Springer-Lehrbuch
Bruno P. Kremer ⋅ Horst Bannwarth
Einführung in die Laborpraxis Basiskompetenzen für Laborneulinge Zweite, aktualisierte und erweiterte Auflage
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Dr. Bruno P. Kremer Prof. Dr. Horst Bannwarth Universität zu Köln Zentrum für Mathematische und Naturwissenschaftliche Bildung Institut für Biologie und ihre Didaktik Gronewaldstraße 2 50931 Köln
[email protected] [email protected]
ISSN 0937-7433 ISBN 978-3-642-17073-7 e-ISBN 978-3-642-17074-4 DOI 10.1007/978-3-642-17074-4 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2009, 2011 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: WMXDesign GmbH, Heidelberg Umschlagabbildungen: Bruno P. Kremer, Eleni Veliou Grafik: studio_bpk Wachtberg Satz: Druckfertige Vorlage der Autoren Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
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Inhalt
Warum gerade dieses Buch? .....................................................................1 Basiskompetenzen 1
Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht ......................................3 1.1 Verantwortung im Labor ..........................................................4 1.2 Grundsätze für die Laborsicherheit ..........................................5 1.3 Der Arbeitsplatz im Labor ........................................................7 1.4 Besondere Sicherheitshinweise ................................................9 1.5 Gefahrstoffe und Gefahrgut ....................................................11 1.6 Die H-, P-, R- und S-Sätze ......................................................13 1.7 Umweltaspekte und Entsorgung .............................................15
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Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen ............................17 2.1 Elemente, Gemische, Verbindungen ......................................18 2.2 Basen, Säuren und Salze .........................................................19 2.3 Alkane als Basismoleküle .......................................................24 2.4 Benennung von Kohlenwasserstoffen ....................................25 2.5 Funktionelle Gruppen schaffen Vielfalt .................................29 2.6 Reinheits- und Qualitätsbezeichnungen ..................................33
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Werkstoffe, Geräte, Apparturen ...................................................35 3.1 Werkstoffe ..............................................................................35 3.2 Geräte ......................................................................................39 3.3 Verbindungen schaffen ...........................................................45
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Einheiten, Maße und Zahlen ..........................................................49 4.1 Teile und Vielfache von Einheiten .........................................54 4.2 Besondere Schreibweisen .......................................................55
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Protokollieren und Dokumentieren ...............................................59 5.1 Labordokumente .....................................................................64 5.2 Grafiken ..................................................................................64 5.3 Tabellen ..................................................................................68
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Inhalt
Quantifizieren 6
Stoffe wägen .....................................................................................71
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Volumina bemessen ........................................................................75 7.1 Laborgeräte zur Volumenmessung .........................................76 7.2 Gefäßkennzeichnung ..............................................................78 7.3 Mit Pipetten kompetent umgehen ...........................................81 7.4 Spritzen sind besondere Messgefäße ......................................84 7.5 Messkolben .............................................................................86 7.6 Büretten ..................................................................................87 7.7 Reinigen von Glasgefäßen ......................................................89
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Temperatur und Temperieren .......................................................91 8.1 Thermometer ..........................................................................93 8.2 Erwärmen und Erhitzen ..........................................................96 8.3 Kühlen ....................................................................................99
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pH-Wert und Titrimetrie .............................................................101 9.1 Berechnung des pH-Wertes ..................................................103 9.2 Puffersysteme .......................................................................104 9.3 Bestimmung des pH-Wertes mit Indikatoren .......................105 9.4 Potentiometrie: Messung mit der Glaselektrode ...................107 9.5 Titrimetrie .............................................................................109
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Dichte bestimmen ..........................................................................113 10.1 Dichtebestimmung mit dem Aräometer ................................114 10.2 Polarimetrie ..........................................................................115
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Mit Gasen arbeiten .......................................................................117 11.1 Farbkennzeichnung von Gasflaschen ...................................118 11.2 Sicherheitsaspekte beim Umgang mit Gasen .......................120 11.3 Mit Gasen rechnen ................................................................124 Lösen, Mischen, Trennen
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Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen ...........................125 12.1 Kolligative Eigenschaften .....................................................125 12.2 Solvatation ............................................................................126 12.3 Lösemittelklassen .................................................................127 12.4 Mengen- und Konzentrationsangaben ..................................132
Inhalt
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12.5 Das Avogadro’sche Gesetz ...................................................141 12.6 Errechnen von Anteilen und Konzentrationen ......................142 13
Stoffe trennen ................................................................................147 13.1 Fällung ..................................................................................149 13.2 Filtration ...............................................................................150 13.3 Destillation ............................................................................153 13.4 Schütteltrennung ...................................................................155
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Zentrifugieren ...............................................................................157 14.1 Rotoren und Zentrifugen .......................................................158 14.2 Zentrifugationsverfahren ......................................................159
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Chromatographie und Elektrophorese .......................................163 15.1 DC trennt niedermolekulare Substanzen ..............................164 15.2 Ionenaustauschchromatographie ...........................................167 15.3 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) ..........168 15.4 Trennung hochmolekularer Verbindungen ...........................168 Weitere Basistechniken
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Mikroskopieren .............................................................................173 16.1 Funktionsteile eines Mikroskops ..........................................174 16.2 Arbeitsplatzausstattung .........................................................176 16.3 Vom Präparat zur Beobachtung ............................................177 16.4 Die Köhler’sche Beleuchtung ...............................................180 16.5 Frisch- vs. Dauerpräparat ......................................................181 16.6 Spezielle Beleuchtungsverfahren für spezielle Zwecke .......185 16.7 Dokumentation .....................................................................187 16.8 Instrumentenpflege ...............................................................187
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Photometrieren ..............................................................................189 17.1 Spektroskopie und Photometrie ............................................190 17.2 Szintillationsspektrometrie ...................................................193
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Sterilisation und steriles Arbeiten ...............................................195 18.1 Wichtige Sterilisationsverfahren ..........................................197 18.2 Sterilisation durch Erhitzen ..................................................197 18.3 Sterilisation mit chemischen Mitteln ....................................199 18.4 Sterilisation durch Strahlen ...................................................200 18.5 Sterilfiltration ........................................................................200 18.6 Steriles Arbeiten ...................................................................202
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Inhalt
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Tabellen, Farbtafeln, Übersichten ...............................................203
Zum Weiterlesen ....................................................................................229 Zum Nachschlagen: Register .................................................................231
Warum gerade dieses Buch?
Die 2009 erschienene Erstauflage dieses Buches wurde von der Fachkritik und von den Buchinteressenten zu unserer Freude außerordentlich positiv aufgenommen. Unsere Motivation war es, mit einem solchen Buch die fachliche Kompetenz bei praktisch-experimentellen Laborarbeiten mit den notwendigen theoretischen Grundlagen und vor allem mit handlungsorientiertem Verantwortungsdenken zu verknüpfen. Diese Grundidee bestimmt auch die vorliegende aktualisierte und erweiterte zweite Auflage. Wir leben in einer von Naturwissenschaft und Technik bestimmten Welt. Der Wohlstand hängt wesentlich von technischen Errungenschaften und wissenschaftlichen Erkenntnissen ab, und diese gewinnt man hauptsächlich in Labors. Hier wurden und werden die Ideen zahlreicher Wissenschaftler aus Chemie, Physik, Biologie, Genetik, Medizin, Pharmazie und verschiedenen Ingenieurdisziplinen umgesetzt, erarbeitet, in ihrer Richtigkeit bestätigt oder verworfen und weiter entwickelt. In Labors gelangen grundlegende und mit dem Nobelpreis gewürdigte Entdeckungen von Otto Hahn bis Peter Grünberg oder von Fritz Haber bis Gerhard Ertl. Im Labor entdeckten Sir Alexander Fleming das Penicillin, Feodor Lynen die Einzelschritte der Fettsäuresynthese und Melvin Calvin die Reaktionen des photosynthetischen C-Einbaus. In Labors wird tagtäglich routinemäßig unsere Gesundheit und Umwelt getestet. Die genaue Beschaffenheit unserer Nahrung, unseres Wassers, unserer Luft und unserer Böden wird im Labor untersucht. Krankheitskeime werden im Labor unter dem Mikroskop nachgewiesen und mit Hilfe von Labormethoden identifiziert. Für Schulen und Hochschulen ist es somit von überragender Bedeutung Menschen auszubilden, die durch erfolgreiches Arbeiten im Labor unsere Zukunft sichern. Hierzu sind besondere praktische und theoretische Basiskompetenzen erforderlich. Experimente im Labor setzen Vermutungen oder Hypothesen der Wissenschaftler um. Sie gelingen nur mit sauberer Arbeit, genauer Beobachtung, exaktester Messung und optimaler Auswertung. Leider kommt in den Schulen und oft auch noch in den Hochschulen wegen enormer Stofffülle, notorischer Zeitknappheit und fehlender finanzieller Voraussetzungen das praktische Arbeiten im Labor sehr oft erheblich zu kurz. Ein abgerundeter Überblick zumindest über die wichtigeren Standard-
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Warum gerade dieses Buch?
labormethoden in Verbindung mit experimentellen Übungen ist demnach nur selten möglich. Studierende der experimentell orientierten naturwissenschaftlichen Fächer sehen sich daher in der nicht unbedingt ermunternden Ausgangslage, dass ihnen wesentliche methodische bzw. labortechnische Basiskompetenzen fehlen. Das erschwert die Bewältigung experimenteller Aufgaben somit unnötig. Es betrifft beispielsweise die korrekte Handhabung von Pipetten und anderen Hilfsmitteln der Volumetrie ebenso wie den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen oder die standardisierte Verwendung von Maßen und Messeinheiten Da das erfolgreiche Arbeiten im Labor eine Menge handwerklichtechnischer Fertigkeiten und Kenntnisse voraussetzt, der Umfang eines einführenden Werkes aber nicht beliebig aufgebläht werden kann, haben wir nur Grundlegendes und Wesentliches berücksichtigt. Dieses Buch führt also nicht in neueste und bewundernswert ausgefeilte Hightech-Verfahren der Gentechnik oder Molekularbiologie ein, sondern beschränkt sich auf den für die Laborpraxis essenziellen Grundlagenbereich, der konsequenterweise ein solides Fundament für alle weiterführenden und spezialisierten Methodenrepertoires bildet. Zur Vermittlung solcher Kompetenz versuchen wir daher, in diesem Buch das Handeln mit dem Verstehen oder – anders ausgedrückt – die Praxis in geeigneter Weise mit der Theorie zu verknüpfen. Nur so ist naturwissenschaftliches Arbeiten als empirisches Verfahren der Erkenntnisgewinnung zu verstehen und erfolgreich in Handeln umzusetzen. Auf diesem Hintergrund vertreten wir hier ebenso wie in unseren früheren Buchprojekten als generelle Leitlinie die spezifische Kombination von Problem-based Learning mit Learning by Doing. An die Sicherheit im Labor und die Vermeidung von Gefährdungen von Personen und Umwelt werden heute aus sehr guten Gründen immer strengere Anforderungen gestellt. Dieses hohe Niveau an Verantwortungsdenken soll auch für dieses Werk zu Grunde gelegt werden, so dass jeder mit gutem Gewissen im Labor arbeiten kann. So soll das Arbeiten im Labor auf jeden Fall erfolgreich, aber auch von Verantwortung gegenüber den Mitmenschen und der Umwelt geprägt sein und dennoch auch Freude am wissenschaftlichen Tun mit Entdecken oder Bestätigen bereiten. Natürlich gibt es in der Laborroutine – fast wie im richtigen Leben – auch immer einmal etwas ödere Strecken. Dennoch hoffen und wünschen wir, dass der fun factor beim investigativen Sondieren der Natur ebenso stimmt wie die grundsätzlich und immer beteiligte Chemie. Köln, im Februar 2011
Bruno P. Kremer und Horst Bannwarth
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Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht
Bereits in der Schule im experimentellen Unterricht, dann vor allem in der Berufsausbildung beispielsweise von Laborantinnen und Laboranten sowie im Studium der naturwissenschaftlichen Fächer sind jeweils Arbeiten im Labor unter Aufsicht einer verantwortlichen Lehrperson vorgesehen. Ebenso erfordern Seminar- und Examensarbeiten für die verschiedenen Abschlüsse (Praxisprüfung im Laboranten-, ferner Bachelor-, Master-, Diplom-Examen sowie Promotion) bereits im Labor eigenständiges und eigenverantwortliches Handeln sowie ein methodisch qualifiziertes Vorgehen in Team- oder Einzelarbeit. Die Motivation für das Arbeiten im Labor darf nicht nur in der Ableistung eines Pflichtprogramms bestehen. Vielmehr sollen Forscherdrang, wissenschaftliche Neugier, das Interesse an der Beantwortung von interessanten Fragestellungen oder besonderen Problemlösungen oder die Suche nach empirischen Ergebnissen bzw. neuen Erkenntnissen immer im Vordergrund stehen. Allerdings zeigt die Erfahrung oft genug, dass es allein mit Begeisterung und Engagement durchaus nicht getan ist. Eine auf den amerikanischen Ingenieur Edward A. Murphy jr. zurückgehende Lebensweisheit, die gewiss auch für das Arbeiten im Labor gilt, ist die einfache Fundamentalaussage: „Alles, was schief gehen kann, wird auch schief gehen.“ („Whatever can go wrong, will go wrong“). Dieser vielfach auch als Murphys Gesetz (Murphy’s Law) zitierte und leider auch gar zu oft bestätigte Satz zeigt eine tiefe Einsicht in menschliches Versagen bzw. menschliche Unzulänglichkeit. Er betont zudem die Tatsache, dass der Mensch in schlecht überschaubaren und unzureichend geplanten oder planbaren Situationen eben immer wieder Fehler macht. Man könnte empirischboshaft ergänzen: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis tatsächlich etwas schief geht, was prinzipiell schief gehen kann. Hieraus ergibt sich nun als wichtigste Zielsetzung für das Arbeiten im Labor, dass man den Zeitpunkt des Eintretens eines Misserfolges, Schadens oder Unfalls nach Möglichkeit so weit hinauszögert wie nur irgendwie möglich – und bestenfalls sogar so lange, dass er praktisch überhaupt nicht eintritt. So wie auch für die umsichtige Teilnahme am Straßenverkehr eine gezielte und vorbereitende Verkehrserziehung nötig und erfolgreich ist, so müssen einige Maximen und Erziehungsziele auch für das Arbeiten im Labor im Vordergrund stehen. Dazu gehören unabdingbar die Erziehung zu
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1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht
exaktem, sauberem, ordentlichem, gewissenhaftem, geduldigem, rücksichtsvollem und ehrlichem Arbeiten. Mithin müssen auch Unzulänglichkeiten und Fehler genannt, eingestanden und zugegeben werden, auch wenn es den eigenen egoistischen Interessen, dem Ansehen oder dem Vorwärtskommens widerspricht oder zu widersprechen scheint. 1.1 Verantwortung im Labor Handlungsorientiertes Verantwortungsdenken ist gerade für das Arbeiten im Labor in allen Belangen völlig unverzichtbar. Dazu trägt bei, dass man die folgende Leitaspekte stets vor Augen hat und als Grundkonsens auch immer befolgt: • Sicherer und sachgerechter Umgang mit Chemikalien und Geräten. • Planen, Vorbereiten und Umsetzen von Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Unfällen, um sich selbst und andere vor Gefahren und Schäden zu bewahren. • Verantwortlich, rücksichtsvoll, vorausschauend und überlegt gegenüber Mensch und Umwelt handeln. • Erkennen von Gefahren im Labor beim Umgang mit Chemikalien und Geräten. • Insbesondere Gefahrenhinweise ernst nehmen und berücksichtigen. Jeder muss andererseits bereit sein, selbst Verantwortung zu übernehmen und nur das zu tun, was er verstanden hat und billigen kann. • Sich und anderen durch korrektes Protokollieren jeweils Rechenschaft über den richtigen Umgang, das eigene Verhalten, das Befolgen von Vorschriften und Regeln und das geforderte methodische Vorgehen geben können. • Neuerungen, Weiterentwicklungen, Fortbildungen aufmerksam verfolgen und berücksichtigen. • Ethische Richtlinien für das wissenschaftliche Arbeiten einhalten und insbesondere auf den Schutz der Umwelt achten, zum Beispiel nur solche Materialien in das Abwasser geben, von denen keine Gefährdungen oder Belastungen ausgehen. Bei der Versuchsplanung immer bedenken und fragen, ob es umweltfreundlichere und weniger gefährliche Alternativen gibt. Bereits der Ungeschulte kann sich durch Haltung und Einstellungen sowie durch das Berücksichtigen solcher Grundsätze gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches und unfallfreies Arbeiten schaffen. Dabei gilt es zu beachten, dass sorgfältiges, gewissenhaftes und wohlüberlegtes Handeln und
1.2 Grundsätze für die Laborsicherheit
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Verhalten im Labor natürlich nicht nur der Sicherheit, sondern letztlich auch der Qualität des wissenschaftlichen Arbeitens dient. Wer pfuscht, ungenau, flüchtig, unüberlegt oder gar fahrlässig arbeitet, gefährdet nicht nur seine eigene Gesundheit und diejenige anderer Menschen, sondern bringt sich auch um den Erfolg seiner Bemühungen. 1.2 Grundsätze für die Laborsicherheit Besondere Gefahren im Labor sind Feuer, Vergiftung, Verätzung, Verletzung, Explosion, Radioaktivität und elektrischer Strom. Sicheres Arbeiten im Labor ist trotz der objektiven latenten Gefahrenpotenziale nicht unmöglich und schon gar keine Frage des Zufalls. Bei der strikten Befolgung und Berücksichtigung nur weniger effektiver, aber zugegebenermaßen essenzieller Sicherheitsgrundsätze ist das akute Gefahrenpotenzial beim Arbeiten im Labor und beim Umgang mit kritischen Substanzen denkbar gering. Zu den wichtigsten Grundsätzen für die Sicherheit im Labor, die man früher oft fälschlicherweise als selbstverständlich betrachtet hat und die ausnahmslos zu befolgen sind, gehören: • Den Anordnungen der verantwortlichen Laborleitung, den schriftlich (Aushänge!) und mündlich gegebenen Anweisungen ist unbedingt und sofort Folge zu leisten. • Potenzielle Gefahren bereits bei der Versuchsplanung berücksichtigen und geeignete Sicherheitsmaßnahmen treffen. • Fremde und unbefugte Personen dürfen keinen Zugang zum Labor sowie zu den Chemikalien und Geräten haben. Das Reinigungspersonal ist angemessen zu unterweisen. Es muss in jedem Fall sichergestellt werden, dass bei Reinigungsmaßnahmen nicht zusätzliche Gefahren durch versehentlich zerbrochene Glasflaschen und auslaufende Flüssigkeiten entstehen. • Generell auf Sauberkeit und strikte Ordnung auf dem Arbeitsplatz achten. Unübersichtliche Situationen vermeiden oder gar nicht erst entstehen lassen. Nur das tun, wozu man sich in der Lage und kompetent weiß. Bei allen Unsicherheiten lieber kein Risiko eingehen, sondern sicherheitshalber nachfragen und Erkundigungen einholen. • Lebensmittel (inkl. Getränke) dürfen nicht mit ins Labor gebracht werden. Schminken oder gar rauchen sowie intensive Personenkontakte sind im Labor ebenfalls absolut tabu. • Besondere Sicherheitsvorschriften sind vor allem beim Arbeiten mit solchen Stoffen zu beachten, welche die Gesundheit gefährden können (vgl. Gefahrstoffverordnung). Gefährdungen gehen in Forschungslabors aus
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1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht
von ionisierenden Strahlen, elektromagnetischen Feldern, optischen Strahlen (UV, IR, Laser) und bestimmten Stoffen, vor allem von ätzenden oder reizenden, giftigen, cancerogenen, mutagenen oder teratogenen Substanzen, aber auch von Krankheitserregern und infektiösem genetischem Material. Nie unter Zeitdruck und Stress arbeiten. Nicht hasten, eilen, drängeln, stoßen – auch und gerade nicht beim Abbauen, Auf- oder Abräumen. Nicht unvorbereitet im Labor erscheinen. Machen Sie sich zuvor kompetent und befassen Sie sich rechtzeitig im zeitlichen Vorfeld mit den Besonderheiten, insbesondere mit den Problemen und Gefahren der geplanten Versuche. Betriebs- und Gebrauchsanweisungen sowie Versuchsanleitungen immer genau lesen und konsequent die relevanten Sicherheitsmaßnahmen einhalten. Sich bewusst sein, dass Menschen nur nach vorne gerichtete Augen haben und nicht alles sehen können. Rücksicht im Wortsinn nehmen! Dazu gehört auch zu bedenken, dass man selbst ebenso wie andere Fehler machen kann. Grundsätzlich nicht allein im Labor arbeiten – es sei denn, eine gültige Betriebsanweisung lässt Ausnahmen für Arbeiten mit geringem Gefährdungspotenzial zu. Sollte trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ein Notfall eintreten, muss immer jemand zur Stelle sein, um zu helfen oder Hilfe herbeizurufen. Im Notfall immer den Arzt verständigen. Auch bei aller Vorsicht immer auf den Schadensfall eingestellt sein: Hilfsmaßnahmen vorbereiten und unbedingt Telefon- bzw. Mobilnetznummern für Hilfe von außen bereithalten. Im Schadensfall nicht selbst ohne Rücksprache mit einem Verantwortlichen versuchen, einen Schaden zu beheben. Einfaches Lüften und den Raum zu verlassen, ist meistens eher angebracht, als eine vergossene organische Flüssigkeit aufnehmen zu wollen und sich den Dämpfen auszusetzen. Im Labor sind Laborkleidung, Laborkittel oder zumindest solche Kleidungsstücke zu tragen, bei denen etwaige Beschädigungen unbedeutsam sind. Die Kleidung (keine kurzen Hosen!) und vor allem die Schuhe (keine offenen Schuhe, Flipflops oder Highheels) dürfen das Arbeiten und Bewegen im Labor unter keinen Umständen behindern. Kleider, die man gerade nicht benötigt, immer so aufbewahren, dass sie nicht mit Chemikalien in Berührung kommen können. Bei allen Laborarbeiten ist das Tragen einer geeigneten Schutzbrille Pflicht. Falls das Auge dennoch mit Chemikalien in Berührung ge-
1.3 Der Arbeitsplatz im Labor
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kommen ist, sofort auswaschen und Augendusche anwenden. Augenspülflasche(n) nur im Notfall einsetzen. Der Kontakt der Haut mit Chemikalien, insbesondere Verätzungen durch Laugen und Säuren, ist unbedingt zu vermeiden. Beim Umgang mit aggressiven Substanzen immer Schutzhandschuhe tragen. Personen, die zu Allergien neigen oder bei denen eine Schwangerschaft vermutet wird, vorher den Laborverantwortlichen melden. Niemals einen laufenden Versuch allein und unbeaufsichtigt lassen. Das Labor erst dann verlassen, wenn alle Versuche und Arbeiten abgeschlossen sind. Keine Fluchtwege mit Versuchsaufbauten, Behältern, Labormöbeln o.ä. verstellen. Vor Verlassen des Arbeitsplatzes alle Geräte abschalten und die Gashähne (auch den Sicherheitshaupthahn im Labor) schließen.
1.3 Der Arbeitsplatz im Labor Laboreinrichtungen in Schulen und Hochschulen, in der Industrie oder in sonstigen Einrichtungen, in denen mit chemischem Methodenrepertoire gearbeitet wird, sind den jeweiligen Aufgabenfeldern angepasst und insofern ziemlich unterschiedlich oder zumindest spezialisiert. Verständlicherweise ist nicht jedes Labor für sämtliche Untersuchungen und Verfahren eingerichtet. In den wichtigsten Grundzügen sind sich aber alle Laborarbeitsplätze zumindest ähnlich, unabhängig davon, ob chemische, biochemische, pharmazeutische, biologisch-physiologische oder gentechnische Fragestellungen bearbeitet werden. Gewöhnlich umfasst ein Laborarbeitsplatz einen festen Arbeitstisch mit einer Arbeitsplatte aus Keramikfliesen, Mattglas oder Edelstahl. Er ist meist für stehendes Arbeiten bemessen. Die Arbeitsfläche wird rückwärts von einem stabilen Regalaufbau abgeschlossen. Dieser dient zum Aufbewahren der häufig verwendeten Materialien und ist auch mit sämtlichen laborüblichen Versorgungsleitungen ausgestattet. Meist gehört zur Arbeitsplatte noch ein kleines Spülbecken (Ausguss), das jedoch nicht für die Chemikalienentsorgung vorgesehen ist. Unter der Arbeitsplatte befindet sich ein Schrank mit Schubladen, in denen gewöhnlich Kleingeräte, Glaswaren und sonstige Utensilien aufbewahrt werden. Die Rohrleitungsinstallationen sind mit besonderen Kennfarben markiert. Diese darf man jedoch nicht mit der Farbkennzeichnung von Druckgasflaschen verwechseln (Tabelle 1-1).
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1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht
Tabelle 1-1. Farbkennzeichnung für laborübliche Installationen Installation
Kennfarbe
Hinweis
Vakuumleitung
grau
bis Restdruck von ca. 120 mbar
Wasser
grün
Normales Brauchwasser; sonst mit Aufschrift „Trinkwasser“ oder „Entmineralisiertes (deionisiertes)Wasser“
Druckluft
blau
Druck von ca. 3 bar
Erdgas
gelb
Elektrischer Strom
keine
Druck von ca. 2 bar; andere Gase (Stickstoff, Helium) mit entsprechender Aufschrift 230 V Wechselstrom
Auf dem Regal werden die am Arbeitsplatz häufig benötigten Chemikalien bevorratet – praktischerweise getrennt nach Flüssigkeiten und Pulversubstanzen in jeweils alphabetischer Sortierung. Nur solche Stoffe dürfen direkt am Arbeitsplatz gelagert werden, die keine aggressiven Dämpfe entwickeln. Brennbare Lösemittel (oder Lösungen) mit Flammpunkt unter 55 °C dürfen nur in fest verschließbaren Gefäßen bis 1 L Nennvolumen aufbewahrt werden. Die Anzahl der Behältnisse ist auf das notwendige Maß zu beschränken. Für größere Vorräte muss ein separater Lösemittelraum vorhanden sein. Analoges gilt für konzentrierte Säuren oder Laugen. Alle im Labor vorhandenen bzw. verwendeten Chemikalien sind grundsätzlich als gefährlich einzustufen und dürfen nur in den dafür vorgesehenen Gefäßen mit eindeutiger, leserlicher Beschriftung gelagert werden. Arbeiten mit flüchtigen oder stäubenden Stoffen werden nur unter dem Abzug durchgeführt. Laborneulinge sollten sich bereits zu Beginn des Einarbeitens insbesondere mit den folgenden Aspekten vertraut machen: • Wo befinden sich die Rettungsmittel (Verbandkasten, Augendusche, Sicherheitsdusche, Feuerlöschgerät, Schutzmaske u.a.), der Gasnothahn sowie Bindemittel für verschüttete Chemikalien? • Wo finde ich die Notfall-Rufnummer? Wo befindet sich der nächste Feuermelder? Wo ist das nächste Telefon zur Verständigung der Feuerwehr (bundesweit 112)? Wer ist bei einem Unfall der nächsterreichbare Ansprechpartner?
1.4 Besondere Sicherheitshinweise
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Wo stehen die Chemikalienvorräte, wie sind sie sortiert und wo werden sie abgewogen? Wo werden die wichtigsten sauberen Glaswaren gelagert? Wo verbleiben die gebrauchten bzw. verschmutzten Glasgeräte? Wie werden die im Labor vorhandenen Geräte für den Allgemeingebrauch bedient, beispielsweise Fein- und Analysenwaage, pH-Meter, Zentrifuge, Ultraschallbad, Rührer, Schüttler oder Wärmeschränke? Wie und wo werden die gebrauchten Chemikalien entsorgt? Benutzte Chemikalien werden nie oder nur in vorher ausdrücklich angegebenen Ausnahmefällen in die Vorratsbehälter zurückgegeben, aus denen sie entnommen wurden.
1.4 Besondere Sicherheitshinweise Alle Arbeiten im Labor bergen grundsätzlich ein gewisses Gefahrenpotenzial. Der Arbeitsplatz Labor gleicht insofern dem Wirkort Haushalt, wo sich statistisch die weitaus meisten Unfälle infolge Unachtsamkeit oder Unkenntnis ereignen. Eine besondere Risikogruppe stellen jeweils die Laborneulinge dar, die das Gefahrenpotenzial noch nicht realisieren. Außer den bereits benannten Allgemeinregelungen gelten für das Arbeiten und Experimentieren in einem chemischen bzw. in einem chemische Verfahren einsetzenden Labor anderer naturwissenschaftlicher Teildisziplinen die folgenden Sicherheitsempfehlungen, die jeweils strikt zu befolgen sind: • Elektrischen Strom und Wasser kann man nicht mischen! Beim Einsatz elektrischer Geräte immer auf sichere Distanz von wässrigen Lösungen oder anderen Flüssigkeiten achten, die den elektrischen Strom leiten. • Flaschen mit Lösemitteln oder anderen Chemikalien im Labor grundsätzlich nicht an der Verschlusskappe anheben und transportieren, sondern mit einer Hand unter dem Flaschenboden und der anderen am Flaschenhals. • Bei größeren Transportwegen Flaschen in einem besonderen Behälter (Eimer, Tragekorb o.ä.) bewegen. • CLP-Gefahrstoffsymbole auf den Chemikalienbehältnissen beachten. • Grundsätzlich alle Gefäße mit angesetzten Lösungen oder abgefüllten Feststoffen genau, gut leserlich und vollständig beschriften. Beschriftungselemente sind a) die exakte Benennung der betreffenden Verbindung, b) die enthaltene Konzentration, c) das Abfülldatum und d) die relevanten H- und P-Hinweise (früher R- und S-Sätze; vgl. Kapitel 1.6). • Grundsätzlich keine Laborchemikalien in Behältern aufbewahren, die zuvor für Lebensmittel vorgesehen waren.
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1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht
• Generell keine Flüssigkeitstropfen auf dem Labortisch dulden! Es könnten nämlich Reste von aggressiven Säuren, z.B. Schwefelsäure, oder Laugen wie Natriumhydroxid sein, die Kleidung, Haut oder Augen verletzen oder zumindest gefährden. Etwaige Spritzer auf Kleidung und Haut sofort mit reichlich Leitungswasser abspülen. Verschüttete Flüssigkeit auf dem Arbeitsplatz sofort mit dafür bereitgehaltenem Papier aufwischen. • Feste Substanzen sofort auffegen und richtig entsorgen. • Arbeiten mit Gasen bzw. flüchtigen organischen Lösemitteln sind immer nur unter dem laufenden Abzug durchzuführen. • Niemals starke Säuren und Laugen oder starke Oxidationsmittel (z.B. Sauerstoff, Chlor, Brom) mit Reduktionsmitteln reagieren lassen – es sei denn, es werden im Ausnahmefall exakte Sicherheitsvorschriften eingehalten. • Bei Verdünnungen niemals Wasser zu konzentrierten Säuren, beispielsweise konzentrierter Salpeter- oder Schwefelsäure, geben. • Alle Laborgeräte aus Glas vor dem Gebrauch auf Risse oder Schadstellen (Bruchstellen bzw. so genannte Sterne) kontrollieren. Schadhaftes Glasmaterial generell nicht mehr verwenden, sondern zur Reparatur geben oder zur Entsorgung in den Glasabfall aussortieren. • Glasgeräte, die einem Unter- oder Überdruck ausgesetzt werden, nur unter den angegebenen Sicherheitsvorkehrungen (Vorhang, Schutzscheibe) verwenden. • Vorsicht beim Erhitzen von Versuchansätzen im Reagenzglas: Siedeverzug beachten! Reagenzglasöffnung nie zum eigenen Gesicht oder in Richtung zum Nachbarn gerichtet halten. Reagenzglas in der Brennerflamme grundsätzlich hin und her bewegen (vgl. Kapitel 8). • Niemals Lösungen, auch keine schwach konzentrierten Säuren oder Laugen und schon gar nicht Lösungen toxischer Substanzen mit dem Mund pipettieren! Grundsätzlich Pipettetierhilfen wie Peleusball o.ä. verwenden (vgl. Kapitel 7). • Beim Lösen von Stoffen in Wasser oder anderen Lösemitteln niemals das Reagenzglas oder andere Gefäße mit dem Daumen verschließen, und dann kräftig durchschütteln! Parafilm, Stopfen aus Kork oder Kunststoff verwenden und zum Durchmischen des betreffenden Gefäßes zum Durchmischen einen Labormixer (Vortex o.a.) verwenden. • Alle Bedenken, Fehler, Misserfolge, besonderen Vorkommnisse, Schadensfälle oder Unfälle unbedingt der Laboraufsicht melden. Kritik und Verbesserungsvorschläge sind immer erwünscht und einzubringen.
1.5 Gefahrstoffe und Gefahrgut
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Aus dieser sicherlich umfangreichen Auflistung wird deutlich, dass sich ein Schaden nur durch mehrere Maßnahmen vermeiden lässt. Das heißt umgekehrt, dass im Schadensfall nicht selten mehrere Grundsätze, Regeln und Vorschriften verletzt wurden. Werden gleich mehrere Sicherheitsaspekte nicht beachtet, ist das Risiko eines Schadensereignisses groß. Wird zum Beispiel sowohl gegen das Gebot der Sauberkeit auf dem Labortisch ebenso verstoßen wie gegen die Vorschrift, im Labor nicht zu essen, ist zu erwarten, dass mit dem auf dem Labortisch abgelegten Brot auch Chemikalien oder Lösungen mit etwaigen gesundheitlichen Konsequenzen aufgenommen werden. Wer keine Schutzbrille aufsetzt und nicht zugleich einen möglichen Siedeverzug vermeidet, wer unbekümmert Stoffe zusammengibt, die man nicht zusammenbringen darf, muss sich nicht über Folgen wie Augenverletzungen wundern. Wer etwa einen Rotationsverdampfer oder einen Autoklaven einschaltet, ohne die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, und die Arbeitsanleitungen nicht genau liest und befolgt, handelt fahrlässig. Kommen Stress, Eile, Fahrlässigkeit, Unachtsamkeit und unvorschriftsmäßiger Umgang mit Stoffen oder Materialien – etwa mit Quecksilberthermometern – zusammen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Schadens oder Misserfolgs erheblich. Alle diese aus sicherlich guten Gründen geforderten strikten Vorsichtsmaßregeln sollen aber andererseits die Freude am Arbeiten im Labor nicht trüben. Es geht vielmehr darum, den Lernenden zu vermitteln, dass nichts zu befürchten ist, wenn man alles richtig macht. Um dies zu demonstrieren, haben ehrgeizige Chemiker ihre Experimente auch schon in Frack und Zylinder vorgeführt. 1.5 Gefahrstoffe und Gefahrgut Chemikalien, umgangssprachlich mitunter nicht völlig korrekt auch als chemische Stoffe oder chemische Substanzen zitiert, können als Reinstoffe ebenso wie in Gemischen (Zubereitungen) erhebliche Gefahren für Mensch und Umwelt darstellen. Aus Gründen einer die Arbeits- und Umweltsicherheit berücksichtigenden Prävention werden gefährliche Chemikalien (= Gefahrstoffe) EU-einheitlich nach ihrem Gefahrenpotenzial bewertet. Zur Kennzeichnung von Gefahrstoffbehältern (Verpackungen mit Gefahrstoffen) dienen die in Tabelle 19-9 (im Anhang) wiedergegebenen Gefahrensymbole, die man auch Gefahrenkennzeichen nennt. Außerdem werden Gefahrstoffe durch die in Kapitel 1.6 benannten und im Anhang aufgelisteten H- und P-Sätze (früher R- und S-Sätze) charakterisiert.
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1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht
Gefahrstoffe müssen nach den in nationales Recht umgesetzten EUGefahrstoffrichtlinien besonders gekennzeichnet werden. Nach der in Deutschland gültigen Gefahrstoffverordnung besteht die unbedingte Verpflichtung, darauf zu achten, den Umgang mit Gefahrstoffen möglichst zu meiden oder ihren Einsatz einzuschränken, indem man weniger gefährliche Ersatzstoffe verwendet (Substitutionsprinzip). Der Begriff Gefahrstoff wird für alle gefährlichen Substanzen verwendet, solange sie gelagert oder im Labor bzw. industriell verwendet werden. Sofern Gefahrstoffe auf Straße, Schiene oder per Schiff transportiert werden, bezeichnet man sie als Gefahrgut. Dafür sind eigene Richtlinien und Vorschriften gültig. Transportfahrzeuge bzw. Transportbehälter müssen mit speziellen Gefahrzetteln und Gefahrentafeln gekennzeichnet sein. Einige wichtige Gefahrgutsymbole zeigt Tabelle 19-10 (im Anhang). Bei der Anlieferung gefährlicher Güter aus den USA findet sich zur Kennzeichnung üblicherweise der Gefahrendiamant (hazard diamond), der bei einem Unfall die sofortige Gefahrenbeurteilung durch Rettungskräfte ermöglicht. Seine wichtigsten Kategorien zeigt Tabelle 19-11 (im Anhang). CMR-Stoffe sind solche Substanzen, die krebserzeugend (cancerogen), mutationsauslösend (mutagen) oder fortpflanzungsgefährdend (reproduktionstoxisch) wirken (können). Sie werden ebenso wie Allergene durch Gefahrensymbole und durch H- und P-Hinweise (Kapitel 1.6) besonders gekennzeichnet. Unter der Bezeichnung REACH (Registration, Evaluation and Authorization of Chemicals) ist seit 1. Juli 2007 eine EU-einheitliche Neuordnung des Chemikalienrechts in Kraft, die zwar in erster Linie Hersteller, Importeure und Händler von Stoffen betrifft, aber auch Auswirkungen auf den Arbeitsschutz und die Sicherheitsbelange im Labor hat, obwohl dadurch die Gefahrstoffverordnung nicht berührt wird. Die neuen Vorschriften sind auf den Websites der Berufsgenossenschaft Chemie (www.bgchemie.de) oder der europäischen Chemikalienagentur (http://ec.europa.eu/echa) einzusehen. Am 20. Januar 2009 trat die EG-Verordnung Nr. 1272/2008 in Kraft. Sie betrifft die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (Regulation on Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures), wird daher kurz CLP-Verordnung genannt und ersetzt die bisherige europäische Stoffrichtlinie 67/548/EWG sowie die Zubereitungsrichtlinie 1999/45/EG. Sie ist im Internet einzusehen unter www.reach-clp-helpdesk.de/de/CLP/CLP.html. Die CLP-Verordnung geht auf Kapitel 19 der Agenda 21 (UNNachhaltigkeitskonferenz Rio de Janeiro 1992) zurück, welches ein weltweit gültige Chemikalienkennzeichnungssystem GHS (Globally Harmonized System) empfiehlt. Ab dem 1. Dezember 2010 müssen Stoffe und ab dem 1. Juni 2015 Gemische nach GHS bzw. CLP gekennzeichnet werden.
1.6 Die H-, P-, R- und S-Sätze
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Statt der bisher üblichen Gefahrensymbole mit schwarzen Aufdrucken auf orange-gelben Rechtecken warnen nunmehr neun Gefahrenpiktogramme mit schwarzen Symbolen auf weißem Grund in rot umrandeten Rhomben (vgl. Tabelle 19-9 im Anhang). Als neue und GHS-spezifische Kennzeichnungselemente dienen die Signalwörter „Gefahr“ sowie „Achtung“. Ihnen weichen die bisherigen Bezeichnungen der Gefahren wie giftig oder gesundheitsschädlich, die den alten Gefahrensymbolen zugeordnet waren. Gleichzeitig werden die erläuternden R- und S-Sätze gegen die neuen Hund P-Hinweise (Hazard and Precautionary Statements) ausgetauscht. Alle relevanten Daten über Gefahrstoffe sind in Sicherheitsdatenblättern sowie die Betriebsanweisungen für Gefahrstoffe zusammengestellt, die im Labor bereitgehalten werden müssen. Sie benennen neben den physikalisch-chemischen Eigenschaften wie Stabilität und Reaktivität, Handhabung und vorschriftsmäßiger Lagerung beispielsweise auch Erste-HilfeMaßnahmen und geben Empfehlungen zur ökologisch unbedenklichen Entsorgung. Außerdem enthalten sie die relevanten H- und P-Hinweise. Der Zugriff auf diese Datensammlungen ist möglich über www.gefahrstoffe-im-griff.de oder www.gischem.de. 1.6 Die H-, P-, R- und S-Sätze Entsprechend den verbindlichen EU-Vorgaben benennt das in Deutschland seit 1990 gültige Chemikaliengesetz 15 verschiedene Gefährlichkeitsmerkmale bei Stoffen, die für den Menschen oder die Umwelt eine Gefahr darstellen und daher als Gefahrstoffe gelten (Tabelle 1-2). Die genauere Einstufung und Bewertung eines bestimmten Gefahrstoffes erfolgt über die in den H-Sätze (Hazard-Hinweise, früher R- bzw. RisikoSätze) enthaltenen Warnhinweise, welche die Gefahrenmerkmale einzelner gefährlicher Stoffe (Elemente oder chemische Verbindungen) und daraus hergestellte Zubereitungen betreffen. Zusätzlich geben die P-Sätze (Precautionary-Hinweise; früher S- bzw. Sicherheits-Sätze) für jeden Stoff spezielle Sicherheitsratschläge, die verbindliche Maßnahmen für den sicheren Umgang mit dem betreffenden Gefahrstoff benennen. Die in den Tabellen 19-3 und 19-5 (im Anhang) aufgelisteten H- und P-Hinweise sind EU-einheitlich festgelegt und rechtsverbindlich. Sie müssen im Warenverkehr auf den Verpackungen in den jeweiligen Landessprachen angebracht werden. Sie beschreiben allerdings nur Gefahrenmerkmale, die sich aus den chemischen (stofflichen) Eigenschaften herleiten, dagegen keine Gefahrenpotenziale durch Radioaktivität oder infektiöses Material. Diese sind im nationalen Recht Gegenstand anderer Verordnungen bzw. Technischer Regeln.
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1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht
Tabelle 1-2. Gefährlichkeitsmerkmale nach dem Chemikaliengesetz. Zu den bisherigen Gefahrensymbolen s. Tabelle 19-7 (im Anhang) Gefahrensymbol Klassifizierung Toxische Eigenschaften T giftig T+ sehr giftig Xn gesundheitsschädlich C ätzend Xi reizend (ohne Symbol) sensibilisierend Physikalisch-chemische Eigenschaften F leichtentzündlich F+ hochentzündlich (ohne Symbol) entzündlich O brandfördernd E explosionsgefährlich Ökotoxikologische Eigenschaften N umweltgefährlich Spezielle toxische Eigenschaften (ohne Symbol) krebserzeugend (ohne Symbol) erbgutverändernd (ohne Symbol) fortpflanzungsgefährdend
H-Sätze (R-Sätze), die den Gefährlichkeitsmerkmalen „krebserzeugend“ (cancerogen), „erbgutverändernd“ (mutagen) und/oder „fortpflanzungsgefährdend“ (reproduktionstoxisch) zugeordnet werden (CMR-Stoffe: H340 – H361), stehen meist am Anfang einer Gefahrstoffkennzeichnung. Die anderen H-Nummern folgen zumeist aufsteigend. Historisch bedingt benennen die niedrigen R-Nummern meist physikalische Gefahren wie Entflammbarkeit oder Explosionsgefahr, die mittleren Nummern Gesundheitsgefahren wie Giftigkeit oder Ätzwirkung und die höheren Nummern Umweltgefahren. Die dreistellig nummerierten H- und P-Sätze sind gleich nach Kategorien sortiert (H200-Reihe: Physikalische Gefahren, H300-Reihe: Gesundheitsgefahren usw.). Die H-, EUH- und P-Sätze sind neben den bisherigen R- und S-Sätzen in Kapitel 19 (Tabellen 19-1 ff) aufgelistet Nach diesen Vorgaben stellt sich die Kennzeichnung einer LösemittelVorratsflasche mit 96%igem Ethanol folgendermaßen dar (Abb. 1-1):
1.7 Umweltaspekte und Entsorgung
Ethanol
Ethanol
ca. 96%ig
ca. 96%ig
R11 S7-16
15
H225 P210 P222 P403-404
Abb. 1-1. Beispiel für die Kennzeichnung einer Laborvorratsflasche mit dem Lösemittel Ethanol (96%ig) nach den bisherigen (links) und nach den gültigen CLPRegeln (rechts)
1.7 Umweltaspekte und Entsorgung Die zunehmende Beachtung und Verbesserung des technischen Umweltschutzes bei der Entsorgung von Abfällen ist eine der erfreulichsten, aber auch notwendigen umweltpolitischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte. Sie hat vor allem dazu geführt, dass die Luft über den Ballungsgebieten sauberer geworden ist, Flüsse wie der Rhein weit weniger verschmutzt sind als früher und Ozeane nicht mehr unbedenklich der Entsorgung problematischer oder gar gefährlicher Abfälle dienen. Der Schutz der Umwelt, von Lebewesen ebenso wie von Lebensräumen, hat einen hohen Stellenwert. Der Gesetzgeber hat dafür mit den zahlreichen im Umweltrecht zusammengefassten Gesetzen und Verordnungen eine umfassende Rechtsgrundlage geschaffen. Unter Entsorgung versteht man alle Maßnahmen, die zur Verwertung und Beseitigung von Abfällen führen. Das Ziel ist heute eine integrierte Entsorgung mit den Schritten Getrenntes Sammeln der Abfälle in Sammelsystemen / Transport und Zwischenlagerung / Sortieren der Abfallstoffe / Verwerten (Recycling) / Restabfallbehandlung sowie Deponierung. Die derzeit gültigen Entsorgungswege können jedoch nur immer unter den gegebenen Bedingungen und dem gegenwärtigen Stand der Technik als optimal gelten und haben daher nur vorläufigen Charakter. Sie sind aber dennoch verbindlich. Für Labore und deren Hauptabfallarten gelten die folgenden Entsorgungswege für Sonderabfälle: • Anorganische und anorganische Reste von Laborchemikalien werden in Gruppen sortiert und zu Einheiten zusammengefasst. • Säuren, Basen und Salze werden getrennt gesammelt und entsorgt.
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1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht
• Besonders reaktive Substanzen, darunter weißer Phosphor, Brom, Metallalkyle, explosive Stoffe, Königswasser (HNO3 + HCl), Chromschwefelsäure oder Restgase in Druckbehältern, bedürfen einer Sonderbehandlung: Sie müssen erst in entsorgungsfähige und wieder verwertbare Formen umgewandelt werden. • Fotochemikalien werden bis zum Abtransport zwischengelagert. Entwickler und Fixierer werden getrennt gesammelt. Aus den Fixierbädern wird das Silber elektrolytisch zurückgewonnen. Fallweise müssen also detaillierte Arbeitsschritte folgen, die hier nicht darzustellen sind. • Lösemittel und Lösemittel-Wasser-Gemische werden in Sammelgefäßen (Volumen 12 L) gesammelt und in Tankcontainer gepumpt. Deren Inhalt wird in einer Sonderabfallverbrennungsanlage entsorgt. • Verunreinigte Materialien, Betriebsmittel wie Schutzhandschuhe, Verpackungen mit Verunreinigungen durch Chemikalien, aber auch Filterund Absaugmassen, Glas und Keramikabfälle mit schädlichen Verunreinigungen werden in kubischen Tankcontainern (800 L) zwischengelagert. Auch hier erfolgt die Entsorgung, falls möglich, durch Verbrennung, nicht jedoch im Labor. Die Gefahrstoffverordnung regelt (auch) für Schulen und Hochschulen, was zu beachten ist. Genauere Auskunft etwa zur Organisation des Arbeitsschutzes, zu Grundsätzen der Prävention, zu Unfallverhütungsvorschriften oder zum Umgang mit Gefahrstoffen geben die Unfallkassen sowie der Bundesverband der Unfallkassen. Gemeinsam mit der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie wurden Merkblätter oder Broschüren zur Gefährdungsbeurteilung, zur Information für die Beschäftigten, zu Arbeitsschutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, zum sicheren Umgang mit Gefahrstoffen in der pharmazeutischen Industrie und weitere wichtige Belange erarbeitet. Ferner gibt es zahlreiche Schriften und Lernmedien, anhand derer sich sowohl die Verantwortlichen als auch die Studierenden und Auszubildenden zu den Themenfeldern Unfallverhütung, Sicherheit und Gesundheitsschutz informieren und sich ein umfassendes Know-how rund um den Arbeitsschutz im Labor aneignen können. Im Internet erhält man zudem branchenspezifische Gefahrstoff-Informationen, beispielsweise unter www.baua.de (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin), www.bgrci.de (Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie), www.gischem.de oder www.umwelt-online.de/regelwerk/gefst.vo.
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Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen
Alle Dinge, die uns umgeben, bestehen aus Materie. Sie nehmen einen bestimmten Raum ein, haben Masse und besitzen unter dem Einfluss des irdischen Gravitationsfeldes ein bestimmtes Gewicht. Die konkrete Ausdehnung, Form und Gestalt der Materie bezeichnet man als Körper. Diese sind, soweit es sich um ihre äußeren Zustände handelt, Gegenstand der Physik, aber auch der Chemie, die sich vor allem mit der genaueren Zusammensetzung der Körper und deren Veränderungen befasst und demnach Stoffe analysiert. Die Details des stofflichen Geschehens stehen notwendigerweise auch bei der Analyse der Lebensvorgänge im Vordergrund. Insofern sind physiko-chemische Erkenntnisse ein integraler Bestandteil auch der Biologie sowie ihrer affinen Disziplinen Medizin, Pharmazie und Biotechnologie. Bevor sich die Chemie im 17. Jahrhundert allmählich zur Wissenschaft entwickelte, war es generell üblich, die in der Natur vorkommenden Stoffe nach ihrer Herkunft als mineralische, pflanzliche oder tierische Substanzen zu unterscheiden. Ab dem 18. Jahrhundert grenzte man die mineralischen Stoffe als „unorganisierte Körper“ von den „organisierten Körpern“ aus Pflanzen oder Tieren ab. Erst im 19. Jahrhundert ersetzten im chemischen Kontext die Bezeichnungen „Substanz“ bzw. „Verbindung“ (= Chemikalien) den antiquierten Begriff Körper. Die stofflichen Komponenten organismischer Herkunft nannte man fortan „organische Verbindungen“. Heute ist es in den Medien fallweise üblich, von „chemischen Substanzen“ zu sprechen, was streng genommen ein Pleonasmus ist. Ein unverzichtbares Basisanliegen in allen Anwendungsbereichen chemischer Sachverhalte ist die korrekte und eindeutige Benennung der Stoffe bzw. Substanzen, die Gegenstand von Analyse oder Synthese sind. Nachdem man zunächst jahrhundertelang lediglich Trivialbezeichnungen für die in der Natur vorkommenden Stoffe oder hergestellte Verbindungen benutzte, ist es angesichts der gewaltigen Anzahl heute bekannter Substanzen unumgänglich, ein auch international akzeptiertes und einheitlich praktiziertes Benennungsgefüge anzuwenden. Die Benennungsregeln gibt die IUPAC (International Union of Pure and Applied Chemistry) vor. Außerdem erhält jede bekannte Verbindung als internationalen Bezeichnungsstandard eine individuelle CAS-Nummer (CAS = Chemical Ab-
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2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen
stracts Service). Der universelle Naturstoff Wasser trägt beispielsweise die CAS-Nummer 7732-18-5. Da Kenntnis und Verstehen von Substanzbezeichnungen für das Arbeiten im Labor als eine der basalen Voraussetzungen gilt, stellt dieses Kapitel im Überblick die wichtigsten Benennungsregeln für anorganische und organische Stoffe kurz vor. 2.1 Elemente, Gemische, Verbindungen Stoffe können aus mehreren Stoffarten oder aus nur einer Stoffart bestehen. So ist Granit ein Gemisch aus den Stoffarten Feldspat (braun, undurchsichtig), Quarz SiO2 (hart, glasartig) und Glimmer (metallisch glänzend). Ein gasförmiges Gemisch aus den Reinstoffarten Stickstoff N2, Sauerstoff O2 und Kohlenstoffdioxid CO2 ist die Luft. Stickstoff N2, Sauerstoff O2, Wasser H2O, Kochsalz NaCl oder Kalk CaCO3 sind jeweils Verbindungen gleicher oder verschiedener Elemente. In einer Verbindung können verschiedene Elemente vorliegen z.B. in Wasser H2O, Kohlenstoffdioxid CO2, Glucose C6H12O6, aber auch gleiche Elemente wie in Wasserstoff H2, Stickstoff N2, Sauerstoff O2 oder Chlor Cl2. Kohlenstoff kann beispielsweise als Graphit oder Diamant in verschiedenen Modifikationen aus gleichen Atomen bestehen. Solche Reinstoffe haben jeweils einheitliche physikalische und chemische Eigenschaften. Schwefel als Nichtmetall und alle reinen Metalle bestehen ebenfalls aus Atomen desselben Elements. Gemische wie zum Beispiel Milch oder Kaffee können mit physikalischen Methoden (vgl. Kapitel 13) relativ einfach wieder in ihre einzelnen Komponenten getrennt werden. Verschiedene Stoffe, die als Mischungen in Lösungen vorliegen, können zum Beispiel durch Elektrophorese oder Chromatographie (Kapitel 15) getrennt werden. Reine Stoffe wie Wasser H2O lassen sich nur mit chemischen oder physikalischen Methoden in die Grundstoffe oder chemischen Elemente zerlegen (Analyse). So kann Wasser durch Elektrolyse in gasförmigen Wasserstoff und Sauerstoff getrennt werden (Hoffmann’sche Wasserzersetzung). Die weitaus meisten Elemente kommen in der Natur nur in Form von Verbindungen vor. Elemente bestehen aus den gleichen Elementarteilchen, sofern sie nicht Isotope darstellen. Atombindungen halten die Atome des Kohlenstoffs (Graphit, Diamant), des Schwefels oder des Sauerstoffes in charakteristischer Weise in Molekülen oder größeren Molekülverbänden zusammen. Dagegen liegen die Edelgase Helium He, Neon Ne oder Argon Ar immer unverbunden als Einzelatome in der atomaren Form vor. Im Falle des
2.2 Basen, Säuren und Salze
19
Stickstoffs N2 und Sauerstoffs O2 sind die Atome paarweise miteinander zu einem Molekül verbunden. Unter einem Molekül versteht man daher zwei oder mehr miteinander verbundene Atome, wobei die Atome gleich (N2, O2) oder verschieden sein können (H2O, CO2). Moleküle sind zugleich die kleinsten Teilchen einer Verbindung. Atome sind die kleinsten Teilchen in Verbindungen, Molekülen oder als Einzelatome in Edelgasen. 2.2 Basen, Säuren und Salze Die meisten Elemente liegen in der anorganischen Natur in Form ihrer Ionen vor. Dabei können diese weitgehend wasserunlöslich sein wie die Oxide und Sulfide der Erdkruste, z.B. Siliciumdioxid oder Quarz SiO2, Aluminiumoxid in Ton oder Lehm Al2O3 oder Eisensulfid Fe2S3, oder aber im Wasser in Lösung gehen. Dann können diese wasserlöslichen Ionenverbindungen Basen, Säuren oder Salze sein. Säuren, Basen und Salze bestehen ausnahmslos aus Ionen. Das unterscheidet diese anorganischen Ionen-Verbindungen von vielen organischen Stoffen wie Zuckern, Fetten oder Alkoholen. Allerdings gibt es auch ionale organische Säuren, Basen und Salze. Eine ganze Reihe organischer Säuren kommt zum Beispiel im Stoffwechsel jeder atmenden Zelle in der Glykolyse und im Citratzyklus vor. Organische Basen sind etwa die Amine in den Proteinen und die Basenanteile in den Nukleinsäuren. Als organisches Salz erhält man etwa die Erbsubstanz, die DNA, wenn man sie aus einer neutralen Lösung mit geeigneten Mitteln ausfällt. Ob ein Stoff eine Säure ist, hängt wesentlich davon ab, ob er Wasserstoff-Ionen, H+-Ionen, in Wasser dissoziiert. Der schwedische Naturwissenschaftler Svante Arrhenius (1859–1927) erkannte: Eine Säure, allgemein HR, dissoziiert in Wasser in H+-Ionen (= Protonen) und in Säurerest-Ionen R–. Das Charakteristische einer Säure sind demnach die H+-Ionen und nicht die Säurerest-Ionen. Wässrige Lösungen von Säuren liegen vor, wenn ein gelöster Stoff beim Kontakt mit Wasser Protonen abgibt. Genau genommen existieren in wässriger Lösung keine freien Protonen, sondern nur Hydronium-Ionen H3O+, da die freigesetzten Protonen sofort mit den Wassermolekülen reagieren: H+ + H2O → H3O+ HCl Chlorwasserstoff
+
H2O Wasser
→
[Gl. 2-1] +
H3O
+
Cl
–
Hydronium-Ion Chlorid
[Gl. 2-2]
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2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen
Säuren können ihre Protonen nicht nur an Wasser abgeben, sondern auch an andere Stoffe und Stoffgruppen. Jeder Stoff, der Protonen abgeben kann, ist eine Säure. Dieser Tatsache entsprechend hat der dänische Chemiker Johann Nicolaus Brønstedt (1879–1947) die nach ihm benannte Definition von Säuren vorgenommen: Säuren sind Protonen-Donatoren. Eine Base, allgemein XOH, dissoziiert nach Svante Arrhenius in Wasser in OH–-Ionen (= Hydroxid-Ionen) und in Baserest-Ionen X+. Die wässrige Lösung einer Base bezeichnet man als Lauge. Eine Lauge entsteht dann, wenn beim Kontakt eines Stoffes mit Wasser Hydroxid-Ionen freigesetzt werden. Dazu muss die Base nicht unbedingt wie im Fall des Natriumhydroxids OH–-Ionen mitbringen. OH–-Ionen können auch wie beim Ammoniak bei der Reaktion mit Wasser entstehen oder freigesetzt werden: NaOH Natriumhydroxid
→
Na+ Natrium-Ion
+
OH–
[Gl. 2-3]
Hydroxid-Ion
Das Charakteristikum von Basen ist somit die Freisetzung von HydroxidIonen in Wasser. Die Wirkungen von Basen sind aber nicht auf wässrige Lösungen beschränkt: So reagiert die Base Ammoniak mit Chlorwasserstoffgas auch ohne Wasser zu Ammoniumchlorid: NH3 + HCl → NH4Cl
[Gl. 2-4]
Nach der Brønstedt’schen Definition sind alle Stoffe Basen, die Protonen aufnehmen: Basen sind Protonen-Akzeptoren. Bestimmte Stoffe können je nach den Umständen als Säuren oder Basen reagieren – sie können Protonen abgeben oder aufnehmen. Man nennt sie amphoter. Beispiele sind das Wasser H2O ebenso wie das Hydrogencarbonat HCO3– und das Aluminiumhydroxid Al(OH)3. Grundsätzlich existieren immer konjugierte Säure/Base-Paare. Aus einer Säure entsteht durch die Protonenabgabe die konjugierte Base, aus der Base entsteht durch Protonenaufnahme die konjugierte Säure: Protonenabgabe → [Gl. 2-5] Säure H+X– ← Base X– + Proton H+ Protonenaufnahme Die eben noch als Säurerest-Ionen aufgeführten Säurereste X– sind deshalb funktionell betrachtet nicht etwa große säurewirksame Teile der Säure, sondern im Gegenteil Basen. So ist z.B. das Sulfat-Ion eine Base, obwohl es Bestandteil der Schwefelsäure ist. Man unterscheidet starke und schwache Säuren und Basen. Maßgeblich für die Säure/Base-Stärke ist, wie stark sie in wässriger Lösung dissoziieren. Bei einigen Säuren und Basen bleibt ein großer Anteil nicht dissoziierter
2.2 Basen, Säuren und Salze
21
Moleküle beim Lösen in Wasser vorhanden, während sich andere Säuren und Basen fast vollständig in Ionen spalten. Starke Säuren sind Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure; als mittelstarke Säuren gelten schweflige Säure, Phosphorsäure oder Ameisensäure; schwache Säuren sind Essigsäure, Kohlensäure, Borsäure H3BO3 und Kieselsäure H4SiO4. Als gefährliche Gifte können die leicht in den gasförmigen Zustand übergehenden schwachen Säuren Schwefelwasserstoff H3S und Blausäure HCN schon in geringer Konzentration wirken. Starke Basen sind Natrium-, Kalium-, Barium- und Calciumhydroxid Eine relativ schwache Base ist Ammoniak. Bei den Metallbasen sind Basencharakter und Löslichkeit weitgehend miteinander verknüpft. Sehr leicht löslich sind die Hydroxide der Alkalien, mittlere Löslichkeit besitzen die Erdalkali-Hydroxide. Die Hydroxide der Erdmetalle (z.B. Aluminium) und Schwermetalle sind oft in Wasser schwer löslich. Natürlich vorkommende organische Basen sind immer schwache Basen. Sie enthalten Stickstoff, der wie Ammoniak Protonen am freien Elektronenpaar aufnehmen kann: NH3 + HCl → NH4+ + Cl–
[Gl. 2-6]
Reagieren die im klassischen Sinne verstandenen Säuren und Basen miteinander, spricht man von Neutralisation. Dabei entstehen Salze. Sie bestehen aus einem positiv geladenen Baserest-Ion und einem negativ geladenen Säurerest-Ion. Na+ + OH– + H+ + Cl– → Na+ + Cl– + H2O
[Gl. 2-7]
Die Protonen und Hydroxid-Ionen werden bei dieser Reaktion zu Wasser vereinigt. Sie verlieren dabei ihren sauren bzw. basischen Charakter (Neutralisation). Für die Benennung von Basen, Säuren und Salzen bestehen einfache Regeln (Tabellen 2-1 und 2-2). Die Metallhydroxide benennt man so, dass dem Namen des beteiligten Metall-Ions die Bezeichnung -hydroxid folgt wie im Beispiel NaOH = Natriumhydroxid. Bildet ein Metall mehrere Hydroxide, wird nach dem Metall seine Wertigkeit in römischen Ziffern gesetzt und der Zusatz -hydroxid mit Bindestrich angeschlossen wie bei Fe(OH)2 = Eisen(II)-hydroxid. Nichtmetalle bilden Stammsäuren, in denen ihre oxidative Wertigkeit (meist) der alten Gruppenzugehörigkeit im PSE entspricht, beispielsweise Schwefel S mit der Wertigkeit +6 (früher Hauptgruppe VI) im Fall der Schwefelsäure H2SO4. Säuren der Halogene, die ein O-Atom mehr enthalten als ihre Stammsäure und bei denen jedes O-Atom an das zentrale Halogen-Ion gebunden ist, bezeichnet man als Persäuren wie bei HClO4 = Perchlorsäure. Weist eine Säure gegenüber ihrer Stammsäure dagegen eine
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2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen
-O-O–Gruppierung auf, nennt man sie Peroxosäuren wie bei H2SO5 = Peroxoschwefelsäure. Ist ein O-Atom weniger vorhanden als in der Stammsäure, verwendet man das Suffix -ige wie bei HNO2 = Salpetrige Säure. Sind bezogen auf die Stammsäure zwei O-Atome weniger vorhanden, erhalten die betreffenden Verbindungen zusätzlich das Präfix Hypo- wie bei HClO = Hypochlorige Säure. Tabelle 2-1. Nomenklatur von Säuren und Basen Basen NaOH
Natriumhydroxid
Fe(OH)2 Eisen(II)-hydroxid
Ba(OH)2 Bariumhydroxid
Fe(OH)3 Eisen(III)-hydroxid Sauerstofffreie Säuren
HCl
Chlorwasserstoff HCN (wässrige Lösung: Salzsäure)
Cyanwasserstoff (wässrige Lösung: Blausäure)
H2S
Schwefelwasserstoff
Stickstoffwasserstoffsäure
HN3
Sauerstoffhaltige Säuren (Stammsäuren) HNO3
Salpetersäure
H2SO4
Schwefelsäure
H3PO4
Phosphorsäure
HClO3
Chlorsäure
H2CO3
Kohlensäure
HBrO3
Bromsäure
Säuren der Halogene mit 1 O-Atom mehr als die Stammsäure HClO4
Perchlorsäure
HIO4
Periodsäure
Säuren mit -O-O–Gruppierung H2SO5
Peroxoschwefelsäure
H3PO5
Peroxophosphorsäure
Säuren mit 1 O-Atom weniger als die Stammsäure HNO2
Salpetrige Säure
H3PO3
Phosphorige Säure
HClO2
Chlorige Säure
H2SO3
Schweflige Säure
Säuren mit 2 O-Atomen weniger als die Stammsäure HClO
Hypochlorige Säure
H3PO2
Hypophosphorige Säure
Jede der in Tabelle 2-1 benannten Säuren kann durch Neutralisation mit Basen oder Metallhydroxiden Salze bilden, deren Namen kennzeichnende Endungen bzw. Zusätze führen. Aus Gründen der Vereinfachung führt die
2.2 Basen, Säuren und Salze
23
folgende Tabelle 2-2 in ihren Beispielen nur die jeweiligen Natriumsalze auf, die sich aus der Reaktion mit Natriumhydroxid NaOH ableiten: Tabelle 2-2. Nomenklatur von Salzen Salze aus sauerstofffreien Säuren NaCl
Natriumchlorid
NaCN
Natriumcyanid
Na2S
Natriumsulfid
NaN3
Natriumazid
Salze aus Stammsäuren NaNO3
Natriumnitrat (Salpeter)
Na2SO4
Natriumsulfat
Na2CO3
Natriumcarbonat (Soda)
Na3PO4
Natriumphosphat
Salze aus Persäuren NaClO4
Natriumperchlorat
NaIO4
Natriumperiodat
Salze aus Peroxosäuren Na2SO5
Natriumperoxosulfat
Na3PO5
Natriumperoxophosphat
Salze aus ...igen Säuren NaNO2
Na2SO3
Natriumnitrit
Natriumsulfit
Salze aus Hypo...igen Säuren NaClO
Natriumhypochlorit
Na2HPO2 Natriumhypophosphit
Aus der Base NH3 entsteht in wässriger Lösung das Ammonium-Ion NH4+. Mit Salzsäure bildet sich daraus das Salz Ammoniumchlorid NH4Cl. In Lösung liegen Salze je nach ihrer Wasserlöslichkeit mehr oder weniger dissoziiert vor. Die Ionen entstehen nicht beim Lösungsvorgang. Sie sind bereits in der festen Zustandsform des Salzes, im Ionengitter, vorhanden. Die Ionen sind in einem solchen Gitter nicht zu Molekülen zusammengeschlossen, sondern sind im Ionengitter gleichmäßig mit den benachbarten Ionen verbunden. Es gibt keine Moleküle des Kochsalzes, und so ist es auch sinnlos, von einem „Kochsalzmolekül“ zu sprechen, wenn man die Formeleinheit NaCl meint. Salze sind, wie andere Substanzen auch, in Wasser unterschiedlich stark löslich. Sie leiten in wässriger Lösung ebenso wie Säuren und Basen den elektrischen Strom. Salze entstehen z.B. bei der Auflösung von Metallen in Säuren (Redoxreaktionen). Einige Alkali- und Erdalkalimetalle reagieren bereits mit Wasser unter Bildung von gasförmigem Wasserstoff. Hierbei entstehen aber nicht Salze, sondern Basen oder Laugen.
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2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen
2.3 Alkane als Basismoleküle Im Unterschied zu den übrigen Elementen des Periodischen Systems können sich Kohlenstoffatome in nahezu beliebiger Anzahl miteinander verknüpfen und somit eine große Anzahl gerader oder verzweigter Kohlenstoffketten bilden. Sofern die C-Atome ausschließlich durch Einfachbindungen verbunden sind und nur Wasserstoff die übrigen vorhandenen Valenzen einnimmt (absättigt), erhält man als Ausgangsgruppe fast aller organischer Verbindungen die gesättigten Kohlenwasserstoffe oder Alkane (Paraffine). Stammverbindung ist das tetraedrische Methan CH4 (Tabelle 2-3). Tabelle 2-3. Systematik der organischen Stoffklassen Organische C-Verbindungen Acyclische Verbindungen mit C-Ketten
Cyclische Verbindungen mit Ringen Carbocyclen
•
gesättigte Kohlenwasserstoffe: Alkane
•
gesättigt: Cycloalkane (Alicyclen)
•
ungesättigte Kohlenwasserstoffe: Alkene und Alkine
•
ungesättigt Cycloalkene (Aromaten, Arene, Arine)
Heterocyclen • •
gesättigt aromatisch
Von den Alkanen lassen sich formal durch Entfernen eines Wasserstoffatoms die entsprechenden Alkyl-Reste ableiten. Sukzessives Ersetzen eines der H-Atome durch eine CH3-Gruppe ergibt die homologe Reihe der offenkettigen Alkane (gesättigte Kohlenwasserstoffe) mit der allgemeinen Summenformel CnH2n+2. Sie unterscheiden sich jeweils nur um einen gleich bleibenden Baustein, die Methylen-Gruppe -CH2-) (Tabelle 2-4). Die Valenzen der beteiligten wenigen Elemente geben einfache Bauregeln für die organischen Moleküle vor. Daher lassen sich die vollständigen Strukturformeln teilweise abkürzen, indem man die Valenzstriche weglässt und die an jedem C-Atom gebundenen H-Atome summiert: Aus der Strukturformel für Ethan ergibt sich so die Gruppenformel CH3-CH3 bzw. H3C-CH3. Durch einfaches Zusammenzählen aller beteiligten Atome erhält man daraus eine Summenformel wie die oben benannte allgemeine Alkanformel CnH2n+2.
2.4 Benennung von Kohlenwasserstoffen und ihren Derivaten
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Tabelle 2-4. Homologe Reihe der gesättigten Kohlenwasserstoffe (Alkane) Summenformel
Gruppenformel
Name
Alkyl-Rest
CH4
CH4
Methan
Methyl-
C2H6
CH3-CH3
Ethan
Ethyl-
C3H8
CH3-CH2-CH3
Propan
Propyl-
C4H10
CH3-(CH2)2-CH3
Butan
Butyl-
C5H12
CH3-(CH2)3-CH3
Pentan
Pentyl-
C6H14
CH3-(CH2)4-CH3
Hexan
Hexyl-
C7H16
CH3-(CH2)5-CH3
Heptan
Heptyl-
C8H18
CH3-(CH2)6-CH3
Octan
Octyl-
C9H20
CH3-(CH2)7-CH3
Nonan
Nonyl-
C10H22 ...
CH3-(CH2)8-CH3
Decan
Decyl-
C20H42
CH3-(CH2)18-CH3
Eicosan
Eicosyl-
2.4 Benennung von Kohlenwasserstoffen und ihren Derivaten Atome oder Atomgruppen, die einen Wasserstoff an einem Alkan ersetzen, nennt man Substituenten, während man den Vorgang selbst als Substitution bezeichnet. Führt man die Substitution eines mittenständigen Wasserstoffatoms durch, erhält man verzweigte Alkane. Zur Kennzeichnung unverzweigter Alkane stellt man dem Substanznamen oft ein n- (für normal) voran. Die Vorsilbe Iso- oder iso- kennzeichnet eine Verzweigungsstelle vom Typ (CH3)2CH- am Kettenende: 2-Methylbutan könnte man danach auch als iso-Pentan bezeichnen. Die Vorsilbe Neo- oder neo- verwendet man für endständige Verzweigungen vom Typ (CH3)3C- wie im Fall von 2,2-Dimethyl-propan = neo-Propan. Je länger die Kohlenstoffkette, um so höher ist die Anzahl von Verbindungen, die zwar die gleiche Summen-, aber eine unterschiedliche Strukturformel aufweisen und folglich isomer sind. Die Isomerenzahl wächst rasch an – vom Hexan sind es 5, vom Heptan 9, vom Decan 75 und vom Pentadekan (C15H32) bereits 4347. Um Moleküle nach den IUPAC-Vorschriften eindeutig (rationell) zu benennen, verfährt man folgendermaßen:
26
2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen
1. Man sucht die längste im Molekül vorhandene unverzweigte Kohlenstoffkette auf und bestimmt den Substanznamen (beispielsweise -pentan). 2. Nach Durchnummerieren der C-Atome fügt man in den Namen etwaige Verzweigungsstellen und die beteiligte Alkylgruppe ein (beispielsweise 2-Methyl-pentan). 3. Die Nummerierung erfolgt von einem Ende her so, dass die Verzweigungsstellen möglichst niedrige Nummern erhalten. 4. Enthält ein verzweigter Kohlenwasserstoff als Substituenten mehrere gleichartige Alkyl-Gruppen, gibt man dies durch Verwendung entsprechender Vorsilben (di- für zwei, tri- für drei oder tetra- für vier), beispielsweise 2,2-Dimethyl-propan. 5. Bei verschiedenartigen Substituenten als Seitenketten ordnet man diese im Substanznamen alphabetisch (Ethyl- vor Methyl- usw.). 6. Sind die Seitenketten ihrerseits verzweigt, gibt man deren Substituenten in Klammern mit eigener Zählung der Verzweigungsstelle(n) an. Beispiel: 2-Ethyl-3-methyl-4-(2,2-dimethyl)-propyl-octan. 7. Zahlenangaben in Substanzbezeichnungen werden ohne Zwischenraum geschrieben, aber mit Bindestrich (Divis, nicht mit Gedankenstrich) an die Wortstämme angefügt. Zur besseren Erkennbarkeit wird der Name der Stammverbindung ebenfalls durch ein Divis abgetrennt: 3,4-Dimethyl-pentan. 8. Ein Großbuchstabe steht nur am Beginn des Substanznamens. Alle weiteren Bauglieder werden in Kleinbuchstaben geschrieben: 6,7-Diethoxy1-(3’,4’diethoxybenzyl)-isochinolin. 9. In Strich- und Gruppenformeln schreibt man die Einfachbindungen im Allgemeinen mit Trennstrichen (Divis) und nur zur besonderen Hervorhebung mit Gedankenstrichen. Zwischen den Baugruppen wird kein Leerzeichen verwendet: H3C-(CH2)6-COOH. Kohlenwasserstoffe mit 4 und mehr C-Atomen bilden eventuell ringförmige C-Gerüste – die Cycloalkane oder alicyclischen (= aliphatischen) Kohlenwasserstoffe. Außer Einfachringen wie Cyclopentan oder Cyclohexan sind auch kondensierte Ringsysteme wie Decalin (2 C6-Ringe), Hydrindan (1 C6- und 1 C5-Ring) oder Steran (3 C6-Ringe und 1 C5-Ring) von Bedeutung. Alicyclische (gesättigte) Ringsysteme spielen neben den ungesättigten Ringverbindungen in der Natur als Bausteine zahlreicher organismischer Stoffe (früher auch Sekundärstoffe genannt) eine bedeutende Rolle. Kohlenwasserstoffverbindungen mit Mehrfachbindungen zwischen einzelnen C-Atomen nennt man ungesättigt. Sind Doppelbindungen vorhanden, heißen die entsprechenden Stoffe Alkene (Arene, früher Olefine), enthalten sie Dreifachbindungen, spricht man von Alkinen (Arine). Auch sie bilden
2.4 Benennung von Kohlenwasserstoffen und ihren Derivaten
27
jeweils eine homologe Reihe mit einer oder mehreren Mehrfachbindungen. Anzahl und Lage (Ausgangsatom) der Mehrfachbindungen in der Kohlenstoffkette bringt man im rationellen Verbindungsnamen analog zur Bezeichnung von Verzweigungsstellen zum Ausdruck. Einige Beispiele zeigt Tabelle 2-5: Tabelle 2-5. Ungesättigte Kohlenwasserstoffe (Alkene und Alkine) Substanzname
Formelbild
Ethen (früher: Ethylen bzw. Äthylen) H2C=CH2 2-Buten
H2C–CH=CH– CH3
1,3-Butadien
H2C=CH–CH=CH2
Ethin (früher: Acetylen)
HC≡CH
1-Propin
H3C–C≡CH
1,3-Pentadien-4-in
H3C=CH–CH=CH–C≡CH
Cyklische Verbindungen können natürlich auch Doppelbindungen aufweisen. August Kekulé von Strahowitz (1829–1896) fand im Jahre 1865 eine passende strukturelle Lösung für das Benzol (Benzen, 1,3,5-Cyclohexen) und schlug eine ringförmige Anordnung der 6 C-Atome vor: Die nach ihm benannten Kekulé-Formeln gelten für das Benzolmolekül mit je drei Doppelbindungen, halten jedoch lediglich Grenz- bzw. Zwischensituationen (Mesomerien) der Elektronen fest. Dennoch benutzt man zur vereinfachenden Schreibweise von Benzol und seinen Derivaten meist die Kekulé-Formel statt der Dewar-Strukturen oder verwendet zur Andeutung der delokalisierten Elektronen ein Sechseck mit eingeschlossenem Kreis (Abb. 2-1):
↔ Kekulé-Formeln
↔
↔
≡
Dewar-Formeln
Abb. 2-1. Formeldarstellung aromatischer Kohlenwasserstoffe (Arene)
28
2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen
a
Decalin
Hydrindan
Steran
Cyclohexyl-cyclohexan
b
Anthracen
Phenanthren
(linear aneliert)
(angular aneliert)
CH3
c
Benzol
Biphenyl
CH3
Toluol
Styrol
(Toluen)
CH3 p-Xylol
Naphthalin
(p-Xylen)
d
S O Furan
S Thiophen
N Thiazol
N
O
HN Pyrrol
N
N
Pyridin
Pyrimidin
Pyran
Abb. 2-2. Beispiele für Mehrfachringsysteme (a) gesättigter und (b) ungesättigter Cycloalkane sowie für (c) isozyklische und (d) heterozyklische Aromaten (Arene)
In aromatischen Kohlenwasserstoffen, nach neuerer Empfehlung auch Arene bzw. Arine (im letzteren Fall 1 Dreifach- sowie 2 Doppelbindungen) genannt, können ebenso wie bei den alicyclischen auch mehrere Ringe miteinander verbunden sein und kondensierte Ringsysteme bilden. Ähnlich wie die (aliphatischen) Cycloalkane können die aromatischen Ringe neben Kohlenstoffatomen auch andere Atome enthalten – sie bilden dann die Gruppe der aromatischen Heterozyklen (Abb. 2-2), von denen sich zahlreiche Naturstoffe ableiten.
2.5 Funktionelle Gruppen schaffen Vielfalt
29
Tabelle 2-6. Wichtige funktionelle Gruppen Funktionelle Gruppe -OH
Bezeichnung als Gruppe mit Nachsilbe Hydroxyl-ol
-NH2
Amino-
-amin
Amine, Aminosäuren
-SH
Sulfhydryl-
-thiol
Mercaptane, S-haltige Aminosäuren
-C=O
Oxo-
-al (Aldehyde) -on (Ketone)
Carbonyle
Imino-
-imin
Imine
-COOH, -COO
Carboxyl-
-carbonsäure
Carbonsäuren
-CN
Cyano-
-nitril
Nitrile
-NO2
Nitro-
–
Nitroverbindungen
Phospho-
-phosphat
Phosphatester
=NH –
-PO4
2–
Beispiele/Stoffklasse Alkohole, Phenole
2.5 Funktionelle Gruppen schaffen Vielfalt Reine Kohlenwasserstoffe zeigen zwar schon eine beachtliche Strukturvielfalt, doch kommt der enorme Typenreichtum organischer und gerade auch biologisch bedeutsamer Verbindungen tatsächlich erst durch die Einfügung von funktionellen Gruppen als Substituenten zustande. Darunter versteht man Atomgruppen, in denen Fremdatome wie Sauerstoff, Stickstoff oder wenige andere mit Kohlenstoff- oder Wasserstoffatomen polare (und somit reaktionsfreudigere) Atombindungen bilden und das reaktive Verhalten der betreffenden Verbindungen bestimmen (Tabelle 2-6). Die nachfolgend vorgenommene Ableitung einiger sauerstoffhaltiger Verbindungen (= Kohlenwasserstoffe mit O-haltigen funktionellen Gruppen) ist rein formal und beschreibt nicht die experimentellen oder natürlichen Synthesewege. Alkohole Die Vertreter dieser Stofffamilie sind die einfachsten organischen Stoffe mit einer sauerstoffhaltigen funktionellen Gruppe. Sie enthalten eine oder mehrere Hydroxyl-Gruppen (alkoholische OH-Gruppen). Gewöhnliche Alkohole entstehen formal durch den Austausch eines Wasserstoffatoms gegen eine OH-Gruppe. Man könnte sie daher sogar als alkylsubstituiertes
30
2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen
Wasser auffassen. Die Benennung erfolgt jeweils durch Anhängen der Endsilbe -ol an den Namen des Grundkörpers – aus Alkanen entstehen somit Alkanole, speziell aus Methan das Methanol, aus Ethan das übliche Ethanol (früher Äthylalkohol). Sind die Kohlenstoffatome zur genaueren Bezeichnung der Stellung der funktionellen Gruppe oder einer Seitenkette zu nummerieren, beginnt man nach den IUPAC-Regeln an dem Kettenende, welches der Hydroxyl-Gruppe am nächsten steht. Beispiele für Alkanole sind: Methanol
H3C–OH
veraltet: Methylalkohol
Ethanol
H3C–CH2OH
veraltet: Ethylalkohol
1-Propanol
H3C–CH2–CH2OH
veraltet: Propylalkohol
2-Propanol
H3C–CHOH–CH3
veraltet: Isopropylalkohol
Verbindungen, die eine oder mehrere OH-Gruppen direkt an einem Benzolkern (aromatischen Ring) binden, heißen Phenole (Abb. 2-3). Bei der Restbildung von Aromaten ist der Unterschied zwischen einem Phenyl- und einem Benzyl-Rest zu beachten: CH2 Phenyl-Rest
Benzyl-Rest
Je nach Anzahl der OH-Gruppen unterscheidet man ein- oder mehrwertige Phenole: OH
OH
OH
OH
OH
CH3
CH3 CH3 Phenol
o-Kresol
OH
m-Kresol
OH
p-Kresol
OH
1-Naphthol
OH
OH
OH
HO
OH
HO
OH
OH
OH Brenzkatechin
Resorcin
Hydrochinon
Phloroglucin
Abb. 2-3. Beispiele für ein- und mehrwertige Phenole
Pyrogallol
2.5 Funktionelle Gruppen schaffen Vielfalt
31
Carbonyl-Verbindungen: Aldehyde und Ketone Formal entstehen Carbonyl-Verbindungen aus Alkoholen durch Entzug von Wasserstoff: Die Carbonyl-Gruppen stellen somit oxidierte OH-Gruppen dar und können zweierlei Gestalt annehmen: Aus einem primären Alkohol (-CH2OH) geht die Aldehyd-Gruppe -CHO hervor, aus einem sekundären Alkohol entsteht dagegen die Keto-Gruppe >C=O. Zur Bezeichnung von Aldehyden hängt man die Endsilbe -al an den Namen der Stammverbindung. Beispiele sind Methanal (Formaldehyd) H-CHO, Ethanal (Acetaldehyd) H3C-CHO und Propionaldehyd H3C-CH2-CHO. Ketone versieht man analog mit der Endsilbe -on. Aus sekundärem Propanol (iso-Propanol, früher Isopropylalkohol) entsteht durch Dehydrierung Propanon (Aceton) H3C-CO-CH3. Die in der Natur vorkommenden Kohlenhydrate sind Mehrfachalkohole (vgl. Abb. 2-4), die am C1-Atom eine Aldehyd- oder am C2-Atom eine Ketogruppe tragen:
HC-OH I HC-OH I HO-CH I HC-OH I HC I H 2COH
←
O
→
α-D-Glucose
HC=O I HC-OH I HO-CH I HC-OH I HC-OH I H2COH
← →
HC-OH I HO-CH I HO-CH HO I HC-OH I HC I H 2 COH
β-D-Glucose
offene Aldehydform
H 2COH
H 2COH O
→
OH HO OH
O H
H 2COH OH
← HO
O
H O
OH
O
← →
OH
O H
HO OH
OH
Abb. 2-4. Kohlenhydrate als Mehrfachalkohole mit Carbonyl-Gruppe am Beispiel der α- sowie der β-Glucose
Carbonsäuren Oxidiert man eine Aldehyd-Gruppe durch Einfügen eines zusätzlichen Sauerstoffatoms, erhält man die Carboxyl-Gruppe -COOH. Wegen der starken Elektronegativität des Sauerstoffs ist die endständige -OH-Bindung so stark polarisiert, dass ein Proton H+ dissoziiert. Die entsprechenden
32
2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen
Verbindungen heißen Carbonsäuren. Ihre Reste R-COO– nennt man Acyl-Reste, im Fall der Essigsäure also Acetyl-Rest (Tabelle 2-7). Unsubstituiert sind sie meist nur schwache Säuren. Halogenierte Carbonsäuren wie die Trichloressigsäure Cl3C-COOH sind jedoch starken anorganischen Säuren vergleichbar. Tabelle 2-7. Beispiele wichtiger Monocarbonsäuren (Carbonmonosäuren) Gruppenformel
Trivialname
Anion
Rest
HCOOH
Ameisensäure
-formiat
Formyl-
CH3COOH
Essigsäure
-acetat
Acetyl-
CH3CH2COOH
Propionsäure
-propionat
Propionyl-
CH3-(CH2)2-COOH
Buttersäure
-butyrat
Butyryl-
CH3-(CH2)3-COOH
Valeriansäure
-valerianat
Valerianyl-
CH3-(CH2)4-COOH
Capronsäure
-capronat
Capronyl-
CH3-(CH2)14-COOH
Palmitinsäure
-palmitat
Palmityl-
Nach der Anzahl der Carboxyl-Gruppen unterscheidet man Mono-, Dioder Tricarbonsäuren (auch Carbonmono-, -di- bzw. -trisäuren genannt) (vgl. Tabelle 2-8). Bis etwa C4 sind die Monocarbonsäuren mit Wasser in jedem beliebigen Verhältnis mischbar. Mit zunehmender Kettenlänge treten dagegen hydrophobe (lipophile) Eigenschaften auf, die bei weiterer Kettenverlängerung schließlich überwiegen. Langkettige Carbonsäuren mit >12 C-Atomen bezeichnet man daher als Fettsäuren. Sofern ihnen Alkene zu Grunde liegen und sie (mehrfach) ungesättigt sind wie die Omega-3Fettsäuren (ω-3-Fettsäuren) Linolensäure oder die Eikosa-pentaensäure, sind sie ernährungsphysiologisch besonders bedeutsam. Carboxyl-Gruppen lassen sich auch in aromatische Ringe einbauen. Man erhält damit die aromatischen Carbonsäuren. Ein besonders bemerkenswertes Beispiel dieser recht umfang- und typenreichen Stoffgruppe ist der Naturstoff Salicylsäure, deren Acetylierungsprodukt unter dem Handelsnamen Aspirin Karriere gemacht hat (Abb. 2-5): COOH
COOH
COOH O-CO-CH3
OH Benzoesäure
Salicylsäure
Aspirin
Abb. 2-5. Aromatische Monocarbonsäure (Aren-carbonmonosäuren)
2.6 Reinheits- und Qualitätsbezeichnungen
33
Tabelle 2-8. Beispiele wichtiger Dicarbonsäuren Gruppenformel
Trivialname
Anion
Rest
CH2OH-COOH
Glykolsäure Hydroxy-ethansäure
-glykolat
Glykyl-
CH3-CHOH-COOH
Milchsäure 2-Hydroxy-propansäure
-lactat
Lactyl-
CH2OH-CHOH-COOH
Glycerinsäure 2,3-Dihydroxy-propansäure
-glycerat
Glyceryl-
HOC-COOH
Glyoxylsäure Oxo-essigsäure
-glyoxylat Glyoxyl-
H3C-CO-COOH
Brenztraubensäure 2-Oxo-propansäure
-pyruvat
–
HOOC-COOH
Oxalsäure Ethan-di(carbon)säure
-oxalat
Oxyl-
HOOC-CH2-COOH
Malonsäure Propan-di(carbon)säure
-malonat
Malonyl-
HOOC-CH=CH-COOH
Maleinsäure
-maleinat
Maleinyl-
HOOC-(CH2)2-COOH
Bernsteinsäure Butan-di(carbon)säure
-succinat
Succinyl-
HOOC-(CH2)3-COOH
Glutarsäure Pentan-di(carbon)säure
-glutarat
Glutaryl-
HOOC-(CHOH)2-COOH
Weinsäure 2,3-Dihydroxy-butandisäure
-tartrat
Tartryl-
2.6 Reinheits- und Qualitätsbezeichnungen Zur genaueren Substanzkennzeichnung auf Chemikalienverpackungen dienen einige Zusatzbegriffe, mit denen man die Reinheit oder die Qualität der betreffenden Verbindung angibt. Sie entstammen meist dem Apothekengebrauch und sind insofern häufig aus dem Lateinischen abgeleitet. Die beiden folgenden Tabellen 2-9 und 2-10 listen die üblichen Kennzeichnungszusätze auf. Zusätzlich bestehen im pharmazeutischen Bereich Hinweise auf bestimmte Ausgaben des DAB (Deutsches Arzneibuch) oder EAB (Europäisches Arzneibuch) bzw. der Ph.Helv. (Pharmacopoea Helvetica).
34
2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen
Tabelle 2-9. Abkürzungen zur Kennzeichnung der Qualität einer Verbindung Zusatz
Bedeutung
krist. (cryst.)
kristallin oder kristallisiert (engl. crystallized), enthält eventuell Kristallwasser
subl.
sublimiert, aus der Gasphase zurückgewonnen
dest.
destilliert; beispielsweise in der Bezeichnung aq. dest. oder aqua dest. für destilliertes Wasser
reg.
regeneriert, wiedergewonnen
sicc.
siccum = trocken, ohne Kristallwasser
abs.
absolut = wasserfrei
Verbreitete Reinheitsbezeichnungen sind die Begriffe der folgenden Tabelle 2-10: Tabelle 2-10. Abkürzungen zur Kennzeichnung der Reinheit einer Verbindung Zusatz
Bedeutung
p.a.
pro analysi = für die Analyse; Massenanteil >99%
puriss.
purissimum = reinst; Massenanteil >99%
pur.
purum = rein; Massenanteil >97%
pract.
Praktisch; enthält eventuell größere Fremdanteile, Massenanteil >90%
techn.
technisch; stärkere Abweichungen im Massenanteil sind möglich
3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen
Das praktische Arbeiten im Labor hat neben der wissenschaftlichexplorativen Seite, die eine bestimmte Fragestellung an die Natur in ein konkret geplantes Experiment umsetzt, auch viele handwerklich-technische Facetten. Um Eigenschaften und Verhalten von Stoffen unter bestimmten Bedingungen zu analysieren, benötigt man außer Waage und Thermometer eine Vielzahl nützlicher Hilfsmittel und spezieller Geräte, die in gewissem Maße standardisiert und so in vielen Labors weltweit im Einsatz sind. In diesem Kapitel stehen daher einige Basisinformationen zu den wichtigsten im Labor verwendeten Werkstoffen und den am häufigsten verwendeten Gerätetypen im Vordergrund. Weitere Hinweise sind in den Kapiteln zu den Themenfeldern Masse, Volumen und Temperatur (Kapitel 6, 7 und 8) enthalten. 3.1 Werkstoffe Die im Labor verwendeten Arbeitsgeräte bestehen aus Glas, Porzellan, Kunstoffen und Metallen. Früher sehr verbreitete Geräte aus Holz (Reagenzglashalter, Reagenzglasgestelle) oder Kork (Stanz- oder Presskork für Stopfen sowie Standringe für Rundkolben) werden heute zunehmend durch andere Materialien ersetzt. Glas Glas ist neben Metall der am längsten eingesetzte Werkstoff. Schon die frühneuzeitlichen Alchemisten hantierten in ihren dämmerigen Gewölben mit Phiolen, Rektifikanten und anderen geheimnisvoll aussehenden gläsernen Gerätschaften. Die mit der Materialausstattung eines modernen Labors zusammengesetzten Apparaturen stellen sich für Außenstehende zwar immer noch ein wenig mystisch dar, sind jedoch für die tatsächlichen Erfordernisse hochgradig optimierte Funktionsteile. Vor allem sind sie transparent: Einer der wesentlichen Vorteile moderner Laborgläser ist ihre Durchsichtigkeit – man kann die in den Gefäßen ablaufenden Prozesse direkt beobachten. Materialkundlich gilt der Werkstoff Glas übrigens als unterkühlte Flüssigkeit, deren Viskosität bis etwa 400 °C so groß ist, dass sie uns als Festkörper erscheint. Gegen Wärme
36
3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen
und Chemikalien (mit Ausnahme u.a. von Fluorwasserstoffsäure HF) ist Glas bemerkenswert beständig. Es leitet die Wärme und den elektrischen Strom sehr schlecht. Nachteilig sind die geringe Bruchfestigkeit und Elastizität bei Stoß oder Schlag. Einen Überblick über wichtige Materialeigenschaften und Verwendungszwecke verschiedener Gläser gibt die nachfolgende Tabelle 3-1: Tabelle 3-1. Laborübliche Glasarten und ihre Eigenschaften Glasart
Bestandteile
Eigenschaften und Einsatz
Natronglas
Quarz, Soda, Kalk
empfindlich gegenüber Temperaturwechseln verschmelzbar ab ca. 1000 °C
sowie ggf. Altglas
gewöhnliche Flaschen, Vorratsgefäße Apparateglas
Quarz mit Kalk oder Soda sowie anteilig z.B. Jenaer Aluminium- und BorGlas, Duran 50 Oxide, daher auch oder Pyrex Bor(o)silikatglas genannt; erfunden 1887 durch Otto Schott
unempfindlich gegen Temperaturwechsel gute Beständigkeit gegen Chemikalien verschmelzbar ab ca. 1200 °C
Quarzglas
sehr beständig gegen Temperaturwechsel und Chemikalien, lässt UV-Licht durch verschmelzbar ab 1700 °C
nur Quarz
übliche Laborgeräte
Tiegel, Küvetten, Spezialgeräte
Vorsicht: Zerbrochenes bzw. zersplittertes Glas stellt immer eine latente Verletzungsgefahr dar. Glasbruch und Glassplitter werden daher sofort aus dem Arbeitsbereich durch Aufkehren entfernt. Glasgeräte mit sichtbaren und eventuell scharfkantigen Bruchstellen (so genannte Sterne) dürfen nicht weiter benutzt werden. Obwohl Glas unter stärkerer Wärmeeinwirkung relativ gut zu formen ist, werkelt man an zerbrochenen teureren Glasgeräten mit Bruchstellen nicht selbst herum, sondern gibt sie zur Reparatur in eine Glasbläserei. Zerbrochenes Glas wird in eigens bereitgestellten Glasbruchcontainern entsorgt. Wegen der glatten Oberfläche sind Laborgläser meist gut zu reinigen. Fast alle größeren Labors setzen spezielle Laborspülmaschinen ein. Warmes Wasser entfernt im Allgemeinen zuverlässig Stäube und Salzreste.
3.1 Werkstoffe
37
Tabelle 3-2. Einige Grundtypen laborüblicher Kunststoffe Material
Akronym
Polyethylen
PE
temperaturbeständig bis etwa (°C) 95–120
Verwendung
Niederdruck-PE (z.B. Hostalen) Hochdruck-PE (z.B. Lupolen) Schutzhandschuhe, Spritzflaschen, Stopfen, Schläuche, Beutel, Säcke
Polypropylen
PP
Polyvinylchlorid
PVC
135–150
130
Rohre für Wasserleitungen Arbeitstischbeläge Kleingeräte, Trichter, Verbinder als Weich-PVC für Folien und Schläuche, als Hart-PVC für Rohre, Platten, Isolierungen Verbrennungsgase enthalten HCl!
Polystyrol
PS
70
Messbecher, Gefäße, Schalen, Gehäuse, geschäumt als Isolator verbrennt stark rußend
Polytetrafluorethylen
PTFE
260
auch als Teflon bekannt, sehr beständig gegen Chemikalien Dichtungen, Verbindungsstücke, Beschichtungen, Schablonen Bei der Verbrennung entwickeln sich äußerst giftige HF-Dämpfe!
Polymethacrylat
PMA
150
auch als Plexiglas bekannt, relativ schlecht beständig gegen Chemikalien Hinweisschilder, Spezialgeräte
Polyamid
PA
150
Filter, Netze, Schrauben, weitere Kleinteile lädt sich stark elektrostatisch aufl
Fette sind gewöhnlich etwas hartnäckiger und nur mit speziellen Spülmitteln zu entfernen. Hochviskose Haftstoffe wie Harze, Teere und Öle entfernt man mit organischen Lösemitteln. Die früher in solchen Fällen eingesetzte, aber sehr gefährliche Chromschwefelsäure wird als Reinigungsmittel generell nicht mehr empfohlen (vgl. auch Angaben in Kapitel 7.7).
38
3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen
Porzellan Das dem Glas in vielen physikalischen Eigenschaften ähnliche keramische Erzeugnis Porzellan ist beständig gegen hohe Temperaturen, aber weniger stabil bei schroffen Temperaturwechseln. Außerdem leitet es Wärme und elektrischen Strom nur schlecht. Aus relativ dickwandigem Porzellan fertigt man üblicherweise Reibschalen (Mörser) und Pistille (Stößel). Mit glasierter Oberfläche ausgerüstet sind beispielsweise Tiegel, Nutschen und Rührblätter. Zerbrochenes Porzellan wird nicht zusammen mit Glas entsorgt, sondern zum Restmüll gegeben. Kunststoffe Unter Kunststoffen (die stark umgangssprachlich geprägte Bezeichnung ist begrifflich eher unakzeptabel) versteht man eine Gruppe von Werkstoffen, die überwiegend aus hochmolekularen und fallweise durch Substitution modifizierten Kohlenwasserstoffen bestehen. Thermoplaste sind solche Kunststoffe, die beim Erwärmen weich werden und dann verformbar sind. Duroplaste sind nach dem Aushärten nicht mehr verformbar. Fast alle Kunststoffe überzeugen durch eine beachtliche Beständigkeit bis zu gewissen Maximaltemperaturen, weitgehende Beständigkeit gegen Chemikalien, gute bis sehr gute elektrische Isolierung, Abriebfestigkeit und – als entscheidender Vorteil gegenüber Glas – Elastizität sowie Bruchfestigkeit. Kunststoffe sind allerdings brennbar und beispielsweise gegen organische Lösemittel nur bedingt beständig. Außerdem werden sie mit der Zeit spröde. Auch unterhalb von 0 °C verspröden sie relativ rasch. Fast alle Kunststoffe sind gegen kratzende Scheuermittel empfindlich. Zum Reinigen verwendet man daher nur warmes Wasser mit Detergenzienzusatz, beispielsweise eine 1- bis 5%ige RBS-Lösung. Einen orientierenden und keineswegs erschöpfenden materialkundlichen Überblick gibt Tabelle 3-2. Weitere Werkstoffe Außer den benannten Materialien finden sich im Labor diverse Utensilien beispielsweise aus Naturkautschuk (Gummi), Kunstgummi oder Siliconkautschuk (Latex), den man für Schutzhandschuhe und als Schlauchmaterial verwendet. Naturgummi wird durch Lichteinwirkung sowie Trockenheit spröde und ist gegen stärkere Säuren, organische Lösemittel und Halogene unbeständig.
3.2 Geräte
39
3.2 Geräte Die Vielzahl der im Labor verwendeten Geräte aus einem der oben benannten Werkstoffe widersetzt sich einer einfachen systematischen Gliederung. Die folgende Auflistung gibt daher lediglich einen eher typologischen Überblick, der dem Laborneuling die korrekte Benennung der benötigten Hilfsmittel erleichtern soll. Gerät
Benennung, Besonderheiten, Verwendung Reagenzglas (Probenröhrchen) Nennvolumen 25, 50 oder 100 mL Reaktionsgefäß für analytisches Arbeiten in kleinem Maßstab mehrere abweichende Sonderformen z.B. als Saugglas oder besonders dickwandig Becherglas Nennvolumen meist 10, 25, 50, 100, 150, 250, 500 und 1000 mL Normalform oder schmale (schlanke) Form Glas oder Kunststoff Ansetzen und vorübergehende Bevorratung von Lösungen Erlenmeyerkolben Nennvolumen 10, 25, 50, 100, 250, 500, 1000 mL Enghals- oder Weithals-Ausführung Ansetzen und vorübergehende Bevorratung von Lösungen Messkolben Nennvolumen 10, 25, 50, 100, 250, 500, 1000 mL Genauigkeitsklassen A oder B (vgl. Kapitel 7) Ansetzen und vorübergehende Bevorratung von Lösungen
40
3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen
Messzylinder Nennvolumen 10, 25, 50, 100, 250, 500, 1000 mL Aus Glas oder Kunststoff Abmessen von Lösemitteln und Lösungen, nicht zur ständigen Aufbewahrung gedacht
Rundkolben Nennvolumen 50, 100, 250, 500, 1000 mL meist mit Normschliffanschluss zum Einbau in komplexere Apparaturen (bei der Destillation o.ä.) Sonderformen wie Zwei- oder Mehrhalskolben in Analyse- oder Syntheseapparaturen Destillierkolben mit seitlichem Ableitungsrohr Nennvolumen 250, 500, 1000 mL für einfache Wasserdampfdestillationen Stehkolben Nennvolumen 100, 250, 500, 1000 mL ohne Graduierung vorübergehende Aufbewahrung von Lösungen Standzylinder Nennvolumen 250, 500, 1000 mL ohne Graduierung, eventuell mit Überwurfdeckel zum Schutz gegen eindringenden Schmutz vorübergehende Aufbewahrung von Lösungen und sonstigen Reaktionsansätzen, beispielsweise Proben zur Sedimentation
3.2 Geräte
41
Glasflasche (Schulter- oder Steilbrustflasche) Nennvolumen 50, 100, 250, 500, 1000, 2000 mL mit Normschliffstopfen aus Glas oder Kunststoff Enghals- oder Weithalsform Aufbewahrung von Flüssigkeiten (Enghalsform) oder pulverförmigen Chemikalien (Weithalsform), grundsätzlich zu beschriften Schraubflasche Nennvolumen 100, 250, 500, 1000 mL mit Schraubdeckel Enghals- oder Weithalsform Aufbewahrung von Flüssigkeiten (Enghalsform) oder pulverförmigen Chemikalien bzw. Pasten und Granulaten (Weithalsform) Säurekappenschraubflasche Nennvolumen meist 250, 500, 1000 mL mit Spezialverschluss (Schliffstöpsel und Überwurfkappe) Aufbewahrung von hochkonzentrierten Säuren und Laugen Spritzflasche Nennvolumen meist 500 mL gewöhnlich aus PE-Kunststoff Bevorratung von demineralisiertem oder destilliertem Wasser Tropfflasche (Ranvier-Flasche) Nennvolumen meist 50 oder 100 mL aus Glas oder PE-Kunststoff Bevorratung von häufig eingesetzten Fertigreagenzien (beispielsweise Indikatoren, Nachweisreagenzien für die Mikroskopie u.ä.)
42
3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen
Pipette als Messpipette (links) oder Vollpipette (Mitte), je nach Hersteller unterschiedlich farbcodiert, auch mit angeschlossenem Saugkolben Nennvolumen: Messpipette meist 0,5, 1, 2, 5, 10, 20, 25 mL Vollpipette meist 2, 5, 10, 20, 25, 50, 100 mL in verschiedenen Genauigkeitsklassen (vgl. weitere Angaben in Kapitel 7) Ungraduierte Tropfpipetten (mit Saugkappe) bezeichnet man auch als Pasteur-Pipetten (rechts) Mikropipette (Automatikpipette) 005
Nennvolumen entweder fest 10, 20, 25, 40, 50, 100, 200 und 500 μL oder variabel mit auswechselbaren Pipettenspitzen, auch als Mehrkanalpipette mit 6, 12 oder 16 Steckplätzen für Pipettenspitzen vor allem im biochemisch-mikroanalytischen Bereich sehr häufig eingesetzt Waschflasche nach Drechsel Nennvolumen meist 250 oder 500 mL zum Entfernen (Auswaschen) bestimmter Gase aus Gasgemischen
Saugflasche (Erlenmeyerform) mit seitlich fest angesetztem Glas- oder austauschbaren Kunststoffstutzen (= Olive) Nennvolumen meist 250 oder 500 mL zum Arbeiten unter vermindertem oder erhöhtem Druck
3.2 Geräte
43
Büchner-Trichter (Nutsche) meist aus Porzellan Abfiltrieren von Feststoffen über Rundfilter Tropf- (links) und Scheidetrichter (rechts) Glas fallweise mit Normschliffstopfen aus Glas oder Kunststoff Trennen von Flüssigkeitsgemischen unterschiedlicher Mischbarkeit, auch als Komponenten in Gasentwicklungsapparaturen Exsikkator Nennvolumen 1, 2, 3 L oder mehr Glas oder Porzellan zum Trocknen oder Aufbewahren von Proben unter Vakuum; Vakuumanschluss oft auch seitlich Reaktionsrohr Glas Durchführung von Reaktionen in kontrollierten Gasräumen Abdampfschale Porzellan Eindampfen zu schwach konzentrierter Lösungen Brenner (Bunsen- und Teclu-Brenner) Metall Wärmequelle zur Prozessbeschleunigung Wasserstrahlpumpe Glas, Kunststoff oder Metall Abpumpen oder Evakuieren von Reaktionsgefäßen; wird an die Brauchwasserleitung angeschlossen
44
3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen
Bürette Glas mit Messskala und Schellbachstreifen (s. Kapitel 7) eventuell fest montiert auf einem Vorratsgefäß mit Vorrichtung zum Befüllen und zur automatischen Nullpunkteinstellung für Maßanalysen
Die in dieser Übersicht dargestellten Geräte und Hilfsmittel stellen nur die übliche Basisausstattung für chemisch oder physiologisch arbeitende Labors dar. Nicht berücksichtigt sind das übliche Stativmaterial (BunsenStative, Stativstangen, Klammern, Muffen und andere Befestigungen) sowie das fast immer benötigte Schlauchmaterial verschiedener Qualitäten und Materialien. In Speziallabors, die mikrobiologische, biochemische oder gentechnische Forschung durchführen, werden zusätzliche Sondereinrichtungen benötigt. Nützliche oder sogar unverzichtbare Kleinteile und Hilfsmittel, die in fast allen Labors anzutreffen sind, zeigt die folgende Übersicht:
Schutzbrille
Tiegelzange
Reibschale mit Pistill
Spatel Spatellöffel
Peleusball
Porzellantiegel
Trichter
Pulvertrichter
3.3 Verbindungen schaffen
Reagenzglashalter
Quetschhahn
45
Tropfpipette Gasflasche
Petrischale
Uhrglas
Reduzierventil Zweiwegehahn
Die einzelnen hier aufgeführten Laborutensilien dienen unter anderem dem sicheren Arbeiten (Schutzbrille, Tiegelzange, Reagenzglashalter, Reduzierventil; vgl. Kapitel 1). Sie werden in ihrer Funktionalität fallweise in einzelnen Folgekapiteln näher erläutert. 3.3 Verbindungen schaffen Beim Zusammenbau von Apparaturen stellt sich gewöhnlich das Problem, dass man mehrere Glasteile miteinander verbinden muss. Die Verbindungsstellen müssen gasdicht sein, aber auch ein rasches Auswechseln von Bauteilen ermöglichen. Für solche Zwecke wurden unter anderem nach DIN genormte Schliffverbindungen entwickelt (Abb. 3-1 bis 3-3). Die über solche Verbindungen miteinander gekoppelten Bauteile werden jeweils über besondere Klammern (Normalschliff-, Kugelschliffklammern) davor gesichert, sich unkontrolliert voneinander zu lösen oder aus dem Geräteverbund zu verschieben. Auf den Normalschliffteilen bedeutet beispielsweise die Angabe 29/32, dass der größte Durchmesser am Schliffkern bzw. an der Schliffhülse 29 mm beträgt, die Länge des Schliffes 32 mm (Abb. 3-1). Verbreitete weitere Kegelschliffe sind 12/21, 14/15, 14/23, 19/26, 24/29 und 45/40. Die entsprechenden Hülsenabmessungen finden sich auch am Hals von Messkolben, Rundkolben, Schliffflaschen und Kühlern. Kunststoffstopfen weisen dagegen die NS-Abmessungen der Schliffkerne auf. Kegelschliffe lassen nur in Achsenrichtung starre Verbindungen zwischen den Bauteilen zu. Mit den konvexen bzw. konkaven Kugelschliffen (Abb. 3-1) sind dagegen auch gegen die Achse in gewissem Umfang bewegliche Verbindungen möglich. Bauteile von sehr großem Durchmesser, darunter beispielsweise
46
3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen
Bodenteil und Deckel eines Exsikkators, werden über Planschliffe miteinander verbunden. Normalschliff
Kugelschliff
Kern NSK 29/32
Planschliff
Kugel KSK 35/20
NW 45
D
D
h d
Hülse NSH 29/32
Pfanne KSP 35/20
Abb. 3-1. Typen und Benennung von Normschliffteilen, im gewählten Beispiel Normalschliff (NS) mit D = 29 mm und h = 32 mm sowie Kugelschliff mit D = 35 mm und d = 20 mm. Bei Planschliffteilen gibt man die Nennweite (innerer Durchmesser) an A
B
C
D
Abb. 3-2. Übergangsstücke zwischen verschiedenen Normschliffteilen: A KS→NS, B NS→KS, C Erweiterungsstück, D Reduzierstück
Abb. 3-3. Schliffstöpsel (links) und Hahnküken (rechts) fettet man nur an den markierten Bereichen ein. Bei falsch gefetteten Hahnküken droht eventuell die Blockade der zentralen Öffnung
3.3 Verbindungen schaffen
47
Schliffteile werden zum Abdichten sehr dünn mit Silicon- oder anderen Spezialfetten (Schlifffetten) bestrichen, so dass die Schliffverbindung beim Drehen klar durchsichtig erscheint. Erst dann ist die Verbindung gas- und flüssigkeitsdicht. Ungefettete Schliffverbindungen (beispielsweise von Schliffflaschen) haben gelegentlich die Unart, außerordentlich fest und unlösbar zu sein, weil sich eventuell Kristalle zwischen den Schliffteilen entwickelt haben. Zum Lösen klopft man entweder mit einem Stück Holz gegen den festsitzenden Schliffstopfen, tropft heißes Wasser auf oder erwärmt die Schliffhülse rasch mit der Brennerflamme. Ähnlich geht man auch bei verkrusteten Schliffhähnen vor. Mitunter lassen sich Schliffverbindungen nicht (mehr) leicht lösen, wenn sich zwischen den geschliffenen Apparaturenteilen Fremdstoffe abgesetzt haben. Das Trennen von Schliffteilen versucht man dann durch • vorsichtiges Klopfen mit einem Gegenstand aus Holz oder Kunststoff • rasches Erhitzen der Schliffhülse mit heißem Wasser oder einem Gebläse • Diffusion von Wasser oder Kriechöl zwischen die geschliffenen Komponenten. Für sichere Verbindungen zwischen Glas- bzw. Kunststoffrohren und Schläuchen bieten sich verschiedene technische Möglichkeiten an: Die Rohrenden tragen ein nach DIN/ISO genormtes Schraubgewinde, an dem sich eine Schlauchtülle mit einer Überwurfmutter befestigen lässt. Außerdem gibt es auch spezielle Übergangsstücke mit Normschliffanschluss (Abb. 3-4):
Abb. 3-4. Übergangsstücke zwischen Schlauch und Glasrohr (links) oder Schliffstück und Glasrohr (rechts)
Wesentlich einfacher herzustellen ist die Verbindung zwischen zwei Glas- oder Kunststoffrohren mithilfe eines kurzen Schlauchstücks. Dabei sollten die verbundenen Teile ungefähr den gleichen Durchmesser aufweisen und dürfen in der Verbindungsmanschette nicht allzu weit voneinander entfernt sein (vgl. Abb. 3-5), damit die Verbindungsteile nicht durchhängen oder die Schlauchstücke das Durchflussvolumen ungünstig verengen. Rohrstücke in Versuchsapparaturen werden aus Sicherheitsgründen jeweils über Stativklammern in ihrer Position fixiert und keineswegs nur über die Elastizität der verbindenden Schlauchstücke gehalten.
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3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen
Abb. 3-5. Richtige (links) und falsche (rechts) Schlauchverbindung zwischen zwei Glas- oder Kunststoffrohren Für Schlauchverbindungen zwischen Glas- oder Kunststoffrohren oder Leitungsverzweigungen sehr praktisch sind spezielle Verbindungsstücke (Abb. 3-6). In jedem Fall ist bei deren Einsatz die Chemikalienbeständigkeit der Verbindungsstücke zu beachten.
Abb. 3-6. Schlauchverbindungsstücke für Leitungsverzweigungen Über spezielle Schlauchverbindungen mit passenden Tüllen baut man auch Absperrhähne (Zweiwegehähne) aus Glas, Teflon oder anderen Kunststoffen bzw. Edelstahl in Rohr- oder Schlauchleitungen ein. Alternative Absperrmöglichkeit für Schlauchleitungen bzw. Schlauchabschnitte in Röhrensystemen sind die verschiedenen Typen gebräuchlicher Schlauchklemmen (Quetschhähne). Mit Dreiwegehähnen bestückt man komplexere Leitungssysteme und kann damit jeweils zwei Leitungsäste wegsam schalten (vgl. Abb. 3-7). Bei Zwischenstellungen des Hahns zwischen den dargestellten Positionen sind sämtliche Zu- und Ableitungen blockiert.
Abb. 3-7. Zweiwegehähne sind einfache Sperrhähne (links in Seitenansicht). Mithilfe von Dreiwegehähnen (rechts im Querschnittbild) lassen sich Flüssigkeits- oder Gasströme exakt in verschiedene Richtungen kanalisieren.
4
Einheiten, Maße und Zahlen
Die Vorteile eines global gültigen und unabhängig von Sprachen und Kulturen anwendbaren Einheitensystems liegen auf der Hand: Außer Wissenschaft und Technik profitieren davon auch Wirtschaft und Verwaltung. Nachdem über die Jahrhunderte hinweg zahlreiche nur regional oder sogar lokal gültige und nur ausnahmsweise exakt konvertierbare Maße und Gewichte in Gebrauch waren, zeigte sich bereits im frühen 19. Jahrhundert die Notwendigkeit einer Standardisierung. Der geniale Carl Friedrich Gauß schlug erstmals 1832 ein Absolutsystem für Masse, Länge und Zeit vor. Aber erst 20 Jahre später stellte er zusammen mit dem Physiker Wilhelm Eduard Weber, ebenfalls einer der liberal gesinnten und deswegen aufmüpfigen „Göttinger Sieben“, eine Anzahl von Einheiten zusammen, die auf Millimeter, Milligramm und Sekunde basierten. Ein erster bedeutsamer Schritt war 1875 die Unterzeichnung der Meterkonvention durch 17 Staaten. Auf der 1. Generalkonferenz für Maß und Gewicht (CGPM) 1889 wurde das MKS-System mit den drei Basiseinheiten Meter, Kilogramm und Sekunde eingeführt. Dieses mehrfach erweiterte System wurde 1960 in Système International d’Unités (abgekürzt SI) umbenannt. Es gilt in allen Ländern und in allen Sprachen, in Deutschland seit 1970. Erst 1971 kam die siebte und vorerst letzte Basiseinheit Mol hinzu und wurde an sechster Position zwischen Kelvin und Candela (vgl. Tabelle 4-1) eingeordnet. In der EU ist die Verwendung des SI im amtlichen und geschäftlichen Verkehr gesetzlich vorgeschrieben. In den USA haben sich die SI-Einheiten bisher fast nur im wissenschaftlich-technischen Bereich durchgesetzt. Seit etwa 1990 sind auch sämtliche Lehrbücher (mit Ausnahmen in einigen technischen Sondersparten wie Elektrodynamik) auf SI-Einheiten umgestellt worden. Dem SI liegt die im Prinzip überaus erstaunliche Feststellung zu Grunde, dass man zur Quantifizierung der Natur tatsächlich nur sieben Basisgrößen benötigt. Das SI-Einheitensystem legt dafür die entsprechenden Einheiten und ihre Symbole (Einheitenzeichen) fest (Tabelle 4-1). Eine SI-Basisgröße kann nicht durch eine andere Basisgröße ausgedrückt werden. Das Gleiche gilt für die Basiseinheiten. Die Symbole der Basisgrößen schreibt man immer kursiv, die Symbole der zugehörigen Dimensionen mit einem geraden (halbfett gesetzten) Großbuchstaben.
50
4 Einheiten, Maße und Zahlen
Tabelle 4-1. SI-Basisgrößen und Basiseinheiten Basisgröße (Name der Dimension)
Symbol der Basisgröße
Symbol der Dimension
Basiseinheit
Symbol der Basiseinheit (Einheitenzeichen)
Länge
l
L
Meter
m
Masse
m
M
Kilogramm
kg
Zeit
t
T
Sekunde
s
elektrische Stromstärke
I
I
Ampere
A
thermodynamische T Temperatur
Θ
Kelvin
K
Stoffmenge
n
N
Mol
mol
Lichtstärke
IV
J
Candela
cd
Die sieben SI-Basiseinheiten sind folgendermaßen definiert: Der Meter (als Längenmaß abweichend von den in Rechtschreibungs-Lexika umgangssprachlich zugelassenen Varianten nur als Maskulinum zu gebrauchen; in der Bezeichnung für ein Messgerät dagegen ausschließlich als Neutrum, beispielsweise das Baro- bzw. das Thermometer) ist die Länge einer Strecke, die das Licht im Vakuum während der Dauer von 1/299 792 458 Sekunden zurücklegt. Mit dieser Definition wurde gleichzeitig die Naturkonstante Lichtgeschwindigkeit im Vakuum co auf den Wert 299 792 458 m s–1 festgelegt, obwohl die experimentelle Bestimmung von co auch geringfügig abweichende Werte im Meterbereich ergibt. Das Kilogramm war ursprünglich die Masse eines Liters Wasser von maximaler Dichte (bei 3,98 °C). Seit 1889 ist das Kilogramm gleich der Masse des Internationalen Kilogrammprototyps. Der entsprechende Referenzkörper aus einer Pt/Ir-Legierung mit 90% Platin (Pt) und 20% Iridium (Ir) wird seit 1889 im Internationalen Büro für Maß und Gewicht in Sèvres bei Paris unter drei ineinander geschachtelten Glasgefäßen aufbewahrt. Der Prototyp ist ein Zylinder von 39 mm Höhe und Durchmesser. Die Vertragsstaaten der Meterkonvention besitzen davon eine Kopie. In Deutschland hortet die für metrologische Belange zuständige PhysikalischTechnische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig drei Exemplare – das ursprünglich zugeteilte, jedoch im Zweiten Weltkrieg beschädigte Urkilogramm, eine neuere Ersatzkopie sowie das Exemplar der ehemaligen DDR. Das Kilogramm ist somit die einzige SI-Einheit, die bislang nicht
4.1 Teile und Vielfache von Einheiten
51
von einer physikalischen Fundamentalkonstante abgeleitet ist. An einer zeitgemäßen Neudefinition wird gegenwärtig allerdings gearbeitet. Die Sekunde ist definiert als Dauer von 9 192 632 770 Schwingungsperioden der Strahlung, die beim Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus 2S1/2 des Grundzustandes des Atomkerns vom Isotop 133 Caesium ausgesandt wird (Atomzeitsekunde). Die Stromstärke Ampere ist die Stärke eines konstanten elektrischen Stromes, der durch zwei parallele, geradlinige, unendlich lange und im Vakuum im Abstand von 1 m voneinander angeordnete Leiter von vernachlässigbar kleinem kreisförmigem Querschnitt fließt und zwischen diesen beiden Leitern pro Meter Leiterlänge die Kraft 2 × 10–7 Newton hervorruft. Die Basiseinheit Ampere schreibt man in diesem Anwendungszusammenhang grundätzlich ohne Akzent, obwohl sie an den französischen Physiker André Marie Ampère erinnert. Das Kelvin ist 1/273,16 der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes von Wasser einer genau definierten istopischen Zusammensetzung entsprechend dem Vienna Standard Mean Ocean Water. Damit wurde gleichzeitig die Temperatur des Tripelpunktes von Wasser auf genau 273,16 K (= 0,01 °C) festgelegt. Erst seit 1968 schreibt man das Einheitenzeichen K statt des früheren °K. Ein Mol ist die Stoffmenge eines Systems, das aus ebenso vielen Teilchen besteht, wie Atome in 0,012 Kilogramm des Kohlenstoff-Isotops 12C in ungebundenem Zustand enthalten sind. Die molare Masse von 12C ist damit auf genau 12 × 10–3 kg mol–1 festgelegt. Schließlich ist die Lichtstärke definiert als die monochromatische Strahlung einer Strahlungsquelle der Frequenz 540 × 1012 Hertz. In diesen Definitionen sind nur die drei Basiseinheiten Kilogramm, Sekunde und Kelvin voneinander unabhängig. Die übrigen Basiseinheiten weisen Abhängigkeiten zu anderen Basiseinheiten auf, und zwar der Meter von der Sekunde, das Mol vom Kilogramm und Ampere sowie Candela von Meter, Kilogramm und Sekunde. Alle anderen als die sieben Basiseinheiten sind abgeleitete Einheiten. Beide Gruppen bilden zusammen die kohärenten SI-Einheiten. Durch Verwendung eines SI-Präfixes wie Mega- oder Milli- (vgl. Tabelle 4-3) werden diese zu nichtkohärenten Einheiten. Die einzige Ausnahme ist das Kilogramm, das bereits als Basiseinheit mit einem Präfix versehen ist. Die SI-Einheiten sind die Gesamtheit aller kohärenten und nichtkohärenten Einheiten. Von den sieben Basisgrößen bzw. -einheiten lassen sich die zahlreichen übrigen in den Naturwissenschaften verwendeten Größen und ihre Einheiten ableiten, von denen in den zahlreichen Spezialsparten des modernen Wissenschaftsbetriebes und der Technik unterdessen mehrere hundert in Ge-
52
4 Einheiten, Maße und Zahlen
Tabelle 4-2. Einige abgeleitete Einheiten mit ihren Namen und Symbolen (Auswahl) Größe
Symbol Name der der Größe Größe bzw. abgeleiteten Einheit
Einheiten- Ableitung aus SIzeichen Basiseinheiten
Frequenz
f
Hertz
Hz
s–1
Volumen
V
Liter
L
1 L = 10–3 m3
ebener Winkel
α, β, γ...
Radiant
rad
Grad (°) 1°= 1rad × π/180 (Winkel-)Minute (’),1’=1°/60 (Winkel-)Sekunde (”) 1” = 1’/60
Fläche
A
Ar Hektar
a ha
1 a = 100 m2 1 ha = 10 000 m2
Zeit
t
s
Jahr (a), 1 a = 365 d Tag (d), 1 d = 24 h Stunde (h), 1 h = 60 min Minute (min), 1 min = 60 s
Kraft
F
Newton
N
m · kg · s–2
Druck
p
Pascal
Pa
Bar (bar), 1 bar = 105 Pa
Radioaktivität
A
Becquerel
Bq
s–1
brauch sind. Insgesamt 22 kohärenten abgeleiteten SI-Einheiten hat man eigene Namen und Symbole (Einheitenzeichen) gegeben, die sich ihrerseits wiederum mit allen Basis- und abgeleiteten Einheiten kombinieren lassen. So ist beispielsweise die SI-Einheit für die Kraft (= Newton; m · kg · s–2) geeignet, um die Einheit der Energie (Joule) als Newton mal Meter (N · m) auszudrücken. Einige auch für die Laborpraxis in Biologie und Chemie relevante abgeleitete Einheiten und ihre Symbole (ohne Elektrizitätslehre) führt Tabelle 4-2 auf. Während sich die Einheitennamen in den verschiedenen Sprachen geringfügig unterscheiden können (mètre, meter, metro, Meter), sind die Symbole selbst grundsätzlich unveränderbar. Die Größensymbole setzt man üblicherweise kursiv. Alle abgeleiteten Einheiten sind als Potenzprodukte der Basisgrößen darstellbar (vgl. Tabelle 4-3). Als Einheitenzeichen wählte man sowohl Klein- als auch Großbuchstaben. Da das Alphabet für die
4.1 Teile und Vielfache von Einheiten
53
Tabelle 4-3. Vorsätze (SI-Präfixe) zur Bezeichnung von dezimalen Vielfachen und Teilen von Einheiten Vorsatz
Zeichen
Zahlenwert des Multiplikators
Exa
E
1 000 000 000 000 000 000
1018
Peta
P
1 000 000 000 000 000
1015
Tera
T
1 000 000 000 000
1012
Giga
G
1 000 000 000
109
Mega
M
1 000 000
106
Kilo
k
1 000
103
Hekto
h
100
102
Deka
da
10
101
1
100
Dezi
d
0,1
10–1
Zenti
c
0,01
10–2
Milli
m
0,001
10–3
Mikro
μ
0,000 001
10–6
Nano
n
0,000 000 001
10–9
Pico
p
0,000 000 000 001
10–12
Femto
f
0,000 000 000 000 001
10–15
Atto
a
0,000 000 000 000 000 001 10–18
Vielzahl notwendiger Einheitenzeichen nicht ausreicht, gibt es fallweise auch mehrbuchstabige Symbole, allerdings immer nur mehrere Kleinbuchstaben (lx, rad) oder eine Kombination aus nur einem Groß- mit einem Kleinbuchstaben (Bq, Hz). Als zusätzliche Einheiten lässt das SI weiterhin einige weitere Messgrößen und Symbole (Einheitenzeichen) zu, von denen die meisten für Messungen der Dimensionen Länge und Zeit verwendet werden. Etliche davon erweisen sich als Konzessionen an lange vertraute Alltagsgrößen. Tabelle 4-2 listet einige davon ebenfalls auf.
54
4 Einheiten, Maße und Zahlen
4.1 Teile und Vielfache von Einheiten Durch besondere Vorsätze (Präfixe) zu den Einheitenzeichen lassen sich von allen Einheiten dezimale Vielfache oder Teile bilden (Tabelle 4-3). Diese Präfixe setzt man jeweils ohne Zwischenraum an das zugehörige Einheitenzeichen: 2 Ma = 2 × 106 Jahre (in der Geologie und Archäologie zunehmend übliche Bezeichnung), 1 ms = 1 Millisekunde, 5 μg = 0,005 mg = 5 Mikrogramm. Ein Einheitenzeichen darf man allerdings nie gleichzeitig mit zwei Präfixen versehen, um besonders kleine oder große Teiler zu kennzeichnen: Die Schreibweise 1 mμm („Millimikrometer“) für 10–9 m ist demnach unzulässig. • Zwischen der Zahlenangabe (Multiplikator) und dem verwendeten Einheitenzeichen steht immer ein einfacher Zwischenraum: 5 mm, 3 d, 125 Ci, 27 ha, 1,035 hPa. • In wissenschaftlichen Manuskripten sollte man routinemäßig so genannte geschützte Leerzeichen verwenden, damit Zahl und Einheit beim automatischen Zeilenumbruch nicht getrennt werden können. Nur die für Winkelangaben üblichen Einheitenzeichen °, ’ und ” werden nach der Zahlenangabe ohne Zwischenraum gesetzt: Position 54°13’33” N bzw. 7°14’48” O • Bei astronomischen Zeitangaben ist es üblich, die Einheiten h, m und s als Exponenten anzugeben; der Zeitpunkt 8 Uhr, 14 Minuten und 23 Sekunden ist dann folgendermaßen zu setzen: 08h14m23s • Durch die Kombination eines dezimalen SI-Präfixes mit dem jeweiligen Einheitenzeichen entsteht gleichsam ein neues Symbol, das man ohne Klammer zur Potenz erheben kann: km2, μL3, ns–2. • Für die Volumenangabe in Liter hat die International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC), die gleichsam für die Genfer Konventionen chemischer Bezeichnungen zuständig ist, in Übereinstimmung mit dem SI ausschließlich den Gebrauch des Einheitenzeichens L (Großbuchstabe) festgelegt. • Für zahlreiche Benennungen und Bezeichnungen (auch) im Einheitenwesen sind Klein- oder Großbuchstaben aus dem griechischen Alphabet üblich, beispielsweise bei den Elementarteilchen (γ = Photon, ν = Neutrino, Σ = Sigmateilchen) oder zur Angabe der Wellenlänge (λ). Für solche Anwendungen bieten die Tabellen 4-4 und 4-5 eine über α, β und γ hinausgehende Orientierungs- bzw. Übersetzungshilfe. Die Buchstaben Epsilon/Eta sowie Omikron/Omega haben im gesprochenen Wort unterschiedliche Lautwerte. Für den Gebrauch im Einheitenwesen sind diese jedoch unerheblich.
4.2 Einheiten und Zahlen erfordern besondere Schreibweisen
55
Tabelle 4-4. Griechische Buchstaben Bezeichnung Alpha Beta Gamma Delta Epsilon Zeta Eta Theta Iota Kappa Lambda My Ny Xi Omikron Pi Rho Sigma Tau Ypsilon Phi Chi Psi Omega
Transliteration Symbol Großbuchstabe A, a Α B, b Β G, g Γ D, d Δ E, e Ε Z. z Ζ E, e Η Th, th Θ I, i Ι K ,k Κ L, l Λ M, m Μ N, n Ν X, x Ξ O, o Ο P, p Π R, r Ρ S, s Σ T, t Τ Y, y Υ Ph, ph Φ Ch, ch Χ Ps, ps Ψ O, o Ω
Symbol Kleinbuchstabe α β γ δ ε ζ η ϑ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ τ υ ϕ χ ψ ω
Tabelle 4-5. Häufig verwendete griechisch(-lateinische) Zahlwörter 1 mono 2 di 3 tri
4 tetra 5 penta 6 hexa
7 hepta 8 octa 9 nona
10 deka 11 endeka 12 dodeka
4.2 Einheiten und Zahlen erfordern besondere Schreibweisen Für die eindeutige und korrekte Schreibweise von Einheiten sind im wissenschaftlichen bzw. sonstigen offiziellen Kontext die folgenden typographischen Hinweise zu beachten:
56
• • • •
•
•
•
• • •
•
4 Einheiten, Maße und Zahlen
Hinter einem Einheitenzeichen steht niemals ein Punkt. Die einzige Ausnahme ist das reguläre Satzzeichen, wenn ein Symbol der letzte Buchstabe in einem Satz ist. Bei Einheitenprodukten setzt man zwischen den Einzelangaben jeweils einen Zwischenraum: Nm Nur die Divisionen gibt man mit Schrägstrich oder – vorzugsweise – negativem Exponenten an: m/s oder besser m s–1 Bei mehr als zwei Divisionen wie Milligramm pro Kilogramm pro Stunde verwendet man immer die Exponentialangabe: statt mg/kg/h also grundsätzlich mg ⋅ kg–1 ⋅ h–1 oder aus Gründen der besseren Lesbarkeit mit typographischem Multiplikationszeichen (×; in den meisten Schreibprogrammen unter Einfügen/Sonderzeichen/Symbol zu finden) statt des hier nicht korrekten üblichen Kleinbuchstabens x: mg × kg–1 × h–1. Bei Divisionen von Einheitenprodukten setzt man die zusammengehörenden Ausdrücke wegen der notwendigen Eindeutigkeit gegebenenfalls in eine Klammer, also W/ (m ⋅ K) oder W ⋅ (m × K)–1. Zwischen zwei Einheitenzeichen verwendet man immer dann ein typographisches Multiplikationszeichen (×), wenn die Angabe sonst missverständlich sein könnte: Bedeutet nun die Angabe m s Millisekunde oder Meter × Sekunde? Die Schreibweise m × s schafft sofort Klarheit. Zwischen zwei Zahlenangaben und die sie verknüpfenden Rechenzeichen der Arithmetik setzt man wegen der besseren Lesbarkeit grundsätzlich ein Leerzeichen. Statt 3,7+5,4=9,1 schreibt man also 3,7 + 5,4 = 9,1 Vorzeichen stehen immer ohne Leerraum direkt vor der zugehörigen Zahl: –78 °C, +25 °C Als Minuszeichen verwendet man nicht den Trennstrich (Divis: -), sondern einen Gedankenstrich (–): 55 – 75 = –25; Die mathematischen Operatoren % (bedeutet: multipliziere mit 0,01 bzw. 10–2) und ‰ (multipliziere mit 0,001 bzw. 10–3) behandelt man wie Maßeinheiten: Glucose-Gehalt 5,8 % Salinität der Nordsee 3,4 ‰ Bei Ableitungen entfällt dagegen der Zwischenraum:
4.2 Einheiten und Zahlen erfordern besondere Schreibweisen
57
25%ige HCl, 96%iges Ethanol • Kleinere Operatoren als % und ‰ sind die Angaben ppm (parts per million für den Faktor 10–6) und ppb (parts per billion; Faktor 10–9). • Eine Messwertangabe wählt man immer so, dass der zu benennende Zahlenwert zwischen 0,1 und 1000 liegt und man die Einheit an Stelle ihres dezimalen Teilers oder Vielfachen verwenden kann: 0,7 L statt 70 cL oder 700 mL 5 mL statt 0,005 L 3 μL statt 0,003 mL • Zu bevorzugen ist jeweils auch die Exponentialangabe, wenn ansonsten „unhandliche“ Zahlen drohen: 5,8 ⋅ 109 Bakterien/mL. • Bei quantitativen Angaben deutet das Zeichen ± den Schwankungsoder Toleranzbereich an. Bei Zahlenwerten mit einer Einheit folgt das Einheitenzeichen einer runden Klammer, die den Toleranzbereich angibt: (15 ± 3) mg meint den Bereich zwischen 12 und 18 mg. Die Schreibweise 15 ± 3 mg ist dagegen nicht korrekt, weil die Einheit für den Bezugswert 15 fehlt. Zahlen lassen sich in Ziffern (3, 4, 5) oder in Buchstaben (drei, vier, fünf) schreiben. In literarischen Texten verfahren die Autoren oft nach der alten und aus heutiger Sicht nicht begründbaren Konvention, die Zahlen von eins bis zwölf in Buchstaben und ab 13 in Ziffern zu setzen. Ausnahmen sind lediglich die Dezimalzahlen <12 wie 2,5 oder 4,8, die in der Buchstabenversion äußerst unhandliche Wortgebilde ergäben. In naturwissenschaftlichen Texten darf man die überkommene Regel „... elf, zwölf, 13“ generell übergehen, da dies der Kürze und Klarheit dient. Die Alltagspraxis verwendet Zahlenangaben als Kennziffern ohnehin immer nur als kurze Attribute wie Seite 6, Nummer 7, Folge 8, Zimmer 9, Tor 10. Bei technischen Aufzählungen wirkt die Wortversion von Zahlenangaben umständlich. Gegenüber der Schreibweise „... fünf Reagenzgläser, sechs Pipetten und sieben Erlenmeyerkolben“ ist die Notierung „... 5 Reagenzgläser, 6 Pipetten und 7 Erlenmeyerkolben“ ein echter Gewinn. Die Dezimalen und Kommastellen bei Zahlen in Tabellen sind für die bessere Vergleichbarkeit möglichst so auszurichten, dass das Komma im Kolonnenbild immer an der gleichen Stelle erscheint: 528 62,876 97,4 0,04 7,345 0,314 15
58
4 Einheiten, Maße und Zahlen
Mit Ziffern im Text sollte man keine größere Genauigkeit suggerieren, als tatsächlich vorliegt: Wenn man 25 mm meint, schreibt man daher auch 25 mm und nicht 0,025 m. Das gilt auch für einschränkende Angaben wie „ungefähr 25 mm“ oder „etwa 25 mm“. Als Dezimalzeichen ist je nach Sprache ein Komma oder Punkt (vor allem im angloamerikanischen Schrifttum) zulässig. Weitere Kommata oder Punkte als Gliederungshilfen innerhalb einer Zahlenangabe sind unzulässig. Bei längeren Ziffernfolgen gliedert man vom Dezimalbereich ausgehend durch größere Abstände in Dreiergruppen: 1 234 567, 891 2 statt 1.234.567,8912 Bei Multiplikationen ist der Multiplikationspunkt (mittiger Punkt: ·) nur zwischen den Einheiten bzw. Formelzeichen zulässig: 1,234 567 68 × 109 m · s–1 statt 1,234 567 68 · 109 m · s–1 Für Standardabweichungen wird sich künftig die folgende, erstmals im Jahre 2006 empfohlene Kurzform durchsetzen: NA = 6,022 141 79 (30) × 1023 mol–1 anstelle der ausführlichen Langform NA = 6,022 141 79 (30) × 1023 mol–1 ± 0,000 000 30 mol–1 In der Wissenschafts- bzw. Laborpraxis bestehen einige Einheiten, die innerhalb des SI keinen Raum haben, jedoch weit verbreitet sind und daher toleriert werden, obwohl sie nicht den Rechtsstatus der gesetzlichen Einheiten aufweisen. Mit diesen Einheiten darf man daher nur in speziellen Anwendungsbereichen zusammengesetzte Angaben mit SI-Einheiten bilden. Einige der vor allem in der Technik üblichen Beispiele listet die folgende Tabelle 4-6 auf. Tabelle 4-6. Einheiten außerhalb des SI mit eingeschränktem Geltungsbereich Größe
Symbol
Einheit
Definition
Länge
Å
Ångstrøm
1 Å = 10–10 m
Blutdruck
mm Hg
Druck
atm
Physikalische 1 atm = 1,013 25 bar = 101,325 kPa Atmosphäre
at
Technische Atmosphäre
1 at = 0,980 656 5 bar = 98,065 5 kPa
Torr
Torr
1 Torr = 0,133 322 4 kPa
cal
Kalorie
1 cal = 4,186 8 J
Wärmemenge
1 mm Hg = 133,322 Pa
5
Protokollieren und Dokumentieren
Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Der vermeintlich blanke Zufall, der in der einen oder anderen Variante auch im Labordasein eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, hat Ihnen ein völlig unerwartetes Versuchsergebnis beschert – eine überaus beeindruckende Farbreaktion, eine fast punktgenau verlaufende Enzymkinetik oder die Synthese einer interessant duftenden Verbindung. Die Wiederholung des schönen Effektes, unter Fachleuten Ergebnisreproduktion genannt, scheitert indessen kläglich, weil die ursprünglichen Versuchsparameter nicht vollständig und nachvollziehbar festgehalten wurden. Die bloße Erinnerung an diese oder jene eingesetzte Substanzmenge ist meist ein schlechter Ratgeber. So wird man das schöne, aber nicht wiederholbare Resultat eventuell ohne weitere Spuren bedauerlicherweise der Vergessenheit anheim fallen lassen müssen. Die Vorteile einer korrekten Dokumentation aller Einzelschritte beim experimentellen Arbeiten liegen auf der Hand. Genaue und vor allem ehrliche schriftliche Angaben über Motive, Ziele, Methoden und Ergebnisse von Experimenten sind völlig unverzichtbar, wenn es darum geht, die in einem Labor geleistete Forschungs-, Entwicklungs- oder Kontrollarbeit in allen Schritten reproduzierbar festzuhalten und zu dokumentieren. Eine saubere Protokollierung ist auch durch die Dokumentation auf einem PC nicht zu ersetzen. Ausarbeitungen dieser Art sind nicht nur ein wesentlicher Teil des professionellen Arbeitens, sondern eine exakte und übersichtliche Protokollführung muss bereits in den verschiedenen Ausbildungsphasen von der Schule bis zum Studium die Experimentalpraxis begleiten und ergänzen. Insofern sollten sie den in professionellen Labors üblichen Standards der sogar gesetzlich verankerten GLP-Vorschriften (Good Laboratory Practice) entsprechen. Die Protokollierung von Versuchsabläufen und -ergebnissen funktioniert natürlich nicht in Gestalt einer Zettelwirtschaft oder wachsenden Loseblattsammlung. Alle relevanten Daten trägt man in ein akribisch geführtes Protokollbuch ein. Dieser fallweise auch Labortagebuch oder Laborjournal genannte Informationsträger ist für jegliche kritische (Eigen-) Kontrolle der Arbeit ein gänzlich unentbehrliches Instrument. Ein Versuchsprotokoll bzw. Laborbericht bildet alle Teilschritte des experimentellen Arbeitens ab. Dieses Schriftstück ist also nicht nur die Rezeptur für einen Außenstehenden, der den betreffenden Versuch gedanklich oder auch
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5 Protokollieren und Dokumentieren
praktisch nachvollziehen möchte, sondern hält alle entscheiden Schritte des gesamten experimentellen Tuns fest. Als Protokollbuch verwendet man möglichst eine fest eingebundene Kladde mit durchnummerierten Seiten, je nach erwartetem Datenaufkommen im Format DIN A5 oder A4. Auf den ersten Seiten legt man sinnvollerweise ein Inhaltsverzeichnis aller Einzelexperimente oder Untersuchungen mit Titel, Datum, Versuchsnummer und Seitenzahl an. Das erleichert das gezielte Auffinden bestimmter Daten. In manchen Unternehmen, beispielsweise in Forschungslabors der PharmaIndustrie, werden betriebseigene nummerierte Laborbücher nur gegen Unterschrift ausgegeben und bleiben auch nach etwaigem Wechsel im Eigentum der Firma – verständlicherweise eine notwendige Maßnahme zur punktgenauen Beweisführung bei Patentfragen oder Rechtsstreitigkeiten. Wenn über Einzelprojekte zu berichten ist oder Zwischenberichte zu erstellen sind, legt man ein angemessen ausführliches Laborprotokoll vor. Dieses besteht optional aus den folgenden Teilen: • Der Kopfteil (bei separatem ausführlicherem Projektbericht das Titelblatt) benennt Aufgabenstellung, Berichterstatter bzw. Experimentierende, Anlass, Zeit und Ort eines Versuchs oder einer -serie, Versuchsnummer(n) oder andere Ordnungskriterien. • Eine genaue Themenformulierung ist für die Einordnung eines Ergebnisses in ein Gesamtvorhaben enorm hilfreich. Man schreibt also beispielsweise nicht einfach lapidar „Chromatographische Trennung“, sondern detailliert „Trennung von Mono- und Oligosacchariden durch Dünnschichtchromatographie entsprechend Versuchsvorschrift 4.1.65 aus Bannwarth/Kremer, Vom Stoffaufbau zum Stoffwechsel“, S. 130, 2011. • In der Einleitung gibt die/der Berichtende eine kurze Erläuterung der Fragestellung oder des Versuchshintergrundes oder Erwartungshorizontes: Warum wurde das betreffende Experiment überhaupt durchgeführt? Welche Reaktionen liegen dem betreffenden Experiment zu Grunde? • Die Materialliste benennt ausnahmslos alle benötigten und verwendeten Materialien (Glasware, Messgeräte) und Chemikalien (Edukte, Mengen/Einwaagen, Reinheitsgrade bzw. Herkünfte/Produkt- oder Chargennummern, verwendete Stoffmengenkonzentration von eingesetzten Lösungen). Bei biochemischen bzw. mikrobiologischen Versuchen mit definierten Versuchsorganismen sind diese mit ihrem genauen wissenschaftlichen Namen, mit Stamm- bzw. Zelllinien-Nummer, Herkunft und allen sonstigen relevanten Angaben zu benennen.
5.1 Labordokumente
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• Sofern eine besonders entworfene oder eigens für den vorliegenden Versuch entwickelte Versuchsapparatur benutzt wird, hält man deren genauere Zusammensetzung mit allen Einzelteilen in einer beschrifteten Skizze fest. Art, Größe (Volumina) der Apparaturenteile und etwaige zusätzlich eingesetzte technische Hilfsmittel (Heizung, Kühlvorrichtungen, Rührgeräte u.a.) bieten für den Nachvollzug wichtige Angaben. Zum genaueren Versuchsaufbau können auch mit einer Digitalkamera festgehaltene Bilder eine wertvolle Informationsquelle sein. • Die Schilderung von Versuchsdurchführung und Versuchsablauf ist das Kernstück eines Protokolls. Man hält hier wirklich alle handwerklichen Einzelschritte als Ablaufprotokoll fest und dokumentiert somit die zeitliche Abfolge der Versuchsdurchführung, erforderlichenfalls auch mit genauen Zeitangaben. Hier sind unter anderem Einzeldaten zur Zentrifugation, zum Pipettieren komplexer Reaktionsansätze, die Parameter chromatographischer oder elektrophoretischer Trennungen oder verwendete photometrische Verfahren festzuhalten. • Die Beobachtungs- und/oder Messergebnisse werden jeweils tabellarisch festgehalten. Die Dokumentation muss alle Rohdaten aufweisen, wie man sie durch Geräteablesung, maschinell erstellte Schreibstreifen, Aufzeichnung von Spektren oder sonstige Datenträger erhält, ferner eine Einzelauflistung qualitativer Befunde oder sonstiger Beobachtungen. • Die Auswertung der Ergebnisse umfasst die Umrechnung bzw. Umformung der Rohdaten in Standardgrößen unter Angabe der einzelnen Rechenschritte. Sie sollte möglichst auch eine tabellarische oder graphische Darstellung einschließen. • In der Ergebnisdiskussion und den Schlussfolgerungen hält man kritische Bewertung der Versuchsergebnisse im Vergleich zu bekannten Standards, Aussagegrenzen und Fehlerbetrachtung einer Messung, etwaige methodische Unzulänglichkeiten des eingesetzten Verfahrens sowie vermutete bzw. tatsächliche Versuchsfehler fest. • Sinnvoll ist ein Hinweis auf die im direkten Zusammenhang zum durchgeführten Versuch stehende Literatur, beispielsweise benutzte und im Labor bekannte Arbeitsvorschriften bzw. Versuchsanleitungen, im Fall von instituts- oder werkseigenen Bibliotheksexemplaren auch mit der jeweiligen Standort- bzw. Findnummer. Ein solcher Laborbericht beispielsweise über eine durchgeführte Synthese könnte gegebenenfalls folgendermaßen aussehen:
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5 Protokollieren und Dokumentieren
1. Aufgabenstellung Kontrollierte Verkrustung eines stratifizierten organischen Feststoffgemisches bei vorgewählter Temperatur und Zeit 2. Versuchsnummer PF-05/2008, Einzelprojekt 3. Experimenteller Hintergrund Kritische Überprüfung einer aus der Literatur entnommenen Empfehlung für einen Reaktionsansatz als Basis für mögliche Modifikationen und Verbesserungen 4. Geräte - Feinwaage 1–300 g - Vollpipette 25 mL - Messzylinder 100 mL - Becherglas 500 mL - Becherglas 1000 mL - Petrischale 30 cm, Duran 50 oder Pyrex (Deckel oder Boden) - Brutschrank 35 °C - Rührwerk Eurostar P1 - Alu-Folie, ca. 50 × 50 cm - Brennofen 220° C - Spatel - Laborstoppuhr 5.1 Edukte A - Amyloplasten aus Fructus Tritici (Triticum aestivum), Type 405, Kaiser’s, 300 g - Saccharose, p.a., Merck Nr. 107 687, 2 g - Natriumchlorid NaCl, p.a., Merck Nr.106 404, 3 g - Saccharomyces cerevisiae, trocken, Aldi Süd, 5 g - Wasser, Volvic, Getränkemarkt, vortemperiert auf 30 °C, 100 mL 5.2 Edukte B - Trioleylglycerolester aus Olea europaea, Bertolli/Hit, 15 mL - Fructus Lycopersici (Lycopersicum esculentum), Fertigansatz gewürfelt, Lidl, 250 g - Agaricus bisporus, Basidiokarp frisch vom örtlichen Markt, in Scheiben, 50 g
5.1 Labordokumente
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Sus scrofa domesticus, Musculus gluteus maximus, in Scheiben, Edeka, 50 g Herba Origani (Origanum vulgare), gepulvert, Reformhaus, ca. 2 g Caseus (Lac concretum) ‚Pecorino‘, grob gepulvert, Aldi Nord, 20 g
6. Einzelschritte und Ablauf 1. Edukte A in der aufgelisteten Reihenfolge mit vortemperiertem Wasser in einem PE-Becherglas (1000 mL) vermischt (ca. 2 min) 2. Mischung im gleichen Becherglas mit Rührwerk bei geringer Drehzahl (ca. 50 Umdrehungen min–1) homogenisiert (5 min) 3. Homogenisat im Wärmeschrank bei 35 °C vorinkubiert (40 min) 4. Boden der großen Petrischale mit Alu-Folie ausgekleidet 5. Folie leicht mit ca. 1 mL Trioleylglycerolester bestrichen 6. Homogenisat aus dem Wärmeschrank entnommen und in etwa 5 mm dünner Schicht in der Petrischale ausgebreitet 7. Edukte B in großem Becherglas (500 mL) vorgemischt und anschließend auf das Homogenisat gleichmäßig verteilt 8. Gesamtansatz im vorgeheizten Ofen bei 220 °C 22 min lang inkubiert. Sichtkontrolle nach 15, 18 und 20 min. 9. Nach der Inkubationszeit entnommen und auf Raumtemperatur (21 °C) abgekühlt. 10. Vorsichtige sensorische Prüfung vorgenommen. 8. Materialverbleib Das Syntheseprodukt wurde nach fotografischer Dokumentation unter der Probennummer PF-05/2008 in der Tiefkühltruhe archiviert. 9. Methodenkritik Der oben geschilderte Verfahrensablauf gelingt auch mit haushaltsüblichen Geräten und Hilfsmitteln außerhalb eines chemischen Labors. In diesem Fall lässt sich das Syntheseprodukt zudem während der nächsten Betriebspause unter den Kollegen aufteilen. 10. Literaturhinweis Die Versuchsanleitung wurde dem Grundlagenwerk Die feine italienische Küche (Basisband), München 2009, S. 278ff, entnommen.
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5 Protokollieren und Dokumentieren
5.1 Labordokumente Da alle analytischen Verfahren der Naturwissenschaften letztlich auf eine Visualisierung der Ergebnisse ausgerichtet sind, bietet sich auch in diesem Zusammenhang das Foto als Mittel der Dokumentation an. Die im Foto festgehaltene Bandenbildung einer vergleichenden Flachbett-Gelelektrophorese, eines Southern- oder Western-Blots oder ein dem Foto vergleichbares Autoradiogramm bzw. eine Röntgenaufnahme veranschaulichen und sind gleichzeitig wichtige Beweismittel. Ob man die vorgesehenen digital aufgenommenen Fotografien als Bilddateien mit hoher Auflösung (> 300 dpi, dpi = dots per inch = ca. 14 000 Punkte/cm2) direkt über einen leistungsstarken Drucker im Dokument ausgeben lässt oder sie als klassische farbige bzw. schwarzweiße Fotopapierkopien mit der Oberflächenausrüstung „Hochglanz“ in die fertige Version des Laborberichtes einklebt, ist letztlich nur eine Frage der jeweils verfügbaren Technik und kein grundsätzliches Problem. 5.2 Grafiken Unter Grafiken sind alle Bilddarstellungen zu verstehen, die nicht auf fotografischem Wege entstanden sind, sondern als Strichzeichnungen oder Diagramme entweder von Hand oder mit Hilfe eines speziellen CADZeichenprogramms per Computer erstellt wurden. Sie vereinfachen die Übersicht und Bewertung größerer Datenmengen auf einen Blick. Grafiken können beispielsweise Strichzeichnungen oder verschiedene Formen von Diagrammen sein, die jeweils komplexe Sachverhalte veranschaulichen. Die zeichnerische Darstellung eines mikroskopischen Präparates kann im Unterschied zum Foto durch Kombination mehrerer Abtastebenen ähnlich wie das Rasterelektronenmikroskop auch räumliche Tiefe ohne weiteres wiedergeben und zudem durch Verschieben des Objektes fehlende Anteile außerhalb des Sehfeldes berücksichtigen. Die Zeichnung bietet klare Konturen, wo das Foto ein Liniengewirr darstellt. Jede zeichnerische Darstellung ist in gewissem Umfang eine vereinfachende, idealisierende und in hohem Maße auch interpretierende Wiedergabe des Gesehenen. Sie kann also sinnvollerweise die bildgebende Dokumentation moderner mikroskopischer Verfahren ergänzen. Die funktionalen Abhängigkeiten und Zusammenhänge mehrerer Kenngrößen, die verschiedene Zahlenwerte annehmen, stellt man immer dann in einem Diagramm bzw. Graphen dar, wenn mehr als vier Wertepaare direkt miteinander verglichen werden sollen. Für nur zwei oder drei Wertepaare
5.2 Grafiken
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genügt fast immer die verbale Beschreibung. Für die optimale Verdeutlichung wählt man je nach gewünschter Aussageabsicht unter mehreren Diagrammtypen aus. Wie die übrigen Grafiken zeichnet man die Diagramme entweder konventionell von Hand oder per Computerprogramm, wofür es in den verschiedenen Anwendungen (beispielsweise Winword, PowerPoint u. a.) entsprechende Optionen gibt. Ihre Handhabung ist meist recht unproblematisch: Man trägt die Einzelwerte in eine Tabelle ein, wählt den gewünschten Diagrammtyp an und lässt das Programm die grafische Umsetzung ausführen. Zudem kann man nacheinander verschiedene Darstellungstypen ausprobieren und ihre Gesamtoptik vergleichen. Manche dieser Diagrammoptionen verführen allerdings zu einer gewissen barocken Fülle der Darstellungen, welche die beabsichtigte Klarheit der Botschaft nicht immer unterstützt. Der zur Veranschaulichung in Naturwissenschaften und Technik am häufigsten verwendete Diagrammtyp ist das Kartesianische Koordinatensystem: Es weist jeweils eine y-Achse (Ordinate, senkrecht) und eine x-Achse (Abszisse, waagerecht) auf. Beide Achsen sind numerisch mit kontinuierlichen Zahlenintervallen eingerichtet. Folgen von Wertepaaren, auch Datenreihen genannt, erzeugen im Koordinatensystem eine charakteristische Kurve. Daher nennt man diesen Darstellungstyp auch Kurvendiagramm. Er zeigt beispielsweise konzentrationsabhängige Prozesse (Dosis-Effekt-Kurve) oder zeitabhängige Verläufe (Kinetik) gemessener Parameter. Beim Eintragen zahlreicher Wertepaare mit größerer Schwankungsbreite ergeben sich fallweise „Messpunktwolken“ (Cluster) und damit Punkte- oder Scatterdiagramme. Balken- oder Säulendiagramme sind meist nur in der y-Achse numerisch skaliert, während die x-Achse mehrere Probengruppen als diskrete Parameter nebeneinander stellt. Wertepaare erzeugen in diesem Diagrammtyp Balken oder Säulen und erleichtern damit den Direktvergleich. Manche Anwendungen unterscheiden zwischen Balkendiagrammen mit horizontalen und Säulendiagrammen mit senkrechten Rechtecken. Anstelle der Balken lassen sich die Funktionswerte auch als gestaffelte Wände oder Flächen darstellen. Verbindet man die Funktionswerte eines Balkendiagramms ohne Zwischenräume auf der x-Achse miteinander, erhält man ein Histogramm, früher auch Treppenpolygon genannt. Bei der formalen Gestaltung eines Diagramms berücksichtigt man die folgenden technischen Hinweise und Standards (vgl. Abb. 5-1): • Im kartesianischen oder Kurvendiagramm trägt man die unabhängige Veränderliche auf der x-Achse, die abhängige Veränderliche auf der y-Achse ein. Beide Achsen werden mit der jeweils gewählten Größe und ihrer Einheit beschriftet. Auch im Balkendiagramm stellt die y-Achse die abhängige Veränderliche dar.
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•
5 Protokollieren und Dokumentieren
Die Skalierung der x- und y-Achse wird als Achsenteilung durch Teilungsstriche eingetragen, die nach außen (x-Achse: nach unten, y-Achse: nach links) oder innen (x-Achse: nach oben, y-Achse: nach rechts) weisen können. Sie stellen eigentlich die Reste von Netzlinien dar, die man zur genauen Eintragung der Messpunkte benötigt. Auf Millimeterpapier sind sie noch in voller Länge durchgezogen. Y-Achsenbezeichnung mit Einheit
Rahmen Netzlinien
Kurvenbezeichnung
berechnete Kurve graphisch gemittelte Kurve Zahlenwert Hilfsteilung
Nullpunkt
Zahlenwerte
Datenpunkt
x-Achsenbezeichnung mit Einheit
Abb. 5-1. Notwendige Elemente eines Kurvendiagramms im kartesianischen Koordinatensystem
• •
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Nicht alle Teilstriche erhalten eine eigene Linie – die Ausführung größerer Intervalllinien genügt vollends, beispielsweise die Kennzeichnung von 5er-, 10er- oder 20er-Schritten. Für die Netz-, Achsen- und Kurvenlinien wählt man eine angemessene Strichstärke (Linienbreite). Optimal ist ein Maßverhältnis von Netz zu Achse zu Kurve wie 1 : 2 : 4. Keineswegs dürfen alle Linien in der gleichen Stärke ausgeführt werden. Die Achsenkreuzeinteilung nimmt man logarithmisch vor, wenn ein sehr großer Wertebereich darzustellen ist. Beim Vergleich von Datenreihen mit sehr unterschiedlicher Skalierung (z. B. Datenreihe A in mg/mol und Datenreihe B in kg m–2) kann man auch zwei deutlich gekennzeichnete y-Achsen nebeneinander stellen.
5.2 Grafiken
•
•
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• •
•
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Die Achsenteilung richtet sich jeweils nach dem größten Einzeldatenwert. Beträgt der höchste Einzelwert beispielsweise 62 °C, lässt man die betreffende Achse sinnvollerweise bei der Markierung 70 °C enden und nicht erst bei 100 °C, womit man eine Menge Leerraum spart. Wird für eine vergleichene Darstellung etwa nur das Werteintervall 35–70 °C benötigt, kann man die Achsenteilung (deutlich!) unterbrochen darstellen und die Skalierung erst mit 30 °C beginnen lassen. Den Achsenschnittpunkt markiert man – auch im Fall einer Achsenunterbrechung – immer deutlich mit Null. Sind Achsenabschnitte mit negativen Werten darzustellen, beispielsweise beim Lineweaver-BurkDiagramm zur Bestimmung der KM-Werte von Enzymen, wird das Koordinatensystem tatsächlich zum Achsenkreuz. Die Achsenteilung im negativen Bereich wird mit negativem Vorzeichen markiert. Die Kurvenpunkte bzw. Einzelwerte markiert man mit Symbolen, gegebenenfalls auch mit der Standardabweichung der jeweiligen Messwerte, und grundsätzlich so, dass die genaue Lage des Messpunktes und der etwaigen Standardabweichungen erkennbar ist. Als Symbole bestens geeignet sind Kreis ({,z), Quadrat (
, ) oder Raute (◊,), offen oder gefüllt, nach Endvergrößerung in der Größe des Kleinbuchstabens o der verwendeten Schrift. Weniger geeignet, weil nach etwaiger Verkleinerung nicht mehr klar unterscheidbar, sind Kreuz (× oder +), Stern () oder sonstige Symbolangebote aus der Spielzeugkiste eines Schriftfonts (beispielsweise Windings). Die Kurvenunterscheidung durch verschiedene Messpunktsymbole ist wesentlich besser und lesefreundlicher als durch mehrere nebeneinander verlaufende oder sich überschneidende Linientypen (dickere/dünnere, gestrichelte, gepunktete Linien). Enthält ein Kurvendiagramm mehrere Kurven, kennzeichnet man jede mit dem ihr zugewiesenen Parameter, beispielsweise mit einem Buchstaben oder einer Verweisziffer für die Bildlegende. Ein Diagramm sollte zur Vermeidung von Linienchaos mit „Sauerkrauteffekten“ nicht mehr als vier Einzelkurven aufweisen. Zusätzlich mitzuteilende Befunde oder Ergebnisserien sind dann Gegenstand einer eigenen Grafik. Die per Computer leicht durchführbare 3-D-Darstellung von Kurven-, Balken- oder Kreisdiagrammen ist möglicherweise ein grafischer oder besonderer Layout-Gag, aber meist kein informativer Zugewinn. Einzelwerte sind durch die perspektivischen Verschiefungen wesentlich schlechter abzulesen und zu vergleichen. Räumliche Darstellungen sind weniger rasch zu erfassen als zweidimensional flächige Graphen.
68
•
5 Protokollieren und Dokumentieren
Enthält ein Labor- oder Forschungsbericht mehrere Diagramme, behält man das einmal gewählte Basislayout einheitlich im gesamten Dokument bei.
5.3 Tabellen Ebenso wie Abbildungen sind auch Tabellen besondere Hilfen zur umfangsökonomischen Mitteilung stark verdichteter Information. Mit einer gut gestalteten Tabelle lassen sich lange, aufzählende und eventuell sogar wiederholende Textpassagen vermeiden. Während Grafiken überwiegend mit bildlichen Mitteln arbeiten, bestehen Tabellen aus übersichtlichen Anordnungen verbaler oder numerischer Teile. Unüblich ist jedoch die doppelte Dokumentation identischer Inhalte in einer Abbildung und gleichzeitig in einer Tabelle. Vergleichbar einem kartesianischen Koordinatensystem sieht auch die übliche Tabellenlogik feste Bezugsachsen vor. Jede Eintragung in die Tabelle ist somit durch zwei Ortskoordinaten festgelegt. Die horizontalen Mitteilungsfelder nennt man Tabellenzeilen, die vertikalen Felder Tabellenspalten oder -kolonnen. Die von den einzelnen Zeilen und Spalten definierten Tabellenfächer mit ihren jeweiligen Werte- bzw. Begriffspaaren bezeichnet man auch als Zellen (Abb. 5-2). Tabellen behandelt man schreibtechnisch wie einen normalen Textsatz. Für die Tabellenerstellung wählt man jedoch nicht die Tabellatorfunktion, sondern formatiert sie mit der Menüoption Tabelle aus dem verwendeten Textverarbeitungsprogramm, die hinsichtlich der benötigten Gestaltungsmöglichkeiten bei weitem überlegen ist. Einer in den Text integrierten Tabelle stellt man jeweils eine eigene Tabellenüberschrift voran. Sie besteht aus der innerhalb des Dokuments nur einmal vergebenen Tabellennummer und der Tabellenlegende, die den Tabelleninhalt per Titelzeile ankündigt. Der Tabellenkopf ist gleichsam die Abszisse einer Tabelle: Die oberste Zeile bezeichnet in prägnanter Form die verbalen oder numerischen Inhalte der einzelnen Spalten. Um sie optisch aus der übrigen Zeilenfolge herauszuheben, setzt man sie gewöhnlich zwischen zwei durchgezogene Linien (oben Kopflinie, als Grenze zum Tabellenfeld Halslinie) oder hebt sie durch eine auffällige Hintergrundeinfärbung hervor (vgl. die Beispiele in diesem Buch). Die am weitesten links stehende Spalte einer Tabelle entspricht der y-Achse eines Koordinatensystems. Sie liefert demnach die Ordinatenposition für die einzelnen Tabellenfelder. Je nach Tabelleninhalt kann man auch die Leitspalte in thematisch zusammengehörende Zeilengruppen und
5.3 Tabellen
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übergeordnete Adressen gliedern (Verschachtelung). Ansonsten sind beide Leserichtungen, die in Spalten- und die in Zeilenrichtung, innerhalb der Tabelle gleichwertig. Welche Größen man in die Spalten und welche in die Zeilen verpackt, lässt sich nicht grundsätzlich festlegen – schmale, hohe Tabellen sehen ebenso ungünstig aus wie kurze breite. Innerhalb des normalen Satzspiegels sollte man höchstens fünf bis sieben Spalten nebeneinander anordnen. Reicht das nicht aus, sollte man dafür entscheiden, den gesamten Tabelleninhalt zu reorganisieren und die mitzuteilende Information auf zwei kleinere, thematisch getrennte und damit vermutlich instruktiver erscheinende Tabellen zu verteilen. Tabellenkopf
verschachtelte Spalten
einfache Spalte
Kopfleiste Halsleiste Zeile Zeilengruppe Rahmenleiste Fußleiste
Tabellenfußnote
Tabellenfach (Zelle)
Tabellenfeld
Abb. 5-2. Elemente eines übersichtlichen Tabellenlayouts
Die folgenden Hinweise helfen bei der Tabellengestaltung: • • •
Im gleichen Dokument wählt man möglichst ein einheitliches Tabellenlayout. Jede im Dokument verwendete Tabelle erhält eine eigene Nummer und eine eigene Legende, die kurz den Tabelleninhalt ankündigt oder erläutert (vgl. Beispiele in diesem Buch). Einheiten und Einheitensymbole tauchen jeweils nur im Tabellenkopf auf, möglichst nicht in den einzelnen Zellen. Diese enthalten immer nur die mitzuteilenden Zahlenwerte.
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•
•
•
5 Protokollieren und Dokumentieren
Tabellenfächer (Tabellenzellen) zäunt man nicht unnötig durch Linien zwischen allen Spalten und Linien ein. Ein genügender vertikaler Abstandsstreifen zwischen den Eintragungen lässt die einzelnen Spalten auch ohne starre Fenstervergitterung klar genug unterscheiden. Ein variabler Zeilenabstand ist ein weiteres Gestaltungsmittel für eine verbesserte Lesbarkeit. Eine gut gestaltete Tabelle bildet Leseeinheiten durch die bloße Anordnung und nicht durch Linien. Zahlenkolonnen ordnet man in den Tabellenspalten so an, dass die jeweiligen Dezimalstellen exakt untereinanderstehen (vgl. Kapitel 4). Nur so kann man auf den ersten Blick feststellen, ob die Tabelle größere mit sehr kleinen Zahlen vergleicht. Während erläuternde und vom eigentlichen Textfluss unnötig ablenkende Fußnoten gewöhnlich kein brauchbares Textelement sind, können Tabellenfußnoten fall- und eher ausnahmsweise sinnvoll sein, beispielsweise um etwaige einzelne (!) Leerfelder zu erklären (Daten nicht verfügbar, Aussage nicht sinnvoll, Einzelwerte geschätzt oder analoge Angaben).
6
Stoffe wägen
Zum quantitativen Arbeiten im Labor gehört das genaue Abmessen von Massen – sicherlich keine der besonders schwierigen Aufgaben, aber ein Tätigkeitsbereich, den man kompetent erledigen muss. Das Abmessen oder Bestimmen der Masse einer Substanz bezeichnet man generell als Wägung, den Vorgang der Wägung auch als Abwiegen. Die verbindliche SI-Einheit der Masse ist das Kilogramm (kg; vgl. Kapitel 4). Die Schwerkraft (Gravitation) der Erde zieht jede Masse in Richtung zum Erdmittelpunkt an. Dadurch übt ein Körper auf seine Unterlage oder seinen Aufhängungspunkt eine Kraft aus, die man als Gewichtskraft bezeichnet. Sie wird in der Einheit Newton (N) abgegeben. Um eine Masse von 1 kg anzuheben, muss man eine Kraft von 9,81 N aufwenden. Die Schwer- bzw. Gewichtskraft ist wegen der Geoidgestalt der Erde allerdings breitenabhängig. Sie beträgt an den Polen 9,84 N und am Äquator 9,78 N. Der oben angegebene Wert von 9,81 N gilt demnach nur für mittlere Breiten. Lastarm
Last
Drehpunkt Kraftarm
Kraft
Abb. 6-1. Funktionsschema einer Balken- oder Hebelwaage
Bei einer Wägung vergleicht die unbekannte Masse eines Körpers mit einer genau bekannten Masse beispielsweise mithilfe einer Balken- oder Hebelwaage. Die unbekannte Masse gilt als bestimmt, wenn sich nach dem Hebelgesetz der Last- und der Kraftarm im Gleichgewicht befinden und die Drehmomente auf beiden Seiten gleich groß sind (Abb. 6-1). Nach diesem Prinzip des Masse-Masse-Vergleichs arbeiten die meisten mechanischen
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6 Stoffe wägen
Laborwaagen. Ein anderes Wägeprinzip ist der Masse-Kraft-Vergleich, bei dem eine unbekannte Masse zu einer bekannten Kraft in Beziehung gesetzt wird, wie sie beispielsweise die Feder einer Federwaage ausübt. Dieses Prinzip wird in den meisten elektronischen Waagen angewendet; die technisch simple Federkraft wird hier allerdings durch die Kraftwirkung eines Elektromagneten ersetzt. Je nach Anforderung an die Masse des Wägegutes und die Genauigkeit der Wägung unterscheidet man rein praktisch im Laborbetrieb die folgenden Waagetypen (Tabelle 6-1): Tabelle 6-1. Unterscheidung laborüblicher Waagetypen Gerätetyp
Ablesbarkeit
Maximaler Wägebereich (Höchstbelastbarkeit)
Präzisionswaage
bis 1 mg
1000–20 000 g
Analysenwaage
bis 0,01 mg
100–1000 g
Mikrowaage
bis 0,001 mg
0,002–30 g
Bei einer Wägung sollte die Ablesbarkeit weniger als 1% des Nettostoffgewichtes betragen, um innerhalb einer vertretbaren Fehlertoleranz zu bleiben. Wenn für einen Versuch 150 mg Substanz benötigt werden und die kleinste zuverlässig ablesbare Massendifferenz auf der vorhandenen Analysenwaage 0,01 mg beträgt, liegt die Fehlertoleranz bei weniger als 0,1% – die Wägung ist also hinreichend genau. Alle im Labor verwendeten Waagetypen sind teure und sensible Instrumente. Daher gibt man die abzuwägende Substanz niemals direkt auf die Waagschale, sondern verwendet grundsätzlich ein Wägehilfsmittel. Beim analytischen Abwiegen von Feststoffen (Pulversubstanzen) benutzt man ein glattes, an den Rändern aufgefaltetes Wägepapier oder ein spezielles Wägeschiffchen, das aus verschiedenem Material bestehen kann. Flüssigkeiten (Lösemittel) werden dagegen direkt in Laborgefäßen (Becherglas, Erlenmeyerkolben, Messkolben) eingewogen. Für hygroskopische oder flüchtige Feststoffe verwendet man besondere Wägegläschen mit eingeschliffenem Deckel. Flüchtige oder hygroskopische Flüssigkeiten werden in Einwegspritzen abgewogen. Bei sehr kleinen abzuwiegenden Mengen (so genanntes analytisches Wägen) wiegt man die Substanz direkt in demjenigen Gefäß ab, in dem sie anschließend verwendet werden soll. Die abzuwiegende Substanz muss beim analytischen Wägen die gleiche Temperatur wie die Waage haben. Pulverförmige Chemikalien entnimmt man aus dem Vorratsgefäß entweder durch leichtes Klopfen oder – vor allem bei kleineren Mengen
6 Stoffe wägen
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mithilfe eines passend dimensionierten Utensils vom Typ Wägeschaufel, Spatellöffel oder Mikrospatel. Die etwas antiquiert erscheinenden Balkenwaagen, mitunter auch Apothekerwaagen genannt, stehen in ihrer Genauigkeit einer elektronischen Analysen- oder Mikrowaage kaum nach. Beim Abwiegen mit einem solchen Waagentyp werden auf der Kraftseite der Balkenwaage feine Gewichtsstücke aus einem geeichten Gewichtssatz aufgelegt. Diese bedürfen einer besonders sorgfältigen Behandlung und werden grundsätzlich nur mit einer Pinzette angefasst bzw. transferiert. Wägungen führt man sinnvollerweise an einem zugfreien Ort aus. Bereits geringe Luftströmungen können an einer Waagschale soviel Auftrieb erzeugen, dass das Wägeergebnis grob verfälscht wird. Für analytisches Arbeiten sollten die vorgesehenen Analysen- bzw. Mikrowaagen in einem eigens abgetrennten Teilraum des Labors aufgestellt werden. Bei modernen Mikrowaagen ist der Bereich der Waagschale zusätzlich durch seitliche Schiebefenster vor störenden Luftbewegungen gesichert. Für eine kompetent durchgeführte Wägung wird folgendes Vorgehen empfohlen: 1. Bei der Wägung von Pulverchemikalien ist vorab zu klären, ob man einen Mundschutz tragen sollte. Vor allem feinpulverige Substanzen verstäuben trotz vorsichtigen Arbeitens und gelangen eventuell in die Atemwege. Kritische Vorsicht ist vor allem beim Umgang mit toxischen Substanzen gefragt. 2. Nach dem Einschalten wird die Waage mit dem Wägepapier oder dem vorgesehenen Wägegefäß tariert. Bei modernen Laborwaagen jeglicher Genauigkeitsklasse genügt dabei die Betätigung einer besonderen „Tara“-Taste. Bei manchen älteren Waagemodellen ist eine automatische Tarierung nicht möglich. In diesem Fall wiegt man zunächst das leere Wägegefäß, notiert dessen Gewicht, addiert das benötigte Substanzgewicht zum Gefäßgewicht und gibt die benötigte Menge bis zum errechneten Gesamtgewicht hinzu. 3. Sobald die benötigte Substanzmenge abgewogen ist, wird das Wägegut sofort in das bereitstehende Aufnahmegefäß umgefüllt – soweit dieses nicht Bestandteil der Wägeprozedur ist. Jedes mit Wägegut befüllte Gefäß wird sofort beschriftet – mit Filzstift, genügend haftfestem Klebezettel oder beschriftungsfähigem Klebeband. So lässt sich vor allem beim Abwiegen verschiedener Substanzen, die man für einen komplexeren Reaktionsansatz benötigt, das drohende Durcheinander oder eine Substanzverwechslung wirksam vermeiden. 4. Jedes mit abgemessenem Wägegut beschickte Gefäß wird sofort mit einem Stopfen oder zumindest mit Folie (Parafilm o.ä.) verschlossen.
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6 Stoffe wägen
5. Die Vorratspackung, aus der das Wägegut entnommen wurde, muss sofort nach Abschluss der Wägung sorgfältig verschlossen werden, damit keine Fremdsubstanzen hineingeraten können. 6. Nach der Wägung wird die Waage abgeschaltet – sie befindet sich jetzt wieder im arretierten Zustand und kann nun erforderlichenfalls auch gesäubert werden: Vor allem beim Abwiegen größerer Mengen Pulverchemikalien können kleine Mengen neben der Waagschale landen und sich dort in Verbindung mit dem Feuchtegehalt der Luft eventuell zu aggressiven bzw. korrosiven Gemischen entwickeln. Neben der Waage sollte daher immer ein kleiner Reinigungspinsel für Waagschale oder andere Oberflächen der Waage liegen. 7. Für die weitere Verwendung werden die abgewogenen Pulverchemikalien gewöhnlich in Wasser aufgelöst. Die unterschiedlichen Stoffmengenkonzentrationen, die man erreichen möchte, werden in Kapitel 13 behandelt. Zum Lösen schüttelt man die entsprechenden Laborgefäße nicht nach Barkeepermanier durch, sondern gibt einen Rührfisch (mit Teflon oder anderem beständigem Kunststoff ummantelt) in das Gefäß und stellt dieses zum Auflösen des Wägegutes auf einen Magnetrührer. Vorsicht: Manche Magnetrührer sind beheizbar! Niemals ein Laborgefäß aus Kunststoff auf einen Magnetrührer stellen, dessen Heizung versehentlich eingeschaltet wurde.
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Volumina bemessen
Eine bestimmte Flüssigkeits- oder auch Gasmenge genau abzumessen, gehört zu den häufigsten Aufgaben beim praktischen Arbeiten im Labor. Mal mag es sich um die definierte Menge einer Lösung von vorgegebener Stoffmengenkonzentration (vgl. Kapitel 12) handeln, die möglichst exakt bemessen sein soll, mal sind es auch genau einzuhaltende Volumina von Lösungen mit Reaktanden, die bei einem Experiment zu einem bestimmten Effekt führen sollen. Beim Umgang mit Flüssigkeiten bzw. Lösungen spielen neben dem Aspekt der größtmöglichen Genauigkeit der einzusetzenden Volumina auch die besonderen Belange der Laborsicherheit eine Rolle (vgl. Kapitel 1). Das heute gültige Maß für Volumina ist der Liter – 1793 entstanden aus dem vorrevolutionären französischen Raummaß le litron. Die Einheit ist im modernen SI-Einheitensystem definiert als dasjenige Volumen, welches 1 kg reines Wasser unter Normaldruck (1013,25 hPa) und bei der Temperatur seiner größten Dichte (3,98 °C) einnimmt. Eine Masse von 1 kg Wasser nimmt unter diesen Voraussetzungen jedoch 1,000028 Kubikdezimeter (dm3) ein, und 1 dm3 Wasser sind 0,999 975 kg. Die geringfügige Zahlendiskrepanz zwischen Liter und Kubikdezimeter erkannte man erst 1875. Seit 1964 ist jedoch international ausdrücklich vereinbart, die Ungenauigkeit von etwa 1 : 36 000 zu vernachlässigen und die direkte Entsprechung 1 L 1 kg Wasser zuzulassen. Im SI-Einheitensystem gehört die Dimension (Größe) Volumen mit dem Dimensionssymbol (Symbol der Größe) V zu den abgeleiteten Größen, da man die Einheit Liter mit der Basiseinheit Länge ausdrücken kann: 1 L entspricht dem Volumen eines Würfels mit der Kantenlänge 1 dm (10 cm) und ist eben 1 dm3. In der Laborpraxis gilt, dass man das Volumen in Teilen oder Vielfachen von L oder den zahlengleichen dm3 ausdrücken kann. Demnach gelten unter anderem die folgenden Bezeichnungen: 1 Mikroliter = 1 μL = 1 mm3 = 10–6 L 1 Milliliter = 1 mL = 1cm3 = 10–3 L 1 Zentiliter = 1 cL = 10 cm3 = 0,01 L 1 Deziliter = 1 dL = 100 cm3 = 0,1 L 1 Hektoliter = 1 hL = 100 dm3 = 100 L 1 Kiloliter = 1 kL =1 m3 = 1000 L
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7 Volumina bemessen
Diese Praxis betrifft auch alle übrigen Anwendungsbereiche. Die früher verbreiteten Benennungen bzw. Schreibweisen λ für μL, ccm für cm3 oder cbm für m3 gelten als veraltet und sind nicht mehr zulässig. Sie tauchen im (älteren) Schrifttum aber dennoch gelegentlich auf. Eine gewisse Diskrepanz besteht allerdings hinsichtlich des grammatischen Geschlechts der Maßeinheit Liter und in der Schreibweise des zugehörigen Einheitenzeichens. Im wissenschaftlichen Bereich hat sich das Maskulinum der Liter durchgesetzt, obwohl Rechtschreibelexika ebenso wie DIN 1301/I das Liter festsetzen. Nach einer IUPAC-Empfehlung soll das Einheitenzeichen mit dem Großbuchstaben L geschrieben werden statt des Kleinbuchstabens l, der in manchen Typographien zu Verwechslungen mit der Ziffer 1 führen kann. Dieses Buch folgt der L-Schreibung und der maskulinen Benennung. 7.1 Laborgeräte zur Volumenmessung Typische und generell eingesetzte Laborgeräte zur genauen Volumenmessung von Flüssigkeiten sind Pipetten, Büretten, Messkolben und Messzylinder. Daneben sind noch einige Spezialgeräte wie Pyknometer, Dispenser u.a. in Gebrauch. Die Genauigkeit dieser Hilfsmittel hängt von ihrem Ablesedurchmesser ab. Darunter versteht man den Durchmesser der Flüssigkeitssäule im Bereich der außen auf dem Gefäß angebrachten Strichmarken. Je kleiner der Ablesedurchmesser ist, desto exakter lässt sich ein bestimmtes Volumen an den Skalen ablesen. Bei Pipetten bewegen sich die Skalenteile im Millimeterbereich. Dagegen liegen bei Messkolben und -zylindern die Ablesedurchmesser im Bereich von wenigen Zentimetern. Mitunter werden herstellerseitig auch Bechergläser, Erlenmeyerkolben und Tropftrichter mit volumetrischen Strichmarken versehen. Wegen der generell zu großen Ablesedurchmesser geben diese Skalen allenfalls ungefähre Richtwerte an und können eine exakte Volumenbestimmung nicht ersetzen. Bei den Volumenmessgefäßen unterscheidet man grundsätzlich zwei verschiedene Typen: • In den auf Einlauf geeichten und mit der Kennzeichnung „In“ versehenen Geräten befindet sich bei exakter Füllung bis zur Eichmarke das angegebene Volumen. Zu diesem Gerätetyp gehören Messkolben und Messzylinder. Weil Flüssigkeiten – und zumal Wasser oder wässrige Lösungen – aufgrund der Kapillarkräfte jedoch die Gefäßwände benetzen, lässt sich das angegebene Volumen nicht ganz genau entnehmen. Bei Messzylindern, die man in der Praxis häufig als Ausgussgefäß verwendet, obwohl sie auf „In“ geeicht sind, können dadurch Messfehler bis etwa 3% entstehen.
7.1 Laborgeräte zur Volumenmessung
77
• Bei Messgefäßen, die auf Auslauf geeicht sind und die deswegen die Kennzeichnung „Ex“ tragen, läuft bei korrekter Handhabung das angegebene Volumen heraus. Zu diesem Gerätetyp gehören die verschiedenen Pipettentypen. Aus konstruktiven Gründen verbleibt nach der Entnahme eines bestimmten Volumens eine gewisse Restflüssgkeit in der Pipettenspitze. Diesen Rest darf man auf keinen Fall durch Ausblasen dem abgemessenen Volumen zugeben. Eine Folge der Adhäsion des Wassers an das Glas ist seine Kapillarität, die es in engen Gefäßen aufsteigen lässt. Der seitliche Blick auf eine mit Wasser gefüllte Pipette zeigt, dass der Spiegel der Wasserfüllung randlich nach oben gebogen ist (Abb. 7-1) – er bildet einen liegenden, nach oben offenen Halbmond und heißt deswegen auch Meniskus (griechisch menískos = kleiner Mond). Die Wassermoleküle entwickeln hier eine Vielzahl inniger und haftungssteigernder Wasserstoffbrücken zu bestimmten Molekülgruppen des Werkstoffes Glas. Der Meniskus zeigt übrigens, dass die Adhäsionskräfte betragsmäßig viel größer sind als die der Flüssigkeit innewohnenden Kohäsionskräfte.
konkaver Meniskus: Ablesung unten
konvexer Meniskus: Ablesung oben
Abb. 7-1. Konvention zum Ablesen eines Meniskus
Für die Ablesegenauigkeit einer Pipettenfüllung gilt die folgende Konvention: • Bei wasserklaren oder durchsichtigen wässrigen Lösungen nimmt man immer nur die Basislinie des Meniskus – also die tiefste Stelle in der Mitte. • Bei undurchsichtigen wässrigen Lösungen oder nicht benetzenden Flüssigkeiten (z.B. Quecksilber) wird jeweils die höchste obere Flüssigkeitswölbung abgelesen.
78
7 Volumina bemessen
7.2 Gefäßkennzeichnung Die laborüblichen Volumenmessgefäße werden von jedem Hersteller nach festgelegten DIN-/EN- bzw. ISO-Normen justiert. Die betreffenden Kenndaten sind jeweils auf den Gefäßen vermerkt. Eine genaue Volumenmessung ist konsequenterweise nur möglich, wenn die angegebenen Justierbedingungen eingehalten werden. Folgende Angaben sind üblicherweise auf dem Gefäß aufgedruckt oder in das Glas eingeschmolzen: • Qualitätsklassenzeichen A, AS oder B Gefäße der Qualitätsklasse A weichen im Allgemeinen um weniger als 0,2% vom angegebenen Volumen ab. In der Qualitätsklasse AS gelten die gleichen Genauigkeiten, jedoch sind die betreffenden Gefäße für schnelleren Auslauf konstruiert. Gefäße der Klassen A und AS werden generell beim analytischen Arbeiten eingesetzt. In der Qualitätklasse B ist der Messfehler meist größer als 0,2%. Gefäße der B-Klasse werden gewöhnlich nur beim präparativen Arbeiten eingesetzt. • Einlauf- oder Auslaufgefäße Die Gefäße tragen die Angabe „In“ oder „Ex“. Diese Hinweise bedeuten In: Das Gefäß ist auf Einlauf justiert – die angegebene Menge befindet sich bei richtiger Befüllung im Gefäß. Ex: Das Gefäß ist auf Auslauf justiert. Im Gefäß befindet sich etwas mehr als die angegebene Menge, damit das gewünschte Volumen exakt zu entnehmen ist. Bei AS-Gefäßen ist meist zusätzlich die empfohlene Wartezeit vermerkt – vor dem Ablesen muss man die angegebene Auslaufzeit abwarten, beispielsweise Ex + 15 s. Moderne Gefäße sind auf relativ kurze Wartezeiten von 15 s oder weniger eingerichtet. • Nenninhalt und Skalenteilung In der Gefäßbeschriftung ist der messbare Inhalt angegeben sowie zusätzlich, wie die Skala unterteilt ist. Die Angabe 50/0,1 bedeutet also, dass das Nennvolumen 50 mL beträgt und die Skala in Schritte zu je 0,1 mL unterteilt ist. • Maßeinheit und Justiertemperatur Die verwendete Maßeinheit wird gewöhnlich in Milliliter und mit dem Einheitenzeichen mL angegeben. Die Genauigkeit des Messgefäßes be-
7.2 Gefäßkennzeichnung
79
zieht sich gewöhnlich auf 20 °C, da Volumina bekanntermaßen temperaturabhängig sind. • Fehlergrenze Sicherheitshalber ist der Gefäßbeschriftung auch die Fehlertoleranz zu entnehmen.
50 mL
Nennvolumen Farbcode Einheitenzeichen Ringmarke (Eichmarke)
10
Nennvolumen
0,10
Farbcode
ABC DIN A Ex 15 s 20°C ±0,01
[ABC] DIN AS Ex-15 s 20 °C 25 mL ±0,03 mL
Hersteller
mL
Genauigkeitsklasse Zeichen für Auslauf und Wartezeit Justiertemperatur Nennvolumen Einheitenzeichen Fehlergrenze
Skalenteilung Hersteller Genauigkeitsklasse Zeichen für Auslauf und Wartezeit Justiertemperatur Fehlergrenze Einheitenzeichen
0 1 2
8 9
Abb. 7-2. Kenndaten auf einer 25-mL-Vollpipette (links) und einer 10-mL-Messpipette (rechts)
Alle Angaben beziehen sich jeweils auf Wasser als Lösemittel. Die Toleranzen (Fehlergrenzen) stimmen daher nur, wenn hinsichtlich Viskosität, Dichte und Benetzungsverhalten ähnliche Lösungen abgemessen werden.
80
7 Volumina bemessen
Die benannten Kenndaten können herstellerabhängig verschieden angeordnet, müssen aber immer komplett vorhanden sein (vgl. Abb. 7-2). Typ 1
Typ 2
Typ 3
teilweiser Ablauf
völliger Ablauf
völliger Ablauf
Nullpunkt oben
0
10
benötigtes Volumen Vt aufziehen und ablaufen lassen
benötigtes Volumen Vt
Nennvolumen unten ablesbar
Nennvolumen oben
10
Nullpunkt oben
benötigtes Volumen V t
1
Nullpunkt in der Spitze
0
9
Nennvolumen in der Spitze
Abb. 7-3. Aufzieh- und Ablaufunterschiede bei Messpipetten der konventionellen Typen 1 und 3 und des neuen Typs 2
Für Messpipetten der Klasse AS beschrieb die bisherige Norm DIN 12 697 zwei verschiedene Typen: Typ 1 sind Pipetten mit teilweisem Ablauf, Typ 3 sind solche mit völligem Ablauf. Bei beiden Typen ist eine Ablaufzeit von 15 s einzuhalten, und der Meniskus muss beim Arbeiten zwei Mal eingestellt werden. Nach der neuen Norm DIN EN ISO 835 gibt es in der Klasse AS jetzt auch den Pipetten-Typ 2 mit völligem Ablauf, wobei das Nennvolumen jedoch oben liegt und der Nullpunkt in der Pipettenspitze. Bei diesen Pipetten wird der Meniskus nur noch ein Mal eingestellt, und die Ablaufzeit nach der Flüssigkeitsabgabe verkürzt sich nunmehr auf 5 s (Abb. 7-3).
7.3 Mit Pipetten kompetent umgehen
81
7.3 Mit Pipetten kompetent umgehen Grundsätzlich dürfen Pipetten aus Sicherheitsgründen immer nur mit einer Pipettierhilfe befüllt werden und nicht durch Ansaugen mit dem Mund, auch wenn keine toxische oder sonstwie problematische Lösung abzumessen ist. Als Aufziehhilfe stehen verschiedene Pipettierhilfsgeräte zur Verfügung, soweit an der Pipette kein gläserner Aufziehkolben angebracht ist. A-Ventil zum Entleeren des Balles
A
S-Ventil (Ansaugen) E-Ventil (Entleeren)
S E
Aufnahme für Pipettenhals
Abb. 7-4. Peleus-Ball als aufsteckbare Pipettierhilfe
Außer dem in Abb. 7-4 dargestellten Peleus-Ball aus Gummi bietet der Fachhandel eine Reihe alternativer Pipettierhilfe-Typen an, darunter beispielsweise den Howorka-Ball oder die Brand-Saughilfe. Die Farbcodes für die Nennvolumina von Pipetten sind nach DIN 12 621 festgelegt (vgl. Tabelle 19-15 im Anhang). Bei der Auswahl der richtigen Pipette verlässt man sich nicht ausschließlich auf den Farbcode am Pipettenhals, sondern überprüft immer auch das Nennvolumen. Der Farbcode dient ohnehin eher als Orientierungshilfe beim Einsortieren größerer Mengen gespülter Pipetten. Beim richtigen Pipettieren geht man nun folgendermaßen vor: 1. Bevor man eine Voll- oder Messpipette einsetzt, überprüft man sie auf Sauberkeit und eine intakte Spitze. Eine beschädigte Pipettenspitze führt erfahrungsgemäß zu groben Pipettierfehlern.
82
7 Volumina bemessen
m l
Augenhöhe
Abb. 7-5. Richtiges Halten einer Pipette beim Entleeren
2. Grundsätzlich verwendet man nur Pipetten mit einwandfrei ablesbarer Skalierung. Im Labor finden sich oft auch solche Pipetten, deren Skalen durch langen und häufigen Gebrauch verblasst oder gänzlich unleserlich sind. Diese sollte man unbedingt aussortieren. 3. Die abzumessende Flüssigkeitsmenge muss in einem vernünftigen Verhältnis zur Kalibrierung des verwendeten Messgefäßes stehen. Die benötigte Menge von 0,2 mL eines bestimmten Reagenz lässt sich nicht mit hinreichender Genauigkeit mithilfe einer 5- oder gar 10-mL-Pipette abmessen. Das Messgefäß der Wahl wäre in diesem Fall eine 0,5-mL-Pipette. Die zu pipettierende Flüssigkeit wird bei Pipetten des Typs 1 und 3 etwa 1 cm über die 0-Marke aufgesogen und der Meniskus dann durch Ablaufen exakt auf den Skalenbeginn eingestellt. Bei Pipetten des neuen Typs 2 stellt man den Meniskus gleich auf das benötige Volumen Vt ein (vgl. Abb. 7-3). 4. Beim Ablesen der Flüssigkeitsmenge hält man die Pipette zur Vermeidung von Ablesefehlern (so genannte Parallaxenfehler) immer so, dass sich der Meniskus in Augenhöhe befindet (Abb. 7-5). 5. Beim Aufsaugen darf die Pipettenspitze nicht den Boden des Vorratsgefäßes berühren, sollte aber tief genug eintauchen, damit keine Luftblasen in das Messgut geraten. 6. Nach der Entnahme der Füllmenge aus dem Vorrat wischt man die Pipette von außen gegebenenfalls mit einem saugfähigen Papier vorsichtig ab. Dabei darf keine Flüssigkeit aus der Pipette kapillar in das Reinigungsmaterial gelangen.
7.3 Mit Pipetten kompetent umgehen
83
7. Eine gefüllte Pipette darf man nicht horizontal auf dem Labortisch ablegen oder anderswo zwischenlagern. Die enthaltene Flüssigkeitsmenge wird sofort überführt, wie unter (9) angegeben. 8. Aus der senkrecht gehaltenen Pipette lässt man die benötigte Flüssigkeitsmenge bis zur entsprechenden Marke ablaufen: Die Pipettenspitze berührt dabei die Innenwand des schräg gehaltenen Aufnahmegefäßes, an der man die Flüssigkeit ablaufen lässt (Abb. 7-5). 9. Nach Abwarten der angegebenen Ablaufzeit (Typ 1 und 3: 15 s, Typ 2 nur noch 5 s) wird die Pipettenspitze unter leichtem Drehen an der Wand des Aufnahmegefäßes abgestreift und dieses auf dem Arbeitsplatz abgestellt. 10. In der Pipette verbliebene Restmengen werden verworfen. 11. Benutzte Pipetten mit Restmengen werden grundsätzlich senkrecht gehalten bzw. transportiert, damit keine Flüssigkeit in die Pipettetierhilfe gelangen kann. 12. Beim weiteren Transport ist auch unbedingt darauf achten, dass keine eventuell ätzende Flüssigkeit auf den Arbeitsplatz tropft – daher am besten ein saugfähiges Papier an die Spitze halten. 13. Benutzte Pipetten werden sofort mit Leitungswasser, dann destilliertem Wasser durchgespült oder mit der Spitze nach oben in Reinigungslösung bzw. einen Pipettenspülkorb gegeben. Vor allem in biochemisch arbeitenden Labors sind seit geraumer Zeit Mikroliter- oder Kolbenhubpipetten (vgl. Abb. 7-6) in Gebrauch, beispielsweise von Finnpipette, Eppendorf oder anderen Anbietern. Diese Pipetten sind mit fest eingestelltem oder variablem Hub zwischen 1 und 5000 μL im Handel. Herstellerseitig wird der maximale Pipettierfehler mit etwa 1% beziffert. Auf den Pipettenkörper steckt man eine Pipettenspitze aus Polypropylen, die je nach Volumen weiß, blau oder gelb ist. Bei jedem Lösungswechsel wird auch die Pipettenspitze getauscht. Für Serienpipettierungen sind statt der üblichen Einkanal- die Mehrkanalpipetten besonders praktisch, die 8, 12 oder 16 Steckplätze für Wechselspitzen aufweisen, was den Arbeitsaufwand bei Serienpipettierungen bzw. hohem Probenaufkommen erleichtert. Zum Pipettieren taucht man die Spitze etwa 3 mm tief in die Lösung und drückt den Bedienungsknopf bis zum ersten Druckpunkt (= Messhub) herunter. Zur Aufnahme der Flüssigkeit in die Wechselspitze lässt man ihn langsam zurückgleiten und zieht die Spitze vorsichtig aus der Lösung. Das Entleeren der Spitze erfolgt zweistufig – durch langsames Drücken des Bedienungsknopfes bis zum ersten und nach etwa 3 s bis zum zweiten Druckpunkt. Im Unterschied zur konventionellen Glaspipette wird hierbei
84
7 Volumina bemessen
die Vario-Pipettenspitze also gleichsam durch Ausblasen vollständig entleert. Für die Aufnahme und Abgabe von sehr viskosen oder dichten Flüssigkeiten, aber auch für solche mit hohem Dampfdruck, empfiehlt sich das reverse Pipettieren: Zur Probenaufnahme drückt man den Kolben bis zur Ausstoßposition nach unten und zieht das gewünschte Volumen mit einer geringen Menge überschüssige Flüssigkeit in die Pipettenspitze. Für die benannten problematischen Flüssigkeiten bietet der Fachhandel allerdings spezielle Pipetten an, die absolut genau arbeiten. Auch eine Mikroliterpipette darf man keinesfalls mit gefüllter Spitze waagerecht auf dem Labortisch lagern, da sonst unweigerlich Flüssigkeit in den Pipettenkörper gelangen und dadurch der empfindliche Kolbenhubmechanismus korrodieren kann. 500
Abb. 7-6. Mikropipetten (ohne Pipettenwechselspitze) mit festem (links, mit Festvolumen 500 μL) und variabel einstellbarem Nennvolumen (rechts)
7.4 Spritzen sind besondere Messgefäße Für manche Spezialanwendungen sind konventionelle Voll- oder Messpipetten oder auch Mikroliterpipetten wenig bis gar nicht geeignet. In solchen Fällen bietet sich der Einsatz von Mikrospritzen an. Bei einer gas- oder flüssigkeitsdichten Hamilton-Spritze (Abb. 7-7), die für besonders kleine Volumina im μL-Bereich eingesetzt wird, bestehen Kolben und Nadel meist aus korrosionsbeständigem Edelstahl. Auf dem
7.4 Spritzen sind besondere Messgefäße
85
Kolben befindet sich ein kleiner Aufsatz aus Teflon. Die Nadeln (Kanülen) sind entweder aufgeschraubt oder fest mit dem Spritzenkörper (Gehäuse) verbunden. Bei manchen Ausführungen wird der Kolben zum besonders genauen Dosieren kleinster Volumina durch einen Schraubmechanismus vorgetrieben. Gehäuse mit Luer-Spitze
Glasgehäuse mit Gewinde 0,1
0,2
0,3
0,4
0
0,5 mL
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5 mL
Kolben
Kolben mit Teflonspitze
Nadel mit Gewindeanschluss
aufsteckbare Kanüle
Abb. 7-7. Verbreitete Typen von Mikrospritzen: Hamilton-Spritze (links) sowie Luer-Spritze (rechts)
Bei der Luer-Spritze, dem vor allem bei medizinischen Anwendungen am meisten eingesetzten Spritzentyp mit verschiedenen Nennvolumina zwischen 1 und 100 mL, sind die ebenfalls unterschiedlich langen und verschieden kalibrierten Nadeln (Kanülen) austauschbar. Sie werden mit ihrem genormten Konus auf den Anschluss des aus Glas oder (bei Einwegspritzen) aus Kunststoff gefertigten Spritzenkörpers aufgesteckt. Die Anschlüsse können aus Metall, Glas oder einem anderen Werkstoff bestehen. Für besondere Zwecke, beispielsweise für den kontrollierten Substanzauftrag in der Dünnschicht-Chromatographie, verwendet man als genormte Volumenmessgeräte fein ausgezogene Mikrokapillaren oder spezielle Mikropipetten, die der Fachhandel in unterschiedlichen Kalibern anbietet. Sie sind am ehesten einer Vollpipette vergleichbar, da sie nur für die exakte Entnahme des festgelegten Nennvolumens vorgesehen sind. Aufziehen bis zur Strichmarke des Nennvolumens und Entleeren erfolgen mithilfe eines aufgesteckten Gummihütchens.
0
10
20
30
40
50 mL
Abb. 7-8. 50-mL-Kolbenprober zum Gastransfer (Skalierung nur angedeutet)
In der Form einer Spritze ähnlich, aber für einen völlig anderen Einsatz konstruiert, sind die meist großkalibrigen Kolbenprober (vgl. Abb. 7-8) mit exakt eingeschliffenem und (weitgehend) gasdichtem Kolben. Ihr Nennvolumen liegt meist zwischen 20 und 500 mL. Man verwendet sie
86
7 Volumina bemessen
zum Auffangen, zum genaueren Abmessen und zum Transfer von abgemessenen Gasmengen. Die Kolben der Kolbenprober müssen zur Gewährleistung einer leichten Gängigkeit und Dichtigkeit mit einem speziellen Schlifffett versehen sein. In Mess- oder Reaktionsapparaturen verwendet man Kolbenprober meist in Verbindung mit Zwei- oder Dreiwegehähnen. 7.5 Messkolben Messkolben verwendet man in der Analytik zum genauen Einstellen von Lösungen, die als Stamm- oder Normallösungen im Labor benötigt werden. Messkolben gibt es für die Nennvolumina 10, 50, 100, 250, 500, 1000, 2000 und 5000 mL. In der A-Klasse reicht ihre Genauigkeit volumenabhängig von 0,25% (10-mL-Kolben) bis 0,02% (5-L-Messkolben). Sie tragen zur Kennzeichnung die üblichen normierten Angaben (vgl. Abb. 7-9). Beim Ansetzen einer definierten Lösung gibt man die genau abgewogene Menge einer Pulverchemikalie mithilfe eines glatten und spitz zulaufend gefalteten Papiers (Wägepapier) oder eines Pulvertrichters in den Messkolben und löst sie durch vorsichtiges Umschwenken oder mit einem Rührfisch über dem Magnetrührer – die zuvor eingefüllte Lösemittelmenge sollte zunächst nur etwa der Hälfte der benötigten Gesamtmenge entsprechen. Die Zugabe von Lösemittel auf die eingefüllte pulverförmige Einwaage könnte gegebenenfalls zu schwer auflösbaren Verklumpungen (Okklusionen) führen. Sofern die betreffende Substanz beim Lösen eine Wärmetönung bedingt, wartet man mit dem weiteren Auffüllen von Lösemittel, bis der Ansatz wieder Raumtemperatur (Justiertemperatur) angenommen hat. Dann gibt man weiteres Lösemittel hinzu und stellt den Meniskus zuletzt durch tropfenweises Zugeben genau auf die Ringmarke (Eichmarke) ein. Zum gründlichen Durchmischen wird der Kolben mit einem Stopfen (Normschliff oder Kunststoff) verschlossen. Beim Mischen von Flüssigkeiten, die in unterschiedlichem Maße polar sind, beispielsweise von Wasser und Ethanol, ist das eigenartige Phänomen des Volumenschwundes (Volumenkontraktion) zu beachten: 100 mL Wasser + 100 mL 96%iges Ethanol ergeben nicht 200 mL 48%iges Ethanol, sondern mit nur etwa 185 mL deutlich weniger. Der Hintergrund für diesen Sachverhalt wird in Kapitel 12 erläutert. Beim Anmischen von Reaktionsansätzen, die aus mehreren Komponenten bestehen (beispielsweise beim Fehling-Test), ist darauf zu achten, dass alle zusammengeführten Lösungen optimal miteinander vermischt sind.
7.6 Büretten
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Bei Reagenzglasproben hält man das Gefäß zur Kontrolle in Augenhöhe, schüttelt leicht durch und kontrolliert, ob sich in der Flüssigkeit noch Schlieren oder Stufen zeigen. Für die optimale Durchmischung von Reaktionsansätzen in Reagenzgläsern stehen in vielen Labors besondere Mixgeräte zur Verfügung, beispielsweise der Vortex oder vergleichbare Geräte anderer Anbieter. Größere Ansätze stellt man auf einen speziellen Probenschüttler. Bei kleineren Ansätzen ist der Einsatz eines Magnetrührers mit Rührfisch (der Gefäßgröße angepasst) üblich. Normschliff- oder Kunststoffstopfen
Ringmarke für Nennvolumen
100 mL ± 0,10 In 20 °C A
Nennvolumen
Fehlertoleranz
Symbol für Einlauf
Hersteller
Justiertemperatur
Genauigkeitsklasse
Abb. 7-9. Kenndaten auf einem 100-mL-Messkolben
7.6 Büretten Unter einer Bürette versteht man ein Glasrohr, das ähnlich wie eine Pipette kalibriert und mit einer Skala versehen ist. An ihrem unteren Ende befindet sich jedoch im Unterschied zur Pipette ein Schliffhahn. Büretten setzt man im analytischen Labor zur Konzentrationsbestimmung durch Titration (Maßanalyse, vgl. Kapitel 9) ein. Die Gerätebenennungen Bürette und Pipette stammen aus dem Französischen, da der französische Chemiker Joseph Louis Gay-Lussac (1778–1850) beide Volumenmessgeräte mitentwi-
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7 Volumina bemessen
ckelt und in einer 1824 erschienenen Veröffentlichung zur Maßanalyse auch ausdrücklich so benannt hat. Ursprünglich war die Bürette unten mit einem Schlauchstück versehen und wurde mit einer Mohr’schen Schlauchdruckklemme verschlossen. Moderne Bürettenausführungen sind eventuell auf ein Vorratsgefäß mit Maßlösung gesteckt und besitzen eine besondere Vorrichtung zur automatischen Nullpunkteinstellung des Meniskus (Abb. 7-10).
weißer Streifen blauer Streifen
25
26
27
28
Abb. 7-10. Links: Gewöhnliche Bürette. Mitte: Bürette mit automatischer Nullpunkteinstellung auf Vorratsgefäß. Rechts: Ablesung des Schellbach-Streifen
Obwohl Büretten im Allgemeinen einen relativ großen Durchmesser aufweisen, sind die entnommenen Volumina sehr genau abzulesen. Dies gelingt mithilfe des Schellbach-Streifens auf der Bürettenrückseite. Durch die besondere Lichtbrechung im Bereich des Meniskus erscheint der in der Flüssigkeit befindliche Teil des Schellbach-Streifens als breitere Spitze und erlaubt somit eine erstaunlich präzise Skalenablesung (vgl. Abb. 7-10).
7.7 Reinigen von Glasgefäßen
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Falls erforderlich, hält man hinter die Bürette zum besseren Ablesen ein weißes Rundfilter oder ein anderes weißes Papier. Beim Arbeiten mit einer Bürette ist generell folgendes Vorgehen empfohlen: 1. Bürette auf Sauberkeit überprüfen und mit einer speziellen gummiarmierten Bürettenklemme an einem Stativ so befestigen, dass die 0-Marke sich auf Augenhöhe befindet. 2. Spitze des Auslaufhahns auf Intaktheit überprüfen. 3. Bürette mithilfe eines Bürettentrichter mit der Messlösung bis etwa 1 cm über die oben befindliche 0-Marke befüllen; bei Automatikbüretten auf einer Vorratsflasche die Maßlösung mit dem Gummiball hochdrücken (vgl. Abb. 7-10). Dieser Arbeitsgang entfällt bei Büretten mit automatischer Nullpunkteinstellung. 4. Etwaige Luftblasen durch vorsichtiges Klopfen mit Bleistift o.ä. entfernen. 5. Einfülltrichter wegnehmen und Messlösung bis zur 0-Marke ablaufen lassen – dabei die auf der Bürette angegebene vorgeschriebene Wartezeit einhalten. 6. Titration tropfenweise bis zum Erreichen eines bestimmten Umschlagpunktes (vgl. Kapitel 9) vornehmen; die Spitze des Bürettenhahns darf dabei nicht die Gefäßwand des Vorlagengefäßes berühren. 7. Volumendifferenz mithilfe des Schellbach-Streifens exakt ablesen.
7.7 Reinigen von Glasgefäßen Obwohl Glas als unverwüstlicher Werkstoff erscheint, ändert sich durch häufiges Reinigen bei längerer Einsatzdauer tatsächlich das Volumen von Volumenmessgeräten durch Glasabtrag, beispielsweise durch die Einwirkung starker Laugen oder konzentrierter Phosphorsäure. Volumenmessgeräte aus Glas reinigt man daher nur bei niedriger Temperatur <70 °C (Spülmaschine) und mit den vom Fachhandel besonders empfohlenen geringalkalischen Reinigern. Im Unterschied zu haushaltsüblichen Verfahren reinigt man Laborgläser niemals mit abrasiv wirkenden Scheuermitteln wie Scheuersand oder Metallnetzschwämmen. Hartnäckige Fettrückstände lassen sich mit einer Mischung aus Kaliumpermanganat c(KMnO4) = 30 g L–1 und einer NaOH-Lösung der Konzentration c(NaOH) = 1 mol L–1 entfernen. Etwaige MnO2-Rückstände entfernt man mit Thiosulfat- oder Oxalsäure-Lösung.
90
7 Volumina bemessen
Die früher übliche Verwendung der gefährlichen Chromschwefelsäure (konzentrierte H2SO4 mit ca. 2–3% Chromat), die außerdem ein schweres Umweltgift darstellt, wird generell nicht mehr empfohlen. Bei der manuellen Reinigung (Schutzhandschuhe tragen!) im üblichen Tauchbad-Verfahren werden die gebrauchten Laborgläser bei Raumtemperatur für 20–30 min in eine Reinigungslösung (beispielsweise RBS oder Extran) gelegt, dann mit Leitungswasser und zuletzt mit deionisiertem bzw. destilliertem Wasser gespült. Stärkere Verschmutzungen lassen sich im Allgemeinen durch eine längere Einwirkungszeit der verwendeten Detergenzien und erhöhte Temperatur entfernen. Verkrustungen an Kleinteilen lösen sich am besten in Ultraschall-Reinigungsgeräten. Ist extrem genaues Arbeiten gefordert, muss man das durch Glasabrieb eventuell veränderte Gefäßvolumen durch routinemäßiges Wägen einer eingefüllten Wassermenge nachbestimmen. Dabei sind eventuell Abweichungen des Nennvolumens im Prozentbereich festzustellen. Pipetten werden zur Reinigung zunächst in eine Detergenzien-Lösung gestellt und dann in besonderen Pipettenspülgeräten mit Wasser mehrfach durchspült. In die dazu verwendeten Pipettenspülkörbe stellt man die Pipetten jeweils mit der Spitze nach oben.
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Temperatur und Temperieren
Der bürgerliche Sprachgebrauch unterscheidet nach meist subjektivem Befund zwischen Frost, Kälte, Wärme und Hitze. Physikalisch bzw. thermodynamisch lassen sich alle diese Eigenschaften von Festkörpern, Flüssigkeiten oder Gasen unter den Wärmebegriff fassen. Die makrophysikalisch wahrnehmbare Wärme eines Körpers ist mikrophysikalisch nichts anderes als die Bewegungsenergie seiner Atome und Moleküle. Je rascher sich diese Teilchen energetisch bedingt bewegen, umso wärmer fühlt sich der betreffende Körper an. Den aktuell vorliegenden und messbaren Wärmezustand der Materie bezeichnet man als Temperatur. Während die Wärme demnach den Charakter einer Energieform aufweist, drückt die Temperatur jeweils deren Zustandsgröße aus. Umgangssprachlich werden diese beiden Begriffe nicht selten verwechselt. Die Einheit der Wärmemenge ist das Joule (Einheitenzeichen J), früher auch die Kalorie (Einheitenzeichen cal). Beide Einheiten lassen sich direkt ineinander umrechnen: 1 J = 0,239 cal 1 cal = 4,187 J
[Gl. 8-1]
Die Temperatur ist eine der sieben Basisgrößen des SI-Einheitensystems (vgl. Kapitel 4). Ihre Einheit ist das Kelvin mit dem Einheitenzeichen K. Ein Temperaturintervall von 1 K (immer ohne das °-Zeichen zu schreiben!) ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperaturskala, die durch den absoluten Nullpunkt (0 K) und den Tripelpunkt des Wassers (definiert als 273,16 K; hier befinden sich Eis, flüssiges Wasser und Wasserdampf im Gleichgewicht) festgelegt ist. In der Wissenschaft werden Temperaturen meist in Kelvin angegeben. Im technischen Bereich und in den üblichen Laboranwendungen arbeitet man dagegen mit der Temperaturskala nach Celsius, die im SI-Einheitensystem ausdrücklich zugelassen ist. Ihre Fixpunkte sind der Schmelzpunkt (Schmp.: 0 °C) und der Siedepunkt (Sdp.: 100 °C) von reinem Wasser unter Normaldruck (1013,25 hPa). Mit diesen beiden Temperaturwerten, dem Schmelz- und dem Siedepunkt des Wassers als Fixpunkte, hat der schwedische Astronom Anders Celsius (1701–1744) im Jahre 1742 die heute nach ihm benannte Thermometerskala eingeteilt. Kurioserweise setzte er den Siedepunkt der Flüssigkeit Wasser ursprünglich mit 0 °C,
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8 Temperatur und Temperieren
den Schmelzpunkt von Eis mit 100 °C fest. Erst sein befreundeter Zeitgenosse, der Botaniker Carl von Linné (1707–1778), kehrte die Skala wenige Jahre später in die heute übliche Form um. Die 1714 eingeführte und in den USA bis heute übliche Thermometerskala des Danziger Instrumentenbauers Daniel Fahrenheit (1686–1736) verwendet als Fixpunkte die Temperatur einer Eis-/Salz-Mischung (0 °F), die von schmelzendem Eis (32 °F) und die normale Körpertemperatur des Menschen (100 °F). Die Fundamentalpunkte seiner Skala (Distanz Schmelz- vs. Siedepunkt) liegen somit eher zufällig, aber genau um 180 °C auseinander. Die Umrechnung von Fahrenheit (TF) und Celsius (TC) erfolgt über die Beziehung TF = TC ·1,8 + 32 bzw. TC = TF /1,8 – 32
[Gl. 8-2]
Außer dem Botaniker Linné war in der Temperaturbranche übrigens auch einmal ein Zoologe tätig: Der französische Privatgelehrte René-Antoine Ferchault de Réaumur (1683–1757), der sich unter anderem mit der Regeneration von Krebsbeinen und der Perlenbildung in Muscheln beschäftigte, entwickelte 1730 ein Ethanolthermometer und teilte die Differenz zwischen dem Schmelzpunkt und dem Siedepunkt von Wasser in nur 80 Skalenintervalle ein. Diese Skala war vor allem in Frankreich und in der Schweiz bis 1901 in Gebrauch und hat heute fast nur noch anekdotischen Wert. Die international verbindliche SI-Einheit für die Temperatur ehrt den irischen Naturphilosophen Sir William Thomson (1824–1907), Lord Kelvin of Largs, der in der Westminster Abbey gleich neben Isaac Newton beigesetzt ist. Praktischerweise sind die Intervalle der thermodynamischen Temperaturskala nach Kelvin und der Celsius-Skala gleich groß. Demnach gilt: 1 K = 1 °C
[Gl. 8-3]
Unterschiedliche Stoffe der gleichen Masse benötigen zur Erwärmung unterschiedliche Wärmemengen. Die Wärmemenge, die man benötigt, um 1 kg eines Stoffes um 1 °C (1 K) zu erwärmen, ist die spezifische Wärmekapazität. Beispiele sind (in kJ kg–1 · K): Wasser (flüssig) 4,187 Eis 2,09 Ethanol 2,42 Glas 0,84
8.1 Thermometer
93
8.1 Thermometer Zur Temperaturbestimmung eingesetzte Messgeräte nennt man üblicherweise Thermometer. Sie verwenden als Messprinzip charakteristische stoffliche Veränderungen in Abhängigkeit von der Temperaturerhöhung oder -erniedrigung, vor allem den linearen bzw. kubischen Ausdehnungskoeffizienten. Weit verbreitet und laborüblich sind vor allem die Flüssigkeitsthermometer (vgl. Abb. 8-2). Sie bestehen aus einem (angenähert) kugelförmigen Reservoir, an das sich eine Kapillare anschließt. Bei Erwärmung dehnt sich die Flüssigkeit im Reservoir aus und steigt in der Kapillare hoch. Da Temperaturzunahme und räumliche Ausdehnung bei den meisten Stoffen in einem linearen Verhältnis zueinander stehen, lässt sich vergleichsweise einfach eine Skalierung festlegen. Zur besseren Ablesbarkeit weisen die Kapillaren solcher Flüssigkeitsthermometer einen ovalen Querschnitt auf. Ursprünglich waren – auch im medizinischen Bereich zum Fiebermessen – mit Quecksilber (Hg) gefüllte Flüssigkeitsthermometer in Gebrauch. Wegen der überaus günstigen Lage der Fundamentalpunkte von Hg (Schmp. –39 °C; Sdp. 350 °C) ließen sich diese Thermometer in einem weiten und für die Laborpraxis ausreichenden Temperaturbereich einsetzen. Da Thermometer jedoch eventuell leicht zerbrechen und Laborarbeitsplätze mit toxischem Quecksilber Hg kontaminiert werden, verwendet man heute als Thermometerflüssigkeit modifizierte Siliconöle. Sie decken fast den gleichen Temperaturbereich ab wie die die früheren Hg-Thermometer. Für speziellere Temperaturmessaufgaben bietet der Fachhandel zahlreiche Thermometervarianten an (vgl. Abb. 8-1). Da Siliconöl ebenso wie Toluol oder andere organische Lösemittel farblos ist, setzt man allen einen kräftigen Farbstoff zu. Quecksilber Siliconöl Gallium Toluol Ethanol Stabausdehnung Bimetall Thermoelement Widerstandsthermometer –200
0
200
400
600
800
1000
1200 1400
Abb. 8-1. Anwendungsbereiche verschiedener Thermometertypen
1600 °C
94
8 Temperatur und Temperieren
Je nach Konstruktion unterscheidet man bei den Flüssigkeitsthermometern die folgenden Typen (Abb. 8-2):
° C
° C
° C
11 0
11 0
11 0
10 0
10 0
10 0
9 0
9 0
2 0
4 0
3 0
1 0
3 0
2 0
0 0
2 0
1 0
1 0
0 0
0 0
Abb. 8-2. Verbreitete Konstruktionstypen von Flüssigkeitsthermometern: Stabthermometer (links), Einschlussthermometer (Mitte) und Stockthermometer (rechts)
• Stabthermometer bestehen aus einer dickwandigen Kapillare mit aufgetragener oder eingeätzter Skala. Man verwendet sie immer dann, wenn vor allem eine gewisse mechanische Robustheit gefordert ist. • Einschlussthermometer haben im Unterschied zum Stabthermometer eine von einem Mantelrohr umschlossene Kapillare, die von einer Messskala hinterlegt ist. Diese Bauart wird in Labors am häufigsten eingesetzt.
8.1 Thermometer
95
• Stockthermometer sind meist Einschlussthermometer. Der gesamte unten verjüngte Bereich dieses Thermometers (= Stock) muss bei der Messung in das zu messende Medium eintauchen. • Kältethermometer sind für die Temperaturbestimmung unterhalb des Gefrierpunktes von Wasser konstruiert. Meist enthalten sie Toluol oder Ethanol. • Maximumthermometer zeichnen sich durch eine besondere Kapillarenkonstruktion aus: Beim Abkühlen reißt der Faden der Messflüssigkeit, gewöhnlich Quecksilber Hg, zwischen Kapillare und Reservoir ab, weil eine Verengung das Zurücklaufen verhindert. Der Fadenriss muss jeweils durch Hinunterschütteln behoben werden. Dieser Thermometertyp war früher bei Fieberthermometern üblich. Den für ein Flüssigkeitsthermometer angegebenen Arbeitsbereich (vgl. Abb. 8-1) darf man nicht überschreiten. Bei Überhitzung eines Thermometers mit zu niedrigem Arbeitsbereich kann der entstehende Überdruck die Kapillarröhre sprengen . Aus Sicherheitsgründen werden heute vor allem im schulischen Bereich fast nur noch Bimetallthermometer verwendet, in denen zwei Streifen unterschiedlicher Metalle mit verschiedenen kubischen Ausdehnungskoeffizienten miteinander verbunden sind. Ihr Anwendungsbereich zwischen ungefähr –30 °C und etwa 400 °C bei einer Messgenauigkeit von 1–3% genügt den meisten Anforderungen. Zur möglichst exakten Temperaturmessung muss bei Flüssigkeitsthermometern das Reservoir und der Kapillarfaden möglichst tief in das zu messende Medium eintauchen. Anderenfalls kann es zu erheblichen Messfehlern kommen, weil der aus dem Medium herausragende Fadenteil durch die kältere Umgebung eine geringere Ausdehnung erfährt und folglich eine falsche Temperatur anzeigt. Beim analytischen Arbeiten ist daher eine Fadenkorrektur erforderlich, die man nach folgender Beziehung vornimmt: Δf = a (t1–tf) · k
[Gl. 8-4]
Darin bedeuten Δf Fadenkorrektur in °C a Anzahl der Grade, um die der Kapillarfaden aus dem Medium herausragt t1 abgelesene unkorrigierte Temperatur in °C tf mittlere Fadentemperatur, mit einem zweiten Thermometer in mittlerer Höhe des herausragenden Fadens gemessen k Materialkonstante, bei Glas mit Quecksilber Hg 0,00016, bei Glas mit organischer Lösung 0,0012
96
8 Temperatur und Temperieren
Um die richtige Temperatur abzulesen, ist in jedem Fall die Anzeigeverzögerung beachten: Nach dem Eintauchen des Thermometers muss man einige Minuten warten, bis das Thermometerglas und die Anzeigeflüssigkeit mit der Temperatur des zu messenden Mediums im Gleichgewicht stehen. Bei Gasen ist die Wartezeit höher als bei Flüssigkeiten.
Mischrohr (Brennerrohr)
Düse Luftzufuhr Gasregulierung
Bunsen-Brenner
Teclu-Brenner
Abb. 8-3. Aufbau von Bunsen- und Teclu-Brenner
8.2 Erwärmen und Erhitzen Wärme ist bei chemischen Reaktionen ein wesentlicher Prozessbeschleuniger und wird daher in der Laborpraxis ständig benötigt. Gewöhnlich verwendet man zum Erhitzen im Labor als Energieträger Gas oder elektrischen Strom. Als Gas steht entweder aus der öffentlichen Versorgungsleitung Erdgas (als Gasgemisch aus Methan, Propan und Butan in wechselnden Anteilen sowie weiteren Komponenten) oder reines Propan bzw. Butan aus einer Vorratsflasche zur Verfügung. Die im Gas gebundene Energie wird bei der Verbrennung mit Luft(sauerstoff) frei gesetzt. Zur Verbrennung verwendet man einen für Laborzwecke zugelassenen Gas-
8.2 Erwärmen und Erhitzen
97
brenner. Meist handelt es sich dabei um einen Bunsen- oder TecluBrenner, die sich in ihrer Bauart geringfügig unterscheiden (Abb. 8-3). Der Bunsen-Brenner, benannt nach dem Heidelberger Chemiker Robert Willhelm Bunsen (1811–1899) wurde von Michael Faraday erfunden, aber von Bunsens Laborassistenten Peter Desaga um 1855 in Heidelberg konstruktiv wesentlich verbessert. An der Basis des Brennerrohrs befindet sich eine durch einen Manschettenring in ihrer Weite regulierbare Öffnung, durch die das strömende Gas die Luft ansaugt. Beim TecluBrenner, einer im Jahre 1900 in Wien entwickelten Brennervariante des rumänischen Chemikers Nicolae Teclu (1838–1916), wird die Luft durch eine Schraubplatte regulierbar von unten in das Brennerrohr eingeführt (Abb. 8-3). Wegen des größeren Durchmessers des konisch erweiterten Brennerrohres ist eine intensivere Durchmischung des Gases mit der Luft und folglich eine deutlich höhere Flammentemperatur als beim BunsenBrenner möglich. Wegen seiner größeren Praktikabilität ist der TecluBrenner heute in Labors am weitesten verbreitet, wird aber dennoch häufig einfach als Bunsen-Brenner bezeichnet.
900 700
550
1000 Flammensaum Flammenmantel
1150
1200
Flammenkern 250
450
Abb. 8-4. Temperaturen (°C) in der nicht rauschenden (links) und rauschenden (rechts) Teclu-Brennerflamme
Bei maximal geöffneter Gas- und Luftzufuhr verbrennt das Gasgemisch mit bläulicher, sehr heißer und rauschender Flamme, die man auch als Vormischflamme bezeichnet. An der Spitze des Flammenkerns kann die Temperatur 1200 °C überschreiten (vgl. Abb. 8-4). Bei gedrosselter Luftzufuhr vermischt sich das Brenngas erst am Ausgang des Brennerrohres mit dem Oxidator Luftsauerstoff – der Brenner entwickelt jetzt eine gelbe, leuchtende, nicht rauschende Diffusionsflamme. Ein Arbeiten mit der leuchtenden, nicht rauschenden Diffusionsflamme ist nicht zu empfehlen, weil die damit erhitzten Laborgeräte stark verrußen. Bei vorübergehendem
98
8 Temperatur und Temperieren
Nichtgebrauch eines Brenners stellt man jeweils von der Vormisch- auf die Diffusionsflamme um, da man diese besser sehen und somit Verbrennungen vorbeugen kann. Beim Einsatz eines Gasbrenners geht man folgendermaßen vor: 1. Brenner mit einem nur dafür vorgesehenen Gasschlauch an die Gasversorgungsleitung (Gashahnmarkierung: gelb) anschließen 2. Luftzufuhr am Brenner schließen 3. Gasventil am Brenner leicht öffnen und den gelben Gashahn am Labortisch unter leichtem Druck nach unten mit Linksdrehung öffnen 4. Ausströmendes Gas an der oberen Brennerrohröffnung mit Feuerzeug oder Gasanzünder entflammen 5. Gas- und Luftzufuhr durch Drehen der Regulationseinrichtungen am Brenner auf die gewünschte Flamme einstellen. Nach Abschluss des Brennereinsatzes geht man in umgekehrter Reihenfolge vor: Zuerst schließt man die Gaszufuhr am Brenner und dann am Hahn am Arbeitstisch. Aus Sicherheitsgründen wird in vielen Labors die Gasversorgung durch einen besonders gesicherten Haupthahn geregelt. Dieser wird geschlossen, wenn die Arbeiten mit Gasbrennern abgeschlossen sind. Drosselt man bei rauschender Flamme die Gaszufuhr zu schnell, schlägt die Brennerflamme meist zurück und brennt dann nur noch oberhalb der Düse im Brennerrohr. Dieses erhitzt sich dabei unerkannt sehr stark und kann deshalb schwere Finger- oder Handverbrennungen verursachen. Wenn man ein Zurückschlagen der Brennerflamme feststellt, unterbricht man die Gaszufuhr sofort, lässt den eventuell stark erhitzten Brenner abkühlen und entzündet dann die Flamme neu. Beim Erhitzen einer wässrigen Lösung in einem Glasgefäß mit ebenem Boden (Becherglas, Erlenmeyerkolben) direkt mit dem Brenner wird die Wärme oft nur über eine kleine Austauschfläche zugeführt – der Erwärmungsvorgang der Lösung dauert entsprechend lange. Vorteilhafter ist es, zwischen Glasgefäß und Brenner einen Wärmeüberträger einzuschalten. Anstelle der früher üblichen Metallnetze mit feuerfestem, aber asbesthaltigem Überzug verwendet man heute einen mit einer Ceranglasplatte abgedeckten Dreifuß. Brennbare organische Lösemittel dürfen unter keinen Umständen über offener Flamme erhitzt werden. In solchen Fällen setzt man grundsätzlich ein elektrisches Heizgerät ein, entweder ein Wasserbad mit Temperaturregelung, eine Heizplatte oder einen Heizkorb aus Glasfasermaterial. Der Fachhandel bietet dazu eine größere und auf Sicherheit überprüfte Gerätepalette an. Alle Typen von Heizgeräten lässt man aus Sicherheitsgründen niemals unbeaufsichtigt.
8.3 Kühlen
99
Abb. 8-5. Richtiges Erhitzen einer Probe im Reagenzglas über der Brennerflamme: Die falsche Positionierung führt zu Verkohlungen des Reagenzglashalters (links) oder zum Siedeverzug (Mitte). Beides vermeidet man durch ständiges Bewegen der Probe in der Nähe der Flammenspitze (rechts)
Beim Erhitzen von wässrigen Lösungen im Reagenzglas sind einige wichtige Grundregeln und Techniken zu beachten. Hält man den meist aus Holz gefertigten Reagenzglashalter zu dicht an die Brennerflamme, treten schon nach kurzer Zeit Verkohlungen auf, und das Haltegerät wird unbrauchbar (Abb. 8-5, links). Eine besonders zu beachtende Gefahrenquelle ist der Siedeverzug (Abb. 8-5, Mitte): Der zu erhitzende Reaktionsansatz entwickelt am Reagenzglasboden sehr plötzlich und heftig Dampfblasen, die den gesamten Reagenzglasinhalt explosionsartig austreiben – und schlimmstenfalls zu Verletzungen führen. Etwaigen Siedeverzug vermeidet man durch Verwendung von a) Siedesteinchen im Reaktionsansatz, b) einen in das Reagenzglas gestellten dünnen Glasstab oder c) durch ständiges Bewegen des Reagenzglases in der Nähe der Flammenspitze (Abb. 8-5, rechts).
8.3 Kühlen Aus experimentellen Gründen kann es notwendig sein, warme oder heiße Dämpfe oder Lösungen möglich rasch und effektiv zu kühlen. Im Allgemeinen gilt die Regel, dass man bis 40 °C warme Dämpfe oder Lösungen mit einer Kältemischung kühlt. Bei Temperaturen bis etwa 120 °C kühlt man eher mit fließendem Leitungswasser (Abb. 8-6), bei noch höheren Temperaturen mit Gebläseluft. Eine Auswahl bewährter Kältemischungen aus Salzen in Wasser oder Salzen mit Eisschnee, die man auch bei bio-
100
8 Temperatur und Temperieren
chemischen Versuchen (Enzymtests u.ä.) einsetzen kann, listet Tabelle 8-1 auf. Tabelle 8-1. Kältemischungen Zusammensetzung
Abkühlung bis (°C)
30 g NH4Cl in 100 mL H2O
–4
110 g Na2S2O3 · 5 H2O in 100 mL H2O
–4
250 g CaCl2 · 6 H2O in 100 mL H2O
–5
130 g NH4SCN in 100 mL H2O
– 11
20 g NaCl mit 80 g Eisschnee
– 15
30 g NaNO3 mit 60 g Eisschnee
– 18
35 g NaCl mit 100 g Eisschnee
– 21
150 g CaCl2 · 6 H2O mit 100 g Eisschnee
– 45
festes CO2 (gemahlen) in Ethanol
– 70
festes CO2 (gemahlen) in Aceton
– 80
flüssiger N2
LiebigKühler
– 180
Kugelkühler
Schlangenkühler
Intensivkühler
DimrothKühler
Abb. 8-6. Laborübliche Kühlvorrichtungen (für das Kühlmittel Wasser)
9
pH-Wert und Titrimetrie
Der pH-Wert ist ein Maß für die Wasserstoffionen-Konzentration c(H+) in Wasser und in allen wässrigen Lösungen. Er ist als der negative dekadische Logarithmus der molaren Wasserstoffionen-Konzentration festgelegt (von lat. potentia hydrogenii = Macht des Wasserstoffs) und wurde 1909 von dem dänischen Chemiker Søren Peter Lauritz Sørensen (1868–1939) eingeführt. Der pH-Wert gibt also die aktuelle Azidität einer Lösung an: pH = –lg c(H+)
[Gl. 9-1]
Er spielt vor allem in Chemie, Biologie und Medizin eine große Rolle. Lebensprozesse und insbesondere Enzymaktivitäten sind vom pH-Wert abhängig. Untersucht man reines Wasser auf seine Leitfähigkeit für elektrischen Strom, so zeigt sich, dass diese zwar äußerst gering, aber doch vorhanden ist. Wasser muss folglich zu einem geringen Teil in Ionen dissoziiert sein: H2O → H+ + OH– oder 2 H2O → H3O+ + OH–
[Gl. 9-2]
Die exakte Messung ergab, dass unter Normalbedingungen in 107 L Wasser genau 1 mol = 18 g Wasser dissoziiert ist. Entsprechend sind in 1 L nur 10–7 mol dissoziiert. Da nun jedes Wasserteilchen, das ein Proton freisetzt, dadurch zum OH–-Ion wird, müssen insgesamt immer gleich viele OH–- und H3O+-Ionen vorliegen, also jeweils 10–7 mol H3O+-Ionen und 10−7 mol OH–-Ionen pro Liter. Aus der Anwendung des Massenwirkungsgesetzes auf die Dissoziationsgleichung des Wassers ergibt sich, dass das Ionenprodukt bei konstanten Temperatur- und Druckverhältnissen konstant ist (k = Konstante). [Gl. 9-3] c(H + ) ⋅ c(OH − ) (0,86 ⋅ 10−7 ) 2 = k oder = 1,3 ×10–16 c(H 2 O) 55, 6 Daraus folgt c(H3O+) × c(OH–) = 0,74 × 10–14 mol2 L–2
[Gl. 9-4]
oder aufgerundet ungefähr 10–14 mol2 L–2. Das Ionenprodukt beider Konzentrationen c(H3O+) × c(OH–) beträgt in Wasser immer 10–14 mol2 L–2. Die Tatsache, dass das Ionenprodukt des Wassers konstant ist, gilt auch für ver-
102
9 pH-Wert und Titrimetrie
dünnte Lösungen. Ist in einer Lösung die Konzentration an H3O+-Ionen gleich der Konzentration an OH–-Ionen, gilt c(H3O+) = c(OH–) = 10–7 mol L–1
[Gl. 9-5]
Die entsprechende Lösung bezeichnet man dann als neutral. Gibt man zu einer neutralen Lösung Säure (Protonen), verschiebt sich das Gleichgewicht. Das System weicht nach dem Prinzip von Le Chatelier aus. Die Konzentration der OH–-Ionen wird erniedrigt (H+ reagiert mit OH– zu H2O). Gibt man stattdessen eine Base hinzu, wird das Gleichgewicht ebenfalls gestört. In diesem Fall weicht es aus, indem es die Erhöhung der OH–-Konzentration mit einer Erniedrigung der Protonenkonzentration kompensiert. Die OH–-Ionen reagieren mit H+ zu H2O. Protonen und Hydroxid-Ionen hängen also immer voneinander ab. Um eine saure oder eine basische Lösung zu charakterisieren, genügt es, die Konzentration eines der beiden Ionen H3O+ oder OH– zu kennen, da sich die des anderen zwangsläufig aus dem Ionenprodukt ergibt. Der Einfachheit halber hat man die Konzentration der Wasserstoff-Ionen (Protonen/Hydronium-Ionen) gewählt und gibt nun nicht die umständlichen Potenzzahlen an, sondern einfach den Absolutbetrag des Exponenten. Die folgende Tabelle 9-1 verdeutlicht die Schreibweise: Tabelle 9-1. Beispiele für Ionenschreibweise und pH-Wert Äquivalentkonzentration [mol L–1]
c(H3O+) [mol L–1]
pH
pOH
1,0
(Säure)
1 ⋅ 100
0
14
0,1
(Säure)
1 ⋅ 10–1
1
13
0,01 (Säure)
1 ⋅ 10–2
2
12
0,001 (Säure)
1 ⋅ 10–3
3
11
Neutralpunkt
1 ⋅ 10–7
7
7
0,001 (Base)
1 ⋅ 10–11
11
3
0,01 (Base)
1 ⋅ 10–12
12
2
0,1
(Base)
1 ⋅ 10–13
13
1
1,0
(Base)
1 ⋅ 10–14
14
0
Hinweis für die Praxis: Man schreibt demnach einfach die Wasserstoffionen-Konzentration als Zehnerpotenz und nimmt die Zahl hinter dem Minus-Zeichen. Dann hat man den pH-Wert.
9.1. Berechnung des pH-Wertes
103
9.1. Berechnung des pH-Wertes Wie groß ist – vollständige Dissoziation vorausgesetzt – der pH-Wert einer Schwefelsäure der Stoffmengenkonzentration c(H2SO4) = 0,05 mol L–1? Lösung Da die Schwefelsäure pro Formeleinheit 2 Protonen freisetzt, ist folgendermaßen in die Äquivalentkonzentration umzurechnen: c(H2SO4) = 0,05 mol L–1 = c(1/2 H2SO4) = 0,1 mol L–1 c(H2SO4) = 0,05 mol L–1 c(1/2 H2SO4) = 0,1 mol L–1 (Äquivalentkonzentration) c(H+) bzw. c(H3O+) = 10–1 mol L–1 – der pH-Wert beträgt folglich = 1. Dieses einfache Berechnungsverfahren für pH-Werte hat allerdings seine Grenzen. So ist der pH-Wert einer sehr stark verdünnten Säure, etwa einer 10–9 mol HCl nicht 9, sondern nur etwa 7, weil deren starke Verdünnung die Konzentration an H3O+-Teilchen des Wassers nicht mehr wesentlich beeinflusst. Bei schwachen Säuren, etwa der Essigsäure oder der Kohlensäure, ist dagegen die Dissoziation zu berücksichtigen. Wie dabei vorzugehen ist, zeigt die folgende Berechnung des pH-Wertes einer Essigsäure der Stoffmengenkonzentration c(CH3COOH) = 0,1 mol L–1. Wendet man wiederum das Massenwirkungsgesetz (MWG) an, ergibt sich:
c(H + ) ⋅ c(CH 3COO − ) c(CH 3OOH)
k = 1,76 · 10–5 mol L–1
[Gl. 9-6]
1
Da c(H+) = c(CH3COO–) und c(CH3COOH) = 10– mol L–1 ist, wird c(H+)2 mol2 L–2/10–1 mol L–1 = 10–5 mol L–1 und c(H+)2 = 10–6 mol2 L–2, daher c(H+) = 10–3 und pH = 3. Logarithmiert man die nach dem MWG aufgestellte Gleichung, erhält man: lg c(H+) + lg
c(CH3COO − ) = lg K c(CH 3OOH)
[Gl. 9-7]
Weil –lg c(H+) = pH und –lg K = pK gilt, ergibt sich auch pH = lg
c(CH 3COO − ) + pK c(CH3OOH)
[Gl. 9-8]
104
9 pH-Wert und Titrimetrie
9.2 Puffer-Systeme Die in Gleichung 9-8 wiedergegebene Form wird als HendersonHasselbalch’sche Gleichung bezeichnet. Sie ist wichtig zur Berechnung der pH-Werte von Salz-/Säure-Gemischen, wie sie in physiologischen Puffern vorliegen. Puffer sind Lösungen, die einen bestimmten pH-Wert bei Zugabe nicht allzu groß bemessener Mengen Säure oder Base ungefähr konstant halten. Sie bestehen gewöhnlich aus einer schwachen Säure und ihrem Alkali-Salz. Das folgende Beispiel verdeutlicht diese Wirkung: 10 mL einer Salzsäure der Stoffmengenkonzentration c(HCl) = 1,0 mol L–1 enthalten 0,01 mol H3O+-Ionen (vgl. Tabelle 9-1). Fügt man diese Menge zu 990 mL einer wässrigen Lösung von NaCl, ergibt sich ein pH-Wert 2, weil die zugesetzten Hydronium-Ionen nicht durch eine Base gebunden werden. Gibt man jedoch die gleiche HCl-Menge zu 990 mL eines Acetat-Puffers mit c(CH3COOH) = 0,1 mol L–1 und c(CH3COONa) = 0,1 mol L–1, stellt sich lediglich pH 4,66 ein. Die von der Salzsäure freigesetzten HydroniumIonen reagieren mit den als starke Brønstedt-Basen aufzufassenden AcetatIonen CH3COO– praktisch quantitativ zu Essigsäure. Die Konzentration der Acetat-Ionen erniedrigt sich nach Zusatz der Salzsäure also lediglich um 0,01 mol, während sich die der undissoziierten Essigsäure um den gleichen Betrag erhöht. Analog liegen die Verhältnisse bei Zugabe von 10 mL einer Natronlauge mit c(NaOH) = 1,0 mol L–1. Viele der heute in der Biochemie eingesetzten Puffer-Systeme gehen wie der pH-Begriff ebenfalls auf Søren Peter Lauritz Sørensen (1868–1939) zurück und heißen danach Sørensen-Puffer. Sie bestehen aus Stammlösungen, die nach Mischung jeweils Ansätze bestimmter pH-Werte ergeben und geringe Säure- oder Basezugaben wirksam abpuffern. Die den Mischungsangaben von Tabelle 9-2 zu Grunde liegenden Stammlösungen nach Sørensen sind beispielsweise [1] c(Glycin) = 0,1 mol L–1 [2] c(HCl) = 0,1 mol L–1 [3] c(Citrat) = 0,1 mol L–1 [4] c(Na2HPO4) = 1/15 mol L–1 [5] 3,092 g H3BO3 und 25 ml NaOH mit c(NaOH) = 1 mol L–1 mit Wasser auf 250 mL auffüllen [6] c(Na2HPO4 · 2 H2O) = 1/15 mol L–1 [7] c(KH2PO4) = 1/15 mol L–1 [8] c(NaOH) = 0,1 mol L–1 Ablesebeispiele in Tabelle 9-2: Um einen Puffer des pH-Wertes 2,8 anzusetzen, mischt man entweder 76 Teile der Sørensen-Stammlösung [1] mit
9.3 Bestimmung des pH-Wert mit Indikatoren
105
24 Teilen der Stammlösung [2] oder die angegebenen Teile der Stammlösungen [3] und [2]. Tabelle 9-2. Puffer-Systeme nach Sørensen (Auswahl) pH
Stammlösung [x] in mL [1] [2] [3] [2
pH
Stammlösung [x] in mL [5] [2] [6] [7]
1,2
15
85
11
89
7,2
72
28
1,4
29
71
19,8
80,2
7,4
80,8
19,2
1,8
46
54
28,2
71,8
7,8
53,8
46,2
91,5
8,5
2,0
52
48
30,9
69,1
8,0
55,9
44,1
94,5
5,5
2,4
64
32
34,8
65,2
8,4
62
38
2,8
76
24
38,3
61,7
8,8
75
25
[1]
[8]
3,0
82
18
40,4
59,6
9,0
85
15
89
11
3,4
91,5
8,5
45,8
54,2
9,4
79,5
20,5
3,8
52
48
9,8
68
32
4,0
56
44
10,0
62,5
37,5
4,4
68
32
10,4
56
44
9.3 Bestimmung des pH-Wert mit Indikatoren Die einfachste, allerdings nicht sehr genaue Methode, den pH-Wert zu bestimmen, ist der Vergleich mit Indikatorfarben. Diese können als Indikatorpapier oder als Indikatorlösungen eingesetzt werden. Der bekannte Lackmusfarbstoff ist in sauren Lösungen rot und in basischen Lösungen blau. Weitere Beispiele zeigt Tabelle 9-3. Der Fachhandel bietet Universalindikatorgemische als fertige Lösungen oder Papiere an, die den pH-Wert recht gut allein nach visuellem Vergleich von Farbskalen mit der vom Universalindikator angezeigten Farbe erkennen lassen. Es stellt sich immer ein vom pH-Wert abhängiges Gleichgewicht zwischen der dissoziierten und der nicht dissoziierten Form des Indikators (In) ein, wobei beide eine andere Farbe haben:
106
9 pH-Wert und Titrimetrie
Tabelle 9-3. Indikatoren zur pH-Bestimmung Indikatorsubstanz
Umschlagbereich
Farbänderung
Kresolrot Tropaeolin Metanilgelb Thymolblau p-Xylenolblau m-Kresolpurpur Chinaldinrot 2,4-Dinitrophenol Ethylorange Bromphenolblau Bromchlorphenolblau Tetrabromphenolblau Kongorot Methylorange Bromkresolgrün 2,5-Dinitrophenol Methylrot Ethylrot 4-Nitrophenol Lackmus Bromphenolrot Bromthymolblau Phenolrot Neutralrot Rosolsäure Kresolrot m-Kresolpurpur Thymolblau p-Xylenolblau Phenolphthalein Thymolviolett Thymolphthalein Alizaringelb R Tropaeolin Epsilonblau
0,2–1,8 1,0–2,8 1,2–2,3 1,2–2,8 1,2–2,8 1,2–2,8 1,4–3,2 2,9–4,7 3,0–4,5 3,0–3,6 3,0–4,6 3,0–5,0 3,0–5,2 3,1–4,4 3,8–5,4 4,0–5,8 4,4–6,2 4,5–6,5 4,7–7,9 5,0–8,0 5,2–6,8 6,0–7,6 6,4–8,2 6,8–8,0 6,9–8,0 7,0–8,8 7,4–9,0 8,0–9,6 8,0–9,6 8,2–9,8 9,0–13,0 9,3–10,5 10,0–12,1 11,0–13,0 12,0–13,0
rot – gelb (1. Umschlag) rot – gelb rotviolett – gelb rot – gelb (1. Umschlag) rot – gelb (1. Umschlag) rot – gelb farblos – rosa farblos – gelb rot –orange gelb – violett gelb – purpur gelb – blau blau – rot rot – gelborange gelb – blau farblos – gelb rot – gelb rot – gelb farblos – gelb rot – blau gelb – purpur gelb – blau gelb – rot rot – gelb gelb – rot gelb – purpur (2. Umschlag) gelb – purpur (2. Umschlag) gelb – blau (2. Umschlag) gelb – blau (2. Umschlag) farblos – rot gelbgrün – violett farblos – grün hellgelb – rotbraun gelb – rot orange – violett
H-In (Farbe 1) → ←
H+ + In– (Farbe 2)
[Gl. 9-9]
oder → H-In (Farbe 1) + H2O ← H3O+ + In– (Farbe 2)
[Gl. 9-10]
9.4 Potentiometrie: Messung des pH-Wertes mit der Glaselektrode
107
Wendet man auf diese Reaktion das Massenwirkungsgesetz (MWG) an, erhält man:
c(H + ) ⋅ c(In − ) =K c(H-In)
[Gl. 9-11]
c(H+)/K = c(H-In)/c(In–) oder K/ c(H+) = c(In–)/c(H-In)
[Gl. 9-12]
oder umgeformt Durch Logarithmieren erhält man
c(In − ) lg K – lg c(H ) = lg c(H-In) +
[Gl. 9-13]
oder, weil pH = – lg c(H+) und lg K = pK ist: pH = pK + lg
c(In − ) c(H-In)
[Gl. 9-14]
9.4 Potentiometrie: Messung des pH-Wertes mit der Glaselektrode An den Grenzflächen von Lösungen und Metallen sowie von Lösungen und Gelschichten bilden sich Potenziale aus, die man als Spannung messen kann. Die Glaselektrode enthält eine solche Gelschicht, die in eine Pufferlösung taucht (vgl. Abb. 9-1). Das Potenzial zwischen Gel und Lösung oder die Spannung ist von den Konzentrationsunterschieden der H+-Ionen in Gel und Lösung abhängig. Nach der Nernst’schen Gleichung E=
RT c ⋅ ln 1 F c2
[Gl. 9-15]
ergibt sich entsprechend
RT c(H + )Lsg E= . ln = 0,059 lg F c(H + )Gel
[Gl. 9-16]
Weil aber die H+-Ionenkonzentration im Gel wegen der Pufferwirkung des Kieselsäure-Silikat-Puffers von der H+-Ionenkonzentration der Analysenlösung unabhängig und damit weitgehend konstant ist, ist die gemessene Potenzialdifferenz nur vom dekadischen Logarithmus der molaren
108
9 pH-Wert und Titrimetrie
H+-Ionenkonzentration der Lösung c(H+)Lsg und somit nur vom pH-Wert abhängig: E = E0 + 0,059 lg c(H+)Lsg
[Gl. 9-17]
Einfüllöffnung Ag°/AgCl-Elektrode (Referenzelektrode) Messelektrode gesättigte KCl-Lösung interner Puffer
Glasmembran
H+ H+
Abb. 9-1. Schema zum Aufbau einer pH-Elektrode (Einstabmesskette)
Die zur pH-Messung eingesetzten Elektroden können statt mit einem Gel auch mit einer Elektrolyt-Lösung gefüllt sein. Früher verwendete man zwei getrennte Elektroden, eine Bezugselektrode mit konstantem Potenzial und eine dazu parallel geschaltete Messelektrode. Die neueren pH-Elektroden sind als Einstab-Messketten kombinierte Glaselektroden, in denen die Bezugs- und die Messelektrode in der gleichen gläsernen Ummantelung untergebracht sind. Je nach Bautyp und Hersteller müssen sie regelmäßig gewartet und beispielsweise mit KCl-Lösung der Konzentration c(KCl) = 3 mol L–1 aufgefüllt werden, weshalb es sich empfiehlt, die herstellerseitige Detailbeschreibung im Labor immer griffbereit zu haben. Die Glasmembran, durch die aufgrund der vom Material vorgegebenen Porenweite nur Protonen diffundieren können, ist der mit Abstand sensibelste Teil der Elektrode: Während der Messung darf sie nicht an Gefäßwände anstoßen und auch nicht auf dem Boden des verwendeten Messgefäßes aufstoßen. Das pH-Meter, an das die Elektrode angeschlossen ist, sollte bei ständigem Einsatz mindestens täglich geeicht werden, spätestens jedoch nach der
9.5 Titrimetrie
109
pH-Wertbestimmung von etwa zwei Dutzend Lösungen. Dazu verwendet man Standardpuffer genau eingestellter pH-Werte. Diese Eichpuffer wählt man nach dem pH-Bereich aus, auf den man eine frisch angesetzte Reaktionslösung einstellen möchte, also für pH 4,5 die beiden Referenzpuffer pH 6 und pH 4. Bevor man alle Knöpfe eines pH-Meters durchprobiert, entnimmt man die Einzelheiten zur Bedienung der Gebrauchsanleitung. Wenn eine pH-Elektrode längere Zeit nicht benutzt wird, stellt man sie in eine Lagerlösung (beispielsweise Standardpuffer pH 7). Zwischen jeder pH-Messung wird die Glaselektrode mit destilliertem Wasser gründlich abgespült. 9.5 Titrimetrie Joseph Louis Gay-Lussac (1778–1850) führte etwa um 1830 die Titrimetrie oder Maßanalyse in die analytische Chemie ein. Darunter versteht man ein quantitatives Messverfahren, bei dem man mithilfe einer Lösung bekannter Konzentrationen (Titer-Lösung, Titrier-Lösung = Maßlösung) die unbekannte Konzentration eines Stoffes in der Vorlage (= Probelösung) ermittelt. Die zu ermittelnde Konzentration eines Stoffes lässt sich recht einfach aus der Konzentration der Titer-Lösung, dem zu bestimmenden Volumen der verbrauchten Titer-Lösung und dem Volumen der Lösung in der Vorlage durch eine Gleichung mit einer Unbekannten errechnen. Dabei können Säuren mit Basen oder umgekehrt Basen mit Säuren titriert und die Konzentration bestimmt werden. Ebenso können die Konzentration von Reduktionsmitteln mit Oxidationsmitteln und umgekehrt die Konzentration von Oxidationsmitteln mit Reduktionsmitteln durch Titration bestimmt werden. Das Verfahren lässt sich somit sowohl auf Säure/Base-Reaktionen wie auf Redox-Reaktionen anwenden. Das Titrationsverfahren zur Ermittlung der Konzentration einer Base (Säure) in einer Lösung als unbekannte Testlösung beruht darauf, dass man so viele Milliliter Lösung einer Säure (Base) bekannter Konzentration hinzu gibt, bis die Neutralisation erfolgt. Entsprechend lässt man zur Ermittlung der unbekannten Konzentration eines Oxidationsmittels (Reduktionsmittels) solange die Lösung eines Reduktionsmittels (Oxidationsmittels) bekannter Konzentration zu der Testlösung fließen, bis dieses vollständig oxidiert (reduziert) ist. Die Äquivalentkonzentration (Normalität) c eines Reduktions- oder Oxidationsmittels bzw. einer Säure oder Base lässt sich aus den molaren Massen n der Äquivalente des jeweils gelösten Stoffes und dem Volumen V der Lösung errechnen:
110
9 pH-Wert und Titrimetrie
c = n/V
[Gl. 9-18]
c1 = n1/V1 und n1 = c1 × V1
[Gl. 9-19]
c2 = n2/V2 bzw. n2 = c1 × V2
[Gl. 9-20]
Dann ergeben sich sowie Für den Fall n1 = n2 erhält man die für Säure/Base-Reaktionen wie für Redox-Reaktionen anwendbare Formel c1 × V1 = c2 × V2 bzw. c1 = c2 × V2/V1
[Gl. 9-21]
Ist darin beispielsweise die Konzentration c1 gesucht, lässt sie sich leicht errechnen, sobald V1 (Volumen der Testlösung), c2 (Konzentration der TiterLösung) und V1 (bei der Titration verbrauchtes Volumen) bekannt sind. Beispielaufgabe 1 Titrimetrische Konzentratationsbestimmung von Basen oder Säuren Wie viele Gramm Natronlauge waren in 10 mL einer NaOH unbekannter Konzentration vorhanden, wenn man gerade 6 mL bereitgestellte Salzsäure HCl der Konzentration 1 mol L–1 braucht, um die Lauge zu neutralisieren? Durchführung und Lösung Zu einem mit der Messpipette genau abgemessenem Volumen V1(10 mL) im Erlenmeyerkolben) der zu bestimmenden NaOH-Lösung gibt man zunächst so viele Tropfen Indikatorlösung (Methylorange, 0,1%ig in Wasser), bis die Farbe deutlich erkennbar wird. Aus der Bürette lässt man nun langsam soviel Salzsäure (z.B. 6 mL) in die Vorlage (Erlenmeyerkolben) tropfen, bis der Neutralpunkt gerade erreicht ist, für den c(H3O+) = c(OH–) gilt. Aus der verbrauchten Säuremenge (V2) wird dann der Gehalt an OH–-Ionen der zu prüfenden Lösung berechnet. Der Farbumschlag erfolgt im Idealfall mit einem einzigen Tropfen! Mithilfe einer pH-Messelektrode und angeschlossenem Messgerät kann genau auf den pH-Wert 7 titriert und dabei so viel Säure tropfenweise zugegeben werden, bis dieser Wert erreicht ist. Häufig wird die Titrationskurve mit Hilfe einer automatischen Registrierung gleichzeitig aufgezeichnet. Wenn man beispielsweise gerade 6,0 mL HCl (c2 = 1 mol L–1) für die Neutralisation braucht, lässt sich die Konzentration n1 der unbekannten Lauge nach Gleichung 9-21 leicht berechnen. Setzt man die bekannten Größen ein, erhält man c1 = 1 mol L–1 × 6 mL / 10 mL = 0,6 mol L–1.
9.5 Titrimetrie
111
Die Natronlauge unbekannter Konzentration weist also die Äquivalentkonzentration c1 = 0,6 mol L–1 auf. Bei einer molekularen Masse von M(NaOH) = 40 g mol–1 für NaOH sind also 0,6 × 40 g = 24 g in 1000 mL oder 0,24 g in den verwendeten 10 mL Lösung enthalten. Dieses Verfahren arbeitet mit großer Genauigkeit, erfordert jedoch durchaus Fingerspitzengefühl. Nach jeder Zugabe eines Tropfens der verwendeten Maßlösung muss die Probelösung in der Vorlage umgeschwenkt werden. Bereits mit einem Tropfen zu viel kann der Äquivalenzpunkt überschritten werden. Für Routinetitrationen in Prüflabors werden heute Titrationsautomaten (Titratoren) verwendet, die den Titrationsverlauf elektrochemisch registrieren und in Form einer Titrationskurve visualisieren. Sofern starke Laugen mit starken Säuren oder umgekehrt titriert werden, entspricht der Äquivalenzpunkt dem Neutralisationspunkt (vgl. Abb. 9-2). pH 12 10 8
Äquivalenzpunkt (Neutralpunkt)
6 4 2 0
1
2
3
4
5
Verbrauch NaOH [mL]
Abb. 9-2. Titrationskurve einer Salzsäure c(HCl) = 0,1 mol L–1 mit einer Natronlauge c(NaOH) = 0,1 mol L–1
Werden jedoch z.B. schwache Säuren mit starken Laugen titriert, so ist der Äquivalenzpunkt, bei dem gleich viel Säure wie Lauge vorliegt, und nicht der Neutralpunkt bei pH 7 zu berücksichtigen. Man verwendet in diesem Fall einen Indikator, der im entsprechenden pH-Bereich umschlägt. Prinzipiell kann man dieses Verfahren auch auf Redox-Reaktionen anwenden. Dann muss man mit einer genau eingestellten Lösung eines Oxidationsmittels (bzw. Reduktionsmittels) die Konzentration des Reaktionspartners bestimmen. Hierzu ist es jedoch erforderlich, die Begriffe Säure/Base-Wertigkeit und Redox-Wertigkeit sowie die sich daraus ergebenden Konzentrationsangaben (Äquivalentkonzentrationen) zu berücksichtigen.
112
9 pH-Wert und Titrimetrie
Beispielaufgabe 2 Titrimetrische Bestimmung von Reduktionsäquivalenten Wie viele Äquivalente Reduktionsmittel waren in einer 10 mL-Probe einer zu prüfenden Zucker-, Ethanol- oder Glycerin-Lösung oder auch in einer Gewässerprobe, wenn man unter Zusatz von einigen Tropfen Salzsäure bis zur Entfärbung 6 mL Kaliumpermanganat-Lösung der Konzentration c(KMnO4) = 0,1 mol L–1 oder c(1/5 KMnO4) = 0,5 eq L–1 verbraucht? Durchführung und Lösung Die Äquivalent-Konzentration c1 der Probe wird in eq L–1 angegeben und errechnet sich dann bei folgenden Angaben: – V1: Volumen der Probe in der Vorlage (10 mL) – V2: durch Titration (Ablesen an der Bürette) ermitteltes Volumen der Permanganat-Lösung, zum Beispiel 6 mL – c2: Äquivalent-Konzentration der Permanganat-Lösung, im vorliegenden Fall 0,5 eq L–1 nach Gleichung 9-21 zu c1 = c2 ×V2/V1; c1 = 0,5 eq L–1 × 6 mL / 10 mL = 0,3 eq L–1
[Gl. 9-22]
oder 0,003 eq = 3 meq in der 10 mL-Probe. In der 10 mL-Probe waren also 3 meq Reduktionsmittel enthalten. Falls es sich um eine Glucose-Lösung handelt und 180 g Glucose : 24 = 7,5 g Glucose die Masse eines Äquivalents in Gramm sind, entspricht das Titrationsergebnis von 3 meq einer Menge von 22,5 mg Glucose in 10 mL ProbeLösung.
10
Dichte bestimmen
Materie mit einer Masse m nimmt immer einen gewissen Raum ein und ist insofern grundsätzlich mit einem bestimmten Volumen V verknüpft. Je nach dem eingenommenen Volumen ist die Materie unterschiedlich dicht gepackt. Die nach dem griechischen Buchstaben ρ (rho) bezeichnete Dichte definiert man daher als ρ=m/V
[Gl. 10-1]
und gibt sie für feste und flüssige Körper in der SI-Einheit Kilogramm pro Kubikmeter (kg m–3) an, fallweise aber auch in Gramm pro Kubikzentimeter (g cm–3) oder Kilogramm pro Kubikdezimeter (kg dm–3). Bei Gasen drückt man sie in g L–1 aus. Gewöhnlich nimmt die Dichte mit steigender Temperatur linear ab, da sich die Körper temperaturabhängig ausdehnen. Wasser weist in dieser Hinsicht jedoch eine bemerkenswerte Anomalie auf, denn seine maximale Dichte von 1 g cm–3 erreicht es bei 3,98 °C. Es dehnt sich auch bei Abkühlung auf 0 °C aus und wird weniger dicht, weshalb Eis auf Wasser schwimmt. Die Dichte eines Körpers entscheidet generell darüber, ob er in Wasser schwimmt. Im Unterschied zu den praktisch imkompressiblen Feststoffen und Flüssigkeiten ist die Dichte eines Gases außer von der Temperatur auch vom Druck abhängig. Die Dichte eines Stoffes unter Normalbedingungen ist eine substanztypische Kenngröße. Nicht zu verwechseln ist sie mit dem spezifischen Gewicht γ (= Wichte) eines Stoffes. Darunter versteht man die Gewichtskraft FG je Volumeneinheit V, die man in der Einheit N m–3 (früher kp m–3) ausdrückt: γ = FG / V = m · g / V
[Gl. 10-2]
Dichte und Wichte unterscheiden sich also um den Betrag der Fallbeschleunigung g – das spezifische Gewicht ist somit im Unterschied zur Dichte ortsabhängig, weil der meist verwendete Wert g = 9,81 m s–2 nur ein Durchschnittswert ist. Vor allem die Dichtebestimmungen von Flüssigkeiten haben in der Laborpraxis insofern eine besondere Bedeutung, als sie zur Identifizierung oder zur Konzentrationsbestimmung von Stoffen benötigt werden.
114
10 Dichte bestimmen
10.1 Dichtebestimmung mit dem Aräometer Die Verwendung des Aräometers, fallweise auch Senkspindel oder Senkwaage genannt, für die Dichtebestimmung von Flüssigkeiten beruht auf dem Archimedischen Prinzip, wonach ein Festkörper so tief in eine Flüssigkeit eintaucht, bis die Gewichtskraft (früher einfach Gewicht genannt) der durch sein Eintauchen verdrängten Flüssigkeit genauso groß ist wie die Gewichtskraft des eingetauchten Körpers. Je größer die Dichte einer Flüssigkeit ist, umso weniger tief taucht ein Festkörper in diese ein (vgl. Abb. 10-1). Über die Eintauchtiefe besonderer Messgeräte lässt sich daher die Dichte einer Flüssgkeit bestimmen.
Ableseskala
1,250
Thermometer
1,300
Glycerin
Wasser
1,26 g cm –3
1,0 g cm–3
Ethanol 0,79 g cm–3
Auftriebskörper
1,350 Senkgewicht
Abb. 10-1. Aufbau (links), Ablesung (Mitte) und Funktionsweise eines Aräometers (oben rechts)
Ein Aräometer besteht aus einem dicken, unten mit Gewichten beschwerten Auftriebs- bzw. Senkkörper aus Glas und einem dünneren Abschnitt, der eine (gegebenenfalls genau geeichte) Skala zum Ablesen enthält. Wegen der Temperaturabhängigkeit der Dichte muss ein Aräometer immer die gleiche Temperatur wie die Messlösung aufweisen. Bei der Dichtebestimmung ist daher gleichzeitig eine Temperaturmessung vorzunehmen. Prakti-
10.2 Polarimetrie
115
scherweise ist daher in viele Aräometer bereits ein Thermometer eingebaut (Abb. 10-1). Weil ein Aräometer in eine Lösung höherer Dichte weniger tief eintaucht als in eine mit geringerer (Abb. 10-1, oben rechts), nehmen die Dichtewerte auf der Ableseskala deswegen von oben nach unten zu. Bei der Ablesung berücksichtigt man nur die Höhe der Flüssigkeitsoberfläche in Bezug auf die Ableseskala, nicht den Meniskus am Aräometer. Im Ablesebeispiel von Abb. 10-1 ist der korrekt entnommene Dichtewert daher 1,330 (= Eintauchtiefe) und nicht 1,325 (= Meniskus). Wichtige Anwendungsgebiete für die Dichte- bzw. Konzentrationsbestimmung mit einem Aräometer, dessen Messskala für jedes Messproblem speziell geeicht ist, sind etwa die Salinität (practical salinity unit PSU) des Meerwassers, die Säuremenge in Fahrzeugbatterien, der Wassergehalt der Milch oder das Mostgewicht von frisch gekeltertem Weintraubensaft, das man traditionell in der nicht mehr gesetzlichen Einheit Grad Öchsle (°Oe; benannt nach dem Goldschmied F. Öchsle, 1774–1852) angibt und auf die Dichte von Wasser bezieht: Ein Most der Dichte ρ = 1,050 [kg dm–3] weist ein „Mostgewicht“ von 50 °Oe auf. Daraus lassen sich rechnerisch der Zuckergehalt (Zuckerkonzentration) und abgeschätzt der Alkoholgehalt des späteren Weines ermitteln. 10.2 Polarimetrie Von organischen Verbindungen, die mindestens ein asymmetrisch substituiertes C-Atom enthalten, liegen Enantiomere vor, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten und in allen wesentlichen physikalischen Eigenschaften identisch sind. Die einzige physikalische Größe, in der sie sich unterscheiden, ist die Wechselwirkung mit linear polarisiertem Licht, was man als optische Aktivität bezeichnet. Eines der beiden Enantiomere dreht die Schwingungsebene von polarisiertem Licht vom Beobachter aus bzw. gegen die Ausbreitungsrichtung des Lichtstrahls betrachtet im Gegenuhrzeigersinn (–), das andere im Uhrzeigersinn (+). Der Winkelbetrag der Drehung ist abhängig von der Konzentration der optisch aktiven Verbindung und kann somit zur Dichte- bzw. Konzentrationsbestimmung herangezogen werden. Die spezifische Drehung beträgt beispielsweise bei 10 cm Schichtdicke und 1 g Substanz in 100 mL Lösung für die Hexose D-Fructose –89,5°, für D-Glucose +52,5° und für Saccharose +66,5°. Zur Feststellung des Drehwinkels nutzt man die Tatsache, dass Polarisationsfilter das linear polarisierte Licht nur passieren lassen, wenn ihre Durchlassrichtung parallel zu dessen Schwingungsebene ausgerichtet ist.
116
10 Dichte bestimmen
Befinden sich beide Filter in gekreuzer Stellung, ist kein Lichtdurchgang möglich (Abb. 10-2 rechts).
unpolarisiertes Licht
unpolarisiertes Licht
polarisiertes Licht
polarisiertes Licht
Abb. 10-2. Wirkung von parallelen (links) und gekreuzten (rechts) Polarisationsfiltern auf linear polarisiertes Licht
Im Polarimeter bringt man die beiden Filter (Polarisator und Analysator genannt) in gekreuzte Stellung und dreht den Analysator so lange, bis ihn das Licht wegen der Drehung der Schwingungsebene durch eine optisch aktive Substanz wieder passiert (Abb. 10-3). Der Winkelbetrag kann nun abgelesen werden. Besondere Konstruktionsmerkmale vereinfachen die Winkelbestimmung am Polarimeter ablesetechnisch erheblich. Anhand der spezifischen Drehung lässt sich die Dichte bzw. Konzentration der polarimetrierten Lösung zurückrechnen.
unpolarisiertes Polarisator polarisiertes Lösung einer Licht Polarisationsebene Licht optisch aktiven Substanz vor Schichtdurchgang
Analysator Polarisationsebene nach Schichtdurchgang
Abb. 10-3. Funktionsschema eines Polarimeters
Eine weitere häufig eingesetzte Methode der Dichte- bzw. Konzentrationsbestimmung ist die Refraktometrie. Deren Messprinzip ist die Zunahme der Brechzahl n (Brechungsindex) einer Lösung mit der Menge eines darin gelösten Stoffes. Die Bestimmung von n erfolgt gewöhnlich über den gegenüber einer Kontrolle (reines Lösemittel) veränderten Brechungswinkel. Hinsichtlich ihrer Konstruktion und Handhabung unterscheiden sich die verschiedenen Refraktometer-Bautypen beträchtlich. Die technischen Details sind hier entbehrlich.
11
Mit Gasen arbeiten
Bei vielen Laborversuchen, Analysen ebenso wie Synthesen, spielen neben Feststoffen und Flüssigkeiten auch Gase eine bedeutende Rolle. Gase entstehen bei bestimmten Reaktionen oder werden als Reaktionspartner eingesetzt. Außerdem sind sie im Labor üblicherweise wichtige Primärenergieträger für Brenner (vgl. Kapitel 8). Da viele Gase die Gesundheit schädigen, korrodierend wirken, die Umwelt belasten oder mit Luft(sauerstoff) explosive Gemische bilden und sich zudem im gesamten Raum ausbreiten, muss man sie mit geeigneten technischen Maßnahmen unter Kontrolle halten. Auch außerhalb chemischer Labors sind Gase eventuell wichtige Hilfsmittel. Abgesehen von den Atemgasen für den medizinischen Bedarf werden bestimmte Gase für besondere experimentelle Zwecke eingesetzt, Methan beispielsweise beim Betrieb von Geiger-Müller-Zählrohren spezieller Bauart, Stickstoff als Referenzgas für O2-Bestimmungen mit Sauerstoffelektroden oder Kohlenstoffdioxid als Kältemittel für Gefriermikrotome. Nach dem Boyle-Mariotte’schen Gesetz ist bei einer eingeschlossenen Gasmenge das Produkt aus Volumen (V) und Druck (p) bei gleicher Temperatur (T) konstant. Daher gilt V · p = konstant bzw. V1 · p1 = V2 · p2
[Gl. 11-1]
Bei gleich bleibendem Druck dehnen sich alle Gase bei einer Temperaturerhöhung um 1 K um 1/273 ihres Volumens bei 273 K (= 0 °C) aus. Bei gleich bleibendem Volumen nimmt der Druck aller Gase bei einer Temperaturerhöhung um 1/273 ihres Druckes bei 273 K (0 °C) zu. Diese Beziehungen lassen sich auch in der allgemeinen Gasgleichung (Gay-LussacGesetze) zusammenfassen: V1 · p1 / T1 = V2 · p2 / T2
[Gl. 11-2]
Dabei bedeutet V1 das Anfangsvolumen, p1 der Anfangsdruck und T1 die Anfangstemperatur in Kelvin und die mit dem Index 2 gekennzeichneten Angaben die jeweiligen Endgrößen darstellen. Technisch ist durch entsprechende Temperaturerniedrigung generell die Verflüssigung eines Gases möglich. Die Druckerhöhung oder Kompression bewirkt eine Verflüssigung dagegen nur unterhalb einer für jedes Gas kennzeichnenden kritischen Temperatur. Für Kohlenstoffdioxid beträgt
118
11 Mit Gasen arbeiten
diese 31 °C. Oberhalb dieser Temperatur kann CO2 nur als Gas vorliegen und durch keinen noch so hohen Druck verflüssigt werden. Für chemische Reaktionen in kleinen Mengen benötigte Gase kann man sich im Labor unter Wahrung aller entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen beispielsweise über besondere Tropfapparaturen selbst herstellen. Größere Mengen eines bestimmten technisch genutzten Gases entnimmt man einer über den Fachhandel bezogenen Gasdruckflasche. Je nach Gasart enthalten diese Flaschen • Niederdruckgase, die unter Druck bei niedriger Temperatur verflüssigt wurden, oder • Hochdruckgase, die unter hohem Druck verdichtet wurden. Niederdruckgase sind demnach bei Raumtemperatur in der Druckgasflasche flüssig, weil bei der Herstellung ihre kritische Temperatur unterschritten wurde. Bei Hochdruckgasen wurde diese jedoch überschritten, so dass sie im Druckbehälter als Gas enthalten sind. Der Fülldruck einer Gasdruckflasche mit Hochdruckgas liegt meist bei 200 bar. In einer 50-L-Flasche sind entsprechend dem Boyle-Mariott’schen Gesetz demnach 10 000 L = 10 m3 des betreffenden Gases enthalten. Neben den großen und schweren Stahldruckflaschen mit 50 L Inhalt bei Normalbedingungen liefert der Fachhandel auch kleinere 10-L-Flaschen.
11.1 Farbkennzeichnung von Gasflaschen Nach der im Juli 1997 veröffentlichten Norm DIN EN 1089-3 ist spätestens seit 2006 eine neue und einheitliche Farbkennzeichnung von Gasflaschen verbindlich. Sie weicht von der älteren Farbcodierung fallweise ab. Daher ist bei Verwendung älterer Versuchsvorschriften mit etwaigen Hinweisen auf eine Farbmarkierung der Wechsel besonders zu beachten. Soweit die neuen Farbmarkierungen gegenüber der älteren Praxis Neuerungen aufweisen, trägt der Flaschenhals neben dem jeweiligen Farbcode ein großes N. Generell verwendet man zur Kennzeichnung von Gasdruckflaschen für nicht speziell festgelegte Gase bzw. Gasgemische die folgenden Schulterfarben (Tabelle 11-1). Die Gasflaschenschulter wird jeweils nur mit der Kennfarbe der hauptsächlichen Gefährdung gekennzeichnet. Auf eine farbliche Darstellung von zwei oder mehr Gefährdungseigenschaften wie giftig/ätzend und entzündbar in Form von Ringen oder anderen Farbaufträgen wird verzichtet. Die farblichen Kennzeichnungen sind allerdings nur als Zusatz- oder Schnellinformation zu verstehen. Die letztlich allein verbindliche Deklarati-
11.1 Farbkennzeichnung von Gasflaschen
119
on des Gasinhaltes einer bestimmten Flasche benennt ein besonderer Gefahrgutaufkleber, der folgende Angaben aufweisen muss (vgl. Abb. 11-1): 1. relevante R- und S-Sätze 2. Gefahrzettel 3. Zusammensetzung des Gases 4. Produktbezeichnung 5. EWG-Nummer bei Einzelstoffen oder die Bezeichnung „Gasgemisch“ 6. Vollständige Gasbenennung nach der GGVS 7. Herstellerhinweise 8. Name, Anschrift und Telefonnummer des Herstellers Schutzkappe 1
2
3
4
5
Hauptventil Flaschenschulter Flaschenkörper
2
8
6
7
Standboden
Abb. 11-1. Gefahrgutaufkleber für Druckgasflaschen (links) und Teilebezeichnung (rechts) Tabelle 11-1. Allgemeine Kennzeichnung für Gase Eigenschaften
Schulterfarbe
Beispiele
giftig und/oder ätzend
gelb
Ammoniak, Chlor, Fluor, Kohlenstoffmonoxid, Stickstoffoxid, Schwefeldioxid
entzündbar
rot
oxidierend
hellblau
Sauerstoff, Lachgas-Gemische
erstickend
grün
Krypton, Xenon, Neon, Stickstoff
Wasserstoff, Methan, Ethylen, Formiergas
Die Farbe des Flaschenkörpers wird im Unterschied zur Kennzeichnung der Flaschenschulter von der jetzt gültigen Euronorm DIN EN 1098-3 nicht verbindlich vorgeschrieben. In Deutschland haben sich die Anbieter techni-
120
11 Mit Gasen arbeiten
scher Gase für Forschung und Industrie jedoch auf die in Tabelle 11-2 aufgelistete einheitliche Regelung festgelegt. Sofern der Kennbuchstabe „N“ zu verwenden ist, wird er jeweils zweimal gegenüberliegend auf der Flaschenschulter aufgebracht. Tabelle 11-2. In Deutschland gültige Farben von Druckgasflaschen (vgl. auch Tabellen 19-13 und 19-14 in Kapitel 19) Gas
Flaschenkörper
Schulter
Sauerstoff (technisch)
blau
weiß
Sauerstoff (medizinisch) weiß
weiß
Ethin (Acetylen)
kastanienbraun
kastanienbraun (spezielles Reduzierventil)
Stickstoff
grün
schwarz
Kohlenstoffdioxid (technisch)
grau
grau
Kohlenstoffdioxid (medizinisch)
weiß
grau
Distickstoffoxid (medizinisch)
weiß
blau
Wasserstoff
rot
rot (mit Linksgewinde)
Helium
grau
braun
Druckluft
grau
leuchtendgrün
11.2 Sicherheitsaspekte beim Umgang mit Gasen Druckgasflaschen, insbesondere die mit Hochdruckgasen befüllten, stehen unter enormem Druck (meist 200 bar, fallweise bis 300 bar). Sie stellen also beim Hantieren eine nicht zu unterschätzende latente Gefahr dar. Für den sicheren Umgang gelten daher die folgenden Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln: • Druckgasflaschen müssen außerhalb des Labors an einem sicheren Platz mit geregelter Raumtemperatur oder alternativ in einem eigens dafür konstruierten Druckgasflaschenschrank (Sicherheitsschrank) aufgestellt werden. Die Gase werden dem Arbeitsplatz durch Rohrleitungen zugeführt.
11.2 Sicherheitsaspekte beim Umgang mit Gasen
121
•
Falls diese Art der Unterbringung nicht möglich ist, müssen die Gasflaschen nach dem Einsatz bei einer Versuchsreihe an einen sicheren Ort zurückgebracht werden. • Druckgasflaschen sind nur auf besonders zugelassenen Flaschenwagen liegend, angekettet und mit aufgeschraubter Schutzkappe zu transportieren. Besondere Vorsicht ist wegen des großen Gewichtes beim Umgang mit 50-L-Flaschen angebracht. Eventuell sollte eine zweite Person beteiligt werden. • Druckgasflaschen sind am Aufbewahrungs- oder Verbrauchsort immer durch Anketten, Angurten oder spezielle Riegel vor dem Umstürzen zu sichern. Liegende Lagerung ist zulässig. • Zur Gasentnahme ist bei Hochdruckgasen grundsätzlich ein spezielles Reduzierventil (vgl. Abb. 11-2) zu verwenden. Niederdruckgasflaschen werden zur Gasentnahme mit einem Nadelventil versehen. Reduzierventile (= Druckminderer, Druckreduzierventil) werden je nach Gasart mit unterschiedlichem Gewindeanschluss ausgestattet. Ventile für nicht brennbare Gase besitzen ein Rechtsgewinde, solche für brennbare (entzündbare) Gase ein Linksgewinde. Die verschiedenen Gewinde unterscheiden sich im Durchmesser und im Gewindeschnitt. Vordruckmanometer (Inhaltsmanometer)
Arbeitsdruckmanometer
Flaschenventil Absperrventil
Schlauchanschluss (Gasentnahme) Gasflasche
Einstellschraube
Abb. 11-2. Bauteile und Bedienungselemente eines Druckminderers (Reduzierventil) in Arbeitsstellung
Zur Inbetriebnahme einer Gasflasche mit Hochdruckgas geht man nach den folgenden Arbeitsschritten vor: 1. Flasche durch Anketten oder Angurten sichern. 2. Schutzkappe abschrauben. 3. Zulässiges Reduzierventil (Druckminderer) überprüfen (Dichtung vorhanden und unbeschädigt?), anschrauben (Windungssinn beachten) und mit einem passenden Gabelschlüssel moderat festziehen.
122
11 Mit Gasen arbeiten
4. Reduzierventil schließen durch Herausschrauben der Einstellschraube (Abb. 11-2) gegen den Uhrzeigersinn. 5. Absperrventil ohne Kraftanwendung schließen. 6. Hauptventil an der Druckgasflasche öffnen. Flaschenhauptventile dürfen nicht mit Werkzeugen geöffnet oder geschlossen werden. Lässt sich das Hauptventil nicht von Hand öffnen, ist die Druckgasflasche als defekt zu bewerten und darf nicht verwendet werden. Nach dem Öffnen zeigt das Vordruckmanometer den Flaschen(inhalts)druck an. 7. An der Einstellschraube durch vorsichtiges Hereindrehen (Rechtsdrehung) den gewünschten Arbeitsdruck einstellen. 8. Zielgerät oder -apparatur über Schlauch an den Schlauchanschluss koppeln. 9. Am Absperrventil (Abb. 11-2) die gewünschte Strömungsgeschwindigkeit einregeln. Die Gasentnahme erfolgt nun bei konstantem Arbeitsdruck, während der Druck in der Flasche kontinuierlich abnimmt. 10. Zum Beenden der Gasentnahme Hauptventil der Gasflasche schließen, Einstellschraube ganz herausdrehen, Absperrventil kurz öffnen und wieder schließen. Inhalts- und Arbeitsdruckmanometer sollten jetzt beide „0“ anzeigen. Das Reduzierventil darf erst nach vollständiger Druckentlastung abgeschraubt werden. Achtung: Druckminderer (Reduzierventile) dürfen weder gefettet noch geölt werden! Nadelventil öffen und schließen
Gasentnahme
Abb. 11-3. Gasflasche (Druckdose) mit Niederdruckgas
Bei der kontinuierlichen Arbeit mit Gas aus einer Niederdruckflasche (Druckdose) oder mit Hochdruckgasen sollte ein durchsichtiger Blasenzähler in den Gasweg eingebaut werden, mit dem man die durchströmende
11.2 Sicherheitsaspekte beim Umgang mit Gasen
123
Gasmenge jederzeit genau beobachten kann. Die Sperrflüssigkeit im Blasenzähler darf mit dem Gas keine Reaktion eingehen. Geeignet ist unter anderem Siliconöl. Alle Apparaturen müssen so aufgebaut werden, dass ein unerwartet auftretender Unter- oder Überdruck augenblicklich ausgeglichen wird. Eine entsprechende Sicherungsapparatur zeigt Abb. 11-4. Alternativ lässt sich auch ein Sicherheitsgaswäscher nach Trefzer in eine Apparatur einbauen. von der Gasentnahme
Unterdrucksicherung
Blasenzähler
zur Apparatur
Überdrucksicherung
Abb. 11-4. Beispiel einer Gasdrucksicherung für sofortigen Druckausgleich in der Apparatur
Beim Arbeiten mit giftigen Gasen (beispielsweise Chlor) oder gar extrem giftigen gasförmigen Stoffen (etwa Fluor, Schwefelwasserstoff, Blausäure u.a.) sind besondere Sicherheitsempfehlungen zu beachten. Mit solchen Stoffen darf man ebenso wie mit reizenden Aerosolen bzw. Stäuben grundsätzlich nur unter dem laufenden Abzug arbeiten. Auszubildende dürfen nur unter der Aufsicht einer erfahrenen und besonders instruierten Person mit solchen Gasen arbeiten. Alle an einem solchen Experiment unmittelbar oder mittelbar Beteiligten müssen eine angepasste Atemschutzmaske in Griffnähe bereithalten. Übelriechende sowie giftige Gase darf man nicht in die normale Abluft einleiten. Sie müssen vielmehr am Ort ihrer Entstehung absorbiert oder in eine unschädliche Form überführt werden. Für Chlorgas empfiehlt sich dazu beispielsweise die Reaktion Cl2 + 2 NaOH → NaCl + NaOCl + H2O
[Gl. 11-3]
Rechtzeitig zuvor müssen sich die mit giftigen Gasen arbeitenden Personen über geeignete Verfahren zur Entsorgung informiert und die erforderlichen Mittel bereitgestellt haben (vgl. Kapitel 1).
124
11 Mit Gasen arbeiten
11.3 Mit Gasen rechnen Bei gasanalytischen Aufgaben sind entsprechend dem Allgemeinen Gasgesetz gewöhnlich die Druckverhältnisse sowie die Volumina eines reinen Gases oder eines Gasgemisches zu berücksichtigen. Nach dem Gesetz von Avogadro (vgl. Kapitel 12) nimmt ein Mol eines (annähernd) idealen Gases oder eines vergasbaren Stoffes unter Normalbedingungen (0 °C; 1013,25 hPa) den Raum von 22,414 L ein. Dieses Volumen bezeichnet man auch als molares Volumen, stoffmengenbezogenes Volumen oder kurz Molvolumen. Die Gasgesetze gelten aber nicht nur für reine (ideale) Gase, sondern auch für Gasmischungen. Die molekulare Masse des reinen Gases wird in diesem Fall durch den Durchschnittswert M der molekularen Masse aller beteiligten Gase entsprechend ihrer prozentualen Beteiligung ersetzt. Für das Gasgemisch Luft stellt sich dieser Zusammenhang folgendermaßen dar (Tabelle 11-3): Tabelle 11-3. Mittlere Zusammensetzung der Luft Gas
Anteil (Vol%)
molekulare Masse M
Stickstoff N2
78,1
28
Sauerstoff O2
20,9
32
Kohlenstoffdioxid CO2
0,03
44
Argon Ar
0,9
40
Die mittlere molare Masse der Luft errechnet sich daher zu M = 28 × 78,1/100 + 32 × 20,9/100 + 44 × 0,03/100 + 40 × 0,9/100 = 28,93. 22,4 L Luft wiegen demnach 28,93 g. Daraus lässt sich das Litergewicht der Luft zu 1,29 g L–1 berechnen. Für Gasgemische gilt ferner das Gesetz von Dalton: Das Mischungsvolumen von Gasen, die unter gleichem Druck stehen und alle die gleiche Temperatur aufweisen, ist gleich der Summe der Einzelvolumina der beteiligten Gase. Umgekehrt sind die Teildrucke (Partialdrucke) der in einem Gasgemisch enthaltenen Einzelgase proportional ihrem Volumenanteil. Für Luft der in Tabelle 11-3 benannten Zusammensetzung entfallen daher vom Normaldruck 1013,25 hPa (= 1013,25 mbar) auf Stickstoff N2 791,34 mbar, auf Sauerstoff O2 211,77 mbar, auf Kohlenstoffdioxid CO2 0,304 mbar und auf Argon Ar 9,12 mbar.
Lösungen, Stoffmengen
12 und Konzentrationen
Lösungen sind homogene Mischungen reiner Stoffe, aber umgekehrt sind nicht alle homogenen Mischungen echte Lösungen. Echte Lösungen weisen nur zum Teil die Kennzeichen ihrer Bestandteile auf, zum anderen aber auch völlig neue, emergente Eigenschaften. Löst man zum Beispiel pulverfein gemahlenen Gips CaSO4 · 2 H2O in Wasser, dann geht die pulverförmige Beschaffenheit und der feste Aggregatzustand des Gipses verloren. Auch erscheint er nicht mehr weiß. Das Wasser als Lösemittel erhält ebenfalls neue Eigenschaften. Dichte, Wasserhärte, Leitfähigkeit, Siede- und Gefrierpunkt sowie osmotischer Wert ändern sich, und damit ändert sich auch seine Verträglichkeit für Pflanzen. Salz-Ionen und polare organische Verbindungen bilden beim Lösen mit den Dipol-Molekülen des Wassers Hydrathüllen. Beim Lösen von Ammoniumchlorid NH4Cl oder Soda Na2CO3 10 H2O in Wasser ändert sich auch der pH-Wert deutlich. Beim Lösen eines Salzes kann sich auch die Temperatur des Wassers ändern. Löst man wasserfreies farbloses Kupfersulfat CuSO4 in Wasser, dann steigt die Temperatur, löst man aber blaues hydratisiertes Kupfersulfathydrat CuSO4 · 5 H2O in Wasser, dann sinkt sie. Daraus ist ersichtlich, dass mit dem Lösungsvorgang auch chemisch-physikalische Vorgänge und Veränderungen wie die Hydratbildung einhergehen können. Salze sind nicht in beliebigen Mengen in Wasser löslich. So kann man beispielsweise Gips nicht unbegrenzt in Wasser lösen. Die Löslichkeit liegt bei etwa 2,6 g L–1. Magnesiumsulfat MgSO4 ist etwa 90-mal besser in Wasser löslich als Gips. Gips geht in Wasser jedoch rund 100-mal besser in Lösung als Carbonatkalk (Calciumcarbonat) CaCO3. 12.1 Kolligative Eigenschaften Die physikochemischen Eigenschaften einer Lösung bezeichnet man als kolligativ (von lat. colligare = verbinden). Dazu gehören Dampfdruck, osmotischer Druck, die Gefrierpunkterniedrigung und die Siedepunkterhöhung. Diese Eigenschaften sind nur von der Teilchenzahl, nicht aber von der Art der Teilchen abhängt. Für die kolligativen Eigenschaften ist nicht
126
12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen
entscheidend, ob die gelösten Stoffe eine oder mehrere Ladungen tragen oder als organische Stoffe insgesamt überhaupt nicht geladen sind. Wichtig ist im Falle des idealen Verhaltens einer Substanz in einer Lösung der van’t-Hoff-Faktor und dass die gelösten Substanzen das chemische Potenzial des Lösungsmittels verringern. In der Physikalischen Chemie bezeichnet der van’t-Hoff-Faktor i das Verhältnis der Stoffmenge eines gelösten Stoffes (= Soluts) in einer wässrigen Lösung zur Stoffmenge des ursprünglich zugegebenen festen Ausgangsstoffs. Der Faktor ist damit ein Maß für die Löslichkeit und somit dafür, wie gut oder vollständig sich ein Stoff in Wasser löst, und insbesondere dafür, wie viele Teilchen sich danach in Lösung befinden. 12.2 Solvatation Unter Solvatation versteht man die Anlagerung von Lösemittel-Molekülen an gelöste Stoffe. Metall-Ionen bilden dabei Komplex-Ionen, die man Hydratkomplexe nennt. Mitunter gehen mit der Bildung von Hydratkomplexen markante Farbwechsel einher: Nur das hydratisierte Kupfer-Ion Cu2+ ist blau, nur das hydratisierte Eisen-Ion Fe3+ gelb gefärbt. Die Empfängerflüssigkeit ist das Lösemittel (Solvens, früher üblicherweise Lösungsmittel genannt), der hierin gelöste Stoff ist das Solut. Das fertige Gemisch wird als Lösung bezeichnet. Der gesamte Lösevorgang wird Solvatation (Solvatierung) genannt (vgl. Abb. 12-1). Das Lösemittel ist immer diejenige Substanz, die in größerer Menge vorliegt. Zwischen dem Lösemittel und dem Solut kommt es im Allgemeinen nicht zu einer chemischen Reaktion. Die einzelnen Komponenten des Gemisches lassen sich daher durch physikalische oder chemische Verfahren in ihre ursprüngliche Form zurückführen. Durch Verdampfung kann man beispielsweise aus einer Lösung sowohl das Wasser als auch das gelöste Salz zurückgewinnen (vgl. Kapitel 14). Allerdings kann im kristallin anfallenden (= auskristallisierten) Salz ein definierter Rest des Wassers als Kristallwasser in Form der entsprechenden Hydrate erhalten bleiben wie bei CuSO4 · 5 H2O oder bei CaCl2 · 6 H2O. Beim Ansetzen von Lösungen muss dieses in der Substanz gegebenenfalls vorhandene Kristallwasser auf jeden Fall berücksichtigt werden. So müssen demnach nicht nur 110 g CaCl2, sondern 110 g CaCl2 + 108 g H2O = 218 g CaCl2 · 6 H2O abgewogen und in 1 L Wasser gelöst werden, wenn man eine Lösung der Stoffmengenkonzentration c(CaCl2 · 6 H2O) = 1 mol L–1 ansetzen will.
12.3 Lösemittelklassen
127
Solut
Solut
Lösemittel
Solvatation Lösemittel
Lösung
Lösung
Abb. 12-1. Komponenten einer Lösung
12.3 Lösemittelklassen Schon die Alltagserfahrung zeigt, dass sich Stoffe nicht in jeder beliebigen Substanz lösen lassen. Das erklärt unter anderem die schwimmenden Fettaugen auf der Suppe oder die Tatsache, dass man Benzin nicht mit Wasser verdünnen kann. So gibt es Lösemittel für Fette und andere für Zucker oder Salze. Die Verbindung aus Solut und Lösemittel ergibt immer ein homogenes stabiles Gemisch. Die Kenntnis der bei der Solvatation wirkenden zwischenmolekularen physikalischen Anziehungskräfte ist für das Verständnis der Lösungen unerlässlich. Es handelt sich dabei um elektromagnetische Kräfte, die sich mit der Wirkung kleinster Magneten vergleichen lassen. Hervorgerufen werden diese Kräfte durch bewegte Elektronen. Die Wirkung ist analog derjenigen von Elektromagneten. Ein Molekül ist nichts anderes als ein Teilchen, das aus zwei oder mehreren zusammenhängenden Atomen besteht. Aus praktischen Gründen unterscheidet man zwischen anorganischen (Wasser, Säuren, Laugen) und organischen Lösemitteln (Aceton, Chloroform, Ethanol, Tetrachlorkohlenstoff, Benzol), die sich jeweils in ihrer Polarität erheblich voneinander unterscheiden (vgl. Tabelle 12-1). Apolare Lösemittel Ein Wasserstoffmolekül H2 oder ein Kohlenwasserstoffmolekül vom Typ des n-Hexans wird von solchen intramolekularen Kräften zusammengehalten. Hexan kann jedoch Fett lösen. Das heißt, es bilden sich intermolekulare
128
12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen
Kräfte zwischen Hexan und Fett aus, die allerdings viel schwächer sind als die intramolekularen Kräfte, die das Molekül zusammenhalten. H H H
C H
C H
H H C H
C H
H H C
C H
CH2
H H 3C
CH2
CH2
CH3 CH2
H
Abb. 12-2. Komplette und vereinfachte Strukturformel von n-Hexan
Abbildung 12-2 zeigt die Strukturformel von n-Hexan (n steht für „normal“, d.h. linear und nicht verzweigt) mit seinen 6 Kohlenstoff- und 14 Wasserstoffatomen. Die Formel kann auch in Form einer abgeflachten Zickzacklinie dargestellt werden, wobei sich die Kohlenstoffatome an den jeweiligen Umkehrpunkten befinden. Stellt man das Molekül in Form eines Kalottenmodells dar (Abb. 12-3), lässt sich eine auffallend homogene Verteilung der Elektronen als „elektrische“ Ladungsträger entlang des Moleküls verstehen. Ein solches Molekül bezeichnet man als apolar oder unpolar (vgl. Tabelle 12-1).
Abb. 12-3. Kalottenmodell von n-Hexan (links) und eines längerkettigen Kohlenwasserstoffs (rechts)
Diese besondere Struktur einer Kohlenwasserstoffkette ist mit derjenigen anderer Ketten und insbesondere mit dem molekularen Aufbau von Ölen und Fetten direkt vergleichbar. Die Viskosität steigt jeweils mit zunehmender Länge der Kohlenwasserstoffkette. Polare Lösemittel Das wichtigste polare Lösemittel ist das Wasser (vgl. Tabelle 12-1). Bei Lösungen in Wasser unterscheidet man je nach der Beteiligung der Ausgangsmaterialien drei Typen von wässrigen Lösungen: (1) Lösungen von Gasen wie Kohlenstoffdioxid CO2, Chlorwasserstoff HCl oder Ammoniak NH3, (2) Lösungen von Flüssigkeiten wie Methanol CH3OH, Ethanol CH3CH2OH oder Essigsäure CH3COOH sowie
12.3 Lösemittelklassen
129
(3) Lösungen von Feststoffen wie Kochsalz NaCl oder Gips CaSO4 in Flüssigkeiten. Tabelle 12-1. Polaritätsreihe verbreiteter Lösemittel Lösemittel
relative Polarität
Wasser
Löslichkeit in g / 100 g H2O bei 20 °C
100
Essigsäure
97
in jedem Verhältnis mischbar
Methanol
95
in jedem Verhältnis mischbar
Ethanol
88
in jedem Verhältnis mischbar
1-Propanol
82
in jedem Verhältnis mischbar
2-Propanol
82
in jedem Verhältnis mischbar
Ethylacetat
58
Aceton
56
in jedem Verhältnis mischbar
1,4-Dioxan
56
in jedem Verhältnis mischbar
Diethylether
38
7,8
Toluen
29
0,06
Xylen
26
< 0,02
8,5
Cyclohexan
0,04
< 0,01
Hexan
0
< 0,001
Lösemittel Wasser Für den täglichen Gebrauch reicht die Qualität von üblichem Leitungswasser (Trinkwasser) aus. Eine seiner wichtigen Kenngrößen ist der Härtegrad. Ein Grad deutscher Härte (= 1 °dH) liegt vor, wenn 1 L Trinkwasser 7,15 mg Calcium (Ca2+) oder 4,33 mg Magnesium (Mg2+) oder 10 mg Calciumoxid (CaO) enthält. Als sehr weich gilt Wasser bei 0–4 °dH, als weich bei 4–8, mittelhart bei 8–18 und hart bei 18–30 °dH. Die genauen Härtegrade sind ebenfalls beim örtlichen Versorgungsunternehmen zu erfahren. Im Labor dient gewöhnliches Leitungswasser nur zum Vorspülen von Gefäßen. Zum Ansetzen von Lösungen könnten die im Leitungswasser vorhandenen Stoffe (Ionen) empfindlich stören. Daher verwendet man grundsätzlich demineralisiertes Wasser (Aqua demin.), fallweise auch als deionisiertes Wasser, vollentsalztes Wasser (VE-Wasser) oder Deionat bezeichnet. De-
130
12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen
mineralisiertes Wasser wird meist über Ionenaustauscher gewonnen. Für die normalen laborüblichen Lösungen reicht diese Qualität aus. Mit demineralisiertem Wasser werden alle mit Leitungswasser gereinigten Gefäße nachgespült. Destilliertes Wasser (Aqua destillata, kurz Aquadest) wird energieaufwändig durch Destillation oder durch Umkehrosmose gewonnen. Es ist (weitgehend) frei von den in natürlichem Wasser als Verunreinigung enthaltenen Ionen bzw. Spurenstoffen. In Biologie, Chemie, Medizin und Pharmazie dient es als Lösemittel für analytisch saubere Lösungen. Die elektrische Leitfähigkeit liegt meist unter 5 μS/cm bei 20 °C. Falls besonders reines Wasser benötigt wird, reicht die einstufige Destillation nicht aus. In solchen Fällen verwendet man zwei- oder mehrfach destilliertes Wasser (Aqua bidestillata, A. tridestillata). Durch Umkehrosmose, Ionenaustauscher, Aktivkohlefilter, Ultrafiltration, Photooxidation und Entgasung gewonnenes Reinstwasser weist nur noch eine Leitfähigkeit von höchstens 1,1 μS/cm bei 20 °C auf. Man verwendet es im Wesentlichen zur Herstellung von Medikamenten und insbesondere von Infusionslösungen. Lösungen von Gasen Gase werden zum Teil sehr leicht, jedoch in unterschiedlichen Mengen von Flüssigkeiten aufgenommen. In 1 L Wasser von 0 °C werden beispielsweise 1150 mL Ammoniak NH3, dagegen nur 80 mL Schwefeldioxid SO2 und nur 20 mL Wasserstoff H2 gelöst. Die Menge des gelösten Sauerstoffs O2 ist für aquatisch lebende Tiere sehr wichtig. Bei einem Sauerstoffgehalt der Luft von 21% sind bei atmosphärischem Druck und 0 °C nur etwa 14 mL Sauerstoff O2 pro Liter Wasser 25-mal mehr Sauerstoff als in 1 L Wasser vorhanden. Zudem nimmt mit steigender Temperatur die Löslichkeit für Sauerstoff in Wasser weiter ab. Bei 15 °C sind nur noch 7 mL, bei 37 °C etwa 5 mL Sauerstoff gelöst. Für das Überleben von Tieren im Wasser muss die Konzentration von Sauerstoff mindestens 4 mg O2 L–1 betragen. Weil das Sauerstoffmolekül O2 nicht polar ist, löst es sich nicht im eigentlichen Sinne in Wasser, sondern wird eher in dieses eingemischt. Das ist bei kaltem Wasser wegen der schwächeren Molekularbewegungen besser möglich. Im Gegensatz zu den „echten“ Lösungen (s. unten) wird das gelöste Gas mit steigender Temperatur ausgetrieben, und die Konzentration nimmt ab.
12.3 Lösemittelklassen
131
Tabelle 12-2. Temperaturabhängige Löslichkeit von Sauerstoff in Wasser Temperatur (°C)
0
10
20
30
40
50
60
70
Löslichkeit O2 (mg L–1)
14,6
11,3
9,1
7,5
6,4
5,5
4,7
3,8
Mit steigendem Druck nehmen die Flüssigkeiten mehr Gas auf. Ein bekanntes Beispiel ist das Kohlenstoffdioxid CO2 in Sprudelwasser oder Sekt. Gasblasen in einer Flüssigkeit stellen keine Lösung dar. Der englische Chemiker William Henry (1774–1836) stellte 1801 den Zusammenhang in Form des heute nach ihm benannten Henry’schen Gesetzes dar. Danach ist die Löslichkeit S eines Gases in einer Flüssigkeit proportional zum Partialdruck des Gases: S = kH · P
[Gl. 12-1]
In dieser Gleichung steht kH für die Henry’sche Konstante und P für den Partialdruck des Gases. Lösungen von Flüssigkeiten Manche Flüssigkeiten lassen sich sehr leicht vermischen (z.B. Aceton oder Ethanol mit Wasser). Andere Flüssigkeiten sind mit Wasser jedoch nur begrenzt bzw. überhaupt nicht mischbar, z.B. Paraffinöl, Benzin oder Chloroform CHCl3. Wenn sich eine Flüssigkeit mit einer zweiten nicht mischt, kann sie dennoch in Form feinster Tröpfchen darin verteilt werden. Diese scheiden sich nach ihrer Dichte allmählich wieder ab. Solche Mischsysteme (flüssig/flüssig) nennt man Emulsionen. Eine bekannte Emulsion ist die Milch. Lösungen von Feststoffen Wenn Feststoffe mit Flüssigkeiten in Verbindung kommen, sind je nach der Größe und den Lösungseigenschaften der beteiligten Teilchen verschiedene Fälle zu unterscheiden. Enthält die aufnehmende Flüssigkeit die Feststoffe in Form feiner Körnchen (Partikeln), die oft noch mit bloßem Auge erkennbar sind, spricht man von Aufschwemmung oder Suspension. Sie kann etwa mithilfe von Filtrierpapier in ihre festen und flüssigen Ausgangsbestandteile getrennt werden. Kolloidale Lösungen enthalten den „gelösten“ Stoff dagegen in Form feiner schwebender Partikeln, die mit bloßem Auge und selbst unter dem Lichtmikroskop nicht wahrgenommen werden können. Die Teilchengröße dieser Makromoleküle liegt zwischen 1 und 100 nm (1 nm = 10–9 m) und damit unterhalb der Wellenlängen des
132
12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen
sichtbaren Lichtes. Die Kolloidnatur solcher Lösungen ist u.a. durch Lichtstreuung (Faraday-Tyndall-Phänomen) nachweisbar (Abb. 12-4):
Lichtquelle
Lochblende
Abb. 12-4. Lichtdurchgang durch eine echte (links) und eine kolloidale (rechts) Lösung (Faraday-Tyndall-Phänomen)
Kolloide werden aus ihren Lösungen durch Fällung (Präzipitation) oder Ausflockung (Koagulation) abgeschieden. Kolloidale Lösungen sind beispielsweise Protein-Lösungen oder andere Lösungen von Makromolekülen wie Kaffee oder Tee. Auch die Grundflüssigkeit von lebenden Zellen, das Cytosol, stellt eine solche kolloidale Lösung dar. Die Trennung von kolloidalen und echten Lösungen erfolgt mithilfe der Dialyse, wobei nur die kolloidalen Teilchen (Makromoleküle) die Membran des Dialysators nicht durchdringen. Suspensionen und kolloidale Lösungen sind keine „echten Lösungen“. Bei echten Lösungen (Salz- oder Zucker-Lösungen) sind die gelösten Teilchen sehr klein. Sie liegen in Form einzelner Ionen oder Moleküle vor. Die maximal in einem bestimmten Volumen Lösemittel lösliche Substanzmenge ist stoffabhängig verschieden. Bei Raumtemperatur lösen sich in 100 mL Wasser beispielsweise 0,26 g CaSO4 · 2 H2O (Gips), 16,8 g Na2SO4 (Natriumsulfat), 35,5 g NaCl (Kochsalz) oder 116,4 g NaOH (Natriumhydroxid). Die Löslichkeitszahl bezeichnet diejenige Menge eines zu lösenden Stoffes in Gramm, die mit 100 mL Wasser von 18 °C eine gesättigte Lösung ergibt. Bei einer gesättigten Lösung kann das Lösemittel nichts mehr von dem zu lösenden Stoff aufnehmen.
12.4 Mengen- und Konzentrationsangaben Für den praktischen Umgang mit Lösungen sind in der Chemie und Physiologie verschiedene standardisierte Konzentrationsangaben festgelegt worden, die nebeneinander in Gebrauch sind. Fallweise finden sich in der Literatur noch die hier ebenfalls berücksichtigten älteren Maßangaben (vgl. Tabelle 12-3):
12.4 Mengen- und Konzentrationsangaben
133
Tabelle 12-3. Vergleich aktueller und früherer Konzentrationsangaben Angabe
Abkürzung/ Definition Einheit
Frühere Bezeichnung
Gewichtsprozent
Gew%
g gelöster Stoff in 100 g Lösung
Masseprozent
Volumenprozent
Vol%
mL gelöste Flüssigkeit in 100 mL Lösung
Stoffmengen- c (mol L–1) konzentration
Molekülmasse in g in 1 L Lösung
Äquivalentc (mol L–1) konzentration
molare Masse des Äqui- Normalität valents in g 1 N = 1 Val L–1 in 1 L Lösung
Molalität
mol kg–1
Molarität 1M
Stoffmenge in mol in 1 kg Lösemittel
Gelegentlich findet man in Versuchsvorschriften als Konzentrationsangaben – vor allem bei Hinweisen für Verdünnungen – auch bestimmte Verhältniszahlen wie 1 : 10 oder 1 : 1000 sowie statt der %- und ‰-Angaben bei sehr kleinen Stoffmengen die aus dem angloamerikanischen stammenden Kürzel ppm (= parts per million : 1 Teil auf 106 Teile) sowie ppb (parts per billion: 1 Teil auf 109 Teile; Vorsicht: 1 billion bedeutet im angloamerikanischen Sprachgebrauch tatsächlich nur 109 und nicht wie in der deutschen Lesart 1012). Gewichtsprozent Das Gewichtsprozent, abgekürzt Gew% und früher auch Masseprozent genannt, gibt die Anzahl Gramm eines gelösten Stoffes in 100 g Lösung an. Diese Beziehung wird zur Konzentrationsangabe von Lösungen fester Stoffe verwendet, im internationalen Sprachgebrauch verdeutlicht mit der Angabe weight/weight bzw. abgekürzt w/w. Beispiel Eine 10%ige NaCl-Lösung enthält 10 g Kochsalz in 100 g Lösungsflüssigkeit. Praxis Zum Ansetzen dieser Lösung stellt man einen 1-L-Plastikmesszylinder auf eine Laborwaage, gibt 10 g Kochsalz NaCl dazu und ergänzt mit destilliertem Wasser auf 100 g Gesamtmasse.
134
12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen
Tabelle 12-4. Umformung von Konzentrationsangaben Verhältnis
1: 1: 1:
10 20 50
1: 1: 1:
100 200 500
1: 1: 1:
1 000 2 000 5 000
Prozent g 100 mL–1 10 5 2 1 0,5 0,2
Promille g L–1 mg mL–1
ppm mg kg–1
ppb
Faktor
100 50 20
100 000 50 000 20 000
1 × 108 1 × 10–1 5 × 107 5 × 10–2 2 × 107 2 × 10–2
10 5 2
10 000 5 000 2 000
1 × 107 1 × 10–2 5 × 106 5 × 10–3 2 × 106 2 × 10–3
0,1 0,05 0,02
1 0,5 0,2
1 000 500 200
1 × 106 1 × 10–3 5 × 105 5 × 10–4 2 × 105 2 × 10–4
1 : 10 000 1 : 20 000 1 : 50 000
0,01 0,005 0,002
0,1 0,05 0,02
100 50 20
1 × 105 1 × 10–4 5 × 104 5 × 10–5 2 × 104 2 × 10–5
1 : 100 000 1 : 200 000 1 : 500 000
0,001 0,000 5 0,000 2
0,01 0,005 0,002
10 5 2
1 × 104 1 × 10–5 5 000 5 × 10–6 2 000 2 × 10–6
1: 1: 1:
0,000 1 0,000 05 0,000 02
0,001 0,000 5 0,000 2
1 0,5 0,2
1000 500 200
1 × 10–6 5 × 10–7 2 × 10–7
1 : 10 Mio 1 : 20 Mio 1 : 50 Mio
0,000 01 0,000 005 0,000 002
0,000 1 0,000 05 0,000 02
0,1 0,05 0,02
100 50 20
1 × 10–7 5 × 10–8 2 × 10–8
1 : 100 Mio 1 : 200 Mio 1 : 500 Mio
0,000 001 0,000 000 5 0,000 000 2
0,000 01 0,000 005 0,000 002
0,01 0,005 0,002
10 5 2
1 × 10–8 5 × 10–9 2 × 10–9
1 : 1 Mrd
0,000 000 1
0,000 001
0,001
1
1 × 10–9
1 Mio 2 Mio 5 Mio
Anstelle der Angabe Gewichtsprozent oder Masseprozent hat man den Begriff Massenanteil eingeführt. Eine Schwefelsäure hat den Massenanteil 10%, wenn sie 10 g H2SO4 und 90 g H2O in 100 g Lösung enthält. Volumenprozent Mit Volumenprozent, abgekürzt Vol%, gibt man den Volumenanteil eines reinen Stoffes in 100 Volumenanteilen der jeweiligen Lösung an. Diese
12.4 Mengen- und Konzentrationsangaben
135
Bezeichnung wird oft zur Konzentrationsangabe von Lösungen flüssiger Stoffe verwendet (im internationalen Sprachgebrauch volume/volume, v/v). Beispiel 45 Vol%iges Ethanol enthält 45 mL reinen Alkohol in 100 mL Flüssigkeit, also in 100 mL Lösung. Praxis Man füllt 45 mL reines Ethanol in einen 100 mL-Messkolben und füllt mit destilliertem Wasser auf 100 mL (bis zur Eichmarke). Würde man nur 55 mL Wasser hinzufügen, kämen keine 100 mL, sondern wegen der Volumenkontraktion deutlich weniger zustande. Zu beachten ist: Wenn lediglich Prozentangaben vorliegen, ist immer das Masseprozent und damit der Massenanteil (Gewichtsprozent) gemeint! Stoffmengenangaben Die gesetzlich vorgeschriebene SI-Einheit der Stoffmenge ist das Mol (Einheitenzeichen: mol). Eine 1 mol L–1 (früher 1 M) Lösung (sprich: „einmolare Lösung“) enthält in 1 L Lösung genau 1 mol des gelösten Stoffes. Ein Mol sind dabei so viele Gramm des aufzulösenden Stoffes, wie seine relative Molekülmasse angibt (Molekülmasse in g = molare Masse). Die Molekülmasse (früher Molekulargewicht genannt) ergibt sich aus der Summe der im Molekül oder in der Formeleinheit (etwa beim NaCl) vorhandenen relativen Atommassen oder Ionenmassen. Beispiel Die Molekülmasse von CO2 ist 44, weil 12 (Kohlenstoff) und 2 × 16 = 32 (Sauerstoff) 44 ergibt. Stoffmengenkonzentration (Molarität) Die Stoffmengenkonzentration c (früher Molarität) einer Lösung gibt an, wie viel Mal die Einheit der Stoffmenge 1 mol des gelösten Stoffes in 1 L Lösung enthalten ist. Sie ist demnach immer eine Konzentrationsangabe, während das Mol nur die Stoffmenge und damit die Masse angibt. Beispiel Die Stoffmengenkonzentration ist c(NaCl) = 0,1 mol L–1.
136
12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen
Für eine 0,1 molare (1 M) Kochsalz-Lösung, die in 1 L Lösung 0,1 mol NaCl oder 5,846 g NaCl enthält, gibt man die Stoffmengenkonzentration heute folgendermaßen an: Beispiel Eine 1 mol L–1 (1 M) Glucose-Lösung enthält in 1 L Lösung die Stoffmenge 180 g (1 mol) Glucose, da die Molekülmasse der Glucose 180 beträgt. Bei sehr kleinen Konzentrationen verwendet man zur Vermeidung unübersichtlicher Kommastellen für die mol-Angabe grundsätzlich die üblichen dezimalen Bruchteile, also beispielsweise 1 mmol L–1 (für 0,001 mol L–1) oder 1 μmol L–1 für 0,000 001 mol = 10–3 mmol L–1 (vgl. Kapitel 13). Äquivalentkonzentration (Normalität) Die Äquivalentkonzentration (früher Normalität) gibt an, wie viel Mal die molare Masse eines Äquivalents (früher 1 Grammäquivalent oder 1 Val, vgl. Tabelle 12-5) des gelösten Stoffes in 1 L Lösung enthalten sind. Man erhält die molare Masse eines Äquivalents von einer Säure oder einer Base, indem man die molare Masse (also die Molekülmasse in Gramm) durch die Anzahl der ersetzbaren H+- bzw. OH–-Ionen dividiert. Beispiel Die Äquivalentkonzentration einer Schwefelsäure der Konzentration c(H2SO4) = 1 mol L–1 beträgt 2 mol L–1. Die molare Masse des Äquivalents dieser H2SO4 beträgt (2 + 32 + 4 × 16) : 2 = 49. Diese Angaben sind für den unmittelbaren Vergleich von Säuren und Basen bzw. von Oxidations- und Reduktionsmitteln unterschiedlicher Wertigkeit besonders wichtig. Bei Redox-Reaktionen dividiert man durch die Anzahl der abgegebenen bzw. aufgenommenen Elektronen. Die Äquivalentkonzentration oder Normalität gibt somit immer äquivalente oder gleichwertige Konzentrationen in mol L–1 an, die molare Masse des Äquivalents hingegen nur die äquivalente Stoffmenge in Gramm (Tabelle 12-5). Es gilt also: 1 Äquivalent (Grammäquivalent) Säure neutralisiert 1 Äquivalent (Grammäquivalent) Base, 1 Äquivalent (Grammäquivalent) Oxidationsmittel oxidiert 1 Äquivalent (Grammäquivalent) Reduktionsmittel. Die Beschränkung auf die heute übliche SI-Einheit mol für die Stoffmenge und mol L–1 für die Stoffmengen- und Äquivalentkonzentration
12.4 Mengen- und Konzentrationsangaben
137
kann einiges vereinfachen und lässt einiges überflüssig erscheinen. Für dieselbe Lösung kann man sowohl die Stoffmengenkonzentration als auch die Äquivalentkonzentration angeben. Tabelle 12-5. Stoffmengenkonzentration und Äquivalentkonzentration Stoffmengenkonzentration (mol L–1) Äquivalentkonzentration c (mol L–1) c(H2SO4)
0,1
c(1/2 H2SO4)
0,2
c(Ca(OH)2)
0,1
c(1/2 Ca(OH)2)
0,2
c(SO2)
0,1
c(1/2 SO2)
0,2
c(KMnO4)
0,1
c(1/5 KMnO4)
0,5
Verzichtet man jedoch auf die Begriffe Molarität und Normalität sowie auf die kurzen Schreibweisen 1 M und 1 N, muss man stets angeben, ob man mit mol L–1 die Stoffmengenkonzentration oder die Äquivalentkonzentration bezeichnet. Die traditionellen Begriffe, Schreibweisen und Bezeichnungen (Molarität, Normalität) sind nicht nur von historischer, sondern wegen der Kürze, Klarheit und Eindeutigkeit auch von didaktischer und praktischer Bedeutung. Molalität Die Molalität gibt die Stoffmenge in mol in 1 kg Lösemittel an. Die übliche SI-Einheit ist mol kg–1. Bei verdünnten wässrigen Lösungen kann man Molarität und Molalität praktisch gleichsetzen. Diesem Konzentrationsmaß kommt jedoch viel geringere Bedeutung zu als der Stoffmengenkonzentration (Molarität). Allerdings hat die Molalität gegenüber der Stoffmengenkonzentration (Molarität) den Vorteil, dass sie unabhängig von thermisch bedingten Volumenänderungen ist. Beispiel Eine Schwefelsäure der Molalität 0,1 mol kg–1 enthält 0,1 mol H2SO4 in 1 kg Wasser gelöst. Osmolalität und Osmolarität Im physiologischen Kontext ist oft die Menge osmotisch wirksamer Teilchen in einer Lösung von Belang. Die Osmolalität bezeichnet die Konzentration von Teilchen analog der Molalität bezogen auf das Gewicht der betreffenden Lösung. Die Einheit der Osmolalität ist osmol kg–1.
138
12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen
Die Osmolarität benennt die Konzentration osmotisch wirksamer Teilchen bezogen auf das Volumen einer gegebenen Lösung. Die Einheit ist analog zur Molarität osmol L–1. Beispiel Die Osmolalität einer Glucose-Lösung der Konzentration c(Glucose) = 0,1 mol L–1 beträgt 0,1 osmol kg-1 Lösung, die Osmolarität 0,1 osmol L–1. Die Osmolalität einer NaCl-Lösung der Konzentration c(NaCl) = 1 mol L–1 beträgt 2 osmol kg–1 Lösung, die Osmolarität 2 osmol L–1, weil NaCl in wässriger Lösung in zwei Ionen Na+ und Cl– dissoziiert. Mischungskreuz Die Verwendung des Mischungskreuzes gestattet es, auf besonders einfache Weise die Mengenanteile von Ausgangsstoffen zu berechnen, die man zum Erreichen einer gesuchten Konzentration mischen muss, wie die folgende Aufgabe zeigt: Aus 96 Vol%igem Ethanol soll durch Verdünnen mit Wasser 70 Vol%iges Ethanol hergestellt werden (s. Abb. 12-5). Zur Problemlösung schreibt man auf die linke Seite untereinander die jeweiligen Ausgangskonzentrationen (96 und 0), rechts daneben die gesuchte Konzentration. In Pfeilrichtung werden die Differenzen gebildet. Die erhaltenen Zahlen geben die Mengen an, die miteinander zu mischen sind: Ausgangsbenötigte konzentration Konzentration 96%
zu mischen sind 70 Volumenteile Ethanol
70% 0%
26 Volumenteile Wasser
Abb. 12-5. Anwendung des Mischungskreuzes
70 Volumenanteile 96%iges Ethanol müssen also mit 26 Volumenanteilen Wasser gemischt werden, damit ein 70%iger Alkohol entsteht. Somit werden 70 mL 96%iges Ethanol mit 26 mL Wasser gemischt und ergeben 96 mL 70%igen Alkohol. Auch hierbei bleibt die Volumenkontraktion des Ethanol-Wasser-Gemisch unberücksichtigt.
12.4 Mengen- und Konzentrationsangaben
139
Verdünnen von Lösungen In der Laborpraxis stellt sich häufig das Problem, von einer vorhandenen Ausgangs- oder Stammlösung durch Verdünnen eine Lösung definierter geringerer Konzentration herstellen zu müssen. Da wählt man für den normalen Routinelaborgebrauch je nach benötigter Endkonzentration den Weg einer geometrischen oder einer logarithmischen Verdünnungsreihe (Abb. 12-6 und 12-7). Geometrische Verdünnungsreihe Verdünnungsfaktor 1:2
1:2
1:2
1:2
1:2
Zu mischende Menge Lösung + H2O 1+1
1
1+1
1/2
1+1
1/4
1+1
1/8
etc.
1/16
Ausgangslösung Konzentration in Bezug auf die Ausgangslösung Abb. 12-6. Vorgehen beim Ansetzen einer geometrischen Verdünnungsreihe
Bei einer geometrischen Verdünnungreihe, die jeweils die halbe Konzentration der vorangehenden Ausgangslösung aufweisen soll (beispielsweise 1 : 2, 1 : 4 usw.), gibt man jeweils die gleiche Menge Stammlösung und Lösemittel zusammen. Bei einer logarithmischen Verdünnungsreihe mit den Konzentrationen 1 : 10, 1: 100 usw. arbeitet man dagegen mit Zehnerpotenzschritten. Für extrem genau einzustellende Lösungen sehr geringer Endkonzentration, wie sie beispielsweise als Eichlösungen in der Spurenelementanalytik oder für Versuche mit Hormonen benötigt werden, ist der in den Abb. 12-6 sowie 12-7 bezeichnete Weg meist zu ungenau. In diesem Fall wählt man als Gefäße zum Ansetzen eine Anzahl Messkolben der passenden Nennvolumina und setzt eine Verdünnungsreihe entsprechend Abb. 12-8 an.
140
12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen Logarithmische Verdünnungsreihe
Verdünnungsfaktor 1:10
1:10
1:10
1:10
1:10
Zu mischende Menge Lösung + H2O 1+9
1+9
1
0,1
1+9
0,01
1+9
0,001
etc.
0,0001
Ausgangslösung Konzentration in Bezug auf die Ausgangslösung Abb. 12-7. Vorgehen beim Ansetzen einer logarithmischen Verdünnungsreihe
Die Verdünnung entspricht im gewählten Beispiel von Abb. 12-8 dem Verhältnis 1 : 1000 (Ansatz: ad 1000 mL). Auf diese Weise sind auch Endkonzentrationen bis 10–9 mol L–1 und darunter zuverlässig zu erreichen. 1 mL
1 mL
auffüllen ad 1000 mL
auffüllen ad 1000 mL
Ausgangskonzentration c = 1 mol L–1
Zwischenkonzentration c = 10-3 mol L–1
Endkonzentration c = 10-6 mol L–1
Abb. 12-8. Ansetzen exakt eingestellter Lösungen niedrigster Konzentration
12.5 Das Avogadro’sche Gesetz
141
12.5 Das Avogadro’sche Gesetz Bei Versuchen mit biologischen Systemen (beispielsweise der Bestimmung von Atmungs- bzw. Photosyntheseraten) müssen häufig Konzentrationsberechnungen der beteiligten Gase (O2, CO2) durchgeführt werden. Dabei ist das Gesetz von Avogadro von Bedeutung (nach dem italienischen Physikochemiker Lorenzo Avogadro, 1776–1856). Es besagt, dass 1 mol eines beliebigen Gases bei gleichem Druck und gleicher Temperatur immer das gleiche Volumen einnimmt. Unter Normalbedingungen nimmt 1 mol eines Gases immer das gleiche Mol-Volumen von 22,425 L ein. Gleiche Volumina aller Gase enthalten bei gleichem Druck und gleicher Temperatur auch immer die gleiche Anzahl von Molekülen (international Avogadro’sche Zahl bzw. Avogadro’sche Konstante NA = 6,0220943 × 1023 Teilchen; meist vereinfacht auf 6,022 × 1023; in Deutschland gelegentlich auch Loschmidt’sche Zahl genannt). Entsprechend sind in 1 L Wasser (= 1000 mL, in etwa = 1000 g; vgl. Kapitel 13) bei einer relativen Molekülmasse von 18 für Wasser und bei einer molaren Masse M(H2O) = 18 g mol–1 (1 mol H2O hat die Masse 18 g) immer 1000 : 18 = 55,5 mol Wasser enthalten. Beispiel In 1 L eines Gases sind immer 1 mol : 22,425 L = 0,0446 mol L–1 = 44,6 mmol L–1 Gasmoleküle enthalten. Das Avogadro’sche Gesetz hat große Bedeutung für die Naturwissenschaften. Bereits durch einen einfachen Volumenvergleich kann man mit Hilfe dieses Gesetzes beweisen, dass eine Reihe bedeutsamer Gase (N2, O2, Cl2, H2) als Verbindungen zweier gleichartiger Atome vorliegen (biatomarer Charakter). Da der Gesamtraum, den die Gase einnehmen, sich bei entsprechenden Experimenten nicht ändert, muss auch die Zahl der Moleküle vor und nach dem Versuch dieselbe sein. Das ist nur möglich, wenn die Chlor- und die Wasserstoffmoleküle sich bei der Reaktion in zwei Hälften teilen und jede Hälfte eines Wasserstoffmoleküls sich mit einer Hälfte eines Chlormoleküls zu Chlorwasserstoffmolekülen verbindet. Wären die Gase dagegen einatomig, müsste sich das Volumen bei der Vereinigung von jeweils zwei Atomen halbieren, weil hierdurch auch die Teilchenzahl nur halb so groß wäre wie vor der Reaktion.
142
12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen
12.6 Errechnen von Anteilen und Konzentrationen Wie die obige Darstellung zeigt, gibt es mehrere Möglichkeiten, die Menge eines gelösten Stoffes im Lösemittel anzugeben, nämlich • Massenanteil w • Volumenanteil φ • Massenkonzentration β • Volumenkonzentration σ sowie • Stoffmengenkonzentration c. Will man den Anteil angeben, so verwendet man immer einen Quotienten gleicher Größen wie Masse oder Volumen. Bei Konzentrationsangaben wird die Menge des gelösten Stoffes auf das Volumen der Flüssigkeit bezogen. Nur formelmäßige Angaben sind gültig. Der gelöste Stoff wird immer in einer Klammer angegeben wie im folgenden Beispiel: w(Na2SO4) = 10% oder β(NaCl) = 30 g L–1
[Gl. 12-2]
Berechnung des Massenanteils Unter dem Massenanteil w versteht man den Quotienten aus der Masse mx des gelösten Stoffes und der Gesamtmasse mL der Lösung. w(x) =
mx mL
[Gl. 12-3]
Die Summe aus der Masse des gelösten Stoffes mx und der Masse des Lösemittels mLM, ergibt die Masse der Lösung mL. Es gilt somit: mL = mx + mLM
[Gl. 12-4]
Die Einheit des Massenanteils ist g/g. Oft wird der Massenanteil w jedoch in % angegeben. Dazu multipliziert man mit 100%: w(x) =
mx mx ⋅ 100% = ⋅ 100% mL m L + m LM
[Gl. 12-5]
• Beispielaufgabe 1: Wie groß ist der Massenanteil einer Kochsalz-Lösung, wenn 35 g Natriumchlorid NaCl in 1000 g Wasser gelöst werden? Aufgabenlösung: Die Masse der Lösung mL errechnet sich zu
12.6 Errechnen von Anteilen und Konzentrationen
mL = mx + mLM = 35g + 1000 g = 1035 g
143
[Gl. 12-6]
der Massenanteil w(x) nach: w(x) =
mx 35 g ⋅ 100% w(NaCl) = ⋅ 100% = 3,4% mL 1035 g
[Gl. 12-7]
So könnte man z.B. näherungsweise künstliches Meerwasser herstellen, wenn es darin nur auf das Natriumchlorid NaCl ankäme. • Beispielaufgabe 2: Wie viele Gramm Kaliumsulfat K2SO4 und wie viele Gramm Wasser müssen abgewogen und gemischt werden, wenn man 500 g Kaliumsulfatlösung mit einem Masseanteil w(K2SO4) von 10% erhalten will? Aufgabenlösung: Es gilt 10% =
mx ⋅ 100%, 500 g
[Gl. 12-8]
Die Masse mx des gelösten Stoffes wird mx =
10% ⋅ 500 g = 50 g 100%
[Gl. 12-9]
Die Masse des Lösemittels mLM ergibt sich aus mL = mx + mLM und mLM = mL_ mx zu mLM = 500g _ 50g = 450 g
[Gl. 12-10]
Wenn man also 50 g Kaliumsulfat K2SO4 in 450 g Wasser löst, erhält man eine 10%ige Lösung. • Beispielaufgabe 3: Wie viele Gramm Wasser braucht man, wenn man 100 g Kaliumchlorid KCl hat und eine Lösung von 12% ansetzen will? Aufgabenlösung: Durch Einsetzen in die Formel
mx mx = mL m L + m LM
[Gl. 12-11]
100 g ⋅ 100% 100 g + m LM
[Gl. 12-12]
w(x) = erhält man 12% =
144
12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen
und
mLM =
12% . (100g + mLM) = 100 g . 100%
[Gl. 12-13]
12% . 100 g + 12% . mLM = 10 000 g%
[Gl. 12-14]
10000 g% − 1200 g% = 8800g: 12 = 733,3 g 12%
[Gl. 12-15]
Man muss also die 100 g Kaliumchlorid KCl mit 733,3 g Wasser lösen. Berechnung des Volumenanteils Unter dem Volumenanteil φ versteht man bei Mischungen von Flüssigkeiten den Quotienten aus dem Volumen Vx eines Stoffes und der Summe aus Vx und Vy der an der Mischung beteiligten Stoffe vor dem Mischen. Das ist wichtig, weil die Volumenkontraktion (= Volumenschwund) unberücksichtigt bleibt. Darunter versteht man die Tatsache, dass zwei Volumina sich beim Mischen nicht genau addieren, sondern ein geringeres Volumen ergeben, als es der Summe beider gemischter Volumina entspräche. Wenn man zum Beispiel einen Liter Wasser und einen Liter Ethanol mischt, erhält man nicht 2 L oder 2000 mL Alkohol-Wasser-Gemisch sondern nur 1850 mL. Die Differenz von 150 mL Volumen sind beim Mischen verschwunden. Als Modellversuch kann man einen Liter Sand mit einem Liter Kieselsteinen mischen. Weil der Sand die Zwischenräume zwischen den Steinen füllt, geht dieser Sandanteil für die Volumenmessung verloren, so dass sich das Gesamtvolumen aus Sand und Kies nicht additiv aus der Summe der Volumina des eingesetzten Sandes und Kieses ergibt, sondern deutlich niedriger liegt. Der Volumenanteil φ berücksichtigt nicht die Volumenkontraktion: φ(X) =
Vx ⋅ 100% Vx + Vy
[Gl. 12-16]
• Beispielaufgabe 4: Wie groß ist der Volumenanteil φ für Ethanol, wenn man 100 mL Ethanol und 200 mL Wasser mischt? Aufgabenlösung: φ(Et) =
VEt ⋅ 100% VEt + VWasser
[Gl. 12-17]
12.6 Errechnen von Anteilen und Konzentrationen
φ(Et) =
100 mL . 100% = 33,3% 100 mL + 200 mL
145
[Gl. 12-18]
Berechnung der Massenkonzentration Unter der Massenkonzentration β versteht man den Quotienten aus der Masse mx und dem Volumen V der Lösung. In der Praxis wird meistens die Einheit g L–1 verwendet. Oft wird aber auch auf 100 mL statt auf einen Liter bezogen. Dann wird die Massenkonzentration in der Einheit g/100 mL angegeben. In jedem Fall gilt aber: β(X) =
mx V
[Gl. 12-19]
Berechnung der Volumenkonzentration Unter Volumenkonzentration versteht man den Quotienten aus dem Volumen der zu mischenden Flüssigkeit und dem Volumen V der Mischung nach dem Mischvorgang. Die Volumenkontraktion wird hier also berücksichtigt. Man muss deshalb unter den Angaben Volumenanteil und Volumenkonzentration gut unterscheiden. Die Volumenkonzentration wird üblicherweise in mL/L bzw. mL L–1 oder cm3 L–1 angegeben. Für die Volumenkonzentration gilt: σ (X) =
Vx V
[Gl. 12-20]
• Beispielaufgabe 5: Wie groß sind der Volumenanteil und die Volumenkonzentration an Ethanol, wenn 1 L Wasser mit 1 L Ethanol gemischt werden und 1850 mL Mischungsvolumen entsteht? Aufgabenlösung: Der Volumenanteil lässt sich berechnen nach φ(Et) =
1000 mL ⋅ 100% = 50% 1000 mL + 1000 mL
[Gl. 12-21]
Die Volumenkonzentration berechnet sich nach σ (X) =
[Gl. 12-22] Vx 1000 mL = = 541 mL/L oder 541 mL L–1 V 1,85 L
146
12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen
Berechnung der Stoffmengenkonzentration Unter der Stoffmengenkonzentration c(x) versteht man den Quotienten aus der Stoffmenge nx und dem Volumen V der Lösung. c(x) =·
nx V
[Gl. 12-22]
Die alte Bezeichnung für die Stoffmengenkonzentration ist Molarität. Sie wird durch die heute geltende Konzentrationsangabe „Stoffmengenkonzentration“ abgelöst (vgl. Kapitel 12.4). Die Stoffmenge nx ist der Quotient aus der Masse mx und seiner molaren Masse Mx: nx =
mx Mx
[Gl. 12-23]
• Beispielaufgabe 6: Wie viele Gramm Natriumchlorid braucht man, wenn 5 L einer Kochsalzlösung der Konzentration c(NaCl) = 0,5 mol L–1 hergestellt werden sollen? Aufgabenlösung: Es gilt c(x) =
nx und nx = c(x) . V V
n(NaCl) = 0,5 mol L–1 · 5 L = 2,5 mol
[Gl. 12-24]
[Gl. 12-25]
Die molare Masse von NaCl beträgt M(NaCl) = 58,5 g mol–1. Aus nx =
[Gl. 12-26]
mx = nx . Mx = n(NaCl) . Mx = 2,5 mol · 58,5 g mol–1
[Gl. 12-27]
oder ergeben sich 146 g NaCl. Löst man also 146 g Kochsalz in 5 L Gesamtvolumen, erhält man eine Kochsalzlösung der Stoffmengenkonzentration c(NaCl) = 0,5 mol L–1.
13 Stoffe trennen
In der Natur kommen die Stoffe selten als Reinsubstanzen vor. Vielmehr bilden sie durch Vermischung homogene oder heterogene Systeme. Substanzen, die man mit physikalischen Trennmethoden wieder in ihre Ausgangsstoffe (Komponenten) trennen kann, nennt man Gemische (Tabelle 13-1). Sie können homogen (einphasig) oder heterogen (mehrphasig) sein: Tabelle 13-1. Stoffmischungen verschiedener Aggregatzustände System
Komponenten
Zustand
Typ
Beispiel
fest
fest/fest
homogen
Legierung
Glas
heterogen
Gemenge
Gartenerde
homogen
Gel
Trenngel
heterogen
Teig
Paste
gasförmig/fest
heterogen
Hartschaum Siedestein
flüssig/fest
homogen
Lösung
Honig
heterogen
Suspension
Schlamm
homogen
Lösung
Ethanol in Wasser
heterogen
Emulsion
Milch
homogen
Lösung
Salzsäure
heterogen
Schaum
Sahne
heterogen
Aerosol
Rauch
heterogen
Aerosol
Nebel
flüssig/fest
flüssig
flüssig/flüssig gasförmig/flüssig gasförmig fest/gasförmig flüssig/gasförmig
gasförmig/gasförmig homogen
Gasgemisch Luft
Bei homogenen Gemischen lassen sich die Bestandteile auch bei mikroskopischer Analyse nicht erkennen. Heterogene Gemische sind dagegen fallweise schon mit dem bloßen Auge als solche erkennbar. Sofern eine Stofftrennung mit physikalischen Methoden nicht möglich ist, spricht man von reinen Stoffen, die grundsätzlich einphasig sind.
148
13 Stoffe trennen
Die schon lange tradierte lateinische Sentenz „Corpora non agunt nisi soluta“ (die Stoffe reagieren nur, wenn sie gelöst sind) gilt streng genommen nur im physiologisch-biochemischen Kontext. Im Labor und in der Natur sind chemische Reaktionen beispielsweise auch zwischen Feststoffen, zwischen Feststoffen und zwischen Gasen untereinander möglich. Zu den Routineaufgaben im Labor gehört es, Stoffe aus Gemengen und/oder Gemischen für analytische oder präparative Zwecke zu entfernen oder in hochreiner Form zu isolieren. Für solche Stofftrennungen sind zahlreiche Verfahren entwickelt worden, von denen dieses Kapitel nur einige Basistechniken auswahlweise vorstellen kann. Einen orientierenden Überblick über die verschiedenen Verfahren bietet die nachfolgende Tabelle 13-2: Tabelle 13-2. Trennverfahren in Chemie und Biochemie (Auswahl) Ausgangsgemisch
optionales Trennverfahren
behandelt in
gelöste Feststoffe
(fraktionierte) Fällung
Kapitel 13.1
Abdampfen / Einengen
Kapitel 13.1
Gel-Filtration Chromatographie
Kapitel 15
Elektrophorese
Kapitel 15
Vakuumdestillation
Kapitel 13.3
Gefriertrocknung
Kapitel 13.1
Kristallisieren suspendierte Feststoffe Lösemittelgemische
Filtration
Kapitel 13.2
Zentrifugation
Kapitel 14
(fraktionierte) Destillation
Kapitel 13.3
Ausschütteln
Kapitel 13.4
Ausfrieren
13.1 Fällung
149
13.1 Fällung Die Fällung, fallweise auch Ausfällung, Ausflockung, Koagulation oder Präzipitation genannt, hat die Überführung eines gelösten Stoffes in eine möglichst schwerlösliche Verbindung zum Ziel: Die Lösung wird dabei mit einer geeigneten Reagenzlösung (Fällungsreagenz) im leichten Überschuss so versetzt, dass eine quantitative Entfernung der zu gewinnenden Substanz aus der Lösung erfolgt. Die ausgefällte Substanz nennt man Niederschlag oder Präzipitat. Fällungsreaktionen gelingen nicht mit allen Stoffen. Sie sind im Allgemeinen möglich mit Ionen, die neben leicht- auch schwerlösliche Verbindungen eingehen. Ein Beispiel ist die Fällung von Sulfat-Ionen SO42– aus einer Lösung von Natriumsulfat Na2SO4 mithilfe von Bariumchlorid BaCl2: 2 Na+ + SO42– + Ba2+ + 2 Cl– → BaSO4 ↓ + [2 NaCl]
[Gl. 13-1]
Mit dem senkrecht nach unten weisenden Pfeil ↓ in Gleichung 13-1 deutet man in Reaktionsgleichungen an, dass die so markierte Verbindung den Niederschlag bzw. das Präzipitat liefert, während die übrigen aufgeführten Komponenten in Lösung bleiben. Für anschließende quantitative Bestimmungen wird der Niederschlag durch Filtration (Kapitel 13.2) oder Zentrifugation (vgl. Kapitel 14) von der Lösung abgetrennt. Soll aus dieser Lösung das Natriumchlorid NaCl zurückgewonnen werden, führt der Weg nicht über eine erneute Fällung, da im vorliegenden Beispiel schwerlösliche Na-Salze fehlen, sondern wie in allen ähnlichen Fällen über das Abdampfen des Lösemittels Wasser. Auch gelöste Makromoleküle lassen sich durch Fällung anreichern. Proteine bleiben so lange in Lösung, wie ihre geladenen Oberflächen mit den Molekülen des Lösemittels in Wechselwirkung stehen und beispielsweise Hydrathüllen ausbilden können. Unterbindet man diese Wechselwirkung, reagieren die Proteinmoleküle untereinander oder zumindest intramolekular und bilden große, unlösliche Aggregate mit stark veränderter Raumstruktur (Konformation). Zur Proteinfällung kann man daher alle Verfahren einsetzen, welche die Hydrathülle angreifen, beispielsweise anorganische Salze oder bestimmte organische Lösemittel wie Ethanol. In biochemischen Anwendungen werden Enzymproteine aus Rohextrakten meist durch Zugabe von Ammoniumsulfat (NH4)2SO4 ausgefällt bzw. ausgesalzen, wobei Menge und Geschwindigkeit der Salzzugabe vom jeweiligen Protein abhängt und eigens ausgetestet werden muss. Nur bei schonender, schrittweise erfolgender (fraktionierter) (NH4)2SO4-Zugabe wird eine irreversible Denaturierung mit komplettem Funktionsverlust verhindert.
150
13 Stoffe trennen
Eine in der Biochemie häufig eingesetzte Methode zur Entfernung von Salzen oder anderer Komponenten relativ niederer Molekularmassen aus einer Protein-Lösung ist die Dialyse. Dazu wird die Protein-Lösung in einen Dialysierschlauch gefüllt, der in ein großes Volumen einer kalten PufferLösung mit geringer Ionenstärke eintaucht. Das Schlauchmaterial ist semipermeabel (semiselektiv) und lässt nur Moleküle oder Ionen niedriger Molekularmasse, nicht jedoch die Proteinmoleküle passieren. Bei der bereits oben erwähnten Methode des Abdampfens wird das Lösemittel aus einer Lösung entfernt, wobei der gelöste Stoff eventuell in kristalliner (kristallisierter) Form anfällt. Mehrfaches Auflösen und erneutes Rekristallisieren lassen sich auch dann einsetzen, wenn ein bestimmter Stoff in besonders reiner Form gewonnen werden soll. Da die Verdampfung eines Lösemittels zwar durch Temperatur beschleunigt werden kann, aber eine stärkere Erwärmung bei thermolabilen Biomolekülen eventuell schädigend wirkt, bietet sich als Alternative die weitaus schonendere Gefriertrocknung oder Lyophilisation an: Die eingefrorene Lösung wird in kleinen Rundkolben oder anderen geeigneten Glasgefäßen an eine Vakuumpumpe angeschlossen. Unter Vakuumbedingungen geht das gefrorene Wasser aus der Probe durch Sublimation direkt in den gasförmigen Zustand über und wird aus dem Probenraum durch die Pumpe abgeführt. Die Gefriertrocknung biologischer Materialien setzt man auch bei der Probenaufbereitung für die Elektronenmikroskopie ein. Das Gegenteil einer Osmose ist die Umkehrosmose. Hierbei wird das Lösemittel (Solvens, vgl. Kapitel 12.2) durch eine semipermeable (semiselektive) Membran unter stark erhöhtem Druck von seinem gelösten Stoff (Solut) getrennt: Die Lösemittelmoleküle passieren druckabhängig die Membranzwischenräume, während das Solut gleichzeitig aufkonzentriert wird. Die aufzuwendenden Drucke betragen meist das Doppelte des osmotischen Druckes in der Ausgangslösung. Bei der Meerwasserentsalzung arbeitet man gewöhnlich bei 60–80 bar. Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet ist die Gewinnung von Reinstwasser für medizinische Zwecke oder die Aufkonzentrierung von Traubenmost bei der Weinbereitung.
13.2 Filtration Bei der Filtration durchläuft ein Stoffgemisch einen Filter, dessen Porengröße im Allgemeinen kleiner ist als die Partikeln, die er zurückhalten soll. Ein häufig verwendetes Filtermaterial beim Filtrieren unter Normaldruck sind Papierfilter. Schwarzbandfilter zeichnen sich durch eine relativ große Porenweite aus und filtrieren daher ziemlich schnell. Filter mittlerer Poren-
13.2 Filtration
151
größe (Weißbandfilter) arbeiten bereits deutlich langsamer. Die sehr dichten, weil besonders kleinporigen Blaubandfilter werden für besonders feine Suspensionen verwendet. Die genauen Filterbezeichnungen sind herstellerabhängig verschieden. Laborübliche Filtrationsgeräte sind entweder a) Filtertrichter mit eingelegtem Falten- bzw. Spitzfilter, b) Büchner-Trichter bzw. Nutschen, die einen flachen, durchlöcherten Boden aufweisen und mit einem Rundfilter ausgelegt werden, oder c) Filtrationsgefäße mit Sinterplatten (Fritten) unterschiedlicher Porengröße.
Glasstab Papierfilter Filterhalter Filtertrichter
Filtrat
Abb. 13-1. Filtrieren unter Normaldruck durch ein Papierfilter
Beim Filtrieren unter Normaldruck feuchtet man den Papierfilter mit Lösemittel an und drückt ihn an die Filtertrichterwand, um Luftblasen zu verdrängen. Der obere Filterrand sollte mindestens 1 cm unter dem Trichterrand liegen. Die zu filtrierende Flüssigkeit wird – am besten mithilfe eines Glasstabs – auf den Filter aufgetragen. Das Trichterrohr (auch Filterhals genannt) darf nicht in die filtrierte Flüssigkeit (= Filtrat) eintauchen, sollte aber die Wand des Aufnahmegefäßes berühren, weil dadurch der Ablauf begünstigt wird (Abb. 13-1). Bei der Vakuumfiltration (Unterdruckfiltration) verwendet man einen mit einem Rundfilter aus Papier oder mit Glaswolle bzw. Textilfasern ausgelegten Büchner-Trichter (Nutsche) in Verbindung mit einer Saugflasche (Abb. 13-2) und einer der Sicherung dienenden nachgeschalteten Woulfe’schen Flasche. Die Vakuumpumpe (elektrische Laborpumpe, Wasserstrahlpumpe) wird bei geöffnetem Belüftungshahn in Gang gesetzt. Dann füllt man von der zu filtrierenden Lösung kleine Teilmengen in den Trich-
152
13 Stoffe trennen
ter (Nutsche) und stellt durch Schließen des Hahns die gewünschte Filtrationsgeschwindigkeit so ein, dass Zu- und Ablauf ungefähr gleich groß sind. Nach Abschluss der Filtration öffnet man zunächst den Belüftungshahn und schaltet dann erst die Pumpe ab. Alternativ zur hier kurz vorgestellten Unterdruckfiltration lässt sich mit speziellen Geräten auch eine Überdruck- oder Hochdruckfiltration durchführen. Diese kommt unter anderem bei industriellen Anwendungen zum Einsatz. Rundfilter Büchner-Trichter (Nutsche) Zweiwegehahn Vakuumschlauch Vakuumpumpe Saugflasche
Woulfe‘sche Flasche
Abb. 13-2. Vakuumfiltration mit Saugflasche und Büchner-Trichter (Nutsche)
Bei beiden Verfahren können das von Partikeln geklärte Filtrat und der auf dem Filtermaterial zurückbleibende Filterkuchen mit den jeweils anzuwendenden Methoden getrennt weiter verarbeitet werden, beispielsweise durch Trocknen und Wägen des Filterrückstands oder Photometrieren des Filtrats. Eine Sonderform der Vakuumfiltration ist die Membranfiltration. Membranfilter bestehen meist aus derivatisierter Cellulose oder anderen Polymeren mit Porengrößen zwischen 12 und 0,2 μm. Sie werden als Rundfilter in speziellen Geräten auf eine mit Planschliffanschlüssen ausgerüstete Glasfritte gelegt, die über Normschliffe mit dem Auffanggefäß verbunden ist (Abb. 13-3). Membranfilter werden vor allem in der Mikrobiologie eingesetzt und sind sterilisierbar. Sie dienen auch der Entfernung kleiner Partikelmengen aus einer Lösung bzw. einem Extrakt. Für die Filtration besonders kleiner Flüssigkeitsmengen von nur etwa 1–5 mL verwendet man vorteilhaft einen Einmal-Membranfiltervorsatz für Luer-Spritzen (Abb. 13-3). Diese Geräte werden auch im medizinischen Bereich eingesetzt.
13.3 Destillation
153
Membranfilter Vakuumanschluss Normschliffanschluss
Abb. 13-3. Membranfiltration (links) und Filtervorsatz für Spritzen (rechts)
13.3 Destillation Ebenso wie die Filtration ist auch die Destillation ein physikalisches Verfahren zur Stofftrennung. Sie nutzt die Tatsache, dass verschiedene Stoffe unterschiedliche Siedetemperaturen aufweisen. Stoffgemische verschiedener Flüssigkeiten werden bei normalem oder bei reduziertem Druck durch Erwärmen schrittweise verdampft und aus der Gasphase an anderer Stelle wieder kondensiert. Den Aufbau einer Destillationsapparatur zeigt Abb. 13-4. Wird der Druck in Glasgefäßen reduziert oder erhöht, müssen grundsätzlich besondere Sicherheitsvorkehrungen nach den Angaben von Geräteherstellern sowie Sicherheitsexperten getroffen werden. Im einfachen Fall liegt ein nur aus zwei Lösemitteln bestehendes (= binäres) Stoffgemisch vor. Wenn es sich um ein ideales Gemisch handelt, sind die Komponenten durch Destillation zu trennen. Die Siedetemperatur des Gemisches liegt zwischen derjenigen der niedersiedenden und der höhersiedenden Komponente. Sie ist abhängig von den relativen Dampfdrucken und vom jeweiligen Stoffmengenanteil der beiden Komponenten. Azeotrope Gemische mit einem gemeinsamen Siedepunkt verhalten sich dagegen wie eine Reinsubstanz und sind durch Destillation nicht zu trennen, beispielsweise ca. 96%iges Ethanol mit seinem Wasseranteil von ca. 4%. Bei einer Gleichstromdestillation wird ein binäres Gemisch durch einmaliges Verdampfen und Kondensieren in seine Komponenten getrennt – in diesem Fall sollten sich die Siedepunkte um mindestens 100 °C unterscheiden.
154
13 Stoffe trennen Verdampfen
Kondensieren
Fraktionieren
Kühlwasserablauf Liebig-Kühler Destilliervorstoß
Destillieraufsatz Kolonne Kühlwasserzulauf Stockthermometer Sumpf Destillierkolben Heizbad Vorlage
Abb. 13-4. Aufbau und Funktionsteile einer Destillationsapparatur
Liegen sie dagegen deutlich näher beieinander, führt man eher eine Gegenstromdestillation (= Rektifikation) mit Rückflusseffekten durch. Dazu wird entweder die Kolonne (vgl. Abb. 13-4) mit besonderen Füllkörpern beschickt, beispielsweise mit Raschig-Ringen (kurze Rohrstücke) oder Drahtwendeln, oder man verwendet einen speziellen Kolonnentyp, der mehrere Trennstufen aufweist wie die Vigreux- oder die GlockenbodenKolonne. Solche Vorrichtungen verlängern im Wesentlichen die Einwirkungszeit der jeweils eingestellten Temperatur und verbessern somit die Komponententrennung. Als Sonderfall einer Destillation unter vermindertem Druck (Vakuumdestillation) lässt sich der Einsatz eines Rotationsverdampfers (Abb. 13-5) auffassen. Mit diesem Gerät werden Extrakte durch Einengen unter Vakuumbedingungen aufkonzentriert, weil der durch eine angeschlossene Vakuumpumpe (Wasserstrahlpumpe genügt meistens) gegebenenfalls stark verminderte Druck den Siedepunkt des Lösemittels um mehrere Dutzend Grad Celsius herabsetzt. Ein schräg gestellter rotierender Destillationskolben erhält als Aufsatz einen Intensivkühler, an dem das abdestillierte Lösemittel kondensiert und einem Auffangkolben zugeführt wird. Entweder engt man das Lösemittelvolumen im Vakuum weitgehend ein oder dampft es völlig ab, so dass der getrocknete Rückstand in einem anderen Lösemittel aufgenommen werden kann. Dieses Gerät ist nur unter Beachtung besonderer Sicherheitsvorschriften (beispielsweise Splitterschutzvorhang oder Schutzgitter) einzusetzen.
13.4 Schütteltrennung Kühlwasserablauf
Drehmotor
155
Steuerungseinheit
Intensivkühler Kühlwasserzulauf
rotierender Verdampfungskolben
Belüftungshahn Vakuumanschluss
Heizbad
Auffangkolben
Abb. 13-5. Aufbau eines Rotationsverdampfers zum Einengen von Lösungen oder Extrakten Normschliffstopfen
Oberphase (organisches Lösemittel) Unterphase (wässriges Lösemittel)
Abb. 13-6. Phasentrennung zweier Lösemittel in einem Scheidetrichter
13.4 Schütteltrennung Die Schütteltrennung nutzt die Tatsache aus, dass sich polare und apolare Lösemittel nicht mischen lassen, sondern nach Schütteln und Emulsionsbildung (Tröpfchen in Flüssigkeit) im Schüttel- bzw. Scheidetrichter ein Zweiphasensystem bilden, wobei sich das spezifisch leichtere Lösemittel – im Allgemeinen die apolare Lösung – als Oberphase über der spezifisch schwereren polaren Unterphase absetzt (vgl. Abb. 13-6).
156
13 Stoffe trennen
Je nach Emulsionsgrad kann die weitgehend vollständige Trennung einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Phasen werden entweder nacheinander durch den Schliffhahn abgelassen oder mithilfe einer Pipette durch die obere Öffnung entnommen. Beispiele für die Anwendung einer solchen Schütteltrennung sind die Separation lipophiler und hydrophiler Pflanzenpigmente (Chlorophylle/Carotenoide vs. Anthocyane oder Betalaine) aus Gesamtextrakten oder die Bereitung bestimmter Trennsysteme für die Dünnschichtchromatographie wie wassergesättigtes n-Butanol. Weitere Stofftrenntechniken stellt Kapitel 15 (Chromatographieren und Elektrophorese) vor.
14 Zentrifugieren
Jedes Objekt, das mit konstanter Winkelgeschwindigkeit kreisförmig bewegt wird, erfährt eine nach außen gerichtete Beschleunigung. Diese Tatsache nutzt man beim Zentrifugieren aus, wobei man Zellen (Bakterien, Protisten, Gewebekulturen), Organellen (Mitochondrien, Plastiden, Lysosomen u.a.) und Kleinstpartikeln wie Makromoleküle (Viren) aus einer Lösung präparativ abtrennt bzw. anreichert. Vor allem in biochemisch-physiologisch arbeitenden Labors gehört der Einsatz der (Hochgeschwindigkeits-) Zentrifugation zu den wichtigsten Routinetrennmethoden. Ein erheblicher Teil der heute gewaltig angewachsenen Detailkenntnisse über Zellaufbau und Zellfunktionen konnte sich nur entwickeln, weil erst die ausgefeilten Zentrifugationstechniken die notwendigen Voraussetzungen für eingehendere Feinanalysen sauber präparierter Zellfraktionen boten. Wichtigste Kenngröße einer Zentrifugation ist die relative Zentrifugalbeschleunigung (RZB, auch RFC = relative centrifugal force), die ein Teilchen beim Zentrifugenlauf erfährt. Den RZB-Wert gibt man meist in Vielfachen der Erdbeschleunigung g (g = 9,81 m s–2) an. Der genaue Wert hängt vom Radius des jeweils verwendeten Zentrifugenrotors und von der Umdrehungszahl (upm = Umdrehungen pro Minute oder rpm = revolutions per minute) ab. Die Umdrehungszahl und die Beschleunigung g lassen sich über die folgende Beziehung leicht ineinander umrechnen, wobei der Rotorradius r in mm anzugeben ist: g = 1,12 × 10–6 × r × upm2
[Gl. 14-1]
Der Rotorradius ist die kürzeste Distanz von der Mitte der Rotorachse bis zur Spitze des Zentrifugengefäßes. Er ist im Allgemeinen für jeden speziellen Gerätetyp aus den Herstellerangaben zu entnehmen. Bei Verwendung eines Festwinkelrotors mit schräg eingestellten Gefäßen ist bei der Berechnung der benötigten g- bzw. RZB-Zahlen zu berücksichtigen, dass sich die Rotationsradien zwischen Gefäßrand und Gefäßboden unterscheiden, was beträchtliche Unterschiede der Zentrifugalbeschleunigung innerhalb einer Probe zur Folge haben muss.
158
14 Zentrifugieren
14.1 Rotoren und Zentrifugen Je nach Trennproblem setzt man im präparativ oder analytisch arbeitenden Labor verschiedene Rotortypen und Zentrifugen ein. Als Rotor verwendet man meist einen der folgenden drei Haupttypen, die allesamt bestimmte methodische Vorzüge bieten, aber auch Nachteile aufweisen: •
Ausschwing- oder Horizontalrotor Das Zentrifugengefäß mit der Probenaufnahme (Gehänge) schwingt während des Laufs nahezu horizontal in die Rotationsebene des Rotors aus (Abb. 14-1).
•
Festwinkelrotor Das Zentrifugengefäß bleibt während des Laufs in einem konstanten Winkel zur Rotationsachse.
•
Durchflussrotor Der Rotor ist mit Anschlüssen für den Probenein- und -auslass ausgestattet und erlaubt die schonende Sedimentation von Teilchen aus großen Flüssigkeitsmengen, beispielsweise von Bakterien aus Fermenterkulturen. Solche Zentrifugen werden auch im industriellen Bereich eingesetzt. Der Flüssigkeitsdurchsatz liegt modellabhängig bei mehreren Litern in der Minute. Probenaufnahme Gehänge
Rotationsachse
Abb. 14-1. Festwinkelrotor (links) und Ausschwingrotor in Arbeitsstellung (rechts)
Weitere für Spezialanwendungen einzusetzende Rotortypen sind der Vertikal-, Fastvertikal- und Zonalrotor. Bei den laborüblichen Zentrifugen unterscheidet man je nach Anforderungsprofil die in Tabelle 14-1 aufgelisteten Typen. Die Auswahl eines geeigneten Zentrifugationsverfahren hängt im Wesentlichen von der abzutrennenden Teilchengröße ab. Bei Hochgeschwindigkeitszentrifugen läuft der Rotor im Hochvakuum.
14.2 Zentrifugationsverfahren
159
Tabelle 14-1. Laborübliche Zentrifugentypen und ungefähre Leistungsdaten Typ
Tischzentrifuge
Upm
Ar1 4 800 Fw1 14 000
Gefäß- Verwendung zur Sevolumen dimentation von (mL)
3 800 14 000
2–250
Zellen
4 600
2–75
Blutzellen
Fw 13 000 16 000
0,5–2
Fällungen
Hochleistungszentri- Fw 50 000 75 000 fuge
5–50
Bakterien, Fällungen
Ultrazentrifuge
5–100
Organellen, Membranen, Viren, Makromoleküle wie Proteine und DNA
Klinische Zentrifuge Ar Mikrozentrifuge
1
g
6 000
Fw 100 000 800 000
Ar = Ausschwingrotor, Fw = Festwinkelrotor
14.2 Zentrifugationsverfahren Bei einer differenziellen Zentrifugation werden die abzutrennenden Teilchen entsprechend dem Dichteunterschied zwischen Partikeln und Flüssigkeit als Sediment (Pellet) am Boden des Zentrifugengefäßes abgesetzt. Bei einer Dichtegradientenzentrifugation werden die in einer Probe befindlichen Teilchen entsprechend ihrer Größe in einem Flüssigkeitsgradienten sortiert. Wenn die Teilchendichte ungefähr die gleiche Schwimmdichte, aber verschiedene Größen aufweist, spricht man von Zonenzentrifugation. In diesem Fall muss man die Zentrifugation abbrechen, bevor sich alle Partikeln als Sediment am Gefäßboden angesammelt haben. Die benötigten Gradienten, beispielsweise aus einer Saccharose-Lösung, werden üblicherweise von einem elektronisch gesteuerten Gradientenmischgerät angemischt. Man kann je nach Trennproblem im Zentrifugengefäß lineare, gestufte oder komplexe Gradienten aufbauen. Das Verhalten eines Teilchens bei der Zentrifugalbeschleunigung hängt außer vom Abstand zur Rotorachse von seinem Volumen ϕ, seiner Dichte ρP, der Dichte des Mediums ρM und dem Reibungskoeffizienten f des Mediums ab. Mit diesen Größen lässt sich der Sedimentationskoeffizient nach folgender Beziehung ausdrücken: s = ϕ (ρP – ρM)/f
[Gl. 14-2]
160
14 Zentrifugieren
Der Sedimentationskoeffizient hat nach dieser Beziehung die Dimension Sekunde (s). Man bezeichnet ihn nach dem schwedischen Chemiker Theodor Svedberg (1884–1971, Nobelpreis 1926) auch als SvedbergEinheit S. Bei vielen biologisch bedeutsamen Partikeln ist der Sedimentationskoeffizient deutlich größer als 10–13 s. Für bakterielle Ribosomen beträgt die Svedberg-Einheit rund 70 × 10–13 s, für Eucyten-Ribosomen dagegen 80 × 10–13 s. Daher spricht man bei der Größenbeschreibung vereinfachend von 70 S- bzw. 80 S-Ribosomen. Wenn die mittlere Teilchendichte ungefähr der Dichte des Gradientenmaterials entspricht, heißt das Verfahren Isopyknische Zentrifugation. Mit diesem Verfahren werden vor allem subzelluläre Bestandteile bei bis zu 200 000 g in 24–72 h dauernden Zentrifugationen angereichert. Die Gleichgewichtszentrifugation ist das dritte Verfahren der Dichtegradientenzentrifugation – sie trennt die Teilchen nach ihrer Schwimmdichte und nicht nach der Sedimentationsgeschwindigkeit. Geeignete Zentrifugationsgefäße bietet der Fachhandel entsprechend den unterschiedlichen Zentrifugen- und Rotortypen in großer Anzahl und Typenbandbreite an. Die weitaus meisten Gefäße sind je nach Material (Glas, Polycarbonat, Polypropylen, Polyethylen u.a.) transparent bis durchscheinend und können nach Reinigung wieder verwendet werden. Sollen die durch eine Dichtegradientenzentrifugation angereicherten Banden durch Anstechen (Punktieren) entnommen werden, sind meist Ausfertigungen aus Spezialmaterialien erforderlich. Außer den meist röhrenförmigen Einzelgefäßen lassen sich in entsprechend ausgestatteten Laborzentrifugen auch so genannte Mikrotiterplatten mit zahlreichen Probennäpfen zentrifugieren.
Probe Überstand
Dichtegradient Pellet
Abb. 14-2. Differenzielle (links) und Dichtegradienten-Zentrifugation (rechts)
Beim Zentrifugieren einer Probe sind jeweils die folgenden Maßnahmen besonders zu beachten:
14.2 Zentrifugationsverfahren
• • • • •
161
Vor dem Trennlauf unbedingt mit der vorschriftsmäßigen Bedienung der Zentrifuge vertraut machen bzw. einweisen lassen. Wahl der Zentrifugengefäße (eventuell vorgekühlt!) hinsichtlich Größe und Material dem Trennproblem angemessen auswählen. Zentrifugenkühlung überprüfen und gegebenenfalls justieren. Zentrifugengefäße bei verschiedenen Proben zur Vermeidung von Probenverwechslungen markieren oder die vorgesehenen Stellplätze im Rotor bzw. in den Gehängen notieren. Größere Zentrifugengefäße mit der Probenflüssigkeit nur bis etwa 2 cm unter den Rand befüllen.
Abb. 14-3. Richtige (links) und falsche (rechts) Beladung eines Ausschwingrotors
• Gefäße grundsätzlich mit einer Balkenwaage austarieren: Jedes Zentrifugengefäß muss im Festwinkel- oder Ausschwingrotor einem exakt gleich schweren gegenüber platziert werden, damit keine gefährlichen Unwuchten auftreten (Abb. 14-3). • Bei der Verwendung von Glasgefäßen oder konisch zulaufenden Zentrifugenröhrchen aus Kunststoff muss der Boden der Probenaufnahme im Festwinkel- oder Ausschwingrotor mit einem Adaptor (Einsatz) aus Gummi versehen werden, mit dem die mechanische Belastung der Gefäßböden verringert wird. Das Vorhandensein von Adaptoren unbedingt kontrollieren, weil die Gefäße anderenfalls während des Laufs zerbrechen können. • Sofern man einen Ausschwingrotor benutzt, werden jeweils die einzelnen Gehänge gegeneinander austariert. Vor dem Schließen und Starten der Zentrifuge unbedingt kontrollieren, dass jedem Zentrifugengefäß ein gleich schweres gegenübersteht (Abb. 14-3)! • Alle Rotortypen grundsätzlich mit dem dafür vorgesehenen Deckel verschließen (Achtung: Linksgewinde!) und Verriegelung nur mäßig fest anziehen.
162
14 Zentrifugieren
• Zentrifuge verschließen und bei einem Hochgeschwindigkeitslauf die gewünschte Upm-Zahl nach der Zeitvorwahl erst nach dem Anlaufen langsam steigern. • Sollten starke Vibrationen auftreten, Zentrifuge sofort wieder ausschalten. • Automatische Rotorbremse nur einstellen, wenn eine Pelletierung erwünscht ist. Bei Dichtegradientenzentrifugation Rotorbremse ausschalten. • Auslaufenden Rotor nach dem Abschalten der Zentrifuge niemals mit der Hand zu stoppen versuchen. • Nach dem Stillstand des Rotors Deckel öffnen und die Proben einzeln und vorsichtig entnehmen, um weder Gradienten noch Pellets zu verwirbeln. • Je nach gewünschter Fraktion entweder den Überstand (beispielsweise bei Enzympräparationen) oder das Pellet entnehmen (vgl. Abb. 14-4).
Abb. 14-4. Beim Entnehmen des Überstandes durch Absaugen muss das Pellet außerhalb der Pipettenspitze und beim Dekantieren jeweils oben liegen
15 Chromatographie und Elektrophorese
Die heute zu hohem technischem Standard ausgereiften chromatographischen Trennmethoden stammen ursprünglich aus der Farbstoffchemie. Auf der Grundlage der eher zufällig entdeckten Trennung pflanzlicher Pigmente an besonders saugfähigem Papier, seinerzeit Kapillaranalyse genannt, entwickelte man bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts leistungsfähige Verfahren zur Isolierung und Kennzeichnung der Komponenten gefärbter Naturstoffgemische. Generell nutzen die chromatographischen Verfahren zur Stofftrennung Wechselwirkungen der chromatographierten Substanzen zwischen der stationären und der mobilen Phase aus. Die verschiedenen Verfahren lassen sich nach verschiedenen technischen Aspekten einteilen. Üblich ist die Unterscheidung nach den zu Grunde liegenden Trennprinzipien (Tabelle 15-1) oder nach den verwendeten Phasen (Tabelle 15-2). Tabelle 15-1. Einteilung gängiger Chromatographie-Verfahren nach den zugrunde liegenden Trenneffekten (Auswahl) Verfahren
Anmerkung
Adsorptionschromatographie
Trennung nach unterschiedlicher Bindung der zu trennenden Substanzen an die stationäre Phase
Verteilungschromatographie
Trennung nach unterschiedlicher Löslichkeit der zu trennenden Substanzen in der mobilen Phase
Ionenaustauschchromatographie
stationäre Phase wirkt als Kationen- oder Anionenaustauscher
164
15 Chromatographie und Elektrophorese
Tabelle 15-2. Einteilung gängiger Chromatographie-Verfahren (Auswahl) nach den Trägermaterialien Verfahren
Anmerkung
1
Flüssigchromatographie
LC = liquid chromatography mobile Phase flüssig
1.1
Planarchromatographie
stationäre Phase flächig
1.1.1 Papierchromatographie (PC)
Trennung auf analytischen Papieren
1.1.2 Dünnschichtchromatographie (DC)
TLC = thin layer chromatography
1.2
Säulenchromatographie (SC)
Trennung in Säulen mit Durchmessern von wenigen μm bis cm
1.2.1
Hochleistungschromatographie
HPLC = high performance (pressure) liquid chromatography)
2
Gaschromatographie
mit flüssiger oder fester stationärer Phase
15.1 DC trennt niedermolekulare Substanzen Bei der Dünnschichtchromatographie (DC) werden etwa 100–350 μm Dicke messende Schichten anorganischer (beispielsweise Aluminiumoxid oder Kieselgel) oder organischer Materialien (u.a. Cellulose) auf eine Trägerplatte (DC-Platte) aus Glas, Aluminium oder lösemittelbeständigem Kunststoff (DC-Karte) aufgebracht (vgl. Abb. 15-1). Diese auch als Sorbentien bezeichneten Materialien bilden eine homogene, poröse Schicht. In einer Trennkammer lässt man darin ein Fließmittel (= Laufmittel: Gemische polarer/apolarer Lösungsmittel) kapillar aufsteigen. Stoffe oder Stoffgemische werden dabei rasch und reproduzierbar getrennt. Die Trennung der Proben erfolgt durch Lösungs- und Verteilungsvorgänge, während das Fließmittel (= mobile Phase) in der dünn und gleichmäßig ausgestrichenen Sorptionsschicht (= stationäre Phase) aufsteigt. Dieser Vorgang wird auch als aufsteigende Entwicklung des Chromatogramms bezeichnet. Die vergleichsweise einfache, aber ausgesprochen leistungsfähige Trenntechnik der Dünnschichtchromatographie wird heute in zahlreichen Abwandlungen eingesetzt und ist für die Behandlung oder Lösung analytischer Probleme beispielsweise in der Physiologie, Biochemie und Lebensmittelchemie nahezu unentbehrlich. Zum Methodenrepertoire der
15.1 DC trennt niedermolekulare Substanzen
165
verschiedenen Chromatographietechniken liegt eine umfangreiche Spezialliteratur vor. Zur Stofftrennung und -identifizierung trägt man Gemische unbekannter Zusammensetzung und bekannte Vergleichssubstanzen auf der mit weichem Bleistift markierten Startlinie etwa 1,5 cm vom unteren Plattenrand auf. Dieses Verfahren zur Stoffidentifizierung nennt man auch Cochromatographie.
Entwicklungsbzw. Laufrichtung
Trennfläche = stationäre Phase authentische Reinsubstanzen
Test-Lösungen
Laufspur 1
2
3
4
5
6
7
8
9
Startlinie
Abb. 15-1. Beladungsschema einer DC-Platte für die chromatographische Trennung. 1–6 Laufspuren der zu untersuchenden Proben unbekannter Zusammensetzung, 7–9 Laufspuren der chromatographierten Reinsubstanzen
Die zu testenden Substanzen oder Substanzgemische trägt man mit einer feinen Kapillare oder Mikropipette ohne Schichtzerstörung so auf die DCPlatte oder DC-Karte auf, dass der entstehende Fleck oder Strich höchstens 2 mm breit ausläuft. Die fertig beladenen Cellulose-Platten werden nach Fleckentrocknung im benannten Laufmittelgemisch entwickelt (vgl. Abb. 15-2). Die Trenndauer beträgt je nach Sorptionsschicht und Fließmittel etwa 90–240 min. Um die genaue Position der bei der chromatographischen Trennung gewanderten, zunächst aber noch farblosen und deshalb unsichbaren Substanzen sichtbar zu machen, werden die entwickelten DCPlatten nach Trocknung unter dem Abzug mit besonderen Nachweisreagenzien angesprüht, die mit den bearbeiteten Substanzgemischen (Zucker, Aminosäuren, Alkaloide u.a.) gefärbte und damit auf der Laufstrecke eindeutig lokalisierbare Verbindungen ergeben. Analog geht man auch bei der Papierchromatographie vor. Außer der Fleckenlokalisation durch Farbstoffbildung bestehen auch weitere Möglichkeiten der Substanzdetektion,
166
15 Chromatographie und Elektrophorese
beispielsweise mithilfe von Fluoreszenzfarbeffekten unter einer UV-Lampe oder durch pH-Indikatoren bei der DC stärker basischer oder saurer Verbindungen. Trennkammer DC-Platte oder DC-Karte
Laufmittelfront b a
Abb.15-2. Entwicklung der DC-Platte in einer Trennkammer und Ermittlung des Rf-Wertes durch die Division der Wanderstrecken a : b. Die zur Kammersättigung verwendeten Filtrierpapiere sind nicht dargestellt
Analog werden die verschiedenen papierchromatographischen Verfahren zur Stoffgemischtrennung oder zur Identifizierung einzelner Komponenten eines Gemisches eingesetzt. Papierchromatogramme werden ähnlich wie bei der in Abb. 15-2 gezeigten DC-Trennung aufsteigend entwickelt oder mit einem Laufmittelreservoir im oberen Bereich des Trenngefäßes auch absteigend. Generell eignen sich DC und PC nur zur Trennung niedermolekularer Verbindungen. Beide bieten den Vorteil, dass getrennte Stoffe aus der stationären Phase auch leicht wieder eluiert (herausgelöst) werden können und dann für Anschlussanalysen zur Verfügung stehen. Die Details der Fließmittelzusammensetzung und der verschiedenen stoffspezifischen Nachweise sind der umfangreich vorliegenden Spezialliteratur zu entnehmen. Um von der Lage einer cochromatographierten Vergleichssubstanz auf Substanzidentität mit den entsprechenden Flecken der Probelösungen schließen zu können, ist die Berechnung des Rf-Wertes der einzelnen Flecken sinnvoll. Dazu wird die Entfernung Startlinie–Fleckenmitte (in mm) durch die Entfernung Startlinie–Laufmittelfront (in mm) dividiert (Abb. 15-2); der so erhaltene Quotient ergibt den zugehörigen Rf-Wert. Für die gleichen Substanzen ergibt sich – unter sonst gleichen Trennbedingungen zumindest annäherungsweise – immer der gleiche Rf-Wert.
15.2 Ionenaustauschchromatographie
+
+ +
KationenMischung
Eluent
+ 1
– – – – – –
+
+
2
– – – – – –
+ + + + +
Kationenaustauscher Gegenionen
+
167
+
3
+
– – – – – –
+ + + + +
+
+
+
+
+
+
4
+
– – – – – –
+ + +
+ +
+
+
+
+
+ + + + + +
+
+
fraktionierte Kationen
Abb. 15-3. Schema zur Arbeitsweise eines Kationen-Austauschers
15.2 Ionenaustauschchromatographie Bei der Ionenaustauschchromatographie werden in Lösung befindliche Anionen oder Kationen gegen entsprechende Ionen ausgetauscht, die an ein unlösliches Trägermaterial (Ionenaustauscher) gebunden sind. Der in eine Säule (Röhre) gepackte Ionenaustauscher trägt kovalent gebundene Anionen oder Kationen. In Abb. 15-3 weist er negativ geladene funktionelle Gruppen auf, ist also selbst anionisch und daher mit kationischen Gegenionen beladen, die austauschbar sind. Nach Auftragung und Einspülung einer Lösung mit verschiedenen Kationen (1) verdrängen diese die ursprünglich vorhandenen Gegenionen (2). Beim nachfolgenden Durchströmen der Säule mit einem Eluenten (3), der wieder die Gegenionen enthält, werden die ausgetauschten Kationen entsprechend ihrer Ladungsstärke verdrängt und fließen in getrennten Fraktionen ab. Zuletzt ist der Austauscher wieder komplett mit seinen ursprünglichen Gegenionen besetzt (4) und somit regeneriert. Wenn man einen Kationen- und einen Anionenaustauscher direkt hintereinander schaltet, lassen sich positiv und negativ geladene Ionen in zwei Arbeitsschritten aus Lösungen bzw. Extrakten entfernen und nur neutrale Lösungskomponenten anreichern.
168
15 Chromatographie und Elektrophorese
15.3 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) Bei der HPLC wird die auch Eluent genannte mobile Phase unter hohem Druck (bis 400 bar) durch eine Trennsäule mit der stationären Phase gepresst. Die Trennsäule kann eine mit der stationären Phase komplett angefüllte Röhre sein (gepackte Säule) oder damit auf der Innenwand dünn beschichtet sein (Kapillarsäule). Bei der Normalphasen-HPLC (NP-HPLC) ist die stationäre Phase polar und besteht beispielsweise aus Silicagel (Kieselgel). Die Elutionskraft der mobilen Phase hängt von der Polarität des zu trennenden Stoffgemisches ab. Je polarer die mobile Phase ist, umso länger verbleibt sie in der Trennsäule. Unpolare Stoffe werden als rascher eluiert. Bei der Umkehrphasen-HPLC (reversed phase; RP-HPLC) verwendet man eine unpolare stationäre Phase, bei der die polare Oberfläche der SilicagelPartikeln mit einer unpolaren Schicht aus verschiedenen Alkanen ummantelt wird. In diesem Fall verlassen die polaren Substanzen die Säule schneller als die unpolaren. Während der Elution kann man die Zusammensetzung der mobilen Phase kontinuierlich verändern und somit eine Gradiententrennung durchführen. Mit der bemerkenswert leistungsfähigen und heute sehr verbreiteten HPLC-Technik lässt sich eine große Bandbreite von Naturstoffen auftrennen und anhand interner Standards auch identifizieren. Je nach Trennproblem müssen die zu analysierenden Stoffe mithilfe bestimmter Substituenten derivatisiert werden. Die Details der hierzu verfügbaren Verfahrensvorschiften sind der reichlich vorhandenen Spezialliteratur bzw. den jeweiligen Gerätespezifikationen zu entnehmen.
15.4 Trennung hochmolekularer Verbindungen Bei den chromatographischen Verfahren zur Trennung von Substanzen mit relativ niedriger molekularer Masse bis etwa 600 sind Verteilungs- und Affinitätseffekte zwischen der mobilen und der stationären Phase der Grund dafür, dass sich ähnliche Verbindungen dennoch klar unterscheiden lassen. Bei der Elektrophorese nutzt man eine andere physikalische Eigenschaft der Moleküle, nämlich deren elektrische Ladung. Die geladenen Teilchen einer Stoffmischung werden im elektrischen Gleichspannungsfeld entsprechend ihrer Ladung, Größe und Form aufgetrennt. Diese Trenntechnik ist mit ihren zahlreichen Varianten heute in der analytischen Biochemie und Biotechnologie von größter Bedeutung. Typische Anwendungsbereiche sind die Trennung von kleinen DNA- und Protein-Proben.
15.4 Trennung hochmolekularer Verbindungen
169
Grundsätzlich kann man eine Elektrophorese (EP) auch auf Papier, Dünnschichtbelägen analog der DC oder anderen Matrices durchführen. Die gegenwärtig am häufigsten eingesetzten Trennmedien in der EP sind Acrylamid- und Agarose-Gele, die als Molekülsiebe wirken und daher beide zur Trennung relativ großer Moleküle wie DNA, RNA und Proteine eingesetzt werden (vgl. Abb. 15-4). Beide Materialien haben den Vorzug, nicht mit der Probe zu reagieren und die Bewegung geladener Moleküle nicht zu behindern.
OO=C-NH2 I OH 2C=CH Acrylamid
I O=C-NH2 O=C-NH I I –H 2C–CH–CH 2–CH–CH2 –CH–CH 2–CH– I I → →→ O=C–NH O=C–NH 2 I CH2 I O=C–NH O=C–NH2 O=C–NH 2 I I I –H2 C–CH–CH 2–CH–CH 2–CH–CH 2–CH–CH 2–CH– I I O=C–NH O=C–NH2 I Polyacrylamid
Abb. 15-4. Vernetzung von monomerem Acrylamid zu Polyacrylamid-Ketten
Die Acrylamid-Gele werden über eine komplex verlaufende Polymerisationsreaktion mithilfe von Ammoniumperoxodisulfat als Radikalenbildner und N,N‘-Methylen-bis-acrylamid als Vernetzungshilfe und weiterer Katalysatoren vor Gebrauch gegossen. Der steuerbare Vernetzungsgrad bestimmt die Porengröße im Gel und damit die Beweglichkeit der zu trennenden Probenkomponenten. Agarose ist ein aus marinen Rotalgen gewonnenes Polysaccharid, in dessen linearen Ketten sich die D-Galactose und ihr Derivat 3,6-Anhydro-L-galactose abwechseln. Gelegentlich wird Agarose gemeinsam mit Acrylamid in besonders stabilisierten Gelen eingesetzt. Agarose-Gele werden meist horizontal gefahren (= FlachbettGelelektrophorese). Als submers bezeichnet man ein Gel, wenn es flach auf dem Boden der Trennkammer liegt und komplett mit Puffer überschichtet ist. Acrylamid-Gele werden dagegen gewöhnlich vertikal gefahren – entweder als flache Schichten oder in Form von Säulen. Je nach Trennproblem werden die Gele in unterschiedlicher Viskosität gegossen. Die Anzahl unterschiedlicher Gel-Rezepturen ist Legende. Jedes Labor schwört auf seine eigenen Standards und Traditionen. Die Einzelheiten der Gel-Vorbereitung, des Probenauftrags, der zu verwendenden Markersub-
170
15 Chromatographie und Elektrophorese
stanzen und anderer technischer Details sind der Spezialliteratur bzw. den jeweils verwendeten Gerätespezifikationen und Verfahrensvorschriften zu entnehmen. Beim Umgang mit Acrylamid sind die Vorschriften der Sicherheitsdatenblätter beachten und Schutzhandschuhe zu tragen! oberes Pufferreservoir
Kathode (–) Probe Sammelgel Anode (+)
Trenngel
Trenngel
Probenaufnahme
Kathode (–)
Anode (+)
unteres Pufferreservoir
Pufferkammer
Puffer
Abb. 15-5. Schematische Darstellung eines Gerätes zur Gel-Elektrophorese in Röhrchen (links) und im Flachbettverfahren (rechts)
Eine vielfach verwendete Abwandlung der üblichen Zonen-Elektrophorese ist die Disk-Gelelektrophorese mit diskontinuierlichem pH-Wert im Elektrophoresepuffer und einem oberhalb des Trenngels angebrachten Sammelgel (vgl. Abb. 15-5). Eine weitere Modifikation ist die SDSGelelektrophorese, mit der man Proteine in Gegenwart des anionischen Detergens Natriumdodecylsulfat (= Natriumlaurylsulfat, SDS) nach ihrem Molekulargewicht und nicht ausschließlich nach der Ladung trennen kann. Eine Trennung unterschiedlicher Proteine nach ihrem jeweiligen isoelektrischen Punkt leistet ein weiteres elektrophoretisches Spezialverfahren, die Isoelektrische Fokussierung. Zur Durchführung einer Elektrophorese benötigt man eine Gleichspannungsquelle (Spannungsgeber) sowie ein Gefäß mit getrennten Pufferkammern bzw. -reservoiren (vgl. Abb. 15-5). Die einzige elektrische Verbindung zwischen dem oberen und unteren Pufferreservoir bilden die mit Gel gefüllten Röhrchen. Wenn an den beiden Elektroden Spannung anliegt, findet gleichzeitig eine Elektrolyse des Wassers aus der Pufferlösung statt, wobei wie in einer Hoffmann’schen Apparatur zur Wasserzersetzung an der Kathode molekularer Wasserstoff und an der Anode molekularer Sauerstoff im molaren Verhältnis 2 : 1 entstehen. Anhand dieses Mengenverhältnisses kann man gegebenenfalls die richtige Polung der beiden Elektroden über-
15.4 Trennung hochmolekularer Verbindungen
171
prüfen. Im Gel laufen DNA- und RNA-Fragmente sowie Proteine von der Kathode (–) zur Anode (+). Im Allgemeinen trennt man mit einer Spannung von etwa 10 Volt je Zentimeter Elektrodenabstand. Dabei können abhängig vom verwendeten Puffersystem Stromstärken über 50 mA auftreten, die eine ernsthafte Gefahr darstellen. Grundsätzlich gelten für den Einsatz von Elektrophorese-Geräten und zahlreichen Elektophorese-Verfahren die folgenden Sicherheitsempfehlungen: • Immer den Strom abschalten, bevor man irgendeinen Teil der Gelkammer berührt oder irgendeine Manipulation vornimmt (Puffer nachfüllen, Gel-Röhrchen justieren, Probe nachtragen u.a.). • Gele und Gelpuffer enthalten gegebenenfalls besonders gefährliche Substanzen, darunter Reste von nicht polymerisiertem Acrylamid oder das sehr starke Mutagen Ethidiumbromid, das früher zur Färbung von DNAFragmenten verwendet wird (heute weitgehend durch weniger problematische Nachweismittel wie SYBR Green I ersetzt). Beim Umgang mit Gelen und Gelpuffern sind daher immer Schutzhandschuhe (aus Nitril) zu tragen. Entsorgungsvorschriften beachten! • Die Kabel müssen richtig angeschlossen werden: Schwarz ist immer der Minuspol (–; Kathode) markiert, rot immer der Pluspol (+; Anode). Die Kabel sind entsprechend an das Netzgerät anzuschließen – sicherheitshalber die vorgenommene Polung auch mehrfach kontrollieren! Elektrophoretisch getrennte Proben werden oft für Anschlussuntersuchungen benötigt und müssen dann aus dem Trägergel auf ein anderes Medium (beispielsweise Nitrocellulose oder Nylonmembran) übertragen werden. Diesen Arbeitsschritt bezeichnet man als Transfer oder Blotting. Der erste auf diese Weise durchgeführte Blot zur Detektierung von DNA-Fragmenten wurde von dem Experimentator Edwin Southern 1975 durchgeführt und heißt seither Southern-Blot. Später wurden weitere Blotting-Verfahren entwickelt und eher scherzhaft nach anderen Himmelrichtungen benannt, darunter beispielsweise • Northern-Blot: Nachweis von RNA auf einer Membran mit einer RNAoder DNA-Sonde • Western-Blot: Nachweis eines Proteins mit einem spezifischen Antikörper • South-Western-Blot: DNA-Nachweis mithilfe eines Proteins • Middle-Eastern-Blot: Beladung von derivatisiertem Papier mit mRNA. Die heute vielfach angewandte Gelfiltration verwendet spezielle Gele als Molekularsiebe und ähnelt insofern der Gel-Elektrophorese, ist aber ge-
172
15 Chromatographie und Elektrophorese
Trennsäule (Ausschnitt) Gelpartikel
Absorption
nau genommen ein Verfahren der Säulenchromatographie und wird daher auch Gelfiltrations-Chromatographie genannt. Sie trennt Makromoleküle nicht aufgrund von Ladungsunterschieden, sondern nach der Molekülgröße. Der Trenneffekt beruht darauf, dass relativ kleine Moleküle (beispielsweise niedermolekulare Nucleotidketten) in die Poren des Gelfiltrationsmaterials eindringen und daher später eluiert werden als etwa große DNA-Moleküle, die rascher ablaufen. Je nach Trennproblem verwendet man Gele unterschiedlicher Porengröße. Besonders häufig eingesetzt werden die Sephadex-Gelpartikeln. Sie bestehen aus Dextran-Ketten (Glucose-Polymeren), die von Bakterien (Leuconostoc mesenterioides) aus Saccharose polymerisiert und anschließend durch Epichlorhydrin miteinander vernetzt werden. Abbildung 15-6 verdeutlicht das Trennprinzip und ein typisches Elutionsprofil.
kleinere Moleküle in den Poren der Gelpartikeln
größere Moleküle zwischen den Gelpartikeln Elutionspuffer
Elutionsvolumen
Abb. 15-6. Schema zur Arbeitweise einer Gelfiltration
16 Mikroskopieren
Auch wenn sich heute mit besonderen Elektronenmikroskopen (Rastertunnelmikroskopie) einzelne Atome darstellen lassen, ist die Lichtmikroskopie in Forschung und Lehre nach wie vor völlig unentbehrlich. Die Zuständigkeit der Mikroskopie erstreckt sich über mehrere Größenordnungen. Die mit dem Lichtmikroskop zugänglichen Strukturen beginnen bei den Bakterien und damit etwa bei einem Mikrometer (μm, früher auch Mikron genannt). Die Umrechnung auf bekannte Streckenlängen ergibt für 1 μm = 10–3 mm = 10–6 m. Eine durchschnittliche pflanzliche oder tierische Zelle ist etwa 10–50 μm groß. In der daran anschließenden elektronenmikroskopischen Dimension ist selbst das Mikron noch eine zu grobe Messlatte. Daher misst man in der Feinstrukturforschung in Nanometer (1 nm = 10–3 μm, 1 μm = 103 nm). Gelegentlich findet sich in der Literatur die veraltete und im SI-Einheitensystem nicht mehr zulässige, nach einem schwedischen Physiker benannte Einheit Ångström; 1 Å entspricht 0,1 nm. Eine lichtmikroskopisch gerade noch erkennbare Bakterienzelle von 1 μm Länge ist daher 10 000 Å groß. Die natürliche Auflösungsgrenze des menschlichen Auges liegt unter Berücksichtigung individueller Schwankungen bei etwa 0,2 mm. Dies entspricht bei normalem Leseabstand einem Sehwinkel von rund einer Bogenminute (1‘), dem sechzigsten Teil eines Winkelgrades. Unter der Auflösung L versteht man den kleinsten Abstand zwischen zwei (leuchtenden) Punkten oder Linien in einem Objekt, den man gerade noch wahrnehmen kann. Sie ist nicht von der Vergrößerung abhängig, sondern ergibt sich aus L = 0,61 ⋅
λ A
[Gl. 16-1]
wobei λ die Wellenlänge des verwendeten Lichtes und A die numerische Apertur bezeichnet, die sich nach der Abbe’schen Formel aus der Brechzahl n des verwendeten Mediums und dem halben Öffnungswinkel α/2 im Objektraum eines optischen Systems zu A = n ⋅sin α/2
Gl. [16-2]
berechnet. Am Lichtmikroskop beträgt die maximale Auflösung etwa 200 nm bei einer Wellenlänge λ = 426 nm.
174
16 Mikroskopieren
16.1 Funktionsteile eines Mikroskops Unabhängig von Ausstattung, Größe und Preis zeigen alle Lichtmikroskope im Prinzip den gleichen technischen Aufbau mit mechanischen und optischen Bauteilen. Zur optischen Ausstattung gehört eine je nach Bauart gerade oder bei Schrägeinblick geknickte Röhre (= Tubus). Am oberen Tubusende (Einblickseite) ist das Okular eingesteckt (vom lateinischen oculus = Auge), während an der unteren Tubusöffnung das dem Objekt zugewandte Linsensystem, das Objektiv, eingeschraubt ist. Meist sind mehrere Objektive unterschiedlicher Länge und Vergrößerungsleistung an einem drehbaren Objektivrevolver angebracht (vgl. Abb. 16-1). In den Strahlengang einbezogen ist jeweils das senkrecht nach unten weisende Objektiv. Auf dem Okular findet sich eingraviert meist die Angabe H (Okulartyp nach Huygens) und eine Vergrößerungszahl (gewöhnlich 10x). Die Objektive tragen ebenfalls verschiedene Angaben (Abb. 16-1): Die auffälligste Zahl benennt die Vergrößerung – ein typisches Mikroskop ist mit je einem 3,5-, 10- und 40-fach vergrößernden Objektiv ausgestattet. Die erreichbare Gesamtvergrößerung erhält man durch Multiplikation der jeweiligen Vergrößerungsangaben: Ein 10-fach vergrößerndes Okular leistet in Verbindung mit dem 40er-Objektiv demnach eine 400-fache Vergrößerung. Die übrigen Gravuren bedeuten: Die Zahl 160 (bei Mikroskopen älterer Bauart meist 170) benennt die Tubuslänge in mm, für die das betreffende Objektiv berechnet ist, die Zahl 0,17 die maximal verwendungsfähige Deckglasdicke in mm. Die vierte Angabe – zwischen 0,1 und 1,3 – bezeichnet die numerische Apertur A. Je größer deren Zahlenwert ist, umso besser vermag das Objektiv feinste Objektdetails darzustellen oder aufzulösen. Im Allgemeinen steigt die Apertur mit der Eigenvergrößerung. Weitere Hinweise kennzeichnen etwaige Objektivkorrekturen: • Apo steht für Apochromate. Sie liefern Abbildungen ohne farbliche Verzerrungen. • Plan bedeutet ein geebnetes Bildfeld. Der Planapochromat, ein aufwändig korrigiertes und relativ teures Objektiv, bietet also ein bis in die Randbereiche scharfes, ebenes Bild ohne störende Farbsäume an den Objektstrukturen. • Auf Objektiven mit Aperturen >1 findet man gewöhnlich den Zusatz Oel oder einen schwarzen Ring. Diese Objektive müssen jeweils in einen Tropfen Immersionsöl auf dem Deckglas des Präparates eintauchen, um ihre volle Leistung zu bringen.
16.1 Funktionsteile eines Mikroskops
175
1
2
b d
a c
3
16
4
6 15
5
7
8 17
40 0,85 160 0,17
9
12
10 11
13 14
Abb. 16-1. Bau- und Funktionsteile eines Lichtmikroskops. 1 Okular, 2 Tubus, 3 Objektivrevolver, 4 Objektive, 5 Objekttisch, 6 Kreuztisch und Bedienungselemente, 7 Kondensor, 8 Kondensorhebevorrichtung, 9 Aperturblendenring, 10 Leuchtfeldblende, 11 integrierte Lichtquelle, 12/13 Grob- und Feintrieb, 14 Potenziometer (für die Helligkeitsregelung), 15 Stativ, 16 Tragegriff; 17 Kabelaufwicklung; Angaben auf dem Okular: a Eigenvergrößerung, b numerische Apertur, c mechanische Tubuslänge, d maximal zulässige Deckglasdicke
Unabhängig von Okular und Objektiven am Tubus besitzen die laborüblichen Mikroskope unterhalb der Zentralöffnung des Objekttisches ein weiteres Linsensystem, den Kondensor, den man an einem besonderen Drehknopf heben und senken kann. Er hat die Aufgabe, das Licht von der Lichtquelle zu bündeln und durch das Objekt zu lenken. Außerdem nimmt er spezielle Zusatzeinrichtungen für besondere Beobachtungsverfahren (Phasenkontrast, Dunkelfeld u.a.) auf. Zum Kondensor gehört die Aperturblende, mit der man ebenso wie an einer konventionellen Spiegelreflexkamera die Schärfentiefe (Tiefenschärfe) reguliert. Unterhalb des Kondensors befindet sich bei sehr einfachen Mikroskopen ein dreh- und klappbarer Spiegel, der das Licht von einer externen Leuchte umlenkt, bei aufwändiger konstruierten Instrumenten dagegen eine in den Stativfuß integrierte Lichtquelle, entweder eine Niedervoltlampe oder eine lichtstarke LED-Einrichtung. Ein oder zwei Drehknöpfe seitlich am Stativbügel des Mikroskops dienen zum Scharfstellen (Fokussieren). Sie heben oder senken den Tubus (Mikroskope älterer Bauart) oder den Objekttisch (moderne Mikroskope).
176
16 Mikroskopieren
16.2 Arbeitsplatzausstattung Zur Grundausstattung eines mikroskopischen Arbeitsplatzes gehören mindestens die folgenden Utensilien: Objektträger sind höchstens 1 mm dicke und rechteckige Glasplättchen im Format 76 × 26 mm (= 3 × 1 inch, so 1839 in London festgelegt und heute weltweit Standard). Vorzugsweise verwendet man solche mit leicht angeschliffenen bzw. gebrochenen Kanten – das bewahrt die Fingerkuppen zuverlässig vor Schnittverletzungen. Vom Standardmaß abweichende kleinere Formate sind nicht zu empfehlen, weil sie nicht in die Objekthalterung eines Kreuztischs passen. Objektträger gibt es üblicherweise in Abpackungen zu je 50 Stück. Vorzugsweise verwendet man – mit Rücksicht auf die Fingerkuppen – solche mit geschliffenen Kanten. Deckgläser sind meist unter 0,17 mm dicke, quadratische Glasplättchen im Format 18 × 18 bis 24 × 24 mm (für Spezialzwecke auch in anderen Abmessungen). Man fasst sie – da sie hauchdünn sind und leicht splittern – grundsätzlich nur mit einer Pinzette (z. B. Cornet-Pinzette) oder ganz vorsichtig an den Rändern zwischen Daumen und Zeigefinger an. Deckgläser gibt es meist in Packungsgrößen zu je 100. Im Fachhandel sind auch kreisrunde Deckgläser für die Herstellung von Dauerpräparaten erhältlich. Präparierbesteck als fertiger Satz in Aufbewahrungskasten bzw. Mappe sollten verfügbar sein: 2–3 Präpariernadeln in Holz- oder Kunststofffassung 2 Pinzetten (1 flache Briefmarken-Pinzette sowie 1 sehr spitze) 1 kleinere Schere 1 kleines Messer oder Skalpell mit Klingensatz für die Vorpräparation härterer Objekte (Vorsicht beim Einsetzen der Klingen: akute Verletzungsgefahr! Sicherheitshalber eine kleine Kombizange verwenden) 1 Päckchen Rasierklingen (ungefettet) zum Anfertigen dünner Handschnitte 1 feiner Malpinsel (kleinste Stärke) zum Übertragen feinster oder sehr weicher Objekte vom Schneidewerkzeug auf den Objektträger mehrere Filtrierpapierstreifen, ca. 5 × 1 cm groß zugeschnitten aus normalen Kaffee- oder Teefiltern Der Lehrmittel- bzw. Laborfachhandel bietet dieses Grundwerkzeug für die Mikroskopie als Komplettpaket an, per Internet beispielsweise die Firmen www.ehlert-partner.de, www.windaus.de oder www.betzold.de.
16.3 Vom Präparat zur Beobachtung
177
Reinigungsmaterial mehr- bis vielfach gewaschener und möglichst nicht (mehr) fusselnder Baumwoll- oder Leinenlappen bzw. Mikrofaser-Brillenputztuch oder Linsenpapier (aus dem Optik-Fachgeschäft). Glasgeräte mehrere Tropfpipetten (Pasteur-Pipetten mit Gummihütchen 2–3 Glasstäbe (ca. 15 cm lang und 0,3 mm dick) Glasplatte ca. 10 x 20 cm als Arbeitsunterlage zum Vorpräparieren größerer Objekte mehrere kleine verschließbare Gläser (Schraub- oder Schnappdeckelgläser) zum Aufbewahren unfertiger Präparate oder anderer Objekte. Reagenzien Die Ausstattung des Arbeitsplatzes bemisst sich nach den zu bearbeitenden Fragestellungen bzw. den Beobachtungsaufgaben in den einzelnen Untersuchungsprojekten. Färbelösungen oder sonstige im Mikrolabor übliche Chemikalien wie etwa Glyceringelatine bezieht man als Fertiggemische über den Fachhandel (beispielsweise www.chroma.de). 16.3 Vom Präparat zur Beobachtung Zum Einüben der Bedienungstechnik des jeweiligen Mikroskops benötigt man ein geeignetes Testpräparat. Dazu genügt bereits ein Objektträger, auf dem man mit einem Glasschneider oder einem scharfkantigen Schraubendreher ein paar Schrammen einritzt. Man geht nun in dieser Reihenfolge vor: 1. Objektträger auf den Objekttisch Den angeritzten Objektträger legt man mit der Schramme nach oben und ohne weitere Bedeckung mit Wasser oder Deckglas auf den Objekttisch und klemmt ihn in die dort vorhandene Haltevorrichtung des Kreuztisches ein. Damit lässt sich der Objektträger zum Durchmustern bequem und in kleinsten Zwischenschritten in der x- und in der y-Richtung des Koordinatensystems über den Objekttisch bewegen. 2. Kondensor einrichten Der unter dem Objekttisch angebrachte Kondensor wird mit dem dafür vorgesehenen Stellknopf bis zum Anschlag nach oben gedreht – er kann für die meisten Beobachtungsaufgaben mit dem Mikroskop in dieser Position bleiben. Bei manchen Mikroskoptypen ist er ohnehin starr und unverrückbar montiert.
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16 Mikroskopieren
3. Beleuchtung einschalten Nun wird die Mikroskopleuchte eingeschaltet. Sofern das Mikroskop keine eingebaute Lampe aufweist, sondern mit einem Umlenkspiegel arbeitet, darf man auf keinen Fall mit direktem Sonnenlicht arbeiten! Nach eingeschaltetem Beobachtungslicht erscheint an der oberen Kondensorlinse in der Bohrung des Objekttisches ein kleines Lichtfeld, die Austrittspupille. Bei allen besseren Mikroskopen lässt sich die Beleuchtung nach dem Köhler’schen Verfahren einrichten (vgl. Kapitel 16.4). 4. Start mit Lupen- oder Suchobjektiv Nachdem die grob gravierte Schramme auf dem Objektträger – eventuell mithilfe des Kreuztischs – in die hell erleuchtete Austrittspupille über dem Kondensor bewegt ist, bringt man durch Drehen am Objektivrevolver das kleinste am Mikroskop vorhandene Objektiv (= Lupen- oder Suchobjektiv) in den Strahlengang. Dazu muss es senkrecht nach unten stehen sowie hör- und fühlbar einrasten. Meist trägt das Lupenobjektiv die Maßstabszahl 3,5-fach. Nun hebt man mit dem Grobtrieb den Objekttisch zum oberen Anschlag an. 5. Helligkeit regeln Eventuell empfinden die Augen die vorgewählte Bildhelligkeit als unangenehm. Entsprechend drosselt man ein wenig den Lampenstrom oder gegebenenfalls die Lichtzufuhr mit dem Aperturblendenhebel (= Irisoder Kondensorblendenhebel). Die Aperturblende dient – obwohl sie die eingestrahlte Lichtmenge nachhaltig beeinflusst – allerdings nicht in erster Linie der Helligkeitsregulierung, sondern vor allem der Einstellung eines optimalen Kontrastes bei brauchbarer Tiefenschärfe. 6. Vom Grob- zum Feintrieb Mit dem beobachtenden Auge dicht am Okular bewegt man jetzt mit dem Grobtrieb den Objekttisch langsam abwärts, bis die ersten halbwegs klaren Konturen des Präparates sichtbar werden. Bei sehr kleinen Objekten (Bakteriensuspensionen) stellt man zunächst auf eine Deckglaskante scharf und sucht dann im übrigen Präparat. Danach übernimmt der Feintrieb die weiteren Einstellungen. Eine Hand bleibt praktisch immer am Feintriebknopf, um in anderen Objektbereichen jeweils auf optimale Bildschärfe nachzustellen. 7. Die Welt steht auf dem Kopf Mikroskopische Bilder erscheinen im Gesichtsfeld immer seitenverkehrt und auf dem Kopf stehend. Wenn man das Präparat auf dem Objekttisch nach rechts bewegt, verlagert sich das Bild im Gesichtsfeld nach links. Schiebt man den Objektträger nach hinten, rutscht das Ge-
16.3 Vom Präparat zur Beobachtung
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sehene entsprechend nach vorne. An diesen anfangs vielleicht seltsamen Sachverhalt gewöhnt man sich allerdings rasch und nimmt ihn nach ein paar Sitzungen gar nicht mehr wahr. Die Bildumkehr ist eine Folge des besonderen Strahlenganges durch die das Bild aufbauenden Linsensysteme. 8. Abgeglichene Objektive Nach der ersten Orientierung mit Aufsuchen eines genauer zu untersuchenden Präparatebereichs wird das folgende Objektiv (meist 10-fach) in den Strahlengang gedreht. An leistungsfähigen Mikroskopen sind die Objektive abgeglichen – der zuvor gewählte Objektbereich liegt auch beim nächst größeren Objektiv ungefähr in der Mitte des Gesichtsfeldes und muss nur noch durch Nachdrehen am Feintrieb fokussiert werden. Somit ist gewöhnlich nicht zu befürchten, dass das sich stärker vergrößernde Objektiv hörbar in das Präparat vertieft. Auch beim Zuschalten noch stärkerer Objektive (40- oder 100-fach) ist dieses Problem nicht zu befürchten, wenngleich besondere Sorgfalt beim Wechsel der stark vergrößernden Objektive immer angeraten ist. Bei der Verwendung des Lupen- oder Suchobjektivs (3,5-fach) ist das vorgewählte Objekt komplett oder zumindest in größeren Anteilen zu überblicken. Das ändert sich nun beim Umschalten auf die nächste Vergrößerung (10er-Objektiv), denn damit wird der dargestellte Ausschnitt aus dem Präparat kleiner. Je stärker ein Objektiv vergrößert, umso kleiner ist der davon erfasste Objektausschnitt. Dieser Sachverhalt zeigt sich auch, wenn man sich vergleichend die Durchmesser der verschiedenen Objektivfrontöffnungen anschaut. 9. Mit offenen Augen arbeiten Beim Arbeiten und Beobachten an Instrumenten mit nur einem Okular (= monokularer Einblick) hält man grundsätzlich immer beide Augen offen. Auf keinen Fall sollte man das nicht durch das Okular beobachtende Auge ständig zukneifen, weil dies auf Dauer außerordentlich anstrengend und ermüdend ist. Besonders Geübte können mit dem einen Auge im Mikroskop beobachten und mit dem anderen eine parallel dazu entstehende Zeichnung kontrollieren. 10. Entspannt beobachten Weniger Geübte verfallen zunächst in den Fehler, ihre Augen zur Wahrnehmung der Objektstrukturen auf normalen Leseabstand zu trimmen. Auch dieses Vorgehen strengt enorm an und ermüdet in kurzer Zeit. Ein Präparat betrachtet man daher immer so, als lägen die Objektdetails irgendwo in größerer Distanz in der Landschaft – d.h. mit völlig entspannter, auf unendlich eingestellten Ciliarmuskulatur. Somit
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16 Mikroskopieren
schaut man also nicht in ein Mikroskop hinein, sondern hindurch wie beim Teleskop. Es ist also unnötig, die Augenlinsen wie beim Einfädeln eines Nähfadens in ein winziges Nadelöhr ständig unter Spannung zu halten. Zum Entspannen der Ciliarmuskeln, welche die Augenlinse für die Nahsicht krümmen, schaut man einmal kurz aus dem Fenster auf einen entfernten Gegenstand und in dieser Augeneinstellung gleich anschließend durch das Mikroskop. 11. Fliegende Flecken Manchmal bemerkt man beim Arbeiten am Mikroskop – ähnlich wie beim Betrachten einer hellen Wolke – unregelmäßige dunklere Flecken, die mit jeder Augenbewegung über das Gesichtsfeld huschen. Dabei handelt es sich um die Schatten von (vorübergehenden) Schlieren in der Augenflüssigkeit, die das helle Mikroskopierlicht auf die Netzhaut projiziert. 16.4 Köhler’sche Beleuchtung Aus der Maßstabszahl des Objektivs und der Sehfeldzahl des Okulars ist abzuleiten, welche Fläche eines mikroskopischen Präparates man überhaupt überblicken kann. Die Köhler’sche Beleuchtung, zu der es eine komplexe physikalische Theorie gibt, erlaubt, mit wenigen Handgriffen ein Sehfeld von genau dieser Bemessung möglichst exakt auszuleuchten. Dieses Verfahren, 1893 von August Köhler entwickelt, leistet die beste Annäherung an die ideale Beleuchtung und ist der weithin akzeptierte Standard zur Einstellung eines Lichtmikroskops. Dazu muss das Mikroskop mit einem Kondensor ausgestattet sein, der genau in der optischen Achse höhenverstellbar und außerdem an seitlichen Stellschrauben zu justieren ist. Ferner muss eine einstellbare Leuchtfeldblende und Kondensorblende (Aperturblende) vorhanden sein. Die Einstellung der Köhler’schen Beleuchtung („Köhlern“) umfasst die folgenden Schritte: • Das Bild eines mikroskopischen Präparates zunächst noch ohne Rücksicht auf die Beleuchtungsqualität scharf einstellen • Leuchtfeldblende (über der eingebauten oder angesteckten Mikroskopierleuchte) schließen • Rand der Leuchtfeldblende durch Höhenverstellung des Kondensors scharf einstellen • Leuchtfeldblendenöffnung zentrieren • Leuchtfeldblende so weit öffnen, dass das gesamte Gesichtsfeld gerade ausgeleuchtet erscheint.
16.5 Frisch- vs. Dauerpräparat
181
16.5 Frisch- vs. Dauerpräparat Während der oben als Trainingspräparat eingesetzte Objektträger mit Glasschramme eines der seltenen Beispiele für Trockenpräparate ist, die man auf den Objekttisch platziert und mikroskopiert, so wie sie sind, legt man die zu untersuchenden biologischen Objekte in den meisten Fällen in Wasser und untersucht sie folglich als Frisch- bzw. Nasspräparat. Wasser dient dabei also als Einbettungsmedium. Seine Lichtbrechkraft Wassermenge zu reichlich bemessen, und das Objekt befindet sich nicht in Planlage – am Deckglasrand vorsichtig absaugen.
Wassermenge zu klein bemessen – eventuell ziehen Luftblasen in das Objekt. Am Deckglasrand eine kleine Menge aus der Pipette zugeben. Wassermenge ist exakt bemessen – das Objekt befindet sich in Planlage.
Abb. 16-2. Die richtige Wasserdosierung beim Frischpräparat
(Brechzahl nD = 1,33) ist so günstig, dass die zwischen Objektträger und Deckglas in einer flachen Minipfütze schwimmenden Objekte vom Beleuchtungsstrahlengang optimal durchstrahlt werden. Würde man sie stattdessen einfach in Luft legen, könnte das Mikroskop lediglich unergiebige Umrissbilder liefern, von denen man meist nicht einmal einen Farbeindruck gewinnen kann. Unter anderem ergibt sich dieser Effekt aus der kleinen Brechzahl von Luft (nD = 1,0002). Während man unter Einbetten das Einlegen eines Objektes in ein völlig durchsichtiges, homogenes Untersuchungsmedium mit günstiger Brechzahl n versteht, meinen die Begriffe Einschließen oder Eindecken die Versie-
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16 Mikroskopieren
gelung fertiger und meist auch gefärbter Schnitte zum Dauerpräparat. Dazu verwendet man ein spezielles, nur anfangs noch flüssiges Medium (Harz o.ä.), das in kurzer Zeit durch Polymerisation erstarrt. Ein gutes Nass- oder Frischpräparat mit Wasser als Untersuchungsmedium herzustellen, ist zwar nicht schwierig, aber man kann dennoch ein paar vermeidbare Fehler begehen. So könnte zum Beispiel der einbettende Wassertropfen zu groß bemessen sein (vgl. Abb. 16-2): Wenn das Deckglas auf dem Objektträger schwimmt oder auf seinem Wasserberg zu sehr in den Arbeitsraum der stärkeren Objektive ragt, wird die Beobachtung des betreffenden Präparates kaum gelingen – der Wechsel vom 10er- auf das 40erObjektiv schiebt das Deckglas erbarmungslos weg. Das Wasser läuft dann über die Objektträgerkante und verbindet das Präparat adhäsiv so fest mit dem Objekttisch, dass auch der beste Kreuztisch nichts mehr ausrichtet. Daher verwendet man vorteilhaft immer nur so viel Wasser, dass es nicht über die Deckglasränder hinaus quillt. Überschüssiges Wasser saugt man mit einem Stückchen Filtrierpapier bzw. Papiertuchzipfel ab. Zusätzlich drückt man beim Absaugen mit der Spitze einer Präpariernadel ein wenig auf das Deckglas. Weil sich auch dieses bei fallendem Flüssigkeitspegel zunehmend adhäsiv an den Objektträger anschmiegt, bringt es das Objekt in eine durchaus wünschenswerte Planlage. Dunkle Ränder, helle Säume Akribisch arbeitende Mikroskopiker empfinden Luftblasen im Präparat bzw. Objekt als erheblich störende Kunstfehler. So wenig erwünscht sie im Objekt oder in seiner direkten Nachbarschaft auch tatsächlich sind, so interessant erscheinen sie als optische Gebilde. Je nach Geometrie der eingeschlossenen Luftblase finden zum Teil recht komplizierte Ereignisse wie Beugung und Interferenz statt. Von diesen durchaus faszinierenden Lichtspielen im Blasenrandbereich kann man sich einen ersten Eindruck verschaffen, indem man ihn bei geschlossener Blende und stärkerer Vergrößerung mikroskopiert. Bei sehr kleinen Luftblasen bleibt oft nur ein winziger, heller Lichtpunkt im Zentrum erkennbar. Obwohl beide Komponenten des Präparates, Wasser und Luft, glasklare und durchsichtige Medien darstellen, grenzen sie sich mit einer breiten, nahezu schwarzen Kontur gegeneinander ab. Luftblasen vermeidet man, indem man das Deckglas im Winkel von etwa 45° aufsetzt und dann vorsichtig absenkt. Sollten dennoch Luftblasen im Präparat eingeschlossen bleiben, hilft leichtes Klopfen oder Drücken mit der Präpariernadel. Mitunter lassen sich störende Luftblasen auch dadurch vermeiden, dass man dem Beobachtungsmedium Wasser – soweit es das Untersuchungsobjekt zulässt – zuvor einige Tropfen eines Tensids zusetzt oder gleich 30%iges Ethanol verwendet.
16.5 Frisch- vs. Dauerpräparat
183
Messen im Mikroskop Wenn man wissen möchte, wie groß ein bestimmter Einzeller oder wie lang der Diffusionsweg für bestimmte Moleküle ist, verwendet man ein Okularmikrometer (Messokular), das gegen ein Objektmikrometer mit einer eingravierten Mikroskala geeicht wurde (vgl. Abb. 16-3). Beide betrachtet man im Mikroskop und stellt dann beispielsweise Folgendes fest: 10 Teilstriche auf dem Objektträgermikrometer (= Strecke von 1 mm = 1000 μm) sind bei Verwendung des 3,5-fach vergrößernden Objektivs fast genauso lang wie 25 Teilstriche im Messokular. Also entspricht 1 Teilstrich im Okular einer Originalstrecke von 40 μm. Objektmikrometer
Okularmikrometer
0
1
2
3
4
0,0 0,05 0,1 0,15 0,2
0
1
2
0,05 0,1 0,15
Im mikroskopischen Bild: 13,5 Teilstriche im Okularmikrometer entsprechen 0,1 mm im Objektmikrometer
Abb. 16-3. Eichung eines Okularmikrometers mit einem Objektmikrometer
Betrachtet man nun beispielsweise die Zelle eines Moosblättchens und sieht, dass sie genauso lang ist wie der Abstand zwischen 2 Teilstrichen im Messokular, weiß man, dass sie tatsächlich rund 80 μm Länge misst. Auch für die übrigen beiden Objektive ermittelt man vergleichbare Umrechnungsfaktoren und hält sie in einer Tabelle im Beobachtungsbuch fest. Für viele Zwecke ist es sinnvoll anzugeben, wie groß bei den verschiedenen Objektiven die Fläche des Gesichtsfeldes ist bzw. welche Fläche der
184
16 Mikroskopieren
vom Objektiv erfasste Objektausschnitt einnimmt. Die entsprechenden Zahlen gewinnt man leicht durch Berechnung der Kreisfläche unter Verwendung der jeweiligen Gesichtsfelddurchmesser in mm, die vom Messokular abzuleiten sind. Für ein durchschnittliches Labormikroskop ergeben sich beispielsweise 8,5 mm2, 1,53 mm2 sowie rund 0,10 mm2 bei Verwendung eines 3,5-, 10- bzw. 40-fach vergrößernden Objektivs in Kombination mit einem 10er-Okular. Mit solchen Maßzahlen kann man unter anderem berechnen, wie viele Zellen auf einen Quadratzentimeter eines bestimmten Objektes entfallen, wie dicht die Spaltöffnungen eines Laubblattes verteilt sind oder wie der leitende Querschnitt eines Leitbündels in einem Stängel ausfällt. Ständige Unruhe In vielen Präparaten tänzeln die darin enthaltenen Partikeln auf kleinstem Raum entlang feiner Zickzacklinien völlig ungeordnet durcheinander. Dieses chaotische Teilchenhüpfen hat erstmals der schottische Botaniker Robert Brown (1773–1858) im Sommer 1827 beobachtet – unter anderem am pulverisierten Granit von einer ägyptischen Sphinx aus dem Britischen Museum. In allen Proben fand er das eigenartige Teilchenzittern und deutete es als deren aktive Eigenbewegung. Viele weitere Mikroskopiker bestätigten seine Beobachtung. Das Phänomen nennt man seither Brown’sche Bewegung. Um eine aktive Teilchenbewegung oder gar eine Bewegung einzelner Moleküle handelt es sich indessen tatsächlich nicht – vielmehr werden die einzelnen tänzelnden Partikeln passiv durch feinste, schlierenartige Dichteschwankungen in der Untersuchungsflüssigkeit bewegt. Die stark vereinfachende Erklärung trifft dagegen nicht zu, wonach hier – bedingt durch die ständige Wärmebewegung der Wassermoleküle – eine Art Billard in Kleinstmaßstab abläuft. Insofern ist auch die häufig verwendete Bezeichnung Brown’sche Molekularbewegung völlig unzutreffend. Immersion – wirksame Verbesserung der Auflösung Gewöhnlich befindet sich zwischen der Frontlinse des eingesetzten Objektivs und dem Deckglas eines Präparates nur das Medium Luft. Die für diese Untersuchung konstruierten Mikroskopobjektive bezeichnet man daher generell als Trockenobjektive. Die höchste damit erreichbare numerische Apertur beträgt A = 0,95. Diese ist jedoch erheblich zu steigern, wenn man zwischen Frontlinse speziell konstruierter Immersionsobjektive und dem Deckglas eine besondere Immersionsflüssigkeit von hoher Brechzahl bringt, die dann im Abbildungsstrahlengang liegt. Auf diese Weise sind Aperturen bis A = 1,40 zu erreichen. Die speziellen Immersionsobjektive sind jeweils mit einem schwarzen Ring gekennzeichnet. Immersionsobjektive müssen nach jeder Benutzung sofort gereinigt werden. Dazu entfernt man das Im-
16.6 Spezielle Beleuchtungsverfahren für spezielle Zwecke
185
mersionsöl durch Aufsaugen mit einem fusselfreien Reinigungstuch und tupft anschließend vorsichtig mit einer kleinen Menge Xylen (früher Xylol genannt;) nach. Vorsicht: Dämpfe sind gesundheitsschädlich! Auf keinen Fall einatmen!
16.6 Spezielle Beleuchtungsverfahren für spezielle Zwecke Die gerätetechnische Seite eines ausbaufähigen Systemmikroskops beschränkt sich nicht auf die Wahl der richtigen Objektive bzw. Okulare sowie die Objektuntersuchung im konventionellen Hellfeld-Durchlicht. Vielmehr lassen sich durch zum Teil recht aufwändige Sonderausstattungen alternative Beleuchtungsverfahren Strukturen und Objektdetails erkennen, die das gewöhnliche Durchlichtverfahren trotz ausgeklügelter und eventuell sogar mehrstufiger Färbeverfahren nicht darstellen kann. Die meisten dieser Spezialverfahren dienen der Kontrastverstärkung der im Objekt befindlichen Details. Beim Dunkelfeldverfahren können beispielsweise auch ungefärbte und kontrastschwache Objekte untersucht werden. Die Polarisationsmikroskopie nutzt die Doppelbrechung mancher Objektstrukturen und liefert zum Teil außerordentlich farbenprächtige Bildeindrücke. Die Phasenkontrastmikroskopie lässt auch sehr feine Strukturen ungefärbter Präparate erkennen und stellt die Objektdetails reliefartig plastisch dar. Mit ähnlichen Effekten, aber technisch etwas anderen Mitteln arbeitet das Differenzialinterferenzkontrast-Verfahren (DIC) nach Normarski oder die noch wenig verbreitete, aber vergleichsweise einfache und nachdrücklich empfehlenswerte Beugungskontrast-Technik nach Matthias. Wenn beide Verfahren nicht zur Verfügung stehen, kann man sich notfalls auch mit der Schiefen Beleuchtung weiterhelfen, die ebenfalls mithilfe stark betonter Brechungssäume räumlich erscheinende Bilder von kontrastarmen Objektstrukturen bietet. Die Fluoreszenzmikroskopie stellt nur solche Objektstrukturen dar, die zuvor mit besonderen Farbstoffen markiert wurden und in gewöhnlichem Licht nicht, sondern nur nach Anregung mit bestimmten Wellenlängen sichtbar sind. Dazu gehören beispielsweise die Elemente des Cytoskeletts oder manche Bandierungstechniken zur Visualisierung von Binnenstrukturen in Chromosomen (Chromomeren). Zu den besonders bemerkenswerten und recht aufwändigen Neuentwicklungen in der Lichtmikroskopie gehört die Konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie (CLSM), mit der die Erzeugung dreidimensionaler Bilder möglich ist. Das jeweils anzuwendende Untersuchungs-verfahren hängt in gewissem Maße von den Objektqualitäten ab (vgl. Abb. 16-4).
186
16 Mikroskopieren empfohlenes Verfahren
Objektqualität
Größe
makroskopisch
Stereomikroskop
mikroskopisch Hellfeld, Dunkelfeld, Auflicht
Systemmikroskop
Lage
Petrischale u.a.
Inversmikroskop
nein Objektträger Standardmikroskop nein Dicke > 50 μm
ja
Auflicht
ja
Hellfeld
ja
Phasenkontrast
ja
Polarisation
ja
Autofluoreszenz Epifluorezenz
nein Durchlichtmikroskopie
kontrastreich nein transparent teils doppelbrechend nein Fluoreszenz
Abb. 16-4. Untersuchungsvorhaben bzw. Objekteigenschaft bestimmen die Auswahl: Flussdiagramm zur Auswahl des richtigen Mikroskops und Beobachtungsverfahrens (verändert nach Barker 2006)
Die operativen Einzelheiten dieser jeweils recht umfänglichen und fallweise auch aufwändigen Verfahrenstechnik und ihrer typischen Einsatzgebiete können hier aus Platzgründen nicht ausführlicher dargestellt werden und sind daher der vorliegenden Fachliteratur zu entnehmen. Technisch-physi-
16. 8 Instrumentenpflege
187
kalische Details der verschiedenen auch in der Laborroutine eingesetzten Verfahren der Kontrastverstärkung sind der reichlich vorhandenen Spezialliteratur ebenso zu entnehmen wie die zahlreichen heute verfügbaren cytobzw. histochemischen Färbeverfahren zur differenziellen Darstellung besonderer Objektstrukturen. 16.7 Dokumentation Das Mittel der Wahl zur Dokumentation mikroskopischer Befunde oder Beobachtungen ist die Fotografie. Gut ausgestattete Labormikroskope sind meist mit einem Kameraaufsatz bzw. Fototubus für den Anschluss einer konventionellen Spiegelreflexkamera ausgerüstet. Je nach Gerätetyp ist auch eine spezielle Kamera integriert, die mit einer automatischen Belichtungssteuerung gekoppelt ist. Falls diese Zusatzausstattung nicht zur Verfügung steht, ist eine (weitgehend) zufrieden stellende fotografische Dokumentation dennoch möglich, nämlich mit Foto-Handy oder Digitalkamera (DigiCam). Ein Foto-Handy ist zugegebenermaßen eher eine Notlösung, da die geräteeigene Optik bei den derzeit im Handel befindlichen Geräten eher dürftig ist, obwohl die Speicherkapazität (mit durchweg 2 GB) zumindest für eine gewisse Anzahl Aufnahmen völlig ausreicht. Digitalkameras sind im Vergleich dazu optisch wesentlich leistungsfähiger. Für eine Mikroaufnahme legt man die Linse des Aufnahmegerätes vorsichtig auf das Okular, holt den gewünschten Objektbereich mit Zoom-Funktion und Autofokus möglichst nahe heran und löst aus. Zur Vermeidung verwackelter Aufnahmen umfasst man mit einer Hand das Mobiltelefon bzw. das Objektiv der DigiCam gleichzeitig mit dem Mikroskopokular und löst nach Bildkontrolle im Display aus. 16.8 Instrumentenpflege Der ärgste Feind eines Mikroskopes ist der allgegenwärtige Staub. Man bewahrt also sein Instrument zwischen den Einsätzen immer in einem entsprechenden Behältnis oder zumindest unter einer Schutzhülle auf. Regelmäßig zu reinigen sind lediglich die Linsen – das Okular, weil es ständig in Kontakt mit den naturgefetteten Augenwimpern des Beobachters (oder dem Augen-Makeup der Kollegin...) kommt, und das Objektiv, nachdem es vielleicht doch einmal in eine Farblösung eintauchte. Solche und andere Verschmutzungen verursachen hoffnungslos unscharfe oder kontrastarme Bilder.
188
16 Mikroskopieren
Lose anhaftende Verschmutzungen auf Linsen entfernt man mit einem kleinen Blasebalg (in Fotofachgeschäften erhältlich, dient auch zum Reinigen von Kameras) oder mit einem weichen, fettfreien Malpinsel, den man zuvor mehrfach in Waschbenzin oder Feuerzeugbenzin gereinigt hat. Putzen mit ungeeigneten Textilien führt erfahrungsgemäß zu Kratzern, welche die Bildqualität erheblich beeinträchtigen. Nicht abwischbare oder sonstwie angekrustete Beläge entfernt man mit wenig Wasser (Anhauchen der Linse genügt meistens, sonst etwas Wasser mit einem Spritzer Spülmittel) und einem Mikrofaserputztuch oder Linsenpapier (in Optikfachgeschäften) bzw. einem nicht fusselnden, bereits häufig gewaschenen Leinentuch. Nur bei sehr hartnäckiger Verschmutzung verwendet man Waschbenzin oder Diethylether (Vorsicht: Dämpfe nicht einatmen!), niemals jedoch Alkohol (daher auch keine Glas- oder Fensterputzmittel), weil dieser die Linsenverkittung angreifen könnte. Ansonsten ist ein Lichtmikroskop praktisch wartungsfrei.
17 Photometrieren
Die Spektroskopie, auch Spektralphotometrie, Spektrophotometrie oder einfach nur Photometrie genannt, umfasst eine Anzahl experimenteller Messverfahren, die generell die Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit Materie nutzen. Diese quantifizierenden Verfahren haben eine überragende Bedeutung nicht nur in der naturwissenschaftlichen Forschung, sondern auch in der täglichen Praxis von Kontrolllabors. Sie gestatten nämlich einerseits die Identifizierung von Stoffen in einer Lösung anhand von charakteristischen Absorptionsspektren, ermöglichen aber auch eine exakte Bestimmung der Konzentration eines gelösten Stoffes. Bei der Spektroskopie wird das Licht einer definierten Lichtquelle in ein Spektrum zerlegt (Farbzerlegung). Stoffe, die spektral untersucht werden sollen, setzt man einer bestimmten Lichtqualität (= Farbe), d.h. einer bestimmten Wellenlänge λ aus. Aus dem Absorptions- bzw. Extinktionsverhalten lassen sich wichtige Rückschlüsse auf die Qualität oder die Quantität bestimmter zu untersuchender Stoffe ziehen. Spektroskopische Methoden sind wichtige Analyseverfahren der Physik, Chemie und Biochemie. Sie finden zudem in der Astronomie Anwendung, weil das Licht von Himmelskörpern bemerkenswerte Rückschlüsse auf die Eigenschaften von Lichtemittenten im Weltall erlaubt. Spektroskopische Untersuchungen waren auch entscheidend wichtig für die Aufklärung des Schalenaufbaus der Atome und die Entwicklung der Quantenmechanik. Pioniere der Spektroskopie waren Gustav Kirchhoff (1824–1887) und Robert Bunsen (1811–1899), die 1859 in Heidelberg entdeckten, dass verschiedene chemische Elemente die Flamme eines Gasbrenners in charakteristischer Weise färben. Joseph von Fraunhofer (1787–1826) hatte bereits 1814 im Spektrum des Sonnenlichtes zahlreiche dunkle Linien entdeckt, die man später nach ihm als Fraunhofer’sche Linien bezeichnete. Er konnte dieses Phänomen aber nicht genauer erklären, weil die notwendigen Kenntnisse des Atombaus und der Vorgänge bei der Absorption und Emission von Licht noch nicht verfügbar waren. Bei der Wechselwirkung von Strahlung und Materie unterscheidet man unter anderem die folgenden Möglichkeiten:
190
17 Photometrieren
• Elastische Streuung: Man beobachtet nur eine Impulsänderung der Photonen. Beispiele sind die Beugung von Röntgen-, Elektronen- und Neutronenstrahlung. • Inelastische Streuung: Resonante Absorption und Emission von Photonen bzw. Lichtquanten.
17.1 Spektroskopie und Photometrie Im Allgemeinen verwendet man die Bezeichnung Spektroskopie auch für die Messung der Energieverteilung von Gamma-Strahlen oder Strahlung von Teilchen wie Alpha- und Beta-Strahlen oder von freien Neutronen. Spektroskopie bzw. Photometrie im engeren Sinn bezieht sich dagegen überwiegend auf die Untersuchung, bei welchen Frequenzen bzw. Wellenlängen eine bestimmte Substanz Energie in Form von Lichtquanten bzw. elektromagnetischen Wellen aufnehmen (absorbieren) oder abgeben (emittieren) kann. Die Energie eines Lichtquants oder die entsprechende Frequenz einer elektromagnetischen Welle lässt sich mit der Energiedifferenz zweier quantenmechanischer Zustände der zu untersuchenden Substanz wiedergeben: ∆E = h ⋅ v
[Gl. 17-1]
Darin bedeuten h die Planck’sche Konstante, ν die Frequenz des Lichts und ΔE die Energiedifferenz. Diese Beziehung ist die Grundgleichung der Spektroskopie. Die Energiedifferenzen quantenmechanischer Zustände sind von der stofflichen Zusammensetzung einer Probe und von ihrer atomaren bzw. molekularen Struktur abhängig. Die von den Stoffen ausgehende Strahlung enthält daher wichtige Informationen. Mithilfe der Spektroskopie lassen sich somit aus dem gemessenen Spektrum wichtige Rückschlüsse auf den strahlenden Körper ziehen, beispielswiese auf seine Struktur, Temperatur und Bewegung (Doppler-Effekt). Die Spektroskopie umfasst einen großen Teil des elektromagnetischen Spektrums einschließlich des sichtbaren Lichtes und reicht von der kurzwelligen Gamma-Strahlung bis zu langwelligen Radiowellen. Die Präzisionsspektroskopie ermöglicht es, aus der genauen Lage oder der Stärke von Spektrallinien physikalische Größen, zum Beispiel bestimmte Naturkonstanten zu bestimmen. Die wellenlängengenaue Untersuchung der Lichtemission und -absorption von Molekülen und Atomen mithilfe von Gitter- und Prismenspektrometern sind die am längsten eingesetzten spektroskopischen Verfahren. Das Element Helium wurde zuerst durch
17.1 Spektroskopie und Photometrie
191
spektroskopische Untersuchungen des Sonnenlichtes erkannt. Besondere Erfolge der astronomischen Spektralanalyse und Spektroskopie sind die als Doppler-Effekt gedeutete Rotverschiebung des Lichtes von Sternen bzw. Galaxien, die Quantifizierung der Wirkung von Magnetfeldern auf die Sonne und helle Sterne (Zeeman-Effekt) sowie vor allem die Bestimmung von Sterntemperaturen und ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Spektralklassen des Hertzsprung-Russel-Diagramms. Wellenlänge (nm): 3 × 10-8
γ- und Röntgen Strahlung Frequenz (Hz): 1022 Kernübergänge Übergänge innerer Elektronen
3 × 102 3 × 103
3
UV
IR
3 × 105
3 × 1012
Mikrowellen/ Radiostrahlung
Licht 1016
1014
1012
Übergänge Valenzelektronen Molekülschwingung Molekülrotation
105 Spin-Orientierung ESR NMR
Abb. 17-1. Einteilung des elektromagnetischen Spektrums
Bei der Molekülspektroskopie untersucht man die Wechselwirkung von Molekülen mit elektromagnetischen Feldern. Dies ermöglicht die Charakterisierung molekularer Eigenschaften wie beispielsweise die Bindungslängen und -stärken, aber auch die Identifizierung der atomaren Bestandteile. Die beobachteten Molekülspektren unterscheiden sich von den Atomspektren durch deutlich mehr und meist überlappende Linien, die Banden. Der Grund dafür ist, dass die Moleküle nicht nur durch Elektronenübergänge, sondern auch bei Schwingungen der Atome gegeneinander und durch Rotationen des Moleküls um eine seiner Achsen Energie absorbieren oder emittieren (vgl. Abb. 17-1). Zur Messung der Absorptions- oder Emissionseigenschaften einer Substanz im UV- oder sichtbaren Bereich des Spektrums (UV/VIS-Photometrie) verwendet man ein Spektralphotometer (Abb. 17-2). Darin wird das von einer Lichtquelle emittierte Licht mit Hilfe eines Monochromators spektral zerlegt. Über besondere Filtereinrichtungen (Kanten-, Interferenz- oder andere Filter) wählt man aus dem Lampenspektrum möglichst engbandig eine bestimmte Wellenlänge aus, in der die zu photometrierende Verbindung besonders gut absorbiert, beispielsweise die Wellenlänge λ = 340 nm für die Messung des Übergangs von reduziertem Nicotinsäureamid-adenin-dinucleotid (NADH) in seine oxiderte Form NAD+. Bei der
192
17 Photometrieren
Aufnahme eines Absorptionsspektrums wählt man den interessierenden Spektralbereich aus und lässt vom Spektralphotometer sukzessive dessen Wellenlängen auf die Messprobe einstrahlen. Der Detektor (Photomultiplier) bzw. die damit gekoppelte Messelektronik vergleicht die Intensität des absorbierten oder des emittierten Lichtes in Abhängigkeit von der Wellenlänge. Mess- und Ausgabegröße sind entweder die Transmission (= Prozentanteil des nicht absorbierten Lichtes) oder die Extinktion (Absorption, Optische Dichte), die keine Einheit hat und Werte zwischen 0 und 1 annimmt. Für jede das Licht absorbierende Substanz ist der molare Extinktionskoeffizient ε bekannt oder zu ermitteln. Er gibt die Absorption einer reinen Verbindung in einer Lösung mit der Stoffmengenkonzentration c = 1 mol L–1 an. Lichtquelle
Monochromator Filter
Messkammer Detektor Anzeige (Küvette) (Photomultiplier)
Abb. 17-2. Schema zum Aufbau eines Spektralphotometers
Ein praktisches Laborbeispiel für die Anwendung der Spektroskopie ist die photometrische Konzentrationsbestimmung eines Stoffes in Lösung. Manche Substanzen erscheinen uns deswegen farbig, weil sie Licht einer bestimmten Wellenlänge absorbieren. Meist liegt das Absorptionsmaximum (λmax) in einem sehr engen Wellenlängenbereich des sichtbaren Spektrums (ca. 400–700 nm). In diesem Bereich lässt eine Lösung der farbigen Substanz das eingestrahlte Licht infolge der Absorption nur teilweise durch. Der Logarithmus des Verhältnisses von eingestrahlter (I0) zu durchgelassener Lichtmenge (I) wird als Extinktion (E) bezeichnet. Dabei gilt folgende Beziehung: [Gl. 17-1] E = lg I0 / I Die Extinktion ist in einem weiten Bereich, in dem gemessen werden kann, der Konzentration des gelösten Stoffes proportional (Lambert-Beer’sches Gesetz): E=ε ×d ×c Darin bedeuten ε: molarer Extinktionskoeffizient d: Schichtdicke
[Gl. 17-2]
17.2 Szintillationsspektrometrie
193
c: Konzentration Die Extinktion ist demnach umso größer, je konzentrierter die Lösung der betreffenden Substanz ist. Diese Tatsache verwendet man zur Konzentrationsbestimmung. Die Methode ist in der medizinischen und biochemischen Analytik unentbehrlich geworden und soll hier an einem Beispiel vorgestellt werden. Dabei geht es um die photometrische Konzentrationsbestimmung einer Lösung von Kaliumferricyanid K3Fe(CN)6: Mit dem Spektralphotometer wird die Extinktion von Lösungen genau eingestellter Konzentrationen (Verdünnungsreihe einer Ausgangslösung von 1 g Kaliumferricyanid in 1000 mL Wasser bei 400 nm gemessen. Es zeigt sich, dass die Extinktionswerte mit abnehmender Konzentration weitgehend linear abfallen. Die Messergebnisse stellt man tabellarisch und graphisch in einem Koordinatensystem (Ordinate: Extinktion; Abszisse: Konzentration in mmol L–1) dar. Nachdem die relativen Konzentrationen der FarbstoffLösungen (Verdünnungsreihe mit 1/1, 1/2, 1/4, 1/10 der Ausgangskonzentration) in absolute Angaben wie mmol L–1 umgerechnet wurden, steht eine Eichkurve zur Verfügung, mit deren Hilfe man die Konzentration einer oder mehrerer Testlösungen bestimmen kann.
17.2 Szintillationsspektrometrie Ein bedeutender Spezialanwendungsbereich der Spektralphotometrie ist die in der analytischen Biochemie häufig eingesetzte Szintillationsspektrometrie, auch Flüssigkeits-Szintilliationsspektrometrie oder LSC (liquid scintillation counting) genannt. Dieses Verfahren dient der Bestimmung der in einer Probe enthaltenen Art und Menge von Radioisotopen, beispielsweise nach Markierungsexperimenten mit Tritium 3H oder Radiokohlenstoff 14C. Ein exakt abgemessenes Probenvolumen gibt man in einen Szintillations-Cocktail. Darin wird zunächst das organische Lösemittel, meist Toluen (Toluol) oder 1,3-Dimethoxy-benzol, durch die β-Teilchen der zerfallenden Radioisotopen angeregt. Sie geben dann ein Fluoreszenzsignal im UV-Bereich (ca. 260–340 nm) ab, das technisch jedoch relativ schwer zu registrieren ist. Dem Lösemittel mischt man daher eine besondere Verbindung bei, die das kurzwellige Fluoreszenzlicht aufnimmt und bei größerer Wellenlänge (meist > 400 nm) abstrahlt: Dieser Hilfsstoff wird primärer Szintillator genannt. Häufig eingesetzte Verbindungen dieses Typs sind 2,5-Diphenyl-oxalzol (PPO) oder 2-(4-Butyl-phenyl)-5-(4-biphenylyl)-1,3,4-oxadiazol (=Butyl-PBD). Gegebenenfalls enthält der Cocktail zur Verbesserung der Messausbeute einen sekundären Szintillator wie 1,4-Bis-(5-phenyl-oxazol-2-yl)-benzol (POPOP), der das Fluoreszenzsignal
194
17 Photometrieren
nochmals in den Bereich größerer Wellenlänge verschiebt, das über einen Photonenvervielfacher aufgenommen und als elektrischer Impuls in die Messelektronik eingespeist wird. Der Energietransfer vom β-Teilchen auf ein Lösemittel-Molekül und von dort auf den primären Szintillator dauert nur etwa 10–9 bis 10–3 s. Die längerwelligen Fluoreszenzsignale sind abhängig von der Menge der radioaktiven Zerfallsakte in der Probe. Von den tatsächlich ablaufenden Zerfallsakten (festgelegt als dpm = desintegrations per minute, früher bezeichnet in der Einheit Curie, 1 Ci = 3,7 × 1010 Zerfälle s–1, heute angegeben in der Einheit Becquerel Bq, 1 Bq = 1 Zerfall s–1; 1 Ci = 3,7 × 1010 Bq) werden methodisch bedingt nicht alle erfasst. Die tatsächlich gezählten Impulse (cpm = counts per minute) müssen daher mit einem Korrekturfaktor versehen werden, der die Umrechnung auf die in der Probe enthaltene Isotopenmenge erlaubt.
18 Sterilisation und steriles Arbeiten
Verlässliche Wissenschaft, die objektive und reproduzierbare Ergebnisse anstrebt, erfordert nicht nur korrektes, sondern auch absolut sauberes Arbeiten durchaus im Wortsinn. Wichtigster Grundsatz ist dabei die ausschließliche Verwendung von Reaktionsgefäßen bzw. Apparaturen(teilen) ohne anhaftende (an)organische oder biologische Materialspuren vorangegangener Arbeitsschritte, die in nachfolgende Analyse- oder Präparationsabschnitte verschleppt werden könnten. Das gilt insbesondere für radiochemisches Arbeiten. Die überaus gründliche Reinigung aller verwendeten Materialien ist demnach eine Selbstverständlichkeit, die man aber dennoch nicht oft genug betonen kann. Wichtige Empfehlungen für die Reinigung von Laborgeräten (insbesondere Laborgläsern) sind in Kapitel 4 und 7.7 enthalten. Die analytische Sauberkeit der verwendeten Labormaterialien reicht fallweise aber noch lange nicht aus. Viele biologische Forschungsarbeiten, beispielsweise die Anzucht und das Experimentieren mit Reinkulturen, sowie industrielle Produktionsabläufe erfordern steriles Arbeiten. In solchen Fällen dürfen die verwendeten Apparaturen und Reagenzien keine mikrobiellen Verunreinigungen aufweisen. Bakterien, Pilzsporen und andere Mikroorganismen sind normalerweise in der Umwelt ubiquitär – es gibt faktisch keine Oberflächen, die sie nicht besiedeln: In der gewöhnlichen Raumluft sind etwa 500 Bakterien/m3 (meist an schwebende Partikeln gebunden) enthalten. Entsprechend höhere Bakterienzahlen und mikroskopisch kleine Diasporen finden sich in Staubdepots. Haut und Haare des Laborpersonals sind ebenfalls permanente Mikrobenhabitate. Allein auf der Haut siedeln üblicherweise bis über 1000 Bakterien/cm2 Oberfläche. Ein kräftiger Händedruck kann mehrere tausend Keime/cm2 abgeben. Unter anderem sind auch die Epithelien der oberen Atemwege normalerweise von meist harmlosen Bakterien intensiv kolonisiert und für steriles Arbeiten im Labor insofern eine potenzielle Problemzone. Steriles Arbeiten etwa in Kliniken verlangt deshalb immer einen Mundschutz sowie eine Verhüllung des Kopfhaares und der Kleidung insbesondere der Schuhe. Unter Sterilisation (gelegentlich auch Sterilisierung genannt) im labortechnischen Kontext versteht man alle geeigneten Verfahren, mit denen man Materialien (auch Lösungen) und Gegenstände (Geräte) von anhaftenden oder enthaltenen lebenden Mikroorganismen oder deren Dauerformen befreit, indem diese abgetötet oder irreversibel inaktiviert werden. Die Sterili-
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18 Sterilisation und steriles Arbeiten
sation schließt auch die Zerstörung von Viren (sind keine Mikroorganismen) sowie Prionen (infektiöse Proteine) ein, bei gentechnischen Arbeiten auch die Denaturierung von Plasmiden und Nucleinsäure-Fragmenten. Der Begriff der Sterilisation ist demnach umfassender als die häufig verwendete und so nicht zutreffende Umschreibung keimfrei. Mit Kontamination bezeichnet man dagegen die zufällige, unabsichtliche, unbemerkte Verschleppung unerwünschter Mikroorganismen in bereits sterile Lösungen, Reaktionsansätze, Nährböden, Laborgeräte oder sonstige Objekte (Verpackungen, Pharmazeutika, OP-Instrumente). Die Vermeidung einer Kontamination von Sterilgut erreicht man durch konsequente Beachtung der sterilen Arbeitstechnik. Alle Maßnahmen zur Vermeidung einer Kontamination fasst man unter den Begriff Asepsis. Die komplette Sterilisation von Laborgut jeglicher Qualität ist zwar eine wichtige Option, aber in der Praxis nicht oder nur selten erreichbar. Realistisch spricht man daher von der Reduzierung der Anzahl an vermehrungsfähigen Mikroorganismen um einen anwendungsbezogen unterschiedlichen Faktor. Bei allen Sterilisationsverfahren ist daher mit einer gewissen, wenn auch fallweise sehr geringen Kontaminationswahrscheinlichkeit zu rechnen. Vergleichbar der Zerfallskinetik radioaktiver Isotope nimmt bei den verschiedenen Sterilisationsverfahren der Anteil abgestorbener Individuen einer Population von Mikroorganismen in jedem Zeitintervall zu. Die Zeit, in der 90% einer vorgegebenen Population absterben – der Bestand lebender bzw. lebensfähiger Zellen oder Virionen (= einzelne Viren) also auf 1/10 und damit um eine Zehnerpotenz reduziert wird –, bezeichnet man als Dezimalreduktionszeit D (auch D-Wert oder dezimale Reduktionszeit genannt). Bei Verwendung von Temperatur als Sterilisationsverfahren gibt man diese als Subskript (tief gestellten Index) zusätzlich und damit genau an: D100 °C bedeutet demnach die dezimale Reduktionszeit bei 100 °C. Gegenüber der Desinfektion erwartet man von der eigentlichen Sterilisation eine um mindestens eine Zehnerpotenz höhere Wahrscheinlichkeit der vollständigen Abtötung aller Mikroorganismen. Über 90% aller Keime werden über die Hände übertragen. Deshalb hängt man in Krankenhäusern Hygienespender mit Desinfektionsmitteln auf. Konventionelles Händewaschen – auch mit Seife – reicht deshalb nicht, weil dabei kaum oder zu wenig Keime abgetötet werden. Vor allem Staphylococcus aureus, der Lungenentzündungen und andere Infektionen verursachen kann, macht Probleme, da er sich häufig gegenüber Antibiotika als resistent erweist. Das Tragen von Handschuhen im Labor ist deshalb nicht nur zum Schutz der Haut vor Chemikalien, sondern auch aus Gründen der Handhygiene zum sterilen Arbeiten nicht nur für Chirurgen notwendig.
18.2 Sterilisation durch Erhitzen
197
Unter einer axenischen Kultur versteht man eine Reinkultur ohne Verunreinigung durch andere Organismen, beispielsweise eine unialgale Kultur, in der nur ein bestimmter Stamm der einzelligen Grünalge Chlamydomonas reinhardii wächst, aber durchaus auch Bakterien enthalten sind. Die Bezeichnung wird oft im Sinne von „steriler Kultur“ gebraucht, ist aber sachlich keineswegs identisch. 18.1 Wichtige Sterilisationsverfahren Tabelle 18-1 listet überblicksweise die üblichen Verfahren der Sterilisation auf. Dabei kommen physikalische und chemische Methoden zum Einsatz. Ein universell anwendbares Sterilisationsverfahren gibt es nicht. Die Wahl der Methode hängt von mehreren Parametern ab, etwa von der Qualität des Sterilisationsgutes und dem Grad der Kontamination. Außerdem sind die verschiedenen Verfahren unterschiedlich zuverlässig. Als sicherste Methode wird generell das Autoklavieren von Probengut angesehen. Tabelle 18-1. Verfahren zur Keimreduzierung Abtötendes Agens
Verfahren
Temperatur
Autoklavieren Tyndallisieren Kochen Heißluft Ausglühen Abflammen
Chemikalien
Gassterilisation Desinfektion
Strahlung
UV-Strahlung Röntgenstrahlung Radioaktivität
Sterilfiltration
18.2 Sterilisation durch Erhitzen Das Abtöten von Mikroorganismen durch erhöhte Temperatur geht vor allem auf die irreversible Denaturierung ihrer Proteine zurück. Bei der Einwirkung trockener Hitze ist vor allem die Oxidation anderer Zellkomponenten von Belang. In jedem Fall folgt die Abtötung der Mikroorganismen
198
18 Sterilisation und steriles Arbeiten
einer Wahrscheinlichkeitsfunktion – die Zahl der überlebenden Zellen einer vorgegebenen Population nimmt exponentiell mit der Zeit ab. Der bereits vorgestellte D-Wert beschreibt den Wirkungsgrad. Eine Keimzahlverminderung um fünf Zehnerpotenzen eliminiert 99,999% der Ausgangspopulation. Die wirksamste und zugleich sicherste Methode der Hitzesterilisation ist das Autoklavieren (Dampfsterilisation) mit gespanntem, unter erhöhtem Druck stehenden Wasserdampf in einem dickwandigen Druckbehälter (Autoklav, Dampfsterilisator). Bei 100 °C weist Wasserdampf einen Druck von 101 kPa bzw. 1,01 bar auf. Im geschlossenen System erreicht er bei 115 °C bereits 170 kPa (1,7 bar) und bei 134 °C sogar 304 kPa (3,04 bar). Sofern das Sterilisiergut genügend hitzestabil ist (Glas, Metall, manche Kunststoffe, Wasser und wässrige Lösungen anorganischer Substanzen), autoklaviert man 5 min lang bei 134 °C. Die Abtötungszeit ist für verschiedene Mikroorganismen unterschiedlich: Für Mycobacterium tuberculosis beträgt die D61,5 °C = 3 min; für die meisten vegetativen Bakterien, Hefen und Schimmelpilze ist von D100 °C = 5 min auszugehen. Zu berücksichtigen ist allerdings, wonach der D-Wert die Wahrscheinlichkeit angibt, dass 90% der Bakterienpopulation in der angegebenen Zeit abgetötet wurden und 10% der Individuen überleben. Ein auf den Zeitraum 2 D ausgedehntes Erhitzen erhöht die Wahrscheinlichkeit des Abtötens auf 99%. Bei einem Ausgangsgehalt von 103 Individuen ist demnach zum Erreichen einer relativ sicheren Sterilität einer Probe eine Einwirkungszeit von mindestens 5 D erforderlich. Für die Zerstörung von Hepatitis B-Viren setzt man heute 30 min bei 100 °C an, für Prionen 18 min bei 134 °C und 3 bar. Beim Autoklavieren sind wegen des Arbeitens mit erhöhtem Druck unbedingt die relevanten Sicherheitsvorschriften zu beachten! Unter Tyndallisieren, auch als fraktionierte Sterilisation bezeichnet und nach dem irischen Physiker John Tyndall benannt, versteht man das dreimalige Erhitzen von Lösungen oder Nährböden im Wasserbad auf 80–100 °C für jeweils 30 min an drei aufeinanderfolgenden Tagen. Die Methode ist nicht allzu zuverlässig, aber bedenkenswert für solche Ansätze, die ein Autoklavieren nicht vertragen. Die Heißluftsterilisation nutzt die abtötende Wirkung trockener Hitze. Sie erfordert jedoch im Unterschied zum Autoklavieren wesentlich längere Einwirkungszeiten. Sie wird überwiegend im industriellen Bereich beispielsweise bei Einwegpipetten und Verpackungsmaterialien angewendet. Die Sterilisierzeit beträgt bei 160 °C im Allgemeinen 180 min, bei 180 °C 30 min. Das Abflammen und Ausglühen von Laborgeräten erfolgt mithilfe von Gasbrennern (Bunsen- oder Teclu-Brenner; Kartuschenbrenner mit Sicherheitsaufsatz). Beim Abflammen werden Pinzette, Scheren, Spatel und Skalpelle für kurze Zeit in die Flamme gehalten, ohne sie zum Glühen zu
18.3 Sterilisation mit chemischen Mitteln
199
bringen. Zuverlässiger ist das Ausglühen, indem man die betreffenden (Metall-)Geräte wie Impfnadeln und -ösen in den Außenkegel einer Brennerflamme hält. Gelbglut bei ca. 1000 °C tötet alle etwaigen anhaftenden Mikroorganismen in weniger als 1 s ab. Vor der weiteren Verwendung müssen die betreffenden Instrumente auskühlen, beispielsweise durch Eintauchen in steriles Wasser.
18.3 Sterilisation mit chemischen Mitteln Sofern das Sterilisationsgut thermolabil ist und eine Behandlung mit den unter 18.1 benannten Verfahren nicht verträgt, greift man eher zu abtötenden Chemikalien. Bei der chemischen Trockenantiseptik erfolgt die Abtötung der Mikroorganismen mit gasförmig auf Oberflächen einwirkenden Substanzen. Vielfach und fast ausschließlich im industriellen Bereich wird das hochgiftige Ethylenoxid verwendet, ein zyklischer Ether (1,2-Epoxyethan), der in Deutschland nicht für den Einsatz an Lebensmitteln zugelassen ist. Verpackungen oder Geräte einer entsprechenden Vorbehandlung tragen die Kennzeichnung EO. Andere Agenzien sind der recht toxische Formalaldehyd (Methanal, H2C=O), dessen Dämpfe Augen und Atemwege reizen, zudem allergische Reaktionen auslösen können und möglicherweise cancerogen sind. In der Lebensmittelbranche (vor allem in der Getränkeindustrie) setzt man überwiegend die ebenfalls hautreizende Peroxyessigsäure (H3C-CO-OOH) ein. Zu den chemischen Verfahren gehören schließlich auch alle der Desinfektion dienenden Maßnahmen, die gewöhnlich nur eine deutliche Keimreduzierung, jedoch kaum eine zufrieden stellende Sterilisation leisten. Statt der vom Fachhandel angebotenen breiten Produktpalette für Hände und Arbeitsflächen kann man auch 70%iges (v/v) Ethanol (oft mit toxischem Pyridin vergällt), jedoch keinen Brennspiritus verwenden!. Gleichwertig sind auch 50%iges 1-Propanol (n-Propanol) oder 60%iges 2-Propanol (Isopropanol, i-Propanol, früher Isopropylalkohol genannt) zu verwenden. Beim Versprühen ist die Brand- und Explosionsgefahr zu beachten. Schließlich ist im technischen wie im medizinischen Bereich auch der Einsatz von Wasserstoffperoxid (H2O2) in verschiedenen Konzentrationen üblich. Für die Gerätedesinfektion haben sich auch eine 2%ige Glutaraldehyd(Glutardialdehyd-) Lösung oder Peroxyessigsäure bewährt. Beide Mittel sollten nur unter dem Abzug verwendet werden. Da bei den zuletzt benannten Verfahren die keimtötenden Chemikalien als Flüssigkeit auf die zu behandelnden Oberflächenbehandlung aufgetragen werden, spricht man auch
200
18 Sterilisation und steriles Arbeiten
von Nassantiseptik. Alle organischen Chemikalien, die der Sterilisation dienen, sind grundsätzlich nur unter dem Abzug zu verwenden! 18.4 Sterilisation durch Strahlen Die Strahlensterilisation erfolgt durch energiereiche ionisierende Strahlung, die hinreichend tief in das Sterilisiergut eindringen. Es kommen dafür Gammastrahlung aus radioaktiven Quellen (meistens 60Co) oder auch Röntgenstrahlen in Frage. Die Anwendungen beschränken sich fast ausschließlich auf den industriellen Bereich, wenn etwa medizinische Bedarfsartikel (Einwegspritzen, Verbandmaterial u.a.) sterilisiert werden, ferner auf Verpackungsmaterialien für Pharmazeutika. In der Laborpraxis setzt man dagegen fast ausschließlich UV-Strahlung ein. Zelltötend wirkt vor allem das Wellenband 200–280 nm (UV-C). Das Wirkungsoptimum liegt bei der Wellenlänge 260 nm, die vor allem von den Nucleinsäuren absorbiert wird. Energiereiche UV-Strahlen lösen in der DNA strukturelle Veränderungen aus, darunter besonders häufig kovalente Ringschlüsse zwischen kettenbenachbarten Pyrimidinbasen (Cytosin und Thymin). Sie stören die DNA-Replikation und führen schließlich zum Zelltod. Die eingesetzten Strahlenquellen sollten Wellenlängen unter 200 nm allerdings nicht durchlassen, da sonst toxisches Ozon entsteht. UV-Strahlung setzt man in unbenutzten Laborräumen (vorzugsweise über Nacht) auch zur Raumsterilisation ein. Bei der damit angestrebten Keimreduzierung ist allerdings zu beachten, dass die Bestrahlungsstärke (Bestrahlungsdosis; auf der Bezugsflächeneinheit auftreffende Strahlungsleistung einer UV-Quelle) natürlich dem Strahlungsgesetz unterliegt und mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt. In 2,5 m Distanz zur UV-Quelle beträgt die Bestrahlungsstärke nur etwa 1% derjenigen bei 30 cm Abstand. 18.5 Sterilfiltration Die Steril- oder Mikrofiltration strebt die Abtrennung von Mikroorganismen aus Flüssigkeiten oder Gasen an. Viren oder Makromoleküle lassen sich mit dieser Methode nicht eliminieren, da die verwendeten Filtermaterialien im Allgemeinen keine absolut gleich großen Porendurchmesser aufweisen und ein bestimmter minimaler Porendurchmesser (meist um 0,1 μm) aus technischen Gründen nicht unterschritten werden kann. Gerätetechnisch unterscheidet man die sehr dünnen Membranfilter mit einer mittleren Dicke zwischen 115–130 μm bei 0,2 μm Porenweite und die wesentlichen kräftigeren Tiefenfilter, die um 3,7 mm dick sind und Porenweiten zwi-
18.5 Sterilfiltration
201
schen 0,1 und 1,5 μm aufweisen. Je nach Partikelfracht des Filtrationsgutes sollte man ein gröberporiges Vorfilter einschalten, damit sich die feinerporigen Filter nicht zu schnell zusetzen. Als Filtrationsgeräte bietet der Fachhandel eine breite Palette an Druckbzw. Vakuumfiltrationseinrichtungen an (vgl. Abb. 13-3), die auf Druckflaschen aufgesetzt werden oder als Filtrationsvorsätze beispielsweise in Injektionsspritzen eingelassen sind.
Membranfilter
Arbeitsmanometer
Abb. 18-1. Geräteanordnung zur Integritätsprüfung von Membranfiltern
Ein kritischer Punkt ist die Kontrolle der Zuverlässigkeit der verwendeten Filtrationsmaterialien. Etwaige Leckage ist völlig intolerabel, weswegen man vor und/oder nach einer Sterilfiltration die Membranintegrität überprüfen sollte. Das einfachste hierfür eingesetzte Verfahren ist der BubblePoint-Test (auch Blasendrucktest genannt). Dabei ist folgendermaßen zu verfahren (Abb. 18-1): 1. Durch das in das Filtrationsgerät eingelegt Membranfilter wird so viel Wasser filtriert, dass es vollständig durchfeuchtet ist. 2. An das Filtrationsgerät schließt man auf der Ausgangsseite einen Druckschlauch an, dessen freies Ende in ein mit Wasser gefülltes Gefäß führt. 3. Die Eingangsseite verbindet man über einen Druckschlauch mit einer Druckgasflasche (Stickstoff oder Pressluft). 4. Unter ständiger Kontrolle des Arbeitsmanometers am Reduzierventil erhöht man langsam den Druck. 5. Im Auffanggefäß dürfen erst dann Gasbläschen aufsteigen, wenn der herstellerseitig für den verwendeten Filtertyp angegebene Bubble Point gerade überschritten wurde. Der Bubble Point oder Blasendruck liegt bei den meisten Membranfiltertypen bei 3–5 bar. 6. Perlen im Auffanggefäß bereits bei deutlich geringerem Druck Gasbläschen auf, sollte man das Filtermaterial verwerfen und die eventuell zuvor vorgenommene Sterilfiltration wiederholen.
202
18 Sterilisation und steriles Arbeiten
18.6 Steriles Arbeiten Da die normale Raumluft und auch die Kleidung der im Labor tätigen Personen mengenweise Bakterien und Diasporen anderer Mikroorganismen als potenzielle Kontaminanten aufweist, ist bei mikrobiologischen oder analogen Arbeiten außer der Sterilisation aller verwendeten Geräte und Lösungen darauf zu achten, dass beispielsweise beim Inokulieren (Animpfen) von Nährlösungen oder Nährböden mit Reinzuchtkulturen keine Kontamination erfolgen kann. Dem sicheren Arbeiten dient als Standardausrüstung in entsprechend ausgerichteten Laboren die Reine Werkbank (Clean Box). Sie schützt nicht nur die sterilen Objekte vor Kontaminationen aus der Umgebungsluft, sondern auch die Experimentatoren beispielsweise vor infektiösen Aerosolen. Die für die Keimabscheidung in die Luftwege der Werkbank eingebauten Tiefefilter sind Hochleistungsschwebstoffluftfilter, die Partikel bis zu einer minimalen Größe von etwa 0,3 μm mit einer Effizienz von mindestens 99,97% zurückhalten. Von 10 000 Partikeln in der angesaugten Raumluft passieren somit höchstens drei das Filtermaterial. Absolute Sicherheit ist also auch hier nicht zu erreichen.
Filteranlage
Sichtscheibe Arbeitsöffnung
Ventilator
Abb. 18-2. Schema zum Aufbau einer Reinen Werkbank
Ansonsten gelten für das Arbeiten mit Mikroorganismen (und insbesondere mit pathogenen Formen) neben den in Kapitel 1 zitierten Verhaltensweisen besondere Sicherheitsmaßnahmen. Sie sind in der „Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen“ (Biostoffverordnung; BiostoffVO; letzte Fassung vom 18.12.2008) festgelegt. Diese teilt Bakterien und Mikropilze in vier Risikogruppen ein. Analog sind die Sicherheitsstufen S1–S4 nach dem Gentechnikgesetz bzw. der aktuellen Gentechniksicherheitsverordnung zu verstehen, die hier nicht im Detail zu zitieren sind.
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
Tabelle 19-1. Risiko-Sätze (R-Sätze; vgl. Kapitel 1) R1 R2 R3 R4 R5 R6 R7 R8 R9 R10 R11 R12 R13 R14 R15 R16 R17 R18 R19 R20 R21 R22 R23 R24 R25 R26 R27 R28 R29 R30 R31 R32 R33
In trockenem Zustand explosionsfähig Durch Schlag, Reibung, Feuer und andere Zündquellen explosionsgefährlich Durch Schlag, Reibung, Feuer und andere Zündquellen besonders explosionsgefährlich Bildet hochempfindliche explosionsgefährliche Metallverbindungen Beim Erwärmen explosionsfähig Mit und ohne Luft explosionsfähig Kann Brand verursachen Feuergefahr bei Berührung mit brennbaren Stoffen Explosionsgefahr bei Mischung mit brennbaren Stoffen Entzündlich Leichtentzündlich Hochentzündlich (entfallen) Reagiert heftig mit Wasser Reagiert mit Wasser unter Bildung leicht entzündlicher Gase Explosionsgefährlich in Mischung mit brandfördernden Stoffen Selbstentzündlich an der Luft Bei Gebrauch Bildung explosionsfähiger/leichtentzündlicher DampfLuftgemische möglich Kann explosionsfähige Peroxide bilden Gesundheitsschädlich beim Einatmen Gesundheitsschädlich bei Berührung mit der Haut Gesundheitsschädlich beim Verschlucken Giftig beim Einatmen Giftig bei Berührung mit der Haut Giftig beim Verschlucken Sehr giftig beim Einatmen Sehr giftig bei Berührung mit der Haut Sehr giftig beim Verschlucken Entwickelt bei Berührung mit Wasser giftige Gase Kann bei Gebrauch leicht entzündlich werden Entwickelt bei Berührung mit Säure giftige Gase Entwickelt bei Berührung mit Säure sehr giftige Gase Gefahr kumulativer Wirkungen
204 R34 R35 R36 R37 R38 R39 R40 R41 R42 R43 R44 R45 R46 R47 R48 R49 R50 R51 R52 R53 R54 R55 R56 R57 R58 R59 R60 R61 R62 R63 R64 R65 R66 R67 R68
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten Verursacht Verätzungen Verursacht schwere Verätzungen Reizt die Augen Reizt die Atmungsorgane Reizt die Haut Ernste Gefahr irreversiblen Schadens Verdacht auf krebserzeugende Wirkung Gefahr ernster Augenschäden Sensibilisierung durch Einatmen möglich Sensibilisierung durch Hautkontakt möglich Explosionsgefahr bei Erhitzen unter Einschluss Kann Krebs erzeugen Kann vererbbare Schäden verursachen (entfallen) Gefahr ernster Gesundheitsschäden bei längerer Exposition Kann Krebs erzeugen beim Einatmen Sehr giftig für Wasserorganismen Giftig für Wasserorganismen Schädlich für Wasserorganismen Kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben Giftig für Pflanzen Giftig für Tiere Giftig für Bodenorganismen Giftig für Bienen Kann längerfristig schädliche Wirkungen auf die Umwelt haben Gefährlich für die Ozonschicht Kann die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen Kann das Kind im Mutterleib schädigen Kann möglicherweise die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen Kann das Kind im Mutterleib möglicherweise schädigen Kann Säuglinge über die Muttermilch schädigen Gesundheitsschädlich: Kann beim Verschlucken Lungenschäden verursachen Wiederholter Kontakt kann zu spröder oder rissiger Haut führen Dämpfe können Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen Irreversibler Schaden möglich
Einige R-Sätze kann man miteinander kombinieren, um bei einer Kennzeichnung mit weniger Text auszukommen, beispielsweise R14/15, R15/29, R20/21, R20/22, R20/21/22, R23/25, R23/24/25, R24/25, R26/27, R48/20, R48/21, R48/22, R48/20/22, R48/21/22, R48/20/21/22, R48/23, R52/53, R68/20, R68/21, R68/22, R68/21/22 oder R68/20/21/22. Die Kennzeichnung R48/23/24 bedeutet demnach: „Giftig: Gefahr ernster Gesundheitsschäden bei längerer Exposition durch Einatmen und durch Berührung mit der Haut“.
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
205
Tabelle 19-2. Sicherheits-Sätze (S-Sätze; vgl. Kapitel 1) S1 S2 S3 S4 S5 S6 S7 S8 S9 S10 S11 S12 S13 S14 S15 S16 S17 S18 S19 S20 S21 S22 S23 S24 S25 S26 S27 S28 S29 S30 S31 S32 S33 S34 S35 S36 S37 S38 S39 S40
Unter Verschluss aufbewahren Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen Kühl aufbewahren Von Wohnplätzen fernhalten Unter ... aufbewahren (geeignete Flüssigkeit herstellerseitig anzugeben) Unter ... aufbewahren (inertes Gas herstellerseitig anzugeben) Behälter dicht geschlossen halten Behälter trocken halten Behälter an einem gut gelüfteten Ort aufbewahren Inhalt feucht halten Zutritt von Luft verhindern Behälter nicht gasdicht verschließen Von Nahrungsmitteln, Getränken und Futtermitteln fernhalten Von ... fernhalten (inkompatible Substanzen herstellerseitig anzugeben) Vor Hitze schützen Von Zündquellen fernhalten – Nicht rauchen Von brennbaren Stoffen fernhalten Behälter mit Vorsicht öffnen und handhaben (entfallen) Bei der Arbeit nicht essen und trinken Bei der Arbeit nicht rauchen Staub nicht einatmen Gas/Rauch/Dampf/Aerosol nicht einatmen (geeignete Bezeichnungen herstellerseitig anzugeben) Berührung mit der Haut vermeiden Berührung mit den Augen vermeiden Bei Berührung mit den Augen gründlich mit Wasser abspülen und Arzt konsultieren Beschmutzte, getränkte Kleidung sofort ausziehen Bei Berührung mit der Haut sofort abwaschen mit viel ... (vom Hersteller anzugeben) Nicht in die Kanalisation gelangen lassen Niemals Wasser hinzugeben Von explosionsfähigen Stoffen fernhalten (entfallen) Maßnahmen gegen elektrostatische Aufladung treffen Schlag und Reibung vermeiden Abfälle und Behälter müssen in gesicherter Weise beseitigt werden Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung tragen Geeignete Schutzhandschuhe tragen Bei unzureichender Belüftung Atemschutzgerät anlegen Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen Fußboden und verunreinigte Gegenstände mit ... reinigen (Material herstellerseitig anzugeben)
206 S41 S42 S43 S44 S45 S46 S47 S48 S49 S50 S51 S52 S53 S54 S55 S56 S57 S58 S58 S59 S60 S61 S62 S63 S64
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten Explosions- und Brandgase nicht einatmen Beim Räuchern/Versprühen geeignetes Atemschutzgerät anlegen (Bezeichnung herstellerseitig anzugeben) Zum Löschen ... verwenden (herstellerseitig anzugeben). Wenn Wasser die Gefahr erhöht, ist anzufügen: Kein Wasser verwenden! (entfallen) Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt hinzuziehen (wenn möglich, dieses Etikett vorzeigen) Bei Verschlucken sofort ärztlichen Rat einholen und Verpackung oder Etikett vorzeigen Nicht bei Temperaturen über ... °C aufbewahren (herstellerseitig anzugeben) Feucht halten mit ... (herstellerseitig anzugeben) Nur im Originalbehälter aufbewahren Nicht mischen mit ... (herstellerseitig anzugeben) Nur in gut belüfteten Bereichen verwenden Nicht großflächig für Wohn- und Aufenthaltsräume zu verwenden Exposition vermeiden – vor Gebrauch besondere Anweisungen einholen (entfallen) (entfallen) Dieses Produkt und seinen Behälter der Problemabfallentsorgung zuführen Zur Vermeidung einer Kontamination der Umwelt geeigneten Behälter verwenden (entfallen) (entfallen) Information zur Wiederverwendung/Wiederverwertung beim Hersteller/Lieferanten erfragen Dieses Produkt und sein Behälter sind als gefährlicher Abfall zu entsorgen Freisetzung in die Umwelt vermeiden. Besondere Anweisungen einholen/Sicherheitsdatenblatt zu Rate ziehen Bei Verschlucken kein Erbrechen herbeiführen. Sofort ärztlichen Rat einholen und Verpackung oder dieses Etikett vorzeigen Bei Unfall durch Einatmen: Verunfallten an die frische Luft bringen und ruhigstellen Bei Verschlucken Mund mit Wasser ausspülen (Nur wenn Verunfallter bei Bewusstsein ist)
Manche S-Sätze kann man ähnlich wie im Fall der R-Sätze miteinander kombinieren, um bei ausführlichen Kennzeichnungen von Gefahrstoffen fallweise mit weniger Text auskommen zu können: S1/2, S3/7, S3/9/14, S3/9/14/49, S3/9/49, S3/14, S7/8, S7/9, S7/47, S20/21, S24/25, S27/28, S29/35, S29/56, S36/37, S36/37/39, S36/39, S37/39 sowie S47/49. Die Kombination S36/37/39 steht demnach für den Sicherheitshinweis „Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung, Schutzhandschuhe und Schutzbrille/ Gesichtsschutz tragen“.
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
207
Tabelle 19-3. H-Sätze nach dem GHS (vgl. Kapitel 1) H200-Reihe: Physikalische Gefahren H200 instabil, explosiv H201 explosiv, Gefahr der Massenexplosion H202 explosiv, große Gefahr durch Splitter, Spreng- und Wurfstücke H203 explosiv, Gefahr durch Feuer, Luftdruck oder Splitter H204 Gefahr durch Feuer oder Splitter, Spreng- und Wurfstücke H205 Gefahr der Massenexplosion bei Feuer H220 extrem entzündbares Gas H221 entzündbares Gas H222 extrem entzündbares Aerosol H223 entzündbares Aerosol H224 Flüssigkeit und Dampf extrem entzündbar H225 Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar H226 Flüssigkeit und Dampf entzündbar H228 Entzündbarer Feststoff H240 Erwärmung kann Explosion verursachen H241 Erwärmung kann Brand oder Explosion verursachen H242 Erwärmung kann Brand verursachen H250 Entzündet sich in Berührung mit Luft von selbst H251 Selbsterhitzungsfähig, kann in Brand geraten H252 In großen Mengen selbsterhitzungsfähig, kann in Brand geraten H260 In Berührung mit Wasser entstehen entzündbare Gase, die sich spontan entzünden können H261 In Berührung mit Wasser entstehen entzündbare Gase H270 Kann Brand verursachen oder verstärken; Oxidationsmittel H271 Kann Brand oder Explosion verursachen oder verstärken; starkes Oxidationsmittel H272 Kann Brand verstärken; Oxidationsmittel H280 Enthält Gas unter Druck; kann bei Erwärmung explodieren H281 Enthält tiefgekühltes Gas unter Druck; kann Kälteverbrennungen oder -verletzungen verursachen H290 Kann gegenüber Metallen korrosiv sein H300-Reihe: Gesundheitsgefahren H300 Lebensgefahr bei Verschlucken H301 Giftig bei Verschlucken H302 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken H304 Kann bei Verschlucken und Eindringen in die Atemwege tödlich sein H310 Lebensgefahr bei Hautkontakt H311 Giftig bei Hautkontakt H312 Gesundheitsschädlich bei Hautkontakt H314 Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden H315 Verursacht Hautreizungen H317 Kann allergische Hautreaktionen verursachen H318 Verursacht schwere Augenschäden
208
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
H319 H330 H331 H332 H334 H335 H336 H340 H341 H350 H350i H351 H360
H360 H360 H360 H360 H360 H361 H361 H361 H361 H362 H370 H371
Verursacht schwere Augenreizung Lebensgefahr bei Einatmen Giftig bei Einatmen Gesundheitsschädlich bei Einatmen Kann bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen Kann die Atemwege reizen Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen Kann genetische Defekte verursachen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht) Kann vermutlich genetische Defekte verursachen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht) Kann Krebs erzeugen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht) Kann bei Einatmen Krebs erzeugen Kann vermutlich Krebs erzeugen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht) Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen (konkrete Wirkung angeben, sofern bekannt) (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht) F Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen D Kann das Kind im Mutterleib schädigen FD Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Kann das Kind im Mutterleib schädigen Fd Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Kann vermutlich das Kind im Mutterleib schädigen fD Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht) f Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen d Kann vermutlich das Kind im Mutterleib schädigen fd Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Kann vermutlich das Kind im Mutterleib schädigen Kann Säuglinge über die Muttermilch schädigen Schädigt die Organe (oder alle betroffenen Organe nennen, sofern bekannt) (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht) Kann die Organe schädigen (oder alle betroffenen Organe nennen, sofern bekannt) (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht)
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten H372 H373
209
Schädigt die Organe (oder alle betroffenen Organe) bei längerer oder wiederholter Exposition (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht) Kann die Organe schädigen (oder alle betroffenen Organe) bei längerer oder wiederholter Exposition (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht)
H400-Reihe: Umweltgefahren H400 Sehr giftig für Wasserorganismen H410 Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung H411 Giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung H412 Schädlich für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung H413 Kann für Wasserorganismen schädlich sein, mit langfristiger Wirkung Tabelle 19-4. Ergänzende EUH-Sätze
Nur für das Gebiet der EU hat die fallweise strengere EU-Gesetzgebung zusätzliche EUH-Sätze (Ergänzende Gefahrenmerkmale und Kennzeichnungselemente) für die Gefährdung eingeführt, die über das GHS hinausgehen. Sie sind nach den H- und P-Sätzen anzuführen. EUH001 EUH006 EUH014 EUH018 EUH019 EUH044 EUH029 EUH031 EUH032 EUH059 EUH066 EUH070 EUH071 EUH201 EUH201 EUH202 EUH203 EUH204 EUH205
In trockenem Zustand explosiv Mit und ohne Luft explosionsfähig Reagiert heftig mit Wasser Kann bei Verwendung explosionsfähige / entzündbare Dampf-/LuftGemische bilden Kann explosionsfähige Peroxide bilden Explosionsgefahr bei Erhitzen unter Verschluss Entwickelt bei Berührung mit Wasser giftige Gase Entwickelt bei Berührung mit Säure giftige Gase Entwickelt bei Berührung mit Säure sehr giftige Gase Schädigt die Ozonschicht Wiederholter Kontakt kann zu spröder oder rissiger Haut führen Giftig bei Berührung mit den Augen Wirkt ätzend auf die Atemwege Enthält Blei. Nicht für den Anstrich von Gegenständen verwenden, die von Kindern gekaut oder gelutscht werden könnten A Achtung. Enthält Blei Cyanacrylat. Gefahr. Klebt innerhalb von Sekunden Haut und Augenlider zusammen. Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen Enthält Chrom (VI). Kann allergische Reaktionen hervorrufen Enthält Isocyanate. Kann allergische Reaktionen hervorrufen Enthält epoxidhaltige Verbindungen. Kann allergische Reaktionen hervorrufen
210
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
EUH206 EUH207 EUH208 EUH209 EUH209 EUH210 EUH401
Achtung! Nicht zusammen mit anderen Produkten verwenden, da gefährliche Gase (Chlor) freigesetzt werden können Achtung! Enthält Cadmium. Bei der Verwendung entstehen gefährliche Dämpfe. Hinweise des Herstellers beachten. Sicherheitsanweisungen einhalten Enthält (Name des sensibilisierenden Stoffes). Kann allergische Reaktionen hervorrufen Kann bei Verwendung leicht entzündbar werden A Kann bei Verwendung entzündbar werden Sicherheitsdatenblatt auf Anfrage erhältlich Zur Vermeidung von Risiken für Mensch und Umwelt die Gebrauchsanleitung einhalten
Tabelle 19-5. P-Sätze nach dem GHS (vgl. Kapitel 1) P100-Reihe: Allgemeines P101 Ist ärztlicher Rat erforderlich, Verpackung oder Kennzeichnungsetikett bereithalten P102 Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen P103 Vor Gebrauch Kennzeichnungsetikett lesen P200-Reihe: Prävention P201 Vor Gebrauch besondere Anweisungen einholen P202 Vor Gebrauch alle Sicherheitshinweise lesen und verstehen P210 Von Hitze / Funken / offener Flamme / heißen Oberflächen fernhalten. Nicht rauchen P211 Nicht gegen offene Flamme oder andere Zündquelle sprühen. P220 Von Kleidung / … brennbaren Materialien fernhalten / entfernt aufbewahren P221 Mischen mit brennbaren Stoffen / … unbedingt verhindern P222 Kontakt mit Luft nicht zulassen. P223 Kontakt mit Wasser wegen heftiger Reaktion und möglichem Aufflammen unbedingt verhindern P230 Feucht halten mit … P231 Unter inertem Gas handhaben P232 Vor Feuchtigkeit schützen P233 Behälter dicht verschlossen halten P234 Nur im Originalbehälter aufbewahren P235 Kühl halten P240 Behälter und zu befüllende Anlage erden P241 Explosionsgeschützte elektrische Betriebsmittel / Lüftungsanlagen / Beleuchtung / … verwenden P242 Nur funkenfreies Werkzeug verwenden P243 Maßnahmen gegen elektrostatische Aufladung treffen P244 Druckminderer frei von Fett und Öl halten
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten P250 P251 P260 P261 P262 P263 P264 P270 P271 P272 P273 P280 P281 P282 P283 P284 P285
211
Nicht schleifen / stoßen / … / reiben Behälter steht unter Druck: Nicht durchstechen oder verbrennen, auch nicht nach der Verwendung Staub / Rauch / Gas / Nebel / Dampf / Aerosol nicht einatmen Einatmen von Staub / Rauch / Gas / Nebel / Dampf / Aerosol vermeiden Nicht in die Augen, auf die Haut oder auf die Kleidung gelangen lassen Kontakt während der Schwangerschaft / und der Stillzeit vermeiden Nach Gebrauch … gründlich waschen Bei Gebrauch nicht essen, trinken oder rauchen Nur im Freien oder in gut belüfteten Räumen verwenden Kontaminierte Arbeitskleidung nicht außerhalb des Arbeitsplatzes tragen Freisetzung in die Umwelt vermeiden Schutzhandschuhe / Schutzkleidung / Augenschutz / Gesichtsschutz tragen Vorgeschriebene persönliche Schutzausrüstung tragen Schutzhandschuhe / Gesichtsschild / Augenschutz mit Kälteisolierung tragen Schwer entflammbare / flammhemmende Kleidung tragen Atemschutz tragen Bei unzureichender Belüftung Atemschutz tragen
P300-Reihe: Reaktion P301 Bei Verschlucken: P302 Bei Berühren mit der Haut: P303 Bei Berühren mit der Haut (oder dem Haar): P304 Bei Einatmen: P305 Bei Kontakt mit den Augen: P306 Bei kontaminierter Kleidung: P307 Bei Exposition: P308 Bei Exposition oder falls betroffen: P309 Bei Exposition oder Unwohlsein: P310 Sofort Giftinformationszentrum oder Arzt anrufen P311 Giftinformationszentrum oder Arzt anrufen P312 Bei Unwohlsein Giftinformationszentrum oder Arzt anrufen P313 Ärztlichen Rat einholen /ärztliche Hilfe hinzuziehen P314 Bei Unwohlsein ärztlichen Rat einholen /ärztliche Hilfe hinzuziehen P315 Sofort ärztlichen Rat einholen /ärztliche Hilfe hinzuziehen P320 Besondere Behandlung dringend erforderlich (siehe … auf diesem Kennzeichnungsetikett) P321 Besondere Behandlung (siehe … auf diesem Kennzeichnungsetikett) P322 Gezielte Maßnahmen (siehe … auf diesem Kennzeichnungsetikett) P330 Mund ausspülen P331 Kein Erbrechen herbeiführen P332 Bei Hautreizung: P333 Bei Hautreizung oder -ausschlag: P334 In kaltes Wasser tauchen / nassen Verband anlegen
212 P335 P336 P337 P338 P340 P341 P342 P350 P351 P352 P353 P360 P361 P362 P370 P371 P372 P373 P374 P375 P376 P377 P378 P380 P381 P390 P391
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten Lose Partikeln von der Haut abbürsten Vereiste Bereiche mit lauwarmem Wasser auftauen. Betroffenen Bereich nicht reiben Bei anhaltender Augenreizung: Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen Die betroffene Person an die frische Luft bringen und in einer Position ruhigstellen, die das Atmen erleichtert Bei Atembeschwerden an die frische Luft bringen und in einer Position ruhigstellen, die das Atmen erleichtert Bei Symptomen der Atemwege: Behutsam mit viel Wasser und Seife waschen Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen Mit viel Wasser und Seife waschen Haut mit Wasser abwaschen / duschen Kontaminierte Kleidung und Haut sofort mit viel Wasser abwaschen und danach Kleidung ausziehen Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen Kontaminierte Kleidungsstücke ausziehen und vor erneutem Tragen waschen Bei Brand: Bei Großbrand und großen Mengen: Explosionsgefahr bei Brand Keine Brandbekämpfung, wenn das Feuer explosive Stofe / Gemische / Erzeugnisse erreicht Brandbekämpfung mit üblichen Vorsichtsmaßnahmen aus angemessener Entfernung Wegen Explosionsgefahr Brand aus der Entfernung bekämpfen Undichtigkeit beseitigen, wenn gefahrlos möglich Brand von ausströmendem Gas: Nicht löschen, bis Undichtigkeit gefahrlos beseitigt werden kann … zum Löschen verwenden Umgebung räumen Alle Zündquellen entfernen, wenn gefahrlos möglich Verschüttete Mengen aufnehmen, um Materialschäden zu vermeiden Verschüttete Mengen aufnehmen
P400-Reihe: Aufbewahrung P401 … aufbewahren P402 An einem trockenen Ort aufbewahren P403 An einem gut belüfteten Ort aufbewahren P404 In einem geschlossenen Behälter aufbewahren P405 Unter Verschluss aufbewahren P406 In korrosionsbeständigem / … Behälter mit korrosionsbeständiger Auskleidung aufbewahren P407 Luftspalt zwischen Stapeln / Paletten lassen
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten P410 P411 P412 P413 P420 P422
213
Vor Sonnenbestrahlung schützen Bei Temperaturen von nicht mehr als … °C / … aufbewahren Nicht Temperaturen von mehr als 50 °C aussetzen Schüttgut in Mengen von mehr als … kg bei Temperaturen von nicht mehr als … °C aufbewahren Von anderen Materialien entfernt aufbewahren Inhalt in / unter … aufbewahren
P500-Reihe: Entsorgung P501 Inhalt / Behälter … zuführen
Die Kombination mehrerer P-Sätze ist erforderlich oder möglich (beispielsweise P301 + P310, P302 + P350, P303 + P 361 + P353, P403 + P233, P411 + P235), da einzelne Sätze für sich allein nicht sinnvoll sind.
Tabelle 19-6. Farbkennzeichnung für laborübliche Installationen Installation Vakuumleitung Wasser Druckluft Erdgas
Kennfarbe
Hinweis bis Restdruck von ca. 120 mbar Normales Brauchwasser; sonst mit Aufschrift „Trinkwasser“ oder „Entmineralisiertes (deionisiertes) Wasser“ Druck von ca. 3 bar Druck von ca. 2 bar; andere Gase (Stickstoff, Helium) mit entsprechender Aufschrift Strom führender Leiter (Phase)
Elektrokabel
Neutralleiter (Nullleiter) Schutzleiter (führt normalerweise keinen Strom)
214
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
Tabelle 19-7. Bisherige Gefahrstoffsymbole (vgl. Kapitel 1) Symbol
KennBuchstabe
Bedeutung
Beispiele
E
Explosionsgefährlich Stoffe, die unter bestimmten Bedingungen explodieren können
Pikrinsäure Trinitrotoluol
F+
Hochentzündlich Selbstentzündliche Stoffe, leichtentzündliche gasförmige Stoffe oder brennbare Flüssigkeiten
Wasserstoff Ethin Diethylether
F
Leichtentzündlich Selbstentzündliche Stoffe, leichtentzündliche gasförmige Stoffe oder brennbare Flüssigkeiten
Ethanol Aceton Benzin
O
Brandfördernd Stoffe, die brennbare Stoffe entzünden können oder ausgebrochene Brände fördern
Sauerstoff Kaliumnitrat Wasserstoffperoxid
T+
Sehr giftig Cyanwasserstoff Nach Einatmen, Verschlucken Arsen(III)-oxid oder Aufnahme durch die Haut tre- Nicotin ten meist Gesundheitsschäden erheblichen Ausmaßes oder gar Tod ein. Schon weniger als 25 mg pro Kilogramm Körpergewicht können zum Tod führen
T
Giftig Nach Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme durch die Haut treten meist Gesundheitsschäden erheblichen Ausmaßes ein; 25−200 mg pro Kilogramm Körpergewicht können tödlich sein
Bariumchlorid Bleidioxid Methanol
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten Xn
Gesundheitsschädlich Bei Aufnahme in den Körper können diese Stoffe Gesundheitsschäden auslösen
Xi
Reizend Calciumchlorid Stoffe mit Reizwirkung auf Augen, Natriumcarbonat Haut und Atmungsorgane; kann Fumarsäure Entzündungen verursachen
C
Ätzend Lebendes Gewebe, aber auch andere Materialien werden bei Kontakt mit diesem Stoff zerstört
N
Umweltgefährdend Kupfersulfat Bei Freisetzung in die Umwelt Lindan kann eine Schädigung von Ökosys- DDT temen sofort oder später die Folge sein
215
Ethanal Dichlormethan Kaliumchlorat Coffein
Salzsäure Fluorwasserstoff Natriumhydroxid
Tabelle 19-8. Übersicht der Gefahrgutklassen nach dem Chemikaliengesetz Klasse 1 (mit 6 Unterklassen) 2.1 2.2 2.3 2.4 4.1 4.2 4.3 5.1 5.2 6.1 6.2 7 8 9
Bemerkung Sprengstoffe und Gegenstände, die Sprengstoff enthalten Entzündbare Gase Nicht entzündbare Gase Giftige Gase Entzündbare Flüssigkeit Entzündbare feste Stoffe Selbstentzündliche Stoffe Stoffe, die mit Wasser entzündliche Gase bilden Entzündend (oxidierend) wirkende Stoffe Organische Peroxide Giftige Stoffe Ansteckungsgefährliche Stoffe Radioaktive Stoffe Ätzende Stoffe Verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände
216
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
Tabelle 19-9. Neue CLP-Gefahrensymbole nach GHS (vgl. Kapitel 1) Symbol
Bezeichnung
Kodierung
Gefahrenklasse
Explodierende Bombe
GHS01
Instabile explosive Stoffe, Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoff(en), selbstzersetzliche Stoffe und Gemische, Organische Peroxide
Flamme
GHS02
Entzündbar, selbsterhitzungsfähig, selbstzersetzlich, pyrophor, Organische Peroxide
Flamme über einem Kreis
GHS03
Entzündbar, (oxidierbar) wirkend
Gasflasche
GHS04
Gase unter Druck, verdichtete, verflüssigte, tiefgekühlt verflüssigte, gelöste Gase
Ätzwirkung
GHS05
Auf Metall korrosiv wirkend, hautätzend, schwere Augenschädigung
Totenkopf mit gekreuzten Knochen
GHS06
Akute Toxizität
Ausrufezeichen GHS07
Allgemeine Gefahren
Gesundheitsgefahr
GHS08
Verschiedene Gesundheitsgefahren
Umwelt
GHS09
Gewässer gefährdend
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten Tabelle 19-10. Symbole zur Kennzeichnung gefährlicher Transportgüter
217
218
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
Tabelle 19-11. Gefahrgutkennzeichnung mit der Gefahrenraute Gefahrenraute (hazard diamond)
Kennzeichnungssystem in den USA nach NFPA 704
Die vier Felder der Gefahrenraute werden mit bestimmten Zahlen versehen. Die Zahleneintragungen bedeuten: Blaues Feld: Gesundheitsgefahr Symbol
Bedeutung
Beispiel
0
Ohne besondere Gefahr
Erdnussöl
1
Geringe Gefahr; Atemgerät empfohlen
Terpentin
2
Gefährlich; Aufenthalt nur mit Atemgerät und einfacher Schutzbekleidung
Ammoniakgas
3
Sehr gefährlich; Aufenthalt im Gefahrenbereich nur mit Atemgerät und voller Schutzbekleidung
Chlorgas
Rotes Feld: Brandgefahr 0
Keine Entzündungsgefahr unter üblichen Bedingungen
Wasser
1
Entzündungsgefahr nur bei Überhitzung
Rapsöl
2
Entzündungsgefahr bei Erwärmung
Dieselöl
3
Entzündungsgefahr bei normalen Temperaturen
Benzin
4
Extrem entzündlich bei allen Temperaturen
Propan
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten Gelbes Feld: Reaktionsgefahr 0
Unter normalen Bedingungen keine Gefahr
Flüssiger Stickstoff
1
Wird bei Erhitzung instabil; Schutzmaßnahmen erforderlich
Phosphor
2
Heftige chemische Reaktion möglich; verstärkte Schutzmaßnahmen; Löschangriff nur aus sicherem Abstand
Calcium
3
Explosionsgefahr bei Hitzeeinwirkung oder starker Erschütterung durch Schlag; Löschangriffe nur aus sicherer Deckung
Fluor
4
Große Explosionsgefahr! Bei Brand gefährdetes Gebiet sofort räumen
Trinitrotoluol
Weißes Feld: Besondere Anweisungen (leer)
Wasser als Löschmittel zulässig
W
Kein Wasser als Löschmittel verwenden
OX
Material wirkt oxidierend
ACID
Material ist eine Säure
CORR
Material wirkt ätzend
BIO
Material ist biologisch gefährlich
219
220
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
Tabelle 19-12. Allgemeine Gefahrenhinweise (Auswahl)
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
221
Tabelle 19-13. Allgemeine Kennzeichnung für Gase Eigenschaft / Markierungsfarbe giftig und/oder ätzend (korrosiv)
Flaschenschulter oder ganzer Flaschenkörper
Beispiele
Ammoniak, Chlor, Fluor, Kohlenstoffmonoxid, Stickoxide, Schwefeldioxid
gelb entzündbar / brennbar rot
Wasserstoff, Methan, Ethylen, Formiergas, StickstoffWasserstoffgemisch
oxidierend
Sauerstoff, Sauerstoffgemische, Lachgas-Gemische
blau
(außer Inhalationsgemische)
erstickend
Krypton, Argon, Xenon, Helium, Schweiß-/Schutzgasgemische, technische Druckluft
leuchtend grün
(nicht zur Inhalation)
Die Flaschenschulter oder der gesamte Flaschenzylinder werden nur mit der Farbe der primären Gefährdung gekennzeichnet. Sofern zwei Gefährdungseigenschaften vorliegen (beispielsweise giftig/ätzend und entzündbar) wird auf eine zusätzliche Kennzeichnung durch Ringe oder Quadrate verzichtet. Flaschenzylinder für Industriegase sind grau oder in der Farbe der Flaschenschulter. Flaschenzylinder für Medizin- bzw. Inhalationsgase sind weiß. Für Atemluftflaschen der Feuerwehr gelten besondere Regeln. Für die Übergangszeit vom alten zum neuen Farbcode (bis 2009) trugen die Gasflaschen auf der Schulter zusätzlich die Kennzeichnung „N“.
222
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
Tabelle 19-14. Farbkennzeichnung von Druckgasflaschen nach Euro-Norm DIN EN 1089-3 Gas Sauerstoff für den medizinischen Bereich
Flaschenschulter
Besonderer Hinweis Reduzierventile unter keinen Umständen ölen oder fetten!
Druckluft für Atemzwecke (Sauerstoff technisch)
Reduzierventile unter keinen Umständen ölen oder fetten!
Ethin (Acetylen)
spezielles Reduzierventil Flaschenschulter kastanienbraun
Stickstoff
Kohlenstoffdioxid
Wasserstoff
Helium
Reduzierventil mit Linksgewinde
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
223
Tabelle 19-15. Farbcode nach DIN12621 zur Bezeichnung von Messpipetten Nennvolumen (mL) 0,1
0,2
0,2
0,5
1
1
2
0,001
0,001
0,002
0,01
0,01
0,1
0,01
Teilung (mL)
Nennvolumen (mL) 2
2
5
5
10
20
25
0,02
0,1
0,05
0,1
0,1
0,1
0,5
Teilung (mL)
Die Pipettenhälse sind nicht maßstäblich zueinander dargestellt. Gleiche Farben wurden nur für erheblich größenverschiedene Vollpipetten vergeben.
224
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
Tabelle 19-16. Farbcode nach DIN12621 zur Bezeichnung von Vollpipetten Nennvolumen (mL) 0,5
1
2
3
4
5
6
7
8
40
50
100
Nennvolumen (mL) 9
10
15
20
25
30
Diese Tabelle berücksichtigt nicht die kaliberabhängig unterschiedlichen Durchmesser der Pipettenhälse. Gleiche Farben wurden nur für erheblich größenverschiedene und auch danach unterscheidbare Vollpipetten vergeben.
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
225
Tabelle 19-17. Umrechnungen und Konzentrationsangaben Länge
1 m = 101 dm = 102 cm = 103 mm = 106 μm = 109 nm = 1010 Å 1 nm = 10–9 m = 10–6 mm = 10–3 μm 1 μm = 10–6 m = 10–3 mm
Volumen
1 L = 101 dL = 102 cL = 103 mL = 106 μL 1 dL = 10 cL = 100 mL toleriert: 1 L = 1 dm3 1 mL = 1 cm3 1 μL = 1 mm3
Zeit
1 h = 60 min = 3600 s 1 d = 24 h = 1440 min = 86 400 s
Wärme
1 J = 0,239 cal
Temperatur
Celsius
1 cal = 4,187 J
Fahrenheit: TF = TC × 1,8 + 32
Fahrenheit
Celsius: TC = TF/1,8 – 32
Größe
Einheit/ Angabe
Einheitenzeichen
Beispiel
Stoffmenge
Mol
mol
n(HCl) = 3 mol
–1
–1
Stoffmengenkonzentration (Molarität)
Mol L
c in mol L
c(HCl) = 0,3 mol L–1
molare Masse
M
g/mol bzw. g mol–1
M(H2SO4) = 98 g mol–1
Massenanteil
w
kg/kg, g/g, g/kg, mg/g, Gew.-%, ‰, ppm, ppb
Masse eines Stoffes in einer Mischung dividiert durch die Gesamtmasse der Mischung: w(NaCl) = 35 g/kg
Volumenanteil
v
m3/m3, L/L, mL/L, μL/mL, Vol.-%, ppm, ppb
Volumen eines Stoffes in einer Mischung dividiert durch das Gesamtvolumen: v(O2) = 0,2 mL/L
226
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
Tabelle 19-18. UPAC-Periodensystem der Elemente 1
IA
Periode
2
IIA 3
IIIB 4
IVB 5
VB 6
s-Elemente
VIB 7
VIIB 8 VIIIB 9 VIIIB 10 VIIIB
d-Elemente [Nebengruppen]
1
1
1,008
Protonenzahl p (Ordnungszahl)
H Wasserstoff
3
2
6,941
Li Lithium
3
4
5
6
7
Elementsymbol Elementname
4 9,012
Be
4
Be Beryllium
Nichtmetalle
Lanthanoide
Alkalimetalle
Actinoide
Erdalkalimetalle
Metalle
Übergangsmetalle
Halbmetalle
Beryllium
relative Atommasse u
9,012
11
12
22,999
24,305
Na
Mg
Natrium
Magnesium
19
20
21
22
23
39,096
40,078
44,956
47,880
50,941
K
Ca
Sc
Ti
V
Kalium
Calcium
Scandium
Titan
37
38
39
40
85,467
87,602
88,905
91,224
Rb
Sr
Y
Zr
Rubidium
Strontium
Yttrium
Zirconium
55
56
132,905
137,327
Cs
Ba
Caesium
Edelgase radioaktiv
gasförmig flüssig
24
25
26
27
28
51,996
54,938
58,933
58,933
58,693
Cr
Mn
Fe
Co
Ni
Vanadium
Chrom
Mangan
Eisen
Cobalt
Nickel
41
42
43
44
45
46
95,940
98,906
101,070
102,905
106,420
Mo
Tc
Ru
Rh
Pd
Niob
Molybdän
Technetium Ruthenium
Rhodium
Palladium
73
74
75
76
77
78
180,947
183,940
186,307
190,330
192,217
195,08
Hf
Ta
W
Re
Os
Ir
Pt
Barium
Hafnium
Tantal
Wolfram
Rhenium
Osmium
Iridium
Platin
87
88
105
106
107
108
109
226,210
(262)
(263)
(264)
(265)
(268)
110
232,019
104
Fr
Ra
Db
Sg
Bh
Hs
Mt
Francium
Radium
Rf
Hassium
Meitnerium
s1
72 58 – 71 178,490
90 – 103 (261)
92,906
Nb
Rutherfordium Dubnium
s2
d1
d2
Seaborgium Bohrium
d3
d4
d5
d6
(271)
Ds Darmstadtium
d7
d8
Transactinoide
57 138,905
La Lanthan
59
60
61
62
63
64
140,115
140,907
144,240
146,915
150,360
151,965
157,250
Ce
Pr
Nd
Pm
Sm
Eu
Gd
58 Cer
Praseodym Neodym
Promethium Samarium
Europium
Gadolinium
89
90
91
92
93
94
95
96
227,028
232,038
231,035
238,269
237,043
244,061
247,070
Ac
Th
Pa
U
Np
Pu
243,061
Actinium
Thorium
Neptunium
Plutonium
f1
Protactinium Uran
f2
f3
f4
f5
Am Americium
Cm Curium
f6
Mit Uran (Element 92) enden die natürlichen Elemente. Die bisher bekannten Transurane (ab Element 93) sind allesamt künstlich hergestellt worden. Die Elemente ab 104 nennt man auch Transactinoide. Für Element 105 (Dubnium) war zunächst der passendere Name Hahnium (Ha) vorgeschlagen. Element 107 (Bohrium) hieß ursprünglich Nielsbohrium (Ns).
f7
19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten
11
IB
12
IIB 13
IIIA 14
IVA 15
VA 16
VIA 17
227
VIIA 18 VIIIA
p-Elemente [Hauptgruppen]
He Helium
K
7
8
9
10
10,811
12,001
14,006
15,999
1,998
20,179
2
N
O
F
Ne
Kohlenstoff
Stickstoff
Sauerstoff
Fluor
Neon
L
13
14
15
16
17
18
26,961
28,085
30,937
35,452
39,948
3
Al
Si
P
Ar
Silicium
Phosphor
Schwefel
Cl
Aluminium
Chlor
Argon
30
31
32
33
34
36
65,941
69,723
72,610
74,921
78,960
35
As
Se
C
32,066
S
Zn
Ga
Ge
Kupfer
Zink
Gallium
Germanium Arsen
Selen
47
48
49
50
51
112,411
114,818
118,710
121,760
Sn Zinn
82
107,868
Ag
Cd
Silber
Cadmium
79
80
196,968
Au
In Indium
81
200,590
Hg
204,383
Tl
111
112
(272)
277
Rg
Cn
Roentgenium Copernicium
d9
162,500
Tb
Dy
53
54
127,600
126,904
131.290
5
Sb
Te
I
Xe
Antimon
Tellur
Iod
Xenon
O
83
84
85
86
208,980
208,982
209,982
222,017
6
Bi
Po
At
Rn
Wismut
Polonium
Astat
Radon
P
118
7
Uut
Uuq
Uup
Uuh
Uus
Uuo
p2
p3
p4
Blei
p1
164,930
Ho
97
98
99
249,075
251,079
257,082
Bk
Cf
Es
68
69
167,260
168,934
Er
Tm
Erbium
Thulium
100 257,095
Fm
Californium Einsteinium Fermium
f9
52
117
Dysprosium Holmium
f8
N
116
Terbium
Berkelium
Krypton
115
67
66
158,929
Brom
114
d10
65
Pb
Kr
4
113
Quecksilber Thallium
Gold
207,200
Br
83,800
f 10
f 11
101 258,098
Md
70
71
173,040
174,976
Yb
Lu
Ytterbium
Lutetium
102
103
259,100
No
Mendelevium Nobelium
f 12
p5
f 13
260,105
Lr Lawrencium
f 14
Q
p6
Elektronenformen nach der Nebenquan tenzahl l
Cu
79,904
M
Hauptquantenzahl n / Energieniveaus (Schalen)
Chalkogene Halogene
1
6
Bor
63,546
4,002
5
B
29
2
Nebengruppen aktuell: 3 – 12 früher: IB – VIIIB
Hauptgruppen aktuell: 1 – 2, 13 – 18 früher: IA – VIIIA
Element 112 hieß nach seiner experimentellen Herstellung (1999) vorläufig Uub (Ununbium); der neue Name Copernicium (Cp) wurde im Frühjahr 2010 von der IUPAC angenommen. Die Elemente 113–116 (113 Uut = Ununtrium, 114 UUq = Ununquadium, 115 Uup = Ununpentium, 116 Uuh = Ununhexium) sind nachgewiesen, aber noch nicht offiziell benannt worden. Die vermutlich existenzfähigen Elemente 117 (Uus = Ununseptium) und 118 (Uuo = Ununoctium) sind bislang nicht nachgewiesen (Stand: Herbst 2010).
Zum Weiterlesen
Adam G, Läuger P, Stark G (2003) Physikalische Biochemie und Biophysik. Springer, Heidelberg Atkins PW, Paula J de, Höpfner A, Baer M (2006) Physikalische Chemie, 4. Aufl. Wiley-VCH, Weinheim Baghdady N (2002) Lexikon der internationalen Abkürzungen: Umwelt und Naturwissenschaften. Alpha Informations-Gesellschaft, Lampertheim Bannwarth H, Kremer BP, Schulz A (2011) Basiswissen Physik, Chemie und Biochemie. Vom Atom bis zur Atmung – für Biologen, Mediziner und Pharmazeuten. 2. Aufl. Springer, Heidelberg Barker K (2006) Das Cold Spring Harbor Laborhandbuch für Einsteiger. Elsevier Spektrum, Heidelberg Bast, E (1999) Mikrobiologische Methoden. Eine Einführung in grundlegende Arbeitstechniken. Spektrum, Heidelberg Bernabei D. (1991) Sicherheit. Ein Handbuch für das Labor, 2. Aufl. GITVerlag, Darmstadt Beyer H, Walter W (2004) Lehrbuch der organischen Chemie, 23. Aufl. Hirzel, Stuttgart Binder HM (1999) Lexikon der chemischen Elemente. Das Periodensystem in Fakten, Zahlen und Daten. Hirzel, Stuttgart Bohl E (2006) Mathematik in der Biologie, 4. Aufl. Springer, Heidelberg Brock TH (1997) Sicherheit und Gesundheitsschutz im Laboratorium. Springer, Heidelberg Bruice PY, Lazar T (2007) Organische Chemie. Pearson Studium, München Cooper TG (1981) Biochemische Arbeitsmethoden. De Gruyter, Berlin Eckardt S, Gottwald W, Stieglitz B (2002) 1 x 1 der Laborpraxis. WileyVCH, Weinheim Hollemann AF, Wiberg E (2003) Lehrbuch der Anorganischen Chemie, 101. Aufl. De Gruyter, Berlin Hommel G (Hrsg.) (2008) Handbuch der gefährlichen Güter. Band 1–10, 22. Aufl. Springer, Heidelberg Hübel M et al (1996) Laborpraxis, Band 1–4. Birkhäuser, Basel
230
Zum Weiterlesen
Hütter LA (1994) Wasser und Wasseruntersuchung. Salle & Sauerländer, Frankfurt Kremer BP (2010) Das Große Kosmos-Buch der Mikroskopie, 2. Aufl. Franckh-Kosmos, Stuttgart Kremer BP (2010) Vom Referat bis zur Examensarbeit. Naturwissenschaftliche Texte perfekt verfassen und gestalten. 3. Aufl. Springer, Heidelberg Kremer BP (2008) Mikroskopieren ganz einfach. Franckh-Kosmos, Stuttgart Kremer, BP (2010) Wasser! Naturstoff, Lösemittel, Lebensraum. Ein Lernund Lesebuch. Schneider, Baltmannsweiler Latscha HP, Kazmeier U, Klein HA. (2008) Chemie für Biologen, 3. Aufl. Springer, Heidelberg Lottspeich F, Engels JW (2006) Bioanalytik. Elsevier Spektrum, Heidelberg Merck E (1996) The Merck Index/Index Merck, 12. Aufl. CD-ROM und Buchausgabe. Chapman & Hall, London Meschede D, Gerthsen C (2006): Gerthsen Physik. Springer, Heidelberg Mortimer CE, Müller U (2007) Das Basiswissen der Chemie, 9. Aufl. Thieme, Stuttgart. Mülhardt C (2006) Der Experimentator: Molekularbiologie/Genomics. Elsevier Spektrum, Heidelberg Rehm H (2006) Der Experimentator: Proteinbiochemie/Proteomics. Elsevier Spektrum, Heidelberg Risch N, Grumbach HJ.(2002) Innovation von unten. Arbeits- und Umweltschutzprojekte in Hochschullaboratorien. BuFaTa Chemie, Freiburg Schwedt G (1996) Taschenatlas der Analytik. VCH, Weinheim Strähle J, Schweda E (2006) Jander/Blasius Lehrbuch der analytischen und präparativen anorganischen Chemie. Hirzel, Stuttgart Tipler PA, Mosca G, Pelte D (2006) Physik. Spektrum, Heidelberg.
?
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Abdampfen 149, 150 Abdampfschale 43 Abdichten 47 Abfallarten 15 Abflammen 198 Ablaufunterschiede 80 Ablesedurchmesser 76 Absperrhahn 47 Abwiegen 71 Achsenkreuzteilung 66, 67 Achsenschnittpunkt 67 Acrylamid 169 Adsorptionschromatographie 163 Aerosol 147 Agarose 169 Aggregatzustände 147 Aktivität, optische 115 Aldehyde 31 Alkane 24, 25 Alkene 26 Alkine 26 Alkohole 29 Alkyl-Rest 24 Allergene 12 Anteile und Konzentrationen 141 Apertur, numerische 173 Aperturblende 175 Apochromate 174 apolar 128 Apparaturen 35 Aquadest 130 Aquabidest 130 Äquivalentkonzentration 110, 132, 135, 136 Äquivalenzpunkt 111
Aräometer 114 Archimedisches Prinzip 114 Aren-carbonmonosäuren 32 Arene 26, 28 Arine 27 Arrhenius, Svante 19 Asepsis 196 Atombindungen 18 Auflösungsgrenze 173 Aufziehunterschiede 80 Auslauf 77 Ausfrieren 148 Ausglühen 198 Ausschwingrotor 158 Autoklavieren 197 Automatikbürette 88 Automatikpipette 42 Avogadro’sches Gesetz 124, 140 Azeotrop 153 Balkendiagramm 64 Balkenwaage 71 Basen 19 Basen, Nomenklatur 22 Basiseinheiten 50 Basislayout 68 Becherglas 39 Beladungsschema DC 165 Beleuchtung, Köhler’sche 180 Beleuchtungsverfahren 185 Beobachtungsverfahren 186 Benzyl-Rest 30 Berechnung pH-Wert 103 Berechnung Massenanteil 142
232
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Berechnung Massenkonzentration 144 Berechnung Stoffmengenkonzentration 145 Berechnung Volumenanteil 143 Beugungskontrast 185 Bewegung, Brown’sche 184 Bezugselektrode 108 Bidest 130 Bimetallthermometer 95 Biostoffverordnung 202 Blots, Typologie 171 Blotting 171 Boyle-Mariotte’sches Gesetz 117 Brand-Saughilfe 81 Brechungsindex 116 Brenner 43 Brønstedt, Johann 20 Brown’sche Bewegung 184 Bubble-Point-Test 200 Büchner-Trichter 43, 151 Buchstaben, griechische 55 Bunsen-Brenner 43, 96 Bürette 44, 87 Carbonmonosäuren 32 Carbondisäuren 33 Carbonsäuren 31 Carbonyl-Gruppe 31 Carboxyl-Gruppe 31 CAS-Nummer 17 Celsius-Skala 92 Ceranplatte 99 Chemikalien 17 Chemikalienagentur, europäische 12 Chemikaliengesetz 13 Chromatographie 163 Chromatographie-Verfahren 164 Chromschwefelsäure 37, 89 CLP-Kenzeichnung 216 CLSM 185
CMR-Stoffe 12, 14 cpm 194 Cycloalkane 26 Dalton, Gesetz von 124 Dampfsterilisation 197 Darstellung, zeichnerische 64 Dauerpräparat 181 DC-Karte 164 DC-Platte 164 Deionat 130 Dekantieren 162 Denaturierung 149 Desinfektion 196 Destillation 153 Destillationsapparatur 154 Destillierkolben 40 Dezimalreduktionszeit 196 Detergenzien 89 Dewar-Formeln 27 Diagramme 62 Dialyse 131, 150 Dicarbonsäuren 33 Dichte 113 Dichtebestimmung 113 Dichtegradient 159 Diffusionsflamme 97 Dimensionen 50 Disk-Gelelektrophorese 170 Divis 26, 56 Dokumentation 187 Dokumentieren 59 Doppelbindung 27 Doppler-Effekt 191 dpm 194 Drechsel-Flasche 42 Drehung, spezifische 115 Dreiwegehahn 47 Druckausgleich 123 Druckdose 122 Druckgasflasche, Farbkennzeichnung 7, 118, 120, 219, 220
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Druckminderer 121 Dünnschichtchromatographie 164 Duran 36 Durchflussrotor 158 Durchlichtverfahren 185 Edelgase 19 Eigenschaften, kolligative 125 Einheiten 49 Einheiten, abgeleitete 52 Einheiten, Schreibweisen 55 Einheiten, Teile 54 Einheiten, Vielfache 54 Einkanalpipette 83 Einlauf 76 Einschlussthermometer 95 Einstabmesskette 108 Elektrophorese 163 Elemente 17 Elutionsprofil 172 Emulsion 131, 147 Enantiomere 115 Entsorgung 14 Entwicklung DC-Karte 166, 167 Entwicklung DC-Platte 166, 167 Erhitzen 96 Erlenmeyerkolben 39 Erwärmen 96 EUH-Sätze 209 Ex 77 Exsikkator 43 Extinktion 192 Extinktionskoeffizient, molarer 192 Fadenkorrektur 95 Fahrenheit-Skala 92 Faktor, van’t-Hoff- 126 Fällung 131, 148 Faraday-Tyndall-Phänomen 131 Farbänderung Indikatoren 106
233
Farbcode Pipetten 223, 224 Farbcodes 81 Farbkennzeichnung Druckgasflasche 7, 118, 219, 220 Farbkennzeichnung Installation 8, 213 Farbkennzeichnung Pipetten 223, 224 Fehlertoleranz 72 Festwinkelrotor 158 Fettsäuren 32 Filtrat 151 Filtration 150 Flachbettverfahren 170 Flamme, rauschend 97 Flasche, Woulfe’sche 151, 152 Flaschen 41 Flaschenhals 117 Flaschenkennzeichnung 14, 118 Flaschenventil 121 Fluchtwege 7 Flüssigkeitsthermometer 94 Flüssigkeits-Szintillationspektrometrie 193 Fokussierung, isoelektrische 170 Formeleinheit 23 Foto-Handy 187 Fraunhofer’sche Linien 187 Frischpräparat 181 Gammastrahlung 199 Gasdrucksicherung 123 Gase, giftige 123 Gase, Lösungen von 129 Gasentnahme 121 Gasflasche 45 Gasflaschen, Kennzeichnung 117, 119 Gasgleichung, allgemeine 117 Gaskennzeichnung 119 Gastransfer 85 Gaswäscher nach Trefzer 123
234
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Gay-Lussac, Joseph 109 Gefahren erkennen 4 Gefahrendiamant 12, 218 Gefahrenhinweise, allgemeine 219 Gefahrenpotenzial, akutes 5 Gefahrenpotenzial, latentes 5 Gefahrensymbole 11, 214, 216 Gefahrgut 11 Gefahrgutsymbole 217 Gefahrgutaufkleber 119 Gefahrgutklassen 202, 215 Gefährlichkeitsmerkmale 13 Gefahrstoffe 11 Gefahrstoffverordnung 11 Gefahrstoffsymbole 214 Gefahrstoffsymbole nach GHS 216 Gefahrzettel 119 Gefäßjustierung 78 Gefäßkennzeichnung 78 Gegenstromdestillation 154 Gel-Elektrophorese 170 Gelfiltration 172 Gemenge 147 Gemisch, azeotropes 153 Gemisch, ideales 153 Gemische 18 Geräte 35, 39 Gesetz von Avogadro 124, 140 Gesetz von Dalton 124 Gesetz, Boyle-Mariott’sches 117 Gesetz, Lambert-Beer’sches 192 Gewicht, spezifisches 113 Gewichtskraft 113 Gewichtsprozent 132, 133 Gewichtssatz 73 GHS 12, 201 Glas 35 Glasabtrag 89 Glasarten 36 Glaselektrode 107
Glasflasche 41 Glasmembran 109 Glasplatte, Ceran- 99 Gleichstromdestillation 153 Gleichung, HendersonHasselbalch- 104 Gleichung, Nernst’sche 107 GLP-Vorschriften 59 Good Laboratory Practice 59 Grad Öchsle 115 Grafiken 62 Grammäquivalent 136 Graphen 62 Gruppen, funktionelle 28, 29 Gruppenformel 24 H-Sätze 207 Hahnküken 46 Hähne 48 Härtegrade, Wasser 129 Hamilton-Spritze 84, 85 Hazard Diamond 218 Hebelwaage 71 Heizkorb 97 Heizplatte 98 Henderson-HasselbalchGleichung 104 Henry’sche Konstante 130 Hertzsprung-Russel-Diagramm 191 Heterozyklen 28 heterozyklisch 28 Hochdruckfiltration 152 Hochdruckgase 117 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie 168 Hoffmann’sche Zersetzung 18 Hoirzontalrotor 158 Howorka-Ball 81 HPLC 168 Hydratkomplex 126 Hydronium-Ionen 102
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Hydroxide 21 Hydroxyl-Gruppe 29 Immersionsobjektiv 184 In 76 Indikatoren 105, 106 Installation, Farbkennzeichnung 8, 213 Instrumentenpflege 187 Integritätstest Filter 200 Interferenzkontrast 185 Ionenaustauschchromatographie 163, 167 Ionenprodukt 102 Ionenschreibweise 102 Isomerie 25 iso-Pentan 25 isozyklisch 28 IUPAC-Regeln 17 Joule 91 Kalorie 91 Kältemischungen 99 Kältethermometer 95 Kationenaustauscher 167 Kekulé-Formeln 27 Kelvin-Skala 92 Kenndaten Messkolben 87 Kenndaten Pipette 79 Ketone 31 Koagulation 131 Kohlenhydrate 31 Kohlenwasserstoffe, aliphatische 26 Kohlenwasserstoffe, alizyklische 26 Kohlenwasserstoffe, gesättigte 24 Kohlenwasserstoffe, ungesättigte 27 Köhler’sche Beleuchtung 180
235
Kolben 40 Kolbenhubpipette 83 Kolbenprober 85 kolligativ 125 kolloidal 131 Konformation 149 Konstante, Henry’sche 130 Kontamination 196 Konzentrationen 125 Konzentrationsangaben 132 Konzentrationsangaben, Umformung 133 Konzentrationsbestimmung, titrimetrische 110 Koordinatensystem, kartesianisches 65 Kraftarm 71 Kristallwasser 126 Kugelschliff 45, 46 Kühlen 98 Kühlmittel 8 Küken 46 Kunststoffe 37, 38 Kurvendiagramm 64 Laborbericht 61 Labordokumente 64 Laboreinrichtung 7 Laborinstallation, Farbkennzeichnung 8, 213 Laborkunststoffe 37, 38 Laborprotokoll 60 Laborsicherheit 5 Lambert-Beer’sches Gesetz 192 Lastarm 71 Le Chatelier, Prinzip von 102 Legierung 147 Leistungsdaten Zentrifugen 159 Licht, polarisiertes 115 Linien, Fraunhofer’sche 187 Liquid scintillation counting 193 Liter 75
236
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Lösemittel 126 Lösemittel, apolare 128 Lösemittel, polare 129 Lösemittelklassen 127 Löslichkeit Gase 130 Löslichkeitszahl 132 Lösung(en) 125, 126 Lösung, gesättigte 132 Lösungen verdünnen 138 LSC 193 Luer-Spritze 85, 153 Luft, Gaszusammensetzung 124 Lyophilisation 150 Magnetrührer 73, 86 Manometer 121 Maßanalyse 109 Maße 49 Massenanteil 141, 142 Massenkonzentration 141, 144 Massenwirkungsgesetz 101, 103, 107 Masseprozent 132 Maßlösung 109 Maximumthermometer 95 Mehrfachalkohole 31 Mehrfachringsysteme 28 Mehrkanalpipette 83 Membranfilter Membranfiltration 152 Mengenangaben 132 Meniskus 77, 88, 115 Messkolben 39, 86 Messpipette 42, 79 Messpipetten, Farbcode 209 Messpipetten, Typ 1–3 80 Messzylinder 40 Metall-Ion 21 Methylen-Gruppe 24 Methyl-Gruppe 24 Mikrometer, Objekt- 183 Mikrometer, Okular- 183
Mikrokapillare 85 Mikropipette 42, 84 Mikroskopieren 173 Mikrospritzen 85 Mischsysteme 131 Mischungskreuz 137 Molalität 132 Molarität 132, 135, 145 Molekül 19 Molekularsiebe 172 Molekülmasse 135 Molvolumen 140 Monocarbonsäuren 32 Mostgewicht 115 Multiplikatoren 53 Murphys Gesetz 3 MWG 103 Nassantiseptik 199 Natronglas 36 Nennvolumina 139 neo-Pentan 25 Nernst’sche Gleichung 107 Neutralisation 21, 22, 111 Neutralpunkt 111 Niederdruckgase 118 Nitril-Handschuhe 171 Nomenklatur Basen 22 Nomenklatur Salze 23 Nomenklatur Säuren 22 Normalität 110, 132, 135 Normaldruck-Filtration 151 Normalschliff 46 Normschliffe, Benennung 46 Northern-Blot 171 Nutsche 38, 43, 152 Oberphase 155 Objektmikrometer 183 Öchsle-Grad 115 Ölimmersion 174 Okularmikrometer 183
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Olefine 26 Olive 42 Osmolalität 137 Osmolarität 137 P-Sätze 210 Paraffine 24 Partialdruck 124 Pasteur-Pipette 42 Peleusball 44, 81 Pellet 162 Periodensystem Elemente 226 Peroxosäuren 22 Persäuren 21 Petrischale 45 Phasenkontrast 185 Phasentrennung 155 pH-Elektrode 108 Phenole 30 Phenyl-Rest 30 pH-Indikatoren 106 pH-Messung 108 pH-Meter 109 pH-Wert 101 Photometrieren 187 Pipetten 42 Pipetten, Farbcode 223, 224 Pipettenwechselspitze 84 Pipettieren, reverses 84 Pipettierhilfen 81 Pistill 38, 44 Pizza fungi 62 Planapochromat 174 Planschliff 46 polar 129 Polarimeter 116 Polarimetrie 115 Polarisationsfilter 116 Polaritätsreihe Lösemittel 129 Polyacrylamid 169 Polyamid 37 Polyethylen 37
237
Polymethacrylat 37 Polypropylen 37 Polystyrol 37 Polyvinylchlorid 37 Porzellan 38 Potentiometrie 107 potentia hydrogenii 101 ppb 132, 133 ppm 132, 133 Präparierbesteck 176 Präzipitation 131, 149 Prinzip, Archimedisches 114 Probenröhrchen 39 Protokollbuch 59 Protokollieren 59 Protonenabgabe 20 Protonenaufnahme 20 PSE 226 PSU 115 Puffer 104 Puffer-Systeme 105 Pulvertrichter 44 Pyrex 36 Qualitätsbezeichnungen 33, 34 Qualitätsklassen 78 Quarzglas 36 Quetschhahn 45 Ranvier-Flasche 41 Rauchen 5 REACH 12 Reagenzglas 39 Reagenzglashalter 45 Réaumur-Skala 92 Redox-Reaktionen 110 Redox-Wertigkeit 112 Reduktionsäquivalent 112 Reduktionsäquivalent, Titrimetrie 112 Reduzierventil 45, 121 Reihe, homologe 25
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Reine Werkbank 201 Reinstwasser 130 Referenzelektrode 108 Referenzpuffer 109 Refraktometer 116 Refraktometrie 116 Reibschale 44 Reinheitsbezeichnungen 33, 34 Reinigung Gefäße 89 Reinstoffarten 18 Rekristallisieren 150 Rettungsmittel 8 reverses Pipettieren 84 Rf-Wert 166 Ringsysteme, kondensierte 26 Risiko-Sätze 13 Rotationsverdampfer 154 Rotorbeladung 161 Rotoren 158 R-Sätze 13, 195 Rührfisch 73, 86 Rundkolben 40 RZB-Wert 157 Salinität 115 Salze 19, 21 Salze, Nomenklatur 23 Saugflasche 42, 151 Säulendiagramm 64 Säure/Base-Paar 20 Säure/Base-Wertigkeit 112 Säuren 19 Säuren, Nomenklatur 22 Säuren, sauerstofffreie 22 Scheidetrichter 43, 155 Schellbach-Streifen 88 Schlauchtülle 47 Schlauchverbindung 47 Schliffe 46 Schlifffett 46 Schliffhülse 45 Schliffkern 45
Schliffstöpsel 46 Schliffteile 45 Schminken 5 Schraubflasche 41 Schreibweisen 55 Schulterflasche 41 Schütteltrennung 155 Schutzbrille 44 Schwarzbandfilter 151 SDS-Gelelektrophorese 170 Sephadex-Gelpartikeln 172 SI-Basisgrößen 49 Sicherheitsdatenblätter 12 Sicherheitsgaswäscher 123 Sicherheits-Sätze 13 Sicherheitsstufe S1 202 Siedeverzug 100 SI-Einheiten 49 SI-Präfixe 53 Skalierung 66 Solvatation 126 Solvens 126 Sonderabfälle 15 Sørensen, Søren 101, 104 Sørensen-Puffer 104 Southern-Blot 171 Spatel 44 Spektralphotometer 191, 192, 193 Spektroskopie 187 Spektrum, elektromagnetisches 191 Sperrhähne 48 Spritzen 84 Spritzflasche 41 S-Sätze 13, 195 Stabthermometer 94 Stammlösung 105 Stammsäuren 22 Standzylinder 40 Stehkolben 40 Steilbrustflasche 41
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Sterilfiltration 200 Sterilisation 195 Sterilisationsverfahren 196 Stockthermometer 95 Stoffe 17 Stoffmengen 125, 135 Stoffmengenangaben 134 Stoffmengenkonzentration 136, 141, 145 Stoffmischungen 147 Sublimation 150 Substitution 25 Summenformel 24 Suspension 131 Svedberg-Einheit 160 Symbole Basiseinheiten 50 Synthesebericht 61 Szintillationspektrometrie 193 Szintillator, primärer 193 Tabellen 68 Tabellenlayout 69 Tabellenlogik 68 Tara 73 Teclu-Brenner 43, 96 Teildrucke 124 Temperatur 91 Temperatur, kritische 117 Temperaturskala Celsius 92 Temperaturskala Kelvin 92 Temperaturskala Réaumur 92 Temperieren 91 Thermometertypen 93 Tiefenfilter 200 Tiegelzange 44 Titer-Lösung 109 Titrationskurve 111 Titrator 111 Titrier-Lösung 109 Titrimetrie 101, 109, 110 Trägermaterialien 164 Transmission 192
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Transportgüter, gefährliche 217 Trefzer-Gaswäscher 123 Trenneffekte 163 Trennverfahren 148 Trichter 44 Trichter, Büchner- 151 Trockenantiseptik 198 Trockenobjektiv 184 Tropfflasche 41 Tropfpipette 45 Tropftrichter 43 Tyndallisieren 198 Übergangsstücke 46 Überstand 162 Uhrglas 45 Umkehrosmose 150 Umschlagbereiche 106 Umweltaspekte 14 Umweltrecht 15 Universalindikatoren 105 unpolar 128 Unterphase 155 UV-Strahlung 199 van’t-Hoff-Faktor 126 Verantwortung 4 VE-Wasser 130 Verbindungen 17 Verdünnen 138 Verdünnungsreihe, geometrische 139 Verdünnungsreihe, logarithmische 139 Vernetzung Acrylamid 169 Verteilungschromatographie 163 Vielfache, dezimale 53 Vollpipette 42, 79 Vollpipetten, Farbcode 210 Volumenanteil 141, 143, 145 Volumenkontraktion 144
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Volumenkonzentration 86, 134, 138, 141, 144 Volumenmessung 76 Volumenprozent 132, 133, 134 Volumenschwund 86, 144 Volumina 75 Vormischflamme 97 Vortex 87
Wasserstoffionen 101 Wasserstrahlpumpe 43 Weißbandfilter 151 Werkbank, Reine 201 Werkstoffe 35 Western-Blot 171 Wichte 113 Woulfe’sche Flasche 151
Wägepapier 72 Wägeprinzip 72 Wägung 71 Wärmekapazität 93 Wärmemenge 92 Wärmeüberträger 98 Waschflasche 42, 123 Wasser, demineralisiertes 129 Wasser, destilliertes 130 Wasserlöslichkeit 23
Zahlen 49 Zahlen, Schreibweisen 55 Zeeman-Effekt 191 Zentrifugieren 157 Zentrugation, differentielle 159 Zentrifugation, isopyknische 159 Zonenzentrifugation 159 Zweiphasensystem 156 Zweiwegehahn 45 Zylinder 40