Iran vom 7. bis zum 15. Jahrhundert
Kein anderes Land des islamischen Orients hat eine ähnlich eigenständige Geschich...
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Iran vom 7. bis zum 15. Jahrhundert
Kein anderes Land des islamischen Orients hat eine ähnlich eigenständige Geschichte und Kultur aufzuweisen wie Persien, das unter den verschiedensten Herrschern und Dynastien seine Eigenheiten – teils aus vorislamischer Zeit – bewahren konnte. Zu den Besonderheiten gehört auch das Bekenntnis zum schiiti schen Islam, der seit 1501 Staatsreligion ist. Im 20. Jahrhundert entging das Land, anders als viele andere Länder des Vorderen Orients, einer länger andauernden Beherrschung durch europäische Kolonialmächte und konstituierte sich 1979 zur Islamischen Republik. Monika Gronke erzählt anschaulich und lebendig die Geschichte des Landes von der Islamisierung im 7. Jahrhundert bis zur Gegenwart und zeigt, welche kulturellen, religiösen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen die Geschichte Irans geprägt und das kulturelle Selbstverständnis der Iraner geformt haben.
Monika Gronke, geboren 1952, lehrt seit 1991 am Orientalischen Seminar der Universität zu Köln Islamwissenschaft und Iranistik. Aufgrund zahlreicher Publikationen zur Geschichte und Kultur des islamischen Orients und der Herausgabe der Reihe «Documenta Iranica et Islamica» ist sie international als herausragende Spezialistin für die Geschichte Irans renommiert.
Monika Gronke
GESCHICHTE
IRANS
Von der Islamisierung bis zur Gegenwart
Verlag C.H.Beck
Mit 2 Karten
Originalausgabe
© Verlag C.H. Beck oHG, München 2003
Gesamtherstellung: Druckerei C.H. Beck, Nördlingen
Umschlagabbildung: Vasenpaneel am Eingangsportal
der Medrese von Schah Sultan Hoseyn in Isfahan.
Foto: Henri Stierlin, Genf
Umschlagentwurf: Uwe Göbel, München
Printed in Germany
ISBN 3 406 48021 7
www.beck.de
Inhalt
Einführung
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I. Die frühislamische Zeit (642–1055)
Die arabische Eroberung Die Islamisierung Irans Die Schia Das zwölferschiitische Bekenntnis Das Kalifat der Abbasiden Die Samaniden Die Buyiden Das Fortleben iranischer Traditionen Die Anfänge der neupersischen Literatur
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II. Iran unter Türken und Mongolen (1055–1501)
Das 11. Jahrhundert Von den Seldschuken zu den Chorezmschahs Der Staat der Seldschuken Sunna und Schia unter den Seldschuken Der Mongolensturm und seine Folgen Die Ilchâne Herrschafts- und Reichsideen Der Islam unter mongolischer Herrschaft Timur und seine Nachfolger
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III. Iran in der frühen Neuzeit (1501–1779)
Türkische Rückwanderungswellen Die Safawiden Der Staat der Safawiden Die Schia unter den Safawiden Iran im 18. Jahrhundert
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IV. Von den Kâdschâren zur Islamischen Republik (1779 bis heute)
Die Kâdschâren Der Staat der Kâdschâren Die Schia im 19. Jahrhundert Von der Konstitutionellen Revolution zu den Pahlavi Die Pahlavi Die politische Schia und die Islamische Revolution Die Islamische Republik Die Frau im modernen Iran
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Ausblick Zeittafel Ausgewählte Literatur Namenregister
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Hinweise zur Aussprache Es wurde in diesem Buch versucht, die orientalischen Namen und Begriffe so wiederzugeben, daß der deutsche Leser sie einigermaßen richtig aussprechen kann. Die Umschrift wurde daher sehr vereinfacht und ist nicht im fachwissenschaftlichen Sinn konsequent. Der Zirkumflex bezeichnet stets lange Vokale (langes â im Gegensatz zu kurzem a); ey wird wie das englische ay in «may» ausgesprochen. Der Apostroph steht für einen Stimmabsatz (Knacklaut) und bezeichnet gleichzeitig die arabischen Konsonanten Hamza und Ayn. Ferner bezeichnen r das gerollte Zungenspitzen-r; gh das deutsche Zäpfchen-r; k ohne Unter schied die arabischen Buchstaben Kâf und Qâf; ch das harte deutsche ch wie in «Bach»; th das englische stimmlose th wie in «thing»; dh das stimmhafte englische th wie in «the». Das s ist immer stimmlos, auch am Wortanfang, z dagegen immer stimmhaft wie das deutsche s in «Sonne»; das h ist immer ein vollgültiger Konsonant und kein Deh nungsbuchstabe. Im Deutschen gut eingebürgerte Namen und Begriffe wurden nicht in Umschrift wiedergegeben (z. B. Schiras, Isfahan, Ghom, Mohammed, Schah).
Einführung
In der alten sassanidischen Hauptstadt Ktesiphon am Tigris traf um das Jahr 628, wie die Überlieferung wissen will, ein Brief des Propheten Mohammed ein, der den persischen Großkönig dazu aufforderte, sich zum Islam zu bekehren. Für Iran zog damit ein neues Zeitalter herauf, wenn dies auch für die Zeitgenossen sicherlich nicht erkennbar war. Nur wenige Jahre später jedoch unterwarfen die Araber, von ihrer neuen Religion beflü gelt, das Sassanidenreich, das nun ein Teil der islamischen Welt wurde. Die arabische Eroberung bedeutete den tiefsten Bruch in der damals schon über ein Jahrtausend alten Geschichte Irans und vielleicht sogar ein einzigartiges historisches Phänomen, führte sie doch dazu, daß ein ganzes Volk seine eigene vielfältige religiöse Tradition aufgab und sich einem neuen Glauben zu wandte. Iran wurde zu einem islamischen Land, und dies, ver glichen mit seiner langen Vergangenheit, in verhältnismäßig kurzer Zeit. Die inzwischen weit mehr als ein Jahrtausend umfassende islamische Geschichte Irans hat jedoch gezeigt, daß Iran weder von der gewaltigen islamischen Expansion des 7. Jahrhunderts absorbiert wurde noch seine vorislamische Geschichte vollständig vergessen hat; es hat den ihm ursprünglich fremden Islam mit seinem alten Erbe zu einer eigenen iranisch-islamischen Kultur verschmolzen. Diese hat durch die Jahrhunderte weite Teile der islamischen Welt geprägt und auch so manchen europäischen Dichter zu seinen Werken inspiriert, von denen Goethes West-Östlicher Diwan eines der bekanntesten und gewiß auch eines der schönsten ist. Das Territorium des heutigen Staates Iran (amtlich: Islamische Republik) umfaßt ein Gebiet von rund der viereinhalbfachen Größe Deutschlands und befindet sich etwa auf der gleichen Höhe wie Südeuropa und Nordafrika: Teheran und Gibraltar sowie Kairo und Schiras liegen auf demselben Breitengrad. Iran
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Einführung
ist ein Land der hohen Gebirge und trockenen, wüstenhaften Becken zwischen dem Kaspischen Meer – das eigentlich ein riesi ger, abflußloser Binnensee ist – im Norden und dem Persischen Golf im Süden. Die gewaltigen Bergzüge des Eiburs im Norden, des Zagros im Westen, der in mehreren Ketten nach Südosten zieht, und der ostiranischen Grenzgebirge, die gen Norden durch Afghanistan im Hindukusch zusammenlaufen, umgeben das ira nische Hochplateau. Dieses zentrale Hochland wird seinerseits durch Gebirgszüge in unterschiedlich große Becken zerlegt. Am häufigsten sind Kies- und Salzwüsten wie die Kawîr und die wei ter südlich liegende Lût mit völlig sterilen Salztonflächen. Die wenigen Flüsse versiegen meistens im Schutt solcher Senken. Iran ist ein überwiegend trockenes, niederschlagsarmes Land, das schon seit dem Altertum auf künstliche Bewässerung für den Ackerbau angewiesen war. Nur in wenigen Gebieten wie in den Niederungen um das Kaspische Meer war und ist wegen der re gelmäßigen Niederschläge Regenfeldbau möglich. Während langer Zeiträume seiner Geschichte in islamischer Zeit umfaßte der iranische Kulturraum jedoch ein geographisch weitaus größeres Gebiet, als es der Staat Iran in seinen heutigen Grenzen ist. Mesopotamien, das Teil des Sassanidenreiches ge wesen war und dessen Residenz Ktesiphon in der Nähe des 762 neugegründeten Bagdad, der Hauptstadt des abbasidischen Ka lifats (749–1258), lag, gehörte ebenso dazu wie das Gebiet des heutigen Afghanistan und Transoxanien, das Land zwischen den Flüssen Amu Darya und Syr Darya, dem antiken Oxus und Ja xartes. Der Name «Iran» leitet sich her vom mittelpersischen Êrân, dessen vollständige Form Êrânschahr oder Êrânzamîn lau tet, zu deutsch «Arierland» (êrân als Genitiv Plural von er, «Arier»). Obgleich es den Begriff des Arischen bereits im altper sischen Reich der Achämeniden (558–330 v. Chr.) gab, ist Êrân als Bezeichnung für eine politische, religiöse und ethnische Einheit erst in der Zeit der Sassaniden (224–651), der letzten vorislamischen Dynastie auf persischem Boden, zu einem festen bedeutungsvollen Begriff geworden. Nach der Eroberung Irans durch die Araber bildete das Land – nunmehr Teil der weiträu migen islamischen Ökumene – kein festumrissenes Territorium
Einführung
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mehr, sondern zerfiel in einzelne Provinzen mit eigenen Namen (wie Chorâsân, Fârs, Aserbeidschan), während die alte Bezeichnung Erän mit der untergegangenen Dynastie der Sassaniden als historisierender Begriff für ihr Reich verbunden blieb. Mit dem alten Namen Irânzamîn, der unmittelbar dem mittelpersischen Original folgt, erscheint das Land Persien im sogenannten iranischen «Nationalepos», dem Schâhnâmeh (Königsbuch) des Fer dousî, um das Jahr 1000. Als politische Bezeichnung eines Reiches tauchte «Iran» jedoch erst unter der Herrschaft der Mongo len im 13. Jahrhundert wieder auf. Seither war der Begriff mit der Vorstellung von Größe und Einheit Persiens verknüpft, die spä tere Dynastien, zuletzt die der Pahlavi (1925–1979), mit Leben zu füllen versuchten. Der Name «Persien» bezeichnete dagegen ursprünglich eine Landschaft im Südwesten des Landes, altper sisch Pârsa, die die Griechen Persis nannten, arabisiert Fârs, und war somit ein rein geographischer Begriff. Die lange vorislamische Vergangenheit Irans, in der es drei persische Großreiche – die der Achämeniden, Parther und Sassa niden – gegeben hatte, ist möglicherweise dafür verantwortlich, daß Historiker unserer Tage nicht selten dazu neigen, Iran auch in islamischer Zeit als eine Einheit anzusehen und überall nach Zeichen eines sich gegenüber anderen Völkern behauptenden iranischen Nationalgefühls zu suchen. Nach dieser Sicht der Dinge werden Araber und Iraner als grundsätzlich feindliche Gruppen aufgefaßt; nach ihrer anfänglichen Unterwerfung durch die Araber hätten die Iraner später unter einheimischen persischen Dynastien zu neuer nationaler Selbstbehauptung gefunden. Eine solche durchgängig nationale Interpretation der iranischen Geschichte muß zwangsläufig zu einem verzerrten Bild führen, überträgt man doch einen fest umrissenen Begriff der neuzeitlichen Geschichte Europas auf weit zurückliegende Epochen, die von völlig anderen Faktoren geprägt waren. Sie übersieht desgleichen, daß Iran schon seit dem Altertum ein Viel völkerstaat war und es bis heute geblieben ist, man demnach nicht einen volksgebundenen Begriff der Nation zugrundelegen darf. Wohl aber waren im Laufe der vorislamischen Geschichte Persiens politische und kulturelle Traditionen sowie ein eigener
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Einführung
iranischer Staats- und Herrschaftsgedanke entstanden, die den iranischen Kulturraum einten und ihm seine besonderen Cha rakteristika verliehen. Diese Traditionen überlebten, wenigstens als Idee, die Islamisierung Persiens und trugen das ihre zur Aus prägung einer eigenen iranischen Variante der islamischen Kul tur bei. Das Bewußtsein einer großen Vergangenheit äußerte sich in einem ausgeprägten Überlegenheitsgefühl der Iraner gegen über anderen Völkern, auch wenn diese Iran ihrer Herrschaft unterworfen hatten – wie Araber, Türken und Mongolen –, und fand seinen Niederschlag im iranisch-islamischen Schrifttum. Besonders deutlich wird das Festhalten der Iraner an ihren eigenen Traditionen daran, daß sie zwar, gleich anderen Völkern, letztendlich ihre althergebrachte Religion aufgaben, nicht aber ihre Sprache. Persisch ist die einzige Sprache in den von den mus limischen Arabern eroberten Gebieten des Nahen und Mittleren Ostens, die diesen Umbruch der Verhältnisse nicht nur überlebt, sondern sich neben dem Arabischen schon früh als bedeutende Sprache des islamischen Kulturkreises behauptet hat. In diesem Buch sollen die hauptsächlichen Entwicklungspro zesse und Wandlungen nachgezeichnet werden, die die Geschichte Irans seit seiner Islamisierung geformt und dem Land seine heutige Prägung gegeben haben. Der Stoff ist in vier Hauptkapitel aufgeteilt, die zeitlich klar definiert sind und jeweils eine längere, in der Regel mehrere Jahr hunderte umfassende historische Epoche behandeln, in der wichtige Veränderungen und Weichenstellungen für künftige Entwicklungen zu beobachten sind. Die erste Periode reicht von der arabischen Eroberung Irans, die durch die Schlacht von Nehâwand (642) bereits zugunsten der Muslime entschieden war, bis zur Eroberung Bagdads, der Hauptstadt des Kalifats, durch die Seldschuken (1055). In diesen Jahrhunderten heftiger innerislamischer Auseinandersetzungen um die Frage der legitimen Herrschaft entstand unter dem Kalifat der Abbasiden seit dem 8. Jahrhundert die «klassische» mittelalterliche Kultur des Islams, die in hohem Maße von den alten vorislamischen Kultu ren des Orients, insbesondere der iranischen, gespeist wurde. Mit den Seldschuken begannen die langen Jahrhunderte des Ein
Einführung
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strömens türkischer, später auch mongolischer Nomaden aus Innerasien nach Iran; letztere beseitigten 1258 das Kalifat der Abbasiden. Diese Epoche ist durch wachsenden Nomadismus und zunehmenden wirtschaftlichen Verfall großer Landesteile, aber auch durch glänzende Leistungen in Kunst und Literatur gekennzeichnet. Der politischen Zersplitterung Irans setzten die Safawiden ein Ende, die (seit 1501) das Land wieder einten und die Schia als Staatsreligion einführten. Das schiitische Bekenntnis grenzte Iran von seinen sunnitischen Nachbarn ab, verlieh den verschiedenen Völkern des Landes auf lange Sicht aber auch eine neue geistige Einheit. Mit den Safawiden begann für Iran die Neuzeit: Diplomatische Kontakte mit Europa wurden aufgebaut, wirtschaftliche und kommerzielle Beziehungen ausgewei tet. Nach erneuter politischer Spaltung während des 18. Jahrhunderts setzte mit den Kâdschâren um die Wende zum 19. Jahrhundert die militärische und wirtschaftliche Konfrontation mit den Mächten Europas ein. Diese vierte Epoche ist von der Aus einandersetzung mit der Idee des Nationalstaats, der Säkularisie rung des öffentlichen Lebens und einer verstärkten Rückbesin nung auf die vorislamische Vergangenheit Irans geprägt. Nachdem die Islamische Revolution von 1979 die lange monarchische Tradition des Landes beendet hat, sucht Iran, vorerst unter der Herrschaft schiitischer Gelehrter, einen neuen eigenen Weg. Die lange Zeitspanne iranisch-islamischer Geschichte und die Vielfalt des historischen Materials stellt den europäischen Historiker, der es unternimmt, einem größeren Publikum eine kurzgefaßte Geschichte Irans von der Islamisierung bis zur Ge genwart vorzulegen, unweigerlich vor die schwierige Frage, was er weglassen soll, ohne den Gesamtzusammenhang unangemes sen zu beeinträchtigen. Wenn ich den Versuch eines solchen Überblicks dennoch wage, so in der Hoffnung, damit zum besseren Verständnis der historischen Entwicklung eines der bedeutendsten Länder des islamischen Orients beizutragen. Sollte es gelingen, den Lesern dieses Buches die lange Geschichte Irans und seine faszinierende Kultur, die es seit seiner Islamisierung hervorgebracht hat, nahezubringen und zu weiterem Nachfor schen anzuregen, hätte es seinen Zweck erfüllt.
I. Die frühislamische Zeit (642–1055)
Die arabische Eroberung
Der Islam ist die jüngste der drei monotheistischen Weltreligionen. Sie wurde vom Propheten Mohammed (um 570–632) auf der Arabischen Halbinsel gestiftet. Der Islam verkündet den Glauben an einen einzigen Gott, den Mohammed «Allah» nennt (arabisch «der Gott», d. h. der Gott schlechthin), und er hebt den Anspruch, die ursprüngliche Offenbarung Gottes zu sein. Gemäß der Verkündigung Mohammeds hatte Gott seine immer gleiche Offenbarung im Laufe der Zeiten durch eine Rei he von Propheten den Völkern der Erde verkünden lassen, so auch den Juden durch Moses und den Christen durch Jesus; letzterer ist nach der streng monotheistischen Auffassung des Islams ein Prophet und nicht Gottes Sohn. Nach Mohammeds Überzeugung, der in Arabien mit den dort lebenden Juden und Christen in Kontakt gekommen war, sind Judentum und Chri stentum im Laufe der Geschichte allerdings von der ursprüng lichen göttlichen Offenbarung abgewichen und haben beide lediglich eine unvollständige und entstellte Form von ihr bewahrt. Mohammed, der als letzter der Prophetenreihe ver standen wird, ist es, der nun die Uroffenbarung Gottes wiederherstellt und sie damit abschließt. Auf diesem Anspruch, die ursprüngliche göttliche Botschaft den Menschen zurückgebracht zu haben, beruht das Überlegenheitsgefühl des Islams ge genüber allen anderen, auch den monotheistischen Religionen. Nur zwei Jahre nach dem Tod des Propheten brachen die muslimischen Araber zu ihren Eroberungszügen auf und unterwarfen innerhalb kurzer Zeit das byzantinische Syrien und Ägypten sowie das gesamte persische Reich der Sassaniden. Die Niederlage der sassanidischen Armee in der Schlacht bei Kädisiya am Euphrat im Jahre 637, in der der Reichsfeldherr Rostam fiel, öffnete den Arabern den Irak mit der sassanidischen
Die arabische Eroberung
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Hauptstadt Ktesiphon. 642 erfochten die Araber einen zweiten entscheidenden Sieg bei Nehâwand in Westiran; 644 nahmen sie Isfahan ein, 649 Istachr, das an die Stelle des alten Persepolis getreten war; ab 650 unterwarfen sie die nördliche Provinz Chorâsân. Der letzte Sassanidenkönig Yazdegerd III. wurde 651 auf der Flucht ermordet. Damit befand sich das gesamte Terri torium des Sassanidenreiches unter arabischer Oberhoheit und wurde Teil der islamischen Ökumene. Für die erstaunliche Schnelligkeit der arabischen Expansion sind viele Gründe geltend gemacht worden: die im entscheiden den Zeitraum der Eroberungen innere Instabilität des Sassanidenreiches, das überdies durch einen gerade erst beendeten langen Krieg mit Byzanz erschöpft war; die einigende und motivie rende Wirkung des Islams, der die Araber zu ihren Feldzügen beflügelte, zumal den Gefallenen der unmittelbare Eintritt ins Paradies verheißen wurde; die Beweglichkeit und das militäri sche Improvisationstalent der Araber gegenüber der im Ver gleich eher schwerfälligen sassanidischen Söldnerarmee; der nahezu unbegrenzte Nachschub arabischer Kämpfer aus Inner arabien und die Tatsache, daß offensichtlich die Sassaniden das Vordringen der Muslime anfangs unterschätzt und für einen der üblichen lästigen, aber für das Reich prinzipiell nicht ernsthaft gefährlichen Einfälle gehalten hatten. Eine ganz entscheidende und meist übersehene Grundlage der arabischen Expansion bil dete jedoch die trotz aller kriegerischen Auseinandersetzungen häufige Unterstützung, die die Muslime sowohl bei den Arabern an den Grenzen des sassanidischen Reiches als auch in der einheimischen persischen Bevölkerung fanden. Das hängt vor allem mit der Stellung der sogenannten «Schriftbesitzer» (ara bisch ahl al-kitâb, «Leute der Schrift») zusammen: Als Konse quenz der religiösen Abgrenzung des Islams von Judentum und Christentum ergab sich aus muslimischer Sicht eine Einteilung der Menschen in drei Gruppen: Muslime, Heiden sowie Juden und Christen, die man mit den Heiden nicht auf die gleiche Stufe stellen konnte, da sie beide im Besitz einer – wenn auch unvollständig gewordenen und überholten – göttlichen Offen barung und heiliger Bücher waren. Gab es für Heiden, die unter
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Die frühislamische Zeit
islamische Oberhoheit kamen, nur die Alternative Übertritt zum Islam oder Tod, hatten Juden und Christen noch die Mög lichkeit, sich dem Schutz des Staates zu unterstellen und die sogenannte Kopfsteuer (arabisch dschizya) zu entrichten. Im Gegenzug garantierte ihnen der Staat ihr Leben, ihr Eigentum und ihr Recht auf Ausübung ihrer eigenen Religion, erlegte ihnen allerdings auch eine Reihe von Einschränkungen und Ver boten auf, die die Unterwerfung und Erniedrigung der nichtmuslimischen Minderheiten gegenüber den Muslimen symbolisieren sollten (u. a. Kleidervorschriften, Verbot des Reitens und Waffentragens). Das Vorbild für diese Regelungen, die sich später zu einem komplexen System von Vorschriften entwickelten, waren die Beziehungen Mohammeds zu jüdischen und christ lichen Gruppen in anderen Teilen Arabiens und gewisse in Form von Offenbarungen verkündete und später im Koran festgehaltene Leitsätze. Ursprünglich wurde nur Juden und Christen, da sie in Mohammeds Offenbarungen ausdrücklich genannt wor den waren, der Status der «Schriftbesitzer» zuerkannt. Nach der Eroberung Irans durch die Muslime wurden die Anhänger des Zoroastrismus, der im sassanidischen Iran Staatsreligion war, ebenfalls als «Schriftbesitzer» angesehen; man berief sich dabei auf eine Überlieferung, nach der Mohammed von Zoroastriern in Bahrain die Kopfsteuer angenommen haben soll. Gemäß der Praxis des Propheten zwangen die Araber die Unterworfenen deshalb in der Regel nicht, zum Islam überzu treten, sondern schlossen mit ihnen gegen Zahlung der Kopf steuer verläßliche Verträge. Den Fortgang der Eroberungen und ihre dauerhafte Präsenz in den unterworfenen Gebieten sicherten die Araber durch Garnisonsstädte, die sie während ihrer militärischen Kampagnen neu gründeten, wie Basra und Kufa im Süden des heutigen Irak. In einer zweiten Eroberungswelle wurde zu Beginn des 8. Jahrhunderts schließlich Transoxanien unterworfen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich nahezu überall in Iran zahlreiche Araber niedergelassen und sich mit der einheimischen Bevölkerung vermischt. Noch heute kann man die arabische Herkunft vieler Stämme und Familien Irans nachweisen.
Die arabische Eroberung
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Grund und Boden des von den Muslimen eroberten Territoriums verblieb in der Regel bei den früheren Eigentümern, die dafür eine Grundsteuer (arabisch charâdsch) zahlten, sofern sie nicht zum Islam übertraten. Erst seit dem Beginn des 8. Jahrhunderts, als die Zahl der Muslime deutlich anstieg, mußten auch diese die Grundsteuer zahlen, um die Staatskasse zu füllen. Das durch Tod oder Flucht der Eigentümer praktisch herrenlos gewordene Land wurde von der Obrigkeit eingezogen und an die Araber vergeben. Das geschah natürlich nicht immer in geordneter Weise; widerrechtliche Aneignungen von Land und sogar die eigenmächtige Aufteilung ganzer Provinzen – wie in Kermân in Südostiran – durch die Araber kamen vor. In ländlichen Gebieten spielten nach der Eroberung die Dehkäne eine wichtige Rolle. Sie bildeten seit der späten Sassanidenzeit den niederen Landadel, die Güter von einer gewissen Aus dehnung ihr eigen nannten und für die örtliche Verwaltung zuständig waren. Ihren Landbesitz bewahrten sie sich von Fall zu Fall durch eine Geld- oder Sachleistung an einzelne arabische Heerführer und sicherlich nicht selten durch den Übertritt zum Islam. Wie schon unter den Sassaniden waren sie auch in der frühislamischen Zeit für die Steuereinziehung verantwortlich, aber auch für die Landbestellung und den Erhalt von Straßen und Brücken. Vor allem im Osten Irans hatten manche Dehkäne eine fast unabhängige lokale Herrscherposition inne. Erst am Ende des 10. Jahrhunderts ging es mit dieser Form beschei deneren Grundeigentums und damit auch mit der Bedeutung der Dehkäne allmählich zu Ende. Auf die Regierung eines so riesigen Territoriums waren die Araber selbstverständlich nicht vorbereitet. Pragmatisch beließen sie deshalb den bisherigen Verwaltungsapparat so, wie er bislang gewesen war. Da im Gegensatz zur Eroberung einzelner byzantinischer Gebiete das gesamte sassanidische Territorium eingenommen worden war, fanden die Araber hier das Modell einer geschlossenen Reichsverwaltung vor, so daß viele persische Einrichtungen überlebten. Als Kanzleisprache blieb das Persi sche in Gebrauch, das erst gegen Ende des 7. Jahrhunderts im Zuge einer allgemeinen Islamisierung der Verwaltung durch das
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Die frühislamische Zeit
Arabische ersetzt wurde. Die Araber übernahmen ebenso die ge schulten Beamten in den verschiedenen Verwaltungszweigen. Diese mit dem arabischen Terminus kuttâb (Singular kâtib, «Schreiber, Sekretär») bezeichnete persische Beamtenschicht verfügte über umfangreiche Sachkenntnis und Erfahrung, die den Muslimen nur nützlich sein konnten. Aus den Reihen der kuttâb gingen zahlreiche hohe Würdenträger, Staatsmänner und Literaten hervor, die neben ihrer Muttersprache auch das Arabi sche mit vollendeter Meisterschaft beherrschten. Die Sekretäre waren es, die, indem sie alte iranische Traditionen lebendig erhielten und ihre eigene Geisteswelt mit dem neuen Glauben verbanden, einen wesentlichen iranischen Beitrag zur Entwicklung des Islams und der universalen islamischen Kultur leisteten. Während des ersten islamischen Jahrhunderts – unter den er sten vier Kalifen bis zum Ende der Dynastie der Umayyaden (660–749) – unterschied man noch Muslime arabischer und nichtarabischer Herkunft, obgleich dies mit dem egalitären Anspruch des Islams, demzufolge alle Muslime ungeachtet ihrer Herkunft gleich sein sollten, nicht zu vereinbaren war. Muslime nichtarabischer Herkunft – und dazu zählten fast alle Neube kehrten – mußten sich als «Klienten» (arabisch mawâlî) an einen arabischen Stamm oder einen prominenten Araber anschließen. Sie besaßen nicht alle Rechte der arabischen Muslime und standen, mochten sie auch wohlhabend und gebildet sein, auf sozial niedrigerer Stufe. Gab es so mawâlî unterschiedlicher ethnischer Herkunft, so war doch die Zahl der Iraner unter ih nen die größte, das ganze Problem demnach vor allem ein irani sches. Die mawâlî sympathisierten deshalb mit anderen gegen die Herrschaft der Umayyaden opponierenden Gruppen. Der vierte Kalif Alî (656–661), mit dem die Entstehung des schiitischen Bekenntnisses verknüpft ist, stellte die mawâlî, sehr zum Ärgernis der Araber, diesen vollkommen gleich. Besonders die in Kufa ansässigen mawâlî gehörten zu Alîs Anhängern. Dies erklärt den großen Anklang, den die Schia schon früh unter den Iranern fand, und deren zahlreiche Beteiligung an schiitischen Rebellionen gegen die Umayyaden, u. a. an der Bewegung, die schließlich 749 zu ihrem Sturz führte.
Die Islamisierung Irans
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Die Islamisierung Irans
Die Islamisierung Irans vollzog sich im allgemeinen ohne Feuer und Schwert, wenn auch gewiß nicht ohne örtliche Übergriffe, und erstreckte sich über mehrere Jahrhunderte. Wahrscheinlich schritt die Islamisierung Irans bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts eher langsam und allmählich voran; daß ganze Bevölkerungs gruppen geschlossen zum Islam übertraten, wird zwar gelegent lich erwähnt, scheint aber doch selten gewesen zu sein. Es ist jedoch schwierig zu beurteilen, was unter einer gültigen Konversion zum Islam überhaupt verstanden wurde, ob es z. B. not wendig war, den Nachweis zu führen, daß man den Kultus gut kannte und den Koran zu lesen verstand. Vermutlich traten zahlreiche Personen formell zum Islam über, ohne die damit verbundenen Pflichten wirklich zu kennen; oft genug dürfte es ein bloßes Lippenbekenntnis gewesen sein. Die Islamisierung ging überdies regional in ganz unterschiedlicher Weise vonstat ten. In einigen Provinzen Irans – wie Fârs, Dschibâl, Gîlân und Deylam – behielt die Bevölkerung vorerst weitgehend ihren al ten Glauben. Bis ins 10. Jahrhundert sind in diesen Gebieten be deutende zoroastrische Minderheiten bezeugt; in Südostiran sollen sogar noch bis ins 13. Jahrhundert heilige Feuer der Zoroastrier gebrannt haben. Diese Verhältnisse darf man vermutlich auch für andere Gegenden Irans voraussetzen, denn da die Zoroastrier als «Schriftbesitzer» anerkannt wurden, konnten sie ihre Religion weiterhin ohne größere Einschränkungen praktizieren. Oft war der Übertritt zum Islam von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht abhängig. So gehörten die Handwerker und Arbeiter in den Städten zu denjenigen, die sich der Annahme des Islams leichter öffneten als etwa die Landbe völkerung oder die zoroastrische Priesterschaft. Aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeiten galten sie den Priestern als unrein, da sie zwangsläufig gegen manche der zahlreichen Vorschriften des Zoroastrismus verstießen, wie gegen das Tabu der Verunreinigung von Feuer, Wasser und Erde. Der Islam, der solche rigoro sen Bestimmungen nicht kannte, war für sie deshalb eine akzep
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Die frühislamische Zeit
table Alternative. Wie in diesen Fällen dürften häufig gesellschaftliche oder ökonomische Gründe für den Übertritt zum Islam maßgeblich gewesen sein. Viele Mitglieder der iranischen Oberschicht konvertierten offenbar ziemlich rasch, um auf die se Weise ihren Grundbesitz, ihre soziale Stellung oder steuer liche Privilegien zu bewahren, der Zahlung der Kopfsteuer zu entgehen oder sich besser in die neue muslimische Elite eingliedern zu können. Wenn auch soziale und wirtschaftliche Gründe eine weitaus wichtigere Rolle gespielt haben als Gewaltmaßnahmen der Er oberer, hat es dennoch an missionarischem Eifer und Zwangsmaßnahmen seitens der Muslime offenbar nicht gefehlt, und dies macht nur allzu deutlich, daß die Bekehrung vieler Iraner zum Islam zunächst nur äußerlich geblieben war. Die Zahl der Konversionen zum Islam ist nach dem Aufstieg der Abbasiden zur Macht anscheinend stark angewachsen, da sie die arabi schen und nichtarabischen Muslime gleichstellten und das Pro blem der mawâlî damit hinfälllig wurde. Dies dürfte die Bereit schaft der Iraner, den Islam anzunehmen, erheblich gefördert haben. Es mag auch sein, daß sich – wie es in historischen Quel len späterer Zeit ausgesprochen wird – schon damals tenden ziell Widerstände regten, Nichtmuslime in vollem Maße am Leben der Gemeinschaft teilhaben oder sie gar in gehobene po litische und soziale Positionen gelangen zu lassen. Die Islamisierung Irans wurde, je länger die muslimische Herrschaft währte, desto mehr ein unumkehrbarer und letztlich für die neue Religion erfolgreich verlaufender Prozeß. Das lange Überleben des Zoroastrismus äußerte sich jedoch in der zweiten Hälfte des 8. und während des 9. Jahrhunderts in Iran, vor allem im Osten, in einer Reihe religiöser synkretistischer Bewegungen, die zoroastrische, aber auch manichäische und mazdakitische Elemente mit islamischen Vorstellungen verschmolzen oder sich deutlich islamfeindlich gebärdeten und vom abbasidischen Kalifen in Bagdad nicht selten nur mit Mühe unterdrückt werden konnten.
Die Schia
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Die Schia Seit der frühen Neuzeit – und bis heute – ist Iran ein schiitisches Land. Die Schia hat ihren Ursprung in der unklaren Situation nach dem Tod des Propheten Mohammed. Als dieser im Som mer des Jahres 632 in Medina starb, hinterließ er keine ihn selbst überlebenden Söhne und Erben und hatte allem Anschein nach auch keine Nachfolgeregelung getroffen. Damit stand die junge muslimische Gemeinde vor dem Problem, den Führer der nachprophetischen Gemeinschaft – den Kalifen (von arabisch chalifa, «Nachfolger, Stellvertreter», nämlich des Propheten Mohammed) – selbst bestimmen zu müssen. Bei der Festlegung des für die Leitung der muslimischen Gemeinschaft berechtig ten Personenkreises spielten einerseits das genealogische Prinzip eine wichtige Rolle, andererseits frühe Verdienste um die Verbreitung und Unterstützung des neuen Glaubens. Die stärkste Durchsetzungskraft besaß letztendlich die verwandtschaftliche Nähe zum Propheten Mohammed. Es ist diese – nur vorder gründig politische – Frage der Legitimität des Kalifen, die in kurzer Zeit in die bis heute unüberbrückbare Spaltung der muslimischen Gemeinde in Sunniten und Schiiten mündete. Der Begriff Schia (arabisch schi’a) bedeutet soviel wie «Par tei» im Sinne einer Gruppierung. Gemeint sind damit diejenigen Zeitgenossen des Propheten, die in den nach seinem Tod ausbrechenden Konflikten um seine Nachfolge die Leitung der Ge meinde Alî vorbehalten wollten, dem Cousin und zugleich Schwiegersohn Mohammeds durch seine Ehe mit der Prophetentochter Fâtima. Anders als es in vielen populären westlichen wie auch sunnitischen Darstellungen erscheinen könnte, die nicht selten dazu neigen, die Schia mit Iran gleichzusetzen und damit einen historisch bedenklichen Gegensatz zwischen einer ethnisch definierten arabischen Sunna und einer iranischen Schia nahelegen, ist die Schia alles andere als lediglich eine irgendwie geartete iranische Variante des Islams. Der Ursprung der Schia liegt in den innerislamischen Konflikten im arabischen Milieu von Medina; sie erfuhr wenig später ihre weitere Prägung im – gleichfalls arabischen – Kufa im Süden des heutigen Irak.
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Die frühislamische Zeit
Nach Mohammeds Tod wählten die führenden Mitglieder der Gemeinde von Medina aus ihren Reihen jedoch zunächst seinen Schwiegervater Abû Bakr zum Kalifen (reg. 632–634). Der zweite Kalif Umar (reg. 634–644), ebenfalls ein Schwiegervater des Propheten, wurde von Abû Bakr designiert. Der dritte Kalif Uthmân (reg. 644–656), ein Schwiegersohn Mohammeds, wurde durch ein Wahlgremium gekürt. Nach Uthmâns Ermor dung durch revoltierende Truppen wurde schließlich Alî zum Kalifen erhoben (reg. 656–661). Nach Ansicht der Alî-Anhän ger war damit endlich derjenige an die Macht gekommen, dem allein die Leitung der Gemeinde schon unmittelbar nach dem Tod des Propheten zugestanden hätte. Alîs Kalifat war jedoch von Beginn an umstritten. Vor allem die Angehörigen Uthmâns aus dem Umayya-Clan erkannten Alî nicht an, verließen Medi na und zogen nach Syrien. Alî seinerseits begab sich in die Garnisonsstadt Kufa, wo er treue Anhänger fand, die ihm in seinem Kampf um das Kalifat Hilfe leisteten. Die fünf Jahre von Alîs Kalifat, in denen seine Anhängerschaft gegen die Gefolgsleute des Umayya-Clans um die Herrschaft stritt, mithin Muslime gegen ihre eigenen Glaubensgenossen kämpften, endeten im endgültigen Auseinanderbrechen der muslimischen Gemeinschaft. In der Schlacht von Siffîn am mittleren Euphrat trafen im Som mer 657 die Heere Alîs und seines Rivalen Mu’âwiya, eines Cousins des ermordeten Kalifen Uthmân, aufeinander. Nach wochenlangen Gefechten kam man überein, die ganze Ausein andersetzung um die rechtmäßige Herrschaft einem Schiedsge richt zu überlassen, das sich in seinen Beschlüssen nach dem Koran richten sollte. Die Nachrichten über dieses Schiedsgericht sind widersprüchlich, so daß die Frage nach der für das Kalifat legitimierten Person unbeantwortet blieb. Für Alî erwies sich jedenfalls seine Einwilligung in den Schiedsspruch als verhängnisvoll, da ein Teil seiner Anhänger ihn noch während der geschilderten Ereignisse empört verließ. Ihrer Ansicht nach stellte Alî sein Kalifat, das ihm rechtmäßig zustand, zur Disposition, wenn er es einem menschlichen Richterspruch unterwer fen wollte. 661 wurde Alî von einem dieser Dissidenten (arabisch chawâridsch, die «Ausziehenden») ermordet. Sein Rivale
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Mu’âwiya hatte sich schon ein Jahr zuvor in Jerusalem zum Ka lifen erklärt und damit die Dynastie der Umayyaden (661–749) begründet. Das Problem der Legitimität des Kalifen war damit zu einem reinen, wenn auch mit religiösen Argumenten geführ ten Machtkampf geworden. Für die Schia, die «Partei Alîs», ist Alî der einzige rechtmäßige Nachfolger des Propheten Mohammed in der Leitung der muslimischen Gemeinschaft. Für Alî sprach seine genealogische Nähe zum Propheten, und er gehörte zu den ersten, die sich zum Islam bekehrt hatten. Die Schia begründet Alîs Anspruch auf die unmittelbare Nachfolge des Propheten aber vor allem mit einer Reihe von Überlieferungen, von denen die wichtigste die eines Ausspruchs Mohammeds ist, den er bei seiner Rück kehr von seiner letzten Wallfahrt von Mekka nach Medina in seinem Todesjahr 632 getan haben soll. Am 16. März, nach dem islamischen Kalender der 18. des Wallfahrtsmonats Dhü’1-Hidscha, rasteten die Pilger auf halbem Wege zwischen den beiden Städten am Teich von Chumm. Dort habe Mohammed gesagt: «Der, dessen Herr ich bin, dessen Herr ist auch Alî.» (Das arabi sche Wort maulâ, hier mit «Herr» wiedergegeben, wird auch als «Patron, Gebieter» u.a. übersetzt.) Diesen Satz interpretieren die Schiiten als Designation Alîs, eine durch den Propheten getroffene Regelung seiner Nachfolge. Der Tag von Chumm hat für sie daher außerordentliche Bedeutung und wurde seit dem 10. Jahrhundert zum zweitwichtigsten Feiertag der Schia, der heute noch begangen wird. Die Sunniten kennen die genannte Überlieferung ebenfalls, interpretieren sie aber abgeschwächt und auf keinen Fall als ausdrückliche Nachfolgeregelung; nach sunnitischer Lesart wollte der Prophet lediglich Alîs Stellung innerhalb der Gemeinde, in der er sich aus verschiedenen Grün den bei manchen unbeliebt gemacht hatte, stärken. Die ersten drei Kalifen Abû Bakr, Umar und Uthmân erkennt die Schia nicht als legitime Herrscher an; sie gelten ihr als Usurpatoren einer Stellung, die rechtens Alî allein zugestanden hätte. Für die Sunniten dagegen sind die ersten vier Kalifen alle in gleicher Weise rechtmäßige Führer der Gemeinde gewesen, denen allen der gleiche Respekt zusteht, da nach sunnitischer An-
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sieht der Kalif lediglich aus dem Stamm des Propheten, den Ku raysch, kommen muß. Sunniten und Schiiten haben somit ein völlig gegensätzliches Bild vom Verlauf der frühislamischen Geschichte. Die Schärfe der bis heute anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen beiden Bekenntnissen wird dadurch verständ lich, daß der Geschichte nach islamischem Glauben ein gött licher Heilsplan zugrunde liegt, der sein Ziel im Endgericht und dem Jüngsten Tag hat. Da im Islam die religiöse und weltliche Gemeinschaft vollkommen miteinander verschmelzen, besteht die Aufgabe der Gemeinschaft darin, diese gottgewollte Staatsordnung schon im Diesseits sichtbar zu machen und, so gut sie kann, den göttlichen Plan zu erfüllen. Diese Anschauung gibt den politischen Ereignissen ihre religiöse Bedeutung und ist der Grund für die enorme Wichtigkeit der Frage des legitimen Kali fen: Nur der rechtmäßige Leiter der muslimischen Gemeinschaft kann sie nach Gottes Willen durch das diesseitige Leben führen. Nach schiitischer Ansicht haben die Sunniten, die Alîs Anspruch auf das Kalifat nicht unterstützten, Gottes Willen mißachtet und sich dadurch schwer versündigt. Die Geschichte der frühen muslimischen Gemeinschaft ist nach schiitischer Sicht nicht, wie es hätte sein sollen, nach Gottes Willen verlaufen, und da sie unwiederholbar ist, kann die Sünde der Sunniten an Alî im Grunde nicht wiedergutgemacht werden. Zur Schia in ihren verschiedenen Ausprägungen gehören in der Gegenwart etwa 10–15 Prozent aller Muslime weltweit. Die bedeutendste und zahlenmäßig größte Gruppe unter ihnen ist die Zwölferschia, die heutige Staatsreligion in Iran. Das zwölferschiitische Bekenntnis
Über die Frage, wer nach Alîs Tod (661) unter seinen Nach kommen zur Führung der muslimischen Gemeinschaft berech tigt sei, gehen die Ansichten der verschiedenen schiitischen Gruppierungen auseinander. Für die Zwölferschia gelten aus schließlich Alîs Nachkommen aus seiner Ehe mit der Prophetentochter Fâtima als legitim. Der Name «Zwölfer» bezieht sich auf die Anzahl der als legitim anerkannten Führer der muslimi
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schen Gemeinde, beginnend mit Alî selbst. Nach dem Titel Imam für ihn und seine Nachfolger (arabisch etwa «Führer, Lei ter, Gemeindeoberhaupt») werden die Zwölferschiiten auch Imamiten genannt. Eine dritte Bezeichnung für die Zwölferschia ist «Dscha’fariya» nach dem sechsten Imam Dscha’far (gest. 765), der für die Ausformung der zwölferschiitischen Lehre eine besonders wichtige Rolle spielte. Der elfte Imam der Zwölferschia starb um die Jahreswende 873/874 im Alter von noch nicht dreißig Jahren, ohne – so die allgemeine Überlieferung – männliche Nachkommen hinterlas sen zu haben. Zu diesem Zeitpunkt zerfiel aufgrund des ungelö sten Problems, wer nach ihm berechtigt sei, als neuer Imam die Gemeinde zu leiten, die Gruppe der Imamiten in verschiedene Sekten und Grüppchen. Eine dieser Gruppen hatte jedoch von Anfang an die Kinderlosigkeit des elften Imams bestritten. Ihrer Ansicht nach hatte dieser einen kleinen (im Jahre 869 geborenen) Sohn, nicht zufällig gleichen Namens wie der Prophet – Mohammed –, der durch ein Wunder von der Erde entrückt worden sei. Seitdem halte er sich irgendwo auf der Welt, für seine Gemeinde unsichtbar, verborgen. Eines unbekannten Tages wird der verborgene zwölfte Imam von seinen Anhängern zurückerwartet. Er hat den Beinamen al-Mahdi (arabisch «der von Gott Rechtgeleitete») und wird ähnlich einem Erlöser nach einer Reihe himmlischer Vorzeichen wiederkehren; ihm fällt es zu, den Auftrag des Propheten zu vollenden, die Herrschaft der Usurpatoren und Tyrannen zu beseitigen und ein Reich der Gerechtigkeit, ein Paradies auf Erden, zu errichten. Dieser Glaube an die Existenz eines verborgenen zwölften Imams und an seine künftige Wiederkehr wurde zum wichtigsten Kennzeichen der Zwölferschia. Ihre besondere religiöse Prägung erhielt die Zwölferschia durch das traurige Schicksal von Alîs jüngerem Sohn Hoseyn, dem dritten Imam. Als in Damaskus im Jahre 680 der Umayya denkalif Mu’âwiya starb und ihm sein von ihm designierter Sohn Yazîd nachfolgte, unternahm Hoseyn den Versuch, sich das Ka lifat mit Waffengewalt zu erstreiten, und zog, im Vertrauen auf seine Anhänger in Kufa, mit einer kleinen Gruppe von Getreuen
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von Medina in den Irak. Die Unterstützung, die von den kufi schen Schiiten erwartet wurde, blieb jedoch aus, und Hoseyn selbst und fast alle seine männlichen Begleiter fielen in der Schlacht bei dem kleinen Ort Kerbela, etwa 70 km nördlich von Kufa, die nach islamischer Zeitrechnung am 10. Muharram 61 (10. Oktober 680) stattfand. Dieser Tag von Kerbela, genannt Aschûrâ («der zehnte», d.h. der 10. Muharram), bedeutet einer seits das politische Scheitern der Schia, andererseits aber zugleich den eigentlichen Beginn schiitischer Religiosität. Mit der Nieder lage von Kerbela hatte die Schia politisch ausgespielt und blieb Jahrhunderte hindurch lediglich eine Oppositionsbewegung gegen sunnitische Herrschaft. Erst nach Kerbela entwickelte jedoch die Zwölferschia die für sie typischen religiösen Züge der Bußund Trauerrituale. Der Tag von Kerbela gilt den Zwölferschiiten als Tag des Martyriums Hoseyns, das er unschuldig erlitten habe. Am Aschürä-Tag und den ihm vorausgehenden neun Tagen des Monats Muharram gedenken die Zwölferschiiten seines Todes. Die dabei vollzogenen Rituale, die von Außenstehenden oft als bloße Trauerbekundungen aufgefaßt werden, sind aber weit mehr als das: Es sind Rituale der Buße, durch die der Gläubige seine Schuld am Schicksal des dritten Imams abzutragen versucht. Am Anfang stand anscheinend das Bewußtsein schiitischer Parteigänger in Kufa, Hoseyn bei Kerbela im Stich gelassen zu haben. Im Herbst des Jahres 684 zog eine Gruppe von «Büßern», um sich selbst zu opfern, von Kufa nach Kerbela. Die Teilnehmer wurden Anfang Januar 685 auch tatsächlich mit wenigen Ausnahmen von umayyadischen Truppen getötet. Die Bereitschaft zum Selbstopfer, verbunden mit der Klage über das Schicksal der Imame, sind bis heute die hervorstechendsten Merkmale zwölferschiitischer Religiosität geblieben. Nach zwölferschiitischer Tradition sind außer Hoseyn auch alle anderen Imame – bis auf den zwölften – eines gewaltsamen Todes gestorben: Sie wurden von ihren Feinden ermordet oder gingen in deren Kerkern elend zugrunde. Sie alle haben ebenso wie Hoseyn unschuldig gelitten und gelten deshalb gleich ihm als Märtyrer, deren jeweiliger Todestag – d.h. ihr Martyrium – von den Schiiten feierlich begangen wird, mit Ausnahme des zwölf-
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ten Imams, dessen Geburtstag man gedenkt. Die Grabstätten der ersten elf Imame werden von den Gläubigen hoch verehrt und sind allesamt vielbesuchte schiitische Wallfahrtsorte. Die bereits seit dem 10. Jahrhundert bezeugten Muharramfeiern wurden zunächst mit öffentlich vorgetragenen Klageliedern und Prozessionen begangen. Ab dem 17. Jahrhundert berichten europäische Reisende von blutigen Geißlerumzügen, die gelegentlich in Straßenkämpfe ausarteten, bei denen auch Todesopfer zu beklagen waren. Zu den charakteristischen Bräuchen der Mu harramtage gehören schließlich dramatische Darstellungen der Ereignisse von Kerbela – sogenannte «Passionsspiele» (ta’ziyeh, «Trauerbekundung») –, die öffentlich aufgeführt werden. Die Flagellantenprozessionen des Muharram, von schiitischen Theologen häufig mit Mißtrauen betrachtet und von der Obrigkeit gelegentlich verboten, sind im heutigen Iran allgemein üblich. Die erregte Atmosphäre dieser Tage, an denen Tausende von Gläubigen zusammenkommen, hat sich bis in die Gegenwart auch als politisch brisant erwiesen: Die Geschichte um Hoseyn und seinen Gegenspieler Yazîd läßt sich leicht mit aktuellem Inhalt füllen, wann immer es darum geht, gegen eine tyrannische oder als ungerecht empfundene Regierung zu prote stieren. Wie wirksam sich die Ereignisse der frühislamischen Geschichte politisch instrumentalisieren lassen, hat die Islami sche Revolution in Iran eindrucksvoll bewiesen. Die Zwölferschia hat nach eigener Auffassung nur ein einzi ges Mal unter einer in ihrem Sinne legitimen Herrschaft gelebt: Es sind dies die fünf Jahre von Alîs Kalifat. Da nach ihm keiner der folgenden Imame wieder an die Macht gelangt ist, stand die schiitische Gemeinschaft seither immer unter einer von ihr als unrechtmäßig angesehenen Obrigkeit. Nach der Entrückung des zwölften Imams ist sie darüber hinaus ganz ohne Führung geblieben, denn einzig der wiedergekehrte zwölfte Imam kann ja ihr legitimer Leiter sein. Er ist auch in der Verborgenheit das allein berechtigte Oberhaupt der Zwölferschiiten, so daß bis zu seiner Rückkunft alle irdische Macht nur vorläufig und höch stens bedingt legitim sein kann. Das Problem, vor das die Schii ten sich gestellt sahen, war, wer bis zur Rückkunft des verborge
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nen Imams berechtigt sein könne, sie stellvertretend zu führen. Nach langem Ringen wuchs diese Aufgabe schließlich den schi itischen Gelehrten zu. Die vorläufig letzte Ausformulierung des Grundsatzes, daß nur diese Gruppe als Repräsentanten des ver borgenen Imams die schiitische Gemeinschaft führen dürfe, ist die Lehre Khomeynis von der «stellvertretenden Herrschafts ausübung des Rechtsgelehrten» (persisch welâyat-e fakîh) für den zwölften Imam. Die nur stellvertretende Regierungsgewalt der schiitischen Gelehrten während der Abwesenheit des zwölften Imams ist auch in der Verfassung der Islamischen Republik Iran verankert. Das Kalifat der Abbasiden Die Abbasiden (749–1258) führen ihre Abstammung auf al-Ab bäs, einen Onkel des Propheten, zurück und waren als Angehö rige der Familie Mohammeds nach sunnitischer Auffassung für das Kalifat religiös legitimiert. Den Sturz der Umayyaden berei teten die Abbasiden durch geheime Propaganda vor, mit der sie Abû Muslim, einen ihrer Freigelassenen iranischer Herkunft, beauftragten. Dieser warb offiziell für einen Prätendenten aus der kurayschitischen Sippe der Hâschim, der Sippe Moham meds und Alîs, und gewann dadurch die Sympathie der Schi iten. Allerdings warb Abû Muslim für einen Imam, dessen Namen er nicht explizit nannte: «denjenigen aus dem Hause Mohammeds, der Zustimmung findet». Das Zentrum der Propaganda lag in Marw in Chorâsân, wo sich Araber mit ihren mawâlî in großer Zahl niedergelassen hatten, um die muslimi sche Expansion weiter nach Innerasien fortzusetzen. Von 747 an eroberte er mit einem Rebellenheer Ostiran und zog dann nach Westen, wo 749 Kufa eingenommen wurde. Dort trat plötzlich Abû’l-Abbâs aus der Abbasidenfamilie auf und ließ sich als Kalifen huldigen; die Beseitigung der Umayyaden durch abbasidische Truppen ließ nicht lange auf sich warten. Die Schiiten, die das Kalifat für einen Nachkommen Alîs hatten erkämpfen wollen, mußten jetzt erkennen, daß sie in Wirklichkeit einen neuen Usurpator bei der Machtergreifung unterstützt hat
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ten. Es ist klar, daß die Schiiten, ihrer Hoffnung beraubt, das Vorgehen der Abbasiden als Verrat empfanden. Die Abbasiden folgten der ursprünglichen Idee des Propheten und schafften das Klientelverhältnis ab. Mit der Gleichstellung der nichtarabischen und arabischen Muslime gewann der isla mische Staat einen kosmopolitischen Charakter. Das «arabische Reich» der Umayyaden, wie es wegen der Privilegierung der Araber öfter genannt wird, wandelte sich zu einem «islamischen Reich», in dem der Begriff mawâlî mit der Zeit obsolet wurde und im 9. Jahrhundert ganz verschwand. Erst jetzt verschmolz die alte Kultur des Vorderen Orients, deren Traditionen die zum Islam übergetretenen Nichtaraber vermittelten, mit der neuen islamischen Religion. An diesem Prozeß dürften vor islamische iranische Vorstellungen, ungeachtet anderer Einflüs se wie der hellenistischen Wissenschaft und Literatur, den größ ten Anteil gehabt haben. Der Kalif al-Mansûr (reg. 754–775) gründete, um sich dem schiitischen Milieu von Kufa zu entziehen, im Jahre 762 die Stadt Bagdad im heutigen Irak, die – mit einer kurzen Unterbre chung im 9. Jahrhundert – bis zu ihrer Eroberung durch die Mongolen 1258 die Residenz der Abbasiden blieb. Schon die Wahl der geographischen Lage in der Nähe der alten sassanidi schen Hauptstadt Ktesiphon, arabisch al-Madâ’in (wörtlich «Städte», da Ktesiphon eine Doppelstadt war), und der Grund riß der Stadt machen den maßgeblichen Einfluß vorislamischer iranischer Herrschaftsvorstellungen deutlich. Bagdad ist ein bemerkenswertes Beispiel bewußter Stadtplanung: Es wurde als runde Stadt angelegt, die mit ihrem dreifachen Mauerring einer Festung glich, mit dem Palast des Kalifen, der Hauptmoschee und der Staatsverwaltung innerhalb der innersten Mauer. Die Stadt hatte vier Tore und war in vier gleich große Stadtbezirke aufgeteilt, die nachts versperrt und überwacht werden konnten. Diese von arabischen Chronisten als einzigartig gerühmte runde Stadt, von der nichts mehr erhalten ist, hat ihr Vorbild wahrscheinlich in runden Stadtanlagen des Alten Orients; aus der Sassanidenzeit sind mehrere runde oder ovale Stadtgrundrisse, u. a. in Ktesiphon selbst, bekannt. Die Abschließung des Kalifen
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vom Volk, die al-Mansürs Bagdad sinnfällig macht, und die Möglichkeiten des Herrschers, seine Untertanen jederzeit kontrollieren zu können, entsprechen ganz der Stellung eines alt orientalischen Großkönigs. Auch die Administration orientierte sich augenscheinlich an sassanidischen Institutionen: Die religiösen, zivilen und militärischen Ressorts, unter den Umayyaden noch in einer Hand, wurden jetzt voneinander getrennt und ein oberster Verwaltungsbeamter eingesetzt, der Wesir, der direkt dem Kalifen unterstand. Vielfach waren es Beamte iranischer Herkunft, die in hohe Verwaltungsposten aufstiegen und auch das Amt des Wesirs innehatten. Altpersische Vorstellungen königlichen Glanzes dürften auch den üppigen Lebenszuschnitt des abbasidischen Hofes mit seinen prächtigen Bauten, opulenten Gelagen und seinem vielgestaltigen Hofzeremoniell beeinflußt haben. Die Kalifen feierten iranische Feste, vor allem das Frühlingsfest Nourüz, und vergnügten sich beim Polospiel, einem beliebten Sport des alten Persiens. Dies alles, zusammen mit der Hochschätzung iranischen Kunsthandwerks, gab der abbasidischen Hofkultur ein deutlich persisches Aussehen. Militärisch stützten die Abbasiden sich nicht mehr, wie die Umayyaden, auf arabische Stammeskrieger, sondern in wachsendem Maße auf angeworbene Chorâsânier. Der Kalif al-Mu’ tasim (reg. 833–842) schuf eine von ihm persönlich abhängige Leibgarde, die aus Waffensklaven, meist türkischer Herkunft, bestand; sie wurden noch als Kinder in den innerasiatischen Steppen eingekauft, zu Soldaten erzogen und bildeten den Kern der abbasidischen Armee. Dieser Schritt erwies sich allerdings rasch als verhängnisvoll: Statt ein wirksames militärisches Instrument in der Hand des Kalifen zu sein, gewannen die Garden zunehmend an politischer Macht. Häufige Übergriffe der Türken, die al-Mu’tasim nicht im Zaum halten konnte, auf die Be völkerung Bagdads mit nachfolgenden Straßenschlachten offen barten die Schwäche des Kalifats gegenüber dem Militär. Die Verlegung der Residenz schon 836 in die neugegründete Garni son Samarra im Norden des Iraks war keine dauerhafte Lösung; 892 kehrte der abbasidische Hof wegen ähnlicher Mißstände nach Bagdad zurück. Die türkischen Garden setzten die Kalifen
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nach Belieben ein und ab, so daß schon während des 9. Jahrhunderts das Kalifat jede reale politische Macht einbüßte. Die Oberhoheit des Kalifen blieb lediglich eine nach außen mühsam aufrechterhaltene Fiktion, während er selbst nur noch ideell die dahingeschwundene Einheit der muslimischen Universalgemeinschaft repräsentierte. Unter diesen Umständen bildeten sich schon seit dem Beginn des 9. Jahrhunderts selbständige Ter ritorialherrschaften, zunächst an der Peripherie, dann auch in den Kerngebieten des Reiches, so daß das eigentliche Gebiet des Kalifats schließlich auf die unmittelbare Umgebung Bagdads zusammenschrumpfte. Viele der neuen Dynastien ließen sich vom Kalifen in ihrer Herrschaft bestätigen und dadurch religiös legitimieren, so daß wenigstens theoretisch die Einheit des Kali fats gewahrt blieb. Im Jahre 945 wurde schließlich die Residenz Bagdad selbst von den Buyiden, einem Bergvolk aus Nordiran, erobert. Diese «be freiten» die Abbasiden zwar von ihren türkischen Garden, über nahmen aber selbst die politische Macht, so daß dem Kalifen nichts blieb als seine moralische Autorität. Den Buyiden folgten 1055 die Seldschuken, die ebenso selbständig herrschten. Nach einem kurzen Wiederaufleben des Kalifats im 12. Jahrhundert stürzten es die Mongolen, die Nachfolger Dschingis Châns, 1258 endgültig, als sie Bagdad einnahmen und den letzten abbasidischen Kalifen töteten. Die Samaniden Im Zuge der Auflösung des gewaltigen abbasidischen Reiches kamen in Iran seit der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts Dynastien an die Macht, die de facto autonom herrschten, wenn sie sich auch – wie viele andere – nominell dem Kalifen unterstellten und keinen Anspruch auf den Kalifentitel erhoben. Hier, an der östlichen Peripherie des Kalifats, waren vorislamische iranische Traditionen lebendig geblieben, die – nunmehr verbunden mit der Religion des Islams – die neue kulturelle Eigenständig keit Irans innerhalb der islamischen Ökumene bestimmten und auch dem Islam selbst eine neue Richtung wiesen.
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Nach den Tâhiriden (821–873), der frühesten autonomen Dy nastie in Iran, die praktisch unabhängig über die Provinz Chorâ sân herrschte, und den Saffâriden (867–903), die ein kurzlebiges Reich gewaltiger Ausdehnung – von Kabul im heutigen Afghânî stan bis Isfahan – schufen, errichteten die Samaniden (892–999) in Transoxanien, der Grenzprovinz des Kalifats, seit dem 9. Jahrhundert eine stabile Herrschaft, die sie dann auch auf Chorâsân ausdehnten. Ihr Vorfahr Sämän – er lebte im 8. Jahrhundert – soll ein Dehkän gewesen sein. Nach dem übereinstimmenden Zeugnis muslimischer Chronisten floh er aus unbekannten Gründen nach Chorâsân, wo er zum sunnitischen Islam übertrat. Seine Enkel wurden vom Kalifen für treue Dienste mit verschiedenen Statthalterposten in Transoxanien belohnt. Unter Ismâ’îl (reg. 892–907), dem eigentlichen Begründer samanidischer Herrschaft, entstand ein faktisch vom Kalifat unabhängiges Reich und die damals bedeutendste Macht des islamischen Ostens. In ihrer Hauptstadt Buchara schufen die Samaniden eine zentralisierte Verwaltung, die dem Vorbild des Kalifenhofes folgte und selbst Modell für die Seldschuken und andere Staatswesen wurde: Der Herrscher ernannte Statthalter für die Provin zen, die für die Steuereinziehung zuständig waren und im Be darfsfall Truppen zu stellen hatten. Militärisch gelang es den Samaniden, ihr Territorium für den sunnitischen Islam gegen die heidnischen Türken der Steppen Innerasiens zu sichern. Wie vor ihnen die Tâhiriden importierten die Samaniden türkische Waf fensklaven in die Länder des Kalifats, inzwischen nicht mehr allein für den Kalifenhof. Seit seinem Beginn unter al-Mu’tasim hatte sich das Waffensklaventum zur Grundlage der Armee ent wickelt, so daß der Bedarf- und mit ihm die Preise – deutlich angestiegen waren. Dieses einträgliche Geschäft und eine kluge Förderung des Handels, von dem die weite Verbreitung samani discher Münzen bis nach Skandinavien und an den Rhein zeugt, führten zu hoher wirtschaftlicher Prosperität. Ihre Residenz Buchara machten die Samaniden zu einem weltoffenen Zentrum künstlerischen und geistigen Schaffens und zum Mittelpunkt dessen, was gern als «iranische Renaissance» bezeichnet wird. Ihre eigene Verbundenheit mit der ira
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nischen Vergangenheit zeigte sich in dem altpersischen Titel schâhânschâh («König der Könige»), den sie führten, und in ihrem Anspruch, von dem sassanidischen Feldherrn und nach maligen Großkönig Bahrâm Tschûbîn (reg. 590–591) abzustammen. An ihrem Hof förderten die samanidischen Herrscher großzügig die neupersische Sprache und Dichtung. Die Sprache des Hofes war das Persische, das möglicherweise schon in dieser frühen Zeit in der Verwaltung neben dem Arabischen benutzt wurde. Im samanidischen Buchara vollzog sich eine Wiederbe lebung vorislamischer iranischer Traditionen, die man allerdings nicht als bloße Rückwendung in die Vergangenheit, wie es der Begriff «Renaissance» nahelegt, und erst recht nicht als Reaktion eines iranischen Nationalbewußtseins auf den arabischen Islam mißverstehen sollte. Die Rückbesinnung auf alte iranische Traditionen geschah vielmehr in Verbindung mit dem Islam, so daß sich besser von einer islamisch-iranischen Renais sance sprechen ließe. Es ist das Verdienst der Samaniden, ge zeigt zu haben, daß der Islam als Religion, vor allem aber als Kultur nicht an die arabische Sprache gebunden bleiben muß. Dadurch daß sie ihn von seinem rein arabischen Hintergrund ablösten, befreiten sie ihn von den engen beduinischen Bedingungen seiner Entstehung. Sie wiesen den Weg, den neuen Glauben flexibler und anpassungsfähiger zu machen, als er es zuvor war, und ihm so eine überarabische Zukunft zu sichern. Wie die Samaniden ihre eigene – altpersische – Tradition mit dem Islam vereint hatten, konnten es künftig auch andere Völker tun. Da mit wurde der Islam eine wirklich universale Religion und Kultur, offen für alle Menschen. Die Samaniden waren die letzte Dynastie iranischer Abstam mung in Transoxanien. Ihr Niedergang und Sturz hatte mehrere Ursachen. Aufstände im Innern schwächten das Reich; türkische Waffensklaven, aus denen selbstverständlich auch die samanidische Armee bestand, griffen – wie schon in Bagdad geschehen – zur Macht. Chorâsân fiel schließlich an die aus Ostafghanistan heranziehenden türkischen Ghaznawiden (977–1186), Transoxanien an die von Norden vorrückenden gleichfalls turkstämmigen Karachâniden (992–1212). Nur ein einziges architektoni
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sches Zeugnis der künstlerisch so glänzenden samanidischen Epoche ist in Buchara erhalten geblieben: das Mausoleum des Dynastiegründers Ismâ’îl, ein Vier-Bogen-Bau nach dem Vorbild sassanidischer Feuerheiligtümer, ganz überzogen mit in die Ziegel geschnittenen Mustern von vollendeter Meisterschaft, und eines der Hauptwerke islamischer Architektur. Die Buyiden Die Familie der Buyiden (arabisiert Buwayhiden), die sich nach ihrem Ahnherrn Bûyeh nannten, stammt aus der Landschaft Deylam am südlichen Ufer des Kaspischen Meeres. In dieser gebirgigen Gegend hatte der Islam erst spät Fuß gefaßt. Die Dey lamiten waren als tapfere Fußsoldaten bekannt; sie hatten als Verbündete der Sassaniden im Kaukasus gekämpft und mehrmals muslimische Angriffe auf ihre Heimat zurückgeschlagen, bevor sie sich seit dem 9. Jahrhundert allmählich dem Islam zu öffnen begannen, der in Deylam vor allem von schiitischen Gruppen verbreitet wurde. Die Buyiden gehörten, wie die meisten Deylamiten, der Zaydîya an, einer gemäßigten schiitischen Richtung, die die Imamreihe nach Hoseyn für alle Nachkommen Alîs offenhält und die Entrückung eines Imams nicht kennt. Sie förderten aber, wahrscheinlich unter dem Einfluß ihrer Wesire, besonders die Zwölferschia. Die Deylamiten hatten, wie die Tür ken, schon in der Zeit vor den Buyiden als Söldner gedient, und so begannen auch drei Söhne Bûyehs – Alî, Hasan und Ahmad – ihre Karriere im Heer des Mardawidsch (reg. 931–935) aus der deylamitischen Sippe der Ziyâriden (931- um 1090), der den größten Teil Nordirans unter seine Herrschaft gebracht hatte. Als Mardawîdsch 935 von seinen türkischen Söldnern ermordet wurde, fiel sein kurzlebiges Reich schnell auseinander. In nur wenigen Jahren unterwarfen die drei Brüder der Buyidenfamilie Zentral- und Westiran und Mesopotamien, das sie über ein Jahr hundert beherrschen sollten (945–1055). Ahmad eroberte 945 Bagdad und machte sich zum «Schutzherrn» des Kalifen. Der dritte Buyidenherrscher Adud ad-Daula (reg. 978–983) vereinigte alle buyidischen Besitzungen im Irak, in Iran und in
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Oman. Damit verlagerte sich das Zentrum der Macht – späte stens nach dem Sturz der Samaniden – nach Westiran auf den Boden des ehemaligen Sassanidenreiches. Wie vor ihnen die Samaniden legten sich auch die Buyiden den alten persischen Ti tel schâhânschâb («König der Könige») zu; Adud ad-Daula ließ sich vom Kalifen regelrecht zum König krönen, und es nimmt nicht weiter wunder, daß er für sich eine Abstammung von dem Sassaniden Bahrâm Gûr (reg. 421–439) erfand. Obwohl mitt lerweile zahllose Iraner zum Islam übergetreten waren und auch Adud ad-Daula sich als gläubiger Muslim fühlte, war die vorislamische Königsidee – in zeitlicher Übereinstimmung mit der «iranischen Renaissance» in Ostiran – auch im Westen noch im mer von Bedeutung. Aus religiöser Sicht waren die Buyiden für ihre Herrschaft in keiner Weise legitimiert, so daß sie das sunnitische Kalifat dringend brauchten, gerade auch im Hinblick auf ihre Untertanen, die sich zum allergrößten Teil zur Sunna bekannten. Neben ihrem altpersischen Titel nahmen sie daher den bereits existierenden Ti tel des Oberemirs (amîr al-umarâ’) an. Der Schia erwuchsen in den Buyiden jedoch mächtige Beschützer und Förderer. Schon unter dem ersten Buyidenherrscher Ahmad wurden erstmals die hohen schiitischen Feste – Aschûrâ und die Erinnerung an Alîs Designation am Teich von Chumm – öffentlich gefeiert. Die Buyi den pilgerten häufig zu den Gräbern der schiitischen Imame, deren Schreine sie ausbauten und gegen beduinische Überfälle mit Mauern umgaben. Die weitverzweigte Nachkommenschaft Alîs und Fâtimas erhielt Privilegien wie jährliche Pensionen oder die Zuweisung von Erträgen frommer Stiftungen, sofern sie die Echt heit ihrer Herkunft nachweisen konnten. Für die Führung und Überprüfung der alidischen Genealogien existierte, vermutlich seit dem 9. Jahrhundert, ein besonderes Amt, das des nakib (etwa «Adelsmarschall»). In dem Maße, wie die Nachkommen Alîs und Fâtimas, die die Titel scharif («Edler», für die Nachkommen von Alîs Sohn Hasan) und sayyid («Herr», für die Nachkommen von Alîs Sohn Hoseyn) tragen durften, zu einer Art religiösem Adel wurden, erhielt auch das Amt des nakîb soziales Prestige. Mit einer Verspätung von rund einem Jahrhundert gegenüber
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den Sunniten entstanden in der Buyidenzeit die maßgeblichen kanonischen Bücher, die Glaubenslehre und Recht der Imamiten ge genüber anderen schiitischen Bekenntnissen abgrenzten. Es ist im übrigen interessant zu sehen, daß schon die Autoren der kanonischen Werke der Buyidenzeit die Autorität, die schiitische Gemeinschaft stellvertretend für den zwölften Imam zu führen, den schiitischen Gelehrten zuschreiben. Wenn auch die stellvertretende Führung der schiitischen Gemeinschaft durch die Gelehrten noch lange umstritten blieb, so ist doch hier schon die Richtung dieses Prozesses vorgezeichnet. Von Anfang an besaßen die Buyiden keine feste Nachfolgeregelung; gewöhnlich herrschten verschiedene Linien der Fami lie in den Städten und Provinzen Irans und des Iraks, sofern nicht eine energische Persönlichkeit wie Adud ad-Daula die So lidarität der anderen an sich zu binden verstand. Die politische Zersplitterung kam aber den Residenzen der jeweiligen Machthaber – wie Rey, Isfahan und Schiras – zugute, in denen sie prachtvolle Bauwerke errichteten und als engagierte Mäzene und Förderer der Kultur wirkten. Die häufigen inneren Streitig keiten unter den späteren Buyiden erleichterten es ihren Geg nern, ihnen eine Provinz nach der anderen zu entreißen. Im Jah re 1055 nahmen die Seldschuken Bagdad ein, und nur in Fârs gab es noch ein Nachleben buyidischer Herrschaft, bis auch diese Provinz an die Seldschuken fiel. Das Fortleben iranischerTraditionen
Die islamische Zivilisation des Mittelalters, wie sie sich unter den Abbasiden entfaltete, mag dem Außenstehenden wegen der Do minanz des Arabischen als Sprache des Korans, der Wissenschaft und der Literatur vordergründig als eine arabische Kultur erscheinen, doch ist sie in ihrem Gehalt wesentlich iranisch bestimmt. Gelehrte und Literaten iranischer Herkunft, viele von ihnen aus der Schicht der Kanzleisekretäre, beschäftigten sich mit der vorislamischen iranischen Vergangenheit, die sie mit ihrer Gegenwart und dem Islam zu harmonisieren versuchten. Seit dem 8. Jahrhundert begann eine rege Übersetzertätigkeit irani-
Das Fortleben iranischer Traditionen
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scher Muslime, die Werke der sassanidischen Hofliteratur aus dem Mittelpersischen ins Arabische übertrugen und dadurch ira nische historische Traditionen in das muslimische Geschichtsbild einführten. Das alles bestimmende Vorbild dieser persischen Herrschafts- und Staatstraditionen war das Reich der Sassaniden, die die altpersische Vergangenheit mit ihrer eigenen Dynastie zu einer mehr oder weniger offiziellen Sicht der Geschichte verschmolzen hatten. Diese findet ihren Ausdruck in dem mittel persischen, unter Chosrou Parwîz (reg. 590–628) zusammengestellten Königsbuch (Chwadâynâmag), das mythische, sagenhafte und historische Stoffe gleichermaßen verarbeitet und eine chronologisch geordnete Geschichte Irans, angefangen mit dem Urkönig Gayümart, bietet. Die Übersetzung dieses Werkes ins Arabische durch den iranischen Kanzleisekretär Ibn al-Mukaffa’ (gest. 757) machte diese Selbstsicht der sassanidischen Könige der gelehrten muslimischen Welt bekannt. Das sassanidische Reich wurde so zum maßgeblichen Modell der mit dem vorislamischen Persien zusammenhängenden Traditionen des Herrscherbildes und Staatsgedankens. In der Zeit der staatlichen und gesellschaftlichen Neuorientierung unter den ersten Abbasidenkalifen entstand eine neue literarische Gattung, die sich mit der Staatskunst befaßte und zu einer beliebten Ausdrucksform islamisch-iranischer Herrschaftstraditionen wurde: der Fürstenspiegel, der sich in ermah nender Absicht an Könige und Regenten richtet und sie über die ethischen und moralischen Grundsätze ihrer Amtsführung be lehren will. Die Verfasser dieser Schriften waren von Anfang an, da die Thematik des Fürstenspiegels in der genuin islamischen Überlieferung nicht existiert, iranische Muslime, auch wenn sie zunächst in Arabisch, seit dem 10. Jahrhundert dann ebenso in Neupersisch schrieben. Allerdings versahen die Autoren das traditionelle Königsbild mit neuen Zügen, um es der islamischen Religion anzupassen. Die Fürstenspiegel lassen somit ein Bewußtsein für politische und kulturelle Kontinuität, das ihre iranischen Verfasser bewegte, deutlich erkennen und sind gleichzeitig die wichtigste Quelle für die Entwicklung des Iran bildes in islamischer Zeit.
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Die frühislamische Zeit
Ein Grundgedanke der persischen Herrscheridee war die Lehre vom Charisma, chwarna, das den König vor anderen Menschen auszeichnete und ihn legitimierte. Es wurde als ein Licht aufgefaßt, das vom Herrscher ausstrahlt; daher seine arabische Übersetzung als nûr, «Licht». Von Gott wurde der persische König mit der Gabe der Weisheit beschenkt, die ihn dazu befähigte, Gerechtigkeit zu üben und Gutes zu tun. Der König handelt in göttlichem Auftrag, und so wie Gott die himmlische Herrschaft ausübt, übt der König die diesseitige, irdische aus. Das gleichberechtigte Nebeneinander von Prophet und König, von Islamischem und Nichtislamischem in den Fürstenspiegeln – was aus der Sicht der Theologie natürlich ganz unzulässig ist – hat zwangsläufig zu mancherlei Umdeutungen der iranischen Königsvorstellung beigetragen, damit sie mit dem islamischen Herrschaftsverständnis, das von dem Kalifen die Unmittelbarkeit zu seinen Untertanen verlangte, vereinbar wurde. Aus dem absoluten Herrscher wurde – nach dem tradierten Vorbild der ersten vier Kalifen, denen man diese Eigen schaft zuschrieb – der volksnahe König, der seinen Untertanen immer zugänglich war. Der Thron der iranischen Herrscher, ursprünglich ein Symbol ihrer Distanz zum Volk, wurde in den Fürstenspiegeln als ein Mittel interpretiert, das dem König bei Audienzen einen besseren Überblick über die Bittsteller gewährte. Die persische Königstradition blieb in der Geschichte Irans bis in die Neuzeit lebendig. Unter den Kâdschârenherrschern des 19. Jahrhunderts symbolisierte z.B. die «Truhe der Gerechtigkeit», die in die Provinzen geschickt wurde, damit auch die Untertanen der entlegensten Landesteile ihre Petitionen in die Hauptstadt gelangen lassen konnten, die Zugänglichkeit des Re genten. Im 20. Jahrhundert beschworen die Pahlavi wiederholt altiranische Vorstellungen, die sich im Bedarfsfall auch optisch sinnfällig machen ließen: So wurden bei den Krönungszeremonien des Jahres 1967 Krone und Koran vor den Schah gebracht, getragen von zwei nebeneinander gehenden Soldaten – iranische Staatsidee und Islam erscheinen symbolisch als vollkommen gleichwertig.
Die Anfänge der neupersischen Literatur
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Die Anfänge der neupersischen Literatur
Das Persische gehört zur indoiranischen (arischen) Gruppe der indogermanischen Sprachfamilie. In den ersten Jahrhunderten nach dem Fall des Sassanidenreiches, dessen Staatssprache das Mittelpersische, das sogenannte Pahlavi, war, bildete sich die neupersische, jetzt in arabischer Schrift geschriebene Sprache heraus. Sie bildete damit das Fundament für eine kulturelle Eigenentwicklung Irans, die im Laufe seiner weiteren Geschichte große geographische Gebiete bis hinein nach Kleinasien im Westen, Zentralasien und Indien im Osten prägte. Die ersten Zeugnisse der neupersischen Literatur tauchen im Osten, weit entfernt vom Zentrum des Kalifats, auf und be schränken sich bis ins 10. Jahrhundert auf Transoxanien und Chorâsân. Hier konnte das Neupersische sich ohne die starke Konkurrenz anderer Sprachen als literarisches Medium freier entfalten. Wie die spärlichen frühen Nachrichten nahelegen, wurde das Neupersische zuerst in der höfischen Dichtung ver wendet, die sich an lokale Potentaten, Prinzen und Würdenträ ger richtete. Viele von ihnen verstanden wenig oder gar kein Ara bisch, so daß die Dichter ihre panegyrischen Werke in neupersischer Sprache, die nahezu allen verständlich war, verfaßten. Bis auf eine geringe Anzahl sind die Zeugnisse der frühneupersi schen Dichtung verlorengegangen. Die ältesten poetischen Fragmente gehen nur bis in das 9. Jahrhundert zurück; vollständige Gedichte in neupersischer Sprache sind erst aus dem 10. Jahr hundert erhalten. Die eindrucksvollste Gestalt unter den frühen Dichtern des Neupersischen ist der blinde Dichtersänger Rûdakî (gest. 940 oder 950), der am Hof der Samaniden wirkte und von dessen Werken auch nur Fragmente erhalten sind. Nach dem übereinstimmenden Urteil seiner Zeitgenossen galten seine Verse als unerreichbares Muster dichterischer Sprache, so daß manche ihn geradezu als Vater der persischen Poesie betrachteten. Außer Dichtungen entstanden bis zum 11. Jahrhundert auch Prosawerke in neupersischer Sprache, u. a. zu Geographie, Koranexegese und Medizin, von denen aber nicht viele erhalten sind. Am Samanidenhof schrieb der Wesir Abû Alî Bal’amî eine Geschichte
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Iran unter Türken und Mongolen
Irans (vollendet 963), die er den arabisch geschriebenen Annalen Tabarîs (gest. 923), ebenfalls ein Autor iranischer Herkunft, ent nahm und stellenweise umarbeitete bzw. erweiterte. Sie ist bis heute das älteste längere Stück neupersischer Prosa und blieb bis zur Mongolenzeit das historische Standardwerk über Iran. Die persische Epik ist eine vollkommen eigenständige irani sche Schöpfung, die aus der vorislamischen Königstradition er wuchs. Unter den zahlreichen Epen der neupersischen Literatur gibt es im Grunde nur ein einziges überragendes Heldenepos, das man gern das iranische «Nationalepos» nennt: das Schâhnâmeh (Königsbuch) Ferdousîs, das aber auch viele romanti sche Elemente enthält. Ferdousî (gest. nach 1020) stammte aus einer wohlhabenden Dehkän-Familie in Tûs (heute Maschhad) in Chorâsân. Sein Schâhnâmeh (vollendet 1010), das mehr als 50000 Verse umfaßt, ist ein monumentales Epos über die frühe Geschichte Irans vor dem Islam, die in ferne mythische Zeiten zurückreicht, bis zur Sassanidenzeit. Historische Ereignisse und Legenden sind darin miteinander verwoben. Auf diese Weise wurde das Königsbuch zu einem Kompendium des iranischen Erbes, das die gesamte Vergangenheit Irans vor dem Islam zusammenfaßt und all die zahlreichen Königs- und Heldengestalten vorführt, die in der späteren iranischen Literatur immer wieder anzutreffen sind. Im frühen 20. Jahrhundert entdeckten iranische Nationalisten Ferdousî als den «Wiedererwecker» einer eigenen iranischen Identität (nach der Eroberung Irans durch die Araber im 7. Jahrhundert) und das Schâhnâmeh als literarisches Denkmal dieser Identität.
II. Iran unterTürken und Mongolen (1055–1501)
Das 11. Jahrhundert
Das 11. Jahrhundert bildet in vieler Hinsicht einen deutlichen Einschnitt in der Geschichte Irans und großer Teile der islamischen Welt. Die Dynastien iranischer Herkunft wurden von jetzt an auf viele Jahrhunderte aus der politischen und militärischen Herrschaft verdrängt und durch türkische Dynastien abgelöst. Damit endete das «iranische Zwischenspiel», das als griffiges Etikett für das 9. und 10. Jahrhundert – die Zeit der Tâhiriden, Saffâriden, Samaniden und Buyiden – in die Wissenschaft Eingang gefunden hat. Zwar spielten Türken schon seit langem eine wichtige Rolle in den Armeen des Kalifats und seiner Provinzen, doch handelte es sich bisher um Einzelpersonen, die aus ihrem ehemaligen sozialen Verband von Stamm und Sippe herausgelöst worden waren. Nun aber begannen türkische Stämme aus Zentralasien in immer neuen Schüben nach Westen zu wandern, strömten in die islamische Welt ein und gründeten dort eigene Staatswesen und Dynastien. Wo Türken sich auf Dauer ansiedelten, veränderten sie den Charakter des Landes. Die ethnischen und sprachlichen Überlagerungen der verschiedenen Völker werden schon gegen Ende des 11. Jahrhunderts in der Verbrei tung des Türkischen und dem Aufkommen türkischer Ortsna men in den von Türken bevorzugten Siedlungsgebieten sichtbar. Die türkischen Völker traten als Träger und Verteidiger des sunnitischen Islams auf; nach dem Ende der Buyiden war die Zwöl ferschia für das nächste halbe Jahrtausend als politische Kraft nahezu überall ausgeschlossen. Trotz der kriegerischen Tüchtigkeit der Türken erwiesen sich die meisten der von ihnen begrün deten Staatswesen aber als ziemlich labil; mangels einer festen Erbfolge und wegen der Vorstellung, daß das unterworfene Territorium nicht dem Herrscher allein, sondern seiner gesamten Sippe «gehöre», zerfielen sie früher oder später in verschiedene
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Iran unter Türken und Mongolen
regionale Kleinstaaten – eine fast unvermeidliche Folge der Nachfolgekämpfe, die mit schöner Regelmäßigkeit beim Tod eines Souveräns auftraten. Ebendieser Prozeß lief in Iran seit dem 11. Jahrhundert immer wieder ab, bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Dynastie der Safawiden die verschiedenen regionalen Staatsgebilde wieder zu einem Reich zusammenfügte. Von Hause aus waren die Türken Zentralasiens Nomaden, die aber – anders als die arabischen Eroberer Irans – über höchst widerstandsfähige Reit- und Lasttiere verfügten. Das baktrische Kamel verträgt Kälte und kann über Gebirge steigen. Mit dem Vordringen der Türken verbreitete sich daher auch die ihnen eigene Lebensform: der Nomadismus. Er hat – ganz anders als im Abendland, wo er eine sehr geringe, wenn überhaupt eine Rolle spielte – die Geschichte des Orients wesentlich geprägt. Die Beziehungen zwischen Nomaden und Seßhaften wa ren von nun an durch dauernde Konflikte gekennzeichnet, die Verwüstungen und den langfristigen Verfall bäuerlichen Lebens mit sich brachten. Klimatische Gegebenheiten bestimmten sehr weitgehend die Ausbreitungsrichtung der Türken, da sie für ihre Tiere im Sommer kühle Bergweiden und im Winter milde Tiefebenen benötigten, zwischen denen sie im halbjährlichen Turnus wechselten. In Iran ist daher z. B. Aserbeidschan im Nordwesten eines der natürlichen türkischen Hauptsiedlungs gebiete geworden. Die beschriebenen Wandlungsprozesse begannen in größerem Maßstab unter den Seldschuken (1040–1194), doch ist schon die türkische Dynastie der Ghaznawiden (977–1186) in mancher Hinsicht typisch für die neuen Verhältnisse. Sie geht auf einen Waffensklaven der samanidischen Armee zurück, der zu hoher Position aufgestiegen war und sich ein kleines Territo rium in Ghazna im heutigen Afghanistan unterworfen hatte. Der größte Herrscher der Dynastie, Mahmûd (reg. 998–1030), ein strenger Sunnit, betrachtete sich als Verteidiger des Kalifen in Bagdad gegen jegliche schiitischen Umtriebe. Er eroberte ein gewaltiges Reich, das Afghanistan, Chorâsân, Chôrezm und Teile Nordindiens umfaßte. Im wesentlichen auf seine Person zugeschnitten, ging es schon unter seinem Nachfolger an die
Von den Seldschuken zu den Chôrezmschahs
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Seldschuken verloren; die Ghaznawiden hielten sich aber noch rund 130 Jahre länger in Ostafghanistan und Nordindien. Das kurzlebige ghaznawidische Großreich veranschaulicht erstmals beispielhaft, wie sich Türken aus den Steppen Innerasiens, die mit der hochstehenden Zivilisation Irans in Berührung kamen, diese zu eigen machten. Auf der von Türken getragenen militärischen Basis wurden Hof und Verwaltung nach dem iranischen Vorbild der Samaniden organisiert; die Verwaltungssprache blieb Arabisch. Ungeachtet ihrer Abstammung legten sich die Ghaznawiden eine Genealogie bei, die auf eine Tochter des letz ten Sassanidenkönigs Yazdegerd III. (reg. 633–651) zurückging. Wie die Samaniden betätigten sich auch die Ghaznawiden, vor allem Mahmûd, als eifrige Mäzene und Förderer iranischer Kul tur und Literatur. Dem zu diesem Zeitpunkt im Schwinden be griffenen Glanz des samanidischen Hofes in Buchara gedachte Mahmûd nachzueifern. Seinen Hof in Ghazna machte er zu einem weithin berühmten kulturellen Zentrum, das zahlreiche Gelehrte und Dichter anzog. Von den Seldschuken zu den Chôrezmschahs
Die Seldschuken, die ihren Namen auf ihren Ahnherrn Sel dschuk zurückführten, waren ursprünglich die führende Fami lie eines Clans der türkischen Stammeskonföderation der Og huz (arabisch Ghuzz), die im 10. Jahrhundert in den Steppen nördlich des Aralsees und des Kaspischen Meeres lebten. Gegen Ende des Jahrhunderts bekehrten sie sich zum Islam, der in die sen Gebieten am Rande des Kulturlandes vorwiegend durch Händler und Wanderprediger verbreitet wurde. Nach einem überwältigenden Sieg über die ghaznawidischen Truppen 1040 bei Dandânkân (zwischen Marw und Sarachs) im heutigen Turkmenistan zogen die Seldschuken weiter nach Westen und eroberten die von der Buyidenfamilie beherrschten Territorien. 1055 nahm ihr Anführer Toghril Beg Bagdad ein und beendete die 110 Jahre dauernde Dominanz der Schia über das sunnitische Kalifat. Als überzeugte Sunniten belebten die Seldschuken den Glaubenskrieg neu; sie verstanden sich als Glaubenskämp
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fer (arabisch ghâzî) für den orthodoxen Islam, den es einerseits gegen heterodoxe Bekenntnisse in der islamischen Welt zu ver teidigen, andererseits in bisher nichtislamischen Gebieten zu verbreiten galt. Seine größte Ausdehnung erlangte das Reich unter Malikschah (reg. 1073–1092): Er schlug im Jahre 1071 bei Mantzikert (heute Malazgirt) nördlich des Van-Sees in der heutigen Türkei den byzantinischen Kaiser Romanos Diogenes (reg. 1068–1071), so daß nun das ganze riesige Gebiet zwischen Anatolien und Transoxanien – wenigstens nominell – unter seldschukischer Herrschaft stand. Bald nach Malikschahs Tod zerfiel das Seldschukenreich in verschiedene Regionalherrschaften. Lediglich in Transoxanien blieben die Verhältnisse unter der langen Regierung von Malik schahs Sohn Sandschar (reg. 1097–1157) einigermaßen geordnet und stabil. Die Tendenz zur Auflösung des Seldschukenreiches in kleine und kleinste Herrschaften wurde durch den Brauch gefördert, seldschukischen Prinzen, denen eine Provinz zur Verwaltung übergeben wurde, einen Atabeg (türkisch «Vater-Fürst») als Erzieher an die Seite zu stellen. Die Atabegen waren sämtlich türkische Militärführer mit eigenem Anhang, die in wachsendem Maße unabhängig regierten, ihre Zöglinge entmachteten und die Herrschaft für ihre eigenen Nachkommen sicherten. Seit dem iz. Jahrhundert regierten Atabegendynastien autonom in verschiedenen Teilen Irans, so die Salghûri den (1148–1282) in Schiras, die Ildegiziden (1145–1225). in Tabrîz und die Ahmadîlîs (1122–nach 1220) in Marâgheh. Weitere Atabegendynastien und lokale Herrschaften verschie dener Linien der Seldschukenfamilie fügten sich zu einem bun ten Flickenteppich neuer Kleinstaaterei zusammen, der sich schließlich über den ganzen Vorderen Orient bis nach Zentral anatolien hinzog. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurden die vielen seldschukischen Regionalherrschaften durch die Chorezmschahs (1077–1231) beseitigt, die ein gewaltiges, aller dings sehr kurzlebiges Reich eroberten, das von den Grenzen Anatoliens bis an die Grenzen Indiens reichte. Sie nahmen ihren Ausgang von der abgelegenen Oase Chorezm südlich des Aralsees. Ein von Malikschah dort eingesetzter Statthalter hat
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te seinen Posten an seine eigenen Nachkommen vererbt, die den Titel Chôrezmschah («Herrscher Chôrezms») annahmen. Ihr erst zu Beginn des 13. Jahrhunderts entstandenes Großreich fiel schon bald darauf dem Mongolensturm unter Dschingis Chân zum Opfer. Der Staat der Seldschuken
Wie vor ihnen die Buyiden ließen sich auch die Seldschuken, da sie keine religiöse Legitimation besaßen, vom Kalifen in ihrer Herrschaft bestätigen. Dieser verlieh ihrem Begründer Toghril Beg verschiedene Titel, u. a. den des Sultans (arabisch sultän, wörtlich «Macht, Herrschaft»). Schon in früheren Zeiten hatten sich verschiedene Prinzen informell so genannt; jetzt wurde er jedoch ein offizieller Titel, der den unabhängigen – in der Re gel sunnitischen – Herrscher eines Territoriums bezeichnete. Charakteristisch für die Seldschukenzeit wurde die Dichotomie von Kalif und Sultan, die für zwei de facto getrennte Autoritäts bereiche standen: Während der Kalif nur noch die oberste reli giöse und moralische Instanz der muslimischen Gemeinschaft war, vereinigte der Sultan in seiner Person die reale politische und militärische Macht. Diese neue Dichotomie, die dem ursprünglichen Staatsverständnis der Muslime fremd war, machte letztlich nur die seit langem bestehende Machtlosigkeit des Ka lifen augenfällig. Für die Verwaltung ihres Reiches übernahmen die Seldschuken die überkommenen iranisch-islamischen Institutionen. Während die Hofämter, die für die Organisation von Festlich keiten und Empfängen zuständig waren, in der Regel mit türki schen Militärführern besetzt wurden, blieb die Zivilverwaltung mit ihren zahlreichen Behörden in der Hand iranischer Beamter, die üblicherweise der Schicht der Kanzleisekretäre entstammten. Der Wesir als der oberste Zivilbeamte war unter den Sel dschuken eine höchst einflußreiche und mächtige Gestalt; ihm unterstanden die Finanz- und Steuerbehörde, die gesamte Kor respondenz des Herrschers sowie die Militärbehörde, die für Anwerbung und Entlohnung der Soldaten und für den Erhalt
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der militärischen Kampfstärke zuständig war. Einer von ihnen, Nezâm al-Molk, der unter den Sultanen Alp Arslân (reg. 1063 1072) und Malikschah (reg. 1073–1092) dreißig Jahre lang die Amtsgeschäfte führte, hinterließ mit seinem Siyäsatnämeh (Buch der Staatskunst) eines der bedeutendsten persischen Pro sawerke, sowohl aufgrund seines historischen und kulturellen Gehalts als auch wegen seiner hervorragenden Sprache und Stilistik. Hatten die Seldschuken sich während ihrer Eroberungszüge militärisch auf ihre kriegerischen Nomadenscharen gestützt, ersetzten sie, zur Macht gekommen, diese sehr bald durch eine Armee aus Waffensklaven und Söldnern. Dennoch bestanden weiterhin verwandtschaftliche Bindungen der Sultane an die Stämme. Das Problem, die nomadisierenden Stämme mit ihren Herden in die Wirtschaft und Gesellschaft der seß haften Bevölkerung Irans einzugliedern, vermochten die Sel dschuken aber nicht befriedigend zu lösen. Durch ständigen Nachzug weiterer türkischer Gruppen aus den Steppen nach Iran wuchs, vor allem in Chorâsân, die Zahl der Nomaden immer weiter an. Jedoch hielt sich – anders als später unter den Mongolen – der Schaden, den die Landwirtschaft Irans durch die Nomaden nahm, vorerst in Grenzen. Viele Türken blieben zwar in Iran, doch zogen andere in Scharen weiter nach Westen, wo sie im Kaukasus, in Anatolien und Syrien reichlich Gelegenheit fanden, für den Islam zu kämpfen. Als Folge dieser Wande rungen nahm die Zahl der Nomaden auch in anderen klimatisch für sie günstigen Gebieten Irans merklich zu. Schon die Buyiden waren, um die materiellen Ansprüche einer übermächtigen Armee erfüllen zu können, dazu übergegangen, führenden Militärs für geleistete Dienste anstelle von Soldzahlungen in bar das Steueraufkommen eines bestimmten Gebietes zuzuteilen. Die unter dem arabischen Begriff iktâ’ («Abtrennung») bezeichnete Einrichtung, üblicherweise als «Lehen» übersetzt, wurde im mittelalterlichen Iran zu einer charakteristischen wirtschaftlichen Institution, die je nach Epo che und geographischer Region unterschiedlich gehandhabt und teilweise auch mit anderen Namen bezeichnet wurde. Die seldschukische Armee war als stehendes Heer in der üblichen
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Weise aus türkischen, später auch kurdischen und anderen Waffensklaven zusammengesetzt, allerdings zahlenmäßig be deutend größer als die der Buyiden, allein schon wegen der un gleich weiteren geographischen Ausdehnung ihres Reiches. Deshalb mußte jetzt das System der Militärlehen systematisch ausgebaut werden und wurde nun auch in Gebieten eingerichtet, in denen es zuvor noch nicht oder nur in geringem Maße in Gebrauch gewesen war. Die Lehen gingen zunehmend mit der Verleihung weiterer Befugnisse für den Lehensinhaber einher. Vielfach erhielt dieser Verwaltungsvollmachten und konnte für sein Lehen eigene Beamte einsetzen. Diese erweiterte Art des iktâ’, in der Wissenschaft allgemein als «administratives Lehen» bezeichnet, wurde in der Seldschukenzeit schließlich überall üblich und nun auch an verdiente Beamte und Würdenträger des Hofes vergeben. In Zeiten einer starken Zentralge walt hatte das System durchaus Vorteile und konnte stabilisierend auf die inneren Zustände wirken. Andererseits entstanden auf diese Weise immer mehr lokale und regionale Machtzentren mit eigenen Truppen. Als Folge des zunehmenden Verfalls der seldschukischen Zentralregierung im 12. Jahrhundert und der Entstehung von Atabegendynastien wurden die ursprüng lich befristeten Lehen de facto und dann auch de jure erblich und blieben als Dauerbesitz in den Händen der Militärführer und Provinzstatthalter. In der späten Seldschukenzeit war die Vergabe eines iktâ’ durch den Staat oft nicht mehr als ein Akt der Legalisierung solcher bereits bestehender Zustände. Nach einer Unterbrechung von wenigen Jahrzehnten als Folge des Mongolensturms im 13. Jahrhundert setzte sich ab dem 14. Jahrhundert diese Tendenz weiter fort. Die Städte Irans wie auch anderer seldschukisch beherrschter Gebiete erfreuten sich bis zum Ende der Regierung Malikschahs eines allgemeinen inneren Friedens. Manche profitierten von ihrer Lage an den großen Handelsstraßen, so Kermân und Ni schäpür an der wichtigen Handelsroute vom Persischen Golf nach Chorâsân. Sie war während der gesamten Seldschukenzeit von größter Bedeutung als Bindeglied zwischen dem Indischen Ozean, der Arabischen Halbinsel und Zentralasien. Das weit-
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verzweigte Netz des Handels reichte, durch die Kreuzfahrer staaten an der syro-palästinensischen Küste vermittelt, bis nach Europa. Die Seldschukenherrscher bewunderten die iranische Kultur, die sie großzügig förderten. Ihre Epoche erlebte eine hohe Blüte der Architektur und des Kunsthandwerks, in denen die Herrscher vermutlich nahezu ausschließlich einheimische Iraner beschäftigten. Die Seldschuken, deren Hofsprache das Persische war, betätigten sich auch als Mäzene der persischen Literatur. Die panegyrische Hofdichtung erlebte ihre Vollendung im Werk von Anwarî (gest. um 1170), der am Hofe Sandschars lebte, und Châkânî (gest. um 1199), der zwischen Chôrezm und Schirwân an verschiedenen Höfen wirkte; die mächtigen Rui nen des alten Ktesiphon (al-Madâ’in), deren dahingeschwunde ne Größe ihm als Mahnmal der Vergänglichkeit allen mensch lichen Strebens erschien, inspirierten Châkânî zu einem der berühmtesten Gedichte der persischen Literatur. Nezâmî (11411Z09), der in Gandscheh in Aserbeidschan unter der Herrschaft der Atabegendynastie der Ildegiziden lebte, gilt als der großartigste Vertreter des romantischen Versepos. Seine berühmten Fünf Epen (arabisch Chamseh, «fünf», persisch Pandsch Gandsch, «fünf Schätze»), die den ethischen Grundsatz der Menschlichkeit betonen und dem Idealbild des gerechten Herr schers verpflichtet sind, wurden zum klassischen Vorbild für spätere Generationen sowohl persischer als auch türkischer und indischer Autoren. Im Osten des Seldschukenreiches wirkte Attär (gest. zwischen 1220 und 1234) aus Nîschâpûr, einer der größten mystischen Erzähler Irans; in Anatolien (Rûm), unter der Herrschaft der anatolischen Linie der Rûmseldschuken (1081–1307), dichtete in Konya Rûmî (1207–1274, in Iran im allgemeinen Moulawi genannt), dessen mystisches Epos als «Koran in persischer Sprache» gerühmt wurde. Nicht vergessen werden soll unter den großen Namen der Seldschukenzeit Omar Chayyâm («der Zeltmacher», gest. um 1122), der in Iran vor allem als glänzender Mathematiker und Naturwissenschaftler, im Abendland jedoch wegen seiner ebenso skeptischen wie ironisch-satirischen Vierzeiler bekannt geworden ist.
Surma und Schia unter den Seldschuken
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Sunna und Schia unter den Seldschuken
Die Epoche der Seldschuken war eine Zeit heftiger religiöser Unruhe. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Schia in verschiedene Richtungen aufgespalten: Neben die Zwölferschia und die gemäßigte Zaydîya war die extreme Ismâ’îlîya getreten, die sich ih rerseits wieder in unterschiedliche Gruppen teilte. Ihr Name geht auf Ismâ’îl, den Sohn des sechsten schiitischen Imams Dscha’far, zurück, der noch vor seinem Vater verstarb (755). Alle ismä’iliti schen Gruppen erkennen Ismâ’îl trotzdem als rechtmäßigen Imam an, während die Zwölferschia die Imamreihe über Dscha’fars anderen Sohn Mûsâ (gest. 799) weiterführte. Die Ismâ’îliten entwickelten eine mit gnostischen Spekulationen, später auch neuplatonischen Elementen durchsetzte Geheimlehre. Sie gingen von einer periodischen Offenbarung aus, die in sechs Prophetenzyklen erfolgt sei. Als Mahdi wird Ismâ’îls Sohn Mohammed – gleichen Namens wie der Prophet –, der entrückt ist, zurückerwartet. Er wird alle religiösen Systeme einschließlich des Islams aufheben und die reine paradiesische Urreligion Adams zurückbringen; sie kennt keinen Kultus und besteht nur darin, daß Gottes Geschöpfe ihren Herrn preisen und seine Einheit beken nen sollen. Gewisse ismä’ilitische Gruppierungen entwickelten abweichende Mahdi-Vorstellungen; einzelne gingen bis zur Ver göttlichung von Menschen, womit sie die vom Islam gesetzten Grenzen eindeutig überschritten und von vielen Zeitgenossen gar nicht mehr als muslimisch angesehen wurden. Schon um 900 hatten die Ismâ’îliten, die ihre Lehre durch geschulte Werber verbreiteten, ein weitverzweigtes Netzwerk über die gesamte islamische Welt geknüpft. Bald darauf gelangten sie zu politischer Macht und errichteten ein ismä’ilitisches Gegenkalifat, das der Fâtimiden (909–1171), in Nordafrika, ab Mitte des 10. Jahrhunderts auch in Ägypten und Syrien. Das politische Ziel der Ismâ’îlîya war der Sturz des abbasidischen Kalifats und, seit 1055, der Kampf gegen die sunnitischen Seldschukensultane und ihre Gefolgsleute. In Iran führte die ismä’ilitische Propaganda Hasan-e Sabbâh (gest. 1124) aus Ghom, der – ursprünglich Zwölferschiit –
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schon in seiner Jugend zur Ismâ’îlîya bekehrt worden war und seit 1072 selbst als Werber in verschiedenen Gebieten des Lan des agitierte. 1090 eroberte er die Burg Alamût im östlichen Elbursgebirge, wo er künftig residierte. Durch Sendboten ließ er allenthalben zum offenen Aufruhr gegen den Kalifen und die Seldschukenherrscher aufrufen. Berüchtigt wurden die zahlrei chen politischen Attentate, die Hasan-e Sabbâhs Anhänger verübten, um das Reich zu schwächen. In Syrien nannte man sie mit dem arabischen Wort baschischiyûn, «Haschischesser» – davon der wissenschaftliche Terminus Assassinen –, obgleich der Konsum von Haschisch und anderen Drogen nicht zu be weisen ist. Der Begriff ist als assassin, «Meuchelmörder», ins Französische und Englische eingedrungen. Die Attentäter selbst bezeichneten sich als die «Opferbereiten» (persisch fedâ’îyân), da sie meistens bei ihren Aktionen ums Leben kamen. Zu Hasan-e Sabbâhs Lebzeiten hatten sie die Armee und den Hof der Seldschuken regelrecht unterwandert. Eines der prominentesten Opfer der Assassinen war der Wesir Nezâm al-Molk, der 1092 von einem verkleideten Attentäter erstochen wurde. Nach dem Tod Hasan-e Sabbâhs herrschte in Alamût eine Dynastie von Propagandisten, deren Anschlägen zwei Kalifen, ein Seldschu kensultan, mehrere Statthalter und Wesire und zahlreiche Rechtsgelehrte zum Opfer fielen, die in Predigten und Schriften gegen die Assassinen aufgetreten waren. Erst die Mongolen machten 1256 der Herrschaft der Sekte ein Ende, zerstörten Alamût und noch weitere ihrer Burgen und vernichteten die is mâ’ilitische Bibliothek, die sich in Alamût befand. Bis ins 16. Jahrhundert gab es in der dortigen Gegend noch ismâ’ilitische Gruppen. Heute leben kleine Gemeinden u.a. in Chorâsân, Kermân und Yazd. Die Seldschuken bemühten sich nach Kräften um die Durchsetzung der orthodoxen Sunna in ihrem Reich. Zu diesem Zweck förderten sie sunnitische Lehranstalten und Lehrer der anerkannten sunnitischen Rechtsschulen. Im ganzen Reich wurden theologische Hochschulen, Medresen (von arabisch madra sa, wörtlich «der Ort, wo gelehrt und gelernt wird»), eingerichtet und so der Unterricht, der bisher weitgehend privat in Mo-
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scheen abgehalten worden war, institutionalisiert. Taten sich schon die Sultane selbst als Stifter von Medresen hervor, so sind diese doch vor allem mit dem Namen des Wesirs Nezâm alMolk verbunden. Er war der Gründer zahlreicher Medresen, die stets nach seinem Ehrentitel Nezâmîya genannt wurden und an die er die gelehrtesten Köpfe seiner Zeit berief. Die bedeutendste Nezâmîya befand sich in Bagdad, weitere u.a. in Basra, Mossul, Isfahan, Nîschâpûr, Herat, Marw und Balch. Obgleich das Verhältnis zwischen Sunniten und Schiiten sel ten ganz spannungsfrei war, lebten die nicht-ismä’ilitischen Schiiten als religiöse Minderheit offenbar recht friedlich mit den Sunniten zusammen. Der gemeinsame Gegner, die Ismâ’îlîya, sorgte anscheinend für ein relativ ausgeglichenes Klima zwi schen den verschiedenen Bekenntnissen. Nach einem ersten Rückschlag zu Beginn der Seldschukenzeit wuchs im Laufe der Zeit die Bedeutung der Zwölferschia wieder an. Viele Zwölfer schiiten stiegen in hohe Verwaltungsposten und selbst in das Amt des Wesirs auf. Diese Beamten waren ihrerseits darauf be dacht, die Grabstätten der Imame mit Geldern zu bedenken und Mausoleen für die Nachkommen der Imame (persisch emâmzâdeh) zu erbauen. Nach dem Vorbild der sunnitischen Medrese schufen die zwölferschiitischen Würdenträger eigene schiitische Lehrinstitutionen, die – wie die sunnitischen – aus den Erträgen frommer Stiftungen finanziert wurden. Der Mongolensturm und seine Folgen
Der Mongolensturm unter Dschingis Chân (gest. 1227) und sei nen Nachfolgern bedeutete eine tiefe Zäsur in der iranischen Geschichte. Zwar war ein Rückgang des Kulturlandes und eine Zunahme der nomadischen Bevölkerung in Iran schon seit dem Ein dringen der Seldschuken im 11. Jahrhundert zu beobachten gewesen. Durch den Mongolensturm wurde dieser Prozeß jedoch außerordentlich beschleunigt, was die mongolische Herrschaft über Iran von den Eroberungen und Dynastiewechseln vorausgegangener Jahrhunderte deutlich unterscheidet. Die Heimat der Mongolen lag in den Steppen Zentralasiens, im Quellgebiet der
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großen sibirischen Ströme westlich und nordwestlich von China, wo sie – wie auch die dort lebenden türkischen Völker in Stämme aufgeteilt – als Hirten- und Reiternomaden lebten. Dem mongolischen Prinzen Temüdschin gelang es in einer Reihe von Kämp fen, die untereinander zerstrittenen mongolischen Stämme unter seiner Führung zu einigen. Im Jahre 1206 wurde er formell zum Herrn über alle Mongolen erhoben und nahm den Titel Dschin gis Chân an. Die Bedeutung dieses Titels ist unklar; vielfach wird ein Zusammenhang mit türkisch tengiz, «Meer», angenommen, so daß der Titel etwa als «ozeangleicher Herrscher» zu deuten wäre. Seit dem Herbst des Jahres 1219 eroberten die Mongolen Transoxanien und Chôrezm und fielen darauf in Iran ein, das sie bis zum Kaukasus durchzogen. Als Dschingis Chân 1224 wieder nach Osten zurückkehrte, blieb das Land jedoch, mit Ausnahme Chorâsâns, wieder sich selbst überlassen, bis Dschingis Châns Enkel Hülegü die Eroberungen im Westen wiederaufnahm und das mongolische Reich der Uchäne begründete. Der Mongolensturm stellte für Iran eine Katastrophe von bisher nicht gekannter Größenordnung dar. Die von den Mongolen eroberten Gebiete glichen einem Trümmerfeld. Viele Landstriche erholten sich nur langsam oder gar nicht mehr. Die gnadenlose Grausamkeit, mit der die Mongolen ihre Feldzüge führten, zahllose Massaker an der männlichen Bevölkerung er oberter Städte und die Versklavung der Frauen und Kinder füg ten dem Land sehr schwere Schäden zu. Politische und kulturel le Zentren des iranischen Kulturraumes wie Nîschâpûr, Balch und Marw gewannen ihre frühere Bedeutung als Brennpunkte islamischer Zivilisation nie wieder zurück. Zahlreiche andere Städte sanken auf immer zu Dörfern herab. Die Mongolen ver schonten auf ihren Eroberungszügen in Iran lediglich Handwerker, Künstler und Wissenschaftler sowie die Notabeinfamilien in den Städten, die ihnen aufgrund ihrer Erfahrung in Verwaltung und Rechtsprechung nützlich sein konnten. Auf diese Weise blieb die iranische Oberschicht wenigstens in den Städten verhältnismäßig stabil. Die in der Seldschukenzeit aufgebrochenen Gegensätze zwischen Iranern und Türken wurden durch den Mongolensturm
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noch verschärft, denn zahlreiche türkische Kämpfer folgten dem Heer Dschingis Châns aus Zentralasien. Insgesamt dürften weitaus mehr Türken als Mongolen nach Iran gelangt sein. Im Laufe der Zeit wurden die Mongolen schließlich durch die Türken vollständig absorbiert. Langfristig kam es daher nicht zu einer Mongolisierung, sondern zu einer verstärkten Türkisie rung Irans. Der zwiefache ethnische Charakter der Bevölkerung und damit der Gesellschaft Irans wurde nach dem Mongolensturm zu einer festen Größe. Bis heute bilden Türken in Iran eigenständige Bevölkerungsgruppen mit geschlossenen Siedlungs gebieten in Nordwestiran, am Südufer des Kaspischen Meeres und in Chorâsân. Ebensowenig wie ethnisch haben die Mongolen in Iran sprachlich dauerhafte Spuren hinterlassen. Insbesondere ge wann die türkische Sprache an Bedeutung auf Kosten des Mon golischen, weit mehr aber noch des Persischen. Manche Gebiete Irans wurden damals überwiegend türkisches Sprachgebiet und sind es bis heute geblieben. Seit dem 13. Jahrhundert wurde vor allem Nordwestiran zu einem nahezu ausschließlich türkisch besiedelten Landesteil. Azeri, die Bezeichnung der Sprache des Landes Aserbeidschan, war ursprünglich der Name für die dort gesprochenen persischen Idiome und wurde jetzt auf das Türki sche übertragen, das dort noch immer Azeri genannt wird. Die Ilchâne
Dschingis Châns Wille war es, daß nach seinem Tod das von ihm eroberte Weltreich unter die vier Söhne seiner ersten Frau aufgeteilt würde. Stand anfangs noch ein Großchân, der von den mongolischen Würdenträgern auf einer allgemeinen Versammlung gewählt wurde, an der Spitze des Gesamtreiches – sein Sitz war Karakorum am Oberlauf des Orchon in der heuti gen Mongolei –, so lockerten sich im Lauf der nächsten Jahr zehnte die Bindungen der Teilreiche an den Großchân so weit, daß sich spätestens gegen Ende des 13. Jahrhunderts selbständige mongolische Staatswesen gebildet hatten. Aus Iran, Mesopotamien, dem Kaukasus und Anatolien entstand das Reich der II
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châne (1256–1335). Sein eigentlicher Begründer ist Hülegü (reg. 1256–1265), ein Enkel Dschingis Châns, der die mongolischen Eroberungszüge nach Westasien fortsetzte. Er begann seine Feldzüge im Frühjahr 1253; 1258 zog er in Bagdad ein und stürzte das Kalifat der Abbasiden, das nach mehr als fünf hundertjähriger Herrschaft endgültig ausgelöscht wurde und lediglich ein wenig bedeutendes Nachspiel im Ägypten der Mamluken (1250–1517) fand. Die Mamluken waren es auch, die Hülegüs Truppen 1260 in Palästina besiegten und seinen Eroberungen im Westen ein dauerhaftes Ende bereiteten. Als Hir ten- und Reiternomaden siedelten die Mongolen – wie vor ihnen die aus Zentralasien eingewanderten türkischen Stämme – bevorzugt in den Gebieten, die ihren Herden das beste Klima boten: in Nordwestiran, im Gebiet um Bagdad und in Ost anatolien. Hier entfalteten sich auch die Zentren ilchänischer Herrschaft. Den Titel Ilchân, der soviel wie «untergebener Chân» bedeutet, legten sich Hülegü und seine Nachfolger im Unterschied zum Großchân in Karakorum bei. Erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts löste sich das Ilchânreich endgültig von der Oberherrschaft durch den Großchân. Der Ilchân Ghâzân (reg. 1295–1304) trennte sich schließlich auch formell vom Großchân und gab auf seinen Münzen und in seinen Dokumen ten den Titel Ilchân zugunsten von Chân auf. Die Ilchâne vermochten ihr Reich militärisch erfolgreich ge gen den Druck der benachbarten Staatswesen zu verteidigen: im Osten gegen den mongolischen Teilstaat Tschagatay, wo sich der Amu Darya als dauerhafte Grenze herausbildete, im Kaukasus gegen die Goldene Horde – ebenfalls ein mongolischer Teil staat – und gegen den Staat der Mamluken in Ägypten und Syrien mit dem Euphrat als Grenzfluß. Damit beherrschten die Ilchâne ungefähr das Gebiet, das Persien in früheren wie späte ren Zeiten mehrmals umfaßte. Das Ilchânreich war im wesentlichen ein iranischer Staat, während das Zentrum der arabisch islamischen Kultur aus dem eroberten Zweistromland endgültig in den Westen des Vorderen Orients, Kairo und Damaskus, rückte. Die dadurch hervorgerufene verstärkte Trennung zwi schen den arabischen und iranischen Gebieten der islamischen
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Welt vertiefte sich in späteren Zeiten noch weiter, da die mongo lischen und türkischen Herrscher Irans, Kleinasiens, Zentral asiens und Indiens sich der iranischen Welt in Sprache, Verwaltung und kultureller Orientierung eingliederten. Neben der Reichsversammlung aus mongolischen Adligen und hohen Würdenträgern stand dem Ilchân an der Spitze der Staatsverwaltung der Wesir, in aller Regel iranischer Abstam mung, zur Seite. Die Ilchâne folgten jedoch nicht irgendwelchen festen Formen in der Lenkung des Staates. Über längere Zeit räume gab es beispielsweise nicht nur einen Wesir, sondern zwei gleichzeitig amtierende, deren Rivalitäten immer wieder eine geregelte Amtsführung unmöglich machten. Während der ge samten Herrschaft der Ilchâne blieb die oberste Reichsleitung unbeständig, was zur verhältnismäßig kurzen Dauer des Ilchân reiches beigetragen hat. Ein weiteres taten die zahllosen ökonomischen Mißstände, die unter den Ilchânen einrissen. Der nun mehr konstant hohe Gesamtanteil der Nomaden an der Bevöl kerung brachte die systematische Umwandlung großer Flächen Ackerlandes in Weideland mit sich, das die Nomaden für ihre Herden benötigten. Zusammen mit den Verwüstungen, die durch den Mongolensturm entstanden waren, führte diese Praxis auf die Dauer zu einem dramatischen Rückgang der land wirtschaftlichen Erträge. Aufgrund dieser Umbrüche verschlim merte sich die Lage der seßhaften Bevölkerung, zumal die mongolischen Herrscher und ihre Gefolgsleute es nicht verstanden, ihr Reich auf eine gesunde finanzielle Basis zu stellen. Äußere Kriege und innere Machtkämpfe, eine verschwenderische Hof haltung, maßlose Geldverteilungen anläßlich bedeutender Er eignisse und, jedenfalls zu gewissen Zeiten, häufige Thronwechsel – das alles führte zwangsläufig zur finanziellen Auspressung und Verarmung der seßhaften Bevölkerung und untergrub auf Dauer die Steuerkraft des Landes. Dauerhafte Spuren hinterließ die mongolische Herrschaft in Iran im Verwaltungssystem. Die von den Ilchânen eingeführten unislamischen Steuern wurden nicht mehr rückgängig gemacht, sondern ganz offiziell beibehalten. In späterer Zeit fehlte es an ernsthaften Bemühungen, diese unislamischen Elemente der
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Administration mit dem islamischen Religionsgesetz in Übereinstimmung zu bringen. Seit der Mongolenzeit trennte sich damit die Staatsverwaltung von den Bestimmungen des isla mischen Rechts, und diese Situation wurde schließlich – nach anfänglicher, aber zunehmend leiser werdender Kritik aus gelehrten Kreisen – auch von den muslimischen Theologen ge duldet. Das Ende des Ilchânreiches kam 1335 mit der Ermordung des Ilchâns Abû Sa’îd; er war der letzte mongolische Herrscher, dessen Regierungsgewalt sich noch auf das gesamte Reich erstreckte. Nach seinem Tod wurde das Land zum Spielball einander bekämpfender Emire, Sippen und Clans, die versuchten, ihnen genehme Prinzen aus der Nachkommenschaft Dschingis Châns zum Herrscher zu machen, doch ohne Erfolg. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts war die mongolische Herrschaft über Iran endgültig erloschen, das Land in verschiedene regionale Kleinstaaten zerfallen. In diesen unruhigen Zeiten lebte in Fârs, wo sich bis 1282 die Atabegendynastie der Salghûriden an der Macht hielt, Sa’dî (1213/1219–1292), einer der größten Dichter Irans, der sich nach langen Wanderjahren in seiner Heimatstadt Schiras niederließ. Sein Golestân (Rosengarten) ist ein Meisterwerk persischer Prosa mit eingestreuten Versen, das allgemeinmenschliche Lebensweisheit in die Form ethisch-didaktischer Geschichten und Anekdoten kleidet. Hochgeschätzt wird auch Sa’dîs Poesie, insbesondere seine Ghaselen. Das Ghasel, eine kürzere Gedichtform, wurde seit dem 12. Jahrhundert eine beliebte Gattung der Poesie mit erotisch-mystischen Inhalten. Die Hauptfigur des Ghasels, den schönen Jüngling – Freund und Geliebter des Dichters –, wandeln die Verfasser oft zu einer abstrakten Symbolgestalt um, in der sie die Erscheinung göttlicher Schönheit im Irdischen feiern. Hâfez (um 1325/1326–1389) aus Schiras, dessen Heimat damals von den Muzaffariden (1314–1393), einer Nachfolgedynastie der Ilchâne, beherrscht wurde, gilt als der größte Ghaselendichter Irans; Goethe nannte ihn seinen Zwillingsbruder. Mit unvergleichlicher Meisterschaft läßt Hâfez die irdische, sinnliche und die jenseitige, übersinn-
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liche Ebene einander überschneiden, hält sie beide in der Schwe be und hebt vielfach einen eindeutigen Sinnbezug ganz auf. Herrschafts- und Reichsideen
Durch die Eroberung Bagdads zerstörte Hülegü nicht allein das Zentrum der islamischen Welt, sondern stellte das Selbstverständnis der muslimischen Gemeinschaft ernsthaft in Frage, wurde doch durch dieses Ereignis der Islam als Herrschaftsprin zip zunächst außer Kraft gesetzt. Neben die islamisch begründe te Legitimation traten nach dem Mongolensturm andere Auffassungen, die nomadischen Traditionen entsprangen. Für die nächsten eineinhalb Jahrhunderte wurde der Weltreichsgründer Dschingis Chân der Inbegriff des Nomadenherrschers. Kennzeichnend für ihn ist seine Mobilität. Seine eigentliche Residenz ist nicht eine Stadt, sondern das bewegliche königliche Hoflager (türkisch ordu), mit dem er auf seinem Territorium umherzieht. Das Hoflager befand sich außerhalb der befestigten Orte bzw. Städte und bestand aus einer weitläufigen und jederzeit erweiterbaren Zeltstadt. Im Hoflager wurden die wichtigen politischen und militärischen Entscheidungen getroffen, Feste und Vergnügungen abgehalten, Gesandte empfangen und, wenn nö tig, Dokumente ausgefertigt. Zum Hoflager gehörten in der Regel die Familie und das Gefolge des Herrschers, militärische und zivile Würdenträger mitsamt einer zahlreichen Dienerschaft, Bedienstete der Verwaltung sowie Dichter und Chronisten, die den Herrscher mit ihrer Kunst erfreuten und seine Taten schrift lich festhielten. Die Vorstellung, daß ein von Nomaden abstam mender Herrscher keine feste Hauptstadt haben solle, wurde in der späteren Tradition auf Dschingis Chân zurückgeführt, obgleich von ihm selbst keine entsprechenden kategorischen Aus sagen überliefert sind. Obgleich Mongolen und Türken bestimmte Zentren zu ihren Hauptstädten machten und mit prächtigen Bauten ausstatteten, können diese kaum als Resi denzen im eigentlichen Sinne gelten und spielten im politischen und militärischen Bereich keine große Rolle. Die Hauptstadt bildete stattdessen vorwiegend ein Forum für wissenschaftliche
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und künstlerische Tätigkeiten, die nicht im Hoflager ausgeübt werden konnten, wie etwa Astronomie, Architektur und bilden de Künste. Das königliche Hoflager wurde damit eine charakte ristische Institution der östlichen islamischen Länder zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert, wenn auch in späterer Zeit ein zelne Herrscher gelegentlich auch in der Stadt und nicht mehr ausschließlich im Hoflager lebten. Die Ilchâne bezeichneten das von ihnen beherrschte Gesamt reich mit dem Namen «Iran». Die Idee von «Iran» nicht als eines bloß geographischen Begriffs, sondern als eines politischen Konzepts, wie es in der Sassanidenzeit (224–651) geprägt worden war, existierte zu dieser Zeit – bedingt durch die veränderten Herrschaftsverhältnisse unter dem Kalifat – bereits seit sechs Jahrhunderten nicht mehr. Die muslimischen Geographen und Chronisten, selbst gebürtige Iraner, kannten die Bezeichnung «Iran» lediglich noch als historischen Begriff für das dahingegangene Reich der Sassaniden. Es gehört zu den Merk würdigkeiten der Geschichte, daß nach allen diesen Jahrhun derten unter den mongolischen Ilchânen, und zwar schon in den frühen Chroniken der Epoche, der Name «Iran» als politischer Begriff und Reichsidee wieder auftauchte. Auch dies hängt vor allem damit zusammen, daß mit dem Ende des Kalifats von Bagdad zugleich das islamische Universalreich zusammenbrach, so daß andere Herrschaftsvorstellungen wirksam werden konnten. In dem umfangreichen historiographischen Schrifttum in persischer Sprache, das in der Ilchânzeit entstand – unter den Seldschuken waren überwiegend lediglich arabische Originalwerke übersetzt worden –, betrachteten die Chronisten die Jahrhunderte der Kalifatszeit rückblickend als eine Art Interregnum, sozusagen eine Herrschaft von «Regionalfürsten», zwi schen dem Sassanidenreich und demjenigen der Ilchâne, die die einzelnen Provinzen Persiens wieder zu einem einheitlichen Reich zusammengefügt hatten. Daß dies unter nichtiranischen Herrschern geschah, bedeutete offensichtlich kein Hindernis; möglicherweise erinnerte die tatsächliche Macht des Ilchânrei ches an den aus Ferdousîs Schâbnâmeh bekannten altiranischen Reichsbegriff. Mit «Iran» als politischer Konzeption war an-
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scheinend untrennbar die Stadt Tabrîz verbunden, die wichtigste Residenzstadt der Mongolen. Es entwickelte sich die Vor stellung, daß – auch nach den Ilchânen – Tabrîz gewissermaßen die «natürliche» Hauptstadt Irans sei. Diese Idee lebte auch nach 1600 weiter, als andere Städte – wie Isfahan und noch spä ter Teheran – die Hauptstadtrolle eingenommen hatten: Tabrîz führte, als nunmehr zweitwichtigste Stadt Irans, weiterhin ihren offiziellen, auf die Ilchânzeit zurückgehenden Titel «Stätte der Herrschaft» (dar as-saltaneh) und war überdies die angestamm te Residenz des jeweiligen persischen Kronprinzen und Thron folgers. Der Islam unter mongolischer Herrschaft
Die Ilchâne, ihre Frauen und ihre Gefolgsleute waren Bekenner unterschiedlicher Religionen, wobei zunächst der Buddhismus in seiner tibetisch-lamaistischen Form und verschiedene Aus prägungen des Christentums bei weitem überwogen. Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts förderten die Ilchâne zwar die eine oder andere Religion, machten jedoch nie den Versuch, ihren Untertanen einen bestimmten Glauben aufzuzwingen, da ihrem Vorfahren Dschingis Chân die Anordnung zugeschrieben wurde, alle Religionen in seinem Reich zu dulden. Erst der Ilchân Ghâzân trat schon in seinem ersten Regierungsjahr 1295 zum sunnitischen Islam über. Mit diesem Schritt Ghâzâns, der den Islam wieder zur dominierenden Religion machte, war eine weitgehende Beseitigung der religiösen Unterschiede zwischen den Mongolen und ihren iranischen Untertanen einerseits, an dererseits zwischen ihnen und den im Lande lebenden meist ebenfalls muslimischen Türken verbunden. Seit dem 13. Jahrhundert verbreitete sich in wachsendem Maße eine volkstümliche Form der Religiosität, für die Erschei nungen kennzeichnend sind, die auch früher schon bestanden haben mochten, unter den katastrophalen Lebensverhältnissen der Mongolenzeit jedoch in bis dahin ungekannter Häufigkeit auftraten. Dazu gehören religiöse Anschauungen und Praktiken, die vom orthodoxen Islam abweichen oder von diesem nur
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mit Einschränkungen akzeptiert werden, wie Wunderglaube, Heiligenverehrung, Gräberkult, Pilgerfahrten zu nichtkanonischen Wallfahrtsstätten, kurz: eine theologieferne, gefühlsmäßig erlebte Religiosität mit mystischen Zügen, für die in der westlichen Forschung häufig der Begriff «Volksislam» verwandt wird. Dieser bezieht sich aber nicht nur auf das einfache Volk; nicht wenige Angehörige auch der reichen und gebildeten Schichten, militärische und zivile Würdenträger und die Herrscher selbst wandten sich oft ebenfalls dieser Art von Frömmigkeit zu. Die islamische Mystik sieht ihr Ziel vor allem in der persönlichen, individuellen Gotteserfahrung. Die Mystiker lehren einen «mystischen Pfad», auf dem der Gläubige durch seine Gotteslie be vorangetrieben wird und an dessen Ende die Gottesschau oder sogar das Verschmelzen der Seele mit Gott im Zustand höchster Ekstase steht. Durch die schrittweise Überwindung des eigenen Ichs und der für die Gotteserfahrung als hinderlich be trachteten Ratio bemühen sich die Mystiker, ihr Bewußtsein von diesseitigen Eindrücken zu leeren und einen Zustand innerer Läuterung zu erreichen, in dem dem Menschen dieses Einswerden mit Gott möglich sein würde. Die zu diesem Zweck ent wickelten Praktiken umfassen insbesondere das Wiederholen einer bestimmten religiösen Formel, was individuell und im stil len, aber auch laut in der Gemeinschaft ausgeübt werden kann, und den ekstatischen Tanz. Die Mystiker wurden als Sufis nach dem Wollgewand, das sie zu tragen pflegten (von arabisch sûf, «Wolle»), bezeichnet oder als Derwische (von persisch darwîsch, «arm»). Während sich ursprünglich die Gottsucher um einen mystischen Meister zu versammeln pflegten, von dem sie spirituelle Führung empfingen, hatte sich zur Zeit des Mongolen sturms dieses persönliche Meister-Schüler-Verhältnis bereits weitgehend institutionalisiert, und aus den vormals kleinen mystischen Zirkeln waren inzwischen ordensähnliche Gemeinschaften mit eigenen Konventen und bestimmten, wenn auch nur wenig festen Regeln geworden. Im 13. und 14. Jahrhundert verloren die Derwischgemeinschaften immer mehr ihren vor mals esoterischen Charakter. Die Derwische und ihre Führer, die
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Scheiche (von arabisch schaych, «ehrwürdiger älterer Mann, Meister»), wurden zunehmend als die eigentlichen Repräsentan ten des islamischen Glaubens angesehen. Ihre Konvente und Gräber bildeten die Orte, an denen die volkstümliche Religio sität praktiziert wurde. Vielen Derwischen schrieb die Bevölkerung Wunderkräfte zu und suchte ihre Hilfe gegen obrigkeitliche Unterdrückung und finanzielle Ausbeutung. Einige Derwischgemeinschaften entwickelten sich unter den bedrückenden Lebensverhältnissen der mongolischen Herrschaft zu wahren Massenbewegungen. Ihnen strömte das Volk in Scharen zu, da es sich von einem wunderwirkenden Scheich Schutz und Hilfe für den Alltag erhoffte. Tatsächlich verstanden sich nicht wenige Scheiche als Sachwalter der iranischen Bevölkerung gegenüber den Herrschenden und waren in Konfliktfäl len – zuweilen durchaus erfolgreiche – Vermittler zwischen bei den. Auf der Grundlage wachsenden wirtschaftlichen Wohlstandes, der durch Spenden, Stiftungen und Privilegien seitens ihrer Anhänger zusammengekommen war, entwickelten sich im 14. Jahrhundert manche Derwischgruppen zu gut organisierten, militanten Verbänden, deren politische Sprengkraft sich zunächst im lokalen, dann aber auch im überregionalen Rahmen immer wieder zeigte. Exemplarisch dafür ist die Derwischge meinschaft der Safawîyeh, aus der die Dynastie der Safawiden (1501–1722) hervorging. Gewisse Züge volksislamischer Religiosität verraten Anklänge an die Schia, etwa eine besonders lebhafte Verehrung Alîs. Es wäre aber verfehlt, daraus auf ein formelles Bekenntnis zur Schia schließen zu wollen, da gerade das Oszillieren zwischen Sunna und Schia für den Volksislam charakteristisch ist. Andererseits ist es verständlich, daß allein die weite geographische Ausbreitung der mystischen Gemeinschaften von Anatolien bis nach Zentralasien eine Verehrung Alîs und seiner Nachkommen förderte und damit einer späteren schiitischen Propaganda den Weg bereitete. So konnte sich die Schia etwa in Ostanatolien – einem Zentrum der Safawîyeh – verbreiten, obwohl in diesem Gebiet kein schiitisches Werk entstanden noch überhaupt vorhanden war.
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Timur und seine Nachfolger
Timur (1336–1405), genannt «der Lahme» wegen einer Verlet zung, die er sich in jungen Jahren zugezogen hatte – daher die europäische Verballhornung seines Namens aus Timur Lenk, «Timur der Lahme», zu Tamerlan –, stammte aus Transoxanien aus dem wahrscheinlich türkischen Nomadenstamm Barlas. Er ist nach Dschingis Chân der zweite große Nomadenherrscher und Weltreichsgründer, durch den es im iranischen Kulturraum nochmals zu bedeutenden Veränderungen kam. Das alte irani sche Kulturgebiet Transoxanien war von dem Mongolensturm besonders hart getroffen worden. Die anarchischen Zustände nutzte Timur in seinen jungen Jahren dazu, sich als Anführer einer Truppe kriegerischer Abenteurer größtenteils aus dem nomadischen Milieu um 1370 der Oberherrschaft über Transoxanien zu bemächtigen. Zehn Jahre später unternahm er seine ersten Feldzüge über transoxanisches Gebiet hinaus nach Westen. Das Vorbild, dem Timur zeit seines Lebens nacheiferte, war Dschingis Chân, dessen Weltreich er wiedererrichten wollte. Gegen Ende seines Lebens hatte er dieses Ziel fast erreicht: Sein Reich erstreckte sich von Transoxanien bis zum Euphrat und zum Kaukasus. Mit diesem Territorium gewaltigen Umfanges hatte Timur, der der iranischen Kultur in besonderem Maße zugeneigt war, nochmals – und ein letztes Mal – den ganzen ausge dehnten alten iranischen Kulturraum in einem Reich vereint. Er starb im Jahre 1405 während eines Feldzuges nach China. Alles in allem wurden Timurs Kampagnen, die bei seinen Zeitgenossen ebenso berüchtigt wie gefürchtet waren, mit ungezügelter Grausamkeit, ja Bestialität geführt. Als ihr Symbol dürfen die Schädelpyramiden gelten, die er vor den Toren rebellischer Städte aus den Köpfen der gefallenen Gegner und der männlichen wie weiblichen Einwohner aufschichten ließ. Timurs Ehrfurcht vor seinem mongolischen Vorbild Dschingis Chân be stimmte sein gesamtes Selbstverständnis. Er legte sich selbst nie mals den Chânstitel bei, sondern regierte sein Leben lang im Namen von Marionettenchânen aus der Nachkommenschaft Dschingis Châns, die seiner Herrschaft den Anschein einer Legi
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timation verschaffen sollten. Er heiratete eine Prinzessin aus Dschingis Châns Geschlecht, durch die er sich seinem Vorbild verwandt fühlen konnte. Er selbst nannte sich amîr (arabisch «Befehlshaber») und führte den mongolischen Titel gûrgân («königlicher Schwiegersohn»), ein Ehrentitel, der ihn als mit Dschingis Châns Nachkommenschaft verschwägert auswies. Gemäß der nomadischen Tradition hielt er auch am mobilen Hoflager (ordu) fest. Trotz seiner starken Bindung an mongoli sche Traditionen betonte Timur nicht selten seinen islamischen Glauben; großen Einfluß hatten auf ihn sufische Derwische, die er als spirituelle Berater in seine Nähe zog. Bei seinem Tode hatte Timur für sein riesiges Territorium weder eine wirksame Nachfolgeregelung getroffen noch über haupt eine dauerhafte Organisation hinterlassen. Zeitlebens hatte er sich bemüht, sein Reich durch persönliche Autorität zu lenken und sich weitreichende Eingriffsmöglichkeiten in die Staatsführung zu sichern. In ihren jeweiligen Provinzen schalteten und walteten die timuridischen Prinzen nach Timurs Tod daher praktisch unabhängig. Das führte rasch zur Zersplitterung des von ihm eroberten Territoriums. Davon profitierten die Nachbarn der Timuriden: Von Westen her stießen, aus Ost anatolien kommend, turkmenische Stammeskonföderationen vor, zunächst die Kara Koyunlu («Schwarze Hammel»), später die Ak Koyunlu («Weiße Hammel») – so benannt möglicherweise nach ihren Totemtieren –, während von Norden und Nordosten her das türkische Volk der Usbeken nach Transoxa nien drängte. Schon das Jahr 1507 sah das Ende der timuridi schen Herrschaft, als die Usbeken nach Transoxanien auch Chorâsân unterwarfen. Die Bedeutung der Timuriden liegt daher kaum auf dem Gebiet des Militärs und der Staatskunst. Mehr als alles andere sind es die kulturellen und künstlerischen Leistungen, die den Ruhm Timurs und seiner Nachfolger begründeten. Neben Timurs Hauptstadt Samarkand, die er – hauptsächlich durch die von ihm aus den er oberten Gebieten verschleppten Handwerker und Künstler – nach persischen Vorbildern mit prachtvollen Bauten ausstattete, trat in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts als zweites be-
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deutendes Kulturzentrum der Timuriden Herat. Die Herrscher und ihre Würdenträger waren bedeutende Mäzene von Literatur und Dichtung, Miniaturmalerei, Buchbindekunst und Kalligra phie. In Herat wirkte der größte Miniaturmaler des islamischen Iran, Kamâl ad-Dîn Behzâd (gest. 15 3 5/15 3 6), und der Derwisch und Dichter Dschâmî (1414–1492). Er, der als der letzte klassische Dichter Irans gilt, hinterließ als bedeutendstes Werk seine Epen, zusammengefaßt unter dem Titel Haft Aurang (Die sieben Throne oder Das Sternbild des Großen Bären). Im Einklang mit den noch immer lebendigen Traditionen der Steppe blieb jedoch das Hoflager (ordu) unter Timur und seinen Nachfolgern das po litische und militärische Zentrum des Reiches. Um das nomadi sche Leben im Zelt mit den Vorzügen und Annehmlichkeiten des seßhaften Daseins zu verbinden, legten die Timuriden außerge wöhnlich prächtige Gärten nach traditionellem persischen Vorbild an, in denen das Hoflager häufig verweilte. Rings um alte Städte wie Samarkand und Herat entstanden zur Timuridenzeit ausgedehnte Gartenanlagen, die sich von den Vorstädten frühe rer Zeiten nicht nur durch ihre Größe, sondern auch durch ihre prachtvolle Ausstattung mit herrlichen Pavillons unterschieden. Ein letzter Abkömmling Timurs – mütterlicherseits ein Nachkomme Dschingis Châns –, Zahîr ad-Dîn Bâbur, versuchte er folglos, Transoxanien nochmals unter timuridische Oberhoheit zu bringen. Nach seinem endgültigen Scheitern zog er nach Nordindien, wo er 1526 ein eigenes Reich, das der Moguln, be gründete. Hier fand die blühende Kultur der Timuriden, um neue Elemente bereichert, ein nicht weniger glänzendes Nach leben. Die materielle Grundlage auch des timuridischen Staatswesens bildete die übliche Verleihung des Steueraufkommens eines bestimmten Gebietes gegen persönliche Heeresfolge im Kriegsfall. Im 14. Jahrhundert war das Wort iktâ’ in wachsendem Maße durch die mongolische Bezeichnung soyurghâl («Beloh nung») ersetzt worden, zu dem in der Timuridenzeit noch tiyül (auch toyul, möglicherweise eine iranisierte Fehlschreibung des türkischen yatul, «Liegenschaft») trat, was bis ins 17. Jahrhun
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dert synonym mit soyurghâl benutzt wurde. Typisch für das 15. Jahrhundert ist die Unabhängigkeit der Lehensinhaber im fiskalischen, administrativen und jetzt auch richterlichen Bereich, die Erblichkeit der Lehen sowie der beträchtliche Umfang der verliehenen Territorien, manchmal ganzer Provinzen. Um diese Zeit hatte die bäuerliche Bevölkerung das Eigentumsrecht am landwirtschaftlich bearbeiteten Boden bereits nahezu vollständig eingebüßt; die ehemaligen freien Dorfgemeinschaften waren alles in allem nur noch in geringen Resten vorhanden und ihr weiterer Verfall nicht aufzuhalten. Die Reichsverwaltung unter Timurs Nachfolgern war das Resultat der nun schon seit langem bestehenden ethnischen Dichotomie von Iranern und Türken. Die oberste staatliche Behörde (diwân) war unter anderem für die Angelegenheiten der Armee zuständig, die sich weitestgehend aus Türken und türkisierten Mongolen zusammensetzte. Die Zivil- und Finanzverwaltung lag traditionell in den Händen der einheimischen Iraner. Daran änderten weder die Mongolen noch die Timuriden etwas, und so bestand eine separat vom obersten diwân arbeitende Finanzbehörde, deren Mitglieder iranische Beamte waren. Auch im Steuerwesen blieb die mongolische Tradition lebendig, was vor allem hieß, daß auch die Timuriden unislamische Steuern beibehielten, da der Staat auf diese lukrativen Einnahmen nicht gut verzichten konnte oder wollte. Wie das voraufgegangene wurde auch das Jahrhundert der Timuriden wesentlich von islamischer Volksfrömmigkeit und ihren Trägern, den populären mystischen Derwischgemein schaften, geprägt. Gegenüber der ungebrochenen Anziehungskraft der von den Derwischen getragenen Frömmigkeit auf das Volk wie auch auf manche Herrscher traten die theologischen Gegensätze zwischen Sunniten und Schiiten weniger in Erschei nung, so daß es oft schwierig ist, einzelnen Personen oder Gruppen einen eindeutigen sunnitischen oder schiitischen Standpunkt zuzuweisen. Die orthodoxe sunnitische Theologie lebte selbstverständlich fort, war aber im 15. Jahrhundert bereits weitgehend in scholastischen Formen erstarrt und erschöpfte sich – mit wenigen Ausnahmen – in zahllosen Glossen, Kom-
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mentaren und Superkommentaren. Damit erwiesen sich die Vertreter der Sunna letztlich als unfähig, mit der Vielzahl schii tischer oder heterodoxer Bewegungen zu konkurrieren. Als es einer dieser Bewegungen, der Safawîyeh, gelang, sich mit Waf fengewalt durchzusetzen und die Zwölferschia in Iran als Staatsreligion zu begründen (1501), war für weite Teile des timuridischen Territoriums die Entscheidung gegen die Sunna ge fallen, allerdings nicht für Transoxanien: Die dort zu Beginn des 16. Jahrhunderts eindringenden Usbeken waren Sunniten.
III. Iran in der frühen Neuzeit (1501–1779)
Türkische Rückwanderungswellen
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts befand sich der islamische Osten in einer Phase des Umbruchs, an deren Ende die Heraus bildung neuer Machtblöcke stand: des Reiches der Safawiden in Iran mit dem Osmanischen Reich als seinem westlichen und dem Usbekenchänat in Transoxanien als seinem östlichen Nachbarn und etwas später des indischen Mogulreiches. Hatten bislang – seit dem 11. Jahrhundert – immer wieder türkische Wanderungsbewegungen aus Zentralasien in Richtung Westen die Geschichte Irans wesentlich bestimmt, begann sich zu Beginn des 15. Jahrhunderts eine Gegenbewegung abzuzeichnen, die in drei großen Rückwanderungswellen türkische Nomadenstämme, diesmal aus dem Westen, nach Iran brachte. Die beiden ersten Rückwanderungswellen erfolgten unter den turkmenischen Stammeskon föderationen der Kara Koyunlu und Ak Koyunlu, die, aus Ost anatolien kommend, große Teile des Timuridenreiches über rannten. Mit dem Begriff Turkmenen, der heute ganz allgemein die seit dem Mittelalter im Nahen und Mittleren Osten und Zen tralasien verbreiteten türkischen Stämme bezeichnet, meinten die muslimischen Chronisten und Geographen seit der Seldschukenzeit ursprünglich oghuzische Stämme, die sich zum Islam bekehrt hatten. Seit der Mongolenzeit hatte die Bezeichnung «Turkme nen» den Namen «Oghuz» schon weitgehend ersetzt. Die Kara Koyunlu bemächtigten sich einige Jahrzehnte hindurch (13801469) des Iraks und Aserbeidschans, wurden aber dann von den Ak Koyunlu (1396–1508) abgelöst, die für kurze Zeit das ganze Gebiet von Anatolien bis Chorâsân und hinunter zum Persischen Golf beherrschten, so daß es für viele Zeitgenossen so aussah, als seien sie die künftige Vormacht im Orient, Die dritte Welle türkischer Rückwanderer aus Anatolien auf das iranische Plateau, die erheblichen Umfang annahm, bilden
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die turkmenischen Stämme der Kizilbasch (türkisch «Rotköp fe»), der fanatischen Anhänger der Safawiden, die ihrerseits zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Macht der Ak Koyunlu brachen und selbst die Herrschaft in Iran übernahmen. Die Anfänge der safawidischen Dynastie werden in der Zeit der Ilchâne in Nordwestiran faßbar. Ihr Ahnherr, nach welchem sie sich benannte, Safî ad-Dîn (gest. 1334), begründete etwa um 1300 in der Stadt Ardabîl eine damals noch eindeutig sunnitisch ausge richtete Derwischgemeinschaft, die gleichfalls nach ihm be nannte Safawîyeh. Über die Vorfahren Saft ad-Dîns ist wenig historisch gesichert. Es kann nur soviel gesagt werden, daß Saft ad-Dîn aus einer in der Gegend von Ardabtl ansässigen Familie wohlhabender Bauern und Viehzüchter stammte, die vermutlich kurdische Wurzeln hatte. Mögen die Anfänge des Ordens der Safawîyeh sich zunächst von denen vieler anderer Derwischgemeinschaften nicht unter schieden haben, so ist doch die politische Entwicklung, in die er einmündete, einzigartig. Sein Gründer Safî ad-Dîn war eine typische Gestalt des Volksislams, von seinen Anhängern als Hei liger verehrt, dem vielerlei Wundertaten nachgesagt wurden. Er brachte es als Ordensführer zu beachtlichen Erfolgen und mehrte den Wohlstand seines Ordens. Die nicht weniger begab ten Nachfolger Safî ad-Dîns in der Ordensleitung häuften immen sen Reichtum an und bemühten sich, ihre zahlreichen Anhänger systematisch militärisch zu organisieren. Enormen Zulauf fand der Orden seit jeher unter den Angehörigen turkmenischer No madenstämme in Ostanatolien, Aserbeidschan und Nordsyrien – Gegenden, die wenigstens teilweise schon zum Osmanischen Reich gehörten, in denen safawidische Werber aber offensicht lich gezielt und erfolgreich Propaganda betrieben. Obgleich no minell Muslime, neigten die Turkmenen zu extremen religiösen Ansichten, so daß ihr islamischer Glaube mit einigem Recht als ein nur oberflächlich islamisiertes Heidentum gedeutet worden ist, das seine in den innerasiatischen Steppen beheimateten schamanistischen Traditionen unter dem dünnen Überzug des Islams noch deutlich erkennen läßt. Die seit langem bestehende enge Bindung dieser Nomaden an das Sufitum, verbunden mit
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ihrem Enthusiasmus für den bewaffneten Glaubenskampf, ließ die Turkmenen in hellen Scharen der Safawîyeh zuströmen. Ein weiteres tat die Politik der Osmanen, die ihr Territorium um diese Zeit weit nach Osten ausgedehnt hatten und nun versuch ten, die turkmenischen Stämme Anatoliens in die regulären Ver waltungsstrukturen des Reiches hineinzuzwingen. Die Turkme nen, bisher von der Regierung kaum behelligt, verweigerten sich der Forderung der Sultane, Steuern zu zahlen und Soldaten für die osmanische Armee zu stellen, und wandten ihre poli tische und religiöse Loyalität in wachsendem Maße den safawidischen Ordensführern zu. Der Ordensmeister Heydar (gest. 1488) führte angeblich aufgrund eines Traumes, in dem Alî ihm erschienen war, eine rote Kappe mit zwölf Ausstülpungen ein, die man öfters als Symbole für die zwölf Imame der Schia gedeutet hat. Wegen der Farbe dieser Kopfbedeckung wurden ihre Träger von ihren Gegnern als Kizilbasch, «Rotköpfe», bezeichnet, verstanden diesen Namen jedoch selbst rasch als Ehrentitel. Etwa um die Mitte des 15. Jahrhunderts hatte sich der Orden der Safawîyeh von einer volkstümlich-mystischen Bewegung zu einer straff organisierten und gut bewaffneten Gemeinschaft turkmenischer Glaubenskrieger gewandelt. Für Iran, vor allem das iranische Hochland, bedeuteten die drei Rückwanderungsschübe türkischer Nomadenstämme eine weitere Zunahme der Anzahl von Nomaden; diese hatten keine Möglichkeit, von Iran aus weiterzuziehen, da im Osten – seit dem 16. Jahrhundert – die Usbeken eine dauerhafte militärische Barriere bildeten. Auf diese Weise wurde Iran auch für die folgenden Jahrhunderte zur ständigen Heimat einer zahllosen Menge türkischer Nomaden, denen durch die Herausbildung der neuen Machtblöcke weitere territoriale Ausbreitungsmöglichkeiten verwehrt waren. Der dadurch zwangsläufig entbren nende Streit um Weideland führte zu einer Vielzahl von Kon flikten zwischen Stämmen und Stammesgruppen. Langfristig endete diese Konstellation aber nicht mit der Aufgabe der no madischen Lebensweise, sondern veränderte die Organisation der Stämme: Sie wandelten sich von ursprünglich ökonomisch bedingten Gemeinschaften zu mehr oder weniger militärischen
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Gebilden. Nur die politisch-militärische Oberhoheit über eine seßhafte Bevölkerung, die sie ernährte, garantierte das Überleben der Nomadenstämme in ihrer herkömmlichen Lebens form. Es nimmt nicht wunder, daß Unterdrückung und Auspressung der Landwirtschaft treibenden Bevölkerung Irans durch diese Verhältnisse nochmals verstärkt wurden. Die militärische Vormacht der Nomadenstämme bildete auch in den folgenden Jahrhunderten eine Konstante iranischer Geschichte. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelang es der Zentralge walt, die Stämme allmählich aus ihrer militärischen Machtposi tion zu verdrängen. Die Safawiden
Die safawidische Epoche (1501–1722) bildet erneut eine deutliche Zäsur in der Geschichte Irans. Hatte Iran seit der arabischen Eroberung im 7. Jahrhundert einen Teil der größeren isla mischen Ökumene gebildet und war in regionale Herrschaften zerfallen, errichteten die Safawiden nach achteinhalb Jahrhun derten der Fremdherrschaft und politischen Zersplitterung wieder einen starken und dauerhaften Staat auf iranischem Boden. Sie sind diejenige Dynastie, die das zwölferschiitische Bekenntnis in Iran als Staatsreligion einführte und damit die Schia auf ihrem Territorium an die Macht brachte. Damit begann die religiöse Prägung Irans – zu diesem Zeitpunkt noch überwiegend sunnitisch – als eines schiitischen Landes, das es bis heute geblieben ist, wenn dieser Prozeß sich auch mindestens bis zum Ende der Safawidenzeit hinzog. Bis heute ist das Bekenntnis zur Schia das Element, durch das Iran sich am augenfälligsten von seinen Nachbarn unterscheidet. Der fortschreitende Prozeß der Schiitisierung des Landes hat, gemeinsam mit der geopolitischen Lage Irans zwischen den sunnitischen Blöcken des Osmanischen Reiches, des Usbekenchänats und des indischen Mogulreiches, auf die Dauer zur Herausbildung eines neuen Zusammengehörig keitsgefühls des größten Teils der heterogenen Bevölkerung Irans auf der Grundlage der Zwölferschia beigetragen. Aller dings sollte die Vereinigung umfangreicher persischsprachiger Gebiete des islamischen Ostens unter safawidischer Herrschaft
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nicht, wie gelegentlich geschehen, als der Anfang eines künftigen iranischen Nationalstaates und als Durchbruch iranischen Nationalbewußtseins interpretiert werden. Bis ins zo. Jahrhundert beruhte das Selbstverständnis sowohl der Iraner als auch der auf iranischem Boden lebenden Türken auf ihrem gemeinsamen schiitischen Bekenntnis, das für sie den wahren Islam darstellte. Gestützt auf die Kizilbasch-Stämme eroberte der safawidische Ordensmeister Ismâ’îl im Jahre 1501 – in noch jugendlichem Alter – die Stadt Tabrîz und nahm, in Wiederaufnahme der alten iranischen Königstradition, den Titel schâhânschâh («König der Könige») an. In den folgenden neun Jahren unter warf Ismâ’îl ganz Iran, Mesopotamien und Westafghanistan. Schon unter diesem ersten Safawidenschah begannen die militärischen Auseinandersetzungen mit den Osmanen im Westen und den Usbeken im Osten, die auch unter den folgenden safa widischen Herrschern andauerten. Im allgemeinen wird für die se Feindschaft der religiöse Gegensatz zwischen dem schiitischen Iran und den sunnitischen Osmanen und Usbeken geltend gemacht, doch spielten – ungeachtet wechselseitiger religiöser Propaganda – handfeste politische und territoriale Interessen eine mindestens ebenso große Rolle. Mit den Usbeken rivalisierten die Safawiden um den Besitz der Provinz Chorâsân, die sie sich auf die Dauer sichern konnten. Allerdings gerieten Grenz städte wie Herat und Maschhad mehrmals unter die zeitweilige Kontrolle der Usbeken. Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein wa ren turkmenische Einfälle über die Grenze auf der Jagd nach Beute und nach Sklaven keine Seltenheit. Unvermeidlich war auch der Konflikt mit dem Osmanischen Reich, das im 16. Jahrhundert auf der Höhe seiner Macht stand. Den Unruhen unter den Kizilbasch in Ostanatolien mit ihren starken Bindungen an die Safawiden suchten die osmanischen Sultane zu steuern, indem sie eine militärische Entscheidung provozierten. Sultan Seliml. (reg. 1512–15x0) brachte dem safawidischen Heer im Herbst 1514 bei Tschaldîrân im östlichen Aserbeidschan eine vernichtende Niederlage bei. Der Sieg der Osmanen war vor allen Dingen ihrer Ausrüstung mit
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moderner Artillerie und Feuerwaffen zu verdanken, die der iranischen Armee um diese Zeit noch ganz fehlten. Die neuen Waf fen waren zwar auch in Iran längst bekannt, wurden aber im Gegensatz zum Osmanischen Reich erst mit einer gewissen Ver zögerung akzeptiert. Die Kizilbasch verzichteten freiwillig auf Feuerwaffen, weil ihnen diese Kampfesweise unmännlich und feige erschien; ihr Festhalten am beweglichen Kampf zu Pferde wurde ihnen zum Verhängnis, da die osmanische Artillerie unter ihrer Reiterei verheerende Wirkungen zeigte. Mit der Niederlage von Tschaldîrân endete die bislang erfolgreiche Expan sion des Safawidenreiches, mehr noch: Sie ließ Schah Ismâ’îls Nimbus der Unbesiegbarkeit, wie er ihn für seine KizilbaschAnhänger besessen hatte, dahinschwinden. Während seiner letzten zehn Regierungsjahre nahm er an keinem Feldzug mehr teil. Entgegen der bisherigen Auffassung, daß der Schah auf dem politisch-militärischen Sektor nunmehr gänzlich resigniert habe, zeigen ihn osmanische und venezianische Quellen als klu gen Organisator und vorausschauenden Politiker, der vielfältige diplomatische Anstrengungen unternahm, um die Bewaffnung seiner Truppen zu modernisieren und den jungen safawidischen Staat – erfolgreich – vor einem erneuten Angriff der Osmanen zu bewahren und damit sein Überleben zu sichern. Auch unter Ismâ’îls Nachfolger Tahmâsp (reg. 1524–1576) dauerten die usbekischen Einfälle und die Kämpfe mit den Os manen an; Mesopotamien ging an das Osmanische Reich ver loren. Trotz der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Safawiden und Osmanen während des ganzen 16. Jahrhunderts wurden aber auch immer wieder diplomatische Kontakte aufge nommen. Die Safawiden hatten großes Interesse daran, daß schiitische Pilger sicher zu den Schreinen ihrer Imame im Irak oder zu den heiligen Städten Mekka und Medina pilgern konnten; seitdem der Hedschas an das Osmanische Reich gefallen war (1517), unterstanden auch sie osmanischer Kontrolle. Die Herrschaft von Schah Abbâsl. (reg. 1588–1629), gemeinhin «der Große» genannt, bildet den Höhepunkt safawidi scher Herrschaft. Unter ihm erreichte das Reich seine größte Ausdehnung; er zentralisierte die Verwaltung, sorgte für wirt-
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schaftlichen Aufschwung und förderte Architektur und Kunst. Die aufgrund innerer Konflikte unter seinen Vorgängern einge tretenen territorialen Verluste konnte er weitgehend rückgängig machen: Er eroberte Chorâsân von den Usbeken zurück (1598/ 99), von den Osmanen Aserbeidschan (1603/04) sowie große Teile des Iraks mit Bagdad und Südostanatoliens (1623 IZ4) und von den Mogulkaisern das Gebiet um Kandahar in Westafghanistan (1622). Nach dem Tod des Schahs gingen viele der von ihm unterworfenen Territorien jedoch erneut an das Osmanische Reich verloren. Im Frieden von Zuhâb (Kasr-e Schîrîn) 1639 wurden die Grenzen zwischen dem safawidischen und dem osmanischen Territorium festgelegt; abgesehen von ihrem nördlichen Abschnitt hat diese Grenzregelung bis in die Gegen wart Bestand. Der Vertrag bedeutete für Iran allerdings den endgültigen Verlust des Iraks und der dort gelegenen schiitischen heiligen Stätten. Die Nachfolger Abbâs’ I. waren größtenteils unfähige Herr scher mit der einzigen Ausnahme seines Namensvetters Abbâs II. (reg. 1642–1666). Gegen Ende des Jahrhunderts, als der Machtverlust der Safawidenschahs nicht mehr zu übersehen war, geriet das Reich durch innere ökonomische Probleme und religiös motivierte Aufstände in eine Krise, die es dem afghanischen Stamm der Ghalzay ermöglichten, 1722 in Iran einzufallen und große Teile des Landes zu unterwerfen. Der letzte Safawidenschah Sultan Hoseyn (reg. 1694–1722) wurde im Herbst dieses Jahres zum Rücktritt gezwungen. In der Safawidenzeit wurden diplomatische und kommerzielle Kontakte mit Europa in bisher unbekanntem Ausmaß angeknüpft. Das Interesse Europas am safawidischen Iran hing unmittelbar mit der Bedrohung durch das Osmanische Reich zusammen, der beide ausgesetzt waren. Religiöse Bedenken spielten auf beiden Seiten offensichtlich keine Rolle. Trotz zahl reicher Gesandtschaften kam aber kein greifbares militärisches Ergebnis zustande, da der lange Weg mit seinen Strapazen und Gefahren sich als zu großes Hindernis erwies. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts verlagerte sich das außenpolitische Schwergewicht der europäisch-iranischen Kontakte in wachsendem
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Maße auf Handel und Wirtschaft. Mit den europäischen Gesandtschaften und Handelsexpeditionen strömte auch eine Reihe wissensdurstiger Forschungsreisender ins Land, die eine Fül le aufschlußreicher Reiseberichte über das safawidische Persien hinterlassen haben. Wiederum war es vor allem Schah Abbâs I., dem die Förderung des Außenhandels am Herzen lag und der sich bemühte, europä ische Kaufleute ins Land zu ziehen. Von europäischer Seite aus wurde der Fernhandel seit dem 16. Jahrhundert zunehmend durch große staatliche Handelskompanien betrieben, die den Vorteil einer breiten Kapitalbasis besaßen. Während des 17. Jahr hunderts konkurrierten im Asienhandel die britische und die holländische Ostindienkompanie (East India Company, gegründet 1600; Oost Indische Compagnie, gegründet 1602), die beide an kommerziellen Beziehungen zu Iran interessiert waren. Die in Europa hochgeschätzten Exportwaren Irans – vor allem Seide, Tuche und Gewürze – wurden auf den herkömmlichen Karawa nenrouten über Bagdad und Aleppo zum Mittelmeer bzw. über Tabrîz und Trapezunt ans Schwarze Meer transportiert. Beide Wege führten allerdings über osmanisches Gebiet, waren durch Transitzölle belastet und in Kriegszeiten nicht begehbar. Der See weg nach Europa, den die Portugiesen unter Vasco da Gama (14 69–1524) mit der Umsegelung des Kaps der Guten Hoffnung schon 1497/98 geöffnet hatten, blieb Iran allerdings vorerst ver sperrt. Die Portugiesen hatten sogleich die strategisch und kommerziell günstige Lage der Insel Hormoz an der Einfahrt zum Per sischen Golf erkannt und sie 1515 endgültig unterworfen. Während des 16. Jahrhunderts war der Seehandel im Indischen Ozean praktisch ein portugiesisches Monopol, das Schah Abbâs erst 1623 mit Hilfe einer Flotte der East India Company brechen konnte. Nachdem er Hormoz zurückerobert und die Inselstadt zerstört hatte, entwickelte sich die Siedlung an der Südküste des Festlandes, wo sich in Konkurrenz zu Hormoz schon seit einiger Zeit britische, holländische und französische Faktoreien nieder gelassen hatten, unter dem neuen Namen Bandar Abbâs (persisch bandar, «Hafen») zu einem der wichtigsten Stapelplätze für den Asienhandel.
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Die Zerschlagung des portugiesischen Handelsstützpunktes machte den Weg frei für die Handelsaktivitäten der neuen Seemächte Großbritannien und Holland im Persischen Golf. Auf der iranischen Seite spielten armenische Kaufleute eine wichtige Rolle, die ihrerseits Handelsniederlassungen in Europa gründe ten. Um die kommerzielle Erfahrung und das handwerkliche Können der Armenier für die Wirtschaft des Reiches nutzbar zu machen, ließ Schah Abbâs einige tausend armenische Familien aus Aserbeidschan in seine neue Residenz Isfahan umsiedeln (1604), wo er ihnen ein Stadtviertel zuwies, das mit dem Namen ihrer alten Heimatstadt Dscholfâ benannt wurde und bis heute das Stadtviertel der Armenier geblieben ist. Die Rivalität der britischen und holländischen Ostindienkompanien um die Vorherrschaft im Persischen Golf war am Ende des 17. Jahrhunderts zugunsten der ersteren entschieden. Mit dem Niedergang des Safawidenreiches schwand jedoch die äußere Sicherheit im Golf, der in wachsendem Maße von Pira ten (zumeist Arabern, aber auch Briten) heimgesucht wurde. Dennoch erhielt die East India Company in Bandar Abbâs und später in Basra im Südirak ihre Handelstätigkeit, wenn auch in reduziertem Umfang, aufrecht. Während des 18. Jahrhunderts wurden im Norden verstärkt Handelsbeziehungen mit dem zaristischen Rußland angeknüpft. Seit dem Ende dieses Jahrhunderts wandelten sich dann die bislang ausschließlich auf den Handel ausgerichteten Interessen Europas an Iran zu einem Machtkampf der großen europäischen Nationen um politischen Einfluß im Mittleren Osten. Der Staat der Safawiden Die Safawiden beanspruchten, vom siebten Imam Mûsâ al-Kä zim («der Selbstbeherrschte», gest. 799) und damit in direkter Linie vom Propheten Mohammed abzustammen. Dieser Anspruch ist nicht zweifelsfrei zu beweisen, doch immerhin behaupten schon die ältesten erhaltenen Quellen zur Vorgeschichte der Safawiden, sie seien Angehörige der alidischen Familie. Auf jeden Fall wurde diese Herkunft der Safawiden für wahr
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gehalten und verlieh ihnen ein hohes religiöses Prestige, das es ihnen erlaubte, als einzige Repräsentanten und Stellvertreter des verborgenen zwölften Imams aufzutreten. In der Person des sa fawidischen Schahs vereinten sich so die höchste religiöse und weltliche Autorität zu einem universalen Herrschaftsanspruch, wie es ihn in dieser Form seit dem Sturz des abbasidischen Kali fats nicht mehr gegeben hatte. Die Safawiden waren zugleich in Personalunion Ordensmeister der Safawîyeh. Sie vermochten jedoch die sufische Organisation des Ordens nicht in die Staatsverwaltung zu integrieren, so daß das Sufitum mit fortschreiten der Zeit immer bedeutungsloser wurde. Zwar band es die Kizil basch in besonderer Weise an den Schah, doch als es Schah Ab bäsl. (reg. 1588–1629) gelang, die Stämme zurückzudrängen, verlor auch das Sufitum jeglichen politischen Einfluß. Das von den Safawiden hinterlassene Erbe der langen iranischen Kö nigstradition wurde von späteren Dynastien aufgenommen, die allerdings den religiösen Nimbus der safawidischen Schahs nicht in Anspruch nehmen konnten. Nach dem Zerfall des Safawidenreiches 1722 traten daher zahlreiche Prinzen echter oder angeblicher safawidischer Abstammung im ganzen Land als Thronprätendenten auf, deren sich die wirklichen neuen Machthaber als Aushängeschild zur Legitimation ihrer eigenen Herrschaft bedienten. Während des 16. Jahrhunderts behaupteten die KizilbaschStämme, mit deren Hilfe die Safawiden an die Macht gekom men waren, noch ihre Vormachtstellung im Staat. Die militärischen Ämter und die Position der Provinzgouverneure wurden mit Turkmenen besetzt, wobei die Kizilbasch-Führer, denen eine Provinz zur Verwaltung übergeben worden war, in der Regel ihre Stammesgenossen dorthin mitnahmen; auf diese Weise blieb die Einheit der Stämme bewahrt. Das safawidische Reich war somit zunächst keineswegs ein Zentralstaat, sondern be ruhte im Grunde auf der Herrschaft nomadischer Stämme; dem entsprach die Beibehaltung des mobilen Hoflagers durch die Safawidenschahs. Militärisch waren die Safawiden noch lange vollkommen von den Kizilbasch abhängig. Überdies folgten die Schahs der üblichen Praxis, die Kizilbasch-Führer für geleistete
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Militärdienste mit der Vergabe des Steueraufkommens bestimmter Gebiete zu entlohnen. Wie schon unter früheren Dynastien wurden auch unter den Safawiden die Lehen de facto erblich und Eigentum der Militärführer. Der latenten Instabi lität des Reiches, das ständig in der Gefahr schwebte, in selbständige Gebiete unter der Herrschaft der Kizilbasch-Stämme auseinanderzufallen, suchten die Safawiden dadurch zu steuern, daß sie im Gegensatz zu den militärischen Ämtern die Posten in der Zivilverwaltung von Anfang an mit iranischen Beamten be setzten. Diese stellten aufgrund ihrer Erfahrung und seßhaften Lebensweise ein verläßlicheres Fundament für den Staat dar als die Kizilbasch. Erst Schah Abbâs I. gelang es, die Staatsverwaltung zu zentralisieren und die Vormachtstellung der Kizilbasch zu beseitigen. Unter seiner Regierung begann der unaufhaltsame Abstieg der turkmenischen Stämme und der Verfall ihres politischen und mi litärischen Einflusses. Abbâs schuf bald nach seiner Thronbestei gung – weitgehend nach dem Vorbild der Janitscharen im Osma nischen Reich – ein stehendes Heer mit Kavallerie-, Infanterieund Artillerie-Einheiten. Er hatte zwei britische Abenteurer, die Brüder Robert und Anthony Sherley, an seinem Hof aufgenom men, deren Kenntnisse der Artillerietechnik er sich zunutze machte. Daß sie allerdings die Artillerie in Iran eingeführt haben sollen, ist eine Fiktion, da sie dort schon seit der Zeit Ismâ’îls bekannt war. Die neue Armee des Schahs setzte sich aus den soge nannten «Königsknappen» (persisch gholâmân, türkisch kullar, «Sklaven») zusammen, größtenteils kaukasischen Christen (Ge orgier, Armenier u.a.), die während der Feldzüge der Safawiden gefangengenommen, zum Islam bekehrt und für Dienste am Hof ausgebildet worden waren. Die Loyalität dieser Waffensklaven galt nicht mehr einem bestimmten Stamm, sondern ausschließ lich dem Schah, der in ihnen wertvolle Unterstützung gegen die Kizilbasch fand. Neugeschaffene militärische Ämter wie das des Oberkommandierenden der Königsknappen und der Büchsenschützen wurden mit Kaukasiern besetzt und schließlich auch der neue Posten des Obersten Kommandanten der gesamten safawidischen Streitkräfte (persisch sardâr-e laschkar). Damit
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wurde unvermeidlichen Zwistigkeiten zwischen Turkmenen und Iranern um diese hohen Stellungen wirksam vorgebeugt, denn die Entmachtung der Kizilbasch hatte zwangsläufig den Einfluß der iranischen Zivilbeamten, vor allem des Wesirs, vermehrt. Die Besetzung der neuen Positionen mit Königsknappen, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts rund ein Fünftel aller hohen Staatsäm ter innehatten, sicherte den Zusammenhalt der Armee. Zusätz lich ließ Schah Abbâs systematisch Kizilbasch-Gruppen umsie deln und über Iran verstreuen, um ihre Stammesbindungen zu untergraben. War es Schah Abbâs so gelungen, eine Balance zwischen den drei staatstragenden Gruppen – Turkmenen, Iranern, Kauka siern – herzustellen, erwiesen sich seine Maßnahmen doch nur kurzfristig als erfolgreich und trugen auf lange Sicht zum Niedergang der Safawiden bei. Die neuen Königstruppen wur den – anders als die Kizilbasch – aus den Erträgen der Lände reien, die der Krone direkt unterstanden, besoldet. Auf Kosten der Kizilbasch wurden nun große Flächen Land in den Provin zen dem Krongut zugeschlagen und Mitglieder der Königsknap pen zu seiner Verwaltung und zur Steuereinziehung für die Staatskasse eingesetzt. Die zahlenmäßige Verringerung der Kizilbasch-Statthalter brachte langfristig allerdings eine verstärkte finanzielle Ausbeutung der Krondomänen mit sich, da die Königsknappen ja nicht vom Land selbst lebten wie die Kizilbasch, sondern stets versuchten, während ihrer Amtszeit möglichst viel aus den ihnen übertragenen Ländereien herauszupressen. Die übermäßige Besteuerung, die Verarmung der bäuerlichen Bevölkerung und der dadurch hervorgerufene nochmals erhöhte Steuerdruck, um den Verwaltungsapparat und die Ansprüche des Hofes und des Militärs zu befriedigen, war eine der Hauptursachen für den Verfall des Staates. Ein weiteres tat die Unfähigkeit der Nachfolger von Schah Abbâs. Auch diese geht auf einen folgenschweren Schritt zu rück, denn aus Angst vor Verschwörungen gab Abbâs den bis dahin geübten Brauch auf, die jungen Prinzen in die Provinzen zu schicken, wo sie unter der Anleitung der Kizilbasch-Führer praktische Kenntnisse in der Verwaltung sammeln sollten. Er
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sperrte stattdessen seine Söhne in den Harem ein, wo sie unter dem Einfluß der Frauen und Eunuchen des Hofes standen, kei nerlei Regierungserfahrung erwerben konnten und auch später, selbst zur Herrschaft gelangt, oft wenig Neigung zeigten, sich den Angelegenheiten des Staates zu widmen. Die auf Abbâs fol genden Schahs behielten die Haremserziehung der Prinzen bei; Intrigen von Militärs, Hofbeamten, Eunuchen, Prinzessinnen und Konkubinen waren die Folge. Wachsende ökonomische Probleme sowie religiöse Unruhen und Aufstände, hervorgeru fen vor allem durch die unheilvolle Verfolgung der noch in Iran lebenden Sunniten unter dem letzten Safawiden Sultan Hoseyn (reg. 1694–1722), trugen das ihre zur weiteren Destabilisierung des Reiches bei, dessen Ende – trotz eines Nachspiels von ver schiedenen safawidischen Marionettenherrschern – im Jahre 1722 mit dem Rücktritt Sultan Hoseyns endgültig besiegelt war. Das kulturelle Erbe der Safawidenzeit ist untrennbar mit der Stadt Isfahan verbunden, die Schah Abbâs I. um 1600 zu seiner Hauptstadt wählte und zu einer glanzvollen Residenz ausbauen ließ, die sich bis heute mit Recht rühmen darf, einige der schön sten Architekturdenkmäler der Welt zu besitzen. Im Süden und Südwesten des alten, hauptsächlich aus der Seldschukenzeit stammenden Stadtzentrums mit seinen gewundenen Gassen legte der Schah sein neues prächtiges Residenzviertel mit kühn geplanten Blickachsen und ausgedehnten Gärten an. Sein Zentrum ist der riesige Königsplatz, dem nach Aussagen europäischer Reisender im zeitgenössischen Abendland nichts gleichkam. Das künstlerische Schaffen Irans erreichte in Isfahan nochmals einen Höhepunkt: Schah Abbâs bot Handwerker, Architekten und Künstler aus dem ganzen Land auf, die viele unvergleichliche, mit Schriftbändern und komplizierten Mustern aus glasierter Fayence überzogene Bauten schufen. Unter Schah Abbâs wurde Isfahan zu einer kosmopolitischen Stadt, deren Bevölkerung von ursprünglich ca. 60 000 Einwohnern sich rasch verzehnfacht haben soll. Viele europäische Zeitgenossen liefern davon ein farbi ges Bild: Sie beschreiben ein buntes Völkergemisch aus Iranern, Türken, Europäern, Chinesen und Indern, aus Muslimen, Zoroastriern, Christen, Juden und Hindus.
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Gleich nach der Einnahme von Tabrîz ließ der junge Schah Ismâ‘il die Zwölferschia als Staatsreligion verkünden. Welche Grün de ihn dazu bewogen haben mochten, ist bislang nicht zweifels frei geklärt. Außer Frage steht, daß der Safawîyeh-Orden sich mit seiner wachsenden Militanz auch religiös grundlegend wan delte. Obgleich dieser Wandlungsprozeß im einzelnen nicht deutlich ist, muß auffallen, daß keiner der einschlägigen Chronisten der Zeit, auch nicht die Gegner der Safawiden, einen Vor fahren Ismâ’îls als Schiiten bezeichnet. Die von den Zeitgenossen bezeugte göttliche Verehrung, die die Turkmenen den safawidischen Ordensmeistern entgegenbrachten und die sie zu einem ge radezu grenzenlosen Opfermut auf dem Schlachtfeld anspornte, prägte auch Ismâ’îl selbst. Sein in Türkisch, der Sprache der Kizilbasch, verfaßter Diwan (Gedichtsammlung), der aus seinen jungen Jahren stammt und programmatischen Charakter hat, enthüllt ein sehr persönlich gefärbtes extremes religiöses Sen dungsbewußtsein, das mit der orthodoxen Zwölferschia nichts, mit den Anschauungen der Kizilbasch-Stämme jedoch sehr viel zu tun hat: Ismâ’îl begreift sich in seinen Gedichten als Inkarnation göttlicher Substanz und sogar als den wiedergekehrten zwölften Imam, den Mahdi. Wenn sich auch diese extreme Auffassung nicht durchsetzte, so bleibt es doch ein merkwürdiges Faktum, daß die Einführung der Zwölferschia als Staatsreligion von einem Mann initiiert wurde, der von der seit langem entwickelten zwölferschiitischen Theologie eine höchst verschwommene, wenn überhaupt eine Vorstellung hatte. In jedem Fall beginnt mit Ismâ’îl eine neue Polarisierung zwischen Sunna und Schia. Seine starke, ja aggressive antisunnitische Animosität gipfelte in der Forderung nach der öffentlichen Verfluchung der drei ersten Kalifen, die er von allen Untertanen als äußeres Zeichen ihrer schiitischen Einstellung erwartete. Hier beginnt eine Ideologisierung des schiitischen Bekenntnisses, die zwischen Sunniten und Schiiten tiefe Gräben aufgerissen und Gegensätze hervorgerufen hat, wie sie in dieser Schärfe im 15. Jahrhundert nicht mehr zu beobachten gewesen waren.
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Die von oben verordnete zwölferschiitische Staatsreligion wurde von der immer noch mehrheitlich sunnitischen Bevölkerung Irans zunächst mit großem Unmut aufgenommen und konnte nur durch Zwangsmaßnahmen verbreitet werden. Viele Gelehrte, die sich dem neuen Glauben nicht unterwerfen woll ten, verloren ihr Leben oder flohen in die sunnitischen Nachbarstaaten Irgendeine zwölferschiitische Tradition gab es in Iran zu Beginn des 16. Jahrhunderts noch nicht. So ist es fraglich, ob Ismâ’îl und seinen Nachfolgern der Gewaltakt, ein ganzes Volk zur Annahme eines neuen Bekenntnisses zu zwingen, überhaupt gelungen wäre ohne die Unterstützung arabischer schiitischer Gelehrter aus Bahrain, dem Südlibanon und dem Südirak – traditionellen schiitischen Zentren –, die ins Land gerufen wurden, um die imamitische Lehre zu erklären und der Bevölkerung nahezubringen. Dem Wirken dieser Gelehrten ist es zu verdanken, daß die Schia ihre extremen Ele mente und ihre volkstümliche Form aufgab. Sie entwickelten das gelehrte Gebäude zwölferschiitischer Orthodoxie zu seiner bis heute gültigen Form, so daß sich die religiöse Orientierung des Safawidenreiches immer mehr von seinem von den Kizil basch getragenen populären Ursprung und damit vom Sufitum entfernte. Der Ausdruck «Sufi», einst eine ehrenvolle Bezeichnung für die Anhänger der Safawiden, nahm im Laufe des 17. Jahrhunderts die Bedeutung von «Häretiker, Ketzer» an. Unter der Herrschaft der Safawiden konnten sich die imami tischen Gelehrten zum ersten Mal in der Geschichte der Zwölferschia ohne staatliche Repressionen als eigenständige gesellschaftliche Gruppe formieren. Ihre endgültige Ausformung fand die schiitische Geistlichkeit zwar erst im 18. Jahrhundert, doch wurden in der Safawidenzeit die Grundlagen für die Her ausbildung eines Standes gelegt, den man mit einigem Recht als «Klerus» bezeichnen kann; anders als im Christentum sind die «Geistlichen» jedoch keine geweihten Priester, sondern lediglich Gelehrte (arabisch ulamä’), die ein Studium der religiösen und juristischen Tradition der Schia absolviert haben. Der persische Titel dieser Gelehrten, die es auch im sunnitischen Islam in ganz
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ähnlicher Weise gibt, ist molâ (von arabisch niaulâ «Herr, Mei ster») oder âchûnd (persisch etwa «Lehrer»). Bereits unter Schah Ismâ’îl begann die hierarchische Organi sation der schiitischen Geistlichkeit. Er führte das – in ähnlicher Form schon in der Timuridenzeit nachzuweisende – Amt des Sadr (arabisch sadr, «Oberhaupt») ein, dem es oblag, die reli giösen Institutionen und das Stiftungswesen zu überwachen. Im Sinne der Schiitisierung Irans hatte der Sadr zugleich die Aufgabe, die zwölferschiitische Lehre zu verbreiten und ihr Dogma gegen Abweichungen zu verteidigen. Das Amt des Sadr diente damit auch als Gegengewicht gegen den unorthodoxen Fanatismus der Kizilbasch, die noch Ismâ’îls Nachfolger Tahmâsp göttliche Verehrung entgegenbrachten. In dem Maße, wie sich die orthodoxe imamitische Lehre im Land durchsetzte, verlor das Amt des Sadr an politischer Bedeutung, während der Einfluß der zwölferschiitischen Rechtsgelehrten, der Mudschtahids, anwuchs. Mit dem arabischen Wort idschtihâd (wörtlich «Bemühung») wird die eigenständige Rechtsfindung des Gelehrten aufgrund intellektueller Anstrengung bezeichnet. Die Prinzipien, auf denen der imamitische idschtihâd beruht, entwarf bereits der Gelehrte al-Allâma (arabisch «der Hochgelehrte») al-Hillî (1250–1325), der unter mongolischer Herrschaft in Hilla im südlichen Irak, dem damaligen Zentrum zwölferschiitischer Gelehrsamkeit, wirkte. Die Fähigkeit, durch rationale Überlegung gültige Erkenntnisse zu erlangen, gesteht er allein den Gelehrten zu, die dafür eine entsprechende Ausbildung durchlaufen haben müssen. Der Mudschtahid – d. h. der idschtihâd betreibende Gelehrte – ist jedoch fehlbar, denn Unfehlbarkeit kann nur der zwölfte Imam besitzen. Solange dieser in der Verborgenheit weilt, sind alle auf dem Verstandesweg gefundenen Ergebnisse der Gelehrten nur vorläufig, so daß das Nebeneinander von widersprüchlichen Entscheidungen toleriert werden kann. Des weiteren darf der Mudschtahid sich nicht auf einen schon ver storbenen Kollegen berufen oder ihn zitieren, da die jeweils gegenwärtig lebende Generation über anstehende Fragen durch Diskussion zu einem Konsens kommen soll. Diese Konzeption
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des rationalen idschtihâd, der sich im 18. Jahrhundert in der Zwölferschia endgültig durchsetzte, begründet die Autorität des Mudschtahid in religiösen und rechtlichen Angelegenheiten und bildet damit die Voraussetzung für den späteren – dann auch politischen – Einfluß der imamitischen Gelehrten. Die Safawiden, insbesondere Schah Abbâs I., und die Wür denträger des Hofes ließen den schiitischen heiligen Stätten und Institutionen umfangreiche Stiftungen zukommen, die von den Gelehrten verwaltet wurden und deren Erträge ihnen unmittel bar zugute kamen. Da Stiftungen nach dem islamischen Recht bis zum Jüngsten Tage als unveräußerlich gelten, sammelte sich durch Stiftungseinkünfte – wie auch durch die Ausübung gutbe zahlter religiöser Ämter – viel Geld in den Händen der Mudschtahids an. Die schiitischen Heiligtümer in Maschhad und Ghom sowie die Imamgräber im Irak – Nadschaf, Kerbela, Kâzimayn und Samarra – erlebten eine neue Blütezeit. Die Stiftungsgüter aller dieser Stätten sind bis heute durch Spenden und Stiftungen sei es der Herrscher Irans, sei es von Gläubigen aus aller Welt ins Unermeßliche gestiegen. Die wachsende Macht der Mudschtahids erwies sich zwangsläufig als Bedrohung für die Position des Safawidenschahs. Den gleichen Anspruch wie dieser, nämlich der einzige legitime Repräsentant des verborgenen Imams zu sein, erhoben ebenso die Mudschtahids. Wenn sich auch die Monarchie als stark genug er wies, ihre Rolle als Führer der Schia bis zum Ende der Safawi dendynastie zu behaupten, wuchs der Einfluß der Gelehrten un ter den zumeist schwachen Nachfolgern Schah Abbâs’ I. deutlich an. Zwar hat es Perioden der Entspannung, sogar einer gewissen Zusammenarbeit zwischen Herrscher und Gelehrten durchaus gegeben; grundsätzlich stellten die Mudschtahids die Autorität des Schahs jedoch in Frage. Mit dem Untergang des Safawidenreiches verschwand die einzige Dynastie, die den Nimbus der Abstammung vom Propheten über den siebten Imam und die Auto rität, die Schia zu führen, beanspruchen konnte. Der Fortfall dieser Konkurrenz ließ den Gelehrtenstand zu einem bedeutenden Machtfaktor werden, der zu der autokratischen Herrschaft der später etablierten Königsdynastien in Opposition trat und sich
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dadurch auch zu einem Sammelpunkt für alle Gegner der Mon archie entwickeln konnte. Der endgültige militärische Verlust des Iraks, der im Jahre 1639 besiegelt wurde und der den in Iran selbst liegenden schiitischen Heiligtümern wie Maschhad und Ghom zu neuem Prestige verhalf, begünstigte zugleich aber auch die wachsende Unabhängigkeit der Geistlichkeit von der Monar chie. Die Gelehrten konnten sich nun in Konfliktfällen jederzeit der unmittelbaren Macht des Schahs entziehen und sich an den schiitischen heiligen Stätten im Irak niederlassen. Aus der Oppo sitionsrolle gegen das Königtum, die die Mudschtahids seit dem 17. Jahrhundert innegehabt hatten, traten sie erst 1979 heraus, als sie die Königsherrschaft stürzten und selbst die politische Macht übernahmen. Iran ist in dieser Hinsicht insofern einzigartig, als sich keine ähnliche Entwicklung je in einem sunnitischen Land vollzogen hat. Iran im 18. Jahrhundert
Die Invasion der Afghanen nach Iran 1722, die das Ende der Sa fawidendynastie brachte, wurde von Nâder Chân aus dem turk menischen Stamm der Afschâr zurückgeschlagen. Die Afschâr, die zu den Kizilbasch gehört hatten, nomadisierten im Norden Chorâsâns. Nâder (geb. 1688) war ein militärischer Abenteurer, der sein Leben mit einer fast ununterbrochenen Serie von Kriegs- und Eroberungszügen zubrachte. Zunächst militärischer Befehlshaber safawidischer Kronprätendenten, ließ Nâder sich im Jahre 1736 in der Mughân-Steppe in Nordwestiran schließlich selbst krönen und nannte sich von da an Nâder Schah (reg. 1736–1747). Seine Hauptstadt verlegte er von Isfahan nach Maschhad in Chorâsân, das innerhalb des Weidege bietes der Afschâr lag. Seine zahlreichen Feldzüge, in deren Verlauf Nâder Schah umfangreiche Eroberungen in Afghanistan machte, den Pfauenthron und den berühmten Kohinoor-Dia manten (von persisch kûh-e nur, «Berg des Lichts») aus Indien entführte (1739) und die Grenzen Irans zum Osmanischen Reich gemäß dem Vertrag von Zuhâb (Kasr-e Schîrîn) von 1639 wiederherstellte (1746), brachten explodierende Kosten für den
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Unterhalt seiner riesigen Armee mit sich und verschwendeten die Ressourcen des Landes. Die zwangsläufige Folge erdrükkend hoher Steuern machte den Schah bei der Mehrheit der aus gepreßten Bevölkerung bald verhaßt. Insbesondere verprellte Nâder Schah mit seiner Religionspolitik die zwölferschiitischen Geistlichen, als er versuchte, die Zwölferschia zu einer fünften orthodoxen Rechtsschule, die gleichberechtigt neben die vier etablierten sunnitischen Rechtsschulen treten sollte, zu erklären; nach Dscha’far, dem sechsten Imam der Zwölferschia, nannte er sie Dscha’fariya. Die Wiedereinführung der Sunna in Iran, in der der Schah eine Möglichkeit zum Ausgleich mit dem sunnitischen Osmanischen Reich und zur Zerschlagung der einflußreichen Stellung der schiitischen Geistlichkeit gesehen haben dürfte, scheiterte und trieb im Gegenteil zahlreiche Mitglieder des Klerus außer Landes. Sie empfanden die Maßnahmen des Schahs als Glaubensverfolgung und ließen sich im osmanischen Irak an den heiligen schiitischen Grabstätten der Imame nieder. Im Sommer 1747 wurde Nâder Schah von einer Gruppe von Anführern der Afschâr- und Kâdschâr-Stämme ermordet. Nâder Schahs Tod stürzte Nord- und Nordostiran infolge der miteinander um Macht und Territorien streitenden zahl reichen Militärführer in ein Chaos. Lediglich Südiran erlebte unter den Zand eine Periode des Friedens und Wohlstandes. Die Zand kamen aus dem gleichnamigen iranischen Nomadenstamm, der im mittleren Zagros lebte. Einer ihrer Führer, Mohammed Karîm Beg, der spätere Karîm Chân und bedeu tendste Herrscher der Dynastie, regierte als wakil (arabisch «Stellvertreter, Bevollmächtigter») zunächst als Vertreter des safawidischen Prinzen Ismâ’îl III. (reg. 1750–1753), den er bis zu dessen Tod 1773 in ehrenvoller Gefangenschaft hielt. Nach ihm setzte er keinen neuen Schattenkönig mehr ein, so daß nun die Idee einer möglichen Restauration der safawidischen Dyna stie endgültig erlosch. Mit seinem Einzug in Schiras, das er zu Beginn der 1760er Jahre zu seiner Hauptstadt machte, wandelte Karîm Chân seinen Titel in wakil ar-ra’âyâ («Treuhänder der Untertanen») um.
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Die Zand waren nach siebenhundert Jahren türkischer und mongolischer Oberhoheit die erste Dynastie iranischer Herkunft. Ihr nur kurze Zeit währendes Staatswesen (1751 –1794) brachte für den Süden Irans, insbesondere unter der Herrschaft Karîm Châns (reg. 1751–1779), Ruhe und wirtschaftlichen Aufschwung. Karîm Chân verzichtete auf überflüssige ruinöse Eroberungskriege und bemühte sich mit Erfolg darum, sein ver wüstetes und verarmtes Land durch moderate Steuern und Bele bung des Handels zu ordnen und zu einem gewissen Wohlstand zu bringen. Die Zand maßen sich keinerlei religiöse Autorität an, förderten aber wieder – im Gegensatz zu Nâder Schah – die Zwölferschia. Die zwölf Distrikte von Schiras wurden je einem der zwölf Imame geweiht, die von Nâder Schah abgeschafften religiösen Gerichte erneut eingesetzt. Die Stadt Schiras erlebte eine neue Blüte als Zentrum des Handels und des kulturellen Lebens, in der Karîm Chân eine rege Bautätigkeit entfaltete und ihr viel von ihrem heutigen Gesicht gab. U. a. ließ er die Gedenkstätten zu Ehren der berühmten Dichter Sa’dT und Hâfez restaurieren. Nach Karîm Châns Tod 1779 wurden seine vier Söhne augenblicklich zum Spielball der Interessen seiner weiteren Verwandten. Bis 1789 waren fast alle männlichen Nachkommen und Verwandten entweder verstorben, im Kampf gegeneinander gefallen oder hingerichtet worden, so daß das Land inner halb weniger Jahre an die türkische Dynastie der Kâdschâren fiel.
IV. Von den Kâdschâren zur Islamischen Republik (1779 bis heute) Die Kâdschâren
Die Geschichte des 19. Jahrhunderts wird im wesentlichen durch die massive Expansion der großen europäischen Nationalstaa ten bestimmt, die mit politischen und ökonomischen Mitteln ihre widerstreitenden Kolonialinteressen in der außereuropäischen Welt durchzusetzen versuchten. Unvermeidlich wurde Iran in diese Auseinandersetzungen hineingezogen: Die Dynastie der Kâdschâren (1779–1925), die Iran nach dem Zerfall des Safawidenreiches wiederum geeint und zu einer bedeutenden Machtposition im Mittleren Osten gebracht hatte, führte einen beständigen Kampf um den Erhalt der politischen Souveränität des Landes und die Bewahrung seines staatlichen Territoriums. Auf die Dauer konnten die Kâdschâren jedoch bleibende territoriale Verluste ebensowenig verhindern wie die fortschreitende wirtschaftliche Durchdringung Irans durch europäische Großmächte. Die überdeutlich gewordene militärische und technische Überlegenheit Europas regte zum Nachdenken über offenbar dringend notwendig gewordene Reformen im Innern an, führte aber auch zu stürmischen Diskussionen um die Übernahme europäischer säkularer Ideen von Staat und Nation. Der damals beginnende heftige Streit um die Angleichung Irans an die westliche Zivilisation, um die Gefahr allzu großer Verwestlichung und die Rückbesinnung auf eigene traditionelle Werte setzte sich mit unverminderter Schärfe auch im 20. Jahrhundert fort. Den turkmenischen Stamm der Kâdschâr, der zu den Kizil basch gerechnet wurde, verteilte Schah Abbâs I. an der Nordgrenze Irans, die er vor äußeren Angriffen sichern sollte. Nach dem Tod Karîm Chân Zands 1779 konnte Aghâ Mohammed, der Sohn eines Oberhauptes der Kâdschâr, in den Norden Irans fliehen, die Unterstützung der kädschärischen Stammesgruppen
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gewinnen, den größten Teil der Nordprovinzen unter seine Kon trolle bringen und die Herrschaft der Zand in Südiran zerschla gen. Nach der Eroberung von Aserbeidschan, Armenien und Georgien ließ er sich im Frühjahr 1796 in der Mughân-Steppe zum Schah krönen; mit der Annahme des altpersischen Titels schâhânschâh («König der Könige») reihte auch er – wie viele vor ihm – sich und die von ihm begründete Dynastie in die lange iranische Königstradition ein. Da die Kâdschâren über keinerlei religiöse Legitimierung verfügten, trachtete Aghâ Mohammed danach, seine Krönung zu einem Legitimationsakt zu machen, indem er das unter den Safawiden übliche Zeremoniell anwand te und damit an ihren religiösen Nimbus anzuknüpfen versuch te. Zu seiner Hauptstadt hatte Aghâ Mohammed schon einige Jahre zuvor Teheran gewählt, eine Provinzstadt in der Nähe des alten Rey, da sie günstig in der Nähe der Weidegebiete der Kädschär-Stämme im Südosten des Kaspischen Meeres lag. Erst Nä ser ad-Dîn (reg. 1848–1896) aber vergrößerte das Areal Teherans erheblich und baute die Stadt, inspiriert durch seine Europareisen, zu einer wirklichen Metropole aus. Das außenpolitische Ziel der Kâdschârendynastie war die Wiederherstellung der Grenzen Irans unter den Safawiden, das sie jedoch nicht erreichen konnten. Die Provinz Chorâsân konnte Aghâ Mohammed noch ohne größere Schwierigkeiten unterwerfen. Nachdem der Schah im Sommer 1797 von zweien seiner Diener ermordet worden war, mußten schon unter seinem weltfremden Neffen Fath Alî Schah (reg. 1797–1834), der ihm auf den Thron folgte, erhebliche territoriale Verluste hinge nommen werden. In seiner Regierungszeit begann die direkte Einmischung europäischer Mächte in die inneren Verhältnisse Irans. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren Großbritannien und Rußland zu den europäischen Nationen mit dem größten Einfluß im Mittleren Osten aufgestiegen. Sie kämpften während des ganzen 19. Jahrhunderts um die politisch-militärische und ökonomische Vormachtstellung in Iran, an dem beide Länder unmittelbares Interesse hatten: Während Rußland sein Staatsgebiet im Kaukasus zu vergrößern suchte, wollte Großbritannien sich eine Landroute zu seinen indischen Kolonialgebieten
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sichern und Rußland vom Indischen Ozean fernhalten. Der Verlauf des Krieges zwischen Iran und Rußland, das 1801 Georgien annektiert hatte und 1804 in die iranischen Gebiete Trans kaukasiens vorstieß, wurde in hohem Maße von den wechselnden Bündnisverhältnissen zwischen Frankreich, Großbritannien und Rußland in den napoleonischen Kriegen bestimmt. Als Fol ge der aus iranischer Sicht undurchsichtigen Allianzen büßte das Land große Gebiete im Kaukasus ein, die im Vertrag von Golestân 1813 endgültig an Rußland fielen. Von der schiitischen Geistlichkeit zur Verteidigung der Muslime im Kaukasus gedrängt, ließ sich der Schah auf einen neuerlichen Krieg mit Rußland ein (1826); er endete 1828 mit dem Frieden von Tork mântschây (in Iranisch-Aserbeidschan) und brachte mit dem Verlust weiterer kaukasischer Provinzen die bis heute gültige Grenzfestlegung. Iran war schon 1813 gezwungen worden, der demütigenden Regelung, daß Rußland den künftigen iranischen Thronerben bestätigen müsse, zuzustimmen. Nun mußte es sich zur Zahlung einer enormen Entschädigungssumme verpflichten und Rußland die volle Konsulargerichtsbarkeit über russische Staatsbürger in Iran zugestehen, die damit der iranischen Rechtsprechung gänzlich entzogen wurden. Das berüchtigte System dieser sogenannten «Kapitulationen», das hier seinen Anfang nahm, wurde später auch auf andere europäische und osmanische Staatsbürger in Iran ausgedehnt. Während die zur Zeit Nâder Schahs festgelegte Grenze zum Osmanischen Reich trotz häufig auftretender Spannungen eini germaßen stabil blieb, wurde im Osten erst um die Mitte des Jahrhunderts eine endgültige Regelung erzielt. Nach vergeblichen Versuchen, Herat und Westafghanistan – ehemals irani sches Territorium – zurückzuerobern (1833, 1837), unternahm Nâser ad-Dîn Schah einen erneuten Vorstoß und eroberte Herat im Frühling 1856. Der daraufhin ausbrechende Konflikt mit Großbritannien, das Afghanistan als notwendiges Glacis für seine indischen Kolonien betrachtete, endete 1857 mit dem Frieden von Paris, in dem Iran sich zur Aufgabe Herats und zur Anerkennung der Unabhängigkeit Afghanistans verpflichten mußte. Im Jahre 1872 wurde schließlich durch britische Ver-
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mittlung die Provinz Sîstân zwischen Iran und Afghanistan auf geteilt. Damit waren, bis auf wenige Ausnahmen, die Grenzen des heutigen Staates Iran festgelegt. Unter dem Eindruck der militärischen Unterlegenheit Irans keimte die Einsicht auf, daß, wollte man der Bedrohung seitens der europäischen Mächte wirksam entgegentreten, Reformen unerläßlich seien. Ähnlich wie im Osmanischen Reich war es auch in Iran vordringlich das Militär, das nach westlichem Muster umgestaltet werden sollte. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts unternahm der Kronprinz Abbâs Mîrzâ (1789–1833), Statthalter von Aserbeidschan und einer der bedeutendsten Fürsprecher von Reformen, große Anstrengungen, französische und briti sche Militärausbilder ins Land zu holen und gleichzeitig Iraner zum Studium nach Europa zu schicken. Seinen Plänen war jedoch, mangels Unterstützung durch den Schah und die führen den staatlichen Würdenträger, kein durchschlagender Erfolg be schieden. Die Reformer, die die Bestrebungen Abbâs Mîrzâs tatkräftig fortsetzten, waren zumeist Männer, die auf Auslandsreisen mit westlichem Gedankengut in Berührung gekommen waren. Zu ihnen gehörte der Premierminister Nâser ad-Dîns, Amîr-e Kabir (Mîrzâ Takî Chân, 1807–1851); er entfaltete in seiner kurzen Amtszeit eine energische Reformtätigkeit, wiederum vordringlich auf dem militärischen Sektor, die jedoch sehr bald die Beamtenschaft und den Hof gegen ihn aufbrachte, so daß er entlassen und schließlich hingerichtet wurde. Um geeignete Kräfte für die Modernisierung der Armee ausbilden zu können, hatte er in Teheran das Polytechnikum Dâr al-Fonûn (persisch «Schu le der neuen Wissenschaften»), die erste und lange Zeit hin durch einzige höhere Bildungsstätte Irans, gegründet. Sie bot neben militärischen auch naturwissenschaftliche, medizinische und andere Studiengänge unter der Leitung ausländischer Lehr kräfte an und gab damit die traditionellen theologischen Wis senschaften zugunsten der europäischen auf (als fann, Plural fo nûn, wörtlich «Kunst, Wissenschaftszweig» bezeichnet). Die Ausbildung an der neuen Schule, an der europäische Bücher ins Persische übersetzt und persische Lehrbücher verfaßt wurden,
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verbreitete damit auch europäische Ideen und führte auf die Dauer zur Herausbildung einer von westlichen Vorstellungen beeinflußten Schicht von Intellektuellen. Abgesehen vom Dâr al-Fonûn blieben während der langen Regierungszeit Nâser adDin Schahs alle weiteren militärischen Reformversuche in ihren Ansätzen stecken, da zu ihrer dauerhaften Durchführung die finanziellen Mittel fehlten. Nur die Aufstellung einer aus Iranern, Türken und anderen bestehenden, aber von russischen Offizieren befehligten Kosakenbrigade (1879) war erfolgreich; sie sollte, solange sie bestand, zur schlagkräftigsten Streitmacht der iranischen Armee werden. Durch iranische Studierende und Reisende, die sich – wenn auch in vorerst nicht sehr großer Zahl – längere Zeit in Europa aufgehalten hatten, wurden die politischen Einrichtungen, Rechtsstrukturen und technischen Fortschritte der europäi schen Nationen in Iran einem breiteren Publikum bekannt gemacht. Die Berichte dieser Personen brachten die neue Lite raturgattung der Reiseerinnerungen hervor. Neben der Über setzung einer zunehmenden Menge europäischer Bücher zu unterschiedlichen Themen waren auch die neuen Medien des Telegraphen und der Druckerpresse (die erste 1812 in Tabrîz, eine weitere 1824 in Teheran) bei der Verbreitung westlicher Ideen hilfreich. Im Rahmen der seit dem Beginn des 19. Jahr hunderts ausgeweiteten diplomatischen Kontakte zum Westen besuchte Nâser ad-Dîn Schah als erster iranischer Monarch auf drei Reisen Europa, von denen er interessante Reisetagebücher hinterließ. Die Zaghaftigkeit, wirklich tiefgreifende und sicherlich kostspielige, aber dringliche Reformen in Angriff zu nehmen, kenn zeichnet die planlose Modernisierungspolitik der Kâdschârenherrscher auch über das 19. Jahrhundert hinaus. Im Vergleich mit dem Osmanischen Reich wurden in Iran sehr viel seltener und zögerlicher Reformversuche unternommen. Das hat – ab gesehen von der Einstellung der Schahs selbst, die den Verlust ihrer Macht und hohe Ausgaben befürchteten – seinen Grund vor allem in der gesellschaftlichen Struktur Irans, in der Stammesführer, Großgrundbesitzer und Geistliche eine wesentlich
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größere Unabhängigkeit besaßen als in anderen islamischen Ländern und, ebenso wie der korrupte Beamtenapparat, ihre eigenen Interessen energisch verteidigten. Der wachsende Unmut über die politische Abhängigkeit Irans von fremden Mächten und der fortschreitende wirtschaftliche Ausverkauf des Landes riefen in den letzten Regierungsjähren Nâser ad-Dîn Schahs eine Protestbewegung hervor, in der sich Konservative und Modernisten im Widerstand gegen die Regierung zusammenfanden und die in die Konstitutionelle Revolution (1905–1911) mündete. Bereits 1896 war der Schah dem Attentat eines Dissidenten zum Opfer gefallen. Der Staat der Kâdschâren
In der Selbstsicht der Kâdschâren standen sie, wie ihr Titel schâ hânschâh deutlich macht, in der alten iranischen Königstradi tion. Zugleich betrachteten sich die Kâdschâren als Nachfolger der Safawiden, deren Verwaltungsstruktur sie übernahmen. Über allen Staatsbeamten stand der Schah als absoluter Herr scher, der aber die eigentlichen politischen Entscheidungen ebendiesen Beamten überließ. Die Abhängigkeit der Staatsbe amten vom Schah und die damit verbundene Unsicherheit ihrer Position führten allerdings dazu, daß sie sich während ihrer Amtszeit persönlich zu bereichern suchten, ständig gegenein ander intrigierten und sich bemühten, ihre Stellung mit Hilfe fremder Mächte, wiederum vor allem Großbritanniens und Rußlands, zu festigen. Von Anfang an hatten die Kâdschâren durch Kriege, Waffenkäufe im Ausland und den wachsenden Konsum westlicher Luxusgüter finanzielle Probleme, die immer neue Steuererhöhun gen erforderlich machten, so daß die Situation der bäuerlichen Bevölkerung sich stetig verschlechterte. Statt eine regulär bezahl te Bürokratie aufzubauen, wurden öffentliche Ämter – wie die der Zollbeamten und Provinzstatthalter – auf Auktionen versteigert. Die auf diese Weise in hohe Positionen gelangten Beamten verpachteten ihrerseits untergeordnete Posten weiter. Die festgesetzte Summe Geldes, die die Statthalter jährlich in die Haupt
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Stadt zu schicken hatten, sowie die für die Provinzverwaltung und die oftmals glanzvolle eigene Hofhaltung wurden an Ort und Stelle eingetrieben. Die nahezu vollständige militärische und finanzielle Autonomie der Provinzbeamten leistete der Ausbeutung der Untertanen Vorschub, reizte ehrgeizige Naturen zu Rebellionen und brachte lokale Stammesführer und Großgrundbesitzer dazu, mangels staatlicher Kontrolle ihre eigenen Ländereien gleichfalls mit überhöhten Steuern zu belegen. Mit der politischen Einflußnahme des Westens ging der Versuch der Europäer einher, Iran auch ökonomisch von Europa abhängig zu machen und durch die Erlangung von Konzessionen einen Teil der iranischen Wirtschaft gegen geringe Aus gaben in die eigene Verfügungsgewalt zu bekommen. Die ständigen Liquiditätsschwierigkeiten des Staates begünstigten diesen Zustand der «friedlichen» wirtschaftlichen Durchdringung Irans, das gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf einen Bankrott zusteuerte. Nachdem schon in den sechziger Jahren Konzessio nen an Großbritannien zum Aufbau eines Telegraphennetzes vergeben worden waren, erhielt 1872 der britische Staatsbürger Julius de Reuter, um die Infrastruktur Irans zu modernisieren, eine sehr weitreichende Konzession, die ihm erhebliche Teile der Wirtschaft Irans unterstellte; auf Druck konservativer Kreise, vor allem aber Rußlands mußte der Schah die Konzession je doch im Jahr darauf zurückziehen. Die Konkurrenz zwischen den beiden europäischen «Entwicklungshelfern» Großbritannien und Rußland verhinderte in der Folgezeit die Vergabe wei terer Konzessionen, die für den Aufbau eines Eisenbahnnetzes vorgesehen waren. Erst 1879 erhielt Rußland Fischereirechte im Kaspischen Meer; weitere Konzessionen wurden in den frü hen achtziger Jahren vergeben. Gegen Ende dieses Jahrzehnts häuften sich die Konzessionswünsche: Der besagte Baron Reu ter erhielt durch Vermittlung des britischen Gesandten Sir Henry Drummond Wolff die Erlaubnis zur Gründung der Imperial Bank of Persia in Teheran, die trotz ihres Namens unter britischer Leitung stand. Im Gegenzug durften die Russen 1890 eine eigene Kreditbank eröffnen, die später ein Ableger der Russi schen Staatsbank wurde.
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Ihren Höhepunkt erreichte die bedenkenlose Konzessionsver gabe im März des Jahres 1890, als die von einem britischen Konsortium getragene Imperial Tobacco Corporation of Persia das Monopol für Produktion, Ankauf und Export des gesamten in Iran hergestellten Tabaks auf fünfzig Jahre erhielt. Als diese zunächst geheimgehaltene Konzession gegen Ende des Jahres allgemein bekannt wurde, rief sie einen regelrechten Massen protest hervor. Ein dem führenden schiitischen Gelehrten, Mirzä Mohammed Hasan Schîrâzî, zugeschriebenes Rechtsgutach ten (fatwâ) vom Dezember 1891, das jeglichen Gebrauch von Tabak zu einer feindseligen Handlung gegen den verborgenen zwölften Imam erklärte, führte im ganzen Land zu einem vollständigen Tabakboykott. Daraufhin wurde die Tabakkonzes sion Anfang 1892 zurückgenommen, und kurze Zeit später erklärte ein neuerliches Gutachten – das eindeutig Schîrâzî ver faßt hatte – den Tabakgenuß wieder für erlaubt. Die eigentliche Bedeutung des Konflikts um das Tabakmonopol liegt jedoch darin, daß hier zum ersten Mal im modernen Iran eine erfolg reiche Massenbewegung zustande kam, in der sich Geistliche, städtisches Bürgertum und modernistisch gesinnte Intellektuelle gegen die Regierung verbündeten und damit deutlich machten, welchen Einfluß eine Allianz der unterschiedlichen Interessen gruppen auf die Staatsführung nehmen konnte. Die Schia im 19. Jahrhundert
Während des 19. Jahrhunderts konnte die schiitische Geistlich keit ihre Unabhängigkeit vom Staat noch weiter ausbauen. Da den Kâdschâren die religiöse Legitimation, die die Safawiden besessen hatten, fehlte, galten sie den Mudschtahids als rein weltliche Herrscher, denen nicht die religiöse Autorität zustand, wie sie selbst sie beanspruchten. Hinzu kam, daß seit dem 18. Jahrhundert zahlreiche Geistliche außerhalb Irans an den schiitischen Stätten im Irak lebten und über eigene Einkünfte aus Stiftungen, Spenden etc. verfügten. Die schiitischen Heiligtümer im Irak bildeten in der Neuzeit wichtige Zentren imamitischer Gelehrsamkeit, aber auch der Agitation. Von hier aus ver
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fochten die Mudschtahids rigoros ihre Auffassung, daß nur der begrenzte Kreis wissenschaftlich geschulter Gelehrter befähigt sei, auf dem Wege der Ratio gültige autoritative Entscheidungen in religiösen Fragen zu treffen, denen sich der einfache Gläubige zu unterwerfen habe (arabisch taklid, «Nachahmung», ge nannt). Nach ihrer eigenen Doktrin, die in der Kâdschârenzeit endgültig ausformuliert wurde, waren überdies allein die Mudschtahids dazu qualifiziert, die Aufgaben des verborgenen Imams an seiner Stelle bis zu seiner Wiederkehr wahrzunehmen. Die Mudschtahids konnten sich mit ihrer Theorie schließlich gegen alle konkurrierenden inner- und außerschulischen religiösen Strömungen durchsetzen, sei es gegenüber Traditionalisten, die jedem Gläubigen die korrekte Erfüllung seiner Glaubenspflichten ohne Anweisungen durch Gelehrte zutrauten, sei es gegenüber sufischen und gnostischen Spekulationen, die sich um die Autorität der Mudschtahids in religiösen Fragen nicht kümmerten. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts nahm mit der Entstehung einer obersten theologischen Instanz die Hierarchie der Geistlichkeit ihre heutige Form an. Ein besonders überragender, vorbildlicher und innerhalb des Klerus allgemein anerkannter Gelehrter konnte von seinen Kollegen als höchste religiöse Autorität angesehen werden, als Mardscha’ (arabisch tnardscha’ at-taklid, «Instanz der Nachahmung»), der aber, wie jeder Mudschtahid, grundsätzlich fehlbar ist. Dieser Rang kann einem einzelnen Mudschtahid oder mehreren gleichzeitig zuerkannt werden – oder auch niemandem, da es nicht immer in ge nügendem Maße respektierte Gelehrte gibt, die als Mardscha’ gelten können. Der Mardscha’-Titel ist ein Ehrentitel, der einem Gelehrten lediglich angetragen, aber – mangels einer dafür zu ständigen Institution – nicht formell verliehen werden kann. Angesichts der zunehmenden – vor allem wirtschaftlichen – Einmischung europäischer Mächte in die inneren Verhältnisse Irans fiel der schiitischen Geistlichkeit eine gewissermaßen «nationale» Rolle zu: die des Hüters der Belange der iranischen Bevölkerung gegen ausländische Einflüsse einerseits, gegen die Konzessionsvergabe und die Modernisierungsversuche der Kâdschârenschahs andererseits. Die Geistlichen bildeten somit
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ein starkes konservatives Element der Gesellschaft, das sich – seinem Selbstverständnis nach – im Interesse Irans und des Is lams dem Einfluß des Westens wie auch der weltlichen Macht der Monarchie gleichermaßen widersetzte; ebendiese Rolle spielten die Mudschtahids auch im zo. Jahrhundert unter der Pahlavi-Dynastie. Seit der Safawidenzeit, in der durch die staatliche Förderung von Handel und Gewerbe die Zahl der Hand werker im Bazar (bâzâr) der Städte deutlich angestiegen war, läßt sich eine besonders enge Verbindung zwischen diesen und der Geistlichkeit beobachten. Häufig stammten Geistliche selbst aus der Schicht dieser Bäzäris, mit denen sie den Widerstand gegen die ausländische Kontrolle ganzer Wirtschaftsberei che teilten – eine Allianz, die bis in die Gegenwart besteht und in der modernen Geschichte Irans mehr als einmal die Ereig nisse wesentlich mitbestimmt hat. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte die Schia eine Periode religiöser Unruhe, in deren Verlauf neue Religionsgemein schaften entstanden. Eine zwölferschiitische Strömung, nach ihrem Begründer Scheich Ahmad al-Ahsâ’î (1754–1826) Scheychis genannt, vertrat die Ansicht, daß es jederzeit einen Mann geben müsse, der Verbindung zum verborgenen Imam habe, um dessen Willen zu kennen. Unter dem Einfluß dieser Bewegung erklärte sich 1844 der Theologiestudent Sayyid Alî Mohammed (1819–1850) zu dieser Kontaktperson. Er nannte sich bâb (ara bisch «Tor») und Vertreter des zwölften Imams, später trat er selbst als Mahdi auf. Die Babi-Bewegung gewann rasch zahlrei che Anhänger, zumal der bâb eine neue gottgewollte Sozialord nung verkündete, die größere gesellschaftliche Gleichheit bringen werde. Revolten der Babis gegen die Regierung wurden niedergeschlagen, der bâb 1850 hingerichtet. Seinem Nachfol ger Mîrzâ Yahyâ Nûrî (um 1830–1912) mit dem Titel Sobh-e azal (persisch «Morgendämmerung der Ewigkeit») folgte jedoch nur ein Teil der Babis (Azali-Babis, heute nur noch eine verschwindend kleine Gruppe mit etwa zooo Mitgliedern). Mehrheitlich schlossen sie sich dessen Halbbruder Bahâ’ullâh (arabisch «Glanz Gottes») an, der sich 1863 zur spirituellen Wiederverkörperung des bâb erklärte und seine messianische
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Lehre weiterentwickelte. Die Bahâ'î-Gemeinde wuchs schnell an und verbreitete sich über alle Kontinente. In Iran erlebten die Bahâ'îs unter der autokratischen Herrschaft der Pahlavi-Dyna stie eine Reihe von Repressionen. In der Islamischen Republik, die die Bahâ'îs nicht als eigenständige Religionsgemeinschaft anerkennt, hat sich ihre Lage derzeit nochmals dramatisch ver schlechtert. Von der Konstitutionellen Revolution zu den Pahlavi In den Ereignissen, die in der sogenannten Konstitutionellen Revolution und der Verfassungsbewegung (persisch maschrü tiyat) von 1905 gipfelten, spielten die schiitischen Gelehrten aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung in der Widerstandsbewegung gegen den neuen Schah Mozaffar ad-Dîn (reg. 1896 –1907) eine führende Rolle. Der allgemeine Protest gegen den Absolutismus der Monarchie und den weiter anwachsenden ausländischen Einfluß in Iran – noch immer der Zankapfel zwischen Großbritannien und Rußland – vereinte die Geistlich keit mit laizistischen Elementen und fortschrittlich gesinnten Intellektuellen. Für den gemeinsamen Kampf der religiösen und nichtreligiösen Opposition gegen die koloniale Expansion des Westens hatte bereits in den achtziger Jahren der iranische Intellektuelle Dschamâl ad-Dîn al-Afghâni (1838–1897) plä diert. Als unermüdlicher Streiter für den Panislamismus, den prinzipiellen Zusammenhalt aller muslimischen Länder gegen die europäischen Staaten, trug er viel zur Verbreitung reforme rischen Gedankengutes in Iran, auch in religiösen Kreisen, bei. Mehr politischer Aktivist als systematischer Denker, propagierte er sein Leben lang eine geistige – nicht notwendigerweise politische – islamische Einheit, die politische Kooperation der Muslime gegen die europäische Übermacht und einen aktiven, kämpferischen Islam. Während zweier Aufenthalte in Iran (1887, 1889–1891) gewann al-Afghâni Einfluß auf die jüngere Generation reformorientierter iranischer Intellektuel ler, die er auch in die Methoden des organisierten Widerstan des einwies.
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Als die ständige Geldnot des Hofes – entstanden u. a. durch die Finanzierung teurer Kuraufenthalte des Schahs in Europa – zwei beträchtliche Anleihen von Rußland nötig machte und neuerliche wirtschaftliche Zugeständnisse erzwang, rückte eine völlige russische Kontrolle über Iran in bedrohliche Nähe. Die Opposition gegen diese Entwicklung, die Geistliche und weltlich orientierte Progressive in zahlreichen Geheimgesellschaften zusammenführte, wurde durch kritische Schriften geschürt, die von im Ausland lebenden Iranern verfaßt worden waren und vielen Lesern, die bisher nie die Gelegenheit gehabt hatten, an dere Länder kennenzulernen, zu einer neuen Sicht auf die in Iran herrschenden Zustände verhalfen. Die revolutionäre Stimmung wurde durch den Sieg Japans, eines bis vor kurzem noch technisch rückständigen Landes, über die Großmacht Rußland 1905 und durch die russische Revolution gefördert. Sie entlud sich seit Dezember desselben Jahres in monatelangen Unruhen, in deren Verlauf die ursprüngliche Forderung nach gerechteren staatlichen Institutionen (mit dem vagen persischen Ausdruck adâlatchâneh, «Haus der Gerechtigkeit», umschrieben) sich zu dem Ruf nach einer Verfassung ausweitete. Mozaffar ad-Dîn Schah sah sich schließlich gezwungen, Wahlen zu einem Parlament (persisch madschles) zuzulassen, das im Oktober 1906 tatsächlich zusammentrat. Am 30. Dezember des Jahres, kaum eine Woche vor seinem Tod, unterzeichnete der Schah das vom Parlament nach dem Vorbild der belgischen Verfassung ausge arbeitete Grundgesetz (persisch känün-e asäsi), dem im Jahr darauf noch einige Ergänzungen (persisch motammemät) ange fügt wurden, unterzeichnet von Mozaffar ad-Dîns Nachfolger Mohammed Alî Schah (reg. 1907–1909). Die absolute Monarchie, die seit jeher in Iran geherrscht hatte, war damit zu einer konstitutionellen gewandelt worden, in der die Minister nicht mehr dem Schah, sondern dem Parlament verantwortlich sein sollten. Mehr als die mit westlichen Ideen vertrauten fortschritt lichen Kräfte, die für eine Demokratisierung der Verhältnisse in Iran gekämpft hatten, profitierte die schiitische Geistlichkeit von der nun eingetretenen Schwächung des Königtums. Eine Ergänzung der Verfassung von 1907, die vorsah, alle parlamen
Von der Konstitutionellen Revolution zu den Pahlavi
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tarischen Entscheidungen einer Kommission von fünf Geist lichen vorzulegen, die deren Vereinbarkeit mit der Scharia über prüfen sollten, gab den Mudschtahids künftig die Möglichkeit, alle Gesetzesvorlagen in ihrem Sinne zu korrigieren bzw. zu blockieren. Die neue Staatsform in Iran war nur kurzlebig, da sie dem Land weder Stabilität noch Fortschritt eintrug; vor allem die Finanznot blieb ein Dauerproblem. 1907 schlossen Großbritannien und Rußland zur Klärung ihres gegenseitigen Verhältnisses im asiatischen Raum einen Vertrag über die Aufteilung Irans in drei Zonen entsprechend ihren Interessensphären: eine nördliche russische, eine südliche britische und eine neutrale Pufferzone dazwischen. Mohammed Alî Schah nahm ein mißlungenes Attentat auf seine Person zum Anlaß, im Juni 1908 das Parla ment durch die Kosakenbrigade beschießen zu lassen und die Pressefreiheit wieder aufzuheben. Aufflammende Unruhen in den Provinzen, vor allem in Nordwestiran, zwangen den Schah jedoch im Jahr darauf zur Abdankung. Sein von den Aufständi schen zum neuen Herrscher ausgerufener minderjähriger Sohn Ahmad (reg. 1909–1925) wurde von Großbritannien und Rußland anerkannt. Um die anhaltenden finanziellen Probleme Irans zu lösen, beauftragte die Regierung – die nach den bisheri gen Erfahrungen mit Großbritannien und Rußland keiner der beiden Nationen mehr traute – 1911 den amerikanischen Experten William Morgan Shuster mit der Sanierung des Staatshaushalts. Shusters Plan, einer Polizeitruppe unter der Leitung eines Offiziers der britisch-indischen Armee die Steuererhebung zu übertragen, stieß auf den Widerstand Rußlands. Als das Par lament die Entlassung Shusters ablehnte und daraufhin russi sche Truppen auf Teheran marschierten, löste der Regent Nâser al-Molk, der für den minderjährigen Schah die Amtsgeschäfte führte, das Parlament auf und entließ Shuster. Dennoch hielt Rußland weiterhin nordiranische Gebiete besetzt und sorgte ge meinsam mit Großbritannien dafür, daß die Pressezensur bestehen blieb und ein ihnen genehmes Parlament eingesetzt wurde. Damit war de facto auch die Konstitutionelle Revolution beendet; die Verfassung ruhte.
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Im Ersten Weltkrieg 1914–1918 erklärte Iran offiziell seine Neutralität, die von den Großmächten jedoch nicht respektiert wurde. Russen, Osmanen und Briten trugen ihre Kämpfe auf iranischem Boden aus, so daß die Zentralregierung fast voll ständig zusammenbrach und im Land chaotische Zustände herrschten. Die russische Oktoberrevolution von 1917 fand viele Sympathisanten in Iran, zumal die bolschewistische Regie rung versprach, künftig die territoriale Souveränität Irans zu achten. So blieb nach dem Abzug der russischen Truppen Großbritannien die einzige militärisch und ökonomisch bedeutende Macht im Mittleren Osten. Nachdem 1919 der Versuch der Briten, Iran zu einer Art britischem Protektorat zu machen, fehlgeschlagen war, änderte Großbritannien seine Politik und begann, den Aufbau einer starken iranischen Zentralregierung zu unter stützen, die geordnete innere Verhältnisse im Land schaffen und gleichzeitig der drohenden Expansion der neuen Sowjetunion wirksam Einhalt gebieten könnte. Die Briten begrüßten es daher, daß Rezâ Chân, ein Oberst der Kosakenbrigade, im Februar 1921 durch einen Staatsstreich einen neuen Premier einsetz te. Zum Kriegsminister ernannt, reorganisierte Rezâ Chân die Streitkräfte und warf aufständische Bewegungen in den Provin zen Aserbeidschan, Gîlân und Chûzistân nieder. 1923 machte er sich durch einen zweiten Staatsstreich selbst zum Premierminister und konnte eine Reihe von Gesetzen durchbringen, die auf eine Stärkung der Zentralgewalt hinausliefen: die Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht, die landesweite Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten, die Einführung von Fami liennamen und Geburtsurkunden und die Verwendung der Ein nahmen aus dem staatlichen Tee- und Zuckermonopol für den Bau einer Transiranischen Eisenbahn. Das Parlament beschloß im Herbst 1925 die Absetzung des letzten Kâdschârenherrschers Ahmad, der schon 1923 Iran für eine Europareise verlassen hatte, und seine eigene Umwandlung in eine Verfassunggebende Versammlung, die im Dezember des Jahres 1925 schließlich der Inthronisierung Rezâ Châns als neuem Schah zustimmte. Damit nahm die kurzlebige Dynastie der Pahlavi (1925–1979) – benannt nach der vorislamischen Hoch-
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spräche Irans, dem Pahlavi – ihren Anfang. Ahmad Schah kehrte nicht mehr nach Iran zurück. Die Pahlavi
Mit dem Rückhalt der von ihm modernisierten Armee herrschte Rezâ Schah als Despot, so daß das Parlament, das die Maßnah men des Schahs formell absegnete, lediglich eine Art demokrati schen Schein wahrte. Im Gegensatz zur Kâdschârenzeit, in der durchgreifende Reformen nur in geringer Zahl unternommen worden waren, war es Rezâ Schahs vordringliches Ziel, durch ein großangelegtes Modernisierungsprogramm – ähnlich wie es Atatürk, den er sehr bewunderte, in der Türkei in die Wege gelei tet hatte – Iran zu einem fortschrittlichen säkularen Nationalstaat nach europäischem Vorbild zu machen. Nach seiner Inthronisierung bis zu seiner Abdankung im Jahr 1941 setzte der Schah die erste wirklich bedeutende Reihe wirksamer Reformen ins Werk und nahm den Ausbau einer funktionierenden Infra struktur in Angriff: Die Transiranische Eisenbahn vom Persi schen Golf über Teheran und in die nördlichen Provinzen wurde gebaut (1926–1938); durch den zügig voranschreitenden Straßenbau wurden Kraftfahrzeuge zum neuen Haupttransportmit tel zwischen den Ortschaften. Die Entwicklung von Landwirtschaft und Industrie wurde forciert, das Rechtssystem nach europäischem Muster durch neue Gesetzes werke (1925 Han delsrecht, 1926 Strafrecht, 1928 Zivilrecht) säkularisiert, ebenso das Bildungswesen. Ein Netz staatlicher Volksschulen entstand, in Teheran wurde die erste moderne Universität Irans eröffnet (1935), das Auslandsstudium iranischer Studenten ge fördert. War schon 1929 westliche Kleidung für Männer für obligatorisch erklärt worden, wurde sie 1936 auch Frauen vor geschrieben, und das Tragen des Schleiers wurde verboten; letzteres ließ sich jedoch auch mit Gewalt nicht durchsetzen, so daß nach 1941 Frauen vor allem der Unterschicht den Schleier wie der anlegten. Die Muharramfeiern wurden verboten, die berufliche Tätigkeit der Geistlichen auf rein religiöse Bereiche begrenzt; der Klerus allein durfte seine traditionelle Kleidung (Kaftan und
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Turban) beibehalten und wurde nun auch äußerlich als gesell schaftlicher Stand definiert. Alle diese Maßnahmen verdrängten den Islam aus dem öffentlichen Leben und untergruben die Stellung der Geistlichkeit. Nutznießer der von Rezâ Schah unternommenen Moderni sierung Irans waren die immer weiter anwachsende Beamtenschaft, die zur Überwachung des Staates gebraucht wurde, die neuen Unternehmer, die von der zunehmenden Industrialisie rung profitierten, und die Großgrundbesitzer, da eine Bodenreform nicht stattfand und die Bestimmungen des neuen Zivilrechts durch Bestechung und persönliche Beziehungen unter laufen wurden. Andererseits forderten die Industrie und die zahllosen Baustellen im Land von den Arbeitskräften eine neue Mobilität, so daß sie häufig aus ihren traditionellen Lebensformen herausgerissen wurden. Der soziale Wandel zeigte sich besonders deutlich an dem immensen Wachstum der Städte, in denen viele Landbewohner – angezogen von den vermeintlich besseren Lebensbedingungen in der Stadt – ein immer größer werdendes Proletariat bildeten. Rezâ Schah hielt es im Sinne einer starken Zentralgewalt für dringend geboten, die zahlreichen, oft mehr oder weniger unab hängigen und gut bewaffneten Nomadenstämme, rund ein Vier tel der Gesamtbevölkerung, seßhaft zu machen, um sie so besser kontrollieren zu können. Nachdem seine Macht genügend gefestigt war, begann der Schah ab 1927 eine rigorose Politik der Seßhaftmachung der Nomaden, die gezwungen wurden, ihre Waffen abzugeben und sich in ihnen zugewiesenen – für die Viehhaltung oft gänzlich ungeeigneten – Gebieten anzusiedeln. Damit war den Herden der notwendige Wechsel zwischen Som mer- und Winterweide verwehrt, so daß viele Tiere starben. Zu dieser ökonomischen Katastrophe kamen gesundheitliche Nachteile durch die im Sommer häufig auftretenden Malariaer krankungen, denen die Stämme sich früher durch ihre Wanderungen entzogen hatten. Regte sich Widerstand, griff das Mili tär mit aller Härte durch; Aufstände wurden gnadenlos niedergeschlagen, die meisten Stammesführer hingerichtet oder aus dem Land getrieben.
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Außenpolitisch versuchte Rezâ Schah, sein Land der Weltöffentlichkeit als unabhängigen Nationalstaat zu präsentieren. Die Pahlavi griffen dabei, wie schon der Name der Dynastie zeigt, auf die vorislamische Vergangenheit zurück; gleich bei sei ner Krönung machte der Schah den neuen Nationalismus dadurch augenfällig, daß er sich eine Krone im sassanidischen Stil anfertigen ließ und Mantel und Banner nach altiranischem Mu ster benutzte. Der offizielle Name des Staates war jetzt nicht mehr die europäische Bezeichnung «Persien», sondern «Iran» (seit 1934). 1927/28 kündigte der Schah fast alle Verträge Irans mit fremden Staaten, sofern sie die Gleichheit der Vertragspart ner verletzten, und schaffte die demütigenden Kapitulationen ab. Um Iran von Großbritannien und der Sowjetunion möglichst unabhängig zu halten, hatte Rezâ Schah, nachdem Annäherungsversuche an die USA gescheitert waren, sich verstärkt dem Deutschen Reich zugewandt. Dennoch bemühte sich Iran im Zweiten Weltkrieg um Neutralität, konnte sich aber auch diesmal nicht gegen die Interessen der Großmächte durchset zen. Im August 1941 marschierten britische und sowjetische Truppen in Iran ein, zwangen den Schah zur Abdankung und wiesen ihn nach Südafrika aus, wo er 1944 starb. Den Thron bestieg mit Billigung der Besatzungsmächte sein Sohn Moham med Rezâ Schah (reg. 1941–1979). Der neue Schah (geb. 1919) arbeitete mit den Alliierten zusammen und wurde 1943 vertraglich als Verbündeter anerkannt, doch blieb seine Handlungsfreiheit bis 1946, dem endgültigen Ende der Besatzung, eingeschränkt. Zunächst befürwortete Mohammed Rezâ die konstitutionelle Monarchie, doch paralysierte sich das Parlament in diesen Jahren durch Parteikämpfe und Richtungsstreitigkeiten praktisch selbst. Angesichts der Schwäche des noch jungen Schahs bildete sich aus verschiedenen von Rezâ Schah unterdrückten Sozialrevolutionären Strömungen die kommunistische Tüdeh-Partei (persisch tüdeb, «Masse, Volk»); viele Nomadenstämme reorganisierten sich und nahmen ihre herkömmliche Lebensweise wieder auf, und auch der Klerus versuchte, sich wieder Einfluß zu verschaffen. Die Muharramfeiern wurden allmählich wiederaufgenom-
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men, und ein von führenden Mudschtahids verfaßtes Rechts gutachten erklärte 1948 das Tragen des Schleiers erneut zur Pflicht. Bald darauf sah sich der Schah in heftige Auseinandersetzun gen mit dem 19 51 gewählten Premier Mohammed Mosaddegh verwickelt, der eine nationalliberale Koalition, die Nationale Front, anführte. Dessen Versuch, die Anglo-Iranian Oil Com pany zu verstaatlichen, in der Großbritannien die Aktienmehrheit hielt und die vielen Iranern als Instrument britischer Einflußnahme im Land galt, endete – auf gemeinsamen Druck Großbritanniens und der USA – in einem Boykott Irans durch fast alle namhaften Ölgesellschaften; die Staatsfinanzen ver schlechterten sich merklich, da die Einnahmen aus dem Erdöl geschäft ausfielen. Während dieser Krise, in der Mosaddegh auf die Unterstützung der Tüdeh-Partei angewiesen war, floh der Schah 1953 ins Ausland, kehrte aber noch im selben Jahr wie der zurück, nachdem Mosaddegh durch einen Staatsstreich der Armee gestürzt worden war. Hierbei hatte der amerikanische Geheimdienst (CIA) seine Hand im Spiel, um eine mögliche An näherung Irans an die Sowjetunion zu verhindern. Die Ölfrage wurde nach dem Sturz Mosaddeghs dahingehend geregelt, daß ein Konsortium aus mehreren internationalen Ölgesellschaften sich mit der National Iranian Oil Company, deren Ertragsbeteiligung deutlich verbessert wurde, die Gewinne aus dem Ölgeschäft teilte; letztere wurden seit der Entdeckung neuer Erdölvorkommen bei Ghom (1956) nochmals gesteigert. Wie zuvor Großbritannien hatten jetzt, während des Kalten Krieges mit der Sowjetunion, die USA großes Interesse daran, Iran in die westliche Allianz einzubinden, um im Mittleren Osten ein verläßliches Bollwerk im Kampf gegen den Kommu nismus zu haben. Deshalb erhielt das Land großzügige amerikanische Militärhilfe, so daß der Schah die Armee modernisieren und vergrößern konnte. Ebenfalls mit ausländischer Hilfe baute der Schah seinen Geheimdienst (SAVAK) auf, der 1957 seine Tätigkeit aufnahm und zu einem landesweit gefürchteten Über wachungsinstrument wurde. Armee und Geheimdienst bildeten die Hauptstützen für Mohammed Rezâ, der sich nach dem
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Sturz Mosaddeghs immer mehr zu einem Despoten vom Schla ge seines Vaters entwickelte, ohne jedoch dessen Tatkraft zu be sitzen. Auf Druck des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy leitete Mohammed Rezâ i960 zwar eine kurze Phase der Liberalisierung ein, in der auch die Nationale Front wieder ak tiv werden durfte, doch schaltete der Schah 1963 die Opposition gewaltsam wieder aus. Damit waren nicht nur die demo kratischen Strukturen beseitigt; auch die Idee der Demokratie hatte in Iran schweren Schaden erlitten, da der Westen das autokratische Regime des Schahs aus durchsichtigen machtpolitischen Gründen stützte. Der Schah selbst übernahm bereitwillig die Rolle einer wichtigen Mittelmacht, eines «Polizisten am Golf» zur Wahrung westlicher, vor allem amerikanischer, Interessen. 1975 wurden die beiden noch zugelassenen Parteien, die ohnehin ein Schattendasein führten, aufgelöst und die Einheits partei Rastachiz («Auferstehung») geschaffen, in der jeder erwachsene Staatsbürger Mitglied werden mußte. Das Wirtschaftswachstum Irans, das sich durch die Öleinnahmen und ausländische Gelder vor allem gegen Ende der sechziger Jahre stark beschleunigt hatte, brachte nicht nur erhebliche staatliche und private Investitionen mit sich, sondern trug auch zum wachsenden Wohlstand einer bislang kleinen, jetzt aber größer werdenden Mittelschicht bei, die sich unter dem Druck des SAVAK – manchmal vielleicht nicht ungern – von der Politik abwandte und sich ganz westlichem Konsumgeist verschrieb. Da im Zuge dieser ökonomischen Entwicklung aber auch die Grundnahrungsmittel teurer wurden und die Korruption zunahm, blieben soziale Spannungen auf die Dauer nicht aus. Mit dem Entwicklungsprogramm der «Weißen Revo lution» (persisch enkelâb-e sefîd) unternahm Mohammed Rezâ daraufhin die ersten ernsthaften Reformversuche zur Verbesse rung der ländlichen Verhältnisse. Die Bauern erhielten Parzellen als Eigentum, blieben aber dennoch zumeist von den Großgrundbesitzern abhängig, da ihnen die Mittel zur selbständigen Bodenbearbeitung fehlten. Diese Situation führte zu einer ver stärkten Landflucht und zum weiteren Wachstum des städtischen Proletariats. Außer der Landreform hatte sich der Schah
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die Gleichberechtigung von Männern und Frauen zum Ziel ge setzt: 1962 erhielten die Frauen das aktive und passive Wahl recht; ein Familienschutzgesetz 1967 erleichterte u.a. die Scheidung seitens der Frau. Beides stieß bei den Geistlichen auf Widerstand, da sie den Verlust ihres Stiftungsbesitzes befürchte ten, aber auch jegliche Tendenzen zur Verwestlichung grundsätzlich ablehnten. In den sechziger und siebziger Jahren entfremdete sich der Schah immer mehr von der eigenen Bevölkerung, ohne daß er dies wahrzunehmen schien. Der Aufwand für die Feiern zum 2500jährigen Bestehen der iranischen Monarchie in Persepolis (1971), der in krassem Gegensatz zu den Lebensverhältnissen eines Großteils der Bevölkerung stand, die Einführung einer neuen Zeitrechnung (1976), die vom Krönungsjahr des Achä meniden Kyros’ des Großen ausging (550 v. Chr.), und der Plan, ein internationales Symposium zur Lösung der Weltprobleme einzuberufen (1977), sind kennzeichnend für die Realitätsferne Mohammed Rezâs. Er übersah, daß nur ein Bruchteil der Bevölkerung vom Wirtschaftswachstum profitierte und daß er mit seiner Politik der Verwestlichung viele tief gläubige Iraner brüs kierte, für die ihre Religion ein identitätsstiftender Faktor war. Andererseits verspielte er durch die vollständige innenpolitische Repression die Sympathien der westlich orientierten Iraner, die sich Fortschritt nicht ohne demokratische Freiheiten vorstellen konnten. Da die Möglichkeit politischer Mitbestimmung und der freien Äußerung regimekritischer Ansichten gänzlich fehlte, blieb die religiöse Opposition der einzige Weg, um Widerstand gegen die autokratische Herrschaft des Schahs zu artikulieren. Der schiitischen Geistlichkeit fiel damit wiederum ihre traditionelle Rolle zu, die Bevölkerung Irans gegen unislamische Einflüsse und eine despotische Regierung zu verteidigen. Die wirkliche Ursache der Islamischen Revolution war die politische, soziale und wirtschaftliche Krisensituation, in die der Schah sein Land gebracht hatte, doch trat zwangsläufig das religiöse Moment in den Vordergrund. Diese religiöse Legiti mierung einer Revolution hat im westlichen Ausland, das die zunehmende Kluft zwischen Klerus und Schah ohnehin nicht
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wahrgenommen hatte, den Eindruck hervorgerufen, die Revo lution sei nichts weiter als eine bewußte «Rückkehr ins Mittel alter» gewesen. Als der schwelende Protest 1978 auf breiter Front ausbrach, war die Revolution nicht mehr aufzuhalten. Im Januar 1979 verließ der Schah Iran; er starb 1980 in Kairo an einer Krebserkrankung. Die politische Schia und die Islamische Revolution
Die Islamische Revolution in Iran und die Gründung einer Islamischen Republik haben im Westen den irrigen Eindruck erweckt, daß die Zwölferschia seit jeher so etwas wie eine politisch-revolutionäre Ideologie gewesen sei. Das ist sie ganz und gar nicht. Zwar hatte die Schia ursprünglich das Ziel, einen in ihrem Sinne legitimen Nachfolger des Propheten an die Spitze der muslimischen Gemeinschaft zu stellen; nachdem sich diese Hoffnung nach dem Ende des Kalifats Alîs nicht erfüllt hatte, konnte sie auch in Zukunft nur durch die Wiederkehr des verborgenen Imams verwirklicht werden. Traditionell ist die Zwölferschia daher unpolitisch, ja quietistisch gewesen, und auch die Geistlichen haben sich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – von der Tagespolitik ferngehalten. Die Idee einer politisch aktiven Schia ist ein neues Phänomen und entspringt nicht dem gelehrten Gedankengut des Klerus, sondern wurde von iranischen Intellektuellen unter dem Eindruck der kulturellen Überfremdung und wirtschaftlichen Ausbeutung Irans entwickelt. Wegbereiter einer Revolutionsideologie, die eine ganze Generation junger Iraner ganz entscheidend prägten, waren Dschalâl Âl-e Ahmad (1923–1969) und sein Schüler Alî Scharî’atî (1933–1977). Waren bisher für die Mehrheit der iranischen Intellektuellen, gleich welcher Couleur, westliche Vorbilder maßgeblich geblieben, obgleich sich an deren Nutzen für Iran inzwischen Zweifel erhoben, gab Âl-e Ahmad den Anstoß, sich auf die eigenen kul turellen Werte zurückzubesinnen. Sein bekanntestes Werk Gharbzadegî (1952) wurde zum Schlüsselbegriff einer Weltanschauung, in der sich Linke und Islamisten im Kampf gegen die
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Despotie des Schahs und seine Willfährigkeit gegenüber dem Westen zusammenfanden. Unter dem in vielen Varianten über setzten Begriff – etwa «Befallensein vom Westen», «vom Westen vergiftet», «Verwestlichungsseuche» u.a. – versteht Âl-e Ahmad die blinde Nachahmung des Westens, die das iranische Volk seinen Wurzeln entfremde. Obwohl persönlich national gesinnt, sah Âl-e Ahmad doch in der Religion den einzigen vom westlichen Gift noch nicht befallenen kulturellen Wert, der nach wie vor für das Weltbild der breiten Masse der Iraner von über ragender Bedeutung war. Der in Frankreich ausgebildete Scharî’atî, der Al-e Ahmads Gedanken weiterführte, griff wie er die kulturelle «Kolonialisierung» Irans durch den Westen an. Er entwickelte die Konzeption eines kämpferischen, dynamischen Islams, den er in der idealen muslimischen Urgemeinde der Zeit Mohammeds und Alîs verwirklicht sah. Damit gewann die ursprüngliche Zwölferschia bei Scharî’atî eine völlig neue Qualität: Er unterschied strikt zwischen der «alidischen bzw. roten Schia» und der «safa widischen bzw. schwarzen Schia». Die «rote Schia» ist die ursprüngliche, unverfälschte, wahre Schia des Goldenen Zeitalters des Anfangs, die einen aktiven Islam verkörpert, eine pro gressive, revolutionäre Bewegung, die für Gerechtigkeit eintritt und jegliche Fremdherrschaft, Unterdrückung, despotische Willkür und Ausbeutung bekämpft. Die Safawiden hätten diese – stets im Namen der Unterdrückten gegen die Tyrannei strei tende – Schia zu einer Institution, einem Mittel politischer Versklavung herabgewürdigt, indem sie sie in eine Staatsreligion umwandelten. Die «schwarze Schia» ist somit eine depravierte Form des Glaubens, die den Ausgleich mit weltlichen Despoten und Ausbeutern sucht und an die Stelle des heiligen Märtyrertums die jämmerliche, da gänzlich passive Trauer der Muhar ramfeiern gesetzt hat. Die Idee der kämpferischen alidischen Schia befreite diese somit von der versteinerten religiösen Tradi tion der Gegenwart und verpflichtete alle Gläubigen zum politi schen Handeln. Der neue umstürzlerische Inhalt dieser utopi schen Schia drückte sich in zwei gravierenden und tatsächlich revolutionären Umdeutungen traditioneller schiitischer Vorstel-
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lungen aus. Scharî’atî forderte das ganze Volk dazu auf, selbst die Stellvertretung des verborgenen Imams zu übernehmen, um hier und jetzt ein Reich der Gerechtigkeit zu errichten, wie man es ja eigentlich von ebendiesem Imam in einer eschatologischen Zukunft erwartet hatte; in dieser Konzeption verlieren die Mudschtahids ihre herausgehobene Position und sollen nur noch die revolutionären Bewegungen organisieren. Zweitens ist laut Scharî’atî jeder Ort Kerbela, jeder Monat Muharram, jeder Tag Aschûrâ – eines der Schlagworte der Islamischen Revolu tion. Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger als den Ersatz des Rituals des symbolischen Selbstopfers, das die Schiiten ein mal im Jahr am Aschûrâ-Tag vollbringen, durch den revolutio nären Kampf und den, wenn es sein muß, tatsächlichen Märty rertod. Ungeachtet des völlig ahistorischen Blickwinkels auf die vielen Jahrhunderte vergangener islamischer Geschichte konn ten sich im Glauben an diese Ideen, die die traditionell unpoliti sche Schia zu einer Revolutionsideologie transformierten, die gegensätzlichen oppositionellen Kräfte verbünden, denen allen der Kampf gegen den westlichen Imperialismus und der Haß auf den Schah als seines Werkzeugs gemeinsam war. Scharî’atî selbst erhielt 1973 Redeverbot und zog 1977 nach London, wo er im selben Jahr starb. Die Islamische Revolution, als deren geistige Väter er und Âl-e Ahmad gelten dürfen, hat sich jedoch über manche ihrer ursprünglichen antiklerikalen und teilweise auch westlich beeinflußten Vorstellungen hinweggesetzt. Zum Führer der Islamischen Revolution wurde der Ayatollah Rûhollâh Khomeyni (1902–1989); Ayatollah (arabisch âyat Allah, «Zeichen Gottes») ist ein höherer Ehrentitel, der einem Mudschtahid angetragen werden kann. Er stammte aus einer Familie kleinerer Landeigentümer der Kleinstadt Chomeyn (zwischen Hamadan und Isfahan), die ihre Herkunft auf den siebten Imam Mûsâ al-Kâzim zurückführte. Nach seinem Stu dium stand Khomeyni in enger Verbindung zu Ayatollah Hoseyn Borûdscherdî in Ghom, der jede politische Betätigung weit von sich wies. Wahrscheinlich war es sein Einfluß, der Khomey nis politische Aktivität zunächst verhinderte. Erst im Juni 1963, ein Jahr nach Borûdscherdîs Tod, trat Khomeyni erstmals offen
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gegen den Schah auf; in einer scharfen Rede nannte er ihn und die neureichen Iraner Parasiten am Körper des Volkes und rief zum Widerstand auf. Nach zweimaligem kurzen Gefängnisauf enthalt wurde er im November 1964 ins Exil in die Türkei geschickt und ließ sich schließlich 1965 am Schrein von Nadschaf im Irak nieder, wo er weiterhin lehrte und predigte; Tonbandkassetten mit seinen Reden, in denen er zum Sturz des Schahs aufrief, kursierten in großer Zahl, wurden durch ein gut funk tionierendes Verbindungsnetzwerk religiöser Zirkel verbreitet und fanden in der iranischen Bevölkerung ein breites Echo. Im Oktober 1978 aus dem Irak ausgewiesen, setzte Khomeyni sei ne Propagandatätigkeit gegen den Schah in Neauphle-le-Châ teau bei Paris fort. Die für die westliche Öffentlichkeit erstaunliche Tatsache, daß eine Revolution aus dieser Distanz erfolgreich gelenkt werden konnte, erklärt sich daraus, daß schon seit langem die schiitische Geistlichkeit an Stätten außerhalb Irans ihre Oppositionsrolle wahrnahm; ob das von Nadschaf oder von Neauphle-le-Château aus geschieht, ist nur ein gradueller Unterschied. Khomeyni gelang es, in Iran eine Massenprotestbewegung gegen die Diktatur des Schahs hervorzurufen, die – ähnlich wie in der Konstitutionellen Revolution – das ganze Spektrum höchst unterschiedlicher Oppositionsgruppen vereinte: Linke und Rechte, Liberale und Konservative, Intellektuelle, die Bäzäris, die radikalen und gemäßigten Gruppen der Geistlichkeit sowie die große Masse der verarmten ehemaligen Landbewohner in den Slums der Großstädte. Alle diese Gruppen hatten zwangs läufig sehr divergierende Vorstellungen von der Zukunft Irans nach dem von ihnen erhofften Sturz des Schahs. Khomeyni ver stand es, den Eindruck zu vermitteln, daß er selbst nur eine Integrationsfigur sei und sich samt seinen Kollegen nach dem Erfolg der Revolution wieder in Moschee und Medrese zurückziehen werde, ohne eine Regierung anzustreben. Um die äußerliche Einheit der revolutionären Bewegung zu erhalten, unterließ er es zunächst, seine Vorstellungen eines Gottesstaates zu verkünden. Er versprach die Beibehaltung des Gesellschaftssystems, demokratische Freiheiten und die Gleichberechtigung von
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Mann und Frau. Das trug ihm breite Zustimmung, u.a. von den iranischen Frauen, ein. Vielfach handelte es sich bei ihnen um Angehörige liberaler oder linker Kreise, die sich eine künftige demokratische Entwicklung in Iran erhofften und das Tragen des Körperschleiers (Tschador) lediglich als ein Symbol des ge nerellen Protestes gegen den Schah auffaßten. Der Nachsatz, den Khomeyni regelmäßig seinen Versprechungen anfügte, daß alles dies im Einklang mit dem Islam stehen müsse, fand anscheinend nicht die nötige Beachtung. Erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Revolutionsbewegung forderte Khomeyni im Herbst 1978 offen die Errichtung einer Islamischen Republik. Der eigentliche Auslöser der revolutionären Ereignisse war ein am 7. Januar 1978 erschienener Zeitungsartikel in der von der Regierung kontrollierten Presse, in dem Khomeyni grob verunglimpft wurde. Daraufhin kam es zu Demonstrationen von Theologiestudenten, die die Polizei blutig niederschlug. Der Klerus verurteilte die Regierung und ihr Vorgehen scharf als unislamisch und ordnete eine Trauerzeit für die Opfer an, wäh rend der es zu weiteren Protesten kam. Der Kreislauf von Mas sendemonstrationen, Zusammenstößen mit Polizei und Militär, gefolgt von neuen Demonstrationen, wiederholte sich vielfach. Nachdem schließlich der Schah im Januar 1979 Iran verlassen hatte, konnte Khomeyni am 1. Februar von Paris aus nach Te heran fliegen, wo er die vom Schah eingesetzte zivile Übergangsregierung auflöste und den streng religiösen Ingenieur Mehdi Bâzârgân berief, eine provisorische Revolutionsregierung zu bilden. Damit war die Revolution zu Ende. Die Islamische Republik
Schon im März 1979 fand eine Volksbefragung über die Errich tung einer Islamischen Republik statt, die – wie vorhersehbar – mit etwa 97 Prozent der Stimmen gebilligt wurde. Die Republik wurde am 1. April offiziell ausgerufen und Anfang Dezember eine entsprechende Verfassung durch eine Volksabstimmung angenommen.
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Dieser Verfassung zufolge ist die Islamische Republik eine Theokratie, in der Gott der alleinige Herrscher ist. Bis zur Wiederkehr des verborgenen Imams gilt – auch dies Teil der Verfassung – das Grundprinzip von der «Herrschaft des Rechtsgelehrten» (persisch welâyat-e fakîh), das Khomeyni bereits in seiner Schrift Die islamische Regierung (1971, persisch Hokûmat-e eslâmî) entwickelt hatte. Darin fordert er die direkte Regierungsgewalt für den am besten qualifizierten Rechtsgelehrten (fakih) oder, falls es keinen allgemein anerkannten Mudsch tahid geben sollte, für ein Gremium von Rechtsgelehrten, die stellvertretend für den verborgenen Imam bis zu dessen Wieder erscheinen herrschen sollen. Damit ging er weit über die der Geistlichkeit in der Verfassungsergänzung von 1907 zugestandene Kontrollfunktion für die Regierung hinaus und verlieh dem Anspruch, nur die Geistlichen könnten die legitimen Repräsentanten des verborgenen Imams sein, programmatischen Ausdruck. Die Einmündung der stellvertretenden Rolle der Geistlichkeit in die Ausübung der tatsächlichen politischen Herrschaft ist in der traditionellen Schia ebensowenig vorgesehen wie das Amt eines obersten geistlichen und politischen Füh rers vom Schlage Khomeynis. Beides ist qualitativ neu und revolutioniert die traditionelle Schia in einem Maße, daß sich unter konservativen Geistlichen noch lange hartnäckiger Widerstand gegen solche Neuerungen regte. In dem in der Verfassung festgeschriebenen Amt des obersten geistlichen und politischen Führers (persisch rahbar) Irans wur de Khomeyni durch die Volksabstimmung vom Dezember 1979 bestätigt. Neben dem obersten Führer bzw. Führungsrat schiiti scher Rechtsgelehrter sieht die Verfassung einen paritätisch mit geistlichen und weltlichen Juristen besetzten Wächterrat vor, der – eine Neuauflage der Verfassungsergänzung von 1907 – u. a. die Übereinstimmung der vom Parlament verabschiedeten Gesetze mit dem Islam gewährleisten soll. Khomeyni selbst verband in seiner Person das Amt des politischen Führers mit der religiösen Autorität eines Mardscha’. Da dies für seine Nachfolger aber nicht unbedingt vorausgesetzt werden konnte, wurde in einer Verfassungsänderung (1989) das politische Führeramt
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von dem des geistlichen Führers getrennt. Der politische Führer muß nun nicht mehr Mardscha’ sein, was der derzeitige Amts inhaber Alî Châmene’î (geb. 1940) auch nicht ist. Gleichzeitig wurde bei dieser Gelegenheit das Amt des Ministerpräsidenten abgeschafft und dem Staatspräsidenten die Leitung der Regie rung übertragen, seine Machtstellung dadurch merklich vergrößert. Schon kurze Zeit nach dem Umsturz traten die unterschiedlichen politischen Interessen der Gruppierungen, die gemeinsam die Revolution getragen hatten, wieder zutage. Es gelang Kho meyni jedoch, die gemäßigte, liberale und linke Opposition, die eine Machtübernahme der Geistlichkeit ablehnte, auszuschalten, andersdenkende liberale Geistliche kaltzustellen und seine Vorstellung eines Gottesstaates zu verwirklichen. Insbesondere die – 1965 als Widerstandsgruppe gegen den Schah gegründeten – Volksmudschahedin (persisch modschâhedin-e chalk), die we sentlichen Anteil am Sieg der Revolution gehabt hatten, führten Anfang der achtziger Jahre einen Guerillakrieg gegen die von Khomeyni aufgestellten Revolutionsgarden und verübten zahl reiche Anschläge. Zwei Bombenattentaten im Juni 1981 fielen zahlreiche Persönlichkeiten der Revolution zum Opfer. Nun hatten auch die Geistlichen nachträglich ihre eigenen Märtyrer der Revolution. Die Terroranschläge der Volksmudschahedin beantwortete die Regierung mit einer noch umfassenderen Ver folgungswelle, die im ganzen Land Tausende von Opfern for derte, nicht allein unter den Mudschahedin, sondern unter Op positionellen und Andersdenkenden jeglicher Richtung, so daß ein demokratischer Protest in Form von Streiks und Demon strationen bis zum Tod Khomeynis praktisch unmöglich wurde. Seit 1981 konnte so der Gottesstaat aufgebaut werden und die Geistlichkeit auch das Amt des Staatspräsidenten übernehmen, das zunächst von religiösen «Laien» ausgeübt worden war. Nach dem Rücktritt Mehdi Bäzärgäns (gest. 1995) vom Amt des Ministerpräsidenten wegen Kompetenzstreitigkeiten mit der Geistlichkeit Ende 1979 wurde zu Beginn des nächsten Jah res überraschend Abo’l-Hasan Bani-Sadr, einer der Berater Khomeynis in Neauphle-le-Château, zum ersten Staatspräsi
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denten der Republik gewählt. Nach seinem Sturz 1981 floh er nach Paris. Sein Nachfolger im Amt wurde Mohammed Alî Radscha’î, Mitglied der khomeyni-treuen Islamischen Republi kanischen Partei (IRP). Seither haben mit Alî Châmene’î (1981–1989), der 1989 Nachfolger Khomeynis wurde, Alî Akbar Rafsandschânî (1989–1997) und Mohammed Châtamî (seit 1997) stets Geistliche das Amt des Staatspräsidenten innegehabt. Nach der Niederschlagung der Opposition versuchte der Klerus, im Namen des Islams, den er als Lösung aller wie auch immer gearteter Probleme des Landes pries, die Kultur Irans zu islamisieren: Das Strafrecht wurde gemäß dem islamischen Religionsgesetz, der Scharia, gehandhabt, das Tragen des Schleiers für Frauen wieder zur Pflicht gemacht, Alkohol verbo ten; Schulbücher wurden in islamischem Sinne umgeschrieben, Kochbücher unter Berücksichtigung der koranischen Speisevorschriften umgearbeitet. Der Angriff des Iraks auf Iran im September 1980, von dem sich der irakische Diktator Saddam Hus sein die Kontrolle über den gesamten Schatt al-Arab und die Ölfelder von Chûzistân erhoffte, stürzte Iran in einen acht Jahre dauernden Krieg, der auf iranischer Seite zahllose Tote forderte. Der Krieg erleichterte es der Regierung jedoch, verschärfte Repressionen im Inneren unter Berufung auf den äußeren Feind, gegen den alle Kräfte mobilisiert werden mußten, durchzuset zen. Die erhebliche Beschränkung der Meinungsfreiheit und die Propaganda gegen eine verwestlichte «verdorbene» Elite trieb die Intelligenz in Scharen – etwa eine Million Iraner – in die Emigration. Dies, verbunden mit der kriegsbedingten jahrelan gen Schließung der Universitäten, bedeutete für Iran einen gro ßen Aderlaß in Kunst, Kultur und Wissenschaft. Ressentiments gegenüber dem Westen entluden sich noch kurz vor Khomeynis Tod in einem Rechtsgutachten (fatwâ), in welchem er im Februar 1989 über den britischen Schriftsteller Salman Rushdie das Todesurteil fällte, da dieser angeblich in seinem Buch Die sata nischen Verse den Propheten und islamische Traditionen verhöhnt und lächerlich gemacht habe. Das Gutachten, das Châ mene’i nach Khomeynis Tod wiederholte, damit es weiterhin
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Gültigkeit behielt, trug Iran den Abbruch der Beziehungen mit Großbritannien ein und fügte dem internationalen Ansehen des Landes schweren Schaden zu. Vor allem blieb Khomeyni den Beweis schuldig, daß die wirtschaftliche Misere Irans unter einer islamischen Führung zu lösen sei. Es zeigte sich bald, daß einem rasanten Bevölkerungs wachstum und weiter zunehmender Landflucht nicht mit religi ösen Parolen beizukommen war. Allein in Teheran wuchs die Zahl der Einwohner in den zehn Jahren von 1979 bis 1989 von fünf auf neun Millionen Menschen an und stieg bis 1993 auf dreizehn Millionen. Der Irakkrieg endete 1988 mit einem Waffenstillstand, der jedoch von dem Angreifer Irak keinerlei Repa rationszahlungen forderte. Iran hätte diese einige Jahre früher aushandeln können, als die iranischen Kämpfer die irakische Armee über die Grenze zurückgeschlagen hatten. Da Khomeyni selbst damals die Fortsetzung des Krieges befohlen hatte, blieb in der Folgezeit die bittere Einsicht nicht aus, daß viele Tausende vergeblich auf dem Schlachtfeld gefallen waren. Nach Khomeynis Tod im Juni 1989 bemühte sich Rafsandschäni, der das Amt des Staatspräsidenten von Châmene’î übernahm, um eine Öffnung Irans gegenüber dem Ausland, um Investitionen westlicher Staaten ins Land zu holen. Dadurch floß zwar ein breiter Warenstrom – weitgehend durch Auslandskre dite finanziert – auf den iranischen Markt, doch mangels Ver trauen in Politik und Wirtschaftsführung des islamischen Regimes unterblieben die gewünschten langfristigen Investitionen. Dafür mußten die Importe rigoros eingeschränkt werden, so daß es in zahlreichen iranischen Städten zu Unruhen kam. Die Wirt schaftsprobleme Irans harren noch immer ihrer Lösung. Innenpolitisch setzte der neue Staatspräsident auf eine vorsichtige Liberalisierung des öffentlichen und kulturellen Lebens, etwa durch eine Milderung der Pressezensur. Rafsandschânîs Politik erlitt jedoch immer wieder Rückschläge, da er ständig gegen die Übermacht der Konservativen ankämpfen mußte. Mitte der neunziger Jahre verstärkte die konservative Fraktion ihre Attacken auf die von den Reformpolitikern erreichten Lockerungen. Die Pressezensur wurde wieder verschärft; miß
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liebige Schriftsteller und Zeitungsredakteure wurden verhaftet oder flohen ins Ausland; der Besitz von Satellitenschüsseln wurde untersagt, um «unislamische» ausländische Einflüsse zu unterbinden. Auch unter dem liberalen Staatspräsidenten Châtamî, der 1997 mit großer Mehrheit gewählt wurde, gehen die Ausein andersetzungen zwischen Reformern und Konservativen weiter. Obgleich Châtamî als erster Staatspräsident der Islamischen Republik das westliche Ausland besuchte und die Parlamentswahlen des Jahres 2000 den Reformkräften eine deutliche Mehrheit einbrachten, bleibt die eigentliche Macht größtenteils in den Händen des religiösen Führers Châmene’î, dem Polizei, Geheimdienst und Militär unterstehen und der vom Wächterrat unterstützt wird. Auf der anderen Seite haben die Reformer starken Rückhalt in der Intelligenz; er äußerte sich in den letzten Jahren immer wieder in Demonstrationen von Studenten, deren Forderungen inzwischen allerdings über den von Chätami vertretenen islamischen Rahmen hinausgehen. Die Macht probe ist derzeit noch in vollem Gange. Die Frau im modernen Iran
Von Ansätzen zu einer künftigen Gleichberechtigung der Frau, die über die im Islam unumstrittene Gleichheit von Männern und Frauen vor Gott hinausgeht, kann in Iran erst um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die Rede sein. Die Anstöße dazu erfolgten durch die Konfrontation mit westlichem Gedankengut im späten 19. Jahrhundert. Die Frauenbewegung wurde zu dieser Zeit hauptsächlich von gebildeten und einflußreichen Frauen aus der Oberschicht oder vom Herrscherhaus getragen. So schlossen sich viele Damen des Harems Nâser ad-Dîn Schahs dem Tabakboykott von 1890–1892 an. Während der Verfassungsbewegung 1905–1911 organisierten sich aktive Verfech terinnen der Frauenbefreiung, wiederum aus der Oberschicht, in Gruppen und kämpften, unterstützt von zahlreichen männ lichen Intellektuellen, in Zeitungen und Zeitschriften für die Rechte der Frauen. Unter dem Druck der Geistlichkeit mußten
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jedoch die meisten Zeitschriften, die sich der Frauenbefreiung verschrieben hatten, bis etwa 1920 ihr Erscheinen wieder einstellen. Immerhin wurden in Teheran zwischen 1906 und 1910, wiederum gegen den Widerstand konservativer klerikaler Krei se, etwa fünfzig Mädchenschulen eröffnet. Hatten bisher alle Versuche, die Lage der Frauen in Iran zu verbessern, allein auf privaten Initiativen beruht, so änderte sich das unter den Pah lavi radikal. 1935 wurde unter der Herrschaft Rezâ Schahs ein Frauenzentrum (persisch Kânûn-e Bânowân) gegründet, das im wesentlichen aus Mitgliedern früherer unabhängiger Frauenvereinigungen bestand. Der aufflammende Widerstand des Klerus konnte mit Gewalt niedergehalten werden, lebte aber in der Folgezeit immer wieder auf. Als Gegenreaktion bildeten sich erneut, wie schon vor Rezâ Schah, Frauenvereinigungen auf privater Basis, die mit der Herausgabe von Zeitschriften ihre Ziele verfochten. Insbesondere das schon seit der Verfassungsbewe gung geforderte Wahlrecht für Frauen wurde immer wieder vorgetragen, aber aufgrund klerikalen Widerstandes erst 1963 im Rahmen der sogenannten Weißen Revolution erfüllt. 1966 schlossen sich 55 Frauenvereinigungen in einer unter dem Patronat der Prinzessin Aschraf, der Zwillingsschwester Moham med Rezâ Pahlavis, gegründeten Iranischen Frauenorganisation (persisch Sâzmân-e Zanân-e trân) zusammen, die zahlreiche Verbesserungen für Frauen durchsetzen konnte; z.B. die Heraufsetzung des Mindestalters für Heiraten, Erleichterungen der Scheidung für Frauen, Legalisierung der Abtreibung und die Auflage, daß eine Mehrehe der Zustimmung der ersten Frau be darf. Fast alle diese von der Regierung verordneten Rechte wur den, bis auf das Wahlrecht, nach der Revolution von 1979 wieder rückgängig und das Tragen des Schleiers zur Pflicht gemacht. In der neuen Islamischen Republik konnte es zunächst nur darum gehen, den Frauen gewisse Freiräume zu verschaf fen. Der achtjährige Irakkrieg 1980–1988 machte es nötig, die Frauen stärker in die Arbeitswelt einzubeziehen. So kam An fang der neunziger Jahre die Diskussion über die Gleichberechtigung der Frau wieder in Gang, und zahlreiche Beschränkungen wurden inzwischen abgemildert, nicht aber die Pflicht zum
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Tragen des Schleiers in der Öffentlichkeit. Neue Strömungen, die den Islam mit einer modernen, demokratisch geprägten Welt in Einklang bringen und ihn daher neu interpretieren wollen oder die versuchen, das Problem der Ungleichheit der Frau «wissenschaftlich» anzugehen und durch Koranexegese zu zeigen, daß im heiligen Buch des Islams keine geschlechtsspezifi sche Diskriminierung angelegt ist, äußern sich in verschiedenen Frauenzeitschriften. Diese Publikationsorgane fördern das poli tische Engagement der iranischen Frauen, die mit ihren Stim men z. B. entscheidend zur Wahl des Reformers Châtamî zum Staatspräsidenten beitrugen. Moderate Geistliche befürworten durchaus größere Freiheiten für Frauen. Die Revolution von 1979 hat so langfristig eine eigene, im Gegensatz zu früher spe zifisch iranische und von ausländischen Einflüssen weitgehend freie Frauenbewegung hervorgebracht, deren weitere Zukunft abzuwarten bleibt.
Ausblick
Mit dem Erfolg der Islamischen Revolution ist die zweieinhalb Jahrtausende alte Königstradition Irans, die sich unter den Pah lavi wohl schon selbst überlebt hatte, allem Anschein nach endgültig abgebrochen. Der in der islamischen Welt einzigartige Versuch einer Islamischen Republik unter schiitischen Vorzeichen ist noch nicht beendet. Vieles wird davon abhängen, ob es gelingt, die drängenden ökonomischen Probleme Irans befriedi gend zu lösen und ein einigermaßen partnerschaftliches Verhält nis zum Westen aufzubauen. Iran ist heute ein junges Land; 70% der Bevölkerung sind unter 30 Jahre alt. Eine erst 2002 vom Kulturministerium angestellte Umfrage ergab, daß etwa die Hälfte der Befragten für eine strikte Trennung von Religion und Politik eintreten, ein weiteres Viertel für einen eingeschränkten Einfluß der Religion auf die Politik; nur 25 % waren mit der gegenwärtigen Situation zufrieden. Wie und ob diese sehr unterschiedlichen Tendenzen künftig in einem iranischen Staat zusammenarbeiten und zum Ausgleich gebracht werden können, läßt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorhersagen. Da Iran jedoch in der Vergangen heit immer wieder bewiesen hat, daß es historische Herausfor derungen bewältigen kann, darf man mit einiger Zuversicht in die Zukunft sehen.
Zeittafel
632 632–666
642 651 661–749 680 749–1258 821–873 867–903 892–999 977–1186
945–1055
1040–1195
1071 1092 1090–1256
1200–1220 1219–1224 1256–1335 1258
Tod des Propheten Mohammed in Medina. Epoche der vier «rechtgeleiteten Kalifen»: Abû Bakr (reg. 632–634), Umar (reg. 634–644), Uthmân (reg. 644–656), Alî (reg. 656–661). Der Sieg der Muslime bei Nehâwand entscheidet die Eroberung Irans. Ermordung des letzten Sassanidenkönigs Yazdegerd III. Kalifat der Umayyaden; Zentrum: Damaskus. Schlacht von Kerbela; Tod (Martyrium) des dritten Imams Hoseyn. Kalifat der Abbasiden; Zentrum: Bagdad, gegründet 762. Tâhiriden in Chorâsân; erste autonome islamische Dynastie auf iranischem Boden. Saffâriden in Sîstân; 867–901 Herrschaft über fast ganz Iran. Samaniden in Transoxanien und Chorâsân; Zentrum: Bu chara. Ghaznawiden in Chorâsân, Afghanistan und Nordindien; größte Ausdehnung des Reiches unter Mahmûd von Ghazna (reg. 998–1030). Buyiden im Irak und in Iran; 945 Eroberung Bagdads; größte Ausdehnung des Reiches unter Adud ad-Daula (reg. 978–983). Seldschuken; 1055 Eroberung Bagdads; größte Ausdehnung des Reiches unter Malikschah (reg. 1073–1092) im Irak und in Iran. Der Sieg der Seldschuken über Byzanz in der Schlacht von Mantzikert öffnet Anatolien für den Islam. Ermordung des Seldschukenwesirs Nezâm al-Molk. Die ismä’ilitische Sekte der Assassinen beherrscht die Festung Alamût (Eibursgebirge); Führer der iranischen Ismâ’îliten: Hasan-e Sabbâh (gest. 112.4). Chôrezmschahs; 1200–12.20 Herrschaft über ganz Iran und Transoxanien. Die Mongolen unter Dschingis Chân (gest. 1227) zerstören Transoxanien und Iran. Herrschaft der mongolischen Ilchâne in Iran. Sturz des Kalifats von Bagdad durch den Ilchân Hülegü.
Zeittafel 1295 1370–1405 1405–1506 1380–1469
1396–1508
1501 1501–1722 1514 1639
1722 1722–1736 1736–1796
1750–1794 1779–1925 1801–1813
1826–1828
1857
1872
1879 1891–1892 1906
1907 1911
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Der Ilchân Ghâzân (reg. IZ95–1304) wird Muslim; der Islam wird erneut zum gültigen Herrschaftsprinzip. Eroberungszüge von Timur Lenk in Transoxanien und Iran. Herrschaft der Timuriden in Transoxanien und Iran. Kara Koyunlu (turkmenische Stammeskonföderation) in Nord- und Zentraliran; größte Ausdehnung des Reiches unter Dschahänschah (reg. 1438–1467). Ak Koyunlu (turkmenische Stammeskonföderation) in Ostanatolien und Iran; größte Ausdehnung des Reiches unter Uzun Hasan (reg. 1453–1478). Ismâ’îll. (reg. 1501–15Z4) erobert Tabrîz und verkündet die Zwölferschia als Staatsreligion in Iran. Safawiden in Iran; Zentren: Tabrîz, Kazwin, Isfahan. In der Schlacht von Tschaldîrân unterliegen die Safawiden der osmanischen Artillerie. Im Frieden von Zuhâb (Kasr-e Schîrîn) verliert Iran den Irak mit den schiitischen Heiligtümern an das Osmanische Reich. Einfall der afghanischen Ghalzay nach Iran; Rücktritt des letzten Safawidenschahs Sultan Hoseyn (reg. 1694–1722). Nâder Chân Afschâr schlägt die Afghanen zurück; nominelle Herrschaft zweier safawidischer Prinzen. Nâder Schah (reg. 1736–1747) und seine Nachkommen (Afschariden) in Iran, ab 1750 nur in Nord- und Zentral iran. Südiran unter der iranischen Dynastie der Zand; Zentrum: Schiras. Kâdschâren in Iran; Zentrum: Teheran. Erster russisch-iranischer Krieg; 1813 Vertrag von Golestân, durch den Iran große Gebiete im Kaukasus an Rußland ver liert. Zweiter russisch-iranischer Krieg; der Vertrag von Tork mântschây (1828) und weitere Gebietsverluste im Kaukasus legen die heutige Grenze zu Rußland fest. Im Frieden von Paris verpflichtet sich Nâser ad-Dîn Schah Kâdschâr zur Anerkennung der Unabhängigkeit Afghânîstans. Aufteilung der Provinz Sîstân zwischen Iran und Afghanistan. Aufstellung der Kosakenbrigade. Tabakboykott. Sieg der Konstitutionellen Revolution; erste Parlamentswah len und Unterzeichnung der Verfassung einer konstitutionellen Monarchie. Unterzeichnung der Zusatzbestimmungen zur Verfassung. Ende der Konstitutionellen Revolution; die Verfassung ruht.
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Zeittafel
1925–1979 Dynastie der Pahlavi: Rezâ Schah (reg. 1925–1941), Mo hammed Rezâ Schah (reg. 1941–1979). 1951–1953 Mohammed Mosaddegh versucht, die iranische Ölindustrie zu verstaatlichen. 1963 Im Juni ruft Ayatollah Rûhollâh Khomeyni (1902–1989) zum Widerstand gegen den Schah auf; dieser läßt die Proteste der Bevölkerung niederschlagen. 1971 Feiern zum 2500 jährigen Bestehen der iranischen Monar chie in Persepolis. 1979 Islamische Revolution und Sturz des Schahs. Am i. April offizielle Ausrufung der Islamischen Republik Iran; am 2-/3. Dezember Annahme der Verfassung durch eine Volks abstimmung. 1980–1988 Irakisch-iranischer Krieg. 1989 T od Ayatollah Khomeynis. Revision der Verfassung. 1997 Wahl Mohammed Châtamîs zum fünften Staatspräsidenten.
Ausgewählte Literatur Nachschlagewerke und Gesamtdarstellungen Bosworth, Clifford E.: The New Islamic Dynasties. A Chronological and Genealogical Manual. Edinburgh 1996. The Cambridge History of Iran, Bände IV-VII. Hrsg. von J. A. Boyle. Cam bridge 1968–1993. Encyclopaedia Iranica. Hrsg. von Ehsan Yarshater. New York 1982–2001 (bisher 10 Bände bis Buchstabe G). Ausgewählte Artikel aus der Encyclopaedia of Islam (new edition). 11 Bände (vollständig). Leiden 1960–2002. Ausgewählte Literatur Abrahamian, Ervand: Iran Between Two Revolutions. Princeton 1982. Alfons, Gabriel: Die Erforschung Persiens. Die Entwicklung der abendländischen Kenntnis der Geographie Persiens. Wien 1952. Algar, Hamid; Religion and State in Iran 1785–1906. The Role of the Ula ma in the Qajar Period. Berkeley/Los Angeles 1969. Amanat, Abbas: Pivot of the Universe. Nasir al-Din Shah Qajar and the Ira nian Monarchy, 1831–1896. London/New York 1997. Amir Arjomand, Said: The Turban and the Crown. The Islamic Revolution in Iran. New York/Oxford 1988. Avery, Peter: Modern Iran. London 1965. Bakhash, Shaul: Iran: Monarchy, Bureaucracy & Reform under the Qajars. Oxford/London 1978. Bosworth, Clifford E.: The Ghaznavids. Their Empire in Afghanistan and Eastern Iran 994–1040. Beirut 1973 (2. Auflage). ders.: The Later Ghaznavids. Splendour and Decay. The Dynasty in Afgha nistan and Northern India 1040–1186. Edinburgh 1977. Frye, Richard N.: The Golden Age of Persia. The Arabs in the East. London 1975, 21977. Halm, Heinz: Die Schia. Darmstadt 1988. ders.: Der schiitische Islam. Von der Religion zur Revolution. München 1994. ders.: Der Islam. München 1999, 4 2002. Iran. Natur – Bevölkerung – Geschichte – Kultur – Staat – Wirtschaft. Hrsg. von Ulrich Gehrke und Harald Mehner. Tübingen/Basel 2i976. Keddie, Nikki R. (unter Mitarbeit von Yann Richard): Roots of Revolution. An Interpretive History of Modern Iran. New Haven/London 1981.
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Namenregister
Das Register enthält Namen von Personen und Orten.
al-Abbâs, Onkel des Propheten 26
Abbâs I., Schah 70–77, 81, 85
Abbâs II., Schah 71
Abbâs Mîrzâ, Kronprinz 88
Abbasiden, Dynastie 10f., 18,
26–29, 34 f., 47, 51. 74
Abû Bakr, Kalif 20 f.
Abû’l-Abbâs, Kalif 26
Abû Muslim 26
Abû Sa’îd, Ilchân 54
Adam 47
Adud ad-Daula, Buyide 32–34
Ägypten 12,47, 52
Afghanistan, Afghanen 8, 30 f.,
40f., 69, 71,82, 87 f.
Afschâr, Stamm 8 2 f.
al-Afghânî, Dschamâl ad-Dîn 95
Aghâ Mohammed Schah 8 5 f.
Ahmad, Buyide 32 f.
Ahmad Schah 97–99
Ahmadîlîs, Dynastie 42
al-Ahsâ’î, Ahmad 94
Ak Koyunlu, Dynastie 61, 65 f.
Âl-e Ahmad, Dschalâl 105–107
Alamût 48
Aleppo 72
Alî, Buyide 3 2
Alî, Imam und Kalif 16, 19–23,
25 f., 32 f., 59, 67, 105 f.
al-Allâma al-Hillî 80
Alp Arslân, Sultan 44
Amîr-e Kabir, Mîrzâ Takt Chân 88
Amu Darya (Oxus) 8, 52
Anatolien 42, 44, 46, 51 f., 59,61,
65–67, 69, 71 s. auch Kleinasien
Anwarî, Auhad ad-Dîn 46
Arabien, Arabische Halbinsel,
Araber 7–10, 12–16, 26 f., 38,
45.73
Aralsee 41 f.
Ardabîl 66
Armenien, Armenier 73, 75,
86
Aserbeidschan 9, 40, 46, 51, 65 f.,
69,71,73,86–88,98
Assassinen 48
Atatürk, Mustafa Kemal 99
Attâr, Fand ad-Dîn 46
Bâbur, Zahîr ad-Dîn 62
Bagdad 8, 10, 18, 27–29, 31 f., 34,
40f., 49, 52, 55 f., 71 f.
Bahâ’î 95
Bahâ’ullâh 94
Bahrain 14, 79
Bahrâm Gûr 33
Bahrâm Tschûbîn 31
Bal’amî, Abû Alî 37
Balch 49 f.
Bandar Abbâs 72 f.
Bani-Sadr, Abo’l-Hasan 111
Barlas, Stamm 60
Basra 14, 49, 73
Bäzärgän, Mehdi 109, in
Behzâd, Kamâl ad-Dîn 62
Borûdscherdî, Hoseyn 107
Buchara 30–32, 41
Buyiden, Dynastie 29, 32–34, 39,
41.43–45
Byzanz 13
124
Namenregister
Châkânî, Afdal ad-Dîn Ibrâhîm 46 Châmene’î, Alî 111–114 Châtamî, Mohammed 112, 114, 116 China, Chinesen 50, 60, 77 Chomeyn 107 Chorâsân, Chorâsânier 9, 13, 26, 28, 30 f., 37 f., 40, 44 f., 48, 50f., 61, 65, 69, 71, 82, 86 Chôrezm 40, 42 f., 46, 50 Chôrezmschahs 42 f. Chosrou Parwîz 35 Chumm 21, 33 Chûzistân 98, 112 Damaskus 23, 52 Dandânkân 41 Deylam 17, 32 Dscha’far, Imam 23, 47, 83 Dscha’far îya 23, 83 Dschâmî, Abd ar-Rahmân 62 Dschibâl 17 Dschingis Chân 43, 49–52, 54 f., 57, 60–62 Dscholfâ 73 East India Company 72 f. Eiburs 8, 48 Euphrat 12, 20, 52, 60 Europa 9, 11, 46, 71–73, 85 f., 88 f., 91,96, 98 Fârs 9, 17, 34, 54 Fath Alî Schah 86 Fâtima, Tochter des Propheten 19, 22, 33 Fâtimiden 47 Ferdousî, Abo’l-Kâsem 9, 38, 56 Gandscheh 46 Gayûmart, mythischer König 35 Georgien, Georgier 75, 86 f. Ghalzay, afghanischer Stamm 71
Ghâzân, Ilchân 52, 57 Ghazna 40 f. Ghaznawiden 31, 40 f. Ghom 47, 81 f., 102, 107 Ghuzz s. Oghuz Gîlân 17, 98 Goethe, Johann Wolfgang von 7, 54 Goldene Horde, mongolischer Teilstaat 52 Golestân 87 Großbritannien 73, 86 f., 90f., 95, 97 f., 101 f., 113 Hâfez, Schams ad-Dîn Mohammed 54, 84 Hamadan 107 Hasan, Buyide 32 Hasan, Imam 33 Hasan-e Sabbâh 47 f. Hâschim, arabischer Clan 26 Herat 49, 62, 69, 87 Heydar, Ordensmeister 67 Hilla 80 Hindukusch 8 Holland 73 Hormoz 72 Hoseyn, Imam 23–25, 32f. Hülegü, Ilchân 50, 52, 55 Ibn al-Mukaffa’ 35 Ilchâne, Ilchânreich 50, 52–54, 5 6 f., 66 Ildegiziden, Dynastie 42, 46 Indien, Inder 37, 40–42, 53, 62, 77, 82 Indischer Ozean 45, 72, 87 Innerasien 11, 26, 28, 30, 41, 66 s. auch Zentralasien Irak 12, 14, 19, 24, 27 f., 32, 34, 65, 70f., 73, 79–83, 92 108, 112 f., 115 s. auch Mesopota mien Isfahan 13, 30, 34, 49, 57, 73, 77, 82, 107
Namenregister Ismâ’îl, Imam 47
Ismâ’îl I., Samanide 30, 32
Ismâ’îl I., Schah 69 f., 75, 78–80
Ismâ’îl III., Schah 83
Ismâ’îlîya 47–49
Istachr 13
Jerusalem 21
Jesus 12
Kabul 30
Kâdisîya 12
Kâdschâr, Stamm 83, 85 f.
Kâdschâren, Dynastie 11, 36,
84–86, 89 f., 92f., 98 f.
Kairo 7, 52, 105
Kandahar 71
Kara Koyunlu, Dynastie 61, 65
Karachâniden, Dynastie 31
Karakorum 51 f.
Karîm Chân Zand 83–85
Kaspisches Meer 8, 32, 41, 51, 86,
91
Kasr-e Schîrîn s. Zuhâb
Kaukasus, Kaukasier 32, 44,
50–52, 60, 75 f., 86f.
Kawîr-Wüste 8
Kâzimayn 81
Kerbela 24 f., 81, 107
Kermân 15, 45, 48
Khomeyni, Rûhollâh 26, 107–113
Kizilbasch 66 f., 69 f., 74–76,
78–80, 82, 85
Kleinasien 37, 53 s. auch Anatolien
Konya 46
Ktesiphon 7f., 13, 27, 46
Kufa 14, 16, 19 f., 23 f., 26 f.
Kuraysch, arabischer Clan 22
Libanon 79
Lût-Wüste 8
al-Madâ’in s. Ktesiphon
Mahmûd, Ghaznawide 40 f.
Mantzikert (Malazgirt) 42
125
Malikschah, Sultan 42, 44 f.
Mamluken, Dynastie 52
al-Mansûr, Kalif 27 f.
Marâgheh 42
Marw 26, 41, 49 f.
Mardawidsch, Ziyâride 3 2
Maschhad 38, 69, 81 f.
Medina 19–21, 24, 70
Mekka 21, 70
Mesopotamien 8, 32, 51, 69 f. s.
auch Irak
Mittelmeer 72
Moguln, Mogulreich 62, 65, 68,
71
Mohammed, Prophet 7, 12, 14,
19–21, 26, 73, 106
Mohammed, Imam 23, 47
Mohammed Alî Schah 96 f.
Mohammed Rezâ Schah 101–104,
115
Mongolei 51
Mongolen 9 f., 27, 29, 38, 43–45,
48–55, 57f., 60, 63,65
Mosaddegh, Mohammed 102 f.
Moses 12
Mossul 49
Mozaffar ad-Dîn Schah 95 f.
Mu’âwiya, Kalif 20 f., 23
Mughân-Steppe 82, 86
Mûsâ al-Kâzim, Imam 47, 73, 117
al-Mu’tasim, Kalif 28, 30
Muzaffariden, Dynastie 54
Nâder Schah 82–84, 87
Nadschaf 81, 108
Nâser ad-Dîn Schah 86–90, 114
Nâser al-Molk, Regent 97
Neauphle-le-Château 108, 111
Nehâwand 10, 13
Nezâm al-Molk 44, 48 f.
Nezâmî, Dschamâl ad-Dîn Ilyâs 46
Nîschâpûr 45 f., 49f.
Oghuz (Ghuzz) 41, 65
Oman 33
126
Namenregister
Omar Chayyâm 46
Oost Indische Compagnie 72
Orchon 51
Ostindienkompanie 72 f.
Osmanen, Osmanisches Reich
65–71,75, 82f., 87–89,98
Pahlavi, Dynastie 9, 36, 94, 98,
101, 115, 117
Palästina 52
Paris 87, 108 f.
Persepolis 13, 104
Persischer Golf 8, 45, 65, 72 f., 99,
103
Portugiesen 72
Radscha’î, Mohammed Alî in
Rafsandschânî, Alî-Akbar 112 f.
Reuter, Julius de 91
Rey 34, 86
Rezâ Chân/Rezâ Schah 98–101,
115
Romanos Diogenes, byzantinischer
Kaiser 42
Rostam, sassanidischer Feldherr
12
Rûdakî, Dscha’far 37
Rûm 46
Rûmî, Dschalâl ad-Dîn 46
Rûmseldschuken, Dynastie 46
Rushdie, Salman 112
Rußland 83, 86f., 90f., 95–97
Sa’dî, Moscharref ad-Dîn 54,
84
Safawiden, Dynastie 11, 40, 59,
65 f., 68–71, 73–79, 81 f., 85 f.,
90, 92, 94, 106
Safawîyeh, Derwischorden 59, 64,
66 f., 74, 78
Saffâriden, Dynastie 30, 39
Safî ad-Dîn, Ordensmeister 66
Salghûriden, Dynastie 42., 54
Samaniden, Dynastie 30 f., 33, 37,
39, 41
Samarkand 61 f.
Samarra 28, 81
Sandschar, Sultan 42, 46
Sarachs 41
Sassaniden, Dynastie 7–9, 12 f., 15,
27, 32f., 35, 37f., 41, 56
Sayyid Alî Mohammed, bâb 94
Scharî’atî, Alî 105–107
Schiras 7, 34, 42, 54, 83 f.
Schîrâzî, Mîrzâ Mohammed Hasan
92
Schirwân 46
Schwarzes Meer 72
Seldschuken, Dynastie 10, 29 f., 34,
40–50, 56, 65, 77
Selim I., Sultan 69
Sherley, Anthony und Robert 75
Shuster, William Morgan 97
Siffîn 20
Sîstân 88
Sobh-e Azal, Mîrzâ Yahyâ Nûrî
94
Sowjetunion 98, ioi f.
Sultan Hoseyn, Schah 71, 77
Syrien 12, 20, 44, 47 f., 52, 66
Syr Darya (Jaxartes) 8
Tabarî, Abû Dscha’far Mohammed
58
Tabrîz 42, 57, 69, 72, 78, 89
Tâhiriden, Dynastie 30, 39
Tahmâsp I., Schah 70, 80
Tamerlan 60 s. auch Timur
Temüdschin 50
Teheran 7, 54, 86, 88 f., 91, 97, 99,
109, 113, 115
Tigris 7
Timur 60–63
Timuriden, Dynastie 61–63, 65,
80
Toghril Beg, Sultan 41, 43
Torkmântschây 87
Transoxanien 8, 14, 30f., 37, 42,
50, 60–62, 64 f.
Trapezunt 72
Namenregister Tschagatay, mongolischer Teilstaat
52 Tschaldîrân 69 f.
Türkei 42, 108
Türken 10, 28, 30, 32, 39–41,
44, 50f., 55, 57,63,69,77,
89,99
Turkmenistan, Turkmenen 41,
65–67, 74, 76, 78
Van-See 42
Vasco da Gama 72
Volksmudschahedin 111
Wolff, Sir Henry Drummond 91
Yazd 48
Yazdegerd III., sassanidischer König
13,41
Yazîd, Kalif 23, 25
Tûs 38
Umar, Kalif 20 f.
Umayya, arabischer Clan 20
Umayyaden, Dynastie 16, 21, 23,
26–28
USA 101f.
Usbeken 61, 64 f., 67–69, 71
Uthmân, Kalif 20 f.
127
Zand, Dynastie 83 f., 86
Zand, Stamm 83
Zaydîya 32, 47
Zentralasien 37, 39 f., 45, 49,
51–53, 59, 65 s. auch Innerasien
Ziyâriden, Dynastie 3 2
Zagros 8, 83
Zuhâb (Kasr-e Schîrîn) 71, 82
Iran in der Neuzeit