Andrea Geile Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb von Industriegütern
GABLER RESEARCH Forum Marketing Herausgegeben von Professor Dr. Reinhard Hünerberg, Universität Kassel, Professor Dr. Andreas Mann, Universität Kassel, Professor Dr. Stefan Müller, Technische Universität Dresden und Professor Dr. Armin Töpfer, Technische Universität Dresden
Die zunehmende Globalisierung führt zu einem verschärften Wettbewerb, vor allem in den Bereichen Qualität, Zeit und Kosten. Vor diesem Hintergrund werden in der Schriftenreihe aktuelle Forschungsergebnisse sowohl zu strategischen Fragen der marktorientierten Unternehmensführung als auch zur operativen Unsetzung durch konsequente Kundenorientierung präsentiert. Dazu werden innovative Konzeptionen entwickelt, theoretische Ursache-Wirkungs-Beziehungen analysiert und pragmatische Gestaltungsempfehlungen gegeben.
Andrea Geile
Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb von Industriegütern Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Reinhard Hünerberg
RESEARCH
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Dissertation Universität Kassel, 2009 Disputation am 20. Oktober 2009
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Nicole Schweitzer Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2118-5
Geleitwort
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Geleitwort Die Entwicklungen der Kommunikationstechnologie, insbesondere im Zusammenhang mit Internet, WWW und Mobilfunk, haben andere Kommunikationsformen etwas aus dem Fokus des praktischen und wissenschaftlichen Interesses verdrängt. Neue Medien, wie sie immer noch genannt werden, haben jedoch speziell wegen ihrer direkten, individuellen und interaktiven Informationsvermittlung sowie der engen Verknüpfung mit Verkaufsvorgängen ihre überragende Bedeutung im Marketingkontext erlangt. Darüber geraten klassische Dialogmöglichkeiten, die Ähnliches – und vielleicht sogar besser – leisten, aus dem Blickfeld. Zu letzteren gehört an erster Stelle die Face-to-Face Kommunikation. Face-to-Face Kommunikation ist immer noch eine dominierende Kommunikationsform, die allein oder ergänzend in zahlreichen Kommunikationssituationen eingesetzt wird. Besonders in Teilen des Industriegütergeschäfts ist sie das Kommunikationsinstrument der Wahl und lässt sich auch zukünftig nicht als zentrale Vorgehensweise bei Geschäftsanbahnung und abschluss wegdenken. Allerdings entzieht sich Face-to-Face Kommunikation weitgehend der Standardisierung, ist aufwändig und ergebnisoffen. Daraus resultieren besondere Risiken bei ihrem Einsatz, und es sollte eine permanente Qualitätskontrolle und -verbesserung angestrebt werden. Es ist verdienstvoll, dass sich Andrea Geile dieser Thematik angenommen und sie sowohl konzeptionell-theoretisch als auch empirisch untersucht hat. Sie konzentriert sich auf zwei Fragenkreise, zum einen auf Dimensionen der Kommunikationsqualität aus Sicht von industriellen Einkäufern, zum anderen auf Einflüsse, welche das beabsichtigte Kommunikationsverhalten des Verkäufers von Industriegütern determinieren. Diese beiden zentralen Problemstellungen werden dadurch miteinander verknüpft, dass diejenigen Dimensionen, die sich als strategisch im Sinne einer hohen Bedeutung für den Einkäufer bei gleichzeitig wahrgenommenen Realisierungsdefiziten erweisen, in der Verkäufer-Studie weiter untersucht werden. In der Vergangenheit ist der Bereich der Face-to-Face Kommunikation in zahlreichen Untersuchungen analysiert worden, dennoch sind der Aspekt der Kommunikationszufriedenheit und der Einfluss von Variablen des industriellen Umfeldes auf diese nur lückenhaft thematisiert worden. Diese Tatsache überrascht, ist doch Zufriedenheit inzwischen ein zentrales Konstrukt in anderen Marketingzusammenhängen. Die Autorin dagegen stellt diese Gesichtspunkte in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen und eröffnet so und durch die Verbindung von Einkäufer- und Verkäufer-Perspektive nicht nur theoretische, sondern auch praktische Ansatzpunkte für eine Verbesserung von Kommunikationsergebnissen. Eine empirisch-objektive Untersuchung von dyadischen Beziehungen stößt an praktische Grenzen, da eine gleichzeitig Untersuchung realer Verhandlungen und ähnlicher Kommunikationssituationen zwischen zwei oder mehr Kommunikationspartnern durch Dritte kaum durchführbar ist und viele Fragestellungen zudem durch reine Beobachtungen nicht beantwortet werden können. Das von Andrea Geile angewandte Verfahren der zeitnahen Befragung Beteiligter ohne deren dyadische Verknüpfung ist daher der einzig gangbare Weg für
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Geleitwort
eine großzahlige Untersuchung und mit Blick auf die zugrunde liegenden allgemeinen Untersuchungsziele auch aussagekräftig. Die Ergebnisse der aufwändigen Analysen der Verfasserin zeigen daher allgemeine Tendenzen auf und können wegweisend für weiterführende Untersuchungen sein. Sowohl Wissenschaftler als auch Praktiker, die sich mit Fragen der Face-to-Face Kommunikation befassen, können so von den Analysen und Ergebnissen des vorliegenden Bandes der Reihe „Forum Marketing“ profitieren. Es ist zu wünschen, dass der aufgezeigte Weg zu Nachfolgestudien mit weiteren Erkenntnissen führt und auf dieser Grundlage eine praktische Optimierung von Einkäufer-Verkäufer-Gesprächen möglich wird. Prof. Dr. Reinhard Hünerberg
Vorwort
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Vorwort Im Zeitalter der intensiven Mediennutzung stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit von Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb, die vergleichsweise umständlich und kostenintensiv ist. In verschiedenen Studien wurden die Unterschiede und Möglichkeiten verschiedener Kommunikationsformen thematisiert. In einigen Situationen sind Face-to-Face Kontakte durch medienvermittelte Kommunikation substituierbar. Ist das Gesprächsobjekt – etwa ein potenzielles, gemeinsames Projekt – allerdings hoch komplex und risikobeladen, wie es im industriellen Vertrieb und besonders bei individuellen Industriegütern häufig der Fall ist, kann das umfassende Übermittlungs- und Austauschpotenzial persönlicher Kontakte (bisher) kaum durch (formale) Medien ersetzt werden. Immer wenn derartige Situationen vorliegen, spielt daher Face-to-Face Kommunikation und ihre optimale Ausgestaltung auch im Zeitalter der Mediendominanz eine besondere Rolle. Um die Face-to-Face Kommunikation zwischen Einkäufern und Verkäufern zu optimieren, werden Erkenntnisse sowohl über die Erwartungen der Einkäufer an die Kommunikation als auch über die Einflussgrößen des Kommunikationsverhaltens der Verkäufer benötigt. Auf Basis theoretischer Überlegungen werden Erwartungsdimensionen der Kommunikationszufriedenheit der Einkäufer formuliert, deren Veränderlichkeit durch Variablen des Kommunikationskontexts (z. B. die Episode, individuelle und interpersonelle Faktoren) hypothetisiert und in einer ersten Studie bei 292 Einkäufern großer, deutscher Industrieunternehmen empirisch untersucht wird. Dabei werden drei Kommunikationsdimensionen (‚Qualität der Informationen‘ sowie ‚Offenheit‘ und ‚Vertrauenswürdigkeit des Verkäufers‘) als strategisch besonders relevante Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Kommunikation identifiziert. Diese drei Dimensionen stehen im Fokus der Überlegungen zur Entstehung des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers, die in einer zweiten Studie bei 135 Verkäufern großer, deutscher Industrieunternehmen empirisch untersucht werden. Dabei zeigt sich, dass die affektive und kognitive Einstellung, die soziale Norm und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle signifikante Einflussgrößen der Intention zu einem bestimmten Kommunikationsverhalten darstellen. Aus den Erkenntnissen beider Studien werden (tendenzielle) Handlungsempfehlungen für die Praxis und ein Phasenkonzept zum Management zufriedenheitsorientierter Face-toFace Kommunikation abgeleitet. Die Dissertation ist während meiner Zeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Marketing der Universität Kassel entstanden. Während der verschiedenen Phasen der Bearbeitung haben mich viele Gesprächspartner durch ihre Diskussionsbereitschaft und Anregungen unterstützt. Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Reinhard Hünerberg, der mir als Doktorvater ein wertvoller und motivierender Diskussionspartner war und mir als Chef in der Zeit, als es notwendig war, alle Ressourcen und Freiräume für einen erfolgreichen Abschluss der Arbeit zur Verfügung stellte. Herrn Professor Dr. Andreas Mann danke ich herzlich für die schnelle Übernahme des Zweitgutachtens. Meinen Kolleginnen und Kollegen am Fachgebiet Marketing, Herrn Dr. Christopher Zerres, Frau Dipl.-Rom. Petra Ringeisen, Herrn Dipl.-Oec. Roland Zimmermann und unserer Sekretärin Frau Martina Tisafalvi, und darüber hinaus weiteren Mitgliedern der Universität Kassel, insbesondere Herrn Dr.
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Vorwort
Reinhard Gerhold, danke ich für die vielen Stunden des Mitdenkens bei konzeptionellen und methodischen Fragen, des Zuhörens bei sehr spezifischen Überlegungen und manchmal auch des Ablenkens, um die Perspektive zu wechseln. Meinem Bruder Herrn Dipl.-Kfm. Christian Geile danke ich ebenfalls für sein stets offenes Ohr und die S-Verweise zu jeder Tages- und Nachtzeit. Für hilfreiche Anregungen aus Sicht der geschäftlichen Realität und anderer Forschungsgebiete danke ich insbesondere Herrn Professor Dr. Michael Heinlein, Frau Dr. Monica Soffritti, Herrn Dr. Rembert Horstmann, Frau Dipl.-Psych. Carmen Herrler, MBA, und Herrn Dipl.-Kfm. Norbert Hopf. Frau Christine Wichmann, M.A., danke ich für ihre Bereitschaft, sich Seite für Seite auf Tipp- und Schreibfehlersuche zu begeben. Und ich möchte mich auch bei den Einkäufern und Verkäufern bedanken, die ihre Zeit investiert haben, um an meinen Studien teilzunehmen. Zu guter Letzt danke ich meinem Freund Christian Fischer für sein Verständnis und seinen Zuspruch und dafür, dass er nicht müde wurde, mir zu zeigen, dass die Welt hinter meinem Schreibtisch weitergeht, sowie meiner Familie und meinen Freunden, für die während der Bearbeitung viel zu wenig Zeit für Face-to-Face Kommunikation blieb. Andrea Geile
Inhaltsverzeichnis
IX
Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................XIII Abbildungsverzeichnis ………………………………………………………….………………….XV 1
2
Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen .............................. 1 1.1
Zu Relevanz und Stand der Forschung von Face-to-Face Kommunikation .............. 1
1.2
Ziele, wissenschaftliche Grundposition und Gang der Arbeit .................................... 8
Bezugsrahmen: Dyadische Kommunikation im Industriegütervertrieb ........................... 13 2.1
Ziele und Aufbau ...................................................................................................... 13
2.2
Phänomen Face-to-Face Kommunikation ............................................................... 13
2.3
Vertrieb individualisierter Industriegüter als Anwendungsbereich ........................... 15
2.4
Stand der Forschung zu Interaktionsansätzen ........................................................ 18
2.5
Integrativer Kommunikationsansatz für den Industriegütervertrieb .......................... 24
2.6
Sender, Nachricht, Empfänger: Kommunikationstheorien ....................................... 27
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung ............................................................................................................................... 35 3.1
Relevanz, Ziele und Aufbau der Ausführungen ....................................................... 35
3.2
Zentrales Konzept der Kommunikationszufriedenheit: C/D-Paradigma ................... 37
3.3 Theoretische Erklärungsansätze der Kommunikationszufriedenheit ....................... 41 3.3.1 Sozialpsychologische Erklärungsansätze der Kommunikationszufriedenheit ...... 41 3.3.2 Erklärungsansätze der Kommunikationszufriedenheit aus der Neuen Institutionenökonomie .......................................................................................... 51 3.3.3 Zusammenfassender Überblick der theoretischen Beiträge zur Kommunikationszufriedenheit .............................................................................. 58 3.4
Dimensionalität von Kommunikationszufriedenheit und Kommunikationsqualität ... 62
3.5 Erwartungsdimension der Kommunikationszufriedenheit: Kommunikationsqualität 64 3.5.1 Literatur zur Messung von Kommunikationsqualität ............................................. 64 3.5.2 Dimensionen der Kommunikationsqualität ........................................................... 73 3.6 Kommunikationsdimensionen und Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers: Konzeptualisierung und empirische Prüfung .............................................................. 91 3.6.1 Methoden ............................................................................................................. 91 3.6.2 Operationalisierung, Untersuchungsdesign und Datentransformation ................. 98 3.6.3 Ergebnisse der Studie zur Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers ......... 103 4
Einfluss der Kontextfaktoren auf die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers .... 112 4.1
Ziele, Konzepte, Ablauf und Methodik ................................................................... 112
4.2
Situativer Kontext ................................................................................................... 118
X
Inhaltsverzeichnis
4.2.1 Raum: Ort des Treffens ...................................................................................... 118 4.2.2 Zeit: Länge des Gesprächs ................................................................................ 122 4.3 Episoden ................................................................................................................ 125 4.3.1 Dimensionalität des Episodenkonzepts.............................................................. 125 4.3.2 Episoden-Dimension ‚Konkretheit des Gesprächsobjekts’ ................................. 126 4.3.3 Episoden-Dimension ‚Häufigkeit der Treffen (Bekanntheit)’ ............................... 129 4.3.4 Episoden-Ausprägungen .................................................................................... 132 4.4 Individuelle Faktoren .............................................................................................. 136 4.4.1 Funktionen.......................................................................................................... 136 4.4.2 Hierarchische Positionen.................................................................................... 140 4.4.3 Geschlecht ......................................................................................................... 146 4.4.4 Erfahrungen........................................................................................................ 149 4.4.5 Weitere persönliche Merkmale ........................................................................... 155 4.5 Interindividuelle Faktoren ....................................................................................... 164 4.5.1 Ähnlichkeit .......................................................................................................... 164 4.5.2 Beziehungen ...................................................................................................... 175 4.6
Multipersonalität ..................................................................................................... 182
4.7
Unternehmen und Leistung.................................................................................... 187
4.8
Branchen................................................................................................................ 192
4.9
Internationalität und Kultur ..................................................................................... 196
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung ............................................................................................................................ 203 5.1
Relevanz, Ziele, Methodik und Aufbau .................................................................. 203
5.2 Theoretischer Hintergrund ..................................................................................... 209 5.2.1 Theorie des geplanten Verhaltens ..................................................................... 209 5.2.2 Drei Komponenten der Einstellung..................................................................... 213 5.3 Verkäuferverhalten: Konzeptualisierung und Spezifikation .................................... 216 5.3.1 Zusammenfassung der Verhaltensmodelle, Hypothesen und theoretischen Hintergründe....................................................................................................... 216 5.3.2 Spezifikation der Messmodelle des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers .......................................................................................................... 219 5.4 Empirische Untersuchung ...................................................................................... 227 5.4.1 Untersuchungsdesign und Datentransformation ................................................ 227 5.4.2 Ergebnisse ......................................................................................................... 229 6
Fazit und Ausblick ......................................................................................................... 254 6.1 Zusammenfassung und managementorientierte Integration der zentralen Ergebnisse ................................................................................................................ 254
Inhaltsverzeichnis
XI
6.2
Weiterführende Implikationen für die Praxis .......................................................... 260
6.3
Zukünftige Forschungsfelder ................................................................................. 264
Literaturverzeichnis……………………………………………………………….………………..267 Anhang………………………………………………………………………………………………293
Abkürzungsverzeichnis
XIII
Abkürzungsverzeichnis AB Abb. aE AGFI B B-to-B
Einstellungskomponente in der Theorie des geplanten Verhaltens Abbildung affektive Einstellung Adjusted-Goodness-of-Fit-Index Behavior (Verhalten) Business-to-Business
B-to-C BQ bzw. C/D CIT CFI df d. h. EFA eK et al. € exp. f. ff. GFI
Business-to-Consumer Beziehungsqualität beziehungsweise Confirmation / Disconfirmation Critical Incident Technique Comparative Fit Index degrees of freedom (Freiheitsgrade) das heißt explorative Faktorenanalyse effektive Kommunikation et alii (und andere) Euro Expectation (Erwartung) folgende Seite folgende Seiten Goodness-of-Fit-Index
HGB i. d. R. IFI IMP InQ IQ K kE KFA KMV Komm. KQ MAR MCAR Mio ML MNAR
Handelsgesetzbuch in der Regel Inkremental Fit Index International Marketing and Purchasing Interaktionsqualität Informationsqualität Kommunikation kognitive Einstellung konfirmatorische Faktorenanalyse Key Mediating Variable Kommunikation Kommunikationsqualität missing at random missing completely at random Millionen Maximum Likelihood missing not at random
MV
moderierende Variable
XIV
Abkürzungsverzeichnis
MW n NFI NNFI
Mittelwert Anzahl der Beobachtungen Normed Fit Index Non-Normed Fit Index
n. s. o. ä. o. g. P PBC PEO Ph RMSEA S S. SD SN S-O-R S-R TLI u. a. usw.
nicht signifikant oder ähnliches oben genannt Purchaser (Einkäufer) perceived behavioral control (wahrgenommene Verhaltenskontrolle) Practices, Environment, Outcomes Phänomen Root-Mean-Square-Error of Approximation Seller (Verkäufer) Seite Standardabweichung Soziale Norm Stimulus - Organismus - Response Stimulus - Response Tucker-Lewis-Index unter anderem und so weiter
u. U. UV V. vgl. z. B.
unter Umständen unabhängige Variable Verhalten vergleiche zum Beispiel
Abbildungsverzeichnis
XV
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Forschungsergebnisse zu direkter und indirekter Wirkung von Kommunikation 4 Abbildung 2 Gang der Untersuchung ................................................................................... 12 Abbildung 3 Individuelle Industriegüter in Typologisierungsansätzen des Industriegütermarketing .................................................................................... 17 Abbildung 4 Interaktionsansätze im Marketing ..................................................................... 24 Abbildung 5 Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz .............................................. 26 Abbildung 6 Facetten der Betrachtung von Face-to-Face Kommunikation .......................... 27 Abbildung 7 BÜHLERs Organon-Modell (verändert) ............................................................ 31 Abbildung 8 C/D-Paradigma der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers .................. 37 Abbildung 9 Einordnung von theoretischen Beiträgen ins C/D-Paradigma der Kommunikationszufriedenheit........................................................................... 39 Abbildung 10 Balancierte und unbalancierte Relationen ....................................................... 42 Abbildung 11 Darstellung des Mehr-Faktoren-Modells der Kommunikationszufriedenheit ... 45 Abbildung 12 KELLEYs Hypothesen zur Ursachenzuschreibung (Kovariationsprinzip) ........ 46 Abbildung 13 Organizational Failure Framework ................................................................... 56 Abbildung 14 Beitrag von Theorien und Konzepten zur Kommunikationszufriedenheit ........ 60 Abbildung 15 Ebenen der Kommunikationsqualität und Kommunikationszufriedenheit ........ 63 Abbildung 16 Dimensionen und Faktoren der Kommunikationsqualität in persönlichen Kundenbeziehungen nach Frommeyer ............................................................ 68 Abbildung 17 Faktoren beziehungsbezogener Kommunikationsqualität ............................... 70 Abbildung 18 Faktoren fachlicher (inhaltsbezogener) Kommunikationsqualität .................... 71 Abbildung 19 Dimension ‚Darstellung von Inhaltsqualität’ und deren Kriterien ..................... 75 Abbildung 20 Dimension ‚Informationsfluss’. ......................................................................... 76 Abbildung 21 Dimension ‚Offenheit’....................................................................................... 78 Abbildung 22 Dimension ‚Vertrauenswürdigkeit’ ................................................................... 80 Abbildung 23 Dimension ‚Interesse an personalisierter Kommunikation’ .............................. 81 Abbildung 24 Dimension ‚Unterhaltsamkeit’ .......................................................................... 82 Abbildung 25 Dimension ‚Souveränität’ ................................................................................. 82 Abbildung 26 Dimension ‚Empathie’ ...................................................................................... 83 Abbildung 27 Dimension ‚Kompetenz’ ................................................................................... 84 Abbildung 28 Dimension ‚Lösungsorientierung’ ..................................................................... 85 Abbildung 29 Dimension ‚Freundlichkeit’ ............................................................................... 87 Abbildung 30 Dimension ‚Kooperationsbereitschaft’ .............................................................. 88 Abbildung 31 Dimension ‚Verständnis des Kundenkontexts’ ................................................. 89 Abbildung 32 Dimension ‚Umgang mit Konflikten’ ................................................................. 90 Abbildung 33 Formel: Prozentuale Wichtigkeit eines Leistungsparameters .......................... 94
XVI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 34 Zuordnung der Leistungsparameter zu den verschiedenen Faktortypen ........ 95 Abbildung 35 Wichtigkeit-Leistungs-Dimensionen der Leistungsparameter der Zufriedenheit .................................................................................................... 97 Abbildung 36 Operationalisierung von Kommunikationskriterien und -dimensionen am Beispiel ‚Vertrauenswürdigkeit‘ ........................................................................ 99 Abbildung 37 Überblick Zustellungsart des Fragebogens und Rücklauf Studie ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ ............................................. 100 Abbildung 38 Verbalisierte Gründe für Nicht-Teilnahme ..................................................... 101 Abbildung 39 Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen über alle befragten Einkäufer ........................................................................................ 103 Abbildung 40 Ergebnis der direkten Wichtigkeitsmessung über alle Einkäufer ................... 104 Abbildung 41 Ergebnis der indirekten Wichtigkeitsmessung über alle Einkäufer ................ 105 Abbildung 42 Relative Wichtigkeit der Kommunikationskriterien für die Kommunikationsdimensionen ........................................................................ 107 Abbildung 43 Relative Wichtigkeit-Leistungs-Vergleich der Dimensionen über alle Gruppen ......................................................................................................... 108 Abbildung 44 Offene Nennungen zu besonders guten Aspekten ........................................ 109 Abbildung 45 Offene Nennungen zu besonders schlechten Aspekten ................................ 110 Abbildung 46 Typenzuordnung der Kommunikationsdimensionen ...................................... 110 Abbildung 47 Kontextvariablen als unabhängige Stimulusvariablen .................................... 113 Abbildung 48 Kontextvariablen als moderierende Variablen ............................................... 115 Abbildung 49 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Situativer Kontext: Ort .................................................................................... 121 Abbildung 50 Länge des Gesprächs in Minuten: Verteilung ................................................ 123 Abbildung 51 Länge des Gesprächs: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus ......... 124 Abbildung 52 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Situativer Kontext: Länge des Gesprächs ...................................................... 124 Abbildung 53 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Episoden: Konkretheit des Gesprächsobjekts ............................................... 128 Abbildung 54 Bekanntheit der Gesprächspartner: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus .................................................................................... 131 Abbildung 55 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Episoden: Häufigkeit des Treffens (Bekanntheit) ........................................... 131 Abbildung 56 Dimensionen und Episoden ........................................................................... 132 Abbildung 57 Verteilung der Episoden in der Stichprobe .................................................... 135 Abbildung 58 Episoden: Mittelwertvergleich der Kommunikationsdimension ‚Kontextverständnis‘ ....................................................................................... 135
Abbildungsverzeichnis
XVII
Abbildung 59 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und relativen Wichtigkeit – Episoden ........................................................................................................ 135 Abbildung 60 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeit – Funktion des Mitglieds des anbietenden Unternehmens ............................... 139 Abbildung 61 Verteilung der hierarchischen Positionen der Verkäufer ............................... 142 Abbildung 62 Hierarchische Position des Verkäufers: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus .................................................................................... 142 Abbildung 63 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Individuelle Faktoren: Position des Verkäufers .............................................. 143 Abbildung 64 Verteilung der hierarchischen Positionen der Einkäufer ................................ 144 Abbildung 65 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Individuelle Faktoren: Hierarchische Position des Einkäufers ....................... 145 Abbildung 66 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Individuelle Faktoren: Geschlecht des Einkäufers ......................................... 148 Abbildung 67 Verteilung der Indikatoren der Erfahrung über die Zeit .................................. 152 Abbildung 68 Vergleich der Korrelationskoeffizienten – Individuelle Faktoren: Erfahrungen des Einkäufers.......................................................................... 153 Abbildung 69 Wichtigkeitsveränderung: Individuelle Faktoren – Erfahrungen .................... 154 Abbildung 70 Verhaltenstypologie von Einkäufer und Verkäufer ......................................... 156 Abbildung 71 Verteilung Emotionalität und Sachlichkeit der Einkäufer ............................... 158 Abbildung 72 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Individuelle Faktoren: Sachlichkeit / Emotionalität des Einkäufers ................ 158 Abbildung 73 Verteilung Dominanz der Einkäufer ............................................................... 160 Abbildung 74 Dominanz des Einkäufers: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus .... 160 Abbildung 75 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Individuelle Faktoren: folgender / führender Einkäufer .................................. 161 Abbildung 76 Verteilung der (geschäftlichen) Persönlichkeitstypen der Einkäufer .............. 162 Abbildung 77 Persönlichkeitstypen des Einkäufers: Mittelwertvergleich der Kommunikationsdimension ‚Kontextverständnis‘ ........................................... 162 Abbildung 78 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und relativen Wichtigkeiten .................. zwischen den Persönlichkeitstypen der Einkäufer ......................................... 163 Abbildung 79 Verteilung der Geschlechterkombinationen in den betrachteten Dyaden ...... 168 Abbildung 80 Geschlecht der Gesprächspartner: Mittelwertvergleich des Zufriedenheitsniveaus .................................................................................... 168 Abbildung 81 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Interindividuelle Faktoren: Ähnlichkeit / Geschlecht ...................................... 169
XVIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 82 Ähnlichkeit von Auftreten und Äußerlichkeiten: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus .................................................................................... 170 Abbildung 83 Ähnlichkeit des beruflichen Werdegangs: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus .................................................................................... 170 Abbildung 84 Ähnlichkeit der Interessengebiete: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus .................................................................................... 171 Abbildung 85 Ähnlichkeit von Einstellungen: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus .................................................................................... 171 Abbildung 86 Gesamtähnlichkeit: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus ............... 172 Abbildung 87 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Interindividuelle Faktoren: Gesamtähnlichkeit ............................................... 172 Abbildung 88 Vergleich der Differenz der Mittelwerte bei beobachtbaren und nicht direkt beobachtbaren Ähnlichkeiten ......................................................................... 173 Abbildung 89 Visualisierung eines Beispiels einer Beziehungsentwicklung ........................ 176 Abbildung 90 Verteilung der Beziehungslänge in Jahren .................................................... 177 Abbildung 91 Länge der Beziehung: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus ........... 178 Abbildung 92 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Interindividuelle Faktoren: Beziehungslänge ................................................. 178 Abbildung 93 Geschäftliche Beziehungsintensität: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus .................................................................................... 180 Abbildung 94 Soziale Beziehungsintensität: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus .................................................................................... 180 Abbildung 95 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und relativen Wichtigkeit Interindividuelle Faktoren: Beziehungsintensität ............................................ 181 Abbildung 96 Multipersonalität und Kommunikationsnetzwerke .......................................... 184 Abbildung 97 Communication Center: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus ........ 186 Abbildung 98 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Multipersonalität: Existenz eines Communication Centers ............................ 186 Abbildung 99 Kriterien der Unternehmensgröße .................................................................. 189 Abbildung 100 Verteilung der Höhe der Projektwerte ......................................................... 190 Abbildung 101 Projekt- / Produktwert: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus ....... 190 Abbildung 102 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeit – Unternehmen: Projektwert .......................................................................... 191 Abbildung 103 Branchenzugehörigkeit der Einkäufer in der Studie ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ ............................................ 193 Abbildung 104 Branchenzugehörigkeit der Verkäufer in der Studie ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ ............................................ 194
Abbildungsverzeichnis
XIX
Abbildung 105 Branchenzugehörigkeit: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus ..... 194 Abbildung 106 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeit – Branchen (gleich / ungleich)........................................................................ 195 Abbildung 107 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeit – Nationalität (gleich / ungleich) ..................................................................... 199 Abbildung 108 Sprache: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus bei ungleicher Nationalität .................................................................................................. 200 Abbildung 109 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeit – Muttersprache (gleich / ungleich) .................................................................. 201 Abbildung 110 Beispiel für ein vollständiges Strukturgleichungsmodell ............................. 205 Abbildung 111 Kriterien zur Beurteilung der Reliabilität und Validität komplexer Konstrukte und deren Anforderungsniveaus ................................................ 208 Abbildung 112 Determinanten individuellen Handelns: Die Theorie des geplanten Verhaltens .................................................................................................... 211 Abbildung 113 Drei-Komponentenmodell der Einstellung: Einstellung als mehrdimensionales Konstrukt ...................................................................... 214 Abbildung 114 Hierarchie der Einstellungskomponenten ................................................... 216 Abbildung 115 Meta-Kausalmodell der Entstehung von Verhaltensintentionen des Verkäufers ..................................................................................................... 217 Abbildung 116 Hypothesen und Theorien der Kausalmodelle zur Entstehung von Verhaltensintentionen bei Verkäufern .......................................................... 218 Abbildung 117 Spezifikation der Messmodelle der ‚kognitiven Einstellung’ ........................ 222 Abbildung 118 Spezifikation der Messmodelle der ‚Intention (konative Einstellung)’ ......... 223 Abbildung 119 Spezifikation der Messmodelle der ‚affektiven Einstellung’ ......................... 224 Abbildung 120 Spezifikation der Messmodelle der ‚wahrgenommenen Verhaltenskontrolle (PBC)’ .......................................................................... 226 Abbildung 121 Anteile Face-to-Face Situationen mit Einkäufern an geschäftlichen Kontakten der befragten Verkäufer ............................................................. 229 Abbildung 122 Verteilung der Face-to-Face Situationen auf die Episoden (in Prozent) ..... 230 Abbildung 123 Branchenzugehörigkeit der befragten Verkäufer ........................................ 230 Abbildung 124 Branchenzugehörigkeit der befragten Verkäufer in Jahren ......................... 231 Abbildung 125 Unternehmenszugehörigkeit der befragten Verkäufer in Jahren ................ 231 Abbildung 126 Hierarchische Positionen der befragten Verkäufer ..................................... 231 Abbildung 127 Positionszugehörigkeit der befragten Verkäufer in Jahren ......................... 232 Abbildung 128 Alterstruktur der befragten Verkäufer .......................................................... 232 Abbildung 129 Einfluss des Geschlechts auf die Intention zu informationsförderndem Verhalten ..................................................................................................... 233
XX
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 130 Informationen zum Index der affektiven Einstellung zum informationsfördernden Verhalten ............................................................... 233 Abbildung 131 Messmodell der affektiven Einstellungskomponente zum informationsfördernden Verhalten ............................................................... 234 Abbildung 132 Index aus Erwartung einer Konsequenz eines bestimmten Verhaltens und deren Bewertung: Kognitive Einstellung zu inhaltsförderndem Verhalten ... 234 Abbildung 133 Messmodell der kognitiven Einstellung zu informationsförderndem Verhalten ..................................................................................................... 234 Abbildung 134 Index aus Einschätzung der sozialen Norm und ‚motivation to comply’: Soziale Norm hinsichtlich informationsförderndem Verhalten ..................... 235 Abbildung 135 Messmodell der sozialen Norm hinsichtlich informationsförderndem Verhalten ..................................................................................................... 235 Abbildung 136 Index aus Einschätzung der eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten und dem Faktor 5: wahrgenommene Verhaltenskontrolle hinsichtlich informationsförderndem Verhalten .............................................................. 235 Abbildung 137 Messmodell der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle bei informationsförderndem Verhalten ............................................................... 236 Abbildung 138 Index aus Intention und dem Faktor 5: Intention zum informationsfördernden Verhalten ................................................................ 236 Abbildung 139 Messmodell der Intention zu informationsförderndem Verhalten ................. 237 Abbildung 140 Gesamtmessmodell zum informationsfördernden Verhalten ....................... 237 Abbildung 141 Diskriminanzprüfung des Gesamtmodells zum informationsfördernden Verhalten durch Faktorenanalyse ............................................................... 238 Abbildung 142 Diskriminanzprüfung des Gesamtmodells zum informationsfördernden Verhalten: Fornell-Larcker-Kriterium ............................................................ 238 Abbildung 143 Kausalmodell zum inhaltsfördernden Verhalten ........................................... 239 Abbildung 144 Informationen zum Index der affektiven Einstellung gegenüber offenen Kommunikationsverhalten ............................................................................ 240 Abbildung 145 Messmodell der affektiven Einstellung gegenüber offenem Kommunikationsverhalten ............................................................................ 240 Abbildung 146 Index aus Erwartung einer Konsequenz des offenen Verhaltens und
deren
Bewertung: Kognitive Einstellung gegenüber offenem Kommunikationsverhalten ........................................................................... 241 Abbildung 147 Messmodell zur kognitiven Einstellung gegenüber offenem Kommunikationsverhalten ............................................................................ 241 Abbildung 148 Index aus Einschätzung der sozialen Norm und ‚motivation to comply’: Soziale Norm hinsichtlich offenem Kommunikationsverhalten ...................... 242
Abbildungsverzeichnis
XXI
Abbildung 149 Messmodell zur sozialen Norm gegenüber offenem Kommunikationsverhalten ............................................................................ 242 Abbildung 150 Index aus Einschätzung der wahrgenommenen Kontrolle multipliziert mit dem Faktor 5: Wahrgenommene Verhaltenskontrolle hinsichtlich offenem Kommunikationsverhalten .............................................................. 242 Abbildung 151 Messmodell zur wahrgenommenen Verhaltenskontrolle hinsichtlich offenem Kommunikationsverhalten ............................................................................ 243 Abbildung 152 Index aus Intention zum Verhalten multipliziert mit dem Faktor 5: Intention zu offenem Kommunikationsverhalten ........................................................ 243 Abbildung 153 Messmodell der Intention zu offenem Kommunikationsverhalten ................ 243 Abbildung 154 Gesamtmodell des offenen Kommunikationsverhaltens .............................. 244 Abbildung 155 Diskriminanzprüfung des Gesamtmodells des offenen Kommunikationsverhaltens durch Faktorenanalyse..................................... 244 Abbildung 156 Diskriminanzprüfung des Gesamtmodells zum offenen Kommunikationsverhalten: Fornell-Larcker-Kriterium .................................. 245 Abbildung 157 Kausalmodell zum offenen Kommunikationsverhalten ................................. 245 Abbildung 158 Informationen zum Index der affektiven Einstellung zu vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten .......................................... 247 Abbildung 159 Messmodell der affektiven Einstellung zu vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten ............................................................................ 247 Abbildung 160 Index aus Erwartung einer Konsequenz des vertrauenswürdigen Verhaltens und deren Bewertung: Kognitive Einstellung gegenüber vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten ........................................... 247 Abbildung 161 Messmodell zur kognitiven Einstellung gegenüber vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten ............................................................................ 248 Abbildung 162 Index aus Einschätzung der sozialen Norm und ‚motivation to comply’: Soziale Norm hinsichtlich vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten . 248 Abbildung 163 Messmodell zur sozialen Norm hinsichtlich vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten ............................................................................ 248 Abbildung 164 Index aus Einschätzung der wahrgenommenen Kontrolle multipliziert mit dem Faktor 5: Wahrgenommene Verhaltenskontrolle hinsichtlich vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten .......................................... 249 Abbildung 165 Messmodell zur wahrgenommenen Verhaltenskontrolle bei vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten .......................................... 249 Abbildung 166 Index aus Intention zum Verhalten multipliziert mit dem Faktor 5: Intention zu vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten ....................... 250
XXII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 167 Messmodell der Intention zu vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten ............................................................................ 250 Abbildung 168 Gesamtmodell des vertrauenswürdigen Kommunikationsverhaltens ........... 251 Abbildung 169 Diskriminanzprüfung des Gesamtmodells zum vertrauenswürdigen Kommunikationsverhaltens durch Faktorenanalyse ................................... 251 Abbildung 170 Diskriminanzprüfung des Gesamtmodells zum vertrauenswürdigen Kommunikationsverhalten: Fornell-Larcker-Kriterium .................................. 252 Abbildung 171 Kausalmodell zum vertrauenswürdigen Kommunikationsverhalten ............. 252 Abbildung 172 Vergleich der Stärke der Wirkungsbeziehungen zwischen den Verhaltensmodellen...................................................................................... 258 Abbildung 173 Phasenkonzept des Managements zufriedenheitsorientierter Face-to-Face Kommunikation ...................................................................... 261 Abbildung 174 Ansatzpunkte für zukünftigen Forschungsbedarf ......................................... 264
1 Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen: Problemstellung – Ziele – Aufbau
1
1 Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen 1.1
Zu Relevanz und Stand der Forschung von Face-to-Face Kommunikation
Unternehmen der Industriegüterindustrie stellen sich seit geraumer Zeit der Herausforderung, langfristige Geschäftsbeziehungen zu implementieren und identifizieren deren Aufbau und Pflege als Erfolgsfaktoren. Abgestimmte Sequenzen von Interaktionen sollen die Voraussetzungen schaffen, Geschäftsbeziehungen langfristig und kontinuierlich zu gestalten,1 wobei einzelne Transaktionen im Rahmen solcher Anbieter-Abnehmer-Beziehungen zu integrierten Bestandteilen werden.2 Diese Sichtweise ist Gegenstand des Managements von Beziehungen (Relationship Management).3 Die Notwendigkeit zum Aufbau von Kundenbeziehungen resultiert für Anbieterunternehmen insbesondere aus x
der Verschärfung des Wettbewerbs auf gesättigten Märkten und damit verbundenen hohen Kosten der Neukundengewinnung,
x x
der Notwendigkeit der Absicherung des eigenen Kundenstammes gegenüber Wettbewerbern, dem Wunsch nach positiver Weiterempfehlung auf Basis psychologischer Bindung des Abnehmers durch Zufriedenheit und Vertrauen.4
Beziehungsmanagement erfordert ein interaktionsbezogenes Marketingverständnis,5 wobei insbesondere die Beziehung zwischen Individuen im Vordergrund steht. Die Kommunikation zwischen Individuen kann über unterschiedliche Kanäle erfolgen. Im Zeitalter der intensiven Mediennutzung und den damit verbundenen Möglichkeiten der Kaufabwicklung über Internetplattformen, dem schnellen schriftlichen Austausch via E-Mail, Chat oder Twitter und einem ständigen Fortschritt in der technischen Umsetzbarkeit von Videokonferenzen stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit von Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb, die vergleichsweise umständlich und kostenintensiv ist. In verschiedenen Studien wurden die Unterschiede und Möglichkeiten verschiedener Kommunikationsformen (Face-to-Face, Telefon, E-Mail usw.) thematisiert.6 In einigen Situationen sind Face-to-Face Kontakte durch medienvermittelte Kommunikation substituierbar. Ist das Gesprächsobjekt – etwa ein potenzielles, gemeinsames Projekt – allerdings hoch komplex und risikobeladen, wie es im industriellen 1
Vgl. Anderson/ Narus (1999), S. 372 f. Vgl. Engelhardt/ Freiling (1995), S. 37 f. 3 Vgl. z. B. Belz (1998), S. 17 ff.; Dwyer et al. (1987), S. 23 ff.; Mann (2004), S. 1. 4 Vgl. z. B. Backhaus et al. (2008), S. 217; Belz (1998), S. 24 f.; Rapp (2000), S. 17 ff. 5 Vgl. Mann (2004), S. 2. 6 Vgl. z. B. für die Beeinflussung der Medienwahl durch die Anforderungen der Beteiligten an die Kommunikation, den Stand der interpersonellen Beziehung und die Kaufsituation Ambrose et al. (2008), S. 360 ff.; für eine Untersuchung der Komplexität des Informationsaustauschs und Mediaselektionspräferenzen im Einkäufer-Verkäufer-Kontext Cano et al. (2005), S. 283 ff.; für die Rolle des Kommunikationskanals für den Aufbau von Vertrauen in Preisverhandlungen Huang et al. (2008), S. 53 ff.; für den Vergleich von Face-to-Face Kommunikation und computervermittelter Kommunikation im Hinblick auf Übertragungsfähigkeit, Wirkung auf die Empathie und internationale / interkulturelle Wirkungsunterschiede Ulijn/ Lincke (2004), S. 111 ff. 2
A. Geile, Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb von Industriegütern, DOI 10.1007/978-3-8349-8615-3_1, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010
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1 Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen: Problemstellung – Ziele – Aufbau
Vertrieb und besonders bei individuellen Industriegütern häufig der Fall ist, kann das umfassende Übermittlungs- und Austauschpotenzial persönlicher Kontakte (bisher) kaum durch (formale) Medien ersetzt werden. Immer wenn derartige Situationen vorliegen, spielt daher Face-to-Face Kommunikation und ihre optimale Ausgestaltung auch im Zeitalter der Mediendominanz eine besondere Rolle. Ein besonderes Kennzeichen der Face-to-Face Kommunikation ist die persönliche Interaktion. Diese beinhaltet eine zweiseitige Kommunikationsverbindung zwischen Individuen, deren Dialoge nicht vorbestimmt sind, da Inhalt und Ergebnis aus dem Zusammenspiel des Informationsaustauschs folgen. Zwischenmenschliche Aspekte werden in der Business-toBusiness Literatur als ‚schicksalhaft’, weil entscheidend für den Erfolg von Käufer-VerkäuferAktivitäten, betrachtet.7 Das Fehlen positiver, interpersoneller ‚Chemie’ kann der Grund für das Scheitern von Geschäftsbeziehungen sein.8 ANDERSEN (2001) konstatiert, dass die Entwicklung einer tragfähigen Geschäftsbeziehung stark von der Kommunikation zwischen den Partnern abhängt.9 MOHR und NEVIN (1990) bezeichnen die Kommunikation als den „Kleber“, der einen Distributionskanal zusammenhält.10 Jedes Verhalten, ob eine Handlung oder deren Unterlassung, beinhaltet nach DUNCAN und MORIARTY (1998) eine Nachricht für die andere Partei, die Einfluss auf die gemeinsame Geschäftsbeziehung hat.11 Ohne Kommunikation ist der Aufbau von Beziehungen nur schwer möglich.12 Eine sich entwickelnde positive Kommunikationsbeziehung wird zum Beispiel durch zunehmende Einzigartigkeit der Kontakte, Offenheit und stärkere Konfliktfähigkeit charakterisiert.13 Eine andauernde Beziehung zwischen Individuen führt zur Verknüpfung von Interaktionen, da Informationen, die in früheren Interaktionen erworben wurden, in spätere einfließen.14 Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass in der Literatur Einigkeit darüber besteht, dass Kommunikation eine wichtige Determinante der Intensität und Stabilität von Anbieter-Kunden-Beziehungen darstellt.15 Mit Blick auf die Geschäftsbeziehung werden durch die Kommunikation u. a. drei zentrale kundenbezogene Funktionen erfüllt: Kundenbindung, Abwanderungsprävention und Kundenrückgewinnung. In der Marketingforschung wurden weitere direkte und indirekte, leistungs- und beziehungsbezogene Wirkungsgrößen der Kommunikation identifiziert. Leistungsbezogene Größen (Qualität der Leistung, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Effektivität des Verkaufspersonals) beziehen sich auf die Wirkung der Kommunikation bezüglich Wahrnehmung und Beurteilung des Leistungsangebots eines Unternehmens. Beziehungsbezogene Einflüsse der Kommunikation beschreiben Größen, die Auswirkungen auf die Intensität, den Fortbestand 7
Vgl. z. B. Coviello et al. (2000), S. 523 ff.; auch Geyskens/ Steenkamp (2000), S. 11 ff.; Keillor/ Parker (2000), S. 7 ff. und Schulze (2002), S. 138 f. 8 Vgl. Andersen/ Kumar (2006), S. 522. 9 Vgl. Andersen (2001), S. 168. 10 Vgl. Mohr/ Spekman (1996), S. 36. 11 Vgl. Duncan/ Moriarty (1998), S. 8. 12 Vgl Duck/ Pond (1996), S. 27, auch Duncan/ Moriarty (1998), S. 3 und Madden/ Perry (2003), S. 115. 13 Vgl. Altman/ Taylor (1973); S. 129 ff. 14 Vgl. Frommeyer (2005), S. 2. 15 Vgl. des Weiteren Dwyer et al. (1987), S. 11 ff.; auch Madden/ Perry (2003), S. 113 oder Mohr et al. (1996), S. 103 ff.
1 Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen: Problemstellung – Ziele – Aufbau
3
und die Dauer der Geschäftsbeziehung haben (Kommunikationszufriedenheit, Koordination, Vertrauen, Commitment, Konflikt, Kooperation).16 Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über verschiedene Studien zu Wirkungsgrößen der Kommunikation und jeweilige Untersuchungsbereiche. Indirekte Wirkung
Kooperation
Kundenbindung
Kundenzufriedenheit
Konflikt
B-to-B im Elektronikhandel (n = 95 mit insgesamt 690 untersuchten Dyaden) B-to-B in diversen Branchen (n = 504)
Keith et al. (1990)
B-to-B im Lebensmittelhandel (n = 232)
X
X
X
X
X
X
X
Dyaden in B-to-B (n = 378) X
16
X
X
X
Anderson/ Narus (1990)
Anderson/ Weitz (1992)
BG
X
Dwyer et al. (1987) Anderson/ Weitz (1989)
LG
Commitment
Vertrauen
Koordination
B-to-B im Elektronikhandel (n = 71 mit insgesamt 492 untersuchten Dyaden)
Kommunikationszufriedenheit
Anderson et al. (1987)
Effektivität des Verkaufspersonals
Franchising bei FastFood-Restaurants (n = 154)
Kundenbindung
Guiltinan et al. (1980)
Kundenzufriedenheit
Untersuchungsbereich
Leistungsqualität
Studie
Beziehungsgrößen (BG)
Commitment
Direkte Wirkung Leistungsgrößen (LG)
Vgl. Frommeyer (2005), S. 35.
1 Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen: Problemstellung – Ziele – Aufbau
Indirekte Wirkung
Selnes (1998)
X
B-to-B in der Gastro-
X
X
X
X
X
Kooperation
Konflikt
X
nomie (n = 177)
X X
Sharma/ Patterson (1999)
B-to-C bei Finanzdienstl. (n = 201)
Sengupta et al. (2000)
B-to-B bei Key Accounts (n = 176)
Wetzels et al. (2000)
B-to-B in High Tech Branche (n = 491)
Johlke/ Duhan (2001)
B-to-B Vertrieb (n = 318)
Eggert (2002)
B-to-B bei Finanzdienstl. (n = 315)
X
Coote et al. (2003)
chinesische Unternehmen im Ausland (div. Branchen) (n = 152)
X
Ball et al. (2004)
B-to-C bei Finanzdienstl. (n = 2826)
Prahinski/ Fan (2007)
B-to-B Automobilzulieferer (n = 140)
X
Cai et al. (2009)
B-to-B in diversen Branchen (n = 398)
X
Abbildung 1
BG
Kundenbindung
LG
Commitment
Vertrauen
Koordination
B-to-B im Computerhandel (n = 125)
Kommunikationszufriedenheit
Mohr et al. (1996)
Effektivität des Verkaufspersonals
B-to-B im Autoreifenhandel (n = 204)
Kundenbindung
Morgan/ Hunt (1994)
Kundenzufriedenheit
Untersuchungsbereich
Leistungsqualität
Studie
Beziehungsgrößen (BG)
Commitment
Direkte Wirkung Leistungsgrößen (LG)
Kundenzufriedenheit
4
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Forschungsergebnisse zu direkter und indirekter Wirkung von Kommunikation
Anbahnung, Entwicklung und Förderung von Kundenbeziehungen sind aus organisatorischer Sicht Aufgaben des Vertriebs.17 Der ‚Persönliche Verkauf’ durch Außendienstmitarbeiter wird
17
Vgl. Krafft (1995), S. 9.
1 Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen: Problemstellung – Ziele – Aufbau
5
in einigen Lehrbüchern als ein Bestandteil der Kommunikationspolitik im Rahmen der Marketing-Strategie beschrieben18, in anderen wird die direkte, persönliche Ansprache von potenziellen Kunden der Distributionspolitik zugeordnet19, wieder andere definieren die marktgerichteten, akquisitorischen und die vertriebslogistischen, distributionsbezogenen Aktivitäten als „Vertriebspolitik“20. In der Praxis hat der Funktionsbereich Vertrieb, gekennzeichnet durch von Käufern bestimmtes Marktgeschehen, starken Wettbewerbsdruck, Stagnationserscheinungen und technischen Wandel, eine dem (sonstigen) Marketing mindestens gleichwertige Bedeutung.21 Die zentrale Rolle des Vertriebs beruht des Weiteren auf seiner erlösgenerierenden Funktion, wohingegen das (sonstige) Marketing – außerhalb der Preispolitik – und andere Funktionsbereiche zunächst Kosten verursachen und eine Umsatzwirkung nicht immer klar ersichtlich ist.22 Insbesondere im Industriegüterbereich spielt der Vertrieb traditionsgemäß eine besondere Rolle.23 Innerhalb des Vertriebs findet Face-to-Face Kommunikation beim marktgerichteten, akquisitorischen persönlichen Verkauf (Personal Selling) statt. Gesprächsbeteiligte können Individuen in den verschiedensten Situationen und Rollen sein. Allen geschäftlichen Begegnungen (ob sie nun Verhandlung, Akquise, Socialising oder Informationsgesprächen zugeordnet werden) ist gemein, dass sich zwei oder mehr unabhängige Parteien mit unterschiedlichen Zielen in soziale Interaktion begeben, um ein beidseitig befriedigendes Ergebnis zu erreichen.24 Diese „mixed-motive“ Aufgaben bedürfen hoher Kooperationsbereitschaft25, da sie von Idiosynkrasie und Ungewissheit hinsichtlich des Gesprächsobjekts geprägt sein können und nicht unbedingt offensichtlich richtige Lösungen haben.26 Für die Entwicklung von Lösungen wird im Rahmen der ‚Media Richness Theory’ von DAFT und LENGEL (1984, 1986)27 empfohlen, Medien zu verwenden, die 1. verschiedene Kanäle abdecken, 2. sofort rückgekoppelt werden und somit die Fehlinterpretation von Nachrichten verringern, 3. auf die Gefühle und Emotionen des Empfängers sowie dessen Ziele zugeschnitten werden und 4. die Variabilität der Sprache mit ihren Symbolen nutzbar machen.28 Die Face-to-Face Kommunikation weist genau diese Eigenschaften auf; sie ist als Medium, über das in relativ kurzer Zeit Informationen verständlich vermittelt werden können, auch im Zeitalter der intensiven Nutzung formaler Medien, nicht zu ersetzen. Die Komplexität und Menge der zu vermittelnden Informationen determiniert die Auswahl der angemessenen Kommunikationsform.29 Insbesondere im Ver- und Einkauf komplexer, hochpreisiger und risikobehafteter Industriegüter behält die Fähigkeit zur sofortigen Rückkopplung, die Verwendung verschiedener Kanäle (verbal und non-verbal) und personalisierter, 18
Vgl. z. B. Meffert (2000), S. 886. Vgl. Nieschlag et al. (2002), S. 934 ff.; Scharf/ Schubert (2001), S. 323 ff. 20 Vgl. Homburg/ Krohmer. H. (2003), S. 701. 21 Vgl. Haase (2006), S. 2. 22 Vgl. Krafft et al. (2004), S. 265. 23 Vgl. Homburg/ Krohmer. H. (2003), S. 701. 24 Vgl. Putnam/ Roloff (1992), S. 3 und die dort genannten Quellen. 25 Putnam/ Roloff (1992), S. 3. 26 Vgl. Singh Kahai/ Cooper (2003), S. 266. 27 Vgl. Daft/ Lengel (1984), S. 191 ff.; Daft/ Lengel (1986), S. 554 ff. 28 Vgl. Singh Kahai/ Cooper (2003), S. 267. 29 Vgl. Carlson/ Zmud (1999), S. 155. 19
6
1 Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen: Problemstellung – Ziele – Aufbau
natürlicher Sprache ihre Bedeutung.30 Eine Studie im Rahmen der vorliegenden Arbeit zeigt, dass bei über einem Drittel der befragten Verkäufer in Industrieunternehmen mehr als 40 Prozent der Kontakte mit Einkäufern anderer Unternehmen Face-to-Face stattfinden, bei 13 Prozent der Befragten sind es mehr als 60 Prozent der Kontakte.31 In einer explizit beziehungsgenerierenden, überzeugenden (nicht manipulativen), verständigungsorientierten Kommunikation nehmen sich die Kommunikationspartner gegenseitig ernst und vertreten ihre gegenseitigen Interessen.32 Im Rahmen einer sachlichen, argumentativen Kommunikation sollen die Kommunikationsbeteiligten eine gemeinsame, möglichst deckungsgleiche Deutung der Situation erzielen, sodass darauf basierend gemeinsame Lösungen entwickelt werden können.33 Deckungsgleichheit kommt auch im Confirmation-Disconfirmation-Paradigma34 große Bedeutung zu. Danach werden erwartete Soll-Größen mit wahrgenommenen Ist-Leistungen des Anbieters (in Transaktionssituationen) durch den Kunden verglichen, bei Übereinstimmung oder Übererfüllung entsteht Zufriedenheit bzw. Begeisterung, bei Untererfüllung entsteht Unzufriedenheit. Zufriedenheit determiniert ihrerseits das Vertrauen des Kunden in den Anbieter und damit die Verstärkung der emotionalen Beziehung.35 Für den Ausbau und die Verstärkung einer Geschäftsbeziehung sind das Erkennen und Erfüllen von Kundenerwartungen und deren Veränderungen durch den Anbieter besonders wichtig.36 Hierin ist die Kundenzufriedenheit – und im kommunikationsbezogenen Kontext die Kommunikationszufriedenheit – begründet. Die Erwartungen an die Kommunikationszufriedenheit sind die Basis der wahrgenommenen Kommunikationsqualität. Die theoretisch begründete Analyse der Entstehung und Veränderung von Kommunikationszufriedenheit kann neue Erkenntnisse für die Gestaltung von Face-to-Face Kommunikationssituationen liefern. Die Entstehung von Kommunikationszufriedenheit findet in der Marketingliteratur bisher wenig Beachtung,37 obwohl die Zufriedenheit mit der Kommunikation als wichtiges Ergebnis der Interaktion und als relevante Determinante, zum Beispiel der Kundenbindung38, identifiziert wurde. Insbesondere die Untersuchung der Kommunikationszufriedenheit von Einkäufern im industriellen Kontext steht bisher noch aus. Über die Anforderungen an die Qualität der Kommunikation liegt bisher kein Konsens vor, vielmehr überschneiden sich diese häufig mit Konzeptionen der Informations- und der Inter-
30
Vgl. Daft/ Lengel (1986), S. 563. Vgl. Kapitel 5.4.2.1. 32 Vgl. Mann (2004), S. 4. 33 Vgl. Steinmann/ Zerfaß (1995), S. 27 f. 34 Vgl. z. B. Churchill/ Suprenant (1982), S. 493 ff.; Oliver (1997), S. 13 f.; Auch Kapitel 3 dieser Arbeit. 35 Vgl. Oliver (1997), S. 20. 36 Vgl. Mann (2004), S. 5. 37 Vgl. Mohr/ Sohi (1995), S. 396; Im Rahmen der sozialpsychologischen Forschung und der organisationalen Kommunikation wird das Konstrukt der Kommunikationszufriedenheit seit den 1970er Jahren untersucht (vgl. z. B. Downs/ Hazen (1977), S. 63 ff.; Hecht (1978), S. 253 ff.; Johlke/ Duhan (2001), S. 265 ff.; O'Reilly (1982), S. 756 ff.). 38 Vgl. für B-to-C Kommunikation Frommeyer (2005), S. 37. 31
1 Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen: Problemstellung – Ziele – Aufbau
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aktionsqualität.39 Die Qualität der Face-to-Face Kommunikation soll hier die Informationsqualität beinhalten und ist selbst Teil der Interaktionsqualität (die neben rein kommunikativen Aspekten auch den Leistungsaustausch enthält). Eine einheitliche Gesamtbetrachtung der Elemente (und damit der inhaltlichen Ausgestaltung) von Kommunikationsqualität in professionellen, persönlichen Verhandlungssituationen liegt bisher nicht vor. Unter Nutzung des CD-Paradigmas werden Erwartungen an bestimmte Kommunikationsaspekte mit Ist-Leistungen verglichen und bewertet. Welche Aspekte in Kommunikationssituationen erwartet werden und welche Wirkungen von diesen ausgehen ist – als eine umfassende Betrachtung von Kriterien, Dimensionen und Wirkungen von Ausprägungen des Kommunikationsverhaltens mit Blick auf die Gesamtkommunikationszufriedenheit – bisher ebenfalls nicht untersucht worden. Die Kommunikationsdimensionen können in verschiedenen Kontexten unterschiedlich wichtig sein. Es liegen einige Studien und Forschungsansätze vor, die sich mit der Interaktivität und den Einflussgrößen im industriellen Kontext beschäftigen. Die Interaktionsansätze liefern Anknüpfungspunkte für die Identifikation personaler und organisationaler Kontextfaktoren, die die Erwartungen der Einkäufer, die Leistungen der Verkäufer und den Vergleichsprozess beeinflussen können. Eine umfassende, theoretisch basierte Konzeptualisierung und eine empirische Prüfung des Einflusses verschiedener Kontextfaktoren auf die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers stehen bisher aber ebenfalls aus. Die (Einkäufer-) Kommunikationszufriedenheit resultiert aus der Bewertung des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers durch den Einkäufer. Die Identifikation der Determinanten, die das Kommunikationsverhalten des Verkäufers prägen, kann Ansatzpunkte für die konkrete, zufriedenheitsorientierte Gestaltung von Kommunikationssituationen liefern. Insbesondere für strategisch besonders relevante, aber nicht optimal gestaltete Kommunikationsdimensionen – vom Einkäufer als besonders wichtig angesehene Aspekte bei denen das Zufriedenheitsniveau weniger hoch ist – kann eine entsprechende Verkäuferschulung die geschäftsrelevanten Wirkungsgrößen der Kommunikation positiv beeinflussen und zur Verbesserung der Geschäftsbeziehung führen. Mit der Intensivierung und Verlängerung von Geschäftsbeziehungen durch Kundenbindung, dem Erhalt und Schutz von Geschäftsbeziehungen durch Abwanderungsprävention und der Rückgewinnung von Kunden bzw. Wiederbelebung von Geschäftsbeziehungen sind drei zentrale Funktionen der Kommunikationszufriedenheit im industriellen Kontext angesprochen. Diese drei Funktionen könnten mit einer entsprechenden Gestaltung der Face-to-Face Kommunikation erfüllt werden. Ein entsprechendes, konzeptionell und methodisch fundiertes, empirisch – branchenübergreifend – untersuchtes Managementinstrument kann Gestaltungsempfehlungen und Vergleichswerte für unternehmensbezogene Anwendungen liefern. Generell ist die praktische Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse eine große Herausforderung. In der praxisorientierten Literatur liegt zwar eine fast unüberschaubare Vielzahl
39
Vgl. für Informationsqualität stellvertretend Maltz (2000), S. 110 ff.; für Interaktionsqualität Bitner et al. (1994), S. 96 ff. und Canary et al. (2001), S. 79 ff.
8
1 Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen: Problemstellung – Ziele – Aufbau
von Publikationen zum Thema ‚Verkauf’ und ‚Vertrieb’ vor, wobei die häufig regel- und checklistenorientierten Werke mehr oder minder fundierte Handlungsempfehlungen für Verkäufer vorstellen und dabei mit Schlagworten wie ‚bessere Konditionen’, ‚mehr Profit’, ‚Top im Verkauf’, ‚letzte Geheimnisse im Verkauf’, ‚Emotional Selling’ u. a. werben. Aber erst eine Orientierung des Verkäuferverhaltens an den Erwartungen des Einkäufers kann eine Verbesserung der Kommunikation für beide Seiten bewirken und den Eindruck unfairer Manipulationen vermeiden. Die Relevanz der Untersuchung der Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb von Industriegütern liegt also in folgenden Punkten: x
Der Erhalt und Aufbau von Geschäftsbeziehungen ist vorteilhaft für Industriegüterunternehmen; Geschäftsbeziehungen beruhen wesentlich auf Kommunikation.
x
Face-to-Face Kommunikation ist auch im Zeitalter der Dominanz formaler Medien anderen Kommunikationsformen überlegen und wird besonders in komplexen, risikobehafteten und beziehungsfordernden Konstellationen eingesetzt. Eine Untersuchung ihrer adäquaten Gestaltung ist daher von besonderer Relevanz.
x
x
Kommunikation wirkt direkt und indirekt auf leistungsbezogene Größen wie Leistungsqualität, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung und Effektivität des Verkaufspersonals und auf beziehungsbezogene Größen wie Kommunikationszufriedenheit, Koordination, Vertrauen, Commitment und Konfliktlösungen. Der organisatorische Teilbereich ‚Vertrieb’ wendet zur Überwindung der ‚mixed motive’ Aufgaben mit hoher Komplexität und großer Mengen zu vermittelnder Informationen Face-to-Face Kommunikation an.
x x
Kommunikationszufriedenheit als zentrales Resultat der Erfüllung von Kommunikationserwartungen ist kaum untersucht. Die Dimensionen und Kriterien der Kommunikation aus der Erwartungsperspektive des Einkäufers sind bisher nicht eindeutig definiert. Eine Untersuchung der Dimensionalität entsprechender Konstrukte steht bisher aus.
x
x
Kontextvariablen aus industriellen Interaktionsansätzen wurden bisher nicht umfassend auf ihren Einfluss bezüglich der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers untersucht. Ihre theoretische Erklärung, empirische Prüfung und daraus ableitbare Prognosen können zu einem besseren Verständnis und angemessener Gestaltung von Kommunikationssituationen führen. Das Kommunikationsverhalten des Verkäufers ist eine direkte Determinante der Kommunikationszufriedenheit. Seine genauere Untersuchung kann Ansatzpunkte für kommunikationszufriedenheitsorientierte Gestaltungsmaßnahmen ergeben.
1.2
Ziele, wissenschaftliche Grundposition und Gang der Arbeit
Zentrales Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, einen Beitrag zur Ausfüllung der zuvor genannten Erkenntnislücken zu leisten. Dazu sollen in einem integrierten dyadischen Ansatz Erklärungen von Zusammenhängen, Prognosen von Ergebnissen und konkrete Handlungsemp-
1 Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen: Problemstellung – Ziele – Aufbau
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fehlungen systematisch abgeleitet werden. Zum Erreichen dieses realwissenschaftlichen Ziels40 stehen die folgenden Aspekte im Mittelpunkt: x
Konzeptualisierung des Konstrukts ‚Kommunikationszufriedenheit’ mit seinen Dimensionen und Kriterien,
x
Konzeptualisierung von Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegüterbereich,
x
Konzeptualisierung des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers mit seinen Determinanten,
x
Operationalisierung aller Variablen im Zusammenhang mit der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers, den Kontextfaktoren und den Determinanten des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers.
x
Ableitung von Hypothesen auf Basis theoretischer Erklärungsansätze und mit Blick auf die vorgenannten Konzeptualisierungen und Operationalisierungen.
x
Empirische Prüfung der abgeleiteten Hypothesen und Ableitung von konkreten Handlungsempfehlungen.
Bei der Untersuchung von Face-to-Face Kommunikation ist eine Komplexitätsreduktion unabdingbar, da eine Einbeziehung aller denkbaren Variablen Konzeptualisierungen und Operationalisierungen unmöglich oder zumindest unübersichtlich machen würde.41 Die notwendige Selektion der als relevant erachteten Variablen ergibt eine Vernachlässigung oder sogar den Ausschluss bestimmter Aspekte.42 Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, die ‚richtigen’ Variablen zu selektieren, werden vorhandene Theorien, Erfahrungen und empirische Befunde herangezogen.43 Neben der Selektion von Variablen sind zur Komplexitätsreduktion relevante Beziehungen zwischen Variablen herauszuheben und andere von der Betrachtung auszuschließen. Dabei wird, in Ermangelung einer umfassenden Theorie zu Faceto-Face Kommunikation und Kommunikationszufriedenheit im industriellen Kontext, situativ je nach Problemlösungsbedarf, auf Kommunikationstheorien, sozialpsychologische Theorien und Ansätze der Neuen Institutionenökonomie zurückgegriffen. Diese Ansätze werden im Sinne eines theoretischen Pluralismus konkurrenzfrei und komplementär angewendet, weder eine Identifikation von Zusammenhängen noch eine Integration von Theorien ist angestrebt.44 Die Theorien und Ansätze dienen zum einen der Suche nach erklärungsrelevanten Dimensionen und Variablen, zum anderen zur Formulierung von Hypothesen über den Untersuchungsgegenstand. Dabei wird weitgehend konfirmatorisch vorgegangen. Die geplante Vorgehensweise in der vorliegenden Arbeit entspricht dem Verständnis des wissenschaftlichen Realismus45, welcher Elemente des Positivismus wie auch des kritischen Rationalismus enthält. Beim wissenschaftlichen Realismus werden induktive Schlüsse ak-
40
Vgl. Lenk (1972), S. 13 ff. Vgl. Schnell et al. (2008), S. 122. Vgl. Kieser/ Kubicek (1992), S. 70 f. 43 Vgl. Schneider (1995), S. 118. 44 Vgl. Feyerabend (1965), S. 149; Homburg (2000), S. 69, Schanz (1973), S. 137. 45 Vgl. Homburg (1995), S. 58 f. 41 42
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1 Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen: Problemstellung – Ziele – Aufbau
zeptiert, um dem Abbild der Realität etwas näher zu kommen.46 Der Fallibilismus als die Annahme, dass es aufgrund der menschlichen Fehlbarkeit bei der Lösungsfindung keine sichere Erkenntnis und verbindliche Beurteilungsinstanz gibt, ist ebenfalls Bestandteil des schaftlichen Realismus.47 Dritte Grundannahme des wissenschaftlichen Realismus ist die Berücksichtigung der Messfehlerproblematik, die grundsätzlich bei jeder Untersuchung und speziell bei mehr oder minder latenten Konstrukten entsteht. Die vorliegende Untersuchung ist weitgehend deduktiv angelegt, wobei aus theoretischen, allgemeinen Überlegungen Annahmen für die Formulierung von Hypothesen getroffen werden. Dem Fallibilismus wird Rechnung getragen, indem die gewonnenen Resultate einer kritischen Betrachtung unterzogen, Hypothesen unter Umständen abgelehnt und die Methoden einer kritischen Diskussion unterzogen werden. Die Messfehlerproblematik wird bis zu einem gewissen Grade durch die Verwendung der Kausalanalyse unter Nutzung des Softwarepakets AMOS berücksichtigt. Die vorliegende Arbeit ist folgendermaßen aufgebaut: Im zweiten Kapitel werden zunächst die zentralen Bezugspunkte der Arbeit definiert. Dabei wird das Phänomen Face-to-Face Kommunikation charakterisiert und das Anwendungsspektrum der Erkenntnisse der Arbeit für Geschäftstypen mit individuellen Industriegütern definiert. Bisherige dyadische Interaktionsansätze werden zusammenfassend dargestellt und anschließend in einen integrativen, dyadischen Kommunikationsansatz überführt. Dieser dient der folgenden systematischen Untersuchung x
der Kommunikation zwischen Sendern und Empfängern (Verkäufern und Einkäufern),
x
der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers,
x
des Einflusses der Kontextvariablen der Face-to-Face Kommunikation,
x
des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers.
Ein Überblick über verschiedene Kommunikationstheorien und deren Zuordnung zu soziopsychologischen, kybernetischen, rhetorischen, semiotischen Ansätzen sowie die Betrachtung des Beziehungsaspekts der Kommunikation stellen die Komplexität des Untersuchungsobjekts heraus und bieten erste Einblicke in die Anforderungen, die für eine hohe Kommunikationszufriedenheit zu erfüllen sind. Die Beteiligung von Sender und Empfänger verdeutlicht die dyadische Betrachtung des Kommunikationsansatzes. Die folgenden Kapitel 3, 4 und 5 haben jeweils einen Bereich des Kommunikationsansatzes zum Gegenstand. Dabei werden zwei empirische Studien zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ und zum ‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers’ durchgeführt, um konzeptionelle Überlegungen zu prüfen und konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten. In Kapitel 3 wird die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers zunächst theoretisch konzeptualisiert und ihre Dimensionalität thematisiert. Danach werden relevante Erklärungsansätze der Sozialpsychologie und der Neuen Institutionenökonomie vorgestellt. In einem nächsten Schritt werden Erwartungsdimensionen und -kriterien der Kommunikation identifi46
47
Induktive Schlüsse sind Gegenstand des positivistischen Wissenschaftsverständnisses, bei dem nach dem Induktionsprinzip Aussagen verifiziert werden (vgl. z. B. Chalmers (1999), S. 3 f.; Kamitz (1973), S. 29; Konegen/ Sondergeld (1985), S. 67; Peter/ Olson (1983), S. 118). Die Annahme des Fallibilismus gilt auch im kritischen Rationalismus (vgl. z. B. Albert (2000), S. 16; Musgrave (1993), S. 280 ff.; Prim/ Tilmann (2000), S. 9).
1 Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen: Problemstellung – Ziele – Aufbau
11
ziert und konzeptualisiert. Es folgt eine Diskussion verschiedener Methoden der Messung von Zufriedenheit. Danach werden Operationalisierung, Untersuchungsdesign, Datentransformation und die Ergebnisse der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ mit 292 befragten Einkäufern großer deutscher Industrieunternehmen vorgestellt. Ein Vergleich von relativer Wichtigkeit und tatsächlicher Wahrnehmung von Kommunikationsdimensionen aus der Einkäuferperspektive zeigt strategisch besonders relevante Dimensionen, bei denen eine Änderung des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers besonders angezeigt wäre. Diese bilden den Untersuchungsgegenstand der Studie zum ‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers’. Die Ausführungen in Kapitel 4 ergänzen die Betrachtung der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers in Kapitel 3 um die Variablen des Kontexts der Face-to-Face Kommunikation. Für die empirische Analyse werden die Daten der ersten Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ herangezogen. Die Kontextfaktoren werden jeweils definiert, und zunächst als unabhängige Variablen unter Rückgriff auf die kommunikationszufriedenheitserklärenden Theorien konzeptualisiert. Dazu werden Hypothesen zur Veränderung des Grades der Kommunikationszufriedenheit von Einkäufern bei verschiedenen Ausprägungen der Kontextfaktoren abgeleitet. Die Hypothesen werden mit den Daten der ersten Studie geprüft. Die Kontextvariablen werden darüber hinaus als moderierende Variablen, welche die Wirkung des Einflusses der Kommunikationsdimensionen auf die Gesamtkommunikationszufriedenheit beeinflussen, betrachtet. Dazu werden die Veränderungen der jeweiligen Korrelationen zwischen den Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit explorativ analysiert. Analog werden in einer kommunikationsdimensionsübergreifenden Betrachtung die Veränderungen der relativen Wichtigkeit der Dimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit des Einkäufers anhand der Daten der ersten Studie explorativ untersucht. Für jeden Kontextfaktor werden aus den Ergebnissen Implikationen für die Gestaltung von Kommunikationssituationen durch den Verkäufer abgeleitet sowie Empfehlungen für das Kommunikationsverhalten formuliert. In Kapitel 5 stehen das Kommunikationsverhalten des Verkäufers und seine Entstehung im Fokus der Betrachtung. Zunächst werden zum Verhalten, der Verhaltensintention und den Determinanten grundsätzliche theoretische Überlegungen angestellt, bevor aus dem Datensatz der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ strategisch relevante Kommunikationsdimensionen für Verhandlungsepisoden mit Vertriebsmitarbeitern identifiziert werden. Die ausgewählten Kommunikationsdimensionen werden in Verhaltensausprägungen des Verkäufers überführt. Auf Basis der ‚Theorie des geplanten Verhaltens‘, des ‚Drei-Komponenten-Modells der Einstellung‘ und ergänzender sozialpsychologischer Theorien werden Kausalmodelle der identifizierten Verhaltensausprägungen konzeptualisiert und Hypothesen abgeleitet. Der Darstellung der methodischen Anforderungen einer Kausalanalyse mit Strukturgleichungsmodellen und anschließender Spezifikation der Verhaltensmodelle folgt die Erläuterung des Untersuchungsdesigns der Studie zum ‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers’ mit 135 teilnehmenden Verkäufern großer deutscher Industrieunternehmen. Anschließend werden die Struktur der Stichprobe und die Ergebnisse der Kausalanalyse mit AMOS vorgestellt.
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1 Face-to-Face Kommunikation in Business-to-Business Interaktionen: Problemstellung – Ziele – Aufbau
Kapitel 6 bildet den Abschluss der Arbeit. Der Zusammenfassung und managementorientierten Integration der zentralen Ergebnisse der Arbeit folgt die Darstellung eines phasenbezogenen, an der Kommunikationszufriedenheit orientierten Managementprozesses, der sowohl die Verkäufer- als auch die Einkäuferseite betrachtet und die konzeptionellen, methodischen und empirischen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit als konkrete Implikation zusammenfasst. Überlegungen zu zukünftigen Forschungsfeldern schließen die Arbeit ab. Die folgende Abbildung dient der Visualisierung des Aufbaus der Arbeit.
Abbildung 2
Gang der Untersuchung
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
2
13
Bezugsrahmen: Dyadische Kommunikation im Industriegütervertrieb
2.1
Ziele und Aufbau
Im Rahmen dieses Abschnitts soll der Bezugsrahmen der Arbeit dargestellt werden. Zunächst wird das Phänomen Face-to-Face Kommunikation definiert und in seinen Eigenschaften gegenüber anderen Kommunikationsformen abgegrenzt. Die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit sind insbesondere für solche Geschäftstypen relevant, in denen eine Notwendigkeit zur persönlichen Kommunikation besteht. Als Anwendungsbereich werden im folgenden Teilabschnitt Geschäftstypen mit individualisierten Industriegütern definiert. Die darauf folgende Darstellung dyadischer, personaler und organisationaler Interaktionsansätze gibt einen Einblick in die bisherige Forschung. Diese bilden die Basis eines (personal und organisational) integrierten, dyadischen Kommunikationsansatzes. Er dient als Rahmen der weiteren systematischen Betrachtung der dort genannten Elemente, welche jeweils im Verlauf der Arbeit einer Konzeptualisierung, Operationalisierung und empirischen Prüfung unterzogen werden. Persönliche Kommunikation zwischen Sendern und Empfängern ist komplex. Ein Überblick über verschiedene Kommunikationstheorien verdeutlicht den dyadischen Charakter und die Anforderungen an die Gestaltung von Face-to-Face Kommunikationssituationen.
2.2
Phänomen Face-to-Face Kommunikation
Etymologisch sind zu „Kommunikation“ folgende Bedeutungen zu finden48: „communicatio“ (lat.): „die Mitteilung, vermittelst welcher man sich an die Zuhörer wendet und sie gleichfalls mit zu Rate zieht“. Die Varianten „Anteilnahme“ und „Gemeinschaft“ kommen im Lateinischen später hinzu. Dem Begriff „Communicare“ können folgende Bedeutungen zugeschrieben werden: 1. gemeinsam machen, vereinigen; 2. teilen, mitteilen, jemanden an etwas teilhaben lassen; 3. sich beraten, besprechen. „Communio“ wird übersetzt mit 1. Gemeinschaft, 2. (commoenio) verschanzen; verwahren, befestigen, sicherstellen. „Communis“ bedeutet: mehreren oder allen gemeinsam, gemein, gemeinschaftlich, öffentlich, allgemein, gewöhnlich; auch im Sinne von „sich gemeinsam schützen“. Kommunikation zwischen Individuen kann in unterschiedlichen Formen stattfinden. In der schriftlichen, telefonischen und computervermittelten Kommunikation werden formale Medien eingesetzt, um zeitliche oder räumliche Unterschiede zu überwinden. Face-to-Face Kommunikation kann nur bei körperlicher Anwesenheit der Beteiligten, während der alle Sinne und Kanäle zum Einsatz kommen, stattfinden.49 Durch Face-to-Face Kommunikation können grundsätzlich komplexe Nachrichten wie auch geringe Bedeutungsunterschiede deutlich transportiert werden. Der Empfänger nimmt nicht nur verbal geäußerte Nachrichten, sondern auch durch den Gesichtsausdruck und andere körperliche50 und vokale Kanäle51 gesendete 48 49 50
Vgl. Rothe (2006), S. 9. Vgl. Rothe (2006), S. 13; Daft/ Lengel (1984), S. 191 ff. Vgl. Scherer (1979), S. 19.
A. Geile, Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb von Industriegütern, DOI 10.1007/978-3-8349-8615-3_2, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010
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2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
Informationen wahr. Andere, im Zuge der Technologisierung entstandene, Kommunikationsformen bieten diese vielfältige Sinnlichkeit nur in eingeschränkter Form. Bei der Videokonferenz ist die Wahrnehmung von Nähe und Distanz, Wärme, Geruch und (auf dem derzeitigen Stand der Technik) auch der direkte Augenkontakt nicht möglich. Beim (klassischen) telefonischen Kontakt fehlt der visuelle Eindruck, obwohl der Sprecher trotz NichtWahrnehmbarkeit durch den Hörer häufig seinen körperlichen, nonverbalen Ausdruck mehr oder weniger bewusst einsetzt. Insofern ist Face-to-Face Kommunikation die umfassendste und ursprünglichste Kommunikationsform zwischen Menschen. Ein besonderes Kennzeichen der Face-to-Face Kommunikation ist die persönliche Interaktion. Diese beinhaltet eine zweiseitige Kommunikationsverbindung zwischen Individuen, deren Dialoge nicht vorbestimmt sind, da Inhalt und Ergebnis aus dem kommunikativen Zusammenspiel folgen. Sprecher- und Hörerrolle können ausgesprochen schnell wechseln. Inhalte werden gegenseitig ausgetauscht.52 Das Verhalten in Gegenwart eines Anderen beeinflusst dessen Verhalten.53 Aktion und Reaktion sind interdependent. Face-to-Face Kommunikation hat einen sachlichen, informationsbezogenen und einen sozialen, beziehungsbezogenen Aspekt.54 Beide treten auch bei anderen zwischenmenschlichen Kommunikationsformen auf und ergeben sich bei der Face-to-Face Kommunikation bewusst oder unbewusst und unterschiedlich stark gewichtet. Der sachbezogene Austausch von Informationen dient zum Abbau von Informationsasymmetrien zwischen Individuen.55 Das Senden und Empfangen von Informationen ermöglicht den Kommunikationsbeteiligten, den eigentlichen Gesprächsablauf zu strukturieren, den Informationsstand anzugleichen und die Resultate zu definieren. Der Beziehungsaspekt der Kommunikation56 geht über den reinen Informationsaustausch hinaus und ist die Grundlage der sozialen, zwischenmenschlichen Seite der Kommunikation.57 Face-to-Face Kommunikation findet zwischen mindestens zwei Individuen statt, einem Sender und einem Empfänger.58 Natürlich können mehr als zwei Personen anwesend sein, doch auch der Kommunikationsverlauf innerhalb einer Gruppe kann wiederum in kleinere Kommunikationseinheiten zwischen zwei Individuen – Dyaden – eingeteilt werden.59 In der folgenden Betrachtung steht die Kommunikation zwischen zwei Personen im Mittelpunkt. Dyadische Interaktionssequenzen finden im engeren Verständnis Face-to-Face zum Beispiel als Gespräch, Diskussion oder Verhandlung statt.60 In der vorliegenden Arbeit wird diese vertriebsbezogene dyadische Kommunikation – Informationsaustausch zwischen Einkäufer und
51
Vgl. für einen ausführlichen Überblick zur vokalen Kommunikation z. B. den Sammelband von Scherer (1982). 52 Vgl. Kroeber-Riel/ Weinberg (2003), S. 498. 53 Vgl. Thibaut/ Kelley (1959), S. 10. 54 Vgl. Watzlawick et al. (2007), S. 56. 55 Vgl. Large (1999), S. 254 f.; auch Mann (2004), S. 5. 56 Vgl. Schulz von Thun (1997), S. 13 f. 57 Vgl. auch die Ausführungen zur Beziehungsorientierung der Kommunikation in Kapitel 2.6. 58 Vgl. Shannon/ Weaver (1976), S. 16. 59 Vgl. Herkner (2001), S. 385. 60 Ebenda.
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
15
Verkäufer – allerdings separat aus Einkäufer- und aus Verkäufersicht betrachtet (vgl. hierzu Kapitel 3 bis 5). Die Effizienz von Face-to-Face Kommunikation im Vergleich zu formalen Medien wird insbesondere in der bereits erwähnten Media Richness Theory von DAFT und LENGEL (1984) herausgestellt, wobei es auf den angemessenen Einsatz dieser Kommunikationsform ankommt.61 Der positive Einfluss der Nutzung von Face-to-Face Kommunikation in Organisationen wurde in verschiedenen Studien zum Beispiel im Hinblick auf den innerorganisationalen Informationsaustausch62, die Weitergabe besonders umfassender Informationen63, die verschiedenen Phasen des Verkaufsprozesses64, die Leistungsfähigkeit der Vertragspartner bei industriellen Kontraktgütern65 oder den Aufbau von Vertrauen66 bestätigt. 2.3
Vertrieb individualisierter Industriegüter als Anwendungsbereich
In der betriebswirtschaftlichen Literatur hat der Begriff des Industriegutes bzw. Investitionsgutes eine Vielzahl an Systematisierungsansätzen erfahren. Hierbei wurden unterschiedliche Kriterien wie die Art der Nachfrager oder der Güter67 wie auch die Verarbeitungsstufe68 oder die Verwendung herangezogen.69 In der vorliegenden Arbeit soll die Unterteilung zwischen Konsum- und Investitionsgut hinsichtlich der nachfragenden Zielgruppe gemäß ENGELHARD und GÜNTER (1981) verwendet werden, wonach Investitionsgüter Leistungen sind, „die von Organisationen (Nichtkonsumenten) beschafft werden, um mit ihrem Einsatz (Ge- / Verbrauch) weitere Güter für die Fremdbedarfsdeckung zu erstellen oder um sie unverändert an andere Organisationen weiterzuveräußern, die diese Leistungserstellung vornehmen.“70 Die Unterscheidung wird somit nicht durch die technische Beschaffenheit eines Produktes determiniert, sondern durch den Nachfrager. In Anlehnung an die englische Bezeichnung „Industrial Goods“ hat BACKHAUS den Begriff ‚Investitionsgut’ ab der fünften Auflage seines Standardwerks mit dem Ziel der semantischen Verdeutlichung in ‚Industriegut’ umbenannt.71 In der dort vorgestellten Definition werden Güter ausgeschlossen, mit denen Leistungen für Endkonsumenten erstellt werden, und Industriegüter definiert als „Leistungen, die von Organisationen beschafft werden, um weitere Leis61
Vgl. Daft/ Lengel (1984), S. 191 ff ., auch Kapitel 1.1. Vgl. Daft/ Lengel (1986), S. 554 ff. 63 Vgl. Salmon/ Joiner (2005), S. 62. 64 Vgl. Cano et al. (2005), S. 283 ff. 65 Vgl. Vickery et al. (2004), S. 1106 ff. 66 Vgl. Rockmann/ Northcraft (2008), S. 106 ff.; auch Huang et al. (2008), S. 68. 67 Vgl. Pfeiffer/ Bischof (1974), Sp. 918 – 923: Systematisierung nach Güterarten in Sachgüter, Dienstleistungen, Rechte und Nominalgüter. 68 Vgl. Engelhard/ Günter (1981), S. 24: Systematisierung nach der Verarbeitungsstufe in Rohstoffe, Einsatzstoffe, Energie, Teile, Einzelaggregate und Anlagen. 69 Für Überblicke zu verschiedenen definitorischen Ansätzen vgl. z. B. Backhaus (2003); auch Richter (2001), S. 17 ff. 70 Engelhard/ Günter (1981), S 24. 71 Vgl. Backhaus (1997), S. VII, auch Backhaus (2003), S. IX; mit der achten Auflage des Buches ‚Industriegütermarketing’ wurde eine völlig neue Struktur vorgestellt, die auf dem Konstrukt des ‚Komparativen Konkurrenzvorteils’ basiert (vgl. Backhaus/ Voeth (2007)). 62
16
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
tungen zu erstellen, die nicht in der Distribution an Letztkonsumenten bestehen.“72 Die begriffliche Änderung verstärkt den Fokus auf Organisationen als Nachfrager und bleibt dabei deckungsgleich mit der o. g. Definition von ENGELHARD und GÜNTER. Eine Untersuchung des Industriegütergeschäfts stößt in ihrer Allgemeingültigkeit an die Grenzen der ausgeprägten Heterogenität des Austauschs von Gütern zwischen Industriegüterunternehmen. Eine entscheidungsorientierte Wissenschaft hat das Ziel, Empfehlungen zur Ausgestaltung von Marketingprogrammen anhand zu Grunde liegender Transaktionsmuster zu formulieren.73 Face-to-Face Kommunikation ist insbesondere bei individuellen Industriegütern relevant. Beim Austausch von individuellen Industriegütern ist die Leistung zum Zeitpunkt der Verhandlungen zwischen Anbieter und Nachfrager noch nicht existent, sondern wird erst im Zuge eines Bedarfsspezifizierungsprozesses unter Mitarbeit beider Marktpartner gestaltet. Eine ausgeprägte Komplexität und der häufig sehr hohe wirtschaftliche Wert führen zu erheblichen Informations- und Unsicherheitsproblemen auf beiden Seiten. Der erhöhte Integrationsgrad und die Unsicherheit bei der Erstellung individueller Güter führen zu einer erhöhten Bedeutung der Face-to-Face Kommunikation.74 Der Integrationsgrad stellt dabei das Maß zwischen einer standardisierten und einer individuellen Leistung dar, bei dem sowohl der Individualisierungsgrad (Wunsch nach der individuellen Gestaltung einer Leistung) als auch der Interaktionsgrad (Notwendigkeit der interaktiven Abstimmung von Verkäufer und Einkäufer) berücksichtigt werden.75 Mit steigendem Integrationsgrad nimmt die Relevanz der persönlichen Kommunikation zu, denn starke Individualisierung und Interaktivität sind ohne Face-to-Face Kommunikation kaum möglich. Umgekehrt führt ein hoher Integrationsgrad zur Nutzung von Face-to-Face Kommunikation.76 Der Unsicherheitsgrad spiegelt das Maß der vorliegenden Informationsasymmetrien wider. Diese liegen sowohl auf der anbietenden als auch auf der beschaffenden Seite vor. Je stärker die Unsicherheit ausgeprägt ist, desto wichtiger ist die Anwendung von Face-to-Face Kommunikation zum Ausgleich von Informationsasymmetrien. In der Literatur existieren verschiedene Ansätze zur Typologisierung von Geschäftstypen im Industriegütermarketing, die zum Teil divergierende Kriterien heranziehen.77 Der Individualisierungsaspekt des Transaktionsprozesses ist (teils implizit) in unterschiedlichen Geschäftstypologien enthalten. Die folgende Tabelle fasst zentrale Typologisierungsansätze hinsichtlich der identifizierten Typen, Bestimmungsfaktoren, Individualisierungscharakteristika, Konsequenzen und theoretischen Hintergründe zusammen.
72
Backhaus (1997), S. 8. Vgl. Backhaus (2003), S. 299. Vgl. Vickery (2004), S. 1109. 75 Vgl. Mann (2004), S. 78. 76 Vgl. im Kontext der Media Richness Theory z. B. Daft/ Lengel (1984), S. 191 ff. 77 Für eine Beschreibung der einzelnen Ansätze vgl. Backhaus/ Voeth (2007), S. 181 ff. 73 74
Abbildung 3
Customer Integration-Geschäft Anlagengeschäft Commodity-Geschäft Spot-Geschäft
Kleinaltenkamp (1994, 2001)
Individuelle Industriegüter in Typologisierungsansätzen des Industriegütermarketing
Leistungsbündel als Absatzobjekte
Engelhardt / Kleinaltenkamp / Reckenfelderbäumer (1993)
Geschäftstypen
Backhaus (1982, 1990, 1992, 1997, 2007)
Umgang mit Unsicherheit
Kaas (1992, 1995)
Managementansatz, Transaktionstypen
Typen von Leistungsbündeln Beispiele: Typ I: Sondermaschine Typ II: Unternehmensberatung Typ III: Vorproduziertes Teil Typ IV: Datenbankdienst Mischform: kompl.CIM-Lösung
Anlagengeschäft Produktgeschäft Systemgeschäft Zuliefergeschäft
Kontraktgüter Austauschgüter Geschäftsbeziehungen
Projekt-Management Key-Account-Management Transaction Marketing Relationship Marketing
Plinke (1991, 1992, 1997)
Kaufprozesse
Vertrauenskäufe Suchkäufe Erfahrungskäufe
Weiber / Adler (1995)
Transaktionstypen
Allg. Typologien der Ansätze
Autor(en) (Jahr) &Fokus
Intensität der Geschäftsbeziehung Integrationsgrad
Individualtransaktion Routinetransaktion
Ausmaß der Qualitätsunsicherheit Gefahr des Opportunismus (Spezifität)
Volumen
Häufigkeit / Unsicherheit / Spezifität
Dominierende Eigenschaftsdimension: Sucheigenschaften Erfahrungseigenschaften Vertrauenseigenschaften
Integrativität
Intensität der Geschäftsbeziehungen
Bestimmungsfaktoren
Typ I und II: Integrativ erstellte Leistungsbündel
Anlagengeschäft: hochspezifische, einmalige, komplexe und hochwertige Leistungen
Kontraktgüter: spezifische, komplexe und hochwertige Güter
Projektmanagement, KeyAccount-Management: am einzelnen Kunden orientierte, einmalige Leistungen
Vertrauenskäufe: Basieren auf hoher Unsicherheit, diese kann nur durch Vertrauen individuell abgebaut werden
Customer IntegrationGeschäft, Anlagengeschäft: Integrativität hoch
Typen mit individuellen Charakteristiken und Abgrenzungskriterien
Informationsökonomik
Informationsökonomik und verhaltenswissenschaftliche Begründung
Informationsökonomik; Principal-AgentTheorie
Transaktionskostentheorie
Informationsökonomik
Informationsökonomik
Zentrale Theoriebasis
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb 17
18
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
Unabhängig von der Betrachtungsperspektive sind in jedem der aufgeführten Ansätze Typen zu identifizieren, denen Aspekte der Individualität zugeschrieben werden können. Die Erkenntnisse zur Gestaltung der Face-to-Face Kommunikation, die in der vorliegenden Arbeit entwickelt werden, sind insbesondere für Geschäftstypen mit integrativ erstellten Leistungsbündeln (Sondermaschinen, Unternehmensberatungen)78, für hochspezifische, komplexe und hochwertige Leistungen mit hoher Integrativität (Anlagengeschäft79 und Kontraktgütergeschäft80) sowie für am einzelnen Kunden orientierte, einmalige Leistungen (Projektmanagement, Key-Account-Management)81 und Vertrauensgüter, die nicht prüfbar sind,82 von Nutzen. Die theoretischen Grundlagen der genannten Ansätze bilden darüber hinaus die Basis für weitere Ausführungen in dieser Arbeit. 2.4
Stand der Forschung zu Interaktionsansätzen
Mit der Untersuchung von Gestaltungsmöglichkeiten der Face-to-Face Kommunikation bei individuellen Industriegütern werden interdependente Interaktionen zwischen Verkäufern und Einkäufern analysiert. In der Marketingforschung werden Studien und Forschungsansätze, die sich mit der Interaktivität als Gestaltungsansatz für Marketingentscheidungen beschäftigen, als Interaktionsansätze bezeichnet. Insbesondere Arbeiten aus dem Investitions- und Industriegütermarketing, die verbale und non-verbale interdependente Aktionen und Reaktionen83 von zwei oder mehr Marktpartnern beim Kauf und Verkauf von Industriegütern beschreiben, analysieren und erklären, zählen zu diesen Ansätzen.84 Dabei spielen Verhandlungen eine herausragende Rolle, da in Interaktionsstudien der Verlauf oder das Ergebnis eines Transaktionsprozesses durch die Beziehungen zwischen den Beteiligten erklärt wird.85 Verhandlungsstudien wurden zum einen als „Momentaufnahme“86 konzipiert, wobei die Beziehungsmerkmale querschnittsanalytisch zu einem Zeitpunkt erfasst und analysiert werden. Diese werden als Strukturansätze bezeichnet. Zum anderen liegen Prozessansätze vor, die längsschnittanalytisch die Veränderungen der Variablen über die Zeit erfassen und den Entscheidungsfindungsprozess phasenbezogen strukturieren. Hierbei werden Inhalte, Reihenfolge und Dauer der Interaktionen untersucht.87 Zentrale Elemente dieser Analysen sind Verhaltens-, Einstellungs- und Zufriedenheitsänderungen der Interaktionspartner, die durch den
78
Vgl. Engelhardt et al. (1993), S. 395 ff. Vgl. Backhaus (1982), S. 93; Backhaus (1990), S. 205 f.; Backhaus (1992), S. 1 ff.; Backhaus/ Voeth (2007), S. 195 ff.; auch Kleinaltenkamp (1994), S. 77 ff.; Kleinaltenkamp (2001). 80 Vgl. Kaas (1992a), S. 884ff.; Kaas (1995a), S. 7 ff. 81 Vgl. Plinke (1991), S. 172 ff.; Plinke (1992), S. 830 ff.; Plinke (1997), S. 1 ff. 82 Vgl. Weiber/ Adler (1995), S. 43 ff. 83 Vgl. Kern (1987), S. 7. 84 Vgl. Backhaus/ Voeth (2007), S. 105. 85 Vgl. Gemünden (1981), S. 11. 86 Backhaus/ Voeth (2007), S. 105. 87 Vgl. Kern (1990), S. 24. 79
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
19
Kommunikationsstil, das Verhandlungsengagement und die Verhandlungsstrategie beeinflusst werden.88 Struktur- und Prozessansätze liegen auch in dyadisch-personalen Ansätzen vor, bei denen zwei Individuen analysiert werden. In der Regel sind diese auf Verkäufer-Einkäufer-Dyaden bezogen und als Matching-Studien angelegt. Der Interaktionserfolg wird dabei als abhängig von der wahrgenommenen Ähnlichkeit in physischen, sozialen und charakterlichen Komponenten angenommen.89 Auch ein angemessenes Rollenverhalten bestimmt den Interaktionsverlauf, wobei Verhaltenserwartung und Verhaltensrealisation der Kommunikationsbeteiligten kongruent sind.90 Werden mehr als zwei Individuen in ihrer Interaktion betrachtet, liegen multi-personale Ansätze vor. Hier werden auch Rollenstrukturen, Machtverhältnisse und Koalitionsbildungen zwischen den Gruppen berücksichtigt.91 Um den eingeschränkten Erklärungsgehalt der vorgenannten Partialansätze zu erweitern, wird in dyadisch-organisationalen Ansätzen die Einbettung der beteiligten Individuen ins organisationale Umfeld betrachtet. Dabei werden vielfältige organisationale Einflussgrößen wie Unternehmensgröße, Organisationsstruktur und Formalisierungsgrad, Management- und Mitarbeiterqualifikation, Unternehmenskultur und auch Elemente der Makroumwelt des Unternehmens herangezogen.92 Werden weitere Parteien des unternehmerischen Umfelds wie Unternehmensberater, Banken, Versicherungen, Behörden usw. in die Betrachtung mit einbezogen, so handelt es sich um einen multi-organisationalen Ansatz. Zu diesen Ansätzen zählen umfassende Konzepte wie das von KIRSCH und KUTSCHKER sowie der IMPGROUP.93 In der Literatur liegt zu den benannten Ausprägungen eine Vielzahl konzeptioneller und empirischer Studien vor. Im Folgenden werden Interaktionsansätze exemplarisch darstellt. Es sind der jeweilige Analyse- oder Konzeptionsfokus und die zentralen empirischen Ergebnisse (wenn vorhanden) aufgelistet (vgl. Abbildung 4).
88
Vgl. z. B. Campbell et al. (1988), S. 49 ff.; Dion/ Banting (1988), S. 43 ff.; Gulbro/ Herbig (1996), S. 237 ff. 89 Vgl. Backhaus/ Voeth (2007), S. 106 f. 90 Vgl. Schoch (1970), S. 109 ff. 91 Vgl. Backhaus/ Voeth (2007), S. 107 f. 92 Vgl. Kern (1990), S. 32 ff. 93 Vgl. Kirsch/ Kutschker (1978). Die Abkürzung IMP steht für International Marketing and Purchasing. Die IMP-Group wurde 1976 von Wissenschaftlern aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Schweden mit dem Forschungsziel gegründet, Beschaffung und Absatz von Industriegütern im internationalen Kontext zu untersuchen. Im Mittelpunkt ihrer Untersuchungen stehen vier Komponenten: der Interaktionsprozess, die Interaktionspartner, die Interaktionsumwelt und die Interaktionsatmosphäre (vgl. Turnbull/ Valla (1989), S. 5 ff.). Für eine konzise Zusammenfassung der Ansätze vgl. z. B. Mann (2004), S. 29 ff.
20
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
Autor(en) (Jahr)
Inhalt
Empirie
Andersen/ Kumar (2006)
Konzeptionelles Modell des Einflusses von Vertrauen und Emotionen auf die Entwicklung von Geschäftsbeziehungen in
Keine
Einkäufer-Verkäufer Dyaden Anderson et al. (1994)
Ang et al. (2000)
Konzeptionell: Geschäftliche Beziehungen werden durch Umweltfaktoren und andere Einflussgrößen determiniert
Keine
Kulturdimensionen ‘Zeitorientie-
165 Interviews von Managern und Geschäftsführern in Singapur
rung’ und ‘Vertragsarten’ beeinflussen Verhandlungen zwischen Beteiligten aus unterschiedlichen Kulturkreisen.
Ergebnis: Einstellung und Anpassungsfähigkeit werden durch die Kulturdimensionen beeinflusst, Ähnlichkeiten im Verständnis der Dimensionen wirken sich positiv aus.
Bänsch (1977)
Konzeptionell: Einfluss des Kommunikationsstils (verbal / nonverbal) auf den Interaktionsprozess zwischen Verkäufer und Einkäufer
Keine
Barnes et al. (2007)
Dimensionen beeinflussen die Beziehung zwischen Einkäufer und Verkäufer in unterschiedlichen Phasen der Beziehung: 1. ‚legitimacy and compatibility’ 2. ‚social relations’ (soziale Bindungen) 3. ‚economic bonds and shared values’ (geschäftliche Verbindungen und unternehmensbezogen geteilte Werte) 4. ‚learning bonds’ (gemeinsame Weiterbildung)
54 Dyaden zwischen Verkäufern und Einkäufern in mittelgroßen und multinationalen Unternehmen
Campbell (1985)
Konzeptionell: Interaktionsmodell für Interaktionen im industriellen Kontext
Keine
Campbell et al. (1988)
Einfluss kultureller Unterschiede auf den Verhandlungsstil
schriftliche Befragung von 274 Geschäftsleuten unterschiedlicher Nationalität
Ergebnisse: Die Wichtigkeit und die Leistung der vier Dimensionen werden ähnlich eingeschätzt; In kurzen Beziehungen sind die Unterschiede größer; größere Anbieterunternehmen haben eine höhere Meinung von der Beziehung; Beziehungen entwickeln sich nicht unbedingt linear.
Ergebnis: Verhandlungsstil ist in den verschiedenen Kulturen (Deutschland, England, Frankreich, USA) unterschiedlich
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
Autor(en) (Jahr)
Inhalt
Empirie
Dampérat/ Jolibert (2009)
Analyse eines Modells mit vier Ebenen der sozialen Komplexität (Individuum, Interaktion, Beziehung und Multipersonal),
151 professionelle Einkäufer in Frankreich
Dion/ Banting (1988)
die Wirkung auf die Beziehungsentwicklung haben
Ergebnis: Die vier Ebenen werden bestätigt, Training der Verkäufer für Verkaufskompetenz wie auch der Einkäufer hinsichtlich ihre Beziehungsorientierung können den Beziehungsverlauf positiv beeinflussen.
Wirkung des Verhandlungsstils auf das -ergebnis
Schriftliche Befragung von 302 Verkaufsagenten
21
Ergebnis: Kooperativer Stil ist erfolgreicher als konkurrierender Stil. Dion et al. (1995)
Individuelle Ähnlichkeiten zwischen Einkäufer und Verkäufer und interpersonelles Vertrauen beeinflussen den Verhandlungserfolg.
Schriftliche Befragung von 59 Einkäufern und 124 Verkäufern der Industrie Ergebnis: Wahrgenommene Ähnlichkeit beeinflusst Vertrauen und Verhandlungserfolg positiv.
Ford (1978)
Konzeptionell: Einfluss von Macht- und Rollenstrukturen auf die Kundenbeziehung
keine
Ford (1980)
Konzeptionell: Phasenkonzept zur Entstehung und Entwicklung von Geschäftsbeziehungen in industriellen Märkten und Implikationen für das Industriegütermarketing
keine
Ford/ et al. (1999) / IMPGroup
Konzeptionell: Beziehungsmanagement in Business-to-Business Märkten
Analyse von Sekundärdaten
Entstehung effizienter Verhandlungsprozesse zwischen Unternehmen
Systematische Inhaltsanalyse von 195 Transaktionsprozessen bei EDV-Herstellern
Gemünden (1981)
Ergebnis: Ableitung von Implikationen (strategisch und operativ) zu Aufbau, Steuerung und Pflege von Geschäftsbeziehungen
Ergebnisse: Die Einschaltung von Macht- und Fachpromotoren beeinflusst die Harmonie der Interaktionsbeziehung, die Verhandlungsintensität und das -ergebnis. Gulbro/ Herbig (1996)
Ermittlung von Erfolgsfaktoren in interkulturellen Verhandlungsprozessen
Schriftliche Befragung von 161 Unternehmen Ergebnisse: Unternehmensgröße, Investition von Zeit, Vorbereitung und externe Unterstützung wirken positiv auf den Beziehungsaufbau und Verhandlungserfolg in interkulturellen Verhandlungsprozessen, dabei korrelieren Unternehmensgröße und verfügbare Ressourcen positiv.
22
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
Autor(en) (Jahr)
Inhalt
Empirie
Johnston et al. (1999)
Konzept eines internationalen Interaktionsmodells
keine
Konfirmatorische Analyse ver-
Auswertung von Sekundärdaten eines Werk-
schiedener Interaktionsansätze im Industriegüterbereich
zeugmaschinenherstellers
Kern (1990)
Ergebnisse: Transaktionsverhalten wird durch Kaufsituation, Unternehmensgröße, Buying Center Struktur, Geschäftsbeziehung und den formalen Transaktionsprozess beeinflusst. Persönliche Interaktion beeinflusst die Verhandlungsintensität. Kidwell et al. (2007)
Analyse des moderierenden Effekts der Wahrnehmung von Emotionen durch den Verkäufer auf die Beziehung zwischen Verkaufsverhalten und -ergebnis
Online-Befragung von 158 Verkäufern und 153 Persönlichkeitsevaluationen der Verkäufer durch deren Vorgesetzte (135 komplette Selbst- und Fremdbeurteilungen) Ergebnis: Die Empathiefähigkeit beeinflusst die Art und Weise der Verhandlung und das Verhandlungsergebnis. Hohe Empathiefähigkeit beeinflusst das Verkaufsverhalten positiv, geringere Empathiefähigkeit beschränkt nicht das kundenorientierte Verkaufsverhalten, hat aber einen negativen Einfluss auf die Verkaufswahrscheinlichkeit.
Kirsch/ Kutschker (1978)
Analyse von organisationalen Prozessen (Entscheidung, Planung, Verhandlung)
Schriftliche Befragung von 192 anbietenden und 116 beschaffenden Unternehmen Ergebnisse: Organisationale Faktoren, Erfahrungen, Zahl der Beteiligten und Vorbereitungsintensität beeinflussen die Verhandlungen sowie deren Konfliktpotenzial.
Koch (1987)
Analyse von Einflussgrößen des Verhandlungsergebnisses: individuelle Faktoren, Multipersonalität, Entscheidungskomplexität, Kommunikationsverhalten und -erwartungen
Mohr et al. (1996)
Analyse der Bedeutung kollaborativer Kommunikation für Geschäftsbeziehungen
Persönliche Interviews mit 132 Einkäufern und Verkäufern über 32 Episoden in verschiedenen Branchen Ergebnisse: Übereinstimmung von Kommunikationserwartung und- verhalten wirken positiv auf den Verhandlungserfolg. Befragung von 125 Einkäufern (Händlern) im B-to-B Computerhandel Ergebnis: Zufriedenheit und Commitment werden positiv von interaktiver und abgestimmter Kommunikation beeinflusst.
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
Autor(en) (Jahr)
Inhalt
Empirie
Perdue et al. (1986)
Analyse von Verhandlungsstilen industrieller Einkäufer
Befragung von 195 nicht-akademischen Mitgliedern der National Association of Purchasing Management in den USA
23
Ergebnis: Drei Verhandlungsstile konnten identifiziert werden: kooperativ, konkurrierend und teilend. Schoch (1970)
Analyse der Bedeutung von Rollenerwartungen, demografischen, sozialen, psychologischen Merkmalen der Verhandlungsbeteiligten für das Kommunikationsergebnis
Untersuchung von Dyaden zwischen 50 Verkäufern, 194 Käufern und 152 Nicht-Käufern von Büromaschinen Ergebnis: Rollenverhalten, non-verbales Verhalten und Eigenschaften des Verkäufers beeinflussen die Kaufwahrscheinlichkeit. Die wahrgenommene Ähnlichkeit zwischen Käufer und Verkäufer hinsichtlich der Rollenerwartungen, demografischer, sozialer und ökonomischer Merkmale beeinflusst die Kaufwahrscheinlichkeit.
Schurr (2007)
Konzeptualisierung der Eigenschaften von Interaktionsepisoden als generierend, degenerierend und neutral; Empfehlung qualitativer Analysemethoden
keine
Theile (2004)
Konzeptualisierung und kausalanalytische Analyse von Interaktionsprozessen im internationalen Kontext; international angelegte Replikation der Studie von Kern (1990)
Auswertung von Sekundärdaten eines Werkzeugmaschinenherstellers mit 21.316 Interaktionsprozessen mit 8.275 Kunden aus Deutschland, Frankreich und den USA Ergebnisse: Die Ergebnisse von Kern (1990) waren weitestgehend zeitlich stabil. Der Erfolg nationaler Interaktionsprozesse wird durch die Intensität der bisherigen Geschäftsbeziehung, die Häufigkeit der Kontakte und die Dauer des Verhandlungsprozesses beeinflusst. Die Nationalität beeinflusst die Verhandlungshäufigkeit und Dauer. Situative Einflussfaktoren, die Höhe des Produktwerts und die Konkurrenzintensität wirken in gleicher Weise (positiv) auf den Umfang des Verhandlungsbedarfs und erhöhen den Anteil persönlicher und begleitender Vertriebskontakte. Intensive persönliche Kontakte wirken positiv auf die Effizienz des Verhandlungsverlaufs und erhöhen die Auftragswahrscheinlichkeit. Die Interaktionsdauer beeinflusst das Interaktionsergebnis tendenziell negativ.
24
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
Autor(en) (Jahr)
Inhalt
Empirie
Turnbull/ Valla (1986)
Darstellung des Interaktionsmodells der IMP-Group mit den Elementen: Makro-Umwelt, Atmosphäre, Interaktionspro-
keine
zess, Beteiligte, Transaktionsepisoden und Geschäftsbeziehung Abbildung 4
Interaktionsansätze im Marketing
Die vorstehende Tabelle verdeutlicht, dass zahlreiche Ansätze zur Erklärung von Interaktionsprozessen dienen. Meist werden jedoch nur Teilaspekte betrachtet. Für eine Ableitung empirisch überprüfbarer Hypothesen erscheint es sinnvoll, die betrachteten Aspekte so zu strukturieren, dass sie in einen Gesamtzusammenhang gestellt werden können, der als konzeptioneller Bezugsrahmen dienen kann. Die verschiedenen Ansätze liefern Elemente, die sich für eine Untersuchung, in deren Mittelpunkt die persönliche Kommunikation zwischen zwei Individuen steht, heranziehen lassen. 2.5
Integrativer Kommunikationsansatz für den Industriegütervertrieb
In Kapitel 2.3 wurden Industriegüter als Güter definiert, die im weiteren Sinne von Unternehmen gekauft werden. Darüber hinaus wurden Geschäftstypen identifiziert, denen ein gewisses Maß an Individualität zugesprochen werden kann, sodass hier Face-to-Face Kommunikation zwischen den Mitgliedern zweier Unternehmen (Einkäufer und Verkäufer) stattfinden sollte. Die Relevanz der Face-to-Face Kommunikation im Industriegüterkontext ist eine Besonderheit des Industriegütervertriebs. Leistung und Gegenleistung werden häufig interaktiv im Rahmen gegenseitiger Einflussnahme ausgehandelt; das Personal Selling erhält eine besondere Bedeutung.94 Im Folgenden wird ein integrativer Kommunikationsansatz dargestellt, der als Rahmen der weiteren Betrachtung dient. Der Ansatz wird als integrativ bezeichnet, da sowohl personale als auch organisationale Aspekte in die Betrachtung mit einbezogen werden. Die Elemente einer Dyade im Industriegütervertrieb – Einkäufer und Verkäufer – werden in der konzeptionellen Betrachtung als echte Dyade im engeren Verständnis (Face-to-Face Kommunikationssituation zwischen zwei anwesenden Personen) betrachtet. In der empirischen Analyse werden beide Seiten jedoch einzeln befragt, da die Untersuchung von Dyaden in der geschäftlichen Realität schwierig ist und eigentlich Beobachtungen notwendig wären. Der integrative Kommunikationsansatz beschreibt die dyadischen Elemente und kontextbezogenen Einflussgrößen von Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb (vgl. Abbildung 5).
94
Vgl. z. B. Johnston/ Kim (1994), S. 68; auch Frenzen/ Krafft (2004), S. 865 und Backhaus/ Voeth (2007), S. 12.
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
25
Der Ansatz besteht aus vier zentralen Bereichen, die in den folgenden Ausführungen jeweils genauer beleuchtet werden: x
Kommunikation von Sender zu Empfänger (vgl. Kapitel 2.6),
x
Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers und die Erwartungen an die Kommunikation (Kommunikationsqualität) (vgl. Kapitel 3),
x
Kontextvariablen der Kommunikation im Industriegütervertrieb: situative Faktoren, Episoden, individuelle Faktoren, interindividuelle Faktoren, Multipersonalität, Unternehmen / Branche / Produkt, Internationalität / Kultur (vgl. Kapitel 4),
x
Einflussgrößen des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers (vgl. Kapitel 5).
Die genannten Elemente werden in den folgenden Ausführungen definiert und - theoretisch basiert - konzeptualisiert. Zudem werden Methoden der Messung und empirische Ergebnisse vorgestellt.
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb 26
Internationalität / Kultur Branche
Unternehmen
Selling Center
Geschäftsbeziehung Leistung / Produkt Position Funktion Erfahrungen Geschlecht Eigenschaften
Einrkäufer x x x x x
Internationalität / Kultur
Ähnlichkeiten
Kommunikative Ist-Leistung
Branche
Beziehung
Nachricht
Kommunikationszufriedenheit
Empfänger / Einkäufer
Unternehmen
Verkäufer Position Funktion Erfahrungen Geschlecht Eigenschaften
Kommunikationsverhalten
Erwartungen: Dimensionen der Kommunikationsqualität
Situativer Kontext
Buying Center
x x x x x
affektive Einstellung kognitive Einstellung
soziale Norm
wahrgenommene Verhaltenskontrolle
Sender / Verkäufer
Episode Face-to-Face Kommunikation
Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz
Abbildung 5
Vergleich
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
2.6
27
Sender, Nachricht, Empfänger: Kommunikationstheorien
Selling Center
Branche
Unternehmen
Nationalität / Kultur
Branche
Unternehmen
Buying Center
Nationalität / Kultur
Zur grundlegenden Konzeptualisierung der Face-to-Face Kommunikation im skizzierten integrierten Ansatz werden Theorien, Modelle und Ansätze der interpersonellen Kommunikation herangezogen, da diese dem Integrationsanspruch des Untersuchungsfeldes aufgrund ihrer Fokussierung auf zwischenmenschliche, dyadische Interaktionen mit ihren Elementen gerecht werden können.95 Empfänger
Sender
situativer Kontext Episode
Face-to-Face Kommunikation
Die folgenden Ausführungen stellen auf den ‚Inner Circle’ des Kommunikationsansatzes, die Kommunikationssituation selbst, ab. Zwischen Sender und Empfänger werden Inhalte ausgetauscht, zwischen ihnen gibt es eine Beziehung. Sender und Empfänger haben individuelle Eigenschaften. Semantische Encodierungs- und Decodierungsfähigkeiten werden durch die Sprache bedingt. Die gestrichelten Linien deuten die Wechselseitigkeit der Kommunikation an.
Sender
Nachricht
Empfänger
Inhalt / Beziehung
Empfänger
Abbildung 6
Sender
Facetten der Betrachtung von Face-to-Face Kommunikation
Kommunikationstheorien und Modelle können nach CRAIG (1999)96 sieben Richtungen zugeordnet werden.97 GRIFFIN (2003) verortet diese auf einer ‚Landkarte’ zwischen den Polen Objektivität (beginnend bei sozio-psychologischen Ansätzen) und Interpretation (bis hin zu phänomenologischen Ansätzen)98 und ergänzt um die ethische Richtung (Kommunikation als wahrheitsgetreue und wohlwollende Interaktion)99.
95
Vgl. für einen Überblick über verschiedene Kommunikationstheorien zum Beispiel Burkart (2002) und Griffin (2003), auch Schützeichel (2004). Vgl. Craig (1999), S. 119 ff. 97 Vgl. Griffin (2003), S. 21 ff.: Sozio-psychologisch (Kommunikation als interpersoneller Einfluss), kybernetisch (Kommunikation als Informationsweitergabe), rhetorisch (kunstvoll an die Öffentlichkeit adressiert), semantisch (Kommunikation als Bedeutungsverständnis durch Zeichen), soziokulturell (Kommunikation als die Kreation und das Erleben sozialer Realität), kritisch (Kommunikation als reflektive Herausforderung ungerechter Unterhaltung), phänomenologisch (Kommunikation als die Erfahrung des Selbst und von Anderen durch Dialog). 98 Vgl. Griffin (2003), S. 33, die ethische Richtung kann je nach Vertreter beiden Ausprägungen zugeordnet werden, so dass Griffin hier auf eine eindeutige Zuordnung verzichtet. 99 Vgl. Griffin (2003), S. 34. 96
28
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
Sozio-psychologische Ansätze betrachten die persuasiven Effekte der Kommunikation. Insbesondere in der Massenkommunikationsforschung kommen die Überlegungen LASSWELLs (1927, 1966)100 noch heute zum Tragen101: „Who says What in Which Channel to Whom with What Effect.“102 Diese Formel kann als Versuch interpretiert werden, die Einseitigkeit des Stimulus-Response-Schemas als Wirkung des Einen auf den Anderen zu überwinden. LASSWELL versuchte die Wirkung von Propaganda, in Anlehnung an den Behaviorismus, zu erklären.103 Zentral in seiner Betrachtung sind drei Elemente: die Kommunikation, der Stimulus und der Rezipient: Etwas wird von einem zu einem anderen transportiert. Die Elemente können auch Rollen im Kommunikationsprozess entsprechen. In den Yale Attitude Studies um HOVLAND (1953)104 wurde experimentell untersucht, welche Wirkung die Aussagen verschiedener Sender auf verschiedene Rezipienten haben. Die Forscher konnten feststellen, dass Sender mit einer höheren Vertrauenswürdigkeit auf Basis von Expertenwissen und Charakter einen stärkeren Einfluss auf die Meinungsbildung haben als solche mit weniger ‚credibility’.105 Die kybernetische Tradition betrachtet die Kommunikation als Prozess der Informationsübertragung. Eine nachrichtentechnische Anmutung bekam die Betrachtung von zwei Kommunikationsbeteiligten mit der Formulierung der „Mathematical Theory of Communication“ von SHANNON und WEAVER (1949)106. Diese Theorie der Informationsübertragung fand Eingang in verschiedenste Wissenschaften als ‚Sender-Empfänger-Modell’, wobei die Störanfälligkeit technischer Informationsübertragungen herausgestellt wird, bei der Elemente übertragener Informationen verloren gehen können. Die Darstellung erfolgt in starker Anlehnung an die Modalitäten der Telefonkommunikation: Der Sender schickt Signale über einen Übertragungskanal an den Empfänger. Das Signal wird dazwischen in elektrische Spannung transformiert, da Schallwellen keine großen Distanzen überwinden können. Der Empfänger muss diese Enkodierung wieder umkehren und dekodieren.107 Die Übertragung der Nachricht wird auf zwei Arten erschwert. Das erste Problem ist die Störanfälligkeit der Übertragung, woraus eine Mischung mit einem ‚Rauschen’ folgt und rein auditiv bewertet werden kann: Eine Lautfolge überwindet das Medium Luft oder ein Telefonkabel nicht vollständig oder wird vom Rauschen überlagert und kann vom Empfänger nicht gehört werden. Das zweite Problem ist das der Dekodierung. Im Rahmen der Informationstheorie ist ein einheitlicher Kode von Sender und Empfänger Voraussetzung für eine erfolgreiche En- und Dekodierung.108 In verbaler, zwischenmenschlicher Kommunikation muss ein solcher Kode einen Bezug zur Bedeutung haben. SHANNON und WEAVER lösen das Problem mit der Einführung eines (zusätzlichen) semantischen Senders, der Bedeutungen in Output transformiert und über einen technischen 100
Vgl. Lasswell (1927), S. 627 ff.; Lasswell (1966), S. 178 ff. Vgl. Schützeichel (2004), S. 25. 102 Lasswell (1966), S. 178. 103 Vgl. Frindte (2001), S. 29 f. 104 Vgl. Hovland et al. (1953), S. 27 f. 105 Vgl. Hovland et al. (1953), S. 19 ff.; vgl. hierzu auch die folgenden Ausführungen zur rhetorischen Tradition und Aristoles’ Überlegungen zum ‚Ethos’ des Redners. 106 Vgl. Shannon/ Weaver (1949). 107 Vgl. Shannon/ Weaver (1976), S. 17. 108 Vgl. Schützeichel (2004), S. 23 f. 101
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
29
Sender und einen technischen Empfänger an einen semantischen Empfänger verschickt. Damit wird die Störanfälligkeit auf die semantische Ebene ausgedehnt und der Ansatz auf zwischenmenschliche Kommunikation anwendbar. Eine weitere Konkretisierung erfuhr das Kommunikationsmodell von SHANNON und WEAVER durch BADURA (1971)109, der mehrfache (pragmatische, semantische und syntaktische) Enkodierungs- und Dekodierungsprozesse berücksichtigt und Sender und Empfänger durch die Einbettung in soziale Kontexte (Situation, Informationsniveau, emotionaler Erlebnishorizont, Interessen, soziale Randbedingungen) sozialisiert. Im Ansatz von SHANNON und WEAVER wird nicht deutlich, dass eine Reziprozität zwischen Sender und Empfänger besteht. Im Vordergrund stehen die Mitteilung und die Individuen. Die rhetorische Tradition betrachtet die kunstvolle öffentliche Rede. ARISTOTELES (384-322 v. Chr.) gilt als Urvater der Kommunikationswissenschaft.110 Mit seiner Schrift ‚Rhetorik’111 legte er die Basis für die Erläuterung der Wirkung von informeller Face-to-Face Kommunikation.112 Er beschreibt Rhetorik als das Vermögen, bei jedem Gegenstand das möglicherweise Glaubenerweckende zu erkennen und identifiziert drei Arten von Überzeugungsmitteln, die in einer Rede verwendet werden.113 Diese liegen im Charakter des Redners (Ethos), in der Fähigkeit den Hörer in eine bestimmte Stimmung zu versetzen (Pathos) und in dem Inhalt der Rede selbst, also dem Beweisen oder scheinbaren Beweisen (Logos). Das Ethos eines Redners ist dann besonders überzeugend, wenn er in den Augen des Publikums drei Eigenschaften innehat:114 Intelligenz, Charakter und gute Absichten. Intelligenz wird dann durch ein Publikum wahrgenommen, wenn dessen Meinungen mit den Ideen des Redners übereinstimmen. Diese Übereinstimmung stellt eine Form von gemeinsamer Wertidentifikation dar. Der angemessene Charakter beschreibt einen Redner als gute und ehrliche Person, die fair und optimistisch ist. Die Darstellung guter Absichten eines Redners gegenüber seinem Publikum beeinflusst darüber hinaus das wahrgenommene Ethos positiv. Studien, die die Vertrauenswürdigkeit von Informationsquellen untersuchen, bestätigen die drei Bestandteile.115 Das Pathos einer Rede zielt auf die Emotionen des Publikums. ARISTOTELES beschreibt gegensätzliche Emotionen (Ärger – Milde, Liebe – Hass, Angst – Mut, Scham – Schamlosigkeit, Empörung – Mitleid, Bewunderung – Neid), deren Umstände und die Möglichkeiten eines Redners, die jeweilige Emotion bei seinem Publikum zu erzeugen.116 Mit dem Logos einer Rede beschreibt ARISTOTELES die überzeugende Argumentationsreihe. Als stärksten logischen Beweis nennt er das Enthymem117 (Wahrscheinlichkeitsschluss, bei dem gedanklich eine Prämisse zu ergänzen ist), bei dem das Publikum selbst den Beweis
109
Vgl. Badura (1971), S. 20. Vgl. Merten (1999), S. 14. 111 Vgl. für eine aktuelle und ergänzte Übersetzung Aristotle (2007) übersetzt von George A. Kennedy. 112 Vgl. für eine Diskussion der Eignung der Rhetorik von Aristoteles für den Verkauf Caballero et al. (1984), S. 13 ff. 113 Vgl. Griffin (2003), S. 304. 114 Vgl. Griffin (2003), S. 307. 115 Vgl. McCroskey (1968), S. 67 ff. 116 Vgl. Griffin (2003), S. 308. 117 Vgl. Aristotle (2007), S. 33. 110
30
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
durch Vervollständigung des Syllogismus konstruiert und damit überzeugt wird.118 Eine weitere Beweisform ist das Beispiel. Die semiotische Tradition betrachtet die Kommunikation als Bedeutungsverständnis durch Zeichen.119 Die Sprache ist dabei das komplexeste Zeichensystem, da sie völlig auf arbiträren Zeichen beruht, eine soziale Institution, immutabel, produktiv und die akustische Manifestation von Zeichen ist.120 DE SAUSSURE121 stellte ein Kommunikationsmodell vor, in dem er den Kommunikationsvorgang in mehrere Schritte zerlegt122: Ein Sprecher sendet per Phonation ein Zeichen an einen Hörer, der es per Audition aufnimmt. Dieses Zeichen besteht aus der Vorstellung einer Sache (concept) und dem Lautbild (image acoustique). DE SAUSSUREs Modell stellt einen Kreislauf dar, in dem der vorherige Hörer nachfolgend die Rolle des Sprechers übernimmt und seinerseits ein Zeichen per Phonation sendet.123 Der übertragene Inhalt steht bei diesem Modell nicht im Vordergrund der Betrachtung. BÜHLER (1934)124 hat in der weiten Fassung seines Kommunikationsmodells, dem Organon-Modell, den Aspekt des ‚Für-Etwas-Stehens’ (stat aliquid pro aliquo) in das Zentrum der Betrachtung gerückt. Zeichen können in verschiedenen Modi auftreten, die funktional gekennzeichnet sind.125 Er folgt dabei dem PLATONschen Satz, Sprache sei ein Werkzeug, ein Organum, mit dem Einer dem Anderen etwas über die Dinge mitteilt.126 Zwischen diesen drei Punkten (der Eine (Sender), der Andere (Empfänger) und die Dinge) stellt das Organon-Modell Relationen dar, wobei das konkrete Kommunikationsphänomen im Mittelpunkt steht. Die folgende Abbildung zeigt BÜHLERs Organon-Modell. Das zentrale Phänomen (Ph) wird auf drei Arten zum Zeichen: In seiner Beziehung zu den dargestellten Gegenständen und Sachverhalten wird es zum Symbol, in seiner Abhängigkeit vom Sender ist es als Ausdruck seines inneren Zustands Symptom, und es ist Signal Kraft seines Appells an den Empfänger mit dem Ziel dessen Verhalten zu beeinflussen. Nach BÜHLER sind Darstellung, Ausdruck und Appell die drei kennzeichnenden Leistungen der Sprache.127
118
Vgl. Bitzer (1959), S. 409. Begründer der modernen Semiotik ist PEIRCE (1839- 1914) dessen Hauptthese besagt, „dass alles Denken ein Denken in Zeichen ist“ und der „Sinngebungsprozess“ in der Semiose stattfindet (Sawetz (2007), S. 369). In der folgenden Betrachtung soll der linguistische Aspekt der Semiotik herausgestellt werden. 120 Vgl. Schützeichel (2004), S. 38. 121 Vgl. de Sassure (1967), Übersetzung der posthum 1916 veröffentlichten Schrift ‚Cours de linguistique générale’, auch de Sassure (1972). 122 Vgl. Sawetz (2007), S. 381 ff. 123 Vgl. de Sassure (1972), S. 28. 124 Vgl. Bühler (1934). 125 Vgl. Bühler (1982), S. 24 f. 126 Vgl. Hörmann (1977), S. 14. 127 Andere Autoren schränken die Bedeutung von Darstellung, Ausdruck und Appell vorsichtiger auf die kennzeichnenden Funktionen des Zeichens ein (vgl. Hörmann (1977), S. 14). 119
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
31
Gegenstände und Sachverhalte
Darstellung (Symbol)
Ausdruck (Symptom)
Appell (Signal)
Ph
Sender Empfänger
Abbildung 7
BÜHLERs Organon-Modell (verändert)
128
Mit den folgenden Ausführungen soll die Betrachtungsweise reiner Sender-EmpfängerModelle um einige Aspekte der Gegenseitigkeit erweitert werden. Hierbei wird die interaktionale Face-to-Face Kommunikation als interpersonaler Kommunikationsprozess nach SCHERER (1979) verstanden: „Innerhalb des Prozesses übermitteln zwei oder mehrere koorientierte und wechselseitig kontingent agierende Akteure im Rahmen zielgerichteter Verhaltenssequenzen Informationen durch Zeichenkomplexe in verschiedenen Übertragungskanälen.“129 WATZLAWICK et al. (1967)130 gehen über die reine Sender-ZeichenEmpfänger-Struktur hinaus, stellen im Sinne einer weitgehend systemisch orientierten Kommunikation das Verhältnis des Einen zum Anderen heraus131 und betrachten in ihrer „Theory of Pragmatics“132 die zwischenmenschliche Sender-Empfänger-Beziehung innerhalb der Kommunikation.133 Im Mittelpunkt steht die Beziehung, das Verhalten in Ko-Orientierung und 128
Vgl. Bühler (1934), S. 28. Scherer (1979), S. 14. Englische Erstausgabe: Watzlawick et al. (1967). 131 Vgl. Rothe (2006), S. 99. 132 Auch bekannt als „The Interactional View“. Eine kritische Würdigung des Ansatzes von WATZLAWICK et al. ist bei Rothe (2006) zu finden. Sie zitiert u. a. kritische Arbeiten von Schülein (1976) und Meister (1984) und verdichtet deren Vorwürfe auf die Aussage, dass in WATZLAWICKs Ansatz eine völlige Inkonsistenz der Terminologie vorliege und zentrale Begriffe wie ‚Kommunikation’, ‚Metakommunikation’ und ‚Verhalten’ nicht eindeutig voneinander abgegrenzt würden (vgl. Rothe (2006), S. 103). Die Begründung des ersten Axioms bestehe nur in der synonymen Verwendung der Begriffe ‚Kommunikation’ und ‚Verhalten’ (ebenda). Das historische Verdienst von WATZLAWICK et al. sei eindeutig in der Thematisierung der menschlichen Kommunikation zu sehen, allerdings kann bei den Axiomen nicht von grundlegenden Kommunikationsregeln gesprochen werden, sondern von typischen Interaktionsformen. ROTHE fasst ihre kritischen Ausführungen zusammen und konstatiert, dass der Ansatz von WATZLAWICK et al. keine Theorie sei, sondern eine Zusammenstellung an Beobachtungen und Behauptungen, die an sich nicht unwahr sein müssen, aber nicht theoretisch begründet werden (vgl. Rothe (2006), S. 104). Trotz der dargestellten Kritik wird WATZLAWICKs Ansatz an dieser Stelle neben den anderen Modellen verwendet, um das Phänomen Kommunikation in all seinen Facetten zu betrachten. 133 Vgl. Watzlawick et al. (2007), S. 23. 129 130
32
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
Wechselseitigkeit. Zwischenmenschliche Kommunikation besteht in ihrem systemischen Ansatz aus sich gegenseitig bedingenden Wechselwirkungen. Diese Rückkopplung sorgt für die Herstellung und Erhaltung von Gleichgewicht in der Interaktion.134 Eine einmalige Übertragung von Informationen vom Einen zum Anderen wird als Mitteilung bezeichnet, erst mehrere aufeinander folgende Mitteilungen sind Interaktion.135 Interaktionen führen in ihrer Kontakthäufigkeit zu einer Sender-Empfänger-Beziehung, der Grundlage auch jeder persönlichen Geschäftsbeziehung. Geschäftsbeziehungen werden durch Kommunikation als kontinuierlicher Austausch in Form eines zweiseitigen Dialogs aufgebaut und gepflegt.136 Kommunikation beschränkt sich nicht auf den verbalen Ausdruck im Gebrauch von Worten, sondern berücksichtigt auch nonverbale Ausdruckselemente. Auch GOFFMAN (1971) hat dahingehend Ähnliches formuliert: „Ein Mensch kann aufhören zu sprechen, er kann aber nicht aufhören mit seinem Körper zu kommunizieren; er muss damit entweder das richtige oder das Falsche sagen, er kann aber nicht gar nichts sagen.“137 WATZLAWICK et al. berücksichtigen jegliches Verhalten eines Individuums. Sie betrachten dabei auch augenscheinlich ungerichtetes Verhalten, d. h. nicht nur Verhalten, das bewusst nonverbale Kommunikation intendiert. Diese Sichtweise findet ihren Ausdruck im ersten Axiom der menschlimenschlichen Kommunikation: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“138 Das zweite Axiom der Autoren um WATZLAWICK besagt verkürzt: „Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.“139 Der Inhaltsaspekt stellt auf die enthaltenen Informationen, das ‚Was’ der Kommunikation ab. Darüber hinaus enthält Kommunikation einen weniger auffälligen Aspekt, „nämlich einen Hinweis darauf, wie ihr Sender sie vom Empfänger verstanden haben möchte“140. Der Empfänger verwendet für seine Interpretation der Kommunikation Objektinformationen (Inhalt) und Informationen über diese Information (Beziehungsform).141 Die Autoren nehmen aus Interesse an den metakommunikativen Aspekten der Pragmatik – wie sie selbst anfügen – etwas beliebig an, dass der Beziehungsaspekt den Inhaltsaspekt bestimme und daher Metakommunikation sei. Ebenso logisch könnte jedoch angenommen werden, dass eine Klasse (die Beziehung) durch ihre Elemente (Inhalte) bestimmt ist.142 Die Güte der Kommunikation hängt vom Übereinstimmungsgrad der Einschätzung von inhaltlichen und beziehungsbezogenen Aspekten der Kommunikation durch die Beteiligten ab. Werden die jeweiligen Aspekte kongruent eingeschätzt, liegt eine hohe Güte der Kommunikation vor, bei Einschätzungsdivergenz kann von einer niedrigen Güte gesprochen werden.143 Im Idealfall sind sich die Beteiligten „sowohl über den Inhalt ihrer Kommunikation als
134
Vgl. Watzlawick et al. (2007), S. 33. Vgl. Watzlawick et al. (2007), S. 50 f. 136 Vgl. Watzlawick et al. (2007), S. 50 f.; auch Frommeyer (2005), S. 24. 137 Goffman (1971), S. 43. 138 Watzlawick et al. (2007), S. 53. 139 Vgl. Watzlawick et al. (2007), S. 56. 140 Watzlawick et al. (2007), S. 53. 141 Vgl. Watzlawick et al. (2007), S. 54. 142 Vgl. Watzlawick et al. (2007), Fußnote S. 56. 143 Vgl. Frommeyer (2005), S. 26. 135
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
33
auch über die Definition ihrer Beziehung einig“144. Nicht übereinstimmende Einschätzungen – im negativsten Fall auf beiden Ebenen - führen zu Missverständnissen und damit zu einer Störung der Kommunikation.145 Eine ähnliche Ansicht vertreten auch CANARY, CUPACH und SERPE (2001), die konstatieren: „Interaction is perceived to be appropriate when contextual and relational expectations are met.”146 Sie beziehen sich dabei explizit auf die Erfüllung einer Erwartungshaltung an die Kommunikation auf Inhalts- und Beziehungsebene. Der Inhaltsaspekt umfasst die Sachebene der Kommunikation, das ‚Was’. Dabei handelt es sich um zu übermittelnde Informationen wie Fakten, Wissen und Erfahrungen147 sowie um die logische Bedeutung der Informationen und deren kausale Beziehung zueinander148. Für den hier betroffenen Informationsfluss, -prozess und -austausch149 ist die verbale Kommunikation von besonderer Bedeutung150. Die Beziehungsebene betrifft das ‚WIE’ der Kommunikation, deren Art und Weise151 und stellt auf die personengebundene persönliche soziale Beziehung ab.152 Beziehungen werden durch Kommunikation definiert, ein Aufbau von persönlichen Beziehungen ist ohne Kommunikation nicht möglich.153 Der Beziehungsaspekt wird sowohl über verbale als auch nonverbale Kommunikation zwischen den Beteiligten vermittelt.154 Nonverbale Signale sind aufgrund ihrer Ausprägungsvielfalt im Rahmen von Kommunikationsprozessen nur schwer und letztlich unzureichend messbar.155 In dieser Arbeit werden keine spezifischen Informationen zur Gestaltung der nonverbalen Kommunikation erhoben. Allerdings reflektiert die spätere Untersuchung die Folgen der nonverbalen Kommunikation des Anbieters implizit in der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers. Diese ist das Ergebnis eines Vergleichs zwischen den Erwartungen des Einkäufers und dem Kommunikationsverhalten des Verkäufers.156 Damit ist das Geschehen zwischen den Kommunikationspartnern und damit die Beziehungsgestaltung betroffen. Die verschiedenen Modelle und Ansätze leisten jeweils einen Teilbeitrag zum Gesamtverständnis der komplexen Face-to-Face Kommunikation im Kontext dieser Arbeit: Sozio-psychologisch werden die Eigenschaften des Einen (Who – source of the message (expertise, trustworthyness)), die des Anderen (Whom - audience characteristics (personality, susceptibility to influence)) und die der Nachricht (What – content of the message (fear appeals, order of arguments)) unter persuasiven Gesichtspunkten betrachtet. In der kyberne-
144
Watzlawick et al. (2007), S. 81. Ebenda. 146 Canary et al. (2001), S. 82. 147 Vgl. Bühler (1999), S. 163 f. 148 Vgl. Plötner (2006), S. 450. 149 Vgl. Duncan/ Moriarty (1998), S. 5. 150 Vgl. Fließ (2006), S. 514. 151 Vgl. Plötner (2006), S. 451. 152 Vgl. Plötner (2006), S. 451. 153 Vgl. Duncan/ Moriarty (1998), S. 3, auch Madden/ Perry (2003), S. 115. 154 Vgl. Fließ (2006), S. 514 und S. 541. 155 Vgl. Mann (2004), S. 404. 156 Vgl. zum CD-Paradigma Kapitel 3.2. 145
34
2 Bezugsrahmen: Integrativer, dyadischer Kommunikationsansatz im Industriegütervertrieb
tischen Betrachtung werden die Kommunikationsbeteiligten erstmals als Sender und Empfänger benannt. Die Störanfälligkeit von Kommunikation wird betont: Nicht alle gesendeten Informationen kommen zwangsläufig beim Empfänger an. Sie können rein akustisch verloren gehen oder vom Empfänger fehldekodiert werden. Im Mittelpunkt stehen die Mitteilung und der Sender. Rhetorisch wird Kommunikation als dreigeteilter Weg zur Überzeugung betrachtet: positive Eigenschaften eines Senders, die das Gegenüber überzeugen; emotionale Anregung des Publikums für die soziale Beziehung und gute, überzeugende, zielgruppenorientierte Argumentation durch Einbeziehung des Publikums. Semiotisch steht hier die Betrachtung der Kommunikation aus linguistischer Perspektive im Vordergrund und bildet damit die gedankliche Basis für die Betrachtung von Sprache und sprachlichen Unterschieden in der geschäftlichen Kommunikation sowie deren Einfluss auf die Zufriedenheit in der Kommunikationssituation. Das Organon-Modell stellt Relationen zwischen dem Sender, dem Empfänger und der Nachricht dar, wobei diese je nach Perspektive als Darstellung, Ausdruck oder Appell interpretiert werden. Hierbei werden bereits Aspekte der Beziehung angesprochen. Der Beziehungsaspekt wird von WATZLAWICK et al. (1967) in den Vordergrund gerückt. Sie betonen die Reziprozität der Rollen von Sender und Empfänger und interpretieren jedes Verhalten als Kommunikation. Verbale und nonverbale Gestaltungselemente werden in die Betrachtung einbezogen und ihre Wirkung auf Inhalts- und Beziehungsebene dargestellt. Inhalts- und Beziehungsaspekt werden als Dimensionen der zwischenmenschlichen Kommunikation betrachtet. Die Güte der Kommunikation entsteht in der Kongruenz des Inhaltsaspekts zwischen den Partnern einerseits und des Beziehungsaspekts zwischen den Partnern andererseits.
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
35
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung 3.1
Relevanz, Ziele und Aufbau der Ausführungen
Selling Center
Branche
Unternehmen
Nationalität / Kultur
Branche
Unternehmen
Buying Center
Nationalität / Kultur
Der ‚Inner Circle’ des Kommunikationsansatzes beinhaltet Sender und Empfänger und die übertragene Nachricht. Empfänger von Kommunikationsbemühungen im Vertrieb ist der Einkäufer auf Seiten des beschaffenden Unternehmens. Sender ist der Verkäufer des anbietenden Unternehmens. Die Kommunikation wirkt direkt und indirekt auf die leistungs- und beziehungsbezogenen Größen (vgl. Abbildung 1 in Kapitel 1.1). Empfänger
Sender
situativer Kontext Episode
Face-to-Face Kommunikation
Die Betrachtung der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers steht im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen. Kommunikationszufriedenheit ist das Ergebnis eines „komplexen psychischen Vergleichsprozesses, das die Einstellung des Kunden hinsichtlich der Kommunikation widerspiegelt“157. Sie wird von verschiedenen Autoren als eigenständiges Konstrukt konzeptualisiert. Die direkte Wirkung der Kommunikationsqualität auf die Kommunikationszufriedenheit untersuchten MOHR und SOHI (1995)158 empirisch im Business-to-Business Computerhandel (n = 125), auch JOHLKE und DUHAN (2001)159 bestätigten den empirischen Zusammenhang in einer Studie im interorganisationalen Vertrieb (n = 318). Die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers stellt das zentrale Ziel der kommunikativen Bemühungen im Vertrieb dar. Die folgenden Ausführungen verdeutlichen zunächst die Entstehung und Veränderung von Kommunikationszufriedenheit. Das ConfirmationDisconfirmation-Paradigma dient als Basis, zu der weitere sozialpsychologische Theorien und Ansätze der Neuen Institutionenökonomie hinzutreten. Anschließend werden Fundorte für Dimensionen der Kommunikationsqualität in der Literatur und unterschiedliche Erklärungsansätze für den positiven Zusammenhang zwischen diesen Dimensionen sowie zugehörigen Kriterien und der Gesamtkommunikationszufriedenheit in Theorien der Sozialpsychologie (der „Wissenschaft von den Interaktionen zwischen Individuen“160) und der Neuen Institutionenökonomie identifiziert. Daraufhin wird die Dimensionalität der Kommunikationszufriedenheit und der Kommunikationsqualität betrachtet. Das Konstrukt Kommunikationsqualität konstituiert dabei den Erwartungshintergrund der Kommunikationszufriedenheit (vgl. Kapitel 3.4). Um die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers messen zu können, müssen zunächst die Erwartungsdimensionen und ihre Kriterien identifiziert werden. Diese Kriterien und Dimensionen des Kommunikationsverhaltens beschreiben die subjektive Gesamtqualität des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers aus Sicht des Einkäufers, die von ihm in einer Face-to-Face Kommunikation erwartet wird.
157
Frommeyer (2005), S. 42. Vgl. Mohr/ Sohi (1995), S. 393 ff. Vgl. Johlke/ Duhan (2001), S. 265 ff. 160 Herkner (2001), S. 17. 158 159
A. Geile, Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb von Industriegütern, DOI 10.1007/978-3-8349-8615-3_3, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010
36
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Aus dem Vergleich der Erwartungen mit dem tatsächlichen Verhalten des Verkäufers resultiert dann das Niveau der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers. In der Literatur liegt bisher keine umfassende Konzeptualisierung der Kommunikationsqualität als Erwartungshintergrund der Kommunikationszufriedenheit vor. Das Verständnis von Kommunikationsqualität überschneidet sich häufig mit Konzeptionen der Informations- und der Interaktionsqualität.161 Die Informationsqualität wird in der vorliegenden Arbeit als Bestandteil der Kommunikationsqualität angesehen. Die Interaktionsqualität dagegen geht über die Kommunikationsqualität hinaus und enthält neben dem rein kommunikativen Aspekt auch den Austausch von Leistungen. Um die vorhandene Vielfalt möglicher Betrachtungsweisen von Kommunikationsqualität in der Marketingforschung zu berücksichtigen, wird auch auf Skalen für verwandte Konstrukte Bezug genommen, wenn der Definition die Eigenschaften von Kommunikation zu Grunde liegen. In vielen Studien liegt nämlich keine eigene umfassende Operationalisierung von Kommunikationsqualität vor, sondern es wird auf Skalen für verwandte Konstrukte wie Informationsqualität, Interaktionsqualität oder auch Beziehungsqualität in ihrem interpersonellen, engeren Sinn zurückgegriffen. Des Weiteren werden für die umfassende Darstellung der Kommunikationsqualität Untersuchungen herangezogen, die Kommunikation intraorganisational (zwischen Mitarbeitern eines Unternehmens) und organisationsextern (zwischen Mitarbeitern verschiedener Unternehmen oder zwischen Unternehmensangehörigen und Kunden) analysieren. Die folgende eigene Konzeptualisierung hat das Ziel, die Kommunikationsqualität als Erwartungshintergrund der Kommunikationszufriedenheit umfassend und vollständig zu beleuchten. Die Dimensionen sollen klar definiert und mit ihren Kriterien voneinander abgegrenzt werden. In der ersten eigenen empirischen Untersuchung der vorliegenden Arbeit werden die Kommunikationsdimensionen durch die Fragestellungen implizit definiert und damit für die Befragten voneinander trennbar. Bei vollständiger Erfassung der Kommunikationselemente und deren Unabhängigkeit wird eine relative Wichtigkeitsberechnung möglich. Zentrale Forschungsfragen der ersten empirischen Studie der vorliegenden Arbeit zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ sind: x
Wie gut wird den Anforderungen der einzelnen Kommunikationsdimensionen aus Einkäufersicht entsprochen? Wie hoch ist die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers insgesamt?
x
Wie wichtig sind die Zufriedenheiten mit den einzelnen Kommunikationsdimensionen für die Kommunikationszufriedenheit insgesamt?
x
x
Wie wichtig sind die Zufriedenheiten mit einzelnen Kriterien der Kommunikationsdimensionen für die Zufriedenheit mit der jeweiligen Kommunikationsdimension insgesamt? Welche Kommunikationsdimensionen sind für die strategische Weiterentwicklung des Verkäuferverhaltens besonders wichtig? Welche Kommunikationsdimensionen sind
161
Vgl. für Informationsqualität stellvertretend Maltz (2000), S. 110 ff.; für Interaktionsqualität Bitner et al. (1994), S. 96 ff. und Canary et al. (2001), S. 79 ff.
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
37
besonders wichtig für die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers und wurden in der letzten Face-to-Face Kommunikationssituation als weniger zufriedenstellend als andere bewertet? x
Gibt es Kommunikationsaspekte, die über die identifizierten Dimensionen hinaus für besonders gute und besonders schlechte Kommunikationsbewertungen verantwortlich sind?
x
Können die Kommunikationsdimensionen verschiedenen Zufriedenheitstypen (Basis-, Leistungs-, Begeisterungsfaktoren) zugeordnet werden?
Die methodischen Grundlagen der folgenden empirischen Untersuchung bei Einkäufern großer deutscher Industriegüterunternehmen werden anschließend erläutert. Auf dieser Basis werden Zufriedenheitsniveaus, Wichtigkeiten, Zufriedenheitstypen analysiert und die strategisch besonders relevanten Kommunikationsdimensionen identifiziert. Nach der Beschreibung des Untersuchungsdesigns und der Operationalisierung der Dimensionen und Kriterien folgt die Darstellung der Ergebnisse dieser Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘. Die zentralen Erkenntnisse des dritten Kapitels werden mit den Ergebnissen der anderen Kapitel in Abschnitt 6.1 zusammengeführt und dort aus anwendungsbezogener Sicht abschließend analysiert. 3.2
Zentrales Konzept der Kommunikationszufriedenheit: C/D-Paradigma
Ein weit verbreitetes Konzept zur Systematisierung von Theorien und Ansätzen, die für die Entstehung von Zufriedenheit relevant sind, ist das Confirmation- / DisconfirmationParadigma (C/D-Paradigma).162 Dieses Konzept kann auch für die Betrachtung der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers verwendet werden (Abbildung 8).
Positive Diskonfirmation (Ist > Soll)
Konfirmation (Ist = Soll)
Abbildung 8
162
163
Negative Diskonfirmation (Ist < Soll)
Auf Konfirmations-niveau
Unter Konfirmations-niveau
C/D-Paradigma der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers
Unzufriedenheit
Erwartete VerkäuferKommunikationsqualität (Soll-Größen des Einkäufers)
Über Konfirmations-niveau
Kommunikations-
Soll-Ist-Vergleich durch den Einkäufer
zufriedenheit
Wahrgenommenes kommunikatives Verkäufer-Verhalten (Ist-Größen des Einkäufers)
163
Vgl. z. B. Oliver (1997), S. 99, auch Homburg/ Stock-Homburg (2008), S. 19 und die dort zitierten Studien. Vgl. für Zufriedenheit allgemein Giering (2000), S. 8, auch Homburg/ Stock-Homburg (2008), S. 21.
38
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Die vier zentralen Komponenten des C/D-Paradigmas der Kommunikationszufriedenheit sind die Dimensionen der Kommunikationsqualität als Soll-Größe des Einkäufers, das wahrgenommene Verkäuferverhalten als Ist-Größe, der Soll-Ist-Vergleich durch den Einkäufer und das Resultat, die Kommunikationszufriedenheit. Der Vergleichsstandard (Soll-Größen) bildet das Erwartungsniveau des Einkäufers ab. In der Literatur164 diskutierte Vergleichsgrößen beruhen auf Erwartungen (antizipiertes Leistungsniveau)165, Erfahrungsnormen (Erfahrungen mit gleichen oder ähnlichen Situationen)166, Idealen (als optimal möglichem Leistungsniveau)167, Wertvorstellungen168 oder auch sozialen Normen169. Die verschiedenen Vergleichsstandards können je nach Situation sowohl einzeln als auch in Kombination herangezogen werden. Die Vergleichsstandards im Kontext der Kommunikationszufriedenheit sind einzelne Kriterien und Dimensionen der Kommunikationsqualität (vgl. zur Dimensionalität der Kommunikationszufriedenheit Kapitel 3.4). Über die Anforderungen an die Kommunikationsqualität liegt bisher kein Konsens vor, vielmehr überschneiden sich diese häufig mit Konzeptionen der Informations- und der Interaktionsqualität.170 Die Qualität der Face-to-Face Kommunikation soll hier die Informationsqualität beinhalten und selbst Teil der Interaktionsqualität sein (die neben rein kommunikativen Aspekten auch den Leistungsaustausch enthält). Die inhaltliche Festlegung des Vergleichsstandards der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers wird in Kapitel 3.5 diskutiert. Zur Erklärung und Prognose von Entstehung und Veränderung der Komponenten des C/DParadigmas sowie von deren Zusammenhängen können verschiedene Theorien und Ansätze herangezogen werden (vgl. Abbildung 9).
164
Vgl. Fournier/ Mick (1999), S. 6. Vgl. z. B. Stauss (1999), S. 5 ff. Vgl. z. B. Cadotte et al. (1987), S. 305 ff. 167 Vgl. Homburg/ Stock-Homburg (2008), S. 21. 168 Vgl. Westbrook/ Reilly (1983), S. 256 ff. 169 Vgl. Miniard/ Cohen (1979), S. 102 ff. 170 Vgl. für Informationsqualität stellvertretend Maltz (2000), S. 110 ff.; für Interaktionsqualität Bitner et al. (1994), S. 96 ff. und Canary et al. (2001), S. 79 ff. 165 166
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
39
Informationsökonomie
Inhalt und Form der Nachrichtenübermittlung durch den Verkäufer
Wahrgenommenes (kommunikatives) Verkäufer-Verhalten (Ist-Größen des Einkäufers)
Soll-IstVergleich durch den Einkäufer
Grad der Kommunikationszufriedenheit
Balancetheorie Attributionstheorie
AssimilationsKontrastTheorie
Dissonanztheorie
Erwartete der Kommunikationsqualität (Soll-Größen des Einkäufers) Austauschtheorie / Gerechtigkeitstheorie
Risikotheorie
Abbildung 9
Transaktionskosten-Ansatz / Informationsökonomie
MehrFaktorenModell
Einordnung von theoretischen Beiträgen ins C/D-Paradigma der Kommunikationszufriedenheit
Theoretische Erklärungsansätze für Existenz und Entstehung von Vergleichsstandards der Kommunikationszufriedenheit bieten die Neue Institutionenökonomie wie auch die Sozialpsychologie (vgl. Kapitel 3.3.2 und 3.3.1). Besonders erklärungsstarke Ansätze der Sozialpsychologie sind dabei die Gerechtigkeitstheorie (vgl. Kapitel 3.3.1.7), die Risikotheorie (vgl. Kapitel 3.3.1.6) und das Mehr-Faktoren-Modell (vgl. Kapitel 3.3.1.3). Inwiefern ein Element der Kommunikationsqualität zum Vergleichsstandard wird, kann mit der Balance-Theorie erklärt werden (vgl. Kapitel 3.3.1.1), die Erklärung nachträglicher Veränderungen des Vergleichsstandards ist Gegenstand der Assimilations-Kontrast-Theorie171 (vgl. Kapitel 3.3.1.2). Das wahrgenommene (kommunikative) Verkäuferverhalten in der Kommunikationssituation bildet die Ist-Größe im C/D-Paradigma der Kommunikationszufriedenheit. Die wahrgenommene Leistung wurde in allgemeinen Zufriedenheitsstudien zunächst objektiv betrachtet (tatsächlich und für alle Kunden gleich).172 Spätere Untersuchungen zeigen, dass die wahrgenommene Leistung aufgrund verschiedener Wahrnehmungseffekte variiert, da individuell verschiedene Leistungs- und Wichtigkeitsniveaus für ein- und dieselbe Leistung existieren.173 Diese subjektive Einschätzung des Einkäufers betrifft hier das kommunikationsbezogene Verhalten des Verkäufers. Die Informationsökonomie betrachtet die Gestaltung des Kommunikationsverhaltens im Kontext des ‚Signaling’ (vgl. Kapitel 3.3.2.3). 171 172 173
Vgl. Homburg/ Stock-Homburg (2008), S. 23. Vgl. Giering (2000), S. 8. Vgl. Churchill/ Suprenant (1982), S. 492, auch Woodruff et al. (1987), S. 306.
40
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Der Vergleich ist der zentrale intervenierende Prozess zwischen den Soll- und IstKomponenten und der Zufriedenheitsbeurteilung.174 Das Verhältnis zwischen den Komponenten kann in drei Konstellationen vorliegen: Konfirmation, positive oder negative Diskonfirmation.175 Die subjektiv empfundene Diskrepanz176 kann aufgrund verschiedener psychologischer Effekte individuelle Varianz aufweisen.177 Theoretische Erklärungsansätze für unterschiedliche Vergleichsergebnisse bietet wiederum die Sozialpsychologie, insbesondere mit der Attributionstheorie und der Dissonanztheorie (vgl. Kapitel 3.3.1.2, 3.3.1.4 und 3.3.1.5). Die Kommunikationszufriedenheit ist im C/D-Paradigma das Ergebnis eines rein kognitiven Vergleichs178. Ein breiteres Verständnis entsteht durch die zusätzliche Betrachtung der affektiven, emotionalen Komponente179 wie in der Definition von Zufriedenheit bei OLIVER (1996), der schreibt „Satisfaction is the consumer’s fulfillment response. […] a pleasurable level of consumption-related fulfillment, including levels of under- or overfulfillment.“180 Die emotionale Komponente wird insbesondere durch die sozialen, beziehungsbezogenen Faktoren der Kommunikation tangiert. (Kunden-) Zufriedenheit wird in manchen Studien als identisch mit dem Einstellungskonstrukt aufgefasst.181 In anderen Studien wird Zufriedenheit auf individuelle Transaktionen bezogen182, wohingegen Einstellungen generellerer Natur seien183. Einstellung kann auch als ein Konstrukt vor einer Entscheidung und Zufriedenheit als dasselbe Konstrukt nach der Entscheidung betrachtet werden.184 Weitere Arbeiten führen die angesprochenen Definitionsansätze zusammen und beschreiben (Kunden-) Zufriedenheit als Einstellung, die auf einem Soll-Ist-Vergleich beruht.185 Analog zur allgemeinen Zufriedenheit ist die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers eine Einstellung gegenüber dem Kommunikationsverhalten des Verkäufers, die auf der Beurteilung von Vergleichsstandards der Kommunikationsqualität mit dem wahrgenommenen Verhalten beruht.
174
Vgl. Churchill/ Suprenant (1982), S. 492. Vgl. Churchill/ Suprenant (1982), S. 492; auch Homburg/ Stock-Homburg (2008), S. 20. 176 Vgl. Wirtz (1993), S. 55 ff. 177 Vgl. Giering (2000), S. 9. 178 Vgl. für ein allgemeines Zufriedenheitsverständnis Westbrook/ Oliver (1991), S. 84. 179 Vgl. z. B. Wirtz/ Bateson (1999), S. 55 ff. 180 Oliver (1997), S. 13. 181 Vgl. z. B. Churchill/ Suprenant (1982), S. 493, auch Westbrook/ Reilly (1983), S. 256. 182 Vgl. Giering (2000), S. 14, auch Oliver (1997), S. 13. 183 Vgl. Bitner (1990), S. 70. 184 Vgl. LaTour/ Peat (1979), S. 435. 185 Vgl. Stock (2003), S. 24. 175
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
3.3
41
Theoretische Erklärungsansätze der Kommunikationszufriedenheit
3.3.1 3.3.1.1
Sozialpsychologische Erklärungsansätze der Kommunikationszufriedenheit Konsistenz und Balance
Individuen erhalten eine Beziehung nur dann aufrecht, wenn sie diese als balanciert, d. h. ausgeglichen, ansehen. Dabei werden nur die Beziehungen zu Personen gepflegt, die der eigenen Person Sympathie zeigen.186 Über Dimensionen und Kriterien der Kommunikationsqualität soll der Verkäufer in der Lage sein, Sympathie zu zeigen. Der Einkäufer soll den Verkäufer durch sein Kommunikationsverhalten sympathisch finden. Obige Annahme wird verhaltenswissenschaftlich mit der Idee der Konsistenztheorien fundiert. Bei den Bemühungen um die Identifikation und Unterscheidung kognitiver Systeme werden im Rahmen eines homöostatischen Prinzips187 alle möglichen kognitiven Strukturen in zwei Klassen eingeteilt: konsistente und inkonsistente.188 Konsistente Systeme sind harmonisch, stabil und werden aufgrund ihrer Spannungsfreiheit als angenehm empfunden; inkonsistente Systeme sind instabil und tendieren zu spontanen Veränderungen von ‚innen heraus’. Individuen streben konsistente, balancierte, kongruente, stabile Relationen werden von Individuen an. HEIDERs Balancetheorie (1946, 1958)189 liefert eine Möglichkeit der Darstellung der in dieser Arbeit betrachteten Beziehungen. Kognitive Elemente als einzelne, identifizierbare und voneinander unterscheidbare Bewusstseinsinhalte sowie die Relationen zwischen diesen sind zentral in HEIDERs Ansatz.190 Die verschiedenartigen Beziehungen können nach HEIDER in vier Grundkategorien eingeteilt werden: positive und negative Einheits- und Wertrelationen. Einheitsrelationen (unit-relations) beziehen sich auf sachliche Aspekte, die positiv sind, wenn die betrachteten Elemente in irgendeiner Form zusammengehören. Wertrelationen (sentiment-relations) liegen vor, wenn es sich um wert- und / oder gefühlshaltige Relationen zwischen kognitiven Elementen handelt, welche positiv oder negativ bewertet werden.191 Individuen streben nach balancierten, stabilen Systemen.192 HEIDER beschränkt sich auf die Analyse von Strukturen, die nur zwei oder drei Kognitionen und die jeweiligen Relationen zwischen ihnen enthalten. Im Kontext der Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb stehen drei Elemente im Vordergrund: der Sender S (Mitglied des anbietenden Unternehmens, Seller), der Empfänger P
186
Vgl. Forgas (1999), S. 221. Unter dem ‚homöostatischen Prinzip’ wird an dieser Stelle verstanden, dass Veränderungen von instabilen inkonsistenten Systemen von innen heraus immer so geprägt sind, dass die inkonsistente Struktur in eine weniger inkonsistente überführt wird. 188 Die Begriffe ‚konsistent’ für stabile und ‚inkonsistent’ für instabile Strukturen haben sich weitgehend durchgesetzt, sodass die betreffenden Theorien der Sozialpsychologie unter dem Begriff ‚Konsistenztheorien’ zusammengefasst werden. Heider (1946, 1958) spricht von balancierten und unbalancierten (vgl. Heider (1958), S. 200 ff.); Osgood und Tannenbaum (1953, 1955) unterscheiden zwischen kongruent und inkongruent; Festinger (1957) spricht von konsonanten und dissonanten Relationen (vgl. ebenda (1957), S. 9 f.); Rosenberg und Abelson (1960) unterscheiden konsistente und inkonsistente Systeme (vgl. ebenda, S. 119f.). 189 Vgl. Heider (1946); Heider (1958). 190 Vgl. z. B. Herkner (2001), S. 252 ff. 191 Vgl. Heider (1958), S. 200 ff. 192 Vgl. Heider (1958), S. 207 ff. 187
42
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
(Mitglied des beschaffenden Unternehmens, Purchaser) und ein Verhalten B (Behavior) in der Kommunikationssituation. Wesentlich sind Kognitionen der beteiligten Individuen S und P, aus deren individueller Perspektive die Relationen zwischen den Elementen betrachtet werden können. Die Beziehung zwischen S und P ist dabei eine Einheitsrelation, die auf räumlicher und zeitlicher Nähe (oder im negativen Fall: Entfernung) basiert. Die Relationen zwischen S und B sowie P und B sind Wertrelationen. Diese Unterscheidung wird grafisch durch geschwungene Klammern für Einheitsrelationen und gerade Linien für Wertrelationen ausgedrückt (vgl. Abbildung 10). HEIDERs Balancedefinition für drei Elemente (unabhängig von ihrer Zuordnung zu Einheits- oder Wertrelation) lautet: „A triad is balanced when all three of the relations are positive or when two of the relations are negative and one positive. Imbalance occurs when two of the relations are positive and one is negative.“193 Balancierte Relationen werden als hochwertig angenommen. NEWCOMB (1953, 1959, 1968)194 modifizierte Heiders Definition von Balance, indem er davon ausging, dass die balancierte Relation zwischen Personen wichtiger sei als die zu Drittelementen.195 Bei positiver Relation zwischen S und P führt die Einstellungsübereinstimmung zum Verhalten B zu Konsistenz und Einstellungsdiskrepanz zu Inkonsistenz. Liegt eine negative Relation zwischen S und P vor, ist die Einstellungsähnlichkeit belanglos, da diese im betrachteten Kontext nicht aufeinandertreffen würden. NEWCOMB bezeichnet diesen indifferenten Zustand als nicht balanciert (im Gegensatz zu ‚unbalanciert’ und ‚balanciert’).196 Die erläuterten Zusammenhänge können konkret für diese Arbeit am Beispiel der Perspektive von P wie in der folgenden Abbildung dargestellt werden.
unbalanciert
balanciert
positive Einheitsrelation
negative Einheitsrelation
P
S
S
P
B
S
B
(1)
(2)
P
P
(3)
B
S
(4)
S
B
193
195
B (6)
P
B
S
P
B
S
Balancierte und unbalancierte Relationen
B (8)
(7)
Heider (1958), S. 202. Vgl. Newcomb (1953); Newcomb (1959); Newcomb (1968). Vgl. Newcomb (1968), S. 50 f. 196 Vgl. Newcomb (1968), S. 31. 194
S
(5)
Face-to-Face Kommunikationssituation
Abbildung 10
P
P
indifferent
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
43
Im Folgenden werden Relationen betrachtet, die im Kontext einer Face-to-Face Kommunikationssituation in räumlicher und zeitlicher Nähe bewertet werden (Relation (1) bis (4)). Die Bezeichnungen der Dimensionen folgen dem erweiterten Ansatz von NEWCOMB. Relation (1) könnte wie folgt formuliert werden: Das Mitglied des beschaffenden Unternehmens P und das Mitglied des anbietenden Unternehmens S treffen sich an einem Ort zur Kommunikation. P hat eine positive Einstellung zum Verhalten B und schätzt auch die Einstellung von S zum Verhalten B positiv ein. Diese Relation bietet eine gute Voraussetzung für eine positive Bewertung der Kommunikation, da P vermutet, dass beide Beteiligten die Durchführung eines Verhaltens B gleichermaßen schätzen. Mit dieser Konsistenz ist die Relation balanciert. Relation (2) kann analog zu (1) formuliert werden: P und S treffen sich an einem Ort zur Kommunikation. P hat eine negative Einstellung zum Verhalten B und schätzt die Einstellung von S entsprechend ein. Diese Relation bietet auch gute Voraussetzungen für eine positive Bewertung der Kommunikation durch P, da nach Einschätzung von P beide Beteiligten das Verhalten B ablehnen und die Relation balanciert ist. Die Relationen (3) und (4) beinhalten ebenfalls die gemeinsame Kommunikationssituation. Allerdings haben die Beteiligten nach Einschätzung von P gegenteilige Einstellungen zu einem bestimmten Verhalten. Diese Relationen bieten aufgrund der Nicht-Balancierung keine guten Voraussetzungen für eine positive Bewertung der Kommunikation. Die wahrgenommene bzw. vermutete Ähnlichkeit der Einstellungen hat in der Balancetheorie einen positiven Einfluss. Diese Überlegungen können auf weitere Ähnlichkeitsaspekte übertragen werden. 3.3.1.2
Assimilations-Kontrast-Theorie
Die Assimilations-Kontrast-Theorie stellt die Zusammenführung der Assimilationstheorie (einer Weiterentwicklung der Dissonanztheorie von FESTINGER)197 und der Kontrasttheorie198 dar. Die Höhe der Abweichungen von Erwartungen und wahrgenommener Realität bestimmt, ob ein Assimilationseffekt (Verringerung der Diskrepanz) oder ein Kontrasteffekt (Verstärkung der Diskrepanz) auftritt.199 Dabei wird zwischen Akzeptanz-, Indifferenz- und Ablehnungsbereich unterschieden. Für die Zufriedenheit in den betrachteten Kommunikationssituationen gelten auf Basis der Assimilations-Kontrast-Theorie folgende Annahmen: Die Einkäufer passen ihr Zufriedenheitsniveau bei geringer Abweichung von ihren Erwartungen an das Verhalten des Verkäufers (Akzeptanzbereich) an und die Zufriedenheit steigt. Bei starker Diskrepanz (Ableh-
197
Theorien, die sich mit der Konsistenz bzw. Inkonsistenz von kognitiven Strukturen beschäftigen, werden als Konsistenztheorien zusammengefasst (Vgl. z. B. Herkner (2001), S. 251 ff.; auch Mittal et al. (1999), S. 91). Dazu zählen u. a. die Dissonanztheorie nach FESTINGER (1957) (siehe Kapitel 3.3.1.5) sowie die Balancetheorie nach HEIDER (1946, 1958) (siehe Kapitel 3.3.1.1). 198 Die Basis der Kontrasttheorie ist die ‘Adaption-Level-Theory’ von HELSON (vgl. Helson (1964)); HOVLAND et al. (1957) beschreiben ähnliche Überlegungen. 199 Vgl. Hovland et al. (1957), S. 217.
44
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
nungsbereich) wird das Unzufriedenheitsniveau verstärkt und die Zufriedenheit sinkt. Im differenzbereich unterbleibt eine Anpassung. Insgesamt liegt also bei besonders positiv und besonders negativ bewerteten Zufriedenheitsfaktoren vermutlich eine Extremierung der Erwartungen bzw. der wahrgenommenen Leistung vor, woraus eine erhöhte Diskonfirmation positiver bzw. negativer Art folgt.200 3.3.1.3
Mehr-Faktoren-Modell der Zufriedenheit
Der zentrale Beitrag des Mehr-Faktoren-Modells der Zufriedenheit für diese Arbeit ist die Annahme, dass alle zu identifizierenden Dimensionen der Kommunikationsqualität die Zufriedenheit mit dem Verhalten eines Gegenübers in einer Face-to-Face Kommunikationssituation in unterschiedlichem Maße beeinflussen. Auf Basis des Mehr-Faktoren-Modells der Zufriedenheit kann gezeigt werden, dass die Erfüllung von Kommunikationsdimensionen nicht immer zur Steigerung der Gesamtkommunikationszufriedenheit führt, sondern manche Dimensionen lediglich die Vermeidung von Unzufriedenheit bewirken. Diese Annahmen basieren auf dem Zwei-Faktoren-Modell der Mitarbeiterzufriedenheit von HERZBERG (1959, 1965, 1966), das Hygienefaktoren und Motivatoren unterscheidet.201 Die Hygienefaktoren beziehen sich auf Mindestanforderungen. Ihre Erfüllung wird vorausgesetzt und generiert noch nicht Zufriedenheit. Eine Nicht-Erfüllung dieser Anforderungen führt jedoch zu Unzufriedenheit. Die Erfüllung der Motivatoren ist dagegen nicht selbstverständlich. Die Motivatoren werden nicht erwartet. Ihre Nicht-Erfüllung führt zwar nicht zu Unzufriedenheit, sie haben aber einen direkten Einfluss auf die Zufriedenheit.202 Werden die Annahmen dieses Modells auf die Kommunikationszufriedenheit übertragen, so können drei Arten von Faktoren identifiziert werden203: kommunikative Basis-, Leistungs- und Begeisterungsfaktoren (vgl. Abbildung 11).
200
Vgl. Homburg/ Stock-Homburg (2008), S. 27. Vgl. Herzberg et al. (1959); Herzberg (1965); Herzberg (1966). Vgl. Herzberg (1966), S. 71. 203 Vgl. analog für die Kundenzufriedenheit z. B. Matzler et al. (2009), S. 318; Oliver (1997), S. 152; aus der Total Quality Management Perspektive vgl. insbesondere Kano et al. (1984), S. 39 ff. 201 202
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
45
Kommunikationszufriedenheit kommunikative Begeisterungsfaktoren kommunikative Leistungsfaktoren Konfirmationsniveau kommunikativeBasisfaktoren
Erwartungsniveau bezogen auf die Elemente der Kommunikationsqualität
Abbildung 11
Niveau der Kommunikationsqualität
Darstellung des Mehr-Faktoren-Modells der Kommunikationszufriedenheit204
Die kommunikativen Basisfaktoren (Expected Attributes) entsprechen den Hygienefaktoren in HERZBERGs Modell. Ihre Erfüllung ist selbstverständlich und dringt nicht ins Bewusstsein des Kunden. Das Konfirmationsniveau kann durch die Basisfaktoren allein nicht erreicht werden, die Erwartungen wären in diesem Fall unendlich hoch.205 Ihre Nicht-Erfüllung führt zum Absinken der Kommunikationszufriedenheit bis unter das Konfirmationsniveau und damit zu Unzufriedenheit. Die kommunikativen Begeisterungsfaktoren (Exciting / Surprising Attributes) werden analog zu den Motivatoren nicht eingefordert. Die Kunden haben keine spezifischen Erwartungen. Die Nicht-Erfüllung führt nicht zu Unzufriedenheit, aber ihre Erfüllung führt zu Kommunikationszufriedenheit oberhalb des Konfirmationsniveaus.206 Die kommunikativen Leistungsfaktoren (Desired Attributes) ergänzen das Zwei-FaktorenModell. Der angenommene lineare Zusammenhang zwischen dem Niveau der Kommunikationsqualität und der Gesamtkommunikationszufriedenheit führt zu der Annahme, dass eine exakte Erwartungserfüllung zum Konfirmationsniveau führt. Eine Über- oder Untererfüllung der Erwartungen führt zu positiver oder negativer Diskonfirmation. Die Gesamtkommunikationszufriedenheit wird direkt vom Erfüllungsgrad der Erwartungen beeinflusst.207 Die Eigenschaften der Kommunikationsdimensionen als Basis-, Leistungs- oder Begeisterungsfaktoren werden im Folgenden unter Zuhilfenahme spezifischer Auswertungsmethoden
204
Analog dem Kano-Modell (vgl. Kano et al. (1984), S. 39 ff.). Vgl. Homburg/ Stock-Homburg (2008), S. 33. Vgl. Rudolph (1998), S. 25. 207 Vgl. Homburg/ Stock-Homburg (2008), S. 34. 205 206
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3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
für Gespräche zwischen Einkäufern und Verkäufern im geschäftlichen Kontext geprüft (vgl. Kapitel 3.6.1.3 und 3.6.3.5). 3.3.1.4
Attributionstheorie
Die Attributionstheorie erklärt, inwiefern bestimmte Bedingungen dazu führen, dass trotz desselben Ausmaßes der Erwartungserfüllung unterschiedliche Zufriedenheitsniveaus vorliegen können. Attributionen als Ursachenzuschreibungen erhöhen oder verringern das Niveau der Zufriedenheit in Bezug auf die Erfüllung von Erwartungen.208 Inhalt der Theorie sind kognitive Prozesse, mit denen Individuen die Ursachen des eigenen und fremden Verhaltens ableiten. Hier sind die betrachteten Individuen die Einkäufer, die ihre Bewertung der Kommunikationssituation bestimmten Ursachen zuschreiben. KELLEY (1967, 1973)209 beschreibt im ‚Kovariationsprinzip’, seiner Weiterentwicklung der Überlegungen von HEIDER (1958)210, die Zuschreibung eines Effekts zu derjenigen Ursache, mit der er über die Zeit hinweg kovariiert.211 Mögliche Ursachen für die Bewertung der Kommunikationssituation sind Personen (der Einkäufer selbst), Entitäten (Verkäufer und andere Stimuli) und Umstände (die spezifische Kommunikationssituation).212 Nach KELLEY bestimmen spezifische Informationen die Ursachenzuschreibung des eigenen Verhaltens (die Kommunikationsbewertung durch den Einkäufer). Informationen, inwiefern ein Effekt mit Personen, Entitäten und Zeitpunkten kovariiert, werden als Konsensusinformationen (hoch, wenn der Effekt bei allen Personen auftritt), Konsistenzinformationen (hoch, wenn der Effekt zu verschiedenen Zeitpunkten immer wieder auftritt) und Distinktheitsinformationen (hoch, wenn der Effekt bei nur bei einer Entität auftritt) bezeichnet.213 KELLEYs Hypothesen zum Zusammenhang zwischen den verfügbaren Informationen und der Ursachenzuschreibung können wie in Abbildung 12 zusammenfassend dargestellt werden. Information Attribution
Konsensus
Distinktheit
Konsistenz
Person Entität / Stimulus Umstände
gering hoch gering
gering hoch hoch
hoch hoch gering
Abbildung 12
KELLEYs Hypothesen zur Ursachenzuschreibung (Kovariationsprinzip)214
Die Ursache ‚Person’ betrifft den Ort der Ursachenzuschreibung als personenintern (der Einkäufer selbst) oder -extern (die Entität, z. B. andere Einkäufer, Verkäufer oder die Situation). Sie tritt bei hoher Konsistenz eines Verhaltens einer Person in einer bestimmten Gegebenheit (Entität) zu verschiedenen Zeitpunkten (Umstände) auf. Die Attribution auf die Person wird häufig gegenüber den anderen Ursachen bevorzugt (fundamentaler Attributionsfeh-
208
Vgl. Homburg/ Stock-Homburg (2008), S. 29. Vgl. Kelley (1967); Kelley (1973). Vgl. Heider (1958). 211 Vgl. Kelley (1973), S. 108. 212 Vgl. Kelley (1973), S. 110. 213 Vgl. Meyer/ Försterling (1993), S. 188 f. 214 Vgl. Herkner (2001), S. 287. 209 210
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47
ler)215. Dies geschieht in Abhängigkeit vom (Kommunikations-) Ergebnis: Personen neigen dazu, dispositionale interne Attributionen für ihre Erfolge und situative, externale Ursachenzuschreibungen für ihre Misserfolge vorzunehmen.216 Diese verzerrte Attribution wirkt auf das Niveau der Zufriedenheit, denn wenn sich der Einkäufer selbst für eine erfolgreiche Kommunikationsentwicklung verantwortlich fühlt, steigt das Niveau der Zufriedenheit mehr als bei externer Ursachenzuschreibung.217 Bei Nichterfüllung der Erwartungen schlägt sich eine externe Attribution stärker auf die Unzufriedenheit nieder als eine interne Attribution.218 Dies dient der Erhaltung des Selbstwerts, denn wenn eigenes negatives Verhalten durch die Situation erklärt wird, distanziert man sich davon und schützt sich so vor Schuldgefühlen. 219 Bei positivem Verhalten werden dagegen die angenehmen affektiven Konsequenzen durch internale Attribution maximiert. JONES und NISBETT (1972) zeigen einen Akteur-Beobachter-Effekt, bei dem das eigene Akteur-Verhalten eher der Situation zugeschrieben wird. Das beobachtete Verhalten anderer Personen wird dagegen auf deren persönliche Disposition attribuiert.220 Insbesondere bei negativen Kommunikationsergebnissen wird der Einkäufer sein Verhalten der Situation zuschreiben, das Verhalten des Verkäufers jedoch in dessen Person begründen. Die Unterschiedlichkeit der Attributionen im Akteur- und Beobachterzusammenhang kann auch auf die unterschiedlichen Informationslagen zurückgeführt werden. Ein Beobachter hat in der Regel keine Distinktheits- und Konsistenzinformationen. Mit zunehmenden Informationen kann der Einkäufer die Perspektive des Verkäufers einnehmen. Attribuiert er dessen Verhalten so als wäre er selbst der Akteur, treten die oben beschriebenen Prozesse auf. In negativen Kommunikationssituationen wird somit das Verhalten des bekannten Verkäufers eher der Situation zugeschrieben221, positive Kommunikationsergebnisse dagegen (analog dem fundamentalen Attributionsfehler bei der Ursachenzuschreibung zum eigenen Verhalten) eher der Person des Verkäufers. In negativ wahrgenommenen Kommunikationssituationen ist die Unzufriedenheit durch die situative Attribution weniger stark ausgeprägt. In positiven Kommunikationssituationen steigt das Zufriedenheitsniveau bei intrapersonaler Attribution zusätzlich an. Die für den Beobachter verfügbaren Informationen können darüber hinaus über die Stabilität der Eigenschaften des Akteurs und sein Machtpotenzial Aufschluss geben. Kann der Einkäufer die Ursache des Verhaltens des Verkäufers in der Gesprächssituation den stabilen Eigenschaften der Person ‚Verkäufer’ (Personenattribution) oder einer Reaktion auf die eigenen stabilen Eigenschaften (Stimulus- / Entitätenattribution) zuschreiben, so führt dies bei Erwartungserfüllung zu höherer Zufriedenheit, da auch zukünftig mit hoher Erwartungserfül215
Vgl. Ross et al. (1977), S. 279 ff. Vgl. Meyer/ Försterling (1993), S. 207 und die dort genannten Studien sowie Oliver/ DeSarbo (1988), S. 495 ff. 217 Vgl. Folkes (1984), S. 548 ff. 218 Vgl. Valle/ Wallendorf (1977), S. 28. 219 Vgl. Meyer/ Försterling (1993), S. 203 f. 220 Vgl. Jones/ Nisbett (1972), S. 80, S. 93. 221 Vgl. Meyer/ Försterling (1993), S. 202; für eine Diskussion von Studien, die die Hypothese von Jones und Nisbett prüfen vgl. Watson (1982), S. 689 f.; für den Einfluss zusätzlicher, kontextbezogener Informationen vgl. Meyers-Levy/ Tybout (1997), S.11 ff. 216
48
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lung zu rechnen ist.222 Bei einer Nicht-Erfüllung der Erwartungen kann eine hohe Stabilität dagegen zu einer erhöhten Unzufriedenheit führen.223 Wird die Ursache eines Effekts den ‚Umständen’ zugeschrieben, so tritt er bei derselben Person gegenüber demselben Stimulus nur hin und wieder auf. Diese Instabilität kann im Vergleich zur Stabilität zu einem entgegengesetzten Zufriedenheitseffekt führen.224 Wenn der Beobachter den Eindruck hat, der Akteur könnte die Situation beeinflussen, so wird er eher personal attribuieren. Werden die Erwartungen erfüllt, so entsteht eine höhere Zufriedenheit als wenn die Erwartungen in einer scheinbar nicht kontrollierbaren Situation nur zufällig erfüllt wurden.225 3.3.1.5
Dissonanztheorie
Die Theorie der kognitiven Dissonanz von FESTINGER (1957)226 basiert auf der Annahme, dass Individuen ein Gleichgewicht zwischen ihren Kognitionen (Meinungen, Einstellungen, Wissenseinheiten)227 anstreben. Die relevanten Relationen sind solche der Verträglichkeit und des Widerspruchs228, die konsonant oder dissonant sein können. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens kognitiver Dissonanz ist nach FESTINGER in vier Klassen von Anfangsbedingungen begründet:229 x
Dissonanz von Entscheidungen („postdecisional dissonance“);
x
Forcierte Einwilligung („forced compliance“);
x
Selektive Auswahl von neuen Informationen („selective exposure“);
x
Einstellungsänderung und soziale Unterstützung („social support“).
ARONSON (1968, 1969)230 beschränkt die Bedingungen, unter denen kognitive Dissonanzen entstehen, auf Kognitionen, die eine feste Erwartung darstellen und widerlegt werden.231 Ein einstellungsdiskrepantes Verhalten, das den eigenen Selbstwert bedroht, führt zu kognitiver Dissonanz und deren Abbau durch Änderung der Einstellung.232 Nach WICKLUND und BREHM (1976)233 entsteht kognitive Dissonanz, wenn sich ein Individuum für eine Entscheidung, ein Verhalten und die daraus entstehenden Konsequenzen verantwortlich fühlt. Verantwortlichkeit resultiert aus der Entscheidungsfreiheit eines Individuums hinsichtlich der Durchführung eines Verhaltens und der Kenntnis von dessen (negativen) Konsequenzen.234
222
Vgl. Matzler (1997), S. 57. Vgl. Folkes (1984), S. 548 ff. 224 Vgl. Valle/ Wallendorf (1977), S. 29. 225 Vgl. Folkes (1984), S. 548 ff. 226 Vgl. Festinger (1957). 227 Vgl. Frey/ Gaska (1993), S. 276. 228 Vgl. Herkner (2001), S. 265; in anderen Konsistenzmodellen wie z. B. der Balancetheorie (vgl. Kapitel 3.3.1.1) werden auch minimale Strukturen (einfache positive und negative Bewertungen) betrachtet. 229 Vgl. Frey/ Gaska (1993), S. 277. 230 Vgl. Aronson (1968); Aronson (1969). 231 Vgl. Aronson (1968), S. 23 f. 232 Vgl. Frey/ Gaska (1993), S. 278 f. 233 Vgl. Wicklund/ Brehm (1976). 234 Vgl. Frey/ Gaska (1993), S. 279 f. 223
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49
Widersprüchliche, dissonante Kognitionen führen, abhängig von ihrer Anzahl und Wichtigkeit235, zu psychischen Spannungszuständen, die als unangenehm empfunden werden und daher eine Motivation zur Spannungsreduktion erzeugen.236 Die Spannung kann durch unterschiedliche Veränderungen des kognitiven Systems reduziert werden, sodass der Anteil dissonanter gegenüber dem Anteil konsonanter Kognitionen verringert wird.237 Diese Prozesse der Addition neuer konsonanter Informationen, der Subtraktion von dissonanten Informationen (Ignorieren, Vergessen, Verdrängen) und der Substitution von Kognitionen erfordern oft ein hohes Maß an kognitiver Verzerrung.238 Deshalb wird Dissonanz nur dann durch kognitive Prozesse verringert, wenn die Reduktion wirklich relevant ist. Die Dissonanztheorie eignet sich nur in begrenztem Maß, Zusammenhänge im Kommunikationskontext zu erklären. ARONSON (1968) beschreibt drei Gründe, warum Individuen signifikante Zusammenhänge negieren239: x
Menschen unterscheiden sich in ihrer Fähigkeit, Dissonanz zu tolerieren. Manche Individuen benötigen eine stärkere Dissonanz, um dissonanzreduzierendes Verhalten zu induzieren als andere;
x
Menschen unterscheiden sich in ihrem präferierten Modell des Dissonanzabbaus;
x
Etwas, das dissonant für ein Individuum ist, kann konsonant für ein anderes sein.
Wird ein Verhalten freiwillig ausgeführt, so kann kognitive Dissonanz aus der Höhe einer (unnötigen) Anstrengung (wie z. B. Zeit, Geld oder Energie) resultieren. Die so entstandene Dissonanz kann durch die Erhöhung der Attraktivität der Aufgabe (zum Beispiel durch Erhöhung des Zufriedenheitsniveaus) reduziert werden („effort justification“) 240. Einem unglaubwürdigen oder unattraktiven Gesprächspartner freiwillig zuzuhören, kann eine andere Form der Anstrengung sein. Die Entscheidung zuzuhören oder den Wünschen des Gesprächspartners nachzukommen erzeugt Rechtfertigungsdruck und Dissonanz. Diese Dissonanz kann nicht durch die Abwertung des Gesprächspartners reduziert werden (da das Treffen freiwillig stattfand), sondern durch eine Einstellungsänderung gegenüber der Kommunikationssituation.241 Bei der Beurteilung personenbezogener Gegebenheiten können dissonanztheoretisch erklärbare Wahrnehmungsverzerrungen auftreten. Personen in höheren hierarchischen Positionen beurteilen die Fähigkeiten von Untergebenen negativer als ihre eigenen. Diese Sichtweise ist konsonant mit der Überzeugung einer überlegenen eigenen Qualifikation.
235
Vgl. Festinger (1957), S. 18; für die deutsche Übersetzung vgl. Festinger (1978), S. 28. Vgl. z. B. Frey/ Gaska (1993), S. 277. Vgl. Frey/ Gaska (1993), S. 277. 238 Vgl. Frey/ Gaska (1993), S. 277. 239 Vgl. Aronson (1968), S. 23. 240 Vgl. zur Bestätigung der “effort justification”-Hypothese z. B. Zimbardo (1965), S. 103 ff.; auch Gerard/ Mathewson (1966), S. 278 ff. 241 Vgl. Frey/ Gaska (1993), S. 294. 236 237
50
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
3.3.1.6
Risikotheorie
Die Risikotheorie basiert auf der Annahme, dass das (Kauf-) Verhalten von Individuen wesentlich durch die Reduzierung des subjektiv wahrgenommenen (kauf-) spezifischen Risikos bestimmt wird.242 Das Risiko entsteht, weil Kunden die Konsequenzen ihres Handelns aufgrund unvollständiger Informationen nicht vollständig einschätzen können.243 Die vermutete Wahrscheinlichkeit des Eintretens von Konsequenzen und deren Unannehmlichkeitsniveau bestimmen das Ausmaß des wahrgenommenen Risikos.244 In einer Kaufsituation können fünf relevante Risikoarten unterschieden werden:245 x
„Social Risk“: soziales Risiko (Schädigung der sozialen Stellung);
x
„Performance Risk“: funktionales Risiko (Eigenschaften und Funktionsfähigkeit des Produkts);
x
„Financial Risk“: finanzielles Risiko (Fehlinvestition, Produktwert);
x
„Psychological Risk“: psychologisches Risiko (mangelnde Identifikation, Dissonanz);
x
„Physical Risk“: physisches Risiko (körperliche Gefährdung).246
Übersteigt das subjektiv wahrgenommene Risiko eine bestimmte Toleranzschwelle eines Individuums, so versucht dieses, das Risiko zu minimieren.247 Das Verhalten des Gesprächspartners kann einer hohen Risikoeinschätzung vorbeugen und dem Risikoabbau dienen. Die Risikotheorie wird auch herangezogen, um u. a. Loyalität als Folge von Zufriedenheit zu erklären, wobei Loyalität als risikoreduzierendes Verhalten eines Kunden gedeutet wird.248 3.3.1.7
Gerechtigkeitstheorie
Die Gerechtigkeitstheorie (Equity Theory) sagt aus, dass Zufriedenheitsurteile auf der Interpretation des Input-Outcome-Verhältnisses zwischen investierten Kosten und dem resultierenden Nutzen in einer Austauschbeziehung beruhen.249 In den ursprünglichen Arbeiten von
242
Vgl. Bauer (1960), S 389 ff. Vgl. Hoyer/ MacInnis (2004), S. 68. Vgl. Peter/ Olson (2002), S. 77. 245 Vgl. Stone/ Mason (1995), S. 144 f. Stone und Mason führen in ihrer Studie über den Kauf von Home-Office-Computern darüber hinaus ein zeitbezogenes Risiko an, womit das Zeitmanagement durch Lernen, erweiterten Zeitdruck und ineffiziente Zeitnutzung beeinträchtigt wäre. Dieser Aspekt wird in der vorliegenden Arbeit nicht betrachtet, da er sehr produktspezifisch und nutzerbezogen ist. 246 Im hier vorliegenden Kontext wird letztgenannter Punkt weitgehend vernachlässigt. Auch im unter243 244
nehmensbezogenen Kontext werden Güter gehandelt, die körperliche Schäden verursachen können, allerdings ist weniger die Unversehrtheit des einkaufenden Mitarbeiters gefährdet, sondern diejenige der Anwender. 247
Vgl. Blackwell et al. (2001), S. 254; Blackwell et al. beschreiben die Auswirkungen von wahrgenommenen Risiken auf die Motivation von Konsumenten, Informationen aktiv zu suchen. Vgl. Hentschel (1991), S. 25. 249 Vgl. Homburg/ Stock-Homburg (2008), S. 37. 248
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
51
ADAMS (1965)250 zur Erklärung von Einkommensgerechtigkeit umfasst der Input den persönlichen Einsatz sowie die Informationssuche251, der Outcome besteht aus der entstehenden Zufriedenheit, persönlicher Unterstützung sowie einer Leistungsvergütung252. Der Input eines Kunden sind des Weiteren der Kaufpreis eines in der Austauschbeziehung erworbenen Gutes, die Wartezeiten und Anfahrtskosten253 und darüber hinaus anderer Zeitaufwand, Ärger, Anstrengung sowie Unsicherheit.254 Austauschtheoretisch werden als Belohnungen (Outcome) für bestimmtes Verhalten Liebe (Zuneigung, Wärme, Beistand), Status (Prestige, Selbstwert, Selbstachtung), Information (Rat, Meinung, Instruktion, Aufklärung), Geld, Güter und Dienstleistungen genannt.255 Gerechtigkeit entsteht bei einem ausgewogenen Input-Outcome-Verhältnis. Wird dieses Verhältnis nicht als ausgeglichen, sondern als ungerecht wahrgenommen, empfindet eine Person innere Spannungen, die Aktivitäten mit dem Ziel der Gerechtigkeitsherstellung auslösen.256 Solche Aktivitäten können eine kognitive Einstellungsänderung sein, der Abbruch der Beziehung, eine Beeinflussung des Austauschpartners und eine Veränderung des Inputs.257 Dabei ist nicht die Perspektive des einen Austauschpartners entscheidend, sondern die Erfüllung der aktuellen situations- und persönlichkeitsabhängigen Gerechtigkeitsnormen.258 Ungerechtigkeit wird nicht nur bei einer eigenen Benachteiligung, sondern auch bei Begünstigungen zu Lasten des Austauschpartners empfunden.259 Hier widerspricht die Gerechtigkeitstheorie dem mikroökonomischen Prinzip der individuellen Nutzenmaximierung und auch dem Prinzip der Austauschtheorien.260 Faktoren, die aus Sicht des Einkäufers zu sozialen Belohnungen führen können, kommen als Kommunikationsdimensionen in Frage. Darüber hinaus können Veränderungen des wahrgenommenen Input-Outcome-Verhältnisses Auswirkungen auf das KommunikationsZufriedenheitsniveau haben. 3.3.2
3.3.2.1
Erklärungsansätze der Kommunikationszufriedenheit aus der Neuen Institutionenökonomie Annahmen der Neuen Institutionenökonomie
Die Neoklassik gilt als das „Gravitationszentrum abstrakt-ökonomischer Theoriebildung“261, für deren Grundgedanken zur ökonomischen Effizienz idealtypische Annahmen eines voll-
250
Vgl. Adams (1965). Vgl. Adams (1965), S. 281. 252 Vgl. Adams (1965), S. 278; Adams beschreibt hier auch negativ bewertete Outcomes wie schlechte Arbeitsbedingungen, Monotonie und Unsicherheit, die sie Herzbergs ‘dissatisfiers’ (vgl. Herzberg et al. (1959)) zuordnet und als eher vermieden denn angestrebt bezeichnet. 253 Vgl. Fisk/ Young (1985), S. 342. 254 Vgl. Bierhoff (1997), S. 136. 255 Vgl. Foa/ Foa (1980), S. 77 ff.; vgl. auch für den Bezug auf Dialogmarketing Mann (2004), S. 392 f. 256 Vgl. Austin/ Walster (1975), S. 475. 257 Vgl. Homburg/ Stock-Homburg (2008), S. 37 f. 258 Vgl. Herkner (2001), S. 438. 259 Vgl. Adams (1965), S. 281. 260 Vgl. Rippe (1981), S. 30. 261 Müller (2005), S. 59. 251
52
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
kommenen Marktes und individueller Rationalität als Verhaltensannahme benötigt wurden. Mit dem ‚homo oeconomicus’ und seinen stabilen, konsistenten Präferenzen und nutzenmaximierender Rationalität der Entscheidungen wird von realen Informations- und Unsicherheitsproblemen abstrahiert.262 Die Neue Institutionenökonomie lässt dagegen unvollkommene Informationen und Unsicherheiten263 explizit zu.264 Bei der Gestaltung von persönlichen Kommunikationssituationen im Vertrieb von Industriegütern treten erhebliche Informations- und Unsicherheitsprobleme auf, aus denen sich „Verfahrensregeln zur Vereinfachung der zwischenmenschlichen Beziehungen“265 entwickeln, weshalb sich ein Rückgriff auf die Neue Institutionenökonomie und ihre Erklärungsansätze lohnt. Die zentralen Verhaltensannahmen der Neuen Institutionenökonomie sollen im Folgenden kurz dargestellt werden266: x
x
Methodologischer Individualismus: Die Neue Institutionenökonomie geht davon aus, dass die Einstellungen und Handlungen individueller Mitglieder einer Gruppe die Handlungen sozialer Gruppierungen erklären. Die Interaktion zwischen den Individuen ist von entscheidender Bedeutung.267 Individuelle Nutzenmaximierung: Innerhalb der von der Institution gegebenen Grenzen versuchen Individuen ihren individuellen Nutzen zu maximieren, wobei sie sowohl Handlungsalternativen als auch eigene Präferenzen berücksichtigen. Die Neue Institutionenökonomie berücksichtigt dabei auch „Altruismus und selbstauferlegte Beschränkungen, die die tatsächlichen Entscheidungen der handelnden Personen im Endergebnis tiefgreifend verändern“268. Darüber hinaus werden auch Aspekte des menschlichen Verhaltens wie Macht, Liebe und Selbstverwirklichung in die Betrachtung einbezogen. Die Präferenzen werden nicht als absolut konsistent angenommen, die Bedürfnisse von Individuen sind (zumindest längerfristig) wandelbar.269
x
Eingeschränkte Rationalität: Individuen verfügen nur über eine begrenzte neurophysiologische270 und sprachliche271 Informationsverarbeitungskapazität. Sie versuchen aber, sich im Rahmen der gegebenen Informationen rational zu verhalten. Institutionen sollen versuchen, die Informationsgewinnung, -verarbeitung, -weitergabe und -speicherung der Individuen zu verbessern.272
x
262
Opportunistisches Verhalten: Den Individuen wird unterstellt, dass sie ihr Eigeninteresse „unter Zuhilfenahme von List“273 (inklusive Lügen, Stehlen und Betrügen) verfolgen, sich
Vgl. North (1992), S.22 ff.; Müller (2005), S. 59. Vgl. zur Diskussion des Unsicherheitsbegriffs im Kontext der NIÖ z. B. Slater/ Spencer (2000). 264 Vgl. Müller (2005), S. 61. 265 North (1992), S. 31. 266 Vgl. Furubotn/ Richter (2005), S. 3 ff. 267 Vgl. Müller (2005), S. 62; vgl. zum methodologischen Kollektivismus z. B. Mummert (1995), S. 36 f. 268 North (1992), S. 24. 269 Vgl. Müller (2005), S. 62. 270 Vgl. North (1992), S. 31, auch Mummert (1995), S. 40 f. 271 Vgl. Arrow (1980), S. 38. 272 Vgl. Müller (2005), S. 63. 273 Williamson (1990), S. 54. 263
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53
strategisch verhalten und dazu Informationsasymmetrien ausnutzen, auch wenn es anderen Beteiligten schaden könnte. Kontrakte und Institutionen bilden neben den Verhaltensannahmen weitere wichtige Pfeiler der Neuen Institutionenökonomie. Hier wird angenommen, dass sich alle wirtschaftlichen Beziehungen durch bilaterale Kontrakte darstellen lassen.274 Bei den relationalen Kontrakten der Neuen Institutionenökonomie treten informelle, implizite Vereinbarungen, die auf gegenseitigen Abhängigkeiten beruhen, in den Vordergrund. Insbesondere persönliche Beziehungen zwischen Individuen und deren Verhalten werden hierbei betrachtet. Institutionen, wie sie im Rahmen der Neuen Institutionenökonomie betrachtet werden, sind gestaltbar.275 Der Beitritt zu einer Institution bedeutet für ein Individuum die Akzeptanz der dort geltenden Regeln, was gleichzeitig eine Abkehr von der rationalen Entscheidungsfähigkeit nach sich zieht. Rationales Verhalten ist als die Wahl der besten Möglichkeit aus einer gegebenen Menge von Alternativen definiert. Durch eine Institution mit ihren Regeln ist die Wahlfreiheit also per se eingeschränkt. Regeln dienen aber nicht nur der Einschränkung des eigenen Verhaltensspielraums, sondern erleichtern auch die Entwicklung einer Erwartungshaltung und das Einschätzen des Verhaltens anderer Mitglieder von Institutionen, sofern deren Regeln bekannt sind. Durch die implizite Vereinbarung zur Einhaltung von Regeln durch die Beteiligten entstehen neue Handlungsalternativen. Institutionen sind also verpflichtende Normen und Regeln, mit dem Zweck, bestimmte Handlungserwartungen zu ermöglichen und konstant zu erhalten.276 Informationsasymmetrien stellen die Basis opportunistischen Verhaltenspotenzials der Beteiligten dar. Sie liegen immer dann vor, wenn der Eine besser informiert ist als der Andere.277 Drei grundlegende Unterscheidungen von Informationsasymmetrien können identifiziert werden: x
x
Nach der Art der Information als privat oder öffentlich278: Private Informationen sind nur einer Person oder einer bestimmten Gruppe von Individuen bekannt; öffentliche Informationen stehen der Allgemeinheit zur Verfügung. Der individuelle Informationsstand eines Individuums beinhaltet die Gesamtheit aller für diese Person verfügbaren Informationen.279 Nach dem Zeitpunkt des Auftretens: Die Informationsasymmetrie kann vor oder nach einer Transaktion auftreten, wobei die Information dem schlechter Informierten erst im Nachhinein bekannt wird oder weiterhin verborgen bleibt.280
x
274
Nach der Verhaltensabhängigkeit: Informationsasymmetrien können willensabhängig (durch Fairness, Anstrengung, Sorgfalt) oder willensunabhängig (Talent, Fähigkeiten) entstehen oder abgebaut werden.281
Vgl. Müller (2005), S. 63. Vgl. Müller (2005), S. 65. Vgl. Priddat (1996), S. 16. 277 Vgl. Spremann (1990), S. 562. 278 Vgl. Karmann (1992), S. 558. 279 Vgl. Haberer (1996), S. 33. 280 Vgl. Müller (2005), S. 66. 275 276
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Im Hinblick auf Verhaltensunsicherheiten werden in der Literatur drei Situationen unterschieden, die auf asymmetrischen Informationen beruhen:282 Qualitätsunsicherheit (hidden information), moral hazard und hold up. Hidden Information (Qualitätsunsicherheit) beinhaltet einerseits das Zurückhalten von Informationen über entscheidungsrelevante persönliche Eigenschaften (hidden characteristics), andererseits das Verbergen von Fachwissen (hidden knowledge).283 Dem schlechter informierten Akteur werden die verborgenen Informationen erst nach der Transaktion bekannt, der besser Informierte kennt sie bereits zuvor und hält sie zurück. Ersterer hat damit die Schwierigkeit, die Qualifikation und Eigenschaften seines Gegenübers einzuschätzen und muss seine Entscheidung unter unvollständiger Information treffen. Ein Erwerb zusätzlicher Informationen würde Kosten verursachen. Unter unvollständiger Information kann es zu einer Negativentscheidung (Adverse Selection)284 kommen, wenn der Nachfrager nicht zwischen guter oder schlechter Qualitätserfüllung unterscheiden kann. Als Lösungsvorschläge zur Überwindung dieser Informationsasymmetrie wird der Anschluss an einen Markt vorgeschlagen. Im Vorgriff auf spätere Ausführungen in dieser Arbeit kann auch eine Gestaltung der Kommunikationssituation im Sinne des Signaling (vgl. Kapitel 3.3.2.3) in Frage kommen, da ein schlecht informiertes Individuum diejenige Institutionsform wählen wird, bei der es sich am Besten über die Qualitäten informieren kann285 bzw. bei dem es mit Informationen über Qualitäten ausgestattet wird. In einer Situation mit Hidden Action (moral hazard) sind Handlungen nicht vollständig beobachtbar. Zum eigentlichen Verhaltensrisiko tritt ein exogenes Risiko, welches der schlechter Informierte zusätzlich zu tragen bereit ist. Die zu erhaltene Leistung wird vom exogenen Risiko und vom Verhalten des besser Informierten beeinflusst. Letzteres bezieht sich auf dessen Anstrengung und Sorgfalt.286 Moral hazard beschreibt die Unfähigkeit des schlechter Informierten, zwischen dem Verhalten des besser Informierten und dem exogenen Risiko zu unterscheiden, da er nur das Gesamtergebnis erfährt287 und die Hidden Action nicht im Nachhinein aufgeklärt wird. Die später zu identifizierenden Dimensionen der Kommunikationsqualität stellen potenziell wünschenswerte Verhaltensausprägungen dar (vgl. Kapitel 3.5.2). Hidden Intentions (hold up) beschreiben verborgene Absichten, die bereits im Vorfeld einer Transaktion bestehen und zum Beispiel zu unvollständigen Verträgen führen, die zum Nachteil des Einen ‚raubüberfallartig‘ durch den Anderen ausgeschöpft werden. Das ‚Opfer’ eines hold up empfindet diesen als unfair, es erwartete ein anderes Verhalten, das vielleicht nicht explizit vereinbart wurde. Bei den genannten Ansprüchen kann es sich auch um ‚implicit claims’ (implizite Ansprüche) handeln.288 Das Opfer des opportunistischen Verhaltens hat 281
Vgl. Spremann (1990), S. 565. Vgl. Spremann (1990), S. 562. Vgl. Kaas (1992b), S. 23 ff. 284 Vgl. Akerlof (1970), S. 488 ff. 285 Vgl. Müller (2005), S. 68. 286 Vgl. Müller (2005), S.69. 287 Vgl. Williamson (1990), S. 54. 288 Vgl. Spremann (1990), S. 569. 282 283
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keine juristische oder physische Möglichkeit, eine entschädigende Gegenleistung zu bekommen. Das opportunistische Verhalten kann sogar unabsichtlich oder zur Risikoabwälzung geschehen.289 In der Literatur werden zur Abwendung von hold up zum Beispiel Rahmenabkommen und Sanktionsmöglichkeiten diskutiert290, alternativ wäre eine exaktere Identifikation der Erwartungen (auch in Kommunikationssituationen) und deren explizite Festschreibung denkbar. Bausteine der Neuen Institutionenökonomie sind erstens der Principal Agent Ansatz, welcher zentral die Informationsasymmetrie zwischen den Beteiligten herausstellt, woraus Interessenkonflikte folgen und opportunistisches Verhalten durch Kontrakte vermieden werden soll.291 Ein zweiter Baustein ist der Property Rights Ansatz, in dessen Kontext Verfügungsrechte über Ressourcen betrachtet werden. Der Erklärungsbeitrag dieses Ansatzes292 liegt in der Untersuchung der Auswirkungen der Gestaltung und Verteilung von Verfügungsrechten auf das Verhalten der Akteure und darüber hinaus in der Erklärung der Entstehung, Verteilung und dem Wandel von Verfügungsrechten.293 Im Folgenden soll auf zwei weitere zentrale, mit der Neuen Institutionenökonomie verbundene, Ansätze eingegangen werden, den Transaktionskostenansatz und die Informationsökonomie. 3.3.2.2
Transaktionskostenansatz
Der Transaktionskostenansatz bietet eine Erklärung, warum Transaktionen in bestimmten institutionellen Arrangements (mehr oder weniger) effizient organisiert und abgewickelt werden.294 Die entstehenden Transaktionskosten bilden den Maßstab der Vorteilhaftigkeit, indem deren Höhe in alternativen institutionellen Arrangements zur Abwicklung und Organisation von Transaktionen verglichen wird.295 Eine Transaktion wird als Prozess von Anbahnung, Vereinbarung, Durchsetzung und Kontrolle sowie Anpassung aufgefasst (und damit weiter als im Property Rights Ansatz296). Transaktionskosten sind „alle Opfer und Nachteile, die von den Tauschpartnern zur Verwirklichung des Leistungsaustauschs zu tragen sind“297, auch Zeit und Mühe, die aufgewendet werden müssen, und alle anderen Opportunitätskosten.298 In jeder Phase der Transaktion entstehen Transaktionskosten, denen wiederum verschiedene Informationskostenformen zugeordnet werden können.299
289
Vgl. Müller (2005), S. 70. Vgl. Müller (2005), S. 70. 291 Vgl. Ebers/ Gotsch (2006), S. 259. 292 Vgl. Ebers/ Gotsch (2006), S. 248. 293 Beide genannte Ansätze tragen nicht unmittelbar zu den Inhalten dieser Arbeit bei, so dass zu de290
ren näherer Erläuterung auf weitere Literatur hingewiesen wird, z. B. Ebers/ Gotsch (2006). 294
Vgl. dazu z. B. Williamson (1990), S. 17 ff. 295 Vgl. Ebers/ Gotsch (2006), S. 277. 296 Vgl. zur Theorie der Verfügungsrechte z. B. Ebers/ Gotsch (2006), S. 248 ff.; auch Picot (1991), S. 145 f. 297 Picot et al. (2008), S. 57. 298 Vgl. Müller (2005), S. 80. 299 Vgl. Windsperger (1996), S. 13 ff.
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3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Die Transaktionskosten können durch Verringerung der Informationskostenformen durch Erfüllung verschiedener Kommunikationsdimensionen gemindert werden. Zum Beispiel kann die Aufbereitung der Informationen (Qualität der Informationen) und deren verständliche und angenehme Weitergabe (Informationsfluss) Kosten der Informationsgewinnung, der Informationsweitergabe, der Informationsverarbeitung sowie der Entscheidung (Kosten durch Interpretations- und Bewertungsnotwendigkeit von Informationen sowie Informationsverluste) minimieren. Die empfundene Vertrauenswürdigkeit und Kooperationsbereitschaft des Gesprächspartners kann Verhandlungskosten, die durch Opportunitätskostenaspekte entstehen, vermindern. Verhandlungskosten können durch Beeinflussung des Gesprächskontexts verringert werden, z. B. Wegfall von Reisen und Verminderung des Zeitaufwands. Ein professioneller Umgang mit Konflikten in der Gesprächssituation minimiert Konfliktbeilegungskosten, die aus Informationsasymmetrien und Interessengegensätzen entstehen und durch eine notwendige Schlichtung oder einen negativen (unlösbaren) Konfliktausgang verursacht werden. WILLIAMSON (1975) entwickelte einen mikroanalytischen Bezugsrahmen zur Systematisierung und Erklärung von Transaktionskosten.300 Die Höhe der Kosten hängt von verschiedenen Einflussgrößen ab, zu deren Erklärung Williamson den „Organizational Failure Framework“ entwickelt hat (vgl. Abbildung 13).301 Verhaltensannahmen
Umweltfaktoren
Human Factors
Environmental Factors
Transaktionsatmosphäre Atmosphere
begrenzte Rationalität Bounded Rationality
Abbildung 13
Unsicherheit Informationsverkeilung Information Impactedness
Uncertainty / Complexity
Opportunismus
Spezifität
Opportunism
Small Numbers
Organizational Failure Framework
302
Die Transaktionsatmosphäre beinhaltet „alle soziokulturellen und technischen Faktoren, die in einer gegebenen Situation Einfluss auf die Transaktionskosten verschiedener Koordinations- und Motivationsinstrumente haben“303. Sie wird durch die Verhaltensannahmen der Institutionenökonomie (begrenzte Rationalität und Opportunismus der Transaktionsbeteiligten) sowie Umweltfaktoren (Unsicherheit, Spezifität, Häufigkeit) determiniert. Die Spezifität ist die Wertdifferenz zwischen einer beabsichtigten Verwendung und der zweitbesten Verwendung 300
Vgl. Williamson (1975). Vgl. Williamson (1975), S. 40. Vgl. Williamson (1975), S. 40. 303 Picot et al. (2008), S. 61. 301 302
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einer Ressource. Deren Einflussgröße ist die Länge einer Transaktionsbeziehung, welche zu einer Umwandlung einer unspezifischen in eine spezifische Transaktion („fundamentale Transformation“304) führen kann.305 Ist eine Transaktion durch Spezifität gekennzeichnet, dann sind Verhaltensspielräume, die durch Unsicherheit hinsichtlich der Vorhersehbarkeit und Anzahl von Änderungen bei der Leistungsvereinbarung entstehen, größer. Wenn die Häufigkeit gleicher oder ähnlicher Transaktionen zunimmt, sinken die Transaktionskosten aufgrund von Lerneffekten sowie Skalen- und Synergieeffekten.306 In einem weiteren Kontext sind relevante Faktoren zur Einsparung von Transaktionskosten zum Beispiel die Qualität des Produktes, die Gestaltung des Gutes und der soziale Zusammenhang der Transaktion (Sitten, Gewohnheiten, Traditionen).307 Der Transaktionskostenansatz bietet die Möglichkeit, Kommunikationsdimensionen zu identifizieren und deren Einfluss auf die Kommunikationszufriedenheit zu prognostizieren. Darüber hinaus kann der Einfluss von Kontextvariablen des Industriegütergeschäfts auf die Höhe der Zufriedenheitsniveaus mit Hilfe dieses Ansatzes erklärt werden. 3.3.2.3
Informationsökonomie
Die Informationsökonomie stellt auf die transaktionsnotwendigen Informationen bei Marktunsicherheit ab.308 Diese Informationen sind in den Annahmen der Informationsökonomie unvollständig und mit Blick auf ihren Erwerb kostenintensiv. Darüber hinaus gibt es Informationsasymmetrien, bedingt durch die Aktivitäten von Unternehmen und Individuen.309 Transaktionen kommen nur durch informationsgewinnende, -verarbeitende und austauschende Prozesse zu Stande.310 Die Analyse von Informationsasymmetrien und deren Auswirkungen ist Basis der Kernprämissen der Informationsökonomie.311 In informationsökonomischen Ansätzen312 wird zunächst die Unsicherheit über die Umweltfaktoren analysiert, dann das Informationsverhalten der Individuen beschrieben. Instrumente und Aktivitäten zum Abbau von Informationsasymmetrien stehen im Mittelpunkt.313 In Überlegungen zur asymmetrischen Informationsverteilung im Hinblick auf Qualitätseigenschaften werden folgende Gütertypen unterschieden:314
304
Williamson (1990), S. 70. Williamson unterscheidet vier Arten der Faktorspezifität: Standortspezifität, Spezifität des Sachkapitals, des Humankapitals und von zweckgebundenen Sachwerten; Benjamin, Malone und Yates (1986) ergänzten die Güterspezifität („asset specificity“) um die Spezifität des Distributionszeitraums („time specificity“) (vgl. Benjamin et al. (1986), S. 6). 306 Vgl. Müller (2005), S. 83. 307 Vgl. Williamson (1990), S. 25. 308 Vgl. Roth (2001), S. 39. 309 Vgl. Stiglitz (2000), S. 1441. 310 Vgl. Matten (1998), S. 204. 311 Vgl. z. B. Kaas (1995b), Sp. 973. 312 Die verschiedenen Ansätze der Informationsökonomik können in Qualitäts-, Verhaltensunsicherheits-, Suchkosten, Markt-Effizienz- und wohlfahrtsökonomische Ansätze eingeteilt werden (vgl. z. B. Roth (2001), S. 39); Für die vorliegende Arbeit stehen die beiden erstgenannten im Vordergrund. 313 Vgl. Matten (1998), S. 204. 314 Vgl. Kaas (1990), S. 542. 305
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3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
x x
Neoklassisch homogene Güter: Informationsverteilung und Qualität sind einheitlich. Such- bzw. Inspektionsgüter: Die Qualität des Gutes kann eindeutig vor dem Kauf durch entsprechende Informationen festgestellt werden.
x
Erfahrungs- und Vertrauensgüter: Bei beiden ist die Qualität vor und während des Kaufs nicht feststellbar. Bei Erfahrungsgütern zeigt sie sich nach dem Kauf; bei Vertrauensgütern kann die Qualität selbst nach dem Kauf nur mit übermäßig hohem Aufwand festgestellt werden.315
Gerade bei Vertrauensgütern, aber auch bei Erfahrungsgütern ist die Gefahr opportunistischen Verhaltens besonders groß. Um eine Negativauswahl (Adverse Selection)316 zu verhindern, sind in der Informationsökonomie zwei Ansätze der Informationsverbesserung herausgearbeitet worden: Screening (Informationsgewinnung) und Signaling (Informationsübermittlung).317 Screening bedeutet Informationsbeschaffung, hierbei ist es grundsätzlich möglich, durch eigene Aktivitäten oder durch Dritte Informationen zu erhalten. Allerdings sind viele Informationen, insbesondere bei Erfahrungs- und Vertrauensgütern, vor dem Kauf gar nicht und im Nachhinein nur schwer zu erlangen. Deshalb steht insbesondere das Signaling als das Aussenden von Informationen durch die Anbieterseite318 mit dem Ziel im Vordergrund, den Nachfragern eine möglichst kostengünstige Qualitätseinschätzung zu ermöglichen319 und damit die Chance zu bieten, zwischen guten und schlechten Anbietern zu unterscheiden.320 Die systematische Weitergabe von Informationen durch den Verkäufer an den Einkäufer zum Abbau von Informationsasymmetrien bedeutet gleichzeitig einen Beitrag zur Verbesserung der Kommunikationsgestaltung. Darüber hinaus ist die Demonstration der Verständigungsund Verständnisorientierung und der Vertrauensaufbau ein informationsökonomisches Ziel der Face-to-Face Kommunikation zwischen Verkäufer und Einkäufer. 3.3.3
Zusammenfassender Überblick der theoretischen Beiträge zur Kommunikationszufriedenheit
Die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers beruht auf dem Vergleich des vom Einkäufer erwarteten (kommunikativen) Verkäuferverhaltens mit dem tatsächlichen Verhalten des Verkäufers. Das Confirmation-Disconfirmation-Paradigma bildet den konzeptionellen Rahmen der Betrachtung der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers.
315
Spiller (1996) unterscheidet darüber hinaus zwischen Potemkin-Gut, dessen Eigenschaften durch Dritte mit hohem Kostenaufwand zumindest festgestellt werden könnten und dem Placebo-Gut, bei dem die Prüfung der Eigenschaften ausgeschlossen ist (vgl. Spiller (1996), S. 220). 316 Vgl. Akerlof (1970). 317 Vgl. Spence (1976), S. 593 ff.; andere Autoren beschreiben Screening und Signaling innerhalb der Principal-Agent-Theorie als Möglichkeiten des Abbaus eines Informationsgefälles (vgl. z. B. Picot et al. (2008), S. 76 ff.). 318 Für eine Darstellung von Screening und Signaling auf Nachfrager- und Anbieterseite vgl. zum Beispiel Mann (1998), S. 111. 319 Vgl. Spence (1976), S. 593. 320 Vgl. Müller (2005), S. 87.
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
59
Die Theorien aus Sozialpsychologie und Neuer Institutionsökonomie enthalten unterschiedliche Ansätze für die Identifikation der Dimensionen der Kommunikationsqualität sowie für die Erklärung des positiven Zusammenhangs zwischen ihnen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit sowie der Stärke dieses Zusammenhangs. Die folgende Tabelle stellt die Theorien und Konzepte, ihre zentralen Aussagen und ihren Beitrag für das Entstehen der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers nochmals systematisch dar. Theoretischer Ansatz / Konzept
Grundlegende Aussagen
Beitrag für die Kommunikationszufriedenheit
Beziehungen sind dann balanciert, werden als angenehm empfunden und angestrebt, wenn zwei Personen gegenüber einem Verhalten oder Objekt dieselbe positive oder negative
Erwartungserfüllung resultiert aus wahrgenommener Übereinstimmung der Einstellungen der Beteiligten zu einem Verhalten.
Sozialpsychologie Balancetheorie
Einstellung haben. Ist Voraussetzung für Assimilation und Kontrast; Diese dienen dazu, den Balancierungsstatus eindeutiger zu machen. AssimilationsKontrast-Theorie
In Abhängigkeit von der Diskrepanz zwischen Erwartung und Leistungserfüllung neigen Individuen zu einer Verstärkung bzw. Verringerung der Diskrepanz.
Das Zufriedenheitsniveau wird im Akzeptanz- und Ablehnungsbereich extremisiert.
Mehr-FaktorenModell
Zufriedenheit resultiert nicht aus allen Leistungen in gleicher Weise. Basisfaktoren verhindern lediglich die Entstehung von Unzufriedenheit, Begeisterungsfaktoren führen bei Existenz zu Zufriedenheit; Leistungsfaktoren führen abhängig von ihrem Erfüllungsgrad zu Zufriedenheit.
Es existieren verschieden starke Treiber der Zufriedenheit.
Attributionstheorie
Individuen suchen nach Ursachen für die Erfüllung bzw. Nicht-Erfüllung Ihrer Erwartungen. Ursachen werden abhängig von verfügbaren Informationen zugeschrieben (Kovariationsprinzip). Erfolge werden eher personenintern, Misserfolge eher personenextern attribuiert (fundamentaler Attributionsfehler). Zusätzliche Informationen verändern die Ursachenzuschreibung (Actor-Observer-Effekt, Stabilität des Verhaltens, Macht).
Das Zufriedenheitsniveau variiert mit der zugeschriebenen Ursache.
Dissonanztheorie
Individuen streben ein Gleichgewicht zwischen ihren Kognitionen an. Liegt kein Gleichgewicht, sondern Dissonanz vor, werden verschiedene Mechanismen zum Abbau der Dissonanz aktiv.
Dissonanzabbau kann durch Veränderung der Einstellung zu einem Verhalten und dessen Umbewertung zu einer Zufriedenheitsniveauänderung führen.
60
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Risikotheorie
Individuen streben nach der Reduktion des spezifischen Risikos einer Situation.
Faktoren, die der Risikoreduktion dienen können, kommen als Dimensionen der Kommunikationsqualität in Frage.
Theoretischer Ansatz / Konzept
Grundlegende Aussagen
Beitrag für die Kommunikationszufriedenheit
Gerechtigkeitstheorie
Zufriedenheit resultiert aus der wahrgenommenen Gerechtigkeit zwischen Kosten und Nutzen einer Transaktion.
Umstände, die die wahrgenommenen Kosten reduzieren bzw. den Nutzen erhöhen, verändern das Zufriedenheitsniveau.
Individuen streben nach sozialen Belohnungen in Austauschbeziehungen (Liebe, Prestige, Informationen).
Faktoren, die zu sozialen Belohnungen führen können, kommen als Dimensionen der Kommunikationsqualität in Frage.
Neue Institutionenökonomie Transaktionskostenansatz
Analysegegenstand ist die Transaktion selbst, welche von Unsicherheit, Spezifität und Häufigkeit beeinflusst wird. Als Effizienzkriterium werden Transaktionskosten herangezogen, die durch effizientere Gestaltung u. a. der Kommunikation gesenkt werden können.
Faktoren, die der Senkung der Transaktionskosten dienen können, kommen als Dimensionen der Kommunikationsqualität in Frage.
Informationsökonomie
Analysegegenstand sind Informationsasymmetrien und das Informationsverhalten der Beteiligten. Diese werden vom Charakter des Gutes, dem Verhalten der Akteure und den Kosten der Informationsbeschaffung beeinflusst. Effizienzkriterium ist der Wert der Informationen der durch informationsübertragende Aktivitäten beeinflusst werden kann.
Signaling des Anbieters und dessen Gestaltung beeinflusst das Vorkommen von Informationsasymmetrien, kann Informationskosten des Beschaffers senken und damit zu dessen Zufriedenheitsniveau betragen.
Abbildung 14
Beitrag von Theorien und Konzepten zur Kommunikationszufriedenheit
Zur Identifikation von Kommunikationsdimensionen dienen folgende Überlegungen zu Transaktionskostenansatz und Informationsökonomie sowie zur Risiko- und Austauschtheorie: Im Transaktionskostenansatz ist die Transaktion selbst Analysegegenstand. Sie wird von Unsicherheit, Spezifität und Häufigkeit beeinflusst. Als Effizienzkriterium werden Transaktionskosten herangezogen, die u. a. durch Gestaltung der Kommunikation gesenkt werden können. Faktoren, die der Senkung der Transaktionskosten dienen können, kommen als Dimensionen der Kommunikationsqualität in Frage. Verschiedene Dimensionen können zur Reduktion von Transaktionskosten für den Einkäufer beitragen. Insbesondere die Qualität der Informationen und der Informationsfluss können die verschiedenen Informationskostenformen reduzieren. Der professionelle Umgang mit Konflikten minimiert die Konfliktbeilegungskosten. Transaktionskosten, die durch die Notwendig-
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
61
keit einer Unsicherheitsreduktion entstehen, kann durch Offenheit und Vertrauenswürdigkeit vorgebeugt werden. Individuen streben nach der Reduktion des spezifischen Risikos einer Situation. Faktoren, die der Risikoreduktion dienen können, kommen entsprechend als Dimensionen der Kommunikationsqualität in Frage. Dem Unsicherheitsabbau dienen informationsökonomisch alle Dimensionen, die dem Abbau von Informationsasymmetrien dienen können. Im Besonderen ist die Qualität des Inhalts zu nennen. Auch risikotheoretisch dienen Dimensionen der Kommunikationsqualität dem Abbau von Unsicherheiten, dazu zählt die wahrgenommene Kompetenz des Verkäufers, dessen Offenheit, Vertrauenswürdigkeit, Souveränität, Empathie, Lösungsorientierung, Kooperationsbereitschaft und das Verständnis des Geschäftskontexts des Einkäufers. Individuen streben nach gerechten, sozialen Belohnungen in Austauschbeziehungen (Liebe, Prestige, Informationen). Umstände, die die wahrgenommenen Kosten reduzieren bzw. den Nutzen erhöhen, verändern das Zufriedenheitsniveau. Faktoren, die zu sozialen Belohnungen führen können, kommen als Elemente der Kommunikationsqualität in Frage. Das Streben nach sozialen Belohnungen kann insbesondere durch Freundlichkeit, Unterhaltsamkeit und Interesse an personalisierter Kommunikation erfüllt werden. Letzteres zeigt das Interesse des Verkäufers an der Person des Einkäufers und hebt ihn damit unter Umständen aus der Masse der Geschäftspartner heraus. Aus den Ausführungen zur Identifikation und Definition der Kommunikationsdimensionen in Kapitel 3.5.2 kann in Bezug auf deren Wirkung für die Kommunikationszufriedenheit in der persönlichen Gesprächssituation zwischen Verkäufer und Einkäufer folgende Generalhypothese abgeleitet werden: H1 Je höher die Zufriedenheit mit der Kommunikationsdimension X ist, desto höher ist die Gesamtzufriedenheit des Einkäufers in der Kommunikationssituation. Für X: Zufriedenheit mit… H 1.1 …der Inhaltsqualität H 1.2 …dem Informationsfluss H 1.3 …der Offenheit H 1.4 …der Vertrauenswürdigkeit H 1.5 …dem Interesse an personalisierter Kommunikation H 1.6 …der Unterhaltsamkeit H 1.7 …der Souveränität H 1.8 …der Empathie H 1.9 …der Kompetenz H 1.10 …der Lösungsorientierung H 1.11 …der Freundlichkeit H 1.12 …der Kooperationsbereitschaft H 1.13 …dem Verständnis des Kundenkontexts H 1.14 …dem Konfliktumgang
62
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Eine weitere Differenzierung der Niveaus der Zufriedenheit der Kommunikationsdimensionen und deren Hypothetisierung finden im Rahmen der Diskussion der Kontextvariablen statt. 3.4
Dimensionalität von Kommunikationszufriedenheit und Kommunikationsqualität
Die erwarteten Elemente der Kommunikation können unter dem Begriff der ‚Kommunikationsqualität‘ subsummiert werden. Die Elemente (Dimensionen und deren Kriterien) beschreiben die Anforderungen der Kommunikationsbeteiligten an das Verhalten des jeweiligen Gegenübers. Mit der Definition der Elemente der Kommunikationsqualität können subjektive, bewusste und unbewusste Erwartungen des Einkäufers an die Kommunikation des Verkäufers sichtbar und einer Reflexion und Bewertung zugänglich gemacht werden. Die vom Einkäufer erwartete Gesamtqualität des Kommunikationsverhaltens eines Verkäufers beinhaltet inhalts- und beziehungsbezogene Kommunikationsdimensionen, die abhängig vom Gesprächskontext mit mehr oder weniger großer Wahrscheinlichkeit auftreten bzw. relevant werden. Die Dimensionen selbst beinhalten wiederum spezifische Kriterien des Kommunikationsverhaltens, die auf einzelne Aspekte der jeweiligen Kommunikationsdimension abstellen und für die das Erwartungsniveau beim Einkäufer ebenfalls situationsabhängig variiert. Die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers ist das Ergebnis seines Soll-IstVergleichsprozesses zwischen erwarteten und wahrgenommenen kommunikationsrelevanten Verhaltensweisen und Eigenschaften eines Verkäufers in einer Kommunikationssituation. Mit der Annahme, dass die Erwartungsgrößen der Kommunikationszufriedenheit – die Elemente der Kommunikationsqualität – den Ebenen Kriterien und Dimensionen zugeordnet werden können, erfolgt auch der Vergleichsprozess ebenenbezogen. Damit ist die Gesamtkommunikationszufriedenheit ein mehrdimensionales Konstrukt, das über die Interpretation und Bewertung der „performance levels“321 durch die Einkäufer gemessen werden kann. Die folgende Abbildung dient der Visualisierung des mehrdimensionalen Konzepts der Kommunikationsqualität und der Kommunikationszufriedenheit.
321
Oliver (1997), S. 39.
Kommunikationsqualität
Qualitätskriterien des Kommunikationsverhaltens
Qualitätsdimensionen des Kommunikationsverhaltens
Gesamtqualität des Kommunikationsverhaltens
Dimensionen der Kommunikationszufriedenheit
Gesamtkommunikationszufriedenheit
63
Bewertung
Einkäufer
Erwartung
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Kommunikationszufriedenheit
Abbildung 15
Kriterien der Kommunikationszufriedenheit
Ebenen der Kommunikationsqualität und Kommunikationszufriedenheit
Die Messung der Kommunikationszufriedenheit kann in detaillierter Form auf Ebene der Kriterien erfolgen. Die Kriterien dienen auch der Definition der Inhalte der Dimensionen und können – abhängig vom Forschungsziel - als Indikatoren der Kommunikationsdimensionen auf Basis einer formativen Spezifikation herangezogen werden. Die Kommunikationsdimensionen stellen dann latente Konstrukte in einem Strukturgleichungsmodell dar und werden in ihren kausalen Beziehungen zu anderen latenten Konstrukten (z. B. Loyalität, Vertrauen, Commitment) gemessen. Analog können die Dimensionen als formative Indikatoren der Kommunikationszufriedenheit herangezogen werden. Steht die Kommunikationszufriedenheit als Untersuchungsgegenstand im Mittelpunkt, ohne dass latente Konstrukte eine Rolle spielen, wird die formativ spezifizierte Latente zur beobachtbaren – und damit direkt messbaren – Variablen. Die eigene Zufriedenheit mit bestimmten Aspekten ist durch Individuen durchaus direkt zu beurteilen. Allerdings ist zu beachten, dass der zu beurteilende Aspekt (der Kommunikationssituation) klar definiert wird und von verschiedenen Personen möglichst übereinstimmend verstanden werden kann. Die ausschließliche Abfrage der Gesamtkommunikationszufriedenheit kann zu großen Interpretationsunterschieden führen, sodass die Dimensionen und Kriterien als (implizite) Definition formuliert werden sollten (vgl. das Beispiel zur Operationalisierung einer Kommunikationsdimension in Kapitel 3.6.2.1).
64
3.5
3.5.1
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Erwartungsdimension der Kommunikationszufriedenheit: Kommunikationsqualität Literatur zur Messung von Kommunikationsqualität
Folgende Autoren haben einen Beitrag zur Konzeptualisierung der Kommunikationsqualität geleistet. O’REILLY (1982) untersucht den Einfluss von Zugänglichkeit und Qualität von Informationen auf die Nutzungsfrequenz von Informationen aus unterschiedlichen Quellen innerhalb von Wohlfahrtsorganisationen. Die Qualität von Informationen wird basierend auf deren Genauigkeit, Zuverlässigkeit, Aktualität und Bedürfnisorientierung bzw. Relevanz als Entscheidungsgrundlage gemessen.322 ANDERSON und WEITZ (1992) messen zweiseitige Kommunikation als Determinante des Aufbaus und Erhalts von Commitment in Distributionskanälen mittels der wahrgenommenen Offenheit und Bereitschaft zur Weitergabe von Informationen in einer Studie im gewerblichen Elektronikhandel.323 MOORMAN, ZALTMAN und DESHPANDE (1992) untersuchen die Rolle des Konstrukts Vertrauen in einer dyadisch angelegten Studie bei Marktforschungsinstituten und deren Kunden, wobei sie „wahrgenommene Interaktionsqualität“ als eine intervenierende Variable in der Beziehung zwischen „Vertrauen in den Marktforscher“ und „Nutzung von Marktforschungsinformationen“ identifizieren.324 Sie definieren die wahrgenommene Interaktionsqualität dabei wie auch O’Reilly (1992) als Genauigkeit und Aktualität der Information.325 Darüber hinaus sollen Informationen verständlich sein.326 Allerdings werden die inhaltsbezogenen Aspekte der Studie von Moorman et al. weder operationalisiert noch im Verlauf gemessen oder interpretiert. Interaktionsqualität resultiert in dieser Studie vielmehr aus dem wahrgenommenen Verständnis des Kundenkontexts hinsichtlich der unternehmerischen Tätigkeit327 sowie in produktiven Lösungsansätzen bei Unstimmigkeiten (Konfliktlösung). Schließlich determiniert die Freiheit zur Uneinigkeit neben den zuvor genannten Faktoren die Interaktionsqualität.328 MORGAN und HUNT (1994) stellen ein Modell zu Wirkungszusammenhängen zwischen Commitment und Vertrauen als Schlüsselvariablen329 im Beziehungsmarketing vor und testen dieses im gewerblichen Autoreifenhandel im Vergleich zu einem anderen Modell, bei dem diese beiden Konstrukte nicht im Mittelpunkt stehen.330 Kommunikation wird als Variable
322
Vgl. O'Reilly (1982), S. 762 f. Vgl. Anderson/ Weitz (1992), S. 32. 324 Vgl. Moorman et al. (1992), S. 316. 325 Vgl. O'Reilly (1982), S. 762. 326 Ebenda. 327 Vgl. auch Peterson/ Kerin (1980), S. 69 ff. 328 Vgl. Moorman et al. (1992), S. 316 und S. 326. 329 Vgl. Morgan/ Hunt (1994), S. 22. Sie positionieren Commitment und Vertrauen als zentrale Schlüsselkomponenten innerhalb ihres KMV-(Key Mediating Variable)-Modells zwischen fünf zentralen Voraussetzungen (Kosten, Vorteile, geteilte Werte, Kommunikation und Opportunistisches Verhalten) und fünf Ergebnissen (Einwilligung, Neigung zu Gehen, Kooperation, funktionelle Konflikte und Entscheidungsunsicherheit). 330 Vgl. Morgan/ Hunt (1994), S. 27. 323
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
65
verwendet, die Vertrauen determiniert und mittels Indikatoren einer Skala von ANDERSON, LODISH und WEITZ (1987)331 durch die Items „Informationsweitergabe“ und „LeistungsErwartungs-Kommunikation“ gemessen.332 MOHR und SOHI (1995) hypothetisieren ein Modell des Kommunikationsflusses in Distributionskanälen, wobei die Normen der Informationsweitergabe in ihren Ausprägungen „Frequenz“, „Bidirektionalität“ und „Formalitätsgrad“ Einfluss auf die wahrgenommene Kommunikationsqualität haben und diese wiederum positiv auf die Kommunikationszufriedenheit wirkt. Zur Messung des Konstrukts Kommunikationsqualität überführen die Autoren informationsspezifische Eigenschaften in eine Skala mit semantischem Differenzial. Diese hat die positiven Extrema aktuell (timely), genau (accurate), bedürfnisorientiert (adequate), vollständig (complete) und glaubwürdig (credible).333 In Zusammenarbeit mit SPEKMAN (1996) untersucht MOHR später Einflussfaktoren erfolgreicher Geschäftsbeziehungen zwischen Computerherstellern und -händlern in oben genannten Distributionskanälen. Drei Bereiche charakterisieren hier den Erfolg einer Partnerschaft, deren Eigenschaften, die Konfliktlösungstechniken und das Kommunikationsverhalten. Mohr und Spekman beschreiben das Kommunikationsverhalten als Kombination von Teilnahme, Informationsweitergabe und Kommunikationsqualität.334 Mohr und Spekman gehen die Informationsweitergabe als Grad der Versorgung des Herstellers durch den Händler mit relevanten Informationen nicht als Element der Kommunikationsqualität an. Den beziehungskon-stituierenden Faktoren wie der Fähigkeit zur Konfliktlösung wird eine eigene Kategorie außerhalb der Kommunikationsqualität gewidmet. Die dem Konstrukt Kommunikationsqualität zugeordneten Faktoren (Aktualität, Genauigkeit, Vollständigkeit und Glaubwürdigkeit) beschreiben hier Eigenschaften der zu sendenden Informationen.335 In beiden Studien konnten Mohr et al. eine hohe Reliabilität des Messmodells nachweisen.336 Ihr Messmodell wurde unter anderem von TUTEN und URBAN (2001) aufgegriffen.337. SHARMA und PATTERSON (1999) analysieren unter anderem den Einfluss effektiver Kommunikation auf das Commitment in einer Business-to-Customer Beziehung bei Finanzdienstleistungen. Sie knüpfen in der Operationalisierung von effektiver Kommunikation an die Ausführungen zu Kommunikationseigenschaften hinsichtlich Offenheit und Informationsweitergabe von Anderson und Weitz (1992)338 an und ergänzen diese um Ergebnisse aus eigenen qualitativen Interviews, nämlich um die beziehungsspezifischen Faktoren „angemessenes Erklären“ und „Vor- und Nachteile darstellen“.339 Des Weiteren ergänzen sie im Rahmen der Implikationen die für die Wahrnehmung effektiver Kommunikation notwendigen Faktoren um personenbezogene Aspekte wie „Empathie“, „Ehrlichkeit (hinsichtlich Risiken)“
331
Vgl. Anderson et al. (1987), S. 92, auch Morgan/ Hunt (1994), S. 28. Vgl. Morgan/ Hunt (1994), S. 35. Vgl. Mohr/ Sohi (1995), S. 413. 334 Vgl. Mohr/ Spekman (1996), S. 37. 335 Ebenda. 336 Vgl. Mohr/ Sohi (1995), S. 413; Mohr/ Spekman (1996), S. 37. 337 Vgl. Tuten/ Urban (2001), S. 151. 338 Vgl. Anderson/ Weitz (1992), S. 32. 339 Vgl. Sharma/ Patterson (1999), S. 167. 332 333
66
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
und „Fähigkeit zum Zuhören“.340 Diese werden im Gegensatz zu dem Konstrukt „Vertrauen“ nicht von den Autoren operationalisiert und gemessen.341 SENGUPTA, KRAPFEL und PUSATERI (2000) stellen ein Modell der Effektivität von Key Account Managern vor und messen es anhand eines Datensatzes von Key Account Managern US-amerikanischer Firmen verschiedener Industriezweige. In diesem Ansatz moderieren die Variablen Vertrauen und Kommunikationsqualität die Wirkungen von strategischen und unternehmerischen Fähigkeiten auf die Effektivität. Die Autoren definieren Kommunikationsqualität als hoch, wenn die Kommunikation klar und verständlich ist.342 LARSON und KULCHITZKY (2000) untersuchen den Einfluss von Informationsqualität und Kommunikationsmedium auf die Lieferanten-Abnehmerbeziehung und ihre Leistungsfähigkeit. Sie messen die Qualität des Informationsaustauschs in einer LieferantenAbnehmerbeziehung mit den Indikatoren Rechtzeitigkeit bzw. Aktualität und Genauigkeit.343 KIVIMÄKI et al. (2000) analysieren den Einfluss organisationsinterner und –externer Kommunikation auf die Entwicklung organisationaler Innovationen. In ihrer Studie bei kleinen und mittelgroßen Industrieunternehmen identifizieren sie per Faktoranalyse „kooperatives Klima“, „Verständnis zwischen Abteilungen“, „Probleme in der Zusammenarbeit“, „kritische Evaluation“, „Informationsaustausch mit der Umwelt“, „Kooperation“, „Proaktivität“ und „Unterstützung von Ideen“ als Aspekte der Kommunikation.344 MALONI und BENTON (2000) stellen dagegen in einer Studie bei Reifenlieferanten in der Automobilindustrie rein auf die Beziehungsqualität ab und identifizieren als deren Indikatoren „Verpflichtung“, „Vorhandensein von Konflikten“, „Konfliktlösung“, „Kooperation“ und „Vertrauen“.345 GIERL (2000) verwendet sieben Indikatoren auf zwei Ebenen der Beziehungsqualität. Auf der Sachmittelebene werden „Ansprache geschäftlicher Probleme“, „Verständnis“, „offener Kommunikationsstil“ und „spontane Terminvereinbarung“ genannt. Indikatoren auf der menschlich-emotionalen Ebene sind „private Gespräche“, „Spaß“ und „Interesse an persönliche Beziehung“.346
340
Vgl. Sharma/ Patterson (1999), S. 163. Vgl. Sharma/ Patterson (1999), S. 167. Vgl. Sengupta et al. (2000), S. 256. 343 Vgl. Larson/ Kulchitzky (2000), S. 33. Des Weiteren wird die Qualität der Beziehung zwischen den Organisationen auf einem Semantischen Differential über die positiven Items „Allianzen“, „Vertrauen“, „Kooperation“, „Freundlichkeit“, „Commitment“, „Koordination“, „Gegenseitigkeit“ und „Harmonie“ gemessen (vgl. Larson/ Kulchitzky (2000), S. 39). Da es sich nicht um die zwischenmenschliche Beziehung handelt, sondern diese explizit zwischen Organisationen abgefragt wird, werden die Faktoren nicht in der zusammenfassenden und für die weiteren Überlegungen grundlegenden Abbildung 17 aufgeführt. 344 Vgl. Kivimäki et al. (2000), S. 38. In der zusammenfassenden Abbildung 17 werden die genannten Faktoren - wenn möglich – allgemeineren, synonymen Begriffen zugeordnet. Die Faktoren „Proaktivität“, „Kooperation“ und „Unterstützung von Ideen“ werden den konstanten Eigenschaften der Kommunikationspartner zugeordnet, obwohl die Autoren keine explizite Unterscheidung zwischen situationsspezifischen und konstanten Aspekten von Kommunikation vornehmen. 345 Vgl. Maloni/ Benton (2000), S. 53. 346 Vgl. Gierl (2000), S. 120. 341 342
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
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LOW und MOHR (2001) untersuchen die Produktivität der Marketingkommunikation in unterschiedlichen Branchen und identifizieren Informationsqualität als einen einflussnehmenden Faktor in ihrem Modell. In ihrem reliablen Messmodell finden sich die bereits aus den Arbeiten von Mohr et al. bekannten Faktoren, wobei die Glaubwürdigkeit der Informationen in diesem Modell durch deren Relevanz ersetzt wird. Somit sind in diesem Modell Relevanz, Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Aktualität Kriterien der Informationsqualität. JOHLKE und DUHAN (2001) vergleichen verschiedene Modelle zur Beschreibung von Kommunikation zwischen Vertriebsmitarbeitern innerhalb ihrer Organisation und deren Wirkung auf die Zufriedenheit und das Commitment der Mitarbeiter gegenüber ihrem Unternehmen. Die Autoren favorisieren das PEO-(Practices, Environment, Outcomes)-Modell, in dem Kommunikationsqualität (beeinflusst von Frequenz, Formalitätsgrad, implizitem Inhalt und Zweiseitigkeit) direkt auf die Kommunikationszufriedenheit wirkt. Die Kommunikationszufriedenheit beeinflusst wiederum die Jobzufriedenheit und das Organisationscommitment.347 Kommunikationsqualität wird in dieser Studie analog zu den Studien von Mohr et al. (1995, 1996) als aktuelle, genaue, bedürfnisorientierte und vollständige Kommunikation beschrieben.348 Auch hier findet eine Konzentration auf die Eigenschaften der übertragenen Informationen statt. LARGE (2003) untersucht das externe Kommunikationsverhalten von Beschaffungsmanagern und stellt dazu ein Kausalmodell der Wirkungsbeziehungen zwischen Kommunikationsverhalten, Kommunikationsqualität und Erfolg auf. Der Autor betrachtet Kommunikationsqualität in den Dimensionen Informationsqualität und Beziehungsqualität. Als Indikatoren der Informationsqualität verwendet auch Large Indikatoren von Mohr et al. (1995, 1996, 2001)349 mit geringen Anpassungen. Informationsbezogene Indikatoren sind Relevanz, Genauigkeit, Zuverlässigkeit, Rechtzeitigkeit und Vollständigkeit.350 Beziehungsqualität misst der Autor reflektiv durch die Faktoren Vertrauen, Konfliktvorkommen, Konflikthandhabung, akute Hilfsbereitschaft und Kooperationsbereitschaft.351 Large nennt darüber hinaus die Faktoren Offenheit und Freundlichkeit. Diese ordnet er zwar nicht direkt der Kommunikationsqualität, sondern dem Kommunikationsverhalten zu, dennoch sollen sie an dieser Stelle aufgrund ihrer besonderen Rolle als Verhaltensausprägung aufgenommen werden. Offenheit wird in der Studie insbesondere als relevant für die Qualität einer Beziehung und auf den Vertrauensaufbau wirkend identifiziert.352 FROMMEYER (2005) konzeptualisiert und operationalisiert das Konstrukt Kommunikationsqualität in persönlichen Beziehungen zwischen Kunden und Beratern bei Finanzdienstleistungen. Auf Basis einer Literaturrecherche und eigener qualitativer Interviews identifiziert sie mögliche Messindikatoren des Konstrukts und überprüft sie mit Daten einer ersten quantitati-
347
Vgl. Johlke/ Duhan (2001), S. 268. Vgl. Johlke/ Duhan (2001), S. 277. Vgl. Mohr/ Sohi (1995), S. 413, auch Mohr et al. (1996), S. 37 und Low/ Mohr (2001), S. 73. 350 Vgl. Large (2003), S. 142 und S. 170. 351 Vgl. Large (2003)S. 144. 352 Vgl. Large (2003), S. 236. 348 349
68
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
ven Studie auf ihre Eignung.353 Unter Zuhilfenahme von exploratorischen und konfirmatorischen Faktoranalysen extrahiert und bestätigt sie fünf Faktoren, die sie unter Heranziehung der empirischen Datenbasis zwei Dimensionen der Kommunikationsqualität zuordnen kann. Die folgende Abbildung stellt ein entsprechendes Modell der Kommunikationsqualität bei persönlichen Kundenbeziehungen mit zwei Dimensionen und zugeordneten Faktoren dar. Konstrukt
Kommunikationsqualität
Fachliche Kommunikationsqualität
Dimensionen
Faktoren
Abbildung 16
Zuverlässigkeit
Kompetenz
Persönliche Kommunikationsqualität
Empathie
Vertrautheit
Souveränität
Dimensionen und Faktoren der Kommunikationsqualität in persönlichen Kundenbeziehungen nach Frommeyer
354
Die Faktoren werden den Dimensionen fachliche und persönliche Kommunikationsqualität zugeordnet. Hierbei bezieht sich Frommeyer auf die Annahme, dass zwischenmenschliche Kommunikation auf zwei interdependenten Ebenen - sozial / persönlich und inhaltlich / fachlich - stattfindet355. Eigenschaften der übertragenen Informationen treten in dieser Studie in den Hintergrund, Kommunikationsqualität entsteht vielmehr in der Beziehung zwischen den Individuen. Die Faktoren Zuverlässigkeit, Kompetenz, Empathie und Souveränität beschreiben vom Kunden wahrgenommene individuelle Eigenschaften des Beraters. Wahrgenommene Vertrautheit entsteht zwischen den Beteiligten einer dyadischen Beratungssituation. Die folgenden Tabellen geben einen Überblick zu alternativen Messansätzen der Kommunikationsqualität in der Marketingliteratur.
353 354 355
Vgl. Frommeyer (2005), S. 79. Vgl. Frommeyer (2005), S. 100. Vgl. Frommeyer (2005), S. 26.
Offenheit (Openness) Leistungs-Erwartungs-Komm. (Exp. for Performance) Informationsweitergabe (Sharing of Information) Angemessenes Erklären (Accurate Explanations) Verständnis (Understanding of Users Context) Freiheit zur Uneinigkeit (Freedom to Disagree) Konfliktlösung (Conflict Resolution) Konfliktvorkommen (Problems in Collaboration) Verpflichtung (Commitment) Vergnügen Private Gespräche Freundlichkeit (Friendly and Courteous Service) Interesse an persönlicher Beziehung Akute Hilfsbereitschaft Vertrauen (Trust) Vertrautheit Klima (Participative Climate) Vor- und Nachteile aufzeigen (Expl. Pros & Cons) Unterstützung von Ideen (Support for Ideas) Proaktivität (Encouragement) Kooperationsbereitschaft (Cooperation) Ehrlichkeit (Honesty) Zuverlässigkeit Kompetenz Empathie (Empathetic Manner) Souveränität Unkomplizierter Kommunikationsstil Zuhören (Listening Skills)
69
X
X X X
X
X X
X X X
X
X
X
X
X
X
unternehmensintern
InQ
K
eK
Morgan / Hunt (1994)
Sharma / Patterson (1999)
B-to-C bei Finanzdienstleistungen (n = 201)
X
Moorman / Zaltman / Deshpande (1992)
Untersuchtes Konstrukt KQ = Kommunikationsqualität; IQ = Informationsqualität; BQ = Beziehungsqualität; InQ = Interaktionsqualität; eK = Effektive Kommunikation
X
K
Dyaden in B-to-B (n = 378)
Untersuchungsbereich
X
B-to-B im Autoreifenhandel (n = 204)
X
Marktfor-schungsinstitut (n = 779, dyadisch)
unternehmensextern
Anderson / Weitz (1992)
Erhebung
Beziehung
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Quelle
70
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
K B-to-B Industrieunter nehmen (n =
X
Kivimäki et al. (2000)
BQ B-to-B in der Automobilindustrie (n = 180)
B-to-B Automobilzulieferer (n = 228=
B-to-B Beschaffungsmanager (n = 695)
X
Maloni / Benton (2000)
BQ
KQ
KQ
X
Gierl (2000)
Large (2003)
Frommeyer (2005) B-to-C bei Finanzdienstleistungen (n = 268)
X
X X
X X X X X X
X
X X X X
X X X
X X X
X X X X X X
X X X X
X
X X
X Abbildung 17
Quelle
Untersuchtes Konstrukt KQ = Kommunikationsqualität; IQ = Informationsqualität; BQ = Beziehungsqualität; InQ = Interaktionsqualität; eK = Effektive Kommunikation
Untersuchungsbereich
unternehmensextern unternehmensintern Zuhören (Listening Skills) Unkomplizierter Kommunikationsstil Souveränität Empathie (Empathetic Manner) Kompetenz Zuverlässigkeit Ehrlichkeit (Honesty) Kooperationsbereitschaft (Cooperation) Proaktivität (Encouragement) Unterstützung von Ideen (Support for Ideas) Vor- und Nachteile aufzeigen (Expl. Pros & Cons) Klima (Participative Climate) Vertrautheit Vertrauen (Trust) Akute Hilfsbereitschaft Interesse an persönlicher Beziehung Freundlichkeit (Friendly and Courteous Service) Private Gespräche Vergnügen Verpflichtung (Commitment) Konfliktvorkommen (Problems in Collaboration) Konfliktlösung (Conflict Resolution) Freiheit zur Uneinigkeit (Freedom to Disagree) Verständnis (Understanding of Users Context) Angemessenes Erklären (Accurate Explanations) Informationsweitergabe (Sharing of Information) Leistungs-Erwartungs-Komm. (Exp. for Performance) Offenheit (Openness)
Faktoren beziehungsbezogener Kommunikationsqualität
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
71
B-to-C bei Finanzdienstleistungen (n = 201)
Sengupta / Krapfel / Pusateri (2000) Larson / Kulchitzki (2000) Low / Mohr (2001) Johlke / Duhan (2001) Large (2003)
Relevanz (Relevance)
Genauigkeit / Zuverlässigkeit (Accuracy, Reliability)
Vollständigkeit (Completeness)
Glaubwürdigkeit (Credibility)
Unternehmensintern
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
B-to-B bei Key Accounts
KQ
(n = 176)
IQ
B-to-B Vertrieb (n = 338)
IQ
Marketingmanager (n = 421)
KQ
B-to-B Vertrieb, (n = 318)
KQ
B-to-B Beschaffungsmanager (n = 695)
Abbildung 18
X X
Computer-
(n = 125)
eK
Bedürfnisorientierung (Specificity, Adequacy)
Unternehmensextern
Untersuchungsbereich
KQ
B-to-B im handel
Verständlichkeit (Comprehensiveness)
Sharma / Patterson (1999)
Wohlfahrtsorganisation (n = 163)
Eindeutigkeit (Clearness)
Mohr / Sohi (1995); Mohr / Spekman (1996)
IQ
Aktualität / Rechtzeitigkeit (Timeliness)
O’Reilly (1982)
BQ = Beziehungsqualität; InQ = Interaktionsqualität
Untersuchtes Konstrukt
Quelle
KQ = Kommunikationsqualität; IQ = Informationsqualität;
Erhe- Inhalt bung
X X
X X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Faktoren fachlicher (inhaltsbezogener) Kommunikationsqualität
Die Elemente der Kommunikationsqualität werden in Studien sowohl unternehmensintern als auch -extern betrachtet356, wobei bei ersteren die Zusammenarbeit zwischen Abteilungen einer Unternehmung im Vordergrund steht. Interaktion und Zusammenarbeit können auch als der Prozess betrachtet werden, in dem zwei oder mehrere Gruppen zusammenarbeiten, ein gegenseitiges Verständnis haben, eine gemeinsame Vision verfolgen, unter Umständen
356
Vgl. Kivimäki et al. (2000), S. 34.
72
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
gemeinsame Ressourcen nutzen und ein gemeinsames Ziel erreichen wollen.357 Aus diesem Verständnis ergibt sich die Möglichkeit, auch ursprünglich organisationsintern angelegte Untersuchungen heranzuziehen, um mögliche Faktoren der Kommunikationsqualität im Vertrieb individueller Güter zu konzeptualisieren (z. B. Kooperationsbereitschaft und kooperatives Klima). Dabei arbeiten die Mitarbeiter des anbietenden und die des beschaffenden Unternehmens als Gruppen eng zusammen. Basierend auf der theoretischen Konzeptualisierung des Konstrukts Kommunikationsqualität können die in den zuvor beschriebenen Studien identifizierten Elemente den Hauptdimensionen Inhalt und Beziehung zugeordnet werden. Bei der Verwendung der Konzeptualisierung der Kommunikationsqualitätselemente aus unterschiedlichen Studien muss folgendem Aspekt kritisch Rechnung getragen werden: Den Studien liegen differierende Messungen des Konstrukts und ein unterschiedliches Verständnis von Begriffen und Inhalten zu Grunde; dies zeigt sich insbesondere in der Spezifizierung. Ein Beispiel für den Faktor ‚Zuverlässigkeit’ ist die Arbeit von FROMMEYER. Sie identifiziert in einer konfirmatorischen Faktoranalyse ‚Zuverlässigkeit des Beraters’ als Faktor der Kommunikationsqualität bei Finanzdienstleistungen und misst diese über die Indikatoren „Kontaktinitiative“, „ausreichend Kontakt und Information“, „relevante Informationen“, „korrekte Informationen“, „umfassende Informationen“ und „Kenntnisse der Informationsbedürfnisse“.358 Diese Indikatoren werden bei anderen Autoren verschiedenen anderen Aspekten zugeordnet. Ähnliches gilt für den Kommunikationsstil. GIERL beschreibt einen offenen und unkomplizierten Kommunikationsstil als Faktor der Beziehungsqualität und formuliert: „Es herrscht vorwiegend ein sehr offener und unkomplizierter Kommunikationsstil.“359 Die genannten Eigenschaften werden den Konstrukten ‚Offenheit’ und ‚Kompetenz’ als ‚Fähigkeit, Inhalte verständlich darzustellen’ und ‚angemessen Fachtermini zu verwenden’ zugeordnet. MALONI und BENTON definieren Commitment als „feeling of being emotionally impelled to maintain a long-term relationship“360, also als Gefühl, emotional gezwungen zu sein, eine langfristige Beziehung zu pflegen. Ziel einer integrierten Beziehung ist ein hohes Niveau von Commitment.361 Sie formulieren zur Messung von Commitment: - „Our firm is committed to the preservation of good working relationships with XXX. - Our firm believes in XXX as a partner. - Our relationship with XXX could be described as one of high commitment.”362 Für das Beispiel ‚Lösungs-Erwartungs-Kommunikation’ kann die Studie von MORGAN und HUNT genannt werden, die die ‚klare Formulierung der Erwartungen an die Leistung des Kommunikationspartners’ als Indikator für Kommunikation, welche positive Wirkung auf den 357
Vgl. Kivimäki et al. (2000), S. 34. Frommeyer (2005), S. 98. Gierl (2000), S. 136. 360 Maloni/ Benton (2000), S. 53. 361 Maloni/ Benton (2000). 362 Maloni/ Benton (2000), S. 72, “XXX” steht in dieser Befragung für den betrachteten Geschäftspartner. 358 359
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
73
Vertrauensaufbau haben soll, verwenden und die Zustimmungsstärke zu folgender Aussage messen: „in our relationship, my major supplier communicates well his expectations for our firm’s performance“363. GIERL sieht die spontane Terminvereinbarung im Sinne des ‚Desire to Serve’ als Element der Beziehungsqualität und formuliert als Indikator: „Wenn es nötig ist, können wir jederzeit spontan einen Besprechungstermin mit den Verantwortlichen des Abnehmers vereinbaren“.364 LARGE definiert ‚Bereitschaft zur Hilfe bei aktuellen Problemen’ als Faktor der Beziehungsqualität und formuliert: „Bereitschaft zur Hilfe bei aktuellen Problemen: Wenn ich Versorgungs- oder Terminprobleme habe, dann sind die Mitarbeiter und Führungskräfte meiner Lieferanten stets willig, mir zu helfen.“365 Diese Aktivität geht über die eigentliche Kommunikationssituation hinaus und wird erst dann verhaltenswirksam, wenn akute Hilfe notwendig ist; dies ist nicht Inhalt der betrachteten Episoden. Allerdings kann die vom Einkäufer wahrnehmbare Bereitschaft zu einer entsprechenden Aktivität als ‚Desire to Serve’ des Verkäufers durch dessen Verhalten in einer Kommunikationssituation transportiert werden. Die vorstehenden Beispiele zeigen, dass die in den 0 und 18 zusammengefassten Erkenntnisse zwar einen Überblick und Anhaltspunkte zur Konzeptualisierung der Kommunikationsqualität bieten können, die jeweiligen Ansätze jedoch kein konsistentes Begriffssystem enthalten. Daher werden nicht alle genannten Faktoren unverändert für die hier konzipierte, eigene empirische Untersuchung herangezogen. Im Folgenden werden die Elemente der Kommunikationsqualität für diese empirische Untersuchung zusammengefasst, ergänzt, konzeptualisiert und spezifiziert. 3.5.2 3.5.2.1
Dimensionen der Kommunikationsqualität Inhaltsqualität
In der Literatur finden sich verschiedene Ansätze zur Messung des informationsbezogenen Aspekts der Kommunikation. Eine einzige direkte Frage nach der Qualität der Kommunikation würde bei Weitem zu kurz fassen, da Kommunikation hier erstens mehr als nur Informationsübertragung umfassen soll und zweitens selbst diese eine Dimension in ihren Ausprägungen vielschichtig ist. Somit ist die Identifikation der informationsbezogenen Faktoren der Kommunikationsqualität notwendig, wobei es sich bei genauerer Betrachtung um den einen Faktor ‚Informationen’ und dessen Merkmale handelt. O’REILLY benennt fünf Merkmale der Qualität von Informationen366, Genauigkeit (accuracy), Zuverlässigkeit (reliability), Rechtzeitigkeit (timeliness), Bedürfnisorientierung (specificity) und Relevanz (relevance). Jedes Merkmal wird über ein bis drei Indikatoren, der zentralen
363
Morgan/ Hunt (1994), S. 35. Gierl (2000), S. 136. Large (2003), S. 144. 366 Vgl. O'Reilly (1982), S. 762 f. Weitere Items bezogen sich auf die Zugänglichkeit durch unterschiedliche Quellen und sind hier nicht weiter relevant. 364 365
74
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Fragestellung angepasst, operationalisiert.367 MOHR et al. liefern in mehreren Arbeiten ein ausführliches, reliables368 Messmodell der Informationsqualität. MOHR und SPEKMAN sowie MOHR und SOHI verwenden die fünf Indikatoren Genauigkeit (accuracy), Rechtzeitigkeit (timeliness), Angemessenheit (adequacy), Vollständigkeit (completeness) und Glaubwürdigkeit (credibility).369 In einer neueren Arbeit von LOW und MOHR verwenden die Autoren die Indikatoren Genauigkeit (accuracy), Zuverlässigkeit (reliability), Rechtzeitigkeit (timeliness) und Relevanz (relevance).370 SENGUPTA, KRAPFEL und PUSATERI nutzen die Indikatoren ‚Eindeutigkeit’ und ‚Verständlichkeit’ zur Messung der informationsbezogenen Kommunikationsqualität.371 LARSON und KULCHITZKI nutzen die Indikatoren Rechtzeitigkeit (timeliness) und Genauigkeit (accuracy), um die Qualität des Informationsaustauschs in einer BeschafferAnbieter-Beziehung zu messen.372 JOHLKE und DUHAN verwenden ebenfalls o. g. Indikatoren (Rechtzeitigkeit, Genauigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit)373, allerdings zur Messung von Kommunikationsqualität. Da die Indikatoren aber eindeutig auf die Information abstellen, werden sie dieser hier zugeordnet. Die bisher genannten Skalen wurden für die Kommunikation von Unternehmen entwickelt. LARGE überträgt die Indikatoren von LOW und MOHR mit geringen Anpassungen auf persönliche Kommunikation und verwendet in direkter Messung die Faktoren Relevanz, Genauigkeit, Rechtzeitigkeit, Zuverlässigkeit und Vollständigkeit.374 SHARMA und PATTERSON formulieren ähnlich in einer Studie der Finanzberatung für Privatkunden: „my adviser never hesitates to give me as much information als I like to have“375. Sie ziehen also die vollständige Informationsübertragung als relevantes Kriterium der Informationsqualität heran. Unter Berücksichtigung der genannten Studien können die folgenden Kriterien der Inhaltsqualität identifiziert werden (vgl. Abbildung 19): x
die Genauigkeit als angemessene Detailliertheit der Informationen;
x
die Relevanz als Nützlichkeit und Bedürfnisorientierung der Informationen für den Beschaffer sowie der Problemlösungsbeitrag von Informationen;
x
die Vollständigkeit als die freiwillige, restlose Übertragung von Informationen in einem Gespräch ohne Notwendigkeit des Nachfragens;
x
Aktualität im Sinne von Informationen auf dem neuesten Stand;
x
Zuverlässigkeit als die glaubwürdige Kontexttreue der Informationen ohne Widersprüche und ohne Notwendigkeit der Prüfung;
x
367
Eindeutigkeit als Klarheit der Informationen ohne Mehrdeutigkeiten;
Vgl. Weber (1980), S. 763. Vgl. Bents/ Blank (2003), S. 141, auch Mohr/ Spekman (1996), S. 38. 369 Vgl. Bents/ Blank (2003), S. 152, auch Mohr/ Spekman (1996), S. 37. 370 Vgl. Low/ Mohr (2001), S. 73. 371 Vgl. Sengupta et al. (2000), S. 256. 372 Vgl. Larson/ Kulchitzky (2000), S. 33. 373 Vgl. Johlke/ Duhan (2001), S. 277. 374 Vgl. Large (2003), S. 142; Der Faktor ‚Vollständigkeit’ wurde nach einer Revision des Messmodells zu dessen Absicherung zusätzlich definiert (vgl. Large (2003), S. 170). 375 Sharma/ Patterson (1999), S. 167. 368
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
x
75
Verständlichkeit als Strukturiertheit und sprachliche Angemessenheit der übertragenen Informationen. Genauigkeit Relevanz Vollständigkeit Aktualität
Inhaltsqualität
Zuverlässigkeit Eindeutigkeit Verständlichkeit
Abbildung 19
3.5.2.2
Dimension ‚Darstellung von Inhaltsqualität’ und deren Kriterien
Informationsfluss
Die zuvor anhand ihrer Merkmale beschriebenen (qualitativ einzuordnenden) Informationen werden zwischen den Kommunikationspartnern mehr oder weniger extensiv ausgetauscht. Die Beziehung zwischen den Partnern wird u. a. über die Art und Weise des Kommunikationsaustauschs und (auch stillschweigender) Abkommen zur Regelung des Austauschs definiert. ANDERSON und WEITZ messen die Wahrnehmung einer erfolgreichen dyadischen Kommunikation über den allgemeinen Informationsaustausch und die gegenseitige Zusicherung, einander ‚auf dem Laufenden’ zu halten.376 Dabei stellen sie auf Aktivitäten der Kommunikationsteilnehmer ab, die die Bindung zwischen den Partnern erhöhen.377 Dieselbe Skala verwenden MORGAN und HUNT und formulieren hinsichtlich des Informationsaustauschs „in our relationship, my major supplier keeps us informed of new developments“378. Informationsweitergabe als offener Informationsfluss wird von SHARMA und PATTERSON bezogen auf Finanzberatung für Privatkunden über Formulierungen wie „my adviser keeps me very well informed about what is going on with my investments“379 gemessen. MORGAN und HUNT formulieren ähnlich „my adviser never hesitates to give me as much information als I like to have“380. Der Aspekt der umfassenden Informationsweitergabe wird im definitorischen Rahmen der Inhaltsqualität durch das Item ‚Vollständigkeit’ abgefragt. KIVIMÄKI et al. identi-
376
Vgl. Anderson/ Weitz (1992), S. 32. Vgl. Anderson/ Weitz (1992), S. 20. Morgan/ Hunt (1994), S. 35. 379 Sharma/ Patterson (1999), S. 167. 380 Sharma/ Patterson (1999), S. 167. 377 378
76
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
fizieren als Items des Informationsaustauschs Aspekte, die sich als ‚Kontakthäufigkeit zwischen den Anspruchsgruppen’ und ’Einfordern von Feedback’ zusammenfassen lassen.381 Die Dimension ‚Informationsfluss’ wird vor dem Hintergrund der genannten Studien als aktive, rückgekoppelte Informationsweitergabe zwischen den Kommunikationspartnern verstanden (vgl. Abbildung 20). Gegenseitigkeit Informationsfluss Aktivität
Abbildung 20
Dimension ‚Informationsfluss’.
Das Kriterium ‚Gegenseitigkeit’ beinhaltet dabei die Rückkopplung des Gesprächs, den angemessenen Wechsel zwischen Sprecher- und Hörerrolle. ‚Aktivität’ beschreibt das proaktive Anbieten von Informationen durch den Gesprächspartner. 3.5.2.3
Offenheit
In der Literatur finden sich Messmodelle, die die Offenheit im Informationsaustausch zwischen einem anbietenden und einem beschaffenden Unternehmen zum Gegenstand haben. ANDERSON und WEITZ messen die Wahrnehmung einer erfolgreichen dyadischen Kommunikation u. a. über deren Offenheit, wobei sie in der Formulierung der Indikatoren auf den Austausch von Planung und Strategien, Beratungsanfragen und offene Darstellung der Schwächen eines Unternehmens abstellen: Der eine Partner ist „involved in the marketing and planning efforts“ des anderen Partners, „seeks […] advice and councel concerning […] marketing efforts“ vom Austauschpartner und „is willing to let […] see […] weaknesses als well as […] strengths.“382 SHARMA und PATTERSON beziehen die Effektivität der Kommunikation auf Merkmale der Offenheit wie das formelle und informelle Teilen bedeutender Informationen.383 Die in dieser Studie verwendeten Items können eher dem etwas allgemeiner gehaltenen Faktor ‚Informationsfluss’ zugeordnet werden, da es sich hierbei nicht explizit um den Austausch vertraulicher Daten handelt. MOHR und SPEKMAN entwickeln eine Skala für die Messung der Offenheit des Informationsaustauschs in partnerschaftlichen LieferantenAbnehmer-Beziehungen. Dabei wurden folgende Aussagen verwendet:384 x
“We share proprietary information with this manufacturer.
x
We inform the manufacturer in advance of changing needs.
x
In this relationship, it is expected that any information which might help the other party will be provided.
381
Vgl. Kivimäki et al. (2000), S. 36. Anderson/ Weitz (1992), S. 32. Vgl. Sharma/ Patterson (1999), S. 163. 384 Bents/ Blank (2003), S. 152; Ursprünglich handelte es sich um acht Indikatoren von denen jedoch im Laufe der Bereinigung des Messmodells vier eliminiert wurden. 382 383
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
x
77
The parties are expected to keep each other informed about events or changes that may affect the other party.”
Ein Aspekt der Offenheit ist der Austausch vertraulicher und strategisch relevanter Informationen. Der Austausch über Geschäftsstrategien und Wachstumsabsichten sowie der direkte Ideenaustausch finden insbesondere in Studien zur Offenheit der Kommunikation zwischen Unternehmen Verwendung.385 Messmodelle, die Offenheit als Bestandteil des persönlichen Kommunikationsstils identifizieren, beziehen sich zwar eher auf interpersonelle Kommunikationsprozesse, der Schwerpunkt liegt jedoch vielmehr bei der Offenheit hinsichtlich persönlicher Informationen. LARGE überträgt obige unternehmensbezogene Items auf Prozesse der interpersonellen Kommunikation von Einkäufern und Mitarbeitern von Lieferantenunternehmen. Neben dem Transfer vertraulicher Daten bezieht der Autor auch den offenen Austausch von Informationen mit ein, die die Stärken und Schwächen der Unternehmen sowie der Kommunikationspartner betreffen. Ähnlich betrachten SHARMA und PATTERSON die offene Darstellung von Vor- und Nachteilen von Investitionsempfehlungen durch Finanzberater als Komponente effektiver Kommunikation.386 LARGE formuliert folgende Indikatoren der Offenheit der Kommunikation: x
„Vertraulichkeit der weitergegebenen Informationen: Mit einigen ausgewählten Lieferanten tausche ich auch vertrauliche Informationen aus, sofern dies für mein Unternehmen von Vorteil ist387.
x
x
Anteil der Kommunikationsinhalte mit strategischer Bedeutung: Mit einigen ausgewählten Lieferanten tausche ich häufig Informationen mit strategischer Bedeutung aus. Zugeben von eigenen Schwächen: Ich gebe in Gesprächen mit meinen Lieferanten häufig Schwächen und Probleme meines Unternehmens zu.
x
Offenes Ansprechen von Problemen: Ich spreche in Telefongesprächen und Gesprächen mit meinem Lieferanten Probleme, die ich mit ihnen habe, stets offen an.
x
Generelle Offenheit388: Ich kommuniziere sehr offen mit Führungskräften und Mitarbeitern meiner Lieferanten.“ 389
Ein positiver Einfluss kooperativen Interaktionsverhaltens auf Erfolgsgrößen wie Vertrauen konnte in verschiedenen Studien nachgewiesen werden.390 LARGE identifizierte Offenheit als Voraussetzung für den Aufbau von Geschäftsbeziehungen mit hoher Beziehungsqualität 385
Vgl. z. B. Cannon/ Homburg (2001), S. 41; auch Janda/ Seshadri (2001), S. 299 und Cannon/ Perreault (1999), S. 447 sowie Gassenheimer et al. (1996), S. 73. 386 Vgl. Sharma/ Patterson (1999), S. 167. 387 Large (2003), S. 169; Dieses Item wurde auf Basis der Ergebnisse einer Vorstudie von „Mit einigen ausgewählten Lieferanten tausche ich häufig vertrauliche Informationen aus.“ zu o. g. Formulierung modifiziert. 388 Large (2003), S. 169; Dieses Item wurde nach der Vorstudie zur Absicherung einer ausreichenden Anzahl von Items neu aufgenommen. 389 Large (2003), S. 138. 390 Vgl. Janda/ Seshadri (2001), S. 302f.; auch Doney/ Cannon (1997), S. 39 und Smeltzer (1997), S. 42.
78
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
und darüber hinaus für den Aufbau von Vertrauen in interpersonellen Beziehungen.391 GIERL formuliert in diesem Zusammenhang „Probleme, die im Rahmen der Zusammenarbeit mit unserem Abnehmer auftreten, werden direkt angesprochen und nicht umständlich umschrieben oder verschwiegen“392. Auf Basis der vorstehenden Ausführungen wird die Offenheit des Kommunikationsverhaltens durch das Ausmaß der weitergegebenen sensiblen und vertraulichen Informationen in einer Kommunikationssituation beschrieben (vgl. Abbildung 21). Planung & Strategie Beratungsanfragen Offenheit Persönliche Schwächen Schwächen d. Unternehmens Problemansprache
Abbildung 21
Dimension ‚Offenheit’
Dazu zählen Informationen zu Planung und Strategie, Beratungsanfragen wie auch die offene Darstellung der Schwächen eines Unternehmens und des Kommunikationspartners selbst. Beziehungsrelevant wird die Offenheit insbesondere im offenen Ansprechen von Problemen im persönlichen Kontext. Das Kommunikationskriterium ‚Planung & Strategie’ beschreibt das Weitergeben sensibler Daten zur unternehmerischen Zukunft des anbietenden Unternehmens an den Beschaffer. ‚Beratungsanfragen’ steht für die Bereitschaft des Mitglieds des anbietenden Unternehmens, Hinweise und Tipps beim Beschaffer einzuholen. ‚Persönliche Schwächen’ steht für die Bereitschaft des Mitglieds des anbietenden Unternehmens, eigene, persönliche Unzulänglichkeiten anzusprechen und zuzugeben. ‚Schwächen des Unternehmens’ steht analog für die Bereitschaft des Mitglieds des anbietenden Unternehmens, Schwächen und Unzulänglichkeiten des anbietenden Unternehmens anzusprechen und zuzugeben. ‚Problemansprache’ beschreibt die Bereitschaft des Mitglieds des anbietenden Unternehmens, Problemen im Umgang zwischen dem Mitglied des anbietenden und dem des beschaffenden Unternehmens offen anzusprechen.
391 392
Vgl. Large (2003), S. 258. Gierl (2000), S. 136.
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
3.5.2.4
79
Vertrauenswürdigkeit
An dieser Stelle soll Vertrauenswürdigkeit als Dimension der Kommunikationsqualität operationalisiert werden, wozu auch die Items von Vertrauensskalen herangezogen werden. Das Bewertungsobjekt dieser Skalen ist i. d. R. der Anbieter, dessen Vertrauenswürdigkeit vom Einkäufer beurteilt wird. Als Ergebnis kann der Einkäufer Vertrauen in den Verkäufer haben. Vertrauenswürdigkeit einer Person aus der Sicht einer anderen führt also u. U. zu Vertrauen der letzteren. MOORMAN et al. identifizieren Vertrauen u. a. als Determinante der wahrgenommenen Qualität einer Interaktion.393 SHARMA und PATTERSON beschreiben Vertrauen als Determinante des Beziehungscommitment, welches seinerseits u. a. von der Effektivität der Kommunikation abhängt. Die Autoren formulieren die Items des Konstrukts Vertrauen analog zu MOORMAN et al. (gemessen auf einer 7-Punkte-Skala)394 hinsichtlich Verlässlichkeit, Unsicherheit, Vorsichtigkeit, Glaubwürdigkeit und Zurückhaltung von Informationen: x
„My adviser can be relied on to keep his / her promises.
x
There are times when I find my adviser a bit insincere.
x
I find it necessary to be cautious in dealing with my adviser.
x
My adviser is trustworthy.
x
I suspect that my adviser has sometimes withheld certain pieces of critical information that might have affected my decision making.
x
I have confidence in my adviser.
x
I generally do not trust my adviser.”395
MALONI und BENTON verstehen Vertrauen als Element einer funktionierenden, gegenseitigen und damit integrierten Beziehung, in der Informationen ausgetauscht werden und kooperativ und langfristig geplant wird. Vertrauen ist damit die „confidence in honesty and integrity of the partner“396. Die Autoren formulieren drei Indikatoren zur Messung von Vertrauen: x
“XXX is concerned about our welfare.
x
XXX conciders how its actions will affect us.
x
We trust XXX.” 397
LARGE definiert Vertrauen als Indikator der Beziehungsqualität. Er formuliert: „Vertrauen: Ich habe großes Vertrauen zu den Mitarbeitern und Führungskräften meiner Lieferanten.“398 Die Nähe von Vertrauenswürdigkeit und Ehrlichkeit legt die Verwendung der letztgenannten Eigenschaft als Kriterium von Vertrauenswürdigkeit nahe. SHARMA und PATTERSON nennen im Rahmen der Implikationen als Voraussetzung für die Umsetzung einer effektiven Kommunikation bei Finanzdienstleistungen die realistische Einschätzung und Mitteilung von Risiken sowie das akkurate Erklären von Gebühren399. Die Wahrnehmung von Ehrlichkeit geht
393
Vgl. Moorman et al. (1992), S. 316. Vgl. Moorman et al. (1992), S. 325, auch Crosby et al. (1990), S. 80. Sharma/ Patterson (1999), S. 166. 396 Maloni/ Benton (2000), S. 53. 397 Maloni/ Benton (2000), S. 73; „XXX“ steht für den betrachteten Geschäftspartner in der Automobilindustrie. 398 Large (2003), S. 144. 399 Sharma/ Patterson (1999), S. 163. 394 395
80
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
der Vertrauenswürdigkeit voraus, hat jemand in einem Punkt Ehrlichkeit bewiesen, so ist er auch in weiteren Punkten weitgehend vertrauenswürdig. Vertrauen dient auch als Indikator für die Qualität einer persönlichen Beziehung. Bei einer reflektiven Messung würde hohe Beziehungsqualität in einem hohen Vertrauensniveau des Beschaffers zu den Mitarbeitern des anbietenden Unternehmens sichtbar.400 FROMMEYER misst die Qualität der Kommunikation u. a. über die ‚Vertrautheit’ der Beziehung zwischen einem Finanzberater und dessen Privatkunden. Dabei formuliert sie auf Basis einer konfirmatorischen Faktoranalyse die Indikatoren „Persönliche Kunde-Berater-Beziehung“ und „Kenntnis des Kunden“.401 Auf Basis der zuvor genannten Untersuchungen wird ‚Vertrauenswürdigkeit’ im Folgenden als zufriedenheitsdeterminierende Verhaltensausprägung des Anbieters verstanden. Die Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit und Integrität des Verkäufers sind Kriterien der Vertrauenswürdigkeit. Darüber hinaus beschreibt ‚Vertrauenswürdigkeit’ den beim Einkäufer durch das Verhalten des Verkäufers erzeugten Eindruck eines ‚sich um das Wohl des Anderen sorgen’. Wichtig ist hier nochmals die Betrachtungsperspektive, denn es handelt sich nicht um das Vertrauen des Einkäufers in den Verkäufer, sondern um dessen Verhalten, das zu Vertrauen des Einkäufers in den Verkäufer führen kann. Der Verkäufer ist dann ‚vertrauenswürdig’. Die folgende Abbildung zeigt die Dimension ‚Vertrauenswürdigkeit’ und deren Kriterien. Verlässlichkeit Glaubwürdigkeit Ehrlichkeit
Vertrauenswürdigkeit
Integrität Uneigennützigkeit
Abbildung 22
Dimension ‚Vertrauenswürdigkeit’
Das Kriterium ‚Verlässlichkeit’ beschreibt das Verhalten des Anbieters, das den Eindruck erzeugt, dass seine Versprechen Gültigkeit haben. Ein mündlicher Bezug in der betrachteten Kommunikationssituation auf vorherige, eingehaltene Versprechen (beim Beschaffer selbst oder Dritten) könnte einen solchen Eindruck beim Beschaffer hinterlassen. ‚Glaubwürdigkeit’ nimmt an dieser Stelle nicht Bezug auf die übertragenen Informationen selbst, sondern auf die Fähigkeit des Anbieters, seine Aussagen so zu formulieren, dass sie nicht hinterfragt werden (müssen). ‚Ehrlichkeit’ beschreibt das realistische Abschätzen von Risiken und das akkurate Erklären. 400 401
Vgl. Large (2003), S. 143. Frommeyer (2005), S. 98.
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
81
‚Integrität’ zeigt, dass der Anbieter sich selbst treu bleibt und an seinen Werten und Prinzipien festhält. ‚Uneigennützigkeit’ steht für prosoziales Verhalten, also die willentliche Verfolgung der Interessen und des Wohls des Beschaffers durch den Anbieter, indem der Eindruck vermittelt wird, keinerlei Aktivitäten zu planen, die entgegen den Zielen des Beschaffers wirken (können). 3.5.2.5
Interesse an personalisierter Kommunikation
GIERL formuliert zur Messung der persönlichen, privaten Beziehungsqualität: „Wir sprechen mit den Mitarbeitern unseres Abnehmers sehr oft über andere Dinge als nur über geschäftliche Belange“402 sowie „Die Mitarbeiter unseres Abnehmers, die für die Zusammenarbeit relevant sind, haben überhaupt kein Interesse daran, dass so etwas wie eine persönliche Beziehung aufgebaut wird“403. In Expertengesprächen wurde die Wichtigkeit gemeinsamer persönlicher Interessen und außergeschäftlicher Gesprächsthemen wie Fußball o. ä. betont. So wird etwa vor einem wichtigen Geschäftstermin auf Anbieterseite gehofft, dass die Nationalmannschaft des Gesprächspartners gegen die eigene in einem Länderspiel gewinnt, damit die außergeschäftlichen Gesprächsthemen nicht unangenehm werden. Das ‚Interesse an einer personalisierten Kommunikation’ wird als der semi-private Aspekt einer geschäftlichen Kommunikationssituation verstanden. Semi-private Kommunikation ist gegeben, wenn es sich eindeutig um außergeschäftliche Gesprächsinhalte und Belange handelt, allerdings keine rein privaten, ggf. unangenehmen Themen zur Sprache kommen. Verschiedene Ebenen können dabei eine Rolle spielen, die jeweils im Hinblick auf den Anteil am Gesamtgespräch wie auch auf ihre inhaltliche Angemessenheit zu beurteilen sind (vgl. Abbildung 23): x
‚außergeschäftliche Gespräche’ über allgemeine Themen wie Sport oder Politik;
x
‚Interesse an Hobbies’: Themen, die die Freizeitgestaltung des Einkäufers betreffen;
x
privatere Aspekte, wie die ‚familiäre Situation’ des Einkäufers;
x
‚gemeinsame Erlebnisse’ (semi-geschäftlich). außergeschäftliche Gespräche
Interesse an Hobbies
Interesse an personalisierter
familiäre Situation
gemeinsame Erlebnisse
Abbildung 23 402 403
Dimension ‚Interesse an personalisierter Kommunikation’
Gierl (2000), S. 136. Gierl (2000), S. 136.
Kommunikation
82
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
3.5.2.6
Unterhaltsamkeit
GIERL definiert ‚Vergnügen’ als Faktor der Beziehungsqualität auf menschlich-emotionaler Ebene und formuliert hier: „Wir haben mit den Mitarbeitern unseres Abnehmers, die für die Zusammenarbeit relevant sind, auch manchmal Spaß.“404 Analog dazu wird hier unter Unterhaltsamkeit in einer Kommunikationssituation die Erfüllung von Erwartungen des Beschaffers an eine vergnügliche Kommunikationssituation verstanden. Die Unterhaltsamkeit einer Gesprächssituation wird auch durch das Kommunikationsverhalten des Verkäufers beeinflusst. Dabei ist der Humor ein Kriterium, aber auch gemeinsamer Spaß von Einkäufer und Verkäufer lässt eine Gesprächssituation unterhaltsam werden. Die folgende Abbildung zeigt die Dimension ‚Unterhaltsamkeit’ und deren Kriterien. Humor
Unterhaltsamkeit
Gemeinsamer Spaß
Abbildung 24
3.5.2.7
Dimension ‚Unterhaltsamkeit’
Souveränität
FROMMEYER identifiziert die ausgestrahlte Souveränität eines Finanzberaters als Faktor der Kommunikationsqualität und formuliert auf Basis einer konfirmatorischen Faktoranalyse folgende Messindikatoren für die Souveränität eines Kommunikators: „Ruhe und Ausgeglichenheit“, „Sicheres Auftreten“ und „unmissverständliche Ausdrucksweise“.405 Analog dazu soll hier die vom Beschaffer wahrgenommene Souveränität des Anbieters als Ergebnis von dessen x
‚Ruhe und Ausgeglichenheit’,
x
‚sicherem Auftreten’ und
x
‚unmissverständlicher Ausdrucksweise’
verstanden werden (vgl. Abbildung 25). Ruhe & Ausgeglichenheit Souveränität Sicheres Auftreten Unmissverständliche Ausdrucksweise
Abbildung 25
404 405
Dimension ‚Souveränität’
Gierl (2000), S. 136. Frommeyer (2005), S. 98.
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
83
3.5.2.7.1 Empathie SHARMA und PATTERSON nennen im Rahmen der Implikationen als Voraussetzung für die Umsetzung einer effektiven Kommunikation bei Finanzdienstleistungen die Fähigkeit des Beraters, Empathie zu zeigen406. FROMMEYER identifiziert Empathie in einer konfirmatorischen Faktoranalyse als Faktor der Kommunikationsqualität bei Finanzdienstleistungen und misst diese über die Indikatoren „freundliche Behandlung (des Kunden)“, „Termine in nützlichen Fristen“, „ausreichende Gesprächszeit“, „angenehme Gesprächsatmosphäre“, „offenes Gespräch“, „Zuhören“ und „Anliegen ernst nehmen“.407 SHARMA und PATTERSON weisen in den Implikationen zur Umsetzung effektiver Kommunikation auf die „listening skills“, die Fähigkeit zum Zuhören, hin. Empathie bedeutet hier, dass der Verkäufer dem Einkäufer aktiv zuhört, sich kognitiv in den Einkäufer hineinversetzt sowie unter Aufbieten von Einfühlungsvermögen versucht, dessen Gefühle zu teilen und damit die eigenen Handlungen an die Bedürfnisse des Einkäufers anzupassen. Bedürfnisse können dabei, analog zu FROMMEYER, z. B. der Wunsch nach einer freundlichen Behandlung oder die freie Terminwahl von Seiten des Einkäufers sein. Die Wahrnehmung der Empathie des Anbieters durch die Beschaffer wird beeinflusst durch dessen Ausdruck eines x
‚Aktiven Zuhörens’ als das intensive Verfolgen der Ausführungen des Beschaffers,
x
‚Hineinversetzens’ in die Sichtweise des Beschaffers durch den Anbieter,
x
‚Erkennens der Bedürfnisse’ des Beschaffers in der betrachteten Kommunikationssituation.
Die folgende Abbildung zeigt die Dimension ‚Empathie’ und deren Kriterien. Aktiv Zuhören Hineinversetzen
Empathie
Bedürfnisse erkennen
Abbildung 26
3.5.2.8
Dimension ‚Empathie’
Kompetenz
FROMMEYER identifiziert in einer konfirmatorischen Faktoranalyse ‚Kompetenz des Beraters’ als Faktor der Kommunikationsqualität bei Finanzdienstleistungen und misst diese über die Indikatoren: „Aufzeigen von Alternativen“, „Erläuterung von Vor- und Nachteilen“, „Abfragen von Kundenvorstellungen“, „individuelle Beratung“ und „kurze und prägnante Darstellung“.408 SHARMA und PATTERSON interpretieren die Fähigkeit eines Finanzberaters, Konzepte und Empfehlungen für den jeweiligen Kunden verständlich und angemessen zu 406 407 408
Sharma/ Patterson (1999), S. 163. Frommeyer (2005), S. 98. Frommeyer (2005), S. 98.
84
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
erklären, als Item der effektiven Kommunikation.409 Sie verweisen im Rahmen der Implikationen für die Umsetzung einer effektiven Kommunikation auf die angemessene (Nicht-) Verwendung von Fachtermini: „explaining investment options in jargon-free terms“410. Analog zu den o. g. Erkenntnissen wird die Dimension der Kompetenz des Anbieters, bezogen auf Wissen und Inhalte, über die folgenden Elemente beeinflusst (vgl. Abbildung 27): x
‚Aufzeigen von Alternativen’ als Darstellung umfassender Kenntnis des Leistungsangebots;
x
‚Erläuterung von Vor- und Nachteilen’ als Darstellung auch detaillierter Kenntnis verschiedener Leistungsangebote;
x
‚Abfragen von Kundenvorstellungen’ als Darstellung des Willens und der Fähigkeit, auf verschiedene Anforderungen eingehen zu können;
x
‚Individuelle Beratung’ als Flexibilität im Umgang mit Wissen und dessen zielgruppenangemessener Selektion. Aufzeigen von Alternativen Erläuterung von Vor- und Nachteilen Kompetenz Abfragen von Kundenvorstellungen Individuelle Beratung
Abbildung 27
3.5.2.9
Dimension ‚Kompetenz’
Lösungsorientierung
Die Lösungsorientierung des Verkäufers setzt sich aus dessen Proaktivität (Encouragement of Initiatives) sowie dem Aufzeigen von Lösungsansätzen zusammen. Dabei handelt es sich um die Lösung fachlicher Aufgaben, wie sie das Ziel der Zusammenarbeit von Beschaffer und Anbieter sind. „Leistung als Lösung“ steht dann im Gegensatz zur Lösung von zwischenmenschlichen Konflikten. KIVIMÄKI et al. messen die Proaktivität als “Encouragement of Initiatives“ über die ‚positive Einstellung zur Entwicklung von Vorschlägen’ und das Statement ‚Vorschläge sind willkommen’.411 Die Unterstützung von Ideen als „Support for Ideas“ wird im innerorganisatorischen Kontext von KIVIMÄKI et al. mit Indikatoren zur ‚Weitergabe nützlicher Ideen’ sowie ‚auf die Ideen von anderen bauen’ gemessen.412 Die Dimension ‚Lösungsorientierung’ wird hier durch die folgenden Komponenten beeinflusst (vgl. Abbildung 28):
409
Vgl. Sharma/ Patterson (1999), S. 167. Sharma/ Patterson (1999), S. 163. Vgl. Kivimäki/ et al. (2000), S. 36. 412 Vgl. Kivimäki/ et al. (2000), S. 36. 410 411
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
x
85
‚Entwicklungseinstellung’ als positive Einstellung zur Entwicklung kreativer und unüblicher Lösungsansätze;
x
‚Ideenentwicklung’ als aktive Entwicklung und Weitergabe neuer Lösungsansätze;
x
‚Ideennutzung’ als Anerkennung und Anwendung von Ideen anderer Personen für die Entwicklung von Lösungsansätzen.
Entwicklungseinstellung LösungsIdeenentwicklung
orientierung
Ideennutzung
Abbildung 28
3.5.2.10
Dimension ‚Lösungsorientierung’
Freundlichkeit
Auch Freundlichkeit wird als Verhalten des Kommunikationspartners und Dimension der Kommunikationsqualität betrachtet. Grundsätzlich kann Freundlichkeit direkt auf einer bipolaren Skala mit den Ausprägungen ‚feindselig’ und ‚freundlich’ gemessen werden.413 Diese Vorgehensweise birgt jedoch zwei zentrale Schwierigkeiten in sich. Erstens kann ein freundliches Kommunikationsverhalten verschiedene beobachtbare Effekte erzeugen und zweitens ist es unwahrscheinlich, dass Befragte bei der direkten Messung den Grad ihres eigenen Verhaltens unverzerrt wiedergeben.414 SHARMA und PATTERSON nennen ‚Freundlichkeit’ nicht explizit als Element einer erfolgreichen Kommunikation, sie formulieren jedoch zur Messung der funktionalen Qualität der Kommunikation in der Finanzberatung von Privatkunden das Item „my adviser is providing a courteous and friendly service to me“415 als freundlichen und zuvorkommenden Service. Messindikatoren der Freundlichkeit wurden vor allem im Rahmen von Untersuchungen zum Kommunikationsstil identifiziert. Ein freundlicher Kommunikationsstil wird z. B. von BRADLEY und BAIRD über den Grad der Freundlichkeit, die Bereitschaft zum Ausdruck von Zustimmung sowie den Grad der Bewunderung für Mitarbeiter gemessen.416 NORTEN misst Freundlichkeit über die fünf Items Takt, Ermutigung, Bewunderung, Freundlichkeit (direkt gemessen) und Anerkennung.417 LARGE berücksichtigt in seiner Operationalisierung der Freundlichkeit im Kommunikationsverhalten von Beschaffungsmanagern die zuvor genannten Erkenntnisse, ergänzt diese um Erfahrungen aus der Praxis, schließt die direkte Messung des Konstrukts aus und verwendet folgende sechs Indikatoren der Freundlichkeit:
413
Vgl. Rinehard/ Page Jr. (1992), S. 29. Vgl. Large (2003), S. 139, wobei die Zweitgenannte im Kontext dieser Spezifikation nicht relevant wird, da vom Befragten nicht das eigene Verhalten zu beurteilen ist. 415 Sharma/ Patterson (1999), S. 167. 416 Vgl. Bradley/ Baird (1977), S. 198. 417 Vgl. Norton (1978), S. 103. 414
86
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
x x
„Besonnenheit in Konfliktsituationen: Selbst in schwierigen Konfliktsituationen mit Lieferanten bleibe ich ruhig und besonnen. Verzicht auf persönliche Angriffe: In Gesprächen mit Lieferanten verzichte ich prinzipiell auf persönliche Angriffe.
x
Bedeutung von Höflichkeitsformen: Bei der Kommunikation mit Lieferanten halte ich Höflichkeitsformen stets ein.
x
Taktvolles Verhalten: Im Umgang mit Lieferanten verhalte ich mich immer taktvoll.
x
Bewunderung: In Gesprächen mit Lieferanten drücke ich häufig meine Bewunderung für die Leistungen des Gesprächspartners aus.
x
Anerkennung: In Gesprächen mit Lieferanten drücke ich häufig meine Anerkennung für den Beitrag des Gesprächspartners zu unserer Geschäftsbeziehung aus.“ 418
Die Besonnenheit als Indikator, der Ruhe und Ausgeglichenheit auch in schwierigen Situationen beinhaltet, ist im Kontext der vorliegenden Arbeit dem definitorischen Rahmen der ‚Souveränität’ zuzuordnen. Höflichkeit und Takt sowie Bewunderung und Anerkennung werden aufgrund ihrer begrifflichen Nähe zusammengefasst. LARGE identifiziert Freundlichkeit als Dimension des Kommunikationsverhaltens und vermutet eine Beeinflussung der Beziehungsqualität durch das Ausmaß der Freundlichkeit.419 Insbesondere dem ‚taktvollen’ Verhalten wird besondere Bedeutung zugeschrieben.420 JAP et al. (1999) vermuten einen positiven Zusammenhang zwischen der Beziehungsqualität und dem Grad der Freundlichkeit.421 Ein Mindestmaß an Freundlichkeit ist darüber hinaus in einer Kommunikationssituation notwendig, um Informationen aufnehmen zu können und das Gegenüber überhaupt als Kommunikationspartner zu akzeptieren.422 Die Dimension ‚Freundlichkeit’ wird durch die folgenden Kriterien beeinflusst (vgl. Abbildung 29): x x
‚Höflichkeit & Takt’ als das Einhalten der Höflichkeitsformen durch den Anbieter und das stets taktvolle Verhalten des Anbieters; ‚Bewunderung & Anerkennung’ als der Ausdruck der Bewunderung und Anerkennung von persönlichen Leistungen des Beschaffers durch den Anbieter; Anerkennung des persönlichen Beitrags des Beschaffers für die gemeinsame Leistung (z. B. Ideenentwicklung, Voranbringen von Projekten, Abschlüsse).
418
Large (2003), S. 140; Die Indikatoren ‚Höflichkeitsformen’ und ‚Taktvolles Verhalten’ verblieben bei Large als Indikatoren der Freundlichkeit im Kausalmodell nach der zweiten Revision des Messmodells (vgl. Large (2003), S. 197). 419 Vgl. Large (2003), S. 117. 420 Vgl. Giunipero/ Pearcy (2000), S. 9. 421 Vgl. Jap et al. (1999), S. 309. 422 Vgl. Large (2003), S. 118.
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
87
Höflichkeit & Takt Freundlichkeit Bewunderung & Anerkennung
Abbildung 29
3.5.2.11
Dimension ‚Freundlichkeit’
Kooperationsbereitschaft
Beidseitige Kooperationsbereitschaft ist essenziell für eine „mixed-motive relationship“423 zwischen Geschäftspartnern. KIVIMÄKI et al. messen das „participative climate“ mit Indikatoren, die ursprünglich außerhalb der eigentlichen Kommunikationssituation relevant sind. Sie verwenden dazu die Häufigkeit der Interaktionen und die Regelmäßigkeit des Kontakts. Auch finden sich in dieser Studie Indikatoren, die hier zur Messung des Informationsflusses genutzt werden sollen, nämlich: ‚gegenseitig informiert halten’ sowie ‚ernsthafte Versuche unternehmen, um Informationen zu teilen’. Die Erzeugung eines ‚Gefühls des Verständnisses und der Akzeptanz’, die Möglichkeit eines ‚gegenseitigen Einflusses’ sowie das ‚Hören der Sicht von Minderheiten’424 treffen auf das hier verwendete Verständnis von Empathie und Lösungsorientierung. Schließlich messen sie Kooperation darüber hinaus direkt als Beurteilung der Zusammenarbeit der Anspruchsgruppen.425 MALONI und BENTON definieren Kooperation als “association of mutual benefit through joint effort”426, also als Zusammenarbeit mit dem Ziel gemeinsamen Nutzens durch gemeinsame Anstrengung. Nach Ansicht der Autoren basiert eine integrierte Beziehung auf einem hohen Niveau der Kooperation.427 Sie formulieren als Indikatoren der Kooperation wie folgt: x x
“Our relationship with XXX is better described as a ‘cooperative effort’ than an ‘arm’s length negotiation’, Overall, our firm and XXX perform well together in carrying out our respective tasks,
x
We feel that we can count on XXX to give us the support that other suppliers receive.”428 LARGE verwendet ‚Kooperationsbereitschaft’ als Indikator der Beziehungsqualität und formuliert: „Kooperationsbereitschaft: Die Mitarbeiter und Führungskräfte meiner Lieferanten setzen sich bereitwillig mit meinen Wünschen und Vorstellungen auseinander und sind sehr kooperativ.“429 Damit liegt diese Vorstellung von Kooperationsbereitschaft nah an der Definition von Kompetenz, wobei das dort genannte ‚Abfragen von Kundenvorstellungen’ die Voraussetzung für das ‚bereitwillige Auseinandersetzen’ mit Wünschen ist. 423
Putnam/ Roloff (1992), S. 3. Kivimäki et al. (2000), S. 36. Vgl. Kivimäki et al. (2000), S. 36. 426 Vgl. Maloni/ Benton (2000), S. 53. 427 Vgl. Maloni/ Benton (2000), S. 53. 428 Maloni/ Benton (2000), S. 73; “XXX” steht in der Befragung für den betrachteten Geschäftspartner. 429 Large (2003), S. 144. 424 425
88
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Die Dimension ‚Kooperationsbereitschaft’ wird also von den folgenden Kriterien beeinflusst (vgl. Abbildung 30): x
Das bereitwillige Auseinandersetzen des Verkäufers mit Wünschen und Vorstellungen des Einkäufers und
x
die erkennbare Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Wünsche & Vorstellungen Kooperationsbereitschaft Bereitschaft
Abbildung 30
3.5.2.12
Dimension ‚Kooperationsbereitschaft’
Verständnis des Kundenkontexts
KIVIMÄKI et al. stellen auf das Verständnis der Sichtweisen der anderen Partei ab.430 Im hier zu betrachtenden Fall erwartet der Einkäufer, dass sich der Verkäufer in seine Situation versetzt, sich mit seinem ‚Geschäft’ auseinandersetzt und dieses versteht. Im Gegensatz zum Konstrukt ‚Empathie’ geht es hierbei nicht darum, sich in die Person des anderen, sondern vielmehr in dessen geschäftliche Situation zu versetzen. MOORMAN, ZALTMAN und DESHPANDE identifizieren das Verständnis des Kundenkontexts bei Marktforschungsinstituten als Faktor der Interaktionsqualität und interpretieren es als Ergebnis verstärkter Kommunikation auf Basis von Vertrauen. Die Messung erfolgt direkt auf einer 7-Punkte-Skala über die Formulierung: „My researcher displays a sound strategic understanding of my business in his / her interactions with me.“431 GIERL formuliert in diesem Zusammenhang: „Die Mitarbeiter im Abnehmerunternehmen, die für die Zusammenarbeit wichtig sind, haben kein Verständnis für unsere Probleme und Absichten im Zusammenhang mit unserer Geschäftstätigkeit“432. In eigenen Gesprächen mit Experten wurde dieser Aspekt ebenso betont: „Der Kunde glaubt, dass wir uns in unserem Business auskennen, aber er will, dass wir sein Business verstehen und seine Probleme erkennen.“ Das ‚Verständnis des Kundenkontexts’ in der Kommunikationssituation wird als das umfassende Verständnis des Anbieters für das Geschäftsfeld des Beschaffers verstanden und durch zwei Kriterien beeinflusst (vgl. Abbildung 31): x
‚Strategisches Verständnis des Kundenkontexts’ als das umfassende, strategische Verständnis des Geschäftsfeldes des Einkäufers durch den Verkäufer.
x
430 431 432
‚Operatives Verständnis des Kundenkontexts’ als das umfassende, operative Verständnis des Geschäftsfeldes des Einkäufers durch den Verkäufer.
Vg. Kivimäki et al. (2000), S. 36. Moorman et al. (1992), S. 326. Gierl (2000), S. 136.
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
strategisches Verständnis
Verständnis des Kun-
operatives Verständnis
Abbildung 31
3.5.2.13
89
denkontexts
Dimension ‚Verständnis des Kundenkontexts’
Konfliktumgang
MALONI und BENTON definieren Konflikt als „disunity caused by competitive or opposing action“433, also als Uneinigkeit, die durch Wettbewerb oder gegensätzliche Aktionen verursacht wird. Laut den Autoren ist das Ziel einer integrierten Beziehung, eine möglichst niedrige Konfliktintensität zu erreichen. Sie formulieren folgende Indikatoren zur Messung von Konflikten: x
„Sometimes XXX prevents us from doing what we want to do.
x
XXX does not have our best interests at heart.
x
We often disagree with XXX on critical issues.”434
LARGE definiert ‚Konflikte’ als Faktor der Beziehungsqualität und formuliert: „Konflikte: Ich habe nur sehr selten Konflikte mit Mitarbeitern und Führungskräften meiner Lieferanten.“435 KIVIMÄKI et al. messen „Problems in Collaboration“436 über die Items ‚unzureichende Kommunikation’, ‚Information über Verbesserungen werden nicht weitergegeben’ und ‚zu spätes Informieren’. MOORMAN, ZALTMAN und DESHPANDE konstatieren, dass Vertrauen in einer qualitativ hochwertigen Interaktion zur Konfliktlösungsfähigkeit führt, da es den betreffenden Parteien ermöglicht, produktive Lösungen bei Uneinigkeiten zu finden.437 Die Autoren formulieren folgende Aussage: „Disagreements between my researcher and me tend to be handled productively.”438 MALONI und BENTON definieren Konfliktlösung als „ability to mitigate disunity through mutual solution“439, also die Fähigkeit, Uneinigkeiten durch gemeinsame Lösungen abzubauen. Ziel einer integrierten Beziehung ist die explizite Fähigkeit zur Konfliktlösung zwischen den Partnern.440 Sie formulieren folgende Items zur Messung der Konfliktlösungsfähigkeit in einer Beziehung: x x
„The discussions we have with XXX in areas of disagreement are usually very productive. Our discussions in areas of disagreement with XXX create more problems than they solve.
433
Maloni/ Benton (2000), S. 53. Maloni/ Benton (2000), S. 72; “XXX” steht in der Befragung für den betrachteten Geschäftspartner. Large (2003), S. 144. 436 Vgl. Kivimäki et al. (2000), S. 36. 437 Vgl. Moorman et al. (1992), S. 316. 438 Moorman et al. (1992), S. 326. 439 Maloni/ Benton (2000), S. 53. 440 Vgl. Maloni/ Benton (2000), S. 53. 434 435
90
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
x
Discussions in areas of disagreement increase the strengh of our relationship.”441
LARGE definiert ‚Konflikthandhabung’ als Faktor der Beziehungsqualität und formuliert: „Konflikthandhabung: Es gelingt mir leicht, Konflikte mit Mitarbeitern und Führungskräften meiner Lieferanten zu handhaben.“442 Die Dimension ‚Konfliktumgang’ wird im Kontext dieser Arbeit durch die folgenden Kriterien beeinflusst: x
Das ‚Vermeiden’ von Konflikten, die durch unangemessenes Verhalten zu Stande kämen,
x
,Konfliktfähigkeit’ als die Freiheit zur Uneinigkeit, eine Offenheit für Kritik des Be-
x
‚Lösung’ von Konflikten als die Handhabung und Lösung von Konflikten mittels produktiver Diskussionen.
schaffers am Anbieter mit dem Ziel der Lösungen bei Problemen zu finden,
Folgende Abbildung zeigt die Dimension ‚Umgang mit Konflikten’ und deren Kriterien. Vermeiden Konfliktfähigkeit
Konfliktumgang
Lösung
Abbildung 32
441 442
Dimension ‚Umgang mit Konflikten’
Maloni/ Benton (2000), S. 72; “XXX” steht in der Befragung für den betrachteten Geschäftspartner. Large (2003), S. 144.
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
3.6
91
Kommunikationsdimensionen und Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers: Konzeptualisierung und empirische Prüfung
3.6.1 3.6.1.1
Methoden Messmethoden der Kommunikationszufriedenheit
Vor der Messung der Kommunikationszufriedenheit scheint es notwendig, verschiedene Verfahren auf ihre Anwendungsfähigkeit hin zu analysieren. Hinsichtlich der Wahrnehmungsperspektive kann zwischen objektiven und subjektiven Messverfahren unterschieden werden. Bei der Anwendung objektiver Verfahren werden beobachtbare Indikatoren erfasst, die „nicht durch die persönliche, subjektive Wahrnehmung beeinflusst sind“443 (z. B. monetäre Größen oder das operative Ergebnis). Im Kontext dieser Arbeit werden subjektive Verfahren angewendet, die auf das individuelle Empfinden des Einkäufers abstellen. Die Messung erfolgt also unabhängig von den jeweiligen Ausprägungen der objektiven Indikatoren. Die Messansätze von Kundenzufriedenheit werden in der Literatur in ereignis- und merkmalsorientierte Verfahren unterschieden.444 Analog dazu soll die Kommunikationszufriedenheit untersucht werden. Ereignisbezogene Verfahren betrachten ein als besonders wichtig empfundenes Kontaktereignis, das aus einem einzelnen Aspekt oder aus mehreren verknüpften Aspekten bestehen kann. In der Literatur werden verschiedene ereignisbezogene Messverfahren benannt.445 In der vorliegenden Arbeit werden auch offene Fragen gestellt, wie sie auch in der Critical-Incident-Technique446 zur Anwendung kommen. Mit den offen gestellten Fragen sollen Aspekte des Kommunikationsverhaltens identifiziert werden, die nicht mit den Kommunikationsdimensionen erfasst wurden. Darüber hinaus werden mit der offenen Abfrage solche Ausprägungen des Kommunikationsverhaltens erkannt, die in der Erinnerung des Einkäufers besonders präsent sind. Merkmalsorientierte (kumulative) Verfahren erfassen i. d. R. die wahrgenommene Leistung in verschiedenen Bereichen über die gesamte Geschäftsbeziehung bis zum Erhebungszeitpunkt und in der Summe das Gesamtzufriedenheitsniveau des Kunden (Einkäufers). Für die Erfassung werden zunächst grobe Leistungsparameter definiert, denen dann wiederum einzelne Leistungskriterien zugeordnet werden.447 In dieser ersten Studie der vorliegenden Arbeit werden Einkäufer nach ihrer Zufriedenheit mit einer bestimmten Kommunikationssituation befragt (ereignisbezogen), dafür werden merkmalsorientiert einzelne Kommunikationsdimensionen (Leistungsparameter) und Kommunikationskriterien (Leistungskriterien) formuliert.
443
Beutin (2008), S. 127. Vgl. Rockmann/ Northcraft (2008), S. 61. Vgl. Beutin (2008), S. 128. 446 Vgl. Flanagan (1954), S. 327 ff. 447 Vgl. Homburg/ Werner (1998), S. 61. 444 445
92
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Im Hinblick auf die Direktheit der Messung von (Kunden-) Zufriedenheit wird in implizite und explizite Verfahren unterschieden.448 Bei impliziten Verfahren wird die Zufriedenheit indirekt über die Erfassung des Beschwerdeverhaltens gemessen. Diese Vorgehensweise wäre im Zusammenhang mit der Messung der Kommunikationszufriedenheit nicht zielführend, da dafür verwendbare Daten weder vorliegen noch in diesem Kontext erhoben werden sollen. Die Zufriedenheit mit einer Kommunikationssituation wird explizit durch direkte Befragung der Einkäufer gemessen. Dabei werden die Wichtigkeit von Erwartungen (Parameter der Kommunikationsqualität) sowie deren Erfüllungsgrad, also die wahrgenommene Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen, erfasst. Die Messung liegt zeitlich nach der relevanten Kommunikationssituation und kann daher mit einer ex post-Zufriedenheitsmessung verglichen werden. Die Zufriedenheit mit den jeweiligen Einflussfaktoren der Kommunikationssituation und die Gesamtzufriedenheit mit dem Kommunikationsverhalten des Anbieters werden direkt erfasst.449 Bei der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ handelt es sich also um eine subjektive, ereignis- und merkmalsorientierte, explizite, mehrdimensionale, ex post angelegte Erhebung.
3.6.1.2
Direkte und indirekte Wichtigkeitsbestimmung
Zentrales Ziel der Studie ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ ist die Identifikation der zentralen Treiber der Kommunikationszufriedenheit. Insbesondere geht es dabei darum zu erkennen, welche Aspekte des kommunikativen Verkäuferverhaltens für den Einkäufer in einer Face-to-Face Kommunikationssituation eine besondere Rolle bei der Gesamtbeurteilung dieser Situation spielen. Die Kommunikationsdimensionen, deren Wichtigkeiten direkt und indirekt erfasst werden sollen, stehen dabei im Vordergrund. Die direkte Wichtigkeitsbestimmung (stated-importance) erfolgt über gleichzeitige Erfassung von Wichtigkeitsbeurteilung und Zufriedenheitsbeurteilung durch die Einkäufer. Dabei sollen die befragten Einkäufer den Kommunikationsdimensionen (Leistungsparametern) jeweils Ränge von 1 bis 14 zuweisen. Bei der Auswertung wird der gewichtete Rang für jede Kommunikationsdimension einzeln berechnet, indem zunächst die Summe aller Nennungen bei einem Rang mit dem Wert des jeweiligen Rangs multipliziert wird. Die Produkte werden addiert und diese Summe wird durch die Summe aller Rangzuordnungen der Kommunikationsdimension dividiert. Das Ergebnis ist der direkt gemessene, gewichtete Rang der Kommunikationsdimension. Die direkte Bewertung der Wichtigkeit einzelner Dimensionen durch die Einkäufer birgt allerdings folgende Probleme in sich:450 x
Befragte neigen dazu, bei direkten Befragungen ‚strategische Antworten’ zu geben, um z. B. ihre zukünftige Verhandlungsposition zu verbessern,
448 449 450
Vgl. Beutin (2008), S. 129. Vgl. Beutin (2008), S. 132 ff. Vgl. Homburg/ Werner (1998), S. 89; auch Beutin (2008), S. 158.
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
x x
93
‚Social Desirability’ (soziale Erwünschtheit) der Antworten kann die Bewertung beeinflussen, durch Abfrage der Relation mehrerer Leistungsparameter kann schnell eine kognitive Überforderung entstehen,
x
es kann eine unzureichende Differenzierung vorliegen, die für die Auswertenden jedoch nicht unbedingt offensichtlich ist, da die entsprechende Frage vollständig (aber unkonzentriert) beantwortet wird. Um den genannten Problemen vorzubeugen und den Einfluss der vorgenannten Probleme auf den tatsächlichen Unterschied zwischen direkter und indirekter Abfrage der Wichtigkeit von Kommunikationsdimensionen zu überprüfen, wird die direkte Abfrage um eine indirekte Wichtigkeitsbestimmung ergänzt. Die indirekte, abgeleitete (derived-importance) Wichtigkeitsbestimmung erfolgt durch die Analyse des Zusammenhangs zwischen Zufriedenheiten mit den einzelnen Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Je stärker der Zusammenhang ist, desto wichtiger ist die jeweilige Kommunikationsdimension.451 Die Kommunikationsdimensionen können sukzessive oder simultan bei der Ermittlung des Zusammenhangs zwischen Gesamtzufriedenheit und Kommunikationsdimensionen berücksichtigt werden. Zur sukzessiven Berücksichtigung werden bivariate, zur simultanen Berücksichtigung multivariate Datenanalyseverfahren eingesetzt.452 Ziel der Studie zur Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers ist zum einen die Betrachtung des Einflusses der einzelnen Kommunikationsdimensionen auf die Gesamtzufriedenheit in der Kommunikationssituation. Zum anderen sollen die Veränderungen der Wichtigkeit der jeweiligen Leistungsparameter unter unterschiedlichen Bedingungen im Kommunikationskontext betrachtet werden (vgl. Kapitel 4). Liegt der Fokus auf einzelnen Leistungsparametern und deren Eigenschaften, ist die Wahl einer sukzessiven Betrachtung sinnvoll. Das sukzessive Verfahren auf Basis der quadrierten Korrelationskoeffizienten bietet die Möglichkeit, Multikollinearitätsprobleme und damit kontra-intuitive Ergebnisse auszuschließen.453 Bei der Betrachtung von Teilaspekten der Kommunikationszufriedenheit sind Multikollinearitäten zwischen den Leistungsparametern zu erwarten, damit würde die Präzision einer Regression (und damit auch einer Varianzstrukturanalyse) vermindert.454 Multikollinearität kann darüber hinaus zu negativen Effekten bei multipler Regressionsanalyse, Kovarianz- und Varianzstrukturanalyse führen, die schwierig zu interpretieren sind.455 Eine Kovarianzstrukturanalyse erfordert die Verwendung eines mehrdimensionalen Konstrukts in einem Strukturgleichungsmodell mit mindestens einer weiteren abhängigen Latenten - dies ist nicht Ziel der vorliegenden Arbeit. Die alleinige Betrachtung der Kommunikationszufriedenheit könnte unter Verwendung der Faktorladungen Rückschlüsse auf die Wichtigkeiten der jeweiligen Leis-
451
Vgl. Homburg/ Klarmann (2008), S. 206. Vgl. für eine Darstellung der verschiedenen Verfahren und ihrer Vor- und Nachteile Homburg/ Klarmann (2008), S. 207 und 217. 453 Vgl. Homburg/ Klarmann (2008), S. 210. 454 Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 93. 455 Vgl. Homburg/ Klarmann (2008), S. 222. 452
94
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
tungsparameter erlauben. Ein Vergleich zwischen Gruppen zur Analyse des Einflusses der Variablen des Kommunikationskontexts ist jedoch problematisch, da die Gruppengröße stark variiert. Darüber hinaus müssten u. U. Kommunikationsdimensionen aufgrund der Beschaffenheit der Teil-Stichprobe ausgeschlossen werden. Über die genannten Restriktionen hinaus belegen verschiedene Studien die geringen Unterschiede in der Wichtigkeitsanalyse bei Verwendung der unterschiedlichen Verfahren.456 HOMBURG und KLARMANN empfehlen als leistungsfähige Alternative zu anderen Verfahren die Verwendung quadrierter Korrelationen mit sukzessiver Berücksichtigung aller Leistungsparameter. Bei diesem Verfahren ist auch die Verwendung von Dummy-Variablen unproblematisch457 (vgl. Kapitel 3.6.1.3). Für eine sukzessive Berücksichtigung aller Leistungsparameter können also quadrierte Korrelationskoeffizienten verwendet werden458, wobei hier die Korrelationen zwischen den Zufriedenheiten mit einzelnen Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit gemessen werden. Abhängig von den Eigenschaften des Datensatzes im Hinblick auf Normalverteilung der Daten und Vorhandensein von Ausreißern stehen verschiedene Korrelationskoeffizienten zur Verfügung. Parameterfreie Rangkorrelationskoeffizienten sind besonders robust gegenüber Ausreißern und auch für nicht-normalverteilte Daten verwendbar. Für jeden Leistungsparameter j wird die quadrierte Korrelation mit der Gesamtzufriedenheit (rj2) berechnet. Wenn davon ausgegangen wird, dass alle Kommunikationsdimensionen zusammen 100 % der Gesamtkommunikationszufriedenheit ergeben und die Dimensionen überschneidungsfrei sind, kann die relative, prozentuale Wichtigkeit (wj) aus dem Verhältnis der quadrierten Korrelation des Leistungsparameters zur Summe der quadrierten Korrelationen aller j Leistungsparameter abgeleitet werden (vgl. Abbildung 33).459
wj =
r j2 J
¦r j 1
Abbildung 33
3.6.1.3
x 100% 2 j
Formel: Prozentuale Wichtigkeit eines Leistungsparameters
Faktortypen: Leistungs-, Begeisterungs-, Basisfaktoren
Die Ansätze zur indirekten Wichtigkeitsbestimmung setzen einen linearen Zusammenhang zwischen der Höhe der Gesamtzufriedenheit und der Zufriedenheit mit einem Leistungsparameter voraus. Implizit wird damit angenommen, dass die Wichtigkeit eines Leistungsparameters unabhängig von der Höhe des jeweiligen Zufriedenheitsniveaus mit diesem Leistungsparameter ist.460 Diese Annahme ist mehrfach hinterfragt und kritisiert worden.461 Mit 456
Vgl. Baltes et al. (2004), S. 326 ff.; auch LeBreton et al. (2004), S. 58 ff. Vgl. Homburg/ Klarmann (2008), S. 226. Alternativen sind einfache Korrelationskoeffizienten (vgl. z. B. Johnson/ LeBreton (2004), S. 238 ff.) und die ‚Normalized Pairwise Estimation (NPE)’ (vgl. Gustafsson/ Johnson (2004), S. 124 ff.). 459 Vgl. Homburg/ Klarmann (2008), S. 208. 460 Vgl. Homburg/ Klarmann (2008), S. 222. 457 458
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
95
dem Mehr-Faktoren-Modell der Zufriedenheit (vgl. Kapitel 3.3.1.3) wird die Typologisierung der Kommunikationsdimensionen in Basis-, Leistungs- und Begeisterungsfaktoren theoretisch aufgegriffen. Die methodische Prüfung und Zuordnung der Kommunikationsdimensionen kann mit der Verwendung von Dummy-Variablen umgesetzt werden.462 Dazu werden pro Dimension zwei Dummy-Variablen gebildet.463 Eine Dummy-Variable misst eine besonders hohe Zufriedenheit mit der Kommunikationsdimension, die zweite misst eine besonders niedrige Zufriedenheit. Für die Unterscheidung zwischen hoher und niedriger Zufriedenheit werden die Schwellenwerte Sj,hoch für hohe Ausprägungen und Sj,tief für niedrige Ausprägungen festgelegt. Für die Wahl der Schwellenwerte können verschiedene Kriterien wie die Perzentile oder der Median herangezogen werden. Dabei dürfen die Schwellenwerte nicht zu nah beieinander liegen, da die Dummy-Variablen einer Dimension dann fast das Gleiche messen würden.464 Den Dummy-Variablen werden in den Ausprägungen hoch und tief die Werte 1 und -1 zugewiesen. Die Kodierung der Dummy-Variablen dj,hoch und dj,tief kann formal folgendermaßen dargestellt werden: dj,hoch =
1, wenn xj Sj,hoch sonst.
dj,tief =
-1, wenn xj Sj,tief sonst.
Im zweiten Schritt werden die relativen Wichtigkeiten unter Verwendung der DummyVariablen indirekt bestimmt. Dazu können verschiedene Verfahren wie die quadrierten Korrelationskoeffizienten, Regressionsanalysen oder auch kausalanalytische Verfahren verwendet werden. Im dritten Schritt werden die Kommunikationsdimensionen respektive die Leistungsparameter den verschiedenen Faktortypen zugeordnet. Die Zuordnung erfolgt auf Basis der Höhe der Wichtigkeiten beim Vergleich zwischen hoher und niedriger Zufriedenheit mit diesem Leistungsparameter (vgl. Abbildung 34). Fall
Wichtigkeit des Leistungsparameters bei hoher Zufriedenheit Hoch
Faktortyp
1
Wichtigkeit des Leistungsparameters bei niedriger Zufriedenheit Hoch
2
Hoch
Niedrig
Basisfaktor
3
Niedrig
Hoch
Begeisterungsfaktor
4
Niedrig
Niedrig
Leistungsfaktor
Abbildung 34
461
Leistungsfaktor
Zuordnung der Leistungsparameter zu den verschiedenen Faktortypen
465
Vgl. z. B. Anderson/ Mittal (2000), S. 107 ff.; auch Matzler et al. (2005), S. 299 ff.; Mittal et al. (1998), S. 33 ff. Vgl. Anderson/ Mittal (2000), S. 107 ff.; Matzler et al. (2004), S. 271 ff. 463 Vgl. Homburg/ Klarmann (2008), S. 226. 464 Vgl. Homburg/ Klarmann (2008), S. 227. 465 Vgl. Homburg/ Klarmann (2008), S. 227. 462
96
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Das Verfahren der Verwendung von Dummy-Variablen enthält zwei zentrale Probleme, den Informationsverlust bei der Bildung der Dummy-Variablen und die Subjektivität bei der Wahl der Schwellenwerte zwischen neutraler Mitte, hoher Zufriedenheit und niedriger Zufriedenheitsausprägung sowie der Zuweisung von ‚hoch’ und ‚niedrig’ und einer entscheidenden Differenz bei der Faktorenzuordnung.466 Deshalb soll das genannte Verfahren in der vorliegenden Arbeit (nur) ergänzend zur Identifikation unterschiedlicher Faktortypen herangezogen werden. 3.6.1.4
Strategie: Wichtigkeit und Leistung
Strategisch sind für die Verkäuferseite insbesondere diejenigen Faktoren von Relevanz, die für den Einkäufer besonders wichtig sind und in denen der Verkäufer nicht besonders gut ist (also kein annehmbares Zufriedenheitsniveau beim Einkäufer erzeugt).467 Hier sind Verbesserungsmaßnahmen besonders angezeigt. Diese Annahme stellt den Anknüpfungspunkt für die zweite Studie bei Verkäufern dar (vgl. Kapitel 5). Zur besseren Übersicht wird eine Gitterdarstellung mit den Dimensionen ‚Wichtigkeit’ und ‚Leistung’ herangezogen, in der die relative, indirekte Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen und die Mittelwerte der Zufriedenheitsbewertung (als Leistung des Verkäufers) eingetragen werden können.468 Die genaue Position der Geraden und deren Schnittpunkt sowie die Zuordnung der Werte der einzelnen Quadranten sind willkürlich. Treten in dem Sample der ersten Studie beispielsweise keine extrem schlechten Bewertungen der Leistungen auf, so kann eine Verschiebung des Schnittpunkts hin zu positiven Ausprägungen für die Aussagekraft der Darstellung dienlich sein.469 MARTILLA und JAMES (1977) konstatieren: „The value of this approach lies in identifying relative, rather than absolute, levels of importance and performance.”470 Somit gewinnt die Darstellung mit den Ergebnissen der empirischen Untersuchung, durch die dann mögliche Ergänzung der Achseneinteilungen, an Detailliertheit.
466
Vgl. Homburg/ Klarmann (2008), S. 227. Vgl. Martilla/ James (1977), S. 78. Ähnlich bei Martilla/ James (1977), S. 78. 469 Vgl. Martilla/ James (1977), S. 79. 470 Martilla/ James (1977), S. 79. 467 468
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
97
sehr wichtig
„Mehr Konzentration bitte!“ schlechte Leistung / niedrige Zufriedenheit
„Weiter so!“ IV
I
III
II
„Nicht anstrengen!“
exzellente Leistung / hohe Zufriedenheit
„Zu viel des Guten!“
unwichtig
Abbildung 35
Wichtigkeit-Leistungs-Dimensionen der Leistungsparameter der Zufriedenheit
GUSTAFSSON und JOHNSON (2004)471 wenden die von MARTILLA und JAMES (1977) vorgeschlagenen Kategorien für ihre Untersuchung der Zufriedenheit von Apothekenkunden an. Darauf basierend lässt sich folgende Beschreibung bezogen auf Kommunikationssituationen im Vertrieb individueller Güter ableiten: x Faktoren, die dem Quadranten I zugeordnet werden können, stellen die Kompetenz der Verkäufer in wichtigen Bereichen dar und sollten weitergeführt und unter Umständen ausgebaut werden. x Faktoren in Quadrant II bilden Bereiche der Kommunikation, in denen Ressourcen bisher in zu hohem Maße eingesetzt wurden, da Einsatz und Leistung von den Einkäufern nicht anerkannt wurden. Allerdings kann es sich hierbei auch um Basisfaktoren handeln, deren Leistungssteigerung eben nicht zu Zufriedenheit mit der Kommunikationssituation führen würde, eine Reduktion aber in jedem Fall zu Unzufriedenheit. x Quadrant III beschreibt Kommunikationsleistungen, für die aus Sicht der Einkäufer keine Ressourcen und Energie aufgewendet werden sollten. x Faktoren, die dem vierten Quadranten zugeordnet werden, stehen insbesondere im Fokus der zweiten Studie, da es sich hierbei um Aspekte des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers handelt, die dringend zur Erhöhung der Zufriedenheit mit der Kommunikationssituation verbessert werden sollten. Diese sind die strategisch besonders relevanten Ansatzpunkte für Veränderungen.
471
Vgl. Gustafsson/ Johnson (2004), S. 126.
98
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
3.6.2 3.6.2.1
Operationalisierung, Untersuchungsdesign und Datentransformation Operationalisierung
Zur Analyse der Zufriedenheiten wurde ein schriftlicher Fragebogen472 konzipiert, in dessen Rahmen die folgenden Methoden und Operationalisierungen der Kommunikationsdimensionen und -kriterien verwendet wurden. Für ein möglichst repräsentatives Abbild aller möglichen Kommunikationssituationen soll vom befragten Einkäufer die letzte Face-to-Face Kommunikationssituation mit einem Vertreter eines anbietenden Unternehmens betrachtet werden. Durch die Verwendung von offenen Fragen, wie sie auch in der Critical Incident Technique angewendet werden, sollen negative und positive Aspekte der Kommunikationssituation ermittelt werden, die über die Kommunikationsdimensionen hinaus gehen. Darüber hinaus sollen die Sachverhalte festgestellt werden, die in der Erinnerung der befragten Einkäufer besonders präsent sind. Deshalb werden zwei offene Fragen zu besonders negativen und besonders positiven Aspekten der letzten Kommunikationssituation vor den Fragebatterien zu den Kommunikationsdimensionen gestellt. Die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers hat drei Ebenen (vgl. Kapitel 3.4). Zur Erfassung der einzelnen Kommunikationsdimensionen mit ihrer Zufriedenheitsbewertung und relativen Wichtigkeit für die Gesamtkommunikationszufriedenheit werden Dimensionen und Kriterien als Zufriedenheitsabfrage operationalisiert. Die Operationalisierung folgt der Konzeptualisierung der Dimensionen in Kapitel 3.5.2. Implizit werden die Teilnehmer der Studie durch den Aufbau des Fragebogens über die Definition der jeweiligen Dimension informiert. Zunächst wird die Bezeichnung der Dimension genannt, dann die Zufriedenheit mit den einzelnen Kriterien abgefragt und abschließend eine zusammenfassende Bewertung der Zufriedenheit mit der Kommunikationsdimension insgesamt erbeten. Die Zufriedenheiten werden auf einer Sechspunkt-Skala mit einer Beschriftung der Ankerpunkte und zwei unterschiedlichen Ausweichkategorien gemessen.473 Die folgende Tabelle zeigt den Aufbau der Fragebatterien zu den Kommunikationsdimensionen am Beispiel ‚Vertrauenswürdigkeit’. Nach den Fragebatterien zu den Kommunikationsdimensionen mit der entsprechenden impliziten Vermittlung der Kerninhalte der Dimensionen wird das direkte Wichtigkeits-Ranking der Kommunikationsdimensionen und die Frage nach der Gesamteinschätzung der Kommunikationszufriedenheit angeschlossen.
472 473
Fragebogen ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ und Anschreiben siehe Anhang I. Vgl. für Empfehlungen zur Skalengestaltung Beutin (2008), S. 143.
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
99
Wie zufrieden waren Sie in der letzten persönlichen Gesprächssituation mit Ihrem Gesprächspartner hinsichtlich... Skala
sehr zufrieden 1
2
3
4
5
völlig
kann ich
nicht
unzufrieden 6
nicht beurteilen
relevant
Kriterien der Kommunikationsdimension ‚Vertrauenswürdigkeit‘
...seiner Verlässlichkeit? Hatten Sie den Eindruck, dass seine Versprechen Gültigkeit haben? ... seiner Glaubwürdigkeit? Hatten Sie den Eindruck, dass seine Aussagen nicht hinterfragt werden müssen? ...seiner Ehrlichkeit? Hatten Sie den Eindruck, dass er Risiken realistisch abschätzt und Ihnen akkurat erklärt? ...seiner Integrität? Hatten Sie den Eindruck, dass er sich selbst treu bleibt und an seinen Werten und Prinzipien festhält? ...seiner Uneigennützigkeit? Wurde Ihr Wohl und das Wohl Ihres Unternehmens angemessen berücksichtigt?
würdigkeit‘
Kommunikations-
dimension ‚Vertrauens-
Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit der Vertrauenswürdigkeit Ihres Gesprächspartners?
Abbildung 36
3.6.2.2
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
6
kann ich
nicht
völlig unzufrieden
nicht beurteilen
relevant
Operationalisierung von Kommunikationskriterien und -dimensionen am Beispiel ‚Vertrauenswürdigkeit‘
Untersuchungsdesign, Durchführung der Studie und Stichprobe
Die Studie ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ wurde als schriftliche Befragung angelegt, wobei der gleiche Fragebogen online, per E-Mail oder per Post zur Verfügung stand.474 Mehrere Testdurchläufe mit einkaufenden Experten aus der Praxis mit sukzessiver Prüfung von Änderungen wurden als Pre-Test durchgeführt. Die Ziehung der Stichprobe wurde auf Grundlage der Datenbanken Hoppenstedt und Creditreform durchgeführt. Dabei wurden in der 19. Kalenderwoche 2008 aus beiden Datenbanken die verfügbaren Adressen von allen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes475 in Deutschland mit mehr als 30 Mitarbeitern und mehr als € 100 Mio Umsatz gezogen. Nach 474
475
Vgl. zum Vergleich der Vor- und Nachteile unterschiedlicher Befragungsmethoden z. B. Homburg/ Krohmer (2008), S. 29. Vgl. für die Klassifikation der Branchen Statistisches Bundesamt - Destatis (2007); ‚Verarbeitendes Gewerbe’ entspricht dem Branchencode D.
100
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
der Bereinigung des Datensatzes um Dopplungen verblieben 2654 Datensätze. Um einen Datensatz mit einem für die geplante Vorgehensweise handhabbaren Umfang zu erhalten, wurden 1327 Unternehmen nach Branchen gewichtet zufällig ausgewählt. Die verfügbaren Datenbanken decken die tatsächliche Grundgesamtheit nicht zu 100 % ab, sodass hierdurch zwar keine vollständige Repräsentanz gegeben ist; allerdings umfasst allein die Datenbank Hoppenstedt bereits 90 % der mittleren und großen Unternehmen in Deutschland.476 In der 22. bis 28. Kalenderwoche 2008 wurden die Unternehmen von der Autorin angerufen, die Verantwortlichen der Einkaufsabteilungen identifiziert und ihnen individuell drei Teilnahmevarianten (online, E-Mail, Post mit Rückumschlag) vorgestellt. Insgesamt konnten 710 Fragebögen direkt im Anschluss an das Telefonat an die potenziellen Teilnehmer versandt werden, 301 Unternehmen verweigerten die Teilname sofort, sodass ihnen kein Fragebogen zugesandt wurde. Weitere 316 Unternehmen konnten nicht im gegebenen Zeitraum erreicht werden. Um die Möglichkeit einer Teilnahme trotzdem zu gewährleisten, wurde der Fragebogen den Einkaufsabteilungen dieser Unternehmen ohne telefonische Vorankündigung zugesandt. Abbildung 37 fasst Versandart, Absagen und Rücklauf zusammen. Den besten Rücklauf ergab die postalische, individuelle Zustellung mit vorherigem Anruf, die postalische Zustellung ohne einen bestimmten Ansprechpartner ergab den schlechtesten Rücklauf. Insgesamt beträgt der Rücklauf 28,46 %. Zugestellt
Nachträgliche Absage
Rücklauf
% vor Abzug der Absager / nach Abzug der Absager
1
94
52,22 / 52,51
41
129 (davon 4 per Fax)
26,09 / 28,53
1
40
78,43 / 80,00
8
29
9,1 / 9,4
Online 180 E-Mail 479 Post mit Anruf 51 Post ohne Anruf 316 Absagen direkt 301
51
22,68 / 26,52
Zugestellt gesamt 292
1026 Abbildung 37
28,46
Überblick Zustellungsart des Fragebogens und Rücklauf Studie ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’
1026 Fragebögen konnten an Verantwortliche in Einkaufsabteilungen industrieller Unternehmen zugestellt werden, von denen 292 bis zur 31. Kalenderwoche 2008 komplettiert und 476
Vgl. Mann (2004), S. 249.
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
101
zurückgesandt wurden. Dies geschah online (94 mal), per Post (69 mal), per Fax (4 mal) und per E-Mail (125 mal). 24 Online-Fragebögen wurden in der Analyse nicht berücksichtigt, da sie zu mindestens einem Drittel nicht ausgefüllt waren. Bei der Prüfung der Repräsentanz einer Stichprobe werden die strukturellen Merkmale der Stichprobe mit denselben Merkmalen der Grundgesamtheit verglichen. Für einen solchen Vergleich ist die Kenntnis der Grundgesamtheit mit allen Ausprägungen und deren Verteilung notwendig. Dieses Wissen ist im Hinblick auf die Einkäufer im verarbeitenden, industriellen Gewerbe nicht gegeben, sodass ein Repräsentanzabgleich zwischen Grundgesamtheit und Stichprobe nicht möglich ist. Die zufällige Auswahl der Stichprobe bleibt als Indiz für deren Repräsentativität. Durch die telefonische Anfrage bei den Unternehmen konnten diverse Gründe für eine Absage identifiziert werden, die bei der Konzeption weiterer Studien interessant sein können (vgl. Abbildung 38). Insbesondere die grundsätzliche Haltung von Unternehmen zu wissenschaftlichen und anderen Studien sowie die mangelnde Aktualität von Adressdatensätzen sind als Restriktionen erfolgreicher Studiendurchführung herauszuheben. Absagegrund
Anzahl
%
Keine Einkaufsabteilung
82
27,24
Unternehmensgrundsatz gegen Studien
99
32,89
Kein Interesse
19
6,31
Keine Zeit
44
14,61
Doppelte Erfassung des Unternehmens nach Namensänderungen
41
13,62
Unternehmen existiert nicht mehr
16
5,31
Summe
301
100
Abbildung 38
Verbalisierte Gründe für Nicht-Teilnahme
Zielgruppe der Studie waren große Unternehmen, da angenommen werden konnte, dass diese eigene Einkaufsabteilungen und organisationale Erfahrungen in Face-to-Face Kommunikationssituationen haben. Die Feststellung der Unternehmensgröße des beschaffenden Unternehmens basierte auf den drei Variablen Umsatz, Gewinn und Mitarbeiterzahl. Mindestens zwei Werte mussten vorliegen, damit die befragten Unternehmen ‚kleinen’, ‚mittleren’ und ‚großen’ Kapitalgesellschaften zugeordnet werden konnten (vgl. für die exakten Kriterien Kapitel 4.7). Fehlende Werte erschwerten die Zuordnung, sodass eine definitive Aussage nur für 79 Fälle (als ‚große’ Kapitalgesellschaften) getroffen werden konnte. Zur Prüfung der Gesamtgültigkeit der Ergebnisse wurden zwei Teilstichproben gebildet (‚große Kapitalgesellschaften’ und ‚keine Nennung’) und in einem nicht-parametrischen U-Test auf Unterschiede zwischen den Stichproben hinsichtlich der Daten der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit geprüft. Dabei konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Die Stichprobe kann für die weitere Untersuchung im Hinblick auf das Kriterium ‚Unternehmensgröße’ daher als homogen angesehen werden.
102
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Eine Analyse des Zeitraums, der zwischen Zustellung und Rücksendung verstrich, war nicht möglich, da die Fragebögen nicht alle zum selben Zeitpunkt versendet wurden. Das war in der sukzessiven Versendung der Fragebögen nach telefonischer Ankündigung begründet. 3.6.2.3
Datentransformation
Die Daten wurden zunächst einer Prüfung auf Plausibilität, Dopplungen und falsche Eingaben unterzogen. Daraufhin wurden die Daten zu den Kommunikationsdimensionen und kriterien auf Normalverteilung geprüft. Die im Datensatz der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ vorliegende Nicht-Normalverteilung hat Einfluss auf die anwendbaren Verfahren bei der Analyse der indirekten Wichtigkeit (KendallKorrelationskoeffizienten) und der späteren Prüfung von Gruppenunterschieden bei den Kontextvariablen in Kapitel 4 (nicht-parametrische Signifikanztests). Selten sind Datensätze vollständig, auch in der vorliegenden Stichprobe sind nicht alle Fragen von allen Studienteilnehmern beantwortet worden. Werte können aus unterschiedlichen Gründen fehlen. MCAR (‚missing completely at random’) bedeutet, dass Daten völlig zufällig fehlen; die Wahrscheinlichkeit für das Fehlen hängt von keiner bekannten Variablen ab. Dagegen kann das Fehlen bei MAR (‚missing at random’) durch andere Variablen erklärt werden. Im Fall von MNAR (‚missing not at random’) kann das Fehlen der Werte der Variablen nur durch die Variable selbst erklärt werden, solche Fälle sind relativ selten.477 Für den Umgang mit fehlenden Werten bei einer indirekten Wichtigkeitsbestimmung der Leistungsparameter kommen grundsätzlich verschiedene (traditionelle) Verfahren in Frage. Zu nennen sind u. a. die Gruppenbildung, die fallweise Löschung, die paarweise Löschung, das Ersetzen des Wertes durch den Mittelwert des Leistungsparameters und das Ersetzen des fehlenden Wertes durch einen individuellen Mittelwert.478 Auch moderne Imputationsverfahren können verwendet werden.479 HOMBURG und KLARMANN (2008) empfehlen im Hinblick auf unterschiedliche Ergebnisse in einer verfahrensvergleichenden Studie die Heranziehung des Mittelwerts des Leistungsparameters, da dieses Verfahren einen Überblick über die Gesamtheit der untersuchten Variablenbeziehungen liefert. Verfahren wie der paarweise Ausschluss führen zu einer Verzerrung der Ergebnisse in Richtung der Perspektive derjenigen Kunden, die viele oder alle Leistungsparameter beurteilt haben.480 Es werden keine Annahmen über die Wichtigkeit getroffen, wie sie bei der paarweisen Löschung anzunehmen sind, sondern lediglich über das Zufriedenheitsniveau mit dem jeweiligen Parameter. Seltener beanspruchte Leistungen sollen geringer gewichtet und damit Verzerrungen vermindert werden. Die Wichtigkeit eines Parameters nimmt ab, je mehr Werte durch den Mittelwert des Parameters ersetzt werden; d. h. je mehr Werte fehlen, desto weniger wichtig
477
Vgl. Schnell et al. (2008), S. 469. Vgl. für einen ausführlichen Überblick zu verschiedenen Verfahren und deren Vor- und Nachteilen Homburg/ Klarmann (2008), S. 230 ff. 479 Vgl. für Überlegungen bezogen auf die Kausalanalyse Kapitel 5.4.1. 480 Vgl. Homburg/ Klarmann (2008), S. 234; für einen kritischen Vergleich verschiedener Verfahren im Kontext der Kausalanalyse vgl. Backhaus/ Blechschmidt (2009), S. 265 ff.; für weitere Methoden vgl. auch Decker/ Wagner (2008), S. 53 ff. 478
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
103
wird dieser Parameter.481 Die Entscheidung für ein Kompensationsverfahren hängt auch von dem Anteil der fehlenden Werte in der Stichprobe ab. Bei geringen Ausfallraten (unter 15 %) wurden in Simulationsstudien (für Kausalanalysen) auch bei Verwendung traditioneller Kompensationsverfahren bei verschiedenen Ausfallmechanismen moderate Auswirkungen auf den Standardfehler festgestellt.482 Im Datensatz der ersten empirischen Studie der vorliegenden Arbeit zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ betrug der Anteil fehlender Werte bei den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit lediglich 6,1 %; wurden die Kommunikationskriterien miteinbezogen betrug der Anteil fehlender Werte 12,9 %. Auf Basis vorstehender Überlegungen werden bei den indirekten Wichtigkeitsmessungen fehlende Werte durch die Mittelwerte der jeweiligen Variablen ersetzt. 3.6.3 3.6.3.1
Ergebnisse der Studie zur Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen und der Kommunikationskriterien
Um einen Überblick über die Zufriedenheit hinsichtlich der Kommunikationsdimensionen in verschiedenen Kommunikationssituationen zu erhalten, werden zunächst die Mittelwerte der Zufriedenheitsbeurteilungen über alle befragten Einkäufer gebildet (vgl. Abbildung 39). Die Bewertungen der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen liegen in Zufriedenheitsniveaus / bewertete Kommunikationseinem Spektrum von 1,9 („gut“) für die dimensionen n Mittelwert SD ‚Freundlichkeit’ des Verkäufers in der Inhaltsqualität 290 2,34 ,883 Kommunikationssituation und 2,59 („be- Informationsfluss 289 2,21 ,761 282 2,36 ,859 friedigend“) für die ‚Unterhaltsamkeit’ Offenheit Vertrauenswürdigkeit 291 2,31 ,918 des Verkäufers. Nebenstehende Ergebnisse vermitteln einen ersten Eindruck der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Der Durchschnitt der Bewertung über alle 14 Kommunikationsdimensionen beträgt 2,31 und ist damit etwas schlechter als die direkte Bewertung der Gesamtkommunikationszufriedenheit durch die Einkäufer mit 2,28. Die geringe Differenz des Durchschnitts der Mittelwerte über 14 Dimensionen zur direkten Messung der Gesamtkom-
481 482
Kontextverständnis
276
2,33
Interesse an pers. K.
206
2,50
,893 ,982
Unterhaltsamkeit
239
2,59
,987
Kompetenz
290
2,23
,934
Souveränität
288
2,25
,840
Empathie
285
2,48
,913
Kooperationsbereitschaft
290
2,14
,940
Lösungsorientierung
261
2,55
1,020
Freundlichkeit
291
1,90
,746
Konfliktumgang
244
2,20
,879
GesamtKommunikationszufriedenheit
291
2,28
,780
Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“ Abbildung 39
Vgl. Homburg/ Klarmann (2008), S. 234. Vgl. Backhaus/ Blechschmidt (2009), S. 278, S. 283.
Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen über alle befragten Einkäufer
104
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
munikationszufriedenheit bietet eine Bestätigung der Überlegung zur Dimensionalität der Kommunikationszufriedenheit. Die Dimensionen können als implizite Definition einer direkt gemessenen Variablen verwendet werden und so das ursprünglich latente Konstrukt einer direkten Messung zugänglich machen. In der Auswertung müssten dann weniger Variablen geschätzt werden. Ähnliche Ergebnisse zeigt der Vergleich der Mittelwerte der Kommunikationsdimensionen mit dem Durchschnitt der Bewertungen der Kommunikationskriterien (vgl. Anhang II). Die Differenz beträgt dabei maximal 0,3 bei der Dimension ‚Offenheit’. Die direkte Abfrage eigentlich latenter Konstrukte wie der Kommunikationsdimensionen ergibt nach der Sensibilisierung für die Definition fast identische Ergebnisse zur Messung einzelner Kriterien. Allerdings ist hiermit noch nicht die Ähnlichkeit der Kausalwirkung in einem Strukturgleichungsmodell bewiesen.483 Das Leistungsniveau der Dimensionen und Kriterien – auf einer Skala von „sehr gut“ bis „ungenügend“ – entspricht der Bewertung der Zufriedenheit – auf einer Skala von „sehr zufrieden“ bis „völlig unzufrieden“ –, da das sehr gute bis ungenügende Kommunikationsverhalten zur entsprechenden Zufriedenheitsbewertung führt. 3.6.3.2
Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen und -kriterien
In Ergänzung der Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen werden im Folgenden deren Wichtigkeiten für die Gesamtkommunikationszufriedenheit berechnet. Aus den Daten der direkten Erfassung der WichtigFaktor gewichteter Mittelwert Rang keit durch ein Ranking wurden die gewichKompetenz 3,28148148 1 teten Mittelwerte der Zuordnung zum jeweiInfoqualität 4,70479705 2 ligen Rang berechnet und sortiert (vgl. Vertrauenswürdigkeit 4,87822878 3 Abbildung 40). Lösung 4,99635036 4 Die ‚Kompetenz’ des Verkäufers wird in der direkten Zuordnung als die wichtigste Kommunikationsdimension eingeschätzt, ‚Informationsqualität’ und ‚Vertrauenswürdigkeit’ besetzen Rang zwei und drei. In der rein kognitiven, direkten Beurteilung werden das ‚Interesse an personalisierter Kommunikation’ und die ‚Unterhaltsamkeit’ als am wenigsten wichtig eingeordnet. Für die indirekte Berechnung der Wichtigkeit werden quadrierte Korrelationskoeffi-
483
Kooperation
5,35661765
5
Offenheit
6,15384615
6
Infofluss
6,42804428
7
Kontextverständnis
7,25830258
8
Konfliktumgang
8,43542435
9
Souveränität
8,72693727
10
Freundlichkeit
8,96641791
11
Empathie
10,9522059
12
Interesse an pers. K.
11,9222222
13
Unterhaltsamkeit
12,7720588
14
(n = 272) Abbildung 40
Ergebnis der direkten Wichtigkeitsmessung über alle Einkäufer
Kristensen/ Eskildsen (2005) vergleichen in ihrer empirischen Analyse eines Strukturgleichungsmodells zum formativ spezifizierten Konstrukt Kundenzufriedenheit die Mittelwerte von Fünf-Punkt und Zehn-Punkt Skalen. Sie stellen fest, dass eine Zehn-Punkt Skala zu bevorzugen ist, aber keine Unterschiede zwischen den Mittelwerten der standardisierten Skalen auftreten und deren Ergebnisse damit vergleichbar sind (vgl. Kristensen/ Eskildsen (2005), S. 134)
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
105
zienten verwendet (vgl. Abbildung 41). Die Korrelationen wurden mittels des Korrelationskoeffizienten Kendall-tau-b analysiert, da die vorliegenden Daten nicht normalverteilt sind. Alle Korrelationen zwischen den Leistungsparametern und der Kommunikationszufriedenheit sind hoch signifikant und positiv. Damit kann die Hypothese 1.1 – „Je höher die Zufriedenheit mit der Kommunikationsdimension X ist, desto höher ist die Gesamtzufriedenheit des Einkäufers in der Kommunikationssituation“ - für alle Kommunikationsdimensionen bestätigt werden. Nicht signifikante Korrelationskoeffizienten würden nach den weiteren Schritten auf den letzten Plätzen rangieren. Unter der Annahme, dass die Kommunikationsdimensionen die Gesamtkommunikationszufriedenheit vollständig erfassen, ergeben sich die Ränge durch Sortieren der prozentualen Anteile der relativen Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen an der Gesamtkommunikationszufriedenheit (100 %).484 Gesamt über alle Gruppen Kommunikationsdimension
Kendalltau-b r
Inhaltsqualität
,635**
0,403225
8,93
292
9,68 Vertrauen
Informationsfluss
,631**
0,398161
8,82
292
9,16 Kooperationsbereitschaft
Offenheit
,592**
0,350464
7,76
292
9,07 Kompetenz
Vertrauenswürdigkeit
,661**
0,436921
9,68
292
8,93 Inhaltsqualität
Kontextverständnis
,461**
0,212521
4,71
292
8,82 Informationsfluss
Interesse an pers. K.
,331**
0,109561
2,43
292
7,76 Offenheit
Unterhaltsamkeit
,470**
0,2209
4,89
292
7,53 Souveränität
Kompetenz
,640**
0,4096
9,07
292
7,32 Empathie
Souveränität
,583**
0,339889
7,53
292
6,85 Lösungsorientierung
Empathie
,575**
0,330625
7,32
292
6,73 Konfliktumgang
Kooperationsbereitschaft
,643**
0,413449
9,16
292
6,11 Freundlichkeit
Lösungsorientierung
,556**
0,309136
6,85
292
4,89 Unterhaltsamkeit
Freundlichkeit
,525**
0,275625
6,11
292
4,71 Kontextverständnis
,551**
0,303601
6,73
292
2,43 Interesse an pers. K.
Konfliktumgang
% (r²)
r²
n
Rangfolge nach %
**=auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant Abbildung 41
Ergebnis der indirekten Wichtigkeitsmessung über alle Einkäufer
Ein Vergleich der Rangfolgen der Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit ergibt Unterschiede, die Tendenzen sind jedoch ähnlich. Analog der Analyse der indirekten Wichtigkeiten der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit wurde die zweite Ebene der kausal interpretierten Korrelationen zwischen Kommunikationskriterien und Kommunikationsdimensionen berechnet. Nach Ersatz der fehlenden Werte wurden jeweils 292 Korrelationen analysiert. Die Werte zeigen, dass nicht alle Kriterien gleich wichtig für die Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen sind. Alle Kriterien korrelieren signifikant und angemessen hoch mit den jeweiligen Dimensionen (vgl. Abbildung 42).
484
Vgl. Homburg/ Klarmann (2008), S. 209.
106
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
KendallTau-b
r²
Genauigkeit
,527**
Relevanz
,562**
Vollständigkeit
% (r²)
n
Rangfolge nach %
0,277729
15,40
292
17,51
0,315844
17,51
292
15,52
Eindeutigkeit
,522**
0,272484
15,11
292
15,40
Genauigkeit
Aktualität
,438**
0,191844
10,64
292
15,11
Vollständigkeit
Zuverlässigkeit
,514**
0,264196
14,65
292
14,65
Zuverlässigkeit
Inhaltsqualität Relevanz
Eindeutigkeit
,529**
0,279841
15,52
292
11,18
Verständlichkeit
Verständlichkeit
,449**
0,201601
11,18
292
10,64
Aktualität
Informationsfluss Gegenseitigkeit
,506**
0,256036
40,06
292
59,94
Aktivität
Aktivität
,619**
0,383161
59,94
292
40,06
Gegenseitigkeit unt. Schwächen
Offenheit strategische Zukunft
,481**
0,231361
16,84
292
23,49
Ratschläge
,523**
0,273529
19,91
292
19,91
Ratschläge
persönliche Schwächen
,523**
0,273529
19,91
292
19,91
persönl. Schwächen
unternehmensbezogene Schwächen
,568**
0,322624
23,49
292
19,84
Probleme im Umgang
Probleme im Umgang
,522**
0,272484
19,84
292
16,84
strategische Zukunft
Vertrauenswürdigkeit Verlässlichkeit
,649**
0,421201
18,96
292
22,44
Glaubwürdigkeit
Glaubwürdigkeit
,706**
0,498436
22,44
292
20,63
Ehrlichkeit
Ehrlichkeit
,677**
0,458329
20,63
292
20,45
Integrität
Integrität
,674**
0,454276
20,45
292
18,96
Verlässlichkeit
Uneigennützigkeit
,624**
0,389376
17,53
292
17,53
Uneigennützigkeit
strategisch
,795**
0,632025
49,31
292
50,69
operativ
operativ
,806**
0,649636
50,69
292
49,31
strategisch
Branchenkontext
Interesse an personalisierter Kommunikation außergeschäftliche (Anteil)
Themen
außergeschäftliche (Inhalt)
Themen
persönliche Interessen (Anteil) persönliche halt)
Interessen
0,217156
11,02
292
20,98
persönliche (Inhalt)
Interessen
,466**
0,224676
11,40
292
16,37
persönliche (Anteil)
Interessen
,474** ,568**
0,322624
16,37
292
12,33
private Aspekte (Inhalt)
(In,643**
0,413449
20,98
292
11,40
außergeschäftliche Themen (Inhalt)
private Aspekte (Anteil)
,423**
0,178929
9,08
292
11,02
außergeschäftliche Themen (Anteil)
private Aspekte (Inhalt)
,493**
0,243049
12,33
292
9,78
gemeinsame Erlebnisse (Inhalt)
gemeinsame Erlebnisse (Anteil)
,422**
0,178084
9,04
292
9,08
private Aspekte (Anteil)
gemeinsame Erlebnisse (Inhalt)
,439**
0,192721
9,78
292
9,04
gemeinsame Erlebnisse (Anteil)
Unterhaltsamkeit Humor
,771**
0,594441
51,92
292
51,92
Humor
Spaß
,742**
0,550564
48,08
292
48,08
Spaß
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
107
KendallTau-b
r²
% (r²)
n
Rangfolge nach %
Alternativen
,633**
0,400689
22,04
292
27,49
Vorstellungen erfassen
Vor- / Nachteile
,653**
0,426409
23,45
292
27,02
Individualität der Beratung
Vorstellungen erfassen
,707**
0,499849
27,49
292
23,45
Vor- / Nachteile
Individualität der Beratung
,701**
0,491401
27,02
292
22,04
Alternativen
Kompetenz
Souveränität Ruhe / Ausgeglichenheit
,645**
0,416025
26,98
292
38,45
sicheres Auftreten
sicheres Auftreten
,770**
0,5929
38,45
292
34,56
Unmissverständlichkeit
Unmissverständlichkeit
,730**
0,5329
34,56
292
26,98
Ruhe / Ausgeglichenheit
aktives Zuhören
,613**
0,375769
24,99
292
41,40
Hineinversetzen
Hineinversetzen
,789**
0,622521
41,40
292
33,62
Bedürfnisse erkennen
Bedürfnisse erkennen
,711**
0,505521
33,62
292
24,99
aktives Zuhören
Wünsche auseinandersetzen
,801**
0,641601
53,48
292
53,48
Wünsche setzen
Zusammenarbeiten
,747**
0,558009
46,52
292
46,52
Zusammenarbeiten Entwicklung
Empathie
Kooperationsbereitschaft auseinander-
Lösungsorientierung Entwicklung
,810**
0,6561
37,56
292
37,56
Weitergabe
,783**
0,613089
35,10
292
35,10
Weitergabe
Anerkennung
,691**
0,477481
27,34
292
27,34
Anerkennung
Freundlichkeit Höflichkeit / Takt
,764**
0,583696
61,54
292
61,54
Höflichkeit / Takt
Anerkennung
,604**
0,364816
38,46
292
38,46
Anerkennung
Vermeidung
,554**
0,306916
21,38
292
43,59
Lösung
Konfliktbereitschaft
,709**
0,502681
35,02
292
35,02
Konfliktbereitschaft
Lösung
,791**
0,625681
43,59
292
21,38
Vermeidung
Konflikt
** zweiseitig signifikant auf dem Niveau 0,01 Abbildung 42
3.6.3.3
Relative Wichtigkeit der Kommunikationskriterien für die Kommunikationsdimensionen
Wichtigkeit und Leistung
Weder das Zufriedenheitsniveau (verstanden als vom Einkäufer bewertete Kommunikationsleistung des Verkäufers) noch die Wichtigkeit allein sind für die Auswahl strategisch relevanter Ansatzpunkte zur Erhöhung der Kommunikationszufriedenheit ausreichend. Beide Ergebnisse - Mittelwerte der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und deren Wichtigkeiten - werden in einem Wichtigkeit-Leistungs-Vergleich kombiniert und visualisiert (Abbildung 43). Dabei geht es mit Blick auf eine Interpretation um die Relationen der Dimensionen zueinander. Für eine bessere Lesbarkeit wird auf die exakte Skalierung verzichtet. Zur Erleichterung der Bedeutungsanalyse lässt sich ein Koordinatenkreuz einbinden, das zu vier Quadranten führt. Für dessen Kalibrierung können Mittelwerte (zweiter Ordnung) herangezogen werden, der Durchschnitt der mittleren erreichten Werte der Kommunikationsdimensionen für die Abszisse (2,31) und die durchschnittliche relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Ordinate (7,14).
108
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
IV: „Mehr Konzentration, bitte!“
I: „Weiter so!“
Vertrauenswürdigkeit (2,31 / 9,68 %) • relative Wichtigkeit in %)
• Kooperationsbereitschaft (2,14 / 9,16 %) • Kompetenz (2,23 / 9,07 %) Inhaltsqualität (2,34 / 8,93 %) • • Informationsfluss (2,21 / 8,82%) Offenheit (2,36 / 7,76 %) • • Souveränität (2,25 / 7,53 %)
7,14 %
Empathie (2,48 / 7,32 %) • Lösungsorientierung • (2,55 / 6,85 %)
Konfliktumgang (2,20 / 6,73 %) • • Freundlichkeit (1,90 / 6,11 %)
• Unterhaltsamkeit (2,59 / 4,89 %) Kontextverständnis (2,33 / 4,71 %) • Interesse a. p. K. (2,43 / 2,50 %) •
III: „Nicht anstrengen!“
Dimension (Mittelwert auf einer Skala von 1 „sehr zufrieden“ bis 6 „völlig unzufrieden“/
rel. Wichtigkeit in %
II: „Zuviel des Guten!“
Leistung
2,31
Abbildung 43
Relative Wichtigkeit-Leistungs-Vergleich der Dimensionen über alle Gruppen
Analog zu den Ausführungen in Kapitel 3.6.1.4 können den Kommunikationsdimensionen in den Quadranten folgende Handlungsempfehlungen zugeordnet werden: Dimensionen im Quadranten I stellen die Kompetenz der anbietenden Verhandlungspartner in wichtigen Bereichen dar und sollten weitergeführt und unter Umständen ausgebaut werden. Hier können die Kommunikationsdimensionen ‚Kooperationsbereitschaft‘, ‚Kompetenz‘, ‚Informationsfluss‘ und ‚Souveränität‘ eingeordnet werden. Die Dimensionen im Quadranten II bilden Bereiche der Kommunikation, in denen Kommunikationsbemühungen eher in zu hohem Maße stattgefunden haben und Ressourcen fehlinvestiert sind, da Einsatz und Leistung von den Einkäufern zwar wahrgenommen, aber nicht als entsprechend wichtig angesehen werden. Hier ergeben sich als Beispiel die Dimensionen ‚Freundlichkeit’ und ‚Konfliktumgang‘, die aus Einkäufersicht gut ausgeprägt, aber insgesamt weniger wichtig sind. Quadrant III beinhaltet Kommunikationsdimensionen, für die aus Sicht der Einkäufer keine Ressourcen aufgewendet werden sollten. Sie sind relativ weniger wichtig, haben aber auch kein besonders hohes Zufriedenheitsniveau und werden somit weniger gut vom Verkäufer geleistet. Hierzu zählen die Dimensionen ‚Lösungsorientierung‘, ‚Kontextverständnis‘, ‚Unterhaltsamkeit‘ und ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘. Die Dimensionen, die relativ wichtiger als andere sind und weniger hohe Zufriedenheitsniveaus aufweisen, sind dem vierten Quadranten zugeordnet. Hierbei handelt es sich also um Aspekte des Kommunikationsverhaltens des Anbieters, die zur Erhöhung der Zufriedenheit des Einkäufers mit der Kommunikationssituation verbessert werden sollten. Es ergaben sich
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
109
speziell die Kommunikationsdimensionen ‚Vertrauenswürdigkeit‘, ‚Informationsqualität‘, ‚Offenheit‘ und ‚Empathie‘. 3.6.3.4
Ergebnis der offenen Nennungen
Mit Hilfe von offenen Fragen, wie sie auch in der der Critical Incident Technique485 Anwendung finden, wurde ermittelt, an welche Aspekte der letzten persönlichen Kommunikationssituation sich die Einkäufer als besonders gut bzw. als besonders schlecht erinnern. Zusätzlich zu den bereits zuvor beschriebenen Kommunikationsdimensionen konnten weitere Sachverhalte identifiziert werden. 51 Studienteilnehmer äußerten sich insgesamt zu besonders guten Aspekten. Deren Angaben konnten zu 373 Kernaussagen konkretisiert und teilweise den zuvor identifizierten Kommunikationsdimensionen zugeordnet werden. Die sonstigen Nennungen geben weitere Hinweise (vgl. Abbildung 44). x die Gesprächsatmosphäre (3 Nennungen)
Welche Verhaltensweisen Ihres Gesprächspartners sind Ihnen in der letzten Gesprächssituation als besonders gut aufgefallen?
x Flexibilität (4)
Sonstiges; 5,6
x Konzentration auf das Wesentliche (3) x Pünktlichkeit (2) x Bewirtung / „Gastfreundschaft“ (2) x Kommunikation zwischen den Abteilungen (1) x Hierarchie der Gesprächsteilnehmer / entscheidungsfähige Teilnehmer (1) x Bereitschaft zur intensiven Nachbereitung (1)
Konfliktumgang; 1,9
Inhalt; 9,9 Infofluss; 7
Freundlichkeit; 8,3 Lösungsorientierung; 8,9
Offenheit; 15,6
Kooperation; 7 Vertrauenswürdigkeit; 4,6
Empathie; 1,3 Souveränität; 10,5
Kompetenz; 12,6 Unterhaltsamkeit; 1,3
Kontextverständnis; 4,3 Interesse .; 1,3
Dimension, Anteil der Nennungen in %
Abbildung 44
Offene Nennungen zu besonders guten Aspekten
129 Befragungsteilnehmer äußerten sich bei der offenen Frage zu besonders negativen Aspekten der letzten persönlichen Kommunikationssituation. Aus ihren Anmerkungen konnten 151 unterschiedliche Kernaussagen identifiziert und 13 der 14 Kommunikationsdimensionen zugeordnet werden (vgl. Abbildung 45). Lediglich die Dimension ‚Kompetenz’ wurde in keinem Fall kritisch angesprochen. Wie die Bedeutung der Kommunikationsdimensionen für die Zufriedenheit nahe legt, wurde jeweils die geringe Ausprägung bzw. das Fehlen entsprechender Verhaltensweisen bemängelt. Allerdings wurde bei einigen Kommunikationsdimensionen, beispielsweise ‚Interesse an einer personalisierten Kommunikation’ und ‚Unterhaltsamkeit’, auch eine hohe Ausprägung als kritisch eingeschätzt.
485
Vgl. Flanagan (1954), S. 327 ff.
110
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
Welche Verhaltensweisen Ihres Gesprächspartners sind Ihnen in der letzten Gesprächssituation als besonders schlecht / unangenehm aufgefallen?
x Arroganz / Überheblichkeit (6 Nennungen) x Unterbrechungen durch Telefonate (5)
Inhalt; 9,3
Sonstiges; 15,2
x Zeitdruck (2)
Infofluss; 12,6 Konfliktumgang; 5,3
x das äußere Erscheinungsbild (2) x körperliche Aspekte wie starkes Schwitzen oder eine unangenehme Stimme (2)
Freundlichkeit; 3,3 Offenheit; 4,6
Lösungsorientierung; 6
Vertrauenswürdigkeit; 6
x fehlende Entscheidungsgewalt (2)
Kontext; 0,7 Kooperation; 15,9
x Unaufmerksamkeit (1)
Interesse; 6,6
Empathie; 2
x interne Konflikte nach außen tragen (1)
Unterhaltsamkeit; 0,7 Souveränität; 11,9
Dimension, Anteil der Nennungen in %
Abbildung 45
Offene Nennungen zu besonders schlechten Aspekten
3.6.3.5
Basis-, Leistungs-, Begeisterungsfaktoren
Um die Kommunikationsdimensionen den Typen Basis-, Leistungs- und Begeisterungsfaktor zuzuordnen, wurde eine Wichtigkeitsanalyse unter Verwendung der Dummy-Variablen dj,hoch und dj,tief durchgeführt. Dabei wurde der Median der ‚Gesamtkommunikationszufriedenheit‘ (entspricht 2,0) als neutraler Wert zwischen den Schwellenwerten Sj,hoch (= 1) und Sj,tief (= 3) verwendet und somit die Nicht-Normalverteilung und Rechtsschiefe des Datensatzes berücksichtigt. Zur Berechnung der indirekten relativen Wichtigkeit wurden die Kendall-tau-b Korrelationskoeffizienten der Dummy-Variablen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit verwendet. Kommunikationsdimension
Wichtigkeit niedrige Ausprägung r² % (r²)
Wichtigkeit hohe Ausprägung
Inhaltsqualität
0,305809
8,67
0,1089
7,15
Differenz der Prozentwerte 1,52
Informationsfluss
0,289444
8,20
0,126025
8,27
-0,07
Leistung Leistung
Offenheit
r²
% (r²)
Art des Leistungsparameters (Tendenz)
Leistung
0,2401
6,80
0,076176
5,00
1,80
Vertrauenswürdigkeit
0,330625
9,37
0,105625
6,93
2,43
Leistung
Kontextverständnis
0,162409
4,60
0,061009
4,01
0,60
Leistung
Interesse an pers. K.
0,099225
2,81
0,091204
5,99
-3,18
Begeisterung
Unterhaltsamkeit
0,181476
5,14
0,116964
7,68
-2,54
Begeisterung
Kompetenz
0,305809
8,67
0,133956
8,79
-0,13
Leistung
Souveränität
0,299209
8,48
0,056169
3,69
4,79
Basis
Empathie
0,276676
7,84
0,0676
4,44
3,40
Basis
0,3136
8,89
0,156816
10,30
-1,41
Leistung
0,245025
6,94
0,109561
7,19
-0,25
Leistung
Kooperationsbereitschaft Lösungsorientierung Freundlichkeit
0,156025
4,42
0,166464
10,93
-6,51
Begeisterung
Konfliktumgang
0,323761
9,17
0,146689
9,63
-0,46
Leistung
Abbildung 46
Typenzuordnung der Kommunikationsdimensionen
3 Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers – Konzepte, Theorien, empirische Prüfung
111
Die Zuordnung zu den Faktortypen erfolgt auf Grundlage der Differenz der relativen Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen zwischen hoher und niedriger Zufriedenheitsausprägung (vgl. Abbildung 46). Eine Differenz größer als 2,5 wurde als Hinweis für eine Zuordnung zu Basis- oder Begeisterungsfaktoren, eine geringere Differenz für die Zuordnung zu Leistungsfaktoren interpretiert. So konnten ‚Souveränität‘ und ‚Empathie‘ als Basisfaktoren, ‚Inhaltsqualität‘, ‚Informationsfluss‘, ‚Offenheit‘, ‚Vertrauenswürdigkeit‘, ‚Kontextverständnis‘, ‚Kompetenz‘, ‚Kooperationsbereitschaft‘, ‚Lösungsorientierung‘, ‚Konfliktumgang‘ als Leistungsfaktoren und ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘, ‚Unterhaltsamkeit‘, ‚Freundlichkeit‘ als Begeisterungsfaktoren identifiziert werden.
112
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
4 Einfluss der Kontextfaktoren auf die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers 4.1
Ziele, Konzepte, Ablauf und Methodik
Im integrativen, dyadischen Kommunikationsansatz werden die Aktivitäten von Sendern und Empfängern in Face-to-Face Kommunikationssituationen untersucht. Dabei steht die Betrachtung von Individuen im Vordergrund. In Kapitel 3 wurden Konzepte, Dimensionen sowie Kriterien der Kommunikationszufriedenheit konzeptualisiert und auf empirischer Grundlage analysiert, um Erkenntnisse zu Entstehung und Beeinflussung der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers zu gewinnen. Daneben kann der Einfluss weiterer Variablen, die das Umfeld der Face-to-Face Kommunikation determinieren, z. B. Unternehmens- bzw. Organisationsvariable, als „Kontextvariable“ berücksichtigt werden. Dieses vierte Kapitel stellt eine solche kontextbezogene Ergänzung – des dritten Kapitels – dar. Es sollen hierin Einflüsse ausgewählter Kontextvariablen beim Vertrieb industrieller Güter auf die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers untersucht werden. Dabei wird im Hinblick auf eine notwendige Komplexitätsreduktion auf die Betrachtung von Interaktionseffekten zwischen den Kontextvariablen verzichtet. Folgende Forschungsfragen werden formuliert: x
Welchen Einfluss haben die Variablen des Face-to-Face Kommunikationskontexts jeweils auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und auf die Gesamtkommunikationszufriedenheit der Einkäufer insgesamt?
x
Welchen Einfluss haben die Kontextvariablen der Face-to-Face Kommunikation jeweils auf den Zusammenhang zwischen den einzelnen Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit sowie auf die wahrgenommene Wichtigkeit der einzelnen Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit?
Die Variablen des Face-to-Face Kommunikationskontexts können als unabhängige, als moderierende oder als Kombination aus beiden (Quasi-Moderation) Einfluss ausüben. Wirken die Kontextvariablen auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit, so werden sie als unabhängige Variable betrachtet. Sie wirken dann auf die einzelnen Elemente der Kommunikationsgestaltung und bedingen letztlich die Veränderung der Zufriedenheitsniveaus der Einkäufer. Die Variablen des Kommunikationskontexts wirken aber nicht immer nur direkt auf die Kommunikationszufriedenheit, sondern können auch einen indirekten Einfluss über weitere konzeptionelle Hintergrundgrößen des Zufriedenheitskonstrukts ausüben. Unter Rückgriff auf neobehavioristische Forschungsansätze stellen die Kontextvariablen dann beobachtbare, messbare Größen dar, die einen Reiz (Stimulus) auf den Einkäufer (Organismus) ausüben und auf die der Einkäufer mit einer bestimmten, messbaren Zufriedenheitsbewertung reagiert (Response). Hier werden die Elemente des C/D-Paradigmas als kognitive Prozesse im Organismus ‚Einkäufer’ betrachtet (vgl. Kapitel 3.2). Diese intervenierenden Variablen, wie z. B. die Erwartungen des Einkäufers an das Kommunikationsverhalten des Verkäufers, können
A. Geile, Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb von Industriegütern, DOI 10.1007/978-3-8349-8615-3_4, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
113
durch verschiedene Kontextausprägungen beeinflusst werden. Ebenso können die Wahrnehmung der Kommunikationsleistung des Verkäufers und der Vergleich zwischen Erwartung (Soll) und Leistung (Ist) beeinflusst werden. Die Kontextvariablen wirken als unabhängige Variablen auch auf das Kommunikationsverhalten des Verkäufers, denn als Kommunikationsbeteiligter ist dieser demselben Kontext ausgesetzt. Die neobehavioristische und kognitive Sichtweise eines Stimulus-OrganismusResponse-Modells486 beinhaltet also beobachtbare und messbare Einflussgrößen und Resultate (vgl. Abbildung 47; zu den hier schon genannten Kontextvariablen vgl. im Einzelnen Kapitel 4.2 ff.).
Kontext
Kommunikationsverhalten des Verkäufers
Situativer Kontext
Episoden
Konzept
Intrapersonelle Faktoren
Interpersonelle Faktoren
wahrgenommene Kommunikationsleistung des Verkäufers Vergleichsprozess
Multipersonalität
Unternehmen / Leistung
Branche
Internationalität / Kultur
Kommunikationserwartung des Einkäufers (Kommunikationsqualität)
Kommmunikationszufriedenheit des Einkäufers
Response
Messung
Variablen
Stimulus
unabhängige Variable (UV)
Organismus
intervenierende Variable
Beobachtung verbalisierte Antworten
Abbildung 47
abhängige Variable (AV)
verbalisierte Antworten (ex post-Messung)
Kontextvariablen als unabhängige Stimulusvariablen
Im Vordergrund der vorliegenden Untersuchung steht die Wirkung der unabhängigen Kontextvariablen auf die Kommunikationszufriedenheit, sodass auch hier die Zufriedenheitsurteile des Einkäufers einmalig nach der Kommunikationssituation direkt erhoben werden und
486 Vgl. für das neobehavioristische, kognitive S-O-R-Modell und das behavioristische S-R-Modell z. B. Herkner (2001), S. 22 f., auch Meffert (2000), S.98 ff.
114
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
nicht über einen Vergleich (Gap-Analyse) zwischen erfassten Erwartungen vor einer Kommunikationssituation (ex ante) und erfassten Ist-Leistungen im Anschluss (ex post) daran. Die ‚Gap-Analyse’ wird zudem zunehmend kritisiert.487 Die Wahl des Verfahrens wird hier neben dem Forschungsziel und der aktuellen Kritik an der Gap-Analyse auch durch Restriktionen bedingt. Messtechnisch können Lerneffekte zu konsistenten, aber nicht unbedingt wahren Antworten führen, und eine Übererfüllung von Erwartungen kann aufgrund des „Floor or Ceiling Effect“488 nicht gemessen werden. Schließlich ist eine ex ante / ex post Messung bei zeitlich getrennter Erfassung extrem aufwändig. Auch bei gleichzeitiger Erfassung in einer ex post Befragung verdoppelt sich das Fragevolumen. Für den Einfluss der Kontextfaktoren als unabhängige Variablen werden die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen (Leistungsparameter) und die Gesamtkommunikationszufriedenheit über den Mittelwert der jeweiligen Variable gemessen. Die Kontextvariablen sind in verschiedenen Ausprägungen in der Stichprobe vorhanden. Für die Messung ihres Einflusses auf die Zufriedenheitsniveaus werden Gruppen gebildet. Die Analyse der Kontextvariablen als unabhängige Variable, die auf die Zufriedenheitsniveaus wirken, erfolgt deduktiv. Hypothesen zur Veränderung der Zufriedenheitsniveaus werden auf Basis von sozialpsychologischen Theorien und Ansätzen der Neuen Institutionenökonomie formuliert (vgl. zu den theoretischen Ansätzen Kapitel 3.3). Die Daten für die Prüfung der Hypothesen stammen aus der in Kapitel 3.6 vorgestellten eigenen Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ mit insgesamt 292 beantworteten Fragebögen.489 Wie bereits erläutert, beurteilten dabei die befragten Einkäufer das Kommunikationsverhalten des Verkäufers in der letzten Face-to-Face Gesprächssituation. Im Fokus stand das Verhalten einer Person; Waren mehrere Mitglieder des anbietenden Unternehmens am Gespräch beteiligt, so wählten die Einkäufer diejenige Person aus, die das Gespräch am meisten beeinflusst hat und in der Erinnerung noch besonders präsent ist. Grundsätzlich können verschiedene Methoden zur Prüfung oben genannter Hypothesen herangezogen werden, denen unterschiedliche Annahmen zu Grunde liegen und die verschiedene Anforderungen an die zu verwendenden Daten stellen. Die Varianzanalyse und die Regressionsanalyse erfordern für die Gültigkeit des F-Tests zur Signifikanzprüfung eine Normalverteilung der Daten. Die in der ersten Studie der vorliegenden Arbeit erhobenen Daten sind jedoch nicht normalverteilt. Daher erfolgt die Prüfung auf signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen / Stichproben hinsichtlich des Niveaus der Zufriedenheiten durch die Anwendung von nicht-parametrischen Tests. Bei einem Vergleich zwischen zwei Stichproben kommt der U-Test nach Mann / Whitney zum Einsatz, bei mehr als zwei Gruppen der H-Test nach Kruskal / Wallis.490 Mit diesen Tests wird geprüft, ob unabhängige Teilstichproben einer gemeinsamen Grundgesamtheit zusammenhängen. Die Nullhypothese heißt: „Es besteht kein Zusammenhang zwischen den 487
Vgl. Homburg/ Fürst (2008), S. 607 ff. Homburg/ Rudolph (1997), S. 46. Der Fragebogen ist im Anhang zu finden (vgl. Anhang I). 490 Vgl. Kruskal/ Wallis (1952), S. 583 ff. und Mann/ Whitney (1947), S. 50 ff.; für die Verfahren in SPSS z. B. Bühl (2006), S. 214 und S. 324; auch Brosius (2006), S. 850 und S. 858. 488 489
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
115
betrachteten Variablen in der Grundgesamtheit“. Bei einem Signifikanzniveau von kleiner 0,05 wird die Nullhypothese abgelehnt; die Irrtumswahrscheinlichkeit der Annahme beträgt dann 95 %, und es wird von signifikanten Unterschieden zwischen den Stichproben ausgegangen.491 Gruppenunterschiede, die entsprechend mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 95 % vorliegen, werden einer weiteren Prüfung hinsichtlich ihrer Richtung und Stärke unterzogen. Die Hypothesenprüfung erfolgt mittels eines Vergleichs der Mittelwerte der Zufriedenheitsniveaus zwischen zwei oder mehr Gruppen. Ein niedriger Wert deutet auf ein hohes Niveau (1 = sehr zufrieden), ein hoher Wert auf ein niedriges Niveau (6 = völlig unzufrieden). Zum Vergleich werden die Differenzen zwischen den Mittelwerten gebildet. Aus den Ergebnissen der Hypothesenprüfung werden tendenzielle Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Kontext
Wird die Wirkung der Kontextvariablen auf den Zusammenhang zwischen einzelnen Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit im Rahmen der Feststellung der Wichtigkeit von Kommunikationsdimensionen untersucht, so werden sie als moderierende Variablen betrachtet. Hierbei wird der Einfluss der Kontextvariablen auf die Stärke und die Richtung einer Wirkungsbeziehung untersucht (vgl. Abbildung 48).492
Situativer Kontext
Multipersonalität
Episoden
Unternehmen / Leistung
Intrapersonelle Faktoren
Branche
Interpersonelle Faktoren
Internationalität / Kultur
Zufriedenheit des Einkäufers mit den einzelnen Kommunikationsdimensionen
Moderierende Variable (MV)
Gesamtkommunikationszufriedenheit des Einkäufers
(UV) (AV)
Abbildung 48
Kontextvariablen als moderierende Variablen
Moderatorvariablen (und Quasi-Moderatoren) werden in der betriebswirtschaftlichen Forschung eher selten analysiert.493 Für die umfassende Analyse der Kommunikationszufriedenheit im Industriegüterbereich liegen bisher keine Erkenntnisse vor. Im weiteren Kontext von Zufriedenheit und Kommunikation sind beispielhaft die Arbeiten von FROMMEYER (2005) und GIERING (2000) zu nennen. Erstgenannte untersucht die moderierenden Ein-
491
Ein Überblick über alle Signifikanzwerte der betrachteten Zusammenhänge findet sich in Anhang III.
492
493
Vgl. z. B. Frazier et al. (2004), S. 115 ff.; Wu/ Zumbo (2008), S. 368 und 370 ff., auch Wegener/ Fabrigar (2000), S. 436 f. Vgl. Homburg/ Giering (2001), S. 47.
116
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
flüsse von Kundenmerkmalen, Leistungsmerkmalen, Interaktionsmerkmalen und Beziehungsmerkmalen auf die Wirkungsbeziehungen in einem Kausalmodell der Kommunikationsqualität.494 Letztere konzeptualisiert und analysiert die moderierende Wirkung von malen der Geschäftsbeziehung, des Kunden, des Produkts, des Anbieters und des Marktumfelds auf den Zusammenhang von Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität.495 In beiden Studien werden Mehrgruppen-Kausalanalysen durchgeführt. Dieses Verfahren bietet sich an, wenn der moderierende Effekt auf die Beziehungen zwischen Latenten gemessen werden soll. Ein alternatives Verfahren zur Analyse moderierender Effekte, wenn keine latenten Konstrukte vorliegen, ist die moderierte Regressionsanalyse. Hierbei werden Zusammenhänge betrachtet, bei denen die Beziehung zwischen einer unabhängigen Prädiktorvariablen und einer abhängigen Kriteriumsvariablen von der Ausprägung einer oder mehrerer weiterer Prädiktorvariablen beeinflusst wird.496 Der moderierende Effekt wird durch die Hinzunahme eines multiplikativen Terms aus Prädiktorvariable und Moderatorvariable geprüft. Die Interpretation der Wirkung wird mit Hilfe eines Vergleichs der ursprünglichen Regressionen in unterschiedlichen Teilstichproben des Moderators realisiert. Eine Wirkung der Moderation lässt sich über einen Vergleich, z. B. des Bestimmtheitsmaßes, von moderierter und nicht moderierter Regression erkennen.497 Die vergleichende Betrachtung der sich durch die Moderatorausprägungen ergebenden Teilstichproben dient der genaueren Interpretation dieses moderierenden Effektes. Zur Untersuchung der Moderation ist die Verwendung der moderierten Regressionsanalyse weit verbreitet. Sie wird aber auch kritisiert.498 Annahmen der in der Regel dabei herangezogenen linearen Regressionsanalyse sind multivariate Normalverteilung, Homoskedastizität sowie Vermeidung von Autokorrelation und Multikollinearität.499 Zur Verminderung einer durch die Bildung des Produktterms entstehenden Multikollinearität werden bei der moderierten Regression die Daten der Prädiktor- und Moderatorvariablen zentriert.500 Heteroskedastizität kann auch bei moderierten Regressionen zu einer Verzerrung der Ergebnisse des F-Tests, insbesondere bei dichotomen Daten, führen, sodass in diesem Fall in der Literatur die Anwendung des Verfahrens nicht empfohlen wird.501 Im Hinblick auf Normalverteilung der Prädiktoren und der Moderatoren ist durch die Bildung eines Produktterms eine entsprechende Verschiebung inhärent und die Anforderung entsprechend schwierig einzuhalten.502 Schließlich identifizieren STONE-ROMERO et al. (1994) für die Größe der Stichprobe und insbesondere für die Anzahl der Beobachtungen in 494
Vgl. Frommeyer (2005), S. 59 ff. Vgl. Giering (2000). 496 Vgl. Aiken/ West (1991), S. 9 ff. 497 Vgl. Müller (2006), S. 258 ff. 498 Vgl. Shieh (2009), S 510 f. und die dort genannten Studien; Verschiedene Autoren stellen Methoden, die die Daten durch Modifikation den Anforderungen angleichen, oder alternative Verfahren zur moderierten Regressionsanalyse vor. 499 Vgl. z. B. Skiera/ Albers (2008) S. 478 f. 500 Vgl. Aiken/ West (1991), S. 10ff. 501 Vgl. Aguinis et al. (1999), S. 319. 502 Vgl. Shieh (2009), S. 521. 495
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
117
den Sub-Stichproben Einflüsse auf die Aussagekraft der moderierten Regressionsanalyse, wobei diese mit steigender Größendifferenz der Teilstichproben sinkt.503 Die in der vorliegenden Arbeit erhobenen Daten zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ sind, wie bereits erwähnt, nicht normalverteilt. Der Vergleich der Varianzen zwischen verschiedenen Substichproben einiger zufällig ausgewählter Regressionen zwischen einer Kommunikationsdimension und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (Goldfeld/Quandt-Test) ergibt neben der visuellen Inspektion der Residuen-Plots deutliche Hinweise auf das Vorliegen von Heteroskedastizität.504 Darüber hinaus differieren die aus inhaltlichen Gründen heranzuziehenden Sub-Stichproben stark in der Größe. Aufgrund der zuvor beschriebenen Eigenschaften der vorliegenden Daten dürften die Ergebnisse einer moderierten Regressionsanalyse ohne weitere Datenmodifikation verzerrt sein. Aber auch eine Angleichung der Daten durch Verfahren wie die Zentrierung der Werte zur Verminderung von Multikollinearität oder die Division der Regressionsgleichung durch die verantwortliche unabhängige Variable zum Abbau von Heteroskedastizität505 kann zu Verzerrungen der Schätzer führen. Letztlich sollte das Forschungsziel bei der Auswahl des angemessenen Auswertungsverfahrens im Vordergrund stehen. Im vorliegenden Fall sollen erste Erkenntnisse zur Wirkung von Kontextvariablen im integrativen Kommunikationsansatz explorativ gewonnen werden. Deswegen sollen die Kontextvariablen sukzessive betrachtet und Interaktionseffekte zwischen ihnen ausgeschlossen werden. Da nur Tendenzen der Wirkung von Kontextvariablen gefunden werden sollen, werden keine weiteren Analysen und Datenmodifikationen vorgenommen, sondern Gruppenvergleiche herangezogen, wie sie ähnlich auch zur Interpretation der Ergebnisse einer moderierten Regressionsanalyse verwendet werden.506 Über die Gruppen werden die kausal interpretierten Korrelationen zwischen den Zufriedenheitsniveaus einzelner Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit verglichen. Für eine zusätzliche Betrachtung der Wirkung der Kontextvariablen auf die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit werden wieder die quadrierten Korrelationskoeffizienten zwischen den einzelnen Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit gewichtet und Rängen zugewiesen (vgl. zur Methode der indirekten Wichtigkeitsmessung Kapitel 3.6.1.2). Der jeweilige Anteil der Kommunikationsdimensionen an der Gesamtzufriedenheit (= 100 %) gibt deren relative Wichtigkeit an, wobei auch hier eine vollständige Erfassung der Gesamtkommunikationszufriedenheit durch die Kommunikationsdimensionen und ihre Kriterien angenommen wird. Für die Diskussion der Ergebnisse werden die Ränge der relativen Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen dargestellt und zwi-
503
Vgl. Stone-Romero et al. (1994), S. 175 f. Vgl. zum Prüfverfahren z. B. Backhaus et al. (2006), S. 89, auch Pidynck/ Rubenfeld (1991), S. 127. 505 Vgl. Koutsoyannis (1977), S. 187. 506 Vgl. Aiken/ West (1991), S. 12 ff. 504
118
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
schen den Gruppen verglichen.507 Die Kommunikationsdimensionen mit den größten Rangunterschieden werden diskutiert und mögliche Erklärungen hierfür formuliert. Auch bei der Betrachtung der Kontextfaktoren als moderierende Variablen werden tendenzielle Ansatzpunkte für Handlungsempfehlungen gesucht. Im Gegensatz zur Betrachtung der Wirkung als unabhängige Variable, die eine mögliche Kontextgestaltung begründen kann, liefert die Betrachtung als moderierende Variable mögliche Empfehlungen für das Verhalten in einer jeweils gegebenen Situation. Dabei werden die Kommunikationsdimensionen einzeln und in Relation zueinander betrachtet. Der Aufbau dieses vierten Teils der Arbeit ist wie folgt konzipiert: Jede der Kontextvariablen wird einzeln untersucht. Dabei wird zunächst eine begriffliche Abgrenzung vorgenommen und ein Einblick in bisherige Forschungsergebnisse zu dieser Variablen im Kommunikationskontext gegeben. Der Einfluss der Kontextfaktoren als unabhängige Variablen auf das Niveau der Zufriedenheiten wird theoretisch hergeleitet, und es werden entsprechende Hypothesen formuliert. Im Anschluss werden die Hypothesen anhand primär erhobener, empirischer Daten geprüft. Danach wird der Einfluss der Kontextfaktoren als moderierende Variablen auf die Wichtigkeit der einzelnen Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit explorativ anhand derselben Daten analysiert. Abschließend werden die Ergebnisse für jeden Faktor zusammengefasst und tendenzielle kontextspezifische Empfehlungen abgeleitet. Eine zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse findet sich in Anhang VI.
Selling Center
Branche
Branche
Unternehmen
Nationalität / Kultur
Unternehmen
Situativer Kontext
Buying Center
Nationalität / Kultur
4.2
Die körperliche, gemeinsame Anwesenheit508 von Verkäufer und Einkäufer an einem Ort über einen bestimmten Zeitraum, beginnend an einem bestimmten Zeitpunkt, bildet den
situativen Kontext der Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb. Der Zeitpunkt des Gesprächs im Tagesverlauf wird aufgrund des hoch individuellen Verlaufs von Biorhythmus und Terminrhythmus sowie des Tagesrhythmus der Organisationen, die einen optimalen Zeitpunkt bestimmen, nicht weiter betrachtet. Empfänger
Sender
situativer Kontext Episode
Face-to-Face Kommunikation
4.2.1
Raum: Ort des Treffens
Face-to-Face Kommunikation findet per Definition in physischer Anwesenheit der Gesprächspartner statt.509 Der Ort, an dem Einkäufer und Verkäufer aufeinandertreffen, ist eine Variable des situativen Kontexts des Gesprächs.
507
Die vollständigen Berechnungen zu quadrierten Korreationskoeffizienten und prozentualen, relativen Wichtigkeiten finden sich in Anhang IV. Vgl. Rothe (2006), S. 13. 509 Vgl. Rothe (2006), S. 13. 508
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
119
Geschäftliche Gespräche können aus Einkäufersicht an drei Orten stattfinden, in den Räumlichkeiten des eigenen Unternehmens, in den Räumlichkeiten des anbietenden Unternehmens oder an einem dritten, neutralen Ort. Die Informationsübertragung zwischen einem Sender und einem Empfänger ist nicht störungsfrei.510 MAYFIELD et al. (1998) interpretieren unter anderem den Ort der Face-to-Face Kommunikation als Quelle kommunikativer Verzerrungen und beschreiben insbesondere dessen Einfluss bei internationalen Konstellationen.511 Territoriale, kontrollbezogene und austauschtheoretische Gründe stehen für die Bedeutung des Orts als situative Variable im Vordergrund. Die Vorteile des Gastgebers beruhen auf territorialen und kontrollbezogenen Aspekten512, wie zum Beispiel dem eigenen Wohlfühlen im bekannten Umfeld, der Entscheidung über die Gestaltung des Raumes und der Sitzordnung, der Vorgabe des Protokolls (auch hinsichtlich der zeitlichen Ausgestaltung) und gegebenenfalls der Auswahl sozialer Events im Rahmen des Besuchs. Der Vorteil der Reise zum anbietenden Unternehmen liegt in der Möglichkeit für den Einkäufer, sich einen umfassenden Eindruck von den Gegebenheiten und Möglichkeiten zu machen. Ein dritter, neutraler Ort kommt insbesondere dann in Frage, wenn Konflikte auftreten könnten, zeitliche Gründe oder Bequemlichkeitsaspekte (bei sehr langer Anreise oder gemeinsamem Aufenthaltsort aus anderen Gründen z. B. Messen) dafür sprechen. Neben territorialen und kontrollbezogenen Gründen kann für den Einfluss des Gesprächsorts auf die Bewertung der Situation durch den Einkäufer auch eine austauschtheoretische und transaktionskostenrelevante Begründung herangezogen werden (vgl. für eine Erläuterung der Theorien Kapitel 3.3.1.7 und 3.3.2.2). Aufgrund der Komplexität und der technischen Anforderungen an individuelle Industriegüter ist die Zahl der Unternehmen, die in der Lage sind, das Produkt zu fertigen, begrenzt. Die Anzahl von potenziellen Anbietern513 determiniert häufig eine räumliche Distanz zwischen Anbieter- und Nachfragerorganisation.514 Die Überwindung dieser Distanz zur Realisierung einer Face-to-Face Kommunikation ist für die Kommunikationspartner mit Kosten verbunden. Um diese Kosten durch Belohnung aufzuwiegen, muss das Verhalten des Verkäufers umso mehr den Erwartungen des Einkäufers entsprechen. Eine Verringerung der Kosten für den Einläufer kann bei gleichen Kommunikationsanstrengungen des Verkäufers zu einem höheren Zufriedenheitsniveau führen. Die geringsten Kosten hat ein Einkäufer, wenn das persönliche Treffen in seinen Räumen stattfindet, die höchsten Kosten bei einer Reise zum Verkäufer. Ein Treffen an einem dritten Ort kann entweder aufgrund seiner geografischen Lage oder besonderen Attraktivität für den Einkäufer geringere relative Kosten verursachen. Für die Kommunikationsgestaltung lässt
510
Vgl. die Ausführungen zur kybernetischen Tradition der Kommunikationstheorien mit Bezug auf das Modell von Shannon und Weaver (1949), Kapitel 2.6. Vgl. Mayfield et al. (1998), S. 21 f. 512 Vgl. Mayfield et al. (1998), S. 21 f. 513 Vgl. Dichtl/ Engelhardt (1980), S. 147. 514 Vgl. Richter (2001), S. 48. 511
120
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
sich festhalten, dass die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers durch eine möglichst bequeme und schnelle Anreise beeinflusst werden kann. Jede Konstellation kann unter bestimmten Voraussetzungen für den Einkäufer attraktiv sein. Die Reise zum Anbieterunternehmen ist besonders in solchen Situationen vorteilhaft, in denen spezifische Anforderungen an den Produktionsstandort und dessen Ausgestaltung existieren und diesbezüglich Unsicherheit auf der Einkäuferseite besteht. Darüber hinaus kann der Standort des Anbieterunternehmens unter Umständen besonders attraktiv und eine Reise deshalb für die Einkäufer von Interesse sein. Das Treffen an einem dritten Ort kann durch zeitliche und bequemlichkeitsbezogene Gründe bevorzugt werden. GEIGER und TURLEY (2005) analysieren explorativ die Wirkung und Gestaltung sozialen „out-of-office“-Verhaltens und stellen fest, dass manche - insbesondere beziehungsbezogene - Kommunikationsergebnisse nur außerhalb der Räumlichkeiten der Beteiligten entstehen können.515 Insgesamt sprechen territoriale, kontrollbezogene und austauschtheoretische sowie transaktionskostentheoretische Überlegungen für das Treffen in den Räumlichkeiten des Einkäufers. Für die Kontextvariable ‚Ort des Treffens’ als unabhängige Variable mit Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit kann folgende Hypothese abgeleitet werden: H 2.1.1: Je weniger Kosten die Überwindung räumlicher Distanz für den Einkäufer verursacht, desto höher sind die einzelnen Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen sowie das Niveau der Gesamtkommunikationszufriedenheit. (Wobei die Kosten beim Treffen in den eigenen Räumlichkeiten am geringsten, beim Treffen in den Räumlichkeiten des Anbieters am höchsten sind.) In der Studie zur ‚Zufriedenheit des Einkäufers’ beantworteten insgesamt 99,3 % (n = 290) der befragten Einkäufer die Frage nach dem Ort des Gesprächs. Ein Großteil der betrachteten Gespräche fand in Räumlichkeiten des einkaufenden Unternehmens statt (87,6 %), manche Gespräche in den Räumen des anbietenden Unternehmens (10,0 %), einige Gespräche an dritten Orten wie auf Messen, in Restaurants oder Hotels mit Tagungsräumen. Die weiteren Auswertungen beziehen nur die Räume des einkaufenden und des anbietenden Unternehmens mit ein. Bei der Prüfung des Einflusses der unabhängigen Variable ‚Ort des Treffens’ auf die Niveaus der Zufriedenheit kann die Hypothese H 2.1.1 nicht bestätigt werden, da keine signifikanten Unterschiede der Zufriedenheitsniveaus in den Teilstichproben identifiziert werden konnten. Somit wird die Hypothese nicht nur hinsichtlich der Wirkungsrichtung des Einflusses abgelehnt, sondern auch hinsichtlich der Existenz von unterschiedlichen Zufriedenheitsniveaus, die durch den ‚Ort des Treffens’ verursacht werden. Dieses Ergebnis kann mit der Kostenwahrnehmung der Einkäufer begründet werden. Die Reisekosten werden in der Regel durch das Unternehmen getragen. Des Weiteren gehört die aufzuwendende Reisezeit zur regulären Arbeitszeit von Einkäufern. Darüber hinaus ist vorstellbar, dass der ‚Ort des Treffens’ situationsangemessen gewählt wird und kein signifi515
Vgl. Geiger/ Turley (2005), S. 263 ff.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
121
kanter Einfluss auf die Kommunikationszufriedenheit auftritt, da andere Kontextvariablen in den Vordergrund treten. Die Kontextvariable ‚Ort des Treffens’ moderiert die Korrelationen zwischen der Zufriedenheit des Einkäufers mit einzelnen Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 49). Ort
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
Räume des Einkäufers
Räume des Anbieters
Räume des Einkäufers
Kommunikationsdimension
n = 254
n = 29
Inhaltsqualität
,606**
,411*
5
7
-2
Informationsfluss
,609**
0,175834793
3
13
-10
Offenheit
,527**
,517**
9
3
6
Vertrauenswürdigkeit
,616**
,429*
1
6
-5
Kontextverständnis
,428**
0,204994457
12
12
0
Interesse an pers. K.
,311**
0,009174698
14
14
0
Unterhaltsamkeit
,424**
0,26491782
13
10
3
Kompetenz
,607**
,499**
4
4
0
Souveränität
,549**
,466**
7
5
2
Empathie
,556**
0,300601806
6
9
-3
Kooperationsbereitschaft
,610**
,596**
2
2
0
Lösungsorientierung
,536**
0,239022303
8
11
-3
Freundlichkeit
,507**
,392*
10
8
2
Konfliktumgang
,492**
,694**
11
1
10
Tendenz Räume des Anbieters
** Signifikanzniveau 0,01; * Siginifikanzniveau 0,05
Abbildung 49
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Situativer Kontext: Ort
Bei der Einzelbetrachtung von Gesprächen in den Räumen des Einkäufers korrelieren alle Kommunikationsdimensionen signifikant mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Bei Gesprächen in den Räumen des Anbieters sind nur für die Kommunikationsdimensionen ‚Inhaltsqualität’, ‚Offenheit’, ’Vertrauenswürdigkeit’, ‚Souveränität’, ‚Kompetenz’, ‚Kooperationsbereitschaft’ und ‚Umgang mit Konflikten’ signifikante Korrelationen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit zu identifizieren. Die Kommunikationsdimensionen ‚Informationsfluss’, ‚Kontextverständnis’, ‚Interesse an personalisierter Kommunikation’, ‚Unterhaltsamkeit’, ‚Empathie’ und ‚Lösungsorientierung’ korrelieren bei Gesprächen in den Räumen des Anbieters nicht signifikant mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Kontextvariable ‚Ort des Treffens’ moderiert die relativen Wichtigkeiten der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Dabei werden die quadrierten Korrelationen zueinander in Relation gesetzt und Rängen zugewiesen. Beim Vergleich der Rangfolgen der Wichtigkeiten zwischen Gesprächen, die in den Räumen des Einkäufers stattfanden und Gesprächen, die im Anbieterunternehmen stattfanden, können Unterschiede und verschiedene Veränderungstendenzen identifiziert werden. Für die Kommunikationsdimensionen ‚Informationsfluss’ und ‚Vertrauenswürdigkeit’ kann beispielhaft festgestellt werden, dass diese in den Räumen des Einkäufers wesentlich wichtiger sind als bei Treffen
122
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
beim Anbieter. Umgekehrt ist der ‚Umgang mit Konflikten’ in den Räumen des Anbieters besonders wichtig. Kommunikationsdimensionen, die bei der Einzelbetrachtung bei Gesprächen in Räumen des anbietenden Unternehmens nicht signifikant mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit korrelieren, sind möglicherweise nicht relevant oder werden eventuell durch andere Dimensionen substituiert. In der Betrachtung der relativen Wichtigkeit werden den nicht signifikant korrelierenden Dimensionen die hinteren Ränge zugewiesen. Einzig die Kommunikationsdimension ‚Umgang mit Konflikten’ korreliert in Gesprächen beim anbietenden Unternehmen stärker mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit als in Räumen des einkaufenden Unternehmens und ist auch in der relativen Betrachtung der Ergebnisse besonders wichtig. Bei der Gestaltung von Kommunikationssituationen mit Blick auf die Zufriedenheitsniveaus besteht die Möglichkeit, die Kontextvariable ‚Ort des Treffens’ zu vernachlässigen, da diese in der vorliegenden Untersuchung keinen signifikanten Einfluss auf die abhängige Variable Zufriedenheit hat. Für die Gestaltung des Kommunikationsverhaltens in der gegebenen Situation kann ein besonderer Fokus auf den adäquaten ‚Umgang mit Konflikten’ bei Gesprächen in den Räumen des anbietenden Unternehmens empfohlen werden. Weitere, nicht als signifikant identifizierte, Kommunikationsdimensionen treten in den Räumen des Anbieters eher in den Hintergrund. Als Tendenz kannn aus den Daten abgeleitet werden, dass auf die Dimensionen ‚Inhaltsqualität’, ‚Offenheit’, ’Vertrauenswürdigkeit’, ‚Souveränität’, ‚Kompetenz’, ‚Kooperationsbereitschaft’ eher Wert gelegt werden sollte. Bei Gesprächen in den Räumen des einkaufenden Unternehmens scheinen dagegen alle Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit relevant. Es empfiehlt sich auf Basis der Ergebnisse, hier besonderen Wert auf die Kommunikationsdimensionen ‚Vertrauenswürdigkeit’, ‚Kooperationsbereitschaft’ und ‚Informationsfluss’ zu legen. 4.2.2
Zeit: Länge des Gesprächs
Die Länge des Gesprächs spiegelt die Zeitkomponente des Kontexts wider. Deren Relevanz für das Kommunikationsergebnis resultiert aus der Übertragungskapazität, denn in einem längeren Gespräch kann umfassender miteinander kommuniziert werden. Die Informationen können detailliert und rückgekoppelt ausgetauscht werden, Missverständnissen kann vorgebeugt werden bzw. sie können sofort aufgeklärt werden. Darüber hinaus haben Verkäufer und Einkäufer mehr Gelegenheit, Eigenschaften und Fähigkeiten im Hinblick auf die sozialen Kommunikationsdimensionen zu präsentieren. Die Länge des Gesprächs kann durch das Potenzial, Informationen und soziale Aspekte in längeren Gesprächen umfassender auszutauschen, als unabhängige Variable direkt auf die Niveaus der Zufriedenheit der Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit wirken, da die Erwartungen des Einkäufers besser erfüllt werden können. Im organismusinternen Vergleichsprozess kann die Wirkung dissonanztheoretisch erklärt werden (vgl. zur Theorie Kapitel 3.3.1.5). Ein Gespräch, das relativ länger dauert und durch den Einkäufer nicht aktiv verkürzt wird, kann eine Handlung entgegen der Einstellung des
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
123
Einkäufers sein. Insbesondere, wenn der Gesprächsverlauf als nicht optimal empfunden wird, können kognitive Dissonanzen entstehen. Da die Handlung nicht rückgängig gemacht werden kann, werden die kognitiven Dissonanzen durch Änderung der Einstellung angepasst (forced compliance), sofern keine externe Ursache (z. B. Zwang durch den Verkäufer) als Verhaltensbegründung herangezogen werden kann. Mit der Einstellungsänderung geht eine Bewertungsänderung der Kommunikationssituation einher und die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit werden neutral oder besser bewertet. Auf Basis der Überlegungen zum Übertragungspotenzial längerer Gespräche und der Einstellungsänderung in forced compliance-Situationen wird als Hypothese für die unabhänge Variable ‚Länge des Gesprächs’ formuliert: H 2.1.2: Je länger das Gespräch dauert, desto höher sind die einzelnen Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen sowie das Niveau der Gesamtkommunikationszufriedenheit. In der Studie zur ‚Zufriedenheit des Einkäufers’ variierte die Länge der betrachteten Gespräche von 15 Minuten bis zu 13 Stunden (vgl. Abbildung 50). Länge des Gesprächs in Minuten 181+; 26; 9,0% <= 30; 30; 10,3% 151 - 180; 19; 6,6% 121 - 150; 6; 2,1% 31 - 60; 75; 25,9% 91 - 120; 56; 19,3%
61 - 90; 78; 26,9%
(n = 290; Klasse; n; Prozentanteil) Abbildung 50
Länge des Gesprächs in Minuten: Verteilung
Bei der Prüfung der unabhängigen Variable ‚Länge des Gesprächs’ können signifikante Unterschiede der Niveaus der Zufriedenheit mit verschiedenen Kommunikationsdimensionen zwischen Gesprächen bis 90 Minuten und längeren Gesprächen identifiziert werden (vgl. Abbildung 51). Damit kann für die Kommunikationsdimensionen ‚Inhaltsqualität’, ‚Informationsfluss’, ‚Offenheit’, ‚Vertrauenswürdigkeit’, ‚Kontextverständnis’, ‚Interesse an personalisierter Kommunikation’, ‚Kompetenz’, ‚Souveränität’, ‚Freundlichkeit’ und ‚Konfliktumgang’ die Hypothese 2.1.2 tendenziell bestätigt werden, da ein Vergleich der Mittelwerte auch ein höheres Zufriedenheitsniveau in längeren Gesprächen ergibt.
124
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Kommunikationsdimension
Bis 90 Minuten n
Mittelwert
Ab 91 Minuten SD
n
Mittelwert
Differenz Mittelwert
SD
Inhaltsqualität*
182
2,44
,907
106
2,20
,821
0,24
Informationsfluss**
180
2,31
,741
107
2,07
,780
0,24
Offenheit*
175
2,56
,813
105
2,36
1,057
0,20
Vertrauenswürdigkeit*
182
2,40
,916
107
2,17
,906
0,23
Kontextverständnis**
173
2,46
,905
101
2,13
,833
0,33
Interesse an pers. K.*
119
2,63
1,024
85
2,34
,907
0,29
Kompetenz*
181
2,31
,903
107
2,11
,984
0,20
Souveränität**
182
2,35
,878
104
2,10
,744
0,26
Freundlichkeit*
183
1,95
,682
106
1,83
,845
0,12
Konfliktumgang**
146
2,31
,827
96
2,07
,932
0,24
* signifikant auf dem Niveau 0,05; ** signifikant auf dem Niveau 0,01 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“ Abbildung 51
Länge des Gesprächs: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Die Kontextvariable ‚Länge des Gesprächs’ moderiert in den vorliegenden Daten die Stärke der Korrelationen zwischen den Zufriedenheitsniveaus mit den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Länge des Gesprächs
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
bis 90 Minuten
ab 90 Minuten
bis 90 Minuten
Kommunikationsdimension
n = 183
n = 107
Inhaltsqualität
,574**
,606**
4
3
1
Informationsfluss
,595**
,578**
1
6
-5
Offenheit
,476**
,583**
10
4
6
Vertrauenswürdigkeit
,591**
,626**
2
2
0
Kontextverständnis
,396**
,421**
13
12
1
Interesse an pers. K.
,294**
,261**
14
14
0
Unterhaltsamkeit
,411**
,424**
12
11
1
Kompetenz
,590**
,581**
3
5
-2
Souveränität
,525**
,520**
8
8
0
Empathie
,558**
,501**
6
9
-3
Kooperationsbereitschaft
,559**
,653**
5
1
4
Lösungsorientierung
,502**
,492**
9
10
-1
Freundlichkeit
,533**
,415**
7
13
-6
Konfliktumgang
,442**
,559**
11
7
4
Tendenz ab 90 Minuten
** Signifikanzniveau 0,01
Abbildung 52
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Situativer Kontext: Länge des Gesprächs
In der Einzelbetrachtung sind die Korrelationen der Dimensionen ‚Inhaltsqualität’, ‚Offenheit’, ‚Vertrauenswürdigkeit’, ‚Kontextverständnis’, ‚Unterhaltsamkeit’, ‚Kooperationsbereitschaft’ und ‚Konfliktumgang’ mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit in längeren Gesprächen ab 90 Minuten höher als in kürzeren Gesprächen. Bei den anderen Kommunikationsdimensionen sind die Korrelationskoeffizienten in kürzeren Gesprächen höher.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
125
Die Kontextvariable ‚Länge des Gesprächs’ moderiert ebenfalls die relativen Wichtigkeiten der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Beim Vergleich der Rangfolgen der Kommunikationsdimensionen zwischen Gesprächen mit einer Länge bis zu 90 Minuten und längeren Gesprächen konnten wesentliche Unterschiede und verschiedene Tendenzen identifiziert werden. Die relative Wichtigkeit des ‚Informationsflusses’ kann in kürzeren Gesprächen als wesentlich höher angenommen werden als in längeren Gesprächen. In Gesprächen, die länger als 90 Minuten dauern, scheint die ‚Offenheit’, die ‚Kooperationsbereitschaft’ und der ‚Umgang mit Konflikten’ dagegen wesentlich wichtiger als in kürzeren Gesprächen. Die mit der Gesprächslänge sinkende Relevanz der Dimension ‚Informationsfluss’ kann aus der höheren Übertragungskapazität resultieren, sodass Gegenseitigkeit und aktives Informationsangebot des Verkäufers eher nebenbei erfüllt werden. Die höhere Wichtigkeit der Dimensionen ‚Offenheit’, ‚Kooperationsbereitschaft’ und ‚Umgang mit Konflikten’ kann in der Thematik der Gespräche begründet sein. In längeren Gesprächen werden vermutlich Themen angesprochen, bei denen die drei genannten Kommunikationsdimensionen wichtiger sind. Für die Gestaltung von Gesprächssituationen kann auf Basis der Ergebnisse eine Berücksichtigung der Länge des Gesprächs empfohlen werden. Längere Gespräche bieten durch die erhöhte Übertragungskapazität eher die Möglichkeit, höhere Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und eine höhere Gesamtkommunikationszufriedenheit zu erzeugen. Bei der aktiven Gestaltung von Gesprächssituationen durch Verkäufer könnte ein angemessener, eher längerer Zeitrahmen eingeplant werden; eine ‚künstliche’ Verlängerung der Gespräche ist dagegen eher nicht zu empfehlen. Bei größeren Zeitfenstern erscheint es sinnvoll, größeren Wert auf die Kommunikationsdimensionen ‚Offenheit’, ‚Kooperationsbereitschaft’ und ‚Umgang mit Konflikten’ zu legen, da anzunehmen ist, dass durch die zu besprechenden Themen entsprechende Erwartungen an die Kommunikation des Verkäufers bestehen können. 4.3
Episoden
4.3.1
Dimensionalität des Episodenkonzepts
Selling Center
Branche
Unternehmen
Episode
Branche
situativer Kontext
Unternehmen
Empfänger
Sender
Nationalität / Kultur
Buying Center
Nationalität / Kultur
Für die Betrachtung von industriellen Beschaffungsprozessen werden häufig Phasenkonzepte516 herangezogen. Diese chronologischen Beschreibungen der Prozesse von der Problemidentifikation auf Seiten des einkaufenden Unternehmens bis zur Entscheidungs-517, Kontroll-518 oder auch
Face-to-Face Kommunikation
516
Vgl. z. B. die Beschaffungsphasen von Robinson et al. (1967), S. 14; das BUYGRID Modell von Webster Jr./ Wind (1972), S. 24; den phasendifferenzierten Beschaffungsentscheidungsprozess von Fitzgerald (1989), S. 113 ff.; oder das Phasenkonzept von Backhaus/ Günter (1976) sowie das erweiterte Beschaffungsphasenmodell von Richter (2001), S. 51 ff. 517 Vgl. Kelly (1974), S. 421 ff.; Spiegel-Verlag (1982), S. 7 ff. 518 Vgl. Fitzgerald (1989), S. 49 ff.
126
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Gewährleistungsphase519 haben das Ziel, die verschiedenen Aktivitäten520 in unterschiedlich hohem Detaillierungsgrad zu systematisieren.521 Für die Betrachtung der Face-to-Face Kommunikation soll Abstand von einer rein chronologischen Betrachtung genommen werden. Darüber hinaus wird nicht nur die Einkäuferseite analysiert, sondern vielmehr die Dyade zwischen Einkäufer und Verkäufer. Zusammenfassend dienen die Eigenschaften einzelner persönlicher Interaktionen der Analyse eines diskreten, in sich geschlossenen Phasenverlaufs, sodass das Ziel einer gedanklichen Desaggregation verschiedener Episoden in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht für die Dyade der Kommunikationsbeteiligten erreicht wird. Zur Unterscheidung und Definition der Episoden gewinnen Informationen und soziale Elemente besondere Relevanz. „It is important to note, that information and social exchange between parties can continue for a considerable time without there being an exchange of product or money.“522 Als ‚Parteien’ werden hier die beteiligten Individuen betrachtet, die in Vorbereitung des organisationalen Produkt- und Leistungsaustauschs Informationen und Beziehungsaspekte austauschen. Für die Beschreibung von Episoden sind zwei Konstellationen im Hinblick auf die Kommunikationsgestaltung und den Aufbau persönlicher Beziehungen zu betrachten, das erste Treffen zweier Unbekannter und alle weiteren Treffen, in denen Informationen aus mindestens einer gemeinsamen vorherigen Interaktion vorliegen. Die Dimensionen der Episodendefinition stellen also auf die Kommunikationsinhalte – den Informationsaustausch und den sozialen Austausch – und die Häufigkeit der Treffen ab. 4.3.2
Episoden-Dimension ‚Konkretheit des Gesprächsobjekts’
Der Informationsaustausch beinhaltet die Betrachtung des Inhalts der Kommunikation, der als „the degree to which technical, economic, or organizational questions dominate the exchange“ definiert werden kann und darüber hinaus „the width and depth of the information“523. Der Inhalt der Kommunikation kann durch dessen Konkretheit beschrieben werden; es ist dann anzugeben, welche Inhalte dominieren und wie detailliert die Informationen hinsichtlich eines bestimmten Leistungsaustauschs sind. Dabei können spezifische Informationen bezüglich eines bestimmten Problems auf Einkäuferseite und Angebote zu dessen Lösung von Verkäuferseite eingebracht werden. Hier stehen der Inhaltsaspekt der Kommunikation und die Informationsqualität im Vordergrund. Aber auch unspezifische Informationen zu allgemeinen Dingen des Lebens und geschäftliche Aspekte ohne konkreten Projektbezug können Objekt der Kommunikation sein. Unspezifische Informationen stellen eher auf die sozialen und beziehungsrelevanten Gesichtspunkte der Kommunikation ab.
519
Vgl. Backhaus/ Günter (1976), S. 255 ff.; Richter (2001), S. 48 ff. Vgl. Möller (1981), S. 4. Vgl. Backhaus/ Voeth (2007), S. 44. 522 Håkansson (1982), S. 17. 523 Håkansson (1982), S. 16. 520 521
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
127
Das Niveau der Konkretheit des Gesprächsobjekts bewirkt als unabhängige Variable einen unterschiedlich hohen Bedarf an Unsicherheitsreduktion und Umsetzungsstrategien. Damit wird die Erwartung an die Kommunikationsqualität tangiert. In konkreten Gesprächssituationen werden leistungsbezogene, spezifische Eigenschaften des Leistungsobjekts (Produkte, Projekte, Verträge) besprochen, nicht-konkrete Gespräche sind leistungsübergreifend.524 Der Bedarf der Unsicherheitsreduktion entsteht aus den Risiken einer möglichen Fehleinschätzung des Verkäufers durch den Einkäufer. In leistungsbezogenen Gesprächen mit konkreten Folgen sind die sozialen, funktionalen und finanziellen Risiken höher als in leistungsübergreifenden Gesprächen (vgl. für die Risikoarten in der Risikotheorie Kapitel 3.3.1.6). Hiermit wird eine höhere Erwartung des Einkäufers an die Erfüllung der Kommunikationsdimensionen durch den Verkäufer begründet. Leistungsbezogene Informationen sind auf konkrete Eigenschaften des Austauschobjekts bezogen (Preis, Leistungsumfang des Produkts, Serviceangebote). Damit sind die (hohen) Erwartungen des Einkäufers für den Verkäufer relativ klar definiert, durch diesen gut einzuschätzen und via Signaling zu erfüllen (vgl. zur Informationsökonomie Kapitel 3.3.2.3). Die Leistung kann damit den Erwartungen relativ gut angepasst werden. Darüber hinaus ist das Folge-Risiko in nicht-konkreten Gesprächssituationen für den Verkäufer ebenfalls geringer, sodass gegebenenfalls die Anstrengungen zur Erwartungserfüllung im Vergleich zu leistungsbezogenen Gesprächen reduziert werden. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Überlegungen zum Einfluss der unabhängigen Variable ‚Konkretheit des Gesprächsobjekts’ auf die Erwartungsentstehung und -erfüllung sowie damit die Kommunikationszufriedenheit wird folgende Hypothese formuliert: H 2.2.1: Wenn das Gesprächsobjekt vom Einkäufer als konkret (leistungsbezogen) wahrgenommen wird, dann sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit höher als bei nichtkonkreten (leistungsübergreifenden) Gesprächsobjekten. In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ hatten 83,9 % (n = 245) der erfassten Gespräche ein konkretes Gesprächsobjekt. Bei der Prüfung der Wirkung der unabhängigen Kontextvariable ‚Konkretheit’ konnte zwischen konkreten und nicht-konkreten Gesprächen kein signifikanter Unterschied für die Niveaus der Zufriedenheiten festgestellt werden, sodass die Hypothese H 2.2.1 nicht bestätigt werden kann. Die Kontextvariable ‚Konkretheit des Gesprächsobjekts’ moderiert die Stärke der Korrelationen zwischen den Zufriedenheitsniveaus mit den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 53). In der Einzelbetrachtung sind die Korrelationen der Dimensionen ‚Informationsfluss’, ‚Kontextverständnis’ und ‚Interesse an personalisierter Kommunikation’ in Gesprächen mit nicht-konkretem Gesprächsobjekt stärker als in konkreten Gesprächen.
524
Vgl. Diller et al. (2005), S. 78 f.
128
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Die Kontextvariable ‚Konkretheit des Gesprächsobjekts’ moderiert die relativen Wichtigkeiten der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 53). Dabei werden die quadrierten Korrelationen zueinander in Relation gesetzt und Rängen zugewiesen. Konkretheit des Gesprächsobjekts
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
Ja, konkret
Ja, konkret
Kommunikationsdimension
n = 245
n = 45
Inhaltsqualität
,599**
,574**
3
4
Informationsfluss
,563**
,753**
6
1
5
Offenheit
,544**
,428**
8
12
-4
Vertrauenswürdigkeit
,622**
,576**
1
3
-2
Kontextverständnis
,408**
,451**
13
8
5
Interesse an pers. K.
,264**
,436**
14
11
3
Unterhaltsamkeit
,435**
,354**
12
14
-2
Kompetenz
,596**
,592**
4
2
2
Souveränität
,568**
,373**
5
13
-8
Empathie
,562**
,448**
7
9
-2
Kooperationsbereitschaft
,622**
,457**
2
7
-5
Lösungsorientierung
,506**
,483**
9
5
4
Freundlichkeit
,499**
,441**
11
10
1
Konfliktumgang
,505**
,471**
10
6
4
Nein, nicht
Tendenz
konkret
Nein, nicht konkret
-1
** Signifikanzniveau 0,01
Abbildung 53
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Episoden: Konkretheit des Gesprächsobjekts
Beim Vergleich der Rangfolgen der Wichtigkeiten zwischen Gesprächen mit und ohne konkretem Gesprächsobjekt können Unterschiede und verschiedene Veränderungstendenzen identifiziert werden. In konkreten Gesprächssituationen sind ‚Vertrauenswürdigkeit’, ‚Kooperationsbereitschaft’ und ‚Inhaltsqualität’ am wichtigsten für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. In Gesprächen ohne konkretes Gesprächsobjekt sind die Dimensionen ‚Informationsfluss’, ‚Kompetenz’ und ‚Vertrauenswürdigkeit’ am wichtigsten. In konkreten Gesprächssituationen sind die Kommunikationsdimensionen ‚Offenheit’, ‚Kooperationsbereitschaft’ und insbesondere die ‚Souveränität’ des Verkäufers wichtiger als in nicht-konkreten Gesprächen. In nichtkonkreten Gesprächen ist der ‚Informationsfluss’ als gegenseitiges und aktives Informationsangebot des Verkäufers wesentlich wichtiger als in konkreten Gesprächssituationen. Die erhöhten Korrelationen zwischen den Dimensionen ‚Informationsfluss’, ‚Kontextverständnis’ sowie ‚Interesse an personalisierter Kommunikation’ und der Gesamtzufriedenheit können durch folgende Überlegungen begründet werden. Der ‚Informationsfluss’ gibt einem Gespräch durch Gegenseitigkeit und aktive Informationsvermittlung Struktur. Diese wird in nicht-konkreten Gesprächen nicht durch das Gesprächsobjekt vorgegeben. Somit gewinnt die Kommunikationsdimension ‚Informationsfluss’ an Re-
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
129
levanz. Das ‚Kontextverständnis’ als allgemeines Nachvollziehen des geschäftlichen Umfelds des Einkäufers durch den Verkäufer und das privat orientierte ‚Interesse an personalisierter Kommunikation’ dienen dem Aufbau und der Pflege der geschäftlichen und sozialen Beziehung zwischen Einkäufer und Verkäufer. Die im analysierten Datensatz vorliegende erhöhte relative Wichtigkeit der Dimensionen ‚Offenheit’, ‚Kooperationsbereitschaft’, ‚Souveränität’ in Gesprächen mit konkretem Gesprächsobjekt kann aus deren Beitrag zum Risikoabbau resultieren und die Fähigkeit des Verkäufers sowie seines Unternehmens repräsentieren und unterstützen. Die erhöhte Korrelation der Dimension ‚Informationsfluss’ mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit in nicht-konkreten Gesprächen zeigt sich auch in der relativen Wichtigkeit dieser Dimension. Im Sinne der Wechselseitigkeit des Gesprächs des aktiven Informationsangebots dient der ‚Informationsfluss’ der Strukturierung der Face-to-Face Kommunikation durch den Verkäufer in Situationen, die nicht durch das Objekt und dessen formale Abwicklung strukturiert werden. Bei der Gestaltung von Kommunikationssituationen mit Blick auf die Zufriedenheitsniveaus kann die Kontextvariable ‚Konkretheit des Gesprächsobjekts’ tendenziell eher vernachlässigt werden, da diese keinen signifikanten Einfluss auf die abhängige Variable Zufriedenheit hat. Auf Basis der Ergebnisse kann empfohlen werden, die Kommunikation bei nicht-konkretem Objekt aktiv durch den Informationsfluss bei der Gestaltung des Kommunikationsverhaltens in der gegebenen Gesprächssituation zu strukturieren. 4.3.3
Episoden-Dimension ‚Häufigkeit der Treffen (Bekanntheit)’
Für die Dimension der Häufigkeit der Treffen (Bekanntheit) als unabhängige Variable sind mit der steigenden Menge verfügbarer und abgleichbarer Informationen ein Ansteigen der Erwartungen des Einkäufers an die Kommunikationsdimensionen und eine erhöhte Schwierigkeit der Erfüllung zu erwarten. Die Häufigkeit des Austauschs sozialer Elemente führt zu einer Reduktion von Unsicherheiten zwischen den Beteiligten durch mehr verfügbare Informationen.525 Die Anforderungen an die Unsicherheitsreduktion variieren mit der kulturellen und räumlichen Distanz sowie der Höhe der Finanzleistungen, dem Informationsbedarf und der Produktkomplexität.526 Die Häufigkeit des sozialen Austauschs führt neben dem Aufbau von Beziehungen zur Klärung von Anforderungen und Erwartungen durch Routine.527 Attributionstheoretisch (vgl. Kapitel 3.3.1.4) kann die Art der verfügbaren Informationen (Konsensus, Distinktheit, Konsistenz) zur Erklärung resultierender unterschiedlicher Zufriedenheitsniveaus herangezogen werden. Gemäß KELLEYs ‚Kovariationsprinzip’ (vgl. Kapitel 3.3.1.4) schreibt der Einkäufer das Verhandlungsergebnis und die Erfüllung seiner Erwartungen abhängig von den verfügbaren Informationen sich selbst, dem Verkäufer (Entität / Stimu525 526 527
Vgl. Frommeyer (2005), S. 2. Vgl. Håkansson (1982), S. 17. Der Einfluss der Häufigkeit persönlicher Kontakte auf die Wahrscheinlichkeit positiver Einigung zwischen Verkäufer und Einkäufer wird von Kapitza (1987) bestätigt; Kern (1990) konstatiert den Einfluss enger Geschäftsbeziehungen auf die Steigerung der Kontakthäufigkeit; Theile (2004) unterstützt die Annahme, dass persönliche Kontakte das Verhandlungsergebnis positiv beeinflussen, entdeckt jedoch keinen signifikanten Einfluss der Anzahl der Verhandlungsrunden (vgl. Theile (2004), S. 209).
130
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
lus) oder der Situation (Umstände) zu. Kann er annehmen, dass er sich konsistent in der Situation im Vergleich zu anderen, ähnlichen Situationen zu anderen Zeitpunkten gegenüber anderen Verkäufern verhalten hat, wird er die Ursache seiner eigenen Person zuschreiben. Sind jedoch auch Konsensus und Distinktheit hoch – das heißt, dass er sich nur diesem Verkäufer (Stimulus) gegenüber zu jedem Zeitpunkt gleich verhält – wird er die Ursache der Person des Verkäufers zuschreiben. Um das eigene Verhalten gegenüber dem Verkäufer in verschiedenen Situationen einschätzen zu können, muss eine vergleichbare Situation vorliegen. Bei einem ersten Treffen kann im Vergleich zwischen personaler und Stimulusattribution eher eine personeninterne Ursachenzuschreibung angenommen werden.528 Wird das Verhandlungsergebnis – wie bei einem ersten Treffen – personenintern attribuiert, wird eine Nichterfüllung der Kommunikationserwartungen durch die Erhaltung des Selbstwerts nicht zu starker Unzufriedenheit führen. Gibt es dagegen die Möglichkeit einer externalen Attribution auf den Stimulus ‚Verkäufer’, so kann sich der Einkäufer vom Kommunikationsergebnis distanzieren, und eine Nichterfüllung von Erwartungen kann stärker zur Unzufriedenheit werden. Für die Häufigkeit des Treffens kann also, attributionstheoretisch basiert, angenommen werden, dass der Einkäufer beim ersten Treffen eher personenintern attribuiert und damit die Erfüllung der Kommunikationsdimensionen positiver bewertet als bei einer möglichen personenexternen Attribution bei erneuten Treffen. Unter Beachtung der Überlegungen zu Menge und Vergleichbarkeit der in mehreren Treffen übertragenen Informationen wird angenommen, dass die Erwartungen des Einkäufers ab dem zweiten Treffen ansteigen und damit per se schwieriger zu erfüllen sind. Des Weiteren kann für die Bewertung der Erfüllung der Kommunikationsdimensionen des Einkäufers attributionstheoretisch angenommen werden, dass bei einem zweiten (und weiteren) Treffen eher personenextern (auf den Verkäufer) attribuiert wird und damit eine Nichterfüllung der Erwartungen eher zu Unzufriedenheit führt als beim ersten Treffen. Für die Kontextvariable ‚Bekanntheit des Gesprächspartners’ als unabhängige Variable mit Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit kann folgende Hypothese abgeleitet werden: H 2.2.2: Wenn Einkäufer und Mitglied des anbietenden Unternehmens einander mindestens einmal zuvor getroffen haben, so sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikations-zufriedenheit niedriger als wenn die beiden einander noch nie zuvor getroffen haben. Von den in der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ befragten Einkäufern kannten 80,1 % den Verkäufer bereits aus vorherigen Gesprächen, 19,9 % trafen ihren Gesprächspartner zum ersten Mal.
528
Eine Attribution auf die Umstände ist bei geringem Konsensus und geringer Konsistenz als personenexterne Ursachenzuschreibung unabhängig von der Anzahl der Treffen möglich: Nur in dieser Situation, aber bei jedem Verkäufer würde der Einkäufer sich so verhalten. Obige Ausführungen stellen rein auf die unterschiedliche Wirkung der Attribution auf Einkäufer oder Verkäufer ab.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
131
Bei der Prüfung des Einflusses der unabhängigen Variable ‚Bekanntheit des Gesprächspartners’ konnte ein signifikanter Unterschied der Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen ‚Kontextverständnis’ und ‚Freundlichkeit’ zwischen dem ersten und weiteren Treffen festgestellt werden. Kommunikationsdimension
nicht bekannt
bekannt
n
Mittelwert
Kontextverständnis*
223
2,26
Freundlichkeit*
232
1,84
SD
Differenz SD Mittelwert
n
Mittelwert
,894
52
2,63
,841
-0,37
,710
58
2,14
,847
-0,29
* signifikant auf dem Niveau 0,05 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“ Abbildung 54
Bekanntheit der Gesprächspartner: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Die Differenz der Mittelwerte ergibt ein höheres Zufriedenheitsniveau in Situationen, in denen die Beteiligten einander zum ersten Mal trafen. Damit kann die Hypothese H 2.2.2 für diese Kommunikationsdimensionen bestätigt werden. Die Kontextvariable ‚Konkretheit des Gesprächsobjekts’ moderiert die Stärke der Korrelationen zwischen den Zufriedenheitsniveaus mit den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Häufigkeit des Treffen (Bekanntheit)
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
Ja, bekannt
Nein, nicht bekannt
Ja, bekannt
Tendenz
Kommunikationsdimension
n = 233
n = 58
Inhaltsqualität
,618**
,512**
1
9
-8
Informationsfluss
,597**
,574**
3
5
-2
Offenheit
,490**
,626**
10
2
8
Vertrauenswürdigkeit
,599**
,662**
2
1
1
Kontextverständnis
,462**
,231*
11
14
-3
Interesse an pers. K.
,280**
,335**
14
13
1
Unterhaltsamkeit
,389**
,511**
13
10
3
Kompetenz
,596**
,605**
4
4
0
Souveränität
,537**
,491**
7
11
-4
Empathie
,554**
,542**
6
7
-1
Kooperationsbereitschaft
,592**
,615**
5
3
2
Lösungsorientierung
,497**
,518**
8
8
0
Freundlichkeit
,460**
,571**
12
6
6
Konfliktumgang
,496**
,488**
9
12
-3
Nein, nicht bekannt
** Signifikanzniveau 0,01; * Signifikanzniveau 0,05
Abbildung 55
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Episoden: Häufigkeit des Treffens (Bekanntheit)
In der Einzelbetrachtung sind die Korrelationen der Dimensionen ‚Inhaltsqualität’, ‚Informationsfluss’, ‚Kontextverständnis’, ‚Souveränität’, ‚Empathie’, und ‚Konfliktumgang’ bei Gesprächen zwischen Beteiligten, die sich bereits zuvor getroffen haben, höher als bei Beteiligten, die sich zum ersten Mal treffen. Die Kontextvariable ‚Bekanntheit des Gesprächspartners’
132
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
moderiert die relativen Wichtigkeiten der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Berechnung der relativen Wichtigkeit und deren Vergleich zwischen ersten Begegnungen und Wiederholungstreffen ergibt eine wesentliche höhere Relevanz der Kommunikationsdimensionen ‚Inhaltsqualität’ in Situationen zwischen Bekannten als in Situationen zwischen Unbekannten. Die Kommunikationsdimensionen ‚Offenheit’ und ‚Freundlichkeit’ sind in Gesprächen zwischen Unbekannten besonders wichtig. Der sachliche Aspekt der Kommunikation rückt mit der besonderen Wichtigkeit der Kommunikationsdimension ‚Inhaltsqualität’ tendenziell in den Vordergrund. Nachdem die ersten sozialen Kennenlernprozesse in vorherigen Treffen im Vordergrund standen – dafür spricht auch die hohe Relevanz der ‚Offenheit’ und ‚Freundlichkeit’ beim ersten Treffen – kann in Folgetreffen eine Verschiebung der Konzentration auf eher inhaltliche Aspekte erfolgen. Die Häufigkeit der Treffen beeinflusst die Zufriedenheitsniveaus der Dimensionen „Kontextverständnis’ und ‚Freundlichkeit’ signifikant. Mit der Häufigkeit der Treffen nehmen die Zufriedenheitsniveaus ab. Um die Beziehung durch häufigere Treffen aufzubauen und zu pflegen, wird eine bessere Gesprächsvorbereitung des Verkäufers insbesondere hinsichtlich des Geschäftsumfelds des Einkäufers empfohlen. Für Folgetreffen könnte auf Basis der vorliegenden Daten eine stärkere Ausrichtung auf die Vorbereitung der Informationen (Inhaltsqualität) angestrebt werden. In Treffen zwischen unbekannten Beteiligten sollte tendenziell der Eindruck einer offenen Kommunikation im Vordergrund stehen. 4.3.4
Episoden-Ausprägungen
Die folgende Abbildung fasst die Dimensionen ‚Konkretheit des Kommunikationsobjekts’ und ‚Häufigkeit des Aufeinandertreffens’ und deren Kombinationen zu vier Episoden zusammen. Häufigkeit des Treffens
Erstes Treffen
(1 + n) Treffen
Konkretheit des Gesprächsobjekts Unspezifisch
Informationssammlung
Socialising
Spezifisches
Akquise
Verhandlung
Abbildung 56
Dimensionen und Episoden
Im Folgenden werden die einzelnen Episoden hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Ziele und Anforderungen an die Kommunikation der Gesprächspartner beschrieben. In der Episode ‚Informationssammlung’ treffen die Gesprächsbeteiligten zum ersten Mal aufeinander und haben kein konkretes Gesprächsobjekt. Das heißt, dass die Anbieterseite ihre Kompetenzen generell präsentiert und die Bedarfe der Einkäuferseite zu erfassen versucht. Die Einkäuferseite überprüft ihre Anforderungen und Problemstellungen und es werden eventuell mögliche Lösungswünsche identifiziert. Einkäufer befinden sich in der Vorüberle-
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
133
gungsphase.529 Hierbei werden Probleme (weiter) konkretisiert und Projekte auf ihre unternehmensbezogene Sinnhaftigkeit geprüft. Am Ende steht die Grundsatzentscheidung / Bewertung über die weitere Verfolgung des Vorhabens. Bei positivem Entscheid entsteht hier erstmals eine Beschaffungsbereitschaft. Die Informationssammlung kann auch nur genereller Natur sein, wenn Einkäufer und Verkäufer den ‚Pool’ potenzieller Geschäftspartner erweitern und den Beginn eines Netzwerks schaffen oder ein bestehendes Netzwerk mit neuen Mitgliedern erweitern wollen. Beide Seiten versuchen in dieser Phase, das Gegenüber und sein Anforderungs-, Leistungs- und Beziehungspotenzial abzuschätzen. Ziel ist die Schaffung einer möglichst aussagekräftigen Informationsbasis. Dabei sind sowohl inhaltliche wie auch soziale Aspekte der Kommunikation relevant. In der Episode ‚Socialising’ steht der Networking-Charakter noch mehr im Vordergrund. In dieser Episode treffen Gesprächspartner aufeinander, die sich bereits kennen, wahrscheinlich ihre Bedarfe und potenziellen Lösungen erfahren haben und akut keine konkrete Anfrage stellen wollen. Insofern ist ihr Gesprächsobjekt nicht geschäftlich, sondern persönlich und sozial orientiert. Mit dem beiderseitigen Ziel des Ausbaus der Beziehung im Netzwerk stehen soziale Aspekte der Kommunikation im Vordergrund. In der Episode ‚Akquise’ treffen die Beteiligten zum ersten Mal aufeinander und haben ein konkretes, spezifisches Gesprächsobjekt. Dabei handelt es sich um ein Projekt, Produkt oder eine andere Leistung, die das anbietende Unternehmen den Vertretern des einkaufenden Unternehmens vorstellt. Analog kann das einkaufende Unternehmen den eigenen Bedarf bereits festgestellt haben und mit einer konkreten Anfrage an das anbietende Unternehmen herantreten. In dieser Such-, Informations- und Anfragephase530 findet eine (intensive) Suche nach Kaufalternativen abhängig von Gütertyp und innerorganisationalen Erfahrungen statt. Einkäufer stellen konkrete Anfragen an potenzielle Lieferanten und holen konkrete Angebote ein. Hierbei werden die Problemlösungsfähigkeiten der Anbieter ausgelotet und gegebenenfalls im Rahmen von Ausschreibungsverfahren vergleichbare Informationen über verschiedene Anbieter gesammelt.531 Die besonderen Anforderungen in dieser Phase liegen in der „technischen Vorauswahl“532. Da technische Gesichtspunkte im Vordergrund stehen, werden die Lösungsvorschläge der Anbieter von der Einkäuferseite hinsichtlich ihrer Eignung geprüft, die Anforderungen zu erfüllen. Darüber hinaus wird auch die Eignung der Hersteller eingeschätzt, das Projekt ohne das Risiko eines Misserfolgs zu bewältigen. Eine Risikoabschätzung kann auch auf Verkäuferseite hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit und des Referenzpotenzials der Einkäuferseite durchgeführt werden. In dieser Episode ist das Ziel der Verkäuferseite, die eigenen Kompetenzen und Leistungspotenziale so zu präsentieren, dass die Einkäuferseite die Lösungsfähigkeit erkennt und Vertrauen in die Angebotseignung fasst. Für die Einkäuferseite stehen die Einschätzung der Fähigkeiten, die Minimierung des Risikos eines Misserfolgs und der Abgleich des Lösungsangebots mit dem zugrundeliegenden Problem im Vordergrund. Hieraus resultieren Anforderungen an die Detailliertheit und Überzeu-
529
Vgl. Fitzgerald (1989), S. 113 ff.; Spiegel-Verlag (1982), S. 8. Vgl. Fitzgerald (1989), S. 113 ff.; Richter (2001), S. 51 ff. Vgl. Backhaus/ Günter (1976), S. 255 ff.; Backhaus/ Voeth (2007), S. 46. 532 Kratz (1975), S. 77. 530 531
134
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
gungskraft der Kommunikationsdimension ‚Informationsqualität’. Mit der Relevanz des notwendigen Vertrauens in die Leistungsfähigkeit des anbietenden Unternehmens und den forderungen an eine Zusammenarbeit in der Zukunft sind ebenfalls soziale Aspekte der Kommunikation zu erfüllen. In der Episode ‚Verhandlung’ kennen die Gesprächspartner einander und haben ein konkretes Gesprächsobjekt. Zu dieser Episode kommt es mit wenigen potenziellen Lieferanten, die alle grundsätzlich in der Lage sind, die technischen Anforderungen zu erfüllen.533 Unter Umständen zählen zu dieser Episode mehrere (meist mehrstündige) Sitzungen,534 bei denen nicht unbedingte Akzeptanz der Forderungen im Vordergrund steht, sondern die Identifikation der Erwartungen des Gegenübers und deren Beeinflussung bis zum Erreichen einer beiderseitig befriedigenden Lösung.535 Beiderseitiges Ziel dieser Episode ist die Aushandlung günstiger Konditionen und akzeptabler Gegenleistungen536 bis hin zum Abschluss eines Vertrags, wobei es verschiedene Inhalte geben kann (z. B. allgemeine Lieferbedingungen, Zusatzleistungen, technische Details, Dienst- und Serviceleistungen, Montage-, Inbetriebnahme-, Testlaufzeiten, kaufmännische Details, juristische Details). Zur effizienten Abwicklung vorgenannter Punkte sind die in der Kommunikationssituation übertragenen Informationen relevant. Für die Aushandlung günstiger Konditionen und zur Überzeugung des Gegenübers sowie dessen Akzeptanz sind auch die beziehungsbezogenen, sozialen Dimensionen der Kommunikation wichtig. Werden die Wirkungen der Dimensionsausprägungen zusammengefasst, kann für den Einfluss der Episode als unabhängige Variable auf die Gesamtkommunikationszufriedenheit und ihre Dimensionen folgende Hypothese formuliert werden: H 2.2.3: Die Episode hat Einfluss auf das Niveau der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Aus den erhobenen Daten der Studie ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ wurden mit der Kombination der Dimensionen ‚Konkretheit des Gesprächsobjekts‘ und ‚Häufigkeit der Treffen (Bekanntheit)‘ die vier beschriebenen Episoden gebildet. Abbildung 57 verdeutlicht die Verteilung in der Gesamtheit der Nennungen.
533
Vgl. Engelhard/ Günter (1981), S. 132. Vgl. Fitzgerald (1989), S. 165. Vgl. Gemünden (1981), S. 175 ff. 536 Vgl. Kratz (1975), S. 81. 534 535
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
135
Episode Informationsgespräch (unbekannt/ unkonkret); 13; 4,5%
Akquise (unbekannt/ konkret); 44; 15,2%
Socializing (bekannt/ unkonkret); 31; 10,7%
Verhandlung (bekannt/konkret); 201; 69,6%
(n = 289; Episode; n; Prozentanteil) Abbildung 57
Verteilung der Episoden in der Stichprobe
Für die Kommunikationsdimension ‚Kontextverständnis’ kann die Hypothese H 2.2.3 auf einem signifikanten Niveau bestätigt werden (vgl. Abbildung 58). Episode (n)
1
n (1)
2
Verhandlung Kontextverständnis*
2,25
n (2)
Socialising
195
2,33
3
n (3)
4
Infogespräch
27
2,70
n (4) Akquise
10
2,63
41
* signifikant auf dem Niveau von 0,03 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 58
Episoden: Mittelwertvergleich der Kommunikationsdimension ‚Kontextverständnis‘
Die Kontextvariable ‚Episode‘ moderiert die Stärke der Korrelationen zwischen den Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 59). Episode
Verhandlung
n
Socialising
201
Informationsgespräch
31
Rang
r
Akquise
13 Rang
r
44
Kommunikationsdimension
r
Rang
Inhaltsqualität
,625**
1
,606**
4
,510*
11
,509**
10
Informationsfluss
,570**
6
,783**
1
,821**
1
,539**
8
Offenheit
,521**
8
0,279
13
,735**
3
,627**
3
Vertrauenswürdigkeit
,615**
3
,507**
5
,746**
2
,631**
1
Kontextverständnis
,465**
12
,454**
6
,460
12
0,154
14
Interesse an pers. K.
,272**
14
,325*
11
,658**
4
0,234
13
Unterhaltsamkeit
,419**
13
0,207
14
,595*
9
,509**
11
Kompetenz
,593**
4
,608**
3
,618*
7
,620**
4
Souveränität
,555**
7
,423*
7
,321
13
,552**
7
Empathie
,581**
5
,397*
8
,643*
5
,514**
9
Kooperationsbereitschaft
,619**
2
,376*
10
,607*
8
,631**
2
Lösungsorientierung
,480**
10
,658**
2
,252
14
,599**
5
Freundlichkeit
,477**
11
0,318
12
,589*
10
,556**
6
Konfliktumgang
,514**
9
,377*
9
,624*
6
,465**
12
** Signifikanzniveau 0,01; * Signifikanzniveau 0,05
Abbildung 59
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und relativen Wichtigkeit – Episoden
r
Rang
136
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
In der Einzelbetrachtung sind die Korrelationskoeffizienten der Dimensionen ‚Inhaltsqualität‘, ‚Kontextverständnis‘ und ‚Souveränität‘ in der Episode Verhandlung am höchsten. Die Dimension ‚Lösungsorientierung‘ korreliert in der Episode Socialising am höchsten mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Korrelationskoeffizienten der Dimensionen ‚Informationsfluss‘, ‚Offenheit‘, ‚Vertrauenswürdigkeit‘, ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘, ‚Unterhaltsamkeit‘, ‚Empathie‘, ‚Freundlichkeit‘ und ‚Konfliktumgang‘ sind in der Episode Informationssammlung am höchsten. Die Dimensionen ‚Kompetenz‘ und ‚Kooperationsbereitschaft‘ korrelieren in der Episode Akquise am stärksten mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Kontextvariable ‚Episode’ moderiert die relativen Wichtigkeiten der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 59). Für die relativen Wichtigkeiten kann festgestellt werden, dass die ‚Inhaltsqualität’ in Verhandlungen die relativ wichtigste Kommunikationsdimension ist. In Gesprächen mit nicht-konkretem Gesprächsobjekt wie Socialising und Informationsgesprächen ist der (strukturgebende) ‚Informationsfluss’ am wichtigsten. Bei der Akquise steht die ‚Vertrauenswürdigkeit‘ im Vordergrund. Die ‚Kooperationsbereitschaft’ ist in konkreten Episoden wie der Verhandlung und der Akquise wichtiger als in nicht-konkreten Episoden. Auf Basis der vorliegenden Daten kann eine Berücksichtigung der Episode bei der Gestaltung und Vorbereitung von Kommunikationssituationen empfohlen werden. Abhängig von der Episode scheint sich das Niveau der Zufriedenheit mit dem ‚Kontextverständnis’ zu verändern. Durch entsprechende Vorbereitung der Verkäufer auf Gespräche auch mit bisher unbekannten Einkäufern und deren strategischer und operativer Geschäftstätigkeit kann einer möglichen Verringerung der Zufriedenheitsniveaus vorgebeugt werden. In nicht-konkreten Gesprächssituationen scheint die strukturgebende Funktion des ‚Informationsflusses’ durch den Verkäufer besonders wichtig. Die Gegenseitigkeit der Kommunikation (angemessene Sprecher-Hörer-Wechsel) und das aktive Anbieten von Informationen dienen dazu, und ein entsprechendes Training kann empfohlen werden. In Verhandlungen scheint die ‚Inhaltsqualität’ besonders wichtig. Tendenziell sollte hier die Vor- und Aufbereitung von Informationen im Vordergrund stehen.
Selling Center
Branche
Episode
Branche
situativer Kontext
Unternehmen
Empfänger
Sender
Nationalität / Kultur
Unternehmen
Individuelle Faktoren
Buying Center
Nationalität / Kultur
4.4
Die individuellen Eigenschaften der beteiligten Personen auf Einkäufer- und Verkäuferseite sind ebenfalls Elemente des integrativen Kommunikationsansatzes. Sie betreffen Funktion, Position, Geschlecht, Erfahrungen und Persönlichkeit von Einkäufer und Verkäufer.
Face-to-Face Kommunikation
4.4.1
Funktionen
Die Notwendigkeit der Betrachtung unterschiedlicher Funktionen resultiert aus den Anforderungen auf Einkäufer- und Verkäuferseite, wie sie zuvor auch in den Episoden beschrieben
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
137
wurden. Auf Einkäuferseite müssen Probleme identifiziert und formuliert werden, sodass eine Lösung gesucht werden kann. Anschließend müssen Lieferanten gefunden, ausgewählt und der Kaufprozess abgewickelt werden. Auf Verkäuferseite ist das Wissen um die Umsetzbarkeit von Problemlösungen neben der reinen verkaufenden Tätigkeit relevant. Die Funktion, die ein Mitglied eines Einkaufs- und Verkaufsgremiums537 im Unternehmen ausübt, kann unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern zugeordnet werden.538 In verschiedenen empirischen Studien identifizierten Autoren als Funktionen der Mitglieder eines Buying Centers - abhängig von der Phase, in der sich der Kauf- und Entscheidungsprozess befindet, der Art des Unternehmens und des Produkts - Technik, Produktion, Unternehmensleitung, Finanzen, Marketing / Vertrieb, Datenverarbeitung, Administration und immer den Einkauf.539 Die Unterschiedlichkeit der Funktion identifizierte RUDOLPH (1998) in ihrer Studie zur Kundenzufriedenheit im Industriegüterbereich als moderierende Variable des Einflusses unterschiedlicher Zufriedenheitsdimensionen auf die Gesamtzufriedenheit mit einem anbietenden Unternehmen.540 Die Funktion des Mitglieds des verkaufenden Unternehmens kann entsprechend in verkaufsorientierten Abteilungen wie Marketing und Vertrieb angesiedelt sein, aber auch in Forschung und Entwicklung, Produktion sowie Unternehmensleitung und anderen.541 Die unterschiedlichen Funktionen korrelieren mit verschiedenen Rollen. Für die Einkäuferseite ist das Rollenkonzept von WEBSTER und WIND (1972)542 besonders beachtet worden. Die Autoren beschreiben Rollen, die auch in Face-to-Face Kommunikationssituationen vertreten sein können, und denen unterschiedliche Funktionen im Unternehmen zugeordnet werden können:543 x
Einkäufer (buyer): Mitglieder der operativen Einkaufsabteilung entscheiden häufig über die Lieferantenauswahl und wickeln den Kaufprozess ab.
x
x
Benutzer (user): Dies sind Mitglieder der Abteilungen, die die zu kaufende Leistung später verwenden sollen (z. B. IT-Abteilung bei Computer Hard- und Software, Produktionsabteilung bei Maschinen, Marketingabteilungen bei Werbemitteln). Entscheider (decider): Dies sind Mitglieder in höheren hierarchischen Positionen, die aufgrund ihrer Machtposition letztlich Entscheidungen treffen. Dazu zählen Vorstände, Inhaber und Geschäftsführer, die häufig auch strategische Einkaufsentscheidungen treffen.
537
Vgl. zur Multipersonalität im industriellen Vertrieb Kapitel 4.6. Hier sind beispielsweise nach Brand (1972) Unternehmensleitung, Technik, Einkauf, Finanzen, Verkauf, Marktforschung, Produktion und Externe zu nennen (vgl. ähnlich auch Johnston (1981), S. 262 und Johnston/ Bonoma (1981), S. 256). 539 Vgl. Rudolph (1998), S. 87. 540 Vgl. Rudolph (1998), S. 174 ff. 541 Vgl. Hutt et al. (1985), S. 34. 542 Vgl. Webster Jr./ Wind (1972), S. 78 ff. 543 Webster und Wind nennen zwei weitere Rollen (Beeinflusser / influencer und Informationsselektierer / gatekeeper), deren Protagonisten aber weniger in persönlichen Gesprächen zu erwarten sind, sondern vielmehr in den Gesamt-Kaufprozess und dessen Kontext involviert sind. 538
138
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Die Rollen ‚Einkäufer’, ‚Benutzer’ und ‚Entscheider’ stellen zum einen auf die Funktion ab, zum anderen sind auch Aspekte der hierarchischen Position zu beachten. Um der Relevanz des Einkaufs gerecht zu werden, stehen in dieser Studie die Verantwortlichen eben dieses Bereichs im Mittelpunkt. Innerhalb der Einkaufsabteilung kann bei operativer Ausrichtung die Rolle des ‚buyers’, bei strategischer Ausrichtung auch die Rolle des ‚deciders’ vertreten sein.544 Für diese Unterscheidung wird die hierarchische Position des Einkäufers herangezogen. Die Funktion des betrachteten Vertreters des anbietenden Unternehmens muss nicht zwangsläufig dem Vertrieb oder anderen verkaufsbezogenen Abteilungen zugeordnet sein. Da ein Selling Center durch mehr als eine Person vertreten werden kann, kann die Person, die in den Augen des Einkäufers das Gespräch am stärksten beeinflusst hat, auch aus Abteilungen wie der Produktion, Forschung und Entwicklung oder aus der (funktionsübergreifenden) Unternehmensleitung stammen. Die Funktion des Mitglieds des verkaufenden Unternehmens weckt beim Einkäufer bestimmte Erwartungen bezogen auf Kenntnisse und Fähigkeiten und auch Entscheidungskompetenzen. Die Höhe der Erwartungen hinsichtlich der Erfüllung der Kommunikationsdimensionen variiert. Entspricht das Verhalten der verkaufenden Person den Erwartungen des Einkäufers, kann balancetheoretisch begründete Kommunikationszufriedenheit entstehen. Auf Basis der Assimilations-Kontrast-Theorie kann darüber hinaus angenommen werden, dass das Zufriedenheitsniveau bei hoher Übereinstimmung noch höher ausfällt, bei geringerer Übereinstimmung dagegen niedriger ausfällt. Mit Blick auf die Funktion des betrachteten Mitglieds des anbietenden Unternehmens als unabhängige Variable wird folgende Hypothese formuliert: H 2.3.1: Der Funktionsbereich des Mitglieds des anbietenden Unternehmens hat Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Mitglieder der Vertriebs- und Marketingabteilungen sind häufig Generalisten, deren Kompetenzen in persönlichen Gesprächen vorwiegend in der Bedarfsidentifizierung, dem eigentlichen Verkauf und dessen Abwicklung liegen. Für die Entwicklung von Lösungsvorschlägen, Aussagen zu deren Umsetzbarkeit und Hinweisen zur Weiterentwicklung können die Kenntnisse aus anderen Funktionsbereichen besonders nützlich sein und zu einer höheren Kommunikationszufriedenheit führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Einkäufer den NichtMarketing-Vertreter des anbietenden Unternehmens als diejenige Person zur Betrachtung auswählt, die die Kommunikation besonders geprägt hat und die in der Erinnerung besonders präsent ist. Als weitere Hypothese wird deshalb formuliert: H 2.3.2: Wenn das Mitglied des anbietenden Unternehmens aus einem anderen spezifischen Funktionsbereich als dem Marketing / Vertrieb / Verkauf stammt, sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamt-
544
Vgl. für das Rollenkonzept Webster Jr./ Wind (1972), S. 78 ff.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
139
kommunikationszufriedenheit höher als wenn (nur) Marketingverantwortliche das anbietende Unternehmen vertreten. In der Studie ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ sind unterschiedliche Funktionsbereiche der Vertreter des anbietenden Unternehmens genannt worden. Die meisten sind dem Bereich ‚Marketing, Vertrieb, Verkauf’ (260; 92,5 %) zugeordnet worden. Ansonsten waren für den antwortenden Einkäufer Personen aus ‚Produktion’ (4; 1,4 %), ‚Forschung und Entwicklung’ (5; 1,8 %), ‚Logistik und Distribution’ (4, 1,4 %) und aus anderen Funktionsbereichen (8, 2,8 %) besonders präsent. Bei der Prüfung des Einflusses der unabhängigen Variable ‚Funktion des Mitglieds des anbietenden Unternehmens‘ auf die Niveaus der Zufriedenheit können die Hypothesen 2.3.1 und 2.3.2 nicht bestätigt werden. Dieses Ergebnis kann zum einen mit einer angemessenen Kommunikationsfähigkeit der Marketingvertreter auch bei spezifischen Fragestellungen erklärt werden. Zum anderen können die Einkäufer ihre Erwartungen an die Kommunikationsdimensionen bei unterschiedlichen Funktionen der Gesprächspartner angepasst haben, sodass keine signifikanten Unterschiede in den Zufriedenheitsniveaus festgestellt werden können. Die Kontextvariable ‚Funktion des Mitglieds des anbietenden Unternehmens‘ moderiert die Korrelationen zwischen den Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 60). Funktion des Mitglieds des
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
anbietenden Unternehmens Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
Marketing
andere
Marketing
Tendenz
Kommunikationsdimension
n = 260
n = 21
Inhaltsqualität
,587**
,706**
5
1
4
Informationsfluss
,599**
,660**
3
4
-1
Offenheit
,527**
,468*
8
8
0
Vertrauenswürdigkeit
,639**
0,180321245
1
13
-12
Kontextverständnis
,429**
0,331962083
13
11
2
Interesse an pers. K.
,338**
0,055412636
14
14
0
Unterhaltsamkeit
,460**
0,20666157
12
12
0
Kompetenz
,592**
,630**
4
6
-2
Souveränität
,542**
,663**
7
3
4
Empathie
,551**
,443*
6
9
-3
Kooperationsbereitschaft
,613**
,673**
2
2
0
Lösungsorientierung
,500**
,481*
10
7
3
Freundlichkeit
,499**
,637**
11
5
6
Konfliktumgang
,517**
,420*
9
10
-1
andere
** Signifikanzniveau 0,01; * Siginifikanzniveau 0,05
Abbildung 60
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeit – Funktion des Mitglieds des anbietenden Unternehmens
In der Einzelbetrachtung der Dimensionen sind die Korrelationskoeffizienten der Kommunikationsdimensionen ‚Inhaltsqualität‘, ‚Informationsfluss‘, ‚Kompetenz‘, ‚Souveränität‘, ‚Kooperationsbereitschaft‘ und ‚Freundlichkeit‘ mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit bei Ver-
140
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
tretern anderer Funktionsbereiche höher als bei Marketingvertretern. Die Korrelationskoeffizienten der Dimensionen ‚Offenheit‘, ‚Empathie‘, ‚Lösungsorientierung‘ und ‚Konfliktumgang‘ sind bei Marketingvertretern höher, ebenfalls die Korrelationskoeffizienten der Dimensionen ‚Vertrauenswürdigkeit‘, ‚Kontextverständnis‘, ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘ und ‚Unterhaltsamkeit‘. Die vier Letztgenannten korrelieren bei Vertretern aus anderen Funktionsbereichen als dem Marketing nicht signifikant mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Kontextvariable ‚Funktion des Mitglieds des anbietenden Unternehmens‘ moderiert auch die relativen Wichtigkeiten der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Bei Nicht-Marketing-Vertretern sind die Dimensionen ‚Inhaltsqualität‘, ‚Kooperationsbereitschaft‘ und ‚Souveränität‘ besonders wichtig. Bei Vertretern aus dem Marketing sind die ‚Vertrauenswürdigkeit‘, die ‚Kooperationsbereitschaft‘ und der ‚Informationsfluss‘ besonders wichtig für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Kommunikationsdimension ‚Vertrauenswürdigkeit‘ ist bei Gesprächen mit Marketingvertretern wesentlich wichtiger als bei Vertretern aus anderen Funktionsbereichen. Die Auswertung der vorliegenden Daten ergibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Funktion des Vertreters des anbietenden Unternehmens bei der Gestaltung von Kommunikationssituationen eine wesentliche Rolle spielt. In der Gesprächssituation zwischen Einkäufern und Vertretern des anbietenden Unternehmens kann angenommen werden, dass Nicht-Marketing-Vertreter als Gesprächsbeteiligte mit operativem Anwendungsbezug eher durch vermehrte ‚Inhaltsqualität’, ‚Lösungsorientierung’ und ‚Souveränität’ überzeugen müssen. Diese Kommunikationsdimensionen scheinen in entsprechenden Situationen wichtiger als in anderen Situationen. Marketingvertreter repräsentieren ein Unternehmen i. d. R. in seiner Gänze. Da ein Verkäufer üblicherweise nicht fachlich und operativ in den späteren Herstellungsprozess eingreifen kann, scheint seine ‚Vertrauenswürdigkeit’ für die Darstellung der Kompetenzen des anbietenden Unternehmens mit Blick auf technische Umsetzbarkeit und Lieferfähigkeit besonders wichtig. Entsprechende Trainings für Vertreter aus unterschiedlichen Funktionsbereichen für Gespräche mit Einkäufern können empfohlen werden. 4.4.2
Hierarchische Positionen
Aus der hierarchischen Position des Einkäufers entstehen – wie auch aus der Funktion unterschiedliche Risiken und damit Anforderungen an die Kommunikation. Der Einfluss von Hierarchien ist darüber hinaus landes-545 und unternehmenskulturell bedingt. Dies betrifft auch die anbietende Seite, wenn deren Vertretern unterschiedliche Positionen zuzuordnen sind. Positionen können auf beiden Seiten leitender (z. B. Vorstand / Geschäftsführer / Inhaber, Abteilungsleitung, Projektleitung, Gruppen- / Teamleitung) oder nicht-leitender Natur sein (z. B. Key Account Manager / Category Manager, Sachbearbeiter).
545
Vgl. für einen Vergleich zwischen Japan und den USA Kamins et al. (1998), S. 8 ff.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
141
In den Ausführungen zur Funktion des Mitglieds des verkaufenden Unternehmens wurde bereits auf Entscheidungsbefugnisse hingewiesen, die aus einer bestimmten Funktion resultieren können. Die hierarchische Position des Verkäufers stellt die formale Berechtigung zum Treffen von Entscheidungen dar. Darüber hinaus impliziert eine höhere Position auch eine entsprechende Kommunikationsfähigkeit und ein höheres soziales, funktionales und finanzielles Risiko für den Verkäufer. Dieses Risiko kann zu intensiveren Kommunikationsanstrengungen des Verkäufers führen. Der Einkäufer entwickelt entsprechende Erwartungen an die Kommunikationsfähigkeit und das -engagement des Verkäufers. Das Erwartungsniveau variiert mit der hierarchischen Position des Verkäufers. Analog zu den Ausführungen zur Funktion des Verkäufers kann balancetheoretisch Zufriedenheit aus der Erwartungserfüllung folgen und deren Niveau assimiliert oder kontrastiert werden. Die höhere hierarchische Position des Verkäufers bewirkt beim Einkäufer den Eindruck, der Verkäufer könne die Situation kontrollieren. Die Kommunikationsergebnisse werden der Person des Verkäufers zugeschrieben (Attributionstheorie). Werden die Erwartungen erfüllt, entsteht eine höhere Zufriedenheit, da bei stabilen Eigenschaften auch in Zukunft mit hohen Erwartungserfüllungen zu rechnen ist. Insgesamt ist also eher eine Assimilation zu erwarten, die zu einer noch positiveren Bewertung führt. Dabei erfolgt dissonanztheoretisch eine Angleichung der Bewertung an die Erwartungen, sodass kommunikative Unzulänglichkeiten des Verkäufers durch den Einkäufer weniger negativ bewertet werden. Mit Blick auf die hierarchische Position des Verkäufers als unabhängige Variable wird auf Basis der vorstehenden Überlegungen zu Kommunikationsfähigkeit und -risiko des Verkäufers in höheren hierarchischen Positionen und der Erwartungs- und Bewertungsprozesse des Einkäufers die folgende Hypothese formuliert: H 2.3.3: Ist das betrachtete Mitglied des anbietenden Unternehmens in leitender Position, so sind die Niveaus der Zufriedenheiten mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit höher als bei Vertretern in nichtleitender Position. In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ sind die betrachteten Mitglieder der anbietenden Unternehmen unterschiedlichen hierarchischen Positionen in ihrem Unternehmen zuzuordnen (vgl. Abbildung 61).
142
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Position Verkäufer andere hierarchische Position; 3; 1,1%
Key Account Manager / Category Manager; 91; 32,6%
Gruppen-/ Teamleitung; 13; 4,7%
Vorstand / Geschäftsführung / Inhaber; 76; 27,2%
Abteilungsleitung; 76; 27,2%
Projektleitung; 20; 7,2%
Abbildung 61
(n = 279; Position, n; Prozentanteil)
Verteilung der hierarchischen Positionen der Verkäufer
Zur weiteren Analyse wurden die ermittelten Daten den zwei Gruppen leitende (Vorstand, Abteilungs-, Projekt-, Gruppenleitung) und nicht-leitende Positionen zugeordnet. Die leitenden und nicht-leitenden hierarchischen Positionen der Verkäufer führen zu signifikant unterschiedlicher Zufriedenheit des Einkäufers mit den Kommunikationsdimensionen ‚Unterhaltsamkeit’, ‚Kompetenz’, ‚Souveränität’, ‚Lösungsorientierung’ und ‚Freundlichkeit’. Die Hypothese H 2.3.3 für die Wirkung der Position des Verkäufers als unabhängige Variable kann für diese Dimensionen bestätigt werden, da die Zufriedenheiten bei leitenden Verkäufern höher sind. Kommunikationsdimension
Leitend
Nicht leitend
Differenz SD Mittelwert
n
Mittelwert
SD
n
Mittelwert
Unterhaltsamkeit*
153
2,52
,960
72
2,82
1,039
-0,30
Kompetenz*
184
2,17
,936
91
2,37
,902
-0,20
Souveränität*
182
2,19
,842
90
2,37
,827
-0,17
Lösungsorientierung*
172
2,45
1,027
74
2,81
1,002
-0,36
Freundlichkeit*
184
1,84
,770
91
2,03
,722
-0,19
* signifikant auf dem Niveau 0,05 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“ Abbildung 62
Hierarchische Position des Verkäufers: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Die Kontextvariable ‚Hierarchische Position des Verkäufers‘ moderiert die Korrelationen zwischen den Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 63). Bei beiden Gruppen korrelieren alle Kommunikationsdimensionen signifikant positiv mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Korrelationskoeffizenten der Dimensionen ‚Informationsfluss‘, ‚Offenheit‘, ‚Kontextverständnis‘, ‚Unterhaltsamkeit‘, ‚Empathie‘, ‚Kooperationsbereitschaft‘, ‚Lösungsorientierung‘ und ‚Freundlichkeit‘ sind bei Gesprächen mit Verkäufern in leitender Position höher als bei Gesprächen mit Verkäufern in nicht-leitender Position.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Position des Verkäufers
143
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
leitend
nicht leitend
leitend
Kommunikationsdimension
n = 185
n = 91
Inhaltsqualität
,585**
,604**
4
3
1
Informationsfluss
,593**
,582**
3
5
-2
Offenheit
,546**
,479**
7
9
-2
Vertrauenswürdigkeit
,607**
,635**
1
1
0
Kontextverständnis
,427**
,360**
12
13
-1
Interesse an pers. K.
,224**
,361**
14
12
2
Unterhaltsamkeit
,413**
,391**
13
11
2
Kompetenz
,583**
,604**
5
4
1
Souveränität
,488**
,635**
10
2
8
Empathie
,550**
,496**
6
7
-1
Kooperationsbereitschaft
,603**
,581**
2
6
-4
Lösungsorientierung
,526**
,397**
9
10
-1
Freundlichkeit
,545**
,341**
8
14
-6
Konfliktumgang
,484**
,491**
11
8
3
Tendenz nicht leitend
** Signifikanzniveau 0,01
Abbildung 63
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Individuelle Faktoren: Position des Verkäufers
Die Kontextvariable ‚Hierarchische Position des Verkäufers‘ moderiert auch die relativen Wichtigkeiten der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Bei beiden Gruppen ist zwar die Dimension ‚Vertrauenswürdigkeit‘ die wichtigste, aber für die relative Wichtigkeit der Dimensionen ‚Souveränität’ und ‚Kooperationsbereitschaft‘ können wesentliche Unterschiede identifiziert werden. ‚Souveränität‘ ist bei Gesprächen mit Verkäufern in nicht-leitender Position wichtiger, ‚Kooperationsbereitschaft‘ in Gesprächen mit Verkäufern in leitender Position. Die Ergebnisse legen nahe, dass die hierarchische Position des Verkäufers bei der Gestaltung von Kommunikationsdimensionen berücksichtigt werden sollte. Das Zufriedenheitsniveau einiger Kommunikationsdimensionen ist gemäß den vorliegenden Daten beim Einsatz von Verkäufern in leitenden Positionen tendenziell höher. Nach Möglichkeit könnte bei der Planung von persönlichen Gesprächen die Entsendung einer Person in hierarchisch leitender Position mit Entscheidungsbefugnissen organisiert werden. Die Wichtigkeit der Dimension ‚Kooperationsbereitschaft’ bei Verkäufern in leitender Position deutet darauf hin, dass der Einkäufer eine entsprechende Entscheidungskompetenz erwartet. Hieraus kann die Empfehlung abgeleitet werden, den Verkäufer mit einer angemessenen Entscheidungsmacht auszustatten. Bei Verkäufern in nicht-leitender Position ist deren ‚Souveränität’ eher wichtiger, da der Verkäufer in leitender Position möglicherweise allein durch die hierarchische Stellung als sicher und ausgeglichen sowie seine Ausdrucksweise als klar wahrgenommen wird. Für nicht-leitende Verkäufer kann auf Basis der Ergebnisse eine Schulung im Hinblick auf ihre ‚Souveränität’ in Gesprächen sinnvoll sein. Die hierarchische Position des Einkäufers kann als unabhängige Variable dessen Erwartungen an das Verhalten des Verkäufers beeinflussen. Dabei wirken die zuvor beschriebenen
144
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Mechanismen der Balance- und Assimilations-Kontrast-Theorie. Einkäufer in hierarchisch höherer Position schreiben sich selbst unter Umständen hohe Kommunikationsfähigkeit, Entscheidungskraft und Kompetenz zur Beeinflussung und Lenkung von Kommunikationsergebnissen zu. Das Ergebnis der Kommunikation hängt also eher vom eigenen Input als von der Leistung des Verkäufers ab. Diese personeninterne Attributionstendenz führt zu einer eher positiven Bewertung des Kommunikationsergebnisses (vgl. zum fundamentalen Attributionsfehler Kapitel 3.3.1.4). Ein Abbau der kognitiven Dissonanz bei weniger guten Kommunikationsresultaten aufgrund des eigenen, positionsbezogenen Verhaltens führt ebenfalls zu einer Verbesserung der Bewertung derselben Kommunikationsleistung des Verkäufers durch den Einkäufer. Auf Seiten des Verkäufers kann die hierarchische Position des Einkäufers zur Einschätzung höherer Kommunikationserwartungen und damit zu höheren Anstrengungen zu deren Erreichung führen, sodass die Kommunikationsdimensionen per se besser erfüllt werden. Für den Einfluss der hierarchischen Position als unabhängige Variable wird auf Basis der Überlegungen zur Angleichung der Erwartungen des Einkäufers folgende Hypothese formuliert: H 2.3.4: Die Position des Einkäufers hat einen Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Für die Wirkung der hierarchischen Position des Einkäufers als unabhängige Variable wird darüber hinaus folgende Hypothese formuliert: H 2.3.5: Wenn der Einkäufer eine leitende Position im Unternehmen einnimmt, so sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit höher als bei Einkäufern in einer nicht-leitenden Position. In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ können die hierarchischen Positionen der Einkäufer in diverse leitende (Vorstand, Abteilungs-, Projekt-, Gruppenleitung) und nicht-leitende unterschieden werden (vgl. Abbildung 64). Position
sonstige Position; 3; 1,0% Facheinkäufer / Key Account Manager / Produktmanager; 131; 45,0%
Vorstand / Geschäftsführung / Inhaber; 4; 1,4%
Abteilungsleitung; 128; 44,0%
Gruppen- / Teamleitung; 20; 7%
Projektleitung; 5; 1,7% (n = 291; Position, n; Prozentanteil)
Abbildung 64
Verteilung der hierarchischen Positionen der Einkäufer
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
145
Bei der Prüfung der Hypothese H 2.3.4 konnte kein signifikanter Unterschied für die Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen für unterschiedliche Positionen der Einkäufer identifiziert werden. Somit kann die Hypothese H 2.3.4 nicht bestätigt werden. Zur Prüfung der Hypothese H 2.3.5 wurden die Beobachtungen den zwei Gruppen leitende und nicht-leitende Positionen der Einkäufer zugeordnet. Auch hier wurde kein signifikanter Unterschied der Zufriedenheitsniveaus zwischen den Gruppen in der Stichprobe identifiziert, sodass die Hypothese H 2.3.5 nicht bestätigt werden kann. Dieses Ergebnis kann darin begründet sein, dass die Kommunikationsanstrengungen des Verkäufers so gut an die positionsdeterminierten Erwartungen des Einkäufers angepasst werden, dass aus dem Vergleich zwischen Erwartung und Erfüllung keine unterschiedlichen Zufriedenheitsniveaus resultieren. Die Kontextvariable ‚Hierarchische Position des Einkäufers‘ moderiert die Korrelationen zwischen den Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 65). Bei beiden Gruppen korrelieren alle Kommunikationsdimensionen signifikant positiv mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Korrelationskoeffizienten der Dimensionen ‚Kompetenz‘, ‚Souveränität‘ und ‚Lösungsorientierung‘ sind bei Einkäufern in leitender Position höher als bei Einkäufern in nicht-leitender Position. Die Korrelationen der anderen Dimensionen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit sind bei Einkäufern in nicht-leitender Position höher. Position des Einkäufers
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
leitend
nicht leitend
leitend
Kommunikationsdimension
n = 157
n = 131
Inhaltsqualität
,571**
,619**
3
4
-1
Informationsfluss
,554**
,623**
4
3
1
Offenheit
,456**
,587**
10
6
4
Vertrauenswürdigkeit
,572**
,654**
2
1
1
Kontextverständnis
,408**
,424**
12
13
-1
Interesse an pers. K.
,286**
,305**
14
14
0
Unterhaltsamkeit
,352**
,486**
13
11
2
Kompetenz
,593**
,587**
1
7
-6
Souveränität
,553**
,524**
5
9
-4
Empathie
,525**
,556**
7
8
-1
Kooperationsbereitschaft
,541**
,652**
6
2
4
Lösungsorientierung
,523**
,475**
8
12
-4
Freundlichkeit
,488**
,501**
9
10
-1
Konfliktumgang
,412**
,601**
11
5
6
Tendenz nicht leitend
** Signifikanzniveau 0,01
Abbildung 65
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Individuelle Faktoren: Hierarchische Position des Einkäufers
Die Kontextvariable ‚Hierarchische Position des Einkäufers‘ moderiert auch die relativen Wichtigkeiten der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit.
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4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Für Einkäufer in leitenden Positionen sind die Dimensionen ‚Kompetenz‘, ‚Vertrauenswürdigkeit‘ und ‚Inhaltsqualität‘ am wichtigsten. Für Einkäufer in nicht-leitenden Positionen sind die Dimensionen ‚Vertrauenswürdigkeit‘, ‚Kooperationsbereitschaft‘ und ‚Informationsfluss‘ am wichtigsten. Darüber hinaus kann festgestellt werden, dass für leitende Einkäufer eine höhere ‚Kompetenz’ ‚Souveränität’ und ‚Lösungsorientierung’ des Verkäufers wichtiger ist als für Einkäufer in nicht-leitenden Positionen. Eine Begründung der Ergebnisse kann darin bestehen, dass Einkäufer in leitenden Positionen mehr Entscheidungsverantwortung tragen müssen als Einkäufer in nicht-leitenden Positionen. Deshalb können die Dimensionen ‚Kompetenz‘, ‚Vertrauenswürdigkeit‘ und ‚Inhaltsqualität‘ besonders wichtig sein. Der Einkäufer muss risikobehaftete Entscheidungen auf Basis der Informationen über die Vor- und Nachteile und Alternativen des Projekts treffen. Ist der Verkäufer dabei kompetent und vertrauenswürdig und sind die Informationen umfassend, sinkt das Risiko einer Fehlentscheidung. Die Ergebnisse liefern Hinweise darauf, dass bei der Gestaltung der Kommunikationssituation weiterhin eine Evaluation der positionsabhängigen Erwartungen der Einkäufer durch die Verkäufer und eine entsprechende Anpassung des Kommunikationsverhaltens erfolgen sollte. Die hierarchische Position des Einkäufers wirkt zwar nicht direkt auf die Kommunikationszufriedenheitsniveaus, es ist aber anzunehmen, dass dies aus der angemessenen Anpassung des Kommunikationsverhaltens folgt. Daher wird empfohlen, dass die Position des Einkäufers durch den Verkäufer im Vorfeld zu identifiziert und die Kommunikationsstrategie entsprechend entwickelt wird. Für Gespräche mit leitenden Einkäufern wird angeregt, die Informationen aufzubereiten und kompetent weiterzugeben, sodass der Einkäufer eine vertrauenswürdige Entscheidungsgrundlage wahrnehmen kann.
4.4.3
Geschlecht
Waren Industriegütermärkte lange ausschließlich eine männliche Domäne, so nimmt in den letzten Jahrzehnten die Zahl der Frauen in industriellen546 Einkäufer- und Verkäuferpositionen zu. In der Folge wurde in verschiedenen Studien die Rolle des Geschlechts von Verkäufern in persönlichen, geschäftlichen Interaktionen für die Variabilität verschiedener Aspekte wie dem Verkäuferverhalten547, der Beratung durch den Verkäufer548, dem Verkaufsmanagement549 und der Attraktivität des Verkäufers550 untersucht. Das Geschlecht der Käufer wurde allerdings überwiegend im Konsumgüterbereich betrachtet, wo geschlechtsrollenspezifisches Entscheidungs-551 und Kaufverhalten552 analysiert wurden.
546
Im Unterschied zur Anzahl von Frauen im Handel und Servicesektor (vgl. Magretta (1997), S. 18 ff). Vgl. z. B. Siguaw/ Honeycutt (1995), S. 45 ff. 548 Vgl. z. B. Fine/ Pullins (1998), S. 89 ff. 549 Vgl. z. B. Comer et al. (1995), S. 17 ff. 550 Vgl. z. B. McElroy/ DeCarlo (1999), S. 84 ff. 551 Vgl. z. B. Powell/ Ansic (1997), S. 605 ff. 552 Vgl. z. B. Fischer/ Arnold (1990), S. 163 ff. 547
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
147
MACLAREN und CATTERELL (2000) diskutieren die ‚feminisation’ im Marketing- und Verkaufskontext, wobei sie auf die ‚typisch weiblichen’ Eigenschaften Empathie, Gemeinsinn und Kooperation im Gegensatz zu den ‚typisch männlichen’ Eigenschaften der Zielorientierung, Dominanz und Kontrolle abstellen.553 Männern werden also eher die industriellen Eigenschaften ‚rough’ und ‚tough’ zugeschrieben.554 Obwohl offensichtlich unterschiedliche Geschlechter in Interaktionen vertreten sind, sollten auch die geschlechtstypischen Rollen betrachtet werden.555 „A gender role is a construct attributed to the sex, so while a salesperson may biologically be female they may adopt a gender role more commonly attributed to a male salesperson.“556 Analog stellt SMITH (1998) in einer Studie bei Einkäufer-VerkäuferDyaden in den vier möglichen Geschlechtskombinationen557 fest, dass geschlechtstypische Rollen verschwimmen.558 COLLINSON und HEARN (1994) argumentieren entsprechend, dass die Unterscheidung nicht nur auf das biologische Geschlecht, sondern vielmehr auf die Verhaltensweisen bezogen werden sollte.559 BEETLES und CRANE (2005) nennen Gründe, warum die Betrachtung der Geschlechter in Einkäufer-Verkäufer-Beziehungen weiterhin wichtig ist:560 - Geschlechtsspezifisch unterschiedlicher Umgang in und mit Beziehungen, - Verbesserungspotenzial bei Geschäftsbeziehungen durch besseres Verständnis der Fähigkeiten und Wahrnehmungen, - Beitrag zur Relationship Literatur mit Bezug auf persönliche Interaktionen, - Aufbau eines überzeugenden Konzepts von geschlechterrollenspezifischen Stereotypen und deren Variabilität im Verkauf. Ebenso wichtig wie das biologische Geschlecht sind aber auch andere persönliche Merkmale von Einkäufern und Verkäufern.561 In Einkäufer-Verkäufer-Dyaden können auf beiden Seiten Männer und Frauen vertreten sein. Die Wirkung der Geschlechterverteilung als unabhängige Variable mit Einfluss auf die Kommunikationszufriedenheit ist Gegenstand der folgenden Ausführungen.562 Männern und Frauen werden bestimmte Rollen zugeschrieben, die im professionellen Kontext verschwimmen563 und das biologische Geschlecht hinter die typischen Verhaltensweisen treten lässt564. Damit werden die Erwartungen und Bewertungen des Kommunikationsverhaltens nicht durch die vertretenen Geschlechter tangiert, und es liegen keine signifikanten Unterschiede in den Niveaus der Zufriedenheiten mit den Kommunikationsdimensionen und der 553
Vgl. Maclaren/ Catterall (2000), S. 635 ff. Vgl. Beetles/ Crane (2005), S. 234. 555 Vgl. Smith (1998a), S. 76 ff. 556 Beetles/ Crane (2005), S. 239. 557 Mann / Mann, Frau / Frau, Frau / Mann, Mann / Frau (Verkäuferseite / Einkäuferseite). 558 Vgl. Smith (1998a), S. 81. 559 Vgl. Collinson/ Hearn (1994), S. 8. 560 Vgl. Beetles/ Crane (2005), S. 232 ff. 561 Vgl. Palmer/ Bejou (1995), S. 18 ff. 562 In diesem Kontext wird ausnahmsweise zwischen weiblichen und männlichen Berufbezeichnungen unterschieden. Zuvor und im Folgenden sind mit den Bezeichnungen ‚Einkäufer’ und ‚Verkäufer’ natürlich beide Geschlechter gemeint. 563 Vgl. Smith (1998a), S. 81. 564 Vgl. Collinson/ Hearn (1994), S. 8. 554
148
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Gesamtkommunikationszufriedenheit zwischen Einkäufern und Einkäuferinnen sowie bei Verkäufern und Verkäuferinnen auf der Anbieterseite vor. Unter der Annahme, dass typische Rollen des Einkäufers und des Verkäufers unabhängig von deren Geschlecht existieren, werden folgende Hypothesen für den Einfluss des Geschlechts als unabhängige Variable formuliert: H 2.3.6: Das Geschlecht der einkaufenden Person hat keinen signifikanten Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. H 2.3.7: Das Geschlecht der verkaufenden Person hat keinen signifikanten Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ waren 16,4 % (n = 48) der befragten Einkäufer weiblich, 82,2 % (n = 240) männlich. Sie bewerteten das Kommunikationsverhalten von Verkäufern, von denen 5,8 % (n = 17) weiblich und 93,5 % (n = 273) männlich waren. Nicht-parametrische Tests ergaben keine signifikanten Unterschiede in der Bewertung der Kommunikationsdimensionen durch Einkäufer einerseits oder Einkäuferinnen andererseits sowie in der Bewertung des Kommunikationsverhaltens von Verkäufern bzw. Verkäuferinnen. Damit können die Hypothesen H 2.3.6 und H 2.3.7 als bestätigt angesehen werden. Die Kontextvariable ‚Geschlecht des Einkäufers‘ moderiert die Korrelationen zwischen den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 66). Geschlecht des Einkäufers
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
Frau
Mann
Frau
Kommunikationsdimension
n = 48
n = 240
Inhaltsqualität
,634**
,593**
5
2
3
Informationsfluss
,647**
,582**
4
3
1
Offenheit
,389**
,551**
12
7
5
Vertrauenswürdigkeit
,665**
,606**
3
1
2
Tendenz Mann
Kontextverständnis
0,17187205
,456**
14
12
2
Interesse an pers. K.
0,23103425
,291**
13
14
-1
Unterhaltsamkeit
,576**
,379**
7
13
-6
Kompetenz
,719**
,573**
1
5
-4
Souveränität
,548**
,540**
9
8
1
Empathie
,432**
,563**
11
6
5
Kooperationsbereitschaft
,692**
,574**
2
4
-2
Lösungsorientierung
,566**
,488**
8
9
-1
Freundlichkeit
,507**
,481**
10
10
0
Konfliktumgang
,593**
,479**
6
11
-5
** Signifikanzniveau 0,01
Abbildung 66
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Individuelle Faktoren: Geschlecht des Einkäufers
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
149
Bei der Bewertung durch männliche Einkäufer sind alle Korrelationen signifikant, bei der Bewertung durch weibliche Einkäufer korrelieren die Dimensionen ‚Kontextverständnis‘ und ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘ nicht signifikant mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Kontextvariable ‚Geschlecht des Einkäufers‘ moderiert auch die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Für weibliche Einkäufer sind die Dimensionen ‚Kompetenz‘, ‚Kooperationsbereitschaft‘ und ‚Vertrauenswürdigkeit‘ besonders wichtig. Für männliche Einkäufer sind die Dimensionen ‚Vertrauenswürdigkeit‘, ‚Inhaltsqualität‘ und ‚Informationsfluss‘ besonders wichtig. Die Dimensionen ‚Kompetenz‘, ‚Konfliktumgang‘ und ‚Unterhaltsamkeit‘ sind für weibliche Einkäufer wesentlich wichtiger als für männliche. Die Dimensionen ‚Empathie‘ und ‚Offenheit‘ sind für männliche Einkäufer wesentlich wichtiger. Es ist anzunehmen, dass nicht nur das Geschlecht des Einkäufers für die Zufriedenheitsniveaus und die Veränderung der Korrelationen zwischen Kommunikationsdimensionen und Gesamtkommunikationszufriedenheit eine Rolle spielt. Darüber hinaus ist die Kombination der Geschlechter im Gespräch zu analysieren. Die Kombination von gleichen und ungleichen Geschlechtern wird im folgenden Abschnitt zu interpersonellen Faktoren des Kontexts untersucht. Bei der Gestaltung von Kommunikationssituationen können sowohl weibliche als auch männliche Einkäufer zum Einsatz kommen. Die Ergebnisse legen nahe, dass das Geschlecht keine direkte Auswirkung auf die Zufriedenheitsniveaus hat. Für den Fall, dass das Mitglied des anbietenden Unternehmens einer Einkäuferin gegenübertritt, kann empfohlen werden, sich auf die Dimensionen ‚Kompetenz‘, ‚Kooperationsbereitschaft‘ und ‚Vertrauenswürdigkeit’ zu konzentrieren. Besonderes Engagement in den Dimensionen ‚Kontextverständnis‘ und ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘ scheint auf Basis der Daten nicht nötig. In der Kommunikationssituation mit männlichen Einkäufern kann es sinnvoll sein, besonderen Wert auf ein vertrauenswürdiges Auftreten sowie auf die Informationsvorbereitung und Weitergabe zu legen. 4.4.4
Erfahrungen
Der Erfahrungshorizont von Einkäufern und Verkäufern beinhaltet allgemeine Erfahrungen des Lebens565 sowie spezifische Erfahrungen566 aus dem Branchenkontext, dem Unternehmenskontext und der Positionszugehörigkeit. SHOEMAKER und JOHLKE (2002) definieren die Verkaufserfahrung als „length of time a salesperson has worked in a professional selling position“567. Erfahrene Verkäufer kennen sich mit den Produkten, den Erwartungen von Einkäufern und Anforderungen von Unternehmen besser aus als Verkaufsneulinge.568 Insbesondere die
565
Vgl. für die Vorteile älterer Verkäufer bei allen Altersgruppen Jikyeong/ Hillery (1998), S. 39 ff. Vgl. für die Verkäuferperspektive Dixon et al. (2003), S. 459 ff. Shoemaker/ Johlke (2002), S. 121. 568 Vgl. Mintu-Wimsatt/ Gassenheimer (2004), S. 19. 566 567
150
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Länge der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Unternehmen verbessert die Kenntnis von organisationalen Besonderheiten und Verhaltensregeln in spezifischen Situationen.569 WAGNER et al. (2003) stellen auf die Resultate des Sammelns von Erfahrungen über die Zeit ab und unterscheiden erfahrene („experts“) und unerfahrene („novice“) Einkäufer. Die aus Erfahrungen folgende „buyer expertise“ beeinflusst die Fähigkeit der Einkäufer, Produkteigenschaften einzuschätzen sowie Entscheidungen kompetent und unabhängig zu fällen.570 Hier stehen die Erfahrungen des Einkäufers und deren Wirkung auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit im Vordergrund. Die Erfahrungen des Verkäufers werden nicht analysiert, da der Einkäufer diese nicht umfassend einschätzen kann und damit vermutlich nicht in seinen Vergleichsprozess von Erwartung und Erfüllung mit einbeziehen wird. Die persönlichen Erfahrungen des Einkäufers können allgemein aus seiner Lebenserfahrung resultieren. Ein Indikator hierfür ist das Lebensalter. Neben die Lebenserfahrung tritt die professionelle Erfahrung des Einkäufers in der Branche, in dem Unternehmen und in der hierarchischen Position. WAGNER et al. (2003) untersuchen den moderierenden Effekt von Erfahrung und resultierendem Expertenwissen auf die Kausalbeziehung zwischen Verkäufer-EinkäuferBeziehungen und Verkaufseffektivität. Sie stellten in einer empirischen Untersuchung bei 126 Einkäufern einen signifikanten Einfluss fest, bei dem die Effektivität des Verkäufers bei Einkäufern mit wenig Erfahrung größer ist als bei erfahrenen Einkäufern.571 Für den Einfluss der Erfahrungen als unabhängige Variable auf die Kommunikationszufriedenheit kann angenommen werden, dass das Erwartungsniveau des Einkäufers den Erfahrungen gemäß angepasst wird (Balancetheorie). Dabei steigen die Anforderungen an die Kommunikation mit den Erfahrungen des Einkäufers, da diesem mehr Vergleichswerte und genauere Kenntnisse zur Beurteilung des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers vorliegen. Höhere Anforderungen sind schwieriger zu erfüllen, sodass das Niveau der Zufriedenheiten tendenziell sinkt und zu Unzufriedenheit führt (Assimilations-Kontrast-Theorie). Für den Einfluss der Lebenserfahrungen und professioneller Erfahrungen des Einkäufers als unabhängige Variablen werden im Hinblick auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Kommunikationszufriedenheit folgende Hypothesen formuliert: H 2.3.8: Wenn der Einkäufer älter ist, sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit niedriger als wenn der Einkäufer jünger ist. H 2.3.9: Wenn der Einkäufer mehr Erfahrung in der Branche hat, sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit niedriger als wenn der Einkäufer weniger Erfahrung in der Branche hat.
569 570 571
Vgl. Shoemaker/ Johlke (2002), S. 118 ff. Vgl. Wagner et al. (2003), S. 297. Vgl. Wagner et al. (2003), S. 299.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
151
H 2.3.10: Wenn der Einkäufer mehr Erfahrung in dem Unternehmen hat, sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit niedriger als wenn der Einkäufer weniger Erfahrung im Unternehmen hat. H 2.3.11: Wenn der Einkäufer mehr Erfahrung in der derzeitigen Position hat, sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit niedriger als wenn der Einkäufer weniger Erfahrung in der derzeitigen Position hat. In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ wurden die Erfahrungen der Einkäufer, die aus deren Lebensalter und aus dem professionellen Kontext in Bezug auf Branche, Unternehmen und Position resultieren, als offene Nennungen in Jahren abgefragt und später klassiert (vgl. Abbildung 67). Für die Zufriedenheitsniveaus konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Klassen sowie zwischen Einkäufern mit mehr oder mit weniger Erfahrung identifiziert werden. Damit können die Hypothesen H 2.3.8 bis H 2.3.11 nicht bestätigt werden. Dieses Ergebnis kann beispielsweise wie folgt begründet werden: Die Erfahrungen wurden über ihre zeitliche Komponente im Hinblick auf das Lebensalter und die Jahre in einer bestimmten Position, einem Unternehmen, einer Branche erfasst. Dies hat den Vorteil, dass vergleichbare Daten relativ einfach durch Verkäufer in persönlichen Gesprächen mit Einkäufern gewonnen werden können. Damit sollte die Übertragbarkeit in die Praxis gewährleistet werden. Neben der zeitlichen Komponente ist auch an eine Komponente der Intensität zu denken. Dabei könnte die Anzahl besuchter Verkaufsseminare, die Anzahl von Verhandlungen und anderer Episoden, die Gestaltung der Gespräche und so weiter erfasst werden. Diese Indikatoren sind aber für Einkäufer nur schwer zu ermitteln. Die Erfahrungen, die über die zeitliche Komponente erfasst werden, haben jedenfalls keinen signifikanten Einfluss auf die Kommunikationszufriedenheitsniveaus.
152
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Alter des Einkäufers 61+; 8; 2,8%
<= 25; 10; 3,5%
56 - 60; 17; 6,0%
26 - 30; 32; 11,2%
51 - 55; 33; 11,6% 31 - 35; 24; 8,4%
46 - 50; 44; 15,4% 36 - 40; 48; 16,8%
41 - 45; 69; 24,2%
(n = 285;Altersklasse; n in der Klasse; Prozentanteil)
Branchenzugehörigkeit in Jahren 41+; 3; 1,0% 36 - 40; 11; 3,8% 31 - 35; 17; 5,9%
<= 5; 51; 17,7%
26 - 30; 33; 11,5%
21 - 25; 25; 8,7% 6 - 10; 71; 24,7% 16 - 20; 37; 12,8% 11 - 15; 40; 13,9%
(n = 288; Klasse in Jahren; n in der Klasse; Prozentanteil)
Unternehmenszugehörigkeit in Jahren 36+; 12; 4,1% 31 - 35; 13; 4,5% 26 - 30; 19; 6,5%
<= 5; 86; 29,6%
21 - 25; 17; 5,8% 16 - 20; 34; 11,7%
11 - 15; 33; 11,3%
6 - 10; 77; 26,5%
(n = 291; Klasse in Jahren; n in der Klasse; Prozentanteil)
Positionszugehörigkeit in Jahren 26+; 6; 2,1% 21 - 25; 15; 5,2% 16 - 20; 23; 7,9% 11 - 15; 32; 11,0%
<= 5; 130; 44,8%
6 - 10; 84; 29,0%
(n = 290; Klasse in Jahren; n in der Klasse; Prozentanteil)
Abbildung 67
Verteilung der Indikatoren der Erfahrung über die Zeit
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
153
Die ‚Erfahrungen des Einkäufers‘ moderieren die Korrelationen der Kommunikationsdimensionen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 68). Alle Korrelationen sind signifikant und positiv, nur für die Dimensionen ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘ kann bei Einkäufern, die länger als 16 Jahre in der Branche tätig sind, keine signifikante Korrelation mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit festgestellt werden. Erfahrung
Alter
Zeit in Branche
Zeit in Unternehmen
Zeit in Position
Kendall-tau-b
Kendall-tau-b
Kendall-tau-b
Kendall-tau-b
Gruppe in Jahren
Bis 40
Ab 41
Bis 15
Ab 16
Bis 10
Ab 11
Bis 5
Ab 6
n
114
171
162
126
163
128
130
160
Inhaltsqualität
,632**
,566**
,671**
,450**
,611**
,559**
,603**
,578**
Informationsfluss
,565**
,627**
,653**
,488**
,587**
,598**
,574**
,612**
Offenheit
,556**
,492**
,543**
,483**
,513**
,540**
,498**
,544**
Vertrauenswürdigkeit
,638**
,570**
,623**
,585**
,623**
,596**
,655**
,574**
Kontextverständnis
,378**
,449**
,465**
,320**
,436**
,389**
,463**
,386**
Interesse an pers. K.
,431**
,219**
,375**
0,151
,339**
,221**
,338**
,245**
Unterhaltsamkeit
,560**
,293**
,455**
,349**
,465**
,351**
,392**
,451**
Kompetenz
,611**
,573**
,629**
,535**
,633**
,555**
,586**
,621**
Souveränität
,465**
,564**
,497**
,562**
,477**
,596**
,441**
,607**
Empathie
,583**
,505**
,578**
,463**
,532**
,551**
,468**
,606**
Kooperationsbereitschaft
,658**
,522**
,662**
,498**
,634**
,552**
,570**
,628**
Lösungsorientierung
,501**
,500**
,536**
,465**
,516**
,499**
,495**
,523**
Freundlichkeit
,574**
,465**
,543**
,417**
,479**
,513**
,471**
,508**
Konfliktumgang
,486**
,474**
,532**
,413**
,500**
,491**
,520**
,483**
** Signifikanzniveau 0,01
Abbildung 68
Vergleich der Korrelationskoeffizienten – Individuelle Faktoren: Erfahrungen des Einkäufers
Die Korrelationskoeffizienten der Dimensionen ‚Inhaltsqualität‘, ‚Vertrauenswürdigkeit‘, ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘ und ‚Konfliktumgang‘ sind bei allen kürzeren Zeiträumen höher. Der Korrelationskoeffizient der Dimension ‚Souveränität‘ ist bei allen längeren Erfahrungszeiträumen höher. Für die weiteren Dimensionen kann kein erfahrungsdeterminiertes Muster identifiziert werden. Die ‚Erfahrungen des Einkäufers‘ moderieren auch die relativen Wichtigkeiten der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 69). Dabei kann auf Basis der vorliegenden Daten festgestellt werden, dass mehr Erfahrung durch Lebensalter und Zeit in Branche, Unternehmen und Position tendenziell zu einer erhöhten Wichtigkeit der ‚Souveränität’ des Verkäufers führt. Die ‚Inhaltsqualität’ wird dagegen mit höherer Erfahrung eher weniger wichtig. Die Ergebnisse aus dem Vergleich der Korrelationskoeffizienten sind ähnlich kritisch zu betrachten wie die Ergebnisse zum Einfluss der Erfahrungen des Einkäufers als unabhängige Variable. Es ist anzunehmen, dass die Zeit, die für das Sammeln von Erfahrungen zur Verfügung stand, nicht als alleiniger Indikator der Erfahrungen ausreicht.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Alter
Zeit in
Unternehmen
Position
Rang
Rang
Rang
Gruppe in Jahren
Bis 40
Tendenz
Zeit in
Branche
Tendenz
Rang
Zeit in
Ab 41
Bis 15
Ab 16
Bis 10
Tendenz
Erfahrung
Tendenz
154
Ab 11
Bis 5
Ab 6
Inhaltsqualität
3
4
-1
1
9
-8
4
4
0
2
6
Informationsfluss
7
1
6
3
5
-2
5
1
4
4
3
1
Offenheit
9
9
0
7
6
1
8
8
0
7
8
-1
Vertrauenswürdigkeit
-4
2
3
-1
5
1
4
3
2
1
1
7
-6
Kontextverständnis
14
12
2
12
13
-1
13
12
1
11
13
-2
Interesse an pers. K.
13
14
-1
14
14
0
14
14
0
14
14
0
8
13
-5
13
12
1
12
13
-1
13
12
1
Unterhaltsamkeit Kompetenz
4
2
2
4
3
1
2
5
-3
3
2
1
Souveränität
12
5
7
11
2
9
11
3
8
12
4
8
Empathie
5
7
-2
6
8
-2
6
7
-1
10
5
5
Kooperationsbereitschaft
1
6
-5
2
4
-2
1
6
-5
5
1
4
Lösungsorientierung Freundlichkeit Konfliktumgang
Abbildung 69
10
8
2
9
7
2
7
10
-3
8
9
-1
6
11
-5
8
10
-2
10
9
1
9
10
-1
11
10
1
10
11
-1
9
11
-2
6
11
-5
Wichtigkeitsveränderung: Individuelle Faktoren – Erfahrungen
Für die zeitliche Erfahrungskomponente konnte ein moderierender Einfluss auf die Korrelationen und Wichtigkeiten festgestellt werden. Die höhere Wichtigkeit der Dimension ‚Souveränität‘ bei längeren Erfahrungszeiträumen kann aus den erhöhten Anforderungen eines erfahrenen Einkäufers resultieren. Aufgrund der längeren Erfahrung kann dieser eventuelle Schwachstellen in der Argumentation des Verkäufers leichter aufspüren. Bleibt der Verkäufer trotz der erhöhten Anforderungen und potenzieller kritischer Fragen ruhig und kann sein Anliegen klar erläutern, kann dies die Gesamtkommunikationszufriedenheit positiv beeinflussen. Die Dimension ‚Inhaltsqualität‘ wird bei längeren Erfahrungszeiträumen weniger wichtig, da bereits einige Zeit zum Sammeln von Informationen zur Verfügung stand. Die Ergebnisse legen nahe, die Kontextvariable ‚Erfahrungen des Einkäufers‘ (sofern sie nur über die Zeit gemessen wird) bei der Gestaltung von Kommunikation weniger zu berücksichtigen. In der Kommunikationssituation mit Einkäufern, die älter sind und länger Erfahrungen in Branche, Unternehmen und Position sammeln konnten, ist eine Konzentration des Verkäufers auf seine Souveränität zu empfehlen. Darüber hinaus sollten Informationen eher differenziert weitergegeben werden, da viele Inhalte bereits bekannt sein können. Der Fokus sollte tendenziell auf neuen und außergewöhnlichen Informationen liegen. Für die Messung der Erfahrungen des Einkäufers sollte darüber hinaus ein Konzept entwickelt werden, dass neben der zeitlichen Komponente auch die Intensität der Erfahrungen und den relevanten Horizont definiert.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
4.4.5
155
Weitere persönliche Merkmale
Eine Gruppierung von Merkmalen mit der Bildung von Typologien ist das Anliegen „des nachdenklichen Verstandes [...], zwischen den Polen der absoluten Ähnlichkeit und Unähnlichkeit menschlicher Wesen Zwischenstufen einzuschalten, sogenannte Typen, oder – wie man sie früher nannte – Temperamente, welche Gleichheit und Ungleichheit in gesetzmäßige Formen fassten.“572 Häufig werden Personen charakterisiert, indem man ihnen aufgrund der Beobachtung eines bestimmten Verhaltens spezifische, persönliche Merkmale (Aggressivität, Abhängigkeit o. ä.) zuschreibt. Verhalten ist einerseits nicht starr und andererseits nicht völlig inkonsistent. Jede Situation kann Aspekte beinhalten, die ein bestimmtes Verhalten fördern oder diesem entgegenwirken und so ist nicht jedes Persönlichkeitsmerkmal immer erkennbar bzw. ein Verhalten darauf zurückzuführen. Umgekehrt betrachtet ergibt sich folgende Überlegung: „Je stärker ein bestimmtes Merkmal […] bei einer Person ausgeprägt ist, desto mehr von den möglicherweise merkmalsbezogenen Verhaltensweisen treten bei dieser Person auf. […] Ein Merkmal ist eine relativ konsistente Verhaltenstendenz.“573 Persönliche Eigenschaften werden sogar definiert als „stabile Beziehungen zwischen den Situationen und den Reaktionen einer Person“574, das heißt, dass die Verhaltens- und Erlebensweisen einer Person über verschiedene Situationen hinweg (fast) identisch ausfallen. Unter dieser Annahme ist es möglich, Einkäufern und Verkäufern bestimmte Merkmale und zusammenfassende Typologien zuzuschreiben, die ihre Erwartungen und ihr Verhalten in Kommunikationssituationen einschätzbar und prognostizierbar machen. Verschiedene Arten von Typologien können dabei zum Einsatz kommen. Diese können den drei Gruppen ‚physiognomische Typologien‘, ‚Charaktertypologien‘ und ‚Verhaltenstypologien‘ zugeordnet werden.575 Verhaltenstypologien stellen auf das konkrete Verhalten der Beteiligten (auch) in Kommunikationssituationen ab. SHETH beschrieb den Kommunikationsstil neben der Relevanz der Informationsinhalte in den 1970er Jahren.576 Dabei erläutert der Autor verschiedene Typen des Kommunikations- und Denkstils („Style of Communication / Cognitive Style“) welche „the highly individualistic preferences and normative expectations of the buyer and seller about the process of interaction itself“577 reflektieren. McINTRE und MELOCHE (1994) formulieren vier Ausprägungen kognitiver Stile auf den gegenpoligen Dimensionsskalen ‚Verstand vs. Intuition’ und ‚Denken vs. Fühlen’: „Sensing-Thinker, Intuitive-Thinker, Intuitive-Feeler und Sensing-Feeler“.578 Diese Dimensionen repräsentieren den Fokus der Beteiligten in einer
572
Jung (2001), S. 13. Herkner (2001), S. 126. 574 Asendorpf (2004), S. 36. 575 Vgl. Belz et al. (1999), S. 231; Beispiele für Charaktertypologien sind die Archetypen von Jung (2001) und die darauf basierenden Typentests wie der M.B.T.I. (vgl. Meyers (1962), Bents/ Blank (2003)), der Keyrsey-Temperamente-Test (vgl. Keirsey/ Bates (1990), Keirsey (1998)) und auch der Golden Profiler of Personality (vgl. Bents/ Blank (2005)). Darüber hinaus kann der Big-Five Ansatz als weitere Charaktertypologie angeführt werden (vgl. z. B. Lang/ Lüdtke (2005)). 576 Vgl. Sheth (1976), S. 382 ff. 577 Sheth (1976), S. 383. 578 Vgl. McIntyre/ Meloche (1994), S. 26. 573
156
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Kommunikationssituation. BELZ et al. (1996) stellen die „Intégro-Matrix“579 vor und unterscheiden die Dimensionen ‚Personenorientierung / Sachorientierung’ und ‚Machtorientierung / Anschlussorientierung’. Aus den Kombinationen resultieren die vier Stile ‚Fördernder Stil’, ‚Unterstützender Stil’, ‚Kontrollierender Stil’ und ‚Analytischer Stil’.580 In ähnlicher Weise unterscheidet KELLNER (2002)581 die Typen ‚Analytiker / Tüftler’, Macher / Dynamiker’, ‚Verbindlicher / Umgänger’ und ‚Star / Selbstdarsteller’ und RENTZSCH (2001)582 die Typen ‚Denker’, Direktor’, ‚Harmonisierer’ und ‚Kontakter’. Die folgende Abbildung 70 fasst die genannten Ansätze zu einer Verhaltenstypologie zusammen. Personenorientierung / emotional
unterstützend, Verbindlicher / Umgänger
Zurückhaltung / Anschlussorientierung
fördernd, Star / Selbstdarsteller
Dominanz / Machtorientierung
indifferent
analytisch, Analytiker / Tüftler
kontrollierend, Macher / Dynamiker
Sachorientierung / sachlich Abbildung 70
Verhaltenstypologie von Einkäufer und Verkäufer
583
Die genannten Typen zeichnen sich durch die Kombination der Ausprägungen in den Dimensionen aus. ‚Unterstützende, Verbindliche und Umgänger’ sind eher zurückhaltend und emotional; ‚Stars und Selbstdarsteller’ zeichnen sich durch emotionale Personenorientierung und Machtorientierung aus; ‚kontrollierende Macher’ sind macht- und sachorientiert und ‚Analytikern’ werden Zurückhaltung und Sachorientierung zugeschrieben. Mischformen existieren durchaus; Individuen die den Dimensionen nicht eindeutig zuzuordnen sind, sind besonders schwierig einzuschätzen, aber auch auf vielfältige Weise ansprechbar.584 Insgesamt werden Typologien mit dem Ziel gebildet, die Realität zu vereinfachen. Sie sind dabei nicht für Individuen, sondern für Gruppen gültig und sollen zugleich Einstellungen, Motive, Entscheidungskriterien und Verhaltensweisen von Einzelpersonen erfassen.585 Die vor-
579
Entstanden als Methode eines Beratungsunternehmens aus St. Gallen und verwendet für die Persönlichkeitsentwicklung und Verkäuferschulung (vgl. Belz et al. (1999), S. 232). Vgl. Belz et al. (1999), S. 235. 581 Vgl. Kellner (2002), S. 179. 582 Vgl. Rentzsch (2001), S. 97. 583 Vgl. für eine ähnliche Darstellung Winkelmann (2005), S. 394. 584 Vgl. Belz et al. (1999), S. 235. 585 Vgl. Belz et al. (1999), S. 230. 580
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
157
gestellten Typologien können sowohl für Einkäufer wie auch für Verkäufer verwendet werden.586 Für den Einkäufer wird im Folgenden die beschriebene Verhaltenstypologie mit den Dimensionen Personenorientierung / Sachorientierung und Zurückhaltung / Dominanz verwendet. Der Einkäufer kann - wie bei den Erfahrungen - nur seine eigenen Charaktereigenschaften beschreiben. Die (in der Abbildung 70 vertikal dargestellte) Dimension Personenorientierung / Sachorientierung stellt auf die Emotionalität und Sachlichkeit der Person des Einkäufers in dessen Selbstwahrnehmung ab. Die Dimension wirkt als unabhängige Variable auf die Erwartungen an eine Kommunikationsdimension und deren wahrgenommene Erfüllung. Insbesondere kann die Wahrnehmung unterschiedlicher Risikoarten und ihrer Ausprägungen die Erwartungen determinieren. Das Erkennen eines besonderen Informationsbedarfs durch den Verkäufer und die Anpassung des Kommunikationsverhaltens an die Erwartungen stellt eine Herausforderung dar, deren Überwindung mit den Zufriedenheiten des Einkäufers gemessen wird. Dabei wird angenommen, dass personenorientierte, emotionale Menschen eher ihre Erwartungen kommunizieren als sachorientierte, da sie entweder andere Personen zur Leistung animieren wollen (fördernd), die eigene Leistung zur Schau stellen wollen (‚Star / Selbstdarsteller’) oder andere unterstützen wollen und an Harmonie interessiert sind (‚Verbindlicher / Umgänger’). Aus diesen Überlegungen wird für den Einfluss der Persönlichkeitsdimension Emotionalität / Sachlichkeit auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit folgende Hypothese formuliert: H 2.3.12: Die Persönlichkeitsdimension Emotionalität / Sachlichkeit hat Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ wurden die Persönlichkeitstypen der Einkäufer durch deren Selbsteinschätzung zunächst in der Dimension Emotionalität auf einer 5er Skala mit den Ausprägungen ‚sachlich, rational, faktenorientiert’ und ‚emotional, intuitiv’ gemessen, der Mittelpunkt steht für ‚indifferent’. Für die Selbsteinschätzung in dieser Dimension ergab sich folgende Verteilung der Stichprobe (vgl. Abbildung 71).
586
In der Vertriebsliteratur existieren auch reine Käufertypologien (vgl. z. B. Dubinsky/ Ingram (1981), S. 46 ff.; Pickens (1989); Behle/ vom Hofe (1998), S. 782 ff.; Bänsch (1996), S. 96 ff.) und Verkäufertypologien (vgl. in Kombination mit einem Kundengrid Blake/ Mouton (1979), S. 34 ff.).
158
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Sachlichkeit / Emotionalität 60,0
50,9
50,0 %
40,0 25,6
30,0 20,0
10,7
10,7
10,0
2,1
,0 SACHLICH; 72
sachlich; 143
indifferent; 30
emotional; 30
EMOTIONAL; 6
Ausprägung
(n = 281; Ausprägung; n) Abbildung 71
Verteilung Emotionalität und Sachlichkeit der Einkäufer
Für die Prüfung der Hypothese H 2.3.12 wurden die Gruppen ‚eher sachlich’ und ‚eher emotional’ gebildet (die Ausprägung ‚indifferent’ wurde hier ausgeschlossen). Es konnte kein signifikanter Unterschied der Zufriedenheitsniveaus zwischen den Ausprägungen der Emotionalität des Einkäufers gefunden werden. Professionelle Einkäufer schätzen sich selbst häufiger als eher sachlich ein. Diese Selbsteinschätzung kann das Ergebnis des Phänomens der sozialen Erwünschtheit sein und damit zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen. Die Persönlichkeitsdimension ‚Sachlichkeit / Emotionalität‘ moderiert die Korrelationen der Kommunikationsdimensionen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 72). Persönlichkeitstypen des Einkäufers
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Dimension ‚Sachlichkeit / Emotionalität‘
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
sachlich
emotional
sachlich
Kommunikationsdimension
n = 215
n = 36
Inhaltsqualität
,572**
,543**
6
2
4
Informationsfluss
,595**
,448**
3
7
-4
Offenheit
,508**
,489**
9
6
3
Vertrauenswürdigkeit
,632**
,307*
1
12
-11
Kontextverständnis
,470**
-0,050542641
12
14
-2
Interesse an pers. K.
,266**
0,282376387
14
13
1
Unterhaltsamkeit
,377**
,516**
13
4
9
Kompetenz
,583**
,575**
4
1
3
Souveränität
,582**
,370*
5
10
-5
Empathie
,544**
,523**
7
3
4
Kooperationsbereitschaft
,603**
,492**
2
5
-3
Lösungsorientierung
,531**
,324*
8
11
-3
Freundlichkeit
,485**
,396*
11
9
2
Konfliktumgang
,505**
,443**
10
8
2
Tendenz emotional
** Signifikanzniveau 0,01; * Signifikanzniveau 0,05
Abbildung 72
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Individuelle Faktoren: Sachlichkeit / Emotionalität des Einkäufers
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
159
Die Korrelationen der Kommunikationsdimensionen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit sind im vorliegenden Datensatz bei Einkäufern, die sich selbst als sachlich einschätzen, positiv und signifikant. Auch bei Einkäufern, die sich selbst als eher emotional einschätzen, sind die signifikanten Korrelationen positiv, bei den Dimensionen ‚Kontextverständnis‘ und ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘ liegen keine signifikanten Korrelationen vor. Der Korrelationskoeffizient der Dimension ‚Unterhaltsamkeit‘ ist bei Einkäufern, die sich selbst als eher emotional einschätzen, höher als bei Einkäufern, die sich selbst als eher sachlich einschätzen. Alle anderen Korrelationen sind bei Einkäufern, die sich selbst als sachlich einschätzen, höher. Die Persönlichkeitsdimension ‚Sachlichkeit / Emotionalität‘ des Einkäufers moderiert auch die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Dazu kann festgestellt werden, dass die Kommunikationsdimension ‚Vertrauenswürdigkeit’ des Verkäufers bei sachlich orientierten Einkäufern wesentlich wichtiger für die Kommunikationszufriedenheit ist als bei emotional orientierten Einkäufern. Die ‚Unterhaltsamkeit’ ist dagegen bei emotional orientierten Einkäufern wichtiger als bei sachlich geprägten Einkäufern. Die (in der Abbildung 70 horizontal dargestellte) Dimension Folgen / Führen stellt als unabhängige Variable auf die Anschluss- und die Machtorientierung des Einkäufers ab. Durch diese Ausprägungen der Orientierung wird insbesondere der Vergleichsprozess attributionstheoretisch beeinflusst. Analog zu den Eigenschaften von Personen in Führungspositionen (vgl. Kapitel 4.4.2) schreiben dominanzorientierte Einkäufer den Ablauf und das Ergebnis des Gesprächs eher sich selbst zu. Personeninterne Attribution führt auf Grund des Selbstwertschutzes eher zu einer positiveren Bewertung, sodass folgende Hypothesen für den Einfluss und die Wirkungsrichtung der Dimension Folgen / Führen auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Kommunikationszufriedenheit formuliert werden können: H 2.3.13: Die Persönlichkeitsdimension Folgen / Führen hat Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. H 2.3.14: Wenn sich der Einkäufer als eher führend einschätzt, dann sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit höher als wenn er sich eher folgend einschätzt. In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ ist die zweite gemessene Dimension der (geschäftlichen) Persönlichkeit des Einkäufers dessen Selbsteinschätzung hinsichtlich seiner Dominanz (Folgen / Führen). Dabei wurden die Ausprägungen ‚zurückhaltend, folgend’ und ‚führend, anleitend’ analog zur Emotionalität auf einer 5er Skala mit einem neutralen Mittelpunkt gemessen. Die folgende Grafik stellt die Verteilung der Ausprägungen in der Stichprobe dar (vgl. Abbildung 73).
160
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
folgen / führen 54,3
60,0 50,0 %
40,0 30,0
20,9
18,1
20,0 6,4
10,0
,4
,0 FOLGEND; 1
folgend; 18
indifferent; 51
führend; 153
Ausprägung
Abbildung 73
FÜHREND; 59
(n = 282; Ausprägung, n)
Verteilung Dominanz der Einkäufer
Zur Prüfung der entsprechenden Hypothese wurden analog zur vorher genannten Dimension zwei Gruppen gebildet und die neutrale, indifferente Gruppe ausgeschlossen. Die Selbsteinschätzung des Einkäufers zur ‚eher folgenden’ oder ‚eher führenden’ Persönlichkeit führt zu signifikanten Unterschieden in der Bewertung der Kommunikationsdimension ‚Kontextverständnis’. Die Hypothesen H 2.3.13 und H 2.3.14 können für diese Dimension als bestätigt angesehen werden. Kommunikationsdimension
Folgen n
Kontextverständnis*
19
Führen
Mittelwert 2,74
SD
n ,806
202
Mittelwert
Differenz Mittelwert
SD
2,34
,917
0,40
* signifikant auf dem Niveau 0,05 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“ Abbildung 74
Dominanz des Einkäufers: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Die Persönlichkeitsdimension ‚Folgen / Führen‘ moderiert die Korrelationen der Kommunikationsdimensionen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 75). Die Korrelationskoeffizienten sind für alle Kommunikationsdimensionen in beiden Gruppen signifikant und positiv. Im Vergleich der Gruppen sind die Korrelationen der Dimensionen ‚Vertrauenswürdigkeit‘ und ‚Lösungsorientierung‘ bei Einkäufern, die sich selbst als eher führend einschätzen, höher. Alle anderen Dimensionen korrelieren bei Einkäufern, die sich selbst eher als folgend einschätzen, stärker mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Persönlichkeitsdimension ‚Folgen / Führen‘ moderiert auch die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die ‚Inhaltsqualität’ ist für Einkäufer, die sich eher als folgend einschätzen, etwas wichtiger als für führende. Die ‚Empathie’ des Verkäufers ist dagegen für führende Einkäufer etwas wichtiger als für folgende.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Persönlichkeitstypen des
161
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Dimension ‚Folgen / Führen‘
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
folgend
führend
folgend
Kommunikationsdimension
n = 19
n = 212
Inhaltsqualität
,609**
,573**
2
5
-3
Informationsfluss
,698**
,579**
4
3
1
Offenheit
,720**
,523**
7
7
0
Vertrauenswürdigkeit
,504*
,630**
1
1
0
Kontextverständnis
,500*
,448**
12
12
0
Interesse an pers. K.
,405*
,306**
14
14
0
Unterhaltsamkeit
,615**
,418**
13
13
0
Kompetenz
,717**
,583**
3
2
1
Souveränität
,688**
,505**
11
9
2
Empathie
,734**
,543**
10
6
4
Kooperationsbereitschaft
,747**
,574**
5
4
1
Lösungsorientierung
,493*
,516**
8
8
0
Freundlichkeit
,727**
,494**
9
10
-1
Konfliktumgang
,594**
,465**
10
11
-1
Einkäufers Tendenz Führend
** Signifikanzniveau 0,01; * Signifikanzniveau 0,05
Abbildung 75
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Individuelle Faktoren: folgender / führender Einkäufer
Die Kombination der Dimensionen ergibt die oben beschriebenen fünf Ausprägungen: ‚Verbindlicher / Umgänger’, ‚Star / Selbstdarsteller’, ‚Analytiker / Tüftler’, ‚Macher / Dynamiker’, ‚Indifferenter Typ’ (vgl. Abbildung 70). Da die Typen auf unterschiedlichen Kombinationen der zuvor beschriebenen Dimensionen basieren, kann angenommen werden, dass deren unterschiedliche Wirkungen auch auf das Niveau der Zufriedenheiten ausstrahlen. Entsprechend kann folgende Hypothese formuliert werden: H 2.3.15: Der Persönlichkeitstyp hat Einfluss auf das Niveau der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. In der Stichprobe der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ konnte folgende Verteilung der (geschäftlichen) Persönlichkeitstypen nach der Zusammenführung der Selbsteinschätzung hinsichtlich der Emotionalität und Dominanz der Einkäufer identifiziert werden (vgl. Abbildung 76).
162
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Personenorientierung / emotional
fördernd, Star / Selbstdarsteller; 28, 10,0 %
unterstützend, Verbindlicher / Umgänger; 4, 1,4 %
Indifferent;
Zurückhaltung / Anschlussorientierung
Dominanz / Machtorientierung
72, 25,7 % analytisch, Analytiker / Tüftler; 13, 4,6 %
kontrollierend, Macher / Dynamiker; 163, 55,8 %
Sachorientierung / sachlich (n = 280; Persönlichkeitstyp; n; Prozentanteil) Abbildung 76
Verteilung der (geschäftlichen) Persönlichkeitstypen der Einkäufer
Die Hypothese H 2.3.15 kann zumindest für die Kommunikationsdimension ‚Kontextverständnis’ bestätigt werden (vgl. Abbildung 77). Das höchste Zufriedenheitsniveau wird von indifferenten Einkäufertypen angegeben. Typ
Kontextverständnis*
analytisch
unterstützend
fördernd
kontrollierend
indifferent
n
n
n
n
n
13
Mittelwert 2,85
Mittelwert 4
2,75
27
Mittelwert 2,30
MittelWert 155
2,38
65
Mittelwert 2,14
* signifikant auf dem Niveau 0,05 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“ Abbildung 77
Persönlichkeitstypen des Einkäufers: Mittelwertvergleich der Kommunikationsdimension ‚Kontextverständnis‘
Für die Persönlichkeitstypen der Einkäufer können moderierende Einflüsse auf die Korrelationen der Kommunikationsdimensionen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit und auf die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen festgestellt werden (vgl. Abbildung 78). Nicht alle Kommunikationsdimensionen korrelieren bei allen Persönlichkeitstypen signifikant mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Alle signifikanten Korrelationen sind positiv, die Stärke variiert zwischen den Persönlichkeitstypen. Die Korrelationskoeffizienten der Dimensionen ‚Informationsfluss‘, ‚Offenheit‘, ‚Kontextverständnis‘, ‚Unterhaltsamkeit‘, ‚Souveränität‘, ‚Empathie‘, ‚Freundlichkeit‘ und ‚Konfliktumgang‘ sind bei analytischen Persönlichkeiten am höchsten. Die Dimensionen ‚Vertrauenswürdigkeit‘, ‚Kompetenz‘ und ‚Lösungsorientierung‘ korrelieren bei kontrollierenden Typen am stärksten mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. ‚Inhaltsqualität‘, ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘ und ‚Kooperationsbereitschaft‘ weisen bei indifferenten Typen die stärkste Korrelation auf.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Persönlichkeitstyp n Kommunikationsdimension
Inhaltsqualität Informationsfluss Offenheit Vertrauenswürdigkeit Kontextverständnis Interesse an pers. K. Unterhaltsamkeit Kompetenz Souveränität Empathie Kooperationsbereitschaft Lösungsorientierung Freundlichkeit Konfliktumgang
Abbildung 78
Rang analytisch 13
unterstützend
fördernd
4
r Rang r Rang r ,525* 11 0,671 8 ,548** ,732** 2 0 12 ,489** ,706** 3 0,671 9 ,594** 0,469 13 0 13 ,399* ,559* 9 0,2 11 -0,042 0,293 14 1,000** 1 0,229 ,536* 10 0,8 4 ,486** ,569* 8 1,000** 2 ,463** ,668** 6 1,000** 3 0,334 ,662** 7 0,775 6 ,589** ,692** 5 0,8 5 0,334 0,489 12 0,4 10 0,322 ,700** 4 0,775 7 0,311 ,758** 1 0 14 ,444** ** Signifikanzniveau 0,01; * Signifikanzniveau 0,05
163
kontrollierend
28
indifferent
163 Rang 3 4 1 8 14 13 5 6 9 2 10 11 12 7
r ,562** ,580** ,498** ,656** ,494** ,266** ,374** ,602** ,578** ,522** ,587** ,562** ,496** ,473**
72 Rang 6 4 9 1 11 14 13 2 5 8 3 7 10 12
r ,716** ,685** ,547** ,630** ,356** ,369** ,492** ,571** ,437** ,566** ,696** ,406** ,510** ,551**
Rang 1 3 8 4 14 13 10 5 11 6 2 12 9 7
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und relativen Wichtigkeiten zwischen den Persönlichkeitstypen der Einkäufer
Die Persönlichkeitstypen moderieren auch die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen. In den vorliegenden Daten ist für analytische Typen die Dimension ‚Konfliktumgang‘ am wichtigsten für die Gesamtkommunikationszufriedenheit, für fördernde Typen ist es die Dimension ‚Offenheit‘, für kontrollierende Typen die Dimension ‚Vertrauenswürdigkeit‘ und für indifferente Typen die Dimension ‚Inhaltsqualität‘. Für unterstützende Typen kann keine Aussage gemacht werden, da nur vier Beobachtungen vorlagen. Zusammengefasst lassen sich also folgende Ergebnisse für die Kommunikationszufriedenheit unter Beachtung von Typen der Persönlichkeit des Einkäufers feststellen: x
x
Die Persönlichkeitsdimension Emotionalität / Sachlichkeit hat keinen signifikanten Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Persönlichkeitsdimension ‚Folgen / Führen’ hat signifikanten Einfluss auf das Niveau der Kommunikationsdimension ‚Kontextverständnis’.
x
Die Korrelationen der Kommunikationsdimensionen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit werden durch die Persönlichkeitsdimensionen moderiert. Bei der Persönlichkeitsdimension ‚Sachlichkeit / Emotionalität‘ des Einkäufers sind alle Korrelationen bis auf die der Kommunikationsdimension ‚Unterhaltsamkeit‘ bei sachlichen Einkäufern höher. Bei der Persönlichkeitsdimension ‚Folgen / Führen‘ sind nur die Korrelationskoeffizienten der Kommunikationsdimensionen ‚Vertrauenswürdigkeit‘ und ‚Lösungsorientierung‘ bei Einkäufern, die sich als eher folgend bezeichnen, geringer als bei eher führenden Persönlichkeiten.
x
Die Wichtigkeit der ‚Vertrauenswürdigkeit’ des Verkäufers ist wesentlich höher bei sachlich orientierten Einkäufern, die Wichtigkeit der ‚Unterhaltsamkeit’ ist bei emotional orientierten Einkäufern wesentlich wichtiger.
x
In der Studie sind alle zuvor identifizierten Persönlichkeitstypen vertreten. Die meisten Einkäufer werden nach der Zusammenführung der Dimensionen dem Typ ‚sachliche, führende Dynamiker‘ zugeordnet.
164
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
x
Für die Kommunikationsdimension ‚Kontextverständnis’ konnten signifikante Unterschiede zwischen den Persönlichkeitstypen identifiziert werden. Auch für die relative Wichtigkeit konnten wesentliche Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass nicht alle Zufriedenheiten mit den Kommunikationsdimensionen signifikant mit der Kommunikationszufriedenheit korrelieren.
Die Ergebnisse geben Anlass zu der Empfehlung, die Persönlichkeit des Einkäufers bei der Gestaltung der Kommunikationssituation im Hinblick auf die Zufriedenheit mit der Kommunikationsdimension ‚Kontextverständnis‘ zu berücksichtigen. Allerdings ist die Einschätzung der Persönlichkeit in zweierlei Hinsicht problematisch. Erstens sind die Ergebnisse unter Umständen verzerrt, da die Selbstauskunft des Einkäufers möglicherweise dem professionellen Wunschbild eines sachlichen, führenden Einkäufers und nicht unbedingt der Realität entspricht. Dieser „ideale Einkäufer“ wäre immun gegen das (möglicherweise manipulative) Verkäuferverhalten und hätte Macht durch Dominanz. Zweitens sind das Fremdbild, das sich der Verkäufer von der Persönlichkeit des Einkäufers bilden kann, und das Selbstbild des Einkäufers nicht unbedingt deckungsgleich. Zur Lösung des ersten Problems könnten die Verwendung anderer Typologien und „geschicktere“ Fragestellungen dienen. Des Weiteren kann die interne Einschätzung von Typen auf Einkäuferseite und eine ausgewogene Zusammensetzung von Buying Centern die Gesprächsergebnisse für die Einkäufer positiv beeinflussen; die Verkäuferseite kann dagegen nur durch Beobachtung versuchen, Typen zu erkennen und entsprechend zu reagieren.
Selling Center
Branche
Branche
Unternehmen
Nationalität / Kultur
Unternehmen
Interindividuelle Faktoren
Buying Center
Nationalität / Kultur
4.5
Zwischen den Beteiligten des Interaktionsprozesses können zwei zentrale Faktoren bestehen: Ähnlichkeit und Beziehung.
Empfänger
Sender situativer Kontext Episode Face-to-Face Kommunikation
4.5.1
Ähnlichkeit
Die meisten dyadisch-personalen Interaktionsstudien sind als Matching Studien angelegt und betrachten die Ähnlichkeit von Einkäufer und Verkäufer in geschäftlichen Dyaden.587 Das Konzept der interaktionsrelevanten Ähnlichkeit von Einkäufer und Verkäufer geht auf EVANS (1963) zurück.588 Seitdem wurden diverse Studien angelegt, die auf beobachtbare und nichtbeobachtbare Ähnlichkeiten zwischen den Beteiligten abstellen. Zu den beobachtbaren Ähnlichkeiten zählen physische Aspekte wie das Alter und Geschlecht589, Kleidung590, Größe591,
587
Vgl. Campbell (1985), S. 35 ff.; Dion et al. (1995), S. 1 ff.; Evans (1963), S. 76 ff.; Mathews et al. (1972), S. 103 ff.; Riordan et al. (1977), S. 530 ff.; Schoch (1969); Woodside/ Davenport (1974), S. 198 ff. 588 Vgl. Evans (1963), S. 76 ff. 589 Vgl. Dwyer et al. (1998), S. 55 ff.; Smith (1998b), S. 3 ff.; Futrell (1984), S. 19 ff.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
165
Nationalität592 und verhaltensbezogene Aspekte593 wie das Benehmen und Sprach- und Sprechmuster. Nicht direkt beobachtbare Aspekte können genereller Art594 sein und dabei die Ausbildung, den Familienstand, Interessen, Persönlichkeit und religiöse und politische Ansichten betreffen. Sie können aber auch geschäftsbezogen sein und sich dabei auf die Erfahrungen mit einem Produkt und dessen Beurteilung595 sowie die Wahrnehmung der Verkäufer, Lieferanten und Unternehmen596 beziehen. Als von der Ähnlichkeit zwischen Verkäufer und Einkäufer abhängige Größen wurden die Verkaufsleistung597 und (aus Einkäuferperspektive) die Kaufwahrscheinlichkeit598 untersucht. Die Ähnlichkeiten wirken auch positiv auf Größen wie Qualität der Beziehung599, Vertrauen600, Zufriedenheit und Kommunikation.601 Beobachtbare und nicht-beobachtbare Ähnlichkeiten zwischen Einkäufer und Verkäufer wurden also in diversen Studien konzeptualisiert, und ihre Wirkung auf diverse verkaufs- und beziehungsbezogene Größen ist untersucht worden. Die Balancetheorie bietet einen theoretischen Rahmen für den grundsätzlichen Einfluss von Ähnlichkeit zwischen den Kommunikationspartnern als unabhängige Variable. In der sozialpsychologischen Forschung wird davon ausgegangen, dass eher Kontakte unter Personen zustande kommen, die einander in demografischen und sozialen Aspekten602 und in ihren Meinungen und Sichtweisen ähnlich sind.603 Ursächlich dafür ist eine Sympathiewirkung, die durch die Ähnlichkeit entsteht und die einen Belohnungsaspekt im sozialen Austausch darstellt.604 Des Weiteren hat die Ähnlichkeit eine steigernde Wirkung für den Selbstwert der eigenen Person.605 Insbesondere die Wahrnehmung ähnlicher Einstellungen bei anderen Individuen bestätigt die eigenen Überzeugungen.606 Dazu bietet ebenfalls die Balancetheorie einen Erklärungsansatz, da hier angenommen wird, dass nur balancierte Beziehungen wert sind, gepflegt zu werden, und daraus folgend nur Beziehungen zu Personen gepflegt werden, die der eigenen Person Sympathie entgegen bringen.607 Personen, die gleichartige Attribute besitzen, haben grundsätzlich einen positiveren emotionalen Wert für ein anderes Individuum. Dieser führt zu einer Attraktivitätssteigerung.608 Ähnlichkeiten müssen aber nicht vollkommen sein. Auf Basis der Assimilations-KontrastTheorie wird angenommen, dass im Akzeptanzbereich liegende Merkmale ähnlicher wahr590
Vgl. Crosby et al. (1990), S. 68 ff. Vgl. Churchill Jr./ Collins (1975), S. 29 ff. Ebenda. 593 Vgl. Crosby et al. (1990), S. 68 ff. 594 Ebenda. 595 Vgl. Woodside/ Davenport (1974), S. 198 ff. 596 Vgl. Riordan et al. (1977), S. 530 ff. 597 Vgl. Woodside/ Davenport (1974), S. 198 ff. 598 Vgl. Capon (1975), S. 238 ff. 599 Vgl. Smith (1998b), S. 3 ff. 600 Vgl. Busch/ Wilson (1976), S. 3 ff. 601 Vgl. für die signifikante Wirkung auf die drei folgenden Größen Smith (1998b), S. 15. 602 Vgl. Forgas (1999), S. 209. 603 Vgl. Piontkowski (1976), S. 153. 604 Vgl. Müller (1983), S. 690. 605 Vgl. Bierhoff (2000), S. 55. 606 Vgl. Koeppler (2000), S. 231. 607 Vgl. Forgas (1999), S. 221. 608 Vgl. Koeppler (2000), S. 231 f. 591 592
166
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
genommen werden (Assimilationseffekt), wobei stärkere Unterschiede im Ablehnungsbereich als noch unähnlicher wahrgenommen werden (Kontrasteffekt).609 Dagegen kann die Komplementaritätshypothese angeführt werden, nach der davon ausgegangen werden kann, dass gerade Kommunikationspartner mit Unterschieden in wesentlichen Merkmalen besondere Anziehungskraft haben können.610 Dies gilt besonders für Merkmale, die von der einschätzenden Person als erstrebenswert angesehen werden.611 Für die Kommunikationswirkung folgen aus den vorstehenden Überlegungen zunächst Hypothesen für die beobachtbaren Ähnlichkeiten hinsichtlich ‚Alter’, ‚hierarchischer Stufe’, ‚Geschlecht’ und ‚Auftreten und Äußerlichkeiten’ als unabhängige Variablen: H 2.4.1: Wenn der Einkäufer das eigene Alter und das des Verkäufers als gleich annimmt, sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit höher als wenn unterschiedliche Altersklassen vorliegen. H 2.4.2: Wenn der Einkäufer die eigene hierarchische Position und die des Verkäufers als gleich einschätzt oder die Position des Verkäufers als anstrebenswert ansieht, dann sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit höher als bei unterschiedlichen und niedrigeren hierarchischen Positionen. H 2.4.3: Wenn Einkäufer und Verkäufer das gleiche Geschlecht haben, so sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit höher als wenn die Gesprächspartner unterschiedliches Geschlecht haben. H 2.4.4: Je ähnlicher der Einkäufer das eigene Auftreten und die Äußerlichkeiten und das Auftreten und die Äußerlichkeiten des Verkäufers einschätzt, desto höher sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Für weitere nicht direkt beobachtbare Ähnlichkeiten hinsichtlich der Variablen ‚beruflicher Werdegang’, ‚Interessengebiete’ und ‚sonstige Einstellungen’ können folgende Hypothesen formuliert werden: H 2.4.5 Je ähnlicher der Einkäufer den eigenen beruflichen Werdegang und den des Verkäufers einschätzt, desto höher sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. H 2.4.6: Je ähnlicher der Einkäufer die eigenen Interessengebiete und die des Verkäufers einschätzt, desto höher sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit.
609 610 611
Vgl. Fischer/ Wiswede (1997), S. 311. Vgl. Piontkowski (1976), S. 154. Vgl. Mann (2004), S. 396.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
167
H 2.4.7: Je ähnlicher der Einkäufer die eigenen (sonstigen) Einstellungen und die des Verkäufers einschätzt, desto höher sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Für die Gesamteinschätzung der Ähnlichkeit wird folgende Hypothese formuliert: H 2.4.8: Je ähnlicher sich Einkäufer und Verkäufer in der Einschätzung des Einkäufers insgesamt sind, desto höher sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Zur konkreteren Bestimmung der Veränderlichkeit der Einflüsse und der Unterschiede zwischen beobachtbaren und nicht-beobachtbaren Ähnlichkeiten schlagen LICHTENTHAL und TELLEFSEN (2001) ein Modell der Einkäufer-Verkäufer-Ähnlichkeitsbewertung vor.612 Dabei stellen die Autoren auf das Elaboration Likelihood Model613 und das ÄhnlichkeitsAttraktivitäts-Paradigma614 ab. Ersteres wird genutzt, um vorherzusagen, welche Ähnlichkeiten (beobachtbar oder nicht direkt beobachtbar) eher zur Beurteilung des Gegenübers herangezogen werden und wie stark dieser Einfluss ist. Letzteres wird zur Erklärung der Wirkungsrichtung der vorrangig genutzten Ähnlichkeitseinschätzung auf die Beurteilung der wahrgenommenen Verkaufsleistung genutzt. Es werden also beobachtbare Ähnlichkeiten eher zur schnellen Einschätzung der Verkäuferperson und deren Zuordnung zu einer bekannten Stereotypen-Gruppe genutzt. Diese oberflächlichen Schlussfolgerungen haben nur kurzfristigen Effekt für die Wahrnehmung und Bewertung. Dagegen haben nichtbeobachtbare Ähnlichkeiten durch ihre aufwändigere Evaluation und emotionale Einbindung einen längerfristigen Einfluss, da eine „positive emotion increases the buyer’s willingness to accept the salesperson’s assertions and ultimately to follow the salesperson’s advice“615. Diesen Überlegungen folgend wird nachstehende Hypothese zur Ähnlichkeit zwischen Einkäufer und Verkäufer als unabhängige Variable formuliert: H 2.4.9: Die Veränderung der Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit zwischen ähnlichen und nicht-ähnlichen Personen ist bei nicht direkt beobachtbaren Ähnlichkeiten höher als bei beobachtbaren. In der Studie zur ‚Zufriedenheit des Einkäufers’ wurden die Ähnlichkeiten zwischen Einkäufer und Verkäufer zu Alter und hierarchischer Position in der Einschätzung des Einkäufers jeweils in drei Ausprägungen erfasst: x
älter (n = 139, 47,6 %), gleich alt (n = 99, 33,9 %), jünger (n = 53, 18,2 %);
x
hierarchisch übergeordnet (n = 110, 37,7 %), auf gleicher Ebene (n = 132, 45,2 %), hierarchisch untergeordnet (n = 47, 16,1 %).
Für die Einschätzung von Ähnlichkeiten hinsichtlich des Alters der Gesprächspartner konnten keine signifikanten Unterschiede der Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit zwischen den Gruppen fest612
Vgl. Lichtenthal/ Tellefsen (2001), S. 4 ff. Vgl. Petty/ Cacioppo (1986), S. 123 ff.; Petty et al. (1991), S. 241 ff. Vgl. Byrne (1961), S. 713 ff.; Byrne (1962), S. 164 ff. 615 Lichtenthal/ Tellefsen (2001), S. 4. 613 614
168
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
gestellt werden. Auch für die Einschätzung des hierarchischen Vergleichs der Positionen innerhalb der Unternehmen konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen identifiziert werden. Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass auch die Komplementaritätshypothese hinsichtlich anzustrebender Unähnlichkeiten (wie eine höhere hierarchische Position) mit Blick auf die Zufriedenheiten nicht bestätigt werden konnte. In den betrachteten Gesprächen waren sowohl auf Seiten der Einkäufer als auch auf Seiten der Verkäufer Frauen und Männer vertreten. Die Verteilung der Geschlechterkombinationen der Gesprächspartner in der Stichprobe stellt die folgende Grafik dar.
Geschlecht der Gesprächspartner Frau / Frau; 9; 3,1%
Frau / Mann; 39; 13,6% Mann / Frau; 8; 2,8%
Mann / Mann; 230; 80,4% (n = 286; Gruppe mit Einkäufer / Verkäufer; n; Prozentanteil)
Abbildung 79
Verteilung der Geschlechterkombinationen in den betrachteten Dyaden
Für die Prüfung der Ähnlichkeitshypothese H 2.4.3 werden zwei Gruppen (gleiches und ungleiches Geschlecht der Gesprächspartner) miteinander verglichen. Ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen kann nur für das Zufriedenheitsniveau der Kommunikationsdimension ‚Freundlichkeit’ festgestellt werden. Ein Vergleich aller Geschlechterkombinationen zeigt keine signifikanten Unterschiede (vgl. Anhang III). Kommunikationsdimension Freundlichkeit*
ungleich
Gleich
Differenz
n
Mittelwert
SD
n
Mittelwert
SD
Mittelwert
47
2,11
,814
238
1,86
,703
0,25
* signifikant auf dem Niveau 0,05 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 80
Geschlecht der Gesprächspartner: Mittelwertvergleich des Zufriedenheitsniveaus
Die Wirkungsrichtung der Hypothese H 2.4.3 kann bestätigt werden, da das Niveau der Zufriedenheit mit der ‚Freundlichkeit’ des Verkäufers höher ist, wenn die Gesprächspartner das gleiche Geschlecht haben. Die Kombination des Geschlechts der Gesprächspartner als gleich oder ungleich moderiert die Korrelationen der Kommunikationsdimensionen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 81). Bei Gesprächspartnern mit demselben Geschlecht korrelieren alle Kommunikationsdimensionen signifikant und positiv mit der Gesamtkommunikationszu-
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
169
friedenheit. Bei Gesprächspartnern mit unterschiedlichem Geschlecht korrelieren alle Kommunikationsdimensionen bis auf ‚Kontextverständnis‘ und ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘ signifikant und positiv. Geschlecht der Gesprächspartner
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
gleich
ungleich
gleich
Tendenz
Kommunikationsdimension
n = 239
n = 47
Inhaltsqualität
,594**
,643**
3
4
-1
Informationsfluss
,595**
,552**
2
7
-5
Offenheit
,544**
,361**
7
12
-5
Vertrauenswürdigkeit
,615**
,615**
1
6
-5
Kontextverständnis
,437**
0,240
12
13
-1
Interesse an pers. K.
,279**
0,237
14
14
0
Unterhaltsamkeit
,397**
,457**
13
9
4
Kompetenz
,583**
,668**
4
2
2
Souveränität
,515**
,630**
8
5
3
Empathie
,570**
,394**
6
11
-5
Kooperationsbereitschaft
,576**
,676**
5
1
4
Lösungsorientierung
,496**
,478**
10
8
2
Freundlichkeit
,501**
,422**
9
10
-1
Konfliktumgang
,455**
,666**
11
3
8
ungleich
** Signifikanzniveau 0,01
Abbildung 81
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Interindividuelle Faktoren: Ähnlichkeit / Geschlecht
Die Korrelationskoeffizienten sind bei Gesprächen zwischen Männern und Frauen für die Dimensionen ‚Inhaltsqualität‘, ‚Unterhaltsamkeit‘, ‚Kompetenz‘, ‚Souveränität‘, ‚Kooperationsbereitschaft‘ und ‚Konfliktumgang‘ höher als bei Gesprächen zwischen Männern und Frauen untereinander. Die Kombination des Geschlechts der Gesprächspartner als gleich oder ungleich moderiert auch die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Dabei ist festzustellen, dass der ‚Umgang mit Konflikten’ in ungleichen Konstellationen wesentlich wichtiger ist als in gleichen Konstellationen. Bei gleichgeschlechtlichen Gesprächspartnern sind ‚Vertrauenswürdigkeit’, ‚Informationsfluss’ und ‚Inhaltsqualität’ besonders wichtig. In gemischt-geschlechtlichen Gesprächen sind ‚Kooperationsbereitschaft', ‚Kompetenz’ und der ‚Umgang mit Konflikten’ die wichtigsten Kommunikationsdimensionen. Der folgende direkt beobachtbare Ähnlichkeitsaspekt ‚Auftreten & Äußerlichkeiten’ wurde in der Studie zur ‚Zufriedenheit des Einkäufers’ auf einer 6er Skala von ‚sehr ähnlich’ bis ‚völlig unterschiedlich’ gemessen und jeweils den Gruppen ‚eher ähnlich’ (1 bis 3) und ‚eher unähnlich’ (4 bis 6) zugeordnet. Die Einschätzungen der Ähnlichkeit von ‚Auftreten und Äußerlichkeiten’ von Einkäufer und Verkäufer ergeben signifikante Unterschiede der Zufriedenheitsniveaus von zehn der 14 Kommunikationsdimensionen. Ebenfalls kann die positive
170
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Wirkungsrichtung der Ähnlichkeit für die Hypothese H 2.4.4 bestätigt werden (vgl. Abbildung 82). Kommunikationsdimension
eher ähnlich n
eher unähnlich
Mittelwert
SD
n
Mittelwert
Differenz Mittelwert
SD
Inhaltsqualität*
168
2,28
,861
107
2,49
,915
-0,21
Informationsfluss**
167
2,09
,629
108
2,42
,908
-0,33
Offenheit**
167
2,34
,804
103
2,70
1,046
-0,36
Vertrauenswürdigkeit**
169
2,17
,729
108
2,54
1,123
-0,37
Kontextverständnis*
161
2,22
,814
102
2,49
,982
-0,27
Unterhaltsamkeit*
142
2,44
,812
89
2,84
1,196
-0,41
Souveränität**
167
2,10
,700
107
2,50
,994
-0,40
Empathie**
165
2,22
,735
106
2,56
,986
-0,33
Freundlichkeit**
169
1,76
,610
108
2,12
,894
-0,36
Konfliktumgang**
143
2,04
,670
88
2,44
1,081
-0,40
* signifikant auf dem Niveau 0,05; ** signifikant auf dem Niveau 0,01 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 82
Ähnlichkeit von Auftreten und Äußerlichkeiten: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Die nicht-beobachtbaren Ähnlichkeitsaspekte ‚beruflicher Werdegang’, ‚Interessengebiete’ und ‚Einstellungen’ wurden in der Studie zur ‚Zufriedenheit des Einkäufers’ ebenfalls auf einer 6er Skala von ‚sehr ähnlich’ bis ‚völlig unterschiedlich’ gemessen und jeweils den Gruppen ‚eher ähnlich’ (1 bis 3) und ‚eher unähnlich’ (4 bis 6) zugeordnet. Die Einschätzung des Einkäufers hinsichtlich der Ähnlichkeit des eigenen beruflichen Werdegangs mit dem des Verkäufers ergibt signifikante Unterschiede der Zufriedenheiten mit zehn der 14 Kommunikationsdimensionen (vgl. Abbildung 83). Die positive Wirkung der Ähnlichkeit auf die Zufriedenheit in der Kommunikationssituation kann für die Hypothese H 2.4.5 bestätigt werden, da die Zufriedenheitsniveaus in ähnlichen Konstellationen höher sind. Kommunikationsdimension
eher ähnlich n
Mittelwert
eher unähnlich SD
n
Mittelwert
Differenz Mittelwert
SD
Inhaltsqualität**
90
2,08
,722
144
2,47
,915
-0,39
Informationsfluss*
89
2,01
,593
145
2,30
,828
-0,29
Offenheit*
90
2,26
,773
141
2,61
,998
-0,35
Vertrauenswürdigkeit**
91
2,05
,656
144
2,47
1,064
-0,41
Kontextverständnis**
89
2,06
,729
137
2,51
,993
-0,45
Kompetenz**
91
1,99
,707
145
2,35
1,024
-0,36
Empathie**
90
2,16
,702
142
2,49
,987
-0,34
Kooperationsbereitschaft*
90
1,93
,761
144
2,23
1,036
-0,30
Lösungsorientierung**
83
2,27
,813
132
2,69
1,106
-0,42
Freundlichkeit*
91
1,74
,697
145
1,99
,816
-0,25
* signifikant auf dem Niveau 0,05; ** signifikant auf dem Niveau 0,01 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 83
Ähnlichkeit des beruflichen Werdegangs: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Die Einschätzung der Ähnlichkeit bezüglich der jeweiligen Interessengebiete durch den Einkäufer ergibt signifikante Unterschiede im Zufriedenheitsniveau von zehn Kommunikationsdimensionen (vgl. Abbildung 84). Auch hier kann der positive Zusammenhang zwischen Ähnlichkeit und Zufriedenheitsniveau für die Hypothese H 2.4.6 bestätigt werden.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Kommunikationsdimension
eher ähnlich n
171
eher unähnlich
Mittelwert
SD
n
Mittelwert
Differenz Mittelwert
SD
Inhaltsqualität**
112
2,16
,855
106
2,54
,928
-0,38
Informationsfluss*
111
2,01
,654
108
2,41
,854
-0,40
Offenheit*
109
2,28
,881
106
2,64
,978
-0,37
Vertrauenswürdigkeit**
112
2,01
,651
107
2,57
1,056
-0,56
Kontextverständnis**
109
2,10
,757
101
2,51
1,006
-0,41
Kompetenz**
111
2,02
,763
108
2,43
1,061
-0,41
Empathie**
111
2,16
,668
105
2,56
1,064
-0,40
Kooperationsbereitschaft*
112
1,92
,818
107
2,34
1,072
-0,42
98
2,33
,847
102
2,69
1,090
-0,36
112
1,71
,564
108
2,06
,889
-0,36
Lösungsorientierung** Freundlichkeit*
* signifikant auf dem Niveau 0,05; ** signifikant auf dem Niveau 0,01 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 84
Ähnlichkeit der Interessengebiete: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Die Einschätzung der Ähnlichkeit der Einstellungen hat signifikanten Einfluss auf das Zufriedenheitsniveau aller Kommunikationsdimensionen sowie auf die Gesamtzufriedenheit in der Kommunikationssituation. Hypothese H 2.4.7 kann auch hinsichtlich ihrer Wirkungsrichtung bestätigt werden, da die Zufriedenheitsbewertungen in ähnlichen Konstellationen höher sind (vgl. Abbildung 85). Kommunikationsdimension
eher ähnlich n
eher unähnlich
Mittelwert
SD
n
Mittelwert
Differenz Mittelwert
SD
Inhaltsqualität**
143
2,10
,748
61
2,74
,964
-0,63
Informationsfluss**
143
1,98
,611
61
2,62
,969
-0,64
Offenheit**
142
2,23
,748
59
2,85
1,096
-0,62
Vertrauenswürdigkeit**
143
2,01
,697
61
2,85
1,152
-0,85
Kontextverständnis**
138
2,09
,749
56
2,73
1,152
-0,65
Interesse an pers. K.**
118
2,26
,709
46
2,93
1,218
-0,67
Unterhaltsamkeit**
124
2,22
,705
56
3,18
1,193
-0,96
Kompetenz**
143
1,98
,655
61
2,69
1,218
-0,71
Souveränität**
143
2,00
,639
61
2,82
1,057
-0,82
Empathie**
141
2,10
,669
60
2,83
1,076
-0,73
Kooperationsbereitschaft**
143
1,91
,759
61
2,54
1,163
-0,63
Lösungsorientierung**
132
2,27
,839
55
3,07
1,152
-0,80
Freundlichkeit**
144
1,67
,565
61
2,34
,964
-0,67
Konfliktumgang**
121
1,94
,722
54
2,74
1,085
-0,80
Gesamtzufriedenheit**
143
2,03
,586
61
2,67
,995
-0,64
** signifikant auf dem Niveau 0,01 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 85
Ähnlichkeit von Einstellungen: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Die Einschätzung der Gesamtähnlichkeit hat signifikanten Einfluss auf das Zufriedenheitsniveau aller Kommunikationsdimensionen sowie die Gesamtzufriedenheit in der Kommunikationssituation (vgl. Abbildung 86). Hypothese H 2.4.8 kann damit voll bestätigt werden.
172
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Kommunikationsdimension
eher ähnlich n
eher unähnlich
Mittelwert
SD
n
Mittelwert
Differenz Mittelwert
SD
Inhaltsqualität**
159
2,20
,840
102
2,54
,908
-0,34
Informationsfluss**
157
2,02
,604
103
2,49
,906
-0,47
Offenheit**
156
2,29
,803
100
2,68
1,043
-0,39
Vertrauenswürdigkeit**
159
2,02
,600
102
2,64
1,133
-0,62
Kontextverständnis**
153
2,11
,730
94
2,64
1,025
-0,53
Interesse an pers. K.**
125
2,33
,760
72
2,83
1,163
-0,51
Unterhaltsamkeit**
140
2,29
,735
82
3,05
1,185
-0,76
Kompetenz*
159
2,05
,673
103
2,39
1,105
-0,34
Souveränität**
157
2,03
,650
103
2,54
,978
-0,52
Empathie**
156
2,15
,654
101
2,59
1,022
-0,44
Kooperationsbereitschaft**
158
1,95
,738
103
2,34
1,081
-0,39
Lösungsorientierung**
143
2,34
,822
95
2,73
1,153
-0,39
Freundlichkeit**
159
1,69
,584
103
2,16
,860
-0,46
Konfliktumgang**
135
1,97
,646
85
2,49
1,054
-0,52
Gesamtzufriedenheit**
158
2,08
,559
103
2,50
,917
-0,43
* signifikant auf dem Niveau 0,05; ** signifikant auf dem Niveau 0,01 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 86
Gesamtähnlichkeit: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Die Gesamtähnlichkeit von Einkäufer und Verkäufer in der Einschätzung des Einkäufers moderiert die Korrelationen zwischen den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 87). Alle Korrelationen sind signifikant und positiv. Die Korrelationskoeffizienten der Kommunikationsdimensionen sind – bis auf die Korrelation der Dimensionen ‚Unterhaltsamkeit‘ mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit – bei Einschätzung als unähnlich höher. Gesamtähnlichkeit
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
eher ähnlich
eher unähnlich
eher ähnlich
Kommunikationsdimension
n = 159
n = 103
Inhaltsqualität
,487**
,654**
4
3
1
Informationsfluss
,429**
,696**
8
1
7
Offenheit
,433**
,573**
7
7
0
Vertrauenswürdigkeit
,505**
,687**
2
2
0
Kontextverständnis
,263**
,490**
13
12
1
Interesse an pers. K.
,261**
,332**
14
14
0
Unterhaltsamkeit
,403**
,385**
9
13
-4
Kompetenz
,543**
,605**
1
5
-4
Souveränität
,442**
,541**
6
9
-3
Empathie
,490**
,519**
3
11
-8
Kooperationsbereitschaft
,479**
,619**
5
4
1
Lösungsorientierung
,319**
,558**
12
8
4
Freundlichkeit
,400**
,582**
10
6
4
Konfliktumgang
,352**
,535**
11
10
1
Tendenz eher lich
unähn-
** Signifikanzniveau 0,01
Abbildung 87
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Interindividuelle Faktoren: Gesamtähnlichkeit
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
173
Die Gesamtähnlichkeit moderiert auch die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Dabei kann für die vorliegenden Daten festgestellt werden, dass die ‚Empathie’ des Verkäufers in ähnlichen Konstellationen wesentlich wichtiger ist als in unähnlichen. Die Dimension ‚Informationsfluss‘ ist dagegen in unähnlichen Konstellationen wesentlich wichtiger als in ähnlichen. Der Einkäufer erwartet von einem ähnlichen Gegenüber eher, dass dieser sich in die eigene Situation hineinversetzen und Bedürfnisse erkennen kann. Das aktive Anbieten von Informationen und das Zuhören durch den Verkäufer in unähnlichen Konstellationen dienen dem sukzessiven Ausgleich von persönlichen Informationsasymmetrien. Diese sind in der Kommunikation zwischen eher ähnlichen Individuen unter Umständen nicht so groß. Für die beobachtbaren Ähnlichkeiten ‚Alter‘ und ‚hierarchische Position‘ konnten keine signifikanten Unterschiede der Zufriedenheitsniveaus festgestellt werden; für das Geschlecht konnte nur ein signifikanter Einfluss auf die ‚Freundlichkeit’ festgestellt werden. Ein Einfluss der Ähnlichkeit in ‚Auftreten und Aussehen‘ konnte ebenfalls nicht für alle Leistungsparameter identifiziert werden. Diese Ergebnisse geben erste Hinweise auf die Bestätigung der Hypothese H 2.4.9. Die Veränderung der Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit zwischen ähnlichen und nichtähnlichen Personen ist bei nicht direkt beobachtbaren Ähnlichkeiten höher als bei beobachtbaren. Abbildung 88 fasst die Ergebnisse für die beobachtbaren und nicht-beobachtbaren Ähnlichkeiten zusammen. Differenz der Mittelwerte (Zufriedenheitsniveaus sind bei Ähnlichkeit um die genannten Werte höher als bei Unähnlichkeit) Ähnlichkeiten
beobachtbar
Kommunikationsdimension
Geschlecht
nicht direkt beobachtbar Auftreten /
Werdegang
Einstellungen
Interesse
Äußeres
Gesamtähnlichkeit
Inhaltsqualität
n.s.
0,21
0,39
0,63
0,38
0,34
Informationsfluss
n.s.
0,33
0,29
0,64
0,40
0,47 0,39
Offenheit
n.s.
0,36
0,35
0,62
0,37
Vertrauen
n.s.
0,37
0,41
0,85
0,56
0,62
Kontextverständnis
n.s.
0,27
0,45
0,65
0,41
0,53
Interesse an pers. K.
n.s.
n.s.
n.s.
0,67
n.s.
0,51
Unterhaltsamkeit
n.s.
0,41
n.s.
0,96
n.s.
0,76
Kompetenz
n.s.
n.s.
0,36
0,71
0,41
0,34
Souveränität
n.s.
0,40
0,27
0,82
n.s.
0,52
Empathie
n.s.
0,33
0,34
0,73
0,40
0,44
Kooperationsbereitschaft
n.s.
n.s.
0,30
0,63
0,42
0,39
Lösungsorientierung
n.s.
n.s.
0,42
0,80
0,36
0,39
Freundlichkeit
0,08
0,36
0,25
0,67
0,36
0,46
Konfliktumgang
n.s.
0,40
n.s.
0,80
n.s.
0,52
Gesamtzufriedenheit
n.s.
n.s.
n.s.
0,64
n.s.
0,43
n. s. = nicht signifikant
Abbildung 88
Vergleich der Differenz der Mittelwerte bei beobachtbaren und nicht direkt beobachtbaren Ähnlichkeiten
Die Daten bestätigen teilweise die Hypothese, dass die beobachtbaren Ähnlichkeiten einen geringeren Einfluss auf die Veränderung der Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunika-
174
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
tionsdimensionen haben als die nicht-beobachtbaren Ähnlichkeiten. Die höchsten Differenzen liegen bei der Ähnlichkeit der Einstellungen vor. Hier kann die emotionale Einbindung bei der Evaluation der Einstellung des Gegenübers und dem Vergleich mit der eigenen Einstellung als besonders stark angesehen werden. Folgende Ergebnisse können für die Ähnlichkeit zwischen Einkäufer und Verkäufer zusammenfassend festgestellt werden: x
Für die Ähnlichkeiten von Alter und hierarchischer Position konnten keine signifikanten Unterschiede der Zufriedenheitsniveaus zwischen den Gruppen festgestellt werden.
x x
Die Ähnlichkeit des Geschlechts der Gesprächspartner hat signifikanten Einfluss auf die Dimension ‚Freundlichkeit‘. Die weiteren beobachtbaren und nicht direkt beobachtbaren Ähnlichkeiten haben meist signifikante Einflüsse auf die Zufriedenheitsniveaus. Die Zufriedenheit ist in ähnlichen Konstellationen höher.
x x
Die Gesamtähnlichkeit beeinflusst alle Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen sowie die Gesamtkommunikationszufriedenheit signifikant positiv. In Gesprächssituationen, in denen Einkäufer und Verkäufer insgesamt als eher unähnlich beurteilt werden, korrelieren alle Kommunikationsdimensionen – bis auf die ‚Unterhaltsamkeit‘ – stärker signifikant positiv mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit als in ähnlichen Konstellationen.
x
Die Kommunikationsdimension ‚Empathie’ ist in ähnlichen Gruppen wichtiger als in unähnlichen, die Kommunikationsdimension ‚Umgang mit Konflikten’ ist in weniger ähnlichen Gruppen wichtiger.
x
Die signifikanten Unterschiede der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen zwischen ähnlichen und unähnlichen Konstellationen sind bei nicht direkt beobachtbaren Ähnlichkeiten größer.
Bei der Gestaltung von Kommunikationssituationen können die Ähnlichkeitsaspekte ‚Alter’ und ‚hierarchische Position’ bei der Auswahl von Verkäufern zu Gunsten anderer Aspekte tendenziell vernachlässigt werden, da keine signifikanten Unterschiede für die Zufriedenheitsniveaus identifiziert wurden. Die Gender-Betrachtung im professionellen Verkäufer-Einkäufer-Kontext ergibt auch mit Blick auf die Ähnlichkeitsbetrachtungen Anlass, die Unterscheidung von biologischen Geschlechtern zu Gunsten (geschlechts-) typischer Verhaltensweisen und professioneller Rollen aufzugeben. Die Ähnlichkeit des Geschlechts wirkt in der Studie zur Kommunikationszufriedenheit nur auf die Kommunikationsdimension ‚Freundlichkeit’, andere Ähnlichkeitsaspekte wirken sich weit stärker auf die Kommunikationszufriedenheit aus. Die Kommunikationsdimension ‚Empathie’ wurde in ähnlichen Gruppen als wichtiger als in unähnlichen identifiziert. Ein hohes Einfühlungsvermögen setzt eine gute Kenntnis der eigenen Bedürfnisse und das Erkennen von Bedürfnissen anderer Personen voraus. Sind die Gesprächspartner einander ähnlich, kann das Potenzial der Ähnlichkeit als Spiegel der Erwartungsstruktur des Einkäufers auch durch intensive Selbstreflektion des Verkäufers he-
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
175
rausgearbeitet und genutzt werden. Hierfür können Trainingsmaßnahmen für Verkäufer zur eigenen Bedürfnis- und Erwartungsstruktur in Kommunikationssituationen eingesetzt werden. Die tendenziell höhere Wichtigkeit der Kommunikationsdimension ‚Umgang mit Konflikten’ in weniger ähnlichen Gruppen deutet darauf hin, dass das Konfliktpotenzial zwischen Individuen mit weniger Ähnlichkeit höher ist. Dem kann einerseits durch die Auswahl von ähnlichen Einkäufern und Verkäufern begegnet werden. Andererseits können potenzielle Konflikte durch Weiterbildungsmaßnahmen identifiziert und vorausschauend Lösungen gefunden werden. Darüber hinaus wird auf Basis der Ergebnisse empfohlen, nicht-beobachtbare Ähnlichkeiten zu beachten, da hier signifikante Unterschiede zu nicht-ähnlichen Gruppen tendenziell größer sind und meist auch eine stärkere (weil nachhaltigere) Wirkung haben. Die Pflege einer umfassenden Datenbank zum Werdegang, zu den Interessen und insbesondere den Einstellungen des Gegenübers kann Verkäufern und Einkäufern helfen, Gesprächspartner für Folgesituationen besonders effektiv auszuwählen. 4.5.2
Beziehungen
Beziehungen im geschäftlichen Kontext können den Beziehungsaspekt der Kommunikation selbst (vgl. Kapitel 2.6), aber auch die Entstehung von Beziehungen durch häufigere Interaktionen zwischen Individuen (analog der Bekanntheitsdimension in der Episodenidentifikation) betreffen.616 Auf einer weitgehend individuenunabhängigen Ebene existieren des Weiteren Geschäftsbeziehungen zwischen Organisationen.617 Der interdependente Zusammenhang von (Geschäfts-) Beziehung und Interaktion wurde in der Problemstellung thematisiert: Interaktionen zwischen Individuen finden nicht unabhängig voneinander statt.618 Das umfassende, individuelle Kundenerlebnis („total customer experience“) wird mit drei essenziellen interaktiven Elementen beschrieben, dem physischen Aufeinandertreffen, der emotionalen Einbindung und dem entstehenden Nutzen.619 Die unterschiedliche Häufigkeit und Intensität solcher Erlebnisse bedingt den Aufbau individueller Beziehungen. Diese entstehen durch mehrmalige, nicht zufällige Interaktionen zwischen Verkäufer und Einkäufer. Ihre Intensität variiert von gegenseitiger Kenntnis (Bekanntheit) über wechselseitige Akzeptanz, starke Präferenz, gegenseitige Unterstützungsbereitschaft und Identifikation bis hin zu Aufopferungsbereitschaft.620
616
Vgl. Theile (2004), S. 209. Vgl. Backhaus/ Voeth (2007), S. 12 und die dort genannten Quellen. Vgl. Frommeyer (2005), S. 2. 619 Vgl. für den Einfluss der Kundenerlebnisse auf die Kundenloyalität Mascarenhas et al. (2006), S. 397 ff. 620 Vgl. Diller et al. (2005), S. 26. 617 618
176
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Die Intensität sowie die Länge der Beziehung beeinflussen die Kommunikation und deren Ergebnisse.621 Dabei stellt die Länge der Beziehung den chronologischen Rahmen der Entwicklung dar, die Intensität beschreibt die Stärke. Im Zeitverlauf kann es intensivere und weniger intensive Phasen der Beziehung geben. Für eine Betrachtung des Beziehungsaspekts im Kommunikationsansatz und die Wirkung auf die Kommunikationszufriedenheitsniveaus sowie die Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen sind Länge und Intensität von Beziehungen einzubeziehen. Der Einfluss sozialer Aspekte von individuellen Beziehungen auf die positive Entwicklung und den Erhalt von Einkäufer-Verkäufer-Beziehungen ist mehrfach bestätigt622 und im Einzelnen untersucht worden.623 Soziale Aspekte unterstützen und ergänzen die geschäftliche individuelle Beziehung.624 Zusammenfassend sind hier als Variablen des Beziehungsaspekts die Länge und die geschäftliche und soziale Intensität der individuellen Beziehungen zu nennen. Der Zeitpunkt der Erhebung markiert den aktuellen Stand der Beziehung. Abbildung 89 verdeutlicht einen beispielhaften Verlauf der Beziehungsentwicklung. Dabei nimmt die Grundintensität im Zeitverlauf zu (beide Kurven steigen leicht an), Phasen mit intensiveren, geschäftlichen und sozialen Kontakten sind als „Ausschläge“ der Beziehungsentwicklung zu erkennen. Abhängig vom Erhebungszeitpunkt kann die Evaluation einer Beziehung ein bestimmtes Grundintensitätsniveau ergeben und darüber hinaus die aktuelle Position der geschäftlichen und sozialen Beziehungsentwicklung reflektieren. Auf dieses Beziehungsverständnis und den Stand zum Zeitpunkt der Erhebung sind die folgenden Überlegungen abgestellt. Intensität der Beziehung
sozial
geschäftlich
Zeit Zeitpunkt der Erhebung
Abbildung 89
621
Visualisierung eines Beispiels einer Beziehungsentwicklung
Vgl. z. B. für den erfolgreichen Abschluss von Interaktionsprozessen Theile (2004), S. 209; für den Einfluss von sozialen Konflikten auf den Beginn und Fortgang von Geschäftsbeziehungen Plank et al. (2007), S. 41 ff. 622 Vgl. z. B. Crosby et al. (1990), S. 68 ff.; Frenzen/ Davis (1990), S. 1 ff.; Jacobs et al. (2001), S. 48 ff.; Jap et al. (1999), S. 303 ff. 623 Vgl. Geiger/ Turley (2005), S 263 ff. 624 Vgl. Dwyer et al. (1987), S. 11 ff.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
177
Die Länge der Beziehung als unabhängige Variable mit Einfluss auf die Kommunikationszufriedenheitsniveaus impliziert eine Erhöhung der gesammelten Kenntnisse über den Gesprächspartner über die Zeit. In einem längeren Austauschzeitraum können häufiger physische Kontakte stattfinden. Mit der Wiederholung von Transaktionen sinken die Transaktionskosten durch Lerneffekte (vgl. zur Transaktionskostentheorie Kapitel 3.3.2.2). Darüber hinaus nimmt mit der Zunahme der Kenntnisse über den Gesprächspartner die Wahrscheinlichkeit einer personalen Attribution durch Perspektivenübernahme zu (vgl. zum Actor-Observer-Bias Kapitel 3.3.1.4). Eine personeninterne Attribution führt wiederum zu einer eher positiven Bewertung der Kommunikationssituation. Auch der Verkäufer erwirbt durch häufigere Kontakte Kenntnisse über die Erwartungen des Einkäufers und ist in längeren Beziehungen besser in der Lage, diese zu erfüllen. Die Grundintensität der Beziehung steigt mit ihrer Länge. Für die Länge der Beziehung als unabhängige Variable wird als Hypothese formuliert: H 2.4.10: Je länger die Beziehung bereits andauert, desto höher sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ wurden Gespräche zwischen Einkäufern und Verkäufern betrachtet. Die Länge der Beziehungen zwischen den Individuen wurde mit einem bis zu 21 Jahren angegeben; die folgende Abbildung 90 zeigt die Verteilung nach der Klassierung. Beziehungslänge in Jahren
10+; 35; 15,5%
1; 42; 18,6%
7 - 9; 19; 8,4% 2; 45; 19,9% 4 - 6; 54; 23,9% 3; 31; 13,7% (n = 226; Klasse; n; Prozentanteil)
Abbildung 90
Verteilung der Beziehungslänge in Jahren
Zwischen allen Klassen konnten signifikante Unterschiede für die Kommunikationsdimensionen ‚Inhaltsqualität’, ‚Unterhaltsamkeit’ und ‚Kompetenz’ identifiziert werden. Für die Wirkungsrichtung der Beziehungslänge werden zwei Gruppen (bis einschließlich 3 Jahre und ab 4 Jahren) miteinander verglichen. Dieser Vergleich zeigt signifikante Unterschiede für die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen ‚Offenheit’, ‚Vertrauenswürdigkeit’, ‚Unterhaltsamkeit’, ‚Kompetenz’ und ‚Souveränität’. Hinsichtlich der Wirkungsrichtung kann die Hypothese H 2.4.10 für diese Leistungsparameter bestätigt wer-
178
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
den, da die Zufriedenheitsniveaus in Gesprächen mit Beteiligten in längeren Beziehungen höher sind (vgl. Abbildung 91). Kommunikationsdimension
bis einschließlich 3 Jahre
ab 4 Jahre
n
n
Mittelwert
SD
Mittelwert
SD
Differenz Mittelwert
Offenheit*
115
2,50
,921
105
2,32
,778
0,18
Vertrauenswürdigkeit*
117
2,36
,866
108
2,13
,866
0,23 0,35
Unterhaltsamkeit*
94
2,70
1,035
94
2,35
,799
Kompetenz*
118
2,37
,959
108
2,06
,818
0,32
Souveränität*
118
2,32
,826
106
2,13
,731
0,19
* signifikant auf dem Niveau 0,05; ** signifikant auf dem Niveau 0,01 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 91
Länge der Beziehung: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Die Länge der Beziehung moderiert auch die Korrelationen der Kommunikationsdimensionen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 92). Die Korrelationskoeffizienten der Dimensionen ‚Inhaltsqualität‘, ‚Informationsfluss‘, ‚Unterhaltsamkeit‘, ‚Kompetenz‘, ‚Empathie‘ und ‚Kooperationsbereitschaft‘ sind in längeren Beziehungen höher als in kürzeren. Die Korrelation der Dimension ‚Offenheit‘ mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit ist bei Beziehungen mit einer Länge bis zu drei Jahren und ab 4 Jahren gleich hoch. Beziehungslänge
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
ab 4 Jahre
bis 3 Jahre
ab 4 Jahre
Kommunikationsdimension
n = 108
n = 118
Inhaltsqualität
,664**
,578**
1
4
Informationsfluss
,616**
,607**
3
2
1
Offenheit
,485**
,485**
8
11
-3
Vertrauenswürdigkeit
,546**
,638**
6
1
5
Kontextverständnis
,430**
,462**
10
12
-2
Interesse an pers. K.
,228**
,333**
14
14
0
Unterhaltsamkeit
,385**
,371**
13
13
0
Kompetenz
,663**
,508**
2
9
-7
Souveränität
,498**
,583**
7
3
4
Empathie
,604**
,522**
5
7
-2
Kooperationsbereitschaft
,616**
,561**
4
5
-1
Lösungsorientierung
,478**
,508**
9
10
-1
Freundlichkeit
,419**
,517**
11
8
3
Konfliktumgang
,407**
,549**
12
6
6
Tendenz bis 3 Jahre
-3
** Signifikanzniveau 0,01
Abbildung 92
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Interindividuelle Faktoren: Beziehungslänge
Die Beziehungslänge moderiert auch die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Hier kann ein wesentlicher Unterschied für die ‚Vertrauenswürdigkeit’ festgestellt werden. In kürzeren Beziehungen ist diese Dimension wichtiger als in längeren Beziehungen. In längeren Beziehungen sind die Dimensionen ‚Inhaltsqualität‘, ‚Kompetenz‘ und ‚Informationsfluss‘ am wichtigsten. In kürzeren Beziehungen
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
179
sind die Dimensionen ‚Vertrauenswürdigkeit‘, ‚Informationsfluss‘ und ‚Souveränität‘ besonders wichtig. In längeren Beziehungen sind mehr Informationen über den Gesprächspartner und sein Unternehmen gesammelt worden, sodass der Einkäufer ‚Inhaltsqualität’ und ‚Kompetenz’ des Verkäufers beurteilen und mit anderen Situationen vergleichen kann. Die ‚Vertrauenswürdigkeit’ tritt dann in den Hintergrund. Hält eine Beziehung darüber hinaus bereits mehrere Jahre an, ist anzunehmen, dass das Konfliktpotenzial geringer ist bzw. Konflikte bereits überwunden wurden. Damit wird auch der ‚Umgang mit Konflikten’ in längeren Beziehungen weniger wichtig. Eine Beziehung, die bereits lang andauert, muss nicht unbedingt intensiv sein. Die vom Einkäufer wahrgenommene Intensität der Beziehung stellt auf die geschäftliche und soziale Stärke der Beziehung ab. Die geschäftliche Intensität der Beziehung bewirkt als unabhängige Variable eine bessere Erwartungserfüllung und Kostensenkung durch Lerneffekte (Transaktionskostentheorie). Da der Verkäufer weiß, welche Erwartungen der Einkäufer in einer Kommunikationsdimension hat, können diese besser erfüllt werden (Balancetheorie, Informationsökonomie). Die soziale Intensität der Beziehung führt bei zunehmender Stärke zu einer stärkeren personalen Attribution durch Perspektivenübernahme (Actor-Observer-Bias). Je näher sich der Einkäufer dem Verkäufer fühlt, desto größer ist das Verständnis für ein bestimmtes Verhalten. Die daraus folgende personeninterne Ursachenzuschreibung führt zu einer positiveren Bewertung, so als sei der Einkäufer selbst ‚Actor’ in dieser Situation. Für die Intensität der geschäftlichen und sozialen Beziehung zwischen Einkäufer und Verkäufer und deren Einfluss auf die Kommunikationszufriedenheiten als unabhängige Variablen können folgende Hypothesen formuliert werden: H 2.4.11: Je stärker die Intensität der geschäftlichen Beziehung vom Einkäufer wahrgenommen wird, desto höher sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. H 2.4.12: Je stärker die Intensität der sozialen Beziehung vom Einkäufer wahrgenommen wird, desto höher sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ wurde die geschäftliche Beziehungsintensität auf einer 6er Skala von sehr stark (= 1) bis sehr schwach (= 6) gemessen und zur Prüfung signifikanter Unterschiede in die zwei Gruppen ‚eher starke’ (1 bis 3) und ‚eher schwache Beziehungsintensität’ (4 bis 6) eingeteilt. Ein signifikanter Einfluss der Stärke der geschäftlichen Beziehungsintensität kann für acht der vierzehn Kommunikationsdimensionen sowie für die Gesamtkommunikationszufriedenheit festgestellt und die Hypothese 2.4.11 bestätigt werden, da die Zufriedenheiten in intensiven Beziehungen höher als in schwachen sind (vgl. Abbildung 93).
180
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
geschäftliche Beziehungsintensität
eher stark
Kommunikationsdimension
n
eher schwach
Mittelwert
SD
n
Mittelwert
Differenz Mittelwert
SD
Inhaltsqualität**
205
2,28
,851
41
2,66
,938
Offenheit*
202
2,39
,829
39
2,74
,993
-0,38 -0,35
Vertrauenswürdigkeit**
206
2,19
,825
41
2,63
1,019
-0,44
Kompetenz*
205
2,18
,839
41
2,61
1,159
-0,43
Empathie*
203
2,33
,858
39
2,62
,815
-0,29
Kooperationsbereitschaft*
205
2,08
,871
41
2,44
1,074
-0,36
Lösungsorientierung*
191
2,47
,939
36
2,92
1,204
-0,45
Freundlichkeit*
207
1,82
,686
40
2,08
,764
-0,26
Gesamtzufriedenheit*
207
2,20
,671
41
2,51
,952
-0,31
* signifikant auf dem Niveau 0,05; ** signifikant auf dem Niveau 0,01 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 93
Geschäftliche Beziehungsintensität: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Analog zur geschäftlichen Beziehungsintensität wurde die soziale, zwischenmenschliche Intensität der Beziehung gemessen und in zwei Gruppen eingeteilt. Signifikante Unterschiede der Zufriedenheitsniveaus zwischen den Gruppen können für alle Kommunikationsdimensionen sowie für die Gesamtkommunikationszufriedenheit identifiziert werden (vgl. Abbildung 94). Damit und auch für die Wirkungsrichtung wird die Hypothese H 2.4.12 bestätigt, da die Zufriedenheiten in intensiven sozialen Beziehungen höher sind als in schwachen. soziale Beziehungsintensität
eher stark
Kommunikationsdimension
n
eher schwach
Mittelwert
SD
n
Mittelwert
Differenz Mittelwert
SD
Inhaltsqualität**
138
2,14
,668
99
2,62
1,057
-0,47
Informationsfluss**
139
2,04
,607
97
2,46
,879
-0,43
Offenheit**
137
2,26
,730
94
2,69
,973
-0,43
Vertrauenswürdigkeit**
140
2,11
,727
98
2,47
1,027
-0,36
Kontextverständnis**
135
2,13
,761
94
2,49
,959
-0,36
Interesse an pers. K.**
109
2,32
,756
64
2,78
1,133
-0,46
Unterhaltsamkeit**
122
2,28
,707
73
2,97
1,067
-0,69
Kompetenz*
139
2,10
,745
98
2,44
1,094
-0,34
Souveränität**
139
2,06
,750
96
2,47
,807
-0,41
Empathie**
139
2,14
,628
95
2,72
1,018
-0,58
Kooperationsbereitschaft**
138
1,93
,701
99
2,44
1,099
-0,52
Lösungsorientierung**
129
2,33
,851
90
2,80
1,144
-0,47
Freundlichkeit**
140
1,72
,612
98
2,04
,798
-0,32
Konfliktumgang**
118
2,01
,686
84
2,40
,893
-0,40
Gesamtzufriedenheit**
140
2,09
,543
99
2,51
,896
-0,42
* signifikant auf dem Niveau 0,05; ** signifikant auf dem Niveau 0,01 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 94
Soziale Beziehungsintensität: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Die Intensität der sozialen und geschäftlichen Beziehung moderiert die Korrelationen der Kommunikationsdimensionen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 95). Die Korrelationen der Dimensionen ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘, ‚Unterhaltsamkeit‘, ‚Kompetenz‘ und ‚Kooperationsbereitschaft‘ sind bei niedriger geschäftlicher Beziehungsintensität höher als bei hoher geschäftlicher Beziehungsintensität. Im Vergleich
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
181
der Korrelationen zwischen hoher und niedriger sozialer Beziehungsintensität kann festgestellt werden, dass alle Dimensionen – bis auf die ‚Unterhaltsamkeit‘ – bei niedriger sozialer Beziehungsintensität stärker mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit korrelieren. Die Intensität der sozialen und geschäftlichen Beziehung moderiert auch die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 95). Dazu kann für intensivere Beziehungen eine höhere Wichtigkeit der Dimensionen ‚Informationsqualität’, ‚Offenheit’, ‚Vertrauenswürdigkeit’, ‚Empathie’ und ‚Freundlichkeit’ festgestellt werden. In Beziehungen mit geringerer Intensität ist die ‚Kompetenz’ des Verkäufers besonders wichtig. Insbesondere an der Dimension ‚Vertrauenwürdigkeit’ kann die Unterschiedlichkeit zwischen Beziehungslänge und -intensität verdeutlicht werden; denn diese Dimension ist in intensiven Beziehungen die wichtigste, nimmt mit der Beziehungslänge aber an Relevanz ab. Beziehungsintensität
geschäftliche
Gruppe
hoch
niedrig
n
207
41
Kommunikationsdimension
r
Inhaltsqualität
,602**
2
,520**
5
-3
,557**
2
,608**
4
-2
Informationsfluss
,594**
4
,580**
3
1
,508**
5
,597**
6
-1
Offenheit
,573**
6
14
-8
,467**
8
,516**
10
-2
Vertrauenswürdigkeit
,608**
1
,558**
4
-3
,590**
1
,632**
3
-2
Kontextverständnis
,458**
12
,371**
10
2
,388**
13
,479**
11
2
Interesse an pers. K.
,252**
14
,361**
11
3
,221**
14
,261**
14
0
Unterhaltsamkeit
,399**
13
,411**
9
4
,440**
10
,316**
13
-3
Kompetenz
,564**
7
,639**
1
6
,506**
6
,666**
1
5
Souveränität
,563**
8
,448**
7
1
,479**
7
,599**
5
2
Empathie
,597**
3
,357**
12
-9
,538**
3
,570**
7
-4
Kooperationsbereitschaft
,590**
5
,595**
2
3
,520**
4
,637**
2
2
Lösungsorientierung
,502**
9
,412**
8
1
,422**
12
,563**
8
4
Freundlichkeit
,467**
11
,339*
13
-2
,423**
11
,465**
12
-1
Konfliktumgang
,483**
10
,459**
6
4
,443**
9
,520**
9
0
Rang
soziale
r
Tendenz Rang
0,225
Hoch
Niedrig
140
99
R
Rang
r
Tendenz Rang
** Signifikanzniveau 0,01
Abbildung 95
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und relativen Wichtigkeit - Interindividuelle Faktoren: Beziehungsintensität
Zusammengefasst können für die Länge und Intensität von sozialen und geschäftlichen Beziehungen zwischen Einkäufern und Verkäufern folgende Ergebnisse festgehalten werden: x
Die Länge der Beziehung beeinflusst die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen ‚Offenheit’, ‚Vertrauenswürdigkeit’, ‚Unterhaltsamkeit’, ‚Kompetenz’ und ‚Souveränität’ signifikant und positiv.
x
Die Intensität der sozialen und geschäftlichen Beziehung zum Erhebungszeitpunkt beeinflusst ebenfalls die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen. Bei höherer Intensität sind die Zufriedenheiten höher.
x
Die Länge der Beziehung moderiert die Korrelationen der Kommunikationsdimensionen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Nur der Korrelationskoeffizient der
182
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Dimension ‚Offenheit‘ wird zwischen Beziehungen mit einer Länge von bis zu drei bzw. ab vier Jahren nicht verändert. x
Die Korrelationen zwischen den Dimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit und damit die relative Wichtigkeit der Dimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit werden durch die Intensität der sozialen und geschäftlichen Beziehungen moderiert.
Die Ergebnisse geben Anlass zu der Empfehlung, Beziehungslänge und Intensität bei der Gestaltung von Kommunikationssituationen zu beachten. In längeren und intensiveren Beziehungen sind die Zufriedenheitsniveaus tendenziell höher. Die Länge der Beziehung kann nicht aktiv beschleunigt werden, aber Kontinuität und die Vermeidung von wechselndem Verkaufspersonal können diesem Beziehungsaspekt dienlich sein. Die Beziehungsintensität hängt zum einen von der Länge der Beziehung ab, kann zum anderen aber auch aktiv durch häufigere und intensivere Kontakte gefördert werden. Dabei ist ein situationsangemessenes Maß zu beachten, denn eine vom Einkäufer als unnötig empfundene Kontaktaufnahme kann beziehungsstörend wirken. Insgesamt sind der Erhalt und die Weiterführung bestehender Beziehungen unter Kommunikationsgesichtspunkten anzustreben. Die Wahrnehmung der Beziehungsintensität durch den Einkäufer ist in der geschäftlichen Praxis schwieriger zu messen als die objektive Länge der Beziehung. Da jedoch tendenziell Unterschiede in der Wichtigkeit verschiedener Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit vorliegen, ist die Einbeziehung von Überlegungen zur Intensität von Beziehungen in die Kommunikationsgestaltung empfehlenswert. In der Kommunikationssituation mit niedriger sozialer Beziehungsintensität zwischen den Beteiligten wirken die Kommunikationsdimensionen stärker auf die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Dieses Ergebnis legt nahe, in solchen Situationen besonderen Wert auf die angemessene Erfüllung der Kommunikationsanforderungen zu legen. In Gesprächen vor dem Hintergrund intensiverer geschäftlicher und sozialer Beziehungsintensität stehen die Dimensionen ‚Inhaltsqualität‘, ‚Vertrauenswürdigkeit‘ und ‚Empathie‘ im Vordergrund. Daher scheint es sinnvoll, deren Erfüllung durch intensive Vor- und Nachbereitung von Gesprächen und aktive Reflexion der Bedürfnisse des Einkäufers anzustreben.
Selling Center
Branche
Episode
Branche
situativer Kontext
Unternehmen
Empfänger
Sender
Nationalität / Kultur
Unternehmen
Multipersonalität
Buying Center
Nationalität / Kultur
4.6
Geschäftliche Kommunikation läuft häufig nicht nur dyadisch zwischen zwei Individuen, sondern zwischen Gruppen ab.625 Bei den Kommunikationsprozessen zwischen solchen ‚sozialen Gruppen’ steht eine überschaubare Anzahl von Personen über eine längere Dauer hinweg miteinander im
Face-to-Face Kommunikation
direkten Austausch.626 Dabei kann die Gruppengröße zwischen einzelnen Transaktionen variieren und die Gruppenmitglieder können im Zeitverlauf
625 626
Vgl. Backhaus/ Voeth (2007), S. 46 ff. Vgl. Fischer/ Wiswede (1997), S. 554.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
183
auch ausgetauscht werden. Hieraus resultieren weitere Herausforderungen für die Archivierung und Weitergabe relevanter Informationen sowie die Einschränkung des Aufbaus persönlicher Beziehungen über die Zeit. Die Interaktion in Gruppen ist durch eine höhere Komplexität als die Interaktion zwischen Einzelpersonen gekennzeichnet, da verschiedene soziale Phänomene auftreten, die in Dyaden nicht entstehen.627 Zu nennen sind hier insbesondere die Bildung von Koalitionen und von Konformität innerhalb von Gruppen. Koalitionen entstehen auf Basis von Ähnlichkeiten zwischen den beteiligten Individuen.628 Konformität, also die Angleichung bzw. Übernahme anderer Meinungen und Verhaltensweisen, entsteht häufig nicht aus innerer Überzeugung der Kommunikationsbeteiligten, sondern aus Zwängen innerhalb der sozialen Gruppe.629 In der geschäftlichen, persönlichen Kommunikationssituation sind einerseits gruppeninterne Prozesse der einkaufenden wie auch der verkaufenden Seite zu betrachten. Hierbei sind insbesondere Machtstrukturen, Informationssysteme, Beziehungen und auch die zuvor genannten Koalitions- und Konformitätstendenzen der Beteiligten zu betrachten. Andererseits sind intergruppale Prozesse Inhalt der dyadischen Kommunikationsanalyse. Die Positionen und Funktionen der Mitglieder der Gruppen und die Prozesse innerhalb der Gruppen wie auch die Anzahl der Beteiligten beeinflussen die jeweilige Erwartung und Wahrnehmung in der Kommunikationssituation. Auf der anbietenden Seite ist das ‚Selling Center’630 zu betrachten, das aus mehreren Mitgliedern des anbietenden Unternehmens aus verschiedenen Abteilungen und Hierarchiestufen bestehen kann (vgl. auch die Ausführungen zu Funktionen und Positionen in Kapitel 4.4).631 Ein Selling Center kann durch die Anzahl der am Verkaufsprozess beteiligten Personen („extensivity“) und die beteiligten Abteilungen („lateral involvement“) beschrieben werden.632 Darüber hinaus können Unternehmensmitglieder aus persönlichem Interesse („out-ofrole behaviors“633), also durch informelle Informationsflüsse im weiteren Sinn, am Selling Center partizipieren. Auf der beschaffenden Seite ist das Buying Center634, bestehend aus Unternehmensvertretern in unterschiedlicher Funktion und Position, zu betrachten. Dabei sind einerseits die Personen Mitglieder, die durch ihre Aufgaben formal und direkt in den Einkaufsprozess involviert sind.635 Andererseits können in einer weiteren Definition auch diejenigen einbezogen werden, die aus anderen Gründen als ihren offiziellen Aufgaben auf die Kaufentscheidung einwirken.636 Durch das Verständnis des Buying Centers als informale problembezogene Grup-
627
Vgl. Mann (2004), S. 400. Vgl. Fischer/ Wiswede (1997), S. 611. 629 Vgl. Mann (2004), S. 401. 630 Vgl. ursprünglich Hutt et al. (1985), S. 33 ff. 631 Vgl. für einen Überblick zu Selling Center Konzepten Moon/ Armstrong (1994), S. 20. 632 Vgl. Moon/ Forquer Gupta (1997), S. 34. 633 Moon/ Forquer Gupta (1997), S. 34 f. 634 Vgl. ursprünglich Robinson et al. (1967), S. 122. 635 Vgl. Webster Jr./ Wind (1972), S. 35 ff. 636 Vgl. Tanner/ Castleberry (1993), S. 50. 628
184
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
pe637 wird dem umfassenden Kaufentscheidungsprozess innerhalb eines Unternehmens Rechnung getragen. Der interorganisationale Kommunikationskontext im Vertrieb von Industriegütern beinhaltet die mediale und persönliche Interaktion zwischen Individuen zur Übertragung von informationsbezogenen und sozialen Aspekten der Kommunikation (vgl. Abbildung 96). Dabei werden alle Beteiligten der verkaufenden Seite als ‚Selling Center’, alle Beteiligten der einkaufenden Seite als ‚Buying Center’ bezeichnet. Innerhalb der jeweiligen Center sind Unternehmensangehörige formal durch ihre Aufgabe und Stellenbeschreibung oder informal durch ein persönliches Interesse am Austauschprozess beteiligt. Zwischen den Mitgliedern der jeweiligen Center findet intraorganisational kommunikativer Austausch statt. Zwischen Formal-Mitgliedern von Buying und Selling Center finden interorganisationale Kontakte über Medien und Face-to-Face Kommunikationssituationen statt.638 Die Personen, die an interorganisationalen Face-to-Face Kommunikationssituationen teilnehmen, werden im Folgenden als ‚Communication Center‘ bezeichnet. Dabei kann hierarchische Position, Funktion und Anzahl der Mitglieder unterschiedlich sein und zwischen verschiedenen Episoden variieren.
Selling Center
interorganisationaler Kommunikationskontext formal
formal
Buying Center
anbietende organisation
beschaffende Organisation
informal
Abbildung 96
Communication Center
informal
Multipersonalität und Kommunikationsnetzwerke
Die funktionale und hierarchische Zusammensetzung der Communication Center sowie die Anzahl639 der Vertreter der Unternehmen in aktuellen Face-to-Face Kommunikationssituationen sind Variablen des Interaktionsprozesses. Der Aspekt der Multipersonalität ist in seiner Gesamtheit sehr komplex. Für eine Untersuchung des Einflusses auf das Niveau der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen 637
Vgl. Fließ (2000), S. 307 und die dort genannten Quellen. Weitere Kommunikation ist auch außerhalb des Vertriebskontexts durch persönliche Beziehungen zwischen Mitgliedern der Organisationen sowie mit Drittorganisationen denkbar. 639 Der Spiegel-Verlag (1982) identifiziert vier Personen als durchschnittliche Buying Center-Größe, bei mehr als der Hälfte der untersuchten Betriebe sind weniger Personen beteiligt (vgl. SpiegelVerlag (1982), S. 11); vgl. zu ähnlichen Ergebnissen McWilliams et al. (1992), S. 46. 638
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
185
und die Gesamtkommunikationszufriedenheit des Einkäufers sind diejenigen Ausprägungen der Multipersonalität auszuwählen, die vom Einkäufer beurteilt werden können. Damit werden interne Prozesse im Selling Center in dieser Untersuchung ausgeschlossen. Darüber hinaus handelt es sich um eine Untersuchung zur Bewertung des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers, sodass das Buying Center in den Hintergrund tritt. Für die vorliegende Untersuchung wird nur die Existenz eines Teilaspekts des Selling Centers - mehrere Vertreter des anbietenden Unternehmens sind am Gespräch beteiligt - betrachtet. Dieser Teilaspekt wird als Communication Center der anbietenden Seite bezeichnet werden. Der Einkäufer beurteilt das Kommunikationsverhalten eines Verkäufers. Ist der Verkäufer allein, kann er sich an seiner Einschätzung der Erwartungen des Einkäufers orientieren und sich uneingeschränkt entsprechend verhalten. Existiert dagegen ein Communication Center der anbietenden Seite, treten interne Gruppenprozesse, insbesondere Koalitions- und Konformitätsprozesse, in Kraft. Diese Prozesse beeinflussen das Verhalten des Verkäufers, sodass er sich nicht nur an den Erwartungen des Einkäufers orientieren kann und diese schlechter erfüllt. Interne Prozesse des Communication Centers können in persönlichen Kommunikationssituationen durch den Einkäufer wahrgenommen werden und die Bewertung der Kommunikationssituation beeinflussen. Die Erwartungen des Einkäufers an die Erfüllung der Kommunikationsdimensionen können bei der Existenz eines Communication Centers des Anbieters auch andere sein als bei einer Einzelperson, die den Anbieter vertritt, da die kumulierte Menge an Kompetenzen und verfügbaren Informationen entsprechend steigt. Führen interne Prozesse im Communication Center oder erhöhte Erwartungen des Einkäufers zu einer geringeren Erwartungserfüllung, so kann folgende Hypothese formuliert werden: H 2.5.1: Wenn mehr als eine Person (ein Communication Center) das anbietende Unternehmen in einem geschäftlichen Gespräch vertritt, so sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit niedriger als wenn das anbietende Unternehmen nur durch eine Person vertreten wird. Unter der Annahme, dass der Einfluss von Gruppenprozessen und die Erwartungen des Einkäufers an Kommunikationskompetenzen und verfügbare Informationen mit der Anzahl der Mitglieder des Communication Center des Anbieters steigen, wird folgende Hypothese formuliert: H 2.5.2: Mit steigender Mitgliederzahl im Communication Center des Anbieters nehmen die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit ab. In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ wurden Gespräche mit einem Verkäufer (n = 150, 51,4 %) und mit mehreren beteiligten Verkäufern (n = 141, 48,3 %) betrachtet. Das Vorhandensein eines Communication Center, in dem mehr als eine Person das anbietende Unternehmen vertritt, hat signifikanten Einfluss auf das Niveau der Zufriedenheit mit dem Leistungsparameter ‚Souveränität’, wobei die Zufriedenheit bei Anwesenheit
186
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
von mehr als einer Person abnimmt und damit die Hypothese H 2.5.1 für die Kommunikationsdimension ‚Souveränität’ des Verkäufers bestätigt werden kann (vgl. Abbildung 97). Communication Center
Nein (1 Person)
Kommunikationsdimension
n 139
Souveränität*
Ja (min. 2 Personen)
Mittelwert
SD 2,17
n ,873
Mittelwert 148
Differenz Mittelwert
SD
2,34
,797
-0,18
* signifikant auf dem Niveau 0,05 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 97
Communication Center: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ waren Communication Center des Anbieters (n = 141) mit zwei Mitgliedern (n = 79, 56 %), drei Mitgliedern (n = 33, 23,4 %), vier Mitgliedern (n = 18, 12,8 %), fünf (n = 8, 5,7 %), sechs (n = 2, 1,4 %) und 14 Mitgliedern (n = 1, 0,7 %) vertreten. Zwischen diesen Gruppen konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden, sodass die Hypothese H 2.5.2 nicht bestätigt werden kann. Die Existenz eines Communication Centers des Anbieters moderiert die Korrelationen zwischen den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 98). Alle Korrelationen sind signifikant und positiv. Die Korrelationskoeffizienten der Kommunikationsdimensionen ‚Offenheit‘, ‚Kontextverständnis‘, ‚Kompetenz‘, ‚Kooperationsbereitschaft‘, ‚Lösungsorientierung‘ und ‚Konfliktumgang‘ sind bei Gesprächen ohne Communication Center mit nur einem Vertreter des anbietenden Unternehmens höher als bei Gesprächen mit mehreren anwesenden Vertretern. Existenz Center
Communication
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
Ja
Nein
Ja
Tendenz
Kommunikationsdimension
n = 141
n = 150
Inhaltsqualität
,573**
,603**
5
3
Informationsfluss
,560**
,610**
7
2
5
Offenheit
,577**
,452**
4
11
-7
Vertrauenswürdigkeit
,604**
,613**
2
1
1
Kontextverständnis
,496**
,315**
10
14
-4
Interesse an pers. K.
,181*
,385**
14
13
1
Unterhaltsamkeit
,373**
,457**
13
9
4
Kompetenz
,595**
,591**
3
5
-2
Souveränität
,457**
,601**
11
4
7
Empathie
,507**
,566**
9
6
3
Kooperationsbereitschaft
,644**
,544**
1
7
-6
Lösungsorientierung
,536**
,455**
8
10
-2
Freundlichkeit
,439**
,534**
12
8
4
Konfliktumgang
,569**
,420**
6
12
-6
Nein
2
** Signifikanzniveau 0,01; * Signifikanzniveau 0,05
Abbildung 98
Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeiten – Multipersonalität: Existenz eines Communication Centers
Die Existenz eines Communication Centers des Anbieters moderiert auch die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Es
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
187
können wesentliche Unterschiede für die Wichtigkeit von ‚Offenheit’, ‚Kooperationsbereitschaft’ und ‚Konfliktumgang’ festgestellt werden. Diese Dimensionen sind in Gesprächen mit einem Communication Center wichtiger als in Einzelgesprächen. In Gruppen stellen die Abstimmungen hinsichtlich der offenen Weitergabe von Informationen, der Bereitschaft, sich mit den Vorstellungen des Einkäufers auseinanderzusetzen und zusammenzuarbeiten, sowie die Vermeidung und Lösung von Konflikten eine besondere Herausforderung dar. Der Vorteil von Communication Centern liegt in der Bündelung von fachlichen und entscheidungsbezogenen Kompetenzen. Insbesondere das Hinzuziehen eines Nicht-MarketingVertreters kann für das Kommunikationsergebnis förderlich sein (vgl. die Ergebnisse zur Funktion des Mitglieds des anbietenden Unternehmens in Kapitel 4.4.1). Deshalb sind, trotz der höheren Zufriedenheit mit der ‚Souveränität’, weniger „Soloauftritte“ von Verkäufern zu empfehlen, sondern vielmehr eine Verbesserung der ‚Souveränität’ in der „Teamperformance“ durch Gruppentrainings und sorgfältige, gemeinsame Vorbereitung von Gesprächen mit Einkäufern. Dieselbe Empfehlung gilt für die Abstimmung mit Blick auf die Kommunikationsdimensionen ‚Offenheit’, ‚Kooperationsbereitschaft’ und ‚Konfliktumgang’.
Selling Center
Branche
Episode
Branche
situativer Kontext
Face-to-Face Kommunikation
Unternehmen
Empfänger
Sender
Nationalität / Kultur
Unternehmen
Unternehmen und Leistung
Buying Center
Nationalität / Kultur
4.7
Geschäftlicher Austausch findet zwischen den Beteiligten zweier Unternehmen statt; Dieser determiniert organisationale Geschäftsbeziehungen. Dabei sind Größe, Strukturen, die organisationale Erfahrung und die Technologie640 der Anbieter- und Nachfragerorganisation sowie die Eigenschaften der ausgetauschten Leistungen zu betrachten.
Die Größe der Unternehmen kann den Formalitätsgrad der Interaktion641 und die ausübbare Macht der Organisation im Interaktionsprozess642 beeinflussen. Darüber hinaus kann die Unternehmensgröße die Verfügbarkeit zeitlicher Ressourcen für den Aufbau von Beziehungen und die Vorbereitung spezifischer (z. B. interkultureller) Verhandlungen determinieren.643 KERN (1990) identifizierte einen direkten Zusammenhang zwischen der Unternehmensgröße und dem Transaktionsverhalten der Beteiligten.644 Die Strukturen der Unternehmen stellen den Rahmen der Interaktion dar. Sie determinieren durch den Grad an Zentralisierung, Spezialisierung und Formalisierung die Anzahl der beteiligten Personen, die genutzten Kommunikationsmedien, die Gestaltung der Interaktion sowie die ausgetauschte Leistung selbst.645
640
Vgl. Håkansson (1982), S. 18 ff. Vgl. Håkansson (1982), S. 16. Vgl. Håkansson (1982), S. 19. 643 Vgl. Gulbro/ Herbig (1996), S. 235 ff. 644 Vgl. Kern (1990), S. 61, 106 f. u. a. 645 Vgl. Håkansson (1982), S. 19. 641 642
188
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Die organisationale Erfahrung ist das Ergebnis ähnlicher Interaktionssituationen, in denen Mitglieder der Organisation mit verschiedenen Gegebenheiten konfrontiert waren und aus den Anforderungen gelernt haben. Erfahrungen in bestimmten Märkten und im internationalen Kontext erweitern die Möglichkeiten und die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen und den beteiligten Individuen.646 Die Technologie der Unternehmen stellt hohe Anforderungen an die Anpassungsfähigkeit. Die Produktionstechnologie des anbietenden Unternehmens muss die Anwendungsanforderungen des nachfragenden Unternehmens erfüllen können.647 Die Interaktion wird durch Abstimmungsanforderungen, Vertrauensnotwendigkeit und Kontaktformen, resultierend aus der technologischen Herausforderung, determiniert. Diese Herausforderung steigt mit der Vielfalt vorhandener Technologien. Die Technologie stellt auch auf die mögliche Breite und Tiefe des Leistungsangebots und dessen Komplexität ab. Das Leistungsangebot bzw. das Produkt selbst gewinnt aufgrund seiner Besonderheiten Relevanz als Einflussfaktor. Individuelle Industriegüter (vgl. Kapitel 2.3) sind Güter x
deren Nachfrager Unternehmen sind;
x
die komplex sind, sodass persönliche Gespräche und individuelle Absprachen in
x
die wirtschaftlich bedeutend sind, sodass ein relevantes Risiko bei opportunistischem Verhalten des Anbieters entsteht.
allen Phasen stattfinden;
Die Komplexität des Gutes beeinflusst Häufigkeit und Intensität der Gespräche und bedingt die eigentliche Notwendigkeit von Face-to-Face Kommunikation. Die Wertvolumina je abgesetzter und nachgefragter Leistungseinheit bei Industriegütertransaktionen648 beeinflussen das Unsicherheitsrisiko und die Gestaltung der Kommunikation selbst. In der vorliegenden Studie sollen, wie zuvor erläutert, große Kapitalgesellschaften befragt werden, da hier anzunehmen ist, dass erstens formalisierte und übertragbare Strukturen vorliegen, sie zweitens eine Einkaufsabteilung haben und drittens der Bedarf so groß und komplex ist, dass persönliche Kommunikationssituationen nicht nur Ausnahmeerscheinungen sind (Indikator für das Ausmaß organisationaler und individueller Erfahrung). Die Größe eines Unternehmens wird üblicherweise über dessen Umsatz, die Anzahl der Mitarbeiter und die Bilanzsumme gemessen. Formal unterscheidet das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB) nach § 267649 kleine Kapitalgesellschaften, mittelgroße Kapitalgesellschaften und große Kapitalgesellschaften. Demnach gilt eine Kapitalgesellschaft als „kleine Kapitalgesellschaft“, sofern sie mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht überschreitet: (1.) € 4.015.000 Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags; (2.) € 8.030.000 Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag und (3.) 50 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt. „Mittelgroße Kapitalgesellschaften“ sind solche, 646
Vgl. Håkansson (1982), S. 19. Vgl. Håkansson (1982), S. 18. Vgl. Richter (2001), S. 36. 649 Vgl. Hopt et al. (2008), S. 1027 f. 647 648
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
189
die an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren mindestens zwei der drei oben genannten Merkmale überschreiten und jeweils mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten: (1.) € 16.060.000 Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags; (2.) € 32.120.000 Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag und (3.) 250 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt. Dabei werden die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigten Mitarbeiter nicht berücksichtigt. Eine Kapitalgesellschaft gilt als „große Kapitalgesellschaft“, sofern sie mindestens zwei der drei letztgenannten Merkmale überschreitet oder wenn sie einen organisierten Markt durch von ihr ausgegebene Wertpapiere in Anspruch nimmt oder die Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt beantragt worden ist. Die folgende Abbildung 99 fasst die Kriterien der Unternehmensgröße zusammen. Typ
Beschäftigte
Umsatzerlös (Mio €)
Bilanzsumme (Mio €)
Große Kapitalgesellschaft
> 250
> 32,12
> 16,06
Mittelgroße Kapitalgesellschaft
< 250
< 32,12
< 16,06
Kleine Kapitalgesellschaft
< 50
< 8,030
< 4,015
Abbildung 99
Kriterien der Unternehmensgröße
In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ wurden nur große Kapitalgesellschaften in die Analyse aufgenommen, sodass zum Einfluss der Größe der Unternehmen keine differenzierten Aussagen gemacht werden können. Die technologischen Fähigkeiten eines Unternehmens schlagen sich auch in den Anforderungen und der Komplexität der Herstellungsprozesse, gemessen an der eigenen Branche wie auch an der Branche des Gesprächspartners, nieder (vgl. zur Branche als Kontextvariable Kapitel 4.8). Der Einfluss des Produkt- / Projektwerts als unabhängige Variable kann auf Basis risikotheoretischer Überlegungen erklärt werden. Mit steigendem Produkt- / Projektwert nimmt das Risiko funktionaler Art (Eigenschaften und Funktionsfähigkeit des Produkts), finanzieller Art (Fehlinvestition) und sozialer Art (Schädigung der sozialen Stellung bei Fehlkauf) für den Einkäufer zu. Damit steigen die Erwartungen des Einkäufers an das Kommunikationsverhalten des Verkäufers hinsichtlich des Risikoabbaus. Dies wird dem professionellen Verkäufer bewusst sein. Gleichzeitig steigt mit dem Produkt- / Projektwert auch der Nutzen des Verkaufs bzw. das Risiko eines Nicht-Zustandekommens des Geschäfts für den Verkäufer. Die Anzahl potenzieller Einkäufer ist bei sehr hochwertigen Produkten geringer als bei weniger teuren. Somit steigt das Engagement des Verkäufers mit Blick auf die Vermittlung überzeugender Informationen und das Erkennen sowie die Erfüllung der Erwartungen des Einkäufers (gegebenenfalls bis zu deren Übererfüllung). Auf Basis der Überlegungen zur Risikotheorie und Informationsökonomie sowie der Balancetheorie und der Assimilations-Kontrast-Theorie wird für den Produkt- / Projektwert folgende Hypothese formuliert:
190
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
H 2.6: Wenn der Projekt- / Produktwert hoch ist, dann sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit höher als wenn der Projekt- / Produktwert niedriger ist. In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ liegt die Investitionshöhe der Projekte und Produkte, die das befragte einkaufende und das entsprechende anbietende Unternehmen (potenziell) verbinden, zwischen weniger als € 1000 und mehr als € 50 Millionen (vgl. Abbildung 100).
32,2
35,0 30,0 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 ,0
21,0
5,8
3,3
10 0
50
M io ;1
M io ;9 >
-5 0
M io ;1 6
M io ;
-1 0 5
-5 1
10
58
32 M io ;
-1
00 0; 89
,4
50 0
00 0
-1
50
00 0
33
-5 00
00
0 -5 00 1
10
00 0;
00 0; 24
00 0; 4
;3
-1 0
-5 00 0
50 00
11,6
1,4
1,1
00 0
2,5
25 01
<
12,0
8,7
10 00 ;7
%
Projekt- / Produktwert
€
(n = 276; Wertklasse; n)
Abbildung 100 Verteilung der Höhe der Projektwerte
Die Höhe des Projektwertes bewirkt signifikante Unterschiede bei den Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen ‚Offenheit’, ‚Kontextverständnis’, ‚Empathie’ und ‚Freundlichkeit’. Die Hypothese H 2.6 kann für diese Dimensionen als bestätigt angesehen werden, da das Zufriedenheitsniveau bei höherem Projektwert ansteigt (vgl. Abbildung 101). Projekt- / Produktwert
bis 500.000€
Kommunikationsdimension
n
ab 500.001€
Mittelwert
SD
n
Differenz
Mittelwert
SD
Mittelwert
Offenheit*
152
2,54
,853
115
2,35
,974
0,19
Kontextverständnis**
147
2,46
,838
116
2,15
,916
0,32
Empathie*
156
2,40
,760
114
2,23
,893
0,18
Freundlichkeit**
160
2,00
,673
116
1,73
,762
0,27
* signifikant auf dem Niveau 0,05; ** signifikant auf dem Niveau 0,01 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 101 Projekt- / Produktwert: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Die Kontextvariable ‚Projekt- / Produktwert‘ moderiert die Korrelationen zwischen den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 102). Alle Dimensionen korrelieren signifikant und positiv mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Korrelationskoeffizienten der Dimensionen ‚Unterhaltsamkeit‘ und ‚Freundlich-
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
191
keit‘ sind bei Werten unter € 500.000 höher, alle anderen Dimensionen korrelieren bei höheren Werten stärker mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Kontextvariable ‚Projekt- / Produktwert‘ moderiert auch die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die vergleichende Analyse ergibt, dass in der Gruppe mit einem Projektwert bis zu € 500.000 die ‚Kompetenz’, die ‚Kooperationsbereitschaft’ und die ‚Vertrauenswürdigkeit’ des Verkäufers relativ am wichtigsten sind. In der Gruppe ab € 500.001 sind die ‚Inhaltsqualität’, die ‚Vertrauenswürdigkeit’ und der ‚Informationsfluss’ besonders wichtig. Die ‚Inhaltsqualität’ ist bei höherem Projektwert wichtiger. Projekt- / Produktwert
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
bis 500.000€
ab 500.001€
bis 500.000€
Kommunikationsdimension
n = 160
n = 116
Inhaltsqualität
,546**
,667**
5
1
4
Informationsfluss
,553**
,617**
4
3
1
Offenheit
,436**
,559**
10
8
2
Vertrauenswürdigkeit
,561**
,633**
3
2
1
Kontextverständnis
,370**
,426**
13
11
2
Interesse an pers. K.
,251**
,295**
14
14
0
Unterhaltsamkeit
,421**
,370**
12
13
-1
Kompetenz
,570**
,600**
1
4
-3
Souveränität
,490**
,590**
7
5
2
Empathie
,465**
,584**
8
7
1
Kooperationsbereitschaft
,564**
,588**
2
6
-4
Lösungsorientierung
,461**
,499**
9
9
0
Freundlichkeit
,494**
,417**
6
12
-6
Konfliktumgang
,423**
,497**
11
10
1
Tendenz ab 500.001€
** Signifikanzniveau 0,01; * Signifikanzniveau 0,05
Abbildung 102 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeit – Unternehmen: Projektwert
Das höhere Risiko des Einkäufers bei einem hohen Projektwert kann durch genaue, relevante, vollständige, aktuelle, zuverlässige, eindeutige und verständliche Informationen, die dokumentiert und archiviert werden können, besonders gut verringert werden. Diese Eigenschaft kann die Wichtigkeit der Dimension ‚Inhaltsqualität‘ bedingen. Die Ergebnisse legen nahe, den potenziellen Projekt- bzw. Produktwert bei der Gestaltung der Kommunikationssituation zu berücksichtigen. Ein höherer Wert der potenziellen Leistung zwischen den Unternehmen kann zu höheren Zufriedenheitsniveaus führen. Es kann angenommen werden, dass insbesondere die Kommunikationsleistung des Verkäufers in Situationen mit höherem Gegenwert und ggf. höherem Verdienstpotenzial besser ist. Entsprechende Systeme zur Mitarbeitermotivation (z. B. vom Vertragsabschluss abhängige Bonuszahlungen) sollten beibehalten werden. Im vorliegenden Datensatz sind die Erwartungen an die ‚Inhaltsqualität’ bei höherem Projektwert besonders hoch. Daher wird eine besonders sorgfältige Vorbereitung für entsprechende Gespräche empfohlen.
192
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Für die Eigenschaften des Unternehmens wurden keine Daten erhoben. Da keine signifikanten Unterschiede zwischen Unternehmen, die auf Basis der Kriterien als große Kapitalgesellschaft identifiziert wurden, und solchen, deren Größe nicht festgestellt werden konnte, vorlagen, können keine weiteren Aussagen formuliert werden. Unterschiedliche Unternehmensgrößen, Unternehmensstrukturen, organisationale Erfahrungen sowie Technologien sollten in weiteren Studien analysiert werden. 4.8
Branchen Unternehmen werden nach ihrem Tätigkeitsschwerpunkt Selling Center
Branche
Unternehmen
Nationalität / Kultur
Branche
Unternehmen
Buying Center
Nationalität / Kultur
verschiedenen Branchen zugeordnet.650 Im Industriegüterkontext ist zu beachten, dass Anbieter- und Nachfragerorganisation nicht aus allen Branchen des sekundären Sektors stammen. Industriegüter sind Güter, die von nehmen nachgefragt werden. Das heißt, dass auf anbietender Seite Unternehmen vertreten sind, die ihre Leistungen vorrangig an andere Unternehmen verkaufen. Auf nachfragender Seite kann es sich dagegen auch um Konsumgüterhersteller handeln, die selbst Produkte für Endkonsumenten produzieren, hierfür jedoch Güter von anderen Unternehmen erwerben. Dienstleister werden im Folgenden miteinbezogen, der Handel jedoch ausgeschlossen. Sender
situativer Kontext Episode
Face-to-Face Kommunikation
Die Branchenzugehörigkeit von Anbieter- und Nachfragerunternehmen determiniert durch Branchenkultur und übliche Vorgehensweisen als abhängige Variable die interorganisationalen sowie die interpersonellen Kommunikationsprozesse. Es können brancheninterne wie auch branchenübergreifende Konstellationen vorliegen, die Einfluss auf technologische Herausforderungen, Erwartungen, Kompetenz- und Vertrauensvermittlung haben. Anbietendes und einkaufendes Unternehmen können derselben oder auch unterschiedlichen Branchen zuzuordnen sein. Zum einen beeinflussen branchentypische Vorgehensweisen bestimmte Erwartungen und bewirken als Resultat des Gesprächs unterschiedliche Zufriedenheitsniveaus. Zum anderen implizieren Branchen mit komplexeren Produkten und Herstellungsprozessen höhere Risiken, die ebenfalls Kommunikationserwartungen und -ergebnis beeinflussen können. Für den Einfluss der Branchenzugehörigkeit auf die Zufriedenheitsniveaus werden jeweils für das anbietende und das einkaufende Unternehmen folgende Hypothesen formuliert: H 2.7.1: Die Branchenzugehörigkeit des Verkäufers hat Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. H 2.7.2: Die Branchenzugehörigkeit des Einkäufers hat Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit.
650
Vgl. für die Klassifikation der Branchen Statistisches Bundesamt - Destatis (2007).
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
193
Für die Konstellation der Branchen in Einkäufer-Verkäufer-Gesprächen ist anzunehmen, dass die vorhandenen Technologien in branchenfremden Konstellationen unterschiedlich sind. Die daraus resultierenden Herausforderungen an die Komplexitäts- und Unsicherheitsüberwindung sowie die technologischen Abstimmungsbedarfe sind besonders hoch. Das ‚Signaling’ relevanter und überzeugender Informationen und die Darstellung der eigenen Kompetenz stellt hier eine besondere Herausforderung für den Verkäufer dar. Andererseits können branchenfremde Einkäufer weniger auf spezifische Kenntnisse und Vergleichswerte zurückgreifen als brancheninterne, sodass die Erwartungserfüllung hinsichtlich der Kommunikationsdimensionen leichter sein kann. Eine bessere Erfüllung führt assimilations-kontrasttheoretisch zu einem höheren Zufriedenheitsniveau. Auf Basis vorstehender Überlegungen wird folgende Hypothese für die Branchenkonstellation formuliert: H 2.7.3: Wenn die Gesprächspartner in unterschiedlichen Branchen tätig sind, sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit höher als wenn sie in der gleichen Branche arbeiten. Die in der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ befragten Einkäufer sind in verschiedenen Branchen tätig (vgl. Abbildung 103). Branche des Einkäufers
n
Prozent
Ernährungsgewerbe und Tabakverarbeitung Textil- und Bekleidungsgewerbe Ledergewerbe Holzgewerbe Papier-, Verlags- und Druckgewerbe Kokerei, Mineralölverarbeitung, Herstellung und Verarbeitung von Spalt- und Brutstoffen Herstellung von chemischen Erzeugnissen Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren Metallerzeugung und -bearbeitung, Herstellung von Metallerzeugnissen Maschinenbau Herstellung von Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen, Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik Fahrzeugbau Herstellung von Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten, Sportgeräten, Spielwaren und sonstigen Erzeugnissen; Recycling Dienstleistungen für Unternehmen Gesamt Keine Nennung
44 5 1 2 10 3 37 6 7 45
16,0 1,8 ,4 ,7 3,6 1,1 13,5 2,2 2,5 16,4
47
17,1
30
10,9
24
8,7
9 275 17
3,3 100,0
Abbildung 103 Branchenzugehörigkeit der Einkäufer in der Studie ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’
Die Hypothese H 2.7.1 kann nicht bestätigt werden, da keine signifikanten Unterschiede zwischen den Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen bei unterschiedlicher Branchenzugehörigkeit des Einkäufers identifiziert wurden. Dieses Ergebnis kann in der Professionalität der Beteiligten begründet sein. Die Unterschiede liegen in den Gesprächen und sind nicht in der Branchenzugehörigkeit zu suchen. In jeder Branche gibt es Kommunikationssituationen mit hoher und weniger hoher Zufriedenheit des Einkäufers. Die betrachteten Verkäufer stammen aus unterschiedlichen Industriebranchen (vgl. Abbildung 104). Die folgende Tabelle zeigt die Verteilung in der Gesamtheit der Nennungen.
194
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Branche des Verkäufers
n
Prozent
Ernährungsgewerbe und Tabakverarbeitung Textil- und Bekleidungsgewerbe Ledergewerbe
31 4 2
11,0 1,4 ,7
Holzgewerbe Papier-, Verlags- und Druckgewerbe Kokerei, Mineralölverarbeitung, Herstellung und Verarbeitung von Spalt- und Brutstoffen Herstellung von chemischen Erzeugnissen Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren Metallerzeugung und -bearbeitung, Herstellung von Metallerzeugnissen Maschinenbau Herstellung von Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen, Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik Fahrzeugbau Herstellung von Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten, Sportgeräten, Spielwaren und sonstigen Erzeugnissen; Recycling Dienstleistungen für Unternehmen
2 18 1 27 12 42 46
,7 6,4 ,4 9,6 4,3 14,9 16,4
28
10,0
22
7,8
7
2,5
39
13,9
Gesamt
281 11
100,0
Keine Nennung
Abbildung 104 Branchenzugehörigkeit der Verkäufer in der Studie ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’
Die Prüfung des Einflusses der Branche des anbietenden Unternehmens auf das Zufriedenheitsniveau der Leistungsparameter ergibt keinen signifikanten Unterschied, sodass die Hypothese H 2.7.2 nicht bestätigt werden kann. Dieses Ergebnis kann analog zu dem Ergebnis der Prüfung des Zusammenhangs zwischen der Branche des Einkäufers und den Zufriedenheitsniveaus erklärt werden. Die Gesamtstichprobe konnte hinsichtlich der Branchenzugehörigkeit der Gesprächsteilnehmer in zwei aussagekräftige Gruppen unterschieden werden: Fälle, in denen die Gesprächsteilnehmer aus derselben Branche stammten und Fälle, in denen unterschiedliche Branchenzugehörigkeiten vorlagen. Es konnten signifikante Unterschiede der Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen ‚Kompetenz’ und ‚Souveränität’ zwischen den Gruppen identifiziert und die Hypothese 2.7.3 bestätigt werden, da die Zufriedenheitsniveaus in ungleichen Branchenkonstellationen höher sind (vgl. Abbildung 105). Kommunikationsdimension
gleich n
ungleich Mittelwert
SD
n
Mittelwert
Differenz Mittelwert
SD
Kompetenz*
157
2,28
,898
109
2,04
,871
0,24
Souveränität*
155
2,25
,769
109
2,08
,734
0,17
* signifikant auf dem Niveau 0,05; ** signifikant auf dem Niveau 0,01 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 105 Branchenzugehörigkeit: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus
Die Ähnlichkeit der Branchenzugehörigkeit der Unternehmen moderiert die Korrelationen zwischen den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 106). Alle Korrelationen sind signifikant und positiv. Die Korrelationskoeffizienten der Dimensionen ‚Offenheit‘, ‚Vertrauenswürdigkeit‘, ‚Kontextverständnis‘, ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘, ‚Unterhaltsamkeit‘ und ‚Freundlichkeit‘ sind in branchen-
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
195
internen Gesprächen höher als wenn die Gesprächspartner in unterschiedlichen Branchen tätig sind. Branchenzugehörigkeit
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
gleich
ungleich
gleich
Kommunikationsdimension
n = 157
n = 111
Inhaltsqualität
,484**
,700**
8
1
7
Informationsfluss
,589**
,592**
2
3
-1
Offenheit
,549**
,503**
4
10
-6
Vertrauenswürdigkeit
,621**
,580**
1
5
-4
Kontextverständnis
,413**
,310**
13
13
0
Interesse an pers. K.
,302**
,217**
14
14
0
Unterhaltsamkeit
,418**
,330**
12
12
0
Kompetenz
,544**
,588**
5
4
1
Souveränität
,497**
,517**
7
9
-2
Empathie
,511**
,550**
6
6
0
Kooperationsbereitschaft
,554**
proben 3
3
2
1
Lösungsorientierung
,464**
,547**
10
7
3
Freundlichkeit
,477**
,468**
9
11
-2
Konfliktumgang
,457**
,538**
11
8
3
Tendenz ungleich
** Signifikanzniveau 0,01
Abbildung 106 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeit – Branchen (gleich / ungleich)
Die Ähnlichkeit der Brachenzugehörigkeit der Unternehmen moderiert auch die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikations-zufriedenheit. In brancheninternen Gesprächen ist die Dimension ‚Vertrauenswürdigkeit‘ am wichtigsten für die Gesamtkommunikationszufriedenheit des Einkäufers; in branchenfremden Konstellationen ist die ‚Inhaltsqualität‘ am wichtigsten. Auch zwischen den Gruppen konnte ein wesentlicher Unterschied für die Dimension ‚Inhaltsqualität’ identifiziert werden. Diese Dimension ist in Konstellationen mit unterschiedlichen Branchen wesentlich wichtiger als bei gleicher Branchenzugehörigkeit. Branchenspezifische (auch technologiebezogene) Informationen sind für Externe nicht selbstverständlich. Die genauen, relevanten, vollständigen, aktuellen, zuverlässigen, eindeutigen und verständlichen Informationen des Verkäufers bieten insbesondere für branchenfremde Einkäufer die Möglichkeit, sich zu informieren, die Informationen zu dokumentieren, zu archivieren und mit anderen Informationsquellen abzugleichen. Darüber hinaus bieten umfassende Informationen die Grundlage der Bewertung und einer Entscheidung für oder wider den Erwerb einer Leistung. Auf Basis der Ergebnisse kann die konkrete Branche von Einkäufer und Verkäufer bei der Gestaltung und Vorbereitung von Kommunikationssituationen tendenziell vernachlässigt werden. Die Gesprächsgestaltung und deren Einflussfaktoren (Eigenschaften, Beziehungen, Ähnlichkeiten und Erwartungen der Beteiligten, besprochene Leistungen, Unternehmen) wurden innerhalb der Branchen als heterogen identifiziert. Eine detaillierte Evaluation von
196
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Branchencharakteristika (Traditionen, Branchenkulturen, spezifische Anforderungen an die Mitglieder) kann Erkenntnisse für eine differenzierte Analyse branchenbezogener Aspekte und deren Wirkung auf die Gestaltung persönlicher Kommunikationssituationen liefern. Die Ergebnisse geben darüber hinaus Anlass, die Ähnlichkeit der Branchen von Einkäufer und Verkäufer bei der Gestaltung von Kommunikationssituationen zu berücksichtigen. Sind die Branchen unterschiedlich, so sind die Niveaus der Zufriedenheit mit manchen Kommunikationsdimensionen höher als in Konstellationen mit gleichen Branchen. Die Einkäufer haben als Branchenexterne weniger Kenntnisse und Vergleichsinformationen. Um eine u. U. verzerrte Bewertung zu vermindern, können Einkäufer im Vorfeld mehr Informationen einholen. Verkäufer können in brancheninternen Gesprächen den höheren Anforderungen durch umfassendere Vorbereitung besser begegnen. Die Qualität der Informationen scheint in branchenübergreifenden Gesprächen besonders wichtig. Eine entsprechende Aufbereitung und Weitergabe von Informationen durch den Verkäufer ist zu empfehlen. 4.9
Internationalität und Kultur
Selling Center
Branche
Unternehmen
Episode
Branche
situativer Kontext
Unternehmen
Sender
Nationalität / Kultur
Buying Center
Nationalität / Kultur
Der Industriegütermarkt ist von ausgesprochener Internationalität geprägt.651 Dies resultiert in der Regel aus der geringen Anzahl von Anbietern, die weltweit in der Lage sind, bestimmte, technisch komplexe Produkte anzubieten und zu fertigen.652
Face-to-Face Kommunikation
Das Kommunikationsergebnis wird durch die unterschiedlichen Nationalitäten in vielen geschäftlichen Gesprächen wegen interkultureller Unterschiede beeinflusst, da diese erhöhte Unsicherheit und Ungewissheit verursachen können. Verhandlungsbeteiligte aus verschiedenen Ländern unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Kognitionen653 (z. B. Motive, Einstellungen oder Beurteilungen), der sozialen Umstände der Verhandlung654 (z. B. Funktionen und Beziehungen) und des Verhaltens655 (z. B. Taktik, Strategie und insbesondere Ausprägung der Kommunikationsdimensionen). Die Ziele der Verhandlungen können formeller (vertragsbezogener) oder beziehungsbezogener Natur sein.656 In Studien zu diesem Kontext werden die Unterschiede im Vergleich zwischen Nationen analysiert657, einzelne Nationen und deren Besonderheiten in nationalen und internationalen Verhandlungen betrachtet658 und auch internationale Dyaden untersucht659. Darüber hinaus werden Ver-
651
Vgl. Richter (2001), S. 26. Vgl. Backhaus/ Voeth (2007), S. 11. 653 Vgl. Brett/ Okumura (1998), S. 495 ff. 654 Vgl. Graham et al. (1988), S. 48 ff. 655 Vgl. Graham (1985a), S. 92 f.; Huang/ Van de Vliet (2004), S. 482; Volkema/ Leme Fleury (2002), S. 381 ff. 656 Vgl. Herbig/ Gulbro (1997), S. 158. 657 Vgl. für einen Vergleich der USA mit der Sowjetunion Graham et al. (1992), S. 387 ff.; für einen Vergleich zwischen den USA, Kanada, Mexiko, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, der Sowjetunion, Taiwan, China und Korea Graham et al. (1994), S. 72 ff.; für einen Vergleich der USA mit den Philippinen Mintu-Wimsatt/ Gassenheimer (2000), S. 1 ff. 658 Vgl. für Norwegen Buvik/ Andersen (2002), S. 1 ff.; für Lateinamerika Comer/ Nicholls (2000), S. 121; für Afrika Darley/ Blankson (2008), S. 374 ff.; für die USA Hagen et al. (2007), S. 413 ff.; für China Miles (2003), S. 453 ff. 652
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
197
haltensempfehlungen formuliert.660 In bisherigen Studien wurde die Art und Weise der Kommunikationsgestaltung untersucht, nicht aber deren Bewertung. Die folgenden Ausführungen sollen einen Beitrag zur Füllung dieser Lücke leisten. Das Industriegütergeschäft ist von großer Internationalität geprägt. Die Beteiligten haben teils unterschiedliche Nationalitäten und gehören unterschiedlichen Kulturkreisen an. Hieraus resultieren Differenzen in Kognitionen, sozialen Verhandlungsumständen und Verhaltensausprägungen. Die Kognitionen des Einkäufers, seine Einstellungen gegenüber den Kommunikationsdimensionen und deren Beurteilung sind ebenso von seiner Nationalität und Kultur determiniert, wie das Kommunikationsverhalten des Verkäufers von dessen Hintergrund. Für den Einfluss der Nationalität der beteiligten Individuen als unabhängige Variable werden zunächst die folgenden individuenspezifischen Hypothesen formuliert: H 2.8.1: Die Nationalität des Einkäufers hat Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. H 2.8.2: Die Nationalität des Verkäufers hat Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. In einer interindividuellen Betrachtung tritt die Gleichheit bzw. Ungleichheit der Nationalität in den Vordergrund. Analog zu den Überlegungen hinsichtlich der Ähnlichkeitsaspekte (vgl. Kapitel 4.5.1) kann balance- und assimilations-kontrast-theoretisch folgende Hypothese für die Gleichheit der Nationalität der Gesprächspartner formuliert werden: Hypothese H 2.8.3: Wenn die Gesprächspartner dieselbe Nationalität haben, sind die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit höher als bei unterschiedlichen Nationalitäten. Sprache wurde bislang in Studien zum Verhandlungskontext untersucht, indem unter Anwendung aufwändiger Transkriptionstechniken die Verwendung spezifischer Phrasen und Stimmausprägungen bei bestimmten Kommunikationszielen analysiert wurde. Auch interkulturelle Unterschiede der Sprachverwendung und des Sprechens auf funktionaler (informationsübertragender) und pragmatischer Ebene (Syntax, Semantik, Phonetik) wurden in verschiedenen Studien untersucht.661 Die Relevanz von Sprache wird in der semiotischen Tradition der Kommunikation als Bedeutungsverständnis von Zeichen begründet (vgl. Kapitel 2.6). Die Unterschiede der nationalen Sprachen662 haben per se Auswirkungen auf die Kommunikation. Die linguistische Sapir-Whorf-Hypothese besagt analog, dass die Struktur der Sprache in einer Kultur das Denken und Handeln der Individuen formt.663 Die Internationalität von geschäftlichen Gesprächen schlägt sich in der Unterschiedlichkeit der (Mutter-) 659
Vgl. experimentell für Dyaden zwischen US-Amerikanern und Japanern Graham (1985b), S. 130 ff.; experimentell für Dyaden zwischen US-Amerikanern und Chinesen Lee et al. (2006), S. 623 ff. Vgl. für allgemeine Empfehlungen z. B. Herbig/ Gulbro (1997), S. 164; Empfehlungen für China Hurn (2007), S. 354 ff. 661 Vgl. für einen Überblick z. B. Gibbons et al. (1992), S. 157 f. 662 Vgl. Schützeichel (2004) in seinen Ausführungen zu den drei Sprachaspekten von Humboldt (17671835): a) individuelle Sprache, b) bestimmte, von Menschen geschaffene Sprache (nationale Sprache) und c) anthropologische Sprache. 663 Vgl. Griffin (2003), S. 30. 660
198
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Sprache und der (notwendigen) Einigung auf eine gemeinsame Sprache (die Muttersprache des Einen oder des Anderen oder eine dritte Sprache, die Fremdsprache für beide ist) sowie der Möglichkeit, einen Dolmetscher hinzuzuziehen, nieder. Hier steht nicht die Sprache selbst im Vordergrund, sondern die Wirkung der unterschiedlichen Sprachkonstellationen auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen sowie auf die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Spricht der Verkäufer die Muttersprache des Einkäufers, so verringert er dessen Aufwand und zeigt durch seine Bemühungen dessen Wichtigkeit. Die Verwendung der Muttersprache des Einkäufers hat austauschtheoretisch eine positive Wirkung auf die Zufriedenheit. Muss dagegen der Einkäufer die Muttersprache des Verkäufers sprechen, hat diese Anstrengung eine negative Wirkung. Für den Einfluss der Sprachkonstellation bei differierenden Muttersprachen der Beteiligten kann somit folgende Hypothese formuliert werden: H 2.8.4: Die Verwendung der Muttersprache des Einkäufers hat positiven Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit; die Verwendung der Muttersprache des Verkäufers hat negativen Einfluss auf die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und die Gesamtkommunikationszufriedenheit. In der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ gaben die meisten der befragten Einkäufer die deutsche Nationalität an (98,3 %), die weiteren sind Italiener, USAmerikaner und Österreicher. Auch die meisten betrachteten Verkäufer sind Deutsche (85,7 %). Bei der Analyse der Nationalitäten von Einkäufern und von Verkäufern konnten weder für die Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen noch für die Gesamtkommunikationszufriedenheit signifikante Unterschiede zwischen verschiedenen Nationalitäten identifiziert werden. Damit können die Hypothesen H 2.8.1 und H 2.8.2 nicht bestätigt werden. Die Gespräche in der Stichprobe fanden zu 84,3 % (n = 242) zwischen Gesprächspartnern mit derselben und zu 15,7 % (n = 45) zwischen Gesprächspartnern mit unterschiedlicher Nationalität statt. In der Stichprobe konnten ebenfalls keine signifikanten Unterschiede der Zufriedenheitsniveaus bei Gesprächen zwischen Beteiligten mit der gleichen Nationalität und bei internationalen Gesprächen festgestellt werden. Damit kann auch die Hypothese H 2.8.3 nicht bestätigt werden. Dieses Ergebnis könnte aus der Professionalität der Einkäufer resultieren. Die Erfahrung in internationalen Gesprächen und interkulturelles Training der befragten Einkäufer können das Ergebnis beeinflussen. Die Empfehlungen der verhandlungsbezogenen Literatur basieren auf drei Regeln, deren Beachtung die Erwartung und damit das Erfüllungs- und Zufriedenheitspotenzial im internationalen Kontext beeinflusst:664
664
Vgl. z. B. Herbig/ Gulbro (1997), S. 164.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
x
199
Unterschiedlichkeit erkennen, akzeptieren und respektieren;
x
Kulturelle Neutralität (nicht wertend sein);
x
Sensitivität gegenüber Normen und Tabus.
Die Ergebnisse zeigen, dass diese Regeln offenbar bei der Vorbereitung von internationalen und interkulturellen Gesprächen bereits so thematisiert und internalisiert wurden, dass die kulturellen Unterschiede in den erwarteten Kommunikationsdimensionen aufgefangen werden und keinen signifikanten Einfluss auf die Kommunikationszufriedenheit haben. Die Internationalität der Gesprächsbeteiligten moderiert die Korrelationen zwischen den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 107). Alle Korrelationen sind signifikant und positiv. Die Korrelationskoeffizienten der Dimensionen ‚Inhaltsqualität‘, ‚Offenheit‘, ‚Vertrauenswürdigkeit‘, ‚Kontextverständnis‘, ‚Souveränität‘, ‚Empathie‘, ‚Kooperationsbereitschaft‘, ‚Freundlichkeit‘ und ‚Konfliktumgang‘ sind bei Gesprächen zwischen Beteiligten mit unterschiedlicher Nationalität höher als bei intranationalen Gesprächskonstellationen. Die Internationalität der Gesprächsbeteiligten moderiert auch die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Der Vergleich zeigt einen wesentlichen Unterschied der Wichtigkeit der Kommunikationsdimension ‚Konfliktumgang’ zwischen den Gruppen. In internationalen Gesprächen ist der ‚Konfliktumgang’ hinsichtlich der Vermeidung und Lösung von Konflikten sowie einer Bereitschaft zu konstruktiven Konflikten besonders wichtig. Nationalität von Einkäufer und Verkäufer
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
gleich
ungleich
gleich
Tendenz
Kommunikationsdimension
n = 242
n = 45
Inhaltsqualität
,586**
,633**
4
4
0
Informationsfluss
,591**
,590**
3
6
-3
Offenheit
,501**
,602**
8
5
3
Vertrauenswürdigkeit
,598**
,678**
1
2
-1
Kontextverständnis
,386**
,537**
13
10
3
Interesse an pers. K.
,300**
,267*
14
14
0
Unterhaltsamkeit
,426**
,382**
12
13
-1
Kompetenz
,592**
,589**
2
7
-5
Souveränität
,513**
,568**
7
9
-2
Empathie
,527**
,574**
6
8
-2
Kooperationsbereitschaft
,573**
,678**
5
3
2
Lösungsorientierung
,499**
,431**
9
12
-3
Freundlichkeit
,490**
,493**
10
11
-1
Konfliktumgang
,440**
,751**
11
1
10
ungleich
** Signifikanzniveau 0,01
Abbildung 107 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeit – Nationalität (gleich / ungleich)
200
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Es ist vorstellbar, dass die Wichtigkeit der Fähigkeit zum kompetenten Umgang mit Konflikten in internationalen Gesprächen aus der Unterschiedlichkeit der Kognitionen, den sozialen Umständen und dem generellen Kommunikationsverhalten sowie kulturell geprägten Lösungsstrategien entsteht. Die Sprache, die während der betrachteten Gespräche zwischen Beteiligten mit unterschiedlicher Nationalität gesprochen wurde, war die gemeinsame Muttersprache (n = 10, 22,2 %), die Muttersprache des Einkäufers (11; 24,4 %), die Muttersprache des Verkäufers (10; 22,2 %) und eine dritte (Fremd-) Sprache (13, 28,9 %). In einem Fall wurde mit einem Dolmetscher gearbeitet (2,2 %). Für die Sprachkonstellationen (ohne Dolmetscher) unterschiedlicher Nationalitäten (n = 44) ergab der nicht-parametrische H-Test signifikante Unterschiede der Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen ‚Kontextverständnis’ und ‚Interesse an personalisierter Kommunikation’. Die Hypothese H 2.8.4 kann damit für diese Dimensionen bestätigt werden (vgl. Abbildung 108). Kommunikationsdimension
gleiche Muttersprache
Muttersprache Einkäufer
Muttersprache Verkäufer
gemeinsame Fremdsprache
n
Mittelwert
n
Mittelwert
n
Mittelwert
n
Mittelwert
Kontextverständnis*
10
2,30
11
1,64
10
2,40
13
2,46
Interesse an pers. K.*
8
2,13
6
2,50
10
2,60
12
3,42
* signifikant auf dem Niveau 0,05 Mittelwerte auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden / sehr gut“ bis 6 „völlig unzufrieden / ungenügend“
Abbildung 108 Sprache: Mittelwertvergleich der Zufriedenheitsniveaus bei ungleicher Nationalität
Für die Wirkungsrichtung kann die Hypothese H 2.8.4 ebenfalls bestätigt werden. Wenn eine Sprache gesprochen wurde, die für beide Gesprächspartner eine Fremdsprache ist, sind die Zufriedenheitsniveaus am niedrigsten. Wird dagegen eine gemeinsame Muttersprache (wie bei Gesprächen zwischen Deutschen, Österreichern und zum Teil Schweizern) gesprochen, so ist das Niveau der Zufriedenheit mit der persönlichen Kommunikation am höchsten. Für die Untersuchung zur Verwendung der Muttersprache werden wiederum zwei Gruppen gebildet. Die gleiche oder differierende Muttersprache moderiert die Korrelationen zwischen den Kommunikationsdimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Abbildung 109). Die Korrelationen sind bei gleicher Muttersprache signifikant und positiv. Bei ungleicher Muttersprache sind die Korrelationen ebenfalls positiv, jedoch für die Dimensionen ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘ und ‚Unterhaltsamkeit‘ nicht signifikant. Unter Muttersprachlern ist das Plaudern offenbar einfacher und die Erwartungen sind bei (anzunehmender) kultureller Ähnlichkeit auch leichter zu erfüllen. Des Weiteren sind die Korrelationskoeffizienten der Dimensionen ‚Offenheit‘, ‚Vertrauenswürdigkeit‘, ‚Kontextverständnis‘ und ‚Konfliktumgang‘ in Gesprächen ohne gemeinsame Muttersprache höher.
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
Muttersprache
201
Einzelbetrachtung
relative Betrachtung
Korrelationskoeffizient r
Rang
Gruppe
gleich
ungleich
gleich
Kommunikationsdimension
n = 256
n = 35
Inhaltsqualität
,604**
,545**
3
6
-3
Informationsfluss
,594**
,556**
5
5
0
Offenheit
,514**
,598**
8
3
5
Vertrauenswürdigkeit
,605**
,684**
2
2
0
Kontextverständnis
,409**
,492**
13
7
6
Interesse an pers. K.
,306**
0,274
14
13
1
Unterhaltsamkeit
,433**
0,260
12
14
-2
Kompetenz
,613**
,484**
1
8
-7
Souveränität
,544**
,481**
7
9
-2
Empathie
,552**
,459**
6
10
-4
Kooperationsbereitschaft
,601**
,584**
4
4
0
Lösungsorientierung
,513**
,380*
9
12
-3
Freundlichkeit
,498**
,405*
10
11
-1
Konfliktumgang
,472**
,744**
11
1
10
Tendenz ungleich
** Signifikanzniveau 0,01; * Signifikanzniveau 0,05
Abbildung 109 Vergleich der Korrelationskoeffizienten und der relativen Wichtigkeit – Muttersprache (gleich / ungleich)
Die gleiche bzw. unterschiedliche Muttersprache moderiert auch die relative Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit. Dabei ist ebenfalls der ‚Umgang mit Konflikten’ in Konstellationen, in denen keine gemeinsame Muttersprache gesprochen wird, wesentlich wichtiger als in Situationen mit gemeinsamer Muttersprache. Die Relevanz des ‚Umgangs mit Konflikten’ kann sprachlich begründet werden, denn in Gesprächen mit unterschiedlicher Sprachvoraussetzung entstehen leichter Konflikte und Missverständnisse. Für die Internationalität in industriellen Face-to-Face-Kommunikationssituationen können zusammenfassend folgende Ergebnisse festgestellt werden: x
Weder die Nationalität des Einkäufers noch die des Verkäufers verursacht signifikante Unterschiede in der Zufriedenheitsbewertung der Kommunikationssituation. Es können auch keine signifikanten Unterschiede bei Gesprächen zwischen Beteiligten mit gleicher Nationalität und in internationalen Gesprächen festgestellt werden.
x
In Gesprächen zwischen Beteiligten mit unterschiedlicher Nationalität führt das Sprechen einer gemeinsamen Muttersprache zu einem erhöhten Zufriedenheitsniveau der Dimension ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘. Passt sich der Verkäufer an und spricht die Muttersprache des Einkäufers, wird das Zufriedenheitsniveau der Dimension ‚Kontextverständnis‘ erhöht.
x
Die Internationalität der Kommunikationsbeteiligten moderiert die Korrelationen der Kommunikationsdimensionen mit der Gesamtkommunikationszufriedenheit. Die Korrelationen sind bei gleicher Muttersprache signifikant und positiv. Bei ungleicher Muttersprache sind die Korrelationen ebenfalls positiv, jedoch für die Dimensionen ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘ und ‚Unterhaltsamkeit‘ nicht signifikant.
202
4 Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation im Industriegütervertrieb
x
In internationalen Gesprächen und bei Gesprächen, in denen keine gemeinsame Muttersprache gesprochen wird, ist der ‚Umgang mit Konflikten’ besonders wichtig.
Die Ergebnisse legen nahe, dass die unterschiedlichen Nationalitäten bei der zufriedenheitsorientierten Vorbereitung und Gestaltung von Kommunikationsdimensionen nicht direkt berücksichtigt werden müssen, da sie keinen signifikanten Einfluss auf die Kommunikationszufriedenheit haben. Allerdings ist anzunehmen, dass die Internationalität des Geschäfts und die entsprechende Thematisierung, Reflexion und Schulung der Beteiligten eine angemessene Anpassung der Erwartungen des Einkäufers und der Verhaltensweisen des Verkäufers bewirkt haben. Derartige Sachverhalte sollten unterstützt werden. Darüber hinaus wird empfohlen, zu evaluieren, welche Vorbereitungs- und Reflexionsmaßnahmen konkret zu guten Kommunikationsergebnissen führen, um diese als „Best Practice“ - Beispiele weiterzugeben. Ist bei einem Gespräch zu erwarten, dass keine gemeinsame Muttersprache gesprochen werden wird, scheint es auf Basis der vorliegenden Ergebnisse sinnvoll, die Muttersprache des Einkäufers der Muttersprache des Verkäufers oder einer beiderseitigen Fremdsprache vorzuziehen. Bei der Auswahl der Verkäufer sollten nach Möglichkeit entsprechende Sprachkenntnisse vorhanden sein bzw. die Verkäufer entsprechend geschult werden. In internationalen Gesprächen ist die Dimension ‚Konfliktumgang‘ besonders wichtig. Eine entsprechende Vorbereitung mit Blick auf die Vermeidung von Konflikten durch (kulturell) angemessenes Verhalten ist zu empfehlen.
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
203
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung 5.1
Relevanz, Ziele, Methodik und Aufbau
Selling Center
Branche
Unternehmen
Nationalität / Kultur
Branche
Unternehmen
Buying Center
Nationalität / Kultur
In der spezifischen Kommunikationssituation des persönlichen Vertriebs ist der Verkäufer Sender der Nachricht, indem er sich auf eine bestimmte Art und Weise verhält. Diese Verhaltensausprägungen werden durch den Einkäufer als Erfüllung der erwarteten Kommunikationsdimensionen bewertet. Um die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers positiv durch das Verhalten des Verkäufers beeinflussen zu können, werden genauere Kenntnisse über die Entstehung des kommunikativen Verkäuferverhaltens benötigt. Die Determinanten des Verkäuferverhaltens stellen die Ansatzpunkte einer aktiven, kommunikationszufriedenheitsorientierten Gestaltung der Face-to-Face Kommunikation zwischen Einkäufer und Verkäufer dar. Empfänger
Sender
situativer Kontext Episode
Face-to-Face Kommunikation
Ziel der folgenden Ausführungen ist die Konzeptualisierung und Analyse strategisch relevanter Ausprägungen des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers, die Identifikation der Determinanten der Verhaltensintention und der kausalen Zusammenhänge sowie die Ableitung von Implikationen, mit denen das Kommunikationsverhalten von Verkäufern den Erwartungen der Einkäufer in Kommunikationssituation angenähert werden kann. Besondere Aufmerksamkeit soll den Kommunikationsdimensionen gewidmet werden, die in der ersten empirischen Studie der vorliegenden Arbeit zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ als Leistungsfaktoren identifiziert wurden und die im WichtigkeitLeistungsvergleich dem Quadranten IV („Mehr Konzentration, bitte!“) zugeordnet wurden. Es wurden vier Kommunikationsdimensionen identifiziert, die relativ wichtiger waren als andere Dimensionen und deren Zufriedenheitsniveau – respektive Leistungsniveau – zugleich weniger hoch war als bei anderen Dimensionen (vgl. Abbildung 43). Davon wurden drei als Leistungsfaktoren identifiziert (vgl. Kapitel 3.6.3.5): ‚Inhaltsqualität‘, ‚Offenheit‘ und ‚Vertrauenswürdigkeit‘. Die ausgewählten Kommunikationsdimensionen werden in die Verhaltensausprägungen des Verkäufers ‚informationsförderndes Verhalten‘, ‚offenes Kommunikationsverhalten‘ und ‚vertrauenswürdiges Kommunikationsverhalten‘ überführt. Um generalisierbare Erkenntnisse zu gewinnen, wird im Folgenden auf die generelle Verhaltensintention der Verkäufer im Hinblick auf die strategisch relevanten Kommunikationsdimensionen abgestellt und nicht das spezifische Verhalten in einer konkreten Situation mit einem bestimmten Gesprächspartner untersucht. Letzteres wäre nur in einer Betrachtung echter Dyaden zwischen Einkäufer und Verkäufer möglich. Um die kommunikativen Verhaltensausprägungen des Verkäufers mit ihren Determinanten zu erklären, werden zunächst geeignete theoretische Ansätze vorgestellt. Die ‚Theorie des
A. Geile, Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb von Industriegütern, DOI 10.1007/978-3-8349-8615-3_5, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010
204
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
geplanten Verhaltens‘ von AJZEN (1985)665 sowie AJZEN und MADDEN (1986)666 wurde in einer Vielzahl von Studien in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt, um die psychologischen Ursachen von Verhalten zu untersuchen.667 Auf Basis des Drei-Komponenten-Modells der Einstellung wird die genannte Theorie um die affektive Einstellungskomponente ergänzt. Durch Verbindung beider Ansätze wird ein theoretisch basiertes Metamodell der kommunikativen Verhaltensausprägungen entwickelt. Dieses wird als Strukturgleichungsmodell für jede der drei Verhaltensausprägungen verwendet. Es wird eine generelle Gültigkeit des Modells angenommen und überprüft. Für das ‚informationsfördernde Verhalten‘, ‚offene Kommunikationsverhalten‘ und ‚vertrauenswürdige Kommunikationsverhalten‘ werden jeweils Hypothesen formuliert und konkrete Messmodelle zur Verwendung in einer Kausalanalyse spezifiziert. Die Kausalanalyse668 ist ein multivariates Verfahren, bei dem auf Basis empirisch gemessener Varianzen und Kovarianzen von Indikatorvariablen durch Parameterschätzung Rückschlüsse auf Abhängigkeitsbeziehungen zwischen zugrunde liegenden latenten Konstrukten gezogen werden.669 Zentrales Ziel der Kausalanalyse ist somit die Modellierung und simultane Schätzung komplexer Dependenzstrukturen,670 die auf umfassenden theoretischen Vorüberlegungen basieren.671 Werden die einzelnen Messmodelle der Latenten, die für sich genommen faktoranalytischen Modellen entsprechen,672 unter Berücksichtigung der hypothetischen Zusammenhänge miteinander verbunden, entsteht ein vollständiges Strukturgleichungsmodell / Kausalmodell (Abbildung 110).673
665
Vgl. Ajzen (1985). Vgl. Ajzen/ Madden (1986), S. 458. 667 Für Zusammenfassungen und Meta-Analysen zur Verwendung der ‚Theorie des geplanten Verhaltens’ vgl. z. B. Ajzen (1991), S. 185 ff.; Albarracin et al. (2001), S. 142 ff.; Downs/ Hausenblas (2005), S. 76 ff. 668 Synonym verwendet für ‚Strukturgleichungsmodelle mit latenten Variablen’ (vgl. Homburg et al. (2008a), S. 549). 669 Vgl. Homburg (1989), S. 2. 670 Vgl. Homburg et al. (2008a), S. 549. 671 Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 338. 672 Vgl. Homburg et al. (2008a), S. 554. 673 Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 340. 666
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
1 1
x1
2
x2
3
x3
y1
2 y2
2 31
3
y3
4
y4
1
2
12
1
12
y5
5
y6
6
y7
7
1
3
3
205
13
12
2 mit: : exogene latente Variablen : endogene latente Variablen x: Indikatorvariable von y: Indikatorvariable von : Residualvariable von x : Residualvariable von y : Residualvariable von : Korrelation zwischen und : Korrelation zwischen und
x4
x5
x6
4
5
6
Abbildung 110 Beispiel für ein vollständiges Strukturgleichungsmodell
Der erste Schritt im Rahmen der Kausalanalyse ist die Modellspezifikation, auf Basis der Unterscheidung zwischen formativer und reflektiver Spezifikation. Im vorliegenden Fall werden die fünf latenten Konstrukte Intention, affektive und kognitive Einstellung, soziale Norm und wahrgenommene Verhaltenskontrolle für die drei unabhängigen Modelle zu den drei ausgewählten Kommunikationsdimensionen jeweils reflektiv spezifiziert. Die Indikatoren, die als beobachtbare Messvariablen formuliert werden, bilden dann die Latenten ab und stehen kausal nach diesen. Die Verhaltensausprägungen ‚informationsförderndes Verhalten‘, ‚offenes Kommunikationsverhalten‘ und ‚vertrauenswürdiges Kommunikationsverhalten‘ könnten wiederum als latente Konstrukte betrachtet werden. Gegenstand der Untersuchung sind aber die Einschätzungen und Bewertungen der Intention, der affektiven und kognitiven Einstellung, der sozialen Norm und der wahrgenommene Verhaltenskontrolle, die auf die Verhaltensausprägungen bezogen werden. Um die Messung realisieren zu können, werden die definitorischen Universen wie Indikatoren formativer Konstrukte identifiziert und bei der Operationalisierung als Definition der Verhaltensausprägung den reflektiven Indikatoren der Determinanten vorangestellt (vgl. zur Spezifikation der Verhaltensmodelle insgesamt Kapitel 5.3.2). In der Kausalanalyse werden die Korrelationen von latenten Variablen untereinander (jk) geschätzt. Ziel ist es, die unbekannten Parameter so zu schätzen, dass die vom Modell reproduzierte Kovarianzmatrix die empirische Kovarianzmatrix möglichst exakt abbildet. Dabei handelt es sich um eine Minimierung der Diskrepanzfunktion zwischen den beiden Matrizen.674 Die Gestalt dieser Funktion hängt von der verwendeten Schätzmethode ab. Entscheidungskriterien der Schätzfunktion sind die Annahmen einer Multinormalverteilung der
674
Vgl. Homburg et al. (2008b), S. 280 f.
206
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
manifesten Variablen, Skaleninvarianz, Stichprobengröße und die Verfügbarkeit von Inferenzstatistiken.675 Weite Verbreitung findet die Maximum-Likelihood-Methode (ML), bei der zu einem gegebenen Stichprobenergebnis S derjenige Wert als Schätzer gewählt wird, mit dem die Wahrscheinlichkeit des Eintretens von S am größten ist.676 Damit maximiert die MLMethode die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die modelltheoretische Kovarianz- bzw. Korrelationsmatrix die betreffende empirische Matrix erzeugt hat. Die ML-Methode liefert bei MultiNormalverteilung der manifesten Indikatorvariablen und großem Stichprobenumfang die präzisesten Schätzer.677 Dem vorherrschenden Forschungsanspruch soll Folge geleistet und das ML-Verfahren in der vorliegenden Arbeit verwendet werden. Voraussetzung für die sinnvolle Parameterschätzung ist die Identifikation des Modells. Die Identifizierbarkeit des Modells hängt von der Anzahl der Indikatoren eines latenten Konstrukts ab.678 Mit nur zwei Indikatoren ist das Modell nicht identifiziert, hier stehen vier zu schätzenden Parametern nur drei Elemente der Kovarianzmatrix als Informationsgrundlage gegenüber. Bei drei Indikatoren ist das Verhältnis ausgeglichen und das Modell ist exakt identifiziert. Für eine eindeutige Schätzung der Parameter ist eine Überidentifikation des Modells mit vier oder mehr Indikatoren notwendig. Dann liegen mehr Elemente in der Kovarianzmatrix vor als Parameter zu schätzen sind und es kann im Rahmen der Gütebeurteilung auf alle gängigen lokalen und globalen Gütemaße zugegriffen werden. Werden mehrere Konstrukte in einem gemeinsamen Modell untersucht, so ist dieses immer identifiziert, wenn jedes Konstrukt mindestens zwei Indikatoren hat, kein Item auf mehr als einen Faktor lädt und die Konstrukte frei miteinander korrelieren können.679 Das Ziel der Modellbeurteilung im Rahmen der Kausalanalyse liegt darin, die Messung im Hinblick auf quantifizierbare Reliabilitäts- und Validitätskriterien zu beurteilen. Die Reliabilität bezieht sich als Prüfkriterium auf die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Messung. Eine Messung ist dann reliabel, wenn reproduzierbare Ergebnisse unter konstanten Bedingungen bei mehrmaliger Messung erzielt werden680 und damit die Messung möglichst frei von Zufallsfehlern ist681. Die Reliabilität eines Messinstruments ist Voraussetzung für die Validität der Messung. Die Validität bezeichnet die Gültigkeit und damit formale Richtigkeit eines Messinstruments, also inwiefern die Sachverhalte und Inhalte erhoben werden, die auch gemessen werden sollen und kaum systematische und zufällige Fehler auftreten.682 Verschiedene Formen der Reliabilität und Validität werden unterschieden und teils auch zur Prüfung komplexer hypothetischer Größen herangezogen. In der vorliegenden Arbeit sollen mit Hilfe der konfirmatorischen Faktorenanalyse (KFA), der explorativen Faktorenanalyse (EFA) und der Reliabilitätsanalyse die Interne-Konsistenz-Reliabilität, die Konstruktreliabilität und die Konstruktvalidität in ihren Ausprägungen Konvergenzvalidität und Diskriminanzvalidität
675
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 369 f. Vgl. Homburg et al. (2008b), S. 281. Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 371. 678 Vgl. Homburg et al. (2008b), S. 282. 679 Vgl. Bollen (1989), S. 238 ff. 680 Vgl. u. a. Churchill/ Iacobucci (2002), S. 413. 681 Vgl. Malhotra/ Birks (2000), S. 305. 682 Vgl. Homburg et al. (2008b), S. 279. 676 677
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
207
anhand von Gütekriterien der ersten und der zweiten Generation überprüft werden. Des Weiteren werden Hinweise auf die Erfüllung von Inhaltsvalidität erfasst. Dabei sollen die in der Literatur üblichen Gütemaße als Entscheidungskriterien herangezogen werden (vgl. Abbildung 111). Bei der Messung von komplexen Konstrukten sind für eine gute Operationalisierung im besten Fall alle Globalkriterien erfüllt sowie mindestens die Hälfte der Detailkriterien. Eine sehr gute Operationalisierung ist bei Erfüllung aller Teil- und Globalkriterien gegeben. Die Erfüllung der Kriterien auf der Ebene des Gesamtmodells soll über der Erfüllung auf Teilmodellbzw. Faktorenebene stehen und kleinere Abweichungen sollen nicht als K.O.-Kriterium gelten. Unter Umständen sind aufgrund der Modellbeurteilung Modifikationen der Modellbestandteile (durch Ausschluss von Indikatoren oder ganzen Faktoren oder Modifikation der gesamten Modellstruktur) notwendig, mit denen allerdings der streng konfirmatorische Charakter der Untersuchung verlassen würde.683 Der Analyse von Strukturgleichungsmodellen schließen sich die Betrachtung des gesamten Kausalmodells und die Hypothesenprüfung an. Zur empirischen Analyse der Kausalmodelle werden in der zweiten eigenen empirischen Studie (‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers‘) Daten bei Vertriebsmitarbeitern großer deutscher Industrieunternehmen erhoben. Dementsprechend wird im Folgenden zunächst der theoretische Hintergrund dargestellt und auf dieser Basis ein Kausalmodell mit Hypothesen entwickelt sowie die Ergebnisse der eigenen Studie ‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers‘ vorgestellt. Die zentralen Erkenntnisse des fünften Kapitels werden wieder mit den Ergebnissen der anderen Kapitel in Abschnitt 6.1 zusammengeführt und dort aus anwendungsbezogener Sicht abschließend analysiert.
683
Vgl. Homburg et al. (2008b), S. 288.
208
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Bewertungsbereich Ebene Generation
Reliabilität InterneKonsistenzReliabilität
Validität KonstruktReliabilität
Konstrukt-Validität Konvergenzvalidität
Quellen (Beispiele) DiskriminanzValidität
Item-to-TotalKorrelation (ItTK); Elimination der Items mit geringster ItTK bei Cronbachs Alpha < 0,6
1.
Homburg/ Giering (1996), S. 8.
Faktorladungen der EFA; 0,4 2.
Indikatorreliabilität; 0,4 t-Werte der Faktorladungen; 1,645
Faktor
1.
Bagozzi et al. (1991), S. 434; Homburg/ Giering (1996), S. 11. Malhotra/ Birks (2000), S. 306 f.
Cronbach – AlphaKoeffizient; 0,6 Varianzerklärung EFA, 50 %
2.
Faktorreliabilität; 0,6
Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV); 0,5
Global
2. GFI, 0,9 AGFI; 0,8
NFI; 0,9
IFI; 0,9 CFI; 0,9
NNFI / TLI; 0,9
RMSEA; 0,5 (gut), 0,08 (akzeptabel) 0,10 (inakzeptabel) 2
/df; 5 Zusatzkriterien
Peterson (2000), S. 272. Homburg et al. (2008b), S. 286 ff.
Fornell-LarckerKriterium 2
-Differenztest
Bollen (1989),S. 185 f.; Hüttner/ Schwarting (2008), S. 254; Peterson (2000), S. 263 und 268 ff. Fornell/ Larcker (1981), S. 46; Homburg/ Baumgartner (1995), S. 170 f.;Homburg/ Giering (1996), S. 10 f.; Homburg et al. (2008b), S. 288. Bollen (1989), S. 276; Homburg/ Baumgartner (1995), S. 167. Bollen (1989), S. 276; Sharma (1996), S. 159. Homburg et al. (2008b), S. 284, auch Homburg/ Baumgartner (1995) S. 170. Bentler (1990), S. 240/ S. 243 f.; auch Bentler/ Bonnet (1980), S. 599 f. Homburg et al. (2008b), S. 285 Bentler/ Bonnet (1980), S. 588 ff.; der NNFI entspricht dem TuckerLewis-Index (TLI) von 1973 und Bollen’s 2 (rho2) von 1989. Bentler (1980), S. 428; Backhaus et al. (2006), S. 381 f.; Browne/ Cudeck (1993), S. 136 ff.; Homburg et al. (2008b), S. 285. Bagozzi/ Baumgartner (1994), S. 398; Bentler (1980), S. 428. Fornell/ Larcker (1981), S. 46. Anderson/ Gerbing (1988), S. 416.
Kriterien und geforderte Ausprägungen
Abbildung 111 Kriterien zur Beurteilung der Reliabilität und Validität komplexer Konstrukte und deren Anforderungsniveaus
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
5.2 5.2.1
209
Theoretischer Hintergrund Theorie des geplanten Verhaltens
Die ‚Theorie des geplanten Verhaltens’ von AJZEN (1985)684 sowie AJZEN und MADDEN (1986)685 bietet die Möglichkeit, Verhaltensausprägungen und deren Determinanten zu erklären und zu messen.686 Die ‚Theorie des geplanten Verhaltens‘ stellt eine Erweiterung der ‚Theorie des überlegten Handelns‘ von FISHBEIN und AJZEN (1975) dar. Die ‚Theorie des geplanten Verhaltens’ bezieht sich originär auf Einstellungen gegenüber Verhaltensweisen, über deren Ausführung oder Unterlassung eine Person nachdenkt. Zentral sind die kausalen Beziehungen zwischen Meinungen (beliefs), Einstellungen, sozialen Normen, wahrgenommenen Verhaltensrestriktionen, Verhaltensintentionen und dem tatsächlichen Verhalten. Handlungen werden der ‚Theorie des geplanten Verhaltens’ zufolge direkt von Intentionen determiniert687 und nur durch eventuelle Änderungen der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle moderiert688. Eigentliches Ziel der Theorie ist eine Verhaltensvorhersage, für die nach den Faktoren gesucht werden muss, die die Verhaltensintention determinieren.689 Intentionen sind in der ‚Theorie des geplanten Verhaltens‘ stabile Anstrengungen einer Person, ein bestimmtes Verhalten auszuführen. Sie sagen nur den Versuch einer Verhaltensausführung vorher. Wenn also ein Verhalten nicht auftritt, können sich die Intentionen nach der Messung geändert haben oder das Verhalten konnte wegen anderer Umstände nicht durchgeführt werden. In der ‚Theorie des überlegten Handelns’ - der Basistheorie der Theorie des geplanten Verhaltens - sind Intentionen die einzige und direkte Einflussgröße des realisierten Verhaltens. Auch in Untersuchungen zur ‚Theorie des geplanten Verhaltens‘ wurde häufig nur die Intention und nicht das realisierte Verhalten erfasst.690 Wenn Intention und realisiertes Verhalten erfasst wurden, konnten sowohl niedrige691 als auch hohe692 Korrelationen zwischen beiden gemessen werden. Diese Differenzen sind auf die Anforderungen an die Handlungsflexibilität in bestimmten Situationen, die Messbarkeit und Veränderung von Intentionen sowie die kognitive Bewusstseinslage der Befragten zurückzuführen. Insbesondere in Face-to-Face Kommunikationssituationen ist flexibles Verhalten erforderlich, da sich mindestens zwei Individuen gegenüberstehen und deren Ziele, Beziehungen und externe
684
Vgl. Ajzen (1985). Vgl. Ajzen/ Madden (1986), S. 458. 686 Die ‚Theorie des geplanten Verhaltens’ ist eine Ergänzung der ‚Theorie des überlegten Handelns’ 685
von FISHBEIN und AJZEN (1975) wobei Letztere um die Komponente ‚subjektiv wahrgenommene Verhaltenskontrolle’ (‚perceived behavioral control’) ergänzt wurde (vgl. Fishbein/ Ajzen (1975), Ajzen (1991)). 687
Vgl. für die (identischen) Grundlagen der ‚Theorie des überlegten Handelns’ Ajzen (1985), S. 12. 688 Vgl. Ajzen (1985), S. 29, hierin liegt ein weiterer wesentlicher Unterschied zur ‚Theorie des überlegten Handelns’. 689 Vgl. z.B. Frey et al. (1993), S. 367. 690 Vgl. z. B. die Übersicht bei Ajzen (1991), S. 190. 691 Vgl. de Cannière et al. (2008), S. 82 f. 692 Vgl. die Übersicht bei Ajzen (1985), S.17.
210
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Kontextfaktoren zu beachten sind.693 Des Weiteren moderieren die folgenden Aspekte der Mess- und Veränderbarkeit die Korrelation zwischen Intention und realisiertem Verhalten:694 x
Die nur teilweise Umsetzung verbal geäußerter Absichten in echtes Verhalten;
x
Zeiteffekte, denn Intentionen müssen kurz vor der Verhaltensdurchführung gemessen werden, um verlässliche Prädiktoren des Verhaltens zu sein;
x
Intentionsveränderungen, da sich die ‚beliefs’ über die Zeit und durch neue Informationen verändern können;
x
die wahrgenommene Kontrollierbarkeit des Verhaltens.
Die kognitive ‚Bewusstseinslage’ vor der Realisierung eines Verhaltens beinhaltet die folgenden Charakteristika, die die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensrealisierung positiv beeinflussen:695 x
Informationen, die mit der Verhaltensintention und deren Realisierung in Verbindungen stehen, werden bevorzugt verarbeitet.
x
Informationen werden unterstützend (zielorientiert) und subjektiv (indem die eigenen Fähigkeiten überschätzt werden) verarbeitet.
x Informationen werden selektiv verarbeitet. Die genannten Variablen moderieren die Stärke und Richtung des Zusammenhangs zwischen Intention und realisiertem Verhalten. Die Intention selbst ist stabile Determinante des Verhaltens im Kommunikationskontext. Darüber hinaus ist die Intention besser als das realisierte Verhalten durch verbale Äußerungen messbar und stellt durch ihre verhaltensbeeinflussende Stabilität den Ansatzpunkt für geplante Veränderungen zum Beispiel durch Personalentwicklungsmaßnahmen und Kommunikationstrainings dar. Diese Annahmen stützen die Vorgehensweise, die Verhaltensintention anstelle tatsächlicher Verhaltensausführung zu analysieren. Die Verhaltensintentionen eines Menschen sind nach der ‚Theorie des geplanten Verhaltens’ eine Funktion von drei Basisdeterminanten, Einstellung (AB), Soziale Norm (SN) und wahrgenommene Verhaltenskontrolle (‚perceived behavioral control‘ = PBC) (vgl. Abbildung 112). Formal wird eine additive Verknüpfbarkeit weitgehend unabhängiger Komponenten unterstellt696, deren Gewichtung bedingt durch die situativen Gegebenheiten variieren kann. In der vorliegenden Untersuchung werden Annahmen zur Wirkung der Determinanten auf die Verhaltensintention herausgestellt. Die Konzeptualisierung und Operationalisierung erfolgt als kausalanalytisches Modell, sodass die formalen Annahmen der additiven Verknüpfung und relativen Gewichtung der Determinanten in den Hintergrund treten.
693
Vgl. für die Kontextfaktoren Kapitel 4; auch Campbell et al. (1988), S. 49 ff.; Dion/ Banting (1988), S. 43 ff.; Gulbro/ Herbig (1996), S. 235 ff. Vgl. Ajzen (1985), S. 18 f. 695 Vgl. Gollwitzer/ Kinney (1989), S. 531 ff.; Gollwitzer et al. (1990), S. 1119 ff.; Heckhausen/ Gollwitzer (1987), S. 101 ff. 696 Vgl. Frey et al. (1993), S. 367. 694
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
211
Einstellung gegenüber einem bestimmten Verhalten AB
Soziale Norm SN
Intention I
Verhalten B
wahrgenommene Verhaltenskontrolle PBC
Abbildung 112 Determinanten individuellen Handelns: Die Theorie des geplanten Verhaltens697
Die Einstellungskomponente (AB) dient der Erfassung der ‚Einstellung gegenüber einem Verhalten’ („attitude toward a behavior“698). Dabei handelt es sich um die positive oder negative Einschätzung eines bestimmten Verhaltens durch die handelnde Person selbst. Die Einstellung führt zur positiven oder negativen Bewertung und bedingt die Auftretenswahrscheinlichkeit der Konsequenzen, die ein Individuum von einem bestimmten Verhalten erwartet.699 Glaubt eine Person, dass die Ausführung eines bestimmten Verhaltens mit hoher Wahrscheinlichkeit zu positiven und mit geringer Wahrscheinlichkeit zu negativen Konsequenzen führen wird, wird sie eine positive Einstellung zur Ausführung des entsprechenden Verhaltens besitzen. Glaubt eine Person, dass die Ausführung eines bestimmten Verhaltens mit hoher Wahrscheinlichkeit negative bzw. mit geringer Wahrscheinlichkeit positive Konsequenzen nach sich ziehen wird, wird sie sich vermutlich durch eine negative Einstellung zu dem Verhalten auszeichnen. Eine Gewichtung resultiert aus der Multiplikation der Auftretenswahrscheinlichkeit einer Verhaltenskonsequenz mit ihrer Bewertung. Dieser Zusammenhang kennzeichnet die ‚Theorie des geplanten Verhaltens’ als Erwartung-mal-Wert Theorie. Die subjektive ‚soziale Norm‘ (SN) betrifft die individuelle Wahrnehmung des sozialen Umgebungsdrucks, ein bestimmtes Verhalten durchzuführen oder zu unterlassen. Da es sich um individuell wahrgenommene Normen handelt, werden diese als subjektiv bezeichnet. Dabei muss eine soziale Perspektivenübernahme stattfinden, die STRACK (2004) als die „genuin menschliche Fähigkeit, sich Wahrnehmungen, Gedanken und Meinungen anderer Personen vorstellen zu können“700 bezeichnet. Um eine Metaperspektive einzunehmen, muss das Individuum aus der eigenen Ich-Hier-Jetzt Position heraustreten und in die Perspektive einer anderen Person oder anderen situativen Gegebenheiten wechseln.701 Dieser Wechsel in die 697
Vgl. Ajzen (1991), S. 182. Ajzen/ Gilbert Cote (2008), S. 291. Zur Entstehung von ‚beliefs’ vgl. z. B. Fishbein/ Ajzen (1975), S. 131 ff. 700 Strack (2004), S. 1. 701 Vgl. ebenda. 698 699
212
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
andere Sichtweise, der Vergleich und die Integration in eine ‚multiperspektivische Vorstellung’, die in die eigene strategische, kooperative oder kompetitive Handlungsplanung mit einbezogen wird, ist ein entscheidender Faktor menschlicher Intelligenz.702 Anhand der Balancetheorie (vgl. Kapitel 3.3.1.1) können metaperspektivische Kognitionen als beteiligt an drei Phänomenen dargestellt werden, erstens die Perspektivenübernahme als Grundlage der Entwicklung von Zugehörigkeit, Compliance und Identifikation, zweitens die Modellierung von sozialem Einfluss und drittens eine Vorhersage des Zustandekommens kognitiver Metaperspektiven (eine Person denkt, dass eine andere ein bestimmtes Verhalten schätzt).703 Bei der subjektiven ‚sozialen Norm‘ handelt es sich um die Überzeugungen einer Person, inwieweit relevante Bezugspersonen (oder -gruppen) die Ausführung eines bestimmten Verhaltens begrüßen oder ablehnen würden.704 Die Verhaltenswirksamkeit der wahrgenommenen Erwartungen hängt wiederum von deren Bewertung ab, also der Motivation einer Person, sich gemäß den vermuteten Wünschen der Bezugspersonen zu verhalten (‚motivation to comply‘). Die ursprüngliche ‚Theorie des überlegten Handelns‘ wurde in der ‚Theorie des geplanten Verhaltens‘ um die Determinante ‚wahrgenommene Verhaltenskontrolle (PBC)‘ der Verhaltensintention ergänzt. Die Komponente der subjektiv wahrgenommenen Verhaltenskontrolle (PBC) berücksichtigt, inwiefern das geplante Verhalten von der handelnden Person uneingeschränkt kontrolliert werden kann, also subjektiv auch durchführbar ist. Die subjektive Verhaltenskontrolle kann sowohl die Intention (durchgezogener Pfeil in Abbildung 112) als auch, in Form aktuell wahrgenommener Kontrolle, das Verhalten direkt determinieren (gestrichelter Pfeil in Abbildung 112).705 Wenn ein Verhalten trotz positiver Intention nicht durchgeführt wird, kann dies auch daran liegen, dass der Person die Kontrolle über die Verhaltensrealisierung entzogen wurde.706 Die Komponente der ‚subjektiv wahrgenommenen‘ Verhaltenskontrolle beschreibt die Überzeugungen eines Individuums, Ressourcen, Fähigkeiten und Verhaltensmöglichkeiten zu besitzen als Bedingung für die Verhaltensausführung. Diese Überzeugungen können auf vergangenen Erfahrungen, Beobachtungen und den Erfahrungen anderer Personen beruhen. AJZEN (2002) beschreibt die Faktoren, die die Verhaltensausführung kontrollieren könnten, als interne ‚self-efficacy’ (Fähigkeiten des Handelnden, Wissen, Hintergrund, Willensstärke) und externe ‚controllability‘ (Zeit, Geld, Möglichkeiten) und fasst diese in der PBC zusammen.707 Verschiedene Autoren haben empirisch bewiesen, dass beide getrennt werden können.708 Ajzen hält an einem gemeinsamen Konstrukt fest.709 Er schlägt die Modellierung von PBC als Konstrukt höherer Ordnung vor, wobei die beiden 702
Vgl. Strack (2004), S. 1 f. Vgl. Strack (2004), S. 6. 704 Vgl. Frey et al. (1993), S. 370. 705 Vgl. Ajzen/ Gilbert Cote (2008), S. 301. 706 Ist im Umkehrschluss das Ausmaß der subjektiv wahrgenommenen Verhaltenskontrolle maximal und geht die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit des Verhaltens gegen 1, wird von „reinem volitionalem“ Verhalten (Frey et al. (1993), S. 384) gesprochen und es kann die ‚Theorie des überlegten Handelns‘ angewandt werden. 707 Vgl. Ajzen (2002), S. 668. 708 Vgl. z. B. Armitage/ Conner (1999), S. 35 ff.; Manstead/ Van Eekelen (1998), S. 1375 ff.; Terry/ O'Leary (1995), S. 199 ff. 709 Vgl. Ajzen (2002), S. 696. 703
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
213
Dimensionen miteinander korrelieren sollten.710 PAVLOU und FERGYSON (2006) vereinen die vorstehenden Überlegungen und definieren ‚self-efficacy’ und ‚controllability’ als Dimensionen der PBC und messen Letztere als Konstrukt 2. Ordnung (ohne eigene Operationalisierung).711 In dieser Arbeit soll die PBC als Konstrukt mit Komponenten der individuellen Fähigkeiten und der äußeren Umstände betrachtet werden. Die ‚Theorie des geplanten Verhaltens’ besagt also, dass Personen dann ein Verhalten ausführen werden, „wenn sie es positiv bewerten und wenn sie glauben, dass für sie bedeutsame Personen es ebenfalls positiv bewerten würden, wenn sie dieses Verhalten zeigen würden“712 und wenn sie eine positive Verhaltenskontrolle empfinden. Die Umsetzung der Elemente der ‚Theorie des geplanten Verhaltens’ in Kausalmodelle mit entsprechender Operationalisierung der Konstrukte ‚Intention’, ‚Einstellung’, ‚soziale Norm’ und ‚wahrgenommene Verhaltenskontrolle’ ist Inhalt des Kapitels 5.3.2.
5.2.2
Drei Komponenten der Einstellung
Die Einstellungskomponente in der ‚Theorie des geplanten Verhaltens’ beschreibt nur einen Teil der Einstellung eines Individuums.713 Um die Einstellung gegenüber kommunikativem Verhalten umfassend zu betrachten, soll die kognitive Komponente um die affektive und die konative Komponente zum Drei-Komponentenmodell der Einstellung ergänzt werden.714 Einstellungen werden typischerweise als „predispositions to respond in a particular way toward a specified class of objects“715 definiert. Als generelle Haltung gegenüber einem Einstellungsobjekt ist das Konstrukt Einstellung nicht direkt messbar. Die verschiedenen Ausprägungen einer Haltung werden den drei latenten Dimensionen ‚kognitiv’, ‚affektiv’ und ‚konativ’ zugeordnet.716 Die Einstellung gegenüber einem Objekt (oder einem Verhalten) wird durch diese drei Komponenten wiedergegeben, die wiederum durch messbare Indikatoren (verbale Äußerungen oder komponentenspezifische Messung)717 reflektiert werden. Die folgende Abbildung stellt das Drei-Komponentenmodell der Einstellung dar. Die Doppelpfeile
710
Vgl. Ajzen (2002), S. 697. Vgl. Pavlou/ Fygenson (2006), S. 119. Frey et al. (1993), S. 368. 713 Vgl. für einen Überblick zu Erweiterungen der Theorie des geplanten Verhaltens z. B. Conner/ Armitage (1998), S. 1429 ff. 714 Das Drei-Komponentenmodell der Einstellung wurde häufig einer empirischen Prüfung unterzogen und sowohl bestätigt als auch widerlegt bzw. auf eine oder zwei Komponenten reduziert. Für Diskussion und Darstellung relevanter Positionen vgl. Eagly/ Chaiken (1993), S. 12 ff. Für eine Darstellung der historischen Entwicklung des Einstellungsbegriffs vgl. Rosch/ Frey (1997), S. 296 f.; Die Autoren verzichten auf die eindeutige Definition des Begriffs ‚Einstellung’, sondern weisen explizit darauf hin, dass eine Definition, abhängig von der jeweils vorherrschenden Wissenschaftsauffassung einer bestimmten Zeit sowie der individuellen Perspektive des Forschers, unterschiedlich ausfällt (ebenda, S. 297). 715 Rosenberg/ Hovland (1960), S. 1. 716 Vgl. Rosenberg/ Hovland (1960), S. 1. 717 Als komponenten-spezifische Messmethoden können für die kognitive Komponente die verbalisierten beliefs, für die affektive Komponente die Messung von körperlichen Reaktionen wie Hautwiderstand oder Pupillenreaktion und für die konative Komponente die Beobachtung eines tatsächlich ausgeführten Verhaltens, genannt werden (vgl. z. B. Rosenberg/ Hovland (1960), S. 3). 711 712
214
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
zwischen den latenten Dimensionen der Einstellung deuten Korrelationen zwischen den einzelnen Komponenten an. beobachtbare Indikatoren verbale Äußerungen der beliefs und deren Bewertung
latente Dimensionen
mehrdimensionales Konstrukt Einstellung
kognitive Komponente
körperliche Reaktionen verbale Äußerungen
tatsächliches Verhalten verbale Äußerungen zu Verhaltensintentionen
affektive Komponente
Einstellung
konative Komponente
Abbildung 113 Drei-Komponentenmodell der Einstellung: Einstellung als mehrdimensionales Konstrukt
Kognitive Komponente der Einstellung sind Überzeugungen (‚beliefs’) zu bestimmten Objekten, Verhaltensweisen oder Geschehnissen, die während des Lebens eines Individuums entstehen und die Informationen aus der Umwelt des Individuums repräsentieren.718 Einstellungen können global sein719, wenn sie sich auf kein konkretes Objekt beziehen. Eine andere Form von Einstellung bezieht sich auf ein spezifisches Verhalten zu einem bestimmten Zeitpunkt oder auf eine Verhaltenskategorie.720 Überzeugungen werden durch subjektive Bewertung zur kognitiven Einstellung.721 Dieser Grundsatz wird in Erwartung-mal-Wert - Modellen722 deutlich, wie sie auch in der ‚Theorie des geplanten Verhaltens’ (vgl. Kapitel 5.2.1) Verwendung finden.723 Die affektive Komponente betrifft die emotionale Ebene, die persönlichen Empfindungen eines Individuums gegenüber einem Verhalten.724 Sie beschreibt also nicht nur die überlegte Bewertung eines Einstellungsobjekts wie das Verhalten und dessen Konsequenzen, sondern beinhaltet Aspekte des gesamten Meinungssystems zum betreffenden Einstellungsobjekt. Die konative Komponente betrifft die Verhaltenswirkung einer Ein-
718
Vgl. Ajzen/ Gilbert Cote (2008), S. 290. Auch globale Einstellungen können Verhalten beeinflussen, z. B. indem sie die Wahrnehmung von Informationen oder Situationen beeinflussen bzw. verzerren und damit die Durchführung eines Verhaltens. Eine Methode zur Messung des Zusammenhangs von globalen Einstellungen und konkretem Verhalten in bestimmten Situationen bietet das ‚MODE model’ von Fazio (vgl. Fazio (1986), Fazio (1990)). 720 Vgl. Ajzen/ Gilbert Cote (2008), S. 291. 721 Vgl. Ajzen/ Gilbert Cote (2008), S. 290 f. 722 Vgl. Fishbein (1963), S. 233 ff. 723 Das Erwartung-mal-Wert-Konzept der Einstellung liegt auch der vorausgehenden ‚Theorie des überlegten Handelns’ zu Grunde. 724 Vgl. Eagly/ Chaiken (1993), S. 10, vgl. Sheth/ Mittal (2004), S. 203. 719
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
215
stellung, wobei die Intention zur Ausführung eines Verhaltens ausschlaggebend ist und nicht dessen tatsächliche Ausführung.725 Bisher wurde die Einstellung als mehrdimensionales Konstrukt mit drei Dimensionen vorgestellt. Bei einer entsprechenden Operationalisierung können Erkenntnisse über die Einstellung gegenüber einem konkreten Verhalten gewonnen werden. Ziel der vorliegenden Arbeit ist jedoch nicht die Untersuchung der Einstellung gegenüber einem Verhalten, sondern die Analyse der Entstehung einer konkreten Verhaltensintention. Damit rückt die konative Komponente der Einstellung als abhängige Variable in den Mittelpunkt der Untersuchung. Im Rahmen der Theorie des geplanten Verhaltens wird eine determinierende Wirkung der kognitiven (bewertenden) Einstellung auf die Intention (konative Einstellung) angenommen. Dazu kann aus Festingers Dissonanztheorie (vgl. Kapitel 3.3.1.5) eine weitere Erklärung des Wirkungszusammenhangs abgeleitet werden, denn kognitive Dissonanz entsteht dann, wenn sich ein Individuum entgegen seiner kognitiven Einstellung verhält. Um kognitiver Dissonanz vorzubeugen, versuchen Individuen in der Regel, sich einstellungskonform zu verhalten. Somit wirkt die kognitive Einstellung determinierend auf die konative Einstellungskomponente. Nach ROSENBERG (1960) wird die konative Komponente sowohl von der kognitiven Komponente als auch von der affektiven Komponente sowie von situationsabhängigen Faktoren beeinflusst.726 Die affektive und die kognitive Komponente sind kongruent. Zwischen den Komponenten besteht ein balancetheoretisch (vgl. Kapitel 3.3.1.1) begründeter positiver Zusammenhang.727 Wird die Kongruenz durch Veränderung einer Komponente gestört, so führt dies (unter bestimmten Umständen) zu einer Reorganisation der Einstellungskomponenten durch Angleichung der bisher unveränderten Komponente. Dabei wird unterstellt, dass „the strong and irreversible alteration of an attitudinal affect would eventuate in reorganization of the person’s associated cognitions.“728 Die Veränderung der affektiven Komponente führt zu einer Angleichung der Kognitionen. Die Bewertung der Konsequenzen eines Verhaltens und die Erwartung, dass dieses Verhalten zu bestimmten Konsequenzen führt, resultiert aus der affektiven Grundhaltung gegenüber diesem Verhalten. Damit wird die kognitive Komponente durch die affektive Komponente determiniert. Die grundsätzliche Haltung zu einem Verhalten und dessen (affektive) Einschätzung als positiv oder negativ beeinflusst die (kognitive) Beurteilung der Wirkung eines Verhaltens mit dessen Konsequenzen und diese beeinflusst die (konative) Durchführungsintention (vgl. Abbildung 114).
725
Vgl. Eagly/ Chaiken (1993), S. 12. Vgl. Rosenberg (1960), S. 15. Vgl. auch Rosenberg/ Abelson (1960), S. 112 ff. 728 Rosenberg (1960), S. 24. 726 727
216
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
affektive Komponente
+
kognitive Komponente
Balancetheorie
+
konative Komponente
TpB Dissonanztheorie
Abbildung 114 Hierarchie der Einstellungskomponenten
Auf Basis der Balancetheorie kann auch ein Einfluss der affektiven Komponente auf die ‚Soziale Norm‘ begründet werden, da die affektive Einstellung gegenüber einem Verhalten eine Grundhaltung darstellt, die anderen Individuen gemein sein kann. Hat eine Person eine bestimmte affektive Einstellung gegenüber einem Verhalten, so kann diese die Einstellung anderer Individuen gegenüber eben diesem Verhalten beeinflussen. Findet ein Individuum ein Verhalten gut, nimmt es an, dass auch das soziale Umfeld dieses Verhalten schätzt (Ähnlichkeitshypothese). Das relevante soziale Umfeld betrifft insbesondere die Bezugspersonen, denen das Individuum gefallen möchte (motivation to comply).729 Für eine balancierte, konsistente Relation wird ein positiver Zusammenhang zwischen der affektiven Einstellungskomponente und der ‚Sozialen Norm‘ angenommen (vgl. für das Metamodell des Verhaltens des Verkäufers Abbildung 115 in Kapitel 5.3.1). 5.3
Verkäuferverhalten: Konzeptualisierung und Spezifikation
5.3.1
Zusammenfassung der Verhaltensmodelle, Hypothesen und theoretischen Hintergründe
Die Ausführungen zur Theorie des geplanten Verhaltens und deren Ergänzung um die affektive Einstellungskomponente auf Basis der Balancetheorie sind Basis der im Folgenden formulierten Hypothesen. Die folgende Grafik bildet ein Meta-Modell der Entstehungsweise der drei betrachteten Verhaltensintentionen des Verkäufers in der Verhandlungssituation ab. Wegen der zuvor begründeten Auswahl von Kommunikationsdimensionen handelt es sich bei der abhängigen Variablen in den jeweiligen Modellen um a) die Verhaltensintention zu informationsförderndem Verhalten, abgeleitet aus der Kommunikationsdimension ‚Inhaltsqualität‘; b) die Verhaltensintention zu offenem Kommunikationsverhalten, abgeleitet aus der Kommunikationsdimension ‚Offenheit‘; c) die Verhaltensintention zu vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten, abgeleitet aus der Kommunikationsdimension ‚Vertrauenswürdigkeit‘. 729
Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Sozialperspektivität bei der Betrachtung der Sozialen Norm in Kapitel 5.2.1.
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
217
Der Zusammenhang der Variablen für jedes der drei Modelle stellt sich wie in Abbildung 115 visualisiert dar. kognitive Einstellung
+
affektive Einstellung
+
+ soziale Norm
Verhaltensintention
+
+ wahrgenommene Verhaltenskontrolle
Abbildung 115 Meta-Kausalmodell der Entstehung von Verhaltensintentionen des Verkäufers
Die Hypothesen für die drei Modelle und ihr theoretischer Hintergrund können wie folgt zusammengefasst werden (vgl. Abbildung 116). Variablenzusammenhang und Hypothese Wirkung Inhaltsqualität / inhaltsförderndes Verhalten (info) kognitive Einstellung -> VerhalH 3.1info Die positive kognitive tensintention Einstellung gegenüber informationsförderndem Verhalten beeinflusst die Verhaltensintention positiv.
zentrale Theorie
Dissonanztheorie ___________________________ Theorie des geplanten Verhaltens
soziale Norm -> Verhaltensintention
H 3.2info Die positiv wahrgenommene soziale Norm zu informationsförderndem Verhalten beeinflusst die Verhaltensintention positiv.
wahrgenommene Verhaltenskontrolle -> Verhaltensintention
H 3.3info Die positiv wahrgenommene Verhaltenskontrolle zu informationsförderndem Verhalten beeinflusst die Verhaltensintention positiv.
affektive Einstellung -> kognitive Einstellung
H 3.4info Die positive affektive Einstellung gegenüber dem informationsfördernden Verhalten beeinflusst die kognitive Einstellung zu diesem Verhalten positiv.
Balancetheorie
affektive Einstellung -> soziale Norm
H 3.5info Die positive affektive Einstellung gegenüber dem informationsfördernden Verhalten beeinflusst die soziale Norm positiv.
Balancetheorie
218
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Variablenzusammenhang und Hypothese Wirkung Offenheit / offenes Kommunikationsverhalten (offen) kognitive Einstellung -> VerhalH 3.1offen Die positive kognitive Eintensintention stellung gegenüber der offenen Kommunikation in der Verhandlung beeinflusst die Verhaltensintention positiv.
zentrale Theorie
Dissonanztheorie ___________________________ Theorie des geplanten Verhaltens
soziale Norm -> Verhaltensintention
H 3.2offen Die positiv wahrgenommene soziale Norm der offenen Kommunikation in der Verhandlung beeinflusst die Verhaltensintention positiv.
wahrgenommene Verhaltenskontrolle -> Verhaltensintention
H 3.3offen Die positiv wahrgenommene Verhaltenskontrolle der offenen Kommunikation in der Verhandlung beeinflusst die Verhaltensintention positiv.
affektive Einstellung -> kognitive Einstellung
H 3.4offen Die positive affektive Einstellung gegenüber dem offenen Kommunikationsverhalten beeinflusst die kognitive Einstellung zu diesem Verhalten positiv.
Balancetheorie
H 3.5offen Die positive affektive Einstellung gegenüber dem offenen Kommunikationsverhalten beeinflusst die soziale Norm positiv. Vertrauenswürdigkeit / vertrauenswürdiges Verhalten (vertrauen) kognitive Einstellung -> VerhalH 3.1vertrauen Die positive kognitive tensintention Einstellung gegenüber der vertrauenswürdigen Kommunikation in der Verhandlung beeinflusst die Verhaltensintention positiv.
Balancetheorie
affektive Einstellung -> soziale Norm
Dissonanztheorie ___________________________ Theorie des geplanten Verhaltens
soziale Norm -> Verhaltensintention
H 3.2 vertrauen Die positiv wahrgenommene soziale Norm der vertrauenswürdigen Kommunikation in der Verhandlung beeinflusst die Verhaltensintention positiv.
wahrgenommene Verhaltenskontrolle -> Verhaltensintention
H 3.3vertrauen Die positiv wahrgenommene Verhaltenskontrolle der vertrauenswürdigen Kommunikation in der Verhandlung beeinflusst die Verhaltensintention positiv.
affektive Einstellung -> kognitive Einstellung
H 3.4vertrauen Die positive affektive Einstellung gegenüber dem vertrauenswürdigen Kommunikationsverhalten beeinflusst die kognitive Einstellung zu diesem Verhalten positiv.
Balancetheorie
affektive Einstellung -> soziale Norm
H 3.5vertrauen Die positive affektive Einstellung gegenüber dem vertrauenswürdigen Kommunikationsverhalten beeinflusst die soziale Norm positiv.
Balancetheorie
Abbildung 116 Hypothesen und Theorien der Kausalmodelle zur Entstehung von Verhaltensintentionen bei Verkäufern
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
5.3.2
219
Spezifikation der Messmodelle des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers
Mit der Auswertung der empirischen Daten der ersten Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ wurden drei strategisch relevante Kommunikationsdimensionen identifiziert. Die Dimensionen ‚Inhaltsqualität‘, ‚Offenheit‘ und ‚Vertrauenswürdigkeit‘ waren relativ wichtiger als andere Dimensionen und das jeweilige Kommunikationsverhalten der Verkäufer erzeugte weniger hohe Kommunikationszufriedenheit bei den Einkäufern. Um in der zweiten Studie zum ‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers‘ diejenigen Verhaltensausprägungen untersuchen zu können, die zuvor in der ersten Studie von den Einkäufern bewertet wurden, basieren die Definitionen der Verhaltensausprägungen auf der Kommunikationsqualität wie sie in der Literaturrecherche zu den Erwartungen des Einkäufers identifiziert wurde (vgl. 3.5). Analog zur Festlegung von formativen Indikatoren wurden beschreibende Kriterien für die Kommunikationsdimensionen formuliert. Die Zufriedenheit mit den jeweiligen Kriterien beeinflusst das Zufriedenheitsniveau mit den der Kommunikationsdimensionen.730 In der Analyse der empirischen Daten der ersten Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ konnten hohe Korrelationen zwischen den Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationskriterien und dem Zufriedenheitsniveau der jeweiligen Kommunikationsdimension identifiziert werden (vgl. Abbildung 42 in Kapitel 3.6.3.2). Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass der durchschnittliche Mittelwert der Zufriedenheit mit den Kommunikationskriterien nur gering vom direkt gemessenen Zufriedenheitsniveau der entsprechenden Kommunikationsdimension abweicht (vgl. Anhang II). Die Kriterien dienen weiterhin als definitorische Universen der kommunikativen Verhaltensausprägungen der Verkäufer. Die geringe Differenz der Mittelwerte ist darüber hinaus ein Indiz, dass eine direkte Messung von latenten Größen durch eine gegebene Definition möglich sein kann.731 Die Kriterien der Verhaltensausprägungen werden in der Studie zum ‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers‘ als Definition formuliert und vorgegeben. Hiermit kann die Messung von drei Modellen in einem Fragebogen ermöglicht werden, wobei jedes aus fünf Konstrukten und entsprechenden Items besteht. Das ‚inhaltsfördernde Verhalten‘ enthält analog zu den Ausführungen zur Inhaltsqualität in Kapitel 3.5.2.1 die Weitergabe von umfassenden Informationen mit folgenden Eigenschaften durch den Verkäufer: x
Die Genauigkeit als angemessene Detailliertheit der Informationen;
x
die Relevanz als Nützlichkeit und Bedürfnisorientierung der Informationen für den Beschaffer sowie deren Problemlösungsbeitrag;
x x
die Vollständigkeit als die freiwillige, restlose Übertragung von Informationen in einem Gespräch ohne Notwendigkeit des Nachfragens; die Aktualität als Weitergabe von Informationen, die auf dem neuesten Stand sind;
730 731
Vgl. zur Dimensionalität der Kommunikationszufriedenheit Kapitel 3.4. Vgl. für ein Beispiel impliziter Definition Abbildung 36 in Kapitel 3.6.2.1.
220
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
x
die Zuverlässigkeit als die glaubwürdige Kontexttreue der Informationen ohne Widersprüche und ohne Notwendigkeit der Prüfung;
x
die Eindeutigkeit als Klarheit der Informationen ohne Mehrdeutigkeiten;
x
die Verständlichkeit als Strukturiertheit und sprachliche Angemessenheit der übertragenen Informationen. Daher wird den Indikatoren der latenten reflektiven Konstrukte im Modell des ‚informationsfördernden Verhaltens‘ die Definition von ‚umfassenden Informationen‘ als detailliert, für den Einkäufer relevant, vollständig, aktuell, zuverlässig, eindeutig und verständlich zugeordnet. Das definitorische ‚Universum’ des ‚offenen Kommunikationsverhaltens’ des Verkäufers beinhaltet analog zu den Ausführungen in Kapitel 3.5.2.3: x x
‚Beratungsanfragen’ als die Bereitschaft des Verkäufers, Hinweise und Tipps beim Einkäufer einzuholen; ‚Persönliche Schwächen’ als die Bereitschaft des Verkäufers, eigene, persönliche Unzulänglichkeiten anzusprechen und zuzugeben;
x
‚Schwächen des Unternehmens’ als die Bereitschaft des Verkäufers, Schwächen und Unzulänglichkeiten des anbietenden Unternehmens anzusprechen und zuzugeben;
x
‚Problemansprache’ als die Bereitschaft des Verkäufers, Probleme im Umgang
zwischen dem Verkäufer und dem Einkäufer offen anzusprechen. Den Items der Latenten im Modell des ‚offenen Kommunikationsverhaltens‘ wird die Definition ‚Ratschläge vom Einkäufer einholen, persönliche Schwächen und die des Unternehmens zugeben, Probleme im persönlichen Umgang thematisieren‘ zugeordnet.732 Das definitorische ‚Universum’ des ‚vertrauenswürdigen Kommunikationsverhaltens’ des Verkäufers beinhaltet analog zu den Ausführungen in Kapitel 3.5.2.4 die folgenden Aspekte: x x
‚Verlässlichkeit’ als das Verhalten des Verkäufers, das den Eindruck erzeugt, dass seine Versprechen Gültigkeit haben; ‚Glaubwürdigkeit’ als die Fähigkeit des Anbieters, seine Aussagen so zu formulieren, dass sie nicht hinterfragt werden (müssen);
x x
‚Ehrlichkeit’ als das realistische Abschätzen von Risiken und das akkurate Erklären; ‚Integrität’ als Eigenschaft des Anbieters sich selbst treu zu bleiben und an seinen Werten und Prinzipien festzuhalten;
732
Im Rahmen des Pre-Tests des Fragebogens der zweiten Studie wurden Gespräche mit Experten aus der Vertriebspraxis geführt. Ein weiterer Aspekt der Offenheit des Verkäufers, der in der ersten Studie noch verwendet wurde, enthält die Weitergabe von Daten, die die strategische Zukunft des anbietenden Unternehmens betreffen. Dieses Element von ‚Offenheit‘ wurde von allen Experten als kritisch in der geschäftlichen Realität beurteilt. Der Korrelationskoeffizient der Zufriedenheit mit dem Kriterium ‚strategische Zukunft‘ mit der Zufriedenheit mit der Kommunikationsdimension ‚Offenheit‘ war in der Bewertung durch die Einkäufer in der ersten Studie darüber hinaus im Vergleich zu den anderen Kriterien der Dimension am geringsten. Die Definition der Verhaltensausprägung ‚Offenes Kommunikationsverhalten‘ wurde durch Ausschluss des genannten Kritriums den Anforderungen an eine Studie bei Verkäufern angepasst.
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
x
221
‚Uneigennützigkeit’ als prosoziales Verhalten, also die willentliche Verfolgung der Interessen und des Wohls des Einkäufers durch den Verkäufer, indem der Eindruck vermittelt wird, keinerlei Aktivitäten zu planen, die entgegen den Zielen des
Beschaffers wirken (können). Den Indikatoren der Konstrukte im Modell zum ‚vertrauenswürdigen Kommunikationsverhalten‘ wird die Definition ‚verlässlich, glaubwürdig, ehrlich, integer und uneigennützig‘ vorangestellt. Zu jedem der drei Strukturgleichungsmodelle gehören die kognitive Einstellung zu einem Verhalten, basierend auf den Konsequenzen des Verhaltens, die Verhaltensintention (konative Einstellungskomponente), die affektive Einstellung als Meinung zu einem Verhalten, die Soziale Norm und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle. Die jeweils fünf Latenten werden für jede Verhaltensausprägung reflektiv spezifiziert. Für die reflektive Spezifikation spricht die Kausalität von den Konstrukten zu den jeweiligen Indikatoren. Die Indikatoren stehen kausal nach den Konstrukten und bilden den jeweiligen Inhalt ab. Darüber hinaus ist eine hohe Korrelation unter den Indikatoren eines Konstrukts zu erwarten und deren Austauschbarkeit anzunehmen. Schließlich haben die Indikatoren einer Latenten dieselben Voraussetzungen und Konsequenzen und somit dasselbe nomologische Netz.733 Die reflektiven Indikatoren der kognitiven Einstellung zu einem Verhalten werden als das Produkt aus den ‚beliefs‘ zu diesem Verhalten und der Bewertung des Ergebnisses gemessen (Erwartung-mal-Wert). Die ‚beliefs’ beziehen sich auf die Wahrscheinlichkeit des Auftretens potenzieller Konsequenzen bei der Verhaltensausführung.734 Die „attitude toward a behavior“735 ist die positive oder negative Bewertung der Durchführung eines bestimmten Verhaltens durch die handelnde Person selbst. Diese wird von aktuellen, kognitiven Überzeugungen hinsichtlich des Verhaltens beeinflusst.736 Als allgemeine Ergebnisse des Verhaltens von Verkäufern in Face-to-Face Kommunikationssituationen gelten:737 x
Die Erwartungen des Einkäufers erfüllen (Outcome 1);
x
Den Einkäufer mit der Kommunikation zufriedenstellen (Outcome 2);
x Die Kommunikation in Verhandlungen positiv gestalten (Outcome 3). Diese Outcomes sind für die drei Strukturgleichungsmodelle identisch, die jeweilige Verhaltensdefinition beschreibt das Verhalten, dessen Konsequenzen eingeschätzt und bewertet werden. Diese allgemeinen Kommunikationsergebnisse werden für jedes Verhaltensmodell um ein spezifisches Outcome ergänzt (Outcome 4.x).
733
Vgl. für Entscheidungsfragen zur reflektiven und formativen Spezifikation Bollen (1989), S. 65; Chin (1998), S. 9; Diamantopoulos/ Winklhofer (2001), S. 271; Fornell/ Bookstein (1982), S. 292; Rossiter (2002), S. 314 ff. sowie für einen zusammenfassenden Überblick Jarvis et al. (2003), S. 203. 734 Zur Entstehung von ‚beliefs’ vgl. z. B. Fishbein/ Ajzen (1975), S. 131 ff. 735 Ajzen/ Gilbert Cote (2008), S. 291. 736 Vgl. Ajzen/ Gilbert Cote (2008), S. 290. 737 Basierend auf den Erkenntnissen der ersten Studie und Experteninterviews mit Spezialisten aus Wissenschaft und Praxis im Vorfeld der Studie.
222
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Für das Modell ‚Informationsförderndes Verhalten’ wird das Ergebnis ‚Informationsasymmetrien in Verhandlungen aufrecht zu erhalten (nicht alle Informationen weiterzugeben)’ (Outcome 4.1) hinzugefügt. Für das Modell ‚Offenes Kommunikationsverhalten’ wird das Ergebnis ‚als offener Gesprächspartner gelten’ (Outcome 4.2) ergänzt. Für das Modell ‚Vertrauenswürdiges Kommunikationsverhalten’ wird das Ergebnis ‚man baut Vertrauen beim Einkäufer auf’ formuliert (Outcome 4.3). Die Outcomes werden mit der Bewertung der Konsequenz durch den Verkäufer multipliziert, sodass die Items der kognitiven Einstellung Indizes aus dem Produkt von Erwartung und Wert der Konsequenzen eines Verhaltens darstellen (vgl. Abbildung 117).
Wenn man als Verkäufer umfassende (zum Beispiel detaillierte, für den Einkäufer relevante, vollständige, aktuelle, zuverlässige, eindeutige und verständliche) Informationen in Verhandlungen weitergibt,… Informationsförderndes V. Wenn man als Verkäufer in Verhandlungen Ratschläge vom Einkäufer einholt, persönliche Schwächen und die des Unternehmens zugibt, Probleme im persönlichen Umgang thematisiert,… Offenes Kommunikationsv. Wenn man als Verkäufer in Verhandlungen verlässlich, glaubwürdig, ehrlich, integer und uneigennützig ist,… Vertrauenswürdiges Kommunikationsv.
Erwartung Outcome 1
x
Bewertung Outcome 1
Erwartung Outcome 2
x
Bewertung Outcome 2
Erwartung Outcome 3
x
Bewertung Outcome 3
Erwartung Outcome 4.x
x
Bewertung Outcome 4.x
Einstellung (kognitiv) x
Abbildung 117 Spezifikation der Messmodelle der ‚kognitiven Einstellung’
Die konative Komponente kann als Verhaltensintention verstanden und gemessen werden.738 Die folgende Abbildung fasst die reflektiven Messmodelle der Intentionen zusammen.
738
Vgl. Eagly/ Chaiken (1993), S. 63 und die dort genannten Studien.
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
223
Ich möchte den Einkäufer in einer Verhandlungssituation umfassend mit Informationen versorgen. Ich versuche, in Verhandlungssituationen umfassende Informationen weiterzugeben.
Intention zu informationsförderndem Verhalten
Mein Ziel ist die Gestaltung einer Verhandlungssituation durch die Weitergabe umfassender Informationen. Ich versuche, in Verhandlungssituationen umfassende Informationen an den Einkäufer weiterzugeben. Ich möchte eine offene Kommunikation in Verhandlungen mit Einkäufern erreichen. Ich versuche, in Kommunikationssituationen offen zu kommunizieren. Mein Ziel ist es, die Verhandlungssituation durch offenes Kommunikationsverhalten zu gestalten.
Intention zu offenem Kommunikationsverhalten
Ich plane, die Kommunikation in der Verhandlung durch meine Offenheit positiv zu beeinflussen. Ich möchte in Verhandlungssituationen mit Einkäufern Vertrauen aufbauen. Mein Ziel ist es, vom Einkäufer als vertrauenswürdig angesehen zu werden. Ich plane, Verhandlungen, die ich führe, durch den Aufbau von Vertrauen zu prägen.
Intention zu vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten
Ich versuche, in Verhandlungssituationen beim Einkäufer Vertrauen aufzubauen. Abbildung 118 Spezifikation der Messmodelle der ‚Intention (konative Einstellung)’
Die affektive Einstellung betrifft die persönlichen Empfindungen eines Individuums gegenüber einem Verhalten.739 Die affektive Komponente beschreibt also nicht nur die überlegte Bewertung eines Einstellungsobjekts, sondern beinhaltet Aspekte des gesamten Meinungssystems zum betreffenden Einstellungsobjekt. Zur Messung der affektiven Komponente können neben non-verbalen Methoden740 wie der Leitfähigkeit der Haut, Pupillengröße und Veränderung der Gesichtsmuskulatur auch verbale Techniken wie das semantische Differenzial741 eingesetzt werden.742 Das semantische Differenzial besteht aus einer Serie bipolarer Adjektiv-Skalen (z. B. gut – schlecht) mit einem neutralen Mittelpunkt.743 Die Autoren des Semantischen Differenzials, OSGOOD, SUCI und TANNENBAUM (1957)744, wiesen mit einer Faktoranalyse drei Dimensionen nach, Bewer-
739
Vgl. Eagly/ Chaiken (1993), S. 10, auch Sheth/ Mittal (2004), S. 203. Vgl. Eagly/ Chaiken (1993), S. 60 ff. Vgl. Breckler/ Wiggins (1989), S. 253 ff. 742 Vgl. Eagly/ Chaiken (1993), S. 62. 743 Vgl. z. B. Eagly/ Chaiken (1993), S. 55 f. 744 Vgl. Osgood et al. (1957), deutsche Einführung als ‘Polaritätenprofil’ von Hofstätter (1959), S.255 f. 740 741
224
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
tung (evaluation), Aktivierung (activity) und Potenz (potency).745 Die erste Dimension wurde von OSGOOD et al. als synonym mit Einstellung identifiziert746, sodass dadurch die bipolaren, bewertenden Adjektiv-Skalen zur Messung der Einstellung verwendet werden können. Die folgende Abbildung fasst die Spezifikation zusammen.
Wenn ich in Verhandlungen umfassende (z. B. detaillierte, für den Einkäufer relevante, vollständige, aktuelle, zuverlässige, eindeutige und verständliche) Informationen an den Einkäufer weitergebe, dann ist das für mich als Verkäufer, … Informationsförderndes Verhalten Wenn ich in Verhandlungen offen bin (z. B. Ratschläge vom Einkäufer einhole, persönliche Schwächen und die des Unternehmens zugebe, Probleme im persönlichen Umgang thematisiere), dann ist das für mich als Verkäufer, … Offenes Kommunikationsverhalten
Wenn ich in Verhandlungen versuche, Vertrauen aufzubauen (z. B. verlässlich, glaubwürdig, ehrlich, integer und uneigennützig bin), dann ist das für mich als Verkäufer, … Vertrauenswürdiges Kommunikationsverhalten
nachteilig / vorteilhaft unangenehm / angenehm schlecht / gut
affektive Einstellung x
sinnlos / sinnvoll erfreulich / unerfreulich
Abbildung 119 Spezifikation der Messmodelle der ‚affektiven Einstellung’
Die soziale Normkomponente (SN) betrifft die individuelle Wahrnehmung des sozialen Umgebungsdrucks, ein bestimmtes Verhalten durchzuführen oder zu unterlassen. Bei der subjektiven ‚sozialen Norm‘ handelt es sich um die Überzeugungen einer Person, inwieweit relevante Bezugspersonen (oder -gruppen) die Ausführung eines bestimmten Verhaltens begrüßen oder ablehnen würden.747 Die relevanten Bezugsgruppen der Verkäufer sind
745 746 747
x
die eigene Branche insgesamt,
x
das eigene Unternehmen (und dessen Kultur und Politik),
x
die eigenen Vorgesetzten als weisungs- und restriktionsbefugte Personen,
x
eigene Kollegen auf derselben hierarchischen Ebene,
x
die Einkäufer als Zielpersonen des Verhaltens.
Vgl. Herkner (2001), S. 152; vgl. Eagly/ Chaiken (1993), S. 56. Vgl. Eagly/ Chaiken (1993), S. 56. Vgl. Frey et al. (1993), S. 370.
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
225
Die Verhaltenswirksamkeit der wahrgenommenen Erwartungen hängt wiederum von deren Bewertung ab, also der Motivation einer Person, sich gemäß den vermuteten Wünschen der Bezugspersonen zu verhalten (motivation to comply). Die Indikatoren der ‚Sozialen Norm‘ werden als Indizes aus dem Produkt der Einschätzung der Ansprüche der Anspruchsgruppen und der Motivation, diesen Ansprüchen zu folgen, reflektiv spezifiziert. Die Komponente der subjektiv wahrgenommenen Verhaltenskontrolle (PBC) berücksichtigt, inwiefern das geplante Verhalten von der handelnden Person uneingeschränkt kontrolliert werden kann, („individual judgements of a person’s capabilities to perform a behavior“748), also subjektiv auch durchführbar ist. In dieser Arbeit soll die PBC als Konstrukt mit Komponenten der individuellen Fähigkeiten und der äußeren Umstände betrachtet werden, die subjektive Bewertung dieser Fähigkeit wird fixiert, da eine positive Bewertung einer eigenen Fähigkeit wahrscheinlich auch mit einer hohen Relevanz einhergeht. Somit gehen die subjektiven Bewertungen der betreffenden Bedingungen als fixierter Wert in die PBC ein. Die Einschätzungen der eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten zur Durchführung der jeweiligen Verhaltensaspekte dienen als Indikatoren in den Messmodellen. Die folgende Abbildung fasst die Spezifikation der PBC zusammen, zur Verbesserung der Lesbarkeit werden die einzelnen reflektiven Pfeile für das jeweilige Konstrukt zusammengefasst. In der Analyse steht jedes Item für sich.
748
Vgl. Pavlou/ Fygenson (2006), S. 119; die Autoren selbst folgen Bandura (1986).
226
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Ich kann und darf mein Wissen einsetzen und in Verhandlungen Informationen weitergeben. Ich habe umfassendes Wissen in meinem Bereich. Ich habe Zugriff auf gewünschte Informationen. Ich bilde mich konsequent weiter und suche systematisch nach Informationen. Ich habe genug Zeit, meinen Geschäftspartner kennen zu lernen. Ich kenne meine Geschäftspartner genau, sodass ich einschätzen kann, welche Informationen dieser in Verhandlungen als hochwertig und für ihn nützlich bezeichnet. Informationsaufbereitung ist eine meiner Stärken. Der Zeitraum, der mir im Alltag für die Aufbereitung von Informationen zur Verfügung steht, ist angemessen. Ich entscheide, welche strategischen Entscheidungen meines Unternehmens auch für den Einkäufer relevant sein könnten. Ich werde in die Analyse von Strategien und Problemen meines Unternehmens miteinbezogen. Ich kenne meine Stärken und Schwächen genau und kann diese in Verhandlungen nutzen. Die Reflexion von eigenen Stärken und Schwächen wird in meinem Unternehmen durch personalbezogene Maßnahmen (Trainings etc.) gefördert. Ich bin mir bewusst, dass ich nicht alles wissen und überblicken muss, und bin bereit, Ratschläge von meinem Gesprächspartner einzuholen. Einkäufer werden gern von Verkäufern um Rat gefragt. Offenheit ist eine meiner Stärken. Ich habe Werte und Prinzipien, denen ich konsequent folge. Ich habe viel Freiraum in Verhandlungen, sodass ich das Wohl des Einkäufers und dessen Unternehmens berücksichtigen kann. Ich bin in Verhandlungen ehrlich. Meine Handlungsspielräume in Verhandlungen werden von der Geschäftsleitung meines Unternehmens stark eingeschränkt. Ich halte meine Versprechen, die ich in Verhandlungen mache, ein. Es kann passieren, dass sich nicht alle Mitarbeiter meines Unternehmens, die an der Nachbereitung und Umsetzung der Ergebnisse einer Verhandlung beteiligt sind, an meine Vorgaben halten. Ich schätze Risiken realistisch ein und erkläre diese den Einkäufern akkurat. Ich bekomme rechtzeitig Informationen um Risiken realistisch abschätzen zu können. Meine Aussagen sind immer glaubwürdig und erwecken nicht den Eindruck, dass sie nachgeprüft werden müssen. Ich habe genug Zeit, meine Argumentation für Verhandlungen stichhaltig vorzubereiten.
PBC informationsförderndes Verhalten
PBC offenes Kommunikationsverhalten
PBC vertrauenswürdiges Kommunikationsverhalten
Abbildung 120 Spezifikation der Messmodelle der ‚wahrgenommenen Verhaltenskontrolle (PBC)’
Die vorgestellten Messmodelle und ihre theoretisch begründeten Zusammenhänge werden in einer empirischen Untersuchung überprüft.
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
5.4 5.4.1
227
Empirische Untersuchung Untersuchungsdesign und Datentransformation
Die zweite Studie der vorliegenden Arbeit zum ‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers’ wurde als schriftliche Befragung mit postalischer Zustellung der Fragebögen angelegt.749 Das Anschreiben enthielt den Bezug auf die Dissertation der Autorin und die Bitte um persönliche Unterstützung durch das Ausfüllen des Fragebogens. Darüber hinaus sollten nur Vertriebsund Marketingmitarbeiter, die in direktem Einkäuferkontakt stehen, den Fragebogen ausfüllen. Betrachtungsepisode der Bewertung sollten nur Verhandlungen sein, das heißt Gesprächssituationen, in denen der Verkäufer und der Einkäufer einander bereits kennen und ein konkretes Gesprächsobjekt (Projekt / Produkt / Vertrag) haben. Als Incentive diente eine Zusammenfassung der ersten und zweiten Studie der Arbeit. Das Layout des Fragebogens wurde ein- und doppelspaltig zur Vereinfachung der Bearbeitung gestaltet und als Mantelbogen gedruckt. Für die Bewertung der Messmodelle zur kognitiven Einstellung, der Sozialen Norm und der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle wurden 5Punkt-Skalen mit Mittelpunkt und Ausweichfeld („weiß nicht“) verwendet. Die affektiven Einstellungen wurden über semantische Differentiale mit 5Punkt Skalen und Ausweichfeld gemessen. Die Skalen wurden durch auf- und absteigende Dreiecke visualisiert. Identische Outcomes in den verschiedenen Modellen wurden nur einmal abgefragt. Zielgruppe der Studie zum ‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers’ waren Marketing- und Vertriebsmanager industrieller Unternehmen mit mehr als 100 Millionen Euro Umsatz und mehr als 30 Mitarbeitern. Für die Abfage bei den Datenbanken Hoppenstedt und Creditreform wurden Industriezweige ausgewählt, die ihre Leistungen vermutlich zu einem hohen Anteil an andere Unternehmen verkaufen.750 Die verfügbaren Datenbanken decken die tatsächliche Grundgesamtheit nicht zu 100 % ab, sodass hierdurch keine vollständige Repräsentanz gegeben ist. Allerdings umfasst allein die Datenbank Hoppenstedt bereits 90 % der mittleren und großen Unternehmen in Deutschland.751 Nach der Bereinigung des Datensatzes um Dopplungen konnten 1745 Fragebögen in der 49. Kalenderwoche 2008 per Post versendet werden. Bis zur 4. Kalenderwoche 2009 kamen 135 vollständig ausgefüllte und verwertbare Fragebögen zurück, dies entspricht einer Rücklaufquote von 7,74 %. Der relativ geringe Rücklauf kann im Zeitraum der Befragung über Weihnachten und Neujahr begründet sein. Auch die aktuelle Wirtschaftskrise kann zu einer geringeren Teilnahmebereitschaft geführt haben. Darüber hinaus lagen keine personalisierten Adressdatensätze vor, sodass die Anschreiben nicht individualisiert werden konnten. Für die Prüfung der Repräsentanz ist die Kenntnis der Grundgesamtheit mit allen Ausprägungen und deren Verteilung notwendig, um die strukturellen Merkmale der Stichprobe mit denselben Merkmalen der Grundgesamtheit vergleichen zu können. Dieses Wissen ist im Hinblick auf die Verkäufer im verarbeitenden, industriellen Gewerbe nicht gegeben, sodass
749
Anschreiben und Fragebogen finden sich in Anhang V. Entspricht dem Branchencode D ohne DA (Ernährung), DB (Textil und Bekleidung) und DC (Lederwaren) vgl. Statistisches Bundesamt - Destatis (2007)). 751 Vgl. Mann (2004), S. 249. 750
228
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
ein Repräsentanzabgleich zwischen Grundgesamtheit und Stichprobe nicht möglich ist. Die zufällige Auswahl der Stichprobe kann allerdings wiederum als ein Element für Repräsentativität angesehen werden. Die Daten, die in der Studie zum Kommunikationsverhalten des Verkäufers als Indikatoren der latenten Konstrukte erhoben wurden, können nach Prüfung von Kurtosis und Schiefe sowie im Hinblick auf die Stichprobengröße als normalverteilt angesehen werden. Dies wirkt sich einerseits auf die Möglichkeiten zum Umgang mit fehlenden Werten aus, andererseits auf die Auswahl des Schätzverfahrens im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse. Auch in dieser Studie wurden nicht alle Fragen von allen Teilnehmern vollständig beantwortet. Für den Umgang mit fehlenden Werten stehen in der Literatur verschiedene alternative Verfahren zur Verfügung. Dabei kann generell zwischen traditionellen und modernen Kompensationsverfahren unterschieden werden.752 Bei traditionellen Verfahren wie dem fallweisen Ausschluss, der Mittelwertimputation, der Regressionsimputation sowie dem Predictive Mean Matching werden fehlende Werte ausgeschlossen oder mögliche, plausible Daten eingefügt. Somit entsteht ein modifizierter Datensatz ohne fehlende Werte. Bei modernen Verfahren wie Multiple Imputation und modifizierte Maximum-Likelihood-Schätzer werden unter Verwendung verschiedener Verfahren wie bayesianischen Regressionsimputationen und Markov-Ketten-Monte-Carlo-Methoden mehrere Datensätze erzeugt und deren Ergebnisse durch Kombinationsregeln zusammengefasst. Die jeweiligen Verfahren haben Vor- und Nachteile, die abhängig vom Anteil der ersetzten Werte, der Stichprobengröße sowie der Art des Ausfallmechanismus753 im Gesamtdatensatz relevant werden.754 Bei geringen Ausfallraten (unter 15 %) wurden in Simulationsstudien auch bei Verwendung traditioneller Kompensationsverfahren bei kleineren Stichproben und verschiedenen Ausfallmechanismen keine oder nur geringe Auswirkungen auf die Maße der Anpassungsgüte von Strukturgleichungsmodellen festgestellt.755 Werden Daten in der Analyse eines Kausalmodells verwendet, gilt (bei Normalverteilung der Daten der Indikatoren) ein Ersatz fehlender Werte mit Mittelwerten als akzeptabler Schätzer für einen zufälligen Wert einer Variablen.756 Ein zentraler Vorteil ist, dass erhobene Daten nicht verworfen werden müssen wie beim paarweisen oder fallweisen Ausschlussverfahren und der vollständige, ergänzte Datensatz zur Verfügung steht. Im Datensatz der Studie zum Kommunikationsverhalten des Verkäufers wurden im Durchschnitt 3,8 fehlende Werte einer Variable durch den Mittelwert der Variable ersetzt (entspricht 2,8 % bei 135 Beobachtungen). Bei listenweiser Auswertung blieben nur 84 vollständige Fragebögen zur Analyse übrig. Dies würde zu hoher Verzerrung des Standardfehlers führen, da die Stichprobe auf eine stark verringerte Substichprobe reduziert würde. Mit der geringeren Fallzahl weit unter 100 wären verschiedene Schätzverfahren nicht mehr anwendbar. 752
Vgl. z. B. Backhaus/ Blechschmidt (2009), S. 270 ff. Ausfallmechanismen sind z. B. ‚Missing at Random (MAR)‘, ‚Missing Completely at Random (MCAR)’; vgl. auch Kapitel 3.6.2.3. 754 Vgl. Backhaus/ Blechschmidt (2009), S. 274, S. 278. 755 Vgl. Backhaus/ Blechschmidt (2009), S. 278, S. 281. 756 Vgl. Schafer/ Graham (2002), S. 159; Vgl. für weitere Verfahren z. B. Decker/ Wagner (2008), S. 53 ff. 753
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
229
Mit normalverteilten Daten und einer Stichprobe größer als 100 kann das Maximum Likelihood Schätzverfahren im Rahmen der Kausalanalyse angewendet werden.757
5.4.2
Ergebnisse
5.4.2.1
Struktur der Stichprobe, Einfluss der Kontextvariablen
Im Folgenden wird die Stichprobe dieser zweiten empirischen Studie der vorliegenden Arbeit zunächst hinsichtlich der Anteile und Zuordnung von Face-to-Face Gesprächssituationen analysiert. Anschließend werden Unternehmensgröße und vertretene Branchen dargestellt. Personenbezogene Größen wie der Zeitraum der Branchenzugehörigkeit, die Zeit der Anstellung im Unternehmen, die hierarchische Position und die Dauer in der ausgeführten Position sowie demografische Größen wie Altersstruktur und Geschlecht schließen die deskriptive Analyse zur Struktur der Stichprobe ab.
Zuordnung zu Gruppen
Die befragten Vertriebsmitarbeiter deutscher Unternehmen der Industriegüterbranche (n = 132) verbringen bis zu 90 % ihrer geschäftlichen Kontakte mit Einkäufern in Face-to-FaceSituationen. Im Mittel finden 32,2 % der geschäftlichen Kontakte von Angesicht zu Angesicht statt. Die folgende Abbildung verdeutlicht die zeitlichen Anteile der geschäftlichen Kontakte mit Einkäufern (Lesebeispiel: 48,5 % der befragten Verkäufer verbringen weniger als 20 % ihrer geschäftlichen Kontakte mit Einkäufern face-to-face). 60,0 50,0
48,5
40,0 30,0
22,0 16,7
20,0
9,8
10,0
3,0
,0 <= 20,00
21,00 - 40,00
41,00 - 60,00 Anteil FtF in %
61,00 - 80,00
81,00+
Abbildung 121 Anteile Face-to-Face Situationen mit Einkäufern an geschäftlichen Kontakten der befragten Verkäufer
Die persönlichen Gespräche können den zuvor identifizierten Episoden Verhandlung, Akquise, Socialising und Informationsgespräch (vgl. Kapitel 4.3) zugeordnet werden, dabei sind die meisten Face-to-Face Situationen Verhandlungen (vgl. Abbildung 122).
757
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 371.
230
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Anteil Socialising 15% Anteil Verhandlung 46%
Anteil Infogespräch 22% Anteil Akquise 17%
n
Minimum
Maximum
Standardabweichung
Mittelwert
Anteil Verhandlung
114
10,00
100,00
46
21,34737
Anteil Akquise
112
,00
50,00
17
12,39330
Anteil Infogespräch
114
,00
75,00
22
13,83977
Anteil Socialising
114
,00
70,00
15
10,95423
Abbildung 122 Verteilung der Face-to-Face Situationen auf die Episoden (in Prozent)
Die eigene Branche wurde von 95,6 % der Befragten (n = 129) genannt (vgl. Abbildung 123). Häufigkeit n
Prozent
Gültige Prozente
Holzgewerbe
3
2,2
2,3
Papier-, Verlags- und Druckgewerbe
2
1,5
1,6
Herstellung von chemischen Erzeugnissen
4
3,0
3,1
Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren
2
1,5
1,6
Glasgewerbe, Herstellung von Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden
5
3,7
3,9
Metallerzeugung und -bearbeitung, Herstellung von Metallerzeugnissen
20
14,8
15,5
Maschinenbau
25
18,5
19,4
Herstellung von Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und einrichtungen, Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik
23
17,0
17,8
Fahrzeugbau
34
25,2
26,4
Herstellung von Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten, Sportgeräten, Spielwaren und sonstigen Erzeugnissen; Recycling
1
0,7
0,8
Dienstleistungen für Unternehmen
10
7,4
7,8
Gesamt
129
95,6
100,0
Abbildung 123 Branchenzugehörigkeit der befragten Verkäufer
Die Abfrage der Parameter der Unternehmensgröße (Umsatz, Bilanzsumme und Mitarbeiterzahl) ergab nach dem HGB-Schlüssel758 definitiv 123 große Kapitalgesellschaften (mindestens zwei der Kriterien erfüllt: Umsatz größer € 32,12 Mio, Bilanzsumme größer € 16,06 Mio, mehr als 250 Mitarbeiter) in der Stichprobe; bei zwölf Fragebögen waren die Angaben zu den Unternehmensdaten unvollständig.
758
Vgl. Hopt et al. (2008), S. 1027 f.
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
231
Die Befragten sind im Mittel seit 16,76 Jahren in ihrer Branche tätig (vgl. Abbildung 124). 31,00 - 35,00 6 4%
36,00+ 4 3%
<= 5,00 20 15%
26,00 - 30,00 14 11% 21,00 - 25,00 17 13%
16,00 - 20,00 26 20%
6,00 - 10,00 23 17%
11,00 - 15,00 22 17%
Klasse; n; Prozentanteil
Abbildung 124 Branchenzugehörigkeit der befragten Verkäufer in Jahren
Die Befragten sind im Mittel seit 12,57 Jahren in ihrem Unternehmen tätig (vgl. Abbildung 125). 26,00 - 30,00 9 7% 21,00 - 25,00 12 9%
31,00 - 35,00 4 3%
36,00+ 3 2% <= 5,00 40 30%
16,00 - 20,00 18 13% 11,00 - 15,00 14 11%
6,00 - 10,00 34 25%
Klasse; n; Prozentanteil
Abbildung 125 Unternehmenszugehörigkeit der befragten Verkäufer in Jahren
Die Befragten sind in verschiedenen hierarchischen Positionen tätig (vgl. Abbildung 126). Häufigkeit n
Prozent
Vorstand / Geschäftsführung / Inhaber
12
8,9
Gültige Prozente 9,1
Abteilungsleitung
68
50,4
51,5
Projektleitung
5
3,7
3,8
Gruppen- / Teamleitung
8
5,9
6,1
Key Account Manager / Category Manager
26
19,3
19,7
andere hierarchische Position
13
9,6
9,8
Gesamt
132
97,8
100,0
Abbildung 126 Hierarchische Positionen der befragten Verkäufer
Im Mittel sind sie seit 7,09 Jahren in dieser Position (vgl. Abbildung 127).
232
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
21,00 - 25,00 1 1%
16,00 - 20,00 10 8%
26,00 - 30,00 1 1%
11,00 - 15,00 15 11% <= 5,00 67 50%
6,00 - 10,00 39 29%
Klasse; n; Prozentanteil
Abbildung 127 Positionszugehörigkeit der befragten Verkäufer in Jahren
Die befragten Verkäufer (n = 130) sind im Mittel 44,1 Jahre alt (vgl. Abbildung 128). 56,00 - 60,00 16 12%
61,00+ <= 25,00 2 2 2% 2%
51,00 - 55,00 14 11% 46,00 - 50,00 24 18%
26,00 - 30,00 8 6% 31,00 - 35,00 13 10% 36,00 - 40,00 22 17%
41,00 - 45,00 29 22%
Klasse; n; Prozentanteil
Abbildung 128 Alterstruktur der befragten Verkäufer
Das Geschlecht der Befragten (n = 134) lag bei 88,8 % (n = 119) Männern gegenüber 11,2 % (n = 15) Frauen. Zur Prüfung der Einflüsse der personenbezogenen Kontextvariablen auf die Verhaltensintentionen wurden einfaktorielle Varianzanalysen durchgeführt.759 Abhängige Variablen waren jeweils alle Indikatoren der Verhaltensintentionen. Dabei konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den hierarchischen Positionen, den Branchenzugehörigkeiten oder den Altersklassen der Verkäufer mit Blick auf die Verhaltensintentionen festgestellt werden. Auch hinsichtlich des Anteils der Face-to-Face Kommunikationssituationen konnte kein signifikanter Unterschied identifiziert werden. Für das Geschlecht des Verkäufers konnte dagegen ein signifikanter Unterschied für die Mittelwerte der Intention zu Informationsförderndem Verhalten identifiziert werden (vgl. Abbildung 129). Ein Vergleich der Mittelwerte zeigt, dass weibliche Verkäufer eine signifikant höhere Intention haben, sich informationsfördernd zu verhalten, als männliche Verkäufer.
759
Vgl. zum Verfahren Herrmann/ Landwehr (2008), S. 579 ff.
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Indikator der Intention zu informationsförderndem Verhalten
Männer
Frauen
233
Signifikanz-
n
MW
n
MW
Niveau (T-Test)
Ich möchte den Einkäufer in einer Verhandlungssituation umfassend mit Informationen versorgen.
119
4,06
14
4,5
,011
Ich versuche, in Verhandlungssituationen umfassende Informationen weiterzugeben.
119
4,0
15
4,47
,014
Mein Ziel ist die Gestaltung einer Verhandlungssituation durch die Weitergabe von umfassenden Informationen.
118
3,77
15
4,47
,001
Ich versuche, in Verhandlungssituationen umfassende Informationen an den Einkäufer weiterzugeben.
118
3,84
15
4,47
,004
Mittelwerte auf einer Skala von 1 („Nein / Nie) bis 5 („Ja / Immer“)
Abbildung 129 Einfluss des Geschlechts auf die Intention zu informationsförderndem Verhalten
5.4.2.2
Kausalmodelle: Kommunikationsverhalten des Verkäufers
5.4.2.2.1 Informationsqualität / Informationsförderndes Verhalten Die Intention des Verkäufers, sich so zu verhalten, dass hochwertige Informationen an den Einkäufer weitergegeben werden, wird analog zur Theorie des geplanten Verhaltens (vgl. Kapitel 5.2.1) durch die Einstellung zu diesem konkreten Verhalten, die Einschätzung der sozialen Norm hinsichtlich dieses Verhaltens und der Einschätzung der eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten zur Durchführung dieses Verhaltens beeinflusst. Die Theorie wird um die affektive Einstellungskomponente ergänzt. Im Folgenden werden zunächst die Messmodelle der einzelnen Dimensionen einer Analyse unterzogen. Die Indikatoren der affektiven Einstellungskomponente zum informationsfördernden Verhalten werden mit dem Faktor 5 multipliziert, um die Skalen zu vereinheitlichen. Damit wird eine Analyse der Konstrukte in einem Gesamtmodell ermöglicht. Der Faktor stellt die mögliche Höchstbewertung der Indikatoren-Indizes aus zwei Komponenten dar. Die Indikatoren wurden auf einem semantischen Differenzial von -2 bis +2 gemessen (vgl. Abbildung 130). Items der affektiven Einstellung Wenn ich in Verhandlungen umfassende (z. B. detaillierte, für den Einkäufer relevante, vollständige, aktuelle, zuverlässige, eindeutige und verständliche) Informationen an den Einkäufer weitergeben, dann ist das für mich als Verkäufer … Items nachteilig – vorteilhaft sinnlos – sinnvoll unerfreulich – erfreulich Mittelwert Faktor ungewichtet 3,71 Mittelwert (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
Index
Einleitung
multipliziert index_aff_info_1 mit dem index_aff_info_4 Faktor 5 index_aff_info_5 Mittelwert Faktor Index Mittelwert (auf einer Skala von 1 bis 25)
18,56
Abbildung 130 Informationen zum Index der affektiven Einstellung zum informationsfördernden Verhalten
Auf der sich daraus ergebenden Skala von 1 (sehr negativ) bis 5 (sehr positiv) liegt der Mittelwert der affektiven Einstellungskomponente bei einem eher positiven Wert von 3,7 (n = 130). Die folgende Tabelle stellt das Messmodell der affektiven Einstellungskomponente dar.
234
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Indikatorbezeichnung
index_aff_info_1 index_aff_info_4 index_aff_info_5
Korrigierte Item-to-TotalCorrelation ,543 ,721 ,620
Cronbach Alpha Koeffizient: ,785 Faktorreliabilität: ,7966
Faktorladung Indikatorreliabilität t-Wert der (explorative FaktorenFaktorla-dung analyse) (KFA) ,779 ,359 6,454 ,898 ,887 6,340 ,834 ,483 fixiert Informationen zum Faktor Erklärte Varianz: 70,29 % Durchschnittlich erfasste Varianz: 57,52 %
Abbildung 131 Messmodell der affektiven Einstellungskomponente zum informationsfördernden Verhalten
Die Indikatoren der kognitiven Einstellung zum informationsfördernden Verhalten sind Indizes, multipliziert aus der erwarteten Konsequenz des Verhaltens und der Bewertung der Konsequenz (vgl. Abbildung 132).
Items
Wert
Erwartung
Index (Erwartung mal Wert)
Sich stets so zu verhalten, dass der Einkäufer mit der Kommunikation in der Verhandlung zufrieden ist, finde ich …
Wenn man als Verkäufer umfassende […] Informationen in Verhandlungen weitergibt, dann macht man den Einkäufer mit der Kommunikation zufrieden. Wenn man als Verkäufer umfassende […] Informationen in Verhandlungen weitergibt, dann gestaltet man die Kommunikation positiv.
index_einstellung_info_3
Die Kommunikation in Verhandlungen immer positiv zu gestalten, finde ich …
durchschnittliche Mittelwerte (n = 129)
4,07
index_einstellung_info_4
4,04
Mittelwert (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
16,67 Mittelwert (auf einer Skala von 1 bis 25)
Abbildung 132 Index aus Erwartung einer Konsequenz eines bestimmten Verhaltens und deren Bewertung: Kognitive Einstellung zu inhaltsförderndem Verhalten
In der folgenden Tabelle ist das Messmodell der kognitiven Einstellung zum informationsfördernden Verhalten dargestellt (vgl. Abbildung 133). Bei nur zwei Indikatoren ist das Modell unteridentifiziert und die Gütekriterien der zweiten Generation können nicht berechnet werden. Die Kriterien der ersten Generation werden erfüllt, sodass das Konstrukt der kognitiven Einstellung in die weitere Analyse aufgenommen wird. Indikatorbezeichnung
Korrigierte Faktorladung Indikatort-Wert der FaktorlaItem-to-Total(explorative reliabilität dung (KFA) Correlation Faktorenanalyse) Index_einstellung_info_3 ,568 ,885 Index_einstellung_info_4 ,568 ,885 Informationen zum Faktor Cronbach Alpha Koeffizient: ,718 Erklärte Varianz: 78,39% gemessen als Index aus zwei miteinander multiplizierten Skalen von jeweils 1 (schlecht / hinderlich; nein / nie) bis 5 (gut / förderlich; ja / immer) Abbildung 133 Messmodell der kognitiven Einstellung zu informationsförderndem Verhalten
Die Indikatoren der sozialen Norm hinsichtlich informationsförderndem Verhalten sind Indizes, multipliziert aus der Einschätzung der Urteile im geschäftlichen Umfeld gegenüber in-
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
235
formationsförderndem Verhalten und der Bereitschaft, diesem Urteil zu folgen (motivation to comply) (vgl. Abbildung 134).
Items
durchschnittliche Mittelwerte (n = 123)
Einschätzung der Norm
Bewertung der Norm
Ansprüche der Vorgesetzten Vorgehen im Unternehmen Ansprüche der Kollegen Ansprüche der Einkäufer
Die Ansprüche zu erfüllen und den üblichen Vorgehensweisen zu folgen ist …
3,70
Index (Einschätzung mal Bewertung) index_sn_INFO_2 index_sn_INFO_3 index_sn_INFO_4 index_sn_INFO_5
3,92
Mittelwert (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
16,37 Mittelwert (auf einer Skala von 1 bis 25)
Abbildung 134 Index aus Einschätzung der sozialen Norm und ‚motivation to comply’: Soziale Norm hinsichtlich informationsförderndem Verhalten
Die folgende Abbildung stellt das Messmodell der sozialen Norm hinsichtlich informationsförderndem Verhalten dar. Die Gütekriterien beider Generationen sind auf Global- und Partialebene erfüllt, sodass das Konstrukt in die weitere Analyse aufgenommen werden kann. Indikatorbezeichnung
Korrigierte Item-to-TotalCorrelation ,609 ,775 ,788 ,788
Faktorladung Indikatort-Wert der Faktorla(explorative Faktorenreliabilität dung (KFA) analyse) index_sn_INFO_5 ,759 ,403 Fixiert index_sn_INFO_4 ,881 ,685 7,675 index_sn_INFO_3 ,890 ,755 7,894 index_sn_INFO_2 ,889 ,700 7,729 Informationen zum Faktor Cronbach Alpha Koeffizient: ,879 Erklärte Varianz: 73,36% Faktorreliabilität: ,8724 Durchschnittlich erfasste Varianz: 63,42 % Chi²/df: ,612 NFI: ,996 CFI: 1,00 NNFI: 1,00 GFI: ,996 AGFI: ,978 IFI: 1,00 RMSEA: ,000 gemessen als Index aus zwei miteinander multiplizierten Skalen von jeweils 1 (schlecht / hinderlich; nein / nie) bis 5 (gut / förderlich; ja / immer) Abbildung 135 Messmodell der sozialen Norm hinsichtlich informationsförderndem Verhalten
Die Indikatoren der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle hinsichtlich informationsförderndem Verhalten, also der Einschätzung der eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten zur Durchführung eines konkreten Verhaltens, wurden zu Indizes umgewandelt, um die Gleichheit der Skalen für die Konstrukte im Gesamtmodell zu gewährleisten.
Items
durchschnittliche Mittelwerte (n = 133)
Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten Ich habe Zugriff auf gewünschte Informationen. Ich habe umfassendes Wissen in meinem Bereich.
Multipliziert mit der Maximalbewertung Faktor 5
Index (Einschätzung mal 5) index_pp_info3 index_pp_info2
4,45
22,26
Mittelwert (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
Mittelwert (auf einer Skala von 1 bis 25)
Abbildung 136 Index aus Einschätzung der eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten und dem Faktor 5: wahrgenommene Verhaltenskontrolle hinsichtlich informationsförderndem Verhalten
236
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Unter Annahme der Höchstbewertung für den Nutzen der eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten für die positive Gestaltung der Kommunikation werden die Indikatoren der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle mit dem Faktor 5 zu Indizes multipliziert (vgl. Abbildung 136). In der folgenden Tabelle ist das Messmodell der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle hinsichtlich informationsförderndem Verhalten dargestellt. Bei nur zwei Indikatoren ist das Modell unteridentifiziert und die Gütekriterien der zweiten Generation können nicht berechnet werden. Die Kriterien der ersten Generation werden erfüllt, sodass das Konstrukt in die weitere Analyse aufgenommen wird. Indikatorbezeichnung
Korrigierte Item-to-TotalCorrelation
index_pp_info2 index_pp_info3
Faktorladung (explorative Faktorenanalyse)
Indikatorreliabilität
t-Wert der Faktorladung (KFA)
,401 ,837 ,401 ,837 Informationen zum Faktor
Cronbach Alpha Koeffizient: ,637 Erklärte Varianz: 70,08 % gemessen als Index aus Skalen von jeweils 1 (nein / nie) bis 5 (ja / immer) multipliziert mit dem Faktor 5 Abbildung 137 Messmodell der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle bei informationsförderndem Verhalten
Die Indikatoren der Intention zu informationsförderndem Verhalten wurden analog in Indizes umgewandelt (vgl. Abbildung 138). Intention zum Verhalten
Items
Ich plane, in Verhandlungssituationen umfassende Informationen an den Einkäufer weiterzugeben. Mein Ziel ist die Gestaltung einer Verhandlungssituation durch die Weitergabe von umfassenden Informationen. Ich versuche, in Verhandlungs-situationen umfassende Informationen weiterzugeben. Ich möchte den Einkäufer in einer Kommunikationssituation umfassend mit Informationen versorgen.
durchschnittliche Mittelwerte (n = 132)
3,98 MW (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
Multipliziert mit der Maximal-bewertung Faktor 5
Index (Einschätzung mal 5) index_int_info4
index_int_info3
index_int_info2 index_int_info_1
19,90 MW (auf einer Skala von 1 bis 25)
Abbildung 138 Index aus Intention und dem Faktor 5: Intention zum informationsfördernden Verhalten
Die folgende Tabelle bildet das Messmodell der Intention zu informationsförderndem Verhalten ab. Das Globalkriterium RMSEA ist nicht erfüllt. Da es sich hier noch um die Betrachtung außerhalb des Konstruktverbunds handelt, soll darüber hinweg gesehen werden und die Intention mit den genannten vier Indikatoren in die weitere Analyse aufgenommen werden.
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Indikatorbezeichnung
237
Korrigierte Item-to-TotalCorrelation
Faktorladung Indikatort-Wert der Faktorla(explorative reliabilität dung (KFA) Faktorenanalyse) index_int_info_1 ,727 ,840 ,554 Fixiert index_int_info2 ,811 ,896 ,687 9,862 index_int_info3 ,842 ,912 ,812 10,802 index_int_info4 ,869 ,929 ,860 11,088 Informationen zum Faktor Cronbach Alpha Koeffizient: ,915 Erklärte Varianz: 80,07 % Faktorreliabilität: ,9138 Durchschnittlich erfasste Varianz: 72,76 % Chi²/df: 3,187 NFI: ,984 CFI: ,989 NNFI: ,966 GFI: ,976 AGFI: ,881 IFI: ,989 RMSEA: ,128 gemessen als Index aus Skalen von jeweils 1 (nein / nie) bis 5 (ja / immer) multipliziert mit dem Faktor 5 Abbildung 139 Messmodell der Intention zu informationsförderndem Verhalten
Werden die vorgenannten Konstrukte mit ihren Messmodellen im Gesamtkontext betrachtet, ergeben sich für die Güte des Gesamtmodells die in der folgenden Tabelle dargestellten Werte. Faktor
affektive Einstellungskomponente kognitive Einstellung ggü. dem Verhalten soziale Norm
Wahrgenommene Verhaltenskontrolle Intention das Verhalten auszuführen
Chi²/df: 1,279 AGFI: ,877
Indikator
Indikatorreliabilität
t-Wert der Faktorladung (KFA) index_aff_info_1 ,418 6,798 index_aff_info_4 ,755 7,624 index_aff_info_5 ,542 fixiert Index_einstellung_info_3 ,517 fixiert Index_einstellung_info_4 ,599 4,726 index_sn_INFO_5 ,419 fixiert index_sn_INFO_4 ,685 7,901 index_sn_INFO_3 ,743 8,114 index_sn_INFO_2 ,698 7,953 index_pp_info2 ,753 1,294 index_pp_info3 ,214 fixiert Index_int_info1 ,556 fixiert Index_int_info2 ,694 9,925 Index_int_info3 ,805 10,773 Index_int_info4 ,847 11,039 Informationen zum Gesamtmodell (n = 135) NFI: ,897 CFI: ,975 GFI: ,913 IFI: ,976
Faktorreliabilität
DEV
,7983
57,25 %
,7170
55,91 %
,9136
72,68 %
,6301
48,20 %
,9136
72,68 %
NNFI: ,969 RMSEA: ,046
Abbildung 140 Gesamtmessmodell zum informationsfördernden Verhalten
Zur Prüfung der Diskriminanzvalidität der Faktoren des Gesamtmodells wurde eine explorative Faktorenanalyse durchgeführt. Deren Ergebnisse werden in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Faktorladungen über ,33 sind hervorgehoben. Das Kaiser-Kriterium ist erfüllt. Die Ladungen bestätigen nach einer Varimax-Rotation die Diskriminanzvalidität der Faktoren.
238
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Indikatoren
Faktor 1
Faktor 2
Faktor 3
Faktor 4
Faktor 5
Faktoren nach Varimax-Rotation index_int_info_4
,868
,217
,150
,160
,092
index_int_info_3
,860
,224
,080
,159
,089
index_int_info_2
,822
,247
,180
,145
,087
index_int_info_1
,801
,180
,206
,045
,082
index_sn_INFO_3
,221
,868
,076
-,050
,009
index_sn_INFO_2
,138
,861
,172
-,008
,077
index_sn_INFO_4
,185
,833
,193
-,080
,138
index_sn_INFO_5
,302
,700
,052
,180
-,055 -,081
index_aff_info_4
,142
,099
,887
,092
index_aff_info_5
,219
,092
,816
,054
,106
index_aff_info_1
,130
,281
,668
,253
-,008
index_einstellung_info_3
,123
,085
,143
,867
,025
index_einstellung_info_4
,214
-,104
,141
,823
,073
index_pp_info_3
,065
,041
-,136
-,044
,852
index_pp_info_2
,159
,069
,162
,145
,794
21,20 %
19,93 %
14,41 %
10,95 %
9,58 %
Durch die Faktoren erklärter Anteil der Gesamtvarianz
Abbildung 141 Diskriminanzprüfung des Gesamtmodells zum informationsfördernden Verhalten durch Faktorenanalyse
Zur weiteren Prüfung der Diskriminanzvalidität der Faktoren des Gesamtmodells wird das Fornell-Larcker-Kriterium herangezogen. Fornell-Larcker-Kriterium aE DEV affektive Einstellung (aE) (DEV = 0,5725) kognitive Einstellung (kE) (DEV = 0,5591) soziale Norm (SN) (DEV = 0,7268) wahrgenommene Verhaltenskontrolle (PBC) (DEV = 0,4820) Intention (DEV = 0,7268)
kE SN ,5725 ,5591 quadrierte Korrelationen der Faktoren
PBC ,7268
,4820
0,151321 0,140625
0,001681
0,027225
0,033489
,017161
0,182329
0,171396
0,252004
0,055225
Abbildung 142 Diskriminanzprüfung des Gesamtmodells zum informationsfördernden Verhalten: Fornell-LarckerKriterium
Alle quadrierten Korrelationen der Faktoren sind geringer als die jeweiligen durchschnittlich erfassten Varianzen, sodass die Diskriminanzvalidität weiterhin bestätigt werden kann. Da die Teilmodelle und das Gesamtmodell die Reliabilitäts- und Validitätsprüfung bestanden haben, wird im Folgenden das Gesamtmodell mit seinen Wirkungszusammenhängen grafisch dargestellt.
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
erklärte Varianz: 16,2 %
0,402*** affektive Einstellung 1
2
239
inhaltsförderndes Verhalten
kognitive Einstellung 2 0,373*** 3
1
0,366*** soziale Norm 3 erklärte Varianz: 13,4 % wahrg. Verhaltenskontrolle 2
0,452***
0,193**
Intention 1
erklärte Varianz: 43,0 %
*** Signifikanzniveau von 1 %; ** Signifikanzniveau von 3,7 % Abbildung 143 Kausalmodell zum inhaltsfördernden Verhalten
Die Intention der Verkäufer, sich informationsfördernd zu verhalten, das heißt, umfassende (detaillierte, relevante, vollständige, aktuelle, zuverlässige, eindeutige und verständliche) Informationen an den Einkäufer in Verhandlungen weiterzugeben, wird positiv von drei Konstrukten beeinflusst. Die auf Basis der Theorie des geplanten Verhaltens formulierten Hypothesen zur Weitergabe umfassender Informationen können bestätigt werden: H 3.1info Die positive kognitive Einstellung gegenüber der Weitergabe von umfassenden Informationen beeinflusst die Verhaltensintention positiv. H 3.2info Die positiv wahrgenommene soziale Norm zur Weitergabe von umfassenden Informationen beeinflusst die Verhaltensintention positiv. Die positiv wahrgenommene Verhaltenskontrolle zur Weitergabe von umfassenden Informationen beeinflusst die Verhaltensintention positiv. Des Weiteren beeinflusst die affektive Einstellungskomponente die kognitive Einstellung wie auch die Soziale Norm signifikant positiv, sodass auch die weiteren Hypothesen bestätigt werden können: H 3.4info Die positive affektive Einstellung gegenüber dem informationsfördernden Verhalten beeinflusst die kognitive Einstellung zu diesem Verhalten positiv. H 3.5info Die positive affektive Einstellung gegenüber dem informationsfördernden Verhalten beeinflusst die soziale Norm positiv. H 3.3info
5.4.2.2.2 Offenheit / Offenes Kommunikationsverhalten Die Intention des Verkäufers, sich in der Kommunikationssituation offen zu verhalten, wird analog zur Theorie des geplanten Verhaltens (vgl. Kapitel 5.2.1) durch die Einstellung zu diesem konkreten Verhalten, die Einschätzung der sozialen Norm hinsichtlich dieses Verhaltens und der Einschätzung der eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten zur Durchführung
240
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
dieses Verhaltens beeinflusst. Das Modell wird um die affektive Einstellungskomponente ergänzt. Die Indikatoren der affektiven Einstellungskomponente gegenüber offenem Kommunikationsverhalten werden mit dem Faktor 5 multipliziert, um die Skalen zu vereinheitlichen (vgl. Abbildung 144). Items der affektiven Einstellung Wenn ich in Verhandlungen offen bin (z. B. Ratschläge vom Einkäufer einhole, persönliche Schwächen und die des eigenen Unternehmens zugebe, Probleme im persönlichen Umgang thematisiere), dann ist das für mich als Verkäufer … Items schlecht – gut sinnlos – sinnvoll unerfreulich – erfreulich Mittelwert Faktor ungewichtet 3,03 (n = 128) Mittelwert (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
Index
Einleitung
multipliziert index_aff_offen_3 mit dem index_aff_offen_4 Faktor 5 index_aff_offen_5 Mittelwert Faktor Index (n = 128) Mittelwert (auf einer Skala von 1 bis 25)
15,16
Abbildung 144 Informationen zum Index der affektiven Einstellung gegenüber offenen Kommunikationsverhalten
Damit wird eine Analyse im Gesamtmodell ermöglicht. Der Faktor stellt die mögliche Höchstbewertung der Indikatoren-Indizes aus zwei Komponenten dar. Die Indikatoren wurden auf einem semantischen Differenzial von -2 über 0 bis + 2 mit der nachstehenden Einleitung und genannten Endpunkten gemessen (vgl. Abbildung 144). Auf der sich daraus ergebenden Skala von 1 (sehr negativ) bis 5 (sehr positiv) liegt der Mittelwert der affektiven Einstellungskomponente bei einem eher positiven Wert von 3,03 (n = 128). Die folgende Tabelle stellt das Messmodell der affektiven Einstellungskomponente dar. Alle Gütekriterien, die auf Basis eines identifizierten Messmodells erfasst werden können, sind erfüllt, sodass dieses in die weitere Analyse aufgenommen wird. Indikatorbezeichnung
index_aff_offen_3 index_aff_offen_4 index_aff_offen_5
Korrigierte Item-to-TotalCorrelation ,798 ,782 ,703
Cronbach Alpha Koeffizient: ,871 Faktorreliabilität: ,8717
Faktorladung Indikatort-Wert der (explorative Faktorenreliabilität Faktorladung analyse) (KFA) ,915 ,802 9,398 ,907 ,752 9,371 ,860 ,528 Fixiert Informationen zum Faktor Erklärte Varianz: 80,03 % Durchschnittlich erfasste Varianz: 69,53 %
Abbildung 145 Messmodell der affektiven Einstellung gegenüber offenem Kommunikationsverhalten
Die Indikatoren der kognitiven Einstellung zum offenen kommunikativen Verhalten sind Indizes, multipliziert aus der erwarteten Konsequenz des Verhaltens und der Bewertung der Konsequenz (vgl. Abbildung 145).
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Wert
Items
Erwartung
Stets als offener Gesprächspartner zu gelten, finde ich … Die Kommunikation in Verhandlungen immer positiv zu gestalten, finde ich … Sich stets so zu verhalten, dass der Einkäufer mit der Kommunikation in der Verhandlung zufrieden ist, finde ich …
durchschnittliche MW (n = 128)
Index (Erwartung mal Wert)
Wenn man als Verkäufer in Verhandlungen Ratschläge vom Einkäufer einholt, persönliche Schwächen und die des eigenen Unternehmens zugibt, Probleme im persönlichen Umgang thematisiert … …, dann gilt man als offener Gesprächspartner. …, dann gestaltet man die Kommunikation positiv. …, dann macht man den Einkäufer mit der Kommunikation zufrieden.
4,29
241
3,06
Mittelwert (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
index_einst_offen_2 index_einst_offen_3
index_einst_offen_4
13,26
Mittelwert (auf einer Skala von 1 bis 25)
Abbildung 146 Index aus Erwartung einer Konsequenz des offenen Verhaltens und deren Bewertung: Kognitive Einstellung gegenüber offenem Kommunikationsverhalten
Die Bewertung der Konsequenz fällt positiver aus (Mittelwert = 4,29 auf einer Skala von 1 bis 5) als die Erwartung, dass offenes Verhalten zum genannten Ergebnis führt (Mittelwert = 3,06). Die kognitive Einstellung gegenüber offenem Kommunikationsverhalten als multiplikativer Index aus Erwartung und Wert tendiert leicht zum Positiven (13,26 auf einer Skala von 1 bis 25). Die folgende Tabelle stellt das Messmodell der kognitiven Einstellungskomponente dar. Alle Gütekriterien, die auf Basis eines identifizierten Messmodells erfasst werden können, sind erfüllt, sodass dieses in die weitere Analyse aufgenommen wird. Indikatorbezeichnung
Korrigierte Item-toTotalCorrelation
index_einst_offen_2 index_einst_offen_3 index_einst_offen_4 Cronbach Alpha Koeffizient: ,864 Faktorreliabilität: ,8619
,707 ,721 ,798
Faktorladung (explorative Faktorenanalyse)
Indikatorreliabilität
t-Wert der Faktorladung (KFA)
,865 ,577 ,877 ,618 ,916 ,828 Informationen zum Faktor Erklärte Varianz: 78,56 % Durchschnittlich erfasste Varianz: 67,66 %
Fixiert 9,065 9,387
Abbildung 147 Messmodell zur kognitiven Einstellung gegenüber offenem Kommunikationsverhalten
Die Indikatoren der sozialen Norm hinsichtlich offenem Kommunikationsverhalten sind Indizes, multipliziert aus der Einschätzung der Urteile im geschäftlichen Umfeld gegenüber informationsförderndem Verhalten und der Bereitschaft, diesem Urteil zu folgen (motivation to comply) (vgl. Abbildung 148).
242
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Items
Einschätzung der Norm
Bewertung der Norm
Vorgehen im Unternehmen Ansprüche der Vorgesetzten Ansprüche der Kollegen
Die Ansprüche zu erfüllen und den üblichen Vorgehensweisen zu folgen ist …
Durchschnittliche MW (n = 123)
3,85
Index (Einschätzung mal Bewertung) index_sn_offen_2 index_sn_offen_3 index_sn_offen_4
3,99
15,89
MW (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
MW (auf einer Skala von 1 bis 25)
Abbildung 148 Index aus Einschätzung der sozialen Norm und ‚motivation to comply’: Soziale Norm hinsichtlich offenem Kommunikationsverhalten
Die folgende Tabelle stellt das Messmodell der sozialen Norm dar. Alle Gütekriterien, die auf Basis eines identifizierten Messmodells erfasst werden können, sind erfüllt, sodass dieses in die weitere Analyse aufgenommen wird. Indikatorbezeichnung
Korrigierte Item-toTotal-Correlation
index_sn_offen_2 index_sn_offen_3 index_sn_offen_4 Cronbach Alpha Koeffizient: ,883 Faktorreliabilität: ,8729
Faktorladung (explorative torenanalyse)
Indikatorreliabilität Fak-
t-Wert der Faktorla-dung (KFA) 9,724 10,103 Fixiert
,769 ,890 ,660 ,825 ,919 ,828 ,725 ,878 ,602 Informationen zum Faktor Erklärte Varianz: 80,27 % Durchschnittlich erfasste Varianz: 69,69 %
Abbildung 149 Messmodell zur sozialen Norm gegenüber offenem Kommunikationsverhalten
Die Indikatoren der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle zu offenem Kommunikationsverhalten werden analog zur affektiven Einstellungskomponente zur Skalenangleichung mit dem Faktor 5 zu einem Index multipliziert (vgl. Abbildung 150).
Items
durchschnittliche Mittelwerte
Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten
Multipliziert mit der Maximalbewertung
Index (Einschätzung mal Faktor)
Ich werde in die Analyse von Strategien und Problemen meines Unternehmens miteinbezogen. Die Reflexion von eigenen Stärken und Schwächen wird in meinem Unternehmen durch personal-bezogene Maßnahmen gefördert.
Faktor 5
index_pp_offen1
3,58 Mittelwert (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
index_pp_offen3
17,88 Mittelwert (auf einer Skala von 5 bis 25 mit 5er Intervallen)
Abbildung 150 Index aus Einschätzung der wahrgenommenen Kontrolle multipliziert mit dem Faktor 5: Wahrgenommene Verhaltenskontrolle hinsichtlich offenem Kommunikationsverhalten
Bei einem Wert des Cronbach’schen Alphas unter ,6 soll der schwächste Indikator eliminiert werden. Das Konstrukt der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle kann mit nur einem Indikator nicht reflektiv gemessen werden, somit bleiben beide Indikatoren im Messmodell und in der weiteren Analyse. Bei nur zwei Indikatoren ist das Modell unteridentifiziert und die Gütekriterien der zweiten Generation können hier nicht berechnet werden. Um die theoretische Struktur des Modells vollständig zu prüfen, geht das Messmodell der wahrgenommenen
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
243
Verhaltenskontrolle in die weitere Analyse mit ein. Alternativ wird eine Modellvariante unter Ausschluss des Konstrukts ‚wahrgenommene Verhaltenskontrolle’ berechnet. Indikatorbezeichnung
index_pp_offen_1 index_pp_offen_3
Korrigierte Item-toTotalCorrelation ,283 ,283
Faktorladung (explorative Faktorenanalyse)
Cronbach Alpha Koeffizient: ,438
Indikatorreliabilität
t-Wert der Faktorladung (KFA)
,801 ,801 Informationen zum Faktor Erklärte Varianz: 64,13 %
Abbildung 151 Messmodell zur wahrgenommenen Verhaltenskontrolle hinsichtlich offenem Kommunikationsverhalten
Die Indikatoren der Intention zu offenem Kommunikationsverhalten werden analog zu affektiver Einstellung und wahrgenommener Verhaltenskontrolle mit dem Faktor 5 multipliziert (vgl. Abbildung 152). Intention zum Verhalten Items
Ich möchte eine offene Kommunikation in Verhandlungen mit Einkäufern erreichen. Ich versuche, in Verhandlungen offen zu kommunizieren. Mein Ziel ist es, die Verhandlungssituation durch offenes Kommunikationsverhalten zu gestalten.
durchschnittliche Mittelwerte
Multipliziert mit der Maximalbewertung Faktor 5
4,54
Index (Einschätzung mal 5) index_int_offen_1
index_int_offen_2 index_int_offen_3
22,70
Mittelwert (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
Mittelwert (auf einer Skala von 5 bis 25 mit 5er Intervallen)
Abbildung 152 Index aus Intention zum Verhalten multipliziert mit dem Faktor 5: Intention zu offenem Kommunikationsverhalten
Die folgende Tabelle stellt das Messmodell der Intention zu offenem Kommunikationsverhalten dar. Alle Gütekriterien, die auf Basis eines identifizierten Messmodells erfasst werden können, sind erfüllt, sodass dieses in die weitere Analyse aufgenommen wird. Indikator-bezeichnung
index_int_offen_1 index_int_offen2 index_int_offen3
Korrigierte Itemto-TotalCorrelation ,644 ,660 ,632
Cronbach Alpha Koeffizient: ,800 Faktorreliabilität: ,8024
Faktorladung Indikatort-Wert der (explorative reliabilität dung (KFA) Faktorenanalyse) ,844 ,560 ,855 ,616 ,837 ,541 Informationen zum Faktor Erklärte Varianz: 71,48 % Durchschnittlich erfasste Varianz: 57,53 %
Faktorla-
Fixiert 7,176 7,110
Abbildung 153 Messmodell der Intention zu offenem Kommunikationsverhalten
Werden die vorgenannten Konstrukte mit ihren Messmodellen im Gesamtkontext betrachtet, ergeben sich für die Güte des Gesamtmodells des offenen Kommunikationsverhaltens die in der Abbildung 154 dargestellten Werte. Das Konstrukt der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle erfüllt die Anforderungen an die Faktorreliabilität und die durchschnittlich erfasste Varianz nicht. Für das Gesamtmodell sind alle Gütekriterien erfüllt.
244
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Faktor
Indikator
Indikatorreliabilität
affektive Einstellung
index_aff_offen_3 index_aff_offen_4 index_aff_offen_5 index_einst_offen_2 index_einst_offen_3 index_einst_offen_4 index_sn_offen_2 index_sn_offen_3 index_sn_offen_4 index_pp_offen_1 index_pp_offen_3 index_int_offen_1 index_int_offen_2 index_int_offen_3
,828 ,721 ,533 ,639 ,629 ,755 ,669 ,810 ,614 ,581 ,207 ,573 ,578 ,532
kognitive Einstellung ggü. dem Verhalten soziale Norm
wahrgenommene Verhaltenskontrolle Intention das Verhalten auszuführen
Chi²/df: 1,037 AGFI: ,898
NFI: ,918 GFI: ,930
t-Wert der Faktorladung (KFA) 9,806 9,477 fixiert fixiert 9,553 10,268 9,888 10,441 fixiert 1,298 fixiert fixiert 7,398 7,246
Faktorreliabilität
Durchschnittlich erfasste Varianz
,8707
69,35 %
,8608
67,38 %
,8731
69,70 %
,5504
39,43 %
,7926
56,03 %
Informationen zum Gesamtmodell (n = 135) CFI: ,997 IFI: ,997
NNFI: ,996 RMSEA: ,017
Abbildung 154 Gesamtmodell des offenen Kommunikationsverhaltens
Zur Prüfung der Diskriminanzvalidität der Faktoren des Gesamtmodells wurde eine explorative Faktorenanalyse durchgeführt. Deren Ergebnisse werden in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Faktorladungen über ,3 sind hervorgehoben. Die Ladungen bestätigen nach einer Varimax-Rotation die Diskriminanzvalidität der Faktoren. Indikatoren
Faktor 1
Faktor 2
Faktor 3
Faktor 4
Faktor 5
Faktoren nach Varimax-Rotation index_aff_offen_4
,898
,036
,184
,131
-,019
index_aff_offen_3
,856
,131
,295
,048
,026
index_aff_offen_5
,786
,089
,272
,032
,172
index_sn_offen_3
,096
,888
,004
,193
,087
index_sn_offen_2
,069
,861
,120
,170
,079
index_sn_offen_4
,065
,847
,046
,217
,063
index_einst_offen_4
,214
,039
,898
,066
,034
index_einst_offen_3
,208
,119
,847
,149
-,065
index_einst_offen_2
,295
,016
,751
,056
,075
index_int_offen_2
,053
,162
,017
,839
,136
index_int_offen_3
,031
,170
,093
,797
,168
index_int_offen_1
,124
,257
,152
,793
-,047
index_pp_offen_3
,027
,052
-,048
,043
,842
index_pp_offen_1
,095
,121
,072
,168
,765
17,61 %
17,35 %
16,70 %
15,44 %
10,02 %
Durch die Faktoren erklärter Anteil der Gesamtvarianz
Abbildung 155 Diskriminanzprüfung des Gesamtmodells des offenen Kommunikationsverhaltens durch Faktorenanalyse
Zur weiteren Prüfung der Diskriminanzvalidität der Faktoren des Gesamtmodells wird das Fornell-Larcker-Kriterium herangezogen.
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
245
Fornell-Larcker-Kriterium aE DEV affektive Einstellung (aE) (DEV = 0,6935) kognitive Einstellung (kE) (DEV = 0,6738) soziale Norm (SN) (DEV = 0,6970) wahrgenommene Verhaltenskontrolle (PBC) (DEV = 0,3943) Intention (DEV = 0,5603)
kE ,6935 ,6738 quadrierte Korrelationen der Faktoren
SN
PBC ,6970
,3943
0,399424 0,051529
0,029241
0,044521
0,020164
0,0784
0,060025
0,073984
0,269361
0,132496
Abbildung 156 Diskriminanzprüfung des Gesamtmodells zum offenen Kommunikationsverhalten: FornellLarcker-Kriterium
Alle quadrierten Korrelationen der Faktoren sind kleiner als die jeweiligen durchschnittlich erfassten Varianzen, sodass die Diskriminanzvalidität für das Modell bestätigt werden kann. Da die Teilmodelle und das Gesamtmodell die Reliabilitäts- und Validitätsprüfung bestanden haben, wird im Folgenden das Gesamtmodell mit seinen Wirkungszusammenhängen grafisch dargestellt. erklärte Varianz: 40,1 %
0,633*** affektive Einstellung 1
2
offenes Kommunikationsverhalten
kognitive Einstellung 2 0,180* 3
1
0,230** soziale Norm 3 erklärte Varianz: 5,3 %
wahrg. Verhaltenskontrolle 2
0,457***
0,242*
Intention 1
erklärte Varianz: 32,2 %
*** = Signifikanzniveau von 1 %; ** Signifikanzniveau von 2 %, * Signifikanzniveau von 5 % Abbildung 157 Kausalmodell zum offenen Kommunikationsverhalten
Da das Konstrukt ‚wahrgenommene Verhaltenskontrolle’ die Gütekriterien nicht voll erfüllt, ist zu entscheiden, ob es beibehalten werden soll. Mit dem Ausschluss des Konstrukts würde der rein konfirmatorische Charakter der Untersuchung verlassen, die ‚Theorie des überlegten Handelns‘ könnte jedoch als theoretische Grundlage dienen. In der genannten Theorie von FISHBEIN und AJZEN (1975)760, Grundlage der Theorie des geplanten Verhaltens, wird die 760
Vgl. Fishbein/ Ajzen (1975).
246
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Verhaltensintention nur von der kognitiven Einstellung und der Sozialen Norm beeinflusst. Die affektive Einstellungskomponente und deren balance- und dissonanztheoretisch hergeleitete Wirkung würde nicht tangiert. Wird das auf der ‚Theorie des überlegten Handelns‘ basierende Alternativmodell als Gesamtmodell berechnet, so können 30,8 % der Varianz der Intention zu offenem Kommunikationsverhalten durch die verbleibenden Konstrukte Einstellung und soziale Norm erklärt werden. Die Güte des Gesamtmodells würde sich minimal verändern (GFI: ,953, AGFI: ,923, NFI: ,948, IFI:1,00, RMSEA:,000), aber sehr gut bleiben. Die Regressionskoeffizienten würden etwas ansteigen, die Relation zueinander bliebe bestehen (Einstellung zu Intention (11): ,210, 97 % signifikant; soziale Norm zu Intention (21): ,486, 99,9 % signifikant). Da die wahrgenommene Verhaltenskontrolle einen Erklärungsbeitrag zur Varianz der Verhaltensintention liefert, soll das ursprüngliche Modell beibehalten werden. Die Intention des Verkäufers, in einer Verhandlungssituation mit Einkäufern offen zu kommunizieren (Ratschläge einzuholen, persönliche Schwächen und die des Unternehmens zuzugeben, Probleme im persönlichen Umgang zu thematisieren), wird signifikant positiv von den Konstrukten ‚kognitive Einstellung gegenüber dem Verhalten’, ‚soziale Norm hinsichtlich des Verhaltens’ und der ‚wahrgenommenen Verhaltenskontrolle’ beeinflusst. Die ‚affektive Einstellung’ beeinflusst signifikant positiv die ‚kognitive Einstellung’ und die ‚soziale Norm’. Somit können die Hypothesen zum offenen Kommunikationsverhalten als bestätigt angesehen werden: Die positive kognitive Einstellung gegenüber der offenen Kommunikation in der H 3.1offen Verhandlung beeinflusst die Verhaltensintention positiv. H 3.2offen Die positiv wahrgenommene soziale Norm der offenen Kommunikation in der Verhandlung beeinflusst die Verhaltensintention positiv. H 3.3offen Die positiv wahrgenommene Verhaltenskontrolle der offenen Kommunikation in H 3.4offen H 3.5offen
der Verhandlung beeinflusst die Verhaltensintention positiv. Die positive affektive Einstellung gegenüber dem offenen Kommunikationsverhalten beeinflusst die kognitive Einstellung zu diesem Verhalten positiv. Die positive affektive Einstellung gegenüber dem offenen Kommunikationsverhalten beeinflusst die soziale Norm positiv.
5.4.2.2.3 Vertrauenswürdigkeit / vertrauenswürdiges Kommunikationsverhalten Die Intention des Verkäufers, sich in der Kommunikationssituation vertrauenswürdig zu verhalten, wird analog zur Theorie des geplanten Verhaltens (vgl. Kapitel 5.2.1) durch die kognitive Einstellung zu diesem konkreten Verhalten, durch die Einschätzung der sozialen Norm hinsichtlich dieses Verhaltens und durch die Einschätzung der eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten zur Durchführung dieses Verhaltens beeinflusst. Die affektive Einstellung ergänzt dieses Modell. Auch die Indikatoren der affektiven Einstellungskomponente des vertrauenswürdigen Kommunikationsverhaltens werden mit dem Faktor 5 multipliziert, um die Skalen anzugleichen und eine Analyse des Gesamtmodells zu ermöglichen. Der Faktor stellt die mögliche Höchstbewertung der Indikatoren-Indizes aus zwei Komponenten dar. Die Indikatoren wur-
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
247
den auf einem semantischen Differenzial von -2 über 0 bis +2 gemessen (Abbildung 158). Auf der sich daraus ergebenden Skala von 1 (sehr negativ) bis 5 (sehr positiv) liegt der Mittelwert der affektiven Einstellungskomponente bei einem eher positiven Wert von 4,18 (n = 131). Einleitung
Items
Items aff. Einstellung Wenn ich Verhandlungen versuche, Vertrauens aufzubauen (verlässlich, glaubwürdig, ehrlich, integer und uneigennützig bin) dann ist das für mich als Verkäufer… schlecht – gut unerfreulich – erfreulich
Mittelwert Faktor ungewichtet 4,18 (n = 131) Mittelwert (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
Index
multipliziert index_aff_vertr_3 mit dem index_aff_vertr_5 Faktor 5 Mittelwert Faktor Index (n = 131) Mittelwert (auf einer Skala von 1 bis 25)
20,89
Abbildung 158 Informationen zum Index der affektiven Einstellung zu vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten
Die folgende Tabelle stellt das Messmodell der affektiven Einstellungskomponente dar. Der Faktor wird in die weitere Analyse aufgenommen. Indikatorbezeichnung
Korrigierte Item-to-TotalCorrelation
index_aff_vertr_3 index_aff_vertr_5 Cronbach Alpha Koeffizient: ,698
Faktorladung Indikatorreliabilität t-Wert der Faktor(explorative Fakladung (KFA) torenanalyse) ,542 ,878 ,542 ,878 Informationen zum Faktor Erklärte Varianz: 77,11 %
Abbildung 159 Messmodell der affektiven Einstellung zu vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten
Die Indikatoren der kognitiven Einstellung zum vertrauenswürdigen kommunikativen Verhalten sind Indizes und entstehen als Produkt der erwarteten Konsequenz des Verhaltens und der Bewertung der Konsequenz (vgl. Abbildung 160).
Items
Wert
Erwartung
Die Kommunikation in Verhandlungen immer positiv zu gestalten, finde ich …
Wenn man als Verkäufer in Verhandlungen verlässlich, glaubwürdig, ehrlich, integer und uneigennützig ist, dann gestaltet man die Kommunikation positiv. Wenn man als Verkäufer in Verhandlungen verlässlich, glaubwürdig, ehrlich, integer und uneigennützig ist, dann macht man den Verkäufer mit der Kommunikation zufrieden.
Sich stets so zu verhalten, dass der Einkäufer mit der Kommunikation in der Verhandlung zufrieden ist, finde ich … durchschnittliche Mittelwerte (n = 128)
4,07
Mittelwert (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
4,24
Index (Erwartung mal Wert) index_einst_vertr_4
index_einst_vertr_3
17,38
Mittelwert (auf einer Skala von 1 bis 25)
Abbildung 160 Index aus Erwartung einer Konsequenz des vertrauenswürdigen Verhaltens und deren Bewertung: Kognitive Einstellung gegenüber vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten
248
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Die folgende Tabelle stellt das Messmodell der kognitiven Einstellungskomponente dar. Der Faktor wird in die weitere Analyse aufgenommen. Indikatorbezeichnung
Korrigierte Item- Faktorladung to-Total(explorative FaktoCorrelation renanalyse) index_einst_vertr_3 ,581 ,889 index_einst_vertr_4 ,581 ,889 Informationen zum Faktor Cronbach Alpha Koeffizient: ,722
Indikatorreliabilität
t-Wert der Faktorladung (KFA)
Erklärte Varianz: 79,03 %
Abbildung 161 Messmodell zur kognitiven Einstellung gegenüber vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten
Die Indikatoren der sozialen Norm hinsichtlich vertrauenswürdigem Verhalten sind Indizes und werden als Produkt der Einschätzung der Urteile im geschäftlichen Umfeld gegenüber vertrauenswürdigem Verhalten und der Bereitschaft, diesem Urteil zu folgen (motivation to comply), berechnet (vgl. Abbildung 162). Diese Bereitschaft ist eher hoch (Mittelwert = 4,09), wohingegen die Norm zur vertrauenswürdigen Kommunikation im geschäftlichen Umfeld nicht ganz so hoch, aber durchaus positiv eingeschätzt wird.
Items
durchschnittliche Mittelwerte (n = 123)
Einschätzung der Norm
Bewertung der Norm
Vorgehen im Unternehmen Ansprüche der Vorgesetzten Ansprüche der Kollegen
Die Ansprüche zu erfüllen und den üblichen Vorgehensweisen zu folgen ist …
3,94
Index (Einschätzung mal Bewertung) index_sn_vertr_2 index_sn_vertr_3 index_sn_vertr_4
4,09
Mittelwert (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
16,55 Mittelwert (auf einer Skala von 1 bis 25)
Abbildung 162 Index aus Einschätzung der sozialen Norm und ‚motivation to comply’: Soziale Norm hinsichtlich vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten
Die folgende Tabelle stellt das Messmodell der sozialen Norm hinsichtlich vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten dar. Alle Gütekriterien, die auf Basis eines identifizierten Messmodells erfasst werden können, sind erfüllt, sodass dieses in die weitere Analyse aufgenommen wird. Indikatorbezeichnung
index_sn_vertr_3 index_sn_vertr_2 index_sn_vertr_4
Korrigierte Item-toTotalCorrelation ,850 ,771 ,713
Faktorladung (explorative Faktorenanalyse)
Indikatorreliabilität
t-Wert der Faktorladung (KFA)
,941 ,704 fixiert ,900 ,925 10,059 ,863 ,540 9,872 Informationen zum Faktor Cronbach Alpha Koeffizient: ,885 Erklärte Varianz: 81,32 % Faktorreliabilität: ,8852 Durchschnittlich erfasste Varianz: 72,24 % gemessen als Index aus zwei miteinander multiplizierten Skalen von jeweils 1 (schlecht / hinderlich; nein / nie) bis 5 (gut / förderlich; ja / immer) Abbildung 163 Messmodell zur sozialen Norm hinsichtlich vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten
Die Indikatoren der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle hinsichtlich vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten werden analog zur affektiven Einstellungskomponente zur Skalenangleichung mit dem Faktor 5 zu einem Index multipliziert. Der Mittelwert von 4,06 deutet
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
249
auf eine positive Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen durch die Verkäufer hin.
Items
Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten
Multipliziert mit der Maximalbewertung
Index (Einschätzung mal Faktor)
Ich halte meine Versprechen, die ich in Verhandlungen mache, ein. Ich schätze Risiken realistisch ein und erkläre diese den Einkäufern akkurat. Ich bekomme rechtzeitig Informationen, um Risiken realistisch abschätzen zu können.
Faktor 5
index_pp_vertr_5
durchschnittliche Mittelwerte (n = 132)
index_pp_vertr_7
index_pp_vertr_8
4,06
20,31
Mittelwert (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
Mittelwert (auf einer Skala von 5 bis 25 mit 5er Intervallen)
Abbildung 164 Index aus Einschätzung der wahrgenommenen Kontrolle multipliziert mit dem Faktor 5: Wahrgenommene Verhaltenskontrolle hinsichtlich vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten
Die folgende Tabelle stellt das Messmodell der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle für vertrauenswürdiges Kommunikationsverhalten dar. Insgesamt kann das Messmodell als verbesserungswürdig beurteilt werden, da Indikatorreliabilität, Faktorreliabilität und die durchschnittlich erfasste Varianz nicht die Anforderungen an die Güte des Modells erfüllen können. Indikatorbezeichnung
index_pp_vertr_5 index_pp_vertr_7 index_pp_vertr_8
Korrigierte Item-toTotalCorrelation ,368 ,268 ,465
Cronbach Alpha Koeffizient: ,553 Faktorreliabilität: ,5633
Faktorladung (explorative Faktorenanalyse)
Indikatorreliabilität
t-Wert der Faktorladung (KFA)
,617 ,131 2,669 ,770 ,365 fixiert ,784 ,444 2,426 Informationen zum Faktor Erklärte Varianz: 52,96 % durchschnittlich erfasste Varianz: 31,30 %
Abbildung 165 Messmodell zur wahrgenommenen Verhaltenskontrolle bei vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten
Um die theoretische Struktur des Modells vollständig zu prüfen, geht das Messmodell der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle in die weitere Analyse mit ein. Allerdings wird auch eine Modellalternative unter Ausschluss des Konstrukts ‚wahrgenommene Verhaltenskontrolle’ berechnet. Die Indikatoren der Intention zum vertrauenswürdigen Kommunikationsverhalten werden analog zur affektiven Einstellung und wahrgenommenen Verhaltenskontrolle mit dem Faktor 5 zu Indizes multipliziert (vgl. Abbildung 166).
250
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Items
Intention zum Verhalten
Multipliziert mit der Maximalbewertung
Ich möchte in Verhandlungssituationen Vertrauen aufbauen. Mein Ziel ist es, vom Einkäufer als vertrauenswürdig angesehen zu werden. Ich versuche, in Verhandlungssituationen beim Einkäufer Vertrauen aufzubauen.
Faktor 5
durchschnittliche Mittelwerte (n = 134)
Index (Einschätzung mal 5) index_int_vertr_1 index_int_vertr_2 index_int_vertr_4
4,74
23,68
Mittelwert (auf einer Skala von 1 = negativ und 5 = positiv)
Mittelwert (auf einer Skala von 5 bis 25 mit 5er Intervallen)
Abbildung 166 Index aus Intention zum Verhalten multipliziert mit dem Faktor 5: Intention zu vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten
Die folgende Tabelle stellt das Messmodell der Intention zu vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten dar. Alle Gütekriterien, die auf Basis eines identifizierten Messmodells erfasst werden können, sind erfüllt, sodass dieses in die weitere Analyse aufgenommen wird. Indikatorbezeichnung
index_int_vertr_1 index_int_vertr_2 index_int_vertr_4
Korrigierte Item-toTotalCorrelation ,682 ,739 ,673
Cronbach Alpha Koeffizient: ,835 Faktorreliabilität: ,8338
Faktorladung (explorative Faktorenanalyse)
Indikatorreliabilität
t-Wert der Faktorladung (KFA)
,862 ,595 ,889 ,739 ,849 ,550 Informationen zum Faktor Erklärte Varianz: 67,46 % durchschnittlich erfasste Varianz: 62,67 %
fixiert 8,443 8,128
Abbildung 167 Messmodell der Intention zu vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten
Werden die vorgenannten Konstrukte mit ihren Messmodellen im Gesamtkontext betrachtet, ergeben sich für die Güte des Gesamtmodells die in Abbildung 168 dargestellten Werte. Das Konstrukt der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle erfüllt die Anforderungen an die Faktorreliabilität und die durchschnittlich erfasste Varianz nicht. Für das Gesamtmodell sind alle Gütekriterien erfüllt.
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Faktor
affektive Einstellung kognitive Einstellung ggü. dem Verhalten soziale Norm
Wahrgenommene Verhaltenskontrolle Intention das Verhalten auszuführen
Indikator
Indikatorreliabilität
index_aff_vertr_3
,483
t-Wert der Faktorladung (KFA) 4,014
index_aff_vertr_5
,577
fixiert
index_einst_vertr_3
,504
fixiert
index_einst_vertr_4
,600
4,284 10,013
index_sn_vertr_2
,716
index_sn_vertr_3
,906
10,353
index_sn_vertr_4
,551
fixiert
index_pp_vertr_5
,129
2,611
index_pp_vertr_7
,453
fixiert
index_pp_vertr_8
,357
2,770
index_int_vertr_1
,609
fixiert
index_int_vertr_2
,680
8,494
index_int_vertr_4
,556
8,088
Faktorreliabilität
251
Durchschnittlich erfasste Varianz
,6910
52,85 %
,7102
55,11 %
,8872
72,60 %
,5630
31,29 %
,8279
61,63 %
Informationen zum Gesamtmodell (n = 135) Chi²/df: 1,325 AGFI: ,883
NFI: ,878
CFI: ,966
GFI: ,923
NNFI: ,956
IFI: ,967
RMSEA: ,049
Abbildung 168 Gesamtmodell des vertrauenswürdigen Kommunikationsverhaltens
Zur Prüfung der Diskriminanzvalidität der Faktoren des Gesamtmodells wurde eine explorative Faktorenanalyse durchgeführt. Indikatoren
Faktor 1
Faktor 2
Faktor 3
Faktor 4
Faktor 5
Faktoren nach Varimax-Rotation index_sn_vertr_3
,895
,131
,184
,100
,086
index_sn_vertr_2
,870
,060
,162
,121
,132
index_sn_vertr_4
,813
,263
,065
,137
,020
index_int_vertr_2
,116
,877
,060
,084
,093
index_int_vertr_4
,135
,815
,165
,042
,105
index_int_vertr_1
,158
,811
,123
,131
,130
index_einst_vertr_3
,217
,141
,850
-,041
,060
index_einst_vertr_4
,089
,156
,848
,035
,153
index_pp_vertr_8
,094
,014
-,039
,827
-,008
index_pp_vertr_7
,035
,165
,127
,769
,123
index_pp_vertr_5
,295
,064
-,106
,473
,015
index_aff_vertr_3
,104
,141
,055
-,029
,877
index_aff_vertr_5
,073
,129
,155
,149
,828
18,98 %
17,65 %
12,37 %
12,25 %
11,99 %
Durch die Faktoren erklärter Anteil der Gesamtvarianz
Abbildung 169 Diskriminanzprüfung des Gesamtmodells zum vertrauenswürdigen Kommunikationsverhaltens durch Faktorenanalyse
Deren Ergebnisse werden in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Faktorladungen über ,3 sind hervorgehoben. Das Kaiser-Kriterium ist erfüllt. Die Ladungen bestätigen nach einer Varimax-Rotation die Diskriminanzvalidität der Faktoren.
252
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
Zur weiteren Prüfung der Diskriminanzvalidität der Faktoren des Gesamtmodells wird das Fornell-Larcker-Kriterium herangezogen. Fornell-Larcker-Kriterium aE DEV affektive Einstellung (aE) (DEV = 0,5285) kognitive Einstellung (kE) (DEV = 0,5511) soziale Norm (SN) (DEV = 0,7260) wahrgenommene Verhaltenskontrolle (PBC) (DEV = 0,3129) Intention (DEV = 0,6163)
kE SN ,5285 ,5511 quadrierte Korrelationen der Faktoren
PBC ,7260
,3129
0,132496 0,073441
0,165649
0,080089
0,012769
0,1444
0,146689
0,166464
0,131769
0,124609
Abbildung 170 Diskriminanzprüfung des Gesamtmodells zum vertrauenswürdigen Kommunikationsverhalten: Fornell-Larcker-Kriterium
Alle quadrierten Korrelationen der Faktoren sind kleiner als die jeweiligen durchschnittlich erfassten Varianzen, sodass die Diskriminanzvalidität weiterhin bestätigt werden kann. Da die Teilmodelle und das Gesamtmodell die Reliabilitäts- und Validitätsprüfung bestanden haben, wird im Folgenden das Gesamtmodell mit seinen Wirkungszusammenhängen grafisch dargestellt. erklärte Varianz: 20,0 %
0,447*** affektive Einstellung 1
2
vertrauenswürdiges Kommunikationsverhalten
kognitive Einstellung 2 0,352*** 3
1
0,321*** soziale Norm 3 erklärte Varianz: 10,3 %
wahrg. Verhaltenskontrolle 2
0,210**
Intention 1
0,243* erklärte Varianz: 24,8 %
*** Signifikanzniveau von 1 %; ** Signifikanzniveau von 3 %, * Signifikanzniveau von 5 % Abbildung 171 Kausalmodell zum vertrauenswürdigen Kommunikationsverhalten
Da das Konstrukt ‚wahrgenommene Verhaltenskontrolle’ die Anforderungen der Gütekriterien Faktorreliabilität und durchschnittlich erfasste Varianz nicht voll erfüllt, ist zu entscheiden, ob es beibehalten werden soll. Mit dem Ausschluss des Konstrukts würde der rein konfirmatorische Charakter der Untersuchung wieder verlassen, die ‚Theorie des überlegten Handelns‘
5 Kommunikationsverhalten des Verkäufers – Konzepte, Theorien und empirische Prüfung
253
könnte jedoch wie bei der alternativen Modellberechnung zum ‚Offenen Kommunikationsverhalten‘ als theoretische Grundlage dienen. Wird das auf der ‚Theorie des überlegten Handelns‘ basierende Alternativmodell als Gesamtmodell berechnet, können 21,6 % der Varianz der Intention zu vertrauenswürdigem Kommunikationsverhalten durch die verbleibenden Konstrukte Einstellung und Soziale Norm erklärt werden. Die Güte des Gesamtmodells würde sich minimal verändern (GFI: ,942, AGFI: ,897, NFI: ,927, IFI:,980, RMSEA:,051), aber gut bleiben. Die Regressionskoeffizienten der unabhängigen Variablen auf die abhängige Variable ‚Intention’ würden etwas ansteigen, die Relation zueinander bliebe bestehen (Einstellung zu Intention (11): ,347, 99 % signifikant; soziale Norm zu Intention (21): ,262, 99 % signifikant). Für die wahrgenommene Verhaltenskontrolle gibt es somit einen Erklärungsbeitrag für die Varianz der Verhaltensintention und das ursprüngliche Modell soll beibehalten werden. Die Intention des Verkäufers, in einer Verhandlungssituation mit Einkäufern vertrauenswürdig zu kommunizieren (verlässlich, glaubwürdig, ehrlich, integer und uneigennützig zu sein), wird signifikant positiv von den Konstrukten ‚Einstellung gegenüber dem Verhalten’, ‚soziale Norm hinsichtlich des Verhaltens’ und der ‚wahrgenommenen Verhaltenskontrolle’ beeinflusst. Die ‚affektive Einstellung’ beeinflusst signifikant positiv die ‚kognitive Einstellung’ und die ‚soziale Norm’. Somit können die Hypothesen zum vertrauenswürdigen Kommunikationsverhalten als bestätigt angesehen werden: H 3.1vertrauen Die positive kognitive Einstellung gegenüber der vertrauenswürdigen Kommunikation in der Verhandlung beeinflusst die Verhaltensintention positiv. H 3.2 vertrauen Die positiv wahrgenommene soziale Norm der vertrauenswürdigen Kommunikation in der Verhandlung beeinflusst die Verhaltensintention positiv. H 3.3vertrauen Die positiv wahrgenommene soziale Norm der vertrauenswürdigen Kommunikation in der Verhandlung beeinflusst die Verhaltensintention positiv. H 3.4vertrauen Die positive affektive Einstellung gegenüber dem vertrauenswürdigen Kommunikationsverhalten beeinflusst die kognitive Einstellung zu diesem Verhalten positiv. H 3.5vertrauen Die positive affektive Einstellung gegenüber dem vertrauenswürdigen Kommunikationsverhalten beeinflusst die soziale Norm positiv.
254
6 Fazit und Ausblick
6 Fazit und Ausblick 6.1
Zusammenfassung und managementorientierte Integration der zentralen Ergebnisse
Mit der vorliegenden Arbeit sollte ein Forschungsbeitrag zum Gegenstand der Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb von Industriegütern geleistet werden. Dazu wurde ein dyadischer, integrativer Kommunikationsansatz entwickelt. In diesem Bezugsrahmen wurden die Konstrukte Kommunikationszufriedenheit und Kommunikationsqualität sowie die Kontextfaktoren des industriellen Vertriebs und das Kommunikationsverhalten des Verkäufers konzeptualisiert und operationalisiert. Dazu wurden theoretisch basierte Hypothesen formuliert und in zwei empirischen Studien bei Einkäufern und Verkäufern geprüft. Nach der Problemstellung und der Darstellung des Aufbaus der Arbeit folgte in Kapitel 2 die begriffliche und kontextbezogene Einordnung des Phänomens ‚Face-to-Face Kommunikation’ in eine Betrachtung des Vertriebs von Industriegütern. Face-to-Face Kommunikation ist insbesondere beim Vertrieb von individuellen Gütern relevant, die hohe Anforderungen an die Integrativität stellen und darüber hinaus von Unsicherheit aufgrund von Informationsasymmetrien zwischen Einkäufer und Verkäufer geprägt sind. Als Anwendungsbereiche für die Gestaltungsempfehlungen dieser Arbeit konnten daher insbesondere die Geschäfts- und Gütertypen mit individuellen Charakteristika wie Sondermaschinen, Anlagen- und Kontraktgütergeschäft, Projektmanagement und Key-Account-Management sowie Vertrauensgüter identifiziert werden. Bisherige Interaktionsansätze liefern Anhaltspunkte zur Formulierung eines integrativen Kommunikationsansatzes. Die Eigenschaften und Anforderungen an die persönliche Kommunikation zwischen Sender und Empfänger, deren Inhalte und Übermittlung sowie die beziehungskonstituierende Wirkung wurden mit Hilfe von Kommunikationsansätzen und -theorien erläutert. In Kapitel 3 wurde zunächst das zentrale Konstrukt der Kommunikationszufriedenheit mit Hilfe des Confirmation / Disconfirmation-Paradigmas konzeptualisiert. Die Entstehung und Veränderung der Kommunikationszufriedenheit wurde durch Theorien der Sozialpsychologie und der Neuen Institutionenökonomie erklärt. Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers basiert auf einem Vergleich seiner Erwartungen an die Kommunikationsdimensionen mit dem von ihm wahrgenommenen Verkäuferverhalten in der persönlichen Kommunikationssituation. Dabei setzt sich die Gesamtkommunikationszufriedenheit aus der Zufriedenheit mit spezifischen Kommunikationsdimensionen zusammen. Die Zufriedenheitsniveaus bezüglich der Kommunikationsdimensionen basieren wiederum auf den Zufriedenheiten mit zugehörigen Kommunikationskriterien. Insgesamt vierzehn Kommunikationsdimensionen wurden aus theoretischen Überlegungen heraus identifiziert und auf Basis einer umfassenden Literaturdurchsicht zum Konstrukt Kommunikationsqualität – dem subjektiven Erwartungshintergrund der Kommunikationszufriedenheit – konzeptualisiert. Verschiedene Methoden der Zufriedenheitsmessung wurden beschrieben, ehe eine eigene empirische Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ vorgestellt wurde. 292 Einkäufer großer deutscher Industrieunternehmen beantworteten einen schriftlichen, stan-
A. Geile, Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb von Industriegütern, DOI 10.1007/978-3-8349-8615-3_6, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010
6 Fazit und Ausblick
255
dardisierten Fragebogen zu ihrer Zufriedenheit mit dem Kommunikationsverhalten des Verkäufers in der letzten persönlichen Face-to-Face Kommunikationssituation. Dabei wurden die Einzelzufriedenheiten mit den Kommunikationsdimensionen und ihren Kriterien sowie die Gesamtkommunikations-zufriedenheit erfasst. Die erste Hypothese bezog sich auf die Wirkung der einzelnen Kommunikationsdimensionen auf die Gesamtkommunikationszufriedenheit (vgl. Anhang VI). Die Wichtigkeit der einzelnen Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit wurde direkt ermittelt und zusätzlich indirekt berechnet. Die Kommunikationsdimensionen ließen sich verschiedenen Zufriedenheitstypen (Basis-, Leistungs-, Begeisterungsfaktoren) zuordnen. Letztlich werden strategisch relevante Kommunikationsdimensionen in einem relativen Wichtigkeit-Leistungs-Vergleich identifiziert. Eine direkte und offene Abfrage der positiv und negativ wahrgenommenen Aspekte der Kommunikation ergänzte diese Ergebnisse. Die Dimensionen, die als Begeisterungsfaktoren angesehen wurden, konnten im WichtigkeitLeistungsvergleich den Quadranten III („Nicht anstrengen!“) und II („Zuviel des Guten!“) zugeordnet werden. Ihre relativ geringere Wichtigkeit für die Gesamtkommunikationszufriedenheit stützt die Annahme, dass sie im geschäftlichen Vertriebskontext eher als zusätzliche Kommunikationsleistung des Verkäufers angesehen werden, aber bei Vorhandensein zur Begeisterung führen können. Allerdings ist insbesondere vor einer weiteren Intensivierung der Dimensionen ‚Unterhaltsamkeit‘ und ‚Interesse an personalisierter Kommunikation‘ seitens des Verkäufers zu beachten, dass im Rahmen der offenen Befragung übermäßige Aktivitäten in diesen Dimensionen durch den Einkäufer als negativ bewertet wurden. An die Dimension ‚Freundlichkeit’ erinnerte man sich dagegen häufiger in positiver Weise; dieser Begeisterungsfaktor scheint damit eher zur Abgrenzung gegenüber Wettbewerbern geeignet. Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Umgang mit den Dimensionen gewidmet werden, die als Basisfaktoren identifiziert wurden. Diese tragen nicht unmittelbar zur Steigerung der Kommunikationszufriedenheit bei, können aber bei Nicht-Erfüllung zu Unzufriedenheit führen. Für die Dimension ‚Souveränität‘ stützt das Ergebnis der offenen Befragung zu besonders schlechten Aspekten der Kommunikationssituation diese Annahme. Hierbei wurde fehlende Souveränität des Verkäufers in der Erinnerung des Einkäufers als negativ bezeichnet. Im Wichtigkeit-Leistungs-Vergleich wurde die Basis-Dimension ‚Empathie‘ dem Quadranten IV („Mehr Konzentration, bitte!“) zugeordnet. Für diese beiden Dimensionen gilt also, dass weiterhin Ressourcen in ihre Erfüllung investiert werden sollten. Die größten Anstrengungen sollten jedoch in die Erfüllung derjenigen Dimensionen investiert werden, die den Leistungsfaktoren zugeordnet wurden. Dabei konnten im WichtigkeitLeistungs-Vergleich einige Dimensionen im Quadranten I („Weiter so!“) lokalisiert werden. ‚Kooperationsbereitschaft‘, ‚Kompetenz‘ und ‚Informationsfluss‘ werden dabei besser als andere erfüllt und sind eher wichtig. Die Anstrengungen hinsichtlich dieser Dimensionen sollten beibehalten werden. Die Zuordnung der Dimension ‚Konfliktumgang‘ zum Quadranten II („Zuviel des Guten!“) könnte aus der betrachteten Kommunikationssituation resultieren. Nicht in jeder Situation ist ein aktiver Umgang mit Konflikten notwendig, wenn jedoch ein Konflikt-
256
6 Fazit und Ausblick
potenzial vorliegt, ist diese Dimension als Leistungsfaktor zu betrachten, und entsprechende Ressourcen sollten situationsbezogen investiert werden. Die Dimensionen ‚Lösungsorientierung‘ und ‚Kontextverständnis‘ wurden im Wichtigkeit-Leistungs-Vergleich dem Quadranten IV („Nicht anstrengen!“) zugeordnet. Daher müssten die Anstrengungen in diesen Dimensionen eigentlich reduziert werden. Allerdings können diese Dimensionen, wie auch der Konfliktumgang, in spezifischen Situationen besonders relevant sein, sodass die Investition von Ressourcen in diese Leistungsfaktoren stärker von der jeweiligen Situation beeinflusst werden könnte als bei anderen Leistungsfaktoren. Den Dimensionen, die als Leistungsfaktoren identifiziert und im Wichtigkeit-Leistungs-Vergleich dem Quadranten IV („Mehr Konzentration, bitte!“) zugeordnet wurden, sollte die größte Aufmerksamkeit gewidmet werden. ‚Vertrauenswürdigkeit‘, ‚Inhaltsqualität‘ und ‚Offenheit‘ stellen strategisch besonders relevante Kommunikationsdimensionen dar, mit deren Gestaltung durch den Verkäufer die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers positiv beeinflusst werden kann. Sie wurden daher in Kapitel 5 in der zweiten eigenen empirischen Studie der vorliegenden Arbeit einer genaueren Analyse im Hinblick auf das Verhalten des Verkäufers unterzogen. Mit den Ausführungen in Kapitel 4 wurde die Analyse der Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers in Kapitel 3 um Kontextfaktoren der Face-to-Face Kommunikation ergänzt. Dazu wurden situativer Kontext, Episoden, individuelle und interindividuelle Faktoren, Multipersonalität, Unternehmens- und Produkteigenschaften sowie Internationalität als unabhängige und als moderierende Variablen konzeptualisiert und mit den Daten der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ empirisch analysiert. Zunächst wurden die Einflüsse der Kontextfaktoren als unabhängige Variable mit direkter und mediierter Wirkung auf die Kommunikationszufriedenheit konzeptualisiert. Auf Basis der theoretischen Vorüberlegungen in Kapitel 3 wurden Hypothesen formuliert, die anhand der empirischen Daten geprüft wurden (vgl. Anhang VI). Für jede Kontextvariable wurden konkrete Implikationen zur Vorbereitung und Gestaltung von Face-to-Face Kommunikationssituationen aus den empirischen Ergebnissen abgeleitet. Die Charakterisierung als unabhängige Variable impliziert, dass diejenigen Ausprägungen der Kontextfaktoren durch die Verkäufer präferiert werden, die zu einem höheren Kommunikationszufriedenheitsniveau führen können. So können also die Voraussetzungen für die Entstehung von Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers durch die aktive Gestaltung des Kontexts der Kommunikationssituation verbessert werden. Die Kontextvariablen wurden zusätzlich als moderierende Variablen konzeptualisiert, um ihre Wirkung auf die Korrelationen zwischen den Zufriedenheitsniveaus der Kommunikationsdimensionen, und der Gesamtkommunikationszufriedenheit zu analysieren (vgl. Anhang VI). Neben dieser Einzelbetrachtung der Veränderung der Korrelationskoeffizienten wurden Veränderungen der relativen Wichtigkeit der Kommunikationsdimensionen für die Gesamtkommunikationszufriedenheit untersucht. Mit der letztgenannten Analyse konnten tendenzielle Handlungsempfehlungen für die Ausrichtung des Verkäuferverhaltens auf bestimmte Kommunikationsdimensionen in Face-to-Face Kommunikationssituationen in spezifischen Kontexten abgeleitet werden.
6 Fazit und Ausblick
257
Im Hinblick auf die Implikationen bleibt anzumerken, dass mit der erhobenen Datenbasis und der verwendeten Methode insbesondere für die moderierenden Effekte eher Tendenzen erfasst wurden. Darüber hinaus wurden Interaktionseffekte zwischen den Kontextvariablen ausgeschlossen, sodass in Bezug auf eine Interpretation und Umsetzung in der Realität jeweils eine unternehmens- und situationsspezifische Reflexion erforderlich ist. Die Entstehung des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers in Face-to-Face Verhandlungen war Gegenstand des 5ten Kapitels. Zur Erklärung der Entstehung von Verhaltensintentionen wurde die ‚Theorie des geplanten Verhaltens‘ herangezogen und diese – mit der Zielsetzung einer vollständigen Betrachtung der Einstellungskomponenten – um die affektive Einstellungskomponente ergänzt. Mit den Daten der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ wurden in der Gegenüberstellung von relativer Wichtigkeit und Zufriedenheitsniveau drei Kommunikationsdimensionen als strategisch besonders relevante Leistungsfaktoren identifiziert. Diese Dimensionen – ‚Inhaltsqualität’, ‚Offenheit’ und ‚Vertrauenswürdigkeit’ – waren relativ wichtig, und das Zufriedenheitsniveau war weniger hoch. Die drei Dimensionen wurden für die Verkäuferseite gespiegelt und als ‚informationsförderndes Verhalten‘, ‚offenes Kommunikationsverhalten‘ und ‚vertrauenswürdiges Kommunikationsverhalten‘ in Verhaltensausprägungen des Verkäufers überführt. Damit genau das Verhalten gemessen wird, das die Einkäufer zuvor bewertet hatten, wurden dieselben Definitionen verwendet, die zuvor in Kapitel 3 für die jeweiligen Kommunikationsdimensionen auf Basis umfassender Literaturrecherche formuliert worden waren. Auf Basis der theoretischen Vorüberlegungen wurde für jede dieser Verhaltensausprägungen ein Kausalmodell aufgestellt. Die Intention der Verkäufer zur jeweiligen Verhaltensausprägung wird direkt durch die kognitive Einstellung, die soziale Norm und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle hinsichtlich dieses Verhaltens beeinflusst; die affektive Einstellung wirkt indirekt über die kognitive Einstellung und die soziale Norm auf die Verhaltensintention. Die Messmodelle wurden reflektiv, teils als Indizes, spezifiziert, wobei ihnen als Bezugsgröße jeweils die Definition einer der drei Verhaltensausprägungen vorangestellt wurde. In der zweiten eigenen empirischen Studie zum ‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers’ beantworteten 135 Verkäufer aus großen, deutschen Industrieunternehmen einen standardisierten Fragebogen zur Einschätzung ihres eigenen Kommunikationsverhaltens in Verhandlungen mit Einkäufern. Die theoretisch hergeleiteten Hypothesen konnten für die drei Kausalmodelle empirisch bestätigt werden (vgl. Anhang VI). Die relative Wirkung der Determinanten auf die Verhaltensintention „is expected to vary across behaviors and situations“.761 Die folgende Abbildung 172 gibt einen Überblick über die signifikanten Wirkungsbeziehungen im Vergleich der drei Modelle.
761
Ajzen (1991), S. 188.
258
6 Fazit und Ausblick
Modell
Wirkungsbeziehung affektive Einstellung – > kognitive Einstellung affektive Einstellung – > soziale Norm kognitive Einstellung – > Intention soziale Norm – > Intention wahrgenommene Verhaltenskontrolle - > Intention
Informationsförderndes Verhalten
Offenes Kommunikationsverhalten
Vertrauenswürdiges Kommunikationsverhalten
0,402
0,633
0,447
0,366
0,230
0,321
0,373
0,180
0,352
0,452
0,457
0,210
0,193
0,242
0,243
standardisierte Regressionskoeffizienten zwischen den Latenten Abbildung 172 Vergleich der Stärke der Wirkungsbeziehungen zwischen den Verhaltensmodellen
Es zeigt sich also, das die Wirkungsbeziehungen zwischen den Latenten in den verschiedenen Verhaltensmodellen unterschiedlich stark ausgeprägt sind. So wirkt z. B. die affektive Einstellung im Hinblick auf das offene Kommunikationsverhalten vergleichsweise stark auf die kognitive Einstellung, diese wirkt aber wiederum im Vergleich mit den anderen Verhaltensmodellen relativ gering auf die Intention zu offenem Kommunikationsverhalten. Die Zusammenführung der Ergebnisse der beiden eigenen empirischen Studien (‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers‘ und ‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers‘) zeigt Folgendes: Die Mittelwerte der Indikatoren der Verhaltensintention in der Verkäuferstudie ergeben auf einer Skala von 1 („Nein / Nie“) bis 5 („Ja / Immer“) für das informationsfördernde Verhalten 3,98, für das offene Kommunikationsverhalten 4,54 und für das vertrauenswürdige Kommunikationsverhalten 4,74. Die Intention des Verkäufers, sich vertrauenswürdig zu verhalten, ist vergleichsweise stark ausgeprägt. In der Einkäuferstudie wurde die Kommunikationsdimension ‚Vertrauenswürdigkeit’ mit einem Mittelwert von 2,31 (auf einer Skala von 1 „sehr zufrieden“ bis 6 „völlig unzufrieden“) gemessen und im Vergleich der drei untersuchten Verhaltensdimensionen mit der höchsten Zufriedenheit des Einkäufers bewertet sowie als die wichtigste eingeschätzt. Die Intention wirkt sich also auf die Leistungsfähigkeit des Verkäufers aus. Dagegen ist die Intention zu inhaltsförderndem Verhalten (entspricht der Kommunikationsdimension ‚Inhaltsqualität’ in der Einkäuferstudie) am wenigsten stark ausgeprägt. Diese wurde von den Einkäufern als viertwichtigste (nach ‚Vertrauenswürdigkeit’, ‚Kooperationsbereitschaft’ und ‚Kompetenz‘) eingeschätzt und mit dem Mittelwert 2,34 als ‚noch gut’ bewertet. Somit wäre hier eine Veränderung der Verhaltensintention mit dem Ziel einer Verhaltensänderung besonders angezeigt. Die starke Intention, offenes Kommunikationsverhalten zu zeigen (Mittelwert 4,54), wird anscheinend nicht angemessen in tatsächliches Verhalten umgesetzt oder für die Einkäufer nicht deutlich, denn diese bewerteten die Kommunikationsdimension ‚Offenheit’ im Mittel mit 2,36 (‚noch gut’). Die Studie zum ‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers’ diente der Identifikation von Ansatzpunkten, wie das (intendierte) Kommunikationsverhalten verändert werden kann. Da positive Einflüsse der unabhängigen Variablen ‚Einstellung‘, ‚soziale Norm‘ und ‚wahrge-
6 Fazit und Ausblick
259
nommene Verhaltenskontrolle‘ festgestellt werden konnten, lassen sich diese verwenden, um die Intentionen des Verkäufers auf die Erwartungen des Einkäufers auszurichten. Die affektive Einstellung zu einem bestimmten Verhalten kann möglicherweise durch neue Informationen und in ‚forced compliance’ Situationen verändert werden. Neue und zusätzliche Informationen über ein bestimmtes Verhalten können in Workshops und in der umfassenden Reflexion von Face-to-Face Kommunikationssituationen weitergegeben und entwickelt werden. ‚Compliance’ kann provoziert werden, indem Verkäufer in Situationen gebracht werden, in denen sie sich in einer bestimmten Art und Weise und gegebenenfalls entgegen ihrer eigentlichen Einstellung verhalten müssen. Das erbrachte Verhalten kann dann im Nachhinein nicht mehr verändert werden, sodass u. U. eine Einstellungsänderung durch den Abbau kognitiver Dissonanzen stattfindet. Das zunächst negativ bewertete Verhalten wird nach einem Dissonanzabbau durch Einstellungsänderungen positiv bewertet. Da kognitive Einstellungen durch die Erwartung und Bewertung eines bestimmten Verhaltensergebnisses geformt werden, ergeben sich hier zwei Ansatzpunkte für professionelle Weiterentwicklungsmaßnahmen. Dabei werden Erwartung und Bewertung durch intensive Reflexion in der Nachbereitung von Face-to-Face Kommunikationssituationen, Kommunikationstrainings und Verkaufsworkshops evaluiert und verändert. Es ist anzunehmen, dass sich das Erwartungsprofil der Einkäufer und die Einschätzung dieses Profils durch die Verkäufer unterscheiden. Die Kenntnis möglicher Konsequenzen eines bestimmten Verhaltens und die objektivierte Bewertung dieser Konsequenzen kann die kognitive Einstellung des Verkäufers verändern. Die Wahrnehmung sozialer Normen wird durch die Evaluation der für den Verkäufer relevanten Referenzgruppen und der Motivation, diesen zu folgen (‚motivation to comply’), beeinflusst. Überraschenderweise spielten die Einkäufer in den untersuchten Modellen zum offenen und vertrauenswürdigen Kommunikationsverhalten keine Rolle als Referenzgruppe, da diese Variablen während des Operationalisierungsprozesses ausgeschlossen werden mussten. Die Einkäufer sollten die wichtigste Bezugsgruppe der Verhaltensausrichtung des Verkäufers sein, da diese letztlich über den geschäftlichen Erfolg entscheiden. Die Integration der Einkäufer als relevante Einflussgruppe in den Bewertungsprozess sollte ein Ziel professioneller Weiterentwicklung sein. Der Verkäufer zieht darüber hinaus die wahrgenommene Meinung anderer Referenzgruppen zur Bildung seiner Verhaltensintention heran. Daraus ergeben sich zwei weitere Ansatzpunkte, die tatsächliche Einstellung der Referenzgruppe zu einer Kommunikationsverhaltens-ausprägung und die vom Verkäufer wahrgenommene. Um die Verhaltensintentionen positiv (kommunikationszufriedenheitsorientiert) zu beeinflussen, können zunächst die tatsächlichen Meinungen der Referenzgruppen erfasst werden. Dominiert z. B. eine Kultur im Anbieterunternehmen, die den Einkäufererwartungen widerspricht, sind organisationale Entwicklungsmaßnahmen zu empfehlen. Darüber hinaus kann sich aber auch die Einschätzung der sozialen Norm der Referenzgruppe durch den Verkäufer von der tatsächlichen Norm unterscheiden. Hier ist dann ein Abgleich der Normen zu empfehlen, um diese Verzerrung zu reduzieren.
260
6 Fazit und Ausblick
Die wahrgenommene Verhaltenskontrolle wird durch die Möglichkeiten und Fähigkeiten des Verkäufers in seiner Selbsteinschätzung determiniert. Der Verkäufer sollte in der Lage sein, diese Mechanismen zu identifizieren und zu verstehen. Als Beispiele für Instrumente der Weiterentwicklung seien die Versorgung mit bestimmten Informationen, die Übertragung von Entscheidungsmacht und Kompetenztraining genannt.
6.2
Weiterführende Implikationen für die Praxis
In 6.1 wurden bereits Handlungsempfehlungen formuliert. Für die Gesamtheit des Ansatzes und seine Übertragung in die Unternehmenspraxis sollen im Folgenden weitere Überlegungen angestellt werden. In der Regel finden zwischen den Mitgliedern eines anbietenden und den Mitgliedern eines einkaufenden Unternehmens im Verlauf einer Geschäftsbeziehung mehrere Face-to-Face Kommunikationssituationen statt. Diese können verschiedenen Episoden (Informationsgespräch, Akquise, Verhandlung, Socialising) zugeordnet werden. Die Beteiligten können wechseln. Ziel des kommunikationsbezogenen Vertriebsmanagements ist es, Kontinuität und Kohärenz der Kommunikation über Episoden und Personen sicherzustellen. Daraus folgen verschiedene organisatorische Aufgaben wie die Implementierung eines Berichtssystems mit strukturierter, regelmäßiger Dokumentation und individueller, unternehmensbezogener Evaluation. Letztere sollten in größeren Abständen als repräsentative Studie durchgeführt werden, um in den Aktivitäten realitätsnah und aktuell zu bleiben. Das folgende Phasenkonzept bildet die empfohlenen Schritte ab (vgl. Abbildung 173). Face-to-Face Kommunikationen finden zwischen Verkäufern und Einkäufern statt, und Gespräche werden in der Regel auf beiden Seiten vorbereitet. Zur Vorbereitung können auch die in dieser Arbeit abgeleiteten Ergebnisse zu den Kommunikationsdimensionen und Kontextfaktoren dienen. In der aktiven Auswahl bestimmter Ausprägungen der Kontextvariablen liegt das Potenzial für den Verkäufer, Voraussetzungen zu schaffen, mit denen die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers positiv beeinflusst werden kann. In der Kommunikationssituation selbst kann der Verkäufer die Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers positiv beeinflussen, indem er sich auf diejenigen Kommunikationsdimensionen konzentriert, die in den spezifischen Gegebenheiten des Kontexts besonders wichtig sind. Die anderen Dimensionen dürfen dabei aber nicht völlig vernachlässigt werden, da auch diese in der Regel zur Gesamtkommunikations-zufriedenheit beitragen. Neben den Inhalten sollte das Kommunikationsverhalten in der Kommunikationssituation strukturiert dokumentiert werden. Mit der Verwendung standardisierter Erhebungsbögen auf Basis der Kommunikationsqualitätskriterien und -dimensionen können objektive und vergleichbare Erkenntnisse gewonnen werden.
6 Fazit und Ausblick
Abbildung 173 Phasenkonzept des Managements zufriedenheitsorientierter Face-to-Face Kommunikation
261
262
6 Fazit und Ausblick
Auf Einkäuferseite können die Dimensionen und Kriterien der Kommunikation als objektives Evaluierungs- und Vergleichsinstrument der Qualität von Kommunikationssituationen mit Verkäufern genutzt werden (Phase 1Einkäufer). Die Dokumentation des Verkäuferverhaltens kann dabei direkt einer Bewertung unterzogen werden und zur Entscheidung für oder wider eine zukünftig erstrebenswerte Geschäftsbeziehung herangezogen werden. Neben dem Kommunikationsverhalten sind weitere Entscheidungskriterien zu beachten (z. B. Preis, technische Leistungsfähigkeit, Lieferkonditionen, Zeithorizont, Referenzen usw.). Die Bewertung der Kommunikationssituation durch die Einkäuferseite führt zu strategischen Konsequenzen. Wurden die Erwartungen erfüllt und sind die weiteren Konditionen mindestens akzeptabel, kann weiterer Kontakt bis zum Vertragsabschluss und gegebenenfalls eine langfristige Geschäftsbeziehung angestrebt werden. Die Kommunikationssituation kann auch zufriedenstellend gewesen sein, aber aus verschiedenen Gründen derzeit zu keiner Folgeaktion führen, wobei Kontakte weiterhin möglich sind. Die Kommunikationssituation kann auch zu einer Beendigung der Geschäftsbeziehung geführt bzw. den Aufbau einer Geschäftsbeziehung verhindert haben. Auch die Verkäuferseite kann die Kommunikationsdimensionen und -kriterien als internes, objektives Evaluierungs- und Bewertungsinstrument der eigenen Kommunikation wie auch der Kommunikation der Einkäuferseite nutzen (Phase 1Verkäufer). Das Kommunikationsergebnis sollte darüber hinaus hinsichtlich des geschäftlichen Potenzials über weitere Kontakte beurteilt werden. Dabei kann die Kommunikationssituation als Ausgangspunkt oder Weiterführung einer längerfristigen Geschäftsbeziehung eingeschätzt werden. Die Elemente der Phase 1 auf Einkäufer- und Verkäuferseite stellen die Schritte dar, die idealtypisch regelmäßig jeder persönlichen Kommunikationssituation im industriellen Vertrieb folgen sollten. Mit der objektiven Dokumentation und Bewertung von Kommunikation und Ergebnis werden Kontinuität und Kohärenz zwischen Transaktionen, Episoden und Beteiligten gewährleistet. Die Phasen 2 bis 5 stellen den Ablauf einer Evaluation der Kommunikationszufriedenheit der Einkäufer dar, die Phasen 6 bis 8 beschreiben die Identifikation von Ansatzpunkten für Weiterbildungsmaßnahmen der Verkäufer. Diese aufwändige und umfassende Ermittlung der unternehmensspezifischen Aspekte sollte in größeren Abständen durchgeführt werden, um das kommunikationszufriedenheitsorientierte Berichtssystem aktuell und realitätsnah zu gestalten und zu erhalten. In unterschiedlichen Unternehmenskonstellationen können verschiedene Kontextfaktoren relevant sein. Deren Identifikation für eine unternehmensbezogene Studie zur Kommunikationszufriedenheit der Einkäufer bildet die Basis für die Festlegung von Mindestniveaus (Phase 2). Dabei können die Ergebnisse zu den Niveaus der Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen aus der Studie zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ als Richtwerte dienen. Anschließend kann eine unternehmensbezogene Kommunikationszufriedenheitsstudie konzipiert werden (Phase 3). Dabei sollten geschlossene Fragen zur Zufriedenheit mit den Kommunikationsdimensionen und -kriterien sowie zur Gesamtkommunikationszufriedenheit
6 Fazit und Ausblick
263
enthalten sein. Die geschlossenen Fragen sollten um offene Fragen, wie sie in der Critical Incident Technique (CIT) verwendet werden, erweitert werden, da hier weitere Erkenntnisse zu kommunikationsrelevanten Aspekten gewonnen werden können. Bei der Durchführung der Befragung (Phase 4) ist die Zielgruppe auszuwählen. Dabei können nur Bestandskunden in einer langfristigen Geschäftsbeziehung ausgewählt werden. Des Weiteren können auch Einkäufer, mit denen bereits einmal ein Kontakt stattfand und wenn anzunehmen ist, dass weitere folgen werden, ausgewählt werden. Schließlich können Einkäufer, mit deren Unternehmen der Kontakt nach einer Gesprächssituation abbrach, ausgewählt werden. Nach Möglichkeit sollten alle drei Gruppen erfasst werden. Die Befragung selbst kann als Maßnahme der Qualitätssicherung den ‚Willen zur Verbesserung’ demonstrieren und unzufriedenen Einkäufern ein Beschwerdeforum bieten. Darüber hinaus können insbesondere in den Ergebnissen der offenen Nennungen besonders positive und negative Aspekte erkannt und Basis von Veränderungsmaßnahmen werden. Die Analyse der Daten aus der Befragung (Phase 5) ergibt die Möglichkeit eines Vergleichs mit den zuvor definierten Mindestniveaus der Kommunikationszufriedenheit sowie neue Erkenntnisse aus der offenen Abfrage besonders positiver und negativer Aspekte. Werden alle Anforderungen an das Niveau der Kommunikationszufriedenheit erfüllt und sind die Ergebnisse der offenen Nennungen rein situativ zu interpretieren, kann unter Umständen kein weiterer akuter Handlungsbedarf angezeigt sein. Die Zufriedenheitsniveaus sollten weiter gehalten, die implementierten Programme (wie motivationsfördernde Maßnahmen etc.) beibehalten werden. Die Evaluation sollte in größeren Abständen wiederholt werden. Werden Mindeststandards nicht erfüllt oder liegen Erkenntnisse aus der offenen Befragung vor, die Handlungsbedarf implizieren, sollten weitere Maßnahmen ergriffen werden. Dazu könnte eine interne Evaluation der Entstehung des Verkäuferverhaltens in Face-toFace Kommunikationssituationen allgemein und nach Möglichkeit auch situationsspezifisch gehören (Phase 6). Zusätzlich zu den in der Studie zum ‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers’ identifizierten Determinanten der Verhaltensintention können in unternehmensinternen Studien weitere Einflussfaktoren identifiziert werden. Die Ergebnisse der Analyse (Phase 7) können in konkrete Personalentwicklungsmaßnahmen überführt werden (Phase 8). Dabei ist beispielsweise an Workshops zur Reflexion und Vorbereitung von Face-to-Face Kommunikationssituationen sowie spezifische Kommunikationstrainings zu denken. Die Ergebnisse können auch zu Veränderungen des Vertriebs- und Außendienstmanagements führen (wie z. B. Einsatzorte, -dauer, Routenplanung, Gesprächsvorbereitung und -dokumentation). Die Erkenntnisse der acht zuvor beschriebenen Phasen können einer kommunikationszufriedenheitsorientierten Vorbereitung und Durchführung weiterer Gespräche dienen. Die Inhalte, die Ergebnisse und das Kommunikationsverhalten der Beteiligten sollten im Rahmen des Berichtssystems kontinuierlich strukturiert dokumentiert und evaluiert werden.
264
6.3
6 Fazit und Ausblick
Zukünftige Forschungsfelder
Eine kritische Reflexion der Arbeit und ihrer Ergebnisse lässt zukünftige Forschungsfelder erkennen. Diese können sowohl theoretisch als auch empirisch ausgerichtet sein (vgl. Abbildung 174). Forschungsfelder Theorie Integration
Fundierung
Forschungsansätze Integration der hier verwendeten theoretischen Einzelansätze in eine umfassende Theorie zur Konzeptualisierung der Kommunikationszufriedenheit und der Kommunikationsdimensionen Erweiterung der theoretischen Basis bei der Konzeptualisierung der Wirkung der Kontextvariablen auf die Kommunikationszufriedenheit Weitere Ergänzung der Theorie des geplanten Verhaltens zur Erklärung des kommunikativen Verhaltens über die affektive Einstellungskomponente hinaus Übertragung der erweiterten Theorie des geplanten Verhaltens auf andere Untersuchungsfelder Theoretische Fundierung der Kontextvariablen als Moderatoren
Untersuchungsdesign
Analyse echter Dyaden von Einkäufern und Verkäufern
Erweiterung
Übertragung
Empirie
Experiment Modellerweiterungen und -modifikationen
Integration der Kommunikationszufriedenheit als (mehrdimensionales) Konstrukt in ein Strukturgleichungsmodell mit anderen Latenten Analyse der Wirkung der Kontextvariablen auf die Zusammenhänge zwischen Kommunikationsdimensionen und -kriterien Analyse von Interaktionseffekten zwischen den Kontextvariablen, Integration zusätzlicher Einflussgrößen Erweiterung der Modelle zur Verhaltensintention der Verkäufer um Wirkungsgrößen wie Kommunikationsatmosphäre, Beziehung, individuelle sowie situationsbezogene Aspekte Analyse weiterer kommunikativer Verhaltensausprägungen auf Basis der übrigen Kommunikationsdimensionen Analyse der Interdependenz von intendiertem und realisiertem Kommunikationsverhalten
Forschungsfelder
Forschungsansätze
Empirie
Überprüfung von Zusammenhängen in Langzeitstudien
Langzeitanalysen Branchenübertragung
Überprüfung der Konzepte und Modelle in anderen Branchen
Methodik
Einsatz anderer Methoden für die Analyse der moderierenden Einflüsse der Kontextvariablen
Abbildung 174 Ansatzpunkte für zukünftigen Forschungsbedarf
In dieser Arbeit wurden verschiedene theoretische Ansätze der Sozialpsychologie und der Neuen Institutionenökonomie zur Konzeptualisierung der Kommunikationszufriedenheit herangezogen. Diese brachten einen grundlegenden Erkenntnisgewinn für die Ableitung von Kommunikationsdimensionen. Die empirische Bestätigung der Zusammenhänge zwischen den Dimensionen und der Gesamtkommunikationszufriedenheit gibt einen Hinweis auf die Tragfähigkeit der zugrunde gelegten Theorien. Dieselben theoretischen Ansätze wurden auch zur Konzeptualisierung der Zusammenhänge zwischen den Kontextvariablen der Faceto-Face Kommunikation und den Kommunikationsdimensionen sowie der Gesamtkommunikationszufriedenheit verwendet. Für die Konzeptualisierung des kommunikativen Verkäuferverhaltens bewährte sich die Theorie des geplanten Verhaltens mit einer Erweiterung um die affektive Einstellungskomponente. Weiterer Forschungsbedarf liegt einerseits in der Erweiterung der theoretischen Betrachtung von Kommunikationszufriedenheit und der Entwicklung einer integrierten Theorie; mögli-
6 Fazit und Ausblick
265
cherweise unter Integration der hier verwendeten Einzelansätze. Andererseits kann die theoretische Basis für die Konzeptualisierung der Kontextfaktoren als unabhängige Variablen erweitert werden, und es lassen sich so möglicherweise Erklärungen für die in dieser Arbeit postulierte Ablehnung von Hypothesen liefern. Darüber hinaus kann eine Ergänzung der theoretischen Ansätze zur Erklärung des kommunikativen Verkäuferverhaltens als grundsätzliches Forschungsfeld angesehen werden. Die Ergänzung der Theorie des geplanten Verhaltens um die affektive Einstellungskomponente hat sich im Hinblick auf kommunikative Verhaltensintentionen bewährt. Ein weiteres Forschungsfeld könnte in der Übertragung dieser Überlegungen auf andere Verhaltensbereiche außerhalb der Kommunikation liegen. Die moderierenden Einflüsse der Variablen des Face-to-Face Kommunikationskontexts wurden exploratorisch untersucht. Zukünftiger Forschungsbedarf besteht in der theoretischen Fundierung der moderierenden Effekte, damit eine detaillierte Hypothesenprüfung mittels konfirmatorischer Analysen vorgenommen werden kann. Den Studien zur ‚Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers’ und zum ‚Kommunikationsverhalten des Verkäufers’ liegen aufgrund der Umsetzbarkeitsrestriktionen im realen Einkäufer-Verkäufer-Kontext keine echten Dyaden zu Grunde. Mit einer Betrachtung echter Dyaden, z. B. durch eine Kombination aus Beobachtung und Befragung, könnten konkrete Kommunikationsdefizite und deren Ursachen identifiziert werden. Auch experimentelle Untersuchungsdesigns im Kontext der Face-to-Face Kommunikation sind denkbar. Allerdings erfordern derartige Untersuchungen einen großen Aufwand und eine weitreichende Bereitschaft von Einkäufern und Verkäufern zur Beteiligung an wissenschaftlichen Studien, wie sie nur schwer vorstellbar ist. Ein weiteres empirisches Forschungsfeld liegt in der Integration der Kommunikationszufriedenheit als Latente in ein Strukturgleichungsmodell mit weiteren Latenten. Zusätzliche Latente können Kundenbindung, Loyalität, Kundenzufriedenheit, Kaufbereitschaft, usw. sein. Eine Verwendung der Kriterien als formative Indikatoren der Kommunikationsdimensionen bzw. die Verwendung der Kommunikationsdimensionen als Indikatoren der Gesamtkommunikationszufriedenheit in einem Strukturgleichungsmodell mit mindestens einer weiteren Latenten scheint möglich, allerdings ist die Problematik der Multikollinearität zwischen den Zufriedenheitsaspekten zu beachten. Außerdem kann eine weitergehende Ausgestaltung der Kontextvariablen im Hinblick auf die Analyse der Wirkung auf Zusammenhänge zwischen Kommunikationsdimensionen und kriterien ein mögliches Forschungsfeld darstellen. So können eine Integration von Interaktionseffekten oder die Einbindung weiterer Einflussgrößen, z. B. unternehmensbezogener Art, sowie alternative Operationalisierungen, z. B. für Erfahrungen oder Persönlichkeiten, zusätzliche Erkenntnisse generieren. Die beschränkten Erklärungen der Varianz der Verhaltensintentionen zeigen, dass persönliche Kommunikation ein besonderes, dynamisches und individuelles Untersuchungsobjekt ist. In der vorliegenden Studie wurden die Verkäufer nach ihrer generellen Verhaltensintention in Verhandlungen befragt. Die Intention basiert auf generalisierbaren Einschätzungen gegenüber dem spezifischen Verhalten, die tatsächliche Intention in einer konkreten Situation mit
266
6 Fazit und Ausblick
einem bestimmten Einkäufer ist jedoch nicht vollständig auf diese Faktoren zurückzuführen. Um die Verhaltensintentionen im Einzelnen zu erklären, müssten einige weitere Faktoren, z. B. zu den Eigenschaften des Gesprächspartners, der gemeinsamen Beziehung, dem internationalen Kontext und den weiteren Elementen des inneren und äußeren Kommunikationskontexts erfasst und auf die spezifische Gesprächssituation bezogen werden. Die Erweiterung der Erkenntnisse zur Entstehung des Kommunikationsverhaltens des Verkäufers im Hinblick auf weitere Kommunikationsdimensionen, die in anderen Kontextkonstellationen für die Einkäufer besonders relevant sind, ist angezeigt, um ein umfassendes Bild zu generieren. Auch hier bieten die vorliegenden Ergebnisse den Grundstein zur Identifikation und Evaluation von relevanten Dimensionen sowie zur reliablen und validen methodischen Umsetzung empirischer Untersuchungen. In dieser Arbeit wurden Modelle für das intendierte Kommunikationsverhalten aufgestellt. Letztlich interessiert aber das tatsächlich realisierte Verhalten. Der interdependente Zusammenhang zwischen beiden Variablen und seine Determinanten ist ein weiteres wichtiges Untersuchungsfeld. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit haben gezeigt, dass z. B. die Dauer der Geschäftsbeziehung Einfluss auf die Kommunikationszufriedenheit und die Zusammenhänge zwischen Kommunikationsdimensionen und Gesamtkommunikationszufriedenheit hat. Weitere Forschungsarbeiten können an diesen Ergebnissen ansetzen und im Rahmen von Langzeitstudien typische zeitliche Verläufe von Kommunikationssachverhalten und entsprechende unternehmerische Reaktionsmöglichkeiten untersuchen. Hier wurde der Vertrieb individueller Industriegüter thematisiert. Darüber hinaus können Forschungsfelder in der Überprüfung von Überlegungen und Modellen für andere Branchen, in denen Face-to-Face Kommunikation relevant und wertschöpfend ist (z. B. Handel), liegen. Zusätzliche Erkenntnisse können mit der Verwendung anderer, teilweise weiterführender Methoden, wie z. B. moderierter Regressionen oder Kausalanalysen mit AMOS und PLS für die Untersuchung moderierender Effekte gewonnen werden.
Literaturverzeichnis
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Anhang
293
Anhang
I
Anschreiben und Fragebogen Studie „Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers“
II
Mittelwerte der Kommunikationskriterien und -dimensionen
III
Signifikanzniveaus der nicht-parametrischen Tests zu den Kontextvariablen
IV
Einfluss der Kontextvariablen auf Korrelationen und relative Wichtigkeit
V
Anschreiben und Fragebogen Studie „Kommunikationsverhalten des Verkäufers“
VI
Überblick über Hypothesen und Variablenzusammenhänge
A. Geile, Face-to-Face Kommunikation im Vertrieb von Industriegütern, DOI 10.1007/978-3-8349-8615-3, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010
Anhang
295
Anhang I Anschreiben und Fragebogen Studie „Kommunikationszufriedenheit des Einkäufers“
Fragebogen „Zufriedenheit des Einkäufers in der Kommunikationssituation“ Herzlich willkommen bei der Studie im Rahmen meiner Doktorarbeit zum Thema "Face-to-Face Kommunikation im Industriegüterbereich". Im Rahmen dieser Studie soll die Beurteilung einer persönlichen Gesprächssituation zwischen Einkäufer und Mitglied eines anbietenden Unternehmens aus Einkäufersicht festgestellt werden. Die Ergebnisse sollen eingesetzt werden, um Empfehlungen zu formulieren, wie geschäftliche Gespräche angenehmer und reibungsloser gestaltet werden können. Bitte denken Sie an Ihr letztes persönliches Gespräch von Angesicht zu Angesicht mit einem Mitglied eines externen Anbieterunternehmens. Bei dieser rein wissenschaftlichen Studie werden Ihre Anonymität und der Datenschutz selbstverständlich gewahrt. Es kann kein Rückschluss von Ihren Angaben auf Ihre Person oder Ihr Unternehmen gezogen werden. Ihr Unternehmen wurde zufällig aus allen deutschen Unternehmen der verarbeitenden Industrie ausgewählt. Sie können den Fragebogen digital ausfüllen (es handelt sich um ein Word-Formular), indem Sie die grau unterlegten Kästchen anklicken und die grau unterlegten Textfelder ausfüllen. Für den Fall, dass Mehrfachantworten möglich sind, ist dies explizit bei der jeweiligen Frage genannt. Die Beantwortung der Fragen wird insgesamt ca. 25 Minuten in Anspruch nehmen. Bitte speichern Sie die ausgefüllte Version und senden sie mir per E-Mail zurück ([email protected]). Sie können den Fragebogen auch ausdrucken und per Post oder Fax an unten genannte Kontaktdaten senden. Selbstverständlich können Sie das Formular auch direkt ausdrucken, per Hand ausfüllen und mir zusenden. (Darüber hinaus steht eine Online-Version des Fragebogens im Internet zur Verfügung. Wenn Sie doch diese Form bevorzugen, nehmen Sie bitte Kontakt mit mir auf, damit ich Ihnen den Link mit einem individuellen Zugang zur Verfügung stellen kann. Damit wird nur sichergestellt, dass Sie das Ausfüllen des Fragebogens jederzeit unterbrechen und später weitermachen können, es gibt nach Absenden des Fragebogens keine Verbindung zwischen Ihnen und den von Ihnen gemachten Angaben.) Da für die Auswertung wissenschaftlicher Studien insbesondere die Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten notwendig ist, bitte ich Sie, jede Frage nach bestem Wissen und vollständig zu beantworten. Wenn Sie eine Frage gar nicht beantworten können oder möchten, kennzeichnen Sie dies bitte. Gerne sende ich Ihnen nach Beendigung dieser Studie eine Zusammenfassung der Ergebnisse zu. Wenn Sie daran Interesse haben, geben Sie bitte am Ende des Fragebogens Ihre E-Mail-Adresse (diese wird ausschließlich für die Zusendung der Studienergebnisse verwendet) an oder senden Sie mir losgelöst von diesem Fragebogen eine E-Mail. Ich danke Ihnen bereits im Voraus für Ihre Teilnahme und verbleibe mit freundlichen Grüßen Andrea Geile
296
Anhang
Denken Sie bitte an Ihr letztes persönliches Gespräch von Angesicht zu Angesicht (Face-to-Face) mit einem Mitglied eines unternehmensexternen Anbieterunternehmens. ¾
Welcher Branche ist das anbietende Unternehmen zuzuordnen? (bitte nennen)
¾
Wie lang liegt das Gespräch zurück? Tage
¾
Wie lang dauerte das Gespräch? Ca. Minuten
¾
Wo fand das Gespräch statt? in den Räumlichkeiten Ihres Unternehmens in den Räumlichkeiten des Anbieterunternehmens an einem dritten Ort, wo genau? (bitte nennen)
¾
In welcher Investitionshöhe in Euro liegen die Projekte / Produkte / Verträge in der Regel, die Sie mit diesem anbietenden Unternehmen (potentiell) verbinden? Euro
¾
Waren mehrere Personen des anbietenden Unternehmens am Gespräch beteiligt? nein ja, wenn ja: Wie viele Personen genau? Personen
Wenn an dem Gespräch mehrere Personen des anbietenden Unternehmens zur selben Zeit teilnahmen, wählen Sie bitte einen Gesprächspartner aus. Denken Sie dabei bitte an diejenige Person, die in diesem Gespräch die Kommunikation am stärksten beeinflusst hat und Ihnen besonders präsent ist. Denken Sie bitte im Folgenden immer an dieselbe Person. ¾
Aus welchem Funktionsbereich und in welcher hierarchischen Position war diejenige Person, an die Sie im weiteren Verlauf denken werden? Funktionsbereich: Marketing / Vertrieb / Verkauf Produktion Forschung & Entwicklung Logistik / Distribution andere:
¾
Aus welchen Funktionsbereichen und in welcher hierarchischen Position waren die weiteren Personen? Welche Funktionen und Bereiche waren bei dem letzten Gespräch auf Anbieterseite vertreten? (jeweils Mehrfachantworten möglich) Vertretene Funktionsbereiche: Marketing / Vertrieb / Verkauf Produktion Forschung & Entwicklung Logistik / Distribution andere:
¾
Hierarchische Position: Vorstand / Geschäftsführung / Inhaber Abteilungsleitung Projektleitung Gruppen- / Teamleitung Key Account Manager / Category Manager andere:
Hierarchische Positionen: Vorstand / Geschäftsführung / Inhaber Abteilungsleitung Projektleitung Gruppen- / Teamleitung Key Account Manager / Category Manager andere:
Hatten Sie in Ihrem letzten Gespräch von Angesicht zu Angesicht ein konkretes geschäftliches Objekt (potentielles Produkt / Projekt / Vertrag) über das Sie gesprochen haben oder handelte es sich um ein allgemeines Gespräch ohne konkretes Objekt? (Beispiel: ein konkretes Objekt liegt in Akquisegesprächen oder Verhandlungen vor; ein nicht-konkretes Objekt liegt bei Informationsgesprächen oder Socializing-Treffen vor) konkret nicht konkret
Anhang
¾
297
Kannten Sie Ihren Gesprächspartner / Ihre Gesprächspartnerin zuvor? nein ja, wenn ja: Woher kannten Sie Ihren Gesprächspartner / Ihre Gesprächspartnerin? aus einer gemeinsamen Geschäftsbeziehung mit Ihrem derzeitigen Unternehmen aus anderen geschäftlichen Konstellationen aus Ihrem privaten Umfeld Sonstiges: Wie lange kennen Sie Ihren Gesprächspartner / Ihre Gesprächspartnerin in Jahren? Als wie intensiv würden Sie Ihre Beziehung geschäftlich und zwischenmenschlich zu Ihrem Gesprächspartner / Ihrer Gesprächspartnerin zu diesem Zeitpunkt auf einer Skala von 1 (= sehr stark) bis 6 (= sehr schwach) beschreiben?
sehr stark 1
2
3
4
5
sehr schwach 6
kann ich nicht beurteilen
geschäftlich
zwischenmenschlich
Die letzte Gesprächssituation Bitte beschreiben Sie im folgenden Textfeld, welche Verhaltensweisen Ihres Gesprächspartners / Ihrer Gesprächspartnerin in der letzten persönlichen Gesprächssituation Ihnen als besonders gut aufgefallen sind. Besonders gut war:
Bitte beschreiben Sie nun im folgenden Textfeld, welche Verhaltensweisen Ihres Gesprächspartners / Ihrer Gesprächspartnerin Ihnen als besonders unangenehm / schlecht aufgefallen sind. Besonders unangenehm / schlecht war:
298
Anhang
Zufriedenheiten Bitte kennzeichnen Sie Ihre Zufriedenheit mit den Teilaspekten der Kommunikationssituation analog zu deutschen Schulnoten auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden“ bis „6 = völlig unzufrieden“. Wenn bestimmte Aspekte in der letzten Situation nicht relevant waren oder nicht auftraten, kennzeichnen Sie dies bitte. Wenn Sie einen Aspekt überhaupt nicht beurteilen können, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an.
Für eine bessere Lesbarkeit wird im Folgenden nur die maskuline Form ("der Gesprächspartner") verwendet, selbstverständlich sind auch Gesprächsteilnehmerinnen gemeint. Zufriedenheit mit der Inhaltsqualität Zunächst zu den Informationen, die Sie mündlich von Ihrem Gesprächspartner bekamen. Wie zufrieden waren Sie in der letzten persönlichen Gesprächssituation mit den angebotenen Informationen hinsichtlich...
sehr zufrieden 1
2
3
4
5
völlig unzufrieden 6
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
...der Genauigkeit? Waren die Informationen ausreichend detailliert? ...der Relevanz? Waren die Informationen für Sie nützlich, d.h. an Ihren Bedürfnissen orientiert und dienten der Problemlösung? ...der Vollständigkeit? Haben Sie restlos alle Informationen bekommen, ohne nachfragen zu müssen? ...der Aktualität? Waren die Informationen auf dem neuesten Stand? ...der Zuverlässigkeit? Waren die Informationen glaubwürdig und mussten nicht überprüft werden? ...der Eindeutigkeit? Waren die Informationen klar und nicht mehrdeutig? ...der Verständlichkeit? Waren die Informationen ohne Weiteres zu verstehen? Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit den Informationen, die Sie mündlich von Ihrem Gesprächspartner bekamen?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
6 völlig unzufrieden
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
Anhang
299
Zufriedenheit mit dem Informationsfluss Bitte kennzeichnen Sie Ihre Zufriedenheit mit den Teilaspekten der Kommunikationssituation analog zu deutschen Schulnoten auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden“ bis „6 = völlig unzufrieden“. Wenn bestimmte Aspekte in der letzten Situation nicht relevant waren oder nicht auftraten, kennzeichnen Sie dies bitte. Wenn Sie einen Aspekt überhaupt nicht beurteilen können, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an. Wie zufrieden waren Sie in der letzten persönlichen Gesprächssituation mit Ihrem Gesprächspartner hinsichtlich...
sehr zufrieden 1
2
3
4
5
völlig unzufrieden 6
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
...der Gegenseitigkeit? Waren die Sprecher-Hörer-Wechsel angemessen, kamen Sie angemessen zu Wort? ... des aktiven Informationsangebots Ihres Gegenübers? Hatten Sie das Gefühl, dass Ihr Gesprächspartner von sich aus Informationen weitergab? Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit dem Informationsfluss zwischen Ihrem Gesprächspartner und Ihnen in Ihrem letzten persönlichen, geschäftlichen Gespräch?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
6 völlig unzufrieden
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
Zufriedenheit mit der Offenheit Wie zufrieden waren Sie in der letzten persönlichen Gesprächssituation mit Ihrem Gesprächspartner hinsichtlich...
sehr zufrieden 1
völlig unzufrieden 6
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
6 völlig unzufrieden
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
2 3 4 5 ... der Weitergabe von Daten, die die strategische Zukunft des anbietenden Unternehmens betreffen? ... der Bereitschaft, Ratschläge von Ihnen einzuholen? ... der Bereitschaft, persönliche Schwächen anzusprechen und zuzugeben? ... der Bereitschaft, Schwächen des anbietenden Unternehmens anzusprechen und zuzugeben? ...der Bereitschaft, Probleme im Umgang zwischen Ihnen und Ihrem Gesprächspartner offen anzusprechen? Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit der Offenheit Ihres Gesprächspartners?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
300
Anhang
Zufriedenheit mit der Vertrauenswürdigkeit Wie zufrieden waren Sie in der letzten persönlichen Gesprächssituation mit Ihrem Gesprächspartner hinsichtlich...
sehr zufrieden 1
völlig unzufrieden 6
kann ich nicht beurteilen
6 völlig unzufrieden
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
völlig unzufrieden 6
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
nicht relevant
2 3 4 5 ...seiner Verlässlichkeit? Hatten Sie den Eindruck, dass seine Versprechen Gültigkeit haben? ... seiner Glaubwürdigkeit? Hatten Sie den Eindruck, dass seine Aussagen nicht hinterfragt werden müssen? ...seiner Ehrlichkeit? Hatten Sie den Eindruck, dass er Risiken realistisch abschätzt und Ihnen akkurat erklärt? ...seiner Integrität? Hatten Sie den Eindruck, dass er sich selbst treu bleibt und an seinen Werten und Prinzipien festhält? ...seiner Uneigennützigkeit? Wurde Ihr Wohl und das Wohl Ihres Unternehmens angemessen berücksichtigt? Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit der Vertrauenswürdigkeit Ihres Gesprächspartners?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
Zufriedenheit mit dem Verständnis des Branchenkontexts Wie zufrieden waren Sie mit Ihrem Gesprächspartner hinsichtlich... sehr zufrieden 1 2 3 4 5 ...seines umfassenden, strategischen Verständnisses bezüglich Ihrer Geschäftstätigkeit in Ihrer Branche? ...seines umfassenden, operativen Verständnisses bezüglich Ihrer Geschäftstätigkeit in Ihrer Branche?
Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit dem Verständnis Ihres Gesprächspartners bezüglich Ihrer Geschäftstätigkeit in Ihrer Branche?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
6 völlig unzufrieden
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
Anhang
301
Zufriedenheit mit dem Interesse an einer personalisierten Kommunikation Bitte kennzeichnen Sie Ihre Zufriedenheit mit den Teilaspekten der Kommunikationssituation analog zu deutschen Schulnoten auf einer Skala von „1 = sehr zufrieden“ bis „6 = völlig unzufrieden“. Wenn bestimmte Aspekte in der letzten Situation nicht relevant waren oder nicht auftraten, kennzeichnen Sie dies bitte. Wenn Sie einen Aspekt überhaupt nicht beurteilen können, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an. Bitte beurteilen Sie die nachfolgenden Aspekte einer personalisierten Kommunikationjeweils im Hinblick auf den Anteil der genannten Themen am gesamten Gespräch und im Hin-blick auf die inhaltliche Angemessenheit. Wie zufrieden waren Sie in der letzten persönlichen Gesprächssituation mit Ihrem Gesprächspartner hinsichtlich...
302
Anhang
...seiner Gestaltung einer vergnüglichen Unterhaltung? Hatten Sie gemeinsam Spaß? Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit der Unterhaltsamkeit Ihres Gesprächspartners?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
6 völlig unzufrieden
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
Zufriedenheit mit der Kompetenz Wie zufrieden waren Sie in der letzten persönlichen Gesprächssituation mit Ihrem Gesprächspartner hinsichtlich...
sehr zufrieden 1
2
3
4
5
völlig unzufrieden 6
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
...seines Aufzeigens von Alternativen? Hatten Sie den Eindruck, dass er alle Alternativen kennt und sich umfassend mit dem Leistungsangebot auskennt? ...seiner Erläuterung von Vorund Nachteilen? Hatten Sie den Eindruck, dass er sich detailliert mit verschiedenen Leistungsangeboten auskennt? ...seiner Erfassung Ihrer Vorstellungen? Hatten Sie den Eindruck, dass Ihr Gesprächspartner willens und fähig ist, auf Ihre Anforderungen einzugehen? ...seiner Individualität der Beratung? Hatten Sie den Eindruck, dass ihr Gesprächspartner flexibel mit seinem Wissen umgeht und für Sie passend vermittelt? Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit der Kompetenz Ihres Gesprächspartners?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
6 völlig unzufrieden
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
Zufriedenheit mit der Souveränität Wie zufrieden waren Sie in der letzten persönlichen Gesprächssituation mit Ihrem Gesprächspartner hinsichtlich...
sehr zufrieden 1 ...seiner ausgestrahlten Ruhe und Ausgeglichenheit? ...seines sicheren Auftretens?
2
3
4
5
völlig unzufrieden 6
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
Anhang
303
...seiner unmissverständlichen Ausdrucksweise? Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit der Souveränität Ihres Gesprächspartners?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
6 völlig unzufrieden
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
Zufriedenheit mit dem Einfühlungsvermögen Wie zufrieden waren Sie in der letzten persönlichen Gesprächssituation mit Ihrem Gesprächspartner hinsichtlich...
sehr zufrieden 1
völlig unzufrieden 6
kann ich nicht beurteilen
6 völlig unzufrieden
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
2 3 4 5 ...seines aktiven Zuhörens? Hatten Sie den Eindruck, dass er Ihren Ausführungen intensiv folgt? ...seines Hineinversetzens in Ihre Situation? Hatten Sie den Eindruck, dass er Ihre Perspektive nachvollzieht? ...des Erkennens Ihrer persönlichen Bedürfnisse in dieser Situation? Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit dem Einfühlungsvermögen Ihres Gesprächspartners?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
nicht relevant
Zufriedenheit mit der Kooperationsbereitschaft Wie zufrieden waren Sie in der letzten persönlichen Gesprächssituation mit Ihrem Gesprächspartner hinsichtlich...
sehr zufrieden 1
2
3
4
5
völlig unzufrieden 6
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
…seiner Bereitschaft, sich mit Ihren Vorstellungen und Wünschen auseinanderzusetzen? ...seiner Bereitschaft, mit Ihnen zusammen zu arbeiten? Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit der Kooperationsbereitschaft Ihres Gesprächspartners?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
6 völlig unzufrieden
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
304
Anhang
Zufriedenheit mit der Lösungsorientierung Wie zufrieden waren Sie in der letzten persönlichen Gesprächssituation mit Ihrem Gesprächspartner hinsichtlich...
sehr zufrieden 1
völlig unzufrieden 6
kann ich nicht beurteilen
6 völlig unzufrieden
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
2 3 4 5 ... seiner Einstellung zur Entwicklung kreativer und unüblicher Lösungsansätze? ...seiner aktiven Entwicklung und Weitergabe neuer Lösungsansätze? ...seiner Anerkennung und Anwendung von Ideen anderer Personen für die Entwicklung von Lösungsansätzen? Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit der Lösungsorientierung Ihres Gesprächspartners?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
nicht relevant
Zufriedenheit mit der Freundlichkeit Wie zufrieden waren Sie in der letzten persönlichen Gesprächssituation mit Ihrem Gesprächspartner hinsichtlich...
sehr zufrieden 1
2
3
4
5
völlig unzufrieden 6
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
...seiner Höflichkeit und seines Taktgefühls? Hatten Sie den Eindruck, dass Ihr Gesprächspartner die Höflichkeitsformen einhielt und sich stets taktvoll verhielt? ...seines Ausdrucks der Anerkennung Ihrer persönlichen Leistungen und Ihres Beitrags für die gemeinsame Leistung (z. B. Ideenentwicklung, Voranbringen von Projekten, Abschlüsse)? Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit der Freundlichkeit Ihres Gesprächspartners?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
6 völlig unzufrieden
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
Anhang
305
Zufriedenheit mit dem Umgang mit Konflikten Wie zufrieden waren Sie in der letzten persönlichen Gesprächssituation mit Ihrem Gesprächspartner hinsichtlich...
sehr zufrieden 1
völlig unzufrieden 6
kann ich nicht beurteilen
6 völlig unzufrieden
kann ich nicht beurteilen
nicht relevant
2 3 4 5 ...der Vermeidung von Konflikten, die durch unangemessenes Verhalten zu Stande kämen? ...der Konfliktbereitschaft Ihres Gesprächspartners? Hatten Sie den Eindruck, dass eine Freiheit zur Uneinigkeit besteht, dass Sie Schwierigkeiten und Probleme zur Lösungsfindung ansprechen dürfen? ...der Lösung von Konflikten mittels einer produktiven Diskussion? Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit dem Umgang mit Konflikten durch Ihren Gesprächspartner?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
nicht relevant
Ordnen nach Wichtigkeit Bitte ordnen Sie die folgenden Aspekte der letzten Kommunikationssituation und des Verhaltens Ihres Gesprächspartners nach ihrer persönlichen Einschätzung der Wichtigkeit, indem Sie sie mit den Ziffern von 1 (für besonders wichtig) bis 14 (für am wenigsten wichtig) durchnummerieren.
Umgang mit Konflikten umfassendes Verständnis Ihrer Geschäftstätigkeit Kooperationsbereitschaft Freundlichkeit Lösungsorientierung Kompetenz Einfühlungsvermögen Souveränität Unterhaltsamkeit Interesse an einer personalisierten Kommunikation Vertrauenswürdigkeit Offenheit Informationsfluss Qualität der Informationen
Gesamtzufriedenheit Wenn Sie jetzt noch einmal an Ihre letzte Gesprächssituation denken, wie zufrieden waren Sie insgesamt mit der Kommunikation Ihres Gesprächspartners in dieser letzten persönlichen Kommunikationssituation?
1 sehr zufrieden
2
3
4
5
kann ich nicht beur6 völlig teilen unzufrieden
306
Anhang
Einschätzung Ihres Gesprächspartners bezüglich der Ähnlichkeit ¾
Schätzen Sie bitte das Alter Ihres Gesprächspartners: älter als Sie etwa gleich alt jünger als Sie
¾
Schätzen Sie bitte die Position im Unternehmen Ihres Gesprächspartners im Vergleich zu Ihrer eigenen ein: hierarchisch übergeordnet hierarchisch auf gleicher Ebene hierarchisch untergeordnet
¾
Welche Nationalität haben Sie? Welche Nationalität hat Ihr Gesprächspartner?
¾
Welche Sprache haben Sie (am meisten) gesprochen? gemeinsame Muttersprache Ihre Muttersprache, Fremdsprache für Ihren Gesprächspartner Muttersprache Ihres Gesprächspartners, Fremdsprache für Sie eine dritte Sprache, Fremdsprache für beide mit Dolmetscher
¾
weiblich männlich Welches Geschlecht hat Ihr Gesprächspartner / Ihre Gesprächspartnerin? weiblich männlich Welches Geschlecht haben Sie?
Bitte kennzeichnen Sie Ihre Einschätzung der Ähnlichkeit zwischen Ihnen und Ihrem Gesprächspartner auf einer Skala von „1 = sehr ähnlich“ bis „6 = völlig unterschiedlich“. Wenn Sie einen Aspekt überhaupt nicht beurteilen können, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an. Wie ähnlich schätzen Sie sich und Ihren Gesprächspartner ein, hinsichtlich…
sehr ähnlich 1
2
3
4
5
völlig unterschiedlich 6
kann ich nicht beurteilen
…beruflichem Werdegang …Interessengebieten …Äußerlichkeiten und Auftreten …sonstigen Einstellungen
Wie ähnlich schätzen Sie sich und Ihren Gesprächspartner insgesamt ein?
1 sehr ähnlich
2
3
4
5
6 völlig kann ich nicht beurunterteilen schiedlich
Ihr Unternehmen Welchen tatsächlichen Umsatzerlös hatte Ihr Unternehmen im letzten Geschäftsjahr in Euro? € (netto) Welche Bilanzsumme hatte Ihr Unternehmen im letzten Geschäftsjahr in Euro? € Wie viele Mitarbeiter hatte ihr Unternehmen im letzten Geschäftsjahr? Personen
Anhang
307
Ihre Person Wie alt sind Sie? Jahre In welcher Branche sind Sie aktuell tätig? Wie lange sind Sie in dieser Branche tätig? Jahre In welcher Position sind Sie tätig? Wie lange sind Sie bereits in dieser Position? Jahre Wie lange sind Sie für Ihr derzeitiges Unternehmen tätig? Jahre Wenn Sie sich selbst als im Einkauf tätige Person betrachten, sind Sie dann eher... (Bitte ordnen Sie sich auf dem folgenden semantischen Differential je einer Ausprägung zu, wobei die Stärke jeweils von der Mitte (=0) aus zunimmt.) 2 1 0 1 2 sachlich, rational, faktenorientiert
emotional, intuitiv,
zurückhaltend, folgend
führend, anleitend
Vielen Dank für Ihre Teilnahme!
308
Anhang
Anhang II Mittelwerte der Kommunikationskriterien und -dimensionen n Inhaltsqualität Genauigkeit Relevanz Vollständigkeit Aktualität Zuverlässigkeit Eindeutigkeit Verständlichkeit
290 289 290 287 284 287 291 291
Mittelwert 2,34 2,27 2,28 2,78 1,97 2,25 2,33 2,12
SD
Durchschnitt der Kriterien / Dimensionen
,883 ,867 ,901 1,025 ,893 1,021 1,011 ,832
2,29
Informationsfluss Gegenseitigkeit Aktivität
289 289 289
2,21 1,98 2,24
,761 ,788 ,831
2,11
Offenheit strategische Zukunft Ratschläge persönliche 3 Schwächen unternehmensbezogene Schwächen Probleme im Umgang
282 257 235 205
2,36 2,46 2,60 2,98
,913 1,053 1,005 1,038
2,68
251 214
2,93 2,45
1,037 ,911
Vertrauenswürdigkeit Verlässlichkeit Glaubwürdigkeit Ehrlichkeit Integrität Uneigennützigkeit
291 290 289 281 277 277
2,31 2,12 2,26 2,30 2,18 2,75
,918 1,060 1,016 ,958 ,992 1,086
2,32
Branchenkontext strategisch Operativ
276 268 271
2,33 2,28 2,34
,893 ,890 ,933
2,31
Interesse an personalisierter Kommunikation außergeschäftliche Themen (Anteil) außergeschäftliche Themen (Inhalt) persönliche Interessen (Anteil) persönliche Interessen (Inhalt) private Aspekte (Anteil) private Aspekte (Inhalt) gemeinsame Erlebnisse (Anteil) gemeinsame Erlebnisse (Inhalt)
206 211 209 161 153 120 117 97 90
2,50 2,53 2,46 2,66 2,52 2,83 2,73 2,93 2,87
,982 1,006 ,946 1,112 1,033 1,225 1,142 1,139 1,114
2,69
Unterhaltsamkeit Humor Spaß
239 225 207
2,59 2,59 2,79
,987 1,023 1,162
2,69
Kompetenz Alternativen Vor-/Nachteile Vorstellungen erfassen Individualität der Beratung
290 280 275 291 284
2,23 2,33 2,31 2,38 2,34
,934 ,991 ,960 1,041 1,029
2,34
Souveränität Ruhe / Ausgeglichenheit sicheres Auftreten Unmissverständlichkeit
288 288 291 286
2,25 2,26 2,22 2,32
,840 ,899 ,909 ,902
2,27
Empathie aktives Zuhören Hineinversetzen Bedürfnisse erkennen
285 288 291 265
2,48 2,10 2,37 2,48
,859 ,870 ,969 ,996
2,32
Kooperationsbereitschaft Mit Wünschen auseinandersetzen Zusammenarbeiten
290 289 288
2,14 2,31 1,95
,940 ,999 ,937
2,13
Anhang
309
n Lösungsorientierung Entwicklung Weitergabe Anerkennung
261 248 251 219
Mittelwert 2,55 2,62 2,56 2,59
SD
Durchschnitt der Kriterien / Dimensionen
1,020 1,121 1,124 1,007
2,59
Freundlichkeit Höflichkeit / Takt Anerkennung
291 290 247
1,90 1,76 2,09
,746 ,764 ,774
1,92
Konflikt Vermeidung Konfliktbereitschaft Lösung
244 222 237 233
2,20 2,11 2,18 2,28
,879 ,867 ,922 ,907
2,19
Kommunikationszufriedenheit
291
2,28
,780
2,31
310
Anhang
Anhang III Signifikanzniveaus der nicht-parametrischen Tests zu den Kontextvariablen
Anhang
311
312
Anhang IV Einfluss der Kontextvariablen auf Korrelationen und relative Wichtigkeit
Anhang
Anhang
313
314
Anhang
Anhang
315
316
Anhang
Anhang
317
318
Anhang
Anhang
319
320
Anhang
Anhang
321
322
Anhang
Anhang
323
324
Anhang
Anhang
325
326
Anhang
Anhang V Anschreiben und Fragebogen Studie „Kommunikationsverhalten des Verkäufers“
Fragebogen „Kommunikationsaspekte in der Verhandlung“ Herzlich willkommen bei der Studie im Rahmen meiner Doktorarbeit zum Thema "Face-to-Face Kommunikation im Industriegüterbereich". Im Rahmen dieser Studie soll die Beurteilung von Kommunikationsaspekten in persönlichen Verhandlungen zwischen Verkäufer und Einkäufer aus Sicht des Verkäufers festgestellt werden. Aus den Ergebnissen sollen Implikationen für die Gestaltung von Verhandlungen abgeleitet werden. Im Vordergrund dieser Studie stehen die Aspekte „Qualität der Informationen“, „Offenheit“ und „Vertrauensaufbau“. Bei dieser rein wissenschaftlichen Studie werden Ihre Anonymität und der Datenschutz selbstverständlich gewahrt. Es kann kein Rückschluss von Ihren Angaben auf Ihre Person oder Ihr Unternehmen gezogen werden. Ihr Unternehmen wurde zufällig aus allen deutschen Unternehmen der verarbeitenden Industrie ausgewählt. Sie können den Fragebogen digital ausfüllen (es handelt sich um ein Word-Formular), indem Sie die grau unterlegten Kästchen anklicken und die grau unterlegten Textfelder ausfüllen. Die Beantwortung der Fragen wird insgesamt ca. 20 Minuten in Anspruch nehmen. Bitte speichern Sie die ausgefüllte Version und senden sie mir bis zum 15. Januar 2009 per E-Mail zurück ([email protected]). Sie können den Fragebogen auch ausdrucken, ausfüllen und per Post oder Fax an unten genannte Kontaktdaten senden. Da für die Auswertung wissenschaftlicher Studien insbesondere die Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten notwendig ist, bitte ich Sie, jede Frage nach bestem Wissen und vollständig zu beantworten. Gerne sende ich Ihnen nach Beendigung dieser Studie eine Zusammenfassung der Ergebnisse dieser und der vorausgegangenen Studie bei Einkäufern zu. Wenn Sie daran Interesse haben, geben Sie bitte am Ende des Fragebogens Ihre E-Mail-Adresse (diese wird ausschließlich für die Zusendung der Studienergebnisse verwendet) an oder senden Sie mir losgelöst von diesem Fragebogen eine E-Mail. Ich danke Ihnen bereits im Voraus für Ihre Teilnahme und verbleibe mit freundlichen Grüßen und den besten Wünschen für erholsame Feiertage und ein erfolgreiches Neues Jahr. Andrea Geile
Anhang
327
Bitte denken Sie an persönliche Verhandlungen mit Einkäufern anderer Unternehmen, bei denen Sie die beteiligten Personen bereits kannten und sie über ein konkretes Objekt (einen Vertrag, ein Produkt, ein Projekt) gesprochen haben. Bitte bewerten Sie die folgenden Aussagen spontan und vollständig, indem Sie auf das entsprechende Kästchen klicken. Darin erscheint dann ein Kreuz. Durch erneutes Klicken können Sie Kreuze wieder löschen. Um die Lesbarkeit zu verbessern, wird weitgehend auf die Formulierung „der/die Einkäufer/in“ verzichtet. Selbstverständlich sind weibliche wie auch männliche Verantwortliche des Einkaufs gemeint. Bitte kennzeichnen Sie Ihre Bewertung der Aussagen in einer Zeile jeweils auf der rechts daneben stehenden Skala von –2 (schlecht / hinderlich) bis +2 (gut / förderlich). schlecht/ gut/ weiß hinderlich förderlich nicht -2
+2
Immer die Erwartungen des Einkäufers in Verhandlungen zu erfüllen, finde ich… -2
0
+2
Informationsasymmetrien in Verhandlungen immer aufrechtzuerhalten -2 (nicht alle Informationen weiterzugeben), finde ich...
0
+2
Sich stets so zu verhalten, dass der Einkäufer mit der Kommunikation in der Verhandlung zufrieden ist, finde ich… -2
0
+2
Verhandlungen immer so zu führen, dass Vertrauen aufgebaut wird, finde -2 ich…
0
+2
Stets als offener Gesprächspartner in Verhandlungen zu gelten, finde ich… -2
0
+2
Die Kommunikation in Verhandlungen immer positiv zu gestalten, finde -2 ich…
0
+2
Bitte kennzeichnen Sie nun Ihre Bewertung der Aussagen in einer Zeile jeweils auf der rechts daneben stehenden Skala von 0% (Nein / nie) bis 100% (Ja / immer). Ja/ Wenn man als Verkäufer umfassende (zum Beispiel detaillierte, für Nein/ weiß immer den Einkäufer relevante, vollständige, aktuelle, zuverlässige, eindeu- Nie nicht tige und verständliche) Informationen in Verhandlungen weitergibt, 0% 25% 50% 75% 100% … …, dann erfüllt man die Erwartungen des Einkäufers. 0%
25%
50%
75%
100%
0%
25%
50%
75%
100%
0%
25%
50%
75%
100%
0%
25%
50%
75%
100%
…, dann baut man Informationsasymmetrien ab.
…, dann macht man den Einkäufer mit der Kommunikation zufrieden. …, dann gestaltet man die Kommunikation positiv.
Bitte kennzeichnen Sie Ihre Bewertung der Aussagen in einer Zeile jeweils auf der rechts daneben stehenden Skala von 0% (Nein / nie) bis 100% (Ja / immer). Nein/ Ja/ weiß immer Wenn man als Verkäufer in Verhandlungen Ratschläge vom Einkäu- Nie nicht fer einholt, persönliche Schwächen und die des eigenen Unterneh0% 25% 50% 75% 100% mens zugibt, Probleme im persönlichen Umgang thematisiert, … …, dann erfüllt man die Erwartungen des Einkäufers. 0%
25%
50%
75%
100%
328
Anhang
…, dann gilt man als offener Gesprächspartner. 0%
25%
50%
75%
100%
0%
25%
50%
75%
100%
0%
25%
50%
75%
100%
…, dann macht man den Einkäufer mit der Kommunikation zufrieden. …, dann gestaltet man die Kommunikation positiv.
Bitte kennzeichnen Sie Ihre Bewertung der Aussagen in einer Zeile jeweils auf der rechts daneben stehenden Skala von 0% (Nein / nie) bis 100% (Ja / immer). Nein/ Ja/ weiß Nie immer nicht Wenn man als Verkäufer in Verhandlungen verlässlich, glaubwürdig, 0% 25% 50% 75% 100% ehrlich, integer und uneigennützig ist, … …, dann erfüllt man die Erwartungen des Einkäufers. 0%
25%
50%
75%
100%
0%
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…, dann baut man Vertrauen beim Einkäufer auf.
…, dann macht man den Einkäufer mit der Kommunikation zufrieden. …, dann gestaltet man die Kommunikation positiv.
Bitte ordnen Sie die folgenden Verhaltensweisen spontan den darunter stehenden Begriffen zu, wobei die Stärke der Aussage jeweils von der Mitte aus zunimmt. Wenn ich in Verhandlungen umfassende (detaillierte, für den Einkäufer relevante, vollständige, aktuelle, zuverlässige, eindeutige und verständliche) Informationen an den Einkäufer weitergebe, dann ist das für mich als Verkäufer… weiß -2 +2 nicht nachteilig vorteilhaft unangenehm angenehm schlecht gut sinnlos sinnvoll unerfreulich erfreulich Wenn ich in Verhandlungen offen bin (Ratschläge vom Einkäufer einhole, persönliche Schwächen und die des eigenen Unternehmens zugebe, Probleme im persönlichen Umgang thematisiere), dann ist das für mich als Verkäufer… weiß -2 +2 nicht nachteilig vorteilhaft unangenehm angenehm schlecht gut sinnlos sinnvoll unerfreulich erfreulich Wenn ich in Verhandlungen versuche, Vertrauen aufzubauen (verlässlich, glaubwürdig, ehrlich, integer und uneigennützig bin), dann ist das für mich als Verkäufer… -2 nachteilig unangenehm schlecht sinnlos unerfreulich
weiß nicht
+2 vorteilhaft angenehm gut sinnvoll erfreulich
Anhang
329
Bitte schätzen Sie die Urteile Ihres geschäftlichen Umfelds hinsichtlich der weitergegebenen Informationen ein und bewerten Sie diese. Bitte kennzeichnen Sie im Folgenden Ihre Bewertung der Aussagen Zeile für Zeile jeweils auf der rechts daneben stehenden Skala von 0% (Nein / nie) bis 100% (Ja / immer) beziehungsweise von –2 (schlecht / hinderlich) bis +2 (gut / förderlich).
330
Anhang
Bitte schätzen Sie nun die Urteile Ihres geschäftlichen Umfelds hinsichtlich Ihrer Offenheit ein und bewerten Sie diese. Bitte kennzeichnen Sie im Folgenden Ihre Bewertung der Aussagen Zeile für Zeile jeweils auf der rechts daneben stehenden Skala von 0% (Nein / nie) bis 100% (Ja / immer) beziehungsweise von –2 (schlecht / hinderlich) bis +2 (gut / förderlich).
Anhang
331
Bitte schätzen Sie nun die Urteile Ihres geschäftlichen Umfelds hinsichtlich des Aufbaus von Vertrauen in Verhandlungen ein und bewerten Sie diese. Bitte kennzeichnen Sie Ihre Bewertung der Aussagen Zeile für Zeile jeweils auf der rechts daneben stehenden Skala von 0% (Nein / nie) bis 100% (Ja / immer) beziehungsweise von –2 (schlecht / hinderlich) bis +2 (gut / förderlich).
332
Anhang
Bitte beurteilen Sie nun die folgenden Aussagen zu Ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten auf der Skala von 0% (Nein / nie) bis 100% (Ja / immer). Nein/ Ja/ weiß Nie immer nicht
Ich kann und darf mein Wissen einsetzen und in Verhandlungen Informationen weitergeben.
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Ich habe umfassendes Wissen in meinem Bereich. Ich habe Zugriff auf gewünschte Informationen. Ich bilde mich konsequent weiter und suche systematisch nach Informationen. Ich habe genug Zeit, meinen Geschäftspartner kennen zu lernen. Ich kenne meine Geschäftspartner genau, so dass ich einschätzen kann, welche Informationen dieser in Verhandlungen als hochwertig und für ihn nützlich bezeichnet. Informationsaufbereitung ist eine meiner Stärken. Der Zeitraum, der mir im Alltag für die Aufbereitung von Informationen zur Verfügung steht, ist angemessen. Ich entscheide, welche strategischen Entscheidungen meines Unternehmens auch für den Einkäufer relevant sein könnten. Ich werde in die Analyse von Strategien und Problemen meines Unternehmens miteinbezogen. Ich kenne meine Stärken und Schwächen genau und kann diese in Verhandlungen nutzen.
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Die Reflektion von eigenen Stärken und Schwächen wird in meinem Unternehmen durch personalbezogene Maßnahmen (Trainings etc.) gefördert.
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Ich bin mir bewusst, dass ich nicht alles wissen und überblicken muss und bin bereit, Ratschläge von meinem Gesprächspartner einzuholen.
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Einkäufer werden gern von Verkäufern um Rat gefragt. Offenheit ist eine meiner Stärken. Ich habe Werte und Prinzipien, denen ich konsequent folge. Ich habe viel Freiraum in Verhandlungen, so dass ich das Wohl des Einkäufers und dessen Unternehmens berücksichtigen kann. Ich bin in Verhandlungen ehrlich. Meine Handlungsspielräume in Verhandlungen werden von der Geschäftsleitung meines Unternehmens stark eingeschränkt. Ich halte meine Versprechen, die ich in Verhandlungen mache, ein. Es kann passieren, dass sich nicht alle Mitarbeiter meines Unternehmens, die an der Nachbereitung und Umsetzung der Ergebnisse einer Verhandlung beteiligt sind, an meine Vorgaben halten.
Anhang
333
Ich schätze Risiken realistisch ein und erkläre diese den Einkäufern akkurat. Ich bekomme rechtzeitig Informationen um Risiken realistisch abschätzen zu können. Meine Aussagen sind immer glaubwürdig und erwecken nicht den Eindruck, dass sie nachgeprüft werden müssen. Ich habe genug Zeit, meine Argumentation für Verhandlungen stichhaltig vorzubereiten.
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Inwiefern treffen die folgenden Aussagen auf Sie zu? Bitte kreuzen Sie das entsprechende Kästchen an. Nein/ Nie
Ja/ immer
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Ich möchte den Einkäufer in einer Verhandlungssituation umfassend mit Informationen versorgen.
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Ich möchte eine offene Kommunikation in Verhandlungen mit Einkäufern erreichen.
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Ich möchte in Verhandlungssituationen mit Einkäufern Vertrauen aufbauen.
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Ich versuche, in Verhandlungssituationen umfassende Informationen weiterzugeben.
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Ich versuche, in Verhandlungssituationen offen zu kommunizieren. Mein Ziel ist es, vom Einkäufer als vertrauenswürdig angesehen zu werden. Mein Ziel ist es, die Verhandlungssituation durch offenes Kommunikationsverhalten zu gestalten. Ich plane, Verhandlungen, die ich führe, durch den Aufbau von Vertrauen zu prägen. Mein Ziel ist die Gestaltung einer Verhandlungssituation durch die Weitergabe von umfassenden Informationen. Ich versuche, in Verhandlungssituationen beim Einkäufer Vertrauen aufzubauen. Ich plane, die Kommunikation in der Verhandlung durch meine Offenheit positiv zu beeinflussen. Ich versuche, in Verhandlungssituationen umfassende Informationen an den Einkäufer weiterzugeben.
Bitte beantworten Sie nun die folgenden Fragen zu Ihrem Unternehmen und Ihrer Person. Bitte klicken Sie die entsprechenden Felder an und tragen Sie Ihre Antwort in die grau hinterlegten Textfelder ein. ¾
Welcher Branche ist Ihr Unternehmen zuzuordnen?
¾
Welchen tatsächlichen Umsatzerlös hatte Ihr Unternehmen im letzten Geschäftsjahr in Euro? unter 8,03 Mio € von 8,03 bis 32,12 Mio € über 32,12 Mio €
334
Anhang
¾
Welche Bilanzsumme hatte Ihr Unternehmen im letzten Geschäftsjahr in Euro? unter 4,015 Mio € von 4,015 bis 16,06 Mio € über 16,06 Mio €
¾
Wie viele Mitarbeiter hatte Ihr Unternehmen im letzten Geschäftsjahr? unter 50 von 50 bis 250 über 250
¾
Wie alt sind Sie? Jahre
¾
Welches Geschlecht haben Sie?
¾
Wie lange sind Sie in dieser Branche tätig? Jahre
¾
In welcher Position sind Sie tätig? Vorstand / Geschäftsführung / Inhaber Abteilungsleitung Projektleitung Gruppen-/ Teamleitung Key Account Manager / Category Manager andere hierarchische Position
¾
Wie lange sind Sie bereits in dieser Position? Jahre
¾
Wie lange sind Sie bereits für Ihr derzeitiges Unternehmen tätig? Jahre
weiblich männlich
Und eine abschließende Frage: ¾
Welchen zeitlichen Anteil an den geschäftlichen Kontakten, die Sie insgesamt mit Einkäufern anderer Unternehmen haben, nehmen Face-to-Face Kontakte (persönliche Gespräche von Angesicht zu Angesicht) ein? Bitte schätzen Sie: Ca. % der Zeit, die ich mit geschäftlichen Kontakten verbringe.
¾
Bitte schätzen Sie nun die Verteilung Ihrer Face-to-Face-Kontakte mit Einkäufern in folgende Episoden in Prozent ein: Ca. %
sind Verhandlungen (der/die Einkäufer/in ist Ihnen zuvor persönlich bekannt, das Objekt des Gesprächs – Projekt, Vertrag, Produkt – ist konkret).
Ca. %
sind Akquisen (der/die Einkäufer/in ist zuvor nicht persönlich bekannt, das Objekt ist konkret).
Ca. %
sind Informationsgespräche (der/die Einkäufer/in ist zuvor persönlich bekannt, das Objekt ist nicht konkret).
Ca. %
sind Socializing (eher informelle Treffen, der/die Einkäufer/in ist zuvor persönlich bekannt, das Objekt ist nicht konkret).
Vielen Dank für Ihre Teilnahme! Anhang VI Überblick über Hypothesen und Variablenzusammenhänge
Anhang
A Kommunikationsdimensionen und Gesamtkommunikationszufriedenheit
335
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Anhang
Anhang
B Kontextvariablen der Face-to-Face Kommunikation
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Anhang
C Verhaltensintentionen des Einkäufers
349
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Anhang