Helmut H. Erb
Gewalt in der Schule und wie du dich dagegen wehren kannst
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Jeder erlebt ...
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Helmut H. Erb
Gewalt in der Schule und wie du dich dagegen wehren kannst
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Jeder erlebt irgendwann in seinem Leben Mobbing und Gewalt – sei es in der Schule, auf der Straße, im privaten Umfeld … Um dich selbst zu schützen, solltest du Bedrohungen rechtzeitig erkennen und Übergriffen vorbeugen können. ISBN: 3-8000-1524-2 Verlag: Ueberreuter Erscheinungsjahr: 1999 Umschlaggestaltung: Christian Gutschi Umschlagfoto: © Pascal Broze/Reporters/Contrast
Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!!!
Buch Jeder erlebt irgendwann in seinem Leben Mobbing und Gewalt – sei es in der Schule, auf der Straße, im privaten Umfeld … Um dich selbst zu schützen, solltest du Bedrohungen rechtzeitig erkennen und Übergriffen vorbeugen können. Hier erfährst du, • warum Gewalt niemals eine Lösung sein kann, • warum es so wichtig ist, sich zu wehren, • wie man sich wehren kann und von wem Hilfe zu erwarten ist, • warum Schutzgelderpressung und sexuelle Übergriffe immer angezeigt werden sollen, • wann Selbstverteidigung sinnvoll ist, • wann es besser ist, sich aus einer Situation zurückzuziehen, • was ihr in eurer Klasse, Schule, Jugendgruppe … gemeinsam gegen Schikanen und Gewalt tun könnt.
Helmut H. Erb
GEWALT IN DER SCHULE und wie du dich dagegen wehren kannst Unter Mitarbeit von Sylvia Schneider
UEBERREUTER
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Erb, Helmut H.: Gewalt in der Schule und wie du dich dagegen wehren kannst/ Helmut H. Erb. – Wien: Ueberreuter, 1999 (Ueberreuter talk about) ISBN 3-8000-1524-2
JS 0040/1 Alle Urheberrechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Wiedergabe in jeder Form, einschließlich einer Verwertung in elektronischen Medien, der reprografischen Vervielfältigung, einer digitalen Verbreitung und der Aufnahme in Datenbanken, ausdrücklich vorbehalten. Umschlag von Christian Gutschi Umschlagfoto: © Pascal Broze/Reporters/Contrast Gesetzt nach der neuen Rechtschreibung Copyright © 1999 by Verlag Carl Ueberreuter, Wien Printed in Austria 7654321
Ueberreuter im Internet: www.ueberreuter.de
Inhalt 1 MACH MICH NICHT AN! ................................. 9 EINLEITUNG .............................................................. 9 2 WAS IST GEWALT UND WARUM WIRD SIE HÄUFIGER? .......................................................... 18 Friedenstaube oder Racheengel? ............................. 18 Blick zurück auf den Zorn ........................................ 22 Denkste, Affe! ............................................................ 25 Die Steinzeit ist noch nicht zu Ende........................ 28 Die Angst des Jägers vor dem Wild ........................ 30 Wegen Überfüllung verdrossen ............................... 32 Der Urknall der Gewalt............................................. 35 Gute Seiten, schlechte Seiten ................................... 42 Machen Gute Onkelz böhze Musik? ....................... 46 Ohne Aussicht auf Arbeit ein ganzer Kerl? ........... 48 3 WO DU AUF GEWALT TRIFFST UND WIE DU DICH IM EINZELFALL VERHALTEN KANNST ................................................................. 52 Gewalt in der Schule – Rüpel, Rowdys, Mobber .. 52 „Und bist du nicht willig …“ Sexuelle Gewalt ..... 62 „Fahr schon mal den Wagen vor …“ Allein unterwegs .............................................................. 70 Let’s have a Party ...................................................... 75
Cooles Outfit – Fix im Out? ..................................... 78 Telefonterror ............................................................... 84 4 MACH DICH FIT ............................................... 89 Weck die Power in dir: wie man Zivilcourage lernt ...................................................................................... 89
Gefahr erkennen und besser wegrennen ................. 96 Die Kraft der zwei Herzen ...................................... 100 Selbstverteidigung: Nummer sicher? .................... 104 Sicherheitsgefühl und Selbstvertrauen – So kommt das Ego auf die Beine .............................................. 107 Auge um Auge, Zahn um Zahn: Waffen .............. 111 In der Schule Schule machen ................................. 114 Gutes Schulklima ist keine Frage des Wetters..... 118 Wenn es zu Verbrechen kommt ............................. 124 Zehn Möglichkeiten, mit Anmache und Gewalt umzugehen ................................................................ 125 Die Grenzen setzt DU selbst – Deine Rechte ...... 127 5 TRAU DICH, TRAU DIR ................................ 129 6 TEST .................................................................. 130 Wie wachsam bist du?............................................. 130 Auflösung ................................................................. 132 7 HIER GIBT ES HILFE UND MÖGLICHKEITEN, SICH ZU ENGAGIEREN ................................................................................ 137
Je älter man wird, desto härter geht’s zu. In der ersten Klasse hast du dich in der Pause geprügelt und dann wieder vertragen. Jetzt macht man so lange weiter, bis der andere auf dem Boden liegt. Dann wird sogar noch mal kräftig draufgestiefelt, bis er sich nicht mehr bewegt. BENNY, 15 JAHRE
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1 MACH MICH NICHT AN! EINLEITUNG „Mach mich nicht an!“ – das sagt sich so leichthin, ist aber oft von wenig Erfolg gekrönt. Das fängt schon mal damit an, dass es viele Arten von Anmache gibt. Nette Anmache und blöde Anmache. Harmlose Anmache und gefährliche Anmache. Von der riskanten Anmache ist momentan häufiger die Rede. Häufiger als uns allen lieb ist. Gewalt unter Kindern und Jugendlichen ist ein Thema, über das heute viel diskutiert wird. Krieg auf dem Schulhof, Gewalt im Kindergarten, Nötigung und Erpressung von Mitschülern, sexuelle Anmache, schwere Straftaten und von den Tätern sogar in Kauf genommener Mord – vor nichts bleiben Kinder und Jugendliche heute verschont. Oft sind es zunächst nur Kleinigkeiten, aus denen aber schnell mehr werden kann: üble Anrede, Rempeleien, Schläge und
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zum Schluss echte Keilereien. Oder: anzügliche Blicke, „Na komm schon, stell dich nicht so an“ -Sprüche, Grabschereien und am Ende handfeste Übergriffe. Das erleben Jugendliche heute auf dem Schulhof, in der Straßenbahn, im Schwimmbad, vor dem Kino oder in der Diskothek. Als Opfer, aber auch als Täter … Gewalt ist alltäglich. Sie findet überall statt, auch in der Familie, in der Schule und im Freundeskreis. Mädchen sind anfälliger für sexuelle Übergriffe und Grenzüberschreitungen von anderen. Denn sie werden eher dazu erzogen, sich von anderen etwas gefallen zu lassen, sich anzupassen und nachzugeben, wenn andere etwas von ihnen wollen, was sie selbst nicht wollen oder was nachhaltig schädlich für sie ist. Oft neigen Mädchen dann auch noch dazu, sich für solche Übergriffe selbst die Schuld zu geben. Unter Jungen und Männern hingegen gelten Anmache & Co nach wie vor nicht selten als Kavaliersdelikt. Jeder zweite Schüler fühlt sich täglich von Mitschülern beschimpft, verspottet oder ausgelacht. Gewalt fängt schon mit Sprüchen an, die verletzen und wehtun. Den meist schwächeren Opfern wird dann zunehmend massiv und agg-
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ressiv „zu Leibe“ gerückt. Die meisten Täter sind männliche Jugendliche. Bevor wir aber wie am Stammtisch die Guten – die Opfer oder Nichtgewalttätigen – ins Töpfchen und die Schlechten – die Gewaltbereiten und Täter – ins Kröpfchen tun, wollen wir erst einmal erforschen, wieso der Mensch eigentlich solche Aggressionen entwickeln kann. Was ist daran normal, was unnormal? Denn wir wollen ja vor allem eines nicht vergessen: Es ist ein ziemliches Unding, über Kinder und Jugendliche von heute herzuziehen, als seien sie von Geburt an egoistische und bösartige Ungeheuer. Die meisten Jugendlichen sind sehr engagiert, kreativ und fantasievoll, wollen etwas für die Gesellschaft erreichen. Wenn in den Schulen oder in der Öffentlichkeit Gewalt heute zum Thema gemacht wird, so ist das nicht selten auf die Eigeninitiative von Jugendlichen zurückzuführen. Zur Jugend gehört im Übrigen das Kräftemessen dazu: Wo steh ich, wo stehen die anderen? Wo stehen die Jungen, wo stehen die Alten? Das war schon immer so. Und es lohnt sich, die Eltern einmal nach ihrer eigenen Jugend zu fragen. Auch ich habe solche Erfahrungen zu bieten: Ich kam als Kind aus der Stadt in ein Dorf in die
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Schule. Kinder von Städtern galten hier als Fremdkörper, die man nicht integrieren mochte. Folglich machten es mir die neuen Schulkameraden nicht gerade leicht. Zum Ausgleich hatte ich gute Zensuren. Nur nützte mir das überhaupt nichts. Im Gegenteil: Ich wurde nach einer Weile regelrecht erpresst von viel älteren Sitzenbleibern aus meiner Klasse, die mich zwingen wollten, im Unterricht nicht mehr mitzumachen: „Wenn du noch mal das Maul aufmachst, hauen wir dich blau!“ Damals war ich sieben und habe begriffen, dass man sich manchmal wehren muss, weil es einem von außen einfach aufgezwungen wird. Die Form, in der man das tut, ist eine Frage der Persönlichkeit und der Einstellung – der menschlichen und der politischen –, die sich im Laufe des Lebens bildet und die vielleicht in der Pubertät zum ersten Mal sichtbar wird. Ich selbst glaube, reine Friedenstauben können – im übertragenen Sinn – nur überleben, wenn und weil sie von anderen geschützt werden. Davon wollte ich schon als Grundschüler nicht abhängig sein. Ich suchte mir Gleichgesinnte und lernte raufen. Natürlich haben wir anfangs auch ganz schön was auf die Nase bekommen. Und begriffen, dass
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man mit Klopperei gegen körperlich Stärkere und sonst wie Überlegene wenig ausrichten kann, wenn man nicht seine eigenen Stärken – vor allem die geistigen – entwickelt; dass mit Teetrinken und Diskutieren andererseits in vielen Fällen aber auch kein Blumentopf zu gewinnen ist. Immerhin waren wir bald in der Lage, den Maulhelden auch auf andere Weise Paroli zu bieten. Wir hatten unser Bewusstsein für Gefahrensituationen und mögliche Auswege geschärft. Wir waren ungeheuer kreativ dabei und hatten nach einer Weile so etwas wie eine friedliche Koexistenz geschaffen. Natürlich ist diese Situation nicht mit der von Jugendlichen zu vergleichen, die heute massiv drangsaliert, schikaniert und erpresst werden. Man kann auch nicht – mehr? – sagen: Schikane hat es schon immer gegeben, das muss sich von alleine regeln! Die Regel „Schlag zurück – dann hört es auf!“ funktioniert ja oft auch gar nicht, da sich Menschen mit Gewaltbereitschaft immer Opfer aussuchen, die schwächer sind als sie, oder sie treten in Rudeln auf oder sind bewaffnet, sodass einem für diese Form der Gegenwehr gar kein Spielraum bleibt. Es gibt Situationen, mit denen
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man ganz unmöglich alleine fertig werden kann. Die meisten Erwachsenen haben es schon viel zu lange schleifen lassen, sich für Kinder und Jugendliche in dieser Hinsicht stark zu machen. Denn die heutige Form von Gewalt unter Heranwachsenden hat längst nichts mehr mit altersgemäßem Kräftemessen, Raufen und Rangeleien zu tun. Eines muss grundsätzlich gesagt werden: Gewalt in dieser Form darf niemals und auf keinen Fall geduldet werden. Wer gegen Gewalt nichts unternimmt, die Augen verschließt oder sich irgendwie herausmogelt, trägt auch zur Verbreitung von Gewalt bei. Glücklicherweise hatten die meisten meiner Freunde und ich Eltern, denen wir alles erzählen konnten. Denn Eltern sind ja im Normalfall die Ersten, die Missstände sofort abstellen können, wenn es wirklich brenzlig wird und es sich nicht um normale „Grenzstreitigkeiten“ zwischen Kindern und Jugendlichen handelt. Etwa indem sie ihr Kind von der Schule oder der Disco abholen, mit den Lehrern und anderen Eltern sprechen, zur Polizei gehen und Anzeige erstatten, beim Jugendamt nach Hilfe fragen oder sich andere Maßnahmen ausdenken. Ein gerechter Zorn ist schließlich auch eine Waffe! Leider stecken heu-
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te auch Eltern und Lehrer oft den Kopf in den Sand, weil sie nicht wissen, wie sie mit der alltäglichen Gewalt umgehen sollen, die ja in Teilen unserer Gesellschaft immer massiver wird.
Nur in der Vorbeugung besteht jedoch eine wirkliche Chance. In diesem Buch geht es nicht um die ganz große Gewalt und organisierte Banden – wenngleich die Grenzen oft fließend sind. Hier geht es um die alltägliche Aggressivität und um Situationen, in denen Gewalt in der Luft liegt und man einfach Angst hat. Es geht darum, rechtzeitig zu erkennen, was für einen gefährlich werden könnte und wie man dem begegnen kann. Und darum, wie man einschreiten kann, wenn andere bedroht werden oder wenn sich an der Schule oder sonst wo im Umfeld Gewalt ereignet. Du findest in diesem Buch jede Menge Tipps, wie du dich schützen, aber auch wehren kannst. Alle diejenigen, denen das nicht ausreicht und die noch mehr wissen wollen, können nachlesen, woher Gewalt stammt und warum sie zu den Verhaltensweisen aller Menschen dazugehört. Und wie wir uns als Gesellschaft gegen Gewalt wappnen und Zivilcourage entwickeln können. Weil ihr nicht so lange
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warten könnt, bis die Erwachsenen endlich ausdiskutiert haben, welche Maßnahmen sie ergreifen wollen. Also: Pass auf dich auf! Sei wachsam! Schütze dein Leben! Helmut H. Erb Eckernförde
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In Menschen lebt ein Bedürfnis, zu hassen und zu vernichten. ALBERT EINSTEIN
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2 WAS IST GEWALT UND WARUM WIRD SIE HÄUFIGER? Friedenstaube oder Racheengel? Wir sind immer wieder schockiert, wenn wir hören, lesen oder selbst – am eigenen Körper – erleben müssen, wie grausam Menschen sein können. Dass Menschen andere Menschen quälen, um Macht auszuüben, zu Geld zu kommen oder gar „zum Vergnügen“, erscheint den meisten von uns einfach unvorstellbar. Ebenso furchtbar finden wir es, wenn Tiere gequält werden. Immer häufiger sind es Kinder oder Jugendliche, von denen man solche „Heldentaten“ vernimmt. „Verroht unsere Jugend?“, machen sich die Erwachsenen nun öffentlich Sorgen. Jeden Tag können wir in der Zeitung lesen, wie schrecklich diese Jugend miteinander umgeht und mit allem, was schwächer ist: Jüngere, Ausländer, Alte, Behinderte
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und Tiere. Umgekehrt sind aber auch Kinder und Jugendliche heute am meisten von Gewalt durch Gleichaltrige oder etwas Ältere bedroht. Kaum ein Heranwachsender, der nicht schon mal in irgendeiner Form von anderen bedroht wurde. Gerade an den Schulen ist eine Spirale von Gewalt in Gang gekommen, der sich kaum ein einzelner Schüler noch entziehen kann. Vor allem an den Real- und Hauptschulen bilden sich Gruppen, zu deren Selbstverständnis es gehört, mehr oder minder sinnlose, aber brutale Mutproben zu vollbringen. Waffen an den Schulen sind keine Einzelfälle mehr. Treten, Boxen und Schlagen gehören zum Alltag vieler Schüler ebenso wie „Schutzgelderpressung“ oder das Abpressen von Kleidungsstücken und Ähnlichem. Dass für die meisten die Schule da zur Qual wird, liegt auf der Hand. Manche sehen gar keinen Ausweg mehr aus ihrer Lage. Das gilt übrigens für Opfer wie für Täter. Bevor wir uns überlegen, was ihr als Jugendliche selbst tun könnt, um sicher und ohne Blessuren durch den Alltag – durch Tag und Nacht – zu kommen, ohne euch we-
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sentlich einschränken zu müssen, und was ihr unternehmen könnt, um anderen zu helfen oder auf lange Sicht sogar etwas zu verändern, wollen wir uns erst einmal fragen, was Gewalt eigentlich ist, wo sie herkommt, wem und wozu sie nützt. Als Erstes werden wir feststellen, dass ein großer Teil der Diskussionen der Erwachsenen und des allgemeinen Geredes ziemlich scheinheilig ist. Zunächst einmal sind ja nicht „die Jugendlichen“ schuld, dass sie in einer Umwelt aufwachsen, die sie ganz offenbar aggressiv macht. Gewalt und Aggression gab es schon immer – gerade unter Jugendlichen. Ob die Vespa-Rowdys in den 50ern, die Rocker in den 60em, die Krawalleros in den 80ern, die Chaoten in den 90ern – zur Jugend, zum Erwachsenwerden, gehören immer auch das Überschreiten von Grenzen, das Kräftemessen und manchmal eben auch Kinnhaken, Klopperei und Kleinholz. Die Erwachsenen, die mit dem Zeigefinger empört auf die Kinder zeigen, vergessen, dass dabei drei Finger auf sie selbst gerichtet sind. Wer wollte vergessen, dass mancher heute noch beschworene Musikstar dieser älteren Generation sich nur
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wohl fühlen konnte, wenn er reihenweise Gitarren zertrümmerte oder das Hotelzimmer zu Kleinholz schlug? Wer bedingungslose Friedlichkeit predigt, muss erst einmal schauen, wieweit der Mensch unter bestimmten Bedingungen überhaupt friedlich sein kann. Denn die Geschehnisse, über die wir uns heute zu Recht so aufregen, haben eine lange Tradition und finden größtenteils sogar eine einigermaßen verständliche Erklärung. Wenn wir die gefährlichen Übergriffe von Schulhoframbos und Minidrangsalierern bekämpfen wollen, sollten wir erst einmal einen Blick in unsere eigene – höchst spannende – Menschheitsgeschichte werfen. Diese Überlegungen sollen zunächst dazu dienen, euch von dem Druck zu befreien, den manche Leute eurer Generation aufbürden wollen. Steigende Gewalt im Alltag – das brauchen sich nicht die Jugendlichen „ans Hemd zu heften“, denn sie haben ja nicht dafür die Voraussetzungen geschaffen, sie reagieren lediglich. Wohl aber haben Jugendliche die Art und Weise in der Hand, wie umsichtig, überlegt und klug sie damit umgehen. Um sich selbst und andere zu schützen.
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Blick zurück auf den Zorn Aggression und Gewalt gibt es auf der Welt, seit vor 3,5 Milliarden Jahren das Leben als solches seinen Daseinskampf aufnahm. Zu dieser Zeit „erkannten“ die ersten einzelligen Lebewesen das McDonald’s-Prinzip, das unsere Welt viel stärker prägt, als die meisten von uns ahnen: dass es nämlich viel praktischer und bequemer ist, sich eine Art Fastfood einzuverleiben als die Nahrung durch mühselige Gärung selbst herzustellen. Sie begannen einfach andere Mitlebewesen auszusaugen. Diese Ernährungsweise bewährte sich bestens und hielt sich immerhin eine Milliarde Jahre. Dann hatte sich eine höhere Klasse von Lebewesen entwickelt. Die uns aus dem Biounterricht bekannte Blaualge vernichtete nun mit einem Gift ihre Feinde – und das waren fast alle anderen Lebewesen. Ihr Gift war der Sauerstoff, der aus der Sicht der Einzeller tödlich war, denn sie lebten bis dahin ohne Sauerstoff. Damit veränderten sich die gesamte Erdoberfläche und die Atmosphäre radikal. Das Gesetz
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des Fressens und Gefressenwerdens hatte sich nun eingebürgert. Daran änderte sich auch nichts, als vor vier bis fünf Millionen Jahren ein affenähnliches Wesen versuchte, sich aus dem Vierfüßlerstand auf seine zwei Hinterbeine zu erheben und den gefährlichen Weg aus dem afrikanischen Urwald in die Savanne anzutreten. In der Entwicklung unserer Vorfahren sind Steinigungen, Kriege, Kreuzzüge, Raub, Mord oder Verfolgungen an der Tagesordnung gewesen. Selbst „große Geister“ – Philosophen, Theologen, Naturwissenschaftler und Künstler – konnten mit ihren Erkenntnissen, Forderungen, Appellen und geistigen Leistungen die Gewalt unter den Menschen, die Abermillionen Tote forderte, nicht verhindern. Immer wieder haben friedfertige Menschen ihren Zeitgenossen Gewaltlosigkeit und Friedlichkeit gepredigt. Doch waren ihre Bemühungen meist nicht oder nicht lange von Erfolgen gekrönt. Dann hagelte es wieder Zwistigkeiten, Bruderkriege und andere Machtkämpfe. Wenn wir zurückschauen, hat es für uns kaum jemals eine so friedliche Zeit gegeben wie die letzten fünfzig Jahre. Doch wenn wir an die Kriegszustände im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien denken, wird
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uns klar, dass mancher Friede auch nur mit Gewalt zustande kam und kommen wird. Nicht selten waren und sind es „hehre“ – also erhabene – Ziele, die kriegerische Auseinandersetzungen auslösten oder sie unterstützten. Im Namen Christi zum Beispiel brachten Kreuzzüge, Religionskriege und Zwangschristianisierungen unsägliches Elend über die Menschen. Und auch der „Mann mit der ausgestreckten Zunge“ – der Jahrhundertwissenschaftler Albert Einstein – ahnte vor knapp 100 Jahren wohl nicht einmal im Traum, dass seine schönen Formeln unter anderem dazu führen würden, dass 1945 mit zwei Atombomben rund 130000 Menschenleben mit einem Schlag ausgelöscht wurden. Von den weiter reichenden Folgen einmal abgesehen. Es waren die Generationen eurer Großeltern und Urgroßeltern, die vor etwa sechzig Jahren einen verheerenden Krieg anzettelten oder zumindest nichts gegen ihn unternahmen, in dessen Verlauf 60 Millionen Menschen auf grausamste Weise ums Leben kamen. Ganz zu schweigen von der Ermordung von Millionen jüdischer Mitbürger. Und das gerade mal
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knapp dreißig Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, dem im Namen des Kaisers ebenfalls zehn Millionen Menschen zum Opfer gefallen waren.
Denkste, Affe! „Da werde ich zum Tier!“, sagt so mancher, wenn er sich über etwas ärgert. Der Mensch ist aber schon immer und überhaupt ein Tier. Das vergisst er nur allzu gerne. Und so ist unsere Verwandtschaft mit dem Tier sehr viel enger, als wir es uns klarmachen. Deshalb auch noch ein kurzer Ausflug in unsere Gehirnwindungen. Unser ganzer Körper dient nur einem Zweck: dem Leben. Das heißt genauer gesagt: unserem Überleben. Unsere Erbanlagen wollen sich fortpflanzen und dafür sorgen, dass wir nicht aussterben. Jeder Einzelne von uns funktioniert nach diesem Prinzip. Auch wenn wir es bewusst nicht merken, tun wir die meisten Dinge im Leben aus genau diesem Grund. Als wichtigstes Hilfsmittel hat uns die Natur dafür unser Gehirn mit auf den Weg gegeben.
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Um die Ursachen von Gewalt zu finden, zerlegen wir es in drei Schichten: das Stammhirn, das Zwischenhirn, das Großhirn. Diese drei „Softwares“ sind nacheinander entstanden, weil sich das Gehirn auf immer neue Lebensbedingungen einstellen musste. Es hat aber nicht eines das andere abgelöst, sondern sie funktionieren nebeneinander. Jeder Teil tut das, wofür er ursprünglich geschaffen war. Das Stammhirn ist die älteste Software. Sie entstand, als sich die mehrzelligen Lebewesen entwickelten. Ihre Aufgabe ist es in erster Linie, den Stoffwechsel auf Trab zu halten. Etwa eine halbe Milliarde Jahre später folgte das Zwischenhirn, das so eine Art Koordinationszentrale ist. Es reguliert die Reaktionen des Körpers auf die Einflüsse der Außenwelt, wertet die Erfahrungen aus und passt sein Programm immer wieder an. In schier endlos erscheinenden Zeiträumen hat es daraus ganze Schaltkreise von Reaktionen entwickelt, die allen Menschen gemeinsam sind. Es ist gewissermaßen die Dokumentationszentrale unserer Art – nicht aber des einzelnen Menschen.
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Mit dem Zwischenhirn zog zum Beispiel auch die Angst in das Leben der Tiere und damit auch der Menschen ein. Die Angst war ein wichtiges Signal für drohende Gefahr. Und sie ist immer noch eine unserer wichtigsten Sicherungen und Überlebensmechanismen. Mit Gefühlen wie Angst, Skepsis, Niedergeschlagenheit etwa sorgt das Zwischenhirn dafür, dass wir uns nicht mehr vornehmen, als wir schaffen und ertragen können. Dabei fragt es uns nicht, lässt uns keinen eigenen Entscheidungsspielraum, reagiert unbewusst und unbestechlich. Die letzte Errungenschaft der Hirnentwicklung ist das Großhirn. Mit ihm hielten das Bewusstsein, das kritische Denken und letztlich auch die Sprache Einzug in das Leben. Doch das Großhirn – der Youngster unter den Hirn-Softwares – kann immer noch vom mächtigen Zwischenhirn außer Kraft gesetzt werden. Unter bestimmten Umständen wird der Mensch – werden wir – dann „zum Tier“!
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Die Steinzeit ist noch nicht zu Ende Das Zwischenhirn – diese stammesgeschichtliche Datenautobahn – prägt unser Gemeinschaftsleben. Unsere äffischen Vorfahren rotteten sich zu Horden zusammen, weil sie so besser überleben konnten. Man nimmt an, dass ungefähr 500 Mitglieder dafür die besten Bedingungen boten. Eine zwangsläufige Folge dieses Zusammenschlusses war die Feindschaft gegenüber anderen Stämmen. Das war aber nicht nur ein Teil des Überlebenskampfes. Einen „Feind“ zu haben ist auch die einfachste Art, sich innerhalb der eigenen Gemeinschaft zu Hause zu fühlen. Daraus entwickelte sich so etwas wie ein steinzeitlicher Verhaltenskodex: • • • •
Fremdenangst, Bereitschaft zum Totschlag innerhalb der eigenen Art, bedingungslose Unterordnung unter die Gemeinschaftsinteressen, Überordnung jeglicher Interessen des eigenen Stammes über die Interessen der Konkurrenten.
Wenn wir uns in der Welt umschauen, stellen
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wir fest, dass der Neandertaler tatsächlich immer noch an vielen Stellen herumwütet – etwa im ehemaligen Jugoslawien oder im Konflikt zwischen dem Irak und den USA. Mit einem raueren Wirtschaftsklima, zunehmender Enge, steigender Jugendarbeitslosigkeit und sozialer Kälte ergreifen urzeitliche Aggressionen ebenfalls wieder verstärkt Besitz von uns. Das gilt für die Gewaltbereitschaft von jugendlichen Gruppen in den Städten und auch bereits auf dem Land. Zunächst einmal dienen ihre Aggressionen ihrem eigenen Überleben unter feindlichen Umständen. Anders ausgedrückt: Wenn die Zeiten schlechter werden und mehr auf dem Spiel steht als etwa nur die Ehre, nimmt das Quälen und Töten von Mitmenschen zu. Da das Zwischenhirn sich an die sich immer schneller verändernden Umstände nicht so schnell angemessen – differen-
Der Mensch ist im Gegensatz zu den meisten Tieren ein wirklicher Killer, das einzige Lebewesen, das zum Mörder und Vernichter der eigenen Art werden kann, ohne davon einen biologischen oder ökonomischen Nutzen zu haben. ERICH FROMM
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ziert, sagt man – anpassen kann, reagiert es mit dem, was es gespeichert hat: Steinzeitliche Aggression. In diesem Sinne ist die wachsende Gewalt also eine „Anpassung“ an die Umstände.
Die Angst des Jägers vor dem Wild Hinzu kommt noch ein anderer Aspekt, über den nachzudenken sich lohnt: Zum Überleben des Menschen war unendlich lange Zeit auch die Jagd notwendig. Doch mit der Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht und der Industrialisierung wurde die Jagd überflüssig, denn man bekam seine Nahrung ja bequemer anderswo her: Wir erinnern uns an das vorhin erwähnte McDonald’s-Prinzip der Natur. Immer wenn es irgendwie einfacher geht, nimmt die Natur – in diesem Fall die Masse Mensch – den bequemeren Weg. Der Jagdinstinkt – so sagen manche Entwicklungsgeschichtler – sei dem Menschen(mann) aber in der unbewussten Erinnerung geblieben. Als das Jagen nicht mehr notwendig war, entstand als Ausgleich der Jagdsport – also
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das Jagen zum Vergnügen in der neu entstandenen Freizeit. Als die Menschen immer dichter zusammenlebten und die Städte entstanden, verringerten sich die Möglichkeiten zum Jagen. Daraus entstanden drei neue Arten von „Jägern“: • die Sportler, • die geistigen Jäger und • die Hobbyjäger, die sich nachträglich ein „Hegealibi“ verpassten – also die oft fadenscheinige Begründung, dass sich ja jemand um die Balance bei den Wildbeständen kümmern müsse, als ob die Natur das nicht automatisch selbst besorgen würde. Sport ist so gesehen ein Nachfolger der Jagd. Die Sportler und ihre Anhänger sind ein Abbild der uralten Stammesjäger. Die geistigen Jäger etwa sind Manager, Geschäftsleute, Politiker, Journalisten oder Wissenschaftler. In gewisser Hinsicht wollen alle drei Gruppen „Beute machen“ – auch wenn die Beute nicht mehr zum Überleben gebraucht wird. Meist sind es Männer oder männliche Jugendliche, die sich in Horden zusammenrotten, um gemeinsam solche rituellen Jagden mit einer gehörigen Portion Nervenkitzel zu veranstalten, sei es auf dem Fußballfeld, im Konferenzzimmer oder bei der
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Hobbyjagd. Dazu gehören Strategien und Pläne, Vorbereitung und Taktik, Risiken und Gefahren, Triumph über gelungene Beute und das endlose Schwadronieren darüber. Was das nun mit alltäglicher Gewalt zu tun hat? Auch Jugendbanden beispielsweise haben ähnliche Züge und ähnliche Regeln: Es gibt in ihnen eine Rollenverteilung, eine Rangordnung, Rituale und Imponiergehabe. Sie hassen alles, was nicht zu ihnen gehört und gegen sie ist – das bekämpfen sie. Notfalls mit Gewalt. Gewalt gegen Sachen, Tiere und eben gegen ihresgleichen: andere Menschen.
Wegen Überfüllung verdrossen Weil die Menschen früher noch nicht so zahlreich den Erdball bevölkerten wie heute, war noch genügend Platz vorhanden, um sich gegenseitig aus dem Weg zu gehen. Sechs Milliarden „Erdlinge“ werden derzeit gezählt, alle zehn Sekunden werden weltweit rund 50 Kinder geboren. Tendenz steigend.
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Deswegen ist es uns offenbar zu eng geworden: Bei der alltäglichen Jagd nach Essen, Kleidung, Befriedigung der Wohnbedürfnisse, nach Luxus und Glück überschreiten wir häufig die Grenzen des Sicherheitskreises von anderen Menschen. Wir fühlen uns eingeengt. Das wiederum findet unser Zwischenhirn höchst bedrohlich, weil es sich daran nur schwer anpassen kann. Wir reagieren mit Stress: Schulstress, Familienstress, Verkehrsstress, Lärmstress, Beziehungsstress, Isolationsstress, Dichtestress, Leistungsstress … Auch Stress ist nichts Neues. Er ist ein lebenswichtiger Vorgang von Körper und Seele, der seit der Zeit der Jäger und Sammler untrennbar mit dem Leben verbunden ist. Bei Gefahr geraten wir in Stress: In Sekundenschnelle mobilisiert unser Körper alle möglichen Energiereserven, damit wir vor der Gefahr flüchten oder den Feind angreifen können. Auslöser für diese Reaktion sind bestimmte Alarmsignale: eine rasche Bewegung, ein Schatten, ein ungewöhnliches Geräusch, ein Schmerz oder das plötzliche Auftreten eines Feindes. Das löst im Zwischenhirn Angst und eine Kette von körperlichen Reaktionen aus, die uns schützen sollen.
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Doch unser moderner Dauerstress überstrapaziert unseren Körper und versetzt ihn in einen dauerhaften Alarmzustand. Der Körper ist zur Höchstleistung bereit, verharrt jedoch absolut bewegungslos. Er kann sich nicht mehr erholen und lässt uns kaum noch zur Ruhe kommen. Stress geht uns gewissermaßen auf die Nerven. Und die meisten von uns tun nichts dafür, dass er abgebaut wird. Die ungenutzten Brennstoffe schädigen unseren Körper und machen uns aggressiv. Das enge Nebeneinanderleben vor allem in unseren Städten und die ständige Berieselung mit Umweltreizen (Fernsehen, Radio, Video, Computer und so weiter) verursachen uns keine wohlige Wärme, sondern führen zu einem Gefühl der Bedrohung und der inneren Leere, zu Orientierungslosigkeit, die zu inneren und äußeren Explosionen führen kann. Zum Ausbruch von Gewalt unter Kindern und Jugendlichen kann es auch kommen, weil sie vom Verhalten der Erwachsenen enttäuscht sind. Sie sehen beispielsweise, dass in Politik und Wirtschaft die größte Skrupellosigkeit vorherrscht, dass hier Werte und Moral auch nur Wortgeklingel sind und dass Skrupel- und Rücksichtslo-
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sigkeit, die auch nichts anderes sind als eine Form der Gewalt, akzeptiert werden, wenn sie nur dem eigenen Nutzen dienen. Kommen Politiker etwa dabei mit dem Gesetz in Konflikt, wird dies möglichst rasch unter den Teppich gekehrt. Es ist eine bekannte Tatsache, dass Kinder und Jugendliche – mehr oder weniger bewusst – nachahmen, was sie bei Erwachsenen sehen.
Der Urknall der Gewalt Auch Uroma und Uropa, Oma und Opa, Mama und Papa waren einmal Kinder, die in einem ganz speziellen Klima von Gewalt aufgewachsen sind. Jede Zeit hat jedoch ganz offenbar ihre eigene Ausprägung von Gewalt. Im engeren oder weiteren Sinn ist in jeder Generation und jeder Familie Gewalt zu Hause. So weit, wie wir das gerne hätten, ist niemand von uns davon entfernt. Möglicherweise haben wir uns nur eine Weile lang Illusionen über die Friedfertigkeit des Menschen gemacht? Warum aber zeigen jetzt Kinder und Jugendliche ein solches Verhalten, das man eigentlich nur von „fehlgeleiteten“ Er-
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wachsenen erwartet? Wo der innere Druck nicht herauskann, gibt es einen großen Knall. Was seit Urzeiten in uns angelegt ist, kommt durch • • • •
eine sich rasch verändernde Umwelt, Missstände im Umfeld (Arbeitslosigkeit, Armut, Verwahrlosung, soziale Fehlentwicklung), ein Übermaß an technischen Informationen und ein immer engeres Zusammenwohnen viel schneller zum Ausbruch.
Schulpsychologen nennen als einen der häufigsten Gründe für Gewalt: Viele Familien können ihren Kindern keinen Halt mehr geben. Vielleicht weil sie zu sehr mit dem eigenen Überleben beschäftigt sind – etwa wenn der Vater arbeitslos und obendrein noch alkoholkrank ist und die Mutter für den Lebensunterhalt sorgen muss, wenn vielleicht auch noch die älteren Geschwister arbeitslos sind oder es in der Familie zum Missbrauch kommt. Weil die Eltern zu wenig Zeit haben, fehlt den Kindern oft eine Vorstellung davon, was richtig und was falsch ist. Viele Kinder bleiben in der Freizeit sich selbst überlassen, können sich nicht mehr genügend austoben und wissen
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nichts mit sich anzufangen. Es wird ihnen oft auch nichts angeboten, womit sie sich beschäftigen könnten. Falsche Ernährung, zu wenig Bewegung und zu viel Fernsehen machen sie unausgeglichen und aggressiv. Mit Gewalt versuchen sie Beachtung von anderen zu erheischen. Das kann Gewalt in der Sprache sein, Gewalt gegen Sachen, aber eben auch Gewalt gegen Menschen und Tiere. Außerdem entdeckt man heute wieder häufiger bei Jungen einen Männlichkeitswahn, ein Rambo-Syndrom. Wahrscheinlich orientieren sie sich an den völlig wirklichkeitsfremden Filmen und Videos, in denen der einzelne Mensch nichts mehr gilt und einfach brutal draufgeknüppelt werden kann. Je mehr Probleme ein Junge mit seinem Selbstwertgefühl hat, desto eher wird er – lautstark und großkotzig – zu Gewalt neigen. Wer die Grenzen anderer Menschen nicht respektiert, hat auch Schwierigkeiten zu begreifen, wo er selbst anfängt und aufhört, wo seine eigenen Grenzen liegen. Solche Jungen dürfen es vor sich selbst nicht zugeben, wenn sie Angst haben oder sich durch irgendetwas bedroht fühlen. Man hat herausgefunden, dass gewalttätige Jugendliche sich bei näherem Besehen
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meist unsicher, unzulänglich, gedemütigt und nicht viel wert fühlen. Sie sind oft der Sündenbock in der Familie, auf dem alle herumhacken. Manche leben in Familien, in denen sie seelisch, körperlich oder sexuell missbraucht werden. Sie stehen vielleicht auch unter dem Druck ihrer Clique, dürfen ihre wirklichen Gefühle nicht zeigen oder haben das Gefühl, in der Gesellschaft ohnehin ein „Outcast“ zu sein. Sie haben kein Leistungsbewusstsein, weil sie glauben, für sie würde sich ohnehin alles nicht lohnen. Andererseits wird aber auch in Film und Fernsehen meist ein gehobenes Niveau von Wohlstand – Autos, Klamotten, Wohnung – gezeigt, das sie ebenfalls erreichen wollen, und sei es durch Gewalt, Raub oder Prostitution. Ist diese Spirale erst einmal in Gang gekommen – wie etwa bei den „Crash-Kids“ –, wird es schwer sein, diesen Jugendlichen zu vermitteln, dass man beispielsweise für den Kauf eines Autos normalerweise schon einige Zeit arbeiten und entsprechend sparen muss. Schuld hat auch das Klima in der Schule und in unseren Familien, meinen viele. Kinder scheinen nur noch etwas wert zu sein, wenn sie gute Noten nach Hause bringen. Leistung gilt mehr als soziales
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Verhalten. Wie man sich in unterschiedlichen Situationen angemessen und sozial verhält, wissen viele gar nicht mehr – weil sie es von den Erwachsenen auch nicht lernen. Andererseits wird der Schule aber wiederum vorgeworfen, sie nivelliere das Leistungsniveau von guten und schlechteren Schülern: Die Guten seien nicht richtig gut und die Schlechteren zu gut eingestuft. Das Leistungsprinzip „Wer etwas kann, verdient auch was“ habe durch die Bildungsreform seine Gültigkeit verloren. Was aber tatsächlich eine ganz wesentliche Ursache zu sein scheint und immer häufiger diskutiert wird, ist der lockere und friedensbewegte Erziehungsstil der letzten Jahrzehnte: Manche Erwachsene mit ihren aufgesetzten Friedensparolen, die nur diskutieren wollten, haben ihre Kinder „zugelabert“ und dabei übersehen, dass Kinder altersgemäß raufen und rangeln müssen, damit sie lernen, mit dem ganz normalen Aggressionstrieb umzugehen. Kinder müssen ihre Kräfte messen – allein schon damit sie erfahren, was Schmerz ist und was Fairplay ist. Natürlich müssen Kinder auch lernen, sich mit Worten auseinander zu setzen. Konflikte gehören zu unserem Leben dazu, wir
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werden uns immer an anderen reiben. Nur – in jedem Menschen sitzt ein kleiner Engel und ein kleiner Teufel. Und die beiden müssen irgendwie lernen miteinander auszukommen. Ein Beispiel ist das Klauen, das bei Jugendlichen sehr häufig vorkommt. Wenn ein Jugendlicher klaut, muss man drei mögliche Ursachen gegeneinander abwägen: • • •
Ist es das altersgemäße Ausprobieren einer Grenzüberschreitung, die so schnell wieder aufhört, wie sie aufgetreten ist? Ist es eine Mutprobe, die zur Aufnahme in eine Clique gehört? Oder deutet es auf Probleme in der Familie hin? Was für manchen Jugendlichen der Einstieg in eine kriminelle Karriere ist, stellt für den anderen vielleicht nur einen entwicklungsgemäßen Protest gegen die Erwachsenenwelt dar. Manchmal ist es auch Ausdruck von Ohnmacht; hinter dem Klauen wie hinter der Gewaltbereitschaft können sich Jugendliche verstecken, sich mächtiger und stärker fühlen. Denn als Kind oder Jugendlicher hat man ja in dieser Gesellschaft in vielerlei Hinsicht wenig zu melden. Je nachdem, wie
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die Antwort lautet, muss auch die Abhilfe unterschiedlich sein. Folgerung: Es gibt wahrscheinlich weder den geborenen Gewaltverbrecher noch führt eine gewaltfreie Kindheit zwangsläufig zu „besseren Menschen“. Aus den unterschiedlichen Ursachen kann eine hochexplosive Mischung entstehen. Und das ist es, was sich im Vergleich zu früher wirklich geändert hat: Es sind mehr Kinder und Jugendliche aggressiv, die Hemmschwelle, jemandem anderen wehzutun und zu schaden, ist gesunken. Gab es früher noch so eine Art Ehrenkodex, nicht mehr zu schlagen, wenn der andere am Boden lag – also geschlagen war –, wird heute oft gnadenlos weiter geprügelt oder getreten. Gewalt wird zunehmend mutwillig und gezielt eingesetzt. Und das hat dann mit einer normalen Rauferei oder Prügelei nichts mehr zu tun.
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Gute Seiten, schlechte Seiten Viel wird auch darüber nachgedacht, ob Fernsehen und Video schuld sind an der steigenden Gewaltbereitschaft. Klar, wir sehen alle zu viel fern und bewegen uns zu wenig, das wurde ja schon mehrfach angesprochen. Fernsehen macht oft aber einfach Spaß. Es ist eine wesentliche Quelle unseres Vergnügens und ein Mittelpunkt für Informationen über die Welt. Doch ist sein Einfluss auf uns eben auch gewaltig: Man hat einmal ausgerechnet, dass ein 12-jähriges Kind im Durchschnitt in Fernsehen und Video bereits 14000 Morde angeschaut hat. Es ist erwiesen, dass das Zuschauen bei Gewalttaten unsere Einstellung zur Gewalt nachhaltig verändert: Es macht uns leichtfertiger. Da es dem Menschen ganz offenbar schwer fällt und Kindern ganz besonders, zwischen Film und Wirklichkeit zu unterscheiden, und im Film (vor allem auch in den Zeichentrickfilmen!) die Angegriffenen immer wieder fröhlich aufstehen und weitermachen, kommt den meisten als Erstes das menschliche Mit-
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leid abhanden. Der Stärkere triumphiert. Wer etwas erreichen will, muss zuschlagen können und darf nicht zimperlich sein. Ohne Brutalität kommt man zu nichts. Wer Mitgefühl zeigt, ist verloren. Ringen und Rangeln ist völlig uncool, cool ist nur der harte Nahkampf und die Vernichtung des Gegners. Kinder, die oft solche Gewaltszenen sehen, verhalten sich selbst aggressiver. Erschütternd ist auch, dass viele Gewaltvorkommnisse in der Wirklichkeit solchen aus den Filmen nachgestellt sind. Verschlimmert wird die Situation, wenn Kinder sich oft selbst überlassen sind und nicht mit ihren Eltern über das sprechen können, was sie gesehen haben. Vor allem kleinere Kinder glauben ja, dass das wirklich ist, was sich da vor ihren Augen abspielt. Da ist es doch nur verständlich, dass das einen Rieseneinfluss darauf hat, wie sie die Welt begreifen und verstehen lernen, oder? Andererseits werden im Fernsehen mehr Gewalttaten dargestellt, als in der Wirklichkeit vorkommen. Es kann also umgekehrt auch die Ängstlichkeit verstärken, weil man hinter jedem Busch einen Gewaltverbrecher vermutet. Auch das beeinf-
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lusst das allgemeine Klima in unserer Gesellschaft und die Polarisierung der Ängstlichen und derer, die zu Gewalt neigen. Das Fernsehen nimmt aber auch noch in einer anderen Weise Einfluss auf uns: In den bei Kindern und Jugendlichen so beliebten Vorabend-Soaps, die ja teilweise schon Kultcharakter haben, werden Luxusgüter als der Normalfall dargestellt. Da lebt zum Beispiel die jugendliche Wohngemeinschaft in den größten Edelwohnungen mit den teuersten Designermöbeln, mit edelstem Alessi-Geschirr, Superfernsehgeräten, High-ClassMusikanlagen und so weiter und so fort. Natürlich sind die meisten auch klamottenmäßig voll aufgetunt und fahren tolle Autos. Dies weckt den Wunsch, alles das auch zu besitzen, oder gar die Vorstellung, das sei die ganz normale Ausrüstung für ein ganz normales Leben. Nichts weist darauf hin, dass diese Dinge alle mit hart erarbeitetem Geld bezahlt werden müssen. Und dass es im ganz normalen Leben eine Reihe von Jahren dauern kann, bis man sich das eine oder andere Stück zusammengespart hat. Ein Auto der gehobenen Klasse kostet immerhin und immer noch etwa ein durchschnittli-
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ches Jahreseinkommen, manches Designer-Möbelstück, das wir da sehen, etliche durchschnittliche Monatsgehälter. Und wie kriegt man solche Sachen „einfach so“? Indem man sie sich klaut oder das Geld dafür „irgendwie“ beschafft … Nachvollziehen können wir sicher auch, dass gerade für Kinder aus sozial schwachen Familien, in denen vielleicht mehrere Mitglieder arbeitslos sind und die Kinder selbst auch wenig gute Aussichten haben, solche Zeichen des Wohlstands besonders viel Bedeutung gewinnen. Solchen Kindern und Jugendlichen ist es mehr als schwer verständlich zu machen, dass man mit Arbeiten – vor allem wenn man erst noch eine Ausbildung machen muss – vielleicht Jahre braucht, bis man sich größere Anschaffungen leisten kann. Ich habe mit Crash-Kids gesprochen, die im Rahmen der so genannten „Abenteuerpädagogik“ im Ausland auf den Weg der Besserung geführt werden sollten. Ihre einhellige Meinung war: „Was sollen wir hier großartig lernen, zur Schule gehen und vielleicht eine Tischlerlehre machen, wenn wir in Hamburg auf dem Jungenstrich am Bahnhof 150 Mark und mehr in der Stunde verdienen können? Was sollen wir uns kleine Autos vom selbst ver-
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dienten Geld kaufen, wenn wir große Schlitten klauen können? Was sollen wir hier in der italienischen Walachei, wo wir nicht mal Zigaretten klauen können.“ Schutzgelderpressung unter Jugendlichen oder das Abpressen von Klamotten haben logischerweise auch hier ihren Ursprung. Immer häufiger werden Schüler und Schülerinnen von anderen gezwungen, teure Kleidung, wertvolle Schuhe oder andere Designersachen abzugeben, weil sie ein bestimmtes Label tragen oder sonst wie en vogue sind.
Machen Gute Onkelz böhze Musik? Ebenso wird darüber nachgedacht, ob bestimmte bei Jugendlichen beliebte Musikstile Gewalttätigkeit auslösen können. Demolierte Konzertsäle und hysterische Fans, die sich Straßenschlachten liefern, gehören zu manchen extremen Gruppen ebenso dazu wie gewaltverherrlichende, ausländer-, schwulen- und frauenfeindliche Texte. In manchen Songs ist sogar von Mord die Rede. Einige Bands singen so etwas nicht nur, sie meinen es auch.
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Und ihre Fans grölen mit, weil sie es eben auch so meinen. Beim Sport – insbesondere beim Fußball – erleben wir ja ähnliche Szenen. Oft sind Fußball, ein bestimmter Musikstil und gewalttätige Auseinandersetzungen miteinander verquickt. Musik an sich kann bereits Gewalt ausdrücken, sagen Wissenschaftler. Das macht sich auf verschiedenen Ebenen bemerkbar: in der Lautstärke, in der Verzerrung, in stampfenden Rhythmen, in Tonlawinen und in der Verstärkung der Bässe. All das erzeugt Wirkungen in unserem Körper, die uns wahrscheinlich gar nicht bewusst sind. Unter Umständen können entsprechende Rhythmen bei manchen Menschen gewissermaßen den Verstand aussetzen lassen und die Gewaltbereitschaft unterstützen.
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Ohne Aussicht auf Arbeit ein ganzer Kerl? Eine wesentliche Rolle für die steigende Bereitschaft zu Gewalt und Kriminalität vor allem unter Jungen sind die schlechten oder nicht vorhandenen Aussichten auf eine gute Ausbildung und eine befriedigende, gut bezahlte Arbeit. Junge Männer ohne Arbeit werden viel eher kriminell als andere. Auf illegale oder gewaltsame Weise zu Geld zu kommen kann so etwas wie ein „Broterwerb“ werden. Hinzu kommt Folgendes: Jeder Junge, jeder Mann – egal welchen Alters – möchte ein toller Hecht sein. Auch das ist unter anderem in unserem genetischen Programm festgeschrieben. Letztlich geht es darum, sich zu vermehren und die eigene Art zu sichern. Uns „erscheint“ das als Lust auf Mädels und dass wir besser als andere Typen vor ihnen und der Welt dastehen möchten. Wer nun aber arbeitslos ist in einer Leistungsgesellschaft, dem fehlt ein wichtiges männliches Attribut, um dieses zu errei-
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chen. Das versucht man sich dann anderweitig zu ergattern, etwa indem man krampfhaft darangeht, sich stählerne Muskeln anzutrainieren, besonders aggressiv aufzutreten und ein Arsenal von Waffen zu bedienen. Wer in einer Gemeinschaft aufwächst, wo ein Mann noch ein „ganzer Kerl“ sein muss, spürt diesen Druck zur Männlichkeit sehr viel stärker. Deshalb haben beispielsweise auch junge Ausländer wie die Türken oft stärkere Probleme mit Männlichkeit und Brutalität, denn sie wachsen noch mit anderen Werten auf und müssen sich und der Umwelt ständig beweisen, dass sie ein richtiger Mann sind. Und wenn sie das nicht im normalen Leben – also sprich: mit Arbeit und Leistung – können, verlagern sie es eben auf andere Gebiete: Da ist der tollste Hecht, wer am coolsten klaut, am tollsten draufhaut oder am meisten Leute schikaniert. Und später ist es dann vielleicht Drogenhandel, illegaler Waffenschmuggel oder Zuhälterei. Mädchen und Frauen tragen ihren Teil zu diesem Dilemma bei, indem sie die stärkeren, oft großmauligen Typen den leiseren vorziehen. Sie blicken stolz auf den Sieger von Schlägereien und Straßenkämp-
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fen und geben ihm vielleicht den Vorzug vor einem klügeren und warmherzigen Jungen. Jungen hingegen merken dann rasch, dass es immer nur einen Sieger gibt. Alle anderen sind Verlierer … Also gilt es für sie, mit allen Mitteln auch zu den Siegertypen zu gehören.
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… denn von Natur aus sind alle Kinder zum Boesen geneigt, drum muss man sie kurz halten. LISELOTTE VON DER PFALZ
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3 WO DU AUF GEWALT TRIFFST UND WIE DU DICH IM EINZELFALL VERHALTEN KANNST Gewalt in der Schule – Rüpel, Rowdys, Mobber „Mobbing“ ist ein Begriff, der als Erstes in der Berufswelt aufgetaucht ist. Gemeint sind damit kleine Sticheleien, Intrigen, Schikanen, üble Nachrede und Psychoterror, also alle Arten des Piesackens, die uns auch aus Schule und Ausbildung bestens bekannt sind. Mobbing zeichnet sich durch besondere Gemeinheit aus, denn die Ablehnung, der Neid, der Hass, die Eifersucht, die Konkurrenz – oder welche Gefühle auch immer einen Menschen dazu bewegen, einen anderen derartig zu quälen – werden nicht offen, sondern hinterrücks ausgetragen. Deswegen wird dieses Verspotten und Beleidigen oft auch nicht ernst genommen, ganz
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besonders dann nicht, wenn es bei Kindern und Jugendlichen vorkommt. Doch niemand – völlig unabhängig vom Alter – hat das Recht, einem anderen zu nahe zu treten – sei es mit Worten oder Taten.
Studie Kinder und Jugendliche mobben wie Erwachsene DRESDEN: 26. August (ap/dpa) Das geht aus einer Studie der Münchner Psychologin Beate Schuster hervor. Danach gibt es in jeder Klasse mindestens ein Mobbing-Opfer. Weibliche Opfer werden der Studie zufolge von Tätern beiderlei Geschlechts angegriffen, während männliche vorwiegend von Jungs attackiert werden. Oft unterscheiden sich die Opfer laut Studie durch Äußerlichkeiten vom Rest der Gruppe. Sie sprächen mit Akzent, seien kleiner oder schwächer als die anderen. In der Schule sind meist sehr brave und aggressive Kinder Mobbing-Opfer. Klassenkameraden meiden aggressive Mitschüler und missachten sie. Das unterwürfige Kind wird schikaniert.
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Die Verletzungen, die das Opfer davonträgt, sind nicht selten schwerer, als wenn es geschlagen worden wäre. Das Schlimme ist, dass man die Gemeinheiten am Anfang gar nicht richtig merkt, weil sie ja hinter dem eigenen Rücken passieren. Man spürt nur instinktiv, dass sich etwas verändert, hat das Gefühl, es würde ständig über einen getuschelt und es würden sich manche Leute von einem zurückziehen. Die meisten leiden still vor sich hin und kommen gar nicht auf die Idee, sich jemand anderem anzuvertrauen. Die Mobber wollen das Selbstwertgefühl ihres Opfers schädigen und es vor anderen blamieren. Denn wer sich schwach und allein gelassen fühlt, macht auch schnell mal einen Fehler. Das liegt doch auf der Hand! Dann lässt die Leistung nach und im Extremfall wird man krank. Auf alle Fälle wird der Besuch der Schule zur täglichen Qual. In der Arbeitswelt hat auf diese Weise schon manch eine/r seinen Job verloren, weil sie/er dem Druck nicht mehr standhalten konnte oder die Gegnerinnen ihn/sie bei Vorgesetzten so angeschwärzt haben, dass er/sie tatsächlich in hohem Bogen hinausgeflogen ist – ohne die Lage erklären zu können. Vor allem Frauen, sagt man, müssen aufpassen, dass sie in wirt-
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schaftlich schlechten Zeiten nicht auf diese Weise aus dem Weg geräumt werden. Das können Anzeichen dafür sein, dass du in Schule oder Ausbildung kaltgestellt werden sollst: • • •
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Es wird hinter deinem Rücken getuschelt oder ständig cool-überheblich über dich gegrinst. Es werden Gerüchte über dich verbreitet. Es wird ständig über eine Schwäche von dir gelacht oder gekichert – etwa wenn du eine Brille trägst, etwas rundlich bist, nicht so sportlich bist wie andere, die falschen Klamotten trägst oder mit der Sprache Schwierigkeiten hast. Du kommst nicht mehr zu Wort, wirst ständig unterbrochen. Wenn du in der Schulstunde etwas sagst, hebt das große Kichern an. Man verweigert dir Infos und Hilfe, beispielsweise wenn du nach Hausaufgaben fragst. Andere behandeln dich wie Luft. Du wirst gezielt lächerlich gemacht. Du wirst ständig kritisiert. Du bekommst Aufgaben, die du überhaupt nicht erfüllen kannst.
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Du bist bereits Opfer von kriminellen Schutzgeld- oder sonstigen Erpressungen.
All dieses macht logischerweise schon starken, selbstbewussten Menschen zu schaffen, denn niemand verkraftet es gut, zur Zielscheibe für Spott zu werden. Für jemanden, der sich noch in der Entwicklung befindet, sein eigenes Profil noch nicht so richtig kennt oder auch einfach zarter besaitet ist, kann das zu einem Riesenproblem werden. Wichtig ist es in solchen Fällen deshalb ganz besonders, dass man sich jemandem anvertrauen kann. Dieser Jemand sollte aber absolut vertrauenswürdig sein – kein Wackelkandidat, der beim nächsten Lufthauch wieder mit den anderen dealt. Man kann sich mit den Eltern besprechen oder einem Lehrer und sich gemeinsam Strategien ausdenken, wie man die unangenehme Situation abstellen kann. Natürlich kann man den Gegner oder die Gegner auch zur Rede stellen. Doch es liegt in der Natur des Mobbings, dass es sehr schwer nachzuweisen ist. Die meisten Mobber verstehen es bestens, sich herauszureden, nichts gesagt und getan haben zu wollen und dem Opfer so noch
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das Gefühl zu geben: Mein Gott, bin ich etwa hysterisch oder leide ich unter Verfolgungswahn? Dennoch muss solchen Schulkameraden das Handwerk gelegt werden. Wer gemobbt wird, muss sich wehren, auch wenn es ihm noch so schlecht geht, weil er sich unbeliebt fühlt. Das Problem ist nämlich, dass man die Mobber selbst unterstützt, wenn man sie einfach machen lässt. Denn solche Leute knöpfen sich am liebsten diejenigen vor, von denen sie am wenigsten Widerstand erwarten. Ein wichtiger Gedanke, der dir sicher helfen wird, wenn du selbst betroffen bist: Auch wenn du es nicht glaubst – wer dir auf diese Weise übel will, beweist letztlich nur, dass er selbst ein Verlierer ist. Denn wer es für sein Selbstwertgefühl braucht, andere mies zu machen und sie zu verunsichern, der kann ja gar nicht stark und selbstbewusst sein. Denk doch mal darüber nach! Deswegen kannst du diesen Miesepetern ruhig die Stirn bieten. Signalisiere ihnen, dass es dir herzlich wurscht ist, wie über dich geredet wird. Zeig ihnen, dass sie dir Leid tun – ohne dich auf ihr dummes Ni-
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veau zu begeben, das nützt nichts und das hast du auch nicht nötig. Du solltest nicht mit gleicher Münze heimzahlen. (Und natürlich solltest du selber auch nicht mobben … ) Und du solltest dir klarmachen, dass letztendlich nicht du ein Problem hast, sondern derjenige, der dich quält. Es darf nicht so weit kommen – wie vor einiger Zeit in Hamburg –, dass ein Jugendlicher sich umbringt, weil er sich dem Druck seiner Mobber und Erpresser nicht mehr gewachsen fühlte und nicht wusste, an wen er sich um Hilfe wenden könnte. Die Grenze zum kriminellen Verhalten ist heute leicht überschritten. Wer erpresst wird – und sei es auch nur um einen Radiergummi oder einen Pfennig –, hat auch das Recht, dies bei der Polizei anzuzeigen. Hier findet man immer ein offenes Ohr. Es ist nicht leicht, anderen zu sagen, dass man gequält, schikaniert oder nicht gemocht wird. Denn das ist es ja gerade, was einem am meisten zu schaffen macht. Ob Jung oder Alt – jeder Mensch möchte gerne beliebt und anerkannt sein. Wer anderen erzählt, dass er beispielsweise in der Schule gemobbt und schikaniert wird, hat
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oft auch Angst, für eine Petze oder einen Verräter gehalten zu werden. Schweigen dient aber nur dem Täter. Wer Opfer einer Schutzgeld- oder Klamottenerpressung ist, wird meist auch von seinen Drangsalierern massiv unter Druck gesetzt. Die dadurch erzeugte Angst soll dazu führen, dass das Opfer den Mund hält. Denn natürlich haben Erpresser „Schiss“, dass ihre Machenschaften auffliegen. Selbstverständlich fürchtet man sich auch vor möglichen Folgen oder gar „Vergeltungsschlägen“ des Täters. Je weiter ein Gegner schon in seine Gewaltspirale abgerutscht ist, desto weniger leicht lässt er sich einschüchtern. Doch wenn man ihm nicht Einhalt gebietet, wird er weitermachen und sich womöglich noch steigern. Du wirst sehen, dass dein Selbstbewusstsein schon allein dadurch wieder auf die Füße kommt, dass du dich wehrst. Damit hilfst du schließlich auch anderen Opfern. Und wenn du die richtigen Mitstreiter hast – kluge Kameraden, deine Eltern, gute Lehrer und vielleicht einen Jugendkommissar der Polizei –, dann wird es gelingen. Wichtig ist es, sich zu wehren, sobald man merkt, dass etwas schief läuft. So sollte man auch nicht tatenlos zuschauen,
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wenn andere schikaniert werden. Wer sich nicht mutig genug fühlt, um wie Robin Hood vorzupreschen und den Retter zu machen, sollte zumindest als Erstes mal dem Opfer das Gefühl geben, dass es nicht allein steht. Man könnte zum Beispiel mit anderen gemeinsam dafür sorgen, dass es nicht allein zur Schule und nach Hause gehen muss. Ich habe auch von Schulen gehört, an denen ältere Schüler jüngeren ihren Beistand anbieten und so etwas wie Patenschaften übernehmen. Man kann sich eine Menge einfallen lassen, wenn man wirklich helfen will. Gemeinsam solltet ihr die Lehrer informieren. Wenn diese nicht reagieren oder die Angelegenheit unter den Teppich zu kehren versuchen, dann muss man sich weitere Schritte überlegen. Viele Lehrer fühlen sich von der zunehmenden Gewaltbereitschaft ihrer Schüler überfordert und wissen nicht, wie sie darauf reagieren sollen. Vielleicht könnte man gemeinsame Vorgehensweisen oder Kurse überlegen, bei denen auch die Lehrer etwas lernen. Man kann innerhalb der Stadt oder der Gemeinschaft Mitstreiter suchen: den LionsClub, die Rotarier, die Kirchen, die Zeitungen, die UNICEF, die Krankenkassen,
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den Bürgermeister, die Frauenbeauftragte, die Banken und Geschäfte. Letztendlich haben alle Interesse daran, dass unsere Gemeinschaft ohne Gewalt funktioniert. Man könnte beispielsweise mit ihrer Unterstützung Ausstellungen, Lesungen, Diskussionen oder Aktionstage organisieren und die ganze Stadt oder den Stadtteil informieren. Manche Schulen sind heute schon dazu übergegangen, die Schüler einen Vertrag unterschreiben zu lassen, in dem sie sich zu angemessenem Verhalten verpflichten. In diesem Vertrag sind auch Strafen geregelt, die es bei Nichteinhalten der Regeln hagelt. Vielleicht ist das ja eine Anregung, die sich auch an eurer Schule umsetzen lässt (siehe S. 106 ff.).
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Und bist du nicht willig …“ Sexuelle Gewalt Auch sexuelle Belästigung ist leider inzwischen etwas fast Alltägliches geworden. Manchmal bemerken wir sie gar nicht mehr richtig oder nehmen sie nicht ernst genug. Sie ist nicht unbedingt mit Vergewaltigung gleichzusetzen. Sexuelle Gewalt ist ganz oft etwas Schleichendes, etwas, das zunächst so harmlos daherkommt, dass man denken kann, wer dagegen etwas sagt oder tut, ist hysterisch und wird von anderen für ziemlich überkandidelt gehalten. Denn unfeine oder ordinäre Bemerkungen, eine gewisse Art von Witzen oder Annäherungsversuchen halten wir schon fast für normal. Nicht selten fällt es uns schwer, überhaupt festzustellen, wo fangen sie an, wo hören sie auf, wo beginnt es wirklich gefährlich zu werden. Sexuelle Übergriffe gegen Mädchen kommen sehr viel häufiger vor, als wir glauben. Aber auch Jungen sind davon betroffen.
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Man geht davon aus, dass in Deutschland jährlich 300000 Kinder auf die unterschiedlichste Art sexuell missbraucht werden. Das betrifft – rein rechnerisch – jedes vierte Mädchen und jeden elften Jungen! Viele denken jetzt sicher: „Das kann mir alles nicht passieren! Da soll mal einer kommen, dem werde ich es schon zeigen!“ – Und dann passiert es halt dennoch. Allgemein sagt man, dass sexuelle Übergriffe seltener von Fremden ausgehen, sondern eher von Familienmitgliedern, Verwandten, Freunden, Bekannten und neuen Bekanntschaften des Opfers. Nach allem, was man heute weiß, gibt es viele Mädchen und Jungen, die missbraucht werden von Vätern, Stiefvätern, Brüdern, Onkeln, Cousins, Opas, Nachbarn oder Freunden der Familie. Manchmal missbrauchen auch Frauen Kinder und Jugendliche, aber das ist eher selten der Fall. Häufiger kommt es vor, dass Kinder und Jugendliche mit Billigung der Mutter – oder aber zumindest mit ihrem duldenden Stillschweigen – missbraucht werden. Sexueller Missbrauch heißt, dass der Erwachsene das Kind zur Befriedigung seiner ei-
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genen sexuellen Bedürfnisse benutzt. Er zwingt es gegen seinen Willen zu sexuellen Dingen. Das kann zum Beispiel so aussehen: Der Erwachsene zwingt dem Kind Küsse auf, die es nicht mag, er grabscht an ihm herum, er guckt beim Ausziehen, Waschen oder auf der Toilette zu, er onaniert dabei, er zeigt der/dem Heranwachsenden Pornos oder Videos, er macht selber Nacktfotos oder -filme und zwingt die/den Heranwachsenden vor der Kamera zu sexuellen Handlungen, er sagt vielleicht, sie/er soll ihm „einen runterholen“, er zwingt das Mädchen oder den Jungen, seinen Penis in den Mund zu nehmen, er steckt dem Mädchen etwas in die Scheide oder dringt mit seinem Penis ein oder er zwängt ihn einem Jungen in den After. Das ist Vergewaltigung. Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist strafbar!!! Meist versuchen solche Kinderschänder dem Opfer beizubringen, dass es nichts sagen darf und dass sie nun ein Geheimnis hätten. Manche setzen ihr Opfer auch unter Druck, bedrohen es oder machen ihm ein schlechtes Gewissen. Denn die Täter haben ja immer Angst, dass es herauskommt. Für die Opfer ist es besonders schwer, sich zur Wehr zu setzen. Sie
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müssen sich ja gegen eine Autoritätsperson auflehnen, vielleicht auch noch eine, die sie eigentlich mögen oder lieb haben. Wenn auch noch die Mutter einen solchen Missbrauch duldet – aus welchen Gründen auch immer –, kann man nicht einmal ihr das Herz ausschütten oder von ihr Hilfe erwarten. Hier braucht man wohl fast immer professionelle Hilfe von speziellen Beratungsstellen. Sexuelle Belästigung sollte man – wenn es geht – so schnell wie möglich und am besten schon im Vorfeld unterbinden: Wenn jemand dir zu nahe tritt, Körperteile von dir kommentiert, wie „zufällig“ berührt oder beleidigende Kommentare macht, solltest du das nicht auf sich beruhen lassen. Schon gar nicht, wenn es sich um Pädagogen, Lehrer, Erzieher oder Trainer handelt. Du musst wissen, dass dein Körper dir gehört und niemand, aber auch wirklich niemand, das Recht hat, dich anzufassen oder derart anzusprechen, wenn du es nicht willst. Du solltest dem anderen klarmachen, dass du „solchen Käse“ nicht hören willst und nicht haben willst. Wenn es trotzdem schlimmer wird, solltest du ruhig damit drohen und es natürlich auch wahr machen, dass du die Belästigung
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zur Anzeige bringst. Vor allem wenn es sich um Lehrer oder Erzieher und andere Erwachsene handelt, musst du die Belästigung anzeigen. Du schützt nicht nur dich damit, sondern auch andere Kinder und Jugendliche. Solltest du in einer solchen Situation sein, versuche dir erst mal klarzumachen, dass dir ein Unrecht geschieht, an dem du garantiert nicht den Funken von Schuld hast. Der Erwachsene ist dafür ganz allein verantwortlich. Vertrau dich auf alle Fälle jemandem an, der vertrauenswürdig ist: den Eltern, einer Freundin oder einem Freund, einer Lehrerin oder einem Lehrer, einer Nachbarin oder einem Angehörigen vom Jugendamt. Auch die Polizei oder Beratungsstellen können weiterhelfen. Wenn es jemand aus deiner Familie ist, musst du dich unbedingt jemandem anvertrauen, der nicht deiner Familie angehört. Rasche Hilfe und ein offenes Ohr findest du in den speziellen Beratungsstellen (siehe Adressenteil ab Seite 124). In der Disco, auf rauschseligen Partys oder auf dem Nachhauseweg kommt es leichter zu sexuellen Übergriffen durch alte oder neue Bekannte. Hier kommt immer noch das Problem hinzu, dass etwa bei einem Flirt die Grenzen schnell verwischen.
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Was man eben noch anregend fand, kann im nächsten Moment schon unangenehm werden. Man sollte sich deshalb selbst immer so eindeutig wie möglich verhalten und auch einem netten Flirtpartner – denn den gibt es ja schließlich auch – klarmachen, wo seine Grenzen sind. Wenn in deiner Familie oder eurer engeren Verwandtschaft so etwas vorkommt, dann hast du es natürlich besonders schwer, dir das Unrecht klarzumachen und dich dagegen zu wehren. Wahrscheinlich wirst du es allein gar nicht können. Deswegen such dir rasch Hilfe – am besten eben von außen. Wer könnte deines Vertrauens würdig sein? Vielleicht eine Tante, die Mutter einer Freundin, der Hausarzt, die Hausärztin, vielleicht eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt aus dem Bekanntenkreis, der Pastor? Auf alle Fälle gut aufgehoben bist du bei Beratungsstellen – sei es vom Kinderschutzbund, der Kirchen, der Pro Familia oder den eigens für solche Fälle eingerichteten Initiativen. Mädchen wie Jungen erfahren hier rasch Schutz und Hilfe. Niemand muss sich dafür schämen – außer den Tätern, das sei noch einmal ganz ausdrücklich betont.
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Das solltest du dir fest vornehmen: •
Stelle deinen Schutz und deine Sicherheit an erste Stelle, wenn jemand deine Gefühle und deinen Körper nicht achten oder verletzen will.
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Dein Körper gehört dir. Du bestimmst, wer ihm nahe kommen und wer ihn anfassen darf.
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Wenn dich jemand bedrängt und unangenehm berührt, überleg nicht, was diese Person von dir will und was für Probleme sie haben könnte. Überleg dir, was DU willst! Du musst nichts dulden – nur jemand anderem zuliebe.
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Vertraue immer deinem Gefühl, vor allem dem ersten. Wenn Berührungen dir unangenehm sind, etwas sich „komisch“ anfühlt oder dir Menschen unsympathisch sind, dann höre auf deine innere Stimme. Wenn du Angst oder Unsicherheit spürst, dann versuche schleunigst, dich aus der Situation zu befreien.
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Nein zu sagen steht allen zu! Vor allem auch Mädchen!!! Die glauben nämlich
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manchmal, wenn sie Nein sagen, mag sie keiner mehr. Wer dein Nein nicht akzeptiert, ist sowieso nicht dein Freund und meint es kein bisschen gut mit dir. Du darfst sogar unhöflich sein, weglaufen, herumschreien und treten. Alles ist erlaubt, wenn man sich in Gefahr fühlt. •
Zeig, was du willst und fühlst. Sag nicht Ja, wenn du Nein meinst. Und wenn du Nein sagst, dann meine auch Nein. Lach nicht, wenn du unsicher bist oder innerlich voller Ärger. Zeig deinen Ärger und lass die Wut raus.
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Sprich mit deinen Freundinnen oder Freunden über deine Gefühle und Erlebnisse. Erstens erleichtert das, zweitens übst du auf diese Weise und drittens haben sie vielleicht Ähnliches erlebt. Und man kann gemeinsam Pläne schmieden, was zu tun ist, damit das nie wieder vorkommt.
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Fahr schon mal den Wagen vor …“ Allein unterwegs Wer viel abends oder nachts unterwegs ist, hat immer das Problem des sicheren Nachhausekommens. Das gilt ganz besonders für Mädchen. Viele Mädchen trampen etwa von der Disco nach Hause oder in den Urlaub, weil es das Billigste ist. Außerdem fahren zu später Stunde oft auch keine Busse und keinen Bahnen mehr. Und ein Taxi können sich die meisten nicht so oft leisten. Doch Trampen ist mit Abstand die gefährlichste Art, nach Hause zu kommen oder sich fortzubewegen. Denn man kennt den Menschen ja nicht, zu dem man ins Auto steigt. Manche Männer halten trampende Mädchen für so eine Art Freiwild, dem sie sich ohne Aufforderung sexuell nähern oder es sogar vergewaltigen. Sicherer ist es auf alle Fälle, auf andere Weise nach Hause zu kommen. Vielleicht kann man sich gemeinsam ein Taxi leisten oder die Eltern bitten einen abzuholen. Vielleicht können die Eltern reihum ei-
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nen Fahrtendienst organisieren. Klar ist es lästig, wenn die Eltern da immer mitmischen, doch sollte man sich seiner eigenen Sicherheit zuliebe darüber großzügig hinwegsetzen. Man neigt in diesem Alter dazu, seine Eltern für überaus peinlich zu halten. Meist sind sie das natürlich nicht wirklich und sie sind schon gar nicht peinlicher als die Eltern von anderen … Also nütze die Möglichkeit, wenn es geht. Es ist die sicherste Lösung, um gut nach Hause zu kommen. Wenn in der Clique welche sind, die einen Führerschein haben, lässt sich das Nachhausekommen auch anders organisieren. Dass Alkohol für denjenigen, der fährt, tabu ist, versteht sich von selbst. Wir alle wissen, dass die meisten Jugendlichen im Straßenverkehr Freitagnacht und Samstagnacht auf dem Weg von der Disco nach Hause verunglücken – meist sind Alkohol und überhöhte Geschwindigkeit im Spiel. Viele Jugendliche haben dabei ihr Leben gelassen. Steig in kein Auto ein, dessen Fahrer getrunken hat! Du gefährdest nicht nur dein eigenes Leben, sondern machst dich auch mitschuldig. Es sollte auch klar sein, dass du bis nach Hause gebracht wirst und nicht irgendwo auf halber Strecke
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„ausgesetzt“ wirst und dann doch noch allein laufen musst. Wenn sich das Trampen unter keinen Umständen vermeiden lässt, solltest du wenigstens einige Sicherheitshinweise beachten: Versuche nie allein zu trampen. Tu dich immer mit jemand anderem zusammen, der in die gleiche Richtung muss. Mädchen sollten am besten immer mit einem Jungen zusammen trampen. Das ist noch sicherer, als wenn zwei Mädchen allein unterwegs sind. Am besten zum Mitfahren geeignet sind Autos, die von Frauen gefahren werden. Jungen wie Mädchen sollten niemals in einen Wagen mit mehreren Männern steigen. Versuch dir vor dem Einsteigen die Autonummer einzuprägen. Nenne dein Fahrziel erst, wenn du weißt, wohin der Fahrer fährt. Steig niemals ein, wenn du ein ungutes Gefühl hast. Dieser Schutzinstinkt täuscht uns selten. Sitzt du im Auto, checke erst mal, wie du im Notfall wieder herauskommst. Wenn der Fahrer von der normalen Strecke abweicht, ist allerhöchste Aufmerksamkeit geboten. Wenn die Gegend einsam oder er zudringlich wird, solltest du schauen, dass du aussteigen und weglaufen kannst. Wenn er sich weigert, dich rauszulassen, drücke auf die
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Hupe und mach so viel Lärm, wie du kannst. Wirf Dinge aus dem Fenster, die dem Fahrer gehören (Handschuhfach!). Damit hast du die Chance, dass er aufhört, weil er seine Sachen behalten möchte oder keine Beweisstücke in der Gegend verteilt wissen möchte. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass andere auf euch aufmerksam werden. Wenn du mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs bist, setz dich so dicht wie möglich an den Fahrer heran oder besteige ein Abteil, in dem auch noch etliche andere Menschen sind. Achte aber darauf, wann sie aussteigen, damit nicht plötzlich doch irgendjemand mit dir allein ist und dich angreifen kann. Wenn dir unwohl ist, wechsle bei der nächsten Gelegenheit das Abteil. Wenn du dich bedroht fühlst oder du bedroht wirst, kannst du auch die Notbremse ziehen. Du musst keine Angst davor haben – etwa dass du das bezahlen müsstest. Also schau zunächst immer erst mal nach, wo die Bremse sitzt, damit du es im Notfall auch weißt. Möglicherweise musst du auch auf einen Sitz steigen, um sie zu erreichen. Hast du das Gefühl, jemand will mit dir aussteigen, um dich außerhalb des
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Verkehrsmittels zu belästigen, so fahre lieber weiter, wende dich an andere Fahrgäste, die möglicherweise in deine Richtung gehen, oder verständige den Fahrer, den Schaffner oder das Aufsichtspersonal. Am sichersten ist es, immer das Geld für ein Taxi dabeizuhaben – auch wenn du es dann nicht benutzt –, damit du im Notfall auf Nummer Sicher gehen und mit dem Taxi fahren kannst. Wenn du mit dem Taxi fährst, bitte den Fahrer, vor der Haustür zu warten, bis du sicher im Haus bist. Eine andere Möglichkeit ist es, mit den Eltern zu verabreden, dass du in jedem Zweifelsfall mit dem Taxi fahren darfst und sie es dann für dich bezahlen, wenn du zu Hause ankommst. Manche Eltern statten ihre Kinder heute auch mit einem Handy aus, damit sie im Notfall zu Hause anrufen können. Hast du keines, solltest du auf alle Fälle immer Telefongeld und eine Telefonkarte dabeihaben.
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Let’s have a Party Alkohol und Drogen sind in Discos und auf Partys heute die meist gesehenen Gäste. Ich will dich hier nicht damit langweilen, über ihre gefährlichen Wirkungen zu sprechen. Das habt ihr sicher schon zu Hause und in der Schule des Öfteren diskutiert. Sie sind bei weitem nicht so harmlos, wie manche es gerne darstellen – das wird dir sowieso klar sein. Auch die so genannten Techno-Drogen haben eine Vielzahl von schlimmeren Nebenwirkungen; dass sie süchtig machen, ist nur ein Punkt. Außerdem weiß man auch nie, was noch an anderen gefährlichen Stoffen in sie hineingemischt wurde, um sie zu strecken (und euch das Geld für den Mist aus der Tasche zu ziehen!). Wer von sich behauptet, er hätte zum Beispiel seinen Ecstasy-Konsum im Griff, beweist allein mit dieser Aussage, dass er oder sie bereits abhängig ist. Ein Merkmal von Drogen oder Alkoholabhängigkeit ist es nämlich, den eigenen Konsum zu verharmlosen und sich einzureden, man sei völlig cool Herrin der Lage. Das macht es auch so schwer, die eigene Ab-
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hängigkeit oder die von anderen zu akzeptieren. Es ist voll logisch, dass man besser einen Bogen um Drogen macht. Mal ganz abgesehen vom Katzenjammer am nächsten Morgen und den Langzeitfolgen für die Leber und all die anderen Organe. Sie vernebeln einem das Hirn und machen einen leichtsinnig, sodass man eher zum Opfer (oder Täter!) von Übergriffen und Gewalt wird oder sich und seine Clique auf dem Heimweg gefährdet. Die meisten Autounfälle – oft mit tödlichem Ausgang – passieren, wie gesagt, auf dem Weg von der Disco oder der Party nach Hause. Neben erhöhter Geschwindigkeit sind fast immer auch Alkohol und Drogen im Spiel. Wer auf Partys nicht auf Alkohol verzichten will, sollte zumindest einige Tricks beherzigen: •
Trinke Alkohol nie auf nüchternen Magen. Bevor du auf eine Fete gehst, sorge für eine deftige „Unterlage“. So verlangsamt sich die Magenentleerung und damit die Aufnahme des Alkohols ins Blut.
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Trinke nicht durcheinander. Bleib bei einer Alkoholsorte. Also bleib entweder bei Bier oder bei Wein.
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Wenn du Wein trinkst: Je billiger der Wein ist, desto schlechter wird er dir bekommen. Denn um billigen Wein in großen Mengen zu bekommen, muss der Wein mit Chemikalien behandelt, mit Zucker gestoppt und gestreckt werden. Zucker und Alkohol sind ohnehin eine gefährliche Mischung. • Trinke am besten gar nichts Hochprozentiges. Das „köpft“ mehr oder weniger auf der Stelle.
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Vermeide Glühwein, Grog und Feuerzangenbowle. In ihnen sind immer hochprozentiger Alkohol, oft schlechter Wein und vor allem Zucker enthalten. Überdies gehen warme alkoholische Getränke schneller ins Blut als andere.
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Cocktails und Longdrinks gelten zwar als cool, haben es aber ebenfalls in sich. Durch den Strohhalm schleichen sie sich gewissermaßen direkt in die Birne.
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Salzige Knabbereien, Fischhäppchen oder Salate zwischendurch mildern die Wirkung des Alkohols.
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Wer langsam und in kleinen Schlucken trinkt, gibt der Leber die Möglichkeit, den Alkohol besser abzubauen.
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Zwischendurch helfen Alkoholpausen, in denen Wasser, Cola oder Saft getrunken wird.
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Vor dem Schlafengehen hilft der Leber noch eine Extraportion Mineralwasser.
Cooles Outfit – Fix im Out? Sind Mädchen an sexuellen Übergriffen selbst schuld, wenn sie einen kurzen Rock anhaben, aufgetunt sind und sich nachts noch auf den Straßen tummeln und einen Typen anmachen? Da gibt es zwei unterschiedliche Auffassungen und wie meist wird die Wahrheit in der Mitte liegen, und vielleicht wird es auch auf den Einzelfall ankommen. Meist hört man heute, dass Mädchen und Frauen mit dieser Behauptung ein weiteres Mal zum Opfer
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gemacht werden und ihnen die alleinige Schuld in die Schuhe geschoben werden soll. Verantwortlich sei jedoch immer der Täter. – Letzteres ist und bleibt absolut unbestritten – zumal wenn es um regelrechte Straftaten geht. Doch in der Grauzone unseres Alltags – etwa in der Disco, in der Schule, bei Dates oder in der Clique – spielen sich ja auch noch viele andere Dinge ab und wir müssen uns vor Augen halten, dass durch ein bestimmtes Auftreten und Aussehen des weiblichen Geschlechts bestimmte Reaktionen des männlichen hervorgerufen werden können. Das hat eine zunächst ganz einleuchtende Erklärung, die wieder einmal mit unserem tierischen Erbe zu tun hat: Mit einer besonders auffälligen Aufmachung signalisiert das „Weibchen“ dem „Männchen“ seine Paarungsbereitschaft. Das ist ein Teil des Spiels – oder soll man besser des Ernstes sagen? – zwischen Frau und Mann, das ist der Kern des Flirts, der positiven und gewollten Anmache, des Balzens und Werbens umeinander und des Verliebtseins. Das ist der Teil, der auch von uns gewollt wird und an dem wir Spaß haben.
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Nicht zuletzt deswegen gehen wir in die Disco oder sonst wo hin, wo wir uns eine/n Partnerin erhoffen. Diese Signale senden wir uns gegenseitig und treffen diejenigen, die wir wollen, oft aber auch diejenigen, die wir nicht wollen. Und das macht es manchmal etwas schwierig. Bisweilen rutscht auch das anfängliche Wollen in ein Nichtwollen ab – selten ist es umgekehrt. Auf alle Fälle handelt es sich um eine Situation, die eine Menge Missverständnisse hervorrufen kann. Etwa wenn der Typ nicht so schnell merkt, dass er nicht (mehr) angesagt ist oder unangenehm wird. Manchmal sagen die Jungen dann: „Na, so wie du aussiehst, musst du dich auch über nichts wundern!“, weil sie noch nicht mitbekommen haben, dass sich äußere Signale und tatsächliches Wollen nicht decken. Das heißt einfach, dass unter gewissen Umständen das Verhalten oder die Signale sehr wohl eine Rolle spielen können und dass es immer darauf ankommt, sehr genau abzuwägen, wo man sich wie anzieht und wo man sich wie verhält. Wer im Outfit einer Nutte durch die Straßen zieht, erreicht die „niederen Instinkte“ der Männer und muss auch eher mit unerwünschten sexuellen Reaktionen rechnen.
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Das bedeutet nun überhaupt nicht, dass Mädchen und Frauen sich nicht aufbrezeln dürfen, aber sie sollten im Einzelfall abwägen, was sie tun. Was auf einer Party oder im Kreise der Freunde einfach cool ist, kann auf der Straße geil sein … genauer: machen. Was bei Freunden manchmal erwünscht ist, kann bei anderen schnell gefährlich werden. Dann nimmt das Spiel unter Umständen nicht den gewünschten Ausgang. Auf der anderen Seite signalisiert eine muntere und auffällige Aufmachung natürlich auch ein größeres Selbstbewusstsein und löst vielleicht eher den Gedanken aus: Oh, die ist aber auffällig und selbstbewusst, von der will ich mal lieber die Finger lassen! Eine auffällig gekleidete Person erregt ja auch mehr Aufmerksamkeit und kann nicht so ohne weiteres „beiseite“ geschafft werden. Allerdings gehen sexuelle Übergriffe vom obszönen Pfiff bis zum erzwungenen Geschlechtsverkehr in aller Regel nicht von entgleister Sexualität aus, sondern sind eine kranke Demonstration der Macht. Dem Täter geht es weniger um sein Gefühl zwischen den Beinen als darum, eine Frau zu erniedrigen und sich damit selbst zu erhöhen. Deswegen wer-
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den eben keineswegs nur junge und attraktive Frauen im geilen Outfit belästigt, sondern jede Frau ist ein potenzielles Opfer. Indem der Täter den Körper der Frau oder des Mädchens benutzt, poliert er sein eigenes Selbstbewusstsein auf. Belästiger brauchen schnelle Siege, damit sie sich richtig stark fühlen können. Jede Auseinandersetzung birgt das Risiko, dass sie die Loser sind. Und das würde ihre Minderwertigkeitskomplexe nur verstärken. Deshalb wählen Sexualtäter auch gezielt Mädchen und Frauen aus, von denen sie keinen Widerstand erwarten. Der deutsche Mädchenmörder Ronny Rieken zum Beispiel gab vor Gericht offen zu, dass er sich deshalb an kleine Mädchen gehalten hat, damit „es schneller geht“ und leichter. Sexualtäter suchen Mädchen aus, die ängstlich wirken und hilflos, die Augenkontakt vermeiden (was wir ja auch aus der Schule kennen, wenn wir den Augenkontakt mit dem Lehrer vermeiden, weil wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben …), die den Kopf hängen lassen, leise und unsicher auftreten. Mädchen, die wehrhaft sein und werden wollen, müssen deshalb vor allem ihr Selbst-
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bewusstsein trainieren. Das ist für Mädchen nicht ganz einfach, denn Kampfgeist gilt immer noch als unweiblich. Das ist eine Botschaft, die Mädchen leider auch heute noch oft von ihren Müttern lernen: Frauen dürfen zwar emanzipiert sein, sollen aber trotzdem lieb und zurückhaltend bleiben. Deshalb ist der wichtigste Aufruf der: Mädchen, streichelt euer Ego! (Siehe dazu auch Seite 96 ff.) Es ist kein Spaß und kein Spiel mehr, wenn ein Junge oder Mann ein Mädchen anfasst und sie das nicht will. Wenn er ihr etwa zwischen die Beine fasst, wie „zufällig“ ihre Brust berührt, versucht die Hose herunterzuziehen, ihr immer wieder auf unerwünschte Weise zu nahe kommt, sie festhält, sich an ihr reibt oder sie verfolgt – etwa, wenn sie aufs Klo geht. Auch wenn Mädchen mit vulgären Ausdrücken angesprochen oder ihre Körperteile kommentiert werden, sind das sexuelle Übergriffe. Wenn es ein Mann oder ein Junge ist, mit dem ein Mädchen eindeutig nicht flirtet, ist solche Anmache ganz sicher kein harmloser Annäherungsversuch mehr. Aber auch ein Flirt berechtigt niemals zu Übergriffen. Bei einem normalen Flirt haben beide Spaß und beide Respekt
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voreinander. Meist funktioniert diese jahrtausendealte stumme Zwiesprache zwischen zwei Menschen, die sich voneinander angezogen fühlen, ja auch bestens. Nur, wie gesagt, einander anziehend zu finden heißt nicht automatisch, einander auch auszuziehen …
Telefonterror Immer häufiger werden Kinder und Jugendliche Opfer von Telefonterror. Die Anrufer suchen Zeiten für ihre Anrufe aus, in denen Kinder oder Jugendliche am häufigsten allein zu Hause sind. Manchmal haben sie die Telefonnummer auch aus einer Kleinanzeige – etwa wenn ein Mädchen/ein Junge in einem Jugendmagazin einen Brieffreund oder eine Brieffreundin gesucht hat. Daher kann der Anrufer sich auch schon auf gewisse Kenntnisse über sein Opfer berufen – vielleicht kennt er aus der Anzeige das Sternzeichen, die Hobbys, bestimmte Vorlieben oder sogar die Adresse. Anzeigen und Inserate sollten deshalb möglichst unter Chiffre aufgegeben werden. Auch sonst sollte man sehr vorsichtig mit persönlichen Daten umgehen. Meist belästigen die anonymen Anrufer ihre
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Opfer, indem sie ihnen obszöne Dinge sagen und sie auffordern, mit ihnen Telefonsex zu machen. Sie genießen es, wenn ihre Opfer Angst bekommen und sie auf diese Weise Macht über sie ausüben können. Manchmal sagen solche Anrufer, dass sie bei der Polizei arbeiten, dass sie Ärzte sind oder von Behörden kommen. Manchmal behaupten sie, jemanden aus der Familie in ihrer Gewalt zu haben, dass jemand aus der Familie einen schweren Unfall hatte oder bei einem Familienangehörigen eine schwere Krankheit entdeckt wurde. Der Anrufer – in diesem Fall auch Schockanrufer genannt – sagt, dem Familienmitglied könne nur geholfen werden, wenn der Angerufene bestimmte Sachen tut – sich beispielsweise sexuell stimuliert, etwas anzündet oder sich selbst etwas Schlimmes antut. Es sollen schon Frauen vergewaltigt worden und Kinder ums Leben gekommen sein, weil sie taten, was die Anrufer sagten, um ein Familienmitglied zu retten. Das Wichtigste ist es, zu wissen, dass Polizei, Ärzte oder Behörden sehr, sehr selten anrufen, um am Telefon etwas Dringendes bekannt zu geben. Meist kommen sie selber vorbei oder bitten um Rückruf. Wenn
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du angerufen wirst und dir nicht sicher bist, ob der Anrufer seriös ist, dann bitte um seine Dienststellen- und Telefonnummer und sag, du würdest gleich zurückrufen. Dann leg auf und besprich dich mit jemandem. Will der Anrufer seine Telefonnummer nicht sagen, kannst du davon ausgehen, dass er alles andere ist als das, was er vorgibt zu sein. Leg sofort auf und sag einem Erwachsenen Bescheid. Dann könnt ihr beratschlagen, was zu tun ist, wenn der Typ (solche Anrufer sind übrigens fast ausschließlich Männer) noch mal anruft. Geh bloß nicht auf ein Gespräch ein und versuche schon gar nicht zu denken, du könntest dem „armen Kerl“ damit helfen, dass du mit ihm sprichst. Du tätest dann genau das, was er braucht um sich „aufzugeilen“. Den gleichen Effekt hat es, wenn er merkt, dass der oder die Angerufene Angst hat. Am besten ist es immer, sofort aufzulegen. Ruft er wiederholt an, kann man ihm mit einer Trillerpfeife kräftig ins Ohr tuten. Nach Absprache mit Eltern und Polizei kann man gegen sehr lästige Anrufer auch mit einer Fangschaltung vorgehen.
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Kein anderes Lebewesen als der Mensch verfügt in diesem Ausmaß über eine auf den Artgenossen ausgerichtete Aggressivität. ALEXANDER MITSCHERLICH
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DAS TRAU-DICH-GEDICHT* Trau dich! Trau dich! Auch wenn es danebengeht. Trau dich! Trau dich! Es ist nie zu spät. Wer’s nicht selber ausprobiert, der wird leichter angeschmiert. Trau dich! Trau dich! Dann hast du was kapiert. Trau dich! Trau dich! Auch wenn du erst elfe bist. Trau dich! Trau dich! Auch Große machen Mist. Glaub nicht alles, was du hörst, wenn du sie mit Fragen störst. Trau dich! Trau dich! Bis du was erfährst. Trau dich! Trau dich! Andern geht’s genauso schlecht. Trau dich! Trau dich! Kämpft um euer Recht! Tretet füreinander ein, dann könnt ihr bald viele sein. Trau dich! Trau dich! Du bist nicht allein. *
Sinngemäß nach einem Lied von Volker Ludwig. Rechte bei Volker Ludwig. Aus: „Das GRIPS Liederbuch“, Alexander Verlag, Berlin 1999
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4 MACH DICH FIT Weck die Power in dir: wie man Zivilcourage lernt Es passiert tagtäglich: Ein anderer Mensch wird belästigt, schikaniert, bedroht, überfallen, beraubt, vergewaltigt. Wenn man selbst davon weiß, davon erfährt oder gar als Zeuge dabei ist, stellt sich die Frage: „Was nun, was tun?“ Flüchten oder standhalten – diese beide Reaktionen sind in uns für brenzlige Situationen angelegt. Genau genommen sind sie seit Urzeiten unsere Überlebensmechanismen, wenn uns etwas bedroht. Heute nennen wir das Stress! Schlagzeilen machte vor einiger Zeit die Vergewaltigung eines jungen Mädchens in der Hamburger S-Bahn. Als wäre das allein noch nicht schlimm genug: Der Zug war gut besetzt und niemand kam dem Mädchen zu Hilfe. Die Mitfahrenden guckten tatenlos zu oder schauten weg.
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Oft genug hören wir auch, dass Ausländer zusammengeschlagen werden und niemand eingreift. Autos fahren vorbei, Passanten tun so, als sähen sie nichts. Man kann doch gar nichts tun, meinen die einen. Die sind doch alle selber schuld, verurteilen die anderen. Am ehrlichsten sind noch diejenigen, die sagen, sie hätten Angst, selbst eins „aufs Maul zu bekommen“. Doch wie wollen wir leben mit der Vorstellung, dass ein anderer Mensch verletzt oder gar getötet wurde, weil wir weggeschaut haben – ob wir nun Angst haben oder nicht??? Kann man denn etwas tun? Kann man seine eigene Angst überwinden, um anderen zu helfen? Ja, glauben Fachleute, Zivilcourage kann man lernen. Und gerade viele Jugendliche haben noch ein untrügliches Gespür für Gerechtigkeit und für Situationen, in denen man helfen muss. Zivilcourage zu haben heißt beherzt in schwierigen Situationen das Notwendige zu tun ohne zu zögern – selbst wenn einem selbst Schaden zugefügt werden könnte. Standhaft bleiben, auch wenn es gefährlich wird. Das Wichtigste ist, dass man darauf vorbereitet sein muss, dass einem solche Situationen passieren können.
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Man muss gewissermaßen erst den Kopf trainieren. Wenn man beispielsweise von einem Überfall hört oder in der Zeitung liest, sollte man sich überlegen: Was hätte man tun müssen, was hätte ich tun können, was sind meine ganz speziellen Ängste und wo liegen meine ganz speziellen Stärken? Denn eines gibt es natürlich nicht: einen Menschen, der gar keine Angst hat, vor nichts und niemand. Selbst die coolsten Typen haben Angst. Wahrscheinlich haben sie insgeheim sogar noch mehr Angst als andere, die sie durch besonders ruppiges Auftreten zu überspielen versuchen. Hinter der Maske der Stärke, dem aufgesetzten Imponiergehabe, hinter Uniformen, Glatzen und Stiefeln, hinter Bewaffnung und aggressivem Gequatsche stecken doch meistens Schwäche und Hilflosigkeit. Das Ziel von Zivilcourage ist es auch nicht, Angst auszumerzen. Genauso wie Stressgefühle und Aggression gehört die Angst zu unseren normalen Gefühlen dazu. Ein gewisses Maß an Angst schützt uns, hilft uns wachsam zu sein und Gefahren realistisch einzuschätzen. Denn wenn wir in einer bestimmten Situation Angst verspü-
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ren, dann sind wir gewarnt und können unseren Selbstschutzmechanismus anlaufen lassen. Nur sollten wir auch unseren Verstand dabei benutzen: Wenn wir uns nachts auf dem Heimweg im Dunkeln unwohl und unsicher fühlen, so heißt das noch lange nicht, dass hinter jedem Busch wirklich ein Verbrecher lauert. In Ängste kann man sich hineinsteigern, man kann sie aber auch entschärfen. Was wir lernen müssen, ist die richtige Mischung: Wo schützt uns unsere Angst, wo behindert sie uns? Wichtig ist es vor allem, sich über seine eigenen Ängste und Möglichkeiten klar zu werden. Denn aus einem eher sensiblen Menschen wird nie ein cooler Draufgänger werden. Wer nicht so gerne mit Konflikten zu tun hat und dazu neigt, sich einiges gefallen zu lassen, wird nicht plötzlich furchtlos in gefährliche Situationen hineingehen. Und auch Batman gibt es nur in Hollywood. Umgekehrt wird aber jemand, der eher aus grobem Holz geschnitzt ist, in bestimmten Gefahrenmomenten nicht die vielleicht erforderliche Feinfühligkeit aufbringen. Zivilcourage kann man trainieren – und zwar im Alltäglichen – etwa dass man etwas
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sagt, wenn jemand beschimpft wird, dass man widerspricht, wenn jemand schlecht behandelt wird, dass man versucht Schwächeren zu helfen und Respekt vor jedem Leben zeigt. Zivilcourage heißt nicht, dass man selbst schlagend zwischen Schläger treten oder sich selbst in Gefahr bringen muss. Denn natürlich sind aggressive Angreifer körperlich oft sehr viel stärker, besser im Training und aufgeputscht von Hassbildern oder von Drogen oder sie tragen Waffen. Im konkreten Fall aber ist es wichtig zu zeigen, dass man keine Angst hat. Denn Angst und Unterwürfigkeit fordern aggressives Verhalten geradezu heraus. Oft ist die Angst in dem Moment vorbei, in dem man sich entschließt etwas zu tun. Schon die Art, wie man guckt, kann in gewissen Situationen Aggressivität vermeiden oder entspannen. Schauen wir jemandem, der sich gerade entladen will, fest in die Augen, signalisieren wir: „Hier ist jemand, mit dem zu rechnen ist!“ Das kann den möglichen Angreifer zumindest aus dem Konzept bringen. Alles, was den Täter ablenkt oder überrumpelt, kann helfen. Oft sind es Kleinigkeiten, die ihn in eine andere Richtung drängen. Voraussetzung ist natürlich, dass du Si-
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tuationen richtig einschätzen kannst. Deshalb ist die „mentale Vorbereitung“ wie bei Sportlern vor dem Wettkampf so wichtig. Manchmal – so sagen Experten – hilft es schon, wenn man laut und bestimmt einfache Botschaften von sich gibt: Hier wird nicht gepöbelt! Hier wird nicht gehauen! Hier wird nicht …! Der Täter hält womöglich inne und die Situation könntest du dann nutzen, um umstehende Leute direkt und persönlich anzusprechen, sie ganz konkret auffordern, sich einzumischen, oder die angegriffene Person einfach an der Hand nehmen und wegziehen, sich vor sie zu stellen, zu signalisieren, dass sie geschützt wird. Hin und wieder helfen auch Humor und Fantasie. So wurde uns von einem mutigen Mädchen berichtet, das im Bus stand und nach Hause fuhr. Plötzlich rief sie laut: „Hallo, kann mir jemand sagen, wem diese Hand gehört? Ich habe sie gerade auf meinem Po gefunden!“ Dabei hielt die junge Frau die Hand des Mannes, der sie betatscht hatte, triumphierend in die Höhe. Alles lachte und der Mann war bis aufs Hemd blamiert. Und das Mädchen hatte dabei noch das Kunststück geschafft, ihre eigene Angst in Lachen umzuwandeln. Wer sich bedroht fühlt und Hilfe wünscht, sollte bei-
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spielsweise nicht um Hilfe rufen, sondern „Feuer“ schreien oder „Schlangen“ – das mobilisiert mögliche Retter eher! Ein guter Trick ist es auch, Kleingeld oder einen Schlüssel möglichst geräuschvoll fallen zu lassen. Das lenkt den Angreifer ab, weil er denkt, das sei sein Geld oder sein Schlüssel, und beides will er wahrscheinlich nicht verlieren. Und natürlich ist es auch oft gut, mit den Angreifern ins Gespräch zu kommen. Wer spricht, schlägt nicht, sagt man. Ein Trick dabei ist es, den Angreifer möglichst höflich anzusprechen. Ihn zum Beispiel nicht zu duzen, sondern zu siezen. Damit macht man klar, dass man zwar gegen das ist, was er tut, aber ihn nicht als Person verachtet. Wer sich verachtet fühlt, wird nämlich schneller aggressiv und hemmungslos. Wenn man sich jedoch nicht in der Lage fühlt, irgendwie direkt in das Geschehen einzugreifen – etwa weil es sich um mehrere und besonders brutale Angreifer handelt und sonst niemand da ist, der helfen könnte – so sollte man auf dem schnellsten Wege Hilfe holen. Auch hier ist ein Handy, das man unbemerkt benutzen kann, um die Polizei zu rufen, natürlich von unschätzbarem Wert.
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Zeig deine Wut, sooft es geht, auch wenn es dir schwer fällt. Versuch dich auf deine Weise zu wehren. Das kann eine ganz andere sein als die von anderen. Jeder Mensch muss da seinen eigenen Weg finden. Jemand, der eher schüchtern ist, kann sich nicht das Verhalten eines Menschen mit eher großer Klappe aufzwingen. Am besten ist es, wenn man seine Wut an Ort und Stelle loswerden kann. Das geht aber nicht immer und manchmal merkt man auch erst hinterher, was eigentlich los war. Man kann versuchen mit Freunden darüber zu sprechen und sich überlegen, ob man im Nachhinein noch etwas unternehmen kann und sollte oder wie man sich in Zukunft in solchen Situationen verhalten kann. Eltern, Lehrer und Polizei sind ebenfalls Ansprechpartner. Es gibt keinen Grund, sich vor ihnen zu schämen.
Gefahr erkennen und besser wegrennen Was vor allem Mädchen lernen müssen, ist Gefahrensituationen richtig einzuschätzen. Mädchen und junge Frauen können das oft nicht, hat die Selbstbehauptungs-
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expertin Ulrike Herle aus München festgestellt. Sie bleiben oft viel zu lange an unsicheren Orten und in Situationen, in denen sie sich unbehaglich fühlen. Einen Ort, an dem du dich unsicher fühlst, solltest du so schnell wie möglich verlassen. Wenn du etwa auf einer Party oder in der Disco den Eindruck hast, die Leute sind unangenehm, mach dich schnellstens aus dem Staub. Es ist völlig egal, was die anderen von dir denken. Natürlich solltest du auch nicht mit jemand Fremdem oder jemand, den du nicht gut kennst, in ein Schlafzimmer oder allein irgendwohin gehen. Es ist logisch, dass das einmal missverstanden werden kann, und versetzt dich möglicherweise in eine Situation, in der keine Hilfe möglich ist. Versuche immer, dich an Orten aufzuhalten, wo du dich sicher und gut aufgehoben fühlst. Versuche dein Gefühl dafür zu schärfen, wo du dich wohl fühlst und wo nicht. Sobald du dich irgendwie unbehaglich fühlst – sei es im Bus, im Auto, auf Reisen, in der Disco oder sonst wo –, versuche aus der Situation fortzukommen. Versuche in brenzligen Situationen auf dein inneres „Ja-Gefühl“ und „Nein-Gefühl“ zu achten.
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Wenn du beispielsweise mit in eine fremde Wohnung gehst oder in ein Auto steigst und dir ist mulmig dabei, dann versuche dich sofort aus dieser Situation zu lösen, indem du sie beendest. Gehe auch nie mit Fremden mit oder irgendwohin, wo du noch nie warst, ohne jemand Vertrautem zu hinterlassen, wo du bist. Fühlst du dich verfolgt oder spricht dich ein Fremder unangenehm an, schreie laut: „Abhauen, Hände weg!“, klingle an der nächstbesten Haustür, sprich Erwachsene an, hol dir Hilfe. Werden deine persönlichen Grenzen überschritten, hast du das Recht, dich zu wehren. Vertrau auf dein Gefühl und handle danach. Sagt dein Bauch Nein – also grummelt er ungut –, bring dich und ihn in Sicherheit. Vergiss nicht, dass du noch unendlich viele andere – schönere! – Gelegenheiten haben wirst, aufregende Dinge zu erleben. Auf dem Heimweg gilt: •
Keine Kontaktaufnahme mit Fremden, jedes Wort ist zu viel.
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Niemanden zu nahe an sich heranlassen, immer auf eine große Distanz
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achten, damit der Täter nicht einen Angriff starten kann. •
Wenn Mädchen angemacht werden, reagieren sie oft mit frechen Sprüchen. In dieser Situation lässt man das besser. Denn die Täter haben ja -wie wir erkannt haben – kein großes Selbstwertgefühl. Erniedrigte Männer schlagen leichter zu.
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Auch Diskutieren wird meist wenig helfen – außer um Zeit zu gewinnen. Doch Reden hält die meisten Täter nicht davon ab zu tun, was sie tun wollen.
•
Experten sagen deshalb: Wegrennen ist oft die bessere Alternative. Und das Wichtigste ist: Schnell reagieren, wenn einem etwas merkwürdig erscheint. Eine große Gefahr ist nämlich, dass uns die eigene Angst lähmt oder wir sie für übertrieben halten.
• •
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Keine Angst zeigen! Ein ängstliches Mädchen oder eine ängstliche Frau reizt den Täter meist zusätzlich, denn er sucht in aller Regel ja „leichte Beu-
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te“. Deswegen ist für Mädchen und Frauen eine große Portion Selbstbewusstsein die beste Verteidigung.
Die Kraft der zwei Herzen Viele Gefahren, die vor allem Mädchen drohen, haben in irgendeiner Weise mit Sexualität zu tun. Sie löst starke Gefühle aus, positive und negative. Es gibt immer wieder Situationen, in denen Mädchen oder Frauen glauben, sie müssten mit einem Typen schlafen, obwohl sie es gar nicht wollen. Vielleicht sind sie in eine Situation hineingerutscht, aus der sie meinen sich nicht befreien zu können, oder sie glauben, dass ein Nein schädlich für ihr Image ist, dass er sie dann nicht mehr mag oder sie eine hysterische Zicke nennt. Männern und Jungen scheint es manchmal herzlich egal zu sein, ob eine Frau wirklich mit ihnen schlafen will. Sie glauben offenbar, eine Frau müsse ihnen zu Willen sein und solle sich nicht so anstellen – auch wenn sie keine Lust hat oder sich bedroht fühlt. Die meisten Mädchen und
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Frauen mögen Sex viel mehr, wenn er mit einem Partner geschieht, der ihnen vertraut ist. Und junge Mädchen sagen sehr oft, dass sie mit dem ersten Mal viel lieber noch ein Weilchen warten wollen, bis sie den Richtigen gefunden haben. Ein Junge oder ein Mann, der sein weibliches Gegenüber unter Druck setzt, meint es nicht gut, sondern hat nur seine eigene Befriedigung im Sinn. Die am häufigsten verwendeten trickreichen Säuseleien, mit denen sie versuchen Mädchen ins Bett zu bekommen: •
Komm, wir kuscheln nur. Es passiert bestimmt nichts weiter.
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Beim ersten Mal kann gar nichts passieren.
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Ich hab Erfahrung, ich pass schon auf.
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Ich hab garantiert kein AIDS. Ich braucht garantiert kein Kondom.
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Du liebst/magst mich nicht, sonst würdest du dich nicht so zieren.
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Du bist die große Liebe meines Lebens
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(und das, obwohl ihr euch gerade erst kennen gelernt habt). •
Du bist ja total verklemmt.’
Bei Jungen und Männern ist bei einem Flirt die spielerische Grenze oft schnell überschritten. Wenn dann nichts läuft, sind sie frustriert und angespannt. Oft fühlen sie sich gelinkt. Und das manchmal im Übrigen aus ihrer Sicht auch gar nicht zu Unrecht: Mädchen flirten manchmal auf Teufel komm raus – auch um den Grad ihrer sexuellen Attraktivität auszutesten – und „kneifen“, wenn es ernst wird. Manche Mädchen machen sich geradezu einen Spaß daraus, Jungen anzumachen, sie heißlaufen und dann abblitzen zu lassen. Einerseits ist Flirt ein Spiel, bei dem beide die Nähe zum anderen Geschlecht ausprobieren und sehen wollen, ob sie gut ankommen. Doch Jungen wollen oft gerne eben mehr. Andererseits sind Mädchen dann sauer, wenn ein Junge die Signale auf seine Art versteht. Er geht stets das Risiko ein, sich eine kapitale Ohrfeige einzufangen. Das macht manche Jungen wiederum aggressiver, als sie es eigentlich sein wollen. Eine gewisse Aggression schlummert ja in jedem Flirt, denn er hat
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schließlich auch etwas mit Vorpreschen und Anmachen zu tun. Hieraus ergeben sich Missverständnisse: Der Junge muss aus dem, was das Mädchen sagt und tut, heraushören, was sie wohl meint. Und Mädchen neigen in solchen Situationen häufiger dazu, sich nicht besonders deutlich auszudrücken. Vor allem, weil sie sich fürchten, Nein zu sagen. Sie glauben, sie seien dann „weg vom Fenster“ und würden als zickig eingeschätzt. Für solche Missverständnisse sorgt auch der blöde Spruch: Eine Frau, die „Nein“ sagt, meint: Vielleicht. Eine Frau, die „Vielleicht“ sagt meint: Ja. Und eine Frau, die „Ja“ sagt, ist eine Hure. Ein möglichst deutliches und klares, aber auch faires Verhalten von beiden Seiten hilft solche dummen Situationen, in denen die Reaktionen des/der anderen missverstanden werden, zu vermeiden.
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Selbstverteidigung: Nummer sicher? Jemandem mal ordentlich eine zu pfeffern und zurückzuhauen kann von Fall zu Fall ganz wirkungsvoll sein. Notwehr ist immer erlaubt! Hilft aber nur, wenn man wirklich – körperlich und geistig – der Stärkere ist, und löst letztendlich auch keine Probleme. Doch die Angst vor Gewalt treibt immer mehr Jugendliche – Jungen wie Mädchen – in Selbstverteidigungskurse. Sie erleben derzeit geradezu einen Boom. Gewalt gegen Gewalt ist aber meist die falsche Strategie. In den meisten Fällen handelt es sich beim Angreifer um jemanden, den das Opfer bereits kennt und wo Wortwechsel der Tat oder der beabsichtigten Tat vorausgehen. Selbstverteidigungskurse hingegen arbeiten häufig mit dem Feindbild des fremden brutalen Angreifers, der seinem Opfer in einer dunklen Gasse auflauert. Dieser soll nun trickreich mit körperlichen Techniken außer Gefecht gesetzt werden. Das ist schon deshalb unrealistisch, weil man in den Kursen ja gar
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nicht echt agieren kann, ohne den Sportskumpel oder die Sportkameradin zu gefährden. Also müssen Schläge und Tricks abgebremst werden. Man lernt daher zum Teil die falschen Reflexe. Es handelt sich also gewissermaßen immer um „Trockenübungen“. Die nützen uns aber wenig, vor allem, weil wir davon ausgehen müssen, dass der Angreifer uns körperlich überlegen ist, auch gewiefter ist im Umgang mit Tätlichkeiten oder gar eine Waffe dabeihat. Kampfkunst- und Kampfsportarten verlangen ein jahrelanges Training, bis man richtig fit in der Anwendung ist. Bis dahin ist man aber verletzlicher als ohne Kenntnisse oder als jemand, der richtig wütend ist. Wer einmal Selbstverteidigung geübt hat, aber nicht dabeigeblieben ist und sich inzwischen anderen Dingen zugewandt hat, wiegt sich womöglich in falscher Sicherheit. Wenn man sich dennoch für einen Kurs entscheidet, sollte man sehr sorgfältig auswählen. Volkshochschule und Frauenprojekte bieten meist eine gute Qualität. Sportlichkeit nützt natürlich in jeder Situation, einfach weil man körperlich fitter ist, flexibler, wacher und meistens auch selbst-
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bewusster. Insofern ist jede Form von Bewegung und Sport zu empfehlen. Selbstbehauptungskurse bieten eine gute Ergänzung hierzu. Sie zielen darauf ab, Gefahren realistisch einschätzen zu lernen, die lähmende Angst zu überwinden, keine Opfer-Signale von sich zu geben, sich laut zu äußern, zu schreien und einschätzen zu können, welche Form des Sich-Wehrens den größten Erfolg verspricht. Denn der wichtigste Teil der Selbstverteidigung sitzt im Kopf und nicht in der Faust. Und Selbstvertrauen ist der beste Schutz gegen Gewalt. Auf keinen Fall aber sollte man bei gewalttätigen Auseinandersetzungen den Helden oder die Heldin spielen. Wenn jemand im Gewalt- oder Blutrausch ist, sollte man sich schleunigst aus dem Staub machen und rasch Hilfe organisieren. Sonst gefährdet man sich nur selbst, ohne etwas zu erreichen. Für ein beherztes Einschreiten bei Gewalttaten – das Ansprechen von Menschen, die helfen können, das Ziehen der Notbremse usw. – braucht man keine Judogriffe, keine Würgekenntnisse und keine Handkantenschläge. Man braucht Selbstbewusstsein, eine aufrechte Körperhaltung, ein Rechtsempfinden, menschliche
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Kommunikationsfähigkeit, Überblick, Gefühl, Nein-sagen-Können ohne Schuldgefühl, Courage und Zivilcourage.
Wir hatten mal einen im Sport, der war Punchingball für alle. Jeder hat mal reingetreten. FABIAN, 16 JAHRE
Sicherheitsgefühl und Selbstvertrauen – So kommt das Ego auf die Beine Speziell Mädchen müssen lernen, Gefahrenmomente frühzeitig zu erkennen und sich zu wehren. Das schaffen sie oft nicht ohne Hilfe, denn viele alltägliche Situationen, die sie gefährden, fallen uns schon gar nicht mehr auf. In fast jeder Stadt gibt es heute deshalb spezielle Selbstbehauptungskurse für Mädchen – sei es in Jugendzentren, Frauentreffs, Volkshochschulen, Sportvereinen oder auch Kirchenkreisen. Gleichberechtigungs- oder
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Frauenbeauftragte können darüber Auskunft geben. Eine gute Möglichkeit ist das WENDO. Das Wort setzt sich zusammen aus der Abkürzung von „women“ (engl. Frauen) und dem asiatischen Wort DO für „Weg“ und heißt also „Weg der Frauen“. WEN-DO stammt ursprünglich aus Kanada. Da der wichtigste Teil des Trainings die Selbstbehauptung ist, bleibt es auch völlig gleichgültig, ob ein Mädchen sportlich ist oder nicht. Es geht einfach erst einmal darum, sensibler dafür zu werden, wann die eigenen Grenzen überschritten werden, sensibler aber auch für die eigenen Gefühle und das, was ein Mädchen wirklich selbst möchte. Wichtig ist es vor allem zu begreifen, dass viele Verhaltensweisen von Frauen, die von anderen als hysterisch abgekanzelt werden, nichts anderes sind als Versuche, sich selbst zu behaupten. Toll an diesen Kursen ist, dass all das Wissen, das hier vermittelt wird, Mädchen und Frauen allein gehört. Es wird nur von Frau zu Frau weitergegeben. Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein ist also unser bester Schutz. Deshalb: Nehmt euch selbst wichtig! Macht euch immer
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wieder klar, dass ihr das Recht auf Selbstbestimmung habt, dass ihr Widerstand leisten und Nein sagen dürft. Übt das Neinsagen - so gut es geht. Gönnt euch eine eigene Meinung und vertretet sie auch. Duldet keine kleinen Belästigungen, denn sie sind die Brüder der großen. Überwindet eure Angst vor Gewaltanwendung. Die meisten Mädchen haben immer noch Scheu davor, einem anderen wehzutun etwa ihm in die Hoden zu treten oder mit den Fingern in die Augen zu piksen. Wenn du dich traust und es der Situation angemessen ist, dann schlage, trete, beiße und kreische, so gut du kannst. Auf der Straße gehe aufrecht, weiche Blicken nicht aus, schreite kraftvoll und zielstrebig aus. Und selbstverständlich schadet eine Portion Konfliktvermeidung nicht: Harten Konfrontationen geht man besser aus dem Weg. Auch das Nachhausegehen in der Nacht sollte nicht zur Mutprobe werden. Es bricht einem kein Zacken aus der Krone, wenn man sich von den Eltern abholen lässt. Es gibt noch genug andere Schauplätze, an denen Jung und Alt ihr Mütchen kühlen können.
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Für Mädchen steckt der Mangel an Selbstbewusstsein oft noch in einem anderen Detail: dass sie sich selbst und ihren Körper nicht leiden können. Gehörst du auch zu den Mädchen und Frauen, die immer etwas an sich selbst auszusetzen haben? Viele können mit der Selbstnörgelei schon gar nicht mehr aufhören und vergessen dabei ihre eigenen guten Seiten. Es gibt nichts, womit man nicht unzufrieden sein kann: Haare, Haut, Gesicht, Nase, Augen, Mund, Busen, Hände, Arme, Beine, Po, Bauch … Gerade Mädchen in der Pubertät sind anfällig dafür, denn ihr Körper verändert sich ja gerade und deshalb schauen sie mit Argusaugen auf alles. So bekommst du ein besseres Körperbewusstsein: •
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Hör nicht auf die Meinung anderer, die nur aufs Äußere zielt. Jeder Mensch ist schön, er muss es nur erst entdecken. Du meckerst immer über dich selber, findest dich hässlich? Dann stell dich vor den Spiegel und sag’s dir selbst ins Gesicht. Du wirst merken, dass dir das gar nicht leicht fällt, weil es nämlich schlicht nicht stimmt, und dein Unterbewusstsein weiß das auch.
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Sag dir lieber ins Gesicht, dass du dich magst, wie du bist. Sei nicht so streng mit dir. Du bist das Tollste, was du hast!
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Erinnere dich jeden Tag daran, dass alle schönen Menschen aus den Medien in Wirklichkeit auch ganz normal aussehen. Auf den Bildern sind sie nur zurechtgeputzt.
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Wenn du dich unsicher fühlst, zieh unbedingt die Klamotten an, in denen du dich am wohlsten fühlst. Nimm dir ruhig Zeit und Muße, um dich mit dir selbst zu beschäftigen.
Auge um Auge, Zahn um Zahn: Waffen Jeder, der angegriffen wird, hat das Recht, sich zu wehren. Doch auch da gibt es Regeln: Man darf den Angreifer gerade so stark verletzen, dass er nicht noch mal angreifen kann und man selbst geschützt ist. Aber nicht stärker. Wenn dich also jemand „bloß“ verprügelt und du wie wild auf ihn einstichst, kann es sein, dass du derjenige bist, der nachher vor dem Kadi
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steht. „Angemessene“ Gegenwehr nennt der Gesetzgeber das, was uns als Notwehr zusteht. Immer mehr Kids gehen trotzdem nur noch bewaffnet in die Schule. Dass das sinnvoll ist, bestreite ich ausdrücklich. Denn Bewaffnung unterbricht die Spirale der Gewalt letztlich nicht, sie gibt einem nur ein Gefühl der Scheinsicherheit. Grundsätzlich sind Waffen ohnehin nicht erlaubt. Wer Waffen besitzen und benutzen darf, ist in unseren Waffengesetzen mit Waffenschein, Waffenbesitzkarte, Waffenerwerbsschein und Waffensammelschein geregelt. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist der Besitz von Waffen verboten. Ausnahmeregelungen gibt es beim Schießsport und bei der Jagd. Natürlich ist klar, dass man auch illegal an Waffen kommt oder solche benutzt, die nicht ausdrücklich unter das Waffengesetz fallen. Vor allem Jugendliche mit Gewaltbereitschaft sind an legalem Waffenbesitz überhaupt nicht interessiert, denn dann werden sie ja auch registriert. Der Schwarzmarkt ist mit allerlei Ballerkram, Stech- und Schlaggeräten bestückt.
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Verboten sind vor allem auch Stahlruten, Totschläger, Lederarmbänder mit Dornennieten, Fallmesser, Springmesser, Schlagringe und Nunchakus. Das wichtigste Argument gegen Waffen aller Art – von der rechtlichen Seite einmal ganz abgesehen – ist Folgendes: Waffen können vor allem für einen selbst gefährlich werden, denn sie können bei Ungeübten im wahrsten Sinn des Wortes immer nach hinten losgehen. Was nützt es beispielsweise, ein Messer dabeizuhaben, wenn der Gegner sehr viel besser damit umgehen kann? Außerdem besteht immer die Gefahr, dass der Angreifer einem die Waffe entreißt und sie ohne Skrupel verwendet. Erlaubte Waffen sind Tränengasspray, Elektroschockgeräte und Hundeabwehrspray. Viele Mädchen und Frauen fühlen sich sicherer, wenn sie Tränengasspray in der Tasche haben. Ich selber denke, dass Tränengasspray im Ernstfall nicht unbedingt hilfreich sein muss. Auch das kann eher für einen selbst gefährlich werden. Wenn man es nicht gezielt und genau platziert, beißt es einen nämlich selbst in die Augen und schon ist man in seiner Flucht gehemmt. Es braucht ja auch nur
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der Wind aus der falschen Richtung zu kommen. In geschlossenen Räumen sollte man Tränengasspray ohnehin nicht anwenden. Im Notfall kann man natürlich auch mal mit dem Regenschirm zuschlagen oder was man sonst greifbar hat. Daher: Finger weg von allen richtigen Waffen. Ihr Einsatz erfordert große Sachkenntnis, regelmäßiges Üben, Mut und eine starke Psyche. Schlauer ist es, den Kopf als Waffe einzusetzen. Wer glaubt, dass er Spaß am Schießsport hätte, sollte sich lieber ganz normal in einem Schützenverein eintragen oder die Jugendjagdprüfung machen. Da lernt man eine ganze Menge mehr und auch oft nette Menschen kennen.
In der Schule Schule machen Es ist belegt, dass in guten Schulen Gewalt keine Schule macht. Je aktiver die Schüler, die Direktion und die Lehrer sind, desto weniger spielt Gewalt eine Rolle. Wo man lernt, für sein eigenes Verhalten Verantwortung zu übernehmen, und wo
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es normal ist, dass jede auch noch so kleine Gewalt öffentlich gemacht wird, haben unangemessene Aggressionen keinen Platz. Viele Möglichkeiten, wie man in Schule, Ausbildung oder Jugendgruppe gegen Gewalt aktiv werden kann, klangen hier schon an. Man kann sich eine Menge ausdenken, wenn man nur will. Hier noch einige weitere Beispiele: Wenn beispielsweise in der Klasse ein Störenfried ist, der andere ständig drangsaliert oder bedroht, ist es vor allem wichtig, mit ihm zu sprechen. Jemanden aus der Gemeinschaft auszugrenzen verschlimmert das Problem meist nur. Sind es mehrere, dann sollte man sie sich einzeln vorknöpfen, in der Gruppe sind sie oft großmäuliger und wenig zum Gespräch bereit, da sie sich ja voreinander aufspielen müssen. Eltern, Lehrer, Freunde und andere wichtige Menschen sollten in diese Gespräche mit einbezogen werden. Man muss so weit kommen, dass er oder sie erkennt, dass er oder sie sich falsch verhalten hat. Wenn möglich sollte das Vergehen in irgendeiner Form wieder gutgemacht werden. In den USA hat man gute Erfahrungen gemacht mit Schüler-
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Jurys, die so ähnlich vorgehen wie bei uns die Gerichte. Die Täter, die Mitschüler bedroht, beklaut oder angegriffen haben, müssen sich vor dieser Jury verantworten. Diese Jurys sind besonders gefürchtet, da sie strenger urteilen als so mancher Erwachsene. Täter und Taten werden meist auch im ganzen Schulviertel bekannt gemacht. Das ist ungefähr so, wie wenn früher jemand an den Pranger gestellt wurde. Aus Skandinavien stammt dieser Ansatz: Geeignete Schülerinnen werden zu so genannten Konfliktlotsen ausgebildet. Sie schalten sich überall dort ein, wo sie Gewalt und Zwietracht spüren. Im Zweifelsfall bringen sie Täter und Opfer an einen Tisch und organisieren eine Art „TäterOpfer-Ausgleich“. An einer Schule in Hannover wurde an die Mädchen ein Fragebogen über sexuelle Anmache auf dem Schulhof verteilt, den sie anonym beantworten konnten. Die Ergebnisse wurden dann später im Unterricht besprochen. So wird der Blick für die Zustände geschärft und keiner kann hinterher behaupten, nichts gewusst zu haben. In einigen deutschen Städten gibt es so genannte Sicherheitsräte, in denen Vertreter der
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Schulen, der Kirchen, Sportvereine, Eltern, der Polizei, der Industrie- und Handelskammer, der Handwerksbetriebe und sozialen Dienste sich regelmäßig treffen. Sie versuchen zum Beispiel gemeinsam herauszufinden, wo es an Freizeitangeboten für Jugendliche hapert und wie man das ändern könnte. Denn man weiß, dass vor allem Frust und Langeweile die Gewaltbereitschaft steigern können. Sie versuchen auch aggressive Gruppen im Auge zu behalten und diese in ihre Vorhaben einzubeziehen. In manchen Schulen werden Ringel- und Rangelecken eingerichtet, in denen Schüler ungestraft raufen dürfen. So können sie sich etwas austoben und lernen ihren Körper einzusetzen, ohne anderen wehzutun. Besonders Sport kann ein gutes Ventil sein, Aggressionen abzubauen. In vielen Städten gibt es sogar Jugendbeauftragte, die sich ausschließlich um die Probleme von Kindern und Jugendlichen kümmern. Diese kann man auch alarmieren, wenn es Rauschgift- und Drogenprobleme gibt. Auf Anfrage kommen sie auch gern in die Schulen, machen Aktionstage und Diskussionsveranstaltungen.
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Gutes Schulklima ist keine Frage des Wetters In manchen Schulen gehen die Schüler selber dazu über, gemeinsam Resolutionen gegen Gewalt und Übergriffe an der eigenen Schule zu entwerfen und von allen unterzeichnen zu lassen. * Hier ein Beispiel: An unserer Schule werden Gewalt und Aggression nicht geduldet. Wir alle – Schüler und Schule – werden Gewalt in jeder Form bekämpfen. Wir haben im Einvernehmen mit Eltern und Lehrern klare Regeln entwickelt, zu denen sich jede/r Unterzeichnende bekennt. In unserer Schule soll Frieden herrschen, sollen sich alle Schüler – ungeachtet ihrer Fähigkeiten, Stärken und Schwächen – sicher fühlen. Jeder hat das Recht darauf, nicht angegriffen zu werden.
*
Siehe dazu auch: Jochen Korte, Faustrecht auf dem Schulhof, Beltz praxis, Weinheim 1993
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Für alle gelten folgende Gebote: •
Wir wollen unsere Mitschüler weder mit Worten noch mit Taten angreifen.
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Wir wollen Schülern, die angegriffen werden, helfen.
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Wir wollen uns bemühen, alle Schüler in unsere Gemeinschaft aufzunehmen, unabhängig von ihren Fähigkeiten, Stärken, Schwächen, von ihrem Geschlecht und ihrer Herkunft.
•
Wir wollen auch keine Lehrer schikanieren.
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Wir wollen grundsätzlich keine tätlichen Auseinandersetzungen dulden. Das Recht auf Notwehr bleibt davon unberührt. Allerdings sollen Beleidigungen kein Anlass für Prügeleien oder sonstige tätliche Angriffe sein.
•
Opfern soll von Erwachsenen und von uns geholfen werden. Der Schaden soll möglichst wieder gutgemacht werden.
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Wer aggressive Verstöße meldet, handelt verantwortungsvoll und ist kein
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Petzer. Es soll ihm oder ihr keine üble Nachrede entstehen. •
Wer sich aggressiver Verstöße schuldig macht, muss mit diesen Folgen und Strafen rechnen:
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Vorlage schriftlicher (Straf-) Arbeiten Übernahme gemeinnütziger Aufgaben wie Papier sammeln, Wände reinigen etc. Tageweise Ausschluss vom Unterricht Übergabe schwerer Fälle an die Polizei Bei tätlichen Angriffen wird der Angreifer auf der Stelle vom Unterricht ausgeschlossen.
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Zum guten Schluss: Entschuldigungen und Wiedergutmachung sind ausdrücklich erwünscht. Wir alle helfen dabei gern.
N i m m d i e We l t , w i e sie ist, aber verändere sie!
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Für die Kleinen und die Grundschüler eignet sich vielleicht dieser Textentwurf: Wir wollen nicht, dass hier verhaut, geprügelt und schikaniert wird. Denn zur Prügelei gehört auch immer einer, der Angst und Schmerzen hat und weinen muss. Bei uns soll sich jeder wohl fühlen können. Wir wollen gemeinsam Spaß haben, lachen und lernen. Das können wir alle nur, wenn wir uns sicher fühlen und freundlich miteinander umgehen. Also: Schluss mit Schubsen, Beinstellen, Beleidigen, Schlechtschwätzen und Schlagen. Wenn aber eine/r da ist, der/die das trotzdem tut, dann versuch ihm/ihr klarzumachen, dass du das nicht willst und dass damit sofort Schluss sein muss. Wenn das nicht passiert, dann sag es einem Lehrer. Das darfst du, das sollst du sogar, das ist kein Petzen! Du hilfst sogar anderen Kindern damit. Wer immer gegen diese Regeln verstößt, muss bestraft werden. Dann kann er Extraarbeiten oder bestimme Aufgaben innerhalb der Schule aufget-
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ragen bekommen. Wer andere schlägt, geht sofort nach Hause und darf einen Tag lang nicht in die Schule kommen. Wo immer eine/r schlägt oder schikaniert, ist auch jemand, der weint und traurig ist. Wo geprügelt wird, sind immer welche, die Angst haben. D A S
W O L L E N W I R N I C H T . N I C H T M I T U N S ! ! !
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Angst hab ich eigentlich nur vor Cliquen. Allein trauen die sich ja meistens nichts. ALEXANDRA, 15 JAHRE
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Wenn es zu Verbrechen kommt Wenn trotz aller Vorsichtsmaßnahmen etwas passiert, muss der Täter oder müssen die Täter sofort angezeigt werden. Auch wenn es sich „nur“ um sexuelle Belästigung oder „kleinere Schlägereien“, um „normale“ Schutzgelderpressung oder sonst einen Übergriff handelt. Die erste Tat sollte also das Rufen oder Informieren der Polizei sein. Wenn dir der Mut zu einer Anzeige fehlt, kannst du deine Eltern fragen, ob du eine Anwältin oder einen Anwalt nehmen kannst. Du kannst dir auch in der Schule oder im Frauenhaus Hilfe holen. Mit jeder Anzeige bei der Polizei hilft man auch anderen. Weitere Anlaufstellen sind: Der Hausarzt oder unter Umständen der Frauenarzt, die Telefonseelsorge, der ärztliche Notdienst, die Frauenhäuser, die kirchlichen Beratungsstellen, die Familienberatungsstellen und der Weiße Ring. Eine Menge hilfreicher Adressen findest du ab Seite 124.
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Auf einen Blick:
Zehn Möglichkeiten, mit Anmache und Gewalt umzugehen Zugucken Mit Abstand die blödeste Art, mit Anmache, Übergriffen und Gewalt umzugehen – oder besser: nicht umzugehen beziehungsweise sie zu ignorieren. Gewaltfrei bleiben Ist zwar ehrenhaft, hilft eben aber auch nicht immer. Widerhauen Hilft manchmal, aber nur, wenn du der Stärkere oder die Stärkere bist. Hilfe holen Sehr empfehlenswert, vor allem wenn andere Menschen bedroht werden. Fahrgemeinschaften bilden Bestens! Aber nie mit einem betrunkenen Fahrer fahren!
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Dem Fahrer dabei helfen, ohne Alkohol und Drogen über die Runden zu kommen. Widerstand organisieren Immer schön kreativ sein, das hilft auf lange Sicht mehr als alles andere. Zivilcourage beweisen Mehr gefordert denn je. Da die Älteren oft den Schwanz einkneifen und wegschauen, seid gerade ihr gefordert. Anzeige erstatten Das hilft auch anderen. Nur keine falsche Angst! Jugendamt, Polizei, andere Institutionen zum Handeln bringen Die Polizei, dein Freund und Helfer. Im Endeffekt haben alle großes Interesse daran, dass sich unser allgemeines Klima verbessert. Die meisten freuen sich über die Eigeninitiative von Jugendlichen und machen gerne mit. Der eigenen Intuition trauen Deine wichtigste Waffe im Umgang mit anderen. Auch ein noch so vages Gefühl von Be-
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drohung trügt selten. Wichtig: Sofort reagieren! Raus aus der Situation, Kurve kratzen!
Die Grenzen setzt DU selbst – Deine Rechte •
Du hast das Recht, für dich selbst zu denken!
•
Du hast das Recht, deine eigenen Grenzen zu bestimmen.
•
Du hast das Recht, Grenzen zu setzen und Nein zu sagen.
•
Du hast das Recht, Dinge weiterzuerzählen, wenn sie schädlich sind für dich und andere.
•
Du hast das Recht, aus Situationen zu verschwinden, die dir auch nur ein Fünkchen von einem mulmigen Gefühl verursachen.
•
Du hast das Recht, deine Meinung zu äußern.
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•
Du hast das Recht, dich gegen gefühlsmäßige und körperliche Verletzungen zu schützen.
•
Du hast das Recht, dich gegen Missachtung und Respektlosigkeit zur Wehr zu setzen. Du hast das Recht, für das Wohlbefinden und die Gedanken von Tätern keine Verantwortung zu übernehmen.
•
•
Du hast das Recht auf Sex. Und die Entscheidung, ob du mit jemandem schläfst und mit wem, liegt ganz allein bei dir. Du bestimmst auch, was ihr miteinander macht.
•
Du hast das Recht, für deine Entwicklung so lange zu brauchen, wie du es möchtest.
•
Du hast das Recht, Fehler zu machen.
•
Du hast das Recht, um Hilfe zu bitten, wenn du sie brauchst.
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5 TRAU DICH, TRAU DIR Absolute Sicherheit gibt es nicht. Trotz aller Vorbeugung kannst du angegriffen werden – zu Hause, in der Schule, in der Disco oder unterwegs. Aber immer und überall hängt der Ausgang davon ab, ob du dein Selbstvertrauen behältst oder nicht. Sag dir innerlich immer, dass du niemals klein beigibst, dich allenfalls klug verhältst, auch wenn du dich aus dem Staub machst oder nachgibst – etwa wenn dein Gegenüber eine Waffe hat oder aus mehreren Angreifern besteht. Denn das Hauptziel ist ja, dass du mit möglichst heiler Haut aus der bedrohlichen Situation wieder herauskommst. Wenn du wirklich an deine Kräfte glaubst, dann wirst du stärker sein, als du es ahnst. Und es wird dir Stärke und Selbstvertrauen für dein ganzes Leben geben.
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6 TEST Wie wachsam bist du? Mit diesem Frage- und Antwortspiel kannst du deine Aufmerksamkeit und dein Wissen über den Umgang mit Gewalt testen. Ihr könnt den Fragebogen auch mit mehreren zusammen in der Schule oder einer Arbeitsgruppe beantworten und die Ergebnisse diskutieren. 1. Jeder Jugendliche hat ein Recht auf Sicherheit. 2. Unter keinen Umständen darf man Geheimnisse weitererzählen, wenn man versprechen musste, dies nicht zu tun. 3. Wenn mich jemand in der Schule unter Druck setzt oder ich ihm etwas von meinen Sachen abgeben muss, tut er das nur, um mich zu schützen. 4. Es gibt nur gute oder schlechte Menschen. 5. Blöden Menschen, die einem schaden wollen, sieht man das schon von weitem an. Schlechte Menschen sehen immer „irgendwie“ merkwürdig aus.
ja nein □ □ □ □ □ □
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6. Erwachsene glauben Jugendlichen □
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nicht immer, wenn diese etwas auf dem Herzen haben. 7. Kinder und Jugendliche müssen jedem Erwachsenen gehorchen, was auch immer verlangt wird. 8. Kinder und Jugendliche müssen sich immer an alle Vorschriften halten. 9. Lügen ist schlecht. 10. Jugendliche dürfen Menschen nicht zurückweisen, die sie eigentlich lieb haben, wenn die sie anfassen wollen. Wenn den Heranwachsenden dabei unwohl ist, müssen sie das eben unterdrücken. 11. Böse Menschen sind immer Fremde und fast immer Männer. 12. Die Opfer sind immer Mädchen. 13. Je hübscher und gestylter die Mädchen, desto gefährdeter sind sie. 14. Die Schule ist ein sicherer Ort, da kann nichts passieren. 15. Wenn man von Mitschülern drangsaliert oder erpresst wird, soll man das nicht weitersagen. 16. Petzen werden zu Recht von den anderen schlecht angesehen. 17. Lehrern kann man grundsätzlich vertrauen. 18. Bei Stärkeren muss man immer klein beigeben. 19. Wenn jemand anderes angegriffen wird, kann man nichts machen. 20. Allein trampen ist cool.
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Auflösung 1. ja Natürlich hat jeder Jugendliche, hast du das Recht, dich sicher zu fühlen. 2. nein Wenn einem jemand etwas unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt, so sollte man normalerweise dieses Geheimnis auch für sich behalten. Doch gibt es auch Geheimnisse, die nur dazu dienen sollen, Unrechtmäßigkeiten nicht ans Licht kommen zu lassen. Wenn dir ein Geheimnis nicht geheuer ist, du dich selbst oder andere in Gefahr bringst, wenn du es für dich behältst – dann solltest du dir schleunigst eine Vertrauensperson ausgucken, der du das Geheimnis anvertraust. 3. nein Eine Bestechung oder Erpressung soll dich nur dazu bringen, etwas zu tun, was du nicht möchtest oder was schlecht für dich ist. 4. nein In jedem Menschen schlummern gute und schlechte Seiten, kämpfen ein Engel und ein Teufel miteinander. Es gibt Menschen, die man furchtbar nett findet und von denen man sich nichts Schlechtes vorstellen kann, und trotzdem können sie schlimme Dinge tun. Das liegt in der menschlichen Natur – leider!
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5. nein Eben nicht. Man kann einem Menschen üble Absichten weder ansehen noch anmerken. Allerdings haben wir manchmal ein inneres Frühwarnsystem – unsere Intuition, unser „Bauchgefühl“ – , das uns sagt, wenn jemand nicht „ganz koscher“ ist. Leider hören wir nur allzu oft nicht auf dieses kluge Schutzgefühl. 6. ja Das kommt vor. Vor allem wenn der Mensch, den man ins Vertrauen zieht, Angst vor dem hat, was man zu sagen hat. Etwa wenn man der Mutter sagen muss, dass – beispielsweise – ihr Bruder einem sexuelle Handlungen abverlangt. Manchmal neigen Erwachsene aber auch dazu, zu sagen „Stell dich nicht so an, wird schon nicht so schlimm sein“ oder „Wirst du dich wohl getäuscht haben!“. Suchst du jemanden, der dir glaubt, gib nicht auf, bis du ihn oder sie gefunden hast!!! 7. nein Im Prinzip ist daran etwas Wahres, aber manchmal muss man auch Regeln brechen um sich zu schützen. Wenn Erwachsene etwas verlangen, was nicht gut für einen ist, muss man dies nicht zwangsläufig tun. (Natürlich darfst du nicht so argumentieren, das Aufräumen deines Zimmers sei gefährlich für dich … )
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8. nein Wenn es um deine Sicherheit, deinen Schutz und dein Leben geht, musst du dich nicht an Vorschriften halten, die dich gefährden! 9. ja Lügen sollte man tunlichst vermeiden, das ist klar. Es gibt aber auch Fälle, in denen einem Lügen das Leben retten können. Solche „Notlügen“ sind sehr gut und durchaus erlaubt. 10. nein Nur du allein bestimmst, wer dich wie berührt. Wenn etwas passiert, wobei dir nicht wohl ist, hast du sehr wohl das Recht, dich zur Wehr zu setzen. 11. nein und ja Die meisten Menschen, die Kindern und Jugendlichen zu nahe treten, sind Menschen aus der eigenen Familie, aus dem Freundes und Bekanntenkreis oder Nachbarn. Es stimmt allerdings, dass die Täter fast immer Männer sind. Aber nicht jeder Mann ist ein Täter. 12. nein Bei sexuellen Übergriffen sind Mädchen gefährdeter als Jungen, aber bei der Gewalttätigkeit, die sich heute mehr und mehr verbreitet, sind Jungen die Hauptleidtragenden.
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13. nein Natürlich kann ein bestimmtes Auftreten bei manchen Männern gewisse Signale auslösen. Aber im Prinzip löst ein attraktives Aussehen keinen Angriff aus. Im Gegenteil: Normalerweise signalisiert es dem Täter, hier ist ein selbstbewusstes Mädel, das sich nicht so schnell unterkriegen lässt. 14. nein Die Schule sollte ein Ort sein, an dem sich Schülerinnen und Schüler wirklich wohl und sicher fühlen können. Leider gelingt das nur nicht immer. Häufig wachsen aggressive Schüler ihren Lehrern auch über den Kopf. Ihr gemeinsam habt es in der Hand, wie sicher eure Schule ist. 15. nein Auf alle Fälle soll man das weitersagen. Denn wenn man das für sich behält, hilft man diesen Übeltätern ja geradezu bei ihren Missetaten. Nur wenn man sich anderen anvertraut, kann man denen das Handwerk legen. 16. nein Petzen ist erlaubt, wenn es dazu dient, einen zu schützen. Wenn man nicht aus Rachsucht, Geltungsbedürfnis oder Eifersucht jemanden verpfeift, ist das voll in Ordnung. 17. ja und nein Im Prinzip sollte man Lehrern vertrauen können.
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Da sie jedoch „auch nur Menschen“ sind, lohnt es sich aber auf alle Fälle, auch im Umgang mit Lehrern, eine gewisse Vorsicht walten zu lassen. So sind Lehrer nicht selten in der Versuchung, einer sexuellen Regung zu „verfallen“. 18. nein Man muss nur klein beigeben, wenn man sich damit aus einer akut bedrohlichen Situation befreien kann. Das bedeutet aber eben auch nicht, dass man klein beigegeben hat, sondern dass man sich klug verhält. 19. nein Das stimmt nicht. Wenn jemand angegriffen wird, kann man immer etwas machen. Allerdings bestimmt die Situation, was das ist. Sind die Angreifer beispielsweise in der Überzahl, kann es hilfreicher sein, die Polizei zu alarmieren, als sich heldenhaft auf die Gewalttäter zu stürzen. Helfen kann man aber fast immer, man muss sich nur etwas einfallen lassen. 20. nein Allein trampen mag vielleicht cool sein, klug ist es aber nicht. Dabei kann man sich schnell kalte Füße holen, wenn nicht noch mehr … Wer wirklich cool ist, plant sein Nachhausekommen oder seine Fortbewegung schlauer.
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7 HIER GIBT ES HILFE
UND MÖGLICHKEITEN, SICH ZU ENGAGIEREN DEUTSCHLAND Deutscher Kinderschutzbund Bundesgeschäftsstelle Schiffgraben 29 30159 Hannover Geschäftsstellen des Deutschen Kinderschutzbundes
Landesverband Baden-Württemberg mannstr. 6 70188 Stuttgart
Hauß-
Landesverband Bayern Barerstr. 86 a 80799 München Landesverband Berlin Malplaquetstr. 38 13347 Berlin Landesverband Bremen Vor dem Steintor 87 28203 Bremen Landesverband Hamburg Eppendorfer Weg 7 20259 Hamburg
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Landesverband Hessen Gebrüder-Lang-Str. 7 61169 Friedberg Landesverband Niedersachsen Kirchröder Str. 2 30625 Hannover Landesverband Nordrhein-Westfalen magkweg 8 42109 Wuppertal
Do-
Landesverband Rheinland-Pfalz Industriestraße 18 76829 Landau Landesverband Saarland Bliestalstr. 80 66450 Bexbach Landesverband 01157 Dresden
Sachsen
Klopstockstr.
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Landesverband Sachsen-Anhalt Uhlandstr. 32 39108 Magdeburg Landesverband Schleswig-Holstein Beselerallee 44 24105 Kiel Kummernummern Sorgentelefon (bundesweit und zum Nulltarif) Nummer gegen Kummer: 013 08 / 111 03 (Montags bis freitags 15-19 Uhr) Verantwortlich für die Nummer gegen Kum-
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mer ist die BundesArbeitsGemeinschaft (BAG) Kinder und Jugendtelefon im Deutschen Kinderschutzbund e.V. Domagkweg 8 42109 Wuppertal Jugendämter Die Jugendämter sind landesweit vertreten. Die genaue Adresse des für euch zuständigen Jugendamtes erfahrt ihr aus dem Telefonbuch. Landessportverbände Bei dem zuständigen Landessportverband kann man sich über das lokale Sportangebot erkundigen. Es ist durchaus denkbar, dass man dort auch Auskünfte über Selbstverteidigungs- und Kampfsportkurse geben kann. Die Polizei Auch in den Gemeinden bzw. Städten sollte es ein spezielles Kommissariat „Vorbeugung“ geben, das sich besonders mit der Aufklärung von Jugendlichen über Kriminalität befasst. Die Telefonnummer erhältst du von jeder Polizeiwache. Arbeitskreise, Initiativen, Vereine Aktion Humane Schule c/o Detlef Träbert Werfelweg 2 70437 Stuttgart „Frauennotruf“ Güllstr. 3 80336 München Tel. 089 / 76 37 37 Beauftragte für Frauenfragen Im Polizeipräsi-
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dium München Ettstr. 2 80333 München 2 Tel. 089/214 77 77 Weitere Anschriften und Telefonnummern von Beratungsstellen in deiner Stadt kannst du über die Telefonauskunft erfragen. ÖSTERREICH Österreichweit
Kinder- und Jugendanwaltschaft des Bundes Franz-Josefs-Kai 51 1010 Wien Tel. 0660 / 60 76 Mo und Fr 9-12 Uhr, Do 15-18 Uhr Kinder- und Jugendanwaltschaft Hartlsteig 2 7000 Eisenstadt Tel. 02682/17 00 Kinder- und Jugendanwaltschaft Funderstr. 25 9020 Klagenfurt Tel. 0463 / 536 31 / 354 Kinder- und Jugendanwaltschaft Neugebäudeplatz 1 3100 St. Pölten Tel. 02742/575 00/56 28 Oö. Kinder- und Jugendanwaltschaft Starhembergstr. 14 4020 Linz Tel. 0732 / 27 20 / 40 00 Mo-Fr 10-12 Uhr Mo, Di, Do 14-17 Uhr
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Kinder- und Jugendanwaltschaft Strubergasse 4 5020 Salzburg Tel. 0662/43 05 50 Kinder- und Jugendanwaltschaft Schießstätte 12 6800 Feldkirch Tel. 05522/38 285 Kinder- und Jugendanwaltschaft Sobieskigasse 31 1090 Wien Tel. 01 / 43 15 56 Kindersorgentelefon des Magistrats Graz Grabenstr. 90 c 8010 Graz Tel. 0660/60 50 Mo-Sa 15-19 Uhr Herzklopfen Tel. 0660 / 88 51 (zum Ortstarif) Sa 14-18 Uhr Help Tel. 01 / 476 15 / 398 Di 16.30-17.30 Uhr Verein Mafalda Tel. 0316 / 91 70 52 Di 15-17 Uhr Rat auf Draht Tel. 0660 / 69 60 (Ortstarif) Mo-Fr 12-20 Uhr Sa, So 12-16 Uhr Kriseninterventionszentrum für Kinder und Jugendliche (KIZ) Jahnstr. 30 6020 Innsbruck Tel. 0512 / 58 00 59 Kriseninterventionszentrum /
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Pro Mente Infirmis Oberösterr. Hessenplatz 9 4020 Linz Tel. 0732 / 21 77 oder 21 78 Mo-Fr 7.30-20 Uhr Krisenintervention Salzburg Gailenbachweg 13 a 5020 Salzburg Tel. 0662 / 43 33 51 Mo-Fr 8-19 Uhr Sa, So, Fei 9-17 Uhr Notrufe Notruf und Beratung Postfach 688 8010 Graz Tel. 0316/91 88 00 Frauen gegen Vergewaltigung Postfach 764 6021 Innsbruck Tel. 0512 / 57 44 16 Notruf und Beratung Haydnstr. 6 5020 Salzburg Tel. 0662 / 88 11 00 Notruf und Beratung Postfach 157 1051 Wien Tel. 01 / 93 22 22 Notruf und Beratung Postfach 170 1051 Wien Tel. 01 / 56 72 13 SCHWEIZ Schweizerischer Kinderschutzbund Postfach 344 Brunnmattstrasse 38 3000 Bern 14
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pro juventute Zentralsekretariat Postfach 8022 Zürich Help-o-fon Sorgentelefon für Kinder und Jugendliche Tel. 157 00 57 Schlupfhuus Zürich Sorgentelefon für Kinder und Jugendliche Tel. 01 261 21 21 Notrufe
Nottelefon Postfach 170 4000 Basel Tel. 061 / 25 89 89 Informations- und Beratungsstelle für vergewaltigte Frauen Bollwerk 41 3011 Bern Tel. 031 / 21 07 07 Nottelefon Postfach 459 1211 Genf Tel. 022/733 63 63 Verein Nottelefon Postfach 3344 8031 Zürich Tel. 01 / 271 46 46
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