Beitrage zur Kenntnis stidasiatischer Sprachen und Literaturen
Klaus Mylius
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Herausgegeben von ...
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Beitrage zur Kenntnis stidasiatischer Sprachen und Literaturen
Klaus Mylius
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Herausgegeben von Dieter B. Kapp
Geschichte der altindischen Literatur Die 3000jahrige Entwicklung der religios-philosophischen, belletristischen und wissenschaftlichen Literatur Indiens von den Veden bis zur Etablierung des Islam 2., tiberarbeitete und erganzte Auflage
2003
2003
Harrassowitz Verlag . Wiesbaden
Harrassowitz Verlag· Wiesbaden
Die erste Auflage erschien 1983 im Verlag Philipp Reclam jun., Leipzig, unter dem Titel "Geschichte der Literatur im alten Indien". Derselbe Text erschien 1988 im Scherz Verlag, Bern MUnchen Wien, unter dem Titel "Geschichte der altindischen Literatur".
Inhaltsverzeichnis
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet tiber http://dnb.ddb.de abrufbar. Bibliographic information published by Die Deutsche Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data is available in the Internet at http://dnb.ddb.de.
© Otto Harrassowitz KG, Wiesbaden 2003 Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fUr VervieWiltigungen jeder Art, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und fUr die Einspeicherung in elektronische Systeme. Gedruckt auf alterungsbestlindigem Papier. Druck und Verarbeitung: Memminger MedienCentrum AG Printed in Germany
www.harrassowitz.de/verlag ISSN 0948-2806 ISBN 3-447-04772-0
Vorwort des Herausgebers Vorwort zur 2. Auflage Vorwort zur 3. Auflage Einleitung . 1. Wesen, Umfang und Schichten der altindischen Literatur 2. Die Chronologie der altindischen Literatur 3. Sprache und Schrift Die vedische Literatur 1. Einfiihrung . 2. Die Samhitas . a) Der ~gveda. . b) Der Samaveda c) Der Yajurveda d) Der Atharvaveda . 3. Die Brahmalfas . 4. Die Aralfyakas . 5. Die Upani~aden . 6. Die Vedangas Die epische Literatur . . 1. Einfiihrung . . . 2. Das Mahabharata 3. Das Ramayalfa 4. Die Puralfas 5. Die Tantras .. Die klassische Literatur . 1. Einfiihrung . . . 2. Das hofische Kunstepos 3. Die Lyrik . 4. Die Spruchdichtung 5. Fabeln und Miirchen 6. Der Kunstroman .. 7. Die historiographische Kunstdichtung 8. Die Campii~Literatur .
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INHALT
9. Die dramatische Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die theoretischen Grundlagen des altindischen Dramas b) Die vor- und friihklassischen Dramen c) Die Bliitezeit des altindischen Dramas . . . d) Die nachklassischen Dramen .. . . . . . . Die philosophische und wissenschaftliche Literatur . 1. Einfiihrung . . . . . . . . . . 2. Die philosophische Literatur . 3. Die Arthasastra-Literatur .. 4. Die Dharmasastra-Literatur . 5. Die mathematische, astronomische u. astrologische Literatur 6. Die medizinische Literatur . 7. Die erotische Literatur . 8. Die Literatur iiber Musik, Architektur und andere Gebiete . 9. Die Literatur iiber Grammatik und Metrik . 10. Die lexikographische Literatur Die buddhistische Literatur 1. Einfiihrung . . . 2. Der Pali-Kanon .. a) Das Suttapitaka . b) Das Vinayapitaka c) Das Abhidhammapitaka 3. Die nichtkanonische Pali-Literatur 4. Die buddhistische Sanskrit-Literatur a) Die Literatur des Hinayana . b) Die Literatur des Mahayana c) Die Literatur des Vajrayana . d) Die buddhistische philosophische Literatur Die jinistische Literatur . 1. Die kanonische Jaina- Literatur . 2. Die nichtkanonische Jaina-Literatur Schlussbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . 1. Die Weltbedeutung der altindischen Literatur 2. Geschichte der Erforschung der altindischen Literatur in der Neuzeit . Zur Aussprache der Sanskrit-Warter Register .
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Vorwort des Herausgebers Die von dem namhaften 1ndologen Klaus Mylius (Johann Wolfgang GoetheUniversitat Frankfurt) verfasste und erstmals 1983 unter dem Titel "Geschichte der Literatur im alten 1ndien" im Verlag Philipp Reclam jun. (Leipzig) erschienene "Geschichte der altindischen Literatur" , in deren Rahmen die vedische und klassische Sanskrit-Literatur, die buddhistische Pali- und Sanskrit-Literatur sowie die jinistische Prakrit-Literatur dargestellt und behandelt werden, erfuhr bereits fiinf Jahre spater eine erweiterte und aktualisierte Neuaufiage, die der Scherz Verlag (Bern / Miinchen) herausbrachte. 1m selben JaIn erschien iiberdies eine yom Scherz Verlag lizenzierte Ausgabe bei der \,yissenschaftlichen Buchgesellschaft (Darmstadt). Nachdem nun schon seit geraumer Zeit auch die zweite Aufiage dieses Standardwerkes vergriffen ist, fasste der Autor dankenswerterweise den Entschluss, eine dritte, griindlich durchgesehene und insbesondere, was die Bibliographie angeht - auf den neuesten Stand gebrachte Aufiage zu erarbeiten, die hiermit der Offentlichkeit vorgelegt wird.
Kaln, Dezember 2002
Dieter B. Kapp
VORWORT
Vorwort zur 2. Auflage Dem stiindig wachsenden Interesse an der Kultur und Geschichte des alten Indien, das nicht zuletzt mit seiner Literatur das Kulturerbe der Menschheit wesentlich bereichert hat, solI mit dieser nicht in extenso dargestellten, dafiir maglichst informativen Geschichte der al~!ndischen Literatur Rechnung getragen werden. Die Abfassung eines solchen Ubersichtswerkes wurde auch .deshalb erforderlich, weil iiltere Handbiicher l entweder vergriffen bzw. iiberholt sind oder aber an den indologisch nicht vorgebildeten Leser gar zu hohe Anforderungen stellen. Der notwendigerweise begrenzte Umfang des Buches bedingte eine Konzentration auf das \¥esentliche. Um den Leser nicht mit einer iibergroBen Materialfiille zu belasten, wurden nur die Hauptwerke von den Anfiingen der altindischen Literatur in der zweiten Hiilfte des 2. Jahrtausends v. ChI'. bis etwa 1200 n. ChI'. besprochen bzw. erwiihnt. Auf die Erarterung der ohnehin noch nicht beweiskriiftig entschliisselten Inschriften der Induskultur wurde ebenso verzichtet wie auf die der spiiteren epigraphischen Monumente und der iilteren Stufe der neuindoarischen und dravidischen Literatur. Unter Beriicksichtigung dieser Einschriinkungen ist jedoch aIle Kraft darauf gerichtet worden, dem interessierten Nicht- Indologen wie dem Fachmann sowohl eine verliissliche Erstorientierung als auch die Basis fiir weitergehende Informationen zu bieten. Immer wieder wird z.B. nach den Grundziigen des Buddhismus, den Quellen der Yogalehre, den Praktiken altindischer Medizin oder dem Inhalt des Lehrbuches der Liebeskunst KamasiitTa gefragt. Auf diese und viele andere Fragen solI das vorliegende Buch ebenso Antwort geben, wie es den Leser mit altindischer Spruchweisheit, den Motiven der groBen Epen oder den Werken des Kalidasa vertraut machen will. Literatur als einen Teil des historischen Gesamtprozesses eines Volkes in ihrem Verhiiltnis zur jeweiligen akonomisch-politischen Entwicklungsstufe zu begreifen ist im FaIle des alten Indien beim gegenwiirtigen Stand der Forschung nur in Ansiitzen maglich. Infolgedessen wurde der Werkbeschreibung Vorrang gegeben, von der Wiedergabe von Textausziigen dagegen weitgehend abgesehen. Die zahlreichen Hinweise auf Textausgaben, Ubersetzungen und Sekundiirliteratur, die mit der hier gebotenen Knappheit der bibliographischen Daten mitgeteilt werden, sollen es dem an zusiitzlicher Information interessierten Benutzer ermaglichen, sich weiterreichende Materialien zu erschlieBen. Die Nennung in Indien selbst erschienener Arbeiten solI diese sonst nur schwer erhiiltlichen Angaben verfiigbar machen und zugleich als Absage an den Eurozentrismus verstanden werden. Die vorliegende Ausgabe beriicksichtigt in den letzten Jahren erzielte Forschungsergebnisse sowie nach Maglichkeit auch die in den Rezensionen der er-
IX
sten Auflage (Leipzig 1983) von den Fachkollegen gegebenen Hinweise. Die bibliographischen Angaben wurden aktualisiert. Dem Scherz Verlag, der die Herausgabe dieser zweiten, durchgesehenen und erweiterten Auflage dieser Literaturgeschichte iibernommen hat, gebiihrt aufrichtiger Dank. Indem sich der Autor mit einem GruB an die Leser in der Bundesrepublik Deutschland, in der Schweiz und in Osterreich wendet, verleiht er dem Wunsche Ausdruck, dass dieser Leitfaden der altindischen Literatur iiber das Angebot von Informationen hinaus zum tieferen Verstiindnis der kulturellen Leistungen und damit der weltgeschichtlichen Bedeutung des groBen indischen Volkes einen Beitrag leisten mage.
KM.
Leipzig, Mai 1988
Anmerkung
Das am meisten verbreitete Standardwerk iiber altindische Literatur ist die dreibiindige Geschichte del' indischen Literatur von M. Winternitz (Leipzig 1904-1920, Neudruck Stuttgart 1968). Das Werk ist gleichermaf3en fiir Fachleute und Laien niitzlich. Eine gute Ubersicht (einschlief3lich del' neuindischen Literaturen) gibt H. v. Glasenapp: Die Literaturen Indiens von ihren Anfiingen bis zur Gegenwart (Potsdam 1929, Neuausgabe Stuttgart 1961). Insgesamt iiberholt, abel' in vielen Details heute noch wertvoll sind die Akademischen Vorlesungen iiber indische Literaturgeschichte von A. Weber (Berlin 1852, 2. Aufl. 1876-1878); Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung von L. v. Schroeder (Leipzig 1887, Neudruck 1922) und die History of Ancient Sanskrit Literature von Max Miiller (London 1859, Neuausgabe von S. N. Sastrl als Bd. 15 del' Chowkhamba Sanskrit Studies, Varanasi 1968). Gut lesbar ist die History of Sanskrit Literature von A. A. Macdonell (1900, indischer Neudruck 1961). Das neueste und weitaus umfangreichste einschliigige Werk ist A History ofIndian Literature, die J. Gonda seit 1974 in Wiesbaden herausgab; jeder ihrer Biinde behandelt ein abgeschlossenes Spezialgebiet. Von den zahlreichen indischen Unternehmen auf diesem Gebiet verdient K. Chaitanyas A New History
of Sanskrit Literature (New York 1962) hervorgehoben zu werden. Sehr niitzlich ist die lexikalische Aufschliisselung des Materials (Werke, Autoren, Termini technici usw.) in A Companion to Sanskrit Literature von S. C. Banerji (Delhi 1971, 2. Aufl. 1989; ebenso in A. K. Roy und N. N. Gidwani: Dictionary of Indology (4 Bde., Delhi 1983-86). Uber die Literatllr del' vorarischen Stiimme Indiens handelt W. Ruben (Berlin/DDR 1952). Viele niitzliche Hinweise auf Sekundiirliteratur bieten H. Bechert und G. v. Simson (Hrsg.): Einfiihrllng in die Indologie (Darmstadt 1979, 2. Aufl. 1993).
VORWORT
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Vorwort zur 3. Auflage
Einleitung
Die ersten beiden Auflagen der "Geschichte der altindischen Literatur" waren bald nach dem Erscheinen vergriffen. Nach fast 15 Jahren kann nunmehr den interessierten Leserinnnen und Lesern eine neubearbeitete dritte Auflage vorgelegt werden. Ohne dass die bewahrte Grundkonzeption des Werkes zu andern gewesen ware, wurden Textstellen, wo erforderlich, aktualisiert und die bibliographischen Hinweise auf den neuesten Stand gebracht. Herzlich dankt der Verfasser seinem geschatzten Kollegen, dem Direktor des Instituts fiir Indologie und Tamilistik der Universitat zu Koln, Herrn Professor Dr. Dieter B. Kapp, fUr die Aufnahme dieser Literaturgeschichte in die von ihm edierte Reihe Beitrage zur Kenntnis siidasiatischer Sprachen und Literaturen. Danken mochte er ferner den Herren Dr. Thomas Malten und Jens Kniippel, M.A., fiir die engagierte redaktionelle Betreuung.
1. Wesen, Umfang und Schichten der altindischen Literatur
Dezember 2002
Klaus Mylius
Die indische Literatur zeichnet sichdurch drei wesentliche Besonderheiten aus: durch ihr ALTER, ihre KONTINUITAT und ihren UMFANG. Mit Ausnahme von China verfiigt kein anderes Land iiber eine mehr als drei Jahrtausende wahrende ununterbrochene literarische Tradition. Dem Umfang nach ist allein die altindische Literatur gro:!3er als die griechische und romische Literatur zusarllrllen. Imposant ist auch ihre VIELFALT. Sie umfasst vorwiegend religiose, aber durchaus auch weltliche Stoffe, Epik, Dramatik und Lyrik, didaktische Poesie, eine aus Fabeln, Marchen und Romanen bestehende Erzahlungsliteratur und schlie:!3lich ein philosophisches sowie ein breitgefachertes wissenschaftliches Schrifttum, das sich mit Mathematik, Astronomie, Medizin, Architektur, Grammatik, Etymologie, Metrik und anderen Gebieten befasst. Obwohl man annehmen muss, dass im Laufe der Jahrtausende viel verlorengegangen ist, stellt das Erhaltengebliebene immer noch ein literarisches Corpus von ungeheurem Umfang dar, weist doch zum Beispiel ein einziges Werk, das Epos Mahabharata, mehr als 100000 Doppelverse auf! Die AUTORSCHAFT der altindischen Literaturwerke ist ein au:!3erordentlich kompliziertes Problem. Man hatte im alten Indien zum geistigen Eigentum eine von heutigen Gepflogenheiten weit abweichende Einstellung. Die Individualitat eines Autors spielte eine relativ untergeordnete Rolle. In den alteren Zeiten galten kaum Einzelpersonlichkeiten, sondern vielmehr Schulen (sakhal als Produzenten und Trager der Literatur. Auch die aus spateren Zeiten liberlieferten Autorennamen sind haufig blo:!3e Schatten. Dazu tI'agen mehrere Umstande bei. Einmal kennen wir nicht selten eben nur die Namen und wissen nichts iiber die Lebensumstande des betreffenden Autors. Zum anderen wird selbst die Fixierung des Namens durch die im alten Indien haufige Homonymitat erschwert. Weiter zogen es manche Autoren vor, ihren eigenen Namen zu verleugnen und sich entweder hinter einer literarischen Beriihmtheit zu verbergen oder ihr Werk unter dem Namen ihres Fiirsten erscheinen zu lassen. All das stellt den Indologen vor unvergleichlich gro:!3ere Schwierigkeiten, als sie bei der Erforschung der meisten anderen Literaturen auftreten. Die altesten indischen Literaturwerke, die Hymnen des ~gveda, sind liber mehrere Generationen hinweg von Dichtern geschaffen worden, die in bestimrrrten Familien konzentriert waren. Die spatere vedische Literatur wurde iiberwiegend von Brahmanen (Priestern) hervorgebracht, die damit ihren betrachtlichen Einfluss auf die Gesellschaft zu festigen trachteten. An der Schopfung def
3
EINLEITUNG
EINLEITUNG
epischen Literatur waren dagegen auch weitgehend nicht-brahmanische Verfasser. wie im Land umherziehende Barden, beteiligt. Die klassische altindische I{unstdichtung entstand vorwiegend als das Werk von Berufspoeten, die an den Hofen del' Konige und Fiirsten lebten. Die wissenschaftliche Literatur schlieBlich geht in iiberwiegendem MaBe auf die Tatigkeit gelehrter Brahmanen zuriick.
Poesie und Prasa. Haufig sind metrisch gebundene Abschnitte in Prasastiicke eingelagert. Fiir unsere Anschauungsweise erstaunlich, nichtsdestoweniger abel' sehr verbreitet ist del' Umstand, dass wissenschaftliche Stoffe in poetischem Gewand vorgetragen werden. So erscheinen nicht nur medizinische Abhandlungen, sondern auch staatsrechtliche Betrachtungen, ja sogar Grammatiken und Worterverzeichnisse in metrisch gebundener Form.
Zu den Unsicherheiten iiber die Verfasserschaft kommt hinzu, dass auch die Texte selbst nur in unterschiedlichem Grade zuverlassig iiberliefert sind. Dabei ist zu beriicksichtigen, dass - worauf wir noch zuriickkommen werden eine schriftliche Aufzeichnung im wesentlichen erst seit del' Neuzeit datiert, die miindliche Uberlieferung also iiber viele Jahrhunderte hinweg das einzige Mittel del' Textbewahrung darstellte. Sie war vorwiegend an brahmanische, priesterliche, Schulen gekniipft, die geradezu einzigartige mnemotechnische Leistungen vollbrachten. Daraus erklart es sich, dass besonders religiose Texte mit groBter, ja absoluter Genauigkeit iiberliefert wurden. So kann kein Zweifel bestehen, dass uns die Rksambita: in eben del' Fassung vorliegt, in del' sie bereits vor 3000 Jahren b~stand. Anders steht es um die weltlichen Werke, wie etwa die Epen und Fabeln. Diese haben nicht selten von einem Urkern aus verschiedene Stadien del' Agglomeration und sonstigen Veranderung durchlaufen und weisen somit eine umfangreiche Textgeschichte auf. Dann steht vor den Philologen die miihevolle und nicht immer edolgversprechende Aufgabe, die spaten von den friihen Passagen zu scheiden und den urspriinglichen Kern freizulegen.
Westliche Literaturgeschichtsschreibung hat del' altindischen Literatur vielfach die Neigung zur Ubertreibung und MaBlosigkeit nachgesagt. Dies trifft indessen nur sporadisch zu und beriihrt keineswegs das Typische. Die iiberkonzise Form del' Sutras zum Beispiel ist fUr diese mnemotechnischen Leitfaden durchaus beabsichtigt und angebracht gewesen. Absichtlich kreiert wurden auch die fUr europaischen Geschmack gekiinstelt wirkenden Produkte mancller KavyaDichter. In den Purar;tas zweifellos vorhandene Ubertreibungen werden bereits innerhalb del' epischen Literatur selbst durch die auf weiten Strecken vorherrschende gedankliche Klarheit und sprachliche Zucht mehr als kompensiert. Man wird zum Verstandnis des Wesens del' indischen Literatur nicht vorstoBen, wenn man sich nicht von del' Last traditioneller europazentristischer Vorstellungen zu befreien vermag.
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Fiir die Interpretation del' altindischen Literaturwerke, besonders del' alteren von ihnen, bieten die einheimischen Kommentare eine gewisse Unterstiitzung. Ihr Wert wurde in Europa teils unterschatzt (0. v. Bohtlingk, R. Roth), teils zu hoch eingestuft (R. Pischel, K. F. Geldner). Sichel' ist, dass man die Kommentare beriicksichtigen muss, ohne ihnen sklavisch zu folgen. Am beriihmtesten geworden sind die siidindischen Briider Sayar;ta und Madhava aus dem 14. Jahrhundert. die also auch schon durch eine riesige zeitliche Kluft etwa von del' IJ,ksambita: getrennt waren. Doch gibt es auch Kommentare aus del' .Ara vor unserer Zeitrechnung; freilich ersieht man aus ihnen, dass auch fUr sie oftmals schon dieselben Worte ratselhaft waren, die uns heute noch .unklar sind. Manche Werke, wie bestimmte Sutras, haben sich uns iiberhaupt erst mit Hilfe del' Kommentare erschlossen. Die Inder haben von jeher das Kommentieren sehr geschatzt: Manche Kommentare wurden so beriihmt, dass ihnen wiederum Subkommentare gewidmet wurden. Verbliiffend wirkt mitunter del' von den Kommentatoren an den Tag gelegte hochgradige Objektivismus, wenn etwa ein und dieselbe Personlichkeit verschiedenartige philosophische Systeme empfehlend kommentiert. Dann kann es groBe Schwierigkeiten bereiten, die dahinter verborgene parteiliche Haltung aufzudecken. In del' altindischen Literatur gibt es vielfach keine schade Trennung von
Ehe wir zur Gliederung del' altindischen Literatur iibergehen, solI del' Vollstandigkeit halber darauf hingewiesen werden, dass seit 1924 in Mohenjo Daro (Sindh, jetzt Pakistan), Harappa (Panjab) sowie in Chanhu Daro, Larkana und anderen Orten unternommene Ausgrabungen praarische Stadte mit Ziegelbauten, Kanalisation und Tempeln ans Licht gefordert haben. 2 Gefunden wurden auch Siegel mit einer noch nicht beweiskraftig entzifferten Schrift, die moglicherweise altdravidisch war, leidel' abel' keine Bilinguale zur Nachpriifung aufweist. 3 Diese sogenannte Indusgesellschaft, die um 2200 v. Chr. ihre hochste Bliite erreichte, ist zwar im 2. Jahrtausend v. Chr. untergegangen, hat abel' wie man erst allmiihlich erkannte - nachhaltig auf die Kulturgeschichte Indiens eingewirkt. 4 Dies gilt vor allem fiir den religionsgeschichtlichen Bereich. Die Induskultur wurde zur Quelle des Sivaismus und auch des Vi~r;tuismus, damit also im wesentlichen des heute in Indien dominierenden Hinduismus. Mit ziemlicher Sicherheit dad man ferner annehmen, dass die im heutigen Indien so verbreitete Yogapraxis bereits in del' Induskultur ihre Wurzeln hatte. Eine endgiiltige Aussage iiber die Literatur dieses Zeitabschnittes lasst sich jedoch erst machen, wenn die Schrift schliissig entziffert worden ist. Nach dem Prinzip del' relativen Chronologie pflegt man die altindische Literatur in das vedische, epische und klassische Schrifttum einzuteilen. Da sich diese "Schichten" abel' untereinander vielfach verzahnen, ermoglicht diese Einteilung nur eine ungefahre Gliederung, del' wir im vorliegenden Buch folgen wollen, indem wir sie durch die selbststandigen Abschnitte iiber die wissenschaftliche, buddhistische und jinistische Literatur erganzen.
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EINLEITUNG
EINLEITUNG
Anmerkungen
Sicher ist jedenfalls, dass Alexander der GroBe von IVlakedonien seinen Feldzug nach Indien im Jahre 326 v. Chr. unternahm. Von nun an sind griechische Quellen hiirdig der einzige chronologische Anhaltspunkt, den wir tiberhaupt besitzen. 2 Einige Jahre nach dem Alexanderfeldzug kam Megasthenes als Gesandter des Seleukos an den Hof des Maurya-Herrschers Candragupta 1.,4 der in Pataliputra (das dem heutigen Patna entspricht) residierte. Der Enkel dieses GroBkonigs war der beriihmte Kaiser Asoka (etwa 273 bis 232 v. Chr. an der Regierung). 5 Dieser groBe Forderer des Buddhismus lieB in seinem Reich zahlreiche Inschriften auf Felsen und Siiulen herstellen. 6 Sie sind in Indien die iiltesten datierbaren Inschriften iiberhaupt. Wir wissen sodann, dass eine der Hauptpersonen des buddhistischen ';Yerkes Milindapanha der griechischbaktrische Konig Menander war und dass die Entstehung dieses Werkes ungefiihr in das Jahr 144 v. Chr. fiillt. Nach der Zeitwende werden verliissliche chronologische Angaben auch aus der entgegengesetzten Richtung geliefert. Jetzt sind es Chinesen, die als buddhistische Pilger in das Heimatland des Buddha kamen und sehr genaue Berichte lieferten. 1m Jahre 399 reiste der Pilger Fa-hian nach Indien. Von 629 bis 645 berichtet Hiuen-tsang iiber zeitgenossische Schriftstellerei und Literatur. 7 Der Pilger I-tsing,S in Indien von 671 bis 695, schlieBt die Reihe dieser Berichte abo Urn 1030 kam der Choresmier Al-BirunT im Gefolge des Eroberers Mahmud von Ghazni nach Indien. Er berichtet in dem Werk India tiber indische Religion, Philosophie, Literatur, Gesetze und Sitten, besonders a,usfiihrlich aber iiber die mathematischen und astronomischen Errungenschaften der Inder. 9 Gegen Ende des 12. Jahrhunderts setzten sich die mohammedanischen Invasoren in Indien endgiiltig fest und errichteten das Sultanat von Delhi. Mit dieser fiir die Geschichte Indiens so \vichtigen Ziisur schlieBen wir die Darstellung der altindischen Literaturgeschichte chronologisch abo Wie schon erwiihnt, sind die buddhistischen und jinistischen Quellen vielfach verliisslicher als die brahmanischen, wobei wir uns bei ersteren besonders an den Konzilberichten zu orientieren vermogen. Fiir ihre Geschichtsschreibung haben die Inder sonst relativ wenig getan. Zuverliissige Berichterstattung ist sehr selten; Dichtung und Wahrheit durchdringen einander, wobei die Chronologie besonders im argen liegt. Zwei Bezugspunkte der indischen Zeitrechnung, von der es mehrere Arten gibt, bilden die Vikrama- und die Saka-Ara. Die Vikrama-Ara wird traditionell auf einen Konig Vikramaditya von UjjayinT zuriickgefiihrt, der im Jahre 58 V. Chr., dem Anfangsjahr dieser Zeitrechnung, die iranischen Sakas aus Indien vertrieben haben soll. Die Saka-Ara beginnt im Jahre 78 n. Chr. Es wird vermutet, dass sie sich auf den Zeitpunkt der Errichtung der Ku~al).a-Herrschaft iiber das nordwestliche Indien bezieht.
1 Zur Aussprache der Sanskrit-Warter siehe S. 428. 2 Vgl. B. M. Pande und K. S. Ramachandra: Bibliography of the Harappan Culture (Miami 1971); E. Mackay: The Indus Civilization (London 1935, dt. Die Induskultur, Leipzig 1938); H. Mode: Das fruhe Indien (Weimar 1960); S. Piggott: Prehistoric India (London 1962); M. Wheeler: The Indus Civilization (2. Aufl., Cambridge 1960); M. Jansen: Die Indus-Zivilisation (Kaln 1986); R. N. Dandekar: Harappan bibliography (Poona 1987). 3 Die Hypothese, dassder Indusschrift eine altdravidische Sprache zugrunde liegt, wird besanders von A. Parpola, S. Parpola, S. Koskenniemi und P. Aalto in zahlreichen Veraffentlichungen des Scandinavian Institute of Asian Studies, Kopenhagen, vertreten. Die Autoren haben in diesem Zusammenhang die elektronische Datenverarbeitung zur Schriftentschlusselung heranzuziehen versucht.- Auch die vedische Herkunft der Harappa-Kultur wird behauptet, so von Bhagwan Singh: The Vedic Harappans (Delhi 1995). 4 Vgl. hierzu D. H. Gordon: The Pre-historic Background of Indian Culture (2. Aufl., New York 1960).
2. Die Chmnologie der altindischen Literatur Mit der Frage nach der Zeitstellung der einzelnen altindischen Literaturdenkmiiler betreten wir ein Gebiet, das trotz aller bisherigen BemUhungen noch voller Riitsel ist. Historiographie im altgriechischen Sinne lag den alten Indern fern. Dabei haben die Angaben der brahmanischen Literatur meist noch weniger Wert als die der buddhistischen und jinistischen Quellen. Sprachliche Kriterien sind oft einigermaBen zuverliissig, doch konnen auch hier durch kiinstlich antiquierten Stil falsche Eindrticke erweckt werden. Besonders mangelhaft bestellt ist es urn unsere Kenntnisse von der absoluten Chronologie. Hier differieren die Urteile nicht selten urn mehrere J ahrhunderte, ja - wie wir bei der Besprechung des ~gveda noch sehen werden - urn Jahrtausende. Nur wenige Daten sind in befriedigender Weise gesichert. Etwas besser steht es urn die relative Chronologie. Mit Sicherheit diirfen wir behaupten, dass der Veda der iilteste Teil und der Ausgangspunkt der indischen Literatur iiberhaupt ist. Jedenfalls gilt diese Feststellung fiir die Hauptmasse der vedischen Literatur. Teile des Vedanga und die Sm~tis - Appendices beziehungsweise Ausliiufer des Veda - reichen bis auf die Zeit urn 200 V. Chr. herab. Ebenfalls steht im groBen und ganzen fest, dass der Buddhismus kurz 'lor oder nach 500 V. Chr. entstanden ist. Was aber besonders wichtig ist: Der Buddhismus setzte offensichtlich den groBten Teil der vedischen Literatur voraus, der also 'lor der lVIitte des 1. Jahrtausends V. Chr. entstanden sein muss. Jedoch lassen namhafte Autoren den Buddhismus zu einem spiiteren Zeitpunkt, ja sogar erst wenige Jahrzehnte 'lor dem Alexanderfeldzug, entstanden sein. 1
EINLEITUNG
EINLEITUNG
Das einzige Werk, das auf den Titel einer Historiographie mit einigem Recht Anspruch erheben darf, ist die Rajatarangilfl aus dem 12. Jahrhundert, eine Chronik der Konige von Kashmir.
3. Sprache und Schrift
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Anmerkungen 1 Vgl. u.a. H. Bechert: Die Lebenszeit des Buddha - das iilteste feststehende Datum der indischen Geschichte? in: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Gottingen, I. Phil.-Hist. Kl., Jg. 1986, Nr. 4 (Gottingen 1986). 2 Vgl. R. G. Majumdar: The Classical Accounts of India (Calcutta 1961). Das Werk gibt Auszuge aus den Berichten von Herodot, Megasthenes, Arrian, Strabo, Plutarch, Plinius, Ptolemaios u.a. Vgl. femer B. N. Puri: India in Classical Greek Writings (Ahmedabad 1963). Sehr wertvoll ist auch die Auswahl von Berichten bei J. W. McCrindle: Ancient
India (Calcutta und Westminster 1877-1901, Neudruck New Delhi 1972). Den Bericht Indika des Megasthenes hat E. A. Schwanbeck ediert (Bonn 1846, Neudruck Amsterdam 1966). 3 Vgl. J. W. McCrindle: The Invasion of India by Alexander the Great, as Described by Arrian, Q. Curti us, Diodoros, Plutarch, and Justin (Westminster 1896, Neudruck Cleveland 1968); A. E. Anspach: De Alexandri Magni Expeditione Indica (London 1903, mit reicher Materialsammlung); diverse Arbeiten von O. Stein und B. Breloer. 4 Vgl. u.a. R. K. Mookerjee: Chandragupta Maurya and His Times (4. Aufl., Delhi 1966). 5 Aus der reichhaltigen Literatur vgl. V. A. Smith: Asoka (3. Aufl., Oxford 1920); ders.: Asoka, the Buddhist Emperor of India (2. Aufl., Delhi 1964); B. G. Gokhale: Asoka Maurya (New York 1966). 6 Vgl. B. M. Barua: Asoka and His Inscriptions (3. Aufl., Calcutta 1968/69); J. Bloch: Les Inscriptions d'A.5oka (Paris 1950). Ausgabe und Ubersetzung von A. C. Sen und S. K. Chatterji (Calcutta 1956). 7 Vgl. T. Watters: On Yuan Chwang's Travels in India (London 1904, Neudruck Delhi 1961). 8 J. Takakusu: A Record of the Buddhist Religion as Practised in India by I-tsing (Oxford 1896, Neudruck Delhi 1966). 9 E. C. Sachau: Al-Biriinl, India (London 1888, Neudruck Delhi 1964) gibt eine englische Ubersetzung von AI-Biriinls Indienbericht; Abu Rejchan Biruni, Indija. Russische Ubersetzung von A. B. Chalidov und Ju. N. Zavadovskij (Taschkent 1963). Zum Gee samtproblem der Chronologie vgl. auch L. M. Fosse: The crux of chronology in Sanskrit Literature: Statistics and Indology (Oslo 1997).
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Die hauptsachliche sprachliche Grundlage der altindischen Literatur ist das SANSKRIT. Es ist ein Glied des indogermanischen Sprachstamms. 1 Innerhalb desselben gehort es zum arischen Zweig, der in der Hauptsache die indoarischen und die iranischen Sprachen umfasst. Am nachsten ist das Sanskrit mit den beiden altesten Dialekten des Altiranischen, namlich dem Awesta (der Sprache des Zarathustra), und dem Altpersischen (der Sprache derachamenidischen Keilinschriften) verwandt. 2 Besonders mit dem Awesta ist die lexikalische, phonetische und grammatische Verwandtschaft so eng, dass ganze Satze des Awesta lediglich unter Berucksichtigung der Lautgesetze in das Altindische ubertragen werden konnen. Der Entwicklungsweg der arisch-indischen Sprachen vollzog sich nun so, dass man von drei Stufen (dem Alt-, Mittel- und Neuindischen) sprechen kann. Doch sind diese Stufen nicht starre Sequenzen, sondern es existierten Sprachen verschiedener Stufen sehr wohl auch zur gleichen Zeit nebeneinander. Unter Weglassung unwesentlicher Details kann man folgende Einteilung treffen: Das Altindische besteht aus dem Vedischen und dem Sanskrit, das Mittelindische aus dem Pali und den Prakrt-Sprachen, das Neuindische aus den jetzigen indoarischen Sprachen (HindI, BengalI, MarathI und andere) einschlieBlich ihrer alteren Stadien. Das VEDISCHE ist die Sprache des Veda, wie sie uns in der vedischen Literatur uberliefert ist. Wegen seines hohen Alters ist es fUr die Sprachvergleichung besonders wichtig, ist es doch die Sprache des fruhesten indischen Literaturdenkmals, des IJgveda. 3 Diese Sprache beruht auf einem Volksdialekt, doch ist sie bereits in der IJksamhita nicht mehr ursprunglich, sondern auf dem Vvege zu einer Kunstsprache. \Venn also lange daruber gestritten worden ist, ob die rgvedischen Hymnen als naive Au£erungen der Volksseele oder als reife, ja spate, rein priesterliche Schopfungen aufzufassen seien, so kann man schon yom sprachlichen Befund her entscheiden, dass erstgenannter Standpunkt gewiss falsch ist. Der letztere hat sich unter gewissen Vorbehalten durchzusetzen vermocht. Tatsachlich ist schon die IJksamhita bei aller noch vorhandenen sprachlichen Flexibilitat in gewisser Hinsicht epigonenhafte Dichtung. Eine jungere Phase der altvedischen Stufe liegt im zehnten Buch der IJksamhita sowie in Teilen des Atllarvaveda vor. Fast aIle anderen vedischen Werke darf man in sprachlicher Hinsicht als jungvedisch bezeichnen. Die Sprache der Upani:;;aden und der Sutras unterscheidet sich kaum noch yom eigentlichen Sanskrit. Das Verhaltnis des Vedischen 4 zum Sanskrit kann man mit dem der Sprache Homers zum klassischen Griechisch vergleichen. Das Vedische ist insgesamt formenreicher, lebendiger und in weit geringerem Ma£e festen Regeln unterworfen als das durch grammatische Regeln fixierte Sanskrit. Dies kommt
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EINLEITUNG
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unter anderem in folgenden Sachverhalten zum Ausdruck: - Das Vedische besitzt einen Konjunktiv, der im Sanskrit verlorenging. 1m Vedischen werden die Aoristformen (unbestimmte Vorvergangenheit) haufig verwendet; gegeniiber dem Sanskrit sind sie in viel lebendigerem Gebrauch. Das Vedische ragt iiberhaupt durch seine FormenfUlle hervor. Auch die Deklinations- und Konjugationsendungen sind im Vedischen von groBerer Mannigfaltigkeit als im Sanskrit. - Der Gebrauch des prateritalen Augments (Vorsilbe, die die Vergangenheit ausdriickt) ist noch fakultativ. - Ein sehr charakteristisches Merkmal des Vedischen, das dem Griechischen des Homer und dem Altlateinischen analog ist, besteht darin, dass Prapositionen gegeniiber den Verben, zu denen sie gehoren, sehr oft eine unabhangige Stellung im Satz einnehmen. SchlieJ3lich besitzt das Vedische noch in mehreren seiner Werke den alten musikalischen Akzent. Das Sanskrit 5 1eitet seinen Namen ab aus samskrta, "zurechtgemacht, geordnet, geregelt". Es ist also die grammatisch regulierte Hoch- und Literatursprache im Unterschied zu den Volksdialekten. Und zwar folgt das Sanskrit den Regeln des beriihmten Grammatikers PaIJini, der nach vorsichtiger Schatzung gegen 400 v. Chr. gelebt haben diirfte. Erst von diesem Zeitraum an datiert das eigentliche Sanskrit; der vielfach gebrauchte Ausdruck "vedisches Sanskrit" fUr das Vedische ist nicht nur formal unkorrekt. Es erscheint nun recht natiirlich, das Sanskrit aus der schon einigermaBen regulierten Sprache des ~gveda abzuleiten, und tatsachlich hat man das friiher auch getan. In Wirklichkeit liegen die Dinge nicht so einfach. Vielmehr darf jetzt als feststehend betrachtet werden, dass das Sanskrit die Modifikation eines Dialektes der Landschaft Madhyadesa ist. Nachdem die altindischen Grammatiker das Sanskrit durch ihre Regeln gewissermaBen gefesselt hatten, war es zwar in seiner inneren Weiterentwicklung gehemmt, veriinderte sich aber dennoch durch Aufnahme dravidischer, mUlJ9-aischer (austroasiatischer) und griechischer Lehnworter und besonders syntaktischer Eigentiimlichkeiten. Eine tote Sprache war es nie und ist es auch heute nicht. Die Verfassung der Republik Indien zahlt es sogar unter den Staatssprachen, also den Hauptsprachen des Landes, auf. Mag darin auch eine Konzession an die traditionelle Rolle und Bedeutung des Sanskrit liegen, es bleibt die Tatsache bestehen, dass es auch im heutigen Indien vielfach von Wissenschaftlern gesprochen und verstanden wird und dass auch Zeitschriften in dieser Sprache erscheinen. 1m religiosen Leben vvie auch in der Welt der Biihne spielt es nach wie vor eine wesentliche Rolle. Auch in seiner erstarrten, abgeschliffenen Form ist das Sanskrit immer noch eine Sprache von gewaltigem Formenreichtum. Es verfUgt iiber acht Kasus,
drei Numeri, drei Genera; in der Konjugation iiber sieben Tempora, zehn Prasenskonjugationsklassen, Aktiv und Medium in allen Tempora, drei Modi im Prasens sowieiiber Prekativ-, Desiderativ- und Intensivbildungen. In ihrer Ausdruckskraft uniibertroffen ist die Kompositionsfahigkeit des Sanskrit. Eine der groBten Errungenschaften der altindischen Grammatiker war die Aufstellung einer wissenschaftlich fundierten Alphabetisierung. Bekanntlich entbehrt unser Alphabet aufgrund der seinerzeitigen griechischen Anpassung an die semitische Grundlage jeder inneren Logik. Das Sanskrit-Alphabet ist dagegen streng folgerichtig aufgebaut. Da es nicht ausgeschlossen ist, dass der Leser in Registern, Indices oder almlichem einmal mit ihm konfrontiert wird, diirfte es nicht iiberfHissig sein, hier einen kurzen Uberblick zu geben. An erster Stelle stehen die Vokale einschlieJ3lich ihrer Langen, sodann die Diphthonge (zu denen auch e und 0 rechnen). Die folgenden Konsonantenreihen (varga) sind in sich wiederum logisch gegliedert. Die Vargas selbst sind: die Guttural-, Palatal-, Zerebral-, Dental-, Labial- und Semivokalreihe, schlieJ3lich die Reihe der Zischlaute zuziiglich des Buchstabens h. Das Alphabet lautet also folgendermaBen (zur Erklarung der diakritischen Zeichen und der Aussprache siehe Anhang): a, a, i, 1, u, il, ~, ~,
l ; e,
ai,
0,
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au
k,kh, g,gh, it c, ch, j, jh, Ii
t, t h , 9-, 9- h , IJ t, th, d, dh, n p, ph, b, bh, m y, r, 1, v
s,
~, s,
h
Aufgrund des bisher Gesagten ergibt sich, dass wir im alten Indien eine linguistisch faszinierende Doppelentwicklung vorliegen haben. Einerseits entwickelt sich das Sanskrit trotz der grammatischen Fesselung in sich weiter; andererseits bilden sich im Laufe der Zeit die mittel- und neuindischen Sprachen heraus. Das MITTELINDISCHE wird unter dem Begriff PRAK~T zusammengefasst. 6 Der Ausdruck bedeutet die "natiirliche", das heiBt die Volkssprache. Die dazu gehorenden Sprachen stehen aber zum Sanskrit nicht - wie man lange geglaubt hat und wie auch die altindischen Grammatiker angenommen haben - im Verhaltnis wie etwa die romanischen Sprachen zum Latein; sie sind also keine Tochtersprachen des Sanskrit. Vielmehr gehen sie auf bestimmte vedische Dialekte zuriick. 1m einzelnen unterscheiden wir Alt-, Mittel- und Jungprak~ts. Erstere sind yom 3 Jahrhundert v. Chr. bis ins 2. Jahrhundert n. Chr. belegt.
EINLEITUNG
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Zu ihnen gehoren das Pali, die Dialekte der schon erwahnten, von Kaiser Asoka veranlassten Inschriften sowie die aus der Zeit gegen 100 v. ChI. stammenden Dramenfragmente des Asvagho~a.
ist aber dennoch ebenso unverkennbar wie die Verwandtschaft von Vedisch und Awesta. Auch hier ist es moglich, eine Wort-fiir-Wort-Ubertragung aus dem Prakrt in das Sanskrit vorzunehmen. Dies tut man auch tatsiichlich, und zwar zur Verdeutlichung der Prakrt-Passagen aus den Dramen; diese Sanskrit-Ubersetzung fiihrt den Namen chaya, "Schatten".
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Das PALI 7 ist die Sprache des buddhistischen Kanons und der ihm angeschlossenen Literatur, damit also das wichtigste mittelindische Idiom iiberhaupt. Pali bedeutet "Reihe, Ordnung", namlich der heiligen Texte. Doch war es als Dialekt des westlichen Zentralindien (Vidisa) nicht die Sprache des Buddha selbst; diese war vielmehr die nordostindische Magadhl, aus der die urspriinglichen buddhistischen Lehrtexte unter Beibehaltung einiger spezifischer Formen ins Pali iibersetzt wurden. Ebenso wie das Pali sind auch verschiedene Mittelprakrts aus Volks- zu Literatursprachen geworden. Hierbei hat eine ahnliche grammatische Reglementierung wie beim Sanskrit Platz gegriffen. Die wichtigste Sprache dieser Gruppe ist die ArdhamagadhI, auch Ar~a oder Jaina-Prakrt genannt. Dies ist die Sprache der altesten und wichtigsten Teile der heiligen Schriften der Jainas. 8 Etwas jiinger ist die Jaina-Mahara~trl; in ihr sind die Kommentare zum Jaina-Kanon sowie weltliche Werke der Jinisten niedergelegt. Die jinistische Schule der Digambara hat ihre Schriften in Jaina-SaurasenI abgefasst. Die im Marathenlande verbreitete Prakrt-Sprache war die Mahara~tr1.9 Sie galt als das beste Prakrt und fand sowohl fUr Lyrik als auch fUr Epik Verwendung. 1m Umkreis der Stadt Mathura entstand die SaurasenI, im Drama gewohnlich die Prosasprache der Frauen. 10 MagadhI, in Nordostindien entstanden, war im Drama die Sprache der Leute von niederer Kaste. 1m Nordwesten war die PaisacI verbreitet. In dieser Prakrt-Sprache war das verlorengegangene Erzahlungswerk Brhatkatha des GUlfa<;lhya abgefasst. 1m Drama war es das Idiom von Leuten der am meisten verachteten Kasten, so dass die Prakrts biihnengeschichtlich von besonderer Bedeutung sind. 1m Drama sprechen die Konige, Brahmanen und iiberhaupt vornehme Personen Sanskrit; Frauen, Kinder und einfache Leute gebrauchen Prakrt-Dialekte. Das jiingste Prakrt bildet der APABHRAMSA. Seine Bliitezeit lag im 10. bis 12. Jahrhundert. Vorformen kommen aber schon im 6. Jahrhundert vor und unterstreichen somit die Tatsache, dass in Indien vielfach die verschiedenen sprachlichen Stadien zeitlich nebeneinander bestanden. Der Apabhramsa (der Name bedeutet "Abfall, Niedergang, [sprachliche] Dekadenz") ist das Bindeund Ubergangsglied von den mittel- zu den neuindischen Sprachen. l l Gegeniiber dem Sanskrit weisen alle Prakrts Ziige des Abschleifens und der Vereinfachung auf. In der Grammatik ist die Zahl der Rektionen deutlich vermindert. Besonders typisch aber ist das Lautbild durch die vielfache, im Laufe der Zeit zunehmende Elision intervokalischer Verschlusslaute, die also im Verhaltnis zum Sanskrit den Anteil der Vokale erheblich steigert, aber natiirlich auch die Zahl der Homonyme wachsen lasst. Die Ahnlichkeit mit dem Sanskrit
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Neben diesen Prakrt-Sprachen lauft ein ganz eigenartiges Idiom her, das in der buddhistischen Literatur entstanden ist. Der Buddhismus hatte als oppositionelle Stromung urspriinglich nicht das Sanskrit, sondern das Pali als sprachliche Grundlage seiner Lehre und ihrer Verbreitung gewahlt. Auf die Dauer lieB sich diese Abkapselung vom Sanskrit jedoch nicht aufrechterhalten. Die Buddhisten gingen deshalb dazu iiber, ihre Texte zu "resanskritisieren", das heiBt unter Beachtung der Lautgesetze ins Sanskrit umzuschreiben. Dies gelang jedoch nur in unvollkommener Weise, so dass man neben der Bezeichnung "Buddhistisches Sanskrit" auch von "hybridem Sanskrit" spricht. Dieser mit sanskritischen Endungen und altindischer Lautgestalt ausgestattete PrakJ;tDialekt ist besonders im Lalitavistara und in poetischen Stiicken des Mahayana literaturfahig geworden. 12 Das NEUINDISCHE weicht zwar nicht so sehr lexikalisch, aber grundlegend nach dem grammatischen Bau vom Mittelindischen abo Da sein Aufkommen weitgehend mit der genannten politischen Zasur am Ende des 12. Jahrhunderts zusammenfallt, gehen wir hier nicht weiter darauf ein. Wie schon bemerkt, wurden die altindischen Literaturwerke und speziell der Veda lange Zeit ausschlieBlich miindlich iiberliefert. Es bestand ein ausgepragtes, traditionsreiches Lehrer-Schiiler-Verhaltnis. Dennoch ist die SCHRIFT in Indien schon in recht alter Zeit in Gebrauch gewesen/ 3 ihre Anwendung war jedoch auf bestimmte Gebiete des Alltagslebens beschrankt. Nach den literarischen Quellen muss die Schreibkunst bereits im 5. Jahrhundert V. ChI. bekannt gewesen und dalm durchgangig praktiziert worden sein. Das bezeugen die Grammatik des Pal).ini, das buddhistische Tipitaka, die Jatakas, in denen Briefe und Schreibschulen erwahnt werden, und das Vasi 9tha-Dharmasiitra. Die alteste nachweisbare Anwendung der Schrift (wir sehen also auch hier von der Indusschrift ab) erfolgte in den Asoka- Edikten. Lange Zeit konkurrierten in der Entwicklung der indischen Schrift zwei Hauptschriftarten miteinander: die Kharo~thl und die BrahmI. Erstere war linkslaufig und wohl aus dem Aramaischen abgeleitet. Sie war vom 3. Jahrhundert v. ChI. bis gegen 400 n. ChI. im Gebrauch und ist vorwiegend von Miinzen bekannt. Dabei blieb sie auf den Nordwesten Indiens beschrankt. Zur eigentlichen Mutter der indischen Alphabete wurde dagegen die BrahmI-Schrift. Sie ist fast stets rechtslaufig. Uber ihre Herkunft gibt es mehrere stark divergierende Theorien. Am meisten anerkannt wird jetzt die Auffassung Georg Biihlers. Danach weist die BrahmI vorwiegend alteste Typen der nordsemitischen Schrift
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EINLEITUNG
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auf und wurde zwischen 890 (abel' wahl nicht ganz so friih) und 750 v. Chr. durch indische Kaufleute aus Mesopotamien eingefUhrt. Historisch ware dies auch deshalb moglich, weil in den aus diesel' Zeit stammenden BrahmalJas semitische Legenden enthalten sind. Jedenfalls erlangte die BrahmI nicht sofort umfassenden Gebrauch, sondern wurde vorwiegend fUr Verwaltungs- und Handelszwecke eingesetzt. Es waren Klassen- beziehungsweise Standesinteressen, die ihre Verwendung fiir die Aufzeichnung del' brahmanischen Geistesprodukte auf viele Jahrhunderte hinaus verhinderten. Natiirlich mussten die Inder das iibernommene semitische Alphabet fUr ihre Zwecke umgestalten und erweitern. Sie taten das mit groBem Erfolg: Das indische Alphabet iibertrifft nicht nur die semitischen Alphabete, sondern auch das griechische bei weitem an Exaktheit. Wie die uneinheitliche Form del' AsokaEdikt-Schrift zeigt, hatte die BrahmI damals bereits eine lange Entwicklungszeit hinter sich. Urn 250 v. Chr. war sie iiber ganz Indien verbreitet. Aus del' BrahmI entwickelten sich die heutigen indischen Alphabete. Deren wichtigstes ist die DevanagarI, in del' das Sanskrit, oftmals das PrakJ;t, abel' auch die heutige Hauptsprache Indiens, das HindI, geschrieben und gedruckt werden.l 4 Die DevanagarI entstand im westlichen Nordindien. Das alteste nachweisbare Vorkommen ist eine nordlich von Baroda gefundene Inschrift aus dem Jahre 633. Bemerkenswert sind auch die unter dem Ra~trakuta-Konig Dantidurga im Jahre 754 vorgenommenen Inschriften auf Kupferplatten. Bereits im 11. Jahrhundert ist die DevanagarI die herrschende Schrift Indiens. Die schadlichen Einfliisse des indischen Klimas sind die Ursache, dass uns nur die Inschriften auf Felsen, Miinzen und anderen dauerhaften Materialien erhalten geblieben sind. Schreibgrundlagen wie Birkenrinden und Palmblatter verfielen schnell. So kommt es, dass die altesten aus Indien stammenden Manuskripte erst aus dem 11. Jahrhundert datieren. Aus Turkestan und Nepal mit ihrer klimatisch giinstigeren Situation sind allerdings erheblich altere Manuskripte bekanntgevvorden. Papier wurde erst urn 1200 von den Mohammedanern ins Land gebracht.
3 Allerdings ist der I.lgveda nicht auch das iilteste indogermanische Sprachdenkmal; dies ist vielmehr das entzifferte Hethitische (urn 1900 v. Chr.). Auch das iilteste indoarische Sprachdenkmalist nicht das Vedische, sondern das Mitanni-"Indische" (um1400 v. Chr.).
Anmerkungen
1 Vgl. H. Krahe: Indogermanische Sprachwissenschaft (Sammlung Goschen, Nr. 59 und 64, 1958/59); W. POl'zig: Die Gliederung des indogermanischen Sprachgebiets (Heidelberg 1954). 2 K. Mylius und G. Goeseke: Altiranische Bibliographie (Wiss. Zschr. der Karl-Marx-Univ. Leipzig, Gesellschafts- u. Sprachwiss. Reihe 14, 1965, Heft 4, S. 763-770); H. Reichelt: Awestisches Elementarbuch (Heidelberg 1909,3. Aufl. Heidelberg 1978); C. Bartholomae: Handbuch der altiranischen Dialekte (Leipzig 1883, Neudruck Vaduz 1968).
4 Vgl. A. A. Macdonell: Vedic Grammar (StraBburg 1910, Neudruck Varanasi 1968); H. GraBmann: VVorterbuch zum Rigveda (Leipzig 1873, Neudruck 5. Aufl., Wiesbaden 1976; 6. liberarbeitete und ergiinzte Auflage von Maria Kozianka, Wiesbaden 1996). 5 Vgl. aus der liberaus reichhaltigen Literatur z.B. H. Jacobi: Was ist Sanskrit?, in: Scientia, 14, (1913), S. 251-274; auch in: H. Jacobi: Kleine Schriften (Wiesbaden 1970), Bd. 2, S. 1109-1132; T. Burrow: The Sanskrit Language (z. Aufl., London 1965); V. V. Ivanov und V. N. Toporov: Sanskrit (Moskau 1968); 1. Renou: Histoire de la Langue sanskrite (Lyon und Paris 1956); M. Mayrhofer: Kurzgefasstes etymologisches 1Vorterbuch des Altindischen (Heidelberg 1956 ff.); F. Kielhorn: Grammatik der Sanskritsprache, aus dem Englischen von W. Solf (Berlin 1888 u. 0., Neudruck Wiesbaden 1983); A. Thumb: Handbuch des Sanskrit (3. Aufl. von R. Hauschild, Heidelberg 1953-1959, mit umfangreicher Einleitung); V. A. Kocergina: Nacal'nyi kurs sanskrita (Moskau 1956); W. Morgenroth: Lehrbuch des Sanskrit (5. Aufl., Leipzig 1985; O. Bohtlingk und R. Roth: Sanskrit- Worterbuch (St. Petersburg 1852-1875, Standardwerk in 7 Biinden); O. Bohtlingk: Sanskrit- Worterbuch in kiirzerer Fassung (1879-1889); K. Mylius: Worterbuch Sanskrit-Deutsch (7. Aufl., Mlinchen 2001), Worterbuch Deutsch-Sanskrit (Leipzig 1988, 3. Aufl. Mlinchen 2001); A. M. Ghatage (Ed.): An Encyclopaedic Dictionary of Sanskrit on Historical Principles (Poona 1976 ff., im Erscheinen). 6 S. M. Katre: Prakft Languages and Their Contribution to Indian Culture (Bombay 1945); R. Pischel: Grammatik der PrakJ;t-Sprachen (StraBburg 1900, Neudruck in Englisch Delhi 1981); A. C. Woolner: Introduction to Prakft (2. Aufl., Calcutta 1928, Neudruck Delhi 1996); S. Sen: Comparative Grammar of Middle Indo-Aryan (2. Aufl., Poona 1960). 7 Aus der ebenfalls sehr zahlreichen Literatur vgl. W. Geiger: Pali. Literatur und Sprache (Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde 1, 7, StraBburg 1916); (Neudruck 1977) R. O. Franke: Pali und Sanskrit (StraBburg 1902); K. Seidenstlicker: Handbuch der Pali-Sprache (2. Aufl., 1923-1926); M. Mayrhofer: Handbuch des Pali (2 Bde., 1951); A. K. Warder: Introduction to Pali (London 1963, 3. Aufl., London 1991); A. P. Buddhadatta: The Higher Pali Course for Advanced Students (Colombo 1951); T. Ja. Elizarenkova und V. N. Toporov: Jazyk Pali (Moskau 1965); A. Fahs: Grammatik des Pali (2. Aufl., Leipzig 1989); T. W. Rhys Davids und W. Stede: The Pali Text Society's Pali-English-Dictionary (Neudruck London 1992); A. P. Buddhadatta: English-Pali Dictionary (Colombo 1955, Reprint Oxford 1992; K. Mylius: Worterbuch Pali -Deutsch (Wichtrach 1997); D. Andersen: Pali Reader (Kopenhagen 1907-1917, Neudrucke Kyoto 1968, New Delhi 1996); K. 1. Hazra: Pali Language and Literature, 2. vols. (Delhi 1998); O. v. Hinliber: A Handbook of Pali Literature (Berlin 1996). 8 A. M. Ghatage: Introduction to Ardha-MagadhJ(4. Aufl., Kolhapur 1951, Neudruck Pune 1993); K. Mylius: Worterbuch ArdhamagadhT-Deutsch (Wichtrach 2002). 9 H. Jacobi: Ausgewahlte Erzahlungen in
Maharas~rT (Leipzig
1886, Neudruck Darmstadt
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EINLEITUNG
1967), enthiilt Texte, Grammatik und Glossar. 10 R. Schmidt: Elementarbuch der Saurasenl mit Vergleichung der Maharal?trl und Magadhl
Die vedische Literatur
(Hannover 1924, Neudruck Osnabruck 1971). 11 G. V. Tagare: Historical Grammar of Apabhramsa (Poona 1948, Neudruck 1987) sowie zahlreiche von 1. Alsdorf verfasste Arbeiten. 12 F. Edgerton: Buddhist Hybrid Sanskrit Grammar and Dictionary (2 Bde., New Haven 1953 u.6., Reprint Delhi 1993). 13 G. Buhler: Indische Palaographie (Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde I, 11, StraJ3burg 1896); H. Jensen: Die Schrift in Vergangenheit und Gegenwart (3. Aufl., BerlinjDDR 1969). Gegen eine zu fruhe Datierung des Schriftbeginns in indoarischer Zeit spricht sich mit Grunden H. Falk aus, in W. Raible (Hrsg.): Erscheinungsformen kultureller Prozesse (Tubingen 1990), S. 103-120. Vgl. H. Falk: Schrift im alten
Indien (Tubingen 1993). 14 Erliiuterungen der Devanagarlfinden sich in den Sanskrit-Grammatiken und -Lehrbuchern; vgl. auch H. M. Lambert: Introduction to the Devanagarl Script for Students of Sanskrit and Hindi (London 1953); U. Stiehl: Sanskrit-Kompendium (2. Aufl. Heidelberg 2002).
1. Einfiihrung Das \Vort "Veda" bedeutet in der Sanskrit-Sprache "Wissen", insbesondere religioses Wissen. Dieses "Wissen" hat in einem gewaltigenliterarischen Corpus, ebenfalls Veda genannt, seinen Niederschlag gefunden. Die heute in Indien herrschende Religion des Hinduismus hat mit dem Veda jedoch nur noch formale Beruhrungspunkte. Der Hinduismus ist ein komplexes System von (oft durch lokale Besonderheiten beeinflussten) mythologischen Vorstellungen, kultischen Praktiken und insbesondere sozialen Vorschriften (Kastenwesen, Heiratsgebrauche, Speisegebote), die aus zahlreichen Quellen stammen, von denen der Veda nur eine darstellt. Im Rahmen des Hinduismus kann der Veda wegen seines esoterischen Charakters nicht eine solche Stellung beanspruchen, die der Bedeutung der Bibel fur das Christentum oder der des Korans fur den Islam gleichkame. Zwar werden die Ewigkeit und Unfehlbarkeit des Veda yom orthodoxen Hinduismus stark pointiert, doch ist die praktischkultische Bedeutung des Veda heute nur noch gering. Urn so gro:Ber ist sein literaturgeschichtlicher Rang, bildet er doch den Anfang und Ausgangspunkt der gesamten indischen Literatur. Mit Ausnahme der Sutras und anderer spater Texte gilt der orthodoxen Tradition die vedische Literatur als Offenbarung (sruti); sie sei von den Dichtern der vedischen Zeit, den :J:t9is, "erschaut" bzw. von der Weltseele (brahman) "ausgehaucht" worden. Nur die Sutras und die ihnen zeitlich folgenden Texte werden zur (von Menschen herruhrenden) Tradition (sm;;ti) gerechnet. In Wahrheit sind aIle vedischen Texte von Dichterfamilien beziehungsweise einzelnen Denkern, Asketen und Philosophen hervorgebracht worden. Verschiedentlich, besonders an den Upani 9aden, haben auch bestimmte Angehorige des Kriegerstandes (k!?atriya) mitgewirkt. Auch Frauen sind als Hymnenverfasser uberliefert. Man kann nun die umfangreiche Literatur des Veda in mehrere Schichten einteilen, die - allerdings nicht ohne einige Einschrankungen und Vorbehalte auch als zeitlich aufeinanderfolgend angesehen werden durfen. Nicht wenige vedische \Verke sind entsprechend ihrer Herkunft aus "Schulen" in verschiedenen Rezensionen (sakha) uberliefert. Zweifellos ist vieles im Lauf der Jahrtausende auch verlorengegangen. 1 Die alteste Schicht wird von den SM.irHITAS (aus der Wurzel dha + sam, "zusammensteIlen") gebildet, die die vier Grundabteilungen des Veda konstituieren. Die Samhita des :J:tgveda (;;c = Vers) enthalt Hymnen, die des Samaveda
DIE VEDISCHE LITERATUR
Einfiihrung
(saman = Melodie) die Elemente des liturgischen Gesanges. Die Opferspruche (yajus) sind im Yajurveda enthalten. J:tg-, Sama- und Yajurveda bildeten den eigentlichen Ausgangspunkt del' vedischen Literatur. Sie galten del' Orthodoxie als die trayI vidya, das dreifache Wissen. Die vierte Salnhita, del' meist Zauberspruche enthaltende Atharvaveda, erhielt, da in alter Folklore wurzelnd, erst spateI' kanonisches Ansehen.
widersprechend. Sie sind vorwiegend philosophisch orientiert und oft - auch hinsichtlich ihres qualitativen Niveaus - sehr heterogen zusammengesetzt. Die Quintessenz ihrer Lehren (vgl. S. 75) wiI'd haufigals Vedanta ("Ende beziehungsweise Endziel des Veda") bezeichnet. Auch hier finden wir die bekannten Zuordnungen zu einer Sarilhita: Zum J:tgveda gehoren die Aita.reya- und die Kau!?Itaki- Upani!?ad, zum Samaveda die Chandogya- und die Kena- Upani!?ad, zum Yajurveda die Taittirlya.-, Katha-, Maitri- und Svetasvata.ra-, besonders abel' die umfangreiche und wichtige B~'hadaraIJyaka-Upani!?ad, zum Atharvaveda die MUIJ9aka-, Praina-Upani!?ad und eine groBe Zahl von meist jungeren Upani~aden. 2
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Fast alle folgenden vVerke del' vedischen Literatur schlieBen sich nun an einen del' vier genannten Vedas an, wenn auch del' Zusammenhang mit zunehmendel' Zeit immer lockerer und formaler wird. Immerhin ist dadurch ein weiteres Einteilungsprinzip gegeben, dem auch eine bestimmte Reihenfolge immanent ist. Die auf die Salnhitas folgende Schicht ist die del' BRAHMA~AS. Bei diesen handelt es sich urn Prosawerke mit Ritualvorschriften, dogmatischen Kommentaren und in diese eingebetteten Erzahlungen, Legenden, philosophischen und kosmogonischen Spekulationen. Jede Samhita hat bestimmte, ihr zugeordnete BrahmaJ;las, von denen hier nur die wichtigsten genannt werden konnen. Zum J:tgveda zahlen das Aitareya- und das Kau!?Itaki-BrahmaIJa. 1m Ritual sind sie die Leitfiiden des Hot~·- Priesters, del' die Gotter zum Opfermahl einzuladen und die Rezitationen auszufuhren hat. Zum Samaveda zahlen das Paiicavimsaund das Jaiminlya-BrahmaIJa.. Hier finden sich die Melodien, die del' UdgatrPriester und seine Gehilfen zu singen haben. An den Yajurveda schlieBen sich das Taittirlya- und das Satapatha-BrahmaIJa an. Dies sind die Bucher fUr den Adhvaryu, denjenigen Priester, del' die eigentliche Opferhandlung auszufUhren hat. SchlieBlich gehort das Gopatha-Bral1maIJa zum Atharvaveda; es gilt dem mit del' Uberwachung des Opferzeremoniells betrauten Brahmanpriester. Eine besondere Stellung innerhalb del' BrahmaJ;la-Literatur nehmen die sogenannten ARA~YAKAS ein, bestimmte Texte, die ihres Geheimcharakters wegen im vValde (aral.qa) studiert werden mussten. Die AraJ;lyakas weisen verschiedene literarische Formen auf; sie haben bald Salnhita-, bald BrahmaIfa-, bald Sutra-Charakter. Man kann also nicht von einem eigenen Aralfyaka-Zeitalter sprechen. Teils den BrahmaJ;las unmittelbar angeschlossen, teils als selbststandige Werke setzen die UPANI$ADEN die Schichtenfolge del' vedischen Literatur fort. Wahrend jedoch in den BrahmaJ;las ein magisches Weltbild zutage tritt und dem Opfer noch kosmische Macht beigemessen wird, identifizieren die U pani~aden (vorwiegend) bereits die Individual- mit del' Weltseele. Schon die AraJ;lyakas unterscheiden sich inhaltlich von den BrahmaJ;las recht deutlich. 1m Mittelpunkt steht zwar noch das Opfer, doch geht es weniger urn die tatsachliche Durchfuhrung del' Opferhandlung, als urn deren mystisch-allegorische Ausdeutung. Immerhin konnen diese von den AraIfyakas gebrachten neuen Ideen noch als Erweiterung odeI' Supplement gelten. Die Upani~aden dagegen sind inhaltlich von dem vorherigen Schrifttum weitgehend unabhangig, ja ihm oft geradezu
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Den Abschluss del' vedischen Literatur bilden unter dem Namen VEDANGA (" Glied des Veda") Schriften uber Ritualistik, Metrik, Phonetik und einige andere Gebiete. Sie sind in del' Form mnemotechnischer Leitfiiden (siitra) abgefasst. Von besonderem Umfang sind die Kalpasutras, die das Ritual behandeln. Sie gliedern sich in die dem offentlichen beziehungsweise dem hiiuslichen Ritual gewidmeten Leitfaden: die Srautasutras beziehungsweise Grhyaslitras. Zum J:tgveda zahlen das Asvalaya~la- und Sallkhayana-Srauta- und Gfhyasiitra, zum Samaveda das Uityayana-Srautasiitra und das Khadira- und GobhilaGfhyasiitra, ~um Yajurveda das Apastamba.-, Baudhayana-, Bl1aradvaja- und HiraIJyakdi-Srauta- und Gfhyasiitra. 3 Wenn auch die genannten Schichten hinsichtlich del' RELATIVEN CHRONOLOGIE eine Groborientierung ermoglichen, so bleibt im Detail hier doch noeh sehr viel zu erforschen ubrig. Auch die folgenden Hinweise konnen sieh daher durchaus noeh als revidierbar erweisen. Eine Tatsache steht als Ausgangspunkt immerhin unverruckbar fest: Del' alteste Teil del' vedischen Literatur sind die Bucher I bis IX del' Rksamhita (auf eine weitere chronologische Differenzierung derselben werden wir noch zu sprechen kommen). Dies ist durch sprachliche und inhaltliche Kriterien zweifelsfrei erwiesen. Alle ubrigen chronologischen Relationen konnen dagegen nul' mit einem groBeren odeI' geringeren Grad von Wahrscheinlichkeit aufgestellt werden. Nach dem gegenwartigen Forschungsstand ist folgende Stratifizierung del' wichtigsten Werke moglich: - Buch I bis IX del' J:tksalnhita - Buch X del' J:tksamhita; Atharvaveda - MaitrayaJ;lI- und Katha-Salnhita, Spruche und Formeln del' TaittirlyaSamhita; Vajasaneyi-Sarilhita - Aitareya-BrahmaJ;la I bis V, Brahmalfa-Teile der TaittirIya-Samhita, PaJkavilnsa- und Taittirlya-BrahmaJ;la - Aitareya-Brahmalfa VI, Kau~Itaki-Brahmalfa, Aitareya-Brahmana VII und VIII, Jaiminlya- und Satapatha-Brahmalfa, Aitareya-AraJ;lyaka ibis III - Taittirlya-AraJ;lyaka I bis VI, Sankhayana-Aralfyaka, Jaiminlya-Upani~ad-
DIE VEDISCHE LITERATUR
Einfiihrung
BrahmaJfa Altere Prosa-Upani~aden: B~'hadaral:tYaka-, Chandogya-, Aitareya-, Taittirlya-, Kau~ltaki-, Kena- Upani~ad; Gopatha- BrahmaJfa - Metrische Upani~aden: Katha-, Svetasvatara-, MUl!-9-aka-Upani~ad - Jiingere Prosa-Upani~aden: Prasna-, MaitrayaJflya-Upani~ad - Sutras 1: Baudhayana, Sankhayana, Asvalayana - Sutras II: Manava, Apastamba, Latyayana - Sub'as III: HiraJfyakesin, Katyayana, Vaitana, Vaikhanasa. Wird an diesel' Textanordnung auch noch manches zu modifizieren sein, so sind die Grundziige derselben doch immerhin allgemein anerkannt. Hingegen ist das Grundanliegen des Historikers - die Frage nach del' ABSOLUTEN CHRONOLOGIE, also nach dem Wann - beziiglich del' vedischen Literatur noch unbeantwortet. Trotz aller Anstrengungen und scharfsinniger Uberlegungen ist es bisher nicht moglich gewesen, auch nur ein einziges Werk des Veda beweiskraftig zu datieren. Alle bisher vorgelegten Ansatze haben lediglich den Charakter von Hypothesen, die durch verschiedenartige Argumente mehr odeI' mindel' gut gestiitzt werden. 4 Schon del' Ausgangspunkt del' vedischen Literatur, die ~ksarnbita, liegt hinsichtlich seiner absoluten Datierung weitgehend im Dunkel. Uber die Entstehungszeit des ~gveda gab und gibt es auBerst extreme Ansichten. Verschiedene Forscher wollten ihn aufgrund von astronomischen Angaben auf 6000 bis 4000 beziehungsweise auf 8000 odeI' 12000 v. ChI'. datieren, andere ihn anhand von geologischen Momenten bis ins Pliozan zuriickverlegen. Alle diese Ansatze sind mit Entschiedenheit zu verwerfen, da die astronomischen Angaben viel zu vage und unsicher sind und eine so friihe Einwanderung del' Ariel' nach Indien auch mit den archaologischen Befunden unvereinbar ist. Abel' auch del' auf del' Parallelisierung mit altiranischen Texten sowie auf griechischen Nachrichten fuBende Versuch, den ~gveda zeitlich in del' Mitte des 1. Jahrtausends v. ChI'., also auBerordentlich spat, anzusiedeln, hat sich als untauglich erwiesen. Dem archaologischen, sozial- und literaturhistorischen Sachverhalt nach wiirde eine Redaktion des ~gveda am ehesten fUr die Zeit zwischen 1200 und 1000 v. ChI'. anzunehmen sein, wobei die Entstehung einzelner Teile del' Hymnensammlung noch bis zu drei Jahrhunderten weiter zuriickliegen mag. Obwohl die anderen Werke del' vedischen Literatur samtlich jiinger als die ~ksarnbita sind, befinden wir uns mit ihrer absoluten Datierung kaum auf sichereI'em Boden. Kriterien wie astronomische Angaben, Awesta-Parallelisierung und Gebrauch del' Schrift erweisen sich auch hier als unbrauchbaI'. Lediglich die einigermaBen genau bekannte Lebenszeit des Buddha, in geringerem MaBe auch die des Grammatikers PaJfini, bieten leidlich praktikable Bezugspunkte. So konnte man ermitteln, dass - abgesehen von den jiingeren Upani~aden und den Sutras - die vedische Literatur vorbuddhistisch ist. Dem gegenwarti-
gen Stand unserer Kenntnisse entsprechen am besten die Ansatze. wonach die altesten Texte del' Yajurveda-Sarnhitas urn 800 v. ChI'. eingesetzt haben, die Taittirlya-Sambita urn 650, das Aitareya-Brabmar;1a um 600 abgeschlossen war und die Sutra-Periode spatestens urn 550 v. ChI'. begann.
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Das GEOGRAPHISCHE MILIEU del' vedischen Literatur lasst sich aus mehreren ihrer Werke zwar nicht ohne Miihe, abel' doch mit einiger Genauigkeit ablesen. Urspriinglich gab es auch hier iiberaus kontroverse Standpunkte. So hielten manche Forscher die ~ksambita fUr ein ausschlieBlich auf indischem Boden entstandenes literarisches Zeugnis; andere verlegtenihre Entstehung in den Iran, in die siidrussischen Steppen odeI' gar in die Arktis (etwa B. G. Tilak). Mit gewissen Einschrankungen hat sich heute die Auffassung durchgesetzt, dass Teile del' Hymnensammlung moglicherweise auf dem Einwanderungsweg libel' den Kabul- und Bolan-Pass entstanden sind, abel' im iibrigen del' ~gveda ein durchaus indisches Kolorit zeigt. Die Ariel' hatten damals die Gegend beiderseits des Indus besiedelt, dessen rechte und linke Nebenfiiisse del' ~gveda zum groBen Teil nennt. Ob sie schon die Kiiste des Indischen Ozeans erreichten , ist zweifelhaft. Gegen das Ende del' mvedischen Zeit lag das Siedlungsgebiet del' Indoarier ungefiihr zwischen 28° und 35° nordlicher Breite sowie zwischen 70° und 78° ostlicher Lange. Die Yamuna bildete etwa die Ostgrenze, doch auch del' Ganges war schon bekannt. 5 Del' weitere Wanderweg mit del' generellen Richtung nach Osten und Siidosten ist aus den Literaturquellen ziemlich deutlich abzulesen. Die Texte erwahnen neu den Reis und den Tiger; sie schildern die Brandrodung und die Uberschreitung bestimmter Fliisse. Del' Schwerpunkt del' BrahmaJfa-Zeit lag im mittleren Ganges- Tal, etwa zwischen 74° und 85° ostlicher Lange. In del' Folge geschah die Ausbreitung del' vedisch-brahmanischen Kultur mit erhohter Schnelligkeit, und zwar in ostlicher, besonders abel' in siidlicher Richtung. Verschiedene Sutra-Schulen sind unzweifelhaft bereits in Siidindien entstanden. Mit diesen AusfUhrungen ist im wesentlichen schon del' Rahmen abgesteckt fiir das Bild del' politischen Historie, innerhalb derer die vedische Literatur entstand. Freilich steht auch hier wieder gleich zu Beginn ein Unsicherheitsmoment. Das Verhiiltnis del' nach Indien eindringenden Ariel' zur Induskultur konnte namlich noch nicht genau bestimmt werden, insbesondere die Frage, ob sie diese iiberrannten und zerstorten. Wahrscheinlich trafen sie auf die bereits in vollem Verfall begriffene Industalgesellschaft odeI' gar nur auf Reste derselben, die sie dann vernichteten. Archaologische und ideologiegeschichtliche Tatsachen bezeugen jedoch, dass Elemente del' Induskultur tiefgreifend fortwirkten. Die eindringenden Ariel' fanden ein Land VOl', das bereits weithin besiedelt war, und zwar von Alt-Dravidas und von den austroasiatischen Mundas. Diese vorarische Bevolkerung setzte sich gegen die Eindringlinge zur Wehr, jedoch vergeblich, da sie den arischen Streitrossen und Kriegswagen nichts Gleichwer-
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Einflihrung
tiges entgegenzusetzen hatte. Das Ziel der Arier war aus okonomischen Griinden aber nicht die Ausrottung der vorarischen Bevolkerung, sondern deren Unterjochung. Die Reisbauern der pravedischen Dorfgemeinden wurden zu Unfreien (siidras) gemacht und einem helotenartigen Zustand ausgeliefert.
einerseits und in die helotisierte vorarische Bevolkerung andererseits, deren Ausbeutung immer mehr um sich griff. Der Ackerbau iiberfliigelte die Viehzucht durch Brandrodung und den Einsatz eiserner Gerate. Es war die Zeit des Aufkommens der \Varenproduktion, des Geldes und des Kaufmannsstandes, der Sklaverei (die aber im wesentlichen Haussklaverei blieb). Aus der Sippenorganisation ergab sich die Gruppierung patriarchalischer Gro£familien. Die Sesshaftwerdung machte Fortschritte. An die Stelle der Gentilverbiinde traten Territorialstaaten (die zu Gro£reichen wurden); es entstand der orientalische Despotismus in seiner indischen Auspragung. Immer mehr festigte sich die Macht des Priesterstandes. Dies alles war von gro£em Einfluss auf die Literatur. Die I,lksamhita spiegelt noch die Vielfalt klassenlosen, urgesellschaftlichen Denkens wider. In den Brahmal}as und Sutras dagegen dominiert vollstandig die von den Brahmanen getragene und standig weiter ausgebaute Opferritualistik. War die Allmacht der Gotter durch diese Ritualistik aufgehoben worden, so erfahrt nun diese ihrerseits ihre Negierung durch die in den Upani~aden verkiindete Brahman-Atman-Identitat. Mit den Upani~aden beginnt die Geschichte der Erkenntnistheorien in Indien.
Die Einwanderer gehorten in .rgvedischer Zeit zu einzelnen Volkern, die miteinander bald verbiindet waren, bald in Fehde lagen. Ein herausragendes Ereignis war offenbar der Sieg, den der T~·tsu-Konig Sudas iiber die Truppen von zehn verbiindeten Stammesfiirsten erfocht und der in den J:tgveda-Hymnen VII, 18 und 83 einen literarischen Ausdruck fand. Nach dieser "Zehnkonigsschlacht" und beim weiteren Vordringen nach Osten ging der Zusammenhalt mit den im Panjab verbliebenen Volksgruppen allmahlich so gut wie vollstandig verloren. Durch Amalgamationen entstanden neue Volker, so die Kuru aus den T:rtsu, Bharata und Puru, spater auch den S:rnjaya. Eine zweite gro£e Volkeramalgamation waren die aus Turvasa, Kesin und Yadu hervorgegangenen Pancala. Zum bedeutsamsten Ereignis der jungvedischen Zeit wurde nun die Konfoderation dieser beiden Volkergruppen, das hei£t die Entstehung der Kuru-Pancala. Ihre Bliite wahrte jedoch nicht lange; vermutlich wurden innere Fehden dem Reich ebenso zum Verhangnis wie den spateren Gro£reichen der Maurya und Gupta. Mit dem weiteren Vordringen nach Osten hatte sich neben den Kuru-Pancala ein zweites politisches und kulturelles Zentrum entwickelt: das Kosala-VidehaGebiet im heutigen Bihar. Dies ist der Schauplatz der alteren Upani~aden. Noch weiter ostwarts drang die brahmanische Kultur nach Magadha und ins heutige \Vestbengalen vor. Etwa zur Zeit des Gautama Buddha, also in der zweiten Halfte des 6. Jahrhunderts v. Chr., entstanden Gro£reiche in Kosala und Magadha. Mit dem Aufkommen der genannten Gro£reiche und des Buddhismus schlie£t die politische Geschichte der vedischen Epoche; die vedische Literatur reicht dagegen in jiingere Zeiten hinab. Dies hangt mit der erwahnten Zuordnung auch der spateren vedischen vVerke zu bestimmten Schulen zusammen, die in bezug auf die Vedanga-Literatur wie ein Gravitationsschwerpunkt wirkten. Die Begriffe "vedische Ara" und "vedische Literatur" sind also zeitlich nicht kongruent. Aus der vedischen Literatur lassen sich, wenn auch mit gro£er Miihe, Aussagen iiber die damaligen gesellschaftlichen Verhaltnisse gewinnen. Der soziale Hintergrund der I,lksaJnhita ist die zerfallende Urgesellschaft. Wirtschaftlich dominierte die Viehzucht. 6 Die noch auf dem Niveau der Barbarei befindliche Gesellschaft gliederte sich in Stammes- oder Gentilverbande. Der Nomadismus war noch vorherrschend. In der Zeit des Atharvaveda, besonders aber der Brahmal}as, anderten sich diese Verhaltnisse tiefgehend. 7 Die Gesellschaft spaltete sich in antagonistische Klassen, im wesentlichen in die machtigen K~atriyas
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Anmerkungen
1 Die gesamte Vedistik ist bibliographisch in einer iiuBerst glinstigen Lage, da sie seit langem tiber hervorragende Literaturzusammenstellungen verfiigt. Daher wird in dem Abschnitt tiber vedische Literatur nur das allerwichtigste Schrifttum angegeben. Unter dem Titel
Bibliographie vedique (Paris 1931) hat L. Renou alle vedakundlichen Veroffentlichungen von 1805 bis 1930 gesammelt. Seine Arbeit wurde von R. N. Dandekar (Poona) mit der Vedic Bibliography fortgefiihrt: Bd. I (1946), Bd. II (1961), Bd. III (1973), Bd. IV (1985), Bd. V (1993). Darstellungen der vedischen Literatur finden sich in den angegebenen Handblichern der indischen Literaturgeschichte. Eine Spezialarbeit von hochstem Rang lieferte J. Gonda: Vedic Literature. Samhitas and BrahmaI,las (A History ofIndian Literature I, I, Wiesbaden 1975). Vgl. auch Satya Shrava: A Comprehensive History of Vedic Literature: BrahmaI,la und .4raI,lyaka Works (New Delhi 1977).
2 Hierzu H. Oldenberg: Die Religion des Veda (1894 und mehrfach neu aufgelegt, zuletzt Essen 1983). 3 Eine iibersichtliche Tabelle der einzelnen vedischen Literaturschichten und der ihnen zugeordneten Werke findet sich bei H. von Glasenapp: Die Literaturen Indiens von ihren Anfiingen bis zur Gegemvart (1929, S. 45, bzw. Stuttgart 1961, S. 46 f.). 4 Vgl. K. Mylius: Beitriige zur Datierungsfrage des Veda, in: Wiss. Zschr. der Univ. Halle, Gesellschafts- u. Sprachwiss. Reihe, 14 (1965), Heft 7, S. 509 ff.; ders.: Zur absoluten Datierung der mittelvedischen Literatur, in: Festscllrift VValter Ruben zum 70. Geburtstag (Berlin/DDR 1970), S. 421 ff.
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Die Sarilhitas
5 P. L. Bhargava: India in the Vedic Age. A History of Aryan Expansion in India (2. Aufl.,
ist der Hliter des ~ta, eines vieldiskutierten Begriffes, der ein breites Spektrum aufweist und kosmische (Welt-) Ordnung, aber auch vVahrheit und Realitat bedeutet. Spater wird er mehr und mehr zum Gott der 'iVasser und des Meeres. Soma ist der Gott des gleichnamigen Rauschtrankes, Surya der Sonnengott, Parjanya der Regengott, U~as die Gottin der Morgenrote. Die Maruts sind \iVind- beziehungsweise Sturmgotter, und so gibt es noch viele andere Gottheiten mehr. Vielfach sind sie Personifikationen von Naturkraften; im X. Malf~ala des J!gveda kommt jedoch auch schon ein abstrakter Schopfergott 'lor. Auffallend ist das Fehlen des spateren Hochgottes Siva, dessen Prototyp sich aber schon in der Induskultur findet und dessen Stelle im ~>gvedischen Pantheon der schreckliche Gott Rudra einnimmt. Vi~lfU, ebenfalls ein spaterer Hochgott, ist rudimentar bereits vorhanden.
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Lucknow 1971). 6 Wenn auch verschiedentlich die Situation idealisierend, ist H. Zimmers Altindisches Leben (Berlin 1879) immer noch brauchbar. 7 K. Mylius: Die gesellschaftliche Entwicklung Indiens injungvedischer Zeit nach den Sans-
kritquellen, in: Ethnographisch-Archiiologische Zschr., 12-15 (Berlin/DDR 1971-1974).
2. Die Samhitas a) Der ~gveda Der ~gveda umfasst wiejeder der vier Veden Samhitas, Brahmarfas, Upani~aden und Sutras. Strenggenommen muss also die Samhita des ~gveda als ~ksamhita bezeichnet werden; es hat sich aber eingeblirgert, sie schlechthin J!gveda (im engeren Sinne) zu nennen. Den Hauptinhalt des ~gveda bilden Hymnen, vorzugsweise an Gotter, aber auch an Damonen, Konige, Ahnen, ja sogar an bestimmte Tiere und Abstrakta. 1 Am starksten von allen Gottern beteiligt ist Indra; ihm sind etwa 250 Hymnen gewidmet. Indra galt als Gott des Krieges, des Heroismus und der Macht; dementsprechend stat tete man ihn mit sehr anthropomorphen Zligen aus. Besonders haufig erscheint sein mythischer Kampf mit VJ;tra, einem drachen- oder schlangenahnlich vorgestellten Unwesen. Diese standig wiederkehrende Mythe ist auf verschiedenste Weise gedeutet worden. Neuerdings sieht man in ihr eine "Erklarung" daflir, wie Indra Himmel und Erde (die ursprlinglich ungeschieden gedacht wurden) durch den Luftraum getrennt und damit den Weg fUr Sonne und Regen gebahnt hat. Andere Erklarungen sind naturmythologischer Art; so bedeutet der Sieg liber V:rtra den Sieg der Sonne liber Eis und Schnee. Viel flir sich hat nach wie 'lor die Deutung, dass dieser Mythe das Bersten der Regenwolken und der Sieg liber Dlirre und Trockenheit zugrunde liegen. Noch weitere Heldentaten werden Indra zugeschrieben: Er gilt als Sieger liber die Damonen (Asuras) und die Dasyus sowie als Befreier von Rindern, die von Damonen eingesperrt gehalten waren. Andererseits liebt er berauschende Getranke und verhalt sich durchaus nicht immer sonderlich moralisch, wenn er Frauen nachstellt und in del' Anwendung von Listen keine Skrupel kennt. Aber er war der beliebteste und popularste Gott, und dies pragt sich auch deutlich in dem Stil der ihm gewidmeten Hymnen aus. Agni, dem vedischen Gott des Feuers (Jat. igllis) und Boten zwischen Gotterund Menschenwelt, begegnet man in verschiedenen Funktionen: als Gotterboten, Beschlitzer des hauslichen und Wahrer des Opferfeuers, aber auch als vernichtende Feuersbrunst. Eine besondere Rolle spielt der Gott VarUl;ta, der gegenliber Indra gewissermaBen einen anderen Entwicklungszweig verkorpert. Er
Die Gotter dieses Pantheons sind im allgemeinen nicht sehr scharf konturiert; leicht ka.nn ein Gott die Eigenschaften eines anderen annehmen. Von da war es kein weiter Schritt zu dem Gedanken, dass Indra, Agni und so weiter nur verschiedene Benennungen des Einen sind; vergleiche die Stelle I, 164, 46. lEer und da werden auch bereits Zweifel an der Existenz der Gotter liberhaupt geauBert: II, 12, 4-5; VIII, 100, 3; ganz besonders abel' in del' (imlibrigen schwer deutbaren) sogenannten Schopfungshymne X, 129. In diesem Zusammenhang von philosophischem Atheismus zu sprechen, ist allerdings wegen der Unbestimmtheit del' zum Ausdruck gebrachten Gedanken, die libel' einen allgemein gehaltenen Skeptizismus nicht hinausgehen, kaum angebracht. Von groBer literaturgeschichtlicher Bedeutung sind diejenigen Hymnen, die Dialoge enthalten beziehungsweise ganz aus ihnen bestehen (sarTIvada). Als Beispiel diene die beriihmte Hymne X, 95 mit del' Geschichte von Pururavas und Urvas!. Letztere, eine Apsaras, das heiBt eine himmlische Nymphe, vermahlte sich dem irdischen Konig Pururavas an unterder Bedingung, dass sie ihn niemals nackt sehen darf. Doch eines Nachts rauben die Gandharven, eine Gruppe von Halbgottern, ihre Schafe, und als Pururavas den Raubern nachjagen will, wird er von einem Blitz beleuchtet. Dies ist die Vorgeschichte des J;gvedischen Dialogs; wir erfahren sie nicht aus dem J!gveda, sondern aus dem SatapathaBTahma17a XI, 5, 1. Del' J!gveda setzt mit seinem Bericht dort ein, wo Pururavas sich bemliht, die sich entfernende Urvas! wiederzugewinnen. 2 In dem nunmehr einsetzenden Dialog macht Urvas! dem Pururavas deutlich, dass es keinen dauerhaften Ehebund zwischen Gottin und Mensch geben kann. Diese Salllvada-Hymnen sind Gegenstand vielfacher Diskussionen gewesen, die auch jetzt noch nicht ganzlich abgeschlossen sind. Am bekanntesten geworden ist eine von Hermann Oldenberg entwickelte Auffassung iiber diese Hymnen, die sogenannte Akhyana- Theorie. In etwas verallgemeinerter Form stellt sich ihm die Situation etwa folgendermaBen dar: An dem Legendenkranz Supan7akhyana und an buddhistischen Jatakas be-
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Die Salilhitas
obachtete Oldenberg, dass sich die erzahlende Dichtung aus Erzahlungen der Ereignisse und den Reden der Personen zusammensetzt. Die Reden wurden teilweise in metrische Form (gatha) gefasst und gaben der Erzahlung ihren Halt. Letztere blieb der freien Fassung in Prosa uberlassen, bis auch sie £1xiert wurde. Die Inetrischen Bestandteile - das sind besonders die Dialoge - sind von Anfang an in festem \J\Tortlaut fixiert. Demzufolge beziehen sich die Akhyana-Hymnen des J.tgveda auf bestimmte Sagen, enthalten aber nur deren in Verse gebrachte Reden, wahrend wir uns die Erzahlung als nicht wortlich fixiert und in Prosa vorhanden denken mussen. Wird dalm spater auch die Rahmenerzahlung metrisch, entsteht das epische Gedicht. In einer letzten Stufe treten die Reden zuruck, und nur noch Ereignisse werden erzahlt. 3
setzen zu lassen. In einer lebhaften \Vechselrede gelingt es ihm, die Flusse zu uberreden und sein Ziel zu erreichen. Fhissig, lebendig und pointiert ist auch die Hymne X, 108. Die Pal,lis - gotterfeindliche Damonen als\J\Tiderspiegelung eines arierfeindlichen Volkes - haben den Gottern Rinder geraubt und halten diese versteckt. Als Gotterbote erscheint bei ihnen die Hundin Sarama, die durch ihr entschiedenes, schlieBlich drohendes Auftreten die Pal,lis in Schrecken versetzt.
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Diese Theorie, die also in den ~>gvedischen Samvada- Hymnen die Vorlaufer des altindischen Epos sieht, wurde entschieden von Johannes Hertel bekampft. 4 Hertel, der allerdings von der kaum akzeptablen Annahme ausgeht, dass die vedischen Hymnen immer gesungen worden seien, sieht in den Dialogen des J.lgveda die ersten Ansatze des indischen Dramas. Ahnlich, aber mehr isoliert, betrachtet Leopold v. Schroeder diese Dialoge. 5 Er sieht in ihnen den Abschluss einer vorhistorischen Epoche. Von groBem Interesse sind die einschlagigen AusfUhrungen von Moriz Winternitz. Dieser verfolgte die Entwicklung des Samvada-Typs im Mahabharata, in den Pural,las und in der buddhistischen Literatur und kam zu der vermittelnden Ansicht, dass die Dialoghymnen den Ausgangspunkt sowohl fur Epik als auch fUr Dramatik bildeten. Ihm scheint es am treffendsten, sie als Balladen zu bezeichnen. Auch K. F. Geldner nennt die Akhyana-Hymnen Balladen und lehnt die Theorien von Oldenberg, Hertel und v. Schroeder ab. 6 Spater hat dann Ludwig Alsdorf nochmals die einzelnen Stellungnahmen zu diesem Problem durchgearbeitet und ist zu der Uberzeugung gelangt, dass die Theorie Oldenbergs mit einigen Modifikationen den Gegebenheiten am besten gerecht wird. 7 Epischen Charakter hat auch die Dialoghymne X, 10. Sie enthalt den moralisch determinierten Dialog zwischen den als erstes Menschenpaar angesehenen Zwillingsgeschwistern Yama und Yami. In einer sich dramatisch steigernden Wechselrede sucht Yami ihren Zwillingsbruder zum Inzest zu verfUhren. Die wahl verstummelte Erzahlung bietet keine Losung, doch scheint es, dass Yami ihr Ziel nicht erreicht. Beruhmt geworden ist auch die Dialoghymne I, 179. Lopamudra, die Gattin des J.t~i Agastya, ist mit dessen asketischer Enthaltsamkeit nicht langer einverstanden und bemuht sich, seine Sinnlichkeit zu erregen. Anders als Yami ist Lopamudra schlieBlich Erfolg beschieden. Eine der wichtigsten Dialoghymnen ist das Stuck III, 33, die Unterredung des J.t~i Visvamitra mit den Flussen. Dieser Dialog zeigt das Vordringen der vedischen Volker nach Osten. Visvamitra, der Hofpriester (purohita) des Bharata-Konigs Sudas, bittet die Flusse Bias und Satlej, die Heere des Sudas ungehindert uber-
Der J.lgveda besitzt auch etwa 30 Zauberlieder, die mithin nicht auf den Atharvaveda beschrankt sind. Die meisten finden sich im X. Mal,l<;lala. Eine der Ausnahmen ist das sogenannte Froschlied VII, 103. Es ist keineswegs, wie man fruher angenommen hat, eine Satire auf die Brahmanen, sondern ein Regenzauber. Auch VI, 75 ist eine magische Hymne. Sie beinhaltet die Einsegnung der koniglichen \Vaffen durch den Hauptpriester, urn so den Sieg in der Schlacht zu sichern. Das Lied vermittelt gleichzeitig aufschlussreiche Informationen iiber die KriegfUhrung in fruhvedischer Zeit. Verschiedentlich sind soIehe Stucke in die Hymnensammlung aufgenommen worden, die kaum als religiose Lieder bezeichnet werden konnen, sondern vielmehr ein recht weltliches Geprage haben. Kulturgeschichtlichsind sie von besonderem Interesse. Dazu zahlt etwa das Stuck X, 34. Es enthalt die bewegende Selbstanklage eines \Vurfelspielers, der urn die Befreiung von seiner Leidenschaft ringt. Von geradezu zynischer Offenheit ist das Lied IX, 112. Da es im l\1al:t<;lala der Somalieder steht und einen Refrain aufweist, ist es moglicherweise aus einem alten Volkslied in einen die Somapressung begleitenden Arbeitsgesang umgeformt worden. Das Lied verdient besonders wegen seiner unorthodoxen, realistischen Grundhaltung Beachtung. Es heiBt da, dass der Zimmermann einen Schaden, der Arzt ein gebrochenes Glied, der Priester den Veranstalter eines Somaopfers (wegen des Erhalts von Opferlohn) wunscht. Der Schmied wunscht sich einen reichen Kunden, das Pferd einen gut zu ziehenden Kriegswagen, der SpaBvogel hofft auf Gelachter unter seinen Zuhorern, das Glied strebt nach der behaarten Scheide und nach \Vasser der Frosch. Realistisch ist auch das sogenannte Labasukta X, 119. In dieser Hymne gibt der Dichter eine Selbstbeschreibung des Somarausches, der ihn ergriffen hat und in dem er sich offenbar fUr Indra halt; vielleicht soll Indra auch selbst der Sprecher sein. Von weltlichen Gedanken getragen sind auch die sogenannten DanastutiHymnen. Insgesamt etwa 40 Hymnen des J.lgveda weisen ganz oder teilweise (dann meist am Schluss) Danksagungen des Sangers an einen freigebigen Konig oder sonstigen Spender auf. In diesen Danastutis, die fiir die Fi>age nach l1lk terialistischen Anschauungen im Veda eine groBe Rolle spielen, dankt der J.t~i fUr den reichlichen Erhalt von Vieh, \Vagen, Gold oder auch von Frauen. Ratseldichtung erscheint sehr ausfUhrlich in der Hymne I, 164. Der Hintergrund ist vorwiegend mythologisch und ritualistisch. Entsprechend dem Ge-
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Die Samhitas
samtcharakter del' Hymnensammlung spielt die Liebe kaum eine Rolle. Darum ist es nicht olme Vorbehalt moglich, das Lied I, 32 - wie es geschehen ist - als Ballade zu bezeichnen. In diesel' beriihmten Hymne wird das schon erwahnte Thema des Kampfes des Gotterkonigs Indra mit dem Drachen Vrtra behandelt. Das Stiick hat den Charakter einer Heldendichtung und erinnert in der Form tatsachlich an eine Ballade.
Aus del' skizzenhaften Inhaltsiibersicht geht hervor, dass del' ~gveda vorwiegend mythologische Dichtung ist. Eine wichtige und unter verschiedenen Aspekten immer neu digkutierte Frage geht darum, ob diese mythologische von vornherein gleichzeitig kultische Dichtung war. Wie so oft in del' ~gveda- Forschung zeigten und zeigen sich auch hier die extremsten Standpunkte, was auf die noch vorhandenen betrachtlichen Liicken in del' ~gveda- Interpretation deutlich hinweist. 1m ~gveda kommt eine groBe Zahl von Termini technici VOl', die auch fUr den spateren, entwickelten Opferkult kennzeiclmend sind. Bei griindlicher Analyse zeigt sich jedoch ziemlich deutlich, dass die rgvedischen Kulthandlungen gegeniiber del' spateren Zeit noch unentwickelt, rudimental' und weniger systematisiert waren. Das Ritual, das die ~~is zweifellos kannten und praktizierten, war ein anderes und weit weniger kompliziertes als das in den Brahmalfas und Sutras dargestellte. Jedenfalls spricht Malf<;lala IX entschieden fUr das Vorhandensein kultischer Praktiken im ~gveda; ebenso dezidiert unterscheidet sich die simple Form des damaligen Somaopfers von dem spateren, fast unvorstellbar komplizierten Agni~toma.
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1. Indras Heldentaten will ich nun verkiinden, die der Donnerkeilbewehrte als erste vollbracht hat. Er totete den Drachen, brach die \;\Tasser auf, er spaltete die Leiber del' Berge.
4. Als du, 0 Indra, den Erstgeborenen del' Drachen totetest und dann die Zaubereien del' Zauberer iiberlistetest, als du Sonne, Himmel, Morgenrote schufest, von da ab fandest du wahrhaftig keinen Feind mehr. 5. Indra totete den V~·tra, den schlimmen Vrtra, den Breitschultrigen, mit dem Donnerkeil, seiner groBen Waffe. Wie mit der Axt abgehauene Baumstamme, so liegt der Drache platt auf del' Erde. (Ubers.: Klaus Mylius) Moralische Betrachtungen im spateren Sinne anzustellen, konnte nicht im Bereich des ~gveda liegen, vor allem darum, weil die klassengebundenen Eigenschaften der Moral noch nicht ausgepragt waren. Am ehesten klingen moralische Anschauungen in del' bereits erorterten Hymne mit dem Dialog von Yama und Yaml an. Haufig bittet del' Sanger darum, Varmfa mage ihm unwissentlich begangene Verfehlungen nicht anrechnen, so in der Hymne V, 85. Ganz singular kommt zum Ausdruck, dass die Schuld aus dem Genuss von Branntwein, dem Wiirfelspiel und dem Zorn herriihre. Indirekt, abel' mit ziemlicher Sicherheit erschlieBbar, in del' nachmvedischen Literatur (Aitareya-BrahmalJa) dann klar ersichtlich, geht aus den Texten hervor, dass Varmfa besonders Eide und Vertrage hiitet und demgemaB Vertragsbriichige bestraft. In dem Lied VII, 89 muss del' nach der siegreichen "Zehnkonigsschlacht" triumphierende konigliche Hofpriester Vasi~tha einsehen, dass ihm Ruhm und Besitz nur bei gleichzeitiger Gesundheit niitzlich sein konnen. Zur Heilung von seinem Leiden, der Wassersucht (die VaruJ;la gern als Strafe verhangt), wendet er sich mit del' Bitte um Verzeihung fiir seine bisherige Uneinsichtigkeit an diesen Gott. Auf zahlreiche Sagen, Mythen und Legenden, die in der ~ks;1Jnhita zu finden sind - etwa den Somaraub des Manu IV, 26 bis 27 8 oder die Bitte del' Gho~a an das Asvin-Gotterpaar, ihr einen Gatten zu vermitteln (X, 40) - , brauchen wir hier nicht weiter einzugehen. 1m iibrigen sind sie mit vorbildlicher Griindlichkeit gesammelt und bearbeitet worden. 9
Ein schwieriges, abel' unumgangliches Unterfangen ist die Frage nach dem asthetischen Rang del' rgvedischen Hymnen. Auch hier haben sich die Meinungen diametral gegeniiber gestanden: War del' ~gveda nun eine naive AuBerung der Volksseele oder ein spates priesterliches Produkt mit Anzeichen beginnendel' geistiger Erschlaffung? Das erstere ganz gewiss nicht. Dazu sind die meisten Hymnen viel zu durchdacht und iiberlegt aufgebaut. Von irgendwelcher Spontaneitat findet sich kaum eine Spur, vielmehr bemerkt man allenthalben die mehr oder minder geiibt gehandhabte, sinnvoll eingesetzte Dichtkunst, die sich in Aufbau und Ausdruck sehr wohl einer ganzen Anzahl von Schmuckmitteln zu bedienen weiB. Die zweite Version ist nicht mit einer solchen Entschiedenheit zu verneinen. Denn es gibt zum mindesten einen Umstand, del' sie zu bestatigen scheint: die Wiederholungen. Maurice Bloomfield hat in miihevoller Kleinarbeit aIle im ~gveda-Text vorkommenden Wiederholungen - von den kleinsten bis zu den groBten Dimensionen - eruiert. lO Dabei hat sich gezeigt, dass die Zahl der 'vViederholungen erstaunlich groB ist. Und zwar betreffen die \!\Tiederholungen nicht nur Halb- und Viertel-, sondern auch ganze Verse, ja sogar Versgruppen. Grob gerechnet, lasst sich sagen, dass etwa ein Fiinftel aller padas Wiederholungen erfahren. Das deutet auf nicht unbetrachtliche Routine hin, die in der mvedischen Dichtkunst Platz gegriffen hat. Man gewahrt nicht selten, dass bestimmte literarische Muster immer wieder aufgegriffen werden. Eine solche handwerksrnaBig betriebene Dichtkunst ist selbstverstandlich kein Zeichen fiir Urspriinglichkeit. Andererseits sind diese Repetitionen nicht del' beherrschende Zug der ~ksamhita. Vielmehr finden sich geniigend Stellen von eindringlicher literarischer Schopfungskraft. Und da auch die Beziehungen der vedischen Dich-
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Die Salnhitas
ter zu der sie umgebenden Natur und Gesellschaft im allgemeinen noch unmittelbar und ungebrachen sind, ist es nicht gerechtfertigt, die Hymnensammlung mit dem pejorativen Attribut des Epigonenhaften zu versehen.
Schane, die ihren Karper kennt, so steht sie aufrecht wie eine Badende. Feind" schaft und Finsternis vertreibt sie mit ihrem Licht. Dem Anbetenden enthullt sie ihre Schonhei-ten wie eine liebende Frau den Busen. 1. Der auf glanzender Bahn wandelnden, hohen, nach dem Weltengesetz rechtens rotlich strahlenden Gattin U 9as, die die Sonne herbeifahrt, jauchzen die Verzuckten mit Andachtsliedern entgegen. 2. Sie, die Ansehnliche, die die Menschheit weckt und die pfade gut gangbar macht, geht an der Spitze auf hohem Wagen, die Hohe, alles Bewegende. U9as gibt Licht zu Beginn der Tage. 5. \Vie eine Schone ihren Korper kennend, stand sie aufgerichtet wie eine Badende, dass wir sie sehen sollten. Feindschaft und Finsternis vertreibend, ist U 9as, die Himmelstochter, mit ihrem Licht herbeigekommen. 6. Sie, die Himmelstochter, entbloBt, den Miinnern zugewandt, wie eine schone Frau den Busen. Dem Anbetenden enthullend ihre Schanheiten, hat sie als Jungfrau wieder wie fruher das Licht geschaffen.
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Ganz im Gegenteil - bei aller da und dort auftretenden Schablonenhaftigkeit, bei aller Unterschiedlichkeit des literarischen \Vertes des ~gveda in seinen einzelnen Teilen und Hymnen wird man insgesamt doch gern einraumen, dass er sorgfaltig gearbeitet wurde und, was wichtiger ist, dass er echte dichterische Inspiration erkennen lasst. Diese betrifft sowohl die gedankliche Konzeption als auch die sprachliche Gestaltung. Ein hervorragendes Beispiel hierfUr ist die Hymne I, 105. Die saga-ahnliche Erzahlung beinhaltet den Monolog des Trita, eines in einen Brunnen geworfenen Mannes. Er vergleicht in bewegenden Worten seine uble Situation mit seiner fruheren glanzenden Lage, deren sich andere Menschen im Gegensatz zu ihm fortdauernd erfreuen. An seinen Betrachtungen des Sternenhimmels ersieht man, wie wahrend seines Monologs die Nacht vorruckt. Nach dem Sonnenaufgang erlangt er endlich die Befreiung durch den Gott Brhaspati. Die tiefsinnige, stimmungsvolle Hylnne ist ein Meisterwerk vedischer Dichtkunst und Gestaltungskraft. Wahrend die an Indra gerichteten, seine Heldenhaftigkeit und Kraft preisenden Lieder oftmals etwas stereotyp wirken, gewinnen die rgvedischen Dichter vorzugsweise an AusdrucksfUlle und Gefuhlsreichtum, wenn sie verhaltene, zarte Tone anschlagen. So schildert beispielsweise die Hymne II, 38, wie del' Gott Savitr die Wesen zur Nachtruhe geleitet. Savitr ist wortlich der "antreibende" Gott, del' am Morgen alles belebt und abends wieder zur Ruhe bringtY \Ver am Tag mit schnellen Rossen gefahren ist, soll jetzt ausspannen, der Wanderer soll ausruhen. Die Nacht hat die \Velt in ihr Gewebe gehullt. Alles geht in seine Wohnung; die Glut des Herdfeuers verbreitet sich; die Mutter hat dem Sohn den besten Anteil am Essen bereitgestellt. AIle Tiere begeben sich zur Ruhe in ihren jeweiligen Unterschlupf. So wird eine Stimmung erzeugt, deren ganz einzigartige Verhaltenheit sich auch dem heutigen Leser mitteilt. Ebenfalls der Nacht gewidmet ist die schone Hymne X, 127, die durch ihren poetischen Ausdruck besonders hervorsticht. Die Gottin Nacht hat die Weite, die Tiefe und die Hohen ausgefUllt. Zur Ruhe gelegt haben sich die Darfer, alles, was FuBe hat und Flugel, selbst die regsamen Falken. Die Nacht mage nicht durch Dieb und \VoIf gestart, sie mage gut verbracht werden, bis die Finsternis von der Morgenrote abgelost wird. Nach diesen Beispielen nimmt es nicht wunder, dass die vedische Dichtkunst in Naturbeschreibungen besondere Hohepunkte erreicht. An der Spitze stehen hierbei Hymnen, die an U 9as, die Gottin der Morgenrote, gerichtet sind. Eine solche Hymne ist etwa V, 80. Sie schildert, wie der strahlenden Gottin U 9as alle \Vesen entgegenjauchzen. U 9as spendet zu Beginn aller Tage das Licht. Schimmernd durchliiuft sie ihren Weg, die Richtung nicht verfehlend. viVie eine
(Ubers.: Klaus Mylius) Von ahnlicher Empfindung beseelt ist die Hymne VI, 64, die ebenfalls der U9as gewidmet ist. Prachtvoll glanzend hat sich die Morgenrote erhoben. AIle Wege macht sie leicht begehbar. Bis zum Himmel sind ihre Strahlen emporgestiegen. Hinweg treibt sie die Finsternis wie ein heldischer Schutze die Feinde. Vogel und Menschen haben sich bei ihrem Anblick erhoben. Unter den an einen Gott gerichteten Liedern ragen an Schanheit die VarUI.1k Hymnen hervor. Gedanken und Sprache der J;t9is gewinnen hier nicht selten GroBe und Erhabenheit. Dies ist auch verstandlich, wenn man bedenkt, dass gerade VarUl.1a der Huter der vVeltordnung, der Wahrheit und des Rechtes ist. Ein hervorragendes Beispiel gibt die beruhmte Hymne V, 85. Der Sanger will dem Oberkonig, dem graBen VaruI.Ja, ein erhabenes, tiefsinniges Andachtslied weihen. VarUI.1a hat tiber den Baumen die Lufthulle ausgebreitet, Weisheit hat er in die Herzen, die Sonne an den Himmel gesetzt. Dem Boden, der Erde und dem Himmel hat er den Regen gegeben, die glitzernden Flusse zum Meer geschickt. Nun bittet der Sanger, VaruI.Ja mage ihn, falls er gegen jemand ein Unrecht begangen hat, von diesem (namlich von seinen bosen Folgen) :osen. Der ~gveda soll einst in mehreren Rezensionen vorgelegen haben: Sakalya, Ba9kala, Asvalayana, Sallkhayana, MaI.1<;!ukeya. Erhalten geblieben ist von diesen nur die erstgena.nnte. I2 Sie besteht aus 1018 Hymnen (Bukta). Diese Textmasse ist in zehn Abschnitte (ma.l;<;Iala) oder in acht Achtel (a.~raka) eingeteilt; erstere Einteilungsart ist die weitaus gebrauchlichere, so dass hier nur nach ihr zitiert wird. Hinzu kommen noch einige nachgetragene Hymnen (vala.khilya),I3 die nach VIII, 48 eingeschoben sind. Somit besteht der ~gveda aus 1028 Hymnen mit insgesamt 165007 Wartern. Die Hymnen bestehen aus Versen ere, daher
DIE VEDISCHE LITERATUR
Die Samhitas
del' Name diesel' Sammlung). Die Gesamtzahl del' Verse beHiuft sieh auf 10462, so dass im Durehsehnitt zehn Verse auf die Hymne entfallen. Am kurzesten ist die Hymne 1,99: sie besteht nul' aus einem einzigen Vel's. Am langsten ist IX, 97 mit 58 Versen. Gebundene (metrisehe) Spraehe herrseht ohne Ausnahme; Prasa kommt im ~gveda also nieht vor. Die Sammlung ist ferner durehgehend akzentuiert, ein Beweis fUr ihre Altertumliehkeit. 1m spateren Veda sind nur einige \Verke akzentuiert worden beziehungsweise in akzentuiertem Zustand uberliefert; in del' naehvedisehen Literatur kommt Akzentuation del' Texte nieht mehI' VOl'.
Trennung. Ein Beispiel ist die Hymne I, 10. Die 36silbige Brhat1 (8+8+ 12+8) kommt I, 170, 1 VOl', die 40silbige PaIlkti (5 x 8) I, 29. Von groBer Bedeutung ist das 44silbige- Hauptmetrum Tris;tubh (4x11). Aueh hiersind die Padas 2 und 3 voneinander abgesetzt. Die Tris;tubh (zum Beispiel I, 63) ist im ~gveda das hiiufigste, weil mit dem Gott Indra verbundene VersmaB. Mit del' 48silbigen Jagatl (4xI2) sehlieBt die Caturuttara-Reihe; Beispiel: I, 55. Anus;tubh, Tris;tubh und Jagatl umfassen rund 80 Prozent aller Verse des ~gveda.
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Die altesten Bucher und damit del' Kern des ~gveda sind die MaIi-Q.a.1as II bis VII. Sie werden aueh als Familienbueher bezeiehnet, da man ihre Entstehung Familien von priesterliehen Sehern Cr>?i) zusehreibt. Die Namen diesel' ~S;is sind in del' entspreehenden Reihenfolge: Grtsamada, Visvamitra, Vamadeva, Atri, Bharadvaja und Vasis;tha. In diesen Familienbiiehern ist del' Zerfall del' Urgesellsehaft am klarsten widergespiegelt. Alteste Erganzung del' Familienbueher sind die Hymnen 1,51-191. MaIi-Q.ala VIII ahnelt in vielem den Hymnen 1,1-50 und soIl teilweise auf den ~S;i KaIi-va zuruekgehen. MaIi-Q.ala IX hebt sieh insofern deutlieh von den iibrigen Teilen des ~gveda ab, als es sieh auf eine einzige Thematik konzentriert: den Somakult. Dieses 114 Hymnen umfassende Bueh soIl von mehr als 60 Diehtern stammen; es ist offensiehtlieh von Anfang an fUr liturgisehe Zweeke zusammengestellt worden. Deutlieh junger naeh Inhalt und Spraehe als del' gesamte ubrige Text ist MaIi-Q.ala X, besonders die Hymnen 85191. Gewiss ist aueh hier manehes alte Material gewissermaBen naehtraglieh eingearbeitet worden; vielfaeh weist dieses Bueh abel' schon voraus auf den Atharvaveda. Die Hymne X, 90 (purui?asfikta) enthalt den ersten Berieht iiber die sozialen Hauptgruppen (vanfa) del' altindisehen Gesellsehaft: den brahmalla (Brahmane, Priester), ki?atriya (Krieger, weltlieher Herrseher), vaisya (Bauer, Handwerker, Handler), siidm (niehtariseher helotenartig Unterdruekter). Die vedisehe METRIK unterseheidet sieh merklieh von del' spateren SanskritMetrik. Die Metren des Veda werden namlieh aussehliefi1ieh naeh del' Silbenzahl ihrer metrisehen Glieder (pada.) , deren es drei beziehungsweise vier gibt, bestimmt. Die Zahlung del' Metren beginnt mit dem 24silbigen VersmaB und steigt jeweils urn vier Silben (sogenannte Caturuttara-Reihenfolge). Nur die letzten vier bis funf Silben eines Pada folgen bestimmten Quantitatsvorsehriften. 14 Die Gayatrl (24 Silben) umfasst drei Padas zu je aeht Silben, wobei die ersten beiden Glieder begrifflieh und deklamatoriseh engel' verbunden und yom dritten Glied abgesetzt sind. 1m ~gveda erseheint die Gayatrl sehr haufig, zum Beispiel I, 1-9; sie ist das typisehe Metrum fur die an Agni geriehteten Hymnen. Das naehste Hauptmetrum ist die 28silbige US;1i-ih von del' Form 8+8+ 12. Aueh hier sind die Padas 1 und 2 engel' verbunden. Beispiel: I, 92, 13-18. Die sehr haufige Anus;tubh hat 32 (4 x 8) Silben. Zwischen den Padas 2 und 3liegt eine deutliehe
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So wiehtig del' ~gveda als iiltestes Denkmal del' indisehen Literaturgesehiehte ist, so viele Muhen aueh bisher auf seine Untersuehung verwendet wurden ~ es kann nieht bestritten werden, dass aIle bisherigen Ubersetzungen nur mehr odeI' mindel' gut gegluekte Versuehe sind. Is In del' Exegese des ~gveda bestehen noeh immer starke Differenzen. Das betrifft die bereits behandelten Fragen naeh seiner Entstehungszeit und naeh dem fruhen, reifen odeI' epigonenhaften CharaIder seiner diehterisehen Spraehe. Abel' aueh die Gegend seines Entstehens ist noeh umstritten. Manehe Forseher verlegen sie naeh Baktrien odeI' (zum Teil erheblieh) weiter naeh Nordwesten. Insgesamt gesehen, tragt del' ~gveda abel' doeh ziemlieh deutlieh vorherrsehend indisehes Kolorit und durfte zu wesentliehen Teilen im Panja.b beiderseits des Indus entstanden sein. Zweifellos enthalt er daneben aueh noeh altere Elemente, die auf die Zeit del' Einwanderung zuruekweisen. Immel' wieder werden im ~gveda. die .A.ryas, die arisehen Einwanderer, den Dasyus odeI' Dasas gegeniibergestellt. Letztere waren die dunklerfarbigen vorarisehen Bewohner des Landes, die spateI' zu Sudras gemaeht wurden. Von ihnen wird veraehtlieh gesagt, dass sie phallisehe Gottheiten verehren; die Ariel' zeigen sieh also hier als Gegner des Linga- Kultes. Abel' die Ariel' fUhrten standig Kriege aueh untereinander; fUr die "Zehnkonigssehlaeht" ist die Hymne VII, 18 eine wiehtige historisehe Quelle. Die Tatsaehe, dass del' ~gveda weit im Nordwesten Indiens entstanden sein muss, wird aueh dadureh erhartet, dass in den Hymnen wedel' del' Reis noeh del' Tiger vorkommen und dass, sofern yom Aekerbau die Rede ist, die Gerste hervorgehoben wird. Abel' del' Aekerbau uberhaupt spielt noeh eine untergeordnete Rolle im Vergleieh mit del' Viehzueht, die den Haupterwerbszweig bildete und sieh hauptsaehlieh mit Rindern und Pferden befasste. Das Rind war damals noeh keineswegs "heilig"; es wurde bis in die Zeit del' Upanis;aden hinein gern gegessen. Die spatere Ablehnung des Genusses von Rindfleisch grundet sieh auf den Gedanken del' Niehtverletzung von Leben (al1ililsa), del' in Indien eine lange Tradition hat und unter anderem bis in fruhe Stufen des Buddhismus zuriiekreieht. Dies zu erwiihnen ist insofern nieht unwiehtig, als sieh heutzutage fanatisehe Gegner des Rindfleisehgenusses gem auf den Veda als Autoritat berufen. 16 Die Arbeitsteilung war schon ziemlieh weit entwiekelt: Del'
~gveda
nennt
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Die Sarnhitas
Gerber, Zimmerleute, Stellmacher, Schmiede und andere Handwerkerberufe. Die Frau war vom Manne a.bhiingig, doch war ihre Stellung noch bei weitem hoherals in spiiteren Zeiten. Dies kOInmt auch darin zum Ausdruck, dass Frauen als Verfasserinnen rgvedischer Hymnen uberliefert sind.
tigen Bedeutung nicht entfernt mit Bibel und Koran vergleichen kann, wenn auch seine Autoritiit in abstrakter Form uberall anerkannt wird. Das liegt 'lor aHem daran, das'S das \~1erk zwar au£grund seines hohen Alters auch unter veriinderten gesellschaftlichen Bedingungen fortvvirkte, die vedische \Veltanschauung jedoch in del' weiteren Entwicklung 1ndiens ihre Bedeutung verloL in der Neuzeit 1nAuBerdem ist zu beriicksichtigen. '-' ) dass sich del' Roveda . c terpretationen hat gefallen lassen miissen, die von tagespolitischer Zweckbestimmtheit diktiert waren und dabei einer wissenschaftlichen Grundlage entbehrten. So hat ihn der bekannte Religionsphilosoph Vivekananda (1862-1902) kritiklos mit buddhistischen und hinduistischen 1deen vermischt. Noch weiter g~lgen Aurobindo Ghosh (1872-1950) und besonders die "Ariergesellschaft" (Arya Samaj). Letztere stellte die Wissenscha£t, die sie zur Pseudowissenschaft erniedrigte, in den Dienst ihrer nationalistischen und chauvinistischen Propaganda. und versuchte glaubhaft zu machen, dass sie unterschiedslos alle wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften - etwa der Astranomie odeI' Geologie, abel' auch Artillerie odeI' Dungemittel - bereits im Veda entdeckt hatte. Solche mit der historischen ~1ahrheit unvereinbaren Entgleisungen konnen abel' hochstens verfa.ngen, wenn uber die tatsiichlichen literaturgeschichtlichen Gegebenheiten keine hinreichende Kenntnis besteht.
tJber die UBERLIEFERUNG des ~gveda ist das Wichtigste schon benlerkt worden, niimlich dass sie mindestens zwei Jahrtausende hindurch auf mundlichem \Vege erfolgt ist. Diese mnemotechnische Leistung ist bewundernswert, doch haben anscheinend auch bestimmte Techniken dazu beigetragen, die Hymnen in ihrem wortwortlichen Bestand zu sichern. Die iilteste dieser Techniken ist der sogenannte Padapatha. Um diese Methode zu verstehen, muss man wissen, dass, wie spater das Sanskrit, so auch schon das Vedische zahlreiche euphonische Verbindungen, besonders zwischen den einzelnen \Vortern, kannte. So werden ein auslautendes und ein anlautendes a zu a, ein auslautendes a und ein anlautendes e zu ai zusarnmengezogen. Aus den drei \Vortern tatlla eva. aSlt wird also tathaivaslt. Diese euphonische Verschlingung heiBt Sandhi; die Sandhi-Regeln ziihlen nach Dutzenden, wenn auch viele von ihnen nur selten zur Anwendung kommen. Hieraus ergibt sich, nebenbei bemerkt, auch eine Hauptschwierigkeit des Vedischen und des Sanskrit fur den Lernenden: Die Sandhi- Regeln fuhren dazu, dass ein Anfanger oft lange raten muss, ehe er eine bestimmte Vokabel im Worterbuch ermitteln kann. Diejenige Gestalt nun, in der die einzelnen \iVorter und Siitze erscheinen, wenn sie den Sandhi-Gesetzen folgen, ist der Sarnhitapatha. Stellt man aber den Text des ~gveda so dar, dass alle \Vorter einzeln, von den Sandhi-Gesetzen also unbeeinfiusst, erscheinen, so ist dies der Padapatha. 17 Beide Darstellungsmethoden - zu denen noch weitere, hier nicht zu erorternde kommen-- ergiinzen demnach einander bei der gedachtnismaBigen Bewahrung von Originalfassungen. Einige weitere einschliigige Moglichkeiten sollen hier nur angedeutet werden. Dazu ziihlen bestimmte sehr alte Glossare, wie das Nimkta des Yaska, dessen Zeitstellung nicht sicher ist, jedenfalls aber betrachtlich 'lor der des Par,tini liegt. Hinzu kommen Register, die die ~ksaril11ita in verschiedener Richtung aufarbeiten und erschlieBen (anukramal,ll). Auf die aus spaterer Zeit stammenden Kommentare - bekannteste Autoren sind Vellkata und Sayal,la - und ihren wissenschaftlichen Wert sind wir bereits zu sprechen gekommen (vgl. S. 2). 1m Gegensatz zu manchen anderen Teilen des Veda hat sich bis zur Gegenwart eine ungebrachene Tradition des ~gveda in 1ndien erhalten. Echte Kenner del' Uberlieferung £lnden sich in dem weiten Gebiet, das sich von Mahara~tra, dem Mahrathenland, bis nach Uttar Pradesh erstreckt. Sie gehoren ebenso der Sakalya-Schule an wie die ~gveda-Kenner eines zweiten graBen Gebietes, namlich Andhra Pradesh, Maisur und Madras. Abweichend und wohl del' Ba~kala Schule zuzuziihlen ist die im Sudwesten 1ndiens, in Kerala, heimische Tradition. Dennoch ist noch einmal hervorzuheben, dass man den
~gveda in
seiner heu-
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Annlerkungen
1 Vgl. B. L. Ogibenin: Struktura mifologiceskich tekst.ov "Rigvedy" (Moskau 1968). 2 Versionen dieser Geschichte finden sich spater u. a. im Vil?nu-Purana sowie in Kiilidiisas Vikramorva.sfya. 3 H. Oldenberg: Das altindische Akhyana, mit besonderer Riicksicht auf das SUpal'l;Iakhyan8., in: Zschr. der Dtsch. Morgenlandischen Gesellschaft, 37 (Leipzig 1883), S. 54-86; ders.: _4 k1lyan a-Hymnen im ~gveda, ebenda, 39 (1885), S. 52-90. 4 J. Hertel: Der Ursprung des indischen Dramas und Epos, in: \iViener Zschr. fUr die Kunde des Morgenlandes, 18 (1904), S. 59-83 und 137-168; del'S.: Der SuparI,ladhyaya, ein vedisches j\.fysterium, ebenda, 23 (1909), S. 273-346. 5 L. v. Schroeder: Mysterium und Mimus im ~gveda (Leipzig 1908, Neudruck Maarssen 1974). 6 K. F. Geldner: Die indische Balladendichtung, in: Festschrift der Univ. Marburg fUr die Philologenversammlung 1913 (Marburg 1913). 7 L. Alsdorf: The Akhyana Theory Reconsidered, in: Proceedings of the 26th Internat. Congr. of Orientalists 1964 (Poona 1969), abgedruckt in: Kleine Schriften (GlasenappStiftnng, Bd. 10, Wiesbaden 1974). 8 Vgl. U. Schneider: Der Somaraub des Manu (Wiesbaden 1971). 9 E. Sieg: Die Sagenstoffe des ~gveda und die indische ItiMsa-TraditioIl (Stuttgart 1902).
DIE VEDISCHE LITERATUR
Die Sarilhitas
10 Die von M. Bloomfield gesammelten \Viederholungen des J-.{gveda sind in den Biinden
17 Beispiele fUr den Padapatha gibt E. Windisch: Zw6lf Hymnen des Rigveda mit Sayana's Commentar (Halle 1883). .
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20 und 24 der Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.] 1916) enthalten. Vgl. ferner:
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Bloomfield, Edgerton und Emeneau: Vedic Variants (3 Bde., 1930-1934). 11 Dies ist ein von urwuchsiger Dialektik gepriigter Gedanke. 12 Eine wertvolle, aber nur fUr den Fachmann bestimmte EinfUhrung in die Problematik gibt
H. Oldenberg: Die Hymnen des Rigveda, Bd. I: Metrische und textgeschichtliche Prolegomena (Berlin 1888). Geliiufigste Ausgabe (in lateinischer Umschrift) ist die von Th. Aufrecht in den von A. Weber herausgegebenen Indischen Studien, Bd. 6 und 7 (Leipzig 1861-1863, Neudruck vViesbaden 1968). Grundlage ist die groBe, mit dem Kommentar des Sayal)a versehene Ausgabe von Max Muller (6 Bde., London 1849-1874, 3. Aufl. in 2 Biinden in den Kashi Sanskrit Series, 167, Varanasi 1965). Noch erwahnenswert sind zwei bedeutende indische Ausgaben, die mit dem Padapatha sowie Kommentaren von Skandasvamin, Udgltha, Venkata und Mudgala versehene Ausgabe von Vishva Bandhu, die in acht Banden in den Vishveshvaranand Indological Series, 19-26 (Hoshiarpur 19631966) erschien, und die von dem Kommentar des Sayal)a begleitete von N. S. Sontakke (5 Bde., Poona 1941-1976). An Ubersetzungen nennen wir nur die wichtigsten. Metrisch ist die zweibiindige Ubersetzung von H. GraBmann (Leipzig 1876/ 77), in Prosa gehalten die (mit Kommentar, Einleitung und Registern) sechsbandige von A. Ludwig (Prag 18761888). Unvollendet geblieben ist die von M. Muller in den Sacred Books of the East, 32
(Oxford 1891) begonnene und von H. Oldenberg (ebenda, 46, 1897) weitergefiihrte Ubersetzung (Neudruck Delhi 1964). Von groBem Wert ist die 1923 begonnene Ubersetzung von K. F. Geldner; sie liegt jetzt vollstiindig in den Biinden 33-36 der Harvard Oriental Series (1951 ff.) vor. Alle in der vorliegenden Literaturgeschichte erwiihnten ~gvedischen Hymnen sind ubersetzt von K. Mylius in Reclams Universal-Bibliothek lim folg.: RUB] Nr. 729 (Leipzig 1978, neubearbeitete Ausgabe des Erata-Verlages Leipzig 2002), eine Auswahl, ubersetzt von P. Thieme (RUB, Nr. 8930, Stuttgart 1983). Fur Studienzwecke von gr6Bter Wichtigkeit ist die Vedic Concordance von M. Bloomfield in Harvard Oriental Series, 10, 1906, Neudruck Delhi 1964). Interessant, aber methodologisch nicht ausgereift ist die Studie von W. Wust: Stilgeschichte und Chronologie des l;Lgveda (Leipzig 1928, Neudruck Nendeln 1966). 13 Die Valakhilya-Hymnen wurden bearbeitet von 1. 1. Scheftelowitz: Die Apokryphen des
Rigveda (Khilani), als Heft 1 der Indischen Forschungen (Breslau 1906, Neudruck Hildesheim 1964). 14 Vgl. K. Mylius: Die altindische A.fetrik, in: Wissenschaftl. Zschr. der Karl-Marx-Univ.
Leipzig, Gesellschafts- u. Sprachwiss. Reihe, 24 (1975), Heft 2, S. 197 ff. 15 Vgl. T. Ja. Elizarenkova: K voprosu
0 lingvisticeskom aspekte perevoda "Rigvedy" , in: Lstorija i kultura drevnej Indii (25. Internat. Orientalistenkongress, Moskau 1963).
16 D. N. Jha: Paradox of the Cow: Attitudes to Beef Eating in Early India. in: J. Heidrich, H.
Rustau, D. Weidemann (ed.): Indian Culture: Continuity and Discontinuity. In Memory of Walter Ruben (1899-1982) = Abhandlungen der Leipniz-Sozietat, Band 9 (Berlin 2002), S. 51-63.
b) Der Samaveda Beim I.tgveda musste ausfUhrlich gepriift werden, ob und inwieweit er fUr rituelle Zwecke zusammengestellt wurde. Eine solche Frage erhebt sich fiir die iibrigen Sarnhitas nicht (auf eine gewisse Sonderstellung des Atharvaveda werden wir noch zu sprechen kommen). Bei Sama- und Yajurveda kann kein Zweifel daran bestehen, dass sie von Anfang an fUr die Belange des Opferrituals aufgestellt und geordnet wurden. Zur ErkHirung der umfangreichen ritualistischen Literatur sowohl dieser Sarnhitas als auch der Brahmal}as und Sutras sind einige, so knapp als moglich gehaltene AusfUhrungen iiber den vedischen Opferkult unerHisslich. 1 In der mittel- und jungvedischen Zeit erfahrt das Opferwesen seine hochste Bliite und wird von den Brahmanen zum beherrschenden Zug des Lebens ausgestaltet. Die Bauern und Handwerker erzeugten jetzt in zunehmendem Ma:l.\e ein Mehrprodukt, so dass das Interesse der Brahmanen am Ausbau des Opferwesens zwecks verstarkten Erhalts von Opferlohn und Opferrest wuchs. Der Sinngehalt des Opfers beruht auf dem Grundsatz do ut des: Man opfert den Gottern, urn von ihnen dafiir etwas zu bekommen. Die steigende Bedeutung des Opfers kommt darin zum Ausdruck, dass es mehr und mehr als kosmische Kraft aufgefasst wird: Mittels Opfermagie soIl ein kundiger Brahmane sogar die Gotter in seine Gewalt bekommen konnen, denn auch sie gelten als des Opfers bediirftig. Somit wird das Opfer als Trager, ja Schopfer der Welt angesehen. Die E~nteilung der Opfer erfolgt in Havis-Opfer (Milch, Gerste, Reis und so weiter), Tleropfer und Somalibationen. In gro:l.\en Opfern betragt die Zahl der Priester 16, ja 20, die Zahl der Hauptpriester aber vier. Wie bereits kurz angedeut:t, rezitiert der Hot~, die Litaneien und arbeitet mit demo I.tgveda; der Udgat!;' smgt aus dem Samaveda; der Adhvaryu vollzieht die eigentliche Opferung nach den Regeln des Yajurveda, und der dabei etwas farblos bleibende Brahman iiberwacht den gesamten Opfervorgang und stiitzt sich auf den Atharvaveda. \Vahrend die Havis-Opfer am einfachsten sind, unterliegen die Somaopfer einem fUr unsere Begriffe auBerst komplizierten Regulativ, selbst wenn - wie beim Agni~toma - die Somapressung an einem einzigen Tag erfolgt. Manche Somaopfer, die sogenannten Sattras (Opfersitzung), dauern aber 13 Tage bis zu einem J ahr, theoretisch sogar noch langer. Der Samaveda, dem wir uns nunmehr zuzmvenden haber!. enthalt also da:" Material fiir den U dgat~ - den priesterlichen Sanger - u~d seine Gehilfen~ Hier gibt es zwei Sarnhitas: die der Kauthumas und Ral).ayanlyas (die nur unerhebliche Divergenzen aufweisen) und die der Jaiminlyas, die auch Talavakaras genannt werden. 2 Diese Sarnhitas 3 bestehen jeweils aus zwei Teilen, dem ATcika
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Die Sarilhitas
(auch PUTvaTcika) und dem UttaTaTcika, und insgesamt 1810 Versen; zieht man die Wiederholungen ab, reduziert sich diese Zahl auf 1549. Literaturgeschichtlich entscheidend ist hierbei die Tatsache, dass von diesen Versen nul' 76 nicht in del' I,lksaml1ita vorkommen. Die iibernommenen ~gveda-Verse stehen meist im Gayahl- Metrum und stammen vorwiegend aus dem achten, besonders abel' dem neunten Ma.l?9.ala. Lange ist dariiber gestritten worden, welches das chronologische Verbiltnis del' ~gveda-Verse zu den im Samaveda mitunter abweichenden Lesarten sei. Gegeniiber A. vVeber hat sich die schon von Th. Aufrecht vertretene und von J. Brune ausgebaute Theorie durchgesetzt, wonach die Samaveda-Lesarten als sekundar anzusehen sind. 4
Anmerkungen
Del' ATCika- Teil besteht aus 585 Einzelversen, welche yoni (Quelle, SchoB) heiBen. Gemeint ist damit, dass diese Texte die Grundlage beziehungsweise den Ausgangspunkt fLir die Melodiengestaltung bilden, etwa so, wie man sich bei uns zum Versanfang llKommt ein Vogel geflogen" sogleich die dazugehorige Melodie vergegenwartigt. Von diesen 585 Versen stehen nur 4.5 nicht im ~gveda. Del' UttaTaTcika- Teil ist inhaltlich ausschlie£lich dem Somaopfer gewidmet und umfasst 400 Gesange, meist zu drei Versen; insgesamt sind es 1225 Verse, von denen nur 31 nicht aus del' Rksamhita stammen. An das PUTvaTcika schlieBt sich, jedoch nicht in allen Scl~ulen, die sogenannte ATa.lJ.yaka-Samhita5 an. Die Sangweisen zu diesen Textbiichern wurden zunachst miindlich beziehungsweise instrumental iiberliefert. Meist fiihrensie eigene Namen; manche, wie das Rrhat odeI' das Ratharntara, erfreuten sich im Ritual besonderer Wertschatzung. SpateI' entstanden \Verke, die man wohl als Gesangbiicher bezeichnen kann und die Gana heiBen. An das PUTvaTcika schlieBen sich das GTamageyagana und das ATa.1J.ya(geya)gana an, wahrend dem UttaTaTcika das Ul1agana und das Ul1yagana folgen. 6 Am altesten von allen ist das ihalJ.yagana. Diese Ganas lehren die eigentlichen Melodien, auf welche die Samaveda-Texte zu singen sind. Die iilteste Notenbezeichnung erfolgte wahrscheinlich durch Silben (iihnlich wie do, re, mi): ta, co, lfa und so weiter. Diese Notation ist, wenn a,uch untereinandel' abweichend, bei Ralfayanlyas und Jaiminlyas iiblich. Die Kauthumas haben eine Notation durch Zahlen eingefiihrt. Die Ganas geben nicht nur schlechthin eine Notenbezeichnung, sondern sie lehren auch, wie del' Gesang melismatisch auszufiihren ist. Dies beinhaltet eine Adaptation del' Texte an den Gang del' Melodie. Bewirkt wird sie unter anderem durch Verliingerung, \Viederholung und besonders durch Einschiibe inhaltloser Silben, welche Stobha genannt werden. Die Ausflihrung eines Samans kann dadurch ganz auBerordentlich kompliziert werden,7 und die betreffende exegetische Literatur gehort zu einem besonders schwierigen Forschungsgebiet del' Vedistik. Del' Samaveda, del' literaturgeschichtlich nur wenig zu sagen hat, kann also in seiner Bedeutung fiir die vergleichende Musikgeschichte kaum iiberschiitzt werden.
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Eine zusammenfassende Darstellung des altindischen Opferrituals gab K. Mylius in der Ethnographisch-Archa.ologischen Zschr., 14 (Berlin/DDR 1973), Heft 3, S. 475-498. 2 Vgl. A. Weber: tber die Literatur des Samaveda, in: Indische Studien, Bd. 1 (Leipzig 1850). 3 Die Sarilhita der Rarfayanlya-Schule wurde iibersetzt von J. Stevenson (London 1842. Neudruck Varanasi 1961). Beriihmt geworden als erste kritische Edition und Bearbeitung einer Sarnhita ist das sich auf die Kauthuma-Schule beziehende Werk von Th. Benfey: Die Hymnen des Sama- Veda (Leipzig 1848, Neudruck Hildesheim 1978), das in zwei Biinden Text, Einleitung, Glossar und Ubersetzung bietet. Ausgabe der KauthurnaSchule auch von Satyavrata Samasramlin der Bibliotheca Indica 71 (Calcutta 1871-1878, Neudruck Calcutta 1987); Ausgabe und Ubersetzung von S. V. Ganapati, 2. Aufi. (Delhi 1992). Niitzlich ist auch die von einem Kommentar begleitete Ubersetzung von R. T. H. Griffith (1893, 5. Aufi. Varanasi 1976 als Bd. 28 der Chowkhamba Sanskrit Studies). Die Jaiminlya-Sarilhita wurde iibersetzt von W. Caland (Breslau 1907). Studie von B. Faddegon (Amsterdam 1951). 4 Vgl. J. Brune: Zur Textkritik der dem Samaveda mit dem achten Mal;/(!ala des Rigveda gemeinsamen Stellen (Diss. Kiel 1909). 5 Dieser siebente Abschnitt des Pilrvarcika wurde herausgegeben von F. Fortunatov (Moskau 1875). 6 Herausgegeben von A. M. Ramanath Dikshit: Uhaganam and Uhyaganam with Uttararcika and Padapatha of Kauthuma Sakha (Varanasi 1967). 7 Mit der gesanglichen AusfUhrung der Samaveda-Texte befasste sich u.a. einer ihrer hervorragendsten Erforscher, R. Simon: Die Notationen der indischen Liederbiicher, in: Wiener Zschr. fUr die Kunde des Morgenlandes, 27 (1913), S. 318 ff. Das herausragende Standardwerk auf diesem Gebiet aber ist die Studie von W. Howard: Samavedic Chant (New Haven und London 1977). Es behandelt alle Arten und Feinheiten des vedischen Gesangs vom musikwissenschaftlichen Standpunkt aus.
c) Del' Yajurveda
Diesel' Veda enthiilt die Opferspriiche (yajus), die del' Adhvaryu-Priester, del' eigentliche Darbringer des Opfers, verwendet. Del' Yajurveda hat also gi:inzlich rituellen Charakter. Das geographische Milieu hat sich gegeniiber del' I,lksaml1ita deutlich gewandelt. Schwerpunkt ist jetzt Kuruk~etra, also das Gebiet westlich del' oberen Yamuna. Von dort stoBen die Ariel' nach Siiden bis zum Vindhya-Gebirge, insbesondere abel' den Ganges entlang nach Videha und Magadha (das heutige nordliche bzw. siidliche Bihar) vor.
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Die Smilhitas
DIE VEDISCHE LITERATUR
Uberliefert ist der Yajurveda in funf Sarilhitas. Und obwohl es sich dabei urn Rezensionen (sakha) handelt, sind diese im einzelnen doch zu verschieden, urn daraus eine Ur-Yajus-Samhita. rekonstruieren zu konnen. Gemeinsam haben alle das Neu- und Vollmondopfer (daxsapiin;amasa) sowie verschiedene Somaopfer; im iibrigen variieren sie untereinander nicht unbetriichtlich. Innerhalb dieser Texte trifft man eine wichtige Unterscheidung in den Schwarzen und den \JileiBen Yajurveda. Letzterer enthalt ausschlieBlich die fur den Adhvaryu bestimmten Mantras (Andachtsspruche und Opferformeln); die die Mantras begleitenden Ausdeutungen und ErkHtrungen £lnden sich nicht hier, sondern sind in das :5atapatlla-Brahmal;a verwiesen worden. Dafur sind Zahl und Vielfalt der Mantras hier groBer als im Schwarzen Yajurveda. Dieser dagegen enthalt Mantras und Ritualerklarungen in manchmal recht buntem Gemisch. Aus diesem verschiedenartigen Grad der Ubersichtlichkeit erklaren sich vermutlich auch die Beiworte "schwarz" und "weiB". Materialreicher ist demzufolge der Schwarze Yajurveda, auf den wir zunachst eingehen. Leider scheint von diesen Texten besonders viel verlorengegangen zu sein. Die Katha- (oder Kathaka-) Schule/ die auch den Namen Caraka fUhrte, war im Panjab und in Kashmir heimisch. In dieser Schule wurde nur die (akzentuierte) Samhita bewahrt. Es gab wohl auch ein Brahmal;ta, doch ist es verloreno Eingeteilt ist die Katha-SariJhita in fUnf Bucher mit insgesamt 40 Kapiteln. Das fUnfte Buch ist ein Nachtrag und enthalt die Beschreibung des Rossopfers (asvamedlla). Auch die Kapif?thala-Katha-Schule entstand im Panjab und in Kashmir. 2 Sie weist enge Beziehungen zur Katha-Schule auf: Beide Sarirhitas haben vielfache, teils wortgetreue Parallelen, doch ist die 48 Kapitel umfassende Kapi?tllala-Katha.-SariJhita luckenhaft und auch weniger gut iiberliefert. Insgesamt besser noch als die Katha-Schule hat sich die Maitrayal,ll-Schule konserviert. Sie hat bis in die Sutra- Epoche hinein gewirkt; zu ihr zahlen die heute noch einigermaBen korrekt vorliegenden Srautasutras namens ,"JI,/[anava und Varaha. Entstanden ist diese Sakha in Gujarat und an der Narbada, also im westlichen Indien. Die akzentuierte Ma.itrayaI;tT-Saluhita3 besteht aus vier Teilen (kal;Qa). Die die Mantras erklarenden Teile sind hier erheblich ausfUhrlicher als in der Katha-Sarilhita. Nach ihrer inneren Entwicklung und nach der Qualitat ihrer Uberlieferung nimmt innerhalb des Schwarzen Yajurveda die Schule der Taittirlyas bei weitern den ersten Rang ein. AuBer der Salnhita sind von ihr ein umfangreiches Brahmal,la, ein Aral;tyaka und eine Upanif?ad erhalten. Entstanden ist diese Schule im zentralen Nordindien, dem sogenannten "Mittelland" (Madhyadesa), und hat sich von dort aus weit nach Suden ausgebreitet. Die sieben Bucher (kal;Qa) umfassende TaittiTTya-Sa.lullita4 ist akzentuiert und textlich gut uberliefert. Mantras und Erklarungen sind eng verbunden, jedoch werden nicht alle Mantras erlautert. Der Inhalt ist bunt gemischt und ~ naturlich stets im Rah-
men des Opferzeremoniells
~
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recht vielseitig.
Der WeiBe Yajurveda besteht aus der Vajasaneyi-SariJhita, die in einer Kal,lva- und einer' Madhyarndina- Rezension vorliegt. 5 Die letztere ist reichhaltiger; im iibrigen weichen beide Rezensionen nur wenig voneinander abo Der vVeiBe Yajurveda ist spater entstanden als der Schwarze Yajurveda und hat in Nordindien diesen im Laufe der Zeit uberlagert. 1m folgenden solI eine kurze Inhaltsubersicht der Vajasaneyi-Sa.riJhita gegeben werden, urn eine Vorstellung vom thematischen Bereich des Yajurveda uberhaupt zu vermitteln. Das Werk besteht in der Madhyamdina- Rezension aus 40 Abschnitten (adhyaya) , von denen die Abschnitte 1 bis 18 die altesten sind. 1 und 2 enthalten die Mantras fUr das Neu- und Vollmondopfer, 3 flir die allabendliche und -morgendliche Milchspende (Agnihotra) und fUr die Tertialopfer (Caturmasya), 4 bis 8 fUr das Tieropfer (Pasubandha) und die Konigsweihe (Rajasuya); 9 und 10 ebenfalls fur den Rajasuya und ein anderes konigliches Opfer, 11 bis 18 fur die mystisch-symbolische Schichtung eines Feueraltars (Agnicayana)6, 19 bis 21 fUr bestimmte Suhnezeremonien (Sautramal,ll) und 22 bis 25 fUr das Rossopfer (Asvamedha). Alles Folgende ist entschieden junger und gilt teilweise als Upanif?ad. Die Abschnitte 26 bis 35 behandeln unter anderem das (sehr wahrscheinlich nur symbolische) Menschenopfer (Puruf?amedha) und das Allopfer (Sarvamedha). Kulturgeschichtlich interessant ist besonders Adhyaya 30, da hier fUr den Puruf?amedha eine Liste damals ublicher beruflicher Tatigkeiten gegeben wird. Die Abschnitte 36 bis 39 behandeln den Pravargya: Auf dem Opferfeuer wird fUr die Asvins ein Kessel gluhend gemacht, der die Sonne symbolisiert. Abschnitt 40 schlieBlich ist nur formal an diese Salnhita angegliedert, stellt seinem Wesen nach vielmehr die Isa- Upani,?ad dar. Beim Yajurveda handelt es sich teils urn religiose, teils urn magische AuBerungen. Das Vordringen des magischen Weltbildes bedeutet insofern einen (wenn auch zeitlich begrenzten) Fortschritt, als von der Herausbildung einer "vorwissenschaftlichen \Vissenschaft" (H. Oldenberg) gesprochen werden kann, deren Hauptzuge in der Auffassung von einer gewissen Einheitlichkeit der vVelt, in einer Zusammenschau von makro- und mikrokosmischen Phanomenen und im Bestreben, diese Phanomene zu systematisieren, bestehen. Die Begrenztheit der damit gegebenen Fortschrittlichkeit liegt in der dem Opfersystem innewohnenden Fiktion, dass das Opfer die Welt trage und erschaffe, und in der einseitigen Ausnutzung des Rituals zur Festigung der Brahmanensuprematie. Der Stil des Yajurveda ist mitunter ausgesprochen aphoristisch, was besonders fiir die Prosaspruche gilt. Doch gewinnen diese ~ die im iibrigen vielfach als sehr alt angesehen werden durfen ~ dadurch fuhlbar an rhythmischer Kraft. Die im Yajurveda vorkommenden Symbolismen und Identi£lkationen werden wir im Kapitel uber die Brahmar;tas besprechen, da sie dort in ihrer Klassizitat auftreten. Eine Besonderheit sind die mit dem altislandischen Kenning
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DIE VEDISCHE LITERATUR
vergleiehbaren Namastotras, Wle sie in Absehnitt 16 del' Ilajasaneyi-Samhita auftreten (satarudriya). Hier werden die Eigensehaften eines bestimmten Gottes - in diesem Fall des Rudra - aufgezahlt und angerufen. Die sieh im Yajurveda verstreut findenden Legenden haben gewohnlieh irgendeine rituelle Regel zu "begrunden" beziehungsweise ihre Herkunft zu "erkHiren". Versehiedentlieh werden ganz alte Stoffe in den Rahmen del' Opferritualistik eingepasst. Ein Beispiel ist die Legende von Visvarupa Tva~tra (Taittirlya-Samhita II, 5, 1), dem Indra seine drei Kopfe absehlug. Alle GesehOpfe brandmarkten daraufhin Indra als Brahmanenmorder. Indra ist nun gezwungen, bei den \Vesen urn Entsuhnung naehzusuehen, und bestimmte Maximen, die dabei ausgesproehen werden, werden als giiltig fUr den Darbringer eines Neu- und Vollmondopfers qualifiziert. Aueh Dialoge und Ratselgespraehe (bral1modya) sind im Yajurveda vorhanden, wo sie - gerade eben wie die Legenden - die rituellen Regeln zu stutzen haben. In del' Taittir~ya-Samhita VII, 4, 18 werden zum Beispiel die Fragen gestellt naeh dem weitesten Ende del' Erde (Antwort: die Opferstatte), naeh dem Nabel del' Welt (das Opfer), naeh dem Sarnen des Hengstes (del' Soma) und naeh dem hoehsten Reich del' Spraehe (das Brahman). Insgesamt kommt zum Ausdruek, dass das Opfer das MaE aHer Dinge ist.
Anmerkungen
1 Die
Ka~ha-Samhita wurde
herausgegeben von 1. v. Schroeder (3 Bde., dazu ein Index
verborum von R. Simon, Leipzig 1909-1912, Neudruck W'iesbaden 1970-1972). In eine moderne Sprache wurde das \Verk bisher nicht tibersetzt.
2 Die Kapisthala-Katha-Samhitawurde herausgegeben von Raghu Vira (Lahore 1932, Neudruck Delhi 1968). Eine Ubersetzung existiert nicht. Eine Studie tiber das Werk hat H. Oertel in den Sitzungsberichten der Bayer. Akademie d. Wiss. (Phil.-Hist. Abt., Nr. 6,
1934) veroffentlicht. 3 Die J\laitrayalff-Samhitawurde herausgegeben von L. v. Schroeder (4 Bde., Leipzig 18811886, Neudruck Wiesbaden 1970-1972). Auch hier liegt noch keine Ubersetzung vor. 4 Die Taittirfya-Samhita ist entsprechend ihrer Bedeutung mehrfach ediert worden: von E. Roer und E. B. Cowell als Biinde 1-6 der Bibliotheca Indica (Calcutta 1854-1899); auf besonders hohem textkritischem Niveau von A. \Veber als Biinde 11-12 seiner Indischen Studien (Leipzig 1871/72). Gegenwiirtig wird von N. S. Sontakke und T. N. Dharmadhikari auf der Basis zahlreicher Handschriften und Kommentare eine neue kritische Edition erarbeitet (Poona seit 1970). Ubersetzt wurde das Werk von A. B. Keith in den Harvard Oriental Series, 18-19 (Cambridge [Mass.] 1914, Neudruck Delhi 1967). 5 Die Vajasaneyi-Sarnhita wurde herausgegeben von A. \Veber: The White Yajurveda,
Part I (Berlin 1850, Neudruck als Bd. 103 der Chowkhamba Sanskrit Series (Varanasi
Die SaInhitas 1972). Daneben gibt es mehrere indische Ausgaben. Ubersetzt wurden die Adhyayas 9 und 10: Yajurvedae specimen cum commentariis bereits 1845 von A. 'Weber; vollstiindige Ubersetzung von R. T. H. Griffith (Benares 1899,3. Auf!. 1957). 6 Dieser Feueraltar wird meist in der Gestalt eines Falken oder iihnlichen Vogels 111.it ausgebreiteten Schwingen aus 10800 Backsteinen gemauert. Von Interesse ist besonders Abschnitt 16 (s. weiter im Textverlauf).
d) Del' Atharvaveda Del' Name diesel' vierten vedisehen SaIuhita1 ist abgeleitet von atharvan, dem indoiranisehen \Vort fUr Feuerpriester. Ursprunglieh lautete del' Name del' Sammlung Atharvallgirasah. Hierin bedeutet a.llgiras ebenfaHs Feuerpriester. Die beiden untersehiedliehen Bezeiehnungen gehen wahrseheinlieh auf zwei Priesterfamilien zuruek. Die spatere Bedeutung des Atharvan ist gluekbringendel', die des Allgiras feindlieher Zauber. Del' Atharvaveda ist weitgehend - jedoeh keineswegs zur Ganze - eine Sammlung von Zauberspruehen. Daraus erklart es sieh, dass er lange Zeit in Indien urn seine Gleiehbereehtigung als viertel' Veda kampfen musste. Da ihm ein unheiliger Zauber innewohne, konne er nieht zu den Veden gezahlt werden, hieB es; es gebe also nur die trayl vidya, das dreifaehe 'Vissen, namlieh die Kenntnis del' !.te, Silman und Yajus. SpateI' ist del' Atharvaveda zu hoheren Ehren gekommen, doeh einen vollstandigen Anschluss an die anderen Samhitas hat er nieht erlangen konnen, was sieh aueh in del' Inferioritat del' ihm angesehlossenen Literaturwerke ausdruekt. Die A.tharva-Salnhita ist in del' Saunaka- 2 und del' Paippalada-Rezension 3 auf uns gekommen. Die erstere ist bessel' uberliefert und dahel' bekannter geworden. Sie ist akzentuiel't, abel' junger und aueh kurzel' als ihl'e niehtakzentuierte Sehwesterrezension. 1m folgenden beziehen aueh wir uns auf die SaunakaFassung. Sie,ist in 20 Bucher (kal].Q.a) gegliedel't, die aus 730 Hymnen und etwa 6000 Versen bestehen. Das XIX. Bueh ist spiitel'en Datums, und das XX. Bueh ist fast ganz aus Versen zusammengesetzt, die aus dem ftgveda stammen. Aueh sonst finden sieh im Athal'vaveda umfangreiehe Anleihen aus del' ftksa.lnl1ita, besonders aus den MaJ).9,alas X, I und VIII. Deutlid1 heben sieh vier aueh ehl'onologiseh untel'sehiedliehe Teile voneinandel' ab, und zwar die Biieher 1 bis 7, 8 bis 12, 13 bis 18 und 19 bis 20. Die Bucher 1 bis 7 enthalten kurze Hymnen: Bueh 1 mit jeweils vier, Bueh 2 mit fUnf, Bueh 3 mit seehs, Bueh 4 mit sieben, Bueh .5 mit 8 bis 18 Versen. Bueh 6 umfasst 142 Hymnen zu drei und Bueh 7 118 Hymnen zu je 1 bis 2 Versen. Die Bucher 8 bis 14 und 17 bis 18 enthalten sehl' lange Hymnen von 21 bis 89 Versen. Das 15. und del' gl'oBte Teil des 16. Buehes enthalten Prosastiieke, die in vieleI' Hinsieht auf die Bl'ahmal).a-Zeit voraufweisen.
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Die Salnhitas
Del' Inhalt des Atharvaveda unterscheidet sich merklich sowohl von del' als auch von den Salnhitas des Yajurveda, denn wedel' die Preisung von Gottern noch die Darlegung des Opferrituals stehen hier im Vordergrund, wenn auch beides keineswegs fehlt. Den Schwerpunkt bilden vielmehr Beschworungen damonischer Machte. Darum ist diesel' Veda von besonderem Interesse fUr ethnographische Vergleiche. Hier £lnden sich erstaunliche Parallelen zu den Merseburger Zauberspruchen, abel' auch zu altrussischen Beschworungsformeln. Diese Parallelen beruhen auf sozialpsychologischer Af~ £lnitat: Wesensahnlichkeit del' Produktionsweise fuhrt auch zu Ideenverwandtschaft.
Eunuch soll er werden; Indra soll ihm mit den Somapresssteinen die Hoden spalten. Ein saftloser Kastrat soll erdadurch werden. SchlieBlich droht sie ihm, sein Glied auf den Schamlippen del' Rivalin zu zerquetschen.
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~ksaml]ita
Eine erste Gruppe von Zaubern dient del' Heilung von Krankheiten. Diese Texte sind besonders medizingeschichtlich interessant. So soll eine Blutung zum Stillstand gebracht werden (I, 17), \¥urmer sind unschadlich zu machen (II, 31), odeI' man will mittels eines Pflanzenzaubers die Heilung von Wunden und Frakturen erzielen. 4 Besonders gefUrchtet war das Fieber, das man sich durch den Damon Takman verursacht vorstellte (V, 22). Eine weitere groBe Gruppe bilden die Abwehrzauber gegen Damonen, Hexer und Feinde uberhaupt. Die Gotter werden gebeten, eine solche magische Abwehr zu unterstutzen (so Agni in IV, 36) - eine bemerkenswerte Verbindung von Religion und Magie! Auch Pflanzen konnen dabei behilflich sein (V, 14). Mitunter ist del' Sinn diesel' Abwehrbeschworungen - vermutlich nicht ohne Absicht - dunkel. Eine dritte Gruppe bilden die Segensspruche fur das Wohlergehen im taglichen Leben. Sie betreffen den Hausbau, das Saen und Pflugen, das Gedeihen des Viehs. In dem semiariden Gebiet, in dem diese Texte entstanden, naben auch Regenzauber ihren Platz. Abel' auch familiare Eintracht war damals schon ein Wunschziel. Dieses wird besonders in del' schonen Hymne III, 30 angestrebt. Die Familienmitglieder sollen einander lieben wie die Kuh ihr eben geborenes Kalb. Del' Sohn sei dem Vater ergeben und einmutig mit del' Mutter. Friedvoll soll die Frau zu ihrem Gatten reden. Die Geschwister sollen einander nicht hassen. Im Gegenteil, die Familie soll eintrachtig an derselben Deichsel gehen, angeschirrt an gemeinsamem Zugel. Dann wird abends und morgens frohe Stimmung sein. Abel' del' Atharvaveda kannte auch die schwarze Magie, also die Schadigungszauber, und dies in reichem MaBe! Dabei war man in den \Vunschen fiir Nebenbuhler(innen) und in del' Wahl del' Ausdrucke alles andere als zimperlich, so dass manche "Hymnen" diesel' Art auch heute noch das Schaudern lehren konnen. Wenn einer Nebenbuhlerin gewunscht wird, sie solle eine alte Jungfer werden (I, 14), so ist das noch vergleichsweise harmlos. Ernster wird es schon in VII, 35. Hier wendet sich eine betrogene Frau gegen ihre Rivalin. Diesel' moge sich das Obere del' Gebarmutter zuunterst kehren, sie soll unfruchtbar werden, kinderlos bleiben und einen Stein zum Verschluss haben. Am schlimmsten abel' ergeht es dem ungetreuen Gatten, del' seine Frau betrogen hat (VI, 138). Ein
Ferner gibt es Hymnen zur Siihne von rituellem und anderem Fehlverhalten, abel' auch fur den Schutz del' brahmanischen Privilegien, insbesondere des Opferlohnes (daJ;:i?iT)a). Zur Wahrung und Erweiterung ihrer Standesprivilegien verschmahten die Brahmanen also die Zauberei nicht. Selbst das um so vieles spatere Gesetzbuch des Manu (Manava-Dharmasastra) erklart (XI, 33), dass die Brahmanen sich des Atharvaveda bedienen sollen. Es ist also klar ersichtlich, dass diesel' Veda, obwohl in uralter Folklore wurzelnd, weitgehend priesterlich uberarbeitet und uberformt worden ist. \¥enn auch die Zauberei iiberwiegt, so sind doch einige, und zwar ganz besonders beruhmte Hymnen anderen als magischen Zwecken gewidmet. So ist die Hymne IX, 6 ein Lobpreis del' Gastfreundschaft: Del' Gast bedeutet genausoviel wie einer del' vier Hauptpriester, wie Brahman, und seine Bewirtung kommt einer Ritualhandlung gleich. Die Betreuung des Gastes hat Sundentilgung, seine Vernachlassigung dagegen Verlust an rituellem Verdienst zur Folge. Hier und anderwarts gibt del' Atharvaveda genauere Auskunftuber das Ritual als die ~ksamhita. - Philosophische Spekulation hat die Hymne XIX, 53 zum Gegenstand. Sie besingt die Allmacht von Kala, dem Gott del' Zeit, und enthalt einige eindrucksvolle Passagen, die von bedeutungsvollen Einsichten in das Wesen del' Zeit zeugen: Kala, die Zeit, fahrt auf einem Wagen, dessen Achse die Ewigkeit ist; Kala ist del' erste del' Gotter, also wichtigste kosmische Potenz; Erde, Sonne und alles, was geworden ist, ruht im Kala; Kala ist Herr des Alls und Fundament del' '\lelt. Im 20. Buch - das, wie erwahnt, fast ganz del' ~ksaTnhita entnommen wurde - sind nur die sogenannten Kunta.pa-Hymnen (Nr. 127-136) original. Sie stellen eine deutlich jungere Schicht dar und bestehen aus Dankgesii.ngen fUr erwiesene Freigebigkeit, Ratseln und einigen nach heutigem Geschmack ziemlich obszonen Liedern. Obwohl Zauberformeln ihrem \¥esen nach eben formelhaft sind und somit monoton wirken, kennzeichnet die Atharva-Samhita ein bemerkenswertes literarisches Niveau. 5 Es £lnden sich viele poetische Schmuckmittel, wie Bildhaftigkeit, Vorliebe fUr Metaphern und Symbole, Parallelismen und Wiederholungen. Nicht selten weisen die Verse eine Rhythmik von groBer Eindringlichkeit auf. Besonders reizvoll sind einige Naturbeschreibungen. Die Mehrzahl diesel' Vorzuge vereint sich im schonsten Lied des Atharvaveda, einem del' herrlichsten Werke del' vedischen Literatur uberhaupt: dem groBen Hymnus an die Erde (XII, 1). 1. Hohe Wahrheit, gewaltiges Recht, Weihe, Askese, Brahman, Opfer erhalten die Erde.
Sie, die Herrin des Gewordenen und des noch Werdenden, sol! uns die Erde, sol! uns
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Die Sarilhitas
DIE VEDISCHE LITERATUR weiten Raum bereiten.
5. Auf del' sich fruher die fruheren Volker ausgebreitet haben; auf del' die GaUer die Damonen uberwaltigten; del' Rinder, Pferde und del' Vogel Statte
die Erde solI uns in Gliick
und Glanz versetzen. 7. Die die niemals schlafenden Gotter allezeit schiitzen, die ausgedehnte Erde, niemals versagend - sie solI fiir uns angenehmen Honig ergieBen, und sie solI uns mit Glanz betraufeln. 8. Die am Anfang ein Meer auf dem Ozean war, die mit Zauberkriiften die 'iVeisen bewegten; die Erde, deren Herz im hochsten Himmel ist, mit 'iVahrheit umhiillt Glanz, Kraft im hochsten Reich, in uns hineinversetzen. 11. Deine Berge und Schneegebirge, dein 'iVald,
0
diese Erde solI
Erde, sollen uns ein weiches Lager sein.
Auf del' braunen, schwarzen, roten, allgestaltigen, festen Erde, del' von Indra geschiitzten Erde, habe ich, nicht unterdriickt, nicht geschlagen, unverletzt, gestanden, ich auf del' Erde'
14. 'Vel' uns hasse, 0 Erde, wer uns bekampfe, wer uns anfeinde im Geist wie mit del' 'tVaffe - den, 0 seit alters her wirkende Erde, lass uns untertan werden' 33. Soweit ich dich iiberblicke, 0 Erde, Init del' Sonne als Verbiindetem, soweit lass mein Auge nicht fehlgehen, von Jahr zu Jahr! 36. Dein Sommer, 0 Erde, die Regenzeit, del' Herbst, del' 'iVinter, die kiihle Zeit, del' Friihling - deine eingeteilten Jahreszeiten, die Jahre, Tag und Nacht, 0 Erde, sollen fUr uns ergiebig sein. 52. Auf del' das Schwarze und das Helle vereinigt sind - Tag und Nacht - , verteilt auf del' Erde; die weite Erde, von Regen umhiillt und bedeckt - diese solI uns gliicklich jeweils in angenehme Stiitte versetzen.
(Ubers.: Klaus Mylius) So kann der Atharvaveda hinsichtlich seines iisthetischen \Vertes durchaus mit dem I!gveda. verglichen werden. Da jener hiiufig Alltagssorgen und -probleme zum Gegenstand hat, wirkt er nicht selten lebendiger als dieser. FiiT den Sozialhistoriker bietet er ohnehin ein erheblich aussagestiirkeres Quellenmaterial. Wie schon erwiihnt, bestehen Buch 15 und fast das ganze Buch 16 -- insgesamt etwa ein Sechstel des 8aunaka-Textes - aus brahmalfa-artiger Prasa. Buch 15 glorifiziert, ja theifiziert einen bestimmten Bevolkerungstyp, den Vratya. 6 Lange Zeit ist diskutiert worden, wer darunter zu verstehen. sei. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich urn Arier, die aber einem eigenen, besonderen, nichtvedischen Ritual oblagen. Durch ihre Euphemisierung sollte ihre Eingliederung in die vedische Gesellschaft offenbar erleichtert werden. Insgesamt gesehen, spiegelt der Atharvaveda in der Form, in der er uberliefert wurde, gegenuber dem I!gveda eine fortgeschrittene Zeit wider. Das zeigen geographische und kulturgeschichtliche MOl11ente: Der Ganges ist bekannt, Reis und Tiger werden enviihnt. Die vier sozialen Gruppen (vanIa), deren Existenz
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der I!gveda erst im X. Marp;lala indiziert, spielen nunmehr eine gra£e Rolle. Die Verherrlichung der Brahmanen nimmt zu. Die Konturierung der Gotterpersonlichkeiten.ist unscharf geworden. Eine Hymne, wie die anVarUlfa (IV, 16), die auch il11 I!gveda stehenkonnte, ist fUr den AthaTvaveda nicht mehr typisch. Charakteristisch fUr den vierten Veda ist vielmehr ein deutlicher pantheistischer Zug. Das SelbstwertgefUhl des Menschen findet eine bemerkenswerte Steigerung. In der Hymne an die Erde (XII, 1) kommen die Wesensmerkl11ale dieser neuen Zeit am schonsten zum Ausdruck: Gleichsetzung der Diimonen mit wilden Tieren, Ablosung der Diimonen durch die Gotterwelt, Hervortreten von fUnf Menschenstiiml11en beziehungsweise Volkerschaften, Lobpreis der Erde als der Allerhalterin gegenuber den iibrigen Gottern, \Vurdigung der Erde und des Nutzens aller ihrer Geschopfe fUr den Menschen als der Krone von allem, Hinweis auf die Verletzbarkeit der Erde durch den Menschen, Herausstellen des Menschen als des Uberlegenen und des Allbezwingers. Der allmiihliche Ubergang in die BrahmaI.la-Epoche wird nach Inhalt und Stil allenthalben erkennbar.
Anmerkungen
1 Eine zusammenfassende Inhaltsangabe bei M. Bloomfield: The Atharvaveda and the
Gopatha-BrahmaI].a (Grundriss del' Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde, II, 1 b, StraBburg 1899). 2 Ausgaben: von R. Roth und ,tV. D. Vlhitney (Berlin 1855, 2. verbesserte Auf!. von M. Lindenau, Berlin 1924, 3. Auf!. Bonn 1966); von Shankar Pandurang Pandit mit dem Sayana-Kommentar in vier Biinden (Bombay 1895-1898); die meisten Hilfsmittel bietet die vierbandige, kritische Ausgabe von Vishva Bandhu in den Vishveshvaranand Indological Series, 13-17 (Hoshiarpur 1960-1964). Ausgabe und Ubersetzung von Satya Prakash Sarasvati, 5 Bde. (Delhi 1992-1994) 3 Ausgabe del' Paippala.da-Rezension von M. Bloomfield und R. Garbe in drei Biinden (Baltimore 1901). -
Die bisherigen Ubersetzungen betreffen aHe die Saunaka-Rezension. Am
bekanntesten ist die von C. R. Lanman herausgegebene Ubersetzung von ,tV. D. Whitney in den Harvard Oriental Series, 7 und 8 (Cambridge [Mass.] 1905, Neudruck Delhi
1962). Daneben die ebenfalls zweibiindige Ubersetzung (annotiert) von R. T. H. Griffith (3. Auf!. , Varanasi 1962). Die wichtigsten Lieder wurden iibersetzt von M. Bloomfield als Bd. 42 del' Sacred Books of the East (Oxford 1897, Neudruck Delhi 1964) und von K. Mylius (RUB, Nr. 729, Leipzig 1978). Einen durch seine philologischen Erliiuterungen wertvoHen Auszug gibt J. Grill: Hundert Lieder des Atharvaveda (Tubingen 1879, Neudruck Wiesbaden 1971). 4 lEer findet sich die stiirkste .Ahnlichkeit zu dem ben zi bena, bluot zi bluoda, lid zi geliden del' Merseburger Zauberspriiche.
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DIE VEDISCHE LITERATUR
5 Vgl. M. Trivedi: Atharvaveda, a Literary Study (Vishveshvaranand Indological Series, 61, Hoshiarpur 1973). 6 Ans del' reichhaltigen Literatur nennen wir hier nur die Arbeit von R. Choudhary: The Vratyas in Ancient India (Chowkhamba Sanskrit Studies, 38, Varanasi 1964).
3. Die BTallmarJas
Es ist nicht ganz sidler, wie del' Name del' den Samhitas folgenden Literaturschicht zu etymologisieren ist. Man konnte ihn von bTalllnan (mase.) oder von bTallman (neutr.) ableiten. 1m ersteren FaIle wurde es sich um Vv'erke handeln, die von beziehungsweise fUr Brahmanen geschaffen wurden. Dagegen bedeutet bTahman Andacht, Gebet, Gebetsformel; hiernach wurde es sich um eine Erliiuterung vedischer Mantras handeln. Abel' da del' Inhalt del' Brahmal:tas vielfach uber soIehe Erklarungen hinausgeht und da andererseits die gottergleiche Stellung del' Brahmanen allenthalben pointiert wird, sind wir geneigt, del' Ableitung aus bTahman den Vorzug zu geben. Die Brahmal:tas sind keine plotzliche Neuschopfung. Vielmehr haben wir auf ihre Vorform schon im Atharvaveda aufmerksam gemacht. Abel' auch die die Mantras des Schwarzen Yajurveda begleitenden AusfUhrungen tragen schon brahmalfa-iihnlichen Charakter. Die Brahmalfas sind in Prasa gehaltene Handbucher fUr Brahmanen. Ihr eigentlicher Gegenstand, um den sich al1es andere dreht, ist das Opfer. Sie geben also eine priesterliche Darlegung und Erkliirung des Opferrituals. Demzufolge enthalten sie in bunter Mischung Ritualvorschriften fur die einzelnen Opfer, dogmatische Kommentare, Legenden und philosophische Spekulationen. Man kann zwei Hauptkomponenten herausarbeiten: einmal die rituellen Regeln (vidlli) und zum anderen die "Erkliirung" del' Ursachen oder del' historischen Zusammenhiinge diesel' Regeln (aTtllavada). Del' Wert diesel' Literatur ist fast durchweg iiu£erst niedrig, ja geringschiitzig beurteilt worden; es hat nicht an Stimmen gefehlt, die in ihr theologisches Gefasel sahen und sie gar mit dem Gequassel von Idioten verglichen. Zum mindesten abel' warf man ihr Langweiligkeit und Ode vor. Alle diese Urteile sind als uberholt zu verwerfen, da sie die historisch-soziologischen Hintergrunde diesel' Literatur nicht in Betracht gezogen haben. Die Brahmal:ta-Zeit war alles andere als eine Ara del' Dekadenz; vielmehr war sie eine Zeit des Umbruchs auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens, die Zeit des Aufkommens del' Warenpraduktion, des Geldes und des Kaufmannsstandes, del' Familie und del' Territorialstaaten, des Ubergangs von del' Barbarei zur Zivilisation. Literaturhistorisch bieten uns die Brahmalfas (neben Teilen des Atharvaveda) die iilteste indische Prosa.
Die Braluualfas
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Am wesentlichsten aber ist die Tatsache, dass die ErschlieBung von Neue land - hauptsiichlich durch Brandrodung - und die Entwicklung del' Praduktivkriifte - VOl' allem durch Eisengewinnung und EinfUhrungvonEisengeriiten in den Ackerbau, del' nun die Viehzucht iiberfliigelte - zu einer nennenswerten Steigerung des Mehrproduktes fiihrten. So ist es zu erkliiren, dass die Brahmanen, um sich an dem letzteren einen hochstmoglichen Anteil zu sichern (diesel' bestand im Opferlohn sowie in den mitunter sehr betriichtlichen Opferresten), die Ritualistik immer weiter ausbauten. Die Brahmal:tas hatten also nichts mit dem "Rasen Verriickter" oder mit del' "Dekadenz des arischen Geistes" (infolge des angeblich enervierenden Klimas) zu tun, sondern sie entstanden zur Verfolgung eines wohlbedachten Zie1s. Zur "Begriindung" irgendeiner Opferhandlung wiI'd gern eine Etymologie beigebracht. Fast immer sind diese Etymologien willkiirlich und demzufolge falsch; sie verraten abel' waches geistiges Interesse und bieten hin und wieder auch eine richtige Erkenntnis, wenn etwa das Wort deva (Gatt) aus del' Wurzel div (strahlen) abgeleitet wird. Dass die vorgebrachten Etymologien oft gewaltsam waren, hat man wahl selbst gespiirt und damit zu rechtfertigen gesucht, dass "die Gotter das Versteckte lieben". Neben del' Neigung zum Etymologisieren steht eine ausgesprochene Lust zum Symbolisieren und Identifizieren. Die magischen Gleichsetzungen bilden gleichsam die Grundlage del' Brahmalfas, wie am Beispiel des Satapatlla-BTallmarJa VI, 8, 2, 7 zu sehen ist. Hier, beim Bau eines Feueraltars, spricht del' Priester an einer bestimmten Stelle vier Verse. Diese bedeuten die vierfii£igen Tiere, mit denen er den Agni versieht. Tiere abel' bedeuten Nahrung; also versieht er den Agni mit Nahrung. Dann spricht del' Priester drei Verse, das sind zusammen sieben Verse. Sieben Jahreszeiten abel' machen das Jahr aus, das Jahr wiederum ist identisch mit Agni. So abstrus diese Identifikationen anmuten, demonstrieren sie dennoch das Streben nach einem einheitlichen Weltbild und nach einer Systematisierung dessen, was man erkannt zu haben glaubte. 1 Oldenberg spricht daher in au£erordentlich treffender \iVeise von del' in den Brahmal:tas enthaltenen "vorwissenschaftlichen \Vissenschaft". Wissenschaftliches Streben ersieht man auch aus den vielen in den Texten vorkommenden Disputationen (lJTallmodya). Sie ranken sich, so im Jaiminfya- und Satapatlla-BTallmaJ.la, vielfach um den Konig Janaka von Videha und leiten zur Belehrung von Schiilern durch den Lehrer, also zu dem so traditionsreichen brahmanischen Lehrer-SchiilerVerhiiltnis, uber. Die Brahmalfas kommentieren die Sarilhitas manchmal Abschnitt fur Abschnitt, manchmallosen sie sich von del' Vorlage, bringen eigene neue Gedanken, Legenden und so weiter. Da sie giinzlich auf dem fortgeschritteneren, dem magischen We1tbild und auf del' Konzeption von del' Gottergleichheit (oder gar -uberlegenheit) del' Brahmanen beruhen, ist nach ihrer Ansicht beispiels-
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Die Bralunalfas
weise die 1,(ksamhita von vornherein ausschliefllich fur rituelle Zwecke abgefasst worden. Die BrahmaIfas sind also in jeder Hinsicht parteilich-priesterliche Dokumente und daher nur UlIter Beobachtung gewisser Vorbehalte anszuwerten. Mit dieser Einschrankung sind sie eine bedeutsame sozialhistorische Quelle. Geradezu einzigartig abel' ist ihre Bedeutung fur die Geschichte des Opferrituals, da Paralle1en aus Griechenland und Rom nur sparlich vorhanden sind.
Neben den Mythen verdienen auch viele der in den Brahma1:tas mitgeteilten Legenden unser Interesse. Dies gilt um so mehr, a1s in ihnen zweifellos viel folkloristisches Material verarbeitet ist, sie also nicht etwa alle ad hoc erfunden wurden. Nach Inhalt und Umfang steht hier die Erzahlung von Sunalfsepa (im Aita,Teya-BTahmal.la VII, 13-18) an der Spitze. 2 Diese Legende erfreute sich bereits im vedischen Indien eines solchen Ansehens, dass ihr feierlicher Vortrag einen festen Bestandtei1 der Zeremonien an1asslich der Kanigsweihe (Tajasuya) bildete. Ihr Stil ist schon fast episch zu nennen; auflerdem sind ihr zah1reiche Verse eingegliedert. Der Inha1t ist kurz fo1gender: Der kinderlose IkS'vaku-Kanig Hariscandra verspricht dem Gott VarUl}a, ihm, sofern er ihm einen Sohn beschere, diesen zu opfern. Daraufhin wird ihm der Sohn Rohita geboren. Der Vater versucht die ErfUllung des gegebenen Versprechens immer wieder hinauszuzagern. Schliefllich ist Rohita erwachsen, erfiihrt von seinem Schicksa1 und fIieht in den Urwald. VarUl:tas Geduld ist nun erschapft, und er straft Hariscandra mit \iVassersucht. Rohita trifft indessen auf seiner \iVanderung den heruntergekommenen, halbverhungerten ~S;i Ajlgarta Sauyavasi. Fur hundert, spater fUr dreihundert Rinder verspricht dieser, dem Varuna anstelle des Rohit a den mittleren seiner drei Sahne, Sunal:tsepa, zu opfern·. VaruIfa ist damit einverstanden: Ein Brahmane gilt ihm mehr a1s ein Ks;atriya! Aber Suna!:tsepa erschaute Verse, mit denen er die Gatter pries, und schliefllich befreite ihn die Gattin Us;as von den Fess,e1n, und seinen Vater, den entmenschten Ajlgarta, traf allgemeine Verachtung. SunaJ:rsepa weigerte sich, zu ihm zuruckzukehren. und wurde von dem ~S;i Visvamitra adoptiert. Hariscandra genas von del' \iV~sser ~ucht. Friedrich Weller ist zu der Auffassung gelangt, dass die Legende von Sunalfsepa auf verschiedene Quellen zuruckgeht und dass die einzelnen Tei1e gesondert zu interpretieren sind. Hauptmomente des Inha1ts sind die Kritik an der Raffgier undGewissenlosigkeit des AjlgaTta, ein moralisierender Hin~veis auf die strafende Gewalt des VarUl:ta und die magische \Virkung der von Sunal}sepa "erschauten" alles uberwindenden Verse.
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Auch fUr die Mythologie sind die Brahmal:tas eine reiche Fundgrube. Immer wieder werden Mythen herangezogen, um irgendwelche Riten, aber auch Gatter, Naturerscheinungen und so weiter in ihrer Entstehung zu "erklaren". A1s Beispiel mage Jaiminzya-BTahmal;La I, 68-69 dienen. Hier erschafft der als Schapfergott bekannte Prajapati ("Herr der Wesen") die vier Van:tas, das heiflt die gesellschaftlichen Hauptgruppen. Gleichzeitig brilliert das Stuck mit einer Fulle von Identifikationen. So erschafft Prajapati aus seinem Kopf Agni, den Brahmanen und das 1\1etrum Gayatri. Demzufolge ist der Brahmane mit Agni und der Gayatri verbunden. Aus den Annen werden Indra, der Ks;atriya und die Tris;tubh, aus dem Bauch die Allgatter, die Jagati und der Vaisya, aus den Fuf)en der Sudra, die Anus;tubh und - kein Gott, denn fUr den Sudra ist sein Hausherr der Gott! Diese Mythe demonstriert also nicht nur einige in den Brahmal:tas immer wiederkehrende Identifikationen, sondern gibt auch einen Einblick in die Herausbildung der Stande und Klassen. Uberaus haufig erscheint in diesen Texten eine Beschreibung oder wenigstens Erwahnung des Kampfes zwischen Devas und Asuras, zwischen Gattern und Damonen. Aber auch Abenteuer einze1ner Gatter werden gern erzahlt. Dazu zahlt etwa die Uberlistung des Namuci durch Indra (Paiicavimsa-BTahmal;La XII, 6, 8-10). Beide hatten eine Ubereinkunft gesch10ssen: Sie wollten einander nicht taten, weder nachts noch am Tage, weder mit einer feuchten noch mit einer trockenen \Vaffe. Aber Indra umging die Abmachung, indem er dem Namuci wahrend der Dammerung den Kopf mit Schaum abtrennte. Der abgeschla,gene Kopf rollte ihm hinterher und schalt ihn einen betrugerischen Marder. Indras Handlungsweise ist also fUr einen Gott nicht gerade eine Empfehlung - und warum wird ein solcher Mythus uberhaupt erzahlt? Wei1 er den rollenden und drohenden Kopf durch den Harivan:ta-Schlussgesang vertreiben konnte, und dessen magische Kraft sollte anhand dieser Mythe ausdrucklich unterstrichen werden! Hierher gehart auch die Verjungung des Cyavana Bhargava durch die beiden Asvins mittels einer \iVasserkur, wie sie verschiedentlich, so im JaiminlyaBTalmlalfa III, 120-128, erzahlt wird. Cyavana, obwoh1 schon alt, hatte sich die junge Sukanya zur Frau genommen. Da trifft er auf die beiden Asvins, die unter den Gattern die Stellung del' Arzte einnehmen. Sie sind zwar Gatter, abel' er ist Brahmane und demzufolge Somatrinker, die Asvins abel' nicht. So 1asst er sich von ihnen verjiingen und gewahrt ihnen dafiir den Genuss des Soma.
Die iibrigen Legenden sind erheblich kurzer. Eine interessante Thematik hat ,Satapatha,- BTahmaa;La I, 8, 1, 1-11 zum Gegenstand, namlich die altindische Fas-
sung del' Sage von del' Sintflut: Eines Morgens fiel dem Manu beim Waschen ein Fisch in die Hande. Diesel' bat Manu, ihn aufzuziehen; er werde ihn dafUr spater erretten. Das geschah; aus dem Fisch wurde ein Groflfisch, und eines Tages prophezeite er dem Manu eine grofle Flut und liefl ihn ein Schiff bauen. Durch die Flut fuhrte del' Fisch das Schiff bis zu einem Berg, demo Pendant des Ararat del' Bibel. - Obwoh1 del' hier im Mittelpunkt stehende Manu in manchern dem Noah des Alten Testaments verg1eichbar ist, konnte eine Entlehnung aus semitischen Quellen bisher nicht zwingend bewiesen werden, da Sintflutsagen als Para.llelerscheinungen bei vielen Valkern anzutreffen sind. 1m indischen Bereich tritt das Sintflutthema spateI' besonders im Epos MahabhaTata auf.
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Die Bralllnalfas
Auch die bereits aus dem ~gveda bekannte Legende von Pururavas und Urvasl kehrt in modifizierter Form in den Brahmm:las wieder.
profane Texte diesen Namen. Die Narasamsl sind Lobpreisungen von Konigen und besonders beriihmten und freigebigen Opferveranstaltern. Erzahlungen von wahren Begebenheiten fiihren den Namen Itihasa (Sanskrit: "So war es."); hiervon ist der Terminus Puralfa (Begebenheit aus alter Zeit) kaum zu unterscheiden. Auf diese beiden Ausdriicke werden wir bei der Besprechung der Epen zuriickzukomrnen haben. Unter einem Vakovakya verst and man einen Dialog; die Bezeichnung ist identisch mit Brahmodya. Rituelle Anweisungen schlieBlich heiBen mitunter Anusasana.
Die Analyse der wissenschaftlichen Vorstellungen ergibt - neben vielem Haltlosen - nennenswerte Kenntnisse unter anderem auf den Gebieten del' Architektur und der Geometrie. Solche Kenntnisse benotigte man fiir die Anlegung der Opferstatte und fiir die Errichtung des Feueraltars im Agnicayana. Allmahlich losten sich mit medizinischen Dingen befasste Brahmanen aus dem Priesterstand und fungierten nun ausschlieBlich als Arzte. Recht gute anatomische Kenntnisse lasst bereits der Atharvaveda vermuten; sie wurden in die Brahmal:tas heriibergenommen und nebst der Therapie ausgebaut. Die Metrik und in zunehmendem MaBe auch die Grammatik erfreuten sich groBer Aufmerksamkeit; auf die Neigung zu Etymologisierungen wurde bereits eingegangen. 3 In vielfacher Hinsicht ist die Brahmal:ta-Ara eine Ubergangszeit. Der friihvedische Polytheismus beginnt sowohl dem Pantheismus (wie er sich schon ansatzweise im Atharvaveda abzeichnete) als auch einer Hochgottkonzeption zu weichen. Die alten Gotter verblassen und schwinden immer mehr, ein Prozess, der im Buddhismus seinen Hohepunkt erreicht. Die Konzeption vom kreativen Hochgott driickt sich besonders in der Gestalt des Prajapati aus. Aber auch die bis ins Exzessive gesteigerte Opferritualistik tragt bereits den Keim ihres Verfalls in sich. Kennzeichnend hierfiir ist :Satapatha-BrallmaI,la XI, 6, 1: Die Ritualistik weicht Erorterungen und Spekulationen iiber den "Sinn" des Opferkultes und lasst damit die spatere Negation des bloBen Werkdienstes vorherahnen. Das erwahnte Stiick beginnt, wenn auch zogernd, am traditionellen Ritual des Agnihotra zu riitteln. Auch die philosophischen Grundgedanken der Upani:;;aden bereiten sich vor. Die so wichtige Formulierung der Einheit von Brahman und Atman ist in den Brahmalfas ebenso enthalten wie der Gedanke des sogenannten Wiedertodes (punannrtyu) und der Transmigration. Es ist daher zu betonen, dass die Brahmalfas Ausgangspunkt fiir viele ideologische Stromungen waren, die im spiiteren Indien groBen Einfluss gewannen. Auch positive Eigenschaften des Buddhismus, namlich eine naturwiichsige Dialektik und (wenn auch vereinzelt) ein empirischer Materialismus, sind bereits in den Brahmalfas vorgezeichnet. Als Beispiel nennen wir den Streit zwischen Geist und Sprache, wie er im Satapatha-Brahmal,la I, 4, 5, 8-12 beschrieben wird. Jeder diinkt sich vornehmer als der andere. Zwecks Herbeifiihrung einer Entscheidung wenden sich die beiden an Prajapati. Dieser urteilt dahingehend, dass der Gedanke der vornehmere sei, denn die Sprache sei nur der Nachahmer des von ihm Getanen. Die Brahmm:tas erwahnen eine ganze Anzahlliterarischer Genres, von denen wenigstens einige genannt seien: Die Gatha sind urspriinglich sakrale Texte, die zur Instrumentalbegleitung gesungen wurden. In den Bl'ahmalfas tragen
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Der Stil der Brahmalfas ist einfach und klar. Haufig ist die Aneinanderreihung kurzer Satze. Die grammatischen Regeln werden im allgemeinen korrekt beachtet; dem Metrum geschuldete Freiheiten waren in dieser Prosaliteratur ja nicht erforderlich. Die Ausfiihrungen iiber das Ritual leiden unter einem Mangel an Abwechslung. Man begriiBt daher den Einschub von Legenden und Mythen. Diese Einschiibe wirken durch haufige Einfiihrung der direkten Rede oft recht lebendig, und diese Lebendigkeit nimmt im Laufe der Zeit noch zu. Recht charakteristisch sind Gedrungenheit und Kiirze des Ausdrucks. Man erkennt dies daran, dass bei einer Ubersetzung, soll sie verstiindlich werden, fast in jedem Satz \Vorte erganzt werden miissen. Auch hier sind die Brahmalfas Ausgangspunkt einer spateren Entwicklung, namlich des Sutra-Stils. Auf die Chronologie der Brahmm:tas sind wir bereits eingegangen. Hier ist nur noch zu erwahnen, dass sie im Laufe mehrerer Jahrhunderte entstanden sein miissen. Zeitlich fallen die jiingsten Bestandteile der Yajurveda-Salnhitas mit den altesten der Brahmalfas zusammen; am deutlichsten tritt dies bei der Taittirlya-Schule hervor. Alle Brahmm:tas sind, wenn auch mitunter etwas formal, an eine bestimmte Samhita und damit an einen der vier Veden angeschlossen. Sie bilden also Handbiicher fiir jeweils einen der vier Hauptpriester: Zum I,tgveda gehoren das Aitareya- und dasKauf?ltaki-Brahmal,la. Ersteres 4 ist das altere. Es besteht aus 40 Adhyayas, die auf acht Pallcikas (Fiinftel) verteilt sind. Die Pmlcikas Ibis V sind jedenfalls sehr alt; VII und VIII bilden mit der Konigsweihe (rajasiiya) einen spateren Zusatz. Im iibrigen befasst sich das Werk fast ausschlieBlich mit dem Somaopfer, oft in einer etwas ungeordneten Weise. Das Kauf?ltakiBrahmal,la5 dagegen macht einen ganz anderen Eindruck: Es ist kiirzer als sein SChwesterwerk, aber weitaus geschlossener, straffer und systematischer. Auch ist sein Gesichtskreis erweitert, indem es auch die Havis- und Tieropfel' adaquat wiirdigt. Von den 30 Adhyayas befassen sich I bis VI mit Havis-Opfel'll, X mit dem Tieropfer, VII bis IX und XI bis XXX mit dem Somakult. Zum Samaveda gehort das wichtige Paiicavil"nsa-Brahmal,la, das aus 25 Adhyayas besteht, woher sein Sanskritname riihrt. Es tragt auch die Bezeichnung Tal,lQya-Maha-Brahmal,la. 6 Dieses sehr alte und umfangreicheWel'k enthalt unter anderem die Vratyastomas, Gesange zur Eingliederung der Vratya
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Die Brahmanas
(vgl. S. 44). An dieses Buch ist als eine Art 26. Kapitel das $aqvirilsa-Brallma.l}a (wiederum Sanskritbezeichnung der Kapitelzahl) angeschlossen. 7 Dessen letzter Teil wiederum, niimlich das fiinfte Prapathaka, fiihrt den Namen AdbllutaBrallmal}a. 8 Es enthiilt Betrachtungen iiber ungliickbringende Vorzeichen, und man ersieht hieraus, wie sich im Laufe der Zeit die Thematik der Brahmalfas von ihrem Ausgangspunkt, dem Opferritual, entfernt. Samavedisch ist ferner das ebenfalls sehr wichtige Jaiminfya-BrallmalJB. 9 Dieses \iVerk besteht aus drei Hauptteilen (kalJqa) und scheint etwas jiinger als das Paiicavimsa-Brallmal}a zu sein. Vielfach beschiiftigt es sich mit den Geschehnissen, die zur Erschauung einer bestimmten rituellen Melodie (saman) fiihrten, und die dazu jeweils angefiihrten Legenden sind von groBem kulturhistorischem Interesse. An den Samaveda schlieBen sich ferner noch mehrere jiingere Brahmalfas an, die jedoch diesen Namen kaum noch verdienen. So dienen im Samavidllana-BrallmalJa die rituellen Sangweisen als Zaubermittel. ·Wieder andere hier aufgeziihlte Werke gleichen eher einer Anukramalfl (bestimmten Verzeichnissen; s. S. 67) als einem Brahmal:ta .10
gibt Resiimees und befasst sich mit dem Tieropfer, XII hat eine Siihnezeremonie (Sautrama1:tl) zum Gegenstand, XIII bespricht Asvamedha (Rossopfer), Puru~amedha (symbolisches Menschenopfer) und andere groBe Opfer. Ka1:t9.a XIV hat in den Adhyayas 1 bis :3 den Charakter eines Ara~lyaka (s. S. 55) und beschreibt die Pravargya-Zeremonie (Sonnenzauber). Die Adhyayas 4 bis 9 dieses Ka1:t9.a werden nur noch formal zum Brahmalfa gezahlt und stellen in Wirklichkeit die beriihmte Brlladaral.lyaka-Upanii?ad dar (s. S. 60).12 Schlie:Blich ein \Vort zum Brahma1:ta des Atharvaveda. Wie erwahnt, kam dieser Veda erst verspiitet zu kanonischem Ansehen; daraus erkliirt es sich, dass seine Folgewerke gewohnlich relativ jung und von inferiorer Qualitiit sind. So ist auch das sogenannte Gopa.tlla-Brallmal;a ziemlich spat .13 Es zerfiillt in zwei Hauptteile. Der erste hat spekulativ-kosmogonischen Charakter und weist viele Entlehnungen aus anderen Brahmalfas auf. Der zweite Teil bezieht sich zwar sta.rker auf das Opfer, doch sind die Entlehnungen hier noch zahlreicher. Mehrere Einschiibe, die in beiden Teilen vorkommen, haben den Charakter von U pani~aden. Ist diese Literatur schon umfangreich genug, so diirfte sie doch nur ein Teil von dem sein, was einst bestanden hat. Vielfach werden namlich Brahma1:tas zitiert, von denen wir nur oder fast nur den Namen kennen. 14 Vieles muss also im Laufe fast zweier Jahrtausende verlorengegangen sein.
Zum Schwarzen Yajurveda gehort das Taittirfya.-Brallma.l;aY Es ist das einzige Brahmal:ta dieses Vedazweiges und bildet die unmittelbare Fortsetzung der Taittirfya.-Samllita, gewissennaBen einen Nachtrag derselben. Teils gibt es neue Regeln, teils erweitert es die bereits in der Sarilhita gebra.chten. Da es sich liickenlos an diese anschlieBt, darf es als ziemlich alt gelten. Diese Ansicht wird dadurch unterstiitzt, dass der Text akzentuiert iiberliefert ist. Das Taittirfya-Brallmal}a ist in drei Biicher gegliedert. Beim WeiBen Yajurveda enthiilt die Sarilhita nur die Mantras, aber keine brahmalp.-iihnlichen Passagen. Folgedessen ist das Brahmalfa des \iVeiBen Yajurveda sehr umfangreich, ja das umfangreichste und wichtigste aller Brahmal:tas iiberhaupt. Es fUhrt den Namen .'3atapatlla-Brallmal}a. ("Brahmal:ta der 100 Pfade", namlich Adhyayas). Obwohl es akzentuiert iiberliefert ist (die Art der Akzentuation weicht indessen von der in anderen vedischen \iVerken gebriiuchlichen ab), gehort es zu den jiingeren Brahma1)as. Es ist in zwei Rezensionen - wie seine Sarilhita - auf uns gekommen, niimlich in der Madhyamdinaund der Ka1:tva- Fassung. In der ersteren, die wir hier zugrunde legen wollen, umfasst das Werk 14 Kalf~las. Hier sind jedenfalls mehrere vVerke in ein einziges groBes Kompendium zusammengeflossen, denn es nennen beispielsweise Ka1)9.a I bis V als Lehrer den Yajiiavalkya, VI bis X, die die Feueraltarschichtung zum Gegenstand haben, aber den Salf9.ilya. Der Inhalt ist kurz folgender: Die Ka1:t9.as I bis IX kommentieren fortlaufend die Kapitel I bis XVIII der Vajasaneyi-Samllita. Unter anderem behandeln Ka1:t9.aS I und II Havis-Opfer, III und IV den Agni~toma, V verschiedene Formen der Konigsweihe (Rajasuya und Vajapeya). VI bis X sind, wie erwiihnt, der Feueraltarschichtung (Agnicayana.) gewidmet. Von hier an folgen mehr oder weniger Addenda. Kalf9.a XI
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Anmerkungen
1 VgL K. Mylius: Die Identifikationen del' AIetl'en in del' Litel'atul' des J.{gveda, in: Wiss. Zschr. der Karl-Marx-Univ. Leipzig, 17 (1968), Gesellschafts- und Sprachwiss. Reihe, 23; ders.: Die Identifikationen im Kaw3Ytaki-Brahmal.la, in: Altorientalische Forschungen, 5 (Berlin/DDR 1977). 2 VgL F. Weller: Die Legende von Sunal!sepa im Aital'eya-Bl'ahma1].a und Sankhayanasra.utasiitra, in: Sitzungsber. der Sachs. Akademie der Wiss., PhiL-Risto KL, Bd. 102, Heft 2 (Leipzig 1956); dazu die Stellungnahme von R. Lommel in der Zschr. der Deutschen Morgenlandischen Gesellschaft, 114 (1964), S. 122 ff. 3 Die Realien der Brahmal:tas sind untersucht und verzeichnet worden von K. Mylius in der Ethnographisch-Archaologischen Zschr., 12-19 (Berlin/D DR 1971-1978). 4 Die heute maJ3gebliche Ausgabe des Aitareya-Brahmana besorgte Th. Aufrecht (Bonn
1879, Neudruck Hildesheim 1975). Ubersetzung von A. B. Keith in Bd. 25 der Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.] 1920, Neudruck Delhi 1969 und 1981). Ausgabe und Ubersetzung auch von S. Malaviya (2 Bde., Varanasi 1980-1983). 5 Die heute maJ3gebliche Ausgabe des Kaui?Ytaki-Brahma1].a besorgte E. R. Sreekrishna Sarma (Verz. der Orientalischen Handschr. in Deutschland, Supplementband 9, 1, Wiesbaden 1968). Ubersetzung von A. B. Keith wie in Anm. 4.
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6 Das Paiicavimsa-BrahmaI,la wurde in zwei Biinden herausgegeben von A. C. Vedantava.glsa in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1870-1874, Neudruck Delhi 1989) und libersetzt von W. Caland als Bd. 255 der Bibliotheca Indica (1931), Neudruck 1982.
7 Ausgaben des $advim.sa-Brahmana von H. F. Eelsingh (Leiden 1908) und B. Ramachandra Sharma (Tirupati 1967). Ubersetzung von W. B. BaIlee (Utrecht 1956). 8 Ausgabe des Adbhuta-BrahmaI!a in den Abhandlungen der PreuB. Akademie der Wissenschaften (Berlin 1858) von A. Weber. 9 Ausgabe von Raghu Vira und Lokesh Chandra (Nagpur 1954). Ubersetzung in Auswahl (es gibt keine vollstandige) von W. Caland (Arl1sterdam 1919, Neudruck Wiesbaden 1967). Studie liber den Agnihotra-Abschnitt I, 1-65 von H. W. Bodewitz (Leiden 1973); liber I, 66-364 von demselben (Leiden 1990). 10 Einige dieser Brahmanas sind: Samavidhana-Brahmana, Ausgaben von A. C. Burnell (London 1873) und von B. R. Sharma (Tirupati 1964), Ubersetzung von S. Konow (Halle 1893); Ar.~eya-BrahmaI,la, Ausgaben von A. C. Burnell (Mangalore 1876) und von B. R. Sharma (Tirupati 1967); Devatadhyaya-BrahmaI,la, Ausgabe von A. C. Burnell (Mangalore 1873); Jl;[antra-Brahmana, Ausgabe und Ubersetzung von Prapathaka I durch H. Stonner (Halle 1901), von Prap. II durch H. Jorgensen (Darmstadt 1911); Samhitopanii?ad-BrahmaI,la, Ausgabe von A. C. Burnell (Mangalore 1877); VamsaBrahmaI,la, Ausgabe von A. C. Burnell (Mangalore 1873). 11 Ausgaben des Taittirfya-Brahmal!a von Rajendralala Mitra in der Bibliotheca Indica (3 Bde., Calcutta 1855-1870) und von B. Misra (4 Bde., Delhi 1985). Eine Ubersetzung existiert nur fUr einige Ausschnitte von P. E. Dumont. 12 Ausgabe des Satapatha-BrahmaI,la von A. Weber (Berlin/London 1849-1855, Neudruck Varanasi 1964 als Bd. 96 der Chowkhamba Sanskrit Series); die Ka.I,lva-Rezension wurde teilweise ediert von W. Caland und Raghu Vira (Lahore 1926-1939); von C. R. Swaminathan (Delhi, seit 1994). Bahnbrechende Ubersetzung von J. Eggeling in den minden 12, 26,41,43,44 der Sacred Books of the East (Oxford 1882-1900, Neudruck Delhi 1963); verschiedene Abhandlungen, besonders von A. Minard, N. Verma und K. Mylius. 13 Ausgabe des Gopatha-BrahmaI,la von D. Gaastra (Leiden 1919). Eine Ubersetzung von H. C. Patyal (Poona) ist noch ungedruckt. 14 Vg!. B. Ghosh: Collection of the Fragments of Lost BrahmaI,las (Calcutta 1947).
Del' Name diesel' Sehriftengruppe leitet sieh von dem Sanskritwort aralfya (Wald) abo Die Aralfyakas sind also im Wald zu studieren, doeh wurde diesel' Hinweis von den Indologen versehieden ausgelegt. Die einen meinten, die Aral:tyakas seien von \iValdeinsiedlern (vanaprastlla) - von denen also, die sieh in del' dritten del' vier brahmanisehen Lebensstufen (dazu S. S. 56) befanden - zu studieren. Andere, insbesondere H. Oldenberg,1 hielten dafUr, dass die
Die Aralfyakas
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Aralfyakas wegen ihres besonders geheimen Charakters nur un Wald erlernt werden durften. Diese Ansieht hat sieh durehgesetzt. In den Aralfyakas steht zwar das Opfer naeh wie VOl' im Mlttelpunkt, abel' kaum noeh in konkretem Sinne, sondern in mystiseh-allegoriseher Ausdeutung, die zu metaritualistisehen, libel' den Ritualismus hinausweisenden und seine Negierung vorbereitenden Ideen fiihrt. Es gibt mehrere Aral:tyakas als eigenstiindige Werke, doeh sind aralfyakaartige Absehnitte aueh libel' andere Werke del' vedisehen Literatur verteilt. So stehen die Mahavrata- Riten (am vorletzten Tag del' einjiihrigen Opfersitzung Gavamayana) beim Samaveda in den Brahmalfas (PaiieavilTISa und Jaiminlya) , in del' Aitareya- und Kau~ltaki-Sehuleim Aral:tyaka, beim Sehwarzen Yajurveda aueh in del' Samhita. Von einem eigenen Aral:tyaka-Zeitalter kann man also nieht spreehen. Zur Aitareya-Sehule gehort ein Aitareya-Aralfyaka. 2 Es umfasst flinf Hauptteile, die ebenfalls Aral:tyaka genannt werden. Das \iVerk behandelt das Mahavrata - ein bestimmtes Somaopfer, das Sonnenzauber und Fruehtbarkeitsriten beinhaltet - und gibt Deutungen von Opferlitaneien. Es enthiilt versehiedene Upani~3;d-Stellen; so_bilden die Absehnitte II, 4-6 die AitareyacUpani,?ad. Das Sallklla,yana-Aralfyaka3 gehort zur Kau~ltaki-Sehule. Aueh dieses Werk, das in 15 Adhyayas eingeteilt ist, hat das Mahavrata zum Gegenstand. Versehiedene Upani~ad-Absehnitte sind aueh in diesem Werk enthalten; am wiehtigsten sind die Adhyayas III bis VI, die die Kauf?ltaki- Upanif?ad bilden. Das Aral:tyaka del' Jaiminiyas fUhrt den Namen J aiminlya- Upanif?ad-Brahma4 lfa. Obwohl del' Samaveda keinen seiner Texte so nennt, ist das aus vier Bliehern bestehende \iVerk seinem Inhalt naeh ein Aralfyaka. Es enthiilt untel' anderem Spekulationen libel' Metren, Silben und Laute. Ein Teil von Bueh IV konstituiert die Kena- Upanif?ad. Das umfangreiehste Werk diesel' Art ist das Taittirlya-Aralfya.ka. 5 Die zehn Prapathakas, aus denen es besteht, priisentieren einen reeht bunt zusammengesetzten Text. Behandelte Themen sind unter anderem del' Bau des Feueraltars, die (sozialhistoriseh wiehtige) Brahmanensehillersehaft (brallmaearya) , Slihnezeremonien, del' Pravargya und del' Ahnenkult. Die Absehnitte VII bis IX bilden die Taittirlya-Upanif?ad, ~er Absehnitt X die Mahanarayalfa-Upanif?ad. Die Absehnitte XIV, 1-3 des Satapatlla-Brallmalfa, die den Pravargya zum Gegenstand haben, gelten ebenfalls als AralfjTaka (s. S. 53).
Anmerkungen 1 Vg!. H. Oldenberg: Zur Religion und AIytllOlogie des Veda, Abschnitt 9, in: Nachrichten von der Konig!. Gesellschaft der Wissenschaften zu Gottingen, 1915 (Berlin 1916), S. 382-401.
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2 Ausgabe und Ubersetzung des Aitareya-Arallyaka von A. B. Keith in den Anecdota Oxoniensia, Aryan Series, Teil9 (Oxford 1909, Neudruck 1970 und 1981). 3 Adhyayas I und II des Sarikhayana-Arallyaka wurden ediert und iibersetzt von W. E. Friedlander (Berlin 1900), die Adhyayas III bis VI von E. B. Cowell (Calcutta 1861); Edition der Adhyayas VII bis XV von A. B. Keith in seiner Ausgabe des AitareyaArallyaka (s. Anm. 2). 4 Ausgabe des Jaiminlya-Upani.~ad-Brahl11alla von B. R. Sharma (Tirupati 1966/67); Ausgabe und Ubersetzung von H. Oertel im Journal of the American Oriental Society, 16 (1894), S. 79-260. 5 Ausgaben des Taittirlya-Ara llyaka von Rajendralala Mitra in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1864-1872) sowie von Mahadeva Sastri und P. K. Rallgacharya (3 Bde., Maisur 1900-1902).
Mit den Upani~aden brieht ein neues Zeitalter an. Die Literatur ist fast nur noeh del' Form naeh vediseh, allgemeingesehiehtlieh gesehen ist das Ende del' vedischen Epoehe iiberhaupt gekommen: Die Bildung von Territorialstaaten hat sieh durehgesetzt, die ersten Gro£reiehe sind im Entstehen. Aueh ideengesehiehtlieh vollzieht sieh eine Umwiilzung, die allerdings in den Brahmar,tas schon vorgezeiehnet war. Del' ritualistisehe Werkdienst sehliigt um in philosophisehes Denken. Am "Ende des Veda" stehend, erhielt die einsehliigige Literatur die Sanskritbezeiehnung Vedanta. Doeh wurde spa tel' daraus "Endziel des Veda", womit del' Gegensatz;
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die Stadien eines Vedasehiilers, Hausvaters, Waldeinsiedlers und weltfliiehtigen Asketen durehlaufen. Mit diesel' Lehre suehten die Brahmanen weltliehe Pfliehten und religioses Streben in Einklang zu bringen. Eswiire also falseh, in den Upani~aden etwa rein antibrahmanisehes, k~atriyagemii£esDenken zu sehen: sie sind in del' uns vorliegenden Form vielmehr weitgehend priesterlieh iiberformt und beeinflusst worden. 2 Das Wort "Upani~ad" leitet sieh ab von del' Verbalwurzel sad mit den Prii£lxen upa + ni. Die urspriingliehe Bedeutung ist das Sitzen des Sehiilers zu Fii£en des Lehrers. Daraus wurde abel' bald eine Geheimsitzung: Die Upani~aden wurden als ral1asya (Geheimnis, Mysterium) bezeiehnet, und ihre geheimen Lehren durften nul' besehriinkt iiberliefert werden. Es ist nun von gro£er \Viehtigkeit festzustellen, dass man - entgegen del' landliiu£lgen Ansieht - wedel' hinsiehtlieh des Inhalts noeh del' literarisehen Form von den U pani~aden sehleehthin oder von einem System del' U pani~aden spreehen kann. Sie enthalten vielmehr iiu£erst heterogenes Material. Zwischen tiefsinnigen philosophisehen Gedanken finden sieh leere Spekulationen iiber bestimmte Silben und Zauberei (so del' Sehlangenzauber in del' GarudaUpani!!ad). Beispielsweise vveist die Svetasvatara-Upani!!ad bei monothei~ti scher Grundhaltung zahlreiehe Elemente del' Samkhya-Philosophie auf. Es ist daher angebraeht, die einzelnen Upani~aden nieht so sehr als Gesamtwerke, sondern naeh ihren Absehnitten und Teilen zu bewerten. Noeh bedeutsamer ist die Tatsaehe, dass sieh aus den Gedankenfluten del' Salnhitas und BrahmaJ).as jetzt eine deutliehe Polaritiit herauszukristallisieren beginnt. Die beiden Grundansiehten del' Philosophie bilden sieh heraus: del' Materialismus und del' Idealismus. Del' Kampf diesel' vVeltansehauungen spiegelt sieh im alten Indien in den Namen del' Philosophen Uddalaka Aruni und Yajnavalkya wider. . In del' Chandogya- Upani!! ad VI, 2 belehrt Uddalaka seinen Sohn Svetaketu und formuliert dabei erstmals klare materialistisehe Positionen: Am Anfang war nul' das Seiende. Einige sagen zwar, am Anfang sei das Niehtseiende gewesen und aus diesem sei das Seiende geboren worden. Abel' auf welche \Veise konnte das wohl gesehehen sein? vVie sollte Seiendes aus Niehtseiendem geboren werden? Nur das Seiende war also am Anfang; eins nur, ohne ein zweites. In VI, 13 demonstriert Uddalaka seinem Solm, wie sieh Salz im Wasser auflost und dann nur noeh gesehmaeklieh fassbar ist. Ebenso, fiihrt er fort, erbliekt man das Seiende nieht, und doeh ist es hier. In diesel' Feinheit hat das All sein Selbst. "Das bist du, 0 Svetaketu!" Damit vertritt Uddalaka einen materialistisehen Monismus. Sein Antipode ist del' subjektive Idealist Yajnavalkya. Fiir ihn existiert die \Velt nur als Vorstellung in unserem Bewusstsein. Klar komlnt diesel' Standpunkt in del' BrlladaJ'alfya.ka- Upanz!!ad II, 4 zum Ausdruek. Naeh einer Lob-
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Die Upanif!aden
preisung der Individualseele, des Atman, erkHirt Yajllavalkya, die Welten und die Geschopfe seien das, was der Atman ist - das heiBt, sie existieren nur in unserem Bewusstsein.
dominieren, dann heiBt das, dass die altiiberkommenen Gotter nicht mehr die herrschende Potenz sind und dass ihre Bedeutung immer weiter sinkt. Sehr klar zeigt sich dies in.der beriihmten Diskussion des Jiing1ings Naciketas mit dem Todesgott (Katha-Upa.ni?ad I-II). Die Handlung geht auf eine alte Legende des TaittiTlya-Brahmalfa (III, 11, 8, 1-6) zuriick. Naciketas, ein brahmanischer Jiingling, betritt das Haus des Todesgottes, ohne ranggemaB bewirtet zu werden - einem Brahmanen gegeniiber hat eben auch der Todesgott seine Pfiichten! GewissermaBen zur Siihne der Vernachlassigung der Gastfreundschaft erhalt Naciketas drei \Viinsche freigestellt. Die ersten beiden werden erfiillt. doch als der Jiingling erfahren will, was mit den Verstorbenen geschieht, weicht der Tod aus und bittet, einen anderen \Vunsch vorzubringen. Doch Naciketas setzt sich durch, und der Tod sieht sich gezwungen, ihm zu erklaren, dass der Atman, das Selbst, Unsterblichkeit genieBt. Ein Prinzip, das einst den Gottern zukaIl1, ist also jetzt auf eine abstrakte Kategorie iibergegangen.
Bei aller inneren Verschiedenheit der idealistischen Komponenten der Upaniexistiert doch eine bestimmte, wenn auch sehr abstrakte Grundlehre, die immer wieder von neuem variiert wird. Sie besteht in der These von der Identita.t der Weltseele mit der Individualseele. Die Seele des Weltalls ist das (etymologisch verschieden gedeutete) Brahman. Die Individualseele ist der Atman, ein etymologisch mit "Atem" verwandtes Wort, das die Einzelseele oder das Selbst bedeutet. Das Weltall ist also identisch mit dem Brahman und dieses mit dem Atman; anders ausgedriickt: Die Welt ist Gott, und Gott ist die Seele. Dieser Gedanke wurde schon von Sal).qilya im Satapatha-Brahmal}a X, 6, 3 geauBert und in den Upani~aden seit der altesten Stelle Chandogya-Upanif?ad III, 14 immer weiter ausgebaut. Dort heiBt es: "Dieser ist mein Selbst innen im Herzen, winziger als ein Reiskorn oder ein Gerstenkorn oder ein Senfkorn oder ein Hirsekorn oder der Kern eines Hirsekorns. Dieser ist mein Selbst innen im Herzen, groBer als die Erde, groBer als der Luftraum, groBer als der Himmel, groBer als diese Welten. Der Allwirkende, Allwiinschende, Allduftende, Allschmeckende, der dieses All Umfassende, Schweigende, Unbekiimmertedieser ist mein Selbst innen im Herzen, dieser ist das Brahman; diesen werde ich, von hier dahingegangen, erlangen." Dies entspricht etwa dem objektiven Idealismus Platons, wahrend andere Upani~ad-Stellen, wie wir gesehen haben, reinen Solipsismus ausdriicken. ~aden
In den U pani~aden nimmt nun auch die Lehre von karman und samsara, von Tatenverge1tung und dem Kreis1auf der Wiedergeburten, endgiiltig Gestalt an. Ihr Grundgedanke - ebenfalls schon in den Brahmalfas vorgezeichnet - ist der, dass man je nach dem Verdienst seiner Taten in einer entsprechend giinstigen oder sch1echteren Existenz wiedergeboren wird. Die Haupt" quelle dieser Lehre ist Chandogya-Upanif?ad V, 3-10. Hier heiBt es: "Somit haben diejenigen, die hier von erfreulichem \Vande1 sind, die Aussicht, dass sie in einen erfreu1ichen MutterschoB eingehen: in einen BrahmanenschoB oder in einen K~atriya-SchoB oder in einen Vaisya-SchoB. Aber diejenigen, die hier von stinkendem \Vande1 sind, haben (nur) die Aussicht, dass sie in einen stinkenden MutterschoB eingehen: in einen HundeschoB oder in den SchoB einer Sau oder in einen Calfqa1a-SchoB." (Calfqa1a sind Angehorige einer der am meisten missachteten sozia1en Gruppen: Abdecker, StraBenreiniger und so weiter). Nach dieser Lehre fiihren also auch die guten Taten nur zu einer giinstigen Wiedergeburt, nicht zur Erlosung vom Geburtenkreis1auf. Diese aber kann nur die Einsicht in die Einheit mit dem Brahman herbeifiihren. Dann fallen alle bosen Taten und ihre Fo1gen ab (Chandogya- Upanif?ad IV, 14, 3). \Venn in der VVe1t die Tatenvergeltung und der Kreis1auf der Wiedergeburten
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In den jiingeren Upani~aden entwickelt sich - zweifellos nicht zuletzt durch den Einfiuss des inzwischen aufgekommenen Buddhismus (dazu s. S. 263 ff.) - auch ein gewisser Pessimismus. So beinhaltet die nachbuddhistische Maitrayalfl-Upa.nif?ad eine ausgesprochene Verachtung der Korperlichkeit, ja der Welt iiberhaupt (1,2-4) und lasst eine deutliche Abgrenzung von den Buddhisten und generell von allen "Ketzern" erkennen. Das 7. Kapitel des eben zitierten \Verkes.. nennt sie Herumtreiber, Bettler und Landstreicher , Gaukler und Zauberer. Uber eine solche falsche Lehre soll man gar nicht erst nachdenken; sie ist eben falsch und unfruchtbar. Da nur weltliche Lust ihr Lohn ist , darf man sich an sie nicht klammern. Nur was in den Veden festgelegt ist, das ist die \Vahrheit. Dabei ist zu beriicksichtigen, dass unter Veda hier Vedanta verst anden wird, denn iiber die Opferritualistik etwa war die Entwicklung inzwischen Hingst hinaus. Nicht zuletzt wegen der Fiille und Vielfalt ihrer Lehren wurden die Upani~a den zu einer entscheidenden Grundlage der spateren indischen Philosophie. Ihre Einwirkung erstreckte sich aber auch auf das Abendland: auf die Neuplatoniker, die alexandrinischen Christen, die mittelalterlichen Mystiker (Meister Eckhart) und in der Neuzeit auf Schopenhauer. Uber die recht diffuse Masse der Upani~ad-Literatur einen Uberblick zu gewinnen, ist nicht leicht. Die sehr spate Muktika-Upanif?ad zahlt 108 Upani~aden auf; davon werden 10 ZUIn J.(gveda, 19 zum WeiBen, 32 zum Schwarzen Yajurveda, 16 zum Samaveda und 31 zum Atharvaveda gerechnet. Max Miiller ermittelte 149, Albrecht Weber gar 235 Upani~aden. Die Zahl ist also sehr groB und dabei unsicher. Das erklart sich daraus, dass auch in der nachvedischen Zeit immer wieder \Verke entstanden, die willkiirlich die Bezeichnung Upanisad" " . tragen. Es gibt sogar eine erst in der Zeit der islamischen Fremdherrschaft. wahrend der Regierungszeit des Akbar (1556-1605), verfasste Allah- Upani?ad;
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Die U pani~aden
in del' neben den vedischen Gottern Mitra und VarUl.la auch Allah und Mohammed angerufen werden! \Vir beschriinken uns daher auf die alten, wirklich autoritativen U pani~aden. 3 Die Upani~aden sind wie die BrahmaJ;las jeweils an einen bestimmten Veda angeschlossen. Teilweise gehoren sie, worauf bereits hingewiesen wurde, unmittelbar zum Corpus eines BrahmaJ;la. Zum Aitareya-Kreis gehort die Aitareya-Upani!?ad. 4 In drei Adhyayas lehrt sie die Loslosung von del' Kette del' \Viedergeburten. Die Seele ist ihrem \Vesen nach Erkennen und damit dem Brahman. den Gottern und den Elementen gleich. Die Kau!?ltaki- Upani!?ad 5 bildet die Adhyayas III bis VI des ,5a1'lkhayanaAralfyaka. Sie schildert das Schicksal del' Seelen nach dem crod und ihren Weg durch den Himme1. 6 In Adhyaya III wird die Welt mit dem Atman identifiziert. AuBerordentlich wichtig, sehr umfangreich und an Alter nur von del' BrhadaraJ;lyaka- Upani!?ad ubertroffen ist die dem Paiicavimsa-Brahmalfa folgende Ch an dogya- Upani!?ad. 7 Sie besteht aus acht Prapathakas mit sehr verschiedenartigen Lehren. So werden Brahman und Atman identifiziert, abel' auch die heilige Silbe am verherrlicht. Nach dem Tode wird die Seele eins mit dem Brahman. 1m sechsten Abschnitt findet del' schon erwahnte beruhmte Disput des Uddalaka ArUl.li mit seinem Sohn Svetaketu statt. Die Kena- Upani!?ad 8 ist die Upani~ad del' J aiminlya-Schule. Sie ist die jungste del' alteren Upani~aden und besteht aus vier KhaJ;l~as, die zum Teil metrisch gefasst sind. Die KhaJ;l~as III und IV sind alter als die beiden anderen. Die Gotter beruhen ganzlich auf dem Brahman und haben von ihm ihre Kraft. Del' altvedische Indra behauptet zwar die Spitze del' Gotter, doch nur darum, weil er als erster das Brahman erkannt hat! Die Ta.ittirlya- Upa.ni!?ad9 formiert die Prapathakas VII bis IX des Taittirlya)halfyaka. Als Upani~ad, das heiBt als selbststandiges \Verk, folgt sie einer Einteilung in drei Kapitel (valli). Unter anderem untersucht sie das Verhiiltnis des Brahman zu Nahrung, Geist und Leben. Prapathaka X des Taittirlya-Aralfyaka ist die MahanaraYalfa-Upa.ni!?ad,lO die metrisch ahgefasst und junger ist. Ihr Hauptinhalt ist die Verehrung des Brahman; in ihrem mystischen Charakter ahnelt sie den fruhesten Tantras (s. S. 121 ff.). Das wichtigste, alteste und umfangreichste aller hierhergehorenden \Verke ist die Brha.daralfyaka-Upani!?ad, die mit Satapatha.-BrahmalfaXIV, 4-9 (s. S. 52) identisch und wie dieses in zwei Rezensionen uberliefert istY Als selbststandiges Werk besteht diese Upani~ad aus drei Ka1.l~aS, die offensichtlich unabhangig voneinander entstanden sind. In Ka1!~a II tritt del' Einfluss Yajfiavalkyas herVOl'. Kanda III behandelt die Lehre von del' Wiedergeburt. 1m ubrigen gelten Puru~a ~~ld Pra1.la (etwa "Einzelseele und Lebensodem") als Manifestationen des Atman. Mit Ausnahme del' Mahanarayalfa- Upani!?ad bilden die bisher genannten
\Verke die alteste von insgesamt vier chronologischen Schichten. 12 Die innere chronologische Abfolge ist nach del' vorherrschenden Ansicht diese: Brhadaralfyaka-, Chandogya- 13 , Taittirlya-, Aitareya-, Kau.,?ltaki- und· Kena- Upani!?ad. Vielleicht ist die Aita.reya- alter als die Taittir~ya- Upani!?ad. Mit Sicherheit sind aIle diese Werke vorbuddhistisch. Mit Ausnahme von Teilen del' Kena-Upani!?ad sind sie samtlich in Prosa abgefasst. Eine zweite Gruppe prasentiert sich in metrisch gebundener Sprache. AuBel' del' schon genannten Mah anaraya.lf a.- Upani!?a,d zahlen dazu die folgenden Werke. Zum Schwarzen Yajurveda gehort die Katha- Upani!?ad.14 Die Isa- Up ani!? ad bildet das 40. Kapitel del' Vajasa.neyi-SaJTIllita.J5 Zum Taittirlya-Zweig des Schwarzen Yajurveda gehort die ,5vetasva,tara- Upani!? ad. 16 Die MUlf~aka- Upani!?ad17 wiederum wird zum Atharvaveda gerechnet. Moglicherweise sind auch die \Verke diesel' Gruppe noch VOl' dem, Auftreten Gautama Buddhas entstanden, doch haben sie sich thematisch von den altesten Upani~aden schon weit entfernt. Sie enthalten keine Opfermystik mehr; dafur propagieren sie den Monotheismus. Streckemveise sind sie die altesten Quellen del' neu ins Leben getretenen Philosophiesysteme Samkhya und Yoga. Eine dritte Gruppe weist wiederum vVerke auf, die in Prosa ahgefasst sind. Doch ist diese Prosa gegenuber derjenigen del' ersten Gruppe deutlich jungeI'. Einen Ubergang stellt die zum Atharvaveda gezahlte Prasna- Upani!?ad 18 dar, die zur HiiJfte noch in metrischer Form vorliegt. Ebenfalls zum Atharvaveda gehort die l\!Uilf~iikya- Upani!?ad, 19 wahrend die bereits oben zitierte MaitrayalflUpani,,?ad 20 zum Schwarzen Yajurveda gerechnet wird. Die noch ubrigbleibenden U pani~aden - es sind immerhin noch mehr als 200 - mogen hier del' Einfachheit halber in eine einzige Gruppe zusamm,engefasst werden. Von del' Tradition werden sie meist dem Atharvaveda zugerechnet, wozu jedoch kaum Berechtigung besteht. AIle diese Werke sind - zum Teil um viele Jahrhunderte - junger als die bisher genannten. An Vedischem enthalten sie so gut wie garnichts mehl'. Ihr Charakter ist mehr odeI' mindel' sektarisch und entspricht in mancher Hinsicht den noch zu behandelnden Tantras. Sie verherrlichen die hinduistischen Hochgotter Siva und Vi~J;lu odeI' das YogaPrinzip. Abgefasst sind sie teils in Prosa, teils in Slokas, manchmal in einer Mischung von beiden. 21 Zur absoluten Datierung del' Upani~aden sind mehrere Versuche unternommen worden. Am meisten Beachtung verdienen die von \Valter Ruben erzielten Resultate. 22 In die Untersuchung wurden 109 del' in den Upani~aden genannten Philosophen einbezogen. Als ungefahre Daten des Wirkens einiger ihrer bedeutendsten Vertreter ergaben sich folgende (samtlich v. Chl'.): Arulfa und SaJ;l~ilya mogen um 670-640 gewirkt haben, Uddalaka ArUl.li und Yajfiavalkya. um 640-610 und Svetaketu um 610-580, also wenige Jahrzehnte vor del' Geburt Buddhas.
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Anmerkungen
8 Die Kena-Upani,,?ad wurde ediert von B. S. Agase (Poona 1888, 3. Aufl. 1917) als Bd. 6 der Anandasrama Sanskrit Series; ferner in L. Renou: Les Upanishad, 3, (Paris 1943) 9 Die TaittirTya-Upani,,?ad erschien als Bd. 7 der Bibliotheca Indica von E. R6er (Calcutta 1850), als Bd. 12 der Anandasrama Sanskrit Series von V. S. Islampurkar (Poona 1889, 2. Aufl. 1909); als Bd. 9 von E. Lesimple in Les Upanishad (Paris 1948). Ubersetzung von A. M. Sastry (Delhi 1980). Studie von M. P. Pathak (Delhi 1999). 10 Die Mahanarayana-Upani,,?ad wurde kritisch ediert und iibersetzt von J. Varenne (2 Bde., Paris 1960).
1 Uber das Aufkommen des Buddhislllus s. S. 263. 2 VVegen ihrer enormen Bedeutung fUr die Geschichte der Philosophie ist die Zahl der Abhandlungen tiber die Upanil;'aden Legion. Zur Einfiihrung eignet sich besonders das Buch von A. J a. Syrkin: Upani,'iady (Akad. Nauk SSSR, Otd. istorii. Inst. Narodov Azii. Palnjatniki pis'mennosti Vostoka, 16, Moskau 1967); H. Oldenberg: Die Lehre der Upa-
nishaden und die Anfange des Buddhismus (Gottingen 1915); J. Gonda: Die Religion en Indiens (Bd. 1, Stuttgart 1960); Upanishaden. Die Geheimlehre der Inder, ubersetzt von A. Hillebrandt (43. Tsd. Koln 1986). Ubersetzungen besonders wichtiger Upanil;'adStellen bei A. Hillebrandt: Aus Brahmal)as und Upanif?aden (Jena 1921) und K. Mylius:
Alteste indische Dichtung und Prasa (RUB, Nr. 729, Leipzig 1978). 3 Von den zahlreichen Ausgaben und Ubersetzungen von Upanil;'ad-Sammlungen seien genannt: V. P. Limaye und R. D. Vadekar: Eighteen Principal Upani,,?ads (Poona 1958); V. L. Pal.lsikar: One Hundred and Eigl]t Upani,,?ads (3. Aufl., Bombay 1925); L. Renou (Hrsg.): Les Upanishad, Texte et Traduction (17 Bde., Paris 1943-1959); diese Arbeit sieht von den iiltesten Upanil;'aden ab, bezieht aber dafur mehrere jungere ein, die in vergleichbaren VVerken oft fehlen. VVeitere Ubersetzungen in der Reihe Rediscovering 11]-
dian Literary Classics (Delhi 1998 ff.). Ramakrishna Math: Upanif?ad Series (12 Bde., Madras 1951-1958) enthiilt die zwOlf iiltesten Upanisaden. P. Deussen: Sechzig Upanishad's des Veda (Leipzig 1897, Neudruck Bielefeld 1980), von Bedeutung auch durch seine generellen \¥erkanalysen, in der Auslegung eng an Schopenhauer angelehnt. Englische Ubersetzung von V. M. Bedekar und G. B. Palsule (Delhi 1997); Max Miillers Ubersetzung in den Sacred Books of the East, 1 und 15 (Oxford 1879-1884, Neudruck New York
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1962) umfasst elf wichtige Upanil;'aden. R. E. Hume iibersetzte The Thirteen Principal Upanishads (Oxford 1921), Ausgabe von 188 Upanil;'aden von J. L. Shastri (Delhi 1980), Spezialworterbuch aus 223 Upanil;'aden von G. S. Sa.dhale: Upanif?ad- Vakya-Mahakosa (Bombay 1940, Neudruck Delhi 1991). Die wohl neueste Ubersetzung der zwolf wichtigsten Upanisaden stammt von P. Olivelle: Upanif?ads (Oxford 1996). Die Aitareya-Upanif?ad ist in allen in Anm. 3 genannten Sammlungen enthalten; vg1. besonders L. Silburn in: Les Upanishad, 10 (Paris 1950). Die Kausltaki-Upanif?ad wurde u.a. herausgegeben bzw. iibersetzt von E. B. Cowell in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1861) und von L. Renou (Les Upanishad, 6, Paris 1948) sowie von H. W. Bodewitz (Graningen 2002). Vg1. P. Thierne: Der VVeg durch den Himmel nach der Kauf?ltaki-Upanif?ad, in: Wiss. Zschr. der Martin-Luther-Univ. Halle-\¥ittenberg, Gesellschafts- u. Sprachwiss. Reihe, 1 (1951/52), Heft 3, S. 19-36. Die Chandogya-Upanif?ad wurde - immer neben den in Anm. 3 genannten Sammelwerken - kritisch ediert und iibersetzt von O. v. Bohtlingk (Leipzig 1889). Weitere kritische Ausgabe von W. Morgenroth (Diss. Jena 1958). Reichhaltig kommentierte Ubersetzung von A. Ja. Syrkin (Pamjatniki pis'mennosti Vostoka, 6, Moskau 1965).
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11 Die Brhadaral)yaka-Upanif?ad erschien in der KaJ:.lva-Rezension von E. Roer in drei Biinden der Bibliotheca Indica (Calcutta 1849-1856). Die weiteren Angaben beziehen sich auf die Ma.dhyamdina-Rezension. Kritische Edition und Ubersetzung von O. v. Bohtlingk (St. Petersburg 1889); Ausgabe als Bd. 16 der Anandasrarna Sanskrit Series von B. S. Agase (Poona 1891,3. Aufl. 1914). Ubersetzung als Bd. 5 der Literaturdenkmiiler der Volker des Ostens (Moskau 1964).
12 Vg1. u.a. folgende Werke: A. Fiirst: Der Sprachgebrauch der alteren Upanif?ads verglichen mit dem der friiheren vedischen Perioden und dem des klassischen Sanskrit, in: Zschr. fUr vergleichende Sprachforschung, 47 (Gottingen 1915); O. Wecker: Der Gebrauch der Kasus in der alteren Upanif?ad-Literatur (Gottingen 1905). 13 Vg1. A. Ja. Syrkin: Brichadaran'jaka Upani,'iada (Moskau 1964). 14 Arbeiten iiber die Ka~ha-Upanif?ad u.a. von J. N. Rawson (Oxford 1934) sowie von F. Weller: Versuch einer Kritik der Ka~IJOpanisad (Berlin 1953). Ausgabe von V. S. Apte (Poona 1889). Kritische und annotierte Ubersetzung von O. v. Bohtlingk in den Sitzungsberichten der Sachs. Akad. der Wiss., Phi1.-Hist. K1., 42 (Leipzig 1891), Nr. 2-3. 15 Zur fsa-Upanif?ad vg1. die Angaben in Anm. 3. 16 Kritische Edition, Ubersetzung und Erliiuterung der Svetasvatara-Upanisad von R. Hauschild in Abhandlungen fUr die Kunde des Morgenlandes XVII, 3 (Leipzig 1927, Neudruck Nendeln 1966). 17 Die MUl)qaka-Upani,,?ad wurde publiziert und iibersetzt von 1. Maury (Paris 1943). 18 Die Prasna-Upanif?ad wurde ediert von J. Bousquet (Paris 1948) und kritisch iibersetzt von O. v. Bohtlingk (s. Anm. 14). 19 Die Mal)qukya-Upanif?ad wurde ediert und iibersetzt von E. Lesimple (Paris 1944). 20 Die M.aitrayal)l-Upanisad wurde kritisch herausgegeben, ubersetzt und kommentiert von J. A. B. van Buitenen als Bd. 6 der Disputationes Rheno- Traiectinae (Den Haag 1962). 21 Zu den spiiten Upanil;'aden: Die Kaivalya-Upanisad wurde herausgegeben und iibersetzt von B. Tubini (Paris 1952). Desgleichen die Chagaleya-Upanif?ad von L. Renou (Paris 1959). Die Saiva-Upanil;'aden wurden ediert von Mahadeva Sastri als Bd. 9 der Adyar Library Series (Adyar 1950), so auch die Vail;'I.laVa-Upanil;'aden als Bd. 8 dieser Serie (2. Aufl., Adyar 1953) sowie die Sakta-Upanil;'aden als Bd. 10 (2. Aufl., Adyar 1950) und die Yoga-Upanisaden (Adyar 1920). 22 W. Ruben: Die Philosoph en der Upani,,?aden (Bern 1947).
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VEDISCHE LITERATUR
6. Die Vedangas
In del' l\lU1;ujaka-Upalli!?ad 1,1,5 findet sich die Fest.st.ellung, dass die Erkennt.nis des Brahman die hohere Wissenschaft darst.ellt.. Die niedere \J\Tissenschaft. dagegen werde repriisentiert von den Veden (damit. ist. das Opferritual gemeint.) sowie von Phonet.ik, Gral11mat.ik, Etymologie, Met.rik und Ast.ronomie. Diese Gebiet.e bilden die Vedangas ("Glieder des Veda"). Diese Texte gelten nicht. mehr als Offenbarung (sruti), sondern werden als del' Beginn del' Uberlieferung (smJ;'ti) bet.racht.et.. Wiihrend ein Rit.ual schon zur Zeit. des ~gveda best.and, sind die Anfiinge del' iibrigen Disziplinen in den BrahmaI,las nachweisbar. Lit.erat.urgeschicht.lich von Bedeutung ist. del' Umst.and, dass aIle diese \J\Terke in einer eigent.iimlichen Form, dem sogenannt.en Sutra-St.il, abgefasst sind. Diesel' St.il ist. durch iiuBel'st.e Vel'dicht.ung aus del' Prosa del' Brahmalfas hervorgegangen und imponiert durch eine eigent.limlich gedriingte, mit.unt.er geradezu iinigmat.ische Klirze. Das 'Wort "Sut.ra" bedeut.et. Faden im Sinne von Leitfaden, womit nicht. nul' die \J\Terke selbst., sondern auch die einzelnen Regeln odeI' Thesen gemeint. sind. Die Sut.ras sind also nmemot.echnische Leitfiiden, die nicht. et.wa fiir den Laien odeI' Anfiinger gedacht., jedoch - wie die Masse del' vedischen Lit.eratur - nur insoweit. Geheimnis waren, als sie Sudras, das heiBt., die Angehorigen des viert.en St.andes, nicht. gelehrt. werden durft.en. Geheimgehalten wurden vor allem die A.ralfyakas und einige wenige andere Text.e. Die G~'hyasut.ras musst.e prakt.isch jeder arische Hausvat.er kennen. Die Sraut.asut.ras waren Gediicht.nisst.iitzen fUr die Priester, doch keine Geheimliterat.ur. Die st.ilistische Gedriingt.heit., die fUr diese Text.e charakteristisch ist., nimmt. im Laufe del' Zeit. noch zu: Zwischen Baudllayalla und Katyayalla et.wa best.eM ein ganz erheblicher Unt.erschied. Ein Beispiel des Sut.ra-St.ils entnehmen wir dem Asvalayalla-,5rautasiltra II, 4, wo das Agnihot.ra behandelt wird. AIle Klammerausdriicke stehen nicht. im Originaltext., sondern mussen a.us dem Zu" sammenhang ergiinzt werden: 1. Diese (Verse sind) Jahr fUr Jahr (zu gebrauehen).
2. Mit Reis- (beziehungsweise Gersten- )Milchsehleim. oder mit Milch opfere er selbst am Tage des Mondweehsels. 3. Ein Priester (darf aueh fur sieh selbst) eine andere Zeit wahlen. 4. Aueh ein Brahmanensehuler (darf das). 5. Naehdem er Wasser beruhrt und sieh naeh Norden gewandt hat, soIl er (den Opferrest) verzehren. 6. Oder (er esse erst dalm) , wenn er auf den beiden anderen (Feuern) geopfert hat. 7. Beinl ersten Mal (speist er mit): "Zum Leben verzehre ieh dieh" , beim zweiten Mal (mit): "Zur Nahrung dieh." 8. Sehweigend (ergreift er) ein Brennholzseheit und legt es mit "Agni, dem Rausvater, Reil!" in den Garhapatya.
Die Vedaligas
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g. Die zweite (Opferspende vollzieht er) grundsatzlieh (sehweigend).
Del' erste del' sechs Vedal'lgas wird von den Kalpasutras gebildet. Es sind dies im einzelnen: die Srautasutras, welche die gro:l3en Opferzeremonien behandeln; die Grhyasutras, die das Hausrituallehren; die Dharmasutras, die das gesellschaftliche Leben durch juristische Grundsatze regeln; angehangt sind die Sulvasutras, die sich mit del' Geometrie des Opferplatzes befassen, und die die Bestattungsgebrauche erorternden Pit~'medhasutras.l Die Srautasutras sind, im ganzen gesehen, die iilt.est.en Sut.ras . doch sind nicht. aIle von ihnen alter als et.wa die G~·hyasUt.ras. Sie geben die Regeln fUr die in den BrahmaI,las erort.ert.en groBen Opfer, lellren also unter anderem die Anlegung del' drei Opferfeuer, das Neu- und Vollmondopfer, die Tert.ial-. Tierund Somaopfer. Ihr lit.erarisches Verhiiltnis zu den BrahmaI,las ist verschieden beurt.eilt worden, doch hat. sich jetzt. die Ansicht. durchgesetzt, dass die Verbindung beider doch recht eng ist und dass Unt.erschiede sich vorwiegend daraus erkliiren, dass BrahmaI,las und Sraut.asut.ras das Rit.ual von ganz verschiedenen Gesicht.spunkt.en aus diskutieren. 2 Abel' auch st.ilistisch darf man keinen scharfen Trennungsst.rich ziehen, deml wie uberhaupt. del' Sutra-St.il aus den Brahmalfas hervorgegangen ist., hat. sich auch del' Ubergang selbst. flieBend gest.altet. So hat. del' St.il des recht. alt.en Baudhayana-Srautasiltra noch viele Ahnlichkeiten mit. dem del' Brahmalfas, und auch 'im Sal'lkllayalla-Srautasiltra. kommen noch brahmalfa-al1l1liche Passagen vor. Die G~·hyasut.ras haben als Geschicht.squelle eine erstrangige Bedeut.ung. Fur die Lebensfuhrung im alten Indien w,aren sie von gr6Bt.er \J\Ticht.igkeit., indem sie - wesentlich vielseit.iger als die Sraut.asutras - das gesamt.e personliche Leben reguliert.en von del' Empfangnis uber die Namensgebung, Mannbarkeitsriten, Schiilerschaft, Hochzeit. bis zum Tot.enkult. AuBerdem werden neben den Regeln fUr einfache Opfer und magische Praktiken auch Hinweise fUr den Hausbau, die Landwirtschaft. und fUr vieles andere gegeben. Da die G~'hyasutras viele Volksbriiuche verarbeit.et. haben, sind sie auch fUr den Et.hnographen bedeut.ungsvoll, zumal sie vieles enthalten, was alt.er als die Brahmanas ist. 1m iibrigen ,sind die G~'hyasut.ras weit. weniger eng an die BrahmalfaS angeschlossen als die Sraut.asut.ras, wie dies nach del' jeweiligen t.hemat.ischen Spezifik auch nicht andel'S zu erwart.en war. Die Pit.rmedhasut.ras konnt.e man zu den Sraut.asut.ras odeI' auch zu den Grhyasut.ras rechnen. Sie behandeln die Zeremonien vom Tod iiber die Beerdigung odeI' Verbrennung bis zur Erricht.ung eines Grabwalls. Um den Inhalt del' Dharmasut.ras zu verst.ehen, muss man sich libel' die Bedeut.ung von dharma klarwerden. Diesel' Begriff ist. jedoch sehr vielschicht.ig. Er bedeut.et Religion, religios angemessenes Verhalten, abel' auch Sitte und auch Recht und Geset.z. Nun konnt.e man die Dharmasutras auch zur wissenschaftlichen Lit.erat.ur rechnen und dann zusammen mit den Dhal'masa.st.l'as
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Die Veda:l'tgas
besprechen; da sie aber doch noch mehr religiosen als juristischen Inhalts sind und au:Berdem zur Kalpa-Literatur gehoren, soIl auf sie bereits hier eingegangen werden. Ein wesentlicher Bestandteil der Dharmasiltras sind die Regeln, die fUr die sozialen Gruppen (an deren Spitze nach wie vor die Brahmanen stehen) und fur die "~sramas gegeben werden. Wahrend sich die G~hyasiltras vorwiegend im Dorf- und Familienmilieu bewegen, sind die Dharmasiltras offensichtlich mehr auf gesellschaftliche Zustande, und zwar solche in der Stadt, zugeschnitten. Abgefasst sind sie vorwiegend in Prosa, teilweise aber auch in Anu~tubh und Tri~tubh, womit sie zu den metrischen Dharmasastras uberleiten.
Bereich der Atharvaveda-Schule in Gestalt von 72 Texten, die teils im Siltra~ Stil, teils metrisch gehalten sind und sich mit magischen Praktiken und Vorzeichen beschaftigen. 4 Die Prayogas sind praktische Handbucher aus spaterer Zeit. Die Paddhati sind Grundrisse, die den Siltras ziemlich genau folgen. Die I{arika schlie:Blich stellen das Ritual in Versen dar.
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Die 8ulvasiltras schlie:Blich sind geometrische Leitfaden fur die Anlage der Opferstatte (vedi) und des Feueraltars. Uber die chronologischen Verhaltnisse der Siltras sind wir kaum besser unterrichtet als uber die der Brahma:t;tas. Die ersten 8rautasiltras mogen um 550 v. Ohr. entstanden sein, die G~hyasiltras im 5. und 4. Jahrhundert, die Dharmasiltras um 300 v. Ohr. Obwohl also eine gewisse Abfolge zu verzeichnen ist, handelt es sich doch nicht um scharf voneinander abgegrenzte Schichten, sondern um vielfach verzahnte Komplexe. Mit Sicherheit steht zum Beispiel fest, dass die Srauta- und G~hyasiltras der Vaikhanasa-Schule nach der Zeitenwende entstanden sind. Auch das ist ein Indiz dafur, dass die vedische Ara der politischen Geschichte sich zeitlich nicht mit der der vedischen Literatur deckt. Die einzelnen Siltrawerke3 sind wiederum an bestimmte Vedaschulen angeschlossen. Zum I:tgveda gehoren ein Asvalaya,na- und ein Sarikhayana-Srauta und -Grhyasiitra. An den Samaveda angeschlossen sind: ein Latyayana- und ein DrahyayaI,la-Srautasiitra, ein Jaiminlya-Srauta- und -Grhyasiitra, ein GobhilaGr11yasiitra (dessen Mantras im sogenannten Mantra-BrahmaI,la stehen), ein Khadira-G~'hyasiitraund ein Masakasiitra, das identisch mit dem AT!~eyakalpa ist. Der Schwarze Yajurveda hat die Siltra-Literatur besonders reichhaltig entwickelt. So gibt es ein Apastamba-Srauta,- und -Grhyasiitra, (die Mantras fUr letzteres stehen im Mantrapatha), ein HiraJ,Iyakesi- (oder Satya?aQh~~\ Srautaund -G~'hyasiitra, ein Baudllayana-Srauta- und -G~'hyasiitra, ein Bllitradvaja,Srauta- und Grhyasiitra (diese vier Schulen gehoren eng zusammen), ein \ladhiila-Srautasiitra, ein Manava-Srautasiitra- und -Grhyasiitra und ein KathakaGrhyasiitra. Der Wei:Be Yajurveda hat ein Katyayana-Srautasiitra, ein Paraskara,-Grhyasiitra und ein wichtiges Katyayana-Sulvasiitra entwickelt. Bei den Atharvavedins gibt es ein ebenfalls wichtiges Kausika-(Grhya)Siitra, das alter ist als das Vaitana-(Srauta)Siitra. Das alteste Dharmasiitra ist das des Gautama; es wird zum Samaveda gerechnet. Zum Schwarzen Yajurveda gehoren das Baudhayana-, Apastamba-, HiraI,lyakeii-, Vaikhanasa-, Harlta- und Vai?I,lava-, zum I:tgveda das Vasi?tlla-Dharmasiitra. An die Ritualliteratur schlie:Ben sich noch zahlreiche Werke erganzenden oder erlauternden Inhalts. Die Parisi~tas (Nachtrage) existieren unter anderem im
Der zweite Vedanga ist die Phonetik (sik?a). Die hierhergehorenden Werke fUhren den Namen Pratisakhya; sie sind eng mit den Samhitas verbunden. Wahrend im Padapatha del' Sandhi (vgl. S. 32) des Samhitapatha aufgelost wird, lehren die Pratisakhyas das richtige Rezitieren del' heiligen Texte, das frei yom Hiatus ist. Sie zeigen also, wie aus dem Padapatha del' Sarnhita-Text zu bilden ist, geben aber auch Hinweise auf Akzentuierung und anderes. Aufgrund des ~kprati.sakhya wissen wir, dass die ~ksamhita schon damals in zehn J\1a:t;t<;lalas gegliedert und uberhaupt so arrangiert war wie heute. Pratisakhyas existieren fUr ~gveda, Taittirlya-Samhita, Vajasaneyi-SaJnhita und Atharvaveda. 5 Zum Samaveda gehoren ein ~ktantra6 (ein allerdings mehr grammatisches als phonetisches Vverk) und das Pu?pasiitra7 . Auch das Paiicavidhasiitra kann man hier anschlie:Ben. 8 Obwohl nicht eigentlich unter den Vedangas aufgefUhrt, sind hier die sogenannten Anukrama:t;tls zu erwiihnen, die im 5. bis 3. Jahrhundert v. Ohr. entstanden sind. Es sind Verzeichnisse der Samhitas, ihrer Metren, Gotter, I:t~is und so weiter. Katyayana ist Verfasser del' zum I:tgveda gehorenden Sarvanukramal.l1; sie verzeichnet aIle Hymnen nach ihrem Anfang geordnet, die Gotter und Metren. Eine Anukramalfl ist auch die vielleicht von Saunaka, wahrscheinlicher aber von dessen Schuler Asvalayana verfasste Brhaddevata, die in 810kas und Tri~tubh-Versen abgefasst ist. Sie schlie:Bt sich genau an die Reihenfolge innerhalb del' ~ksamhita an. Zu jedem Vers nennt sie die zugehorige Gottheit und bringt hierzu etwa 40 wert volle Legenden und Sagen bei. 9 Das ebenfalls metrische ~gvidllana erklart die aus der Rezitation einer jeden Hymne beziehungsweise Verses stammende magische Kraft. IO Das '~Terk erlangte im alten Indien lang dauernden Einfluss. Die grammatischen Werke des Vedanga sind verlorengegangen. Zum Vedallga wird zwar traditionell die Grammatik des Palfini geziihlt. Da sie jedoch keiner speziellen vedischen Schule angehort und somit eine gewisse Sonderstellung einnimmt, werden wir sie erst im Abschnitt uber die wissenschaftliche Literatur behandeln (s. S. 251). An etymologischen Werken ist als einziges das Nirukta des Yaska erhalten, das vor 500 v. Ohr. entstand, aber sicherlich Vorlaufer hatte,u Es handelt sich um einen etymologisierenden Kommentar zu den Nigha:t;ttu (Wortlisten), die nicht von Yaska sind. Das Werk enthiilt Verzeichnisse von synonymen, schwierigen oder seltenen Wortern, Gotternamen und so weiter. Metrik behandelt ein ';\Terk namens Chanda1,lsiitra, das von Pillgala stammt.
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Es ist aber von sehr spater Zeitstellung, was man an den in ihm aufgefiihrten Metren unschwer erkennt. 12 Als astronomisches Werk entstand der Jyot:i,?a- Vedfinga, der nicht im SutraStil abgefasst ist und aus etwa 40 Versen bestehtY
Anmerkungen
1 Gute Ubersichten iiber die Siitra-Literatur vermitteln: A. Hillebrandt: Ritual-LitteratuT. Vedische Opfer und Zauber (Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde, III, 2, StraBburg 1897); J. Gonda: The Ritual Siitras (A History of Indian Literature, I, 2, 'tViesbaden 1977). Zu den Siitras als Geschichtsquelle vg!. Ram Gopal: India of Vedic Kalpasiitras (2. Aufl., Delhi 1983); R. N. Sharma: Culture and Civilization as
Revealed in the Srautasiitras (Delhi 1977); V. M. Apte: Social and Religious Life in the Grhya Siitras (Bombay 1954); V. Mitra: India of Dharma Siitras (Delhi 1965). Zum Opferritual vgl. auch Chitrabhanu Sen: A Dictionary of the Vedic Rituals, Based on the Srauta and Grhya Siitras (Delhi 1978), K. Mylius: Worterbuch des altindischen Rituals (Wichtrach 1995). 2 Anders R. Liibbecke: Uber das Verhiiltnis von Brahmal).as und Srautasiitras (Diss. Leipzig 1908) . 3 Eine generelle Ubersicht gibt C. G. Kashikar: A Survey of the Srautasiitras (Bombay 1968). Zu den einzelnen 'tVerken: Asvalayana-,5rautasiitra, herausgegeben von Ramana.rayal:ta Vidyaratna in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1864-1874). Ubersetzungen: vollstandige annotierte Ubersetzung von K. Mylius ('yichtrach 19~4); AdlJyaya V von P. Sabbathier im Journal Asiatique 15 (Paris 1890). Sankhayana-Srautasiitra, herausgegeben von A. Hillebrandt in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1888 ff., Neudruck Delhi 1981). Ubersetzung von W. Caland, herausgegeb;m von Lokesh Chandra (Nagpur 1953). Lafyayana-Srautasiitra, herausgegeben von Ananda Chandra Vedantavaglsa in der Bibliotheca Indi:a (Calcutta 1870-1872, Neudruck mit Zusatzen von C. G. Kashikar 1982). Drahyayal).a-Srautasiitra, herausgegeben von Raghu Vira im Journal of Vedic Studies I (Lahore 1934). Teiliibersetzung aus beiden 'tVerken von A. Parpola in den Commentahones Humanarum.Litterarum, Societas Scientiarum Fennica, 43 (Helsinki 1969), Nr. 2. Vollstandige eng!. Ubersetzung des Lafyayana-srautasiitra von H. G. Ranade, 3 vols., in den IGlamiilasastra Series, 27 (Delhi 1998). Jaiminlya-Srautasiitra, Studie von A. Parpola i:l den Orientalia Suecana 16, 1967 (Uppsala 1968). Manava-Srautasiitra, herausgegeben und iibersetzt von J. M. van Gelder (New Delhi 1961-19~3), verbesserter Reprint von C. G. Kashikar (Delhi 1985). Varaha-Srautasiitra, herausgegeben von ,tV. Caland und Raghu Vira (Lahore 1933, Neudruck 1971). Apastamb~-Srautasu.tra, herausgegeben von R. Garbe in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1882 ff.). Ubersetzung von W. Caland: Buch 1-7 (Giittingen1921, Neudruck 1961), Buch 8-15 (Amsterdarl1 1924, Neudruck Wiesbaden 1969), Buch 16-24 und 31 (Amsterdam 1928, Neudruck Wiesbaden 1969).
Die Vedaligas
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Vadhiila-Srautasfitra, iibersetzt vonW. Caland in den Acta Orientalia, 1-6 (Leiden 19231928) . Bharadvaja-~rau~asiitra, herausgegeben und iibersetzt von C. G. Kashikar (Poona 1964). Vaikhanasa-Srautasiitra, herausgegeben von ,tV. Caland in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1941). Katyayana-Srautasiitra, herausgegeben von A. vVeber (Berlin 1856, Neudruck als Bd. 104 der Chowkhamba Sanskrit Series, Varanasi 1972). Ubersetzung von H. D. Ranade (Poona 1979). Vaitana-Siitra, herausgegeben von Vishva Bandhu (Hoshiarpur 1967). Ubersetzung von W. Caland (Amsterdam 1910, Neudruck Wiesbaden 1967). Die wichhgsten Grhyasiitras wurden iibersetzt von H. Oldenberg in den Sacred Books of the East, 29-30 (Oxford 1886-1892, Neudruck Delhi 1964) und von A. F. Stenzler in den ~bhandlungen fiir die Kunde des Morgenlandes (Leipzig 1864-1878, Neudruck 1966). Asvalayana-Grhyasiitra, herausgegeben von J. V. Caryyel).a (Calcutta 1893); von Ramanarayal).a Vidyaratna und Anandacandra Vedantavaglsa in der Bibliotheca Indica (Neudruck DeIhl 1986). Kauthuma-Grhyasiitra, herausgegeben von Siirya Kanta in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1956). Gobhila-Grhyasiitra, herausgegeben von F. Knauer (Dorpat 1884-1886) und von C. Bhattacharya (Calcutta 1936), Neudruck 1982. Apastamba-Grhyasiitra, herausgegeben von M. Winternitz (Wien 1887). Hiral).yake:iin-Grhyasiitra, herausgegeben von J. Kirste (Wien 1889). Manava-Grhyasiitra, herausgegeben von F. Knauer (St. Petersburg 1897). Kathaka-Grhyasiitra, herausgegeben von W. Caland (Lahore 1925). Kritische Ed. von C. Dreyer (Stuttgart 1986) Varaha-Grhyasiitra, Ubersetzung von P. Rolland (Aix-en-Provence 1971). Vaikhanasa-Smartasiitra, herausgegeben und iibersetzt von ,tV. Caland in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1927-1929). Jaiminlya-Grhyasiitra, Ubersetzung von W. Caland (Lahore 1922). Arf?eyakalpa, herausgegeben von W. Caland (Leipzig 1908, Neudruck Nendeln/Liechtenstein 1966). Kawiika-Siitra, herausgegeben von M. Bloomfield (Neudruck Delhi 1971). ltIantrapafha, herausgegeben von M. Winternitz (Oxford 1897). Baudhayana-, Apastamba-, Kafyayana- und Manava-Sulvasiitra, Ausgabe und Ubersetzyng von S. ~. Sen und A. K. Bag (Delhi 1983). Apastamba-Sulvasiitra, herausgegeben von A. Biirk in der Zschr. der Dtsch. Morgenlandischen Gesellschaft, 55-56 (1901/02). Baudhayana-Sulvasiitra, Ubersetzung von G. Thibaut. In: Pandit 9. Zu den Dharmasiitras vgl. S. G. Banerjee: A Study in the Origin and Development of the Dharmasiitras (Calcutta 1962). Baudhayana-Dharmasiitra, herausgegeben von E. Hultzsch (Leipzig 1884, 2. Aufl. 1922, Neudruck Nendeln 1966). Gautama- Dharmasiitra, herausgegeben von D. G. Pandey als Bd. 172 der Kashi Sanskrit Series (Varanasi 1966). Apastamba-Dharmasiitra, ebenda, Bd. 93 (Varanasi 1969). yaikh an asa-Dharmasiitra, Ubersetzung von W. Eggers (Giittingen 1929). Ubersetzung der graBen Dharmasiitras (Apastamba, Baudhayana, Gautama, Vasii!fha) von G. Biihler in den Sacred Books of the East, 2 und 14 (Oxford 1879-1882, Neudruck Delhi 1964). 4 Ausgabe der Atharva-Pari:iistas v. G. M. Bolling und J. v. Negelein (Leipzig 1909/10).
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DIE VEDISCHE LITERATUR
5 Ifgveda-Pratisak11,Ya, Ausgabe und Ubersetzung von M. Muller (1856-1859) und Deva Mangal Sastri (Oxford 1922). Taittirl,Ya-Pratisakh,Ya, Ausgabe und Ubersetzung von W. D. Whitney im Journal of the American Oriental Society, 9 (New Haven 1871). Kritische Ausgabe von V. V. Sharrna (Madras 1982) Vajasane,Yi-Pratisakh,Ya, Ausgabe und Ubersetzung von A. Weber in den Indischen Studien 4; Ausgabe von P. Y. Pathak (Benares 1883-1888); von S. 1. Rastogi (Varanasi
1967). Atharvaveda-..Pratisakh,Ya, Ausgabe von Vishva Bandhu (Lahore 1923). Davon verschieden ist das Saunakl,Ya Caturadh,Ya,Yika genannte ViTerk: Ausgabe und Ubersetzung des sich ebenfalls als Atharvaprati.sakh,Ya bezeichnenden Werkes von W. D. Whitney (New Haven 1862,2. Aufl. als Nr. 20 der Chowkhamba Sanskrit Sudies, Varanasi 1962). 6 Ausgabe des Ifktantra von Surya Kanta (Lahore 193:3,2. Aufl., Delhi 1971). 7 Ausgabe und Ubersetzung des Pu/?pasutra von R. Simon in den Abhandlungen der Bayer. Akad. der Wiss., 1909. 8 Ausgabe und Ubersetzung des Paiicavidhasutra von R. Simon: Indische Forschungen, 5 (Breslau 1913). 9 Ausgabe und Ubersetzung der Brhaddevata von A. A. Macdonell in den Harvard Oriental Series, 5 und 6 (Cambridge [Mass.] 1904, Neudruck Delhi 1965). Kritische Ed. der kurzeren Fassung von Muneo Tokunaga (Kyoto 1997). 10 Ausgabe des Ifgvidhiina von R. Meyer (Berlin 1878); Ubersetzung von J. Gonda (Utrecht 1951); Ausgabe, Ubersetzung und Studie von M. S. Bhat (Delhi 1987). 11 Zur Entwicklung der Etymologie in vedischer Zeit vgl. F. Singh: The Vedic Et,Ymolog,Y (Kota 1952). Das Nirukta wurde ediert von R. Roth (Gottingen 1852, Neudruck Darmstadt 1976) und von L. Sarup (Bombay 1927), mit Ubersetzung (London 1920). Studie von H. Skiild (Lund 1926). 12 Ausgabe und Erliiuterung des Chanda1;Jsutra von A. \\Teber in den Indischen Studien, 8 (Leipzig 1863); Ausgabe in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1871-1874, Neudruck 1987). 13 Ausgabe und Erliiuterung des J,Yoti/?a von A. \\Teber in den Abhandlungen der PreuB. Akad. der Wiss., Phil.-Hist. Kl. (Berlin 1862).
Die epische Literatur
1. Einfiihrung An das Zeitalter del' vedischen schlieBt sich das del' epischen Literatur an, eine Abfolge, die fiieBend und ohne schade, stufenlose Abgrenzung VOl' sich geht.. Vorliiufer del' Epen £lnden sich bereits in den Sariwada-Hymnen des ~gveda, abel' auch in den als Gotter- und Heldensagen in den Brahmanas vorkommenden Itihasas und Akhyanas. Verschiedentlich gehorten Rezitati~nen solcher Sagen zunI Ritual und formierten beispielsweise einen festen Bestandteil des ,~svamedha. Die ~gvedischen Danastutis fanden eine Fortsetzung in den yom Satapatha-Brahmalfa erwiihnten gatha narasamsl, von Lautenspiel untermalten Heldenverherrlichungen. Diese wurden die eigentlichen Vorliiufer del' beiden altindischen Heldenepen Ma,habharata und Ramayalfa. 1 Zweifellos gab es auch schon vor denselben epische Zyklen, von denen jedoch nur Reste erhalten sind. Dazu ziihlt del' Legendenkranz des die Sprache des ~gveda imitierenden, abel' wohl erst aus del' Zeit del' Katha-Upani.,?ad stammenden Suparlfakllyana. 2 Verbreitet wurden die Epen durch verschiedenartige Berufsgruppen, von denen die z'wei wichtigsten die den K 9atriyas nahestehenden koniglichen Hofsiinger oder Barden (sutas), die auch als Autoren del' epischen Dichtungen in Betracht kommen, und - del' sozialen SteHung nach niedriger einzustufen, abel' von weit groBerer, populiirer Ausstrahlungskraft - die fahrenden Siinger (kusllava) waren. h~ Gegensatz zur vedischen Literatur ist die epische vorwiegend in K 9atriyaKrelsen entstanden. Diese Literatur hat also weltlichen Charakter, weist abel' deutlich eine moralisierende Tendenz auf, wie sie schon in den Upani 9aden zum Ausdruck kam. Auch die Vorstellungen von del' Gotterwelt haben sich sehr veriindert. Von den im Veda dominierenden Gottern hat nur Indra von seiner PositiOl~ einiges behaupten konnen. Jetzt dagegen herrscht das Dreigestirn Brahman, Siva und Vi 91JU. Neue Gotter sind hinzugekommen, so Kubera als Gott ~es Reichtums, GalJesa als Gott del' Gelehrsamkeit, Karttikeya als Kriegsgott, SrI oder LalqmI als Gottin del' Schonhe}t und des GHicks und Durga oder Parvatl als die furchtgebietende Gattin des Siva. 3 Die altindischen Epen sind mehrfach mit Ilias und Odyssee verglichen worden, und in del' Tat gibt es gerade hinsichtlich del' literaturgeschichtlichen Position manche Entsprechungen. Sehr deutlich sind abel' auch die Unterschiede. Homer uberragt die indischen Dichtungen unvergleichlich in bezug auf den Aufbau, die Gliederung und die Zeichnung del' Charaktere. Auch eine gewisse
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DIE EPISCHE LITERATUR
Das Mahabharata
Neigung zu Ubertreibungen und iiberhaupt zur Unmii13igkeit gereicht del' altindischen Epik nicht zum Vorteil. DafUr abel' ist sie den griechischen Schwesterwerken an ethischem Niveau und Tiefe vieleI' philosophischer Gedanken klar uberlegen. Abgefasst sind die Epen vorwiegend in Slokas, einem aus del' vedischen Anu~tubh entstandenen VersmaB yom Bau 2 X 8 + 2 X 8 Silben. Neben den beiden eigentlichen Epen "'1allfibharata und Ramaj7al!a sind weitere, zum Teil sehr umfangreiche vVerke zu nennen, die man unter dem N a~ men PuraJ:.las zusammenfasst. 4 Del' Form nach - in bestimmter Hinsicht abel' auch nach dem Inhalt - zerfallt die Sanskritepik in zwei Arten. Die eine rekrutiert sich aus Itihasas (Legenden), Akhya.nas (Erzahlungen) und PuraJ:.las (alten Geschichten). Ihr Hauptvertreter ist das lvlahabharata.. Die zweite, als Kavya bezeichnet, ist dagegen Kunstdichtung und demzufolge inhaltlich weit weniger an die Uberlieferung gebunden. Wichtigstes Werk diesel' Gruppe ist das Ramaj7aJ:.la. Es entstand als ziemlich homogenes vVerk im ostlichen Indien. Das 1\1ahabharata hingegen, im westlichen beziehungsweise nordwestlichen Indien angesiedelt, ist ein auBerordentlich komplexes \"lerk von enzyklopadischem Charakter, in dem die eigentliche epische Handlung nur zu etwa einem Funftel am Gesamtumfang beteiligt ist. In del' vorliegenden Fassung ist das Ramaj7al!a unzweifelhaft alter als das lVlahabharata. Einer del' dafUr sprechenden Beweise besteht darin, dass im Mahabhara.ta III, 277-291, das Ramaj7al!a genannt wird. Abel' andererseits finden sich im Mahabharata Passagen, die nicht in Slokas, sondern in vedischen Metren abgefasst sind. Ferner beziehen sich die epischen Stoffe dieses '''Terkes, besonders del' Hauptkonflikt, vorwiegend auf Namen und Begebenheiten del' vedischen Ara. Del' Kern des Ma.habharata darf daher als betrachtlich alter als das Ramayal!a gelten.
2. Das Mahabharata
Anmel'kungen 1 Eine besonders griindliche, zusammenfassende Darstellung findet sich bei P. A. Grincer: Drevneindijskij epos. Genezis i tipologija (Moskau 1974). 2 Ausgabe undUbersetzung des Suparnakhyana von J. Charpentier (Uppsala 1920). 3 Hierzu eine wichtige Arbeit im Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde: E. W. Hopkins, Epic Mythology (StraBburg 1915 u.a.). 4 Zum inhaltlichen Vergleich der beiden Epen auBert sich J. C. Oman: The Great Indian Epics (London 1894).
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Das i\fallabharata ist die langste Dichtung del' Weltliteratur. Es besteht aus 18 Buchern (parvan) und einem als Nachtrag (khila) geltenden 19. Buch, dem Harivamsa. Das Gesamtwerk umfasst uber 106000 Slokas. l Ein Ahnherr namens Bharata wird bereits im J.{gveda. erwahnt. Seine Nachkommen, die Bharata, vermochten infolge del' ll1agischen und rhetorischen Fahigkeiten des l.t~i Visvamitra, die Flusse Vipas (Bias) und SutudrI (Satlej) zu uberschreiten (J.{gveda III, 33). Sie nahmen danach ihre vVohnsitze zvvischen dem oberen Ganges und del' Yamuna. Ein spaterer innerer Zwist ihrer Nachkommen, namlich del' Pal:t~avas und Kauravas, del' zu einem furchtbaren Kampf und schlieBlich Untergang fuhrte, ist die Haupthandlung des Epos lvfa.habharata. Zweifellos liegt dem Ganzen ein historischer Kern zugrunde: die innerarischen Fehden bei del' Einwanderung nach Indien und del' Ausbreitung dortselbst. Nach Meinung Albrecht '''lebel's hat es sich um Kampfe zwischen den Kuru und den Pancala (deren herrschende Familie die PaJ:.l~us waren) gehandelt. Dies ist in del' Tat sehr wahrscheinlich, da es unter anderem erklal't, dass sich del' Schwerpunkt del' gesellschaftlichen Entwicklung und del' Staatenbildung von Madhyadesa in ostlicher Richtung nach Kosala, Videha und Magadha verlagerte. In diesen Handlungskern wurden Episoden eingeschaltet, die so zahlreich sind, dass sie das Geschehen del' Haupthandlung auf weiten Strecken uberwuchern. Die hochste Gottheit des lvfa.habharata ist Vi~~lU. Siva-Legenden, die auch vertreten sind, wurden vermutlich sekundar eingeschoben. Del' Vi~]!-uisnlUs des vVerks tritt inl wesentlichen als Verehrung des K~'~l:ta in Erscheinung. Ursprunglich war K~·~J:.la vermutlich Heros eines Hirtenstammes. Bis zu seiner Identifizierung mit Vi~l!-U war ein weiter \Neg zuruckzulegen. So ist auch das lVIa.habllarata alles andere als homogen und ganz bestimmt nicht das Werk eines einzigen Dichters. Nach eigener Feststellung besaB es urspriinglich nur 24000, ja anfangs sogar lediglich 8800 Slokas. Es gab also mehrere Bearbeitungen, Agglomera.tionen und Zusatze. Daher hat es nicht an Versuchen gefehlt, eine ursprungliche Fassung zu eruieren und wiederherzustellen. 2 Ein wissenschaftlich fundiertes Resultat haben soIehe Versuche abel' bisher nicht erbracht. "'Teitel' kompliziert wil'd diese Problematik durch die umstl'ittene Frage del' Parteinahme im Epos. K~'~l!-a, del' gottliche Verbundete del' Pal:t~avas, wird nicht selten als Anstifter tUckischer Ranke bezeichnet. Andel'el'seits wird abel' auch wieder entschieden fur die Pal:t~avas Partei ergriffen. Derden Kampf beschreibende Sanjaya tritt fUr die Kauravas ein, wahrend Vaisampayana, del' erstmals das Gesamtepos erzahlt und dem Konig Janamejaya vortragt, seine Sympathie den Pal!-~avas schenkt. Anhand dieses so schwierig deutbaren Ma-
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terials nahm Adolf Holtzmann mehrfache Uberarbeitungen eines ursprunglich kauravisehen Heldenliedes an. Die endgiiltige Fassung setzte er ins 15. und 16. Jahrhundert. 1st auch letztere Zahl unhaltbar, so haben doch namhafte Indologen eine ahnliche Position bezogen: Auch Ch. Lassen, 1. v. Schroeder und J. J. Meyer vertraten die Auffassung, dass das Epos ursprunglich fUr die Kauravas Partei ergriff und spater im Sinne der Pa1.lc.lavas umgearbeitet wurde. Abel' H. Oldenberg hat dem mit Recht entgegengehalten, dass die groBe Spielszene (s. S. 76) sehr alt ist und dass bei ihrer Schilderung die Sympathien unbestreitbar auf der Seite der Pa1.lc.lavas liegen. Die Frage muss also einstweilen offenbleiben. Generelle lTberarbeitungen im Interesse einer der beiden Parteien beziehungsweise ihrer Naehkommen hat es aber sicher nicht gegeben. Moglicherweise erklart sich die ursprungliche -- und dann im Epos £lxierte - Parteinahme jeweils aus der Stimmung am Furstenhofe, an dem der betreffende Barde weilte. Denn es versteht sich, dass ein Hofsanger von der Gunst seines Konigs oder Fursten in entscheidendem MaBe abhangig war. Schwierig und nur in Umrissen zu beantworten ist auch die Frage naeh dem Alter beziehungsweise del' Entstehungszeit des Epos: Urn 600 n. Chr. beriehtet der Dichter Ba1.la liber das Epos. Bereits urn 400 werden ihm in Landschenkungsurkunden 100000 Slokas zugeschrieben. Das Abendland erfuhr in der zweiten Halfte des 1. Jahrhunderts durch den Rhetor Dio Chrysostomos von der Existenz eines groBen indischen Epos. Die buddhistischen Jatakas zeigen sich zwar mit dem Mahabharata bekannt, abel' auf eine sehr ungenaue Weise. Vielleicht erklart sich dies daraus, dass das Werk im Osten Indiens, der Entstehungsgegend der Jatakas, weniger als im Westen bekannt war. Die ersten deutlich uberlieferten Spuren einer Kenntnis des Epos sind aus dem A.svalayana-GThyasfitra abzulesen, das man vermutlich in das 5. Jahrhundert v. Chr. stellen darf. Die Veden im engeren Sinne kennen zwar die Kurus, aber nieht das Kurufeld, auf dem sich der Kampf abspielt. Es bleibt also nur die Aussage moglich, dass das Mahabharata etwa zwischen 400 v. Chr. und 400 n. Chr. entstanden ist. Mit dieser Feststellung ist uber das Alter des im Epos verarbeiteten Stoffes selbstverstandlich noch nichts entsehieden. Jedenfalls ist es weit hoher als das des Epos selbst. H. Oldenberg hat die Abstammung der Pal.lc.luiden bis zu Parik~it und seinem Sohn Janamejaya verfolgt, die er in die Zeit zwischen der ~ksamllitaund den altesten Brahmal.las versetzt. Demzufolge kann der Kuru-Pancala-Kampf, als dessen Folge die Koalition dieser Volker zer£lel, ohne weiteres im 8. Jahrhundert v. Chr. oder noch fruher stattgefunden haben. Wiehtigstes Resultat dieser chronologischen Erorterungen ist die Feststellung, dass das Mahabharata kein scharf umgrenztes Zeitalter schildert. Vielmehr muss das Alter eines jeden Stuekes aus sieh selbst heraus bestimmt werden.
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Die HAUPTHANDLUNG - olme die literatur- und ideengeschichtlich hochbedeutsamen Einschube - lauft, knapp skizziert, wie folgt ab: 3 Buch I - Adi-parvan ("Anfangsbuch") genannt - beginnt mit der Schilderung au£erst verwickelter Verwandtschaftsverhaltnisse. 1m Bharata-Land herrsehte, von der Hauptstadt Hastinapura aus, der Konig Santanu. Sein Sohn und Mitregent hieB BhT~ma. 1m vorgeruckten Alter verliebte sieh Santanu in die junge SatyavatT. Diese aber war fruher die Geliebte des I.t~i Parasara gewesen und hatte ihm einen Solm namens Kr~l.la Dvaipayana oder Vyasa geschenkt. Dieser Vyasa gilt der orthodoxen Uberlieferung als Ordner der Veden und Verfasser des Ma,11abharata, in dem er abel' auch selbst eine Rolle spielt. SatyavatTs Vater wollte seine Tochter nur unter del' Bedingung dem Santanu zur Frau geben, dass Vyasa dereinst das Konigreich erben wurde. Aber mit Rucksicht auf BhT~ma konnte der Konig ein solches Verspreehen natlirlich nieht geben. Doeh der hochherzige BhT~ma entschloss sich, a,uf die Thronfolge zu verzichten, so dass Santanu die SatyavatT heiraten konnte. Sie sehenkte ihm zwei Sohne: Citrangada und VicitravTrya. Nach dem Tode des Vaters und des alteren Bruders wurde VieitravTrya Konig, starb aber kinderlos schon in jungen Jahren, wobei er zwei vVitwen hinterlie£. Urn das Furstenhaus nicht aussterben zu lassen, veranlasste SatyavatT ihren Solm Vyasa, diese beiden Witwen zu schwangern. Aber Vyasa war ein Ausbund der Hasslichkeit; daher schloss die erste Witwe bei seinem Anblick die Augen, weshalb der von ihr geborene Sohn Dh~·tara~tra blind zur Welt kam. Die zweite Witwe erbleiehte VOl' Schreck, und so wurde auch ihr Sohn Pa1.lc.lu bleich. Spater heiratete der blinde Dh~·tara~tra die Konigstoehter GandharT, die ihm hundert Sohne schenkte, der alteste hieB Duryodhana. Pa1.lc.lu wurde von der KuntT zum Gatten gewahlt. Ihre Kinder bekamen die Namen Yudhi~thira, Arjuna und BhTma. Pal.lc.lu nahm sich dann noch eine zweite Frau namens Madrl; sie schenkte ihm die Zwillinge Nakula und Sahadeva. Konig in Hastinapura wurde zunachst Pal.lc.lu. Doeh starb er bald, so dass der blinde Dh~·tara~tra die Herrschaft wie auch die Erziehung der funf Pal.lc.luSohne, der Pal.lc.lavas, ubernahm. Ihr vVaffenlehrer war Dr0l.la. Bald zeichneten sie sich so aus, dass Dhrtara~tra den Yudhi~thira zum Nachfolger bestimmte. Damit wollte sich jedoch sein altester Sohn, Duryodhana, nicht ab£lnden und bewog seinen charakterschwaehen Vater zu einem heimtuckischen Plan. Anlasslich einer Reise wurden die Pal.lc.lavas in einem aus leicht entfiamrnbaren Stoffen errichteten Haus untergebracht, das Duryodhana anzunden lie£. Die Pal.lc.lavas, von einem gewissen Vidura gewarnt, entkamen jedoch der Gefahr und retteten sich in den Wald, wahrend Duryodhana sie fUr tot hielt. Am Hof des Konigs Drupada gelang es Arjuna, einen bestimmten Bogen zu spannen und damit die Konigstochter DraupadT zu gewinnen. Die Handlung des Epos verlauft aber keineswegs so linear, wie es sich naeh
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diesem Berieht darstellt. Deml schon zwischen der Flucht aus dem "Laekhaus" und der Ankunft am Hofe des Drupada haben die Pal),c.lavas so viele Abenteuer zu bestehen, dass man die Haupthandlung dabei fast ganz aus den Augen verliert. So schickt der im Wald lebende Riese HieJimba seine Sehwester Hic.limba als Spaherin gegen die Pal),c.lavas aus. Sie trifft auf Bhlma und verliebt sieh in ihn. Der hinzukommende Hic.limba wird besiegt. Bhlma und Hic.limba haben zusammen den Solm Ghatotkaca. Die Pal),c.lavas kommen nun in eine Stadt zu einem Brahmanen. Dieser war gerade an der Reihe, aus seiner Fanlilie fUr den sehrecklichen Riesen Baka ein Menschenopfer darzubringen. Bhlma ersehlagt den Baka.
1m Wald spielt Buch III (Vanaparvan, ,,\Valdbuch"). Ihren Lebensunterhalt bestreiten sie durch die Jagd. Zahlreiehe Abenteuer mussen sie in der \iVildnis bestehen. Arjuna erhiilt \Vaffen von den Gottern und besiegt nlit Sivas Hilfe die Kiratas. Um sich an dem Ungluck seiner Verwandten zu weiden, zieht auch Duryodhana in den Waldo Er geriit in die Hii.nde der Pal),c.lavas, doch schenken diese ihm die Freiheit wieder.
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Dennoch liisst sich durch diese Verastelungen der Gang der Erziihlung weiter verfolgen: Arjuna hatte mit dem Spannen des Bogens die yom Prinzen Dhr~ta.dyumnaverkundeten Bedingungen der Gattenwahl der Draupadl erfullt. In diese hatten sieh inzwischen aber alle Pal).c.lavas, nicht nur Arjuna, verliebt. Sie beschlossen also, mit der Draupadl in Polyandrie zu leben. Sie willigt ein, die Pal,lc.lavas treten aus ihrer Anonymitat heraus und bleiben fortan dem Yolk der Pal1cala, dessen Konigshaus die Drupada-Familie war, eng verbunden. Dort lernten sie aueh K~'~r.Ja kennen, der ihnen gewogen wird und stets ihr treuer Freund bleibt. Die Kauravas uberlegen nun ihr weiteres Vorgehen angesichts der beiden neuen Biindnisse der Pa.l),c.lavas. Duryodhana will ein neues Rankespiel einleiten, Kan),a will Krieg; sieh durehzusetzen, gelingt aber Bhl~ma, auf dessen Rat Dh~·tara9tra das Reich teilt. Die Pal),\lavas grundeten nun die Stadt Indraprastha (im Gebiet des heutigen Delhi) und errichteten von dort aus ein machtiges Reich. Die Draupadl sehenkt jedem der Bruder einen Sohn. Duryodhana aber neidete den Pa.l),c.lavas diese Erfolge und sann auf Rache. In offener Feldschlacht wagte er sich nicht zu stellen. Daher Iud er mit Zustimmung des sehwaehen Dhrtara~tra die Pal),c.lavas nach Hastinapura zu einem Wurfe1spie1 ein. Auf der Seite der Kauravas wurfelte der gesehickte Gnkel des Duryodhana, Sakuni. Diesem gelang es, Yudhi~thira sein Reich, seine Freiheit und sogar die Draupadl abzunehmen. Duryodhana gebietet ihr, kunftig als Sklayin die Zimmer zu saubern; sein Bruder Dul),sasana will ihr die Kleider yom Leibe reiBen. Bhlma sehwort, ihn und Duryodhana zu toten. Diese Vorfalle gehen Dh~·tara~tra nun doeh zu weit; er gibt den Pal),c.lavas die Freiheit wieder und schield sie zuriiek nach Indraprastha. Die VVurfelspielszenen gehoren bereits ins Bueh II ~ Sabhaparvan ("Bueh der Versammlung") gena.nnt ~, das sehr alt ist. Duryodhana war der Meinung, die Pal),c.lavas seien zu leichten Kaufes davongekommen. Er fUhrt ein neues Wurfelspiel herbei, dem sich Yudhi~tJlira nicht entziehen kann. \Ver verliert, solIe fUr zwolf Jahre in die Verbannung gehen und noeh ein dreizelmtes Jahr anonym leben. Und wieder gewinnt Sakuni das Spiel, so dass die Pal),c.lavas als Verbannte in den vVald ziehen mussen.
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In Buch IV (Virat,aparvan) kommen sie unerkannt und verkleidet an den Hof des Matsya- Konigs Virata, wo sie versehiedenartige Beschaftigungen annehmen. Die Draupadl wiI'd Dienerin der Konigin. Del' Feldherr Klcaka will sie besitzen, doch Bhlma erwurgt ihn. Nun ergab es sieh, dass die Kauravas in das Matsya- Land einfielen und den Konig Virata gefangennahmen. Die Pa1:rc.lavas stehen ihrem Herrn bei, befreien ihn und schlagen die Kauravas zuruck. Die Kauravas schopfen zwar Verdaeht, aber nun ist das dreizehnte Jahr zu Ende, und die Pa1:rc.lavas geben sieh zu erkennen. Der Konig der Matsya verbundet sich mit ihnen und gibt Arjunas Sohn Abhimanyu seine Toehter Uttara zur Frau. Nunmehr beginnt Bueh V (Udyogaparvan, "Bueh der Aufrustung"). Die Pal),c.lavas und ihre Verbundeten entsenden einen Boten naeh Hastinapura und fordern auf Veranlassung von Kr~l).a das halbe Konigreich zuruck, da die Verbannungszeit abgelaufen sei. Spiiter erklaren sich die Pal),c.lavas sogar mit fUnf Dorfern zufrieden. Aber Duryodhana lasst den als Boten kommenden Kr~l).a ohne Antwort zuruckgehen. Beide Seiten spuren, dass der Kampf unvermeidlich wird, rusten sich dazu und suchen Bundesgenossen. Das lvIahabharata nennt hierbei zahlreiche Volkernamen, die wert volle ethnographische Hinweise geben. Befehlshaber der Kauravas wiI'd del' alte Bhl~ma; ihm zur Seite steht Duryodhana. Arjuna mit Kr~l).a als Wagenlenker steht an del' Spitze der Pal),<;lavas. Durch Bhl~ma erklaren die Kauravas den Krieg. Hier beginnt Buch VI, das Bhl~maparvan ("Bueh des Bhl~ma"). Nunmehr nimmt die groBe, aehtzehn Tage wahrende Sehlacht auf dem Kurufeld (Kuruk~e tra) ihren Verlauf. Nur gleiche \Vaffengattungen durften gegeneinander kampfen. Vyasa verleiht dem Sanjaya die Gabe, alle Einzelheiten des Sehlaehtverlaufes verfolgen zu konnen, und diesel' schildert nun den Kampf mit urwuehsiger Kraft und \Vildheit. An den ersten neun Tagen sind die Kauravas im Vorteil, hauptsachlich dureh Bhl~ma, der den Pal),c.lavas groBe Verluste zufUgt. Nur gegen den P ancala- Konigssohn Sikhal).<;lin, del' fruher eine Frau war, will er vvegen dessen Zartheit nieht kampfen. Da gibt K~'i?l),a dem Arjuna den Rat, sich Sikhal).c.lins Rustung anzulegen. In der Tat gelingt es, auf diese \Veise Bhli?ma zu tauschen, so dass Arjuna ungehindert seine Pfeile auf ihn absehieBen kann. In einem Waffenstillstand sammeln sich alle um den Sterbenden. Dieser rat jetzt zum Frieden, doch Duryodhana lehnt wieder abo In Buch VII, dem Drol).aparvan ("Buch des DrOl),a"), ubernimmt diesel' den
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Oberbefehl iiber die Kauravas. Und wieder greifen die Palf1avas auf K~'~~las Rat zu einer List: Sie rufen dem DroJ:.1a zu, sein Solm Asvatthaman sei gefallen, und als jener ersehroeken die 'iVaffen sinken lasst, sehliigt ihm der Bruder der Draupadl den Kopf abo Im nun beginnenden Bueh VIII, dem Kanfaparvan ("Bueh des Kanfa"), iibernimmt der Aliga- Konig Kanfa das Kommando iiber das Heer der Kauravas. Am siebzehnten Tag entsteht ein furehtbares Blutbad dureh Bhlma, der aueh Dulfsasana totet. Arjuna kampft mit Kanfa. Als dieser seinen in einen Sumpf geratenen Kriegswagen wieder fiottzumaehen sueht, totet ihn Arjuna dureh einen Pfeilsehuss in den Riieken. 21. Inmitten dieses groBen Heers auf seinem Elefanten ritt der starke Bhlma, als er nun zum Angriff auf die Deinen sehritt. 24. Gesehmiiekt mit einem Diadem, den spitzen Speer in seiner Hand, hat er im Mittagssonnenglanz mit seiner Glut den Feind verbrannt. 2S. Als K~emadhurti ihn von fern auf seinem Elefanten sah, rief er den Kampfbegierigen an und freudig stiirmt er vOl'wiirts da. 26. Die beiden Elefanten, gleieh an Kraft und furehtbarer Gewalt, wie zwei gewaltige Berge sind sie aufeinander angeprallt. 32. Und K~emadhurti briilIte laut, mit Ungestiim griff er zum SpieB, und sieben Speere seine Hand fest auf die Brust des Bhlma stieB. 34. Doeh Bhlma fasst der glanzenden, der sonnengleiehen Lanze Sehaft und sehleudert sie, die eiserne, auf seinen Feind mit aller Kraft. 3S. Da hatte der Karusa- Fiirst gespannt den starken Bogen schon. Zehn Pfeile trafen Bhlmas Speer und seehsmal zehn den Pa.J:.11u-Sohn. 36. Aueh Bhlma spannt den Bogen, der wie 'iVetterwolken-Donner drohnt. Den Elefanten trifft sein Pfeil, indes sein Kampfgesehrei ertont. 37. Von seiner Pfeile Schwarm verletzt, hat K~emadhurtis Elefant gleieh einer Wolke windgejagt sieh aus der Sehlaeht zur Flueht gewandt. 38. Doeh Bhlmas Konigselefant verfolgt den Fliehenden sogleieh. 'iVie eine Wolke sturmgepeitseht der andern folgt im Wolkenreieh. 39. Kraftvoll hielt K~emadhurti jetzt den fiiehenden Elefanten an und iibersehiittet Bhlmas Tier mit einer Flut von Pfeilen dann. 41. Den Pa.l~1ava verwundete er selbst in wilder Kampfeswut und seinen Elefanten traf er an den reehten Stellen gut. 42. Des Bhlma Konigselefant, 0 Bharata, zu Boden sank. Doeh ehe er fiel, Held Bhlma selbst von ihm herab zur Erde sprang. 43. Des Feindes Elefanten streekt er nieder mit dem Keulensehlag, und K~emadhurti sprang herab vom Tier, das tot am Boden lag. 44. Er stiirmte gegen Bhlma VOl' mit seinem Schwede sehneidend scharf, doeh Bhlma ihn dureh einen Schlag lTlit seiner Keule niederwarf.
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45. Da lag er - in der Hand das Sehwert - bei seinem Tier tot auf dem Feld, wie ein vom Blitz ersehlagner Leu bei einem Berg, vom Blitz gespellt. eUbers.: Otto v. Glasenapp) In Bueh IX (Salyaparvan, "Bueh des Salya.") tritt dieser, ein Konig der Madra, an die Spitze der Kauravas. Doeh wird er bald von Yudhi~thira getotet. An diesem aehtzehnten Tag wird Duryodhana von Bhlma gestellt. Auf K~'~l~as Rat zersehmettert Bhlma mit dem Streitkolben einen Obersehenkel des Duryodhana. Sterbend klagt dieser die Palf 1a.vas an, den Sieg auf unehrenhafte, listige vVeise errungen zu haben. Aber Bhlma verweist auf die Brandstiftung im Laekhaus, auf das betriigerisehe Wiirfelspiel und auf die Besehimpfung der Draupadl, und er zertritt Duryodhana den Schadel. Danaeh wird das KauravaHeer verniehtet und Yudhi~thira zum Konig ausgerufen. Nunmehr beginnt Bueh X (Sauptikaparvan, "Bueh des naehtliehen Uberfalls"). Nur drei Kampfer der Kauravas waren entkommen und in den Wald gefiiiehtet: Krtavarman, Krpa und Asvatthaman, der Solm des Drolfa. Sie sehworen, an den PaJ:.11avas Raehe zu nehmen. Asvatthaman kann naehts keinen Sehlaf finden und gewahrt, dass eine Eule die auf den Asten sehlafenden Krahen totet. Er weekt seine sehlafenden Gefahrten und iiberzeugt sie von der Mogliehkeit, auf diese vVeise mit dem siegreiehen Feind abzureehnen. Wiihrend die PaJ:.11avas im Sehlaf liegen, sehleiehen sieh die drei Kauravas heran, verniehten fast das ganze Heer und bringen die Kunde hiervon dem sterbenden Duryodhana. Nur die Palf 1u-Sohne und Kr~lfa entkommen dem naehtIiehen Blutbad. Naeh Verriehtung der Totenopfer vermittelt Vyasa eine Aussohnung zwischen den Pa.l~1avas und dem blinden Dh~·tara~tra. In Hastinapura wird Yudhi~thira gekront. Bueh XI (Strlparvan, "Bueh der Frau") ist in asthetiseher Hinsieht wahl das wertvollste von allen (die Episoden nieht eingereehnet). Gandharl, die Gattin des Dhrtara~tra, kann den Sehmerz iiber den Verlust ihrer Solme nieht verwinden. Ihre bewegende Totenklage ist ein Meisterwerk elegiseher Diehtung. Sie wirft dem K~'~lfa vor, den Verniehtungskampf nieht verhindert zu haben, und verfiueht ihn £iir das Zugrunderiehten ihrer Sohne. Dass sie mit ihren Vorwiirfen sehr im Recht ist, geht aus der noeh folgenden Bespreehung der Bhagavadgfta hervor. Die Biieher XII und XIII £iihren die Namen Santiparvan ("Bueh des Friedens") bzw. Anusasanaparvan (Bueh der Anweisungen). Sie wirken wie ein ganzes eingesehaltetes Kongloruerat didaktisehen Inhalts und haben mit der Haupthandlung so gut wie gar niehts mehr zu tun. Die Hauptthemen sind Belehrungen iiber Politik (nfti) , Recht und Tugend (dharma) und Erlosung (mok!?a). Erteilt werden diese Lehren von Bhl~ma. Dieser war dureh Arjunas Pfeile zu Tode getroffen WOrdell. Er muss sterben, darf sieh aber dureh
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gottliehes Entgegenkommen die Zeit seines Todes selbst aussuehen. Auf dem Pfeilbett liegend, belehrt Bhls;ma nun den Yudhi~thira uber zahlreiehe Thee men in weitsehweifiger \Veise. Bueh XII ist del' Philosophie gewidmet, wahrend in Bueh XIII vorwiegend Reehtsfragen behandelt werden, wobei vielfaeh del' Standpunkt des Manava-Dharmasastra (s. S. 228) eingenommen wird. Da geht es urn Reehte und Pfliehten eines Konigs, um Sitten- und Erlosungslehren, um familien- und erbreehtliehe Fr'agen sowie um die Sari1khya-Yoga- Philosophie, Fast alle diese Themen werden ziemlieh oberflaehlieh abgehandelt, wobei del' Eindruek entsteht, als habe del' Kompilator odeI' Interpolator sie aus zweiter Hand erfahren und unkritiseh verarbeitet. Bueh XIV heiBt Asvamedhikaparvan ("Bueh yom Rossopfer"). Naeh dem sehreekliehen Gemetzel del' aehtzehntagigen Sehlaeht will Yudhis;thira in die \Valdeinsamkeit ziehen, veranstaltet dann abel' statt dessen ein solennes Rossopfer (Asvamedha), woraus ein weiteres Mal die engen Beziehungen des MahabhaTata mit del' vedisehen Ara zu ersehen sind. Bueh XV flihrt den Namen Asramavasikaparvan ("Bueh yom vVohnen in del' Einsiedelei"). Del' alte Konig Dhrtara~tra lebt noeh flinfzehn Jahre am Hofe del' Pa.lf<;lavas und zieht dann in den Wald, wo er naeh einiger Zeit bei einem Brand umkommt. Krsnas Sehieksal wird in Bueh XVI - Mausa1aparvan ("Bueh yom Keulenkam~'f;') genannt - gesehildert. Del' seit del' Totenklage del' Gandharl auf ihm lastende Flueh findet seine Erfullung. Sein Volk verniehtet sieh dureh innere Zwistigkeiten selbst. K~'S;lfa zieht in die Wildnis hinaus; dort trifft ihn del' Pfeil eines Jagers in die FuBsohle, was den Tod zur Folge hat. Bueh XVII ist das Mahaprasthanikaparvan ("Bueh yom graBen Aufbrueh"). 1m Alter gehen auf Vyasas Rat die flinf Pal.l<;lu-Sohne zusammen mit del' Draupadl und einem Hund auf die Pilgerfahrt zum Gotterberg Meru. Naeheinander sterben dort die Draupadl, Sahadeva, Nakula, Arjuna und Bhlma. Indra selbst holt Yudhisthira in den Himmel. wobei letzterer seinen Hund mitnimmt, del' .. in Wirkliehkeit dharma ist. Mit Bueh XVIII - Svargarahal.laparvan ("Bueh des Aufstiegs zum Himmel") -~ endet das Epos. Yudhis;thira erbliekt zu seinem graBen Sehreeken im Himmel die Kauravas, wahrend er die Pa1.l<;lavas in del' Holle gewahrt. Indra erklart ihm. dass die Bosen zunaehst kurz in den Himmel kamen und dann flir ewig in die rIolle; bei den Guten sei es umgekehrt. Die Palf<;lavas erhalten zum Sehluss Gottergestalt. In Hastinapura wurde del' Enkel Arjunas und Sohn des Abhimanvu Parlksit. Herrsehel'. Dessen Sohn Janamejaya veranstaltete spiiter ein groBes Sehlangenopfer, bei welchem Vaisampayana auf Veranlassung Vyasas zum erstenmal das Mahabharata vorgetragen haben solI. Vorgetragen (Vorlesen ist aueh heute noeh die Ausnahme) wurde (und wird) das Mahabharata auszugsweise. Entweder wiI'd die Rahmenhandlung erzahlt,
dann werden die Einsehube weggelassen, odeI' abel' - und das ist haufiger del' Fall - es werden bestimmte Gesehiehten vol'getragen. Am beliebtesten sind mit Abstand "Das Lied von Savitrl" und "Das Lied von Nala und Damayantl". Die Anlasse konnen ganz vel'sehieden sein und reiehen yom Buhnenvortrag bis zur Kindergesellsehaft.
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Ubel'graBe Uppigkeit in jeglieher Hinsieht, Phantasie, die oft zur Phantasterei wil'd, sind dem Epos vielfach vorgewol'fen worden -- zugegebenermaBen nieht zu Unreeht. Eine gewisse MaBlosigkeit -- die ja aueh schon im Umfang zum Ausdruek kommt - beeintraehtigt den Realismus del' Sehilderung des Gesehehens erheblieh. So kann es ohne weiteres vorkommen, dass ein Fotus die Veden rezitiert odeI' dass das Vindhya-Gebirge unmutig wird, weil es ebenso geehrt werden moehte wie del' Berg Meru und so weitel'. \Vas jedoeh die Chal'akterisierung del' handelnden Personen anlangt, zeigt sieh, dass die Helden durehaus realistiseh-mensehliehe Zuge tragen, die eher mit denen eines Achilles und Agamemnon als denen eines Gilgameseh verwandt sind. Aueh wenn die im Epos geschilderten Taten nicht in minuzioser Detailliel'theit, sondern in einfaehen, graBen und klaren Linien gezeiehnet werden, entsteht von den handelnden Personen doeh ein lebenseehtes Bild. Dureh das Ganze geht eine al'chaiseh anmutende Kraft und Leidensehaftliehkeit, die freilich nieht selten aueh in Wildheit, ja Roheit umschHigt. Bei del' Herausarbeitung schon ganz individueller Charaktere liebt das Epos die Verwendung von Kontrasten. So wil'd Yudhis;thira, del' als Haupt del' einen del' beiden kriegfuhrenden Parteien ganz untypisch wirkt, mit seinem Bruder Bhlma verglichen. Ersterer wird als Verehrer des Dharma, des gottlichen und mensehliehen Reehts, dargestellt, womit er in Gegensatz zu dem starken, rahen K~atriya Bhlma gerat, del' sieh von mol'alisehen Bedenken nie bedriiekt geflihlt hat. Ein grelleI', vielfach ausgemalter Kontrast besteht aueh zwischen Konig Dh~·tal'a~tra und seinem Sohn Duryodhana: dort Sehwaehe und Zaudern, hier eine geradezu dantonistisehe Entschlossenheit. Die SPRACHE des Epos ist grammatiseh weniger korl'ekt als die del' Brahmal.las und nimmt sich viele diehterische und metrisehe Fl'eiheiten. So gibt es vielfach unpassende \Vortendungen, falsehe Anwendungen del' Sandhi-Regeln (die del' Euphonie dienen), Verweehslungen del' Endungen im Aktiv und Medium und andel'es mehl'. Dagegen zeigt sich die episehe Spraehe del' del' Veden in anderer Hinsieht iiberlegen: Sie vel'fligt uber einen betraehtlich reieheren \Vortsehatz und besonders uber eine Bildhaftigkeit, wie sie del' Veda nieht aufzuweisen hatte. In immer starkel'em MaBe werden a1ltaglieh gebrauehte '!\Tarter dureh diehterisehe Umsehl'eibungen ersetzt. So wird del' Begriff Konig dureh Mannerherr, Erdentrager und andere umsehrieben, wahrend del' Vogel ein Luftdurchwandler, die Schlange ein Brustganger und del' Baum ein FuBtrinker ist. Diesel' Bildhaftigkeit steht allerdings auch eine deutliche Verminderung des FOl'men-
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Das Mahabharata
reichtums, besonders beim Verb, gegenuber. Insgesamt abel' ist die Sprache des Epos das passende Gewand fur die uberquellende Fulle von Gedanken und das oftmals schrankenlose \Vuchern del' Phantasie. Ein Beispiel sind die Beschreibungen, die oft eine massenhafte Aneinanderreihung von Adjektiven verwenden. Daneben greift die Verlangerung del' Komposita um sich und pragt den sprachlichen Charakter des Sanskrit in immer starkerem MaBe aus. Diese Entwicklung hatte schon in den Sutras begonnen und sich besonders auf die Dvarildvas (kopulatives Kompositum von zwei odeI' mehr Substantiven)bezogen. Diese Tendenz setzt sich im MahabllaTata fort. Hier eines von unzahligen moglichen Beispielen: Ein Berg wird beschrieben als "lowentigerelefanteneberba.rengazellenvoll". 1m ubrigen sind Sprache, Stil und lVIetrik ziemlich stark differenziert, wie sich das angesichts del' geschilderten Entstehungsgeschichte des 'Yerkes auch nicht andel's erwarten lieB. Vedisch Anmutendes findet sich ebenso wie hybrides Sanskrit. Eigentliche Kunstdichtung (kavya) kommt jedoch nicht vor. In del' Metrik henscht durchaus del' 810ka, doch finden sich auch die Tri~tubh und andere Metren; kleine Passagen sind sogar in Prasa geschrieben. Del' Eindruck des \iVuchernden und Unubersichtlichen entsteht hauptsa.chlich durch die vielen EINSCHUBE, die oftmals keinen Bezug zur Haupthandlung haben. Schon in Buch I werden anlasslich del' Erwahnung del' verschiedenen Konige ihre bis zu den Gottern hinaufreichenden Stammbaume erzahlt, und diese Gepflogenheit wird beibehalten, indem bei Erwahnung eines Henschel's, einer Gegend, eines Flusses nur zu bereitwillig eine jeweils dazu passende Legende angefuhrt wird. Einer del' altesten Einschube ist Nalopakllyana, das bereits erwahnte "Lied von Nala und Damayanti" - bekannt auch deshalb, weil es fUr die Studenten des Sanskrit die erste Originallekture zu sein pflegt. 4 Die Geschichte wird dem damals in del' Verbannung lebenden Yudhi~thira von dem \Veisen B:rhadasva zum Trost erzahlt.
del' als del' beste seinen Bogen spannte, kurz, es war, als ob in ihm del' Urvater del' Menschen selbst wieder Fleisch geworden ware.
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Es war einmal ein Konig, Nala war er geheiBen, Konig Heldenheers starker Sohn. Selbiger war ausgestattet mit begehrens\verten Tugenden, schongestaltet und ein tuchtiger Rossetummler. 'Veit, weit uberragte er aIle MenschenfUrsten, wie del' Gotterkonig die Gotter uberragt; seinem Glanze nach war er del' Sonne vergleichbar. Als Kenner del' heiligen Schriften war er geistlichen Mannern absonderlich zugetan; als Landesherr im. Ni~adha-Reiche war er ein heldenhafter Mann, und liebte er auch das \Vurfelspiel von Herzen, so bestand er doch fest in del' Wahrheit. Schlagfertig gerustet war das Heel', das er fUhrte. Adelig in seinem ganzen \Vesen und von den Regungen niederer Sinnlichkeit unberuhrt, war er ein Liebling von Mannern und von Frauen, ein wahrhafter Beschutzer seines Volkes,
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CUbers.: Hermann Camillo Kellner) Del' uberaus tugendhafte Konig Nala gerat in Besessenheit durch den bosen Einfluss des Diimons Kali, del' uber das Wiirfelspiel gebietet. Ganz wie Yudhi~thira verspielt auch Nala aIle Habe und geM darauf mit seiner treuen Gattin Damayanti in die Waldeinsamkeit. Doch auch dort verfolgen ihn die Wurfel, die in Gestalt von Vogeln sein Gewand stehlen. Nala sieht sich weiter vom Ungluck verfolgt, in das er Damayantinicht hineinziehen will. Daher verlasst er sie. Allein geblieben, geriit sie in die groBten Gefahren. VOl' wilden Tieren rettet sie ein Jager, del' abel' nun seinerseits ihr nachstellt. SchlieBlich gelingt es ihr, allein wieder heimzukommen. Inzwischen hat Nala dem Schlangenkonig Karkotaka einen graBen Dienst erwiesen und wird von ihm zum Dank unkenntlich gemacht. An einem Hof bekommt er Anstellung als koniglicher 'vVagenlenker (die Parallelen zum Virataparvan sind unverkennbar). Zum Schein veranstaltet indessen Damayanti eine Gattenwahl. Als einer del' Bewerber kommtder nunmehrige Hen des Nala mit diesem als \Vagenlenker. Nun weicht die Gewalt des Kali; in einer herzbewegenden Szene findet das \Viedererkennen del' Gatten statt. Eine weitere beruhmte Schalterziihlung ist das Savitl]1Upakhyana ("Das Lied von Savitri"). Es ist kiirzer und schlichter, abel' noch viel ergreifender als das Nala-Lied. Bei einer Gattenwahlnimmt sich die schone und treue Savitri den Satyavat als Ehemann. Del' Weise Narada praphezeit ihm zwar nur noch eine einjiihrige Lebenszeit, doch halt Savitri unbeinbar an ihrer Wahl fest. Als del' von Narada vorausgesagte Todestag herangekommen ist, gehen die Ehegatten zusammen in den 'Vald. Dort ermattet Satyavat und schlaft ein. Ihm naht sich alsbald del' Todesgott Yama und zieht die Seele aus ihm. Als er sich damit entfernen will, folgt ihm Savitri und verwickelt ihn in ein Gesprach. Von ihren tiefsinnigen Worten stark beeindruckt, gewahrt ihr del' Todesgott '~Tunsch um \Vunsch - nur das Leben ihres Gatten darf sie nicht von ihm fordern. Abel' Savitrilasst in ihrer Beharrlichkeit nicht nacho SchlieBlich sieht Yama sich gezwungen, ihr nachzugeben und dem Satyavat wieder das Leben zu schenken. Die Erzahlung ist durch die unbeinbare Gattentreue del' Savitri in Indien hochberuhmt geworden und behauptet durch ihre feine, zarte Grundstimnmng auch asthetisch einen hohen Rang. Auf weitere Schalterziihlungen konnen wir hier nur kurz eingehen. Sie sind nicht immer von del' antiasketischen, auf Aktivitat gerichteten Haltung del' K~atriyas getragen, die sonst im IVlahabhaTata vorherrscht, sondern sind mitunter von Brahmanen verfasst und in das Epos eingefugt worden. Hierzu zahlt die" Geschichte von Ruru", einem Abkommling des schon im ~gveda erwiihnten Cyavana, del' also ein Brahmane war. Ruru verliebte sich in Pramadvara,
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die Tochter einer himmlischen Nymphe. Sie erwiderte seine Liebe, doch wenige Tage 'lor del' Hochzeit wurde sie von einer Schlange gebissen, so dass sie leblos daliegt. Von allen Seiten kommen die Menschen, um sie zu beklagen, Ruru abel' geht in seinem Kummer in den vVald und fleht unter Hinweis auf sein bisheriges frommes Leben die Gotter an, seine Braut zu retten. Da erscheint ihm ein Gotterbote und teilt ihm mit, dass sein \Vunsch erfullt werde, er, Ruru, abel' seine halbe Lebenszeit daflir opfern musse. Damit ist Ruru einverstanden, und del' Todesgott gibt Pramadvara das Leben zuruck. Die Brautleute heiraten nun. abel' Ruru schwort, dass er kunftig jede Schlange, die er trifft, toten werde. Und so geschieht es auch. Eines Tages abel' trifft er auf eine Schlange, die in vVahrheit ein verzauberter I.tl?i ist. Sie wird durch die Begegnung mit Ruru entzaubert., und del' Rsi. belehrt Ruru., dass er von jeder Totung von Lebewesen .. absehen solIe.
Einschiibe erklaren sich - wie bereits beim Atharvaveda -- aus priesterlicher Uberformung, denn auch spateI' waren die Brahmanen bemuht, auBerhalb ihrer Kreise enst~ndenen \Verken wenigstens nachtraglich ihren Stempel aufzudrucken. So solI die" Geschichte vom I.tl?i Agastya" zeigen, dass ein kundiger Brahmane selbst den Gottern uberlegen ist. Die Gotter hatten mehrfach versucht, feindliche Damonen auf dem Meeresgrund zu bekampfen. Da ihnendies nicht gelang, wandten sie sich an Agastya mit del' Bitte, den Ozean auszutrocknen. Das bot diesem I.tl?i weitel' keine Schwierigkeiten: Er trank kurzerhand den Ozean aus und verschaffte dadurch den Gottern Zutritt zu den verborgenen Damonen.
Verschiedentlich kommen vedische Legenden mit veranderter Gestalt im Mahabharata erneut ans Tageslicht. Ein Beispiel ist die "Flutsage von Manu" und dem Fisch. Sie ist hier ausfUhrlicher und dichterisch eindrucksvoller als die Version des ,5atapatha.-Brahmal;a. Sicherlich stammt sie aus einer semitischen Quelle, zumal jetzt auch dariiber berichtet wird, dass Manu verschiedene Samen auf dem Schiff mitgenommen habe. Brahn'lanisch ist auch die "Erzahlung vom I.tl?i I.tl?yas~·llga", del' noch niemals eine Frau gesehen hatte, weil er allein mit seinem Vater in del' Waldeinsiedelei aufgewachsen war. Nun brach im Reich des Konigs Lomapa.da eine grofie Diirre aus. Die vVeisen erklarten diese fur ein Zeichen gottlichen Zorns, del' nur dann weichen werde, wenn J:{.l?yas~·llga ins Land komme. Die Konigstochtel' Santa macht sich erbotig, ihn zum Betreten des Reiches zu gewinnen. Sie begibt sich zu ihm und erscheint ihm, die Abwesenheit seines Vaters nutzend, ebenfalls als Einsiedlerin. Dabei reicht sie ihm Fruchte und \Vein und umgarnt ihn schliefilich mit ihren Umarmungen. Danach verlasst sie ihn wieder. Nun erscheint I.tl?yasplgas Vater und findet seinen Sohn in einer recht ungewohnten und zu einem Asketen nicht ganz passenden Gemutsbewegung. Zur Rede gestellt, aufiert sich I.tl?yas~·ilga begeistert iiber seinen vermeintlichen Besucher und meint. dass er dessen Art von Askese kiinftig auch liben wolle. Abel' del' Vater warnt ihn 'lor dem verderblichen Einfluss del' als Einsiedler maskierten Damonen, die das fromme \Verk del' wahl'en Asketen storen wollen. Del' Vater hat abel' kaum den Rucken gewendet, da geht I.tl?yaSrJ'lga auf die Suche nach seinem neuen "Freund". Bald findet er Santa, die ihn mit zu Lomapada nimmt. Sofort weicht die Durre, und es beginnt zu regnen. I.tl?yasrllga findet nun die wahre Aufklarung seiner Gefuhle und vertauscht das Asketenleben mit dem eines Schwiegersohnes des Konigs. Von Brahmanen eingeschobene Schalterzahlungen dienen naturlich von,viegend dazu, die gesellschaftliche Position del' Brahmanen zu festigen. Solche
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Brahmanische Uberlegenheit uber andere Stande del' altindischen Gesellschaft, insbesondere uber die K 9atriyas, solI die "Geschichte von Vasi 9tha und Visvamitra" demonstrieren. Auch sie hat ihre W'urzeln schon im IJgveda. Visvamitra ist im Alahabharata jedoch del' Sohn des Konigs von Kanyakubja. Eines Tages gewahrte er in del' Waldeinsiedelei des I.tl?i Vasil?tha eine \Vunschkuh - gewissermafien das altindische Tischleindeckdich. Alle Wunsche erfUllt eine solche Kuh augenblicklich. Kein Wunder, dass Visvamitra die Kuh erlangen wollte. Er bot ihrem Besitzer zehntausend gewohnlicheKlihe zum Tausch an. Abel' Vasil?t.ha lehnte abo Da entschloss sich Visvamitra, die Kuh zu stehlen. Er stellte dafur ein ganzes Heel' auf, doch tat dies die Wunschkuh, die sich nicht rauben lassen wollte, alsbald auch. Ihre Soldaten schlugen die des Visvamitra in die Flucht. Nun musste del' K 9atriya einsehen, dass er einem Brahmanen unterlegen war. Visvamitra entsagte seiner weltlichen \Vurde, iibte Askese und erlangte auf diesem Wege selbst die Brahmanenwurde. 1m Alahabharata finden sich ferner zahlreiche Fabeln und Parabeln. Beriihmt geworden ist die "Parabel vom Mann im Brunnen", die Vi dura dem Konig Dhrtaral?tra erziihlt. Ein Brahmane verirrt sich in einem dichten, von geHihrlichen Tieren wimmelnden \!\Tald. Diesel' wird zudem von funfkopfigen Drachen und einem grasslich aussehenden vVeib umringt. In del' Mitte des \Valdes befindet sich ein Brunnen. In diesen fallt del' Brahmane, bleibt abel' an einer Schlingpflanze hangen. 1m Brunnen haust aufierdem ein Drache; ferner naht ein sechsmauliger Riesenelefant. In den Baumen libel' dem Brunnen schwirren Bienenschwarme. Ihr Honig tropft dem Brahmanen in den Mund. Nun jedoch beginnen Miiuse, den Baum, an dem del' Brahmane hangt, anzunagen. Dies alles ist symbolisch zu verstehen, erklart Vidura: Del' endlose \!\Tald ist del' Geburtenkreislauf (saJTIsara), die gefahrlichen Tiere sind die Krankheiten, das grassliche Weib ist das Alter, del' Brunnen ist die korperliche HUlle del' Lebewesen, del' Drache auf seinem Grund ist die Zeit, die Schlingpflanzen, in denen sich del' Brahmane verfing, sind die Hoffnungen, del' sechsmaulige Elefant ist das Jahr, die Mause sind die Tage und die Nachte, die Honigtropfen sind die sinnlichen Freuden.
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Neben solchen Parabeln fehlen auch die TIERFABELN nicht. Sie lehren nicht so sehr moralisches Verhalten wie Lebensklugheit, vielfach in del' Art des Paiica,tantra. (s. S. 154). Del' Schakal spielt die Rolle unseres Fuchses; im ubrigen reden und handeln die Tiere wie die Menschen.
zum Leben erweckt, daher sollten sie ihren zwecklosen Aufenthalt abbrechen und nach Hause gehen. Die Eltern und sonstigen Angehorigen des toten Kindes sehen das schlie£lich ein und machen sich auf den Heimweg. Da kreuzt ein Schakal ihren vVeg. Er macht ihnen Vorwurfe, dass sie das Kind so schnell vergiif\en und nach Hause gingen; das sei ein Zeichen von Lieblosigkeit. So kehren alle bedriickt zum Totenplatz zuriick. Dort erwartet sie bereits wieder del' Geier. Er tadelt sie wegen ihrer Schwache. Um eines Toten willen solle man nicht weinen, nur um seiner selbst willen solle man trauern. Auf\erdem hiinge ja sowieso alles vom karma.n abo In die Fange von Kala geraten alle, 'Weise wie Narren, Reiche wie Arme, und einem jeden ergehe es nach seinen Taten. Daher gebe es keinen Grund zum Trauern. Halb und halb getrostet, gehen die Angehorigen wieder heimwarts. Unterwegs erwartet sie del' Schakal und ermahnt sie erneut: Sie solIten in del' Liebe zu ihrem toten Sohn nicht erlahmen und sich auch nicht ohne weiteres dem Schicksal unterwerfen; vielleicht sei es moglich, das Kind wieder zum Leben zu erwecken. Sie kehren also wieder um, und nun bemerkt del' Geier, er sei schon tausend Jahre alt, abel' noch nie habe er erlebt, dass ein Toter wieder ins Leben getreten sei. Man solle sich um seine Eltern, urn die Verwandten und Freunde kiimmern, solange diese am Leben seien - weI' das nicht tue, begehe ein moralisches Verbrechen. Abel' zu welchem Zweck um einen Toten weinen? So geht die wechselseitige Beeinflussung del' Angehorigen des verstorbenen Kindes durch Geier und Schakal weiter. Schlief\lich erbarmt sich Gott Siva del' Trauernden und schenkt dem Kind das Leben wieder.
Schlie£lich enthiilt das "';[ahabllarata zahlreiche und inhaltlich besonders wichtige Einschlibe didaktischer Art, wie zum Beispiel die Bucher XII und XIII mit den Belehrungen des sterbenden Bhi~ma an Yudhi~thira. War del' Inhalt diesel' Unterweisung ein recht gemischter, so sind die sonstigen didaktischen Partien des Epos vorwiegend philosophischer Natur. Eine grof\e Rolle spielt dabei del' Begriff des karman, del' fortwirkenden Tat, die eine gute odeI' schlechte Vergeltung zur Folge hat. Ein Beispiel ist die "Erzahlung von Schlange, Tod, Zeit und Karman". Del' Solm del' Gautami, einer frommen Brahmanin, wird von einer Giftschlange totgebissen. Dem riichenden Jager Arjunaka gelingt es, das Reptil zu fangen. Er bringt es del' trauernden Mutter mit dem Hinweis, es zu toten. Abel' Gautami entgegnet, dass aus dem Toten eines Lebewesens nur neues Unheil entstehe; auf\erdem konne ihr Sohn dadurch nicht wieder zum Leben erweckt werden. Doch del' Jager bleibt dabei: Den Feind musse man toten; schlie£lich habe ja auch Indra den Drachen Vrtra getotet. Diese grof\te Tat Indras war in ~'gvedischer Zeit in aller Gedachtnis. In epischer Zeit waren jedoch Indra und die mit ihm zusammenhangenden Mythen so sehr verblasst, dass ein solches "rgvedisches" Argument nicht mehr erfolgversprechend angefUhrt werden konnte. Nun greift auch die Schlange in die Diskussion ein. Sie sei schuldlos, denn sie sei ja nur das \Verkzeug des M~,tyu, des Todes. Daraufhin erscheint del' Todesgott selbst und erklart, sowohl ihn als auch die Schlange trafe keine Schuld, denn alle Existenz griinde sich auf das vVirken von Kala (Zeit odeI' auch Schicksal). Doch del' Jager bleibt dabei, del' Schlange und dem Tod den Verlust des Jungen zur Last zu legen. Daraufhin betritt Kala selbst die Szene und spricht die Schlange, den Tod und sich selbst von aller Schuld frei - alle hatten nur unter dem Einfluss des karman gehandelt. Jedermann erlange das Schicksal, das er sich selbst durch seine Taten bereitet hiitte. Diese \Vorte trosten Gautaml uber den Verlust ihres Sohnes, den sie nun als die Folge seines und ihres karmanansieht. Auf das Verhaltnis des Menschen zum Tode wird uberhaupt iln Epos mehrfach eingegangen, was angesichts einer blutigen Schlacht als zentralem Thema auch nicht verwundert. Sehr einprii.gsam ist beispielsweise die" Geschichte vom Geier, Schakal und vom toten Kind". Del' einzige Sohn einer Brahmanenfamilie ist gestorben. Untrostlich bringen die Angehorigen den Leichnam des Kindes zum Totenplatz. Ihr Kummer verbietet ihnen das Abschiednehmen, und weinend verharren sie dort. Da kommt ein Geier herbeigeflogen und erklart ihnen, dass ihr iNehklagen unnutz sei. Ein Toter werde nun einmal durch nichts wieder
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lTber alle diese didaktisch-philosophischen Pal'tien, ja iiber den gesamten Inhalt des Epos weit hinaus ragt jedoch del' "Sang des Erhabenen", die BhagavadgTta. 6 Von allen Werken del' einheimischen Literatur hat in Indien die Bhagavadglta nach Tiefe und Zeitdauer wohl den grof\ten Einfluss ausgeiibt, del' sich zudem bis in die Gegenwart hinein erstreckt. Ihrem Inhalt nach ist sie ein didaktisches Gedicht, das vorwiegend philosophische, vor allem ethische, und auch religiose Gedanken enthiilt. 1m Rahmen des Mahabllarata konstituiert sie die Kapitel 25 bis 42 des sechsten Buches. Das \;\Terk besteht also aus 18 Kapiteln (Gesiingen), wie denn auch das ganze Epos 18 Biicher aufweist. Eingeschaltet ist das Gedicht in den Zeitraum unmittelbar VOl' Beginn del' entscheidenden Schlacht auf dem Kurufeld. Arjuna wird angesichts del' ihm in del' gegnerischen Linie gegeniiberstehenden Verwandten, Freunde und Lehrer von Kleinmut befallen; es erscheint ihm - selbst fiir den Fall eines Sieges - sinnlos, gegen ihm so nahestehende Menschen Krieg zu fiihren. Unfahig und nicht gewillt, seine Verwandten zu toten, entspinnt sich mit seinem vVagenlenker (diesel' ist K~'~l)a als Inkarnation des Vi~l:tU) ein Gespriich, in dem diesel' die Bedenken des Arjuna zerstreut. Die BhagavadgTta ist also in erster Linie ein Dokument des Vi~l:tuismus. Del' Erhabene (namlich Vi~lfU) wendet sich an Aljuna, um ihm
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die Grundsatze pflichtgemiillen Handelns zu vermitteln. Kernstuck seiner Belehrung bildet die Ethik, die in drei Hauptpostulaten zusammengefasst wird. Das erste ist karman, das aktive Handeln, die Tat. Es wird festgestellt, dass sich kein korperliches \Vesen ganz del' Taten enthalten kann. Demzufolge lehrt K~'i?~JkVii?lfU nicht etwa die Abstinenz 170m Handeln. 1m Gegenteil: Es besteht sogar eine Pflicht zur Aktivitat, abel' diese soll ni!?kama sein, das heiBt, sie soll nicht nach del11~ Resultat und schon gar nicht nach Lohn fragen, sondern durchaus selbstlos sein. Dies ist eine deutliche vVendung gegen den vedischen Ritualismus mit seinen eigennutzigen Zielen des ,,\Vie ich dir, so du mil''' gegenuber del' Gottheit. Inwiefern besteht nun geradezu eine Pflicht zur Aktivitat? Jedes Lebensstadium, 170m Schuler uber den Hausvater bis zum weltfluchtigen Asketen, und auch jeder Stand odeI' jede Kaste haben ihre eigenen Gesetze und Pflichten. Diesen gilt es nachzukommen, und tut man das, ohne sich an die Aussicht auf Lohn zu binden, so handelt man besser, als wenn man dem muBigen Ideal del' Untatigkeit nachhangt. 1m Kriegsfall ist es nun einmal die Pflicht des Mannes, gegen das Bose zu kampfen. Was K~'i?lfa hier lehrt, ist also nicht die Ethik des Brahmanen, sondern des Ki?atriya als Reprasentanten del' weltlichen Macht. Es spricht die Stimme des Politikers, del' gegen den Quietismus auftritt, die Stimme des politischen Herrschers, dem an einer quietistischen Tendenz seiner Untertanen nicht gelegen sein kann. Fur die damalige Zeit war dies also ein wenn auch begrenztes - Moment del' Fortschrittlichkeit. Voraussetzung fUr richtiges Handeln ist abel' die zweite ethische Grundforderung des Vii?lfU-K~'i?lfa, namlich die nach Erkenntnis, nach Wissen (jiiana). Freilich ist darunter ausschlieBlich religios determinierte Einsicht zu verstehen. Wenn del' Bhagavadglta Wissen als bestes Lauterungsmittel, als Weg zur Vereinigung mit del' Gottheit gilt, so liegt in diesem Gedanken ein Nachhall aus vedischer Zeit vor; wird doch die vedische Literatur nicht mude zu betonen, dass zum Himmel oder auch in den Besitz weltlicher Guter nur gelangen kann, "yo evam veda" ("wer solches \veiB") - damit war in del' vedischen Ara hauptsachlich del' Kenner del' Ritualvorschriften gemeint. Die Forderung nach rechtem \Vissen und rechter Tat wird im Sinne des Vii?lfUismus - also einer Form des Theismus - nun noch von einem dritten Grundpostulat erganzt, das in del' Bl1agavadglta im Grunde genommen die Rolle des Hauptpostulats spielt. Wahrend Meditation und Abkehr von weltlichem Verlangen fUr die Vereinigung mit del' Gottheit gewiss von Bedeutung sind, gilt als kiirzester Weg zum Heil dennoch bhakti, die hingebungsvolle Liebe zu Gott. Bhakti ist strenggenommen damit ein Teil von karman, beruht abel' wie dieses auf dem jiiana. Die Verkundung del' Gottesliebe ist fUr die Bhagavadglta charakteristisch und durchdringt das ganze Werk. KJ;i?lfa verspricht denjenigen, die ihm bhakti entgegenbringen, Befreiung von Sundenlast, Kum-
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merlosigkeit, Herzensfrieden und Zugang zu ihm selbst. \Ver K~'i?lfa ehrt und liebt, del' gelangt dereinst zu ihm. Die Bhakti-Idee hat auf das indische Geistesleben bis in die Gegenwart hinein den groBten Einfluss ausgeubtj sie ist sogar in den philosophisch vollig abweichend strukturierten alteren Buddhismus eingedrungen und hat ihn tiefgreifend verandert. Gemessen an diesen eben entwickelten ethischen Grundsatzen, istder Charakter del' Bhagavadglta uberwiegend theistisch-vii?lfuitisch. Ein personlicher Gott, KJ;i?lfa, fordert von seinen Anhangern glaubige Liebe. Abel' bei aller Bedeutung ist del' vii?lfuitische Theismus doch nur eine Komponente del' Bhagavadglta. Ein weiterer Bezug dieses vielschichtigen, komplexen vVerkes ergibt sich zu den bereits besprochenen Upanii?aden, die ebenfalls als Quellen des in del' Bl1agavadglta vorliegenden Gedankenkonglomerats in Betracht kommen. Ideen des Vedanta - so die Einheit von Individual- und vVeltseele und die Erklarung jedweder Individuation als Tauschung - £lnden sich in del' Bhagavadglta so stark vertreten, dass manche Stellen des \Verkes ohne weiteres in einer Upa,nii?ad stehen konnten. Mehrfach wird die Ritualistik abgelehnt oder die Darbringung von Opfern um einer vViedervergeltung willen verurteilt. Auch die Degradation del' vedischen Gotter, wie sie schon fUr die Brahmalfas und mehr noch fUr die Upanii?aden typisch ist, £lndet sich wieder. Die Unsterblichkeit del' Seele leitet die Bhagavadglta sogar direkt aus einem Zitat del' Katha-Upani!?ad her. Auch die in den Upanii?aden dominierende Kategorie del' vVelt- oder Allseele, das Brahman, erscheint in modi£lzierter Form in del' Bhagavadglta wieder: Das Brahman ist hier del' MutterschoB, und Gott ist das zeugende \Vesen -- eine beispiellose religionsgeschichtliche Kontamination. Und wahrend sich K~'i?lfa meist selbst als personlichen Schopfergott bezeichnet, ist doch auch verschiedentlich das Brahma,n das alleinige und hochste Weltprinzip. Es ist daher schon die Ansicht geauBert worden, dass die Bhagavadglta durchaus im Licht del' jungeren Upanii?aden zu sehen sei. Danach ware die Brahman-Atman-Identitat die Grundidee des Werkes; sie ware also nicht etwa einem urspriinglich theistischen Gedicht aufgepfropft worden. Einen Ausgleich diesel' Standpunkte suchte man dahingehend, dass schon del' ursprungliche Text nicht reinen Theismus, sondern Theismus in Verbindung mit Pantheismus gelehrt habe. Wie dem auch sei, es ist unbestreitbar, dass die Grundelemente del' Bhaga,va,dglta in den jungeren Upanii?aden zutage treten, dass sie abel' andererseits durch eine theistische Reformlehre erganzt wurden. Ebenfalls mit den vVurzeln bis in die jungerenUpanii?aden zuruck reicht eine weitere Komponente des beruhmten Lehrgedichtes: die mit Yoga kombinierte Sarnkhya- Philosophie. Sie ist in wenigen Worten schwer zu beschreiben, zurnal sie in verschiedenartigen Aspekten auftritt. 1m wesentlichen beinhaltet das Sari1khya einen ursprunglichen Dualisrnus von Natur und Geist, versucht also - naturlich vergeblich - , die Grundfrage del' Philosophie auf vermittelndem
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\iVege zu lasen. Beide, Natur und Geist, gelten als anfangslos und ewig. Bestimmte Richtungen des Sarilkhya kommen somit ohne einen Gott aus: Die Seele ist erlast, wenn sie ihre Verschiedenheit vom Karper erkennt - sie umkleidet sich ja nur mit den einzelnen Karpern, ohne mit ihnen eins zu werden.
Erst allmahlich kommt del' spezielle technische Sinn diesel' Wode zur Anwendung. Unter Abwagung aller vorgebrachten Argumente wird man jedoch zu konzedieren haben, dass Elemente des Salnkhya-Yoga in der Bllagava,dglta jedenfalls vorhanden sind und besonders die ethische Konzeption des Werkes nachhaltig beeinflusst haben.
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Andere Richtungen des Samkhya amalgamieren sich dagegen mit Theismus beziehungsweise Pantheismus, und natiirlich sind es ihre Gedanken, die in der theistisch orientierten Bllagavadgltii vorzugsweise zum Ausdruck kommen. Fiir die Ethik des Werks ist deren Sarilkhya-Komponente von gra£ter Bedeutung. Die Seele gilt nach der Vorstellung des Samkhya fiir unzerstarbar, ewig, ungeboren, nicht schwindend, alldurchdringend, nicht wandelnd, von alters her bestehend, nicht offenkundig, undenkbar und unwandelbar (II, 20, 24-45). Zerstart werden kannen also nur Karper; die Seele aber wechselt den Karper wie dieser die Kleider (II, 22). Man erkennt die Gefahrlichkeit der Konsequenzen dieser dualistischen Lehre. Mit ihrer Annahme hat man eine Rechtfertigung fUr jegliche Gewalttat: Der Seele geschieht ja nichts Schlimmes, wenn der prinzipiell von ihr verschiedene Karper tatet oder getatet wird. Dies war so recht die Ideologie des altindischen Despotismus, der seit der Bildung von Grofireichen in Indien (6. J ahrhundert v. Chr.) herrschenden, wenn auch nicht alleinigen Staatsform. Aber auch spater, ja noch im 20. Jahrhundert, hat sie zur Rechtfertigung des individuellen Terrors gedient, ebenso wie K~'~lfa mit ihr die Entfesselung der blutigen Mahabharata-Schlacht zu beschanigen versuchte. Das an sich atheistische Samkhya-System wurde vor allem durch die enge Verbindung mit Yoga-Ideen theifiziert. Das Wort "Yoga", das je nach dem Kontext verschieden zu iibersetzen ist, bedeutet in transitivem Sinne die Ver" einigung, namlich des Individuums, mit dem Allgott, der \iVeltseele. Der Weg dazu fUhrt iiber die Andacht, Kontemplation und Versenkung. Die Voraussetzung dafiir, auf diesem Wege zur Erkenntnis des Vi~lfU als des Allgottes zu gelangen, ist aber samatva, del' Gleichmut del' Seele (VI, 20, 23). Nicht jeder besitzt ihn. KJ;~lfa lehrt die Wiedergeburt entsprechend den in der beendeten Existenz vollbrachten Taten; erst allmiihlich bildet sich dabei die Fahigkeit hemus, moralisch so hoch zu steigen, um ein Yogin werden zu kannen. Wahrend der Einfluss des Theismus und der Brahman-Atman-Identitatslehre der U pani~aden auf die Bllagavadgltii unbestritten blieb, ist der Salnkhya-YogaEinfluss in Frage gestellt worden. Der beriihmte Kommentator Salnkara, der um 800 gelebt hat, verneint ihn iiberhaupt; Samkhya bedeutet nach seiner Auslegung in der Bllagavadgltii "Wissen", Yoga aber "Tat". Mag man diese Deutung auch als willkiirlich ansehen, so ist doch zuzugeben, dass im Gebrauch der Salilkhya-Termini in den Upani~aden und in del' Bllagavadgltii nicht unwesentliche Unterschiede bestehen. Ferner ist zu beriicksichtigen, dass die erwa,hnten Termini auch innerhalb des Lehrgedichtes selbst eine Entwicklung durchmachen. Zu Beginn bedeutet Salnkhya einfach die Theorie und Yoga die Praxis.
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Dies alles lasst erkennen, dass die Bllagavadglta alles andere als homogen ist. Speziell ihre Ethik ist eine Eklektik unterschiedlicher, ja gegensatzlicher Lehren. Theismus, Asketil<:, Dualismus, Yoga, Pantheismus und mitunter auch ein pragmatischer Materialismus bilden in ihr ein gewaltsam zusammengefasstes Gewirr. Vor allem faUt del' ungelaste Widerspruch zwischen quietistischer, sich nach Erlasung sehnender Asketenmoral und del' Moral des aktiven Handelns ins Auge. Auch an anderen Widerspriichlichkeiten fehlt es nicht. So wird Versenkung fiir haher als selbst das Wissen bezeichnet (XII, 12); anderenorts gilt del' Wissende als K~'~lfas Selbst (VII, 18). Ein eklatanter Widerspruch zeigt sich auch in der Haltung del' Bllagavadgltii zum Veda. Einerseits wird iiber die vedische Ritualistik ablehnend, fast verachtlich geurteilt (II, 42); an anderer Stelle wird das Opfer als magische Kraft, die alle Wiinsche erfUllt, glorifiziert (III, 10). Und wie vertragt sich dieses Streben nach WUllscll-ErfUllung mit del' anderwarts so eindringlich postulierten wunsch- und begierdelosen, rein auf Pflicllt- Erfiillung gerichteten Tat? Es hat eine grofle Zahl von Versuchen gegeben, diese und andere Widerspriiche zu erklaren. So weisen nach der Auffassung von Richard Garbe die Bllagavadglta und andere philosophische Texte des Malliibllarata in ihrer jetzigen Form nichts Urspriingliches auf, sondern sind jiingere Entwicklungen und Kontaminationen verschiedenartiger Lehren. Nach Garbe ist die Bllagavadglta das Produkt eines philosophischen Synkretismus. Fiir Paul Deussen stellt sich die Sachlage jedoch andel'S dar. Er sieht in diesem Lehrgedicht keine Misch-. sondern eine Ubergangsphilosophie. In diesem Zusammenhang legt er grofie~ Wert auf die Feststellung, dass das Malliib1liirata nach Sprache, Metrik und insbesondere nach seinem philosophischen Gehalt eine Briicke zwischen den Upani~aden und der klassischen Zeit bildet. Speziell die Bllagavadgltii vermittele zwischen ihnen. Eine dritte Gruppe von Forschern vertritt die Meinung, dass die der Bllagavadglta innewohnenden Widerspriiche auf rationalem Wege iiberhaupt nicht zu klaren seien. Diese Auffassung wurde schon von Wilhelm v. Humboldt inauguriert, spateI' von K. T. Telang und R. G. Bhandarkar prazisiert und in neuereI' Zeit besonders von F. Edgerton ausgebaut. Diese Indologen halten dafUr, dass man die Bllagavadgltii nicht mit logisch-philosophischen Mafistaben messen diirfe; sie sei vielmehr vom poetisch-mystischen Standpunkt zu bewerten. Obwohl alle aufgefUhrten Hypothesen sehr wohl jeweils geeignete Argumente zu ihrer Stiitzung heranziehen kannen, hat doch del' Standpunkt R. Garbes das
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meiste fUr sich. tTbergangsphilosophien wie beim Sarnkhya hat es zwar gegeben, doch ein ganzes ideologisches Konglomerat wie die Bllagavadglta kann nicht als bloBes tJbergangsprodukt gedeutet werden. Andererseits ist trotz des bedeutsamen poetischen Gehalts des Lehrgedichtes festzustelIen, dass es eine ganz bestimmte politische Absicht, namlich die Fuhrung eines blutigen Krieges - bei dem sich nicht zuletzt Verwandte gegeniiberstehen - ideologisch zu fundieren bestrebt ist. Man kann sich also nicht auf eine bloBe mystisch-poetische Betrachtungsweise zuruckziehen. Der Verfasser des Gedichtes versucht vielmehr, diverse der zu seiner Zeit besonders hervortretenden philosophischen Anschauungen zu einem System zusammenzufassen. Die Bllagavadglta wurde damit zu einem klassischen Beispiel des literarisch-philosophischen Eklektizismus. Eine weitere Frage ist die, ob das Gedicht von Anfang an ein Teil des 1\!Iallabllarata gewesen ist. K. T. Telang war Verb·eter derjenigen Richtung, die eine originare Zugehorigkeit der Bllagava,dglta zum Mahabharata annahm. Uberzeugender jedoch ist die Meinung von M. Winternitz. Danach hatte es im lWallabharata ursprunglich nur einen kurzen Dialog zwischen Arjuna und seinem Wagenlenker gegeben. Die Bhagavadglta existierte nebenher als unabhangiges Werk und wurde erst nachtraglich ins Epos eingefugt. Es ist in der Tat mit dem Gang der epischen Handlung kaum zu vereinbaren, dass gerade unmittelbar vor dem Beginn einer entscheidenden Schlacht eine lange philosophische Belehrung stattgefunden haben sollte. 'Vas die absolute Chronologie betrifft, so ist es nach dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse sehr wahrscheinlich, dass die Bhagava,dglta im 4. bis 3. Jahrhundert v. ChI. entstand und im 2. Jahrhundert n. Chr. in das Mahabharata eingeschoben wurde. Die Konservierung des Textes ist seither eine sehr gute gewesen. Dazu mag auch die runde Zahl von 700 Versen beigetragen haben. Der dichterische Rang der GTta ist ebenfalls unterschiedlich bewertet worden. 1. v. Schroeder etwa schatzte sie weitaus hoher als R. Garbe und M. 'Vinternitz. Es ist unbezweifelbar, dass die Bhagavadglta hum eine so tiefgreifende Bedeutung erlangt hiitte, wenn sie nicht in das poetische Gewand gekleidet worden ware, das sie tragt und das besonders im XI. Gesang einem sternenfunkelnden Mantel gleicht. Arjuna sprach: 1. Mir zuliebe ist das hochste, geheimnisvolle, von hochster Weisheit erfullte
'Vort von dir gesprochen worden. Dadurch ist diese meine Betorung geschwunden. 2. Denn 'Verden und Vergehen der Geschopfe sind durch mich ausfiihrlich vernommen worden
von dir, 0 Lotosblattaugiger, und deine unvergangliche Erhabenheit. 3. So wie du hie!' dein Selbst beschrieben hast, o hochster Herr, mochte sehen ich deine gottliche Gestalt, erhabenster Geist. 4. 'Venn du meinst, dass diese von n1ir geschaut werden kann, 0 Herr, daIm, 0 Herr der Andacht, zeige mir dein unvergangliches Selbst! Der Erhabene sprach: 7. Die ganze 'Welt schaue jetzt, die bewegliche und unbewegliche, hier auf einer Stelle, in meinem Leib, vereinigt und was du sonst noch sehen mochtest. 8. Doch kannst du mich nicht sehen mit diesem deinem eigenen Auge. Ein himmlisches Auge gebe ich dir; schaue meine erhabene Macht. Arjuna sprach: 18. Du bist das Unzerstorbare, das hochste Wissenswerte; du bist der hochste Schatz dieses ganzen Alls. Du bist der unvergangliche Huter der ewigen Gerechtigkeit. Ais ewiger Urgeist bist du von mir begriffen worden. 19. Ais frei von Anfang, Mitte, Ende, unendlich kraftvoll, mit unendlichen Armen, mit Mond und Sonne als Augen, erschaue ich dich, dessen Mund wie leuchtendes Opferfeuer ist, mit deinem Glanz dies All erwarmend. 20. Was zwischen Himmel und Erde ist, wird ja von dir allein ausgefUlIt, wie auch alle Himmelsgegenden. 'Venn sie deine wunderbare, gewaltige Gestalt sieht, erbebt diese Dreiwelt, 0 Erhabener!
Der Erhabene sprach: 52. Diese sehr schwer zu schauende Gestalt, die du von mir gesehen hast -
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selbst die Gotter sehnen sich immerfort nach dem Anblick dieser Gestalt. 53. Weder bin ich durch die Veden noch durch Askese, noch durch Spende und Opfer in dieser Gestalt zu sehen, wie du mich gesehen hast. 54. Aber durch keinem anderen geltende Hingabe bin ich in dieser Gestalt, 0 Arjuna, dem 'Vesen nach zu erkennen und zu schauen und das ist der vVeg, urn in mich einzugehen, 0 Feindezuchtiger! 55. 'Ver urn meinetvvillen tatig ist, mich als Hochsten achtet, mich liebt und frei von Anhaften ist, wer frei von Feindseligkeit gegeni.iber allen 'Vesen ist, der gelangt zu mir, 0 Panqu-Sohn! (Ubers.: Klaus Mylius) Es ist gewiss kein Zufall, dass die Bbaga'vadglta zu den ersten altindischen 'Verken gehorte, die in Europa bekannt wurden. Schon im Jahre 1785 wurde sie von Charles Wilkins ubersetzt. Glucklich fUr das weitere Schicksal des Gedichts war auch der Umstand, dass es 1823 eine hervorragende Edition durch August v. Schlegel erfuhr, der ihr eine lateinische Ubersetzung beifUgte. Durch diese wiederum lernte Wilhelm v. Humboldt die Bbagavadglta kennen und trug durch sein begeistertes Urteil wesentlich zum weiteren Bekanntwerden des Gedichts bei. Dennoch ist es durchaus nicht leicht und nur andeutungsweise moglich, die Ursachen fUr die so au:Berordentlich tiefgreifende 'Virkung des Gedichts zu ergrunden. Die Bl1aga.vadglta ist speziell ein heiliges Buch der Bhagavatas, einer vi~lfuitischen Sekte; allgemein ist sie aber ein Erbauungs- und Trostbuch fUr die Mehrheit der Hindus uberhaupt. Kaum etwas konnte ihre Popularitat besser illustrieren als die Tatsache, dass sie in Indien schlechthin "die Glta" ("der Gesang") genannt wird. Immer und immer wieder ist das 'Verk kommentiert und neu gedeutet worden. Die beruhmtesten Vertreter des indischen Geisteslebens haben uber die Jahrhunderte hinweg ihren Stolz darein gesetzt, zur Schar der Glta- Kommentatoren zu gehoren; wir nennen von ihnen hier nur Sali1kara, Ramanuja, Vallabha, Nimbarka, aus neuerer Zeit B. G. Tilak, SrI Aurobindo Ghosh und M. K. Gandhi. Und dieses gewaltige Ansehen hat sich das Werk trotz einiger Momente erworben, die ihm an sich entgegenzuwirken geeignet sind. Das sind einmal die zahlreichen ihm innewohnenden Widerspruche. Das ist aber auch der fast vollige Mangel des Textes an einer Entwicklung seiner Gedanken, insbesondere in dem ganzen dem XI. Gesang folgenden Teil. Wie konnte es also zu einer
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so gro:Ben kulturgeschichtlichen und politischen Bedeutung der Bbagavadglta kommen? Es ist zunachst- zu betonen, dass in der Geschichte des indischen Idealismus das additive, nicht das substitutive Denken vorherrschte. Schon im vedischen Pantheon konnte ein Gott sehr wohl zeitweilig die Aufgaben eines anderen ubernehmen, und iihnlich unscharf waren spater die meisten philosophischen Systerne konturiert. Die der Bbagavadglta inhiirenten 'Viderspruche stellen sich vielen Indern also mitnichten als solche, sondern vielmehr als Reichtum und Vielfalt der Ideen dar. Und eben hier sehen wir den Hauptgrund fUr die gewaltige Ausstrahlungskraft dieses Gedichtes. ,,'Ver vieles bringt, wird jedem etwas bringen", ist hier das passende Schhisselwort. Die Glta umfasst eine so breite philosophische Palette, dass sie die Anhiinger der verschiedensten idealistischen Spielarten bis zum pragmatischen Materialismus zufriedenzustellen vermag. Ob es der Verfechter aktiven Handelns oder der nach Erkenntnis Strebende oder der die mystische Vereinigung mit Gott Suchende ist - ihnen allen hat die Bbagavadglta etwas zu sagen. Der Pragmatiker, der vedische Ritualist, der Asket, der Dualist, der Monist - sie alle empfangen von ihr Erbauung, Trost und Stiirkung. Und sie empfangen es durch das Mediumeiner edlen, begeisternden, wahrhaft dichterischen Sprache. So nimmt es nicht wunder, wenn sich das Gedicht Seele und Sinne Hunderter von Millionen Menschen erobert hat. Damit beschlie:Ben wir die Besprechung des eigentlichen Mababl1arata und haben uns nun noch seinem Appendix, dem Harivarilsa, zuzuwenden. 7 Der Harivamsa wird von der orthodoxen Tradition als Nachtrag zum Mababl1arata angesehen. In Wahrheit ist er aber ein Pura1].a, denn es treffen auf ihn die im Abschnitt uber die Puralfas zu findenden Merkmale zu. Das Werk hat einen rein iiu:Berlich hergestellten, aber keinen inneren Zusammenhang zum Epos. Mit seinen immerhin 16374 Slohs nimmt es in der Literaturgeschichte aber dennoch eine nicht zu ubergehende Rolle ein. Vorgetragen von Vaisampayana ist es - wie das Epos - vorwiegend eine Verherrlichung des Vi~lfU. Der Form nach ist es jedoch kein Epos, sondern im wesentlichen eine Aneinanderreihung von Legenden. Das ganze 'Verk zerfallt in drei Teile. Sie sind voneinander so stark unterschieden, dass der Harivam.sa keinesfalls das vVerk eines einzigen Dichters sein kann. Der erste Teil fUhrt den Namen Harivamsaparvan und hat dem Gesamtwerk seinen Titel gegeben. Hier findet man eine Genealogie der sogenannten Sonnendynast ie, das hei:Bt des Ik~vaku und seiner Nachfahren. In diese Hauptthematik sind aber auch Stucke ganz anderer Art eingebettet, zum Beispiel diverse Legenden und eine Abhandlung uber den Ahnenkult. Sodann wird die von Atri abgeleitete Monddynastie behandelt. Hier findet sich auch eine weitere Version der Geschichte von Pururavas und Urvasl, die sich eng an die im ,~atapatba-
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Brahmal;Ja enthaltene Fassung anlehnt.
Der zweite Tei1 ist der wichtigste des vVerkes. Er hei£t Vi9~lUparvan, und dies zu Recht, denn er ist fast ausschlie£1ich der Inkarnation des Vi9lfU a1s Kr9lfa gewidmet und beschreibt dessen He1dentaten und Liebesabenteuer. Del' Inhalt des Vi 9l,lUparvan solI hier kurz geschi1dert werden: In Mathura hen'scht ein grausamer Konig namens Karnsa. Diesel' erfahrt eines Tages von dem vVeisen Narada, dass er, Kamsa, dereinst vom achten Sohn seiner Tante Devakl getotet werden wurde. Kari1sa handelt ohne Skrupel, um der Prophezeiung zu entgehen. Sechs Kinder hat Devakl bereits nach deren Geburt durch Karnsa ver10ren, da geht sie mit einem siebenten schwanger. Dieses Kind ist niemand anders als Rama, und es wird rechtzeitig vor Karnsas Nachstellungen durch Verpfia,nzung in einen anderen Mutterscho£ gerettet. Das achte Kind ist Kr9lfa se1bst. Er wird zu seiner Rettung nach der Geburt mit der Tochter des Hirten Nanda vertauscht. Zusammen mit Rama wachst er in del' Fami1ie des Nanda auf. Herangewachsen, begibt er sich auf vVanderschaft und kommt zur Yamuna. Dort haust der Sch1angenkonig Kaliya, der die Yamuna vergiftet. K~'9lfa aber besiegt ihn. Nun hu1digt ihm sogar der gro£e Indra. Kr9lfa vertauscht dann fUr eine v~Tei1e die Kriegs- mit den Liebesabenteuern und vergniigt sich - vom Harivamsa breit ausgema1t - mit den schonen Hirtinnen. Inzwischen hat Karnsa erfahren, dass K~'9lfa lebt. Voll tuckischer Gedanken la,dt er ihn zu sich ein. Kr9lfa fo1gt der Aufforderung. Del' Konig will ihn durch ausgesuchte starke Kampfer toten lassen, doch werden sie aIle von Kr9lfa besiegt. Nun muss Karnsa selbst eingreifen und versucht, Kr9lfa zu verjagen. Dabei findet er se1bst den Tod. Doch der Schwiegervater des Kamsa, namens Jarasandha, will dessen Tod rachen. Er zieht mit einem Heer vor Mathura, wo jetzt K~-9lfa residiert, und belagert die Stadt. Seine mehrfach vorgetragenen Angriffe werden abel' immer wieder zuruckgesch1agen. In del' Fo1gezeit besteht K~-9lfa noch viele weitere Abenteuer, und nicht immer sind es kriegerische. Schon lange war sein Sinn auf die schone Rukmi¢, die Tochter des Konigs von Vidarbha, gerichtet. Abel' deren Vater hatte sie bereits dem Sisupala zur Frau versprochen. Kr9lfa lost den gordischen Knoten auf seine vVeise: Er raubt die Rukmilfl. Deren Bruder Rukmin versucht, sie zu befreien, abel' naturlich wird er von K~-9lfa besiegt. Es wird nun weitel' erzahlt, dass K~'9lfa mit del' Rukmil)l zehn Sohne hatte, dass er abel' au£er ihr noch weitere 16007 Frauen heiratete. Noch eine ganze Zahl von Legenden wird hier angereiht. So wachst im Himmel der Parija,ta-Baum, der dem Indra selbst gehort. Eine del' vielen Frauen K~-9lfas wunscht sich diesen Baum ganz und drangt Kr9lfa, ihn ihr zu verschaffen. K~-9lfa gibt ihr schlie£1ich nach und gerat in einen Kampf mit Indra, del' erst durch die Gottermutter Aditi gesch1ichtet werden kann. Eingeschoben ist hier eine rein sivaitische Passage. Es wird davon berichtet. wie Siva den tausendkopfigen Damon Andhaka besiegt und totet. '
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Del' Damon Nikumbha hat einem Brahmanen seine Tochter namens Bhanumatl gestohlen. K~-9lfas Sohn Pradyumna bringt die Geraubte wohlbehalten zuruck; K~'9Jfa totet den Damon. Nachdem sich das Buch ausfuhrlich mit dem eben genannten Pradyumna beschaftigt hat, schlieflt es mit del' Legende von Bana. Aniruddha. del' Solm des Pradyumna, gerat in Konfiikt mit dem Damonenk6nig Balfa. vV~,hrend K~-9lfa natu~'lich an die Seite Aniruddhas tritt, wird Balfa, der zunachst uberlegen ist. von Siva unterstutzt. Dies fuhrt zu einem schrecklichen. die Welt verheerenden Kampf zwischen Vi 9l,lU und Siva. Erst Brahman besanftigt die beiden und stiftet Frieden, indem er erklart, dass Vi 9lf U und Siva in Wahrheit identisch sind. Das dritte Buch des Harivamsa fUhrt den Namen Bhavi 9yapa.rvan, um anzudeuten, dass es sich mit del' Zukunft beschaftigt. Es besteht einfach aus einer Anzah1 aneinandergereihter Puralfa-Texte. Die Beschaftigung mit del' Zukunft sch1agt sich in Prophezeiungen nieder, die der vVelt eine auflerst sch1echte Periode, das sogenannte Ka1i-Zeitalter, voraussagen. Re1igionsgeschicht1ich interessant ist sodann ein Abschnitt, in welchem sich Siva und Vi 9lf U gegenseitig preisen - offenbar eine notwendig gewordene Konzession an den Sivaismus. Erst ganz zum Sch1uss stellt der Harivamsa einen allerdings sehr 10ckeren und auflerlichen Bezug zum Mahabl1arata her, indem er das Horen von Mal1abharata und Harivam,sa preist. Es konnten hier nur einige del' Grundzuge und der wichtigsten Episoden des Mahabharata vorgetragen werden. Abel' auch sie werden bereits gezeigt haben. dass dieses grofle Werk eine unerschopfiiche Quelle unseres Wissens vom a1ten Indien ist, die zudem keine "B1itzlichtaufnahme" eines engbegrenzten Zeitraumes vermittelt, sondern viele Jahrhunderte altindischer Gesellschaftsentwicklung widerspiege1t.
Anmerkungen Altere Ausgaben sind die sag. Calcuttaer Edition (1834-1839), die sag. Bombayer Edition (1862-1888), die Edition von P, Ch. Roy (1882 ff,) und noch andere mehr. Die erste kritische Ausgabe wurde von V. S, Sukthankar, S, K. Belvalkar und P. 1. Vaidya erarbeitet und erschien mit diversen Kommentatoren in 19 Biinden (Poona 1933-1966); daraus allein der Text in vier Biinden (Poona 1971-1975). Eine Gesam.tiibersetzung wurdevon P. Ch, Roy besorgt (Calcutta 1883-1896; zwolfbiindig III 3, Aufl, Delhi 1972-1976). Ubersetzung auch von M, N, Dutt (7 Bde., zuletzt Delhi 1988) Eine neue, dem jetzt erreichten Kenntnisstand entsprechende Gesamtiibersetzung war unter der Autorschaft von J, A. B. van Buitenen auf sieben Biinde geplant (Chicago 1973 ff.), ist aber unvollendet geblieben. Englische Prosaiibersetzung von K. M. Ganguli (5, Aufl., Delhi 1991). 2 tiber das M~ahabharata gibt es zahlreiche Studien zurn Gesamtwerk und zu Einzelfragen. Eine sehr gute Gesamtiibersicht gibt H. Oldenberg: Das Mahabharata, Seine Ent-
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stehung, sein Inhalt, seine Form (Gottingen 1922). Inhaltsreich, aber umstritten ist A. Holtzmann: Das Mahabharata und seine Teile (IGel 1892-1895, Neudruck Osnabruck 1971); H. Gehrts: Mahabharata. Das Geschehen und seine Bedeutung (Bonn 19(5); ein gleiches Urteil gilt fur J. Dahlmann: Das Mahabharata als Epos und RecMsbuch (Berlin 1895). Sehr gut fundiert dagegen ist E. W. Hopkins: The Great Epic of India, Its Character and Origin (New York 1901, Neuausgaben New Haven 1920 und Delhi 1993). Das asthetische Niveau untersucht R. K. Sharma: Elements of Poetry in the Mahabharata (1964). Zudem gibt es eine groBe Anzahl lexikalischer Arbeiten ZUIll Epos, von denen hier nur wenige genannt werden konnen. Eine der ersten und richtungweisenden ist die von H. Jacobi: Mahabharata. Inhaltsangabe, Index und Konkordanz der Calcuttaer und
Bombayer Ausgabe (Bonn 1903, Neudruck Darmstadt 1963). Ein Standardwerk lieferte auch S. Sorensen: Index to the Names in the Mahabharata (London 1904-1925, Neudruck Delhi 19(8). Ein ausgezeichnetes, materialreiches Register aller im Epos vorkommenden Eigennamen bietet Vettam Mani: PuraIJ.ic Encyclopaedia (4. Auff., Delhi 19(9). P. L. Vaidya erarbeitete einen sechsbandigen Index aller Viertelverse: PratTka-Index of the MaMbMrata (Poona 1967-19(2). 3 Es gibt eine ganze Anzahl von Kurzfassungen und Nacherzahlungen des Inhalts des Mahabharata. Zum Teil schon sehr ins Detail gehend ist die Darstellung bei S. Lefmann:
Geschichte des alten Indiens (Berlin 1890). Von selbststandigen Nacherzahlungen ist die Monographie von B. Roy (Dusseldorf und Kiiln 1961, 23. Tsd. 1986) am bekanntesten geworden. Eine Rezitation des Epos auf 200 Tonbandkassetten zu je 90 Minuten von P. Lal erscheint in Calcutta. 4 Die Nala-Geschichte wurde herausgegeben von B. Liebich in seinem Sanskrit-Lesebuch (Breslau 1905). Eine Ubersetzung lieferten H. C. Kellner (Leipzig 1885) und A. Wezler (RUB, Nr. 8938, Stuttgart 1965). Eine Ausgabe zusammen mit Vokabular und Ubersetzung verdanken wir M. \Villiams; das \tVerk erschien als Bd. 53 der Chowkhamba Sanskrit Studies (Varanasi 1965). Ausgabe zusammen Init dem Nala-Lied auch von \tV. Caland (Utrecht 1917, Neudruck Wiesbaden 1982).
5 Die SavitrT-Geschichte wurde ebenfalls von H. C. Kellner iibersetzt (Leipzig 1888). 6 Fur das Verstandnis der BhagavadgTta grundlegend war die Ausgabe von A. W. v. Schlegel (Bonn 1823); in der 2. Auff. bearbeitet von Ch. Lassen (Bonn 1846). Die heute giiltige kritische Ausgabe, die auf der Poonaer kritischen Gesamtausgabe des Mahabharata beruht (Poona 1945), hat S. K. Belvalkar besorgt. Daneben gibt es eine Flut indischer Editionen, die oft religios-propagandistischen Zwecken dienen und entsprechend kommentiert sind. Nach der englischen Ubersetzung durch Ch. Wilkins (London 1(85) wurden Teile der BhagavadgTta erstmalig ins Deutsche iibertragen von F. v. Schlegel: Uber die Sprache und Weisheit der Indier (Heidelberg 1808). Verfehlt waren die Ubersetzungen von J. Lorinser (Breslau 1869) und F. Hartmann (Braunschweig 1892). Sehr beachtlich dagegen die Prosaiibersetzung von K. T. Telang als Bd. VIII der Sacred Books of the East (Oxford 1882, Neudruck 1963). Telang iibersetzte in diesem Band noch zwei weitere philosophische Stiicke aus dem Mahabharata, namlich das SanatsujatTya aus dem 5. und die Anuglta aus dem 14. Parvan. Ausgezeichnet und grundlegend ferner die Arbeit von R. Garbe: Die
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BhagavadgTta, aus dem Sanskrit iibersetzt, mit einer Einleitung tiber ihre urspriingliche G~stalt, Ihre Lehren und I~! Alter (Leipzig 1905, Neudruck Darmstadt 19(8). Weniger kntisch distanzi!,rt ist die Ubersetzung von P. Deussen (Leipzig 1911). Eine sprachlich gute Leistung, die ab~r durch ideologische Missgriffe und Fehldeutungen verdunkelt wird. i.~t L. v. Schroeders U?ersetzung (Jena 1912, Neuausgabe Koln und Diisseldorf 1965). Ubersetzung mIt Emieltung und ausfiihrlicher Annotation auch von G. Lietz (Stuttgart 1961), K. Mylius (in RUB, Nr. 814, Leipzig 1980) und H. Maldoner (Hamburg 1986). Zur Bhagavadglta-Literatu~.gehorenauch zahlreiche exegetische Werke. Sie wurden eroffnet von \tV. v. Humboldt: Uber die unter dem Namen Bhagavad-GTta bekannte Episode des Mahabharata (Berlin 1825/26). Von spateren Arbeiten erlangte die Studie von F. Edgerton (Chicago 1925) Bedeutung. In Indien gibt es eine groBe Zahl einschlagiger Werke mIt stark divergierenden politischen Tendenzen (A. Ghosh, S. Radhakrishnan). Wissenschafthch besser fundiert ist die Studie von D. D. Vadekar (Poona 1928). Den fragwurdigen Versuch der Rekonstruktion einer Ur-Glta unternahm R. Otto: Die Urgestalt der Bhagavad-GTta (Tiibingen 1934). Sehr wichtig dagegen der Beitrag von W. Ruben: Die Lehre yom Handeln in der BhagavadgTta (Festschrift fur W. Schubring, Hamburg 1951). Interessante Aspekte enthalt die Arbeit von K. N. Upadhyaya: Early Buddhism and the BhagavadgTta (Delhi 1971). Die umfassendste Studie iiber die geschichtlichen Auswirkungen der Glta, 763 Seiten umfassend, von P. N. Bazaz: The Role of BhagavadgTta in IndIan HIstory (New Delhi 1975).
7 Der Harivarilia wurde herausgegeben von Ramchandra Sastrl (Paana 1936). Die erste kritische Ausgabe besorgte P. L. Vaidya (2 Bde., Paana 1969-1971). Beziiglich der Ubersetzungen s. Anm. 1.
3. Das Ramayal;w.
Das zweite groJ3e altindische Epos ist das Ramayal}a.. 1 Es gilt als das erste im Stile del' Kunstdichtung (kavya) verfasste Werk, und sein Verfasser wird als "erster Kunstdichter" (adikavi) bezeichnet. Dies ist nicht unberechtigt, sofern man in Betracht zieht, dass das Ramayal}a die neue Stilrichtung erst anbahnt und zwischen Volks- und Kunstdichtung einen Mittelweg nimmt. Man darf namlich den Satz aufstellen, dass die altesten Werke del' Kunstdichtung auch noch die groJ3te Schlichtheit aufweisen. 1m Ramayal}a bezieht beziehungsweise beschrankt sich del' Kavya-Stil hauptsachlich auf J\1etaphern und Vergleiche, die ihrerseits wieder vorwiegend auf Naturbeschreibungen bezogen sind. Nach del' iJ+dischen Tradition erhielt del' Adikavi Valmlki von Brahman selbst den Auftrag, das Epos zu verfassen. Daran ist so viel real, dass, nach Inhalt und Form des Ramayal}a zu urteilen, sehr wohl ein einzelner Dichter del' Verfasser wenigstens des groJ3ten Teils des Epos gewesen sein kann. Seine Geschlossenheit steht unvergleichlich hoher als die des jV1ahabhaTata, wie es denn iiberhaupt vielfaltige, noch zu beriihrende Unterschiede zwischen den beiden Epen gibt. In seiner jetzigen Gestalt besteht das Ramayal;Ja aus sieben piichern (kal;J9a , den paTvan des jV1ahabhaTata entsprechend) und etwa 24000 Slokas.
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Kalfqa I fuhrt den Namen Balakalfqa und stellt, ahnlich wie das Mahabha:rata, zunachst die Hauptpersonen vor. Hierbei zeigt sich sogleich, dass das Epos die Verherrlichung des Visup in seiner Inkarnation als Rama zum Zweck hat. In Ayodhya herrschte der Konig des Landes Kosala, namens Dasaratha. Er litt sehr darunter, dass er kinderlos war. Um einen Solm als Thronfolger zu erhalten, brachte er ein Rossopfer (Asvamedha) dar (man sieht, wie lange die vedischen Einrichtungen noch nachwirkten). Zu dieser Zeit fiihrte gerade der Damonenfurst Ravalfa Krieg gegen die Gotter und bedrangte sie schwer. Sie wandten sich daher an ViSilfU mit der Bitte, den Ravalfa zu besiegen und die Gefallr von ihnen abzuwenden. Daraufhin wird ViSilfu in der irdischen Inkarnation als Rama geboren, namlich als Solm des Dasaratha und dessen Gemahlin Kausalya. Der Konig hatte aber auch noch andere Frauen, die ebenfalls zu dieser Zeit gebaren: Die KaikeYl bringt den Bharata, die Sumitra den LakSimalfa und den Satrughna zur vVelt. Rama und LakSimalfa wachsen zusammen auf. Nachdem sie erwachsen sind, verbunden sie sich mit dem ~Sii Visvamitra und ziehen an den Ganges, um sich fur die Vorbereitung des Kampfes mit Ravalfa im Toten von RakSiasas (Damonen) zu uben. Danach kommen sie an den Hof des Konigs Janaka von Videha. Dessen Pflegetochter Slta ist bereit, denjenigen zu heiraten, der einen bestimmten riesigen Bogen zu spannen vermag. Rama, bringt dies fertig und gewinnt somit Slta (der Name bedeutet "Ackerfurche") zur Gemahlin. Bueh II spielt im wesentlichen in Ayodhya und heiBt deshalb Ayodhyakalfqa. Der Konig Dasaratha, in die Jahre gekommen, will seinen Solm Rama zum Thronfolger machen, doch gibt es unerwartete Sehwierigkeiten. Sie beruhen auf einer Ho£lntrige, die von Manthara, einer buekligen Amme, angezettelt wird. Diese bemuht sieh, die Mutter des Bharata, also die Konigsgattin KaikeYl, gegen diese Losung der Thranfolge einzunehmen. KaikeYl hatte in fruherer Zeit vom Konig die Erfiillung zweier vVunsche eingeraumt erhalten. Auf Drangen der Mallthara nimmt sie den Konig nunmehr beim \;\Tort und fordert, dass Bharata Thronfolger werden, Rama aber vierzehn Jahre lang in der Verbannung leben solIe. Der Konig ist hiervon zutiefst getroffen, doch darf er das gegebene Wort nieht brechen. So nehmen die Dinge naeh der VorsteUung der KaikeYl ihren Lauf. Rama geht mit seiner Gattin Slta und seinem Bruder LakSimalfa in die Verbannung. Diesen Verlust vermag der Konig nicht zu verwinden, und eines Naehts stirbt er vor Gram. Bharata aber ist tugendsamer als die ihn umgebenden Intrigantinnen: Er lehnt es ab, die Thranfolge zu ubernehm,en. Um Rama vom Gang der Dinge in Kenntnis zu setzen, beginnt er eine mi.ihselige Suche nach ihm und findet ihn schlieBlich in einem Waldgebirge namens Citrakuta. Hier schlagt er Rama vor, aus der Einsiedelei zuruckzukehren und den Thran von Ayodhya zu besteigen. Doch Rama zeigt bereits hier, dass er ein Muster an Ehrlichkeit und Tugend ist.
101 Fur ihn gilt das VVort seines Vaters, und solange die Verbannungsfrist wahrt, kann er nicht zuruckkehren. An dieser Stelle ist eine interessante Passage eingeschaltet. Wie schon angedeutet, ist die Tendenz des Ramaya,l)a eine klare religios-viSilfuitische. Nun aber tritt ein Opponent auf, ein gewisser Jabali, der als Nastika bezeichnet wird. Die genaue Wiedergabe dieses Wortes ist "Nihilist"; speziell gemeint ist aber jemand, der Bedeutung und vVahrheit des Veda bestreitet, und zwar vom Standpunkt eines (damals naturlich unausgebildeten beziehungsweise empirischen) Materialismus. Jabali stellt denn auch Ramas ganze Morallehre in Frage, indem er ihm klarmachen will, dass ein Jenseits nur im Geschwatz der Priester existiere. Rama weist diese Argumentation naturlich von sich und bleibt bei seiner ';\Teigerung, vorzeitig den Thron von Ayodhya, zu besteigen. Nun beginnt Buch III, Aralfyakalfqa ("Waldbuch") genannt. Rama zieht mit Slta und LakSimalfa weiter. Mannigfache Abenteuer haben sie zu bestehen. So hat Rama einen Kampf mit dem Riesen Viradha auszufechten, den er siegreich beendet. 1m weiteren Verlauf treffen sie auf Surpalfakha (vergleiche die Hiqim,ba im Mahabharata) , eine Schwester des Damonenfiirsten Ravalfa. Diese verliebt sich in Rama und wunseht, ihn zu besitzen. Indem er auf die Tatsache verweist, dass er bereits verheiratet ist, emp£lehlt er ihr, sieh an LakSimalfa zu wenden. Doch dieser weist die Riesin verachtlieh zuruek. Daraufhin gerat sie in solche vVut, dass sie Slta zu versehlucken draht, aber LakSimalfa schneidet ihr Ohren und Nase abo Sie flieht zu ihrem Bruder Khara, und dieser kommt ihr mit einem aus 14000 Dam,onen bestehenden Heer zu Hilfe. Rama besiegt sie, und Khara £lndet dabei den Tod. Die Riesin flieht nunmehr zu ihrem Bruder Ravalfa naeh Lallka. 2 Dort schildert sie diesem die Sehonheit der Slta in leuchtenden Farben und drangt ihn, sie zu entfuhren. Ravalfa begibt sieh zu seinem Freund, dem Damon Marlca, der zum Schein das Leben eines Asketen fiihrt. Marlca versprieht,den Entfuhrurrgsplan zu unterstutzen. Als goldene Gazelle lenkt er die Aufmerksamkeit auf sieh, und Ravalfa gelingt es, als Bettelmonch verkleidet, Slta zu rauben. Vergeblich versucht der Geier Jat,ayus, den Raub zu verhindern; er wird durch Ravalfa dabei schwer verwundet. Ravalfa fiihrt Slta nach Lanka und will sie zur Heirat zwingen. Doeh Slta weist ihn voller Abseheu zuruek. Da sperrt er sie in eine Gratte und draht, sie zu verspeisen, wenn sie sich innerhalb von zwolf Monaten nicht anders entschieden haben soUte. Ram,a und LakSimalfa haben inzwisehen das Versehwinden der Slta bemerkt. Sie £Inden Spuren der Entfuhrung und stoBen schlieJ31ich auf den verwundeten Geier Jatayus. Dieser berichtet ihnen das Vorgefallene, stirbt aber noch wahrend seiner Erziihlung. Danach begegnet ihnen ein kopfloses Ungeheuer namens Kabandha. Rama schlagt ihm die Arme ab und befreit ihn dadureh von einem Flueh. Aus Dankbarkeit rat er den beiden, ein Biindnis mit dem Affenkonig Sugrlva zu suehen.
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Das Ramayalfa
Von der Herstellung dieses Bundnisses berichtet Buch IV, das Ki~kindhakal). <;lao An einem schon gelegenen (und entsprechend besungenen) See Pampa treffen die beiden Bruder auf Sugrlva. Diesen hatte allerdings gerade ein schweres Ungluck ereilt. Sein Bruder Valin hatte ihm sein Weib und sein Konigreich weggenommen und ihn selbst verjagt. Nun lebt er statt in seiner Hauptstadt Ki~kindha mit seinem "Kanzler" Hanumat in der Verbannung. Rama schlieBt mit ihIn einen Pakt: Er will dem Affen helfen, sein Reich wiederzugewinnen, wenn dieser ihm bei der Befreiung Sltas hilft. Vor Ki~kindha kommt es zur Schlacht, die durch Ramas Unterstutzung fUr Sugrlva gewonnen wird, wobei Rama selbst den Valin totet. Sugrlva wird wieder in seine Herrschaft eingesetzt, und Hanumat erhalt die Aufgabe, den genauen Aufenthaltsort der geraubten Slta zu ermitteln. Hanumat macht sich in Begleitung einer Affenhorde auf die Suche. Dabei trifft er auf Sampati, einen Bruder des getoteten Geiers Jatayus. Der Geier beschreibt den Affen den Weg nach Larlka. Die Affen richten sich nach seinem Rat und gelangen glucklich an die Kuste; doch als sie nun die tobende See vor sich sehen, verzweifeln sie fast an der Moglichkeit, auf die Insel zu gelangen. Sie beratschlagen und kommen zu der Ansicht, dass Lanka nur im \Veitsprung zu erreichen sein wird. Darin aber ist Hanumat am besten geubt. Er begibt sich auf einen Berg und springt von dort nach La,llka hinuber.
Die Nachricht vom Anmarschder Affentruppen gelangt nach Lanka, und Raval).a beruft einen groBen Rat ein. Mit einer Ausnahme sind alle dafUr, sich aufeinen KampLvorzubereiten. Die Ausnahme ist Ravalfas BruderVibhl~ar).a. Er spricht von bosen Vorzeichen und rat, Sltii herauszugeben. Raval).a ist emport und beschimpft seinen Bruder dermaBen, dass dieser zusammen mit vi,.er Damonen zu Rama ubergeht. Diesem rat er, sich mit dem Meeresgott zu verbunden, der den Affen zeigt, wie sie die Brucke bauen mussen. Sie bringen Baume und Steine herbei; in kurzer Zeit ist die Brucke fertig, und das Affenheer marschiert nach Lallka. Rasch ist Ravalfas Residenzstadt UIIlzingelt. Es kommt zur Schlacht, wobei auch viele Einzelkampfe statt£lnden. Gefahrlichster Gegner Ramas und der Affen ist Indrajit, ein Sohn Raval).as, der sich unsichtbar machen kann und auch sonst in der Zauberei geubt ist. Ihm gelingt es, Rama und Lak~mal).a zu verwunden. Hanumat bringt daraufhin einen ganzen mit Heilpflanzen bewachsenen Berg herbei. Die Pflanzen bewirken die Genesung der beiden HeIden, und Hanumat bringt den Berg an seine eigentliche Stelle zuruck. SchlieBlich, nach mancherlei anderen Zwischenfallen, gelingt es Lak~n1al).a, Indrajit zu toten. Der erbitterte Ravalfa stellt nun Rama zum Zweikampf. Die von Rama abgeschlagenen Kopfe wachsen dem Raval).a immer wieder nach; schlieBlich gelingt es Rama aber, dem Damonenfiirsten das Herz zu durchbohren. Damit ist die Schlacht gewonnen; die restlichen Damonen fliehen, und Rama setzt den Vibhl~al).a als Konig von Lallka ein. Erst jetzt lasst Rama die befreite Slta vor sich bringen und - verstoBt sie. Sie habe zur Lust eines anderen Mannes gedient und konne nicht langer seine, Ramas, Gattin sein. Slta wehrt sich erbittert gegen die unzutreffende Anschuldigung und ersucht Lak~mal).a, einen Scheiterhaufen zu errichten, urn ein sogenanntes Gottesurteil (Ordal) durchzufiihren. Riima gibt seine Zustimmung, und Sltii schreitet in die Flammen. Agni selbst rettet sie und ubergibt sie Rama, wobei er ibn klarmacht, dass Slta in \Vahrheit niemals die eheliche Treue gebrochen hat. Rama erwidert, dass er daran niemals gezweifelt habe, dass aber das Ordal notwendig gewesen sei, um Sltas Unschuld auch VOl' dem Volke zu erharten. Nun kehren alle nach Ayodhya zuruck; Rama wird zum Konig geweiht und regiert zum Wohle des Volkes.
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Lallkakal).<;la wird Buch V genannt; es fUhrt auch den Namen Sundarakalf<;la ("Das schone Buch"). Beide Bezeichnungen sind gerechtfertigt: Hier werden poetisch eindrucksvolle Beschreibungen von der Schonheit der Insel und von der Pracht der Hauptstadt gegeben. Hanumat ist nach einem machtigen, vier Tage wahrenden Sprung auf Lanka angekommen. Er besichtigt die Stadt, von der aus Raval).a herrscht, kommt auch in den Palast des DamonenfUrsten, £lndet Slta aber erst nach langer Suche in einem Hain. Er iiberbringt ihr GruBe von Rama und berichtet uber die Absicht, sie zu befreien. Slta muss ihn aber darauf hinweisen, dass sie in nunmehr zwei Monaten von Raval).a verschlungen wurde. Eile ist also geboten. Hier folgt eine spatere Interpolation. Hanumat wird nach langem Kampf ergriffen und gefesselt vor Raval).a gebracht. Dieser mochte ihn am liebsten gleich toten, beschrankt sich aber einstweilen darauf, des Affen Schwanz anzuziinden. Mit dem brennenden Schwanz rennt Hanumat umher und steckt auf diese Weise die ganze Stadt in Brand. Auf Bitten Sltas lasst der Feuergott Agni den Hanumat am Leben. Nach diesem spiiteren Einschub kehrt Hanumat zu Rama zuruck und berichtet alles, was er gesehen und was Slta ihm gesagt hat. Buch VI ist das umfangreichste von allen; es fUhrt den Namen Yuddhakal).<;la ("Buch vom Kampf"). Rama will aufgrund des von Hanumat erhaltenen Berichtes Slta schnellstens befreien, weiB aber nicht, wie groBere Truppenmassen auf die Insel gelangen sollen. Da emp£lehlt Sugrlva, eine Brucke zu bauen. Das Affenheer ruckt nunmehr auf die Kuste zu.
An dieser Stelle konnte das Epos zu Ende sell1, und sicherlich hat die ursprungliche Geschichte in der Tat hier ihren Abschluss gefunden. Buch VII - es heiBt Uttarakal).<;la ("Letztes Buch") - ist jedenfalls nur ein Anhangsel. Nachdem allerlei Mythen und Legenden, die mitder Haupthandlung kaum etwas zu tun haben, erzahlt werden, wird wieder (jedoch nur in etwa einem Drittel dieses letzten Buches) liber das weitere Schicksal Ramas und Sltas berichtet. Das Yolk murrt trotz des durchgefiihrten Ordals uber die Ruckkehr Sltas. Sie sei den Frauen des Landes ein schlechtes Beispiel, heiBt es. Rama erfahrt davon und verstoBt - von pointierter Tugendhaftigkeit, wie er nun einmal ist -
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DIE EPISCHE LITERATUR
seine Gattin erneut, indem er Lak~mal.la beauftragt, sie wegzubringen. Diesel' fiihrt sie in die vValder jenseits des Ganges, wo er sie von dem \iVillen Ramas in Kenntnis setzt. Slta nimmt dies gefasst und duldsam entgegen. Nach einiger \iVanderung gelangt sie zu dem Einsiedler Valmlki. Da sie damals schwanger war, verblieb sie in dessen Unterkunft. Nach einiger Zeit gebar sie die Zwillinge Kusa und Lava. 3 Jahre vergehen. Rama flihrt ein Rossopfer (Asvamedha) durch, an dem auch Valmlki und die inzwischen erwachsenen Zwillinge teilnehmen. Bei diesem Anlass tragen die Zwillinge das von Valmlki verfasste Epos RamayaI.la VOl'. Rama erfahrt, dass Kusa und Lava Sltas und seine Sohne sind. Er lasst seine Gattin herbeibringen und verlangt von ihr einen Eid, dass sie auf Lanka unberuhrt geblieben sei. Obwohl ihm dies von Valmlki feierlich versichert wird, besteht er darauf, dass Slta selbst schwort. Diese ruft als Zeugin ihrer Treue die Erdgottin an. Da tut sich die Erde auf; die auf einem von Schlangendamonen getragenen Thran sitzende Erdgottin nimmt als Retterin und Beschiitzerin Slta in ihr Reich. Rama, del' fur sein ubergroBes Misstrauen gestraft wird, bittet die Gottin instandig, ihm Slta zuruckzugeben, doch vergeblich. SpateI' ubergibt er die Herrschaft seinen Sohnen Kusa und Lava und kehrt, nun wieder als Vi~I.lu, in den I3imlnelzuruck. Auch dieses Epos weist verschiedene eingelagerte Episoden und Legenden auf. Sie spielen abel' im Vergleich zum Mallabllarata eine untergeordnete Rolle. vVenn sie auch die Haupthandlung meist nicht fortfuhren, so stehen sie gewohnlich doch in irgendeinem Bezug zu ihr. Auch zahlenmaBig uberwuchern die Einschube den eigentlichen epischen Stoff durchaus nicht. Am storendsten machen sie sich noch im Uttarakal.l<.la bemerkbar, wo sie teils an alte vedische Stoffe anknupfen, wie die Totung des V~tra durch Indra, teils an Passagen aus dem XIII. Parvan des lvlallabllarata erinnern. AuBerhalb von KaJ.l<.la VII passen sich die Einschube nicht selten recht gut in die Rahmenhandlung ein. Als zum Beispiel Visvamitra den Rama zu Janaka begleitet, erzahlt er ihm unterwegs Geschichten mit del' offenkundigen Absicht, ihm die Reisezeit zu "verkurzen". Darunter ist auch die Erziihlung von del' Quirlung des Milchmeeres. 1m Balakal.l<.la findet sich eine Geschichte von graBer dichterischer Feinheit, die uber die Erfindung des Sloka berichtet. Lange Zeit sah man im Ramayal;a. die epische Darstellung del' arischen Ausbreitung uber Ost- und Sudindien. Nach einer anderen Ansicht erschlieBt sich del' Sinn des Epos nur durch eine mythologische Ausdeutung. \iVahrscheinlicher ist jedoch die Annahme, dass diese Dichtung del' Verherrlichung eines Stalnmesheros beziehungsweise eines Herrschers von Kosala diente. Um diesen Kern wurden sodann die sonstigen Teile des Epos gruppiert. -abel' den poetischen Rang des RamaYa1;a wurde einiges bereits bei seiner Charakterisierung als Adikavya, als eines Werkes del' Kunstdichtung, gesagt.
105 Hinsichtlich des Realismus seiner Gestalten und Handlungen ist es im ubrigen dem M-allabllarata weit unterlegen. Am treffendsten sind noch die Affen gezeichnet; die fvlenschen indessen sind mehI' Idealgestalten als lebende Wesen. Das Geschehen tragt weithin marchenhafte Zuge. vVie schon oben angedeutet, ist das RamayaI.la in del' vorliegenden Fassung alter als das 1\1allabharata. Daflir spricht schon die lange Entwicklung, die die Gestalt des Rama durchlaufen hat. Ursprunglich war er hochstwahrscheinlich ein Stammesheros. 1m Laufe del' Zeit wurde sein historisches Bild dergestalt idealisiert, dass er die Wurde einer Inkarnation Vi~l.lUS gewann. Das erfolgte abel' in einer im Vergleich zum Kern des Epos wesentlich spateren Zeit. viVas namlich die Bucher II bis VI anlangt, so fallt auf, dass das Ramayal;a niemals das Mallabharata erwahnt und offenbar also nicht kennt. Umgekehrt sind sowohl die Person des Valmlki als auch die Rama-Sage dem lV£allabharata vertraut. Sie werden sogar in ihm literarisch verarbeitet, denn das Ramopakhya.na wird zum Trost uber den Verlust del' Draupadl erzahlt. Dies alles flihrt zunachst zu dem Schluss, dass das Ramayal;a alter sein muss als das Mahitbharata. Manche Forscher nehmen an, dass zwischen den Epen ein bis zwei Jahrhunderte gelegen haben mogen. Es kann abel' naturlich auch sein, dass zur Entstehungszeit des Ramayal;a del' epische Stoff des 1\1allabharata bereits vorhanden war, jedoch noch in gewissermaBen flieBender Form, so dass das Epos selbst noch keine feste Gestalt angenommen hatte. Andererseits gibt es Umstande, die wiederum flir ein hoheres Alter des 1\1allabllarata sprechen. Die epische Dichtkunst ist im Ramayal;a gegenuber dem Mallabharata fortgeschritten. Nicht umsonst wird es ja als erstes im Kavya-Stil gedichtetes Werk bezeichnet. Die im Mallabharata noch verbreiteten archaischen Metren sind im RamayaI.la zugunsten des Sloka aufgegeben. Auch del' Gesalnteindruck beider Epen ist ein sehr unterschiedlichel'. Die HeIden des Ma.habllarata. agieren weithin mit Leidenschaftlichkeit, mitunter sogar mit \iVildheit. IIn Ramayalja trifft man auf eine ganz andere Geflihlswelt. Die Kampfszenen wirken vergleichsweise gemaBigt, und die Naturbeschreibungen beeindrucken durch ihre Zartheit. Das Epos ist insgesamt von einem ausgesprochen hUlTlanen Geist durchdrungen. .la, man mochte sagen, dass es im Vergleich zum 1\1ahabllarata einen wesentlich hoheren Grad del' Kultiviertheit erreicht. SchlieBlich abel' muss hervorgehoben werden, dass das J\1allabllarata, das mit tausend Faden an das Geschehen und die Vorstellungswelt del' vedischen Acra geknupft ist, unbestreitbar altere Stoffe verarbeitet als das RamayaI.la. Mit dem Alter des im Mahabllarata enthaltenen historischen Kerns kann das Ramayal;a. nicht im entferntesten einen Vergleich aushalten. Es ist versucht worden, diese \iViderspriiche nicht chronologisch, sondern geographisch zu erklaren. Immerhin ist unbestreitbar, dass beide Epen auf ganz verschiedenen Schauplatzen spielen. Das }\!lallabllarata nimmt auf vielfache
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DIE EPISCHE LITERATUR
\Veise auf den Nordwesten Indiens Bezug, wie topographische und ethnographische Angaben indizieren. Umgekehrt verweist das RamayaJ.la in den Nordosten und Osten Indiens. Abel' gerade in diesem geographischen Unterschied liegt wiederum ein chronologisches Argument: Da sich die arischen Einwanderer von Nordwesten her uber Indien ausgebreitet haben, spricht die geschilderte Situation fUr ein hOheres Alter des Mahabharata. AIle diese Erwagungen lassen die Schlussfolgerung zu, dass die Endredaktion des Ramaya.J.la VOl' derjenigen des Mahabharata erfolgte. Insofern ist das RamayaJ.la das altere del' beiden Werke. Doch greift das Mahabharata groBenteils auf vedische Personen und Stoffe zuruck, so dass sein Kern als alter im Vergleich zum Kern des Ramaya.J.la angesehen werden muss. Die absolute Chronologie des RamayaJ.la ist ebensowenig sichel'. Man hat versucht, uber griechische Parallelen hier einen Schritt weiter zu kommen. Heute lasst sich jedoch sagen, dass griechische Einflusse im RamayaJ.la nicht beweiskraftig zu belegen sind. SIta und Lanka sind jedenfalls ganz bestimmt keine vViderspiegelungen del' Helena und Trojas. Man nimmt jetzt an, dass das RamayaJ.la bereits seit del' zweiten Halfte des 2. Jahrhunderts n. ChI. seinen jetzigen Inhalt und Umfang aufweist. Auf diese Zeit weisen jedenfalls die spatesten Interpolationen: So werden in IV, 40-43, die Skythen, die Tocharer und die Insel Djawa (Java) genannt. Del' Kern des Epos konnte im 4. oder 3. Jahrhundert v. ChI. von ValmIki gedichtet worden sein. Es durfte jedoch feststehen, dass ValmIki nicht etwa den ganzen Stoff neu erfunden, sondern dass er dabei auf alte Akhyanas zuruckgegriffen hat, die vielleicht bis in die Zeit VOl' 500 V. ChI. zuruckreichen. Das schmalert keineswegs das hohe Verdienst, das er sich durch die Veredelung diesel' alten Vorlagen erworben hat. Das RamayaJ.la ist in drei Rezensionen uberliefert. Am weitesten verbreitet ist die sogenannte Rezension G, namlich del' Bombayer Druck von 1902. In Europa wurde durch die Ausgabe Turin 1843-1867 zuerst die aus Bengalen stammende Rezension B bekannt. Aus dem westlichen Indien stammt die nul' in Gestalt von Handschriften vorhandene Rezension A. Bemerkenswert ist, dass aIle drei Rezensionen die Bucher I bis VII zum Gegenstand haben, so dass ein eigentlicher Urtext nicht mehr vorhanden zu sein scheint beziehungsweise nicht rekonstruierbar ist. Dabei unterscheiden sich die Rezensionen untereinander in nicht geringem MaBe: Jeweils etwa ein Drittel des Textes kommt in den anderen Rezensionen nicht Vol'. Die Textgeschichte des RamayaJ.la ist Gegenstand zahlreicher Studien gewesen. 4 Dabei hat sich allgemein die Auffassung durchgesetzt, dass die Bucher I und VII nicht zum urspriinglichen Bestand des Epos gehort haben konnen. Zu diesel' Annahme haben mehrere Feststellungen gefiihrt. So nehmen die Ka1:t1as II bis VI auf I und VII nirgends Bezug, haben sie offenbar also nicht gekannt. Ihr mythologischer Haupt bezugspunkt ist auch nicht Vii?lfu, sondern Indra. In
den Biichern II bis VI ist Rama jedenfalls ein menschlicher Held, in den beiden andel'en Biichern abel' eine Inkarnation. Diese Evolution hat natiirlich eine nicht unbetrachtliche Zeit in Anspruch genommen. All diese Argumente, abel' auch eine stilistische Inferioritat del' Biicher I und VII lassen den Schluss nicht unberechtigt erscheinen, dass zwischen ihnen und den alteren Ka1:t1as sehr wohl J ahrhunderte gelegen haben konnen. Das Ramayal;Ia hat auf das indische Geistesleben den nachhaltigsten Einfluss ausgeiibt und iibt ihn bis heute aus. Unzahlige literarische Werke, Biihnenstucke, in del' Jetztzeit auch Kino- und Fernsehfilme haben ihren Stoff aus dem RamayaJ.la entlehnt. Mag nach unserem Geschmack Ramas Verhalten gegeniiber SIta geradezu inquisitorisch oder zum mindesten engstirnig, SItas Benehmen wiederum iibertrieben demutig-passiv anmuten - fUr die Mehrheit del' Inder sind beide in bezug auf ihre Wahrhaftigkeit und Reinheit Vorbilder von absoluter und zeitloser Giiltigkeit. Es nim.mt daher nicht wunder, dass das RamaYaJ.la immer von neuem auch Dichter zu Nachschopfungen inspiriert hat. Beriihmtestes Beispiel ist das um 1574 von TulsI Das in HindI verfasste Ramcaritmanas. Dariiber hinaus sind Rama-Legenden auch in viele andere von del' indischen Kultur beeinflusste Lander eingedrungen. Abel' auch als Quelle fUr das Studium del' gesellschaftlichen Entwicklung Indiens bietet gerade das RamayaJ.la reiches Material. 5 Das 6 RamayaJ.la - bzw. dessen Balakalf1a hat im Zeitraum des europaischen Mittelalters einen philosophischen Anhang erhalten, del' heute vornehmlich als Yogavasi!?t11a oder (yoga-)Vasi!?tharamayaJ.la bekannt ist. 7 Es handelt sich im wesentlichen um ein Gesprach zwischen dem Priester Vasii?tha und dem jungen Prinzen Rama am Hofe Dasarathas, und zwar unmittelba.r VOl' dem Kampf des l.ti?i Visvamitra gegen die Damonen, an welchem Rama teilnehmen solI. Man kann sagen, dass das Yogavasi!?tha ein Werk des Advaita mit yogischen und mahayanistischen Einfliissen ist. W. Slaje riickt es "in die Nahe eines den Karikas des Gau1apada verwandten Milieus".8 Literarisch besonders reizvoll sind die zahlreichen Parabeln und surreal anmutenden Episoden (i till as a., upakhyana). - Das Yogavasi!?tha liegt uns in zwei Versionen VOl': einer kiirzeren von etwa 5000 und einer langeren von iiber 28000 Doppelversen. 9 Anmerkungen 1 Die Rezension C wurde von K. P. Parab herausgegeben (1902), die bengalische Rezensian B von G. Gorresio in zehn Biinden (1843-1867). Eine kritische Ausgabe wurde an der Universitiit Baroda unter Leitung von G. H. Bhatta veranstaltet (1960-1975); die Editoren der einzelnen Kalf<;las sind: I G. H. Bhatta; II P. L. Vaidya; III P. C. Divanji; IV D. R. Mankad; V G. C. Jhala; VI P. 1. Vaidya; VII U. P. Shah. - Ubersetzt wurde das Ramayana u.a. von H. Fauche (9 Bde., Paris 1854-1858), M. N. Dutt (7 Bde., Calcutta
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Die Puralfas
DIE EPISCHE LITERATUR
1889-1891,2. Aufl. 1892--1894), R. T. H. Griffith als Bd. 29 del: Chowkhamba Sanskrit Studies (3. Aufl., Varanasi 1963), ferner von Hari Prasad Shastri in 3 Biinden (London 1962-1970,4. Aufl. 1985) und C. Schmalders (Diisseldorf und Kaln 1981). Ubersetzung des BalakaI1da von R. P. Goldman (Princeton 1984), des AyodhyakaI1c1a von S. 1. Pollock (Princeton 1986). 2 Uber die Lage von Lal'lka ist vie! geratselt worden. Lange Zeit herrschte die Meinung VOl', dass Lanka mit del' lnsel Ceylon zu identifizieren sei. Daraus erkliirt sich die neue Bezeichnung des lnselstaates mit Sri Lanka. Die von den Affen erbaute Briicke wurde
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1981), die kiirzere (Laghu-YV) als LagllUyogavasit?thaiJ. (sic) VasisthacandrikavyaklJyasahita~l (2., vom Herausgeber del' liingeren Fassung revidierte Aufl., Bombay 1937; Nachdruck Delhi 1985). Teile eine1' kasclnuirischen (B~hadc)Rezension wurden zusammen mit dem Kommentar von Bhaskarakantha von 'V. Slaje und J. Valent unter dem Titel BhaskarakaI1~has Moksopaya-Tika (3 Bde., Graz 1993-1996) herausgegeben. - An Gesamtiibersetzungen sind die von V. L. Mitra (4 Bde., Calcutta 1891-1899; Nachdruck in 7 Bdn., Delhi/Varanasi 1976-1978) ZUlU Brhad-YV sowie zum Laghu-YV die von K. N. Aiyar (2. Aufl., Madras 1914; Nachdruck 1971) zu nennen.
als Anspielung auf die Adamsbriicke verstanden. Neuerdings hat man diese Deutungen wieder sehr in Frage geste11t und ist geneigt, in Lallka eine lnsel in unbestimmter Ferne
4. Die Pural].as
ohne geographischen Bezug zu sehen. 3 Zu den beiden Namen vergleiche das S. 71 iiber Kusllava Gesagte. 4 'VVohl die auch heute noch wichtigste Studie iiber das
Ramayal~a ist
das 'Verk von H. J a-
cobi: Das RamayaI,la. Geschichte und InhaIt nebst Concordanz der gedruckten Rezensio-
nen (Bonn 1893, Neudruck Bonn 1976). Auch sonst ist zur Feststellung del' Textgeschichte des Epos viel getan worden; genannt seien u.a. \tV. Ruben: Studien zur Textgeschichte des RamayaI1a (Stuttgart 1936); A. Baumgartner: Das RamayaI1a und die Rama-Literatur der Inder (Freiburg/Br. 1894, Neudruck Osnabriick 19(2); Raghu Vlra: Ramayal~a of Valmiki (Lahore 1938). Yardi, M. R.: The RamayaI1a, its origins and growth: A statistical study (Poona 1994). Einen Descriptive Index to the Names and Subjects of the RamayaI1a gab R. K. Rai im Bd. 168 del' Kashi Sanskrit Series (Varanasi 1965). Die Sprache des Epos untersuchte Satya Vrat: The RamayaI1a. A Linguistic Study (1964). 5 Am wichtigsten ist in diesel' Beziehung die Arbeit von S. N. Vyas: India in the Ramaya'I1a
Age (Delhi 1967). 6 Ergiinzender Abschnitt von Peter Thomi, Wichtrach. 7 Das
Yogavasit?~ha (YV)
-
auch Mokt?opaya -
ist eines del' jiingsten Forschungsgebiete
del' lndologie im deutschsprachigen Raum. Vgl. die Pionierarbeit von H. v. Glasenapp: Zwei philosophische RamayaI1as (Wiesbaden 1951). Ausfiihrliche Bibliographie zur YV-F'o1'schung bei W. Slaje: Yom Mokt?opaya-Sastra zum Yogavasit?~ha-MaharamayaI1a (Wien 1994) und B. Lo Turco: Ii Mokt?opaya (Diss., Rom 1998). - Zur Einordnung des YV in den Rahmen del' altindischen Literatur vgl. S. Dasgupta: A History of Indian Philoso-
phy, Vol. 2 (Cambridge 1932; Nachdruck 1968), S. 228: "The Yoga-vasistha-RamayaI1a may be included among the puranas, but it is devoid of the general characteristics of the
puranas..." 8 \tV. Slaje a. a. 0., S. 57. 9 'Vo sie sich iiberschneiden, sind sie im allgemeinen (fast) textidentisch. Beide Versionen sind zweifellos das Produkt meh1'erer Autoren. Die kiirzere Version wird mitunter einem Gauqa Abhinanda zugeschrieben, dessen ldentitiit jedoch umstritten ist. - Die liingere Version (B~had-YV) e1'schien rnit dem Titel The Yogavasit?~ha of ValmTki wit;h
the commentary
Vasit?~hamaharamayana-tatparyapraka.5a, h erausgegeben
von \tVasudev
Laxmal~ Sastrl Pal,lslkar (3. Aufl., BOlubay 1937; Nachdruck del' 2. Aufl., New Delhi
Unter Pura1.las versteht man eine Gruppe von episehen Werken mit didaktisehem Charakter, die sieh in maneher Hinsieht an das Mahabharata ansehlieBen. Das altindisehe Worterbueh Amarakosa eharakterisiert sie folgendermaBen: "Sehopfung und Wiedersehopfung, Gesehleehterfolge und Zeitperioden wie aueh die Genealogie ~ (daraus besteht) das fiinf Merkmale (paiicalaki?aJ].a) aufweisende Pural,la." Ein Pural,la soll also behandeln: kosmogonische Probleme, Gesehiehte, Taten del' Gotter, I,t~is und HeIden, die kosmisehen Weltzeitalter mitsamt einer mythischen Geogra.phie, sehlieBlieh die Genealogien irdiseher Konige. Selten jedoeh sind alle diese funf Kennzeiehen zusamlnen ausgebildet; sie konnen einzeln oder aueh in ihrer Gesamtheit zuruektreten, ja sogar ganz fehlen. Da.fur treten andere, in del' klassisehen Definition nieht genannte Themen ein, wie Opfer, religiose Feste, Gebote, BuBubungen, Pilgersehaft und Tempelbau. Naeh dem Bhaga.va.ta-Puralfa gehoren zum Inhalt del' Pura1.las noeh fiinf weitere Gesiehtspunkte, namlieh samstha (Weltordnung), rak.,?a (Weltenbewahrung dureh die gottliehen Inkarnationen), pra.laya (WeltUntergang), hetu (die niehtwissende Seele als Ursaehe del' Welt) und apasraya (die Allseele als "Stutze" del' VVelt [XII, 7, 9]). Doeh aueh diesel' Zusatz wird dem wirkliehen Inhalt del' Pura1.las nieht immer gereeht. Das Wort puralfa (alt) ist dureh akhy-ana (Erzahlung) zu erganzen. Ein Pura1.la ist ursprunglieh also eine Erzahlung aus alter Zeit. In diesel' Bedeutung kommt das Wort bereits in den Brahmal.laS vor; die alteste Erwahnung durfte sogar schon Atharvaveda XI, 7, 24 aufweisen. In Verbindung mit Itihasa (Legende) erseheint das '\iVort in Aufzahlungen gleieh naeh ~'c (I,tgveda- Vel's), saman (Melodie), yajus (Opfersprueh) und brahman (Formel): Satapatha-Brahmal].a. XI, 5, 6, 8; Taittirlya-Aralfyaka II, 10. Naeh I,tg-, Yajur-, Samaveda und Atharvaveda nennt es die Chandogya-Upanii?ad VII, 1, 2. 2, 1. 7, 1. Das JaiminlyaUpanii?ad-Brallmal}a. hat den Ausdruek pural].etihasa I, 53, 9. Dabei bezog sieh del' Begriff "Pura1.la" ursprunglieh auf die Kosmogonie. Das GautamaDharmasutra (das aus dem 5. oder 4. Jahrhundert v. Chr. stammt) XI, 19 und
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Die Pural).as
DIE EPISCHE LITERATUR
das Yajiiavalkya-Dlla.nnasastra I, 3 erwahnen PuraJ;la als Sammelbegriff, wie etwa Veda, BrahmaJ;la und so weiter. Fasst man alle einschlagigen Angaben zusammen, so gelangt man zu dem zwingenden Schluss, dass es eine alte Pural?kLiteratur gegeben haben muss, die jedoch nicht aus den heute so benannten \Verken bestand, sondern offenbar verlorengegangen ist. So erwahnen Mallabharata XVIII, 5, 46. 6, 97 und der Harivamsa 18 Pural).as, doch sind das nicht die uns vorliegenden, denn diese sind nachweislich spater entstanden und behandeln vielfach gerade Stoffe aus dem Mahabharata. Wenn sich also Mahabharata III, 191, 16 auf ein VayuPuraJ;la bezieht, so ist dies keineswegs das jetzt so heiBende Werk. Es sprechen noch zwei weitere gewichtige Argumente dafur, dass es eine alte PuraJ;la-Literatur gegeben hat. Die eingangs erwahnte Paiicalaki?al~a-Definition ist mit Sicherheit alt. Die PuraJ;las folgen ihr aber in nur sehr beschranktem MaBe, eben weil sie jungeren Datums sind. Vor allem aber gibt die alte Definition keinerlei Hinweis auf den so ausgepragt sektarischen Charakter der meisten Pural).as, der sie ebenfalls ais jungere Literaturprodukte kennzeichnet. Vielfach durfte sie aber mit der verlorenen alteren Literaturschicht eine lebendige Tradition verknupft haben, denn ihre Stoffe sind oft alt, alter gar als das 1\;fa.habllarata, und verarbeiten nicht selten Sujets aus den Veden. Der Ursprung konnte allen oder doch den meisten PuraJ;las gemeinsam gewesen sein, da sie sich oft uber ganze Seiten hinweg entsprechen oder ganz identisch sind. Zum Beispiel kam der KJ;i?l).a- Text aus dem Brahma-PuraI} a fast wortlich in das Vi!?I}u-PUral?a und fand spater - umgedichtet - Eingang in das Bhagava.taPuraI}a. Die Frage nach der absoluten Datierung der Pural~as wirft ahnliche Probleme auf, wie sie fUr die aitindische Literaturgeschichte uberhaupt charakteristisch sind. Nach H. H. Wilson reichen sie im Kern bis in die Zeit Alexanders des GroBen zuruck. F. E. Pargiter datiert die altesten pural~ischen Schichten in das 9. Jahrhundert v. Chr. Diese Angaben sind naturlich spekulativ, da sie sich auf diejenigen puraJ;lischen Literaturelemente beziehen, die verlorengegangen sind. Aber auch hinsichtlich der uns vorliegenden Werke lassen sich genaue Angaben nicht erbringen, sondern nur ungefahre Entstehungszeitraume aus den Hinweisen der Texte ableiten. Die alteren PuraJ;las sind zweifellos vor dem 7. Jahrhundert n. Chr. entstanden, da sie nicht das ma.chtige nordindische Reich des Hari?a erwahnen. Ferner betreffen die Beschreibungen des schlechtesten Weltzeitalters (kaliyuga) offenkundig nicht die mohammedanische Invasion etwa der Ghaznaviden, sondern beziehen sich auf die Einfalle der HUJ;la im 5. Jahrhundert. Die Analyse des Vi!?I}u-Pural?alasst den Schluss zu, dass es zu Beginn der GuptaPeriode entstanden sein konnte. Der Dichter BaJ;la im 7. Jahrhundert kannte das Vayu-PUral?a. Die Masse der pura,l~ischen Texte durfte also zwischen 300 und 800 entstanden sein; doch gibt es Nachtrage, die bis ins 13. Jahrhundert
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und weiter reichen. Mit Recht hat VV. Kirfel den Grundsatz aufgeste11t, dass die einzelnen PuraJ;las in mehr oder minder hohem Grade heterogen sind und dass daher - ahnlich wie die Bucher des Mahabharata - die einzelnen chronologischen Schichten herausprapariert und gesondert untersucht werden mussen. Kirfel nimmt an, dass der alteste Grundtext am besten in Teilen des Brahma-PUral?a, im Harivam,sa (dem Anhang zum Mahabharata) sowie in Teilen des ,5iva- und Agni-Pural?a erhalten ist. 1 Als Verfasser der Pural~as gilt der orthodoxen indischen Tradition derselbe \Veise, der auch das lv[ahabharata. zusammengeste11t haben sol1, namlich Vyasa. Er sol1 ihren Inhalt seinem Hauptschiiler, dem siita (Barde, Herold) Lomahar9aJ;la, mitgeteilt haben, der dann angeblich - wie Vi!?I}U-Pmal?a III, 6, erklart -- zusammen mit drei Schulern die "ursprunglichen" vier Pura.l~as in ihre uberlieferte Gestalt gebracht hat. Andere Que11en behaupten, dass Ugrasravas, ein Solm des Lomahar9aJ;la, die Pural~as anlasslich eines Opferfestes im Naimi 9a-Waid dem Saunaka erzahlt hat. All dies ist natiirlich in den Bereich der Mythen zu verweisen, denn die literaturgeschichtliche Analyse der PuraJ;las ergibt zweifelsfrei, dass ganze Generationen von Autoren beziehungsweise Kompilatoren an ihrer Schaffung gewirkt luben. Dass der Erzahler, Lomahaqal~a, nach ubereinstimmender Tradition ein Barde oder Herold war, verlegt den Ursprung der PuraJ;las in den Bereich der Ki?atriyas, das heiBt, der die Staatsmacht ausiibenden Krieger. In diesem Zusammenhang hat auch Pargiter sicher recht, wenn er dem Ur-Pural~a auch auBervedische Traditionen zuschreibt. Die uns vorliegenden puraJ;lischen \Verke sind jedoch brahmanisch uberarbeitet worden, und zwar von solchen Brahmanen, die sich von dem aiten, uberlebten Opferritualismus abgekehrt und rechtzeitig auf die neuen vorfeudalen und feudalen Gesellschaftsverhaltnisse "eingestellt" hatten. Der Feudalismus (der freilich in mancher Hinsicht von dem als "klassisch" geltenden Feudalismus vVesteuropas abweicht) bildete sich nach der jetzt vorherrschenden (nicht unbestrittenen 2 ) Meinung zwischen 300 und 800 in Indien heraus, also genau in der Zeit, in der die Masse der Pural~as entstand. Nicht umsonst atmen die PuraJ;las, besonders die Mahatmyas, vielfach den Geist feudaler Zersplitterung. Ihre geistesgeschichtliche vVirkung beschrankt sich jedoch keineswegs auf die Feudalepoche. Ohne Ubertreibung darf man sagen: Was der Veda fUr den Brahmanismus ist, das sind die Pural~as fUr den Hinduismus. Manche von ihnen, so das Bhagavata-PuraI}a, erfreuen sich bis auf den heutigen Tag der groBten Popularitiit. Dies ist unter anderem daraus zu erklaren, dass die PuraJ;las von Anfang an auf Volkstumlichkeit "angelegt" waren. Die yom Vedastudium ausgeschlossene Mehrheit der Bevolkerung - namlich die Sudras und die Frauen - muss sich mit Begeisterung dieser ihnen offenstehenden Literatur zugewandt haben. Die schlichte Sprache der PuraJ;las fand ubera11 Eingang und trug zur
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DIE EPISCHE LITERATUR
Vermittlung so mancher schonen Legende bei. So nimmt es nicht wunder, dass die Beliebtheit del' PuraJ;tas auch im Lauf del' Jahrhunderte kaum schwand und dass viele Dramen und Gedichte ihrerseits pural;tische Stoffe verarbeiten. Das heutige Indien besitzt sogar eine eigens del' Erforschung del' Pural;taS gewidmete Zeitschrift, das Pural!am. Half-yeaxly Bulletin of the Pural;w-Department of All India KMiraja Trust in Ramnagar bei Varanasi (Benares). Die kosnlOgonischen und geographischen Ansichten del' Pural;taS 3 sind weitgehend Erzeugnisse del' Phantasie und wurden als solche schon von Al- Birunl (um 1030) kritisiert. Die Lehre von den vier \Veltaltern, von denen jedes schlechter als das vorhergehende ist, stammt wohl aus Vorderasien und durfte uber Baktrien nach Indien gelangt sein, wo sie bereits ArUl;ta, del' Vater des schon in den Upani~aden genannten Philosophen Uddalaka, gekannt zu haben scheint. Um so bedeutsamer sind die PuraJ:.las als Quellen del' indischen Religionsgeschichte. Vielfach sind sie schon mehr oder mindel' an eine bestimmte Sekte gebunden, haben also sektarischen Charakter. Zahlreiche Legenden dienen del' Heraushebung einer bestimmten Gottheit oder einer heiligen Stiitte. Es ist daher ausgeschlossen, die Geschichte des Hinduismus und seines Kultes erforschen zu wollen, ohne die PuraJ:.las zu berucksichtigen. 4 Die Bedeutung del' Pural;taS als Quellen del' politischen Geschichte wird unterschiedlich bewertet. 5 Einige von ihnen enthalten Genealogien, die sich auf KJ;~l;ta aus del' Monddynastie und auf Rama aus del' Sonnendynastie beziehen. Dabei wird etwa del' Tod del' Pandavas in del' Mahabharata.-Schlacht als Vergangenheit aufgefasst, wiihrend die' Herrscher del' Sisunagas, Nandas, Mauryas, Sungas, Andhras, Guptas und so weiter im Lichte von Praphezeiungen uber die Zukunft erscheinen. Fur Magadha etwa erfiihrt nlan die Namen von dreizehn Herrschern, die zwischen etwa 650 v. Chr. und Alexander dem GraBen gelebt haben konnten. Brauchbar sind nach dem jetzigen Stand del' Forschung UlF tel' anderem das Vifrqu- Pural!a fur die Mauryas, das Matsya- Pural;ta fUr die Andhra-Dynastie und das Vayu-Pural!a fUr die Zeit Candraguptas 1. Vielfach abel' stehen die genealogischen Angaben del' einzelnen Pural;taS miteinander im Widerspruch bzw. sind aus anderen Grunden unglaubwuxdig, so dass die buddhistischen Quellen den pural;tischen meist uberlegen sind. Neben den historischen 1\1itteilungen sind auch die Angaben del' Pural;taS iiber die geographischen Verhiiltnisse im alten Indien von Interesse. 6 An eigentlichen PuraJ:.las, den sogenannten MahapuraJ:.las, sind im Laufe von Jahrhunderten 18 verfasst worden, die zusammen uber 400000 Sloka-Verse enthalten. 7 Sie sind also siimtlich metrisch gebunden, doch liegt ihr literarischer \Vert im Durchschnitt unter dem des "i\J[ahabharat a: Del' Inhalt ist meist bunt durcheinandergewurfelt, die Darstellung gefiillt sich in Ubertreibungen, die mit abnehmendem Alter del' Texte zunehmen, und die grammatischen Regeln werden oft dem Metrum geopfert. Die indische traditionelle Einteilung,
wie sie im Pa.dma-PUral.1a (263, 81) vorliegt, ordnet die Pural;taS Vi~l:tU, Brahman oder Siva zu. Erstere gelten als zur Erlosung fUhrend (sattvika); zu ihnen gehoren das Vi,;;l;JU-, Bllagavata-, Naradlya-, Ga.rueja. Padma- und VarahaPural.1a. Die dem Brahman geweihten Pural;taS (rajasa) sollen in den Himmel fUhren: Das Brahma-, Brahmal.1eja-, Brahmavaivarta-, lvlarkal.1ejeya-, Bhavi,;;ya.und Vamana-Pural!a. Die Siva-Pural;tasaber sind tamasa und fUhren zur Holle: das lVayu-, Liriga-, Skanda-, Agni-, Matsya- und Kurma-Pural.1a. Diese Einteilung ist jedoch sektarisch-parteilich und damit wertlos. Eine Einteilung del' PuraJ:.las nach ihrer religionsgeschichtlichen Stellung ist uberhaupt untunlich, da sich in mehreren von ihnen sivaitische und Vi~l;tuitische Anschauungen vermischen. Es ist daher eine andere, neutralere Einteilungsart, die auch dem Folgenden zugrunde gelegt wird, vorzuziehen. o ,
Das Bra.hma-Pura1.Ja erscheint in den betreffenden Listen am Anfang und wird daher auch Adi-Pural.1a genannt. 8 Brahman belehrt Dak~a, einen mythischen Heiligen, in vorwiegend vi~l;tuitischer Tendenz; so ist ein graBer Abschnitt K~'~l;ta-Legenden geweiht und iihnelt dem Vi!?l.1U-PUral.1a. Doch wird auch die Heirat von Siva und Uma beschrieben. Die letzten Kapitel enthalten Regeln fUr den Ahnenkult, fur das Kastenwesen und die Lebensstufen (a,srama). Den Schluss bildet eine Erkliirung del' Samkhya- und Yoga- Philosophie. Fur die Feststellung del' absoluten Chronologie ist del' Umstand von Bedeutung, dass das Pural;ta heilige Plii.tze in Utkala (Orissa) beschreibt und dabei den Sonnentempel (Suryak~etra) von KOl;tarka bei Purl erwiihnt, den man a.ufgrund anderer Angaben auf das Jahr 1241 datieren kann. Die betreffende Stelle des Pural;ta muss also junger sein, doch ist sie jedenfalls ein spiiter Anhang und nicht etwa fur das ganze Pural;ta ma:l3gebend. Das Padma-PUral.1a ist mit 55000 Sloka-Versen ein sehr umfangreiches \Verk. 9 Es liegt in zwei Rezensionen VOl', von denen die bengalische die iiltere ist, doch liegen zwischen del' Abfassung del' iiltesten und del' jungsten Teile moglicherweise Jahrhunderte. Es enthiilt die Lehre von del' Trimurti, das heiBt von del' Einheit von Brahman, Siva. und Vi~J:.lu, die schon im Harivarilsa vorkommt, ist abel' sonst eindeutig vi~J:.luitisch orientiert. Von den sechs Teilen (khal.1eja), aus denen das Werk besteht, bilden die ersten drei den alten Kern. Del' Uttarakhal;t<;la ist junger, und del' letzte Teil durfte sogar spiiter als das Bhaga.vata-PUral.1a entstanden sein. Del' erste Teil (S~,~tikhal;t<;la) erorted die Schopfung durch den personlichen Gott Brahman und verherrlicht den Pu~kara See in Ajmir. 1m zweiten Teil (Bhumikhal;t<;la) bilden die Erde und speziell als heilig gedachte Furten und Uferstellen (tlrtlla) das Hauptthema. Del' dritte Teil (Svargakhal;t<;la) befasst sich mit den Welten del' GaUer und Diimonen. Hier finden sich auch \Viedergaben del' Legenden von Sakuntala und Pururavas, wobei erstere ~ und nicht die Fassung aus dem Mahabhara.ta ~ dem Kalidasa als Quelle gedient hat. 1m vierten Teil (Patalakhal;t<;la) geht das Werk auf die Regio-
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DIE EPISCHE LITERATUR
nen der Unterwelt ein. Hier wird auch die Rama-Legende wiedergegeben, wobei das Padma-PuraIJ-a die mitunter wortliche Quelle fUr Kalidasas Raghuvamsa darstellt. 1m UttarakhaIJ-<;la finden sich, dem Charakter eines Nachtrags entsprechend, sehr verschiedenartige Stiicke: die mystische Bedeutung der Monate, der Lotos als Sitz des Brahman und ein Lob der BllagavadgTta. Selbst Siva sieht sich veranlasst, Vi~lfUS Ruhm zu verkiinden. 1m letzten Teil, dem Kriyayogasara, wird erkHirt, dass die Verehrung Vi~lfUS nicht durch Meditation, sondern durch rituelle Feste, Pilgerfahrten und gute Werke zu erfolgen habe. Das Vi~l.lU- Pural.la, eines der wichtigsten, entspricht noch am ehesten der Standardform des Pural.la Paiicalak~al;la und ist demzufolge recht alt. lO Vielleicht darf man es dem 5. Jahrhundert zuweisen. Das in sechs Teile (amsa) gegliederte Werk umfasst etwa 7000 Slokas; einst sollen es 23000 gewesen sein. Parasara, der hier als Autor gilt - nicht also Vyasa - , belehrt den Maitreya hauptsachlich iiber die Inkarnationen des Vi~IJ-u und die Herrlichkeit der Gottin 8rl. Das erste Buch enthalt die Prahlada- Legende. 1m zweiten Arusa werden die sieben Kontinente und sieben Meere, die Unterwelten (patala) und Hollen (naTaka) besprochen. Ahnlich wie in den Upani~aden wird die Einheit des Alls postuliert, aber hier natiirlich in Vi~IJ-u begriindet. Das dritte Buch auBert sich iiber die Stammviiter der Menschheit (Manu), die Veden, einzelne Wissenschaftsgebiete, Kasten- und Hausregeln. Interessant sind seine gegen Jinisten und Buddhisten gefiihrten Polemiken. Das vierte Buch gibt von Mythen und Legenden (so der von Pururavas) unterbrochene Genealogien und prophezeit Einfalle barbarischer Volker. 1m fUnften Buch findet sich eine K~~IJ-a Biographie, die mit der des Harivamsa konform geht. Schliefllich wird im sechsten Buch das schlechteste Weltzeitalter prophetisch beschrieben. Leiden und Ubel konnen nur durch die Befreiung von der Kette der Wiedergeburten iiberwunden werden; hierzu aber gelangt man - anders als im Schlussteil des Padma-PuraIJ-a - durch die Meditation iiber Vi~IJ-u. Das Vayu-Pural;la, '"auch als Siva-PuraIJ-a bekannt, entspricht vielfach dem Harivari1sa und ahnelt auch, besonders hinsichtlich der Bedeutung von Meditationen, dem Vi~IJ-U-PUral;la.n Nur ist es eben sivaitisch orientiert. Haufig nimmt es Bezug auf die Gupta-Dynastie und konnte demnach im 5. oder 6. Jahrhundert entstanden sein. Von kulturgeschichtlichem Interesse ist ein spezielles Kapitel iiber die Gesangskunst. Das Bhagava,ta-PuraIJ-a iibt von allen Puralfas auch heute noch den groBten geistesgeschichtlichen Einfluss aus. Das aus etwa 18000 Slokas, die in zwolf Biichern (skandha) gruppiert sind, bestehende Werk iiberragt durch die Schonheit seiner Sprache die iibrigen PuraIJ-as merklichY Es beschreibt die Inkarnationen des Vi~lfU; bezeichnenderweise werden hier zu diesen nicht nur die iiblicherweise vertretenen, sondern auch Buddha gerechnet! Am popularsten im heutigen Indien ist das zehnte Buch, das die Liebesspiele des K~~IJ-a mit
115 den Hirtinnen (gopT) in den Waldern von Mathura noch ausfiihrlicher als Harivamsa und Vi~IJ-u-PuraIJ-a schildert. Fiir die Vi~lfUiten kommt das BhagavataPural;la an Bedeutung den U pani~aden und der BhagavadgTta gleich. Als Autor vermutete man friiher Vopadeva (13. Jahrhundert), doch zu Unrecht, denn das Werk ist alter. Vallalasena von Bengalen (11. Jahrhundert) nimmt mehrfach auf dasselbe Bezug. Andererseits kommt die fiir das GTtagovinda charakteristische Gestalt der Ra:dha noch nicht vor, so dass man mit groBer Wahrscheinlichkeit das 10. Jahrhundert als Entstehungszeit des Bhagavata-PuraIJ-a ansetzen kann. Das NaradTya-BrhannaradTya-PuraIJ-a ist ebenfalls vi~IJ-uitisch.n Als spates Werk passt es zu der Pallcalak~alfa-Definition in keiner Hinsicht. In etwa 25000 810kas belehrt Narada den Sanatkumara iiber den Vi~IJ-u-Kult. Das Werk hat eine brahmanisch-orthodoxe Grundhaltung sowie eine deutlich antibuddhistische Tendenz. Das Marki11;lQeya-Pural;la ist vor dem 6. Jahrhundert entstanden und besonders wichtig durch seinen noch weit alteren Kern, der ins 3., vielleicht sogar ins 2. Jahrhundert zuriickweist. In diesem Werk, das manche Parallelen zum zwolften Parvan des Mahabharata zeigt, klart Markalf<;leya schwierige Passagen des Epos, so die Menschwerdung des K~>~~1a oder die Polyandrie der Draupadl. Aber auch die Pflichten des Hausvaters, der Ahnenkult sowie Riten und Opfer werden erortert. Von allen PuraIJ-as ist dieses Werk das am wenigsten sektarische. 14 1m altesten Teil sind auch nicht etwa Siva oder Vi~lfU die im Vordergrund stehenden Gotter, sondern Indra, Surya, Agni und Brahman. \iVie im Padma-PuraIJ-a findet sich auch hier die Trimurti-Konzeption (vgl. S. 113). Von groBer Schonheit ist die Beschreibung des Aufenthalts von Konig Vipascit in der Holle, wo er durch sein Mitleid die Hollenbewohner erlost. Diese Episode spiegelt deutlich den Einfluss des Mahayana- Buddhismus wider. In das Werk eingefUgt, doch nicht spater als im 6. Jahrhundert, ist der Devlmahatmya oder Calf<;ll genannte Abschnitt, eine Preisung der Gottin Durga:,. Er beschreibt die Taten der "primaren Energie" (adya sakti) und wird noch heutzutage bei der Durga- Verehrung (Durgapuja) und zur Abwehr von Ubeln rezitiert. 1m Agni-PuraIJ-a belehrt Agni den Vasi~~ha. Das ziemlich spate Werk ist in der Grundtendenz sivaitisch und preist den Lillga- und Durga:-Kult. Doch befasst es sich auch mit Rama und K~~IJ-a als Inkarnationen des Vi~lfU. Mehrfach bringt es Ausziige aus del' YajiiavaJkyasmrti. Daneben behandelt es tantrische Riten und gibt Anweisungen fiir die Anfertigung und Aufstellung von Gotterbildern. GroBe Bedeutung hat sein enzyklopadischer Charakter: Das Werk befasst sich namlich mit Geographie, Hochzeitszeremoniell, Omina, Politik, Kriegfiihrung, Medizin, Metrik, Lexikographie, Dichtkunst, Architektur, Astronomie, Yoga sowie mit dem Kult des GaIJ-esa und der Sonne. Kapitel 380 bringt eine Zusammenfassung der in der Bhagava,dgTta enthaltenen Lehren.
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DIE EPISCHE LITERATUR
1m sivaitisehen Bharisra- oder Blla,-i 9yat-Pural;a belehrt Surya den Manu unter anderem liber Kastenpfliehten und Sehlangenkult. 16 Das Puralfa enthalt wenig Erzahlungsstoff, vielmehr Darlegungen liber Kulthandlungen, die sieh auf Surya, Agni und Na.ga beziehen. Die Sonnenpriester Bhojaka und Maga weisen auf Einfllisse der Zarathustra- Lehre hin. Anderes ist aus dem l\!IanavaDharmasastra entlehnt. Ein Anhang besehaftigt sieh mit der Pilgersehaft zu heiligen Platzen. Bereits das Apastamba-Dllarmasiitra erwahnt ein Bhavi9.ya.Pural;a, doeh war es gewiss nieht das jetzt unter diesem Namen bekannte \~1erk. Eine Art Fortsetzung desselben ist das Bha.vi9yottara.-Pural;a. Das Brallmavaivarta-Pural;a ist betont ViS;lfuitiseh-sektariseh und zudem mit Sieherheit reeht spat, was man aus der bedeutenden Rolle, die hier die Radha spielt, sehlieJ3en kann. 17 Hauptthema ist die Sehopfung des Weltalls (prapaiicas~·9ti). Letzteres wird als Umwandlung (vaivarta) des Brahman gedaeht. In vier Bliehern (kalf(ja) belehrt Narada den Savan;ika. 1m Brahmakal;<;la wird Brahman mit K~'S;Ifa identifiziert. Hier gibt es aueh einen Absehnitt liber Medizin. Das Prak~·tikaIf<;la postuliert eine mythisehe Urnlaterie, die aber nieht dem gleiehnamigen Begriff aus der Sa.mkhya-Philosophie entsprieht. 1m Galfesakal.r<;la gilt GaIfesa als eine Inkarnation des KTS;lfa. Das umfangreiehste Bueh ist das K~·s;r.lajanma-Kalf(;la. Hier werden die Lebensumstande des K~·91.ra gesehildert (also nieht nur, wie man aus dem Titel zu folgern hatte, seine Geburt). 1m Mittelpunkt stehen KJ;S;lfas Liebesabenteuer mit den Hirtinnen, besonders mit Radha. Das sivaitisehe LiIiga-Puralfa bietet wenig Erzahlungsstoff, sondern mehr kultisehes Material, ist also ziemlieh jung. 18 In etwa 12000 Versen besehreibt es die 28 Formen des Siva, besonders aber die Linga-Symbolik. Das Werk weist deutliehe Spuren tantrisehen Einflusses auf. Ebenfalls spat ist das etwa 14000 Verse umfassende Varaha- Pural;a. 19 Dieses Vi 91f uitisehe Werk behandelt vorwiegend die dritte Inkarnation des ViS;lfU, also diejenige als Eber. Es entsprieht aber kaum noeh dem Bild, das man sieh von einem "regelreehten" PuraIfa macht, sondern ist im wesentliehen ein Handbueh mit Gebeten und rituellen Regeln fUr Vi91.lU-Anhanger. Daneben enthalt das Varalla-Puralfa aber aueh Material liber Siva, Durga. und Galfesa sowie liber Ahnenkult, BuJ3iibungen, die Aufstellung von Gotterbi1dern und anderes mehr. Von heiligen Pliitzen wird besonders Mathura. erwiihnt. Ein Absehnitt erzahlt die bereits aus der Katha.-Upa.ni 9ad bekannte Legende von Naeiketas. Das Ska.nda.-Puralfa ist mit 84000 Slokas auJ3erordentlieh umfangreieh. 20 Diese Versmasse verteilt sieh auf seehs Sarilhitas mit 50 KhaIf<;las. Das sivaitisehe \Verk entfernt sieh wie das Varalla-Purana yom Grundtyp der PuraIfas sehr weit. Es beriehtet liber den Kriegsgott Sk~nda, einen Sohn des Siva. Die dureh ihn erfolgte Totung des Damons Taraka ist das Hauptthema des \Verkes. Zwischen diesem Pural.ra und dem Kumarasambllava des Kalidasa bestehen viele
117 Ahn1iehkeiten. AuJ3erdem befasst sieh das Werk mit Geburtenkreislauf und Yoga. Ein kurzer Uberbliek liber die seehs Samhitas ergibt folgendes Bild: Das erste, Sanatkuma.rlya genannte Bueh erziihlt versehiedene Siva-Legenden und verherrlieht das Gangesufer von Benares. Das besonders umfangreiehe zweite Bueh (Suta) befasst sieh unter anderem mit Kastenregeln, Lebensstufen und der Siva-Verehrung. Naeh dem dritten (BrahmI) und vierten (Vai 9IfavI) ist das fUnfte Bueh (Sa.llkarI) wieder Benares und den dortigen Tempe1n gewidmet, wahrend das seehste Bueh (SaurI) kosmogonisehe Lehren enthalt. Ein spates \Verk ist das viS;Ifuitisehe Vamana.-Puralfa. 21 In seiner Anlage iihnelt es dem Va.raha-Pural;a. Es befasst sieh vorwiegend mit der Inkarnation des ViS;IfU als Zwerg, doeh beinhaltet es aueh sivaitisehe Themen. So besehr~ibt es sehr lebendig die Linga-Kulte, den Ursprung des Garfesa, die Heirat von Siva und der Parvatl sowie die Geburt des Karttikeya. Ebenfalls ViS;lfuitiseh ist das IGlrma-Pural;a.. 22 1m Mittelpunkt steht die Inkarnation des ViS;l;U als Sehildkrote. Dieses wiehtige Puralfa seheint ursprlinglieh aus vier Samhitas bestanden zu haben. Erhalten geblieben ist jedoeh nur die etwa 8000 Slokas umfassende Brahma-Saillhita. Sie zerfiillt in zwei Hauptteile. Der erste heiJ3t Isvaraglta und ist im wesentliehen den Regeln fUr el'folgreiehe Meditation gewidmet. Der zweite Teil wird Vyasaglta genannt; er enthalt \Veisungen fUr fromme Lebensflihrung von Hausvatern wie aueh Asketen. Das \Verk enthalt aber aueh die Trimurti-Lehre, Besehl'eibungen des Sakti-Kultes sowie zahlreiehe Slihnezeremonien flir alle mogliehen Arten von Vergehen und Verbreehen. Ferner werden die heiligen Pliitze Kasl (Benares) und Prayaga (Allahabad) verherrlieht. Aueh Genealogien fehlen nieht. Von besonderer Wiehtigkeit wird das Werk jedoeh als Quelle fUr die Kosmologie der alten Inder. Die Welt besteht aus sieben konzentl'iseh angelegten Inseln, die von Ozeanen getrennt werden. Die Zentl'alinsel mit dem Berg Meru in der Mitte ist Jambudvlpa, und von Jambudvlpa bildet Indien, das hier Bharatavars;a heiJ3t, den Haupttei1. Das !viatsya-Pural;a entsprieht del' Paiiealak 9al;a- Definition ziemlich gut. 23 Sein \Vesenszug ist die Inkarnation Vi 91;US als Fisch. In dieser Inkarnation wil'd das Werk dem Manu erzahlt. Es enthiilt aber aueh sivaitisehe Zlige. Zur politischen und kulturellen Gesehiehte Altindiens gibt es einige interessante Himveise. So behandelt es Jainamata (die Lehre der Jainas) und Buddhamata (die Lehl'e der Buddhisten); ferner enthiilt es bl'auehbare Angaben liber die Gesehiehte del' Andhra-Dynastie. Auffallend eng sind die Beziehungen zum Mahabharata. So findet man eine fast wortliehe Wiedergabe der Legende von Savitrl. SehlieBlich besprieht das 13000 Slokas umfassende Puralfa die heiligen Pliitze von Kasl und Prayaga (iihnlieh dem Kiirma-Puralfa), die Anlage von Tempeln und Hausern, aber aueh Fragen der Schauspie1kunst und anderes mehr.
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DIE EPISCHE LITERATUR
Die PuraI.J.as
1m visnuitischen Garuda-Purana. das aus 8000 Slokas besteht, belehrt Vi~J:.lu den Garuqa libel' die jenem zukommende Verehrung, darliber hinaus abel' in geradezu enzyklopadischer \iVeise libel' zahlreiche andere Themen. Behandelt werden unter anderem Astronomie, Medizin, Grammatik, Metrik, Omina, Vi~l)u-Riten und -Feste; ein Kapitel ist sogar del' Diamantenkunde gewidmet. Durch seinen enzyklopadischen Charakter erinnert das vVerk an das AgniPura1]a. Ubrigens ist vieles aus del' YajHavalkyasmJ;ti, dem Mahabharata und dem Ramayal;a exzerpiert worden. 24
Das sogenannte Saura-Pural;a mochte ein Nachtrag (khila) zum BrallmaPura1]a. sein, ist in vVahrheit abel' ein sivaitisches Upapura'J:.la, das vorwiegend dem Lillga-Kult gewidmet iSt. 31 Das Werk wurdeum 1250 abgeschlossen, weist abel' einen alteren Kern auf. Schlie£lich gibt es eine gro£e Anzahl sogenannter Lokal- Puralfas (Sthala, Mahatmya), die einzelne heilige Orte beschreiben bzw. verherrlichen, literaturgeschichtlich abel' so gut wie ohne Bedeutung sind.
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I
Del' zweite Teil des Garueja.-Pura1]a hat eine abweichende Thematik. Er fiihrt den N am~n Pretakalpa und befasst sich mit dem Zustand del' Seele nach dem Tode, mit Gespenstern, abel' auch mit del' Karman- Lehre, mit Ahnenkult und Totenverbrennung. 25 Del' Pretakalpa. hat durch seine Ausfiihrungen libel' das Bestattungswesen eine gro£e und anhaltende Popularitat erlangt. Noch heutzutage werden in Nordindien bei Leichenbegangnissen Textstellen aus diesem Abschnitt verlesen. Ein systematisierter Extrakt aus dem Pretakalpa ist del' Saroddhara des Naunidhirama. 26 1m Brahmalpja-Pura1]a schlie£lich berichtet Brahman libel' den Anfang del' Welt. 27 Aus einem goldenen Ei entstand das Weltall (prapaHca) mit seinen Aktivitaten. Das etwa 12000 Slokas umfassende Werk handelt auch libel' Vi~I.lUitische Themen: Radha, K~'~lfa und die Inkarnation als Parasurama. Als zu diesem PuraJ:.la gehorend betrachtet man das Adhyatma-Ramaya1]a, welches AdvaitaLehren enthalt und die Hingebung an Rama empfiehlt. 28 An die PuraJ:.las schlie£t sich eine Gruppe ahnlicher, abel' mindel' bedeutender \iVerke an. Es sind die ebenfalls 18 sogenannten Upapuralfas. Del' epische Stoff ist hier dem kultischen Inhalt ganzlich untergeordnet. Vorzugsweise werden jetzt lokale Gottheiten und Ortlichkeiten gepriesen. Drei del' 18 UpapuraJ:.las verdienen besondere Erwahnung: Das Vilp;udharmottara-Upapura1]a ist eine in Kashmir beheimatete vi~J:.luitische Enzyklopadie. 29 Del' erste Teil befasst sich mit del' Schopfung, mit Genealogien, Astronomie und Geographie. Er enthiilt auch eine Fassung del' Purliravas-Legende. Irn zweiten Teil haben Politik, Kriegflihrung, Rechtswesen, Medizin und Astronomie einen Platz, wiihrend del' driUe Teil sehr verschiedenartige Themenkreise behandelt, unter anderem Grammatik, Lexikographie, Metrik, Poetik, Musik, Tanz, Malerei, Bildhauerei und Architektur. Zwischen 450 und 650 entstanden, mogen einzelne Teile auch noch alter sein. Das NTlamata- Upapura1]a ist ein recht heterogenes, nichtsdestoweniger abel' wichtiges \iVerk. 30 Es stammt ebenfalls aus Kashmir und ist eine bedeutsame Quelle flir die Geschichte und historische Geographie diesel' Provinz. 1m 12. Jahrhundert wurde das Werk von Kalhalfa in seiner Rajatarangi1]Tausgewertet. Interessant ist es auch durch die Schilderung hinduistischer, speziell kashmirischer Feste. Buddha gilt als eine Inkarnation des Vi~J:.lu.
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Anmerkungen
Auch hier hat \iV. Kirfel die entscheidende, bahnbrechende Arbeit geleistet: Das PuraIJa Paiicalak~aIJa. Versuch einer Textgeschichte (Bonn 1927). 2 Verschiedene Autoren negieren die Existenz eines indischen Feudalismus uberhaupt; andere sehen in der vorkapitalistischen indischen Gesellschaft eine nicht genau bestimmte und daher noch zu definierende Formation. Fest steht, dass dem westeul'Opaischen Feudalismus nicht schlechthin Modellcharakter zugeschrieben werden darf und dass sich die indischen Verhaltnisse in vielerlei Hinsicht von denjenigen VVesteuropas unterschieden habell. Unter Berucksichtigung dieser Umstande wird man den in mehreren Aufsatzen in der Ethnographisch-Archaologischen Zschr. (Berlin) sowie im Manuskript der Dissertation B "Zur Genesis des Feudalismus in Indien ... " (Leipzig 1979) dargelegten Ansichten von M. Njammasch uber die Existenz eines indischen Feudalismus einschlieBlich seiner Besonderheiten weitgehend zustimmen durfen. 3 Ein Standardwerk hieruber ist die Arbeit von W. Kirfel: Die Kosmographie der Inder
nach den Quellen dargestellt (Bonn und Leipzig 1920, Neudruck Hildesheim 1967). 4 Vgl. hierzu R. C. Hazra: Studies in the PuraIJic Records on Hindu Rites and Customs (Delhi 1975); S. A. Dange: Encyclopaedia of Puranic Beliefs and Practices (Delhi 1990). 5 Vgl. z.B. F. E. Pargiter: The PuraIJa Text of the Dynasties of the Kali Age (London 1913); ders.: Ancient Indian Historical Tradition (London 1922); D. R. Mankad: PuraIJic Chronology (Delhi 1951); S. N. Pradhan: Chronology of Ancient India (Calcutta 1927). 6 Vgl. S. M. Ali: TIle Geography of the PuraIJas (New Delhi 1966). 7 Vgl. 1. Rocher: The PuraIJas (Wiesbaden 1985); A. B. L. Awasthi: Purana Index (Delhi 1991). 8 Ausgaben des Brahma-Puralf a in den Anandasrama Sanskrit Series, Nr. 28, und von P. Tarkaratna in den GurumaJ:.l<;Jala Series (Calcutta 1954); Studie von A. Chatterjee (Delhi 1992). 9 Ausgabe des Padma-PuraIJa von Visvanath Narayalfa (4 Bde., Poona 1893/94). Kritische Ausgabe des SvargakhaJ:.l<;Ja von Asoke Chatterjee Sastri (Varanasi 1972). Ubersetzung von N. A. Deshpande (Delhi 1990). 10 Ausgabe des Vil?IJu-PuraIJa von P. Tarkaratna in den GurumaJ:.l<;Jala Series (Calcutta). Ubersetzung von H. H. Wilson (London 1840, Neudruck Calcutta 1961), auBerdem von M.
DIE EPISCHE LITERATUR
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N. Dutt (Calcutta 1894, 2. Aufl. als Bd. 90 der Chowkhamba Sanskrit Studies, Varanasi 1972). 11 Ausgabe des Vayu-Puralfa von Ramtej Sastri (Varanasi o.J .). Ubersetzung als Biinde 1-4 der Ancient Indian Tra.dition and Mythology (Delhi 1973/74). 12 Ausgabe des Bhagavata-Puralfa von Narayan Ram Acharya (Bombay 1950). Beriihmte Ubersetzung von E. Burnouf, E. L. Hauvette-Besnold und P. A. Roussel (Paris 18401898); weitere Ubersetzungen von M. N. Dutt (Calcutta 1896); J. M. Sanyal (Delhi 1973); G. V. Tagare (Ancient Indian Tradition and Mythology, 7-11, Delhi 1975); N. Raghuna-
Die Tantr'as
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24 Ausgabe des Garucja-Purana als Nr. 165 der Kashi Sanskrit Series von R. S. Bhattacharya (Varanasi 19(4). Ubersetzung von M. N. Dutt (Calcutta 1908; 2. Aufl. als Bd. 67 der Chowkhamba Sanskrit Studies, Varanasi19(8). Die Studien zum Garuda-Puralfa haben besonderes Interesse u.a. deshalb, weil in diesem liVerk bereits die beriichtigte "freiwillige" liVitwenverbrennung (satl) erwiihnt wird. Siehe die folgende Anm. 25 Dissertation von N. Gangadharan (Varanasi 1972) und E. Abegg: Der Pretakalpa des Garucja-Pural.Ja (Leipzig 1921).
tlfan (Madras 1976). Ausgabe mit Ubersetzung in 18 Biinden von A. C. Bhaktivedanta
26 Ubersetzung des Saroddhara von E. Wood und S. V. Subrahmanyam in Bd. 9 der Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1911).
(Los Angeles 1987-1989).
27 Ausgabe des Brahmalfda-Puralfa von Narayana Svarrliji (Delhi 1973).
13 Ausgabe des Naradlya-Puralfa von P. Tarkaratna in den Gurumal).~ala Series (Calcutta).
28 Ausgabe des Adhyatma-RamaYaI;!a in der Nin.Jaya Sagara Press (Bombay 1891).
14 Ausgabe des MarkaI;!Qeya-PuraI;!a von K. M. Banerjee in der Bibliotheca Indica (Calcutta 18(2). Ubersetzungen von F. E. Pargiter (Calcutta 1888-1904, Neudruck Delhi 19(9), von M. N. Dutt (Calcutta 1897). Als Studie vgl. N. Y. Desai: Ancient Indian Society, Religion and Mythology as Depicted in the MarkalfQeya-Puralfa (Baroda 19(8).
29 Ausgabe des Vi.~I;!udharmottara-Upapuralfa in der Vellkatesvara Press (Bombay 1912). Ubersetzung von S. Shah (Allahabad 1990). Ubersetzung des Kapitels III (iiber Malerei) von S. Krarnrisch (Calcutta 1928, Patna 1993). Analyse von G. Biihler im Indian
15 Ausgabe des Agni-PuraI;!a von Baladeva Upadhyaya als Nr. 174 der Kashi Sanskrit Series (Varanasi 19(6). Ubersetzung von M. N. Dutt, 2. Aufl. als Nr. 54 der Chowkhamba Sanskrit Studies (Varanasi 19(7). Studie von S. D. Gyani als Bd. 42 der Chowkhamba Sanskrit Studies (Varanasi 19(4). Vgl. auch Bambahadur Mishra: Polity in the Agni-
30 Ausgabe des Nllamata-Upapurana von Ram Lal Kanjilal und Jagaddhar Zadoo in den Punjab Sanskrit Series (Lahore 1924). Vgl. Ved Kumari: Nllamata-Puralfa, a Cultural Literary Study (Delhi 19(8).
Puralfa (Calcutta 19(5). 16 Studie iiber das Bhavii?ya-Puralfa von A. Hohenberger als Bd. 5 der Miinchener Indologischen Studien (Wiesbaden 19(7); vgl. R. K. Arora: Historical and Cultural Data from the Bhavii?ya-Puralfa (New Delhi 1972). 17 Ausgabe des Brahmavaivarta-Puralfa von Vasudeva Sastri (Poona o.J.). Ubersetzung von Rajendra Nath Sen als Bd. 24 der Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1920-1922, Neudruck 1974). 18 Ubersetzung des Liriga-Pural;Ia als Biinde 5-6 der Ancient Indian Tradition and Mythology von J. L. Shastri (Delhi 1973). 19 Ausgaben des Varaha-Puralfa von H~'~Ikesa Sastri in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1893) und von P. Tarkaratna in den Gurumal).dala Series (Calcutta o.J.). 20 Ausgabe des Skanda-Puralfa in der Venkatesvara Press (Bombay 1910). Vgl. auch A. B. L. Awasthi: Studies in the Skanda-Puralfa (Lucknow 19(5). Ubers. von G. V. Tagare (Delhi 1992). 21 Ausgahe des Vamana-Puralfa von A. S. Gupta und Ubersetzung von S. M. Mukhopadhyaya, A. Bhattacharya, N. C. Nath und V. K. Vanna (Varanasi 19(8). Studie von V. S. Agrawala (Varanasi 19(4). 22 Ausgabe des Kurma-Pural;Ia von A. S. Gupta (Varanasi 1971). Ubersetzung in vier Biinden von A. Bhattacharya, S. Mukerji, V. K. Varma und S. S. Rai (Varanasi 1972), von G. V. Tagare (Delhi 1981). 23 Ausgabe des lvlatsya-Purana von S. C. Vasu (Delhi 1972). Ubersetzung in den Sacred Books of the Hindus, 17 (Allahabad 1916/17, Neudruck 1972 und 1980).
Antiquary, 19 (1890).
31 Vgl. R. C. Hazra: Studies in the Upapuralfas (Calcutta 1958); W. Jahn: Das SaurapuraI;!am (StraJ3burg 1908). Die Ubersetzungen siimtlicher Mahapural).as erscheinen sukzessive in der Reihe Ancient Indian Tradition and Mythology (Delhi).
5. Die T'antTas Unter del' Tantra-Literatur versteht man eine Gruppe sektariseh-religioser Sehriften, die sieh an die PuraJ:.las ansehlieBen und bestimmte Gedanken derselben weiterfuhren. Die Terminologie ist hier von Sehwankungen nicht frei: Mitunter werden die Tantras aueh als Agamas bezeiehnet; andererseits wird del' Ausdruek "Tantra" auf ganz bestimmte \Verke eingesehrankt. Ausgepragt sektariseher Charakter fand sieh bereits bei mehreren Puralfas, so beim BTahmavaivarta-PUTal].a. Fur die Tantras trifft nun diese Eigensehaft in noeh weit hoherem MaBe zu. Daher sind ihre Lehren und Regeln aueh nieht mehr allgemein odeI' doeh weitgehend allgemein verbindlieh, sondern sie werden nur von den jeweiligen Sekten, die sieh auf ein bestimmtes Tantra berufen, anerkannt. Typiseh ist, dass dem betreffenden Gott eine sogenannte Sakti (Kraft, Energie; das Wort ist im Sanskrit Femininum) an die Seite gestellt wird und dass diese Sakti oft eine Bedeutung erlangt, die die des Gottes ubersteigt. Die Tantra-Literatur gehort zu den am. wenigsten erforsehten Gebieten del' altindisehen Literatur uberhaupt. Das mag seinen Grund darin haben, dass ihre Bedeutung mehr auf religions- als auf literaturgesehiehtliehem Gebiet liegt.
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DIE EPISCHE LITERATUR
Die Tantras
Die Sprache der Tantras ist ein oft sehr vernachlassigtes Sanskrit, und nur wenige vVerke dieser Art sind asthetisch von einigem Wert. Ihr Inhalt gilt als zu abstrus, weshalb sie ahnlich wie auch die Brahmalfas - ganz zu Unrecht - von der Forschung vernachlassigt vvurden. Denn auch die Tantras sind von graBem geistesgeschichtlichem Einf1uss gewesen, der bis heute nachwirkt, und ohne sie zu studieren, kann man auch den Hinduismus nicht wirklich verstehen.
hundert, moglicherweise aber schon im 4. Jahrhundert. Ramanuja fUhrt das \iVerk als Autoritat an. Zweifellos ist es mitsamt seinem geistesgeschichtlichen Einf1uss von Nor.clennach Siiden gewandert. Es beinhaltet Philosophie, die Lehre von den Lebensstufen, das Idealbild eines vi~l}uitischen Lehrers und die Erlangung geheimer Yoga-Krafte. Kennzeichnend ist die Dialogform; die Belehrung erfolgt im Rahmen von Gesprachen zwischen Ahirbudhnya und Narada. Zu den Vai~l}ava-Tantras gehort auch die Jiianam;;tasara-Samllita, die sich vorwiegend mit K~'~l}a und Radha befasst und nachweislich erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts entstanden ist - ein Beweis fUr den historisch lang andauernden Einf1uss dieser Werke. 5
Man darf also die These aufstellen, dass fUr den Hinduismus die Tantras von ebensolcher Bedeutung sind wie fiir den Brahmanismus die Brahmal}as. Aus dem vedischen Opferkult (yajiia) wird die hinduistische Gotterverehrung (piija).l Das ist die Quintessenz der Forschungen von John Woodroffe, des Bahnbrechers auf dem Gebiet der Tantra-Untersuchung. 2 Diese Bedeutung konnten die Tantras unter anderem wegen der Exklusivitat des Veda erlangen. 1m Gegensatz zum Veda waren die Tantras auch fUr Frauen und Siidras bestimmt, also einer breiten Offentlichkeit zuganglich. Andererseits wurden sie zur Basis fiir Geheimkulte verschiedener Art. Folkloristische und nichtarische Einf1iisse miissen eine graBe Rolle gespielt und einen entsprechenden Einf1uss ausgeiibt haben; deutlich ist eine Tradition zu Gedanken, die bereits der Atharvaveda ausdriickt, feststellbar. Generell betrachtet, erteilen die Tantras religiose Unterweisungen; sie geben Belehrungen iiber Kosmogonie, Gottesverehrung, Erlosung, Riten. Besonders interessant sind ihre Ausfiihrungen iiber Meditationen zur Erlangung iibernatiirlicher Krafte (siddlIi), da sie sich unter anderem mit Medizin und Chemie beschaftigen. Ahnlich wie die Brahmalfas fiihren sie zur Begriindung dieser oder jener Lehre passende Legenden an. 1m einzelnen soll ein Tantra so wie auch ein Puralfa gewisse Grundthemen enthalten: kriya (Errichtung von Tempeln und Gotterbildern und die dazu gehorenden Riten); caTYa (der eigentliche Kult); Yoga (Meditation); schlieBlich das schon aus den Upani~aden bekannte jiiana (theologisches "Wissen" einschlieBlichder Kenntnis bestimmter mystischer Silben, Formeln und Figuren).
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Noch weniger bekannt sind die sivaitischen Tantras. Auf sie trifft iibrigens die Bezeichnung Agama im engeren Sinne zu. Man kennt die Titel von 28 Grundwerken. Durch die sogenannten Upagamas wird ihre Zahl auf tiber 200 vermehrt. 6 Bekannt ist von dieser Textmasse nur sehr wenig. 7 Auch die Agamas sind wahrscheinlich in Kashmir entstanden, und sie sind sicherlich alter als das 9. Jahrhundert. "Wissenschaftsgeschichtlich von Interesse ist das Rudrayamala genannte \iVerk, welches allerlei medizinische und chemische Kenntnisse verrat. Zu den Agamas oder Saiva-Tantras rechnet ma,n auch die sogenannte Pratyabhijna- Literatur. Hierzu zahlt der Tantrasara, eine Art Enzyklopadie aller (nicht nur der sivaitischen) tantrischen Sekten. s Der von Abhinavagupta verfasste Tantraloka umfasst 37 Kapitel mit sivaitischer Ritualistik und Philosophie. Philosophie ist auch das Hauptthema der von Somananda verfassten ,5ivad;;?ri .
Da es sich, wie erwahnt, bei den Tantras um die Literaturen von (wenn auch teilweise sehr graBen) Sektengruppen handelt, werden sie auch dementsprechend klassi£lziert. Man unterscheidet also Vai~lfava-, Saiva- und SaktaTantras, je nachdem sie die Verehrung von Vi:;nfu, Siva oder der Durga zum Inhalt haben.
Die \iVerke der Sakta-Sekten sind es, auf die die Bezeichnung "Tantra" im engeren Sinne Anwendung £lndet. Die einheimische Tradition nennt 77 bis 192 solcher \iVerke. Hier ist die weibliche Gottheit, die als "Energie" gedachte Sakti, das hochste Weltprinzip. Die ersten Spuren des Sakti-Kultes sind mit Sicherheit urn 500 nachweisbar, doch ist er bestimmt wesentlich alter. Aufgrund ethnographischer Erkenntnisse sieht man den Saktismus als einen nichtarischen Volkskult an, der nach langer eigener Geschichte sich erst spat in priesterlichen Schriften niedergeschlagen hat. \iVahrend der Ursprung der Vaisnava- und Saiva-Tantras nach Kashmir weist, ist der Saktismus in Bengalen e~tstanden. Grundlage ist ein muttergottlicher Kult, und zwar der Gattin des Siva, die unter vielfachen Namen auftritt: Durga, Kall, Parvatl und andere. Sie wird dann zur hochsten gottlichen Gewalt iiberhaupt, zur Paramesvarl.
Die Vai~lfava- Tantras fUhren gewohnlich den Namen Salnhita, so dass Verwechslungen mit den vedischen Samhitas zu vermeiden sind. Bekannt sind 215 solcher \iVerke; wahrscheinlich gibt es aber noch viel mehr. Gedruckt worden sind die wenigsten von ihnen, so dass sie selbst dem Indologen weitgehend unbekannt geblieben sind. Die meiste Verbreitung hat noch die Allirbud11l1yaSamllita gefunden. 3 Sie entstand bei der Vi~lfuitischen Pancaratra-Sekte4 in Kashmir; der Zeitpunkt ist, wie zumeist, ungewiss: jedenfalls vor dem 10. Jahr-
An dieser Stelle setzen nun Geheimkult wie Entartung gleichermaBen ein. Denn aus der Verehrung einer Muttergottin wird in zunehmendem MaBe eine Glori£lzierung des weiblichen Prinzips iiberhaupt. und dies mit deutlich eratischem Einschlag. Als Sakti oder PrakJ,-ti (N atur) ~erehrt, wird die Frau in den Mittelpunkt eines orgiastischen Kultes gestellt, in dem sich hochf1iegende philosophische Gedanken neben recht irdischem Triebleben £lnden. Die Elemente des Geheimkultes sind namlich die sogenannten fiinf Substanzen (paiicatattva):
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DIE EPISCHE LITERATUR
'Vein, Fisch, Fleisch, Getreide und Liebe. Man hat also ganz gut gewusst, dass die sinnliche Liebe ohne die erforderliche aliment are Grundlage nicht gedeiht und dass sie durch geistige Getranke stimuliert wird. Freilich werden solche Uberlegungen durch die Texte vollstandig verhiillt. Sie geben vor, auf rituelle • vVeise das Animalische zu iiberwinden, wollen also gewisserma£en den Teufel mit Beelzebub austreiben. So nimmt es nicht wunder, dass hier Askese und Orgien eng miteinander verflochten sind. Uber den dekadenten Charakter solcher Ideologie ist man sich wohl zuweilen schon zu ihrer Zeit im ldaren gewesen. Denn an einer Stelle hei£t es, dass in den friiheren (besseren) Weltzeitaltern der Veda, die Sm~tis und die Purar.las ma£geblich gewesen seien, wiihrend im jetzigen, schlechtesten 'Veltalter (kaliyuga) die Tantras Giiltigkeit haben. Die Tantras sind metrisch gebunden. Ihre Lehren verkiinden sie meist durch Dialoge zwischen Siva und Durga, in denen Siva nicht nur als Lehrer, sondern auch als Schiiler auftritt. Das erklarte Ziel ist die Erlosung durch die Erlangung der Einheit mit der vVeltseele, die Vereinigung mit dem hochsten Wesen, eine Idee, die seit der Upani~ad-Zeit in Indien Fu£ gefasst hat. Voraussetzung ist die Gewinnung magischer Krafte. Diese erfolgt nicht nur iiber die erwalmten orgiastischen und anderen Riten, sondern auch iiber zauberische Praktiken, deren Keimformen man bereits im Atharvaveda £lnden kann. Besonders die heiligen Silben (blja) haben ihren Ursprung im Veda, wo das am eine besondere sakrale Position einnimmt. Ein Beispiel aus den Tantras ist die Veriinderung des 'Vortes hamsa. Die urspriingliche Bedeutung ist wohl "Gans", spater "Schwan" und "Flamingo"; in der philosophischen Terminologie" Seele". In der Nominativform lautet das 'Vort haxDsal;; daraus wird in vielen Fallen durch das Wirken eines euphonischen Gesetzes hmDso. Vertauscht man diese beiden Silben, so ergibt sich so'ham, und das bedeutet "der bin ich". Dadurch, auf dem Wege magischer Meditation, solI also die Einheit der Individual- mit der Weltseele --- und somit die Erlosung - herbeigefiihrt werden. Weitere Moglichkeiten sollen zauberische Formeln (ma,ntra. - wieder ein vedischer Terminus!) und Diagramme (yantra,) bieten. - Au£erdem lehren die Saktas Pflichten der Kasten und Lebensstufen sowie manches andere. Das Hauptwerk dieser Gruppe ist das Kulan;Iava-Tantra. 9 Es gehort den Kaulas an, der wichtigsten Sakta-Sekte. Aus 17 Kapiteln (ullasa) bestehend, umfasst es mehr als 2000 Verse. Vvichtig ist auch das Mahanirval;Ia- Tantra. 10 Dieses sehr populare, aber auch recht junge Werk hat durch seine philosophischen und ethischen Lehren einen bedeutenden Einfluss ausgeiibt. Interessant ist, dass es die Asrama-Lehre stark modi£lziert: Fiir das Kaliyuga erkennt es namlich nur noch zwei Lebensstufen an, die des Hausvaters und die des Asketen. Nicht unwichtig ist auch das ,Saradatilaka von Lak~maJ:.la Desika, das dem 11. Jahrhundert entstammtY Es gibt eine Schopfungsgeschichte und enthiilt
Die Tantras
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Reflexionen iiber den Ursprung der Sprache. Gerade die Sakta-Tantras haben eine ungebrochene Tradition und iiben ihren Einfluss auf das indische Geistesleben bis heute aus. So ist die in Indien sehr bekannte Pral.lat O?ll;Il eine urn 1920 abgefasste tantrische Kompilation! Der Popularitat der Tantras zollten auch die Angehorigen der nichtbrahmanischen Religionen Tribut. Sowohl Jinisten als auch Buddhisten sahen sich veranlasst, die Tanh'as nachzuahmen. Als bekanntestes Beispiel gilt das Svayam bll u- Tantra; es ist eine buddhistische Beschreibung von Nepa1.
Anmerkungen
Zusammenfassende Studien hierzu geben S. C. Banerjee: A Brief History of Tantra Literature (Calcutta 1988) und Chintaharan Chakravarty: The Tantras. Studies on Their Religion and Literature (Calcutta 1972). Noch wert voller ist T. Goudriaan und S. Gupta: Hindu Tantrie and Sakta Literature (History of Indian Literature, II, 2, Wiesbaden 1981). Religionswissenschaftliches Kompendium von N. N. Bhattacharyya: History of the Tantrie religion (Delhi 1987). 2 Unter dem Pseudonym Arthur Avalon gab er in elf Biinden die Tantric Texts (London
1913 ff.) heraus. Seine wichtigste Studie ist das fiinfbiindige Werk Sakti und Sakla (London und Madras 1920 ff., deutsche Ausgabe VVeilheim 1962, Neudruck Bern und Mlinchen 1987). 3 In den Adyar Libraries Series 5 gab F. O. Schrader eine Introduction to the Paiiearatra and the Ahirbudhnya-Sarnhita (Adyar 1916, 2. Aufl. Adyar 1973). Eine Ausgabe der Ahirbudhnya-Samhita lieferte M. D. Ramanujacharya; 2. Aufl. umgearbeitet von P. V. Krishnamacharya in zwei Biinden als Nr. 4 der Adyar Library Series (Adyar 1966). 4 Zu dieser Sekte gehiirt auch das Lakl?mf-Tantra, libersetzt von S. Gupta als Bd. 15 der Orientalia Rheno-Traiectina (Leiden 1972). 5 Ausgabe der Jiianamrtasara-Samhita von K. M. Banerjee in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1865); Ubersetzung in Bd. 23 der Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1921). 6 Vgl. hierzu die Arbeit von H. W. Schomerus: Del' Saiva Siddhanta (Leipzig 1912). 7 So etwa der Rauravagama, vgl. die kritische Edition von N. R. Bhatt mit einer Einleitung liber die sivaitischen Agamas von J. Filliozat (3 Bde., Pondichery 1961 ff.). 8 Ausgabe des Tantrasara von P. Tarkaratna (Calcutta 1927). Der Leitfaden Pratyabhijiialu;daya wurde ediert und libersetzt von J aideva Singh (3. Aufl., Delhi 1980). Ausgabe des Tantraloka von R. C. Dwivedi und Navjivan Rastogi (8 Bde., Delhi 1985).
9 Ausgabe des Kulan]ava-Tantra von Taranatha Vidyaratna (Madras 1965, Neudruck Delhi 1975), ferner Ausgabe und Ubersetzung von R. K. Rai (Varanasi 1983). 10 Ausgabe des l\iahanirvaI]a-Tantra von J. Woodroffe (3. Aufl. 1953). Ubersetzung von A. Avalon (London 1913),7. Aufl. (Madras 1993). 11 Ausgabe des Saradatilaka in den Tantric Texts (Bde. 16-17).
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DIE EPISCHE LITERATUR
12 vVeitere Tantras: Ausgabe des Kubjikamata-Tantra von T. Goudriaan und J. A. Schoterman (Leiden 1988); Uberetzung des KulaciidamaIJ.i- und des 1,!amakesvara-Tantra von
Die klassische Literatur
1. M. Finn (Wiesbaden 1986).
1. EinfiillTUng In del' klassischen Epoche, in del' die Dichterpersonlichkeiten mehr und mehr aus del' Anonymitat hervortreten, erreicht die altindische Literatur ihren Rohepunkt an gestalterischer Fahigkeit und Aussagekraft. 1 Das betrifft sowohl die Sanskrit- als auch die Pralqt- Literatur. Chronologisch ergibt sich eine vielfache Verzahnung mit del' vorhergehenden Schicht, nicht so sehr mit den Epen als vielmehr mit den Pural.).as und Tantras. 1m wesentlichen ist die klassische Literatur nach del' Zeitenwende entstanden. Daher kennen wir ihre absolute und relative Chronologie etwas bessel' als die del' fruheren ,,yerke. Die Anfange del' Kunstdichtung sind im RamaJ1a1;1a zu suchen, und zwar bereits im Kern des Epos, nicht erst in den spiiteren Zusatzen. Freilich ist yom RamaJ1alfa bis zu del' ausgefeilten Kunstdichtung eines Kalidasa ein weiter Weg. Riel' hatte nun Max Muller die TheOl'ie aufgestellt, dass es zwischen den Epen und Kalidasa kaum noch Sanskrit-Kunstdichtung gegeben und dass diese vielmehr einer solchen in Pralq,t Platz gemacht hatte. Ursachen seien das Vordringen des Buddhismus und del' Einfluss fremder Eroberer gewesen. Diese Theorie diirfte jetzt kaum noch Anhiinger £lnden. Dabei braucht man nicht auf Rajasekhara zuruckzugreifen, del' sogar Pal:tini fUr den Verfasser von ein oder zwei Kunstepen hielt - wobei fraglich bleibt, "'TeIcher Pal:tini gemeint ist beziehungsweise in Betracht kommt. Fest steht abel', dass in dem beruhmten grammatischen Werk Mallabllai?J1a des Patal'ijali, das dem 2. Jahrhundert v. ChL angehort, Kavya-Strophen als Zitate vorkommen. Auch andere Indizien sprechen gegen MulIers Theorie. Allerdings ist zuzugeben, dass zwischen dem 2. Jahrhundert v. ChL und dem 2. Jahrhundert n. ChL die Prak~t-Kunstdichtung ubenvog. Doch war das Ubergewicht nicht derart ausgepriigt, dass man darum von einer selbststiindigen Prak~·t-Periode sprechen durfte. VVas die Zeitstellung del' Sanskrit-Kunstdichtung angeht, so kann man ziemlich deutlich drei Perioden unterscheiden. Die erste Periode bildet die vor- beziehungsweise fruhklassische Zeit. Als iiltester Dichter gehort zu ihr Asvaghos;a (1.-2. Jahrhundert). Er ist gewissermaflen del' Rauptpfeiler del' Brucke zwischen Valmiki und Kalidasa. Zu seiner Schule gehort Aryasura, del' Verfasser del' Jatakamala, und in seine Zeit fiillt wohl auch die BTllatkatha des GUl.).a<;lhya. Etwas spater ist die iilteste Fassung des Fabelwerkes Paiicatantra, das TantrakllJ1aJ1ika., zu datieren (3.-4. Jahrhundert). Die im 4. Jahrhundert entstandenen Dramen des Bhasa schlieflen die fruhklassische Periode del' altindischen Kunstdichtung abo
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
Die Elutezeit lag unzweifelhaft in der Epoche des Gupta- Reiches. Aus dieser Zeit sind mehrere Herrscher als aktive Forderer der Literatur uberliefert. Der zweite Gupta-Kaiser, Samudragupta, war selbst dichterisch tatig. 1m Jahre • 375 folgte ihm Candragupta II. Vikrama.ditya. lVIoglicherweise hat Kalidasa an seinem Hof in Ujjayinl gelebt. Eine Munzinschrift nennt jenen Herrscher einen Dramenverfasser. 1m Jahre 413 bestieg Kuma.ragupta I. den Thran; auch er ist als Dichter bekannt. Unter seiner Regierung brechen erstmals die Hunnen in das Land ein, werden aber zuruckgeschlagen. Seit 455 beherrschte Skandagupta das Reich; 465 bis 470 £lnden erneut Kampfe mit den Hunnen statt, die das Reich zermiirben. Nach dem Tode Skandaguptas im Jahre 480 geht der Zerfallsprozess weiter, wenn auch das Reich in beschranktem Umfang noch einige Zeit fort besteht. Insgesamt kann man sagen, dass die Kunstdichtung zwischen 350 und 550 ihre hochste Elute entfaltete und dass ihr groBter Vertreter, Kalidasa, in dieser Zeit lebte. Genaueres uber die Datierung des Kalidasa auszusagen, ist leider tratz aller auf ihre Erforschung verwandten Muhe immer noch nicht moglich, und wir miissen uns darauf beschranken, die Ara des Kalidasa mehr oder minder unscharf zu umgrenzen. Die Berichte uber sein Leben sind von Legenden umrankt und besagen nur, dass er ein Brahmane war, der dem Sivakult oblag. Aus seinen Werken konnte man mit Vorbehalt schlieBen, dass die Stadt Ujjayinl seine Heimat war. Mit Sicherheit lasst sich aufgrund einer Inschrift aussagen, dass er im Jahre 634 bereits beriihmt war. Sehr wahrscheinlich war er bereits im Jahre 473 bekannt. Von Bedeutung ist ferner der Umstand, dass sich Kalidasa mit der griechischen Astralogie vertraut zeigt, die um 350 in Indien bekannt wurde. Er durfte also um 400 zur Zeit Candraguptas II. gewirkt haben und nicht erst im 6. Jahrhundert, wie manchmal noch angenommen wird. \Vegen seines beruhmten Namens werden illIn nicht wenige \Verke falschlich zugeschrieben. Mit Sicherheit hat er die Epen KumaraSalTIbhava und RaghuvalTISa, die Dramen ,5akuntala und I/ikramorva.slya. sowie das lyrische Gedicht Megl1adiita verfasst. Mit b
Einfiihrung
129
war der Hofdichter Balfa. In der zweiten Halfte des 7. Jahrhunderts lebte in Gujarat der Epiker Magha. Am Hofe des Konigs Yasovarman von Kanauj wirkten um 730 der Prak~,t-Dichter Vakpatiraja und der Dramatiker Bhavabhiiti . Mit letzterem schlieBt die Periode der klassischen altindischen Kunstdichtung im engeren Sinne. Von den zahlreichen Autoren der nachklassischen Periode wollen wir nur einige wenige nennen. Um 900 wirkte der Dramatiker Rajasekhara in Kanauj. Der uns ebenfalls schon bekannte Konig Bhoja (1018-1060) war selbst Dichter und forderte intensiv die Dichtkunst an seiner Residenz Dhara in Malva. Bilhal).a, der Lyriker, Epiker und Dramatiker aus Kashmir, wurde Hofdichter der \J\l estlichen Calukya-Dynastie und schrieb fur diese um 1081 bis 1089 das I/ikramallkadevacarita. Zwischen 1063 und 1081 verfasste Somadeva unter Benutzung alter Vorlagen die Marchensammlung Kathasa.ritsaga.ra. Ein vielseitiges Wirken entfaltete der Dichter K~emendra in Kashmir. Um 1148 schuf Kalhal).a das einzige historiographische Werk Altindiens, die Rajata.rallgilf l. In der zweiten Halfte des 12. Jahrhunderts schrieb Jayadeva am Hof des Konigs Lak~mal).asena von Bengalen das Gltagu\1inda., und etwa zur gleichen Zeit verfasste Srlhaqa in Kanauj das Naif?adhacarita. Durch die Bildung der GraBreiche in der ersten Halfte des 1. Jahrtausends erlangte die weltliche Macht allmiihlich die Oberhand uber das Brahmanentum, was freilich nicht bedeutete, dass die Brahmanen nun etwa verdrangt worden waren. Aber Indien wurde weltoffener, hat aus seiner peninsularen Abgeschiedenheit heraus und nahm am Welthandel teil. SchlieJ3lich kamen ganze Herrschergenerationen aus auBerindischen Landern, wo man zuvor keinen Brahm.anismus kannte. Das Ku~alfa-, Gupta- und Haqa-Reich brachten graBen Teilen Indiens lang dauernde Stabilitiit und eine, wenn auch naturlich klassenbedingt sehr differenzierte wirtschaftliche Elute. Nach dem Zerfall dieser GroBreiche versuchten die Herrscher der kleineren Nachfolgestaaten, das ho£lsche Leben der groBen Vorganger nachzuahmen, bis dann durch die mohammedanische Invasion zu Ende des 12. Jahrhunderts durchgreifende Anderungen im politischen Leben zumindest des nordlichen Indien herbeigefuhrt wurden. \Viihrend des 1. Jahrtausends jedoch spielten die Residenz- und anderen graBen Stiidte in Indien eine graBe Rolle. Die Oberschicht dieser Stadtbevolkerung bezeichnete sich selbst stolz als nagaraka, was (verfeinerte) Stadter - im Unterschied zur Landbevolkerung - bedeutet. Sie war die soziale Ausgangsbasis fUr die Dichter der klassischen altindischen Literaturwerke. Diese wiederum waren dem Mittelpunkt dieser Gesellschaft, also dem Konig, von dessen Gnade die Dichter lebten, giinzlich oder doch sehr weitgehend gewidmet. Kennzeichnend fUr diese Literatur ist also zunachst ihr panegyrischer Charakter. Bislang hatten religiose Stoffe in der indischen Literatur dominiert. Weltliche Themen hatte es, wie wir sahen, zwar auch - und sogar schon in der
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
~ksaml]ita
- gegeben, doch blieben sie religiosen Zielen und Zwecken fast stets unilergeordnet. Darin bahnte sich etwa seit der Zeitenwende eine \iVandlung an. Weltliche Dichtung gewann zunehmend an Bedeutung..Mit gewisser Vorsicht kann man sagen, dass auch die Entwicklung der Wissenschaft eine Zuriickdrangung des Einflusses der Brahmanen zur Folge hatte. So kommt es, dass der Einfluss des brahmanischen Opferkultes seit der J\;Iitte des 1. Jahrtausends n. ChI. spiirbar nachlieB. In den herrschenden Kreisen brach sich mehr und mehr eine Hinwendung zum Diesseits Balm. 1m hofiscl]:n~eberl.§.pie1ten die Frauen, di: !~~n~t:, ~i: '1:rg~iig~ng;e~,~llrL;eine'?::iiIgjtfll'~is~1i~~§(Ci~l,?(C~~gene F£~~tlI~~irl:~~~~~11e.rld~ro~:~?1~;.Die .Dichter artikulierte~1 diese ?end~nz. II];J.Rfer mehr traten Jetzt Werke mrt erotlscher oder anderswre welthch onen.//fierter Grundha1tung hervor. Vermut1ich darf man darin auch eine Reaktion auf den Einfluss buddhistischer und jinistischer Askese- und \iVeltfluchtideen sehen. Fiir die Literaturgeschichte aber von besonders graBer Bedeutung ist der sogenannte Kavya-Charakter dieser Literatur. Kavya ist der Begriff des Sanskrit fUr "Kunstdichtung" und bedeutet insbesondere die kunstvolle AuspragUl~~ der Form. Etwas pointiert darf man sagen, dass die Form mehr und mehr das Ubergewicht iiber den Inhalt gewann. Vielfach ging es den Autoren daher jetzt nicht mehr um die Erfindung einer neuen Handlung, sondern um die Ausschmiickung bekannter Stoffe, vor allem solcher aus den Epen. Rajasekhara hat uns in seiner Kavyamlman1sa 2 ein 1ebendiges Bild von der praktischen dichterischen Arbeit jener Zeit hinterlassen. Um die fUrstliche Gunst gab es (nicht selten von Ranken beeinflusste) form1iche \iVettbewerbe. Dabei standen anscheinend nicht so sehr einze1ne Dichterpersonlichkeiten, sondern ganze Schu1en miteinander in Konkurrenz. Die Dichter hatten iibrigens nicht darauf zu warten, dass sie irgendwann einmal "von del' Muse gekiisst" wurden, sondern sie waren angehalten, nach einer strengen Tageseinteilung zu arbeiten. Ihre neuen \~Terke erwartete die Kritik del' Zeitgenossen. Um bestehen zu konnen, wa.ren die Dichter herausgefordert, ihre kiinst1erischen Fahigkeiten und Fertigkeiten, abel' auch ihre Allgemeinbildung standig zu vervollkommnen. \iVie so vie1es im alten Indien, wurde auch die Dichtkunst in den Rang einer Wissenschaft erhoben und entsprechend systematisiert. Die Poetik wird also bei aller Wiirdigung der kiinstlerischen Intuition als eine Kategorie betrachtet, die wissenschaftlichen GesetzmaBigkeiten und Regeln unterworfen ist. 3 Diese werden in den Alamkarasastras gelehrt. 1m Laufe der J ahrhunderte hat sich in Indien eine hochentwickelte Theorie del' Kavya-Literatur herausgebi1det. Eine Dichtung wird definiert a1s sprachliche Komposition, die asthetisches Wohlgefallen hervorruft. Mit einem vollendeten ~Terk dieser Art ist der Dichter imstande, die Gunst der Gotter, Fiirsten und Frauen zu gewinnen und sich se1bst unsterblich zu machen. Das ist natiirlich
Einfiihrung
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nicht einem jeden moglich. Vie1mehr werden erfo1greiche Dichter daran gemes sen, ob sie den in den Lehrtexten hervorragenderl\!Ieister der Poetik gestellten au£erordentlich hohen Anforderungen gerecht werden. Eine Voraussetzung besteht darin, dass die Regeln del' Grammatik und Metrik griindlich beherrscht werden. Ferner muss der Dichter iiber einen graBen Vorrat an Synonymwortern gebieten. Dariiber hinaus muss er ein allgemein gebildeter Mensch sein, in den Regeln del' Politik also ebensogut Bescheid wissen wie in der Mythologie oder der Eratik. c
Wie graB die Bedeutung der Form gegeniiber dem Inhalt in dieser Literatur geworden ist, zeigen schon die A1arnkarasastras, die Lehrbiicher der Dichtkunst; alamkara. bedeutet "Schmuck, Schmuckmittel". Die auBere Verzierung also war fiir die altindischen Literaturtheoretiker (diesel' Ausdruck ist durchaus kein Modernismus) von aussch1aggebender Wichtigkeit. Als Schmuckmittel galten Sinn- und vVortfiguren. Erstere umfassten neben Metaphern und Wortspielen kunstvolle Beschreibungen. Solche dominierten in den einzelnen \iVerken nicht selten auch quantitativ, so dass oftmals ein Handlungsfaden kaum noch zu erkennen ist - was auch durchaus in der Absicht des Dichters lag. Mand1e Themen werden mit besonderer Beliebtheit immer wieder neuen, umfangreichen Beschreibungen unterzogen. Das trifft besonders auf Naturerscheinungen und -schonheiten zu, wie etwa auf den Sonnenauf- und -untergang, die monddurchstrahlte Nacht odeI' den Ausbruch des sommerlichen Monsuns. Die \t\TOl'tfiguren bestehen unter anderem in der Alliteration, spateI' auch im Reim sowie in einer unerschopflichen Vie1zahl sprachlich-stilistischer Besonderheiten. Dazu zah1t zunachst die Verwendung ungebrauchlicher oder seltener Ausdriicke, wie wir sie in den Anfangen bereits bei del' Erorterung der Epen verzeichnet haben. Nicht umsonst bezeichnen ja die Inder das Ramayar).a als adikavya, das erste Kunstgedicht iiberhaupt. Auch andere Charakteristika der Kavya- Literatur sind bereits in den Epen anzutreffen. Schon hier ist zu beobachten, dass die nominale anstelle der verbalen Ausdrucksform bevorzugt wird, fiir die immer langer und uniiberschaubarer werdende Komposita bezeichnend sind. 1m allgemeinen gilt der Satz, dass die Schmuckmitte1 mit fortschreitender Zeit immer reichlicher eingesetzt werden, bis sie den Inhalt vollstandig iiberwuchern und ersticken. Nicht zuletzt darin zeigt sich die Dekadenz, der die k1assische altindische Literatur schlie£lich anheimfii.l1t. Bei del' Bewertung del' als Alari1karas dienenden Wortfiguren muss man sich freilich davor hiiten, sich von europaischem Geschmackund WertmaBstab leiten zu lassen. Abel' selbst bei zuriickhaltender Beurteilung wird man einraumen, dass auf einem bestimmten Punkt del' Entwicklung "Vernunft Unsinn und Wohltat Plage" wird. Die maBvolle Ausgestaltung eines vVerkes mit Schmuckmitteln gereicht ihm selbstverstand1ich zum Vorteil; die Uberladung und Manieriertheit fiihrt jedoch unweigerlich yom Kiinstlerischen zum Gekiinstelten.
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Einfiihnlllg
Vielleicht konnen mit einigen Beispielen aus dem Kunstepos Kirataijunlya die hervorstechendsten Besonderheiten demonstriert werden. Der 15. Gesang dieses Epos ist ein Hohepunkt staunenerregender Sprachbrillanz und Wortakrobatik. Vers 5 enthalt das Schmuckmittel ekaki?arapada: in jedem Versviertel (pada.) kommt nur ein und derselbe Konsonant vor. Der Vers lautet:
und bedeutet dann "nabelentsprossen" als auch eine euphonische Amalganlation aus na + abhijata in der Bedeutung" unedel geboren". Die Kunstdichtung macht sich diese Eigenschaft des Sanskrit zunutze undbringt Verse hervor, die je nach der Auflosung des Sandhi und nach der jeweiligen Wortbedeutung ganz verschiedene Ubersetzungen zulassen.
weni~tens
sa sasil,l sasusul,l saso yeya.yeyayayayayal,l / lalau lIlam lalo 'lolal,l sasIsasisusIl,l sasan / / Haufig erlegen sich die Dichter bestimmte Beschriinkungen auf. So hat Vers 7 die Eigenschaft niraui?!hya, das hei:Bt, er enthalt keine Labiale. Beim Kunstraman Dasakumara,carita wird in einem ganzen Kapitel auf die Verwendung von Labialen vollstandig verzichtet. Eine der sensationellsten und am haufigsten zitierten Stellen der Kavya-Literatur ist im Kil'atarjunlya der Vers XV, 14. Vom Schluss-t abgesehen, enthalt er als einzigen Konsonanten das n: na nonanunno nunnono nana na,nanana nanu / nunno 'nunno nanunneno nanena nunnanunnanut/ / Der sich aufdrangende Vergleich mit unseren "Zungenbrechern" ist allenfalls formal, keineswegs aber inhaltlich gerechtfertigt, denn was uns hieran als spa:Bhaft gilt, war fUr ein hochverfeinertes, hofisches Sprachempfinden ein vollendetes Schmuckmittel von hoher asthetischer Wirkung. Ein weiteres Stilnlittel ist das Palindrom (pratilomanulomapada), bei dem der erste Halbvers vom zweiten gespiegelt wird; von den Versen 18 und 20 hier der letztere: nanu ho mathana ragho ghora nathamaho nu na / tayadatavada bhlma mabhlda bata dayata / / Besonders beliebt und beruhmt waren solche Verse, deren beide Hemistiche gleich lauten, aber unterschiedliche Silbentrennung und vVortbedeutung aufweisen (samudgaka); Beispiele sind hier die Verse 16 und 50. Vers 45 lasst sogar drei verschiedene Ubersetzungen zu (al'thatrayavacin). Dies hangt mit einer Eigentumlichkeit der Sanskrit-Sprache zusammen, die man als Sandhi bezeichnet. Aufgrund bestimmter euphonischer Regeln gehen bestimmte Laute mit anderen Verschmelzungen ein. Besonders betrifft dies die Vokale. Ein Beispiel mage hier genugen. Auslautendes a oder a verschmilzt mit anlautendem a oder a zu a. Ein euphonisch bedingtes a kann also .aus a + a oder aus a, + a oder aus a + a oder aus a + a hervorgehen. So kann das 'Wort nabhi eine selbststandige Vokabel, aber auch etwa aus na + ablli entstanden sein. Das Wort nabhijata zum Beispiel ist sowohl ein Kompositum aus nabhi + jata
AIle diese Schmuckmittel sind nach den altindischen Literaturtheoretikern dem Stil (rIti) untergeordnet beziehungsweise gehen in denselben ein. Stilfragen ist hauptsachlich die J(avyalamkarav~,tti des Vanlana gewidmet. 4 Doch die Kavya- TheOl'ie entwickelte sich noch weiter und gelangte zur Konzeption des sogenannten Grundtones (dhvani). Haupttheoretiker des Dhvani war Anandavardhana in seinem Werk Dhva,nyaloka, das urn 900 entstanden sein muss. 5 Dhvani gilt hier als die eigentliche Seele der Poesie: Es ist der Ton, auf den eine Dichtung gestimmt ist. Doch handelt es sich nach dieser Definition urn kein Konkretum; Dhvani ist vielmehr das Unausgesprachene, der unfassbare Geist, der eine Dichtung durchweht. Damit wird Dichtung zu etwas rational nicht mehr Fassbarem verklart. Sieht man von untergeordneten Einzelheiten ab, so kann man auf dem Hohepunkt der altindischen Kunstdichtung eine ziemlich einheitliche asthetische Konzeption feststellen. Der Grundgehalt einer Dichtung fuhrt den Namen bhava, und die TheOl'ie zahlt neun verschiedene Arten davon auf, namlich Liebe, Heiterkeit, Kummer, Zorn, Mut, Furcht, Ekel, Staunen und Weltschmerz. Die Bhavas werden mit Gewurzen verglichen, deren Verwendung einen bestimmten Geschmack (rasa) hervorruft. Entsprechend den neun Bhavas gibt es auch neun Rasas: erotisch, komisch, elegisch, schrecklich, heroisch, furchtsam, abscheulich, marchenhaft und quietistisch. Es ist moglich, dass ein und dasselbe Stuck von mehreren Rasas bestimmt wird. Solche Verbindungen werden aber nur in sehr beschranktem Ma:Be zugelassen, da die Gefal1r einer Disharmonie sonst zu graB .~vird. Die Rasa- Lehre nimmt innerhalb der altindischen Literaturtheorie und Asthetik eine zentrale Stellung ein. 6 Au:Berhalb des Rasa-Systems gliedert die altindische TheOl'ie die poetischen Werke in solche, die nur gehort (sra,vya), und in solche, die auch gesehen werden konnen (drsya). Die erstere Gruppe wiederum wird eingeteilt in Werke, die in gebundener (padya) und die in ungebundener Rede (gadya) abgefasst sind. Die Hauptform der D~'sya-Gruppe ist das Drama. Auch uber die Sprachen, die fUr ein dichterisches Werk in Frage kommen, au:Bert sich die Theorie. An erster Stelle steht selbstverstandlich das Sanskrit. Zugelassen sind aber auch die wichtigsten PrakJ;t-Idiome, und zwar die Mahara~trI, SaurasenI, MagadhI, PaisacI. Auch der Apabhramsa hat einen legitimen Platz inne. 1m Drama ist es maglich, ja geboten, dass mehrere Sprachen in ein und demselben Stiick Anwendung finden. 'Vas nun die Fixierung dieser literaturtheoretischen Anschauungen anlangt,
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Einflihrung
so sind Sle 111 verschiedenen beriihmten Werken niedergelegt, von denen leider manche, und gerade die altesten, verlorengegangen sind. Grof\en Ruhm als richtungweisendes Alarnkarasastra erlangte das Bl1ara.tlya-Natyasastra, das heif\t das Lehrbuch der Dramaturgie von Bharata. 7 Durch dieses \~lerk wurden offensichtlich aUe vorhergehenden Arbeiten verdri:i.ngt, so dass sie in Vergessenheit gerieten. Das Bl1aratlya.-Natyasastra besitzt trotz seines auf das Theaterwesen zugeschnittenen Titels einen enzyklopadischen Charakter. Deutlich ist spiirbar, dass Bharata auf verschiedene vor ihm existierende Arbeiten zuriickgegriffen hat, so dass sein \Verk weitgehend einer Kompilation gleichkommt. Ferner konnte erwiesen werden, dass das Sastra selbst auch in einer mehrfach iiberarbeiteten Gestalt auf uns gekommen ist. Daher ist es ein nIiif\iges Unterfangen, das Alter des \Verkes als solches bestimmen zu wollen, da in ihm eben sehr heterogene Stiicke von entsprechend differenziertem Alter vereinigt sind. Man hat versucht, das Agni-Pural)a. als chronologisches Hilfsmittel heranzuziehen, da sich des sen Kapite1336 bis 346 auf das Bl1aratlya-Natyasastra beziehen. Diese Kapitel sind aber, wie sich herausgestellt hat, ein spater Einschub, der wohl schon der zweiten Halfte des 1. Jahrtausends angehort. Gewiss ist, dass Kalidasa und Bhasa das Werk bereits kannten. Nach Abwagung aller hier nicht weiter auszufiihrenden Umstande diirfte eine Datierung des Hauptinhaltes in das 3. oder 4. Jahrhundert angemessen sein.
Kapiteln erstmalig die Theorie der Dichtkunst systematisch behandelt. 8 Bei aller Bedeutung der Schmuckmittel betont Bhamaha, dass sie dennoch nicht geniigen, wenn sie nicht auf dichterischem Genius beruhen.
Das aus 38 Kapiteln bestehende Werk ist meist in Slokas, zunI Teil auch im Arya-Metrum gehalten. Die Rahmenhandlung ist eine ganz und gar mythische. Auf Bitten der (vedischen) Gotter mit Indra an der Spitze erschafft Brahman den Natyaveda als flinften Veda. Ein Schauspiel soll den Sieg der Gotter iiber die Asuras darstellen. Die Asuras sind iiber das von ihnen gezeichnete Bild emport, behindern die Auffiihrung und beschweren sich bei Brahman. Dieser macht den Damonen klar, dass das Schauspiel eben alle Seiten des Lebens, die guten wie die bosen, widerspiegeln soll. Der eigentliche Inhalt ist recht vielseitig, vorzugsweise aber auf das Biihnenw~sen zugeschnitten. Erortert werden unter anderem die Rasas (von denen das Sastra acht kennt), die Bhavas und Alamkaras und die in einer Kunstdichtung anzuwendenden Sprachen. Besonderes Gewicht wird auf die verschiedenen Arten des Dramas, die Biihnencharaktere, aber auch auf die Kostiime und Dekorationen gelegt. Auch verschiedene mimische Haltungen werden beschrieben. Wegen seines Alters und der Verschiedenartigkeit seiner Sujets kann man dariiber streiten, ob das BharatTya-Natyasastra iiberhaupt schon als ein Alalnkarasastra oder vielmehr als Vorlaufer eines solchen aufzufassen ist. Als Alalnkarasastra darf man es jedenfalls nur im weiteren Sinne bezeichnen, da die eigentlichen \Verke dieser Art wesentlich spater einsetzen. Der alteste Verfasser eines Alamkarasastra im engeren Sinne, namlich Bhamaha, lebte jedenfalls erst um 650. Er schuf das Werk IGivyalalnkara, das in Slokas gehalten ist und in sechs
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Einer der grof\ten, vielleicht iiberhaupt der bedeutendste Theoretiker der Dichtkunst im alten Indien war Da1:r:<;lin, der zu Ende des 7. Jahrhunderts den "Spiegel der Poetik" (Kavyadarsa) verfasste. 9 Seine Lehre legt erin Form von Versregeln dar. Das ingeniose \Verk geht davon aus, dass eine Dichtung aus dem Korper (sarTra) und den Schmuckmitteln besteht. Der Korper sind die die Bedeutung tragenden Satze, doch ist ihnen nur etwa ein Sechstel des Inhalts gevvidmet, wahrend flinf Sechstel auf die Alarnkaras kommen. Richtig erklart Da1:r<;lin, dass das Metrum ZViTar wichtig, aber nicht entscheidend ist; er verweist darauf, dass es auch kunstvolle Prosa gibt und dass andererseits nicht wenige wissenschaftliche Lehrbiicher in gebundener Sprache abgefasst wurden. Dar:r<;lin formuliert die Anforderungen, die an eine niveauvolle, in angenehme Stimmungen versetzende Dichtung zu stellen sind. Eine solche, ein mahakavya, soll mit einem Segensspruch odeI' mit einer Inhaltsvorschau beginnen. Der Stoff ist einer Legende, einer Mythe oder einer historischen Begebenheit zu entnehmen. 1m Mittelpunkt muss eine Heldenpersonlichkeit stehen. Das Werk soll Beschreibungen von Naturerscheinungen, vom Lauf del' Jahreszeiten, abel' auch von Liebesszenen, Hochzeiten und Festen, wiederum auch solche von Feldziigen und Schlachten enthalten. Da1:r<;lin geht ausflihrlich auf verschiedene Stilarten ein, und man muss seinen Ausflihrungen entnehmen, dass in den einzelnen Teilen von Indien recht verschiedenartige Stile geherrscht haben beziehungsweise beliebt waren. So stellt er den Jdaren, schlichten, zarten Vaidarbha-Stil dem dunklen, schweren Stil von Gau<;la (Bengalen) gegeniiber, welcher in schwiilstig ausgedehnten Komposita schwelgt. Als Alamkara nennt Da1:r<;lin unter anderem den Vergleich (upama), etwa von Gesicht und Lotos; del' Autor kennt 25 Arten solcher Vergleiche. Eng damit verwandt ist die Metapher (riipaka); Beispiele sind die Schmuckworter ballUlata (ein Arm wie eine Liane) und kanyara.tna (ein Madchen wie eine Perle, das heif\t Madchenperle). Das Vorderglied eines Kompositums wird also mit dem Schlussglied identifiziert beziehungsweise verglichen. Doppelsinn (sle!?a) dient dazu, den Sinn zu verdunkeln, was als durchaus erstrebenswert galt. Von den zahlreichen weiteren Lehrbiichern der Dichtkunst konnen wir hier nur noch einige wenige nennen. Vamana, der in der zweiten Halfte des 8. Jahrhunderts am Hof des Konigs Jaya.pl<;la von Kashmir lebte, schuf das Lehrbuch Kavyalmnkaravrtti.4 Das zweiteilige Werk befasst sich in einem theoretischen Kapitel mit Asthetik, in einem praktischen ITlit Grammatik. Ebenfalls in Kashmir lebte sein Zeitgenosse Udbhata. Dieser vermehrte in seinem Alalnkarasamgra.l1a10 die Zahl der Rasas auf neun und erfand eine Anzahl neuer Schmuckmittel. Auf diese legte auch Rudrata im Kavyalamkara das
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EinfUhrung
HauptgewiehtY Kurz eingegangen sind wir schon auf die interessante Kavyamlmamsa des Rajasekhara, der zwischen 880 und 920 gelebt hat. 2 Um 850 kommentierte, wiederum in Kashmir, Anandavardhana 120 anonyme Verse, die sogenannten dl1vanikarikas, in seinem vVerk DhvanJialoka.5 Dieser wiehtige Kommentar braehte in die altindisehe Literaturtheorie einen wesentliehen neuen Gedanken ein. Jede gute Diehtung hat niimlich naeh Anandavardhana zwei Aussagen: eine offene und eine verhiillte. Er unterseheidet danach drei Qualitiitsstufen, und als beste gilt ihm die, in welcher das "Unausgesproehene" vorherrseht und dem \Verk seinen Stempel aufpriigt. Fiir ihn ist Dhvani also gewisserma:Ben der Unterton, der die iisthetisehe Wirkung eines literarisehen \Verkes bestimmt. Einem solchen Postulat zu folgen, ist natiirlieh sehr sehwierig, und so erkennt Anandavardhana aueh nur zwei bis hoehstens seehs wahre Dichter an. In spaterer Zeit haben seine Thesen erwartungsgemii:B viel \Vidersprueh gefunden.
In mehreren der hier aufgefiihrten vVerke spielt auch die Metrik eine Rolle, auf die jedoeh erst im Absehnitt iiber die wissensehaftliehe Literatur eingegangen werden solI.
Um 970 sehuf Dhanalljaya das bekannte Lehrbuch Dasa.T11paY In ihm behandelt er die zehn Arten des Dramas, und zwar in einer klareren und besser systematisierten ·Weise, als das im Bl1arat~ya-Natyasastrader Fall ist. Doeh ist das in Slokas abgefasste Werk so knapp gehalten, dass es ohne Kommentar kaum verstiindlieh ist. 1m Kashmir des 11. Jahrhunderts bis zum Anfang des 12. Jahrhunderts schuf Mammata das Werk Kavyaprakasa,13 in welchem er eine Synthese der wiehtigsten Ansiehten, die es damals in der indisehen Literaturtheorie gab, anstrebte. Das in zehn Kapiteln gesehriebene vVerk wurde so beriihmt, dass es nieht weniger als 70 KOlTnnentare naeh sich gezogen hat. 1m 11. Jahrhundert sehuf der Konig Bhoja ein sehr umfassendes \Verk iiber den "Halssehmuek der Sarasvatl": Sarasvatlka.1J.tllabl1araI,la.14 Er bringt eine Aufziihlung vieler Sehmuekmittel, doeh gilt ihm die eigentliehe diehterische Komposition als noeh wiehtiger. 1m iibrigen erkennt er als Rasa aussehlie:B1ieh die Erotik an. Ein anderes umfangreiehes, aber noeh nieht kritiseh bearbeitetes Werk des Bhoja ist der Splgarapraka,sa. Hier legt er dar, dass Wort und Bedeutung zusammen die Poetik ausmaehen. Wieder ist srllgara, die Liebe, der einzige wirkliehe Rasa. Rueaka (Ruyyaka), der um 1150 lebte, verfasste die Zusammenstellung Alamkarasarvasva. 15 Darin folgt er allerdings weitgehend Mammata. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts sehuf Visvanatha in Orissa das umfangreiehe Werk SahityadarpaI,la. 16 Es unl.fasst sowohl Poetik als aueh Dramaturgie. 01?,wohl nieht viele neue Ideen eingefiihrt werden, ist die gutgegliederte Arbeit zu Ubersiehtszweeken sehr niitzlieh. Aueh in der Folgezeit sind immer wieder vVerke zur A.sthetik der Kunstdichtung verfasst worden. "Vir nennen jedoch nur noeh die Kuva.layallandakarika, gesehrieben von Appaya Dlk::;ita um 1600.17 Hier werden die Sehmuekmittel an metrisch gehaltenen Beispielen verdeutlieht.
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Anmerkungen
Vgl. M. Krishnamachariar: A History of the Classical Sanskrit Literature (Madras 1906, erweiterter Neudruck Delhi 1970); A. Calcutta 1923); Gaurinath Sastri: A Aufl., Calcutta 1960); A. K. '''larder: D. Serebljakov: LiteratuTnyJ process
B. Keith: Classical Sanskrit Literature (London und Concise History of Classical Sanskrit Literature (2. Indian [{avya Literature (6 Bde., Delhi 1972 fr.); I. v Indii VII-XIII veka (Moskau 1979).
2 Die [{avyamfmamsa wurde ediert von C. D. Dalal in den Gaekwad's Oriental Series, 2 (Baroda 1916) und ins Franzosische iibersetzt von N. Stchoupak und 1. Renou (Paris 1946); Ausgabe und Ubersetzung von S. Parashar (Delhi 2000). 3 Vgl. H. Jacobi: Schriften zur indischen Poetik und A.sthetik (Darmstadt 1969); G. Jenner: Die poetischen Figuren del' Inder von Bhamaha bis Afammata. Ihre Eigenart im Verhaltnis zu den Figuren reprasentativer antiker Rhetoriker (Hamburg 1968). Speziell zu den 1'3sas vgl. M. Lindenau: Beitrage zur altindiscllen Rasa.lelll'e, mit besonderer Beriicksiclltigung des IVatyasastra des Bharata Muni (Leipzig 1913); N. M. Sazanova: IndiJskie rasy
kak literatuTnyJ kompleks, in: Narody Azii i Afriki, 1(1966); A. Sankaran: Some Aspects of Literary Criticism in Sanskrit or the Theories of rasa and dhvani (Delhi 1973). 4 Ausgabe der [{avyalarhkaravrtti von C. Cappeller (Jena 1875); vom selben Autor Ubersetzung von Abschnitt 2: Vamanas Stilregeln (StraBburg 1880). 5 Ubersetzung des Dhvanyaloka von H. Jacobi in del' Zschr. der Dtsch. Morgenlandischen Gesellschaft, 56-57 (1902/03) sowie als Separatausgabe (Leipzig 1903). 6 Vgl. die Literaturhinweise in Anm. 3.
7 Ausgaben des Bharatfya-IVatyasastra von M. R. Kavi in den Gaekwad's Oriental Series, 30 (4 Bde., Baroda 1926) und von B. L. Sukla (2 Bde., Varanasi 1981-1984); Kritische Ausgabe von R. S. Nagar (4. Bde., Delhi 1988). Ubersetzung von M. Ghosh in der Bibliotheca Indica (2 Bde., Calcutta 1950-1961). Studie von A. Rangacharya: Introduction to Bharatas Natyasastra (Bombay 1966). Spezielle Bearbeitung des Kapitels tiber Choreographie von V. N. Naidu, S. Naidu und V. R. Pantulu: Bhara.ta Muni, Ta1]dava Laki?a1]am or the Fundamentals of Ancient Hindu Dancing, Being a Translation of tIle 4th Chapter with a Glossary of the Technical Terms Compiled from the 8th, 9th and 11th Chapters (Madras 1936, Neudruck 1971). Das reich illustrierte Werk ist fUr die Geschichte der Tanzkunst unentbehrlich. Eine Analyse des Aufbaus des Natyasastra. bietet S. A. Srinivasan: On the composition of the IVatya.sastra (Reinbek 1980). 8 Ausgabe und Ubersetzung von Bhamahas Kavyalarhkara von P. V. N. Sastry (Tanjore 1927) . 9 Ausgabe und Ubersetzung von Dan<;lins IGvyadarsa von O. Bohtlingk (Leipzig 1890).
DIE KLASSISCHE LITERATUR
Das h6fische Kunstepos
10 Ausgabe von Udbha~as Alamkarasamgralw von G. A. Jacob im Journal of the Royal
Asche. Doch des sen Aktionen haben bereits gewirkt: Nach mehrmaligen Ruckschlagen vermag Uma doch noch, Siva fur sich zu gewinnen. Die Schilderung del' Hochzeit ist kulturgeschichtlich als Abglanz (oder Vorbild) einer irdischen Hochzeit bedeutsam. In del' anschlieBenden Schilderung des Liebeslebens del' Jungvermahlten - Uma straubt sich zunachst, und Siva kann erst allmahlich ihre Schamhaftigkeit besiegen - zeigt sich Kalidasa nicht nur als Meister des 'Nortes, sondern auch als Kenner del' erotischen Kunste. 'Nahrscheinlich ist an1 Schluss ein Gesang, vielleicht auch nur eine Anzahl von Strophen verlorenge gangen. Die Gesange 9 bis 17 sind am stilistischen und inhaltlichen Grunden jedenfalls unecht. Die Beruhmtheit des Werkes wird unter anderem durch das Vorhandensein von nicht weniger als 33 Kommentaren unter Beweis gestellt. 2
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Asiatic Society (1897). 11 Ausgabe von Rudratas Kavyalamkara als Nr. 2 der Kavyamala (Bombay 1886). 12 Ausgabe des Dasarupa (nach der Edition von F. E. Hall, 1865) und Ubersetzung von G. C. O. Haas (New York 1912, Neudruck 1965). 13 Ausgabe und Ubersetzung von Mammatas Kavyaprakasa in zwei minden durch R. C. Dwivedi (Delhi 1966-1970); Ausgabe von V. R. Jhalakikar, 7. Aufl. von R. D. Karmarkar (Poona 1965); Ubersetzung von G. N. Jha (Benares 1898, Neudruck Delhi 1986). 14 Ausgabe des SarasvatlkaIJ~habharalfa von J. Vidyasagara (Calcutta 1894). 15 Ausgabe des Alamkarasarvasva als Bd. 35 der Kavyamala (Bombay 1893); Ubersetzung von H. Jacobi in der Zschr. der Dtsch. Morgenliindischen Gesellschaft, 62 (Leipzig 1908). 16 Ausgabe des SahityadarpaIJa von E. Roer und Ubersetzung von J. R. Ballantyne und P. D. Mitra in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1851-1875, Neudruck Varanasi 1956). Ausgabe auch von P. V. Kane (Bombay 1910). 17 Ubersetzung der Kuvalayanandakarika von R. Schmidt (Berlin 1907).
2. Das hofische
J{ ullstepos
Da die Werke des Asvagho~a im Rahmen del' buddhistischen Literatur Erwahnung finden sollen, kann die Besprechung del' Kunstdichtung sogleich mit ihrem beruhmtesten Reprasentanten, Kalidasa, einsetzen. 1 Als Epiker, Lyriker und Dramatiker gleichermaBen hervorragend, kristallisiert sich in seinem Schaffen del' Hahepunkt del' altindischen Kunstdichtung uberhaupt. Seine beiden Epen gehen auf bestimmte, von ihm verarbeitete indische Stoffe zuruck. Uberhaupt waren die Kunstepiker nur in geringem MaBe bestrebt, neue Sujets zu erfinden; vielmehr entnahmen sie ihre Stoffe dem Mahabllfirata, dem Ramayalfa und den Pural)aS und arbeiteten die alten Mythen und Legenden inhaltlich in nur sehr begrenztem MaBe um. Kalidasa ist del' Verfasser del' beiden hafischen Kunstepen J{umarasambluva und Raghuvamsa. Von diesen ist das erstere offenbar das altere. Sein Titel bedeutet "Die Geburt des Kriegsgottes", doch geht es vorwiegend um Ereignisse, die VOl' diesel' Geburt lagen und sie vorbereiteten. Von den 17 Gesangen, aus denen das Epos besteht, sind nur die ersten acht mit Sicherheit von Kalidasa. Die Handlung ist kurz die folgende: Uma, die Tochter des Himalaya, ist eine Verehrerin des Siva. Die Gatter sind del' Meinung, dass beide einen Solm zeugen sollten, del' spater gattlicher Heerfiihrer und Kriegsgott werden kannte. Abel' Siva ist gerade einer strengen Askese hingegeben, die ihm keine Liebesge1 an ken gestattet. Die Gatter entsenden also Kama, den Liebesgott, zu ihm. Siva, erzurnt uber die triviale Starung seiner asketischen Ubungen, verbrennt mit einem Strahl aus seinem dritten Auge (das er auf del' Stirn tragt) den Kama zu
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c
Del' Raglmvamsa ("Das Raghu-Geschlecht") ist das zweite Epos Kalidasas. 3 Dichterisch dargestellt wird hier die Geschichte del' sagenhaften Sonnenkanige von Ayodhya, also die Vorfahren und Nachkommen des Rama mit letzterem als Mittelpunkt. An Vorgangern werden vier genannt. Auf Dilipa folgt Raghu. Diesem gelang es, "alle Himmelsrichtungen zu ersiegen"; die etwas bescheidenere Wahrheit durfte wohl darin bestanden haben, dass er die angrenzenden Herrschaftsgebiete zu unterjochen vermochte. Jedenfalls feierte er seinen Sieg durch ein groBes Visvajit-(Allsieges- )Opfer. Auf Raghu folgte Aja. Diesel' hatte das Gluck, bei einer Gattenwahl del' Prinzessin Indumati del' Erwahlte zu sein. Musste er auch die rachenden Angriffe del' abgewiesenen Konkurrenten abwehren, lebte er dafiir in um so graBerem Ehegluck bis zum Tode seiner Gattin. Ajas Totenklage ist ein Meisterwerk del' Dichtkunst Kalidasas. SchlieBlich wird Ramas Vater, Dasaratha, vorgestellt. Del' Dichter lasst also wechselvolle und dabei typische Schicksale an uns voruberziehen, so dass das Vierk niemals "episch breit" und monoton wirkt. Nachdem die Gesiinge 1 bis 9 Ramas Vorfahren als fromme und tuchtige Kanige in jeweils beispielhaften Situationen geschildert haben, gehen die Gesiinge 10 bis 15 auf Rama selbst ein und geben eine Zusammenfassung del' Hauptereignisse, wie sie das Ramayalfa berichtet. Die Gesiinge 16 bis 18 handeln von den 21 Nachkommen des Rima, jedoch gegenuber den Eingangskapiteln in erheblich kurzerer Fassung. Auch sie werden siimtlich dem Leser als Vorbilder priisentiert. Eine Ausnahme bildet lediglich del' letzte del' Kanige, Agnivan)a, dem del' ganze 19. Gesang gewidmet ist. Agnivan;ta hat nicht die Frammigkeit oder die Regierungsgeschiifte im Kopf, sondern ausschlieBlich die Frauen. Seine sexuellen Begierden gehen schlieBlich so sehr uber seine Krafte, dass er an del' Schwindsucht stirbt. Seine Hauptgemahlin abel' ist zu diesel' Zeit gerade schwanger, so dass sie in del' Hoffnung auf die Geburt eines Solmes - zur Herrscherin gewahlt wird. Damit schlieBt das Werk abrupt und hinterlasst den Eindruck, dass ein ruhmreiches Geschlecht dekadent geworden sei und seinen Untergang gefunden habe. Ein solches tragisches Ende ist zwar
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Das h6fische KUllstepos
in del' altindischen Literatur nicht ganz unerhort, widerspricht abel' doch einer Grundanschauung del' damaligen Asthetiker. Ob hier das Quod lieet Jovi, non lieet bovi zu gelten hat odeI' ob del' Schluss verlorengegangen ist, ist gegenwartig nicht zu entscheiden. Auch in diesem \iVerk erweist sich Kalidasa als glanzender Beherrscher del' Sprache, del' sich dabei niemals zu ubertriebenen Kunsteleien hinreiBen lasst.
raturgattung. Gegenuber den Epen des Kalidasa tritt die eigentliche Handlung immer weitel' in den Hintergrund und lasst ein Fortschreiten kaUlTI noch erkennen. 1m Gegenteil belTIUhen sich die Dichter, jede Strophe zu einelll eigenen, abgerundeten, in sich geschlossenen Kunstwerk zu machen. Die Handlung 5011 damit nur noch als Faden fUr eine Kette von Perlen und Juwelen dienen. Die Ausdrucksweise wird immer dunkler, die Sprachkunsteleien nehmen - zumindest fUr unseren GesChlTlack - immer groteskere Formen an. Nichtsdestowenigel' spielen die meisten diesel' \Verke in del' altindischen Literaturtheorie eine hervorragende Rolle.
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\Vir wollen noch einen kurzen Blick auf einige Epen werfen, die nach Kalidasas Zeit entstanden sind, wobei wir selbstverstandlich wedel' Vollstandigkeit noch Ausfiihrlichkeit anstreben. Das Epos Rava1;avaha ("Die Totung des Ravalfa"), auch Setubandlla ("Der Briickenbau") genannt, entnimmt seinen Stoff dem Ramayal;a und handelt yom Bruckenbau zur Insel Lanka und von del' Totung des Damonenfursten RavaJ:.la. 4 Sein Stil ist weithin affektiert und schwUlstig, doch offenbart sein Autor eine beachtenswerte Beherrschung del' Sprache. Diese ist nicht Sanskrit, sondern das ]\1ahara~trl-Prakrt. \Ver del' Verfasser ist, konnte nicht genau geklart werden: Vielleicht war es Konig Pravarasena II. von Kashmir odeI' ein Vakataka-Herrscher. Das Epos Na.lodaya, das vier Gesa.nge umfasst, hat die Episode von Nala und Damayantl aus dem 1\1ahabharata zum Inhalt. 5 Das in vier Gesangen uberlieferte Werk zeigt eine Vorliebe fUr Reim und Alliteration. Autor ist wahrscheinlich Ravideva, moglicherweise Vasudeva; jedenfalls entstammt das Epos del' ersten Halfte des 9. Jahrhunderts. Ein Rama-Epos ist dagegen das Jan a.klhara1; a. von Kumaradasa. 6 Fruher hielt mall Kalidasa fur den Verfasser, doch hat KUlTlaradasa lediglich versucht, dessen Stil zu imitieren. Entstehungszeit ist die Spanne zwischen 650 und 800, wahrscheinlich die zweite Halfte des 7. Jahrhunderts. Das "Werk behandelt die Thematik des RamaYa1;a. bis zur Entfuhrung del' Slta, doch sind von den ursprunglich 25 Gesangen nur 14 1/2 erhalten geblieben. Ein sehr bedeutsames, um das Jahr 600 entstandenes \;\Jerk ist das Epos Raval;avadha, das nach seinem Autor Bhatti meist als BhaHikavya bezeichnet wird. 7 Es gibt in 22 Gesangen die Rama-Legende wieder. Eine Eigentumlichkeit des vVerkes besteht darin, dass es nicht nur das epische Geschehen schildert, sondeI'll auch didaktische Zwecke verfolgt. So enthalten die ersten neun Gesange Darlegungen und Erlauterungen del' Grammatik des Pal)ini, und die folgenden vier Gesange illustrieren die Lehren des Alarukarasastra. Das Werk selbst ist eine treffiiche Demonstration del' gra.rnmatischen Regeln des Sanskrit: So kommt in einem Gesang als Tempus nur das Perfekt, in einem anderen nur del' Aorist vor. Das BhaHikavya erfreut sich seit jeher in Indien eines hervorragenden Rufes, wovon auch die Zahl von 13 Kommentaren Zeugnis ablegt. Del' Verfasser, dessen Name eine Prak~·t-Form ist, konnte moglicherweise mit dem Spruchdichter Bhartl:hari identisch sein. Die bereits geschilderten Eigenarten des hofischen Kunstepos pragen sich mit fortschreitender Zeit immer scharfer aus, und dies nicht zum Vorteil diesel' Lite-
In del' zeitlichen Abfolge ,vare zunachst das KiratalJunlya des Bharavi zu nennen, del' bereits in einer Inschrift des Jahres 634 als beruhmter Dichter genannt wird. 8 Das Epos behandelt einen Stoff aus dem Mahabharata, und zwar den Kampf des Arjuna mit dem Kirata, del' sich sodann als Personifizierung des Siva offenbart. Das Werk umfasst 18 Gesange, und es ist bemerkenswert, dass die Gesange 4 bis 11 inhaltlich eine HinzufUgung zum Geschehen des Mahabharata durch Bharavi darstellen. Die besondere Sprachkunst des KiratarjunTya. wurde bereits durch Beispiele belegt (5. S. 132). Doch hat es Bharavi - man mochte sagen: trotz seiner Sprachakrobatik - verstanden, auch viele Passagen von dichterischem \Vert in das Epos einflieBen zu lassen. Steht schon Bharavi mit seinem KiratalJunTya gemaB del' altindischen Asthetik an hervorragender Stelle, so ist dies in womoglich noch hoherem MaBe del' Fall bei Magha mit seinem Epos :5isupalavadha. 9 Auch dieses, in del' zweiten Halfte des 7. Jahrhunderts entstandene \Verk hat einen Stoff aus dem Mahabharata zum Thema: die Totung des Cedi-Konigs Sisupala durch K~·~lfa. Zwischen beiden genannten Epen besteht eine deutliche Beziehung, die H. Jacobi aufgehellt hat. lO Magha bemuht sich namlich, die sprachlichen Kunststucke des Bha.ravi noch zu uberbieten und zudem den im KiratalJunTya. zum Ausdruck gekommenen Sivaismus durch seine Vi~lfuitische Thematik in den Schatten zu stellen. In ersterer Hinsicht leistet er tatsachlich Unglaubliches, besonders im 19. Gesang. Insgesamt setzt er 23 verschiedene Metren ein! 1m 16. Gesang vollbringt er ein Kunststuck, das nur einem mit del' Sanskrit-Sprache auBerordentlich gut vertrauten Dichter moglich ist: Er lasst einen Botschafter des Sisupala zu Kr~J:.la gelangen, wobei jener eine GruBadresse spricht. Diese kann je nach Wortbedeutung und Silbentrennung als demutige Unterwerfung wie auch als Kriegserklarung aufgefasst werden! Eine Nachblute erlangte das Kunstepos in Kashmir. 1m Haravijaya feiert del' Dichter Rajanaka Ratnakara den Sieg, den Siva uber den Damon Andhaka en·ang. Das 50 Gesange umfassende Werk durfte in del' zweiten Halfte des 9. Jahrhunderts entstanden sein. Del' Autor versucht seinerseits, wiederum uber Magha hinauszuwachsen. Eindrucksvoll sind seine Kenntnisse sowohl del' Politik als auch del' Liebeskunst.H K~emendra verfasste ilTI 11. Jahrhundert
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mehrere Epen. Das im Jahre 1037 entstandene Epos Bl1iiratamaiijarl'2 sowie die Ramaya.17amaiijarl'3 geben ZusamIl1enfassungen des lv[ahabl1arata und des Ramayalfa. Das aus dem Jahre 1066 stammende Dasavataracarita hat die Inkarnationen des Vi~I:tU zum Inhalt. Der radikale Vi~I:tuitische Standpunkt dieses Epos kommt unter anderem darin zum Ausdruck, dass Buddha als eine Personifikation des Kr~lfa aufgefasst wird. I4 Zwischen 1135 und 1143 schuf MaIlkha das SrTka17thacarita, in welchem er den Sieg des Siva uber den Damon Tripura besingt. IS Mankha, der den Literaturasthetiker Ruyyaka als seinen Lehrer nennt, gibt nicht nur eindrucksvolle Naturbeschreibungen, sondern gewahrt auch einen Einblick in bestimmte gesellschaftliche Einrichtungen seiner Zeit. Den Gipfel kunstvoll-gekunstelter Sprache aber bezeichnen zwei Epen, mit denen die Erorterung dieser Literaturgattung abgeschlossen werden solI. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts verfasste Kaviraja das Ragha.vapalf9aviya.I6 Dieses vVerk behandelt -- je nachdem, wie man die Worter analysiert und deutet - gleichzeitig die Ereignisse des Mahabharata und die des Ramaya.lfa! Fur die altindische Asthetik hielt die Spitze aber das Nai?a,dhacarita" das Srlhaqa gegen das Jahr 1200 in Kanauj verfasste. Dieser Dichter wurde als gleichrangig mit Kalidasa, Bharavi und Magha angesehen. Sujet ist die Geschichte von Nala und Damayantl, aber die schlichte Handlung wird von einer effektvollen, doch uberaus schwulstigen Ausmalung nahezu ganzlich verdrangt. I7 In den 22 Gesangen ist ein Fortgang der HandlungsfUhrung kaum noch erkennbar. Auch in spateren Jahrhunderten sind in Indien, teilweise als Eulogien der mohammedanischen Herrscher, Kunstepen entstanden. Verschiedentlich tragen sie nur Kuriositatenwert; insgesamt ist ihr literarischer Standard von begrenzter Hohe, so dass sie uns hier im einzelnen nicht zu beschaftigen brauchen.
Anmerkungen 1 Eine Bibliographie del' Studien uber Kalidasa, die nicht weniger als 3618 Titel enthalt, erarbeitete S. P. Narang (New Delhi 1976). Einen Uberblick uber Kalidasas Schaffen geben V. V. Mirashi und N. R. Navlekar: IGlidasa. Date, Life and Works (Bombay 1969). Eine sehr niveauvolle Studie uber den Dichter stammt von A. Hillebrandt: Kalidiisa (Breslau 1921, Neudruck Hildesheim 1978). Gleichfalls grundlegend die Studie von W. Ruben: Kiilidiisa. The Human Meaning of his Works (Berlin/DDR 1957). Edition del' Complete Works of Kiilidiisa von V. P. Joshi (Bombay 1976); weitere Ausgabe von C. R. Devadhar (Delhi 1984-85). Die Quellen, aus denen Kalidasa schopfte, untersucht B. R. Yadav: Critical Study of the Sources of Kiilidiisa (Delhi und Aligarh 1974). Zur Chronologie del' Werke Kalidasas vgl. G. Huth: Die Zeit des Kiilidiisa (Diss. Berlin 1890). 2 Ausgabe und Ubersetzung des Kumiirasambhava von S. R. Sehgal (Delhi 1961), del' ersten acht Gesange von M. R. Kale (6. Aufl., Delhi 1967) sowie ihre Ubersetzung von O. Walter (Leipzig 1913). Gesamtubersetzung von H. Heifetz (Berkeley 1985), von R. Syed
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(Miinchen 1990). Studie als Dissertation von H. Hensgen: Kalidiisas Kumiirasambhava und seine Quellen (Bonn 1935). 3 Ausgabe und Ubersetzung des Raghuvamsa von G. R. Nandargikar (Delhi 1971); franzosische Ubersetzung von L. Renou (Paris 1928); freie deutsche Nachbildung von A. F. v. Schack (Stuttgart 1890), Ubersetzung von O. Walter (Munchen und Leipzig 1914). Studie von \'\1. Ruben unter dem Titel: Kiilidiisas Raghuvamsa, der klassische indische Fiirstenspiegel (Ankara 1947). 4 Ausgabe des Prak~t-Textes und Ubersetzung des Riival?avaha von S. Goldschmidt (2 Bde., StraBburg 1880-1884). 5 Ausgabe des Nalodaya von F. Benary, mit lateinischer Ubersetzung (Berlin 1830); englische Ubersetzung von W. Yates (Calcutta 1844); Kritische Ausgabe von K. K. Hariharan (Delhi 1995). 6 Ausgaben des JiinakI1Jaraqa, von G. R. Nandargikar (Bombay 1907); von S. Paranavitana und C. E. Godakumbura (Colombo 1967). Kritische Studie von S. Suri (Delhi 1984). 7 Ausgabe des BhaHikiivya mit dem Kommentar des Mallinatha von K. P. Trivedi (Bombay 1898), del' ersten fiinf Gesiinge in Sanskrit und Englisch von KunjalaJ Nag (Dacca 1894). Ubersetzung von G. G. Leonardi (Leiden 1972). Ausgabe und Ubersetzung von M. A. und Sh. Karandikar (Delhi 1982). 8 Ausgabe des Kiratiirjunlya von G. H. Godabole und K. P. Parab (Bombay 1907). Ubersetzung von C. Cappeller als Bd. 15 del' Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.]
1912). 9 Ausgabe des ,Si,5upalavadha mit dem Kommentar des Mallinatha in del' Nirr,taya Sagara Press (9. Aufl., Bombay 1927). lTbersetzung von E. Hultzsch (Leipzig 1929). 10 Vgl. H. Jacobi: On Bhiiravi and Magha, in: Wiener Zschr. fiir die Kunde des Morgenlandes, 3 (1889), auch in: Kleine Sc11Tiften, herausgegeben von B. Kolver (Wiesbaden 1970). 11 Ausgabe des Haravijaya von Durga Prasad und K. P. Parab (Bombay 1890). 12 Ausgabe del' Bhiirai;amaiijarlvon K. P. Parab (Bombay 1898). 13 Ausgabe del' RamiiyaIfamaiijarlvon K. P. Parab (Bombay 1903). 14 Ausgabe des Dasiivatiiracarita von Durga Prasad und K. P. Parab (Bombay 1891). 15 Ausgabe des Srlkal?fhacarita von Durga Prasad und K. P. Parab (Bombayo.J.). 16 Ausgabe des Raghavapii1!qav~ya von P. Tarkavaglsa in del' Bibliotheca Indica (Calcutta 1854, Neudruck 1892). 17 Ausgabe des Naisadhacarita von J. Vidyasagara mit dem Kommentar des Mallinatha (Calcutta 1875/76). Ubersetzung von K. K. Handiqui (3. Aufl., Poona 1965).
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3. Die Lyrik
hadLlta, der "vVolkenbote".2 Dieses beriihmte Gedicht besteht aus 111 Strophen, die in dem siebzehnfii£igen Mandakranta-Metrum gehalten sind. Der Gott Kubera hat einen Yakf?a, einen Angehorigen seiner Scharen, wegen Ungehorsalns nach Sliden auf den Ramaberg in Zentralindien verbannt. Dort muss der Yakf?a ein Jahr lang getrennt von seinem 'Veibe hausen. Ihn verzehrt die Sehnsucht - da, im achten Monat seiner Verbannung, erscheint zu Beginn der Regenzeit eine groBe dunkle Wolke. Nun herrschen im groBten Teil Indiens zur Zeit des Sommermonsuns vVinde aus siidlichen Richtungen, besonders aus Sudwesten, vor. Die Wolke segelt also nach Norden und somit zur Heimat des Yakf?a nach Alaka am Kailasa-Berg. Del' Yakf?a beschreibt del' Wolke den vVeg dorthin und gibt ihr eine Botschaft an sein Weib mit. Dieses Sujet gibt Kalidasa Gelegenheit zu wundervollen Stimmungsmalereien: Er besingt die Stadt Ujjayini und die indische Natur, atmet abel' auch den Geist schwermutiger Liebessehnsucht.
Die lyrische Dichtung stellt in Indien die alteste Literaturgattung dar, wie bereits an verschiedenen Passagen aus del' I!ksamhita, besonders aber an den an die Gottin Uf?as gerichteten Hymnen zu sehen war. Lyrik findet sich verschiedentlich abel' auch im Atllarvaveda sowie in den buddhistischen Jatakas. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sie auch in del' Epoche del' Kunstdichtung in keiner Weise hinter den anderen literarischen Gattungen zurucksteht. Eine Briicke von der vedischen und buddhistischen zur Kavya-Lyrik bilden bestimmte PrakJ;t-VVerke. Diese sind meist im Arya- Metrum gehalten, das von hier aus in die Sanskrit~Dichtung eingedrungen ist. Beruhmtester Vertreter ist die in Maharaf?tri verfasste sattasal (Sanskrit: Sapt a.satl, das heiBt etwa Siebenhunderter-Sammlung). Sie wurde von Konig Hala oder unter seiner Mitwirkung zusammengestellt beziehungsweise redigiert. Das geographische Milieu, das sich in der sattasal widerspiegelt, weist in den nordostlichen Dekhan, was gut dazu passt, dass Hala ein Andhra- Konig war. Die Zeitstellung weist auf das 1. oder 2. Jahrhundert. Allerdings besteht das \Verk aus - auch in chronologischer Hinsicht sehr verschiedenartigen Bestandteilen. Die Unsicherheit der Uberlieferung zeigt sich schon darin, dass nicht weniger als sechs Rezensionen bekannt sind, die nicht unerheblich voneinander differieren. Einige Rezensionen besitzen erheblich mehr (bis zu etwa 1000) Verse, als nach dem Titel del' Sammlung zu erwarten ware. Das oben angegebene Alter weisen aber nur 430 Verse auf, diejenigen namlich, die in allen Rezensionen iiberliefert sind. 1 Die sattasal hat die Liebe zum Hauptthema, und zwar ist es meist die schlichte Liebe des Alltags mit ihren Problemen und Sehnsuchten, die hier zum Ausdruck kommt. Daneben sind Freundschaft, Jahreszeiten, Naturerscheinungen (z.B. Gewitter) und die Tierwelt weitere Sujets. Einige Verse haben den Charakter von Aphorismen. Die im Vif?IJ.U-Kult so bedeutsanle Radha scheint hier erstmalig genannt zu werden. Entsprechend dem Charakter del' Sammlung ist ihre Grundstimmung ausgesprochen zart. 1m allgemeinen bildet jeder Vers ein in sich geschlossenes Ganzes. Vielfach hat man den Eindruck, als seien StimInen aus dem Volksleben iibernommen und nach den Grundsatzen der Kavya-Lyrik geformt worden. Gewiss ist Hala nicht der Verfasser, doch hat er die Auswahl und Redaktion mit groBem Geschick vorgenommen. In der indischen Literaturgeschichte und -asthetik nimult die sattasal einen hohen Rang ein und wird von spateren Autoren immer wieder zitiert. Parallel zur Pra.k~ot-Lyrik entwickelte sich die Sanskrit- Lyrik, die jedoch erst einige Jahrhunderte spater zur Blute gelangte. Ihr groBter Vertreter ist wiederum Kalidasa, und seine bedeutendste diesbeziigliche Schopfung ist der lvleg-
63. Oben auf des Berges SchoBen wirst du Alaka enoeichen, wo die Gar'rga fallt hernieder, dem Gewande zu vergleichen. Alaka, mit hohen Zinnen in dem Schmuck del' vVolken ragend, wie die Liebste eine Locke mit dem Perlennetze tragend. 65. Lotos halten dort die Madchen spielend, ihre Locken prangen mit Jasmin, vom Lodhra-Baume Bliitenstaub bleicht ihre vVangen. Liebliche AkazienbHiten tragen sie an ihren Ohren und am Scheitel Nipa-Blumen, die dein Wolkentau geboren. 66. Mit den schonsten Frauen weilen Yak?as in der Schlosser Hallen, wo del' Sterne Licht sich spiegelt in den Sollern von Kristallen. Und in Liebeslust sie trinken von des Wunschbaums suBem 'Veine, wahrend dumpf die Trommeln drohnen, deren Ton ist wie del' deine. (Ubers.: Otto v. Glasenapp) Die Thematik des )\;feglradiita erwarb sich sehr bald Anerkennung und Bewunderung, und dies nicht nur in Indien. Friihzeitig wurden singhalesische und tibetische Ubersetzungen des Gedichtes abgefasst. In Indien selbst fand der "Wolkenbote" zahlreiche Nachahmungen und Variationen. So wurde aus der ·Wolke als Uberbringerin einer Liebes- und Sehnsuchtsbotschaft der Wind, ein Papagei, ein Schwan. Friihzeitig wurde Kalidasas Gedicht in Europa bekannt; durch die Ubersetzung von H. H. \Vilson lernten Goethe und Alexander v. Humboldt den ,,'Volkenboten" kennen und schatzten ihn sehr. Trotz langjahriger Diskussionen konnte die Autorschaft eines weiteren Gedichtes, des I!tusarnhara,3 noch nicht beweiskraftig gelda.rt werden. Es beschreibt die Jahreszeiten und die mit ihnen verbundenen Freuden, besonders solche der Liebe. 1m alten Indien wird die Zahl der Jahreszeitell verschieden
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Die Lyrik
angegeben; ihrer sechs werden im l!tusamllara aufgefUhrt, was durchaus nicht ungewohnlich ist. Das dichterische Niveau des Meghadiita wird hier nicht ganz erreicht. Man hat daraus, wie J. Nobel, geschlossen, dass das \Verk nicht von IGlidasa sein konne. A. B. Keith und A. Hillebrandt haben jedoch auf die Moglichkeit aufmerksam gemacht, dass es sich um eine Schopfung aus Kalidasas Jugendzeit handeln konnte. Wie dem auch sei, fest steht, dass der l!tusamhara chronologisch von der Ara des Kalidasa nicht sehr weit entfernt sein kann.
aus Kashmir stammende, spateI' in den Siiden gegangene Bilhalfa. Die Sammlung besitzt die Eigenart, dass jede der 50 Strophen mit dem Wort adyapi ("auch heute", "selbst heute") beginnt. Das VVerk ist, poesievoll und dennoch realistisch. Es liegt in drei Hauptrezensionen vor, die stark voneinander abweichen. Lediglich sieben Strophen sind allen Rezensionen gemeinsam. Der Autor beschreibt das Liebesverhaltnis, das er heimlich zu einer Prinzessin unterhalten hatte. Die Fama weiB zu berichten, dass dieses Abenteuer schlieBlich doch bekannt, der dreiste Liebhaber ergriffen und zum Tode verurteilt wurde. Angesichts der Hinrichtung solI er die CaurapaiicMika gedichtet haben, woraufhin ihm das Leben geschenkt wurde. Beweiskraftig fiir wirkliche Historizitat ist diese Geschichte natiirlich nicht.
Mit Sicherheit sind die beiden folgenden Werke nicht von Kalidasa, dem man sie friiher zuzuschreiben geneigt war. Da ist zunachst der Spigaratilaka zu nennen,4 eine kleine Sammlung sehr kunstvoller Strophen von groBer Schonheit. In ihnen beweint der Dichter die Hartherzigkeit seiner Geliebten. Das andere Werk fiihrt den Namen Ghatakarpa,ra ("Der zerbrochene Krug"). Es besteht aus nur 22 Strophen, die aber ebenfalls von hohem asthetischem Wert sind. 5 Inhaltlich finden wir hier ein Gegenstiick zum Meghadiita, indem es hier die Frau ist, die ihre Sehnsucht nach dem fernen Gatten zum Ausdruck bringt und ihm durch eine Wolke GriiBe iiberbringen lasst. Der eigenartige Name des Gedichtes riihrt daher, dass sich der Verfasser am Schluss erbotig macht, Wasser in einem zerbrochenen Krug zu transportieren fUr denjenigen, del' ihn in del' Kunst der Alliterations- und Reimbildung iibertrafe. Der nachst Kalidasa unstreitig bedeutendste Lyriker im alten Indien war der wahrscheinlich aus Kashmir stammende Amaru. Auch chronologisch diirfte er in die Nahe Kalidasas zu stellen sein. Sein Werk ist, wie so oft in der altindischen Lyrik, eine Hundertersammlung, das nach ihm benannte Amarusatalm. 6 Es existiert in mindestens vier Rezensionen: einer siid- und westindischen, einer bengalischen und einer Mischrezension. Die Zahl der Verse belauft sich nicht genau auf 100, sondern auf 96 bis 115. Nur 51 Verse sind allen Rezensionen gemeinsam und bilden danlit den alten Kern der Sammlung. In mancher Hinsicht der Sattasal nicht unahnlich, ist das Amarusa,taka ein Hauptwerk del' erotischen Sanskrit-Dichtung. Jeder einzelne Vers ist ein in sich geschlossenes Kunstwerk. Das Leid und die Sehnsucht, die sich aus der Trennung liebender Paare ergeben, bilden ein herausragendes Thema. Dabei offenbart del' Dichter eine ungewohnliche psychologische Tiefe. Diese muss schon im alten Indien einen groBen Eindruck hinterlassen haben; jedenfalls glaubte man, sie sich damit erklaren zu miissen, dass der Dichter enge Beziehungen zu 100 Frauen unterhalten habe. Schon im 9. Jahrhundert wurde Amaru von Anandavardhana als Klassiker der Dichtkunst gepriesen. Beriihmt geworden ist auch die Caurlsuratapal1casika oder Ca,urapa,l1casika genannte Sammlung. 7 Man iibersetzt den Titel gewohnlich als ,,50 Strophen vom heimlichen Liebesgenuss", aber es ist fraglich, ob dies richtig ist. Vielleicht ist namlich ein gewisser Cora der Autor; dann konnte eine Ableitung seines Namens in den Titel eingegangen sein. Gewohnlich gilt als Verfasser del'
1m 11. Jahrhundert schuf Govardhana die Aryasaptasatl. Mit diesem Werk wollte er die thematisch vergleichbare Prak~,t-Dichtung Sattasal durch eine Sanskrit-Schopfung iibertreffen. 8 Der Prakrt-Einfluss zeigt sich aber dennoch in der Verwendung des Arya-Metrums. AuBerdem konnte die Popularitat der Sattasal keineswegs erreicht werden. 1m alten Indien bliihte aber nicht nur die erotische, sondern auch die philosophische und besonders die religiose Lyrik. Es sind zahlreiche Verssammlungen iiberliefert, deren Inhalt sich an Siva, Durga, Vii?lfU, Kri?lfa und Rama richtet. Oft sind diese Sammlungen nicht weniger kunstvoll als diejenigen erotischen Inhalts, und gleich diesen sind sie vielfach in satakas (Hundertersammlungen) zusammengefasst. Von dem beriihmten Balfa, auf den noch in anderen Beziehungen zuriickzukommen sein wird, stammt das Car,u;]Isataka. Die 102 Verse sind meist in dem komplizierten Sragdhara-Metrum gehalten. Der Inhalt besteht aus einem religiosen Hymnus an die Gattin des Siva, hier also Calf9-T, wobei besonders die durch diese bewirkte Totung des Biiffeldamons Mahii?a verherrlicht wird. 9 Einen spaten Gipfel der lyrischen Kunst erklomm im 12. Jahrhundert der Hofdichter des Konigs Laki?malfasena von Bengalen, Jayadeva. Sein Werk Gltagovinda bildet eine Briicke zwischen Lyrik und Drama. Der Titel bedeutet "Der durch Lieder gepriesene Govinda"; letzterer ist ein Beiname des Krsil;w. Jayadeva verwebt Erotik und religiose .Mystik. So eigenartig uns diese Verbindung scheint, ist dabei doch zu bedenken, dass Jayadeva in dieser Hinsicht auf eine alte indische Tradition zuriickgreifen konnte, da bereits die Tantras diesen Weg vorgezeichnet hatten. Somit ist auch Jayadevas Werk von alten Volkskulten beeinflusst und nicht zuletzt demzufolge auBerordentlich popular geworden - eine Feststellung, die auch fiir die Gegenwart noch zutrifft. In zwolf Gesangen schildert der Dichter die Liebesbeziehungen zwischen K~'i?lfa und seiner Freundin Radha, wobei ihre Entzweiung und spatere \Viedervereinigung im Mittelpunkt stehen. Das selbstverstandlich entschieden vii?lfuitische \Verk beschreibt diese erotischen Begebenheiten aber nicht um ihrer selbst
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willen, sondern ordnet sie in die Bhakti-Lehre, die hingebungsvolle Verehrung K~'~lJas, von der bereits die BllagavadgTta handelte, ein. lO Der Stil des Gltagovinda. ist ein ganz eigenartiger und steht in der indischen Literaturgeschichte fast einzig da. Das vVerk lebt von einer inneren Rhythmik, die beim Vortrag auch auf den Nichtsanskritisten einen fast hypnotisch zu nennenden Einfluss ausiibt. Dieser so eigenartig sanfte Rhythmus wird in seiner \Virkung durch die zahlreichen End-, aber auch Binnenreime noch unterstrichen. Da der Dichter zudem offenkundig bemiiht war, Konsonantenha.ufungen zu vermeiden, ergibt sich ein Lautbild, das in seinern Vokalreichtum und seinem Gesamtausdruck an die polynesischen Sprachen erinnert. Hier ein Beispiel (I, 43):
Die Spruchdichtung Kale (2. Aufl., Delhi 19(9). Ubersetzungen von H. H. Wilson (2. Aufl., London 1843; nachgedruckt als Bd. 9 der Chowkhamba Sanskrit Series, Varanasi 1961), von L. Fritze (Chemnitz 18(9).und M. R. Kale, zusammen mit der eben erwahnten Edition; von J. MehIig (Leipzig 1983). ~tusari11]ara von \i\T Jones (Calcutta 1792); Ubersetzung von P. v. Bohlen 3 Ausgabe (Leipzig 1840). Neuere Ausgabe und Ubersetzung von M. R. Kale (2. Aufl., Delhi 1967): von J. T. Roberts (Arizona 1990). Ubersetzung von H. Kreyenborg (Leipzig 1919) und J. Mehlig (Leipzig 1983).
4 Ausgabe des ,5J.'ligaratilaka von J. Gildemeister (Bonn 1841). 5 Ausgabe und Ubersetzung des Ghatakarpara von G. M. Dursch (Berlin 1828); neuere Ausgabe von J. B. Chaudhuri (Calcutta 1953). 6 Ausgabe des Amarusataka von Narayan Ram Acharya (3. Aufl., Bombay 1954); Ausgabe
kelikalakutukena ca kacidammll yamunajalakule /
der verschiedenen Rezensionen von R. Simon (KielI893). Franzi::isische Ubersetzung von
mafijulavafijulakmljagatall1 vicakar~a karelJa dukUle / /
A. L. de Chezy (1831), deutsche Ubersetzung von F. Ruckert (Hannover 1925). Studie von O. Fris im Archiv Orientilnl (Prag 1952).
Es nimmt daher nicht wunder, dass das Gedicht in Indien viele Imitatoren auf den Plan rief, teilweise auch mit abweichender Thematik, etwa der Geschichte von Rama und Slta. \iVegen ihrer Inferioritat verdient aber keine dieser Nachahmungen hier genannt zu werden. Friihzeitig verbreitete sich der Ruhm des GTtagovinda auch nach Europa, wo das \iVerk bereits von \Villiam Jones iibersetzt und von Goethe sehr geschatzt wurde. Die Handlung wird von Jayadeva in erzahlenden Versen vorgefiihrt. In der Hauptsache besteht das \Verk aber aus Tanzgesangen, die Refrainbildungen aufweisen und, wie schon erwahnt, an Reimen reich sind. Die Einfliisse folkloristischen Schauspiels sind nicht zu iibersehen. Die auftretenden Personen sind K~'~l:ta, Radha und eine Vertraute der letzteren. Sie alle halten lyrische Monologe. Dazwischen sind wiederum Segensspriiche eingestreut. Am zutreffendsten spricht man bei diesem in mehrfacher Hinsicht so eigenartigen \Verk von einer epischen Lyrik.
Anmerkungen
1 Ausgabe und Ubersetzung der SattasaXvon A. \i\leber in den Abhandlungen fUr die Kunde des Morgenlandes, 5 (1870) und 7 (1881); von M. V. Patwardhan (Ahmedabad 19801988); GatlJas 1-50 von H. Tieken (1983). 2 Seiner Bedeutung entsprechend ist der Meghaduta vielfach bearbeitet worden. Eine erste bedeutende Leistung war die Ausgabe von A. F. Stenzler (Breslau 18(4); besser noch die Ausgabe von E. Hultzsch (London 1911). Auf der letzteren beruht die Wiedergabe in der Chrestomathie der Sanskrit-Literatur von K. Mylius (Leipzig 19(8). Kritische indische Ausgaben von S. K. De (2., uberarb. Aufl. von V. Raghavan, Delhi 19(0) und M. R.
7 Ausgabe und Ubersetzung der Caurapaiicasika von W. Solf (KieI1886); von B. S. Miller (New York 1971). Ubersetzung von E. Arnold (London 1896). 8 Ausgabe der Aryasaptasatl von Durga Prasad und K. P. Parab (Bombay 1895). 9 Ausgabe und Ubersetzung des Ca1.lcj.Lsataka von G. P. Quackenbos, in: The Sanskrit Poems of Mayura (New York 1917). 10 Nach dem Gesagten ist es nicht verwunderlich, dass das Gltagovinda zahlreiche Bearbeiter gefunden hat. Ausgabe (mit lateinischer Ubersetzung) von Ch. Lassen (Bonn 1836); von :M. R. Telang und V. L. Palfslkar (BOlTlbay 1929); sehr gute kritische Ausgabe von A. Sharma, K. Deshpande und V. S. Sharma (Hyderabad 1969). Ubersetzungen von \i\I. Jones (London 1807); von F. Ruckert in der Zschr. fiir die Kunde des Morgenlandes, 1 (Gottingen 1837 und Leipzig 1919); vorziigliche franzosische Ubersetzung von G. CourtilIier (Paris 1904); neuere Ubersetzungen von G. Key 1, (3. Aufl., Bombay 1965) und B. S. Miller (New York 19(7). Text und Konkordanz von H. Quellet (franzos., Hildesheim 19(8).
4. Die SpTUclldiclltung
Der indisehe Terminus fiir einen sinnreichen und kunstvollen Aussprueh, fiir eine treffende Sentenz ist sublla,,?ita ("gut gesprochen"). Die Spruehdiehtung hat im alten Indien ein auJ3erordentlieh hohes Niveau erreieht, das sie an die Spitze aller Lander des Altertums und MiUelalters stellen di.irfte. Dabei ist noch strittig, ob man der Spruehdiehtung eine eigene literarisehe Form zuerkennen darf oder ob man das Vorhandensein einer Vielzahl kurzer strophiseher Diehtfonnen konzedieren muss. Diese theoretische Frage ist fi.ir die Bewertung der indischen Spruehpoesie jedoch von untergeordneter Bedeutung. Denn es steht
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
Die Spruchdichtung
fest, dass die altindische Gnomik kulturgeschichtlich eine noch Hingst nicht ausgeschopfte Quelle darstellt. Da sie vielfach auf der Volkspoesie fuBt, gewahrt sie nicht selten wertvolle Einblicke in das Leben und Denken der Volksn1assen. Entkleidet man die Spruche ihrer brahmanischen oder buddhistischen Uberformung, lasst sich bei ausreichend differenzierter Interpretation ein getreues Abbild des indischen Alltagslebens gewinnen. Aus dieser Doppelgesichtigkeit erklart es sich auch, dass sich sowohl religiose als auch weltliche Philosophen und Lehrer das vorhandene Spruchgut zunutze machten. Demzufolge kommen in den Spruchen ganz verschiedenartige, teilweise sich einander ausschlieBende Ideen zum Ausdruck, deren Tra.ger die Herrschenden, die Asketen und Weltentsager (Buddhisten, Jinisten, brahmanische Asketen), aber auch diejenigen sein konnen, die die Gesellschaft von unten sehen: das ausgebeutete Yolk.
schaft des l\!Ial1abl1arata. Sie ist zweifellos nur dadurch zustande gekommen, dass Ca.J;lakya als Muster politischer Schlaue und diplomatischen Geschicks galt, als Verfasser also zu dieser Sammlung ganz gutgepasst hatte. Die verschiedenen Rezensionen - es genugt, wenn wir hier als Titeldie Bezeichnung CaI].akyanlti auffuhren - machen es deutlich, dass die betreffende Sammlung immer wieder erweitert worden ist. 2 Jeder Vers bildet eine Maxime fiir sich. Gelehrt wird Staatskunst, in groBerem MaBe aber Lebensklugheit, Welt- und Menschenkenntnis. Die auf die Staatskunst bezuglichen Verse erweisen sich als eine Art Vorlaufer des Machiavellismus. Bezuglich der Weltklugheit erinnert manches an das Handorakel Baltasar Gracians.
Einen bedeutenden Teil ihres Ursprungs haben die Spriiche in den beiden groBen Epen, besonders im Mal1abl13xata. Die didaktischen Partien des letzteren und die Savitri-Episode ragen dabei besonders hervor. Weitere Quellen sind die buddhistische und jinistische Literatur sowie die Fabeln und Marchen. Die Spriiche ihrerseits nahmen Einfiuss und Eingang in politisch-ideologische Grundwerke wie das Kautillya.-Artl1a,sastra und das l\!Ianava-Dl1a.rmasastra. SchlieBlich sind Spruchsammlungen als Teil der hofischen Kunstpoesie entstanden; verschiedentlich stammen sie auch aus Dramen. 1 Wenn auch, wie gezeigt wurde, die Einfiusse der Volkspoesie auf die altindische Gnomik von groBer Bedeutung sind, so widerspiegeln - insgesamt gesehen - die Spruche doch deutlich die Prinzipien brahmanisch-hinduistischer Ethik. Insbesondere sind sie Ausdruck der Caturvarga-Konzeption. Diese beinhaltet, dass der Mensch vier Zielen nachzustreben habe. Dabei ist dl1a.rma die Religiositat, Tugend, rechtschaffene Lebensweise; artl1a ist der materielle Vorteil, Nutzen, Gewinn; kama alles den Sinnen Angenehme, im engeren Sinne die Liebe; schlieBlich ist mok?a die Erlosung, das heiBt das Einswerden mit Brahman beziehungsweise Vi91:tU und so weiter. Entsprechend der Bezugnahme auf eines dieser vier Ziele lasst sich die Masse der altindischen Spruche unterteilen. Es sei aber gesondert darauf hingewiesen, dass die Spruchsammlungen der Inder, wie schon angedeutet, Material in sich vereinen, das alles andere als chronologisch homogen ist, vielmehr aus einem Zeitraurn von rund anderthalb Jahrtausenden stammt und demzufolge recht verschiedenartige gesellschaftliche und insbesondere ideologische Hintergrunde hat. Es muss daher das in den Kompilationen enthaltene Material differenziert eingeschatzt werden. Eine als erste zu nennende Spruchsammlung, die in sieben Rezensionen uberliefert ist und verschiedene Titel aufweist, verbindet sich mit einem aus der politischen Geschichte bekannten Namen, namlich dem des CaJ;lakya, des Staatskanzlers des Maurya- Herrschers Candragupta. Die Bezugnahme besitzt aber kaum mehr Historizitat als die Inanspruchnahme des Vyasa fUr die Autor-
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Die bei weitem wichtigste gnomische Sammlung ist jedoch die des Dichters und Grammatikers Bhart~hari.3 Er gilt als Autor von drei Hundertersammlungen, welche die Namen S.J;'llgarasata.ka, Nltisataka und Vairagya.sata.ka fUhren. Sie befassen sich also mit der Liebe, der Politik wie auch mit der Lebensweisheit und der Entsagung. Am originellsten ist jedenfalls das erstgenannte Hundert. Hier preist der Dichter zunachst in einpragsamen Spruchen die Schonheit der Frauen und die \Vonnen des Liebeslebens. Doch werden die Verse allmahlich immer nuchtemer und skeptischer. Zuletzt werden die Frauen wegen ihrer VerfUhrungskunst mit einer Schlange verglichen und Entsagung als einziges Mittel gegen die Fallstricke weiblicher List empfohlen. So reicht dieses Sataka von ausgepragter Sinneslust bis zu weltfiiichtiger Askese. Man hat daraus folgem wollen, dass das Srngarasataka in Wahrheit eine Anthologie sei. Es spricht letztlich aber doch nichts gegen eine einheitliche Autorschaft. Schwankungen in der Haltung gegenuber Liebe und Sexualitat sind bei einem leidenschaftlichen Menschen durchaus verstandlich. Und dass es sich bei Bhart~>hari um einen solchen gehandelt haben muss, wissen wir aus den Mitteilungen des chinesischen Indienpilgers I-tsing. Diesel' berichtete, dass Bhartrhari siebenmal aus dem Kloster wieder ins weltliche Leben zuriickgekehrt ist.· Uberdies ergibt ein Blick in die Kulturgeschichte, dass unter den herrschenden Klassen Altindiens das Schwanken zwischen Sinnlichkeit und Weltentsagung sehr verbreitet war. Das Nltisata.ka und das Vairagya,sataka konnte man im Unterschied zu del' bisher besprochenen Sammlung eher als Anthologien bezeichnen. Spatere Zusatze sind hier namlich unverkennbar. Die gluckliche Verbindung zwischen Empfindungsfahigkeit und Gestaltungskraft, die - natiirlich auch vom Sujet her - das erste Sataka auszeichnen, ist hier minder augenfallig. In der Wissenschaftsgeschichte spielen die Spriiche des Bhart~>hari eine besondere Rolle. Sie waren das erste Sanskrit-Werk, das (teilweise) ins Deutsche iibersetzt wurde. 1651 hatte Abraham Roger einen Teil del' Spriiche ins Hollandische ubertragen; hiervon erschien in Numberg 1663 eine deutsche Ubersetzung. Dadurch wirkte die indische Spruchdichtung fruhzeitig auf hervorragende Vertreter der deutschen Literatur ein. In den Gedanken einiger Bral11nanen veroffent-
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DIE
Fabeln und Marchen
KLASSISCHE LITERATUR
lichte Johann Gottfried Herder im Jahre 1792 eine Nachdichtung verschiedener Bhart~'hari-Strophen. Weitere Nachdichtungen schufen spateI' Heinrich Heine und Friedrich Ruckert. Uber Bhart~hari wei£ man au£er von del' angedeuteten Wechselhaftigkeit seines Lebens nicht viel. Nach dem Bericht des I-Tsing muss er um das Jahr 651 gestorben sein. Er hat sich ubrigens nicht nm als Dichter, sondern auch als Verfasser des grammatischen \Verkes Ilakyapadlya einen Namen gemacht. Moglicherweise ist er auch del' Autor des bereits erwahnten BllaHikavya. Bhart~haris \J\Terk hat eine Vielzahl von Epigonen aufzuweisen. Es wurde zu weit fiihren, sie hier a11e aufzuziihlen; nm zwei von ihnen sol1en genannt werden. Wegen del' Schonheit seiner Sprache verdient del' Bhaminlvilasa des Jaganna.tha besondere Hervorhebung. Das \Verk weist eine Mischform auf: Del' Spruchdichtung gehort es nm zum Teil an, in1 ubrigen hat es lyrischen Charakter. 4 Ahnlich wie bei Bhart~hari findet man auch hier einen Wechsel von Erotik und Entsagung, von Wo11ust und Asketik. Das \Verk existiert in einer Vielzahl von Lesarten, so dass die vier Teile, aus denen es besteht, eine unterschiedliche Menge von Versen umfassen. In del' am meisten verbreiteten Rezension belauft sich die Verszahl auf 101, 102, 19 und 31. Del' erste Teil beinhaltet Mora11ehren, wahrend sich del' zweite mit Erotik befasst. Eine ergreifende Totenklage um eine verstorbene Frau bildet den dritten Teil; del' letzte ist del' Entsagung gewidmet. In diesem kommt die Verehrung des K~'s;]:ta zum Ausdruck. Einen ganz anderen Charakter hat das KuHanlmata des aus Kashmir stammenden Damodaragupta. Diesel' war zu Ende des 8. Jahrhunderts als Hofdichtel' des Konigs JayapI<;La tatig. Del' Titel des Werkes bedeutet "Die Lehre del' Kupplerin". Eine in ihrem Gewerbe erfolglos gebliebene Prostituierte wendet sich mit del' Bitte um Beratung an eine Kupplerin. Diese instruiert nun das Madchen, wie es die Verbindung zu einem reichen jungen Mann aufnehmen sol1, um ihn gehorig zu schropfen. 5 Die Bedeutung dieses erotisch-komischen \Verkes ist - wie immel', wenn es um die Fragen del' Sexualitat geht - sehr verschiedenartig bemteilt worden, sicherlich nicht ganz unabhangig vom Temperament des Kritikers. 1m alten Indien wmde es von KalhaJ:.la gelobt und auch spateI' mehrfach zitiert. In del' Neuzeit hat es J. J. Meyer sehr gunstig bemteilt, wahrend es von G. Buhler und M. \Vinternitz del' Pornographie zugerechnet wmde. Letzteres ist jedoch ubertrieben; eher ist es eine Satire auf die Verbindung von Geschaftstuchtigkeit und Erotik.
Anmerkungen
1 Die mit Abstand groJ3te Leistung bei der Erforschung der altindischen Gnomik hat O. Bohtlingk vollbracht. Er sammelte insgesamt 7613 Sprliche und veroffentlichte sie als
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Indische Spriiche (2. Auff., St. Petersburg 1870-187:3) in drei Banden (Neudruck Osnabrlick 1966). Hierzu wichtig ist die Arbeit von A. Elau: Index zu Otto Bohtlingks
Indischen Spriichen, erschienen in den Abhandlungen fUr die Kunde des Morgenlandes, IX, 4 (Leipzig 1893, Neudruck New York 1965). L. Sternbach hat die Arbeit Bohtlingks fortgesetzt: Supplement to O. Bohtlingk's Indisc11e Spriiche, in den Abhandlungen fUr die Kunde des Morgenlandes, XXXVII, 1 (Wiesbaden 196.5), und Maha-subha!?ita-sarngralla (Hoshiarpur 1987). Eine Auswahllieferte L. Fritze, RUB, Nr. 1408 (Leipzig 1880). Unter dem Titel Indische Spruchweislleit wurden 715 Sprliche aus Bohtlingks Samrnlung von R. Beer ausgewahlt (2. Auff., Weimar 1975). 2 Die CaI].akyanTti ist Grundlage einer von O. Kressler veranstalteten und unter dem Titel
Stimmen indischer Lebensklugheit (Leipzig 1907) publizierten Sammlung. Zwei bedeutsame Studien von L. Sternbach: CaI].akya-rajanTti (Adyar 1963) und CanakyanTti-TextTradition (Hoshiarpur 1966). 3 Die Literatur liber
Bhart~hari und
seine Spruchsaml11lungen ist sehr reich. Editio princeps
durch P. v. Bohlen: Bhartrharis sententiae, mit lateinischer Ubersetzung (Berlin 1833); von del11selben eine lTletrische deutsche Ubersetzung: Die Spriiche Bhartrharis (Hamburg
1835). Ausgabe und Ubersetzung von B. S. Miller (1967); kritische Ausgabe von D. D. Kosambi (1948). Ubersetzung auch von 1. D. Serebrjakov (Moskau 1979). Studie von K. A. Subral11ania lyer: Bhartrhari (Poona 1969). 4 Edition und franzosische Ubersetzung des BhaminTvilasa von A. Bergaigne (Paris 1872); kritische Ausgabe mit Ubersetzung von H. D. Sharma (Poona 1935-1938). 5 Ausgabe des KuttanTmata von N. Chaturvedi (Allahabad 1960). Ubersetzung von J. J. Meyer, in: Altindische Schelmenbiic11er II (Leipzig 1903).
5. Fabeln und A1archen Die Erzah11iteratur wird einerseits in die Fabeln und Marchen, zum anderen in die Kunstromane unterteilt. Die Fabel- und Marchenliteratur hat sich in Indien bereits sehr fruh und in besonderer Reichhaltigkeit entwickelt. Nach Umfang und Originalitat nimmt sie unbestritten in del' \Velt den ersten Rang ein. Hatten wir bei den hofischen Kunstepen in thematischer Hinsicht eine gewisse Armut festste11en miissen - die Sto±fe waren ja nur Variationen epischer Vol'lagen - , so beeindrucken die Fabeln und Marchen dmch eine um so starkere Erfindungsgabe. Beide sind zudem nicht mehr auf die Welt del' Gotter, Konige und Heroen beschrankt, sondern weisen ein unvergleichlich gro£eres Blickfeld auf. Denn auch im Gewand del' Marchen und Fabeln gewahren diese Texte dem Historiker tiefe Einblicke in die Wirklichkeit, schildern sie doch umfassend das Alltagsleben und Vertreter a11er nur denkbaren Berufs- und Standesgruppen. Sie sind abel' auch weithin Ausgangspunkt fur Studien, die diese Literatur und die in ihr widergespiegelten gese11schaftlichen Verhaltnisse mit entsprechenden \Verken au£erindischer Lander vergleichen. Die Erforschung del' altindischen
DIE KLASSISCHE LITERATUR
Fabeln und Mal'chen
El'zahllitel'atur hat wesentlich zur Profilierung del' vel'gleichenden Litel'aturgeschichte beigetl'agen.
gestellt und einen neuen Wissenschaftszweig, die vergleichende Marchenkunde, begriindet. Nach Benfey war es del' Buddhismus, del' in del' Marchenschopfung am starksten in Erscheinung trat. \!\Tahrend Griechenland als Heimat del' Fabeln anerkannt wurde, sollte Indien das Ursprungsland del' Marchen gewesen sein. Letztere seien sowohl durch die Mongolen als auch durch die Mohammedaner nach \Vesten gebracht worden. Gewiss haben die Buddhisten hinsichtlich del' Erzahlungsliteratur viel geschaffen. Doch die Fabeln und Marchen aus del' Zeit del' Kunstpoesie - und gerade die beruhmtesten von ihnen ~ sind yom Geist des Buddhismus deutlich unterschieden. Das Paiicatantra etwa hat nicht die Erlosung von del' Kette del' Wiedergeburten zum Gegenstand und Ziel, sondern ist durch und durch ein Nltisastra, das hei:Bt ein Lehrbuch del' Politik und \!\Teltklugheit. 2 Zudem konnte nachgewiesen werden, dass Begebenheiten aus dem Pancatantra verschiedentlich den buddhistischen Autoren als Quelle dienten. Weitel' ist zu bemerken, dass Indien nicht, wie Benfey wollte, als Ursprungsland del' Marchenliteratur schlechthin angesehen werden kann. Allerdings ist die Kritik an Benfey gerade in diesem Punkt oft zu weit gegangen, und es hat sich mehrfach herausgestellt, dass Marchen, die man anderweitig a.bleiten zu konnen glaubte, dann letztendlich doch auf indischen Ursprung zuruckgingen. Schlie:Blich hat Benfey die Bedeutung del' Mongolen fUr die Vermittlung von Marchen iiberschatzt; nach neueren Forschungen jedoch auch nicht in einem solchen Grade, wie ihm einst vorgeworfen wurde. Man ist heute geneigt, Benfeys Gedanken wieder starker, abel' keineswegs mit del' fruheren Ausschlie:Blichkeit zu berucksichtigen; seinem Ruhm als Begrunder del' vergleichenden Marchenforschung tut die Kritik ohnehin keinen Abbruch.
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Ohne eine spezielle Untel'scheidung von Mal'chen und Fabeln tl'effen zu wollen, Uisst sich doch sagen, dass el'stel'e gewohnlich unterhalten, letztere abel' vorwiegend belehren. Auch fUr Indien gilt, dass Marchen alter als Fabeln sind. Ihre Entstehung fallt bereits in die vorliterarische Zeit. Ais sie dann literarisch fixiert wurden, geschah das aufgrund ihrer Volkstumlichkeit zunachst in den Volkssprachen, also in den Prak~·ts. Die Fabeln dagegen dienten andel's als in Griechenland, wo asopische Sprache ein Synonym fur Sklavensprache ist, mit ihrem didaktischen Anliegen nicht so sehr dem Volke als vielmehr den herrschenden Klassen, und sie wurden iiberwiegend in Sanskrit abgefasst. Gliedert man die Erzahlliteratur nach ihren im alten Indien entwickelten Formen, so ergibt sich folgendes Bild: Zu nennen sind zunachst die volkstumlichen .Marchen und Schwanke, die, wie eben erwahnt, ursprunglich mundlich uberliefert und dann vorwiegend in Prak~t-Sprachen aufgezeichnet wurden. 1 Ferner gibt es kompilatorische Erzahlungen, vorzugsweise del' Buddhisten und Jinisten, die del' religiosen Erbauung beziehungsweise Propaganda dienten. Hierzu zahlen die beruhmten Jatakas (vgl. S. 280). Sodann erwahnen wir die in Sanskrit gehaltenen Fabeln, die zur Verbreitung politischer Weisheit und \!\Teltklugheit dienen sollen. Ihr hervorragendster Vertreter ist das Pancatantra, (dazu s. S. 155). Die Fabeln, vorwiegend in Sanskrit aufgezeichnet, erscheinen entwicklungsgeschichtlich relativ spat. Ob Ansatze in del' ~ksaml1ita bzw. in den Upanis;aden erblickt werden durfen, ist zwar noch umstritten; die allgemeine Annahme geht abel' dahin, die Entstehung eigentlicher Fabeln in das Mahabhara,ta und besonders in dessen 12. Buch zu verlegen. Gewohnlich bestehen die Fabeln aus einem Gemisch von Prosa und Versen, wobei die Verse das Grundgeriist bildeten. 1m Laufe del' Zeit setzte sich dann die Versform fast ganzlich durch. - Zur reinen Unterhaltungslektiire zahlen \Verke wie die B~'hatkatha odeI' die Sukasapta,ti. Den Beschluss machen in Sanskrit gehaltene Kunstromane, wie etwa das Dasakumaracarita odeI' die JGdambarl. Eine ganz eigenartige Erscheinung del' indischen Literatur ist die Form del' Schachtelerzahlung. Sie konnte mit del' Klammerrechnung aus del' Mathematik verglichen werden. Voraussetzung ist eine Rahmenhandlung, die ein bestimmtes Buch umspannt. Innerhalb diesel' berichtet ein Sprecher von irgendeinem einschlagigen Ereignis, das zu del' Rahmenhandlung passt, und erzahlt dieses. Dieses Ereignis kann wiederum die Rahmenhandlung fur eine neue Sub-Historie abgeben. Zum Schluss muss naturlich auf die Ebene del' obersten Rahmenhandlung zuruckgefunden werden. Diese Form del' Rahmenhandlung mit Schachtelerzahlungen ist in Indien erfunden worden. In del' Einleitung zu seiner Ubersetzung des Pancatalltra (1859) hat Theodor Benfey grundlegende Betrachtungen uber die indische Erzahlungsliteratur an-
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Das bedeutendste del' altindischen Fabelwerke ist das "Funfbuch", das Paiicatantra. 1m Rahmen del' indischen Literaturgeschichte teilt es sich mit wenigen anderen \Verken einen ersten Rang. Vielfach wird es von Indern als besonders typisch fUr die indische Auffassung vom literarischen Schaffen bezeiclmet. Es gibt nicht viele "Verke, die sich an Bedeutung fUr die Weltliteratur, an del' Zahl del' Bearbeitungen wie auch del' fremdsprachigen Ubersetzungen mit dem Pancatantra messen konnen. Wie bereits ausgefuhrt, verfolgt es einen didaktischen Zweck: Es lehrt nlti, politische Fiihrungskunst, mehr abel' noch Weltklugheit und Menschenkenntnis. Eingeteilt ist das Werk in folgende funf Bucher: die Entzweiung von Freunden (mitrabheda) , die Gewinnung von Freunden (mitraprapti) , Krieg und Frieden (salTIdhivigraha), Verlust des Erworbenen (labdl1an asa) und die Folge unuberlegter Handlungen (aparlki?itakaritva). Del' Autor stellt sich mit dem Namen Visa:msarman vor. Dabei muss man abel' wohlan ein Pseudonym denken. Moglicherweise hat del' Verfasser diesen Namen gewahlt, weil er an ViS;J).ugupta anklingt, einen Beinamen des Maurya-Kanzlers Kautilya, del' in del' Regierungskunst und in del' Diplomatie besonders erfahren war. Die Ent-
DIE KLASSISCHE LITERATUR
Fabeln und Marchen
stehungszeit mag zwischen dem 3. und dem 6. Jahrhundert gelegen haben, wahrscheinlich in del' ersten Halfte diesel' Zeitspanne.
ton aus insgesamt acht spateren Fassungen vOl'zunehn'len versucht hat. Freilich werden soIehe Versuche immer einen etwas hypothetischen Charakter tragen. Die beste greifbare Rezension ist jedenfalls diekashmirische, die unter dem Namen Tantrakhyayika bekannt ist. 4 Ferner gibt es eine sogenannte nordwestliche Rezension. Sie hat mehrere Bearbeitungen gefunden, die sich yom Grundwerk mehr odeI' mindel' stark, jedenfaUs starker als die T'alltrakhya.yika, unterscheiden. Da ist zunachst del' sogenannte Textus simplicior, del' "einfachere Text", zu nennen. 5 Er fiihrt auch die Bezeichnung Pancakhyallaka und entstand offenbar unter jinistischer Redaktion zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert. Das PaiiciiJ,hyanaka galt lange Zeit in Europa als das eigentliche Paiicatalltra. Diesel' Textus simplicior bildete wiederum den Ausgangspunkt fUr den "ausgeschmiickten Text", den Textus ornatior. Er tragt seinen Namen aus dem Grunde, weil er 21 Geschichten enthalt, die den anderen Rezensionen fehlen. 6 Von ihm wissen wir, dass er im Jahre 1199 von dem jinistischen Monch Punfabhadra abgefasst wurde. EbenfaUs aus del' nordwestlichen Rezension hergeleitet wurde die siidindische Rezension. 7 Ihrem Wesen nach ist sie eine Kurzfassung. Sie existiert in zwei Subrezensionen. SchlieBlich ist noch eine nepalesische Rezension, die den Nalnen Tantrakhyalla fUhrt, zu erwahnen.
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In del' Einleitung erfahren wir, dass ein Konig namens Amarasakti drei Sohne hatte, die sich abel' fUr Politik und Regierungsgeschafte nicht interessierten. Da machte Vi~lfusarman sich erbotig, innerhalb von sechs Monaten die Prinzen die Staatskunst zu lehren. Das Paiicatantra versteht sich also als ein Lehrbuch del' staatsmiinnischen Weisheit und Weltklugheit fUr Prinzen. Erst im Laufe del' Jahrhunderte verlor das \Verk diesen esoterischen Charakter und wurde zu einem Hilfsmittel del' allgemeinen Erziehung. Diese Dnterweisung nun sollte nicht von trockener Lehrhaftigkeit sein; darum wurde sie in die Form unterhaltender Fabeln und Spriiche gekleidet. NTti im Rahmen del' Kunstdichtung zu behandeln war damals neu; auch aus diesem Grunde konnte das Paiicatantra nicht sogleich ein Volksbuch werden. tTbrigens sind Prosa und Verse zwar kunstvoll gestaltet, doch hat del' Autor sich in del' Anwendung von Schmuckmitteln Zuriickhaltung auferlegt. Nach 'Niirdigung aller in vieljahrigen Kontroversen vorgebrachten Argumente muss man feststellen, dass das Paiicatantra keine buddhistische Tendenz aufweist. Die Grundrichtung ist vielmehr eine deutlich brahmanische mit einer Neigung zum Vi~l:tuismus. Die Trager del' Handlung sind vorwiegend Tiere, die ganz wie die Menschen denken und handeln. Bestimmte Grundhaltungen unserer Tierfabel sind auch im Paiicatantra ausgepragt, so del' Edelmut und die Tapferkeit des Lowen; die Rolle unseres Fuchses iibernimmt del' Schakal. Abel' es ist nicht eigentlich Sittlichkeit, die hier gelehrt wird, sondern eher die Fahigkeit, sich in del' ~Welt zurechtzufinden und aus den Schwachen del' Mitmenschen Nutzen zu ziehen. Die Maxill1e des PaHcatantra ist - wenn man den etwas modernistischen, abel' treffenden Ausdruck gestattet - Cleverness. Hier wurde del' politische Machiavellismus um tausend Jahre demjenigen vorweggenommen, nach dem diese Erscheinung ihren Namen erhalten hat. Die allseitige Erforschung des PaHcatantra hat wissenschaftsgeschichtlich in del' Indologie eine erstrangige Rolle gespielt und wirkliche Spitzenleistungen erbracht. Theodor Benfey untersuchte, ausgehend yom Paiicatantra, die Migration von Marchenstoffen auBerhalb Indiens. Johannes Hertel entschleierte mit einer mustergiiltigen textkritischen Leistung die Geschichte des Werkesin Indien. In neuerer Zeit gesellte sich Franklin Edgerton mit seinem Rekonstruktionsversuch eines Dr- Pallcatantra hinzu. Das Paiica.tantra ist das in del' \Velt am weitesten verbreitete \Verk del' indischen Literatur. Bekannt sind etwa 200 Versionen in 64 Sprachen, von denen drei Viertel nichtindisch sind. Die Textgeschichte des \Verkes ist jedoch von auBergewohnlicher Kompliziertheit. 3 Das Grundwerk selbst ist nicht mehr vorhanden. Eine wenigstens ungefahre Vorstellung von seinem Inhalt haben wir durch die Rekonstruktion, die Edger-
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Die nordwestliche Rezension war es, in deren Gestalt das Paiicatalltra seinen \!\leg iiber den Erdball antrat. Dm das Jahr 570 namlich veranlasste del' persische Konig eine Ubersetzung des Werkes in das mitteliranische Pehlewi. Leider ist sie bei del' islamischen Eroberung Persiens verlorengegangen. Abel' nach ihrer Fertigstellung wurde die Pehlewi- Ubersetzung alsbald ins Syrische iibertragen. 8 Del' Titellautete Qa.1llag w-Damllag ("Kalilag und Damnag") und beruht auf den Sanskrit-Namen zweier Schakale. Dm 750 erfolgte unter dem Titel Ka1lla. tva-Dimlla ("Kalila und Dimna") eine Ubersetzung ins Arabische. 9 Diese wurde zur wichtigsten Basis fUr das Bekanntwerden des Fabelwerkes in Europa. Dm 1100 wurde diese Fassung ins Griechische iibersetzt. Von groBer ~Wichtigkeit flir die Weiterverbreitung wurde eine zu Beginn des 12. .1 ahrhunderts vorgenommene Ubertragung ins Hebra.ische. Johannes von Capua schuf in del' zweiten Halfte des 13. Jahrhunderts eine Ubersetzung ins Lateinische. Damit war del' \Veg des inzwischen natiirlich mannigfach veranderten PaiicatalltT3 nach Deutschland frei. 1m Jahre 1480 iibersetzte es Anton von Pforr in Wiirttemberg aus dem Lateinischen ins Deutsche, und 1482 erschien es in Drach in zwei Inkunabeldrucken. Seither hat es in zahlreichen europaischen und auBereuropaischen Landern durch vielfache Ubersetzungen Eingang gefunden. Die nordwestliche Rezension wurde auBerdem zur QueUe fUr ein weiteres \Verk, das im Rahmen del' Pallcatantra-Literatur eine gewisse Selbststandigkeit beanspruchen kann. Es fiihrt den Namen Hitopadesa, "Freundliche Belehrung".10 Geschaffen wurde es in Bengalen. Seine Entstehungszeit kann mit dem 9. bis 14. Jahrhundert leider nur sehr ungenau angegeben werden. Sein Autor
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
Fabeln und Marehen
ist Narayal.la. Er erklart selbst, dass er das PaiicatantTa als Quelle verwendet habe, daneben abel' noch "ein anderes Bueh". Aus dem Inhalt des Hitopadda und textvergleichenden Untersuchungen ergibt sich mit ziemlicher Sicherheit, dass diese zweite Quelle del' Kamandaklya.-NTtisaxa., ein noch zu besprechendes Lehrbuch del' Politik, gewesen sein diirfte. JedenfaUs ist del' Hitopadda deutlich starker auf die Belange del' Politik orientiert als das PancatantTa. Auch sonst war die Bearbeitung einschneidend. Das vVerk umfasst nur noch vier Biicher, die die Gewinnung und die Entzweiung von Freunden, den Krieg und den Frieden betreffen.
gegenseitigem Vertrauen beisammen wohnen. Da sagte del' Rabe argerlich: Nun meinetwegen! Am nachsten Morgen gingen sie aus, ein jeder, wohin er Lust hatte. Da sagte del' Schakal einmal ganz heimlich: Liebes Reh, dart in jener einsamen Gegend des \;\laldes ist ein Feld, das steht voll Getreide. !eh \vill dich hinfiihren und es dir zeigen. So geschah es auch, und das Reh ging nun taglich hin und aD von del' Saat. Das bemerkte nach einigen Tagen del' Besitzer des Ackers und legte eine Schlinge. Als nun bald darauf das Reh wiederkam und sich wirklich in del' Falle gefangen hatte, da dachte es: Hatte ich jetzt nicht jenen Freund, weI' vermochte mich aus diesel' Todesschlinge, die mil' del' Jager gelegt, zu befreien? Nach einer \Veile kam auch del' Schakal, trat heran und dachte: Nun, da hatte ja unser listiger Anschlag richtig seine Frucht getragen; sichel' werden sich nun meine \Viinsche erfiillen. Denn wird das Reh hier zerlegt, so konnen mil' seine Knochen, noch mit Fleisch und Blut behaftet, nicht entgehen. Das Reh abel' freute sich, als es ihn erblickte, und rief ihm entgegen: Aeh, liebel' Freund, zerschneide meine Fesseln und befreie mich schleunigst, denn:
Es liegt im Mittelland ein vVald, Campakavatl mit Namen. In diesem vvohnten lange Zeit in groDer Eintracht ein Reh und ein Rabe. Als nun einst das Reh umherstreifte, wo es ihm gerade behagte, froh und wohlgenahrt, da erblickte es ein Schakal. Diesel' dachte: Ei, wie konnte dieses kostliche Fleisch mil' zum Mahle werden? Nun, erwecken wir erst Vertrauen! So dachte er, kam heran und sagte: Heil dir, mein Freund! Das Reh sprach: vVer bist du? Jener sagte: Ich bin ein Schakal und heiDe Tiickisch. Einem Tbten gleich wohne ich hier im \;\lald, aller Freunde bar. Nun abel', da ich deine Freundschaft gefunden, bin ich mit dir in die ·Welt del' Lebenden zuriickgekehrt. Von jetzt ab miissen wir zusammen wohnen. Als sich nun die herrliche, strahlenbekranzte Sonne zum Untergang geneigt hatte, da gingen die beiden nach des Rehs Behausung. Dart saD auf dem Zweige eines Campaka- Baumes ein Rabe namens Ehrlich, des Rehes Freund. Del' Rabe sagte: Lieber Buntleib, weI' ist diesel' Zweite? Das Reh sprach: Es ist ein Schakal, gekommen, uns um unsere Freundschaft zu bitten. Darauf sagte del' Rabe: Lieber Freund, mit einem eben angekommenen Fremdling gleich einen Bund zu schlieDen, ist nicht geraten... Als del' Schakal dies vernommen, wurde er zornig und sagte: An dem Tage, da ihr mit dem Reh zum erstenmal zusammentraft, war ihm euer Stamm und Sinn auch unbekannt. \Vie kommt es also, dass seine Freundschaft mit euch bis zum heutigen Tage um so inniger wird, je langeI' sie wahrt? HeiDt es doch auch: ,,1st fremd mil' del' Mann, odeI' ist er verwandt?" Also erwagt ein geringer Verstand. Sind doch die Edlen auf del' Erde alliiberall am heimischen Herde. Zugleich mit dem Reh werdet natiirlich auch Ihr mein Freund. Das Reh sprach: \Vas soIl diese Hinundherrederei? Wir wollen in
Den Freund erkennst du in del' Not, die Gattin, mangelt es an Brat, in Schulden Brave, Tapfere im Streit, und die Verwandten, naht sich dir ein Leid. Del' Schaka.l besah sich die Schlinge nochmals und dachte: Nun, fest ist del' Strick! Dann sagte er: Lieber Freund, diese Stricke sind aus Darmen gefertigt; wie diirfte ich wagen, sie heute, an einem Feiertag, mit den Zahnen zu beriihren? Gewiss bist a,1;[ch du, liebel' Freund, nicht anderer Meinung; morgen friih abel', sobald es dammert, will ich aIle deine Wiinsche erfiillen. Als nun del' Rabe gegen Morgen gewahrte, dass das Reh noch nicht heimgekehrt war, machte er sich auf die Suche nach ibn und fand es in diesel' Lage. Da fragte er: Lieber Freund, was soll das bedeuten? Das Reh antwortete: Das ist die Frucht del' nichtbeachteten Freundesmahnung; heiDt's doch auch: vVer sich an Freundes \Vort nicht kehrt. del' Gutes will und Gutes lehrt, dem steht das Unheil nahe VOl', und seinen Feind erfreut del' Tor.
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
Fabeln und l\!larchen
Del' Rabe fragte: Wo ist del' Schakal? Das Reh antV'wrtete: Dort steht er und lauert auf mein Fleisch. Del' Rabe sagte: ... Elender Betruger. vVas hast du Ubeltater da wieder verbrachen? Denn: ...
Kanigs Udayana, del' Prinz Naravahanadatta. Es wird geschildert, wie er Liebesbande zu zahlreichen Frauen kniipfte und wie er schlie:Blich zum Haupt del' Vidyadha.ras, ein@T Gruppe halbgottahnlicher vVesen, wurde; Die Entstehungszeit ist unklar, doch ist das Werk jedenfalls relativ alt. Mit Sicherheit ist es vor dem 3. Jahrhundert entstanden, bestimmte Hinweise auf die Griechen machen sogar eine Datierung ins 1. Jahrhundert wahrscheinlich. Die Entstehungsgegend ist das nardliche Indien, am ehesten das Gebiet von Kausambl.
vVer demo del' vertrauet mit heiterem Mut, weil er Gutes getan, ein Bases tut, den Menschen, del' also sein vVort verkehrte, wie kannst du nur tragen ihn, heilige Erde? ... Da erblickte del' Rabe im Morgengrauen den Besitzer des Feldes, wie er mit einem Knuppel in del' Hand herankam, und sagte: Mein liebes Reh, stelle dich, als seiest du gestorben. Krachze ich dann, so erhebe dich hurtig und laufe davon! Del' Besitzer des Feldes kam heran und affnete seine Augen weit vor Freude, als er das Reh so daliegen sah. Ei, sagte er, das Tier ist ja. von allein gestorben. Er laste die Schlingen und war ganz mit dem Aufwickeln seiner Stricke beschiiJtigt: da harte das Reh des Raben Stimme und enteilte. Del' Mann warf ihm zwar seinen Stock nach, traf abel' damit nur den Schakal und tatete ihn.
(Hitopadeia I, 2; Ubers.: Johannes Hertel) Schlie:Blich ist zu erwiihnen, dass Teile des Pallcatantra in die sogleich zu besprechende B~'hatkatha und von dort in die Brhatkathamaiijarill und den Ka.thasaritsagaTa eingegangen sind. VVahrend Paiicatantra und Hitopadesa ohne weiteres als Fabelsammlungen eingeordnet werden durfen, kann man von altindischen Marchensammlungen nur mit Vorbehalten sprechen. Es gibt zwar mehrere \A1erke, die eine mehr odeI' mindel' bedeutende Anzahl von Marchen enthalten, doch sind in ihnen auDer diesen auch Erzahlungen novellistischer und anderer Art vertreten. Diese Mischsarnmlungen gehen bis zu einem gewissen Grade auf ein Grundwerk zuruck, das viele Fabeln, Marchen und Erzahlungen verschiedenen Genres umfasst haben muss. Es ist die wohl mit Recht dem GUl~a<;lhya zugeschriebene Brhatkatha.12 Sie war nicht in Sanskrit, sondern in del' sonst nicht literaturfahigen Pra.k~·t Sprache Paisacl verfasst und soll- abel' das ist nicht beweisbar - 100000 Verse enthalten haben. Dass sie noch im 6. Jahrhundert existierte, ist uns verlasslich bezeugt. Leider ist sie seither verlorengegangen. Die Schwere des Verlustes eines solchen Schlusselwerkes del' altindischen Erzahlungsliteratur wird ein wenig dadurch gemildert, dass Teile del' Brhatkatha in bestimmten, erhalten gebliebenen Sanskrit-\Verken verarbeitet worden sind. Daraus 'Nissen wir, dass das vVerk sivaitisch orientiert "var. Ferner ist ersichtlich, dass es von einer Rahmen~ handlung umspannt WaI', die teilweise rekonstruierbar ist. Held ist del' Sohn des
Wenn auch die Brhatkatlla verlorengegangen ist, so hat sie doch eine literarische Tradition in zwei Linien aufzuweisen. Die erste - von einer Rezension zu sprechen, halten wir hier nicht fiir angebracht - fiorierte in Kashmir und teilte sich ihrerseits in zwei Versionen. Da ist zunachst die von K~emendra im Jahre 1037 verfasste B~'hatkathamaiijarlzu nennenY Die andere, wichtigere Version ist del' beriihmte Kathasa.ritsaga.ra von Somadeva, verfasst im Zeitraum zwischen 1063 und 1081. 14 Die zweite Traditionslinie entwickelte sich in Nepal und fand im BrllatkathMlokasa.mgraha des Buddhasvamin ihren NiederschlagY Diese auf uns gekommenen Texte erwecken den Eindruck, dass die nepalesische Linie eher dem Grundwerk nahekommt als die kashmirische. Es ist jedoch ein graDer Nachteil, dass auch del' BrllatkatllMloka.sa.mgralla nur bruchstuckhaft uberliefert worden ist. In seiner gegenwi:irtigen Gestalt umfasst er 28 Kapitel mit 4539 Versen. Ob die B~'hatkatha einst wirklich 100000 Verse aufwies, bleibe dahingestellt; auf alle Falle stellt del' B~·hatkathasloka.samgraha nur einen kurzen Ausschnitt dar. Das zeigt sich auch bei del' Lekture, die den Eindruck einer kurzen Zusammenfassung, die noch dazu nicht immer verstandlich ist, erweckt. Unabhangig davon ist es dem Autor beziehungsweise Bearbeiter gelungen, vielfach einpragsame Bilder yom Leben des Volkes, von seiner Arbeit und seinen Festen zu zeichnen. vVann das \!\Terk entstanden ist, lasst sich nicht sagen; das manchmal angegebene 9. Jahrhundert ist denkbaT, bleibt abel' hypothetisch. Die Sprache ist kein Paisacl, sondern - wie es auch bei den beiden anderen Bearbeitungen del' Fall ist - Sanskrit. Von den kashmirischen Versionen ist die B~'hatkathamailjarlentschieden die weniger bedeutende. Ihr Verfasser K~emendra ist als Vielschreiber bekannt. Das \A1erk besteht aus 18 Abschnitten, die hier Lambhaka genannt werden, und etwas uber 7000 Versen. Auch diese Fassung ist also ziemlich kurz. Deutlich feststellbar ist abel', dass K~emendra solche Stellen, die ihm thematisch zusagten, ausgesponnen hat. Das betrifft etwa die erotischen Szenen, abel' auch die religiasen Betrachtungen. Von den genannten drei Versionen ist del' Ka,thasa.ritsagara. bei weitem die wichtigste; ja, das Werk ist uberhaupt eines del' beriihmtesten del' altindischen Literatur und besitzt weltliterarischen Rang. Es ist Kunstdichtung im besten Sinne des vVortes: Somadeva erweist sich als Autor prachtvoller Verse, die abel' niemals uberladen wirken und mit ihren Schmuckmitteln stets besonnen umge-
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hen. Die Sammlung ist in 124 Abschnitte (ta.rallga, das heiBt Welle) gegliedert und umfasst etwa 24000 Verse, ist also wesentlich umfangreicher als die beiden andel'en Versionen. Del' Bearbeiter sagt selbst, dass er seine kasmirische Vorlage zugrunde gelegt, abel' sie nur gekiirzt und nichts hinzuerfunden habe. In del' gegenwiirtigen Fassung enthalt die Sammlung etwa 350 Geschichten. Wie schon erwalmt, kann man nur mit teilweisem Recht von einer Marchensammlung sprechen. Gewiss enthalt del' J{athasaritsagaTa eine groBe Anzahl von Marchen und marchenhaften Begebenheiten. Da nehmen die Gotter auf menschliche Schicksale unmittelbaren Einfluss; da gibt es vielfache Verwandlungen del' Menschen in Tiere und umgekehrt sowie mannigfache andere Zauber. Daneben abel' spielen auch andere Sujets eine groBe Rolle. Sie kommen unter andel'em in den Abenteuer- und Liebesgeschichten zum Ausdruck. Vielfach vertreten sind auch Anekdoten sowie Stiicke mit komischer Wirkung, die meist in del' Schilderung von Narrenausspriichen und -streichen bestehen. An solchen Stellen wiI'd das Buch nicht selten sehr realistisch. Ein Beispiel ist del' Narr, del' ruhmredig von seinem Vater behauptet, diesel' hiitte zeit seines Lebens enthaltsam gelebt.
Lafontaine beeinflusst hat. Dariiber hinaus ist er eine wertvolle Quelle zur indischen Kulturgeschichte, die vielfiiltige Informationen iiber das Alltagsleben, die Berufsgruppen, das Leben am Hofe und unter den Klinstlem sowie iiber die Sozialstruktur liefert.
Realistisch ist auch die nicht seltene spottische Distanziertheit zu religiosen Institutionen. Mit anderen Werken teilt del' J{athasaritsagara die despektierliche Einschatzung del' oft so eitlen \iVanderasketen, indem er sie gem als Betriiger kennzeichnet. Dennoch ist in del' Sammlung keineswegs eine atheistische Grundhaltung bestimmend. Entsprechend del' B~'hatkatha- Tradition ist vielmehr del' Sivaismus dominierend, jedoch mit einigen spezifischen Zusatzen. Siva wird gem als \iVundertater, als Deus ex machina, dargestellt; hierin kommt die Marchenkomponente des Buches zum Ausdruck. Auffallend ist femer die Betonung des Linga-Kultes, del' mit del' Siva-Verehrung verbunden wird, bei einem so weit im Norden ausgepragten vVerk abel' letztlich erklarlich bleibt. Dann abel' kommt hinzu, dass neben dem Sivaismus del' Kult seiner diversen Gattinnen, so del' Durga, eine auBergewohnlich wichtige Position einnimmt. Diesel' Muttergottinkult ist Niederschlag del' schon besprochenen tantristischen Ideologie. Daneben sind Einfllisse buddhistischer Uberlieferung unverkennbar. Zu diesel' zahlen diejenigen Geschichten, die das karman zum Thema haben. Buddhistisch motiviert diirfte auch die misogyne Haltung sein, die im J{atllasaritsagara auf vielfache \iVeise zutage tritt: Selten gelten die Frauen als edel; meist sind sie treulos und gemein. Im iibrigen abel' ist das \iVerk eine Meisterleistung del' Erzahlkunst. In bewegter Handlung und bunter Pracht del' Schilderung folgen die Geschichten tatsachlich aufeinander wie \iVellen, ohne dass die Ubersichtlichkeit beeintrachtigt wird. Del' Titel des Werkes - J{athasaritsagaTa bedeutet "Ozean del' Erziihlungsstrome" - ist daher keine blumige Ubertreibung, sondem eine treffende Charakterisierung des Inhalts. Es spricht fUr den J{athasaritsaga.ra., dass er zur QueUe mehrerer Geschichten aus Tausendundeiner Nacht wurde und das Schaffen unter anderem von Boccaccio, Chaucer und
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Ideologisch mit dem J{athasaritsagara. vervvandt ist eine andere Sammlung von Erziihlungen, die Vetalapai'icavimsatika, "Die Fiinfundzwanzigersammlung (von Erzahlungen) des Leichendamons". Ein verkommener, del' Magie ergebener Yogin bemiiht sich, den Konig Vikrama fiir seine dunklen Zwecke einzuspannen. An jedem Morgen bringt er dem Konig eine Frucht, in del'en Innerem ein Juwel verborgen ist. Nachdem er damit den Konig bestechlich gemacht hat, veranlasst er ihn, auf einen Leichenverbrennungsplatz zu gehen, einen Leichnam vom Baum zu nehmen und ihm, dem Yogin, zu bringen. Diesel' benotigt den Leichnam fiir magische Zwecke. In del' Leiche abel' wohnt ein Geist, und als del' Konig den Leichnam wegtragen will, beginnt del' Geist zu sprechen. Er erziihlt dem Konig eine Geschichte und stellt an deren Schluss eine Ratselfrage. Del' Konig vermag dieselbe zu beantworten - und schon hangt del' Leichnam wieder am Baum. So geht es fort und fort, abel' die letzte, also die flinfundzwanzigste Frage weiB del' Konig nicht zu beantworten. Dadurch abel' wird ein Bann gebrochen: Del' Geist wird erlost und braucht nicht mehr in den Leichnam zuriickzukehren. Frei geworden, klart er den Konig iiber die wahl'en Absichten des Yogin auf. Daraufhin lasst del' Konig den Bosewicht enthaupten, wodurch er sich die Herrschaft iiber das Geisterreich erwirbt. Das eigentliche Grundwerk ist verlorengegangen, war abel' offenbar so popular, dass es in nicht weniger als sieben Versionen fortlebte. Bei drei von ihnen sind uns die Autoren namentlich bekannt: Sivadasa. Jambhaladatta und Vallabhadasa. Die alteste Version ist die des Sivadasa. 16 Abel' auch sie diirfte nicht friiher als das 10. Jahrhundert anzusetzen sein. Diese relativ spate Zeitstellung macht sich auch in del' Sprache bemerkbar, die nicht gerade das beste Sanskrit reprasentiert und bereits Beimischungen in Alt-Gujarati, also in del' Friihstufe einer neuindischen Sprache, aufweist. Andererseits halt sie sich von Gespreiztheiten frei und erweist sich fiir das hier in Rede stehende Sujet als passendes Medium. In die Erzahlprosa sind verschiedentlich Verse eingeschoben, bei Sivadasa in groBerem MaBe als bei Jambhaladatta. 17 Die Verse sind den schon erorterten Spruchsammlungen entnommen, einige auch den buddhistischen Jatakas, dem Paiicatantra und del' Sukasaptati. Die Ideologie del' Vetalapai'icavimsatika ist, wie schon angedeutet, dem Kathasaritsagara verwandt. Religiose Grundlage ist del' Siva-Kult mit stark ausgepragten tantristischen Ziigen. Auffallend ist die feindselige Haltung gegeniiber den Jinisten, die sich nicht zuletzt darin zeigt, dass del' rankevolle Yogin als jinistischer Digambara-Monch bezeichnet wird. Diese antijinistische Einstellung konnte einen gesellschaftskritischen Akzent haben, denn sie korre-
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spondiert mit der ebenfalls absehatzigen Beurteilung, die das Werk den Kaufleuten zuteil werden lasst - und der Jinismus hatte bereits damals unter den wohlhabenden Kaufleuten seine stiirkste Stiitze. 1m wesentliehen aber reflekhert das vVerk einen orthodox-hinduistisehen Standpunkt aus der Sieht der herrsehenden Klassen. Dieser Umstand hat wohl aueh dazu beigetragen, dass sein Einfluss auf die Weltliteratur vergleiehsweise gering geblieben ist. Gewiss, neben einigem anderen dlirfte das Mohv der "Prinzessin auf der Erbse" aus der \/etalapaiicaviillsatika stammen; insgesamt gesehen ist das vVerk jedoch zu sehr auf indische Verhaltnisse und Anschauungsweisen zugeschnitten, als dass es weltweit verstandlich ware. Das betrifft besonders die Antworten des Konigs auf die Fragen des Leiehendamons. Flir den vorbereiteten Leser ist das Buch jedoch auch heute noch eine interessante Lektiire.
der Regierungsgeschafte, liber das Leben am koniglichen Hofe sowie liber das Gerichtswesen. Aueh das Familienleben wird adaquat erfasst. Freilich, eine gewisse Herabminderung der asthetischen vVirkung muss dadurch in Kauf genommen werden; die Lebendigkeit etwa der Vetalapanca.viillsatika wird hier nicht erreicht.
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Von Bedeutung ist auch die Siillllasanadvatriillsatika ("Die Zweiunddrei£igersammlung der Lowenthran[geschichten]") oder Vikramacarita ("Vikra~nas Leben[swandelJ") genannte Sammlung. 18 Der Rahmen besteht darin, dass Siva seiner Gattin Parvatl die Geschehnisse mitteilt. Die 32 Geschichten sind in Prosa gehalten. Auch hier ist das Originalwerk verlorengegangen. Auf uns gekommen sind eine nord- und eine slidindische Bearbeitung, von denen die letztere dem Urtext niiherzustehen scheint. Sie ist in zwei Subrezensionen erhalten, von denen die eine die Prasaform aufgegeben hat. Von der nordindischen Bearbeitung liegen drei Subrezensionen vor. Die Zeitstellung ist recht spat und liegt jedenfalls nicht vor dem 13. Jahrhundert. Ausgangsperson der Geschichtensammlung ist der Konig Bhoja, der von 1010 bis 1055 regierte, doch ihr Held ist der sagenhafte Herrscher Vikrama. Dieser hatte yom Gotterkonig Indra selbst seinen Thran erhalten. Nach dem Ableben des Vikrama wurde der Thran in der Erde versteckt und nun, in der Regierungszeit des Bhoja, wieder aufgefunden. Der Thran ist von zweiunddreiBig Statuen umgeben, die in Wahrheit Gotterfrauen sind. Sie berichten liber das Leben und die Taten des einstigen Thranbesitzers. Nicht umsonst bezeichnet sich die Sammlung selbst als dlla,rmakatlla, also Erzahlung liber pflichtgemaBen und tugendhaften vVandel. lEer werden namlich die hinduistischen Idealvorstellungen der damaligen Zeit in groBter Klarheit prasentiert. Hin und wieder macht sich auch eine gewisse Einflussnahme durch den Jinismus bemerkbar. Das 'Verk will durch die Aufzahlung der Vorzlige Vikramas offensichtlich MaBstabe fUr die Konigswlirde, fUr das Verhalten eines Herrschers setzen, was - aus heutiger Sicht besonders interessant - eine gewisse Kritik an den Gepfiogenheiten der damaligen Herrscher einschlieBt. Denn aus der Glorifizierung des Vikrama ergibt sich unausgesprochen die Verurteilung des Despotismus und des Missbrauchs der Macht liberhaupt. Neben dieser, wenn auch versteckten Gesellschaftskritik ist die Siillhasanadvatrllnsika auch wegen ihrer Angaben liber die Realien der damaligen Zeit von Bedeutung. Man erfiihrt vieles vVissenswerte liber die konkrete DurchfUhrung
Unter den altindischen Erzahlungssammlungen nimmt die ,5ulmsaptati ("Siebzigersammlung [von den Erzahlungen] des Papageien") mit Recht einen hervorragenden Platz ein. 19 Auch hier ist das Originalwerk verlorengegangen. Jetzt existiert - und darin zeigt sich die Volkstlimlichkeit des Werkes - eine Vielzahl von Rezensionen. Ihnen liegen die drei folgenden Hauptversionen zugrunde: Neben der Version des Devadatta sind der Textus simplicior und der Textus ornatior hervorzuheben. Die Bearbeitung des Textus simplicior geht offenbar auf einen Svetambara, also einen Jinisten, zurlick. Der Autor des Textus ornatior war Cintamalfi BhaHCL. Diese Fassung dlirfte der des Grundwerkes am nachsten gestanden haben. Sie ist zeitlich wohl im 12. Jahrhundert anzusiedeln. Wie auch sonst in den Erzahlungssammlungen liblich, ist die Prosa mit Spriichen aus dem reichen Material der altindischen Gnomik durchsetzt. Die Rahmenhandlung ist folgende: Ein junges Ehepaar, Madanasena und PrabhavatI, gibt sich ausschlieBlich den Liebesfreuden hin und vernachlassigt samtliche andere Pfiichten. Ein dem Vater des jungen Mannes befreundeter Brahmane gesellt letzterem zwei kluge Vogel, einen Papagei und eine Krahe, zu. Der Papagei wirH durch belehrende Reden so lange auf Madanasena ein, bis dieser das Unrecht seines bisherigen Lebenswandels einsieht und sich endlieh wieder zu einer Handelsfahrt aufrafft. Die ihr damit aufgezwungene Enthaltsamkeit zu ertragen, fallt Prabhavatl aber gar zu schwer. Sie schafft sieh deshalb einen Freund an. Nach dieser Rahmenhandlung beginnt das eigentliche 'Verk. Die Strohwitwe ist dabei, sich fUr das Rendezvous zu schmlicken. Da halt ihr die Krahe eine Moralpredigt. Als guter Psychologe hat unser Dichter erkannt, dass in solchen Situationen Appelle an Vernunft oder Moral nur wenig Aussicht auf Erfolg haben. Die junge Frau hat denn auch nichts Eiligeres vor, als der Krahe den Hals umzudrehen, doch kann diese gerade noch entfiiehen. Der Papagei ist der klligere der beiden Vogel und fangt es ganz anders an. Er tut namlieh so, als billige er PrabhavatIs Vorhaben und unterstlitze ihre auBerehelichen Neigungen. Aber, sagt er, das sei natlirlich gefahrlich, man konne immerhin entdeckt werden und mlisse daher ebenso raffiniert zu Werke gehen, wie es die Frau Soundso getan habe. PrabhavatIs Neugier wird geweckt, und sie will mehr liber den Fall wissen. Durch die gesehiekt aufgebaute und spannende Erzahlweise des Papageien geht unbemerkt die Zeit dahin, so dass die Frau den Termin ihres Stelldicheins versaumt. So erzahlt der Papagei 70 Geschichten, die aueh heute noch recht unterhaltsam zu lesen sind. Sie alle handeln von klugen Frauen,
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die sich aus irgendeiner prekaren Situation herauszuwinden verstehen. Etwa die Halfte der Geschichten hat den durch die Frau verursachten Ehebruch zum Inhalt. Das \iVerk ist weithin von einem ergotzlichen respektlosen Realismus durchdrungen. Mitunter sind selbst Gotter beim Ehebruch als Gehilfen tatig, oder es dienen Tempel als Treffpunkte au£erehelich Verliebter. Um das Jahr 1330 vvurde das "Papageienbuch" unter dem Titel Tutinamel1 ins Persische ubersetzt. Unter allerlei vVeglassungen und Zutaten trat es von dort aus seinen \Veg nach Westasien und in die europaischen Lander an. Zahlreich sind die in J aina- Kreisen entstandenen oder bearbeiteten Marchen und Fabeln. Verschiedene von ihnen wurden ebenfalls in Sammlungen vereinigt. Sie haben naturgema£ eine religios-moralisierende Tendenz, sind aber nichtsdestotratz ein mehr oder minder getreues Spiegelbild des Lebens aus damaliger Zeit. An dieser Stelle sollen nur zwei dieser Sammlungen kurz vorgestellt werden. In PrakJ;t, und zwar in der Jaina-Maharas:trl, verfasst wurde die 8amaraiccakal1a (Sanskrit: 8amaradityakatl1a). Ihr Autor ist Haribhadra. Die Entstehungszeit des in Prasa gehaltenen \iVerkes liegt vor 1214. Der Verfasser selbst nennt sein \iVerk eine dllarmakatlla. Diese Feststellung besteht zu Recht, denn die Sammlung besteht aus religios-erbaulichen Geschichten, die den Standpunkt des Jinismus vertreten. 20 In ihnen wird vorzugsweise die KarmanLehre illustriert, namlich am Beispiel zweier Gegner, deren Schicksal durch die verschiedenen \iViedergeburten hindurch verfolgt wird. Sehr spater Zeit, namlich den Jahren urn 1600, entstammt der Katl1aratnakara ("Marchenmeer") des Hemavijaya. 21 Prasentiert werden hier 258 Geschichten, die von Volkserzahlungen, Fabeln, Anekdoten bis zu Schelmenstreichen eine breite Thematik umspannen. Der Prosa sind Verse in Sanskrit, Prakrt und Neuindisch eingelagert. Auch dieses vVerk steht auf dem Boden des Jinismus.
Anmerkungen
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5 Der Textus simplicior wurde ediert von F. Kielhorn und G. Buhler in den Bombay Sanskrit Series I, III, IV (1868/69). Ubersetzung von L. Fritze (Leipzig 1884). 6 Der Textus ornatior wurde ediert von J. Hertel unter dem Titel: The Paiicatantra, a Collection of Ancient Hindu Tales ... in den Harvard Oriental Series XI bis XIII (Cambridge [Mass.] 1908-1912). Ubersetzung von R. Schmidt (1901). - Auf einer Mischrezension beruht die Ausgabe von J. G. L. Kosegarten (Bonn 1848); zu deren Miingeln vgl. die kritischen Bemerkungen von J. Hertel in der Zschr. der Dtsch. Morgenliindischen Gesellschaft, 56, 1902. Auf der Ausgabe von Kosegarten beruht die beruhmte Ubersetzung von Th. Benfey: Das Paiicatantra. Funf Bucherindischer Fabeln, Miirchen und Erziihlun-
gen (Leipzig 1859, Neudruck, 2 Bde., Hildesheim 1966, Bearbeitung von A. Greither, Munchen 1986). - Eine Bearbeitung dieser Ubersetzung von F. GeiBler erschien Berlin/DDR 1962. Vgl. noch die Ubersetzung von A. W. Ryder (10. Auti. Chicago und London 1972) und von G. Chandiramani (Dusseldorf und Koln 1971). 7 Die Subrezension Alpha der sudindischen Fassung des Paiicatantra wurde ediert von H. Blatt (Leipzig 1930), die Subrezension Beta von J. Hertel (Leipzig 1906). 8 Die syrische lTbersetzung des Paiicatantra wurde herausgegeben von F. Schulthess (Berlin
1911). 9 Die arabische Ubersetzung des Paiicatantra wurde herausgegeben von S. de Sacy (Paris 1816) und ubersetzt von Ph. Wolff (2. Auti., Stuttgart 1839).
10 Beruhmte Editio princeps des Hitopadesa von A. W. v. Schlegel und Ch. Lassen unter dem Titel: Hitopadesas, id est institutio sa1utaris... , erschienen in zwei Biinden (Bonn 18291831, Neudruck Hildesheim 1972); dazu eine lateinische Ubersetzung. Spiitere Ausgaben von P. Peterson (Bombay 1887); von G. H. Godabole und K. P. Parab (7. Auti. 1907). Zahlreiche Ubersetzungen, u.a. von M. Muller (Leipzig 1844), J. Schoenberg (Wien 1884), L. Fritze (Leipzig 1888), J. Hertel in RUB, Nr. 3385-3387 (Leipzig 1895; annotierte Neuausgabe von J. Mehlig, Munchen 1988). 11 Vgl. L. V. Malikowski: Der Auszug aus dem Paiicatantra in Ki?emendras BrhatkatlJiimaiijarf (Leipzig 1892); in der Arbeit sind Text wie auch Ubersetzung enthalten. 12 VgI. F. Lacote: Essai sur GU1;acj.hya et 1a Brhatkatha (Paris 1908).
1 Vgl. die Auswahl von J. Hertel: Indische Miirchen (Jena 1919, zahlreiche Neuausgaben, u.a. in der Reihe "Miirchen der Weltliteratur", Koln und Dusseldorf 1978). 2 VgI. W. Ruben: Das Paiicatantra und seine Morallehre (Berlin/DDR 1959). 3 Vgl. J. Hertel: Das Paiicatantra, seine Geschic11te und seine Verbreitung (Leipzig und Berlin 1914). Dieses Werk ist eine hervorragende textkritische Leistung, die seinerzeit zu Recht preisgekront wurde. Der Rekonstruktionsversuch eines Ur-Paficatantra von F. Edgerton erschien zweibiindig unter dem Titel: The Paiicatantra Reconstructed (New Haven 1924, Neuausgabe London 1965) und enthiilt Text und Ubersetzung. VgI. femer R. Geib: Zur Frage der Urfassung des Paiicatantra (Wiesbaden 1969) sowie H. Falk: Quellen des Pajicatantra in: Freiburger Beitr. zur IndoIogie, 12 (Wiesbaden 1978). 4 Ubersetzung der Tantrakhyayika von J. Hertel unter dem TiteI: Tantrakhyayika, die ii1teste Fassung des Paiicatantra (Leipzig und Berlin 1909).
13 Ausgabe der Brhatkatl1amaiijarf in der KavyarIlaJa, 69 (Bombay 1931, Neudruck 1982) sowie in der Nirnaya Sagara Press (1931). TeiIweise Ubersetzung von S. Levi im Journal Asiatique (1885/86). 14 Entsprechend der groBen Bedeutung des Kathasaritsagara gibt es uber dieses \J\Terk eine groBe Zahl von Veroffentlichungen. Editio princeps in drei Biinden von H. Brockhaus (Leipzig und Paris 1839-1866, Neudruck HiIdesheim 1975; die Bucher 1-5 [von 18] auch in deutscher Ubersetzung); Ausgabe von Durga Prasad und K. P. Parab in der Nin}aya Sagara Press (Bombay 1889, seither mehrfach neu aufgelegt). Ubersetzung von C. H. Tawney, zweibiindig, in der BibIiotheca Indica (Calcutta 1880-1884, Neudruck 1968); erheblich (besonders urn Anmerkungen) erweiterte Neuausgabe der Tawney-Ubersetzung in zehn Biinden von N. M. Penzer (London 1924-1928, Neudruck 1969). Studien von J. S. Speyer: Studies about the Kathasaritsagara (Amsterdam 1908, Neudruck \J\Tiesbaden
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Del' Kunstroman
1967) sowie von 1. D. Serebrjakov (Moskau 1989). 15 Ausgabe des Brhatkathaslokasmngraha und Ubersetzung der ersten neun Kapitel von F. Lac6te (Paris 1908). Ausgabe und vollstiindige Ubersetzung von R. P. Poddar (Varanasi 1986). Studie zusammen ITlit Textausgabe von V. S. Agrawala (Varallasi 1974); ferner Studie von E. P. Maten als Bd. 18 der Orientalia Rheno-Traieetina (Leiden). 16 Die Sivadasa-Rezension ist die meist bearbeitete Fassung der Vetalapaiicaviln,gatika. Ausgabe von H. Uhle in den Abhandlungen fUr die Kunde des Morgenlandes, 8, 1 (Leipzig 1881). Ubersetzungen von H. Uhle (Mlinchen 1924, Neudruck Darmstadt 1966); von E. Ritschl und M. Schetelich, RUB, Nr. 777 (Leipzig 1979). 17 Die J ambhaladatta-Version der Vetalapaiicavimsatika wurde ediert und libersetzt von M. B. Emeneau (New Haven 19:34). - Vgl. die Studie liber das Werk von W. Ruben
Eine im Vergleich zu den hofischen Kunstepen immens bewegtere Handlung weist gerade derjenige Kunstroman auf, des sen gesellschaftliche Bedeutung und literariseher Rang geeignet sind, ihn an die Spitze diesel' Literaturgattung zu stellen: namlieh das Dasakumaracarita ("Die Erlebnisse del' zehn Prinzen") von Da1:t<;lin,1 \Vie die Kunstromane iiberhaupt, so bezieht auch diesel' ~ an~ del's als das Kunstepos ~ seine Stoffe nicht odeI' kaum aus den gro:l3en Epen, sondern aus del' alteren Erzahlliteratur, vorzugsweise aus del' Brlla.tkatMi. Es ist sidler, dass Da1:t<;lin nieht alle seine Sujets selbst erfunden hat; insbesondere dii.rfte die Rahmenhandlung aus del' Brllatka.tlla entlehnt sein. Die Einleitung (piinrapfthika) und del' Schluss (uttarapfthika) sind sehr wahrseheinlieh Zutaten von fremder Hand, so dass von Da1:t<;lin selbst nur sieben Geschiehten (ueclnrasa,) nebst dem Beginn del' aehten stammen. Eine Rahmenhandlung umsehlie:l3t den Berieht del' zehn Konigs- und Ministersohne, die einander ihre abenteuerliehen Erlebnisse erzahlen. \Vahrend del' Autor die Rahmenhandlung durch die Er-Form objektiviert, gestaltet er die Erzahlungen del' Prinzen in del' Ieh-Form. Dadureh wirkt das Buch nicht nur lebhafter, sondern aueh weniger uniibersiehtlich.
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(Helsinki 1944). 18 Die Simhasanadvatrlmsatika wurde ediert und libersetzt von F. Edgerton in den Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.] 1926, Neuaufl. Delhi 1993); Ubersetzung mit Erliiuterungen von R. Beer (Weimar 1976, 2. Aufl. 1982). Analyse des Inhalts von A. liVeber in: Indische Studien, Bd. 15 (Leipzig 1878). Studie von P. A. Grincer: Zizn' vikramy ili 32 Zu diesem und anderen vVerken der altindischen istorii carskogo trona (Moskau 1960). Erziihlungsliteratur vgl. die theoretische Studie von P. A. Grincer: Drevneindijskaja proza (Moskau 1963). 19 Ausgabe und Ubersetzung der Sukasaptati von VY. Morgenroth unter dem Titel: Das Pa-
pageienbuch (1968, Ubersetzung allein auch Koln 1986). Ausgabe des Textus simplicior von R. Schmidt in den Abhandlungen fiir die Kunde des Morgenlandes, X, 4 (Leipzig 1897); Ubersetzung von demselben (Kiel 1894). Ausgabe des Textus ornatior von R. Schmidt in den Abhandlungen der Bayer. Akad. der Wiss., 21, 2 (Miinchen 1901); Ubersetzung von dernselben (Stuttgart 1899); Studie von demselben: Der Textus ornatior der
Sukasaptati (Stuttgart 1896). 20 Ausgabe der Samaraiccakaha von H. Jacobi in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1908-
1926). 21 Ubersetzung des Katharatnakara von J. Hertel (Mlinchen 1920).
6. Del' K unstmman Neben den Marehen und Fabeln gehoren zur Erzahlliteratur die Kunstromane. Dureh ihren Stil geben sich diese eindeutig als Kavya- Werke zu erkennen. Auch in den Kunstromanen brillieren die Dichter mit seitenlangen Komposita, kiihnen Vergleichen und akrobatisch anmutenden '''ortspielen. Man hat daher die Kunstromane von den hofisehen Kunstepen nur dureh die Prosaform untersehieden sehen wollen. Das ist jedoeh zu pausehal geurteilt. Die Kunstromane heben sieh von den Epen auch in mehr odeI' mindel' starkem Ma:l3e dureh die Lebendigkeit del' Handlungsfiihrung abo Es sind nieht viele Werke, die zu diesel' Literaturgattung gehoren, doeh haben sie aIle Beriihmtheit erlangt.
Das Dasakumaracarita wurde um 600 von Da1:t<;lin, wohl im siidindischen Kancipuram, verfasst. 2 Vor dem Hintergrund sieh verstarkender feudalistischer Ziige und gleiehzeitiger zentrifugaler Tendenzen in del' damaligen Gesellsehaft maeht das \\1erk die Kluft sichtbar, die sich zwischen den ii.berkommenen Idealen und del' vVirkliehkeit ergeben hat. Die Zeit war von einem vulganTlaterialistisehen Hedonismus beherrscht, demo besonders die stadtischen Obersehichten huldigten. Hier setzt Dal:t<;lin mit seiner Kritik an. Wenn in seinem Bueh aueh \"under und eine mitunter kismetartige Sehieksalserfiillung eine Rolle spielen, so ist doeh del' realistische, von Besehonigungen freie Grundzug des Romans unverkennbar. Dureh die Verkniipfung von Marchen und \Virkliehkeit werden bestehende Kontraste deutlich gemaeht, Dabei sehreekt Da1:t<;lin VOl' drastischen Mitteln nicht zuriiek. So ist Prinz Apaharavarman ein Dieb und noch Schlimmeres, abel' mit seinen ungesetzliehen Taten hilft er Menschen, die unschuldig in die Fallstrieke anderer und damit in Bedrangnis geraten sind. Da1:t<;lin fiihrt in seinem Bueh in diesel' Systematik erstmalig ~ das Element del' Parodie ein und scheut sich nicht, so erhabene Werke wie das Ramaya}?-a odeI' die Bhagavadgfta dafUr als Vorlage zu wahlen. Hand in Hand geht damit die scharfe Glossierung iiberlebter und fortschrittsfeindlicher Zustande, wie des Asketenwesens. Au:l3erordentlich ergotzlieh zu lesen ist die Gesehiehte vom Asketen Marfei und del' Hure Kamamanjarf. Letztere sueht den Asketen in seiner Einsiedelei auf und imponiert ihm. dureh hoehtonende Gespraehe iiber dharma, artha und kama. Dabei maeht sie ihm geschiekt plausibel, dass del' Dharma-Kenner von Erotik ~ aueh bei ihrer Ausiibung ~ gar nicht beriihrt werden konne. Marfei glaubt ihr das gern und wird ihr ga.nzlich horig. Daraufhin nimmt sie ihn in die
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
Stadt zu einem Fest lTlit. Hier verkiindet sie triumphierend, dass sie mit ihrer Rivalin urn den Preis del' Sklaverei gewettet habe, ihr werde die Verfiihrung des asketischen Marlci gelingen, und dass sie die Wette nunmehr gewonnen habe. Daraufhin verabschiedet sie den armen, bedauernswerten Marlci mit den perfiden Worten, dass sie ihn nun nicht Hinger seinen Pflichten entziehen wolle. Man hat in diesel' Geschichte eine direkte Ankniipfung an die Legende von ~i?yas:piga aus dem NIal1abl1arata sehen wollen, doch kaum zu Recht; es handelt sich sicherlich urn ein Stiick aus dem gesellschaftskritischen Arsenal Dalf1ins selbst. Dabei tritt del' Autor durchaus nicht etwa antihinduistisch auf; eine vii?lfuitische Grundhaltung ist unverkennbar, doch sind ihm religiose Uberspanntheit und Fanatismus ein Greuel. In formaler Hinsicht erweist sich del' Roman durchaus als \Verk del' KavyaDichtung. \Veit ausholende Beschreibungen und umfangreiche Kompositabildungen pragen seine Form. Auch die Sprachgewandtheit steht hinter del' del' Kunstepen nicht zuriick. Einen Gipfel derselben bildet Ucchvasa 7. In diesem ganzen Kapitel erzahlt Prinz Mantragupta mit Riicksicht auf seine wundgekiissten Lippen samtliche Erlebnisse ohne Vel'wendung eines Labials. In del' Tat ergibt sich bei del' Rezitation dieses Kapitels ein ganz eigenartiges Lispeln, das den Eindruck erweckt, del' Sprecher wolle seine Lippen schonen. Die "Erlebnisse del' zehn Prinzen" sind auch von groBem kulturgeschichtlichern Interesse, da del' Autor hier ein umfassendes Bild des altindischen Lebens gibt. Wir erhalten wertvolle Informationen iiber die soziale Stellung del' Frau und erfahren manches \Vissenswerte iiber das Leben del' Hetaren, iiber den Tagesablauf des Konigs, iiber Hahnenkampfe und anderes mehr. Ein weiterer Kunstroman ist die gern als Marchenroman bezeichnete Vasavadatta. Das Werk wurde wahrscheinlich im 7. Jahrhundert verfasst. Als Autor gilt Subandhu, von dem wir abel' sonst kaum etwas wissen. Da im l\1al1abl1arata ein in Prosa gehaltenes Kavya dieses Titels erwahnt wird, hat Subandhu den vorgefundenen Stoff vielleicht nur neu gestaltet. Mit dem namensverwandten Drama des Bhasa hat del' Kunstroman jedenfalls nichts zu tun. 3 Den literarischen Rang des Dasakumaracarita erreicht die Vasavadatta nicht. Es ist eine Liebesgeschichte: Dem Prinzen Kandarpaketu erschien im Traum eine wunderschone Frau. Nach dem Erwachen konnte er nul' noch an sein Traumbild denken und machte sich auf, es zu suchen. Bei einer Rast im Wald hort er, wie sich zwei Papageien dariiber unterhalten, dass Vasavadatta ihrerseits ihn liebt. Die beiden treffen sich in ihrer Stadt Kusumapura, doch del' Konig, ihr Vater, hat Vasavadatta bereits einem anderen Mann versprochen. Daraufhin raubt del' Prinz seine Geliebte und flieht mit ihr. Als er einmal einschlaft, ist sie beim Erwachen jedoch verschwunden. Lange sucht er in Verzweiflung nach ihr, da entdeckt er schlieBlich ein Steinbild. Als er es beriihrt, sieht er Vasavadatta wieder VOl' sich, die von einem Eremiten in diese Statue
Del' Kunstroman
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verwandelt worden war und nun durch die Beriihrung entzaubert wurde. Inhaltlich ist die Vasavada.tta dem Dasakumaracarita also nicht entfernt vergleichbar; in del' Ausgestaltung jedoch sucht das Werk seinesgleichen. Del' Stil ist mit Schwierigkeiten geradezu liberladen, indem del' Autor Komposita von fast unglaublicher Lange, Doppelsinnigkeiten und Wortspiele in groBer Zahl vor dem. Leser ausbreitet. Die Vergleiche, in denen Subandhu schwelgt, sind fUr unsere Begriffe oftmals weit hergeholt; zum Beispiel wenn Vasavadatta als schongelenkig wie das j\;lal1abl1arata bezeichnet wird - hier flieBen Vergleich und Doppelsinn zusammen, da das Sanskrit-Wort parvan sowohl "Gelenk" als a.uch "Kapitel", "Buch" (des Mal1abl1arata) bedeutet. In del' Beurteilung durch die altindischen Literaturtheoretiker nahm das Werk aus diesen Griinden einen iiberaus hohen Rang ein. SchlieBlich gehoren zu den Kunstromanen die \Verke des beriihmten Dichtel'S Balfa. 4 In seinem Hari?acarita ("Leben und Taten des Hari?a") berichtet del' Autor zunachst iiber sein eigenes Leben: Als Sohn eines Brahmanenehepaares wurde er friihzeitig \Vaise, geriet in schlechte Gesellschaft und vollbrachte allerlei iible Taten. Danach ging er auf ausgedehnte Reisen, erwarb sich dabei eine ernstere Lebensauffassung und kehrte schlieBlich mit geweitetem Horizont in seine Heimat zuriick. Nachdem er dort langere Zeit im Kreise von Verwandten gelebt hatte, berief ihn del' Konig Hari?a, del' von 606 bis 647 iiber ein nordindisches GroBreich regierte, an seinen HoL Das Hari?acarita ist ein Prosawerk in acht Kapiteln, das nur wenige eingestreute Verse enthalt. In del' Einleitung lasst sich del' Autor - abgesehen von del' soeben wiedergegebenen autobiographischen Skizze - iiber Grundsatze del' Dichtkunst sowie iiber bedeutende Vorganger aus. Entsprechend seinen theoretischen Grundsatzen ist das Hari?acarita selbst von hohem asthetischem Niveau. Die iibersteigerte Sprachgewandtheit des Subandhu wird zwar nicht erreicht, doch gereicht das Balfas Werk nur zum Vorteil. In psychologisch auBerst einfUhlsamer Weise charakterisiert er die Personen: den cholerischen Vater des Hari?a, Prabhakaravardhana, sowie den Bruder des Konigs, Rajyavardhana, auf seinem Feldzug gegen die HUlfas, Val' allem abel' natiirlich Konig Har9a selbst. Vieles ist nachweisbar historisch, vieles abel' auch dichterische Erfindung, und man darf sagen, dass Balfa in gliicklicher \Veise Dichtung und Wahrheit miteinander zu verbinden wusste. Zu einem so wohlproportionierten Werk will del' ziemlich abrupte Schluss nicht passen; man lTlUSS annehmen, dass del' Rest verlorengegangen ist. 5 Wie das Dasakumaracarita, so ist auch das Hari?acarita eine wichtige kulturgeschichtliche Quelle. Del' sivaitische, religios abel' durchaus tolerante Autor beschreibt genauestens besonders die kultischen Observanzen seiner Zeit. Wie groB BalJa als Dichter war, ist auch daraus zu ersehen, dass er dem ganz aufs Heldische gestimmten Har,?acarita ein zweites groBes Werk mit vollig ande-
DIE KLASSISCHE LITERATUR
Die historiographische Kunstdichtung
rem Grundton folgen Hisst. Diesel' andere Kunstroman heiBt nach seiner Heldin IGidambarT. 6 Ihn charakterisieren zarte Tone, Liebessehnsucht und -schwermut. Das Sujet kann nur aus del' Br11a,tkatha stammen. Del' Roman schildert die Liebesbeziehungen zwischen KadambarT und CandrapT<;la. Parallel laufen die ebenfaUs erotische Geschichte von PUl).<;larTka und Mahasveta sowie zahlreiche andere Schalterzahlungen. Die KadambarT ist voller grammatischer sowie stilistischer Delika.tessen und demzufolge sehr schwer zu lesen; vom Standpunkt del' Ka,vya-Theorie ist sie sprachlich eine uniibertroffene Kunstleistung. Man spurt, dass Balfa hier uber Subandhu ahnlich hat hinauswachsen wollen wie Magha uber Bharavi. Dazu dient ihm besonders die Handhabung del' Komposita, die zuweilen mehrere Druckseiten fUllen. Fur uns sind auBerdem die in demo Werk enthaltenen Angaben uber den Sivaismus von Interesse. Bal)a starb, bevor er den Roman fertigstellen konnte. Sein Sohn fuhrte die Arbeit zu Ende.
7. Die historiograpl1ische K unstdiciltung
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Anmerkungen Zur literaturgeschichtlichen Bewertung Dalfdins vgl. die Studie von D. K, Gupta: A
Critical Study of Dal;Ir,1in and His Works (Delhi 1970). 2 Ausgaben des Dasakumaracarita von H. H. Wilson (London 1846); von G. Buhler und P. Peterson (Bombay 1887); letztere uberarbeitet von G. J. Agashe (BoITlbay 1919); ferner von M. R. Kale (Bombay 1926) und in der Nirnaya Sa:,gara Press (15. Aufl., Bombay 1951). Ubersetzt wurde das Werk von J. J ..Meyer (Leipzig 1902) und M. Haberlandt (Munchen 1903); besser ist die Ubersetzung von J. Hertel (Leipzig 1921/22, neu aufgelegt mit einem Nachwort von R. Beer, Weimar o. J. [1974], sowie Munchen 1985); englisch von A. W. Ryder (Chicago 1927, Neudruck 1960). - Fur das Verstiindnis des Romans wichtig ist die Studie von ,;y. Ruben: Die Erlebnisse der zehn Prinzen. Eine Erzahlung Da~lr,1ins (Berlin/DDR 1952). 3 Ausgabe der Vasavadatta von F. Hall in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1859). Uber-
setzung von L. H. Gray (New York 1913, Neudruck Varanasi 1962). 4 Studie uber Bal,la und sein Werk von N. Sharma: BaIfabhaHa. Literary Study (Delhi 1968). () Ausgaben des Har!?acarita von A. A. Fuhrer (Bombay 1909); K. P. Parab (in zahlreichen Auflagen, U.3. Bombay 1946); P. V. Kane (Bombay 1918); S. D. und A. B. Gajendragadkar (Poona 1919). Ubersetzung von E. B. Cowell und F. W. Thomas (London 1897, Neudruck Delhi 1961 und 1968). 6 Ausgabe der Kadambarlvon P. Peterson (Bombay 1883). Kritische Neubearbeitung dieser Ausgabe von P. L. Vaidya (Poona 1951). Ausgabe des ersten Teils mit llbersetzung von M. R. Kale (4. Aufl., Delhi 1968). tibersetzung von C. M. Ridding (London 1896). Analyse der Kadambarlvon A. VVeber in der Zschr. der Dtsch. Morgenliindischen Gesellschaft, 7 (Leipzig 1853).
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An sich erwartet man, die Historiographie im Rahrnen del' wissenschaftlichen Literatur erortert zu sehen. Doch war im alten Indien die Geschichtsschreibung ein Teil del' Kunstdichtung und schloss sich an das Kunstepos an. Sie wurde in del' Poetik begrifflich nicht von del' Dichtung unterschieden und auch nicht als wissenschaftliche Disziplin betrieben, so dass wir nach einem indischen Thukydides odeI' Livius vergeblich suchen. Wie fUr viele andere wissenschaftliche \t\1erke del' Inder ist fUr die Geschichtsschreibung die Versform odeI' die Anwendung anderer kunstlerischer Mittel typisch. Doch obgleich die indische Geschichtsschreibung vergleichsweise weit del' del' Chinesen nachsteht, heiBt das nicht, dass den Indern geschichtliche Uberlieferungen gleichgultig gewesen waren. 1m Gegenteil: Die Lehrerlisten aus del' Brha,daralfyaka,- Upani!?ad und dem Vaxnsa,-Brahma.lfa sowie die an Genealogien geknupften historischen Betrachtungen aus den Puralfas zeigen sehr wohl, dass man die Tradition achtete und durchaus ein bestimmtes MaB an Geschichtsbewusstsein besaB. Das bezeugen ferner die zahlreichen Stein- und Kupfertafelinschriften, die die Herrscher anfertigen lieBen, um ihren Tatenruhm del' Nachwelt lebendig zu erhalten. SchlieBlich ist auf die nicht unbedeutende Kirchengeschichtsschreibung del' Buddhisten und Jinisten zu verweisen. vVas den alten Indern dagegen wirklich weitgehend fehlte, war del' Sinn fUr die Hauptfrage del' Geschichte, die Frage nach dem \Vann - und demzufolge del' Sinn fUr die absolute und relative Chronologie. So erklart es sich, dass wir bis heute fUr die Zeit VOl' Buddha kein einziges Literaturwerk gesichert datieren und £iiI' die spatere Zeit vielfach auch keine absoluten Daten angeben konnen. Die wenigen historiographischen Werke sind nicht Ergebnisse gezielter Geschichtsschreibung, sondern in erster Linie Kavya-\t\1erke, die eine oft schwer entwirrbare Mischung von Dichtung und V\Tahrheit bieten. In rudimentarer Form liegen sie VOl' in den Prasastis, das heiBt Lobpreisungen. Hierbei handelt es sich um Inschriften von begrenztem Umfang, meist nur aus wenigen, selten bis zu 100 Versen bestehend. Die wichtigsten Inschriften diesel' Art entstammen dem 8. und 9. Jahrhundert. Sie iiberliefern und glorifizieren Leben und Taten von - meist kleineren - Herrschern. Das erste eigentliche Werk historiographischen Charakters ist del' in Mahara~ trT-Prak~·t von Vakpatiraja verfasste GauQavaha. 1 In diesem dem 8. Jahrhundert angehorenden Werk besingt del' Dichter die Taten des Konigs Yasovarman von Kanauj, wahrscheinlich als Nekrolog, also nach dem Tode des Konigs. Den Hauptteil diesel' Eulogie bildet die Beschreibung eines Fe1dzuges, den Yasovarman einst zum Vindhya-Gebirge unternommen hatte. \t\1ir erfahren daraus interessante Einzelheiten zur KriegfUhrung und Militargeschichte del' damaligen Zeit. AuBerdem enthalt die Dichtung Hinweise auf das dorfliche
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
Die historiographische KUllstdichtUllg
Leben, die um so wertvoller sind, als Bemerkungen dieser Art in der altindischen Literatur sonst selten vorkommen. Ubrigens fehlt in dem 1209 (im Arya-Metrum gehaltene) Verse umfassenden \Verk gerade dasjenige Ereignis, das den Titel bestimmt hat, niimlich die Totung des Gauqa-Konigs. Entweder sind also Teile des Originalwerkes verlorengegangen, oder, was wahrscheinlicher ist, die uns vorliegende Fassung stellt nur einen Auszug aus demselben dar.
bewerten, sondern sucht nach allgemeinen GesetzmiiBigkeiten, die den Gang der Geschichte bestimmen. Dass er solche GesetzmiiBigkeiten aus dem Wirken transzendentaler Krafle herleitet, minded nicht seinen Ruhm, die vorwiirtsweisende Fragestellung aufgeworfen zu haben. Fur Kalhal.la hat die Geschichtsschreibung Inhalt und Resultate der Lehren yom Dharma und yom Karman zugrunde zu legen und zu verdeutlichen. Indem er auf diesem hinduistisch-sivaitischen Standpunkt verharrt, bekundet er aber auch seine vVertschiitzung fur die Anhiinger anderer Glaubensrichtungen und philosophischer Systeme wie die Buddhisten. Als real denkender Mensch wendet er sich jedoch entschieden gegen kultische Auswuchse wie etwa gegen das zahlenmaBige Anwachsen und den Einfluss der buddhistischen Monche oder gegen die schreckliche Geistesverirrung der Witwenverbrennung (satl), von der er am Beispiel der 'Vitwe Suryamatl ein ergreifendes Bild zeichnet. Seine gesellschaftskritische Spitze richtet sich aber auch gegen die brahmanischen Privilegien und gegen das Hofschranzentum. Daruber hinaus ist sein Buch eine wichtige Quelle fUr die religiosen Stromungen seiner Zeit, fur den Volksglauben, aber auch fUr die Tiitigkeit der koniglichen Administration und vieles andere mehr.
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Bedeutung hat auch das Vikramanka,deva,carita? des Bilhal).a, der zu Khonamukha am FuB des Himalaya in Kashmir geboren wurde, spiiter aber nach dem Dekhan auswanderte. Der weitgereiste Autor gibt im 18. Gesang eine Autobiographie und beschreibt insbesondere mit groBter Genauigkeit und Lebendigkeit seine Heimat. AuBerdem ruhmt er sich und seine Kunst. In den 18 Gesiingen des Vikramallkadevacarita will er eine Geschichte der Calukya-Dynastie geben. Ausfuhrlich geht er dabei insbesondere auf die Regierungszeit Vikramaditya VI. (1076-1127) ein. Doch ist Bilhal:las Werk fur die Miingel der altindischen Geschichtsschreibung typisch: Historisches und Legendiires gehen eine bunte 1\1ischung ein; der Autor neigt zu Ubertreibungen; in Zeitangaben ist er unklar oder liisst sie ganz vermissen. Vor allem aber ist auch sein Werk im Grunde eine Prasasti, liegt ihm doch die Glorifizierung "seiner" Dynastie besonders am Herzen. Bei weitem die bedeutendste historiographische Leistung der alten Inder ist die beruhmte Raja,tarallgil;IT ("Strom beziehungsweise Wellengang der Konige"), eine Chronik der Konige Kashmirs von Kalhal).a. 3 Das 'vVerk besteht aus acht Kapiteln und reicht bis zum Jahre 1148. Kalhal).a hat als erster und im Grunde genommen als einziger im alten Indien eine wissenschaftlich fundierte Geschichtsschreibung versucht. Seine Quellen sind die Mitteilungen des NTlamataUpapuralfa und andere literarische Angaben, daruber hinaus aber auch Inschriften, Munzen und die mundliche Uberlieferung. Mit dieser Vielseitigkeit der Quellen gelingt es ihm, fur die damalige Gegenwart und fUr die jungere Vergangenheit verliissliche Feststellungen zu treffen. Uber die liinger zuruckliegenden Zeitriiume weiB jedoch auch er nichts Genaues und kritisch Gepruftes zu berichten, sondern jongliert mit Angaben, die in viel zu fruhe Zeitriiume weisen. VVas aber Kalhal.la hoch uber andere erhebt, ist neben den wichtigen Mitteilungen uber einen bestimmten Zeitraum der Geschichte Kashmirs vor allem sein Versuch, seinen Gegenstand in den Rang einer wirklichen Geschichtswissenschaft emporzuheben. Sein BemUhen, in der Geschichte mehr als ein Sammelsurium von Fakten zu erblicken, verdient gewurdigt zu werden. Kalhal.la versucht, die Rolle der Personlichkeit in der Geschichte aus der Psychologie heraus zu erkliiren; und wenn dies auch ein untauglicher, idealistischer Versuch ist, so kommt er in Einzelfiillen - beispielsweise bei der Analyse des vVirkens der Konigin Didda - zu bemerkenswerten Ergebnissen. Kalhal.la beschriinkt sich aber nicht darauf, den Einfluss einzelner Personen auf den Geschichtsverlauf zu
Kalhal.las Rajatara,ngilfT wurde sehr bald ein epochemachendes 'Verk. Es nimmt daher nicht wunder, dass so mancller sich in einer Nachahumng versuchte, die eine Aktualisierung des Gegenstandes zum Thema hatte. Eine erste Fortsetzung stammt von dem 1459 verstorbenen Jonaraja. Sein Schuler Srivara fUhrte das Werk fUr die Jahre zwischen 1459 und 1486 weiter. Die Ausdrucksstiirke Kalhal.las wurde jedoch nicht wieder erreicht, und in der Folgezeit - die Chroniken reichen bis zum Jahre 1568 - lieB das Niveau noch weiter nacho Neben einem solchen geistigen Hohenflug verdienen es nur noch wenige einschliigige Werke, kurz erwiihnt zu werden. Oft sind ihre Autoren Jinisten. So schrieb der bekannte Hemacandra UUl 1163 das Kumarapalacarita, das auch Dvyasrayakavya heiBt. Hierin besingt er seinen Gonner, den Konig Kumarapala. 4 Daruber hinaus befasst sich abel' das Buch auch mit del' Geschichte der Calukya-Fiirsten von Al).hilvaq. Damit ist es fUr unsere Kenntnis von der Vergangenheit Gujarats nicht ohne Bedeutung. Die Kapitel 1 bis 20 sind in Sanskrit, die restlichen del' insgesamt 28 Kapitel in Prakrt geschrieben. 'Viihrend die Kapitel 16 bis 20 eine Preisung des Kumarapala als eines groBen Forderers des Jinismus enthalten, dienen andere dem vielseitigen Autor zur Darstellung grammatischer Regeln. Jinist war auch SomeSvaradeva, der zwischen 1179 und 1262 die IGrtikaumudT ("Mondschein des Ruhmes") schrieb, in welcher er Vastupala, einen Minister von Gujarat, verherrlichte. 5 Dem gleichen Zweck diente das Vastupalacarita von Jinahaqa. Abel' nicht nur Konigen und Ministern wurden solche teils historische, teils "prasastihafte" '''Terke dediziert. Auch ein freigebiger, bei der
DIE KLASSISCHE LITERATUR
Die Campu-Literatur
Bekiimpfung einer Hungersnot verdienstvoller Kaufmann, Jaga<;lu, bekam im JagacjiicaI'ita des Sarvananda ein derartiges Denkmal gesetzt. 6 Er wird in die c sem Buch als idealer Laienanhiinger des Jinismus dargestellt; sein Typ ist auch im heutigen Indien noch vertreten. Jaga<;lu hat in der zweiten Hiilfte des 13. Jahrhunderts gelebt; das Buch muss um die J'vfitte des 14. Jahrhunderts entstanden sein. Aus spiiterer Zeit erwiihnen wir noch das HammlI'akavya des Nayacandra, ebenfalls eines Jinisten (15. Jahrhundert), und zwar deshalb, weil dieses VVerk von einem solchen Hass gegen den Islam gepriigt war, wie er den sonst so toleranten Indern kaum zu eigen war. Die Mischung aus Eulogie und Historiographie ist dann aber auch den mohammedanischen Herrschern bekannt geworden. Sie haben sich selbst auf die genannte ~Weise verherrlichen lassen. Derartige Caritas sind fur sie bis weit ins 18. Jahrhundert hinein angefertigt worden.
8. Die Campii-LiteI'atuI'
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Anmerkungen 1 Ausgabe des Gaiiqavalla von S. P. Pandit (Bombay 1887, 2. Aufl. 1927). 2 Ausgabe des Vikramalikadevacarita von M. L. Nagar (Benares 1934,2. Aufl. 1945) und von G. Biihler in den Bombay Sanskrit Series, 14 (1875). Auszugsweise Ubersetzung von A. Haack (Ratibor 1897-1899); vollstiindige annotierte Ubersetzung von S. C. Banerji und A. K. Gupta (Calcutta 1965). Studie von B. N. Misra (Delhi 1976). 3 \tVegen ihrer Bedeutung hat die Rajatarangil.ll schon friihzeitig das Interesse auf sich gezogen. Die ersten Ausgaben und Teiliibersetzungen wurden iiberholt durch die Ausgabe von M. A. Stein (Bombay und Leipzig 1892, Neudruck Delhi 1960). Eine Ausgabe, die
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1m Ka.vya bilden-Verse odeI' Prosa den Ausdrucksschwerpunkt einer Dichtung. In der Campu dagegen halten beide einander die ~Waage. Eine Campu nimmt ihrer Form nach somit eine Stellungein, die zwischen dem Kunstepos und dem Kunstroman steht. Inhalts- und zahlenma:Big stellt diese Literatur aber nur einen ziemlich unbedeutenden Ausschnitt der Kunstdichtung dar. Auflerdem ist die Zeitstellung der uns vorliegenden Campus ziemlich spat. Die Campus leben von alten epischen Stoffen, oder aber sie dienen der religiosen - vorwiegend jinistischen - Erbauung. Ein Beispiel fur die erste Kategorie ist die Na.lacampii, die besonders unter dem Namen Damaya.l1tlkathabekannt geworden ist. Ihr Inhalt ist also die NalaLegende aus dem MahabllaI'ata. 1 Der Autor ist Trivikramabhatta. Etwa um 900 entstanden, ist sie wohl die alteste uns bekannt gewordene C~mpu, dmchaus ein Werk der Kunstdichtung. Inhaltlich geben die sieben Kapitel nm einen Ausschnitt aus dem Nalalied - auch hier triumphiert die Form uber den Inhalt. Zu dieser Kategorie zahlen auch eine Ramaya.l/a- und eine BhaI'atacampii. Hauptvertreter der zu Erbauungszwecken verfassten Campus ist der (auch das) Ya.sa.stilaka, das "Abzeichen des Ruhmes".2 Das '''Terk wurde im Jahre 959 von dem Jinisten Somadevasuri verfasst. Seine acht Kapitel flihren die Bezeichnung Asvasa ("Beruhigung", "Trost"). Erziihlt wird eine miirchenhafte Geschichte von Yasodhara, dem einstigen Herrscher von Avanti, von seinem Tod, seinen spiiteren 'Viedergeburten beziehungsweise Existenzen und von seiner schlie:Blichen Bekehrung zum Jinismus.
auch die die Rajatarangirp fortsetzenden \tVerke beinhaltet, ist die von Durga Prasad (Bombay 1892-1896). Annotierte lJbersetzung in zwei Biinden von M. A. Stein (West-
Anmerkungen
minster 1900, Neudruck Delhi 1961). Kritische Ausgabe der ersten sieben Tarangas von V. Bandhu, B. Dev, K. S. R. Sastri und S. B. Nair (Hoshiarpur 1963). Eine durch zahlreiche
= Damayantlkatha von Durga
Erliiuterungen und Indicesbereicherte Ubersetzung ist die von R. S. Pandit (Allahabad
1 Ausgaben der Na.lacampii
1935, Neudruck 1968). Literaturwissenschaftliche Studie von S. L. Sadhu: Tales from the Rajataraligini(Srinagar 1967). Ein wichtiger Beitrag zur Textkritik von B. KOlver: Textkritisc1le und philologische Untersuchungen zur Rajatarangil.ll des Kalhal.la (Wiesbaden
der Nin:taya Sagara Press (BolTlbay 1885). 2 Ausgabe des Yasastilaka in der Nin:taya Sagara Press (2. Aufl., Bombay 1916). Dazu K. K. Handiqui: YasasWaka and Indian Culture (Poona 1957). - Die Nachtriige zu dem von O. Bohtlingk verfassten Sanskrit-Worterbuch in kiirzerer Fassung (1879-1889), die von R. Schmidt erarbeitet wurden (Hannover 1924), beruhen weitgehend auf dem Vokabular eben der Yasastilakacampii. Vgl. femer C. R. Deshpande: Studies in Camp ii-Literature (Delhi 1992).
1971 ). 4 Ausgabe der ersten zwanzig Kapitel des Kumarapalacarita von A. V. Kathvate in den Bombay Sanskrit Series (1885-1915); der Kapitel 21-28 von S. P. Pandit, ebenda (1900), 2. Aufl. bemobeitet von P. L. Vaidya (Bombay 1936). 5 Ausgabe der IGrtikaumudl von A. V. Kathvate in den Bombay Sanskrit Series (1883). Ubersetzung von A. Haack: IGrtikaumudl, del' J\1ondschein des Ruhmes (Ratibor 1892). 6 Studie iiber das Jagaqiicarita von G. Biihler in den Sitzungsberichten der Wiener Akad. der VViss. (1892).
Prasad (Bombay 1921) und in
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
Die dramatische Literatur
9. Die dTamatiscl1e LiteTatuT
dass alle wesentlichen Charakteristika - zumindest in den Grundziigen - etwa um die Zeitenwende ausgearbeitet waren.
a) Die theoretischen Grundlagen des altindischen Dramas Die altindische Dramatik gilt in Indien in anderen Landern wird diese Meinung vielfach geteilt - als wertvollster Teil del' Kunstdichtung. Begriindet wird dies damit, dass ein Drama sowohl Epik als auch Lyrik in sich vereint, dass bei seiner Auffiihrung mehrere Sprachen gesprochen werden (darauf ist noch zuriickzukommen) und dass es in seiner kiinstlerischen Komplexitat durch Wort, Klang und Geste die Sinne a111. intensivsten anspricht. Die Richtigkeit diesel' Feststellungen ist evident, und sie unterstreichen und begriinden die Bedeutung, die del' hochentwickelten dramatischen Kunst des alten Indien auch in del' Gegenwart beizumessen ist. Die Frage nach dem Ursprung des indischen Dramas ist eine der meistdiskutierten in del' Geschichte der altindischen Literatur; auch heute ist sie noch lange nicht endgultig gelost. 1 Eine Klarung ist innerhalb etwa folgender Grenzen zu suchen: Nach indischer orthodoxer Tradition, die fiir jede Erscheinung, also auch fUr das Drama, einen religiosen Ursprung geltend macht - wir gingen darauf schon bei del' Besprechung des Bl1aTatTya-Natya.sastTa ein - , ist den Menschen das Drama von Brahman selbst gegeben worden, und zwar als Folge einer Einigung zwischen Gottern und Damonen. Dem Zuschauer soll das Gute wie auch das Schlechte der ganzen Welt demonstriert werden. Das Drama soll also ein Abbild des wirklichen Lebens sein. Es ist in diesem Zusammenhang niitzlich, sich zu vergegenwartigen, dass "Schauspiel" im Sanskrit nataka heiBt, ein \t\Tort, das auf die Verbalwurzel n.ft zuriickgeht, welche "tanzen" bedeutet. Eine Wurzel des Dramas ist also del' Tanz, und darunter ist ganz ohne Zweifel del' religios-kultische Tanz zu verstehen. Der Ursprung des altindischen Dramas liegt also im Bereich del' Religion, sehr wahrscheinlich aber nicht nur der "offiziellen" vedischen Religion - vorwiegend also des Opferzeremoniells mit seinen rituellen Dialogen - , sondern auch im Bereich del' vor- beziehungsweise auBerarischen Volkskulte. Von letzteren wissen wir, dass verschiedene von ihnen in das arisch-vedische Opferritual eingedrungen sind. Als weitere Quelle sind die vedischen Balladen anzusehen, von denen gewisse Teile der Epen, PuraJ).as, buddhistischen und jinistischen Literatur eine Briicke bis zum klassischen Drama schlagen. Offensichtlich geht das Drarna nicht nur auf eine, sondern auf mehrere Quellen zuriick: auf sowohl "offiziell-" als auch auf volksreligiose Urspriinge. Dagegen lasst sich der Einfiuss del' Sarnvada-Hymnen (dazu s. S. 23) bzw. der Balladendichtung im einzelnen noch nicht so genau einschatzen. Dass die Quellen des altindischen Dramas alt gewesen sein miissen, geht nicht zuletzt daraus hervor,
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Dass das indische Drama gar nicht autochthon entstanden, sondern ein Resultat griechischen Einfiusses sei, war die Auffassung keines Geringeren als Albrecht \t\Tebers. Griechische Dramen seien in Nordwestindien aufgefiihrt worden und hatten damit die Entstehung del' dramatischen Kunst in Indien angeregt. SpateI' versuchte Ernst 'Windisch, mit einer bedeutenden Zahl von Argumenten die attische Komodie als Ausgangspunkt des indischen Dramas zu erweisen. Beide fanden sofort in Hermann Jacobi und Richard Pischel ihre Gegner. Doch griff wiederum Hermann Reich 2 mehrere ArgumenteWindischs auf und behauptete, wandernde Schauspieler hatten das griechische Drama nach Indien gebracht. Einige der von \t\Teber und Windisch aufgezeigten Parallelen und Entsprechungen sind in del' Tat verbliiffend. So heiBt del' Theatervorhang im Sanskrit yavanika ("die Ionische"); mehr noch, er hatte im alten Indien wie in Rellas dieselbe Funktion. Es handelte sich namlich nicht urn einen Biihne und Zuschauerraum trennenden Vorhang, sondern dieser war vielmehr im Hintergrund der Szene angebracht und trennte die Biihne von den Garderoben. Weitere Entsprechungen sind del' Wechsel von Prosa und Versen sowie einige Charakterrollen. Die Chronologie wiirde solche Beziehungen denkbar erscheinen lassen. Dass es gewisse Einfiiisse des griechischen auf das indische Drama gab, die sich in Details ausgewirkt haben, sollte nicht bestritten werden. Sie waren aber nicht bestimmend fUr die Entstehung diesel' literarischen Form, sondern das indische Drama und die Theorie desselben tragen unverkennbar autochthone Ziige, sind deutlich das Spiegelbild und die Fortfiihrung indischer kultureller Eigenart. 3 Was die TheOl'ie von "Vesen und Funktion des indischen Dramas betrifft, wurde ihm, wie schon erwahnt, im Bl1aTatTya-NatyaiastTa - wenn auch mythisch verbramt - die hohe Aufgabe gestellt, ein Abbild, eine Nachahmung des Lebens zu sein. Dies blieb kein leeres Postulat. Das altindische Drama erweist sich als erheblich lebensnaher als etwa das hofische Kunstepos. Auch wenn die Tendenz del' Dramen nicht unter einem einheitlichen Blickwinkel gesehen werden kann, so ist diesel' literarischen Gattung doch ein weit ausgepragterer demokratischer Zug eigen als dem hofischen Kunstepos, das fUr den Konig und die Aristokratie gedichtet wurde. Da die Dramendichter auch Sujets aus dem Alltag aufgriffen, schufen sie Raum, urn die Interessen des Volkes und sogar antidespotische Haltungen, wie in del' M.fcchakatika, zu artikulieren. So sind die Dramen vielfach Quellen, die iiber das Alltagsleben del' verschiedenen Klassen, Kasten und Berufsgruppen in del' altindischen Gesellschaft Auskunft geben. Das Drama soll den Zuschauer in eine bestimmte Gemiitsstimmung versetzen. Dieser Teil der Dramentheorie beruht vollstandig auf del' Rasa- Lehre
DIE KLASSISCHE LITERATUR
Die dramatische Literatur
(vgl. dazu S. 133). Das Bllarat~ya-I\Ta(yasastra. kennt zehn Typen von Dramen (dasa.rupa). Diese Einteilung zeigt nicht nur, wie weit die altindische Theorie vom Drarna spezialisiert war, sondern ist auch von praktischer Bedeutung. Das nataka ist das vornehmste Schauspiel. Auf diesen Typus durfte sich die "offizielle" vedisch-religiose Balladendichtung vorrangig ausgewirkt haben. Del' Stoff ist mythologisch odeI' historisch beziehungsweise legendar. Held ist ein Gott, ein Heiliger odeI' ein Konig. Es ist nicht gestattet, mehr als vier bis flinf Personen gleichzeitig auf die Buhne zu bringen. Ein Nataka darf flinf bis zehn Akte umfassen. Das prakaral;Ja. verrat die Traditionslinie del' Volksreligion und des Volksschauspiels. Del' Stoff ist gewohnlich nicht vorgezeichnet, sondern eine vom Dichter erfundene freie Fabel. Held ist zwar auch noch eine vornehme Person, die abel' doch deutlich unter dem Rang des Nataka-Helden steht: also etwa ein bedeutender Brahmane, ein Minister beziehungsweise Kanzler odeI' ein GroHkaufmann. In einem PrakaraJ:.la komrnen auch Angehorige niedriger Kasten sowie Hetaren vor. Eine Zahl von funf bis zehn Alden ist zulassig. Nataka und PrakaraI:ta sind die beiden wichtigsten Dramentypen und formieren weitaus die Mehrzahl del' vorhandenen Dramen. Del' bhal;Ja wird von einem einzigen Schauspieler dargestellt. Diesel' halt teils Monologe, teils flihrt er Gesprache mit imaginaren Partnern. Die Grundstimmung ist komisch, auch lasziv; die Form ist del' des Kabaretts nicht unahnlich. Del' Bhar:ta umfasst nur einen einzigen Akt. Das prallasana besteht aus ein bis zwei Alden und kann als Schwank bezeichnet werden. Es hat volkstumlichen Charakter und ebensolche V/urzeln. Del' c;lima behandelt in vier Akten eine mythische Sage odeI' Fabel. Die HeIden sind Gotter und Damonen, deren Kampf gewohnlich im Mittelpunkt steht. Del' Grundton ist also heldisch. Liebe und Humor sind als stimmungsbildende Elemente unzulassig. Kriegerische Auseinandersetzungen bilden auch den Inhalt des vyayoga, del' jedoch nur einen einzigen Akt aufweist. Das Sujet wird meist aus dem lvlahabharata entnommen. Del' samavakara spielt, gewohnlich dreiaktig, in del' Himmelswelt; dargestellt werden die Taten von Gottern und Damonen. Die vlthf ahnelt dem Bhar:ta. Das im Grundton lustige Stuck ist einaktig und wird von zwei Personen bestritten. Del' utsri?tallka, hat als Grundstimmung das Mitleid. Frauen und ihr Kummer spielen eine graHe Rolle. Das Stiick besteht nur aus einem Akt. Del' lham~'ga schliej)Jich ist ein vieraktiges Stuck, welches Entflihrungsszenen beinhaltet. Neben diesen Hauptarten des Dramas kennen die altindischen Lehrbucher noch 18 Unterarten, die uparupa.kas. Klassifikatorische Elemente sind hier be-
sonders Tanz und Pantomime. Fur uns von Interesse sind nul' zwei diesel' Uparupaka.s. Das natika nimmt zwischen Nataka und Praka.ra1:ta eine vermittelnde Position ein. Das tmtaka, das fiinf bis neun Akte aufweisen darf, spielt teils auf del' Erde, teils in del' Gotterwelt.
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Auffallend ist, dass in diesel' so detaillierten Liste die Tragodie ganzlich fehlt. Das entspricht del' Regel, dass ein vornehmes Stuck einen guten Ausgang haben muss, nicht also etwa mit dem Tod des HeIden enden darf. Uber diese Usance ist viel geschrieben worden, und man hat ihretwegen die alten Inder eines platten Optimismus bezichtigt. Diese Beschuldigung besteht abel' aus zwei Griinden nicht zu Recht. Einmal ist die genannte Regel nicht um eines ilachen Harmonismus willen aufgestellt worden; sie solI vielmehr das Wirken des Karman-Gesetzes verdeutlichen, und da ist es denn unmoglich, dass ein positiveI' Held ein negatives Ende nimmt. Zum anderen gilt die Forderung nach giinstigem Ausgang nicht absolut durchgangig; zum mindesten von graHen Geistern ist sie nicht immer befolgt worden. 4 Einige del' im altindischen Drama besonders haufig vorkommenden Charaktertypen wollen wir hier noch kurz erortern. Da ist zunachst del' Held (nayaka), uber den nicht viel zu sagen ist: Er ist eben grundsatzlich und in allen Situationen edel denkend bis zur Selbstverleugnung und von einer so schlackenlosen Vorbildlichkeit (vergleiche etwa den Carudatta in del' A1rcchakatika) , dass sie uns wegen ihrer Erdenferne zu ennuyieren geeignet ist. InteressanteI' ist del' Typ des vidui?aka, del' lustigen Person. Er ist jedenfalls eine Verkorperung des Volkswitzes und del' Gesellschaftskritik am Hochmut del' Brahmanen, denn diese lustige Person ist nicht nur ein Freund des HeIden, sondern stets auch Brahmane odeI' eher die Karikatur auf einen Brahmanen. Del' Vidusmka ist auch dazu da, den Hohenilug seines Freundes, des HeIden, ein wenig zu bremsen. Er ist ungebildet, abel' voll Mutterwitz; ansonsten weifi man nicht, ob er mehr das gute Essen odeI' den Schlaf liebt. Auf seinen Brahmanenstand eingebildet, ist er im Grunde abel' gutmutig und jedenfalls dem HeIden ein treuer Freund. Ein weiterer Hauptcharakter ist del' vita, del' Typ des kultivierten Hoilings, del' als vornehm denkender Herr, als Schongeist, abel' auch als blofier Hofschranze in Erscheinung treten kann. Auch die weiblichen Rollen sind auf bestimmte Charaktere festgelegt. Die Heldin (nayika) ist immer sehr hubsch, liebevoll und edel. Sie braucht abel' nicht immer etwa eine Konigin zu sein; auch eine Hetiire kann - wie das Beispiel del' Vasantasena zeigt - als Heldin auftreten. Weitere Typen sind die Freundin del' Heldin sovvie die Kupplerin, die manchmal eine buddhistische Nonne ist. Eine schon eingangs angedeutete Besonderheit des altindischen DraIl1as besteht darin, dass bei del' Auffuhrung verschiedene Sprachen gesprochen werden.
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Dies erfolgt keineswegs wahllos, sondern steht im Dienste der besseren Charakterisierung del' handelnden Personen. Sanskrit sprechen del' Held, Konige, Brahmanen. Asketen, abel' auch Hetaren, wenn sie ihre Bildung zeigen wollen. Ansonsten werden Prak~,ts verwendet, meist die Saurasenl. Prakrt sprechen meistens die Frauen, Kinder und Leute von niederer Kaste, abel' auch del' Vidus;aka, obwohl er ein Brahmane ist. Die sprachliche Verschiedenartigkeit bietet mitunter bedeutende dramaturgische Moglichkeiten. So spricht die Hetare Vasantasena als Frau Prak~,t, die Verse abel' in Sanskrit, womit sie zeigt, dass sie eine Personlichkeit von Distinktion ist. In dem Drama Mudraxak 9asa erscheint ein Schlangenbeschworer, del' entsprechend seiner geringen Herkunft Prakrt redet. In Wirklichkeit abel' ist er ein Spion, und um dem Publikum klarzum~chen, dass er ein ganz anderer ist als der, fUr den er sich ausgibt, spricht er in einem Moment des Alleinseins Sanskrit.
Anmerkungen
Die Schauspieler hatten im allgemeinen einen niedrigen sozialen Status. Eine Ausnahme bildete del' Theaterdirektor (siitradhara) , del' ein gebildeter Mann war und meist selbst den Helden spielte. Fur den Ablauf eines Schauspiels gab es bestimmte Regeln, die durch seltene Ausnahmen nur bestatigt wurden. Den Beginn bildete ein Einleitungsgebet (nandl) , das meist an Siva gerichtet war, den man sich unter anderem als Tanzer vorstellte. Dann folgte das Vorspiel (prastavana). Es bestand aus einem Gesprach des Theaterdirektors mit seiner Frau uber das zu spielende Stuck, meist auch uber dessen Autol'. Dieses Gesprach diente del' Vorbereitung und Einstimmung del' Zuschauel'. Die groflen Schauspiele hatten meist viele (bis zu 14) Akte, und ihre Auffuhrung dauerte dementsprechend lange, mitunter bis in die fruhen Morgenstunden. Del' Ablauf eines Stuckes gestaltete sich in vieleI' Hinsicht anders, als es in del' europaischen Dramatik ublich istj insbesondere konnten die indischen Autoren wesentlich freizugiger verfahren. Musste ein aus technischen odeI' asthetischen Grunden nicht darstellbares Geschehnis eingefiihrt werden, so genugte es, dasselbe erzahlen zu lassen. Vieles wurde durch Gestik und Pantomime nur angedeutet (zum Beispiel weite Reisen oder auch kurze Entfernungen durch entsprechende Bewegungen auf del' Biihne) j vieles wurde auch del' Phantasie del' Zuschauer uberlassen. Der Vorhang bildete, wie schon erwahnt, den Hintergrund und trennte den Buhnenraum von den Garderoben (nepathya). Kulissen wurden nicht verwendet, wohl abel' gab es eine reiche Kostumierung. In letzter Zeit haben wiederholt und mit Erfolg hiesige Theater indische Stiicke inszeniert (so zum Beispiel das Deutsche N ationalt~eater Weimar das Drama Mudraxak 9asa odeI' die Leipziger Buhnen Kalidasas Sakuntala) und mit Unterstiitzung indischer Theaterleute versucht, eine authentische Vorstellung von altindischer Dramatik zu vermitteln.
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1 Hierzu vgl. u.a. erie Literaturangaben beiM. Schuyler: Bibliography of Sanskrit Drama (Nevi York 1906, Neudruck New Delhi 1965 und 1977). 2 H. Reich: Der l\iimus (Berlin 1903). 3 Zur Grundproblelnatik der TheOl'ie des altindischen Dramas vgl. S. Konow: Das indische Drama (Berlin und Leipzig 1920), erschienen im Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde, Bd. II, Heft 2d; W. Ruben: Uber die Urspriinge des indischen Dramas (Ankara 1940); J. Gonda: Zur Frage nach dem Ursprung und lVesen des indischen
Dramas (Acta Orientalia, 19, Leiden 1943); A. B. Keith: The Sanskrit Drama in Its Origin, Development, Theory and Practice (Oxford 1924, Neudruck 1954); 1. Shekhar: Sanskrit Drama, Its Origin and Decline (Leiden 1960); S. N. Shastri: Laws and Practice of Sanskrit Drama... (Varanasi 1961). Sehr anregend ist ferner die Spezialstudie von M. L. Dalal: Conflict in Sanskrit Drama (Bombay und New Delhi 1973). Zur Auffiihrungspraxis vgl. T. Mehta: Production of Sanskrit Dramas in Ancient India (Delhi 1984). 4 Vgl. hierzu R. B. Kulshreshtha: Urubhariga as a Tragedy, in: Vishveshvaranand Indological Journal 10, pt. 1 (Hoshiarpur 1972).
b) Die vor- und friihklassischen DralTlen Lange Zeit hatte man uber den Beginn del' klassischen indischen Dramatik falsche Vorstellungen, bis im Jahre 1911 Heinrich Luders im chinesischen Turkestan Palmblatthandschriften fand, die sich als Bruchstucke von Dramen herausstellten. So fragmentarisch sie auch waren, so sensationell war doch del' Fund. Denn diese Bruchstucke lieflen sich ungefahr auf das Jahr 100 datieren. Auflerdem stellte sich heraus, dass diese Textpassagen ausgebildeten dramatischen Regeln folgten. Die fruhe Stufe in der Entwicklung des klassischen altindischen Dramas musste also erheblich eher als bisher angesetzt werden. Die Verfasserschaft von allen drei aufgefundenen Dramenbruchstucken ist nicht gleichermaflen gut verbiirgtj es ist abel' dennoch wahrscheinlich, dass sie samtlich von Asvaghos;a herriihren. Asvaghos;a war Buddhist, und seine Dramen sind zur Verbreitung del' buddhistischen Lehre bestimmt. Wahrscheinlich war Asvaghos;a - ursprunglich aus einer brahmanischen Familie stammend - als Erwachsener Anhanger des Hlnayana geworden. 1 Mit Sicherheit ist von ihm das Schauspiel ,5ariputraprakaraJ)a. Es muss aus vier Akten bestanden und die Bekehrung von Sariputra und Maudgalyayana (Pali: Sa.riputta und Moggallana, zwei del' beruhmtesten Schuler und Anhanger des Buddha, deren Rolle spaterhin stark an Bedeutung gewann) zum Buddhismus zum Inhalt geha.bt haben. 2 Eines del' beiden anderen Bruchstucke war von allegorischem Charakter: Es vereinigen sich namlich die Erkenntnis (buddhi), die Standhaftigkeit (dlll;ti) und del' Ruhm (klrti), um den Buddha zu preisen. Alle diese Dramenfragmente
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weisen, wenn auch in unterschiedlichem Maf:\e, die charakteristischen Ziige des indischen Dramas auf. Prosa wechselt mit Versenj zur Anwendung kommen verschiedene Sprachenj es findet sich der Typ des Vidu~aka; ja es kommen auch schon Hetiiren 1'01'. Als bedeutendster Dramendichter der friihklassischen Zeit darf Bhasa angesehen werden. Auch seine \Verke sind erst spat bekannt geworden,' Lange Zeit war er nur aus Zitaten namentlich belegt. Da fand T. Galfapati Sastri in den Jahren 1910/11 in Trivandrum, der Hauptstadt des heutigen Unionsstaates Kerala, Handschriften mit dem Text von elf Dramenj spater kamen noch zwei 3 Dramentexte hinzu. Alsbald wurden diese Dramen dem Bhasa zugeschrieben. Ob das zu Recht geschehen ist, ist auch heute noch nicht ganz sichel'. Immerhin ist zu bedenken, dass es Kalidasa ist, der Bhasa als seinen Vorganger bezeichnet. Aus dem betreffenden Zeitabschnitt ist abel' kaum jemand bekannt, der fiir Werke dieses (wenn auch unterschiedlichen) Niveaus auf:\erdem in Betracht kommen konnte. Wenn 1. D. Barnett gegen eine durchgangige Echtheit dieser Dramen auftrat, so konnen Befiirworter derselben (wie es A. B. Keith und W. Printz waren) anfiihren, dass bestimmte Merkmale ihnen allen zu eigen sind. Dazu zahlen die relative Kiirze dieser Stiicke und die Knappheit der Vorspiele. Verschiedentlich setzt sich del' Autor auch iiber bestimmte feste Regeln der Dramenkunst hinweg. Die meisten, wenn nicht alle, diesel' Stiicke diirften also tatsachlich von Bhasa selbst stammen.
Zunachst ist seine Spraehe weit weniger schlicht als die der zuletzt genann~ ten \Verkej sie hat sogar auf weiten Strecken die Eigentiimlichkeiten ausgesproehenen Ka.vy.a-Stils. Zum anderen wird hier eine Grundregel del' altindisehen Dramatik, nach der ein Stuck stets giinstig zu enden hat, missachtet. Das Stiick behandelt namlich den bekannten Keulenkampf zvvischen Duryodhana und Bhima, bei welchem dieserdem Erstgenannten den Oberschenkel zertriimmert. 6 1m Jahre 1968 haben indische Laienschauspieler den UrubllaJiga in Halle aufgefiihrt, und man konnte sich bei diesel' Gelegenheit davon iiberzeugen, dass der Tod Duryodhanas mitsamt der ihn begleitenden Reden genau den Eindruck hinterlasst, den gewohnlich eine - in der orthodoxen Dramaturgie verponte - Tragodie hervorruft.
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Sechs von den 13 Dramen behandeln Sujets aus dem Mahabharata. In ihnen wie auch in seinen sonstigen Werken zeigt sich der Dichter als frommer, ja gliihender Vi~lfuit. Da ist zunachst das PaiicaratTa, das Drama von den "fiinf Nachten", zu nennen. 4 Es umfasst drei Akte und ist vom Typ Samavakara. Der Stoff ist dem vierten Parvan des Mahabharata entnommen. Duryodhana, das Haupt der Kaurava- Partei, ist verpflichtet, dem weisen DrOlfa einen Opferlohn zu geben. Dieser wiinscht zur Vermeidung des drohenden Verwandtenkrieges, Duryodhana moge den Palf<;lavas das halbe Konigreich abtreten. Diesel' berat sich mit den Seinen und stimmt zu - unter der Bedingung, dass man innerhalb von fiinf Nachten (daher der Name des Stiickes) den Aufenthaltsort der Palf<;lavas erfahren musse. DrOlfa willigt ein, doch sehr ungern: Damals war gerade die Verbannungszeit der PaJf<;lavas, und es schien ausgeschlossen, innerhalb so kurzer Zeit etwas iiber deren Verbleib zu erfahren. Wider Erwarten gelingt dies trotz mannigfacher Schwierigkeiten dann doch. Nur einen einzigen Akt umfasst del' Nladhyamavyayoga. 5 Er verarbeitet einen Stoff aus dem Adiparvan des Mahabharata. Madhyama, "der Mittlere", ist hier der mittlere der Briider, also Bhima. Er totet den menschenfressenden Riesen Baka. Unter den Stiicken, die Sujets aus dem 1'\i[allabharata zum Inhalt haben, ragt in mehrfacher Hinsicht der Urubhanga ("Brueh des Schenkels") hervor.
Aus dem 1'\!Iahabharata entlehnt ist ferner del' Stoff des Glntotkacadllta ("Ghatotkaca als Bote"), eines Einakters vom Typ Vyayoga. Das Stiick ist lediglich eine simple Verherrlichung K~·~lfas. Interessanter ist der Kanfabhava, der inhaltlich dem Adiparvan entnommen wurde. Kanfa unterliegt durch einen Zauber des Rama dem Arjuna. In einer grof:\en Szene nimmt Indra dessen ';\Taffe an sich. Der Reihe der Einakter schlief:\t sich das Dutavak.ya an ("Die Botschaft"). Dieses Stiick ist vom Typ Vyayoga. Die Quelle ist das fiinfte Parvan des Mahabharata. Der gottliche K~~lfa ist zum Verbiindeten und Gesandten der Palf<;lavas geworden und erseheint als solcher beim Haupt der Gegenpartei, Duryodhana. Diesen diipiert er durch eine Anzahl zauberischer Verwandlungen: Er verkleinert und vergrof:\ert, ja er multipliziert sieh, so dass der ganze Raum voller K~'~lfas zu sein seheint. Unklar bleibt, wie man das auf del' Biihne gespielt haben will - wahrscheinlich hat man, unterstiitzt durch ein paar Zwisehenbemerkungen, alles Erforderliche der Phantasie der Zuschauer iiberlassen. Zwei Dramen Bhasas entnehmen ihre Stoffe dem RamayaJ.la: das Pratimana~a ka und das Abhigelmna~aka. Ersteres, das "Drama vom Bild", besteht aus sieben Akten und folgt den Kapiteln II und III des RamayaJ.la. Die epische Vorlage wird allerdings sehr frei gehandhabt und streckemveise in der Tendenz stark verandert. Ein Beispiel sind die Auseinandersetzungen zwischen Bharata und Kaikeyi, die von ersterem beschuldigt wird, aus egoistischem Streben Ramas Verbannung herbeigefiihrt zu haben. Bhasa bemiiht sich, Kaikeyis Verhalten in besseres Licht zu riicken und sie zu entlasten. 7 1m iibrigen hat das Stiick die Entfuhrung der Sita zum Gegenstand. Zu Beginn zieht diese, angetan mit einem Rindengewand, zusammen mit Rama und Lak~malfa in die \Valdeinsiedelei. 1m zweiten Akt durchbricht Bhasa wieder einmal das Reglement des altindischen Dramas: Er lasst die Zuschauer in ergreifender \Veise den Tod des Konigs Dasaratha erleben! Bharata weist den ihm angebotenen Thron zuriick und begibt sich zu Rama in den \Vald. Sitas Entfiihrung findet im fiinften und letzten Akt statt. Der Damonenfurst Ravalfa erscheint und gibt sich als Kenner
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Die dramatische Literatur
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des Manenopferrituals aus. Ein solches muss Rama abel' wegen des 'Todes seines Vaters durchfuhren. Ravalfa macht ihm weis, dass man dazu eine bestimmte Antilope aus dem Himalaya benotige. \Vahrend sie noch miteinander sprechen, lasst Ravalfa durch Zauberkraft eine solche Antilope vor Rama erscheinen, del' ihr sofort nachjagt. Ravar.ta benutzt nun Ramas Abwesenheit, um Slta zu entfuhren. Das Ablli~ekanata.ka ("Drama von del' Konigsweihe") ist in mancller Beziehung eine Fortsetzung des Pratimanataka. In sechs Akten stellt es Begebenheiten aus den Kapiteln IV bis VI des RamayalJa dar. Auch hier wird das Original merklich verandert; selbst Ravar.ta gewinnt an Sympathie. Und auch hier setzt sich Bhasa souveran uber die Regeln del' Dramengestaltung hinweg und lasst Valin auf del' Buhne sterben! Das Stuck beginnt mit del' Weihe des Sugrlva (vgl. dazu das Kapitel uber das RamayalJa) und endet mit dem Ordal del' Slta. In diesem Drama wird Rama bereits vollstandig theifiziert; Slta ihrerseits erfahrt eine Identifizierung mit del' Gottin Lak~ml.8 Alle bis hierher besprochenen Dramen Bhasas haben bestimmte Gemeinsamkeiten. Insgesamt gesehen - das gilt besonders fur die sich an das Mahabharata anlehnenden Werke - , gehoren sie einer fruhen Schaffensperiode an. Alle verwerten sie epische Stoffe. Die Sprache ist ganz odeI' uberwiegend Sanskrit, und del' Vidi.i~aka fehlt. Ganz andel's liegen die Dinge bei Bhasas ubrigen Werken. Da ist zunachst das Balacarita, eine Jugendgeschichte des K~'~lfa, zu nennen. 9 Das Stuck umfasst fUnf Akte und beinhaltet die Siege des jugendlichen K~~r.ta uber die Diimonen. Del' Kampf mit Karnsa wird - den Gesetzen des altindischen Dramas zuwiderhandelnd - auf del' BlUme dargestellt. Drei marchenhafte Zuge aufweisende Liebesgeschichten werden zum ·Wertvollsten gezahlt, was Bhasa geschaffen hat. Del' Stoff des A vimaraka ("AviToter" ), eines Dramas in sechs Akten, ist aus GUlfa<;lhyas Hrhatkatha hergeleitet. Del' Titelheld, ein Prinz, ist durch einen Fluch in einen "Hundeesser", das heiBt einen Angehorigen del' am tiefsten verachteten Kaste, verwandelt worden. Da gewahrt er, wie die Prinzessin Kurairgl von einem wutenden Elefanten bedroht wird. Es gelingt ihm, ihr das Leben zu retten. Beide gewinnen einander innig lieb. Doch konnen sie sich nach Lage del' Dinge nur in au£erster HeimJichkeit treffen. Schlie£lich wird dies doch bekannt, und Avimaraka muss fliehen. Voller Verzweiflung will er sich in einen brennenden \Vald sturzen, abel' Agni bewirkt, dass ihm die Flammen nichts anhaben. Zu seinem Gluck gewinnt er einen Ring, del' seinen Trager unsichtbar macht. Nun kann er sich Kurallg1 wieder nahern - keinen Augenblick zu frlih, denn sie war gerade dabei, sich aus Kummer zu erhangen. Del' \Veise Narada erbarmt sich del' beiden und lost den auf dem Prinzen lastenden Zauber. Beide konnen sich nun fUr immer angehoren. lO Das Stuck ist stellenweise sehr kunstvoll in ausgesprochenem
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Kavya-Stil gestaltet. vVesentlich interessanter ist Bhasas Prakaralfa Pratijiiayaugandharaya.lfa ("Yaugandharayalfas Versprechen"). Del' Vierakter ist ein bewegtes politisches Stuck, in welchem also nlti und nicht kama, wie im A vimaraka, dominiert. Yaugandharayar.ta ist Minister des Vatsa- Konigs Udayana. Dessen Feind, del' Konig Maha.sena von Ujjayinl, hatte gegen ihn einen kunstlichen Elefanten eine Art Trojanisches Pferd - ausgesandt, und so war Udayana in die Gefangenschaft des Mahasena geraten. Del' treue Minister Yaugandharayar.ta gab nun das Versprechen (daher del' Werktitel) ab, seinen Herrn unter allen Umstanden zu befreien. Dabei machte er sich den Umstand zunutze, dass Mahasenas Tochtel' Vasavadatta von Udayana Musikunterricht erhielt. Mit ihrer Hilfe gelingt es Yaugandhara.yalfa, ihm zur Flucht zu verhelfen. Allerdings erleidet del' Minister dabei einen Sto£ durch den Zahn eines Elefanten und wird selbst gefangen. Del' Konflikt mit dem Minister des Ma.hasena, Bharatarohaka, bildet einen wesentlichen Bestandteil des Dramas. Schlie£lich siegt abel' die Verstandigung: Yaugandharayalfa wird aus del' Gefangenschaft entlassen; Mahasena begnadigt seine Tochter; Vasavadatta und Udayana heiraten. Del' Schluss ist allerdings in seiner gunstigen Losung etwas zu rasch und gewaltsam. l l Das Drama Svapnavasava.datta ("Vasavadatta im Traum") ist mit Recht das beruhmteste Werk Bhasas. 12 Es kann als eine Art Fortsetzung des Pratijiiayaugandharayalfa aufgefasst werden und liegt offenbar wie dieses Drama in einer malabarischen (d.h. sudwestindischen) Bearbeitung vor. Das Schauspiel umfasst sechs Akte und hat ebenfalls die Politik zum Inhalt. Doch ist Erotik in so starkem Ma£e 111itbeteiligt, dass man uber die Zuordnung des vVerkes zu Nlti odeI' Kama streiten kann. \Vir hatten erfahren, dass Konig Udayana nach vielen Gefahren die Ehe mit Vasavadatta hatte schlie£en konnen. Abel' sein Minister Yaugandharayar.ta hiilt es aus politischen Grunden fUr erforderlich, dass sein Herr noeh eine zweite Ehe schlie£t, und zwar mit del' Schwester des Konigs von Magadha, namens Padmavatl. Udayana abel' liebt Vasavadatta innig und lehnt den Gedanken an eine Zweitvermahlung entschieden abo Da lasst Yaugandharayar.ta den Palast del' Konigin in Brand setzen. Er hatte sie heimlich von del' Notwendigkeit einer Zweitehe des Konigs zu uberzeugen gewusst und sie fUr seinen Plan gewonnen. Nun lasst er mit Erfolg das Gerucht verbreiten, er selbst sei bei einem Rettungsversuch zusammen mit del' Konigin ein Opfer del' Flammen geworden. In Wahrheit begibt er sich mit Vasavadatta, die er als seine Schwester ausgibt, zu Padmavatl, mit del' sie sich anfreundet. Udayana muss nun denken, dass Vasavadatta und Yaugandharayar.ta tatsachlich bei dem Brand ums Leben gekommen sind. So fasst er im Laufe del' Zeit den Entschluss, mit Padma.vatl die Ehe einzugehen. Vasavadatta legt diesem Vorgehen kein Hindernis in den Weg; nicht, weil sie sich nicht gramt, sondern aus einer Art PflichtgefUhl heraus. Nach del' Hochzeit, bei del' del' Vidi.i~aka
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
Die dramatische Literatur
eine hiibsche Szene hat, die natiirlich dem (zu) reichlich genossenen Essen gilt, belauschen PadmavatT und Vasavadatta den immer noch um die letztere tranemden Konig. Dann folgt die entscheidende und titelgebende Szene. PadmavatT ist durch Kopfschmerzen betWigerig geworden, und Vasavada.tta will ihr einen Krankenbesuch abstatten. Aber PadmavatT hatte das Zimmer inzwischen verlassen und der Konig sich darin eingefunden. 1m Halbschlaf spricht er mit ihr und glaubt nach dem Erwachen, sie im Traum gesehen zu haben. Nach einigen weiteren Verwicklungen halten Yaugandharaymfa und Vasavadatta die Zeit fiir gekommen, sich zu erkennen zu geben. Seine immerhin betra.chtliche Dreistigkeit und List motiviert der Minister mit Staatsinteresse, dem sich - wie in Staatslehrbiichem verschiedentlich gefordert - auch der Konig unterzuOl'dnen habe. \Vas aber speziell die Leistung Bhasas betrifft, so verdient hervorgehoben zu werden, dass sie weit iiber der Version der Geschichte steht, wie sie im Katl1asaritsagaxa vorkommt. Leider ist das Stiick in Europa lange Zeit nicht richtig verstanden und entsprechend gewiirdigt worden. Man nahm, in zeitbedingter Priiderie befangen, AnstoJ3 an dem nichtmonogamen Ausgang des Dramas. Natiirlich lag darin eine griindliche Verkennung der Historizitiit der Monogamie wie der gesellschaftlichen Verhiiltnisse im alten 1ndien iiberhaupt.
Die ersten vier Akte der l\!I~'ccllakatika entsprechen nun Bhasas Daridracamdatta. Die beiden Versionen sind von einer Ahnlichkeit, wie Rezensionen sie aufzuweisen pflegen. Das gegenseitige Verhiiltnis der beiden Texte ist nunmehr aufgekliirt. 14 Es ist siclrer, dass Daridracamdatta nicht etwa eine Kiirzung der A1,fccllakatika ist. Die Dinge liegen vielmehr umgekehrt: Sudraka hat Daridracarudatta als Vorlage benutzt und weiter ausgefiihrt. Aus der Vorlage ist ein Drama von zehn Akten geworden. 15 Einige Anzeichen lassen vermuten, dass der Verfasser in der Tat keiner hochstehenden Kaste angehorte, sondem ein Sudra gewesen sein konnte. Ein solcher konnte durchaus auch Konig sein. Auffallend ist, dass, obwohl das Eingangsgebet an Siva gerichtet ist, der achte Akt deutlich buddhistischen Einfluss zeigt, den ein brahmanischer Autor kaum zugelassen hiitte. Auch die Sprache - und dies gilt nicht nur fiir das Sanskrit, sondem auch fUr die Pra.lqt-Dia.lekte - ist in keinem besonders guten Zustand. Bestimmte Abweichungen yom dramaturgischen Standard sind ebenfalls unverkennbar.
Fragmentarisch ist das Drama Daridracamda.tta, das SUick yom "armen Carudatta" .13 Hiervon sind nur vier Akte vorhanden. \Vir werden darauf sogleich bei der Besprechung der lVI.fccl1aka.tika zuriickkommen.
Da ist zuniichst der Held, Carudatta, ein einst wohlhabender, durch iibersteigerte \Vohltiitigkeit nunmehr aber verarmter Kaufnlann. Sein Edelmut, sein fiir unsere Begriffe allerdings zu weit getriebener Altruismus verleihen im Verein mit den Eigenschaften der Heldin dem Stiick eine eigenartige Zartheit. Die Heldin, Vasantasena, ist eine vomehme, gebildete Hetiire, die mitunter sogar Sanskrit spricht. 1hr Beruf hatte fiir die damalige Zeit nichts AnstoJ3iges, war im Gegenteil fiir einen Dichter der geeignete Rahmen, um die Selbstverwirklichung der Frau darstellen zu konnen. Ein PrakaraJ)a bot dazu auch die Moglichkeit in dramaturgischer Hinsicht.
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\Vann alle diese \Verke verfasst worden sind, ist eine offene Frage. Mit Slcherheit kann man nur die sehr allgemeine Behauptung aufstellen, dass sie zwischen der Lebenszeit des Asvaghoi?a und der des Kalidasa entstanden sein miissen. Zumal fiir die absolute Datierung will dies also nicht allzuviel besagen. Man glaubt festgestellt zu haben, dass die Sprache Bhasas eher der Kalidasas als Asvaghoi?as iihnelt. Also scheint es gerechtfertigt, Bhasa zeitlich nicht zu weit vor Kalidasa einzurangieren. Dies und noch einige andere Gesichtspunkte beriicksichtigend, wird man die Entstehungszeit der Drml1en Bhasas mit aller Vorsicht auf etwa 300 n. ChI. ansetzen diirfen. Aus der Zeit VOl' Kalidasa (auch dies kann schon wieder nur mit \Vahrscheinlichkeit, nicht mit Sicherheit gesagt werden) stammt noch ein Drama, und zwar ein ganz besonders bedeutendes: die M.fccl1akatika (auch: das 1\1.fccllakatika) das "irdene \Viigelchen". Bei uns ist das Stiick nach einer seiner Hauptpersonen auch unter dem Namen Vasantasena bekannt. Der Verfasser fiihrt den kennzeichnenden Namen Sudraka, das heiJ3t das "Sudralein". Er soll aber ein Konig gewesen sein. Aus der politischen Historie ist jedoch kein Konig dieses Narnens bekannt; auch durch 1nschriften oder Miinzen ist er nicht iiberliefert. Nur ganz legendenhaft horen wir iiber ihn, dass er ein sehr bewegtes Leben gefiihrt, ein Alter von iiber hundert Jahren erreicht, daIm aber Selbstmord durch den Feuertod begangen haben soll.
Es sind wohl diese Griinde, die verhinderten, dass die M,fccllakatika in 1ndien einen bedeutenden Ruf erlangte. Um so beachtlicher wurde ihr Ansehen im Abendland, und mit vollem Recht. Es lohnt sich, einige der handelnden Personen etwas niiher zu betrachten.
Carudatta ist verheiratet, dennoch besteht zwischen ihm und Vasantasena ein Liebesverhiiltnis. (Zur Einschiitzung desselben vergleiche man das S. 188 bei der Erorterung der Svapna.vasavadatta Gesagte.) Die Liebe Carudattas und Vasantasenas ist jedenfalls eine geliiuterte, ja ideale. Sie wird indessen durch zwei Umstiinde getriibt. Da ist einmal die Armut Carudattas, die mit der Lebensfiihrung einer wenn auch noch so ideal veranlagten Hetiire kontrastiert (man wird an die "Kameliendame" erinnert). Aus diesem Konfliktstoff geht auch der etwas abwegig wirkende Name des Stiickes hervor. Carudattas kleiner Solm spielt in einer Szene mit einem tonernen \Viigelchen, wiinscht sich aber die Spielkutsche aus Gold, wie sie der Nachbarjunge besitzt. Da kommt Vasantasena in die Szene, wird mit den Zeichen der Anl1ut ihres Geliebten kOl1frontiert und schenkt dem Jungen ihren Schmuck, damit er kiinftig mit einer Goldkutsche spielen kann. Eine viel groJ3ere Gefalu aber droht den beiden Liebenden von seiten des
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Schwagers des Konigs, Sari1sthanaka. Die EinfUhrung einer solchen typischen Figur in die dramatische Szenerie ist eine Meisterleistung des Dichters und bedeutet unendlich mehr als die buhnengerechte Ausschmuckung der Tugenden von Held und Heldin.
thront namlich den des~otischen Konig mitsamt seinem Anhang. Neuer Konig wird der bisherige Hirt Aryaka. 16 Vasantasena wird Carudattas Zweitgemahlin. Das Stuck lehrt, dass das Gluck des einzelnen nur gewahrleistet ist, wenn gerechte Verhaltnisse herrschen. Dieser realistische Standpunkt befahigt den Verfasser dazu, den Charakteren eine auBerordentliche Plastizitat zu verleihen und die Atmosphare seiner Zeit sehr genau einzufangen. In dieser Hinsicht erinnert die M~'cchakatjka vielfach an die volkstumliche Erzahlliteratur. Durch die Ausgewogenheit von gefuhlsbetonten Partien und schlagferti
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Salnsthanaka ist eine vielschichtige Personlichkeit. Gewiss ist er psychologisch von groBtem Interesse, abel' es hieBe dem Anliegen des Dichters nicht gerecht werden, wollte man es auf den Bereich del' Psychologie beschranken. Samsthanaka ist namlich auch und VOl' allem Brennspiegel eines gesellschaftlichen Verhaltnisses: des orientalischen Despotismus. Ein soldIer Despot ist in Ujjayinl, wo unser Stuck spielt, del' Konig Palaka. Nun haben sich die damaligen Despoten mit einem monogamen Leben selten zufriedengegeben. Es konnte nicht ausbleiben, dass zu del' Schar ihrer Frauen auch solche gehorten, die mit einer koniglichen 'Vurde nicht gerade harmonierten. Diese wiederum brachten ihre bis dahin im Dunkellebenden Verwandten an den Hof, etwa den Bruder - und damit haben wir den Typ des "Schwagers des Konigs". Bis dahin war Samsthanaka ein Nichts, einfach ein ungebildeter Flegel. Plotzlich ist er fast bis ins Zentrum del' Macht geruckt. Kein 'Vunder, dass ihm dies nicht bekommt. Er mochte gern den Eindruck von Kultiviertheit erwecken und gebraucht daher gern Zitate aus den Veden und Epen; dabei unterlaufen ihm aber die grobsten Missgriffe; er verwechselt beispielsweise Mahabharata und RamayaI}a und lasst etwa die Kuntl (statt Slta) von Ravalfa geraubt werden. Seine Albernheiten werden durch seine affektierte Aussprache noch unterstrichen: statt des s und des zerebralen 9 spricht er stets das palatale s. Dieser Emporkommling ist nun abel' mitnichten ein gemutlicher Neureich, der lebt und leben lasst, sondern ein Tyrann, dessen '''lestentaschenformat ihn nicht ungefahrlicher macht. Verblendet von seinem - ubrigens keineswegs unbeschrankten - Einfluss, zeigt er deutlich Tendenzen des GroBenwahns und ist insofern in den Bereich der Psychopathie zu verweisen. Indem der Dichter seine vernichtende Kritik auf ihn konzentriert, druckt er seine Opposition gegen die verabscheuungswurdigen Zuge des Despotismus und del' Tyrannei aus. In unserem Drama wird der Schwager des Konigs zum Rivalen und Feind des Carudatta: Er will seinerseits die schone Hetare Vasantasena besitzen. Seine unsagbar plumpen und eitlen Annaherungsversuche weist sie verachtungsvoll zuruck. Darau±nin zeigt er sein walu'es ordinares und brutales Wesen: Er uberfallt und wiirgt Vasantasena so lange, bis sie liegenbleibt. Salnsthanaka, del' sie fUr tot halt, bekommt es nun mit der Angst zu tun. Er beschuldigt seinerseits Carudatta der Untat und setzt es durch, dass ein Gerichtshof zusammentritt, der Carudatta zum Tode verurteilt. Die ins Leben zuruckgekehrte Vasantasena ist es, die ihn VOl' del' Hinrichtung rettet. Parallel mit diesem personlichen lauft aber auch ein politischer Konflikt, und der Autor versteht es, den ersteren in diesen eingebettet zu zeigen. Ein allgemeiner Aufstand ent-
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Anmerkungen Die legendiire Biographie des Asvagho~a ist wiedergegeben bei W. vVassiljew: Der Buddhismus (St. Petersburg 1860). Eine Studie liber das Leben des Dichters bietet auch B. C. Law: AsvagllO?a (Calcutta 1946). 2 Ausgabe des Sariputraprakaraqa von H. Lliders (Berlin 1911). 3 Uber Bhasa gibt es u.a. Studien von A. D. Pusalker: Bhasa, a Study (Lahore 1940, 2. Aufl. New Delhi 1967); M. Lindenau: Bhasa-Studien, ein Beitrag zur Geschichte des altindi-
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schen Dramas (Leipzig 1918). Gesamteditionen seiner Dramen gaben: T. Gai:tapati SastrI
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c) Die Bliitezeit des altindisehen Dramas
in den Trivandrum Sanskrit Series (1912-1915); C. R. Devadhar: Bhasana(akacakra (Poona 1937). Auf diese beiden KOlTipendien wird speziell fiir di: Faile verwiesen, ~n denen weiter unten gesonderte Literaturangaben nicht erfolgen. -
Ubersetzt wurden die
Dramen Bhasas von A. C. Woolner und L. Sarup: Thirteen Trivandrum Plays Attributed
to BMsa (2 Bde. London 1930/31). 4 ebersetzung des Paiicaratra von W. G. Urdhwareshe (Indore 1920). 5 ebersetzung des I\1adhyamavyayoga von E. P . .Janvier (Maisur 1921). 6 ebersetzung des Urubhanga von H. \Veller unter dem Tite!: Duryodllanas Ende (Tiibingen 19:33). 7 ebersetzung des Pratimana(:aka von K. R. Pisharoti im Quarterly .Journal of the Mythic Society, 11-13 (1920 ff.). 8 Italienische ebersetzung des Abhi'iekana(aka von E. Beccarini-Crescenzi in, Giornale della Societil America-Asiatica Italiana, 27 (1915).
9 Ausgabe und ebersetzung des Balacarita von S. R. Sehgal (Delhi 1961); Ausgabe auch von H. Weller (Leipzig 1922). ebersetzung: Die Abenteuer des Knaben Krischna (Leipzig 1922). 10 ebersetzung des Avimaraka von H. Weller (Leipzig 1924). 11 Ausgabe und lTbersetzung des Pratijiiayaugandharayana von S. Sharma (Delhi 1965). 12 Kritische Ausgabe der Svapnavasavadatta mit ebersetzung von C. R. Devadhar (2. Aufl., Poona 1928). Ubersetzung von H. Weller (Leipzig 1926) und von H . .Jacobi in der Internationalen Monatsschrift fUr vVissenschaft, Kunst und Technik, 7 (1913). Ausgabe und ebersetzung mit einer umfangreichen Einleitung von M. R. Kale (5. Aufl., Bombay
1961). 13 Ausgabe des Daridracarudatta von C. R. Devadhar (Poona 1939). 14 Vgl. hierzu die griindliche Untersuchung von G. Morgenstierne: Uber das Verhaltnis zwi-
schen Carudatta und Mfcc11akatikfi (Leipzig 1921). 15 Editio princeps der Mfcchaka(ika von A. F. Stenzler (Bonn 1847); spatere Ausgaben von N. B. Godabole in den Bombay Sanskrit Series, 52 (1896) und von M. R. Kale (Delhi 1982). Zahlreich sind die Ubersetzungen dieses beriihmten \Verkes. vVissenschaftlichphilologisch orientiert ist die ebersetzung von O. Biihtlingk (St. Petersburg 1877). An sie schlieBt sich die popuHirere Arbeit von L. Fritze an (Chemnitz 1879). Eine fiir die Biihne geeignete und dabei doch recht genaue ebersetzung gab H. C.' Kellner: Vasantasena (RUB, Nr. 3111/12, Leipzig 1894). Reich annotierte englische Ubersetzung von A. W. Ryder als Bd. IX der Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.] 1905). Russische ebersetzung von V. S. Vorobev-Desjatovskij (Moskau 1956). Die 1\1fCchaka(ika wurde ferner von .J. A. B. van Buitenen in einem Sammelband iibersetzt: Two Plays of Ancient India. The Little Clay Cart and The Minister's Seal (Delhi 1971). Studien von W. Ruben: The M~'cchakatikam,Its Folkloristic and Political Interpretation (Oriens I, 1, Leiden
1948) und von Prakaschandra Chakrabarti (Delhi 1999). 16 Es ist gerade diese politische Handlung, die in Bhasas Daridracarudatta ganz fehlt.
Die Zeit. in del' di~ altindisehe Dramatik ihren Gipfelpunkt erreieht, wird dureh die iiber~'agende Diehterpersonliehkeit des Kalidasa markiert. 'Vie schon in del' Kunstepik und del' Lyrik, so ist es aueh in del' Dramatik wiederum Kalidasa, dessen vVerke die hoehste Anerkennung verdienen. In Indien gilt diese Auffassung von alters her, und sie hat sieh von dart auf die friihe europa.isehe Indologie vererbt. 'Vas die Tiefe del' Gedanken, die Vornehmheit der Gesinnung, die Ausdruekskraft und gleiehzeitig Zartheit des Stils, kurz das eigentliehe diehterisehe Element betrifft, so stimmen wir diesem Urteil aueh heute noeh vollinhaltlieh zu. Die Verbindung mit gesellsehaftliehen Problemen ist in Stiicken wie dem Mudrarak,?asa odeI' del' A1J;ccha.katika jedoeh starker ausgepragt. 1 Von den Dramen Kalidasas gehort das Malavikagllimitra 2 naeh del' iiblichen Auffassung nieht an die Spitze seiner vVerke; eventuell ist es sein friihestes Drama. doeh ist dies nieht sieher. 1m wesentliehen ist die Handlung die Erfindung d~s Diehters; historiseh ist indessen die Titelfigur, del' Konig Agnimitra, del' ein Solm des Begriinders del' SUl1ga-Dynastie, Pu~yamitra, war und im 2. Jahrhundert v. Chr. gelebt hat. J'v1alavikagllimitra ist ein Hofintrigenstiick nlit komodienhaften Ziigen, die jedoeh nieht iiberwiegen. Es umfasst flinf Akte. Konig Agnimitra hat zwei Gattinnen: Dharil,ll als die altere, Iravatl als die jiingere. Zofe bei Dharil,ll ist Ma:lavika:, und in diese verliebt sich del' Konig. Die beiden Frauen geraten dariiber in Zorn, und Dha:Til,l1 lasst Malavika:. einsperren. Del' Vidu~aka verhilft den Liebenden zu einem Rendezvous. Doeh eine vVende tritt erst ein, als Dharil,lls Solm iiber au£ere Feinde siegt. Das erfreut seine Mutter so, dass sie sehlie£lich dem Heiratsplan des Konigs zustimmt. Malavika stellt sieh nunmehr in 'Vahrheit als eine Prinzessin heraus und wird des Konigs dritte Frau. Das 'Vihamorvaslya3 behandelt die beriihmte Legende von Pururavas und Urvasl (vgl. dazu S. 23). Ka:lidasa konnte daflir auf zahlreiche Stellen zuriiekgreifen: ~gveda X, 95; Satapa.tha-Brahmal,la XI, 5, 1; Vi~l,lU-Pural,la IV, 6; Bhagavata-PUral,la IX, 14; Matsya-Pural,la XXIV; HarivmTIsa X, 26. Seine Fassung gleieht am ehesten del' des Matsya.-Pmal,la. Man unterseheidet eine siidliehe und eine nordliehe Rezension, die relativ stark voneinander abweiehen. Die Handlung ist bei Kalida:sa kurz die folgende: Del' irdisehe Konig Pururavas und die himmlisehe Nymphe Urvasllieben einander. Indra gestattet Urvasl, mit Pururavas auf del' Erde zu leben, doeh muss sie in den Himmel zuriiekkehren, wenn del' Konig seinen dereinst von ihr zu gebarenden Solm zu sehen bekommt. Nun gesehieht es, dass Urvasl einmal einen verbotenen Hain betritt, warauf sie in eine Liane verwandelt _vird. Untrostlieh irrt del' Konig auf del' Suehe naeh ihr umher und fragt den Pfau, den Kuekuek, den Flan'lingo und so weiter naeh ihrem Verbleib. Sehlie£lieh findet er einen magisehen sehwarzen Stein, mit des-
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sen Hilfe ihm die Wiedervereinigung mit Urvasl gelingt. Ein Sohn wird ihm geboren, doeh wiI'd ihm dessen Existenz verheimlieht. Einmal findet del' Konig ihn abel' doeh auf, so dass aIle Voraussetzungen fUr ein tragisehes Ende gegeben sind. Doeh Kalidasa befolgt die Regeln des klassisehen Dramas strenger als etwa Bhasa: Del' so oft als Deus ex maehina auftretende Weise Narada uberbringt von Indra die Naehrieht, Pururavas salle den Gottern bei ihrem Kampf gegen die Diimonen beistehen. Das gesehieht, und nun darf er weiter mit Urvasl zusammenleben. - In das fUnfaktige Stuck ist im vierten Akt ein umfa.ngreiehes Singspiel eingelagert. Weitaus an del' Spitze del' Dramen Kalidasas abel' steht die beruhmte Sakuntala, die aueh unter dem Namen Abllijiianasakuntala ("Erkennungszeichen del' Sakuntala") geht. Del' einheimisehen Tradition gilt dieses Werk als das bedeutendste indisehe Drama uberhaupt (wobei man sieh besonders auf den vierten Akt bezieht). Del' gro:Bartige Aufsehwung del' Sanskrit-Studien in Europa gegen Ende des 18. Jahrhunderts ist nieht zuletzt darauf zuruekzufUhren, dass gerade die Sakuntala als eines del' ersten indisehen Werke damals bekannt wurde. Schon 1789 wurde sie von \tVilliam Jones ins Englisehe und 1791 von Georg Forster aus dem Englisehen ins Deutsche ubersetzt. Herder und Goethe waren von ihr begeistert, und del' letztere widmete ihr 1791 die folgenden beruhmten Zeilen:
ihr mein Herz abzuwenden. Heiliger Gatt mit del' Blumenwaffe! Dir und dem Mond, eueh sollte man doeh eigentlieh Vertrauen sehenken durfen, und-doeh fuhrt aueh ihr den Trossverliebter Leute hinters Licht. Inwiefern? Dass Blumen deine Waffen, dass kalt des Mondes Strahlen sein sollen, das erweist sieh bei Leuten meines Sehlages als falseh; entsendet doeh in seinen durehkiilteten Strahlen del' Mond mil' grimmes Feuer, und demanthart sind die Blumenpfeile, die du versehie:Best. Das Opfer ist vollbraeht, die Opfergemeinde hat mieh entlassen. Ich fUhle mieh von del' Arbeit erschopft. \tVo, aeh wo finde ieh Erquiekung? Gibt es denn wirklieh fur mieh eine andere Zuflueht als del' Geliebten Antlitz? Ieh will jetzt sie suehen. Die gluhend hei:Ben Tagesstunden verbringt Sakuntala mit ihren Freundinnen zumeist an den Ufern del' Malini und in deren rankenumwaehsenen Gehegen. Dahin, dahin will ieh jetzt gehen. Aeh, an diesel' Stelle weht ein erquiekender Lufthaueh! Staubregen aus dem Gewoge del' Maiini und Dufte von den Tagesbluten des Lotus fUhrt hier del' 'Wind mit sieh. Ihn darf ieh innig drueken an meine Glieder, die del' Liebesgott, del' gliederlose, verbrannt hat. Da ist eine Lianenlaube, die von Sehilfrohr eingefriedet ist. Hier muss sie sein mit ihrer holden Gegenwart. Ganz gewiss. Denn hier erseheint im gelben Sand eine ganze Reihe friseher Fu:Bstapfen; sie sind naeh vorn emporgeriehtet, naeh hinten zu abel' infolge des Gewiehtes del' Huften eingesenkt. Ieh will einmal dureh das Gestriiueh spiihen. 0 Wonne! Ieh habe gewonnen meiner Augen Seligkeit. Da ist meine Herzallerliebste; da liegt sie hingestreekt auf blumenbestreuter Felsenplatte; ihr zur Seite sitzen die beiden Freundinnen. \Vohlan! Ieh will doeh del' Miidehen trauliehe Unterredung anhoren.
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Will ieh die Blumen des fruhen, die Fruehte des spiiteren Jahres, will ieh, was reizt und entzuekt, will ieh, was siittigt und niihrt, will ieh den Himmel, die Erde, mit einem Namen begreifen, nenn ieh, Sakontala, dieh, und so ist alles gesagt. Die ,5almntala liegt in fUnf Rezensionen VOl'. Die wiehtigsten davon sind die bengalisehe4 und die zentralindisehe, die aueh Devanagarl-Rezension genannt wird. 5 Die restliehen Rezensionen stammen aus Kashmir 6 , Sudindien 7 und Mithilas . Zur Kritik diesel' Texte hat es lebhafte Kontroversen gegeben. 9 Das Ergebnis ist insofern unbefriedigend, als sieh die Rekonstruktion eines Urtextes als unmoglieh herausgestellt hat und sieh aueh nieht mit Sieherheit sagen Hisst, ob sieh die bengalisehe odeI' die zentralindisehe Rezension niiher an eine Urfassung ansehlie:Bt. 1o Die stoffiiehe Grundlage des sieben AIde umfassenden Stuekes ist eine im Mahabharata (I, 62-69) sowie im Svargakhm:J.(;la des Padma-PuralJ.a vorkommende Legende. Auf del' Jagd kommt del' Konig Du~yanta in die Einsiedeleides Asketen Kalfva. Dort lebt aueh dessen Pflegetoehter Sakuntala, die von dem Weisen Visvamitra abstammt. Del' Konig verliebt sieh sogleieh in das Miidehen. Ieh kenne del' Bu:Be Kraft, bewusst ist mil', dass dieses Miidehen nieht frei uber sieh verfUgt, und doeh bin ieh nieht imstande, von
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(Monolog des Konigs, Sakuntala III, 1; Ubers.: Hermann Camillo Kellner) Sakuntala erwidert Du~yantas Liebe, und alsbald heiraten die beiden naeh dem sogenannten Gandharvenritus, das hei:Bt ohne weitere Formliehkeit. Del' Konig muss sodann in seine Residenz zuruekkehren und iibergibt Sakuntala als Unterpfand seinen Ring. Einige Zeit danaeh erseheint als Gast del' Asket Durvasas in del' Einsiedelei. Da ihm Sakuntala es an Aufmerksamkeit fehlen zu lassen seheint, sprieht er uber sie den Flueh aus, dass del' Konig sie vel'gessen salle. Ais sieh Sakuntala sehwanger fuhlt, begibt sie sieh zum Konig, verliert abel' untel'wegs den erwiihnten Ring, so dass del' Konig sie nieht wiedererkennt. Ihre Mutter Menaka, eine Nymphengestalt, nimmt sie daraufhin zu sieh in den Himmel, wo sie einem Sohn das Leben sehenkt. Inzwisehen hat ein Fischer im Bauch eines Fisehes den besagten Ring gefunden und bringt ihn dem Konig. Diesel' erkennt nun den Zusammenhang. Ais el' den Asketen J\tlariea auf dem Berg He-
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makuta besucht, spielt dort ein Knabe mit einem Lowen. Nun kliirt sich auch der Rest des Geschehens, und alles findet zu einem guten Schluss.
9. Jahrhundert, K. T. Telang das 7. Jahrhundert. Nach A. Hillebrandt war Visakhadatta ein Zeitgenosse von Candragupta II. Wenn sie auch nicht mit Ietzter SicherheiLbeweisbar ist, so hat doch die Ansicht VV. Morgenroths, 1'10nach Visakhadatta zur Zeit des Kalidasa gelebt haben konnte und vielleicht etwas junger als dieser war, aus synoptisch-literaturgeschichtlichen Grunden viel fur sich.
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Es hat nicht an Versuchen gefehlt, dieses beriihmteste indische Drama flir die europiiische Biihne zu bearbeiten. Die vorgenomn1enen Eingriffe erwiesen sich jedoch meist als zu stark (A. v. Wolzogen in RUB, Nr. 1209; M. Moller 1903). Moller versuchte, das Stuck zu "entmythologisieren", wurde damit der indischen Vorlage und ihrem Geist aber nicht mehr gerecht. Die beste Bearbeitung, die dem Original am treuesten folgt und dennoch buhnenmii£ig darstellbar ist, stammt von 1. v. Schroeder. Auch flir das Ballett hat man die Sakuntala einzurichten versuchtY Zu den klassischen indischen Dramen ziihlt ferner MudTaTak9asa ("Des Kanzlers Siegelring") von Visakhadatta, von dem nur dieses eine Stuck bekannt ist. 12 Dieses sieben Akte umfassende Stuck hat manche Beruhrungspunkte mit der M~'Cchakatika und mehr noch mit dem T'antTakhyayika, denn hier bildet die Losung eines politischen Konflikts das ausschlieBliche Thema. Obwohl die Handlung im einzelnen frei erfunden ist, lehnt sie sich doch an bestimmte historische Personlichkeiten und Geschehnisse an, niimlich an den Machtwechsel von der Nanda- zur Maurya-Dynastie im 4. Jahrhundert v. Chr. Das Drama will als politische Morallehren, dass geschickte Diplomatie besser als ein Krieg die Probleme lost. Frauen spielen bezeichnenderweise in diesem Stuck eine ganz untergeordnete Rolle. Der Gang der Handlung ist kurz folgender: Der Staatskanzler Ca1.lakya wurde vorn Nanda-Konig beleidigt und aus seinem Amt vertrieben. Ca1.lakya tat daraufhin das Geliibde, die Schmach zu riichen, die Nanda- Dynastie zu vernichten und seinen Schutzling Candragupta, einen Nanda-Spross aus einer entfernten Verwandtschaftslinie, auf den Thron zu setzen. Durch Allianzen mit feindlichen Nachbarn gelang es ihm, ein Heer zusammenzubringen, das die Nanda- Hauptstadt Pataliputra eroberte. Hier setzen nun die Intrigen Ca1.lakyas ein. Dem Nanda-Kanzler Rak~asa war es niimlich gelungen, in die Berge zu fliehen, von 1'10 er die Ruckgewinnung der Macht vorbereitete. Ein Heer sammelt sich; die Hauptstadt ist bedroht. Ca1.lakyas Plan besteht nun nicht einfach darin, Rak~asa zu vernichten. Er geht viel kluger vor: Rak~asa gilt als iiu£erst fahiger, kluger und dabei treuer Staatsmann, daher soll er nicht vernichtet, sondern flir Candragupta gewonnen werden. Dadurch erstrebt Cal.lakya als echter Brahmane flir sich die Moglichkeit, nach Erfiillung seines Schwurs seinem Herren einen treuen Kanzler zu verschaffen und sich selbst als Asket zur Gewinnung der Erlosung in den vVald zu begeben. 'Vie er dies Ziel mittels einer Vielzahl iiu£erst fein gesponnener Intrigen - gegenuber denen die in Schillers Kabale und Liebe dargestellten verblassen - erreicht, schildert der spannende Handlungsablauf. Die Zeit der Entstehung des Mudrarak~asa ist ungewiss. Ch. Lassen vermutete das 10. JahrhunderL H. Jacobi aufgrund astronomischer Fakten das
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Drei Dramen sollen von Gro£konig Harp, der von 606 bis 647 regierte, verfasst worden sein.B Die Autorschaft ist fruher angezweifelt worden ~ die wahren Verfasser hiitten den Konig mit der Nennung seines Namens ehren wollen - , wird aber jetzt doch ziemlich allgemein anerkannt.Zwei dieser Dramen befassen sich mit dem Konig Udayana, der schon bei Bhasa vorkommt (was Har~a nicht gewusst zu haben scheint). RatnavalT, eine Natika in vier Alden, ist nach der Titelheldin benannt. 14 Diese ist unter dem Namen Sagarika als Zofe der Konigin Vasavadatta tiitig. Der Konig lernt sie bei einem Fruhlingsfest niiher kennen und verliebt sich in sie, '''las die Konigin maBlos erbittert. Dann stellt sich jedoch heraus, dass die Zofe in 'Virklichkeit eine schiffbr~chige Prinzessin aus Ceylon ist, und nun wird es Udayana gestattet, sie zur Nebengernahlin zu nehmen. Die Namensgebung der vieraktigen PTiyadadika erfolgte ebenfalls nach der Titelheldin. 15 Diese Natika hat eine iihnliche Thernatik wie die vorangegangene. Priyadarsika ist eine Tochter des Konigs D~'<;lhavarman und wurde Begleiterin der Konigin Vasavadatta. Sie und Konig Udayana entdecken ihre Liebe zueinander - die Konigin entdeckt sie allerdings auch und liisst Priyadarsika ins Gefiingnis werfen. Spiiter aber erfiihrt Vasavadatta, dass Priyadarsika die Tochter eines Verwandten ist und somit nicht als veriichtliche Fremde zu gelten hat, so dass auch dieses Stiick ein gluckliches Ende nimmt. Uber die etwas bescheidene Fabel hinaus ist es aber dadurch bemerkenswert, dass wir hier -als Parallele zu der uns bereits bekannten Schachtelerziihlung - den ersten Fall eines "Schachteldramas" vor uns haben: Akt III ist nichts anderes als ein solches "Spiel im Spiel". Weitaus das bedeutendste Drama Har~as ist der Nagananda ("Die Schlangenwonne") .16 Das Stuck besteht aus funf Akten, die stoffiich in drei sehr verschiedenartige Teile zerfallen. Die ersten drei AIde schildern, wie der Geisterprinz Jlmutavahana die Prinzessin MaIayavatl zur Frau gewinnt. Das bis dahin zarte und verhaltene Stuck gewinnt im dritten Akt einen giinzlich neuen Akzent: Es wird eine ausgelassene Hochzeit gefeiert, wobei ein betrunkener vi~a (vgl. S. 181) auftritt. Die beiden letzten Akte haben wieder ganz anders geartete, niimlich buddhistische Zuge. Der Geisterprinz findet einen Haufen Knochen und stellt fest, dass diese von Schlangen herruhren. Er bringt in Erfahrung, dass der Schlangenherrscher mit seinem Erzfeind, dem Vogel Garu<;la, einen Vertrag geschlossen hat: Damit der Vogel nicht samtliche Schlangen ausrottet, wird ihm
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tiiglich eine Schlange zum FraB priisentiert. Jlmutavahana erlebt voller Entsetzen, wie das nachste Opfer herangeschleppt wird, und beschlieBt, sich an dessen Stelle selbst zu opfern. Alsbald packt ihn del' Raubvogel und zerreiBt ihn, bemerkt aber dann seinen Irrtum und will ihn durch Selbstverbrennung suhnen. Jimutava,hana, der noch sprechen kann, uberzeugt ihn von der Sinnlosigkeit des Freitodes und belehrt ihn ganz wie ein Anhiinger des Mahayana-Buddhismus liber das Gebot, kein Lebewesen zu toten.
dabei mutterlichen Art hilft sie aIle Schwierigkeiten zu uberwinden. SchlieBlich kann das Paar heiraten. - Bei aller Verhaltenheit der Kritik ist Bhavabhutis Anklage gegen Despotemvillkur und Gunstlingswirtscha.ft am Hofe unubersehbar. Der Dichter erweist sich in diesem Stlick als ein Mann, der die \Velt und das Leben, nicht zuletzt auch die Liebe kennt und den im Drama so ergreifend dargestel1ten Liebeskummer sicherlich selbst einmal gespurt hat. Aber der Dichter liebt auch die Kontraste. So zeichnet er im fUnften Akt ein grausiges Bild der vielarmigen, schlangenumwundenen Gottin CamuJ:.lqa, einer Form der Durga, ein Bild, dessen Schrecknisse die der Walpurgisnacht aus dem Faust in den Schatten stellen.
Jedoch nicht Har~a gilt als groBter Dramatiker nach Kalidasa, sondern diese Elue wird mit Recht dem Bhavabhuti zuerkannt. 17 Von ihm wissen wir, dass er in del' ersten Hiilfte des 8. Jahrhunderts am Hofe des Konigs Yasovarman von Kanauj lebte. Er war von brahmanischer Abkunft, ~war offenbar ein uberaus welterfahrener, kultivierter Mann und besaB eine hohe Bildung. Als Mensch muss er sehr ernst gewesen sein, denn nach Humor wird man in seinen Werken vergeblich suchen. Bhavabhutis Stucke ragen durch kunstvolle Sprache hervor; sie ist streckenweise so schwierig, dass sie nur einem esoterischen Publikum verstiindlich gewesen sein kann. Uberhaupt gleichen seine Werke eher Erziihlungen, als dass sie sich gut fUr die BUlme eignen wurden. Dabei gelingt es ihm aber in hervorragender Weise, Emotionen, Heroismus und Pathos zu gestalten. Bhavabhuti hat drei Dramen verfasst; zwei von ihnen behandeln Stoffe aus dem RamayaI;1a. Das Mahavlracarita ist ein umgestalteter Auszug aus den Kandas I bis VI und schildert in sieben Akten. meistens in Form erziihlender' Dialoge, die Schicksale Ramas und Sitas bi~ zur Heimkehr aus Lanka. 18 Der Grundton des Stuckes ist heldisch. Das ebenfalls sieben Akte umfassende Uttararamacarita bildet gewissermaHen seine Fortsetzung. 19 Es bezieht sich auf KaJ:.lqa VII des Ramaya,l;Ia und schildert die Liebe des beruhmten Paares, dann aber die VerstoBung Sitas durch Rama. Den Originalstoff hat der Dichter teilweise stark abgewandelt. Neu ist etwa Ramas Zusammentreffen mit der Waldgottheit Vasanti; er sieht - wieder in der Form des Schachteldramas ein Schauspiel von Elfen, das Sitas Unschuld darlegt. Die Sprache ist in diesem Stuck besonders kunstvoll; die Gefuhle sind pathetisch, auf die Erweckung von Mitleid abgestimmt. Als bedeutendstes Drama Bhavabhutis aber gilt Malatlmadhava, ein Prakaral).a in zehn Akten. 20 Der Stoff, eine Liebesgeschichte, ist augenscheinlich von dem Dichter selbst erfunden worden: Malati, die Tochter eines Ministers, und der Ministerssohn Madhava lieben einander, und beider Eltern billigen und unterstutzen dieses Verhaltnis (insofern ist der Vergleich, den man zwischen Malatlmadllava und Romeo und Julia gezogen hat, unzutreffend). Aber der Konig wunscht eine Ehe zwischen Malatl und seinem Gunstling Nandana. Bei der Losung dieses Konflikts spielt die eigentliche Heldin des Stuckes, die buddhistische Nonne Kamandaki, eine entscheidende Rolle. Immer wieder ermutigt sie die Liebenden; in ihrer so gar nicht nonnenhaften, sondern sehr weltklugen und
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Anmerkungen 1 Vgl. zuniichst S. 170, Anal. 1. Insbesondere wird auf G. Ruth: Die Zeit des Kalidasa (Berlin 1890) verwiesen, auJ3erdem vgl. N. M. Ivanova: Kalidasa. Bio-bibliograficeskij ukazatel' (Moskau 1957); V. Raghavan: Bibliography of Translations of IGlidasas Works (Indian Literature, XI, 1968). Das IGlidasa-Lexicon von A. Scharpe enth~lt in Bd. I u.a. die Texte del' Dramen (Brugge 1954-1964). - Dass Kalidasas Werke auch fur sozialhistorische Untersuchungen zu verwenden versucht wurden, zeigt die Studie von B. S. Upadhyaya: India in Kalidasa (2. Aufl., Delhi 1968). - Eine Gesamtausgabe von Kalidasas Dramen zusammen mit englischer Ubersetzung lieferte C. R. Devadhar (Neudruck Delhi 1972). Alle Dramen wurden ins Russische iibersetzt von K. Balmont: Kalidasa, Izbrannoe (Moskau 1955). Deutsche Ubersetzung von J. Mehlig: Kalidasa, Werke (RUB, Nr. 949, Leipzig 1983). 2 Ausgabe des lv[alavikagnimitra mit Ubersetzung ins Englische und mehrere neuindische Sprachen von M. R. Kale (Bombay 1960). Deutsche Ubersetzungen von A. Weber (Berlin 1856), von L. Fl'itze (RUB, Nr. 1598, 1882) sowie zahlreiche Ubersetzungen in andere Sprachen. Eine Textadaptation fur die Buhne lieferte 1. v. Schroeder unter dem Titel Prinzessin Zofe (Munchen 1902). Besser und originalgetreuer ist die Biihnenfassung von L. Feuchtwanger (Munchen 1917; Neuausgabe Leipzig 1969 und 1976, RUB, Nr. 453). Anliisslich der Internationalen Sanskrit-Konferenz, die im Miirz 1975 in Berlin stattfand, wurde das Stuck in Plauen inszeniert. 3 Ausgabe und Ubersetzung des 1likramorvaslya von H. R. Karnik und S. G. Desai (Bombay 1959). Ausgabe mit lateinischer Ubersetzung von R. Lenz (Berlin 1833). Weitere Ausgaben von H. D. Velankar (Delhi 1961); von M. R. Kale (11. Aufl., Delhi 1967). Ubersetzung von 1. Fritze (Leipzig 1880). 4 Ausgaben der bengalischen Rezensionder Sakuntala: von A. L. de Chezy (Paris 1830) und von R. Pischel (IGel 1877), wobei diese Ausgabe besonders bekannt geworden ist durch die Neuauflage als Bd. 16 del' Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.] 1922). Ubersetzungen del' bengalischen Rezension von W. Jones (Calcutta 1789). Diese Arbeit wurde zum Ausgangspunkt del' Ubersetzung von J. C. Forster (Mainz und Leipzig 1791),
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
von 1. Fritze (Chemnitz 1877), von M. B. Emeneau (Berkeley [Calif.] 1962) und von J. Mehlig (Zurich 1987). 5 Ausgaben del' DevanagarI-Rezension del' Sakuntala von N. B. Godabole und K. P. Parab in del' Nirnaya SagaTa Press (Bombay 1883 und 1922). Ausgabe mit Ubersetzung von O. Bohtlingk (Bonn 1842) sowie von M. Williams (3. Aufl. als Bd. 12 del' Chowkhamba Sanskrit Studies, Varanasi 1961). Ubersetzung von H. C. Kellner (RUB, Nr. 2751, Leipzig 1890). 6 Ausgabe del' KashmirI-Rezension del' .5akuntala von K. Burkhard (Wien 1884).
Die dl'amatische Litel'atur His Place in Sanskrit Literature (Calcutta 1877, Neudruck 1971); V. V..Mirashi: vabhijti, His Date, Life and Works (Delhi 1974).
201 Bl1a~
18 Ausgaben des Mahavfracarita von T. Mall (Lahore 1928)und A. Borooah (Neudruck Gauhati 1969). Ubersetzung von J. Pickford (London 1871, Nachdruck 1892). 19 Ausgaben des Uttararamacarita von S. K. Belvalkar (Poona 1921), von M. R. Kale (Delhi 1988) und von P. V. Kane, zusammen mit einer Ubersetzung von C. N. Joshi (4. Aufl., Delhi Hl62, 5. Aufl. 1970). AuBerdem Ubersetzungen von C. H. Tawney (Calcutta 1871) und von S. K. Belvalkar in den Harvard Oriental Series (Cambridge [:Mass.]
7 Ausgabe del' sudindischen Rezension nur in einem. unkritischen Druck (Srirangam 1917).
1915); franzosischeUbersetzung von N. Stchoupak (2. Aufl., Paris 1968). Studie (un-
8 Ausgabe del' Mithila-Rezension del' Sakuntala von R. N. Jha (Darbhanga 1957).
veroffentlichte Diss.) von R. Reichert (Berlin/DDR 1982).
9 Die Arbeiten zur Textkritik del' Sakuntala standen weitgehend im Zeichen des wissenschaftlichen Meinungsstreites. Vgl. R. Pischel: De Kalidasae Sakuntali Tecensionibus (Diss., Breslau 1872), worin del' bengalischen Rezension die groBte Ursprunglichkeit zugeschrieben wird; dagegen die Kritik A. Webers in Bd. 14 del' Indischen Studien. 10 Den Versuch, eine )) Ur-Sakuntala" zu rekonstruieren, unternahm C. Cappeller (Leipzig 1909). 11 Eine Einrichtung del' .5akuntala fUr Ballett starl1.m.t von C. Teile (Wien 1884). In England
20 Das Malatfmadhava wurde herausgegeben und ubersetzt von M. R. Kale (Bombay 1913, 3. Auf[. 1967). Ausgaben ferner von Ch. Lassen (Bonn 1832) und R. G. Bhandarkar (Bombay 1876,3. Auf[. iiberarbeitet von V. V. Mirashi, Poona 1970); kritische Ausgabe von M. Coulson (Delhi 1989); Ausgabe mit lTbersetzung von Bak Kun Bae (Neudruck Delhi 1992). Ubersetzung von L. Fritze (RUB, Nr. 1844, Leipzig 1884).
d) Die nachklassischen Dl'amen
wurde ein Sakuntala-Ballett mehrfach aufgefUhrt. 12 Entsprechend seiner herausragenden Bedeutung hat das Mudrarak."asa zahlreiche Editionen und Ubersetzungen gefunden. Die bekannteste Ausgabe ist die von A. Hillebrandt (Breslau 1912, Neudruck 1984). Weiter sind an Editoren zu nennen: K. T. Telang in Bd. 27 del' Bombay Sanskrit Series (1884, 7. Aufl. 1928) und M. R. Kale (Bombay 1900, 7. Aufl. Delhi 1983). Ausgabe mit Ubersetzung von K. H. Dhruva (Allahabad 1900, 3. Aufl. 1930). Das Werk wurde i.ibersetzt von L. Fritze (RUB, Nr. 2249, Leipzig 1886); von V. G. Erman (Moskau 1959); von J. A. B. van Buitenen in: Two Plays of Ancient India (Delhi 1971), von M. R. Kale (Delhi 2000). Studie von W. Ruben: Das Siegel und Raksasa (Berlin 1956). - tiber die bahnbrechende Mudraraksasa-Auffuhrung am Deutschen Nationaltheater \Veimar infornliert ausfUhrlich: A.fudrarakshasa odeI' Des Kanzlers Siegelring. Dokumentation einer Inszenierung am Deutschen N ationaltheater VVeimar untel' del' Regie von Vijaya Mehta und Fritz Bennewitz, herausgegeben von IV. Morgenroth unter Mitarbeit von R. Beer (Berlin 1979). 13 Gesamtausgabe del' drei Dramen Har~as mit Ubersetzung von Bak Kun Bae (1964). 14 Ausgabe del' Ratnavall von K. P. Parab in del' NirIfaya Sagara Press (Bombay 1895), ferner von C. Cappeller in del' Sanskrit-Chrestomathie von O. Bohtlingk (St. Petersburg, 3. Aufl. 1909). Ubersetzung von L. Fritze (Chenmitz 1879). 15 Ausgabe und Ubersetzung del' Priyadarsika von G. K. Nariman, A. V. VI. Jackson und C. J. Ogden (New York 1923, Neudruck 1965). 16 Ausgabe des Nagananda von T. GaIfapati SastrI in den Trivandrum Sanskrit Series (1917). Ubersetzungen von P. Boyd (London 1872), H. Wartham (London und New York 1911), L. Devi (Delhi 1988) sowie franzosisch von A. Bergaigne (1879). 17 Uber die Bedeutung Bhavabhutis unterrichten am besten A. Borooah: Bhavabhuti and
Bhavabhuti ist del' bedeutendste Dl'amendichtel' nach Kalidasa. Nach ihm entstehen zwal' zahll'eiche weitel'e Stucke, die abel' den Stempel des Epigonenhuns tragen und Ideengehalt und Ausdruckskraft ihrer Vorganger nur noch in EinzeWillen erreichen. Am nachsten steht der klassischen Zeit noch der Ver;Ji.saJnhaTa ("Das Binden der Haarfiechte") von Bhatta Narayar.ta.1 Das Stuck mag um 700 entstanden sein. Der Stoff stammt aus dem lvlallabhaTata.: Er beinhaltet die Beleidigung der DraupadT durch Dul:t:3asana und die Totung des Duryodhana durch BhTma. Um 900 wirkte der Dichter Rajasekhara, dessen Ruf im alten Indien ein sehr bedeutender war, spater jedoch wieder etwas verblasst ist. Er besticht durch seine geschliffene Sprache, die Verwendung eines reichhaltigen Vokabulars und den Einsatz vieler kunstvoller Metren. Inhaltlich sind seine Werke jedoch meist langweilig. Das gilt besonders fUr seine aus den Epen abgeleiteten Stucke. Das Rama:va1.la lieferte den Stoff fiir das BalaTamaya.l.la. 2 In zehn Akten verarbeitet das Stuck recht weitschweifig den Inhalt des Epos bis zur Kronung Ramas. Eine von Rajasekhara stammende Variante ist die Umprofilierung des Ravar.ta: Dieser ist hier mehr ein sehnsuchtiger Liebhaber als ein wilder Damon. Ein weiteres Stuck dieses Dichters ist das BalabhaTata, das, wie schon der Namesagt, V0111 lVIahabhaTata ausgeht. 3 Es fiihrt auch den Namen PTaca.1.Jqapa1.lqalla, umfasst zwei Akte und ist unvollstandig iiberliefert. Der erste AId hat die GaHenwahl (sllayamllaTa) der DraupadT zum Inhalt, der zweite Akt behandelt die gro:f3e vVurfelszene und den Auszug der Pa1:tQa.vas in den \Vald.
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
Die dramatische Literatur
Mit Recht ist das dritte Drama Rajasekharas am bekanntesten geworden. Es ist ein Lustspiel mit gesellschaftskritischen Akzenten und hei£t nach der Titelheldin Karpiiramaiijarl. 4 Vor dem Konig Cal:t<;lapala ruhmt sich ein Anhanger des Tantrismus seiner zauberischen Krafte: Er konne den .Mond auf die Erde herabholen, die Gotter sichtbar machen und anderes mehr. Auf \!Vunsch des Konigs zaubert er diesem ein Madchen, eben besagte Karpuramaiijarl, vor, in welche sich der Konig alsbald verliebt. Die Handlung weist nun Parallelen zum Malavikagnimitra auf: Die Konigin legt der Verbindung mit einer zweiten Frau Schwierigkeiten in den Weg, die sich nur muhevoll beseitigen lassen. Auffallend ist die satirische Scharfe, mit der gegen die Anhal1ger des Saktismus (vgl. S. 123) vorgegangen wird. Uberhaupt ist das Stuck witzig und geistvoll, mitunter auch recht derb. Eine Besonderheit besteht darin, dass es nicht nur Prak~·t-Passagen enthalt, sondern dass es vollstandig in Prak~·t abgefasst ist. Durch die vielfache Verwendung von Alliteration, Binnen- und Schlussreimen, die an Jayadevas Gltagovinda erinnert, erhalt das Stuck eine eigenartige und einpragsame Tonmalerei. Uberdies handhabt der Verfasser geschickt die Moglichkeiten zur Kontrastbildung und verwendet demgemaB mehrere heterogene Stilarten.
wenigstens sein Solm den Thron wieder besteigen kann. Das Stuck ist ausgesprachen duster. Manche Beschreibungen sind so schreckenerregend, dass sieh - von bestimmt€n Passagen bei Bhavabhuti abgesehen - in der altindischen Literatur dafur kaum Parallelen finden lassen. Ein Beispiel fUr ein Drama yom Typ lham~'ga lieferte etwa urn 1200 Vatsaraja, der als Minister am Hofe des Konigs Paramardideva (Regierung von 1163 bis 1203) tatig war. In seinem RukmiIJIharalfa beschreibt er die EntfUhrung der Rukmirp- durch K~·~lfa. Von Vatsaraja stammen noch funf weitere Dramen. 7 Wir wollen das weite Gebiet der altindischen Dramatik mit einem Blick auf einen Dramentyp verlassen, welcher Frohlichkeit verhei£t: die prahasanas (vgl. S. 180). Lustspiele sind in nur geringer Zahl uberliefert; es werden auch kaum viele verfasst worden sein. Wahrscheinlich das alteste und wahl auch das gehaltvollste Werk dieser Art ist der Mattavilasa ("Das Spiel des Betrunkenen"). Das aus einem einzigen Akt bestehende Stud: wurde yom Pallava-Konig Mahendravikramavarman verfasst; dies geschah jedenfalls im 7. Jahrhundert, moglicherweise urn 620. Mattavilasa ist gesellschaftskritisch von gra£er Bedeutung und stellt eine in ihrer Scharfe damals unerreichte Abrechnung mit den parasitaren Asketen und \"Iandermonchen dar. 8 Ein sivaitischer Asket fUhrt als Almosenschale einen Totenschadel mit sich, verliert diesen und beschuldigt einen buddhistischen Asketen des Diebstahls. Dieser Handlungskern ist mit gra£em Geschick (und viel Mut - der Verfasser musste schon ein Konig sein, urn sich in dieser \"Ieise uber die einflussreichen und sich allgemein hoher Wertschatzung erfreuenden Asketengemeinschaften auslassen zu konnen) ausgefUhrt. Die offenherzige, derbe Komik verfolgt jedoch nicht blo£e Unterhaltung, sondern ein moralisches Anliegen: die Entlarvung der unsittlichen Exzesse heuchlerischer Asketen, die von der Gutglaubigkeit der Mitmenschen leben. Das Niveau des j\;[attavilasa wird von den in den folgenden Jahrhunderten verfassten Prahasanas nicht erreicht. Diese sind fast ausschlie£lich auf blo£e Unterhaltung bedacht und von entsprechender Ausgelassenheit. Als Beispiel moge Sankhadhara Kavirajas Latakamelaka aus der ersten Halfte des 12. Jahrhunderts angefUhrt werden. Das Stuck spielt im Bardell und lebt vorwiegend von den Streitigkeiten der Besucher urn die Dirnen. 9 Auch in der Ara der mohammedanischen Herrschaft, ja bis zur Gegenwart sind in lndien Dramen geschrieben worden. lhre Thematik spannt sich von den graBen Epen bis zu kuriosen Historiographien. 1m Laufe der Zeit wurden immer mehr volkstumliche Abarten und selbst Schattenspiele entwickelt. Die dramatische Praduktion empfing ihre Anregungen vorzugsweise und immer wieder von neuem durch die klassischen vVerke der Vergangenheit, deren Vorrangstellung allerdings auch die Herausbildung eines neuen Schaffens erschwerte.
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Recht gro£e Bedeutung hat das allegorische, sechs Akte umfassende Drama Pra.bodhacandrodaya ("Mondaufgang der Erkenntnis") von K:r~l.lamisra, das gegen 1100 verfasst wurde. 5 In diesem \!Verk verherrlicht der Dichter die Vedanc ta-Philosophie (vgl. dazu S. 209), deren monistisches Prinzip fUr ihn nun nicht das Brahman der Upani~aden, sondern der Hochgott Vi~l.lu ist. Das Stuck ist uberaus geistvoll und in der Personenbesetzung einzigartig. Alle auftretenden "Personen" sind namlich Abstrakta, zum Beispiel Maya (die Illusion), Manas (der Geist), Rati (die Liebe), Lobha (die Gier), Ahamkara (der Egoismus), Kradha (der Zorn), KarUl:ta (das Mitleid). Das betont parteiliche Stuck wendet sich gegen alle yom Vedantismus abweichenden Lehrmeinungen, besonders gegen Lokayata (den Materialismus), aber auch gegen die nichtorthodoxen Religionen. 1m Kampf wird Lokayata uberwaltigt, Buddhisten und Digambaras werden in die Flucht geschlagen. Tratz seiner eigentumlichen "Personenbesetzung" wirkt das Stuck keineswegs abstrakt, sondern stellt dichterisch eine gute Leistung dar. Selbst an Humor mangelt es dem Prabodhacandrodaya nicht: Die feindlichen Priester, besonders die Tantristen, werden auf recht amusante Weise glossiert. Die Beliebtheit, die sich das Stuck in lndien errang, zeigt sich nicht zuletzt in der Tatsache, dass es vielfach imitiert wurde. 1m 10. Jahrhundert verfasste K~emlsvara das aus funf Akten bestehende Stuck Calf c;lakausika. 6 Es verarbeitet die aus dem Markal.lc;leya-Pural.la herubergenommene Legende yom Konig Hariscandra. Der \"Ieise Visvamitra spricht gegen Hariscandra einen Fluch aus. Zur Losung desselben verlangt er tausend Goldstucke. Der Konig verkauft, urn die Summe erlegen zu konnen, Weib und Kind und verdingt sich schlie£lich als Friedhofswachter. So erreicht er es, dass
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
Anmerkungen
Die philosophische und wissenschaftliche Literatur
1 Ausgabe des YeI.llSanlhara unter dem Titel Die Ehrenrettung der Konigin. Ein Drama in
6 Akten von J. Grill (Leipzig 1871). Weitere Ausgabe von K. P. Parab in der Nin.laya Sagara Press (Bombay 1913). Ausgabe mit Ubersetzung von S. Visvanathan (Madras
1961). Ubersetzung auch von S. M. Tagore (Calcutta 1880). 2 Ausgabe des BalaramayaIJa von J. Vidyasagara (Calcutta 1884). :3 Ausgabe des Balabharata von C. Cappeller (Stra£burg 1885). 4 Die Karpiiramaiijarl wurde kritisch ediert von S. Konow und iibersetzt von C. R. Lanman, beides zusammen in Bd. 4 der Harvard Oriental Series (CaTllbridge [Mass.] 1901, Neudruck Delhi 1963). 5 Editio princeps des Prabodllacandrodaya von H. Brockhaus (Leipzig 1835); Ausgabe auch von V. 1. Pa1.lSlkar in der Nirnaya Sa.gara Press (2. Aufl.) Bombay 1904). tibersetzungen von J. Taylor (London 1812,4. Aufl., Bombay 1916) und von Th. Goldstiicker (Konigsberg 1842). 6 Edition und Ubersetzung des Candakausika von S. Dasgupta in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1962). Ubersetzung von L. Fritze (RUB, Nr. 1926, Leipzig 1883). 7 Ausgabe der Dramen Vatsarajas in den Gaekwad's Oriental Series, 8 (Baroda 1918). 8 Ausgabe des Mattavilasa von T. Gal.lapati Sastrl in den Trivandrum Sanskrit Series
(1917). Ubersetzung von J. Hertel unter dem Titel Die Streiche des Berauschten (Leipzig 1924); ferner von 1. D. Barnett im Bulletin of the School of Oriental and African Studies, 5 (London 1930). Ausgabe und Ubersetzung von N. P. Unni (Delhi 1998). - Allgemein zum altindischen Lustspiel C. P. Shukla: Sanskrit Prahasanas (Vallabh Vidyanagar 1987). 9 Ausgabe des La~akamelaka als Bd. 20 der Kavyamala (Bombay 1889).
1. Einfiil1Tung
Sol1 ein einigernla£en umfassender Einblick in die literarischen Leistungen del' alten Inder gegeben werden, so verdient auch die philosophische und wissenschaftliche Literatur angemessene Berucksichtigung. Denn auch sie hat ihren beachtlichen Beitrag zur Weltkultur geliefert und ist gleichzeitig ein Spiegelbild del' Entwicklungsphasen, die die altindische Gese11schaft durchlaufen hat. Im Rahmen diesel' Literaturgeschichte mussen wir uns a11erdings darauf beschranken, die Hauptwerke zu besprechen und durch bibliographische Hinweise den Leser in die Lage zu versetzen, dass er auch ganz spezie11en Fragen nachgehen kann. A11ein die Geschichte del' philosophischen Literatur Altindiens ist ein viel zu umfangreiches Gebiet, als dass es hier systematisch dargeste11t werden konnte. Schon ein Blick in vorhandene philosophiegeschichtliche Abrisse 1 lehrt, wie reich und vielfaltig die von den Indern entwickelten philosophischen Ideen sind. Die indische wissenschaftliche Literatur 2 geht auf sehr alte Zeiten zuruck und hat ihre Wurzeln im Vedallga. Sie verdankt ihre Entstehung auBer del' Naturbeobachtung, wie sie zuni Beispiel Ackerbau und andere Tatigkeiten mit sich brachten, VOl' a11em del' vedischen Opferritualistik, die in del' altindischen Gese11schaft mindestens ein halbes Jahrtausend lang a11e geistigen Bestrebungen einschloss. Fur die meisten Opferfeste waren turnusmaBige Zeitpunkte zu bestimmen - dies fUhrte zur Astronomie; fUr die Abhaltung del' Opfer war die Anlage bestimmter Statten vorgeschrieben - dies fuhrte zur Geometrie; wahrend del' Opfer wurden lang uberlieferte Spruche rezitiert und Melodien gesungen - dies fUhrte zur Phonetik, Metrik, dann auch zur Grammatik und Etymologie; die Tieropfer wiederurll fuhrten zur Anatomie. A11e diese Wissenschaftskeinle sind in Sutras niedergelegt, deren eigenartig konzisen Stil wir bereits besprochen haben. An die Srauta- und G~'hyasutras schlie£en sich die Dharnlasutras, und diesen folgen die eigentlichen (postvedischen) Lehrbucher, die Sastras. Mit ihnen beginnt eine qualitativ neue Entwicklung: Die Wissenschaft entfernt sich mehr und mehr yom Veda, wird also unabhangiger und selbststandiger; gleichzeitig bilden sich neue Wissenschaftszweige heraus: Staatskunst, Poetik, Erotik, abel' auch Edelsteinkunde, Elefantenheilkunde und viele andere Disziplinen. Fur die wissenschaftliche Systematik haben die alten Inder eine besondere Vorliebe gehabt und sie auch auf Gebiete angewandt, die
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Die philosophische Literatur
nach landlaufiger Ansicht auBerhalb del' \Yissenschaften stehen. Beispielsweise gibt es ein Lehrbuch, in dem systematisch die Diebeskunst behandelt wird. 3 Auch die Formen, in denen diese Lehren vorgetragen werden, vermehren sich. Neben den weiterhin bestehenden Sutras gibt es jetzt auch gelehrte Prosakommentare (bha!?ya) und Merkverse, die meist in die Sutras eingelagert werden (karika). Je weiter die Zeit fortschreitet, desto mehr wird die Abfassung wissenschaftlicher \Yerke in Sloka-Versen ublich. Da, wie wir gesehen haben, die vVissenschaft urspriinglich den Belangen des Opferrituals zu dienen hatte, blieb ihrer Literatur gegenuber del' Ritualliteratur relativ lange Zeit nur eine sekundare Rolle. Sie wurde daher auch nicht mit der gleichen Sorgfalt konserviert. So sind leider viele - und Ineist gerade die altesten - \Yerke diesel' Art verlorengegangen, wei 1sie im Laufe del' Zeit durch neuere Arbeiten ersetzt wurden.
2. Die philosophische Literatur
Anmerkungen Von den Kompendien der indischen Philosophiegeschichte konnen hier nur einige genannt werden. W. Ruben: Geschichte der indischen Philosophie (Berlin/DDR 1954) geht von materialistischen Positionen aus. Ein Quellenbuch stammt von S. Radhakrishnan und C. A. Moore: A Source Book in Indian PhilosoplJy (4. Aufl., Princeton 1964). Fiir den Fachwissenschaftler anzuraten E. Frauwallner: Geschichte der indischen Philosophie (2 Bde., Salzburg 1953-1956). Sehr materialreich S. N. Dasgupta: A History ofIndian Phi-
losophy (5 Bde., London 1922-1955, Neudrucke 1955-1965 und Delhi 1988). Ein auch fUr den Nichtfachmann geeigneter Abriss von O. StrauB: Indische PlJilosophie (Miinchen 1925, Neudruck Nendeln 1973). Vgl. femer S. Radhakrishnan: Indian Philosophy (London 1927), deutsch von R. Jokkel (Baden-Baden 1955/56); H. Zimmer: Philosophie und Religion Indiens (Ziirich 1961, Neuausgabe Frankfurt/M. 1976); H. v. Glasenapp: Die Philosophie der Inder (4. Aufl., Stuttgart 1985). Auch Albert Schweitzer hat sich dieser Thematik zugewandt: Die Weltanschauung der indischen Denker (Miinchen 1935, Neuausgabe Miinchen 1987). Materialistisch fundiert ist M. Roy: Istorija indijskoj filosofii (Moskau 1958). 2 Eine Ubersicht iiber die Geschichte der Wissenschaftsdisziplinen inl alten Indien geben die folgenden Werke: D. M. Bose u.a. sind die Herausgeber von A Concise History of Science in India (New Delhi 1971). Das Buch beschriinkt sich auf die Naturwissenschaften. O. P. J aggi: History of Science and Technology in India (2 Bde., Delhi 1969) und S. Prakash: Founders of Sciences in Ancient India (New Delhi 1965) sind ebenfalls sehr informative Materialsammlungen. 3 Ein soiches Lehrbuch der Diebeskunst ist der $armlUkhakalpa, herausgegeben und iibersetzt von D. George (Diss., 2 Bde., Marburg 1966).
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Bereits in der ~ksaJnhita traten Gedanken in Erscheinung, die als Vorformen oder Keime philosophischer Vorstellungen gelten diirfen, wenn man ihr Gewicht auch nicht uberbewerten darf. 1 ~gveda X, 129 ist ein bekanntes Beispiel. 2 Auch in den Brahmal:tas hatten wir Gedanken mit philosophischer Pragung gefunden, wozu etwa die Identifikationen odeI' der Prioritatsstreit von Manas und Vac gerechnet werden durfen. 3 Erst die Upani~aden aber zeigen offensichtlich die Auseinandersetzung von Idealismus und Materialismus liber die Grundfrage der Philosophie. 4 Neben del' Lehre von Karma und Salnsara sowie der Identitat von Brahman und Atman - neben idealistischen Konstruktionen also finden wir materialistische Prinzipien. Allerdings ist zu betonen, dass auch in den Upani~aden ein eigentliches System del' Philosophie noch nicht entwickelt wird. Gleiches gilt fUr die Epen. 5 In der Bllagavadglta finden sich schon in den jungeren U pani~aden aufgetretene Salnkhya-Yoga- Ideen neben ausgepragtem Theismus, liberschneiden sich Brahmanen- und K~atriya-Argumente.Ahnliche Uneinheitlichkeit zeigt sich im Mok~adharmaparvandes Mahabharata. Erst relativ spat sind die philosophischen Gedanken del' Inder in Systeme gebracht worden. Traditionell zahlt man ihrer sechs. 6 In Wirklichkeit sind es mehr als doppelt soviel. Die betreffenden sechs Systeme - ihre Namen sind Mlmamsa, Salnkhya, Yoga, Nyaya, Vaise~ika und Vedanta - gelten del' Tradition aber insofern als zusammengehorig, als sie fUr orthodox angesehen werden. Der Prufstein hierfUr ist das Verhaltnis zum Veda: Sie alle erkennen die Autoritat des Veda an, wenngleich in praxi in sehr unterschiedlichem Grade. Von diesen sechs Systemen (dadana) hangen je zwei - Sari1khya und Yoga, Nyaya und Vaise~ika - untereinander eng zusammen. Von den auBerhalb del' 01'thodoxie stehenden Systemen sind die Philosophie des Buddhismus und des Jinismus, vor aHem aber des Materialismus zu erwahnen. Neben Einzeldarstellungen der philosophischen Systeme haben die alten Indel' mehrere Kompendien abgefasst. Zu den altesten gehort der $aQdarsanasamuccaya des Jinisten Haribhadra aus dem 8. J ahrhundert. 7 Fur das relativ hohe Alter diesel' Sammlung spricht unter anderem auch die Tatsache, dass Buddhismus und Jinismus beriicksichtigt wurden. Ferner entspricht die Aufstellung der Darsanas nicht del' spater ublichen. Lokayata (der Materialismus) scheint als klassisches System betrachtet worden zu sein. Dem beruhmten Philosophen Salnkara wird del' SarvadarsanasiddhantasaJngra.ha zugeschrieben. 8 \Yahrscheinlich entstammt er abel' doch erst dem 10. oder 11. Jahrhundert. Das Werk zahlt eine ziemlich bedeutende Anzahl von Systemen auf und gibt zum Beispiel eine vollstandige Liste del' buddhistischen philosophischen Schulen. Sein Standpunkt ist del' des Vedanta. Das bedeutendste und wichtigste aller diesel' Kompendien ist jedoch del' SarvadarsanasaJngraha. 9 Er wurde zwischen
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Die philosophische Literatur
1370 und 1380 in Siidindien von dem verdienten Kommentator Madhava verfasst. Das \Verk behandelt insgesamt 16 Systeme, die del' Kommentator in einer von seinem Standpunkt, dem Vedanta, gesehenen aufsteigenden Linie parteilich bespricht. So beginnt er mit del' von ihm am meisten verachteten Lehre, del' del' Carvaka (d.h. des Materialismus) und setzt seine Darstellung uber Buddhismus, Jinismus, die Lehre Ramanujas und Pun:taprajiias, vier sivaitische Systeme, Vaisei?ika, Nyaya, PurvamTmari1sa, Par,tinis System und Salnkhya bis zum Yoga fort. Den Schluss bildet die als eigentliche Wahrheit angesehene Vedanta- Philosophie.
Lehre del' Brahma,l).as nicht hinaus. \Vas abel' die MTmarnsa auszeichnet, ist die scharfsinnige :Methode. Sie besteht in del' Darlegung des Gegenstandes, del' AuBerung von Zweifeln, del' Argumentation des Gegners, del' \Viderlegung derselben durch Beweismittel und im Endergebnis. Als hauptsachliches Erkenntnismittel gilt die sprachliche Mitteilung, und dies nicht ohne Grund. Da die MTmaD1sa ganz auf dem mundlich tradierten Vedawort beruht, wird das V/ort als Kategorie schlechthin in den Rang einer ewigen Realitat erhoben. Jede Erkenntnis, die auf die Wode des Veda gegriindet ist, gilt als richtig. Das fiihrt zu dem Sophismus, dass jede Erkenntnis richtig ist, wenn sie nur das richtige Objekt VOl' sich hat, eine Anschauung, die nur eine Spielart des subjektiven Idealismus darstellt.
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Den Kern del' traditionellen indischen Philosophie bilden die erwahnten sechs Darsanas. Sie aUe besitzen einen primaren, in Sutra-Form gehaltenen Text. Die Autoren diesel' Texte sind zwar uberliefert, doch ihre Namen sagen uns nichts. Sie sind, selbst wenn sie historisch sein sollten, ohnehin ziemlich bedeutungslos, da die einzelnen Systeme nicht auf Schopfer oder Stifter, sondern auf philosophische Schulen zuruckzufUhren sind. Auch die Basiswerke del' Darsanas beruhen also schon auf langen Traditionen. Uber das Alter del' philosophischen Sutras lassen sich keine einigermaBen genauen Angaben machen. Das ist in diesem Falle nicht so schmerzlich, \'vie man erwarten konnte, weil ~ wie soeben ausgefuhrt ~ die Sutras zur chronologischen Stellung ihrer Systeme kaum in Beziehung stehen. So ist zum Beispiel das Salnkhya wohl das alteste eigentIiche Philosophiesystem, wahrend die Salnkhyasutras eine besonders spate Zeitstellung einnehmen. Auch in anderer Hinsicht darf die Bedeutung del' Sutt'as nicht ubertrieben hoch veranschlagt werden: Oft wird sie namlich von del' del' za,hlreichen Kommentare und Subkommentare ubertroffen. Eine Darstellung del' Geschichte del' indischen Philosophie ist also erst unter umfassender Heranziehung del' Kommentare moglich. Am engsten mit dem Veda verknupft ist die MTmalnsa, die auch unter dem Namen PurvamTmamsa (d.h. die ursprungliche MTmarirsa) bekannt ist. Sie heiBt abel' auch KannamTmari1sa, weil sie den vedis chen Werkdienst, den Opferkult, in den Mittelpunkt stellt. 1O Ihre literarische Grundlage ist das Piirvamlmamsasiitra, das einem gewissen Jaimini zugeschrieben wird. Die von manchen Autoren angenommene Entstehungszeit (200 v. ChL) ist hypothetisch. Diese Lehre hat die folgenden Grundgedanken. Richtiges Opferwerk ~ und nur dieses sichert fur die kunftige Existenz ein gunstiges Los. Demzufolge gibt es kein Schicksal und ist del' Fatalismus abzulehnen. Die Notwendigkeit des Gottesbegriffs wird negiertj zwar werden die Gotter des vedischen Pantheons anerkannt, nicht abel' die Schopfergotter Siva und Vii?\lU. Uberhaupt wird die Existenz eines Schopfers und Richters del' ,Menschen (Theismus) bestritten. MaBgebend allein sind die rituellen Gebote des Veda. Die ethische Grundlehre del' MTmarnsa lauft also darauf hinaus, dass die religiose Pflicht in del' Erfullung del' rituellen Aufgaben, im Werkdienst, besteht. Dies aIles geht also uber die
Del' alteste Kommentar zur MTmamsa stammt von Sabarasvamin, den manche Indologen zeitlich in das 1. Jahrhundert v. ChL versetzenY Besonders wichtig fUr die Entwicklung del' MTmamsa- Lehre abel' wurde del' Sudinder Kumarila mit seinem Kommentar ,51okavarttika, del' um 700 verfasst worden sein konnteY Das Werk ist voll von scharfsinnigen Uberlegungen, die jedoch nicht selten in Haarspalterei ausarten. Mit besonderer Heftigkeit wendet sich Kumarila gegen die Buddhisten; nach del' Tradition soll erwesentlich zum Untergang des Buddhismus in Indien beigetragen haben. Uber Gott und die Schopfung auBert er sich so kritisch, dass manche seiner Argumente dem Materialismus entlehnt zu sein scheinen. Kumarila war es auch, del' die MTmari1sa zu einer im altindischen Sinne klassischen Philosophie ausgestaltete, und zwar durch die Hereinnahme des Erlosungsbegriffes: Erlosung winkt dem, del' die kultischen Riten richtig ausfUhrt. Als "hohere MTmalnsa" (UttaramTmalnsa) gilt das System des Vedanta, das auch noch im heutigen Indien die herrschende philosophische Richtung darstelltY Etwas grob gesprochen, ist das Verhaltnis del' beiden MTmari1sa das von Brahmar,tas und Upanii?aden: An die Stelle des Werkdienstes tritt die Kenntnis vom Brahman und von del' Identitiit del' Individual- mit del' Weltseele. Die Grundlage diesel' Lehre als System sind die (auch Brahmasutras genannten) Vedantasutras des Ba,darayal).a. 14 Diese verwerten Stellen aus verschiedenen Upanii?aden, besonders aus del' Chandogya-Upanii?ad. Ihre Datierung ist ganz ungewiss; die Indologen schwanken z\vischen dem 5. Jahrhundert v. ChL und dem 3. Jahrhundert n. ChL \V. Ruben entscheidet sich etwa fUr die Zeitenwendej die Polemik gegen den Mahayana- Buddhismus indiziert abel' wohl eine etwas spatere Zeitstellung, vielleicht sogar erst das 3. Jahrhundert. Die Vedantasutras bestehen aus 550 Aphorismen, die ohne Kommentar kaum verstandlich sind und daher auch verschieden gedeutet wurden. Del' Hauptinhalt ist folgender: Mit Spitze gegen das Sari1khya-System wird das Brahman als causa materialis behauptet. Doch gilt ~ das ist wichtig ~ die \Velt hier noch als real und wird nicht als Scheinmanifestation (maya) angesehen. Das
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Sehicksal ist gereeht, denn die Einzelsehieksale sind dureh die fruheren Taten bestimmt. Die Individualseele (jlva) ist ein Teil des Brahman und somit ungesehaffen und ewig. Die Erlasung sehliemieh besteht darin, dass fUr denjenigen, del' die Erkenntnis yom Brahman erlangt hat, das Karman-Gesetz seine Wirksamkeit verloren hat.
Um 850 verfasste del' vielseitige Vaeaspatimisra den sehr gelehrten Kommentar Bllamati. 18 1m 14. Jahrhundert sehrieb del' uns schon bekannte sudindisehe Kommentator Mj,dhava die Paiieadasi. 19 Diese hat viel zur Vermittlung del' Vedanta-Lehre an das Indien del' Neuzeit beigetragen. Von Madhava stammt aueh del' interessante Kommentar Jivanmuktiviveka, in dem die Magliehkeit einer Erlosung schon bei Lebzeiten behandelt wird. 20 Um 1500 sehrieb Sadananda den beruhmt gewordenen Vedantasara, ein Randbueh zur Einfuhrung in die Vedanta-Lehre, in dem jedoeh aueh SariJkhya-Ideen anklingen. 21
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Diese Ideen wurden in zugespitzter Form weitergefUhrt von Gaw;lapada in seiner Gaw;lapadlya.karika. 15 Nach den Vedantasutras ist es das alteste Werk dieses Systems und mag um 750 verfasst worden sein. Gaw;lapada geht von del' ]\'lal;Jqilkya- Upanif?ad aus und entwickelt in 215 Merkversen ein System des strengen Monismus (kevaladvaita). Eine eigentliehe Gedankenentwieklung gibt es hier ebensowenig wie in del' Bhagavadgita. Neu ist abel' die Betonung del' Welt als bloBe Illusion (maya), wobei Einflusse des buddhistisehen Negativismus mitgespielt haben magen. Die hOehste Wahrheit (paramaTtha) ist die Nichtzweiheit (a-dvaita). Wie ein geschwungener Feuerbrand den Schein von Lichtstreifen erzeugt, so entsteht dureh die Bewegung des Bewusstseins del' Schein von Entstehen und Vergehen, wahrend in vVirkliehkeit niehts vor sieh geht. Demzufolge wird auehjegliehe Kausalitat abgelehnt. Zuruckgewiesen wird somit gleiehfa11s die Lehre yom Sal1-1Sara, da a11es \iVerden als sinnlose Einbildung gilt. Als Erlasungsmittel emp£lehlt diesel' Protagonist des metaphysischen Idealismus das Leben in del' Ruhe des Starren, del' keinerlei Interesse an del' Welt mehr hat. Die entseheidende Auspragung abel' erfuhr del' Vedanta dureh Samkara, del' del' orthodoxen Tradition als graBter indiseher Gelehrter uberhaupt gilt. Uber sein Leben ist kaum etwas bekannt. Es wird behauptet, dass er von 788 bis 820 gelebt haben sol1. vVenn dies mit solcher Genauigkeit aueh nieht bezeugt werden kann, so mag die genere11e Zeitste11ung ungefahr riehtig sein. Reutzutage betraehtet man das System des Sarnkara als den Vedanta schleehthin; dabei ist abel' zu beriieksiehtigen, dass wiehtige Ideen Sarilkaras in die Brahmasutras hineininterpretiert worden sind. Salnkara kommentierte eine groBe Zahl von U pani~aden sowie die Bllagava,dgita. A11erdings sind ihm wohl aueh Kommentare zugesehrieben worden, an denen er keinen Anteil hatte. Mit Sieherheit sein Werk ist abel' del' Kommentar zu den Vedantasutras. Er fUhrt den Namen ,5aTiTakabha9ya.16 Ilun folgen del' Atma,bodha, eine Kurzfassung seiner Lehre in 67 Versen,17 und noeh andere Werke. Riel' kommt ubera11 del' konsequente Monismus (adva,ita) zum Ausdruek. Das Brahman sehafft, regiert und zerstart die \Velt. Die Realitat del' Welt existiert fliT die niedere Wissensehaft, fur die hahere ist dagegen die Welt reine Illusion. Die Seele ist nur ein Reflex des Brahman und also wedel' mit ihm identiseh noeh von ihm versehieden. Sarilkara hat also den strengen Monismus Gaw;lapadas beibehalten, erganzt ihn abel' dureh den konventione11en Standpunkt, dass del' empirisehen Realitat relative Wahrheit zugebilligt wird.
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'Wohl derberuhmteste Naehfolger Samkaras abel' war Ramanuja, ein im Jahre 1137 verstorbener Sudinder. Del' zu den Brahmasutras verfasste Kommental' STlbhaf?ya ist sein Rauptwerk. 22 Ramanuja verband den Vedanta mit dem Vi~l:mismus. Seine Lehre ist die "besondere Niehtzweiheit" (visif?tadvaita). Die Einzelseelen und die unbelebten Dinge sind zwar realiter verschieden, £Inden ihre Einheit abel' darin, dass sie den Karpel' Gottes bilden. Das Brahman ist nieht eigensehaftslos (v.,rie bei Salnkara), sondern hat a11e guten Qualitaten in hachster Potenz. Erlasung £lndet man uber die Meditation. Die Tatenfolgen werden durch die hingebungsvo11e Liebe zu Gott (bhakti) und durch die gattliehe Gnade uberwunden. Samkara hatte seinem Monismus zuliebe a11e Vielfalt fur Schein erklart. Ramanuja verwarf diesen Illusionismus und hielt - Einfluss del' Purvamlmarilsa - jede Erkenntnis fur unfehlbar. Ramanuja verfasste zum STlbhaf?ya die Kurzfassung Vedantadipa 23 und noeh weitere Kommentare. 1m Vedarthasamgraha lasst er sieh besonders die Zuruekweisung del' Maya- Konzeption angelegen sein. Naeh del' Zeit des Ramanuja entstanden in Indien noeh viele \~lerke zum Vedanta, auf die hier nieht eingegangen werden kann, zumal sie teilweise bis in die Neuzeit reiehen. Ihre Tendenz ist zunehmend sektarisch. Sie kultivieren die Bhakti-Lehre, abel' aueh den Siva-Kult. Von diesel' letzteren Gruppe ist del' ParamaTtl1asara des Abhinavagupta besonders bemerkenswert. 24 Er wurde zwischen 993 und 1015 verfasst und zeigt eine farmliehe Amalgamation des Vedanta mit dem kashmirisehen Sivaismus. Das Werk besteht aus 100 )\ryaStrophen und verbindet Advaita- und Yoga-Ideen so eng, dass es von Sivaiten und Vi~r:tuiten gleiehermaBen in Ansprueh genommen wird. Das Salnkhya-System, dem wir uns nunmehr zuzuwenden haben, hat seine einstige Bedeutung in del' Neuzeit zwar eingebuBt, auf die Ideologiegesehiehte Indiens abel' in vielfaeher Hinsieht einen so tiefgehenden Einfluss ausgeubt, dass es aueh heute noeh groBe Beaehtung verdient. 25 Die Samkhya-Philosophie, die gegenuber dem Idealismus del' Upani~aden eine Art Realismus vertritt, ist als erste in ein System gebraeht worden. Zuruekgefuhrt wird dieses auf Kapila, doeh besagt del' bloBe Name wenig. Fest steht, dass die ihm zugesehriebenen Sa,lnkhyasutras durehaus nieht original', sondern im Gegenteil sehr spat entstanden sind. 26 1m SaTvadarsanasa,mgTaha" das etwa von 1380 datiert, werden
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sie noch nicht erwahnt. Als erster kommentiert sie Aniruddha um 1500. Sie konnen also etvva zwischen 1380 und 1450 verfasst worden sein (R. Garbe).
die Zeit der vorarischen Induskultur zuruck, aus der man Figuren in ausgesprochenen Yogapositionen gefunden hat. Praktischer Yoga - das VVort bedeutet Anspannung oder'.-Training - beinhaltet bestimmtekorperliche Ubungen (spezifische Arten zu sitzen, vor allem abel' Atemrestriktion zur Verminderung der Absorption des Luftsauerstoffes) und damit einhergehende geistige Konzentration. Durch ein Heel' von Scharlatanen ist der Yoga in Verruf gekommen, doch hat die moderne Medizin wieder auf Yogapraktiken zuruckzugreifen begonnen beziehungsweise diese im Bereich des autogenen Trainings weiterentwickelt. Die philosophische Grundlage des Yoga bilden die Yogasutras 32 des Patarljali.
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Die Keime der SaTi1khya-Philosophie sind etwa 2000 Jahre alter! Eine Art Sarnkhya-Schule konnte schon vor 550 v. ChI., vielleicht sogar schon um 700 v. ChI. bestanden haben und damit alter als Buddha sein. Ideen dieser Schule haben starken Einfluss auf die metrischen Upanii?aden, auf die Bl1agava.dgTta, das l\;[anava-Dl1armasastra, ganz besonders aber auf die Purar).as ausgeubt; gerade letztere beruhen philosophisch weitgehend auf dem Sarnkhya. Literarisch als System fixiert wurde das Samkhya dann von Isvarak~'i?r).a. in seiner 8aJnkl1ya.karikaY Das VVerk, das man hypothetisch in das 4. Jahrhundert versetzt und das in Arya.-Strophen abgefasst ist, wurde um 560 in das Chinesische ubertragen. Es formuliert den Standpunkt des Samkhya in sehr praziser ·Weise. Es beginnt mit einem Abriss der Logik und nennt unter anderem acht Bedingungen, unter denen etwas, obgleich vorhanden, doch nicht wahrgenommen wird. Die eigentliche Basis des Samkhya ist der Gegensatz zwischen Werden und Sein, Veranderung und Ruhe. Die Buddhisten hat ten die Ruhe metaphysisch verlagert und nur Bewegung anerkannt, der Vedanta hatte das 'Verden als Illusion bezeichnet. Nach dem Sa,Jnkhya ist die Materie (pTakJ;ti) in ewiger Wandlung begriffen; dagegen ist die Seele (puru9a) absolut ruhiger, unbeteiligter Geist. Die Materie entwickelt sich nicht durch ein auBeres Agens, etwa. das vVirken eines Gottes, sondern aus sich selbst heraus. Dennoch war das Sari1khya nicht materialistisch, sondern allenfalls dualistisch. Es hat den Materiebegriff idealistisch verandert: Die drei Elemente des Uddalaka (Glut, W-asser, Erde) sind jetzt nur noch drei "Qualitaten" (gw!a): Wahrheit beziehungsweise Gute (sattva), Leidenschaft (rajas), Finsternis beziehungsweise Schwere (tamas). Geraten die drei gUT}.as ins Ungleichgewicht, entfaltet sich die prakrti. Ein solcher Versuch der Vermittlung zwischen Materialismus und Idealismus konnte auf die Dauer nicht von Erfolg begleitet sein. Der wichtigste einschlagige Kommentar ist die 8amkl1yatattvakaumudT("Der Mondschein der Essenz des Sarirkhya") von Vacaspatimisra. 28 Zu den Samkhyasutras verfasste Aniruddha um 1500 den Kommentar 8ariJkl1yasiitrav~-ddlJi.2 9 Der ausfiihrlichste Kommentar aber stammt von Vijr1anabhiki?u und ist 8arvapravacanabl1a9ya betitelt. 30 Der Verfasser steht auf dem Standpunkt des Vedanta und ist bestrebt, zwischen diesem und dem Sari1khya zu vermitteln. Zu diesem Zweck erganzt er die Karikas durch Dialoge mit Vertretern anderer Lehrmeinungen. Dass das Sari1khya wiederum den Vedanta beeinflusst hat, wurde schon weiter oben am Beispiel des I/edantasara gezeigt. Eng mit dem Sa.lnkhya-System verbunden ist die Philosophie des Yoga. Sensationslust und Profitgier haben iiber Yoga die unsinnigsten Meinungen verbreitet; freilich muss sich die Darlegung del' wirklichen Verhaltnisse an dieser Stelle auf eine knappe Skizzierung beschranken. 3r Die Anfange des Yoga reichen bis in
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Es wird jetzt allgemein angenommen, dass dieser mit dem gleichnamigen Verfasser des Par).ini-Kommentars i\;lal1abl1ai?ya nicht identisch ist. Letzterer gehort dem 2. Jahrhundert v. ChI. an, wahrend die Yogasutras viel spater entstanden sind: nach H. Jacobi sogar erst nach 450 n. ChI., jedenfalls aber nicht vor dem 2. oder 3. Jahrhundert. Das 'Verk besteht aus vier Teilen, von denen der erste die Arten der Meditation, der zweite deren einzelne Methoden, der dritte die Erlangung von ubernaturlichen Kraften und Fahigkeiten und der vierte die Erlosung als Befreiung der Seele behandelt. Vielfach bestehen enge Beziehungen zum Samkhya; in gewisser Weise ist Yoga theifiziertes Samkhya. Denn hier wird wieder der Gottesbegriff (l.svaxa) eingefUhrt und Gott als besonderer puru9a, der frei von Karman und Unwissen, vielmehr allwissend und ewig ist, definiert. Neu sind auch der Atombegriff fur die Materie und der Momentbegriff fiir die Zeit. Dass, wie das Sali1khya lehrt, die Zeit eine Qualitiit der Materie ist, verwirft der Yoga und geht damit wieder einen Schritt zuriick. Zeit ist fiir ihn nur ein Ablauf von Momenten. Damit wird die Veranderung ahnlich absolut iiberhoht wie im Buddhismus. Grundlage alles vVerdens sind die fUnf Plagen (klesa): Nichtwissen, Ichwahn, Liebe, Hass, Lebenshang. Die Yogapraxis hat acht Grundgebote zu befolgen. Neben Geboten der allgemeinen Sittlichkeit (Keuschheit, Vermeidung von Luge und Diebstahl) stehen hier auch die Regeln der Einnahme bestimmter Posituren und der Atemregulierung. Konzentration ist die Zuruckziehung der Sinne von den Sinnesobjekten. Uber Fixierung (dlJaraJ;la), Meditation (dl1yana) und Versenkung (samadl1i) gelangt die Seele zur Befreiung von raja.s und tamas (Leidenschaft und Schwere). Als Autor des Kommentars lToga.bha9ya.33 gilt ein mythischer Vyasa. Das Vlerk ist VOl' 650, abel' kaum vor 500 entstanden. Es bildet wiederum die Grundlage fur einen Subkommentar des Vacaspatimisra. Danach entstand eine groBe Zahl von praktischen Lehr- und Handbuchern. Svatmarama verfasste das aus 395 Strophen bestehende Lehrhuch HatlJayogapra.dTpika.34 Eine gewisse Beruhmtheit hat auch die ,5iva-8mnl1ita erlangt. 35 Das altindische System del' Logik wird Nyaya genannt. Dieses und das Vaisei?ika-System sind eng miteinander verbunden und konvergieren schliefllich. 36 Bemerkenswert ist der groBe Anteil, den die Buddhisten an der Ent-
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wicklung der Logik hatten. Der alteste Nyaya hat bereits eine ausgebildete Erkenntnistheorie mit 16 Kategorien, auf die hier jedoch nicht eingegangen werden kann. 37 Die Quellen der Erkenntnis sind die Perzeption, die Analogie, der Vergleich und das glaubwiirdige Zeugnis, eine Kategorie, die sich dem Praxisbegriff nahert. Grundlage sind die aus fiinf Biichern bestehenden Nyayasutras, die dem Ak 9apada zugeschrieben werden. Die vorliegende Fassung ist eine bereits mehrfach iiberarbeitete. Die Schlussredaktion mag um 300 erfolgt sein, und man hat den Eindruck, dass die urspriingliche Fassung alter als die Caraka-Samhita (s. S. 239) ist. 38
Gegen 1200 rief Gallgesa die neue Schule der Logik ins Leben. Sein VIer Biicher umfassender Ta'uvacintama1].i hat die Beweisfiihrung zum eigentlichen Gegenstand. 44 Darunter be£lndet sich auch der Gottesbeweis. Das Buch vmrde zur Quelle vieler Kommentare und ist sehr verschieden beurteilt worden: sowohl als hohe Denkleistung als auch als unfruchtbare Scholastik.
Der alteste Kommentar zum Nyayasutra ist das NyayabhaiiJya. Es wurde kurz nach 300 von Vatsyayana verfasst, der mit dem Autor des KamasiitTa nicht identisch ist. 39 Dabei handelt es sich weniger um einen Kommentar als um ein selbststandiges Werk, das in meist knappen Satzen die Gedanken der Sutras fortfiihrt. Bei der Aufzahlung der Erkenntnismittel £lnden sich Einfliisse seitens des Materialismus. Gerade in erkenntnistheoretischer Hinsicht hat der Nya.ya ein bedeutendes Niveau erlangt. Er bekanlpfte auch den gefahrlichen dualistischen Standpunkt (wie er unter anderem in der Bhagava,dglta zum Ausdruck kommt), man diirfe einen Karper als bedeutungslos taten; vielmehr ist derselbe Trager der Emp£lndungen und Instrument der Handlungen. Das Denken ist im Nyaya allerdings ein Attribut der immateriellen Seele. Aber es gilt auch nicht als ewiger Geist. Dies alles einschlie£lich der Logik unterscheidet den Nyaya vorteilhaft yom Vedanta. Auffallend ist jedoch der Pessimismus: Das Leben ist nichts als Elend; objektiv gesehen, gibt es kein Gliick. 1m Vaise9ika und in der Mlmamsa fehlt dieser Pessimismus. In der ersten Halfte des 7. Jahrhunderts verfasste Uddyotakara einen Subkommentar zum Nyayabhai?ya, das NyayavaTttika. 40 Uddyotakara fiihrte den Gottesbeweis in den Nyaya ein. Darin folgten ihm in weiteren Kommentaren Vacaspatimisra um 900 und Udayana im 10. Jahrhundel't. Diese bisher genannten Werke bilden das Nyayasastra, den Kern des Nyaya, der auch "alte Schule" genannt wird, obwohl dies chronologisch nicht durchweg stimmt. Demgegeniiber begriindete der Buddhist Dignaga die mittelalterliche Logik. Schon um 450 gab er auf den Materialismus des Nyayabhai?)la eine idealistische Antwort. Als wirklich erkennt er nur eine Kette von Augenblicken an; allgemeine Begriffe, wie hier die Zeit, halt er fiir Produkte der Illusion. Seine erkenntnistheoretische Hauptleistung war die Verbindung von Folgerung und Analogie. Die beiden Grundwerke Dignagas sind der PTa.ma1].aSamuccaya41 , bestehend aus sechs Kapiteln, und der NyayapTavesa 42 . vVahrend Dignaga von Uddyotakara kritisiert worden war, £lndet er in Dharmaklrti (7. Jahrhundert) einen Verteidiger, und zwar in dessen Nyayabindu. 43 Dieses Werk lehrt ausgepragten Idealismus: Das von den Sinnen erfasste Reale ist der Moment. Das Sein wird geleugnet, und nur Beziehungen werden anerkannt.
21.5
Das letzte Darsana ist das Vaise9ika-System. Vaise9ika wie auch Nyaya unterscheiden sich von den anderen Systemen unter anderem dadurch, dass sie nicht von Haus aus religias-metaphysisch eingestellt sind. Das Vaise9ika sucht alles Erkennbare in den drei Kategorien der Substanz, Qualitat und Bewegung zu fassen. Von den aufgefiihrten Substanzen bestehen vier aus Atomen, die iibrigen fiinf gelten als ewige Entitaten. Aber auch in dieser atomistischen TheOl'ie wird die Autoritat des Veda - zweifellos aufgrund brahmanischer Einflussnahme und Uberarbeitung - betont. Das Vaise9ika postuliert, seine Kategorienlehre fiihre zur Erlasung - nicht eine besondere Moral. In beiden Punkten £lnden sich also Ankliinge an die Mlmalnsa. Ein Wandel als philosophischer Begriff wird abgelehnt; die neuen Eigenschaften treten einfach an die Stelle der alten. Materialistisch war die These, dass die Wirklichkeit durch die Sinne richtig widergespiegelt wird. 1m Gegensatz zum Nyaya (besonders zu dessen jiingeren Stufen) hat das Vaise9ika seine naturphilosophische Grundhaltung beibehalten. Schwach entwickelt blieb dagegen seine Ethik. 45 Literarische Basis des Systems ist das Vaisei?ikasiitTa des Kar.tada.46 Das Werk besteht aus zehn Biichern zu je zwei Teilen. Hauptthemen sind die Kategorien Materie, Raum und Zeit. Die Ethik wird formal und kurz abgehandelt. Das Vaisei?ikasiitTa ist offenbar etwas alter als das Nyaya.siitTa und kannte zwischen 250 und 300 entstanden sein. Mit dem Padartlwdharmasamgralw schuf Prasastapada keinen Kommentar, sondern ein eigenes Werk. Erst um 1600 wurde von Sarnkaramisra der Hauptkommentar zum Vaisei?ika,siitra, namens Upaskara verfasst. 47 Spiit - im wesentlichen erst nach der in dieser Literaturgeschichte behandelten Zeit - haben sich Nyaya und Vaise9ika weitgehend amalgamiert, wobei letzteres ein gewisses Ubergewicht zu erlangen vermochte. Die vier Elemente liegen in Atomform allem Zusammengesetzten zugrunde. Sie sind ewig, aber die Atomaggregate sind verganglich. 1m Zyklus der Weltauflasungen und neuschapfungen (ein brahmanischer Grundgedanke der Puralfas) bewirkt der 'Wille Gottes die Auflasung aller Aggregate beziehungsweise deren Neubildung. Die Auffassungen dieses vereinigten Systems schildert sehr klar der Bhai?apa,Ticcheda von Visvanatha Tarkapancanana aus der ersten Hiilfte des 17. Jahrhunderts. 48 Das Werk ist in Indien weit verbreitet und bekannt. Seine 166 Merkverse werden vielfach ausyvendig gelernt. Es enthiilt nicht wenige Zitate aus alteren philosophischen Arbeiten. Neben der TaTkakaumudl des Bhaskara49 erwiihnen wir noch besonders den TaTkasaJngTaha, den Annambhatta um 1600
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verfasste. 50 Das gelehrte und dabei in sehr klarer Spraehe gehaltene \Yerk fand gro:Be Verbreitung und viele wissensehaftliehe BearbeiteI'.
Anmerkungen
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Es bleibt uns nun noeh die Literatur des Materialismus zu bespreehen, doeh ist diese von ihren idealistisehen Gegnern so grundlieh verniehtet worden, dass nur wenige Reste auf uns gekommen sind und wir fast aIle Angaben uber den altindisehen Materialismus indirekt ersehlie:Ben mussen. 51 Die materialistisehe Komponente del' Cllandogya- Upani,'}ad hat ten wir anhand del' Lehren des Uddalaka AruJ:.li bereits betraehtet. Diesel' erklarte, dass nieht aus dem Niehtseienden Seiendes werden kann, sondern nur aus Seiendem (sat). Spiitere 1dealisten haben, da sie Udda:laka aus del' beruhmten Upani'}ad nieht einfaeh eliminieren konnten, diesen zum Mystiker verfiilseht, indem sie das sat mit bra.bma,n interpretierten. 1m 6. Jahrhundert v. ChI'. muss del' Materialismus beaehtliehe Fortsehritte gemaeht haben. Ajita Kesakambala lehrte: Es gibt keine Frueht del' Taten; Narren und 'Weise haren mit del' Auflasung des Karpel's auf zu bestehen. Materialistiseh sind bestimmte Gedanken del' Prasna- Upanii?ad; del' von Naeiketas in del' Katba- Upa,nii?ad ausgedriiekte Zweifel an einem Leben naeh dem Tode (I, 1, 20) ; die Lehre, dass das Bewusstsein von den Elementen del' Materie abhiingt und mit ihnen sehwindet, die in del' Hrbadaral].yaka- Upanii?ad II, 4, 12 angefiihrt wird; die Angriffe auf den Glauben an ein spiiteres Leben und an die Wirksamkeit von Opfern dureh Ja:ba:li im zweiten Bueh des Ramaya.J:.la; die Definition des Lebens dureh physisehe und physiologisehe Umstiinde ohne Bezugnahme auf eine Seele im 12. Bueh des Mababbarata.
Um 300 v. ChI'. muss aufgrund von Zitaten ein Lokayataiastra, das hei:Bt eiI). Lehrbueh des Materialismus, bestanden haben, dessen Verfasser B~haspati odeI' Ca:rva:ka gewesen sein solI. Dazu wird ein Kommentar von Bha:guri erwiihnt. AIle diese \Yerke sind uns verloren; sie werden abel' immer wieder zitiert, so in del' Ya.sastila.kacampii. Die Pali- Literatur, so das Petavattlm, beriehtet uber den Prinzen Pingala von Sura:'}tra, del' als Materialist das Karman-Gesetz verneint haben solI. Etwa seit del' Zeit des Ramaya1;Ia werden die Materialisten aueh mit dem Ausdruek nastika (etwa: Nihilisten) bezeiehnet, da sie die Autoritiit des Veda, das Jenseits und das Karman ablehnen. Naeh dem Sa.rvadarsanasaJngral13 haben die Materialisten den Veda als das Gesehwiitz von Spa:Bvageln, Spitzbuben und Naehtsehleiehern qualifiziert. Uber die materialistisehe Erkenntnistheorie ist nur zu erfahren, dass sie sieh lediglieh auf die Wahrnehmung gestutzt und die anderen Erkenntnismittel abgelehnt haben solI. Doeh kann eine solche Behauptung sehr wohl auf idealistiseher Verdrehung beruhen. Man sieht anhand del' Verfolgung des altindisehen Materialismus und seiner Literatur das Wirken del' Parteiliehkeit in del' Philosophie mit gra:Bter Deutliehkeit.
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Zu den Anfiingen der Philosophie in Indien vgl. ,V. Ruben: Beginn del' Philosophie in
Indien. Aus den Veden (3. Auf!. , Berlin/DDR 1961); F. Edgerton: The Beginnings of Indian Philosophy (London 1965), das Werk enthiilt tibersetzte Auszuge aus dem~g und Atharvaveda, den Upani~aden und demo Mahabharata; 1. Scherman: Philosophische Hymnen aus dem ~g- und Atharvaveda (Mtinchen 1887), Neudruck in: Kleine Schriften (Wiesbaden 2001).
2 Vgl. S. 23 3 Vgl. H. Oldenberg: Vorwissenschaftliche 'Nissenschaft. Die vFeltanschauung del' Brahma-
IJa-Texte (Gottingen 1919).
4 Vgl. P. Deussen: Die Philosophie del' Upanishads (Leipzig 1899), auf der Philosophie Schopenhauers beruhend; J. Hertel: Die 1-Veisheit del' Upanischaden (Munchen 1921, Neuausgabe 1958); A. Ja. Syrkin: Upani.sady (Moskau 1967); Shankara (SaJilkara): Das Kleinod del' Unterscheidung (Bern und Mtinchen 1981). 5 Vgl. die Ubersetzung von P. Deussen in Gemeinschaft mit O. StrauB: Vier philosophi-
sche Texte des lvlahabharata (Leipzig 1906, Neudruck Bielefeld 1980), enthiilt Sanatsujataparvan, BhagavadgTta, Moksadharma und AnugTta. tTbersetzung des Mok.,?adharma ferner von B. 1. Smirnov (Aschchabad 1961). Ubersetzung der BhagavadgTta von K. Mylius (Leipzig 1980, 2. Auf!. Mtinchen 2002). 6 Zusammenfassende Darstellung der danianas von Max Muller: The Six Systems of Indian
Philosophy (London 1899).
7 Ausgabe des $acjdarsanasamuccaya von M. Kumar (Varanasi 1970). 8 Ausgabe und Ubersetzung des Sarvadarsanasiddhantasarilgraha von M. Rangacharya (Madras 1909). Ubersetzung auch von P. S. Bose (Calcutta 1929).
9 Ausgabe des Sarvadarsanasarilgraha von V. S. Abhyankar (Poona 1924, Uberarbeitung Poona 1951). Ubersetzung von E. B. Cowell und A. E. Gough (London 1894; 6. Auf!. als Bd. 10 der Chowkhamba Sanskrit Studies, Varanasi 1961, Neudruck Delhi 2000). 10 Ausgabe der MTmanlsasutras von V. S. Abhyankar und G. A. Joshi in sieben Biinden als Nr. 97 der Anandasrama Sanskrit Series (Poona 1970-1976). Ubersetzung von M. L. Sandal als Bd. 27 der Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1923-1925, Neudruck 1974). Konkordanz von K. Sarasvati: MTmamsakosa (Wai 1952-1966). Studie von M. L. Sandal: Introduction to the 1\I1mamsasiltras of Jaimini (Allahabad 1925, Neudruck 1974 als Bd. 28 der Sacred Books of the Hindus). Ubersicht iiber die MTmiirilsa-Literatur (History ofIndian Literature, IV, 5) von J. M. Verpoorten (Wiesbaden 1987). 11 Ausgaben von Sabarasvamins Kommentar von M. Nyii.yaratna in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1873-1889) und von J. Vidyasagara (Calcutta 1883/84). Ubersetzung von G. Jha als Bd. 1 der Gaekwad's Oriental Series (Baroda 1933).
12 Ausgabe von Kumarilas ,Slokavarttika in den Chowkhamba Sanskrit Series (Benares 1898/99). Ubersetzung von G. Jha in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1900).
218
DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
13 Uber das Vedanta-System gibt es zahlreiche Ubersichten und Einzelstudien. Die Tenninologie behandelt E. Wood: Vedanta Dictionary (New York 1964). Kompendien sind P. Deussen: Das System des Vedanta (Leipzig 1883); V. H. Date: Vedanta Explained (2 Bde., Bombay 1954-1959); M. Walleser: Der altere Vedanta (Heidelberg 1910). Ubersetzung einschlagiger Quellen von E. Deutsch und J. A. B. van Buitenen: Source Book of Advaita Vedanta (Honolulu 1971). 14 Ausgabe des Vedantasiitra von A. K. Sastri (Bombay 1938). Ubersetzung einschl. des Sarnkara-Kommentars von P. Deussen (Leipzig 1887, Neudruck Hildesheim 1966). Weitere trbersetzungen von V. M. Apte (Bombay 1960) und S. Radhakrishnan (London 1960). Ubersetzung von G. Thibaut unter Einschluss der Kommentare von Samkara und Ramanuja als Nr. 34, 38 und 48 der Sacred Books of the East (London 1904, Neudruck 1968). 15 Ausgabe der Gau1apad~yakarika in den Anandasrama Sanskrit Series Nr. 10 (1911). Ubersetzung von P. Deussen in Sechzig Upanishad's des Veda (Leipzig 1897, Neuausgabe Bielefeld 1980).
16 Ausgabe des Sarfrakabh~ya in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1854-1863). Ubersetzung zusammen mit der der Vedi.intasiitras von P. Deussen (Leipzig 1887, Hildesheim 1966); ferner von G. Thibaut in den Banden 34 und 38 der Sacred Books of the East. Studie von V. S. Ghate: The Vedanta (2. Aufl., Poona 1960) mit Beriicksichtigung weiterer Kommentatoren wie Nimbarka, Madhva und Vallabha. 17 Ausgabe des .4tmabodha von F. Hall (Mirzapore 1852). Ausgabe mit Ubersetzung von T. M. P. Mahadevan (New Delhi 1975).
18 Ausgaben der Bhamatf in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1876 bis 1880) und in der Nirr;taya Sagara Press (2. Aufl., Bombay 1938); ediert mit Ubersetzung von C. K. Raja (Madras 1930).
19 Ausgabe der PaiicadasT von N. R. Acharya in der Nirr;taya Sagara Press (Bombay 1949). Ubersetzung von N. S. Rau und K. A. K. Aiyar (Srirangam 1912). 20 Ausgabe des Jfvanmukl:iviveka in den Anandasrama Sanskrit Series 20 (Poona 1889). Ubersetzung von M. N. Dvivedi (Bombay 1897). Ausgabe und Ubersetzung von S. Subrahmanya Sastri und T. R. S. Ayyangar (Adyar 1978). 21 Ausgabe und Ubersetzung des Vedantasara von O. Frank (Miinchen und Leipzig 1835); Text auch in der Sanskrit-Chrestomathie von O. Bahtlingk (3. Aufl., Leipzig 1909). Ubersetzungen von Ram Mohan Roy (Calcutta 1816) und G. A. Jacob (London 1881, Neudruck 1972).
22 Ausgaben des Srfbhai?ya in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1888) und von V. S. Abhyankar in den Bombay Sanskrit Series (1914). Ubersetzung von G. Thibaut in Bd. 48 der Sacred Books of the East (Neudruck Delhi 1963). 23 Ubersetzung des Vedantadfpa von A. Hohenberger (Bonn 1964).
219
Die philosophische Literatur
(Delhi 1969); R. Garbe: Sarilk1lya und Yoga (Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertmnskunde III, 4, StraBburg 1896); M. Hulin: Salilkhya Literature (History of Indian LiteratUf~ VI, 3, VITiesbaden 1978); R. Garbe: Die Samkhya-Philosophie (2. Aufl., Leipzig 1917); A. Sengupta: The Evolution of the Samk1lya School of Thought (Lucknow 1959).
26 Ausgabe und Ubersetzung der Sarilkhyasutras von J. R. Ballantyne (4. Aufl., Varanasi 1963). Ubersetzung auch in Bd. 11 der Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1912). 27 Ausgabe der Samkhyakarika von R. Pandeya (Delhi 1967). Ubersetzung von T. G. Mainkar (Poona 1964). Edition und Ubersetzung von R. N. Phukan (Calcutta 1960). Ubersetzungen auch von H. T. Colebrooke und H. H. Wilson (Oxford 1837) und von A. M. Esnoul (Paris 1964). 28 Vgl. R. Garbe: Der Mondschein der Sarilkhya- Wahrheit (Abhandlungen der Bayer. Akad. der Wiss., XIX, 3, Miinchen 1891). 29 Ausgabe und Ubersetzung der Sarilkhyasiitravr;ddhi von R. Garbe Indica (Calcutta 1888-1892).
111
der Bibliotheca
30 Ausgabe des Sarilkhyapravacanabha.,;,ya von R. Garbe als Bd. 2 der Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.] 1895,2. Aufl. 1943) und Ubersetzung, ebenfalls von R. Garbe, in den Abhandlungen fUr die Kunde des Morgenlandes, IX, 3 (Leipzig 1889, Neudruck Nendeln 1966). 31 Aus der Flut der Yoga-Literatur seien einige seriose \f\Terke hervorgehoben. R. Sclmlidt: Fakire und Fakirtum im alten und modernen Indien. Yoga.-Lehre und Yoga-Praxis nach den indischen Originalquellen dargestellt (Berlin 1908); H. Zimmer: Yoga und Buddhismus (Frankfurt/M. 1973); B. Baumer (Hrsg.): Die Wurzeln des Yoga. Die Yoga-Sutren des Pataiijali (Miinchen 1976); M. Eliade: Yoga. Unsterblichkeit und Freiheit (Frankfurt/M. 1985); H. Weiss (Ubers.): Quellen des Yoga (Miinchen 1986). 32 Ausgabe und Ubersetzung der Yogasutras von P. N. Mukerji (Calcutta 1963); und von P. V. Karambelkar (Delhi 1988); Ausgabe mit dem Yogabhai?ya von R. Bhattacharya (Benares 1963). Ubersetzung, auch des Yogabhai?ya, von J. H. Woods als Bd. 17 der Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.] 1914, Neudruck Delhi 1966); von H. Maldoner (Hamburg 1987); von S. Bhaduri (Delhi 2000). 33 Zum Yogabha.,;,ya vgl. Anm. 32. 34 Ausgabe der HatlJayogapradfpika von T. 'fayta und Ubersetzung von S. Iyangar (Bombay 1893); Ubersetzung auch von H. Walter (Diss. Miinchen 1893). 35 Ausgabe und TJbersetzung der Siva-Samhita von S. C. Vasu in den Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1914). 36 Uber die allgemeinen Grundlagen von Nyaya und Vaises;ika unterrichten folgende Werke: G. Kaviraj: Gleanings from the History and Bibliography of the Nyaya- Vaisei?ika Literature (Calcutta 1961); B. K. Matilal: Nyaya- Vaise.,;,ika (History of Indian Literature VI, 2, 'l'Viesbaden 1977); A. B. Keith: Indian Logic and Atomism (Oxford 1921).
24 Ausgaben des Paramarthasara in den Kashmir Series of Texts and Studies, 7 (Srinagar 1916) und von L. Silburn (Paris 1955-1962).
37 Vgl. H. N. Randle: Indian Logic in the Early Schools (London 1930).
25 Folgende \f\Terke fiihren in das Sarnkhya-System ein. G. J. Larson: Classical Samkhya
38 Ausgabe und Ubersetzung der Nyayasutras von W. Ruben in den Abhandlungen fur die
220
Die Arthasastra- Literatur
DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Kunde des Morgenlandes XVIII, 2 (Leipzig 1928, Neudruck Nendeln 1966). Ausgabe feruer von G. Jha (Allahabad 19Hj~1919); Ubersetzung in zwei minden von D. P. Chattopadhyaya (Calcutta 1967/68), sowie von S. C. Vidyabhusana (Allahabad 1930, verb. Aufl. Delhi 1990).
221
(1862); A. Hillebrandt: Zur Kenntnis der indisdlen Nlaterialisten, in: Festschrift Ernst Kuhn, herausgegeben von H. Oertel (Breslau 1916); N. P. Anikeev: 0 materialisticeskich tradicijach v indijskoj filosofii (Moskau 1965). Das einschlagige Hauptwerk ist das von D. P. Chattopadhyaya: Lokayata (New Delhi 1959).
39 Zum Nyayasiitrabhal?J'a s. Anm. 38 sowie die Studien von E. Windisch (Leipzig 1888) und M. Spitzer (IGel 1926). 40 Ausgabe des Nyayavarttika von V. P. Dvivedi in del' Bibliotheca Indica (Calcutta
1887~
3. Die Arthasastra-Litenttur
1914). 41 Del' Originaltext des Pramal.la.samuccaya ist verloren, doch gibt es eine tibetische Ubersetzung. Fragmente derselben wurden ediert und iibersetzt von H. N. Randle (London 1926). 42 Zu Ausgabe und Ubersetzung des Nyayapravesa vgl. Anm. 41. Ausgabe von A. B. Dhruva (2. Aufl. Delhi 1987). 43 Ausgabe des Nyayabindu von P. Peterson in del' Bibliotheca Indica (Calcutta 1889); Ubersetzung von T. Stcherbatsky (St. Petersburg 1903). 44 Ausgaben des Tattvacintama1]i von K. Tarkavaglsa in del' Bibliotheca Indica (Calcutta 1888-1901) sowie von U. Misra (Darbhanga 1957). Studie von H. H. Ingalls in den Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.] 1951). 45 Das Vaise~ika-Systen'l wurde ausfiihrlich beschrieben von B. F'addegon in den Verhandlungen del' Akad. del' Wiss. zu Amsterdam 18, 2 (1918, Neudruck Wiesbaden 1969); ferner von H. Ui (2. Aufl., Varanasi 1962). 46 Ausgaben del' Vaisesikasiitras von V. P. Dube (Benares 1885-1897) und von S. J. Vijaya (Baroda 1961). Ubersetzungen von E. Roer in del' Zschr. del' Dtsch. Morgenlandischen Gesellschaft, 21~22 (1867/68) und von N. L. Sinha als Bd. 6 del' Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1911, Neudruck 1974). 47 Ausgabe des Upaskara in del' Bibliotheca Indica (Calcutta 1861). Ubersetzung von N. L. Sinha in den Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1910/11).
48 Ausgabe und Ubersetzung des Bhasapariccheda von E. Roer in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1850); Ubers.-:tzung auch von E. Hultzsch in der Zschr. der Dtsch. MorgenHindischen Gesellschaft, 74 (1920).
49 Ausgabe der TarkakaumudTvon K. P. Parab in der Nin~aya Sagara Press (Bombay 1907). Ubersetzung von E. Hultzsch in der Zschr. del' Dtsch. Morgenlandischen Gesellschaft, 61 (1907). 50 Ausgabe des Tarkasarngraha von Y. V. Athalye mit Ubersetzung von M. R. Bodas in den Bombay Sanskrit Series, 55 (1918, 3. Aufl., Poona 1974); Ausgabe auch von S. S. Vangiya (Varanasi 1969). Ubersetzung von E. HuItzsch (Berlin 1907). Ausgabe und Ubersetzung von K. C. Mehendale (Delhi 1990).
51 Zum Studium des altindischen Materialismus mogen folgende Hinweise dienen. J. Muir hat im Journal of the Royal Asiatic Society, 19, materialistische Ausziige aus del'll Sarvadar,sanasarngraha, dem Visnu-PuraI,la und del'll RamayaI,la veroffentlicht. Vgl. auch E. B. Cowell: TIle Carvaka System of Philosophy, in: Journal of the Asiatic Society of Bengal
Von den \A/erken, die einem der drei Hauptziele des Brahmanismus - dharma, artlla und kama - gewidmet sind, wenden wir uns zunachst den Arthasastras zu. Bedeutet artha zwar allgemein weltlichen Gewinn, Besitz und Macht, so bezieht sich ein Arthasastra im engeren Sinne auf Okonomie, besonders aber auf Politik im Sinne von Staatsfiihrung und Regierungskunst (nfti). Arthasastra und NTtisastra sind also fast identische Begriffe. 1 Auf die friihe Existenz solcher Lehrbiicher lassen Stellen im Mahabharata, im Lalitavistara und bei Bhasa schlieBen, Enge Beziehungen bestehen besonders zunl·· Dharmasastra, Doch kann man einen wesentlichen Unterschied darin sehen, dass die Dharmasastras 1dealvorstellungen fixieren, wahrend die Arthasastras - natiirlich immer von den Positionen des Brahmanismus aus -- eine realistische Sicht (manchmaJ auch Zynismus) erkennen lassen, weshalb sie beispielsweise vom Buddhisrnus abgelehnt werden. Regeln iiber Staatskunst hat es also offenbar schon lange gegeben; als Begriinder einer eigenen politischen Disziplin aber gilt traditionell Brhaspati, Dieser soll die urspriinglich von Brahma,n stammende Lehre auf einen iiberschaubaren Umfang reduziert haben. Das alles ist natiirlich mythisch, und ein uns iiberliefertes Barhaspatya-Artha.sastra ist zeitlich sehr heterogen, streckenweise ganz jung und literaturgeschichtlich ziemlich irrelevant. 2 Bei weitem das bedeutendste und zugleich umfangreichste Arthasastra ist das Kau~illya.-Arthasastra, eines der allerwichtigsten \rVerke der altindischen Literatur. 3 Die Existenz eines solchen Lehrbuches war schon lange bekannt; Manuskripte wurden aber relativ spat gefunden, so dass das \A/erk erst 1909 veroffentlicht werden konnte. Uber seine Authentizitat gibt es jedoch einen heftigen Meinungsstreit, der bis zur Gegenwart nicht abgeklungen ist. Als Autor wird namlich Kautilya genannt, und viele sehen in ihm den Kanzler des Candragupta, der im Jahre 322 v. ChI. das GroBreich der Maurya begriindete. Sollten Kanzler und Autor identisch sein, so hatten wir in diesem Buch eine Quelle altindischer Politik, die datierbar undvon unschatzbar hohem Alter wii,re. Leider ist dies aber eben nicht sichel'. Wiihrend H. Jacobi und sein Schiiler W. Ruben das Kau~ilfya-Arthasastra in die Candragupta-Zeit versetzten, haben A. Hillebrandt, J. Jolly, O. Stein und M. Winternitz Bedenken geauBert. Diese bestehen kurz in folgenden Argumenten. 1m Jahre 302 kam der Grieche Megasthenes an
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Die Arthasastra- Literatur
den Maurya- Hof. In seinem Reisebericht Indika auBert er sich zwar uber Sandrakottos (d. i. Candragupta), nicht aber uber Ka.utilya. Almlich liegen die Dinge bei Pataiijali. O. Stein meint, dass das von Kautilya Geschilderte auf ein GroBreich nicht passe, dass es auch nicht mit dem Bericht des Megasthenes harmoniere, kurz, dass also Kautilya und J\1egasthenes keine Zeitgenossen gewesen seien. Es will auch nicht einleuchten, dass sich der Verfasser selbst Kautilya ("Falschheit", "Verschlagenheit") genannt haben solI. Ferner enthalt das \Verk eine ausgepragte spezialisierte Terminologie des Nitisastra; darum konne es nicht bereits so fruh angesetzt werden. SchlieBlich wird seine Universalitat hervorgehoben, die die Kapazitat eines Autors uberstiegen haben durfte. Aus allen diesen Grunden mochte M. Winternitz das KautilTya.-Arthasastra nicht vor dem 3. Jahrhundert n. Chr. entstanden wissen. 4 Diesen Gesichtspunkten stehen jedoch Argumente entgegen, die ebenfalls gewichtig sind. Am bedenklichsten scheint die Bezugnahme auf und der Vergleich mit Megasthenes. Der Grieche hat Indienjedenfalls mit Augen gesehen, die eine andere Gesellschaftsstruktur gewohnt waren, und es ist so gut wie sicher, dass er seine eigenen Denkschemata in das von ihm Gesehene hineininterpretiert hat. Ferner spricht die Tatsache, dass das Volerk inhaltlich und formal ziemlich homogen ist, gegen eine Kompilation beziehungsweise gegen die Beteiligung einer ganzen Schule. \Vichtig ist der von M. Schetelich betonte Umstand, dass die Terminologie des Ka.u!;illya-Artllasastra frappante Ubereinstimnmngen mit der altbuddhistischen Ausdrucksweise aufweist. Ziehl, man innere chronologische Indizien heran, so ergibt sich folgendes Bild. Das \Verk kennt die Veden, den originaren Buddhismus und die Handlungskerne der beiden groBen Epen. Es erwahnt dagegen weder ein \Verk der Kunstdichtung noch ein Drama. Es weist Parallelen zur Yajiiavalkya- und Naradasmrti auf, und es ist eine der Quellen des Kama.slltra. Berucksichtigt man dazu die lebhafte politisch-staatliche Entwicklung, die Indien in den knapp zwei Jahrhunderten nach Buddha genommen hat, so mochte man die Entstehung des Kautil~ya-Artha.sastra zu Beginn der Maurya-Zeit fUr nicht ausgeschlossen ~ und vor allem fur nicht beweiskraftig widerlegt ~ erachten. Verfasst ist das Werk in Prosa, die im Sutra- und Bha~ya-Stil gehalten und mit Slokas durchsetzt ist. Jedes Kapitel schlieBt mit einem oder mehreren Versen. Insgesamt gibt es 15 Hauptabschnitte (adhikaralfa). Die Grundlinie ist ein der Monarchie dienender Machiavellismus, die Hauptnlaxime demnach der Satz "Der Zweck heiligt die Mittel". Der erste Abschnitt ist der Erziehung und Bildung des Herrschers gewidmet. Er hat sich mit Philosophie, Vedastudium, Okonomie und Regierungskunst zu beschaftigen, wobei die Philosophie als Grundlage angesehen wird.
liefert. Durch sie macht sich der Furst seine eigene Partei und die feindliche botmaBig mit Hilfe von Schatz und Heer. Das Zustandekommenund die friedliche WeiterfUhrung von Philosophie, Theologie und \Virtschaftskunde wird zuwege gebracht durch den Stab (Gewalt, Strafe). Dessen Fuhrung ist die Fuhrung des Stabes (Regierung, Staatskunde), und sie hat die Erlangung des noch nicht Erlangten zum Zweck, bewahrt das schon Erlangte, mehrt das Bewahrte und teilt das Gemehrte an wurdige Empfanger aus. "Von ihr abha.ngig ist Bestand und Fortgang der Welt. Darum solI der, der den Bestand und Fortgang der Welt wunscht, fortwahrend den Stab erhoben halten. Es gibt kein Mittel, die \Vesen in BotmaBigkeit zu halten, das dem Stabe gleich ware." So die Lehrer. Nein, also Kautilya. Denn wer einen scharfen Stab fUhrt, der vvird den Menschen ein Grauen. \Ver einen sanften Stab fUhrt, der wird verachtet. vVer nach Gebuhr den Stab fUhrt, der wird verehrenswert. Denn ein mit weiser Einsicht gefuhrter Stab macht die Untertanen des sittlich Guten, des irdisch Nutzlichen und des sinnlich Angenehmen teilhaftig. Ubel gefiihrt, sei es aus Zorn, Liebe oder Unkenntnis, ruft er sogar Emporung der \Valdsiedler und heimlosen BuBer hervor, wieviel mehr der Hausvater (derer, die im weltlichen Leben stehen). Wird er gar nicht gefUhrt (d.h. wird gar keine Strafgewalt geubt), so erzeugt das den" Zustand unter den Fischen". Denn der Starkere verschlingt den Schwachen, wo niemand die Strafgewalt ubI,. Wer von ihr geschutzt wird, der gedeiht ...
Ackerbau, Viehzucht und Handel, das ist die Wirtschaft, segensvoll dadurch, dass sie Getreide, Vieh, Geld, Rohstoffe und Frondienst
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(Ubers.: Johann Jakob Meyer) Der Herrscher solliernen, seine Sinne zu beherrschen, aber auch die richtigen Freunde, Agenten (tT1G?lfa) und Giftmischer auszusuchen. Kennzeichnend fUr die damalige Palastatmosphare ist der Rat, die Prinzen als standige Gefahr zu betrachten und entsprechend zu uberwachen. Uberhaupt solI sich der Konig stets vor Gefahren huten, die ihm im Palast und besonders im Harem drohen. 1m zweiten Abschnitt lernen wir die Aufgaben der koniglichen Inspektoren auf allen Gebieten der Verwaltung kennen. Unschatzbar sind die Informationen, die wir etwa uber die Anlage von Dorfern und Festungen, uber den Bergbau und speziell die Juwelengewinnung, uber Bewasserungsanlagen, aber auch uber Fursorgeeinrichtungen fUr Kranke, \Vaisen und \Vochnerinnen, uber die allgemeine Finanzverwaltung, den Handel und vieles andere mehr erhalten. Der dritte Abschnitt befasst sich mit dem Gerichtswesen und weist enge Parallelen zur Dharmasastra-Literatur auf. Der vierte Abschnitt hat die Bekiimpfung der "Dornen" zum Gegenstand, worunter staatsfeindliche Elemente, wie Rauber,
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Die Arthasastra- Literatur
Munzfalscher und so weiter, verstanden werden. Man geht aber kaUIn fehl in der Annahme, dass mit dem vielfach verwendeten Begriff "Rauber" nicht zuletzt Klassen- und Standesgegner perhorresziert wurden. Der fiinfte Abschnitt fuhrt diese l\1aterie unter besonderer Berucksichtigung von "Verratern" fort und schildert die Moglichkeiten ihrer Beseitigung. Dabei werden auBerst heimtuckische und riicksichtslose Methoden empfohlen. Ferner gibt der Verfasser Ratschlage, wie der Staatsschatz durch Steuerdruck sowie durch Drohung und List vermehrt werden kann. Schlie£lich bietet dieser Abschnitt besonderes Interesse noch dadurch. dass er eine Gehaltsliste fur alle Beamten und Angestellten des koniglichen Hofes enthalt, wobei das Jahresgehalt von 60 bis zu 48000 Pal.laS aufsteigt. Der sechste Abschnitt verfallt wieder in die fiir die Sastra-Literatur typische pedantische Klassifikation. FEer werden die sieben Elemente der Verwaltung und Herrschaft erortert, namlich Konig, Minister, Reich, Festung, Schatz, Heer, Freund. 1m siebenten Abschnitt geht der Verfasser auf die sechs Methoden der Politik ein; dies sind Friede, Krieg, Neutralitat, Mobilmachung, Bu~:dnis und zweideutiges Verhalten. Der achte Abschnitt befasst sich mit den Ubeln, die das Reich treffen konnen. In einer Monarchie beziehen sie sich zunachst auf den Konig - wenn er namlich, statt zu regieren, ein Trinker, \Veiberheld oder Spieler ist. Der Staat kann ferner durch Epidemien, Feuersbrunste und Flut" katastrophen in GefallI geraten. Thema des neunten und zehnten Absclmittes ist das Militarwesen. Bei der Schilderung der Heerlager werden sagar modern
zehnte Abschnitt schlie£lich gibt eine Zusammenfassung von 32 methodischen Prinzipien, die der Verfasser seinem \Verk zugrunde gelegt hat.
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Dem Kau~ill'ya=Artlla,sastra,zwar nicht ebenburtig, aber als einziges \Verk m,it dessen Bedeutung vergleichbar ist das Kamanda,klya,-Nltisara. 5 Formal weicht es von seinem graBen Vorganger betrachtlich ab: Es ist in Versen geschrieben und tragt seine Lehren im Gewand didaktischer Poesie vor. Gewidmet ist es dem Vi:;;I,lugupta; diese Bezeiclmung tragt Kautilya als Beiname. Kamandakas \Verk war Dal;9in offenbar noch nicht bekannt; dagegen zitiert es Vamana um 800. Es ist anzunelllTlen, dass es zwischen 700 und 750 entstanden ist. Der Inhalt seiner 20 Kapitel (sarga) deckt sich nur teilweise mit dem des Ka,u~illya, Arthasastra. In den ersten beiden Kapiteln wird yom Herrscher die Zugelung der Sinne verlangt. Auch von Philosophie wird gesprochen, doch wird ihr \Vesen auf Selbsterkenntnis reduziert. Das dritte Kapitel nennt die Merkmale, die ein guter Konig aufweisen muss; es geht vielfach uber Kautilya hinaus. Das vierte Kapitel entspricht den bei Kautilya im sechsten Hauptabschnitt aufgefUhrten Elementen der Verwaltung und Herrschaft. Das fiinfte Kapitel beschaftigt sich mit dem Verhaltnis des Konigs zu seinen Beamten sowie mit der Hutung des Staatsschatzes. 1m sechsten Kapitel wird gezeigt, wie Verrater zu bestrafen sind, wahrend das siebente Kapitel die Sicherung des Lebens des Konigs zum Inhalt hat. Die Kapitel 8 bis 11 befassen sich mit den Regeln fur die AuBenpolitik. 1m zwolften Kapitel wird gezeigt, wie man Informationen im Rahmen von Konsultationen einholt. Den Einsatz von Botschaftern und Spionen lehrt das dreizehnte Kapitel. Dern achten Abschnitt bei Kautilya entsprechen hier die Kapitel14 und 15, die sich mit den ein Staatswesen heimsuchenden (Tbeln beschaftigen. Die Schlusskapitel sind dem Militarwesen, nicht zuletzt d~y bei einem Feldzug anzuwendenden List, gewidmet. Man ersieht aus diesem Uberblick, dass die Abschnitte 2 bis 4 sowie 14 und 15 des Ka,u~ill'ya,-Artllasastl'a im Kamalldaklya,- Nltisara kaum eine Entsprechung finden. 1m 10. Jahrhundert verfasste in Kashmir der Jinist Somadevasuri, der bereits als Autor des Yasa.stila,ka genannt wurde, das inhaltlich wiederum auf Kau~ilya gestutzte Buch Nltivakyanl~·t,a.6 Es ist eine Art Padagogik fUr Konige in moralisch-Iehrhaftem Ton. Obwohl Jinist, zeigt der Verfasser vielfach eine brahmanische Geisteshaltung, indem er beispielsweise das Kastenwesen entschieden verteidigt. Das \Verk ist in schlichter, klarer Prosa gehalten und verwendet in reichem MaBe Sprichworter. Der gelehrte jinistische Monch Hemacandra ist Verfasser des Lehrbuches Lagllvarlwllllltisastra,.7 Offenbar istuns aber nur ein Auszug erhalten, den Hemacandra aus einem umfangreichen, in Prak~,t gehaltenen und ebenfa.lls von ihm stammenden \Verk gemacht hat. Es besteht aus Prosa mit eingestreuten Versen. Die Politik wird nur gedrangt abgehandelt; die eigentliche Thematik ist das Straf- und ganz besonders das Zivilrecht. Der Standpunkt ist meist der des
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DIE
PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Manava-Dllanna,sastra. Als Jinist halt der Verfasser den Krieg nur fUr das allerau£erste Mittel der Politik und dringt darauf, dass er nicht grausam gefUhrt wird. Ansonsten ist er wie Somadevasuri weitgehend brahmanisch orientiert. Das Barllaspatya(llltj)sutra ahnelt in Inhalt und Stil dem Nltivakyamrta.8 Das Werk entstand ziemlich spat, vielleicht erst im 12. Jahrhundert. Der Autor war wohl nicht, wie der Titel indiziert, B:rhaspati; eher geht das Werk auf das \iVirken einer Schule zurlick. Seine Haltung ist entschieden brahmanisch. Der Manasollasa schlie£lich wird dem Bhulokamalla Somesvara, einem Konig aus der Dynastie der Westlichen Chalukyas, zugeschrieben und ist im 12. Jahrhundert (nach Ansicht maneller Forscher im Jahre 1129) entstanden. 9 Das sehr umfangreiche und inhaltlich komplexe \iVerk besteht aus hundert Kapiteln. Es ist in Versen des Metrums Anu~tubh mit eingestreuter Prosa gehalten; die Sprache ist einfach und klaI'. In enzyklopadischer Weise werden unter a,nderem das Militarwesen, die Astrologie und die Juwelenkunde behandelt. Bedeutenden Raum nimmt die Politik ein. Den Schwerpunkt bilden hier die Methoden und Wege, mittels derer ein Konigreich errichtet und behauptet werden kann.
Die Dharmasastra-Literatur
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4 H. Palk urteilt in Die Pruiung der Beamten im Arthasastra (Wiener Zschr. fiir die Kunde Siidasiens, XXX, 1986, S. 57-72) im Anschluss an H. Scharfe iiber die Chronologie des Arthasastra folg£ndermaBen: Ein Werk aus der friihen Maurya-Zeit (urn 300 v. Chr.) wurde etwa im 3. J ahrhundert n. ChI. von Vi;;;]).ugupta iiberarbeitet. 5 Ausgaben des IGmandakfya-NTtisara von R. L. Mitra in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1849-1884); von T. Gal.Japati Sastri in den Trivandrum Sanskrit Series, 14 (1912) und in den Anandasrama Sanskrit Series, 136 (Poona 1958). Ubersetzung von M. N. Dutt (Calcutta 1896). 6 Ausgabe des NTtivakyamI(ta in der Grantharatnamala (Bombay 1887/88); ferner als Nr. 98 der Sanskrit Series des Oriental Research Institute (Mysore 1957). 7 Eine Ausgabe des LaghvarhannTtisastra erschien in Ahmedabad (1906). 8 Ausgabe des Barhaspatyasutra von F. 'ill Thomas (Lahme 1921). 9 Ausgabe des Manasollasa unter seinem anderen Titel Abhila~itarthacintamaIJ.ivon R. Shama Sastri (Mysore 1926); weitere Ausgabe von G. K. Shrigondekar als Bd. 28 der Gaekwad's Oriental Series (Baroda 1925, Neudruck 1961).
4. Die Dllarmasastra-Literatur Anmerkungen 1 Von den zahlreichen VVerken iiber Politik und Staatskunst ill1 alten Indien vgl. K. P. Jayaswal: Hindu Polity (2. Aufl., Bangalore 1943). 2 Ausgabe des Barhaspatya-Artllasiistra von F. 'iV. Thomas in: Le Museon III, 1-2 (Lowen 1916). 3 Editio princeps des KaurilTya-Arthasastra von R. Shama Sastri (Mysore 1909, 2. Aufl. 1919). V'lTeitere Ausgaben von T. Gal).apati Sastri in den Trivandrum Sanskrit Series, 79,80,82 (1921-1925); von J. Jolly und R. Schmidt (Lahore 1923/24). MaBgebend ist jetzt die kritische Ausgabe von R. P. Kangle (Bombay 1960, Neudruck 1986). Sie ist begleitet von einem sehr wertvollen Glossar der fiir Kautilya spezifischen Fachtermini. Ubersetzungen: von R. Shama Sastri (Bangalore 1915, 2. Aufl. Mysore 1929, 8. Aufl. Mysore 1967); von J. J. Meyer: Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben (Leipzig 1926, Neudruck 1977); von R. P. Kangle (Bombay 1963, Neudruck Delhi 1986). Uber das Kautillya-Arthasastra gibt es eine groBe Zahl von Studien. Th. R. Trautmann hat versucht, die Textkritik und relative Chronologie der einzelnen Teile des 'iVerkes mit Hilfe statistischer Methoden zu forderu: Kaurilya and the Arthasastra (Leiden 1971); diese Art des Vorgehens ist vielversprechend, methodologischjedoch noch nicht geniigend ausgereift. Vgl. ferner K. Rao: Studies in Kautilya (3. Aufl., Delhi 1958); R. Choudhary: Kaurilya's Political Ideas and Institutions (Chowkhamba Sanskrit Studies, 73, Varanasi 1971); F. Wilhelm: Politische Polemiken im Staatslehrbuch des Kauralya (Wiesbaden 1960), Kaut,alya ist synonym fUr Kautilya. Die Wirtschaftslehre Kautilyas untersucht B. C. Sen: Economics in Kaurilya (Calcutta 1967). Vgl. auch die 403 Titel umfassende Bibliographie von L. Sternbach (Hoshiarpur 1973).
Die Dharmasastra-Literatur wird mitunter dem Begriff der Rechtsliteratur gleichgesetzt. Dies ist aber nur bedingt richtig, da ihr Inhalt sich nicht auf juristische Fragen beschrankt, sondern weltliches und religioses Recht miteinander verbindet. Religiose Brauche, traditionelle Sitten und schlie£lich Rechtsnormen und -praktiken stellen die eigentlichen Themen der Dharmasastras daI'. 1 Vorbereitet wurde diese Literatur von den Dharmasutras,2 die literaturgeschichtlich dem Vedairga zuzuweisen sind. Um aber zu erkennen, inwieweit sie inhaltlich den Dharmasastras den Weg bereiteten, muss hier noch kurz auf die einschlagigen Werke eingegangen werden. Die Dharmasutras gehoren zur Kalpa-Literatur und sind daher meist an eine bestimmte vedische Schule angeschlossen. Ihrem Namen entsprechend sind sie im Sutra-Stil gehalten, der verschiedentlich eingestreute Verse aufweist. Sie lehren taglich wiederkehrende religiose Pilichten, Gotterverehrung, Slilmezeremonien, aber auch Kosmogonie. Von juristischem Interesse sind die AusfUhrungen liber Zivil- und Strafrecht sowie liber Rechte und Pilichten von Konigen und Asketen. Die Dharmasutras waren aber nicht als Gesetzblicher gedacht, sondern als Richtlinien fUr die Anhanger der betreffenden vedischen Schule. Das Alter dieser Literatur ist ziemlichhoch. So diirfte das zum Schwarzen Yajurveda gehorende A.pa.sl;amba,-Dlla,rmasutra nicht spater als inr5. oder 4. Jahrhundert v. ChI'. entstanden sein. 3 Noch alter ist das Baudllayana-Dllarma.sutra, das sich ebenfalls an den Schwarzen Yajurveda anschlie£t. 4 Da es ziemlich heterogen zusammengesetzt ist, konnte die Chronologie der einzelnen Teile allerdings noch nicht entschieden werden. Ubrigens bezeichnet sich das \iVerk selbst
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Die Dharmasastra-Literatur
als Dharmasastra, was auch noch andere Dharmasutras tun. Am altesten ist jedoch das Gautama-Dharmasiitra,5 das manche an die RaI,layanlyasakha des SaJl1aveda anschlie13en. Es konnte zwischen 600 und 400 v. Chr. entstanden sein, weist abel' auch Spuren spaterer [Tberarbeitung auf. Zum :Rgveda gehort das \/asi!?tha-Dharma.siitra. 6 Es konnte zwischen 300 und 100 verfasst worden sein. Von Bedeutung ist del' Umstand, dass es ein Ma.nava-Dharmasutra zitiert, das del' Kern des spateren beruhmten Manava-Dharmasastra gewesen sein konnte. Das Vi!?I,lu-Dharmasfitra, auch Vi!?lfUsm~>ti und Vai!?~lava.-DllaTmasastra genannt, ist ein umfangreiches vVerk. 7 Seine Lehren tragt es in Gestalt eines Dialogs zwischen Vii~il:lU und del' Erdgottin vor. Es beruht auf einem sehr alten Text aus del' Katha-Schule des Schwarzen Yajurveda; die Vi~l!uitischen Einschube sind erst viel spateI', vielleicht um 300 n. Chr. hinzugefUgt worden. Unter anderem wird hier die \Vitwenverbrennung vorgeschrieben. Spat entstanden ist das Vaikhanasa-Dharmasfitra. 8 In drei Kapiteln gibt es Regeln fUr die Angehorigen del' einzelnen Kasten und del' Lebensstufen, besonders del' Einsiedler. Es gibt noch weitere Dharmasutras, deren Uberlieferung -- zum Teil in einem einzigen Manuskript - jedoch meist mangelhaft ist. Als Quelle del' Sozialgeschichte sind die Dharmasutras nicht zu unterschatzen, wenn sie auch nicht entfemt die Bedeutung del' Dharmasastras haben. 9 Immerhin umspannen sie eine Zeit, die vom 8. bis ins 3. Jahrhundert v. Chr., teilweise auch noch weiter reicht.
Sanlhita und im ,5atapatlla.-Brahmalfa vor. Angeblich hat er die Alanusmrti von seinem Vater Brahman mitgeteilt bekommen; dann belehrte er daruber seinen eigenen SOfm Bh~'gu, del' sie schlie:l3lich an die Menschen weitergab. Uber die wirkliche Zeitstellung des vVerkes herrschten anfangs exorbitante Vorstellungen, zum Beispiel 1300 v. Chr. (W. Jones) odeI' 1000 v. Chr. (A. W. v. Schlegel). Erst M. Miiller, dessen Resultate spateI' von G. Buhler bestatigt wurden, fand heraus, dass die Sastra-Verfasser alte Sub'as mitverwendet und umgearbeitet haben, so dass etwa in die l\lanusm~>ti ein alter Text aus del' Maitrayalflya-Schule eingeflossen sein durfte. Daher kann unser Text nicht VOl' dem 3. Jahrhundert v. Chr. entstanden sein, wahrendder spateste Zeitpunkt das 2. Jahrhundert n. Chr. ist; leider ist man noch nicht imstande, diese weite Zeitspanne scharfer einzugrenzen. Nachgewiesen sind wechselseitige Beziehungen zum Mahabllarata. So wird das l\lanava-DhaTmasastra im 13. Pal'van des lv1allabllarata zitiert; andererseits stammen 260 Verse del' Sm~'ti aus dem Epos. Moglich ware naturlich auch, dass beide vVerke aus del' im Volke kursierenden Spruchdichtung schopften.
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In del' Folgezeit wird del' Einfluss des Veda geringer, die Bindungen an bestimmte vedische Schulen werden lockerer und horen schlieBlich ganz auf. Dafur wiI'd in del' Sastra-Literatur del' Einfluss fachlich fundierter Schulen bestimmend. Deren Lehren gelten nun nicht mehr nur fur bestimmte Anhanger, sondem generell fur die Angehorigen del' drei oberen sozialen Hauptgruppen. Die Anschauungsweise del' Brahmanen bleibt freilich dominierend, doch treten jetzt mehr und mehr die Normen weltlichen Rechts an die Stelle religioser Verhaltensvorschriften. Die Dharmasastras sind daher fiir die indische und vergleichende Rechtsgeschichte von gro13tem Wert. Dabei darf abel' nicht ubersehen werden, dass ihre Verfasser vielfach dem \Vunschdenken anheimfielen und Idealzustande zeichneten. Die Arthasastras sind daher den Dharmasastras an realistischem Gehalt uberlegen. Die Dharmasastras sind metrisch - gewohnlich in Slokas -- abgefasst. Sie hei13en auch Sm~,ti, was hier Tradition bedeutet. Eine ihrer wesentlichsten Quellen ist die Spruchdichtung. 1o Das wichtigste vVerk diesel' Gattung, zugleich eines del' bedeutsamsten del' indischen Literatur, das uber Jahrhunderte hinweg auf das gesellschaftliche Leben Indiens einen tiefgreifenden Einfluss ausgeubt hat, ist das Man avaDharma.sfistra, auch kurz ll/[anusnll;ti genannt. l l Manu kommt als Stammvater del' Menschheit beziehungsweise als erster Opferer bereits in del' TaittirZya-
Die 2694 Verse del' Manusmrti sind in z\volf Abschnitte untergliedert. Inhaltlich ist die Gliederung nicht immer systematisch und straff. Das erste Kapitel enthalt eine Einleitung: Manu wird aufgefordert, die Kastengesetze darzulegen. Dies tut er und spricht au13erdem uber die Schopfung und die Weltzeitalter. Deutlidl ist hierbei ein Einfluss del' Sarnkhya- Philosophie erkennbar. Das zweite Kapitel gibt eine Definition des Dharma. 1m dritten Kapitel werden \Veihen, besonders die Schulerweihe, Hochzeitsriten, Pflichten des Hausvaters und del' Ahnenkult erortert. Speisegesetze und Vedastudium bilden den Hauptinhalt des vierten Kapitels, wahrend das funfte Kapitel Siihnezeremonien sowie die Pflichten del' Gattinnen und Witwen beinhaltet. Das sechste Kapitel ist den Aufgaben del' Asketen und Einsiedler gewidmet. Wichtig ist das siebente Kapitel mit seiner Abhandlung uber die Pflichten des Konigs, iiber Politik und Verwaltung, noch wichtiger abel' das achte Kapitel mit seinen Lehren uber Zivil-, Straf- und Prozessrecht. Hier werden die Gesetze je nach ihrer Thematik in 18 Hauptgruppen eingeteilt - eine unschatzbare Quelle fUr die Rechtsgeschichte. 1m neunten Kapitel werden die Pflichten del' Vaisyas, Sudras und Frauen behandelt, und auch das zehnte Kapitellasst sich uber Kasten und Mischkasten aus, beinhaltet daneben abel' auch interessante Darlegungen iiber Notstandsgesetze. Sehr detailliert ist die Aufstellung del' Suhnezeremonien im elften Kapitel. 1m zwolften Kapitel ist wieder Salnkhya- Einfluss spurbar. Erortert werden die Arten del' Tatvergeltung bei del' Wiedergeburt und die Wege zur Erlosung. Aus diesel' Ubersicht ist zu entnehmen, dass etwa nur ein Viertel des Buches rein juristischen Dingen gewidmet ist. Hier wie auf den anderen Gebieten hat es abel' eine uberragende Autoritat zu erringen gewusst. Dazu mag auch seine Sprache beigetragen haben, die keineswegs lehrbuchhaft-trocken, sondern auf
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
weiten Strecken anschaulich, einpragsam und lebendig ist. Der alteste erhalten gebliebene Kommentar ist das Manub11a!?ya von Medhatithi. das vermutlich zwischen 820 und 900 entstanden ist. 12 Auf besonders hohem Niveau steht der Kommentar des Govindaraja aus dem 12. Jahrhundert. 13 Dieser ist die Vorlage zu dem popularen Kommentar, den Kulluka im 15. Jahrhundert zu Benares verfasste. Dem Alter und Ansehen nach steht der lvfanusmJ;ti am nachsten das YajI'iavaJkya-DhaTmasastra oder die Yajiiavalkyasm~,ti.14 Almlich Manu erteilt Yajnavalkya seine Belehrung nach Aufforderung. Es ist moglich, dass das Werk sich an den WeiBen Yajurveda anschlieBt und dass es im Osten, in Mithila, entstanden ist. Als Bezeichnung fUr Munze wird das \VOl't nal].aka gebraucht; daraus folgt, dass die Yajiia.valkya.smJ;ti nicht VOl' dem 2. Jahrhundert n. Chl'. verfasst worden sein kann. Bestimmte Kenntnisse der griechischen Astrologie und andere Indizien weisen auf das 3. Jahrhundert. Der Aufbau des Werkes ist klarer und systematischer £lIs der des "JVIanava-Dharmasastra.. Die etwas mehr als tausend Verse gliedem sich in drei etwa gleich lange Teile, welche die Sitten, die Gesetze und die BuBubungen zum Inhalt haben. Die Klassifikation der Rechtsfalle in 18 Gruppen aus der ManusmJ;ti ist urn zwei Positionen vermehrt. Besonders detailliert wird auf das Ordal eingegangen. In der zweiten HaIfte des 11. Jahrhunderts verfasste Vijiianesvara den Kommentar Mitak!?aTa, der fast als eigensUindiges Werk bezeichnet werden kann. IS Zu diesem gibt es wiederum Subkommentare, unter anderem den \tiramitrodaya von Mitramisra. Fur die Rechtsgeschichte von besonderer Wichtigkeit ist die NaradasmJ;ti, da sie sich auf juristische Fragen konzentriert, wobei sie auf Idassifikatorische Feinheiten groBen Wert legt. 16 So werden allein an Zeugen elf verschiedene Arten unterschieden. Das \Verk selbst will ein Auszug sein, den Narada aus einer fruheren, umfangreicheren Fassung des "JVIanava-Dharmasastra gemacht hatte. Das aber ist sehr unwahrscheinlich. Jedenfalls ist die Narada.sm~,ti junger als die uns vorliegende Fassung der Ma.nusmJ;ti. Da als Goldmiinze der dinara (lat. denarius) erwahnt wird, entstammt das Werk kaum einer friiheren Zeit als dem 4. Jahrhundert. Die BJ;haspatismJ;ti ist nur fragmentarisch erhaltenY Sie lehnt sich an die ]\;la.nusm~,ti an und ist mit dieser viel enger verbunden als die NaradasmJ;ti. Auffallend ist, dass der Verfasser die \Vitwenverbrennung verbietet. Das Werk durfte geringfugig junger sein als die Naradasm~,ti und vielleicht dem Ende des 4. Jahrhunderts angehOren. Noch junger (4. bis 5. Jahrhundert) ist die Katyayanasmrti.18 Sie ist nur fragrnentarisch durch Zitate aus spateren \Verken bekannt. Interessant ist die Thematik des von Va.caspatimisra verfassten Vvavaharacintamani. 19 Sie ist der ProzessfUhrung gewidmet und behandelt die fo~'ensische Verhandlung, die Beweisfiihrung und die Urteilsfindung. Es gibt femer noch eine ziemlich umfangreiche Sm~'ti-Literatur zu Einzelfragen. Diese
Die Dharmasastra- Literatur
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Werke haben im Titel oft BJ;hat- (GroB-), Laghu- (Klein-) oder V ~'ddha- (Alt-); als Autoren gelten Gotter und I.t!?is. 1m Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit wurden zahlreicheweitere einschlagige \Verkeverfasst, die man unter dem Namen Dharmanibandha subsumiert. Ende des 18. Jahrhunderts sind solche Rechtscodices auf Anforderung der britischen Kolonialherren geschrieben worden.
Anmerkungen
1 Grundlegend ist die Monographie von J. Jolly: Recht und Sitte (Grundriss del' IndoArischen Philologie und Altertumskunde II, 8, StraBburg 1896). Wesentliche Ergiinzungen dazu finden sich bei J. D. M. Derrett: Dharmasiistra and Juridical Literature (History of Indian Literature V, 1, Wiesbaden 1973). Vgl. auch W. Gampert: Die Siihnezeremonien in der altindischen Rechtsliteratur (Prag 1939). 2 Die wichtigsten Dharmasutras wurden ubersetzt von G. Buhler in Sacred Books of the East 2 und 14 (Oxford 1879-1882). Ausgabe und Ubersetzung des Apastamba-, Gautama-, Baudhiiyana- und Vasistha-Dharmasiltra von P. Olivelle (Delhi 2000). Sehr wichtig ist die Studie von S. G. Banerjee: Dh armas ii tras, a Study in their Origin and Development (Calcutta 1962). 3 Ausgaben des Apastamba-Dharmasiitra von G. Buhler in den Bombay Sanskrit Series (2. Aufl., 1892-1894); von U. C. Pal~<.leya als Nr. 93 del' Kashi Sanskrit Series (2. Aufl., Varanasi 1969). Ubersetzung von G. Buhler in den Sacred Books of the East, 2 (Oxford 1880). 4 Ausgaben des Baudhiiyana-Dharmasiitra von E. Hultzsch (Leipzig 1884, 2., verbesserte Aufl. 1922, Neudruck 1966 in den Abhandlungen fur die Kunde des Morgenlandes, VIII, 4); von U. G. pal~<.leya als Nr. 104 del' Kashi Sanskrit Series (2. Aufl., Varanasi 1972). Ubersetzung von G. Buhler in den Sacred Books of the East, 14 (Oxford 1882). .5 Ausgaben des Gautama-Dharmasiitra von A. F. Stenzler (London 1876); von U. G. Palf<.leya als Nr. 172 del' Kashi Sanskrit Series (Varanasi 1966). Ubersetzung von G. Buhler in den Sacred Books of the East, 2 (Oxford 1880). 6 Ausgabe des Vasii}tha-Dharmasiitra von A. A. Fuhrer in den Bombay Sanskrit Series, 23 (1883). Ubersetzung von G. Buhler in den Sacred Books of the East, 14 (Oxford 1882). 7 Ausgaben des Vii}lfU-Dharmasiitra von J. Vidyasagara (Calcutta 1876), J. Jolly (Calcutta 1881) und P. V. Krishnamacharya (Adyar 1964). Ubersetzung von J. Jolly in den Sacred Books of the East, 7. 8 Ausgabe des Vaikhiinasa-Dharmasiltra von T. Gal~apati SastrI in den Trivandrum Sanskrit Series, 28 (1913). Ubersetzung von W. Eggers (Gottingen 1929). Studie von Th. Bloch: fIber das Gfhya- und Dharmasiitra der Vaikhiinasa (Leipzig 1896). 9 Zur Auswertung del' Dharmasutras als Geschichtsquelle vgl. V. Mitra: India of Dharmasiltras (New Delhi 1965).
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Die l11athel11atische, astronol11ische und astrologische Literatur
10 Grundlegend fur die Untersuchung der Dharmasastras ist das UInfassende VVerk von P. V. Kane: History of Dhanna.sastra (Poona 1930-1941). Sechsbandige Ausgabe und libersetzung der Dharmasastras von M. N. Dutt (Calcutta 1906-·1908, Neudruck 1978-1979).
Reehenoperationen werden schon in der vedisehen Literatur erwahnt, beispielsvveise im Satapatha.-BnOihmal;.a im Zusammenhang mit der Erriehtung des Feueraltars. Bemerkenswert sind die Eigennamen, die die vediseheSpraehe fUr hohe Zelmerpotenzen enthielt; so bedeutete die Vokabel pa.rardlla. zehn Billionen. Die Inder haben schon fruhzeitig auBerordentliehe mathematisehe Leistungen vollbraeht und unter anderem den Stellenwert und die Null entdeekt. Die Bedeutung dieser Entdeekung wird dadurch nieht herabgemindert, dass sie aueh noeh anderswo auf der Erde unabhangig von Indien gemaeht worden sein konnte.
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11 Die beste kritische Ausgabe des Miinava- Dharmasastra ist die von J. Jolly (London 1887). Weitere Ausgaben von V. N. l\1andlik ITlit fiinf Kommentaren in drei Biinden (Bombay 1886) und von N. R. Acharya (10. Aufl., Bombay 1946). Ubersetzungen von W. Jones (Calcutta 1794), aus diesem englischen Text ins Deutsche von J. Ch. Huttner (VVeimar 1797); von G. Buhler in den Sacred Books of the East, 25 (Oxford 1886, Neudruck Delhi 1964), und von W. Doniger (Delhi 1991). Studien von F. Johantgen: Uber das Gesetzbuch des 1\1anu (Berlin 1863); K. Motwani: M~anu Dhanna.sastra (Madras 1958); hier werden besonders die auBerindischen Auswirkungen des VVerks untersucht. 12 Die Kommentare zur !vlanusnn:ti wurden unter dem Titel !vlanutJkiisamgraha herausgegeben vonJ. Jolly inder Bibliotheca Indica (Calcutta 1885). Ausgabe des i\;[anubha,~ya von G. Jha als Nr. 516 der Bibliotheca Indica (Calcutta 1932) und ubersetzt von demselben in fiinf Banden (Calcutta 1920-1926). 13 Ausgabe des Kommentars von Govindaraja von V. N. Mandlik (Bombay 1886). Ausgabe des Kommentars von Bharuci von.J. D. M. Derrett (\Viesbaden 1974). 14 Ausgabe und Ubersetzung der Yiijilavalkyasm~·ti von A. F. Stenzler (Berlin 1849, Neudruck Osnabruck 1970). Ausgabe mit dem Kommentar Mitiiki?ara von N. R. Acharya (5. Aufl., Bombay 1949). Ubersetzungen von S. C. Vasu als Bd. 2 der Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1909); einschlieBlich dreier Kommentare von J. R. Gharpure (Bom.bay 1936-1939). Studie von H. Losch (Leipzig 1927). Zur Bedeutung des Werkes als Geschichtsquelle vgl. S. Chattopadhyaya: Social Life in Ancient India in the Background of the YiijnavalkyasmJ;ti (Calcutta 1965).
15 Zur Mitaksara s. Anm. 14. 16 Ausgabe der groBeren Rezension der Niiradasmrti von J. Jolly in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1885). Ubersetzung in den Sacred Books of the East, 33 (Oxford 1889). 17 Ubersetzung der Fragmente der BrhaspatismJ;ti von J. Jolly in den Sacred Books of the East, 33 (Oxford 1889). 18 Textrekonstruktion und Ubersetzung der Katyayanasm~·ti von P. V. Kane (Bombay 1933).
19 Ausgabe und lTbersetzung des v~yavaharacintamani von 1. Rocher (Gent 1956). Ausgabe eines thematisch verwandten \Verkes, des Vyavaharaninfaya des Varadaraja, von K. V. R. Aiyangar und A. N. K. Aiyangar (Adyar 1942).
5. Die mathematische, astronomische und astrologische Literatur
Die Mathematik pflegt man heute infolge ihrer auf der Stufenleiter der Abstraktion beherrsehenden Stellung bei wissensehaftsgesehiehtliehen Betraehtungen an die Spitze zu stellen. Aueh fur das alte Indien ist dies gereehtfertigt, hatte doeh die Mathematik dort ein hohes Niveau erreieht. 1
Die fruhen \Verke uber ALGEBRA, die es sieherlieh gegeben hat, haben sich nieht erhalten. Die wiehtigsten algebraisehen Studien der alten Inder sind nieht in selbststandigen Biiehern niedergelegt, sondern sind Teile von astronomisehen \Verken, da sieh beide Disziplinen in iiuBerst engem Konnex entwiekelt haben. \Vir betraehten hier nur kurz die mathematisehen Sektionen und gehen auf die betreffenden Hauptwerke selbst weiter unten ein. Wiehtig ist zuniiehst der Gm.litadhyaya, niimlieh der aus zwei Kapiteln bestehende mathematisehe Teil des AryabllatTya,.2 Sie fUIn-en die Namen Dasagltikaslitra und GaJ}itapada,. Ebenfalls von Bedeutung ist der KuHakadhyaya des BralllTIasplmtasiddhanta von Brahmagupta. 3 Dieser behandelt Probleme der ARITHMETIK ebenso wie aueh das Ll1avatl genannte Kapitel aus dem Siddllanta,siromal;.i des Bhaskara, wiihrend die Algebra Thema des Kapitels Bljagalfita aus demselben Werk ist. 4 In der Arithmetik behandeln Brahrnagupta und Bhaskara Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division, das Quadrieren und Radizieren, das Erheben in die dritte Potenz und das Ziehen der Kubik-Wurzel. \Veitere Betraehtungen sind den Brueh- und Dreisatzreehnungen gewidmet. Die algebraisehen Operationen bestanden unter anderem in der Losung von Gleiehungen ersten und hoheren Grades sowie von solchen mit m.ehreren Unbekannten. Fruher als Arithmetik und Algebra gelangte die GEOMETRIE in Indien zu einer gewissen Reife. Ihre Grundgedanken sind bereits in Auslaufern der vedisehen Literatur, den Sulvaslitras, enthalten. 5 'Vie schon erwahnt, ergab sieh dies aus der Notwendigkeit, die Opferpliitze und Altiire ordnungsgemaB anzulegen beziehungsweise zu erriehten. Somit erlernten die Inder fruhzeitig die Konstruktion von \Vinkeln. Es steht ferner fest, dass sie selbststiindig den Lehrsatz des Pythagoras, naeh dem irn reehtwinkligen Dreieek die Summe der Kathetenquadrate gleieh der Fliiehe des Hypotenusenquadrates ist, entdeekten. 1m ubrigen aber erreiehte die Geometrie im alten Indien nieht das Niveau Grieehenlands: Die Ansehauung fUhrte nur ungeniigend zur theoretisehen Verallgemeinerung. Die Entwieklung der altindisehen ASTRONOMIE erfolgte, wie schon bemerkt, in engstem Zusammenhang l11.it der Mathematik. 6 Man kann drei Perioden unterseheiden, von denen die erste in vedisehe Zeit zuruekreieht. Damals gab es
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Die mathematische, astrol1omische und astrologische Literatur
bereits eine Konzeption von 27 beziehungsweise 28 Tierkreiszeichen, den moglicherweise aus babylonischer Quelle stammenden nak!?atras. 7 Die Beobachtung der betreffenden Sternbilder ergab sich aus den Bedtirfnissen des Opferkultes, da verschiedene Opferfeste an bestimmte Sternkonstellationen gebunden waren.
schiedenen Quellen geflossen. Der Romakasiddllanta folgt im wesentlichen den Erkenntnissen des Hipparchos.
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Die zweite Periode umfasst die spiitesten Ausliiufer des Veda und die Ara bis zur Zeitenwende. Doch sind von der damaligen astronomischen Literatur nur geringe Reste erhalten geblieben. Dazu ziihlt der Jyoti!?a- Vedanga, der in Slokas gehalten ist. s Das vVerkchen ist in zwei Rezensionen vertreten, die 43 beziehungsweise 36 Verse umfassen; Thematik ist die Zeitrechnung. Zu nennen ist ferner die Ga.rglsamhita des Garga. 9 Auf die Astronomie beztigliche Bemerkungen £lnden sich au:f3erdem im Mahabharata, in einigen Puralfas und in der 2\i[anusm~,ti. Typisch flir diese Periode ist die hypothetische Rechnung mit Weltzeitaltern von gewaltiger Liinge, wobei das Yuga zu 432000 Jahren die Basis bildet. Erst in der dritten Periode, und zwar nach der Zeitenwende, beginnt die eigentliche wissenschaftlich-astronomische Literatur, die sich vom Veda lost und auf die phantasievollen Vorstellungen tiber die Weltzeitalter, wie sie besonders von der PuraJ:.la-Literatur verbreitet worden waren, verzichtet. Es steht au:f3er Zweifel, dass griechischer Einfluss eine gro:f3e Rolle gespielt hat. Die aus dieser Zeit stamnlenden astronomischen Schriften untergliedern sich in vier Arten, niimlich umfassende Lehrbiicher (Siddhanta), Anleitungen zu astronomischen Berechnungen (KaraJ:.la), astronomische Tafeln zur Erleichterung solcher Berechnungen und schliemich die Kommentare. Es versteht sich, dass die KaraJ:.las und besonders die Siddhantas unser Interesse vorzugsweise beanspruchen. Eines der wichtigsten und zugleich das iilteste Werk dieser Art ist der Siiryasiddhanta. 10 Die Verfasserschaft wird einem gewissen Lata zugeschrieben. In seiner gegenwiirtigen Form hat das Buch mehrere Uberarbeitungen durchlaufen. Es besteht aus etwa 400 Slokas, die in 14 Kapitel eingeteilt sind. Der Verfasser bemtiht sich offensichtlich, die indische astronomische Tradition mit neuen - in diesem Falle griechischen - Erkenntnissen zu verbinden. Die erwiihnten phantasievollen Zeitperioden behiilt der SLlryasiddhanta bei. Wichtigstes KaraJ:.la ist die Paiicasiddhantika des bedeutenden Astronomen VarahamihiraY Von ihr wissen wir, dass sie um das Jahr 505 herum verfasst worden sein muss. TIier berichtet Varahamihira unter anderem von flinf Siddhantas, die uns nicht erhalten sind. Sie tragen nicht durchweg sanskritische Bezeichnungen, denn unter ihnen be£lnden sich der Romaka- und der Paulisasiddhanta. Erstgenanntes vVerk weist allgemein auf Rom beziehungsweise das Romische Reich, das letztere aber wohl auf Paulus Alexandrinus als Quelle. Nach den Angaben, die Varahamihira tiber diese Siddhantas macht, weichen Romaka- und Siiryasiddhanta ziemlich staTk voneinander abo Zwar unterliegen sie beide griechischem Einfluss, doch ist dieser offenbar aus ver-
Ein weiteres, sehr wichtiges VVerk der altindischen Astronomie ist der Aryasiddhanta des Aryabhata, der nach seinem Verfasser meist Aryabhatlya. genannt wird. 12 Das Vv'erk entstand um das Jahr 499 in Pataliputra, dem heutigen Patna, und ist in Arya-Versen gehalten. Von seinen vier Teilen sind, wie bereits erwiihnt, die ersten beiden mathematischen Inhalts. In astronomischer Hinsicht besteht kein gro:f3er Unterschied zu den Gedanken des Siiryasiddhanta. Neu ist jedoch, dass Aryabhata die Rotation der Erde postuliert. Entsprechend der au:f3erordentlich engen Verflechtung von Mathematik und Astronomie im alten Indien haben die Mathematiker Brahmagupta und Bhaskara auch als Astronomen eine gro:f3e Rolle gespielt. Von ersterem stammt ein sehr ausflihrlich gehaltenes Werk, der Brahma(splmta)siddllanta, als dessen Entstehungszeit man das Jahr 668 vermutetY Der Autor folgt etwa den gleichen Grundanschauungen wie Lata, doch ragt er methodisch durch die systematisierte Art seiner Darstellung tiber die Vorgiinger hinaus. Bhaskara wurde im Jahre 1114 geboren. Sein astronomisches Hauptwerk ist der Siddhantaiiromal;Ji, den er 1150 verfasst hat. Dieses vVerk gelangte in Indien zu hochstem Ansehen und priigte tiber Jahrhunderte hinweg Arbeitsrichtung und Methodik der indischen Astronomie. 14 Auch der Siddhantaiiromal;Ji ist im Arya-Metrum abgefasst. Inhaltlich beruht er auf Brahmagupta, tibertrifft diesen aber noch an Klarheit und Systematik. Wiihrend die Kapitel1 und 2 (Ll1avatl und Bljagalfita) der Mathematik gewidmet sind, haben die Kapitel 3 und 4 astronomischen Inhalt; ihre Namen sind Grahagal;Jitadhyaya und Goladhyaya. Bhaskaras besondere Verdienste liegen darin, dass er der Erde Kugelgestalt zuschrieb und das Wirken der Schwerkraft in seine Betrachtungen einbezog. Die spiiteren indischen Leistungen in der Astronomie beruhen weitgehend auf Bhaskara, wie etwa das im Jahre 1178 entstandene Karal;Jakutiihala. 15 In der Folgezeit dringen zusammen mit der politischen Invasion der J\!lohammedaner auch die Ideen der persischen und arabischen Astronomie immer stiirker in Indien ein. Das letzte selbststiindige Werk der indischen Astronomie war der Siddhantatattvaviveka des Kamalakara aus dem Jahre 1658. Von der Astronomie im eigenen Verstiindnis noch kaum unterschieden, spielte die ASTROLOGIE im alten Indien eine so gro:f3e Rolle, dass sie hier nicht tibergangen werden darf, auch wenn sie nicht zur 'Vissenschaft im eigentlichen Sinne (.J' Sternenwisgehort. Beide Disziplinen wurden unter dem Namen Jvotihsastra J. senschaft") zusammengefasst. Sehr verbreitet war die Ansicht, dass die Himmelskorper und ihre Konstellationen als Omina wirken, die Zukunft lenken und das Schicksal des Individuums bestimmen. Solche Auffassungen £lnden sich rudimenUix schon in den Brahmal)as und GJ;hyasutras. Zu voller Ent-
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DIE
PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
wicklung gelangte die Astrologie in Indien aber erst bei dem schon erwalmten Varahamihira. Dieser nennt zwar eine Anzahl von Vorgangern, doch sind von deren liVerken nur wenige Uberreste auf uns gekommen. 1m librigen bemft er sich auf die Autoritat der Griechen. Varahamihiras Hauptwerk ist die Brhatsarnhita.16 Sie zahlt zu den besonders in quellenkundlicher Hinsicht bedeutsamsten Erzeugnissen del' altindischen Literatur, ist aber erst relativ spat in dieser Rolle gewiirdigt worden. 17 Die Brl1atsanlhita hat einen Umfaug von nicht weniger als 106 Kapiteln und den Charakter einer Enzyklopiidie. 1m astrologischen Teil beschaftigt sie sich vorwiegend nlit den Auswirkungen der Sonne und des Mondwechsels sowie der Sternkonstellationen auf Menschenschicksale. Die astrologischen Sachverhalte werden zu allerlei Prophetien benutzt, unter anderem zur Vorhersage des Wettergeschehens und sogar der Preisentwicklung. Die Kapitel 53 bis 58 enthalten astrologisch determinierte Vorschlage fiir die Anlage bestimmter Bauten. An anderer Stelle findet sich Ahnliches in bezug auf die Tierzucht. Kapitel 60 befasst sich mit den Eigenschaften der Frauen, wii.hrend die Kapitel 80 bis 83 der Edelsteinkunde gewidrnet sind. Kapitel 14 bietet eine schatzenswerte Ubersicht iiber die Geographie Indiens. Trotz dieses enzyklopadischen Charakters ist auch die BrllatsaInhita Kunstdichtung und zeigt die geschickte Handhabung verschiedenartiger Metren. Von Interesse ist, wie der Verfasser die Kampfe irdischer Reiche und ihrer Konige in die Sternenwelt transponiert und Parallelen zwischen ihnen und den "Kiimpfen" (also bestimmten Lagebeziehungen) der Planeten zieht. Von Varahamihira stammt ein weiteres liVed;:, das den Namen Yogayatra fiihrt. 1S Es behandelt diejenigen Omina, die im Krieg und insbesondere zu Beginn einer Schlacht zu beriicksichtigen sind. Auch diese Abhandlung ist im Kavya-Stil gehalten. Die Sanskrit-Bezeichnung fiir ein Horoskop lautet hOTa und verrat schon damit die griechische Quelle. Es gibt fiir die Stellung von Horoskopen ein eigenes Lehrbuch unter dem Namen Horasastra, das vielfach jedoch auch B~'ha.jjataka genannt wird. 19 Der Verfasser ist wiederum Varahamihira. Der Hauptgegenstand des Werkes sind die Auswirkungen der zur Zeit der Geburt existenten Gestirnskonstellation auf das Schicksal des betreffenden Menschen; eingeteilt ist der Stoff in 25 Kapitel. Es gibt eine ganze Anzahl von Werken, die sich auBerdem mit astrologischen Prophetien und Omina beschaftigen. 20 Dazu zahlen die sogenannten Muhurtas, die die fiir Familienfeste, Reisen und so weiter giinstigen Zeitpunkte auffiihren. Unter persischem und arabischem Einfluss sind die Tajikas entstanden. Es wurden auch soIehe ,Yerke liber Omina verfasst, die nicht unmittelbar mit der Astrologie in Beziehung stehen. Derartige Abhandlungen lassen sich in der Literatur Indiens bis in sehr alte Zeiten zuriickverfolgen; dabei ist etwa an das Adblmta-Brahmal]a sowie an Passagen aus dem Aitareya-ATal.lyaka zu den-
Die mathematische, astrollomische und astrologische Literatur
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ken. Das wohl interessanteste \Verk dieses Genres ist der Svapnacintamalfi des Jagaddeva. 21 Das Anliegen des Verfassers besteht in der Deutung von Traumen.
Anmerkungen
1 Eine vvertvolle Ubersicht liber die mathematische, astronomische und astrologische Literatur der alten Inder gibt G. Thibaut im Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde (Straflburg 1899). Zur cGeschichte der Mathematik in Indien vgl. die Kompendien von B. Datta und A. N. Singh: Histor'y of Hindu Mathematics (Bombay
1962); G. N. Srinivasiengar: The Histor'y of Ancient Indian Mathematics (Calcutta 1967); S. K. Kapoor: Vedic Geometr.r (Delhi 1994). 2 Ausgabe und Ubersetzung des .4r'yabhatfya von K. Elfering: Die Afathematik des .4r.Yabha-
ta (Mlinchen 1975). 3 Uber Brahmagupta vgl. die Studie von S. Prakash: Critical Study of Bralunagupta and
His Works (New Delhi 1968). 4 Vgl. die Studie von H. Brockhaus: tJber die Algebra des Bhiiskara, in: Berichte der Siichsischen Gesellschaft der \Vissenschaften, Phil.-Hist. Kl. IV, 1 (Leipzig 1852). 5 Als Beispiel eines Sulvasutra vgl. die Ausgabe des Apastamba-.~ulvasiitra von A. Blirk in der Zschr. der Dtsch. Morgenliindischen Gesellschaft, 55-56 (Leipzig 1901/02). Zur Bedeutung dieser Literaturgattung liberhaupt vgl. die Studie von B. B. Datta: The Science
of.~ulva (Calcutta 1932). 6 Zur Geschichte der astronomischen Literatur Indiens vgl. aufler der in Anm. 1 genannten Arbeit von G. Thibaut die Studie von J. Bentley: A Historical View of the Hindu
Astronom'y from tIle Earliest Dawn of that Science in India to the Present Time (1825, Neudruck Osnabrlick 1967). 7 Zu den nakl?atras vgl. sub voce die Angaben bei A. A. Macdonell und A. B. Keith: Vedic Index of Names and Subjects (1912, Neudruck Delhi 1958). 8 Vgl. die Studie von A. Weber: tJber den Vedakalender, namens J'yotisham (Abhandlungen der Preuflischen Akad. der Wiss., Phil.-Hist. Kl., Berlin 1862), die auch eine Edition des Textes beinhaltet. 9 Die Fragmente der Gargfsalilhitii wurden herausgegeben und libersetzt von R. Shamasastry (Mysore 1936).
10 Der Siir.Yasiddhiinta ist wegen seiner Bedeutung vielfach bearbeitet und untersucht worden. Kritische Ausgabe von F. E. Hall zusammen mit einer Ubersetzung von B. D. Sastrin und L. Wilkinson in der Bibliotheca indica (Calcutta 1859-1861, Neudruck 1974). Zahlreiche weitere Editionen, u.a. von K. S. Shukla (Lakhnau 1957). Ubersetzung auch von W. D. \i\Thitney und E. Burgess im Journal of the American Oriental Society, 6 (New Haven 1860), die von grundlegender Bedeutung ist. 11 Ausgabe und Ubersetzung der Paiicasiddhiintikii von G. Thibaut und S. Dvivedi als Bd.
68 der Chowkhamba Sanskrit Studies (1889, Neudruck 1930, 2. Aufl. Varanasi 1968),
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von K. V, Sarma (Madras 1993), Ausgabe auch von O. Neugebauer und D. Pingree (Kopenhagen 1970/71), 12 Ausgabe des _4ryabha~lya s, Anni. 2 und ferner die Edition von H, Kern (Leiden 1874, Neudruck 1973). Ubersetzungen von P. C, Sen Gupta (Calcutta 1927) und W. E. Clarke (Chicago 1930) sowie von K. Elfering (Mlinchen 1975). 13 Ausgabe des BralJma(sphuta)siddhanta von M, Ojha (Benares 1961). Teili.ibersetzung von H. T. Colebrooke (London 1817). 14 Ausgaben von Bhaskaras SiddhantasiromaIP von 1. Wilkinson (Calcutta 1842), B. D. Sastrin (Benares 1860), M. .Jha (Benares 1917), F. M. D. Chaturvedi (Varanasi 1981). Ubersetzung in der Bibliotheca Indica von L. Wilkinson (Calcutta 1861). Ausgabe zusammen mit Ubersetzung von K. .Joshi (Varanasi 1962-1964). 15 Ausgabe des Ki}ralJakutilhala von S. Dvivedi (Benares 1881). 16 Ausgabe der Brhatsamhita von H, Kern in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1865). Ubersetzungen von C, Iyer (Madura 1884,2. Aufl, Delhi 1987) und V, S. Sastri (1947). Ausgabe und Ubersetzung von M. S, Bhat (Delhi 1982), 17 vVertvoll und Basis fUr weitere Analysen ist die Studie von A, M. Shastri: India as Seen in the Brhatsarnhita of Varahamihira (Delhi 1969). 18 Ausgabe und Ubersetzung der Yogayatravon H. Kern, in: Indische Studien, Bd. 10 (1868), herausgegeben von A. \Veber. 19 Ausgabe des BrlJajjataka. von S. .Jha (1944). Ubersetzung von W. Wulf (Hamburg 1925). 20 Vgl. die Studie liber die Hora-Astrologie von H, .Jacobi (Diss. Bonn 18(2); insbesondere aber H, G. Tlirstig: J.yoti,?a. Das System der indischen Astrologie (Wiesbaden 1980). 21 Ausgabe und Ubersetzung des SvapnacintamaI}i von .J. v. Negelein: Der Traumschliissel des Jagaddeva, ein Beitrag zur indischen Ma.ntik (GieSen 1912),
6. Die medizinische LiteTa,tuT Heilpraktiken haben in Indien eine lange Tradition. l Uber die Heilkrafte von Krautern auBern sich bereits die vedischen Sali:lhitas. Die Asvins galten als Acl'zte del' Gotter und verjiingten den I:t~i Cyavana mit Hilfe einer Wasserkur. Das Tieropferritual fUhrte zu anatomischen Kenntnissen. Verzeichnisse der Skelettknochen £lnden sich mehrfach, so im AthaTvaveda X, 2 und im SatapathaBTalllnal!a X und XII. Sehr wahrscheinlich hat es damals schon eine ganze Anzahl medizinischer vVerke gegeben, die aber alle verlorengegangen sind. Als Autoritaten werden Namen wie Atreya und Harita iiberliefert, doch sind es fiir uns tatsachlich nicht mehr als bloBe Namen. Immerhin ist in der vedischen Acra der Ausgangspunkt fiir die einheimische indische Medizin zu suchen. Diese wird gewohnlich unter dem Namen Ayurveda zusalTlmengefasst, das heiBt ,,\Vissenschaft vom (langen) Leben beziehungsweise von der Lebenskraft". Diese traditionelle Medizin hat im Laufe ihrer langen Entwicklung beachtliche Leistungen
Die medizinische Literatm
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aufzuweisen und spielt auch im gegenwartigen Indien nach wie vor eine gro£e Rolle. Es gibt medizinische Zentren, die ausschlie£lich auf Aymveda- Basis behandeln; in anderen Einrichtungen kann der Patiententscheiden, ob er eine Therapie nach modernen oder nach traditionellen Prinzipien wiinscht. Ubel'lieferungsgemaB bestand der Ayurveda stets aus acht Einzeldisziplinen und hie£ daher auch a?ta11ga ("achtgliedrig" p Diese waren: die graBe und die kleine Chirurgie, die Therapie, Padiatrie, Toxikologie, die Bereitung von Lebenselixieren, die Rolle der Aphrodisiaka und die - Damonologie, denn bis in die Neuzeit hinein war der Glaube verbreitet, class Krankheiten letztlich durch das vVirken damonischer Machte, aber auch durch die Siinden des Patienten entstiinden. Letztere Feststellung ist freilich nicht immer ganz unbegriindet. Unsere Kenntnisse von der Entwicklung der indischen Medizin seit den Zeiten des Veda sind ziemlich liickenhaft, da die literarischen Quellen nm ungleichmiillig £lieBen. Aus dem Vinayapitaka, einem Hauptwerk des Buddhismus, ist zu erfahren, dass darnals schon viele p£lanzliche Heilmittel, aber auch das Dampfbad und der Aderlass bekannt waren. Die alteste medizinische Abhandlung, die einigerma£en datierbar ist, £lndet sich aber erst in dem sogenannten Bower-Manuskript, das im Jahre 1890 irn chinesischen Turkestan aufgefunden wurde. 3 Es entstammt dem 4. Jahrhundert oder einer etwas spateren Zeit und enthalt insgesamt sieben Texte. Zwei davon befassen sich mit Omina aus Vv'iirfeln, zwei weitere mit einem Zauber gegen Schlangenbisse; die ersten drei jedoch sind der Medizin gewidmet. Der Verfasser ist namentlich nicht bekannt, da der Schluss des Ganzen, 1'10 er sich sicher genannt hat, verlorengegangen ist. Man darf aber annehmen, dass es sich um einen Buddhisten gehandelt hat. Abgefasst ist das Traktat metrisch, aber in einem minderwertigen, hybriden und mit Prak~>t durchsetzten Sanskrit. Der medizinische Teil des BowerManuskriptes hat recht verschiedenartige Themen zum Gegenstand. So befasst sich der Verfasser mit der pharmakodynamischen Wirkung des Knoblauchs, die man noch heute beriicksichtigt. Ferner bilden Roborantien, Ophthalmologika und andere Heilmittel Gegenstand der Untersuchung. Das erste medizinische Kompendium aber stammt von einem der drei im a.lten Indien als Klassiker der Medizin anerkannten Autoritaten, Caraka, und fUhrt daher den Namen CaTaka-SaJilllita. 4 Caraka solI Leibarzt des Kaisers Kani~ka gewesen sein, was moglich, aber nicht beweisbar ist. In seiner uns iiberkommenen Gestalt ist das \Verk von heteragener Zeitstellung und Zusammensetzung. Der Kern ist jedenfalls alt und konnte durchaus ins 2. Jahrhundert zuriickreichen. Ungefahr ein Drittel des Umfangs ist aber erst im 8. oder 9. Jahrhundert hinzugekommen. Dass der Kern alt ist , erweist sich auch aus seiner literarischen Form: Sie besteht in Prasa und an den Kapitelschliissen angehangten Versen. Entsprechend der Gliederung des Aymveda besteht die CaTaka-Samhita aus acht Teilen (sthana) , die dem traditionellen Inhalt des
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Aymveda jedoeh nieht strikt folgen. Ihre Themen sind: Allgemeines liber die arztliehen Pfliehten; die aeht Hauptplagen; Diat, medizinisehes Studium; Anatomie; Diagnose und Pragnose; sehliefllieh drei Absehnitte liber Therapie. Ein Mangel des vVerkes besteht in dem fast volligen Fehlen der Chirmgie. Dagegen ist der erste Teil, der besonders das Verhalten des Arztes am Krankenbett zum Gegenstand hat, sehr interessant und noeh nieht geniigend ausgewertet. Caraka ist iibrigens nieht nm Arzt, sondern aueh Moralist; als Ursaehe von Krankheit sieht er unter anderem die Slinde an, und dies nieht etwa in alimentiirer Hinsieht. So lasst er sieh in eine Diskussion liber das Wesen der Seele ein, und zwar vom Standpunkt der Sarnkhya-Philosophie. Doeh £lnden sieh aueh hier treffende Beobaehtungen, etwa hinsiehtlieh der Bedeutung des Sehlafes flir die Gesundheit. 1m 11. J ahrhundert lieferte Cakrapaifidatta einen ausflihrliehen Kommentar zm Ca.ra.ka.-Sa.mllita, und schon vorher, um 800, war diese ins Persisehe und dann aueh ins Arabisehe libersetzt worden. Das Hauptwerk der altindisehen Medizin aber ist die Sw3TUta-Si'unhita. 5 Sie fUhrt aueh den Namen llyurvedaprakasa. In dieses Kompendium seheinen die Lehren eines Divodasa, wohl des Lehrers des Susruta, maBgeblieh eingeflossen zu sein. Verfasst wmde die Salilhita in einem Gemiseh aus Prasa und Versen. Aueh hier liegt ein alter Kern vor, der nm wenig jlinger als der der CarakaSamhita sein dlirfte; die jetzt vorhandene Gestalt des \iVerkes gehort aber einer spateren Zeit, vielleieht dem 7. Ja.hrhundert an. Susruta behandelt in seinem Werk folgende Hauptthemen: Allgemeines liber die arztliehe Praxis; Pathologie; Anatomie; Therapie; Toxikologie. Die Anforderungen, die er an die faehliehe und moralisehe Quali£lkation der Arzte stellt, gehen noeh liber die des Caraka hinaus. 1m librigenliegt Sdrutas Starke gerade da, wo Cara.ka Sehwaehen zeigt~ namlieh in der Chirmgie. Besonders in der Rhinoplastik muss die damalige Chirmgie GraBes geleistet haben. Ein Anhang, der den Namen Uttaratantra flihrt, befasst sieh mit Naehtragen z~m Hauptteil, besonders solchen ophthalmologiseher Art. Cakrapaifidatta, der Kommentator des Caraka, verfasste aueh einen KOlTlmentar zm SusTUta-Samhita; sein Titel ist Bhanumatl. Der dritte medizinisehe Klassiker ist Vagbhata; doeh muss es, um es gleieh vorwegzunehmen, zwei Autoren dieses Namens gegeben haben. Es sind zwei \Verke mit diesem Verfassernan'len liberliefert worden. Das altere ist der A 9?allgasamgra.ha. 6 Inhalt und Form verraten aber, dass es J ahrhunderte naeh Caraka und Sdruta verfasst worden sein muss. Das Bueh ist in seehs Teile untergliedert und besteht aus einer Misehung von Prasa und Versen. Der Verfasser war offenbar Buddhist und konnte im 7. Jahrhundert gelebt haben. Buddhist war aueh der andere Vagbhata, der wohl in das 8. Jahrhundert zu versetzen ist. Er sehrieb eine A.,??angallJ;daya-SalTIhita, die aussehlieBlieh aus Versen besteht. 7 Das ebenfalls seehsteilige \iVerk erlangte besonders auf dem Gebiet der Chirurgie groBe Berlihmtheit, wmde ins Tibetisehe libersetzt und war spatestens im
Die medizinische Literatur
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Jahre 888 arabisehen Medizinern zm Kenntnis gelangt. Aus der naehklassisehen Zeit nennen wir vor allem den Rugvini.5eaya., der hau£lg aueh ais 1"iidana bezeiehnet wird. s Verfasser ist Madhavakara, der vermutlieh im 8. oder 9. Jahrhundert gelebt hat. Der Rugviniscaya ist eine auBerst wiehtige Arbeit liber Pathologie und Diagnostik und hat als Standardwerk der traditionellen Medizin in Indien eine Bedeutung erlangt, die Jahrhunderte liberdauert hat. Es sind dal1ll im Mitte1alter und bis in die Neuzeit hinein noeh viele medizinisehe Kompendien und Abhandlungen liber Spezialprableme ver fasst worden. Selbst der berlihmte Grammatiker Vopadeva. ist als Mediziner hervorgetreten. Erwahnensvvert ist noeh der Bllavaprakaia. des Bhavamisra aus der Zeit um die lVEtte des 16. Jahrhunderts. 9 Dieses \Verk erwahnt erstmalig die von den portugiesisehen Kolonialherren eingesehleppte Syphilis. Neben den ernsthaften medizinisehen Bestrebungen und \iVerken gab es aueh eine umfangreiehe Literatm liber Zauberheilmittel von alchemistisehem Inhalt. Ausgangspunkt derselben war vorwiegend der Tantrismus. Die Hauptrolle spielte die Suehe naeh einem Lebenselixier, das man im "Flirsten der Safte" (rasendra), dem Queeksilber, gefunden zu haben glaubte. Besonders bekannt wmde der zu Beginn des 13. J ahrhunderts entstandene Rasan].ava. 10 Das Traktat umfasst 18 in Versen gehaltene Kapitel. Was die Frage naeh der Eigenstandigkeit der indisehen Medizin anlangt, so darf man sie liberwiegend bejahen. Bestimmte grieehisehe Einfllisse sind daneben unzweifelhaft. Aueh die persiseh-arabisehe Materia medica ist dmeh Opium und Queeksilber zm Quelle der indisehen Medizin geworden. Andererseits hat letztere sehr stark auf Hinterindien, Ceylon, ga.nz besonders aber auf Tibet eingewirkt. Saehlieh konnte man hier noeh Betraehtungen liber den Stand der Chemie im alten Indien ansehlieBen, doeh muss aus Ramngrlinden davon abgesehen und auf die Sekundarliteratm verwiesen werden. l l e
Anmerkungen Eine grundlegende Arbeit uber die altindische medizinische Literatur ist die von J. Jolly:
Medizin, il1l Grundriss del' Indo-Arischen Philologie und Altertul1lskunde, III, 10 (StraJ3burg 1902). Daruber hinaus gibt es noch andere schatzenswerte KOl1lpendien: von A. F. R. Hoernle: Studies in the Afedicine of Ancient India (Oxford 1907); Reinhold F. G. Muller: Grundsiitze altindischer Medizin (Kopenhagen 1951); G. J. Meulenbeld: A History of Indian M:edical Literature (Groningen 1999-2002) und eine grof3e Anzahl einschlagiger Spezialstudien dieses Gelehrten. Grundlegend ist auch J. Filliozat: The Classical Doctrine of Indian }\;[edicine (erschienen in franziisischer Sprache Paris 1949, englische Ubersetzung von D. R. Chan ana, Delhi 1964). Vgl. ferner P. Kutunobiah: Ancient Indian Medicine (Calcutta 1962) sowie die dreibandige History of Indian Medicine von G. N.
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Mukhopadhyaya (Calcutta 1922-1929, Neudruck 1974) und die Studie von R. D. Lele: Ayurveda and Modern Medicine (Bombay 1986). 2 Vgl. au£er den in Anm. 1 genannten Werken noch Sh. Sharma: System of Ayurveda (Bombay 1929), ferner G. U. Thite: Medicine, its Magico-religious Aspects... (Poona 1982). 3 Von dem Bower-Manuskript veranstaltete A. F. R. Hoernle eine Faksimileausgabe mit Transliteration und Ubersetzung (Calcutta 1893-1912, Neudruck Delhi 1987). 4 Ausgabe und Ubersetzung der Caraka-Samhita von A. C. Kaviratna, P. S. Kavibhuf:;ana und (als Ubersetzer) K. M. Ganguli (Calcutta 1890-1911). Neue Ausgabe mit mehreren Kommentaren von G. Pandeya als Bd. 194 der Kashi Sanskrit Series (Varanasi 1969/70). 5 Ausgabe der Susruta-SariJhita mit mehreren Kommentaren von V. J. Trikamji und Narayan Ram Acharya (3. Aufi., Bombay 1938). Ausfiihrlich annotierte Ubersetzung von K. K. Bhishagratna (Calcutta 1907-1916; 3. Aufi. in drei minden als Nr. 30 der Chowkhamba Sanskrit Studies, Varanasi 1981). 6 Ausgabe des Ai?tangasamgraha von G. Changani (1954). 7 Ausgaben der Astangahrdaya-Samhita von A. M. Kunte (2. Aufi., Bombay 1891) und von Y. Upadhyaya in den Chowkhamba Sanskrit Series (Varanasi 1959). Ausgabe und Ubersetzung der ersten fiinf Kapitel der tibetischen Ubersetzung dieses Werkes von C. Vogel (Wiesbaden 1965). Ubersetzung von K. R. Srikantha Murthy (Delhi 1991). 8 Ausgabe des Rugviniscaya von V. Sarma (Bombay 1927) sowie von Y. Upadhyaya in zwei Biinden der Chowkhamba Sanskrit Series (Varanasi 1960/61). 9 Vgl. A. M. Esser: Die Ophthalmologie des Bhavaprakasa (mit Text und Ubersetzung), erschienen als Bd. 19 der Studien zur Geschichte der Medizin (Leipzig 1930). Ausgabe von B. S. Misra und R. L. Vaisya als Nr. 130 der Kashi Sanskrit Series (Varanasi 1961-1969). 10 Ausgabe des Rasarnava von P. C. Ray und P. H. Kaviratna in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1910). 11 Vgl. etwa A. P. C. Ray: History of Chemistry in Ancient and Medieval India (Calcutta 1956). Ausgabe und Ubersetzung eines der Sanskrit-Hauptwerke, des Rasajalanidl]i, von B. Mookerjee (Calcutta 1926-38, Neudruck Ahmedabad 1984).
7. Die emtische Literatur Uber die altindische erotische Literatur ist so manche Unklarheit verbreitet, dass es angebracht sein durfte zu betonen: Altindische Erotik und ihr Schrifttum haben nichts mit Pornographie zu tun und konnten das auch gar nicht. Denn die historische Rolle der Pornographie bestand darin, dass sie gewohnlich die Reaktion auf (meist klerikalen Kreisen entstammende) asketische, asexuelle und antierotische Tendenzen darstellte. 1m alten Indien gab es solche Haltungen wohl auch, doch waren sie nicht staatlich sanktioniert und konnten sich daher nicht als Zwang auswirken. Erotik und Sexualitiit blieben somit, ohne
Die erotische Literatur
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irgendeine Sonderstellung in positiver oder negativer Hinsicht einzunehmen, immanenter Bestandteil des menschlichen Daseins. So wird versUindlich, dass sie in die hinduistische Trivarga- Lehre eingebunden wurden und hier gleichrangig als Lebensausschnitt und -ziel in der Kategorie kama (Liebe) mit dharma (religioses Streben, Tugendhaftigkeit) und artha (Besitzstreben) figurierten. 1 Freilich haben die drei Begriffe fiir die verschiedenen Gesellschaftsschichten unterschiedliche Bedeutung. vViihrend dharma fiir aIle und artha besonders fUr Regierende und Politiker gilt, richten sich die Lehrbucher der Liebeskunst vorwiegend an die gebildete stiidtische Oberschicht. 1m ubrigen verstehen sich diese Werke in nicht geringerem MaBe als Lehrbuch (sastra), als es die Bucher des dharma und artha tun. Lehrbucher der Liebeskunst scheint es schon sehr fruh - wie man aus Namen schlieBen darf, schon in vedischer Zeit - gegeben zu haben. Als Autor eines ersten und offenbar sehr umfangreichen Werkes ist Auddalaki uberliefertj ein Auszug aus diesem Kompendium soIl von Babhravya stammen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das bekannteste und weltberuhmte Werk der indischen Liebeskunst wiederum auf Auszugen aus Babhravya fuBt, wenn es zweifellos auch aktualisiert worden ist. Es ist dies das Kamasiitra 2 , das iilteste erhaltene Lehrbuch dieser Art. Sein Verfasser ist Mallanaga Vatsyayana, der meist nur mit seinem Sippennamen (Va,tsyayana) bezeichnet wird. In der Form weist das Buch .Ahnlichkeiten mit dem Arthasastra auf. Es dominiert der Siitra-Stil mit einer Tendenz zum Bha~ya-Stil. Der Kapitelschluss ist jeweils in Versform gehalten. Das Werk ist in sieben Hauptteile (adhikaraIJa) untergliedert. Sie behandeln Allgemeines, den Beischlaf, \iVerbung und Hochzeit, die Rolle der Gattin, das Verhalten zu den Gattinnen anderer, die Prostitution und schlieBlich Geheimrezepte fUr die Stimulierung der Libido. Vatsyayana geriert sich dabei wie ein Machiavelli in der Liebe, indem er etwa die Moglichkeiten beschreibt, wie eine Frau am leichtesten zu verfuhren sei. Dennoch kann keine Rede von einer Obszonitiit des Werkes seinj es ist auch nicht im mindesten darauf angelegt, lasziv zu wirken. Der Leser, der yom Kamasiitra eine Lekture der Wollust erwartet, wird sehr enttiiuscht sein. Der trockene Siitra-Stil ist nicht geeignet, dergleichen auch nur in Ansiitzen aufkommen zu lassen. Nicht selten hort man, dass das indische Kamasiitra mit dem chinesischen Jin Ping Mei verglichen wird. Ein solcher Vergleich triigt einen sehr laienhaften Charakter. Abgesehen davon, dass zwischen beiden Werken ein Zeitraum von mindestens einem Jahrtausend liegt, sind sie auch nach Form und Anliegen grundverschieden. Das I(fimasiitra ist ein Sastra, ein Lehrbuch, Jin Ping l\1ei ein Sittenroman. Ersteres lehrt die Liebeskunst als Teil der Lebenskunstj letzteres warnt VOl den Folgen ausschweifenden vVandels. SoIl durchaus ein Vergleich mit auBerindischen Werken gezogen werden, so wiire ein solcher mit der AI'S a.matoria des Ovid besser angebracht.
DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Die erotische Literatur
Die Grundmaxime des lGimasiitra konnte man so formulieren, dass sich auch in der Liebe, zumal in der physischen Liebe, gleich zu gleich gesellen soIl. Hervorzuheben ist dabei die Forderung, dass auch der Frau sexuelles Vergnugen zuzukommen habe. Als ein weiteres Grundprinzip wird Selbstbeherrschung postuliert; gegen Ziigellosigkeit oder gar sadistische Praktiken wendet sich der seine Integritat beteuernde Autor ganz ausdrucklich.
Er belehre seine Angetraute uber die Liebeskiinste, entdecke ihr sein Herz und erzahle ihr, was er sich schon immer heimlich von ihr ersehnt hab€'. Dabei uberzeuge er sie von seiner Bereitschaft, klinftig nur ihr zu vVillen zu sein, so dass sie keinen Grund habe, etwa Nebenbuhlerinnen zu fUrchten. Aber auch wenn sie den Madchenzustand aufgegeben hat, soll er sich ihr stets auf solche vVeise nahern, dass er sie nicht erschreckt. So wird das Vertrauen der Braut gewonnen.
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III, 2: IVie man das I/ertrauen del' jungvenniihlten Frau gewinnt vVenn der junge Mann sich nach der Hochzeit der Liebsten nahert, soll er nicht Illit Gewalt vorgehen. Frauen kann man ja mit Blumen vergleichen; nur zart sind sie zu behandeln und zu umwerben. Eine Frau, die zu einem Mann noch nicht das richtige Vertrauen gefasst hat, von diesem a,ber ungestiim bedrangt wird, widersetzt sich der geschlechtlichen Vereinigung und wird ihn hassen. Daher nahere man sich den Fi'auen sanft. Spurt aber der Mann, dass sein Vorgehen bei der Frau verfangt, mag er sein Ziel weiter verfolgen. So kann er die Frau umarmen, doch nur so lange, wie es ihr angenehm ist. Und zwar umarme er zuerst den Oberkorper, weil die Frau dies eher leidet, als wenn er den Unterleib beruhren wurde. 1st die Frau voll erbluht und dem Mann schon von fruher bekannt, so mag er das Licht brennen lassen; ist sie aber noch ganz unerfahren und mit dem Mann noch wenig vertraut, so nutze er die Dunkelheit. Hat sie sich die Umarmung gefallen lassen, kann er einen Schritt weiter gehen. Mit seinem Mund reiche er ihr Betel dar. Sollte sie sich der Entgegennahme widersetzen, so veranlasse er sie durch freundliche vVorte, Beschworungen, instandige Bitten und FuBfalle, den Betel doch von ihm zu nehmen. Man weiB ja, dass sich der Wirkung eines FuBfalls kaum eine Frau entziehen kann, und sei sie noch so schamerfiillt oder zornig. Gelingt es ihm, ihr den Betel mit dem Mund zu uberreichen, so nutze er die Gelegenheit und gebe ihr geschickt einen sanften und ja nicht etwa unanstandigen Kuss ... In der zweiten und dritten Nacht ist sie ihm nun schon besser vertraut, so dass er es wagen kann, mit der Hand weiter vorzugehen. Danach kiisse er alle ihre GliedmaBen. Hat er die Hand auf ihre Schenkel gelegt und sie gestreichelt, taste er sich allmahlich bis zur Verbindungsstelle der Schenkel vor. vVird das Streicheln zuruckgewiesen, versuche er, sie durch die Frage: "vVas soll das schon fur eine Sunde sein?" zu irritieren, und setze seine Bemuhungen fort, bis es ihm gelingt, ihre Schamgegend zu beruhren. Nun lost er ihren Gurtel, knupft das Untergewand auf und zieht ihr das Kleid aus ...
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(Ubers.: Klaus Mylius) Das IGimaslltra ist aber auch eine auBerst wertvolle Fundgrube fiir Altindiens Sozialgeschichte. 3 So wird etwa hinsichtlich der Hochzeitsbrauche das in den G~hyasutras daruber Gesagte weitergefiihrt. Das sechste Hauptkapitel bietet zur Geschichte der Prostitution Material von einzigartiger Bedeutung. Interessant sind auch die 64 Kunste, die eine gute Ehefrau beherrschen muss; dazu zahlen unter anderem Musik und Tanz, aber auch eine gute Haushaltsfuhrung. In Anbetracht des Wertes dieser Informationen ist es doppelt schmerzlich, dass wir das lGimasiitra nicht einmal mit annahernder Genauigkeit datieren konnen. In der hofischen Kunstdichtung wird das Werk jedenfalls mehrfach zitiert. Anspielungen von Kalidasa konnen zwar nicht mit Sicherheit auf das KamasiitTa gedeutet werden, doch wissen wir mit Gewissheit, dass sich Subandhu in seiner I/asavadatta und Bhavabhuti auf das 'Verk beziehen. Es ist also jedenfalls alter als das 7. Jahrhundert. Auf der anderen Seite ist es bestimmt junger als das Kautillya-Arthasastra, was zu wissen hier freilich keine groBe Hilfe ist. Eine Datierung des Kamasiitra ins 4. Jahrhundert durch M. Winternitz oder ins 5. Jahrhundert durch A. B. Keith ist daher wohl moglich, einstweilen aber rein hypothetisch. Viel fUr sich hat der Ansatz H. C. Chakladhars (2. Halfte des 3. Jh). Wichtigster Kommentar ist die Jayamallgala, die im 11. J ahrhundert von Yasodhara verfasst wurde. Es gibt noch mehrere altindische Lehrbucher der Liebeskunst, doch stellt das Kamasiitra sie alle in den Schatten. Erwahnenswert ist noch das Ra.tirahasya ("Geheimnis der Liebe"), das von Kokkoka im 10. Jahrhundert verfasst worden ist. 4 Das Werk ist nach der Form ein Erzeugnis der Kunstdichtung. Der Verfasser ruhmt sich, zahlreiche Quellen herangezogen zu haben, darunter offensichtlich mehrere, die alter sind als das Kamaslltra. Bis in unsere Tage hat sich das Ratirahasya in Indien eine groBe Beliebtheit zu sichern gewusst. Anmerkungen 1 Die grundlegende Studie zur altindischen Liebeskunst ist die von R. Schmidt: Beitrage zur indischen Erotik (Leipzig 1902, Neuausgabe Essen 1983). Auch die folgenden Werke
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR haben graBen Wert. J. J. J'l'leyer: Sexual Life in Ancient India (2 Bde., London 1930); S. K. De: Ancient Indian Erotics and Erotic Literature (Calcutta 1959); R. Schmidt: Liebe
und Ehe im alten Indien (Berlin 1904). 2 Ausgaben des Kamasiitra von Durga Prasad (Bombay 1891) sowie in den Kashi Sanskrit Series, Nr. 29. Das beriihmte Ii\Terk ist in viele Sprachen iibersetzt worden. Grundlegend ist die deutsche Ubersetzung von R. Schmidt (Leipzig 1897), die auch den Kommentar Jayamarigalaberiicksichtigt und mehrere Auflagen erlebt hat. Die englische Ubersetzung von R. Burton und F. F. Arbuthnot ist von E. Kolb und J. Ii\Teltmann ins Deutsche iibertragen worden (Hanau 1964). Vgl. auch die Ubersetzung von K. R. Iyengar (Lahore 1921) und besonders die von S. C. Upadhyaya (Bombay 1963), deren Text reich illustriert ist. Ubersetzung von R. Burton und F. F. Arbuthnot (Hanau 1964, Neuausgabe Mlinchen 1970), K. Mylius (RUB, Nr. 1165, Leipzig 1987, 4. Aufl. Stuttgart 1999) sowie W. Doniger und S. Kakar (Oxford 2002). 3 Vgl. H. Ch. Chakladhar: Social Life in Ancient India, Studies in Vatsyayanas Kamasiitra (Delhi 1976). 4 Ubersetzungen von Kokkokas Ratirahasya sind die lTlit 75 Tafeln illustrierte Ubertragung von S. C. Upadhyaya (Bornbay 1965), die Erstiibersetzung von R. Schmidt (Berlin 1903) und die Ubersetzung von S. Lienhard (Stuttgart 1960).
8. Die LiteTatuT iibeT Musik, ATchitektuT und einige andeTe Gebiete
Die MUSIK und die theoretische Besehaftigung mit ihr reichen in Indien in sehr alte Zeiten zuruck. Das hangt mit ihrer Stellung im Opferritual zusammen, oblag die DurchfUhrung des musikalischen Teils des Opfers, also der liturgische Gesang, doeh einem Hauptpriester, dem Udgat~', dem mehrere Priester flir den Solo- und Chorgesang zugeordnet waren. Die anzuwendenden Singweisen sind in der Samaveda-Literatur, besonders in den Ganas, enthalten. Mehrere derl1 Samaveda angeschlossene Werke, wie etwa das Pw;;pasiitTa, lehren die Adaptation der vedischen Texte flir den Chor- und Sologesang. In postvedischer Zeit ist die Musik erst wieder in den Kapiteln 27 bis 34 des BharatTya-NatyasastTa ausfUhrlich behandelt worden. Rier werden sowohl Musiktheorie als aueh Instrumente und Gesang erortert. Die systematische Untersuehung musikwissenschaftlicher Fragen erfolgte aber wiederum erst viele Jahrhunderte spater, dann aber gleich in einer ganzen Anzahl von Wel'ken. Das alteste von diesen ist wohl der Sarilgltamakara.nda, del' aber doeh erst in das 10. oder 11. Jahrhundert fallt. Als (naturlich mythischer) Verfasser wird Nal'ada angenommen. 1 Das vVerk besteht aus zwei Teilen, indem jeweils vier Kapitel sich mit Gesang und Tanz beschaftigen. Streekenweise hat der Smngltamakaranda als Vorbild fUr das folgende Werk gedient. Dieses, del' SamgTtaratnakaTa von Nissanka Sarngadeva entstammt dem 13. Jahrhundert und ist eine der wichtigsten altindischen Arbeiten uber Musik. 2
Die Literatur liber Musik, Architektur und einige andere Gebiete
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Das ausfUhrliehe \Verk umfasst sieben Kapitel,welche Gesang, Instrumentalmusik und Tanz zum Inhalt haben. Der bedeutende musikgesehiehtliehe VVert des Sa.mgTtaratnakara wird dureh neuere Spezialstudien noeh unterstrichen; gleiehzeitig aber hat man auch den \Vert einer anderen Abhandlung, des Dattiia oder DattilTya, kennengelernt. 3 Es hat sich gezeigt, dass dieses relativ kurze \Verk liber Musik und Tanz wichtige Aussagen macht. Eir;.ige weitere Titel sollen nur kurz aufgefUhrt werden. Der SamgTtadamodara von Subhamkara wurde im 15. Jahrhundert in Bengalen verfasst. Seine fUnf Kapitel befassen sieh mit Musik und Tanz. Der Autor kann fUr sieh hum Originalitiit beansptuehen, da seine Arbeit im wesentliehen eine Kompilation darstellt. 4 Dennoch ist das Werk unter den Vai~lfavas (das hei:Bt den Vi~r:tu Anhangern) von Bengalen sehr popular geworden. Unbekannten Entstehungsdatums ist der SamgTtaraja des Kumbhakan:ta. Da die fUnf Kapitel des Buches immerhin die bedeutende Zahl von 16000 Slokas umfassen, konnte hier fur die Musikgeschichte noch eine Fundgrube zu ersehlie:Ben sein. 5 Das enzyklopadisehe \Verk /t.ifanasollasa aus dem Jahre 1129, auf das wir in anderem Zusammenhang noeh zuruekkommen werden, darf ebenfalls als einschlagige Quelle gelten, widnret es doeh etwa 2500 Verse der Musikwissensehaft und der Instrumentenkunde. In der Zeit der mohammedanischen Herrschaft liber Indien sind weitere Kompendien uber Musik verfasst worden (SamgTtadarpal;Ja, SarilgTtapaTijata. und andere). Die altindische ARCHITEKTUR hat Leistungen von Weltgeltung vollbracht,6 zu deren Voraussetzung aueh ein hohes theoretisehes Niveau gehorte. Entsprechende Lehrbueher weisen eine alte Tradition auf. Die brahmanische Orthodoxie fUhrt die Arehitektur auf den vedischen Visvakarman , den " Baumeister der' Gotter" , zuruek. Die Literatur hat Themen der Arehitektur immer wieder zum Gegenstand; so finden sich kurzere oder langere einschlagige Abhandlungen in den Siltras, in den Epen (beispielsweise im Sabhaparvan des MahabhaTata), im ArthasastTa, vorzugsweise aber in den Purar:tas, so im Agni-, GaTuqa-, Vayuund MaTka1;Jqeya-PuTal;Ja. Die Faehtermini fUr Architektur lauten Silpasastra, Vastusastra und Vastuvidya, doeh gibt es aueh konkrete Werke, die diese Titel tragen und zu den eigentliehen Lehrbuehern der Architektur gehoren wie zum Beispiel ein VastusastTa7 und ein ,5iipasastTas . Letzteres befasst sieh mit Hausbau. Es ist ein relativ kurzes vVerk in fUnf Kapiteln, dessen Text metriseh gebunden, stellenweise aber in recht mangelhaftem Sanskrit gehalten ist. \Vahrseheinlich stammt das Bueh aus Orissa; seine Entstehungszeit konnte bisher nieht ermittelt werden. Das ist urn so mehr zu bedauern, als die Chronologie hier besonders im argen liegt, da zahlreiche \Verke, die einen Anhaltspunkt gewaln'en konnten, verlorengegangen sind. So erwahnt das lv[atsya-Pura1;Ja nicht weniger als 18 Vorlaufer des Vastusast:Ta, von denen wir nichts wissen. Eines der wiehtigsten Werke der indisehen Baukunst ist der ~ManasaTa.9 Seine
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DIE
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Originalfassung konnte bis in die Gupta-Zeit zuriickreichen; die gegenwiirtige Gestalt erhielt das \Verk zwischen dem 11. und dem 15. Jahrhundert. Der Autor bezieht sich auf insgesamt 32 Vorgiinger, von deren Arbeiten jedoch nichts erhalten geblieben ist. In 58 Kapiteln werden der Bau von Hiiusern und Tempeln, die Anlage von Dorfern und Stiidten sowie die Errichtung von Gotterbildern erortert. Die sogenannte nordliche Schule der indischen Baukunst wird vom Samaranganasiitradhara des Bhojadeva aus dem 11. Jahrhundert repriisentiert. lO Die sakralen Bauten und Gotterbilder der Vai~l.lavaS sind hiiufig am Hayasfr!?apaiicaratra orientiertY Von einem unbekannten Autor wurde das in Anu~tubh-Versen gehaltene \Verk um 800 verfasst. Zur siidlichen Architektur gehort die Aparajita]Jl.'ccha des Bhuvanadeva aus dem 12. odeI' 13. Jahrhundert. Das Buch ist im PuraJ:.la-Stil abgefasst. Del' Stoff wird dadurch vermittelt, dass Aparajita die Fragen stellt und der gottliche Baumeister Visvakarman antwortet. 12 1m Mittelpunkt steht die Anlage von Tempeln und Gotterbildern. Die Thematik del' indischen Lehrbiicher del' Architektur ist recht weit gespannt. Sie erstreckt sich auf die Eignung des Baugrundes zur Fundamentbildung, auf die Anlage von Grundrissen, den Bau von Paliisten, Hiiusern, Tempeln, Toren und Siiulen, auf die Klassifizierung del' Baumaterialien, die Arten del' Dekoration und schlieBlich auf die Anlage von Dorfern und Stiidten. Die MILITARWISSENSCHAFT fiihrte den Namen Dhanurveda, der wortlich "Wissenschaft vom Bogen(schiefien)" bedeutet. Darunter werden sowohl strategische und taktische Fragen del' Kriegfiihrung als auch die Waffenkunde verstanden. Dem Dhanurveda ist ein Abschnitt des Agni-Pural.la gewidmet; die sonstigen Quellen liegen einstweilen fast durchweg als (noch ungenligend ausgewertete) Manuskripte vor .12a Mit der Militiirkunde war aufs engste die Lehre iiber den Einsatz von Pferden und Elefanten verbunden. Die in Indien eingedrungenen Arier hatten sich gegen die zahlenmiifiig iiberlegenen priiarischen Bewohner vor allem mittels der von Pferden gezogenen Kriegswagen durchsetzen konnen. Spiiter gewannen die Elefanten an Bedeutung. Natiirlich dienten diese Tiere auch zu friedlichen Zwecken. Daher wurden ihnen mehrere Abhandlungen gewidmet, und zwar ihrer Zucht, Abrichtung, Pflege und ihrer veteriniirmedizinischen Betreuung. Als Begriinder der Hippologie wird Salihotra angesehen. Konkret bekannt ist Jayadatta Suri als Verfasser des Asvavaidyaka. 13 Die Asvacikitsa wird dem Nakula zugeschrieben. 14 Sie behandelt vorwiegend den veteriniirmedizinischen Aspekt. Das wichtigste Werk iiber Pferdekunde ist das Asvasastra, das ebenfalls von Nakula stammen sollY Die Autorschaft eines der PaJ:.l<;lu-Sohne ist natiirlich mythisch, und auch inhaltlich gehen \Vissenschaft und Mythe bunt durcheinander. So berichtet der Verfasser iiber die Fliigelrosse, die einst existiert haben sollen, und wie es zum Verlust ihrer Flligel kam. Das komplexe Werk gibt aber
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auch wertvolle Aussagen liber die Arten der Pferde, ihre Temperan1ente und Merkmale. Man lernt, wie sich das Alter eines Pferdes bestimmen lasst, und wird in die Grundlagen der DresSell" und der Reitkunst eingeflihrt. Umfangreiche Werke gibt es auch liber Elefanten, wobei die veteriniirmedizinische Seite im Vordergrund steht. Am bekanntesten ist der Ha.styayurveda, ein umfangreiches \Verk, das in einer den Pura.1.laS iihnlichen Dialogform abgefasst ist. 16 Es besteht aus vier Hauptteilen; der erste befasst sich mit den "grofien" Krankheiten der Elefanten und ihrer Behandlung, der zweite mit den ,)deinen" Krankheiten. Der dritte Abschnitt ist der Chirurgie gewidmet und enthiilt interessante Beschreibungen chirurgischer InstrUInente. 1m vierten Abschnitt schlieBlich erfiihrt man wertvolle Einzelheiten liber Elefantenzucht und -pflege, unter anderem liber die verschiedenen Arten, liber die zweckmiillige Erniihrung und liber die Errichtung geeigneter Stallungen. In bestimmter Hinsicht erganzt wird dieses Werk durch die A1ataligalfla des Nllakar.ltha.17 Die zwolf Kapitel enthalten 263 Verse, die teilweise in Kavya-Metren gehalten sind. Sie informieren den Leser besonders liber das Fangen und Abrichten der Elefanten. Indien ist bekanntlich reich an wertvollen Steinen. So erkliirt es sich, dass die EDELSTEINKUNDE mit mehreren \Verken vertreten ist. Dieser \Vissenschaftszweig flihrt den Namen Ratnaparlk~a.1S tiber ihn wird in der B.r;hatsamhita, ferner in den Kapiteln 68 bis 80 des Gamc;la-Pura1.la und im Manasollasa gehandelt. Die Ausflihrungen des Agastima.ta als eines selbststiindigen Werkes sind von grofiem Interesse. 19 Sie befassen sich mit de1n Vorkommen, den Eigenschaften, den Echtheitsproben und dem Wert der Edelsteine. Selbst die Baumheilkunde war im alten Indien Gegenstand eingehender Forschung, so im Il.r;k!?ayurveda20 des Surapala. Nicht unbedeutend waren auch die auf dem Gebiet der Psychologie gesammelten Erkenntnisse. 21
Anmerkungen
1 Ausgabe des SariJgftamakaranda von M. R. Telang als Nr. 16 der Gaekwad's Oriental Series (Baroda 1920). 2 Ausgaben rnit Ubersetzung des Samgftaratnakara von R. K. Shringy; Ausgaben in den Anandasrama Sanskrit Series, 35, und von S. S. Shastri (4 Bde., Madras 1943-1959). Ubersetzungen: Kapitel 1 von C. K. Raja als Nr. 51 der Adyar Library Series (Madras 1945); Kapitel VII von demselben und R. Burnier in: Bralm:tavidya (Adyar Library Bulletin) Bd. 2:3 (Madras 1959). Analyse von S. C. Banerji: Fundamentals of Ancient Indian
Music and Dance (Ahmedabad 1976). 3 Ausgabe und Ubersetzung des Dattila von M. Lath (Delhi 1988); von E. Wiersma te Nijenhuis als Bd. 11 der Orientalia Rheno-Traiectina (Leiden 1970). Umfassende Studie
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von M. Lath: A Study of Dattila, a Treatise on the Aiusic of Ancient India (New Delhi 1978). 4 Ausgabe des Sall1gftadamodara von G. N. SastrI und G. G. Mukhopadhyaya (Calcutta 1960) . 5 Ausgabe der SamgftaraJa von P. Sharma (Varanasi 1963). 6 Uber die Geschichte der indischen Architektur unterrichtet E. B. Havell: The Ancient and Medieval Architecture ofIndia (Neudruck New Delhi 1972); speziell den literaturgeschichtlichen Aspekt beriicksichtigt T. P. Bhattacharya: The Canons of Indian Art or A
Study on ,Tastuvidya (Calcutta 1963). 7 Ausgabe des Vastusastra von K. V. Sastri und N. B. Gadre (Tanjore 1958), Ausgabe und Ubersetzung von D. N. Shukla (Delhi 1993). 8 Ausgabe und Ubersetzung des Silpasastra von P. N. Bose (Lahore 1928). 9 Ausgabe und Ubersetzung des Manasara von P. K. Acharya in fiinf Biinden (Oxford 1927-1934), Neudruck (New Delhi 1994). Studie von demselben: Indian Architecture
According to Manasara (Oxford 1921). 10 Ausgabe des Samarariganasiitradhara von T. Galfapati SastrI als Bd. 25 und 32 der Gaekwad's Oriental Series (Baroda 1924/25). 11 Ausgabe des HaYaSfri?apaiicaratra von B. M. SarilkhyatYrtha (Rajshahi 1956). 12 Ausgabe der AparajitapI,'ccha von P. A. Mankad in den Gaekwad's Oriental Series, 115 (Baroda 1950). 12a Ausgabe und Ubersetzung der Dhanurveda-Sarnhita des Vasi~tha von P. Ray (Delhi 1991 ). 13 Ausgabe des Asvavaidyaka von U. C. Gupta in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1887). 14 Ausgabe der Asvacikitsa wie in Anm. 13. 15 Ausgabe des Asvasastra von S. Gopalan (Tanjore 1952). 16 Ausgabe des Hastyayurveda a.1s Bd. 26 der Anandasrama Sanskrit Series (Poona 1894). Teiliibersetzung von K. S. S. Sastri (Tanjore 1958). 17 Ausgabe der Matariga1l1a von T. Gal).apati SastrY als Bd. 10 der Trivandrum Sanskrit Series (1910). Ubersetzung von F. Edgerton: The Elephant-lore of the Hindus (New Haven 1931). Ubersetzung auch von H. Zimmer (Berlin 1929). 18 Allgemeines zur Ratnaparfki?a von R. D. Sen: Ratnarahasya (Calcutta 1884). 19 Ausgabe und Ubersetzung des Agastimata und weiterer Texte von L. Finot: Les Lapidai-
res indiens (Paris 1896). 20 Ausgabe und Ubersetzung des VI,'ki?ayurveda von R. P. Das (Stuttgart 1988). 21 B. Kuppuswamy: Source book of ancient Indian psychology (Delhi 1993).
Die Literatur tiber Grammatik und Metrik
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9. Die Literaturiiber Grammatik und Aletrik Die Grammatik erwarb sich im alten Indien bereits sehr fruh Selbststiindigkeit insofern, als sie sich unabhiingig von den vedischen Schulen entwickelte. Sie galt traditionell als grundlegende und daher wichtigste Wissenschaft, und dies mit Recht: Kein Land der vorkapitalistischen Arahat auf dem Gebiet der Grammatik Leistungen hervorgebracht, die mit denen Indiens vergleichbar wiiren. Der Sanskrit-Terminus fur Grammatik lautet vyakaral,1a., was "Zergliederung", "Analyse" bedeutet. Altindische Grammatiker entdeckten die Begriffe vVurzel und Suffix; sie verschafften sich Einblick in Vorgiinge wie Sprachentwicklung und Dialekt bildung. Sprachanalyse haben die Inder seit den iilte~ten Zeiten getrieben; ein Beispiel ist der Padapatha (s. S. 32 und 67), den Sakalya zur lJksalnhita angelegt hat. Reich an etymologischen Versuchen sind, wie v,"ir gesehen haben, die Brahmar,tas. Den ricMigen phonetisch fundierten Vortrag des Veda lehren die Pratisakhyas. Yaska erka.nnte das Suffix -ta als bezeichnend fur das passivische Perfektpartizip. Uber das grammatische Genus iiu£ert sich das Satapatha-Brahmar,ta. Somit ist es sehr wahrscheinlich, dass es grammatische Abhandlungen bereits in vedischer Zeit gegeben hat, doch sind sie nicht erhalten geblieben. Die iiJteste und gleichzeitig die beruhmteste indische Grammatik ist die Ai?~adhyaYl ("die acht Kapitel umfassende") des Par,tini. 1 Sie ist gewiss das Resultat einer langen Entwicklung, denn Pal).ini nennt nicht weniger als zehn Vorgiinger, deren Namen uns allerdings nicht viel sagen. Die Ai?tadhyaYl ist eines der hervorragendsten Zeugnisse indischen Geistesschaffens. Es herrscht Uneinigkeit daruber, ob man die Ai?~adhyaYl der VedallgaLiteratur zuziihlen soll oder nicht; wir mochten uns indessen entschieden dagegen aussprechen. Veda.nga-Literatur ist ihrem ';\1esen nach Kalpa-Literatur, steM also in irgendeiner Beziehung zum Opferritual. Die Ai?tadhyaYl dagegen ist kein Opfertext und steM zu keiner vedis chen Schule in Beziehung. Die Frage nach der Datierung des Werks ist fUr die indische Literaturgeschichte von gro£ter Wichtigkeit und daher nach wie vor in der Diskussion. Die bisher geiiu£erten diskutablen Ansichten lassen hierbei einen Spielraum von mindestens drei Jahrhunderten. Fur das 7. Jahrhundert v. Chr. sprachen Th. Goldstucker und R. G. Bhandarkar, R. G.fur das 4. Jahrhundert Ch. Lassen, O. Bohtlingk und (nach dem Ale.xanderfeldzug!) A. Weber. In langen, scharfsinnigen Erorterungen hat man Kriterien fur das Alter des Par,tini beizubringen versucht: seine Kenntnis der einzelnen vedischenvVerke, seine Beziehungen zum Buddhismus, astronolTlische Daten, die sprachliche Entwicklung zwischen der Zeit des Pal).ini und der seiner Kommentatoren und einheimische historische Uberlieferungen.
DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Die Literatur liber Grammatik und Metrik
Fasst man alle Argumente zusammen, so ergibt sich die zweite HaUte des 5. Jahrhunderts v. ChI'. als die wahrscheinlichste Lebenszeit des Palfini. Seine Heimat war Salatura in der Nahe des heutigen Atak (engl. Attock), das jetzt im Norden von Pakistan liegt. Nach einer Angabe im Paiicatantra solI er von einem Lowen getatet worden sein. Seine Grammatik will die Regeln der Sanskrit-Grarnmatik zum Auswendiglernen vermitteln. Sie folgt daher einem exzessiven Trend zu anigmatischer Kiirze und Gedra,ngtheit. Ihre Form machte man somit den absoluten Sutra-Stil nennen. Pa'Ifini verwendet dazu eine Art Algebra, indem er Lautgruppen und grammatische Kategorien mit bestimmten Buchstaben beziehungsweise Buchstabenverbindungen benennt. So hat das Verb das Sigel 1; die Haupttempora (Prasens, Perfekt, Futurum) haben ~, die Nebentempora 1].. Es bedeutet also 1a~ das Prasens, 1a1]. das Imperfekt, 1i~ das Perfekt, 1il]. den Aorist, 1u~ das Futurum und 1Ul]. das Futurum II. Um die Funktion dieses Systems zu verdeutlichen, wa,hlen wir die ersten drei Sutras als Beispiele. Dazu muss man wissen, dass das Sanskrit aus Vokalen eine niedere (gUl].a) und eine hahere (v~'ddhi) Steigerungsstufe bilden kann. Die im Sanskrit iibliche Reihe der Vokale wird von Palfini untergliedert, und jeder Abschnitt endet mit einem Kiirzel. Also: a, a, i, 1, u, u If ~', ~, ~ k
das \Verk aus acht Abschnitten. 1 und 2 enthalten die grammatischen Elemente 3 bis 5 die Suffixe, 6 und 7 die Akzentregeln sowie Reduplikations- und Augmentgesetze, Abschnitt 8 schlieBlich phonetische Regeln. Fiir die Benutzung seiner Grammatik setzt Palfini die Kenntnis bestimmter Spezialwerke voraus. Da ist zunachst der Dllatupa~lla, ein Verbalwurzelindex aus der vorpalfineischen Zeit. 2 Der Gal].apa~lla, der bei PaIfini und anderen Grammatikern vorkommt, umfasst \Vortgruppenlisten. 3 Ein bekannter Kommentar zum Dllatupa~lla ist die Ki{iratarallgil].l des K~1rasvamin.4
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e,
0
n
al, au c Nach diesem scharfsinnig durchdachten System bedeutet also die "Formel" ac - alle Vokale (namlich alles, was zwischen dem a zu Anfang und dem Schlusskiirzel c liegt). a1]. sind also alle Vokale zwischen a und u. Ein d bedeutet, dass nur der davorstehende Vokal a.llein gemeint ist. Das erste Sutra lautet nun: vrddhiradaic v~'ddhiT ist hier Nominativbildung von vrddhi (siehe oben), und die Ubersetzung muss lauten: V~'ddhi-Bildungen sind das a, das ai und das au. 1m zweiten Sutra heiJ3t es: a de1].gUl]. a 1]. Ubersetzung: GUlfa-Bildungen sind die Vokale a, e und o. SchlieBlich das dritte Sutra: iko gUl].av~'ddhT Das 0 ist hier eine durch euphonische Gesetze bestimmte Genitivbildung, und die Ubersetzung muss demnach lauten: Die zwischen dem i und dem J liegenden Vokale kannen GUlfa- und V~'ddhi-Stufen bilden. In dieser Formelsprache fasst Palfini die Regeln der Sanskrit-Grammatik in :3981 Sutras zusammen, die die gesamte Sprache zum Gegenstand haben. Am schwachsten noch ist die Syntax vertreten. Seinem Namen entsprechend besteht
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j
Palfinis Grammatik hat in Indien fast absolute Autoritat erworben und eine bedeutende Kommentarliteratur nach sich gezogen. \Vichtig sind zunachst die sogenannten Varttikas des Katyayana, die als Teil des (sogleich zu behandelnden) lvlallabhai?ya bekannt geworden sind. s Es handelt sich dabei um kritische und erklarende Anmerkungen zu einem ungefiihren Drittel der Sutras des PaIfini. Eine groJ3e Zahl der von Katyayana eingebrachten Verbesserungen erklart sich offenbar nicht aus Fehlern Palfinis, sondern a,us der Entwicklung des Sprachgebrauchs, die zwischen beiden Grammatikern erheblich gewesen sein muss. Es hat sich daher die Ansicht durchgesetzt, dass Katyayana im 3. Jahrhundert v. ChI'. gelebt haben muss, was zwar plausibel ist, schliissig aber noch nicht bewiesen werden kann. Auch Katyayana gebraucht den Sutra-Stil, doch nicht ~o rigoros wie Palfini. Neben diesen Vartti.~as £lnden sich im Nlallabhai?ya auch Slokavarttikas und Karikas (Merkverse). Ubrigens ist zu bemerken, dass Katyayanas Gegenstand das entwickelte klassische Sanskrit ist. Der beriihmteste Kommentar zur Ai?~adhyaYl aber ist das Mahabha,'~ya des Patafijali. 6 Es ist kein sklavischer Kommentar, sondern leistet einen selbststandigen Beitrag zur Entwicklung der Sprachwissenschaft. 1m iibrigen kommentiert es aus der Ai?~adhyaYlnur 1228 Regeln und befasst sich mehr mit den Zusatzen Katyayanas. Der Autor bedient sich des Bha~ya-Stils; die Lehren werden in der Form einer Konversation, bei der ein Student die n'agen stellt, erteilt. Diese \Vechselrede macht das \Verk lebendig, und die ungekiinstelte Sprache fordert das Verstandnis. Die zahlreich gegebenen Regelbeispiele sind meist ausdem taglichen Leben entnommen, so dass das lv1a.llabhai?ya, auch kulturgeschichtlich eine bedeutsame Quelle darstellt. Als Lebenszeit des Patafijali wird gewahnlich das 2. Jahrhundert v. Chr. angegeben, doch ist dies nur eine opinio communis. Bekannt ist, dass der Begriinder der SUl1ga- Dynastie, der Konig Pu~yamitra, im Jahre 185 v. ChI'. ein groJ3es Rossopfer durchfiihrte, und man vermutet, dass Patafijali an diesem Opfer teilgenommen hat. Es spricht nichts Gewichtiges dagegen, doch kann man es auch nicht beweisen. Ein sehr vvertvoller Kommentar zur A?~adhyaYlistferner die Kaiikavrtti, die von Jayaditya und Vamana (der nicht mit dem gleichnamigen Dichter identisch ist) erarbeitet wurde. 7 Mit diesem Hilfsmittel hat der beriihmte chinesische Pilger I-tsing Sanskrit gelernt. Hinsichtlich der Chronologie weiJ3 man, dass
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Ja.yaditya vor 662 gestorben sein muss. Bhart~-hari, del'
durch seine Spruchdichtung hervorragt (vgl. S. 151) und etwa 652 gestorben sein muss, verfasste auch das Ilakyapa.dlya in Versen, dem \Vesen nach eine sprachphilosophische Abhandlung. 8 Das \Verk besteht aus drei Teilen: Del' erste ist allgemeinen Erscheinungen del' Sprache und del' Grammatik, del' zweite den Siitzen und del' dritte den 'Vortern gewidmet. 1m Mittelalter und in del' Neuzeit sind zahlreiche weitere Kommentare zur Ai?tadhyaYl, zurn Dhatupatha und zum IV[a.habhai?ya verfasst worden. Kommentare entstanden a.uch zum Ga.l;apatha. \Vohl del' bekannteste von ihnen ist del' GalfaratnamallOdadhi, del' um 1140 von Vardhamana geschrieben wurde und del' nicht vollig den Anschauungen PaJ).inis folgt. 9 Zum VersUindnis del' Ai?tadhyaYl gibt es daneben noch weitere Hilfsmittel. Dazu ziihlen die Ulfadisutras, Ableitungen von Nomina aus Verbalwurzeln mit Hilfe bestimmter Suffixe. IO Die UI)adisutras sind im Kern schon vor Pal).ini entstanden. Uber sie hat Ujjvaladatta. um 1250 einen Kommentar verfasst. Die Phitsutras des Santanava lehren die Akzentregeln des Vedischen und des SanskritY Sie sind im wesentlichen wohl del' Zeit nach Patanjali zuzurechnen. 'Vie schon erwiihnt, erlangte die grammatische Schule Pal).inis erdriickende Autoritiit. Dennoch gab es einige Autoren, die auch selbststiindig arbeiteten. Von ihnen sind nur vvenige, teilweise abel' bedeutende \Verke iiberliefert. Am wichtigsten ist wohl das Katantra des ,Sanrava.rman; es diirfte auch die iilteste nichtpal).ineische Grammatik sein. 12 Als Entstehungszeit nimmt man die Spanne zwischen 100 und 300 n. Chr. an. Zusiitze sind im 8. Jahrhundert gemacht worden. Das Katantra ist kiirzer und weniger schwierig als die Ai?tadhyaYl und erlangte demzufolge eine weite Verbreitung. Eine term.inologische Ahnlichkeit mit Pal).ini ist immerhin unverkennbar. Das Vedische wird nicht beriicksichtigt. Letzteres gilt auch fUr das Candravyakaral;a des CandragominY Diese Grammatik wurde besonders im buddhistischen Bereich von Ceylon bis nach Tibet populiir. Sie umfasst sechs Kapitel mit insgesaInt 3100 Regeln und verfiigt iiber angehiingte Werke (Dl1atupatha) wie die Ai?tadhyayl. Del' Verfasser scheint mehrere Quellen, die uns nicht erhalten geblieben sind, benutzt zu haben. Man vermutet, dass das 'Verk im 6. odeI' 7. Jahrhundert, wahrscheinlich gegen 600, entstanden ist. In del' zweiten Hiilfte des 13. Jahrhunderts verfasste Vopadeva, del' Hofdichter des Konigs Mahadeva Devagiri, eine Grammatik namens 1\1ugdhabodl1a ("Erleuchtung del' Toren"). 'Vie schon del' fiir die Benutzer etwas despektierliche Titel vermuten liisst, ist diese in 26 Kapitel unterteilte Grammatik ein leichtverstiindliches Elementarlehrbuch. In den Paradigmen werden vorwiegend Namen von Gottern verwendet. 14 In Bengalen erlebte das Buch eine weite Verbreitung, und wissenschaftsgeschichtlich von Bedeutung ist die Tatsache, dass die Europiier zuerst aus dem l\Jlugdhabodha Sanskrit gelernt haben.
Die Literatur iiber Grammatik und Metrik
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In Indien konnte man sich ~ trotz der genannten abweichenden \Verke ~ kaum eine Grammatik vorstellen, die sich nicht dem System des Pal).ini angeschlossen hiitte. Letzteres nahm man daher auch zum Muster fiir Grammatiken del' Prak~-t-Sprachen, wobei man Regeln fUr die Pralq-t- Bildungen aus dem Sanskrit aufstellte. Am iiltesten ist del' Prakrtapra.kasa des Vararuci. 15 Er lehrt die Sprachen Maharas;tri, Paisacl, Magadhi und Sauraseni. Dabei wird hier, wie anderwiirts, die fiihrende Bedeutung del' Maharas;tri hervorgehoben. Hemacandra lieferte eine Prakrt-Grammatik als achtes Kapitel seines Siddhahemaca.ndra; dies ist ein umfangreiches, in Sanskrit verfasstes vVerk. 16 Zu den soeben genannten Sprachen zieht er noch Ars;a, Ja.ina-Maharas;tri, CUlikapaisa.cika und Apabhrari1sa hinzu. Durch ihre reichhaltigen Zitate aus einer Fiille von vVerken ist diese Grammatik ebenso bedeutungsvoll wie als Quelle fUr die Geschichte del' Prak~-t-Dialekte und del' Pralqt-Literatur. Es nimmt nach dem Gesagten nicht wunder, dass die Prinzipien des PaJ)ini auch auf das Pali ausgedehnt wurden. 17 Die iilteste einheimische Pali-Grammatik ist das auch Kaccayanagandha genannte Kaccayanappakaralfa, die" Gralnmatik des Kaccayana" .18 Eine gewisse Abweichung gegeniiber den PrakrtGrammatiken besteht darin, dass del' Verfasser vielfach dem Katantra folgt und dass das Pali nicht aus dem Sanskrit abgeleitet wirg. 1m iibrigen sind die in acht Kapitel unterteilten 687 Regeln nach dem Muster del' SanskritGrammatiken aufgebaut. \'Tann das \Verk entstanden ist, bleibt ganz ungewiss: jedenfalls nach dem 5. Jahrhundert, vielleicht gar erst im 11. Jahrhundert. Zur Literatur iiber die METRIK muss gleich zu Anfang auf die Sekundiirliteratur verwiesen werden. 19 Metrik spielt schon in den Brahmal)as eine gro:Be Rolle, indem die Identifikationen besonders gern mit Metren betrieben werden. Fiir die miindliche Uberlieferung del' heiligen Texte wie fUr die richtige Rezitation beim Opfer waren Kenntnisse in del' Metrik unerliisslich. Das zum Vedal1ga gerechnete Chandal;siitra des Pirlgala bildet abel', wie wir gesehen haben, schon einen Ubergang zur klassischen Metrik. Spiitere Quellen sind das Agni-Pmal;a, das sich auf Pil1gala stiitzt, das 15. Kapitel des Bhara.tlya-Natyasastra. und das 104. Kapitel del' Brl1atsarilhita. Daneben gibt es einige spezielle Lehrbiicher fiir Metrik. Unentschieden ist die Autorschaft des ,Srutabodha20 : Manche schreiben das \Verk keinem Geringeren als Kalidasa, andere dem Vararuci, wieder andere einem (Jinisten?) Ajitasena zu. Die Verse, die die Metren definieren, sind gleichzeitig jeweils Beispielverse. In spiitere Zeit, vielleicht das Ende des 14. Jahrhunderts, fUhrt Kedarabhattas 1l~-ttaratnakaTa. Das weitverbreitete Werk fUhrt 136 Typen von Metren auf, unter denen jedoch keine vedischen sind. 21 GroBen Einfluss erlangte auch Ks;emendras Suv~-tta.ti1aka.22 Dieses \Verk besteht aus drei Teilen. 1m ersten werden die J\1etren beschrieben, wozu Ks;emendra jeweils Beispiele aus seinem eigenen Schaffen gibt. 1m zweiten Teil wird hauptsiichlich die falsche Anwendung von J\1etren behandelt. Del' dritte Teil ist als literaturge-
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
schichtliche Quelle fUr uns del' wichtigste: Hier gibt del' Verfasser Beispiele aus den vVerken beruhm.ter Vorganger, wobei er das so wichtige Verhaltnis zwischen Metrum einerseits und Dichterpersonlichkeit sowie Charakter des \Verkes andererseits untersucht. Die Cha.ndomaiijaTl des Gallgadasa beschrallkt sich auf die wichtigsten, am meisten gebrauchten Metren, au£ert sich daneben abel' auch libel' den Prosastil. Die Beispielverse, vorwiegend vom Autor selbst geschaffen, beziehen sich vielfach auf die Abenteuer des K~·91).a.23 Einfluss erlangte schlie£lich auch noch Damodaras VaI.J.ibhu9al;.a.24 Die wichtigste Unterscheidung in del' altindischen Metrik ist die von langen und kurzen Silben. Die Bausteine beziehungsweise Grundelemente del' Metrik sind die acht gal;' as: dreisilbige Kombinationen von Silben bestimmter Qualitat. Zu deren Bezeichnung hat Pillgala - ahnlich wie Pal).ini in del' Gramm.atikbestimmte Kurzel verwendet. Zur Kenntnis del' vedischen Metrik steuern die spateren Autoren del' klassischen Zeit kaum etwas bei. \Vir stutzen uns daher auf die vedischen Quellen selbst, so das ,~alikhayana-STautasutTa VII, 27; das NidanasutTa I, 1-7; das J.lkpl'atisakhya 16 bis 18 und die J.lga.nukTamal;.l. Die vedischen Metren werden nur nach del' Silbenzahl ihrer metrischen Glieder (pada), del'en es drei beziehungsweise vier gibt, unterschieden. Die Zahlung beginnt mit dem 24silbigen Versma£ und steigt jeweils um vier Silben. Die 24silbige Gayatrl umfasst also drei Padas zu je acht Silben. Die klassischen Metren sind komplizierter und wegen ihrer Vielzahl nur schwer zu gliedern. Sie werden nach prosodisch kurzen Silben (Moren) sowie nach Zahl und Qualitat del' Silben unterschieden.
Anmerkungen
Die Literatur libel' Grammatik und Metrik
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2 Ausgabe des Dhatupatha von N. 1. VVestergaard: Radices linguae Sanscrdae (Bonn 1841). Der Dhatupatha ist auch in O. Bohtlingks Ausgabe der A.~tadhyayT (Leipzig 1887) enthalten. 3 Der Ganapatha ist auch bei O. Bohtlingk (s. Anm. 2) enthalten. Vgl. R. Birwe: Der
GaIJapatha zu den Adhyayas IV und V der Gramma6k Paninis. Versuch einer Rekonstruktion (Wiesbaden 1961).
4 Ausgabe der Ki?l'rataraligiIJTvon B. Liebich (Breslau 1930). 5 Uber das Verhiiltnis von Panini, Ka.tyayana und Pataiijali untereinander orientieren die Schriften von F. Kielhorn: Katyayana and Pataiijali, Their Relation to Each Other and to Panini (Bombay 1876, Neudrucke Varanasi 1963 und Osnabriick 1965); K. Iv1. K. Sarma: PaIJini, Katyayana and Pataiijali (Delhi 1968); P. C. Lahiri: Konkordanz Pal;Lini
Pataiijali (Breslau 1935).
6 Ausgaben des Mahabha,~ya von F. Kielhorn in drei Biinden (Bombay 1878-1885,2. Aufl. 1883-1892, Neudruck Osnabriick 1967, 19(0); in der Nirr,taya Sagar Press (BOIl'lbay 19351959) und von .J. 1. Shastri (Delhi 1967). Teiliibersetzung von J. R. Ballantyne (Mirzapore 1856). Studien von A. Weber in Bd. 13 Mr Indischen Studien (Leipzig 18(3); von V. P. Limaye: Crdical Studies on the Mahabhai?ya (Hoshiarpur 19(4); von B. N. Puri: India in the Times of Patanjali (Boulbay 1957), dieser wertet das J\!Iahabha,,?ya kulturgeschichtlich aus. 7 Ausgabe der Ka.sikavI,tti mit mehreren Kommentaren in sechs Banden von D. D. Shastri und K. P. Shukla (Varanasi 1968). Ausgabe mit Ubersetzung von L. Renou und Y. Ojihara (Paris 1960). Ubersetzung von S. C. Vasu als Bd. 19 der Sacred Books of the Hindus (Neudruck Delhi 1963).
8 Ausgabe des VakyapadTya in den Benares Sanskrit Series (1887-1907) sowie in den Trivan drum. Sanskrit Series (1935). Ubersetzung von S. K. Iyer (Poona o. J.). Kritische Ausgabe aus 27 Manuskripten von W. Rau (vViesbaden 1977). 9 Ausgabe des Ganaratnamahodadhi von .J. Eggeling (London 1879).
1 Uber Pal!ini und die Ai?tadhyayT gibt es eine Fiille von Arbeiten, aus denen hier nur wenige vorgestellt werden konnen. Uber die Geschichte ihrer Erforschung informiert G; Cardona: Pal;Lini, a Survey of Research (Den Haag 1976). Ausgaben der Ai?tadhyayTvon O. Bohtlingk (1839-1840; n1.it Ubersetzung Leipzig 1887, Neudruck Hildesheim 1963); von S. C. Vasu, mit Ubersetzung (Allahabad 1891, Neudruck Delhi 1962, 2. Neudruck
1977); von S. M. Katre (Austin 1987), mit Ubersetzung (Delhi 1988); von S. D. Joshi und J. A. F. Roodbergen (Delhi 1991-1993). Franzosische Ubersetzung von 1. Renou in drei Biinden (Paris 1948-1954). Studien von Th. Goldstiicker: Panini. His Place in
Sanskrit Literature (1861, Neudruck Osnabriick 1966); von B. Liebich (Leipzig 1891); von P. Thieme: Panini and the Veda (Allahabad 1935); sowie mehrere Arbeiten von L. Renou und J. F. Staal. Die Terminologie bei S. M. Katre: Dic/;ionary of Panini (Poona 1964). Umfassende Information bringt das seit 1987 in Delhi erscheinende, auf 8 Bande berechnete VVerk von G. Cardona: Panini. His IVork and Us Traditions. Vgl. auch die Studie zu Adhyaya III der Ai?tadhyayT von R. Birwe C''ITiesbaden 1965).
10 Ausgabe der Unadisiitras von O. Bohtlingk (St. Petersburg 1844); Ausgabe des KOII1mentars von Ujjvaladatta durch Th. Aufrecht (London 1859). 11 Ausgabe und Ubersetzung der Phitsiitras von F. Kielhorn in den Abhandlungen fUr die Kunde des Morgenlandes IV, 2 (Leipzig 1866). 12 Ausgabe des Katantra von J. Eggeling in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1874-18(8). Teiliibersetzung von B. Liebich in: Zur Einfiihrung in die indische einheimisch e Sprac11wissenschaft (Heidelberg 1919). 13 Ausgabe des Candravyakaral;La von B. Liebich in den Abhandlungen zur Kunde des Morgenlandes XIV, 4 (Leipzig 1902). 14 Ausgaben des l'Iugdhabodha von O. Bohtlingk (St. Petersburg 1847); von S. Siromalp und A. N. Nyayaratna in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1911-191:3). 15 Ausgabe und Ubersetzung des PrakI;taprakasa von E. B. Cowell (Hertford 1854); Ausgabe auch von C. K. Raja (Adyar 1946). 16 Ausgabe und t'Tbersetzung von Hemacandras Pralq-t-Gramulatik durch R. Pischel in zwei
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Die lexikographische Literatur
Biinden (Halle 1877-1880). 17 Allgemein zur Pali-Grammatik vgL die Studien von R. O. Franke: Geschichte und Kritik del' einheimischen Pili-Grammatik und Lexikographie (StraBburg 1902); W. Geiger: Pili. Literatur und Sprache (Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde I, 7, StraBburg 1916). 18 Ausgabe und franzosische Ubersetzung des Kaccayanappakaral.la von E. Senart im Journal Asiatique (Paris 1871); beides (englisch) auch von S. C. Vidyabhil~alfa (Calcutta 1901). 19 Ubersicht libel' die altindische Metrik von K. Mylius in: Wiss. Zschr. del' Karl-Marx-Univ. Leipzig, Gesellschafts- und Sprachwiss. Reihe, 24 (Leipzig 1975). 20 Ausgabe des ,Srutabodha von H. Brockhaus in: Uber den Druck sanskritischer Werke mit lateinischen Buchstaben (Leipzig 1841); ferner von B. Misra (Benares 1958). 21 Ausgabe des V~ttaratnikara von G. A. S. Mahasthavira in der Nin~aya Sagara Press (Bombay 1908, Neudruck 1948); von A. Sharma, K. Deshpande und D. G. Padhye (Hyderabad 1969). 22 Ausgabe des Suvrttatilaka in del' Kavyamala, 2 (1886). Ubersetzung von S. Kanta in: Ksemendra Studies (Poona 1954). 23 Ausgabe der Chandomai'ijarrvon A. S. Vetala in den Chowkhamba Sanskrit Series (Varanasi 1959). 24 Ausgabe des Vin-ibhiii?a17a in der Ka.vyamala, 53 (1895).
homonymen Kosas konnen Ausgangs- und Zielbegriff im Nominativ stehen; nicht selten wird abel' fur den letzteren del' Lokativ bevorzugt.
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10. Die lexikograpllisc11e Literatur
Die altindische Lexikographie hat mit den NighaI,ltus eingesetzt, den Wortlisten, die wir als zum Vedanga gehorig bereits besprochen haben. Sie wurden geschaffen, um die Exegese vedischer Texte zu fordern. Die klassischen \Vorterbucher (kosa., d.h. Schatzkammer, Thesaurus) sind von den Nighal:ttus wesentlich verschieden. 1 Ihr hauptsiichliches Anliegen besteht darin, den Dichtern einen reichhaltigen Wortschatz zum bequemen Gebrauch zu priisentieren. Sie sind daher auch im Sloka- odeI' Arya-Metrum abgefasst. Im Unterschied zu den Nighal:ttus enthalten sie keine Verben. Einen inhaltlichen und besonders chronologischen Ubergang zwischen den beiden Worterbuchtypen bilden die im Abschnitt uber Grammatik bereits behandelten Dhatupathas, GaI,lapathas und lh:tadisutras. Die Kosas klassifiziert man in Synonym- und Homonym-\Vorterbucher; allerdings gibt es auch gemischte vVerke. Die Synonym-Kosas enthalten die Worter nach Sachgruppen geordnet und haben enzyklopiidischen Charakter. Die Homonym-vVorterbucher verzeichnen diejenigen Worter, die mehr als eine Bedeutung haben. Das Ordnungsprinzip ist jeweils sehr verschiedenartig und folgt keineswegs immer dem Alphabet. Es kann niimlich auch die Endbuchstaben, die Silbenzahl und noch andere Momente zur Grundlage haben. Bei den
Altere Worteroucher sind nur in Fragmenten uberliefert odeI' durch Zitate bekannt geworden. Die Situation gestaltete sich iihnlich wie in del' Gram.matik: Wie PaI,lini die vor ihm vorhandenen \Verke absorbierte und zur uberragenden Autoritiit wurde, so fiel in der Lexikographie dieser Ruhm dem Buddhisten Amarasimha zu. Er kennt und venvendet Kalidasas \Verke, und man nimmt an, dass er zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert, wahrscheinlich aber nicht viel spiiter als 600, gelebt hat. Sein synonymisches vVorterbuch Namaliriganusasana ("Belehrung uber die Nomina und ihr Geschlecht") erlangte von allen Kosas in Indien das hochste Ansehen, meistens unter dem Kurztitel Amarakosa. 2 Das \Verk besteht aus drei Abschnitten, die bestimmte Sachgruppen von Worten1 umfassen. Der erste Teil (SvaradikaI,l<;J.a) enthiilt die Worter; die den Himmel, die Religion, die Sprache und das Wasser betreffen. Im zweiten Teil (Bhumya,dikaI,l<;J.a) finden sich die Worter fUr die Erde, die Siedlungen, das geographische Milieu, Pflanzen, Tiere und Menschen (biologisch wie gesellschaftlich). Der dritte Teil (SamanyakaI,l<;J.a) schlieBlich enthiilt Adjektive, Komposita und Indeklinabilia. Im Anhang finden sich auch Homonyme. Zudiesemberuhmten Werk gibt es mindestens fUnfzig Kommentare, von denen der des BhaHa K~lrasvamin aus dem 11. Jahrhundert der bedeutendste ist. Zu erwiihnen ist ferner ein wichtiges Supplement, niimlich Puru~ottamadevas Trikar;ujaie/?a. 3 Dieses Werk enthiilt wesentliche Nachtriige zum Amarakosa, besonders was das buddhistische und epigraphische Sanskrit anlangt. Man hat versucht, fUr Puru~ottamadeva eine Datierung im 12. Jahrhundert nachzuweisen; wegen des groBen Anteils buddhistischen Wortgutes ist jedoch eine erheblich fruhere Lebenszeit wahrscheinlicher. Ein an Alter vielleicht sogar dem Ama.rakosa gleichkommendes Homonym\Vorterbuch ist del' Anekartlla.samuccaj1a von Sasvata. 4 Die \Vorteinteilung erfolgt danach, ob das jeweilige 'Hort einen ganzen, einen halben oder nur einen viertel Vel's zur Erkliirung benotigt. Ein umfangreiches \Verk ist die in Sudindien, und zwar im 11. Jahrhundert, von Yadavaprakasa verfasste \faijaj1antf. 5 Das Arrangement del' \Vorter ist kunstvoll und verwickelt. Das \Verk verzeichnet viele Worter, die in anderen Kosas fehlen. Ein Homonym- vVorterbuch ist der um 1150 entstandene Anekartllakosa. Nach seinem Verfasser Mankha heiBt er auch lVIariklla.kosa. 6 Vielfach greift der Autor auf Sasvata zuruck. Im 12. J ahrhundert schuf Hemacandra ein wichtiges Synonym-\Vorterbuch namens Abllidllanacintama1].i. 7 Von dem \Verk umfasst del' erste del' sechs Teile die jinistischen, del' zweite die brahmanischen Gotter, del' dritte die Menschen, del' vierte die Tiere und del' fUnfte die Unterwelt; del' sechste Teil hat Abstrakta zum Gegenstand. Ebenfalls von Hemacandra ist del' Anekarthasarngralla, ein Worterbuch del' Homonyme. s Das \Verk ist eigenartig gegliedert: In sechs Ka-
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Die lexikogl'aphische Litel'atur
piteln werden jeweils die ein- bis sechssilbigen Substantive und Adjektive behandelt, wahl'end das siebente Kapitel den Indeklinabilia gewidmet ist.
Anmerkungen
Auch in spatel'en Zeiten, die au:5el'halb des Plans diesel' Literaturgeschichte liegen und auf die daher immer nul' kurze Ausblicke eroffnet werden sollen, haben die Inder die lexikogl'aphische Arbeit eifl'ig fortgefUhl't. Ein Beispiel ist der Lokaprakasa. Als Verfasser nennt sich K~emendra; da das vVerk abel' aus der zweiten Halfte des 17. Jahrhunderts stammt, ist er mit dem uns bereits bekannten Autor nicht identisch. Das Buch ist in Sanskrit, Persisch und neuindischen Sprachen abgefasst. Ein \iVorterverzeichnis ist es nur zum Teil; in del' Hauptsache gibt es Ratschlage fUr das tagliche Leben, und auch die Worter spiegeln das Alltagsleben bevorzugt wider. Zwei au:5erordentlich umfangreiche Sanskrit-vVorterbucher wurden noch im 19. Jahrhundert geschaffen. Das gro:5te Sanskrit-Worterbuch aller Zeiten (in der Sprachrelation Sanskrit-Englisch), das Encyclopaedic Dietiona.ry of Sanskrit on Historical Principles, erscheint unter der Leitung von A. M. Ghatage seit 1976 im Deccan College Postgraduate and Research Institute in Poona. Es ist einleuchtend, dass die em.sige Arbeit der Sanskrit-Lexikographen auch die auf dem Gebiet des Pali und del' Prak~,ts tatigen altinclischen Gelehrten inspiriert hat. Fiir den Bereich des sogenannten buddhistischen Sanskrit entstand ein Spezialworterbuch namens Alahavyutpatti. 9 Seine Form weicht von der del' Kosas ab und nahert sich wieder der del' Nighar:ttus, indem sie auf metrische Gebundenheit verzichtet. Das vVerk dient ferner nicht dem Gebrauch von Dichtern, sondern vorzugsweise der Exegese. Besonders umfassend sind die Beinamen des Buddha sowie technische Termini des Buddhismus vertreten. Dieses Synonym-\Vorterbuch beinhaltet - wieder im Gegensatz zu den Kosas - auch Verben, ja sogar ganze Satze. Die Pral-q't-Lexikographie ist besonders durch die Deslnamamala des Hemacarldra vertreten. lO Man muss dazu wissen, dass man bei Prakrt- Wortern unterschied zwischen solchen, die dem betreffenden Sanskritwort gleich waren (tatsama), solchen, die unter Veranderung, aber dennoch als Ableitungen aus dem Sanskrit aufgefasst wurden (tadbhava), und schlie:5lich "aus dem Volke kommenden" (desl) \Vortern, die im Sanskrit keine Entsprechung £lnden. Die letztgenannte, sprachgeschichtlich besonders wichtige Gruppe ist in diesem Worterbuch am starksten vertreten, doch kommen in begrenztem Umfang auch \Vortel' del' ersten beiden Kategorien VOl'. Wichtig fUr die Pali- Lexikographie wurde die Abhidhanappa.dlpika, die von J\:loggallana um 1200 in Ceylon verfasst wurdeY In Versen gehalten, folgt sie in methodischer Hinsicht dem Amarakosa. Das vVerk besteht aus drei Teilen, von denen del' erste die Synonyme, der zweite die Homonyme und der driUe die Indeklinabilia zum Gegenstand hat.
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Pionier bei der Erforschung der altindischen Lexikographie war Th. Zachariae, besonders in seiner Monographie Die indischen VVorterbiicher (Ko.sa), erschienen im Grundl'iss del' Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde, I, 3 B (StraBburg 1897). Vgl. auch seine Opera minora, hrsg. von C. Vogel (vViesbaden 1977). Vgl. femer C. Vogel: Indian Lexicography (Wiesbaden 1979).
2 Ausgaben des Amarakosa von 1. Deslongchamps (Paris 18:39 bis 1845, Neudruck 1988); von T. Gar,tapati SastrI in den Trivandrum Sanskrit Series, 38,43,51,52 (1914-1917): von H. D. Sarma und N. G. Sardesai (Poona 1941), mit englischen Aquivalenten; von N. R. Acharya (9. Aufi., Bombay 1950). Lateinische Ubersetzung von W. Bartholome (Rom 1798); englische Ubersetzung von H. T. Colebrooke (Calcutta 1807, Neudruck Delhi 1990) 3 Edition des TrikaJ.ldaAef?a in der Venkate.~vara Press (Bombay 1916). 4 Ausgabe des Anekarthasamuccaya von Th. Zachariae (Berlin 1882). 5 Ausgabe der Vaijayantlvon G. Oppert (Madras 1893). 6 Ausgabe des Anekarthakosa (NfaiJkhakGsa) von Th. Zachariae (Wien 1897). 7 Ausgabe des AbhidhanacintamaJ.li von O. Bohtlingk und Ch. Rieu (St. Petersburg 1847). 8 Ausgabe des iinekarthasamgraha von Th. Zachal'iae (Wien und Bombay 1893). 9 Ausgabe der Mahavyutpatti von J. P. Minaev (St. Petersburg 1887,2. Aufi. 1911). 10 Ausgabe der Deslnamamala von R. Pischel in den Bombay Sanskrit Series, 17 (1880) und von M. Banerjee (Calcutta 1932). 11 Ausgabe der Abhidhanappadlpika mit englischer und singhalesischer Annotation von V'T. Subhuti (2. Aufi., Colombo 1883).
Die buddhistische Literatur
1. EinfiihTUng
Die buddhistische Literatur verdient eine spezielle Erorterung vor allem deshalb, weil die Lehren des Buddhismus weit uber die Grenzen Indiens hinaus Einfiuss gewonnen haben, den sie in gewissem Umfang auch in del' Gegenvvart ausuben. 1 Au£erdem bietet das Aufkommen des Buddhismus die erste einigermaBen sichere Handhabe fUr die altindische Chronologie im allgemeinen wie speziell auch fUr die Geschichte del' Literatur. Denn es steht mit einer Toleranz von wenigel1 Jahren so gut wie fest, dass Buddhas LehrUitigkeit in die Zeit zwischen 525 und 480 v. ChI'. fallt und dass er besonders in Magadha und Kosala, also im nordastlichen Indien, gewirkt hat. Er begrundete sowohl eine philosophisch-religiose Lehre (dhamma) als auch einen Orden beziehungsweise eine Gemeinde (sallgha). 1m nardlichen und nordastlichen Indien des 7. und 6. Jahrhunderts v. ChI'. bildeten sich mit dem Erstarken des Despotismus die ersten GroBreiche heraus. Damit verbanden sich wirtschaftlicher Aufschwung (Fernhandel, Stadtegrundungen, Ausweitung des Ackerbaus) und eine Entfaltung des geistig-kulturellen Lebens. In den Stadten kamen neue ideologische Anschauungen auf, die sich mit denen del' priesterlichen Orthodoxie kritisch auseinandersetzten. \Vachsende Unzufriedenheit mit dem Opferritual und die Aufiosung uberkommener gesellschaftlicher Bande fuhrten zur Herausbildung Heuer Anschauungen und Lehren. Asketen, die, einzeln oder von Anhangerschaften umgeben, das Land durchzogen, gewannen an gesellschaftlichem Einfiuss. Aus del' Vielzahl del' Verkunder Heuer Lehren ragen uber die Jahrtausende hinweg zwei Personlichkeiten hervor: del' Begrunder del' Jaina-Lehre, Mahav1ra, und del' aus del' Republik del' Sakya im heutigen Nepal stammende Gautama Buddha. Buddha (ursprunglich Siddhattha), del' Sohn des Stammesffusten Suddhodana, verlieB im Alter von 29 Jal1l'en Palast und Familie, zog auf del' Suche nach Erlosung yom irdischen Leid sieben Jahre lang im Land umher und verkundete dann auf seinen alljahrlichen \Nanderungen -- er starb mit 80 Jahren - die neue Lehre. Die Basis diesel' Lehre bilden die "vier edlen Wahrheiten": die vVahrheit yom Leiden, von del' Leidensentstehung, von del' Leidensvernichtung und von dem zur Leidensvernichtung fiihrenden achtteiligen Pfad. Del' Leitgedanke ist diesel': Die ganze Welt und insbesondere ihre Freuden sind verganglich und daher leidvoll. Darum hat Leid nur bei valligem Gleichmut gegenuber Leben und Tod keinen Platz mehr. Ein \Veg hierzu ist die Meditation, Erbin uralter, weitgehend vorarischer Yogapraktiken.
DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
EillfUhrullg
Eng verbunden mit der Lehre von den vier edlen \Vahrheiten ist der Versuch, sie mit der aus den Upani~aden herlibergenommenen Lehre von der Tatvergeltung und \Viedergeburt zu verknlipfen. In einer sogenannten Kausalkette werden als Ha.uptursaehen fur die standige Erneuerung des Leides Niehtwissen und Anhaften an weltliehen Begierden herausgestellt, deren sehrittweise Uberwindung der Buddhismus lehrt. Das sukzessive MOlTlent, das bei der Erlasung vom Leiden und beim Verlassen des Geburtenkreislaufes eine Rolle spielt, entspricht der flir den Buddhismus charakteristischen Konzeption vom vVerden: Nichts hat ewigen Bestand, es gibt nur Vera.nderung und vVechsel. Doch mit dieser Verwerfung jeglicher Besta.ndigkeit geht nicht nur die Ablehnung einer ewigen Seele, sondern auch eine Leugnung der Materialitat der vVelt einher. Der Materiebegriff wird auf blofle "Gegebenheiten" reduziert. Als letztes, flir jeden erreichbares Ziel verheiflt der Buddhismus das Nirval.la (\vartlich: "Auswehen", "Verwehen", etwa einer Kerzenflarnme), ein schwer definierbarer Begriff, der einen Zustand des Aufharens und der Erlaschung (der Begierden und damit der Wiedergeburt und des Leides) kennzeichnen solI.
gen erhoben wird. Dies bedeutet eine vo11standige Negation der ursprunglichen ideologischen Konzeption.
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Beherrschender Grundzug der buddhistischen Ethik ist Gute gegenuber allen \Vesen. Freilich ist diese von humanistischem Geist getragene Ethik nicht auf die Gesamtheit des Volkes, sondern auf die Vervollkommnung und Erlasung des einzelnen gerichtet. Ein gewisser elitarer Individualismus ist daher unverkennbar. Erst in spateren Entwicklungsstadien (Mahayana- Buddhismus) werden Gute und Mitleid in oft staunenswertem Altruismus auf die Allgemeinheit ausgedehnt. Die vedisch-brahmanischen Gatter wurden vom Buddhismus zwar meist "UbernOlTllnen", doch zugleich entthront. Denn der Gedanke an einen Demiurgen wurde nunmehr entschieden verworfen. Ein Gott galt nur als gunstige Form der Wiedergeburt, also als verganglich, wie aIle anderen Wesen, und demzufolge nicht mehr als allmachtig oder allwissend. Ebenso entschieden leugnet der Buddhismus die magische Kraft des Opferrituals und verurteilt insbesondere die Tieropfer. Auch hinsichtlich der bestehenden Gesellschaftsstruktur zeiehnen den Buddhismus reformatorisch-progressive Zuge aus: Die altbuddhistische Literatur lasst haufig einen antidespotischen, gewissermaflen demokratischen Zug erkennen. Erkenntnis und Erlasung sind va11ig unabha.ngig von der Zugeharigkeit zu einer sozialen Gruppe, von Besitz, karperlicher Schanheit und so weiter, heiflt es im Majjhimanikaya, Nr. 96. Von einer demokratischen Massenbewegung kann jedoch angesichts der auf die Erlasung des Individuums zugeschnittenen Lehren keine Rede sein. Die hier knapp geschilderten Merkmale treffen ausschliefllich flir den ursprungliehen Buddhismus zu. 2 Der spatere Buddhismus wird zur vo11 ausgebildeten Religion, in der der Buddha deifiziert und sehliefllich selbst zum Demiur-
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Die Uberlieferung der origina.ren Ideen des Buddhaist Gegenstand lang andauernder wissenschaftLicher Kontroversen gewesen. 1m Mittelpunkt des Meinungsstreites stand die Historizitat der sogenannten buddhistischen Konzile. Schon wenige vVochen nach dem TodedesMeisters soIl ein solches Konzil zu Rajag~'ha stattgefunden haben. Es wird berichtet, dass damals die Lehre, also Dhamma, und die Ordenszucht (vinaya) fixiert worden sind. Vertrauenswurdig ist diese lTberlieferung jedoch nicht. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, sondern naeh Lage der Dinge sogar wahrscheinlich, dass sich buddhistische Ordensbrlider damals zusamr11enfanden, um liber die Zukunft der Lehre und der Gemeinde zu beraten. Aber es ist ausgeschlossen, dass die riesigen Textmassen des Dhamma und Vinaya damals schon vorgelegen haben beziehungsweise herausgegeben worden sein sol1en. Um 380 v. Chl'. hat naeh der Tradition in Vaisali ein zweites Konzil stattgefunden. Man nimmt jetzt aber ziemlich a11gemein an, dass flir die Sicherung der buddhistischen Textliberlieferung erst das dritte Konzil maJ3gebend war. Es fand zur Zeit des groflen Herrschers Asoka um 250 v. Chr. statt, und zwar sol1en tausend Manehe nach Pataliputra gekomr11en sein. Initiator der Konferenz war Tissa Moggaliputta. Es steM fest, dass die buddhistische Lehre dar11als schon nicht mehr einheitlieh war, dass es Spa.ltungen und Sekten gab und dass das Konzil vor der Hauptaufgabe stand, die Einheit der Lehre wiederherzuste11en. Nach einer Tagungsdauer von neun Monaten setzte sich die Auffassung der originaren Lehre, der Theravada, durch, der auf der Konferenz von den Vibhajjavadins vertreten worden war. Tissa steuerte zu diesem Erfolg bei, indem er in seiner Schrift Katl1avatthu {]ber Sekten und Abtrunnige die Verdammnis ausspraeh. Das Konzil fasste auJ3erdem den so geschiehtstrachtigen Beschluss, Missionare auszusenden. Ein Verwandter des Kaisers Asoka, namens Mahinda, brachte den auf dem dritten Konzil aufgestellten Kanon nach Sri Lanka, das bis heute eine Hauptpflegestatte des Buddhismus geblieben ist. In der Ara nach der Zeitenwende, besonders in der zweiten Halfte des l. Jahrtausends, erlitt der bis dahin bluhende Buddhismus durch eine Art Gegenreformation der Vedantisten und Mlmarnsakas in seinem Heimatland schwere Niederlagen. Heute lebt er in Indien se1bst nur in unbedeutenden Resten fort. Daher kommt es, dass wir seine Entwicklung nach dem dritten Konzil vielfach nicht aus indischen, sondern aus den Quellen derjenigen Lander kennen, in die der Buddhismus einst missionierend gebracht wurde. Neben Sri Lanka zahlen dazu Tibet, Nepal, Hinterindien und Ostasien. Die Untersuchung dieser auflerindischen Quellen geht freilich uber den Rahmen dieser Literaturgeschichte hinaus. 3 Die Sprache des buddhistischen Kanons ist das Pali (vgl. S. 22). Es ist aber
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DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
Der Pali-Kanan
auch eine bedeutende Zahl von nichtkananischen Schriften iiberliefert, die ebenfalls in Pali abgefasst sind. Daneben gibt es Bruchstiicke eines in Sanskrit gehaltenen Kanons. Dem Aussterben des Buddhismus in Indien ging eine lange Zeit ideologischer Kiimpfe voraus. In dieser machte der Buddhismus selbst tiefgreifende Wandlungen durch. Sie waren dem \Vesen nach Zugestiindnisse an den vordringenden Vedantismus, aber auch an volksreligiose Ideen und Kulte. Aus dem urspriinglichen Buddhismus, dem Hlnayana ("Kleines Fahrzeug"), wurde die Lehre des Mahayana ("Gro£es Fahrzeug").4 An die Stelle des Pali traten wieder Sanskrit und ein neues eigenartiges Idiom, das buddhistische odeI' hybride Sanskrit. Die Buddhisten versuchten niimlich, Pali-Schriften unter bestimmter Beobachtung von Lautgesetzen wieder ins Sanskrit zuriickzuiibertragen, wobei sie viele Fehler machten: So entstand das hybride Sanskrit.
4 Verschiedentlich wird in der Literatur der ursprlingliche als Slidlicher Buddhismus, das
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Anmerkungen
1 Uber den Buddhismus gibt es eine wahre Flut von Literatur, die nicht immerfrei von pseudowissenschaftlichen Beimischungen ist. Daher sei hier auf einige grundlegende viVerke von hohem Standard hingewiesen. - Wichtige Bibliographien sind die von H. L. Held: Deutsche Bibliographie des Buddhismus (Mlinchen/Leipzig 1916) und die Bibliography on Buddhism von Sh. Hanayama (Tokyo 1961); letztere verzeichnet 15073 Titel. Uber die Lehre und in Zusammenhang damit in bestimmtem Umfang auch liber die Literatur informieren folgende vVerke. T. viV. Rhys Davids: Buddhism, Us History and Literature (New York 1896); H. Oldenberg: Buddha, sein Leben, seine Lehre, seine Gemeinde (Berlin 1881, in zahlreichen Auflagen, zuletzt Essen 1983); A. K. Warder: Indian Buddhism (Delhi 1970); H. Kern: Manual of Indian Buddhism, in: Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde III, 8 (StraBburg 1896); E. Lamotte: Histoire du Boud-
dhisme indien (Lowen 1958, Neudruck 1976); J. Lehmann: Buddha. Leben, Lehre, Wirkung (Glitersloh und Mlinchen 1980); H. W. Schumann: Der historische Buddha (Koln 1982); H. Bechert und R. Gombrich (Hrsg.): Die Welt des Buddhismus (Mlinchen 1984); E. Conze: Der Buddhismus. Wesen und Entwicklung (6. Aufl. Stuttgart 1986). Speziell liber die Pali-Literatur informieren W. Geiger: PiLli. Literatur und Sprache, in: Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde I, 7 (StraBburg 1916); B. C. Law: History of PiLli Literature (2 Bde., Calcutta 1933, Neudruck 1974). 2 Vgl. auch die ausfiihrlichere Einleitung in: Die vier edlen Wahrheiten. Texte des urspriinglichen Buddhismus, hrsg. von K. Mylius (RUB, Nr. 1009, Leipzig 1983, sowie dtv 2166, Mlinchen 1985 und RUB, Nr. 3420, Stuttgart 1998). 3 Als Pionier der synoptischen Erforschung des jlingeren Buddhismus anhand der Vergleichung indischer, tibetischer, chinesischer, mongolischer und soghdischer Quellen ist F. Weller (Leipzig) in zahlreichen Veroffentlichungen hervorgetreten.
Mahayana als Nordlicher Buddhismus bezeichnet. Wegen ihrer Ungenauigkeit sind diese Termini abzulehnen.
2. Del' Pali-Kanan Del' auf uns gekommene Pali-Kanon diirfte im wesentlichen seine Gestalt der redaktionellen Tiitigkeit des dritten buddhistischen Konzils verdanken. 1 Er ist also nicht, wie man lange Zeit geglaubt hat, del' Niederschlag des urspriinglichen Buddha-Wortes. Das kann auch gar nicht anders sein, denn Buddha hat weder Sanskrit noch Pali (das eine Literatursprache war) gesprachen,sondern Magadhl beziehungsweise Ardhamagadhl. Einige fiir den Inhalt der Lehre besonders wichtige Stiicke mogen immerhin auf Buddha selbst zuriickgehen, etwa die iiber die vier heiligen Wahrheiten oder iiber den edlen achtfiiltigen Pfad. Aber auch die Tatsache, dass die Masse des Kanons erst zweieinhalb Jahrhunderte nach Buddha zusammengestellt wurde, tut seiner eminenten Bedeutung -keinen Abbruch, bietet er uns doch die einzige Moglichkeit, denkbar nah an die eigentlichen, urspriinglichen Gedanken des Buddhismus heranzukommen. Man hat Grund zu del' Annahme, dass del' Pali-Kanon im 1. Jahrhundert v. Chr. schriftlich £lxiert worden ist. Es gibt Hinweise dafiir, dass del' Kanon seit dem dritten Konzil bis zu diesem Zeitpunkt gewachsen war. Insgesamt gesehen, hat er sich abel' von den Ideen des Konzils nur unwesentlich entfernt. Das zeigen unter anderem die Asoka- Inschriften, die vollstiindig den Geist des uns iiberlieferten Kanons atmen. Die literarische Form des buddhistischen Kanons ist die einer aus recht verschiedenartigen Teilen bestehenden Sammlung. Sie fiihrt den Namen Tipitaka, was "Dreikorb" oder " Dreierbehiilter" bedeutet. Diese Bezeichnung spielt darauf an, dass die Gesamtsammlung aus drei Teilsammlungen besteht. Die wichtigste von diesen ist das Suttapitaka. In ihm £lndet sich alles Grundsiitzliche der buddhistischen Lehre. Obwohl sutta sich aus dem sanskritischen sutra herleitet, £lnden wir den Sutra-Stil hier mitnichten. Das Suttapitaka ist vielmehr in Form von Erorterungen, Dialogen, Lehrgespriichen gehalten und wird daher auch der Kanon der Lehrreden genannt. Es besteht wiederurn aus fiinf besonderen Sammlungen, die den Namen Nikaya fiihren. Das Vinayapitaka enthiilt die Grundsiitze iiber die Ordenszucht. Jiingstes Pitaka ist das Abhidhammapitaka, das auch Kanon del' Scholastik genannt wird und das unter anderem dieliterarische Heimat des schon erwiihnten Kathavatthu ist. Neben diesel' Gliederung gibt es aber auch eine andere, iiltere, in neun angas, niimlich: Sutta (Prosagespriiche), Geyya (Mischung aus Prasa und Versen), Veyyakaral).a (abgeleitet aus Vyakaralfa; bedeutet abel' hier nicht, wie im Sanskrit, die Grammatik, sondern vielmehr scholastische Erliiuterungen
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DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
Der Pali-Kanon
und Prophetien), Gatha (Strophen), Udana (begeisterte Ausspruche), Itivuttaka (kurze Reden und Ausspruche), Jataka ("Geburtsgeschichten", namlich Erzahlungen uber Taten des Buddha in seinen fruheren Existenzen), Abbhuta (Wunder) und Vedalla (Belehrungen in Frage-Antwort-Form).
allein vor, oder es geschieht dies in einem Dialog. Selbstverstandlich uberwiegt die Prosa. doch £lnden sich auch eingestreute Verse (gatha).
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Anmerkung
Das Tipitaka wurde erstJnals vollstandig ediert in 39 Banden (Bangkok 1894). Da die Ausgabe aber in siarnesischer Schrift erschien, vermochte sie sich in der internationalen Forschung nicht durchzusetzen. MaBgebend ist jetzt die von B. J. Kashyap besorgte vollstandige Ausgabe (in Devanagarl-Schrift) in den Nalanda- Devanagarl-Fali-Series in
41 Banden (Nalanda 1956-1961). Auszugsweise Ubersetzungen gaben die folgenden Autoren. H. C. 'iV'arren: Buddhism in Translations, erschienen als Bd. 3 der Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.] 1896); K. Seidenstiicker: PaIi-Buddhismus in Ubersetzungen (2. Aufl., Breslau 1923); H. Oldenberg: Reden des Buddha (l'vliinchen 1922). Weitere Ausgaben und Ubersetzungen werden jeweils arn Schluss der betreffenden Spezialkapitel genannt werden.
a) Das Suttapitaka
Das Suttapitaka ist das Kernstuck des Pali-Kanons, denn es lehrt Dhamma, ist also die Hauptquelle fUr die Erforschung des \iVesens der buddhistischen Lehre. Gegliedert wird es in folgende funf Einzelsammlungen: Dlghanikaya, Majjhimanikaya, Salnyuttanikaya, Allguttaranikaya, Khuddakanika.ya. Diese Gliederung bezieht sich nicht auf den stoffiichen Inhalt, sondern auf den Umfang der in der jeweiligen Sammlung enthaltenen Stucke. Die ersten vier der eben genannten Nikayas heben sich inhaltlich yom letzten ab, indem sie die eigentlichen Suttas, die Lehrreden, enthalten. 1 Die meisten dieser Reden sind in einem eigenartigen Stil gehalten, der zwar an den der alteren Upani 9aden anklingt, jedoch eine solche spezi£lsche Geschlossenheit aufweist. dass ihn K. E. Neumann (nach dem Sippennamen des Buddha) den gota~idischen Stil genannt hat. Hauptsachliches S.tilmitte~ ist. die vViederholung, die aber kaum je ermudet, sondern den Leser vlelmehr m emen suggestiven Bann zwingt. Damit erreichen die Suttas eine Einpragsamkeit, die wir in der indischen Literatur nur ganz selten in diesem MaBe £lnden. 1m allgemeinen beginnen die Stucke mit stereotypen vVendungenj am Anfang steht evam me sutam ("Das habe ich gehort"). Dann folgt eine kurze Angabe uber den Ort der Handlung, meist ein Garten, ein Park, ein Hain. Auf diese vVeise eingefUhrt, tragt der Buddha die Lehre beziehungsweise einen Punkt derselben
Der Dlghanikaya besteht aus 34 sehr ausfiihrlichen Suttas (oder Suttantas), ist also die Sammlung der langen Reden. 2 Die Sammlung zerfiiJlt wieder in drei Bucher: Sllakkhandhavagga, lvIa.havagga und Patikavagga. Das erste Buch enthiiJt vielfach (aber nicht ausschlie£lich) recht alte Stucke, das dritte Buch ist das jungste. 1m zweiten und dritten Buch £lnden sich relativ viele Verse; die Nummern 20 und 32 bestehen fast ganz aus Versen. Das erste Buch enthalt die Grundlagen der buddhistischenEthik. Schon Nr. 1, das Brallmajala.sutta., ist einer der wichtigsten buddhistischen Texte. Besonders ergiebig ist dieses Sutta abeT auch fUr den Kulturhistoriker, denn es zahlt alle A.rten von Beschaftigungen auf, von denen ein Monch sich fernzuhalten hat. Genannt werden ferner nicht weniger als 62 philosophische Lehrmeinungen. Nl'. 3, das AmbaHhasutta, gibt wertvolle Informationen iiber die Stellung des Buddhismus zur standischen Gliederung der damaligen Gesellschaft. Religionsgeschichtlich interessant ist die Art. wie sich der Buddhismus als seinerzeit neue Lehre mit den vorgefundenen ideologischen Stromungen auseina,ndersetztj so wendet sich Nl'. 13, das Tevijjasutta, gegen den Opferritualismus und gegen das Postulat von der Brahman-Atman-Identitat. Die einem buddhistischen Laienanhanger zukommenden Pflichten lehrt Nl'. 29, das Sigalovadasutta,. Das Hauptstuck des Dlghanikaya aber ist Nl'. 16, das beriihmte Ma.haparinibbanasutta. Hierbei handelt es sich nicht um eine Lehrrede, sondern um einen Bericht uber die Todesumstande des Buddha. In diesem Stuck liegt uns also der erste Ansatz zu einer Buddha-Biographie VOl'. Allerdings ist der Bericht zeitlich durchaus nicht einheitlich. Authentisch ist zweifellos das Vermiichtnis Buddhas an seine Anhanger, nunmehr Zuflucht und Starke in sich selbst und in der Lehre zu £Inden. Alle sogenannten \Vunder, die den Tod des Buddha begleitet haben sollen, sind jedenfalls spatere Zutatenj uberhaupt kann die Redaktion dieses S::tta erst zu einem relativ recht spaten Zeitpunkt abgeschlossen worden sein. Ubrigens lasst sich generell sagen, dass diejenigen Stucke, die Wundertaten und -krafte des Buddha schildern, die jiingsten der Sammlung sind, so Nl'. 14 oder auch Nl'. 24, in welchem sich Buddha seiner magischen Krafte ruhmt. Auch die Stucke 17 bis 21 sind relativ jung: Sie zeigen, wie die Schar der vedischen Gotter und schlie£lich auch der Gotterkonig Indra den Buddha verehren. Daraus geht herVOl'. dass der Buddhismus die Existenz der Gotter nicht bestreitet, nur sind sie nicl~t a.llmachtig, sondern wie aIle \Vesen den vier heiligen Wahrheiten unterworfen. Recht interessant ist Nl'. 23, das Payasisutta, eines der realistischsten Stucke. \iVahrend sonst die Dialoge von vornherein auf die Zustimmung des Belehrten zu den buddhistischen Ideen angelegt sind, diskutiert der ungliiubige Payasi mit dem Monch Kumara Kassapa als wirklicher Opponent. Die Suttas des Dlghanikaya bilden also jeweils ein abgeschlossenes Ganzes in-
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DIE
BUDDHISTISCHE LITERATUR
sofern, als sie immer einem bestimmten Thema del' Lehre gewidmet sind. Manches davon ist freilich irrelevant, so das lqanatiyasutta, das sich mit Zaubern gegen Diimonen und Schlangen befasst. Insgesamt £lndet sich im Dlghanikaya viel Altes und \iVertvolles, wobei jedoch zu berucksichtigen ist, dass die Sammlung wedel' inhaltlich noch zeitlich als homogen angesehen werden kann. Del' Majjhimanikaya ist die Sammlung del' Stucke von mittlerer Liinge. 3 Sie besteht aus 152 Suttas, die, wenn sie auch kurzer als die des Dlghanika.ya sind, doch gleichfalls jeweils ein abgeschlossenes Ganzes bilden. Thematisch ist diese Sammlung von groBerer Mannigfaltigkeit als jene. Teilweise sind die Lehrreden in Rahmenhandlungen eingebettet. In Nr. 144 billigt Buddha den wegen einel' schweren Krankheit begangenen Suizid eines Monches. Durch seine hervol'ragende Argumentation brilliert Nr. 93, das Assalayanasutta, in welchem del' Buddha den Assala.yana, einen jungen Brahmanen, uber die Nichtigkeit des Van:ta.-Systems und die UnrechtmiiBigkeit del' brahmanischen Privilegien belehrt. Nr. 86 ist das beruhmte Sutta von dem Raubmorder Allgulimala, del' von Buddha bekehrt wird und noch zu Lebzeiten das Nirvalfa erlangt. Dieses Stuck ist kein Dialog, sondern beispielhaft fUr die Erziihlkunst des Majjhimanibiya. Den Stoff dieses Sutta hat del' diinische Schriftsteller Karl Gjellerup in vollendetel' dichterischer Weise behandelt (Del' Pilger Kamanfta, 1906, dt. 1907). Eine groBartige Erziihlung ist auch das Ra.HlJapalasutta (Nr. 82). Manche Stucke geben wertvolle Aufschlusse uber das tiigliche Leben del' Monche, Asketen und Brahll1anen. Das Upalisutta (Nr. 56) ist religionsgeschichtlich wichtig durch die hier wiedergegebene Haltung des fruhen Buddhismus zum Jinismus. Nicht wenige Stucke sind allerdings auch von trockenel' Dogmatik erfUllt. Auch in chronologischer Hinsicht ist die SalTnnlung ganz heterogen. 1m allgemeinen gilt del' Sa.tz, dass die schlichten Dialoge und Erziihlungen, die ein realistisches Menschenbild des Buddha widerspiegeln, zugleich die iiltesten sind (zum Beispiel Nr. 26 und 36). Diejenigen Stucke, die die Person Buddhas mit Wundern umhullen (Nr. 12 oder 123), sind jedenfalls jungeren Datums. Die Nummern 84 und 94 versetzen Buddha bereits ins Nirval,la. Mehl'fach £lnden sich Stucke, die wie Variationen uber ein bestimmtes Thema anmuten, wie zum Beispiel die Nummern 132 bis 134. Das durfte sich daraus erkliiren, dass man seinerzeit alles erreichbare Uberlieferungsmaterial in samtlichen Versionen gesammelt hat. Del' Samyuttanikaya bildet die nach Gruppen geordnete Sammlung. 4 Die insgesamt 2889 Suttas sind in Gruppen eingeteilt. Offenbar sollte jede Gruppe bestimmte Punkte del' buddhistischen Lehre behandeln, abel' konsequent ist dieses Prinzip nicht durchgefuhrt worden. Von groBer philosophiegeschichtlicher Bedeutung ist das Nidanasutta (Nr. 12) mit del' beruhmten PaticcasamuppadaFormel, einer Kausalnexuskette. Manchmal hat man die Gruppenbildung nach dem jeweiligen Sprecher durchgefUhl't: so die Gruppen 16 und 28 nach Kassapa bzw. Sariputta. Meditation und Versenkung werden in Gruppe 34 (samadl1i)
Del' P ali- Kanon
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gelehrt. Del' Gott Sakka - niemand andel's al5 del' heldische Indl'a des Vedawird zu einem demutigen Verehrel' des Buddha (Nr. 11): ein fein gefuhl'ter Hieb gegen die brahmanische Mythologie! Fur das Verstiindnis del' buddhistischen Lehre von erstrangiger, grundlegender Bedeutung ist die Gruppe 56, die die vier heiligen Wahrheiten wiedergibt. Die Nr. 11 diesel' Gruppe ist del' Bericht daruber, wie "das Rad del' Lehre in Bewegung gesetzt" wurde (Dl1ammacakkappavattanasutta); es enthiilt die sogenannte "Predigt von Benares", mit del' Buddha erstmals an die Offentlichkeit trat.
Die Lel1rrede 170m Antrieb des Rades del' Lel1re 1. So habe ich es gehort. Zu einer Zeit weilte del' Erhabene zu Benares, im Tierpark von Isipatana. 2. Dort redete del' Erhabene die Funferschar del' Monche an: "Diesen zwei Extremen, 0 Monche, darf von einem, del' als Monch hinausgezogen ist, nicht gefront werden. Welche zwei sind das? 3. Da ist einmal die Hingabe an die Lust del' Sinnesfreuden, niedrig, gemein, weltlich, unedel, nicht zum Ziel fUhrend. Da ist zum anderen die Hingabe an die Selbstpeinigung, leidvoll, unedel, nicht zum Ziel fuhrend. Ohne diesen beiden Extremen, 0 Monche, zu folgen, ist ein mittlerer Pfad 170m Vollendeten entdeckt worden, del' Sehen bewirkt, \iVissen bewirkt, zur Bel'uhigung, zur Einsicht, zur Erleuchtung, zum Erloschen hinfUhrt. 4. Und welches, 0 Monche, ist diesel' lTlittlere Pfad, del' 170m Vollendeten entdeckt worden ist und del' Sehen bewirkt, vVissen bewirkt, zur Beruhigung, zur Einsicht, zur Erleuchtung, zum Erloschen hinfUhrt? Es ist diesel' edle achtgliedrige Weg, namlich: rechte Einsicht, rechter Entschluss, rechte Rede, rechte Tat, rechter vVandel, rechtes Stl'eben, rechte vVachheit, rechte Versenkung... 5. Dies nun, 0 Monche, ist die edle Wahrheit 170m Leiden. Geburt ist Leiden, Alter ist Leiden, Krankheit ist Leiden, Sterben ist Leiden, Kummer, Wehklage, SChlTlerZ, Unmut und Unrast sind Leiden; die Vereinigung mit Unliebem ist Leiden; die Trennung von Liebem ist Leiden; was man wunscht, nicht zu erlangen, ist Leiden; kurz gesagt, die funf Arten des Festhaltens am Sein sind Leiden. 6. Dies nun, 0 Monche, ist die edle Wahrheit von del' Leidensentstehung. Es ist diesel' "Durst", del' zur Wiedergeburt fuhrt, verbunden mit Vergniigen und Lust, an dem und jenem sich befriedigend, namlich del' Liebestrieb, del' Selbsterhaltungstrieb, die Sucht nach Reichtum. 7. Dies nun, 0 Monche, ist die edle Wahrheit von del' Aufhebung des Leidens. Es ist ebendieses Durstes Aufhebung durch seine restlose Vernichtung; es ist das Aufgeben des Durstes, del' Verzicht auf ihn, die Loslosung von ihm,. seine Beseitigung.
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DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
Der Pali-Kanon
8. Dies nun, a Monche, ist die edle vVahrheit von dem zur Aufhebung des Leidens fuhrenden Pfad. Es ist dieser edle achtgliedrige Weg, niimlich: rechte Einsicht ... (weiter wie im Abschnitt 4) ... rechte Versenkung. 9. ,Das ist die edle vVahrheit vorn Leiden!', so, 0 Monche, ging mir uber diese zuvor nicht gehorten Dinge das Auge auf; es ging das Verstandnis auf; es ging das Erkennen auf; es ging das vVissen auf; es ging das Schauen auf. ,Ebendieses Leiden ist als edle vVahrheit zu erkennen!' , so, 0 J\1onche, ging mir uber diese zuvor. .. (weiter wie eben). 14. Seit mir, 0 Monche, uber diese vier edlen 'Vahrheiten, dreifach geordnet, zwolffach gegliedert, \Vissen und Schauen vollkomlnen klargeworden sind, behaupte ich nun: ,Ich, 0 Monche, habe in der Welt mit (ihren) Gottern, Todesgottern, Brahmagottern, Bettelmonchen und Priestern, Geschopfen, Gottern und Menschen allein die hochste, vollkommene Erleuchtung entdeckt. vVissen und Schauen gingen mir auf: Unerschutterlich ist die Befreiung meines Geistes; dies ist die letzte Geburt; nicht gibt es jetzt noch eine '"Tiedergeburt.''' ... 16. Nachdem so durch den Erhabenen das Rad der Lehre in Bewegung gesetzt worden war, lieBen die Erdgotter das \Vort vernehmen: "Durch den Erhabenen ist zu Benares, im Tierpark von Isipatana, das hochste Rad der Lehre in Bewegung gesetzt worden; zuruckzurollen ist es weder durch einen Bettelmonch noch durch einen Priester, nicht durch einen Gott und durch keinen Teufel, nicht durch Brahma noch durch irgend jemand in der 'Velt." ...
die drei "Boten der Gotter", unter denen Alter, Krankheit und Tod verstanden werden; die drei Grunde flir die Herrschaft des Todes uber die Welt; die drei Umstande, welche Frauen in die Verdammnis fuhren, und andere. Vielfach sind die Texte von Spruchen durchsetzt. Der Allguttaranikaya weist zu den anderen, bereits besprachenen Teilen des Suttapitaka zahlreiche Parallelstellen auf; oft war er dabei der ubernehmende Teil, jedoch keineswegs immer, so dass solche Parallelen keine voreiligen Schlusse iiber das Alter dieser Sammlung zulassen. Insgesamt gesehen, ist diese ziemlich spat entstanden. Dies ist unter anderem daran zu erkennen, dass dem Buddha nunmehr schon gottliche Unfehlbarkeit zugeschrieben wird.
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(Ubers.: K. Mylius) Leider gibt es im Sa.myuttanikaya viele uberfiussige Wiederholungen und streckenweise erlTludende Monotonie. Von der Form her verdienen Stucke hervorgehoben zu werden, die in einer Mischung von Prasa und Versen als Balladen angesehen werden durfen. Dazu za.hlen die Gruppen uber Mara (im Buddhismus der Versucher) und die Nonnen, die uberwiegend ein hohes asthetisches Niveau aufweisen. In den Gruppen 1 bis 11 sind viele Verse enthalten; hier finden sich auch Ratselgesprache, wie sie bereits etwa aus der Ta.ittiTlya-Samhita bekalult sind. Der Anguttara.nikaya 5 folgt einem merkwurdigen Einteilungsprinzip. In dieser Sammlung sind die Stucke namlich gemaB der jeweils in ihnen dominierenden Zahl geordnet. Die Zahlung der Suttas ist nicht ganz sicher; sie betragt je nach ihrer Trennung 2308 bis 2363. Eingeteilt ist diese Textmasse in elf Abschnitte, die Nipata heiBen. 1m ersten NipiUa kornmen nur solche Begriffe, Sachen, Ursachen, Motive und so weiter vor, die ein einziges Mal existieren, im zweiten Nipata solche, die zweimal vorhanden sind und so fort. In der Dreiergruppe spielen beispielsweise folgende Themenkreise eine Rolle: die aus Gedanken, vVorten und Taten bestehende Dreiheit; die drei Arten von Monchen;
Da die bisher erorterten Nikayas relativ eng miteinander verwandt sind, sich aber von dem flinften Nikaya deutlich abheben, seien uber dieselben noch einige zusammenfassende Bemerkungen gemacht. Vor aHem muss hervorgehoben werden, dass ihr Inhalt weitgehend nach Thenla und Ausflihrung ubereinstimmt; anders ausgedruckt: viele Suttas konnten in jedem beliebigen Nikaya (vom funften stets abgesehen) stehen. Die uns uberkolTunenen Einteilungsprinzipien betreffen also ganz uberwiegend forma1e Kriterien. Demzufolge heben sich die Nikayas auch in chronologischer Hinsicht kaum voneinander abo Das alteste, am nachsten an Buddha selbst heranfuhrende Material ist uber alle Nikayas verstreut und nicht etwa in einem einzigen Nikaya konzentriert. Auch die Argumentationsweise, die Art der Darlegung der damals ja neuen Lehre, ist mit ihren Leitlinien und Abschattungen iiberall die gleiche. Die Sprache ist - von monotonen Stellen, die nicht fehlen, deren psychologischer Einfiuss aber mancl1mal unterschatzt worden ist, abgesehen - bildhaft und voller Vergleiche. Einer der hiiufigsten, der in der buddhistischen Literatur aHerarten wiederkehrt, ist der des Begehrens mit dem Durst. Daseinsdurst, vVerdedurst, Fortpfianzungsdurst gelten als Ursachen des standig sich erneuernden Kreislaufs des vVerdens, Vergehens und damit des Leidens. AuBerdem aber finden wir in den ersten vier Nikayas die Grundlagen der spezifischen buddhistischen Terminologie. Der flinfte Nikaya flihrt den Namen Khuddakanikaya, was etwa "Sammlung der kleinen Stiicke" bedeutet. 6 Korrekt ist diese Bezeichnung nicht, da sich im Khuddakanikaya auch Stucke von groBem Umfang befinden. Besser ware es, von einer Sammlung von Miszellen zu sprechen. Der Khuddakanikaya unterscheidet sich von den iibrigen Nikayas wesentlich. Er besteht aus nicht weniger als 15 Werken, die zwar naturlich die gleiche buddhistische Grundtendenz aufweisen, im ubrigen aber im Inhalt und insbesondere in der Form untereinander stark differenziert sind. Dabei fallt sofort ins Auge, dass die Poesie hier eine so groBe Rolle spielt, wie sie sie in den anderen Nikayas nicht entfernt erreicht. Sie bildet damit einen wertvollen und integralen Bestandteil der altindischen Poesie uberhaupt. So finden sich in dieser Sammlung in reichem MaJ3e Spruche und Gedichte, aber auch Fabeln und Marchen.
DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
Der Pali-Kanon
Die Geringschatzung, die der Buddhismus ursprunglich dichterischen \Verken entgegenbrachte - GUltigkeit sollte ja nur die alte, schlichte, unausgeschmuckte Buddharede besitzen - , macht es wahrscheinlich, dass ein gro£er Teil der Textmassen des Khuddakanikaya. ursprunglich nicht zum Tipitaka gehort hat, sondern ihm erst von spaterer redigierender Hand angeschlossen wurde. Fur die spate Zeit dieser Redaktion spricht auch die Tatsache, dass Buddha nun schon gewisserma£en als Halbgott gilt und dass die Texte vielfach von1 Dogmatismus gepragt sind. Manche sind daher auch del' Meinung, dass del' Khuddakanikaya bessel' dem Abhidhammapit,aka, dem Kanon del' Scholastik, zugerechnet werden sollte.
gehoren, was altindische Spruchpoesie geschaffen hat. Besonders eindrucksvolJ ist die Verwendung von Metaphern. Zu bemerken ist, dass meht als die Halfte der im Dllammapada enthaltenen Spruche in anderen Teilen des Pali-Kanons ebenfalls zu £lnden ist. Das Dllammapada ist hierbei del' entleihende Teil gewesen. Es hat abel' nicht nurbuddhistische Spruche ubernommen, sondern sich naturlich unter entsprechender Adaptation - auch Texte del' im alten Indien so weit verbreitet gewesenen brahmanischen gnomischen Poesie zu eigen gemacht.
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Der Khuddakanikaya besteht also aus einer Anzahl einzelner Werke, deren Reihenfolge traditionell festgelegt ist. Diese hat, worauf besonders hingewiesen werden muss, nichts mit einer chronologischen Folge zu tun. Das erste 'Verk diesel' Sammlung ist del' Klmddakapatl1a.7 Es handelt sich dabei hauptsachlich um solche Stucke, die den Novizen zum Erlernen aufgegeben wurden. Man konnte den Klmddakapatl1a wenigstens streckenweise auch als Andachtsbuch bezeichnen. Das Werk besteht aus insgesamt neun Stucken. Von diesen heben sich die ersten vier und die restlichen als Gruppen heraus. Alle Stucke sind relativ kurz. Unter del' erstgenannten Gruppe ragt Nr. 4 mit den "Fragen del' Novizen" heraus. Ahnlich dem Einteilungsprinzip des Allguttaranikaya (vgl. S. 305) wird hier jeweils nach ein, zwei, drei und so weiter Gegenstanden odeI' Begriffen gefragt. Die Nummern 5 bis 9 sind kurze Suttas. Ihr Hauptanliegen besteht in del' Vermittlung von Grundsatzen buddhistischer Ethik. Hinzuweisen ist hier auf die Nr. 5, das Ma.ngalasutta. Unter Maligala wurden im alten Indien allgemein gunstige Omina sowie Handlungen und Ereignisse, die eine gunstige Beeinflussung des Schicksals zur Folge haben, verstanden. 1m lWangalasutta wird nun dargelegt, wie del' Buddhismus eine fromme, den Frieden und den Mitmenschen liebende Lebensweise fUr das beste Mallgala ansieht - wieder eine deutliche Spitze gegen den ritualisierten Aberglauben del' Brahmanen! Nr. 7 enthalt Verse fUr den Totenkult. In anderen Suttas £lnden sich Beschworungsformeln und Segensspruche fur allerlei Vorkommnisse aus dem Alltag. Viele von ihnen haben in Sri Lanka sowie in den Landern Sudostasiens traditionelle Verwendung gefunden, die bis in die Gegenwart hinein anhalt. Das zweite Werk aus dem Khuddakanikaya ist das Dllammapada. 8 Es ist wohl dasjenige Stuck aus del' buddhistischen Literatur, das die gro£te Beruhmtheit erlangt hat und auch in Europa relativ fruh bekannt und geschatzt wurde. 'Venn man das 'Vesen der buddhistischen Ethik kennenlernen will, bietet das Studium des Dllammapada. hierzu die beste Moglichkeit. Das Werk ist metrisch gebunden und enthiilt 423 Verse. Diese sind in 26 Abschnitte eingeteilt, welche vagga hei£en. Die Verse haben den Charakter von Spruchen, die zum Schonsten
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Als nachstes Werk des Khuddakanikaya nennen wir das Udana. 9 Das Wort bedeutet eigentlich "Aushauch". Damit sind feierliche Ausspruche des Buddha gemeint. Das Werk besteht aus acht Vaggas mit jeweils zehn Suttas. Die Suttas sind kurze Prosaerzahlungen; die Ausspruche Buddhas stehen als Verse jeweils am Schluss. Bestimmte Teile des Udana sind sehr alt. Manche Verse konnen durchaus in der Umgebung des Buddha oder im Kreise seiner unmittelbaren Schuler entstanden sein. Diese Feststellung steht zu del' weitel' oben gemachten Bemerkung uber die spate Zeitstellung del' Gesamtredaktion des Khuddakanikaya nicht im Widerspruch. Wir hatten ja bereits mehrfach feststellen mussen, dass die einzelnen Teile des Suttapitaka Stucke aus zeitlich recht unterschiedlicher Herkunft beinhalten. 1m Udana stimmen die Prosaerzahlungen mit del' Thematik der Verse durchaus nicht immer uberein: Die Geschichten sind offensichtlich jungeren Datums und erst nachtraglich - nicht immer glucklich - mit den Versen verknupft worden. Das inhaltliche Niveau und die Ausdrucksstii.rke der Verse erreichen sie dabei nicht. Ausgenommen von diesel' Feststellung darf das Stuck III, 2 werden: Hier ist die Prosaerzahlung del' wertvollere Teil. Sie berichtet von Nanda, dem Halbbruder des Buddha, der jedoch dem weltlichen Leben zugeneigt blieb, bis ihn del' Buddha, nicht ohne dabei von Ruckschlagen betroffen zu werden, schlie£1ich doch bekehrte. Eine der - schon den Zeitgenossen - am schwierigsten fasslichen Kategorien des Buddhismus ist das Nirvalfa. Zu dessen De£lnierung bietet Vagga 8 des Udana wertvolle Handhaben. Es folgt das Itivuttaka als viertes Werk aus dem Khuddakanikaya. 1o Wortlich bedeutet diesel' Ausdruck etwa die "So-sagte-er-Sammlung". Das '~Terk besteht aus 112 kurzen Stucken, die jeweils in Versausspruchen des Buddha gipfeln und von Prosa begleitet sind. In sehr vielen Fallen entsprechen sich Prosa und Verse beziehungsweise erganzen sich sinnvoll. Insoweit ahneln die Verhaltnisse denen des Udana. Wahrend abel' in letzterem die Prosa im allgemeinen die literarisch untergeordnete Rolle spielt, nimmt sie im Itivuttaka hau£lg einen fUhrenden Rang ein. Verschiedentlich zeigt sich, dass die Prosa eine unabhangige Stellung behauptet und dass ihr die Verse nur angeheftet sind. Besonders deutlich kommt die Bedeutung del' Prosa in dem schonen Stuck Nr. 27 vor, das von der Liebe zu allen Wesen handelt. Die Sprache ist im allgemeinen schlicht. Diesel' Umstand sowie inhaltliche Kriterien deuten darauf hin, dass manche
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DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
Der Pali-Kanon
Ausspriiche dieser Sammlung tatsachlich bis in die Zeit des Buddha zuriickreichen konnen. Aber auch hier steM neben Altem vieles, das erst Jahrhunderte nach Buddha entstanden sein kann.
Es berichtet iiber die wunderbaren Begebenheiten, die zu Buddhas Geburt gee schahen. Ein weiteres Beispiel ist Nr. III, 1: das Pa.bbajjasutta. Dieses Sutta schildert den Auszug des Prinzen Siddhartha, des spateren Buddha, aus seinem Furstenhaus in die Heimatlosigkeit. Schlie£lich nennen wir das Padhanasutta.. das von den Versuchungen handelt, denen Buddha ausgesetzt war. Der Satan des Christentums ist im Buddhismus der Mara. Mara bemuhte sich, dem Buddha einzureden, er solIe sich mit seiner eigenen Erlosung zufriedengeben, nicht aber auch flir die Erlosung aller anderen Menschen Sorge tragen. Naturlich blieb sein Ansinnen vergeblich; Buddha begann, "das Rad der Lehre in Bewegung zu setzen" (III, 2). Schlie£lich ist zu erwahnen, dass im Suttanipata. auch Ratselpoesie erscheint (I, 10; II, 5). Sie dient zur Darlegung von Grundsatzen buddhistischer Ethik: Immer wieder werden das Aufgeben weltlicher Bindungen und die Flucht aus weltlichem Leben als Voraussetzungen fur die Erlangung des Nirvalfa geruhmt.
Vorwiegend 111etrisch ist das flinfte \Verk aus dem Khuddakanikaya, der SuttanipataY Er besteht aus flinf Abschnitten. Von diesen gehoren die folgenden vier enger zusarnmen: Uragavagga, Culavagga, Mahavagga und Atthakavagga. Sie umfassen insgesamt 54 Gedichte. Der fiinfte Abschnitt heif.\t Parayalfa und ist eine langere, selbststandige Dichtung, die ihrerseits in 16 Unterabschnitte gegliedert ist. 1m System des Buddhismus erfreut sich del' Suttanipata. hoher Achtung und wird demzufolge ha.ufig zitiert. Er ist besonders eine Quelle del' Morallehre. Bedeutende Teile des Sutta.nipata durfen mit Sicherheit als sehr alt betrachtet werden. Das ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass in diesem \Verk allenthalben eine lebendige Auseinandersetzung mit den Ideen und Institutionen des Brahmanismus gefuhrt wird. Die neue Lehre musste, um sich behaupten oder gar durchsetzen zu konnen, die als herrschend vorgefundenen gesellschaftlichen Sozial- und Denkstrukturen, das heiBt, VOl' allem die Opferritualistik als Ausdruck des magischen \Veltbildes und den Primat del' Brahmanen in Frage stellen. In diesem Zusanlmenhang ist das Stuck II,? von besonderem Interesse. Es kritisiert und tadelt besonders die "blutigen" Tieropfer des brahmanischen Kultes (so blutig waren sie nicht; die Tiere wurden erdrosselt) und sieht - das ist das Interessante - im Opferkult ein Zeichen del' Entartung. Das sicher sehr fruhe Stuck versteht sich nicht als reformatorische Lehre, sondern eher als eine Ruckkehr zum alten, echten, unverfalschten Brahmanismus. Attackiert werden ferner die alimentaren Observanzen der Brahmanen. Jetzt, am Ende und nach der vedischen Zeit, gelangt die vegetarische Ernahrung ilTlmer mehr zur Geltung; den Fleischverzehr verponen die BrahlTlanen als unrein. Damit setzt sich unser Text auseinander und erklart, dass die wirkliche Unreinheit ganz woandel'S liegt: im Hass, in sinnlicher Begierde und so weiter. Der Suttanipata. spiegelt also tatsachlich gesellschaftliche Zustande und Konflikte seiner Zeit wider. Er tut dies mit solcher Offenheit, dass ihm dabei sogar eine BloBstellung der Sarlgha-Idee unterlauft, die neben Buddha und del' Lehre eine der drei Saulen des Buddhismus ist. 1m Ka.sibhaTadvajasutta (I, 4) kritisiert namlich ein Brahmane - so wie es damals sichel' vielfach ublich war - das dolce far niente del' Monche und ihr unproduktives Leben auf Kosten del' arbeitenden Menschen. Der beriihmte Satz ""Ver nicht arbeitet, solI auch nicht essen!" ist in nuce bereits im Sutta des Bharadvaja. enthalten. Auch hinsichtlich der Form ist der Suttanipata ein interessanter Text. Neben den Gedichten enthalt er auch verschiedenartige Prosa. Manchmal bildet sie die Rahmenhandlung. Wichtiger aber sind die balladesken Passagen, in denen Prosadialoge mit erzahlenden Versen abwechseln. Eine soIehe Verbindung von Dialog und Erzii.hlung findet sich zum Beispiel in Nr. III, 11, dem Nalahsutta.
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Das sechste \Verk des Khuddakanikaya ist das Vimanavattlm. 12 Vimana bedeutet Aufenthaltsort oder Statte der Gotter, und uber solche Orte berichten die 83 Erzahlungen des vVerkes. Sie sind allesamt kurz und von sehr spater Zeitstellung. Auch ihre literarische Bedeutung ist nur gering.Obwohl sie metrisch gebunden sind, ist ihre Komposition unbeholfen, ihr Themenkreis eng begrenzt. Sie wollen namlich samtlich die Karman- Lehre illustrieren. Das geschieht in der Weise, dass der fromme Moggallana die gottlichen Wesen in ihren Palasten fragt, wie sie zu ihrem gegenwartigen gllicklichen \Vohnsitz gekommen seien. Die Antwort besteht dann immer in der Erzi:ihlung irgendeiner guten Tat, infolge deTer der Betreffende zu einer gunstigen \Viedergeburt im Himmel gelangt ist. Mit diesem Stuck auf das engste verwandt ist das siebente \Verk des Khuddakanikaya, das Petavattlm. 13 Die handelnden \Vesen sind hier Gespenster. Gespenstergeschichten waren im alten Indien nicht selten; wir erinnern an den Pretakalpa im GaruQa-Pural.la oder auch an die Vetalapaiicavimsatika. Es nimmt nicht wunder, dass die Buddhisten an den verbreiteten Volksglauben ebenfalls anknupften und ihn in den Dienst der Ausbreitung ihrer Lehre stellten. In den 51 Erzahlungen des Petavattlm handelt es sich nun um herumirrende Totengeister, die von Narada oder anderen frommen \Veisen nach der Ursache ihrer bedauernswerten Lage gefragt werden. Ursache war naturlich irgendeine bose Tat, unter deren Folgen sie nun leiden miissen. In Nr. I, 2 beispielsweise erklart der Totengeist den Umstand, dass er eine Schweineschnauze besitzt. ansonsten aber wohlgestaltet ist, mit den Sunden, die er zu Lebzeiten mit dem Munde begangen hat. Literarisch ist das Petava.ttlm kaum wertvoller als das Vimanavattlm. \Vie dieses ist es ebenfalls spat entstanden; jedoch ist es nachweislich immerhin alter als manche Jatakas. Das acMe und das neunte Werk des Khuddakanikay'a sind die Theragatha
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DIE
BUDDHISTISCHE LITERATUR
und die Therfgatha. 14 Die beiden Begriffe sind pluralische Feminina und werden zweckmal3igerweise gemeinsam besprochen. Thera bedeutet )\ltester", "Presbyter" und bezieht sich auf besonders verdiente und in der Lehre bewanderte Monche, die darum nicht unbedingt auch die an J ahren iiltesten sein miissen. TherI bedeutet das gleiche in bezug auf die Nonnen. Die Theragatha sind also Gesiinge oder Poeme der Altesten. In diesen beiden Sammlungen hat die religiose Lyrik ihre hochste Entfaltung im Rahmen des Pali-Kanons erlangt. Die Theragatha bestehen aus 107 Gedichten mit zusammen 1279 Strophen, wiihrend die Therfgatha 73 Gedichte mit 522 Strophen umfassen. Hierzu gibt es auch einen Kommentar von Dhammapala, der aus dem 5. Jahrhundert n. ChI. stammen diirfte. Er enthiilt traditionelle Angaben iiber die Autorschaft dieser Gedichte, die aber nicht zuverHissiger sind als so manche Passage aus der Anukramal.ll zum J.lgveda. Dagegen ist der Tradition gegeniiber manchen europiiischen Indologen aus neuerer Zeit zuzustimmen, dass beide Texte dem Wirken nicht eines, sondern mehrerer Autoren entsprossen sind. Ansonsten sind beide Texte in einem unordentlichen Zustand, die den Anforderungen, die man an Bestandteile eines Kanons stellen zu diirfen glaubt, nicht gerecht werden. So gibt es zahlreiche Wiederholungen, und zahlreich sind auch die Falle, in denen offensichtlich zusammengehorige Texte getrennt stehen. Vermutlich ist schon die urspriingliche Redaktion sehr nachliissig vorgenommen worden, und die Uberlieferung hat diesen Zustand beibehalten. Der Grundtenor des Ganzen ist die Propagierung der Sinnesziigelung als der ersten Voraussetzung zur Gewinnung des Nirval,la. Uber beiden Sammlungen konnte der Leitsatz stehen: "Frei von vViinschen, leben wir ohne Hoffnung und Furcht." Diese Tendenz haben natiirlich Theragatha und Therfgatha mit anderen buddhistischen Texten gemeinsam. Was diese beiden Sammlungen dagegen unverkennbar heraushebt, sind die Berichte iiber die personlichen Erfahrungen, die hier vorgelegt werden. Die Texte erhalten dadurch zum groBen Teil die Note des Lebendigen und in gewissem Sinne Realen. Dadurch und durch die streckenweise sehr schone Lyrik haben beide Sammlungen fiir den Buddhologen groBen vVert. Das literarische Niveau ist "traditionell" sehr hoch eingeschiitzt worden. In dieser Pauschalitiit ist ein solches Urteil jedoch nicht aufrechtzuerhalten. Denn neben wunderschonen, ergreifenden Passagen kommen auch Stellen vor, die man -- selbst unter dem Blickwinkel der beabsichtigten buddhistischen Propaganda - nicht anders als geschmacklos bezeichnen kann. Dazu ziihlen insbesondere die AuBerungen, die in den Liedern der Monche iiber die Frauen enthalten sind und die teilweise weit iiber eine bloBe Proklamierung der Enthaltsamkeit hinausgehen. Die Aufforderung, sich von Frauen fernzuhalten, schliigt oft geradezu in Hass um, von dem sich ein Buddhist gerade frei halten solI. Was das Verlangen nach Frauen in \;\Tahrheit wert ist, deklariert ein Monch, habe er erfahren, als er am vVege einen verwesenden weiblichen Leich-
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nam erblickt hiitte. Diese monstrose Verwechslung von Liebe und Nekrophilie wird zu ihrer Zeit aber sicher nicht ohne Wirkung geblieben sein. Die buddhistische Misogynie resultiert aus der Feststellung, dass sich weltliche Begierden auf kein Objekt so intensiv wie auf Frauen richten und dass daher nichts und niemand der Erlosung derart hemmend entgegensteht wie die Frauen. Gliicklicherweise sind solche Stellen in der Minderzahl. Auf der anderen Seite dankt ein Monch in bewegten Worten seiner Mutter, die ihn dazu angehalten hatte, ein Anhiinger des Erhabenen zu werden. Auch andere personliche Schilderungen und Selbstbekenntnisse sind nicht ohne Interesse. So schildert ein ehedern stolzer Brahmane, auf welche \;\Teise er den VVeg zum Buddha und zu dessen Lehre gefunden hat. Ahnlich schildert ein Konig, wie er zum Buddhisten wurde. In seinem friiheren Reichtum sieht er nur noch Fesseln, die ihn ans Dasein ketteten und von denen er auf dem Pfade des Erhabenen nunmehr befreit wird. Das bedeutendste Niveau und die tiefste vVirkung erreicht diese Lyrik unzweifelhaft aber dort, 1'110 die Naturbeschreibung ihr Thema ist. \Vir hatten schon mehrfach Gelegenheit, darauf hinzuweisen, welche Rolle die Natur in der altindischen Dichtkunst gespielt hat, und erinnern in diesem Zusammenhang an das Ramayal,la. und den Meghaduta. Die Theragatha stellen sich diesen Schopfungen an die Seite. Das Leben der Bettelmonche im Wald und die damit einhergehende Naturverbundenheit, die GroBartigkeit der indischen Natur, wie sie etwa im Monsunausbruch erlebbar wird, boten solchen dichterischen Betrachtungen geniigend iiuBeren Anlass. Die Therfgatha mochte man, insgesamt gesehen, aber doch noch hoher bewerten. Es ist zuniichst klarzustellen, dass hier tatsiichlich Frauen als Autoren gewirkt haben - ein Faktum, das friiher in Anbetracht der Abneigung Buddhas gegeniiber Frauen und weiblichen Aktivitiiten bezweifelt worden ist. Freilich ist nicht sicher, ob wirklich alle Therfgatha von Frauen herriihren, doch sollte diese offene Frage das Gesamtbild nicht beeintrachtigen. Zwischen Tlleragatha und Therlgatha bestehen sowohl inhaltlich als auch in der Ausfiihrung bestimmte Unterschiede. Die Naturbeschreibungen treten in den Therfgatha zuriick, dafiir beriihren die Erziihlungen der Nonnen in starkerem MaBe das reale Leben. Oft sind es - und das sicherlich in Wahrheit personliche Tragodien, die eine Frau dazu bestimmt haben, das Familienleben aufzugeben und eine Anhiingerin des Erhabenen zu werden. Als hiiufigste Ursache wird der Verlust eines geliebten Kindes genannt, nach welchem die ihres Lieblings beraubte Mutter Trost und Zufiucht zu FiiBen des Buddha gesucht hat. Voll greller Kontraste sind die Berichte ehemaliger Prostituierter iiber ihre friihere Lebensfiihrung und den Seelenfrieden, den sie nunmehr als Nonnen genieBen. Jetzt wollen sie keine Verflihrerinnen mehr sein; Subha reiBt sich sogar ein Auge aus, als sie bemerkt, dass ihr Blick einen Mann zu fesseln beginnt. Neben diesen Motiven offenbaren sich jedoch gelegentlich auch andere, die gewiss nicht weniger real gewesen sind.
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Del' P ali- Kanon
In Nr. 11 gibt namlich eine Nonne unverhohlen ihrer Freude daruber Ausdruck, dass sie durch ihre Mitgliedschaft im Buddha-Orden sowohl vom muhseligen Reisdreschen als auch von ihrem ungeliebten Ehemann befreit worden ist. Das war sicherlich kein EinzelfaIl, und es gibt allerlei Hinweise del' zeitgenossischen Quellen, dass del' Sallgha nicht ausschlieJ3lich aus edlen Motiven aufgesucht wurde. Es versteht sich also, dass die Therfgatlla eine auBerordentlich wertvolle Fundgrube fUr Forschungen uber die soziale Stellung del' Frau im alten Indien darstellen.
"uberliefert" sind. Damals war del' Buddha freilich noch kein solcher, noch kein "Erwachter", doch befand er sich auf dem \Vege zur vollstandigen Erkenntnis, zur BuddhasLhaft; del' Kunstausdruck fUr einen solchen "Kandidaten" ist Bodhisatta. Dem buddhistischen Missionsgedanken boten sich hier groBartige Moglichkeiten. Man brauchte nur den Bodhisatta als Teilnehmer irgendeines Geschehens einzufUhren und konnte damit das letztere im Gewand einer buddhistischen Fabel odeI' Legende prasentieren.
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Beide Sammlungen zeichnen sich durch die niveauvolle Vel'wendung von Stilmitteln aus und gemalmen nicht selten an die Kavya-Literatur. Treffende und tiefsinnige Vergleiche stehen dabei voran; so beschreibt in Nr. 252 Ambapiill trefflich die ehemalige Schonheit ihres Karpel's und dessen nunmehrigen Verfall. Als Schmuckmittel wird auch gern del' Refrain eingesetzt. Auch balladeske Dialoge fehlen nicht; so wird in den Therfgatlla 312-337 die Bekehrung einer ganzen Brahmanenfamilie geschildert.
Allerdings wurde diese Moglichkeit erst in einer etwas spateren Zeit erkannt. 1m altesten Buddhismus,der durchweg von Ernst, Strenge und Schlichtheit gepragt war, galten das Erzahlen und Anhoren von Geschichten als eitle Beschaftigungen, die zur Erlosung im Nirvalfa nichts beitragen, sondern eher davon ablenken. In den vom Khuddakanikaya verschiedenen Sammlungen des Suttapitaka gibt es daher nur wenige Stucke, die als Jatakas. angesprochen werden dlirfen; Beispiele sind das Kiitadantasutta im Dlghanikaya und das lvlakhadevasutta im Majjhimanikaya.
Wie in den meisten Sammlungen des Suttapitaka sind auch die Lieder del' Monche und Nonnen von ganz unterschiedlicher Zeitstellung. Das meiste durfte ziemlichjung sein. Auch hier sind es wieder hauptsachlich die Wundergeschichten, die auf die spate Herkunft eines Textes deuten. Es gibt hierfUr abel' noch andere interessante Gesichtspunkte. An mehreren Stellen (zum Beispiel im Theragatha 920-980) wird namlich ausfUhrlich libel' krasse Verfallserscheinungen innerhalb des Ordens geklagt. Viele Monche legen Wert nicht auf irgend etwas Erbetteltes, sondern auf gute Ernahrung; sie lieben es, sich zu schmucken, ergehen sich in weltlichen Plaudereien und unterliegen dem Hass, del' Gier, dem Zorn und anderen ublen Charaktereigenschaften. Fur die zukunftige Entwicklung wird eine dustere Prophezeiung abgegeben, die sich, was den Buddhismus auf dem indischen Subkontinent selbst anlangt, auch bestatigt hat. Fur unsere Fragestellung ist wichtig, dass solche beklagten Zustande nur fUr eine vorgeruckte Zeit in Betracht kommen und dass die betreffenden Texte also nicht sehr alt sein konnen. Daneben finden sich abel' auch schlichte, grundlegende Satze und Regeln, die leicht als ursprunglich und alt zu erkennen sind. So manche von ihnen konnen - wenn auch vielleicht nicht in del' wortlichen Formulierung - durchaus auf Buddhas hervorragende Junger Sariputta und Moggallana zuruckgehen.
In ihrer gegenwartigen Form enthalt die Jataka-Sammlung 547 Nummern. Diese Zahl ist aus mehreren Grunden nicht ganz verbindlich, hauptsachlich darum, weil sie mit del' Zahl del' Geschichten nicht ubereinstimmt; doch geht sie jedenfalls uber die 500 hinaus. Die Jatakas weisen nach Inhalt und Form eine auBerordentliche Vielfalt auf. Alle erdenklichen Genres del' Erzahlliteratur sind vertreten: Neben Fabeln. Marchen. Anekdoten. humoristischen Stucken. Abenteuer- und Raubergeschichten finden sich fromme Legenden aus del' asketischen Erbauungsliteratur. Sowohl kurze als auch lange Erzahlungen, Sammlungen von Aphorismen, Balladen, die teilweise in Dialogform gehalten sind, und sogar Epen odeI' doch epische Stucke kommen vor. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich die zunachst erstaunliche Tatsache, dass in vielen diesel' Texte del' Buddhismus nur sehr oberfiachlich ausgepragt ist und dass sie ihrer Herkunft nach nichtbuddhistisch sind. Von Ausnahmen abgesehen, haben nur die frommen Legenden (abel' auch diese nicht alle) und einige wenige Fabeln buddhistischen Ursprung. Die ubrigen Texte sind im wesentlichen durch die EinfUhrung des Bodhisatta "buddhifiziert" worden. Flir die Religionsgeschichte ergeben sich daraus naturlich bestimmte Konsequenzen; die literarische Bedeutung del' Jatakas abel' wird dadurch nicht im mindesten geschmalert, und Gleiches gilt fUr ihren hervorragenden Rang als kulturgeschichtliches Dokument.
Von uberaus groBer Wichtigkeit fUr die indische Literaturgeschichte ist das zehnte vVerk des Khuddakanikaya, die Sammlung del' Jatakas. 15 Del' Ausdruck bedeutet "Geburtsgeschichte", wobei hier unter Geburt die fruheren Existenzen (Geburten) des Buddha verstanden werden. Entsprechend dem im Buddhismus dominierenden Glauben an den Kreislauf del' \¥iedergeburten, del' sich je nach den Taten des Individuums und deren Konsequenzen abspielt, schildern die Jatakas Begebenheiten, die aus irgendeiner "frliheren Existenz" des Buddha
Die Tendenz del' Fabeln entspricht derjenigen del' bereits behandelten groBen brahmanischen Fabelwerke. Sie lehren vorwiegend Lebensklugheit und \¥eItkenntnis. Daher braucH, es nichtzu verwundern, wenn sie a,uchim Detail mannigfache Para11elen etwa mit del' Tantrakhyayika und dem Paiicatantra aufweisen. Die meisten Jataka-Fabeln finden sich in den ersten Nipatas (Abschnitten). Abel' auch die an anderer Stelle stehenden Fabeln erinnern vielfach an einschlagige brahmanische \;\Terke. So gleicht del' Inhalt des Jataka 349 del'
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Rahmenhandlung des ersten Buches in del' TantTakllyayika. Verschiedentlich kehren die Jataka-Stoffe in etwas veranderter Gewandung in europaischen Fac beln wieder. Beriihmt ist die Nr. 294: Hier sagt ein Schakal einer Krahe so lange Elogen, bis er die von ihr gehaltene Frucht erlangt; bei Lafontaine ist es bekanntlich del' Fuchs, del' den Raben bittet, seine schone Stimme erschallen zu lassen, bis diesel' endlich den Schnabel offnet und den Kase fallen lasst.
Die Gesclliellte yom RosenapfelesseT (Jambuklladaka-Jataka) "WeI' ist dies, dessen volle Stimme lieblich ..." Dies erzahlte del' Meister, als er im Velu-Hain weilte, in bezug auf Devadatta und Kokalika. Als damals namlich Devadattas Einkiinfte und Ehren dahinschwanden, begab sich Kokalika in die vornehmen Familien und sprach iiber Devadattas Vortreffiichkeit: "Del' ehrwiirdige Devadatta aus del' Linie des Mahasammata ist aus del' Konigsfamilie des Okkaka gebiirtig, in einem vornehmen Kriegergeschlecht aufgewachsen. Er kennt die drei Hauptteile des Kanons, ist fahig zur Meditation, fiihrt eine honigreiche Rede, ist ein Darleger del' Lehre. Gebt! Unterstiitzt den Ehrwiirdigen!" Devadatta wiederum sprach iiber Kokalikas Vortreffiichkeit: "Kokalika ist von einer Brahmanenfamilie des Nordens weggegangen und als Monch hinausgezogen. Er ist hochbegabt, ein Darleger del' Lehre. Gebt! Unterstiitzt den Kokalika!" Indem so einer des anderen Vortreffiichkeit riihmte, trieben sie sich speisend in den Hausern del' vornehmen Familien herum. Da brachte man eines Tages in del' Lehrhalle ein Gesprach auf: "Freund, Devadatta und Kokalika riihmen einander nicht vorhandene Vortreffiichkeit nach, wahrend sie sich speisend herumtreiben." Del' Meister kam heran und fragte: "Zu welchem Gesprach, o Monche, habt ihr euch wohl hier jetzt niedergelassen?" "Zu dem und dem!" sprachen sie. ,,0 Monche", sagte er, "nicht nur jetzt verkiinden diese beiden ihre nicht vorhandene Vortreffiichkeit und speisen; auch schon friiher haben sie so gespeist. " Und er zitierte aus derVergangenheit: "AIs vorzeiten in Benares Brahmadatta die Herrschaft ausiibte, wurde del' kiinftige Buddha in einem Rosenapfelbaum- Hain als Baumgottheit wiedergeboren. Dort verzehrte eine auf einem Rosenapfelbaumzweig sitzende Krahe Rosenapfelfriichte. Da kam ein Schakal herbei, blickte nach oben, sah die Kra,he und dachte: ,Da weI'de ich mal die nicht vorhandene Vortreffiichkeit diesel' Krahe riihmen, damit ieh die Rosenapfel vel'zehren kann.' Indem er die Vortreffiichkeit del' Krahe pries, sprach er diese Strophe: ,\¥er ist dies, dessen volle Stimme lieblicher klingt als del' Sanger Bester? Standig auf dem Rosenapfelzweig sitzend, singt fiirwahr er wie ein junger Pfau.' Darauf sprach zu ihm die das Lob erwidernde Krahe die zweite Strophe:
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Nur ein Spross aus vornehmer Familie ist imstande, die aus ebensolcher Familie Stammenden zu loben. Du, dessen-Aussehen einem jungen Tiger gleicht, genieBe, Lieber, was ich dir gebe. Nachdem sie so gesprochen hatte, schiittelte sie einen Rosenapfelzweig und lieB die Friichte hinunterfallen. Da gewahrte die in diesem Rosenapfelbaum wohnende Baumgottheit, wie die beiden ihre nicht vorhandene Vortreffiichkeit riihmten und die Rosenapfel verzehrten, und sie sprach die dritte Strophe: Seit langem sehe ich, wie diese Falschredner sich zusammentun. Die Fresserin von Erbrochenem, del' Fr'esser von Leichen beloben noch einander. Und nachdem sie diese Strophe gesprochen hatte, zeigte die Gottheit eine furchterregende Erscheinung; daraufhin liefen die beiden davon." Nachdem del' Meister diese Lehrgeschichte angefiihrt hatte, verband er das Jiitaka mit del' aktuellen Angelegenheit: "Damals war del' Schakal Devadatta, die Krahe war Kokalika, die Baumgottheit abel' war ich." (Ubers.: Klaus Mylius) In Nr. 30 beneidet del' Ochse ein Schwein urn sein gutes, reichliches Futter; als er abel' erfahrt, dass man das Schwein nul' mastet, urn es dann zu schlachten, lasst er sein Neidgefiihl alsbald fahren. All dies und noch vieles andere hat mit Buddhismus kaum etwas zu tun. Zu den wenigen im Kern buddhistischen Tierfabeln gehort Nr. 278. Hier lasst sich del' Bodhisatta von einem Affen qua.len und foppen, ohne ihn zu strafen. Gestraft wiI'd letzterer dann anderwarts; del' Bodhisatta abel' hat sich in Geduld geiibt, einer unerlasslichen Voraussetzung fiir die Buddhaschaft. Bei den ebenfalls in den Jatakas enthaltenen Tiermarchen zeichnen sich nicht selten die Tiere durch gute Eigenschaften VOl' den Menschen aus. In Nr. 73 rettet ein Asket einen Papagei, eine Ratte und eine Schlange aus Lebensgefahr. AuBerdem abel' gehort zu den Geretteten ein Mensch, und zwar ein auJ3erst bosartiger Prinz. Nicht nur, dass er dem Asketen keinen Dank fiir die Rettung weiB; er schwort ihm sogar Rache, weiI er von jenem erst nach den geschwachten (abel' dankbaren) Tieren betreut wurde. Als er spateI' Konig wird, verwirklicht er seine Rache, lasst den Asketen verhaften und iiberantwortet ihn dem Henker. Die Spriiche des Asketen VOl' seiner Hinrichtung wecken abel' die Aufmerksamkeit des Volkes. Durch einen Aufstand wird del' TYl'ann gestiirzt und del' Asket an seiner Stelle Konig. Folkloristisch von Interesse ist Nr. 386; in diesem Stiick lernt ein Konig die Sprache del' Tiere.
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Die Marchen del' Jatakas sind mit zahlreichen ubernaturlichen \Vesen bevolkert, besonders von Damonen und Schlangengottern. Ein besonders typischer Vertreter dieses Genres ist Nr. 543. Dieses sehr la.nge Marchen besteht aus einem bunten Gemisch aus allerlei Marchenmotiven mit etlichen buddhistischen Gedanken. Nr. 186 erinnert in erstaunlicher \Veise an unser bekanntes "Tischlein deck dich". Als Beispiel epischer Erzahlkunst nennen wir Nr. 545, das Vidurapal]J;litaJataka. Sein ReId ist Vidura, del' BerateI' des aus dem NIallabl1arata wohlbekannten Konigs Dhrtara~tra. Geradezu als dramatische Ballade kann man das Ummadantl-Jataka (Nr. 527) bezeichnen. Riel' verliebt sich ein Prinz in die Frau seines Heerfiihrers Ahiparaka. Er weiJ3, dass er nach ihr nicht verlangen darf und dass sie ihm nie angehoren kann; abel' gerade das lasst ihn verzweifeln und VOl' Gram krank werden. Ahiparaka ist seinem Herrn zugetan und zutiefst betrubt, als er erfahrt, welchen Kummer jener hat. In seinem Edelmut erklart er sich bereit, auf seine Gattin zugunsten des Prinzen zu verzichten. In einem langen Dialog wetteifern beide an Edelmut, denn del' Prinz will das Angebot seines Feldherrn naturlich nicht annehmen. SchlieJ3lich siegt del' Gesichtspunkt del' ehelichen Moral: Del' Prinz verzichtet endgiiltig und entsagt seiner Liebe. Die Jatakas enthalten ferner zahlreiche pointierte Erzahlungen, die man als Anekdoten bezeichnen kann. Sie sind del' wahl am wenigsten - namlich so gut wie gar nicht - buddhistisch beeinflusste Teil del' Sammlung. Hau£lg sind sie sehr lebensnah und witzig. Manche diesel' Anekdoten berichten von allerlei Narreteien, die an die Streiche del' Schildburger erinnern. Fur die Volkstumlichkeit dieses Erza.hlgutes spricht del' Umstand, dass del' Narr oft ein Priester odeI' ein vVandermonch ist. Dass hier buddhistische Polemik gegen brahmanisches Priestertum vorliegen konnte, ist aus dem Grunde ausgeschlossen, weil dem Buddhismus bissige Satire als Mittel del' Auseinandersetzung vollig fernlag. Kostlich zu lesen ist Jataka Nr. 219: Ein Konigspaar hat einen seiner im Palast gehaltenen Affen freigelassen, del' nun zu seinen Artgenossen zuriickkehrt und von seinen Erlebnissen berichtet - ein beiJ3ender Spott auf die Herrschenden, bei welchem die albernen Alluren del' Konigin die Hauptzielscheibe bilden. Andererseits gibt es Anekdoten, die Klugheit, Welterfahrung und Gewitztheit verherrlichen. Eine besondere Rolle spielen dabei die Entscheidungen weiser Richter (Nr. 257). Ein ganz hervorragendes Beispiel diesel' Art ist das Mal1aUmmagga-Jataka (Nr. 546), das schon durch seine Lange die Aufmerksamkeit auf sich zieht. 1m Mittelpunkt steM die Person des weisen Richters Mahosadha. Um ihn rankt sich ein solcher Kranz volkstumlicher Anekdoten, dass das Jataka getrost als Volksbuch bezeichnet werden darf. Hier £lndet sich bereits die Konzeption vom "Superhirn", denn Mahosadha und seine kongeniale Gattin konnen und wissen einfach alles. Mahosadha legt schlieJ3lich sagar einen groJ3artigen unterirdischen Tunnel an, von dem das Jataka seinen Namen ableitet (ummagg;a
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- Tunnel). Die "Verkniipfung" ergibt, dass Mahosadha del' Bodhisatta war dies ist abel' auch alles, was das Jataka an buddhistischen Ziigen aufweist. Gewitztheit, d-och mit abwertender Tendenz, wird gern auchden Frauen nachgesagt, wie denn bekanntlich die Frauen uberhaupt in del' buddhistischen Literatur eine herabsetzende Einschatzung erfahren. Solchen Themen sind die Jatakas 61 bis 68 gewidmet. \\lollte man diesel' Literatur glauben, so haben die Frauen grundsatzlich nichts anderes im Kopf, als ihre Ehemanner zu betrugen, und dazu fallen ihnen immer neue Listen ein. In Nr. 62 ist von einer Frau die Rede, die ihr Ehegatte standig streng bevvachen lasst, die abel' dennoch mit allen Hindernissen fertig wird und letztlich sagar ein Ordal uberlistet. Ubrigens mussen nicht aIle Geschichten mit derartiger Tendenz bei den Buddhisten entstanden sein; es ist sehr wahl auch denkbar, dass del' Buddhismus solche Stoffe in del' Masse del' Volkserzahlungen vorfand und sie sich dienstbar machte. SchlieJ3lich erwahnen wir in diesem Zusammenhang noch die Abenteuer- und Raubergeschichten, die oft recht unterhaltsam sind. In Nr. 48 geM vom Himmel ein Juwelenregen hernieder, um den sich zwei Rauberbanden so hart streiten, bis sie sich gegenseitig aufreiben. Ein in vielen Jatakas vorhandener erbaulicher Unterton tritt bei einigen Stucken starker hervor. Trost und seelische vViederaufrichtung sollen zum Beispiel die Jatakas 352 und 454 vermitteln. Nach unserem Geschmack hat diesel' Trost allerdings einen so derben Charakter, wie man ihn unter den kanonischen Schriften des Buddhisnms nicht vermuten mochte. So beweint in Nr. 352 ein .Mann den Tad seines Vaters. Del' Sohn dieses Mannes will diesen nun "trosten" und setzt einem gera.de verendeten Ochsen Futter und Wasser vor. Del' Vater halt dieses Treiben fur unsinnig, abel' del' Sohn macht ihm klar, dass del' Ochse wenigstens als Leiche noch zu sehen ware, del' tote GroJ3vater abel' nicht einmal dies, weshalb es denn genauso widersinnig sei, sich um letzteren zu gramen, wie einem toten Ochsen Fl.Itter hinzustellen. Zur Spruchdichtung gehort das Jataka 512, das in sehr beredten \Vorten vor den Folgen ubermaJ3igen Alkoholgenusses warnt. Ebenfalls Spruchdichtung ist Nr. 453, das Mal1amarigala-Jataka. Es wirft die die Menschheit immer wieder bewegende Frage nach dem vVesen des Glucks auf und beantwortet sie eher im brahmanischen als im buddhistischen Sinne. Legenden £lnden sich vorzugsweise in den letzten Buchern del' Jataka-Sanm.1lung. Verschiedentlich sind sie in die Form von Dialogballaden gekleidet. Dies trifft etwa auf Nr. 544 zu. Del' Konig von Videha holt sich zur Belehrung den Asketen GOl:ta Kassapa an den Hof. Del' Asket erweist sich als Leugner del' I{arman-Idee und del' \Viedergeburt und empfiehlt, sich die hienieden gegebene Existenz so angenehm wie moglich zu machen. Del' Konig nimmt diese fur ihn erfreuliche Lehre gern an und handelt nach ihr. Dass darunter die Staatsgeschafte leiden, bedruckt nicht ihn, wahl abel' seine Tochter Ruja, die mit Hilfe
DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
Der Pali-Kanan
des Asketen Narada den Konig wieder dazu bringt, an die Tatenvergeltung zu glauben. Uberhaupt sind es in diesen Legenden aft Konige, die aus verschiedenen Grunden dem Thran und der Herrschaft entsagen. Sicherlich sallte das Vertauschen des Lebens eines Konigs mit dem eines Bettelmonchs durch seine Kontrastwirkung beeindrucken. In Nr. 9 verliisst der Konig seinen Thran, nachdem er sein erstes graues Haar erblickt hat. In Nr. 539 wird die Bekehrung des beruhmten Konigs Janaka mit gro13er lTberzeugungskraft vargetragen.
Die Uberlieferungsgeschichte der Jatakas ist kompliziert und teilweise auch heute noch umstritten. Urn sie zu verstehen, bedarf es zuniichst eines Blicks auf den literarischen Aufbau der Jatakas. Erstes Element ist die paccuppannavatt:1lU genannte Einleitung. Hier wird berichtet, bei welcher Ge1egenheit und aus welchem Anlass Buddha das betreffende Jataka erziihlt hat. Nach dieser "Geschichte aus der Gegenwart" folgt die mit atftavatthu bezeichnete "Geschichte aus der Vergangenheit", das hei13t aus einer fruheren Existenz des Buddha; sie ist in Prosa abgefasst. Danach stehen Verse (gatha); sie werden Wort fUr Wort durch einen Kommentar (veyyakaral.la) erkliirt. Am Schluss steM die sogenannte Verkniipfung (samodhana); sie verbindet, fast nur in Prosa, durch Identifizierungen der handelnden Personen die Geschichte der Vergangenheit mit der aus der Gegenwart. So gering man auch den literarischen Wert der Paccuppannavatthu veranschlagen mag, urn so wichtiger sind die Legenden, Fabeln, ~1iirchen und Anekdoten der Atltavatthu-Kategorie. Insgesamt ziihlen die Jatakas zu den wichtigsten \Verken nicht nur des Buddhismus, sondem der altindischen Literatur uberhaupt.
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Hier kann man einige Beispiele asketischer Dichtung anschlie13en. Sie war zwar schan damals nicht ahne Vorgiinger, ist durch den Buddhismus aber doch sehr vervallkommnet worden. In Jataka 523 wird der Asket Isisinga ebenso verfuhrt wie sein literarischer und etymalagischer Vorliiufer I.l~yasplga im Mahabhaxata. In Nr. 440 entschlie13t sich Prinz Kar:tha mit seiner bisherigen Lebensweise zu brechen und Eremit zu werden. Der Gott Sakka stellt ihm allerlei \Vunsche frei, aber KaJ:tha hat nur den einen ~Wunsch: so zu leben, dass kein \Vesen durch ihn Schaden erleidet - ein fUr den Buddhismus besanders charakteristisches Ziel. Mitunter erscheint in diesen Geschichten der Bodhisatta in Tiergestalt. Ein Beispiel bietet Nr. 12: Hier uberzeugt eine Gazelle durch Selbstaufopferung einen Konig, kunftig von der Jagd Abstand zu nehmen. Dieses Jataka sowie die iihnlich orientierten Stucke 72, 316 und 516 atmen siimtlich buddhistischen Geist. Besonders typisch ist das beruhmte Ifessantara-Jataka (Nr. 547). Mit seinen 786 Strophen stellt es eine Art von Epos dar, zumal der ProsakOlTIlnentar ganz bedeutungslos ist. Grundlage der Handlung ist der Schwur des Prinzen Vessantara, alles zu geben, worum man ihn bittet. Dieser echt buddhistische Gedanke fUhrt zu den extremsten Konsequenzen. Nach Weggabe eines kostbaren Elefanten wird er mit seiner Frau Maddl und zwei Kindem aus dem Reich verbannt. Unterwegs schenkt er Pferde und \;\lagen einem bettelnden Brahmanen. Verkleidet tritt ihm nun der Gott Sakka entgegen, der die Kinder erbittet und auch erhiilt. Selbst Maddl muss er hingeben. Endc lich gibt sich Sakka zu erkennen, und alles nimmt ein gutes Ende. Der etwas banale Stoff dieses Jataka wird durch die Schonheit der dichterischen Sprache veredelt. Einige Szenen beeindrucken durch das hohe Ma13 an ruhrender Entsagung und durch die Schonheit der Naturbeschreibungen, die zuweilen auf das Niveau des Rama.yal}a fiihren. Schon diese kurzen Inhaltsangaben lassen die Reichhaltigkeit und die gewaltige literaturgeschichtliche Bedeutung der Jatakas ahnen. So ist es verstiindlich, dass mit der Ausbreitung des Buddhismus es gerade die Jatakas waren, die Eingang in die singhalesische, burmesische, javanische, chinesische und tibetische Literatur fanden. Freilich ist, wie wir festgestellt haben, durchaus nicht der gesamte Inhalt der Jatakas buddhistischer Herkunft. Dem Buddhismus aber ist es zu verdanken, dass die in den Jatakas gesammelten Stoffe zu Bestandteilen der Weltliteratur geworden sind.
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Was nun die Uberlieferungsproblematik betrifft, steht fest, dass die JatakaSammlung, wie sie uns jetzt vorliegt, nicht originaler Bestandteil des PaliKanons gewesen sein kann. Sie hat vielmehr nur den Rang eines KOl1unentars; derselbe fUhrt den Namen Jata.kaHhaval}I}ana. Verfasst wurde er von einem namentlich nicht bekannten singhalesischen Monch, der seinerseits als Quelle einen fruheren Kommentar, die Jataka.Hhaka.tl1a, benutzt haben soll. Man nimmt an, dass diese letztere Textsammlung ursprunglich in Pali bestanden hat, aus diesem ins Singhalesische ubersetzt wurde und dann als JatakaHhavaI}I}ana in eine Pa:li-Version zuruckubersetzt wurde. Diesen \;\leg machten die Verse, die Gatha:s, aber nicht mit: Sie blieben in der ursprunglichen Pali-Fassung erhalten. Daher genie13en auch nur sie kanonisches Ansehen, \viihrend die Prosa als Kommentar und damit sekundiir aufgefasst wird. \"'Tir haben also in den Jatakas eine Mischung von Prosa und Versen vorliegen, wie sie in der altindischen Literatur, vorzugsweise in der Erza.hlliteratur, so hiiufig ist. Auch hier erwiesen sich die Verse hinsichtlich ihrer Uberlieferung als stabiler, indem sie das jeweilige stoffliche Grundgeriist bildeten. Die Prosa dagegen war bestimmten, 'lorn Erziihler abhiingigen Variationen anheimgestellt und daher von einer gewissen Flexibilitat. Die Jataka-Sammlung wird nach der jeweiligen Zahl der Gathas in 22 Abschnitte (nipata) gegliedert. Fiir den ersten Abschnitt sind 150 Geschichten mit je einer Gatha:, fUr den zweiten Abschnitt 100 Geschichten mit je zwei Gathiis festgelegt und so weiter, so dass die Zahl der Giithas also steigt, die der Geschichten aber sinkt. Doch werden diese Zahlenregeln laufend durchbrochen. Man hat daher angenommen, dass diese gesamte Klassifikation dern ursprunglichen Versjataka mit einer geringeren Zahl von Gathas, als sie uns
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Der Pali-Kanon
heute vorliegt, gegolten haben soll. 'Vie ~em auch sein mag - auf den jetzigen Jataka-Kommentar passt sie nicht. Uberhaupt ist zu bemerken, dass in sehr vielen Fallen die Gathas und die Prosa sich nicht zueinander £ligen wollen. Insgesamt gesehen, ist die Masse der Prosa jiinger - teilweise um mehrere Jahrhunderte junger -- als die Gathas. Hin und wieder nur kommt es vor, dass sich in den Prosabestandteilen sehr altes Erzahlungsgut verarbeitet findet. Fur die absolute Datierung der Jatakas im Sinne eines Terminus ante quem sind mit Erfolg kunstgeschichtliche DenkmaJer herangezogen worden. Die buddhistischen Stupas von Bharhut und Sanchi zeigen namlich Szenen aus den Jatakas, und zwar auch solche aus deren Prosateilen. Diese Stupas entstammen dem 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. Wesentliche Teile der Jatakas sind aber naturlich viel alter. und manche Gathas durften durchaus in die vedische Ara zuruckreichen. 1m frbrigen gilt fUr die Chronologie der Jatakas wie fUr die des Mahiibl1iirata derselbe Grundsatz: In Anbetracht der groBen zeitlichen Differenziertheit dieser Sammelwerke muss das Alter eines jeden Stiickes aus sich selbst heraus und gesondert bestimmt werden.
Atltavatthu auf. Wahrend sich die Jatakas aber auf die Person des Bodhisatta konzentrieren, erzahlen die Apadanas die GroBtaten der sogenannten Arhats, buddhistischer Heiliger. Die Apadanas sind also Heiligengeschichten, und sie sind durchweg in Versform gekleidet. Sie glorifizieren nicht nur Buddhas der fruheren Zeitalter, sondern auch diejenigen Heiligen, die die Erlosung aus sich selbst heraus - also ohne Lehrer - undnur fUr sich selbst - also olme Schiiler - erlangt haben, die Paccekabuddhas. 1m ubrigen gibt es hier eine ahnliche Unterteilung wie bei den Liedern der Monche und Nonnen. Die Geschichten um mannliche Heilige, die Thera-Apadanas, bilden den Hauptteil der Sammlung, namlich 55 Abschnitte zu je zehn Apadanas. Auf weibliche Heilige entfallen in den TherT-Apadanas nm vier Abschnitte zu je zelm Apadanas. Hauptpersonen der Thera-Apadanas sind teilweise personliche Jiinger und SchUler des Buddha, wie Moggallana, Sariputta und Kassapa.. Auch einige TherTs werden personlich genannt; auBerdem kommen viele abstrakte Namen vor, die keiner konkreten Personlichkeit angehort haben konnen. Der Inhalt dieser Geschichten besteht meist darin, dass der Betreffende schildert, wie er oder sie die Arhatschaft erlangte. Es verwundert demnach nicht, dass die meisten dieser Stucke einen recht stereotypen Charakter tragen. Zeitlich sind die Apada,nas sehr spat anzusiedeln.
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Der elfte Bestandteil des Khuddakanikaya ist der Niddesa, die llErklarung" .16 Es handelt sich dabei um einen Kommentar zu Teilen des Suttanipiita; die Autorschaft wird - unbeweisbar - dem Sariputta, einem bekannten Junger des Buddha, zugeschrieben. Der Mahaniddesa befasst sich mit der Erlauterung des Atthakavagga, wahrend der Cullaniddesa das ParaYal:ta und noch einen weiteren Text zum Gegenstand hat. Der Niddesa ist in mehrfacher Hinsicht von groBerer Bedeutung, als die geringe Zahl der ihm bisher gewidmeten Studien erkennen lasst. Obwohl es ZieIl1lich sicher ist, dass der Niddesa zeitlich nicht bis zu Sariputta zuruckreicht, ist sein hohes Alter dennoch unbestreitbar. Interessant ist auch der spezifische Inhalt: Die Erlauterungen erstrecken sich naInlich nicht nur auf die buddhistische Lehre, sondern auch auf Gramma,tik und Lexikographie. Man darf demnach im Niddesa auch die Basis fUr spatere altindische Synonym-Worterbucher erblicken. Der Patisa,mbhidiimagga, der II vVeg der Analyse" , ist der zwolfte Bestandteil des KhuddakanikayaY Dieses 'iVerk besteht aus drei Teilen: dem Mahavagga, Yuganaddhavagga und dem Pannavagga. Jeder Teil umfasst zehn Abhandlungen. Diese beschaJtigen sich mit Schwerpunkten des buddhistischen Dogmas, etwa mit den vier heiligen vVahrheiten und mit der Liebe zu allen Wesen, besonders aber mit dem Karman-Gesetz. Das Ganze ist in der Form von Fragen und Antworten gehalten und ist daher mit gewisser Berechtigung auch schon zum Abhidhammapitaka gerechnet worden. Der dreizehnte Bestandteil des Khuddakanikaya, das Apadiina, bildet wieder eine sehr reichhaltige Sammlung. I8 Berichtet wird uber religiose GroBtaten, wobei auch in der Form auffallende Ahnlichkeiten mit dem Jataka- Buch hervortreten. 'Vie die Jatakas weisen auch die Apadanas Paccuppannavatthu und
Der vierzehnte Teil des Khuddaka,nikaya ist der Buddhavarilsa, die llBuddhaGenealogie". Hier finden sich Legenden iiber die 24 Buddhas, die in den letzten zwolf Weltzeitaltern als Vorganger des Gautama Buddha aufgetreten sein sollen. Jedes Kapitel ist jeweils der Lebensgeschichte eines Buddha gewidmet. Da das Hauptgewicht darauf gelegt wird zu zeigen, wie jeder Buddha zu seiner Zeit die Lehre begrundet hat, wirken die Legenden ermudend, obwohl die durchweg metrische Sprache poetischer Eindringlichkeit nicht ganz entbehrt. Buddha selbst ist es, dem die Erza,hlung dieser Legenden in den Mund gelegt wird: Er berichtet, was und wer er zu damaliger Zeit war und wie ihm jeweils die Buddhaschaft prophezeit wurde. 1m 26. Kapite1 gibt er eine resumierende Autobiographie. Auch dieser Teil des Kanons ist sehr spa,t entstanden, was nicht zuletzt daran zu erkennen ist, dass der Buddha deifizierend verherrlicht wird. Als fUnfzelmten und letzten Teil des Khuddakanika,ya werfen wir noch einen Blick auf das Cariyiipitaka,.20 Hierbei handelt es sich um 35 von Buddha selbst vorgetragene (das heiBt naturlich ihm zugeschriebene) Erzahlungen, die den Charakter von Versjatakas haben. Sie sollen die Qualitaten der fruheren Bodhisattas demonstrieren. Diese Qualitaten tragen hier die Bezeichnung piiramit;ii, worunter Edelmut, Tugendhaftigkeit, 'Veisheit und anderes verstanden werden. Insoweit besteht eine enge Verwandtschaft mit den Jatakas. Die literarische Bedeutung des Cariyiipitaka. ist jedoch bei weitem nicht so hoch: Es fehlt der dichterische Genius, so dass trockene und etwas beschra.nkt wirkende Ernst-
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haftigkeit dominiert. Auch die inhaltliche Substanz ist gegeniiber den Jatakas eingeschrankt, was an vergleichbaTen Themen deutlich wird. So wird del' Inhalt des Vessantara-Jataka von 786 auf 58 Verse zusammengedrangt wiedergegeben. Das Cariyapitaka ist in seiner uns vorliegenden Form das Ergebnis einer redaktionellen Bearbeitung. Ihr Zeitpunkt ist hum feststellbar. Man kann lediglich sagen, dass die Paramita-Idee nicht auf eine sehr alte Zeit deutet. Darum diirfte das Cariyapitaka jiinger als die Jataka-Sammlung sein.
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in Gruppen geordnete Sammlung aus dem PaJj~Kanon der Buddhisten (Munchen 19251930). 5 Ausgabe des An·guttaranikaya (6 Bde.) von R. Morris, E. Hardy u.a. in der Pali Text Society (London 1885-1900, Neudruck 1955-1960). lTbersetzungen von Nyanatiloka (Monchsname von A. Gueth) in fUnf Biinden (Miinchen 1922-1923); von F. L. Woodward und E. M. Hare in fUnf Biinden (London 1932-1936, Neudruck 1960-1973).
6 Ausgabe wichtiger Texte des Khuddakanikiiya von B. J. Kashyap (Nalanda ca. 1960). Die bibliographischen Hinweise fUr die 15 Teile des Khuddakanikaya sind im folgenden gesondert aufgefUhrt.
Anmerkungen
1 K. E. Neumann (1865-1915) hat den Pali-Kanon ins Deutsche ubersetzt; letzte Auflage in drei Biinden: Die Reden Gotamo Buddhos aus dem Pali-Kanon (Ziirich 1956/57). Zu dieser grundlegenden Arbeit miissen hier noch einige Hinweise gegeben werden, da ihr 'Vert umstritten ist. vViihrend Kurt Tucholsky von einer "genialen Ubersetzung" spricht, nennt H. Oldenberg die Leistung Neumanns philologisch ungeniigend und fehlerhaft. Beide Beurteiler haben auf ihre W'eise recht. Der Indologe wird im Detail vielen AuEerungen Neumanns kritisch gegeniiberstehen und sie nicht unbesehen iibernehmen. Andererseits ist es unbestreitbar, dass sich Neumann in den Geist des friihen Buddhismus hineinzuversenken verstanden hat wie kaum ein anderer. Vor allem hat er begriffen, was das Stilprinzip der Wiederholung fUr die Ausgestaltung der Suttas bedeutet (etwa mit der musikalischen Verarbeitung des lateinischen Textes der Messe in h-moll von J. S. Bach vergleichbar). \Venn es also iiberhaupt moglich ist, von der seinerzeitigen Ausstrahlung der Suttas einen Abglanz zu vermitteln, dann ist K. E. Neumann mit seiner Ubersetzung diesem Ziel denkbar nahegekommen. -
Vgl. ferner die ausgewiihlte Uberder VVeg zur ErlOsung (Konstanz 1956) sowie D. K. Barua: An Analytical Study of the Four Nikayas (Calcutta 1971). Die Pali-Literatur insgesamt behandelt K. R. Norman: History ofIndian Literature 7, II (Wiesbaden 1983) und O. v. Hiniiber: A Handbook of Pali Literature (Berlin 1996). setzung von Nyanatiloka:
Suttapi~aka,
7 Ausgabe des Khuddakapatha von H. Smith auf der Basis von Vorarbeiten von M. Hunt in der Pali Text Society (2. Aufl., London 1959). Ubersetzungen von K. Seidenstucker (Breslau 1910) und Bh. Nanamoli (London 1960). 8 Ausgabe und lateinische Ubersetzung des Dhammapada von V. Fausboll (Kopenhagen
1855; 2. Aufl. London 1900). Kritische Ausgabe und Ubersetzung von S. Radhakrishnan (3. Aufl., London 1968); Edition ferner von Sumangala Thera in der Pali Text Society (London 1914). Es gibt zahlreiche Ubersetzungen dieses wichtigen und populiiren Werkes, u.a. von M. Muller in Bd. 10 der Sacred Books of the East (Oxford 1881, Neudruck Delhi 1965); von 1. v. Schroeder (Leipzig 1892); von K. E. Neumann: Der Wallrheitspfad (Miinchen 1893,4. Aufl. 1984); von J. R. Carter und M. Palihawadana (Oxford 1987); von R. O. Franke (Jena 1923); Th. Byrom (West-Berlin 1988); annotierte russische Ubersetzung von V. N. Toporov (Leningrad 1960, Neudruck 1970). 9 Ausgabe des Udana von P. Steinthal in der Pali Text Society (London 1885, Neudruck 1948). Ubersetzung: Das Buch der feierlichen Worte des Erhabenen von K. SeidenstUcker (Augsburg 1920); ferner von F. 1. Woodward in Bd. 8 der Sacred Books of the Buddhists (Neudruck London 1948). Studie von K. Seidenstucker (Leipzig 1913). 10 Ausgabe des Itivuttaka von E. Windisch in der Pali Text Society (London 1890; 2. Aufl. 1948). Ubersetzungen von J. H. Moore (New York 1908, Neudruck 1965) und K. Seidenstiicker (Leipzig 1922).
F. Rhys Davids in drei Biinden (London 1899-1921, Neudruck 1971-1973). Auszugsweise
11 Ausgaben des Suttanipata von V. FausbOll (London 1885-1893); von R. Chalmers (mit Ubersetzung) als Bd. 37 der Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.] 1932); von D. Andersen und H. Smith (London 1913, Neudruck 1965). Ubersetzungen von V. Fausboll in Bd. 10 der Sacred Books of the East (Oxford 1881); von K. E. Neumann (1911); von Nyanaponika (Konstanz 1955, revidierte Neuauflage 1977).
Ubersetzung von R. O. Franke (Gottingen 1913).
12 Ausgabe des Vimanavatthu von E. R. Gooneratne in der Pali Text Society (London 1886).
2 Ausgaben des Dfghanikaya von T. W. Rhys Davids und J. E. Carpenter in der Pali Text Society (London 1890, 1903, 1911; Neudruck 1960-1967) und von B. J. Kashyap, ebenfalls in drei Banden (Nalanda 1958). Ubersetzung von T. W. Rhys Davids und C. A.
3 Ausgaben des Majjhimanikaya von V. Trenckner und R. Chalmers in der Pali Text Society (3 Bde.) London 1888-1902),2. Aufl. in vier Banden (London 1948-1960, Neudruck
1960-1964) und von B. J. Kashyap in drei Biinden (Nalanda 1958). Ubersetzung von 1. B. Horner in drei Banden (London 1954-1959). 4 Ausgaben des Sariwuttanikaya von L. Feer (5 Bde., dazu Indexband von Mrs. Rhys Davids) in der Pali Text Society (London 1884-1898, Index 1904, Neudruck London 1960) und von B. J. Kashyap in vier Biinden (Nalanda 1959). Ubersetzung von W. Geiger: Die
13 Ausgabe des Petavatthu von J. P. Minaev in der Pali Text Society (London 1888). Ubersetzung von W. Stede: Die Gespenstergeschichten des Petavatthu (Leipzig 1914). 14 Ausgabe der Theragatha und Therfgatha von H. Oldenberg und R. Pischel in der Pali Text Society (London 1883), in 2. Aufl. bearbeitet von K. R. Norman und 1. Alsdorf (London 1966-1971). Ubersetzungen von K. E. Neurnann (Berlin 1899,2. Aufl. Munchen 1923) sowie von C. A. F. Rhys Davids in der Pali Text Society: Psalms of the Brethren (resp. Sisters) (London 1910-1913,2. Aufl. 1937). Stu die von B. C. Law: Buddhist VVo-
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men, in: Indian Antiquary 1928. Ubersetzung der Tlleragatlla von K. R. Norman (London 1969, Repr. 1995) 15 Ausgabe der Jiltakas in sieben Banden von V. Fausboll (London 1877-1897, Neudruck 1962-1964). Vollstandige deutsche Ubersetzung von J. Dutoit (Leipzig 1908-1921). Unter der editorischen Leitung von E. B. Cowell erschien als Gemeinschaftsarbeit mehrerer Gelehrter auch eine vollstandige englische Ubersetzung (Cambridge 1895-1913, Neudruck 1973). Einen wichtigen Index zu den Jatakas erarbeitete VV. H. D. Rouse in: Jourual of the Pilli Text Society (London 1890). Studie von M. Winternitz (Berlin 1913). Es gibt auBerdem zahlreiche Ubersetzungen und Studien zu einzelnen Jiltakas, die hier nicht aufgefiihrt werden konnen. 16 Mahaniddesa und Cullaniddesa sind bisher gewohnlich getrennt bearbeitet worden. Ausgabe des Mahilniddesa von 1. de la Vallee-Poussin und E. J. Thornas in der Pilli Text Society (London 1916/17). Ausgabe des Cullaniddesa von W. Stede, ebendort (London
1918). 17 Ausgabe des Patisambllidamagga von A. C. Taylor in der Pilii Text Society (London 1905-1907). 18 Ausgabe des Apadana von M. E. Lilley in der Pilli Text Society (London 1925-1927). 19 Ausgabe des Buddllavanlsa von R. "Morris in der Pilli Text Society (London 1882). 20 Ausgaben des Cariyapi~aka wie in AllIn. 19; ferner von B. C. Law (Lahore 1924) sowie von B. J. Kashyap als Bd. 7 der Edition des Khuddakanikilya (Nillandil 1959).
b) Das Vinayapi~aka Del' buddhistischen Tradition gilt das Vinayapi~aka als erstes Pi~aka uberhaupt. Da aber der Kern der buddhistischen Lehre im Suttapi~aka, besonders in dessen ersten vier Nikayas, zutage tritt, konnen wir diese Ansicht nieht teilen. 1 Das Vinayapi~aka ist der Kanon fUr Pilieht, Zucht und Ordnung. Es regelt das Alltagsleben im Sallgha, der buddhistisehen Gemeinde. Dieser "Korb der Pilichten" besteht aus drei Teilen. Der erste Teil fuhrt den Namen Suttavibhal1ga. Inhaltlieh wird er vollstandig 2 dureh die einzelnen Artikel des sogenannten Patimokklla bestimmt. Es zahlt die Sunden und Vergehen, deren sieh Ordensmitglieder sehuldig machen konnen, in insgesamt 227 Artikeln auf. Ursprunglieh war diese Zahl erheblieh niedriger, was aueh verstandlieh ist, da mit zunehmender GroBe und Kompliziertheit der Gemeinsehaft aueh die Zahl der Regeln und Vorsehriften waehsen musste. Zu den einzelnen Sunden werden jeweils auch die Strafen angegeben; sie reichen von rnilden Suhnevorsehriften bis zum Aussehluss aus dem Orden. Die ursprungliche Handhabung dieser Ordensregeln war die folgende. Zweimal monatlieh, namlieh zur Zeit des Neu- und des Vollmondes, versammelten sieh die Monche eines bestimmten Gebietes. Diese Zusammenkunfte fUhrten den Namen uposa.tha, abgeleitet aus dem Sanskritwort upavasatha, das "Fasten"
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bedeutet. Es war dies ein Nachklang alter brahmanischer Kulte, die mit den genannten beiden Monatstagen in Verbindung standen und deren bekanntester das Neu- und Vollmondopfer (darsapiiTl;Jamasa) ist. 1m Uposatha wurden nun die einzelnen Artikel des Patimokkha verlesen; traf einer derselben auf einen bestimmten Monch zu, so musste sich dieser erheben und sein Vergehen bekennen. An sich gilt das Patimokkha nicht als Teil des Kanons, sondern nur insoweit, als es Teil des Suttavibha.llga. ist. Dieser wiederum ist lediglich ein Kommentar zum Patimokkha, und so haben wir den merkwurdigen Fall, dass ein Kommentar als kanonisch gilt, nicht aber das von ihm kommentierte \Verk. 1m einzelnen besteht der Mahavibhanga, der sich speziell mit den Pilichten der Monche befasst, aus acht Kapiteln. Der Bhikklml1Tvibhanga ist ein Kommentar zu den Regeln uber das Verhalten der Nonnen. Den zweiten Teil des Vinayapi~aka bilden die Khandhakas. Ihrem Wesen nach sind sie eine Fortsetzung des Suttavibhanga.. Yom literaturgeschichtlichen Standpunkt reprasentieren sie den wertvollsten Teil des Vinayapi~aka. Die Khandhakas enthalten namlich nicht nur trockene Regeln und Vorschriften, sondern auch eingestreute Legenden, auf die noch zuruckzukommen sein wird. Dieser Teil des Vinayapi~aka zerfallt wieder in zwei Abschnitte: den Ma.havagga und den Cullavagga. Ersterer besteht aus zehn Kapiteln. 3 Er enthalt Vorschriften fUr das Verfahren zur Aufnahme in den Orden und regelt im ubrigen das Leben der Monche bis in die Einzelheiten. Insbesondere gibt er Richtlinien fUr die Art und Weise, wie die Sallgha- Mitglieder die (fUr das Wandern nicht geeignete) Regenzeit verbringen 8Ollen, enthalt aber auch eine Kleiderordnung, Anweisungen zur Bereitung von Medikamenten und so weiter. Der Cullavagga setzt die Aufzahlung solcher Richtlinien fort. 4 Er behandelt kleinere disziplinarische Vergehen, gibt Regeln fUr die Anlage von Wohnstatten und anderes. 1m zehnten Absclmitt befasst sich der Cullavagga mit den Lebensregeln fUr die Nonnen. Die Abschnitte 11 und 12 sind spatere Appendices; sie berichten bereits uber die Konzile von Rajagaha und VesalT. Uberhaupt kann del' Cullavagga nicht zu den altesten Teilen des Kanons zahlen, da seine Vorschriften schon eine unverkennbare Lockerung der alten, strengen und vor allem eindeutigen Regeln zeigen. So wie das Patimokkha die inhaltliche Grundlage des Sutta.vibhal1ga bildet, sind die "Erklarungen uber die Taten" (Kammavaca) die Basis der Khandhakas. 5 Der literarische vVert der Legenden, die den trockenen Stoff des Vinayapi~aka auilockern, ist untersehiedlieh, im ganzen gesehen aber nicht unbedeutend. \'\Teitaus am wiehtigsten ist der Beginn des Mahavagga (1, 1-24). Hier £lnden wir das auBerordentlieh alte Fragment einer Buddha-Legende. Sie beriehtet daruber, wie der Erhabene die Erleuehtung fand, wie er in die Heimatlosigkeit hinauszog und die ersten Anhanger um sieh samn"lelte. Dureh eine edle, eindrueksvolle Sprache ragt dieser Abschnitt besonders hervor. Die ubrigen Legenden enthal-
DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
Der Pali-Kanon
ten vorwiegend Berichte liber Leute, die aus irgendeinern Grund dem vVelttreiben entsagten, Anhiinger des Buddha und Mitglieder des Sangha wurden. Insoweit passen solche Erziihlungen recht gut in eine Sammlung von Vorschriften liber das Leben im buddhistischen Orden. Von religionsgeschichtlichem Interesse sind hier besonders die Berichte libel' die Gewinnung del' beiden spiiter so einfiussreichen Junger Sariputta. und Moggallana fUr den Buddhismus. Del' Cullavagga enthiilt Mitteilungen libel' den reichen Kaufmann AnathapiJ).<;lika, einen Laienanhii.nger des Buddha, del' dem Orden einen priichtigen Garten schenkte, dessen im Suttapitaka als Schauplatz vieleI' Suttas haufig gedacht wird. Auch von Devadatta ist die Rede, dem buddhistischen Typ des Judas Ischarioth, del' gegen den Buddha intrigiert und die Ursache del' ersten Spaltung des 01'dens ist. Von vielleicht ungewolltem, abel' die Verhiiltnisse sichel' sehr treffend kennzeichnendem Realismus ist die Geschichte von Upali, die an eine Begebenheit aus den TherIgathas (s. S. 279) erinnert. Die Eltern des Knaben Upali liberlegen sich, was aus ihrem Sohn einmal werden soll, da letzterer zur Arbeit nicht gerade in einem positiven Verhaltnis steht. Als Schreiber konnte er wunde Finger bekommen, als Maler sich die Augen verderben und so weiter. Die EItern verfallen schliefilich auf die Idee, ihren Sohn in den buddhistischen Orden zu geben, da er dort seinen Lebensunterhalt mit dem geringsten Ma£ an Anstrengung sichern konne. In del' Tat hat das liberhandnehmende Unwesen faulenzender Bettelmonche in spiiterer Zeit dem Buddhismus mindestens ebenso geschadet wie die hauptsiichlich im 8. und 9. Jahrhundert von Vedanta und Mlmarnsa geflihrte geistige Gegenreformation. Aus dem Mahavagga erwahnen wir schlie£lich noch die Legende, die sich urn den schlauen und geschickten Arzt Jlvaka, del' auch Leibarzt des Buddha war, ranken. Del' dritte Teil des Vinayapitaka ist del' Pa.rivarapat11a, del' abel' gegenliber den beiden anderen Teilen in jeder Hinsicht zuriicksteht. Er enthiilt Lehren und Regeln nach Art eines Katechismus, abel' auch Register und Indices wie eine AnukramaI.JI. Die insgesamt 19 Texte sind in Form von Fragen und Antworten gehalten und bilden also auch diesbezliglich eine Brlicke zum Abhidhammapitaka, wo ihr eigentlicher Platz wiire. Uberhaupt ist del' Parivarapatha entschieden jiinger als del' Suttavibhallga und die Kha.ndhakas. 'A/internitz hat darauf hingewiesen, dass in literaturgeschichtlicher Hinsicht manclle Almlichkeiten zwischen dem Vinayapitaka und den Brahmar.Jas bestehen. Beide Textgruppen umfassen Regeln, die durch Erkliirungen verdeutlicht werden. Die Erkliirungen wiederum enthalten Legenden und Anekdoten, die auf die eine odeI' andere Art die Richtigkeit des jeweils behandelten dogmatischen Satzes belegen sollen. Es ist in del' Tat nicht ausgeschlossen, dass die Form del' BrahmaI.Jas bei del' Abfassung des Vinayapitaka als Muster gedient hat.
Anmerkungen
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Ausgabe des Vinayapitaka von H. Oldenberg in fiinf Biinden (London 1879-1883). Ubersetzung derwichtigsten Vinaya-Texte, niimlich des Patimokkha, lvlahavagga und Cull avagga, von T. \iV. Rhys Davids und H. Oldenberg in den Biinden 13, 17, 20 der Sacred Books of the East (Oxford 1881-1885, Neudruck Delhi 1968/69). 2 Ausgabe und Ubersetzung des Patimokkha von J. F. Dickson im J oumal of the Royal Asiatic Society (1876); Ausgabe auch von J. P. Minaev (St. Petersburg 1869). Ubersetzung von T. W. Rhys Davids und H. Oldenberg in Bd. 13 der Sacred Books of the East (Oxford 1881). 3 Ausgabe des 1\fahavagga von B. J. Kashyap (Nalanda 1956). Zur Ubersetzung s. AnIn. 1.
4 Ausgabe des Cullavaggavon B. J. Kashyap (Nalanda 1956). Zur Ubersetzung s. Anln. 1. 5 Ausgabe und lateinische Ubersetzung der Kammavacavon F. Spiegel (Bonn 1841); Ausgabe und englische Ubersetzung von J. F. Dickson im J oumal of the Royal Asiatic Society (1875).
c) Das Abhidhammapitaka
Das Wort abhidl1amma bedeutet etwas, das libel' die (buddhistische) Lehre hinausgeht. Doch handelt es sich dabei nicht, wie man vermuten konnte, urn die Entwicklung del' buddhistischen Grundanschauungen zu einem philosophischen System, sondern lediglich urn die irn alten Indien so beliebte Klassifizierung und Dogmatisierung. 'Man kann das Abhidhammapitaka daher auch mit "Kanon del' Scholastik" libersetzen. 1 Sowohl in literatur- als auch in religionsgeschichtlicher Hinsicht besitzt es nicht die Bedeutung del' beiden anderen Pitakas. Stilistisch ergeben sich rnitunter Ahnlichkeiten mit dem Vinayapitaka, doch ist das Abhidhammapitaka noch viel trockener und dogmatischer. Beliebt sind Deflnitionen anhand einer ermlidenden Aufziihlung von Synonymen. Del' Inhalt dieses Pitaka wiI'd vorzugsweise in del' Frage-Antwort-Form vermittelt, doch vermag auch diese den sproden Stoff nicht lebendiger zu gestalten. Wiihrend also die Form eine gewisse Beeinfiussung durch das Vinayapitaka zeigt, ist del' Inhalt des Abhidhammapitaka als Entwicklung von Gedanken aus dem Suttapitaka anzusehen. Einzelne Suttas aus dem Majjhima- und Allguttaranikaya zeigen dies deutlich. Das Abhidhammapitaka besteht aus sieben Texten, die hier kurz skizziert werden sollen. Del' erste diesel' Texte fuhrt den Namen DllammasamgalJ.i. 2 Hier ist besonders klar ersichtlich, dass man libel' die Vermittlung von Grundziigen des Dhamma hinausgelangen und sich an Fortgeschrittene wenden wollte. Psychologie und Ethik sind die Hauptthemen dieses \Verkes.
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DIE
BUDDHISTISCHE LITERATUR
Ergiinzt werden diese durch den zvveiten Text, den Vibhal1ga. 3 Dieser besteht aus drei Hauptteilen. 1m ersten Teil werden grundlegende Lehren des Buddhismus behandelt. Der zweite Teil befasst sich mit Problemen der Erkenntnis, ohne doch im philosophischen Sinne als Erkenntnistheorie bezeichnet werden zu konnen. Hier geM es vielmehr um ein Aufsteigen von bloDen Sinneseindrucken bis zur vollstiindigen, absoluten Erkenntnis, die einem Buddha eigen ist. 1m dritten Teil kommen alle diejenigen Faktoren und Momente zur Sprache, die der Erkenntnis hemmend entgegenstehen. Der dritte Text (die Tradition ist nicht ganz einheitlich, indem der dritte und der fiinfte Text manchmal die Pliitze tauschen) ist die Dhatukatha, die "Abhandlung uber die Elemente".4 In 14 Kapiteln werden die Elemente der verschiedenen psychischen Erscheinungen und Gegebenheiten analysiert. Daneben werden aber auch buddhistische Grundthesen, wie die vier heiligen \AJahrheiten oder der edle achtfiiltige Pfad, erortert. Von der Personlichkeit und den Individualkategorien handelt der vierte Text, die Puggalapaiiiiatti ..5 Bestimmte Teile derselben £lnden sich bereits im Anguttaranikaya. Die Ausfuhrung des \Yerkes iihnelt einem Sutta. Doch auch hier setzt sich die ermudende Abhidhamma- Diktion durch; die an sich so interessante Thematik, namlich die Schwachen und Vorzuge der menschlichen Personlichkeit, wird in einer \Yoge von De£lnitionen durch Synonyma erstickt. Der fiinfte Text ist der mit groDem Abstand wichtigste Ausschnitt aus dem Abhidhammapitaka: das bereits erwahnte beriihmte Kathavatt1m. 6 Es diirfte zumindest in den Grundzugen zum dritten buddhistischen Konzil um 250 v. ChI. von Tissa Moggaliputta verfasst worden sein, ist aber spater durch Zusatze weitergefuhrt worden. Ungefiihr im 5. Jahrhundert n. ChI. verfasste Buddhaghosa dazu einen Kommentar. Das Hauptanliegen des \Yerkes besteht in der Auseinandersetzung nl.it ketzerischen Meinungen, und es werden in 23 Abschnitten nicht weniger als 252 yom Buddhismus abweichende Irrlehren widerlegt. Jeder Abschnitt umfasst acht bis zwolf Komplexe, die in Frage-Antwort-Form behandelt werden, wobei die abschlieDende Feststellung immer negativ gehalten ist. Aus dem Sutta- und dem Vinayapitaka £lnden sich zahlreiche Zitate; sogar aus dem Abhidhammapitaka selbst, namlich aus Dha.mmasamga1.li und Vibhanga, sind Ausziige aufgenommen worden. Die Endredaktion des Kathavatt1m muss daher in relativ spater Zeit erfolgt sein. Der sechste Text ist das Yam aka, ein recht schwierig zu deutendes Stuck. 7 Thematisch bewegt es sich im Bereich der angewandten Logik, ist aber sehr vielseitig, indem es sich auch mit Psychologie, Ethik und Eschatologie befasst. Eine Besonderheit besteht darin, dass aIle Fragen in doppeltem Sinn beantwortel, werden. Der siebente und letzte Text des Abhidhammapitaka fuhrt den Namen Alal1apaka.raIfa., ist aber auch als PaHhanapakara.l.la bekannt. Man unterschei-
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det em Tikapa.Hhana 8 und ein Dukapa.Hhana.9 . 1m Mittelpunkt stehen Probleme der Kausalitat. Fur die Geschichte der Dialektik ist das Werk nicht ohne Interesse. E.8 hat namlich 24 wichtige Relationen zum Gegenstand, unter anderem die Beziehungen zwischen Subjekt und Objekt und die wechselseitige Abhiingigkeit. Als absolut wird nur das Nirval.la anerkannt; aIle sonstigen Gegebenheiten gelten in irgendeiner 'Weise als relativ. Es sind also nur sehr begrenzte Teile des Abhidhammapitaka, die einige Bedeutung fur die Ideologiegeschichte aufweisen; das literarische Niveau ist durchweg unerheblich. Fur den Buddhologen ist dieses Pitaka indessen von groDer VVichtigkeit, wenngleich es, insgesamt gesehen,zweifellos junger ist als die anderen Teile des Tipitaka. Da es verschiedene Lehrmeinungen innerhalb des Buddhismus zum Ausdruck bringt, ist es nicht verwunderlich, dass das Abhidharnmapitaka von manchen Sekten beziehungsweise Schulen, zum Beispiel von den Sautrantikas, als nichtkanonisch angesehen wird. Dort aber, wo es als kanonisch gilt, erfreut es sich hoher \Vertschatzung. Hiermit schlieBen wir die Ausfiihrungen iiber das Tipitaka und damit die kanonischen Pali-Schriften der Buddhisten.
Anmerkungen
1 Zur Gesamtheit des Abhidhammapitaka vgL Nyanatiloka: Guide through the AbhidlJam-
mapitaka (Colombo 1938). Gesamtubersetzung von C. A. F. Rhys Davids in der Pali Text Society, TransL Series, 41 (London 1974). 2 Ausgabe del' Dhammasamga~Ji von E. Muller in der Pali Text Society (London 1885). Ubersetzung von C. A. F. Rhys Davids (1900,2. Aufl. 1923). Studie von C. A. F. Rhys Davids: Buddhist Psychology (2. Aufl., London 1924). 3 Ausgabe des Vibhanga von C. A. F. Rhys Davids in der Pali Text Society (London 1904). 4 Ausgabe der DhiitukathiI von E. R. Gooneratne in der PilIi Text Society (London 1892). Ubersetzung von U Narada (London 1962). 5 Ausgabe der Puggalapaiiiiatti von R. Morris in der Pali Text Society (London 1883). Ubersetzungen von B. C. Law: Designation of Human Types in der Pali Text Society (London 1923); von Nyil.natiloka: Das Buch der Charaktere (Breslau 1910, Neudruck 1995). 6 Ausgabe des KathiIvattlm von A. C. Taylor in der Pilli Text Society (London 1894-1897). Ubersetzung von Shwe Zan Aung und C. A. F. Rhys Davids (London 1915, Nendruck London 1960 und 1969). 7 Ausgabe des Yamaka von mehreren Autorinnen unter Leitung von C. A. F. Rhys Davids in der Pilli Text Society (London 1911-1913). 8 Ansgabe des TikapaHhiina von C. A. F. Rhys Davids in der Pilli Text Society (London 1921-192:3). Ubersetzung s. Anrn. 9.
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DIE
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9 Ausgabe des DukapaHlJana von C. A. F. Rhys Davids in del' Pi:ili Text Society (London 1906). Ubersetzung des Tika- und DukapaHlJana von U Ni:irada 1969.
3. Die nichtkananisc11e Pali-Literatur An den buddhistischen PilE-Kanan schlie£t sich eine umfangreiche exegetische Literatur an. Auch sie ist in del' Pali-Sprache gehalten und besteht im wesentlichen in ErHiuterungen zu Grundzugen oder auch Einzelfragen del' buddhistischen Lehre. Inhaltlich besteht also durchaus keine scharfe Grenze zwischen den jungeren Teilen del' kanonischen und del' nichtkanonischen Literatur; au£erdem hatten wir bereits gesehen, dass die Zugehorigkeit des einen oder anderen Textes zum Kanon selbst unter den Buddhisten umstritten ist. Anders steht es urn die Herkunft: Wahrend del' Kanon in Indien entstanden ist, handelt es sich bei del' nichtkanonischen Pali-Literatur fast ausschlie£lich urn Werke ceylonesischer Monche. Allerdings gibt es zu diesel' Feststellung eine bedeutungsvolle Ausnahme: Eines del' wichtigsten Werke diesel' Gattung und del' buddhistischen Literatur uberhaupt, del' Milindapaiilla,1 entstand mit gro£er \iVahrscheinlichkeit in Nordwestindien. Del' Titel dieses Buches kommt auch im Plural als Milindapaiiha vor und bedeutet dann "die Fragen des Milinda". Milinda ist identisch mit Menandras, del' einen yom graeco-baktrischen Reich losgelosten Teil, namlich das Indusgebiet, Gujarat und einen Teil des Gangestals, etwa von 125 bis 95 v. Chr. regierte. Er muss ein sehr bedeutender Herrscher gewesen sein, denn Plutarch berichtet, dass sich nach Milindas Tode mehrere Stadte urn seine Asche gestritten hatten, die dann zu Denkmalszwecken aufgeteilt worden sei. Ob Milinda selbst Buddhist war, steht nicht fest; jedenfalls war er dem Buddhismus sehr zugetan und gab auch eine Munze heraus, die das buddhistische Rad zeigt. Del' Autor des Milindapaiiha ist uns namentlich nicht bekannt. Die Abfassung des Werkes kann aus inneren Grunden nicht allzulange nach dem Tode Milindas erfolgt sein, wahrscheinlich schon gegen die Zeitenwende, spatestens in del' ersten Halfte des 1. Jahrhunderts. In seiner uns vorliegenden Fassung weist del' lvlilindapaiiha starke Spuren von Uberarbeitungen und Zusatzen auf. Berucksichtigt man die geographische Situation seines Entstehens, so ist es nicht ausgeschlossen, dass das Grundwerk in Sanskrit oder Prak~t abgefasst war, spater in Ceylon ins Pali ubersetzt wurde und dort auch seine Zusiitze erhielt. Jetzt besteht del' Milindapaiiha. aus sieben Buchern. Miihevolle textkritische Arbeit hat ergeben, dass nur das zweite, ein gro£er Teil des dritten und ein kleiner Teil des ersten Buches alt und echt sind; alles andere muss in Ceylon hinzugefugt worden sein. 1m 4. oder 5. Jahrhundert, jedenfalls VOl' 420,
Die nichtkanonische Pali- Literatur
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wurde eine Ubersetzungdes lvIilindapaiiha ins Chinesische angefertigt, und es ist sehr bezeichnend, dass die Bucher 4 bis 7 in diesel' Ubersetzung fehlen. Das ganz in Pl'osa gehaltene Werk spielt in Sagala, del' Residenz Milindas, die farbenpriichtig beschrieben wird. Del' Gra£konig galt als sehr wortgewandt (das durfte historisch sein) und hatte wieder einmal den Wunsch nach einem theologischen Redewettstreit. Ihm wurde als Partner del' gelehrte Monch Ayupala empfohlen, doch vermochte diesel' die Fragen des Konigs nicht zu beantworten. Letzterer rief daraufhin argerlich aus: "Ganz Indien ist leeres Geschwiitz·, niemand lost meine Zweifel." Da erschien als neuer Gesprachspartner del' buddhistische Monch Nagasena und fuhrte nlit Milinda die beruhmte Unterredung, die den Inhalt des Milindapaiiha bildet. Nagasena scheut sich nicht, die diffizilsten Punkte del' Lehre zur Sprache zu bringen, und beginnt sogleich mit del' Darlegung des Grundsatzes, nach dem es kein Ich gibt. Del' Konig fragt ihn namlich nach seinem Namen, worauf del' Monch erwidert, dass er Nagasena hei£e, doch sei dies eben ein blo£er Name, hinter dem nichts Reales stehe. Statt eines Ichs gebe es nur einen stetigen Wandel. Es ist nicht leicht, mit diesel' Leugnung del' Personlichkeit das Karman-Gesetz und die Eigenverantwortlichkeit fur die Taten in Einklang zu bringen, doch Nagasena (beziehungsweise del' unbekannte Autor des Milindapaiilla) versucht dies in scharfsinniger Weise unter AnfUhrung einer Fulle von eindrucksvollen Pal'abeln, die ihre Wirkung auf den Konig nicht verfehlen. 1m vierten Buch, das zu den spateren Zutaten gehort, gleiten die einpragsamen, mitunter brillanten Gleichnisse del' originaren \iVerksbestandteile jedoch in monchische Spitzflndigkeiten abo Es solI jetzt bewiesen werden, dass alle Bodhisattas wie Buddha selbst gehandelt hat ten und mit diesem identisch seien. Das funfte Buch vergleicht die Rolle Buddhas als Religionsstifter mit del' eines Stadtebauers. Das sechste Buch diskutiert in del' Hauptsache die schwierige Frage, warum man, um del' Erlosung teilhaftig zu werden, uberhaupt Monell werden muss, gibt es doch im Suttapita.ka Hinweise, dass man auch als frammer Laie ein Arhat werden kann. Die Frage wird dadurch beantwortet, dass solche Laien entsprechende Verdienste aus fruheren Existenzen fUr sich verbuchen konnten -- die Notwendigkeit des Sa£lgha durfte nicht in Frage gestellt werden! Das siebente Buch schlie£lich enthalt 67 Parabeln. die verdeutlichen sollen, auf welche Weise man als Monch zur Arhatschaft gel~ngt. Unbeschadet diesel' spiiten, minderwertigen Zusatze steht del' Alilindapaiiha bei den Buddhisten in hohem Ansehen; bei einigen Sekten erfreut er sich sogar kanonischer Geltung. Wie bereits ausgefuhrt, besteht die ubrige nichtkanonische Pali-Literatur aus Kommentaren ceylonesischer Monche. Sie entstanden zu einer Zeit, als del' Buddhismus auf dem indischen Festland bereits tiefgreifende innere Wandlungen durchmachte. Die ursprungliche Lehre, del' Theravada, wurde auf Sri Lanka
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DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
Die llichtkallollische Pa1i- Litel'atur
(Ceylon) l'elativ am l'einsten bewahrt und gepfIegt. So erkHirt es sich, dass die (oft als Atthakatha, "Sinnel'klarung", bezeichneten) Kommentare ins Singhalesische, die Hauptsprache del' Insel, iibersetzt wurden. Spiiter, im 5. Jahrhundert, erfuhren sie eine Riickiibersetzung ins Pali. Ihr Ziel ist die minuziose Erkliirung jeder einzelnen im Tipi~aka enthaltenen These odeI' Begebenheit, nicht selten abel' auch die Ausschmiickung del' alten Texte, so dass auch hier eine Entfernung von dem hohen GedankenfIug des urspriinglichen Buddhismus unverkennbar ist.
NidanakaUra verfasst habell. Dies ist jedoch unwahrscheinlich, da die Sprache diesel' \Verke von den iibrigen Kommentaren Buddhaghosas merklich abweicht.
Entsprechend del' wachsenden Vergottlichung des Buddha nimmt es nicht wunder, wenn die Monche jetzt del' Schaffung einer umfassenden Biographie des Begriinders ihrer Lehre grofle Aufmerksamkeit zuwandten. Ansiitze dazu hatte es bereits im BuddhayariLsa und anderwarts gegeben, doch waren sie fragmentarisch geblieben. Als (wohl alteste) zusammenfassende Lebensgeschichte des Buddha wurde nun die I\lidanakatha geschaffen. 2 Nidana bedeutet "Ursprung", "Beginn"; gemeint ist also ein Bericht iiber die Umstande, die zum Beginn des Wirkens der buddhistischen Lehre fiihrten. Diesel' Bericht besteht aus drei Teilen. Der erste Teil fiihrt den Namen Durenidana, was etwa "Beginn del' fernen Vergangenheit" bedeutet. Behandelt wird hier die Abfolge zahlloser Buddhas del' Vorzeit bis zur Wiedergeburt des Bodhisatta im Himmel der Tusita-Gotter. Del' zweite Teil heiflt Avidurenidana, "Beginn del' nicht ganz fernen Vergangenheit". \iVahrend die Ausfiihrungen des Durenidana sich stark an den Buddlrayarnsa und das Cariyapitaka. anlehnen, ist del' zweite Teil von groi3erer Selbststandigkeit und bringt nur vvenige Zitate aus diesen \Verken.
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Dem Ruhm des Buddhaghosa tut dies jedoch keinen Abbruch. Dieser hervorragend gebildete Kommentator soIl nach der Tradition ein in Nordindien gebiirtiger Brahmane gewesen sein. Er wurde zum Buddhismus bekehrt und begab sich an den damaligen Hauptsitz buddhistischer Gelehrsamkeit, das Kloster Anuradhapura auf Sri Lanka. Etwa in den Jahren zwischen 410 und 432 kommentierte er hier einen Groflteil del' \Verke des Tipi~aka.
Die Tusita-Gotter bitten den Bodhisatta, als Buddha zur Erlosung del' Menschen auf del' Erde zu wandeln. Del' Bodhisatta gewahrt die Bitte, steigt vom Tusita- Himmel herab, nimmt Eingang in den Schofl del' Konigin Maya und wird von diesel' geboren. Nun folgen Beschreibungen von Buddhas Kindheit und Jugend, von seiner Heirat und von den Umstanden, die zu seiner Flucht aus dem Konigspalast fiihren. Er meditiert nun unter dem Bo-Baum, widerstrebt erfolgreich den Versuchungen des Mara und erlangt schliefllich die Erleuchtung. Das dritte Buch fiihrt den Namen Santikenidana und beinhaltet demzufolge die Ereignisse del' na.chstliegenden Vergangenheit. Del' Buddha vollzieht Bekehrungen, schart Jiinger um sich, griindet den Sallgha und vollbringt \Vunder. Von einem Laienanha.nger, dem reichen Kaufmann Anathapil;u;tika, erhalt del' Orden einen prachtigen Park zum Geschenk. Mit diesem Ereignis schlieflt das \Verk ziemlich abrupt.
Als sein Hauptwerk abel' gilt del' von ihm verfasste beziehungsweise zusammengestellte Visuddhimagga., ein umfassendes und systematisches KompendiUlTl del' buddhistischen Lehre. 4 Del' Werkstitel bedeutet wortlich "Weg zur vollstandigen Reinheit". \Vie del' Autor selbst erklart, will er unter Reinheit hier das absolut fIeckenlose NirvaJ..la verstanden wissen. Buddhaghosa ist ein in jeder Hinsicht glanzendes 'Verk gelungen. Sein Werk ist nicht nur sachlich ein ausgezeichneter Leitfaden, es besticht vielnlehr auch durch die \Varme und den edlen Schwung seiner Sprache. \"Telm der Autor die Schonheit des Asketenlebens besingt, spiirt man seine eigene innere Uberzeugung in jedem Satz. Inhaltlich stellt der \lisuddhimagga eine Quintessenz aus dem Tipi~aka dar. Die Hauptkategorien, die Buddhaghosa dem Leser nahebringen will, sind die Moral (slb) , die Versenkung (samadlri) und die Erkenntnis (paiiiia). DerVeranschaulichung dient eine Fiille von Legenden und Parabeln. Trotz aller diesel' Vorzuge kann nicht iibersehen werden, dass Buddhaghosas \Virken in eine Zeit fallt, in del' der Buddhismus bereits in das Stadium der Dekadenz eingetreten war. Dies schlagt sich auch im Visuddlrimagga nieder. Unverkennbar ist del' EinfIuss des Vi 9J..luismus, wird doch dem Buddha jetzt eine Verehrung dargebracht, die stark an die auf K~'9l:ra gerichtete Bhakti erinnert. Auch die zahlreichen \Vundergeschichten haben mit echtem Buddhismus nichts mehr zu tun: Einer meditierenden Nonne kann auch siedendes 01 nichts anhaben, ein zertretener Frosch wird als Gott wiedergeboren und so weiter. Doch sallen diese Feststellungen die Leistung Buddhaghosas, del' natiirlich ein Kind seiner Zeit war, nicht verkleinern. Die seiner Tatigkeit als Kommentator entgegenzubringende Einschatzung entspricht im wesentlichen der, die wir bereits den groflen Vedakommentatoren SayaJ..la und Madhava zuteil werden lieflen: Wenn es auch falsch ware, Buddhaghosa in jeder Einzelheit zu folgen, ware es doch noch weniger angebracht, die vielen von ihm gegebenen wertvollen Hinweise ignorieren zu wollen.
Die Nidanakatlra bildet eine Art Voraustext zu dem bereits erwahnten Jataka- Kommentar Jata],aHlrayalf1:rana. Seine Entstehung diirfte in die erste HaUte des 5. Jahrhunderts fallen. Nach dem Gandilayamsa, einer in Burma verfassten Literaturgeschichte aus dem 17. Jahrhundert, soIl del' beriihmte Kommentator Buddhaghosa3 auch den Jataka-Kommentar und damit die
Nicht von Buddhaghosa ist ein umfangreicher Kommentar zum Dhammapada., del' um 450 verfasst wurde. 5 Er interessiert uns nicht zuletzt deshalb, weil er volkstiimliches Erzahlungsgut enthalt. So werden iiber den Konig von Benares Abenteuer wie iiber Harun al-Raschid erzahlt. Der Humor kommt zu seinem Recht in der Geschichte von Esel und Eselin. Ein Esel, del' fiir seinen
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DIE
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Herrn immer sehwere Lasten iiber Land transportieren muss, lernt unterwegs die Liebe einer Eselin kennen und weigert sieh, den Riiekweg anzutreten. Er gibt aber naeh, als sein Herr ihm nach der Riickkehr eine Eselin verspricht. Zuriickgekehrt erinnert der Esel seinen Herrn an dessen Versprechen. Der Herr macht ihm daraufhin klar, dass er ihm zwar die Eselin als Gefiihrtin gewiihre, aber kein zusatzliches Futter fiir diese. Der Esel miisse also seine Ration dann mit seiner Frau teilen; kiimen dann noch Kinder hinzu, konne es natiirlich knapp werden... und schnell entsagt der Esel allen ehelichen Geliisten. Doch ist derKommentar keineswegs von diesem harmlos-frohlichen Ton beherrseht. Die meisten Geschichten weisen mit groBem Ernst auf die \Virkung des Karman-Gesetzes und seine Folgen hin. Auffallend ist dabei der Hass, der den konkurrierenden Jinisten entgegengebracht wird und der dem urspriinglichen Buddhismus fremd \var. Auf Sri Lanka ist danach noeh eine Fiille von Kommentaren und Subkommentaren (t1ka) erarbeitet worden. Am bekanntesten wurden die Kommentare des Dhammapala, da sie gerade die von Buddhaghosa nieht behandelten Teile des Khuddakanikaya erfassen, namlieh Itivutta,lm, Udalla, Cariyapit aka . Theragatha, Vimallavatt1m und Petavatthu. \Veitere \¥erke aufzufiihren, wiirde hier zu weit fUhren und auBerdem keinen wesentliehen Erkenntniszuwachs bedeuten. \¥ichtiger ist die Feststellung, dass es friihzeitig zu Versuchen kam, von der Entwicklung des Buddhismus eine Art Historie zu zeichnen. Angesiehts der geringen Bedeutung, die der Historiographie im alten Indien zugemessen wurde, sind diese Versuehe in unseren Augen um so wertvoller. Diese Feststellung wird noeh dureh den Umstand unterstrichen, dass die Buddhisten fast durehweg zur Gesehichte ein realistischeres Verhiiltnis hatten als die Brahmanen. Vergleieht man aus buddhistisehen Quellen stammende historisehe Angaben etwa mit solchen der Pura1.las, so sind erstere fast immer zuverliissiger. Historisches Interesse mit Blickrichtung auf die Konzile zeigt bereits der Cullavagga. Auch den Jatakas sowie dem Ca.riyapitaka liegen bestimmte historische Uberlegungen zugrunde, auch wenn sich diese nur als Legendenbildung auspriigen. Die ceylonesischen Kommentare aber, die Atthakathas, enthalten vielfaeh schon systematische historische Exkurse, besonders iiber die Geschichte Sri Lankas, die Ankunft des buddhistischen Missionars Mahinda und die Konzile. Der erste Versuch, die Gesehiehte von Sri Lanka in epischer Form darzustellen, ist der Dipavalnsa. 6 Seinem \¥esen nach handelt es sich dabei vorwiegend um Kirchengeschiehte. Der unbekannt gebliebene Autor beschreibt die Eroberung und Kolonisierung der Insel dureh den Konig Vijaya von Bengalen. Besonders wiehtig ist ihm natiirlieh die Entsendung des Mahinda dureh den Vorsitzenden des dritten buddhistischen Konzils, Tissa Moggaliputta, nach Sri Lanka und die Einfiihrung des Buddhismus durch jenen. Als Quellen verwertet
Die nichtkanonische Pali- Literatur
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der Verfasser die 'vVerke des Buddhaghosa, die Jatakas, das Cariyapita.ka und einige Atthakathas. Im iibrigen kann weder die Geschichts- noch die Literaturwissensehaft dem-Dipavamsa. ein hohes Niveau zuerkennen. Das in Versen n,it eingestreuter Prosa abgefasste Epos behandelt seine Gegenstande auBerst ungleichmiillig, indem sieh weitsehweifige Betrachtungen mit torsohaften Bemerkungen abwechseln. Mehrfach wird einund dasselbe Thema in versehiedenen Versionen abgehandelt. Aueh in sprachlicher Beziehung zeigt sich eine gewisse Verwahrlosung. Die dargestellten Ereignisse reiehen bis ins 4,. Jahrhundert, und man kann mit ziemlieher Sieherheit sagen, dass die Abfassung des Dlpavamsa noeh vor 4.50 abgesehlossen war. Fiir die Historiographie wie auch fiir die Literaturgeschiehte von wesentlich groBerer Bedeutung als die "Inselchronik" (was DTpavamsa wortlieh heiBt), ist die "GroBe Chronik" oder der 1\![ahavamsa. 7 Ein Monch namens Mahanama hat ihn im letzten Viertel des .5. Jahrhunderts verfasst. Im Unterschied zum Dipa.vamsa ist der lv[a.havamsa ein Epos, in dem sich vollendete Leistung niedersehliigt. Die Pali-Sprache wie auch das Metrum werden vorziiglieh beherrseht. Streekenweise gemahnt der Stil an die besten Vertreter der Kavya-Literatur. Die historisehen Themen des Mahavamsa sind ziemlich weitgespannt. Am Beginn steht die Gesehiehte der EinfUhrung des Buddhismus nebst einer Biographie des Buddha selbst. Ihm werden insgesamt drei Besuehe auf Sri Lanka zugeschrieben. Die Konzile und die Genealogie der eeylonesischen Konige sind weitere Themen dieser epischen Chronik. Beriehtet \vird insbesondere iiber den Feldzug des Vijaya nach Sri Lanka, iiber den Konig Devanalilpiyatissa, der zur Zeit des Kaisers Asoka gelebt haben soll, und iiber die Mission des Mahinda. Die yom Mahavalnsa geschilderten Ereignisse reichen etwa bis 3.50. Es gibt dazu aber Nachtriige, die viele Jahrhunderte umspannen und die unter dem Namen Culavanlsa zusammengefasst werden. s Das gegenseitige Verhiiltnis der GroBen und der Inselchronik ist Gegenstand langja.hriger Debatten gewesen. Es ist nicht zu iibersehen, dass beide Werke eine ziemlich betriichtliche Anzahl von Versen gemeinsam haben. Ohne dass es zwingend bewiesen werden kann, spricht manches dafiir, dass der Mahavamsa eine erweiterte, umgearbeitete und erheblich verbesserte Fassung des Dipavamsa darstellt. Fiir den I-l:istoriker ist der l\;[ahavamsa ein sehr wertvolles Dokument. Freilich ist aueh er nur mit kritischer Vorsieht zu benutzen, denn neben verliisslichen finden sich leider aueh nicht wenige der Phantasie entsprungene Angaben. So wird iiber den Kaiser Asoka, der doch eine hoehbedeutsame historische Personlichkeit war, nur Miirchenhaftes berichtet. Dabei muss man aber stets in Rechnung stellen, dass auch der l\;[ahavalnsa keineswegs wissensehaftliche Geschichtsbetrachtung betreiben, sondern vielmehr der Erbauung dienen wollte. Dennoeh war es moglich, aus den in den beiden Chroniken enthaltenen Angaben mit ziemlieher Sicherheit das Todesjahr des Buddha zu bereehnen, die im absoluten ZeitmaB fUr das
DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
Die buddhistische Sanskrit- Literatur
alte 1ndien fruhestmogliche Datierung uberhaupt. Alle spateren kirchengeschichtlichen \Verke Sri Lankas beruhen in irgendeiner \Veise auf den alten singhalesischen Kommentaren zum Pali-Kanon, den Atthakathas. Sie sind ziemlich schablonenmaflig verfasst und literarisch ohne 9 b~~onderen \Vert. Als bekanntestes Specimen erwiiJ1l1en wir den BodhivalTISa. Diese Chronik wurde in Prosa von Upatissa verfasst. Die Frage nach der Entstehungszeit muss einstweilen unentschieden bleiben; das von manchen vermutete 4. J ahrhundert ist sicherlich zu fruh. Andere Autoritaten entscheiden sich mit offenbar groflerem Recht fUr die erste HaUte des 11. Jahrhunderts. Die Chronik befasst sich mit der "Erleuchtung" des Buddha unter dem Bo-Baum, mit seinem Ableben und Eingang in das Nirval)a (Mahaparinirval)a), mit den bekannten drei Konzilen und mit Mahindas Mission nach Sri Lanka. Die Chronik reicht etwa bis zum Jahre 350. Auf zahlreiche weitere einschlagige \Verke konnen wir hier nicht eingehen. 1m 12. J ahrhundert erlebte die buddhistische Pali-Literatur eine Renaissance. Um diese Zeit fanden auch die Elemente der Kunstdichtung immer starkeren Eingang. Dennoch ist diese Epoche fur die Literaturgeschichte von untergeordlO neter Bedeutung. Am hochsten zu bewerten ist noch die RasavahinT. Dieses \~Terk ist keine Chronik, sondern gehort der Erzahlungsliteratur an. Es handelt sich um eine Sammlung von Prosaerzahlungen, in die Verse eingefUgt sind. Von den insgesamt 103 Stucken beziehen sich die ersten 40 auf 1ndien, die anderen auf Sri Lanka. Ursprunglich war das Werk in Singhalesisch abgefasst; die jetzige Pali-Fassung stammt von Vedehathera aus dem 13. Jahrhundert. Ideologisch ist die RasavahinT weitgehend dem Mahayana verpfIichtet; sie hat den Charakter einer Erbauungsschrift und Illustration der Karman- Lehre. Immerhin weist sie auch deutliche Spuren einer BeeinfIussung durch die Volksliteratur auf und ist auch als sozialgeschichtliche Quelle nutzlich.
:3 Eine wichtige Studie liber Buddhaghosa stammt von B. C. Law: Life and 'Work of Budc
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Anmerkungen
1 Ausgabe des MjJindapaiiha von V. Trenclmer, darin Index von C. J. Rylands und Ga:thaIndex von C. A. F. Rhys Davids, erschienen in der Pali Text Society (2 Bde., London 1880-1928,2. Neudruck London 1962). Von diesem bedeutenden VVerk gibt es eine ganze Anzahl guter Ubersetzungen; vgl. die von T. V,y. Rhys Davids in den Sacred Books of the East, 35/36 (Oxford 1890-1894; Neudruck Delhi 1965 und 1975); von F. O. Schrader u.d.T. Die Fragen des Konigs 1\lenandros (Berlin 1907); von 1. B. Horner in Bd. 22 der Sacred Books of the Buddhists (London 1963); deutsch von Nyanatiloka (2 Bde.) Mlinchen 1919-1924, Neuauflage Interlaken 1985). 2 Eine Edition der Nidana.kathaist in Bd. I der Jataka-Ausgabe von V. Fausboll enthalten. lJbersetzung von T. W. Rhys Davids in: Buddhist Birth Si:ories (London 1880).
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dhaglJOsa (Calcutta 1923). Eine erweiterte Ausgabe dieses Buches erschien unter dem Titel Buddhaghosa (Bombay 1964). 4 Der Visuddhimagga hat sich wegen seiner geschilderten graBen Bedeutung stets der Aufmerksamkeit der Indologen erfreut. Ausgaben u.a. von C. A. F. Rhys Davids in der Pa:li Text Society (London 1920/21); von H. C. Warren als Bd. 41 der Harvard Oriental Series (Cambridge [Ivlass.] 1950); von Rewatadhamma in drei Banden (Varanasi 1969-1972). llbersetzungen von Nyanatiloka (4. Aufl., Konstanz 1985) und von Bh. Na:nanlOli (:3. Aufl., Kandy 1975). 5 Ausgabe des Kommentars zum Dhammapada von H. C. Norman in fiinf Banden der Pali Text Society (London 1906-1915). Ubersetzung in den Banden 28--30 der Harvard Oriental Series von E. W. Burlingame (Cambridge [Mass.] 1921). 6 Ausgabe und Ubersetzung des Dlpavamsa von H. Oldenberg (London 1879, Neudruck Delhi 1992) und von B. C. Law (Dehivala 1962). Ubersetzung auch von E. M. COOlnaraswamy (Colombo 1901). Studie von \iV. Geiger: Dlpavmnsa und 1'vlahal' mTISa, die beiden
Chl'Oniken der Insel Ceylon (Erlangen und Leipzig 1901). 7 Ausgaben des Mahavall1sa von W. Geiger in der Pali Text Society (London 1908); von E . .1\1. COOlnaraswamy (Colombo 1908). Ubersetzung von \iV. Geiger und M. H. Bode (London 1912), in Neuauflage mit Zusatzen von G. C. Mendis (London 1964). Studien s. Anm. 6 sowie E. N. Snyder, (Berlin 1910), G. P. Malalasekera (2 Bde., London 1935). 8 Ausgabe des CillavalllSa von W. Geiger in der Pa:li Text Society (London 1925). 9 Ausgabe des Bodhivall1sa von S. A. Strong in der Pali Text Society (London 1891). 10 Ausgabe der Rasavahinl (nlit singhalesischer (Tbersetzung) von B. Devarakkhita (Co10lnbo 1917).
4. Die buddhistische Sanskrit-Literatur Das buddhistische Pali-Schrifttum ist der literarische Ausdruck der Theravadins, del' Anhanger derjenigen Lehrmeinung also, die sich am engsten mit dem urspriinglichen Buddhismus verbunden fuhlte. Schon bald aber traten in zunehmendem Mafle an die Stelle der primaren Konzeption neue 1deen, die den1 eigentlichen Buddhismus fremd waren. Dazu zahlen vor allem die Deifizierung, ja Theifizierung des Buddha (das heiflt, er wird als Gott und sogar als Schopfergott angesehen) und die von der Negierung des 1ch ausgehende Vorstellung von einer volligen Leere der Welt. GemaBigt, aber doch dedlich erkennbar, treten diese neuen Ideen in del' Schule des sogenannten "Kleinen Fahrzeuges" , dem Hinayana, auf, die sich vielfach noch der ursprunglichen Lehre verpfIichtet fUhlt. Vollstandig ausgebildet erscheinen sie im Lehrgebaude des "Groflen Fahrzeuges", dem Mahayana. Beide Schulen unterscheiden sich vom Therava.da, aber auch durch die ihren Literaturwerken zugrunde liegende Sprache. Diese
DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
Die buddhistische Sanskrit-Literatur
ist ihrem vVesen naeh ein resanskritisiertes Pali, also kein reines, sondern ein "hybrides" oder eben ein "buddhistisehes Sanskrit" (vgl. hierzu aueh S. 11). So sehen wir, dass die urspriingliehen, von den Theravadins hochgehaltenen Lehren des Buddha verfielen und dass im Laufe der Jahrhunderte del' Buddhismus seinen Inhalt geradezu ins Gegenteil verwandelte. Doeh war diese Degeneration ~ eine solche kann nieht weggeleugnet werden ~ nieht das Produkt einer inneren Entwieklung des Buddhisnms, sondern das Resultat brahmaniseh-gegenreformatoriseher und volksreligioser Einfliisse. Es spielten abel' aueh okonomisehe Bedingungen, wie die urspriingliehe Unproduktivitat des Sangha, bei del' Unlgestaltung des originaren Buddhismus eine Rolle. Schon im Hinayana treten die Tendenzen del' Vergottliehung des Buddha sowie del' aus dem ViS;lfU-Knn:ta-Kult stammenden Bhakti-Lehre deutlieh hervor. 1m Mahayana finden wir dann eine weitgehende Verzerrung del' urspriingliehen buddhistisehen Lehre. Das Ideal des Bodhisattva ist hier fUr aIle Mensehen erreichbar und dementspreehend verflaeht; wahrend sieh im Hlnayana das Streben noeh darauf riehtete, ein Arhat zu werden, kann man naeh dem Mahayana sogleieh die Eigensehaften eines Bodhisattva erwerben. AIle Buddhas sind von vornherein gottliehe Wesen. Hatten die alteren Teile des Pali-Kanons ergreifend sehliehte und schone Beriehte von del' Erleuehtung des Buddha, von seiner Heilsmission und sehlieBlieh von seinem Eingang ins Nirvalfa gegeben, so sind im Mahayana die Buddhas allmiiehtige und weltsehopfende Gotter, die ihren Aufenthalt auf del' Erde nur als Spiel betraehten! Del' urspriingliehe Buddhismus hatte Wesentliehes auf dem Gebiet del' spontanen Dialektik geleistet. Hervorragendes Beispiel hierfiir ist die von ihm entwiekelte Kausalitatenkette, die "Entstehung in weehselseitiger Abhangigkeit" (pa~ieeasamuppada). Diese fiir die damalige Zeit iiberragende Leistung wird im Hlnayana dureh einseitige Uberbetonung des Entwieklungsgedankens degradiert, die zur Verneinung des Ieh (anattata) fUhrt. Vollig ausgeartet ist diese Idee im extremen philosophisehen Idealismus des Mahayana, wonaeh die Welt leer, namlich bar jeglieher Realitat, sei (,siinyavada). Diese Grundtatsaehen sollte man sieh bei del' Bewertung del' hierher gehorenden Literaturwerke vor Augen halten. Auf die philosophisehen Besonderheiten des Hlnayana und Mahayana und ihrer verschiedenen Sehulen wird in einem gesonderten Absehnitt eingegangen (s. S. 329).
Ubersetzungen. 1 Dern Ausdruck nikaya des Pali-Kanons entsprieht hier del' Begriff agama. 2 Und zwar existierten: ein Dlrghagama (entspreehend dem DIghanikaya des- Pali-Kanons), ein Madhyamagama (Majjhimanikaya), ein Sarnyuktagama (Sarnyuttanikaya), ein Ekottaragama (Allguttaranikaya), ein Dharmapada (Dhammapada), ein Udana, ein Siitranipata (Suttanipata), ein Vimanavastu (Vimanavatthu), eine Sthaviragatha (Theragatha) und ein Buddhavarnsa (Buddhavarilsa). Aueh Vinaya und eine Art von Abhidharma (Abhidhamma) sind vorhanden gewesen. Aus den Manuskriptfunden, den Ubersetzungen sowie aus Zitaten, die in anderen buddhistisehen Sanskrit-'Verken enthalten sind, konnen wir so viel erkennen, dass sieh del' Pali- und del' SanskritKanon in vieleI' Hinsieht entspreehen, dass es abel' aueh markante Untersehiede gibt. Fiir die Religionswissensehaft ist die Bedeutung diesel' Sanskrit-KanonFragmente hoher als fiir die Literaturgesehiehte.
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a) Die Literatur des Hlnayana Das Hlnayana muss iiber einen eigenen Kanon, del' in Sanskrit abgefasst war, verfiigt haben. Einige Bruehstiieke eines solchen Kanons del' SarvastivadaSehule sind bekannt geworden, und zwar dureh Manuskriptfunde im ehinesisehen Ostturkestan und in Nepal sowie dureh ehinesisehe und tibetisehe
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Hlnayana und Mahayana haben einige vVerke von groBem Umfang hervorgebraeht, die Marksteine in del' altindisehen Literaturgesehichte sind. Von ihnen darf das lvIallavastu, wenigstens in einigen seiner Teile, den Ruhm des hoehsten Alters beanspruehen. 3 "Die gro:Be Saehe", wie del' \Verkstitel wortlieh iibersetzt lautet, gehort zur Sehule del' sogenannten Lokottaravadins; del' Name bedeutet "Anhanger del' Lehre von del' Ubernatiirliehkeit" (namlich des Buddha). Diese Sehule bildet ihrerseits eine Unterabteilung des Hlnayana. Das lvIahavastu reehnet sieh selbst zum Vinayapitaka del' genannten Sehule. Dieses umfangreiche Werk stellt sieh die Aufgabe, in drei Hauptabsehnitten das Leben des Buddha wiederzugeben, doeh entledigt es sieh derselben in nur unvollkommener '¥eise. Die einzelnen Teile sind denkbar zusammenhanglos und folgen keinem Ordnungsprinzip. Spraehe und Stil sind inhomogen und reprasentieren versehiedene ehronologisehe Stufen, so dass, wie etwa im A1allabhaTata und im Suttapitaka, das Alter jedes Absehnittes gesondert und aus sieh heraus bestimmt werden muss. Die Sehilderung del' Gesehehnisse reieht bis zur Griindung des Sallgha. Sie wird abel' auf Sehritt und Tritt dureh eine Fiille eingesehobener Jatakas und Avadanas in solchem MaBe unterbroehen, dass mehI' als die Halfte des Gesamtwerkes aus Jatakas besteht. Diese ahneln vielfaeh den Jatakas des Pali-Kanons. In mancller Hinsieht gehen sie jedoeh iiber die Gedanken del' letzteren hinaus, insbesondere dort, 1'10 es sieh um die Pointierung des Edelmutes des Bodhisattva handelt. Hierbei zeigt sieh die Ankiindigung von MahayanaIdeen. Buddha-Legenden, oft wunderbarer Art, bilden also den Hauptinhalt des Mahavastu. Daneben gibt es Besehreibungen del' dureh das Karman-Gesetz bewirkten Hollen., die., wie M. Winternitz treffend erkannt hat , an bestimmte Passagen des lvIarkal]Jjeya-Puralfa erinnern, wie denn das Mahavastu iiberhaupt Anklange an die Puralfas aufweist. Stilistiseh neigt das Werk zu groBter '¥eitsehweifigkeit; oft wird irgendeine Begebenheit in zwei (manehmal bis zu vier) Versionen erziihlt. Del' Stil spiegelt die Uberspanntheit groBer Teile des
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Die buddhistische Sanskrit-Literatur
vVerkes wider. So sei die Reinheit des Buddha so groB, dass allein schon die ihm dargebrachte Verehrung dazu berechtige, in das Nirvalp einzugehen. Die Entstehung del' BodhisaHvas erfolge nicht auf dem vVege del' Zeugung, sondern aus sich heraus dmch innere Qualitaten und was dergleichen iibertriebene Behauptungen mehr sind.
denwallen beginnen soll. Schliefllich fallt seine vVahl auf das Fiirstenhaus des Suddhodana und dessen Gemahlin Maya, in deren SchoB er eingeht. Schon im Mutterleibe wl1er Predigten gehalten haben. Es versteht sich, dass seine Gebmt allseits von wunderbaren Begebenheiten begleitet war. Selbst den Zeitgenossen miissen Zweifel an einer solchen Fiille von \Vundern gekommen sein, denn an diesel' Stelle wird eine Belehrung des Ananda dmch den Buddha eingeschaltet: Buddha klart ersteren dariiber auf, dass diese Wunder sich bei seiner, Buddhas, Gebmt tatsachlich ereignet hatten. Buddha, als Knabe also noch ein Buddhaschaftsanwarter (Bodhisattva), hat sich nun einer Ausbildung zu unterziehen. Das zehnte Kapitel des Lalitavistara schildert seinen ersten Schultag und wird damit zu einer wichtigen wissenschaftsgeschichtlichen Quelle. Buddha beziehungsweise del' Bodhisattva erkundigt sich namlich bei seinem Lehrer, welche Schriftarten er bei ihm erlernen solle. Hierbei zahlt er nicht weniger als 64 Schriften auf, unter denen sich auch die chinesische be£lndet. Diese und einige andere Szenen sind in den anderen Buddha-Biographiell nieht enthalten. 1m letzten, dem 27. Kapite1 riihmt sich del' Lalitavistara selbst und stellt denjenigen, die ihn studieren, reichen Lohn in Aussicht. Del' Form naeh beinhaltet del' Lalitavistara eine Mischung von Versen und Prosa. Die Prosa ist in mehr odeI' weniger reinem Sanskrit abgefasst. Dagegen stehen die langen metrisch gebundenen Passagen in hybridem Sanskrit. \Vie schon von den Jatakas bemerkt, passen auch hier die Verse inhaltlich nm selten zm Erza.hlung; sie gehoren genetisch eben zm alten BaUadendichtung. Stilistiseh £lnden sich im Lalitavistara Anklange an die Puralfas, wie wir sie auch schon fUr das Alallavastu festgestellt hatten. Das Alter des vVerkes hat sich bisher nicht mit einigermaBen befriedigender Genauigkeit feststellen lassen. Es steht jedoch auch hier fest, dass eine Schlussredaktion Stiicke von ganz unterschiedlicher Zeitstellung zusarnmengefasst hat. Auf keinen Fall kommt eine einzelne Person als Autor des Lalitavista.ra in Betracht; vielmehr handelt es sieh um eine Kompilation aus mehreren Teilstiicken. Als Quelle fUr die buddhologische Forschung hat del' La.litavistara in sich also einen sehr unterschiedlichen \Vert. Gewiss sind einige Gedanken aus alter Zeit aufgegriffen und verarbeitet worden. Manche Stoffe sind, wie wir gesehen haben, nm hier zu £lnden. Insgesamt gesehen, ist del' Lalitavistara abeT das Proc1ukt einer neuen Denkweise, del' Ideologie des Mahayana, die sich von del' des mspriinglichen Buddhismus weit entfernt hat. .Mit diesel' unbestreitbaren Feststellung ist abel' iiber die a.bsolute Datierung des \Verkes leidel' noeh nichts ausgesagt. Man kann lec1iglich darauf hinweisen, dass die Tempelanlage von Borobudm auf Java in einer \Veise gestaltet ,vorden ist, als hatten die Kiinstler sich eineVersion des Lalitavistara. zm literarischen Vorlage ihres bildnerischen vVerkes genomnlen. Da abel' besagte Tempelanlage erst zwischen 850 und 900 entstanden ist, bedeutet dies fiir die Datierung des Lalitavistara, der natiirlich erheblich friiher anzusetzen ist, keine groBe Hilfe.
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\Vie schon angedeutet, vereinigt das i\lallavastu in sich Partien von sehr unterschiedlicher Zeitstellung. Einige Stellen, wie die Berichte ubeT die Entfernung des Buddha aus dem Konigspalast und uber die Predigt von Benares sowie einige andere auf dem Suttapitaka beruhende Stucke bilden den alten Kern des vVerkes und konnten aus dem 1., vielleicht gar aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. stammen. Auch del' sprachgeschichtliche Befund lasst ein solches Urteil zu. Andere Partien des Alallavastu verraten dagegen eine urn Jahrhunderte spatere Entstehungszeit, indem sie von del' Kenntnis etwa del' chinesischen Schrift, del' Hunnen und del' griechischen Astrologie Zeugnis ablegen. Man geht daher kaum fehl mit del' Annahme, dass die jiingsten Teile des vVerkes erst aus del' Zeit urn 400 stammen. Ein wei teres Schliisselwerk del' buddhistischen Sanskrit-Literatm ist del' Lalitavistara. 4 Hatte sich schon das l\!Iallavastu inhaltlich in vieleI' Hinsicht auf die Positionen des Mahayana begeben, so ist dies beim Lalitavistara in noch hoherem MaBe del' Fall. Der Name bedeutet "die ausfUhrliche Darstellung des Spieles". vVie schon ausgefiihrt, wird die irdische Tatigkeit des Buddha seitens des Mahayana nur als eine Art Spiel betrachtet. Es versteht sich deshalb von se1bst, dass der Lalit;avistara dem Mahayana als besonders heiliger Text gilt. Ursprunglich aber war das \Verk in einer alteren Fassung ein literarisches Produkt del' Sarvastivada-Schule, die dem Hlnayana angehort. Es wmde erst dmch Uma.rbeitungen zu einem Mahayana-Text. Dass sich der Lalitavistara in del' uns vorliegenden Fassung selbst als dem Mahayana zugehorig fUhlt, zeigt sich auch darin, dass er sich als Vaipulyasutra bezeichnet; diesel' Name ist abel' nichts anderes als ein Synonym fUr die Mahayanasutras. Konzipiert als BuddhaBiographie, ist del' La.litavistara ein auBerordentlich umfangreicher Text, dem es vorwiegend darum geht, das "Spiel" des Buddha, namlich seine Betatigung iibernatiirlicher Krafte, zu beschreiben. lVIirakel und tJbertreibungen aller Art weisen schon deutlich auf die spateren ausgeformten Mahayanasutras voraus. Nm ein Beispiel hierfiir ist, dass del' Erhabene von 12000 Monchen und 32000 Bodhisattvas begleitet worden sein solI. Solche und ahnliche exorbitante Behauptungen wie auch Schilderungen von \Vundern £lnden sich im Lalita.vistara auf Schritt und Tritt. In schwiilstigen \Vendungen beschreibt das Einleitungskapitel die Anbetung des Buddha dmch die Gotter. Dann folgt die eigentliche Buddha- Biographie. Sie beginnt dort, 1'10 auch del' Bericht des Avidurenidana im Text del' Nidanakatlla einsetzt. 1m Tusita- Himmel entscheidet sich del' Buddha, seine irdische Mission anzutreten. Lange iiberlegt er, wo er sein Er-
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An dieser Stelle ist zu bemerken, dass die buddhistische Sanskrit-Literatur auf dem Gebiet der Epik hervorragende Leistungen aufweist, die denen des Kalidasa an die Seite gestellt werden durfen. Ihr bedeutendster Reprasentant ist Asvagho~a. Seine Lebenszeit fallt in das 1. bis 2. Jahrhundert. Allerdings ist liber sein Leben nur wenig bekannt. Offenbar war er ursprunglich ein Brahmane, der sich dann zum Buddhismus bekehren lie:B und ein uberzeugter Anhanger dieser Lehre wurde. Nach der chinesischen Tradition solI Ayodhya seine Heimatstadt gewesen sein. Spater war er vermutlich als Berater des Gro:Bkonigs Kani~ka tatig. Asvagho~a war ein Meister der hofischen Kunstdichtung und gilt als Hauptkettenglied zwischen ValmTki und Kalidasa.
vermag ihn zu belehren, und nach vielen Irrungen wird Nanda endlich ein Arhat. Asvagh0 9a erklart am Schluss seines Werkes, dass er es im Kavya-Stil abgefasst habe, um so durch gro:Bere Attraktivitat die Nichtbuddhisten besser bekehren zu konnen. 1m librigen sind die Wandlungen des Buddhismus auch andiesem Epos deutlich zu erkennen. Zuge der Mahayana-Doktrin sind nicht zu ubersehen. Nach der Tradition soll Asvagh0 9a einer der Begrunder des Mahayana- Buddhismus gewesen sein. Wie dem auch sei., so viel steht fest , dass die hier vorkommende Kategorie der "Leere" ganz dem Mahayana angehort. In der Neuzeit ist eine modifizierte Version dieses Epos von Karl Gjellerup dramatisch bearbeitet worden. 7
Sein Hauptwerk ist ein Lebenslauf des Buddha, das Buddhacarita. 5 Es ist erst im Jahre 1892 aufgefunden worden. Vollstandig liegt es allerdings nur in der chinesischen und in der tibetischen Ubersetzung vor, die beide jeweils 28 Gesange umfassen. Der Sanskrit- Text offenbart sich mit nur 13 echten Gesiingen als Torso. Dennoch steht fest, dass wir es hier mit einer dichterischen Leistung von hochstem Rang zu tun haben. Nicht umsonst bezeichnet sich das \VerR selbst als Mahakavya, als gra:Bes Kunstgedicht. Buddhas Lebensgeschichte wird hier in einer Weise vorgetragen, die sich von den verworrenen Darstellungen des Mallavastu und Lalitavistara au:Berst vorteilhaft abhebt. Dies gilt bereits fUr das Arrangement des Stoffes, das bei Asvagho~a einem wohldurchdachten und gut durchgefUhrten Plan folgt. Obwohl das Werk deutlich die Merkmale des KavyaStils tragt, hat Asvagho~a die Schmuckmittel niemals uberladen, sondern stets ma:Bvoll verwendet. Einige Szenen bilden ausgesprochene Hohepunkte in der altindischen epischen Literatur. Dazu ziihlen der Auszug des nachmaligen Buddha aus seinem Palast und seine Auseinandersetzung mit Mara, dem Versucher. Asvagho~a zeigt sich in seinem \Verk mehr als Dichter denn als Monch. Seinen dichterischen Weitblick beweist er nicht zuletzt damit, dass ihm die Einseitigkeit etwa des Lalitavistara ganzlich abgeht. Er wei:B, dass ein Kavya umfassender als eine blo:Be Eulogie sein muss. Darum hat er mit gllicklicher Hand auch Liebesszenen sowie Be1ehrungen uber Weltklugheit (nlti) in sein \A/erk einbezogen.
Mit dem \Virken Asvagh0 9as sind die Namen zweier anderer Dichter auch zeitlich eng verbunden. Der altere von ihnen ist Matrceta. der wohl auch ein alterer Zeitgenosse Asvagh0 9as war. Die Tradition wei:B iib~r ihn zu berichten. dass er eine Einladung an den Hof als Berater des Gro:Bkonigs Kani 9ka erhal~ ten, diesel~e aber mit Rucksicht auf sein hohes Alter abgelehnt habe. Eine tibetische Ubersetzung des Absagebriefes ist erhalten geblieben. Von Matrceta fan den sich in den Turfan-Dokumenten die Fragmente zweier Hymnen (sto·tra·). Sie bestehen aus 400 beziehungsweise 150 Versen und sind in Slokas gehalten. Ihre schone, schlichte Sprache muss Mat~'ce~a damals weithin bekannt gemacht haben, denn der chinesische Pilger I-tsing ruhmt ihn mit beredten Worten.
Ein weiteres berlihmtes Kavya des Asvagh0 9a tragt den Namen Saundarana.ndakavya. 6 Es besteht aus 18 Gesiingen und verarbeitet die Legende von Nanda, der auch den Beinamen Sundara fUhrt. Nanda war der Halbbruder des Buddha, und als solcher war er dem neugegrundeten Orden beigetreten. Das geschah aber nicht ohne inneres \Viderstreben, und nun, als Ordensmitglied, ergreift ihn die Sehnsucht nach seiner Frau SundarT mit aller Macht. Auch seine Gattin bedriingt ihn, zu ihr zuruckzukehren. Selbst der Buddha bleibt gegen diese Sehnsucht zunachst erfolglos. Zwar gelingt es ihm, seinen Halbbruder von SundarT zu entfernen, doch sehnt sich Nanda nun um so starker nach den Apsarasen, einer Art himmlischer Nymphen. Erst der treue Anhanger Ananda
7 if'!
Dennoch hat der Ruhm des anderen der beiden Dichter, Aryasura, besser die Zeiten uberdauert. Er schuf den "Geburtsgeschichtenkranz" Jatakamala. 8 Diese verarbeitet 34 ausgewiihlte Stucke aus den Jatakas und dem Cariyapir aka , wobei er besonders die Qualitiiten (paramita) des Bodhisattva zu pointieren bestrebt ist. Das \Verk besteht aus einer Mischung von Prasa und Versen und ist in vornehmem, edlem Kavya-Stil gehalten. Der Dichter geht an einigen Stellen uber die alten Vorlagen hinaus, indem er neue Stoffe erfindet beziehungsweise Stoffe aus neuerer Zeit verarbeitet. Diese neueren Stoffe entsprechen den seit den kanonischen Zeiten im Buddhismus eingetretenen \Vandlungen. Eine besondere Rolle spielt hier die im Mahayana bis ins iiu:Berste Extrem entwickelte C~h1~~~Jies Mitleids. So beschreibt Aryasura, wie der Bodhisattva gewahrt, dass eine blutdurstige Tigerin sich anschickt, ihre Jungen zu fressen; fUr die letzteren opfert er sich dann selbst auf. Als Zeitstellung der Jatakamala nimrnt man jetzt ziemlich allgemein das 4. Jahrhundert an. Ein ganz eigenartiges VVerk aus dieser Gruppe ist Vajrasiicl ("Die Diarnantennade1"). 9 Hier finden wir eine scharfe Polemik gegen das brahmanische Kastenwesen vom buddhistischen Standpunkt. Dabei legt der Autor besonderes Gewicht darauf, die Unhalt barkeit und Unrechtmiilligkeit des Kastemvesens aus den brahmanischen Quellen selbst abzuleiten. Wie wichtig die VajrasiicT als sozialhistorisches Dokument fur uns sein konnte. ersehen wir auch daraus. dass hier die Gleichheit aller Menschen postuliert wird. Leider aber wird die
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Die buddhistische Sanskrit-Literatur
Nutzbarkeit dieses vVerkes stark dureh den Umstand beeintraehtigt, dass Wlr wedel' uber den Autor noeh uber das Alter etwas aussagen konnen. Die fruher angenommene Verfassersehaft des Asvagho,?a gilt heute als so gut wie ausgesehlossen. \Vir wissen lediglieh, dass in den Jahren 973 bis 981 eine ehinesisehe Ubersetzung del' Vajrasiicf angefertigt wurde, das Originalwerk also alter sein
lEer bringt sieh del' Konig Sibi selbst Wunden bei, damit sein Blut den Fliegen zur Ergotzung diene. Daraufhin sueht ihn Sakra, del' Gotterkonig (Indra), in del' Gestalt eines- Geiers auf. Del' Konig bietet diesem an, Fleisch aus seinem Karpel' zu haeken, worauf sieh Sakra zu erkennen gibt. - Zu erwahnen bleibt noeh, dass del' Held del' letzten Gesehiehte del' Kaiser Asoka ist. Das eigentliehe Hauptvverk del' Avadana- Literatur abel' ist das DivyavadanaY Die Grundla,ge stammt zwar aueh hier noeh aus dem Hlnayana, abel' die Beeinfiussung dureh das Mahayana ist gegenuber dem A vadanasataka deutlieh weiter vorgesehritten. Das \,verk konnte in del' ersten Halfte des 3. Jahrhunderts entstanden sein, zumal im Jahre 265 ein kleiner Teil ins Chinesisehe ubersetzt wurde. Doeh ist die Sehlussredaktion wohl erst im 4. Jahrhundert erfolgt. Jedenfalls erstreekte sieh die Sehaffung des Divyavadana libel' einen langeren Zeitraurn. Das wiI'd aueh dureh die Uneinheitliehkeit von Spraehe und Stil evident. 1m Divyavadana £lnden sieh namlieh sowohl im Kavya-Stil gehaltene Strophen als aueh Prosa in degeneriertem Sanskrit. Del' Aufbau ist ahnlieh konfus wie del' des Mahavastu. Viele Gesehiehten sind aus dem Vinayapitaka del' MUlasarvastivada-Sehule herubergenommen worden. Von wissensehaftlichem Interesse sind die zahlreiehen Zitate aus dem buddhistisehen Sanskrit-Kanon. Eine alte Sehieht bilden die Kapitel 26 bis 29 mit ihren sich um die Person des Kaisers Asoka rankenden Legenden. Ubertriebener Altruismus und \Vunderglaube beeintraehtigen den literarischen \,vert aueh diesel' Sammlung. Ein Beispiel ist die Gesehiehte von Km:tala, dem Solm des Asoka. Ihm lie£ seine Stiefmutter die Augen ausstechen, aber- und das ist die Pointe del' Geschiehte - KUJ;lala hasst sie darum nieht. Ein weiteres Beispiel ist die Gesehiehte des Mara, des uns schon bekannten Teufels im Buddhismus: das Divyavadana bringt es fertig, ihn bekehrt und zum Monch werden zu lassen! Angesichts solch exzentriseher Gesehiehten begru£t man die immerhin aueh vorhandenen realistisehen Stucke um so mehr. Eine ergotzliche Erzahlung ist die vom Kaufmannssohn, del' dureh eine Reihe von Transaktionen reich wird, an deren Anfang del' Verkauf einer toten Maus stand. Sehlie£lich erwahnen wir die A va,dallakalpalata, die dem Sehaffen des vielseitigen Kf?emendra ihre Entstehung verdankt. 12 1m Jahre 1052 ist dieses Werk vollendet worden. Die umfangreiehe Kavya-Diehtung beinhaltet 107 Legenden, die auf 48 Kapitel verteilt sind. Del' Stil ist del' fUr die ho£lsehe Kunstdichtung typische. Inhaltlieh hat del' Autor hier niehts Wesentliches zu bieten. Die Gesehiehten werben fUr die Selbstaufopferung und die Beaehtung des KarmanGesetzes und seiner Folgen in einer so aufdringliehen Weise, dass ihnen aueh zu ihrer Zeit kaum ein gro£er Erfolg besehieden gewesen sein durfte.
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IUUSS.
Wir sehlie£en die Betraehtung del' buddhistisehen Sanskrit-Literatur mit del' wiehtigen Gruppe del' sogenannten Avadanas. Sie entspreehen den Apadanas des Pali- Kanons und behandeln wie diese religiose Gro£taten. Abgefasst sind sie in hybridem Sanskrit. Ihr Hauptanliegen ist die Illustration des KarmanGesetzes; es wird an Beispielen gezeigt, welche Vergeltung - namlieh Lohn odeI' Strafe - gute und bose Taten naeh sieh ziehen. Gekleidet ist dies in das Gewand von Bodhisattva-Gesehiehten. Doeh kommen auffallenderweise aueh andere Personliehkeiten als HeIden vor, wie zum Beispiel del' Kaiser Asoka. Insgesamt gesehen, ist eine gewisse Ahnliehkeit mit den Jatakas unverkennbar. Das zeigt aueh die Gliederung del' einzelnen Avadanas in die Gesehiehte aus del' Gegenwart, die Gesehiehte aus del' Vergangenheit und die Moral. Manehmal tritt die Sehlussfolgerung aueh in Gestalt einer Prophetie auf. Die buddhistisehe Tradition fasst den Begriff Avadana sehr weitgespannt auf. denn aueh lVIahavastu und Lalitavistara gelten als Avadanas. \,vir grenzen' ihn jedoeh hier auf die eigentliehen Avadana,-Sammlungen - mit Versen durehsetzte Prosawerke - ein. Altester Vertreter diesel' Literatur ist das A vadanasataka. lO Es entstammt dem 2. J ahrhundert und gehort noeh del' Hlnayana-Riehtung an. Sein Zweek besteht darin, die religiose Erbau;mg zu fordern. Eingeteilt ist dieses Sataka ("Hundertersammlung"; vgl. die Satakas des Bhart~hari) in zehn Dekaden, die je'Neils eine bestimmte Thematik behandeln. In den ersten vier Dekaden geht es um gute Taten, die zur Buddhasehaft fuhren. Hier £lnden sieh aueh diverse Buddha-Prophetien. Die fUnfte Dekade ist ein Pretavastu (" Gespensterthematik"; vgl. das Petavatthu des Pali- Kanons). Hier werden die Seelenqualen del' wegen baser Taten in die Verdammnis geratenen \,vesen besehrieben. Die seehste Dekade enthalt Gesehiehten von Mensehen und Tieren, die aufgrund ihrer moralisehen Verdienste als Gotter wiedergeboren wurden. Die letzten vier Dekaden beriehten uber religios-heroisehe Taten. dureh die man zum Arhat wird. Interessant ist hier besonders die aehte Dekade. die \,vesentliehes zur Sozialgesehiehte del' Frau im alten Indien beisteuert.' 1m ubrigen ist das literarisehe Niveau des A vadanasataka nur ma,£ig. Die Gleiehformigkeit del' Thematik sehlagt sieh aueh in vielen stereotypen und darum ermudenden Wendungen nieder. Del' Stil ist vielfaeh ungewandt und umstandlieh. Inhaltlieh tritt aueh hier schon eine del' Hauptkategorien des Mahavana. namlieh das Mitleid. in den Vordergrund; nieht selten in exzessiver und darun~ gesehmaekloser Weise. Charakteristiseh ist die Gesehiehte Nr. 34.
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DIE
BUDDHISTISCHE LITERATUR
Anmerkungen
1 Die buddhistische Literatur der auBerindischen Lander fallt nicht mehr in den Plan dieser Literaturgeschichte und ist ein weitgehend selbststandiges Forschungsgebiet. Nur als Beispiel sei hier hingewiesen auf die Arbeit von R. L. Mitra: The Sanskrit Buddllist Literature of Nepal (Calcutta 1882). 1m iibrigen sei auf die einschlagigen Forschungen von F. 'iVeller verwiesen. 2 Die Fragmente der Agamas des Sanskrit-Kanons wurden ediert von R. Pischel, in: Sitzungsberichte der PreuBischen Akad. der Wiss. (Berlin 1904). 3 Ausgabe des Mahavastu von E. Senart in drei Banden (Paris 1882-1897). Ubersetzung von J. J. Jones als Bande 16, 18 und 19 der Sacred Books of the Buddhists (London 19491956, Neudruck 1973-1976). Vgl. auch B. C. Law: Study of the Mahavastu (Calcutta 1930) und T. Bh. Rahula: A Critical Study of the Mahavastu (Delhi 1978). 4 Ausgaben des Lalitavistara von S. Lefmann (Halle 1902-1908) und von P. L. Vaidya (Darbhanga 1958), 2. Aufi. von S. Tripathi (Darbhanga 1987). Ubersetzung u.d.T. The Voice of Buddha von G. Bays (Boulder, Col., 1983); deutsche Ubersetzung der ersten fiinf Kapitel von S. Lefmann (Berlin 1875). Englische Ubersetzung der Kapitel 1 bis 15 von R. L. Mitra in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1881-1886, Neudruck Delhi 1998). Vollstandige franzosische Ubersetzung der aus dem 9. Jh. stammenden tibetischen Fassung von P. E. Foucaux (Paris 1884-1892). Vgl. die Dissertation von F. Weller: Zum
Lalitavistara (Leipzig 1915). 5 Ausgabe des Buddhacarita von E. B. Cowell (Oxford 1893, Neudruck 1970). Ausgabe ITlit Ubersetzung von E. H. Johnston (Calcutta 1935, Neudruck Delhi 1995). Buddhas Leben. Ein altindisches Heldengedicht des 1. Jh., zum erstenmal ins Deutsche iibertragen von R. Schmidt (Hagen 1923, Neudruck Osnabriick 1972). Weitere Ubersetzungen von C. Cappeller (Jena 1922) und von E. B. Cowell in Bd. 49 der Sacred Books of the East (Oxford 1894). Zur tibetischen Version vgl. F. Weller: Das Leben des Buddha von Asvagho,?a. Tibetisch und Deutsch (Leipzig 1926). 6 Kritische Ausgabe und Ubersetzung des Saundaranandakavya von E. H. Johnston (London 1928-1932). Ausgabe auch von M. Haraprasad Siistrl (2. Aufi., Calcutta 1939) in der Bibliotheca Indica. Vgl. B. Bhattacharya: A,5vaghosa, a Critical Study of His Authentic Kavyas (Siintiniketan 1976). 7 K. Gjellerup: Das Weib des Vollendeten. EiIl Legendendrama (Leipzig 1921). 8 Ausgaben der Jatakamala von H. Kern als Bd. 1 der Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.] 1891, Neudruck 1943) und von P. L. Vaidya (Darbhanga 1959). tTbersetzungen von J. S. Speyer als Bd. 1 der Sacred Books of the Buddhists (London 1895, Neudruck Delhi 1971, 1982 und 1990); ins Italienische: Storia della tigre e altre delle vite anteriori dei Buddlla von R. Gnoli (Bari 1964). Ausgabe der Buddhastotras des Mat~·ceta von D. Schlingloff (Berlin/DDR 1968). 9 Die Vajrasflclwurde bereits 1829 von B. H. Hodgson in Bd. 3 der Transactions der Royal Asiatic Society iibersetzt. Diese Ubersetzung ist auch enthalten in der Ausgabe von L.
Die buddhistische SanskI'it-LiteI'atur
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Wilkinson (1839). Weitere Ausgaben und Ubersetzungen: von A. Weber in den Abhandlungen der PreuBischen Akad. der '''Tiss. zu Berlin (1859) und von S. Mukhopadhyaya (Siintiniketan 19}56).
10 Ausgabe des AvadanaSataka von J. S. Speyer (St. Petersburg 1902-1909, Neudruck Den Haag 1958). Franzosische Ubersetzung von L. Feer (Paris 1891). 11 Ausgaben des Divyavadan a von E. B. Cowell und R. A. Neil (Cambridge 1886, Neudruck 1969) und von P. L. Vaidya (Darbhanga 1959). Teiliibersetzung von H. ZiITlmer: Karman. Ein buddhistischer Legendenkranz (Miinchen 1925). 12 Ausgabe der Ava.danakalpalata in zwei Banden von P. L. Vaidya (Darbhanga 1959). Teiliibersetzung von N. C. Das (Calcutta 1895).
b) Die Literatur des Mahayana Hlnayana und Mahayana konnen im Grunde genommen literarisch nicht scharf voneinander abgegrenzt werden. Gerade einige del' grof)ten Werke, wie del' Lalitavistara odeI' das Divyavadana, nehmen eine ausgesprochene UbergangssteHung ein. Lagen die Wurzeln diesel' Werke im Hinayana, so haben wir sie dart besprochen. Einige Avadanas werden jetzt aberaHgemein zur MahayanaLiteratur geziihlt. Dazu gehoren neben anderen die Kalpadrumavadanamala, die Ratnavadanamala und die Asokavadanamala. Stilistisch iihneln diese Werke sehr den Puralfas. Da sie inha.ltlich kaum Neues bieten, brauchen wir hier nicht weiter auf sie einzugehen. Die Mahayana- Literatur im engeren Sinne 1 beginnt mit den Mahayanasutras 2 . 1m Rahmen del' altindischen Literaturgeschichte konnen diese keinen hohen Rang behaupten; unvergleichlich grof)er abel' ist ihre Bedeutung fUr die Kulturund Religionsgeschichte. Denn wiihrend es das Hinaya.na war, auf dessen Grundlage die EinfUhrung des Buddhismus nach Sri Lanka und Hinterindien VOl' sich ging, so erfolgte die buddhistische Beeinfiussung und teilweise sogar Umfarmung del' ideologischen Strukturen Nepals, Tibets, del' Mongolei, Chinas, Kareas und Japans im Gewand des Mahayana. 3 Das Mahayana verfiigt iiber keinen eigenen Kanon, sondern hat seine Ideen aus denen des Hlnayana weiterentwickelt. Freilich ist dabei del' eigentliche Buddhismus bis zur Unkenntlichkeit entstellt worden. Die eben erwiihnten Mahayanasutras - gewohnlich ziihlt man deren neun auf - gehen, obwohl am Anfang del' Mahayana- Literatur stehend, hierin schon sehr weit. Diese auch als Vaipulyasutras bezeichneten vVerke beschreiben als Schaupliitze des Geschehens die bereits aus dem Pali-Kanon bekannten; mitunter gehen sie auch dariiber hinaus, indem sie etwa Lallka (Ceylon) erwiihnen. tTber die absolute Chronologie del' Mahayanasutras sind wir insoweit im klaren, als diese \Verke ins Chinesische iibersetzt wurden und man den Zeitpunkt diesel' Ubersetzungen mit ziemlicher Genauigkeit kennt. Bei mehI'eI'en von ihnen liisst sich wahr-
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scheinlich machen, dass die Ubersetzung schon recht bald nach ihrem Entstehen erfolgte. So kann man immerhin mit einiger Sicherheit behaupten, dass die Mahayanasutras zwischen dem 2. und deln 6. Jahrhundert geschaffen worden sind. \Venig befriedigend sind dagegen noch unsere Kenntnisse von del' relativen Chronologie diesel' Werke. Uberhaupt sind dieselben erst im 20. Jahrhundert naher bekannt geworden und bieten del' Forschung noch vielerlei ungeloste Fragen. Das fUr das Verstandnis del' ideologischen Grundlagen diesel' Literatur wichtigste Mahayanasutra ist das Sa.ddhanl1apUl;IJja.rlka. ("Lotos des guten Gesetzes").4 Dieses beruhmte \Verk darf als eines del' klassischen Bucher des Mahaya.na-Buddhismus gelten. In ethischer Hinsicht erhebt es sich uber die Ideen des ursprunglichen Buddhismus. Galt diesem die individuelle Erlosung alles, so ist dem Mahayana gerade del' Verzicht auf die eigene Erlosung zugunsten del' Erlosung anderer das HOchste. 1m Mittelpunkt del' MahayanaEthik steht also die Kategorie des Mitleids, haufig allerdings in iiberspannter \Veise und mit abstrusen Konsequenzen, wie bereits Beispiele, etwa aus del' Jatakamala (vgl. S. 311), lehrten. Tendenzen aus dem Lalitavistara finden sich im Sa.ddharmapUT}cja.rlka dergestalt wieder, dass hier die Ewigkeit del' Existenz des Buddha verkundet wird; es ist also nur eine Art Spiel, wenn Buddha vorgibt, er gehe in das Nirval}a ein. Diese Vergottlichung des Buddha schlagt dann dialektisch in ihr Gegenteil, namlich in eine Verfiachung des Buddha-Begriffes, um, indem jedem Individuum die Fahigkeit zuerkannt wird, selbst ein Buddha zu werden. Dazu qualifiziert bereits die hingebungsvolle Verehrung Buddhas, ja schon eine einzige gute Tat - Thesen, die fur den Hang des 1\1ahayana zu Ubertreibung und Ma£losigkeit typisch sind. Diese Ma.£losigkeit zeigt sich nicht zuletzt im Stil des Saddha.rmapuIJcjarlka, del' sich in grenzenloser Weitschweifigkeit und in ermudender Fulle von Wiederholungen gefiiJlt. Hatten wir den Wiederholungen im Dlghanikaya und Majjhimanikaya als Stilmittel eine bestimmte \Virksamkeit zuerkannt, so verkehren die Mahayanasutras in diesel' Hinsicht weitgehend Vernunft in Unsinn und Wohltat in Plage. Die auch hier nicht fehlenden edlen und erhabenen Gedanken werden von dem \Vortschwall, rnit dem sie vorgetragen werden, geradezu erstickt. Dabei ist del' ethische Grundgehalt des SaddharmapuIJcjarlka durchaus nicht niedrig. Verschiedentlich werden die ethischen Lehren im Gewand ergreifender Parabeln vorgetragen. So wird del' Buddha mit einem Arzt verglichen, del' berufen ist, die Menschheit yom Leide zu befreien, und besonders gern bezeichnet man ihn als Augenarzt, del' die Blinden, im Leid Verstrickten, sehend macht. An anderer Stelle wird hervorgehoben, dass Buddha HiI' das Heil del' Menschen sorgt wie ein liebender Vater flir seine Kinder. Eine Geschichte erinnert an die biblische Legende yom verlorenen Solm (doch ohne dass daraus auf Beeinfiussung in del' einen odeI' anderen Richtung zu schlieBen ware). Leider sind es immer wieder
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die fTbertreibungen und del' Gebrauch phantasieentsprossener Epitheta und Zahlen, die jeden positiven Eindruck alsbald wieder zunichte machen. Neben del' durchgangigen Vergottlichung des Buddha steht im Kapitel14 seine Tatigkeit als Magier, eine Profanierung, die sich nul' aus dem Bestreben erklaren lasst, den Buddha eben in all und jeder Hinsicht als absolut vollkommen zu charakterisieren. Ubertrieben und aufdringlich ist auch das Selbstlob, das sich das Sa.ddha.rmapuIJcjarlka spendet. 1m Kapitel 22 nennt es sich einen \Vasserbehalter fur den Durstenden, ein Feuer fUr den Frierenden, ein Gewand fUr den Nackten; es vergleicht sich mit einer Mutter, einem Boot odeI' mit del' Fad::el, die die Finsternis verbannt. W-er das SaddharmapUlfcjarlka. mit Zustimmung gelesen habe, del' dufte aus dem Mund wie eine Lotosblute und aus den GliedmaBen wie Sandelholz. Deutlich ist hieran die Beeinfiussung durch die brahmanisch-hinduistische Literatur und Gedankenwelt zu erkennen, beispielsweise durch die Pural.las. Abel' nicht nur diese haben auf die Mahayanasutras eingewirkt, sondern auch del' Hochgott-Theismus hat seine Spuren hinterlassen: entspricht die Vergottlichung des Buddha in vielem doch ziemlich genau del' Verherrlichung des KJ;f?l}a als Inkarnation des Vif?l}U, wie er etwa in del' Bhagavadglta ausgepragt ist. Del' Form nach ist das SaddllarmapUl.lcjarlka ein Gemisch aus Prosa und Gathas (Strophen). Die Sprache del' Prosa ist reines, die del' Gathas hybrides Sanskrit. Man nimmt an, dass die Gathas den Grundstock des \Verkes bilden. Wahrscheinlich gab es ursprunglich nur wenige Prosaeinschube, die im Laufe del' Zeit abel' erweitert wurden. Diese Auffassung erhalt eine wesentliche Stutze durch den Umstand, dass die Kapitel 21 bis 26, die sich deutlich von den ubrigen Kapiteln abheben, fast keine Gathas enthalten. \Vahrend das SaddllarmapUlfcjarlka. im wesentlichen dem Buddha selbst gewidmet ist, bilden den Gegenstand diesel' Spezialkapitel die Bodhisattvas, womit sich jene als jungsten Teil des Gesamtwerkes kennzeichnen. Del' Bodhisattva-Kult unterliegt ahnlich extremen Ubertreibungen wie del' des Buddha selbst. So schildert das Kapitel 24 die tiefgreifenden magischen \;\Tirkungen, die man durcll das Anrufen des Avalokitesvara - auf den noch zuruckzukommen sein wird - herbeifuhrt: Man kann sich auf diese \;\Teise vor jeglicher Gefahr schutzen, selbst vor del' Vol1streckung del' Todesstrafe; Frauen wiI'd del' \Vunsch nach Kindem erfullt und was dergleichen Mirakel mehr sind. Es wird somit deutlich, dass auch das Saddllanl1apUlf cjarlka aus alteren und jungeren Teilen besteht. Dennoch abel' sind Einheitlichkeit und innerer Zusarnmenhang erheblich starker ausgepragt als etwa beim j\f[ahavastu odeI' Lalitavistara. Diese beiden Werke gehoren einer ausgesprochenen Ubergangsphase an, die im Saddha.rmapUlf9a.rlka bereits Geschichte geworden ist. Del' Buddhismus ist jetzt endgultig in seine jungere Etappe eingetreten. Das zeigt auch del' Gehalt an Realien, den unser Text aufweist. Nicht nur die Ideologie hat sich
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stark gewandelt; ins Gewicht fallen jetzt auch die Beschreibungen sakraler Bauten, wie der buddhistischen KlOster, einschlieJ3lich ihrer Inneneinrichtung und Ausschmlickung, etwa mit Statuen. Das Sa.ddharmapU1;H;[a.rTka ist daher auch ein Denkmal der buddhistischen Kunstgeschichte. Fur die auf die Chronologie bezugliche Fragestellung sind diese Passagen insofern von Wichtigkeit, als sie einen hohen Entwicklungsstand buddhistischer sakraler Bautatigkeit erkennen lassen. Ein wertvolles Hilfsmitte1 ist auch hier wieder die Datierbarkeit der chinesischen Ubersetzungen. Die erste aus dem Jahr 223 ist verlorengegangen; die alteste uns erhalten gebliebene stammt aus dem Jahr 286. Ob, wie manche Forscher annehmen, der alteste Kern des SaddhannapuJ.l9arTka bis in das l. Jahrhundert zuruckweist, muss dahingestellt bleiben. Mit ziemlicher Sicherheit aber kann behauptet werden, dass die Hauptmasse des vVerkes um 200 geschaffen wurde. Ursprunglich war es nur in einer aus Nepal stammenden Rezension bekannt; spater sind im chinesischen Ostturkestan Texte gefunden worden, deren Eigenstandigkeit so graB ist, dass man die Existenz einer zweiten Rezension elnraumen Inuss.
des eigenen Selbst. Besser ist es, so wird gelehrt, eine Slinde zu begehen und ihre Folgen auf sich zu nehmen, als irgendein Lebewesen in seiner Erwartung zu enttauschen. Ava10kitesvara selbst ist Vorbi1d einersolchen LebensfUhrung. Er steigt sagar zu den Hallenbewohnern hinab und erlast sie von ihren Qualen, und er bringt die umherirrenden Totengeister und Gespenster zur Ruhe. Der IGralf9av.Yllha. schildert, wie der Avalokitesvara weite Reisen durch Indien und Sri Lanka unternahm, uberall das Ubel bannte und Segen stiftete. So befreite er einen Landstrich von einer schrecklichen Hungersnot. Selbst Insekten und \!\Turmer belehrte er liber die Ursachen ihrer inferioren Lage und uber die Maglichkeiten, eine gunstigere Wiedergeburt zu erlangen. Die Zeitstellung dieser metrischen Fassung durfte das 4. Jahrhundert sein. Eine Besonderheit del' Prasarezension besteht darin, dass ihr zweiter Teil ganz in den Bannkreis des Tantrismus geraten ist. Auf die spezifisch buddhistische Tantrik werden wir im Abschnitt uber die Vajraya.na-Literatur noch eingehen (s. S. 324); hier sei so viel gesagt, dass die mystische Formel Om ma.1.1ipadme hum in diesem Teil des Kara.1f9a.vyiiha eine bedeutende Rolle spielt. In Nepal und Tibet ist sie auch in del' Gegenwart noch in Gebrauch.
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Hatte das Sa.ddllarmapuJ.l9arTka. vorwiegend die Eulogie des Buddha zum Thema, so sind die folgenden Maha.yanasutras der Verherrlichung des Bodhisattva in verschiedenen Aspekten beziehungsweise Personifikationen gewidmet. Held des IGira.1f9avyiiha (der auch Karalf9a.vyiihaslltra genannt wird) ist der Buddha Ava10kitesvara, "der (freundlich) herabblickende Herr":5 Von diesem Werk gibt es zwei Fassungen: eine altere, die in Prosa gehalten, und eine jungere, die in 810kas abgefasst ist. Letztere demonstriert besonders deutlich, wie sich der Buddhismus nunmehr in sein Gegenteil verkehrt hat. Gegenuber dem ursprunglichen Buddhismus, der zwar die "vorgefundenen" vedischen Gatter nicht leugnete, ihnen jedoch nur eine sekundare Rolle zugestand und im ubrigen auch ohne diese Gatter ausgekommen ware, haben sich jetzt, in der jungeren Version des IGra.1f9avyiiha, die hinduistischen Einflusse vall durchgesetzt und einen - ursprunglich also ganz widersinnigen - buddhistischen Theismus kreiert: Ein Adibuddha ("Ur-Buddha") gilt als Schapfer der Welt. Danach wird eine skurri1e Folgeschopfung postuliert, die wieder an die Puralfas, abel' auch an einschliigige Passagen aus del' BflndaraJ.lyaka- und Cllandogya-Upani.,?ad erinnert: Aus dem Atem des Adibuddha entstand Avalokitesvara (den wir bereits aus dem 24. Kapitel des SaddharmapU1f9arTka. kennen); dessen Gliedern wiederum entsprassen die Gatter. Sonne und Mond entstanden aus seinen Augen, Mahesvara aus der Augenbraue, Brahman und andere Gatter aus seinen Schultern, Narayalfa aus seinem Herzen, SarasvatT aus seinen beiden Eckzahnen, die Maruts aus seinem Mund, die Erde aus seinen FuBen und VarUlfa aus seinem Magen. Auch dieser Text schwelgt geradezu in Stramen von Mitleid fur alle Wesen und von dem keine Hindernisse kennenden \!\Tunsch, zur Erlasung derselben beizutragen, und sei es unter Aufopferung
Einen anderen Bodhisattva, den Buddha Amitabha, verherrlicht ein weiteres Mahayanasutra, der Sukhava.tTvyiiha.. 6 Dieses in Sanskrit verfasste Sutra existiert in zwei Versionen von sehr unterschiedlicher Lange, die auch inhaltlich stark differenziert sind. Die Grund1ehre aus der liingeren Fassung besteht darin, dass man durch gute Taten und die Verehrung des Amita.bha (der auch den Namen Amitayus tragt) nach SukhavatT gelangt. Die in der kurzeren Version enthaltene Doktrin halt es dagegen fUr ausreichend, in hingebungsvoller Liebe an den Avalokitesvara zu denken. Diese Ideenfolge sichert die relative Chronologie: Der kurzere Text ist der spatere und darf als Auszug aus der langeren Fassung angesehen werden. \!\Tas abel' ist nun die SukhavatT? Auch diesel' Begriff ist imGrunde genommen ein ganz unbuddhistischer. Dem a1ten Buddhismus galt (wie S. 264 ausgefuhrt) es als hachstes Ziel, durch Uberwindung des "Durstes" und des "Anhaftens" , also aller Begierden und Neigungen, durch die Erkenntnis vom transitorischen Charakter der \!\Telt und des Menschen1ebens und der dadurch gegebenen Ursache des Leides, von \!\Tiedergeburten frei zu werden und in einen qua1itats10sen, durch irgendwelche Attribute nicht zu beschreibenden Zustand, das NirvaJfa, zu gelangen. Vollkommen verschieden von dieser Nirva.lfa- Konzeption ist die Vorstellung von einer SukhavatT, die man am besten a1s eine Art Paradies bezeiclmen kann und in der der Buddha Amitabha thrant. Karl Gjellerup hat dieses Paradies mit einer glucklichen Verbindung von Sachkenntnis und dichterischer Intuition beschrieben. 7 Hier gibt es nichts Ub1es und Bases, weder Holle noch Tad, wedel' Geister noch Totengespenster. Herrliche, mit Juwe1en geschmuckte Biiume ragen uber die ebene Landschaft, die ihrerseits von Diiften
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DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
Die buddhistische Sanskrit- Literatur
erfiillt ist. Sphiirenmusik durchtont die Liifte. Die Nacht ist aus dem Paradies verbannt; ewig herrscht strahlende Helle. Zwischen Gottern und Menschen bestehen keine Unterschiede mehr. Alle \Vesen thronen auf Lotosbliiten, und alle erfreuen sich ewiger Seligkeit. Die alteste chinesische Ubersetzung del' langeI'en Fassung erfolgte zwischen 147 und 186, wahrend die kurze Version im Jahre 402 iibersetzt wurde. Beide Versionen haben eine tiefgreifende und nachhaltige kulturgeschichtliche Auswirkung gehabt, indem sie die literarische Basis des chinesischen und in noch starker ausgepragtem .i\1aBe des japanischen Buddhismus wurden.
die Ai?tasahasrika, herausY Nach mehrfachen Kiirzungen und Erweiterungen umfasst das \Verk jetzt 32 Kapite1.Sie geben Dialoge des Buddha m.it seinen Anhangern SubhiJti und Sariputra sowie mit dem Gotterkonig Sakra (del' mil dem Sakka des Pali-Kanons und dem Indra des Veda identisch ist) wieder. Auch hier ilberschreiten Weitschweifigkeiten und \Viederholungen das MaB des Ertrag1ichen.
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Ein Begriff, den wir bereits aus dem Ca.riyapita.ka kennen, erhiilt in der Mahaya.na- Literatur eine zentrale Position: Es ist die paramit;a. Man kann dieses \Vort mit "Qualitat" odeI' auch mit "Vollkommenheit" iibersetzen. Die buddhistische Literatur zahlt sechs solcher Paramitas auf. s Als wichtigste von ihnen gilt prajiia, also das Wissen beziehungsweise die Erkenntnis. Von ihnen hande1n 9 die religions- und philosophiegeschichtlich wichtigen PrajnapaTamitasutras. Diese verkiinden, kurz gesagt, die Lehre von del' sLll1yata, das heiBt von der "LeeTe" del' ganzen \Ve1t. \Vir werden auf den phi10sophischen Aspekt dieser Doktrin noch zuriickkommen und bemerken einstwei1en nur, dass sie eine extreme Auspragung des subjektiven Idea1ismus darstellt. In sophistischen Argumentationen wird die ·Welt a1s Illusion und Schein (maya) bezeichnet. Die Abkehr von den Ideen des urspriing1ichen Buddhismus tritt hier in aller Krassheit zutage und miindet in eine vollsta.ndige Negation derse1ben. Denn nicht nur die \Velt und die sie bewohnenden \Vesen werden a1s Maya aufgefasst; auch das Nirval)a gilt jetzt a1s eine b10Be traumhafte Illusion, und schlieBlich ist se1bst der Buddha nur eine solche! So heiBt es im dreizehnten Kapite1 der Vajracchedika ausdriick1ich, dass es eine von Buddha verkiindete Lehre nicht gebe. lO Was die Form an1angt, so greifen die Prajnaparamitasutras alte Uberliefe rungen auf. Dazu zah1t vor allem der Dialog: Der Buddha spricht mit Schii1ern, wie Sariputra, oder mit Bodhisattvas. A1s Sutras sind diese Werke in Prosa gehalten. Hinsichtlich der Zeitstellung ist zu bemerken, dass die friiheste chinesische {Jbersetzung im Jahre 179 vollendet wurde. Die ersten Jahrhunderte nach der Zeitenwende waren also die Entstehungszeit auch dieser Literatur. c
Die Prajnaparamitasutras hu1digen der gleichen Umstand1ichkeit und Weitschweifigkeit, wie man sie auch sonst in der Literatur des Mahayana findet. Obwoh1 in Prosa gehalten, pfiegt man die Lange der einzelnen \Verke dennoch in Slokas anzugeben. Da ein Sloka bekannt1ich aus vier mal acht Si1ben besteht, werden jewei1s 32 Si1ben a1s ein Sloka gerechnet. Es gibt Prajnaparamitasutras, die aus 300, 500, 700 und 800, und andere, die aus 2500, 8000, 10000, 18000, 25000 und sOO'ar 100000 Slokas bestehen, also den Umfang des Mahabharata b , erreichen! Unter ihnen ragt durch re1ativ hohes Alter ein \Verk mit 8000 Slokas,
Auf einige del' bekanntesten hierher gehorenden \Verke wollen wir noch kurz eingehen. Das Da.sabhumikasLltra befasst sich mit den zehn Stufen oder Etappen (bilumi), iiber welche die Buddhaschaft erreicht wird. 12 Das iiberwiegend in Prosa gehaltene \Verk greift nl.it seiner LeIwe von den zehn Stufen auf entsprechende gedankliche Vorformen aus dem ]\I[ahavastu und dem La1itavi8ta1"3 zuriick. 1m Jahre 297 wurde das Da.sabhumikasiitra ins Chinesische iibersetzt. so dass die zweite Riilfte des 3. Jahrhunderts als Entstehungszeit des \Verkes angesehen werden kann. Eine Samm1ung chinesischer und tibetischer lJbersetzungstexte, die den zusammenfassenden Namen Ratnakuta ("Juwelenberg") fUhrt, umfasst 49 einzelne Sutras. Unter ihnen befindet sich das wichtige Ka~yapaparivarta.n In einem Dialog be1ehrt Buddha den Kasyapa iiber die Leere (sun.vata) der Welt. Das \Verk besteht aus Versen und Prosa, wobei erstere den Inhalt der 1etzteren wiederholen und zusammenfassen. Einen weiteren Teil des Ratnakuta bi1den die in Form der Beantwortung von Fragen abgefassten Stiicke (parip~'ccha). Unter ihnen verdient besonders die Rai?trapaiapa,Tip~'ccha Erwahnung. 14 Del' erste Teil dieses \Verks hat dogmatischen Charakter. Buddha beantwortet die Fragen des Ra~trapala nach den bei einem Bodhisattva zu erwartenden beziehungsweise fUr ihn erforderlichen Eigenschaften. Von groJ3em Interesse ist diesel' Teil durch eine Prophetie von erstaunlichem Realismus. Del' Untergang des Buddhismus durch den moralischen Verfall seiner Anhanger wird hier angekiindigt. Die Monche werden hochmiitig und scham10s; sie ergeben sich dem Trunk, und obwoh1 sie in \Vorten heuchlerisch Keuschheit predigen, werden sie in \Vahrheit zu \Veiberfreunden. Der zweite Tei1 des Werkes verarbeitet Themen aus den Jatakas. Eine chinesische Ubersetzung del' Ra,"}trapaiap~'ccha ist zwischen 58.5 und 592 angefertigt worden. Beriicksichtigt man den aus del' erwahnten Prophetie hervorgehenden Verfallsgrad des Monchsordens und das niedrige Niveau der Sprache dieses \Verkes, so drangt sich die lTberzeugung auf, dass letzteres nicht vie1 alter als die chinesische Ubersetzung sein kann. Fiir die Geschichte der Phi10sophie - wir werden darauf noch kurz zuriickkommen - nicht ohne Bedeutung ist das Lalika,ratarasiitraY Es enthiilt die Doktrin von del' Leere (siinyavada) in einer modifizierten Form, die als Vijnanavada bekannt geworden ist. Auch hier wird das Vorhandensein jedvvedel' objektiven Realitat verneint, aber dem Bewusstsein wird eine subjektive Realitiit zuerkannt. Die fruheste Ubersetzung ins Chinesische stammt aus dem
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DIE
BUDDHISTISCHE LITERATUR
Jahre 443. In dieser Ubersetzung fehlen die Kapitell, 9 und 10; diese sind dem Werk also wahrscheinlich erst spater angefUgt worden. Allerdings ist der Text auch sonst in keinem guten Zustand. Es uberwiegt die Prosaform; verschiedentlich sind auch Giithas eingestreutj das letzte Kapitel enthalt ausschlie£lich Gathas. Schon das erste Kapitel ist so ahistorisch und anachronistisch wie maglich: Es wird berichtet, dass Buddha mit dem uns aus dem Ramaya.I,Ia bekannten DamonenfUrsten Raval.w auf Lallkii (Ceylon) zusammengetroffen sei! Da.bei lube Buddha dem RaVal,la den Unterschied zwischen rechter und falscher Lehre aufgezeigt. Im zweiten Kapitel finden sich interessantere Themen, die auch fUr die Kulturgeschichte nicht ohne Bedeutung sind. Rier ist es der Bodhisattva Mahamati, der dem Buddha uber hundert Fragen von recht verschiedener Art vorlegt. Diese Fragen beziehen sich auffallenderweise nicht nur auf den buddhistischen Gesichtskreis. Buddha beantwortet sie, wobei er teilweise uber die ihm gestellten Fragen noch hinausgeht. So konllnt er unter anderem auf geographische und medizinische Problerne zu sprechen. Die Kapitel 2 bis 7 sind philosophischen Erarterungen gewidmet, die uns spater noch beschaftigen werden. Interessant ist das Kapitel 3 mit seiner massenhaften Aufzahlung von Buddha-Namen. Im achten Kapitel erkennt man deutlich den Einfluss des Rinduismus: Hier wird mit auBerster Scharfe gegen das Verzehren von Fleisch polemisiert. Hierzu sei erganzend bemerkt, dass der Fleischgenuss zur Zeit der l.lksarnllita durchaus noch nicht verpant und offenbar auch noch in der Ara der Upani~aden ublich war. Erst bei der Umwandlung des Brahmanismus zum Hinduisnms kam gemaB der Konzeption von der Unverletzlichkeit (allimsa) insbesondere der Kuh das strikte Verbot des Fleischgenusses auf und drang dann auch in die buddhistische Ethik ein. Im LallkavataTasiitTa gilt das Essen von Fleisch fUr so verwerflich, als verzehre man seinen eigenen Solm. Kapitel 9 ven'at tantristischen Einfluss: Mit Hilfe einer Formel sollen Schlangendamonen und Geister gebannt werden. Das zehnte Kapitel enthalt einen philosophischen Extrakt in 884 Versen: Die gesamte Wdt gilt als unreal, und zum Beweis dieser These werden Argumente angefUhrt, die auch aus dem Lager des Vedanta hatten stammen kannen (wodurch einmal mehr der Einfluss des Vedanta auf den jungeren Buddhismus erwiesen wird). Dazu zahlt das bekannte Beispiel yom brennenden Holz: Lasst man ein solches brennendes Scheit durch die Luft kreisen, entsteht der Eindruck eines Feuerrades, das in Wirklichkeit nicht existiert. Ins Treffen gefUhrt werden auch die (oft ringartigen) Lichterscheinungen, die sich bei geschlossenen Augen manifestieren und die ebensowenig real sind. Wie schon bemerkt, fehlt dieses Kapitel in der chinesischen Ubersetzung von 443. Diese Tatsache und der Umstand, dass es die Guptas und besonders die Hunnen erwahnt, machen es wahrscheinlich, dass es erst um 500 entstanden ist. Die Hauptmasse des Lankl1vataTasiitTa durfte aber etwa 100 Jahre alter sein.
Die buddhistische Sanskrit-Literatur
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\Vir schlieBen diese Betrachtung mit einem kurzen Blick auf den Suvan;Ja]JTabllasa (" Goldglanz" ).16 Dieses Siitra lehrt Philosophie und besonders Ethik, wobei es zur Stutzung seiner Dogmen verschiedene Legenden anfuhrt. In einer derselben wirdjemand, der sich um den Erhalt einer Buddha-Reliquie bemuhte, dahingehend belehrt, dass ein solcher vVunsch ebenso unmaglich zu erfUllen sei wie der nach Kleidung aus den Haareneiner Schildkrate (der Text fUhrt hier noch eine ganze Anzahl anderer unmaglich zu bewerkstelligender Dinge an). Der Grund liege darin, dass der Buddha einen immateriellen Karper besessen habe! Die Dekadenz einer solchen Auffassung ist unubersehbar. Ansonsten steht der Suvama]JTabllasa. in ethischer Hinsicht auf dem von der Mahava.na. " Literatur gewohnten Niveau: Das vierte Kapitel postuliert nachdrucklich Mitleid und Nachstenliebe (maitTl). Im sechsten Kapitel finden wir die wiederholt zitierte Doktrin von der Leere der Welt. Von Interesse ist noch das dreizehnte Kapitel, das hier - an einer Stelle, wo man dergleichen nicht vermuten sollte - Regeln fUr die Aufgaben und Pflichten eines Kanigs aufstellt. Mit anderen Mahayiina-Werken teilt der Suvanfa]JTabhasa. den peinlichen Hang zum Selbstlob. An verschiedenen Stellen zeigt sich deutlich der Ubergang zur tantristischen Vajrayiina- Literatur.
Anmerkungen
1 Die grundlegenden Werke der Mahayana-Literatur sind in der Bibliotheca Buddhica enthalten, die von 1897 bis 1937 in St. Petersburg (Leningrad) in 32 Biinden erschien. Fur unsere Darstellung sind besonders die folgenden Biinde relevant (Nummern der Biinde in Klammern): Ra~!;rapalapariPJ;ccha(2), Avadanasataka (3), SaddharmapUl;Idarfka (10), Mahavyutpatti (13). 2 Zusammenfassung der Mahayanasutras im J'I;Iahayanasiitrasamgraha, ediert von P. L. Vaidya (Darbhanga 1961). 3 Zum Studium der Lehren und Geschichte des Mahayana-Buddhismus zu empfehlen sind u.a. W. M. McGovern: An Introduction to Mahayana Buddhism (London 1922); N. Dutt: Aspects of Nlahayana Buddhism (London 1930); M. Winternitz: Der J\1ahayana-
Buddhismus nach Sanskrit- und PrakJ;t-Texten (Tubingen 1930). 4 Ausgaben des SaddharmapUl;I1arfka von H. Kern und B. Nanjio in der Bibliotheca Buddhica (St. Petersburg 1908-1912) und von P. L. Vaidya (Darbhanga 1960). Ubersetzungen von E. Burnouf: Le Lotus de la bonne Loi (Paris 1852) sowie von H. Kern in Bd. 21 der Sacred Books of the East (London 1884, Neudruck Delhi 1980) und von L. N. Hurvitz York 1976). Studie von S. Levi (Paris 1925). Vgl. ferner die Arbeit von W. Baruch: Beitriige zum SaddlJarmapundarfka (Leiden 1938). 5 Ausgabe des Karat;J.1avyiiha(siitra) in seinen Prosateilen von S. V. Samasraml (Calcutta
1873).
DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
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6 Ausgabe des Sukhavatlvyiiha von M. Miiller und B. Nanjio (Oxford 188:3). Ubersetzung von M. :Miiller in Bd. 49 der Sacred Books of the East (Oxford 1894, Neudruck Delhi 1968) . 7 V gl. K. Gjellerup: Der Pilger Kamanita (Frankfurt/M. 1907, Neuausgabe Interlaken 1986). 8 Einen guten Einblick in die Gedankel1welt der PrajiiapararrliUi-Literatur vermittelt die Stl1die von M. Walleser: Prajiiaparamita, die Vollkommenheit der Erkenntnis (Gottingen
1919) . 9 Wesentliche Beitrage znr Erforschung der Prajiiaparamita-Literatnr hat E. Conze geleistet. Eine Ubersicht gewiihrt seine Monographie: Tlle Prajiiaparamita Literature (Den Haag 1960). Ebenfalls von COllZe sind die Materials for a Dictionary of the
Prajiiaparamita Literature (Tokyo 1967). 10 Al1sgabe der Vajracchedika von J'V!. Miiller (Oxford 1881) und Ubersetzung von demselben in Bd. 49 der Sacred Books of the East (Oxford 1894, Neudruck Delhi 1968); Al1sgabe und Ubersetzung auBerdem von E. Conze (2. Aufl., Rom 1974). 11 Ausgabe der Ai?tasahaBrika von R. L. Mitra in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1888). lJbersetzung von E. Conze (1958). Teiliibersetzung: Prajiiapa.ramita, die Vollkommenheit
der Erkenntnis von M. Walleser (s. Anm. 8). 12 Ausgabe des Da;3abhiimikasiitra zusammen rIlit einer Ubersetzung des siebenten Kapitels von J. Rahder (Utrecht 1926). Ubersetzung der ersten sechs Kapitel von 1. de la ValleePoussin in: Le Museon, 26,29,30 (Lowen 1907, 1910, 1911). 13 Ausgabe der Sanskrit-Fragmente des Kaiyapaparivarta von A. von Stael-Holstein (Shanghai 1926). Ubersetzung des sanskrit-tibetischen Textes mit UInJassender Untersuchung des Inhalts von F. Weller in den Abhandlungen der Sachs. Akad. der Wiss., Phil.-lEst. Kl., Bd. 57, Heft 3 (Berlin/DDR 1965). 14 Ausgabe der Rai?frapalaparipJ;ccha von 1. Finot (St. Petersburg 1901). Ubersetzung von
J. Ensink (Zwolle 1952). 15 Ausgabe des Laitkavatarasiitra von B. Nanjio (Kyoto 1923). Ubersetzung von D. T. Suzuki (London 1932). Umfassende Studie gleichfalls von D. T. Suzuki, die besonders dem Einfluss der Lehren des Laitkavatarasiitra auf die Entwicklung des japanischen ZenBuddhismus nachgeht (London 1930, Neudruck London 1972). 16 Ausgabe des SuvanJaprabhasa von B. Nanjio und H. Idzumi (Kyoto 1931).
c) Die Literatur des Vajrayana Unter dem Oberbegriff der Vajrayana-Literatur fasst man der Einfachheit halber verschiedenartige Produkte des spatbuddhistischen Schrifttums zusammen. Vajrayanaim engeren Sinne - wir kommen darauf noch zu sprechen - ist die Literatur des buddhistischen Tantrismus. Bei der Besprechung der hinduistischen Tantras (s. S. 125) hatten wir auf die Tatsache hingewiesen, dass es auch einschlagige buddhistische 1mitationen gibt, wie zum Beispiel das Svayambhi'i-Tantra oder Svayambhu-Purar,/a. Es
Die buddhistische Sanskrit-Literatur
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handelt sich dabei jedoch nicht um ein Pura1.la, sondern um ein J\lahatmya. 1 Svayambhu bedeutet "durch sich selbst existierend" und ist ein Epitheton des Gottes Brahman._Deutlich zeigt sich hieran, dass der Buddhismus seine ideelle Selbststandigkeit damals schon weitgehend verloren hatte und dass der Prozess der Amalgamierung mit dem Hinduismus weit fortgeschritten war. Das vVerk wendet sich vorwiegend an Pilger, die die buddhistischen Heiligtumer von Nepal aufsuchen wollten, indem es diese, auch unter Anfiihrung relevanter Legenden, glorifiziert. Von diesem Maha.tmya gibt es nicht weniger als fiinf Rezensionen, die jedoch untereinander nur unwesentlich differieren. Neben Mahatmyas sind es die Stotras (Hymnen, Lobgesange), die ITlan zum Vajrayana im weiteren Sinne ziihlt. Von ahnlichen literarischen Produkten des Vi~l.luismus und Sivaismus sind sie durch die Anfuhrung von Namen aus dem buddhistischen Bereich fast nur noch formal geschieden. Einige von ihnen reichen in etwas altere Zeit zuruck und behaupten als vVerke der Kunstdichtung einen nicht unbedeutenden Rang; dazu zahlen besonders die Hymnen des Mat~>ceta, von denen bereits die Rede war. 2 Die spateren Stotras sind eng mit dem buddhistischen Saktismus verknupft. Es sei daran erinnert, dass im hinduistischen Tantrismus den Hochgottern als weiblich vorgestellte sogenannte "Energien" beigesellt wurden, beispielsweise dem Siva die Parvatl. 1m Laufe der Zeit uberwuchert dann der Kult dieser weiblichen Pendants den der Hochgotter. Eine solche Entwicklung ist auch im Vajrayana zu beobachten. Hier wird gleichfalls dem Buddha ein weibliches Prinzip an die Seite gestellt. So ist seit dem 6. Jahrhundert ein Kult der in mehreren Aspekten auftretenden Tara bekannt, die das Gegenstuck zum Avalokitesvara darstellt. Eine ihrer Erscheinungsformen ist die als Kranztragerin (Sragdhara); dieser ist ein Sragdllara-Stotra gewidmet, das Sarvajiiamitra in Kashmir in der ersten Halfte des 8. Jahrhunderts verfasst hat. 3 Andere Stotras richten sich an die Bhagavatl, eine weitere Form der Tara. Eine weitere literarische Gruppe des Vajrayana sind die Sammlungen von Zauberformeln (Dharal.ll). Magische Praktiken spielten seit den altesten Zeiten in 1ndien eine gro:Be Rolle, so zum Beispiel im Atharvaveda und im SamavidllanaBrahmal;1a. Gerade die Brahmal.la-Literatur mit ihren Spekulationen uber das Opfer beruht auf einem magischen Weltbild. Auch der fruhe Buddhismus war ohne magische Formeln (im Pali parit;ta genannt) nicht ganz ausgekommen. Es nimmt daher nicht wunder, dass der spate Buddhismus - gerade in Nordindien und in Nepal umgeben von hinduistisch-tantrischen Praktiken - in verstarktem Ma:Be auf Zauberhandlungen zuruckgriff. Die Dharal.lls haben aber nicht nur jahrtausendealte Vorlaufer, sondern weisen auch in sich eine recht bedeutende Tradition auf. Sie gehen namlich bis auf das 2. Jahrhundert zuruck, indem ursprunglich durch ihre Kurze geeignete Praji'iaparamitasutras als Dharal.ll Verwendung fanden. 4 Die neue Literatur-
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DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
gattung, wenn man sie als solche bezeichnen darf, breitete sich dann ziemlich schnell aus und fand auch in groBe, als besonders heilig geltende \Verke Eingang, beispielsweise in die Kapitel 21 und 26 des Saddh arm ap UI,l Qarfka. Die Anwendungsbreite der Dharal).ls war ubrigens gegenuber den Mantras des Atharvaveda begrenzt und beschrankte sich weitgehend auf das Gebiet der Abwehrzauber. Sie waren also gedacht als Mittel gegen Damonen und die von diesen ausgehenden schadigenden Einfiusse, gegen Krankheiten, Vergiftungen und Schlangenbisse. Schadigungszauber spielen gar keine Rolle, dagegen kommen hin und wieder \Vunschzauber vor. So sallen die DharaJ:.lls dazu dienen, eine gunstige \Viedergeburt, etwa im buddhistischen Paradies Sukhavatl, herbeizufUhren. Ja, eine Schwangere ist mit Hilfe der Dharal).ls sogar imstande, das Geschlecht des Embryos nach ihrem \\Tunsch einzurichten. Der Form nach sind die DharaJ:.lls Spruche, die an den Buddha sowie an Bodhisattvas oder an weibliche Gottheiten gerichtet werden. In ihrer formelhaften Pragnanz erinnern sie zuweilen an bestimmte Opferformeln aus dem Yajurveda. Verschiedentlich kommen aber, wie in manchen AraJ:.lyakas, auch mehrfach hintereinander gesprochene mystische Silben vor, wie zum Beispiel java, jivi, juvu, pha,f, 11rum. Eine bestimmte Sammlung von fUnf DharaJ:.lls wird als "fUnffaltiger Schutz" (Pai1carak~a) bezeichnet. Die GaI,lapati-Dhara1;f weist schon durch ihren Namen auf die Beeinfiussung durch den Hinduismus hin. Es gibt noch viele andere solcher Einzelwerke und Sammlungen, die aus literaturgeschichtlicher Sicht jedoch nicht der Erwahnung bedurfen. Dagegen darf nicht verschwiegen werden, dass die kulturgeschichtliche Bedeutung der DharaJ:.lls, besonders fUr die auBerindischen Lander des Mahayana-Buddhismus und damit fUr groBe Teile Asiens, nicht unterschatzt werden sollte. Der buddhistische Tantrismus ist die ideologische Basis der VajrayanaLiteratur im engeren Sinne. Hier werden verschiedenartige und teilweise divergente Stromungen in ein System gebracht: die magischen Praktiken, wie sie sich in den DharaJ:.lls niederschlugen, hinduistischer Saktismus, buddhistische Mahayana- Philosophie, volksreligiose Ideen und Kulte und andere mehr. Die wichtigste Komponente ist im buddhistischen wie im hinduistischen Tantrismus dieselbe: die Kreierung eines kOSlTlischen weiblichen Urprinzips und die Einbeziehung desselben in einen philosophisch-religios etwas muhsam fundierten, mehr oder minder orgiastischen Kult. Die essentielle Verwandtschaft beider Stromungen tritt auch dadurch zutage, dass sie eine Tendenz zur Esoterik zeigen, sich also den Besitz geheimer Lehren zuschreiben; auch hier wird man wieder an den Veda, namlich an die nur in der Abgeschiedenheit des indischen Urwaldes zu studierenden Aral).yakas, erinnert. Wie die Literatur des sivaitisch-hinduistischen, so ist auch die des buddhistischen Tantrismus noch unzureichend erforscht; auch sind gewiss bei weitem noch nicht alle einschlagigen \Verke ans Licht gezogen worden. Die Vajrayana-
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Literatur bidet ihren Erforschernnoch ein weites unbebautes Feld. Der Terminus vajra" der diese Ideologie und ihre Literatur kennzeichnet, hat in Indien eine gro£e, bis zum Beginn der vedischen Ara zuriickreichende Tradition. Vajra ist die Waffe des Indra, spater der Diamant und damit Symbol des Unzerstorbaren. Vajrayana bedeutet das diamantene, unzerbrechliche Fahrzeug, wobei Vajra hier, im buddhistischen Tantrismus, ein Euphemismus fiir Penis ist, ahnlich wie pa,dma (Lotos) ein solcher fiir Vagina. In den Weg zur Erlosung ist also ein Sexualkult einbezogen, ja dieser spielt in jenem die dominierende Rolle. Philosophisch geht diese Lehre davon aus, dass es eine sexuell determinierte 'Wesenheit (vajra.sattva) gibt, die als das All-Eine sich gleichzeitig in allen Wesen befindet. Es ist dies also ein Monismus, der an den des Advaita-Vedanta erinnert und sicherlich auch von dort in den spaten Buddhismus eingedrungen ist. Diese monistische Philosophie verbindet sich nun aus den obengenannten Griinden mit magischem Ritualismus und Erotik. Das Hauptziel des buddhistisch-tantrischen Kultes besteht darin, bestimmte iibernatiirliche Fahigkeiten und Vollkommenheiten zu erlangen. Diese fUhren den Namen siddhi und sind nur den in die mehr oder minder geheimen Kulte Eingeweihten zuganglich. Wer Siddhi erworben hat, ist imstande, seine Gestalt nach Belieben zu vergroBern oder zu verkleinern; auch das Fliegen gehort zu seinen Fahigkeiten. Die Erfullung eines jeden \Vunsches ist ihm gewiss. Die Menschen und selbst die GoUer hat er in seiner Gewalt. Er ist mit solchen Heilkraften ausgestattet, dass er alle Krankheiten besiegt; in der Tat besitzen wir Berichte dariiber, dass Tantras anlasslich der Erkrankung historischer Personlichkeiten rezitiert worden sind. Wer Siddhi besitzt, dem ist schlieJ3lich die Allwissenheit zu eigen. Bestimmte Tantras wollen salche Fahigkeiten vorwiegend durch rituelle Observanzen zu erlangen helfen. Auch dies ist in Indien durchaus nicht neu. Denn es war bekanntlich gerade der ritualistische \Verkdienst, von dem man sich in der BrahmaJ:.la-Zeit die Erlosung versprach und der spater im Lehrgebaude der Karmamlmfunsa zu einem philosophischen System erhoben wurde. Die einschlagigen Vajrayana-Schriften fuhren die Bezeichnung Kriya- Tantra. Einer ihrer bekanntesten Reprasentanten ist der jidikarmapradfpa. 5 Er besteht aus einem Grundtext, dem 1\1ula.sutra, und einem Kommentar. Das Werk enthalt eine Vielzahl praktisch-ritualistischer Regeln fur Anha,nger des Mahayana, die nach weiterer Vervollkommnung streben. Die Regeln reichen von ritualistisch verbraIl1ter Korperhygiene, wie dem Mundspiilen (das schon im vedischen Gopatha,-Brahmal;a eine Rolle spielt) und der Zahnpfiege, bis zur Vergabe von Almosen, zur Verehrung des Buddha und anderer durch Anlegung von Tempeln und Errichtung von Bildern und zu Meditationsiibungen. Eine wesentlich groBere Rolle spielt die Meditation in solchen Schriften, die unmittelbar die erwahnten Siddhi-Fahigkeiten anstreben und unter der Be-
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zeichnung Sadhana zusammengefasst werden. Drei Arten von magischen Praktiken sind es, die hier gelehrt werden: die Rezitation bestimmter Texte oder Silben (mantra), ge\visse Finger- und Handhaltungen (mudra) und endlich die Meditation selbst (dhyana). Letztere solI zur vollstandigen Identifizierung mit der jeweiligen Gottheit fUhren, deren Potenzen man sich anzueignen w{inscht. Nicht weniger als 312 Sadhanas enthalt die Sammlung Sadhanamala, wobei jedes Sadhana ein selbststandiges VVerk darstellt. 6 Abgefasst sind sie vielfach in Prosa, die mitunter mit Versen vermischt ist. Einige von ihnen bestehen ausschlieBlich aus Versen. Die Sprache ist ein sowohl hinsichtlich der Beobachtung der grammatischen Regeln als auch bezuglich des lexikalischen Bestandes ziemlich entartetes Sanskrit. Die Sadhanamala enthalt Stoffe, die bis ins 7. Jahrhundert zur{ickreichen. Die Kompilation selbst durfte in der ersten Halfte des 11. J ahrhunderts abgeschlossen worden sein. Nicht unerwahnt bleiben darf die Bedeutung, die die Sadhanas fur die indische Kunstgeschichte besitzen. Indem sie die Identifizierung mit einer Gottheit herbeifUhren sollen, sehen sie sich veranlasst, letztere genauestens zu beschreiben, und diese Beschreibungen wurden zum Ausgangspunkt einer ausgedehnten und beruhmt gewordenen Ikonographie. 7 Ubrigens sind als Verfasser von Tantras mehrfach auch Frauen {iberliefert. In der Kulminationszeit des Tantrisrnus tritt sein Hauptinhalt, der Kult bestimmter weiblicher Potenzen und "Energien", immer starker zutage. Dies wird nicht nur aus der Beeinflussung durch die hinduistisch-tantristische Umwelt verstandlich, sondern auch daraus, dass die Dharalfls und Sadhanas da selbstverstandlich ineffektiv - auf die Dauer nicht befriedigen konnten, wahrend man sich von orgiastischen Kulten zwar keine {ibernaturlichen Fahigkeiten, dafur aber immerhin Annehmlichkeiten anderer Art versprechen durfte. So kam es zur Bildung von Geheimgesellschaften mit einer entsprechenden Literatur (Guhyasamaja). Ein solches Beispielliegt im Tathagata-Guhya.samaja8 bereits fur das 7. Jahrhundert vor. Ihre Blute erreichten diese Geheimgesellschaften und ihre Kulte aber erst zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert unter der Herrschaft der Pala-Dynastie von Bengalen. \Vie in den tantristischen Zirkeln des Hinduismus geht es auch hier im Grunde um das Schwelgen in irdischen Genussen. Der Einfluss des Sivaismus wird dabei so groB, dass sogar der LingaKult in buddhistische Kreise Eingang findet! Die Tantras lassen es nicht beim Genuss von Fleisch und Alkohol bewenden, sondern erklaren, dass einzig und allein Gluckseligkeit (mahasukha) die Voraussetzung zur vollstandigen Erleuchtung sei. Das nur in tibetischer Ubersetzung vorliegende Srlcakrasa,mbharaTantra,9 in noch starker pointierter \Veise das CaJ.lQamaharo!?al;a-Ta.ntra,lO legen dar, dass eine solche Gluckseligkeit nur durch Frauen vermittelt werden kann. Nur auf dem \Vege der sexuellen Erotik kann man der sechs "Vollkommenheiten" teilhaftig werden. Daher wird taglicher Geschlechtsverkehr mit
Die buddhistische Sanskrit-Literatur
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h{ibschen, aber ordinaren Madchen (namlich aus der Calf<;lala-Kaste) vorge schrieben. Doch brechen wir hier ab, da ,vir ja nicht in den Tantrismus eindringen, sondern Lit@ra,turgeschichte betreiben wollen. c
Anmerkungen Ausgabe einer Rezension des Svayambhu-PuriiI.Ja von Haraprasad SastrI in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1894-1900). 2 Vgl. hierzu noch D. Schlingloff: Die Buddhastatras des
IvIiitJ;ce~a,
in: Abhandlungen der
Deutschen Akad. der IiViss. zu Berlin, Klasse fUr Sprachen, Literatur und Kunst, 1968, Nr. 2 (Berlin/DDR 1968). 3 Ausgabe des Sragdharii-Si;otra von S. C. Vidyabhui?ana (Calcutta 1908).
4 Vgl. J. W. Hauer: Die DhiiraI]l im nordlichen Buddhismus (Tiibingen 1927). 5 Ausgabe des iidikarmapradlpa von 1. de la Vallee-Poussin in: Bouddhisme, Etudes et Materiaux (Briissel 1898). 6 Ausgabe der Siidhanamiilii von B. Bhattacharyya in den Gaekwad's Oriental Series, 26 und 41 (Baroda 1925 bzw. 1928). 7 Hierzu vgl. die wichtige Studie von B. Bhattacharyya: The Indian Buddhist Iconographv !I!Iainly Based on the Siidhanas (Oxford 1924). 8 Ausgabe von Swanli Dwarikadas Shastri (Varanasi 1984). 9 Ausgabe des tibetischen Textes und Ubersetzung des ,5rTcakrasambhiira-Ta.ntra von K. D. Samdup in den Tantric Texts, 8 und 11 (London 1919). 10 Ausgabe und Ubersetzung der Kapitel 1-8 von C. S. George (New Haven 1974).
d) Die buddhistische philosophische Literatur Die anhand der literarischen Denkmaler nachgezeichnete Entwicklung des Buddhismus wies bereits im KathavattllU Tendenzen zur Umbildung der eigentlichen buddhistischen Ideologie auf. 1m Mahayana haben sich dann die \;\7esenszuge des Buddhismus so stark verandert, dass sie verschiedentlich in ihr Gegenteil umschlugen. Diese \;\7andlungen ,\Taren nicht nur negativer Art; in der Ethik ergab sich vielmehr durch die Blickrichtung auf die universale, nicht mehr nur die individuelle, Erlosung eine neue Dimension. An die Stelle des Arhat, des Heiligen durch sich und fUr sich, trat als Ideal der Bodhisattva, der im Interesse der Erlosung der Menschheit auf die individuelle Erlosung verzichtencle Anwarter auf die Buddhaschaft. Insgesamt aber kann man sagen, dass sich clas Mahayana zum Hlnayana etwa so verhalt wie cler Hinduismus zur Lehre der Upani~aclen. Philosophische Systeme im eigentlichen Sinne hat der Buddhismus erst in spaterer Zeit, also in der Ara des Mahayana, entwickelt. \AJesentliche Grundgedanken waren aber bereits im alteren Buddhismus, wie er irn Suttapitaka
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DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
Die buddhistische Sanskrit- Literatur
vorliegt, vorhanden. Nach del.' Zeitenwende wurden sie in mitunter allerdings sehr extremer vVeise ausgearbeitet, weiterentwickelt und in Systeme gebracht. Die beiden grundlegenden Prinzipien, auf denen alle buddhistische Philosophie fu£t, lauten: Alles ist an den Augenblick geknupft, also momentan (kl?aI,lika), und: Alles ist Leiden (dul!kha). Del.' erstgenannte Satz ist fur die Philosophie des Buddhismus besonders typisch. Er beinhaltet die Isolierung des einzelnen Moments unter Leugnung seiner Zugehorigkeit zu einem kontinuierlichen Ablauf, einem Zeitganzen. Diese Verahsolutierung del.' Bewegung und Entwicklung, das Nichtbegreifen einer dialektischen Einheit von Bewegung und Ruhe, von Dynamik und Statik, ist eine del.' schwachsten Stellen in del.' buddhistischen Philosophie. Sie fUhrt auch im raumlichen Sinne letztlich auf den Standpunkt del.' Leugnung del.' Inharenz: Es gibt nur Einzelnes, nicht abel.' Teile, die einem selbststandigen realen Ganzen inharieren.
Yasomitra dazu. Die fruheste chinesische Ubersetzung ist zwischen 563 und 567 angefertigt worden. Das Werk besteht aus 600 Karikas (Merkversen), die del.' Autor mit Hilfe €lines von ihm selbst stammenden Kommentars verdeutlicht. 2 Schwerpunkte sind Kosmologie, Ethik und besonders die Erlosungslehre. Das letzte Kapitel, das nicht in Versen abgefasst ist, befasst sich mit del.' Seelenlehre. Obwohl ein Werk del.' Sarvastivada-Schule, gewann del.' Abhidharmakosa auch innerhalb anderer buddhistischer Schulen gro£es Ansehen und genoss auch au£erhalb Indiens gro£e Autoritat und weite Verbreitung. Del.' Autor tritt mit Entschiedenheit besonders gegen brahmanische philosophische Schulen auf, vorwiegend gegen das Vaises;ika, in einem spateren speziellen vVerk auch gegen das Sa.rilkhya. In seiner spateren Lebenszeit wandte sich Vasubandhu unter dem Einfluss seines Bruders Asa£lga, auf den wir noch zuruckkommen werden, del.' vormals von ihm bekampften Mahayana.- Philosophie zu und schrieb eine gro£e Zahl von Kommentaren zu Mahayanasutras. 1m Alter von 80 Jahren solI er in Ayodhya verstorben sein.
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Die spa.tbuddhistische Philosophie umfasst vier Schulen. Von Ihnen gehoren zwei dem Hlnayana und zwei dem Mahayana an. Die ersten beiden halten die Au£enwelt fUr real existierend und erkennbar. Sie unterscheiden sich voneinandel.' im wesentlichen sie ledlgEch fUr erschlie£bar. Die Systeme des Mahayana dagegen etkennendie Au£enwelt als objektive Realitat nicht an. Eine del.' beiden Schulen sieht nur Psyche und Denken als real an, die andere auch diese nicht. Die Anhanger del.' ersten del.' beiden Hlnayana-Schulen hei£en Sarvastivadins oder Vaibhas;ikas. Diese Schule postuliert vier Grundelemente (mahabhuta): Erde, vVasser, Feuer und Luft. Diese Elemente gelten zwar als atomar strukturiert, werden abel.' eher als Krafte denn in substantiellem Sinne aufgefasst. Die Personlichkeit verfUgt uber Empfindung (vedana), Wahrnehmung (samjiia) , Gestaltungskrafte (samskara) und geistiges Bewusstsein (vijiiana). Ihr liegt abel.' kein konstantes Substrat zugrunde. Das Hauptcharakteristikum diesel.' Schule besteht darin, dass aIle Gegebenheiten (dharma) gewisserma£en auf zwei Ebenen existieren: Sie sind namlich in einem potentiellen vVesen (dharmasvabhava) und in dessen momentaner Manifestation (dharmalakl?al!a) ausgepragt. Etwas zugespitzt formuliert, lauft dies darauf hinaus, dass alles immer existiert, abel.' nur im jeweiligen Augenblick manifest wird. Selbst im Nirval:ta sollen die Dinge noch irgendwie existieren, obwohl ihre Erscheinungskraft fUr immer unterdruckt ist. Die Erreichung des Nirvalfa ist also nicht gleichbedeutend mit Vernichtung, sondern mit einer Art von Sterilisierung del.' Gegebenheiten. Beruhmtester Vertreter diesel.' Schule war zumindest in seinen jungeren 1 Lebensjahren Vasubandhu. Sein Hauptwerk, del.' Abhidharmakosa, ist im Sanskrit-Original verlorengegangen und liegt uns nur in den chinesischen und tibetischen Ubersetzungen Val.'; au£erdem besitzen wir einen Kommentar von
Die Anhanger del.' zweiten Hlnayana-Schule fUhren den Namen Sautrantika. \;\Tie die Vaibhas;ikas ihren Namen nach del.' Vibhas;a, dem Kommentar zum Abhidhammapitaka, tragen, so fUhren die Sautrantikas den ihren nach dem Suttapitaka. Abel.' del.' Unterschied beider ist nicht gro£. Die Sautrantikas treten durch das Dogma hervor, nach dem Realitat nur die Gegenwart, nicht abel.' Vergangenheit und Zukunft besitzt. Zwischen den Ansichten del.' Sautrantikas und den (noch zu erorternden) des ASallga stand del.' bekannte, aus del.' Schule des Vasubandhu stammende Philosoph Dignaga (Dinnaga). Er gilt als del.' eigentliche Begrunder del.' buddhistischen Logik,3 Gegenuber den materialistischen Erkenntnissen, wie sie von del.' brahmanischen Philosophie etwa im Nyayabhal?ya erreicht worden waren, gab Dignaga (etwa um das J ahr 450) eine idealistische Interpretation. Nach seiner Lehre gilt als wirklich nur die Kette del.' Augenblicke des Bewusstseins. Jeder Augenblick ist etwas vollig Einmaliges, niemals \;\Tiederkehrendes. An diese Kette von einmaligen Momenten tragt die Illusion ihre allgemein-abstrakten Begriffe heran. Diese Theoreme verblassen jedoch Val.' Dignagas Hauptleistung: del.' Vereinigung von Folgerung und Analogie und den von ihm aufgestellten Bedingungen fUr das Verhaltnis des Grundes zur Folge. Von den Werken des Dignaga ist nur del.' Nyayapravesa in Sanskrit erhalten. 4 1m ubrigen mussen wir uns auf tibetische Ubersetzungen stutzen. Die Auseinandersetzungen zwischen dem Nyaya-Vaises;ika-System und dem des Dignaga stellen eine wichtige Etappe del.' altindischen Phi10sophiegeschichte dar. 5 Eine vermitte1nde Stellung zwischen del.' Hlnayana- und del.' MahayanaPhilosophie nimmt ferner Dha.rmaklrti ein, del.' zwischen den Sautrantikas und den Yogacaras steht. In mancller Hinsicht fUhrt Dharmaklrti die Gedanken des Dignaga weiter. Als Erkenntnisquellen betrachtet er die Wahrnehmung und den Sch1uss. 6 Die Wahrnehmung besteht aus zwei Komponenten. 1m Aufnehmen
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Die buddhistische Sanskrit- Litel'atur
eines Gegebenen durch die Sinne liegt \Vahrheit, aber noch keine Erkenntnis; im Schaffen eines deutlichen Bildes durch Denken liegt Erkenntnis, aber keine objektiv-reale \Vahrheit. Dharmaklrti sieht das von den Sinnen erfasste Reale nur unter dem Blickpunkt des Momentanen. Das bedeutet: Ein Sein der Dinge wird geleugnet und nur Beziehungen werden anerkannt. Sein Hauptwerk ist der Nyayabindu ("Leitfaden der Logik").7 Wichtigster Kommentar dieses im 7. Jahrhundert entstandenen Buches ist der des Dharmottara aus dem 9. Jahrhundert. Dharmaklrti stellt sich als wesentliches Ziel, die Lehren des Dignaga gegen das Nyaya.varttika des Uddyotakara zu verteidigen.
ganz sicher, wer ihn verfasst hat; es konnte Asa11ga, aber auch Maitreyanatha gewesen sein. Das \Verk ist in Sloka- und Arya-Versen abgefasst und wird von einem Kommental' begleitet.
'Vir gehen nunmehr zur Besprechung der beiden maha.yanistischen Schulen uber. lEer ist zuniichst die Vijiianavada-Schule zu nennen, die spater allgemein unter dem Namen Yogacara ging. Ihr profiliertester Vertreter war der schon genannte Bruder des Vasubandhu, ASal1ga, dem Herkommen nach ein Brahmane aus Purui?apura, dem im heutigen Pakistan gelegenen Peshawar. Die Begrundung dieser Schule erfolgte um 350 oder etwas spater; sie ist aber nicht allein auf Asa11ga zuruckzufuhren, wie lange Zeit angenommen wurde, sondern geht hauptsachlich auf Maitreyanatha zuruck, der ein Lehrer und enger Mitarbeiter des Asa11ga gewesen sein diirfte. Nach der Ansicht des Yogacara hat Buddha von der Realitat der AuBenwelt nur aus Entgegenkommen gegenuber dem philosophisch nicht vorgebildeten Harer gesprochen; in Wahrheit habe nur vijiiana, das geistige Bewusstsein, ihm als Realitat gegolten. Eine reale AuBenwelt konne es unter anderem auch aus dem Grunde nicht geben, weil ein Subjekt-Objekt-Verhaltnis auch im Traum vorhanden ist, ohne dass den Traumbildern reale Objekte entsprechen. Alles, was auf der Dualitat von Erkenner und Erkanntem beruht, ist nach der idealistischen Auffassung Asa11gas Traum, Fata Morgana, Echo und Schatten. Jede auBere Realitat wird geleugnet; das anfanglose Nichtwissen (avidya) schafft die Elemente des Bewusstseinsstromes, aus denen das Denken seine Illusionsbilder kOIllbiniert. Hochste und gleichzeitig alleinige Realitat ist der reine, einheitliche, undifferenzierte Geist, die So-heit (tatllata). Erkenntnis uber diesen ist nur auf einem langen 'Veg, namlich uber zehn Stufen fUhrenden Yoga, zu gewinnen. lVlan sieht, wie diese Auffassung in die Nahe des monistischen Vedanta fUhrt. War seinerzeit der ursprungliche Buddhismus gegeniiber dem vedischen Opferritual, aber auch gegenuber wesentlichen Theoremen der Upanii?aden- Philosophie, die Antithese, so kommt er jetzt zur Synthese mit der brahmanischen Philosophie. Das Hauptwerk Asanga und damit der Yogacara-Schule ist das Yogacarabllfimisastra. 8 Es ist ein sehr umfangreiches Prosawerk, von dem jedoch nur ein kleiner Teil in Sanskrit erhalten ist. Der Autor lehrt die 17 "Stufen", uber die man schlieBlich zur Aufhebung der Karman-Folgen gelangt. Mehrere andere \Verke Asa11gas sind nur in chinesischen Ubersetzungen uberliefert. Ein weiteres wichtiges Buch der Yogaca.ra-Schule ist der J\1allayana.sfitralanlkara. 9 Es ist nicht
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Die zweite philosophische Schule des Mahaya.na, der ein noch \veit radikalerer Idealismus zugrunde liegt, ist der Sunyavada, auf den wir bereits verschiedentlich hingewiesen haben. Unloslich mit ihr verbunden ist der Name des Nagarjuna. Dieser war ein aus Sudindien stammender Brahmane, der im Ruf groBer Gelehrsamkeit wie auch Zauberkraft stand. Letztere benutzte er abel' dazu, sogar im koniglichen Palast die Frauen zu verfuhren. Er wurde mit einigen Kumpanen gefasst und abgeurteilt. Der Vollstreckung des Todesurteils entging er, indem er zum buddhistischen Monchsorden seine Zuflucht nahm. Als Zeitabschnitt seines Wirkens nehmen die meisten Buddhologen die zweite Halfte des 2. Jahrhunderts an, eine ziemlich wahrscheinliche, aber doch auch nicht schlussig bewiesene Konvention. Sidler ist dagegen, dass Nagarjuna nicht - wie man geglaubt hat - der Begrunder der Mahayana-Richtung uberhaupt gewesen ist, denn diese hat schon lange vor ihm bestanden. Wohl aber ist er der geistige Urheber der Lehre von der Leerheit, eben des Sunyavada. Nagarjuna vertritt eine Dialektik, die zunachst brillant scheinen mag, gegenuber den dialektischen Leistungen, wie sie sich etwa im Dlghanikaya und Majjhimanikaya auspragen, jedoch weit zurucksteht, da sie in das Prokrustesbett einer extrem idealistischen Beantwortung der Grundfrage del' Philosophie gezwangt ist. Diese subjektive Dialektik kulminiert in dem Satz, dass alle Begriffe korrelativ sind. Es gibt also nur einen Tag, weil es auch eine Nacht gibt. Kein Wort druckt eine absolute, vom Gegensatz unabhangige Realitat aus; es kann sich stets nur um eine relative RealiUit handeln. Das wahrhafte Sein muss aber unabhangig von einem anderen sein. Daher nennt Nagarjuna seine in Wahrheit auBerst extreme Lehre auch gern den "mittleren \Veg" (Madhyamika) und begriindet dies folgendermaBen: Da es, wie eben ausgefUhrt, kein wahrhaftes Sein gibt, gibt es also auch kein Nichtsein und ebenfalls kein Keines-voncbeiden-Sein. Die MadhyamikaLehre geht den mittleren \Veg zwischen den nach dieser Lehre nichtexistenten Extremen Sein und Nichtsein, das heiBt, sie anerkennt nur Korrelationen. Doch weiter. Da Nagarjuna Sein, Nichtsein und Keines-von-beiden-Sein negiert, negiert er faktisch alles, und ubrig bleibt nur - Leere (sfinyatva). Es gibt also keine AuBenwelt, abel' auch kein Denken. Auch das Absolute (also Buddha) ist nur relativ zu einem Relativen absolut; damit ist es als relativ absolut ebenfalls wertfrei und leer. Mit dieser Philosophie wird del' Buddhismus also endgultig ausgehohlt und sowohl des Buddha als auch des NirvaJ;la-Begriffs beraubt. Fur Nagarjuna gibt es auf seinem "mittleren 'Veg" kein Werden und Vergehen, kein ewiges Bestehen und keine Vernichtung, keine Einheit lind keine und sogar den Buddha und den buddhistischen Vielfalt. Da er abel' alles Erlosungsbegriff - negiert, kann er nur noch Meditation und Schweigen emp-
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fehlen. Doch sieht sich schlieBlich auch Nagarjuna mit den Bedingungen der Umwelt in ihrer Realitat konfrontiert ..Mit ihnen setzt er sich in ahnlicher Weise auseinander wie der Vedanta, dessen Einfluss die Madhyamika-Lehreja widerspiegelt. Nagarjuna konzediert also, dass man fur das praktische Leben die Illusion als real gelten lassen konne. Man lebt also gewissermaBen so, als ob das bestunde, was "in Vvahrheit" nicht vorhanden ist, ohne gleich einem Augenkranken die Illusion loswerden zu konnen. 10 Die Lehre dieses so extremen "Mittelweges" hat Nagarjuna in den Madhyamika-Karikas (die auch Madhyamika-Sutras genannt werden) niedergelegtY Es handelt sich um 400 Merkverse, die in 27 Kapitel eingeteilt sind und von einem Kommentar des Autors begleitet werden. Alle wesentlichen J\1aximen des Sunyava,da sind in diesen Karikas enthalten: die "Begrundung" der Madhyamika-Lehre als Mittelweg zwischen Sein und Nichtsein, der extrem-nihilistische Skeptizismus und die Unterscheidung einer hoheren und einer niederen Wahrheit nach dem Vorbild des Vedanta. Das Nirval).a wird mit dem Samsara gleichgesetzt. Die von Nagarjuna inaugurierten Lehren sind nach ihm von einer bedeutenden Anzahl von SchUlern und Nachfolgern fortgefUhrt worden. Sein Schuler Aryadeva ist der Verfasser des philosophischen Lehrgedichtes Catul].sataka. 12 Wie der Name schon sagt, finden sich hier 400 Merkverse; ihre Zahl entspricht also der der von Nagarjuna aufgestellten Karikas. Von dem Sanskrit-Original sind nur Fragmente vorhanden, so dass wir uns an die chinesischen und tibetischen Ubersetzungen halten mussen. Aryadeva durfte seine Verse etwa um das Jahr 250 verfasst haben. Er vertritt und verteidigt allenthalben die Positionen seines Leb-ers und polemisiert gegen entgegenstehende Lehren, so gegen materialistische Thesen aus dem Vaises;ika-System. Gegen Ende des 7. Jahrhunderts entfaltete Santideva in Gujarat eine umfangreiche Tatigkeit fUr den Ausbau und die Ausbreitung der mahayanistischen Philosophie. Sein ,5ik?asamuccaya ist ein sehr wertvolles Kompendium der einschlagigen Dogmatik. 13 Grundlage sind auch hier Karikas, ubrigens nur 27 an der Zahl. Auf ihnen beruht der ausfuhrliche Autorkommentar. Santideva setzt in diesem Werk seinen Ehrgeiz nicht an die vVeiterentwicklung der MahayanaPhilosophie und an die Prasentierung origineller Gedanken. Vielmehr geht es ihm darum, die in den Karikas dargebotenen Grundlehren durch eine iiberaus groBe Zahl von Zitaten aus der Maha,yana-Literatur zu stutzen, wobei er seine groBe Gelehrsamkeit wie auch seine umfassende Belesenheit unter Beweis stellt. Daher ist seine Arbeit auch fUr uns eine hochinteressante literaturgeschichtliche Quelle. Eine gewisse Eigenstandigkeit erhalt dieses sonst mehr registrierende Werk durch sein Postulat, ein jeder Erlosungswillige musse intensiv und sU:indig seine Gedanken auf die Erleuchtung richten (bodhicitta). Damit verbindet er
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die aus der Mahayana- Literatur bereits gelaufige Forderung nach unbedingter und absoluter Bereitschaft zur Selbstaufopferung. Als Verfasser des Bodhicaryavatara, gilt ebenfalls Santideva. obwohl sich die Form dieses IJ\Terkes von der des ,5ik?asamuccaya erheblich unterscheidet. 14 Es ist namlich in einem recht eindrucksvollen Kavya-Stil gehalten, der besondere Vorzuge in der Verwendung von Metaphern aufweist. Der Autor tritt als Apologet der mahayanistischen Ethik auf und wendet sich - wie wir bereits gesehen haben~ nicht ganz zu Unrecht - gegen das enge ethische Ideal des Hlnayana. Dass Santideva auch als Verfasser de,S Bodhicaryavatara zu gelten hat, zeigt sich in der Gleichheit der hier und im Sik?asamuccaya vertretenen Lehren. Auch hier wird die Idee des Bodhicitta glorifiziert; auch hier wird das ethische Ideal des Mahayana -- und zwar mit groBer Beredsamkeit - verkundet. Ein Bodhisattva hat nicht an sich zu denken. sondern sich fUr die ErlosunO'b aller ItVesen verantwortlich zu fUhlen. Eine Unterscheidung des Ich und des Mitmenschen ist grundsatzlich zu verneinenj im Gegentei1, sie sind identisch (paratma.samata). Der Gedanke des abso1uten Altruismus ist also auch hier wieder voll ausgepriigt. G1eiches gilt aber wiederum fUr die Lehre von der Leere. Welch groBe Bedeutung dieses IJ\Terk uber die Grenzen Indiens erlangte, ersieht man nicht zu1etzt aus der Tatsache, dass im Laufe der Zeit elf Kommentare dazu verfasst wurden, die uns jedoch nur in tibetischen Ubersetzungen vorliegen. I
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Von zah1reichen anderen einsch1agigen Buchern konnen wir hier nur noch zwei herausgreifen. Fur die Phi10sophiegeschichte nicht ohne Bedeutung ist der MahayanasraddllOtpada,. Der Name des Verfassers ist mit Asvaghos;a uberliefert, doch ist es ausgesch1ossen, dass dieser mit dem uns bereits bekannten Autor des Buddha,carita identisch ist, da der Mahayanasraddhotpada, erst im 5. Jahrhundert entstand. Entweder handelt es sich um einen anderen Asvaghos;a, oder aber der Verfasser hat seinern IJ\Terk den Namen des Asvaghos;a vorangestellt, um es beruhmter werden zu lassen. Das Sanskrit-Original ist verloren, so dass sich unsere Kenntnisse auf chinesische tTbersetzungen aus den J ahren 553 und 700 stutzen. 15 Das Hauptanliegen des Autors besteht im Versuch einer Synthese von Madhyamika und Vijfianavada. Sch1ieBlich nennen wir ein fUr die Geschichte der Buddho10gie wichtiges Lexikon, die Mahavyutpatti, die im 4. Jahrhundert oder spater entstanden ist. 16 Indem wir damit unsere Betrachtungen uber die buddhistische Literatur sch1ieBen, mussen wir ihre Bedeutung fUr die Weltku1tur und -literatur nochma1s hervorheben. In ihrer indischen Heimat ist sie im Laufe der Jahrhunderte ihrer gedanklichen Spezifik beraubt worden und sch1ieBlich untergegangen, ohne grof3ere Nachwirkungen zu hinterlassen. Um so starker war ihr Einfluss auf das geistige Leben und die Ku1turgeschichte von Sri Lanka, Nepal, Tibet, Hinterindien, ja von China, Korea und Japan. Dass die besonders in den Jatakas ausgepragte buddhistische Fabel- und Marchenliteratur in hohem MaBe auch
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in die Lander des Okzidents hinein ausgestrahlt hat, ist seit langem erkannt. Dagegen waren die Beziehungen des Buddhismus zum Christentum lange Zeit Gegenstand heftiger Kontroversen und sind auch jetzt noch nicht voll geklart, wobei manches wahrscheinlich Hir immer 8ich einer Rekonstruktion entziehen wird. Insgesamt kann man sagen, dass die im 19. Jahrhundert verschiedentlich aufgestellte Behauptung einer starken Beeinflussung in der einen oder anderen Richtung unzutreffend ist. Gleiches gilt fUr die im 20. Jahrhundert von Mathilde Ludendorff verbreitete pseudowissenschaftliche These, die Bibel sei nur ein schlechter Abklatsch altindischer Schriften. \Venn es auch falsch ist, Beziehungen und Einflusse ganzlich zu negieren, beruhen die Ahnlichkeiten der buddhistischen und der christlichen Literatur in der Mehrzahl der Falle, bei denen dies nachprufbar war, auf unabhangig voneinander entstandenen Parallelismen. Doch gehen die Forschungen hierzu weiter.
10 Einen lTberblick liber die philosophischen Lehren des Na.gaTjuna geben die Studien von F. J. Streng: Emptiness. Study in Religious !lieaning (Nashville 1967), K. V. Ramanan: NagaTjuna's Philosophy as Presented in the I\iahaprajiIaparamita'sastra (Rutland 1966. Neudruck Delhi 1975) und V. Fatone: The Philosophy of Nagaljuna (Delhi 1981), sowie
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Anmerkungen VgI. die Studie von E. Frauwallner: On tIle Date of the Buddhist Master of the Law
Vasubandhu (Rom 1951). Uberhaupt ist E. Frauwallner durch zahlreiche Arbeiten liber die Philosophie des Buddhismus hervorgetreten. 2 Franzosische Ubersetzung der tibetischen und chinesischen Version des Abhidharmakosa sowie des Sanskrittextes von Yasomitras KOHllnentar in £Unf Biinden von L. de la ValleePoussin (Paris 1923-1926). Ubersetzung des die Kosmologie behandelnden dritten Kapitels von de1nselben Gelehrten in: Bouddhisme, Etudes et Aiateriaux (Brlissel 1914-1919). 3 Vg1. die umfassende zweibandige Studie von T. Stcherbatsky: Buddhist Logic, erschienen als Bd. 36, Teil 1-2, der Bibliotheca Buddhica (Leningrad 1930); hiervon erschienen mehrere Neudrucke (Den Haag 1958, New York 1962). 4 Ausgabe des Nyayaprave'sa von A. B. Dhruva als Bd. 38 del' Gaekwad's Oriental Series (Baroda 1930,2. Aufl. Delhi 1987). Ubersetzung der Sanskrit-Fragmente von H. N. Randle in: Fragments from Dinnaga (London 1926). 5 Vg1. die materialreiche Studie von D. N. Shastri: Critique of Indian Realism. A Study of
the Conflict between the Nyaya- Vai.sesika and the Buddhist Dignaga Sc1JOol (Agra 1964). 6 Vg1. die als Nr. 245, 2 der Sitzungsberichte der Osterr. Akad. der Wiss., Phi1.-Hist. K1., erschienene Studie von T. Vetter: Erkenntnisprobleme bei Dharmaklrti (vVien 1964). 7 Ausgabe der tibetischen Version des Nyayabindu von 1. de la Vallee-Poussin in del' Bibliotheca Indica (Calcutta 1907). Ubersetzung von T. Stcherbatsky in: Buddhist Logic, Bd. 2 (s. Anm. 3). 8 Ausgabe des Sanskrit-Textes des Yogacarabhumi'sastra zusammen rnit der tibetischen Ubertragung von V. Bhattacharya (Calcutta 1957). Studie liber das '!\Terk in der Dissertation von U. Wogihara (StraBburg 1908). 9 Ausgabe und franzosische Ubersetzung des l'liahayanasutralarnkara von S. Levi (PaTis
1907-1911); Ausgabe und eng1. Ubersetzung von S. V. Lirnaye (Delhi 1992).
1nehrere Arbeiten von Chr. Lindtner.
11 Ausgabe der Ma.dhyamika-Karikas von 1. de la Vallee-Poussin als Bd. 4 der Bibliotbeca Buddhica (St. Petersburg 1903). Ubersetzung von C. W. Huntington (Delhi 1992); der tibetischen Version (Die Mittlere Lehre) von M. Walleser (Heidelberg 1911); Ubersetzung der chinesischen Version von demselben (Heidelberg 1912). - Ebenfalls von Nagarjuna ist der allerdings in Sanskrit nicht erhaltene "Brief an einen Freund"
(Suh~llekha), der
manche Parallelen mit dem Dhammapada aufweist; Ubersetzung der tibetischen Version von H. Wenzel (Leipzig 1886) ; von Losang .Jamspal u.a. (Delhi 1996). 12 Ausgabe der sanskritischen Textfragmente des Catul;!'sataka von H. P. SastrI (Calcutta 1914) und (vollstiindiger) von K. Lang (Kopenhagen 1986); Ubersetzung ebenda. Rekonstruktion und franzosische Ubersetzung der Kapitel 8 bis 16 von P. L. Vaidya (Paris 1923); italienische Ubersetzung der chinesischen Fassung von G. Tucci (1925). 13 Ausgaben des Siksasa.muccaya: als Bd. 1 der Bibliotheca Buddhica von C. Bendall (St. Petersburg 1897-1902, Neudruck Delhi 1970-1972); von P. L. Vaidya (Darbhanga 1961). Ubersetzung von C. Bendall und W. H. D. Rouse (London 1922). 14 Ausgabe des Bodhicaryavatara von P. 1. Vaidya (Darbhanga 1960). 2. Aufi. von S. 1'ripathi (Darbhanga 1988). Von den Ubersetzungen nennen wir die von 1. D. Barnett (London 1909) und die von R. Schmidt (Paderborn 1923). VgI. die Arbeit von F. Weller: Tibetisch-Sanskritischer Index zum Bodhicaryavatara (Berlin 1952). 15 Ubersetzung der zweiten chinesischen Ubersetzung des Mahayana'sraddhotpada von D. T. Suzuki: A.svagIJO,?as Discourse on the A wakening of Faith in the Mahayana (Chicago 1900). 16 Ausgabe der Mahavyutpatti von J. P. Minaev als Bd. 13 der Bibliotheca Buddhica (St. Petersburg 1911).
Die jinistische Literatur
1. Die kallollisc11e Jailla-LiteTatuT
Es ist eine alte Streitfrage, ob man von Jinismus odeI' Jainismus, von jinistischer odeI' jainistischer Literatur sprechen soll. Sprachlich zulassig sind beide Moglichkeiten. Man muss sich lediglich vergegenwartigen, dass "Jinismus" die Grundform, "Jainismus" abel' eine Ableitung bzw. 'vVeiterbildung darstellt. Da nun zwischen Jinismus und Buddhismus in religions- und literaturgeschichtlicher Hinsicht bestimmte Beziehungen bestehen, empfiehlt sich aus Griinden del' Analogie die Version "Jinismus" beziehungsweise "jinistisch", da man sonst auch "Bauddhismus" bzw. "bauddhistisch" sagen musste (was ebenfalls nicht falsch ware, sich abel' nicht eingeburgert hat). Dagegen kann man unbedenklich von einer Jina- odeI' auch von einer J aina- Literatur sprechen, daein sprachliches Pendant hierzu - also Buddha- odeI' Bauddha-Literatur - nicht gebrauchlich ist. Del' Begrunder des jetzt gultigen Jinismus war ein Sohn des Konigs von Vaisall (im heutigen Bihar), Siddhartha. Er erhielt den Namen Vardhamana, spateI' abel' den Ehrennamen Mahavlra ("groJ)er Held"). Die buddhistische Literatur erwahnt ihn vie1£ach unter dem Namen Nigal:ttha Nataputta als Nebenbuhler des Buddha, dessen alterer Zeitgenosse er aller \A/ahrscheinlichkeit nach gewesen ist. 1m Alter von 28 Jab"en wurde Vardhamana \Vaise und erhielt von seinem alteren, nunmehr regierenden Bruder, allerdings nach einigem Zogern, die Erlaubnis, dem weltlichen Leben zu entsagen, seine eigene Familie zu verlassen und Asket zu werden. Nach 13 Monaten riss er sich sein Monchsgewand vom Leibe und wanderte zwo1£ Jahre lang nackt im Lande umher. Danach wurde ihm religiose Erkenntnis zuteil, und er wurde zu einem Jina ("Sieger"); unter diesem versteht man einen Menschen, del' die vVelt uberwunden hat. Viele Jahre durchzog er nun das Land als \Vanderprediger und soll im Alter von 72 Jahren verstorben sein. Als Zeitraum seines Todes gibt man die Spanne zwischen 477 und 467 v. ChI'. an. Die Jinisten halten Mahavlra nicht fur den eigentlichen Grunder, sondern fur einen Erneuerer ihrer Religionsgemeinschaft. Er habe eine unendlich groJ3e Zahl von Vorlaufern gehabt, als deren letzter ein gewisser Parsva genannt wird, del' 250 Jahre VOl' Mahavlra gelebt haben soll. Ihrer mythischen Hulle entkleidet, hat diese Uberlieferung einen durchaus rationalen Kern. Die moderne Forschung stimmt mit ihr namlich darin uberein, dass Mahavlra Lehren zusammengefasst hat, die VOl' seiner Lebenszeit bestanden und die aus del' Seide del'
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"Fessellosen" (Nigal.ltha) stammten. Auch der Name des Parsva ist sehr wahrscheinlich historisch; nur konnen die fUr ihn und andere Vorlaufer traditionell angegebenen Zeitraume nicht als bewiesen gelten. 1 In der indologischen Forschung der Neuzeit wurden die Jinisten anfangs fur eine Sekte der Buddhisten gehalten. Tatsachlich haben beide Lehren einige Gemeinsamkeiten. Dennoch ist ihre strikte Unterscheidung sowohl religions- als auch literaturgeschichtlich vollauf gerechtfertigt und geboten. Dies zeigt schon eine fluchtige Skizzierung der jinistischen Glaubensgrundsatze. Die Jinisten erkennen den Veda und die brahmanische Literatur uberhaupt als Autoritat nicht an (wobei jedoch einzuschalten ist, dass sie das Kastenwesen bejahen, wenn auch nicht unter dem Gesichtsvvinkel der Prioritat der Brahmanen, sondern der K~atriyas). Nun sind aber manche ihrer Ansichten mit denen des brahmanischen Schrifttums identisch. Diesen Umstand "erklaren" sie damit, dass die in den Srutis und Sm~·tis enthaltenen Lehren ursprunglich jinistisch, von den Brahmanen aber entstellt und verfalscht worden seien. Nach der Meinung der Jinisten ist die vVelt ewig und unverganglich. Sie erlebt zwar Zyklen des moralischen Auf- und Niederganges, aber die in den PuraI,las so lebendige Vorstellung von periodischen Kataklysmen und Neuschopfungen der Vv'elt wird von den Jinisten entschieden bestritten. 2 Die Existenz eines hochsten \Vesens, aber auch einer \Veltseele nach Art des Brahman der Upani~aden wird gleichfalls verneint. Zwar gibt es- und hierin liegt tatsachlich ein nicht unwichtiger Beriihrungspunkt mit dem Buddhismus - Gotter, doch ist ihre Macht beschrankt, hauptsachlich insofern, als auch sie dem Karman-Gesetz unterworfen sind. Eine zentrale These des Jinismus ist die Annahme unendlich vieler Individualseelen. Diese sind an sich allmachtig und allwissend, doch verlieren sie diese Eigenschaften durch die Einflussnahme der sogenannten ungeistigen Substanzen. Als soIehe gelten Raum, Bewegung, Ruhe, Zeit und Stoff. Letzteren stellt man sich ubrigens als atomar aufgebaut VOl'. Die in die Seele dringenden Einfliisse der Stoffiichkeit werden zum Karman, das die Seele an ihrer Entfaltung hindert. vVie man sieht, drangen sich hier Vergleiche mit der Salnkhya.-Philosophie auf. Die Erlosungslehre des Jinismus besteht nun darin, dass die Seele den in sie eingedrungenen Karman-Stoff neutralisieren und ein weiteres Eindringen verhindern muss. Dies kann nur auf dem \Vege der Askese und der :Meditation geschehen. Die Askese spielt im Jinismus eine gro£e Rolle und mit ihr das Fasten. Strengstens wird geboten, das Leben aller Lebewesen, auch das des Ungeziefers, vVurmer usw., zu schonen (allilnsa) , eine Lehre, die, wenn auch in modi£lzierter Form, zweieinhalb Jahrtausende spater in die Ideologie des Gandhismus Eingang gefunden hat. Del' \Veg zur Erlosung ist kornpliziert und langwierig; uber 14 Stufen, von denen aus es standig Riickfalle geben kann, fUllIt er in einen paradiesa.hnlichen, seligen Zustand. Man sieht, dass die Betonung del' Askese und des Seelenglaubens die Eigenstandigkeit des
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Jinismus gegenuber dem Buddhismus hinreichend unterstreichen. Den Kern der jinistischen Gemeinde bildeten von alters her die heimatlosen, wandernden --Monche und Nonnen. Ebenso traditionell scharte sich aber um diese eine einflussreiche Gruppe von Gonnern und Laienanhangern. Aus seinem HeimatgebietBihar breitete sich der Jinismus rasch aus und gewann besonders in Gujarat und im Dekhan lang anhaltenden Einfluss. 1m 12. JaInlmndert, nicht zuletzt bedingt durch die mOhamlTledanische Invasion, begann ein allmahlicher Niedergang, der jedoch keineswegs zu einem so vollstandigen Verloschen des Ordens in Indien fUhrte, wie es den Buddhismus betraf. Vielmehr hat der Jinismus auch im heutigen Indien noeh eine mehrere Millionen zahlende Bekennersehaft. Fur diese sich gegenuber dem Buddhismus abhebende vorteilhafte Position sind hauptsachlich zwei Grunde entscheidend gewesen. Del' erste ist in dem schon erwahnten engen Band zwischen Orden und Laienanhangern zu suchen, das ersterer als Kontinuum zu wahren verstand und das dem Jinismus stets eine bestilTllnte Anhangerschaft sicherte. Zum anderen ist die Lehre des Jinismus iiber die Jahrtausende hinweg annahernd konstant geblieben. Die grundlegenden inneren \Vandlungen, die den Buddhismus mngestaltet und schlie£lich zerstort haben, sind dem Jinismus fremd geblieben; dadurch vermochte er seine Eigenstandigkeit auch in einer hinduistischen Umwelt zu behaupten. Hat sich del' Jinismus in Indien also als stabileI' und kontinuierlicher gegenuber dem BuddhislTms durchsetzen und behaupten konnen . so ist andererseits seine Bedeutung im V\7eltmaBstab eine unvergleichlieh geringere. Denn der Buddhismus hat fur sein verlorengegangenes Mutterland in den von ihm missionierten au£erindischen Gebieten einen mehr als reichliehen Ersatz £lnden konnen. Del' JinislTms hingegen ist immer auf Indien beschra.nkt geblieben. Eine Entwicklung zur vVeltreligion war ihm versagt. Aueh in literarischer Hinsicl~t war sein Beitrag zur vVeltkultur erheblich geringer als der des Buddhismus. Uberhaupt lasst sich, von Ausnahmen abgesehen, sagen, dass das Niveau del' jinistischen Literatur unter der des Buddhismus liegt. Insbesondere gilt diese Feststellung fur die kanonische Literatur, die durch Trockenheit und Dogmatismus unvorteilhaft vom Niveau des Pali- Kanons absticht. Abgefasst ist dieses Sehrifttum vorwiegend in mittelindischen. also Prakrt-
Sprae~en (vgl. dazu S. 9). Die Sprache des Kanons ist die Ardh~magadhl, die
auch Ar~a genannt wird. Die nichtkanonische Literatur del' Jinisten liegt dagegen in einem spezi£lsehen Mahara~trl- Idiom, der sogenannten Jaina- Ma.hara~trl, VOl'. Etwa vom 8. Jahrhundert an sind die Jinisten mehr und mehr zum Gebrauch des Sanskrit ubergegangen; noch spateI' haben sie auch in Apabhramsa und in den friihneuindischen Spraehen geschrieben. Del' Kanon der Jinisten ist in der Gestalt, in der er uns heute vorliegt, das Produkt einer langen Entwicklung. Weitgehend gepragt wurde diese Entviicklung durch eine in friiher Zeit stattgefundene Spaltung, die in folgender Bege-
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benheit begriindet lag. Zur Zeit der Herrsehaft des Kaisers Candragupta aus der Maurya-Dynastie - es mag um oder gegen das Jahr 300 v. Chr. gewesen sein - zog eine gro:Be Gruppe von Jinisten wegen einer Hungersnot aus Magadha aus und begab sieh in das Gebiet des in Sudindien gelegenen Maisur. Sie beaehteten aueh weiterhin die strengen Regeln des Ordensgrunders; unter anderem hielten sie am Naektgehen fest. In der Zwisehenzeit veranstalteten die in Magadha Gebliebenen ein Konzil in Pataliputra. Auf diesem erfolgte die Zusammenstellung der iiltesten und wiehtigsten Teile des Kanons in elf Allgas ("Glieder"). Ursprunglieh war die von Mahavlra ausgehende Lehre in14 Puvvas (etwa "alter, ursprunglieher" [Text]) konzentriert. Von diesen war zur Zeit des Konzils von Pataliputra nur noeh wenig vorhanden. Man fasste die Bruehstucke in einem zwolften Allga zusammen, das den Namen DiHhivaya, trug.
Chronologie des Kanons aufzuhellen. Bereits jetzt kann man lIlit ziemlicher Sicherheit behaupten, dass die iiltesten Teile in die Zeit des Maurya- Herrschers Candragupta, vielleicht sogar der ersten Schulergeneration Mahavlras selbst zuruckreichen. Die jungsten Teile gehoren der Zeit unmittelbar vor Devarddhi an.
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Nun kehrten die nach Maisur Ausgewanderten wieder in ihre Heimat zuriick. Dort fanden sie neuartige Verhiiltnisse vor. Die dortigen Jinisten hatten das Nacktgehen aufgegeben und pflegten wei:Be Gewiinder zu tragen. Sie nannten sich daher Svetambaras, die Wei:Bgekleideten. Die Ruckkehrer waren nicht bereit, ihrem Beispiel zu folgen, und behielten die Sitte des Nacktgehens bei. Daher fiihrten sie den Namen Digambaras, die "in die Himmelsgegenden (also lediglich mit Luft) Gekleideten". Damit war die Spaltung der Jina-Gemeinde vollzogen. Zur weiteren Fixierung des Kanons und zur Bestimmung des Entwicklungsweges des Ordens fand um oder etwas naeh 450 wieder ein Konzil statt, diesmal zu Vallabhl in der Landschaft Guj arat, einer Hochburg der Jinisten. Als Name des Leiters dieses Konzils ist uns Devarddhi Ki?amasramalfa uberliefert. Es war hohe Zeit, an der Feststellung des Kanons zu arbeiten, denn dessen Texte waren damals bereits sehr in Unordnung geraten. Schwer fiel insbesondere ins Gewicht, dass das zwolfte Anga als verlorengegangen bezeichnet werden musste. Die Spaltung zu uberwinden vermochte das Konzil nicht. Zwar gelang es, den Kanon in wesentlichen Punkten wiederherzustellen, doch weigerten sich die Digambaras, denselben anzuerkennen. Als Argument fUhrten sie an, dass er nieht als echt und originiir zu betrachten sei, da die eigentlichen Allgas siimtlich verlorengegangen seien. Der in Vallabhl verabschiedete J aina- Kanon ist im Grunde also ein Kanon der Svetambaras. Die Folgen der Spaltung haben sich in den folgenden Zeiten jedoch insofern gemildert, als es ohnehin nur noch relativ wenige Digambaras gibt, so dass der Kanon der Svetambaras nicht zu Unrecht als der J aina- Kanon schlechthin gelten darf. Der uns vorliegende Svetambara-Kanon kann also als die Zeit seiner redaktionellen Fassung kein hoheres Alter als das 5. Jahrhundert beanspruchen. Er enthiilt aber Texte sehr verschiedener Zeitstellung, unter ihnen solche von bedeutendem Alter. Durch Vergleiche mit Inschriften sowie mit der buddhistischen Literatur ist man bestrebt, die noch ziemlich im argen liegende relative
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Der Svetambara-Kanon - er fUhrt auch die Namen Siddhanta und Agama besteht je nach der Klassifizierung und Ziihlweise aus 45 bis 50 Texten. 3 Das Kernstuck des Kanons bilden die 12 Allgas (Glieder). Wir fUhren die Namen derselben sowie weitere Teile des Kanons in der Ardhamagadhl-Sprache auf und geben jeweils die Sanskrit-Entsprechung in Klammern. Das erste Allga ist das ;.lyanlIngasutta (Acarangasutra), das "Buch uber das (richtige) Betragen und Verhalten (der Monche)". 4 Das Werk besteht aus zwei Teilen, die den Namen Srutaskandha fuhren und, wie der Titel schon besagt, Regeln fur das Verhalten der Monche geben. Der erste Srutaskandha ist der bei weitem wichtigere Teil des Ailga. 5 Er tritt auch durch sein hohes Alter hervor. Der Form nach ist er charakterisiert durch eine Mischung von Prosa und Versen. In einer Art von Lehrgespriichen werden die Lebensregeln fur die Monche vorgetragen. Mit au:Berordentlicher Schiirfe ist das Verbot formuliert, Lebewesen zu verletzen oder gar zu toten. Kapitel I, 8 schildert die Verfolgungen, denen Mahavlra als unbekleideter \J\Tanderprediger ausgesetzt war, und legt besonderes Gewicht auf die von ihm ubernommenen Kasteiungen. Teilweise waren diese unserem iisthetischen Empfinden strikt zuwiderlaufend: So wird riihmend hervorgehoben, dass Mahavlra sich niemals gewaschen oder die Ziihne geputzt hiitte. vVeit junger als der erste ist der zweite Srutaskandha. Er enthiilt ebenfalls Vorschriften fUr die Monche und Nonnen, besonders was ihre Bettelgiinge und die Nahrungsaufnahme anlangt. Entsprechend der asketischen Grundrichtung des Jinismus wird gro:Ber Wert auf Fastenubungen gelegt, und der Selbstmord durch Fasten wird ausdrucklich gepriesen. Gegen Schluss dieses Teils finden sich wertvolle Ansiitze fur eine Biographie Mahavlras. Das zweite Allga fUhrt den Namen Suyagacjamga, eine Bezeichnung, die etymologisch nicht ganz klar ist. Die hiiufig gebrauchte Resanskritisierung in Sutrak~tanga ist jedenfalls unrichtig. Besser denkbar ist die Form Sucak~tallga, die etwa "Unterscheidung zwischen richtiger und falscher Lehre" besagt. 6 In der Tat passt eine solche Deutung gut zur Thematik des Anga. Denn im Vordergrund stehen hier die vVarnungen und Ermahnungen besonders an die jungen Monche, die damit gegen allerlei Anfechtungen und VerfUhrungen gefeit werden sollen. Als Bedrohungen auf dem vVege zur Erlosung galten iihnliche Faktoren, wie sie auch vom alteren Buddhismus bekampft wurden. In der Hauptsache ziihlten dazu die Vorstellungen und Bitten der Familienangehorigen, die weltlichen Ehren und Reichtumer und vor allem die Frauen. lIn Unterschied zu der sonst im Kanon vorherrschenden pedantischen, trockenen und strengen Vor-
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tragsart sind dem Autor hier einige Passagen mit recht einpragsamer Satire gelungen. So schildert er, wie del' ins Netz einer Frau geratene Mann von diesel' wie ein Haussklave herumkommandiert wird, und zeichnet ein treffiiches Bild des (nicht nur) altindischen Pantoffelhelden. Ebenso zielsicher sind seine Attacken gegen die Kulte des Brahmanismus. vVurde heiliges Flusswasser tatsiichlich Sunden abwaschen, so wa.ren Fische, Schildkroten und \VaBserschlangen die auserwahlten Lebewesen. OdeI' wohne dem Feuer wirklich eine heilige Kraft inne, dann waren die am besten zur Erlosung pradestinierten Menschen die Schmiede. - Del' ziveite Teil des Siiyaga.qamga ist in Prosa gehalten und im Vergleich zum ersten nul' ein Anhang von untergeordneter Bedeutung.
die Freuden del' himmlischen Seligkeit und die Schrecken del' Hollenqualen aus. Hochinteressant ist Abschnitt 1,5 mit seiner Polemik gegen Gosala Makkhaliputta. Diesel' wal~das Haupt del' Sekte del' Ajlvikas, diedamals mit den Jinisten rivalisierte. Die Streitbarkeit des Jinismus, die mit del' strikten Forderung nach Nichtverletzung aller Lebewesen nicht immer leicht in Einklang zu bringen ist, tritt hier wieder besonders deutlich hervor.
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Das dritte Ariga ist das rhalfalnga (Sthanariga).7 Es stellt insofern eine Parallele zum A1lguttaranikaya des Pali-Kanons dar, als es Zahlengleichnisse enthalt, die von 1 bis 10 aufsteigen. Das 'J;11alf amga erfahrt seine literaturgeschichtliche Bedeutung abel' dadurch, dass sich hier ein Inhaltsverzeichnis zu dem verlorengegangenen zwo1£ten A1lga, dem DiHhivaya, findet. Eine Art Fortsetzung des rlIalf amga ist das vierte A1lga mit dem Namen Samavayamga. s Dieses vVerk beginnt mit einem Verzeichnis del' zwo1£ Arigas und einer Inhaltsangabe del' 14 Puvvas. 1m ubrigen fUhrt es die Zahlengleichnisse des rllalfamga fort, dehnt sie abel' weit tiber die Zehnzahl hinaus in groBe Hohen aus. Auffallend ist die Tatsache, dass auBer den Arigas auch noch andere vVerke, teilweise von sehr spateI' Zeitstellung, registriert wurden, doch indiziert das nicht das geringe Alter des ganzen Ariga, sondern nur del' betreffenden Stellen. Fur die Literaturgeschichte von erheblicher Bedeutung ist das fUnfte Ariga, die Bhagava.tlviyahapalflfatti (Bhagavatlvyakhyaprajiiapti), die "Erhabene Belehrung mit Erklarungen", meist schlechthin unter dem Namen Bhagavati bekannt. 9 Ausfuhrlich wird hier die jinistische Dogmatik dargelegt, so dass daB Werk eine wichtige religionsgeschichtliche Quelle darstellt. Mit Anhangern andersglaubiger Richtungen wiI'd eine harte Auseinandersetzung gefUhrt, wie sie dem Jinismus im Unterschied zum Buddhismus eigen ist. Vorgetragen wird die Dogmatik teils in Form von Dialogen, teils im Rahmen von Fragen und Antworten. Die Fragen gehen von Goyama Indabhuti (del' im Jinismus etwa die Rolle von Ananda odeI' Sa.riputra spielt) aus und werden von Mahavlra selbst beantwortet. Del' Stil dieses Ariga weist eine beachtliche Lebendigkeit auf und enthalt nlanch einpragsamen Vergleich. AuBerdem vermittelt das A1lga eine Fulle von Informationen uber Mahavlra und sein Leben. Manche von ihnen tragen, wie nicht andel's zu erwarten, legendenhafte Zuge; andere dagegen weisen deutlich auf reale Begebenheiten in MahavlraB \Virken hin. Neben diesem Sachkoniplex enthalt das fUnfte A1lga Legenden libel' Vorganger Mahavlras (die im Jinismus als Tlrthakara, "vVegbereiter", bezeichnet werden) sowie uber verdiente Asketen. Die Bhagavatlviyahapalflfatti malt abel' auch mit groBem Eifel'
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DaB sechste A1lga bilden die Nayadhammakahao (J1latadha.rmakathal.l).lO Del' Titel bedeutet etwa "Beispiele und Erzahlungen iiber religioses Leben". Das erste del' beiden Bucher ist das bei weitem wichtigere. Es enthalt 24 Kapitel, die jedes eine selbststandige Erzahlung, Novelle odeI' Legende reprasentieren, wobei del' Autor in del' Anwendung von Parabeln groBes Geschick zeigt. Del' Inhalt del' Erzahlungen ist ziemlich weit gefiichert; selbst Raubergeschichten fehlen nicht. In Kapitel 13 wiI'd die Heirat del' Doval (del' Draupadl des l\JIahabharata) mit den funf Brudern vom jinistischen Standpunkt gestaltet. Interessant ist die Tatsache, dass unter den 24 Vorlaufern Mahavlras, den Tlrthakaras, auch eine Frau namens Malll aufgefuhrt wird. Eine fUr die altindische asketische Literatur typische Geschichte ist die von den sechs Prinzen, die sich um die Gunst einer Prinzessin bewerben. Letztere beweist den Freiern in hochst drastischer vVeise. dass del' schone Karpel' nur die Umhullung weniger appetitlicher Substanzen ist - und sie nehmen denn auch von ihrem Begehren Abstand und Zutlucht bei del' Gemeinde Mahavlras. Das siebente Ariga formieren die Uvasagada.sao (Upasakadasalf), die sich uber die den Laienanhangern erwachsenden Ptlichten auBernY \~Tir hatten bereits gesehen, welch groBe Bedeutung jene fUr den Jinismus hatten und haben, und so sind denn auch die Uvasagadasao nicht ohne religionsgeschichtliche Relevanz. Die Zahl del' hier dargebotenen Geschichten betragt, wie schon del' Titel sagt, zehn. Sie berichten in manchmal eintoniger \Veise uber beruhmt und verdient gewordene Laienanhanger und ihre Taten fur die Ausbreitung des Jinismus. Ein wenig hoher als daB durchschnittliche literarische Niveau steht die siebente Geschichte: Hier bekehrt in einem gutgelungenen Dialog Mahavlra den reichen Topfer Saddalaputta. Das achte und daB neunte A1lga bespricht man zweckmaBigerweise zusammen. Sie fuhren die Namen Amtagacjadasao (Antak~,tadasalf)12 und Alfuttarovavaiyadasao (Anuttara.upapatikadasal.l )13. Ersteres bedeutet "Zehn Geschichten tiber die bis ZUIn Ende gelangten (Asketen)". Nichtsdestoweniger besteht das A1lga aus nur acht Kapiteln. Del' literarische \Vert ist recht gering, denn wir finden hier lediglich schablonenhafte Berichte tiber Asketen, die die Erlosung erlangten. Die Alfuttarovavaiyadasao - del' Name bedeutet "Zehn Geschichten (von den Asketen, die) die hochste Himmelswelt erlangt haben" - setzen inhaltlich das achte Ariga fort. Das in drei Teile gegliederte Werk gefallt sich besonders darin, den religiosen Freitod durch Hunger als Weg zm Erlosung
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zu preisen, wobei die Beschreibungen der physiologischen Auswirkungen des Fastens nicht gerade erbaulich sind. Interessant ist zu lesen, wie KJ;:;n;ta hier in einen Jinisten transformiert wird. Im~ ubrigen ist dieses Anga in der Form weitgehend schablonenhaft; vieles ist nur angedeutet; wo die Beschreibungen aber vall durchge£Uhrt sind, geschieht dies verschiedentlich im Stil der Kunstdichtung. Das zehnte Anga bilden die PalJ.l1avagaranaim (Prasnavyakara1?ani), die "Fragen und Erklarungen" .14 Es handelt sich hier offensichtlich urn das Substitut eines origina,ren, verlorengegangenen Anga. Die Thematik bilden yom Dogmatismusgepragte sittliche Gebote und Verbote. Im~ Mittelpunkt steht die Forderung nach Einhalt der fiinf Eide: des Vermeidens der Schadigung von Lebewesen, des Lugens und Stehlens, der Unzucht beziehungsweise Unkeuschheit und des Besitzdenkens.
\tViedergeburt zuteil werden lasst. In breiter Ausmalung ersteht vor uns das Bild, das sich die Jinisten yom Paradiese machten. Das zweite Uvctllga namens RayapaseI)aijja. kann im Sanskrit als Rajapra.snlya ("Bericht uber die Ft'agen des Konigs") gedeutet werden. \Vahrscheinlicher ist jedoch eine Ableitung aus dem Namen des Konigs Prasenajit, der im RayapaselJ.a.ijja als Paesi auftritt. 17 In eine Rahmenerzahlung eingebettet, £Indet sich hier ein Dialog zwischen Paesi und dem Monch Kesi. Der Konig ist zweifellos eine historische Personlichkeit. Er war Anhiinger eines spontanen, urwuchsigen Materialismus und war im damaligen Indien durch allerlei Experimente bekannt. So verb'at er die Meinung, dass die Seele den Tad des Korpers nicht uberlebe, dass es keine Tatenvergeltung und auch keinen Geburtenkreislauf gebe. Urn dies zu beweisen, lieJ3 er einen Dieb in einen Tontopf stecken und diesen vollstandig abdichten. Der Dieb nmsste sterben, aber das Entweichen einer Seele konnte man nicht feststellen. In einem anderen Experiment lief) Paesi (im Sanskrit Payiisi) einen zum Tode verurteilten Dieb wiegen, dann erdrosseln und danach wieder wiegen. Nun zeigte sich, heiJ3t es in unserem Text, dass er so viel wag wie vorher. Also, schloss der Konig, gibt es keine Seele, denn deren Entweichen hiitte das Gewicht verringern mussen. Der (durchweg parteiliche) jinistische Bericht lasst Kesi den Paesi naturlich bekehren. Das dritte UVallga heiJ3t Hvajlvablligama ("Lehre yom Lebenden und Unbelebten" ).1S Das \Verk gibt eine Klassi£lkation von Lebewesen, aber auch von geographischen Objekten wie Inseln, Ozeanen und so weiter. Eine thematische Fortsetzung gibt das vierte UVallga, das PalJ.1J.avaI)asuttam (Prajiiapanasutra).19 In 36 Kapiteln bringt das Werk die Beschreibung von Lebewesen; bei der Erorterung der Menschen geht es auch auf ethnographische Besonderheiten ein. Das funfte, sechste und siebente Uval1ga befassen sich mit Astronomie, Kosmologie, Geographie und einigen anderen Gebieten. Am wichtigsten ist die als £Unftes Uvanga geltende SiirapaI)I)a.tti (Suryaprajiiapti). 20 Sie ist die wichtigste Quelle der astronomischen Vorstellungen des Jinismus. Mit ihr identisch ist Uva11ga VII, die Candapa.lJ.1J.atti (Candrapraj1lapti). Das sechste Uvanga dagegen, die JambuddlVapalJ.1J.atti (Jambudvlpaprajiiapti), bietet die jinistische Konzeption einer mythis chen Geographie. 21
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Vivagasuyam (Vipakasutra oder Vipakasruta), das "Lehrstuck uber die Reifung (der Taten)" , enthalt Legenden uber die Folge der Taten nach dem Karman-GesetzY Thematisch ergeben sich damit enge Bezuge zur buddhistischen Avadana- Literatur. Die Belehrung ist in die Form gekleidet, dass Mahavlra seinen Lieblingsschiiler Goyama Indabhuti daruber belehrt, aus welchen (Karma- )Grunden bestimmte Leute unglucklich sind. So verweist er auf einen schwerkranken Mann, der sein Schicksal darum erleidet, weil er in einer fruheren Existenz als Arzt Fleischkost verschrieben hat, was viele Schlachttiere das Leben kostete.
Wie bereits erwahnt, ist das zwolfte A11ga, namens DiHl1ivaya (DJ;~tivada), verlorengegangen. Wesentlich Neues durfte dieses Anga nicht enthalten haben. Den Inhalt kennen wir in gro£en Zugen. Das Werk hat aus £Unf Hauptteilen bestanden. Zu Beginn fan den sich Vorarbeiten zur Erleichterung des Verstandnisses der Suttas; dann folgten Polemiken gegen ketzerische Ansichten. In der Mitte des Anga befanden sich die 14 Puvvas. Ihnen wiederum folgten Legenden uber die fruheren Tlrthakaras. Den Schluss bildeten Nachtriige. Zu jedem Anga gibt es ein "Zusatzglied", Uvanga (Upanga), so dass also insgesamt zwolf Uvangas vorhanden sind. Der Zusammenhang bezieht sich jedoch nicht auf die Thematik, sondern ist ein ganz au£erlicher. Das Hauptanliegen der Uvangas ist die Darlegung dogmatischer Grundsatze, doch £lnden sich hier auch wertvolle Angaben zur Jaina-Mythologie. Das erste UVallga £Uhrt die Namen Uva.vaiya, Ovavaiya oder Ovaiya. 16 Die Sanskritentsprechung dieser Namen ist, wie mehrfach im Jaina-Kanon, unklar: Sie kann Aupapatika, aber auch Upapadika lauten. 1m letzteren Fall wurde der Titel "Erlangen einer Existenz" bedeuten. 1m ersten Teil wird der Konig KUlfiya von Mahavlra namlich uber die Existenzen belehrt, die man infolge seiner Taten erlangt. Der zweite Teil, der mit dem ersten in keinem Zusammenhang steht, bringt in Frage-AntwortForm eine Belehrung, die Mahavlra dem Goyama Indabhuti liber die Arten der
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Die Uvangas VIII bis XII bildeten unter dem Namen Nirayavaliyao ursprunglich wahl einen einzigen Text. 22 Es ist nicht erforderlich, Namen und Inhalt jedes einzelnen Stuckes hier aufzu£Uhren. Diese Uvanga-Gruppe enthalt im wesentlichen Legenden uber das Leben im Paradies und in der Holle; von der letzteren leitet sie ihren Namen her. Daneben ist, wie so hiiu£lg in der jinistischen Literatur, von allerlei Bekehrungen die Rede. Die dritte Textgruppe des jinistischen Kanons bilden nach den A11gas und Uvallgas die" verstreuten (Texte)", genannt die PaiJ!l;ta (Prakln;ta). Ihre Zahl ist keine feststehende; es werden gewohnlich zehn angegeben, von manchen
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Schulen aber bis zu 20 aufgeziihlt. \Vie IVI. Winternitz treffend festgestellt hat, lassen sich die Pail.l1:taS mit den vedischen Parisi~tas vergleichen, und sie sind, ebenfalls wie diese, meist metrisch. Eine ganze Anzahl von ihnen verherrlicht den religiosen Freitod. 23 Sie haben dann den Charakter didaktischer Poeme und stellen nicht selten vollendete Kunstdichtung in den Dienst einer nur als Verirrung zu charakterisierenden Idee, die angesichts des sonst so entschiedenen Eintritts des Jinismus fur die Erhaltung des Lebens um so grotesker wirkt. Andere Pailflfas sind als Enzyklopiidien der jinistischen Religion jedoch sehr wertvoll. ~Wohl am wichtigsten von ihnen ist das Tamdulaveyaliya (TaI;t<;lulavaikalika).24 Hier finden wir einen in einer Mischung von Prosa und Versen gehaltenen, hochinteressanten Dialog zwischen Mahavlra und seinem Schiiler par excellence Goyama Indabhuti, del' weit iiber den Rahmen del' Religion hinausgeht und Fragen der Anatomie, speziell del' Osteologie, del' Embryologie sowie del' Liingen- und Zeitmessung beriihrt.
Textgruppe; es au£ert sich uber Bu£en und Strafen fUr allerlei Vergehen del' Ordensmitglieder. Noch junger istdas Mallanislhasutta (Mahanislthasutra), das als zweites, manchmal auch als sechstes Cheyasutta gereclmet wird. Durch seine offensichtliche Bekanntschaft mit del' Tantra-Literatur erweist es seine fUr ein kanonisches Stiick sehr spate Zeitstellung. 29 Man muss wohl annehmen, dass es sich hier um keinen originiiren Text, sondern um den Ersatz eines verlorengegangenen \Verkes handelt. Beichte und Bu£ubungen spielen auch hier eine gro£e Rolle. Daneben finden sich Legenden sowie Darlegungen uber ji" nistische Ethik. -- Mitunter werden an die Cheyasuttas noch weitere Werke angeschlossen, doch konnen wir auf ihre Erorterung hier verzichten, zumal ihre kanonische Zugehorigkeit nicht unbestritten ist. 30
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Als vierte Textgruppe des Kanons treten die Cheyasutta (Chedasutra) in Erscheinung. Man konnte sie dem Vinayapitaka des Pali-Kanons gleichsetzen, denn sie enthalten vorwiegend Verbote und Gebote zur Regelung des Lebens del' Ordensmitglieder. Eine besondere Rolle spielen die Cheyasuttas III bis V: Sie bilden nicht nur den Kern diesel' Textgruppe, sondern ragen im Rahmen des Gesamtkanons durch ihr hohes Alter hervor. Dies gilt insbesondere fUr das vierte Cheyasutta, das den Namen iiyara.dasao (Acaradasal;t, "Zehn Stucke uber rechten \Vandel") fUhrt, und hier wiederum fur den achten Abschnitt, fUr den sich die Bezeichnung "Kalpasutra des Bhadrabahu" eingebiirgert hat. 25 Nach der jinistischen Ti'adition solI Bhadrabahu 170 Jahre nach dem Tode J\1ahavlras gestorben sein. Sein Kalpasutra enthiilt im ersten Teil eine uberaus wichtige Biographie des Religionsstifters, die allerdings auch nicht frei von bombastischen tJbertreibungen ist und in diesel' Hinsicht an den Lalitavistara und andere Buddha-Biographien erinnert. Die hier ebenfalls zu findenden Biographien anderer Jinas sind del' des Mahavlra nachgebildet. 1m zweiten Teil finden wir eine historisch nicht unwichtige, im einzelnen abel' vielfach noch schwer zu deutende Liste von religiosen Schulen mit den Namen ihrer Grunder odeI' Leiter. Der dritte Teil ist von besonders hohem Alter; er gibt die angesichts der indischen Natur so wichtigen Regeln fUr das Leben del' Monche in del' Regenzeit. Traditionell wird behauptet, dass Bhadrabahu das dritte und vierte Cheyasutta aus dem neunten Puvva ausgezogen haben solI. Das ursprungliche, alte Kappasutta (Kalpasutra) wirdjetzt als fUnftes Cheyasutta gerechnet. 26 Auch dieses \tVerk enthiilt Lebensregeln fur Monche und Nonnen. Das dritte Cheyasutta, Vavahara (Vyavahara), hat dagegen nur den CharaIder eines Supplements. 27 Nicht ganz klar ist del' Name des ersten Cheyasutta, des Nisilla.; als Sanskritform wird Nisltha angegeben, was nicht ganz uberzeugen kann. 28 Dieses Sutta ist deutlich junger als die bisher genannten Werke diesel'
Die fiinfte Textgruppe des Jaina-Kanons konstituieren die wichtigen Mulasuttas, deren man vier ziihlt. Das erste von ihnen ist zugleich das wertvollste, niimlich das Utta.rajjllaya.l.lasutta (Uttaradhyayanasutra).31 Seine 36 Abschnitte sind zeitlich zwar heterogen, enthalten abel' Partien von au£erordentlich hohem Alter. Zu den letzteren ziihlen Spruche, Dialoge und Balladen. Inhaltlich finden sich Ankliinge an die Thematik des buddhistischen Sutta.nipata. 1m Mittelpunkt stehen Be1ehrungen an die Monche uber die Auswirkungen des Karman-Gesetzes sowie uber Askese und Freitod. Die jinistische Tradition schreibt das achte Kapitel nicht dem Religionsstifter Mahavlra zu, sondern dem Kapila. Es predigt den J\1onchen die Entsagung von allem Weltlichen und verpflichtet sie zu absoluter Keuschheit. \Vie so hauflg in der asketischen Literatur, werden auch hier ahsurde und verstiegene Gedanken uber die Frauen geiiu£ert: Sie werden als Diimoninnen bezeichnet, auf deren Brust zwei Fleischklumpen wachsen. 1m neunten Absclmitt findet sich die Ballade yom Konig Nall1i, der so recht dem jinistischen Herrscherideal entspricht, indell1 er sich mehr als Asket denn als Konig fiihlt. 32 Gegen den formalritualistischen Kult der Brahmanen richtet sich ein im zwolften Kapitel zu findender Dialog, wahrend ein weiterer Dialog aus dem 23. Kapitel die uns bereits aus den vedischen Brahmodyas bekannte Form eines Riitselgespriichs aufweist. Das zweite Mulasutta ist die Avassaga.nijjutti (Avasyakaniryukti).33 Das \Verk besteht aus sechs Abschnitten, die den sechs tiiglichen Pflichten der jinistischen Monche entsprechen. Es sind dies die Nichtbegehung baser Taten, die Verehrung der Tlrthakaras und der eigenen Lehrer, das Eingestandnis begangener Siinden, die Abhaltung asketischer Ubungen und die Abtotung der Sinnlichkeit. Als Verfasser des dritten Mulasutta, niimlich des Dasaveyaliya. (Dasavaikalika), gilt traditionell ein gewisser SejjaInbhava. 34 Das Werk enthiilt unter anderem Spruche uber das Leben der Monche. Au£erdem wird hier ein Balladenstoff aus dem Uttarajjllayal;a bearbeitet. Als viertes Mulasutta wird die Pil;QanijjuttP5, manchmal die OhanijjuttP6
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angegeben. Beide VVerke werden mitunter jedoeh zu den Cheyasuttas gereehnet. Sie regeln unter anderem den Almosenempfang dureh die im Lande umherziehenden J\iIonehe. SehlieBlieh gehoren zum Kanon noeh zwei Texte, das NandTsutta 37 und die Ar;magadarailil (Anuyogadvaral].i). 38 Beide werden manehmal zu den Pail:tlfas gezahlt, meist jedoeh als selbststii.ndige \Verke bewertet. Sie sind in Prasa gehalten, in die manehmal Verse eingefUgt sind. In den AI,luagadarailn herrseht die Frage-Antwort-Form. Die jinistisehe Tradition liisst das NandTsutta von Devarddhi selbst verfasst sein. Es handelt vorwiegend von den Arten der Erkenntnis. Enzyklopiidisehen Charakter haben die AIJ.uogadaraim, deren Anliegen es ist, den Monchen alles fur sie notwendige \A1issen zu vermitteln. Fur die Gesehiehte der altindisehen Literatur und Ideologie sind sie insofern von Bedeutung, als sie zahlreiehe Literaturwerke und ihre Lehrmeinungen zitieren, unter anderem das 1\1ahabllarata, RamayaI,la, Ka.utilTya-Arthasastra und BhagavataPuralJ.a. Zitiert werden die Grundansehauungen der Buddhisten, der Materialisten, der Vaises;ika-Sehule und des Sarukhya-Systems. Der Verfasser zeigt sieh ferner mit den grammatisehen Leistungen des Patafijali sowie mit Mathematik, Diehtkunst und aueh mit den Veden vertraut. Zur Poetik und Grammatik steuert er eigene Lehren bei.
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(Oxford 1884-1895, Neudruck Delhi 1964). Auf diese Ubersetzung wird an den betref~ fenden Stellen verwiesen werden. Umfassend ist die Bibliotheca Jainica, eine Serie von Texten und al1lwtierten Ubersetzungen, hrsg. von S. C. Ghoshal in 11 Biinden (Lucknow 1917-1940, Neudruck 1974). 4 Ausgabe des ~.ii.yaramgasutta von H. Jacobi in der Pilli Text Society (London 1882); ferner von M. Jarnbuvijayajiin Bd.I del' Sacred Books of the Jainas (Delhi 1978). Ubersetzung von H. Jacobi in Bd. 22 del' Sacred Books of the East (Oxford 1884). Ausgabe und Ubers. von lVlahendra Kumar (New Delhi 1981). 5 Hierzu vgl. VV. Schubring: jIyaralilgasutta. Erster Srutaskandha. Text, Analyse, Glossar, in den Abhandlungen fUr die Kunde des Morgenlandes, XII, 4 (Leipzig 1910), sowie die Ubersetzung vom selben Autor in: TYorte MahavTras (Gottingen 1927). 6 Ausgaben des Siiyagadamga (Bombay 1880) und von M. Jambuvijayaji in Bd. 1 der Sacred Books of the Jainas (Delhi 1978). lTbersetzung von H. Jacobi in Bd. 45 der Sacred Books of the East (Oxford 1895). Studie von W. B. Bollee, 2 TIe. (Wiesbaden 1977, Stuttgart 1988). 7 Ausgabe des ThanaIilga als Bd. 3 des Agamasarilgraha (Benares 1880). 8 Ausgabe des Samavayamga als Bd. 4 des Agamasarngraha (Benares 1880). 9 Ausgabe der BhagavatTviyahapaIJI.1atti in der Agamodaya Samiti (3 Bde., Bombay 19181921). Vgl. A. Weber: Ein Fragment der BhagavatT, in den Abhandlungen der Akad. del' Wiss. zu Berlin (1865 und 1866). Studie von J. Deleu (Delhi 1996)
Anmerkungen
10 Ausgabe del' Nayadhammakahao in del' Agamodaya Samiti (Bombay 1916). Vgl. die Diss. von P. Steinthal (Leipzig 1881). Den zweiten Srutaskandha del' Nayadhammakahao
Uber Mahavlra vgl. neben den Lehrbuchern iiber vel'gleichende Religionsgeschichte die Studie von K. Ch. Jain: Lord J\1ahavTra and His Times (Delhi 1974). 2 Aus der umfangreichen Literatur liber den Jinismus konnen wir hier nur einige Stal1dardwerke herausgreifen. P. C. Nahal' und K. C. Ghosh: An Encyclopedia of Jainism (Delhi 1987); H. v. Glasenapp: Der Jainismus, eine indische Erlosungsreligion (Berlin 1925, Neudruck Hildesheim 1964); das Werk enthalt eine ausflihrliche Bibliographie. GroBe Leistungen bei der Erforschung des Jinismus hat VV. Schubring el'bracht, u.a. in: TVorte
NlaMvTras (Gottingen 1927); Die Jainas (Tubingen 1927); Die Lehre der Jainas, in: Grundriss del' Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde, III, 7 (Berlin und Leipzig 1935); vgl. seine von K. Bruhn herausgegebenen Kleinen Schriften (Wiesbaden 1977). Zum Jinismus vgl. ferner N. N. Bhattacharyya: Jain Philosophy, Historical Outline (New Delhi 1976, 2. Aufl. 1999); D. Bhargava: Jaina Ethics (Delhi 1968), Kapadia, H. R.: Jaina Literature and Philosophy (Poona 1987). 3 Eine erste Ubersicht uber die jinistische Literatur gab A. Weber: Uber die heiligen Schriften der Jaina, in: Indische Studien, 16 (Leipzig 1883) und 17 (1885). Samtliche kanonischen \Verke del' Jinisten werden gegenwiil'tig unter der Leitung von M. Jambuvijayaji kritisch ediert: Sacred Books of the Jainas (Delhi seit 1978). Kritische Edt. del' Angas von M. Nathamal, 3 vols. (Ladnun 1992). Einige besonders wichtige Teile des Kanons wurden ubersetzt von H. Jacobi in den Banden 22 und 45 del' Sacred Books of the East
behandelt \V. Huttemann: Die Jiiata-Erzahlungen im sechsten Ariga des Kanons der Jinisten (StraBburg 1907). 11 Ausgabe und Ubersetzung der Uv&sagadasao von A. F. R. Hoernle in del' Bibliotheca Indica (Calcutta 1888-1890, Neudruck Calcutta 1989). P. 1. Vaidya (Poona 1930) und N. A. Gore (Poona 1953). 12 Ausgabe der Aliltagaqadasao in del' Agamodaya Samiti (Bombay 1920). Ubersetzung von L. D. Barnett (London 1907, Neudruck Varanasi 1973). 13 Ausgaben der AZ.IUttarovavaiyadasao in del' Agamodaya Samiti (Bombay 1920) sowie von P. L. Vaidya (Poona 19:32). Ubersetzung wie in Anm. 12. 14 Ausgabe der PaIJ.havagaraIJ.aiIn in del' Agamodaya Samiti (Bombay 1919). Vgl. die Studie von A. Sen: A Critical Introduction to t11e Pal;zhavagaranaiIn (Diss. Hamburg 1936). 15 Ausgabe des Vivagasiiya in del' AganlOdaya Samiti (Bombay 1920). 16 Ausgabe des Uvavaiya- Uvariga von E. LeUlllann in den Abhandlungen fur die Kunde des MOl'genlandes, VIII, 2 (Leipzig 188:3, Neudruck Nendeln 1966). 17 Ausgabe des Rayapasel;zaijjain der AgamodayaSamiti (Bombay 1925). Inhaltsangabe von E. Leumann in: Verhandlungen des VI. Orientalistenkongl'esses, III, 2 (Leiden 1883). 18 Ausgabe des JTvajrvabhigama in der Agamodaya Samiti (Bombay 1925). 19 Ausgabe des PaIJ.IJ.avaIJ.asuttaIil von M. PUl).yavijaya, D. Millval;tia, und A. M. Bhojak in den Jaina-Agama-Series, IX, 1 (Bombay 1969).
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DIE JINISTISCHE LITERATUR
Die nichtkanonische Jaina-Literatur
20 Ausgabe der SUl'apar,l1.Jatti in der Agamodaya Samiti (Bombay 1919). Vgl. die Studie von J. E. Kohl: Die SUl'yapl'ajFiapti. Ve1'8uch einel' Textgeschichte (Stuttgart 1937).
:37 Ausgaben des Nandlsutta von M. PUl.1yavijayaji (Varanasi 1966); von demselben in Verbindung mit D. Miilval)iii und A. M. Bhojak als Bd. 1 der Jaina-Agama-Series (Bombay 1968). 38 Ausgabe der Al.JuogadaraiIil von M. Punyavijayaji, D. i\liilval.1iii und A. M. Bhojak; vgl. Anm. :37. Ubersetzung von T. Hanaki (Vaishali 1970).
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21 Ausgabe der Jambuddl\rapa1J1]ati in der Agamodaya Sarniti (Bombay 1926). 22 Ausgaben des Nil'aya.vallsuttam als achtem Uvaliga von S. \VaTren (Amsterdam 1879) und in der Agamodaya SalTliti (Ahmedabad 1922).
23 Diese Texte behandelt K. v. Kamptz in seiner Diss.: Ubel' die yom Stel'befast;en handelnden iiltel'en Pairp.1a des Jaina-Kanon8 (Hamburg 1929).
2. Die nicl1tkanonisclJe Jaina-Literatur
24 Ausgabe, Analyse und Erliiuterung des Tarildulaveyaliya von \V. Schubring (\Viesbaden 1969). 25 Ausgabe des Kalpasfitl'a des Bhadrabahu von H. Jacobi in den Abhandlungen fUr die Kunde des Morgenlandes, VII, 1 (Leipzig 1879). Ubersetzung von demselben in Bd. 22 der Sacred Books of the East (Oxford 1884); von K. S. Lalwani (Delhi 1979). 26 Ausgabe und Ubersetzung des (alteren) Kappasutta von VV. Schubring: Das KalpasiitTa, die alte Sammlungjinistischel' Monchsvo1'8Chl'iften (Diss. Leipzig 1905). 27 Ausgabe des Vavahal'a-Cheyasutta von VV, Schubring in den Abhandlungen fUr die Kunde des Morgenlandes, XV, 1 (Leipzig 1918, Neudruck 1966). Ubersetzung von demselben (Hamburg 1966). 28 Ausgabe des Nislha von \V. Schubring (wie AllIn. 27). Analyse von demselben in: Dl'ei Chedaslltl'aS des Jaina-Kanons (Halnburg 1966).
29 Ausgabe des JV[ahanislhasutta von W. Schubring in den Abhandlungen der Akad. der Wiss. zu Berlin 1918, Nl'. 5 (Berlin 1918). Vgl. die Studie zu den Kapiteln 1 bis 5 dieses Werkes von J. Deleu und W. Schubring (Hamburg 1963) sowie die Studie zu den Kapiteln 6 bis 8 von F. R. HaHlln und W. Schubring (Hamburg 19.51). 30 Als sechstes Cheyasutta wird manchmal der Jltakalpa des Jinabhadra bezeichnet; Ausgabe von E. Leumann in den Sitzungsberichten der Preufl. Akad. der \Viss. (Berlin 1892). Mitunter ziihlt nun hierzu aber ein PaFicasutta oder Paficakappa, Ausgahe von V. M. Shah (Surat 1934) 31 Ausgaben des Uttal'ajjhayal.1a von J. Charpentier in zwei Banden (Uppsala 1922) und von J. Vijaya in drei Biinden (Agra 1923-1927); weitere Ausgaben erschienen Calcutta 1879 und Bhavnagar 1927. lJbersetzung von H. Jacobi in Bd. 45 der Sacred Books of the East (Oxford 1895). 32 Vgl. W. Morgenroth: Die Bekehl'ung des Konigs Nami (Leipzig und Weimar 1979).
33 Ausgaben der Avassaganijjutti von E. Leumann in den Abhandlungen der Dtsch. Morgenlandischen Gesellschaft, X, 2 (Leipzig 1897); ferner in der Agamodaya SaHliti, Nr. 562 (Bombay 1928). :34 Ausgabe und Ubersetzung des Dasaveyaliyasutta von K. S. Lalwani (Delhi 1973) und von Amar J\luni (Delhi 1997). Ubersetzung auch von E. LeUIIlann in der Zschr. der Dtsch. Morgenlii.ndischen Gesellschaft, 46 (1892). 35 Ausgabe der PilJ(lanijjutti in der Agamodaya Samiti (Bombay 1918). Ubersetzung von E. LeuHlann, s. Anm. 34. 36 Ausgahe der Ohanijjutti (Oghaniryukti) in der Agamodaya Samiti (Bombay 1919).
Aus der Iangen Geschichte des Jaina-Kanons geht hervor, dass seine Texte zeitlich sehr heterogen sind und dass die Schlussredaktion in vergleichsweise spater Zeit erfolgt ist. Daraus ist zu erklaren, dass die nichtkanonische Jaina-Literatur nicht erst an den Kanon anschIieJ3t, sondern bereits wahrend seiner Herausbildung ins Leben tritt. '!\Tie schon erwahnt, ist sie zumeist in Jaina-Mahara~trl, in spaJerer Zeit auch in Sanskrit, Apahhrari1sa sowie in neuindischen Volkssprachen abgefasst. Die nichtkanonische J aina- Literatur ist von erstaunlicher Vielfalt und ReichhaItigkeit. Wenn auch nicht in religionsgeschichtlicher Beziehung, so ist sie in literarisch-asthetischer Hinsicht der kanonischen Literatur weitgehend iiberlegen. Aus den ursprunglichen Kommentaren und dogmatischen Darlegungen sind spater epische und dramatische vVerke hervorgegangen, deren poetischer Rang Iediglich von der jinistischen ErzahlIiteratur ubertroffen wird. Nicht gering sind schIieJ3lich die Leistungen der Jinisten auf wissenschaftlichem Gebiet zu veranschlagen; auch sie haben ihren Iiterarischen Niederschlag gefunden. Die Abfassung von Kommentaren zum Kanon - sie fUhren die Bezeichnung Nijjutti (Niryukti) - hat fruh eingesetzt und geht auf den bereits genannten Bhadrabahu zuruck. Spater sind die Nijjuttis in groJ3e Kommentarwerke erweitert worden, zunachst in einer Prak~>t-Spradre (dann heiJ3en sie Bha~ya), seit dem 11. Jahrhundert in Sanskrit (Tlka, V~>tti). Fur die Literaturgeschichte sind diese Kommentare aus dem Grunde wichtig, weil sie zur Stiitzung der jinistischen Lehren zahlreiche Legenden und beispielhafte Erzahlungen anfUhren. In besonders umfangreichem MaJ3e ist dies bei den Kommentaren zum UttarajjhayaI,la der FalJ.l Die Verfasser dieser vVerke haben sich insofern groJ3e Verdienste erworben, als sie vieles aus der altindischen ErzahlIiteratur ubernommen und damit aufbewahrt haben, was ohne sie verlorengegangen ware. Andererseits darf nicht ubersehen werden, dass sie das vorgefundene Erzahlungsgut vielfach ihren eigenen ideologischen Zwecken angepasst und demzufolge umgestaltet hahen. Das betrifft etwa epische HeIden wie K~>~r:la, Ravarfa oder die Draupadl: Ihre ErIebnisse und Taten wurden von den Jinisten weitgehend modifiziert wiedergegeben. Die kanonischen Kommentare konnten bei aller Berucksichtigung volkstumlichen und traditionellen Erzahlungsgutes sich von ihrer eigentlichen Thematik
DIE JINISTISCHE LITERATUR
Die nichtkanonische J aina- Literatur
natiirlich nicht ablenken lassen. Den .linisten entstand somit die Aufgabe, den beiden graBen brahmanischen Epen ein adaquates \Verk zur Seite zu stellen. Das alteste erhaltene jinistische Epos - zugleich eines del' bedeutendsten ist das in .laina-Mahara~trlabgefasste Paiimacariya (Padmacarita) des Vimalasuri. Es handelt sich um eine jinistische Umarbeitung des Ramayal;za, die aus dem 2. odeI' 3. .lahrhundert stammen diirfte. 2 Rama erscheint hier auch untel' dem Namen Padma (daher del' Titel); die Namen del' iibrigen RamayalfaHeiden wurden nicht verandert. Die Umwandlung des alten epischen Stoffes im Dienste des .linismus ist jedoch eine sehr tiefgreifende. Dies kommt gleich zu Beginn deutlich zum Ausdruck: Auf Weisung des Mahavlra soll dessen Schiiler Goyama lndabhuti das Epos dem Konig von Magadha, SelJiya (der sonst unter dem Namen Bimbisara bekannt geworden ist), mitgeteilt haben. Der jinistische Autor muss nun die vorgenommene Uberarbeitung rechtfertigen, und er tut dies auf eine fUr eine idealistische Position eigentiimliche Weise: Er nennt Valmlki einen Liigner und kritisiert ihn von einem realistischen Standpunkt aus. 1m 2. Gesang - es gibt deren insgesamt 118 - weist er Valmlki eine Reihe von Unstimmigkeiten nacho So gilt es ihm als unglaubwiirdig, dass Affen die wohlgeriisteten Damonen besiegt haben sollen oder dass der machtige Gott lndra in die Gewalt des Ravalfa gel'aten sein soll. Er tadelt auch die Angabe, nach der KumbhakanJa ein halbes .lahr lang ununterbrochen geschlaJen hat. Goyama belehrt nun den Konig, indem er ihm sagt, wie es "wirklich" gewesen ist. Was nun folgt, ist die weitgehende Ersetzung del' Konzeption Valmlkis durch neue, jinistisch determinierte Ideen. Eroffnet wird die Handlung wie ein Puralfa, indem das Wirken des ersten .lina, ~~abha, im K~ta-Weltzeitalter beschrieben wird. 1m weiteren Verlauf bemiiht sich Vimalasuri, die mythischen Angaben des Valmlki zu "widerlegen" beziehungsweise auf rationalistische \Veise zu erklaren. So sind die Affen des Ramaya'lfa "in vVahrheit" bestimmte halbgottahnliche Wesen (Vidyadhara), die lediglich Affenzeichen auf ihren Bannern tragen. Eine fast vollige Neuorientierung erhalt die Gestalt des Ravalfa. Dieser im RamaYal;za perhorreszierte DamonenfUrst erlebt im Paiimacari.'va eine entschiedene moralische Aufwertung. Seine Macht hat er nicht durch listige oder brutale Mittel, sondern durch Askese erlangt. 1m 9. Gesang wird er sogar zum .linismus bekehrt! Nun wird es logisch, dass er im 12. und 13. Gesang den Gotterkonig lndra besiegt. Auch del' Affe Hanumat nimmt den jinistischen Glauben an. Das eigentliche Rama- Epos beginnt erst im 21. Gesang. Doch ist auch hier die Handlung auBerordentlich stark verandert und zudem auf Schritt und Tritt durch jinistisch orientierte Einschiibe unterbrochen. Zum Schluss geht Padma, also Rama, ins Nirvalfa ein. Das Paiima,cariya hat zahlreichen weiteren jinistischen Bearbeitungen des Ramayalfa-Stoffes als Muster und Vorbild gedient.
wir ein nicht unbedeutendes Pawlavacarita.3 Letzteres ist - analog der Gliederung des Mahabharata in 18 Pal'vans - wohl nicht unabsichtlich in 18 Sargas aufgeteilt. Um 1200 von Devaprabhasuri verfasst, beschreibt es die Abenteuer der PalJ<;lavas und lasst diese am Schluss in das Nirvalfa eingehen.
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Fast eine Selbstverstandlichkeit ist es, dass es auch zum Mahabllarata jinistische Adaptationen gibt. Neben einem sogenannten HarivalDsa-PUTal;Ja finden
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Wichtiger noch als die soeben gena,nnten epischen Werke sind die jinistischen Biographien der sogenannten 63 hervorragenden Manner. Unter letzteren versteht man vor aHem die 24 Tlrthakaras, also diejenigen, die als .linas jeweils den .linismus wieder ins Leben gerufen haben soHen (die iibrigen sind ganzlich mythischer Natur und konnen hier iibergangen werden). Diese "Biographien" sind natiirlich nur fiir unsere Kenntnis yom Leben des Mahavlra von gewissem \Vert; allenfalls konnten sie noch die Existenz des Parsva indizieren. Alles iibrige kann auf Historizitat keinen Anspruch erheben. Bei den Digambaras heiBen diese Werke Puralfas, bei den Svetambaras werden sie Caritra genannt. Unter den Digambara-PuralJas ist das ,5atrUlljaya-Mahatmya zu nennen, das von Dhanesvara im Stil eines puralJischen Mahatmya verfasst wurde. 4 In diesem Epos, das in 14 Sargas eingeteilt ist, herrschen Slokas vor. Die Handlung spielt in Gujarat, das stets eine Hochburg der .linisten war. Dort liegt auch del' ihnen heilige Berg Satruiijaya, dessen Verherrlichung den Kern des Epos bildet. Daneben finden sich aber auch Betrachtungen iiber Kosmologie sowie ein Bericht iiber den ersten .lina, ~~abha. 1m 9. Sarga wird die Rama-Legende frei behandelt, wahrend die Geschichte der PalJ<;lavas in die Sargas X bis XII Aufnahme gefunden hat. Die Caritra- Literatur der Svetambaras weist einen iiberaus beriihmten Reprasentanten auf: das Tri9a9~isalakapuTU9acarita,"die Lebensliiufe del' 63 hervorragenden Manner".5 Autor ist der bekannte jinistische Monch Hemacandra aus Gujarat. Er erfreute sich bereits bei Lebzeiten (1089-1172) groBer Beriihmtheit, und zwar nicht nur als Dichter, sondern auch als Gelehrter. Als solcher erhielt er den Ehrentitel Kalikalasarvajila, "ein im gegenwartigen \Veltzeitalter Allwissender". Der damals iiber Gujarat herrschende, dem Sivaismus ergebene Konig Kumarapala wurde von Hemacandra dem .linismus gewonnen und verwandelte das Land nun in einen jinistischen "Musterstaat": unter anderem wurden die .lagd, das Schlachterhandwerk und der Genuss von Fleisch verboten. Dies muss um das .lahr 1159 erfolgt sein; zwischen 1160 und seinern Todesjahr hat HelTlacandra dann am Tri,?a,?~isalakapuTU9acaritagearbeitet. Das \Verk besteht aus zehn Parvans und beginnt mit der Beschreibung der mythischen Existenz des ~~abha. Als Geschichtsquelle mit groBem Abstand am wichtigsten ist Parvan X. Es fUhrt auch den Namen Mahavlracaritra und gibt eine Lebensgeschichte des eigentlichen Begriinders des .linismus. Sie stiulmt inT wesentlichen mit den Angaben des A.j!aranlgasutta und des Kalpasiitra iiberein, ist abel' wesentlich detaillierter und geht auch auf den politischen Hintergrund, die Herrschaft des Konigs SrelJika, ein. Noch sind nicht alle Quellen bekannt, auf die sich Hemacan-
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DIE JINISTISCHE LITERATUR
dra gestiitzt hat. Vermutlich gehorte dazu die VasudevahilfCji des Salighadasa, ein in archaischer Jaina-Maharal?trl gehaltenes vVerk der Erziihlungsliteratur. 6 Denn in den biographischen Text sind zahlreiche Geschichten eingearbeitet, zu denen die in Indien sehr beliebten Erziihlungen von den Abenteuern des Meisterdiebes Rauhir,teya gehoren. Immer wieder ist es die Karman-Lehre, deren Moral in stets neuen Versionen vorgetragen wird. Hemacandra bezeichnet sein V',Terk selbst als ein Ma,haka,vya, ein graBes Werk der Kunstdichtung, aber von groBerem oder gar iibertriebenem sprachlich-stilistischem Schmuck kann keine Rede sein. Die Sprache ist vielmehr schlicht und klar; eine Besonderheit stellen die vielen einpriigsamen Vergleiche dar. Vielleicht soIl das Vorderglied des Kompositums Mahakavya auf den groBen Umfang des Caritra und nicht auf stilistische Spezifik hinweisen. Zum Tri,"jai?risalakapurui?acarita gibt es ein Parisii?raparva,n ("N achtragskapitel"), das auch unter dem Namen SthaviravalYcarita geht. 7 Durch seinen Gehalt an Erzii,hlungen aller Art, besonders an Miirchen, steht es noch iiber dem Hauptwerk, wenn es auch dessen Bedeutung als Geschichtsquelle nicht erreicht. Ganz ohne Bedeutung ist es jedoch auch in dieser Beziehung nicht. Es berichtet niimlich iiber die Dasapurvins, das heiBt iiber diejenigen Schiiler des Mahavlra, die noch die Kenntnis von zehn Puvvas besaBen. Diese Schiiler konnten wenigstens zum Teil historische Personlichkeiten gewesen sein. 1m iibrigen aber findet sich hier ein Kranz von Miirchen und Legenden, in die viele volkstiimliche Stoffe Eingang gefunden haben. Uberhaupt ist zu betonen, dass die Jinisten ebenso wie sie einen noch engeren Kontakt zwischen Gemeinde und Laien herzustellen und aufrechtzuerhalten wussten als die Buddhisten -- auch in ihrer Literatur die Volkstiimlichkeit des buddhistischen Schrifttums noch iibertrafen. Ihren eigentlichen Zweck, den der religiosen Erbauung und Werbung, lieBen die Jinisten dennoch nie aus den Augen. Dies gilt auch fUr das Parisii?raparvan, das sich weithin als Eulogie der Keuschheit darstellt, andererseits aber erkliirt, dass es ,Moglichkeiten der Bekehrung, des Eintritts in den Orden als Nonne und der schlieBlichen Erlosung auch fiir Freudenmiidchen gibt. 1m fiinften Kapitel treffen wir auf einen bekannten Namen, niimlich den des Sayyambhava" der als Sejjari1bhava das Da.saveyaliya verfasste. Die betreffende Geschichte im Pa,risii?raparvan schildert, wie Sayyambhava fUr seinen Sohn, von dem er wusste, dass er nur noch sechs Monate zu leben haben wiirde, das Da.sa.veyaliya schrieb, urn diesem die Moglichkeit zu geben, noch vor seinem Tode ohne umfangreiches Studium die Quintessenz der J aina- Lehre zu erfassen. Von Interesse sind ferner die Geschichten des achten Kapitels, da sie sich auf die historische NandaDynastie und deren Ablosung durch die Mauryas beziehen. Eine Rolle spielt hier auch der uns aus dem KaurilYya-Artlla,sastra bereits bekannte 1\1auryaKanzler Car,takya. Selbst dieser Typus des machiavellistischen Staatsmannes kann einer Modifizierung oder noch eher Umstrukturierung seines Charakters
Die nichtkanonische J aina- Literatur
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nicht entgehen: Zum Schluss wird auch er ein frommer Jinist. Die Tlrthakaras sind in den Caritras nicht gleichmiiBig gewiirdigt worden. Es versteht sich,- dass der erste, vorletzte und letzte Jina -- also I.tsmbha. Parsva und Mahavlra - vorzugsweise die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Von den iibrigen hat besonders der 21. Tlrthakara, Neminatha oder auch Aril?tanemi genannt, literarische Beachtung gefunden. Der jinistischen Tradition gilt er als Zeitgenosse der im Mahabllarata auftretenden HeIden. Eine Legende liber ihn findet sich bereits im UttarajjhayaI.la, und insgesamt gibt es iiber diesen Jina mindestens zwolf Lebensgeschichten. Unter ihnen ragt hervor das Neminahacariu (Neminathacarita), das der Monch Haribhadra im Jahre 1159 verfasst hat. 8 Dieses vVerk ist nicht in einem Prakrt-Dialekt, sondern in Apabhrarnsa geschrieben und zugleich als Erzeugnis der Kunstdichtung konzipiert worden. Es ist daher von graBer Bedeutung und nimmt in der Literaturgeschichte geradezu eine Schliisselstellung als Apabhrarnsa- Kavya ein. 1m Apabhrari1sa spielt der Reim eine wichtige Rolle; auch in dieser Tatsache deutet sich der Ubergang zu den neuindischen Sprachen an. Der Autor hat offensichtlich zeigen wollen, dass Kunstdichtung auch in Apabhrarnsa moglich ist. Er beschriinkt sich daher keineswegs auf die (mythische) Biographie, sondern fiihrt breite Beschreibungen und Ausmalungen, besonders der indischen Natur, in die erstere ein, so dass besonders im ersten Teil das biographische Anliegen in den Hintergrund tritt. Sehr viele Caritras gibt es iiber ParSva. Sie hier aufzuziihlen, wiirde viel zu weit fUhren. Hervorzuheben ist aber das Parsvanathacaritra von Bhavadevasuri, das im Jahre 1255 entstanden sein diirfte. 9 Das vVerk behandelt nicht nur die Lebensgeschichte des Parsva, sondern geht auch auf seine vorangegangenen neun Existenzen ein. In diesen mythischen Stoff ist eine bedeutende Anzahl von Fabeln und Miirchen eingelagert. Sie sind keineswegs alle von Bhavadevasuri ad hoc erfunden worden. 1m Gegenteil, eine graBe Zahl von ihnen stammt aus vorgefundenen Quellen, unter anderem aus dem Paiicatantra, aus der iilteren jinistischen Literatur, ja sogar aus Kalidasas ,5akuntala. Ferner enthiiJt das Parsvanathacaritra iiber tausend Stlicke, die vorwiegend Moral, aber auch vVeltklugheit lehren wollen. Viele von ihnen sind entsprechend der jinistischen Grundhaltung gegen die Frauen gerichtet. So heiBt es etwa, dass ein \Veiser wohl die Zahl der Sandkorner im Ganges oder die Menge des vVassers im Meere, niemals aber die Gedanken einer Frau kennen konne. Neben den Caritras haben die Jinisten noch eine umfangreiche Literatur historischen Charakters hervorgebracht. Hierzu gehoren etwa die Prabandhas, deren historischer vVert durch die in ihnen enthaltenen Anachronismen jedoch stark beeintriichtigt wird und in jedem einzelnen FaIle einer kritischen Prlifung bedarf. vVaren schon die Carib'as eng mit Erziihlungen verschiedener Art verfiochten,
DIE JINISTISCHE LITERATUR
Die nichtkanonische J aina- Literatur
so verwundert es nieht, dass die Jinisten aueh eine selbststiindige, umfangreiehe Erziihlliteratur von hohem Rang gesehaffen haben. Gewiss solI diese aueh unterhalten; vorzugsweise aber sind die Elemente der Unterhaltung gesehiekt in den Dienst der religiosen Belehrung und Erbauung gestellt und ihr untergeordnet worden.
ist uns nieht bekannt. Ungewiss ist aueh die Zeitstellung; nieht ausgesehlossen ist die Moglichkeit einer Entstehung des Werkes im 10. Jahrhundert. Abgefasst ist es in~ralo;t, und zwar wieder in einer Misehung von Prosa und Versen. Die Hauptthemen beziehen sieh auf den Prinzen Kalaka und seine Bekehrung zum Jinismus sowie auf seinen Feldzug gegen einen Konig, der seine, Kalakas, Sehwester naeh Ujjayinl entfiihrt hatte. Aus einer ganzen Anzahl von Kathanakas nennen wir noeh das "Gesehiehtehen yom Kaufmann Campaka" (Campaka.sre!?thika.tllanaka).13 Es ist im 15. Jahrhundert von Jinaklrti verfasst worden. Eine Rahmenhandlung umsehlie£t drei Gesehiehten, von denen die letzte dureh Humor und \Veltklugheit hervorragt. Ein Kaufmann, der alle Welt zu betriigen gewohnt ist, wird sehlie£lieh selbst iiberlistet, entspreehend der jinistisehen Doktrin selbstverstandlieh dureh ein Freudenmadehen.
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Zu den friihen Meistern dieser Literatur gehort Haribhadra. Es gibt mehrere Autoren dieses Namens; der hier erwiihnte gehort dem 8. Jahrhundert an. Urspriinglieh Brahmane, war er sehr stolz auf seine Gelehrsamkeit. Dureh den Einfluss der Nonne Yakinl wurde er jinistiseher Moneh und erhielt den Ehrentitel Suri. Er war gleieherma£en im Sanskrit wie im Prak~,t versiert und verfasste in diesen Spraehen fast hundert \Verke. Er gilt als Begriinder der dl1 armakatl1a, der religios fundierten und ausgeriehteten Erziihlung. Als hervorragender Vertreter dieser Literaturgattung haben wir in anderem Zusammenhang (siehe das Kapitel "Fabeln und Marehen") bereits seine Samaraieeakal1a kennengelernt. Einen Hohepunkt auf dem Gebiet der religiosen Erziihlliteratur erreiehte Siddhar~i mit seiner Upamitibhavaprapaiiealmtl1a, der "Erzahlung von der Vielfalt der Existenzen in Vergleiehen", die er im Jahre 906 vollendet hat. lO Siddhar~i bezieht sieh hier auf Haribhadra, den er sieh offensiehtlieh zum Vorbild nimmt. In der Form iiberwiegt die Prosa; in diese sind Strophen von versehiedener Lange eingelagert, deren vorherrsehendes Metrum der 810ka ist. Die Erzahlungen werden von einer Rahmenhandlung umgeben, wie dies fUr die altindisehe Erzahlliteratur typisch ist. Fiir die Upamitibl1avaprapaiieakat11a charakteristiseh ist der Umstand, dass die handelnden Personen Allegorien sind, so dass man an K~'~lfamisras Prabodl1acandrodaya erinnert wird. 1m Untersehied zur Samaraiccakal1a ist dieses \Verk in Sanskrit verfasst. Der Autor hoffte naeh eigener Darlegung, durch die Verwendung des Sanskrit aueh die gebildeten Kreise anzuspreehen und sie fUr den Jinismus zu gewinnen. Urn von mogliehst vielen potentiellen Konvertiten verstanden zu werden, beflei£igte er sieh einer sehliehten Sprache. Der Erfolg hat ihm recht gegeben: Das Werk erlangte in Indien eine weite Verbreitung. Neben der eben envalmten Prosa-Vers-Misehung gibt es aueh Dharmakathas, die aussehlie£lich in Versen gehalten sind. Dazu zahlt die Bhavisattakal1a (Bhavi~yadattakatha) des Dhalfavala (Dhanapala)Y Sie ist in Apabhrarnsa verfasst und glorifiziert ein bestimmtes jinistisehes Geliibde. Die Kernhandlung ist ein Marehen. BhavisaUa wird von einem bosen Stiefbruder gehasst und verfolgt. Als er das GHiek hat, eine Prinzessin zu heiraten, wird die Verbindung dureh den Stiefbruder entzweit, doeh gelingt dem Paar spater die \/iliedervereinigung. Eine eigene Gruppe innerhalb der religiosen Erzahlliteratur bilden die sogenannten "ldeinen Geschiehten" (Kathanaka). Ein sehr bekannter Repriisentant dieser Gruppe ist das Kalaka.carya-Katl1anakaY Der Verfasser desselben
Die Jinisten haben in der Erzahlliteratur also naeh Tiefe und Umfang gro:6e Leistungen vollbraeht. Somit war es naheliegend, dass sie ganze Zyklen von Gesehiehten in Sammlungen vereinigten. Eine der bekanntesten Sammlungen dieser Art ist die Samyaktvakaumudl. 14 Der Titel bedeutet "Mondsehein der Vollkommenheit". Der Autor beziehungsweise Kompilator ist unbekannt. Eine Rahmenhandlung umsehlieHt einen Kranz von Gesehiehten. Letztere dienen der blo:6en Unterhaltung oder der Vermittlung von allgemeinen Prinzipien der \Veltklugheit; nur die Rahmenhandlung stellt eine Verklammerung mit dem Jinismus her. Unbekannt ist aueh der Kompilator des "Gesehiehtensehatzes" (Katl1ako,sa).15 Die Prosa dieser Sammlung ist in Sanskrit abgefasst, wahrend die Verse in Prak~,t gehalten sind. Das Sammelwerk enthiilt eine Fiille von Erzahlungen versehiedener Art, besonders von Legenden und Miirehen; doeh kommt aueh die Spruehdiehtung zu \Vort. Interessant ist die Gesehiehte von Nala und Davadantl, eine reeht einsehneidende jinistisehe Bearbeitung des bekannten Legendenstoffes von Na1a und Damayantl aus dem lVlal1abl1arata. Es zeigt sieh a1so, dass die indisehe und die \Veltliteratur der Erziihlliteratur der Jinisten verpfliehtet sind. Au£erdem ist sie aber aueh fUr versehiedene Zweige der \Vissensehaft von nieht zu untersehiitzender Bedeutung. Die vergleiehende Marehenkunde findet hier ein noeh kaum iiberschaubares und aueh noeh langst nieht adiiquat ersehlossenes Materialfeld vor. Bisher hat die buddhistisehe Erziihlliteratur ihre jinistisehe Sehwester in der Aufmerksamkeit der Forseher immer wieder verdrangt. Wenn dies aueh etwa im Hinbliek auf die iiberragende Rolle der Jatakas verstandlieh erseheint, so muss doeh noeh einmal betont werden, dass die Volkstiimliehkeit der jinistisehen noeh ausgepriigter als die der buddhistisehen Literatur war. Erstere ist daher aueh fUr den Sozialhistoriker von einer noeh nieht hinreiehend erkannten \Viehtigkeit als kulturgesehiehtliehe Quelle. Die Jinisten haben sieh gerade in ihrer Erzahlliteratur bemiiht, alle Teile des Volkes zu erreiehen, anzuspreehen und fiir sieh zu gewinnen. Daher besehranken sieh die Stoffe dieses Sehrifttums keineswegs auf
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Die nichtkanonische J aina- Literatur
die herrschenden Klassen, sondern beziehen auch die Angehorigen der unteren Schichten in breitem Umfang ein, so dass nicht selten ein recht getreues Bild vom Leben des ganzen Volkes gezeichnet wird.
lei weltliche Vergnugungen, der sich die Gotter des Brahmanismus-Hinduismus schuldig machen. Die von Amitagati prasentierte Alternative konnte freilich manchem - vielleicht nicht absolut zu Unrecht - als noch weniger attraktiv gelten, etwa der Verzicht auf Fleisch, Honig und berauschende Getranke, oder die im Jinisnms immer wieder hervorstechende misogyne Haltung: Auch hier sind die Frauen nichts anderes als der Riegel vor dem Tor zur Hinllnelswelt oder aber gleichbedeutend mit dem Weg zur Holle. Ja, das Kapitel 24 ist eigens der Auseinandersetzung mit den Freudenmadchen gewidmet.
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Auch als Dramendichter sind die Jinisten hervorgetreten. Das draIl1atische Schaffen fallt vorwiegend in die Zeit zwischen dem 12. und dem 14. Jahrhundert. Es gibt jedoch nur wenige wirklich jinistisch angelegte Dramen, die zudem im Rahmen der indischen Literaturgeschichte nur eine untergeordnete Rolle spielen. Eine etwas gro£ere Bedeutung hat dagegen die religios-lyrische Dichtung. Werke vom Range eines Gltagovinda darf man freilich auch hier nicht erwarten, doch durfen einige dieser sogenannten Stotras durchaus Anspruch auf vVertschatzung erheben. Dazu zahlt besonders das Bhaktamara-Stotra. 16 Verfasst wurde es von 1\1anatUllga, und da dieser sowohl von Digambaras als auch von Svetambaras beansprucht wird, muss er zu einer ziemlich friihen Zeit, als das jinistische Schisma noch nicht allzu krasse Formen angenommen hatte, gelebt haben. Das aus nur 44 Versen bestehende Stotra ist in einem gema£igten Kavya-Stil geschrieben und dem Inhalt nach vorwiegend ein Hymnus an I.t~abha, den ersten Jina. vVer ihn im Herzen tragt, den kann keine Kette fesseln, der kann mit blo£en Fu£en auf eine Giftschlange treten. Die Schonheit der Verse lasst die inhaltlichen Ubertreibungen gern ubersehen. Die didaktische Poesie, die ihren Niederschlag im Lehrgedicht £lndet, bildet den Ubergang von der Erzahl- zur wissenschaftlich orientierten Literatur. Ein fruhes Erzeugnis dieser Art ist das Lehrgedicht PraSnottararatnamala. 17 Der Titel bedeutet "Juwelenkranz der Frage und Antwort" und zeigt an, dass das Gedicht in Frage-Antwort-Form gehalten ist. Die Verse sind einfache, gut lesbare Slokas. Uber Autor und Zeitstellung gibt es keine zuverlassigen Angaben, sondern nm sehr divergente Meinungen. Manche sehen in Vimalasuri, dem Schopfer des Paiimacariya, auch den Verfasser der Prasnottararatnamala; andere versetzen das \Verk in wesentlich spatere Zeit, manche bis ins 9. Jahrhundert. Einen wesentlichen Beitrag zur Lehrpoesie del' Jinisten leistete der Digambara Amitagati. \Venigstens zwei seiner \Verke mussen hier genannt werden. Da ist zunachst der Subhal}itaratnasamdolla, die "Sammlung von Spruchjuwelen" .18 Das aus dem Jahre 994 stammende vVerk umfasst 32 Kapitel, von denen jedes ein gesondertes Thema behandelt. Gekleidet in das Gewand eines Kavya, ist der Subhal}itaratnasamdoha eine wichtige Quelle fUr die Ethik der Digambaras sowie fUr die praktischen Regeln dieses Ordens. Von besonderem Interesse ist ferner die Haltung und Argumentation gegeniiber dem Brahmanismus, dessen Religion scharf kritisiert und verurteilt wird. Insbesondere die Mythologie der Brahmanen und ihrer Anhiinger ist es, die Amitagati zu bei£endem Spott herausfordert: Heftig gei£elt er die Vorliebe fur Trunk, Frauen und aller-
1m Jahre 1014 vollendete Amitagati sein zweites gro£es Werk, die Dharmaparlk,?a, die "Untersuchung iiber Religion".19 Auch hier ist die Vermittlung des jinistischen Dogmas das Hauptanliegen des Verfassers. Er zieht zahlreiche Erzahlungen heran, die er anscheinend zumindest teilweise aus dem Prak~·t ubersetzt hat. M. \Vinternitz vergleicht einige von ihnen zu Recht mit Munchhauseniaden, etwa die folgende: Ein Mensch gewahrt auf einem Baum Friichte, die er erlangen mochte, die aber zu hoch hangen. Er reiBt sich alsoden Kopf ab, wirft ihn ins Geast und lasst ihn sich dort an den Fruchten gutlich tun. Anschlie£end lasst er ihn zuruckkehren und wieder mit dem Rumpf verwachsen. In der DharmapaTlkl}a £lnden wir auch viele Beziige auf das 1\1a.habharata und das Ramaya,]! a; die meisten Zitate beziehen sich aber nicht auf die Originale, sondern offensichtlich auf alte jinistische Adaptationen dieser brahmanischen Epen. Die Angriffe auf Religion, Kulte und Gebrauche der Brahmanen werden mit ahnlicher Scharfe vorgetragen wie im Subllal}itaratna.salndoha, wobei unsere Aufmerksamkeit besonders durch den Umstand beansprucht wird, dass sich die Kritik Amitagatis jetzt nicht mehr auf die Religion beschrankt, sondern dass sie nunmehr auch das brahmanische Kastemvesen erfasst. Freilich kuhlt der Autor unsere Sympathie sogleich wieder dadurch ab, dass er ins gegenteilige Extrem verfallt: Kann er wirklich einmal auch bei seinen ideologischen Gegnern etwas Gutes entdecken, so wertet er dies als Entlehnung aus dem Jinismus! Von besonderem Interesse ist seine Kritik am Mahabharata. Vyasa habe nach Meinung Amitagatis selbstverstandlich gewusst, dass das Epos voller Lugen sei, aber er habe mit der Dummheit und Leichtglaubigkeit der Menschen gerechnet. Hier sehen wir eine ahnliche kritische Linie, wie sie das Paiimacariya am Ramayal!a verfolgt. Auch die anderen Werke des Amitagati sind nicht ohne Bedeutung, wenngleich sie die \l\Tichtigkeit der vorstehend skizzierten bei weitem nicht erreichen. Als Verfasser eines Lehrgedichtes ist ferner einer der beruhmtesten jinistischen Autoren iiberhaupt zu nennen: Hemacandra. Er schuf das Yogasastra. 20 Das \l\Terk besteht aus zwei Teilen, einem Grundtext und einem (ebenfalls von Hemacandra stammenden) Kommentar. Der Grundtext ist in einfachen SlokaVersen, der Kommentar aber inl Stil eines Ka.vya gehalten. Die ersten vier Kapitel enthalten die Lehren und Anforderungen, wie sie an die Laienanhanger des
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Die nichtkanonische J aina- Literatur
Jinismus gerichtet sind. Eine besondere Rolle spielen hier die Pflichten, die ein dem Jinismus gewogener Konig zu erfullen hat. 1m weiteren Verlauf des vVerkes wendet sich der Autor den konkreten religiosen Praktiken zu, die er unter dem Namen Yoga zusammenfasst und die ebenfalls auf den solchen Ubungen sehr zugetanen Konig Kumarapala zielen. Die Auseina.ndersetzung mit der Ideologie der Brahmanen fehlt auch hier nicht. Hemacandra wendet sich besonders scharf gegen die im 1v1anava-Dllarmasastra vertretenen Moralauffassungen. Ihnen stellt er das in der Neuzeit von M. K. Gandhi weiterentwickelte Prinzip der Nichtschadigung (allimsa) , beziehungsweise -verletzung aller Lebewesen, entgegen. Die dichterische Kunst HelTlacandras bewahrt sich auch in diesem Werk, dessen asthetischer Vorzug in der Wahl von Metaphern liegt; stellenweise wird man a.n die Ausdruckskraft der Spruche des Bhart~'hari erinnert. Freilich wird auch hier die Schonheit der Gestaltung in das Prokrustesbett der jinistischen Ideologie gezwangt, und wenn der Verfasser etwa die Frauen als die Fackeln auf dem Weg zum Hollentor bezeichnet, so ist dies wohl ein recht eindrucksvoller, aber eben alles andere als ein schmeichelhafter Vergleich.
der Dinge". Das \Verk, das auchden Namen DasasiitrT tragt, wird sowohl von den Digambaras als auch von den Svetambaras anerkannt. Es ist in Sanskrit geschrieben und be-steht aus Sutras, die von einem Kommentar begleitet werden. Die thematische Palette des Tattvarthadlligamasiitra ist sehr breit und umfasst neben anderem Kosmographie, Psychologie, Logik und Ethik. Indem es sich genau an die Vorschriften des Kanons anlehnt, ist das \Verk ein auBerordentlich wichtiger Leitfaden, der eine vorzugliche Ubersicht uber Grundanschauungen des Jinismus bietet. Darum erfreut es sich in jinistischen Kreisen Indiens auch heute noch grofier Wertschatzung und ausgedehnter Verwendung. 21 Das philosophische Kompendium $a<;ldarsanasamuccaya von Haribhadra haben wir bereits bei der Besprechung der altindischen philosophischen Literatur erwahnt, da es kein \Verk speziell jinistischer Pragung ist und der Autor einen uberparteilichen Standpunkt einzunehmen sucht. Die Jinisten haben noch eine grofie Anzahl weiterer philosophischer Werke hervorgebracht, die jedoch fast durchweg zu ihrer Religion in mehr oder weniger enger Beziehung stehen. Insgesamt kann gesagt werden, dass die Beschaftigung mit wissenschaftlichen Fragen bei den Jinisten intensiver war als bei den Buddhisten. Zur indischen Grammatik und Lexikographie, aber auch zur Astronomie und insbesondere zur Mathematik haben die Jinisten bedeutsame Erkenntnisse beigesteuert, auf die im einzelnen hier jedoch nicht eingegangen werden kann. Die lang andauernde Unterschatzung des jinistischen Beitrags zur indischen und zur Vveltliteratur und -kultur ist seitens der indologischen Forschung noch nicht vollstandig uberwunden worden. Es darf nicht ubersehen werden, dass die Jinisten neben anderen kulturellen Leistungen sich groBe Verdienste um die Entwicklung der indischen Nationalsprachen - und zwar nicht nur im indoarischen, sondern auch im dravidischen Sprachbereich - erworben haben.
Auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Literatur haben die Jinisten ebenfalls viel vorzuweisen, doch ist die Forschung erst relativ spat auf diese Leistungen aufmerksam geworden, so dass sie bislang auch noch nicht hinreichend gewurdigt worden sind. Hervorzuheben sind die jinistischen Arbeiten uber Philosophie und hier wieder besonders auf dem Gebiet der Logik. Die Grundfrage der Philosophie versuchen sie auf einem vermittelnden Wege zu losen. Natiirlich konnte einem solchen Versuch kein wirklicher Erfolg beschieden sein, doch hat die jinistische Philosophie - auch das ist bisher nicht genugend anerkannt worden - in mancher Hinsicht eine Uberlegenheit liber die des Buddhismus gewinnen konnen. Die Verabsolutierung der Bewegung beispielsweise, die dem Buddhismus zum entschiedenen Nachteil gereicht, ist im Jinismus vermieden worden. Gleiches gilt von dem extremen subjektiven Idealismus des MahayanaBuddhismus. Der Jinismus erkennt die Materie, die Sinnesobjekte, als ewig an, behauptet aber, dass dieselben jede nur denkbare Qualitat und Form annehmen konnen. Man nennt diese philosophische Konzeption den Syadvada, das heiBt die Es-mag-sein-Lehre. Am Ausbau der altindischen Logik und der Naturphilosophie, also des Nyaya und des Vaise~ika, haben Jinisten verdienstvoll mitgewirkt. Aus der Fruhzeit der jinistischen Philosophie beschranken wir uns hier auf die Nennung des Digambara Kundakunda, der im 1. oder 2. Jahrhundert gelebt haben solI. Ein hervorragender Philosoph war der Digambara Umasvarnin, den die Svetambaras Umasvati nennen. Die Tradition macht ihn zu einem Schuler des Kundakunda, doch ist dies sehr fraglich. Umasvamin solI eine grofie Anzahl von \Verken verfasst haben. Von diesen ist das wichtigste jedenfalls das Tattvartlladlligamasiitra, der "Leitfaden fUr das Verstandnis der wahren Natur
Anmerkungen 1 Die wichtigsten Erzahlungen aus den Kommentaren zum Kanan wurden herausgegeben von H. Jacobi: Ausgewahlte Erzahlungen in Maharastrf (Leipzig 1886). Ubersetzungen solcher Erzahlungen finden sich bei J. J. Meyer in: Hindu Tales (London 1909).
2 Ausgabe des Paiimacariya von H. Jacobi (Bhavnagar 1914). Eine zweite, von M. PUlJyavijayaji iiberarbeitete Auflage dieser Ausgabe erschien in zwei Teilen (Teil 1: Varanasi 1962; Teil 2: Ahmedabad 1968). Studie von K. R. Chandra (Vaishali 1970). 3 Ausgabe des PaIJ4avacarita in der Kiivyamala, Nr. 93 (Bombay 1911). 4 Ubersetzt wurde das Satruiijaya Mahatmya von J. Burgess im Indian Antiquary, Bd. 30 (1901). Vgl. die Studie von A. Weber in den Abhandlungen fiir die Kunde des Morgenlandes, I, 4 (Leipzig 1858). 5 Ausgabe des Tri,~ai?tisalakapurui?acarita (Bhavnagar 1906-1913). Ubersetzung in sechs Biinden von H. M. Johnson (Baroda 1931-1962).
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DIE JINISTISCHE LITERATUR
6 Uber die VasudevahiI).cJi hat 1. Alsdorf mehrere Arbeiten veroffentlicht; vgl. die Ausgabe seiner Kleinen Schriften von A. Wezler (Wiesbaden 1974). 7 Ausgabe des Pari.5i.?~aparvan von H. Jacobi in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1891, 2. Auf!. 1932). Teiliibersetzung von J. Hertel: Erza.hlungen aus Hemacandras Parisii?~aparvan (Leipzig 1908). Hertel hat 1815 von insge~amt 3460 Strophen fUr eine Prosaiibersetzung
Schlussbetrachtungen
1. Die 1Veltbedeut.ung del' altindisc1len Litel'atur
ausgewiihlt. 8 Aus derl1 Neminahacariu hat H. Jacobi den Abschnitt Sanatkumaracarita behandelt in den Abhandlungen der Bayer. Akad. der Wiss., XXXI, 2 (Miinchen 1921). 9 Eine Studie iiber das Parsvanathacarita publizierte M. Bloomfield: The Life and Stories of the Jaina Savior Par.5vaniitha (Baltimore 1919). 10 Ausgabe der Upamitibhavaprapaiicakatha von P. Peterson und H. Jacobi in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1899-1914). Ubersetzung der ersten drei Kapitel von W. Kirfel als Bd. 10 der Reihe "Indische Erziihler" (Leipzig 1924). 11 Ausgabe der Bhavisa.ttakaha von H. Jacobi in den Abhandlungen der Bayer. Akad. der Wiss., XXIX, 4 (Miinchen 1918). 12 Ausgabe und Ubersetzung des Kalakacaryakathanaka von H. Jacobi in der Zschr. der Dtsch. Morgenliindischen Gesellschaft, 34 (Leipzig 1880). 13 Ausgabe und Ubersetzung des Campakasres~hikat11anaka von J. Hertel in der Zschr. der Dtsch. Morgenliindischen Gesellschaft, 65 (Leipzig 1911). Da Hertel hier auch Parallelstellen dieses \iVerks in asiatischen und europiiischen Erzii.hlungen gibt, ist seine Arbeit fUr die vergleichende Erziihlungskunde von fortdauernder Bedeutung. 14 Zur Samyaktvakaumudfvgl. die Studie von A. \iVeber in den Sitzungsberichten der PreuJ3. Akad. der Wiss. zu Berlin (1889). 15 Ubersetzung des Kathako.sa von C. H. Tavmey (London 1895). 16 Ausgabe und Ubersetzung des Bhaktamara-Stotra von H. Jacobi in Bd. 14 der von A. Weber herausgegebenen Indischen Studien (Leipzig 1876). 17 Ausgabe der Pra.snottarara.tnamala in der Kavyamala, Bd. 7 (Bombay). 18 Ausgabe und Ubersetzung des Subhai?itaratnasamdoha von R. Sclul1idt und J. Hertel in der Zschr. der Dtsch. Morgenliindischen Gesellschaft, 59 und 61 (Leipzig 1905 bzw.
1907). 19 Zur Dharmaparfksa vgl. die Diss. von N. Mironov: Die Dharmaparfksa des Amitagati (Leipzig 1903). 20 Ausgabe von Hemacandras Yoga.5astra durch E. VVindisch in der Zschr. der Dtsch. Morgenliindischen Gesellschaft, 28 (Leipzig 1874). 'Windisch beschriinkt sich auf die ersten vier Kapitel, die aber nrehr als drei Viertel des ganzen VVerks umfassen. Gleiches gilt fiir die daselbst zu findende Ubersetzung. Ausgabe und Ubersetzung von A. S. Gopani (Jaipur 1989). 21 Ausgabe u. Ubers. des Tattvarthadhigarnasutra von J. L. J aini als Bd. 2 der Sacred Books of the Jainas (ATTah 1920), zus. mit einer wertvollen Einleitung. Ausgabe auch von V. K. P. Mody in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1903-190.5). Ubers. u. Erliiut. von H. Jacobi in der Zschr. der Dtsch. Morgenliindischen Gesellschaft, 60 (Leipzig 1906).
Die altindische Literatur hat in fast allen historischen Epochen eine immense Ausstrahlungskraft besessen und besitzt sie noch. Ursprunglich waren es vorwiegend buddhistische Monche, dalm auch Brahmanen und Kaufleute, die mit del' Religion auch andere Elemente del' indischen Kultur, darunter verschiedene Literaturstoffe, verbreiteten. So gelangten diese nach Sri Lanka (Ceylon), ferner nach Zentralasien (Tibet, Ostturkestan, spateI' auch in die Mongolei), Ostasien (China, Korea, Japan), Rinterindien (Myanmar, Thailand, Kampuchea) und Indonesien (Djawa, Sumatera und andere).1 Verschiedentlich bildeten sich in diesen Liindern durch den Kontakt mit dem Sanskrit sogar neue Sprachen, so auf Sri Lanka das Singhalesische, auf Djawa die Kawi-Sprache. Da die Inder ihre Nachbarlander vorwiegend libel' das Medium del' Religion beeinflussten, die wiederum auf die Literatur zuruckgriff, nimmt es nicht wunder, dass die Einflussllahme del' indischen Literatur hier besonders graB war. Fur den Literaturhistoriker ist diesel' Umstand librigens von Vorteil, da nicht wenige Sanskrit-Werke verlorengegangen sind, abel' aus fremdsprachigen, etwa tibetischen, Ubersetzungen rekonstruiert werden konnen. \iVenngleich nicht in dem MaBe wie auf asiatische Lander, hat die indische Literatur doch auch auf Europa - und insbesondere auch auf die deutsche Kultur - nicht unwesentlich eingewirkt. Das humanistische Menschenbild, das in ersten Zligen schon in manchen ~gvedischen Rymnen hervortritt und sich in den beiden graBen Epen und in den Dramen del' Klassiker voll entfaltet. beeindruckte auch europaische Denker. Th. Benfey und J. Hertel eruierten die \iVanderung vieleI' Fabeln und Marchen aus den buddhistischen Jatakas und aus dem Paiicatantl'a nach \iVesten. Riel' zeigen sich Aisopos, Boccaccio, Lafontaine und die Bruder Grimm von indischen Stoffen beeinflusst. Von del' Feinsinnigkeit eines Dramas wie Kalidasas Sakuntala fUhlte sich Goethe, J. W. v. angezogen. Friedrich Riickert lieferte begeisterte, kongeniale Nachdichtungen altindischer Epenstoffe. Indische Mystik wiederum wirkte auf Neuplatoniker und Gnostiker ein. Das Gedankengut del' Bhaga.vadgTta fand lebhaften Widerhall bei Wilhelm v. Humboldt. Ohne ihre indischen Quellen in diesem FaIle die Upanif?aden - ware die Philosophie Schopenhauers, von deren pessimistischem Idealismus bekanntlich eine Linie zu Friedrich Nietzsche, eine andere zur Musik Richard Wagners fUhrt, gar nicht denkbar. Positiv beurteilte Friedrich Engels die Begriffsdialektik del' Buddhisten, die er in diesem Punkt mit den Griechen auf eine Stufe stellt.
SCHLUSSBETRACHTUNGEN
Geschichte del' Erforschung del' altindischen Literatur in del' Neuzeit
1m 20. Jahl'hundert war es dann wieder del' Buddhismus, del' im Abendland verstarkt aufgegriffen wurde. Neobuddhistische Selden entstanden, die in del' Lehre des Buddha einen Ausweg aus del' Misere del' spatburgerlichen Gesellschaft zu £lnden hofften. Literarischen Ausdruck verlieh diesen Bestrebungen hauptsachlich del' Dane Karl Gjellerup in mehreren Wel'l-::en. 2 Auf ahnlichen Bahnen bewegte sich verschiedentlich auch das Schaffen von Hermann Hesse. 3 In dem Ma:l3e, wie sich ein von Vorurteilen fl'eieres Verhaltnis zu den au:l3ereuropaischen Literaturen herausbildet, gewinnt auch die altindische Literatur zunehmend fUr uns an Bedeutung als die bei weitem wichtigste Quelle fur unsere Kenntnis dieses Landes und ermoglicht es uns, indische Geschichte als Teil del' \iVeltgeschichte zu verstehen. Das betrifft nicht nur den Ablauf del' politischen Geschichte odeI' den jeweiligen Stand del' Produktivkrafte und Produktionsverhaltnisse. Aus den schriftlichen Quellen sind -- wenn auch teilweise mit unterschiedlicher Klarheit und Genauigkeit - Aussagen uber die Entwicklung des ideologischen Uberbaus zu gewinnen, gleich ob es sich um die unterschiedlichen Fornlen des Staatsaufbaus und seine Institutionen 4 odeI' um die Rolle handelt, die Religion und Opferwesen, Philosophie, Rechtslehre, Grammatik, Lexikographie und anderem zukommt. Fur die Geschichte del' exakten Wissenschaften, von Astronomie und Mathematik, abel' auch fur die Geschichte del' Medizin odeI' Architektur ist au:l3erordentlich forderlich, dass die alten Indel' einem Hang zur Systematisierung folgten, del' uns ihre VVerke meist gut uberschaubar macht.
Hauptmasse del' altindischen Literatur zu gewinnen. Die Wurzeln diesel' Lei" stung reichen freilich weit in die Vergangenheit zuruck. Soweit die einheimische altindische \iVissenschaft selbst betroffen ist, verweisen wir auf die entsprechenden Sachkapitel. Auch auf griechische, romische und chinesische Quellen ka11n hier nicht weiter eingegangen werden. 2
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Anmerkungen 1 Einzelheiten bei H. v. Glasenapp: Brahma und Buddha (1926). 2 K. Gjellerup: Del' Pilger Kamanita (Frankfurt/I\![. 1907, Neuausgabe Interlaken 1986); del'S.: Das Weib des Vollendeten (Leipzig 1921). 3 H. Hesse: 5iddhartha (Berlin 1922, seitdem sUindig Neuauflagen und -ausgaben). 4 Die erste groBe Leistung auf diesem Gebiet war die Studie Collectanea iiber die Kastenverhiiltnisse in den BrahmaI!a und 5iltra von A. Weber: Indische Studien, Bd. 10 (Leipzig 1868). Weitere Angaben bei den betreffenden Sachkapiteln.
2. Geschichte der Erfmsc1mng der aJtindischen Literatur in der Neuzeit Die Geschichte del' Erforschung del' altindischen Literatur ist mit del' Geschichte del' Sanskrit-Philologie und del' Indologie iiberhaupt untrennbar verbunden. 1 In angestrengter, miihevoller und nicht selten entsagungsr~icher Forschungsarbeit gelang es, in weniger als einem Jahrhundert einen Uberblick uber die
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Als Vorboten Europas bei del' Erkundung Indiens und del' indischen Kultur nennen wir Marco Polo, del' im Jahre 1295 nach Indien kam. In diesel' "vorklassischen Epoche" ragt au:l3erdem del' Russe Afanassij Nikitin hervor; er weilte von 1469 bis 1472 - also 30 Jahre VOl' Vascoda Gama - in Siidindien. Siidindien war zunachst auch das Hauptziel des europaischen, zuerst des portugiesischen, Kolonialismus, wahrend die Griechen, Romer und Chinesen vorwiegend uber Nordindien berichtet hatten. 1542 kam del' Baske Franz Xavier nach Goa; er hatte bereits Kenntnisse im Sanskrit. Von 1583 bis 1588 war del' FlorentineI' Kaufmann Filippo Sassetti in Indien. Er bemerkte als erster die Verwandtschaft des Sanskrits lTlit europaischen Sprachen. Neben den Kaufleuten spielten die Missionare - ebenfalls vorwiegend in Sudindien - eine gro:l3e Rolle. Zu ihnen gehorte del' Hollander Abraham Roger, del' von 1630 bis 1647 in Indien wirkte. Er hinterlie:l3 ein Manuskript, das unter dem Titel Open Deure tot het verborgen Heydendom in Leiden 1651 gedruckt wurde und unter anderem die Ubersetzung von 200 Spruchen des BhartJ;hari enthielt. Das war die erste Ubersetzung aus dem Sanskrit in eine europaische Sprache. Allerdings benotigte Roger wie noch viele nach ihm einen Pandit, das hei:l3t einen einheimischen Sanskritgelehrten. Von 1650 bis 1660 weilte del' Pater Heinrich Roth in Goa und Agra. Er erlernte das Sanskrit und ubergab fiinf Schrifttafeln an Athanasius Kircher, del' sie in dem Werk Cllina Illustrata (Amsterdam 1667) veroffentlichte. 3 Von gro:l3em Interesse sind die realistischen Berichte, die von einigen franzosischen Reisenden verfasst wurden. Fran<;:ois Bernier schilderte die politischen Verhaltnisse Indiens zwischen 1656 und 1668, insbesondere den Kampf Aurangzebs um die Macht. 4 Jean Baptiste Tavernier publizierte 1677 einen Bericht uber Land und Wege, abel' auch Religion und Philosophie in Indien unter dem Gro:l3moghul. Durch August Hermann Francke war Bartholomaus Ziegenbalg (1683-1719) als Missionar an die (sei t 1621) danische Mission von Tranquebar gekommen. 5 \!\Tir ubergehen hier jedoch seine und einiger anderer Missionare Leistungen, da sie sich vorwiegend mit del' Tamil-Sprache befassten. Dagegen verfasste del' deutsche Jesuit Johannes Ernst Hanxleden, del' von 1699 bis 1732 in del' malabarischen Mission wirkte, als erster Europaer eine (in Latein geschriebene) Sanskrit-Grammatik sowie ein Tamil-Sanskrit-Portugiesisch-V'lorterbuch. Beides blieb ungedruckt. Doch del' osterreichische Karmeliter Paulinus (d. i. Johann Philipp Wesdin odeI' Werdin), del' von 1776 bis 1789 in Malabar weilte,
SCHLUSSBETRACHTUNGEN
Gesehiehte del' Erfol'sehung del' altindisehen Litel'atur in del' Neuzeit
verwertete Hanxledens Grammatik und veroffentlichte die erste europi-iische Sanskrit-Grammatik (Rom 1790). Ihm war bereits del' Amarako,sa bekannt.
Ubersetzung heraus. Auf del' Grundlage indischer \Vorterbiicher publizierte er 1819 ein grundlegendes Worterbuch Sanskrit-Englisch. Wilson kannte mindestens 60 indischeDramen und analysierte sie 1827. Neben seinem\Vorterbuch ist er abel' besonders durch seine Ubersetzung des Vi,?l.m-Pural;Ia bekannt geworden (1840). 1846 gab er das Dasakumaracarita heraus. Eine Obersetzung des I:tgveda. erschien seit 1850.
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Aus diesel' friihkolonialen Epoche, die das eigentliche Wissen um die SanskritLiteratur erst vorbereitete, nennen wir noch ein ratselhaftes und vieldiskutiertes \Verk: L'Ezour- Vedam ou Ancient Commentaire du Vedam, f. ..} traduit du Samscretan paT un Brame (Yverdon 1778). Dieses merkwlirdige Buch schildert einen Dialog zwischen dem die hinduistischen Gotter vertretenden "Biache" (Vyasa) und dem Vertreter des Veda "Chumontou" (Sumantu). Die Angaben libel' die "fUnf" Veden sind vielfach unzutreffend; man hielt damals den Veda fUr die Lehre von den drei Hochgottern. 6 Daher ist del' Ezour- Vedam wohl kein echtes indisches \Verk, sondern vermutlich aus del' Schule des Italieners Robertus de Nobilibus (1577-1656), del' um 1620 in Madurai wirkte, hervorgegangen. Mit del' Eroberung Bengalens durch die Englander beginnt nach 1757 die Periode del' anglo-indischen Sanskrit-Forschnng. Es lag im Interesse des Kolonialismus, sich auch del' kulturellen Traditionen des zu beherrschenden Landes zu versichern. Dem diente die am 15. Januar 1784 gegrlindete Asiatick Society of Bengal, deren Prasident del' Oberrichter William Jones (1746-1794) wurde. Er libersetzte Kalidasas :5akuntala (Calcutta 1789), spateI' das Gltagovinda. 1796 erschien postum seine Ubersetzung des Gesetzbuches l'vlanava-Dharmasastra. Die Sakuntala wurde 1791 von Georg Forster aus dem Englischen ins Deutsche libertragen. Hiervon erhielt auch Goethe ein Exemplar, liber dessen Inhalt er sich begeistert auBerte. Als erster Europaer gab Jones einen Sanskrit-Text in Devanagarl heraus: Kalidasas I:ttusarilhara (Calcutta 1792). Jones zeigte die Verwandtschaft des Sanskrits mit dem Griechischen, Lateinischen, Gotischen, Keltischen und Persischen auf (1786). Er begrlindete auch eine lateinische Umschrift del' Devanagarl. Charles Wilkins (1750-1833) libersetzte 1785 die Bhagavadglta und 1787 den Hitopadesa.. Zurn eigentlichen Begrlinder del' SanskritPhilologie wurde abel' Henry Thomas Colebrooke (1765-1837). Seit 1801 Professor des Sanskrit am Fort William College, beschrieb er Pa1.linis Grammatik, gab 1805 selbst eine ausfUhrliche Sanskrit-Grammatik heraus und edierte 1808 den Amarakosa. Besonders wichtig war seine Studie On the Vedas or Sacred Vfritings of the Hindus in den Asiatick Researches VIII (1805), in der er unvollstandig, aber erstmals wissenschaftlich liber Sarnhitas, Brahmal.laS und Upani 9aden handelt. 1807 schrieb er libel' Jainas und Astronomie, 1817 libel' Algebra, spateI' auch Grundsatzliches iiber indische Metrik. 1823/24 verfasste er vier Aufsatze libel' indische Philosophie; die beiden ersten benutzte Georg Wilhelm Friedrich Hegel 1825/26 fUr sein Kolleg "Einleitung in die Geschichte del' Philosophie". 1829 stellte Colebrooke die sechs orthodoxen Philosophiesysteme del' Inder dar. Horace Hayman Wilson (1786-1860) wurde nach seiner Rlickkehr aus Indien 1832 Sanskrit-Professor in Oxford. 1813 gab er Kalidasas Meglladuta mit einer
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Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gewann die Indologie auch in Deutschland rasch an Bedeutung. Friedrich Schlegel hatte 1803/04 in Paris bei A. Hamilton, einem internierten britischen Marineoffizier, Sanskrit gelernt und ga.b in seinem Buch tjber die Spra.che und Weisheit del' Indier (1808) Ubersetzungsproben aus verschiedenen \Verken. Othmar Frank (1770-1840) gab mehrere Sanskrit-Texte, eine Sanskrit-Chrestomathie (1820/21) und die erste in Deutschland gedruckte Sanskrit-Grammatik (1823) heraus. }ranz Bopp (17911867) begriindete 1816 die wissenschaftliche Komparatistik. 1821 auf Empfehlung \Vilhelm v. Humboldts nach Berlin gekommen, schrieb er 1827 eine ausfiihrliche Sanskrit-Grammatik und dann eine solche in klirzerer Fassung (1834, mehrfach aufgelegt). 1819 gab er den Nala-Text, spater auch andere Texte des lVIahabharata heraus. 7 In Frankreich erschien 1801/02 die Oupnek'llat des Orientalisten und ersten Awesta- Forschers Abraham Hyacinthe Anquetil Duperron, eine lateinische Obertragung von 50 Upani 9aden nach einer persischen Vorlage. Die erste franzosische Sanskrit-Professur haUe Antoine Leonard de Chezy (17731832) inne. Bekannter wurde aber A. 1. A. Loiseleur Deslongchamps (18051840), der 1830 die Manusm~ti und 1839-1845 den Amaralmsa herausgab. Ein Schliler Chezys, A. Langlois (1788-18;]4), brachte die erste vollstandige lTbersetzung del' I:tksamllita in allerdings sehr unvollkommener Weise heraus (1848-1851). Am berlihmtesten wurde Eugene Burnouf (1801-18;]2), seit 1832 Nachfolger von Chezy. Er hat zusammen mit Christian Lassen eine erste Kenntnis yom Pali gegeben (1826). In zwei Banden (1840--1844) leitete er, begleitet von einer umfangreichen Vorrede, die Obersetzung des wichtigen BhagavataPural;Ia ein. Ganz besonders ragt Burnouf durch seine Einflihrung in die Geschichte des indischen Buddhismus (2 Bande, 1844-1852) hervor. Der erste Band enthalt eine Darstellung des Nordlichen Buddhismus, del' zweite die Ubersetzung des Saddhannapul;IQarlka.. Burnouf flihrte die grundlegenden Kategorien Bouddhisme septentrional und B. meridional ein. Inzwischen war in Deutschland die Sanskrit-Philologie endgiiltig etabliert worden. Das Verdienst hieran geblihrt August Wilhelm v. Schlegel (1767-1845). Alter als sein Bruder Friedrich (1772-1829), kam er doch erst spateI' als dieser zum Sanskrit. Seit 1818 lehrte er Sanskrit in Bonn. Damit wurde Bonn zur ersten deutschen Universitat, an der die Sanskrit-Philologie heimisch wurde. Schlegel gab 1823 die Bhaga.vadglta mit lateinischer Ubersetzung heraus, 1829-
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Geschichte der Erforschung der altindischen Literatur in der Neuzeit
1838 die ersten beiden Bucher des RamaYa1;ia. 1829 erfolgte seme kritische Textausgabe des Hitopadesa. Er begrundete die sogenannte Bonner Schule, die spater von Christian Lassen fortgefuhrt wurde. Als Indologe trat auch Wilhelm v. Humboldt (1767-1835) hervor: 1827 schrieb er uber die Bhagavadglta, und 1836-1839 veroffentlichte er ein dreibandiges Werk, in dem er die Kawi-Sprache auf Djawa (Java) als Mischsprache auf indonesischer Grundlage erkannte. Der Dichter und Philologe Friedrich Ruckert (1788-1866) machte durch seine Nachdichtungen viele altindische ,,yerke einem groBeren Publikumskreis bekannt. Bis in die Wortspiele hinein verstand er die Originale groBartig nachzubilden: das Nala-Lied 1845, das Gltagovinda 1837, das 8avitrl-Lied 1839, die Sakuntala 1855. Friedrich Rosen (1805-1837) wirkte schon 1827 als Professor des Sanskrit in London. Sein Hauptwerk erschien posturn, namlich eine fundierte Ausgabe und lateinische Ubersetzung des ersten Ai?taka der ~ksaInhita (London 1838).
F. Koppen gehen die Kenntnisse zuriick, die Karl l'vlarx uber Indien zu Ge" bote standen, der sich 1853 in drei Aufsatzen ausfuhrlich uber Probleme der indischen GeschiGhte,namlich Die britische Herrschaft in Indien, Die kiinftigen Ergebnisse del' britischen Herrschaft in Indien und Die Ostindische Gesellschaft, ihe Geschi¢llte und die Ergebnisse illres lVirkens, auBerte. Fur die Periodisie/ rung der Geschichte Asiens sind diese Artikel eine \vahre Fundgrube und werden demzufolge bis zur Gegenwart unter imnler neuen Aspekten diskutiert.
Etwa zeitgleich mit Burnouf wirkten auch englische Forscher an einer ersten Aufhellung des Buddhismus. George Turnour (1799-1843), ein Vorlaufer von Childers und Rhys Davids, seit 1818 in Sri Lanka tatig, gab einen Uberblick liber das Tipitaka und machte das erst 1878 von Childers veroffentlichte Mahapa.rinibbanasutta bekannt. Das Todesjahr Buddhas setzte er mit 477 v. Chl'. an. Brian Houghton Hodgson (1800-1894), seit 1821 in Nepal, beschaftigte sich erfolgreich mit dem Nordlichen Buddhismus, den er jedoch fur den ursprunglichen hielt. Mit dem in Bergen (Norwegen) geburtigen Christian Lassen (1800-1876) schlieBt die erste Periode der Erforschung der indischen Literatur ab; die Untersuchung des Veda hatte hier noch eine ganzlich untergeordnete Rolle gespielt. Lassen war Schuler von August ,,yilhelm v. Schlegel, arbeitete spater zusammen mit Burnouf an dessen Pali-Studien und gab 1829-1831 zusammen mit Schlegel den Hitopadeia heraus. 1832 edierte und ubersetzte er die fUr die Geschichte der indischen Philosophie bedeutsamen Salukhyakarikas. Es folgte die Ausgabe des Gltagovinda (1836). Sein Hauptwerk aber wurde die vierbandige Indische Altertlmmskunde (1847-1861). Lassen vereinigt hier das Wissen seiner Zeit vom alten Indien. Fur die Darstellung der politischen Geschichte stutzt er sich etwas zu einseitig auf das Mahabharata. Fur die ausfUhrliche Schilderung der Kulturgeschichte einschlieBlich der Astronomie und Mathematik verwendet er weitgehend griechische Quellen. Den Jinismus sieht er noch als aus dem Buddhismus hervorgegangen an. Hohes Verdienst sichert sich Lassen aber durch die kritische Zusammenfassung der bis dahin vereinzelten Forschungsergebnisse, insbesondere fur das 1. Jahrtausend n. Chl'. Von Einzelheiten abgesehen, ubertrifft seine Arbeit schon dem Umfang nach bei weitem die erste Kompilation dieser Art, die Theodor Benfey 1840 in Gestalt des Artikels "Indien" in der Enzyklopadie von Ersch und Gruber gegeben hatte. Auf Lassen, A. W. v. Schlegel und insbesondere auf den Buddhologen C.
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In der Literaturgeschichtsforschung sind zunachst einige Gelehrte zu nennen, die gewissermaBen den Ubergang zu den Forschungsschwerpunkten der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts herstellen. Hierzu zahlt Hermann Brockhaus (1806-1877), Rektor der Leipziger Universitat und Schwager Richard Wagners. Schon 1835 hatte er das Prabodhacandrodaya des K~i?l).amisra herausgegeben. 1839 edierte und libersetzte er Buch 1 bis 5 des berlihmten Erzahlungswerkes Kathasaritsagara. Seine Schrift Uber den Druck sanskTitischer Werke mit lateinischen Buchstaben (1841), in der er die Uberlegungen von W. Jones weiterentwickelte, ist heute noch im wesentlichen gultig. 1852 arbeitete er uber die Algebra des Bhaskara. Zu seinen SchUlern zahlten so beruhmte Gelehrte wie Max Muller, Ernst Windisch und Friedrich Spiegel. Adolf Friedrich Stenzler (1807-1887), ein Schuler Bopps, gab zuniichst einige Dramentexte heraus: Raglmvamsa (1832), Kumarasambhava, Buch 1 bis 7 (1838), Mrcchakatika (1847). Spater widmete er sich der Dharmasastraund G~hyasutra-Literaturmit Editionen und Ubersetzungen: Yajiiavalkyasmfti (1849), Gautama-Dharmasastra (1876), Asvalayana.- (1864) und ParaskaraGrhyasiitra (1876). Padagogisch wertvoll war sein spater von Richard Pischel und Karl F. Geldner fortgefuhrtes Elementarbuch del' 8anskTitsprache (1868). Stenzler begrundete eine Breslauer Schule; seine bedeutendsten SchUler waren A. Weber, F. Kielhorn, J. Eggeling, R. Pischel und A. Hillebrandt. Nach Bonn, Berlin, Breslau und Leipzig wurde nunmehr auch Gottingen zu einer Statte der Sanskrit-P£lege, und zwar durch Theodor Benfey (18091881). Obwohl im Sanskrit Autodidakt, wurde er zu einem der bedeutendsten Indologen aller Zeiten. Er war der erste, der eine vollstandige, fundierte Untersuchung einer vedischen Samhita vorlegte: 1848 erschien seine mit Ubersetzung und Kommentar versehene Ausgabe des 8amavedarcika (Arcika des Samaveda). GroBe Bedeutung hatte auch sein Ha,ndbuch del' 8anskrit-8prache (1852-1854) mit" Vollstandiger Grammatik", Chrestomathie und vVoderbuch. Die Grammatik ist nach den Sutras des Palfini aufgebaut. Weltruhm erlangte Benfey durch die kommentierte Ubersetzung des Fabelwerks Paiicatantra (1859). Trotz einer gewissen Uberschatzung der buddhistischen Jatakas wird Benfey in diesem vVerk zum Begrunder der vergleichenden Marchenkunde. Der Hollander (spater Russe) Otto v. Bohtlingk (1815 bis 1904) ist der erste eines "Triumvirats", dessen Mitglieder als die hauptsachlichen Bahnbrecher der
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Geschichte del' Erforschung del' altindischen Literatur in del' Neuzeit
modernen Sanskrit- Philologie gelten (au£er ihm sind es Rudolf von Roth und Albrecht Weber). Bohtlingk, del' in Bonn und Berlin studiert hatte, vereinigte in sich gliicklich die Vorzuge beider Schulen. Schon sein erstes \Verk war eine fast unvergleichliche wissenschaftliche Leistung: die Herausgabe von Palfinis A~tadllyay1(2 Biinde, 1839/40). Mit diesem Werk offnete Bohtlingk den Blick fiir die Arbeitsweise del' altindischen Grammatiker. Nach einer Ausgabe und Ubersetzung del' Sakuntala (1842) brachte er 1845 eine Sanskrit-Chrestomathie heraus, die mehrfach aufgelegt und zu einem bewiihrten Studienmaterial wurde. Sein Hauptwerk abel' wurde del' von ihm ubernommene Anteil (fast 90 Prozent) am sogenannten Gro£en Petersburger \Vorterbuch. Dieses monumentale Standardwerk del' Sanskritistik erschien in sieben Gro£quartbiinden mit zusammen 9478 zweispaltigen Seiten (1852-1875). Hundert Jahre lang hat das in ZUSaIl1menarbeit von vielen Gelehrten unter dem Hauptanteil von Bohtlingk und Roth entstandene Werk del' Sanskrit-Philologie und nicht zuletzt del' indischen Literaturgeschichte die lexikalische Basis geliefert und wird dies auch weiterhin tun, bis del' Thesaurus von Poona komplett erschienen sein wird. 1879 bis 1889 erschien ein von Bohtlingk allein bearbeitetes Worterbuch in kurzerer Fassung (3 Bande) fast ohne Belegstellen, abel' mit vielen Ergiinzungen und Verbesserungen. \Veitere Verdienste erwarb sich Bohtlingk durch die Indisc11en Spriiche, eine Sammlung von 7613 Spruchen in Sanskrit und Deutsch (1863-1865). 1889 veroffentlichte er textkritische Ausgaben und Ubersetzungen del' beiden wichtigsten U pani~aden: del' Brha.daral;Iyaka- und del' Chandogya- Upani~a.d.
del' ersten Opponenten gegen Roth, war von besonderer Vielseitigkeit. Er trat als Linguist, Religionswissenschaftler und Philologe hervor. Bis zum heutigen Tage genie£t seiR Name in Indien hohe Achtung, Sein Hauptwerk war die sechsbiindige Ausgabe del' J!,ksa.Inhita mit dem Kommentar des Sayalfa (18491874). Seit 1854 Professor in Oxford, publizierte er 1859 A HistOl]1 of Ancient SanskTit Literature. Hier nimmt er fur die Sutra-Periode 600-200 v. Chr., fUr die Brahmalfa-Periode 800 bis 600, fur die Mantra-Periode 1000-800 und fUr die Chandas-Periode 1200-1000 v. Chr. an, gestutzt auf eine etwas primitive Methode, abel' mit einem erstaunlichen Grad von Korrektheit. Von uberaus gro£er religions- und literaturgeschichtlicher Bedeutung war die von ihm inaugurierte und ubernommene Herausgabe del' funfzigbiindigen "Sacred Books of the East", einer Sammlung von Ubersetzungen religionsgeschichtlicher \Verke, zu welcher er auf dem Gebiet del' Upani~aden \Vesentliches beitrug. Sein letztes gro£es Werk waren The Six Systems of Indian Pllilosophy (1899) Il1it einer zusammenfassenden Darstellung del' sechs orthodoxen Systeme.
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Mit Bohtlingk Ineist zusammen genannt wird Rudolf v. Roth (1821-1895), hauptsiichlich wegen del' gemeinsamen Arbeit am Petersburger Sanskrit-Worterbuch. Roth hatte dazu die Lexik des J!,gveda sowie die botanischen und medizinischen Termini beigetragen. Roth gilt als del' eigentliche Begrunder del' Vedistik, niimlich mit seinem beruhmt gewordenen Buch Zur Littera.tur und Geschichte des Weda (1846). 1852 gab er Yaskas Nirukta. mit einer Erliiuterung heraus. \Vichtig wurde ferner seine Edition des Atllarvaveda-Textes (1856, zusammen mit \V. W. D. Whitney). Roth trat entschieden dafiir ein, den Veda aus sich selbst heraus zu erkliiren und sich nicht den so viel spiiteren Kommentatoren anzuvertrauen. Diese Ansicht blieb nicht unwidersprochen. Gegen die einheitliche und autoritative Auffassung des" Triumvirats" bildete sich im Laufe del' Zeit eine Art Opposition heraus, die sogenannten Frondeurs. Zu ihnen gehorten unter anderem M. Muller, M. Haug, A. Ludwig, A. Bergaigne, R. Pischel, K. F. Geldner. Naturlich beschriinkte sich ihr Widerspruch nicht auf die Beurteilung del' altindischen Kommentare. \Venn es auch nicht ohne personliche Polemiken abging, ist durch den wissenschaftlichen Meinungsstreit beider Gruppen die Indologie doch nachhaltig gefordert worden. Max Miiller (1823-1900), ein Schuler von Brockhaus und Burnouf, einer
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Ein Indologe, del' sich um die Kenntnis del' altindischen, besonders del' vedischen Literatur in besonders hohem Ma£e verdient gemacht hat, war Albrecht \Veber (1825 bis 1901), und es wird nicht leicht sein, einen Gelehrten zu £lnden, del' ihm an Flei£ und Arbeitsintensitiit - die ilm fast zur Erblindung fUhrte - gleichkiime. Nachdem er vorwiegend bei Stenzler in Breslau studiert hatte, promovierte er schon 1845 iiber ein Stuck der 'Fajasa.neyi-Samllita. 1848 habilitierte er sich in Berlin und wirkte dort seit 1856 als Professor. Sein erstes gro£es \Verk war die I.Ierausgabe des gesamten \Vei£en Yajurve~a, also del' IlajasaneyiSamhita, des Satapa.tha-Brahmal;Ia und des Katyaya.na-Srautaslltra, jeweils mit Auszugen aus den Kommentaren (1849-1859). Spater gab er die TaittirlyaSamhita in Transkription heraus (1871/72). 1m Jahre 1842 hatte die Konigliche Bibliothek zu Berlin die Handschriftensammlung Chambers erworben. \Veber fertigte dazueinen Katalog an, der 1853 erschien. Auf die Vorarbeiten zu diesem Katalog gestutzt, hielt er im V\1intersemester 1851/52 die beruhmt gewordene Vorlesung, die 1852 als Buch Akademisc11e Ilorlesungen iiber Indische Literaturgeschichte erschien. In diesem iiberaus gelehrten Werk legt Weber den Schwerpunkt auf die relative Chronologie und uberhaupt die Beziehungen del' einzelnen \J\1erke untereinander, wiihrend die \J\1erkanalyse deutlich in den Hintergrund tritt. Zwischen del' 1. und 2. Auflage (1876-1878) del' Literaturgeschichte verfasste Weber eine solche Fiille von Abhandlungen, dass sie hier auch nicht anniihernd vollstandig erwiilmt werden konnen: uber das Kau.?ltakiBrahma.l;Ia (1853), iiber vedische Hochzeitsspruche (1862), uber Metrik (1863), uber das quellenkundliche Studium der altindischen Kasten (1868), uber das Ramaya'1!a (1870). Weber suchte allenthalben nach Beziehungen zwischen der indischen und der au£erindischen Literatur. \Venn er den Einfluss der griechischen Seite dabei auch iiberbetonte, bleibt ihm das Verdienst, die bis dahin
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Geschichte del' Erforschung del' altindischen Literatur in del' Neuzeit
iibliche isolierende Betrachtungsweise iiberwunden zu haben. \J\Tegweisend waren auch vVebers Arbeiten iiber das Prak~-t. Als einer del' ersten gab er genauere Kunde iiber die Jaina-Literatur. 1866/67 arbeitete er iiber die Bhagavati, und 1883-1885 publizierte er den umfangreichen Aufsatz Uber die heiligen Sclll-iften del' Jaina. Ein gro£er Teil del' Arbeiten vVebers ist in den von ihm herausgegebenen, 18 Bande umfassenden Indischen Studien erschienen, einer Reihe von erstrangiger Bedeutung fUr unser vVissen von del' altindischen Literatur.
Es leuchtet ein, dass die umfassende Beschaftigung mit dem Veda auch seine lexikalische Erforschung beinhalten musste. Diesel' Aufgabe unterzog sich VOl' allem Hermann Gra£mann (1809-1877). Gra£mann war urspriinglich Mathematiker(Erfinder del' Vektorenrechnung) und kam erst um sein fUnfzigstes Lebensjahr herum zum Sanskrit. Er lieferte 1873 ein Worterbuch zum ~gveda, das, obwohl natiirlich streckenweise veraltet und iiberarbeitungsbediirftig, immer wieder neu aufgelegt wurde und auch in del' Gegenwart umfassend verwendet wird. Sein \Vert besteht nicht zuletzt darin, dass fUr fast alle vVorter vollstandige Belegstellen beigebracht werden. Eine in Versen gehaltene lJbersetzung del' ~ksamhita (1876/77) erreicht das Niveau des Worterbuches nicht ganz.
Die vedischen Forschungen wurden fortgesetzt von Theodor Aufrecht (18221907), 1862 Professor in Edinburgh und 1875 Nachfolger von Lassen in Bonn. Er lieferte die erste vollstandige Ausgabe del' ~ksam1lita (in Webers IndisclJen Studien, 1861-1863). Sie ist durch ihre lateinische Umschrift sehr praktisch und daher mehrfach neu aufgelegt worden. In derselben Weise veroffentlichte er eine kritische Ausgabe des Aitareya-BralJmaIfa (1879), die wesentlich hOher im Rang als die von Martin Haug steht. Aufrechts Hauptwerk abel' war del' Catalogus catalogorum. An Alphabetica.l Register of Sanskrit Works and Authors (18911903). Entscheidende Fortschritte auf dem Gebiet del' Prak~t-Studien errang Richard Pischel (1849-1908), ein Schiiler von Stenzler und seit 1875 Professor in Kiel, 1885 in Halle, 1902 in Berlin. Pischel war ein Frondeur und betonte demgema£ die Bedeutung del' einheimischen Tradition. Del' ~gveda galt ihm als durchaus indisches Produkt, daher wandte er sich auch gegen die komparative Mythologie (Vedische Studien in Zusammenarbeit mit K. F. Geldner, 3 Bande, 1889-1901). Hier ist er einseitiger Beurteilung des Veda nicht entgangen; um so gro£er sind abel' seine Verdienste in del' Erforschung del' Prakrt-Sprachen. 1877-1880 hatte er bereits die Grammatik des Hemacandra herausgegeben, und 1900 veroffentlichte er die bis heute ma£gebende, monument ale Grammatik del' Prab;t-Spra.cl1en. In den Vereinigten Staaten von Amerika brach Vl1illiam Dwight Whitney del' modernen Indologie Balm (1827 bis 1894). Nach Studien bei Weber und Roth - es nimmt also nicht wunder, dass er spateI' gewohnlich die Ansichten des Triumvirats" verb-at - wirkte er als Professor am Yale College. Zusammen " mit Roth gab er 1856 den Text del' Atharva-Samhita heraus. Er arbeitete auch iiber altindische Astronomie, doch liegen seine besonderen Leistungen auf dem Gebiet del' Sanskrit-Grammatik. 1879 publizierte er eine vorbildliche, mehrfach aufgelegte Grammatik des Sanskrit unter Einbeziehung des Vedischen. Erstmalig sind hier alle in Betracht kommenden Formen akzentuiert wiedergegeben. 1885 erschien das wichtige Supplement The Roots, Verb-Forms, and Primary Derivatives of tlJe Sanskrit Language, das bis heute als unentbehrlich gilt. Daneben kam vVhitney immer wieder auf das Studium des Atharvaveda zuriick. 1881 lieferte er dazu einen Index verborum, und postll1~m (1905) erschien seine bedeutsame Ubersetzung del' Atharva-SamlJita in del' Saunaka- Rezension.
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Vorwiegend Vedist war auch del' Frondeur Alfred Ludwig (1832-1912) in Prag. Von ihm stammt die erste vollstandige deutsche Ubersetzung des ~gveda, die jedoch nicht nach Biichern, sondern mythologisch geOl-dnet ist. Das sechsbandige Werk enthalt ferner ausfUhrliche literaturgeschichtliche Betrachtungen. Wesentliches zur Vedakunde trug auch Julius Eggeling (1842-1918) bei. Nach Studien in Breslau und Berlin weilte er seit 1867 in England bei Max Miiller, wurde 1872 Professor in London und 1875 Nachfolger von Aufrecht in Edinburgh. Sein Hauptwerk bestand in einer gro£en Pionierleistung: Er iibersetzte das gesamte Satapa,tha-Brahma1;Ja und gab dazu eine Fiille wertvoller Anmerkungen. Das Ganze erschien in fUnf Banden in den "Sacred Books of the East" (1882-1900). Ferner katalogisierte er zusammen mit George C. O. Haas und Windisch die Sanskrithandschriften del' India Office Library und bearbeitete dazu die vedischen Manuskripte (1887). Zur gleichen Zeit wirkte Ernst Windisch (1844-1918), SchUler und Nachfolger von H. Brockhaus und del' hervorragendste Vertreter del' Sanskrit-Philologie in Leipzig (von 1877 bis 1918). Er bearbeitete zunachst das Yogasastra des Hemacandra und ging dann dem griechischen Einfluss auf das altindische Dram,a nacho Die Vedastudien forderte er nachhaltig durch die auch heute noch gebrauchten Zwolf Hymnen des Rigveda mit SayaIfas Commentar (1883), die eine gute Moglichkeit bieten, die einheimische Interpretation des Veda kennenzulernen. vVindisch tat abel' auch viel fUr das Verstandnis des Buddhismus und des Pali, so in seinem Buch Mara und Buddha (1895). Hier legte er iiberzeugend dar, dass die buddhistischen Legenden und die Evangelien unabhangig voneinander entstanden sind. Sein Hauptwerk und ein Standardwerk del' Indologie iiberhaupt abel' wurde seine Geschichte del' Sanskrit- Phi1010gie und Indischen Altertumskunde (1917-1920, Nachtrage 1921). In gro£artiger Weise entwirft vVindisch hier ein Bild 'lorn \Verden unserer Kenntnisse iiber das a.lte Indien, und man wei£ nicht, ob man die vVeite seines Gesichtsfeldes odeI' seine profunde Gelehrsamkeit mehr bewundern solI. Auch del' im vorliegenden Kapitel gegebene Abriss hatte ohne die von \Vindisch geschaffene Grundlage nicht
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geschrieben werden konnen. Zur gleichen Zeit etwa lebten Berthold Delbruck (1842-1922)8 und T. W. Rhys Davids (1843-1922). Ersterer wirkte von 1873 bis 1913 in Jena. Sein Hauptwerk war die 1888 erschienene Altindisc1le Syntax. Viel verwendet wurde auch seine 1874 in lateinischer Umschrift herausgegebene Vedisc1le Chrestomathie mit Anmerkungen und Glossal'. Rhys Davids forderte wiederum die Buddhologie. Er grundete 1882 die Pali Text Society, die den buddhistischen Kanon und eine groBe Anzahl von Kommentar- und Nachfolgewerken edierte. 1st eine priignante Periodisierung der Geschichte der Indologie auch kaum moglich, lasst sich doch immerhin sagen, dass die in der 2. Halfte des 19. Jahrhunderts so wichtige, streckenweise das Feld beherrschende Vedistik zu Beginn des 20. Jahrhunderts zugunsten der Verbreiterung des Forschungsbereiches wieder etwas zurlicktritt. Immer mehr Nationen, wie Russland, die USA und Italien, nehmen jetzt an der Erforschung der altindischen Literatur akti'len Anteil. Gleichzeitig spezialisieren sich die einzelnen Forscher immer staTker. Fruher flihlten sich die Indologen als Orientalisten und beherrschten meist mehrere orientalische Sprachen. Einen solchen Universalismus lie:B der um 1900 erreichte vVissensstand nicht mehr zu. Deutlich zeigt sich die Spezialisierung in einem gro:Bartigen, leider aber nicht vollendeten Serienwerk, dem "Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde", geleitet von G. Buhler bis 1898, von F. Kielhorn bis 1908, sodann von H. Lliders und J. \Vackernagel. Von den veranschlagten 40 Banden sind seit 1895 nur 23 erschienen; jede einzelne 1\10nographie stellt aber auf ihrem Gebiet einen Markstein dar. Hand in Hand mit der Spezialisierung zeigte sich eine weitere neue Erscheinung: Die linguistischen l
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sor am Deccan College in Poona und wurde in Zusammenarbeit mit indischen Gelehrten zu einem hervorragenden Kenner der einheimischen Grammatik und der Sastras. Das-Verhaltnis von Katya.yana und Patalljali kHirte er 1876. Sein Hauptvverk ist das VyakaraI.la iVIahabhal?ya (3 Bande, 1878 bis 1885); au:Berdem verfasste er selbst eine mustergiiltige Sanskrit Grammar (1870, deutsch von \¥. Solf 1888). Auch Julius Jolly (1849-1932) war in den 1880er Jahren einige Zeit in Indien tatig. Sein Hauptgebiet war die altindische Rechtsgeschichte, und so steuerte er fur den "Grundriss" den Band Recht und Sitte bei (1896). Fur diese1be Serie lieferte er auch den Band Medizin (1902)' Eine besondere Wurdigung verdient Hermann Oldenberg (1854-1920), nacb dem "Triumvirat" und Benfey einer der verdientesten europaischen Indologen. Seit 1881 in Berlin, spater in Kiel und Gottingen tatig, verband er ausgedehntes und dabei tiefes fachliches \Vissen mit einem glanzenden Stil, welcher der Indologie viele Freunde zuflihrte. Der Veda und der Buddhismus standen im Mittelpunkt seines Wirkens. Sein grundlegendes, mit bewunderungswlirdiger Klarheit geschriebenes \Verk Buddha, sein Leben, seine Lellre, seine Gemeinde (1881) erschien viele Male. Das Vinayapitaka gab er in flinf Banden heraus (1879 ff.) und ubersetzte die Vinaya Texts in drei Banden der "Sacred Books of the East" (1881-1885). Ebendort publizierte er auch eine Ubersetzung der Grhyasutras (1886-1890). Grundlegend wurde auch seine Religion des Veda (1894). Daneben schrieb er zahlreiche Aufsatze liber vedische Probleme, ein Essay zum Mahabhara.ta und eine Fulle kleinerer Arbeiten. Der Antagonist Oldenbergs war Alfred Hillebrandt (1853-1927). Seit 1883 als Professor in Breslau wirkend, widmete er sich hauptsachlich der Mythologie und dem Opferritual des Veda. lIn Unterschied zu Oldenberg erklarte er fast aIle vedischen Gotter als Personifikationen von Naturmachten. Sehr wertvoll ist auch heute noch sein Beitrag flir den "Grundriss", namlich Ritual-Litteratur. Vedische Opfer und Zauber (1897). Sein Hauptwerk ist die erstmals 1891 bis 1902 erschjenene Vedis:he lv[ytllOlogie. Zuvor hatte er einen wichtigen Ritualtext, das Salikhayana-Srauta.siitra, ediert (1888 ff.). In den Spuren Pische1s wandelte dessen jungerer J\1itarbeiter Karl Friedrich Geldner (1852-1929), seit 1890 Professor in Berlin und zunachst weitgehend mit Awesta-Studien befasst. Sein fur die gesamte Indologie und besonders fur die Litera~.urgeschichte bedeutsames Hauptwerk erschien postum: eine ausgezeichnete Ubersetzung der J.(ksarilhita (in den Harvard Oriental Series, 4 Bande, 1951-1957). Der aus Basel stammende Jakob Wackernagel (1853-1938), Schliler von Benfey, war seit 1879 als Professor in Basel, seit 1902 in Gottingen tatig. Sein indologisches Hauptwerk ist die von A. Debrunner weitergeflihrte Altindische Grammatik (1895,1905, 1954). Paul Deussen (1845-1919), seit 1887 Professor in Berlin, seit 1889 als Professor der Philosophie in Kie1, war Indologe und Philosoph. Seine Interpretation indischer philosophischer \Verke erfolgte
SCHLUSSBETRACHTUNGEN
Geschichte del' El'fol'schung del' altindischen Litel'atur in del' Neuzeit
yom Standpunkt eines Anhangel's del' Lehren Kants und Schopenhauel's. Am wichtigsten sind seine Ubersetzungen del' Vedanta-Sutras (1884) sowie von 60 Upanil?aden (1897). Del' indischen Philosophie widmete sich weitgehend auch Richard Garbe (1857-1927), seit 1880 Professor in Konigsberg, seit 1895 in Tubingen. 1885-1887 hatte er Gelegenheit, in Benares indische Philosophie zu studieren. SpateI' arbeitete er vorwiegend uber Sa.rnkhya und die Bhagavadglta, leistete mit del' Herausgabe des Apa.stamba-Srauta.siitra (3 Bande, 1882 ff.) eine wichtige editorische Arbeit.
Macdonell zusammen erarbeitete er den Vedic Index of Names and Subjects (2 Bande, 1912), in dem das damalige \Vissen uber die Realien del' vedischen Gesellschaft in vorbildlicher Form zusammengefasst wurde. In den Harvard <2riental Series ubersetzte Keith mehrere vedische Hauptwerke: das AitareyaAral'.lyaka (1909, zusammen mit einer Edition), die T'aittirlya-Sa,illhita (1914), das Aita,reya- und das Kau.'}ltaki-Brahmalfa (beide 1920). Eine gute Ubersicht gibt seine zweibandige Religion and Pllilosophy of the Veda and Upanisllads (1925). Keiths Arbeiten zeugen von scharfer Kritik und Selbstkritik. die lieber bereit sind, eigenes Nichtwissen zuzugeben, als den Schein einer nicht vorhandenen Sicherheit zu erwecken.
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Eine neue Phase in del' Erforschung del' altindischen Literatur in del' ersten Halfte des 20. Jahrhunderts wurde eingeleitet und fundiert durch die von Moriz Winternitz (1863-1937) verfasste Geschichte del' indischen Literatur. Del' Titel ist nicht ganz korrekt, denn die neuindische Literatur ist nur in einem Abriss vertreten, doch das vVerk war schlechthin epochemachend und hat ganzen Generationen von Indologen eine verlassliche Stutze geboten. Del' Schwerpunkt diesel' dreibandigen Arbeit liegt auf del' klassischen Sanskrit- Literatur. Hermann Jacobi (1850-1937) war einer del' produktivsten Indologen seiner Zeit. Ihm verdanken wir auf mehreren Gebieten wesentliche neue Erkenntnisse. Dies gilt zum Beispiel fUr die Epen. Sowohl das Ramayalfa (1893) als auch das Mahabhara,ta (1903) wurden von Jacobi grundlich untersucht und in Indices und Konkordanzen erfasst. Seine Schriften zur indischen Poetik und Asthetik wurden 1969 gesammelt veroffentlicht. Auf:\erdem leistete Jacobi Hervorragendes bei del' Erschlief:\ung del' Basistexte des Jinismus, die er in den "Sacred Books of the East" iibersetzte (1884-1895). Die jinistischen Arbeiten wurden fortgesetzt von 'Walther Schubring (1881-1969), del' zahlreiche Texte des JainaKanons bearbeitete und ubersetzte. Auf einem relativ begrenzten Spezialgebiet mit bahnbrechendem Erfolg wirkte del' Hollander Willem Caland (1859-1932). Er war del' grof:\e Erforscher des so uberaus komplizierten vedischen Opferrituals. Er ubersetzte und erlauterte selbst schwierigste Texte, so das Paiicaviillsa-Brahmalf a (1931), das Jaiminlya-Brahmalfa (in Auswahl, 1919), das j iipastamba-,5rautasiitra (3 Bande, 1921-1928) und das Vaitana.siitra (1910). Zusammen mit V. Henry gab er eine detaillierte Untersuchung des Agnil?toma als del' Grundform del' Somaopfer (L'Agnii?toma, Paris 1906/07) und verfasste eine Fulle einschlagiger exegetischer Werke. Das Arbeitsgebiet Calands deutete schon darauf hin, dass in del' neuesten und in die Gegenwart hineinreichenden Periode del' Erforschung del' altindischen Literatur die zeitweilig in den Hintergrund getretene Beschaftigung mit dem Veda wieder stark zunahm und auch weiterhin eine steigende Tendenz aufweist. Dies druckt sich auch in dem Lebenswerk des Englanders Arthur Berriedale Keith (1879-1944) aus. Als SchUler des Vedisten Arthur Anthony Macdonell (Vedic Grammar, 1910) erwarb er sich umfangreiches vedakundliches vVissen. Mit
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1m Verlauf del' weiteren Spezifizierung und Diversifikation del' Indologie wurde die Zahl del' mit ihren Teilgebieten befassten Gelehrten immer grof:\er. hn Rahmen einer kurzen Skizze ist es unmoglich, aIle ihre Namen aufzufUhren odeI' abel' durch ihre Nichterwahnung ein Werturteil auszudrucken. V\Tir nennen zusammenfassend Karl Eugen Neumann (1865-1915), den Ubersetzer del' Hauptwerke des Pali-Kanons; Richard Schmidt (1866-1939), den Ubersetzer von Werken del' altindischen Erotik; Emil Sieg (1866 bis 1951), del' die Sagenstoffe des l,(gveda, bearbeitete; Hanns Oertel (1868-1952), del' vorwiegend vedische V\Terke erforschte; Heinrich Luders (1869-1943), del' noch einmal in del' Indologie einen seltenen Universalismus erlangte; Johann Jakob Meyer (1870-1939), den Erforscher ~er altindischen Staats- und Rechtsliteratur; Julius Dutoit (1872 bis 1958), den Ubersetzer del' buddhistischen Jatakas; Johannes Hertel (18721955), den mustergultigen Bearbeiter und Textkritiker des Paiicatantra: Isidor Isaak Scheftelowitz (1875-1934), den Erforscher del' mvedischen Apob:yphen, und denken dabei an viele andere, die aus Raumgrunden hier keine Erwahnung finden konnen. Fast bis zur Jahrtausendwende wirkten del' Hollander Jan Gonda mit wichtigen Arbeiten zur vedischen Literatur- und Kulturgeschichte, abel' auch zur Religionswissenschaft, und Friedrich Weller (1889-1980), del' grof:\e Synoptiker des jungeren Buddhismus. Die Indologie in den Landern Westeuropas und Nordamerikas hat nach dem Zweiten \Veltkrieg grof:\e Fortschritte erzielt, die sich zu einem bedeutenden Teil auf den traditionellen Gebieten del' Linguistik und Philologie bewegen. Auf literaturgeschichtlichem Gebiet sind zahlreiche kritische Texteditionen und Ubersetzungen publiziert worden. Bedeutsame Resultate konnten besonders bei del' Erforschung des religiosen Schrifttums (vedisches Ritual, Tantrismus) und del' einheimischen altindischen grammatischen Literatur, etwa del' Ai?tadhyaYl, gewonnen werden. Eine neue Qualitaterlangten die Untersuchungen zur altindischen Literatur durch computergestutzte Textanalysen. Besonders in den USA (Alahabharata) und in den Niederlanden (Atharvaveda, Srautasutras) sind auf diesem Wege die literaturwissenschaftlichen Forschungsmethoden weiter spezialisiert und verfeinert worden.
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Geschichte del' Erforschung del' a1tindischen Literatur in del' Neuzeit
Zu diesel' positiven Gesamtbilanz haben die von del' Praxis gestellten Anforderungen wesentlich beigetragen. Beispielsweise hat die im HarrassowitzVerlag in vViesbaden seit 1974 erscheinende History of Indian Literature (vgl. S. ix. Anm. 1) zur Erarbeitung einer ganzen Serie grundlegender Monographien gefUhrt. Die F'ortschritte auf Einzelgebieten sind am besten anhand del' von H. Bechert und G. v. Simson herausgegebenen Einfiihnmg in die Indologie (vgl. S. ix, Anm. 1 am Schluss) zu verfolgen. In dem uns hier gezogenen Rahmen ist es ein aufierst schvvieriges, stets del' Gefalu der Subjektivitat ausgesetztes Unterfangen, auf das \Verk bestimmter Personlichkeiten ebenso einzugehen, wie wir das in bezug auf die Einschatzung von Gelehrten aus vergangenen Generationen unbesorgt tun durften. Indem wir einen solchen Versuch dennoch wagen, sei ausdrucklich hemerkt, dass mit del' \Veglassung dieses odeI' jenes Namens keinerlei \Verturteil verknupft oder beabsichtigt ist, und ferner, dass wir uns tunlichst auf die eigentliche Literaturgeschichte als Teilgebiet der Indologie konzentrieren. In der Bundesrepublik Deutschland verfugt die Indologie uber eine grofie Anzahl bedeutender Forschungseinrichtungen. Zahlreiche dort tatig gewesene odeI' noch tatige Gelehrte haben auf ihren Spezialgebieten \Veltruf erlangt, unter ihnen H. Bechert (Buddhologie), K. Bruhn (Jinismus), K. Hoffmann (Veda), B. Kolver (Rajatarallgilll, Nepalistik). W. Rau (Veda), B. Schlerath (Linguistik, Veda) D. Schlingloff (Buddhologie), L. Schmithausen (Buddhologie), J. F. Sprockhoff (Religionsgeschichte), P. Thieme (Veda), C. Vogel (Lexikographie), E. Waldschmidt (Buddhologie), A. Wezler (grammatische und philosophische Literatur). In Osterreich hat die Indologie mit E. Frauwallner und E. Steinkellner (beide Buddhologie), M. Mayrhofer (Linguistik), G. Oberhammer (philosophische und religiose Literatur) und H. Krick (vedische Ritualliteratur) ebenfalls einen bedeutenden Aufschwung genommen, wahrend aus der Schweiz P. Horsch (Veda) und P. Thomi (Philosophie) zu nennen sind.
entwickelt und an zahlreichen Universitiiten etabliert. Unter vielen anderen Gelehrten nennen wir A. Bharati (Religionsgeschichte), G. Cardona, M. M. Deshpande und H. Scharfe (aIle grammatische Literatur), H.-P. Schmidt und M. Witzel (beide Veda) sowie S. Insler und S. Pollock fUr weitere Forschungsgebiete.
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An der Spitze der ubrigen westeuropaischen Lander stehen die Niederlande, deren reiche indologische Traditionen von H. W. Bodewitz (Veda), T. Goudriaan (Tantrismus), J. C. Heesterman (Ritualistik), J. F. Staal (Philosophie und Ritualistik), T. Vetter (Buddhologie) und anderen weitergefUhrt werden. 1m iibrigen nennen wir aus Belgien J. M. Verpoorten (Veda, Mlman1saLiteratur), aus England J. 1. Brockington (Epos), aus Finnland A. Parpola (vedische Ritualliteratur, Induskultur), aus Frankreich C. Caillat (Jinismus), J. Filliozat (medizinische Literatur) und L. Renou (Veda, Grammatik), aus Norwegen G. v. Simson (Epos), aus Schweden S. Lienhard (klassische Literatur, Nepalistik), und aus Diinemark ChL Lindtner (Buddhologie). In den Vereinigten Staaten von Amerika, in denen die Indologie auf \V. D. Whitney (1827-1894) zuruckgeht, hat sich diese in del' neueren Zeit lebhaft
1m Vorhergehenden haben wir vorwiegend die Geschichte der Indologie in den Landern des Okzidents behandelt, ohne auch den Anteil, den Inder selhst an der Erforschung der Geschichte ihrer Literatur leisteten, gebuhrend zu wiirdigen. VVie schon weiter oben erwahnt wurde, haben die Inder schon in sehr fruher Zeit -- als man in Europa von Indien, geschweige denn von indischer Literatur noch wenig oder nichts wusste -- exegetische Kommentare verfasst. Obwohl diesen historischer Sinn und kritische Methode naturlich noch weitgehend fehlen, sind sie fiir das heutige Verstandnis der ihnen zugrunde liegenden Texte vielfach unentbehrlich. Wir haben bereits die Leistungen etwa von Sayalfa und Madhava besprochen und gesehen, wie sich in del' Neuzeit an der Stellung zu den altindischen Kommentatoren der wissenschaftliche Meinungsstreit entfaltet hat. Der Aufstieg der modernen Indologie in Indien selbst begann Anfang des 19. Jahrhunderts. Er war ein Ausdruck der Reaktion auf die britische Kolonialherrschaft und der nationalen VJiederbesinnung. Letztere schlug sich damals politisch-organisatorisch nicht zuletzt in der Grundung mehrerer sozialer Reformgesellschaften nieder: besonders des Brahma Samaj, des Arya Samaj und des Dev Samaj. Diese Gesellschaften wurden zu Sammelpunkten des Nachdenkens uber die eigene grofie Vergangenheit. Diese war damals aber, unter anderem durch die Einwirkung der jahrhundertelangen Herrschaft von Mohammedanern und Kolonialherren, vielfach nicht mehr lebendig und musste der Vergessenheit entrissen werden. Um die Erfahrungen und Lehren der Historie fUr den Kampf des indischen Volkes um seine Befreiung wirksam werden zu lassen, galt es, zuerst eben diese Historie, also auch die Literaturgeschichte, genau kennenzulernen. Inauguriert wurden diese Bestrebungen durch den Begrunder des Brahma Samaj, Ram Mohan Roy (1774-1833). Selbst Kenner des Sanskrit, veranstaltete er die Ausgabe und Ubersetzung mehrerer Upanis;aden. Uber Literaturgeschichte, speziell den Kommentator Madhava, und Palaographie arbeitete der in Goa geburtige Bhau Daji (1821-1874). Bedeutender wurde der Einfluss der Studien von Rao Saheb Vishvanath Narayan Mandlik (1833-1889). Untel' Hinzuziehung von fUnf mit der Tradition vertrauten Pandits edierte er das fur die altindische Rechtsgeschichte so bedeutsame lvlanava- Dharma,sastra (3 Bande, Bombay 1886). Bedeutung auch fUr die Forschung der Gegenwart hat das Wirken von Rajendralala Mitra (1824-1891), der sich besonders durch die Herausgahe der vielbandigen Editionsserie "Bibliotheca Indica" sehr verdient
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Geschichte der Erforschung der altindischen Literatur in der Neuzeit
gemacht hat. Bhagvanlal Indraji (1839-1888) studierte bereits im brahmanischen Vaterhaus umfassend das Sanskrit und erforschte spater besonders die altindische medizinische Literatur.
verschiedener Upani~aden durch A. Ja. Syrkin. Richtungweisend waren und sind die historischen Forschungen von G. M. Bongard-Levin und die umfassenden Untersuchungen zur Erzahlungsliteratur, besonders zum Kathasaritsaga,ra, von 1. D. Serebrjakov. In der DDR war es Walter Ruben, der durch mehrbandige vVerke und eine Fiille von Monographien und Aufsatzen unsere Kenntnisse gerade auch auf literaturgeschichtlichem Gebiet wesentlich bereichert hat. Ohne die linguistischen und philologischen Probleme auch nur im mindesten zu unterschatzen, kann ihre absolute Dominanz doch nicht gebilligt werden. Hier hat die Indologie sehr viel fruher Versaumtes beziehungsweise Vernachlassigtes nachzuholen. Dazu gehort insbesondere die Auswertung der literarischen Quellen fUr sozialhistorische Untersuchungen. Teilweise schon vor langer Zeit angebahnt (A. Weber, H. Zimmer, W. Rau) , waren diese Arbeiten indessen uber eine Aufreihung von Fakten kaum hinausgekommen. Man ist nunmehr bestrebt, diese historischen Lucken auszufUllen (K. Mylius 10 , G. Wojtilla). Infolge der im Vorstehenden skizzierten Forschungsergebnisse und der damit Hand in Hand gehenden Spezialisierung der Indologie kann heute kein Indologe mehr aIle Gebiete seines Faches gleichmaflig uberschauen oder gar auf ihnen forschen. Nicht einmal fur alle Teile der Literaturgeschichte ist dies moglich. Wer beispielsweise die Srautasutras erforschen will, braucht ein weitgehend anderes Rustzeug (Kenntnis des vedischen Opferrituals, Beherrschung der Sprache auch der Samhitas und Brahmalfas) als etwa der Erforscher des jinistischen Kanons (unter anderem Beherrschung der Ardhamagadhl). Freilich verlangt jede Spezialisierung, soIl sie nicht ihr Genugen in sich selbst £lnden und zum Selbstzweck werden, nach dialektischer Aufhebung in einer Zusammenschau ihrer Ergebnisse.
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So bedeutungsvoll das Schaffen der vorerwiihnten Gelehrten war - 'Aleltruf erlangte die in Indien betriebene Indologie erst durch ihren groBen Reprasentanten Ramk:r;~l:ta Gopal Bhandarkar (1837-1925). Bhandarkar war zunachst Professor des Sanskrit am Elphinstone College in Bombay, spater am Deccan College in Poona. Er arbeitete im wesentlichen in vier Hauptrichtungen: Alter des Grammatikers Palfini und des Mahabha~ya; Entwicklung der indischen Sprachen; altere Geschichte Indiens; religiose indische Sekten. Ihm galt das Aitareya-Brahma1!a als dasjenige literarische vVerk, das der Sprache Palfinis am nachsten gestanden habe; letzteren versetzt er - wohl zu fruh - ins 8. Jahrhundert v. ChI. Die Untersuchung der indischen Sprachgeschichte dehnte er auf die neuindischen Sprachen aus. Auf dem historischen Sektor widmete er sich besonders der Landschaft Mahara~tra und der Epoche zwischen den Mauryas und den Guptas. Auf dem VII. Internationalen Orientalistenkongress (1886) analysierte er das System der Bhagavata-Sekte. Das Wirken Bhandarkars brachte es mit sich, dass die indische Indologie nunmehr weltweite Achtung genoss und jede einseitige, europazentristische Betrachtungsweise fort an als wissenschaftlich unhaltbar zu gelten hatte. Kashinath Trimbak Telang (1850-1893), 1892 Prasident des Bombay Branch der Royal Asiatic Society, war vielseitig literaturgeschichtlich tatig. 1874 gab er die Spruche Bhart~'haris heraus. In den Bombay Sanskrit Series edierte er das beruhmte Drama l\1udraraki?a,sa. Besonders bekannt aber wurde er durch seine Ubersetzung und Erlauterung der BhagavadgTta in den "Sacred Books of the East". In der jungsten Vergangenheit und in der Gegenwart war beziehungsweise ist die Zahl der hochquali£lzierten indischen Indologen standig gestiegen und durch Namen wie V. S. Agrawala, A. S. Altekar, U. N. Ghoshal, K. P. Jayaswal, D. D. Kosambi, H. D. Velankar und Raghu Vira international weithin bekannt geworden. Besonders hervorgehoben zu werden verdient das Wirken von Vishva Bandhu in Hoshiarpur, von R. N. Dandekar und C. G. Kashikar in Poona und von S. Ch. Chakrabarti in Calcutta. Vor allem aber muss hingewiesen werden auf den neuen Thesaurus der Sanskrit-Sprache, der unter der Leitung von A. M. Ghatage in Poona erarbeitet wird und berufen ist, dereinst die Petersburger 'Alorterbucher abzulosen. 1m 20. Jahrhundert, besonders aber nach dem Zweiten Weltkrieg, hat die Indologie auch in den ehemals sozialistischen Landern groBe Fortschritte gemacht und nicht nur neue Wissensgebiete erschlossen, sondern auch auf den traditionellen zu neuen Resultaten gefUhrt. Wir erwahnen unter anderem die Mahabharata-tJbersetzung von A. P. Barannikov, die ~gveda- Untersuchungen von T. Ja. Elizarenkova und die Analysen
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Anmerkungen 1 Die indologisehe Wissensehaftsgesehiehte verfiigt iiber ein hervorragendes Standardwerk, das fiir aile Detailforsehungen die Basis bietet, namlieh E. VVindiseh: Gesc1]ichte der Sanskrit-Philologie und Indischen Altertumskunde (Grundriss der Indo-Arisehen Philologie und Altertumskunde, I, IB, Leipzig 1917-1920); dazu gehort: Philologie und Altertumskunde in Indien. Drei naehgelassene Kapitel des III. Teils der Gesehiehte der Sanskrit-Philologie... (Leipzig 1921). Diese grundlegende Arbeit wurde fortgefiihrt von P. J. Chinnmlgund und V. V. Mirashi: Review of Indologica.l Research in last 75 Years (Poona etwa 1967). Viele wertvolle Details £lnden sieh aueh bei Th. Benfey: Geschichte der
Sprachwissenschaft und Orientalischen Philologie in Deutschland... (Miinehen 1869). Vgl. ferner Th. Zaehariae: Zur Friihgeschichte der Sanskrit-Philologie, in: Zsehr. fiir Indologie und Iranistik, 4, S. 223 ff. A. P. Barannikov: Die Sowjetindologie, in: Sowjetwissensehaft 1949, Heft 1.
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SCHLUSSBETRACHTUNGEN
2 Uber einige griechische und chinesische Quellen wurde weiter oben bereits berichtet. Vgl.
Zur Aussprache der Sanskrit-Worter
aul3erdem~
H. Gregor: Das Indienbild des Abendlandes (bis zum Ende des 13. Jahrhunderts) (Diss. Wien 1964). 3 R. Hauschild: Die erste Publikation der indischen Nagari-Schriftzeichen in Europa durcll A. Kircher ul1d H. Roth, in: vViss. Zschr. der Univ. Jena, Gesellsch.- u. Sprachwiss. Reihe,
5 (1955/56), Heft 4-.5. 4 A. Constable: Travels in the lvIoghul Empire A. D. 1606-1668 (London 1891). 5 A. Lehmann: Es begann in Tranquebar (Berlin/DDR 1955). 6 V gl. A. C. Burnell: On Some Early References to the Vedas by European lYriters, in: Indian Antiquary, 8 (1879), S. 98 ff. 7 Aus Raumgriinden ist es ausgeschlossen, fUr jeden einzelnen der hier genannten Gelehrten Literaturangaben anzufUhren. Die hier und weiter unten vereinzelt gegebenen Quellenhinweise haben nur den Charakter von Beispielen. vVeitere Informationen geben die Nekrologe in den einschlagigen Bibliographien und Fachzeitschriften. V. Stache-Rosen: German Indologists. Biographies of ScllOlars in Indian Studies VVriting in German (New Delhi 1981); W. Rau: 135 Bilder deutscher Indologen (Glasenapp-Stiftung, 23, Wiesbaden
1982). Zu F. Bopp vgl. nochS. LeflTlann: Franz Bopp, sein Leben und seine Wissenschaft (;3 Bde., Berlin 1891-1897). 8 E. Herrmann: Berthold Delbriick (Jena 1923). 9 Eine Biographie G. Biihlers gab J. Jolly im Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertull1skunde, I, lA (Stral3burg 1899). 10 Vgl. K. IvIylius: Zur Prognostik in den Orient- und Altertumswissenschaften am Beispiel der Vedaforsclmng, in: Asien·-Afrika-Lateinamerika, Bd. 5 (Berlin/DDR 1977), Heft 3, S. ;397-411.
Vohle mit ubergesetztem Querbalken (3.; 1, ii) sind lang. Aueh e und 0 sind iIl1mer lang. Die ubrigen Vokale sind kurz. ai und au sind als Diphthonge zu spreehen. Aueh der Laut r ist ein Vokal und damit silbenbildend. Er ist anniihernd als r mit leiehtem i- Naehsehlag zu spreehen. Bei den aspirierten Konsonanten (z.B. k11; glJ, tll, d11; bll) ist die Aspiration deutlieh mit.zuspreehen; plla.Ja ist also p-hala, nieht etwa fala. n sprieht man wie ng, c wie tseh, j wie st.immhaftes dseh, Pi als n-Laut entsprechend dem folgenden Konsonanten. Die Zerebrallaut.e t, Q und 1; werden mit zuruekgebogener Zungenspitze gesproehen. y ist vvie deutsehes j, und IT ist wie deutsches w zu spreehen. ,s ist ein sehwaehes, ? das uns geHiufige seh. 11 ist stet.s horbarer Hauehlaut. ill kann in den Ineisten Fallen wie m gesproehen werden. 1; entsprieht etwa den1 eh in Daeh, ist aber sehwaeher zu artikulieren. Fiir die Bet.onung gelten folgende Haupt.regeln: 1st. die vorlet.zt.e Silbe naeh Natur oder Position lang, so wird sie betont (Indra, SITrya, Dh~tar~i?tra). 1st. die drit.tletzt.e Silbe lang, so erhiilt sie den Akzent, wenn die folgenden Silben kurz sind (M~dhava, Dury6dhana). Der Akzent ruekt. auf die viertletzte Silbe, wenn die dritt.- und vorlet.zte kurz sind (Sa.tapatha). Das episehe und klassisehe Sanskrit folgt somit ahnliehen Bet.onungsgesetzen wie das Latein.
Register Benu tzungshimveise Das Register umfasst folgende Kategorien: - Eigennamen. Hierzu ziihlen a) dem Altertum angehorende Personlichkeiten (Inder und Nichtinder) b) \iVissenschaftler, die im Text zitiert werden c) siimtliche Autoren del' angefUhrten Sekundiirliteratur. - \¥erktitel, d.h. die Titel aller im Text odeI' in den Anmerkungen enthaltenen Werke del' indischen Literatur -- Begriffe aus del' Literatur- und Sozialgeschichte Sanskrit-, Prakrt- und Pali- Termini. Die Alpha,betisierung ist die lateinische. Diakritische Zeichen del' Sanskrit- und Prak~·t-Begriffe sind unberticksichtigt. Die Umlaute ii, 0 und u wurden wie a, 0, u behandelt. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Schreibweise indischer Namen mitunter schwankt. Es kommen daher unterschiedliche Schreibformen des gleichen Namens bzw. des gleichen Autors VOl' (z.B. Banerjee und Banerji, bzw. Sashl, Sastri odeI' Shastri). Zur Vermeidung von Verwechslungen wurden Homonyme getrennt aufgefuhrt. Aalto, P_ 4 Abbhuta 268 Abegg, K 121 Aberglauben 274 abhidhalnma 295 307 Abhidhammapitaka 267 274 288 294 295 296 297 331 Abhidhanacintamal:U 259 Abhidhanappadlpika 260 Abhidharma 307 Abhidharrnakosa 330 331 Abhijiianasakuntala 194 Abhilasitarthacintamal)i 227 Abhimanyu 77 80 Abhinavagupta 123 211 Abhi~ekanataka 185 186 Abhyankar, V. S. 217218 Abwehrbeschworungen 42 Abwehrzauber 42 326 Acaradasalf 348 Acaraligasutra 343 Acharya, N. R. 149 218 232 261 Acharya, P. K. 250
Acharya, R. 120 Achilles 81 Ackerbau 21 31 47 205 222 26:3 Adbhuta-Brahmar.ra 52 236 adel)gur.ralf 252 adhikarar.ra 222 243 Adhvaryu 16 35 38 Adhyatma-Ramayar.ra 118 Adibuddha 318 .~dikarmapradlpa 327 adikavi 99 adikavya 104 131 Adiparvan 75 184 185 Adi-Purar.ra 113 Aditi 96 Advaita 107 210 211 Advaita-Lehren 118 Advaita-Vedanta 327 Affe 354 Affenkonig 101 Agama 121 123 343 Agamemnon 81 Aga.se, B. S. 63
Agashe, G. J. 172 Agastimata 249 Agastya 24 85 Agni22233042474864102 103 115 116 Agnicayana 39 50 52 Agnihotra 39 50 64 Agnimitra 193 Agni-Purana 111115 118 134 248255 Agnistoma 27 35 52 378 Agrawala, V. S. 120 168382 Aharilkara 202 ahimsa 31 322 340 362 Ahiparaka 284 Ahirbudhnya-Samhita 122 Ahnenkult 55 95 113 115 116 118 229 Aisopos 365 Aitareya-AraJ:.lyaka 17 55 236 379 Aitareya-Brahmana 17 19 26 49374382 Aitareya-Schule 55
:388 Aitareya-Upani~ad 5560 Aiyangar, N. K. 232 Aiyangar, V. R. 232 Aiyar, A. K. 218 Aiyar, K. N. 109 AjTgarta 49 Ajita KesakalTlbala 216 Ajitasena 255 AjTvika 345 Ajmir 113 Akbar 59 Akhyana 71 72 106 Akhyana-Hymnen 24 Akhyana-Theorie 23 Ak~apada 214 Akzentregeln 253 254 Akzentuation 30 52 Alaka 145 Alamkara 131 134 135 Alalnkarasarilgraha 135 Alamkarasarvasva 1:36 Alamkarasastra 130 131 134 140 AI-BirunT 5 6 112 Alexander 5 6 110 112 Alexanderfeldzug 4 5 251 Algebra 233 252 368 371 Ali, S. M. 119 Alkohol 285 328 Allah 60 Allahabad 117 Allah-Upanii?ad 59 Allgott 90 Allgotter 48 Alliteration 131 140 146 202 Allopfer 39 Allseele 89 109 Alltagsleben 11 150 153 163 179260292 Allwissender 355 Allwissenheit 327 Almosen 327 Almosenempfang 350 Almosenschale 203 Alphabet 9 12 258 Alphabete 11 12 Alphabetisierung 9 387 Alsdorf, L. 14 24 33 291 364 Alt-Dravida 19 Altekar, A. S. 382
Altertumskunde 375 376 Alt-GujaratT 163 Altruismus 189 264 313 :335 Amar Muni352 Amarakosa 109 259 260 368 369 Amarasakti 156 Amarasilnha 259 Amaru 128 146 Amarusataka 146 Ambapall 280 AmbaHhasutta 269 Amerika 374380 Amitabha 319 Amitagati 360361 364 Arnitagatis 361 Amitayus 319 Ariltaga~adasao 345 Analogie 214 331 339 Anandacandra 69 Anandavardhana 133 136 146 Anathapilf~ika 294 300 Anatomie 205 240 348 anattata 306 Andersen, D. 13 291 Andhaka 96 141 Andhra 32 112 144 Andhra-Dynastie 112 117 Anekarthakosa 259 Anekarthasarngraha 259 Anekarthasamuccaya 259 Anga 342 343 344 345 346 347 Anga-Konig 78 Angiras 41 Allgulimala 270 Anguttaranikaya 268 272 273 274 295 296 307 344 Alfhilva~ 175 Anikeev, N. P. 221 Aniruddha 97 212 Annambhatta 215 Anquetil, H. 369 Anspach, A. E. 6 Antakrtadasalf 345 Antilope 186 AnugTta 98 AnukramalfT 52 67 278 294 Al~uogadarailn 350 Anuradhapura 301 Anusasana 51
389
Register
REGISTER
Anusasanaparvan 79 Anustubh 30 31 48 66 72 226 248 Anuttaraupapatikadasal;t 345 Alfuttarovavaiyadasao 345 Anuyogadvaralfi 350 Aorist 8 140 252 Apabhramsa 10 133 255 341 :353 357 358 Apabhramsa-Kavya 357 Apadana 288 289 312 Apaharavarman 169 Aparajitap\'ccha 248 aparTk~itakaritva 155 apasraya 109 Apastamba 18 69 376 Apastamba-Dharmasutra 69 116227 Apastamba-G~hyasutra69 Apastamba-Srautasutra 68 378 Apastamba-Sulvasutra 69 Aphrodisiaka 239 Apokryphen 379 Appaya 136 Apsaras 23 Apsarasen 310 Apte, V. M. 68 218 Apte, V. S. 63 aralfya 16 54 Aralfyagana 36 Aralfyaka 16 17 38 53 54 55 60 64 109 326 Aralfyakalfda 101 Aralfyaka-Sarnhita 36 Aralfyaka-Zeitalter 16 55 Ararat 49 Arbeitsteilung 31 Arbuthnot, F. F. 246 Architektur 1 50 115 118 247 248366 Arcika 35 36 371 ArdhamagadhT 10 267 341 343 383 Arhat 289 299 306 312 329 Arhatschaft 289 299 Arier 18 1920 31 3744248 Ariergesel1schaft 33 Arii?tanemi 357 Aristokratie 179 224
Arithmetik 233 Arjuna7576 77 78 79 80 87 92 93 94 141 185 Arjunaka 86 Arnold, E. 149 Arora, R. K. 120 Arrian 6 Arsa 10 255 341 Arseyakalpa 66 69 artha 150 169 221 243 Arthasastra 150 221 222 225 228 243 245 247 350 356 arthatrayava.cin 132 arthavada 46 Artillerie 33 Aruna 61 112 ArUlfi 57 60 61 216 Arya 31 33 381 Aryabhata 235 237 AryabhatTya 233 235 Aryadeva 334 Aryaka 191 Arya.-Metrum 134 144 147 174 235 258 AryasaptasatT147 Aryasiddhanta 235 Arya-Strophen 211 212 Aryasura 127 311 Arya- Verse 235 333 Asallga 331 332 333 Askese 84 85 94 124 130 138 151 :340 349 354 Asket 95 195 196 203 283 285 286 339 349 Asketen 15 57 84 88 101 117 124 150 152 169 182 194 195 203 224 227 229 263 270 283 285 286 344 345 Asketenleben 84 301 Asketenmoral 91 Asketik 91 Asoka 56 10 265 303 312 31:3 Asoka-Inschriften 267 AsokavadanamaJa 315 asrama .56 113 Asrallla-Lehre 124 Asramavasikaparvan 80 Assalayana 270 Assalayanasutta 270
A~tadhyaYI 251
25:3 254 372
379 A~taka
370
A~tangah~daya-Sarilhita A~ta.llgasarngraha
240
240
A~tasahasrika 321 Astrologie 128 226 230 235 236308 AstronOlTlie 1 33 64 115 118 205 233 234 235 347 363 366 368 370 374 Asuras 22 48 134 Asvacikitsa 248 Asvagho~a 10 127 138 183 188 191 310 311 312 314 335 337 Asvalayana 29 67 Asvalayana-Grhyasutra 69 74 Asvalayana-Srautasutra 64 68 Asvallledha 39 53 71 80 100 104 Asvallledhikaparvan 80 Asvasa 177 Asvasastra 248 Asvatthalllan 78 79 Asvavaidyaka 248 Asvins 39 48 238 Atanatiyasutta 270 Atelllregulierung 213 Atelllrestriktion 213 Athalye, Y. V. 220 Atharvan 41 Atharvapratisakhya 70 Atharva-Samhita 41 43 374 Atharvaveda 7 16 17 20 25 30 354142434445465053 59616785109122124144 238 325 326 372 374 379 Atharvaveda-Pratisakhya 70 Atharvaveda-Schule 67 Atheislllus 23 Atltavatthu 287 289 Atlllabodha 210 Atlllan 50 58 59 60 207 Atolllbegriff 213 Atreya 238 Atri 3095 Atthakatha 300 302 303 :304 Atthakavagga 276 288
Auddalaki 243 Aufrecht, T. 34 :3653257374 375 Augenarzt 316 Auglllentgesetze 25:3 Aupapatika 346 Aurangzeb 367 Aurobindo 33 94 AuJ3enwelt 330 332 333 Aushauch 275 austroasiatisch 8 19 Auswendiglernen 252 Avadana 307 312 315 Avadanakalpalata 313 Avadana-Literatur 313346 Avadana-Salllllliungen 312 Avadanasataka 312 313 Avalokitesvara 317 318 319 325 Avalon, A. 125 Avanti 177 Avassaganijjutti 349 Avasyakaniryukti 349 Avidurenidana 300 308 avidya 332 Avilllaraka 186 187 192 Awasthi, B. L. 119 120 Awesta 7 11 18 369 377 Ayaradasao 348 Ayararilgasutta 343 355 Ayodhya 100 101 1031:39310 331 Ayodhyakan<;la 100 Ayurveda 238 239 240 Ayurvedaprakasa 240 Ayyangar, R. S. 218
Babhravya 243 Ba.darayana 209 Bae, B. K. 200201 Bag, A. K. 69 bahulata 1:35 Bah 76 184 Baktrien 31 112 Balabharata 201 Balacarita 186 BaJakan~a 100 104 107 Balaralllayana 201
390 Ballade 24 26 178 272 281 284 349 Balladendichtung 178 180 309 Ballantyne, J. R. 138 219 257 Ballett 196 Balmont, K. 199 BaJ;la 74 97 110 129 147 171 172 Banerjee, K. M. 120 125 Banerjee, M. 261 Banerjee, S. C. 125 Banerjee, S. G. 69 231 Banerji, S. C. ix 176 249 Barannikov, A. P. 382 383 Barbarei 20 46 Barde 74 111 Barden 2 71 Barnett, L. D. 184 204 337 351 Bartholomae, C. 12 Bartholome, W. 261 Barua, B. M. 6 Barua, D. K. 290 Baruch, W. 323 Ba1?kala-Schule 32 Bauddha-Literatur 339 Bauddhismus 339 Baudhayana 18 64 69 376 Baudhayana-Dharmasutra 69227 Baudhayana-Srautasutra 65 Baudhayana-Sulvasutra 69 Bauer 30 Bauern 35 Baukunst 247 248 Baumgartner, A. 108 Baumgottheit 282 283 Baumheilkunde 249 Bazaz, P. N. 99 Beamten 224 225 Beccarini-Crescenzi, E. 192 Bechert, H. ix 6 266 380 Bedekar, V. M. 62 Beer, R. 153 168 172200 Benary, F. 143 Bendall, C. 337 Benfey, T. 37 154 155 156 167 365 370 371 376 377 383 BengalI 7
REGISTER
Bennewitz, F. 200 Bentley, J. 237 Bergaigne, A. 153 200 372 Bergbau 223 Bernier, F. 367 Beschworungsformeln 42 274 Bestattungsgebrauche 65 Bestattungswesen 118 Betel 244 Betonungsgesetze 385 Bettelmonch 101 279 286 294 Bevolkerung 19 2021 44 111 Bewiisserungsanlagen 223 Beweisfiihrung 215 230 Beweismittel 209 Bewusstsein 57 58 210 216 321 330331 332 Bhadrabahu 348 352 353 Bhagavadglta 79 87 88 89 90 91 92 94 95 98 99 114 115 148 169 207 210 212 214 317 365 368 369 370 378 382 Bhagavata-PuraI)a 109 110 111 113 114 115 193 350 369 BhagavatI 325 344 374 BhagavatlviyahapaI)J;latti 344 Bhagavatlvyi·ikhyaprajnapti 344 Bhaguri 216 Bhaktamara-Stotra 360 Bhahi 88 89 301 Bhakti-Lehre 148211 306 Bhaktivedanta, A. C. 120 Bhamaha 134 135 137 BhamatI211 Bhaminlvilasa 152 bhaJ;la 180 Bhandarkar, R. G. 91 201 251 382 BhanumatI 97 240 Bharadvaja 30 276 Bharadvaja-Srautasutra 66 69 Bharata 73 78 Bharata 20 73 100 134 137 185 Bharatacampu 177
Register Bharata-Land 75 BharatamanjarI142 Bharatavar1?a 117 Bharatlya- Natyasastra 134 136 178 179 180 246 255 Bharavi 128 141142 143172 Bhargava, D. 350 Bhargava, P. L. 22 Bharhut 288 Bhart~'hari 128 140 151 152 153 254312 362 367 382 Bhasa.pariccheda 215 Bha1?ya-Stil 222 243 253 Bhat, M. S. 70 238 Bhatt, N. R. 125 Bhatta 165 201 259 Bhatta, G. H. 107 Bhattacharya, A. 120 Bhattacharya, B. 314 Bhattacharya, C. 69 Bhattacharya, R. 219 Bhattacharya, R. S. 121 Bhattacharya, T. P. 250 Bhattacharya, V. 336 Bhattacharyya, B. 329 Bhattacharyya, N. N. 125 350 BhaHi 140 BhaHikavya 140 152 bhava 133 BhavabhUti 129 198 199 200 201 203 245 Bhavadevasuri 357 Bhavamisra 241 Bhavaprakasa 241 Bhavisattakaha 358 Bhavisyadattakatha 358 Bhavi1?yaparvan 97 Bhavi1?ya-PuraJ;la 116 Bhavi1?yottara-PuraJ;la 116 Bhikkhunlvibhari.ga 293 Bhlma 75 76 77 78 79 80 81 184 185 201 Bhishagratna, K. K. 242 BhI1?ma 75 76 77 79 80 86 BhI1?maparvan 77 Bhoja 129 136 164 Bhojadeva 248 Bhojak, A. M. 351 353 Bhojaka 116 Bh~'gu 229
bhumi 321 BhumikhaJ;lda 113 BhumyadikaJ;l~a 25g Bhuvanadeva 248 Bibel 15 33 49 336 Bihar 20 37 339 341 blja 124 BIjagaJ;lita 233 235 Bilhal),a 129 147 174 Bimbisara 354 Birkenrinde 12 Birwe, R. 256 257 Bloch, J. 6 Bloch, T. 231 Bloomfield, M. 27 34 45 69 364 Bo-Baum 300 304 Boccaccio, G. 162 365 Bodas, M. R. 220 Bode, M. H. 305 Bodewitz, H. W. 54 62 380 Bodhicaryavatara 335 bodhicitta 334 Bodhisatta 281 283 285 286 289 299 300 Bodhisattva 306 307 308 309 311 312 317 318 319 320 321 322 326 329 335 BodhivalllSa 304 Bohtlingk, O. v. 2 13 62 63 137 152 153 177 192 200 218 251 256 257 261 371 372 Bolan-Pass 19 Bollee, W. B. 54351 Bolling, G. M. 69 Bongard-Levin, G. M. 383 Bopp, F. 369 371 384 Bordell 203 Borobudur 309 Borooah, A. 200 201 Bousquet, J. 63 Bower-Manuskript 239 Boyd, P. 200 Braluna 272 366 381 brahmacarya 55 Brahmadatta 282 Brahmagupta 233 235 237 Brahmajalasutta 269
Brahnlan 35 40 43 50 58 60 64 71 89 97 99 113 114 115 116 118 134 150 178 202 207 209 210 211 221 229 318 325 340 brahman 15 109 216 BrahmaJ;la 12 16 17 18 20 21 22 23 27 35 38 39 46 47 48 49 50 51 52 53 55 56 57 58 59 60646566 71 74 81 84 89 95 109 110 122 173 193 207 209 229 233 235 238 251 255 294 325 327 368 373 375 378 379 383 Brahmal),a-Ara 50 Brahmana-Epoche 45 Brahmal),a-Literatur 16 325 BrahmaJ;la-Periode 373 Brahman-.Atman-Identitat 21 89 269 Brahman-.Atman-Identitiitslehre 90 Brahmal).a-Zeit 19 41 46 327 Brahmarlda-Pural),a 118 Brahmane 1 2 10 21 25 30 35 43 45 46 47 48 49 50 56 57 5966768384858897111 128 129 130 151 165 180 181 182 196 207 228 270 274 276 279 286 301 302 310 332 333 340 349 358 360 361 362 365 Brahmanenehepaar 171 Brahmanenfamilie 86 280 282 BrahmanenschoJ3 58 Brahmanenschiilerschaft 55 Brahmanenstand 181 Brahmanensuprematie 39 Brahmanentum 129 Brahmanenwiirde 85 Brahmanin 86 brahmanisch 2 4 5 12 19 20 43 47 54 59 84 85 111 130 150 156 175 183 189 198 215 225 226 247 259 264 270 271 275 276 281 284 285 293 311 331 332 340 354361 382 brahmanisch-gegenreformatorisch 306
391 brahmanisch-hinduistisch 150 317 brahmanisch-orthodox 115 Brahmanismus 111 122 129 221 276 322 344 360 Brahmanismus-Hinduismus 361 Brahmanpriester 16 Brahma-Pural).a 110 111 113 119 Brahma-Saillhita 117 Brahmasutra 209 210 211 Brahmavaivarta-PuraJ;la 116 121 BrahmI-Schrift 11 Brahmodya 51 349 Brandrodung 19 21 47 Branntwein 26 Braut 84245 Brautleute 84 Breloer, B. 6 BJ;hadaraJ;lyaka- U pani1?ad 17 535760173216 BJ;hadasva 82 BJ;haddevata 67 BJ;hajjataka 236 BJ;haspati 28 216 221 226 BJ;haspatismJ;ti 230 B~'hatl 31 Brhatkatha 10 127 154 160 161 162 169 172 186 B~'hatkathamanjarI 160 161 BJ;hatkathaslokasamgraha 161 BJ;hatsamhita 236 249 255 Brockhaus, H. 167 204 237 258 371 372 375 Brockington, J. 1. 380 Briickenbau 140 Bruhn, K. 350 380 Brune, J. 36 37 Buddha 5 6 10 18 20 61 114 118 142 173 183 212 222 260 263 264 265 266 267 268 269 270 271 273 274 275 276 277 279 280 281 282 287 288 289 294 296 299 300 301 303 304 305 306 307 308 309 310 314 316 317 318 319 320 321
392 322 323 325 326 327 332 333 339 366 370 375 377 Buddha-Biographie 269 308 309348 Buddhacarita 310 3:35 Buddhadatta, A. P. 13 Buddhaghosa 296 300 301 302303305 Buddha-Orden 280 Buddha-Reliquie 323 Buddhaschaft 281 283 289 309 312 321 329 Buddhasvamin 161 Buddhavarilsa 289 300 307 buddhi 183 Buddhismus 4 5 11 20 31 50 56 59 89 115 127 155 183 198 207 208 209 213 221 222 239 251 260 263 264 265 266 267 269 270 272 274 275 276 277 280 281 283 284 285 286 287 294 296 297 298 299 300 301 302 303 305 306 309 310 311 313 315 316 317 318 319 320 321 322 325 326 327 329 330 332 333 336 339 340 341 343 344 362 366 369 370 375 377 379 buddhistisch 3 4 5 10 11 23 24 33 74 112 115 125 130 138 144 150 155 156 162 163 175 178 181 183 189 197 198 203 207 210 254 259 260 263 264 265 266 267 268 269 270 271 273 274 275 277 278 279 281 283 284 285 286 288 289 292 294 295 296 298 299 300 301 302 304 305 306 307 308 310 311 312 313 315 318 319 320 322 324 325 326 327 328 329 330 331 333 335 336 339 342 346 349 356 359 365 371 375376379 buddhistisch-tantrisch 327 Buddhologie :335 376 380 Biihler, G. 11 14 69 121 152 167 172 176 229 231 232
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376384 Biihne 8 179 180 182 185 196 198 Biihnenadaptation 191 Biihnencharaktere 134 Biihneuraum 182 Biihnenstiick 107 Biihnenvortrag 81 Biihnenwesen 134 Buitenen, J. A. B. 6397 200 218 Burgess, E. 237 Burgess, J. 363 Biirk, A. 69 237 Burkhard, K. 200 Burlingame, E. \\1. 305 Burma 300 Burnell, A. C. 54 384 BurnieI', R. 249 Burnouf, E. 120 323 369 372 Burrow, T. 13 Burton, R. 246 BuBiibungen 109 116 230
186
192
370
349
Caillat, C. 380 Cakrapanidatta 240 Caland, W. 37 54 68 69 98 378 Calukya-Dynastie 129 174 Campaka 359 Campaka-Baum 158 Campakasref?!,hikathanaka 359 CampakavatI158 Campu In CamUI~1a 199 Car~akya 150 151 196 356 Car~akyanlti 151 Car;t1akausika 202 Car;t1ala 58 329 Car;t1amaharof?ana-Tantra 328 Car~1apala 202 Candapannatti 347 Can11 115 147 Can1Isataka 147 Candragomin 254
Candragupta 5 112 128 150 196 197 221 222 342 343 CandrapIda 172 Candraprajiiapti 347 Candravyakarar;ta 254 Cappeller, C. 137143200204 314 Caraka-Sarnhita 214 239 240 Cardona, G. 256 381 Caritra 355 356 3.57 Cariyapitaka 289 290 300 302 303 :311 320 Carpenter, J. E. 290 Carter, J. R. 291 Carudatta 181 188 189 190 191 192 Carvaka 208 216 220 Catul~sataka 334 Caturadhyayika. 70 Caturmasya 39 Caturuttara-Reihe 30 31 Caturvarga-Konzeption 150 Caurapaiicasika 146 147 Caurisuratapaiicasika 146 Ceylon 197 241 254 260 298 300 315 322 365 Chaitanya, K. ix Chakladhar, H. C. 245 246 Chakrabarti, P. 192 Chakrabarti, S. C. 382 Chakravarty, C. 125 Chalidov, A. B. 6 Chalmers, R. 290 291 Chalukyas 226 Chanana, D. R. 241 Chandal).sutra 67 255 Chandas-Periode 373 Cha.ndogya-Upanisad 56 57 58 60 109 209 216 318 372 ChandomaiijarI256 Chandra, K. R. 363 Chandra, L. 54 68 Chandragupta 6 Changani, G. 242 Charpentier, J. 72 352 Chatterjee, A. 119 Chatterji, S. K. 6 Chattopadhyaya, D. P. 220 221 Chattopadhyaya, S. 232
Chaturvedi, M. D. 238 Chaturvedi, N. 153 Chaucer, G. 162 Chaudhuri, J. B. 149 chaya 11 Chedasutra 348 Chemie 122 241 Cheyasutta 348 349 350 Chezy, A. L. de 149 199 369 Childers, R. 370 China 1 315 335 365 367 Chirurgie 239 240 249 Choresrnier 5 Choudhary, R. 46 226 Christentum 15 277 336 Chronologie 3 4 5 17 18 51 92 106 113 127 173 179 227 247 253 263 288 315 316 318 319 343 373 Chrysostomos 74 Citraku~a 100 Citrangada 75 Colebrooke, H. T. 219 238 261 368 Coomaraswamy, E. M. 305 Cora 146 Coulson, M. 201 Courtillier, G. 149 Cowell, E. B. 40 56 62 172217 220 257 292 314 315 CUlavagga 276 CUlavariJBa 303 CUlikapaisacika 255 Cullaniddesa 288 Cullavagga 293 294 302 Cyavana 48 83 238
Dahlmann, J. 98 Dakf?a 113 dakf?ir~a 43 Dalal, C. D. 137 Dalal, M. L. 183 DamayantI 81 82 83 140 142 359 DamayantIkatha 177 Damnag 157 Damodaragupta 152 Damon 22 25 42 45 48 83 84 85 96 97 100 101 103 107
393
113 116 134 141 142 178 Deshpande, C. R. In 180 186 194 201 270 284 Deshpande, K. 149 258 326354 Deshpande, M. M. 381 Diimonenfiirst 100 101 102 Deshpande, N. A. 119 103 140 185 322 354 desI 260 Damonenkonig 97 Desika 124 Damonin 349 Deslnamamala 260 Damonologie 239 Deslongchamps, L. 261 369 Danastuti-Hymnen 25 Despot 190 199 Dandekar, R. N. 4 21382 Despotismus 21 90 164 190 Darldin 128 135 1:37 169 170 263 172 191 225 Deussen, P. 62 91 99 217 218 Dange, S. A. 119 377 Dantidurga 12 Dev, B. 176 Daridracarudatta 188 189 Deva 48 192 Devadatta 165 282 283 294 darsana 207 Devadhar, C. R. 142 192 199 darsapurr;tamasa 38 293 DevakI96 Das, R. P. 250 DevanagarI 12 368 Dasabhumikasutra 321 DevanagarI-Rezension 194 DasagItikasutra 233 Devanarilpiyatissa 303 Dasakumaracarita 132 154 Devaprabhasuri 355 169 170 171 369 Devarakkhita, B. 305 Dasaratha 100 107 139 185 K~amasramar~a Devarddhi Dasarupa 136 342343350 Dasasutri 36:3 Devi, L. 200 Dasavaikalika 349 Devlmahatmya 11.5 Dasavataracarita 142 Dhanrma 265 268 295 Dasaveyaliya 349 356 Dhammacakkappavattanasutta Dasgupta, S. 108 204 271 Dasgupta, S. N. 206 Dhammapada 274 275 301 Dasyu 22 31 307 Date, V. H. 218 Datierung 18 61 110 128 134 Dhammapala 278 302 161 188 191 209 245 251 Dhammasarngar,ri 295 296 Dhanaiijaya 136 259 288 304 309 Dhanapala. 358 Datta, B. 237 Dhar~avala 358 Datta, B. B. 237 Dhanesvara 355 Dattila 247 249 250 Dhanurveda 248 DavadantI359 dhararfa 213 De, S. K. 148 246 Dharal~I 325 326 328 Debrunner, A. 377 DharinI193 Deifizierung 305 Dharmadhikari, T. N. 40 Dekhan 144 174341 dharmakatha 164166 358 Delbriick, B. 376 384 DharmakIrti 214331 332 336 Deleu, J. 351 352 dharmalak~al~a 330 denarius 230 Dharmanibandha 231 Derrett, D. M. 231 232 Dharmapada 307 Desai, N. Y. 120 Dharmaparlksa 361 Desai, S. G. 199
394
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Dharmasastra 43 65 66 80 Dikshit, A. M. R. 37 110 116 150 212 221 226 qima 180 227 228 229 230 362 368 Dimna 157 371 381 dlnara 230 Dharmasastra-Literatur 223 Dinnaga 331 336 227 Dlpavarnsa 302 :303 Dharmasiitra 11 65 66 69 109 Diphthonge 9 385 205 227 228 Diplomatie 155 196 dharmasvabhava 330 Dlrghagama 307 Dharmottara 332 Ditthivaya 342 344 346 Dhatukatha 296 Divanji, P. C. 107 Dhatupatha 253 254 258 Divodasa 240 Dhr~tadyumna 76 Divyavadana 313 315 Dh~tara~tra 75 76 79 80 81 85 DogrTla 288 331 361 284 Dogmatik 270 334 344 dhrti 183 Dogmatisierung 295 Dhvani 133 136 Dogmatismus 274 341 346 dhvanikarika 136 Doniger, W. 232 246 Dhvanyaloka 133 136 Dorfgemeinden 20 dhyana 213 328 DovaI345 Dialekt 7 8 9 10 Drahyayana-Srautasiitra 66 Dialektbildung 251 68 Dialektik 50 297 306 333 Drama 10 24 128 133 134 136 147 170 178 179 180 181 Dialogballaden 285 Dialogform 123 249 281 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 193 194 Dialoghymne 24 196 197 198 199 202 203 Diamant 327 222 365 375 382 Diamantenkunde 118 Dichter 1 15 25 27 28 30 73 Dranlatik 1 24 178 182 183 185 193 203 74 95 99 107 110 127 128 129 130 131 132 136 139 Dran:tatiker 129 138 198 141 142 146 147 148 151 DralTlaturgie 134 136 185 152 165 168 171 173 180 Dranlendichter 128 179 184 201 360 184 189 190 193 198 199 201 202 253 256 258 260 Dramenkunst 184 Dramentheorie 179 310 311 355 370 Dramentyp 180 203 Dichtformen 149 Dichtkunst 2728 105 115 129 Draupadl 75 76 77 78 79 80 105 115 201 345 353 130 131 135 139 146 171 279 350 D~<;lhavarman 197 Dickson, J. F. 295 Dreikorb 267 Dreisatzrechnungen 233 Didda 174 Diebeskunst 206 Dreiwelt 93 Digambara 10 202 342 355 Dreyer, C. 69 360 362 363 Drona 75 77 78 79 184 Dronaparvan 77 Digambara-Miinch 163 Digambara-Purana 355 Drstivada 346 Dlghanikaya 268 269 270 281 Drupada 75 76 Dualisnms 89 91 307 316 333 Dullsasana 76 78 201 Dignaga 214331 332 336
Dukapatthana 297 Diirenidana 300 Durga 71 115 116 122123 124 147 162 199 Durga Prasad 143 149 167 176 177 246 Durga-Verehrung 115 Dursch, G. M. 149 Duryodhana 75 76 77 79 81 184 185 192 201 Du~yanta 194 195 Diitava.kya 185 Dutoit, J. 292 379 Dutt, M. N. 97 107 120 121 227232 Dutt, N. 323 Dvaipayana 75 Dvivedi, M. N. 218 Dvivedi, S. 237 238 Dvivedi, V. P. 220 Dvyasrayakavya 175
Edelsteinkunde 205 236 249 Edgerton, F. 1434 91 99 156 166 168 217 250 Eelsingh, H. F. 54 Eggeling, J. 54 257 371 375 Eggers, W. 69 231 Eid 26 Eigentum 1 Einakter 185 Einleitungsgebet 182 Einsiedler 84 104 228 229 Einsiedlerin 84 Einwanderung 18 31 73 Einwanderungsweg 19 Eisengewinnung 47 ekak~arapada 132 Eklektizismus 92 Ekottaragama 307 Elefant 78 85 186 187 248 249 286 Elefantenheilkunde 205 Elefantenzucht 249 Element 16 1931576091123 169 180 193 212 215 216 223 224 225 253 287 296 304 330 332 358 365 Eliade, M. 219
Elizarenkova, T. J a. 13 34 382 Embryologie 348 Emeneau, M. B. 34 168 200 Engels, F. 365 ~Epigraphik 376 Epos 73 Erbauungsliteratur 281 Eremit 170 286 Erkenntnismittel 209 214 216 Erkenntnistheorie 21 214216 296 Erliisung 58 79 91113 122 124 150 155 196 209 210 211 213 215 229 263 264 277 279 281 289 299 300 316 318 327 329 335 340 343 344345356 Erliisungsbegriff 209 333 Erliisungslehre 80 331 340 Erliisungsmittel 210 Erotik 131 136 147 152 169 187 205 242 327 328 379 Erziihlungsliteratur 1 154 155 160 304 356 383 Erzahlungsstoff 116 Eschatologie 296 Es-mag-sein-Lehre 362 Esnoul, A. M. 219 Esoterik 326 Ethik 88 90 91 150 215 264 269 274 277 295 296 316 322 323 329 331 335 349 360 363 Etymologie 1 47 64 205 Euphonie 81
Fabel 1 2 85 150 153 154 155 156 160 166 168 180 197 273 281 282 287 335 357 358 365 Fabelsarnmlungen 160 Fabel,verke 127 155 157 281 371 Faddegon, B. 37 220 Fa-hial15 Fahs, A. 13 Falk, H. 14 166 227 Familie 1 30 42 46 73 76 96 183 263 282 283 339
Familienangehiirige 343 Familienbiicher 30 Familienfeste 236 Familienleben 165 279 Familienmilieu 66 Fasten 292 340 343 346 Fatalismus 208 Fatone, V. 337 FausbiilI, V. 291 292304 Feer, L. 290 315 Feuchtwanger, 1. 191 199 Feudalismus 111 Feueraltar 39 47 50 52 55 66 233 Feuergott 102 Feuerpriester 41 Filliozat, .J. 125 241 380 Finn, 1. M. 126 Finot, L. 250 324 Fleischgenuss 322 Flutsage 84 Folklore 16 43 Forster, G. 194368 Forster, J. C. 199 Fortunatov, F. 37 Fosse, L. M. 6 Foucaux, P. E. 314 Frage-Antwort-Fornr 268 295 296 346 350 360 Francke, H. 367 Frank, O. 218369 Franke, R. O. 13 258 290 291 Frauwallner, E. 206 336 380 Freitod 198 345 348 349 Freudenmadchen 356 359 361 Friedlander, E. 56 Fritze, L. 149153167192199 200 201 204 Froschlied 25 Fruchtbarkeitsriten 55 Friihlingsfest 197 Fiihrungskunst 155 Fiinfbuch 155
Gaastra, D. 54 gadya 133 Gajendragadkar, A. B. 172 Gama, V. da 367 Gampert, \iV. 231
395 Gana 36246 GaJ:.lapatha 253 254 258 Ganapati, S. V. 37 Ga1:tapati, T. 184192200204 226 227 231 250 261 GaJ:.laratnamahodadhi 254 Gandharl 75 79 80 Gandharven 23 Gandharvenritus 195 Gandhavalilsa 300 Gandhi, M. K. 94 362 Gandhismus 340 Gar:tesa 71 115 116 117 Gar:resakanda 116 Gariga 145 Gairgadasa 256 Gangadharan, N. 121 Ganges 19 37 44 73 100 104 117298357 Garigesa 215 Ganguli, K. M. 97 242 Gar:ritadhyaya 233 Gar:ritapada 233 Garbe, R. 45 68 91 92 98 212 219 378 Garga 234 Gargisamhita 234 Garu<;la 118 197 Garu<;la-PuraJ:.la 118 249 277 Garu<;la-Upani~ad 57 Gastfreundschaft 43 59 Gatha 50 268287288317322 Gattenwahl 76 83 139 201 Gauda 108 135 Gau<;lapada 107 210 Gaudapa.dlyakarika 210 Gaii<;lavaha 173 Gautama 20 61 66 263 289 376 GautamI86 Gavarnayana 55 Gawronski, A. 191 Gayatri 30 36 48 256 Gebetsformel 46 Geburtenkreislauf 58 85 117 264347 Geburtsgeschichtenkranz 311 Gegenreformation 265 294 Geheimkult 122 123 Geheimliteratur 64
:396 Geheimrezepte 243 Gehrts, H. 98 Geib, R. 166 Geimer, F. 167 Geist 47 50 60 89 90 93 105 111 133 145 155 163 196 202 212 214 264 267 286 332 Geister 181 319 :322 Geisterprinz 197 Geisterreich 163 Geisteshaltung 225 Geistesleben 89 94 107 125 Geistesprodukte 12 Geistesschaffen 251 Geistesverirrung 175 Geldner, K. F. 2243334371 372374377 Gemeinde 263 265 292 341 342 345 356 377 Genealogie 95 109 289 :303 Genealogien 109 112 114 117 118 173 Geographie 109 115 118 236 347 Geologie :33 Geometrie 50 65 205 233 Gerichtswesen 165 223 Gerste :31 35 58 Gesang 16 36 92 94 132 139 140 141 174246 247 354 Gesangskunst 114 Geschichtensammlung 164 Geschichtsbetrachtung 303 Geschichtswissenschaft 174 Gesellschaftsentwicklung 97 Gesellschaftskritik 164 181 Gesellschaftsstruktur 222 264 Gesetzbuch 43 368 Gespenstergeschichten 277 Geyya 267 Gharpure, J. R. 232 Ghatage, A. M. 13 260 382 Ghatakarpara 146 Ghate, V. S. 218 Ghatotkaca 76 185 Ghatotkacadiita 185 Ghaznaviden 110 Ghosh, A. 33 94 99 Ghosh, B. 54
REGISTER
Ghosh, K. C. 350 Ghosh, M. 137 Ghoshal, S. C. 351 Ghoshal, U. N. 382 Gidwani, N. N. ix Giftmischer 223 Gildemeister, J. 149 Gilgamesch 81 GIta 92 94 95 99 Gitagovinda 115 129 147 148 202 360 368 370 Gita-Kommentatoren 94 Gjellerup, K. 270311 314319 324 :366 Glasenapp, H. v. ix 21 108 206 :350 366 Glasenapp, O. v. 79 145 Gnoli, R. 314 Gnomik 150 165 Gnostiker 365 Gobhila-G~'hyasiitra 17 66 69 Godahole, G. H. 143 167 Godabole, N. B. 192 200 GodakUIIlbura, C. E. 143 Goeseke, G. 12 Goethe, J. W. v. 145148194 365 368 Gokhale, B. G. 6 Goldman, R. P. 108 Goldmiinze 230 Goldschmidt, S. 143 Goldstiicker, T. 204251 256 Gombrich, R. 266 Gor,ta 285 Gonda, J. ix 21 62 68 70 183 379 Gooneratne, E. R. 291 297 Gopal, R. 68 Gopalan, S. 250 Gopani, A. S. 364 gopI115 Gordon, D. H. 4 Gore, N. A. 351 Gorresio, G. 107 Gosiila 345 Gotamo 290 Gotterbote 22 25 84 Gotterfrau 164 Gotterkonig 26 82 164 269 313 321 354
Register Gottesbeweis 214215 Gottesurteil 103 Gottin 23 28 49 71 104 114 115 144 186 199 Gottingen 68 69 371 377 Goudriaan, T. 125 126 380 Gough, A. E. 217 Govardhana 147 Govinda 147 Govindaraja 230 232 Goyama 344 346 348 354 Grahagar,titadhyaya 235 GrilrIlageyagana 36 Grammatik 1 3 10 11 50 64 67 118 13113,5 140205251 252 253 254 255 256 258 259 267 288 350 363 366 367 368 369 371 374 377 380 Grammatiker 8 9 18 151 241 251 253 372 382 GraBmann, H. 13 34 375 Gray, L. H. 172 Gregor, H. 384 G~'hyasiitra 17 64 65 66 69 205 235 245 371 377 Griechen 161 365 367 Griechenland 48 154 155 233 Griffith, T. H. 37 41 45 108 Grill, J. 45 204 Grimm, Briider 365 Grincer, P. A. 72 168 GroBfamilien 21 GroBmoghul367 GroBreich 20 215690129171 221 222 263 G~·tsamada 30 Gueth, A. 291 Guhyasamaja 328 Gujarat 38 129 175 298 334 341 342355 guna 212252 GUlfa<;]hya 10 127 186 gunav~'ddhi 252 Gupta 20 112 238 Gupta, A. K. 176 Gupta, A. S. 120 Gupta, D. K. 172 Gupta, S. 125 Gupta, U. C. 250
Gupta-Dynastie 114 Gupta-Zeit 248 Gyani, S. D. 120
Haack, A. 176 Haas, C. O. 138 375 Haberlandt, M. 172 Hahnenkampfe 170 Hala 144 Hall, F. E. 138 172 218 237 Hamilton, A. 369 Hamm, F. R. 352 Hammirakavya 176 harilsa 124 Hanaki, T. :353 Hanayama, S. 266 Handel 222 223 Handeln 88 91 95 99 Handelsfahrt 165 Handelszwecke 12 Handiqui, K. K. 143 177 Handler 30 Handwerker 30 32 35 Hanumat 102 103 354 Hanxleden, J. E. 368 Haraprasad 329 Haraprasad SastrI, M. 314 Haravijaya 141 143 Hardy, E. 291 Hare, E. M. 291 Haribhadra 166 207 357 358 363 Hariharan, K. K. 143 IHrita 238 Harivarilsa 73 95 96 97 110 111 113 114 115 193 Harivalilsaparvan 95 Harivarilsa-Purana 354 Harivarna-Schlussgesang 48 Harfia 110 128 171 197 198 200 Harfiacarita 171 Harfia-Reich 128 129 Hartmann, F. 98 Harun al-Raschid 301 Hastinapura 75 76 77 79 80 Hastyayurveda 249 Hathayogapradlpika.213 Haug, M. 372 374 376
Hauptgemahlin 139 Hausbau 42 65 247 Hauschild, R. 13 63 384 Hausritual 65 Haussklaverei 21 Hausvater 57 64 88 115 124 229 Hauvette-Besnold, E. 1. 120 Havell, E. B. 250 Havis-Opfer 35 51 52 Hayasirfiapancaratra 248 Hazra, K. 1. 13 Hazra, R. C. 119 121 Hedonismus 169 Heesterman, J. C. 380 Hegel, F. 368 Heidrich, J. :34 Heifetz, H. 142 Heiligengeschichten 289 Heilmittel 239 Heilpraktiken 238 Heine, H. 152 Heirat 101 113 117 193 300 345 Heiratsgebrauche 1.5 Heldendichtung 26 Heldenepen 71 Heldin 172 181 189 190 198 Helena 106 helotenartig 20 30 Hemacandra 175 225 255 257 259 260 355 356 361 362 364374375 Hemavijaya 166 Henry, V. 378 Hensgen, H. 143 Herder, G. 152 Herder, J. G. 194 Herodot 6 Heroismus 22 198 Herold 111 Herrmann, E. 384 Herrscherideal 349 Hertel, J. 2433 1.56 160 166 167 168 172 204 217 364 365 379 Hesse, H. 366 Hetare 170 180 181 182 184 189 190 Hi<;]iulba 76 101
397 Hillebrandt, A. 62 68 142 146 197 200 221 371 377 Hlnaya.na 183 266 305 306 307 308 312 313 315 329 330 331 335 HindI 7 12 107 Hinduisnms 3 15 111112 122 322 325 326 328 329 Hinterindien 241 265 315 3:35 365 Hiniiber, O. v. 13 290 Hipparchos 235 Hippologie 248 Hiral:tyakesi-Srautasutra 17 Historiographie 4 6 173 176 203 302 :30:3 Hitopadesa 157 158 160 368 370 Hiuen-tsang 5 128 Hochgott 23 50 202 :317 Hochzeit 65 84 135 139 187 197243 244 Hochzeitsbrauche 245 Hochzeitsriten 229 Hochzeitsspriiche 37:3 Hochzeitszeremoniell 115 Hodgson, B. H. 314370 Hoernle, F. R. 241 242 351 Hofdichter 129 147 152254 Hoffmann, K. 380 Hofpriester 24 26 Hohenberger, A. 120 218 Holle 80 113 114 115307 319 347361 Hollenbewohner 115 319 Hollenqual 345 Hi:illentor 362 Holtzmann, A. 74 98 Homer 7 8 71 Hopkins, E. W. 72 98 hora 236 Horasastra 236 Horner, I. B. 290 304 Horoskop 236 Horsch, P. :380 Hotr 16 35 Howard, \Y. :37 IIrsikesa 120 Hulin, ]VI. 219
398
Jambukhadaka-Jataka 282 Jambuvijayaji, M. 350351 Jamspal, L. 337 Janaka 47 100 104286 Ja.nakIharal~a 140 Janvier, E. P. 192 Japan 315 335 365 Jataka 11 23 74 144 154 163 268 277 280 281 283 284 285 286 287 288 289 290 302 303 307 309 311 312 321 335 359 365 371 379 J ataka-Buch 288 Jataka-Fabeln 281 Jataka-Kommentar 288 300 Jatakamala 127 311 316 Jataka-Sammlung 281 285 287290 Jataka-Stoffe 282 J atakatthakatha 287 Jatakatt.haval).l).ana 287 300 Jatayus 101 102 Idealismus 57 58 95 207 209 Jayadatta 248 210 211 212 214 306 320 Jabali 101 216 Jayadeva 129147148202 333 362 365 Jackson, V. W. 200 J aya.ditya 253 254 Identifikationen 39 47 48 207 Jacob, G. A. 138218 255 Jacobi, H. 13 98 108 137 138 J ayamangala 245 141 143 168 179 191 192 J ayapIc.la 135 152 Idzumi, H. 324 196 213 221 238 350 351 J ayaswal, K. P. 226 382 Iham~'ga 180 Jha, D. N. 34 352 363 364 378 Ikonographie 328 Jha., G. 217 220 232 J agaddeva 237 238 Iksvaku 95 Jha, G. N. 138 Ilias 71 J agac.lucarita 176 Jha, M. 238 J agannatha 152 Illusionismus 211 Jha, R. N. 200 Indabhuti 344 346 348 354 JagatI 3148 Jha, S. 238 Jaggi, O. P. 206 Individualseele 58 210 340 Jhala, G. C. 107 Jahn, W. 121 Indoarier 19 Jhalakikar, V. R. 138 Indologie 156 193366369372 Jaimini 208 217 JImutavahana 197 198 374 375 376 377 379 380 J aimimya-Srautasutra 68 Jinabhadra 352 Jain, K. Ch. 350 381 382 383 Jaina-Kanon 10 342 346 349 Jinahar~a 175 Indonesien 365 JinakIrti 359 353 378 Illdra 22 23 25 26 28 31 40 43 Jinismus 164 166 175 176 177 44 48 60 71 80 86 96 104 J aina-Lehre 263 356 207 208 270 339 340 341 106 115 134 164 185 193 Jaina-Mahara~trI 10 166 255 343 344 345 347 348 354 341 353 354 356 194 269 271 313 321 327 355 358 359 361 362 363 J aina-Prakrt 10 354 370378380 Indraji, Bh. L. 382 J aina-Saur~senI 10 jIva 210 Indrajit 103 Jainismus 339 JIvajIvabhigama 347 Jambhaladatta 163 Indraprastha 76 JIvaka 294 IndumatI 139 JambuddIvapaI~atti 347 JIvanmuktiviveka 211 JambudvIpa 117 Indusgesellschaft 3 JfianamJ;tasara-Samhita 123 Induskultur 3 19 23 213 380 JambudvIpaprajilapti 347 Hultzsch, E. 69 143 148 220 231 376 Humboldt, A. v. 145 Humboldt, W. v. 91 9499365 369 370 Hume, R. E. 62 Humor 180 198 202 301 359 HUl~a 110 171 Hunnen 128 308 322 Hunt, M. 291 Huntington, C. W. 337 Hure 169 Hurvitz, 1. N. 323 Huth, G. 142 199 Hiittemann, v'li. 351 Hiittner, J. Ch. 232 Hymnensammlung 18 19 25 2628 Hymnenverfasser 15
Register
REGISTER
Indusschrift 11 Instrumentalmusik 247 Instrumentenkunde 247 Iran 19 Iravatl 193 Isa-Upani~ad 3961 Islam 15 176 Isvara 213 IsvaragIta 117 Isvarak~~I.la 212 Itihasa 51 71 72 109 Itivuttaka 268 275 302 I- Tsillg 152 Ivanov, V. V. 13 Ivanova, N. M. 199 Iyangar, S. 219 Iyengar, K. R. 246 Iyer, C. 238 Iyer, K. A. S. 153 Iyer, S. K. 257
Jfiatadhannakatha4345 Johiintgen, F. 232 Johnson, H. M. 363.. Johnston, E. H. 314 Jokkel, R. 206 Jolly, J. 191221 226231 232 241377 384 Jonaraja 175 Jones, J. J. 314 Jones, W. 148 149 194 199 229 232 368 371 Jorgensen, H. 54 Joshi, C. N. 201 Joshi, G. A. 217 Joshi, K. 238 Joshi, S. D. 256 Joshi, V. P. 142 Judas Ischarioth 294 Juwelenkunde 226 J yoti4sastra 235 J yoti~a- Vedallga 68 234
Kaccayana 255 Kaccayanagandha 255 Kaccayanappakaral).a 255 KaikeyI 100 185 KalamUlaSastra 68 Kale, M. R. 142 148 149 172 192 199200 201 Kalhal).a 118 129 152 174 175 176 Kan 123 Kalidasa viii 33 113 114 116 127 128 134 138 139 140 141 142 143 144 145 146 182 184 188 191 193 194 197 198 199 201 245 255 259 310 357 365 368 Kalikalasarvajfia 355 Kalilag 157 Kaliyuga 124 Kalpadrumavadanamala 315 Kalpasutra 17 65 348 3.55 Kama 138187 kama 150 169 187 221 243 Kamalakara 235 KamamafijarI169 Kamandaka 225
Kamandaklya-NItisara 158 225 Kamasutra 214 222 243 244 245 Kammavaca 293 Kamptz, K. v. 352 Kamsa 96 186 Kal).ada 215 KaficIpuram 169 Kandarpaketu 170 Kane, P. V. 138 172201 232 Kangle, R. P. 226 Kaniska 239 310 311 Kanjilal, R. L. 121 Kant,1. 378 Kanyakubja 85 Kapadia, H. R. 350 Kapila 211 349 Kapi~thala- Katha-Samhita 38 Kapoor, S. K. 237 Kappasutta 348 Karambelkar, P. V. 219 Karal).akutuhala 235 Karal).c.lavyuhasutra 318 Karandikar, S. 143 Karika 67 107 212 253 331 334 KarmamImillnsa 208 327 Karman-Gesetz 181 210 216 288 299 302 307 312 313 340346349 Karman-Lehre 118 166 277 304356 Karman-Stoff 340 Karmarkar, R. D. 138 Kan~a 76 78 185 Kan~abha.va 185 Kan~aparvan 78 Karnik, H. R. 199 KarpuramafijarI 202 Ka.rttikeya 71 117 Kashikar, C. G. 68 69 382 Kashmir 6 38 118 122 123 129 135 136 140 141 146 147 152161 174194225325 KashmirI 200 Kashyap, B. J. 268 290 291 292295 KasIl17
399 Kasibharadvajasutta 276 Kasikavrtti 253 Kaste 10 88 124 179 180 182 186 189 228 229 373 Kasteiungen 343 Kasten 114 Kastengesetze 229 Kastenpflichten 116 Kastenregeln 117 Kastenwesen 15 113 225 311 340 361 Ka.syapa 321 Kasyapaparivarta 321 Katantra 254 255 Kathaka-G~'hyasutra 66 Kathakosa 359 Katharatnakara 166 Katha-Samhita 17 38 Kathasaritsagara 129 160 161 162 163 188 371 383 Katha-Upani~ad 59 61 71 89 116 216 Katha.vatthu 265 267 296 329 Kathvate, A. V. 176 Katre, S. M. 13 256 Katyayana-Srautasutra 66 69 373 Katyayana-Sulvasutra 66 Kaulas 124 Kauravas 73 74 76 77 78 79 80 Kausalkette 264 Kausambl161 Kausika-Sutra 66 69 KausItaki- Upani~ad 17 55 60 Kautalya 226 Kautilya 226 Kavi, M. R. 137 KavibhU~al).a, P. S. 242 Kaviraj, G. 219 Kaviraja 142 203 Kaviratna, A. C. 242 Kaviratna, P. H. 242 Kavya 72 130 170 177310360 361 Kavya-Charakter 130 Kavyadarsa 135 Kavya-Dichter 3 Kavya-Dichtung 170313 Kavyalamkara 134 135
400 Ka.vyaJall1ka.ravrtti 1:33 135 IGvya-Literatur 130 131 132 280 303 Kavya-Lyrik 144 Kavya-Metren 249 KaVyamlmamSa 130 136 Kavyapraka.sa 136 Kavya-Stil 99 105 185 187 236 310 311 313 335 360 Kavya-Strophen 127 Kavya- Theorie 133 172 Kavya- Werke 168 173 Kawi-Sprache 365 370 Keith, A. B. 40 53 56 137 146 183 184 219 237 245 378 379 Kellner, H. C. 83 98 192 195 200 Kena-Upanil?ad 17 18 55 60 61 Kenning 39 Kerala 32 184 Kern, H. 238 266 314323 Kesin 20 kevaHidvaita 210 Keyt, G. 149 Kharosthl 11 khila 73 119 Khuddakanikaya 268273 274 275 276 277 280 281 288 289 302 Khuddakapatha 274 Klcaka 77 Kielhorn, F. 13 167 257 371 376 Kiratarjunlya 132 141 Kircher, A. 367 384 Kirfel, W. 111 119 364 Kirste, .J. 69 IGrtikaumudl175 Kil?kindhakal!9a 102 Kleiderordnung 293 Kleidung 323 klesa 213 Knauer, F. 69 Kocergina, V. A. 13 Kohl, J. E. 352 KoHoka 245 246 Kolb, E. 246 Kolonialherrschaft 381
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Kolonialismus 367 368 Kolver, B. 14:3 176 380 Komik 20:3 Kommentarliteratur 253 Komodie 179 Komparatistik 369 Komposita 82 131 135 168 170 171 172 259 Konarka 113 Konig 2 5 6 10 12 20 22 23 24 25 47 49 51 56 73 74 75 77 79 80 81 82 83 84 85 96 100 10:3 109 115 129 135 136 139 140 141 144 147 152 153 156 157 161 163 164 169 170 171 173 174 175 179 180 182 185 187 188 189 190 191 193 194 195 196 197 198 202 203 223 224 225 226 227 229 236 253 254 279 283 284 285 286 299 301 302 303 313 323 339 346 347 349 354 355 359 362 Konigin 77 174 181 187 197 202284300 Konigreich 75 77 102 184226 Konigsberg 378 Konigselefant 78 Konigsfamilie 282 Konigsgattin 100 Konigshaus 76 Konigspaar 284 Konigspalast 300 308 Konigssohn 77 Konigstochter 75 84 Konigsweihe 39 49 51 52 186 Konigswiirde 164 Konow, S. 54 18:3 204 Kontrastwirkung 286 Konzil 265 267 293 296 302 303304342 Konzilberichte 5 Koppen, C. F. 371 Koran 15 33 Korea 315 335 365 Kosa 258 259 260 Kosala 20 73 100 104 263 Kosala- Videha-Gebiet 20 Kosambi, D. D. 153 382
Kosegarten, J. G. L. 167 Koskenniemi, S. 4 Kosmogonie 109 122 227 Kosmographie 363 Kosmologie 117331 347355 Kozianka, M. 13 Krahe, H. 12 Kramrisch, S. 121 Kressler, O. 153 Kreyenborg, H. 149 Krick. H. 380 Krieg 22 31 76 77 87 92 96 100 155 158 180 196 224 226236 Krieger 30 111 Kriegergeschlecht 282 Kriegerstand 15 Kriegfiihrung 25 115 118 173 248 KriegserkIarung 141 Kriegsfall 88 Kriegsgefangenen 224 Kriegsgott 71 116 138 Kriegswagen 19 25 78 248 Krishnamachariar, M. 137 Krishnamacharya, P. V. 125 231 Kriya-Tantra 327 Kriyayogasara 114 Krl?l!a 73 75 76 77 78 79 80 87 88 89 90 91 96 97 112 114 115 116 118 123 141 142 147 148 152 185 186 203 256 301 317 346 353 K~sna- Biographie 114 K~'snaj anma- KaJ:.l9a 116 K~·l?J:.lamisra 202 358 371 K~'l?l!a- Vil?J:.lU 88 K~tavarman 79 K~ta- Weltzeitalter 354 Kl?atriya 20 48 49 56 71 81 83 85 88 111 207 340 Kl?atriya-Kreise 56 71 Kl?atriya-SchoB 58 Kl?emadhiirti 78 Kl?el11endra 129 141 161 167 255 258 260 313 KSel11lSVara 202 Kl?lraSvamin 25:3 259 Kl?lratarallginl 253
Kubera 71 145 Kuhn, E. 221 Kulan!ava-Tantra 1~4 Kulliika 230 Kulshreshtha, R. B. 183 Kulturgeschichte 3 151 163 322 335 370 379 Kumar, M. 217 351 Kumaradasa 140 Kumaragupta 128 Kumarapala 175 355 362 Kumarapalacarita 175 Kumarasarubhava 128 138 371 Kumari, V. 121 Kumarila 209 217 KumbhakarJ:.la 247 354 Kunala 313 Kundakunda 362 KUJ:.liya 346 Kunstdichtung 2 72 82 99 104 127 128 129 130 133 134 136 138 144 156 161 173 177 178 222 236 245 304 310 313 325 346 348 356 357 Kunstepos 132 140 141 169 173 177 179 Kunstgedicht 131 Kunstroman 132 153 154 168 169170171172177 Kuntapa-Hymnen 43 Kunte, A. M. 242 Kuntl 75 190 Kupfertafelinschriften 173 Kuppuswamy, B. 250 Kiirma-Purana 113 117 Kuruk~etra 37 77 Kuru-Paiicala 20 Kiitadantasutta 281 Kuttakadhyaya 233 Kuttanlrnata 152 Kuvalayanandakarika 136
Labasiikta 25 Lafontaine, J. de 163 282 365 Laghvarhannltisastra 225 Lahiri, P. C. 257
Lakl?maJ:.la 100 101 103 104 124 185 Laksl11anasena 129 147 Laksml71 186 Lal, P. 98 Lalitavistara 11 221 308 :309 310 312 315 316 317 321 :348 Lalwani. K. S. 352 Lambert, H. M. 14 Lamotte, E. 266 Landwirtschaft 65 Langlois, A. 369 Lanka 101 102 103 104 106 140 198 315 322 LankakaJ:.lda 102 Larikavatarasiitra 321 322 Lanman, C. R. 45 204 Larson, G. J. 218 Lassen, C. 74 98149 167 196 201 251 369370 374 Lata 234 235 Latakamelaka 203 Lath, M. 249 250 Latyayana-Srautasiitra 17 68 Lebensstadium 88 Lefmann, S. 98 314 384 Legende 40 49 50 59 67 82 97 109 112 114 116 117 118 135 140 170 177 193 194 202 281 293 294 310 316 345355357 Legenden 12 16 26 40 46 47 49 51 52 72 73 84 95 96 103 104 107 112 113 114 117 122 128 138 281 285 286 287 289 293 294 301 307 313 323 325 344 346 347 349 353 356 359 375 Legendenbildung 302 Legendenkranz 23 71 Legendenstoff 359 Lehmann, A. 384 Lehmann, J. 266 Lehrerlisten 173 Lehrgedicht 89 90 91 92 334 360 361 Lehrpoesie 360 Leiden 26 69 114263264273 330 367
401 Leidenschaft 25 212 213 Leidenschaftlichkeit 81 105 Leidensentstehung 263 Leidensvernichtung 263 Lele, R. D. 242 Lenz, R. 199 Lesimple, E. 63 Leumann, E. 351 352 Levi, S. 167 323 336 Lexikographie 115 118 258 259 288 363 366 380 Liebesgott 138 195 Liebich, B. 98 256 257 Lienhard, S. 246 380 Lietz, G. 99 Lllavatl233 235 Lilley, ]V1. E. 292 Limaye, S. V. 336 Limaye, V. P. 62 257 Lindenau, M. 45 137 191 Lindtner, C. 337 380 Liliga-Kult 117 119 162328 Linga-Purana 116 Literaturgattung 140 142 144 168 169 325 358 Literaturgeschichte 5 31 95 110 130 144 148 154 155 205 215 251 260 265 280 300 303 304 307 315 329 344 353 357 360 372 373 377 380 381 383 Literatursprache 8 10 267 Literaturtheorie 133 136 141 Livius 173 Lobbecke, R. 68 Lokaprakasa 260 Lokayata 202 207 Lokayatasastra 216 Lokottaravadin 307 Lomahar~aJ:.la 111 Lomapa.da 84 Lommel, H. 53 Lopamudra. 24 Lorinser, J. 98 Losch, H. 232 Ludendorff, M. 336 Liiders, H. 183 191 376379 Ludwig, A. 34 372 375
402 Macdonell, A. A. ix 1:3 70 237 378379 MachiavellisnlUs 151 156 222 Mackay, E. 4 Madanasena 165 Maddl286 Nladhava 2 198 208 211 301 381 JVladhavakara 241 Madhva 218 Madhyamagama 307 Madhyamavyayoga 184 Madhyarlldina-Rezension 39 Madhyamika 333 335 Madhyamika-Karika 334 Madhyamika-Lehre 333 334 Madhyamika-Sutra 334 Madrl75 Niagadha 20 37 73 112 187 263342354 Miigadhl 10 133 255 267 Miigha 129 141 142 143 Magie 42 163 Magier 317 ~1ahiibharata 1 24 49 71 72 73 74 75 77 80 82 83 84 85 86 87 90 91 92 95 97 98 99 100 101104 105 106 109 110 111 112 113 115 117 118 138 140 141 142 150 151 154 170 171 177 180 184 185 186 190 194 201 207 216 221 229 234 247 284 286 288 307 320 345 350 354 355 357 359 361 369 370 377 378 379 382 Mahiihhasya 127 213 253 254 377 382 mahabhuta 330 Mahadevan, M. P. 218 Mahakavya 310 356 Mahamati 322 Mahanarayal~a- Upani~ad 55 6061 Mahaniddesa 288 Mahanirviil~a-Talltra 124 Mahallislhasutta 349 Mahanislthasutra 349 MahapakaraJ:.la 296
Mahaparinibbii.nasutta 269 370 Mahaprasthanikaparvan 80 Mahiipurana 112 Mahara~tra 32 382 Maharastrl-Priik~t 140 173 Mahiisena 187 mahasukha 328 Mahatmya 111 119 325 35,5 ~1ahavagga 269 276 288 293 294 Mahavamsa 303 Mahavastu 307 308 309 310 312313317321 Mahavibhanga 293 ~1ahavITa 263 339 342 343 344 345 346 348 349 350 351 354355 356 357 Mahavlracarita 198 Mahavrata 55 Mahavrata-Riten 55 Mahavyutpatti 260 335 Mahayana-Literatur 315 :320 323 334335 Mahayana-Philosophie 326 331 334 Mahayanasraddhotpiida 335 ~1ahayanasutra 308 315 316 317318319331 Mahayanasutralarllkara 332 Mahendravikramavarman 203 Mahesvara 318 Mahinda 265 302 :303 304 Mahmud von Ghazni5 Mahosadha 284 285 Mainkar, T. G. 219 Maitriiyanl-Salilhita 38 Maitrayalflya-Upani~ad 18 Maitreya 114 Maitreyanatha 332 333 Majjhilnanikaya 264 268 270 281 307316333 Majumdar, R. G. 6 Makhadevasutta 281 Makkhaliputta 345 Malalasekera, G. P. 305 Malatl198 Malatlmadhava 198 Malavikii 193
403
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Malavikagnimitra 128 193 202 Malaviya, S. 53 Malayavatl197 Maldoner, H. 99 219 Malerei 118 Mallinatha 143 Miilvania, D. 351 353 Manasara 247 Miinasollasa 226 247 249 MiinatUllga 360 Manava-DharmaSastra 230 Mii.nava-Grhyasutra 66 Manava-Srautasutra 68 Manava-Sulvasutra 69 Mandakrantii-Metrum 145 Mandlik, V. N. 381 Miin4ukeya 29 MaJ:.l4ukya-Upani~ad 61 210 Mallgalasutta 274 Mankad, D. R. 107 119 Mankad, P. A. 250 Mankha 142 259 Mankhakosa 259 Mankowski, L. V. 167 mantra 124 328 Mantragupta 170 Mantrapatha 66 69 Mantra-Periode 373 Manu 26 33 43 49 84 114 116 117 228 229 230 232 Manubha~ya 230 Manusm~ti 228 229 230 234 369 Mara 272 277 300 310 313 375 Marathl7 Miirchenforschung 155 Miirchenkunde 155 359 371 Miirchenliteratur 153 155335 ~1iirchenroman 170 Marka 101 195 MarIci 169 170 MarkaJ:.l4eya-Purana 115 202 247307 Maruts 23 318 Marx, K. 371 Masakasutra 66 MatangalIla 249 Maten, E. P. 168
Materialismus 50 57 91 95 202 207 208 209 212 214 216 :347 Materie 212 213 215 216 224 362 Materiebegriff 212 264 Mathematik 1 154 232 233 235 :350 363 366 370 Mathematiker 235 375 Mathura 10 96 115 116 Matilal, B. K. 219 Mat~ceta 311 314325 329 Matsya-Land 77 Matsya-Purana 112 117 193 247 Mattavilasa 203 Maudgalyayana 183 Maurya-Dynastie 196 342 Maurya-Kanzler 155356 Maurya-Zeit 222 Mausalaparvan 80 Maya 202 300 309 320 Mayii-Konzeption 211 Mayrhofer, M. 13 380 McCrilldle, J. W. 6 McGovern, W. M. 323 Medhatithi 230 Meditation 88 114 117 122 124 211 213 263 270 282 327 328 333 340 Meditationsubungen 327 Medizin 1 115 116 118 122 213 238 239 240 241 366 377 Meeresgott 103 Megasthenes 5 6 221 222 ~1eghaduta 128 144 145 146 279 368 Mehendale, K. C. 220 Mehlig, J. 149167199200 Mehrprodukt 35 47 Mehta, T. 183 Mehta, V. 200 Meister Eckhart 59 Melodie 16 36 52 109 205 Menakii.195 Menandros 298 304 Mendis, G. C. 305 Menschenbild 270 365 Menschenopfer 39 53 76
Mesopotamien 12 ~1etapher 43 99 131 135 275 335 362 Methodik 235 Metrik 1 17 30 50 64 67 82 91 115 118 131 137205 255 256 368 373 Meulenbeld, G. J. 241 Meyer, J. J. 74 152 153 172 223 226 246 363 379 Meyer, R. 70 Milinda 298 299 Milindapaiiha 5 298 Militiirgeschichte 173 Militiirwesen 224 225 226 Militiirwissenschaft 248 Miller, B. S. 149 153 MlmiiIllsii 207 208 209 214 215 294 Mlmiinlsaka 265 Mlmamsa- Lehre 209 Mlmalilsii-Literatur 380 Minaev, J. P. 261 291295337 Minard, A. 54 Mirashi, V. V. 142 201 383 Mironov, N. 364 Mischsprache 370 Mishra, B. 120 Misra, B. 54258 Misra, B. N. 176 Misra, B. S. 242 Misra, U. 220 Missionar 265 302 367 Mitak~ara 230 Mitra 54 56 60 381 Mitra, P. D. 138 Mitra, R. L. 227314324 Mitra, V. 68 231 Mitra, V. 1. 109 Mitramisra 230 Mode, H. 4 Mody, K. P. 364 Moggalliina 183 260 277 280 289294 Mohammed 60 Mohenjo Daro 3 mok~a 79 150 Mok~adharmaparvan 207 Moller, M. 196 Monarchie 222 224
~1onch
157 175 225 265 269 270 272 276 278 279 280 282 287289292 293 298 299 300 303 308 310 313 321 341 343 347 348 349 350 355 357 358 365 Monchsorden 321 333 Monddynastie 95 112 Mongolei 315 365 Monismus 57 210 211 327 Monogamie 188 Monotheismus 61 Mookerjee, B. 242 Mookerjee, R. K. 6 Moore, C. A. 206 Moore, J. H. 291 Moral 26 91 165 196 215 284 301 312 356 357 Moralauffassungen 362 Moralist 240 Morallehre 101 152 276 Moralpredigt 165 Morgenroth, W. 13 62 168 197 200 352 Morgenstierne, G. 192 Morris, R. 291 292 297 Motwani, K. 232 Mrcchakatikii 179 181 188 189 191 193 196 371 Mrtyu 86 Mudgala 34 mudra 328 Mudrarak~asa 182 193 196 382 Mugdhahodha 254 Muir, J. 220 Mukerji, P. N. 219 Mukerji, S. 120 Mukhopadhyiiya, G. G. 250 Mukhopadhyaya, G. N. 242 ~1ukhopadhyaya, S. 315 Mukhopadhyaya, S. M. 120 Muktika- Upani~ad 59 MUlasarvastivada-Schule 313 MUlasutta 349 Muller, E. 297 Muller, F. G. 241 Muller, M. ix 34 59 62 70 127 167 217 229 291 324 371 372 375
404 Munda 19 MUl.l4aka-Upanisad 186164 Miinze 11 12 174 188 191230 298 Miinzinschrift 128 Musik 118 245 246 247 365 Musikgeschichte 36 247 Musiktheorie 246 Musikunterricht 187 Musikwissenschaft 247 Muttergottin 123 Muttergottinku1t 162 Myanmar 365 Mylius, K. 12 13 21 22 26 29 343744455354626894 99 148217 245 246 258 266 272 283 383 384 Mystik 147 365 Mystiker 59 216 Mythe 22 48 135 248 ~lythen 26 48 49 51 86 103 111 114 138 Mytho1ogie 48 131 271 346 360374377
Naciketas 59 116 216 Nag, K. 143 Na.gananda 197 Nagar, M. 1. 176 Nagar, R. S. 137 nagaraka 129 Nagarjuna 333 334 337 Nagasena 299 Naidu, S. 137 Naidu, V. N. 137 Nair, S. B. 176 N ai~adhacarita 129 142 nak~atra 234 Naku1a 75 80 248 Na1a 818283 140 142 359 Na1acampu 177 Nalakasutta 276 Na1a- Lied 83 370 Na10daya 140 Nalopakhyana 82 Namalinganusasana 259 Namastotra 40 Nami 349352 Namuci 48
Register
REGISTER
llal.laka 230 Nanamoli, B. 291 305 Nanda 96 275 310 311 Nandana 198 Nandargikar, G. R. 143 Nandas 112 Nandisutta 350 Nanjio, B. 323 324 Narada 83 96 115 116 123 186 194 230 246 277 286 297 298 Naradasm~·ti 222 230 NaTadlya-BrhannaradlyaPurana 115 Narang, S. P. 142 NarasamsI51 Naravahanadatta 161 Narbada 38 Nariman, G. K. 200 Nastika 101 Nataka 180 181 Nataka-Helden 180 Nath, N. C. 120 Nathamal, M. 350 Natika 197 Naturphilosophie 362 Natyaveda 134 Nav1ekar, N. R. 142 Na.yadhammakahao 345 nayaka 181 nayika. 181 Negativismus 210 Negelein, J. v. 69238 Neil, R. A. 315 Nemina.hacariu 357 Nenlinatha 357 Neminathacarita 357 Nepal 12 125 161 263 265 306 315 318319 325 335 370 NepaIistik 380 nepathya 182 Neugebauer, O. 238 Neuindisch 7 11 166 Neumann, K. E. 268 290 291 379 Neuplatoniker 59 365 Nidana 241 300 Nidanakatha 300 301 308 Nidanasutra 256 Nidanasutta 270
Niddesa 288 Nietzsche, F. 365 Nigal.ltha Nataputta 339 Nighal.ltu 67 258 260 Nijjutti 353 Nika.ya 267 268 273 292 Nikitin, A. 367 Nllanlata-Upapural.la 118 174 Nimbarka 94 218 Nipata 272 281 Nira.yavaliyao 347 Nirukta 32 67 372 Nirval.la 264 270 275 277 278 281 297 301 304 306 308 316 319 320 330 334 354 355 Nirvana-Begriff 333 Nirvana-Konzeption 319 Niryukti 353 Nislha 348 Nisltha 348 Nissallka 246 Nlti 156 187 Nltisastra 155 221 222 Nltisataka 151 Nltivakyam~ta 225 226 Njammasch, M. 119 Noah 49 Nobel, J. 146 Nobilibus, R. de 368 Nomadismus 20 Nonne 181 198 272 278 279 280 289 293 301 341 343 348356358 Norman, H. C. 305 Norman, K. R. 290 291 292 Novelle 345 Null 233 Nyanaponika 291 Nyanatiloka 290 291 297 304 305 Nyaya 207 208 213 214 215 362 Nya.yabha~ya 214 331 Nyayabindu 214 332 Nyayapravesa 214 331 Nyayaratna, A. N. 257 Nyayaratna, M. 217 Nyayasastra 214 Nyayasutra 214 215
Nyaya- Vaisesika-System 331 NyayavaTttika 214332 Nymphe 23 84 19:3 195 310
Oberhammer, G. 380 Objektivismus 2 Odyssee 71 Oertel, H. 40 56 221 379 Ogden, C. J. 200 Ogibenin, B. L. 33 Ojha, M. 238 Ojihara, y. 257 Okkaka 282 Oldenberg, H. 21 232433 34 3947545562697497217 266 268 290 291 295 305 :377 Olivelle, P. 62 231 Omina 115 118 235 236 239 274 Opfer 16 35 :37 39 40 43 46 53 55 65 91 94 109 115 139 187 195 198 205 246 253 255 325 377 Opferer 228 Opferfest 111 205 234 Opferfeuer 22 39 65 93 Opferformeln 38 326 Opfergemeinde 195 Opferhand1ung 1647 Opferkult 27 35 50 122 1:30 208 234 276 Opferlitaneien 55 Opferlohn 25 35 43 47 184 Opfermagie 35 Opfermahl16 Opfermystik 61 Opfern 35 89 216 Opferp1iitze 233 Opferplatze 65 Opferrest 35 47 Opferritua1 35 42 46 48 52 56 64 178206246251 263264 :332 377 378 383 Opferritualismus 111 269 Opferritualistik 21 40 50 59 205 276 Opfersitzung 55 Opfersitzungen 35
Opferspruch 16 :37 109 Opferstiitte 40 50 66 Opfersystem 39 Opfertext 251 OpferUllg 35 Opferveranstalter 51 Opfervorgang 35 Opferwerk 208 Opferwesen 35 366 Opferzeremonie 65 Opferzeremoniell 16 39 178 Ordal 103 186 230 285 Orden 263 280 292 293 294 300 :310 341 342 356 360 Ordensbriider 265 Ordensgriinder 342 Ordensmitglied 292 310 348 349 Ordensregeln 292 Ordenszucht 265 267 Orissa 113 136247 Osteologie 348 Otto, R. 99 Oupnek'hat 369 Ovaiya 346 Ovavaiya 346
Pabbajjasutta 277 Paccekabuddha 289 Paccuppannavatthu 287 288 Pada 30 31 256 Piidagogik 225 Padapatha 32 67 251 Padarthadharmasamgraha 215 Paddhati 67 Padhanasutta 277 Padhye, D. G. 258 Piidiatrie 239 Padmacarita 354 Padma-Pural.la 113 114 115 194 Padmavati 187 188 padya 133 Paesi 347 Pail.ll.la 347 348 350 Paippa1ada-Rezension 41 Paisacl 10 1:33 160 161 255 Pala-Dynastie 328
Pa1iiographie 376 381 PaIi 7 10 11 183 255 260 265 266 267 287 298 300 306 307 325 :369 375 :376 PaIi-Fassung 287 304 PaIi-Grammatik 255 PaIihawadana, M. 291 PaIi-Kanon 267 268 275 278 287 298 304 306 307 312 315 321 341 344 348 379 Pali-Lexikographie 260 Pali-Literatur 216 298 299 304 Pa1i-Schriften 266 297 PaIi-Schrifttum 305 Pa1i-Sprache 298 30:3 Pa1i-Studien 370 Pali-Termini 387 Pali-Version 287 Palmb1atthandschriften 183 Pa1su1e, G. B. 62 Pancadasl 211 Pancakhyanaka 157 Panca1a 20 73 76 Pancalak~al.la- Definition 110 115117 Pancarak~a 326 Paficaratra-Sekte 122 Pancasiddhantika 2:34 Pancatantra 86 127 154 155 156 157 158 160 163 252 281 357 365 371 379 Pancatantra- Literatur 157 pancatattva 123 Pancavidhasutra 67 Pancika 51 Pal.l4ava 78 Pal.l4avacarita 355 Pal.l4avas 73 74 7576 77 78 7£) 80 112 184 185 201 355 Pande, B. M. 4 Pandey, D. G. 69 Pandeya, G. 242 Pandeya, R. 219 Pal.l4eya, U. C. 231 Pandit, R. S. 176 Pandit, S. P. 45 176 Pa1.l4u 75 Pal.l4us 73
406
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Palfini 8 11 18 32 67 127 140 Patimokkha 292 293 208 251 252 253 254 255 Patisambhidamagga 288 256 257 259 368 371 372 Patthanapakaralfa 296 382 Patwardhan, M. V. 148 Pal:tis 25 Patyal, H. C. 54 Pallkti 31 Paulinus 367 Paiiiiavagga 288 Paulisasiddhanta 234 Palfnavalfasuttaril 347 Paulus 234 Panslkar, V. L. 108 149204 Paiimacariya 354 360 361 Pantheismus 50 89 90 91 Payasi 269 347 Pantulu, V. R. 137 Payasisutta 269 Papageienbuch 166 Pehlewi 157 Papier 12 Penzer, N. M. 167 Parab, K. P. 107 143 149 167 Pessimismus 59 214 172 200 204 220 Petavatthu 216 277 302 312 Parabel85 86 107 299 316345 Peterson, P. 167 172 220 364 Parabeln 301 pferdekunde 248 Paradies 319 320 326 347 Pforr, A. v. 157 Paramardideva 203 Philologie 366 368 369 372 Paramarthasara 211 375376379 Paramita-Idee 290 Philosophie 5 56 57 59 80 89 Paranavitana, S. 143 113 123 207 208 209 212 Parasara 75 114 216 222 223 225 321 323 Parashar, S. 137 327 330 331 332 333 334 Paraskara-G~hyasutra 66 362 365 366 367 368 370 Parasurama 118 377378380 Parayalfa 276 288 Philosophiegeschichte 331 Pargiter, E. F. 111 335 Pargiter, F. E. 110 119 120 Philosophiesystem 61 208 368 Phitsutra 254 Parlk~it 80 Parisi~taparvan 356 Phonetik 17 64 67 205 paritta 325 Phukan, R. N. 219 Parivarapatha 294 Pickford, J. 201 Parjanya 23 Piggott, S. 4 Parpola, A. 4 68 380 Pilgerschaft 109 116 Parpola, S. 4 Pilf4anijjutti 349 Parsva 339 340 355 357 Pingala 67 216 255 256 Parsvanatha 364 Pingree, D. 238 Parvati 71 117 123 164 325 Pischel, R. 2 13 179 191 199 Pasubandha 39 200 257 261 291 314 371 Patalakhal:t4a 113 372 374 377 Pataliputra 5 196235265342 Pisharoti, K. R. 192 Pataiijali 127213219222253 Pitaka 267 292 295 297 254257 350 377 Pit~medhasutra 65 Pathak, M. P. 63 Platon 58 Pathak, P. Y. 70 Plinius 6 Pathologie 240 241 Plutarch 6 298 Paticcasamuppada-Formel Poddar, R. P. 168 270 Poesie 1 3 133 225 273 275 Patikavagga 269 360
Register Pohl, E. 191 Politik 79 115 118 131 141 151 155 156 158 187 221 224 225 226 229 Politiker 88 243 Pollock, S. 1. 108381 Polo, M. 367 Polyandrie 76 115 Polytheismus 50 Porzig, W. 12 Prabandha 357 Prabhavati 165 Prabodhacandrodaya 202 358371 Pracal:t4apalf4ava 201 Pradhan, S. N. 119 Pradyumna 97 Prahasana 203 Prajapati 48 50 Prajiiapanasutra 347 Prakaralfa 180 181 187 189 198 Prakash, S. 206 237 Praklrlfa 347 Priik~t 9 10 11 12 127 154 166 175 182 202 225 239 260 298 358 359 361 374 387 Prakrtapraka.sa 255 Prak~t- Begriffe 387 Prak~t- Bildungen 255 Prak~t-Dialekte 10 11 189 255357 Pralqt-Dichter 129 Prak~t- Dichtung 147 Pralq-t-Einfluss 147 Prak~t- Form 140 Prak~t-Grammatik 255 Pralq-ti 123 Prak~t-Idiome 133 Prak~tikalf4a 116 Prak~t-Kunstdichtung 127 Prak~t- Lexikographie 260 Prak~·t-Literatur 127255 Prak~t-Lyrik 144 Prakrt- Passagen 11 202 Prakrt-Periode 127 Prak~t-Sprachen 7 10 11 154 160 255 341 353 374 Prakrt-Studien 374 Prak~t-Werke 144
Prak~t- W arter 260 pralaya 109 Pramadvara 83 84 Pramalfasamuccaya 214 Pralfa 60 Pralfato~il:tI 125 prapaiicas~·~ti 116 Prasastapada 215 Prasasti 173 174 Prasenajit 347 Prasna-Upani~ad 17 61 216 Prasnavyakaralfani 346 Prasnottararatnamala 360 prastavana 182 Pratijiiayaugandharayalfa 187 pratilomanulomapada 132 Pratimanataka 185 186 Pratisakhya 67 70 Pratyabhijiia-Literatur 123 Pravarasena 140 Pravargya 39 55 Pravargya-Zeremonie 53 Prayaga 117 Prayoga 67 Pretakalpa 118 277 Pretavastu 312 Priester 1 16 21 25 30 35 41 47 50 64 101 107 202 246 284 Priestertum 284 Printz, W. 184 Priyadarsika. 197 200 Produktionsverhaltnisse 366 Produktionsweise 42 Produktivkriifte 47 366 Prophetie 236 268 312 321 Prosaerzahlung 275 304 Prosaform 164 168 322 Prosaliteratur 51 Prosastil 256 Prosa-Upani~aden 18 Prostituierte 152 279 Prostitution 243 245 Prozessrecht 229 Psychologie 174 190 249 295 296363 Psychopathie 190 Ptolemaios 6 Puggalapaiiiiatti 296
puja 122
407
Raghuvarilsa 114 128 138 139 143371 Rahder, J. 324 Rahmenerziihlung 24 347 Rahmenhandlung 80 104 134 154 160 165 169 270 276 282358359 Rahula, T. Bh. 314 Rai, R. K. 108 125 Rai, S. S. 120 Raible, W. 14 Raja, C. K. 218249 257 Rajagaha 293 Rajag~ha 265 Rajanaka 141 RajaprasnIya 347 rajas 212 213 Rajasekhara 127 129 130 136 201 202 Rajasuya 39 52 RajatarangilfI6 118 129 174 175380 Rajendralala 54 56 381 Rajyavardhana 171 Rak~asa 100 196 Rama 96 100 101 102 103 104 105 107 112 115 118 139 147 148 185 186 198 201 354 Ramachandra Sharma, B. 54 Ramachandra, K. S. 4 Rama-Epos 140 354 Ramanan, K. V. 337 Ramanarayana 68 69 Ramanuja 94 123208211 218 QaInag 157 Ramanujacharya, M. D. 125 Quackenbos, G. P. 149 Ramayalfa 71 72 99 101 104 Quecksilber 241 105 106 107 118 127 131 Quellet, H. 149 138 139 140 142 169 177 Quietismus 88 185 186 190 198 201 216 279 286 322 350 354 361 370373 378 Radha 115 116 118 123 144 Ramayar:ta-Helden 354 147 148 RamayalfamaiijarI142 Radhakrishnan, S. 99 206 218 Ramayalfa-Stoff 354 291 Ramcaritmanas 107 Raghavan, V. 148 199 Ramchandra 99 Raghavapandavlya 142 Ramkrsl:ta 382 Raghu 40 54 68 108 139 382 Ramopakhyana 105 Raghunathan, N. 120 Ranade, H. D. 69 50 PUlf4arika 172 PUlfyavijaya, M. 351 PUlfyavijayaji, M. 353 363 Pural:ta 3 24 51 72 95 109 110 III 112 113 114 115 116 117 118 119 121 122 124 127 138 173 178 193 212 215 234 247 249 302 307 309 315 317 318 324 325 340 354 355 369 Puralfa-Literatur 110 234 Pural:tam 112 Puralfa-Stil 248 Puralfa-Texte 97 puralfetihasa 109 Purlfabhadra 157 Purlfaprajiia 208 purohita 24 Puru~a 60 Puru~amedha 39 53 Puru~apura 332 puru~asukta 30 Puru~ottamadeva 259 Purvamlmanlsa 208 211 Purvamlmamsasutra 208 purvapithika 169 Purvarcika 36 Pusalker, A. D. 191 Pu~pasutra 67 246 Puvva 342 344 346 348 356 punarm~tyu
408 Ranade, H, G, 68 Randle, H, N, 219 220 336 Rangacharya, A, 137 Rangacharya, M, 217 Rarlgacharya, P, K 56 Rao, K 226 Rasa 133 134 135 136 137 179 Rasa-Lehre 133 179 Rasan~ava 241 RasavahinI 304 rasendra 241 Rastogi, N, 125 Rastogi, S, L 70 Ra:;;~rapalapariprccha 321 Ratharntara 36 Ratirahasya 245 Ratnakara 141 Ratnakuta 321 RatnaparIk:;;a 249 Ratnavadanamala 315 Ratnavall 197 Ratseldichtung 2,5 Ratthapalasutta 270 Rau, N, S, 218 Rau, W, 257380 Riiubergeschichten 281 285 345 Rauhineya 356 Rava~a 100 101 102 103 140 185 186 190 201 322 353 354 Rava~avadha 140 Ravarpvaha 140 Ravideva 140 Rawson, J, N, 63 Ray, A, P, e, 242 Ray, P, e, 242 250 Rayapase~aijj a 347 Realismus 81 105 166211 294 :321 Recht 6 29 50 51 65 747981 96 111160 162 165 166 170 181 184 187 189 198 202 227 228 251 269 301 304 361 377 Rechte 80 227 Rechtfertigung 90 Rechtscodices 231 Rechtsfalle 230 Rechtsfragen 80
Register
REGISTER Rechtsgeschichte 228 229 230 377 :381 Rechtslehre 366 Rechtsliteratur 227 379 Rechtsnormen 227 Rechtswesen 118 Refrain 25 280 Refrainbildungen 148 Regengott 23 Regenzauber 25 42 Regierungskunst 155 221 222 Reich, H, 179 183 Reichelt, H, 12 Reichert, R 201 Reim 131 140 146 357 Reis 19 20 31 35 44 58 64 280 Reisebericht 222 Reitkunst 249 Religionsgeschichte 112 281 315 380 381 Religionsphilosoph 33 Religionsstifter 299 348 349 Religionswissenschaft 307 379 Religionswissenschaftler 373 Renou, L, 13216263137143 256 257 380 Rewatadhamma 305 I,l,ganukramar~I 256 I,l,gveda 1 4 7 8 1.5 16 17 18 19 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 35 36 41 44 45 50 51 56 59 6466 67 71 73 83 193207228278 :369 372 374375379 I,l,gveda- Forschung 27 I,l,gveda-Hymnen 20 I,l,gveda-Interpretation 27 I,l,gveda-Kenner 32 I,l,gveda-Text 27 Rgveda- Untersuchungen 382 I,l,gveda-Verse 36 109 I,l,gvidhana 67 Rhinoplastik 240 Rhys Davids, e, A, F, 290 291 297 298 304 305 370 :376 Rhys Davids, Mrs, 290 Rhys Davids, T. W, 13 266 290 295 304 376
Ridding, e, M, 172 Rieu, e, 261 Rind 22 25 31 49 Rindengewand 185 Rindfleisch 31 Rindfleischgenuss 31 rIti 133 Ritschl, E. 168 Ritual 16 17 27 36 :39 43 44 50 51 64 65 6771 379 Ritualerklarungen 38 Ritualhandlung 43 Ritualismus 55 88 327 Ritualist 95 Ritualistik 17 21 47 50 89 91 123 380 Ritualliteratur 66 206 377 380 Ritualtext 377 Ritualvorschriften 16 46 88 I,l,kpratisakhya 67 256 RJ{sarirhita 2 7 17 18 19 20 21 22 26 27 32 36 :37 41 42 43 48 67 74 130 144 154 207 251 322 369 370 373 374 375377 I,l,ktantra 67 Roberts, J, T, 149 Rocher, L, 119232 Reier, E. 40 63 138 220 Roger, A, 151 367 Rohita 49 Rolland, p, 69 Romakasiddhanta 235 Roman 169 170 172 Romanen 1 Romeo 198 Roodbergen, A. F, 256 Rosen, F, 370 Rossopfer 38 39 53 80 100 104 253 Roth, H, 367 384 Roth, R v, 2 13 45 70 372 373 374 Rouse, H, D, 292 337 Roussel, P, A, 120 Roy, A, K ix Roy, B, 98 Roy, M, 206 Roy, P, eh, 97
Roy, R M, 218 381 ~abha 3,54 :355 357 360 ~i 15 24 25 27 29 30 49 67 73758485 100107 1092:31 238 ~yasFlga 84 170 I,l,ta 23 I,l,tusarnhara 128 145 146 368 Ruben, W, ix 21 61 63 99 108 142 143 166 168 172 183 192 200 206 209 217 219 221 383 Rucaka 136 Ruckert, F, 149 152365 370 Rudra 23 40 Rudrayamala 123 Rugviniscaya 241 Rukmin 96 Rukmir)l 96 203 Rukmir)lhara~a 203 Rum 8384 Rustau, H, 34 Ruyyaka 142 Ryder, A. W, 167 172 192 Rylands, e, J, 304
Sabarasvamin 209 217 Sabbathier, P, 68 Sabhaparvan 76 247 Sachau, E. e, 6 Sacy, S, de 167 Sadananda 211 Saddalaputta 345 $aqdarsanasamuccaya 363 Saddharmapu~qarIka
207
316 317318 326 369 Sadhale, G, S, 62 Sadhana 328 Sadhanamala 328 Sadhu, S, L, 176 Sage 24 26 49 67 71 105 180 Sagenstoffe 379 Sahadeva 75 80 Sahityadarpana 136 Saiva-Tantra i23 Saka-Ara 5 Sakalya-Schule 32 Sakas 5
Sakra 313 321 Sakta-Tantra 122 125 Sakti 121 123 Sakti-Kult 117 123 Saktismus 123 202 325 326 Sakuntala. 113 128 182 194 195 196 199 200 357 365 368 370 Salihotra 248 Salyaparvan 79 samadhi 213 270 301 Saman 36 41 Samanyakanqa 259 Samaradityakatha 166 Samaraiccakaha 166 358 Samararlganasiltradhara 248 SamasramI, S. V. 37323 Samavakara 184 Sarnavayatl-rga 344 Sarnaveda 15 16 17 35 36 51 52 55 59 66 67 109 228 246 371 Samaveda-Lesarten 36 Samaveda-Literatur 246 Samavedarcika 371 Samaveda-Texte 36 Samdup, K. D. 329 SamgItadamodara 247 SamgItadarpa~a 247 SamgItamakaranda 246 SamgItaparijata 247 SarilgItaraja 247 SarilgItaratnakara 246 247 Samhita 15 16 17 19 22 35 38 39 40 41 4246 47 51 ,52 55 57 61 67 116 117 122 213 228 238 240 272 368 371 373 379 383 Sarilhitapatha 32 67 Sarnhita-Text 67 Sarilkara 90 94 207 210 211 217218 Samkaramisra 215 Sarnkhya61 89 90 92 113 207 208212 213 331 378 Sarnkhya-Einfluss 229 Sarirkhya,Ideen 211 Samkhyaka.rika. 212 370 Sa.rilkhya-Komponente 90
409 Sa.rl1khya-Philosophie 57 89 116 211 212 229 240 340 Sarl1khya-Schule 212 Sarl1khyasutra 208 211 212 Sa.rl1khyasutravrddhi 212 Sarl1khya-System 90 209 211 212 350 SamkhyatattvakaumudI 212 Sarnkhya-Termini 90 Salnkhya-Yoga 91 Sarnkhya-Yoga-Einfiuss 90 Sarl1khya-Yoga-Ideen 207 Sarnkhya-Yoga- Philosophie 80 Sarnsara 207 210 334 samsk\ta 8 Samsthanaka 190 191 Samudragupta 128 Samvada-Hymnen 23 24 71 178 SamyaktvakaumudI359 Sarnyuktagama 307 Samyuttanika.ya 268 270 272 307 Sanatkumara 115 SanatsujatIya 98 Sandal, M. L. 217 Sandhi-Regeln 32 81 Sar~qilya 52 58 61 Sandrakottos 222 Sarlgha 280 292 294 299 300 306 307 Sarlghadasa 356 Sar1gha-Idee 276 Sar1gha-Mitglieder 293 Saiijaya 73 77 Sankaran, A. 137 Sar1karI 117 Sar1khadhara 203 Sar1khayana-Srautasutra 65 68 256 377 Sanskrit 7 Sanskritistik 372 Santanava 254 Santanu 75 Santideva 334 335 Santiparvan 79 Sanyal, J. M. 120 SaptasatI 144 Saradatilaka 124
410
REGISTER
Sarama 25 Sasvata 259 Sarasvati 136 318 Satan 277 Sarasvati, K. 217 satarudriya 40 Sarasvati, S. P. 45 sati 175 Sardesai, N. G. 261 Satire 25 152 284 344 Sariputra 183 320 321 344 Satrughna 100 Sa.riputraprakarar:la 183 Sattasal 144 146 147 Sariputta 183 270 280 288 Sattra 35 289294 sattva 212 Sarlrakabhaf?ya 210 sattvika 113 Sarma, H. D. 261 Satyakama 56 Sarma, K. V. 238 Satyavat 83 Sarma, M. K. 257 SatyavatI75 Sarma, V. 242 Saunaka-Rezension 374 Sa.nigadeva 246 Saunaklya 70 Saroddhara 118 Saundaranandakavya 310 Sarup, L. 70 192 Sauptikaparvan 79 Sarvadarsanasarngraha 207 Sauraseni 10 133 182 255 211 216 Sautramani 39 53 Sarvajiiamitra 325 Sautrantika 297 331 Sarvamedha 39 Sauyavasi 49 Sarvananda 176 Savit~ 28 Sarvanukramalfl 67 Savitri 81 83 117 Sarvapravacanabha'f?ya 212 Sa,vitryupakhyana 83 Sarvastivada-Schule 306 308 Sa,yalfa 2 32 34 35 301 373 375 331 381 Sarvavarman 254 Sayyambhava 356 Sassetti, F. 367 Sazanova, N. M. 137 Sastra-Literatur 224 228 Schachtelerziihlung 154 197 SastrI329 Schack, F. v. 143 Sastri 218 226 227 Sastri 56 108 119 120 184 192 Schiidigungszauber 42 326 200 204 226 227 231 250 Scharfe, H. 227 381 Scharpe, A. 199 261 Schattenspiele 203 Sastri, A. K. 218 Schauspiel 134 148 178 180 Sastri, D. M. 70 182 183 187 198 Sastri, G. 137 Schauspieler 179 180 182 Sastrl, G. N. 250 Schauspielkunst 117 SastrI, H. P. 337 Scheftelowitz, 1. 1. 34 379 Sastri, K. V. 250 Scherman, L. 217 SastrI, M. 63 Schetelich, M. 168 222 SastrI, R. 99 Schicksal 49 60 80 86 87 94 SastrI, R. 120 103 139 162 166 198 208 SastrI, S. N. ix 210 235 236 274346 Sastri, S. R. 176 Schicksalserfiillung 169 Sastri, S. S. 250 Schiff 49 84 Sastri, V. S. 238 Schlangenbeschworer 182 Sastrin, B. D. 237 238 Sastry, A. M. 63 Schlangenkult 116 Sastry, V. N. 137 Schlangenzauber 57
Register Schlegel, A. W. v. 9498 167 229369370 Schlegel, F. v. 98 369 Schlerath, B. 380 Schlingloff, D. 314329380 Schmidt, H.-P. 381 Schmidt, R. 14 138 167 168 177 219 226 245 246 314 337364379 Schmied 25 Schmiede 32 344 Schmithausen, L. 380 Schmolders, C. 108 Schmuckmittel 27 43 131 132 133 135 136 156 161 280 310 Schneider, U. 33 Schoenberg, J. 167 Scholastik 215 267 274 295 Schomerus, H. W. 125 Schopenhauer, A. 59 62 217 365378 Schopfergott 23 48 89 305 Schopfungsgeschichte 124 Schoterman, J. A. 126 Schrader, F. O. 125 304 Schreibkunst 11 Schrift 3 11 12 18265308371 Schriftarten 309 Schriften 10 17 82 121 123 234 266 285 309 327 336 374 378 Schriftengruppe 54 Schriftsteller 270 Schriftstellerei 5 Schrifttafeln 367 Schrifttum 1 3 16242324340 341 356 359 379 Schroeder, L. v. 24 33 40 74 92 99 196 199 291 ix Schubring, W. 99 350 351 352 378 Schiilerschaft 65 Schiilerweihe 229 Schulthess, F. 167 Schumann, H. W. 266 Schuyler, M. 183 Schwanbeck, E. A. 6 Schwank 180 Schweitzer, A. 206
Seele 58 60 83 89 90 95 109 Shastri, A. M. 238 118 124 133 210 212 213 Shastri, D. D. 257 214216 240 264 _340 347 Shastri, D. N. 336 Seelenfrieden 279 Shastri, H. P. 108 Seelenglauben 340 Shastri, J. L. 62 120 257 Seelenlehre 331 Shastri, S. D. 329 Seelenqual 312 Shastri, S. N. 183 Segensspruch 135 Shastri, S. S. 249 Sehgal, S. R. 142 192 Shekhar, 1. 183 Seidenstiicker, K. 13268 291 Shrigondekar, G. K. 227 Sejjari1bhava 349 356 Shringy, R. K. 249 Sekte 94 112 124 339 340 345 Shukla, C. P. 204 382 Shukla, D. N. 250 Sekten 121 123 265 297 299 Shukla, K. P. 257 366 382 Shukla, K. S. 237 Selbstkritik 379 Sibi 313 Selbstmord 188 343 Siddhahemacandra 255 Selbstwertgefiihl 45 Siddhanta 234 343 Seleukos 5 Siddhantasiromal)i 233 235 Sen, A. 351 Siddhantatattvaviveka 235 Sen, A. C. 6 Siddhartha 277 339 Sen, B. C. 226 Siddhi 327 Sen, C. 68 Siddhi-Fahigkeiten 327 Sen, P. C. 238 Sieg, E. 33 379 Sen, R. D. 250 Sigalovadasutta 269 Sen, R. N. 120 Sikhar~1in 77 Sen, S. 13 Sikhandins 77 Sen, S. N. 69 Sllakkhandhavagga 269 Senart, E. 314 Silburn, L. 62 218 Sengupta, A. 219 Silpasastra 247 Seniya 354 Simhasanadvatrirllsika 164 Serebrjakov,1. D. 137153168 Simon, R. 3740 70 149 383 Simson, G. v. ix 380 Setubandha 140 Singh, A. N. 237 Sexualitiit 151 152 242 Singh, Bh. 4 Shah, S. 121 Singh, F. 70 Shah, U. P. 107 Singh, J. 125 Shah, V. M. 352 Singhalesisch 287 300 304 365 Shama, R. 226 227 Sinha, N. 1. 220 Shamasastry, R. 237 Sintflutsagen 49 Sharma, A. 149 258 Sippenorganisation 21 Sharma, B. R. 54 56 Siromani. S. 257 Sharma, H. D. 153 Sisupal~ 96 141 Sharma, N. 172 Sisupalavadha 141 Sharma, P. 250 Sita 100 101 102 103 104 106 Sharma, R. K. 98 107 140 148 185 186 190 Sharma, R. N. 68 198 Sharma, S. 192 242 Sittenroman 243 Sharma, V. S. 149 Siva 2361 71 77 87 96 97 113 Sharma, V. V. 70 114 115 116 117 122 123
411 124 138 139 141 142 147 162 164 182 189 208 325 Sivadasa 163 Sivadrsti 123 Sivais~;us 3 97 141 162 172 211 325 328 355 Skandagupta 128 Skandasvamin 34 Skeptizismus 23 334 Sklaverei 21 170 Skold, H. 70 Slaje, W. 107 108 109 Sloka 61 67 72 73 74 82 95 99104105 114 115 116 117 118 134 136 222 228 234 247 258 311 318 320 333 355 358 360 Slokava.rttika 209 253 Sloka-Vers 112 113 206361 Smirnov, B. 1. 217 Smith, H. 291 Smith, V. A. 6 Sm~ti- Literatur 230 Snyder, E. N. 305 Solf, W. 13 149 377 Solipsismus 58 Soma 23 Somadeva 129 161 Somadevasuri 177 225 226 Somakult 30 51 Somananda 123 Somaopfer 25 27 35 36 38 51 55 65 378 Somapressung 25 35 Somaraub 26 Somesvara 226 Son1esvaradeva 175 Sonnendynastie 95 112 Sonnenpriester 116 Sonnenzauber 53 55 Sontakke, N. S. 3440 Sophismus 209 Sorensen, S. 98 Sozialgeschichte 228 245 312 387 Sozialstruktur 163 Speisegesetze 229 Speyer, J. S. 167314315 Spiegel, F. 295 371 Spion 182 224 225
412 Spitzer, M. 220 Sprachentwicklung 251 Sprachgeschichte 382 Sprachvergleichung 7 Sprachwissenschaft 253 Sprockhoff, J. F. 380 Spruchdichtung 149 151 152 228 229 254 285 359 Spruchsammlung 150 163 Sragdhara-Metrul11 147 Sragdhara-Stotra 325 Srautasutra 17 38 64 65 66 379383 Sreekrishna Sarma, E. R. 53 Srellika 355 Sri Lanka 108 265 274 299 301 302 303 304 315 319 335365370 Srlbha.~ya 211 SrIcakrasambhara-Tantra 328 Srlhar~a 129 142 Srikantha, K. R. 242 Srlkal).thacarita 142 Srinivasiengar, G. N. 237 Srlvara 175 Spigarapraka.sa 136 Spigarasataka 151 Snigaratilaka 146 Srstikhal~4a 113 Srutabodha 255 Srutaskandha 343 Staal, J. F. 256 380 Staat 224 379 Staaten 374 380 Staatenbildung 73 Staatsaufbau 366 Staatsform 90 Staatsfiihrung 221 Staatsgeschiifte 285 Staatsinteresse 188 Staatskanzler 1.50 196 Staatskunde 223 Staatskunst 151 1.56 205 221 Staatslehrbucher 188 Staatsnucht 11] Staatsmann 196 356 Staatsschatz 224 225 Staatssprache 8 Staatswesen 225
REGISTER Stache-Rosen. V. 384 Stadt 10667696102128145 170 Stadtbeviilkerung 129 Stael-Holstein, A. v. 324 Stamm 20158 StammbaUlTle 82 Stammesfiirst 20 26:3 StanllTlesheros 104 105 Stammvater 114 Stammvater 228 Standesgruppen 153 Stcherbatsky, T. 220 336 Stchoupak, N. 137201 Stede, W. 13 291 292 Stein, M. A. 176 Stein, O. 6 221 222 Steinkellner, E. 380 Steinthal, P. 291 351 Stenzler, A. F. 69 148 192231 232 371 373 374 Sternbach, L. 153 226 Sternenwissenschaft 235 Sternkonstellationen 234 236 Stevenson, J. 37 Sthala 119 Sthanaliga 344 Sthaviragatha 307 Sthaviravallcarita 356 Stiehl, U. 14 Stil4 22 39 45 49 51 6465 82 9913313514014816817] 193 205 226 268 295 303 307 309 312 313 315 316 344 346 355 361 377 Stilarten 135 202 Stilfragen 133 Stillstand 42 Stilmittel132 268 280 316 Stilrichtung 99 Stobha 36 Stiinner, H. 54 Stotra 325 360 Strabo 6 Strafrecht 227 StrauD. O. 206 217 Streng, F. J. 337 Strlparvan 79 Strong, S. A. 305 Stupa 288
Register Sturmgiitter 23 Subandhu 128 170 171 172 245 Subha 279 Subhamkara 2/17 subhasita 149 Subha~itaratnasarildoha 360 361 Subhuti 321 Subhuti, W. 261 Subrahmanya, S. 218 Subrahmanyam, S. V. 121 Suca.k:J;tanga 343 Sudas 20 24 Suddhodana 263 Sudra 31 48 64 111 122 189 229 Sudraka 188 189 Sugrlva 101 102 186 Siihnezeremonie 39 53 55 117 227229 Sukanya 48 Sukasaptati 154 163 165 Sukhavati 319 326 Sukha.vatlvyuha 319 Sukla, B. L. 137 sukta 29 Sukthankar, V. S. 97 Sulvasutra 65 66 233 Sumangala 291 Sunal;tsepa 49 53 Sundarakal).da 102 SundarI310 Siinde 239 240 244 277 292 319344349 Siindenlast 88 Siindentilgung 43 ,Smiga-Dynastie 193 253 Sunyavada 333 334 Suparl).akhyana 23 71 Surapal).l~atti 347 Suri 248 358 Suri, S. 143 Surya 23 69 70 115 116 Suryaksetra 113 Suryamati 175 Suryaprajiiapti 347 Suryasiddhanta 234 235 Suta 117
Sutra 2 3 7 15 18 21 22 27 35 64 65 66 67 69 82 205 206 208 214 222 229 247 252 253 319 320 321 323 363 371 Sutra-Charakter 16 sutradhara 182 Sutra-Epoche 38 Sutra-Form 208 Sutralqtaliga 343 Sutra-Literatur 66 Sutranipata 307 Sutra-Periode 19 373 Sutra-Schulen 19 Sutra-Stil 51 64 65 67 68 227 243 252 253 267 Sutrawerke 66 Suttanipata 276 277 288 307 349 Suttapitaka 267 268 273 275 280 281 292 294 295 299 307308 :329 331 Suttavibhaliga 292 293 294 Suvarnaprabhasa 323 Suv~ttatilaka 255 Suyagadalnga 34:3 344 Suzuki, D. T. 324337 Svapnacinta.nU1:ll 237 Svapnavasavadatta 187 189 Svaradikal).4a 259 Svargakhal!4a 113 194 Svargarohal)aparvan 80 Svatmarama 213 Svayambhu 325 Svayambhu-Tantra 125 324 svayamvara 201 Svetaketu 57 60 61 Svetambara-Kanon 342 343 Svetasvatara- Upani~ad 57 6] Syadvada 362 Syed, R. 142 Synonym-Wiirterbuch 259 260 Syrkin, A. J a. 62 63 217 383
tadbhava 260 Tagare, G. V. 14120 Tagore, S. M. 204 Taittirlya-Brahmal~a
17
Taittirlya-Salilhita.17 Taittirlya-Upani~d 55 60 61 Tajika 236 Takakusu, J. 6 Takman 42 Talavakara 35 tamas 212 213 Talildulaveyaliya 348 Tandulavaikalika 348 Tantra 60 61 121 122 123 124 125 127 147 324 327 328 Tantrakhya.na 157 Tantrakhyayika 157 281 282 Tantrakhyayika 127 19G Tantra-Literatur 121 349 Tantraloka 123 Tantrasara 123 Tantra-Untersuchung 122 Tara 325 Taranatha 125 TarkakaumudI215 Tarkapaiicanana 215 Tarkaratna, P. 119 120 125 Tarkasalilgraha 215 TarkavagIsa, K. 220 TarkavagIsa, P. 143 tatsama 260 Tattvacintamal:ll 215 Tattvartha.dhigamasutra 362 363 Tavernier, B. 367 Tawney, C. H. 167 201 364 Taylor, A. C. 292 297 Taylor, J. 204 Tayta, T. 219 Telang, K. T. 91 92 98 197 200 382 Telang, M. R. 149 249 Tempelbau 109 Tertialopfer 39 Tevijjasutta 269 Textkritiker 379 Thanalilga 344 Theater 182 Theaterdirektor 182 Theaterleute 182 Theatervorhang 179 Theaterwesen 134 Theifizierung 305
413 Theismus 88 89 90 91 207208 318 Thera 278 Thera-Apadana 289 Theragatha 277 278 279 280 302 307 Therapie 50 239 240 Theravada 265 299 305 Theravadin 305 306 Therigatha 278 279 280 294 Thibaut, G. 69 218 2:37 Thieme. P. 34 62 256 380 Thite, G. U. 242 Thomas, E. J. 292 Thomas, F. W. 172226227 Thomi, P. 108 380 Thukydides 173 Thumb, A. 1:3 Tibet 241 254 265 315 319 3:35365 Tibetisch 240 Tieken, H. 148 Tierfabel 86 156 283 Tieropferritual 238 Tlka 353 Tikapatthana 297 Tilak, B. G. 19 94 Tipitaka 11 2G7 274 297 300 301 370 Tlrthakara 344 34G 349 355 357 Tissa Moggaliputta 265 296 302 Tocharer 106 Todesgott 59 8:3 84 86 Todesstrafe 317 Tokunaga, M. 70 Toleranz 263 Tonmalerei 202 Toporov, V. N. 13291 Totengeist 277 319 Totenklage 79 80 139 152 Totenkult 65 274 Totenopfer 79 Totenverbrennung 118 Toxikologie 239 240 Tragiidie 181 185 279 Trautmann, 1'. R. 226 Trenclmer, V. 290 :304 Trikamji, V. J. 242
4H Trikan4ase~a 259 Trimurti-Konzeption 115 Tripathi, S. 314337 Tri~a~t,isalakapuru~acarita
355356 31 48 66 82 Tri~tubh- Vel'S 67 Trita 28 Trivarga-Lehre 243 Trivedi, K. P. 143 Trivedi, 1\,1. 46 Trivikramabhatta 177 trotaka 181 T~tsu 20 Tubini, B. 63 Tucci, G. 337 Tucholsky, K. 290 TulsI Das 107 Tumour, G. 370 Tiirstig, H. G. 238 Tusita-Himmel300 308 Tutinameh 166 Tri~tubh
Ubergangsphilosophie 91 92 Udana 268 275 302 307 Udayana 161 187 197214 Udbhata 135 138 Uddalaka 57 60 61 112 212 216 Uddyotakara 214 332 Udyogaparvan 77 Ugrasravas 111 Uhagana 36 Uhle, H. 168 Uhyagana 36 Ui, H. 220 Ujjvaladatta 254 257 Uma 113 138 139 Umasvamin 362 Umasvati 362 ummagga284 Ur.tadisutra 254 258 Unni, N. P. 204 Unsterblichkeit 59 89 Unterhaltungslekture 154 Upadhyaya, B. 120 Upadhyaya, B. S. 199 Upadhyaya, K. N. 99 Upadhyaya, S. C. 246
Upadhyaya, Y. 242 Upagama 123 upakhyana 107 Upali 294 Upalisutta 270 upama 135 Upamitibhavaprapancakatha 358 Upallga 346 Upani~aden 7 15 16 17 18 20 21 22 31 50 53 56 57 58 59 60 61 71 89 90 91 112 114 115 122 154 202 207 209 210 211 212 264 268 322 329 340 365 368 369 372 373 378 381 383 Upani~aden-Philosophie 332 Upani~ad- Literatur 59 Upapa.dika 346 Upapurana 118 119 Uparupaka 181 Upasakadasal~ 345 Upaskara 215 Upatissa 304 upavasatha 292 Uposatha 293 Uragavagga 276 Urdhwareshe, W. G. 192 Urgesellschaft 20 30 Urmaterie 116 Urubhallga 184 185 UrvasI 23 50 95 193 194 U~as 23 28 29 49 144 U~rlih 30 uts~staitka 180 Uttara.dhyayanasutra 349 Uttarajjhayar.tasutta 349 Uttarakar.t4a 103 104 UttaramImamsa 209 uttarapIthika 169 Uttararamacarita 198 Uttararcika 36 Uttaratantra 240 Uvallga 346 347 Uvaitga-Gruppe 347 Uvasagadasao 345 Uvavaiya 346
415
Register
REGISTER Va.c 207 Vacaspatimisra 211 212 213 214 230 Vadekar, D. D. 99 Vadekar, R. D. 62 VadhUla-Srautasutra 66 68 Vagbhata 240 Vaibha~ika 330 331 Vaidya, P. 1. 979899 107 172 176314315323337351 VaijayantI259 Vaikhanasa-Smartasutra 69 Vaikhanasa-Srautasutra 69 Vaipulyasutra 308 315 Vairagyasataka 151 Vaisall265 339 Vaisampayana 73 80 95 Vaisesikasutra 215 Vaise~ika-System 213 215 334 Vaisya 48229 Vaisya, R. 1. 242 Vaisya-SchoB 58 Vaitana-Sutra 66 Vajapeya 52 Vajra 327 Vajracchedika 320 Vajrasucl 311 312 Vajrayana 324 325 327 Vajrayana-Literatur 319 323 324326 Vajrayana-Schriften 327 Vakataka-Herrscher 140 Vakovakya 51 Vakpatiraja 129 173 VakyapadIya 152 254 Valin 102 186 Vallabhadasa 163 VallabhI342 Vallalasena 115 Vallee-Poussin, L. de la 292 324 329 336 337 ValmIki 99 104 105 106 108 127 310 354 Vamadeva 30 Vanaparvan 77 vanaprastha 54 Var.tibhu~al~a 256 Varadaraja 232 Varahamihira 128 234 236 238
Varaha-Srautasutra 68 Vararuci 255 Vardharnana 254339 Varenne, J. 63 Varma, V. K. 120 van~a 30 44 Varttika 253 VarUl~a 22 26 29 45 49 60 318 Vasantasena 181 182 188 189 190 191 192 Vasavadatta 170 171 187 188 197245 Vasistha 26 30 85 107 115 250 376 Vasi~tha- Dharmasutra 66 Vastupalacarita 175 Vastusastra 247 Vastuvidya 247 Vasu, S. C. 120 219 232 256 257 Vasubandhu 330 331 332 336 Vasudeva 140 Vasudeva 120 Vasudevahir.t4i 356 Vatsaraja 203 204 Vedakommentatoren 301 Vedalla 268 Vedaitga-Literatur 20 251 Vedanta 17 56 59 89 207 208 209 210 211 212 214 294 322332334 VedantadIpa 211 Vedanta-Lehre 211 Vedanta-Philosophie 202 208 Vedantasara 211 212 Vedanta-Sutra 378 Vedantasutra 209 210 VedantavagIsa, A. C. 5468 69 Vedarthasarngraha 211 Vedaschulen 66 Vedastudium 111 222 229 Vedehathera 304 Vedistik 36 372 376 Velankar, H. D. 199 382 Vel~Isari:thara 201 Vellkata 32 34 Verlkatesvara 120 121 Verbalwurzel 57 178 Verbalwurzelindex 253 Verbalwurzeln 254
Verma, N. 54 Verpoorten, J. M. 217 380 Versjataka 287 289 Vesall 293 Vetala, A. S. 258 Vetalapancavirnsatika 163 164 165 277 Vettam Mani 98 Vetter, T. 336 380 Veyyakaral~a 267 Vibhajjavadin 265 Vibhallga 296 Vibha~a 331 VibhI~ana 103 VicitravIrya 75 Videha 37 47 73 100 285 Vidura 75 85 284 Vidu~aka 181182 184 186 187 193 Vidyabhu~ar.ta, S. C. 258 329 Vidyadhara 161 354 Vidyaratna 68 69 125 Vidyasagara, J. 138 143 204 217231 Viehzucht 20 21 31 47 222 Vijaya 302 303 Vijaya, J. 352 Vijaya, S. J. 220 Vijnanabhik~u 212 Vijnanavada-Schule 332 Vijnanesvara 230 Vikrama 163 164 Vikramaditya 5 128 174 VikramorvasIya 128 193 Vimanavastu 307 Vimanavatthu 277 302 307 Vinaya 265 307 377 Vinayapitaka 239 267 292 293 294 295 296 307 313 348 377 Vipakasutra 346 Vipas 73 Vipascit 115 VIramitrodaya 230 Virataparvan 77 83 Visakhadatta 128 196 197 Vishva 34 Vishva Bandhu 45 69 70 382 visistadvaita 211
Vi~l~U
23 61 73 90 96 97 100 104 106 113 114 115 116 117 118 122 142 147 150 202 228 317 Vi~l~ugupta 155 225 227 Vi~l~uismus 3 73 87 88 156 211 301 325 Vi~r~u- K~~l~a- I(ult 306 Vi~r.tu-Kult 115 144 Vi~r.tuparvan 96 Vi~l~usarman 155 156 Visr.tusm~ti 228 Visuddhimagga 301 Visvakarman 247 248 Visvamitra 2430497385 100 104 107 194 202 Visvanathan, S. 204 Visvarupa 40 vita 181 197 Vivekananda 33 Vogel, C.242 261 380 Volksdialekt 7 8 Volkslied 25 Volksliteratur 304 Volkspoesie 150 Volkssprache 9 154 353 Vollmondopfer 38 39 40 65 293 Vopadeva 115 241 254 Vorhang 179 182 Vorobev-Desjatovskij, V. S. 192 Vrat, S. 108 Vratya 44 51 Vratyastorna 51 V~ddhi-Bildungen 252 V~k~ayurveda 249 V ~tra 22 26 86 104 V~ttaratnakara 255 Vyakarar.ta 267 377 Vyas, S. N. 108 Vyasa 75 77 79 80 111 114 150 213 361 368 Vyasaglta 117 Vyavahara 348 Vyavaharacintarnani 230 Vyayoga 185
416 Wackernagel, J. 376377 'Vaffenkunde 248 Wagenlenker 77 83 87 92 Wagner, R. 365 371 Waldschmidt. E. 380 Walleser, M. 218 :324 3:37 Walter, H. 219 Walter, O. 142 14:3 'Vandermonch 203 284 "Varder, A. K. 13 137 266 \Varenproduktion 21 46 Warren, H. C. 268 305 \Varren, S. 352 Wartham, H. 200 Wasserkur 48 238 W'assersucht 26 49 Wassiljew, W. 191 Watters, T. 6 Weber. A. ix :34 36 37 40 41 5459697073148168172 179 199 200 237 238 251 257 315 350 351 363 364 366 371 372 373 374 383 Wecker, O. 63 "VeideTl1ann, D. 34 Weiss, H. 219 Weller, F. 49 53 63 266 314 324337379 Weller, H. 192 Weltal1 58 116 118 WeltaIter 112 124 Weltbild 16 39 47 276 325 '''Teltgeschichte 366 WeIthandel 129 Weltkultur 205 335 341 Weltliteratur 73 155 164 286 359 363 \Veltulann, J. 246 WeltOl'dnung 29 109 Weltseele 15 16 58 89 90 124 209340 Weltzeitalter 109 110 114124 229 234 289 355 Wenzel, H. 337 Werkzeug 86 Wesdin, P. :367 Westergaard, N. L. 257 Wezler, A. 98 364380 Wheeler, M. 4
REGISTER
Whitney, W. D. 45 70 237 372 :374380 Wiedergeburt 58 60 90 114 155 166 177 229 264 277 280 285 300 319 326 347 Wiersma te Nijenhuis, E. 249 Wilhelm, A. 370 Wilhelm. F. 226 Wilhelm, G. :368 Wilkins, C. 94 98 368 Wilkinson. L. 237238 314 Williams, M. 98 200 Wilson, H. H. 110119145149 172 219 368 369 Windisch, E. 35 179 220 291 364 :371 375 383 Winternitz, I\1. ix 24 69 92 152 221 222 245 292 294 307 323 348 361 378 Wirtschaft 222 Wirtschaftskunde 223 '¥itwenverbrennung 175 228 230 Witzel, M. 381 Wogihara, U. 336 Wojtilla, G. 383 Wolff, P. 167 Wolkenbote 145 Wolzogen, A. v. 196 Wood, E. 121 218 Woodl'Offe, .J. 122 125 Woods, J. H. 219 Woodward, F. L. 291 Woolner, A. C. 13 192 Worterbuch 32 109 259 260 367 369 371 372 375 Worterbuchtypen 258 Worterverzeichnis 3 260 Wulf, W. 238 Wundergeschichten 280 301 Wunschkuh 85 'Vunschzauber 326 Wurfel 83 2:39 Wurfelspiel 26 76 79 82 83 201 Wurfelspieler 25 W urfelspielszenen76 Wiist, W. 34
Register Yadav, B. R. 142 Yadavaprakasa 259 yajiia 122 Yajiiavalkya-Dharmasastra 230 Yajiiavalkyasuuti 115 118 230371 Yajurveda 16 17 35 37 38 :39 404246 52 55 59 61 66 227 228 230 326 373 Yajurveda-Sarilhita 19 51 yajus 16 37 109 Yabia 145 Yama 242683 Yamaka 296 Yamr2426 Yamuna 19 3773 96 Yardi, M. R. 108 Yasastilaka 177 225 Yasastilakacampu 216 Yaska 32 67 251 372 Yasodhara 177 245 Yasomitra 331 336 Yasovarman 129 173 198 Yates, W. 143 Yaugandharayar,ra 187 188 yavanika 179 Yogabhai?ya 213 Yogacara 331 332 Yoga.carabhumisastra 332 Yogacara-Schule 332 Yogasastra 361 375 Yogasutra 213 Yogavasi~tha 107 Yogayatra 236 yoni 36 Yuan 6 Yuddhakan<;la 102 Yudhi~thira 7576798081 82 8386 Yuga 234 Yuganaddhavagga 288
Zachariae, T. 261 383 Zadoo, J. 121 Zarathustra 7 Zauber 41 162 185 186 239 377 Zauberei 26 43 57 103
Zauberer 26 59 ZauberfOl'meln 43 :325 Zauberhandlungep 325 Zauberheilmittel 24] Zauberkraft 186 333 Zauberlieder 25 Zaubermittel 52
Zaubern 42 270 Zauberspruche 16 41 42 Zavadovskij, J. N. 6 Zehnkonigsschlacht 20 26 31 Zeitmessung 348 Zeitrechnung 2 5 234 Ziegenbalg, B. 367
417 Zimmer, H. 22 206 219 250 315 383 Zimmermann 25 Zivilisation 46 Zivilrecht 225 Zweikampf 103 Zweitvermiihlung 187