhindert aber auch die Bildung von Mikrotubuli, wodurch es zu einer Mitosehemmung kommt. Vinca-Alkaloide hemmen die Bildung des Spindelapparats und sind deshalb auch Mitosegifte.
6.13
Apoptose
6.14
Pathobiochemie
Über den LDL-(B/E)-Rezeptor und seine Bedeutung für die Cholesterol-Homöostase sowie die Mucoviszidose als Transporterstörungen wurde gesprochen. Die klassische Cystinurie, bei der auch Lysin, Arginin und Ornithin im Harn ausgeschieden werden, beruht auf genetischen Defekten der in den Nierentubuli lokalisierten Transportsysteme. Sphingolipidosen sind durch abnorme Ablagerungen von Sphingolipiden im ZNS, Leber und Niere gekennzeichnet, die durch Gendefekte (autosomal-rezessiv vererbt) der am Sphingolipidabbau beteiligten Enzyme verursacht werden. Die Erkrankungen (Niemann-Pick-, Gaucher-, Tay-Sachs-, Fabry-Syndrome, metachromatische Leukodystrophie, generalisierte Gangliosidose) sind selten und führen im Kindesalter zum Tod.
7 Kap. 5.5.3.
Fallbeispiel Eine 21-jährige Frau kommt morgens mit starken, wellenförmigen Flankenschmerzen in die Ambulanz einer Klinik. Eine Anamnese ist kaum möglich, da sie sich vor Schmerzen krümmt. Die Schmerzen sind primär an der rechten Flanke lokalisiert und der in der Ambulanz durchgeführte Ultraschall zeigt ein erweitertes Nierenkelchsystem im Sinne eines Harnstaus. Der diensthabende Urologe nimmt die Patientin mit dem dringenden Verdacht eines Harnleitersteins auf. Nach der Gabe eines potenten Schmerzmittels bessert sich der Zustand der Patientin, sodass eine Anamnese möglich wird. Die Frau berichtet, noch nie solche Beschwerden gehabt zu haben. Überhaupt sei sie noch nie ernsthaft krank gewesen. In der angefertigten Darstellung der ableitenden Harnwege mittels intravenösen Kontrastmittels zeigt sich ein Harnleiterstein im rechten Harnleiter. Aufgrund der ausgeprägten Symptomatik wird der Stein mittels eines retro-
6
grad über die Harnröhre eingebrachten Katheters ins Kelchsystem der Niere zurückgeschoben. Aufgrund der Größe des Steins wird noch am gleichen Tag eine Steinzertrümmerung mittels Ultraschall (Lithotripsie) durchgeführt. Die dann abgehenden Steinfragmente werden von der Patientin mittels eines Siebes sichergestellt. Nach einer Untersuchung der Konkremente wird klar, dass es sich um Cystinsteine und somit um eine Cystinurie handelt. Dies ist die häufigste angeborene Störung des Aminosäuretransports. Hierbei werden die Aminosäuren Lysin, Arginin, Ornitin und Cystin vermehrt mit dem Urin ausgeschieden. Die Löslichkeit von Cystin ist im physiologischen Bereich des Urins dann weit überschritten, sodass Kristalle ausfallen. Die nebenwirkungsärmste Methode, Cystinsteine zu vermeiden, ist eine Erhöhung des Volumens und die Harnalkalisierung mittels Flüssigkeitszufuhr von 5–7 l pro Tag.
7
115
7 Säurebasenhaushalt, Wasser- und Elektrolythaushalt, Spurenelemente Mind Map Fast alle biologischen Prozesse sind abhängig von bestimmten Ionenkonzentrationen in der extra- und intrazellulären Flüssigkeit. Der Organismus hält den pH-Wert und die Elektrolytkonzentrationen weitgehend konstant. Der pH-Wert wird durch Pufferung stabilisiert.
Spurenelemente sind lebensnotwendige chemische Elemente, die der Organismus nur in meist sehr geringen Mengen benötigt.
7
116
Kapitel 7 · Säurebasenhaushalt, Wasser- und Elektrolythaushalt, Spurenelemente
7.1
Säurebasenhaushalt
GK Physiologie, 7 Kap. 5.10, GK Chemie, 7 Kap. 3.3. 7.2
Wasser- und Elektrolyt-Haushalt
GK Physiologie, 7 Kap. 9. 7.3
Spurenelemente
Zu den essenziellen Spurenelementen gehören Fe, Cu, Zn, Mo, Co, Mn, Cr, I, Sn, Se. Sie sind an katalytischen Vorgängen beteiligt.
7
7.3.1 Eisen Eisen spielt im Elektronen- und Sauerstofftransport eine herausragende Rolle. Die Fe-haltigen Redox-Systeme werden in Hämoproteine und nichthämhaltige Fe-Proteine eingeteilt. Hämoproteine sind Hämoglobin und Myoglobin, Hydroperoxidasen und die Cytochrome. Klassische Nichthäm-Fe-Proteine sind die Fe-S-Proteine (7 Kap. 12.8, Atmungskette), Transferrin und Ferritin. Über 60% des Körpereisens finden sich im Hämoglobin, ca. 4% im Myoglobin, 2% in Enzymen (Cytochrome, Mono- und Dioxygenasen, Hydroperoxidasen, NO-Synthasen) und 10% als Speichereisen (Ferritin, Hämosiderin). Eisen wird als Fe2+ im Dünndarm resorbiert. Die Resorption befördern Ascorbinsäure, Cystein und Mucine. Die Resorption beeinträchtigen Phosphate, Phytate und Oxalate. Ein Protein der Mukosazellen, das Mobilferrin, überträgt das resorbierte Eisen auf das Ferritin der Mukosazellen. Je nach Bedarf wird das Eisen aus diesem Speicher mobilisiert. Eisen wird im Blut gebunden an Transferrin transportiert. In den Zielgeweben wird Transferrin an Transferrinrezeptoren gebunden und endozytiert. Ferritin dient der Eisenspeicherung besonders in der Leber und in den retikuloendothelialen Zellen der Milz und des Knochenmarks. Hämosiderin ist ein Kondensationsprodukt aus Apoferritin, Lipiden und Nucleotiden, aus dem Fe nur schwer mobilisiert werden kann. Ein Fe-sensorisches Protein reguliert die Biosynthese von Transferrinrezeptoren, Ferritin und der G-Aminolävulinatsynthase (Schlüsselenzym der HämBiosynthese). Bei niedriger intrazellulärer Fe-Konzentration bindet das Protein an die m-RNA für Ferritin-
. Tab. 7.1. Täglicher Bedarf und notwendige Zufuhr von Eisen
Täglicher Eisenbedarf
Notwendige Eisenzufuhr
Männer
0,5–1 mg
5–10 mg
Menstruierende Frauen
1–2 mg
10–20 mg
Schwangere Frauen
2–4 mg
20–40 mg
Jugendliche
1,5–3 mg
15–30 mg
Kinder
0,5–1,5 mg
5–15 mg
und G-Aminolävulinsäuresynthesen und wirkt als Repressor. Die Synthese des Transferrinrezeptors wird durch diesen Mechanismus jedoch gesteigert. Das Fesensorische Protein entspricht der zytosolischen Form der Aconitase. Physiologische Eisenverluste entstehen durch abschilfernde Epithelien (u. a. Darmmukosa) und die Menstruation. Bei Männern beträgt der Fe-Verlust etwa 1 mg/Tag. Den Eisenbedarf zeigt . Tabelle 7.1. KLINIK Eisenmangelanämien sind die Ursache von Eisenverlusten über Blutungen und Resorptionsstörungen bzw. eines erhöhten Bedarfs. Eisenüberladungen führen zur Hämosiderose oder Hämochromatose. Hämosiderose wird häufig bei Leberzirrhosen oder als Folge vieler Erythrozytentransfusionen gefunden. Sie zeigt keine klinische Symptomatik. Hämochromatosen sind genetisch bedingt und führen zu einer lebenslangen Eisenakkumulation. Folgen der Eisenablagerungen sind Hyperpigmentierungen der Haut, Leberfunktionsstörungen und Diabetes mellitus.
7.3.2 Kupfer Zu den Cu-haltigen Enzymen gehören die Cytochromc-Oxidase, die Superoxid-Cu, Zn-Dismutase, die Dopamin-Hydroxylase, die Tyrosinase zur Melaninbiosynthese, die Lysyloxidase (Kollagenbiosynthese), Aminooxidasen und die Ferrioxidase (Caeruloplasmin des Blutplasmas). Sie spielen alle eine Rolle bei Redox-Prozessen. Kupfer wird vorwiegend im Dünndarm resorbiert, im Blut vorrangig an Albumin gebunden transportiert. Die Aufnahme in die Zellen erfolgt durch Kupferpum-
117 7.3 · Spurenelemente
pen (Cu-ATPasen). Es kann in der Leber gespeichert werden. Kupfer wird über die Galle und zu einem Teil über die Niere ausgeschieden. KLINIK Die Wilson-Krankheit (hepatolentikuläre Degeneration) ist die wichtigste vererbte Störung im Kupferstoffwechsel. Sie beruht auf einem verringerten Einbau des Kupfers in das Caeruloplasmin und einer verringerten Ausscheidung durch die Leber. Dadurch kommt es zu einer Cu-Akkumulation in Leber und Gehirn. Zur Diagnostik trägt die Cu-Ablagerung in der Descemet-Membran des Auges bei (Kayser-Fleischer Cornealring). Ursache ist ein genetischer Defekt eines Cu-Transportproteins. Die Menkes-Erkrankung ist eine genetisch bedingte, neurodegenerative Erkrankung auf der Grundlage einer intrazellulären Cu-Verteilungsstörung.
7
KLINIK Zn-Mangel kann bei akuten Enzündungen auftreten. Chronischer Zn-Mangel ist das Ergebnis von Resorptionsstörungen oder Leberzirrhose und äußert sich in verzögerter Wundheilung.
7.3.4 Iod Iod ist Bestandteil der Schilddrüsenhormone Thyroxin und Triiodthyronin (7 Kap. 9.3.2). Das Iodid-Ion kommt vorrangig in Meerestieren vor und wird im Dünndarm resorbiert. Iod wird über den Urin, Schweiß und die Faeces ausgeschieden. Die Hauptmenge wird jedoch reutilisiert. Ein Iodmangel ist in Deutschland weit verbreitet und kann durch iodiertes Kochsalz kompensiert werden. Kennzeichen eines chronischen Iodmangels ist die Iodmangel-Struma.
7.3.3 Zink
7.3.5 Selen
Zn ist Cofaktor einer Vielzahl von Enzymen, z. B. der Carboanhydrase, der pankreatischen Carboxypeptidasen, der Alkohol-, Glutamat-, Malat- und Lactatdehydrogenasen, der alkalischen Phosphatase und Matrix-Metalloproteinasen. Zink ist Bestandteil DNA-bindender Proteine (Transkriptionsfaktoren, Zn-Finger-Motiv). Dazu gehören die Steroidrezeptoren. Zink bildet mit Insulin Komplexe, die als Speicherformen dienen.
Selen ist Bestandteil des Selenocysteins, dem Bestandteil der Glutathion-Peroxidase und Deiodinasen. Die Glutathionperoxidase spielt eine wichtige Rolle beim Peroxidabbau und damit bei der Bekämpfung oxidativen Stresses. Selenmangel tritt infolge einer langfristigen parenteralen Ernährung oder Malabsorption auf. Er könnte eine Rolle bei der Bildung der Schilddrüsenhormone spielen (Deiodinasen).
Merke Zink wird im Dünndarm resorbiert, im Blut an Albumin gebunden transportiert und über den Dickdarm ausgeschieden.
118
Kapitel 7 · Säurebasenhaushalt, Wasser- und Elektrolythaushalt, Spurenelemente
7.4
Pathobiochemie
GK Physiologie 7 Kap. 9, 7 Kap. 5.10 und GK Biochemie 7 Kap. 7.3. Fallbeispiel
7
Ein 32-jähriger Mann kommt zu seinem Hausarzt und berichtet über eine deutliche Leistungsminderung und anhaltendes Unwohlsein. Die Untersuchung zeigt keinen pathologischen Befund und bis auf die geschilderten Symptome berichtet der Patient über keine weiteren Beschwerden. Die Blutuntersuchung zeigt einen deutlichen Anstieg der »Leberenzyme« (ASAT [frühere Bezeichnung: GOT]; ALAT [frühere Bezeichnung: GPT]) im Sinne einer Hepatitis. Aufgrund dieses Befundes nimmt der Arzt erneut Blut ab zur weiteren Diagnostik (Hepatitis A, B und C). Weiterhin lässt er Coeruloplasmin und Kupfer im Serum zur Diagnostik einer Wilson-Krankheit bestimmen. Die angefertigte Abdomensonographie zeigt keine auffälligen Befunde. Die einige Tage später eintreffenden Werte sind negativ für Hepatitis A, B und C. Allerdings zeigen sich deutlich erniedrigte Werte für Coerulo-
plasmin und deutlich erhöhte Werte für freies Kupfer. Die Spaltlampenuntersuchung zeigt eine goldbraungrüne Verfärbung des Kornealrandes im Sinne von Kayser-Fleischer-Kornealringen. Somit ist die Diagnose Wilson-Krankheit gesichert. Bei dieser autosomal-rezessiven Krankheit kommt es zu einem verringerten Einbau des Kupfers in das Coeruloplasmin und einer verringerten Ausscheidung durch die Leber; dadurch akkumuliert Kupfer in Leber und Gehirn. Der Patient erhält ein augenärztliches Konsil sowie den Kupferchelatbildner D-Penicillamin. Wegen des Nebenwirkungsprofils (Hautausschlag, Fieber, Nephrotoxizität) muss der Patient zur regelmäßigen Kontrolle. Bei der hier früh begonnenen Therapie sind die Aussichten der unbehandelt letal verlaufenden Krankheit gut.
8
121
8 Bewegung Mind Map Muskulatur dient der willkürlichen und unwillkürlichen Bewegung. Die kontraktilen Systeme sind in allen Muskeltypen ähnlich aufgebaut. Die Muskulatur verbraucht in Ruhe 50% des O2-Bedarfs des Organismus und bis zu 90% bei maximaler Arbeit. Die dazu erforderliche Energie liefert ATP, welches aus dem Abbau von Fettsäuren, Ketonkörpern und Glucose stammt.
Die Muskelkontraktion kommt durch Wechselwirkungen zwischen Aktin- und Myosinfilamenten unter Beteiligung calciumbindender Proteine zustande. Intrazelluläre motile Systeme bestehen ebenfalls aus Aktin und Myosin.
8
122
Kapitel 8 · Bewegung
8.1
Kontraktile Systeme
8.1.1 Aktinmyosinsystem in Muskelzellen GK Physiologie, 7 Kap. 3, 13.
8.2
Motile Systeme
GK Physiologie, 7 Kap. 3, 13. 8.3
Pathobiochemie
7 Kap. 6.3 (u. a. Carnitinmangel als Ursache für Myo-
pathien). Fallbeispiel
8
Ein 26-jähriger, ansonsten völlig gesunder Mann kommt zu seinem Hausarzt, da er seit einiger Zeit immer wieder »Herzstolpern« bemerkt und ihn dies beunruhigt. Während der Anamnese gibt er an, dass sein Vater und auch sein Großvater früh wegen einer Herzerkrankung gestorben seien. Im angefertigten EKG zeigen sich ausgeprägte Herzrhythmusstörungen, sodass der Patient ein portables 24-StundenEKG erhält und sich am nächsten Tag zur Auswertung und zu einer Echokardiographie wieder vorstellt. In den Langzeit-EKG´s zeigen sich ebenfalls ausgeprägte Herzrhythmusstörungen und in der Echokardiographie ergeben sich ein eingeschränktes Auswurfvolumen (Ejektionsfraktion) sowie ein deutlich vergrößerter linker Ventrikel. Zur weiteren Abklä-
rung wird in einer kardiologischen zum Ausschluss einer entzündlichen Ursache eine Myokardbiopsie durchgeführt, die allerdings keinen pathologischen Befund zeigt. In Zusammenarbeit mit einem genetischen Institut wird bezüglich der Familienanamnese eine genetische Analyse erstellt, die eine Punktmutation auf dem Chromosom des Gens von Desmin ergibt. Somit wurde die Diagnose einer familiären dilatativen Kardiomyopathie (DCM) auf dem Boden einer Desminopathie gestellt. Desmin ist ein Intermediärfilament und verbindet in quergestreiften Muskeln die Myofibrillen zu Bündeln. Der Patient erhält eine medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz (eingeschränkte Ejektionsfraktion) und der Herzrhythmusstörungen und wird engmaschig kardiologisch betreut.
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125
9 Hormone und Zytokine Mind Map Die Koordinierung des Stoffwechsels erfolgt neuronal und hormonell durch extrazelluläre Botenstoffe. Diese sind Neurotransmitter, die an den Nervenenden (Synapsen) durch einen nervalen Impuls freigesetzt werden und Hormone, die von spezifischen Zellen sezerniert, zu anderen Zellen transportiert werden, dort an Rezeptoren spezifisch binden und in ihren Zielzellen Reaktionen auslösen, die als Signaltransduktionen bezeichnet werden.
Hormone dienen der Regulation des Stoffwechsels auf epigenetischer und metabolischer Ebene. Hormone werden nur in sehr geringen Mengen produziert. Jeder Zelltyp weist seine eigene Kombination an Hormonrezeptoren auf. Durch die Bindung eines Hormons an seinen Rezeptor wird dieser über eine Konformationsänderung aktiviert.
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126
Kapitel 9 · Hormone und Zytokine
9.1
Grundlagen
9.1.1 Aufbau des Hormonsystems
und Grundlagen der hormonellen Kommunikation Nach funktionellen Gesichtspunkten ergibt sich folgende Einteilung: 4 glanduläre Hormone werden in endokrinen Drüsen gebildet und auf dem Blutweg auf ihre Zielorgane verteilt (endokrine Sekretion), 4 Gewebshormone werden in bestimmten Zellen gebildet und wirken über parakrine Sekretion auf die Zellen ihrer Umgebung bzw. über autokrine Sekretion auf die sezernierende Zelle selbst. 4 Zytokine und Wachstumsfaktoren wirken meist auf parakrinem Wege auf Zellwachstum, Teilung und Differenzierung. Sie sind ebenfalls Mediatoren von Entzündungen und in die Regulation immunologischer Prozesse einbezogen.
Eine Regulation der Hormonsekretion kann auch über Metabolite veranlasst werden. So wird die Freisetzung von Insulin und Glucagon über den Blutglucosespiegel kontrolliert. Die Sekretion des Parathormons bzw. des Thyreocalcitonins wird über die Calciumkonzentration des Blutplasmas gesteuert. Das Renin-Angiotensin-System stellt einen Sonderfall zur Regulation der Bildung von Mineralocorticoiden dar. Bei Hypovolumämie oder einem Druckabfall im Glomerulum wird aus den juxtaglomerulären Zellen der Niere die Asparaginsäureproteinase Renin freigesetzt, die aus dem D-Globulin des Blutplasmas Angiotensinogen das Dekapeptid Angiotensin I abspaltet. Durch das Angiotensin Converting Enzym (ACE) wird Angiotensin I in das Octapeptid Angiotensin II überführt, welches die Aldosteronfreisetzung stimuliert. Weiterhin hat es vasokonstriktorische Wirkungen und erhöht den Blutdruck. Prüfungsfallstricke Angiotensin II hemmt die Reninsekretion.
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Hormonelle Regelkreise funktionieren nach dem Regulationsprinzip der negativen Rückkopplung, die auftritt, wenn das Produkt eines späten Schritts einer Reaktionsfolge auf den Anfangsschritt eine Hemmwirkung ausübt. Für die Synthese der von endokrinen Drüsen stammenden Hormone spielt die Steuerung über Hypothalamus und Hypophysenvorderlappen (HVL) eine wichtige Rolle (. Tab. 9.1). 4 Im Hypothalamus werden unter dem Einfluss des Großhirns oder humoraler Faktoren Freisetzungsfaktoren (releasing hormones (RH), Liberine) gebildet, die im Hypophysenvorderlappen die Bildung und Sekretion glandotroper Hormone veranlassen. 4 Glandotrope Hormone induzieren die Bildung peripherer Hormone. 4 Periphere Hormone und glandotrope Hormone wirken auf den Hypothalamus zurück und drosseln die Produktion der Freisetzungshormone. 4 Periphere Hormone unterdrücken die Sekretion ihrer glandulotropen Hormone im HVL. 4 Im Hypothalamus werden Peptide mit antagonistischer Wirkung auf die Freisetzung der glandotropen Hormone gebildet (release inhibiting hormones, Statine). Einem derartigen Regelkreis unterliegt die Bildung der Schilddrüsen- und Sexualhormone, der Glucocorticoide, die Sekretion des Wachstumshormons und die Steuerung der Funktion der laktierenden Brustdrüse.
Hormone dienen der Regulation zellulärer Funktionen 4 über die Bildung sekundärer Boten (cAMP, cGMP, Inositoltrisphosphat (IP3), Ca2+, Diacylglycerol (DAG)) und 4 über die Aktivierung intrazellulärer Rezeptoren, die die Transkription im Zellkern stimulieren. Die Informationsübertragung von den hormonproduzierenden Zellen zu den Zielgeweben kann folgende Störungen beinhalten: 4 Störungen der Biosynthese, Speicherung oder Abgabe des Hormons, z. B. Enzymdefekte der Glucocorticoidbiosynthese, Sekretionsstarre für Insulin beim Typ 2-Diabetes, 4 herabgesetzte oder erhöhte Konzentration eines hormonbindenden Proteins im Blut, z. B. Konzentrationsänderung des T4-bindenden Proteins im Blut beim nephrotischen Syndrom, 4 fehlende Konversion eines Prohormons in das aktive Hormon, z. B. Testosteron-5D-Reduktasemangel, 4 fehlende Expression eines Hormonrezeptors, z. B. Diabetes insipidus, 4 verzögerter oder beschleunigter Hormonabbau, z. B. verlängerte Östrogenwirkungen bei Leberzirrhose, verkürzte Halbwertszeit von Steroidhormonen bei Hyperthyreose.
127 9.1 · Grundlagen
9.1.2 Hormone und Zytokine Hormone sind extrazelluläre Botenstoffe, die sich folgenden Stoffklassen zuordnen lassen: 4 Proteo- bzw. Peptidhormonen, 4 Aminosäurederivaten, 4 Steroidhormonen. Sie wirken 4 als Regulatoren von Wachstum, Differenzierung und Reproduktion (Wachstumshormon, Schilddrüsenhormone, Sexualhormone), 4 als Regulatoren des Zellstoffwechsels (Insulin, Glucagon, Katecholamine, Glucocorticoide), 4 Regulatoren des Calcium- und Phosphatmetabolismus (Parathormon, Calcitonin, Vitamin D-Hormon), 4 als Regulatoren des Wasser- und Mineralhaushalts (Adiuretin, natriuretisches Peptid, Aldosteron), 4 als übergeordnete Steuermoleküle im Hypothalamus und Hypophysenvorderlappen (Liberine, Statine, glandulotrope Hormone) und 4 als lokale Hormone; Zytokine, Wachstumsfaktoren und Gewebshormone. 9.1.3 Hormon- und Zytokinrezeptoren Die Wirkung von Hormonen beruht auf einer Bindung an spezifische Rezeptoren. 4 Proteohormone und Aminosäureabkömmlinge binden infolge ihrer Hydrophilie (Ausnahme T3) an Rezeptoren der Zellmembran. 4 Steroidhormone (Glucocorticoide, Mineralocorticoide, Sexualhormone), Retinsäure, 1,25-Dihydroxycholecalciferol und T3 als hydrophobe Moleküle binden an intrazelluläre Rezeptoren. Intrazelluläre Rezeptoren sind Vorstufen ligandeninduzierter Transkriptionsfaktoren, die an Enhancer der DNA binden. Durch die Bindung des Hormons wird der Rezeptor dimerisiert als Voraussetzung für die Bindung an DNA. Die Rezeptoren liegen häufig als Komplex mit Inhibitorproteinen vor (z. B. Glucorticoidrezeptor mit Hsp 90), die nach Bindung ihrer lipophilen Liganden abdissoziieren. Die Rezeptoren hydrophober Liganden zeigen einen uniformen Aufbau aus 3 Strukturdomänen, die verantwortlich sind für: 4 Hormonbindung, 4 Dimerisierung, 4 DNA-Bindung.
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Die Realisierung ihrer Wirkungen dauert Stunden bis Tage. Hormonwirkungen, die über in Plasmamembranen lokalisierte Rezeptoren vermittelbar sind, können wie folgt eingeteilt werden: 4 Hormonaktivierte Ionenkanäle durch Neurotransmitter werden geöffnet oder geschlossen. Die Zeitdauer beträgt Millisekunden. Beispiel ist der nicotinerge Acetylcholinrezeptor. 4 Hormoninduzierte Bildung von intrazellulären Botenstoffen (second messenger), die ihre Wirkungen über interkonvertierbare Enzyme und auch am Genom entfalten. Die Zeitdauer des Wirkungseintritts phosphorylierter Enzyme beträgt Minuten. Diese Prozesse bezeichnet man als Signaltransduktion. Als zweite Botenstoffe wirken: 4 cyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP) und cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP), 4 Diacylglycerol, 4 Inositoltrisphosphat (IP3) und 4 Ca2+-Ionen. 9.1.4 Signaltransduktion Rezeptoren mit 7 transmembranalen Helices (Domänen), z. B. D1- und E-adrenerge sowie Glucagonrezeptoren interagieren mit heterotrimeren stimulierenden G-Proteinen (GsD GsE , GsJ), die im inaktiven Zustand aneinander gebunden sind. Die D-Untereinheit enthält GDP. Nach Bindung eines Hormons an den Rezeptor kommt es zu einem Austausch von GDP gegen GTP an der D-Untereinheit und zur Dissoziation des Komplexes in D und ßJ. Die D-Untereinheit aktiviert 4 eine membranständige Adenylazyklase, die ATP in cAMP überführt, oder 4 eine Phospholipase Cβ, die in der Zellmembran Phosphatidylinositol-bis-Phosphat in IP3 (Inositol1,4,5-Trisphosphat) und Diacylglycerol (DAG) spaltet. GsαoAdenylatzyklase: ATPocAMP cAMP aktiviert die Proteinkinase A, die ihrerseits verschiedene Enzyme phosphoryliert und dadurch eine Aktivierung, aber auch Hemmung von Stoffwechselaktivitäten induziert. Merke Die Proteinkinase A ist ein tetrameres Protein aus 2 katalytischen und 2 regulatorischen Unter6
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Kapitel 9 · Hormone und Zytokine
einheiten. Die regulatorischen Untereinheiten binden je 2 Moleküle cAMP und spalten sich aus dem tetrameren Enzymkomplex ab, wobei die katalytisch aktiven Untereinheiten frei werden (7 Enzymaktivierung durch Dissoziation). Cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP) hemmt die Proteinkinase A nicht.
Die durch die Proteinkinase A phosphorylierten Enzyme sind u. a. 4 Glycogenphosphorylasekinase (Aktivierung), 4 Glycogensynthase (Hemmung), 4 hormonsensitive Lipase (Aktivierung), 4 Cholesterolesterhydrolase (Aktivierung), 4 Pyruvatkinase (Leber, Hemmung) und 4 Pyruvatdehydrogenase (Leber, Hemmung).
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GsD besitzt GTPase-Aktivität (Spaltung von GTP in GDP und Pa) und inaktiviert sich selbst. Die GDP-enthaltende Untereinheit löst sich von der Adenylatzyklase und assoziiert mit den EJ-Dimeren. Erst dann kann der trimere Komplex wieder mit dem hormonaktivierten Rezeptor reagieren. Merke Die Signalübertragung der G-Proteine wird durch die GTPase-Aktivität des G-Proteins abgeschlossen.
Hormone, die ihre Wirkungen über eine Erhöhung von cAMP als Second messenger entfalten, sind ACTH, Corticoliberin (CRH), Adrenalin, Glucagon, FSH, LH, TSH, Parathormon, Dopamin, Histamin, Serotonin. Prüfungsfallstricke Rezeptoren, die an hemmende G-Proteine (Gi) gekoppelt sind, hemmen die Adenylatzyklase (GiD) und senken dadurch den cAMP-Spiegel.
Hormone und Mediatorstoffe, die über eine Senkung von cAMP durch Hemmung der Adenylatzyklase wirken, sind Somatostatin, Prostaglandin E1 (Hemmung der Lipolyse im Fettgewebe), Adrenalin nach Bindung an D2-adrenerge Rezeptoren. Merke cAMP nimmt auch Einfluss auf die Genexpression durch die Stimulierung der Transkription von 6
Genen, in deren Nachbarschaft sich eine als »cAMP-response element« (CRE) bezeichnete DNA-Sequenz befindet. Die Proteinkinase A phosphoryliert im Zellkern ein CRE-bindendes Protein (CREB). Phosphoryliertes CREB bindet an CRE und aktiviert als Transkriptionsfaktor Gene in der Nachbarschaft von CRE.
GsαoPhospholipase Cβ: IP3 und DAG IP3 dissoziiert aus der Innenseite der Zellmembran in das Zytosol. DAG bleibt in der Membran, wo es allerdings schnell abgebaut wird. Dabei kommt es zu einer Freisetzung u. a. von Arachidonsäure. IP3 bindet an einen IP3-Rezeptor, einen Ca2+-Kanal, am endoplasmatischen Retikulum, wodurch ein Calciumeinstrom in das Zytoplasma eingeleitet wird. In der Muskulatur führt die stark erhöhte zytosolische Calciumkonzentration zur Aktivierung so genannter Ryanodinrezeptoren des sarkoplasmatischen Retikulums, wodurch der Calciumspiegel weiter ansteigt. Durch Na+-Ca2+-Antiporter und Ca2+-ATPasen wird die zytosolische Calciumkonzentration wieder vermindert, wobei Ca2+ zurück in das endoplasmatische Retikulum bzw. aus der Zelle befördert wird. KLINIK Lithium-Ionen (Li+) werden erfolgreich als Antidepressiva verwendet. Sie hemmen den Abbau von IP3. Die Rolle von IP3 in der Pathogenese der Depressionen ist ungeklärt. Die maligne Hyperthermie, eine seltene, aber gefürchtete Komplikation von Narkosen, ist wahrscheinlich das Ergebnis einer Dauerstimulation der Ryanoidinrezeptoren. Hierbei liegt eine Mutation im Ryanoidinrezeptor-Gen vor. Das veränderte Kanalprotein des Calciumkanals ist früher und länger geöffnet, was zu einer vermehrten Calciumfreisetzung in das Sarkoplasma und zu abnormen Muskelkontraktionen führt.
Normalerweise wird durch die Wirkung von Calciumpumpen im endoplasmatischen Retikulum, in den Mitochondrien und in der Plasmamembran die intrazelluläre Calciumkonzentration unter 10–7 mol/l gehalten. Steigerung der intrazellulären Calciumkonzentration schon auf 10–6 mol/l führt zur Bindung an calciumbindende Proteine, wie Calmodulin und Troponin C. Calmodulin ist auch Bestandteil der Phosphorylase-bKinase der Muskulatur, die durch Ca2+-Ionen aktiviert werden kann. Damit löst Ca2+ nicht nur die Muskelkon-
129 9.1 · Grundlagen
traktion aus, sondern aktiviert auch den Glycogenabbau, wodurch Energie für die ATP-Synthese und die Muskelkontraktion bereitgestellt wird. Vier Ca2+-Ionen binden an das 17 kDa-Protein Calmodulin und bilden einen aktivierten Ca2+-Calmodulinkomplex. Dieser aktiviert Ca2+-CalmodulinKinasen (CaM-Kinasen), die zahlreiche Proteine wie Ionenkanäle, Enzyme (Adenylatzyklasen, Phosphodiesterasen) und Transkriptionsfaktoren phosphorylieren können. Merke Ca2+/Calmodulin-abhängige Enzyme sind die Adenylatzyklase des Gehirns, Ca2+/Calmodulin-abhängige Proteinkinasen, cAMP-Phosphodiesterasen, NO-Synthase, PI3-Kinase, Ca2+-ATPase (Calciumpumpe der Zellmembran).
Diacylglycerol und Ca2+-Ionen aktivieren die Proteinkinase C an der Zellmembran. Diese kann ihrerseits durch Phosphorylierung mitogenaktivierte Proteinkinasen oder zytosolische Transkriptionsfaktoren wie NF-NB aktivieren. Hormone, die ihre Wirkungen über die Proteinkinase C und IP3 entfalten, sind Adrenalin über den D1-adrenergen Rezeptor, Angiotensin II, Gonadoliberin (GRH), Thyreoliberin (TRH), Vasopressin. Die Guanylatzyklase überführt GTP in cGMP. Es gibt ein membranständiges Enzym (zytosolische Domäne des ANP-Rezeptors), welches durch das natriuretische Peptid (ANP) des Herzens aktiviert wird, sowie eine zytoplasmatische Form, die durch NO und CO aktivierbar ist. Prüfungsfallstricke Stickstoffmonoxid (NO) ist ein gasförmiger Botenstoff mit einer Halbwertszeit von 5 s. Endothelien, Neuronen, Muskelzellen und Makrophagen stellen es aus Arginin durch NO-Synthasen her. Es stimuliert die zytoplasmatische Guanylatzyklase und ist das wichtigste Relaxans der Gefäßmuskulatur mit antiproliferativen Wirkungen auf die intimale Gefäßmuskulatur sowie ein Thrombozytenaggregationshemmer. Kohlenmonoxid (CO) entsteht beim Abbau des Häms durch Hämoxygenasen. Es hat ähnliche Wirkungen wie NO auf den Gefäßtonus.
cAMP und cGMP werden durch verschiedene Phosphodiesterasen in AMP und GMP gespalten.
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Tyrosinkinase und Tyrosinkinaserezeptor Tyrosinkinaserezeptoren binden Wachstumsfaktoren. Sie dimerisieren nach Bindung ihrer Liganden. Die Ligandenbindung führt zu einer Autophosphorylierung von Tyrosinresten in der zytosolischen Domäne. An die phosphorylierten Tyrosine binden Proteine mit einer SH2-Domäne und werden dadurch aktiv. Rezeptoren mit Tyrosinaseaktivität stimulieren z. B. die Phospholipase CJ, die ebenfalls zur Bildung von DAG, IP3 und zur Calciummobilisierung führt. Über die Aktivierung des kleinen G-Proteins Ras durch Tyrosinkinasen werden die Proteinkinase Raf und mitogenaktivierte Proteinkinasen (MAPK) phosphoryliert und aktiviert. Diese nehmen Einfluss auf die Transkription zahlreicher Gene für die Zellproliferation und -differenzierung. Die bedeutendsten MAP-Kinasen sind ERK-1 und -2 (p44/42). Die wechselseitigen Beziehungen verschiedener Signaltransduktionswege nennt man »cross talk«. Prüfungsfallstricke Ras ist ein kleines G-Protein. Inaktives Ras bindet GDP. Nach Stimulierung über den Rezeptor kommt es zu einem Austausch von GDP mit GTP und zu seiner Aktivierung.
Der Insulinrezeptor mit Tyrosinkinaseaktivität ist ein α2β2-Dimer, welcher nach Autophosphorylierung über SH2-Strukturen verschiedene IRS (insulin responsive elements) bindet, die auf noch nicht endgültig geklärte Weise intrazelluläre Signalübertragungen einleiten, wie z. B. die Aktivierung einer Phosphodiesterase zur Senkung des intrazellulären cAMP-Gehalts. Die Rezeptoren für IGF-1 und-2 (insulin-like growth factors) ähneln in ihrem Aufbau dem Insulinrezeptor. Prüfungsfallstricke Der Insulinrezeptor ist ein Dimer, der nach Bindung seines Liganden nicht mehr dimerisieren muss.
Tyrosinkinaserezeptoren regulieren nach Bindung von Wachstumsfaktoren, die meist auf parakrinem Weg an ihre Rezeptoren gelangen, den Zellzyklus über die Aktivierung von cyclinabhängigen Proteinkinasen (Cdk’s). Wichtige Wachstumsfaktoren sind: 4 PDGF (platelet derived growth factor), der verschiedene Zelltypen stimuliert, 4 EGF (epidermal growth factor), 4 NGF (neuronal growth factor), 4 IGF-1 (insulin-like growth factor) und 4 Erythropoetin, welches die Erythropoese fördert.
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Kapitel 9 · Hormone und Zytokine
Rezeptoren mit assoziierten Tyrosinkinasen besitzen keine Kapazität zur Autophosphorylierung. Sie dimerisieren nach Bindung eines Zytokins und binden an ihren zytosolischen Domänen Tyrosinkinasen, die JAKs (Janus-Kinasen) genannt werden. Diese JAKs phosphorylieren den Rezeptor, an den nun über SH2-Domänen die STATs (signal transducers and activators of transcription) anbinden. Diese werden ebenfalls durch die JAKs phosphoryliert (deshalb Janus-Kinasen = zwei Gesichter), dimerisieren und wandern in den Zellkern, wo sie Transkriptionsprozesse beeinflussen. Der JAK-STAT-Signaltransduktionsweg kontrolliert die Aktivierung der Phagozytose bei Entzündungen, die Expression von Zytokinrezeptoren sowie die Reifung von Blutstammzellen.
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Allgemeines und Unterbindung der Signalübertragung Drei Faktoren sind für die große Empfindlichkeit der Signalübertragung verantwortlich: 4 die hohe Affinität der Rezeptoren für ihre Liganden (Signalmoleküle), 4 die Spezifität der Ligandenbindung und die Verstärkung des Signals mittels Enzymkaskaden und 4 die Kooperativitäten bei der Bindung des Hormons an seinen Rezeptor. Die Kooperativität der Wechselwirkungen zwischen Ligand und Rezeptor bewirkt, dass schon kleine Änderungen in der Ligandenkonzentration zu großen Veränderungen der Aktivität des Rezeptors führen. Durch Phosphorylierung der zytosolischen Domäne der transmembranalen Rezeptoren werden die Wechselwirkungen mit den G-Proteinen und damit die Signaltransduktion unterbunden. Auch ein proteolytischer Abbau von Rezeptoren nach langer Ligandenstimulation führt zu einer Desensibilisierung der Zellen für den entsprechenden Hormonliganden. Ein Stopp der Hormonsignalübertragung wird erreicht durch 4 Hormonabbau, 4 Hydrolyse von GTP, welches an G-Proteine gebunden ist, 4 Abbau der Second messenger, z. B. durch Diesterasen für cAMP und cGMP, 4 Proteinphosphatasen, die die Phosphorylierung von Enzymen (Aktivierung/Hemmung) reversibel gestalten, 4 Eliminierung des Rezeptors von der Zelloberfläche durch Endozytose und Proteolyse. Signalübertragungssysteme werden desensibilisiert, wenn das Signal über längere Zeit besteht.
KLINIK Krankheiten, die durch Störungen der Signalübertragung von G-Proteinen hervorgerufen werden, sind: 5 Cholera: Das Choleratoxin, gebildet von Vibrio cholerae, führt zu einer Dauerstimulation der Adenylatzyklase mit erhöhtem cAMP-Spiegel in den Enterozyten. Es katalysiert die Übertragung von ADP-Ribose aus NAD+ auf Gsα. Dadurch werden Wasser und Elektrolyte ständig in den Darm abgegeben und eine schwere, lebensbedrohende Dehydratation entsteht. 5 Keuchhusten: Das Pertussistoxin, gebildet von Bordetella pertussis, katalysiert die ADP-Ribosylierung von Giα. Dadurch wird verhindert, dass GDP durch GTP ersetzt wird. Die Hemmung der Adenylatzyklase durch Gi wird unterbunden. Diese Störung ruft zwei Symptome des Keuchhustens hervor: eine Überempfindlichkeit gegenüber Histamin der Bronchien und einen erniedrigten Blutglucosespiegel.
9.1.5 Neurohormonale Kopplung GK Physiologie, 7 Kap. 10. Im Hypothalamus werden Peptide gebildet, die als Freisetzungshormone (Liberine) oder Hemmer (Statine) auf den Hypophysenvorderlappen wirken (. Tab. 9.1). Daneben nimmt auch das autonome Nervensystem Einfluss auf die Hormonsekretion. Hypohysenvorderlappenhormone Thyreotropin
Das Thyreotropin (TSH) ist ein Glycoprotein mit einem Molekulargewicht von 30.000. Es besteht aus 2 Untereinheiten D und E, wobei die D-Untereinheit mit der des Follikel stimulierenden (FSH) und des luteinisierenden Hormons (LH) identisch ist. TSH fördert in der Schilddrüse die Iodaufnahme, die Bildung der Schilddrüsenhormone und ihre Sekretion. Seine Synthese und Sekretion wird durch das TRH des Hypothalamus gefördert und durch Somatostatin gehemmt. Corticotropin
Corticotropin (ACTH = adrenocorticotropes Hormon) ist ein aus 39 Aminosäuren bestehendes Polypeptid, welches durch Proteolyse aus dem Vorläufermolekül Proopiomelanocortin entsteht. ACTH stimuliert in der Nebennierenrinde die Produktion des Cortisols. Durch Bindung an einen Rezeptor wird die cAMP-abhängige
131 9.2 · Stoffwechselregulation
9
. Tab. 9.1. Hypothalamus- und Hypophysenvorderlappen-Hormone
Liberin (Releasing hormone)
Glandotropes Hormon
Hemmer
Wachstumshormon freisetzender (releasing) Faktor (GHRH)
Somatotropes Hormon (STH) Prolactin
Somatostatin Dopamin
Thyreotropin freisetzender (releasing) Faktor (TRH)
Thyreotropes Hormon (TSH)
Somatostatin
Gonadotropin freisetzender (releasing) Faktor (GnRH)
Follikel stimulierendes Hormon (FSH) und luteinisierendes Hormon (LH)
Inhibin
Corticotropin freisetzender (releasing) Faktor (CRH)
Adrenocorticotropes Hormon (ACTH)
Vasopressin
Proteinkinase A aktiviert, die durch Phosphorylierung einer Cholesterolesterhydrolase die Freisetzung von Cholesterol für die Bildung von Glucocorticoiden initiiert. Weiterhin wird ein Abbau der Seitenkette des Cholesterols stimuliert.
Merke TSH, FSH und LH sind aus je einer D- und E-Kette aufgebaut. Die E-Ketten vermitteln die Hormonspezifität. Die D-Ketten sind bei den 3 Hormonen identisch.
Merke Neben ACTH entstehen aus dem Proopiomelanocortin (POMC) verschiedene Melanozyten-stimulierende Hormone (α-E-γ-MSH), E-Endorphin, das CLIP, aber kein CRH (Corticotropin Releasing Hormon).
Somatotropin
Somatotropin (STH) 7 Kap. 9.3.1. 9.2
Gonadotropine
Die Gonadotropine des HVL sind das Follikel stimulierende Hormon (FSH) und das luteinisierende Hormon (LH). FSH, ein Glycoprotein, besteht aus einer unspezifischen D-Kette und der spezifischen E-Kette. Es stimuliert das Wachstum der Follikel, ohne die Produktion von Östrogenen anzuregen. Es fördert die Spermatogenese, ohne Einfluss auf die Produktion von Testosteron zu nehmen. Demzufolge hat FSH eine einheitliche Wirkung auf das Keimdrüsenepithel beider Geschlechter. Auch das LH besteht aus einer unspezifischen D- und einer spezifischen E-Kette. Durch cAMP-abhängige Cholesterolesterhydrolyse fördert es die Bildung von Östrogenen und Androgenen in den Gonaden aus Cholesterol. In der Plazenta werden Proteohormone gebildet, die denen der Hypophyse ähneln: 4 das Choriogonadotropin (CG) mit Strukturähnlichkeiten zum LH, 4 das Choriosomatomammotropin und 4 das Choriothyrotropin.
Stoffwechselregulation
9.2.1 Insulin Insulin wird in den B-Zellen des endokrinen Pankreas gebildet. Insulin ist ein aus 51 Aminosäuren bestehendes Peptidhormon. Es ist aus 2 Polypetidketten aufgebaut, der A- und der B-Kette, die über 2 Disulfidbrücken mit einander verbunden sind. Insulin wird als Prä-Protein synthetisiert. Das nach Abspaltung des Signalpeptids vorliegende Proinsulin enthält das C-Peptid, welches die A- und B-Ketten verbindet und die Ausbildung der Disulfidbindungen ermöglicht. Das Herausschneiden des C-Peptids erfolgt im Golgi-Komplex, wobei Insulin und C-Peptid gemeinsam in Sekretgranula verpackt werden. Ein Anstieg der Blutglucosekonzentration über 5,6 mmol/l führt zur Insulinsekretion. Prüfungsfallstricke Insulin ist das einzige die Blutglucose senkende Hormon!
Die Insulinsekretion fördern die verzweigtkettigen Aminosäuren sowie Arginin und Lysin, gastrointestinale Hormone und Sulfonylharnstoffderivate.
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9
Kapitel 9 · Hormone und Zytokine
Die von der Blutglucosekonzentration gesteuerte Insulinsekretion wird auf folgende Weise vermittelt: Über GLUT-2 ist ein Glucosetransport in die B-Zellen hormonunabhängig möglich, die Glucokinase mit ihrem hohen Km-Wert als »Glucose-Sensor« phosphoryliert Glucose und schleust sie in die glucoseverwertenden Stoffwechselwege ein. Dadurch steigt die ATPKonzentration in den B-Zellen. Infolge der erhöhten ATP-Konzentration werden K+-Kanäle geschlossen und Ca2+-Kanäle geöffnet und durch die erhöhte CaIonenkonzentration kommt es zu einer Exozytose der insulinhaltigen Vesikel. Insulin ist das wichtigste anabole Hormon; es fördert: 4 die Aufnahme von Glucose in die Muskulatur und das Fettgewebe durch Translokation von GLUT-4 aus dem endoplasmatischen Retikulum in die Zellmembran, 4 die Glycogensynthese in der Muskulatur und in der Leber, 4 die Fettsynthese in Adipozyten und Leber, 4 die Glucoseverwertung der Leber in der Glycolyse, 4 die Stimulierung der Proteinsynthese in der Skelettmuskulatur durch eine Förderung der Aminosäureaufnahme und 4 die K+-Aufnahme in die Muskulatur. Insulin induziert: 4 die Lipoproteinlipase, wodurch die Hydrolyse von Neutralfetten der Chylomikronen und VLDL und die Biosynthese von Neutralfetten in den Adipozyten gefördert wird, 4 die Induktion von Glucokinase, Phosphofructokinase und Pyruvatkinase, wodurch die Glycolyse gefördert wird, 4 die Repression der gluconeogenetischen Schlüsselenzyme Pyruvatcarboxylase, PEP-Carboxykinase, Fructose-1,6-Bisphosphatase und Glucose-6-Phosphatase. KLINIK Ein Insulinmangel bewirkt den Diabetes mellitus, welcher die häufigste Stoffwechselerkrankung in den entwickelten Industrieländern ist.
Die Insulinwirkungen werden über den Insulinrezeptor ausgelöst. Dieser ist ein tetrameres Membranprotein der Zusammensetzung DEEr gehört zur Familie der Tyrosinkinaserezeptoren. Nach Bindung des Insulins an die D-Untereinheiten erfolgt eine Autophosphorylierung von Tyrosylresten der E-Untereinheiten. Das Insulinrezeptorsubstrat I (IRS-I) bindet über eine
SH2-Domäne an den zytosolischen Teil der E-Ketten und wird phosphoryliert. Die weiteren Signaltransduktionsketten sind wenig bekannt. Insulin senkt den intrazellulären cAMP-Spiegel. Es aktiviert eine cAMP-unabhängige Proteinkinase B. Die Halbwertszeit des Insulins im Blut beträgt etwa 20 min. Es wird in der Leber abgebaut. Merke Die Autophosphorylierung des Insulinrezeptors führt nicht zu einer Inaktivierung des Rezeptors. Insulin stimuliert die K+-Aufnahme in die Skelettmuskulatur.
Prüfungsfallstricke Die Bestimmung des C-Peptids im Blut gibt Auskunft über die endogene Insulinbiosynthese bei Insulin spritzenden Diabetikern.
9.2.2 Glucagon Glucagon wird in den A-Zellen des endokrinen Pankreas gebildet und ist ein aus 29 Aminosäuren bestehendes Peptidhormon, welches als ein hochmolekulargewichtiges Prä-Pro-Glucagon synthetisiert und nach Prozessierung in den A-Zellen gespeichert wird. Merke Glucagon ist der direkte Antagonist des Insulins bei der Regulation der Blutglucosekonzentration.
Eine Absenkung des Blutglucosespiegels unter 5 mmol/l induziert die Freisetzung von Glucagon; es erhöht die Blutglucosekonzentration. Glucagon wirkt in der Leber über eine cAMP-abhängige Aktivierung der Proteinkinase A auf 4 eine Stimulierung der Glycogenolyse und eine Hemmung der Glycogensynthese, 4 eine Stimulierung der Gluconeogenese und eine Hemmung der Glycolyse, 4 längerfristig auf eine Induktion der Gluconeogeneseenzyme und eine Repression der Schlüsselenzyme der Glycolyse. Merke Glucagon stimuliert nicht die Glycogenolyse in der Muskulatur.
133 9.2 · Stoffwechselregulation
Prüfungsfallstricke Der Glucagonrezeptor ist ein aus 7 transmembranären Domänen bestehendes Bindungsprotein mit Ankopplung an G-Proteine. Glucagon-like peptides werden nach Nahrungsaufnahme in den Mukosazellen gebildet und stimulieren die Insulinsekretion. Galanin, ein inhibitorisches Neuropeptid, wird auch in den Mukosazellen gebildet und hemmt die Insulinsekretion.
9.2.3 Adrenalin und Noradrenalin Die Katecholamine Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin sind Derivate des Tyrosins. Tyrosin wird durch die Tyrosinhydroxylase mit einem ähnlichen Katalysemechanismus wie bei der Phenylalaninhydroxylase in Dihydroxyphenylalanin (DOPA) überführt, DOPA wird PALP-abhängig zu Dopamin decarboxyliert. Dopamin wird mittels Vitamin C zu Noradrenalin hydroxyliert und Noradrenalin wird im Nebennierenmark mittels S-Adenosyl-Methionin zu Adrenalin methyliert. In den sympathischen Synapsen findet diese Methylierung nicht statt. Dopamin ist ein Neurotransmitter im Zwischenhirn. Noradrenalin ist Neurotransmitter in adrenergen Nervenendigungen. Die Biosynthese von Adrenalin im Nebennierenmark wird durch Stress (unter Mitbeteiligung des Sympathikus) aktiviert. Im Hypothalamus wird vermehrt das Corticoliberin (CRH) ausgeschüttet, welches die ACTH-Sekretion im HVL stimuliert und zu einer Cortisolsynthese in der Nebennierenrinde führt. Über den Pfortaderkreislauf Nebennierenrinde-Nebennierenmark induziert Cortisol die Phenylethanolamin-Methyltransferase und damit die Bildung des Adrenalins. Adrenalin selbst stimuliert die Synthese und Sekretion von CRH und ACTH als Reaktion auf Stress. Noradrenalin und Adrenalin nehmen als Notfallhormone Einfluss auf den Stoffwechsel: Sie stimulieren in Leber und Muskel die Glycogenolyse, fördern in der Leber die Gluconeogenese und aktivieren im Fettgewebe die Lipolyse (zur weiteren Bedeutung von Noradrenalin/Adrenalin: GK Physiologie, 7 Kap. 14). Ihre Wirkungen werden über adrenerge Rezeptoren vermittelt. Diese Rezeptoren (7 Transmembrandomänen) sind in den Geweben in unterschiedlichem Ausmaß vorhanden: 4 E-Rezeptoren aktivieren über Gs das Adenylatzyklasesystem und die Proteinkinase A,
9
4 D1-Rezeptoren stimulieren über Gs die Phospholipase CE und damit die Bereitstellung von Diacylglycerol und Ca-Ionen für die Aktivierung der Proteinkinase C. 4 Die Bindung an D2-Rezeptoren führt zu einer Gi-vermittelten Hemmung der Adenylatzyklase. Adrenalin kann also in verschiedenen Geweben ganz unterschiedliche Auswirkungen haben. Diese kommen zustande durch: 4 die Art des Rezeptors, 4 die Art des G-Proteins (Gs, Gi) und 4 das Vorkommen von Zielenzymen der Proteinkinase A. Der Abbau von Adrenalin/Noradrenalin erfolgt durch die Catechol-O-Methyltransferase und die Aminooxidase zur Vanillinmandelsäure (3-Methoxy-4-hydroxymandelsäure), die im Urin ausgeschieden wird. Prüfungsfallstricke Noradrenalin und Adrenalin hemmen die Insulinsekretion.
Funktion von Insulin, Glucagon, Adrenalin und Noradrenalin Insulin und seine unmittelbaren Gegenspieler Glucagon und Adrenalin/Noradrenalin sind für eine schnelle Stoffwechselregulation verantwortlich. Insulin ist das einzige die Blutglucose senkende und das wichtigste anabole Hormon. Es fördert die Glucoseaufnahme in das Fettgewebe und in die Muskulatur. In der Leber fördert es die Glucoseverwertung durch Stimulation der Glycogensynthese, Glycolyse und Lipogenese und hemmt die Gluconeogenese. Im Fettgewebe stimuliert es die Neutralfettsynthese und hemmt den Fettabbau. Es fördert die Proteinsynthese im Muskel und die Aufnahme von K+-Ionen in die Muskulatur. Glucagon wirkt in der Leber über die Aktivierung der Adenylatzyclase fördernd auf Gluconeogenese und Glycogenolyse und erhöht auf diese Weise die Blutglucosekonzentration. Adrenalin und Noradrenalin stimulieren über die Adenylatzyklase in der Leber ebenfalls Glycogenolyse und Gluconeogenese. Im Fettgewebe kommt es zu einer Lipolyse. Insulinmangel oder eine verminderte Insulinwirkung führen zum Diabetes mellitus.
134
Kapitel 9 · Hormone und Zytokine
9.2.4 Glucocorticoide Steroidhormone werden aus Cholesterol gebildet. Allgemeine Zwischenprodukte sind Pregnenolon und Progesteron. ACTH stimuliert in der Nebennierenrinde die Freisetzung des Cholesterols aus seinen Estern mit Palmitinoder Ölsäure durch die Cholesterolhydrolase sowie die Verkürzung der Isooctyl-Seitenkette um zunächst 6 C-Atome. Diese Verkürzung zwischen C22 und C21 erfolgt durch eine mischfunktionelle Oxidase mit Cytochrom P450, Fe-S-Proteinen (Adrenodoxin) und NADPH2 als Cofaktoren. Dabei entsteht zunächst Pregnenolon, welches in Progesteron umgelagert wird (. Abb. 9.1a). Progesteron wird durch Hydroxylierungen am C17 und C21 in Cortisol überführt (. Abb. 9.1b). Über Corticosteron entsteht aus Progesteron das Aldosteron. Über Hydroxyprogesteron werden die Androgene und Östrogene gebildet.
Das wichtigste Glucocorticoid ist das Cortisol. Seine Synthese wird durch ACTH des HVL stimuliert, welches unter Kontrolle des hypothalamischen Liberins CRH steht. Cortisol fördert: 4 die Gluconeogenese und Glycogenbildung in der Leber über die Induktion der gluconeogenetischen Schlüsselenzyme Pyruvatcarboxylase, PEP-Carboxykinase, Fructose-1,6-Bisphophatase und Glucose6-Phosphatase; es ist ein Insulinantagonist; 4 die Proteolyse in extrahepatischen Geweben, insbesondere der Muskulatur zur Bereitstellung glucogener Aminosäuren und die Induktion von Aminotransferasen in der Leber. Cortisol verstärkt die Wirkungen von Adrenalin und Glucagon auf die Glucoseneubildung in der Leber und hemmt die Glucoseaufnahme und -verwertung im Fettgewebe, in Fibroblasten und Lymphozyten.
Cholesterol (C27)
9
Pregnenolon (C21)
Progesteron (C21)
Glucocorticoide (C21)
Mineralocorticoide (C21)
Androgene (C19)
Östrogene (C18)
a
Progesteron 21β-Hydroxylase 11-Desoxycorticosteron 11β-Hydroxylase
Corticosteron 18-Hydroxylase
b
Aldosteron
17α-Hydroxylase Androgene
Hydroxyprogesteron 21β-Hydroxylase
11-Desoxycortisol 11β-Hydroxylase
Cortisol
Cortison
. Abb. 9.1a, b. a Bildung der Steroidhormone aus Cholesterol. b Bildung von Aldosteron und Cortisol
135 9.3 · Wachstum und Differenzierung, Fortpflanzung
Glucocorticoide wirken entzündungshemmend und immunosuppressiv. Merke Glucocorticoide stimulieren die Lipolyse im Fettgewebe und induzieren die Bildung von Aminotransferasen in der Leber. Cortisol fördert die Glycogensynthese in der Leber und fördert den Proteinabbau in der Muskulatur und im lymphatischen Gewebe zur Bereitstellung glucogener Aminosäuren.
Cortisol wird im Blutplasma gebunden an ein D-Globulin, Transcortin, transportiert, an welches auch Progesteron bindet. Dadurch können sich Kompetitionen ergeben. Cortisol ligiert an einen intrazellulären Glucocorticoidrezeptor, der nach Dimerisierung an EnhancerSequenzen der DNA bindet und die Transkription von Genen stimuliert. Cortisol wird in der Leber nach Hydrierung von Doppelbindungen und der Ketolgruppe an Glucuronsäure oder Sulfat gebunden und über die Niere ausgeschieden. Cortisol ist zusammen mit Adrenalin, Glucagon und Insulin nicht nur in die Regulation des Kohlenhydratmetabolismus, sondern auch in die Steuerung des Lipid- und Eiweißstoffwechsels insbesondere beim Hunger eingebunden. KLINIK Eine Überproduktion von Cortisol führt zum Cushing-Syndrom mit Glucose-Intoleranz, Diabetes, Stammfettsucht, Muskelschwund, Osteoporose und Hypertonie. Häufigste Ursachen sind eine Mehrproduktion von CRH im Hypothalamus bzw. ACTH in der Hypophyse. Eine primäre Überfunktion der glucocorticoidproduzierenden Zellen der Nebennierenrinde (Hypercortisolismus) kann ebenfalls ein Cushing-Syndrom verursachen. Eine Unterfunktion der Nebennierenrinde führt zum Hypocortisolismus und Hypoaldosteronismus mit gesteigerter Bildung von ACTH, wodurch sehr viel Progesteron synthetisiert wird. Dies wird zu Androgenen umgewandelt, die bei Jungen eine frühe Pubertät, bei Mädchen eine Virilisierung mit Amenorrhoe und ausbleibender Brustentwicklung bewirken (Adrenogenitales Syndrom). Häufigste Ursache ist ein Mangel der C21-Hydroxylasen, durch den sowohl die Gluco- als auch die Mineralocorticoidsynthese betroffen sind.
9
Bedeutung von Cortisol und Aldosteron – Zusammenfassung Cortisol als wichtigstes Glucocorticoid stimuliert die Proteolyse in Muskulatur und lymphatischem Gewebe zur Bereitstellung glucogener Aminosäuren für die hepatische Gluconeogenese und Glycogensynthese, die es langfristig über die Induktion gluconeogenetischer Schlüsselenzyme und von Aminotransferasen fördert. Es wirkt zudem entzündungshemmend und immunsuppressiv. Aldosteron stimuliert die Rückresorption von Naund Cl-Ionen im Austausch mit K-, Ammonium- und H+-Ionen. Dies geschieht durch die Induktion eines Natriumkanals und einer Na/K-ATPase. Damit reguliert es zusammen mit dem natriuretischen Peptid (Antagonist) und Vasopressin das extrazelluläre Flüssigkeitsvolumen und den Elektrolythaushalt (7 Kap. 9.5.1). 9.3
Wachstum und Differenzierung, Fortpflanzung
9.3.1 Somatotropin
(STH, Wachstumshormon) Das Wachstumshormon ist ein Polypeptid mit einem Molekulargewicht von 21.000. Seine Synthese und Abgabe steht unter Kontrolle des hypothalamischen GHRH und Somatostatins. Es stimuliert in der Leber die Synthese der insulinähnlichen Wachstumsfaktoren IGF-1 und IGF-2, Polypeptiden aus 67 und 70 Aminosäuren. Sie sind für das Knochenwachstum verantwortlich. Metabolische Wirkungen des STH sind eine Verminderung der Glucoseaufnahme in die Zelle (glucostatischer Effekt, insulinantagonistisch), Stimulierung der Lipolyse und Förderung der Proteinsynthese. Damit spielt es auch eine wichtige Rolle im Hungerstoffwechsel. KLINIK Eine unphysiologisch hohe Bildung von STH in der Wachstumsphase führt zum hypophysären Riesenwuchs, das Gegenteil ist der hypohysäre Minderwuchs. Beim Erwachsenen entsteht infolge einer vermehrten Bildung von STH durch Hypophysenadenome die Akromegalie.
9.3.2 Schilddrüsenhormone In der Schilddrüse wird Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (Tetraiodthyronin, T4) gebildet. Sie sind IodDerivate des Tyrosins.
136
Kapitel 9 · Hormone und Zytokine
Die Bildung der Hormone erfordert 4 die Aufnahme von Iodid-Ionen in die Epithelzellen der Schilddrüse mittels einer Iodid-ATPase, 4 die Oxidation des Iodid-Ions zu I2, wahrscheinlich aber zum Iodonium-Ion (I+) durch eine Peroxidase unter Mitwirkung von H2O2, 4 die Iodierung von Tyrosylresten im Thyreoglobulin unter Bildung von Monoiod- und Diiod-Tyrosinen, 4 die Kopplung der Iod-Tyrosine zu proteingebundenem T3 bzw. T4, 4 die Speicherung des iodierten Thyreoglobulins in den Schilddrüsenfollikeln und 4 die Sekretion.
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Für die Sekretion der Hormone wird Thyreoglobulin in die Schilddrüsenepithelien endozytiert und proteolytisch abgebaut. Alle Prozesse stehen unter Kontrolle des TSH. Im Blut wird T4 gebunden an das Thyroxin-bindende Globulin (D-Globulin), T3 gebunden an Albumin und Präalbumin transportiert. Für T3 und T4 gilt: 4 Sie erhöhen den Grundumsatz über einen gesteigerten Sauerstoffverbrauch und die Stimulierung der Na/K-ATPase. Damit verbunden ist eine erhöhte Wärmebildung. 4 Sie stimulieren Gluconeogenese, Glycogenolyse und Lipogenese. 4 Durch Erhöhung der HMG-CoA-Reduktase-Aktivität wird die Cholesterolsynthese, aber auch der Umsatz und die Ausscheidung des Cholesterols gesteigert. 4 Schilddrüsenhormone fördern Wachstum und Differenzierung. Das biologisch wichtige Hormon ist T3. Es wird in den Zielgeweben durch Deiodierung von T4 gebildet. T3 bindet an spezifische Rezeptoren im Zellkern, die ähnlich den Steroid- und Retinsäurerezeptoren sind und zu den durch Liganden aktivierten Transkriptionsfaktoren gehören. Die Schilddrüsenhormone werden in der Leber durch Deiodierung inaktiviert und nach Glucuronidierung oder Sulfatierung im Harn ausgeschieden. Das abgespaltene Iod wird zur Schilddrüse befördert. Deiodinasen der Leber enthalten die seltene, nichtessenzielle Aminosäure Selenocystein.
KLINIK Schilddrüsenüber- und Unterfunktionen gehören zu den häufigsten endokrinologischen Erkrankungen. Der Iodmangel spielt dabei eine wichtige Rolle. Die euthyreote Struma beruht auf einem latenten Iodmangel. Sie ist das Ergebnis einer vermehrten TSH-Sekretion. Eine Hyperthyreose (Basedow-Krankheit, Hashimoto-Thyreoiditis) ist durch die Überproduktion von T3 und T4 gekennzeichnet. Ihre Symptome sind gesteigerter Grundumsatz, Hyperthermie, Tachykardie, Tremor, Schlaflosigkeit und ggf. auch ein Exophthalmus. Die häufigste Ursache ist eine Autoimmunerkrankung mit Bildung von Antikörpern (IgG) gegen den TSH-Rezeptor der Schilddrüse. »Toxische Adenome«, die unabhängig von einer TSH-Regulation Schilddrüsenhormone produzieren, führen ebenfalls zu einer Hyperthyreose. Eine Hypothyreose ist das Ergebnis einer angeborenen Schildrüsenaplasie, einer chronischen Thyreoditis oder Strumektomie. Sie ist bei Kindern gekennzeichnet durch Kleinwuchs, retardierte geistige Entwicklung (Kretin), Kropf, erniedrigten Grundumsatz, erniedrigte Körpertemperatur und Myxödeme. Sekundäre Hypothyreosen werden durch Iodmangel, fehlende TSH-Stimulation (Hypophysentumore) oder therapeutische Maßnahmen (Bestrahlung, Operationen) verursacht. Die endokrine Ophthalmie (Exophthalmus) ist auf eine Vermehrung retroorbitalen Bindegewebes, vermehrte Wassereinlagerung und lymphozytäre Infiltrationen zurückzuführen. Sie wird ebenfalls durch eine autoimmunologische Reaktion hervorgerufen.
9.3.3 Sexualhormone (Androgene,
Estrogene, Gestagene) Sexualhormone sind die Produkte der Keimdrüsen. Zeitweilig dienen auch der Gelbkörper und die Plazenta als Produktionsstätten. Darüber hinaus werden Sexualhormone in der Nebennierenrinde gebildet. Die weiblichen Sexualhormone sind die Östrogene und Gestagene. Die männlichen Sexualhormone sind die Androgene. Die Bildung der Sexualhormone steht unter der Kontrolle der Gonadotropine des HVL (GK Physiologie, 7 Kap. 10, 7 Kap. 11).
137 9.3 · Wachstum und Differenzierung, Fortpflanzung
Testosteron
Androstendion
Sekretionsphase und zur Abstoßung der Uterusschleimhaut.
C-19-Eliminierung
Merke
Aromatase (A-Ring)
Progesteron ist Vorläufermolekül für die Synthese verschiedener Steroidhormone.
Estradiol
9
Estron
. Abb. 9.2. Bildung von Östrogenen
Östrogene Östrogene werden im Follikel und Gelbkörper des Ovars, daneben auch in geringen Mengen in den Testes und in der Nebennierenrinde gebildet. Ausgangsprodukt der Östrogensynthese ist Cholesterol, aus dem zunächst die Androgene Testosteron und Androstendion gebildet werden. Durch Elimination der C19-Methylgruppe und Aromatisierung des A-Rings entstehen die wichtigsten Östrogene β-Estradiol und Estron (. Abb. 9.2). Östrogene besitzen ein gemeinsames Transportprotein im Blut zusammen mit Testosteron. Östrogene sind für die Ausbildung der weiblichen Geschlechtsmerkmale verantwortlich. Sie stimulieren die Proliferationsphase der Uterusschleimhaut. Östrogene haben ebenfalls anabole Wirkungen. In der Leber wird die Eliminierung der Östrogene nach Hydroxylierung durch Sulfatierung und Glucuronidierung eingeleitet. Sie werden im Harn ausgeschieden. Gestagene Das wichtigste Gestagen ist das Progesteron. Es wird im Corpus luteum gebildet. Im ersten Drittel der Schwangerschaft übernimmt die Plazenta die Funktion des Corpus luteum und die Progesteronproduktion. Progesteron fördert die Sekretionsphase der Uterusschleimhaut und bereitet damit die Nidation einer befruchteten Eizelle vor. Der weibliche Menstruationszyklus wird durch das hypothalamische GnRH und die hypophysären Gonadotropine geregelt: 4 FSH stimuliert die Reifung eines Follikels. LH fördert die Östrogensynthese im Follikel. 4 Der maximale E-Estradiolspiegel wird einen Tag vor dem steilen Anstieg der LH-Konzentration um den 14. Tag im Blut erreicht (Follikelsprung). 4 Nach dem Follikelsprung übernimmt das Progesteron unter dem Einfluss von LH die Umwandlung der proliferativen in die sekretorische Phase der Uterusschleimhaut. Es hemmt die LH-Ausschüttung aus dem HVL. Durch die nun fehlende Progesteronausschüttung kommt es zum Abbruch der
Androgene Testosteron und Dihydrotestosteron, welches durch eine 5D-Reduktase aus Testosteron gebildet wird, sind die wichtigsten Androgene. Dihydrotestosteron besitzt die 2,5-fache Wirksamkeit des Testosterons. Die Vorläufermoleküle für die Testosteronbiosynthese sind Progesteron und Pregnenolon (. Abb. 9.3). Testosteron wird in den Leydig-Zwischenzellen des Hodens unter dem Einfluss von LH gebildet. FSH und Testosteron stimulieren zusammen die Spermiogenese. Die Produktion von Fructose aus Glucose über den Sorbitolstoffwechselweg in den Samenbläschen wird durch Testosteron gefördert. Fructose ist für die Vitalität und Beweglichkeit der Spermien erforderlich. Testosteron fördert die Erythropoese. Testosteron und die Östrogene hemmen die Freisetzung von GnRH und Gonadotropin. Testosteron ist verantwortlich für die Ausprägung der männlichen Geschlechtsmerkmale. Es führt zudem zu einer vermehrten Synthese von Muskelproteinen (anaboler Effekt). Die Wirkungen der Androgene und Östrogene beruhen auf der Bindung an einen zytosolischen Rezeptor, der zur Familie der ligandaktivierten Transkriptionsfaktoren gehört. Testosteron wird als 17-Ketosteroid in freier Form oder gekoppelt an Sulfat oder Glucuronsäure im Harn ausgeschieden. Das in den Sertoli-Zellen gebildete Inhibin hemmt die Freisetzung der Gonadotropine im HVL. Steroidhormone entfalten ihre Wirkungen im Zellstoffwechsel über zytosolische oder nucleäre Rezeptoren, die nach Ligandenbindung dimerisieren und als Transkriptionsfaktoren eine Genexpression über Bindung an Enhancer-Sequenzen der DNA induzieren. Ihre Synthese wird – mit Ausnahme des Aldosterons – durch das hypothalamisch-hypophysäre System reguliert. Prüfungsfallstricke Alle Steroidhormone leiten sich vom Cholesterol ab. Als Zwischenprodukte ihrer Synthese treten Pregnenolon und Progesteron auf.
138
Kapitel 9 · Hormone und Zytokine
. Abb. 9.3. Synthese von Androgenen
Cholesterol
Pregnenolon Δ4,5-Steroid-Isomerase
Hydroxylase (P450)
3β-Dehydrogenase Hydroxypregnenolon
Progesteron 17α-Hydroxylase Hydroxyprogesteron
Androstendion 17β-SteroidDehydrogenase
Dehydroepiandrosteron
Androstendiol
Testosteron
Dihydrotestosteron 5α-Reductase
9 Bedeutung der Geschlechtshormone – Zusammenfassung Östrogene, v. a. E-Estradiol, sind zusammen mit Progesteron für die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsmerkmale zuständig. Weiterhin steuern sie den weiblichen Sexualzyklus. Sie sind infolge ihrer anabolen Wirkungen auch Leistungshormone für die Frau. Testosteron und Dihydrotestosteron sind die männlichen Geschlechtshormone. Sie fördern die Entwicklung der männlichen Geschlechtsmerkmale. Neben ihren androgenen Effekten haben sie anabole Wirkungen, die insbesondere die Muskelmasse betreffen.
9.3.4 Prolactin Das Prolactin ist ein Polypeptid mit einem Molekulargewicht von 20.000. Es besitzt Homologien zum STH. Seine Sekretion wird durch Dopamin gehemmt. Prolactin ist zusammen mit Östrogenen verantwortlich für die Umwandlung der Epithelzellen der Milchdrüse in sekretorische Zellen während der Schwangerschaft und die Milchsekretion nach Fortfall der Wirkungen von Östrogenen und Progesteron nach der Geburt. Prolactin fördert die Progesteronproduktion des Gelbkörpers. Beim Mann unterstützt es die Wirkungen des luteinisierenden Hormons auf die Leydig-Zwischenzellen und des Testosterons.
KLINIK Infolge von Hypophysentumoren (Prolactinomen, sehr selten) kommt es zu einer Hyperprolactinämie, die bei Frauen zu Amenorrhoe und Lactorrhoe, bei Männern zu Libido- und Potenzstörungen führt.
9.3.5 Oxytocin Oxytocin wirkt kontrahierend auf glatte Muskulatur. Im Vordergrund steht seine Wirkung auf den schwangeren Uterus während der Geburt. Es fördert zudem die Abgabe von Milch aus der laktierenden Brustdrüse. Oxytocin wird im Hypothalamus gebildet und gebunden an ein Neurophysin in den Hypohysenhinterlappen durch Neurokrinie befördert. Es ist ein cyclisches Nonapeptid. Die Neurophysine werden nach erfolgter Sekretion abgespalten. 9.4
Regulation von Verdauung und Resorption
GK Physiologie, 7 Kap. 7.
139 9.5 · Elektrolyt- und Wasserhaushalt
9
. Tab. 9.2. Übersicht zu gastrointestinalen Hormonen
Hormon
Vorkommen
Funktion
Gastrin
Antrum des Magens
Stimulierung der HCl- und Pepsinogenproduktion
Secretin
Duodenum, Jejunum
Stimulation eines HCO3–-reichen Pankreassekrets
Cholecystokinin/ Pankreozymin
Duodenum, Jejunum
Stimulierung der pankreatischen Enzymsekretion Kontraktion der Gallenblase
Gastro-inhibitorisches Peptid
Duodenum, Jejunum
Stimulation der Insulinsekretion
Motilin
Duodenum, Jejunum
Stimulierung der Motilität von Magen und Dünndarm
Neurotensin
Dünndarm
Stimulation der Sekretion von Gastrin, Glucagon und Insulin
Enteroglucagon
Ileum
wachstumsstimulierend für Enterozyten, Förderung der Insulinsekretion
9.4.1 Gastrin, Sekretin, Cholecystokinin
9.5
Elektrolyt- und Wasserhaushalt
(CCK) 9.5.1 Aldosteron Die . Tabelle 9.2 vermittelt eine Darstellung der im Magendarmkanal wirkenden Peptidhormone und ihrer Wirkungen. 9.4.2 Salzsäureproduktion der Belegzellen
des Magens Die HCl des Magensaftes (ca. 0,1 mol/l) wird in den Belegzellen gebildet. Die Carboanhydrase hydratisiert CO2 zu H2CO3, welche in H+ und HCO3– dissoziiert. Die Hydrogencarbonat-Ionen werden im Austausch mit Cl–-Ionen an das Blut abgegeben (katalysiert durch den Anionentransporter der Zellmembran), die Clorid-Ionen werden in das Magenlumen sezerniert. Die Protonen gelangen energieabhängig (H+/K+-ATPase) unter ATP-Verbrauch in den Magensaft. Merke Einen Transport von Cl--Ionen durch eine K+/Cl–ATPase an der luminalen Membran der Belegzellen gibt es nicht.
9.4.3 Hydrogencarbonat-
und Enzymsekretion des Pankreas Sekretin, welches auf Reiz des sauren Mageninhalts im Duodenum gebildet wird, stimuliert die Sekretion eines an Hydrogencarbonat reichen Pankreassekrets. Durch das Cholecystokinin/Pankreozymin werden die pankreatischen Verdauungsenzyme sezeniert.
Das wichtigste Mineralocorticoid ist das Aldosteron. Biosynthese und Sekretion werden durch das ReninAngiotensin-System gesteuert. ACTH nimmt einen, wenn auch geringen Einfluss auf die Aldosteronproduktion. Aldosteron befördert in den Nierentubuli die Reabsorption von Na- und Chlorid-Ionen. Die Ausscheidung von Kalium- und Ammonium-Ionen sowie von Protonen wird erhöht. Damit reguliert Aldosteron den Natriumbestand des Organismus über eine Kontrolle des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens. Merke Zusammen mit den natriuretischen Peptiden des Herzens und dem Vasopressin ist Aldosteron an der Regulation des Flüssigkeitshaushalts sowie der Na+-, K+- und H+-Ionenkonzentration in den Körperflüssigkeiten beteiligt.
Aldosteron bindet an einen intrazellulären Rezeptor, der nach Bindung an DNA die Synthese folgender Substanzen induziert: 4 eines Na-Kanals und 4 einer Na/K-ATPase in den Nierentubuli. Aldosteron fördert in allen Drüsen die Natriumrückresorption aus den Sekreten.
140
Kapitel 9 · Hormone und Zytokine
KLINIK Eine Überproduktion von Aldosteron führt zum primären Hyperaldosteronimus (Conn-Syndrom) mit Hypokaliämie, Hypernatriämie und Alkalose wegen der vermehrten Ausscheidung von Protonen. Die Addison-Erkrankung, eine Zerstörung der Nebennierenrinde, verursacht einen Hypoaldosteronismus. Ein Mangel an Mineralocorticoiden führt zu einer Verringerung des Volumens der extrazellulären Flüssigkeit und zu einer Hyperkaliämie.
motischen Druck des Blutplasmas kontrolliert. Es wirkt zusammen mit ANP und Aldosteron bei der Regulation des Wasser- und Elektrolythaushalts. KLINIK Der zentrale Diabetes insipidus beruht auf einer Synthesestörung des Vasopressins und führt zu einer extremen Diurese eines hypotonen Harns (bis zu 20 l pro Tag). Der renale Diabetes insipidus wird durch das Fehlen von Vasopressinrezeptoren in den Nierentubuli verursacht, woraus ebenfalls eine extreme Wasserdiurese resultiert.
9.5.2 Renin-Angiotensin-System GK Biochemie, 7 Kap. 9.1.1; GK Physiologie, 7 Kap. 4.1.4, 4.2.2.
9.6
9.5.3 Atriales natriuretisches Hormon
GK Physiologie, 7 Kap. 9.1.6, 9.1.7.
(Atriopentin, ANP)
9
Das aus 33 Aminosäuren bestehende Peptidhormon wird im rechten Vorhof des Herzens gebildet. Seine Synthese wird durch eine Erhöhung des Vorhofvolumens und -drucks induziert (GK Physiologie, . Tab. 4.2, 7 Kap. 3). ANP steigert die renale Wasser- und Salzausscheidung durch 4 Erhöhung der glomerulären Filtration, 4 Hemmung der Na+-Rückresorption im Tubulus, 4 Hemmung der Reninfreisetzung und 4 Hemmung der Aldosteronsekretion der Nebennieren. Die intrazelluläre Domäne des ANP-Rezeptors katalysiert die Bildung von cGMP als Zyklase.
Calciumund Phosphatstoffwechsel
9.6.1 Parathormon Parathormon (PTH, Parathyrin) ist ein aus 84 Aminosäuren bestehendes Peptidhormon, welches in den Nebenschilddrüsen gebildet wird. Seine Funktion besteht in der Aufrechterhaltung des Blutcalciumspiegels. Im Knochen stimuliert Parathormon über eine Aktivierung der Osteoklasten eine Freisetzung von Ca2+-Ionen. In der Niere fördert es die Resorption von Ca-Ionen und steigert die Ausscheidung von Phosphat. Es ist für die Hydroxylierung des 25-Hydroxycholecalciferols zum 1,25-Dihydroxycholecalciferol verantwortlich. Im Dünndarm befördert es die Resorption von Calcium und Magnesium. KLINIK
9.5.4 Vasopressin (Adiuretin) Vasopressin (antidiuretisches Hormon, ADH) wird im Hypothalamus gebildet und gebunden an Neurophysine in den Hypohysenhinterlappen durch Neurokrinie befördert (GK Physiologie, 7 Kap. 10, 7 Kap. 9.1). Die Neurophysine werden nach erfolgter Sekretion abgespalten. Vasopressin ist ein zyklisches Nonapeptid. Vasopressin erhöht den Tonus der glatten Gefäßmuskulatur und damit den Blutdruck; durch Verlagerung von Aquaporinen (Wasserkanälen) in die Zellmembran der distalen Nierentubuli erhöht es zudem die Wasserresorption. Bildung und Ausschüttung des Hormons werden durch das Blutvolumen und den os-
Hyperparathyreoidismus wird primär durch eine vermehrte Ausschüttung des Parathormons und sekundär durch alle mit Osteoporose und Osteomalazie einhergehenden Krankheiten ausgelöst. Er führt zu einem vermehrten Knochenabbau mit Hypercalcämie, Hypophosphatämie und ektopischen Verkalkungen. Der sekundäre Hyperparathyreoidismus ist eine adaptive Funktionssteigerung zum Ausgleich eines sekundären Calciummangels (Malabsorption, Vitamin-D-Mangel). Eine Unterfunktion der Nebenschilddrüse führt zum Hypoparathyreoidismus, der durch Hypocalcämie und Tetanie gekennzeichnet ist.
141 9.7 · Gewebshormone, Mediatoren
9.6.2 Calcitonin Calcitonin ist ein aus 136 Aminosäuren bestehendes Proteohormon der C-Zellen der Schilddrüse. Es senkt den Blutcalciumspiegel und ist ein Antagonist des Parathormons. Im Knochen hemmt es die Osteoklasten und fördert die Mineralisierung. Die Aufrechterhaltung der Calcium-Homöostase ist lebensnotwendig, da Ca2+-Ionen bei vielen Zellreaktionen von Bedeutung sind. Calciumreserve ist das Skelett.
bindenden Proteinen in der Mukosa. Es stimuliert die Freisetzung von Ca-Ionen aus den Diaphysen des Knochens bei einem Calciummangel. Osteoblasten bilden unter Wirkung des Vitamins D die organische Grundsubstanz des Knochens (GK Chemie, 7 Kap. 8.1). Merke Vitamin D wird im Blut gebunden an Gc-Globuline (D2-Globuline) transportiert.
KLINIK
Prüfungsfallstricke
Ein Mangel des Vitamin-D-Hormons verursacht Rachitis bzw. Osteomalazie mit negativer Calciumbilanz und einem erhöhten Spiegel an alkalischer Phosphatase im Blut.
Am Calciumstoffwechsel sind das Parathormon, Thyreocalcitonin und das Vitamin-D-Hormon beteiligt.
Parathormon, Thyreocalcitonin und Vitamin D Parathormon fördert die Calciummobilisierung aus dem Knochen und die Calciumreabsorption in der Niere bei gleichzeitiger Hemmung der Phosphatrückresorption. Thyreocalcitonin ist direkter Gegenspieler des Parathormons. Es fördert den Calciumeinbau in den Knochen und senkt dadurch den Blutcalciumspiegel. Das Vitamin-D-Hormon kann im Organismus synthetisiert werden. Jedoch reicht die UV-Einstrahlung in unseren Breiten nicht aus, um den Bedarf immer zu decken. Vitamin D fördert die Calciumaufnahme aus dem Darm. KLINIK Bei einer lebensbedrohlichen Hypercalcämie wird Calcitonin infundiert, welches vom Lachs stammt und vielfach wirksamer ist als menschliches Thyreocalcitonin.
9
9.7
Gewebshormone, Mediatoren
9.7.1 Histamin Histamin entsteht durch PALP-abhängige Decarboxylierung des Histidins. Es kommt besonders in der Lunge, Haut und im Darm vor. Es wird in Mastzellen und basophilen Leukozyten gespeichert. Histamin verursacht: 4 eine Erweiterung der kleinen Gefäße, die mit einer Steigerung der Permeabilität verbunden ist, 4 eine Kontraktion großer Gefäße, 4 eine Kontraktion der glatten Muskulatur in verschiedensten Geweben, z. B. den Bronchien, 4 Stimulation der HCl-Sekretion im Magen und 4 die Bildung von NO in Endothelien. Prüfungsfallstricke Durch IgE wird Histamin u. a. aus Mastzellen freigesetzt (allergische Reaktion).
9.6.3 Calciferole Das biologisch aktive 1,25-Dihydroxycholecalciferol leitet sich von dem aus eigener Synthese stammenden Cholecalciferol (Vitamin D3) ab. Aus dem pflanzlichen Ergocalciferol (Vitamin D2) können ebenfalls wirksame Calcitriole gebildet werden. 7-Dehydrocholesterol wird in der Leber als Provitamin D gebildet und in der Haut unter der Wirkung von UV-Licht in Cholecalciferol umgewandelt. In der Leber erfolgt eine 25-Hydoxylierung, in der Niere die 1-Hydroxylierung zum aktiven Hormon. Das Vitamin D-Hormon fördert die Calciumresorption im Dünndarm über die Induktion von Ca-
Über H1-Rezeptoren wirkt Histamin als Mediator von Entzündungen und Allergien (Dilatation der kleinen Gefäße, Erhöhung ihrer Permeabilität). Über H2-Rezeptoren, die an die Adenylatzyklase gekoppelt sind, fördert es die HCl-Sekretion Histamin wird durch Methylierung oder oxidative Desaminierung inaktiviert.
142
Kapitel 9 · Hormone und Zytokine
9.7.2 Serotonin Serotonin (5-Hydroxytryptamin) ist das PALP-abhängige Decarboxylierungsprodukt von 5-Hydroxytryptophan. Es wird in den enterochromaffinen Zellen, Thrombozyten und im ZNS gebildet. Über 5-HT1-Rezeptoren der Endothelien, die die Adenylatzyklase aktivieren, fördert Serotonin die Vasodilatation in Haut und Skelettmuskulatur. Über 5-HT2-Rezeptoren stimuliert es die Phospholipase CE und die Kontraktion der Gefäß-, Bronchial- und Darmmuskulatur. Der 5-HT3-Rezeptor im ZNS ist ein Ionenkanal. Serotonin wird mittels einer Monoaminooxidase oxidativ desaminiert und als 5-Hydroxyindoyl-Essigsäure im Harn ausgeschieden. Merke Serotonin ist kein Derivat des Serins.
9
Melatonin wird in der Epiphyse und Retina synthetisiert. Ausgangsprodukt der Synthese ist Serotonin, das N-acetyliert und O-methyliert wird. Melatonin ist auf noch nicht geklärte Weise in die Regulation des TagNacht-Rhythmus einbezogen. 9.7.3 Kinine (Bradykinin, Kallidin) Bradykinin ist ein Nonapeptid, Kallidin ein Dekapeptid, welche durch die Protease Kallikrein aus Kininogenen (D-Globulinen des Blutplasmas) freigesetzt werden. Kallikrein kommt als Proenzym sowohl im Blut als auch in den Geweben vor. Im Blut wird die Umwandlung des Prokallikreins in Kallekrein durch den Blutgerinnungsfaktor XII vollzogen. Die Kinine sind eine der wirksamsten gefäßerweiternden Stoffe, erhöhen die Kapillarpermeabilität, die
Leukozytenmigration und wirken zudem schmerzerzeugend durch Bindung an Nocizeptoren. Sie werden sehr schnell durch so genannte Kininasen abgebaut. Dabei spielt das Angiotensin converting Enzym eine wichtige Rolle. KLINIK Der septische Schock tritt bei schwerverletzten, frisch operierten oder mit Immunsuppressiva behandelten Patienten infolge einer Infektion mit gramnegativen Bakterien auf. Verursacher sind deren Endotoxine. Diese binden an CD14-Rezeptoren, u. a. von Monozyten/Makrophagen und führen zu einer Freisetzung der proinflammatorischen Zytokine IL-1, IL-6 und TNFα. Diese stimulieren Endothelien zu einer Expression von Zelladhäsionsproteinen für Leukozyten, die in die Gewebe auswandern und Sauerstoffradikale produzieren und proteolytische Enzyme freisetzen. Weiterhin werden auch Kinine gebildet.
9.7.4 Eicosanoide (Prostaglandine,
Leukotriene, Thromboxane) Eicosanoide werden aus Arachidonsäure gebildet, die durch die Phospholipase A2 aus den Phospholipiden der Zellmembranen freigesetzt wird. Durch die Cyclooxygenase (COX) und eine Peroxidase (Prostaglandinsynthase) werden die Prostaglandine und Thromboxane gebildet. Das Prostaglandin I2 entspricht dem Prostacyclin der Endothelien. Es wirkt gefäßrelaxierend und ist ein Hemmer der Thrombozytenaggregation (. Tab. 9.3). Dadurch ist es ein direkter Antagonist des in den Thrombozyten gebildeten Thromboxan A2.
. Tab. 9.3. Wirkungen von Prostaglandinen
Derivat
Biologische Wirkungen
Prostaglandin E2 (PG E2)
Broncho- und Vasodilatation, Hemmung der HCl-Sekretion der Magenschleimhaut und der Lipolyse im Fettgewebe
Prostaglandin D2 (PG D2)
Konstriktion der Bronchialmuskulatur
Prostaglandin F2α (PG F)
Broncho- und Vasokonstriktion, Kontraktion der Uterusmuskulatur
Prostaglandin I2 (PG I2, Prostacyclin)
Vasodilatation, Erhöhung der Gefäßpermeabilität, Hemmung der Thrombozytenaggregation
Thromboxan A2 (TX A2)
Thrombozytenaggregation, Vaso- und Bronchokonstriktion
143 9.8 · Zytokine
KLINIK Raucher haben eine verminderte endotheliale Prostacyclinsynthese, wodurch sich das Arterioskleroserisiko erhöht. Prostaglandin F2D wird in der Geburtshilfe eingesetzt. Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin) ist ein COXInhibitor, der zur Hemmung der Thrombozytenaggregation verwendet wird.
Die Lipoxygenase bildet aus Arachidonsäure Leukotriene. Diese gehören zu den stärksten Konstriktoren der Bronchialmuskulatur und könnten in der Pathogenese des Asthma bronchiale eine Rolle spielen. Weiterhin sind sie Entzündungsmediatoren. 9.8
Zytokine
Zytokine sind eine Gruppe von etwa 100 verschiedenen Polypeptiden, die als Wachstums- und Differenzierungsfaktoren wirken, die von unterschiedlichen Zellen synthetisiert werden (. Tab. 9.4). Sie spielen zudem eine Rolle bei Entzündungen, der Regulation immunologischer Prozesse sowie beim Tumorwachstum (. Tab. 9.4, . Tab. 10.4). Sie können eingeteilt werden in: 4 Wachstumsfaktoren, 4 Interleukine,
9
4 Zelladhäsionsproteine und Chemokine und 4 Interferone. Zytokine binden an Rezeptoren mit Tyrosinkinaseoder Tyrosinkinase assoziierter Aktivität. 9.8.1 Proinflammatorische Zytokine Die Interleukine 1 und 6 begünstigen zusammen mit dem TNF (Tumornekrosefaktor) Entzündungsreaktionen. Ihre Bildung wird häufig durch oxidativen Stress ausgelöst. Antiinflammatorisch wirksam sind die Interleukine 4, 10 und 13. 9.8.2 Chemokine Chemokine sind wesentlich an Entzündungsreaktionen beteiligt, da sie chemotaktische Funktionen für Leukozyten haben. IL-8 ist ein Chemokin. 9.8.3 Interleukine Il-2, Il-4 und Il-6 sind immunmodulatorische Proteine. Il-2 stimuliert die Differenzierung von T-Helferzellen (Lymphozyten). Il-4 stimuliert IgE-produzierende B-Lymphozyten.
. Tab. 9.4. Einige Wachstumsfaktoren und Zytokine und ihre Wirkungen
9.8.4 Wachstumsfaktoren
Faktor
Wirkung
FGF (FibroblastenWachstumsfaktoren)
stimuliert Wachstum und Differenzierung vieler Zellarten
EGF (epidermaler Wachstumsfaktor)
stimuliert Wachstum Differenzierung verschiedener Zellen
Wachstumsfaktoren werden von den verschiedensten Zellen produziert und haben mitogene Wirkungen, z. B. FGF (fibroblast growth factor), EGF (epidermal growth factor), EPO (Erythropoetin) und viele andere.
PDGF (ThrombocytenWachstumsfaktor)
stimuliert die Proliferation mesenchymaler Zellen
TGF (transforming growth factors)
mitogen, Chemokin
IGF (insulinähnliche Wachstumsfaktoren)
Knochenwachstum
Interleukin 1 (IL-1), TNF
proinflammatorisch
IL 4, 10, 13
antiinflammotorisch
INF-αβ
antiviral
INF-γ
immunmodulatorisch
IL-8
Chemokin
Prüfungsfallstricke IL-10 hemmt die Aktivität von Makrophagen.
9.8.5 Interferone D- und E-Interferone sind antivirale Proteine. Sie werden von Leukozyten, Makrophagen und Fibroblasten produziert und hemmen die Virusvermehrung und die Proliferation virusinfizierter Zellen. Das J-Interferon besitzt immunmodulatorische Wirkungen. Es wird von T-Zellen gebildet.
144
Kapitel 9 · Hormone und Zytokine
9.9
Pathobiochemie
9.9.1 Hormonmangel
und Hormonüberschuss Über- und Unterfunktionen betreffen alle Hormonwirkungen. Sie bestimmen das Fachgebiet Endokrinologie in der Inneren Medizin. Einige Beispiele sind bei den betreffenden Hormonen aufgeführt. Fallbeispiel
9
In die Ambulanz der Inneren Medizin kommt eine junge Frau mit ihrem Mann, den sie mit dem Rollstuhl vom Auto bis zur Aufnahme gefahren hat. Sie berichtet, dass ihr 26-jähriger Mann im Laufe des Tages zunehmend langsamer reagiert habe und in den letzten Tagen auch schon auffällig müde und leistungsschwach gewesen sei. Er habe seit einer Woche eine starke Bronchitis gehabt und auch hätte er ständig große Mengen Wasser lassen müssen. Der Patient ist zwar noch ansprechbar, aber deutlich verlangsamt. Nach einigen Minuten zeigt er eine beginnende Kussmaulatmung (vertiefte und beschleunigte Atmung). Da die Laboranalyse des abgenommenen Bluts noch in Arbeit ist, bestimmt der aufnehmende Arzt mittels eines Schnelltests den Blutzucker und liest einen Wert von 780 mg/dl (Norm bis 110 mg/dl) ab. Da der Patient zunehmend somnolent wird, entscheidet sich der Arzt für die Aufnahme auf die Intensivstation. Der Wert des Blutzuckerschnelltests wird durch die Werte im Labor bestätigt. Des Weiteren zeigt sich eine metabolische
Azidose (durch anfallende Ketonkörper, daher die Kussmaulatmung!) sowie eine massive Exsikkose mit Hypernatriämie. Nachdem es sich augenscheinlich um die Erstmanifestation eines Typ-1-Diabetes mit Entgleisung handelt, erhält der Patient einen Dauerkatheter und einen zentralvenösen Zugang (in die V. jugularis interna) zur exakten Flüssigkeitsbilanz. Die Exsikkose, durch die der Flüssigkeitsbedarf des Patienten in den ersten 8 h bei 6 l liegt, entsteht durch die osmotisch-diuretische Wirkung der ausgeschiedenen Glucose. Die Blutzuckerkonzentration wird zunächst nur um 100 mg/dl pro Stunde und nur bis 250 mg/dl gesenkt, um Retinaschäden zu vermeiden. Eine Azidosekorrektur ist aufgrund der Insulintherapie (Hemmung der Lipolyse) nicht nötig. Nach Normalisierung der Blutzuckerwerte erhält der Patient eine Diabetesschulung, um ihn mit der neuen Gegebenheit vertraut zu machen und eine dauerhafte Einstellung mit Insulin, das er lebenslang substituieren muss, da die B-Zellen des Pankreas durch ein Autoimmungeschehen zerstört wurden.
10
147
10 Immunsystem Mind Map Der menschliche Körper ist einer ständigen Auseinandersetzung mit potenziellen Krankheitserregern, wie Bakterien, Viren sowie Toxinen unterworfen. An
diesen Prozessen sind zelluläre und humorale Komponenten beteiligt, die unspezifisch (angeboren) und erworben (adaptiv) sind.
10
148
Kapitel 10 · Immunsystem
10.1
Aufbau des Immunsystems
Der Organismus verfügt über eine angeborene und eine erworbene (adaptive) Immunität (GK Physiologie, 7 Kap. 2.5). Diese unterscheiden sich wie in . Tabelle 10.1 dargestellt. Natürliche Killerzellen (NK) sind Leukozyten mit der Fähigkeit, Veränderungen an der Zelloberfläche zu erkennen (Virusinfektionen, Tumorzellen), an sie zu binden und sie abzutöten (Zytotoxizität). NK-Aktivität besitzen v. a. große granulierte Leukozyten. C-reaktives Protein (akute Phase-Protein) lagert sich an Bakterien an, wodurch die Phagozytose erleichtert wird. Phagozyten sind: 4 Monozyten/Makrophagen, 4 dendritische Zellen, 4 neutrophile polymorphkernige Granulozyten.
10
Das angeborene Immunsystem ist von besonderer Bedeutung in der Frühphase des Lebens und in der unmittelbaren Auseinandersetzung mit einer Infektion, ehe das adaptive Immunsystem nach einer Latenzzeit in die Abwehr eingreifen kann. Die angeborene Immunität verleiht nicht nur dem Neugeborenen den notwendigen Umweltschutz. Angeborene Immunität umfasst physikalische und chemische Barrieren, alternative Komplementaktivierung, Opsonierung (C-reaktives Protein) sowie zelluläre Mechanismen (Phagozytose) gegen das Eindringen und die Vermehrung von Pathogenen. Die RNA-Interferenz ist ein besonderer Mechanismus zum Schutz der Zellen vor einer viralen Infektion. So bezeichnet man die Repression der Genexpression durch doppelsträngige RNA (. Tab. 10.2). Dabei handelt es sich um einen Abwehrmechanismus, der u. a. durch Virusinfektionen aktiviert wird. Er bewirkt den Abbau doppelsträngiger Virus-RNA. Doppelsträngige RNAMoleküle werden ATP-abhängig in 21–23 Basenpaare lange Stücke gespalten. Diese Spaltprodukte werden si-RNAs (short interfering RNAs) genannt. Im Zytoplasma assoziiert ein Strang der si-RNA mit Proteinen und bindet an einen komplementären m-RNA-Abschnitt. Die mRNA wird daraufhin in der Mitte gespalten. Dadurch wird virale m-RNA eliminiert.
. Tab. 10.2. Abwehrfaktoren der angeborenen Immunität
Biochemische Abwehrfaktoren
Physikalische Abwehrfaktoren
RNA-Interferenz gegen RNA-Viren
Schleim auf Oberflächen
Lysozym in den meisten Sekreten
saurer pH der Haut (Hautbarriere)
Talgdrüsensekrete Physiologische Keime in Urogenitalsystem und Darm
saurer Magensaft
Diamine in der Samenflüssigkeit
Neben dem RNA-Abbau können si-RNAs auch sequenzabhängig Umwandlungen von Euchromatin in transkriptional inaktives Heterochromatin über die Methylierung von Lysylresten im Histon H3 bewirken und so die Genexpression reprimieren. Weiterhin ist eine Hemmung der Translation durch si-RNAs möglich. Die Nutzung der RNA-Interferenz ist eine Methode, Gene gezielt abzuschalten. Über so genannte Toll-like-Rezeptoren (TLR) binden viele Zellen Bakterien oder Viren (Lipopolysaccharide, bakterielle oder virale DNA) und lösen Abwehrreaktionen aus. Die bakterizide Aktivität von Granulozyten über die Aktivierung der membranständigen NADPH-Oxidase spielt ebenfalls eine Rolle bei der Abwehr von Infektionen. 10.1.1 Organe und Zellen
des Immunsystems Organe des Immunsystems sind Milz, Thymus u. a. lymphatische Gewebe wie die Peyer-Plaques im Darm. Makrophagen sind über ihre Phagozytosefähigkeit ein wichtiger Teil des angeborenen Immunsystems. Sie spielen jedoch in der Effektorkette des erworbenen (adaptiven) Immunsystems eine ebenso wichtige Rolle. Sie sind antigenpräsentierende Zellen für B- und T-Lym-
. Tab. 10.1. Immunität
Angeborene Immunität
Erworbene (adaptive) Immunität
Resistenz bleibt auch nach wiederholten Infektionen gleich
Resistenz nach wiederholten Infektionen verbessert
Plasmafaktoren
Lysozym, C-reaktives Protein, Interferone, Komplement
Antikörper (Immunglobuline)
Zellen
Phagozyten, natürliche Killerzellen
T- und B-Lymphozyten
149 10.1 · Aufbau des Immunsystems
phozyten und produzieren Interleukine, die Lymphozyten, Granulozyten und Endothelien aktivieren. Phagozyten besitzen unspezifische Mikroorganismen abtötende (mikrobiozide) Aktivitäten, die durch die Produktion reaktiver Sauerstoffspecies zustande kommen. Diese Produktion läuft wie folgt: 4 Eine membranständige NADPH-Oxidase bildet aus Sauerstoff Superoxidanionen: 2 O2+NADPH2o2 O2–+NADP+. 4 Superoxiddismutasen wandeln das Superoxidanion-Radikal in molekularen Sauerstoff und Wasserstoffperoxid um: 2 O2–+2 H+oO2+H2O2. 4 Superoxidradikale und Wasserstoffperoxid bilden nichtenzymatisch Hydroxylradikale, HydroxylIonen und Singulett-Sauerstoff (ein aktiviertes Sauerstoffmolekül): O2–+H2O2oOH–+OH–+1O2. Die Reaktion wird durch Übergangsmetalle wie Cu und Fe beschleunigt. 4 H2O2 oxidiert Cl–-Ionen zu Hypochlorit, welches ebenfalls bakterizid wirksam ist: Cl–+H2O2oClO–+H2O. Im Organismus werden 2 unterschiedliche Lymphozytenpopulationen gebildet, die B- und die T-Lymphozyten (. Tab. 10.3). Die erworbene Immunität oder adaptive Immunantwort besteht aus: 4 der Bildung von Antikörpern (Immunglobulinen) durch Plasmazellen, die sich aus B-Lymphozyten differenzieren (humorale Abwehr) und 4 aus zellulären Abwehrreaktionen durch T-Lymphozyten (Killerzellen, TC = zytotoxische Lymphozyten, CD8+). Sowohl die humoralen als auch die zellulären Immunprozesse erfordern T-Lymphozyten-Helferzellen (TH, CD4+) (7 Kap. 10.1.4).
10
B-Lymphozyten binden Antigene über einen B-Lymphozytenrezeptor (monomeres IgM, IgD) und differenzieren sich zur antikörperbildenden Plasmazellen. Die zelluläre Immunantwort wird durch die T-Lymphozyten vermittelt, die etwa 70% der im Blut zirkulierenden Lymphyzyten ausmachen. T-Lymphozyten binden über T-Zellrezeptoren transformierte oder virusinfizierte Zellen, deren Antigene ihnen durch den MHC-Komplex I (major histocompatibility complex) präsentiert werden. Die T-Zellrezeptoren gehören zu der Superfamilie der Immunglobuline (Ig). 10.1.2 Antigene Antigene (Immunogene) sind Substanzen oder Partikel, die vom Organismus als fremd erkannt werden und die Bildung von Antikörpern induzieren, mit denen sie in spezifischer Weise reagieren (humorale Immunantwort). Über T-Lymphozyten wird eine zelluläre Reaktion ausgelöst, die in einer Abtötung fremder Zellen besteht. Merke Antigene sind Proteine, Lipopolysaccharide, Heteroglycane und DNA. Nicht antigen sind die meisten Lipide.
Determinante Gruppen = Epitope sind Molekülbereiche, die die Spezifität des Antigens bestimmen und die Spezifität des Antikörpers prägen. Sie bestehen aus etwa 10 Aminosäuren bei Proteinen (Sequenz- oder Konformationsdeterminanten) oder 6–7 Monosacchariden in Kohlenhydraten. Haptene sind niedermolekulare Verbindungen, die erst nach Bindung an Eiweiße eine gegen sie gerichtete Antikörperbildung veranlassen. Darauf beruhen Arzneimittelallergien, z. B. gegen Penicillin.
. Tab. 10.3. Eigenschaften von B- und T-Lymphozyten
B-Zellen
T-Zellen
Bildungsort
Knochenmark
Knochenmark
Differenzierungsort
Knochenmark
Thymus
Lebensdauer
Tage bis Wochen
Monate bis Jahre
Art der Immunantwort
Humoral
Zellulär
Funktion
Bildung von Antikörpern
Abtötung von Fremdzellen
Wirkungseintritt
Sofort
Verzögert
10.1.3 Immunglobuline Antikörper (Immunglobuline) sind die auf einen Antigenreiz gebildeten J-Globuline des Blutplasmas, die mit ihren Antigenen spezifisch unter Ausbildung von Antigen-Antikörper-Komplexen reagieren. Die AntigenAntikörper-Reaktion ist eine durch das Massenwirkungsgesetz beschreibbare Gleichgewichtsreaktion. [ Ag ] + [ Ak] ´ [ Ag - Ak] [ Ag ][ Ak] K= [ Ag - Ak]
150
Kapitel 10 · Immunsystem
K ist die Assoziationskonstante, die die Affinität des Antigens zu seinem Antikörper beschreibt. Sie liegt im Durchschnitt bei 10–4–10–8 l/mol. Man unterscheidet: 4 Heteroantikörper: gegen artfremde Antigene gerichtet, 4 Isoantikörper: gegen arteigene körperfremde Antigene gerichtet (z. B. Blutgruppensubstanzen, GK Physiologie, 7 Kap. 2.5.4) und 4 Autoantikörper: gegen körpereigene Antigene gerichtet. Antikörper bestehen aus leichten Ketten (L-KettenN O Molekulargewicht 25–30.000 und schweren Ketten (H-Ketten), Molekulargewicht 50–70.000. Die schweren Ketten prägen den Antikörper-Typ (. Tab. 10.4): 4 J-KetteIgG, 4 μ-Kette: IgM, 4 D-Kette: IgA, 4 G-Kette: IgD und 4 H-Kette: IgE.
10
Der Grundaufbau jeden Immunglobulins besteht aus 2 L- und 2 H-Ketten, die über Disulfidbrücken miteinander verbunden sind. Leichte und schwere Ketten sind über eine Disulfidbrücke verknüpft. Die dimeren L–HKetten sind über eine bis mehrere Disulfidbindungen miteinander verbunden. Ihre Struktur entspricht einem Y. In einem Immunglobulin sind entweder O- oder N-Ketten vorhanden, nie beide nebeneinander.
Die N-terminalen Domänen der L- und H-Ketten besitzen eine sehr variable Aminosäuresequenz (VH, VL), die die beiden Antigen-Bindungsstellen = Paratope aufbauen. An die variablen Domänen schließt sich bei den L-Ketten eine Domäne mit konstanter Aminosäuresequenz (CL) an. Bei den H-Ketten können es 3 oder 4 solcher Domänen sein (CH). Prüfungsfallstricke Polymeres IgA und IgM enthalten eine J-Kette, die der Verbindung der Tetrameren dient.
Funktionen der Immunglobuline sind: 4 IgG: Vorherrschen in den Körperflüssigkeiten zur Bekämpfung von Mikroorganismen, Viren und Toxinen; nach Plazentapassage erster immunologischer Schutz des Neugeborenen, Bindung an Fc-Rezeptoren von Makrophagen (Phagozytose von Immunkomplexen), Komplementaktivator; 4 IgA: als polymeres IgA Immunglobulin der seromukösen Sekrete Schutz der serösen Schleimhäute (Magendarmkanal, Nasen-Rachen-Raum, Bronchialschleimhaut u. a); 4 IgM: Agglutination von Zellen und Viren; starker Komplementaktivator, Entstehung bei einer primären Immunantwort auf Antigenkontakt, monomeres IgM ist Rezeptor auf B-Lymphozyten; 4 IgD: Rezeptor auf B-Lymphozyten;
. Tab. 10.4. Eigenschaften der Immunglobuline
Eigenschaft
IgG
IgA
IgM
IgD
IgE
Molmasse (kDa)
150
160 (und Polymere)
900
180
200
Anzahl von 4 Untereinheiten
1
1,2,3
5
1
1
H-Kette
J
D
P
G
H
Molekülaufbau
NJ OJ
ND OD
NP OP -
NG OG
NH OH
Valenz für Antigenbindung
2
2 für Monomer
5 (10)
2
2
Konzentration im Serum (mg/ml)
8–16
1,4–4
0,5-2
ca. 0,4
17–45 ng/ml
% vom Gesamtimmunglobulin
80
13
6
1
0,002
Kohlenhydratgehalt (%)
3
8
12
13
12
Komplementbindung
+
–
+++
–
–
Plazentapassage
+++
–
–
–
–
Fixierung an Mastzellen
–
–
–
–
+++
Bindung an Makrophagen
+++
–
–
–
–
N oder O
L-Kette
151 10.1 · Aufbau des Immunsystems
4 IgE: gebildet nach Parasiteninfektionen und Kontakt mit Allergenen, verantwortlich für Allergien der Atmungsorgane und der Haut (Reagin), Bindung an Mastzellen über den Fc-Rezeptor, Freisetzung von Histamin. Merke Allergene ist die Bezeichnung für Antigene, die eine allergische oder anaphylaktische Reaktion auslösen (z. B. Pollen, Tierhaare, Staub, Nahrungsund Arzneimittel). Sie lösen die Bildung v. a. von IgE-Antikörpern aus.
Durch proteolytischen Abbau von IgG erhält man typische Spaltprodukte, denen definierte Funktionen zugeordnet werden können: 4 Fab: (VHCH1)(VLCL) durch Abbau mit Papain (pflanzliche Cysteinproteinase), eine Antigenbindungsstelle; Spaltung oberhalb der Scharnierregion; 4 Fab2: [(VHCH1)(VLCL)]2 durch Abbau mit Pepsin, beide Antigenbindungsstellen; 4 Fc: 2 (CH2CH3), erhalten durch Papain, bei Abbau mit Pepsin wird das Fc-Fragment zerstört; enthält den Kohlenhydratanteil an CH2, die Bindungsstelle an Makrophagen, die Komplementbindungsregion sowie die Sequenzen, die die Plazentapassage ermöglichen; Fc entspricht dem Schaft der Y-Konformation. Die vielfältige Spezifität der Antikörper (ca.108 unterschiedliche Spezifitäten) beruht auf der Variabilität der Antigenbindungsstellen der N-terminalen V-Regionen von H- und L-Ketten. Durch genetische Rekombination entsteht die Variabilität der V-Regionen und damit der Antigenbindungsstellen. Im Genom der B-Lymphozyten, die sich zu den antikörperbildenden Plasmazellen differenzieren, befinden sich ca. 1000 V-Gene, separat davon 5 J-Gene und ein C-Gen, welches den konstanten Anteil codiert. Bei der Synthese einer L-Kette wird ein beliebiges V-Gen an ein beliebiges J-Gen gebunden. Alle anderen Gensegmente werden eliminiert. Danach wird das C-Gen angeschlossen. Die Synthese der H-Ketten erfolgt in ähnlicher Weise. Eine Übersicht zur humoralen Immunantwort ergibt sich wie folgt: 4 Afferenter Teil: Antigen induziert die Bildung von Antikörpern. 4 Efferenter Teil: Bildung von Ag-Ak-Komplexen; Aktivierung von Komplement (Zytolyse); Bindung an Makrophagen über Fc-Rezeptor (Phagozytose).
10
Zusammenfassung Die humorale Immunantwort wird durch die in den extrazellulären Flüssigkeiten befindlichen Antikörper (Immunglobuline) realisiert. Sie sind Glycoproteine, deren Grundstruktur aus 2 leichten und zwei schweren Ketten besteht. Die Ketten sind über Disulfidbindungen verknüpft. Die tetramere Konformation ist Y-förmig. Die Arme des Y stellen die Fab-Fragmente dar. Das Fc-Fragment besteht aus dem Stamm des Y. Die Fab-Fragmente enthalten in ihren variablen N-terminalen Domänen 2 Antigen-Bindungsstellen. Der Fc-Teil des IgG enthält Stellen für die Aktivierung von Komplement, Bindung an Makrophagen und die Plazentapassage. Die Diversität der Antikörper wird durch genetische Rekombination in den B-Lymphozyten erreicht, die sich zu antikörperbildenden Plasmazellen differenzieren. Es gibt 5 Hauptklassen von Immunglobulinen. Prüfungsfallstricke Die Isoantikörper gegen das Blutgruppen-AB0System gehören zum IgM-Typ. Die Variabilität der Antikörper beruht nicht auf einem alternativen Spleißen, sondern auf genetischer Rekombination.
10.1.4 Histokompatibilitätsantigene,
Antigenpräsentation Man unterscheidet MHC-Klasse-I- und -II-Proteine (auch HLA-Antigene genannt), die auf die Bindung von Peptiden spezialisiert sind. Peptide für MHC I entstehen durch intrazellulären Abbau von Proteinen in Proteasomen. Die Peptide aus 8–10 Aminosäuren binden an den im endoplasmatischen Retikulum lokalisierten MHC-I-Komplex, der in die Plasmamembran verlagert wird. Die Präsentation körperfremder Peptide aktiviert zytotoxische T-Lymphozyten, die die Antigene der präsentierenden Zelle an einen T-Zell-Rezeptor binden (Co-Rezeptor CD 8). Daraufhin sezernieren die T-Zellen ein porenbildendes Protein Perforin und induzieren so die Zelllyse. Die MHC-I-Proteine sind durch eine D-Kette in der Zellmembran verankert. Diese enthält die Bindungsstelle für die antigenen Peptide. β2-Mikroglobulin (12 kDa) als zweite Komponente bindet nichtkovalent an die D-Kette und kann abdissoziieren. Es wird dann mit dem Harn ausgeschieden.
152
Kapitel 10 · Immunsystem
Merke MHC-I-Proteine werden auf den kernhaltigen Zellen exprimiert.
10
Die MHC-II-Expression ist auf Makrophagen, dendritische Zellen und Lymphozyten beschränkt. Die MHCII-Proteine bestehen aus jeweils einer membrangebundenen D- und β-Kette mit Immunglobulin-ähnlichen Strukturen. MHC-II-bindende Peptide entstehen beim lysosomalen Abbau aufgenommener Proteine. Sie werden von T-Helferzellen erkannt, die die B-Lymphozyten aktivieren (Co-Rezeptor CD4 für die Bindung). Die Helferzellen produzieren Interleukine und Interferon-J, wodurch Makrophagen angelockt und aktiviert werden. TH-Lymphozyten erkennen mit ihren Rezeptoren (T-Lymphozytenrezeptor und Co-Rezeptor CD4) die von einem Makrophagen via MHC-II präsentierten Antigene. Nach der Antigenbindung sezerniert der Makrophage Interleukin-1 (IL-1), welches die T-Helferzellen aktiviert. Die TH-Zelle benötigt die Bindung des Antigenfragments und IL-1 zu ihrer Aktivierung. Der aktivierte TH-Lymphozyt synthetisiert IL-2 und exprimiert einen IL-2-Rezeptor. Durch autokrine Stimulation kommt es zu einer Proliferation der Helferzellen zu einem Zellklon. B-Lymphozyten binden Antigene, die ihnen von Makrophagen präsentiert werden, über ihre Ig-ähnlichen Rezeptoren. Die Peptidantigene werden über MHC-II-Proteine präsentiert und zunächst von den aktivierten T-Helferzellen erkannt. Diese sezernieren daraufhin die Zytokine IL-4 und -5 (. Tab. 10.5). Diese stimulieren zusammen mit einem CD40-Liganden der Helferzellen, der an einen CD40-Rezeptor der B-Lymphozyten bindet, die Differenzierung von B-Lymphozyten in antikörperproduzierende Plasmazellen. Ein kleiner Teil der aktivierten B-Zellen wird zu Gedächt-
niszellen, die eine schnelle Immunantwort nach erneutem Antigenkontakt ermöglichen (7 Kap. 10.1.8). Die antikörperproduzierenden Plasmazellen im Knochenmark haben nur eine Lebensdauer von wenigen Tagen. Die gebildeten Immunglobuline besitzen eine Halbwertszeit von etwa 30 Tagen. T-Helferzellen bilden auch γ-Interferon, welches die Phagozytose der Makrophagen stimuliert. J-Interferon fördert die Expression von MHC-II-Proteinen in Makrophagen und fördert den Umbau des Proteasoms in ein »Immun-Proteasom«. Helferzellen können auch zytotoxische T-Lymphozyten aktivieren. Prüfungsfallstricke Die Zytokine aktivieren Tyrosinkinaserezeptoren.
Die MHC-Gene sind außerordentlich polymorph. Besäße jedes Individuum die gleiche Ausstattung mit MHC-Proteinen, könnte sich ein Krankheitserreger, dessen Peptidmuster nur schwach mit dem Peptidrezeptor der MHC-Proteine reagiert, ungehemmt in einer Population ausbreiten. Die MHC-Proteine sind die klassischen »Transplantationsantigene« (früher HLA genannt), die die Abstoßung eines Fremdtransplantats veranlassen. Merke Nur eineiige Zwillinge besitzen die gleichen MHC-Gene.
Eine Übersicht zur zellvermittelten Immunantwort stellt sich wie folgt dar: 4 Afferenter Teil: MHC-gebundenes Peptid-Antigen bindet an T-Lymphozytenrezeptor. 4 Efferenter Teil: Bildung von Komplexen mit T-Lymphozyten; Zytolyse der antigenpräsentierenden Zelle, Phagozytose, Freisetzung proinflammatorischer Zytokine.
. Tab. 10.5. Wirkungen von Zytokinen bei der Körperabwehr
Zytokin
Bildungsort
Biologische Wirkungen
Interleukin-1 (IL-1)
Antigenpräsentierender Makrophage
Aktivierung von TH-Zellen
Interleukin-2 (IL-2)
T-Helferzellen (TH)
Aktivierung von T- und B- Lymphozyten
Interleukin-4, -5
T-Helferzellen (TH)
Wachstum und Differenzierung von B-Zellen
Interferon-J
TH- und TC-Zellen
Aktivierung von Makrophagen
Tumornekrosefaktor-D (TNF-D)
Makrophage
Entzündungsmediator
Interferon-β
u. a. Fibroblasten
antivirale Wirkungen
153 10.1 · Aufbau des Immunsystems
Die Übersicht zu immunkompetenten Zellen zeigt: 4 Makrophagen, die im Rahmen der unspezifischen Abwehr Fremdmaterial phagozytieren und lysosomal abbauen, präsentieren Antigene über den MHC-II-Komplex, die von den T-Helferzellen zusammen mit CD4 (TH-CD4), aber auch von B-Lymphozyten erkannt werden. Makrophagen synthetisieren Interleukin-1, das die T-Helferzellen zur Sekretion von Interleukin-2 anregt. Das Il-2 bewirkt die vermehrte Expression von Antigenbindungsstellen auf den Helferzellen. 4 Interferon J induziert die Expression von MHC-IIProteinen auf Makrophagen. 4 Zytotoxische T-Zellen erkennen MHC-I-präsentierte Antigene der zu zerstörenden Zielzelle über einen Immunglobulin-ähnlichen T-Zellrezeptor zusammen mit CD8. 4 T-Helferzellen stimulieren die klonale Vermehrung der T-Zellen und die Umwandlung von B-Lymphozyten in Plasmazellen. 4 B-Lymphozyten differenzieren sich nach Antigenkontakt mit Immunglobulin-ähnlichen Rezeptoren unter Einbeziehung von Helferzellen in die antikörperbildenden Plasmazellen. Das von den Helferzellen sezernierte Il-2 stimuliert die Umwandlung der B-Lymphozyten in Plasmazellen. Immuntoleranz beruht auf der Fähigkeit des adaptiven Immunsystems, zwischen »selbst« und fremd (»nichtselbst«) zu unterscheiden. T- und B-Lymphozyten erkennen körpereigene Peptide, die durch die MHCKomplexe präsentiert werden, nicht.
10
Genexpression in den aktivierten Lymphyzyten führt. Dazu gehört die Bildung des Perforins und von Proteinasen, die die antigenpräsentierende Zelle zerstören. Prüfungsfallstricke Monozyten bilden kein IL-2, sondern IL-1! Sie aktivieren dadurch die Helferzellen TH-CD4. Nach Aktivierung des T-Helferzellrezeptors wird eine Signaltransduktionskette über eine Tyrosinphosphorylierung ausgelöst. Diese ist unabhängig von cAMP.
Zusammenfassung Die adaptive Immunantwort (erworbene Immunität) wird durch B- und T-Lymphozyten bewerkstelligt. B-Lymphozyten werden im Knochenmark, T-Lymphozyten im Thymus geprägt. Zytotoxische T-Lymphozyten (TC-CD8) erkennen zusammen mit dem Co-Rezeptor CD8 die durch den MHC-I-Komplex präsentierten Peptidantigene auf Zelloberflächen. Diese entstehen durch intrazellulären Abbau körperfremder Proteine durch Proteasomen. Die antigenpräsentierenden Zellen werden mittels der in den TC-CD8-Lymphocyten gebildeten Perforine lysiert. Der MHC-II-Komplex auf Makrophagen präsentiert Peptide, die aus dem lysosomalen Abbau stammen. TH-CD4-Lymphozyten (T-Helferzellen) erkennen die Peptide zusammen mit dem Co-Rezeptor CD4 und produzieren nach Antigenkontakt Zytokine, die Makrophagen aktivieren und B-Lymphozyten zur Umwandlung in antikörperproduzierende Plasmazellen veranlassen. 10.1.6 Zytokine
10.1.5 T-Zellrezeptor,
T-Zell-Antigenerkennung Der T-Zellrezeptor ist in der Zellmembran der T-Lymphozyten verankert. Er bindet Peptide, die ihm durch den MHC-I-Komplex präsentiert werden. Zur Bindung werden Co-Rezeptoren benötigt. Diese sind: 4 bei den zytotoxischen T-Lymphozyten CD8, 4 bei den T-Helferzellen CD4. Ihr T-Zellrezeptor reagiert mit Peptiden, die durch den MHC-II-Komplex präsentiert werden. Der T-Zellrezeptor ist ein aus einer D- und einer β-Kette bestehendes Dimer. Die Ketten enthalten eine variable N-terminale Aminosäuresequenz, ähnlich den Immunglobulinen, mit der sie die präsentierten Peptide binden. Mittels des ebenfalls in der Membran lokalisierten CD3-Komplexes werden intrazelluläre Signaltransduktionswege aktiviert, die zu Änderungen der
Einleitung zu diesem Kapitel und 7 Kap. 9.8. 10.1.7 Unspezifische Immunantwort GK Physiologie, 7 Kap. 2.5.3. Komplementsystem Das Komplementsystem ist in spezifische und unspezifische Prozesse der Körperabwehr einbezogen. Funktionen des Komplements sind: 4 Abtöten fremder Zellen (z. B. Bakterien), indem es an sie bindet und ihre Zellmembran lysiert (Komplementfixierung), 4 Stimulation der Phagozytose von Fremdpartikeln (Opsonierung) und 4 Auslösung lokaler Entzündungsreaktionen durch Anlockung von Phagozyten (Chemotaxis).
154
Kapitel 10 · Immunsystem
Es gibt 2 Wege der Komplementaktivierung: 4 den klassischen, an eine Ag-Ak-Reaktion gekoppelten Weg und 4 den alternativen, von einer Ag-Ak-Reaktion unabhängigen Weg.
10
Der klassische Weg der Komplementaktivierung besteht aus einer Folge von limitierten Proteolysen, ähnlich der Blutgerinnung, die zu einer Aktivierung von Faktoren führen. Der Gesamtprozess kann eingeteilt werden in Initiation, Verstärkung und Lyse. 4 Initiation: Ausbildung eines Immunkomplexes auf der Zellmembran. Zwei Fc-Teile sind für die Aktivierung des Komplementfaktors C1 notwendig. Dies erklärt, warum IgM ein stärkerer Komplementaktivator ist als IgG. C1 wird zu einer Protease unter Beteiligung von Ca2+- und Mg2+-Ionen aktiviert. 4 Verstärkung: C1 aktiviert die Komplementfaktoren C4 und C2 zum proteolytischen Komplex C4bC2a (C3-Convertase), die C3 in C3b und C3a spaltet. C3b bindet an die C3-Convertase (C4b2b3b) und bildet die C5-Convertase. Diese aktiviert C5 unter Spaltung in C5b und C5a. C3a und C5a befördern die Chemotaxis polymorphkerniger Lymphozyten (Chemokine), die Histaminfreisetzung als Anaphylatoxine sowie die Opsonierung von Fremdzellen. Sie erhöhen die Gefäßpermeabilität und lösen lokale Entzündungsreaktionen aus. 4 Lyse: C5b bildet mit den Complementfaktoren C6, 7, 8 und 9 den lytischen Komplex. Der alternative Weg der Komplementaktivierung wird durch bakterielle Toxine, bakterielle Zellmembranen und Polysaccharide induziert: 4 C3 kann spontan durch plasmatische Proteinasen zu C3b aktiviert werden, welches an fremde Oberflächen bzw. Zellen mit C3b-Rezeptoren bindet. 4 C3b bildet mit den Faktoren des alternativen Wegs B und D einen Komplex, eine C5-Convertase, die die Bildung des lytischen Komplexes einleitet. Merke Der alternative Weg der Komplementaktivierung ist die erste Antwort des Organismus auf eine bakterielle Infektion.
Die Regulation der Aktivität des Komplementsystems erfolgt durch 4 C1-Inaktivator, eine Antiproteinase; 4 die Plasmaproteine FHL-1 (factor H-like protein1, Reconectin) und Faktor H, die antiproteolytische Effekte haben und dabei C3b inaktivieren.
Funktion des Komplementsystems – Zusammenfassung Zusammen mit einer Ag-Ak-Reaktion bewirkt das Komplementsystem eine Lyse von Fremdzellen unter Bildung eines lytischen Komplexes durch limitierte Proteolysen in der Initiations- und Verstärkerphase, die zu einer Aktivierung der Komplementfaktoren C3b und C5b führen. C5b aktiviert einen lytischen Komplex aus den Faktoren 6–9. Proteolyseprodukte der Komplementfaktoren C3 und C5 (C3a, C5a) wirken als Chemotaxine, Opsonine und Anaphylatoxine. Der alternative Weg der Komplementaktivierung ist unabhängig von einer Ag-Ak-Reaktion und die erste Antwort auf eine bakterielle Infektion. Durch die Bindung von C3b an Zelloberflächen wird mit den Faktoren B und D eine C5-Convertase gebildet, mit der die Bildung des lytischen Komplexes möglich ist. Die Aktivität des Komplementsystems wird durch den C1-Inaktivator und die Faktoren H und FHL-1 gesteuert. Prüfungsfallstricke Chemokine sind chemotaktisch wirksame Substanzen für Leukozyten, wie z. B. C3a und C5a oder Leukotrien B4.
Interferone Interferone sind Proteine aus der Familie der Zytokine, bestehend aus 160–170 Aminosäuren. Sie wirken: 4 antiviral (gegen DNA- und RNA-Viren), 4 antimitogen (Hemmung der Zellteilung), 4 immunregulatorisch (Steigerung der Aktivität zytotoxischer T-Lymphozyten). Die α- und β-Interferone (Leukozyten- und Fibroblasten-Interferone) werden von virusbefallenen Zellen produziert. Sie bewirken die Aktivierung von RNasen, die zum Abbau von Viren, aber auch zelleigener m-RNA führt. Sie stimulieren die eIF2-Proteinkinase, wodurch die Translation gehemmt wird. Sie sind dadurch generelle Hemmstoffe der Proteinsynthese und Induktoren einer Virusresistenz. γ-Interferon wird von T-Lymphozyten und NKZellen gebildet. Es aktiviert Makrophagen und neutrophile Granulozyten und induziert die Expression von MHC I und II. Es stimuliert die B- und T-Zelldifferenzierung, wirkt antiviral und antiproliferativ. Es ist ein Immunmodulator. Interferone wirken in Konzentrationen von 10–10– –13 10 mol/l.
155 10.2 · Störungen des Immunsystems
KLINIK Interferone können gentechnisch hergestellt werden und finden therapeutische Anwendung u. a. bei der Hepatitis-C-Therapie.
Monozyten/Makrophagen, phagozytierende Granulozyten und NK-Zellen sind ebenfalls in unspezifische angeborene Immunität einbezogen. 10.1.8 Spezifische Immunantwort GK Physiologie, 7 Kap. 2.5.3. Der B-Zellrezeptor der B-Lymphyzyten besteht aus IgD oder monomerem IgM. Nach Bindung des Antigens wird der Ligand-Rezeptorkomplex internalisiert, lysosomal abgebaut und die Peptidfragmente mittels des MHC-II-Komplexes präsentiert. CD4+-T-Helferzellen stimulieren die B-Lymphozyten über Freisetzung von IL-4 zur Proliferation (klonale Expansion). Die aktivierten B-Lymphozyten differenzieren sich zu antikörperproduzierenden Plasmazellen.
10.2
10
Störungen des Immunsystems
Immunschwächen können erblich oder erworben sein. Eine erbliche Form der Immunschwäche ist der schwere kombinierte Immundefekt (SCID), der auf einem Adenosindesaminase-Mangel beruht. Eine erworbene Form der Immunschwäche ist AIDS. AIDS ist die Folge einer Infektion mit HIV-Viren und gekennzeichnet durch das Verschwinden der CD4-positiven T-Helferzellen. Dadurch kommt es zu einem Zusammenbruch des humoralen Immunsystems mit Anfälligkeit für verschiedenste Infektionen und zum Auftreten von Krebs (Karposi-Sarkom). Eine Überaktivität des Immunsystems führt zu Allergien, die durch IgE vermittelt werden. Dazu gehören Heuschnupfen, Asthma bronchiale, aber auch die Nahrungsmittel- und Arzneimittelallergien. Die ggf. zum Tode führende systemische Anaphylaxie beruht auf der akuten Allgemeinreaktion des Organismus auf ein Allergen (Arznei- oder Nahrungsmittel, Insektengifte). Autoimmunreaktionen sind die Ursache des Typ-IDiabetes und von Hyperthyreosen.
Merke
Prüfungsfallstricke
Ein Teil der aktivierten B-Lymphozyten wird in Gedächtniszellen umgewandelt, die bei einem späteren neuen Antigenkontakt die Antikörperbildung aufnehmen können.
Die Abstoßung von Transplantaten durch CD8-positive T-Lymphozyten wird durch die als fremd erkannten, vom Spender stammenden MHC-I-Peptide verursacht.
Fallbeispiel Ein 17-jähriges Mädchen kommt morgens in die chirurgische Ambulanz eines Krankenhauses. Sie berichtet, sie habe die gesamte vorangegangene Nacht Schmerzen in der rechten Schulter und im Thorax gehabt. Nun seien die Schmerzen nicht mehr auszuhalten. Weiterhin sei sie völlig gesund. Der körperliche Untersuchungsbefund zeigt keinerlei Auffälligkeiten, der Arm ist aktiv und passiv voll beweglich. Die diensthabende Chirurgin entschließt sich zur weiteren Abklärung, ein Röntgenbild des Thorax und der Schulter anzufertigen. Auf der Thoraxaufnahme zeigt sich ein stark verbreitertes »schornsteinförmiges« Mediastinum und der Radiologe empfiehlt zur weiteren Abklärung dieser Raumforderung eine Computertomographie. Hier zeigt sich eine ausgeprägte Raumforderung im vorderen Mediastinum und die Verdachtsdiagnose Lymphom wird gestellt. Noch am gleichen Nachmit-
tag erfolgt eine Probeentnahme zur genauen Klassifizierung des Tumors; diese bestätigt den Verdacht eines Non-Hodkin-Lymphoms der B-Zellreihe. Hierbei handelt es sich um unkontrolliert wachsende B-Zellen. Aufgrund der Größe des Tumors kam es mehr und mehr zur Kompression der venösen Gefäße (weniger wandstark als die Arterien), sodass eine sofortige Therapie eingeleitet werden musste und die Patientin am nächsten Tag in ein Therapiezentrum verlegt wurde. Hier wurde sie für 6 Zyklen einer kombinierten Chemotherapie mit jeweiliger Tumorkontrolle zwischen den Zyklen vorgesehen. Schon nach dem vierten Zyklus konnte radiologisch kein Tumor mehr nachgewiesen werden, sodass es sich nach Abschluss der Therapie um einen primären Therapieerfolg handelte. Im Laufe der nächsten 2 Jahre musste die Patientin in regelmäßigen Abständen zur Kontrolle mittels Bildgebung, wo sich keinerlei Tumorrezidive zeigten.
11
157
11
11 Blut Mind Map Blut ist ein auf Transport- und Schutzfunktionen spezialisiertes Gewebe, in welchem die zellulären Elemente und die flüssige Interzellularsubstanz zusammenwirken. Blut vermittelt die metabolischen Wechselwirkungen zwischen allen Geweben. Ein Erwachsener besitzt 5–6 l Blut. Fast die Hälfte machen die zellulären Bestandteile aus. Der flüssige Anteil, das Blutplasma, besteht zu 90% aus Wasser und zu 10% aus gelösten Stoffen.
Hämoglobin ist das bedeutendste Hämoprotein. Hämoproteine sind mit dem Stoffwechsel des Sauerstoffs verbunden. O2 ist in wässrigen Lösungen nur wenig löslich. Deshalb wird es mittels koordinativ gebundenem Fe(II) als Bestandteil eines Protoporphyrinkomplexes im Hämoglobin und Myoglobin transportiert, welches die Bildung von Sauerstoffradikalen nicht zulässt. Cytochrome übertragen Elektronen. Hydroperoxidasen bauen Peroxide ab.
158
Kapitel 11 · Blut
Das Blut ist ein Organ mit flüssiger Interzellularsubstanz. Es erfüllt folgende Aufgaben: 4 Transport von Gasen, Wasser, Elektrolyten, Nährstoffen, Abfallstoffen, Hormonen, Enzymen und Wärme, 4 Schutz vor bakteriellen und viralen Infektionen, 4 Schutz vor Blutverlusten (Blutgerinnung) und 4 Pufferung des pH-Werts der extrazellulären Flüssigkeit. Die zellulären Bestandteile sind: 4 die Erythrozyten, die für den O2- und CO2-Transport sowie für Pufferung verantwortlich sind, 4 die Lymphozyten, Granulozyten und Monozyten, die bei Abwehrprozessen eine Rolle spielen und 4 die Thrombozyten, die in die Blutgerinnung einbezogen sind. KLINIK Der Hämatokritwert gibt den prozentualen Anteil der Blutzellen am Blutvolumen an. Er liegt bei 45% und wird vorrangig durch die Erythrozytenzahl bestimmt.
11
11.1
Erythropoese und Erythrozyten
Eisen-Porphyrin-Verbindungen (Häm) der Proteine werden Hämoproteine genannt. Man kann zwischen unterschiedlichen Stoffgruppen unterscheiden: 4 den molekularen Sauerstoff übertragenden Hämoglobinen der Erythrozyten und Myoglobinen der Muskulatur,
4 den Atmungsenzymen der Mitochondrien (mitochondriale Cytochrome), 4 den speziellen Funktionen dienenden Cytochromen des endoplasmatischen Retikulums (endoplasmatische (mikrosomale) Cytochrome) als Monooxygenasen und 4 der Tryptophandioxygenase. Eine Übersicht vermittelt die . Tabelle 11.1. Der Grundkörper der Porphyrine besteht aus 4 Pyrrolringen, die über 4 Methinbrücken miteinander verbunden sind. Porphyrinringe sind Mesomerie-stabilisiert. Freie Porphyrine kommen in der Natur nicht vor. Substituenten sind Methyl-, Vinyl- und Propionsäurereste im Falle von Hämoglobin, Myoglobin und Cytochrom b. Protophorphyrin III ist ein 1,3,5,8-Tetrametyl2,4-divinyl-6,7-propionat-porphin, in welches Fe(II) als Zentralatom eingelagert ist. Eisen bildet einen Metallkomplex vom Chelat-Typ mit dem Stickstoff der Pyrrolringe aus. Das Fe(II)-Protoporphyrin wird als Häm bezeichnet (. Abb. 11.1). Das Fe(III)-Derivat heißt Hämin. Die 5. Bindungsstelle wird durch die Imidazolgruppe eines Histidinrests der bindenden Polypeptidkette des Hämoglobins und Myoglobins besetzt. An die 6. Bindungsstelle wird O2 angelagert. 11.1.1 Sauerstoffaufnahme und -versorgung Die Erythrozytenzahl beträgt 4,5–6 Millionen/μl Blut. Erythrozyten sind auf den Gastransport spezialisierte Zellen ohne Zellkern, Mitochondrien und andere Zellorganellen.
. Tab. 11.1. Hämoproteine und ihre Funktionen
Hämoprotein
Molekulargewicht
Vorkommen
Funktion
Hämoglobin
64.500
Erythrozyten
O2-Transport
Myoglobin
17.000
Muskulatur
O2-Transport, -Speicherung
Katalase
240.000
Erythrozyt, Leber
H2O2-Abbau
verschiedene Gewebe
H2O2-Abbau
220.000
Mitochondrien
Atmungskette
Peroxidasen Cytochrom a/a3 Cytochrom c
12.400
Mitochondrien
Atmungskette
Cytochrom c1
37.000
Mitochondrien
Atmungskette
Cytochrom b
60.000
Mitochondrien
Atmungskette
Cytochrom b5
25.000
Endoplasmatisches Retikulum
Bestandteil der Fettsäuredesaturase
Cytochrom P-450
~50.000 (Monomer)
Endoplasmatisches Retikulum
Monooxygenase
159 11.1 · Erythropoese und Erythrozyten
11
4 Beteiligung an der Aufrechterhaltung des Blut-pHs (Pufferung). Die O2-Bindungskurve des Hämoglobins ist sigmoidal und entspricht dem Substratbindungsverhalten allosterischer Enzyme. Bei der Bindung des Sauerstoffs werden Protonen freigesetzt. Umgekehrt werden bei der Desoxygenierung Protonen aufgenommen: H–Hb+O2lHb–O2+H+ Prüfungsfallstricke Hb ist eine schwächere Säure als Hb-O2. Das bedeutet, Hb hat eine höhere Protonenaffinität.
. Abb. 11.1. Struktur des Häms in Hämoglobin (Hb) und Myoglobin (Mb) (aus Löffler 2005)
Ihr Zytoplasma besteht aus einer etwa 30%-igen Hämoglobinlösung. Etwa 97% davon sind HbA0 (DE), 2% HbA2 (DG und weniger als+bF (DJ). Etwa 6% des Hämoglobinbestandes sind glyciert. Der Hämoglobingehalt des Bluts beträgt 7,4– 10,7 mmol/l bei Frauen und 8,6–12,1 mmol/l bei Männern. Hämoglobin dient dem Sauerstofftransport von der Lunge in die Gewebe, dem CO2-Transport von den Geweben in die Lunge und der Aufrechterhaltung des Blut-pH. Seine reversible O2-Bindung und die sich daraus ergebenden Veränderungen der Proteinkonformation haben zum Verständnis der Funktion allosterischer Enzyme beigetragen.
CO2, H+-Ionen (Bohr-Effekt) und 2,3-Bisphosphoglycerat als negative Effektoren verschieben die Sauerstoffbindungskurve des Hb nach rechts (. Abb. 11.2). Sie senken die O2-Affinität des Hb, was für die O2-Versorgung der Gewebe entscheidend ist. 2,3-Bisphosphoglycerat wird in einem Nebenweg der Glycolyse aus Glucose gebildet. Die O2-Abgabe wird bei erhöhter Temperatur verbessert. Für die arbeitende Skelettmuskulatur hat dieser Effekt eine physiologische Bedeutung.
Merke Die Sauerstoffbindung des Hämoglobins hängt von der Protonenkonzentration, dem CO2-Partialdruck, von der Bindung von 2,3-Bisphosphoglycerat und der Temperatur ab.
Das Hämoglobin ist ein tetrameres Protein aus jeweils 2 identischen Untereinheiten. Jede Untereinheit trägt ein Häm. Der Eisengehalt des Hb beträgt 0,34%. Hämoglobin hat folgende Funktionen: 4 reversible Bindung von O2; entsprechend der Anzahl der Häm-tragenden Untereinheiten werden 4 Moleküle O2 pro Hämoglobin gebunden. 4 reversible Bindung von CO2 an die N-terminalen Valinreste der D- und E-Ketten (E-Ketten sind bevorzugt) unter Bildung von Carbaminogruppen.
. Abb. 11.2. Sauerstoffbindungskurven des Hämoglobins (aus Löffler 2005)
160
Kapitel 11 · Blut
Merke 1 g Hb kann in vivo 1,34 ml O2 binden. 1 mol Hb bindet demzufolge über 80 l O2. Zwei Drittel des Eisenbestandes des Organismus sind im Hb enthalten. 2,3-Bisphosphoglycerat wird nichtkovalent an die E-Ketten des Hb gebunden.
11
Hb und Hb-O2 haben unterschiedliche Konformationen. Im desoxygenierten Hb (T-Zustand) ist die Beweglichkeit der Untereinheiten gegeneinander stark eingeschränkt, da die C-terminalen Enden der D- und E-Ketten an die N-terminalen Bereiche der D-Ketten über Ionenbeziehungen gebunden sind. Zwischen den beiden E-Ketten werden immobilisierende Kontakte durch Bindung des 2,3-Bisphosphoglycerats hergestellt. Bei der Oxygenierung werden die C-terminalen Enden frei beweglich. Dabei kommt es zu einer Freisetzung des 2,3-Bisphosphoglycerats aus seinen Bindungen an die E-Ketten und von Protonen (R-Zustand). Die Reihenfolge der Oxygenierung der Ketten ist: DoDoEoE Die Konformationsänderungen, welche die kooperative O2-Beladung bedingen, werden durch unterschiedliche Bindungsverhältnisse des Eisens an das Protoporphyrin ausgelöst. Im Desoxy-Hb liegt das Fe(II) außerhalb der Ebene des Porphyrins. Nach Bindung von O2 an das Häm verlagert sich das Fe(II) in die planare Ringebene. Über das proximale Histidin werden Konformationsänderungen in den Untereinheiten induziert, die die Umlagerung vom inaktiven T- in den aktiven R-Zustand bewirken.
CO ist ein toxischer Bestandteil von Rauchgasen. Es entsteht auch im intermediären Stoffwechsel beim HämAbbau. CO wirkt ähnlich wie NO als Vasorelaxans über eine Stimulierung der zytoplasmatischen Guanylatzyklase in den Gefäßmuskelzellen. Sauerstoff als Oxidationsmittel oxidiert das Fe2+ im Häm zu Fe3+, welches keinen Sauerstoff mehr koordinativ binden kann. Dieses Hämoglobin wird Met-Hämoglobin (HbM) genannt. Normalerweise liegen etwa 2% des Hämoglobins im Erythrozyten als Met-Hb vor. Bei der Fe-Oxidation wird der Sauerstoff zum Superoxidanion O2–-Radikal reduziert. Das Superoxidanion wird durch Superoxiddismutasen in H2O2 umgewandelt. Dieses wird durch Hydroperoxidasen abgebaut. 11.1.2 CO2-Transport Die reversible Bindung von CO2 an die N-terminalen Aminogruppen insbesondere der E-Ketten des desoxygenierten Hb macht etwa 10% des CO2-Transports im Blut aus. Die Entstehung der Carbaminoderivate lässt sich wie folgt beschreiben: CO2+R–NH2lR–NH–COOH. Prüfungsfallstricke CO2 bindet nicht an die Hämgruppen des Hämoglobins.
Der überwiegende Teil des in den Geweben anfallenden CO2 wird in den Erythrozyten durch die Carboanhydrase zu Hydrogencarbonat hydratisiert:
KLINIK Bei einem Blutverlust von 2 l gehen 1 g Fe verloren.
Kohlenmonoxid (CO) hat eine 300-fach höhere Affinität zum Hämoglobin als Sauerstoff. Dadurch verdrängt es O2 aus seiner Bindung an das Eisen der Häm-Gruppen und senkt die Sauerstofftransportkapazität der Erythrozyten. Gleichzeitig wird die Sauerstoffbindungskurve nach links verschoben und die Sauerstoffabgabe in den Geweben erschwert. KLINIK Die Therapie einer CO-Vergiftung besteht in einer Erhöhung des Sauerstoffpartialdrucks in der Atemluft, wodurch CO aus seinen Bindungen am Häm gedrängt wird.
CO2+H2OoHCO3–+H+. Das Hydrogencarbonat wird im Austausch mit Cl–-Ionen aus den Erythrozyten befördert (Anionenaustauscher), GK Physiologie, 7 Kap. 5.7.2. 11.1.3 Hämoglobin Folgende Isoproteine des Hb werden gebildet: 4 in der Fetalperiode: 5 HbE (embryonales Hb): ]H] ist eine frühe embryonale D-Kettenvariante), D2H 5 HbF (fetales Hb)DJ 4 in der adulten Phase: 5 HbA/HbA0: DE 5 +bA2:DG
161 11.1 · Erythropoese und Erythrozyten
Die in der Fetalperiode gebildeten Hämoglobine haben ein den im Plazentar- und Fetalkreislauf herrschenden O2-Partialdrücken angepasstes Sauerstoffbindungsverhalten. Sie binden kein 2,3-Bisphosphoglycerat. +bA1 sind glycierte Hämoglobine, bei denen die N-terminalen Enden der E-Ketten (Valinreste) nichtenzymatisch mit Glucose (HbA1c) oder Stoffwechselmetaboliten der Glucose umgesetzt sind. Die Glycierung ist eine posttranslationale Modifikation. Glycierte Hämoglobine sind keine Isoproteine. KLINIK Etwa 6% des Erwachsenen-Hb sind glyciert. Beim Diabetes mellitus steigt infolge der Hyperglycämie der HbA1-Wert an. Die Höhe des glycierten Hämoglobins ist ein Parameter für die Stoffwechseleinstellung des Diabetikers in den letzten 6–8 Wochen. Ist der Patient schlecht eingestellt, so steigt der der HbA1-Wert an und damit erhöht sich das Risiko, an einer der Folgeerkrankungen zu erkranken.
Hämoglobin und der Anionentransporter transportieren NO, welches in den Endothelien aus Arginin gebildet wird. Da NO sehr schnell in wässriger Lösung oxidiert, muss es rasch transportiert werden. Eine einfache Diffusion ist nicht ausreichend. Oxygeniertes Hb bindet NO mit hoher Affinität an eine Sulfhydrylgruppe der E-Ketten: HbO2+NOoHbO2–S–NO 10% des Hämoglobins der Erythrozyten sind an den Anionentransporter (AT) gebunden. Bei der Desoxygenierung des Hb nimmt die Affinität der SH-Gruppe der E-Ketten ab und NO wird an den membranständigen Transporter gebunden und von dort abgegeben. HbO2–S–NO+AToHb+O2+AT–S–NO Myoglobin Myoglobin ist genetisch und strukturell verwandt mit den Hb-Untereinheiten und macht etwa 1% des Proteingehalts im Myoard landlebender Säugetiere und 5–7% bei tauchenden Säugetieren aus. Bei letzteren ist es ein echter O2-Speicher, ansonsten befördert es die Diffusion des Sauerstoffs. Es überbrückt im Myokard den in der Systole stockenden Blutfluss und die dadurch verminderte O2-Abgabe. Myoglobin ist ein monomeres Protein mit einer Hämgruppe. Seine O2-Bindungskinetik ist demzufolge hyperbelförmig.
11
Auch Myoglobin kann zu Met-Myoglobin durch O2 oxidiert werden. Merke Hämoglobin ist das Sauerstoff- und CO2-transportierende tetramere Protein der Erythrozyten. Es ist aus 4 Polypeptidketten, von denen jeweils 2 identisch sind und eine Hämgruppe tragen, aufgebaut. Über seine Hämgruppen bindet es reversibel 4 Sauerstoffmoleküle. Die Oxygenierung führt zu einer Freisetzung von Protonen, umgekehrt ist die Desoxygenierung mit einer Protonenaufnahme verbunden. Dadurch besitzt Hb, abgesehen von seinem Histidingehalt, Pufferfunktionen. Die Kinetik der Sauerstoffbindung ist sigmoidal und wird durch negative Effektoren wie CO2, Protonen und 2,3-Bisphosphoglycerat beeinflusst (Rechtsverschiebung der O2-Bindungskurve), die die Abgabe von O2 in der Körperperipherie erleichtert. Eine Temperaturerhöhung fördert ebenfalls die O2-Abgabe. Hb ist auch am CO2-Transport über Bildung von Carbamino-Hb beteiligt, wobei CO2 an die N-terminalen Enden der E-Ketten gebunden wird. CO verdrängt O2 aus seinen Bindungen an das Häm. Met-Hb enthält Fe(III) und kann kein O2 mehr binden. Hämoglobin tritt in verschiedenen Isoproteinen auf (HbA bzw. A0:DE+b$DG HbF: DJHbE: DH . HbE und HbF garantieren in der Fetalperiode die Sauerstoffversorgung des Föten. Glycierte Hämoglobine sind posttranslationale Glucose-Modifikationen des Hämoglobins (HbA1), die in direkter Beziehung zur Blutglucosekonzentration stehen und eine retrospektive Stoffwechselbeurteilung eines Diabetikers über 6–8 Wochen gestatten. Glycierte Hämoglobine sind keine Isoproteine des Hb. Myoglobin besteht aus einer die Hämgruppe tragenden Polypeptidkette. Seine O2-Bindungskurve ist hyperbelförmig. Es dient bei landlebenden Säugetieren der Verbesserung der O2-Diffusion in der Muskulatur.
11.1.4 Erythropoese
und Erythrozytenabbau Erythropoetin ist ein Glycoprotein von 30.000 Da, welches in Nierenfibroblasten und zu einem geringen Teil auch in der Leber infolge eines verminderten Sauerstoffpartialdrucks gebildet wird und die Erythropoese im Knochenmark stimuliert.
162
Kapitel 11 · Blut
Schon in den Proerythroblasten beginnt die Hämoglobinsynthese. Die Gesamtmenge an HbA des menschlichen Organismus beträgt 650 g. Davon werden täglich 57 g (ca. 1 mMol) erneuert. Die Gene für die D- und E-Ketten befinden sich auf unterschiedlichen Chromosomen und werden unabhängig voneinander exprimiert. Die Expressionsrate der D-Ketten ist größer als die der E-Ketten. Da die D-Ketten leicht miteinander aggregieren und präzipitieren, stabilisiert ein spezielles Chaperon (AHSP=DHb stabilisierendes Protein) die neu synthetisierten Ketten in der monomeren Form. AHSP-Defekte zeigen die Symptome einer β-Thalassämie (präzipitierte D-Ketten in den Erythrozyten, Heinz-Innenkörper, gesteigerter Erythrozytenabbau, Anämie). D- und E-Ketten treten zu αβ-Dimeren zusammen. 2 DE-Dimere bilden das funktionsfähige DE-Tetramer (HbA).
11
Hämsynthese Die Biosynthese des Häms läuft nahezu parallel mit der Bildung von Globinketten des Hämoglobins in den Proformen der Erythrozyten ab: Succinyl-CoA und Glycin kondensieren PALP-abhängig in den Mitochondrien zu G-Aminolävulinsäure; die G-Lävulinatsynthase ist das Schlüsselenzym der Hämsynthese. Zwei Moleküle G-Aminolävulinsäure bilden im Zytosol das Porphobilinogen, eine Struktur mit einem Pyrrolring; 4 Porphobilinogene bilden einen Protoporphyrinring, das Uroporphyrinogen III. Uroporphyrinogen wird in Koproporphyrinogen umgewandelt und dieses zurück in die Mitochondrien befördert. Dort erfolgt die Umwandlung in Protoporphyrinogen und Protoporphyrin III sowie die Einlagerung des Eisens durch die Hämsynthase (Ferro-Chelatase). Häm ist ein allosterischer Inhibitor der δ-Aminolävulinatsynthase. Dadurch wird eine metabolische Kontrolle der Hämsynthese gewährleistet. KLINIK Störungen der Hämsynthese manifestieren sich als Porphyrien, die angeboren, aber auch erworben sein können. Störungen der Hämsynthese können zur Aktivierung der δ-Aminolävulinatsynthase führen, dem geschwindigkeitsbestimmenden Enzym der Hämsynthese. Dadurch erscheinen frühe Syntheseprodukte im Harn bzw. werden in den Geweben abgelagert und bedingen Photosensibilisierungen der Haut.
Hämabbau Das beim Abbau von Hämoglobin und Hämenzymen frei werdende Häm kann nicht wieder verwendet werden. Der Hämabbau ist bis zum Bilirubin in vielen Geweben möglich. Da gealterte Erythrozyten v. a. in der Milz abgebaut werden, findet auch hier der Hauptanteil des Hämoglobinabbaus statt. Die Freisetzung des Häms aus dem Hämoglobin führt zu einer Oxidation von Fe(II) zu Fe(III) sowie zu einer Denaturierung der Globinketten. Das Hämin wird zwischen den Pyrrolringen I und II oxidativ durch die Hämoxygenase gespalten. Dabei entsteht aus der Methinbrücke Kohlenmonoxid. Das Zentralatom Fe wird freigesetzt und in Eisenspeichern (Ferritin) gebunden. Das ringförmige Protoporphyrin geht dabei in 4 linearisierte, über 3 Methinbrücken verbundene Pyrrolringe über, das Biliverdin. Biliverdin wird durch eine NADPH2-abhängige Reductase in Bilirubin überführt. Das extrahepatische Bilirubin wird infolge seiner Hydrophobizität an Albumin gebunden zur Leber befördert (indirektes Bilirubin). In der Leber wird Bilirubin mit 2 Molekülen Glucuronsäure konjugiert (direktes Bilirubin) und in die Galle ausgeschieden. Im Darm erfolgen weitere Reduktionen nach Abspaltung der Glucuronsäure über Mesobilinogen (Mesobilirubin) zum Stercobilinogen, welches mit den Faeces ausgeschieden wird. Durch Sauerstoff kann es zum Stercobilin oxidiert werden. Mesobilinogen wird im Dünndarm zum Teil reabsorbiert, gelangt über die Pfortader zur Leber und wird dort zu Dipyrrolen abgebaut, die im Harn ausgeschieden werden. Bei erheblichen Leberfunktionsstörungen gelangt auch Mesobilinogen in den Harn und ist dort ein pathologischer Bestandteil. Stercobilinogen wird zum Teil über den Plexus haemorrhoidalis absorbiert und gelangt unter Umgehung der Leber in den Harn. Als physiologisches Ausscheidungsprodukt ist es der Hauptbestandteil der Urobilinogene. Prüfungsfallstricke Der Hämanteil von Cytochrom P450 ist wie der anderer Hämoproteine auch ein Substrat der Hämoxygenase. Die Hämoxygenase benötigt ein Fehaltiges Coenzym (Cytochrom P450). Die Hämoxygenase ist im endoplasmatischen Retikulum lokalisiert.
163 11.1 · Erythropoese und Erythrozyten
KLINIK Gelbsucht (Ikterus) bedeutet einen pathologischen Anstieg des Bilirubins im Blut. Grob schematisierend können die Ikterusformen eingeteilt werden in: 5 Prähepatischen Ikterus: dieser ist gekennzeichnet durch einen Anstieg des indirekten Bilirubins infolge eines gesteigerten Erythrozytenabbaus (hämolytische Anämien), kann aber auch verursacht sein durch eine Konjugationsschwäche der Leber. Beides trifft für den physiologischen Neugeborenen-Ikterus zu. 5 Hepatischer Ikterus mit vermehrtem direktem Bilirubin, bei dem infolge eines Parenchymschadens die gerichtete Ausscheidung des Bilirubindiglucuronidids in die Galle nicht gewährleistet ist (z. B. Hepatitis). Infolge einer Abbaustörung von Mesobilinogen wird dieses vermehrt im Harn ausgeschieden. 5 Posthepatischer Ikterus mit vermehrtem direktem Bilirubin infolge eines Gallengangverschlusses. Es erfolgt ein Rückstau in die Leber mit vermehrtem Auftreten von direktem Bilirubin im Blut. Bei einem kompletten Verschluss fehlt die Ausscheidung der Urobiline im Harn.
Merke Die Hämsynthese beginnt mit der Kondensation von Succinyl-CoA und Glycin zu G-Aminolävulinat. Dieses lagert sich zu Porphobilinogen zusammen, aus welchem dann Protoporphyrin III gebildet wird. Die Hämsynthase (Ferrochelatase) bewerkstelligt den Fe-Einbau. Die Hämsynthese findet sowohl im Mitochondrium als auch im Zytoplasma statt. Der Abbau des Häms ist in allen Geweben möglich. Durch Hämoxygenasen wird der Porphyrinring gespalten, Fe(III) freigesetzt und Biliverdin gebildet. Die Methingruppe wird zu CO oxidiert. Biliverdin wird zu Bilirubin reduziert und als indirektes, an Albumin gebundenes Bilirubin zur Leber transportiert. Dort erfolgen die Glucuronidierung und die Ausscheidung in die Galle und den Darm als direktes Bilirubin. Durch weitere Reduktionen entsteht Stercobilinogen/Stercobilin, welches im Kot ausgeschieden wird. Ein Teil des Stercobilinogens wird durch den Plexus haemorrhoidalis rückresorbiert und gelangt als Urobilin in den Harn.
11
11.1.5 Stoffwechsel Der Stoffwechsel der Erythrozyten ist auf die Aufrechterhaltung der Funktionen des Hämoglobins ausgerichtet, um den O2- und CO2-Transport zu sichern. Merke Der Abbau der Glucose in der anaeroben Glycolyse zu Lactat ist der einzige Energie liefernde Stoffwechselweg.
Das ATP wird benötigt 4 zur Aufrechterhaltung des intrazellulären Ionenmilieus durch die Na/K- und Ca-ATPasen; 4 für die Biosynthese von Glutathion. Die Glycolyse wird weiterhin genutzt zur 4 Bereitstellung von NADH2 für die Reduktion von Met-Hb; 4 in einem Nebenweg zur Synthese von 2,3-Bisphosphoglycerat. 1,3-Bisphosphoglycerat wird durch eine Mutase in 2,3-Bisphosphoglycerat umgewandelt. 2,3-Bisphosphoglycerat kann mittels einer Phosphatase in 2-Phosphoglycerat überführt werden, welches nun wieder Anschluss an die Glycolyse hat. KLINIK Angeborene Enzymdefekte der Glycolyse führen zu hämolytischen Anämien. Die Konservierung von Erythrozyten hat eine wichtige klinische Bedeutung. Sie dient der Aufrechterhaltung der ATP- und 2,3-Bisphosphoglycerat-Reserven.
Das Tripeptid Glutathion (Glu-Cys-Gly) baut ein Redox-System auf und hat grundlegende Bedeutung 4 für den Schutz essenzieller SH-Gruppen von Enzymen und Membranproteinen; 4 für den Abbau von Peroxiden. Durch die Glutathionperoxidase wird H2O2 reduziert und Glutathion oxidiert. H2O2+2 GSH→2 H2O+GS–SG Die Glutathionreduktase reduziert oxidiertes Glutathion unter Verbrauch von NADPH2. GS–SG+NADPH2→2 GSH+NADP+ Das NADPH2 wird in der direkten Glucoseoxidation (Pentosephosphatweg) gebildet, in dem etwa 10% des Glucose-Umsatzes der Erythrozyten stattfindet.
164
Kapitel 11 · Blut
Auch die in hohen Konzentrationen im Erythrozyten vorhandene Katalase baut Wasserstoffperoxid ab. Die Reduktion des Met-Hämoglobins ist zur Aufrechterhaltung der Sauerstofftransportfunktion der Erythrozyten notwendig. Die Methämoglobinreduktasen sind für diesen Prozess erforderlich. Coenzym ist NADH2. Merke Erythrozyten sind auf den Gasaustausch spezialisierte Zellen. Die anaerobe Glycolyse dient der ATP-Breitstellung für die Funktion der Na/K- und Ca-ATPasen, der Glutathionsynthese sowie der Biosynthese von 2,3-Bisphosphoglycerat. Das gebildete NADH2 wird auch für die Met-Hb-Reduktion benötigt. Die direkte Glucose-Oxidation liefert NADPH2 für die Glutathionreduktase. Der Abbau von H2O2 wird durch die Katalase und die Glutathionperoxidase gewährleistet.
11.1.6 Granulozyten, Makrophagen
4 D-Globin-Gene gibt) und ein absoluter Mangel mit dem Überleben des Feten nicht vereinbar ist. Ein relativer D-Globin-Mangel manifestiert sich im Auftreten von J- und E-Globin-Tetrameren, die keine sigmoidale O2-Bindungskurve und keinen Bohr-Effekt besitzen. Eine fehlende Expression von ß- und G-Ketten (E- oder EGThalassämie) führt zur Bildung von HbF, die letztendlich die Lebenserwartung einschränkt. Da bei diesen Formen die D-Kettensynthese überwiegt, kommt es zu einem Ausfall der D-Ketten in den Erythrozyten und zu einem vermehrten Abbau mit der klinischen Symptomatik einer Fe-refraktären Anämie. KLINIK Sichelzellig verformte Erythrozyten beim HbS verursachen Gefäßverschlüsse, die, wenn sie das Abdomen betreffen, zu der Symptomatik des »akuten Abdomens« infolge von Milzinfarkten oder Mesenterialvenenverschlüssen führen. Meist sind aber die kleinen Gefäße betroffen. Bei farbigen Immigranten ist das Auftreten des HbS am wahrscheinlichsten. Die Differenzialdiagnostik ist mittels eines Blutausstrichs oder einer Hb-Elektrophorese zu klären.
7 Kap. 10.
11
11.2
Pathobiochemie
Genetisch bedingte Enzymdefekte in den Erythrozyten führen zu hämolytischen Anämien. Der häufigste Defekt ist ein Mangel an Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase. Hämoglobinopathien werden unterschieden in Kettenanomalien und Kettenmangel-Syndrome (Thalassämien). Kettenanomalien sind das Ergebnis von Punktmutationen, die – sofern sie nicht intern gelegene Aminosäurereste betreffen – keine größere pathologische Bedeutung haben. Ausnahme ist das HbS, wobei E6 Glu gegen Val ausgetauscht ist. Dieses Hb aggregiert im desoxygenierten Zustand und führt zu einer sichelförmigen Verformung der Erythrozyten. Im homozygoten Zustand ist die Erkrankung tödlich. Bei Heterozygoten führt sie zu einer Anämie und Malariaresistenz.
11.3
Lymphozyten
7 Kap. 10.1.
11.4
Blutstillung, Blutgerinnung und Fibrinolyse
Die Blutgerinnung schützt vor Blutverlusten. Durch Bildung von Fibringerinnseln (Thromben) wird der Gefäßdefekt verschlossen. Einbezogen in die Thrombenbildung sind die Thrombozyten, die über die Bildung von Thrombozytenaggregaten zur Blutstillung beitragen. Durch die Fibrinolyse werden Fibringerinnsel abgebaut. Über limitierte Proteolyse werden Gerinnungsund Fibrinolysefaktoren aktiviert. Antiproteolytisch wirkende Proteine des Blutplasmas regulieren beide Prozesse.
Prüfungsfallstricke HbS ist das Ergebnis einer Missense-Mutation.
Kettenmangel bedeutet den Ausfall der Biosynthese einer ganzen Untereinheit. D-Thalassämien betreffen den Mangel an D-Untereinheiten, der selten (da es
11.4.1 Thrombozyten Thrombozyten spielen eine wichtige Rolle bei der Blutstillung (primäre Hämostase) und Thrombenbildung (sekundäre Hämostase). Unmittelbar nach einer Gefäßverletzung bilden Thrombozyten einen weißen hä-
165 11.4 · Blutstillung, Blutgerinnung und Fibrinolyse
mostatischen Pfropf unter Freisetzung aggregationsfördernder und gefäßkontrahierender Substanzen (primäre Hämostase). 4 Infolge von Verletzungen der Endothelschicht werden die Basalmembranproteine Kollagen IV, Laminin und Fibronectin für eine Bindung an Thrombozyten über Rezeptoren (Integrine) verfügbar. Dadurch beginnt die erste, noch reversible Phase der Thrombozytenaggregation. 4 Der von Endothelien gebildete von Willebrandt-Faktor verstärkt die Aggregation. Dieser Faktor wird im Blutplasma an Faktor VIII gebunden transportiert. 4 Fibrinogen bindet an einen spezifischen Rezeptor an der Thrombozytenmembran (GP-IIb/IIIa). Dadurch wird die Aggregation irreversibel. Der Fibrinogenrezeptor wird erst nach der Freisetzung von ADP, Serotonin u. a. Botenstoffen aktiviert. Im Aggregationsprozess setzen die Thrombozyten Faktoren frei, die die Blutstillung durch das primäre Thrombozytenaggregat und die Fibrinbildung unterstützen:
4 Serotonin fördert die Kontraktion der Gefäße. 4 ADP und Thromboxan A2 fördern die Aggregation; Prostacyclin der Endothelien hemmt sie. 4 Thrombozyten bilden Fibrinogen, Faktor XIII und V. 4 Thrombozyten liefern Phospholipidoberflächen für die Aktivierung von Gerinnungsfaktoren. 11.4.2 Blutgerinnung Die Blutgerinnung ist ein komplexer Reaktionsablauf zur Bildung eines roten Fibringerinnsels (durch unspezifischen Einschluss von Erythrozyten), in den viele Gerinnungsfaktoren einbezogen sind. Sie sind einerseits proteolytische Enzyme, die im Plasma in inaktiver Form vorliegen und durch limitierte Proteolyse aktiviert werden, und andererseits Akzeleratoren und Modulatoren, die die Fibrinbildung befördern und regulieren (sekundäre Hämostase). Folgende Faktoren sind von Bedeutung (. Tab. 11.2).
. Tab. 11.2. Blutgerinnungsfaktoren
Bezifferung
11
Internationaler Name
Eigenschaften/Funktionen
I
Fibrinogen
Muttersubstanz des Fibrins
II
Prothrombin
Proenzym des Thrombins IIa
III
Gewebefaktor (Thromboplastin)
Glycolipoprotein, an der Prothrombin-Aktivierung beteiligt
IV
Ca-Ionen
an verschiedenen Aktivierungen der Gerinnung beteiligt
V
Proaccelerin
Akzelerator-Protein bei der Prothrombin-Thrombin-Aktivierung
VII
Proconvertin
Proenzym, an der Prothrombin-Aktivierung beteiligt
VIII
Antihämophiles Globulin
Akzelerator-Protein für die Aktivierung des Faktors X, liegt im Plasma im Komplex mit dem v. Willebrandt-Faktor vor
IX
Plasmathromboplastin (ChrismasFaktor)
Proenzym, notwendig für die Aktivierung des Faktors X
X
Stuart-Prower-Faktor
Proenzym, Vorstufe des Prothrombin-Aktivators Xa
XI
Plasmathromboplastin-Vorläufer
Proenzym, aktiviert als Faktor XIa den Faktor IX
XII
Hageman-Faktor
Proenzym der Kontaktaktivierung
XIII
Fibrinstabilisierender Faktor
Proenzym, Ausbildung von Isopeptid-Bindungen im Fibrin als aktivierter Faktor XIIIa
Präkallikrein
Proenzym, an der Aktivierung des Faktor XII beteiligt
Hochmolekulargewichtiges Kininogen
Akzeleratorprotein für die Faktor XII-Aktivierung, Substrat für Kallikrein
Protein C
Proenzym für den Abbau der Faktoren Va und VIIIa
Protein S
Akzeleratorprotein für Protein C
Thrombomodulin
Aktivator des Proteins C zusammen mit Thrombin
Das tiefgestellte a bezeichnet einen aktivierten Gerinnungsfaktor.
166
Kapitel 11 · Blut
Prüfungsfallstricke Die Synthese der Gerinnungsfaktoren II, VII, IX, X, C und S ist abhängig von Vitamin K.
γ-Carboxylierung von Glutamatresten. Die J-Carbo-
xyglutamylreste (Gla) der Gerinnungsfaktoren ermöglichen zusammen mit Ca2+-Ionen ihre Bindung und Aktivierung an Phospholipid-Oberflächen z. B. von Thrombozytenmembranen. Die Synthese der Blutgerinnungsfaktoren erfolgt überwiegend in der Leber. Merke Die calciumbindenden Gla-Domänen der Gerinnungsfaktoren sind sich sehr ähnlich und in den N-terminalen Molekülbereichen lokalisiert.
11
Extrinsisches und intrinsisches Gerinnungssystem Man unterscheidet ein extrinsisches (extravaskuläres) und ein intrinsisches (intravaskuläres) Gerinnungssystem. Beide Systeme münden in die Aktivierung des Faktors X. Der Faktor Xa aktiviert zusammen mit Va (Prothrombinase-Komplex) den Faktor II (Prothrombin) zum Thrombin (IIa) durch Abspaltung der N-terminalen Sequenz des Prothrombins, mit welcher es über J-Carboxyglutamylreste an die Phospholipide der Thrombozytenmembranen gebunden ist. Dadurch wird Thrombin aus dem Aktivatorkomplex freigesetzt. Faktor V wird von Hepatozyten und Thrombozyten gebildet und durch Thrombin zum viel wirksameren Faktor Va umgewandelt. Dadurch beschleunigt Thrombin zusammen mit VIIIa seine eigene Bildung. Die Aktivierung des intrinsischen Systems geschieht durch: 4 eine Kontaktaktivierung des Faktors XII an benetzbaren Oberflächen, entstanden durch eine Verletzung des Gefäßendothels, oder durch eine Verlangsamung der Fließgeschwindigkeit des Blutes. Faktor XIIa wandelt das Proenzym Präkallikrein in das aktive Kallikrein um. Dieses wirkt auf den Faktor XII zurück, was seine Aktivierung beschleunigt. Das hochmolekulargewichtige Kininogen (D-Globulin) verstärkt diesen Prozess. 4 Faktor XIIa wandelt nun proteolytisch Faktor XI in XIa um. 4 Der Faktor XIa ist ebenfalls eine Protease, die den mittels Ca-Ionen an einer Phospholipidoberfläche gebundenen Faktor IX in IXa umwandelt. 4 Ebenfalls im Komplex mit Calcium und Phospholipiden aktiviert IXa den Faktor X. Die Reaktion wird durch den Faktor VIIIa stark beschleunigt.
Der Faktor VIIIa wird durch Thrombin aus VIII gebildet. KLINIK Genetische Defekte des Faktors XII, des Kallikreins und des Kininogens haben keine Auswirkungen auf die Blutgerinnung in vivo, sodass der klassische intrinsische Weg keine größere physiologische Bedeutung zu haben scheint. Für den Ablauf der Gerinnung in vitro ist er jedoch außerordentlich bedeutsam und spielt bei den Gerinnungstests im klinisch-chemischen Labor eine wichtige Rolle.
Die Aktivierung des extrinsischen Systems (sekundäre Hämostase) erfordert: 4 die Bereitstellung des Gewebefaktors (Faktor III, TF (tissue factor)) infolge eines Gewebedefekts. Er entstammt vorwiegend Endothelien. 4 Mittels der Phospholipide des Gewebefaktors und Calcium-Ionen wird Faktor VII in VIIa überführt. Dieser wandelt Faktor X in Xa um. 4 Faktor VIIa kann auch den Faktor IX aktivieren, sodass Komponenten des intrinsischen Systems in diesen Aktivierungsweg einbezogen sind. Prüfungsfallstricke Thrombin fördert seine Bildung durch Aktivierung der Faktoren V und VIII.
Fibrinbildung Die Bildung von Fibringerinnseln unter Beteiligung der Thrombozyten ist der eigentliche Blutgerinnungsprozess. Er besteht in der Umwandlung des löslichen Plasmaeiweißes Fibrinogen in Fibrin durch Thrombin. Fibrinogen ist ein aus 6 Polypeptidketten aufgebautes stäbchenförmiges Protein der Struktur (AD 2(BE)2Jmit einem Molekulargewicht von 330.000 Die Polypeptidketten sind über Disulfidbrücken miteinander verbunden. Die Fibrinbildung beginnt: 4 mit der Abspaltung von je 2 stark negativen Fibrinopeptiden A und B (Molekulargewichte etwa 2000) aus den AD- und BE -Ketten des Fibrinogens durch Thrombin. 4 Dadurch entsteht das Fibrinmonomer mit demaskierten Strukturen zur Polymerisation. 4 Fibrinmonomere polymerisieren zum löslichen instabilen Fibrinpolymer ohne weitere enzymatische Einwirkung. Löslich bedeutet, das Polymere ist löslich in verdünnten Säuren und hochmolaren Harnstoff- und Guanidin-HCl-Lösungen.
167 11.4 · Blutstillung, Blutgerinnung und Fibrinolyse
4 Durch die Transglutaminase Faktor XIIIa wird lösliches Fibrin in das unlösliche Fibringerinnsel überführt. Faktor XIIIa bildet Isopeptidbindungen zwischen Glutamin unter Abspaltung der Säureamidgruppe als NH3 und der H-Aminogruppe von Lysylresten, die zu einer Dimerisierung der J-Ketten und Polymerisierung der D-Ketten führen. 4 Die Bildung unlöslichen Fibrins bewirkt eine erhöhte mechanische Festigkeit und proteolytische Resistenz des Fibringerinnsels. 4 Faktor XIII wird durch Thrombin mit Ca2+ in seine aktive Form überführt. KLINIK Der Nachweis von J-Ketten-Dimeren (96 kDa) und D-Ketten-Polymeren (ca. 300 kDa) ist für das Vorliegen einer latenten Gerinnung beweisend.
Bedeutung der Endothelien Bei der Aufrechterhaltung der Hämostase haben Endothelien wichtige Funktionen. Sie bestehen: 4 in der Freisetzung des Gewebefaktors nach Verletzung, 4 in der Schaffung nicht benetzbarer Oberflächen durch Heparansulfat an der luminalen Seite, 4 Bildung von Prostacylin (PGI2), Hemmer der Thrombozytenaggregation, 4 Bildung von NO, welches die Thrombozytenaggregation hemmt; 4 Bildung des Gewebe-Plasminogen-Aktivators (tPA) und 4 Bildung von Thrombomodulin. Inhibition der Blutgerinnung Physiologische Inhibitoren der Blutgerinnung sind 4 Antithrombin III, welches die Gerinnungsfaktoren IIa (Thrombin), IXa, Xa und XIa inaktiviert. Seine Aktivität wird durch Heparin und Heparansulfat sehr stark erhöht. 4 Der Gewebefaktor-Inhibitor inhibiert den Komplex TF-VIIa. 4 Die Proteine C und S inaktivieren die Faktoren VIIIa und Va durch Proteolyse. Das endotheliale Thrombomodulin bewirkt, dass Thrombin nicht mehr Fibrinogen angreift, sondern Proenzym C zu Ca aktiviert. Dieses baut, gebunden an Phospholipide, über Calcium-Ionen zusammen mit dem Akzeleratorprotein S die aktivierten Gerinnungsfaktoren Va und VIIIa ab.
11
Prüfungsfallstricke Heparin wird in Mastzellen und Granulozyten gebildet und gespeichert.
KLINIK Heparin wird zur schnellen und kurzfristigen Blutgerinnungshemmung therapeutisch eingesetzt. Seine Wirkungen können durch basische Protamine neutralisiert werden. Protamine sind die »Histone« der Spermatozoen. Längerfristig wirken Vitamin K-Antagonisten (Cumarine), die die Vitamin K-abhängige Carboxylierung von Gerinnungsfaktoren hemmen. Acetylsalicylsäure hemmt die Thrombozytenaggregation.
11.4.3 Fibrinolyse Der Fibrinabbau im Extravasalraum hängt mit der Fibrinstabilisierung durch Faktor XIII zusammen. In den Stabilisierungsprozess einbezogen ist das plasmatische Fibronectin. Fibroblasten werden über Fibronectin an den vorläufigen Wundverschluss durch Fibringerinnsel angelockt und ersetzen das Fibringerinnsel durch eine bindegewebige, aus Kollagen bestehende Narbe. Bei einem Faktor XIII-Mangel kommt es demzufolge zu Defekten in der Wundheilung. Die intravasale Fibrinolyse wird durch die Proteinase Plasmin bewerkstelligt. Diese zirkuliert als Proenzym Plasminogen im Blutplasma und wird durch Plasminogenaktivatoren mittels limitierter Proteolyse aktiviert. In Endothelien wird der Gewebe-Plasminogen-Aktivator (tPA= tissue plasminogen activator) gebildet. Die Fibrinolyse ist lokal begrenzt. Bei der Fibrinbildung wird Plasminogen in das Fibringerinnsel einbezogen. t-PA diffundiert in das Gerinnsel und induziert eine Fibrinolyse am Ort des Geschehens. Plasmin kann tPA aktivieren und seine Wirkung verstärken. Erst nach dem Fibrinabbau kommt es zur Freisetzung von Plasmin, welches durch die hohe antiproteolytische Aktivität des Blutplasmas inaktiviert wird. KLINIK t-PA steht als gentechnisches Produkt zur Therapie von Gefäßverschlüssen zur Verfügung. Auch Streptokinase, ein Produkt hämolysierender Streptokok6
168
Kapitel 11 · Blut
ken, wird zur Fibrinolyse verwendet. Sie ist kein Enzym, sondern bildet mit Plasminogen Komplexe, die die Plasminogen-Plasmin-Umwandlung katalysieren.
Im extravasalen Gewebe hat der »urokinase type plasminogen activator« (uPA) durch Bindung an Bindegewebszellen Bedeutung für eine extrazelluläre Proteolyse über eine Plasminogen-Aktivierung. Er spielt eine Rolle beim Umbau von Bindegeweben und der Gefäßneubildung. KLINIK Die Neoangiogenese ist ein wichtiger Faktor bei der Tumorentstehung und Metastasierung. Damit muss dem Plasminogen-Plasmin-System in der Pathogenese von Malignomen eine wichtige Rolle zugeordnet werden.
11
Zusammenfassung Bei der Blutstillung kommt es zu einer Kontraktion der Gefäße sowie zur Bildung eines Thrombozyten-Pfropfes durch Aggregation der Blutplättchen. Dabei spielen Matrix-Proteine, der von Willebrandt-Faktor, Fibrinogen sowie aus den Thrombozyten freigesetzte Mediatoren, wie ADP und TXA2 eine Rolle. Die Blutgerinnung besteht in der Umwandlung von Fibrinogen in Fibrin durch Thrombin. Die Thrombinbildung wird durch den Gewebefaktor (TF) mit Faktor VIIa eingeleitet, der Faktor X aktiviert und einen ProthrombinaseKomplex mit Va bildet. Wichtige physiologische Inhibitoren sind Antithrombin III, TF-Inhibitor, sowie die Proteine C und S. Extravasale Fibrinablagerungen werden durch Fibroblasten abgebaut, intravasale Fibringerinnsel durch das fibrinolytische System mit Plasmin. Auch der »extravasale urokinase type plasminogen activator« (uPA) stimuliert die Fibrinolyse. Seine physiologische und pathophysiologische Bedeutung für eine Stimulierung der Angiogenese (z. B. bei Tumorwachstum und Metastasierung) und beim Bindegewebeumbau spielt eine Rolle. Das Blutplasma enthält ein hohes Potenzial antiproteolytischer Proteine, die verschiedenste Proteasen binden und durch Bildung äquimolarer Komplexe inaktivieren.
bedingt ist. Sie wird X-chromosomal vererbt und manifestiert sich bei Männern. Frauen sind nur Konduktorinnen, da heterozygote Merkmalsträgerinnen nicht erkranken. Die APC-Resistenz ist durch Thrombosen gekennzeichnet. Sie beruht auf einer Mutation des Faktors V, der durch den aktivierten Faktor C nicht abgebaut werden kann. 11.6
Blutplasma
Das Blutplasma ist eine eiweißreiche Flüssigkeit (65– 80 g/l). Es enthält ca. 100 verschiedene Proteine, von denen die meisten nur in geringen Konzentrationen vorkommen. Fast alle Proteine des Blutplasmas sind Glycoproteine (Ausnahme u. a. Albumin). Prüfungsfallstricke Blutpasma ist die Blutflüssigkeit, die nach Ungerinnbarkeit des Blutes durch Abzentrifugation der zellulären Bestandteile erhalten wird. Blutserum ist die zellfreie Flüssigkeit nach erfolgter Blutgerinnung.
Die Blutplasmaproteine nehmen wichtige Funktionen wahr: 4 in der spezifischen und unspezifischen Abwehr, 4 beim Transport verschiedener Substanzen, 4 bei der Blutgerinnung und Fibrinolyse, 4 beim Schutz vor überschießenden Proteolysen und 4 bei der Aufrechterhaltung des kolloid-osmotischen Drucks. Im Blutplasma werden transportiert: 4 Stoffwechselmetabolite wie Glucose, Lactat, Ketonkörper, Aminosäuren, Lipide als Lipoproteine und Elektrolyte, 4 Abbauprodukte wie Harnstoff, Harnsäure und Kreatinin, 4 Vitamine und Hormone und 4 sowie Ionen und Spurenelemente. Weiterhin wird im Blutplasma über die verschiedenen Puffersysteme, die synergistisch wirken, die pH-Konstanz der extrazellulären Flüssigkeit gewährleistet. Merke
11.5
Pathobiochemie
Genetische Defekte von Gerinnungsfaktoren sind Ursache von Hämorrhagien. Am verbreitetsten ist die Hämophilie A, die durch einen Mangel an Faktor VIII
Harnstoff, Harnsäure, Kreatinin und Aminosäuren stellen den Reststickstoff im Plasma dar, der nach Proteinfällung bestimmt wird. Er ist Maß für den Aminosäurestoffwechsel und die Nierenfunktion.
169 11.6 · Blutplasma
Mittels einer Agarosegel-Elektrophorese lassen sich die Plasmaproteine in 5 Fraktionen auftrennen: 4 Albumine (65%), 4 D1- (3%) und D2-Globuline (7%), 4 E-Globuline (10%) und 4 γ-Globuline (15%). Abweichungen von der Norm der Plasmaproteinverteilung in der Elektrophorese sind Dys-, Defekt- und Paraproteinämien. 4 Dysproteinämien sind Verschiebungen des quantitativen Verhältnisses der einzelnen Proteinfraktion zu einander. Sie sind die häufigsten Veränderungen im Eiweißbild. 5 α-Typ: Vermehrung der D-Globuline, Verminderung des Albumins, akute Entzündung.
5 α2β-Typ: Vermehrung der D- und E-Globuline, deutliche Verminderung des Albumins; nephrotisches Syndrom (Degeneration der Nierenglomeruli). 5 γ-Typ: Vermehrung der J-Globuline, Verminderung der Albuminfraktion; chronisch entzündliche Erkrankungen (Hepatitis, Leberzirrhose). 4 Defektproteinämien entstehen durch einen genetisch bedingten Mangel einzelner Proteine. Beispiele: Analbuminämie, A-E-Lipoproteinämie, Afibrinogenämie, Agammaglobulinämie. 4 Paraproteinämien sind die Folge einer vermehrten Bildung einheitlicher Immunglobuline (monoklonale Gammopathie) durch Plasmazellen (Plasmozytom, Myelom) oder lymphoide Zellen (Waldenström-Krankheit).
. Tab. 11.3. Proteine des Blutplasmas
Bezeichnung
MGⴛ103
Proteinanteil (%)
Konzentration g/l
Funktion
Präalbumin
61
99
0,1–0,4
T3-, T4-Bindung, Retinol-Bindung
Albumin
68
100
40–52
kolloid-osmotischer Druck, Transport apolarer Stoffe und Ionen (Ca, Cu)
54
86
2–4
Proteinase-Inhibitor, Hauptprotein Cholesteroltransport (HDL)
D-Globuline: D1-Antiproteinase D1-Lipoprotein
200
45
2,9–7,7
Prothrombin
60
89
0,05–0,1
Transcortin
45
86
D1-Anti-chymotrypsin
68
73
T4-bindendes Globulin
45
Gc-Globulin
51
96
0,2–0,6
Vitamin D-Bindung und Transport
160
89
0,2–0,6
Ferrooxidase, Fe(II)-Oxidation
0,2–0,3
Proenzym (Gerinnungsfaktor) Cortisol- und Progesterontransport
0,3–0,6
Proteinase-Inhibitor T4-Bindung und Transport
D2-Globuline: Caeruloplasmin Antithrombin III
65
85
Haptoglobine
100
81
Bindung von Hämoglobin im Plasma
D2-Makroglobulin
800
92
Proteinase-Inhibitor
Plasminogen
140
91
Thrombin-Inhibitor zusammen mit Heparin
Proenzym (Fibrinolyse)
E-Globuline: E-Lipoprotein
550
19
Hämopexin
80
77
2,5–8
Bindung und Transport von Hämin
Transferrin
88
95
2–4
Bindung und Transport von Fe als Fe3+
C-reaktives Protein
140
95
<0,01
Stimulation der Phagozytose
Fibrinogen
330
97
2–4
Blutgerinnung
Cholesteroltransport (LDL)
15
100
J-Globuline: Immunglobuline Lysozym
11
Antikörper, immunologische Abwehr 0,005–0,01
Auflösung von Bakterienzellwänden
170
Kapitel 11 · Blut
Die . Tabelle 11.3 vermittelt eine Auswahl wichtiger Proteine des Blutplasmas und ihrer Hauptfunktionen unter Bezug auf die elektrophoretische Wanderungsgeschwindigkeit. Im Blut findet sich eine Reihe von antiproteolytisch wirksamen Proteinen. Das wichtigste ist der α1-Proteinase-Inhibitor (α1-Antitrypsin), der Serinproteinasen inaktiviert. Von Bedeutung sind weiterhin D2-Makroglobulin, Antithrombin III und Antiplasmin. Bei der pH-Regulation im Blut arbeiten Erythrozyten und Blutplasma zusammen. Puffersysteme des Bluts sind: 4 H++HCO3–lH2CO3lCO2+H2O: 24 mmol/l, 4 H++ProteinatlH-Protein: 15 mmol/l, 4 H++HblH–Hb: 7 mmol/l, 4 H++HPO42–lH2PO4–: 2 mmol/l, 4 Normalpufferbasewert: 48 mmol/l.
Der wichtigste Puffer ist der Hydrogencarbonat-Puffer. Auch Proteine des Blutplasmas puffern über die Imidazolgruppe des Histidins. Weiterführend 7 Lehrbücher der Physiologie. Merke Es gibt über 100 verschiedene Plasmaproteine. Entsprechend ihrer elektrophoretischen Mobilität werden sie in Albumin und in D-E-und J-Globulinfraktionen eingeteilt. Blutplasmaproteine spielen als Transport- und Schutzproteine so wie bei der Aufrechterhaltung des kolloidosmotischen Drucks eine wichtige Rolle. Pathoproteinämien werden in Dys-, Defekt- und Paraproteinämien eingeteilt. Die Dysproteinämien sind die bei weitem häufigsten Abweichungen.
Fallbeispiel
11
Ein 6-jähriges Mädchen kommt mit seinen Eltern in die Ambulanz der Kinderklinik. Das Kind hat Fieber, klagt über starke Knochen- und Bauchschmerzen und erscheint der untersuchenden Ärztin subjektiv kurzatmig. Das Fieber sei vor einigen Stunden »wie angeflogen« plötzlich aufgetreten. Bei der Familienanamnese erfährt die Ärztin, dass die Großeltern des Kindes aus Zentralafrika stammen und die Eltern in Frankreich aufgewachsen seien. In der gesamten Familie seien innerhalb von 2 Generationen 3 Kinder sehr früh verstorben. Nach der Untersuchung, bei der ein sehr druckschmerzhaftes Abdomen ohne nennenswerte Peristaltik auffällt, wird das Blut der jungen Patientin analysiert und diese dann in die Radiologie zur Abdomensonographie gebracht. Hier fällt eine massiv vergrößerte Milz und eine sehr schwache Darmperistaltik, aber keine freie Flüssigkeit im Abdomen auf. Aufgrund des Befundes wird ein Abdomen-CT angefertigt, wobei vorher Kontrastmittel applizierte wird, um eine kontrastreichere Darstellung und eine Darstellung der Gefäßversorgung zu erhalten. Hier erkennt der Radiologe nun sowohl einen akuten Mesenterialarterienverschluss, als auch eine sequestrierte, also massiv mit Blut gefüllte Milz. Inzwischen ist die Blutanalyse komplettiert und es stellt sich eine akute hämolytische Anämie (nur Hb und Hkt sind erniedrigt) dar.
Aufgrund des Gesamtbildes sieht sich die Ärztin nun einen Blutausstrich unter dem Mikroskop an und stellt sichelförmig veränderte Erytrozyten fest. Somit ist die Diagnose einer Sichelzellanämie gesichert. Die so verformten Erythrozyten sind schlechter verformbar als die regelhaften. Die Patientin erhält kristalloide isotone Infusionen, um die Rheologie (Blutfluss) zu verbessern, sowie Erytrozytenkonzentrate und wird in der kinderchirurgischen Abteilung sofort operiert. Nach der Entfernung des Thrombus aus der Mesenterialarterie und der Entfernung der Milz bessert sich der Zustand der Patientin in den folgenden Tagen deutlich und sie kann nach dreiwöchigem Krankenhausaufenthalt wieder nach Hause. Der betreuende Kinderarzt wird informiert und führt engmaschige Kontrollen durch. Die homozygoten Merkmalsträger haben immer eine hämolytische Anämie (die Erythrozyten leben nur 10–15 Tage), allerdings ist dies durch entsprechende Neubildung kompensiert. Die Erkrankung hatte die Patientin zwar schon von Geburt an, es gab aber bis jetzt nie Probleme. Erst eine starke virale Infektion hat zur Dekompensation des Gleichgewichts ZelluntergangZellneubildung geführt. Ein verstärktes Auftreten dieser Genmutation findet man in bestimmten Gebieten Afrikas, da Sichelzellen nicht von Malariaerregern befallen werden können. Somit bot und bietet diese Mutation in Malariagebieten einen Vorteil in der Evulotion.
12
173
12 Leber Mind Map Die Leber erhält über die Pfortader die aus dem Verdauungstrakt resorbierten Stoffe. Diese werden entweder für den Eigenbedarf verwendet oder gespeichert, umgebaut und in den allgemeinen Körperkreislauf
abgegeben. Die Leber ist auch Ausscheidungsorgan für körpereigene und körperfremde Stoffe. In der Leber werden Proteine abgebaut.
12
174
Kapitel 12 · Leber
Die Leber ist ein Zentralorgan des intermediären Stoffwechsels (GK Physiologie, 7 Kap. 7.4.4). Im Kohlenhydratstoffwechsel ist sie verantwortlich für die Aufrechterhaltung des Blutglucosespiegels durch: 4 die Glycogenspeicherung und Glycogenolyse, 4 die Gluconeogenese und 4 die Verstoffwechselung von Galactose und Fructose. Die Leber ist ein zentrales Organ des Fettstoffwechsels durch: 4 Fettsäureabbau und -synthese, 4 Ketonkörperbildung, 4 Neutralfettsynthese (VLDL), 4 Abbau von LDL und HDL und 4 Cholesterol-, Gallensäure- und 7-Dehydrocholesterolsynthesen.
12
Die Leber spielt eine zentrale Rolle im Aminosäureund Proteinstoffwechsel: Mit Ausnahme der Aminosäuren mit verzweigten Resten werden alle Aminosäuren in der Leber abgebaut, die Harnstoffsynthese läuft ausschließlich in der Leber ab.Es erfolgt die Decarboxylierung von Aminosäuren zu biogenen Aminen und die Biosynthese nichtessenzieller Aminosäuren, die Kreatin-Synthese. Zudem werden die meisten Blutplasmaproteine in der Leber gebildet. Die Leber reagiert auf akute Entzündungsreaktionen mit der vermehrten Bildung der so genannten AkutePhase-Proteine, deren Bedeutung in der lokalen Begrenzung des Entzündungsprozesses liegt (z. B. Fibrinogen, D1-Antiproteinase, C-reaktives Protein, Komplementfaktoren) (. Tab. 12.1). Außerdem werden viele Blutplasmaproteine in der Leber abgebaut. Die Leber ist abgesehen von Glycogen und im beschränkten Umfang für Neutralfette ein Speicherorgan für:
4 Kupfer, 4 die fettlöslichen Vitamine A und D sowie 4 Vitamin B12 und in sehr beschränktem Umfang für Folsäure. 12.1
Energiestoffwechsel
Der Abbau von Glucose, Fett- und Aminosäuren in der Leber dient der Energiegewinnung. Die Abbaumechanismen sind in den entsprechenden Kapiteln abgehandelt. 12.2
Serviceleistungen
Die Leber hat eine zentrale Bedeutung für die Aufrechterhaltung der Blutglucosekonzentration (Glycogenolyse, Gluconeogenese). Sie liefert Neutralfette, die in Form der VLDL an die Körperperipherie abgegeben werden. Auch die HDL werden in der Leber gebildet. Die Ketogenese liefert bei Glucosemangel die nötigen Energiesubstrate für das Gehirn. Die meisten Blutplasmaproteine werden in der Leber gebildet. Die wichtigste Reaktion zur Ammoniakentgiftung ist der nur in der Leber ablaufende Harnstoffzyklus. KLINIK Die häufigste Ursache für eine Leberzellschädigung ist der Alkoholismus. Zunächst kommt es zur Ausbildung einer Fettleber (s. o.). Später entsteht eine Leberzirrhose, an deren Ausbildung der Acetaldehyd und die bei der Ethanol- und Acetaldehydoxidation aus H2O2 entstehenden reaktiven Sauerstoffspecies beteiligt sind.
Alkohol wird in der Leber durch die Alkoholdehydrogenase umgesetzt, die aus Ethanol Acetaldehyd bildet. Das anfallende NADH2 stimuliert die Fettsäure- und Neutralfettsynthese über eine vermehrte Bildung von D-Glycerol-
. Tab. 12.1. Akute-Phase-Proteine der Leber
Zuordnung
Protein
Funktion
Gerinnungsfaktoren
Prothrombin, Fibrinogen
Blutgerinnung, Hemmung der Ausbreitung akuter Entzündungen
Komplementsystem
Komponenten C1–C9
Opsonierung
Kallikrein-System
Präkallikrein
Gefäßpermeabilität, Vasodilatation über Kinine (z. B. Bradykinin)
Proteinase-Inhibitoren
α1-Antiproteinase, α1-Antichymotrypsin
Hemmung von Proteolysen
Opsonine
C-reaktives Protein
Opsonierung
Transportproteine
Coeruloplasmin
Radikalfänger, Ferrooxidase
175 12.5 · Biotransformation
phosphat. Bei chronischem Alkoholkonsum kommt es dadurch zur Entstehung der Fettleber. Acetaldehyd liefert durch Aldehyddehydrogenasen zudem Essigsäure. Bei höheren Alkoholkonzentrationen wird auch ein Teil durch das Cytochrom P450 abgebaut. Dieses Enzymsystem ist bei chronischem Alkoholgenuss induzierbar und beschleunigt den Alkoholabbau (7 Kap. 3.6). In den Peroxisomen ist eine Oxidation des Ethanols und Acetaldehyds ebenfalls möglich. Acetaldehyd setzt sich mit Proteinen unter Bildung von Aldiminen nichtenzymatisch um. Diese Reaktion kann Ursache für weitere Schädigungen sein. Ein Mann baut 7 g Ethanol/h ab. Bei Frauen liegt die Kapazität niedriger. Merke 50 g Ethanol sind etwa zu 90 g Protein energieäquivalent. 1 g Ethanol liefert die Energie von 30 kJ/g (7,1 kcal/g).
Die Leber eliminiert lösliche und partikuläre Makromoleküle aus der Blutzirkulation mittels der KupfferZellen (residente Makrophagen) und der Sinusendothelzellen durch Endozytose. Die »Abfallmoleküle« sind Abbauprodukte des Bindegewebes als Folge des normalen Gewebeumbaus, extrazelluläre Enzyme und ihre Enzym-Inhibitor-Komplexe, Gerinnungsfaktoren, lösliche Immunkomplexe, modifizierte Proteine (oxidierte und glycierte Proteine) und Fremdmoleküle, wie bakterielle Endotoxine (Lipopolysaccharide). Die Kapazität der sinusoidalen Leberendothelien ist hoch. Bis zu mehreren Gramm kann die Leber eines Erwachsenen pro Tag aus der Blutzirkulation herausfiltern. Die Hypoglycämie bei Alkoholmissbrauch hat verschiedene Ursachen. Eine verminderte Zufuhr von Kohlenhydraten während des Trinkens bewirkt eine Absenkung des Blutglucosespiegels. Die Dehydrierung des Ethanols führt zu einem Anstieg von NADH2, wodurch vermehrt Dihydroxyacetonphosphat in Glycerolphosphat umgewandelt wird. Weiterhin wird Oxalacetat in Malat überführt. Dadurch kommt es zu einer Hemmung der Gluconeogenese und zu einer stimulierten Ketogenese. 12.3
Cholesterin
In Abhängigkeit von der Zufuhr mit der Nahrung wird die Hauptmenge an Cholesterol in der Leber synthetisiert. Hier erfolgt auch der Umbau zu den Gallensäuren und dem 7-Dehydrocholesterol. Für Details 7 Cholesterolstoffwechsel, 7 Kap. 4.2.3.
12.4
12
Gallenflüssigkeit und Gallensäuren
Cholesterolstoffwechsel, 7 Kap. 4.2.3; GK Physiologie, 7 Kap. 7.4.4. 12.5
Biotransformation
12.5.1 Prinzip und Bedeutung In der Leber finden Biotransformationen statt, um lipophile körpereigene (Endobiotica) und körperfremde Substanzen (Xenobiotika, z. B. Arzneimittel) in eine hydrophile, ausscheidungsfähige Form, die über die Niere oder die Galle eliminiert werden kann oder biologisch aktive Verbindung umzuwandeln. Die Biotransformation wird in 2 Phasen untergliedert: 4 Phase 1 dient der Bildung reaktiver Gruppen (–OH, –NH2; –COOH) durch oxidative und reduktive Prozesse. 4 In Phase 2 werden polare geladene Verbindungen an die polaren Gruppen der Phase I gekoppelt und ermöglichen eine optimale Wasserlöslichkeit. 12.5.2 Phase 1 der Biotransformation In der Phase I spielt das Cytochrom P450-System als Monooxygenase eine sehr wichtige Rolle einerseits bei der Hydroxylierung körpereigener Verbindung (z. B. Steroidhormone) als auch von Arzneimitteln. Weitere durch Monooxygenasen katalysierte Reaktionen sind Dealkylierungen. Andere oxidative Reaktionen sind Desaminierungen unter Bildung von Carbonylgruppen. Nitrogruppen können zu Aminogruppen reduziert werden. 12.5.3 Phase 2 der Biotransformation Die Phase 2 der Biotransformation wird auch Konjugationsphase genannt, wobei die in Phase I gebildeten funktionellen Gruppen an 4 Glucuronsäure (UDP-Glucuronsäure als Donator), 4 Schwefelsäure (PAPS als Donator), 4 Essigsäure (Acetyl-CoA als Donator), 4 Glycin und 4 Taurin gebunden werden.
176
Kapitel 12 · Leber
Prüfungsfallstricke Eine Glucuronidierung kann an OH- und NH2-Gruppen erfolgen.
raminsäure und Fucose schützen Glycoproteine vor dem Abbau in der Leber. Glyco- und Taurocholsäuren sind keine Hauptbestandteile von Gallensteinen. Chronischer Alkoholabusus führt über den oxidativen Alkoholabbau zur Fettleber.
Merke Die Leber ist zentrales Organ im Kohlenhydrat-, Lipid-, Aminosäure- und Proteinstoffwechsel. Die Aufrechterhaltung des Blutglucosespiegels sowie die Entgiftung des NH3 sind lebenserhaltende Funktionen. Die meisten Blutplasmaproteine werden in der Leber gebildet und auch in der Leber abgebaut.
Zusammenfassung Über die Biotransformation werden lipophile körpereigene und körperfremde Stoffe in eine wasserlösliche und damit über den Harn ausscheidungsfähige Form überführt. Alkohol wird in der Leber abgebaut. Die Leber eliminiert über Endozytose durch Kupffer- und sinusoidale Endothelzellen aus dem Proteinabbau des Bindegewebes stammende Proteine, Enzyme, Immunkomplexe, modifizierte Proteine und bakterielle Endotoxine aus der Blutzirkulation. Die Leber sezerniert die Steroide Cholesterol und Gallensäuren in die Galle. Endständige N-Acetyl-Neu-
12.5.4 Induktion des Biotransformations-
systems Alkohol und Barbiturate können eine vermehrte Synthese des Cytochrom P450-Systems induzieren und dadurch den Arzneimittelmetabolismus beschleunigen. 12.6
Endokrine Funktionen
Durch STH werden in der Leber IGF-I und IGF-II gebildet, die v. a. das Knochenwachstum stimulieren. Die Leber ist Abbauort für Hormone, z.B. Insulin oder die Schilddrüsenhormone T3 und T4. Auch die Bildung von T3 aus T4 durch Deiodierung läuft zum Teil in der Leber ab. Weiterhin werden Steroidhormone, wie z. B. die Sexualhormone in der Leber inaktiviert und durch Kopplung an Sulfat oder Glucuronat in eine ausscheidungsfähige Form überführt.
Fallbeispiel
12
Eine 40-jährige Frau stellt sich bei ihrem Hausarzt wegen seit Wochen bestehendem Leistungsabfall und Müdigkeit vor. Anfangs habe sie gedacht, sie habe nur zu viel Stress, aber jetzt sei sie doch beunruhigt. Während des Gesprächs erwähnt sie einen immer wiederkehrenden quälenden Juckreiz sowie in letzter Zeit sehr dunklen Urin. Dem untersuchenden Arzt fällt ein leichter konjunktivaler Ikterus auf. Nach weiterer Befragung gibt die Patientin an, dass schon ihre Mutter »gelbe Augen« und irgendetwas an der Leber gehabt habe. Sie sei vor 10 Jahren gestorben. Die Blutwerte ergeben eine erhöhte alkalische Phosphatase (AP), erhöhte Gammaglutamyltransferase (γ-GT) und erhöhtes Gesamtcholesterin. In der Sonographie des Abdomens sind bis auf eine leichte Dichteerhöhung der Leber keine Besonderheiten festzustellen. Insbesondere die Gallenblase weist weder Konkremente noch entzündliche Veränderungen auf und auch das Pankreas ist, soweit beurteilbar, unauffällig. Mit dem Verdacht auf eine primär hepatische oder auch pankreatische Erkrankung überweist der Arzt die Patientin zur weiteren Bildgebung (CT Abdomen/MR Darstellung der Gallen- und Pankreasgänge) und Labordiagnostik. In der Klinik fällt dann ein deut-
lich erhöhter Titer der AMA (antimitochondrialer Antikörper) und besonders der AMA-M2 auf. Aufgrund der gesamten Befunde wird der Verdacht einer primär biliären Zirrhose (PBC) geäußert. Zur Diagnosesicherung wird eine CT-gesteuerte Punktion der Leber durchgeführt. Die histologische Aufarbeitung zeigt entzündliche Infiltrationen der Portalfelder und Granulome. Die Diagnose der PBC ist nun gesichert. Eine kausale Behandlung der PBC existiert zur Zeit nicht und eine Therapie mit Corticosteroiden kann aufgrund der nicht ausreichenden Studienlage zur Zeit nicht empfohlen werden. Mittel der ersten Wahl ist die Ursodoxycholsäure (UDCA), die ein Leben lang eingenommen werden muss. Hierdurch werden (bis auf das Spätstadium der PBC) in allen Stadien die »Leberwerte« AP, γ-GT, Glutamatdehydrogenase (GLDH), Aspartataminotransferase (ASAT) und Alaninaminotransferase (ALAT) signifikant gesenkt. Allerdings lässt sich »nur« das Fortschreiten der Erkrankung verhindern, nicht jedoch diese aufhalten. Des Weiteren müssen aufgrund der gestörten Gallesekretion im fortgeschrittenen Stadium fettlösliche Vitamine (A, D, E und K) substituiert werden. Bei fortgeschrittener PBC ist die Lebertransplantation eine Therapieoption, die dann in den Vordergrund rückt.
13
179
13 Magendarmtrakt Mind Map Die Ernährung dient der Bereitstellung von Energieträgern für den intermediären Stoffwechsel, aber auch der Zufuhr essenzieller Substrate, wie essenzielle Fett- und Aminosäuren, Vitaminen, Elektrolyten und Spurenelementen. Die Verdauung bewerkstelligt
den Abbau der Nahrungsmittel, wobei sie in ihre Bestandteile gespalten werden. Diese werden im Dünndarm resorbiert. Verdauung und Resorption stehen unter hormoneller und nervaler Kontrolle.
13
180
Kapitel 13 · Magendarmtrakt
13.1
Grundlagen der Ernährung
13.1.1 Wert der Nahrung Der Energiebedarf des Körpers ergibt sich aus dem Grundumsatz, dem Leistungsumsatz und der Thermogenese. Die Ernährung hat den Bedarf an Brenn- und Wirkstoffen, Elektrolyten und Spurenelementen zu decken. Zu den unbedingt erforderlichen Nahrungsbestandteilen gehören die essenziellen Amino- und Fettsäuren, die Vitamine, Elektrolyte und Spurenelemente. Bestandteile der Nahrung sind für die Deckung des Energiebedarfs des Organismus erforderlich. Hauptbestandteile der Nahrung sind Kohlenhydrate, Lipide und Proteine. Physiologische Energiewerte der Nahrungsbestandteile sind: 4 1 g Protein =16,7 kJ (4,1 kcal), 4 1 g Kohlenhydrat =16,8 kJ (4,1 kcal), 4 1 g Fett =37,6 kJ (9,3 kcal), 4 1 g Ethanol =30,0 kJ (7,1 kcal).
13
Mit der Nahrung müssen jedoch auch die essenziellen, d. h. nicht im Organismus synthetisierbaren Stoffwechselmetabolite zugeführt werden, wie essenzielle Fettund Aminosäuren, Vitamine und Spurenelemente. Auch die Zufuhr von Elektrolyten zur Aufrechterhaltung des extrazellulären und intrazellulären Elektrolytgleichgewichts ist lebensnotwendig. Bei einer isokalorischen, aber eiweißfreien Ernährung werden 15–24 g Körperprotein/Tag abgebaut (absolutes N-Minimum). Ein Gleichgewicht von Proteinabbau und -synthese wird durch Zufuhr eines hochwertigen Nahrungseiweißes erreicht. Es liegt bei der Aufnahme von etwa 32 g/Tag (Bilanzminimum). Die wünschenswerte Eiweißzufuhr für einen Erwachsenen liegt bei 1 g/kg Körpergewicht, bei Kindern Schwangeren und stillenden Müttern bei etwa 2 g/kg Körpergewicht. Ein hochwertiges Nahrungseiweiß enthält alle essenziellen und nichtessenziellen Aminosäuren in ausreichender Menge. Tierische Proteine sind bessere Eiweißquellen als pflanzliche Proteine. Jedoch kann durch Kombination pflanzlicher Proteine eine gute Eiweißversorgung erreicht werden, z. B. mit Mais und Bohnen. Fette sind die Hauptenergiequellen der Nahrung. Sie sind im Wesentlichen Triacylglycerole, enthalten aber auch die essenziellen Fettsäuren und fettlöslichen Vitamine. Der Bedarf liegt bei 60 g/Tag. Mitteleuropäische Essgewohnheiten bewirken eine Fettzufuhr von über 130 g/Tag, was die Entwicklung von Adipositas und Arteriosklerose begünstigt.
. Tab. 13.1. Wünschenswerte Energiezufuhr in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht
Personengruppe
Alter (Jahre)
Energie (MJ)
Männer
18–35
11,4
30–50
10,2
50–65
9,7
>65
8,4
18–50
9,2
Frauen Stillende Kinder
12,6 1–3
5,1
4–7
7,2
7–11
9,7
11–18
11,6
Merke Die Nahrungskohlenhydrate bestehen aus Stärke, Glycogen und Saccharose, beim Säugling aus Lactose.
Die Zusammensetzung der Nahrung sollte aus 60% Kohlenhydraten, maximal 25% Fett und 15% Proteinen bestehen. Dem Anteil an pflanzlichen Ernährungsmitteln sollte wegen der wichtigen Ballaststoffe Beachtung geschenkt werden. Pflanzliche Kost soll das Arteriosklerose- und Krebsrisiko mindern, wenn mindestens 500 g (optimal 650 g) Obst und Gemüse/Tag gegessen werden. Die wünschenswerte Energiezufuhr ist abhängig von Alter, Geschlecht und Tätigkeit. Schwere körperliche Arbeit erhöht den Energiebedarf. Der Energiebedarf nimmt mit zunehmendem Alter ab, da Grundumsatz und körperliche Aktivitäten sinken (. Abb. 13.1). 13.1.2 Essenzielle Nahrungsbestandteile Lebensnotwendig ist die Zufuhr der essenziellen Aminound Fettsäuren sowie der Vitamine und Spurenelemente. 13.1.3 Bilanz Eine ausgeglichene N-Bilanz liegt vor, wenn ein gesunder Erwachsener diejenige Menge an Stickstoff ausscheidet, die er mit den Nahrungsproteinen aufgenom-
181 13.2 · Verdauung und Resorption
men hat. Das Bilanzminimum liegt bei 32 g Protein/ Tag. Der obligatorische N-Verlust ergibt sich aus dem Proteinumsatz bei eiweißfreier Ernährung (negative N-Bilanz). Er beträgt etwa 340 mg Protein/kg Körpergewicht, also etwa 24 g Protein/Tag. Der Proteinumsatz (Protein-Turnover) ist der in einem dynamischen Gleichgewicht in einer Zeiteinheit erfolgende Umsatz eines Proteins, der sich aus Synthese und Abbau zusammensetzt. Ein hoher Turnover liegt vor, wenn ein Protein schnell auf-, aber auch abgebaut wird (Induktion und Repression der Enzymsynthese, 7 Kap. 2.1.5). 50–55% des Energiebedarfs sollten durch Kohlenhydrate gedeckt werden. Nahrungslipide bestehen vorrangig aus Neutralfetten. Der Bedarf von 60 g/Tag wird häufig überschritten. 13.1.4 Parenterale Ernährung Die parenterale Ernährung ist eine klinische Behandlungsform, bei der über meist intravenöse DauertropfInfusionen Aminosäuregemische, Glucose, Mineralien und Vitamine, ggf. auch Fettemulsionen verabreicht werden. 13.2
Verdauung und Resorption
13.2.1 Verdauungssekrete Das Volumen der täglich gebildeten Sekrete des Gastrointestinaltraktes beträgt 9–10 l. Davon entfallen 0,5–1,5 l auf den Speichel, etwa 3 l auf den Magensaft, 3 l auf das Pankreassekret, 1–2 l auf die Dünndarmsekrete und 500 ml auf die Galle. Der Speichel ist eine hypotone, an Kalium und Hydrogencarbonat reiche Flüssigkeit. Er ist reich an Mucinen, die für die Gleitfähigkeit der Speisen notwendig sind. Sein pH-Wert liegt um 6. Die Speichelamylase ist für den Beginn des Stärkeabbaus in der Mundhöhle verantwortlich. Sie wird durch Cl-Ionen aktiviert. Der N. vagus stimuliert die Speichelsekretion. Der Speichel der Mundhöhle ist ein Gemisch aus den Sekreten der großen und kleinen Speicheldrüsen. Das Nüchternsekret des Magens hat einen pH-Wert um 1, was der Konzentration einer 0,1 molaren HCl entspricht. Die Salzsäure wird in den Belegzellen der Magenschleimhaut gebildet. Eine H+/K+-ATPase ist für die Ausschleusung der Protonen verantwortlich. Magensaft enthält die Proteinase Pepsin, die aus dem Proenzym Pepsinogen durch limitierte Proteolyse gebildet wird. In den Nebenzellen werden Mucine synthe-
13
tisiert, die dem Schutz der Magenschleimhaut vor einer Selbstverdauung dienen. Das Pankreassekret ist eine hydrogencarbonatreiche Flüssigkeit mit einem pH-Wert um 8. Das Hydrogencarbonat dient der Neutralisation des sauren Mageninhalts im Duodenum. Die im Pankreassaft vorliegenden Eiweiß abbauenden Enzyme werden als Proenzyme sezerniert, die durch limitierte Proteolyse aktiviert werden. Dabei spielen die Enteropeptidase und das Trypsin eine entscheidende Rolle. Weiterhin werden im Pankreas eine Lipase, Cholesterolesterase, D-Amylase sowie DNAsen und RNAsen gebildet. Die Gallenflüssigkeit enthält neben Cholesterol die für die Fettverdauung notwendigen Gallensäuren, Gallenfarbstoffe (Bilirubin) und Mucine. Über die Galle werden auch Steroidhormone und viele Medikamente ausgeschieden. In der Dünndarmmukosa befinden sich Aminound Dipeptidasen, Disaccharidasen, Nucleotidasen und Nucleosidasen. Durch abschilfernde Epithelien gelangen diese Enzyme auch in das Darmsekret. Die Sekretion von HCl und Pepsinogen im Magen wird durch vagale Reize sowie Gastrin und Histamin stimuliert. Die Mucinproduktion wird durch cholinerge Reize, Sekretin und Prostaglandin E gefördert und durch Glucocorticoide gehemmt. Sekretin und das vasoaktive intestinale Peptid (VIP) fördern die Bildung des hydrogencarbonatreichen Pankreassekrets. Die Enzymsekretion wird durch vagale Reize, Cholecystokinin/Pankreozymin, Sekretin und VIP gefördert. Gallensäuren stimulieren die Gallesekretion durch die Hepatozyten. Cholecystokinin/Pankreozymin bewirkt eine Kontraktion der Gallenblase. 13.2.2 Kohlenhydrate Die wichtigsten Nahrungskohlenhydrate sind Stärke, Saccharose und Lactose. Der Stärkeabbau beginnt in der Mundhöhle durch die α-Amylase des Speichels, die 1,4-D-glycosidische Bindungen spaltet, wobei entsprechend der Verweildauer im Mund schon die Abbauprodukte Maltose und Isomaltose (süßer Geschmack) entstehen können. Intermediär werden Dextrine (höher molekulargewichtige Abbauprodukte) gebildet. Der Hauptabbau der Stärke vollzieht sich durch die pankreatische D-Amylase im Dünndarm zu den Maltosederivaten, die durch die Disaccharidasen Maltase und Isomaltase (1,4- bzw. 1,6-D-Glucosidasen) der Dünndarmmukosa zu Glucose hydrolysiert werden. Die Saccharidase (1,2-E-Fructosidase) spaltet Saccharose in Glucose und Fructose. Das Enzym tritt im
182
Kapitel 13 · Magendarmtrakt
Komplex mit Isomaltase in der Dünndarmschleimhaut auf. Lactase (1,4-E-Galactosidase) baut den Milchzucker zu Galactose und Glucose ab. Glucose wird in einem sekundär aktiven Transport zusammen mit Na+-Ionen (Symport) in die Mukosazellen aufgenommen. Für den Transport aus der Mukosa in das Pfortaderblut ist der GLUT 1-Transporter zuständig (Uniport). Auch in den Tubuluszellen der Niere wird Glucose im Symport mit Na+ resorbiert. Die Resorption von Fructose und Galactose im Darm erfolgt durch erleichterte Diffusion. Prüfungsfallstricke Die Glucoseresorption im Dünndarm ist nicht abhängig von Insulin. Die Endabbauprodukte der Stärke durch dieα-Amylase (Parotis, Pankreas) sind Maltose und Isomaltose. Glucose ist nur ein Nebenprodukt, welches bei der Spaltung von Trisacchariden entsteht.
Für den Glycogenabbau im Magendarmtrakt sind ebenfalls die Amylasen verantwortlich. KLINIK
13
Die Lactaseexpression in der Dünndarmschleimhaut nimmt mit zunehmendem Alter ab. Bei Europäern ist ein absolutes Lactasedefizit selten, bei Asiaten und Afrikanern jedoch häufiger. Infolge des gestörten Abbaus von Milchzucker kommt es zu einer Lactose-Unverträglichkeit mit Diarrhöen, Meteorismus und Krämpfen durch mikrobielle Abbauprodukte der Lactose. Eine mit Lactase vorbehandelte Milch (lactosefrei) ist gut verträglich. Ein Gen-Defekt im Isomaltase/SaccharaseKomplex ruft infolge einer beeinträchtigten Saccharosespaltung ähnliche Symptome hervor. Genetische Defekte im Na+-Glucose-Symportsystem führen zu einer Glucose-Unverträglichkeit, die Ähnlichkeit mit dem Lactasemangel zeigt.
13.2.3 Proteine Die Eiweißverdauung beginnt im Magen durch die Endopeptidase Pepsin (Asparaginsäureproteinase, pH-Optimum 1–2), wobei Polypeptide entstehen, die die Bildung und Sekretion von Gastrin stimulieren, welches die Pepsinogen- und HCl-Produktion der Magenschleimhaut fördert. Pepsin wird als Proenzym Pepsinogen von den Hauptzellen sezerniert und zu einem geringen Teil
durch die Protonen der Magensäure in Pepsin überführt. Dieses katalysiert autokatalytisch seine weitere Bildung aus Pepsinogen. Ein Isoenzym des Pepsins im Säuglingsmagen, das Gastricsin (Gastricin, Labferment, pH-Optimum ~4) ist für die Labwirkung des Magensaftes durch Überführung von löslichem Casein der Milch in unlösliches Casein verantwortlich (Labwirkung). Seine Wirkung wird schon in den ersten Lebensmonaten durch Pepsin übernommen. Der weitere Eiweißabbau vollzieht sich im Duodenum und Dünndarm. Dabei spielen die pankreatischen Enzyme Trypsin (Endopetidase, Serinprotease, pH-Optimum 6–8), Chymotrypsin (Endopetidase, Serin-Protease, pH-Optimum 6–8), Elastase (Charakteristika wie Trypsin) und Carboxypeptidasen (Exopeptidasen, Zn-Enzyme), die als Proenzyme gebildet und durch limitierte Proteolyse aktiviert werden, eine entscheidende Rolle. Von besonderer Bedeutung ist die Aktivierung des Trypsinogens durch die Enteropetidase des Duodenums zusammen mit Ca2+-Ionen. Die autokatalytische Wirkung des Trypsins auf Trypsinogen ist ebenfalls möglich. Trypsin aktiviert Chymotrypsinogen zu Chymotrypsin, Proelastase zu Elastase und die Procarboxypeptidasen zu den aktiven Carboxypeptidasen. Auf der Mukosamembran des Dünndarms werden Aminopetidasen, Di- und Tripeptidasen exprimiert. Durch die konzertierte Wirkung dieser proteolytischen Enzyme werden die Nahrungsproteine in Aminosäuren, zu einem geringen Teil auch nur zu Di- und Tripeptiden gespalten, die ebenfalls resorbiert werden können. Die Resorption der Aminosäuren vollzieht sich im Symport mit Na+-Ionen (Analogie zu Glucose). Die Na+-Ionen werden durch die Na+/K+-ATPase unter Verbrauch von ATP aus der Mukosa wieder herausbefördert (deshalb sekundär aktiver Transport). Für die Aminosäureresorption existieren spezifische Transportsysteme, die selektiv neutrale, basische und saure Aminosäuren befördern. Auch Oligo- und Dipeptide werden aus dem Darm mittels eines sekundär aktiven Transports (Symport mit H+, ATP-abhängiger Na+/H+Austausch) in die Mukosazellen resorbiert und dort in ihre Aminosäuren gespalten. Die resorbierten Aminosäuren gelangen über die Pfortader zur Leber. Prüfungsfallstricke Valin, Leucin und Isoleucin werden nicht in der Leber, sondern in der Muskulatur abgebaut.
183 13.2 · Verdauung und Resorption
Die aus dem Proteinabbau der Nahrungsproteine sowie die aus der Proteolyse von Körperproteinen stammenden Aminosäuren gehen in einen gemeinsamen Pool (labile Mischphase), aus dem ihr weiteres Stoffwechselschicksal zufällig entschieden wird. Merke Der Abbau von Nahrungseiweißen beginnt im Magen durch Pepsin, einer Asparaginsäureendopeptidase mit einem pH-Optimum von 1–2. Sie wird durch limitierte Proteolyse durch den sauren pH des Magensafts und Autokatalyse aktiviert. Im Säuglingsmagen ist das Gastricsin aktiv. Im Dünndarm wirken die pankreatischen Enzyme Trypsin, Chymotrypsin, Elastase und Carboxypeptidasen, die als Proenzyme sezerniert und durch Trypsin aktiviert werden. Trypsin selbst wird durch die duodenale Enteropeptidase und Autokatalyse aktiviert. Die durch das Pankreas sezernierten Endopeptidasen sind Serinenzyme. Die Carboxypeptidasen sind Zn-Enzyme. Die in der Mukosaschleimhaut befindlichen Amino-, Di- und Tripeptidasen setzen den Abbau fort. Aminosäuren werden im Symport mit Na-Ionen mittels eines sekundär aktiven Transports resorbiert. Dafür existieren spezifische Carrier, die zwischen neutralen, basischen und sauren Aminosäuren selektieren. Auch Di- und Tripeptide werden mittels eines sekundär aktiven Transports resorbiert und in der Mukosazelle endgültig abgebaut.
Prüfungsfallstricke Pepsin, Trypsin, Chymotrypsin, Elastase und die Procarboxypeptidasen werden als inaktive Proenzyme sezerniert. Gastrointestinale Enzyme ohne inaktives Proenzym als Vorstufe sind die pankreatischen Amylase, Lipase, DNAsen, RNAsen sowie die in den Membranen der Mukosazellen befindlichen Amino- und Dipeptidasen, Nucleosidasen und Nucleotidasen.
Der freie Aminosäurepool beträgt etwa 100 g. 13.2.4 Lipide Die Verdauung von Lipiden findet im Dünndarm statt. Voraussetzung ist eine feintropfige Emulgierung des Nahrungsfetts durch Gallensäuren.
13
Für die Verdauung werden im Pankreas eine Lipase, Phospholipasen und Cholesterolesterase, in der Mukosa Cholesterolesterase und Phosphodiesterasen gebildet. Die Lipase spaltet Triacylglycerole in β-Monoacylglycerole und 2 Fettsäuren. Das Enzym wird zusammen mit einer Co-Lipase sezerniert, die das Enzym an die emulgierten Fetttröpfchen bindet. Eine Magenlipase ist für die Fettverdauung ohne größere Bedeutung. Die Phospholipasen spalten Phosphatide. Dabei entstehen Lysophosphatide. Monoglyceride, Lysophosphatide und Gallensäuren bilden Micellen, in welche die hydrophoben zur Resorption bestimmten Fettsäuren, Cholesterol und fettlöslichen Vitamine eingeschlossen werden. Die Micellen lösen sich an der Oberfläche der Mukosazellen auf und die Bestandteile werden in die Zellen aufgenommen. Gallensäuren werden erst im unteren Ileum resorbiert. In der Mukosazelle erfolgt die Resynthese von Neutralfetten, Phosphatiden und Cholesterolestern. Merke Monoglyceride können direkt mit aktivierten Fettsäuren verestert werden.
Glycerol wird mittels einer Kinase phosphoryliert und ist damit für die Phosphatid- und Neutralfettsynthesen verfügbar. Bei einem Überschuss von Monoglyceriden setzt eine mukosaspezifische Monoacylglycerollipase Fettsäuren für die Neutralfettsynthese frei. Im Golgi-Komplex erfolgt die Assemblierung der resynthetisierten Lipide mit Apolipoprotein B48 und Apolipoprotein A. Für den Lipidtransport in den Golgi-Apparat ist ein Triacylglycerol-Transferprotein erforderlich. Die gebildeten Chylomikronen werden in die Lymphe durch Exozytose abgegeben. Merke Neutralfette bilden mit Gallensäuren keine Micellen.
13.2.5 Vitamine Wasserlösliche Vitamine werden z. T. im Symport mit Na-Ionen oder durch einfache erleichterte Diffusion in die Mukosazellen aufgenommen. Das Vitamin B12 hat aber einen wesentlich komplexeren Resorptionsmechanismus.
184
Kapitel 13 · Magendarmtrakt
Fettlösliche Vitamine werden wie Fett in Micellen aufgenommen und aus diesen resorbiert. Vitamin K kann auch noch im Dickdarm resorbiert werden. Für Details 7 Kap. 8. 13.3
Wasser, Elektrolyte
GK Physiologie, 7 Kap. 9. 13.4
Endokrine Funktionen
7 Kap. 9.4.
13.5
Pathobiochemie
Maldigestion bedeutet Störungen der Verdauung durch einen Mangel an Verdauungsenzymen, z. B. von Pankreasenzymen infolge einer Mukoviszidose oder einer chronischen Pankreasinsuffizienz anderer Genese; Atrophie der Magenschleimhaut infolge einer chronischen Gastritis (Fehlen von Pepsin); Gallensekretions- und Abflussstörungen, die die Fettverdauung beeinträchtigen (Steatorrhoe) oder ein Mangel an Disaccharidasen (Saccharase, Maltase, Lactase), die
zu einer Saccharose-, Maltose- bzw. Lactose-Intoleranz führt. Die Stärke-Intoleranz der Säuglinge beruht auf einem physiologischen Fehlen der Amylasen in den ersten Lebenswochen. Malabsorption betrifft insbesondere angeborene Defekte der Transportsysteme für Glucose und Galactose in der Dünndarmmukosa. Sprue (idiopathische Steatorrhoe) ist durch Malabsorption von Fetten, Glucose, Aminosäuren und Vitaminen gekennzeichnet. Ihre Ätiologie ist unklar, die Symptomatik vielfältig. Der Dünndarm zeigt eine Zottenatrophie. Zoeliakie ist eine chronische, schon bei Kindern manifeste Verdauungsinsuffizienz mit Malabsorption infolge einer Unverträglichkeit von Gluten (Getreideproteine). Im Serum sind Antikörper gegen Gluten nachweisbar. Die Zoeliakie des Kindesalters entspricht der einheimischen Sprue des Erwachsenen. Das Dumping-Syndrom ist ein PostgastrektomieSyndrom nach Magen- (Ösophagus-) Darmanastomosen. Früh-Dumping (sofort bis 1 h nach Nahrungsaufnahme) wird durch die schnelle Passage des Speisebreis in den Dünndarm verursacht. Spät-Dumping (1–3 h nach einer Mahlzeit) entsteht durch die rasch anflutende postprandiale Hyperglycämie mit folgender reaktiver Hypoglycämie.
Fallbeispiel
13
Eine 39-jährige Frau kommt an einem Sonntag nachmittag in die Ambulanz einer Klinik, da sie seit dem Vortag nach dem Essen ständig erbrechen müsste und seit dieser Zeit ihr Stuhl ganz hell sei. Auf Nachfrage gibt sie an, solche Beschwerden noch nie gehabt zu haben und bis jetzt immer völlig gesund gewesen zu sein. Bei der körperlichen Untersuchung zeigt sich eine leicht übergewichtige Frau in gutem Allgemeinzustand und es ergeben sich bis auf einen leicht druckschmerzhaften rechten Oberbauch keine pathologischen Untersuchungsbefunde. Allerdings zeigt sich in der angefertigten Routineblutuntersuchung ein leichter Anstieg des direkten Bilirubins auf 2,8 mg/dl (Grenzwert 1,1 mg/dl). In der abdominellen Sonographie stellt sich eine prall gefüllte Gallenblase dar, aber Steine lassen sich nicht identifizieren. Die diensthabende Internistin stellt die Verdachtsdiag-
nose eines Gallengangssteines mit Cholestase und nimmt die Patientin zur weiteren Abklärung am nächsten Tag stationär auf. In der Darstellung der Gallengänge mittels Magnetresonanztomographie am folgenden Tag zeigt sich ein Konkrement unmittelbar vor der Papille. In der Kontrolluntersuchung der Blutwerte ergibt sich ein erneuter Anstieg des Bilirubins auf 4,6 mg/dl und klinisch zeigt die Patientin einen beginnenden Sklerenikterus. Noch am gleichen Nachmittag wird eine endoskopische retrograde Cholangiographie (ERC) durchgeführt, bei der die Papille gedehnt und der Stein geborgen wird. Die Laborparameter normalisierten sich in den nächsten Tagen und nach Aufklärung über wahrscheinliche Rezidive entscheidet sich die Patientin für eine geplante endoskopische Entfernung der Gallenblase.
14
187
14
14 Fettgewebe Mind Map Bei einem normalgewichtigen Menschen macht das Fettgewebe 10–15% des Körpergewichts aus. Es ist der wichtigste Energiespeicher, der den Energiebedarf für 30–40 Tage deckt. Im Vergleich dazu reichen
die Glycogenreserven nur maximal 24 h. Die Körperproteine sind nur bedingt als Energiespeicher zu betrachten, da sie essenzielle Funktionen im Organismus wahrnehmen. Das Fettgewebe ist auch hormonell aktiv.
14
188
Kapitel 14 · Fettgewebe
14.1
Stoffwechselleistungen
In der Fettzelle laufen Lipogenese und Lipolyse nebeneinander ab. Die Stoffwechselprozesse haben unterschiedliche Enzyme und Regulationen. In der Lipolyse entstandene Fettsäuren können nach Aktivierung in einem Reveresterungszyklus mit Glycerophosphat erneut zu Neutralfetten aufgebaut werden. Ansonsten werden die in der Lipolyse entstandenen Fettsäuren in das Blut abgegeben, an Albumin gebunden transportiert und in der Muskulatur, dem Myokard und der Nierenrinde oxidativ verstoffwechselt. Das wichtigste Substrat für die Neutralfettsynthese in den Adipozyten sind die Triacylglycerole der Chylomikronen und VLDL. Diese werden durch die Lipoproteinlipase abgebaut. Das entstehende Glycerol wird in die Leber, die Fettsäuren in die Fettzellen befördert und mit α-Glycerophosphat verestert. Das erforderliche Glycerophosphat wird durch Reduktion von Dihydroxyaceton-Phosphat erhalten, welches dem Glucoseabbau durch Glycolyse entstammt. Glucose kann über den Abbau zu Acetyl-CoA (via Pyruvat und Pyruvat-Dehydrogenase) dem Aufbau von Fettsäuren zugeführt werden. In der Leber spielt dieser Weg zur Verwertung von Glucose, die nicht als Glycogen gespeichert oder nicht zur Energiegewinnung genutzt wird, eine Rolle. Beim Menschen scheint diese Möglichkeit in den Adipozyten nicht von Bedeutung zu sein: die Fettsynthese in Adipozyten aus Glucose beim Menschen spielt nur eine untergeordnete Rolle, da die folgenden erforderlichen Enzyme nur gering exprimiert werden: 4 Pyruvat-Dehydrogenase, 4 ATP-Citrat-Lyase, 4 Acetyl-CoA-Carboxylase 4 Fettsäuresynthetase. Glucose dient v. a der Bereitstellung von Dihydroxyacetonphosphat über die Glycolyse. Die Fettsäuren entstammen den Chylomikronen und VLDL. Die Lipolyse steht unter Kontrolle der hormonsensitiven Triacylglycerollipase, die Fettsäuren bei Nahrungsmangel oder der Postresorptionsphase aus dem Fettgewebe mobilisiert. Neutralfettsynthese und -abbau werden hormonal reguliert. Insulin fördert die Lipogenese, Adrenalin und Noradrenalin fördern die Lipolyse. Insulin stimuliert: 4 die Induktion der Lipoproteinlipase, 4 die Glucoseaufnahme über Glut 4 und 4 die Glucoseverwertung in den Adipozyten.
Die Katecholamine stimulieren die Lipolyse über die Bindung an E2-Rezeptoren und die Aktivierung der Adenylatzyklase und der Lipase. Gynoides Fett besitzt einen Überschuss an D2-Rezeptoren für Katecholamine, die über die Stimulierung von Gi-Proteinen zu einer Hemmung der Adenylatzyklase führen. Schilddrüsenhormone und Glucocorticoide wirken erst nach einer Latenz lipolytisch. Die Rolle von Glucagon in der Lipolyse ist beim Menschen unklar. 14.2
Endokrine Funktion
Das Fettgewebe ist nicht nur Energiereserve, sondern auch endokrin aktiv. Es sezerniert 4 Renin, Angiotensinogen, ACE (angiotensin converting enzyme); 4 Zytokine wie TNF und TGF; 4 Estriol, 4 Leptin und die Adipokine Adiponectin und Resistin. Fettgewebe besitzt eine hohe Aromataseaktivität. Die in der Postmenopause gebildeten Östrogene (v. a. Estriol) entstammen dem Fettgewebe. Beim Mann sind sie für gynoide Veränderungen verantwortlich. Die Bildung des Peptidhormons Leptin ist proportional der Fettmasse. Leptin reguliert über Bindung an hypothalamische Rezeptoren Appetit und Nahrungsaufnahme. Dadurch wird die Konstanz der Körpermasse gewährleistet. Leptin hemmt über hypothalamische Zentren mit Bindung an einen Leptin-Rezeptor die Neuropeptid Y-Sekretion, welche das Sättigungsgefühl beeinflusst. Adiponectin sensibilisiert das Fettgewebe für die Wirkungen des Insulins. Resistin erhöht die Insulinresistenz des Fettgewebes. KLINIK Auch bei Adipösen entspricht die Leptinbildung der Fettmasse. Ein Defekt des Leptinrezeptors im Hypothalamus scheint eine Rolle bei der übermäßigen Fettspeicherung zu spielen. Adipositas fördert die Entstehung von Arteriosklerose, Hypertonie, des metabolischen Syndroms und des Typ-2-Diabetes.
189 14.2 · Endokrine Funktion
14
Fallbeispiel Ein 57-jähriger, deutlich übergewichtiger Programmierer (BMI 31 = Adipositas) kommt zu seiner Hausärztin, weil er gerne einen »Check-up« machen lassen würde. Er sei nicht mehr ganz so leistungsfähig wie früher und werde schnell kurzatmig. Bezüglich seiner Lebensgewohnheiten gibt er an, ca. 1 Packung Zigaretten pro Tag zu rauchen und gerne und viel zu essen. Regelmäßigen Alkoholgenuss verneint er glaubhaft. Aus der relevanten medizinischen Vorgeschichte ist lediglich eine schwer einstellbare arterielle Hypertonie bekannt. Auch im Moment der Untersuchung ist der Patient deutlich hyperton (RR 160/90). Die weitere körperliche Untersuchung zeigt keine pathologischen Befunde. Zur weiteren Diagnostik nimmt die Ärztin Blut ab und führt einen oralen Glucosetoleranztest (OGTT) durch: nach der Bestimmung des Blutzuckerwerts erhält der Patient 100 g Glucose als Trinklösung. Nach 2 h wird erneut der Blutzuckerwert ermittelt. Bei normalem Nüchternwert zeigt sich bei dem Patienten
ein Wert von 210 mg/dl nach 2 h. Per Definition handelt es sich hierbei um einen manifesten Diabetes mellitus Typ II. In dem am folgenden Tag eintreffenden Blutbild zeigen sich als zusätzlicher pathologischer Wert noch erhöhte Triglyceride. Somit handelt es sich hier um ein metabolisches Syndrom (Wohlstandssyndrom): Zusammentreffen der 4 Risikofaktoren Adipositas, Triglyceriderhöhung, Hypertonie und Diabetes mellitus Typ II. Die Ärztin klärt den Patienten eingehend über diese Erkrankung auf und erläutert das ausgeprägte Risikoprofil. Hierzu zählen die vorzeitige Arteriosklerose (Herzinfarkt, Schlaganfall), Mikroangiopathien mit Schädigung von Auge und Niere sowie Neuropathien. Der Patient erhält weiterhin eine zunächst orale Therapie mit Antidiabetika. Weiterhin empfiehlt die Ärztin eine spezielle Diabetesschulung sowie – als vorrangige Therapie – zur Gewichtsnormalisierung eine grundlegende Ernährungsumstellung sowie körperliche Betätigung. Zusätzlich legt sie ihm nahe, den Nikotinkonsum zu reduzieren bzw. einzustellen.
15
191
15 Niere Mind Map Die Niere dient nicht nur der Harnbereitung, sondern sie hat auch wichtige Stoffwechselleistungen in der Gluconeogenese, dem Aminosäurestoffwechsel und
bei der pH-Regulation zu erfüllen. Weiterhin ist sie ein endokrines Organ.
15
192
Kapitel 15 · Niere
15.1
Energiestoffwechsel
Neben der Leber ist die Niere das einzige Organ, das Gluconeogenese durchführen kann. Diese findet in den proximalen Nierentubuli statt und bevorzugt Glutamin und Glutamat (Ammoniakbildung in der Niere, 7 Kap. 3.5.4, 7 Kap. 4.1.2; GK Physiologie, 7 Kap. 9.2.8). Fettsäuren und Ketonkörper können in den proximalen Nierentubuli zum Zweck der Energiegewinnung abgebaut werden.
1,25-Dihydroxycholecalciferol (Calcitriol) entsteht durch eine 1-Hydroxylierung in der Niere aus dem in der Leber gebildeten 25-Hydroxycholecalciferol unter dem Einfluss des Parathormons. Die in den juxtaglomerulären Zellen gebildete Aspartatproteinase Renin führt zur Aktivierung der Aldosteronausschüttung in der Nebennierenrinde durch Bildung des Angiotensins I aus dem Angiotensinogen (7 Kap. 9.1.1).
Grundlagen der Harnbildung
Merke
15.3
Das Nierenmark kann nur Glucose zur Energiegewinnung verwerten.
GK Physiologie, 7 Kap. 9.2. 15.4
15.2
Endokrine Funktionen
Erythropoetin, ein aus 166 Aminosäuren bestehendes Zytokin, wird in peritubulären Nierenzellen gebildet und stimuliert die Erythropoese. Seine Bildung erfolgt vermehrt bei niedrigem Sauerstoffpartialdruck (z. B. Höhentraining).
Rückresorption
GK Physiologie, 7 Kap. 9.2. 15.5
Ausscheidung von Säuren und Ammoniak
GK Physiologie, 7 Kap. 5.10.3, 7 Kap. 9.2.4 bis 9.2.7.
Fallbeispiel
15
Ein 69-jähriger Patient wird von seinem Hausarzt zur Abklärung einer im Routinelabor gefundenen Anämie zur stationären Aufnahme in eine Klinik geschickt. Hier angekommen berichtet der Patient, dass er sich schon seit einiger Zeit sehr schlapp fühle. Aus dem mitgebrachten Arztbrief geht weiter hervor, dass der Patient an Diabetes mellitus Typ II und einer chronischen Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention (Kreatinin und Harnstoff im Blut erhöht, aber stabil) leidet. Bei der körperlichen Untersuchung zeigt sich ein im Allgemeinzustand leicht reduzierter Patient mit deutlich blassen Schleimhäuten, aber ansonsten kein auffälliger Befund. In der durchgeführten Laboruntersuchung findet sich neben den erhöhten Werten für Kreatinin und Harnstoff eine deutliche Anämie bei 6,7 mg/dl (Norm: 13,5–17 mg/dl). Zur Demaskierung einer dif-
fusen gastrointestinalen Blutung wird eine Haemokult£-Testreihe durchgeführt, die im Laufe des stationären Aufenthalts drei Mal negativ bleibt. Im großen Blutbild am nächsten Tag zeigen sich eine normochrome Anämie mit verminderten Retikulozyten sowie normale Serumeisenwerte. Somit ist eine Blutungs- oder Eisenmangelanämie ausgeschlossen und aufgrund der bekannten Nierenschädigung wird die Diagnose einer renalen Anämie gestellt. Hierbei kommt es durch Nierenzellschädigung zu einer verminderten Konzentration von Erythropoetin (EPO) und somit zur mangelhaften Erythrozytenbildung. Der Patient erhält rekombinantes humanes EPO (z. B. Aranesp®) und der weiter behandelnde Hausarzt die Empfehlung diese Therapie bis zu einem Hb-Wert von mindestens 11 mg/dl beizubehalten.
16
195
16 Muskulatur Mind Map Muskulatur ist nicht nur ein Begriff für quergestreifte Skelettmuskeln, zu denen auch der Herzmuskel gerechnet werden kann, sondern auch für die glatte Muskulatur der Gefäße und Eingeweide. Die glatte Muskulatur unterscheidet sich nicht nur morpholo-
gisch, sondern auch in Bezug auf ihre Ausstattung mit Rezeptoren, Regulatorproteinen und Enzymen von den in der Masse überwiegenden Skelettmuskeln. Muskeln erzeugen mechanische Arbeit und benötigen dazu Energie.
16
16
196
Kapitel 16 · Muskulatur
16.1
Energiestoffwechsel
Glucose und Fettsäuren sind die Energiequellen des Muskels. Bei Sauerstoffmangel entsteht aus Glucose Lactat. Die Glucose wird dabei aus dem Abbau von Glycogen erhalten. Weiterhin wird aus dem Abbau von Fettsäuren und Ketonkörpern ATP gewonnen. Rote Muskelfasern (Typ I) enthalten viel Myoglobin und viele Mitochondrien. Die Aktivität von Glycolyseenzymen ist niedrig, dafür verwerten sie Fettsäuren, besitzen ein hohes oxidatives Phosphorylierungspotenzial – gebunden an den Citratzyklus – und dienen aufgrund ihrer Fähigkeiten zu einem aeroben Stoffwechsel der Ausdauerarbeit. Weiße Muskelfasern (Typ II) verfügen über wenig Myoglobin und wenig Mitochondrien, besitzen eine hohe Glycolysekapazität, aber können Fettsäuren nur schlecht verwerten. Sie sind für die raschen Bewegungen zuständig, ermüden allerdings bald. Bei kurz andauernder maximaler Muskelarbeit ist Kreatinphosphat eine wichtige Energiereserve. Die Oxidation von Aminosäuren, insbesondere von Valin, Isoleucin und Leucin, spielt für die Energiebilanzen eine untergeordnete Rolle. Sie werden in den roten Muskelfasern umgesetzt. Der aus dem Aminosäureabbau stammende Ammoniak wird mittels Alanin und Glutamin zur Leber transportiert. Bei mittelschwerer Arbeit verwertet der Muskel Glucose und Fettsäuren. Die Fettsäureoxidation vermindert die Glucoseaufnahme in die Muskulatur. Bei schwerer Muskelarbeit wird auf die Glycogenreserven zurückgegriffen. Der aerobe Ruheumsatz der Muskulatur dient der Regenerierung von Energiereserven. Fettsäuren werden oxidiert, der weitaus größere Teil wird in Form von Triacylglycerolen gespeichert. Auch der überwiegende Teil der Glucose wird als Glycogen abgelagert. Ein Überschuss an ATP wird als Kreatinphosphat gespeichert. Die Verarmung der Muskulatur an ATP nach Überbelastung führt zur vorübergehenden Bildung fester Aktinmyosinkomplexe und lässt die betroffenen Fasern »erstarren« (Muskelkater). 16.1.1 Skelettmuskel GK Physiologie, 7 Kap. 13.2.
16.1.2 Herzmuskel Der Herzmuskel verwertet oxidativ Glucose, Lactat, Fettsäuren und Ketonkörper zur ATP-Gewinnung. Die Kontraktions- und Relaxationsgeschwindigkeit von Herzmuskelfasern ist niedriger als die der Typ-I-Fasern. Dafür ist ihre Kapazität zur E-Oxidation höher. 16.1.3 Glatte Muskulatur Die glatte Muskulatur deckt ihren Energiebedarf durch den Abbau von Glucose und Fettsäuren. Sie ist zu langen Ausdauerleistungen befähigt. 16.2
Kontraktion, Relaxation
GK Physiologie, 7 Kap. 13.1. 16.3
Endokrine Funktionen
Das Herz ist durch die Freisetzung des atrialen natriuretischen Peptids ein hormonell aktives Organ (7 Kap. 9.5.3). 16.4
Pathobiochemie
Nach einem Herzinfarkt sind die vorhandenen ATPund Kreatinphosphat-Reserven der Kardiomyozyten innerhalb weniger Sekunden aufgebraucht. Wegen des O2-Mangels schaltet das Myokard auf anaerobe Glycolyse mit einem Abbau der Glycogenvorräte um. Die erhöhte zytoplasmatische NADH-Konzentration hemmt die Glyceraldehydphosphatdehydrogenase, wodurch die Glycolyse behindert wird. Die Adenylatkinase kann kurzfristig den ATP-Abfall kompensieren. Nach etwa 20 min sterben die ersten Herzmuskelzellen ab. Infolge der Zellschädigung werden zytosolische Enzyme in das Blut abgegeben, die der Infarktdiagnostik dienen. Sehr früh ist die Aktivität der herzmuskelspezifischen Kreatinkinase MB erhöht. Weiterhin steigt u. a. die Aktivität der Lactatdehydrogenase an.
197 16.4 · Pathobiochemie
16
Fallbeispiel Ein 69-jähriger Patient kommt in die Ambulanz einer Klinik und berichtet, er habe seit einigen Tagen zunehmend dicke Füße und bekomme zunehmend schlechter Luft. Weiterhin gibt er an, an Diabetes mellitus Typ II zu leiden und auch schon mal »etwas am Herzen« gehabt und immer einen zu hohen Blutdruck zu haben. Die körperliche Untersuchung zeigt ausgeprägte Unterschenkelödeme und pulmonale Rasselgeräusche beidseits. Auf Nachfrage gibt der Patient an, dass er wegen der Luftnot schon seit einiger Zeit mit erhöhtem Oberkörper schlafe. Der Patient wird mit dem dringenden Verdacht einer Herzinsuffizienz stationär aufgenommen. Im angefertigten Röntgenbild der Lunge zeigt sich eine deutliche Stauung. Durch Nachfrage beim betreuenden Hausarzt erfährt der Stationsarzt, dass der Patient vor 10 Jahren einen Herzinfarkt erlitten hat und schon
seit geraumer Zeit an Bluthochdruck leidet. Zur weiteren Abklärung wird ein Belastungs-EKG durchgeführt, was der Patient schon bei geringer Belastung wegen Luftnot abbrechen muss. Aufgrund dieser Gesamtkonstellation wird eine Darstellung der Koronargefäße mittels Linksherzkatheter durchgeführt, die eine hochgradige Stenose des Hauptstamms einer Koronararterie zeigt. Hierdurch kommt es schon bei geringer Anstrengung zur relativen Koronarinsuffizienz, da die Myokardzellen nicht mehr die benötigten Substrate für die Energiegewinnung erhalten. Bei einem totalen Verschluss kommt es dann zu einer absoluten Koronarinsuffizienz: die Muskelzellen gehen zugrunde. Der Patient erhält eine medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz und wird in eine herzchirurgische Klinik zur Bypass-OP verlegt.
17
199
17 Stützgewebe Mind Map Knorpel, Knochen und Zähne als Stützgewebe enthalten als organische Matrix vorwiegend Kollagene und Glycosaminoglycane (Proteoglycane). Knochen und Zähne sind entsprechend ihrer biologischen
Funktionen durch Formbeständigkeit und Härte ausgezeichnet. Diese Eigenschaften beruhen auf einem hohen Gehalt an Mineralsubstanzen (GK Anatomie, 7 Kap. 2.5).
17
200
Kapitel 17 · Stützgewebe
17.1
Aufbau von Knorpel, Knochen, Zahnhartsubstanz
17.1.1 Knorpel Knorpel ist elastisch, damit druckresistent und flexibel. Diese Eigenschaften benötigt er als Bestandteil von Gelenkoberflächen und Zwischenwirbelscheiben. Außerdem ist Knorpel eine Vorstufe der Ossifikation. Die Chondrozyten als Zellen der Knorpelmatrix sind in die Knorpelgrundsubstanz eingeschlossen und werden durch Diffusion ernährt. Die Knorpelmatrix besteht aus Kollagen Typ II, Hyaluronsäure und Proteoglycanen. Glycosaminoglycane besitzen ein hohes Wasserbindungsvermögen und sind für den hohen Wassergehalt der Knorpelmatrix (70‒80%). Die Knorpelmatrix enthält weiterhin geringe Mengen an den Kollagenen V, IX und XI, Matriline (»cartilage matrix proteins«) und Proteinaseinhibitoren. Chondroblasten synthetisieren Knorpel und die enchondralen Vorstufen des Knochens.
Zytokine aus der den FGF- (fibroblast growth factor) und TGF- (tumor growth factor) Familien regulieren Wachstum und Differenzierung von Chondround Osteoblasten. Die proinflammatorischen Zytokine IL-1 und TNF stimulieren Osteoklasten und fördern so u.a. auch die Osteoporose-Entstehung. Antiinflammatorische Zytokine wie IL-4, IL-10 und IL-13 hemmen die Osteoklastentätigkeit. Prüfungsfallstricke Östrogene und Androgene fördern die Knochendichte und ihre Biomechanik. Glucocorticoide bewirken eine Demineralisierung.
KLINIK Osteoporose ist ein hohes Gesundheitsrisiko für ältere Menschen. Bei 10% Verlust an anorganischer Knochenmasse erhöht sich das Frakturrisiko um das Doppelte. Die häufigste Ursache für Osteoporose bei Frauen ist der Östrogenabfall in der Postmenopause. Auch Männer können aufgrund eines Androgenmangels an Osteoporose erkranken.
17.1.2 Knochen 17.1.3 Zähne
17
Knochen sind nicht nur Stützgewebe, sondern auch Speicher für Calcium- und Phosphat-Ionen. Im Knochenmark findet die Blutbildung statt. Die anorganischen Bestandteile des Knochens (80%) sind überwiegend Ca-Phosphate in Form von Apatiten [Ca10 (PO4)6]2–. Als Gegen-Ionen fungieren vorwiegend OH- (OH–), aber auch Carbonat- (CO32–) und FluoridIonen (F–). Der Carbonat-Apatit ist spröde und brüchig. Fluor-Apatite besitzen eine besondere Festigkeit und Säureresistenz (7 auch Zähne). 10% der anorganischen Bestandteile des Knochens sind Wasser. Hauptkomponente der organischen Matrix ist Kollagen Typ I. Daneben kommen Proteoglycane, Phosphoproteine und Ca-bindende Proteine, wie Osteocalcin (Vitamin K-abhängig) vor. Osteoblasten/Osteozyten sind für die Knochenneubildung verantwortlich. Zunächst wird ein organisches Osteoid aus Kollagen, Proteoglycanen und Proteinen wie Osteocalcin gebildet. Danach erfolgt die Mineralisation. Osteoklasten bauen Knochenstrukturen ab. Die die extrazelluläre Matrix produzierenden Chondro- und Osteoblasten sind mit den Fibroblasten verwandt und mesenchymalen Ursprungs. Osteoklasten leiten sich von der Monozyten/Makrophagen-Zelllinie ab.
Die Zahnhartgewebe sind Schmelz, Dentin und Zement. Schmelz ist mit einem Wassergehalt von ~2% das wasserärmste Körpergewebe. Der Wassergehalt des Dentins von 10% entspricht dem des Knochens. Zahnzement enthält etwa 10‒15% Wasser. Calciumphosphate in Form von hexaedrischen Apatitkristallen stellen den Hauptanteil der anorganischen Grundsubstanz. Die Schmelzkristalle sind viel größer als die Apatite im Dentin; deren Größe entspricht der der Apatite des Knochens. Die Fluor-Apatite sind für die Kariesresistenz der Zähne von besonderer Bedeutung. Ein erhöhter Fluorgehalt manifestiert sich als Fluorose und ist an den Zähnen erkennbar als bandartige, dunkle Verfärbung. Organische Hauptbestandteile der Zahn-Matrix sind Kollagen und Proteoglycane. Daneben gibt es einen kleinen Anteil cysteinreicher Zahnkeratine. Die Mineralisierung der primär gebildeten organischen Grundsubstanz des Schmelzes bewerkstelligen Ameloblasten ektodermalen Ursprungs, des Dentins die Odontoblasten, die große Ähnlichkeit mit Osteoblasten haben. Die Schmelz- und Dentinbildungen erfolgen simultan in einem definierten extrazellulären Kompartiment: der Dentin-Schmelz-Verbindung.
201 17.4 · Knochen, Zahnhartsubstanz
17.2
Extrazelluläre Matrix
7 Kap. 17.1.1.
17.3
17.4
17
Knochen, Zahnhartsubstanz
7 Kap. 17.1.2 und 7 Kap. 17.1.3.
Knorpelgewebe
7 Kap. 17.1.1.
Fallbeispiel Eine 73-jährige Patientin kommt in die chirurgische Ambulanz einer Klinik, da sie seit geraumer Zeit starke Schmerzen im Schienbein habe und ihre Hausärztin sie jetzt zur weiteren Abklärung überwiesen hat. Ansonsten gibt die Patientin keine Probleme oder Veränderungen an. Der diensthabenden Chirurgin fällt eine deutlich verdickte und verkürzte Tibia rechts auf (Säbelscheiden-Tibia). Diese ist auch deutlich druckschmerzhaft und gegenüber links überwärmt. Das angefertigte Röntgenbild zeigt eine deutliche Sklerose mit Auftreibungen und Deformierungen der Tibia rechts. Die Chirurgin nimmt die Patientin mit der Verdachtsdiagnose Paget-Krankheit und den Differenzialdiagnosen Knochentumor, chronisch entzündlicher Prozess auf. Ein Knochenszintigramm zur Identifizierung stoffwechselaktiver Bezirke am nächsten Tag ergibt eine deutlich erhöhte Aktivität im Becken und im
Schädel. Weiterhin zeigen sich ein deutlich erhöhter Wert für die alkalische Phosphatase (AP) (als Osteoblastenisoenzym) im Blut und eine erhöhte Ausscheidung von Pyridinum-Crosslinks mit dem Urin. In der Knochenbiopsie stellt sich dann die typische Mosaikstruktur mit Vermehrung von Osteoblasten und Osteoklasten dar. Somit ist die Diagnose der Paget-Krankheit gesichert. Diese nach der Osteoporose zweithäufigste Knochenerkrankung tritt familiär gehäuft auf und ist bezüglich der Ätiologie noch nicht geklärt. Es kommt zunächst zu einem ungeordneten Knochenabbau mit sekundärem ungeordneten Aufbau. Dies hat einen aufgetriebenen, mechanisch instabilen Knochen zur Folge. Da derzeit nur die Therapieoption der Hemmung der Osteoklasten besteht, erhält die Patientin Bisphosphonate (z.B. Skelid£) sowie bei Bedarf Analgetika und die Empfehlung zur Durchführung physikalischer Therapien.
18
203
18
18 Nervensystem Mind Map Nervensystem ist ein sehr komplexer Begriff, mit dem das zentrale Nervensystem (ZNS) mit seinem unterschiedlichen morphologischen und chemischen Aufbau dem peripheren Nervensystem mit gleichfalls unterschiedlichen morphologischen und chemischen Merkmalen aus physiologischen und didaktischen Gründen gegenüber gestellt wird. Das Nervensystem des Menschen ist das komplizierteste biologische
System überhaupt, dessen psychologische Komponenten der wissenschaftlichen Interpretation noch viele Aufgaben stellen werden. Das ZNS ist für das Zusammenwirken aller Lebensfunktionen verantwortlich. Das periphere Nervensystem vermittelt den Informationsfluss vom ZNS zur Peripherie und zurück mittels der Nervenleitung (GK Anatomie, 7 Kap. 9; GK Physiologie, 7 Kap. 12, 14, 15, 20).
204
Kapitel 18 · Nervensystem
18.1
Energiestoffwechsel
Eine kontinuierliche Glucosezufuhr ist für das Gehirn von essenzieller Bedeutung. Das Gehirn deckt seinen Energiebedarf aus dem oxidativen Abbau von Glucose; der Bedarf liegt bei 100–120 g/Tag. Dem entspricht ein täglicher ATP-Umsatz von etwa 9–10 mol (4,5–5 kg!). Aus der gebildeten ATP-Menge werden 20% für die membranständigen ATPasen verbraucht. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Blutglucosekonzentration bei 5,5 mmol/l einzuregulieren. Auf eine Absenkung auf unter 3,5 mmol/l reagiert das Gehirn mit erheblichen Ausfallserscheinungen (Bewusstlosigkeit, Krämpfe). Bei längerer Nahrungskarenz kann das Gehirn die Ketonkörper Acetoacetat und β-Hydroxybutyrat anstelle von Glucose verwerten. Aminosäuren sind ebenso wie Fettsäuren keine Energiesubstrate für das Gehirn. Sie spielen jedoch eine wichtige Rolle für die Biosynthese von Neurotransmittern. In diesem Zusammenhang sind Glycin, Glutamat, Glutamin, Tyrosin und Tryptophan zu erwähnen. 18.2
Liquor cerebrospinalis
Die Blut-Hirn-Schranke und der Liquor cerebrospinalis stellen Absicherungen des Gehirns vor Störungen durch den allgemeinen Körpermetabolismus dar. Das Hydrogencarbonatpuffer-System im Liquor unterscheidet sich kaum von dem anderer extrazellulärer Flüssigkeiten. Fettsäuren können die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren. Die Proteinkonzentration im Liquor ist wesentlich geringer als die des Blutplasmas. Die Calcium- und Kaliumkonzentrationen im Liquor unterscheiden sich von der übrigen extrazellulären Flüssigkeit, sie sind deutlich niedriger.
18
Änderungen in der Zusammensetzung des Liquors entstehen infolge Erkrankungen des ZNS. Zur Diagnostik werden Beziehungen zwischen Blutplasma und Liquor hergestellt. Normalwerte sind: 4 Albumin-Quotient L∕P: 1,8–7,4u10–3, 4 IgG-Quotient L∕P: 0,5–3,5u10–3, 4 Glucose-Quotient L∕P: 0,6–0,8. 18.3
Myelin
Oligodendroglia im ZNS und Schwannzellen im peripheren Nervensystem bilden die Myeline der Axone. Die die Markscheiden bildenden Myelinmembranen unterscheiden sich von den Membranen anderer Zellen durch ein sehr niedriges Verhältnis von Proteinen zu Lipiden. Die Myelinmembranen des zentralen und peripheren Nervensystems sind hingegen nur wenig unterschiedlich. Die Myeline des ZNS bestehen aus: 4 Proteolipidkomplexen, 4 dem Myelin-basischen Protein, das dem peripheren Myelin-Protein entspricht, 4 Wolfgram-Proteinen, 4 Tubulinen. Die Myeline der peripheren Myelinscheide enthalten: 4 das Myelin-basische Protein, 4 ein Myelin-assoziiertes Glycoprotein, 4 peripheres Myelin-Protein, 4 als Hauptanteil das Protein Po. 18.4
Erregungsleitung und -übertragung
GK Physiologie, 7 Kap. 12.
205 18.4 · Erregungsleitung und -übertragung
18
Fallbeispiel Eine 30-jährige Frau wird von ihrem Hausarzt in eine neurologische Klinik eingewiesen, da sie immer wieder Doppelbilder sieht und eine deutliche Schwäche der Lidhebermuskeln hat. Bei der Aufnahme berichtet die Patientin, dass sie besonders große Probleme nach langem Kauen (z. B. Verzehr von Fleisch) hat. Dann wäre ihre Sprache sehr verwaschen und sie könne kaum die Zunge bewegen. Bei der klinischen Untersuchung fällt auch noch eine Schwäche der proximalen oberen Extremität auf, allerdings bestehen sonst keinerlei pathologische Befunde. Zum Ausschluss einer cerebralen Läsion wird eine Kernspintomographie angefertigt, die aber ebenfalls keine pathologischen Befunde zeigt. Die Patientin wird mit der Verdachtsdiagnose Myastenia gravis stationär aufgenommen. Bei dieser gar nicht so seltenen Autoimmunerkrankung (Prävalenz 1:7500) sorgen Acetylcholin-
rezeptor-Antikörper für eine Blockierung bzw. Zerstörung der postsynaptischen Acetylcholin-(ACh) Rezeptoren an den motorischen Endplatten. Dadurch kommt es zu Symptomen von rascher Ermüdbarkeit der betroffenen Muskeln bis hin zum kompletten Ausfall. Bei der Patientin wird ein ACh-RezeptorantikörperSuchtest durchgeführt, der positiv ist und somit die Erkrankung beweist. Nach der Diagnosesicherung erhält die Patientin zum einen Steroide zur Immunsuppression und zum anderen ACh-Esterase-Inhibitoren, um die Konzentration von ACh im synaptischen Spalt zu erhöhen und somit die Antikörper von der Rezeptorbindungsstelle zu verdrängen. Die Patientin kann nach 14 Tagen zunächst beschwerdefrei entlassen werden, wird allerdings ambulant an eine neurologische Praxis angebunden.
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207
19
19 Auge Mind Map Das Auge ist ein auf den Sehvorgang spezialisiertes Organ. Sehen basiert auf lichtinduzierten Konformationsänderungen des Rhodopsins in der Retina. Die der Retina vorgeschalteten lichtbrechenden Gewebe besitzen keine oder nur wenige Mitochondrien, die den Strahlendurchgang beeinträchtigen könnten. Die Bereitstellung von Energie erfolgt überwiegend durch Glycolyse.
Im Auge ist auch der Pentosephosphatzyklus für die Bereitstellung von NADPH2 präsent. Das Coenzym wird von der Glutathionreduktase und der Aldosereduktase benötigt. In der Augenlinse läuft der Polyolstoffwechsel mit Bildung von Sorbitol aus Glucose ab. Glutathion dient der Inaktivierung reaktiver Sauerstoffspecies.
208
Kapitel 19 · Auge
Einzelheiten in GK Physiologie, 7 Kap. 17 und GK Anatomie, 7 Kap. 10. Fallbeispiel Eine junge Lehrerin kommt nachts mit einer klaffenden Kopfplatzwunde in die Notaufnahme einer Klinik. Sie berichtet, sie sei mit ihrer Klasse während einer Nachtwanderung gegen einen Baum gelaufen, den sie absolut nicht gesehen habe. Auch vorher sei ihr schon aufgefallen, dass sie ab einer gewissen Dämmerungsstufe nichts mehr sehe. Die Wunde wird versorgt und die körperliche Untersuchung ergibt keine pathologischen Befunde, insbesondere keinen Hinweis auf eine Gehirnerschütterung. Da die Patientin aber sehr verunsichert und beunruhigt ist, wird sie stationär aufgenommen und am nächsten Tag einer Augenärztin vorgestellt. Auch dieser berichtet die Patientin über ihre mangelnde Sehkraft bei Dunkelheit und die Ärztin stellt nach kurzer Untersuchung die Verdachtsdiagnose einer Nachtblindheit (Hemeralopie). Auf Nachfrage berichtet die Patientin, dass sie seit ca. 8 Monaten ihre
19
Ernährung radikal umgestellt habe und nun auf jegliche tierische Produkte verzichte. Die Augenärztin erklärt der Patientin, dass diese Umstellung zu einem Vitamin-A-Mangel führen kann und dies der wahrscheinlichste Grund für ihre Nachtblindheit sei. Die erniedrigten Blutwerte für Vitamin A bestätigen den Verdacht und der Patientin wird eine Substitution von Vitamin A empfohlen sowie die Konsultation einer Ernährungsberatung (evtl. nötige Einnahme weiterer Vitamine). Neben Eisenmangel ist der Vitamin-A-Mangel weltweit die häufigste isolierte Mangelerkrankung. Vitamin A kommt in seiner präformierten Form ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vor, wird als Fettsäureester mit der Nahrung aufgenommen und im Darm als Retinol absorbiert. Das Aldehyd (Retinal) ist in den stäbchenförmigen Sehzellen der Retina für das SchwarzWeiß-Sehen essenziell.
209
Häufige Abkürzungen A ABC ACE ACTH ADH ADP Ala d-ALA ALAT AMP AMPK ANF ANP Arg ASAT Asn Asp ATP ATPase AVP
Adenin ATP bindende Kassette angiotensin converting enzyme adrenocorticotropes Hormon antidiuretisches Hormon Adenosindiphosphat Alanin (A) d-Aminolävulinat Alanin-Aminotransferase Adenosinmonophosphat AMP-abhängige Proteinkinase atrialer natriuretischer Faktor atriales natriuretisches Peptid Arginin (R) Aspartat-Aminotransferase Asparagin (N) Asparaginsäure (D) Adenosintriphosphat Adenosintriphosphatase Arginin-Vasopressin
CREB CRH
BMP bp BSE BPG
bone morphogenic protein Basenpaare, base pairs bovine spongiforme Encephalopathie Bisphophoglycerat
C CaM CAM cAMP CAMP CCK/PZ CD
Cytosin Calmodulin cell adhesion molecule 3’,5’-cyclo-AMP Cyclisches Adenosinmonophosphat Cholecystokinin/Pankreozymin cluster of differentiation; Differenzierungscluster cyclin dependent kinase; Cyclin abhängige Proteinkinase komplementäre DNA Cytidindiphosphat cystic fibrosis transmembrane conductance regulator Cyclisches Guanosinmonophosphat Kreatinkinase Cytidinmonophosphat Coenzym A Katechol-O-methyltransferase Coenzym Q (Ubichinon) Cyclooxygenase zelluläres Retinol-Bindungsprotein cAMP response element
cdk cDNA CDP CFTR CGMP CK CMP CoA COMT CoQ COX CRBP CRE
CT CTP Cys
CRE response element corticotropin releasing hormone; Corticotropin freisetzender Faktor (Thyreo-) Calcitonin Cytidintriphosphat Cystein (C)
Da DAG DHF DNA DNase Dopa Dopamin
Dalton Diacylglycerol Dihydrofolat Desoxyribonucleinsäure Desoxyribonuclease Dihydroxyphenylalanin Dihydroxyphenylamin
ECM EDRF EDTA eEF EGF ELISA EPO ER EST
extracellular matrix endothelium-derived releasing factor Ethylendiamin-Tetra-Acetat eukaryoter Elongationsfaktor epidermal growth factor; epidermaler Wachstumsfaktor enzyme linked immunosorbent assay Erythropoietin endoplasmatisches Retikulum expressed sequence tags
FAD FGF FMN Fru FSH Fuc
Flavinadeninnucleotid fibroblast growth factor Flavinmononucleotid Fructose Follikel stimulierendes Hormon Fucose
G GABA Gal GAP G-CSF GDP GH GHRH
Guanin J-Aminobutyrat Galactose GTPase aktivierendes Protein granulocyte colony-stimulating factor Guanosindiphosphat growth hormone; Wachstumshormon growth hormone releasing factor; Wachstumshormon freisetzender Faktor gastrisches inhibitorisches Peptid Glucokinase Glucose Glucosamin N-Acetyl-Glucosamin Glutamatdehydrogenase Glutamin (Q)
GIP GK Glc GlcN GlcNAc GLDH Gln
210
Häufige Abkürzungen
GLP Glu GLUT Gly GM-CSF GMP GnRH GOT GPI GPT GRE GRH GSH GSSG GTP Hb HCI HDL His HIV HK HLA HMG-CoA HPLC
glucagon-like peptide Glutaminsäure (E) Glucose-Transporter Glycin (G) granulocyte macrophage colonystimulating factor Guanosinmonophosphat gonadotropin releasing hormone; Gonadotropin freisetzender Faktor Glutamat-Oxalacetat-Transaminase Glycosyl-Phosphatidyl-Inositol Glutamat-Pyruvat-Transaminase glucocorticoid responsive element Gonadoliberin Glutathion Glutathion-Disulfid Guanosintriphosphat
HPTE Hsp HVL Hyp
Hämoglobin Salzsäure high density lipoprotein Histidin (H) humanes Immundefizienz-Virus Hexokinase humanes Lymphozytenantigen E-Hydroxy,E-Methyl-Glutaryl-CoA high performance liquid chromatography; HochleistungsflüssigkeitsChromatographie 5-Hydroperoxyeikosatetraenoat heat shock protein Hypophysenvorderlappen Hydroxyprolin
I-CAM IDL IEMA Ig IGF IGF-BP IL Ile INF IP3 IRMA IRS ITP
intercellular CAM intermediate density lipoprotein immunoenzymatischer Assay Immunglobulin insulin-like growth factor IGF-Bindungsprotein Interleukin Isoleucin (I) Interferon Inositol-(1,4,5)-Trisphosphat immunoradiometrischer Assay insulin responsive elements Inosintriphosphat
JAK
Janus-Kinase
kb kJ KM
Kilobase Kilojoule Michaeliskonstante
LCAT LDH LDL Leu LH LH-RH Lys
Lecithin-Cholesterin-Acyltransferase Lactat-Dehydrogenase low density lipoprotein Leucin (L) luteinisierendes Hormon LH-releasing hormone Lysin (K)
M-CSF MAG Man MAPK MAPKK MBP MDR Met MHC MMP MOG
macrophage colony-stimulating factor Myelin-assoziiertes Glykoprotein Mannose Mitogen aktivierte Proteinkinase MAP-Kinase-Kinase Myelin-basisches Protein Multidrug-Resistenz Methionin (M) major histocompatibility complex Matrix-Metallproteinasen Myelin-Oligodendrozyten-assoziierte Glykoproteine messenger-RNA Mikro-RNA Melanozyten-stimulierendes Hormon
mRNA miRNA MSH NAD+ NADP+
NO
Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid Nicotinamid-Adenin-DinucleotidPhosphat N-Acetyl-Neuraminsäure neuronal CAM nuclear factor NB neuronal growth factor nuclear magnetic resonance; magnetische Kernresonanz Stickstoffmonoxid
OMP OPG OPGL
Orotidinmonophosphat Osteoprotegrin Osteoprotegrin Ligand
Pi PALP PAMP PAPS PCR
anorganisches Orthophosphat Pyridoxalphosphat Pyridoxaminphosphat 2’-Phosphoadenosin-5’-Phosphosulfat polymerase chain reaction; polymerase-Kettenreaktion Phosphodiesterase platelet-derived growth factor Pyruvat Dehydrogenase phospholipid-dependent kinase 1 Proteindisulfid-Isomerase Phosphoenolpyruvat Phosphoenolpyruvat Carboxykinase Positronen-Emissionstomographie
NANA N-CAM NF-NB NGF NMR
PDE PDGF PDH PDK1 PDI PEP PEP-CK PET
211 Häufige Abkürzungen
PFK PG PG D2 PG E2 PG F PG I2 Phe Pi PI3K PIH PIP2 PK PMP pO2 POMC PPi PRL Pro PRPP PTH PTHrP
Phosphofructokinase Prostaglandin Prostaglandin D2 Prostaglandin E2 Prostaglandin F2a Prostaglandin I2 Phenylalanin (F) anorganisches Orthophosphat Phosphatidyl-Inositol-3-Kinase prolactin-inhibiting hormone Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat Proteinkinase peripheres Myelinprotein Sauerstoff-Partialdruck Pro-Opiomelanocortin anorganisches Pyrophosphat Prolactin Prolin (P) Phosphoribosyl-Pyrophosphat Parathormon parathormone-related protein
RANK
receptor for activation of nuclear factor NB Ligand für RANK Retinoat-Rezeptor Retinoblastom rauhes endoplasmatisches Retikulum RestriktionsfragmentlängenPolymorphismus releasing hormone; freisetzendes Hormon Ribonucleinsäure Ribonuclease ribosomale RNA Retinoat-X-Rezeptor
RANKL RAR Rb RER RFLP RH RNA RNase rRNA RXR SCID scRNA SDS
severe combined immunodeficiency small cytoplasmic RNA sodium dodelcyl sulfate; Natriumdodeylsulfat
Ser SH2 siRNA snRNA STAT STH
Serin (S) src-Homologie 2 small interfering RNA small nuclear RNA signal transducer and activator of transcription somatotropes Hormon, Prolactin
T T3 T4 TBP TF TGF TGN TH THF Thr TMP TNF TRH tRNA Trp TSH TTP TXA TXA2 Tyr
Thymin Trijodthyronin Thyroxin TATA-Box Bindungsprotein Transkriptionsfaktor transforming growth factor Trans-Golgi-Netzwerk T-Helferzellen Tetrahydrofolat Threonin (T) Thymidinmonophosphat Tumornekrose Faktor thyreotropin-releasing hormone transfer-RNA Tryptophan (W) Thyreotropes Hormon Thymidintriphosphat Thromboxan Thromboxan A2 Tyrosin (Y)
U UDP UDPG UMP UTP
Uracil Uridindiphosphat Uridindiphosphat-Glucose Uridinmonophosphat Uridintriphosphat
Val V-CAM VLDL vWF
Valin (V) vaskular CAM very low density lipoprotein von-Willebrand-Faktor
YAC
yeast artificial chromosome
213
Sachverzeichnis A α-Glycerophosphat 188 α-Interferon 96, 143, 154 α-Ketocarbonsäure 45 ABC Transporter 72f ACAT 71f ACE 126, 188 Acetaldehyd 40, 44f, 175f Acetoacetat 31f, 37, 40f, 204 Aceton 31f Acetylcholin 8, 37, 40, 98f, 105, 127, 205 Acetylcholinesterase 8, 98f, 105f Acetylcholinrezeptor 127, 205 Acetyl-CoA 6, 22f, 26, 30–32, 37, 39, 40, 42, 44f, 47f, 60–69, 71, 74, 76, 175, 188 – Umsatz 45 Acetyl-CoA-Carboxylase 6, 64f, 67f, 71, 74, 188 Acetylglutamat 39, 42, 81 Acetylsalicylsäure 9, 67, 143, 167 ACTH-Sekretion 133 Acyl-CoA 29, 47, 64–66, 68, 71 Acyl-CoA-Carnitin-Transferase 64f Addison-Erkrankung 140 Adenin 42, 48f, 83 Adeninnucleotid-Translokase 51 Adenom 64, 100, 136 Adenosin 40, 42, 44, 80, 83, 90, 127, 155 Adenosindesaminase-Mangel 83, 155 Adenylatkinase 23, 24,196 Adenylatzyklase 24, 105, 127–130, 133, 141f, 188 Adenylsuccinat 39, 80 ADH 140 Adherence junction 108f Adipositas 68, 76, 180, 188f Adipozyte 28, 64, 68, 74, 132, 188 Adiuretin 127, 140 ADP 14, 18, 24, 27, 31, 47f, 51–53, 60, 80, 130, 165, 168 Adrenalin 16, 26f, 29, 31, 37, 60–63, 65, 68, 74, 128f, 133, 134, 188 – Biosynthese 133 – Funktion 133 – Wirkung 133 Adrenoleukodystrophie 107 Advanced glycation endproducts (AGE) 99 AIDS 155 Akromegalie 135
Aktin 108f Aktinfilament 100, 108f Aktinmyosinkomplex 196 Aktinmyosinsystem 122 Aktivator, allosterischer 15, 24, 47, 60, 62, 81 Aktivierung, allosterische 6, 15, 47 Akute-Phase-Protein 148, 174 Alanin 34f, 37, 38, 41, 44, 60, 65, 83, 196 ALAT 35, 118, 175 Albumin 29, 62, 116f, 136, 162f, 168–170, 188, 204 Aldehyddehydrogenase 36, 40, 44, 175 Aldolase 22, 28, 64 Aldosteron 126f, 134f, 137, 139f, 192 – Bedeutung 135 Alkohol 10, 44, 84, 117, 174, 176 Alkoholdehydrogenase 5, 8, 44, 174 Alkoholismus 44, 174 Alkylierung 100 Allergen 151 Allergie 141, 151 Allopurinol 9, 84, 101 Allosterie 15, 18 Allosterische Hemmung 8 Allysin 110f Amadori-Produkt 99 Ameloblast 110, 200 Amethopterin 82 Amin, biogenes 36f Aminoacyl-tRNA 93 Aminogruppe 33–36, 39, 41, 62, 69, 80, 99, 110, 160, 167, 175 Aminolävulinatsynthase 162 Aminopeptidase 32 Aminopterin 82 Aminosäure – essenzielle 32, 34, 41, 42, 180 – glucogen 34, 37–40, 42, 58, 61, 75f – ketogen 34, 37, 40–42 – nichtessenzielle 32, 34, 42, 74, 136, 180 Aminosäure, Resorption 182 Aminosäureabbau 32, 34f, 63, 196 Aminosäurederivat 127 Aminosäureoxidase 30, 35, 36, 38, 53 Aminotransferase 9f, 15, 35, 41, 47, 134f, 176 Aminosäurestoffwechsel 36, 41, 84, 168, Aminozucker 39, 60, 62 – Synthese 62 Ammoniak 35f, 39, 42–44, 192, 196
A
214
Sachverzeichnis
Ammoniakbildung 192 Ammoniakentgiftung 42, 174 Ammoniaktoxizität 42 Ammonium-Ion 42, 139 AMP 14, 24, 26, 29, 39, 47f, 52, 60, 62, 65, 71, 80, 83, 88, 90, 129 – Kinase 65 Amphiphil 72, 104 Amylase 5, 10, 16, 181–183 Amylo-1,6-Glycosidase 26 Anämie – hämolytische 26, 106, 163, 164, 170 – renale 192 Anaphylatoxin 154 Anaphylaxie 155 Anchoring junction 108 Androgen 131, 134f, 136–138, 200 – Synthese 138 Angiogenese 168 Angiotensin Converting Enzym (ACE) 126 Angiotensin I 126, 192 Angiotensin II 126, 129 Angiotensinogen 126, 188, 192 Anionentransporter 40, 106, 139, 161 Anorexia nervosa 75 ANP 129, 140 Antibiotika 96, 100 Anticodon 89 Antigen 99, 149, 150–153, 155 Antigen-Antikörper-Reaktion 149, 154 Antigenpräsentation 99, 151 Antikörper (7 Immunglobulin) Antionkogen 100 Antiport 52, 105, 128 Antithrombin III 112, 167f, 169, 170 Apatit 200 APC-Gen 100 APC-Resistenz 168 Apoenzym 5 Apoliporotein 72 Apoptose 34, 69, 100, 101, 113 Aquaporin 105, 140 Arachidonsäure 66f, 69, 106, 128, 142f Arbovirus 95 Arginin 5, 34–38, 39, 42–44, 113, 129, 131, 161 Aromatase 137, 188 Arteriosklerose 28, 67, 72f, 76f, 106, 143, 180, 188f Arzneimittelmetabolismus 53, 176 ASAT 10, 35, 118, 176 Ascorbinsäure (Vitamin C) 116 Asparagin 34, 37, 38f, 62, 98, 126, 182f Asparaginsäure 38f Aspartat 10, 32–35, 37–39, 43, 47, 51, 80, 176, 192
Aspartatprotease 32 Aspartattranscarbamoylase 80 Aspirin 9, 67, 143 Assoziation 6, 65, 110, 150 Asthma bronchiale 67, 143, 155 Atmungskette 22, 36, 44–46, 48–54, 63, 80, 116, 158 – Arbeitsweise 50–53 – Aufbau 48–50 – Entkoppler 52 – funktionelle Komplexe 50 – Hemmer 52 – Komponente 48–50 – Multienzymkomplex 50 Atmungskontrolle 52 ATP 4, 6, 15, 22–24, 26–31, 33–35, 38–43, 45–48, 51–53, 59–61, 65, 68, 70, 80–83, 85, 90, 97f, 101, 105, 107f, 117, 121, 127–129, 132, 135f, 139, 163f, 181f, 196, 204 ATP-Gewinnung 22, 196 ATP-Synthese 42, 48, 51–53, 107, 129 ATP-Umsatz 53, 204 Atriopentin 140 Auge 28, 32, 117, 176, 189, 207f Autoantikörper 150 Autophosphorylierung 129f, 132 A-Zelle 132 Azidose 31f, 42, 144 – metabolische 31f, 144
B β-Etradiol 137f β-Hydroxybuttersäure 31 β-Interferon 96, 143, 152, 154 β-Oxidation 29–31, 32, 51, 60, 64f, 67, 75f, 107, 196 β-Oxidation, Energetik 29f β-Oxidation, peroxismale 107 β-Thalassämie 162 β-Zelle 22, 58, 63f B/E-Rezeptor 72 Bakterien 84, 93, 96, 142, 147, 153, 169 Barbiturat 15, 52, 176 Basalmembran 105f, 108–110, 112, 165 Basedow-Krankheit 136 Basen 5, 17, 37, 54, 83, 85, 85–90, 96f, 100, 148 Basenexzisionsreparatur 87 Basenpaarung 17, 89, 100 Basentriplet 89 Belegzelle 139, 181 Bergungsstoffwechsel 84 Bewegung 121f Bilirubin 162f, 181, 184
215 Sachverzeichnis
Biliverdin 162f Bindung, kovalente 5, 8, 17, 49, 53, 151 Bindungskraft, apolare 5 Bindungsspezifität 5 Biokatalyse 4–6 Biotransformation 38, 108, 175f – Induktion 176 – Phase 1 175 – Phase 2 175f Bisphosphatase 58, 60f, 64, 75, 132 Bisphosphoglycerat 22f, 159–161, 163f Blut 9, 28f, 31f, 38, 42, 44, 60, 61–64, 72–76, 101, 116–118, 126, 132, 136f, 139, 141f, 149, 157–170, 188f, 192, 196, 201, 204 – Aufgaben 158 – Bestandteile 158 – Puffersystem 170 Blutgerinnung 9, 15f, 32, 62, 67, 112, 142, 154, 158, 164, 165–167, 168f, 174 – Inhibition 167 Blutgerinnungsfaktor 142, 165–167, 168f, 174f Blutglucosekonzentration 61, 63, 99, 131–133, 161, 174, 204 – Regulation 63 Blut-Hirn-Schranke 31, 76, 204 Blutplasma 62, 107, 111, 116, 126, 135, 140, 142, 149, 164f, 167, 168–170 – Fraktionen 169 – Funktion 168 – Transport im 168 Blutplasmaprotein 62, 168f, 170, 174, 176 Blutserum 168 Blutstillung 164f, 168 B-Lymphozyte 96, 143, 148, 149–153, 155 – Eigenschaften 149 B-Lymphozytenrezeptor 149 Bohr-Effekt 159, 164 Bradykinin 142, 174 B-Zelle 131f, 144, 149, 152, 155 B-Zellrezeptor 155
C C1-Stoffwechsel 6, 37 Cadaverin 36 Cadherine 95, 100, 109 Calciferol 141 Calcitonin 127, 141 Calcitriol 94, 104, 141, 192 Calciumstoffwechsel 140 Calmodulin 128f
A–C
Calpain 33 CaM-Kinase 129 cAMP 6, 24, 26f, 29, 31, 47, 60f, 63, 68, 74, 82, 92, 94, 105, 126, 127–132, 153 cAMP-Phosphodiesterase 68, 129 cAMP-response element (CRE) 128 cAMP-Spiegel 18, 27, 29, 61, 63, 68, 74, 94, 128, 130, 132 cap-Gruppe 88 Capsid 95f Capsomer 95 Carboanhydrase 9, 117, 139, 160 Carboxylierung 6, 37, 40, 58f, 65, 166f Carboxypeptidase 32, 117, 182f Cardiolipin 69 Carnitin 29f, 64f, 106, 122 Carnitinmangel 106, 122 Carrier 47, 105, 106, 183 Casein 182 Caspase 33f, 101 Catecholamin 105 Catechol-O-Methyltransferase 133 Catenin 100, 109 CD3 153 CD4 149, 152, 153, 155 CD4+-T-Helferzelle 155 CD8 148, 153, 155 cDNA 96f CDP 31, 52, 68f, 83 Cell adhesion molecules (CAM) 109 Ceramid 69 Cerebrosid 69 cGMP 82, 126, 127–130, 140 Chaperon 91, 93, 97, 162 Chemokin 143, 154 Chemotaxin 67, 110, 154 Chenodesoxycholsäure 71 Cholecalciferol 141 Cholecystokin 139, 181 Cholera 18, 130 Cholestase 184 Cholesterin (7 Cholesterol) Cholesterol 25, 28, 69, 71–73, 104–106, 113, 131, 134, 137f, 174–176, 181, 183 – Bildung der Steroidhormone 134 – Biosynthese 71 – Stoffwechsel 69–71 – Synthese 69–71 Cholesterolhomöostase 73, 113 Cholsäure 38, 71 Chondroblast 110, 200 Chondrozyte 200 Chromatin 34, 85, 94, 106 Chromosomenmutation 84
216
Sachverzeichnis
Chylomikron 28f, 64, 72–74, 89, 132, 183, 188 Chymotrypsin 5, 8, 16, 182f Citrat 6, 14, 45, 47, 60, 65f, 188 Citratzyklus 22f, 30–32, 37–39, 42f, 44–48, 50, 58f, 75f, 104, 196 – anaplerotische Reaktion 47 – Regulation 47f CK (7 Kreatininkinase) CMP 62, 81 CO2-Transport 158f, 160f, 163 Coated pits 72 Cobalamin 6, 31 Code, genetischer 89 – Spezifität 89 Coenzym 5f, 9, 17, 30, 32, 35f, 37, 39–41, 47–50, 52, 64, 67, 80, 83, 162, 164, 207 Coenzym A 6, 45 Colchicin 100, 108, 113 COMT (7 Catechol-O-Methyltransferase) Conn-Syndrom 140 Core-Protein 62, 98 Cori-Zyklus 60, 63 Corticoliberin (CRH) 128, 133 Corticotropin 130f Cortisol 15, 61, 63, 74, 130, 133, 134f, 169 – Bedeutung 135 – Synthese 133 – Wirkung 134 Cosmid 96f Cosubstrat 5, 17 CO-Vergiftung 160 C-Peptid 131f C-reaktives Protein (CRP) 148, 169, 174 CTP (7 Cytidintriphosphat) Cu-ATPase 117 Cushing-Syndrom 135 Cyanidvergiftung 54 Cyclin 100, 112f Cyclooxygenase (COX) 9, 67, 142 Cystathion 40f Cystein 32–34, 36f, 40, 41, 54, 98, 116 Cysteinprotease 32 Cystin 113 Cystinurie 113 Cystische Fibrose 85, 106 Cytidintriphosphat (CTP) 6, 31, 52, 62, 68, 81, 85f Cytochrom 6, 49f, 52f, 116, 17f Cytochrom b5 53, 66f, 158 Cytochrom c-Oxidase 50, 53, 104, 116 Cytochrom P450 15, 44, 53, 67, 71, 99, 108, 134, 162, 175f
D δ-Aminolävulinatsynthase 116, 162 Dealkylierung 175 Decarboxylierung 6, 24, 34, 36, 37–41, 44f, 47, 58f, 68, 70, 81, 142, 174 Defektproteinämie 169 Dehydrogenase 9, 48, 52 Dekapeptid 126, 142 Deletion 84f Desaminierung 6, 34f, 36f, 38–42, 44, 87, 89, 110, 141, 175 – eliminierende 35, 36, 38, 40 – nichtoxidative 36, 41, 42 – oxidative 36, 42, 141 Desaturase 53, 66f, 158 Desmin 122 Desminopathie 122 Desmosin 111 Desmosom 108f Desoxyribonucleotid 81, 83, 85, 87 – Synthese 81 Diabetes 28, 31, 33f, 58, 63, 74, 76, 99, 116, 126, 132f, 135, 140, 145, 155, 161, 189, 192, 197 Diabetes insipidus 126, 140 Diabetes mellitus 31, 33, 34, 58, 63f, 74, 99, 116, 132f, 161, 189, 192, 197 – Typ I 31, 63, 144 – Typ II 63, 189, 192, 197 Diacylglycerol (DAG) 68f, 83, 106, 126–129, 133 Differenzierung 100, 111f, 126f, 135f, 143, 152, 200 Diffusion 16, 58, 105f, 161, 182f, 200 – erleichterte 58, 105f, 182f Dihydrobiopterin 41 Dihydrofolsäure 82 Dihydroorotsäure 81 Dihydrotestosteron 137f Dihydroxyacetonphosphat 28f, 51, 68, 175, 188 Dihydroxycholecalciferol 127, 140f, 192 1,25-Dihydroxylcholecalciferol 127, 140, 141, 192 Dioxygenase 41, 53, 116 Dipeptid 98, 182 Dipeptidase 181, 183 Diphterietoxin 93 Disaccharid 27, 62, 98, 112, 181 Disaccharidase 181 Dissoziation 6, 65, 127f Dissoziationskonstante 7, 17 Disulfidbrücke 81, 97, 110f, 131, 150, 166 DNA 81, 83, 85, 96f, 99–101, 104, 106, 117, 127f, 135, 137, 139, 148f, 154 – eukaryontische, Replikation 85
217 Sachverzeichnis
– komplementäre 87 – Desaminierung 87, 89 – Elongation 85, 87f – Polymerase 85–88 – Reparatur 87 – Replikation 85–87, 106 – — Initiation 85 – Schädigung 87 – Termination 85–92 – Transkription 87–89 – Übertragung 96 – Virus 95, 99 DNase 97 Dolicholphosphat 28, 62, 98 Domäne, transmembranale 71, 105 Dopamin 37, 116, 128, 131, 133, 138 Doppelbindung 31, 53, 64, 66, 71, 135 Druck, kolloidosmotischer 170 Drüse, endokrine 126 Duchenne-Muskeldystrophie 106 Dumping-Syndrom 184 Dysproteinämie 74, 169f Dystrophie-Syndrom, alimentäres 74 Dystrophin 106
E EDTA 9 Effektor 9, 14f, 17, 23, 60, 148, 159, 161 Effektor, negativer 14f, 23, 159, 161 Effektor, V-Typ-regulierte Enzyme 15 EGF (7 epidermal growth factor) Ehlers-Danlos-Syndrom 98, 111 Eicosanoid 28, 67, 69, 106, 142 Eisen 116, 158, 159, 160, 162, 192, 208 Eisenmangelanämie 116, 192 Elastase 111f, 182f Elastin 62, 110–112 Elektrolyt 18, 115, 130, 158, 168, 180, 184 Elektrolyt-Haushalt 116, 139f Elektronentransport 49, 50, 52f Elongation 67, 85, 87f, 90, 92f Elongationsfaktor (eEF) 90, 93 Endobiotica 175 Endonuclease 97 Endopeptidase 32f, 182 Endoplasmatisches Retikulum (ER) 26, 33f, 53, 58, 62, 67, 69–71, 92f, 98, 104, 107f, 110, 128, 132, 151, 158, 162 – Aufbau 107 – Funktion 108 – glattes 108
C–E
– raues 92, 108 – Zusammensetzung 107 Endosom 33, 72, 107 Endothelie 9, 40, 72f, 109f, 129, 141f, 149, 161, 165–167 Endozytose 33, 34, 73f, 95, 106f, 130, 175f Energiegewinnung 21–54, 60, 64, 74–76, 174, 188, 192, 197 Enhancer-Sequenz 88, 135, 137 Entkoppler 52 Enzym 3, 4–10, 14–18, 22, 26–29, 31, 34–36, 41–43, 45, 47–49, 53, 60–66, 67, 71, 85–87, 90, 93, 97–99, 104f, 107, 111–116, 126–130, 139, 142, 158f, 163–165, 168, 175, 181–183, 188, 195f – Aktivität 4–9, 14, 16f, 42, 47, 60, 71 – – Regulation durch Substratkonzentration 14 – Aktivitätsgröße 9 – allosterisches 14f, 17, 60, 159 – enzymgesteuerte chemische Modifikation 15 – interkonvertierbares 6, 15f, 18, 127 – isosterisches 8, 17 – molekulare Aktivität 9 – Nomenklatur 16f – proteolytisches 5, 8, 15, 34, 98, 142, 165, 182 – reversibel 17 – spezifische Aktivität 9 Enzymaktivierung 5f, 128 Enzymhemmung – irreversible 8f, 17 – reversible 17 Enzymkinetik 6–8 Enzymkonzentration 6f, 9 Enzympolymorphismus 16 Enzymsekretion, Magen 139 Enzym-Substrat-Komplex 4f, 7f, 17 Enzymsynthese – Induktion 15 – Repression 15 Epidermal growth factor (EGF) 129, 145 Epimerase 23, 27, 28, 31 Epitop 149 Ernährung – Grundlagen 180f – parenterale 181 Erregungsleitung 204 Erregungsübertragung 106, 204 Erythropoese 129, 137, 158–164, 192 Erythropoetin 129, 143, 161f, 192 Erythrozyte 26, 40, 58, 63, 75f, 83, 106, 107, 116, 158–164, 165, 170, 192 – Stoffwechsel 163f Erythrozytenabbau 161–163 Essigsäure 40, 44, 45f, 142, 175 Estrogen 136f
218
Sachverzeichnis
Estron 137 Ethanolabbau 44 Exon 88f Exopeptidase 32f, 182 Exozytose 92, 98, 105, 108, 110, 132, 183 Expressionsvektor 96f
F F1/F0-ATPase 51 Fab 151 Fab2 151 Fabry-Syndrom 113 FAD 6, 30, 35f, 40, 48–51, 53, 64, 81, 83 FADH2 30f, 44, 49–53, 67, 81, 83 Farnesyl 98f Farnesylpyrophosphat 30, 70f Fc 150, 151, 154 Ferritin 116, 162 Fe-S-Protein 49f, 116, 134 Fettgewebe 75f, 128, 132, 133–135, 142, 187–189 – braunes 31 – endokrine Funktionen 188 – Stoffwechselleistungen 188 Fettsäure 24f, 29–31, 40, 44, 53, 66, 68f, 74, 174, 180 – Verwertung 64 Fettsäureabbau 29–31, 104 – Grundreaktionen 29 Fettsäurebiosynthese 6, 65–68 – Grundreaktionen 65 Fettsäuredesaturase 53, 66f, 158 Fettsäuresynthase 64 Fettsäuresynthase-Komplex 16 Fettsäuresynthese 64, 66, 104 Fibrillin 111f Fibringerinnsel 164–168 – rotes 165 Fibrinogen 165–169, 174 Fibrinolyse 32, 62, 110, 164, 167–169 Fibroblast 110, 143, 143, 152, 154, 167f, 200 Fibronectin 111f, 165, 167 Flavin 49 Fließgleichgewicht 3, 4 Folsäure 6, 84, 174 Fortpflanzung 135f Freisetzungsfaktor (eRF) 90, 126 Fructokinase 28 Fructose – Polyol-Stoffwechselweg 28 – Stoffwechsel 27f – Synthese 62
Fructose-1,6-Bisphosphat 22, 58, 60f, 64, 75, 132 Fructose-2,6-Bisphosphat 14, 60 Fructose-6-Phosphat 22–26, 39, 58, 60, 62 Fructoseverwertung, Leber 28 FSH 128, 130, 131, 137 Fucose 60, 62, 83, 176 Fumarat 37, 41–43, 45, 50, 80
G γ-Aminobutyrat 37, 39 γ-Interferon 143, 152, 153f G1-Phase 85, 112 G2-Phase 112 GABA (7 γ-Amionbutyrat) Galactokinase 27f, 63 Galactose 27f, 58, 63, 69, 83, 98, 110, 112, 174, 182, 184 – Stoffwechsel 27 Galactoseverwertung, Leber 27 Galanin 133 Gallensäure 28, 37f, 40, 71, 107, 174–176, 181, 183 Gap junction 105, 108, 109 Gastrin 139, 182f Gaucher-Syndrom 113 Gedächtniszelle 152, 155 Gelbsucht (7 Ikterus) Genbank 96f Gentechnik 96 Gerinnungsfaktor 142, 165–167, 168f, 174f Gerinnungsfaktor V 168 Gerinnungsfaktor VIII 168 Gerinnungsfaktor X, Aktivierung 166 Gerinnungssystem – extrinsisches 166 – intrinsisches 166 Gestagen 136f Gewebshormon 37, 67, 126f, 141–143 GHRH 131, 135 Gicht 9, 83f, 101, 113 Globinsynthese 91, 94 Glucagon 16, 26f, 60f, 63, 65, 68, 71, 74, 126, 128, 132f, 134f, 139, 188 – Funktion 133 – Synthese 132 – Wirkung 132 Glucagon-like peptid 133 Glucagonrezeptor 127, 133 Glucocorticoid 60, 63, 67f, 76, 126f, 131, 134f, 181, 188, 200 Glucocorticoidrezeptor 16, 135 Glucokinase 14f, 22f, 58, 60f, 132
219 Sachverzeichnis
Gluconeogenese 29, 31f, 34, 38, 44, 47, 58–61, 63f, 74–76, 104, 107, 132–136, 174f, 191f – Schlüsselenzym 60 Glucose 4, 14, 22–24, 26–28, 32, 37, 44, 48, 58, 60–64, 74–76, 84, 98f, 105, 110, 112, 121, 132, 137, 144, 159, 161, 163f, 168, 174, 181f, 184, 188f, 192, 196, 204, 207 – Verwertung 58 Glucoseabbau, aerober 23 Glucosetransport 14, 58, 132 Glucose-Unverträglichkeit 182 Glucosyltransferase-Aktivität 61 Glucuronidierung 136, 137, 163, 176 GLUT 1 182 GLUT 2 58, 132 GLUT 4 58, 74, 132 Glutamatdehydrogenase 16, 35, 36, 42, 47, 104, 176 Glutamin 34, 37, 39, 42, 44, 80, 167, 192, 196, 204 Glutaminabbau 42 Glutaminase 39, 42, 44, 104 Glutaminsäure 38f Glutaminsynthese 35, 36, 42, 104 Glutathion 38, 98, 107, 117, 163 Glutathionperoxidase 117, 163f Glutathionreduktase 26, 163f Glyceraldehydphosphatdehydrogenase 196 Glycerin 7 Glycerol Glycerolphosphatid – Abbau 69 – Biosynthese 68 Glycerolphosphatzyklus 51 Glycierung 63, 99, 161 – nichtenzymatische 99 Glycin 34f, 36, 37f, 40f, 71, 98, 110, 112, 162f, 175, 204 – Abbau 38 – Synthese 38 Glycogen 26, 29, 58, 61f, 64, 74f, 174, 180, 188, 196 Glycogenabbau 26f, 62, 129, 182 – Inaktivierung 27 Glycogenin 61 Glycogenolyse 27, 61, 63, 74f, 132f, 136, 174 Glycogenphosphorylase 15, 26, 75, 128 Glycogensynthase 15, 61f, 128 – Regulation 61 Glycogensynthese 61f, 63, 74, 132f, 135 Glycolipid 28, 68f, 104–106 – Abbau 68f Glycolyse 4, 22–24, 25f, 29, 38, 44, 48, 58–61, 63f, 74f, 104, 132f, 159, 163f, 188, 196 – Hilfs- und Nebenreaktion 23f – Schlüsselenzym 60 Glycoprotein 62, 93, 109–112, 130f, 151, 161, 168, 176, 204 Glycosaminoglycan 62, 111, 112, 200
E–H
Glycosyl-Phosphatidylinositol-(GPI-)Anker 98, 99 Glykogenolyse 7 Glycogenabbau GnRH 137, 137 Golgi-Apparat 62, 98, 104, 108, 183 – Aufbau 108 – Funktion 108 Golgi-Komplex 33, 62, 92f, 98, 104, 107, 108, 131, 183 Gonadotropin 131, 136f G-Protein 16, 82, 127–130, 133 – gekoppeltes 128, 133 Granulozyte 109, 148f, 154f, 158, 164, 167 – phagozytierende 155 Grundumsatz 136, 180 Gruppenübertragungspotenzial 4 GTPase-Aktivität 128 Guanosinmonophosphat 80, 127f Guanylatzyklase 129, 160 Gylcolipid, Synthese 68f
H H1-Rezeptor 141 H2-Oxidation, Regulation 52 Halbwertzeit, biologische 32, 40, 67, 99, 111, 126, 129, 132, 152 Häm 41, 49, 53, 91, 94, 116, 158–162 Häm-Enzym 53 Hämabbau 162f Hämatokritwert 158 Hämochromatose 116 Hämoglobin 23, 49, 99, 116, 158f, 160f, 162–164, 169 – desoxygeniertes 160 – glyciertes 99, 161 – Isoprotein 160f Hämoglobingehalt 159 Hämoglobinopathie 164 Hämophilie 168 Hämoprotein 53, 116, 158, 162 – Funktion 158 – Stoffgruppen 158 Hämosiderose 116 Hämostase 164–167 – primäre 164f – sekundäre 164–166 Hämoxygenase 129, 162f Hämsynthese 107, 162f Hapten 149 Harnbildung 192 Harnsäure 54, 80, 83f, 101, 168 Harnstoffsynthese 39, 42, 44, 75, 80, 174 Harnstoffzyklus 35f, 38, 39, 42–44, 81, 104, 107, 174
220
Sachverzeichnis
HbA 99, 159, 160–162 HbA0(α2β2) 159, 160f HbA2(α2δ2) 159, 160f HbE 160, 161 HbF(α2γ2) 160, 161, 164 HbM 160 HDL 72f, 169, 174 Helicase 85 Helicobacter pylori 43 Helix-Loop-Helix-Element 94 Hemidesmosom 108f Hemmung – kompetitive 8 – nichtkompetitive 8f Heparansulfat 29, 64, 111, 167 Heparin 29, 40, 64, 111, 112, 167 Hepatitis B-Virus Hepatozyte 43, 58, 71, 73, 107, 166, 181 Herpes-Virus 95 Herzinfarkt 77, 106, 189, 196f Herzmuskel 109, 196 – Energiebedarf 196 Herzrhythmusstörung 122 Heteroantikörper 150 Heterochromatin 148 Heuschnupfen 155 Hexokinase 4, 8, 14, 22f, 58 Histamin 37, 67, 128, 130, 141, 151, 154, 181 Histaminrezeptor (H1, H2) 141 Histidin 34f, 37, 39, 42, 110, 160 Histokompatibilitätsantigen 151–153 Histon-RNA 88 Hitzeschockprotein 16, 97 HIV 95f, 116 HLA-Antigen 151 HMG-CoA 31, 69, 71, 77, 136 HMG-CoA-Reduktase 69, 71, 77, 136 hn-RNA 88f Holoenzym 5 Hormon 15f, 28f, 61–63, 68, 74, 94, 98, 126, 127–133, 136, 138–144, 158, 168, 176 – adrenocorticotropes (ACTH) 130f, 134, 139 – anaboles 74, 132f – antidiuretisches (ADH) (7 Vasopressin) – atriales natriuretisches (ANP) 129, 140, 196 – Follikel stimulierendes (FSH) 128, 130, 131, 137 – gastrointestinales, Übersicht 139 – glandotropes 126 – glanduläres 126 – luteinisierendes (LH) 128, 130, 131, 137 – peripheres 126 Hormonmangel 144 Hormonrezeptor 16, 94, 126, 127
Hormonspezifität 131 Hormonsystem, Aufbau 126 Hormonüberschuss 144 Hunger 31, 44, 60, 74, 75f, 135, 204 – Fasten 22, 75f Hyaluronidase 111 Hyaluronsäure 110, 111, 112, 200 Hydrogencarbonat 139, 160, 170, 181, 204 Hydrogencarbonatsekretion 139 Hydrolase 17, 33, 107, 111 Hydrolyse 4, 29, 131–133 Hydroperoxidase 30, 54, 107, 116, 160 Hydroxylase 15, 40f, 53, 110, 116, 134f, 138 Hydroxylierung 40f, 53, 71, 110f, 137, 140f, 175, 192 Hydroxyl-Radikal 54 Hypercalcämie 140, 141 Hypercholesterolämie 71, 73, 106 Hyperglycämie 63, 161, 184 Hyperlipoproteinämie 73, 77 Hyperparathyreoidismus 140 Hyperprolactinämie 138 Hypertonie 135, 188, 189 Hyperurikämie 9, 83f, 101 Hypoglycämie 64, 175, 184 Hypolipoproteinämie 73 Hypophysenvorderlappenhormon 130f Hypothalamus 98, 126f, 130f, 133, 138, 140, 188 Hypothalamushormon 131 Hypothyreose 136 Hypoxanthin 9, 80, 83, 89
I IDL 72 IF (7 Interferon) IgA 150 IgD 149, 150, 155 IgE 141, 143, 150, 151, 155 IGF (7 Insulin-like growth factor) IgG 136, 150f, 154, 204 IgM 149, 150f, 154f Ikterus 163, 176 – hepatischer 163 – posthepatischer 163 – prähepatischer 163 Immunantwort 149–153, 155 – adaptive 149, 153 – humorale 149, 151 – – afferenter Teil 151 – – efferenter Teil 151 – spezifische 155
221 Sachverzeichnis
– unspezifische 153–155 – zellvermittelte 152 – – afferenter Teil 152 – – efferenter Teil 152 Immundefekt, schwerer kombinierter (SCID) 83, 155 Immunglobulin 62, 109, 148, 149–151, 152f, 169 – Aufbau 150 – Eigenschaften 150 – Funktion 150 Immunität 148f, 153, 155 – angeborene 148, 155 – erworbene (adaptive) 148f, 153 Immunmechanismus, spezifischer 96 Immunsystem 147–155 – Organe 149–155 – Zellen 149–155 Immuntoleranz 153 Induktion 15, 74, 132, 134f, 176 Information, genetische 79–101 Inhibin 131, 137 Inhibitor 4, 8f, 14f, 17, 24, 60, 80, 83f, 127, 133, 139, 143, 162, 167–170, 174f, 200, 205 – allosterischer 4, 83, 162 Initiation 88, 90–94, 154 Initiationsfaktor (eIF) 88, 90, 93 Initiationskomplex 88, 90, 94 Inositoltrisphosphat (IP3) 26, 69, 106, 126–129 Insertion 84, 105 Insulin 15, 22, 27, 29, 58, 60–64, 68, 71, 74f, 98, 116f, 127, 131–135, 139, 144, 176, 182, 188 – Funktion 133 – Synthese 131 – Wirkung 132 Insulin responsive element (IRS) 129 Insulin-like growth factor (IGF) 129, 176 Insulinrezeptor 129, 132 Integrinrezeptor 112 Interferon 94, 96, 143, 148, 152f, 154f Interkonvertabilität 15 Interleukin 143, 149, 152f Interleukin-1 (IL 1) 143, 152f Interleukin-4 (IL-4) 152, 155, 200 Interleukin-5 (IL-5) 152 Interleukin-6 (IL 6) 143 Intermediärfilament 108f, 122 Intron 88f In-vitro-DNA-Rekombination 96 Iod 117, 135f Iodmangel 117, 136 Iodmangel-Struma 117 Ion, aktivierendes 5 Ionenbindung 5 Ionenkanal 105, 129, 142
H–K
IP3-Rezeptor 128 IRS (7 Insulin responsive element) Isoantikörper 150f Isobar 3, 17 Isoenzym 16, 18, 182 Isoleucin 34, 37, 40, 42, 182, 196 Isomerase 17, 62 Isopren, aktives, Synthese 70 Isotherm 3, 17 IU (international unit) 9, 17
J Janus-Kinase (JAK) 130
K Kallidin 142 Kallikrein 142, 165f, 174 Kanzerogen, chemisches 99 Kanzerogenese 99f Kanzerostatika 82, 85 Kardiomyopathie, familiäre dilatative (DCM) 122 Kardiomyozyte 105, 196 Karposi-Sarkom 155 Karzinogen, physikalisches 99 Katalase 104, 107, 158, 164 – biologische 4f, 9, 15f, 32, 133 – kovalente 5 Katecholamin 31, 41, 68, 127, 133, 188 Kathepsin 33f, 104 Kernhülle 106 Ketogenese 31f, 60, 69, 74–76, 174f Ketonkörper 31f, 34, 60, 75f, 144, 168, 174, 192, 196, 204 Ketonkörperabbau 31f, 75 Ketonkörpersynthese 31f Kette – leichte (L-Kette) 150f – schwere (H-Kette) 150f Kettenanomalie 164 Kettenverlängerung 64, 66f, 86f Keuchhusten 130 Killerzelle 96, 148f – natürliche 148 Kinin 16, 32, 142, 165f, 174 Klonierung 96 Klonierungsvektor 96 Knochen 141, 143, 149, 152f, 161, 170, 176, 200f – Aufbau 200
222
Sachverzeichnis
Knockout-Maus 97 Knorpel 109–112, 200f – Aufbau 200 Knorpelmatrix 112, 200 Kohlenhydrat 38, 44, 48, 58–64, 69, 84, 104, 149, 175, 180, 181f Kohlenhydratabbau 22–28 Kohlenstoff, Wege 37–42 Kollagen 62, 98, 110–112, 116, 165, 167, 200 – fibrilläres 112 – nicht fibrilläres, Netze aufbauendes 110, 112 Kollagenase 111 Kommunikation, hormonelle, Grundlagen 126 Kompartiment 104, 108, 200 Kompartimentierung 3, 13, 104 Komplement, Funktion 153 Komplementaktivierung 16, 148, 154 – alternativer Weg 154 – klassischer Weg 154 Komplementsystem 32, 96, 153f, 174 – Funktion 154 Konformationsdeterminante 149 Konjugationsphase 175 Kopplung, neurohormonale 130f Kreatinkinase MB 196 Kreatinsynthese 38 Kreislauf, enterohepatischer 71 Kupfer 116f, 118, 174 Kupffer-Zelle 175
L Lactat 9, 22f, 44, 58, 60f, 63, 75f, 104, 163, 168, 196 Lactose 27f, 58, 180–182, 184 Lactose-Intoleranz 27, 182, 184 Lambert-Beer’sche Gesetz 9 Laminin 111f, 165 Latenz 95 LCAT 72f LDL 72f, 77, 106, 113, 169, 174 LDL-Rezeptor-Defekt 106 Leber 14–16, 22, 25–31, 34–36, 38–40, 42, 44, 58–64, 66, 68f, 71–75, 83, 89, 107f, 113, 116–118, 128, 132–137, 141, 158, 161–163, 167, 173–176, 182, 188, 192 – Akute-Phase-Protein 174 – Aminosäurestoffwechsel 174 – Blutglucosespiegel 174 – endokrine Funktionen 176 – Energiestoffwechsel 174 – Fettstoffwechsel 174 – Fructoseverwertung 28
– Galactoseverwertung 27 – Proteinstoffwechsel 174 – Serviceleistungen 174 – Speicherorgan 174 Leberzirrhose 44, 117, 126, 169, 174 Leistungsumsatz 180 Leptin 68, 188 Lesh-Nyhan-Syndrom 83, 84 Leucin 34, 40, 42, 90, 94, 182, 196 Leucin-Zipper 94 Leukotriene 67, 106, 142f, 154 Leukozyte 67, 109, 141–143, 148, 154 Leydig-Zwischenzelle 137f Liberin 98, 126f, 130f, 134 Ligase 17, 85–87 Lineweaver-Burk 8 Linolsäure 67 Lipase 10, 15, 29, 31, 61, 71, 75, 128, 181, 183, 188 Lipid 28f, 38, 48, 60, 64–73, 95, 99, 104–106, 108, 116, 135, 149, 168, 176, 180, 183, 204 Lipiddoppelschicht 104f Lipidose 69 Lipogenese 68, 74, 133, 136, 188 Lipolyse 28f, 31, 68, 74f, 128, 133, 135, 142, 144, 188 Lipoprotein 28f, 64, 68, 72f, 74, 77, 132, 168f, 188 – Verwertung 64 Lipoproteinlipase 29, 64, 68, 72–74, 132, 188 Lipoxygenase 67, 143 Liquor cerebrospinalis 204 – Calciumkonzentration 204 – Kaliumkonzentration 204 – Proteinkonzentration 204 Lyase 6, 17, 31, 40, 43, 188 Lysin 34–36, 40, 42, 110, 113, 131 Lysosom 33f, 74, 92f, 97–99, 104, 107 – Aufbau 107 – Entstehung 107 – Funktion 107 Lysozym 9, 148, 169 Lysyloxidase 111, 116
M Magendarmtrakt 173–184 – endokrine Funktionen 184 Magensaft 139, 148, 181–183 Makroangiopathie 63 Makrophage 95f, 99, 107, 129, 142, 143, 148f, 150–155, 164, 175, 200 Malabsorption 117, 140, 184
223 Sachverzeichnis
Malaria 26, 164, 170 Malariaresistenz 164 Malatzyklus 51 Maldigestion 106, 184 Malonyl-CoA 64f, 67 Mannosesynthese 62 Mannose-6-Phosphat 62, 98 Marfan-Syndrom 111 Massenwirkungsgesetz 4, 149 Matrix – extrazelluläre 62, 109–112, 200 – – Abbau 111f – – Funktion 112 – – Glycoproteine 111 – – Strukturprinzip 109f – – Synthese 110f – – Vorkommen 109f – intrazelluläre 103 Matrix-Metalloproteinase 111, 117 Matrizenstrang 87f Mediator 67, 82, 126, 128, 141–143, 168 Melatonin 142 Membran 29, 92, 104–106, 117, 128, 139, 152 – Stofftransport 105 Membrankanal 105 Membrankomponenten 104–106 Membranprotein – integrales 49, 101, 105 – peripheres 49, 105 Membranvesikel 105 Menkes-Erkrankung 117 Mesobilinogen 162f Metabolit 4, 9, 17, 23, 48, 61, 74, 104, 126 Metall-Katalyse 5 Metalloprotease 32 Met-Hämaglobin (Met-Hb, HbM) 160, 163, 164 – Reduktion 164 Methämoglobinreduktion 164 Methionin 33, 34, 36–38, 40, 54, 68, 82, 90, 133 Mevalonsäure 69–71 MHC-(major histocompatibility complex-)Komplex 32–34, 96, 99, 107, 149, 151–155 MHC-I-Komplex 32–34, 149, 151, 153 MHC-I-Protein 151f MHC-II-Komplex 33f, 99, 107, 151, 153, 155 MHC-II-Protein 151, 152 Micelle 71, 183f Michaelis-Konstante 6, 7 Michaelis-Menten-Gleichung 7f, 17, 22 Mikroangiopathie 63, 189 Mikrofilament 108 Mikrotubuli 108, 113 Missense-Mutation 84, 164
K–N
Mitochondrien 29–31, 42f, 63, 67, 89, 90, 92, 104, 107, 158, 162, 196 – Aufbau 107 – Funktion 107 Mitose 100, 112, 113 Modifikation – kovalente 6, 18, 26, 47 – posttranskriptionale 88 – posttranslationale 16, 93, 98f, 161 Monoaminooxidase 142 Monocistronisch 90 Monooxygenase 40, 53, 67, 158, 175 Monozyte 39, 142, 148, 153, 155, 158, 200 Mucine 62, 118, 181 Mucopolysaccharidose Mucoviszidose 85, 106, 113 Mukosamembran 182 Mukosazelle 58, 64, 105, 116, 133, 182f Multienzymkomplex 16, 18, 33, 44f, 47, 50, 52, 64, 80f Muskelfaser – rote (Typ I) 196 – weiße (Typ II) 196 Muskelschwund 33, 135 Muskulatur 22f, 26, 29, 31f, 38, 40, 42, 44, 51, 60–63, 67, 74f, 105f, 128, 132–135, 138, 141, 158, 168, 182, 188, 195–197 – Energiestoffwechsel 196 – glatte 67, 138, 140, 141, 196 – – Energiebedarf 196 – Pathobiochemie 196 Myasthenia gravis 106, 205 Myelin 204 Myelinscheide 204 Myoglobin 116, 158, 159, 161, 169, 196 Myokard 10, 122, 161, 188, 196f Myopathie 53, 106, 122 Myxovirus 95
N Na/K–ATPase 135f, 139 N-Acetyl-Glucosamin 27, 62 N-Acetyl-Mannosamin-6-Phosphat 62 Nachtblindheit 208 NAD 6, 9, 18, 22f, 28f, 32, 35f, 41, 45–50, 52f, 60, 64f, 83, 104, 106, 130 NADH2 9, 22f, 28–32, 36, 38, 41, 42, 44f, 47, 49–53, 60f, 65, 163f, 174f NADPH2 24–26, 37, 39f, 42, 53, 64f, 67, 69, 81f, 134, 162–164, 207 Nahrung, Energiewert 180
224
Sachverzeichnis
Nahrungskarenz (7 Hunger) Nahrungskohlenhydrat 180, 181f Nahrungswert 180 N-Bilanz (7 Stickstoffbilanz) Nekrose 10, 33, 34, 101 Nervensystem 42, 130, 203–205 – Energiestoffwechsel 204 – peripheres 203–205 – zentrales (ZNS) 42, 203–205 Neuronal growth factor (NGF) 129 Neurotransmitter 36, 37, 39, 42, 127, 133, 204 Neutralfett 28f, 31, 44, 64, 68f, 72–76, 132f, 174, 181, 183, 188 – Abbau (7 Lipolyse) – Synthese 44, 68, 74, 133, 174, 183, 188 N-Glycosid 62 Niemann-Pick-Syndrom 113 Niere 32, 38–40, 42, 44, 58f, 61, 63, 68f, 75f, 84, 105, 113, 117, 126, 135, 139–141, 149, 168f, 175, 182, 188f, 191f – endokrine Funktionen 192 – Energiestoffwechsel 192 – Rückresorption 192 Niereninsuffizienz 38, 63, 192, 198 – chronische 192 Nierenmark 58, 63, 75f, 192 Nierentubuli 58, 105, 113, 139, 140, 192 – proximaler 192 NK-Zelle 155 Nonapeptid 138, 140, 142 Non-Hodkin-Lymphom 155 Noradrenalin 63, 68, 133, 188 – Funktion 133 – Wirkung 133 Northern-Blot 97 NO-Synthase 39, 116, 129 N-terminus 98 Nucleinsäure 80, 82, 84–97 – Abbau 97 – Grundbegriffe 84f Nucleocapsid 95 Nucleosidanaloga 96 Nucleosidase 83, 181, 183 Nucleosid-Phosphorylase 83 Nucleotid 24f, 48, 62, 68, 80–84, 85, 87f, 97, 116, 181, 183 – Abbau 83 – Funktion 82f – Synthese 80–82 Nucleotidase 83, 104, 181, 183 Nucleotidexzision 87
O O-Glycosid 62, 106 O2-Bindung 159, 161, 164 O2-Bindungskurve 159, 161, 164 O2-Diffusion 161 Odontoblast 110, 200 Okzaki-Fragment 85–87 Oligodendroglia 204 Oligosaccharid, O- und N-glycosidisch gebundenes 98 Ölsäure 31, 53, 66, 68, 134 Onkogen 96, 99f – virales 100 – zelluläres 100 Opsonin 154, 174 Ornithin 36, 38f, 42f, 113 Ossifikation 200 Osteoblast 110, 141, 200f Osteogenesis imperfecta 111 Osteoklast 140f, 200f Osteoporose 135, 140, 200f Osteozyte 200 Östrogen 126, 131, 134, 136, 137, 138, 188, 200 Oxalacetat 31f, 35, 37–39, 43, 45, 47, 51, 58, 65, 76, 175 Oxidase 36, 50, 53, 104, 107, 116, 134, 148f Oxidation, biologische, Hemmer 52 Oxidoreduktase 16, 50 Oxygenase 53 Oxytocin 138
P p53 100 Paget-Krankheit 201 Palmitat-Synthese 65 Palmitoleinsäure 53, 66 PALP (7 Pyridoxalphosphat) Pankreas 10, 22, 58, 63f, 104, 131f, 139, 144, 176, 181–183 Pankreatitis 10 Papova-Virus 95 Paraproteinämie 169f Parathormon (PTH) 126–128, 140f, 192 Parathyrin (7 Parathormon) Pasteur-Effekt 23 Pathoproteinämie 170 PCR (7 Polymerase chain reaction) PDGF 100, 112, 129, 143 Pentosephosphatweg 23, 24–26, 58, 104, 163 – nicht-oxidativer Teil 24
225 Sachverzeichnis
– oxidativer Teil 24 – Reaktion 24–26 PEP-Carboxykinase 47, 58–61, 75, 132, 134 Pepsin 5f, 139, 151, 181–184 Peptid, natriuretisches 127, 129, 135, 139, 140, 196 Peptidantigen 99, 152f Peptidase 32, 110 Peptidbindung 5, 32f, 90, 93, 97 Peptidhormon 127, 131, 132, 139, 140, 188 Peptidyl-Prolyl-cis-trans-Isomerase 97 Peroxidase 67, 107, 136, 142, 158 Peroxisom 30f, 44, 53, 70, 83, 92, 104, 107, 175 Pfortader 14, 22, 27, 127, 133, 162, 182 Pfortaderblut 14, 27, 182 Pfropf, weißer hämostatischer 164f Phagozyte 148, 149, 153 Phenylacetat 41 Phenylalanin 34, 37, 40f, 42 Phenylethanolamin-Methyltransferase 133 Phenylketonurie 41, 84 Phenylpyruvat 41 Phosphatidyl-Inositol-3-P (7 IP3) Phosphatstoffwechsel 140 Phosphodiesterase 27, 129, 183 Phosphofructokinase 14, 22f, 58, 60f, 75, 132 Phosphoglucomutase 26, 61 Phosphoglycerid, Abbau 69 Phospholipase 67, 69, 127–129, 133, 142, 183 Phospholipase C 69, 127–129, 133, 142 Phospholipase Cβ 127f, 133, 142 Phospholipid – Abbau 68f – Synthese 68f Phospholipid-Doppelschicht 106 Phosphoribosylamidotransferase 80 Phosphoribosylpyrophosphat (PRPP) 14, 41, 81–84 Phosphorylierung – Entkoppler 52 – Hemmer 52 – oxidative 31, 46, 48–53, 104, 196 – Regulation 52 Photometrische Methode 9f Picornavirus 95 Plasmazelle, antikörperproduzierende 152f, 155 Plasmid 96 Plasmin 167f Plasminogen 167–169 – Aktivierung 167f Plasminogenaktivator 167 Platelet derived growth factor (PDGF) 129 Plazenta 131, 136f, 150f, 161 Poly-A-Schwanz 88 Poly-A-Sequenz 88
N–P
Polymerase chain reaction (PCR) 97 Polyol-Stoffwechselweg 28 POMC 131 Pore 105, 106, 109 Porphobilinogen Porphyrin 38, 49, 158, 160, 163 Portalblut (7 Pfortaderblut) Potenzial – chemiosmotisches 48, 52 – elektrochemisches 52 Poxviridae 95 Präinitiation 90, 93 Prä-Pro-Insulin 98 Prä-Pro-Kollagen 110 Prä-Pro-Protein 98 Prä-Protein 93, 98 Pregnenolon 134, 137f Primase 85f Primer 85–87, 89 Produktenhemmung 8, 14, 47 – kompetetive 8, 14, 47 Proenzym 15f, 34, 98, 111, 142, 165–167, 169, 181–183 – inaktives 15, 183 Progesteron 134f, 137f, 169 Proinsulin 131 Prokallikrein 142 Prolactin 131, 138 Prolin 34, 37, 39, 97, 110 Promotor 87–89 Proopiomelanocortin (POMC) 130f Propionyl-CoA 30f, 36, 40 Pro-Protein 93, 96, 98 Prostaglandin 67, 106, 128, 142f, 181 – Wirkung 142 Prosthetische Gruppe 5f, 17, 49, 64 Protease 32–34, 93, 96, 99, 142, 154, 166, 168, 182 – lysosomale 33, 99 Proteasom 32–34, 94, 98f, 112, 151–153 Protein 9, 16, 31, 32–44, 48, 50, 52, 60–62, 72, 74, 75f, 81, 88–90, 93–95, 98, 100, 104, 108, 111f, 116, 127–129, 131, 148, 151, 159, 161f, 165f, 169f, 174f, 180f, 204 – Adressierung 98 – antiviral 143 – C-reaktives 148, 169, 174 – CRE-bindendes (CREB) 128 – Faltung 97f – Modifikation 98f – Verankerung an Membran 99 Protein C 165, 167f Protein S 165, 167f Protein targeting 98 Proteinabbau (7 Proteolyse)
226
Sachverzeichnis
Proteinbiosynthese 74, 88, 90–93 – Elongation 90, 92 – Hemmstoffe 93 – Initiation 90f – Termination 91 Proteindisulfiddisomerase 97 Proteinglycosylierung 98 Proteinkinase 6, 15, 26f, 29, 40, 60f, 68f, 71, 105, 111f, 127–129, 131–133, 154 – cyclinabhängige (Cdk) 112, 129 – mitogenaktivierte (MAPK) 129 Proteinkinase A 6, 26f, 29, 61f, 68, 105, 127f, 131–133 Proteinkinase C 40, 69, 129, 133 Proteinphosphatase 15, 27, 130 Protein-Protein-Interaktion 16 Proteinsynthese 34, 90–92, 94, 132f, 154 Protein-Turnover 181 Proteinumsatz 34, 181 Proteoglycan 62, 98, 110–112, 200 Proteohormon 127, 131, 141 Proteolyse 6, 15f, 32–34, 93, 98, 99, 130, 134f, 154, 164f, 167f, 174, 176, 180–183 – extrazelluläre 32, 168 – intrazelluläre 32–34 – limitierte 6, 15f, 32, 93, 98, 111, 154, 164f, 167, 181–183 – lysosomale 32, 33f, 99 – Ubiquitin-abhängige 32f – zytosolische 99 Prothrombin 165f, 168f, 174 Protoonkogen 100, 113 Protoonkogensuppressorgenprodukt 113 Provitamin D 71, 141 Punktmutation 84, 89, 122, 164 Purinnucleotid 14, 38f, 80, 82 – Synthese 14, 38f, 80, 82 Pyridoxalphosphat 6, 35, 37, 41 Pyrimidinnucleotid 39, 80f, 82 – Synthese 39, 80f, 82 Pyruvat 22f, 26, 35–38, 40, 44f, 47f, 58–61, 65f, 104, 188 – oxidative Decarboxylierung 44f Pyruvatdecarboxylierung 44f Pyruvatdehydrogenase 15, 23, 44f, 47f, 65f, 75, 128 Pyruvatdehydrogenase-Komplex 16, 44f, 47
R Rachitis 141 Ras 129 Rb 100, 112 Reaktion
– endergone 4 – exergone 4, 58 – gekoppelte 4 – reversible 4, 36, 58 Reaktionskinetik, sigmoidale 14, 17, 22 Reaktionsspezifität 5, 17 – relative 5 Redox-Reaktion 3, 6, 48, 116, 163 Regulation, allosterische 14f, 17, 48 Rekombination 84, 86, 151 Renin-Angiotensin-System 126, 139, 140 Replikation 81, 83, 85–87, 90, 95, 100, 106 Repression 15, 74, 132, 148 Resorption 71, 73, 116, 138, 140, 181–184 Restriktionsfragment-Längenpolymorphismus (RFLP) 97 Retrovirus 95, 97, 100 Rezeptor 26, 105, 127f, 130, 137, 165 – assoziierter Tyrosinkinasen 130 – adrenerger 105, 127–129, 133 Ribonucleotidreduktase 81, 83 Ribosom 87f, 90–94, 106 Ribozym 4, 17, 88 RNA-Editing 89 RNA-Interferenz 148 RNA-Polymerase 85, 87–89, 94f RNA-Polymerase I 87, 89 RNA-Polymerase II 87, 89 RNA-Polymerase III 87, 89 RNA-Transkription 87, 106 RNA-Virus 95, 99, 148, 154 RNase 97, 154 Rückkoppelung, negative 4, 14, 80, 126
S Saccharose 27, 58, 180–182, 184 Salzsäureproduktion 139 Sauerstoffaufnahme 158–160 Sauerstoffbindung (7 O2-Bindung) Sauerstoffspecies, reaktive 44, 54, 149, 174, 207 Sauerstofftransport 116, 159f, 164 Sauerstoffversorgung 158–160, 161 Säurebasenhaushalt 116 Säure-Basen-Katalyse 5 Schiff’sche Base 42, 99 Schilddrüsenhormon 41, 68, 117, 126f, 130, 135f, 176, 188 – Ausscheidung 136 – Bildung 136 – Funktion 136
227 Sachverzeichnis
Schilddrüsenüberfunktion 136 Schilddrüsenunterfunktion 136 Schock, septischer 142 Schrittmacherenzym 4, 14 Schwannzelle 204 Scorbut 111 sc-RNA 92 Second messenger 82, 127, 128, 130 Sehkraft, mangelnde im Dunkeln 208 Sekretin 139, 181 Sekretion – autokrine 126 – endokrine 126 – parakrine 126 Selen 117 Selenocystein 107, 117, 136 Sequenzdeterminante 149 Sequenzmodell 15 Serin 5f, 15, 34, 36f, 38, 40f, 62, 68f, 92, 142, Serinenzym 8, 183 Serinprotease 32, 182 Serotonin 37, 128, 142, 165 Sexualhormon 99, 126f, 136–138, 176 – Bedeutung 138 SH2-Dömäne 129, 132 Sheminzyklus 37f Short interferring RNA (si-RNA) 148 Sichelzellanämie 84, 170 Signal transducers and activators of transcription (STAT) 130 Signalpeptidase 34, 93 Signalsequenz 92f, 98 Signaltransduktion 69, 82, 99, 100, 106, 111f, 127–130, 132, 153 Signalübertragung 109, 128, 130 – Affinität der Rezeptoren 130 – Kooperativität zwischen Hormon und Rezeptor 130 – Spezifität der Ligandenbindung 130 – Unterbindung 130 Silencer-Sequenz 88 Sinusendothelzelle 175 Skelettmuskel 76, 196 sn-RNP 88 Somatostatin 128, 130f, 135 Somatotropin (STH) 131, 135, 176 Sorbitolstoffwechselweg 28, 137 Southern-Blot 97 Speicherorgan 174 Speicherverwertung 74f Spezifität, geometrische 5 Sphärozytose 106 S-Phase 85f, 100, 112 Sphingolipid, Biosynthese 69
P–S
Sphingolipidose 113 Spleißen 34, 88f, 151 – alternatives 89 Spleißosom 88 Sprue 74, 184 Spurenelement 116f, 168, 180 Squalen 71 SRP 92 Statin 71, 126f, 130 Steadystate 4 Stearinsäure 53, 66 Stercobilinogen 162f Steroidhormon 28, 40, 53, 71, 88, 94, 126, 127, 134, 137, 175, 176, 181 – Bildung aus Cholesterol 134 STH 74, 76, 131, 135, 138, 176 Stickstoffbilanz 32, 180f Stickstoffmonoxid (NO) 129 Stoffwechsel – aerober 48, 196 – Fructose 27f – Galactose 27 – Nahrungsmangel 75f Stoffwechselregulation 131–135 Stoffwechselweg 3, 4, 28, 31, 34, 41, 48, 52, 58, 60–63, 65, 75, 81, 132, 163 – amphiboler 3, 23, 48 – anaboler 3, 52 – kataboler 3, 21–54 Stopp-Codon 84, 89, 91, 93 Streptomycin 93 Stress, oxidativer 53, 99, 117, 143 Stützgewebe 199–201 Substanzen antiproliferativer Wirkung 94 Substrat 4–9, 14–17, 22, 24, 34, 44, 46–49, 52f, 58f, 61, 81, 87, 112, 132, 159, 162, 165, 174, 179, 188, 197, 204 Substratkettenphosphorylierung 22, 46–48 Substratspezifität 5 – relative 5 – sterische 5 Succinyl-CoA 31f, 37f, 40f, 45, 47, 162f Suizid-Hemmung 9 Sulfonamid 84 Superoxidanion 54, 63, 149, 160 Superoxid-Anion-Radikal 54 Superoxid-Cu,Zn-Dismutase 116 Superoxiddismutase 54, 149, 160 Symmetriemodell 15 Symport 52, 58, 105, 182f Synapse 133 System – kontraktiles 122 – motiles 122
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T TATA-Box 88 Telomer 86f Telomerase 85–87 Termination 85–92 Test, gekoppelter optischer 9 Testosteron 28, 74, 128, 131, 137f Tetraiodthyronin (T4) 126, 135f, 169, 176 – Deiodierung 136 TGF 100, 143, 188, 200 Thalassämie 162, 164 T-Helferzelle 143, 152f, 155 Thermogenese 31, 180 Thiamindiphosphat 6, 24, 37, 40, 45 TH-Lymphozyte 152 Threonin 6, 15, 34–37, 40, 41f, 98 Thrombaxan 9, 67, 142, 165 Thrombin 8, 16, 165–169 Thromboxan A2 67, 142, 165 Thrombozyte 9, 39, 67, 129, 142f, 158, 164f, 166–168 Thymidylatsynthase 9, 81f Thymindimer 87 Thyminnucleotid 81f – Bildung 81f Thyreocalcitonin 126, 141 Thyreotropin (TSH) 130f, 136 Thyroxin 41, 117, 135f Tier, transgenes 97 Tight junction 108, 109 Tissue plasminogen activator (tPA) 167 T-Lymphozyte 32, 95, 149, 151–155 – Eigenschaften 149 T-Lymphozyten-Helferzelle 149 TNF 101, 143, 152, 188, 200 TNF-Rezeptor 101 Toll-like-Rezeptor 148 Topoisomerase 85 Topoisomerase-Hemmer 85 Transaminierung 6, 34, 35f, 38–41, 43f, 60 Transcortin 135, 169 Transduktion 96 Transfektion 96 Transferase 16, 29, 61, 64f, 71, 80, 83, 104 Transferrin 33, 116, 169 Transkriptase, reverse 86, 95 Transkription 89f, 93–95, 97, 99f, 106, 112f, 126–130, 135–137 Transkriptionsfaktor 33, 87–89, 94, 100, 112f, 127–129, 136f – durch Liganden aktivierter 94 Transkriptionsprodukte 89
Translation 89–93, 95, 148, 154 Translocon 92 Transport – primär aktiver 105 – sekundär aktiver 58, 105f, 182f Triacylglycerin (7 Triacylglycerol) Triacylglycerol 28f, 63, 68, 72, 75, 180, 183, 188, 196 – Biosynthese 68–73 Triacylglycerollipase, hormonsensitive 188 Triaglycerol, Abbau 28 Triiodthyronin (T3) 41, 117, 135f Triplett-Code 89 t-RNA 17, 87, 89, 90f, 93 Tropokollagen 110, 112 Trypsin, Autokatalyse 182f Tryptophan 34, 37, 41f, 53, 204 TSH 128, 131f, 136 Tumorbiochemie 99–101 Tumorsuppressorgan 100, 113 Tumorsuppressorgenprodukt 113 TXA2 67, 168 Tyrosin 6, 34, 37, 40f, 42, 61, 133, 204 Tyrosinkinase 113, 129f, 143 Tyrosinkinaserezeptor 129f, 152 T-Zelle, zytotoxische 149, 151f, 153, 154 T-Zellrezeptor 149, 153
U Ubichinon 6, 49–52 Ubiquitin 32–34 UDP-Galactose 27, 69, 83 UDP-Glucose 27, 61, 68f, 83 Uniport 105, 182 Uridinmonophosphat (UMP) 9, 81f Urobilinogen 162 Urokinase type plasminogen activator (uPA) 168 UV-Licht 87, 141
V Valin 34, 37, 40, 42, 90, 159, 161, 182, 196 Vasopressin 129, 131, 135, 139, 140 Vasorelaxans 39, 160 Verbindung, energiereiche 4, 22, 29, 40, 43, 45f Verdauung 32, 138, 181–184 – Regulation 138 Verdauungssekret 181 Vinca-Alkaloid 100, 113
229 Sachverzeichnis
Virus – Abwehr 96 – Adsorption 95 – lysogener 95 – Penetration 95 Vitamin 5f, 17, 28, 30, 37, 40f, 45, 47, 49, 54, 84, 110f, 127, 133, 140f, 166–169, 174, 176, 180f, 183f, 200, 208 – fettlösliches 174, 176, 180, 183, 184 – Resorptionsmechanismus 183 – wasserlösliches 183 Vitamin D 127, 140, 141, 169 VLDL 28f, 64, 72–74, 77, 89, 132, 174, 188
W Wachstum 94, 112, 127, 131, 135, 143, 152, 200 Wachstumsfaktor 74, 94, 100, 111f, 126f, 129, 143 – Wirkung 143 Wachstumshormon 126f, 131, 135 Wachstumsuppressor-Protein 112 Wasser-Haushalt 116, 139f Wasserkanal (7 Aquaporin) Wasserstoffperoxid 53, 54, 107, 149, 164 Willebrandt-Faktor 165, 168 Wilson-Krankheit 117, 118
X Xanthin 80, 83 Xanthinoxidase 9, 83f, 101 Xenobiotika 175
Y YAK 96
T–Z
Z Zahn 110f, 200f – Aufbau 200 Zahnhartsubstanz 200 Zelladhäsionsprotein 109, 110, 142f Zelle – dendritische 148, 152 – eukaryonte 104 – immunkompetente 82, 153 Zellkern 86, 87, 89, 94f, 100, 104, 106, 112, 126, 128, 130, 136, 158 – Funktion 106 Zellkontakt 105, 109, 111 Zellmembran (7 Membran) Zellmembranrezeptor 112 Zellstruktur 103 Zellverbindungen 109 Zellweger-Syndrom 107 Zellzyklus 85, 112f, 129 Zentrum – aktives 5, 8f, 15, 51, 111 – allosterisches (7 Zentrum, regulatorisches) – katalytisches (7 Zentrum, aktives) – regulatorisches 14, 17 Zink 117 Zink-Finger 94 Zink-Finger-Motiv 117 Zirrhose, primär biliäre (PBC) 176 Zoeliakie 74, 184 Zytokin 126, 127, 130, 142, 143, 152–154, 188, 192, 200 – proinflammatorisches 143, 152, 200 – Wirkung 143 – Wirkung bei der Körperabwehr 152 Zytokinrezeptor 127, 130 Zytologie 103 Zytoplasma, Hormonrezeptor 94 Zytoskelett 100, 105, 108f, 112 Zytosol 30, 50, 58, 64f, 91, 98f, 104, 128, 162 Zytostatika 100