Rhetorik: Ein internationales Jahrbuch – Band 26: Rhetorik und Film
Herausgegeben von Hans-Edwin Friedrich
Max Niemeyer Verlag
Rhetorik. Ein internationales Jahrbuch
Band 26 Rhetorik und Film
Rhetorik Ein internationales Jahrbuch Herausgegeben von Manfred Beetz Joachim Dyck Wolfgang Neuber Gert Ueding Band 26 Rhetorik und Film Herausgegeben von Hans-Edwin Friedrich
Max Niemeyer Verlag T*bingen 2007
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Herausgeber Bd. 26: Hans-Edwin Friedrich Reihenherausgeber
Prof. Dr. Manfred Beetz Germanistisches Institut, Martin-Luther-Universit2t Halle-Wittenberg Herweghstraße 96, D-06099 Halle (Saale) Prof. Dr. Joachim Dyck Elsasser Str. 97a, D-28211 Bremen Prof. Dr. Wolfgang Neuber Institut f*r Deutsche und Niederl2ndische Philologie, Freie Universit2t Berlin Habelschwerdter Allee 45, D-14195 Berlin Prof. Dr. Gert Ueding Seminar f*r Allgemeine Rhetorik, Universit2t T*bingen Wilhelmstraße 50, D-72074 T*bingen
Redaktion
Olaf Kramer Seminar f*r Allgemeine Rhetorik, Universit2t T*bingen email:
[email protected]
Manuskripte
in deutscher, englischer oder franzçsischer Sprache werden an die Adresse in T*bingen erbeten.
Rezensionen
Besprechungsexemplare werden an die Adresse in Halle z. H. Herrn Dr. Wilhelm Haefs erbeten. Eine Verpflichtung zur Besprechung eingesandter Schriften, soweit sie nicht angefordert worden sind, besteht nicht. Nach Erscheinen erhalten die Verlage zwei Belege der Rezensionen.
Editeur de Prof. Dr. Jean-Paul Sermain compte-rendus U.F.R. de Litterature et Linguistique FranÅaises et Latines, pour la France Centre Censier, 13, rue Santeuil, F-75231 Paris Cedex 05 Verlag
Max Niemeyer Verlag, ein Imprint der Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Postfach 2140, D-72011 T*bingen. Telefon (07071) 9894-0, Fax (07071) 9894-50
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Verantwortlich f*r den Anzeigenteil: Dietlind Makswitat. G*ltig ist Preisliste Nr. 9 vom 1.6.2006.
Umschlagbild
Sergei Eisenstein, Panzerkreuzer Potemkin, UdSSR 1925.
ISSN 0720-5775
ISBN 978-3-484-60489-6
G Max Niemeyer Verlag, T*bingen 2007 Ein Imprint der Walter de Gruyter GmbH & Co. KG http://www.niemeyer.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich gesch*tzt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzul2ssig und strafbar. Das gilt insbesondere f*r Vervielf2ltigungen, Ibersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf alterungsbest2ndigem Papier. Satz: epline, Kirchheim unter Teck. Druck und Bindung: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten.
Inhalt
Hans-Edwin Friedrich Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anke-Marie Lohmeier Symbol, Allegorie, Vergleich. Zur Konstitution uneigentlicher Bedeutung im Film.
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Oliver Jahraus Bild-Film-Rhetorik. Medienspezifische Aspekte persuasiver Strukturen und die Eigendynamik einer bildgest*tzten Konzeption von Filmrhetorik. . . . . . . . . . . . . . . .
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Ulrich Meurer Screen Memories: Simonides in Connecticut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Sebastian Donat Wovon »Dances with Wolves« nichts wissen konnte. Filmische Ibersetzung als Kommunikator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Chris Wahl Von der Bedrohung durch das Sprechen zur Gestaltung durch die Sprachen. Iber die Internationalit2t, Transnationalit2t und Multinationalit2t von Spielfilmen
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Uli Jung Der ›Affenprozeß‹ in »Heavenly Hillsboro«. Stanley Kramers Gerichtsfilm »Inherit the Wind« (USA 1960) . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Alexandra Hissen »Fahrenheit 9/11«: Der Film zum Wahlkampf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Diskussionsforum Karl-Heinz Anton Illokution2re und perlokution2re Sprechakte. Notizen zu einer Theorierevision bei Habermas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Gregor Kalivoda Rhetorik als Wissenschaft. Epistemische und technologische Aspekte der Redelehre 102 Jahrbuch Rhetorik · Band 26
V
Inhalt
Bibliographie Jçrg Jungmayr Bibliographie deutschsprachiger Rhetorikforschung 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
Rezensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Doerte Bischoff / Martina Wagner-Egelhaaf (Hg.), Mitsprache, Rederecht, Stimmgewalt. Genderkritische Strategien und Transformationen der Rhetorik. 2006 (Carola Hilmes) – Wayne C. Booth, The Rhetoric of Rhetoric. The Quest for Effective omminucation. 2004; Walter Jost / Wendy Olmstedt (Eds.), A Companion to Rhetoric and Rhetorical Criticism. 2004 (Dietmar Till) – Marian F*ssel, Gelehrtenkultur als symbolische Praxis. Rang, Ritual und Konflikt an der Universit2t der Fr*hen Neuzeit. 2006 (Thomas Zinsmaier) – Daniel M. Gross, Ansgar Kemmann (Hg.), Heidegger and Rhetoric. 2005 (Franz-Hubert Robling) – Albrecht Haizmann, Indirekte Homiletik. Kierkegaards Predigtlehre in seinen Reden. 2006 (Tim Hagemann) – Joachim Knape (Hg.): Bildrhetorik. 2007 (Karen Bofinger) – Josef Kopperschmidt (Hg.), Die Neue Rhetorik. Studien zu Chaim Perelman 2006 (Manfred Kienpointner) – Renate Lachmann, Erz2hlte Phantastik. Zu Phantasiegeschichte und Semantik phantastischer Texte. 2002 (Sandra Frçhlich) – Stefanie Wçhrle, Predigtanalyse. Methodische Ans2tze, homiletische Pr2missen, didaktische Konsequenzen. 2006 (Roman B. Kremer)
Abbildungsvrezeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Adressenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
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Jahrbuch Rhetorik · Band 26
Vorwort des Herausgebers
Obwohl die Frage nach der Wirkung von Filmen auf die Zuschauer bzw. die Wirkungsabsichten der Filmschaffenden zu den ersten und bis heute zentralen Fragen von Filmkritik und -wissenschaft zu zhlen sind, ist die Hilfe der Rhetorik als der ltesten mit einschlgigen Problemen befaßten Disziplin erst spt gesucht worden. Klaus Kanzog, der die erste Monographie zum Thema vorlegte, hat noch 2001 festgehalten, daß die »interdisziplinre Tauglichkeit der Rhetorik […] von der Filmwissenschaft bisher nur in Anstzen erkannt und f0r die Filmanalyse kaum genutzt« worden sei. Filmrhetorik sei ein »Erkenntnismittel, mit dessen Hilfe filmische Eindr0cke in einen Prozeß der Bedeutungsfindung (und des Verstehens) 0berf0hrt werden kçnnen«.1 Weitere Impulse gehen seit einigen Jahren vom Paradigma der Bildwissenschaft aus, die Bilder als Zeichensysteme innerhalb eines Kommunikationszusammenhangs versteht.2 Filme sind als kçrperunabhngige und fixierte Kommunikationsformen demgegen0ber von hçherstufiger Komplexitt.3 Die Rhetorik bietet den Vorzug einer bewhrten und klar ausgearbeiteten Systematik, die einen Film detailliert auf seine persuasiven Strategien hin zu untersuchen gestattet. Ihre Leitfrage ist nach den Ausf0hrungen von Joachim Knape, wie und warum ein Kommunikator effizient und erfolgreich kommuniziert. Der »Autor« eines Films4 wird aus diesem Blickwinkel nach der Handlungsrolle des Orators konzipiert, der Film wird ihm als Handlungskalk0l zugeordnet.5 Eine solche Auffassung versteht die Rhetorik primr und mit Recht als Analyseinstrumentarium, das immer dann heranzuziehen ist, wenn von der Seite der Produktion das Ziel der persuasio verfolgt wurde. Das Aufgabenfeld einer Filmrhetorik reicht dar0ber allerdings hinaus. Noch kaum in den Blick genommen ist die Frage nach medienspezifischen Besonderheiten, nach genuin filmrhetorischen Strukturen und Mitteln.6 Die Filmgeschichte bietet auch zahlreiche Beispiele daf0r, wie die einzelnen Elemente und Aspekte der Rhetorik in unterschiedlicher Weise als Themen und Probleme filmischer Diegese
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Klaus Kanzog, Grundkurs Filmrhetorik, M0nchen 2001, 14; vgl. Anke-Marie Lohmeier, Filmrhetorik, in: Gert Ueding (Hg.): Historisches Wçrterbuch der Rhetorik. T0bingen 1996, III Sp. 247 – 264. Vgl. Klaus Sachs-Hombach, Das Bild als kommunikatives Medium. Elemente einer allgemeinen Bildwissenschaft, Kçln 2003, 20. Vgl. Sachs-Hombach, Bild, 227 ff. Zur grundlegenden Problematik vgl. Jan Distelmeyer, Autor Macht Geschichte. Oliver Stone, seine Filme und die Werkgeschichtsschreibung, M0nchen 2005. Vgl. Joachim Knape, Rhetorik, in: Klaus Sachs-Hombach (Hg.): Bildwissenschaft. Diziplinen, Themen, Methoden, Frankfurt am Main 2005, 134 – 148. Vgl. Joachim Knape, »The Medium is the Massage«? Medientheoretische Anfragen und Antworten der Rhetorik, in: Ders. (Hg.): Medienrhetorik, T0bingen 2005, 17 – 39; hier: 34.
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Vorwort des Herausgebers
erscheinen. Filmrhetorische Fragestellungen gehçrten demnach immer schon zu den Forschungsprogrammen der Film- und Medienwissenschaft. Die Rhetorik ist aus einer konkreten Ursituation heraus entwickelt worden. Die medial differenzierte und wesentliche komplexere Situation eines Films wirft Fragen nach den medienspezifischen Besonderheiten auf, denen Oliver Jahraus nachgeht. Anke-Marie Lohmeier untersucht, wie uneigentliche Rede im Film 0ber Bilder konstituiert wird und wie diese Bilder als Metalogismen fungieren. 1924 hatte Be´la Bala´zs hoffnungsvoll vermutet, »die Filmkunst [scheine] eine Erlçsung von dem babelschen Fluch zu versprechen. Denn auf der Leinwand der Kinos aller Lnder entwickelt sich jetzt die erste internationale Sprache: die der Mimen und Gebrden.«7 Mit der Umstellung zum Tonfilm um 1930 wird folglich die Frage der Adressierung an ein sprachlich diversifiziertes Publikum virulent. Die unterschiedliche Lçsungsversuche f0r dieses Problem rekonstruiert Chris Wahl. Frank Perrys »The Swimmer« reflektiert, wie Ulrich Meurer zeigt, verschiedene Konzeptionen der memoria. Die Gerichtsrede als genuin rhetorische Gattung hat vor allem im amerikanischen Kino ein eigenes Filmgenre ausgebildet. Uli Jungs Fallstudie ist der dramaturgisch-rhetorischen Umsetzung des »monkey trial« in Stanley Kramers Version gewidmet. Sebastian Donat entwickelt ein Modell der Beschreibung und Analyse filmischer Obersetzung und behandelt im besonderen den Fall, da sie intradiegetisch in der Funktion eines Kommunikators erscheint. Michael Moores Filme haben bezogen auf ihren Gattungsstatus als Dokumentarfilme Irritationen hervorgerufen, weil sie auf persuasio zielen. Alexandra Hissen analysiert detailliert die rhetorischen Strategien in »Fahrenheit 9/11«. Es ist zu w0nschen, daß die Beitrge des vorliegenden Jahrbuchs als B0ndelung und Bestandsaufnahme des Feldes der Filmrhetorik zu weiteren Untersuchungen anregen. Kiel, Im Juni 2007
Hans-Edwin Friedrich
Herausgeber und Redaktion danken dem Universittsbund T0bingen herzlich f0r die hilfreiche finanzielle Unterst0tzung dieses Bandes.
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Be´la Bala´zs: Der sichtbare Mensch oder die Kultur des Films (1924), in: Ders., Schriften zum Film, hg. von Helmut H. Diederichs, Wolfgang Gersch, Magda Nagy, Bd. 1: ›Der sichtbare Mensch‹. Kritiken und Aufstze 1923 – 1926. M0nchen / Budapest 1982, 43 – 143; hier: 57.
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Anke-Marie Lohmeier
Symbol, Allegorie, Vergleich Zur Konstitution uneigentlicher Bedeutung im Film
Uneigentliche Rede entsteht, so lehrte schon Quintilian, durch immutatio, durch die Ersetzung eines Wortes durch ein anderes oder einer ganzen Aussage durch eine andere. Im ersten Fall spricht die Rhetorik von Worttropen oder Metasememen, im zweiten von Gedankenfiguren oder Metalogismen.1 Worttropen oder Metasememe sind kalkulierte Verstçße gegen das Lexikon, erzwingen eine Neubestimmung der im Lexikon geregelten Standardbeziehung zwischen Signifikant und Signifikat. Die F0gung »schwarze Milch der Fr0he« aus Paul Celans Todesfuge nçtigt den Hçrer, die Standardbedeutung des Wortes »Milch« nach Maßgabe des »konterdeterminierenden Kontextes« (Weinrich),2 des Adjektivs »schwarz«, zu ver;ndern. Eine Metapher entsteht. Gedankenfiguren oder Metalogismen dagegen stellen das Lexikon, stellen 0berhaupt das Sprachsystem nicht in Frage. Sie verstoßen nicht gegen sprachliche Regeln, sondern gegen Regeln der kommunikativen Praxis: gegen die Erwartung, daß einer, der etwas sagt, auch meint, was er sagt, genauer: daß der Sachverhalt, auf den sein Sprechakt referiert, auch der von ihm gemeinte Sachverhalt ist. Mit der wiederholten Feststellung »Und Brutus ist ein ehrenwerter Mann« verstçßt Shakespeares Antonius (Julius Caesar) nicht gegen Sprachregeln, denn der Satz ist, anders als die Celansche Metapher, ohne Ver;nderung der Standardbedeutungen der Wçrter verst;ndlich. Er sagt nur nicht das, was er meint, genauer: er bezeichnet nicht das Gemeinte, sondern das, was er gerade in Zweifel ziehen mçchte. Ironie entsteht. Metalogisches Sprechen ver;ndert nicht die Beziehung zwischen Signifikant und Signifikat, sondern zwischen einer =ußerung und dem von ihr gemeinten außersprachlichen Sachverhalt, zwischen Zeichen und Referenten. Metalogische Sprechakte sind eine Form der dissimulatio, aber einer dissimulatio, die durchschaut sein mçchte. Sie sagen nicht die Wahrheit oder nur die halbe, sie verhehlen ihren wahren Referenten, geben aber zugleich Hinweise auf ihn (im Beispielfall durch Ironiesignale). Bilder kçnnen keine den Worttropen oder Metasememen vergleichbare Formen bilden, weil die Beziehung zwischen Signifikanten und Signifikaten hier nicht, wie bei sprachlichen Zeichen, auf Arbitrarit;t, sondern auf =hnlichkeit beruht, folglich auch nicht durch einen »konterdeterminierenden Kontext« gestçrt, ver;ndert werden kann.3 Wohl aber 1
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Die Begriffe Metasemem und Metalogismus wurden von Jacques Dubois et. al. (Allgemeine Rhetorik, M0nchen 1974) eingef0hrt und mit einer strukturalistischen Reformulierung der klassischen rhetorischen Kategorien verbunden. Der dabei erzielte Zugewinn an begifflicher Pr;zision rechtfertigt die Einf0hrung der neuen Begriffe. Vgl. Harald Weinrich, Semantik der Metapher, in: Folia linguistica 1 (1967) 3 – 17. Zur genaueren Begr0ndung dieser These vgl. Anke-Marie Lohmeier, Filmrhetorik, in: Gert Ueding (Hg.), Historisches Wçrterbuch der Rhetorik, T0bingen 1996, III Sp. 347 – 364; Dies., Hermeneutische
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Anke-Marie Lohmeier
kçnnen Bilder etwas anderes zeigen als sie meinen, sie kçnnen dissimulieren, also metalogisch verfahren. Da Metalogismen nicht in die Beziehung zwischen Signifikant und Signifikat eingreifen, sondern nur die Beziehung zwischen Gesagtem (Abgebildetem) und Gemeintem betreffen, steht der Sprache der Bilder f0r die Konstitution uneigentlicher Bedeutungen das gesamte Ensemble metalogischer Formen zu Gebote. Im Film begegnen uneigentliche Bildbedeutungen vor allem in drei metalogischen Formen: als Symbole, als Allegorien und als (symbolisch oder allegorisch strukturierte) Vergleiche.
1. Begriffsbestimmungen Gedankenfiguren oder Metalogismen sind Sprechakte mit zwei Bedeutungen, einer eigentlichen (Proprium) und einer uneigentlichen (Improprium). In linguistischer Diktion kann man auch sagen: Metalogismen haben zwei Referenten, einen falschen (Proprium) und einen wahren (Improprium),4 wobei die Pr;dikate falsch und wahr hier keine erkenntnislogischen Kategorien sind, sondern lediglich die Beziehung zu dem vom Sprecher Gemeinten beschreiben: Das Proprium, die eigentliche Bedeutung eines metalogischen Sprechakts, ist falsch insofern, als es nicht oder nur unvollst;ndig das vom Sprecher Gemeinte erfaßt. Deshalb beh;lt die eigentliche Bedeutung metalogischer Sprechakte auch stets ihre Geltung, wird nicht, wie bei Metasememen, durch das Improprium verdr;ngt.5 Die differenten Formen metalogischen Sprechens (Abbildens) lassen sich aus den differenten Beziehungen ableiten, die zwischen falschen und wahren Referenten metalogischer Sprechakte bestehen kçnnen. Beim Film geht es vor allem um die Differenzen zwischen Symbol und Allegorie und damit um ein sehr altes Problem rhetorischer Begriffsbildung. Das kann hier aus Platzgr0nden nicht ausgebreitet, stattdessen nur eine knappe Begriffsbestimmung vorgeschlagen werden.6 Bei symbolischen Sprechakten ist die Beziehung zwischen falschen und wahren Referenten (Rf und Rw) die eines Besonderen zu einem Allgemeinen. Der proprie dargestellte Sachverhalt ist Einzelfall eines allgemeinen Ph;nomens, das es improprie zu verstehen
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Theorie des Films, T0bingen 1996, 299 – 363. Wie dort (307 – 309) gezeigt wird, beruht der gern verwendete Ausdruck »Filmmetapher« auf einer Verwechslung des Bildzeichens mit seinem sprachlichen Korrelat und dessen mentaler Begriffsrepr;sentation. Vgl. Dubois et. al., Allgemeine Rhetorik, 57 f. Ein Beispiel: In Andrej Tarkovskijs Film »Nostalghia« (I 1983) bet;tigt der Sonderling Domenico (Erland Josephson) beim Gang durch seine abbruchreife Behausung eine frei im Raum stehende T0r, statt, wie sein Gast Gortchakov (Oleg Jankovsky), sich die M0he des Mffnens und Schließens zu sparen und um sie herum zu gehen. Dieses metalogische Bild ist falsch nur insofern, als es nicht das bezeichnet, was es meint. Gemeint ist ein abstrakter Gedanke, der Protest gegen die (von Gortchakov befolgten) Verhaltensnormen der instrumentellen Vernunft, der hier metalogisch formuliert wird, indem ein funktionsloses Instrument benutzt, wie ein funktionales Instrument behandelt wird. Dem eigentlichen Vorgang selbst aber geht dadurch nichts von seiner Geltungsf;higkeit ab: Domenico hat die sinnlose T0r ja wirklich in seinem Haus stehen und benutzt sie, wie man sieht, auch regelm;ßig, das heißt: Eigentlich – auf eigentlicher Bedeutungsebene, und das heißt in diesem Film ganz buchst;blich: im Horizont pragmatisch-rationalen Weltverstehens – ist Domenico verr0ckt. Beides ausf0hrlicher in Lohmeier, Theorie des Films, 322 – 348.
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Symbol, Allegorie, Vergleich
gilt. Die logische Struktur dieser Beziehung l;ßt sich mit mengentheoretischen Begriffen pr;ziser fassen: als Elementbeziehung (Rf ˛ Rw). Als Elementbeziehung wird in der Mengentheorie die Relation zwischen den Elementen einer Menge und dieser Menge selbst bezeichnet, der Umstand also, daß ein Objekt x Teil einer Menge M ist (x ˛ M). Diese Bestimmung entgeht den ontologischen Implikationen, die dem rhetorischen Symbolbegriff seit der Goethezeit anhaften.7 Es gen0gt festzustellen, daß die Elementbeziehung zwischen falschen und wahren Referenten bei symbolischen Sprechakten eine in der Regel stark konventionalisierte ist. Aussagen 0ber deren ontologischen Status m0ssen nicht getroffen werden. Der Hinweis auf die Konventionalit;t der Mengen (Klassifikationen), mit denen Symbole operieren, kann erkl;ren, warum sie vom Hçrer leichter erschlossen werden kçnnen als Allegorien: Der Hçrer muß vom dargestellten Besonderen auf ein Allgemeines schließen, das er schon kennt, das Teil seines kulturellen Wissens ist. Ein Beispiel: Hans Castorps Reise ins Hochgebirge am Beginn von Thomas Manns Zauberberg wird beschrieben als Reise ins »Ungewohnte«, in eine Region jenseits der Laubwaldzone, wo »eigent0mlich d0nne und sp;rliche Lebensbedingungen herrschten«.8 Das ist eine symbolische Vorausdeutung auf seine Geschichte, auf die Welt des »Berghof«, die ihn erwartet, und auf den Konflikt von Todesverfallenheit und Lebenswillen, von Selbstverlust und Individuationsprinzip, mit dem er es dort zu tun bekommt. Sie arbeitet mit konventionellen Klassenbildungen: Der Naturraum, in den sich Hans Castorp von der Schmalspurbahn tragen l;ßt, ist als lebensfeindlicher Ort konventionalisiert, kann daher zum symbolischen Repr;sentanten eines allgemeinen Ph;nomens, der Lebensverneinung, werden. Bei allegorischen Sprechakten liegen die Dinge anders. Hier ist die Beziehung zwischen falschen und wahren Referenten nicht die zwischen einem Besonderen und einem Allgemeinen, sondern zwischen zwei Sachverhalten, die aufgrund gemeinsamer Merkmale derselben Klasse (Menge) von Sachverhalten zugeordnet werden kçnnen. Sie verhalten sich mithin, mengentheoretisch gesehen, wie zwei Elemente einer Menge zueinander (M = {Rf , Rw}). Ein kleines Gedicht Gottfried Benns aus der fr0hen Nachkriegszeit, Radar (1949), beschreibt die Orientierungslosigkeit dieser Jahre im Bild eines umherirrenden Segelschiffes, dem die Takelage fehlt:9
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Goethes Symbolbegriff, der, zumal in der Literaturwissenschaft, eine wirkm;chtige Begriffstradition stiftete, bestimmte die Beziehung zwischen symbolischem Proprium und Improprium als ›wesenhafte‹, die Erschließung des Symbols entsprechend als einen Akt divinatorischer ›Wesensschau‹ und wertete deshalb die Allegorie (als bloßen »Begriff«, d. h. als Resultat klassifizierender T;tigkeit) gegen0ber dem Symbol stark ab (vgl. J. W. Goethe, Maximen und Reflexionen, in: Werke, Hamburger Ausgabe, hg. von E. Trunz, Hamburg 1953, XII 470 f. (Nr. 749 – 752). – Zum ontologischen Problem des an diese Begriffstradition anschließenden Symbolbegriffs vgl. Lohmeier, Theorie des Films, 322 – 329. Thomas Mann, Der Zauberberg, hg. v. Michael Neumann, Frankfurt a. M. 2002 (Große kommentierte Frankfurter Ausgabe Bd. V.1), 13. Gottfried Benn, Radar, in: S;mtliche Werke. Stuttgarter Ausgabe in Verbindung mit Ilse Benn hg. v. Gerhard Schuster, Stuttgart 1986, II, 144.
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Anke-Marie Lohmeier
Ein Nebel wie auf See – und meine Belle-Etage f;hrt ohne Takelage von Quai zu Quai. Sie findet keinen Ort, daran das Tau zu schlingen, denn neue Wellen bringen sie wieder fort. Wie weit sind Sund und Belt. und schwer die Hafenfrage, wenn – ohne Takelage – noch Nebel f;llt!
Zwei Sachverhalte (ein mançvrierunf;higes Schiff, ein orientierungsloses Ich) werden in Verbindung gebracht, indem sie aufgrund eines gemeinsamen Merkmals (Umherirren) als Elemente einer gemeinsamen Menge postuliert werden. Dieser Vorgang beruht in der Regel, anders als beim Symbol, auf nicht oder schwach konventionalisierten Mengenbildungen. Allegorische Sprechakte beziehen zwei Sachverhalte aufeinander, die in der pragmatischen Kommunikation, außerhalb ;sthetischer (rhetorischer) Kommunikationsbedingungen, gewçhnlich nicht miteinander in Verbindung gebracht werden. Denn die Allegorie, die tota allegoria zumal,10 hat den Charakter einer Geheimsprache, die auf Kommunikation mit einem esoterischen, in den gemeinten Sachverhalt eingeweihten Publikum zielt, ohne dabei das exoterische Publikum vom Kommunikationsakt auszuschließen (das sich freilich mit dem Proprium zufrieden geben muß). Der Grad ihrer Verst;ndlichkeit (und damit der Ein- oder Ausschluß von Rezipienten) wird 0ber den Konventionalit;tsgrad ihrer Mengenbildung geregelt. Im Beispielfall ist er vergleichsweise hoch, weil hier auf die gel;ufige Bildvorstellung menschlichen Lebens als Seefahrt (vgl. die konventionelle Metapher »Lebensschiff«) angespielt wird, die die Allegorese (trotz der gezielt eingesetzten Irritation durch die Metapher »meine Belle-Etage«) initiiert. Der symbolische Sprechakt kommt an sein Ziel, wenn der Hçrer die Elementbeziehung zwischen Proprium und Improprium erfaßt, das Allgemeine, auf das vom Proprium verwiesen wird, erkannt hat. Der allegorische Sprechakt setzt, je nach Komplexit;tsgrad, eine mehr oder weniger ausgiebige Vergleichst;tigkeit in Gang. In der Allegorese pr0ft der Hçrer, ausgehend von dem initialen tertium comparationis, weitere Merkmale der beiden Comparanda auf ihre Vergleichbarkeit (»Takelage«, »Nebel«, »Quai« etc.), erschließt so, das Bild nach und nach vervollst;ndigend, das semantische Feld der Allegorie. Da Metalogismen, anders als Metasememe, auf der Ebene ihrer eigentlichen Bedeutung einen durchaus koh;renten (wenn auch in der Regel unbefriedigenden) Sinn ergeben, bedarf es metalogischer Signale, um auf die Existenz einer zweiten, uneigentlichen Bedeutung hinzuweisen und den Rezipienten zur Allegorese bzw. zur Erschließung des symbolischen Allgemeinen zu bewegen. Das gebr;uchlichste Mittel ist die Vergabe von 10
Zu diesem auf Quintilian (Institutio oratoria, VIII, 6, 47) zur0ckgehenden Begriff vgl. Gerhard Kurz, Metapher, Allegorie, Symbol, 4. Aufl., Gçttingen 1997, 40 f.
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Symbol, Allegorie, Vergleich
(scheinbar) redundanten Informationen, die auf der Ebene der eigentlichen Bedeutung zwar einen Sinn, aber einen eher banalen Sinn ergeben. Sie provozieren die Frage, wozu diese Informationen 0berhaupt vergeben werden, und reizen den Rezipienten damit an, nach einer weiteren, weniger banalen Bedeutung zu suchen.11 Die Steuerung dieser Suche erfolgt 0ber semantische Signale, die, h;ufig durch Polysemien, als »Scharniere«12 zwischen eigentlicher und uneigentlicher Bedeutung in Funktion treten kçnnen.13
2. Filmische Symbole Als ein auf die Welt des Sichtbaren angewiesenes Medium ist der Film immer dort auf metalogische Darstellungsverfahren angewiesen, wo es darum geht, nicht Sichtbares, Abstraktes zu kommunizieren, ohne auf sprachliche Informationsvergabe (Dialog, offErz;hler) zur0ckzugreifen. Symbolische Verfahren kommen dem Medium besonders entgegen, denn weil das symbolische Improprium immer schon im Proprium (als dessen Allgemeines) enthalten ist, kann sich die filmische Erz;hlinstanz hier, anders als bei allegorischen Verfahren, ganz auf ihre genuine T;tigkeit, die Abbildung eines sichtbaren Individuellen, konzentrieren. Sie muß den filmischen Erz;hlprozeß nicht beeintr;chtigen, stçren oder gar unterbrechen, sondern lediglich darauf bedacht sein, die f0r die Erschließung des intendierten Allgemeinen relevanten Merkmale so signifikant ins Bild zu setzen, daß der Zuschauer gen0gend Informationen bekommt, um dieses Allgemeine zu erfassen. Wie filmische Symbolik im Zusammenspiel von Inszenierung und Kameraf0hrung zustandekommt, mag ein Beispiel aus Andrej Tarkowskijs Nostalghia (I 1983) zeigen. Gegen Ende des Films, in einer ungewçhnlich langen, fast neun Minuten dauernden Einstellung, sieht man den Helden Gortchakov (Oleg Jankovsky) mit dem Versuch besch;ftigt, eine brennende Kerze von dem einen Beckenrand der geleerten Therme von Bagno Vignoni zum anderen zu tragen. Er lçst damit ein Versprechen ein, das er dem Sonderling Domenico (Erland Josephson) gegeben hatte. Die Kamera verfolgt geduldig den gesamten Vorgang, die zwei ersten, durch das Erlçschen der Flamme fehlschlagenden Versuche, die anschließenden R0ckwege des Helden zum Ausgangspunkt und den dritten, schließlich erfolgreichen Versuch, mit sehr langsamen Begleitfahrten, die jeden Schritt Gortchakovs, jedes Zçgern und jedes raschere Vorw;rtsgehen, minutiçs mitvollziehen. Dabei nimmt sie eine seitliche Perspektive ein und schr;nkt den Bildausschnitt – mit einer Halbtotalen beginnend und mit einer Großaufnahme von Gortchakovs H;nden, die die Kerze auf den endlich erreichten Beckenrand stellen, endend – im Laufe der Einstellung (durch unmerkliche Ranfahrten) sukzessive ein, was zur Folge hat, daß das Ziel erst ganz zuletzt ins Bild kommt. Die ganze lange Einstellung hindurch bleibt ungewiß, wie weit der Held noch von ihm entfernt ist. Die Distanz, die Gortchakov zur0cklegen muß, bevor die Kerze verlçscht, wird so durch Begleitfahrt, Perspektive und Aufnahmedistanzen als Gegenspieler des Helden ins Bild gesetzt: Sie erscheint, weil die Bilder das Ziel des Weges vorent11 12 13
Zu weiteren Formen metalogischer Signale vgl. Lohmeier, Theorie des Films, 317 – 322. Kurz, Metapher, Allegorie, Symbol, 32. Genaueres zu solchen semantischen Signalen bei Lohmeier, Theorie des Films, 341 f. und 347 f.
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Anke-Marie Lohmeier
halten und weil Gortchakov, um die Flamme zu erhalten, sehr langsam gehen muß, Figur und Kamera also kaum vorankommen, schier un0berwindlich, ein Effekt, den die Uberl;nge der (durch die beiden Fehlversuche gezielt ausgedehnten) Einstellung verst;rkt. Das Kameraverhalten gibt dem Vorgang ein Gewicht, das in einem kalkulierten Widerspruch zu seiner offenkundigen Sinnlosigkeit steht. Dieser Widerspruch fungiert hier nicht nur als metalogisches Signal, das den Zuschauer anweist, den eigentlich sinnlosen Vorgang auf einen uneigentlichen Sinn hin zu befragen, sondern verweist auch schon auf diesen Sinn selbst. Denn indem die Kamera den sinnlosen Vorgang ernst nimmt, stellt sie das Vernunfturteil, das ihn als unvern0nftig, als sinnlos qualifiziert, in Frage, bestreitet dessen zweckrationalen Begriff von »Sinn«, solidarisiert sich vielmehr mit dessen Negation, mit der Verneinung der Forderungen der Vernunft, die Gortchakov in dieser Szene vollzieht und die hier schon der Sinn der Bilder selbst, ihr symbolisches Improprium ist: Es geht um die Verabschiedung der (instrumentellen) Vernunft als leitender Norm menschlichen Handelns, um die kulturkritische Konfrontation von Rationalit;t und Spiritualit;t, die das Thema dieses Films (wie der meisten Filme Tarkovskijs) ist.14 Proprium und Improprium sind hier durch die symbolische Elementbeziehung verbunden. Gortchakovs sinnlose Aktion ist Teil und Ausdruck des ihm inh;renten Allgemeinen, der Entthronung der Vernunft. Die Inh;renz von Besonderem und Allgemeinen ermçglicht eine reibungslose Integration symbolischer Bedeutungen in die filmische Narration.
3. Filmische Allegorien Die Integration allegorischer Bedeutungen in den filmischen Erz;hlprozeß geht in der Regel weniger reibungslos vonstatten. Das liegt daran, daß die Allegorie zwei Sachverhalte aufeinander bezieht, die gewçhnlich nicht miteinander in Verbindung gebracht werden. Um diese Verbindung dennoch herzustellen, und das heißt ja beim Bildmedium Film: um das Improprium dennoch implizit ins Bild zu holen, ist in der Regel ein gesteigerter Inszenierungsbedarf auf der Ebene des proprie Dargestellten vonnçten. Besondere (h;ufig ungewçhnliche) r;umliche Situationen oder Aktionen sind zu erfinden, die imstande sind, auf das allegorische Improprium zu verweisen und dennoch das eigentliche Gesch;ft des filmischen Erz;hlers, die Narration, proprie fortzuf0hren. Wohl auch deshalb sind filmische Allegorien weniger h;ufig anzutreffen als Symbole. Ein ungewçhnlich reichhaltiges Spektrum von Verfahren allegorischer Bedeutungskonstitution bietet Rainer Werner Fassbinders Fontane Effi Briest (BRD 1974). Daraus ein Beispiel aus dem ersten Drittel des Films: Mutter und Tochter Briest machen einen Spaziergang und reden dabei 0ber Effis bevorstehende Ehe mit Innstetten. Der Vorgang steht von Anfang an in einem Spannungsverh;ltnis zu seinem Schauplatz, denn die beiden Frauen bewegen sich in einem Gel;nde, in dem Damen von Stand gewçhnlich nicht spazierengehen. Es ist eine d0stere Moorlandschaft ohne Weg und Steg. Der Widerspruch zwischen Schauplatz und Handeln wird vertieft durch die Kleidung der Frauen (lange, das 14
Vgl. auch die in Anm. 6 beschriebene Einstellung aus demselben Film.
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Vorw;rtskommen im hohen Binsengras erschwerende Rçcke), durch den Sonnenschirm, den Frau von Briest dabei unnçtigerweise, denn es herrscht herbstlich-tr0bes Wetter, aufgespannt mit sich f0hrt, durch die Bewegungen der Titelheldin, die im toten, abgestorbenen Gras kindlich umherspringt, als sei es eine Fr0hlingswiese, und schließlich durch das Gespr;ch, das sich um Liebe, Gl0ck, Verlobung und Hochzeit dreht und erst gegen Ende der Szene, wenn Effi der Mutter ihre Angst vor Innstetten eingesteht, Kontakt zur d0steren Umgebung gewinnt. Der Schauplatz, in dem alles Leben erstarrt scheint, evoziert Konnotationen (Einsamkeit, Verlorenheit, Trauer, Tod u. a.), die ihn als allegorisches Panorama der psychischen und gesellschaftlichen Lebenswirklichkeit der Figuren zu lesen nahelegen. Und das Verhalten der Frauen, das sich in einen so auff;lligen Kontrast zu dem tristen Ort begibt, ist allegorische Inszenierung des Selbstbetrugs, mit dem die Figuren dieser trostlosen Lebenswirklichkeit begegnen. Effis Umherspringen im toten Gras, Frau von Briests Sonnenschirm fungieren als allegorische Anzeiger ihrer Bereitschaft, Realit;t normengerecht zu deuten, die schlechte Empirie in eine gute (das tote Gras in eine gr0ne Wiese, das tr0be Licht in Sonnenlicht) umzudeuten. Die Szene erweist sich so als allegorische Paraphrase der im Untertitel des Films15 im Klartext bezeichneten Bereitschaft der Figuren, »das herrschende System« immer schon »in ihrem Kopf« zu »akzeptieren«, die Deformation ihres Bewußtseins willig hinzunehmen, statt der »Ahnung« zu folgen, die sie »von ihren Mçglichkeiten und ihren Bed0rfnissen« haben. Anders als bei symbolischen Bildern besteht hier zwischen Proprium und Improprium keine Elementbeziehung. Die triste Moorlandschaft hat mit der tristen Lebenswirklichkeit der Frauen nichts zu tun, ist nicht Teil dieser Tristesse, sondern ein »Anderes«, mit dem das alieniloquium,16 die Allegorie, ihren wahren Referenten verhehlt. Dasselbe gilt f0r das Handeln der Figuren: Anders als Gortchakov in »Nostalghia«, der im Vollzug seiner sinnlosen Aktion den symbolice gemeinten Protest gegen Setzungen der instrumentellen Vernunft selbst vollzieht, vollziehen die Frauen Briest mit ihrem Verhalten nicht das allegorice gemeinte Verhaltensmuster selbst, sondern stellen ein allegorisches Bild davon her. Und die Allegorese erschließt dieses Bild nicht durch den induktiven Schluß von einem Besonderen auf sein Allgemeines, sondern durch den Vergleich zweier besonderer, gesonderter, verschiedener Sachverhalte.
4. Filmische Vergleiche Die rhetorische Figur des Vergleichs l;ßt sich als Vorstufe symbolischer oder allegorischer Operationen ansprechen. Was letzteren vorausgeht und im Akt der Rezeption mental nachvollzogen wird, die auf der Grundlage vergleichender Operationen erfolgende Klassifikation (Mengenbildung), wird bei Vergleichen in actu pr;sentiert: Zwei Sachverhalte 15
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Der vollst;ndige Filmtitel lautet: »Fontane Effi Briest oder Viele, die eine Ahnung haben von ihren Mçglichkeiten und ihren Bed0rfnissen und trotzdem das herrschende System in ihrem Kopf akzeptieren durch ihre Taten und es somit festigen und durchaus best;tigen.« Vgl. Kurz, Metapher, Allegorie, Symbol, 31.
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Anke-Marie Lohmeier
werden nebeneinander gehalten und behauptet, daß der eine dem anderen gleiche oder aber, umgekehrt, das genaue Gegenteil des anderen sei. Dem bei sprachlichen Vergleichen explizit oder implizit pr;senten »so – wie« entspricht bei filmischen Vergleichen der Einstellungswechsel, der Schnitt (in seltenen F;llen auch ein Kameraschwenk), ein an sich semantisch leeres Zeichen, das erst durch die Bilder, die es verbindet, semantisch gef0llt wird. Filmische Vergleiche kombinieren zwei (oder mehr) Bilder nach dem Prinzip der systematischen Montage, bei der weder (wie bei der narrativen Montage) zeitliche oder handlungslogische noch (wie bei der deskriptiven Montage) r;umliche, sondern klassifikatorische Kriterien die Syntagmatik leiten.17 Die Parallelmontage (die Bilder ;hnlichen Inhalts verbindet) legt die Zuordnung der nacheinander dargestellten Sachverhalte zu einer gemeinsamen Menge nahe, die Kontrastmontage (die Bilder einander widersprechender Inhalte verbindet) verlangt die Zuordnung der nacheinander dargestellten Sachverhalte zu zwei einander ausschließenden, disjunkten Mengen von Sachverhalten. Auf dieser Grundlage kçnnen die Bilder dann als partielle Synonyme oder als Antonyme aufeinander bezogen werden. Da Bilder, anders als Sprache, keine Begriffe bilden kçnnen, obliegt es auch hier dem Zuschauer, den Vergleich zu vollziehen, das Verglichene zu klassifizieren und die zugehçrigen Begriffe zu bilden. Filmische Vergleiche begegnen in zwei Funktionen, die, weil sie engstens mit der logischen Form filmischer Symbole bzw. Allegorien korrespondieren, symbolische bzw. allegorische Vergleiche genannt seien. Im ersten Fall geht es darum, die aus dem Vergleich der Bilder gewonnenen Begriffe zu bilden, sind diese Begriffe also selbst schon das gesuchte Improprium, ein Allgemeines, mit dem die einzelnen Bilder durch die (symbolische) Elementbeziehung verbunden sind. Im zweiten Fall geht es darum, die aus dem Vergleich gewonnenen Begriffe als ein- oder wechselseitige Pr;dikate zu verwenden, indem Merkmale des einen Comparandum als Pr;dikate des anderen (und gfls. auch umgekehrt) in Funktion gesetzt werden. Ein eindrucksvolles Beispiel eines symbolischen Vergleichs zeigt die Schlußsequenz von Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin (UdSSR 1925), die Begegnung des Panzerkreuzers mit dem zaristischen Geschwader auf dem Schwarzen Meer. Eine sehr lange Bilderfolge wird verwendet, um zu zeigen, wie die »Potemkin« mit voller Kraft und gefechtsbereiten Gesch0tzen auf das Geschwader zuf;hrt. S;mtliche Bilder betreffen zwar den erz;hlten Vorgang, sind aber unterschiedlich, n;mlich abwechselnd narrativ und systematisch montiert. In den systematisch montierten Passagen sind die Bilder so aneinandergef0gt, daß deren Inhalt und Abfolge keinen zeitlichen oder r;umlichen Zusammenhang zu stiften vermçgen. Die mit ihnen vergehende Zeit ist zwar die Zeit der erz;hlten Geschichte, d. h. sie unterbrechen den Fluß der erz;hlten Zeit nicht, sind aber selbst nicht zeitlich, sondern systematisch organisiert. Die zeitliche Indifferenz wird dabei nicht nur durch die Montage, sondern auch und vor allem durch die gew;hlten Bildausschnitte erzeugt, denn die Kamera erfaßt hier nicht einmalige Handlungen, sondern iterative, f0r die Zeitdauer des gesamten Vorgangs st;ndig wiederkehrende Vorg;nge, die eben deshalb keine zeitliche Pro17
Zu Begriff und Funktion der systematischen Montage vgl. Lohmeier, Theorie des Films, 179 – 187.
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gression anzeigen kçnnen: die auf Hochtouren arbeitenden Dampfmaschinen des Schiffs in unterschiedlichsten Formen, Bewegungen und Perspektiven, den kr;ftig aus den Schornsteinen hervorquellenden Dampf, die vor0berfliegende Wasserfl;che aus wechselnden, effektvoll kombinierten Blickwinkeln, die heftigen, von der Schiffsbewegung erzeugten Turbulenzen im Wasser. Das Fehlen zeitlicher und r;umlicher Anschl0sse zwischen den Einstellungen nçtigt den Zuschauer, die Bilder, statt in eine zeitliche oder r;umliche, in eine systematische Ordnung zu bringen, sie zu vergleichen. Das tertium comparationis ist hier das in jeder Einstellung neu bezeichnete Prinzip einer entschlossenen, kraftvollen Vorw;rtsbewegung. Aus ihm erschließt sich der improprie formulierte Begriff, um den es hier geht: Kraft, Entschlossenheit und Fortschrittlichkeit der Revolution. Die Beziehung der Bilder symbolischer Vergleiche zu dem aus ihnen zu bildenden Improprium ist also, wie beim Symbol, die Elementbeziehung. Die einzelnen Bildern avancieren durch die vergleichende Montage zu symbolischen Repr;sentanten des ihnen inh;renten Allgemeinen. Ebenfalls bei Eisenstein, in seinem Film Streik (UdSSR 1924), findet sich ein Beispiel eines allegorischen Vergleichs. Es handelt sich um die vielzitierten Bilder am Ende des Films, die die blutige Niederschlagung des Arbeiteraufstandes zeigen, in deren Darstellung Aufnahmen aus einem Schlachthof einmontiert sind. Die vom Zuschauer zu leistende Klassifikation, die beide Bildtypen aufgrund ihres gemeinsamen Merkmals (Tçtung) einer gemeinsamen Menge zuordnet, ist hier nicht, wie bei symbolischen Vergleichen, schon das Ziel, sondern Ausgangspunkt des Verstehens. Die Zuordnung beider Comparanda zu einer gemeinsamen Menge erçffnet jenes Vergleichsfeld, das auch bei der Allegorie entsteht und das es erlaubt, Merkmale des einen Bildes als Pr;dikate des anderen zu verwenden. Auf diese Weise werden die Soldaten als brutale Schl;chter, die Arbeiter als wehrlos niedergemetzeltes Schlachtvieh charakterisiert. Daß dies auch mit nur zwei Bildern funktioniert, beweist Charles Chaplin, wenn er am Beginn von Modern Times (USA 1932/35) das Bild einer zur Arbeit hetzenden Menschenmenge mit dem Bild einer Schafherde konfrontiert, das die Menschen als fremdbestimmte, von fremder Hand getriebene Herde pr;diziert. Die Beziehung der Bilder allegorischer Vergleiche zu dem aus ihnen zu bildenden Improprium ist also, wie bei Allegorien, die Beziehung zweier Elemente einer Menge. Und wie bei der Allegorese pr0ft der Rezipient auch hier, ausgehend von dem initialen tertium comparationis, welche weiteren Merkmale der Comparanda aufeinander beziehbar und f0r die Erschließung der Bedeutung von Belang sind.
5. Res0mee Die Konstitution uneigentlicher Bedeutung im Film beruht demnach auf zwei Grundformen, deren logische Operationen hier mengentheoretisch expliziert wurden, die symbolische als Herstellung einer – auf Konventionen gest0tzten – Elementbeziehung, die allegorische als Herstellung der Beziehung zwischen Elementen einer – nicht oder nur schwach konventionalisierten – Menge.
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Anke-Marie Lohmeier
Die Entscheidung f0r die eine oder andere Form scheint nicht nur mit thematischen Erfordernissen oder pragmatischen Erw;gungen zu tun zu haben, sondern auch mit Grunds;tzlicherem, mit dem Weltverst;ndnis des Werksubjekts, das in dem differenten Verh;ltnis beider Redeformen zu konventionellen Klassifikationen einen Ausdruck findet. Allegorische Rede verl;sst sich nicht auf die konventionelle Ordnung der Dinge, auf die sich symbolische Rede st0tzt. Wer symbolisch redet, scheint davon auszugehen, daß das, was er zu sagen hat, in dieser konventionellen Ordnung der Welt aufbewahrt, immer schon gegenw;rtig ist. Wer allegorisch redet, scheint vom Gegenteil 0berzeugt, davon, daß diese konventionelle Ordnung der Welt den Blick auf das, was er zu sagen hat, eher verstellt, weshalb er sie ver;ndern muß. Symbol und Allegorie sind demnach zwei verschiedenen Konzepten ;sthetischer Weltaneignung verpflichtet, die ihrerseits auf zwei unterschiedlichen erkenntnislogischen Positionen zu beruhen scheinen. Indem symbolische Rede ein Besonderes als legitimen Repr;sentanten eines Allgemeinen einsetzt, setzt sie voraus, daß die Ordnung der Dinge an ihren Erscheinungen zur Anschauung kommt, daß, wer die Erscheinung der Dinge wahrnimmt, damit immer auch schon ihren Sinn zu erschließen auf dem Wege ist. Allegorische Rede bestreitet das, gibt vielmehr kund, daß die Welt der Erscheinungen die wahre Ordnung der Dinge gerade verh0llt, weshalb sie auch nur noch als alieniloquium taugt, als Andersrede, die auf die wahre Ordnung der Dinge nur verweisen, nicht sie selbst zur Anschauung bringen kann. Auch deshalb scheint es ratsam, an der Unterscheidung zwischen Allegorie und Symbol festzuhalten und einer Pr;zisierung ihrer Explikation zuzuarbeiten.
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Oliver Jahraus
Bild-Film-Rhetorik Medienspezifische Aspekte persuasiver Strukturen und die Eigendynamik einer bildgesttzten Konzeption von Filmrhetorik
1. Vorberlegungen: Medienunabh%ngige und medienspezifische Vorstellungen von Rhetorik Klaus Kanzog hat ein umfassendes Modell der Filmrhetorik vorgelegt und in einem Grundkurs ausgearbeitet,1 das grunds%tzlich davon ausgeht, daß auch der Film eine rhetorisch zu beschreibende Struktur besitzt. Rhetorische Kategorien kçnnen also auf den Film respektive die Filmanalyse bertragen werden und liefern auf diese Weise berhaupt erst die Grundlage, um die Argumentationsstrukturen von Filmen rekonstruieren zu kçnnen. Die folgenden -berlegungen nehmen dieses Unternehmen als Beispiel und Anlaß, um bei der Frage, inwiefern denn rhetorische Kategorien zu Beschreibungsinstrumenten einer im weitesten Sinne Filmanalyse werden kçnnen, innezuhalten, um damit die Bedeutung der Mediendifferenz zwischen erstens der gesprochenen Rede, dem ursprnglichen Ort der Rhetorik,2 der ars bene dicendi, zweitens dem natursprachlich und schriftlich verfassten Text und schließlich dem audiovisuellen Medium des Films fr rhetorische Modellierungen insbesondere im Bereich des Films zu erhellen. Der Tatsache, daß der Textbegriff zwar in seiner landl%ufigen Verwendung Schriftlichkeit und diese Schriftlichkeit wiederum natursprachliche, alphabetische Schriftlichkeit impliziert, muß man den Umstand entgegenhalten, daß avancierte Modelle der Texttheorie3 den Textbegriff von dieser einseitigen medialen Ausrichtung gelçst haben und ihn medienunspezifisch definieren. Daß Filme – im Sinne eines an den Genrebegriff angelehnten Medienangebots – Texte sind, ist unstrittig, weil eine medienunspezifische Definition des Textbegriffs gerade auch die textuellen Strukturen des Films zum Beispiel im Hinblick auf Koh%renz- und Koh%sionsph%nomene,4 im Hinblick auf Thematisierungsstrukturen und Zeichenkomplexe, generell im Hinblick auf die Organisation (der Voraussetzungen) von Bedeutung deutlich werden l%ßt. Doch was im Hinblick auf den Textbegriff unstrittig ist, gewinnt wieder an Brisanz, wenn man diesen Umstand auf die Rhetorik bezieht und gleichzeitig medientheoretisch 1 2
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Klaus Kanzog, Grundkurs Filmrhetorik, Mnchen 2001. Siehe hierzu grundlegend Heinrich Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft, 2. Aufl., 2 Bde., Mnchen 1973 und Gert Ueding / Bernd Steinbrink: Grundriß der Rhetorik. Geschichte, Technik, Methode, 3. berarb. u. erw. Aufl., Stuttgart 1994. Vgl. Robert de Beaugrande / Wolfgang U. Dressler, Einfhrung in die Textlinguistik, Tbingen 1981; Elisabeth Glich / Wolfgang Raible, Linguistische Textmodelle. Grundlagen und Mçglichkeiten, Mnchen 1977. Siehe Jçrg P%tzold, Koh%renz, Koh%sion, in: Metzler Lexikon Sprache. Hg. v. Helmut Glck. Stuttgart/ Weimar 2000, 351 f.
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perspektiviert. Denn nirgendwo sonst ist das System der Beschreibungskategorien so stark auf eine bestimmte mediale Konstellation ausgerichtet wie im Falle der Rhetorik. Die grundlegende, modellbildende, beispielgebende Struktur der Rhetorik ist die gesprochene Rede. Wie schon der Textbegriff eine bestimmte mediale Situation impliziert, so tut dies auch der Begriff der Rede. Und wie schon beim Textbegriff so kann man auch beim Begriff der Rede sich Definitionen denken, die von dieser ursprnglichen Situation abstrahieren und auch die Rede medienunspezifisch definieren. Der erste Schritt bestnde schon allein darin, die schriftliche Form der Rede nicht nur als Repr%sentation, Aufzeichnung oder Ged%chtnissttze zu sehen, sondern auch als genuine Ausdrucksform der Rede. Kanzog selbst bezeichnet auch wissenschaftliche und daher zumeist schriftbasierte Fußerungen ber den Film als »geordnete Rede ber den Gegenstand Film«.5 Die Basis, auf der Kanzog sein Modell einer Filmrhetorik entwirft, ist diese Ausweitung von Konzepten, die in ihrer Kernbedeutung auf andere, in jedem Fall natursprachliche Fußerungen bezogen sind: n%mlich das der Rede, das des Textes, das der Fußerung bzw. des Sprechaktes selbst und schließlich das der Kommunikation: Angesichts der Schwierigkeiten, Begriffe der Rhetorik auf visuelle Ph%nomene zu bertragen, [hat Kanzog vorgeschlagen,] den sich in den Bildern eines Films vollziehenden kommunikativen Akt analog zum verbalen Sprechakt als ›visuellen Sprechakt‹ und das Bild damit als ›Rede‹ zu verstehen […]. Dieses zun%chst intuitive Verfahren, ›Filme wie sprachliche Texte zu behandeln‹, beruht auf den Pr%missen der Strukturalen Texttheorie.6
Kanzog macht selbst darauf aufmerksam, daß Anke-Marie Lohmeier in ihrem Artikel zur Filmrhetorik dort, wo es darum geht, »den Film insgesamt als einen auf rhetorischen Regeln der argumentativen und affektiven persuasio beruhenden Sprachakt, als ›persuasive Rede‹ zu postulieren, die zu wesentlichen Teilen argumentativ strukturiert« sei, die »filmtheoretische Verifizierung« angemahnt habe.7 In ihrem Artikel diskutiert Lohmeier sehr detailliert und umfassend jene Probleme, die sich aus jener »stillschweigenden -bereinkunft [ergeben], derzufolge zwischen filmischen sprachlichen Kommunikaten strukturelle Analogie herrscht, die es legitimiert, Filme wie sprachliche Texte zu behandeln«.8 Das Konzept einer Filmrhetorik steht und f%llt laut Lohmeier mit der Mçglichkeit auf der Mikroebene, die Struktur ikonischer Zeichen so zu modellieren, daß Bilder wie Sprechakte aufzufassen sind, die sich in ihrem filmischen Ablauf zu kinematographischen Sprechakten zusammenfassen lassen. Dennoch bleiben auf der Makroebene des (gesamten) Films als Rede – worauf Lohmeier ausdrcklich aufmerksam macht – »auch narrative Passagen der argumentativen Funktion der Rede unterworfen«, wohingegen »argumentative Strukturen im Film […], – solange sie mit visuellen Mitteln realisiert werden sollen – dem Primat des Narrativen unterliegen«.9 Diese semiotische Perspektive kann noch um eine medientheoretische Perspektive erg%nzt werden, die die Idee der -bertragbarkeit rhetorischer Kategorien und Modelle 5 6 7 8 9
Klaus Kanzog, Einfhrung in die Filmphilologie, 2. akt. u. erw. Aufl., Mnchen 1997, 152 ff. Kanzog, Grundkurs Filmrhetorik, 15. Ebd. Anke-Marie Lohmeier, Filmrhetorik, in: Gert Ueding (Hg.), Historisches Wçrterbuch der Rhetorik, Tbingen 1996, III Sp.347 – 364; hier: 348. Ebd., Sp.355.
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auf den Film weiter problematisiert. Dabei ist schon der Unterschied zwischen einer mndlichen und einer schriftlichen Rede gravierend. Daß die Unterschiede zwischen Oralit%t und Literalit%t generell ganz erhebliche Auswirkungen auf die Verfassung von Kultur und Kulturen haben, ist durch die Forschungen nicht zuletzt der Toronto School (Marshall McLuhan, Harold A. Innis, Derrick de Kerckhove und sp%ter Walter Ong)10 nachdrcklich ausgearbeitet worden. Aber auch in der engen Perspektive auf die rhetorische Dimension ist der Unterschied zwischen der gesprochenen Rede (und in dem Fall hat die Tautologie einen Sinn) und dem geschriebenen Text maßgeblich. Das liegt daran, daß die Rhetorik aus einer kommunikativen Urszene herauserw%chst, n%mlich aus der Situation einer Rede im çffentlichen Rahmen, wo es fr einen Redner gilt, sein Publikum, seine Zuhçrer von dem, was er sagt, zu berzeugen und eine Einstellungsver%nderung herbeizufhren. Im Rahmen seiner Ausfhrungen zur Medialrhetorik hat Joachim Knape gezeigt, wie konstitutiv die Fundierung der Rhetorik in dieser Urszene ist. Die »Medialrhetorik […] untersucht, mithilfe welchen Instrumentariums sich rhetorisches Handeln vollzieht und wie die rhetorischen Mittel beschaffen sind«.11 Es ist interessant zu sehen, wie die Medialrhetorik von ihrem Begriff her zun%chst medienunspezifisch an die Ph%nomene herangeht, was nicht zuletzt an dem hier angesetzten Handlungsbegriff ablesbar wird, der sogar noch jede kommunikative Dimension hintanstellt, dann aber doch zu dieser Urszene zurckfhrt. Gerade der Handlungsbegriff macht deutlich, wie die Distanzierung von engeren sprachlichen, textuellen oder kommunikativen Kategorien doch wieder zu dieser Urszene zurckkehrt. Schließlich ist es der Begriff der Sprechhandlung oder des Sprechaktes, der schon im Namen auch den Handlungsbegriff entsprechend spezifiziert und nicht zuletzt wieder medienspezifisch auf die ursprngliche Bedeutung des Redens zurckfhrt. Gerade im Zusammenhang mit der Medialrhetorik wird in den Ausfhrungen von Knape deutlich, daß der Blick auf andere Medien die Bedeutung der Urszene hervorhebt. Gegen McLuhans Formel The medium is the message setzt er die Formel »Der Orator ist die Botschaft«.12 Rhetorisch gesehen ist der Orator und noch nicht einmal die Rede selbst das konstitutive Zentrum dessen, worum es der Rhetorik geht. Vom Orator, weniger von der Rede selbst geht laut Knape die rhetorisch zu beschreibende Wirkung der Rede aus. Zwar spricht Knape von einer medialen Pr%senz des Orators und von seiner Aufgabe, »sein rhetorisches Handeln […] medienspezifisch wirkungsvoll zu vermitteln«,13 doch gleichermaßen gilt: »Fr den perfekten Orator ist die Verbindung von Situationsbeherrschung und Medienbeherrschung am besten in der direkten personalen Interaktion der face-to-face-Situation zu erreichen.«14 Das bedeutet aber nichts anders als die Rcknahme einer medienunabh%ngigen Rhetorik, ja mehr noch, bedeutet die Zementierung der ursprnglichen Kommunikationssituation der Rede. Selbst die Mediendifferenz zur schriftlich verfassten Rede gewinnt dabei grundlegenden Charakter. Wenn es aber schon 10 11 12 13 14
Siehe Daniela Kloock / Angela Spahr, Medientheorien. Eine Einfhrung, Mnchen 1997, 39 ff. Joachim Knape, Was ist Rhetorik?, Stuttgart 2000, 91. Ebd., 93. Ebd., 93. Ebd., 94.
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einen so großen Unterschied macht, ob im sprachlichen Medium eine Rede mndlich vorgetragen oder schriftlich verfasst ist, so muß die Differenz zu einer Rhetorik des Films umso gravierender sein. An diesem Punkt setzen meine -berlegungen ein; sie verstehen sich als Erg%nzung des Modells von Klaus Kanzog. Wo dieses Modell zun%chst auf die medienunspezifischen Definitionen der genannten Konzepte und damit auf die rhetorischen Gemeinsamkeiten zwischen ihnen abheben muß, will ich – ausdrcklich vor der Folie dieses Modells – komplement%r nach der Bedeutung der medienspezifischen Unterschiede fr ein Modell der Filmrhetorik fragen. Spricht man vor diesem Hintergrund von Rhetorik – so muß man konzedieren -, hat man den Rhetorikbegriff selbst modifiziert. Daher bietet es sich geradezu an, das Pferd von hinten aufzuz%umen. Unstrittig ist, selbst wenn man alle Probleme einer zeichen- und medientheoretischen Modellierung in Rechnung stellt, daß Filme eine persuasive Struktur haben und in rhetorischer Perspektive beschrieben werden kçnnen. Die Ergebnisse der filmrhetorischen Untersuchungen, wie sie zum Beispiel Kanzog in seinem Grundkurs in einem weiten Spektrum darbietet, sprechen fr sich. Wenn nun aber die konzeptionellen Probleme durch den ›Medienwechsel‹ der Rhetorik oder des Rhetorischen entstehen, aber andererseits persuasive Strukturen immer schon medienbergreifend realisiert werden, so gilt es, genau auf die Medienspezifik persuasiver Strukturen zu achten, um sich damit der Idee der Filmrhetorik von einer neuen Seite zu n%hern. Daraus erw%chst die Verpflichtung, gegenber dem Impetus, die Rhetorik medienunabh%ngig zu konzipieren sowie analytisch zu nutzen, gerade auf die Mediendifferenz und mithin auf die Medienspezifik der rhetorischen Strukturen zu achten. Medienunabh%ngigkeit bedeutet in diesem Sinne eine Abstraktion von den Differenzen in einem ersten Schritt; ein zweiter Schritt muß aber darin bestehen, die Medienspezifik wieder in die rhetorische Analyse einzubeziehen. Genau dieser Aufgabe sind die folgenden Filmanalysen gewidmet. Wie immer, wenn es um medienspezifische Ph%nomene geht, ist man methodisch auf Intermedialit%t festgelegt. Geht es nun also um die Medienspezifik der Filmrhetorik, so bietet es sich an, folgende methodische Voraussetzungen zu machen: Um das Spektrum des analytischen Blicks berschaubar zu machen und auf das Problem zu fokussieren, will ich im Folgenden auf jene Momente achten, in denen die rhetorische Struktur nicht nur Teil der Filmstruktur, sondern selbst Teil des im Film erz%hlten Sujets ist. Ich achte also auf rhetorische Momente des Films, indem ich rhetorische Momente im Film fokussiere, und versuche damit, die Filmrhetorik ber Momente einer Rhetorik im Film einzuholen. Damit ergibt sich ein erstes Spannungsfeld zwischen Formen der rhetorisch analysierbaren Rede im Medium der Figurenrede und dem Film selbst. Es ist das Verh%ltnis zwischen der Figurenrede und dem Bild im Film, zwischen »Wort- und Bilddiskurs«, wie es Kanzog nennt.15 Zudem achte ich auf ein weiteres, medientheoretisch ursprnglicheres Spannungsverh%ltnis. Da die Rede sprachlich verfasst, mndlich vorgetragen, aber durchaus schriftlich fixiert ist, besteht der ursprngliche Gegensatz zwischen Mndlichkeit und Schriftlichkeit, ein Mediengegensatz, der sich unter rhetorischer Perspektive noch ver15
Kanzog, Grundkurs Filmrhetorik, 50 f.
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sch%rft, wenn n%mlich gefragt wird, wie denn der schriftliche Text mit seiner Situationsunabh%ngigkeit situationsspezifisch berzeugen oder berreden, also eine persuasive Struktur entfalten kann. Ich achte also auf die Differenz persuasiver Strukturen in mndlicher, schriftlicher und bildlicher Form innerhalb eines Films und setze diese Differenzen ins Verh%ltnis mit dem Film selbst, achte also darauf, wie im Film Mediendifferenzen im Zusammenhang persuasiver Strukturen gehandhabt oder fr die Persuasion selbst funktionalisiert werden. Als Beispiele dienen drei neuere Filme, mainstream-Filme aus dem nationalen oder internationalen Bereich: Der Untergang von Oliver Hirschbiegel aus dem Jahre 2004 auf der Basis des historischen Essays von Joachim C. Fest und der Autobiographie von Traudl Junge,16 Independence Day von Roland Emmerich aus dem Jahre 199617 und Der letzte Kaiser von Bernardo Bertolucci aus dem Jahre 1987.18 Alle drei Filme, so unterschiedlich sie sein mçgen, erz%hlen nicht nur eine Geschichte, die eine tats%chlich oder konstruierte historische Perspektive hat, sie entfalten alle drei vor diesem Hintergrund eine deutliche Argumentationsstruktur auf der Basis komplexer persuasiver Strukturen. In allen drei Filmen sind diese persuasiven Strukturen nicht nur auf die intradiegetische und die extradiegetische Ebene des Films, also der Argumentationen im Film und der Argumentation durch den Film, sondern im ersten Fall auch auf unterschiedliche mediale Dispositionen verteilt. Dadurch kommt es zu signifikanten -berlagerungen und Gegenl%ufigkeiten, die – wie die folgenden Film-Betrachtungen unterstellen – den Blick fr die Medienspezifik persuasiver Strukturen çffnen. Die persuasive Struktur allein gibt noch keine Rhetorik ab. Auf der anderen Seite darf man natrlich das System der Rhetorik nicht eins zu eins auf den Film bertragen. Das wrde in jedem Fall die Idee einer dem Film unterstellten Struktur der Rede berstrapazieren. Dennoch: Von Filmrhetorik sollte man erst dann sinnvollerweise sprechen, wenn persuasive Strukturen systematisch entfaltet werden. Der Blick auf die systematische Differenzierung (binnen-)medialer Mittel im Film ist gerade ein solcher Hinweis auf eine Systematisierung persuasiver Strukturen.
2. Der Untergang Der Film Der Untergang beginnt, nach einem Vorspann, der Fußerungen der historischen Figur der Traudl Junge aus dem Film Im toten Winkel19 zitiert, mit einer Szene, die nicht 16
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Der Untergang, R: Oliver Hirschbiegel. Buch: Bernd Eichinger (unter Verwendung von Joachim C. Fest, Der Untergang (2002) und Traudl Junge mit Melissa Mller, Bis zur letzten Stunde (2002)), Deutschland 2004, Kinofassung 150 min, TV-Langfassung 175 min. Siehe hierzu auch Traudl Junge, Bis zur letzten Stunde. Hitlers Sekret%rin erz%hlt ihr Leben. Unter Mitarbeit von Melissa Mller, Mnchen 2002; Joachim C. Fest, Der Untergang. Hitler und das Ende des Dritten Reiches. Eine historische Skizze, Berlin 2002, und Joachim Fest / Bernd Eichinger, Der Untergang. Das Filmbuch, Frankfurt a. M. 2002. Independence Day, R: Roland Emmerich, Buch: Dean Devlin / Roland Emmerich. USA 1996, 145 min (153 min, special edition). The Last Emperor [dt.Titel: Der letzte Kaiser], R: Bernardo Bertolucci, Buch: Bernardo Bertolucci und Mark Peploe. Frankreich, Italien, Großbritannien 1987, 160 min, 219 min (directorSs cut). Im toten Winkel. Hitlers Sekret%rin. Ein Dokumentarfilm von AndrT Heller / Othmar Schmiderer. Buch
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Oliver Jahraus
in einem zeitlichen Kontinuum mit der erz%hlten Geschichte aus den letzten Apriltagen des Jahres 1945 steht. Im Winter 1943 werden fnf junge Frauen nachts zu Hitler in das milit%rische Hauptquartier zu einem Vorstellungsgespr%ch fr einen Sekret%rinnenposten gebracht. Traudl Junge (damals noch Traudl Hums) muß ein Diktat schreiben. Diese Szene dient in narrativer Hinsicht dazu, zu zeigen, wie Traudl Junge – gegen alle Wahrscheinlichkeit – zur Entourage Hitlers gestoßen ist. Gleichzeitig zeigt die Szene aber auch, wie die hohlen Phrasen einer mçrderischen ideologischen Rigidit%t von dem sp%teren Verlauf der Geschichte, an der Traudl Junge an exponierter Position immer in der n%chsten Umgebung des sog. ›Fhrers‹ teilnehmen darf, konterkariert werden. Hitler diktiert dabei folgenden Text: Meine deutschen Volksgenossen und Volksgenossinnen, Parteigenossen! Es ist, glaube ich, etwas Seltenes, wenn ein Mann nach rund 20 Jahren vor seine eigene Anh%ngerschaft hintreten kann und dabei in diesen 20 Jahren an seinem Programm keinerlei Fnderungen vorzunehmen brauchte…
Erst auf den zweiten Blick erschließt sich eine semantische und eine rhetorische Funktion dieses Textes. Daß Hitler sich hier explizit als Mann tituliert, evoziert eine Geschlechterdifferenz; der Mann, der diktiert, und die Frau, die tippt – eine medientechnisch und medienhistorisch bekannte Szenerie.20 Daß mit diesen Geschlechtsunterschied auch die unterschiedlichen Erfahrungswelten zwischen dem Mann und dem M%dchen, dem Fhrer und der Gefhrten benannt werden, erweist sich im weiteren Verlauf des Films, wo immer wieder dieser Geschlechtsunterschied thematisiert wird. Funktional wird dieser Unterschied, weil damit die grçßte Spannbreite im sozialen Feld durchmessen wird. Dies wird in jener sp%teren Szene wiederum deutlich aufgerufen, in der zwei hochrangige Frzte und eine Krankenschwester zu Hitler gerufen werden, damit dieser mit den Frzten die beste Art des Selbstmords besprechen kann. Die junge Krankenschwester, die vom bevorstehenden Suizid des ›Fhrers‹ und dem Zusammenbruch des Reiches eine Ahnung bekommen haben muß, bricht psychisch vçllig zusammen, bittet Hitler flehentlich darum zu fhren und verspricht unbedingte Gefolgschaft. Hier wird die Dichotomie zwischen dem Fhrer und dem M%dchen geradezu dialektisch verkehrt. Es ist das M%dchen, das so etwas wie eine Durchhalteparole dem Fhrer gegenber %ußert. Daraus entwickelt sich die zentrale Fragestellung des Films: Wie konnte es Hitler gelingen, diesen weiten sozialen Raum zu durchmessen, wie konnte es ihm gelingen, daß selbst diejenigen, die ihm im sozialen Raum am weitesten entfernt stehen, die M%dchen, ihm so unbedingt und vçllig irrational Gefolgschaft leisten. In der Tat kann dem Film an solchen Stellen so etwas wie ein didaktisches Interesse unterstellt werden: Er will erkl%ren, wie das NS-Regime berhaupt mçglich war, indem es das Verhalten – eben gerade nicht der ›Getreuen‹, sondern – dieser M%dchen zeigt. Ihre Gefolgschaft stnde dann exemplarisch fr die Gefolgschaft der ›Deutschen‹. Es darf nun aber nicht bersehen werden, daß Hitler in dieser Szene nicht irgendeinen Probetext als Diktat verliest, sondern – ›realit%tsnah‹ – einen expliziten Redetext. Damit
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und Regie: AndrT Heller und Othmar Schmiderer auf der Basis des Buches von Traudl Junge und Melissa Mller. Deutschland 2002, 90 min. Friedrich Kittler, Aufschreibesysteme 1800 1900, 4. vollst. -berarb. Aufl., Mnchen 2003, 421 ff.
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wird die Situation unterschwellig rhetorisch eingef%rbt. Dies ist nicht offensichtlich, weil Hitler die Rede nicht h%lt, sondern diktiert, die Rede also ganz und gar auf das schriftliche Medium festgelegt wird. Ob die Figur Traudl Junges den Text berhaupt verstanden hat, bleibt dahingestellt. Sichtbar wird jedenfalls, daß die Verschriftlichung im ersten Anlauf jedenfalls nicht geklappt hat. Der Text ist voller Tippfehler. Ob der Text neu getippt wird, wie Hitler insinuiert, wird nicht mehr gezeigt; wohl aber erf%hrt der Zuschauer, daß das Vorstellungsgespr%ch erfolgreich war, denn Traudl Junge bekommt den ›Job‹. Ein Vorstellungsgespr%ch wird also rhetorisch angereichert und gleichzeitig wird deutlich gemacht, daß Hitlers Wirkung nicht auf der Rede und auch nicht auf der Schrift beruht, sondern auf einem anderen Medium, das hier noch nicht genau identifizierbar ist. Es mutet wie unfreiwillige Komik an (und der Film hat einige Szenen, die so zu verstehen sind), wenn in einer der n%chsten Einstellungen, nach dem harten Zeitsprung ans Ende des Dritten Reiches, als der Fall Clausewitz ausgerufen, Berlin zur Fronstadt erkl%rt wird und im Innenhof eines Ministeriums Bl%tter aus den Fenster regnen. Die Untergangssymptomatik des Regimes drckt sich gerade darin aus, daß haufenweise Akten vernichtet werden. In dieser Lesart wrde dies bedeuten, daß die ohnehin nutzlosen Schriftstcke endgltig vernichtet werden, weil sie auch des Archivs nicht mehr wert sind. Daß es dabei sicherlich auch um Vernichtung von Beweisen fr das Verbrecherische des Regimes geht, sei nur angedeutet. Komplement%r dazu verh%lt sich ein anderer Film, der ein anderes Verh%ltnis zwischen dem M%dchen und dem Regime thematisiert, n%mlich kein Mitl%ufertum, sondern Widerstand, der Film Sophie Scholl . 21 Dieser Film zeigt geradezu extensiv, wie schriftliche Erinnerungsmedien permanent produziert werden, indem mit Flugbl%ttern politisch operiert wird und Verhçre protokolliert werden.22 Daß hier (Sophie Scholl) Flugbl%tter geschrieben, in den Postverkehr gegeben und sp%ter dann Protokolle aufgenommen und dort (Der Untergang) Akten vernichtet werden, mag oberfl%chlich erscheinen. Gleich zu Beginn des Films Sophie Scholl – und das ist immerhin bemerkenswert – wird die Schreibmaschine und die Kopiermaschine in Szene gesetzt (0:02:50 ff.). Die einzigen Schriftstcke, die im Untergang produziert werden, sind die Testamente von Hitler und Goebbels, die beide gleichzeitig fr ihr Diktat slapstickhaft die Hilfe der Sekret%rin Traudl Junge in Anspruch nehmen wollen. Doch diese Schriftstcke sind von einer grotesken Diskrepanz zwischen zuknftiger Vision und tats%chlicher Bedeutungslosigkeit und Kurzlebigkeit gepr%gt. Und dennoch l%ßt sich so die Frage aufwerfen, welche Bedeutung und welche rhetorische Funktion Schriftstcke fr das Schicksal des Einzelnen in seinem Verh%ltnis zum totalit%ren Regime haben. Die Schrift, die das Regime produziert, scheint jedenfalls geeignet zu sein, Menschen zu vernichten, aber nicht, sie zu berzeugen oder sie zu berreden. Anders verh%lt es sich mit den Flugbl%ttern der Weißen Rose, die anscheinend eine erhebliche 21
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Sophie Scholl. Die letzten Tage, R: Marc Rothemund, Buch: Fred Breinersdorfer, Deutschland 2005, 117 min. Siehe hierzu Oliver Jahraus, Erinnerung und Inszenierung. Zu Schrift und Bild als filmanalytischen Kategorien am Beispiel von Marc Rothemunds Sophie Scholl. Die letzten Tage (2005) und Oliver Hirschbiegels Der Untergang (2004). in: Michael Schaudig / Elfriede Ledig (Hg.): Strategien der Filmanalyse – reloaded (diskurs film 10), Mnchen 2007, im Druck. Fred Breinersdorf (Hg.), Sophie Scholl. Die letzten Tage, Frankfurt a. M. 2005, 323 u. 327.
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Gefahr fr das Regime darstellen, die das Regime berleben und deren Wortlaut am Ende des Films sogar noch einmal eingeblendet wird. Der Terror funktioniert also nicht schriftlich, er ist schriftfeindlich, der Widerstand jedoch funktioniert schriftlich und ist daher rational legitimiert. Gerade der Vergleich mit dem anderen Film unter dieser an rhetorischen und persuasiven Strukturen orientierten Perspektive macht deutlich, daß die Persuasion des Regimes nicht mehr rhetorisch funktioniert. Daher stellt sich die Frage, welche anderen Formen der Persuasion das Regime einsetzen kann, um Menschen nicht nur zu berreden, sondern zu indoktrinieren. Die Frage also, wie es dazu kommen konnte, daß Menschen wider besseres Wissen den Untergang des Regimes ausgeblendet und dennoch an ihrem Fhrer festgehalten haben, ist eine Frage eben jener Persuasionstechniken des Regimes. Der Film Der Untergang zeigt dies in einem wesentlich breiteren Feld als der Film ber Sophie Scholl und er zeigt darber hinaus auch, daß diese Techniken zugleich in den Inszenierungstechniken des Regimes selbst gesucht werden mssen. Der Zusammenhang von Persuasion und Inszenierung ist auf der Ebene der dargestellten Welt von elementarer Bedeutung. So sind die Elemente der Selbstinszenierung der Machthaber z. B. in den Uniformen bei den weitgehend zivil gekleideten Kriminalbeamten im Film Sophie Scholl stark reduziert. Das Rot der Richterroben (allen voran Freislers) mag eine Ausnahme sein. Ganz anders im Untergang. Fast scheint es, als ob der Film noch einmal den Detailreichtum faschistischer Uniformierung vorfhren wollte, so viele und unterschiedliche Uniformen treten auf. Hinzu kommen die Rituale, z. B. die Ordensverleihungen, oder das Defilee der Entourage und der ›Wrdentr%ger‹ des Regimes zu Hitlers 56. und letztem Geburtstag am 20. April 1945, die Begrßungen, Verabschiedungen, Begegnungen, Treueschwre – und das alles in einer jeweils ausgefeilten mise-en-sce`ne mit geradezu bildhafter Raumaufteilung und phantastischer Ausleuchtung. Der Film will weniger ein realistisches Bild des zerstçrten Berlin in den Apriltagen 1945 geben, vielmehr verlieren die inszenierten Formen der Zerstçrung zusehends ihren ›realistischen‹ Charakter; in den mises-en-sce`nes kommt es zu einer %sthetischen Selbstdynamisierung. Die Bilder dienen nicht mehr der Abbildung einer Situation, sondern gewinnen einen %sthetischen Eigenwert, indem sie nicht vorrangig das zerstçrte Berlin, sondern eine Fsthetik der Zerstçrung und des Untergangs in Szene setzen. Die ›didaktische‹ Argumentation des Films, die zeigen will, warum es zu dieser Gefolgschaft nicht nur der Gefolgsleute, sondern insbesondere der jungen Menschen kam, die zun%chst nicht oder gar nicht ideologisch indoktriniert waren, basiert vor allem auf der Ebene der erz%hlten Geschichte (im narrativen wie im historischen Sinne), indem sie die absurden und zum Teil bizarren Diskrepanzen zwischen dem gespenstischen Bunkerbereich und der Außenwelt voller Zerstçrung und Selbstzerstçrung aufzeigt. Die Argumentation auf der didaktischen Schiene des Films wird jedoch – und das macht den Film durchaus problematisch – konterkariert durch eine andere, medienspezifische Argumentation auf der Basis der in der Tat kunstvoll inszenierten Bilder, die sich einerseits geradezu tableauartig stillstellen und verdichten und die andererseits kaum eine narrative Funktion aufweisen. 18
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Ich greife nur zwei Beispiele heraus. Als Albert Speer die Reichskanzlei ein letztes Mal verl%ßt, zeigt die Kamera ihn, wie er aus der S%ulenhalle des Geb%udes hervortritt und zurckblickt. Kurz verweilt die Kamera bei diesem Bild. Es ist dunkel, die Figur steht mit dem Rcken zum Zuschauer im dunklen Vordergrund, die großen S%ulen sind leicht von einem flackernden Feuer gelblich angeleuchtet (1:24:15).
Abb. 1: Der Untergang: Speer verl%ßt die Reichskanzlei
Danach dreht sich Speer um und geht, w%hrend das Bild unscharf wird. Zuvor hat er sich das letzte Mal von seinem Fhrer verabschiedet und dabei gleichzeitig seine Befehlsverweigerungen gestanden: eine Szene am Ende einer eigenartigen M%nnerfreundschaft. Das Bild vor der Reichskanzlei ist zugleich ein Bild des Abschieds des geliebten Paladins von seinem Fhrer. Ein zweites Beispiel: Als Hitler und Eva Braun Selbstmord begangen haben, werden die Leichen in den Garten der Reichskanzlei getragen und dort verbrannt. Das Benzin wird entzndet, flackert hell auf, was den Hintergrund der Szene in dunkleres Licht taucht. Die verbliebene Entourage des Fhrers grßt ein letztes Mal mit Hitlergruß, w%hrend sie vor den Leichen, aber auch vor dem Zuschauer frontal aufgereiht dastehen. Diese Reihe der M%nner wird vor dunklem Hintergrund abermals punktuell vom Feuerschein erhellt. (2:07:55)
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Abb. 2: Der Untergang: Die Entourage verabschiedet den toten ›Fhrer‹
Diese Szene w%re nun wirklich leicht als Apotheose des toten Fhrers zu verstehen, wenn sie nicht zugleich wieder partiell zurckgenommen werden wrde. W%hrend die Entourage noch verharrt, schl%gt eine Granate ein und macht aus den Wrdentr%gern einen hektischen G%nsemarsch eingeschchterter Flchtender, als Letzter, der gebeugt in den Bunker zurckflieht, Goebbels. Dennoch bleibt die Problematik des Bildes bestehen und wird noch durch die Frage verst%rkt, warum dieses Bild gezeigt wird, ein Bild des toten Hitler aber nicht.23 Das Problematische solcher Bilder liegt darin, daß sie in ihrer eigenen, filmischen Inszenierung jenem Inszenierungsprinzip aufsitzen, das sie selbst inszenieren, daß sie also kurzerhand jene Selbstinszenierung des Regimes bernehmen, zu ihrer eigenen Inszenierung machen und dabei auch noch die Dramaturgie bernehmen, das sie gem%ß der unterstellten didaktischen Argumentation gerade selbst durchsichtig machen wollten. Hitlers Geburtstag oder Hitlers Verbrennung sind geradezu penetrante Beispiele fr ein Inszenierungsprinzip, dem das Muster einer Gçtterd%mmerung unterlegt werden kçnnte. Und genau dieses Muster wird von der Inszenierung und der Narration des Films bernommen und nicht strikt genug gebrochen. Die Selbstinszenierung des Regimes im Untergang wird zur Inszenierung des Films, die Dramaturgie des Untergangs wird zur Dramaturgie des Untergangs. Und daß dies mçglich ist, beruht schlichtweg auf der inszenatorischen und somit auch persuasiven Kraft emotional aufgeladener Bilder. Gerade an solchen Bildern zeigt sich, inwiefern der verfilmte Mythos in der Tat auf dem Grundlagenmedium des Bildes beruht. Denn eine Gçtterd%mmerung ist per se ein visuelles, bildliches Geschehen!
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Wim Wenders, Tja, dann wollen wir mal, Die Zeit 44 (21. 10. 2004).
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Damit allerdings kommt es zu einer Verschr%nkung von filmischen Mitteln und Dargestelltem, die ihrerseits eine Argumentation entfaltet und persuasiv wirkt, aber gegen das didaktische Beweisziel des Films gerichtet ist. Persuasion im Film (durch das Bild) und Persuasion durch den Film (durch die Narration) treten dabei auseinander. Der Film Der Untergang nutzt seine medialen, filmischen und insbesondere bildlichen Mittel so gut, daß er seine eigene Argumentation unterlaufen kann, indem er die von einer didaktischen Argumentation geforderte kritische Distanz zwischen Darstellung und Dargestelltem, Inszenierung und Inszeniertem geradezu selbst unterl%uft. Die Emotionalit%t und Suggestivkraft des Bildes unterlaufen mit ihrem persuasivem Potenzial die Argumentation auf narrativer Ebene, die vorgibt, diese Bilder zu ihren eigenen Zwecken zu gebrauchen. Die bildgesttzte Argumentation besitzt eine Eigendynamik, die nicht mehr vollst%ndig zurckgenommen werden kann. Denn mit Schrift und Bild werden nicht nur andere Argumentationsziele, sondern auch andere Argumentationsweisen textuell und filmisch etabliert.
3. Independence Day Die -berlagerung von intradiegetischer und extradiegetischer Argumentation ist im Film Independence Day wesentlich einfacher gestaltet, aber im Hinblick auf die Bewertung ideologischer Strukturen nicht weniger problematisch und im Hinblick auf die Mediendifferenzen im Zusammenhang mit der Entfaltung persuasiver Strukturen nicht weniger aufschlußreich. Die Ausgangssituation besteht in einem Angriff einer extraterrestrischen Intelligenz auf die Erde. Daß die Ann%herung tats%chlich feindlich ist, wird zun%chst nur von einer Figur erkannt, dem jdischen Fernsehtechniker David Levinson, der einen Countdown entdeckt, nach dessen Ablauf eine Angriffsformation sich vervollst%ndigt hat. So lange dieser Countdown l%uft, der mehrmals im Film ber ein elektronisches Uhrwerk auf einem Laptop eingeblendet wird und fr einen ersten dramaturgischen Spannungsbogen sorgt, wird diese Ankunft unterschiedlich bewertet. Ich will den Vergleich mit dem Untergang nicht berstrapazieren, halte es aber doch fr signifikant, daß auch hier deutlich wird, daß schriftliche Kommunikation nicht funktionieren kann. Hierzu erw%hne ich nur zwei Szenen. Die Menschen versuchen mit den Außerirdischen zu kommunizieren – im weitesten Sinne schriftlich. Auf der einen Seite werden Hubschrauber losgeschickt, die eine Leuchtanlage mit sich fhren und den außerirdischen Raumschiffen strukturierte Lichtfolgen bermitteln kçnnen, von denen man hofft, daß diese sie als Zeichen, mithin als Kommunikationsangebot und zudem als friedliches verstehen werden. Diese strukturierten, lichtgesttzten Zeichenfolgen im semiotischen Sinne kçnnen durchaus als Schrift verstanden werden. Die Reaktion der Außerirdischen ist in doppelter Weise signifikant – sowohl auf intra- wie auch auf extradiegetischer Ebene, und dies wiederum steht im direkten Zusammenhang mit der Aufteilung persuasiver Strukturen auf diese beiden Ebenen. Die Außerirdischen quittieren das Kommunikationsangebot mit dem Abschuß der Hubschrauber. Intradiegetisch bedeutet dies, daß nicht nur nicht auf diese, sondern auf keine Weise mit den AußerirdiJahrbuch Rhetorik · Band 26
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schen zu kommunizieren ist, sie sind schlechterdings feindlich, die einzige mçgliche Interaktionsform ist der Kampf bzw. genauer, die Zerstçrung der anderen, um – nach der immanenten Logik dieser Argumentation – nicht selbst zerstçrt zu werden. Selbst als es gelingt, die Fußerungen eines gefangenen Aliens zu bersetzen und der Pr%sident mit ihm spricht, betont das Alien, daß es keinen Frieden geben werde und den Menschen nichts anderes bleibt, als zu sterben. Extradiegetisch wird damit eine bestimmte Konzeption der Außerirdischen aufgerufen, die das ganz Andere verkçrpern und deren Vernichtung damit eine Legitimation bekommt. Der negative Aspekt der Kommunikationsverweigerung wird damit positiv als Vernichtungswille interpretierbar, noch bevor das Zerstçrungswerk berhaupt begonnen hat. Ein zweites Beispiel sind jene Menschen, die die Außerirdischen freudig begrßen. Auch sie verwenden eine schriftliche Kommunikationsform – sogar im engeren Sinne. Sie halten selbstgeschriebene Plakate hoch, auf denen sie die Außerirdischen willkommen heißen. In einer Szene werden sogar diese Plakate als Kommunikationsform regelrecht eingefhrt, als eine Figur ihr selbst gemachtes, geschriebenes Plakat genau zu diesem Zweck einer anderen Figur zeigt. Auch diese Kommunikationsform wird sofort als falscher Weg entlarvt. Diejenigen, die sich auf einem Hochhaus zusammengefunden haben, um die Außerirdischen schriftlich zu begrßen, gehçren zu den ersten, die der Zerstçrung durch die Außerirdischen anheimfallen. Mit dieser Vernichtung hebt nach Ablauf des Countdowns eine Vernichtungswelle an, die an verschiedenen namhaften und signifikanten Orten der USA lokalisiert wird. Betroffen davon sind nationale, politische sowie kulturelle Symbole, z. B. markante Geb%ude mit ideologischem Zeichencharakter wie das Weiße Haus, das Capitol in Washington, das Empire State Building in New York, ein Hochhaus in Downtown Los Angeles. Damit beginnt eine bild(- und ton)gewaltige Sequenz, mit der Roland Emmerich seinem Ruf als master of desaster mehr als gerecht wird. Wie im Untergang werden hier die Bilder der Zerstçrung genutzt, um ihren %sthetischen Reiz in eine weitergehende persuasive Struktur einzubinden.
Abb. 3: Independence Day: Das Zerstçrungswerk der Aliens
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Betroffen sind gleichermaßen Milit%rs und Zivilisten, Offizielle und Brger, die Gesellschaftsspitze wie die Kleinbrger. Die Bedrohungssituation macht ernst mit dem Gleichheitsgrundsatz dieser Gesellschaft. Deutlich wird dies vor allem in der Szene, in der das Weiße Haus in letzter Minute evakuiert wird, als im Chaos der Pr%sident zusammen mit dem vçllig fremden Levinson und seinem Vater gemeinsam fliehen. Auch sp%ter im Film wird dies noch einmal unterstrichen, indem drei Figuren fr die Rettung vor den Außerirdischen besonders profiliert werden: der weiße Pr%sident, der die Nation in der Gefahren- und Bedrohungssituation zusammenh%lt, der jdische Fernsehtechniker Levinson, der das technische know-how entwickelt, um die Außerirdischen zu vernichten, und der farbige Soldat Captain Steven Hiller, der den Wagemut und die Chupze aufbringt, die entscheidende Mission zu fliegen. In diesem ›Rettungsteam‹ sind nun alle relevanten Ethnien versammelt, was seinerseits wiederum die legitimatorische Dimension fr das, was sie tun, flankiert. Die narrative Bedeutung dieser Sequenz erschließt sich, wenn man sie mit einer zweiten Zerstçrungssequenz gegen Ende des Films kontrastiert, in der es um die Vernichtung der Außerirdischen in ihren gigantischen Raumschiffen geht. Diese beiden Sequenzen zeigen Schlag und Gegenschlag, wobei der Gegenschlag durch anf%ngliches Zçgern und Mißerfolge dramaturgisch komplexer gestaltet wird. Ideologisch gesehen, werden damit Legitimation und Exekution einander zugeordnet. Auf dieser Basis entfaltet der Film eine argumentative Struktur, deren Beweisziel darin besteht, die Legitimation fr eine Vernichtung der Aliens zu liefern, sofern diese ihrerseits nicht nur mit Vernichtung drohen, sondern diese auch ins Werk setzen. Daß diese Argumentation nicht nur persuasiv ist, sondern durchaus eine genuin rhetorische Kompenente besitzt, wird durch eine Rede des Pr%sidenten deutlich gemacht. Dramaturgisch gesehen, ist sie an einer entscheidende Stelle im Filmverlauf positioniert, n%mlich genau zwischen der ersten Vernichtungssequenz und den ersten erfolglosen Gegenschl%gen und dem schließlich erfolgreichen Gegenschlag. Die Rede ist improvisiert, aber in ihrer persuasiven und emotionalisierenden Wirkung auf maximale Wirksamkeit berechnet. Die Rede stellt damit gleichzeitig eine Wendung im Erz%hlverlauf dar: Sie wird gehalten, als die endgltige Vernichtung der Menschen droht, und sie ist gleichzeitig das Fanal, zum Gegenschlag auszuholen; ich zitiere sie in voller L%nge: Good morning! In less than an hour aircrafts from here will join others from around the world. And you will be launching the largest aerial battle in the history of mankind. Mankind. That word should have new meaning for all of us today. We canSt be consumed by our petty differences any more. We will be united in our common interest. Perhaps itSs fate that today is the Fourth of July. And you will once again be fighting for our freedom. Not from tyranny, oppression, or persecution. But from annihilation. WeSre fighting for our right to live. To exist. And should we win the day the Fourth of July will be no longer be known as an American holiday, but as the day where the world declare in one voice: We will not quietly into the night! We will not vanish without a fight! WeSre going to live on! WeSre going to survive! Today, we celebrate our Independence Day!24 0
Deutschsprachige Tonspur: »Guten Morgen! In weniger als einer Stunde werden sich unsere Flugzeuge mit anderen aus der ganzen Welt vereinen, und sie bereiten sich darauf vor, die grçßte Luftschlacht in der Geschichte der Menschheit zu schlagen. Menschheit – dieses Wort sollte von heute an fr uns alle
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Die offensichtlichen Aspekte dieser eindeutigen Rede mssen hier nicht in extenso besprochen werden. Interessant ist vielleicht der Punkt, daß hier ganz offenkundig ein hegemoniales Modell in die Argumentation eingefhrt wird. Ein amerikanischer Feiertag wird zum Weltfeiertag. Unausgesprochen bleiben die Voraussetzungen der Hegemonie, n%mlich die Tatsache, daß es Amerikaner sind, die den Gegenschlag nicht nur konzipiert haben, sondern auch federfhrend durchfhren. Bemerkenswert ist aber, daß unmittelbar vor dieser Szene, sie einleitend, eine amerikanische Flagge vor tiefblauem Nachthimmel zu sehen ist. Diese Flagge wiederum ist in eine Struktur der Rekurrenz solch nationaler Symbole eingebettet. Gleich zu Beginn des Films sieht man die amerikanische Flagge auf dem Mond. Daneben wird auch das Iwo Jima Memorial im Arlington National Cemetery (das berlebensgroß jenen Moment zeigt, als Marines die U. S.Flagge auf dem Mount Suribachi auf der Insel Iwo Jima w%hrend des Zweiten Weltkriegs gehißt haben) oder auch die Freiheitsstatue eingeblendet. Damit werden bildhafte Zeichen gesetzt, die im Zusammenhang mit der Flagge, die kurz vor der Rede des Pr%sidenten gezeigt wird, diese in doppelter Hinsicht, abermals intra- und extradiegetisch aufgesplittet, interpretieren. Zum einen wird deutlich, daß es nicht darum geht, daß die USA in einer Weltgemeinschaft aufgehen, sondern daß – gerade weil diese Symbole immer noch und mehr denn je eine solch signifizierende Rolle spielen – es tats%chlich um ein hegemoniales Modell geht. Und zum anderen wird deutlich gemacht, daß diese Symbole und ihre bildhafte Repr%sentation berhaupt erst das Interpretament fr die Rede des Pr%sidenten liefern. Daß diese Symbole nach dem erfolgreichen Gegenschlag wieder im Bild auftauchen, macht deutlich, daß die Rede nicht allein die Persuasion tr%gt, sondern nur Teil einer grçßeren persuasiven Struktur ist, die im Prinzip auf den Bildern aufruht. Anders als im Untergang stehen Bild und Rede nicht im Kontrast, sondern die Rede liefert eine verbale Verdichtung dessen, was persuasiv und rhetorisch durch Bilder vorbereitet wurde. Die Rede selbst wird damit lediglich zu einem Zwischenglied, das die bildgesttzten persuasiven Strukturen miteinander verbindet. Ihre Funktion besteht darin, eine minimale Verbalisierung dessen zu leisten, was die Bilder schon l%ngst ausgedrckt haben. Zudem gilt es zu bedenken, wie der Fortgang der Handlung die Rede selbst, hat sie erst einmal ihren Zweck erfllt, relativiert. Denn was als internationale Angelegenheit der Menschheit ausgegeben wird, wird dann doch weiterhin als nationale Angelegenheit der Amerikaner behandelt, deren Fhrungsrolle am Ende des Films nicht mehr bestritten werden kann, weil die Bilder dies gar nicht mehr zulassen. So l%ßt sich insgesamt auch bei diesem Beispiel festhalten, daß dieser Film eine persuasive Struktur systematisch entwickelt, die es erlaubt, Momente einer Filmrhetorik zu rekonstruieren. Diese persuasive und rhetorische Situation kulminiert zwar in einer tateine neue Bedeutung haben. Wir kçnnen nicht mehr zulassen, daß unseren kleinlichen Konflikte uns aufzehren. Unser gemeinsames Interesse verbindet uns. Vielleicht ist es Schicksal, daß heute der 4. Juli ist. Und daß Sie einmal mehr fr unsere Freiheit k%mpfen werden, nicht etwa gegen Tyrannei, Verfolgung oder Unterdrckung, sondern gegen unsere Vernichtung. Wir k%mpfen fr unser Recht zu leben, zu existieren. Und sollten wir diesen Tag berstehen, wird der 4. Juli nicht mehr l%nger ein amerikanischer Feiertag sein, sondern der Tag, an dem die Welt mit einer Stimme erkl%rt: Wir werden nicht schweigend in der Nacht untergehen! Wir werden nicht ohne zu k%mpfen vergehen! Wir werden berleben! Wir werden weiterleben! Heute feiern wir gemeinsam unseren Independence Day!« (1:44:35 ff.)
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s%chlichen, rhetorisch gestalteten Rede im Film, die aber zugleich in ihrer rhetorischen Bedeutung und in ihrem Wirkungspotenzial zurckgenommen wird. Die Rede im Film ist unter filmrhetorischer Perspektive gerade deswegen von Interesse, weil sie auf einer Tiefenebene darauf aufmerksam macht, daß filmrhetorische Strukturen medienspezifisch entfaltet werden. Dort, wo ein Musterbeispiel an Rhetorik vorgefhrt wird, eine Rede im persuasiver Struktur im klassischen Sinne, wird gerade besonders deutlich sichtbar, daß der Film seine rhetorische Struktur nicht oder zumindest nicht allein auf diese Rede (je nach fokussiertem Aspekt) sttzt, sondern auf das Bild. Gemeint sind dabei die Bilder der Zerstçrung, insbesondere der Zerstçrung nationaler Symbole, aber auch die Bilder unzerstçrbarer nationaler Symbole wie zum Beispiel der Flagge oder der Denkm%ler. Unzerstçrbar sind diese Symbole deswegen, weil sie beliebig reproduzierbar sind wie die Flaggen oder weil sie nicht nur materiell, sondern schon l%ngst Bestandteil eine kulturellen Bildged%chtnisses und – archivs sind wie zum Beispiel das Bild des Iwo Jima Memorial in Arlington, dessen Bedeutung unmittelbar erfahrbar bildhaft ist, auch wenn es in verbalisierter Form nur fr Kenner vermutlich identifizierbar ist.
4. Der letzte Kaiser Der letzte Beispielfilm hat ein explizit historisches Sujet und eine explizit politische Argumentationsstruktur. Erz%hlt wird die Lebensgeschichte des letzten chinesischen Kaisers Pu Yi, der 1908, im Alter von 3 Jahren, den Thron besteigt, in die Wirren der chinesischen Geschichte im 20. Jahrhundert involviert ist, w%hrend der japanischen Besatzung zum Marionettenherrscher im Staate Manschuko gemacht, der von den Kommunisten als Kriegsverbrecher gefangengenommen und schließlich umerzogen wird und im Jahre 1967 stirbt.25 Diese Chronologie der histoire (und der Historie) wird vom discours des Films umorganisiert. Der discours des Films beginnt – und macht dies auch mit einem Insert deutlich – 1950 in der Mandschurei, als ein Zug von Kriegsverbrechern zum Zwecke der Aufdeckung ihrer Verbrechen und ihrer Umerziehung interniert wird. Unter den Kriegsverbrechern ist auch Pu Yi. Noch auf dem Bahnhof unternimmt er angesichts der Aussichtslosigkeit seiner Situation einen Selbstmordversuch, wird aber von dem Fhrungsoffizier, der fr seine sp%tere Umerziehung verantwortlich ist, gerettet. Als dieser an die Tr h%mmert, hinter der sich Pu Yi eingesperrt hat, blendet der Film zu einem Palasttor ber, aus dem der kleine Pu Yi als dreij%hriger von seiner Mutter weggeholt wird, als er zum Thronfolger ernannt wird. Dieser Szenen- und Sequenzwechsel ist durch einen deutlich sichtbaren Farbwechsel gekennzeichnet. Sind die Szenen in der Nachkriegsmandschurei im diffusen Licht eher grau gehalten – grau sind die Kleidung und die Geb%ude – , so herrscht mit dem ersten Blick in die chinesische Vergangenheit ein warmer, dunkler Rotton mit einer die Gesichter und das Geschehen in der Nachtsituation fokussierenden Lichtregie. Damit wird bereits eine Darstellungsstrategie etabliert, die sich ber den gesamten Film hinweg bis kurz vor den Schluß des Films durchh%lt. Die kaiserliche Vergangenheit wird 25
Bertoluccis Film sttzt sich auf die Autobiographie von Pu Yi, Ich war Kaiser von China. Vom Himmelssohn zum Neuen Menschen. Die Autobiographie des letzten chinesischen Kaisers, Mnchen 1973 und auf Reginald F. Johnston, Twilight in the Forbidden City, Hong Kong, Oxford, New York, N. Y. 1987.
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bunt, zum Teil farbenfroh und grell bunt inszeniert, wohingegen die Gegenwart des Genossen Pu Yi im kommunistischen China eher farbreduziert dargestellt wird. Der Gegensatz zwischen dem kaiserlichen und dem kommunistischen China wird so durch die Gestaltung und Darstellung, durch die filmische Inszenierung selbst herausgestrichen, weil er zugleich den ideologischen Rahmen fr die Gesamtargumentation des Films abgibt. Diese Argumentation hat durchaus persuasiven Charakter und verdient daher auch unter rhetorischer Perspektive betrachtet zu werden. Die Umstellung der histoire im discours und die filmische Etablierung historisch und politisch oppositionell semantisierter Bereiche sind die entscheidende Voraussetzung. Die Gesamtargumentation l%uft darauf hinaus aufzuzeigen, wie aus dem Exponenten des feudalen alten China, dem Kaiser, der durch die Kriegswirren sogar zu einem Kriegsverbrecher geworden ist, dennoch ein einfacher und glcklicher Volksgenosse, der zufrieden als G%rtner arbeitet, werden konnte. Das ist eine eminent politische Argumentation und Persuasion. Sie zeigt unterschwellig die Leistungsf%higkeit des kommunistischen Regimes, dem es auf der Basis seines Menschenbildes gelingt, aus Kriegsverbrechern Genossen zu machen. Die vom Film positiv bewertete Umerziehung steht dem Zerstçrungswillen jener kriegerischen Aggressoren gegenber, denen Pu Yi sich angeschlossen hatte. Der Umerziehung auf kommunistischer Seite steht damit die Zerstçrung, Auslçschung und der Holocaust (durch die Aggression der Japaner) auf Seiten der Feudalisten, Nationalisten, Imperialisten, wie es im Film heißt, gegenber. Das alles l%ßt sich leicht identifizieren, weil der Film selbst, zum Teil durch fiktional eingebundenes Dokumentationsmaterial (die Kriegsgefangenen mssen einen Film ber Kriegsgr%uel anschauen), diesen Hintergrund benennt. Diese persuasive Struktur wird am Ende des Films, durch das Auftreten der Roten Garden w%hrend der Kulturrevolution, die sogar Pu Yis Fhrungsoffizier als angeblichen Feind der Revolution vorfhren und demtigen, problematisiert. Aber bereits w%hrend der Film diese Argumentation aus der konzeptionellen und thematischen Ebene entfaltet, wird sie durch die filmische und bildliche Ebene unterlaufen. Denn die – um es so einfach wie mçglich zu sagen – schçneren Bilder gehçren der Darstellung des kaiserlichen China. Bereits mit der ersten Rckblende beginnt eine erste Sequenz, die die Krçnung des jungen Pu Yi zeigt. Er wird in die Verbotene Stadt gebracht und dort in einer farbenfrohen Zeremonie gekrçnt.
Abb. 4: Der letzte Kaiser: Die Krçnung des kleinen Pu Yi
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Bild-Film-Rhetorik
Dabei gibt es eine kurze Einstellung, als der kleine Pu Yi aus der Krçnungshalle heraustritt, wo ihm unz%hlige Wrdentr%ger und Priester die Ehre erweisen, in der ausschließlich die gelbe Plane eines Baldachin sichtbar ist. Diese Einstellung zeigt nichts als die Farbe gelb. Sie dient im Grunde genommen nur dazu, die farbliche Qualit%t als solche auszustellen. Daß es zudem noch das kaiserliche Gelb ist, daß also die Farbe als Wahrnehmungsqualit%t eine ideologische Komponente besitzt, wird erst sp%ter deutlich, als genau dieses kaiserliche Gelb, das nur der Kaiser tragen darf, angesprochen wird. Man hat es hier mit einer %hnlichen Konstellation wie im Untergang zu tun. Die Formen und Farben, in denen sich das kaiserliche China inszeniert, bernimmt der Film in den entsprechenden weitl%ufigen Passagen, um diese Vorgaben zum Prinzip seiner eigenen Bildgestaltung zu machen. Dem steht im wahrsten Sinne das Grau-in-grau des kommunistischen Umerziehungslagers gegenber. Nun wrde dies in rhetorischer Hinsicht kaum von Bedeutung sein, wrde der Farbgegensatz auf der bildlichen Ebene nicht einem weiteren Gegensatz in der intradiegetischen Handhabung der Medien korrespondieren. Im Umerziehungslager geht es nicht darum, wie zun%chst angedeutet, die Kriegsverbrecher abzuurteilen. Zun%chst einmal geht es darum, die historische Wahrheit herauszufinden, die Kriegsverbrecher sodann mit dieser Wahrheit zu konfrontieren und schließlich diese Konfrontation zur Grundlage eines neuen Selbstverst%ndnisses werden zu lassen. Gegenber der Bedeutung der Farbe und des Bildes, also gegenber der Bedeutung des Visuellen steht hier die Bedeutung des gesprochenen und geschriebenen Wortes. Das wichtigste Instrument nicht nur der historischen Wahrheitsfindung, sondern auch der Umerziehung ist die Aufgabe, die den Kriegsverbrechern erteilt wird, ihre eigene Biographie zu schreiben. Zu diesem Zweck werden ihnen Notizbcher ausgeh%ndigt. Ihre Aufzeichnungen werden dann in den Verhçren besprochen. So wird deutlich, wo sie sich der Verantwortung entziehen, indem sie ihre eigene Geschichte regelrecht umschreiben, aber auch, wo sie sich unnçtig selbst belasten, weil sie Verbrechen auf sich nehmen, die sie nicht begangen haben. Damit werden zwei gegenl%ufige Modelle der historischen Rekonstruktion etabliert, die beide mit persuasiven Strukturen durchsetzt sind, aber auch hier auf die intra- und extradiegetische Ebene verteilt werden. Das eine Modell ist ein schriftliches Modell, autobiographische Historiographie, das andere Modell ist die filmische Rckblende. Was die Kriegsverbrecher und allen voran Pu Yi aufschreiben, das erf%hrt der Zuschauer durch die Rckblenden des Films. Wo im schriftlichen Modell immer wieder Fehler besprochen werden mssen, zum Beispiel die Tatsache, daß Pu Yi nicht von den Japanern entfhrt wurde, sondern sich ihnen freiwillig zur Verfgung gestellt hat, liefert das Bild die ›authentische‹ Wahrheit. Aber gerade damit wird die Argumentation auf der intradiegetischen Ebene unterlaufen. Denn es ist ganz deutlich, daß der -bergang vom kaiserlichen zum kommunistischen China eine Reduktion filmischen Wirkungspotenzials mit sich bringt, weil die Bilder nicht mehr so bildgewaltig inszeniert werden. Der erzieherische Fortschritt wird durch eine Reduktion filmspezifischer Mittel erkauft, um somit den Gegensatz zwischen diesen semantischen und ideologischen Bereichen oder Phasen deutlich zu machen. Das intradiegetische Beweisziel von der Umerziehbarkeit des Menschen auf kommunistischer Basis durch Wahrheitsfindung und Arbeit wird somit auf der extradiegetischen Ebene konterkariert, weil der Film ja gerade ber seine Bildm%chtigkeit in Jahrbuch Rhetorik · Band 26
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Oliver Jahraus
jenen Sequenzen, in denen das kaiserliche China vorgefhrt wird, auf den Zuschauer wirkt.
5. Fazit Alle drei Filme entfalten eine Argumentation und etablieren ein leicht zu erkennendes Beweisziel. Die Argumentation beruht auf persuasiven Strukturen, die in allen F%llen systematisch umgesetzt werden. Die persuasiven Strukturen jedoch, auf zu diesen Argumentationszielen fhren sollten, wurden in allen drei F%llen von anderen persuasiven Strukturen durchkreuzt. Dadurch wurde zweierlei deutlich: Erstens: Daß der Film eine rhetorische Struktur besitzt, wird gerade dort einsichtig, wo es zu solchen Durchkreuzungen kommt, wo auf der intradiegetischen Ebene Beweisziele gesetzt und entsprechende persuasive Strukturen angelegt werden, die auf der extradiegetischen Ebene durch filmspezifische Mittel wie insbesondere die Inszenierung des Bildes unterlaufen werden. Zweitens: Die Filmrhetorik ist vor allem eine Rhetorik des Bildes und seines Wirkungspotenzials, das sich aus der Inszenierung des Bildes selbst (mise-en-sce`ne) und seiner Integration in eine bildgesttzte Argumentation (Montage im weitesten Sinne) ergibt. Die Bedingungen, um eine Filmrhetorik zu konzipieren, mssen sich nach den spezifischen Mçglichkeiten richten, Bilder argumentativ zu instrumentalisieren, sie zu emotionalisieren und ihr Wirkungspotenzial aufzubauen und auszuspielen. Daß das System einer bildgesttzten Filmrhetorik nicht jenen Systematisierungsgrad erreicht wie eine genuin redegesttzte Rhetorik im engeren Sinn einer Rhetorik, halte ich fr den Begriff von Filmrhetorik fr weniger ausschlaggebend als den Umstand, daß eine bildgesttzte Rhetorik nicht jenes Maß an Funktionalisierung aufweist, wie das bei der Rhetorik der Rede (wieder im engeren Sinne) der Fall ist. Gerade das gilt es zu bedenken, was an den aufgezeigten Durchkreuzungen sichtbar wird, daß n%mlich eine Bildrhetorik, eben weil sie Bildrhetorik ist, also aus Grnden der basalen Medialit%t des Bildes, eine Eigendynamik entfalten kann, die in der klassischen Rhetorik ja gerade ausgeschlossen bleiben muß.
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Ulrich Meurer
Screen Memories: Simonides in Connecticut
Erinnerung und Wiederholung stehen in inniger Verbindung. Bei Kierkegaard heißt es, »Wiederholung« bezeichne dasselbe, was der Begriff der Erinnerung den Griechen bedeutet habe, und indem man Vergangenes erinnere, wiederhole man es r%ckw&rtig.1 Wiederholung aber ist hier nicht (hnlichkeit oder gar originaltreue Bewahrung. Im Gegenteil macht Kierkegaard – laut Deleuze – aus der Wiederholung eben eine Neuheit,2 und auch die Erinnerung findet wohl eigentlich in den R&umen zwischen dem Selben, der Differenz und der Konstruktion von Ged&chtnisinhalten statt, die mit einem zur%ckliegenden Ereignis keinerlei Identit&tsbeziehung mehr aufweisen – »das Ged&chtnis […] wiederholt und doch ist etwas anders als zuvor.«3 Wenn man indessen anstelle des einen etwas anderes erinnert, f%hrt das scheinbar geradewegs in die Sph&re der Fehlfunktionen des Ged&chtnisses. Mehr noch: die falsche Erinnerung als solche zu erkennen, das ist bedrohlicher als Amnesie, denn die bloße Ged&chtnisl%cke zeugt nur vom Verblassen des Abdrucks, den die Welt in der »Wachstafel« der menschlichen Seele hinterl&ßt; dagegen stellt die falsche Erinnerung die Ber%hrung von Welt und Bewußtsein am Ende g&nzlich in Frage; sie ist nicht nur Mangel, in ihr l&ßt sich bereits der Wahn vernehmen. Nochmals aber – wie im Falle der Wiederholung, die Erneuerung ist – zeigt sich das Erinnern umfassender, als es ihm gewçhnlich zugestanden wird: Wenn man dem nat%rlichen Ged&chtnis ein artifizielles zur Seite stellt, wenn sich die natura allt&glichen Erinnerns durch die ars der Mnemotechnik erg&nzt sieht,4 ger&t die Erinnerung an ein Bild, das nicht dem eigentlichen Erinnerungsgehalt entspricht, unversehens zum Positivum. W&hrend in der falschen Erinnerung das Bild ohne Erfahrungsgrund den Unfall darstellt (das Bild, das nicht der Fall ist), bem%ht sich die Mnemotechnik um gerade solchen Ersatz des eigentlichen Gedankeninhalts durch einen uneigentlichen. Im Feld dieser Differenzierungen – zwischen dem Selben, der Wiederholung und der Ersetzung durch ein anderes, zwischen der unkontrollierten Ersetzung der Fehlerinnerung und der kontrollierten Ersetzung der Mnemotechnik – siedeln zwei Geschichten %ber das Gedenken, die sich gegenseitig zu erl&utern, die aneinander zu erinnern vermçgen, zum einen die von Cicero und Quintilian zur Gr%ndungserz&hlung der ars memoriae erkl&rte Legende vom Dichter Simonides von Keos,5 zum anderen Frank Perrys Spielfilm The 1 2 3 4 5
Sçren Kierkegaard, Die Wiederholung, M%nchen 2005, 329. Gilles Deleuze, Differenz und Wiederholung, M%nchen 1992, 21. Jens Kiefer, Ged&chtnis als kulturwissenschaftliches und literaturtheoretisches Problem, in: http:// www.lehrerwissen.de/textem/texte/essays/jens/memory/einleitung.htm (Stand: 25. 01. 2007), o. S. Vgl. Kiefer, Ged&chtnis, o. S. Cicero, De oratore II, 86, 352 – 354; Quintilian, Institutio oratoria, XI, 2, 11 – 16.
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Swimmer aus dem Jahr 1968. Antike Legende und amerikanisches Filmdrama stehen durch ein keineswegs nur in Gegens&tzen sich &ußerndes Gespinst von Erinnerungskategorien miteinander in Kontakt: Sie begegnen sich in ihrer an eine Raumstruktur gekn%pften Rekonstruktion von Vergangenem, im Oszillieren jenes Ged&chtnisraums zwischen Physis und Phantasma und schließlich im hier wie dort auftretenden Prozeß des Deckerinnerns (so daß Sigmund Freuds Aufsatz zu diesem Ph&nomen6 als ein dritter Akteur im Zusammenspiel der Geschichten auftritt). Nachdem zwei Fremde (die Dioskuren) den Dichter Simonides w&hrend eines Festmahls aus dem Haus gerufen haben, st%rzt das Geb&ude ein und begr&bt die feiernden G&ste unter seinen Tr%mmern. Da Simonides aber die genaue Sitzordnung der Gesellschaft erinnert, vermag er den unkenntlichen Toten ihre Identit&t zuzuweisen und ermçglicht damit den Familien die Bestattung ihrer Angehçrigen. Fraglos verdeutlicht diese – verk%rzt wiedergegebene – Legende von der Erfindung der memoria die ausgepr>e Merkf&higkeit ihres Protagonisten. Jedoch scheint in ihr eines der zentralen Verfahren der Ged&chtniskunst – die Ersetzung – gar nicht aufzutauchen. W&hrend die memoria wesentlich auf dem Gang durch einen imagin&ren Raum beruht, in dem vom Rhetor an festen Orten, den loci, bestimmte Denkbilder, die imagines, angebracht sind, welche wiederum den zu merkenden Redegegenstand zeichenhaft ersetzen,7 erinnert Simonides kein solches Ensemble uneigentlicher Bilder, sondern umstandslos und ohne dessen Ersetzung das Tats&chliche. Die Pl&tze an der Festtafel sind f%r ihn keine loci, an denen er die G&ste als imagines installiert; Pl&tze und G&ste erscheinen in seiner Erinnerung vielmehr als sie selbst – sie stehen nicht f%r ein anderes, sie sind bereits vollst&ndiger Inhalt und ganzer Zweck der Ged&chtnisleistung. Insofern scheint Aleida Assmanns Fazit, Simonides habe zum erstenmal praktiziert, was in Zukunft systematisch gelehrt und gelernt werden kçnne,8 problematisch: er f%hrt zwar die Verkn%pfung von Raumstelle und Erinnerungsgegenstand vor – die Verbildlichung dieses Erinnerungsgegenstands durch eine imago bleibt hingegen offenbar unerz&hlt.9 6
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Sigmund Freud, Qber Deckerinnerungen, in: Ders., Gesammelte Schriften, hg. v. Anna Freud u. A. J. Storfer (unter Mitwirkung des Verfassers), 12 Bde., Leipzig / Wien / Z%rich 1925 – 1934, I: Studien %ber Hysterie. Fr%he Arbeiten zur Neurosenlehre (1892 – 1899), 465 – 488. In diesem imaginierenden Ersatz der Erinnerung in der Mnemotechnik ist erst begr%ndet, daß man von ihr als einem knstlichen Ged&chtnis, einer memoria artificialis, sprechen darf. Nur durch die Erweiterung des Ged&chtnisses um eine Zeichenebene wird die memoria zum »Komplement« des nat%rlichen Ged&chtnisses. Vgl. etwa Heinrich F. Plett, Einf%hrung in die rhetorische Textanalyse, Hamburg 1991, 20. Ebenso Jens Kiefer: »Die Grundidee der klassischen Mnemotechnik ist, daß das nat%rliche Ged&chtnis nicht ausreichend sei und durch verschiedene Techniken verst&rkt und erg&nzt werden kann. Das Resultat dieser Techniken ist das artifizielle Ged&chtnis als eine Verl&ngerung oder Prothese.« (Kiefer, Ged&chtnis, o. S.) Aleida Assmann, Erinnerungsr&ume. Formen und Wandlungen des kulturellen Ged&chtnisses, M%nchen 2003, 36. Diesen »Mangel« der Simonides-Legende sieht Stefan Goldmann freilich behoben in der Ersetzungsbeziehung, die der manifeste Legendentext mit seinem lediglich mitzudenkenden rçmisch-antiken Glaubenshintergrund eingehe: Hierdurch entstehe ein Verweisnetz, in dem etwa die imago als Psyche zu verstehen sei, die im Augenblick des Todes den Kçrper verlasse, und die imagines maiorum w&chserne Ahnenbilder im Atrium des rçmischen Hauses meinten, was insgesamt den Legendeninhalt und die Verfahren der Mnemotechnik mit ihrem Ursprung im Totenkult kurzschließe [Stefan Goldmann, Statt
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Indessen ist was unerz&hlt bleibt deshalb nicht abwesend. Zum einen ist es aufgehoben im Doppelcharakter der Erz&hlung: Zun&chst ist sie der Bericht %ber ein Erinnern, in dem es gilt, einen realen Raum zu rekonstruieren; dann ist sie eine Verbildlichung des Erinnerns nach dem Modell der memoria, in welcher der Festsaal zur imago des Ged&chtnisraums der Mnemotechnik ger&t. Zweierlei f&llt in eins: das Objekt der Erinnerung (der Saal, die Sitzordnung) und das Instrument der Erinnerung (der Ged&chtnisraum, die loci): Isotopie. Zwischen diesen R&umen l&ßt sich nun, je nach Lesart, eine Ersetzungsbeziehung, zumindest ein Oszillieren feststellen. Zum anderen erweist sich das Unerz&hlte, die Ersetzung, in jenem Merkmal der Legende, das Stefan Goldmann veranlaßt, sie als historische Deckerinnerung zu bezeichnen.10 In der Erz&hlung seien, nunmehr verdichtet, verschoben, verbildlicht und verkehrt, kulturelle Konflikterfahrungen aus der Vergangenheit geborgen; ein in der Einbildungskraft vieler Generationen vollzogener »Umwandlungs- und Einschmelzungsprozeß« habe einen manifesten Text geschaffen, der »nicht der ›urspr%ngliche‹ sein kann«.11 Was Goldmann aber als den »urspr%nglichen Text« freilegt, das sind gesellschaftspolitische Z&suren und Wandlungen des religiçsen und kultischen Bewußtseins. Sie bilden das tiefer gelagerte Stratum der Legende, den »archaischen Mythos«,12 und stehen so – als verdecktes Gemeintes – mit dem Stratum der Qberlieferung von Cicero beziehungsweise Quintilian in einer wenn auch dunklen Verweisbeziehung. Nicht im Sinne der Mnemotechnik, in der Relation zwischen einem Zu-Erinnernden und seiner imago, stellt sich also die Ersetzung ein. Sie betrifft statt dessen den Text und seinen ungenannten kulturellen Grund, sie stellt sich ein zwischen der Deckerinnerung – zuweilen bloße »Ziselierung« des Erinnerten, zuweilen dessen »F&lschung«13 – und ihrer verdeckten Referenz. Eine &hnliche Karte l&ßt sich aber von den Merkpunkten und den manifesten wie latenten Strata des Films The Swimmer zeichnen. Auch er handelt vom Erinnern (im Erinnern besteht all seine Handlung) und h< sich dabei nah an das antike Vorbild der Raumdurchquerung, die von Stelle zu Stelle Gedenkbilder aufsammelt. Daneben wiederholt der Film die Simonides-Legende, insofern sich in ihm der imaginierte Ged&chtnisraum der Mnemotechnik und die phantasmatischen Ersetzungen der Deckerinnerung verbinden.14 Was dabei gegen%ber der Geschichte von Simonides »modern« erscheint, ist die Extensivierung
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Totenklage Ged&chtnis. Zur Erfindung der Mnemotechnik durch Simonides von Keos, Poetica 21, 1 – 2 (1989), 43 – 66; hier: 61]. Auf andere Weise sieht Renate Lachmann eine Ersetzung und Doppelungsfigur in der Simonides-Legende realisiert: Da Ciceros Text nahelege, SimonidesU Prozeß der identifizierenden Benennung als den einer stellvertretenden Bebilderung zu verstehen, faßt sie die Toten als das Vergangene auf, das erinnert werden soll, w&hrend ihnen die memoria als Bildfindung ihre Gestalt zur%ckgebe [Renate Lachmann, Ged&chtnis und Literatur. Intertextualit&t in der russischen Moderne, Frankfurt a. M. 1990, 21 – 25]. Goldmann, Statt Totenklage Ged&chtnis, 45 f. Ebd. 46. Lachmann, Ged&chtnis und Literatur, 18. Freud, Deckerinnerungen, 483. Renate Lachmann weist darauf hin, daß bereits die antike Mnemotechnik »mit der rhetorischen Arbeit des Unbewußten […] und den hypertrophen Ged&chtnisleistungen der Mnemopathologie in einen Zusammenhang zu stellen« ist. [Lachmann, Ged&chtnis und Literatur, 18]
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dieses Deckerinnerns: Als habe Freud mit dessen Aufdeckung und Beschreibung das unbewußt fehlerhafte Erinnern ins Bewußtsein gehoben, l&ßt sich jetzt nicht nur der Film selbst – wie zuvor die Legende – als Deckerinnerung eines kulturellen Traumas verstehen; zugleich macht er den Ersatz und die Verschiebung des Vergangenen zu seinem Thema (und ist damit, ganz wie Freuds Artikel, auch Selbstanalyse).15 The Swimmer ist also die Veranschaulichung zum einen der memoria und zum anderen der Deckerinnerung, die er abhandelt und – wichtiger – deren Wirkweise er selbst unterworfen ist. Die Ged&chtniskunst beginnt mit der Errichtung eines Raums und darin mit dem Festlegen von Stellen. Er ist unerl&ßlicher Bestandteil des mnemotechnischen Verfahrensrepertoires, da in ihm die Anordnung und Sequenzierung des Zu-Erinnernden (collocatio) und dessen Wiederholung garantiert sind.16 The Swimmer beginnt eben auf diese Weise – mit der Errichtung und Bestimmung des Raums, den im Folgenden der Protagonist Ned Merrill (Burt Lancaster) konsequent von Ort zu Ort durchl&uft. In der Eingangssequenz weist Merrill auf das vor ihm und dem Zuschauer ausgebreitete Waldpanorama eines wohlhabenden Vorstadtbezirks in Connecticut und verteilt darin in fester Reihenfolge die loci: With the GrahamsU thereUs a string of pools that curves clear across the county to our house. Well, look, the GrahamsU, the LearsU, the BunkersU. Then over the ridge. Then a portage to the riding ring, to the HalloransU and the GilmartinsU. Then down the lane to the BiswangersU and then […] Shirley Abbott. Then across Route 424 to the recreation centre pool, then up the hill and IUm home. Well, donUt you see, I just figured it out. If I take a sort of a dogleg to the southwest I can swim home. […] Pool by pool they form a river all the way to our house. […] IUll call it the Lucinda River, after my wife.17
Daraufhin besucht er, eines nach dem anderen, die Anwesen seiner beg%terten Nachbarn, um – nach einer im Film nicht bemessenen oder begr%ndeten Abwesenheitsperiode (reine Markierung verstrichener Zeit) – die dort eingeschriebenen Ged&chtnisbilder auf seinem Weg aufzulesen und so seine Vergangenheit zu erinnern; dieses Projekt einer Rekonstruktion des Gewesenen entfacht sich stets an den Gegebenheiten und am Bildpotential der konkreten Orte, am Pool mit Kieselgur-Filteranlage, der an das »transparente, hellgr%ne Wasser« der Fl%sse in Jugendjahren gemahnt. Dabei ist der Landstrich Neuenglands, in dem die Swimming Pools der Nachbarn derart wie durch einen »Riemen«18 verbunden aufgereiht sind, mehr als bloßes Territorium, das Anlaß zur Erinnerung g&be. Ned Merrill verwandelt ihn, indem seine Einbildungskraft den Raum in Besitz nimmt, in eine imaginierte Landschaft, die eine reale meint. Hierin meldet sich erneut die Simonides-Legende zu Wort. Wie dort der Raum real und gleichzeitig imaginiert, sowohl Handlungs- als auch Ged&chtnisraum ist, oszilliert jetzt Connecticut unversehens zwischen concretum und 15
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Der Aufsatz »Qber Deckerinnerungen« gibt vor, auf dem Therapiegespr&ch mit einem Patienten zu basieren (»ein achtunddreißigj&hriger akademisch gebildeter Mann, der sich […] ein Interesse f%r psychologische Fragen bewahrt hat« [Freud, Deckerinnerungen, 472]), ist aber kaum verh%llt autobiographisch. Vgl. dazu Siegfried Bernfeld, An Unknown Autobiographical Fragment by Freud, American Imago, 4 (1946) 3 – 19. Vgl. Lachmann, Ged&chtnis und Literatur, 19. The Swimmer, R: Frank Perry, Columbia / Horizon Pictures 1968, 0:09:15 – 0:10:40. Quintilian, Institutio oratoria, XI, 2, 20.
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simulacrum: die Schaupl&tze in Frank Perrys Film sind ebenso der Ged&chtnisraum Merrills, zugleich Objekt und Instrument der Erinnerung. Aber Ned Merrills Ged&chtnisraum ist auch Deckerinnerung (die »Modernit&t« des Films): W&hrend dem Schwimmer sein Parcours dazu dienen soll, von einer Station zur n&chsten das Bild eines sorglosen Ehelebens, famili&rer Harmonie und gesicherten Wohlstands zu bekr&ftigen, mehren sich die Anzeichen f%r seine pathologische Ersetzung einer traumatischen Vergangenheit (Verlust der wirtschaftlichen Grundlagen, Trennung und Entfremdung von der Familie, gesellschaftliche (chtung) durch jene gl%cklich imaginierte Alternativversion. Da jedoch der Filmraum zun&chst vollkommen der Imagination Merrills untersteht und – im Bild des Außen – immer ein sorgf<ig konstruiertes Innen repr&sentiert, muß er, um das Phantasma als solches zu offenbaren, schließlich die »personale« Darstellungsebene verlassen und sich des Erinnerungsraums des Protagonisten »ent&ußern«. Am Ende richtet der Film seinen Blick auf jene Imagination, macht sie sichtbar, indem er ihre Isotopie mit dem realen Raum aufhebt: Die letzten Einstellungen zeigen Ned Merrills verwilderten Garten und schlammigen Tennsiplatz, die T%r des unbewohnten Hauses ist verschlossen. In der Gegen%berstellung des verw%steten Außen und des dagegen abgedichteten Innen hat sich der Film dem Bewußtsein seiner Hauptfigur entwunden und exponiert es als Deckerinnerung. Damit vermag sich auch im vormals monadischen Innenraum des Fehlged&chtnisses die Idylle nicht mehr zu halten: W&hrend Merrill gegen die T%r h&mmert, wendet sich die Kamera von ihm ab und dringt durch eine zerbrochene Fensterscheibe in das Innere des Geb&udes vor.19 Im Umschnitt sind der dunkle Salon, der geschw&rzte Kamin, ein Haufen Kehricht, Holzwolle und ein alter Tennisschl&ger zu sehen; dies ist das »Latenzged&chtnis«, das sich nun allerdings nicht als ein Vergessenes, aber passiv wohl Verwahrtes pr&sentiert, sondern als ein ins Unterbewußtsein Abgedr&ngtes, das – unheimlich – wieder zur Gestalt findet. »Wie das Ger%mpel auf dem Dachboden, das noch pr&sent ist, aber selten besichtigt wird«, existiert es »im Schatten des Bewußtseins«.20 Zum einen spricht The Swimmer vom Erinnern, zum anderen entwirft der Film – darin der Simonides-Legende &hnlich – dessen Modell als physischen und geistigen Raum. Wie außerdem die Legende die f%r die memoria zentrale Ersetzung des Gemeinten durch ein merkbares Sinnbild scheinbar vernachl&ssigt, sie aber in den differenten Lesarten des dargestellten Raums als Architektur oder Imagination impliziert, so projiziert auch der Film in seinen Schaupl&tzen Konkretes und Imaginiertes %bereinander. Und schließlich verfahren die Erz&hlungen von Simonides und Ned Merrill insofern analog, als sie nicht nur das Erinnern und seine Methoden reflektieren, sondern selbst verschobene (Deck-)Erinnerung an dominante Z%ge ihrer jeweiligen Kultur sind. Wie aber zeigt sich, daß in The Swimmer nicht (nur) das manifeste Stratum gemeint ist, Merrills Delirium im Kreis der oberen Mittelschicht im Amerika der sp&ten sechziger 19
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Daß hierf%r statt einer Kamerafahrt ein Zoomobjektiv eingesetzt wird, so daß die Bewegung dem Aufzeichnungsapparat selbst entspringt, verdeutlicht, daß es sich nicht um eine physische, sondern um eine argumentative Bewegung des Films vom realen in den imagin&ren Raum handelt. Assmann, Erinnerungsr&ume, 161.
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Jahre und deren Verwandlung von Besitz in Begehren? Und was f%r ein latentes Vergangenes ist es dann, das sich in der Deckerinnerung der Filmbilder abdr%ckt und gleichzeitig von ihnen verstellt wird? Hier kommt zugute, daß die memoria gerade in %berzeichneten und exaltierten imagines auf das Eigentliche zu verweisen hat und desgleichen die Deckerinnerung als unverwechselbarer Eindruck auftritt. Im Bildstil des Films, der den Dingen das Gepr&ge von imagines und Deckerinnerungen verleiht, offenbart sich daher, daß hier auf anderes verwiesen wird. Worauf dann der Film verweist, das zeigt sich zun&chst im Denkbild, und das verr&t trotz allem auch die Deckerinnerung, die ja kein vçllig arbitr&res Bild ist, sondern ein mit der Erinnerung noch assoziiertes, ein »Benachbartes (im çrtlichen und zeitlichen Zusammenhange)«,21 das etwas vom Eigentlichen stets enth< – wie durch die Simonides-Legende immer noch deren Substratum, wie durch Freuds Skizze einer Kindheitserinnerung die tats&chliche Begebenheit noch auszumachen ist. Am Anfang von The Swimmer steht herbstlich unber%hrte Natur, in der Hirsch, Kaninchen, Kauz und Wildgans zu Hause sind. Merklich jedoch ruft sie die Schçpfungen Walt Disneys auf, des Gottvaters tierbevçlkerter Idyllen und Geistes %ber den Wassern amerikanischen Unterbewußtseins. Die sanfte Verschiebung des Naturbilds zur halluzinatorischen Qbertreibung, die %berdeutlich inszenierte heile Welt dient dabei nicht nur der sch&rferen Konturierung jener anderen elektrisch klimatisierten Sph&re der Cocktails und Neurosen, in die der Film bald darauf eintritt. Vielmehr ist diese heile Welt selbst mit dem leisen Anklang des Wahns durchsetzt, mit eben dem disneyschen Unbehagen, so daß sie von Beginn an einen Zug des Unwirklichen, des Phantasmagorischen und Verlorenen offenbart, das man in Wahrheit nie besessen hat, von dem man umgekehrt besessen ist und wird.22 Der Raum weist von Beginn an auf seine Falschheit hin, und der Film stellt ihn um so mehr als einen imagin&ren dar, als er das Bewußtsein und den Kçrper, die ihn durchstreifen, zun&chst dem Blick entzieht: F%r die Dauer des Vorspanns ist es nicht ein von außen betrachtetes Subjekt, sondern die Kamera selbst, die durch das Geb%sch dr&ngt und das Wild aufscheucht. Im subjektiven Bild, mit dem The Swimmer einsetzt und dem daher noch kein bestimmbares Subjekt der Narration, dem nur ein allgemeines »sehendes Innen« zugeordnet werden kann, zeigt sich, hier wird nicht dokumentiert, sondern etwas bildet sich den Filmraum als einen k%nstlichen Erinnerungsraum und als Deckerinnerung ein. Bald darauf aber und ohne Umschnitt tritt Ned Merrill in das Bildfeld und stellt seinen Leib zur Verf%gung, an dem das Bewußtsein der Darstellung kristallisieren kann. Nun ließe sich dieser Perspektivenwechsel als Objektivierungsgestus lesen, als Markie-
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Freud, Deckerinnerungen, 471. Vgl. auch Will Robinson Sheffs Besprechung des Films in der Netz-Ausgabe des Austin Chronicle vom 21. 02. 2003 (http://www.austinchronicle.com/gyrobase/Issue/review?oid=oid%3A146110): »You know there's something strange happening in The Swimmer […] early on, when its almost kitschily gorgeous opening montage of sun-dappled Technicolor meadows and streams is suddenly intercut with a shot of an owl on a branch at nighttime. While this nighttime shot might seem, at first glance, like nothing more than a particularly egregious continuity error, it's really the first defiant act of a movie that aims to slowly and subtly break holes in our sense of its own continuity and in the mental continuity of its title character.«
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rung einer in den Film eingef%hrten beobachtenden Distanz.23 Aber gerade der Ersatz des zun&chst subjektiven Blicks durch einen scheinbar objektiven deutet erneut auf das Phantasma hin (wozu sollte das Bild des Imagin&ren anfangs eingef%hrt worden sein, wenn nicht zur Grundlegung eines den gesamten Film kennzeichnenden Imagin&ren?): »Wo immer in einer Erinnerung die eigene Person so als ein Objekt auftritt, darf man diese Gegen%berstellung des handelnden und des erinnernden Ichs als einen Beweis daf%r in Anspruch nehmen, daß der urspr%ngliche Eindruck eine Qberarbeitung erfahren hat.«24 Wenn man also von The Swimmer als der Erinnerung Ned Merrills und von jenem »Connecticut« der waldumstandenen Pools als seinem Erinnerungsraum sprechen kann, so ist die Anwesenheit Merrills in dieser seiner Erinnerung nicht lediglich den Erz&hlkonventionen des Spielfilms geschuldet, sondern weist auf das Falsche und Illusionshafte des Dargestellten – etwas stimmt nicht. Das aber ist nicht alles. Dem Naturbild ist nicht einfach nur zu mißtrauen, weil es als Wahnbild auftritt. Vielmehr ist es im gleichen Augenblick mit ganzem Recht die zum Eigentlichen hin durchl&ssige Deckerinnerung und aufschlußreiche imago. Es tr> den Ruch des Unwahren, zeigt aber auch auf jenen »archaischen Mythos«, der unter der glatten Deckschicht der Handlung nur mehr hervorscheint (diese Doppelbçdigkeit zeichnet eben das verschobene Objekt aus, das Traumbild und den Gegenstand in der Deckerinnerung: zu schçn, um wahr zu sein, und zugleich das einzig Wahre). Es deutet sich an, daß jene Idylle ein Teil dessen sein kçnnte, was unter dem Stratum der Deckerinnerung verharrt, ein Element des urspr%nglichen Erinnerungsgehalts des Films. Der jedoch wechselt gleich aus dieser Natur in den Raum der Simulation. Statt des Waldes jetzt der Garten, statt des schilfbestandenen Flusses ein Swimming Pool in betçrendem Technicolor-T%rkis. Nichts vermag dar%ber hinwegzut&uschen, daß man es jetzt mit einer schlechten Kopie zu tun hat: Ned Merrill wirft sich in das Becken, an dessen Ende muß er umkehren und nach der zweiten Bahn wiederum wenden. Der neue Raum ist Begrenzung und Unterteilung. Endg%ltig markiert dann die Großaufnahme des Gin-Tonic-Glases, das von unbekannter Hand dem Protagonisten ins Bild gereicht wird, den Herrschaftsbereich etablierter Kultur, in den das »Kreat%rliche« ohne Filmschnitt eingegangen ist. Auch das Longdrink-Glas mit der Zitronenscheibe und den Eisw%rfeln bezeichnet eine Verschmelzung von Phantasmagorie und Memoria; es ist, wie zuvor das Naturbild in seiner aufdringlichen Sinnlichkeit, ein Symptom der Deckerinnerung und ein Hinweis auf den unerz&hlten Grund des Films: Einerseits scheint die Großaufnahme auf merkw%rdige Weise unmotiviert, ihr Objekt verf%gt %ber keinerlei »Relation« außerhalb seiner selbst, die es zu einem »mentalen Bild« machen w%rde.25 Eben dadurch ist ihm aber 23
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Dies w&re die Grundlage einer Interpretation des Films als Sittenbild. So Lawrence Russel: »At times, it is like watching a National Geographic documentary about the rites and customs of some forgotten tribe in the Amazon jungle. It's pure anthropology.« [Lawrence Russel, The Swimmer, in: Film Court (http:// www.culturecourt.com/F/Hollywood/TheSwimmer.htm), 2001.] Freud, Deckerinnerungen, 486. Im Sinne Gilles DeleuzeU: Hitchcock mache »Relationen« zum Gegenstand des »mentalen Bildes«, etwa indem er Gegenst&nde als »Demarkierungen« behandele. Als Beispiele f%r derartige Demarkierungen im mentalen Bild nennt Deleuze u. a. das Milchglas in Suspicion und die Weinflasche in Notorious. Die Großaufnahme der Brille in Strangers on a Train kann sicherlich ebenfalls als Paradigma herangezogen werden. Vgl. Gilles Deleuze: Das Bewegungs-Bild. Kino I, Frankfurt a. M. 1989, 272 f.
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eine Klarheit zugesprochen, die – wie in Freuds Schilderung jener Deckerinnerung, die nichts weiter zum Inhalt hat als einen gedeckten Tisch, auf dem eine Sch%ssel mit Eis steht26 – im Qberdeutlichen das scheinbar Absichtlose L%gen straft. Denn Erinnerungsbilder, die (wie etwa ein Longdrink-Glas) in ihrer Harmlosigkeit »leicht banal ausfallen«,27 gleichzeitig aber »mit allen Details – man mçchte sagen: %berscharf – gemerkt worden sind«,28 treten stets als verl&ßliche Indizes f%r Konflikt, Verdr&ngung und psychoneurotische Ersetzung auf.29 In der Großaufnahme begegnet die Deckerinnerung zudem den imagines agentes der klassischen Ged&chtnislehre, die ihre Dinglichkeit ausstellen, um mçglichst eindr%cklich zu verweisen. Diese »surreal anmutenden Ged&chtnishieroglyphen« zielen in der Verzerrung und Entstellung vor allem auf eine Intensit&tssteigerung durch imaginative Qberdimensionierung: die Rhetorik eine »Kunst der Vergrçßerung«.30 Jene lebhaft im Ged&chtnis haftende Einstellung des Glases w&re so neben zahlreichen folgenden nicht nur als Indiz eines Phantasmas, sondern auch als erste imago zu verstehen, die der Film auf dem ersten der zu passierenden loci installiert. Mit derlei %berscharf abgebildeten, mit willk%rlich unscharf photographierten, unnat%rlich vergrçßerten oder in Qberblendungen miteinander assoziierten (und dissoziierenden) Objekten ist The Swimmer reich best%ckt. Alle sind demselben Paradox ausgeliefert wie das Gin-Tonic-Glas: Potentiell tr> jedes der Bilder allein aufgrund seiner Verfremdung Z%ge sowohl der Deckerinnerung als auch des Merkbildes. Ihr Hyperreales ist zugleich mnemopathologische Verschiebung und mnemotechnische Verdichtung; sie verbergen in ihrer »Grobsinnlichkeit«31 un%bersehbar die urspr%ngliche Erinnerung, aber sie dienen auch als ihr Indikator (man ersetzt durch etwas anderes, das mit dem Ersetzten jedoch in Beziehung steht). Vor allem zwei Verfahren der Manipulation setzt der Film ein – die falsche Fokussierung und die Großaufnahme. Derart entstehen insistierende Bilder von Isolaten, die mit nichts innerhalb der Filmnarration in Relation zu stehen scheinen und »beliebige R&ume« ergeben, die ihre Homogenit&t eingeb%ßt haben – keine Metrik und kein Zusammenhalt der Teile, so daß eine unendliche Vielfalt von Singularit&ten, Beziehungen und Anschl%ssen mçglich wird.32 Der Blick des Films konzentriert sich auf die Einzelheit und auf das Mikroereignis, auf das Gerippe eines Blattes oder die lautlose Katastrophe eines aufgestçrten Wasserspiegels, so daß der Schwimmer durch einen Raum voller Merk- und T&uschobjekte streift, denen – gleich ob %berdeutlich oder unkenntlich – oft alles Maß und alle Definition fehlen. Die Unsch&rfe spricht dabei nicht gegen die gesteigerte Dinglichkeit der Dinge, eines schattenhaften Zweiges, einer flackernden Teich26 27 28 29
30 31 32
Freud, Deckerinnerungen, 469. Ebd., 470. Ebd., 468. Daß die bewußte Qberzeichnung der imagines in der Ged&chtniskunst mit der psychisch bedingten Verzerrung von Objekten – etwa durch die Traumarbeit – in enger Verbindung steht, bemerkt Aleida Assmann (allerdings werde, »anders als im Freudschen Unbewußten […] diese affektive Macht der Bilder von der Mnemotechnik […] nicht nur freigesetzt, sondern zugleich auch rigoros instrumentalisiert« [Assmann, Erinnerungsr&ume, 223]). Ebd. (Vergrçßerung bis ins Surreale, das ruft Ren[ Magrittes Les valeurs personelles auf: das Bild eines Ged&chtnisraums, einer Deckerinnerung …) Vgl. Freud, Deckerinnerungen, 481. Deleuze, Bewegungs-Bild, 153.
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oberfl&che oder einiger im Raum aufgeh&ngter und in bloßem Gelb zerfließender Ringelblumen (die zudem als %berm&ßige Farbe auf Freuds Analyse der Deckerinnerung zu weisen scheinen: dort sind es eine »absch%ssige Wiese, gr%n und dicht bewachsen; in dem Gr%n sehr viele gelbe Blumen, offenbar der gemeine Lçwenzahn«, die Freud ob ihrer halluzinatorischen Qbertriebenheit – »das Gelb der Blumen sticht aus dem Ensemble gar zu sehr hervor«33 – mißtrauisch gegen%ber diesem Erinnerungsbild machen). Solches Bild also sieht falsch aus – daher die halluzinatorische Atmosph&re des Films – und deutet doch auf das Stratum des in der Geschichte vom Schwimmer eigentlich Gemeinten. In ihm, im »nomadischen« Bild, das den gewçhnlich homogenen Filmr&umen heterogene Ereignisse gegen%berstellt, zeichnet sich das unter derartiger Deckerinnerung verborgene Trauma zugleich ab; in ihm liegt das Vergessene und Verdr&ngte verschoben vor, die vom Film %berlagerte Vergangenheit, die sich jetzt endlich benennen l&ßt: Das behandelte Trauma ist der Verlust eines heterogenen Raums, wie das Bild ihn entwirft. Das entt&uschte Ideal ist die unbegrenzte Mobilit&t, die Eroberung und Landnahme, die irgendwann auf die Entschleunigung treffen muß, auf die Ankunft, die Staatwerdung der Wildnis, die Domestizierung, Kapitalisierung und Parzellierung des Raums. Wenn mit der Entdeckung der Neuen Welt der Raum und die Bewegung das hçchste Gut darstellen, wenn die Erschließung des Kontinents und die stete Verschiebung seiner Grenzen die nobelste Aufgabe des Siedlers sind, so zeichnet sich bald darauf in geographischer und ideologischer Hinsicht die Schließung des Raums ab und entlarvt die permanente Bewegung als Utopie. Die Regelung des Dein und Mein setzt ein, die Sedimentierung und Verfestigung der formlosen Landmasse, die Konstitution, die Nation und die Immobilie, das »magnetische amerikanische Gef&ngnis« des »Blitzableitermannes Benjamin Franklin«.34 Der Pool erscheint dabei in The Swimmer als der Kristallisationspunkt einer Z&hmung und Aneignung der Natur mit technischen Mitteln. Das Schwimmbecken hinter dem amerikanischen Eigenheim ist mehr als ein Wohlstandsattribut; es ist immer auch dienstbargemachtes Elementares und domestizierte und gefilterte Sinnlichkeit, in der vielleicht ein Rest der klaren Seen und unbekannten Fl%sse nachschwebt – r&tselhafte Mischung aus Kunststoff und Urspr%nglichem, eine Dachkonstruktion, »15 tons, 30.000 pounds of structured aluminium and clear plastic«, die es erlaubt, sich im warmen Wasser treiben zu lassen, w&hrend die unwirtliche Natur, die unbeherrschbare Witterung Schneeflocken auf uns niederschweben l&ßt. Der Pool macht Natur verf%gbar, und er verf%gt %ber die Natur, indem er – %ber all die in ihm gelçsten dunklen und atavistischen Konnotationen hinaus – als Landschaftsteil dazu beitr>, die Landschaft zu zerlegen. Jeder der Pools im Film befindet sich auf Privatgrund, so daß nach dem anf&nglich so leichten und unmerklichen Qbergang von der Wildnis in den Garten Ned Merrill immer h&ufiger zum Eindringling wird, den man verjagt. Die abgezirkelte und umz&unte Zone des Privatbesitzes ist die Dominante des Films, die Hallorans (Nancy Cushman / House Jameson) betreiben auf einer Landeigent%mer-Versammlung die Zerteilung der Grundst%cke in kleine Parzellen, 33 34
Freud, Deckerinnerungen, 474 f. Gilles Deleuze, Bartleby oder die Formel, Berlin 1994, 57.
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der Kassierer im çffentlichen Schwimmbad kontrolliert den Zugang zum Beckenbereich, Ned Merrill muß vor der eigenen Gartenpforte kapitulieren. Pool, Grundst%ck, Haus sind die Markierungen der Stillstellung und damit die Manifestationen einer langsamen Versteinerung des amerikanischen Traums von der Mobilit&t. Bei McLuhan heißt es 1964: »Some observers insist that, as a status symbol, the house has, of late, supplanted the car. If so, this shift from the mobile open road to the manicured roots of suburbia may signify a real change in American orientation.«35 Insofern zeigt sich in jenen heterogenen, verschobenen Bildern des Films (als die Referenz der imagines, unter der Deckerinnerung) ein verlorener Raum der freien Bewegung. W&hrend sich die Erz&hlung der Parzelle widmet, dem Liegestuhl, der Stasis, und w&hrend alles Seßhafte den Strecken und Maßen ausgeliefert ist, entdecken die Merkbilder in The Swimmer einen vergangenen und »archaischen« Raum ohne Richtung. Die nomadische Kamera reproduziert ihn weniger, als sie ihm folgt; darin gleicht sie dem Protagonisten. Wenn man die Mannigfaltigkeiten des Raums nur »erforschen kann, indem man auf ihnen entlanggeht«,36 so ist Ned Merrill gerade hierin der »explorer« (der unter der Deckerinnerung deren Substratum entdeckt).37 Es ist das Medium selbst, in dem Mnemotechnik, Deckerinnerung und die Bewegung als Zu-Erinnerndes ineinanderfallen: Nicht nur schafft der Film wie die Ged&chtniskunst imagin&re R&ume, dazu angetan, die in ihnen aufgehobene vorfilmische Realit&t signifikant zu %bersteigen; im Film wird das Verfahren der memoria, eindr%ckliche Bilder aufzureihen und so die beliebige Wiederholbarkeit ihres Inhalts zu gew&hrleisten, zum apparativen Prinzip. Die collocatio des Rhetors wird zur Bildkombinationen des Filmstreifens, die techne wird Technik. Wenn die Mnemonik dar%ber hinaus empfiehlt, einen deutlichen Abstand zwischen den einzelnen loci und imagines einzuf%hren, um sie geistig wie optisch klar voneinander zu scheiden38 und dadurch das Zu-Erinnernde merkbar zu machen, so weist das auf die Differenz zwischen den Photogrammen voraus, welche die Figur filmischer Bewegung beherbergt und das »Eigentliche« – das bewegte Bild – erst bemerkbar macht (insofern ist die Evolution der Ged&chtniskunst von der Antike bis zur Gegenwart, »von Simonides von Keos bis zum Megabyte, als Weg zur Mechanisierung, Maschinisierung, Elektronisierung – jedenfalls als Weg einer Auslagerung, einer Ver&ußerlichung zu lesen«).39 Und auch die Deckerinnerung – die screen memory – findet sich als Spur im Film, in seiner Ersetzung der realen Vergangenheit durch ein Bild von undurchdringlicher 35 36 37
38 39
Marshall McLuhan, Understanding Media. The Extensions of Man, London / New York 2002, 236 f. Gilles Deleuze / F[lix Guattari, Tausend Plateaus. Kapitalismus und Schizophrenie II, Berlin 1997, 510. Das junge M&dchen Julie Hooper (Janet Landgard) nennt Merrill einen »explorer« und sein Vorhaben, nach Hause zu schwimmen, ein »adventure«. Ned Merrill l&dt sie daraufhin ein, ihn zu begleiten: »WeUll explore the torrential headwaters of the Lucinda River.« Es folgt eine 2 \-min%tige Sequenz, die – w&hrend Julie und Merrill einen Wald durchqueren – vollkommen von den Handelnden abr%ckt und selbst einen beliebigen Raum erforscht: unscharfe Close-ups von Pflanzen und Wasserfl&chen, Lichtreflexionen im Kameraobjektiv, bis zur Unkenntlichkeit abstrahierte oder weichgezeichnete Naturbilder. Vgl. Kiefer, Ged&chtnis, o. S. Ebd. Vgl. außerdem Jçrg Jochen Berns / Wolfgang Neuber, Mnemonik zwischen Renaissance und Aufkl&rung, in: Dies. (Hrsg.), Ars Memorativa. Zur kulturgeschichtlichen Bedeutung der Ged&chtniskunst 1400 – 1750, T%bingen 1993, 373 – 385, hier 375.
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Anschaulichkeit – undurchdringlich, da der Film »normal« ist wie das Leben, uns seine Objekte vergegenw&rtigt und den Anteil an Erinnerung, den die gespenstische Photographie in ihrer Pr&sentation des »Es-ist-so-gewesen« in sich tr>, im st&ndigen Streben in Richtung Zukunft und in der Oberfl&che seiner Bildfolgen aufzugeben scheint.40 Dennoch: tr> nicht der Film als ein Medium, das die <ere Photographie inkorporiert, damit auch den Bezug zum Vergangenen auf doppelte Weise noch in sich, zum einen da die Photographie die Vergangenheit des Kinematographen bildet (das Kino gleichsam eine Deckerinnerung der Photographie), zum anderen indem diese seine Vergangenheit selbst wiederum stets »das Wirkliche in vergangenem Zustand«41 bezeugt? Jedenfalls mag es auf mehr als den im Kino gleichermaßen wie in der Deckerinnerung eminenten Illusionscharakter der Bilder zur%ckzuf%hren sein, wenn der kanadische K%nstler Rodney Graham die in der Traumdeutung beschriebene Kindheitsszene, in welcher der f%nfj&hrige Sigmund Freud ein farbig illustriertes Reise-Buch %ber Persien zerreißt,42 stets »in grellem Technicolor« vor sich sieht.43 Die Ersetzung eines Ged&chtnisinhalts durch Erinnerungsbilder – ob sie in der Mnemotechnik absichtsvoll realisiert ist oder in der Deckerinnerung unwillk%rlich sich vollzieht – zeugt grunds&tzlich eindringliche und farbig klare imagines. Denn das Bild eines Pools in leuchtendem Technicolor-Blau l&ßt sich leichter merken, und daß es darunter etwas aufzudecken gibt, kann Technicolor um so schçner zudecken.
40 41 42 43
Vgl. Roland Barthes, Die helle Kammer, Frankfurt a. M. 1985, 87 ff. Ebd., 93. Sigmund Freud, Die Traumdeutung, Frankfurt a. M. 1991, 183 f. Vgl. Rodney Graham, »Island Thought« (Begleittext zum Kurzfilm Vexation Island, seinem Beitrag zur Biennale de Venezia 1997), Auszug in: http://www.haussite.net/set.php?page=http://www.haussite.net/ haus.0/PROGRAM/INFO_2000/Illicit/illicit_G.html.
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Wovon Dances With Wolves nichts wissen konnte Filmische bersetzung als Kommunikator
Der Film steht seit seinen Anfngen im Horizont der Mehrsprachigkeit. Anders als sein Vorgnger und Konkurrent, das Buch, ist er durch die aufwendige Produktionsweise von vornherein auf eine massenhafte und das heißt: mçglichst internationale Rezeption ausgerichtet. Damit gehçrt die bersetzung – zunchst von Zwischentiteln und dann nach der Einf-hrung des Tonfilms von Dialogen – zum filmischen Alltagsgeschft. Nicht nur die Distribution, sondern auch die eigentliche Filmproduktion erfolgt bereits sehr fr-h unter den Bedingungen des internationalen Marktes: Hufig stammen die Darsteller vom Star bis zum Statisten aus verschiedenen Herkunftslndern, so daß bereits die sprachlich homogene Originalfassung des Films nur durch Nachsynchronisation hergestellt werden kann. Und schließlich ist auch in thematischer Beziehung die Internationalitt und Mehrsprachigkeit charakteristisch f-r den Film, denn es gehçrt zu den von Beginn an gerade gegen-ber dem Buch geltend gemachten Vorz-gen dieses Mediums, Fremdes und insbesondere Exotisches ›authentisch‹ vor Augen und Ohren f-hren zu kçnnen. Daß es sich freilich immer nur um eine vermeintliche Unmittelbarkeit handelt, zeigt sich oft gerade in den Formen der bersetzung (besonders auffllig: Untertitelung und Voice-Over), whrend die weitaus radikaleren Eingriffe in die Wirklichkeit, wie Selektion, Inszenierung, Perspektivierung und Montage, hufig so angelegt sind, daß der Zuschauer sie nicht bemerken soll. Abhngig von den Produktions- und Distributionsbedingungen und nat-rlich vom Inhalt kommen viele Filme also nicht ohne bersetzungen in der einen oder anderen Weise aus. Im folgenden soll gezeigt werden, daß es sich dabei keineswegs nur um ein notwendiges bel handelt. Bewußt eingesetzt, kann die bersetzung teilweise die Funktion eines Kommunikators erf-llen, durch die Steuerung der Informationsvergabe eine rhetorische »F-hrung des Publikums durch den Text« vornehmen und filmische Ironie erzeugen.1 Genau diese Punkte mçchte ich nachfolgend aus dem umfangreichen Komplex der filmischen bersetzung und seinen spannenden semiotischen, intermedialitts- und -bersetzungstheoretischen, interkulturellen, narratorologischen und filmgeschichtlichen Fragestellungen herausgreifen. Dabei konzentriere ich mich weitgehend auf die primre Ausprgungsform, d. h. auf die Flle, in denen im Originalfilm selbst (auf welcher diegetischen Ebene auch immer) die Vermittlung zwischen zwei oder mehr Sprachen zum Problem wird. Damit wird die Frage der Synchronfassungen nur am Rande gestreift – wohl wissend, daß sich hier ein weites Feld auftut, das zu beackern sich lohnt. Im Anschluß an eine theoretische Skizze der Prozesse und Strukturen filmischer bersetzung wird deren Potential im Hinblick auf Informationsvergabe und Ironisierung 1
Vgl. J-rg Husermann, Medienrhetorik, Rhetorik. Ein internationales Jahrbuch 14 (1995), 30 – 39, hier: 31.
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Wovon Dances With Wolves nichts wissen konnte. Filmische bersetzung als Kommunikator
anhand dreier ausgewhlter Teilaspekte beleuchtet: fremdsprachige Passagen ohne bersetzung, Diskontinuitt sowie filmische Ironie.
1. Problemkonstellation: Filmische bersetzungsprozesse und -strukturen2 Beim Film handelt es sich im Unterschied zum herkçmmlichen, d. h. rein schriftgebundenen und damit monosemiotischen Buch um einen polysemiotischen Text. Er bedient sich sich vier verschiedener Formen der Informations-bermittlung: der akustisch-sprachlichen (Dialoge, Radio usw.), der akustisch-nichtsprachlichen (Gerusche, Musik), der optischsprachlichen (Text in der filmischen Realitt, z. B. Zeitungs-berschriften, Reklameschilder usw. sowie extradiegetischer Text, wie Zwischentitel und Untertitel) sowie der optischnichtsprachlichen (Mise en sce`ne und Montage). Im Prinzip kçnnen alle diese Informationen Gegenstand von bersetzungsprozessen werden. Allerdings f-hrt dies in zwei Fllen in Spezialbereiche, die hier außen vor bleiben sollen. So lassen sich wesentliche Elemente der optisch-nichtsprachlichen Ebene durch eingesprochene Beschreibungen (Audiodeskriptionen) hçrbar machen, wie das in sogenannten Hçrfilmen, d. h. Filmfassungen f-r Blinde oder Sehbehinderte, geschieht. Oder es kçnnen nichtsprachliche Elemente der akustischen Ebene (nat-rlich zusammen mit den sprachlichen Elementen) in der Form von Untertiteln auf den optisch-sprachlichen Kanal -bertragen und damit f-r Hçrgeschdigte sicht- und lesbar gemacht werden. Landlufige filmische bersetzung findet dagegen vor allem innerhalb der akustisch-sprachlichen und optisch-sprachlichen Ebene sowie zwischen beiden Ebenen statt. Henrik Gottlieb hat f-r diese bertragungsprozesse die Begriffe horizontale, vertikale und diagonale bersetzung vorgeschlagen und sie in einem Schema veranschaulicht, das ich geringf-gig modifiziert und um einige Aspekte erweitert habe:3
Abb. 1: Filmische bersetzungsprozesse
2
3
Die folgenden Ausf-hrungen st-tzen sich auf Henrik Gottlieb, Untertitel: Das Visualisieren filmischen Dialogs, in: Hans-Edwin Friedrich / Uli Jung (Hg.), Schrift und Bild im Film, Bielefeld 2002, 185 – 214, und f-hren dort entwickelte Anstze weiter. Vgl. ebd., 190.
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Sowohl intralinguale Untertitel f-r Hçrgeschdigte als auch in besonderem Maße Audiodeskriptionen beschrnken sich nat-rlich nicht auf die hier relevante bersetzung von Sprache und wurden deshalb mit einem Asterisk versehen. Es ist sinnvoll, ergnzend zu diesem prozessualen Schema die bersetzungsstruktur detailliert zu erfassen. Besonders wichtig sind dabei folgende Kriterien: die Art der beteiligten Kanle (akustisch, optisch), die filmische Ebene, auf der die bersetzung angesiedelt ist (intradiegetisch, extradiegetisch),4 sowie die Okkurenz bzw. Non-Okkurenz von Original und bersetzung (bersetzung ergnzt das Original – supplementr; bersetzung ersetzt das Original – substituierend). Hier kçnnen die folgenden Konstellationen unterschieden werden: Isosemiotisch (supplementr oder substituierend): – akustisch-akustisch – intradiegetisch: Dolmetschen innerhalb der filmischen Realitt supplementr: Ergnzung der ausgangssprachlichen Repliken durch ihre anschließende bersetzung in die Zielsprache (z. B. die Figur »Stands With A Fist« in Dances With Wolves, die zwischen John Dunbar und den Sioux -bersetzt) substituierend: Spezialfall ›Universal-bersetzer‹ als (fiktives) Gert zur kontinuierlichen Ersetzung der ausgangssprachlichen durch zielsprachliche Repliken auf der Handlungsebene (z. B. Star Trek)5 – extradiegetisch: bersetzung erfolgt außerhalb der filmischen Realitt supplementr: Ergnzung des originalsprachlichen durch einen dar-ber gesprochenen zielsprachlichen Dialog – Voice-Over (z. B. in Rußland -blich) substituierend: Ersetzung des originalsprachlichen durch einen zielsprachlichen Dialog – Synchronisation (Standardverfahren in allen grçßeren europischen Sprachgemeinschaften)6 4
5
6
Gemeint ist hier die Ebene des filmischen Kommunikationssystems, auf der die bersetzung stattfindet. Erfolgt sie innerhalb der filmischen Realitt, dann liegt eine intradiegetische bersetzung vor (z. B. durch Dolmetscherfiguren; der bertragungsprozeß als Teil der Handlung kann allerdings auch offscreen stattfinden), anderenfalls eine extradiegetische. Dieser Universal-bersetzer ist ein alltgliches und damit zumeist unmarkiertes Element des »Star Trek«Universums. Seine unverzichtbare kommunikative Funktion wird eigentlich nur ex negativo wahrnehmbar – wie in der Folge »Little Green Men« (Star Trek. Deep Space Nine, 4/80), wo er aufgrund eines technischen Defekts ausfllt. Dadurch wird nicht nur eindrucksvoll vorgef-hrt, welche Schwierigkeiten sich aus einer fehlenden bertragung ergeben, sondern außerdem durch eine konsequente rumlichgruppenspezifische auditive Fokalisierung der Unterschied zwischen sprachlicher Eigen- und Fremdwahrnehmung verdeutlicht. Einen Grenzfall stellen die sogenannten Versionenfilme dar, die zu Beginn der Tonfilmzeit in mehreren Sprachen parallel abgedreht wurden. Dabei blieben teilweise sogar die Hauptdarsteller identisch und sprachen die Dialoge notfalls auf m-hsam erlernte rein phonetische Weise, whrend die Nebenrollen durch wechselnde Muttersprachler besetzt wurden. Vgl. z. B. Spuk um Mitternacht (1930), in dem Stan Laurel und Oliver Hardy Deutsch sprechen. Eine Dokumentation einschließlich eines Videos mit Filmausschnitten findet sich unter http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/27/0,1872,2150619,00.html (besucht: 21. 1. 2007). Nat-rlich spielt auch hierbei die bersetzung eine wichtige Rolle; allerdings gehen die Eingriffe so weit, daß es angemessener erscheint, hier von mehreren Originalfilmen in verschiedenen Sprachen zu sprechen.
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Wovon Dances With Wolves nichts wissen konnte. Filmische bersetzung als Kommunikator
– optisch-optisch: – intradiegetisch: schriftliches bersetzen innerhalb der filmischen Realitt – eher seltener Spezialfall – supplementr – extradiegetisch: bersetzung erfolgt außerhalb der filmischen Realitt supplementr: Ergnzung ausgangssprachlicher schriftlicher Textelemente durch schriftliche bersetzung – Einblendung oder Untertitel zur bersetzung von diegetischer Schrift (z. B. Spruchbnder o. .) substituierend: Ersetzung von ausgangssprachlichen durch zielsprachliche Textelemente – Substitution von Schrift (z. B. Brieftexte, Zeitungs-berschriften, aber auch Zwischentitel, Untertitel usw.) durch entsprechende zielsprachliche Texte mittels Montage oder digitaler Bildbearbeitung Diasemiotisch (supplementr7): – akustisch-optisch: – intradiegetisch: schriftliches bersetzen einer fremdsprachlichen m-ndlichen Nußerung innerhalb der filmischen Realitt – seltener Spezialfall – extradiegetisch: bersetzung erfolgt außerhalb der filmischen Realitt – Untertitel – optisch-akustisch: – intradiegetisch: m-ndliches bersetzen von Schrift im Film – extradiegetisch: Audiodeskription zur bersetzung schriftlicher Elemente im Film Zielsprache
akustischer Kanal
optischer Kanal
Ebene der bersetzung
Ebene der bersetzung
intradiegetisch
extradiegetisch
intradiegetisch
akustischer Kanal
Dolmetschen im Film (supplementr) / ›Universal-bersetzer‹ im Film (substituierend)
Voice-Over (supplementr) / Synchronisation (substituierend)
Rede-Schrift-ber- Untertitel setzen im Film
optischer Kanal
m-ndliches ber- Audiodeskription setzen von Schrift bei Schrift im Film
Ausgangssprache
Schrift-Schriftbersetzen im Film
extradiegetisch
Untertitel (supplementr) / Einmontieren zielsprachlicher Inserts usw. (substituierend)
Abb. 2: Zentrale Strukturen der filmischen bersetzung
Dieses Schema macht die (hier freilich immer noch stark reduziert wiedergegebene) Komplexitt des Phnomens der bersetzung im Film deutlich. Aus der Translationstheorie 7
Damit konzentriere ich mich auf die bersetzungskonstellationen, die tatschlich (und zwar in nennenswertem Ausmaß) in Filmen realisiert werden. Prinzipiell sind auch substituierende Verfahren denkbar, die – sei es auf intra- oder extradiegetischer Ebene – akustische Sprachußerungen durch optische und umgekehrt ersetzen. Allerdings scheint von dieser Mçglichkeit kaum Gebrauch gemacht worden zu sein.
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mit ihrem literaturwissenschaftlichen und linguistisch--bersetzungspraktischen Zweig ist hinlnglich bekannt, wie vielschichtig allein schon die berf-hrung einer m-ndlichen oder schriftlichen Mitteilung in eine andere Sprache ist. Bei der Untertitelung treten durch den Wechsel des Kommunikationskanals (m-ndlich fi schriftlich) und aufgrund der textsortenspezifischen Besonderheiten der Untertitel8 weitere zu ber-cksichtigende Aspekte hinzu. Und schließlich ergeben sich aus den bereits genannten Faktoren sowie aus der gewhlten bersetzungsebene (intra- oder extradiegetisch) und der Okkurenz oder Non-Okkurenz des m-ndlichen oder schriftlichen Originaltextes in der -bersetzten Fassung betrchtliche Folgen f-r die Informationsvergabe. Damit kann filmische bersetzung als wirkungsvolles rhetorisches Verfahren der intellektuellen und emotionalen Zuschauerlenkung eingesetzt werden.
2. Minus-Verfahren: Fremdsprachige Passagen ohne bersetzung Besonders eindrucksvoll zeigt sich das rhetorische Potential der bersetzung im Film in den Fllen, wo sie filmlogisch zu erwarten wre, aber ausbleibt.9 Als Illustration kann zunchst eine ber-hmte Szene aus The Godfather (USA 1972, Regie: Francis Ford Coppola) dienen.10 Vito Corleone, der mchtige »Don« der CorleoneFamilie, liegt nach einem Attentat durch den rivalisierenden Tattaglia-Clan schwerverletzt im Krankenhaus. Sein j-ngster Sohn Michael, der sich zuvor aus den schmutzigen Geschften herausgehalten hat, spielt in dieser gefhrlichen Situation erstmals eine aktive Rolle in der Familie, deren F-hrung er im weiteren Verlauf der Handlung -bernehmen wird. Er verabredet sich mit Sollozzo, dem wichtigsten Mann der Gegenpartei, um an einem neutralen Ort – einem italienischen Restaurant – einen Waffenstillstand auszuhandeln. Dabei ist auch der Polizeioffizier Captain McCluskey anwesend, der vom Tattaglia-Clan geschmiert wird. Die eigentliche Unterhaltung zwischen den Vertretern der verfeindeten Familien findet in sizilianischem Italienisch statt. Damit whlt Sollozzo f-r das hochbrisante Thema der Verhandlung einen Sprachcode, der ihn aufgrund seiner regionalen Exklusivitt eng mit Michael Corleone verbindet, dessen Wurzeln ebenfalls in Sizilien liegen. Zugleich bleibt der Polizeioffizier zum Schutz der Unterhndler, aber auch seiner eigenen Person, in Unkenntnis -ber den Gesprchsgegenstand. 8
9 10
Aufgrund der sowohl optisch durch das Medium (2 Zeilen a` maximal 35 Buchstaben) als auch temporal durch die Wahrnehmungskapazitt des Zuschauers (ca. 10 Buchstaben pro Sekunde) gegebenen Beschrnkung des Umfangs der Untertitel ergibt sich fast zwangslufig eine Verknappung, hinzu tritt die Normierung der oft regelwidrigen m-ndlichen Nußerungen sowie die Nivellierung dialektaler, soziolektaler u. a. Unterschiede. Detailliert dazu Gottlieb, Untertitel, bes. S. 191 – 194, sowie Brigitte Widler, »Kader, Spotting, 6 Sekunden« – Vom Drehbuch zum fertigen Untertitel, in: Mary Snell Hornby / Franz Pçchhacker / Klaus Kaindl (Hg.), Translation Studies. An interdiscipline, Amsterdam / Philadelphia 1994, 141 – 145. Zum Begriff des minus-priem bzw. Negativ-Kunstmittels vgl. Jurij M. Lotman, Probleme der Kinosthetik. Einf-hrung in die Semiotik des Films, Frankfurt/Main 1977, 60. Vgl. DVD Der Pate, Paramount Pictures 2005, 1:20:20 – 1:25:48.
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Francis Ford Coppolas Inszenierung stimmt auch in dieser Szene bis ins Detail mit Mario Puzos Romanvorlage -berein. Eine entscheidende Abweichung besteht allerdings in der Informationsvergabe. Denn whrend sich im Buch lediglich ein Hinweis darauf findet, daß das Gesprch auf Sizilianisch stattfindet, der Wortlaut aber auf Englisch wiedergegeben wird,11 unterhalten sich in der Verfilmung die beiden Figuren tatschlich in der ihnen vertrauten, aber sowohl f-r den filmischen Zeugen (Captain McCluskey) wie auch f-r die -berwiegende Mehrzahl der Zuschauer unverstndlichen Sprache. Und was im Hinblick auf die hier interessierende Informationsvergabe besonders bemerkenswert ist: Es wird auch auf der extradiegetischen Ebene keine bersetzung ergnzt, d. h. eine Untertitelung (oder ein Voice-Over) des Inhalts dieses f-r den weiteren Verlauf der Szene wie der gesamten Handlung eminent wichtigen Gesprchs findet nicht statt.
Abb. 3: The Godfather, 1:21:50
11
Vgl. Mario Puzo, The Godfather, New York 1969, 149 f.: Sollozzo said placatingly to the captain, »I am going to talk Italian to Mike, not because I donRt trust you but because I canRt explain myself properly in English and I want to convince Mike that I mean well, that itRs to everybodyRs advantage for us to come to an agreement tonight. DonRt be insulted by this, itRs not that I donRt trust you.« Captain McCluskey gave them both an ironic grin. »Sure, you two go right ahead, « he said. »IRll concentrate on my veal and spaghetti.« Solozzo began speaking to Michael in rapid Sicilian. He said, »You must understand that what happened between me and your father was strictly a business matter. […]«
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Abb. 4: The Godfather, 1:21:51
Whrend diese Informationsl-cke f-r den Zeugen McCluskey erwartet und erw-nscht ist, wirkt sie auf das Filmpublikum irritierend.12 Abgesehen von der Minderheit, die zufllig sizilianisches Italienisch versteht, wird den Rezipienten der komplette sprachliche Inhalt dieser Szene vorenthalten.13 Dies setzt sich fort im gesamten anschließenden Handlungsstrang, in dem Michael Corleone nach dem Doppelmord f-r eine lngere Zeit incognito in Sizilien lebt. Diese restringierte Informationsvergabe bewirkt, daß eine Identifikation mit der Figur erheblich erschwert, wenn nicht unmçglich gemacht wird. Michael Corleone, der vor der ausgewhlten Szene durch seine Offenheit und aufgrund seiner Distanz zur 12
13
Vgl. die wiederholte Thematisierung dieses Problems in den Kundenrezensionen zur DVD-Ausgabe unter Amazon.de. URL: http://www.amazon.de/Pate-I-III-4-DVDs/dp/B00067GJDE/sr=8-3/qid= 1169658619/ref=sr_1_3/028-2182019-2042106?ie=UTF8&s=dvd (24. 1. 2007). Ausgestellt wird dieses Verfahren des Verbergens zustzlich dadurch, daß der eigentliche Gegenstand des Gesprchs alles andere als spektakulr ist: Sollozzo: Es tut mir leid. Michael: Ich weiß. Sollozzo: Du mußt wissen: Das, was zwischen mir und Deinem Vater passiert ist, war eine BusinessAngelegenheit. Ich habe große Achtung vor Deinem Vater. Aber Dein Vater denkt altmodisch, und er will nicht verstehen, daß ich ein Ehrenmann bin. Michael: Erzhle mir das nicht, ich weiß es. Sollozzo: Du weißt es. Und Du mußt wissen, daß ich der Familie Tartaglia geholfen habe. Ich glaube, daß ich mich einigen werde. Ich will Frieden. […] Mein Sohn. Du verstehst mich. Du bist Italiener wie Dein Vater. Dein Vater ist krank, und bald geht es ihm besser. Versuchen wir, daß jeder einen Teil bekommt, und laß uns alles klren. Dieser Streit muß beendet werden. (Mit Dank an Margherita Ziegler f-r die bersetzung aus dem sizilianischen Italienisch.)
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Familie und deren schmutzigen Geschften als Sympathietrger fungiert hat, zeigt sich dem Publikum von nun an als fremde, buchstblich unverstndliche Figur. Zwei weitere Beispiele f-r fremdsprachliche Elemente im Film, die auf der intra- wie auch auf der extradiegetischen Ebene ohne bersetzung bleiben, finden sich in dem Kriegsfilm U-571 (USA/Frankreich 2000, Regie: Jonathan Mostow). In der Geschichte, die sehr frei an tatschliche Vorflle aus dem 2. Weltkrieg angelehnt ist, wird das mançvrierunfhig im Atlantik treibende deutsche U-Boot U-571 von der Besatzung eines amerikanischen U-Boots gekapert, um in den Besitz des Chiffriergerts »Enigma« zu gelangen. Dies kann nur deshalb gelingen, weil der amerikanische Geheimdienst zuvor einen Hilferuf der deutschen Besatzung abgefangen und das eigene U-Boot als deutsches getarnt hat. Um die Tarnung auch in der Kommunikation aufrechterhalten zu kçnnen, leitet ein des Deutschen kundiger Geheimdienstoffizier (Lieutenant Hirsch) die Mission. Zustzlich bençtigt man einen deutschsprachige Funker. Zu diesem Zweck wird der deutschstmmige Seaman Bill Wentz in der ersten hier interessierenden Szene auf seine Sprachkenntnisse gepr-ft.14 Bei dem Test ist eine Reihe von Marineoffizieren anwesend; die eigentliche Pr-fung f-hrt jedoch Lieutenant Hirsch durch, der als einziger Deutsch spricht. Aus der laufenden, selbstverstndlich in Englisch gef-hrten Unterhaltung heraus spricht er den Matrosen unvermittelt auf Deutsch an. Hirsch:
Is this him? Man hat mir gesagt, daß Ihre Familie aus Koblenz stammt. Echtes rheinisches Bauernvolk. Verstehen Sie mich, Herr Wentz? Wentz: Yes, Sir! Hirsch: Kçnnen Sie sich auf Deutsch verstndigen, kçnnen Sie die Sprache in Wort und Schrift, oder sind Sie nur ein einfacher Bauernl-mmel mit deutschem Namen? Wentz: Herr Leutnant, ich bin ein einfacher Bauernl-mmel, einer, der aber ziemlich gut deutsch schreiben, lesen und sprechen kann. Ich habe deutsche Literatur an der Brown studiert, bevor ich den Kampf gegen den Faschismus aufgenommen habe. Hirsch: Vielen Dank, Herr Wentz. Dahlgren: Thank You, Wentz, thatRs all for now.15
Wie bei der besprochenen Szene aus The Godfather bleibt auch hier sowohl f-r die filmischen Zeugen als auch f-r die Mehrheit der Zuschauer der Inhalt des Gesprchs unverstndlich. Das Resultat des Sprachtests, ja dar-ber hinaus auch die Dramatik der Unterredung – die provozierende Anrede durch Hirsch und die am Ende sprachlich wie inhaltlich souverne Reaktion von Wentz – sind jedoch offenbar dennoch f-r die umgebenden Offiziere im Film nachvollziehbar. Das zeigt sich in der Mimik des Admirals und anderer Zeugen, deren Gesichter im Verlauf des Gesprchs immer wieder in Nahaufnahme zwischengeschnitten werden. Eine entscheidende Rolle f-r das Verstndnis spielen hierbei offensichtlich paralinguistische Faktoren, wie die Lautstrke und Festigkeit der Stimme, aber auch das Sprechtempo und die Fl-ssigkeit der Rede. Anders als im Fall der Restaurantszene in The Godfather bleibt die Sequenz also trotz fehlender bersetzung nachvollziehbar; der Ausgrenzungseffekt f-r die Zuschauer ist betrchtlich gemildert. 14 15
Vgl. DVD U-571, Highlight Communications 2001, 0:14:48 – 0:17:16. Vgl. ebd., 0:15:50 – 0:16:52.
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In der deutschen Synchronfassung ist diese Szene dagegen von vornherein zum Scheitern verurteilt – denn alle beteiligten Figuren ›sprechen‹ durchwegs Deutsch. Damit kann kein Wechsel des Sprachcodes stattfinden, und der Test wird ad absurdum gef$hrt bzw. ist als solcher gar nicht mehr erkennbar. Der sprachliche Wettkampf zwischen Hirsch und Wentz wird auf besonders dramatische Weise in einer Schl$sselszene des Filmes weitergef$hrt.16 Das getarnte amerikanische U-Boot ist mittlerweile bis auf Sichtweite an U-571 herangekommen. Dessen deutsche Besatzung meint, das gerufene Rettungs-U-Boot vor sich zu haben und erwartet deswegen freudig die in Schlauchbooten heranrudernden vermeintlichen Reparaturtrupps. Um U-571 entern zu kçnnen, m$ssen sich die Amerikaner allerdings dem feindlichen Schiff so weit ann/hern, daß sie ihre Schlauchbotte festmachen kçnnen. Sie kommen also trotz Sturm und Regen unvermeidlich in Rufweite und m$ssen die Fragen der auf Deck wartenden deutschen U-Boot-Fahrer beantworten – nat$rlich auf Deutsch. Auch hier bleiben die deutschen Repliken un$bersetzt, doch f$hrt dies kaum noch zu einem nennenswerten Informationsdefizit im inneren und /ußeren Kommunikationssystem. Denn einerseits ist die situativ erforderliche Sprachverwendung fast komplett auf die phatische Funktion reduziert – es geht in erster Linie um die Aufrechterhaltung des Kommunikationskanals, um das Vertrauen der Deutschen mçglichst lange aufrechtzuerhalten. Andererseits werden in dieser noch st/rker als in der zuvor besprochenen Szene durch Mimik und Gestik die f$r das Verst/ndnis relevanten Informationen vermittelt. Und so ist auch ohne Deutschkenntnisse offensichtlich, daß der vormals souver/ne Pr$fer, Lieutenant Hirsch, an der Aufgabe zu scheitern droht. Es ist die beherzte deutsche Antwort des ›einfachen Bauernl$mmels‹, die die Situation und damit das ganze Unternehmen rettet.17 In beiden besprochenen Szenen aus U-571 f$hrt der Verzicht auf eine Untertitelung zu einer Spannungssteigerung: Das Verst/ndnis wird zwar erschwert, ist aber durch den verst/rkten Einsatz paralinguistischer und mimisch-gestischer Informationen dennoch mçglich. Es liegt beim Zuschauer, die Informationsangebote durch entsprechend aufmerksame Rezeption zu nutzen.
3. Diskontinuit/t Zu den gleichermaßen $berraschenden wie interessanten Ph/nomenen im Bereich der filmischen ;bersetzung gehçrt neben dem Fehlen von ;bertragungen auch die Diskontinuit/t im gew/hlten ;bersetzungsverfahren. Dies kann prinziell alle ;bertragungskan/le bzw. -ebenen betreffen: die Untertitelung, die Synchronisation, ja sogar den intradiegetischen Sprachcode. Solche Wechsel sind f$r den Zuschauer besonders auff/llig und bergen bei fehlender inhaltlicher oder kommunikativer Motivierung ein hohes Irritationspotential. 16 17
Vgl. ebd., 0:34:26 – 0:38:44. Auch diese Szene b$ßt selbstverst/ndlich in der deutschen Synchronfassung einen Großteil ihrer Dramatik ein.
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Ein Beispiel hierf-r findet sich in The Hunt for Red October (USA 1990, Regie: John McTiernan).18 Er spielt im Jahr 1984 und handelt davon, daß ein vçllig neuartiges, durch einen geruscharmen Spezialantrieb praktisch unaufsp-rbares sowjetisches U-Boot, die »Krasnyj OktjabrR«, von seinem Kapitn Marko Ramius an die Amerikaner -bergeben wird, um den verantwortungslosen Einsatz dieser Erstschlagswaffe zu verhindern. Der Film lebt vom politischen und militrischen Antagonismus zwischen der UdSSR und den USA. Sprachlich manifestiert sich dieser Gegensatz nat-rlich durch die alternative Verwendung des Russischen und Englischen. Allerdings gibt es auch Figuren, die diese semantische Grenze -berschreiten: Der CIA-Analyst Jack Ryan, Spezialist f-r die sowjetische U-Boot-Flotte, vertraut auf die friedlichen Absichten des sowjetischen Kapitns und -berzeugt die Verantwortlichen in den USA davon; auf der anderen Seite gehen Ramius und seine Gefolgsleute in offene Konfrontation mit der sowjetischen Militrf-hrung und riskieren damit ihr Leben, um am Ende sich selbst und das Boot den Amerikanern auszuliefern. Es ist bezeichnend, daß die genannten Figuren – Jack Ryan auf amerikanischer und Marko Ramius auf sowjetischer Seite – auch in der Lage sind, die Sprachbarriere zu -berwinden: Ryan kann Russisch und Ramius Englisch. Bei konsequentem realistischem intradiegetischem Sprachgebrauch m-ßten im Unterschied zu den englischsprachigen Szenen in den USA sowie an Bord des amerikanischen U-Boots die Dialoge auf den beiden an der Handlung beteiligten sowjetischen U-Booten auf Russisch gef-hrt und mit englischen Untertiteln versehen werden. Doch Regisseur John McTiernan entscheidet sich f-r eine diskontinuierliche Lçsung: Lediglich die Anfangsminuten an Bord der »Krasnyj OktjabrR« sind komplett auf Russisch gedreht (und werden englisch untertitelt). Mitten im Gesprch von Ramius mit seinem Politoffizier Putin gehen beide dann vçllig unvermittelt zum Englischen -ber.
Abb. 5: The Hunt for Red October, 0:14:36 (russisch gesprochener Dialog mit englischen Untertiteln) 18
Vgl. DVD The Hunt for Red October, Paramount Pictures 2003.
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Dieser Sprachwechsel ist durch den Zoom auf die Lippen des Politoffiziers im Wort »Armageddon« filmisch deutlich herausgehoben.
Abb. 6: The Hunt for Red October, 0:14:41 (bergang zum englisch gesprochenen Dialog)
Wie aus dem Audiokommentar des Regisseurs John McTiernan hervorgeht, handelt es sich dabei um ein Zitat aus The Judgement at Nuremberg (USA 1961, Regie: Stanley Kramer) – dort wechselt der von Maximilian Schell gespielte Verteidiger Hans Rolfe unvermittelt vom Deutschen ins Englische, und der bergang wird auf die identische Weise optisch markiert. Nichtsdestotrotz ist dieser Wechsel vom Russischen zum Englischen in The Hunt for Red October auf der intradiegetischen Ebene nicht motiviert.19 Strukturell gesehen handelt es sich um eine versptet einsetzende Synchronisation. Dies wiederum paßt freilich nicht damit zusammen, daß die Haupt- und Nebendarsteller englische Muttersprachler sind (und gerade in den vorangegangenen, aus sprachlicher Perspektive realistischen Szenen offenkundige Ausspracheprobleme beim Russischen haben). Es erscheint daher angemessener, von Quasi-Synchronisation zu sprechen. Erschwerend kommt hinzu, daß die sprachliche Umstellung nur partiell erfolgt und außerdem zeitweilig wieder r-ckgngig gemacht wird. Partiell ist sie deshalb, weil relativ bald nach der beschriebenen Sequenz eine besonders eindrucksvolle russischsprachige Szene an Bord der »Krasnyj OktjabrR« stattfindet: Die (grçßtenteils durch russische Schauspieler besetzte) Mannschaft singt die sowjetische Nationalhymne.20 Aufgrund des geruscharmen Antriebs von »Krasnyj OktjabrR« ist dies sogar in dem amerikanischen U-Boot zu hçren, das sich in unmittelbarer Nhe befindet. Das laute Absingen der russischen Hymne erf-llt damit zwei vçllig unterschiedliche Funktionen: Die Mannschaft ußert so ihren Stolz auf die -berlegene sowjetische Technik, die es den Amerikanern unmçglich macht, die »Krasnyj OktjabrR« weiter zu verfolgen, 19 20
Vgl. die Diskussion zu diesem Punkt auf der Internet Movie Database (URL: http://www.imdb.com/title/ tt0099810/) (22. 1. 2007). Vgl. DVD The Hunt for Red October, 0:24:48 – 0:30:25.
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und Kapitn Ramius nutzt dies gleichzeitig aus, um die amerikanische Besatzung dennoch -ber den Standort seines Boots zu informieren. Zeitweilig r-ckgngig gemacht wird der Sprachwechsel whrend des geheimen Besuchs der Amerikaner auf der »Krasnyj OktjabrR«: Dort sprechen die sowjetischen Offiziere zunchst wieder Russisch miteinander. Auf dem dramatischen Hçhepunkt des Films ist das wechselseitig durch hohes Risiko und entsprechende Befangenheit gekennzeichnete Ost-West-Treffen also zu Beginn auch durch den verwendeten Sprachcode differenziert und distanziert. Im weiteren Verlauf der Szene sind es dann vor allem die sprachlichen Grenz-berschreitungen des CIA-Analysten Ryan und des Kapitns Ramius, die das Aufeinanderzugehen einleiten und schließlich die bergabe des U-Boots an die Amerikaner ermçglichen.21 Insgesamt hinterlßt der Film in bezug auf Sprachverwendung, bersetzung und Untertitelung einen zwiespltigen Eindruck. Er schwankt zwischen erzhllogisch unmotivierten und daher mehr oder weniger zufllig wirkenden Sprach- und bersetzungsmodi (wie in der besprochenen Anfangssequenz) auf der einen und durch Figurenkonstellation und Dramaturgie hochmotivierten komplexen Strukturen (wie in der bergabeszene) auf der anderen Seite. Hinzu kommt – freilich vor allem f-r Zuschauer mit entsprechenden Sprachkenntnissen – die schlechte, ja hufig kaum verstndliche Aussprache der russischen Dialogpartien durch die englischsprachigen Darsteller, die zumindest im Falle von Sean Connery und Sam Neill unfreiwillig komisch wirkt. Ein weiteres prominentes Beispiel f-r diskontinuierliche Sprachverwendung aus der j-ngsten Filmproduktion stellt Memoires of a Geisha (USA 2005, Regie: Rob Marshall) dar. Der Film zerfllt unter der Perspektive von Sprache und bersetzung in drei Teile. Zunchst die kurze Einleitungssequenz, in der ein japanischer Fischer seine zwei Tçchter an einen Mdchenhndler verkauft – sie ist komplett in Japanisch gehalten, auf Untertitel wird verzichtet. Damit ist dieser Abschnitt konsequent realistisch, allerdings f-r die meisten Zuschauer sprachlich nicht verstndlich. Dann der Hauptteil des Films, in dem geschildert wird, wie Chiyo, die j-ngere der beiden Schwestern, in Kyoto zur Geisha ausgebildet wird. In diesem Abschnitt, der ebenfalls in einem rein japanischen Kontext spielt, wird jedoch ausschließlich Englisch gesprochen. Wie bei The Hunt for Red October handelt es sich strukturell gesehen um eine versptet einsetzende Quasi-Synchronisation. Ebenso wie dort findet die sprachliche Transformation nicht auf der extradiegetischen Ebene statt, sondern die Darsteller selbst sprechen Englisch. Besonders deutlich wird der Unterschied zwischen Sprach- und bersetzungsmodus, wenn man die Dialoge der Schwestern im ersten und im Hauptteil miteinander vergleicht.22 Der letzte Teil des Films spielt nach der amerikanischen Invasion. Hier liegt eine Mischung aus realistisch-un-bersetzten und unrealistisch--bersetzten Sequenzen vor: zum einen die auf Englisch gef-hrten Unterhaltungen zwischen Japanern und Amerikanern, zum anderen die quasi-synchronisierten Passagen der internen Gesprche der Japaner, die ebenfalls in Englisch stattfinden. 21 22
Vgl. ebd., 01:46:20 – 01:50:26. Vgl. DVD Die Geisha, Warner 2006, 0:00:46 – 0:03:31 sowie 0:25:44 – 0:26:51.
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Die Sprachverwendung und bersetzung in Memoirs of a Geisha ergibt – anders als bei The Hunt for Red October – trotz ihrer Diskontinuitt eine klare Struktur. Allerdings zieht die Quasi-Synchronisation im Hauptteil sowie z. T. im Schlußteil – auch das wiederum anders als beim zuvor besprochenen Film – eine f-r die Rezeption nicht unerhebliche Konsequenz nach sich. Da die Darsteller zumeist aus China oder Japan stammen, ist ihr Akzent im Englischen un-berhçrbar. Ihre Sprachverwendung ist nicht nat-rlich, sondern es stellt sich beim Zuschauer unweigerlich ein »Gef-hl des Fremden« ein,23 was einen erheblichen illusionsdurchbrechenden Effekt zur Folge hat, der jedoch keinerlei Funktion im Hinblick auf das Gezeigte aufweist. Dies lßt sich besonders gut -berpr-fen, wenn man die deutsche Fassung zum Vergleich heranzieht. Hier fllt dieses Problem weg, weil durchwegs muttersprachliche Synchronsprecher verwendet wurden. Damit ist – auf den ersten Blick sicher unerwartet – die weitaus inauthentischere ›echte‹ Synchronfassung sprachlich homogener als das Original. In beiden Filmen erregen die Br-che im verwendeten Sprachcode zwangslufig die Aufmerksamkeit der Zuschauer, transportieren aber keine f-r die Wahrnehmung und das Verstndnis der Filme relevante Information. Verstndlich sind sie nur als Kompromißlçsung, bei der nach einem sprachlich (mehr oder weniger) authentischen Einstieg aus produktionstechnischen Gr-nden auf die Quasi-Synchronisation zur-ckgegriffen wird. Unter der hier eingenommenen Perspektive zugespitzt formuliert, geriert sich die filmische bersetzung in diesen Fllen zwar als Kommunikator mit dem Anspruch auf Publikumsf-hrung, wird dieser Rolle aber durch das inaptum von Mitteln und Zweck nicht gerecht und stellt sich statt dessen als ›notwendiges bel‹ selbst aus.
3. Filmische Ironie durch Untertitel Abschließend soll an zwei Beispielen die Leistungsfhigkeit von Untertiteln als supplementrer Form des sprachlichen Transfers veranschaulicht werden. Dieses Potential wird dort besonders deutlich, wo die Untertitel einen Widerspruch zwischen dem inneren Kommunikationssystem, der Erlebnisweise der Figuren, und dem ußeren Kommunikationssystem, d. h. der Wahrnehmung durch die Zuschauer, provozieren. An dieser Stelle kann man an Manfred Pfisters Begriff der ›dramatischen Ironie‹ ankn-pfen. Er unterscheidet dieses Phnomen strikt von der ›Ironie im Drama‹, bei der der ironische Effekt bereits im inneren Kommunikationssystem funktioniert. Dramatische Ironie im eigentlichen Sinne definiert er folgendermaßen: Sie tritt immer dann auf, wenn die sprachliche Nußerung oder das außersprachliche Verhalten einer Figur f-r den Rezipienten aufgrund seiner -berlegenen Informiertheit eine der Intention der Figur widersprechende Zusatzbedeutung erhlt. Im ersten Fall handelt es sich um eine verbale dramatische Ironie, im zweiten Fall um eine aktionale.24 23
24
Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher, Ueber die verschiedenen Methoden des Uebersetzens, in: ders., Akademievortrge, hg. v. Martin Rçssler u. Mitwirkung v. Lars Emersleben, Berlin / New York 2002, 66 – 93, hier: 80. Manfred Pfister, Das Drama. Theorie und Analyse, 8. Auflage, M-nchen 1994, S. 87 – 90, hier: 88.
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Pfister hat dabei unter der Maßgabe der ihn interessierenden ›normalen‹ dramatischen Kommunikationsform in erster Linie den Informationsvorsprung der Zuschauer in bezug auf das innere Kommunikationssystem im Blick. Anders als die einzelnen Figuren -bersieht der Rezipient die gesamte Handlung und kann daher Widerspr-che erkennen, die den Figuren in ihrer begrenzten Wahrnehmung nicht zugnglich sind.25 Derselbe Effekt, eine ironische Umwertung des Verhaltens oder der Nußerungen von Figuren, kann im Film durch den entsprechenden Einsatz von Untertiteln, d. h. auf der Ebene des vermittelnden Kommunikationssystems, hervorgerufen werden. In einer schwachen Ausprgungsform werden dabei lediglich Tendenzen verstrkt, die auch ohne die Zusatzinformation un-bersehbar sind. Ein Beispiel hierf-r ist der sehr sparsame und wohlplazierte Einsatz von Untertiteln in der Horror-Science-Fiction-Komçdie Critters 2 – The Main Course (USA 1988, Regie: Mick Garris). Die Critters, eine gleichermaßen aggressive wie gefrßige extraterrestrische Lebensform, sind nach ihrer inkonsequenten Bekmpfung im ersten Teil des Films wieder zum Leben erwacht und terrorisieren erneut die amerikanische Kleinstadt GroverRs Bend. Wie schon im Vorgngerfilm kommen den Menschen außerirdische Kammerjger zur Hilfe, die dem interstellaren Ungeziefer mit Spezialwaffen zu Leibe r-cken. In einem Schnellrestaurant kommt es zur ersten Suberungsaktion.26 In der englischsprachigen Originalversion werden hier erstmals in der insgesamt vierteiligen Filmfolge ›open subtitles‹, d. h. obligatorische Untertitel, verwendet.27 Die von den Critters produzierten tierischen Gerusche erhalten damit vçllig unvermittelt den Status sprachlicher Nußerungen. Dies geschieht ausgerechnet durch den Slangausdruck »BitchinR«, mit dem einer der Critters sein Spiegelbild kommentiert, nachdem ihm seine Per-cke weggeschossen wurde.
25
26 27
Als Beispiel nennt Pfister die Auftrittsworte von Macbeth »So foul and fair a day I have not seen« (I, 3, 38). Damit bezieht sich die Titelfigur von Shakespeares Tragçdie ausschließlich auf den Gegensatz zwischen dem Unwetter und der Freude -ber den militrischen Sieg. F-r den Zuschauer klingt jedoch un-berhçrbar der an fr-herer Stelle geußerte Spruch der Hexen »Fair is foul and foul is fair« (I, 1, 11) mit: »noch bevor [Macbeth] die Hexen wahrnimmt, steht er schon unter ihrem diabolischen Einfluß.« (Pfister, Das Drama, 88 f.) Vgl. DVD Critters 2, New Line Home Entertainment 2005, 0:43:00 – 0:45:00. Anders in der deutschen Synchronfassung, in der die ›Unterhaltungen‹ der Critters bereits im ersten Teil untertitelt werden. – Zur Unterscheidung zwischen ›closed‹ (d. h. optionalen) und ›open subtitles‹ vgl. Josephine Dries, Dubbing and subtitling. Guidelines for production and distribution, D-sseldorf 1995, 26.
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Abb. 7: Critters 2 – The Main Course, 00:44:36
Abb. 8: Critters 2 – The Main Course, 00:44:39
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Abb. 9: Critters 2 – The Main Course, 00:44:42
Die un-bersehbar ironischen Z-ge, die die Vernichtungsaktion in dieser Sequenz aufgrund der Art der Inszenierung ohnehin aufweist, werden durch diesen pointierten Kommentar erheblich verstrkt. Denn er gewhrt dem Zuschauer (nat-rlich in stark reduzierter Form) Einblick in die Innenperspektive der Critters. Ihm erscheinen in diesem Moment die außerirdischen Wesen nicht nur wegen ihres kindischen Verhaltens lcherlich, sondern auch aufgrund ihrer vçllig inadquaten Selbstwahrnehmung. Denn offensichtlich ist – nat-rlich nur aus menschlicher Perspektive – ein Critter ohne keinesfalls hßlicher als mit Per-cke. In der deutschen Fassung des Films bleibt von diesem Effekt dagegen kaum etwas -brig. Denn hier hat man sich daf-r entschieden, die Critters von Beginn an zu synchronisieren, ihnen also eine menschliche Stimme zu verleihen. Die substituierende Form der bersetzung, ihre Kontinuitt und nicht zuletzt die schwache Qualitt des Synchrontextes f-hren un-bersehbar zu einer Verflachung der Komik. Aus den extraterrestrischen Freßmonstern werden Witzfiguren, -ber die man kaum noch lachen kann. Filmische Ironie im engeren Sinne wird durch Untertitel dort produziert, wo die durch sie vermittelten Informationen tatschlich eine kontrre Bewertung der Situation bewirken. Das Verhalten der Figuren, das auf einem sprachbedingt begrenzten Wissensstand beruht, wird dabei von den Zuschauern als inadquat durchschaut. Ein sehr eindrucksvolles Beispiel daf-r findet sich in Dances With Wolves (USA 1990, Regie: Kevin Costner), der Geschichte des Lieutenant John Dunbar, der sich aus den Wirren des amerikanischen B-rgerkriegs auf einen einsamen militrischen Vorposten im Indianergebiet versetzen lßt. Dort kommt es zum Kontakt zu einem ansssigen SiouxStamm, von dessen Angehçrigen er schließlich akzeptiert und integriert wird.28 Doch das 0
Zur Fragew-rdigkeit dieses ›Seitenwechsels‹ vgl. Armando Jos\ Prats, The image of the Other and the Other. »Dances With Wolves«: The refigured Indian and the textual supplement, in: Journal of Film and Video 50, 1 (1998), 3 – 19, hier: 16: »More than the ethnographic correctness of Dances With Wolves,
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harmonische Leben ist nicht auf Dauer gestellt – der Film endet damit, daß die Regierungstruppen bis in das R-ckzugsgebiet der Sioux vordringen. Dunbar, der jetzt den Indianernamen »Dances With Wolves« trgt, muß zusammen mit seiner Frau den Stamm verlassen, um eine drohende Vergeltungsaktion zu verhindern. Die hier interessierende Szene findet sich am Ende des ersten Drittels des Films.29 Nachdem es zuvor bereits zwei kurze Begegnungen zwischen dem Lieutenant und den Sioux gegeben hat, findet nun erstmals eine Kommunikation zwischen beiden Seiten statt. Allerdings sind die Rahmenbedingungen alles andere als friedlich: Eine Gruppe von Sioux hat Dunbars Pferd gestohlen, er verfolgt sie mit Revolver im Anschlag. »Wind In His Hair«, einer der Krieger, kehrt um und reitet mit gez-ckter Lanze in vollem Galopp auf ihn zu.
Abb. 10: Dances With Wolves, 1:05:04
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more than its casting of Native Americans in the roles of Lakotas and Pawnees, more even than its almost fastidiously proper appeal to the Lakota language as a way of insisting on the cultural integrity of the Other – it is the image of the white hero that bears the chief burden (and also claims the high privilege) of contesting the canonical sources of figuration; we are to know the real Indian principially through this white man who learns to value, and in time claims to be, the Other.« Vgl. DVD Der mit dem Wolf tanzt, Arthaus Video 1998, 1:03:42 – 1:05:52.
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Abb. 11: Dances With Wolves, 1:05:06
Auf intradiegetischer Ebene ist dieses Zusammentreffen f-r beide Seiten existentiell bedrohlich. Dunbar muß aufgrund des kriegerischen Aussehens und der hçchst aggressiven Pose seines Gegen-bers vor dem Hintergrund der zahlenmßigen berlegenheit der Indianer und des Verlustes seines Pferdes um sein Leben f-rchten. »Wind In His Hair« seinerseits hat nicht nur vor dem Revolver des Lieutenants Angst, sondern f-rchtet vor allem dessen -bermenschliche Krfte, von denen zuvor der Medizinmann des Stammes in einer Versammlung gesprochen hatte. Beide agieren in dieser gefhrlichen Situation in der Form einer prventiven Drohung, mit der der Gegner eingesch-chtert und zugleich die eigene Angst -berspielt werden soll. Dunbar richtet den Revolver auf den Indianer, und dieser wiederum attackiert den Lieutenant, indem er mit zum Wurf bereiter Lanze auf ihn zugaloppiert. Dabei schreit er ihn auf Lakota an, was seine Bedrohlichkeit f-r Dunbar noch weiter unterstreicht, denn dieser versteht die Stammessprache nicht und ist so allein auf die aggressiv wirkenden paratextuellen Signale angewiesen. Die Zuschauer dagegen werden durch die Untertitel -ber den Inhalt der sprachlichen Nußerung aufgeklrt: Ich heiße »Wind In Seinem Haar«. Ich heiße »Wind in Seinem Haar«. Siehst Du, daß ich keine Angst vor Dir habe? Siehst Du das?30
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Diese Szene ist im Film auch deshalb herausgehoben, weil sich eine Parallele am Filmende findet, als John Dunbar Abschied vom Sioux-Stamm nimmt. Whrend dieser mit seiner Frau aus dem Lager reitet, ruft ihm »Wind In His Hair«, wiederum in Kriegsbemalung und mit Lanze auf seinem Pferd sitzend, zu: »›Der Mit Dem Wolf Tanzt‹. – Ich bin ›Wind In Seinem Haar‹. – ›Siehst Du, daß ich Dein Freund bin?‹. – ›Siehst Du, daß Du immer mein Freund sein wirst?‹« (DVD Der mit dem Wolf tanzt, 3:35:22 – 3:36:25.)
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Abb. 12: Dances With Wolves, 1:05:18
Dem reinen Text zufolge, d. h. unter Absehen von der Vortragsweise, handelt es sich um nichts anderes als eine – freilich selbstbewußte – Vorstellung des Indianers. Wenn man den Inhalt der Rede kennt, erscheint die spezifische Form der Performanz daher kaum noch als Drohung, sondern vielmehr als Vehikel, sich selbst Mut zu machen. Doch Dunbar kann das aufgrund seines eingeschrnkten Kenntnisstandes nicht wissen. Er reagiert nicht verbal, sondern hlt die Gebrde der Gegendrohung aufrecht, bis »Wind In His Hair« davonreitet. Die durch die vermeintliche Lebensbedrohung erzeugte psychische Anspannung ist so groß, daß er – wohlgemerkt: nachdem die Indianer außer Blickweite sind – kurz darauf ohnmchtig zusammenbricht.
Abb. 13: Dances With Wolves, 1:05:54
Der Zuschauer hingegen erkennt aufgrund der Zusatzinformationen, die ihm insbesondere die Untertitel liefern, daß weniger ein Gleichgewicht des Schreckens als vielmehr ein Gleichgewicht der Angst vorliegt. Diese kann in der filmischen Realitt erst abgebaut 58
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werden, nachdem eine Kommunikation zwischen beiden Seiten etabliert ist. Die entscheidende Rolle dabei spielt eine bersetzerfigur, »Stands With A Fist«, eine von Indianern entf-hrte Weiße, die spter die Frau von John Dunbar alias »Dances With Wolves« wird. In dem Maße, wie Dunbar selbst die Sprache der Indianer erlernt,31 verndert sich die Funktion der Untertitel. Sie verschaffen den Zuschauern keinen Informationsvorsprung mehr, sondern ermçglichen es ihnen -berhaupt erst, auf den Wissensstand der Figuren aufzuschließen. Mit der Reihe der vorgestellten Spielarten (fehlend, diskontinuierlich und ironisierend) wird selbstverstndlich nicht der Anspruch erhoben, das weite und komplexe Feld der Interrelation von filmischer bersetzung und Informationsvergabe in allen wichtigen Punkten abzustecken. Vielmehr versteht sich der vorliegende Beitrag als Problemaufriß und zugleich als Anregung, die mannigfaltigen rhetorischen Funktionen und das k-nstlerische Potential dieser nur scheinbar peripheren und rein technischen Form des Umgangs mit Mehrsprachigkeit im Film weiterhin intensiv zu untersuchen.
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Der Unterschied in der Sprachkompetenz besteht allerdings nur innerhalb der filmischen Realitt. Denn im Verlauf der Dreharbeiten mußten auch die Darsteller der Sioux die Stammessprache erst erlernen, deren Verwendung lange Zeit verboten gewesen war. Vgl. das Gesprch mit Doris Leader Charge, der Sprachtrainerin in Dances With Wolves, in: Elizabeth Royte, American tongue, Interview 20, 11 (1990), 52.
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Von der Bedrohung durch das Sprechen zur Gestaltung durch die Sprachen ber die Internationalitt, Transnationalitt und Multinationalitt von Spielfilmen
1. Das Esperanto f#r den Tonfilm Warum wird whrend der Filmvorf#hrung immer Musik gespielt? Warum wirkt ein Film ohne Musikbegleitung peinlich? Vielleicht ist die Musikbegleitung dazu da, um den luftleeren Raum zwischen den Gestalten, den sonst der Dialog #berbr#ckt, zu f#llen. Auch wirkt jede Bewegung, die vollkommen lautlos ist, unheimlich. Noch unheimlicher wre es aber, wenn einige hundert Menschen in einem Saal beisammen sßen, stundenlang schweigend, in absoluter Stille.1
Der Stummfilm war gar nicht stumm. Dies ist eine Wahrheit, die die internationale Filmgeschichtsschreibung in den letzten 25 Jahren durch zahlreiche Publikationen zur Gewißheit gemacht hat. Die Mehrheit der Autoren ging dabei in verschiedener Form auf die Tatsache ein, daß stumme Filme immer mit Musikbegleitung,2 bis in die 10er Jahre auch durch Publikumsgerusche,3 durch einen Filmerklrer4 oder sogar durch die Dialoge hinter der Leinwand nachsprechende Schauspieler5 begleitet wurden. Michel Chion dagegen wies auf eine Ungenauigkeit im Sprachgebrauch hin: Er schlug vor, den Stummfilm fortan nicht mehr Stumm-, sondern Taubfilm zu nennen, da die Schauspieler ja sichtbar sprchen, der Zuschauer sie nur nicht hçren kçnne.6 Eine andere Wahrheit ist, daß der Tonfilm keineswegs erst Ende der 20er Jahre erfunden wurde, als er sich schließlich innerhalb weniger Jahre restlos durchsetzen sollte. Vielmehr beruhte der erste Langspielfilm mit Dialogpassagen, Alan Croslands The Jazz Singer (1927), auf einer (Schallplatten-)Technik, mit der schon zu Beginn des Jahrhunderts die sogenannten Tonbilder produziert worden waren.7 Genau wie die Tonbilder konzentrier1 2 3
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BBla Bala´zs, Der sichtbare Mensch oder die Kultur des Films, Frankfurt a. M. 2001, 98. Vgl. Rick Altman, Silent Film Sound, Columbia 2005. Vgl. Jean Chaˆteauvert / AndrB Gaudreault, Les bruits des spectateurs ou: le spectateur comme adjuvant du spectacle, in: Richard Abel / Rick Altman (Hg.), The Sounds of Early Cinema, Bloomington / Indianapolis 2001, 295 – 302. Vgl. z. B.: Fritz G#ttinger, »Aufpassen und nicht trumen!« Vom Erklrer im Kino, in: Ders. (Hg.), »Kçpfen Sie mal ein Ei in Zeitlupe!« Streifz#ge durch die Welt des Stummfilms, Z#rich 1992, 113 – 122; Tom Gunning, The Scene of Speaking. Two Decades of Discovering the Film Lecturer, iris 27 (1999), 67 – 79. Vgl.: Kevin Brownlow, Pioniere des Films. The paradeOs gone by…, Basel / Frankfurt a. M. 1997, 350; Charles Musser, Die Nickelodeon-Qra beginnt. Zur Herausbildung der Rahmenbedingungen f#r den Reprsentationsmodus Hollywoods, in: Frank Kessler / Sabine Lenk / Martin Loiperdinger (Hg.), Auff#hrungsgeschichten (KINtop Schriften 5), Basel / Frankfurt a. M. 1994, 13 – 35. Vgl. Michel Chion, La voix au cinBma, 2. Aufl., Paris 1993, 20. Ein Zustand, der offenbar dazu f#hrte, das Kinopublikum im Lippenlesen zu schulen. Vgl. Brownlow, Pioniere des Films, 349. Vgl.: Ennio Simeon, Messter und die Musik des fr#hen Kinos, in: Martin Loiperdinger (Hg.), Oskar Messter – Filmpionier der Kaiserzeit (KINtop Schriften 2), Basel / Frankfurt a. M. 1994, 135 – 147;
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ten sich auch die ersten Tonfilme auf Musik und Gesang. Abgesehen von mçglichen technischen Schwierigkeiten, z. B. wegen den noch unausgereiften Aufnahme-8 und Mischverfahren,9 war es besonders die Angst vor dem mçglichen Verlust der Auslandsmrkte, die die Produzenten die Verwendung von Filmdialogen f#rchten ließ. Noch 1932, als sich der Sprechfilm bereits durchgesetzt hatte, erklrte der Ufa-Produzent Erich Pommer das »Esperanto f#r den Tonfilm«10 im Hinblick auf die musikalischen, und nicht auf die verbalen Elemente seiner Tonfilmoperetten f#r gefunden. Doch es waren letztendlich die mçglichst nat#rlich gesprochenen Dialoge (man beachte den Unterschied zur damaligen Theaterpraxis), die die neuen Tonfilme von den alten Tonbildern unterschieden, das Publikum begeisterten und nach und nach die Filme zu dominieren begannen. Den Anstoß f#r diese Entwicklung gab wohl unabsichtlich der eigens f#r The Jazz Singer verpflichtete Vaudeville-Snger Al Jolson, der eine Gesangsnummer im Film offenbar improvisiert11 mit den ber#hmten Worten unterbrach: » Wait a minute! You ainOt heard nothinO yet.«
2. Die Enttuschung durch den Sprechfilm Zwar stritt man noch dar#ber, ob der Film ein Ton- oder Sprechfilm sei, aber die Diskussionen und theoretischen Auseinandersetzungen waren lediglich ein Nachgesang auf eine Qra, die ein f#r allemal vorbei war.12
Der Begriff »Sprechfilm« wurde zwar anfangs – wie viele andere Begriffe auch – als Synonym zu »Tonfilm« gebraucht, doch Rudolf Arnheim definierte in einem Artikel f#r die Weltbhne Nr. 17 vom 23. April 1929 bereits eine genauere Abgrenzung: Tonfilm – das ist zunchst die mechanische Wiedergabe der Musikbegleitung, die bisher von den Kinoorchestern ausgef#hrt wurde und die eine n#tzliche und notwendige Einrichtung ist. […] Sowie aber die Begleitung zur Nachahmung oder Reproduktion von Geruschen, von Klingeln, Sch#ssen, Instrumentenspiel #bergeht, haben wir die Grenze zum Sprechfilm, der darin besteht, daß alle akustischen Begleiterscheinungen der optisch dargestellten Szene mitgeliefert werden […].13
Verstand Arnheim den Sprechfilm in dieser fr#hen Phase also noch als Tonfilm, der neben Musik auch Gerusche enthlt, nderte sich seine Definition mit dem Hinzukommen des Filmdialogs, den er bald in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen stellte. In seinem Standardwerk Film als Kunst spricht Arnheim 1932 schließlich vom »reinen« oder »extremen«
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Michael Wedel, Schizophrene Technik, sinnliches Gl#ck. Die Filmoperette und der synchrone Musikfilm 1914 – 1929, in: Katja Uhlenbrok (Hg.), MusikSpektakel Film. Musiktheater und Tanzkultur im deutschen Film 1922 – 1937, M#nchen 1998, 85 – 104. Zur Mikrophontechnik der 20er und 30er Jahre vgl. Rick Altman, The Technology of the Voice, iris 3, 1(1985) 3 – 20. Vgl. David A. Cook, A History of Narrative Film, New York / London 1981, 257. Erich Pommer, Tonfilm und Internationalitt, in: Frank Arnau (Hg.), Universal Filmlexikon 1932, Berlin / London 1932, 13 – 14; hier: 14. Vgl. Cook, A History of Narrative Film, 240. Jerzy Toeplitz, Geschichte des Films 1928 – 1933, M#nchen 1977, 83. Rudolf Arnheim, Tonfilm-Verwirrung, in: Ders., Kritiken und Aufstze zum Film, hg. v. Helmut H. Diederichs, M#nchen / Wien 1977, 61 – 64; hier: 63.
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Sprechfilm, der f#r ihn nur noch technisch, nicht aber sthetisch vom Theater der B#hne zu unterscheiden ist. Problematisch sei, daß dieser Sprechfilm – obwohl theatergleich – in der Qualitt seiner Dialoge sehr von der B#hne abfalle.14 F#r einen anderen Filmtheoretiker, BBla Bala´zs, war der Stummfilm 1930 noch nicht abgeschrieben. Er sah eher die Mçglichkeit eines Tonfilms, der den Ton (und damit den Dialog) nur dann verwenden w#rde, wenn dieser »nicht nur als Ergnzung, als Bereicherung dramatischer Szenen, sondern als zentrales, entscheidendes dramatisches Ereignis […] und als Grundmotiv der Handlung«15 eingesetzt w#rde, und zwar neben einem Stummfilm, der sich dagegen auf seine Strke der »absoluten Visualitt«16 besinnen und konzentrieren m#sse. Der Tonfilm war, so Bala´zs, »nicht die logische, also organische Fortsetzung des Stummfilms, sondern eine andersgeartete Kunst«:17 eine neue, audiovisuelle Kunst, die aber ihren Kunstauftrag nicht wahrnahm. Rudolf Arnheim sprach sich f#r die kontrapunktische Behandlung des Tons aus. Der Ton sollte zwar synchron zum Bild sein, aber dessen Aussagekraft durchaus erweitern oder konterkarieren. Asynchronitt dagegen, wie sie von Regisseuren wie Eisenstein oder Clair postuliert wurde, lehnte er strikt ab. Die kreative Kombination von Tçnen und Bildern, die in keinem nat#rlichen Zusammenhang stehen, war f#r Arnheim »Literatur«,18 weil sie Metaphern k#nstlich nachbildet anstatt auf die Ausdruckskraft der Abbildung von Wirklichkeit zu bauen. Und von der Literatur bzw. besonders vom B#hnendrama sollte der Tonfilm sich mit seinen eigenen Mçglichkeiten abgrenzen. 1932 zog Arnheim ein erstes Fazit: Mit Mißtrauen sahen wir den Tonfilm kommen. Denn es schien, daß er alles w#rde zerstçren m#ssen, was wir als Besonderheit des stummen Films geliebt hatten. Dann wurden wir hoffnungsvoller, weil wir einsahen, daß der Tonfilm neue, eigene Reize an die Stelle dessen, was er zerstçrte, w#rde setzen kçnnen. Inzwischen hat sich herausgestellt, daß der Tonfilm diese neuen Mçglichkeiten so wenig wie mçglich auszunutzen w#nscht. Zerstçrt hat er, aber ersetzt hat er nichts.19
Seine Hoffnung bezog sich vor allem darauf, daß der Tonfilm durch wenige Worte und gezielt eingesetzte auditive Effekte helfen kçnnte, zwischenmenschliche Konflikte und innere Spannungen besser, klarer, diversifizierter auszudr#cken. Seine Enttuschung dagegen resultierte daraus, daß der Großteil der Filme auf (oft nicht einmal kunst- oder gehaltvollen, redundanten) Dialogen aufbaute, die das Bild nicht ergnzten, sondern es #berlagerten. Diese Aussage erinnert an Bala´zsO Forderung, die Mçglichkeiten des Ton-
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Vgl. Rudolf Arnheim, Film als Kunst, Frankfurt a. M. 2002, 213 – 219. BBla Bala´zs, Der Geist des Films, Frankfurt a. M. 2001, 138. Ebd. BBla Bala´zs, Der Film. Das Werden und Wesen einer neuen Kunst, 4. Aufl., Wien 1972, 221. Rudolf Arnheim, Tonfilm mit Gewalt, in: Ders., Kritiken und Aufstze zum Film, 68 – 71; hier: 70. Hinter theaterhaften Filmdialogen und asynchronen Tonexperimenten standen zwei unterschiedliche Aufnahmetechniken, der Direktton und der nachsynchronisierte Ton, die bis heute die beiden Pole der Filmtonatmosphre bilden. Die kontrapunktische Tonbehandlung ist technikunabhngig. Vgl. hierzu Charles OOBrien, CinemaOs Conversion to Sound. Technology and Film Style in France and the U. S., Bloomington 2005. Rudolf Arnheim, Tonfilm auf Abwegen, in: Ders., Kritiken und Aufstze zum Film, 71 – 73; hier: 71.
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films konsequenter auszunutzen, und ist mit Abstrichen auch aus heutiger Sicht noch nachvollziehbar.
3. Die verlorene und wieder gewonnene Internationalitt F#r einen kurzen Moment schien der Erfolg des Sprechfilms zu einem echten Problem f#r den internationalen Vertrieb zu werden. In der Stummfilmzeit war es ein Leichtes gewesen, die Zwischentitel auszutauschen oder dem Film durch ein paar Umschnitte ein alternatives Ende zu geben. Wie aber sollten Dialogfilme f#r die Auslandsmrkte bearbeitet werden? Die Filmindustrie der Vereinigten Staaten hatte den Vorteil, ihre Produkte schon auf dem riesigen Heimmarkt amortisieren zu kçnnen. Die Verantwortlichen auf unserem Kontinent trumten deshalb von der Schaffung eines Film-Europa, das der amerikanischen bermacht die Stirn bieten kçnnte.20 ber die konkrete Umsetzung dieser Idee bestand allerdings keine Einigkeit, wie Oskar Kalbus, der von 1920 – 1945 Karriere in der Ufa gemacht hatte,21 1956 r#ckwirkend beschrieb: Andere wollen zur Schaffung eines Filmeuropa die Synchronsierung der Filme europischen Ursprungs verbannen und nur Untertitel zulassen, mçglichst auf eine seitlich angebrachte Leinwand projiziert, anstatt im Filmbilde untergebracht, weil die unterschiedlichen Sprachen Westeuropas nur nationale Dialekte, nicht aber Trennungswnde sein sollten. Andere empfehlen eine kurze Skizzierung der Filmhandlung durch einen Kommentator in der jeweiligen Landessprache wie einst beim stummen Film. Und wieder andere bef#rworten eine drei- und vierfache Verfilmung eines #bernationalen Stoffes in den wichtigsten Sprachen unseres Kontinents.22
Tatschlich war die Palette an Prsentationsmethoden f#r fremdsprachige Spielfilme in den Jahren 1929 – 1932 sehr bunt. Einige, wenn auch nicht allzu viele Filme wurden ganz einfach in der Originalfassung aufgef#hrt: Die Leitung des Mozart-Saals in Berlin hat einen franzçsischen Sprechfilm [parlant], Sous les toits de Paris [1930] von RenB Clair, in seiner integralen Version gezeigt. Kein einziges Wort war herausgeschnitten, keine einzige Szene verndert worden. Diejenigen Zuschauer, die unsere Sprache nicht wirklich beherrschen, haben den exzellent gemachten Film dennoch verstanden und ihm einen andauernden Erfolg beschert …23
Manchmal wurden diese Originalfassungen, wie Kalbus berichtet, von einem »Kommentator«, auch Conferencier genannt, erklrend begleitet. Enthielt der Film nur wenige Dialoge, konnte man diese im Original belassen und, als ob es sich um einen Stummfilm handelte, in Zwischentiteln #bersetzen. Oder man drehte den Dialogton einfach ab und erfand ganz neue Texte f#r die Zwischentitel. Dies trifft z. B. auf den deutschen Spielfilm Strme der Leidenschaft (1932, Robert Siodmak) mit Emil Jannings zu, der nur noch in 20 21 22 23
Vgl. Andrew Higson, Film-Europa. Dupont und die britische Filmindustrie, in: J#rgen Bretschneider (Hg.), Ewald AndrB Dupont. Autor und Regisseur, M#nchen 1992, 89 – 100. Vgl. CineGraph. Lexikon zum deutschsprachigen Film, hg. v. Hans-Michael Bock, Lg. 9 (1987), M#nchen 1984 ff. Oskar Kalbus, Wir brauchen ein Film-Europa. Ideen und Plne, Wiesbaden 1956, 49. Jean Marquet, o. T., CinBmonde, 98 (4. September 1930). Zitiert nach: Roger Icart, La rBvolution du parlant, vue par la presse franc¸aise, Perpignan 1988, 112. bersetzt von Chris Wahl.
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einer italienischen Exportversion erhalten ist, in der alle Dialoge durch italienische Zwischentitel ersetzt wurden. Einzig diejenigen Textpassagen sind erhalten, in denen die Hauptdarstellerin Anna Sten Friedrich Hollnders Schlager Ich weiß nicht, zu wem ich gehçre singt. Enthielten diese Fassungen auf ihrer Tonspur zumindest Musik, so mußten bis zur flchendeckenden Umr#stung auf Ton in manchen Kinos die Filme in einer vçllig stummen Fassung (also mit Live-Begleitung) gezeigt werden.24 Filme aus den Jahren 1929 und 1930 wurden daher oftmals sowohl in einer stummen als auch in einer Tonfassung gedreht. Oskar Kalbus spricht drei weitere Lçsungen f#r die Prsentation von fremdsprachigen Tonfilmen an, die zum Teil bis heute zur Anwendung kommen: die Synchronisation, die Untertitelung und die »drei- oder vierfache Verfilmung«. Bei letzterer Methode handelt es sich um die sogenannten Sprachversionsfilme, deren wesentlicher Grundgedanke war, die Einheit von Kçrper und Stimme unangetastet zu lassen. Also drehte man einen Film gleich mehrmals hintereinander in denselben Sets, aber eben in verschiedenen Sprachversionen, f#r die jeweils ein eigenes Schauspielerensemble verpflichtet wurde, wenn nicht – in Einzelfllen – mehrsprachige Akteure zur Verf#gung standen.25 Nachdem British International Pictures in Elstree bei London mit Atlantic (E. A. Dupont) im Oktober 1929 den ersten Film in Versionen (englisch, deutsch) vorgelegt hatte,26 arbeiteten im Laufe der 30er Jahre noch viele weitere Firmen in verschiedenen Lndern und unter unterschiedlichen Bedingungen mit dieser Strategie, wobei bis 1931 Hollywood – vor allem die Paramount in einem extra daf#r eingerichteten Studio in Joinville bei Paris – am fleißigsten war,27 whrend die deutsche Ufa in der Folge zum ex- und intensivsten Hersteller wurde: Bis 1936 entstanden in Neubabelsberg 72 Filme neben der deutschen Fassung auch in fremdsprachigen – meist franzçsischen – Versionen, darunter z. B. Die Drei von der Tankstelle (1930, Wilhelm Thiele).28 Die Herstellung von Sprachversionsfilmen war ein kostspieliges Unterfangen und wurde daher seit Mitte der 30er Jahre nur noch vereinzelt betrieben, wenn auch in den 50er Jahren, z. B. im Zuge von deutsch-hollndischen Koproduktionen,29 noch ein paar 24
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In Deutschland wurde dieser Prozeß zwar vollstndig erst 1935 abgeschlossen, die ausschlaggebenden tglich spielenden Kinos waren aber bereits 1931 zu 97 % umger#stet. Vgl. Corinna M#ller, Vom Stummfilm zum Tonfilm, M#nchen 2003, 24 f. Zur Einf#hrung in das Thema Sprachversionsfilme vgl. Joseph Garncarz, Made in Germany. MultipleLanguage Versions and the Early German Sound Cinema, in: Andrew Higson / Richard Maltby (Hg.), »Film Europe« and »Film America«. Cinema, Commerce and Cultural Exchange 1920 – 1939, Exeter 1999, 249 – 273. Erst im Mrz/April des folgenden Jahres stellten der Drehbuchautor Pierre Maudru sowie der Regisseur Jean Kemm eine franzçsische Version in den Etablissements Jacques Haı¨k (Paris) her. Zu den US-Versionen vgl.: Ginette Vincendeau, Hollywood Babel, Screen 29, 2 (1988), 24 – 39; Gero Gandert, Transatlantische Miniaturen, in: Wolfgang Jacobsen / Hans Helmut Prinzler / Werner Sudendorf (Hg.), Filmmuseum Berlin, Berlin 2000, 107 – 130; Martin Barnier, Des films franc¸ais made in Hollywood. Les versions multiples 1929 – 1935, Paris 2004. Der Titel der ebenfalls erhaltenen franzçsischen Version lautet: Le chemin du paradis. Außer Lilian Harvey und Olga Tschechowa wurden alle Schauspieler ausgetauscht. Beispiele sind Ciske de rat / Ciske – Ein Kind braucht Liebe (beide Filme 1955, R: Wolgang Staudte) sowie Jenny (1957, R: Willy van Hemert) / Acht M0del im Boot (1957, R: Alfred Bittins). F#r den Hinweis danke ich Rixt Jonkman.
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Filme in Versionen entstanden. Dennoch gibt es bis heute die Mçglichkeit der mehrfachen Verfilmung, und zwar in Form von Remakes. Ein wesentlicher Unterschied besteht sicher darin, daß bei einem Remake der (in den meisten Fllen) amerikanische Produzent im Nachhinein die Rechte an einem z. B. franzçsischen Filmstoff ankauft, um eine Fassung f#r den Heimmarkt herzustellen, whrend eine Version in der Regel der Versuch eines Studios war, einen bestimmten Film gleichzeitig f#r einen Auslandsmarkt zu bearbeiten. Eine andere Technik, die schon aus der Stummfilmzeit bekannt war und ebenfalls die Einheit von Kçrper und Stimme garantiert, ist die Untertitelung. Es wurde von Beginn an als Nachteil empfunden, daß Untertitel einen Teil des Bildes verdecken und auf den Zuschauer insgesamt illusionsbrechend und ablenkend wirken. Die teilweise schlechte Lesbarkeit der mit chemischen oder optischen Verfahren hergestellten Schriftz#ge konnte seit Ende der 80er Jahre mit Hilfe von Lasertechnik wesentlich verbessert werden. Die Untertitelung setzte sich vollstndig allerdings nur in Lndern mit einer geringen Eigenproduktion an Filmen durch.30 Operierten Sprachversionsfilme mit einem noch aus der Stummfilmzeit stammenden und daher visuell orientierten Verfahren, nmlich der mehrfachen Aufnahme derselben Bildeinstellungen, so macht sich die Synchronisation die Austauschbarkeit der Tonspur zu nutze und reagiert damit – wenn man so will – am intelligentesten auf die Anforderungen der Tonfilmzeit.31 Das sahen die Kinognger der fr#hen 30er Jahre allerdings nicht unbedingt so. In dieser medialen Umbruchzeit war die Sensibilitt f#r die Funktionsweisen der neuen Technik wesentlich hçher als in den nachfolgenden Jahrzehnten, als sich das Publikum bereits daran gewçhnt hatte, daß die Stimme, die aus den Lautsprechern dringt (wenn man #berhaupt noch daran dachte, daß die Stimme aus den Lautsprechern dringt), nicht die sein muß, die urspr#nglich zu dem auf der Leinwand sichtbaren Kçrper gehçrte. Lippensynchronitt war daher in den 30ern das A und O jedes nachsynchronisierten Films. Somit waren es nicht technische Gr#nde, die verhinderten, daß die Synchronisation sich in Deutschland schon in den 30er Jahren als f#hrende Methode zur Bearbeitung fremdsprachiger Filme etablierte.32 Nicht die mechanischen, akustischen und optischen Instrumente mußten entwickelt werden, sondern das Publikum hatte einen »kulturellen Lernprozeß«33 durchzumachen, den man in Hinblick auf den beschriebenen Verlust von Sensibilitt auch kulturellen Verlernprozeß nennen kçnnte. 30
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Zur Untertitelung vgl. Henrik Gottlieb, Untertitel: Das Visualisieren filmischen Dialogs, in: Hans-Edwin Friedrich / Uli Jung (Hg.), Schrift und Bild im Film, Bielefeld 2002, 185 – 214; Atom Egoyan / Ian Balfour (Hg.), Subtitles. On the Foreignness of Film, Cambridge 2004; Chris Wahl, Das Sprechen des Spielfilms, Trier 2005, 139 – 144. Zur Synchronisation vgl.: Candace Whitman-Linsen, Through the dubbing glass: the synchronisation of American motion pictures into German, French and Spanish, Frankfurt a. M. [u. a.] 1992; Lexikon der Film- und Fernsehsynchronisation, hg. v. Thomas Brutigam, Berlin 2001; Chris Wahl, SynchronNation Deutschland, in: Filmgeschichte, 20 (Dezember 2005), 53 – 56. Zur technischen (Vor-)Geschichte der Synchronisation vgl. Michael Wedel, Vom Synchronismus zur Synchronisation. Carl Robert Blum und der fr#he Tonfilm, in: Joachim Polzer (Hg.), Weltwunder der Kinematographie. Beitrge zu einer Kulturgeschichte der Filmtechnik, Berlin 2002, VI 97 – 112. Joseph Garncarz, Die bedrohte Internationalitt des Films. Fremdsprachige Versionen deutscher Tonfilme, in: Sibylle M. Sturm / Arthur Wohlgemuth (Hg.), Hallo? Berlin? Ici Paris! Deutsch-Franzçsische Filmbeziehungen 1918 – 1939, M#nchen 1996, 127 – 140; hier: 133.
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F#r das Fernsehprogramm einiger osteuropischer Lnder werden heute noch auslndische Spielfilme mit einer Voice-Over-Methode bearbeitet, die entfernt an die Filmerklrer der Stummfilmzeit erinnert.34 Dabei bleibt der Originalton ganz leise im Hintergrund erhalten, whrend im Tonvordergrund ein Sprecher monoton die bersetzung smtlicher Dialoge vorliest. Gerade aus dieser Methode lßt sich schließen: Es ist alles eine Frage der Gewohnheit.
4. Transnationalitt als Kulturimperialismus Die stumm aufgenommene Anfangssequenz von Alfred Hitchcocks erstem Tonfilm Blackmail (1929) zeigt die Polizei bei einer Routine-Verhaftung und damit deren Alltag, die allgemeinen Ablufe. Die verantwortlichen Polizisten lernen wir erst mit dem Einsetzen des Dialogtons als individuelle Personen kennen.35 Dieser Effekt, der im Fall von Blackmail aus der Notwendigkeit entstand, einen stumm geplanten Film whrend der Dreharbeiten in einen Tonfilm zu verwandeln, ist durchaus symptomatisch f#r die generelle Wirkung von nat#rlicher verbaler Sprache im Film: Sie individualisiert und personalisiert die Charaktere und liefert damit ein Identifikationsangebot, das weder das stilisierte Sprechen des Theaters noch die gestenreiche Kommunikation des Stummfilms bieten konnte. Man ging zu Beginn ja sicher nicht nur deshalb in Dialogfilme, weil die dort gezeigten Menschen nun auch ganz realistisch hçrbar sprachen, sondern, und das ist der entscheidende Punkt, weil die verbale Sprache den Zuschauern eine wesentlich grçßere Mçglichkeit zur Empathie bot, als der stumme Film es jemals vermocht hatte. Whrend sich die meisten Arbeiten #ber die Frage der Definition eines nationalen Kinos mit den erzhlten Mythen, den Produktionsverhltnissen oder den sozialpsychologischen Verortungen der einzelnen Filmen beschftigen, bemerkte Andrew Higson als einer der ersten »that the parameters of a national cinema should be drawn at the site of consumption as much as the site of production of films«.36 Entscheidend f#r die Definition eines nationalen Kinos sind demnach auch alle auslndischen Filme, zu denen die Zuschauer einer bestimmten Nation Zugang haben.37 Ich mçchte hier einen Schritt weiter gehen und behaupten, daß es besonders wichtig ist, in welcher Sprachfassung diese Filme die Zuschauer erreichen. Prinzipiell kann alles in das Selbstverstndnis einer Nation eingehen, was deren Angehçrige mit sich in Beziehung setzen. Insofern spielt die verbale Sprache als Medium der nicht nur intrafilmischen Kommunikation, sondern auch der Verbindung von Filmcharakteren und Realpersonen eine Hauptrolle bei der kulturellen 34
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Einige der japanischen Filmerklrer (Benshi) versuchten, auch in der Tonfilmzeit die Filme live zu kommentieren. Vgl. Kristin Thompson / David Bordwell, Film History. An Introduction, New York [u. a.] 1994, 228. Vgl. J. P. Telotte, The Sounds of Blackmail. Hitchcock and Sound Aesthetic, The Journal of Popular film and Television 28, 4 (2000), 184 – 191. Andrew Higson, The concept of national cinema, in: Screen 30, 4 (1989), 36 – 46; hier: 36. Higson f#hrt seine These weiter, indem er behauptet, es sei auch entscheidend, in welchem Medium die Filme angeboten werden (Kino, Fernsehen, Video; man muß heute hinzuf#gen: DVD bzw. Internet oder Handy).
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Identittsbildung. Ein deutscher Film wre demnach jeder Film, den ein deutscher Mutteroder Gewohnheitssprachler in einer deutschen Fassung zu sehen bekommt. So ließe sich die Macht der Synchronisation erklren, kulturelle Werte und Normen zu verbreiten, whrend man bei der Untertitelung davon ausgehen muß, daß sie den Rezipienten vor einer unreflektierten Identifikation mit Inhalten etwas wirkungsvoller sch#tzt, da sie Filme zwar auch verstndlich macht, aber nicht die Illusion eines einheitlichen TonBild-Raumes aufrechterhlt. In Bezug auf den Einfluß von Hollywood auf das deutsche Selbstverstndnis ergbe sich auch eine Erklrung f#r Joseph GarncarzO Analyse, nach der US-Filme in der Weimarer Zeit und nach dem Zweiten Weltkrieg zwar eine große Prsenz auf dem deutschen Markt hatten, aber lange keine so hohe Akzeptanz wie einheimische Produkte.38 Dies nderte sich erst in den 70er Jahren, also durch eine Generation von Kinogngern, die mit der Gewohnheit aufgewachsen war, hochwertig synchronisierte Filme zu konsumieren. Knut Hickethier definiert Transnationalitt als die Verbannung jeder nationalen Symbolik, eine Strategie, die er dem amerikanischen Mainstream-Kino seit 1945 unterstellt, in Tateinheit mit einer Forcierung der glamourçsen Ausstattungswerte, die indirekt den amerikanischen Way of Life propagieren.39 Dieses Mainstream-Kino mag vielleicht international kompatible Stories liefern, aber die nationale Symbolik scheint mir nicht aus ihm verbannt zu sein, wie z. B. die vielen auch im Ausland erfolgreichen Hollywood-Filme besttigen, in denen die US-Flagge verherrlicht wird. Der Schritt von Internationalit zu Transnationalitt bezeichnet in meinem Verstndnis die Verschiebung um eine wichtigen Nuance: Es geht nun nicht mehr nur um die Verbreitung und den Erfolg eines Films, sondern um seine Macht, Identittskonzepte gleichzuschalten.
5. Die Verwendung von verbaler Sprache im Film »Der Stummfilm war immer stumm.«40 Mit dieser Aussage will Corinna M#ller nicht bestreiten, daß Stummfilme stets mit einer wie auch immer gearteten Live-Begleitung aufgef#hrt worden sind. Im Gegenteil: Genau diesen Sachverhalt hebt sie als wesentlichen medialen Unterschied zwischen Stumm- und Tonfilmzeit hervor. Alle auditiven Qußerungen – und damit die Interpretationshoheit41 #ber den vorgef#hrten Film – mußten im 38
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Vgl. Joseph Garncarz, Hollywood in Germany. Die Rolle des amerikanischen Films in Deutschland: 1925 – 1990, in: Uli Jung (Hg.), Der deutsche Film. Aspekte seiner Geschichte von den Anfngen bis zur Gegenwart, Trier 1993, 167 – 213. Vgl. Knut Hickethier, Hollywood, der europische Film und die kulturelle Globalisierung, in: Bernd Wagner (Hg.), Kulturelle Globalisierung – Zwischen Weltkultur und kultureller Fragmentierung, Essen 2001, 113 – 131. M#ller, Vom Stummfilm zum Tonfilm, 85. »Im allgemeinen wird das, was wir von einem Menschen sehen, durch das interpretiert, was wir von ihm hçren, whrend das Umgekehrte viel seltener ist,« schrieb der Soziologe Georg Simmel 1908 und formulierte damit unbeabsichtigt eine auch f#r den Sprechfilm brauchbare Definition. Georg Simmel, Exkurs #ber die Soziologie der Sinne, in: Ders., Soziologie. Untersuchungen #ber die Formen der Vergesellschaftung, 4. Aufl. (unvernderter Nachdruck der 1923 erschienenen 3. Auflage), Berlin 1958, 483 – 493; hier: 486.
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Zuge der Tonfilmstandardisierung die Auff#hrungsebene verlassen und wurden den Produkten selbst eingeschrieben. Zur Premiere von Atlantik,42 einem der ersten in Deutschland vorgef#hrten Sprechfilme, wurde bemerkt: Die Vorstellung verlief unter angespannter Aufmerksamkeit des Publikums. Jedes Husten wurde als stçrend empfunden, jeder konzentrierte Auge und Ohr auf die Leinwand.43
Allein die Tatsache, daß diese Selbstverstndlichkeit ausdr#cklich erwhnt wurde, zeugt von einem fundamentalen Wandel des Rezeptionsverhaltens. Aber wie hat man sich das eigentlich vorzustellen, wenn »jeder Auge und Ohr auf die Leinwand konzentriert«? Das Gehçr ist ein empfindungsstrkeres Sinnesorgan als das Auge. Kaum ein Bild kann so bengstigend sein wie ein Ton. Tçne sind wesentlich eindeutiger als Bilder, die wiederum viel mehr Informationen f#r das Gehirn bereit halten und einen grçßeren Interpretationsspielraum bieten. Aus diesem Grund lenkt in den meisten Fllen der Ton den Blick.44 Innerhalb des auditiven Raums, so Michel Chion, ordnen sich in einer klaren hierarchischen Ordnung alle Tonußerungen der menschlichen Stimme unter. Auch bei der Tonmischung eines Films wird die Gesamtheit der Tonspur (Sprache, Gerusche, Musik) in Abhngigkeit der Stimmen konstruiert.45 Chion spricht deshalb von einem »vococentrisme«.46 Die »beiden primren Vermçgen der Sprache«47 sind nach dem renommierten bersetzungstheoretiker George Steiner »Erschaffen und Maskieren«.48 Erschaffen und maskieren kann man auch ausdr#cken als Verstndnis erzeugen und Verstndnis erschweren (letzteres z. B. durch Verbergen des eigentlich Gemeinten hinter Geschwtzigkeit) oder einfach als versprechen und widersprechen. Im Dialogfilm nun wird #ber die verbale Sprache eine inhaltliche Struktur erzeugt und dem Publikum gleichzeitig versprochen, daß sich ihm durch sie die Filmwelt erschließt. Erschwert wird dagegen der Zugang zum visuellen Teil des Films, was einer ausgewogenen Audiovisualitt widerspricht. Und die in Form eines stimmlichen Zentralismus regierende verbale Sprache bewirkt weitere Verschiebungen: Nicht allein, daß ein großer Teil der Bildinformationen quasi von den Dialogen verdeckt wird (ein Zustand, den die Untertitelung eines fremdsprachigen Filmes augenfllig macht); man kçnnte auch die zunehmende Minimalisierung des Schauspielstils von fr#hen Stumm- bis zu heutigen Fernsehfilmen in diesem Zusammenhang betrachten. Daneben gibt es ganz generelle und dadurch weniger transparente Folgen: Einerseits leben wir in einer Epoche zunehmenden Einflusses audiovi42 43 44
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Atlantik ist die deutsche Version des bereits erwhnten Atlantic. N. N., Der Vorstoß des Sprechfilms, Film-Kurier 257 (29. Oktober 1929). Blinde kçnnen sich offenbar im Kino (also auch ohne die manchmal im Fernsehen angebotenen Audiodeskriptionen) sehr wohl vergn#gen, whrend Gehçrlose ohne Untertitel in aller Regel verloren sind. Vgl. Hanns Zischler, ThereOs more to the picture than meets the eye. Gesprch mit Daniel Ganz, in: Ders. (Hg.), Borges im Kino (Literaturmagazin 43), Reinbek 1999, 164 – 169. Vgl. Michel Chion, LOaudiovision, Paris 1990, 9 f. Chion, La voix au cinBma, 18. Die Macht der Stimme wird exemplarisch vorgef#hrt in dem Film Cet obscur objet du d2sir (1977, Luis Bun˜uel), in dem eine Rolle von zwei verschiedenen Schauspielerinnen verkçrpert, aber von einer einzigen nachsynchronisiert wurde, so daß man des Wechselspiels nur schwer gewahr wird. George Steiner, Nach Babel. Aspekte der Sprache und des bersetzens, Frankfurt a. M. 2004, 281. Ebd.
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sueller Medien, sind jedoch andererseits, wie der Filmemacher Peter Greenaway attestiert,49 zumindest visuelle Illiteraten. Und tatschlich besteht ein ziemlich breiter gesellschaftlicher Konsens dar#ber, daß man das Lesen von Bildern nicht lernen muß. Dennoch kann man eine Verarmung des visuellen Vokabulars von Filmemachern beobachten wie auch die Unfhigkeit ihres Publikums, anspruchsvolle Bildgestaltung zu verstehen. Der Hintergrund der uns umgebenden Kultur des Expliziten, die gerne in pornographistischen Darstellungen schwelgt, und dort, wo sie ihren Bildern nicht traut, diese mit aufdringlichen Toncollagen weiter verstrkt, ist zu suchen in der Hinwendung zum Sprechfilm, dessen unmißverstndlichen, scheinbar von den Leinwandfiguren selbst geußerten Worte die Bilder und Tçne in eine allgemeine Kultur des Zeigens gezwungen hat. Insofern zeugte Hollywoods »Production Code« der MPPDA von der bereits erwhnten Mediensensibilitt der damaligen Zeit, war er doch ab 1930 eigentlich eine Reaktion auf sprachliche Entgleisungen, setzte aber gleichzeitig auch massive Verbote gegen visuelle Eindeutigkeit (K#sse etc.) durch. Der Stummfilm, so haben wir gelernt, war einerseits immer stumm, da der Film selbst aus einer reinen Bildspur bestand, andererseits war er aber niemals stumm, sondern meist durchgehend von Live-Musik begleitet, weshalb das Publikum des fr#hen Tonfilms den kontrollierten und durchdachten Einsatz von Musik durchaus als narrativen und sthetischen Gewinn betrachtete.50 Stille ist somit ein Stilmittel, das erst mit dem standardisierten Tonfilm und seinem nun den Atem anhaltenden Publikum einsetzbar wurde, wie der fr#he Tonfilm Dracula (1931, Tod Browning) anschaulich zeigt. Gleichzeitig wird man gewahr, wie sehr es inzwischen wieder Mode geworden ist, smtliche Dialogl#cken mit Musik aufzuf#llen. Die von Michel Chion skizzierte Dominanz der Stimme auf der Tonspur eines Films lßt sich auch durch einen Negativbeweis erschließen. Immer wenn das gewohnte Gleichgewicht zwischen Sprache, Geruschen und Musik gestçrt wird, entsteht ein grob als k#nstlerisch (also auch k#nstlich) wahrgenommener Effekt. Dies gilt beispielsweise f#r alle nach dem Ende der Stummfilmzeit gedrehten Stummfilme, die Stummheit ausschließlich auf Sprache, nicht aber auf Gerusche oder besonders Musik beziehen.51 Alle Passagen eines Tonfilms, in denen nicht gesprochen wird, haben einen prominenten Status,52 dessen Erhabenheit wchst, je mehr andere Elemente der Tonspur ebenfalls weggelassen werden. In dem portugiesischen Film Uma abelha na chuva (1968 – 71, Fernando Lopes) wird in einer Sequenz mit einem streitenden Ehepaar der Dialogton abgedreht, obwohl das Gesprch weitergeht. Das Ticken der Wanduhr r#ckt in den Tonvordergrund und schlgt wie ein Metronom den Takt der Unausweichlichkeit und der gef#hllosen Eintçnigkeit, die sich in der Beziehung des Ehepaares breitgemacht hat, whrend die Konzentration des Zuschauers mit dem Abbrechen der Hçrbarkeit des Gesprchs plçtzlich auf 49 50 51 52
In einem Interview mit Hanno Rautenberg, Die Zeit 29 ( Dezember 2005). George Turner, The Two faces of Dracula, American Cinematographer 5 (1988) 34 – 42; hier: 41 f. Beispiele sind Hadaka no shima (1960, R: Shindoˆ Kaneto), Silent Movie (1976, R: Mel Brooks), Juha (1999, R: Aki Kaurismki) oder Hukkle (2002, R: Gyçrgyi Pa´lfi). Oftmals wird das kurze Zeigen von unhçrbar miteinander redenden Menschen benutzt, um den Zuschauer neugierig zu machen. Dieser einfache Trick ist ußerst wirkungsvoll, wie der Film Hokuspokus (1953, Kurt Hoffmann) zeigt, in dem die Wende des Prozesses auf diese Weise angek#ndigt wird.
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Chris Wahl
die Mimik und Gestik der Protagonisten umschwenkt, die, obwohl von normaler Expressivitt, den Fortgang der Situation ausreichend schildern. Man wird da unweigerlich an eine Bemerkung von B!la Bala´zs erinnert: Als jedoch diese großen stummen Sprecher zu reden begannen – geschah etwas F)rchterliches. Die unerhçrte Trivialitt ihrer hçrbaren Worte )berdeckte die menschliche Tiefe ihrer Blicke. Jetzt sprachen ja nicht mehr sie, sondern die Drehbuchautoren!53
Eine extreme Weiterentwicklung der Gedanken, wie sie bis hierher geußert wurden, sind Filme, die das Wort vom Bild befreien, weil sie letzteres nicht mehr in der Lage sehen, bestimmte Sachverhalte angemessen auszudr)cken. Blue (1993, Derek Jarman) oder Branca de neve (2000, Joa˜o C!sar Monteiro) mit ihrer blauen bzw. schwarzen Leinwand sind Dokumente eines »reinen« oder »extremen« Sprechfilms, wie ihn sich sicherlich nicht einmal Rudolf Arnheim so vorgestellt hat. Wenn man die verbale Sprache in den verschiedenen Bedeutungsebenen eines Films verorten will, so kann man drei wesentliche Unterscheidungen machen: Zum einen verweist sie auf die Menschlichkeit der Schauspieler, darauf, daß wir es mit dem Abbild realer Existenzen zu tun haben (ein Umstand, mit dem der Trickfilm in Form der f)r ihn typischen vermenschlichten Tierwelt exzellent spielt); dar)ber hinaus wird ein Großteil der inhaltlichen Problematik eines Films sowie die Konstellation seiner Figuren verbal ausgedr)ckt bzw. definiert; und schließlich ist es die Sprache, die den Zuschauer, auch wenn er nur indirekt angesprochen wird, direkt in die Welt des Films holt.54 Alle drei Ebenen sind grundlegend f)r das Verstndnis des polyglotten Films.
6. Multinationalitt: Der polyglotte Film Als polyglott mçchte ich alle Filme bezeichnen, in denen die Verwendung mehrerer Sprachen als nicht nur formales, sondern auch inhaltliches Gestaltungselement verstanden wird.55 Relevant f)r die oben skizzierte erste Ebene ist hier, daß die sprachliche Sozialisation der Schauspieler in die Filmhandlung integriert wird. Es kçnnen Angehçrige verschiedener Nationen engagiert werden, die jeweils ihre Muttersprache sprechen oder aber ihren Akzent in einer anderen Sprache nicht kaschieren m)ssen.56 Auf der zweiten Ebene werden in polyglotten Filmen existentielle Fragen,57 meistens Probleme der Inte53 54
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Bala´zs, Der Film, 208. Es wre interessant, dieses Tonfilmkonzept der indirekt-direkten Ansprache mit dem Stummfilmkonzept des Kinos der Attraktionen zu vergleichen, das sein Symbol im direkten Blick des Akteurs in die Kamera hat. Vgl. grundlegend Tom Gunning, The Cinema of Attractions: Early Film, its Spectator and the AvantGarde, in: Thomas Elsaesser (Hg.), Early Cinema: Space – Frame – Narrative, London 1990, 56 – 62. F)r eine genauere Definition des polyglotten Films als Genre vgl. Wahl, Das Sprechen des Spielfilms, 144 ff. Ein Gegenbeispiel sind die sogenannten Euro-Pudding-Filme, f)r die aus Gr)nden der Finanzierung Angehçrige verschiedener europischer Nationen gecastet werden, die man am Ende in einer einheitlichen Sprache nachsynchronisiert. Oder der Film Scarface (1983, R: Brian de Palma), in dem sehr viel M)he auf die Authentizitt des kubanischen Latino-Akzentes gelegt wurde, aber andererseits die Hispanos auch untereinander eben Akzent-Englisch und nicht Spanisch sprechen, was nicht besonders einleuchtend ist. Z. B. in Le Mpris (1963, R: Jean-Luc Godard).
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gration oder ganz allgemein der Identitt,58 aber auch unpersçnlichere Darstellungen der Effekte der Globalisierung59 oder einfach von Verbr#derungen60 mit Hilfe der diversifizierten Verbalitt plastisch ausgedr#ckt. Was die Rezeption betrifft, so ist es dem Zuschauer auch bei mangelnden eigenen Kenntnissen mçglich, an der sprachlichen Vielschichtigkeit der Welt (z. B. mit Hilfe von Untertiteln) teilzunehmen. Dies kostet ihn zwar eine nicht unerhebliche Anstrengung, bereitet ihm aber unter Umstnden einen um so grçßeren Genuß, wie z. B. im Fall von Kukushka (2002, Aleksandr Rogoshkin), einem Verbr#derungsfilm, der am Ende des Zweiten Weltkriegs einen Finnen, einen Russen und eine Samin zusammenf#hrt, ohne daß die drei sich sprachlich verstndigen kçnnten. Der Zuschauer, der durch die Untertitelung alles Gesprochenen einen Wissensvorsprung vor den Protagonisten hat, am#siert sich einerseits kçniglich #ber deren Mißverstndnisse, muß sich aber andererseits von ihnen vorf#hren lassen, welch geringe Relevanz sprachliche Verstndigung f#r menschliches Verstndnis haben kann. Wenn Hediger und Schneider Recht haben61 und The mask of Zorro (1940, Rouben Maoulian) ein Film #ber die Erfindung des Nationalismus und die Unabhngigkeit Mexikos ist, der whrend des Zweiten Weltkriegs f#r die USA nebenbei auch den Zweck erf#llen sollte, mit Hilfe eines populren Stoffes die spanischsprachigen Gebiete Mittel- und S#damerika gegen#ber dem europischen Kontinent klar als nordamerikanische Einflußzone zu markieren, dann ist es auch interessant, die verbale Ebene des Films zu betrachten. Zorro alias Don Diego de la Vega, Sohn eines einflußreichen Großbauern, spricht genauso wie alle anderen seiner Kaste lupenreines Englisch. Spanisch bzw. stark akzentbehaftetes Englisch spricht dagegen nur das einfache Volk, dem Zorro und sein Vater wohlgesonnen sind. Man kçnnte dies ungefhr so deuten: Die Kaste der Großbauern verkçrpert die Nordamerikaner (spanischer Herkunft oder nicht), whrend die einfachen Leute die Gesamtheit der mittelund s#damerikanischen Vçlker darstellen sollen. Damit w#rde der Film unterschwellig zwei Dinge zu verstehen geben: Erstens, daß Nordamerika den hilflosen spanischsprachigen Vçlkern auf dem amerikanischen Kontinent wohlgesonnen ist; zweitens, daß es f#r diese ohnehin sinnlos wre, sich gegen die USA zu stellen und womçglich mit den Europern zu paktieren, denn die spanischen Kadetten, mit denen sich Don Diego zu Beginn des Films in Fechten und Reiten mißt, sind ihm hoffnungslos unterlegen. Ihre Persçnlichkeiten werden im Film nicht gezeichnet, sie bekommen nicht einmal ihr eigenes Idiom zugeordnet, sondern sprechen – und das ist nun wirklich unrealistisch – Englisch. Statt dessen wird, in einer interessanten Umkehrung, Europa letztendlich zu dem Kontinent, in den man diejenigen Gauner verbannt, die man aus Mitleid nicht umbringen wollte. An diesem Beispiel wird klar, wie das Verstndnis der Mechanismen des polyglotten Films dazu beitragen kann, auch an sich nicht mehrsprachige Filme zu entschl#sseln. Verbale Sprache spielt eine weit grçßere Rolle f#r die Konzeption, Funktion und Interpretation von audiovisuellen Produkten als nur Inhalte #ber Dialoge zu transportieren. 58 59 60 61
Z. B. in Solino (2002, R: Fatih Akin). Z. B. in Lisbon Story (1994, R: Wim Wenders). Z. B. in Kameradschaft (1931, R: Georg Wilhelm Pabst). Vinzenz Hediger / Alexandra Schneider, Wie Zorro den Nationalismus erfand. Film, Kino und das Konzept der Nation, in: Vincent Kaufmann (Hg.), Medien und Nation, Bern 2004, 203 – 230.
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Der ›Affenprozeß‹ in »Heavenly Hillsboro« Stanley Kramers Gerichtsfilm Inherit the Wind (USA 1960)
Das amerikanische Gerichtssystem, das sowohl im Zivil- als auch im Strafprozeß mit seiner direkten Gegen-berstellung von Staatsanwalt und Verteidiger im Kreuzverhçr wie ein dramaturgisch inszeniertes Verbalduell zwischen Kontrahenten wirkt, hat seit Beginn der Tonfilm2ra in zunehmendem Maße die amerikanische Filmindustrie interessiert. Die Hinwendung Hollywoods zu den Themen Recht, Gesetz, Gerichtsprozeß und seinem Personal – Anw2lte, Richter, Kl2ger und Beklagte – , Polizei/FBI sowie Gef2ngnis und Straflager nahm so rasch an Tempo und Umfang zu, daß es schon 1936 Anlaß f-r einen kritischen
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William J. Perlman (Hg.), The Movies on Trial: Views and Opinions of Outstanding Personalities Anent Screen Entertainment Past and Present, New York, N. Y. 1936. Vgl. Anthony Chase, Movies on Trial: The Legal System on the Silver Screen, New York: N. Y. 2002, xii.
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Der ›Affenprozeß‹ in »Heavenly Hillsboro«
25. Juli 1925 in Dayton, Tennessee, stattgefunden hat und unter dem Schlagwort ›Monkey Trial‹ in die amerikanische Rechtsgeschichte eingegangen ist. Dieser Prozeß, Tennessee v. John Thomas Scopes, wurde von der American Civil Liberties Union (ACLU) provoziert, um den sogenannten Butler Act juristisch zu hinterfragen. Der Butler Act war ein Staatsgesetz, das am 13. M2rz 1925 in Tennessee in Kraft gesetzt wurde und das in den çffentlichen Schulen und Universit2ten des Bundesstaaten die Lehre von Charles Darwins Evolutionstheorie unter Strafe stellte und gleichzeitig die gçttliche Kreation der Welt und der sie bevçlkernden Menschen und Tiere als allein akzeptierbare Erschaffungstheorie festschrieb. Die ACLU ermutigte den Lehrer Scopes, bewußt gegen das Gesetz zu verstoßen, um es in einem Gerichtsprozeß zu hinterfragen und zu Fall bringen zu kçnnen. Der ›Monkey Trial‹ fand allerdings nicht in der Abgeschiedenheit der Provinzstadt statt, sondern wurde durch die wichtigsten -berregionalen Medien – inklusive des neu etablierten Radios – in den ganzen USA zeitnah berichtet und kommentiert. Sowohl die Bef-rworter als auch die Gegner des Gesetzes brachten prominente Rechtsvertreter auf, was den grunds2tzlichen Charakter des Prozesses unterstreichen sollte. Schon zu Beginn des Prozesses wurde Dayton von Politikern, Journalisten, Priestern und Wissenschaftlern aufgesucht, die teilweise gar aus dem Ausland angereist waren. Als Vertreter der Anklage fungierte William Jennings Bryan (1860 – 1925), der dreimalige (erfolglose) demokratische Pr2sidentschaftskandidat und ehemalige US-Außenminister unter Woodrow Wilson, der in Dayton »a contest between evolution and Christianity«3 zu f-hren gedachte. Bryan war eigentlich ein liberaler Politiker, der sich f-r soziale Reformen eingesetzt hatte, aber nach seinem R-ckzug aus der Politik in ein religiçs-fundamentalistisches Fahrwasser geriet und sich zu einem prominenten Vertreter eines beinahe militanten Creationismus entwickelte.4 Als Anwalt f-r den Angeklagten Scopes konnte die ACLU den bekannten liberalen Rechtsanwalt Clarence Darrow (1857 – 1938) gewinnen, der ein eigenes strategisches Konzept hatte: Er wollte, daß Scopes verurteilt werden w-rde, damit er in einem Revisionsverfahren die Entscheidung eines regionalen Gerichts vor einer hçheren Instanz -berpr-fen lassen kçnnte. Darrow, dem es in einem -berraschenden Coup gelang, Bryan in den Zeugenstand zu zitieren und in seinen Aussagen in Widerspr-che zu verwickeln, Widerspr-che, die den biblischen Bericht von der Erschaffung der Welt als metaphorisch entlarvten, konnte Bryans Strategie durchkreuzen und erreichte ein Urteil, mit dem Scopes zu einer Geldstrafe von 100 Dollar – der Mindeststrafe – verurteilt wurde. Scopes erkl2rte in seinem letzten Wort vor der Urteilsverk-ndung: »I feel that I have been convicted of violating an unjust statute. I will continue in the future […] to oppose this law in any way I can. Any other action would be in violation of my idea of academic freedom.«5 F-nf Tage nach der Urteilsverk-ndung starb William Jennings Bryan an den Folgen der Diabetes, an der er seit langem gelitten hatte. 3 4 5
Vgl. auch f-r die weiteren Details: http://xroads.virginia.edu/~ug97/inherit/1925home.html (16. 02. 2007). Vgl. seine Biografie in: http://www.spartacus.schoolnet.co.uk/USAbryan.htm (01. 01. 2007). http://xroads.virginia.edu/~ug97/inherit/1925home.html (16. 02. 2007).
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Die nationale und internationale Aufmerksamkeit, die der ›Monkey Trial‹ provozierte, machte deutlich, daß es nicht ausschließlich um die Frage der Evolutionstheorie ging, sondern um grunds2tzlichere
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http://encyclopedia.thefreedictionary.com/butler+act (16. 02. 2007). H. L. Mencken, A Religious Orgy in Tennessee, A ReporterRs Account of the Scopes Monkey Trial. Hoboken, N. J. o. J.; die Buchausgabe folgt einer zeitgençssischen Artikelserie in der Tageszeitung Baltimore Sun von 1925. Jerome Lawrence, Robert E. Lee, Inherit the Wind (1955), New York, N. Y. 2003. 1951 war das St-ck bereits als B-hnenmanuskript erschienen. UA: 10. Januar 1955, Dallas Theatre `55. http://xroads.virginia.edu/~UG97/inherit/1955home.html (17. 02. 2007) http://xroads.virginia.edu/~UG97/inherit/intro.html (17. 02. 2007)
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Der ›Affenprozeß‹ in »Heavenly Hillsboro«
Stanley Kramers Film Inherit the Wind11 bezieht sich nicht direkt auf den historischen Gerichtsprozeß, sondern ist eine Verfilmung von Lawrences und Lees Theaterst-ck in der Inszenierung von Herman Shumlin, der Inherit the Wind 1955 zum Broadway gebrachte hatte. Es sollte nicht die einzige Verfilmung bleiben: noch dreimal wurde der Stoff f-r das amerikanische Fernsehen realisiert,12 was die anhaltende Signifikanz des Themas f-r die amerikanische Gesellschaft belegt. Schon Lawrence und Lee hatten f-r ihr St-ck die Namen der Protagonisten ge2ndert: Aus William Jennings Bryan wurde Matthew Harrison Brady; aus Clarence Darrow wurde Henry Drummond; John Thomas Scopes wurde zu Bertram T. Cates, und H. L. Mencken wurde in E. K. Hornbeck umbenannt. Dar-ber hinaus wurde der Prozeß in die fiktive Kleinstadt Hillsboro verlegt; der Bundesstaat Tennessee wurde nicht explizit genannt, obwohl klar war, daß es sich um eine S-dstaatenstadt im ›Bible Belt‹ handeln sollte. Stanley Kramer -bernimmt diese Namens2nderungen, die offenbar der Wahrung von Persçnlichkeitsrechten geschuldet waren, und folgt auch sonst dem Gang der Handlung des St-ckes sehr treu. Obwohl der Film das Duell der beiden Kontrahenten Drummond und Brady in den Mittelpunkt seines Interesses stellt, ist es dennoch erhellend, wie Kramer den Prozeß in einem sozio-kulturellen Umfeld kontextualisiert, in dem es nicht nur um religiçse Bigotterie und s-dstaatlerische R-ckst2ndigkeit geht, sondern auch um politische und çkonomische Partikularinteressen. Die ›
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Inherit the Wind, USA 1960, R: Stanley Kramer, P: Lomitas f-r United Artists, UA: 12. 10. 1960. Inherit the Wind, USA 1965, R: George Schaefer, P: NBC, UA: 18. 11. 1965; Inherit the Wind, USA 1988, R: David Greene, P: MGM Televison f-r NBC, UA: 20.3.1988; Inherit the Wind, USA 1999, R: Daniel Petrie, P: MGM Television, UA: 29. 5. 1999. Grundlage f-r die Zeitangaben ist die DVD Wer den Wind s(t der MGM/UA, Nr. 10003316, MGM Home Entertainment, 2004.
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der s-dstaatlichen Kleinstadtbewohner pr2gt. Und Ausl2nder und ›city slickers‹ werden in diesem Zusammenhang nur als potentielle Kunden bewertet: 1. Stadtrat 2. Stadtrat
»Frank, you ever had a Frenchman staying at your hotel?« […] »How long since you sold a pound of grits to some smart aleck from New York?« (ibid.)
Schließlich meldet sich der Bankdirektor zu Wort: 3. Stadtrat
B-rgermeister
»My friends, as you all know, I deal with figures: accounts, checks, balances. My bank operates on the principle of practical reality and so do I. Are you aware, my friends that the great big universities throughout the country will consider student applicants from our state ineligible because of this law? […] But as for me, I wonRt invest in antiquity. I want my bank holding credit with New York, Pennsylvania, Illinois. And I may want my son to go to Yale. Now I believe, just as much as anyone in this room, in a basic fundamentalist interpretation of the Bible. But we canRt close our eyes to all progress, to everything which represents …« [unterbricht ihn und liest eine weitere Zeitungsschlagzeile vor:] »Wait a minute. Wait a minute! ›Matthew Harrison Brady Volunteers to Prosecute in Monkey Trial.‹« (Ibid)
Diese Nachricht 2ndert alles: Die Popularit2t Bradys, das erkennen die R2te sofort, wird viele Fremde in die Stadt bringen: Verschiedene Stadtr2te
»This town will fill up like a rain barrel in a flood – ItRll be bigger than the chautauqua at Chattanooga – And people are gonna have to have someplace to stay. – And they gotta eat. – This will put Hillsboro on the map of this country. – Let us give thanks to the Lord. Let us prey.« (7R20RR)14
Diese S2tze, gesprochen von Stadtr2ten, die in ihren Hauptberuf Hoteliers, Restaurantbesitzer und andere Gesch2ftsleute sind, zeigen, wie schnell sich ihre Empçrung -ber die herabw-rdigende Presseberichterstattung ins Positive wendet, sobald sie sich in der Lage sehen, daraus çkonomischen Gewinn zu ziehen. Interessanterweise stammen alle Schlagzeilen, die Hillsboro in ein schlechtes Licht ziehen, aus Zeitungen amerikanischer Nordund Oststaaten, Baltimore, Chicago, New York; Die Zeitung mit der ›erlçsenden‹ Meldung wird von der Chattanooga Tribune lanciert, somit von einem Blatt aus Tennessee: Angegriffen wird Hillsboro aus dem Norden und Osten, gerettet werden soll es aus dem S-den. Das Thema der Partikularinteressen scheint gegen Ende des Films erneut auf, kurz bevor die Geschworenen ihr Urteil verk-nden. Der B-rgermeister wendet sich w2hrend der Verhandlung in vertrauter Rede an den Richter, um ihn -ber neueste politische Entwicklungen zu unterrichten: B-rgermeister
Richter 14
»Merle, IRve been on the phone with the lieutenant governor all morning. The newspapers havenRt been very kind with us. And the boys at the Capitol think it wouldnRt do any harm if you kinda let this whole thing simmer down.« »Now, wait a minute, Jason. I have an obligation to the law.«
Der fiktionale Brady ist, wie sein historisches Vorbild Bryan, nach seiner politischen Karriere vor allem als Redner in so genannten ›chautauqua meetings‹ hervor getreten, einer fundamentalistischen Zeltmission, die vor allem im amerikanischen S-den regen Zulauf hatte (und noch hat).
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Der ›Affenprozeß‹ in »Heavenly Hillsboro«
B-rgermeister
»Well, of course you have, Merle, but donRt forget … NovemberRs not too far off.« (101R30RR)
Im Lichte des bevorstehenden Wahltermins – nicht nur B-rgermeister und Governors, selbst Bezirksrichter werden in den USA turnusm2ßig von den Kommunen gew2hlt – nimmt auch der Richter eine andere Haltung ein, und wenn er am Ende des Verfahrens nur auf die Mindeststrafe f-r Cates erkennt, tut er das unter Blickkontakt mit dem B-rgermeister, um zu signalisieren, daß er dessen Wink verstanden hat. War schon die Anklage an sich rein politisch-ideologisch motiviert, zeigt sich am Ende, daß auch die Strafzumessung Ergebnis politischer Opportunit2t ist. Dies ist besonders interessant im Lichte des Umstandes, das der historische Prozeß von der ACLU aus politisch-ideologischen Beweggr-nden provoziert worden war. Scopes war nicht einmal Biologielehrer in Dayton, wie der Film -ber Cates suggeriert, sondern lehrte Mathematik und Sport. Carol Iannone erl2utert: »[…] in fact no effort was made to enforce the Butler Act. What actually brought the issue to light – never mentioned in play or film – was that the American Civil Liberties Union advertised for someone to challenge the law. Several Dayton citizens, hoping the publicity would benefit their town, approached Scopes as a possible candidate.«15
Lediglich der Aspekt der kommerziellen und anderen Einzelinteressen fand seinen Weg in den Film. Dies zeigt sich nicht nur auf der Ebene des Dialogs. Auch die Bilder sprechen B2nde: Wenn Brady seinen triumphalen Einzug in Dayton h2lt, wo eine Hitzewelle die Einwohner qu2lt, bekommen er und seine Frau F2cher geschenkt, auf denen f-r MasonRs Funeral Parlor geworben wird (17R50RR), und der Menschenauflauf wird von Hot DogVerk2ufern und Schaustellern genutzt. Masons F2cher sind auch w2hrend der Gerichtsverhandlung in den H2nden fast aller Zuschauer zu sehen: Das Gerichtsspektakel ist ebenfalls ein Ort effizienter Produktwerbung. Auch nach der Urteilsverk-ndung befinden sich fliegende H2ndler im Gerichtssaal, um die Gelegenheit zu nutzen, ihre Eskimo Pies and andere Erfrischungen anzupreisen, w2hrend Brady versucht, seine vorbereitete Rede zu halten (116R33RR). Iannone ist nicht an der komplexen Bedeutungsstruktur des Films interessiert, sondern fordert lediglich historische ›Korrektheit‹ ein, -ber die sie sich im ›Stand der Wahrheit‹ zu sehen scheint. Kramer hingegen kann es nicht um eine exakte Reproduktion des historischen Prozesses gegangen sein. Darauf deuten die vielen Szenen hin, die sich außerhalb des Gerichtssaals ereignen und die naturgem2ß nicht auf -berlieferten Prozeßakten basieren kçnnen. Solche Szenen sind im Genre des Gerichtsfilms nicht ungewçhnlich. Was aber an Inherit the Wind auff2llt, ist die Tendenz, daß auch Gespr2che im privaten Bereich immer wieder rasch einen argumentativ-deklamatorischen Gestus annehmen. Diese Tendenz ist vor allem durch die Verwendung rhetorischer Stilmittel charakterisiert, wie sie normaler Weise aus der çffentlichen
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Carol Iannone, »The Truth about Inherit the Wind«, http://www.firstthings.com/ftissues/ft9702/articles/iannone.html (23. 12. 2006). Der Artikel erschien erstmals in First Things 70 (Februar 1997): 28 – 33.
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Das zeigt sich z. B. an einer Unterhaltung zwischen Brady und Drummond am Abend nach dem çffentlichen ›prayer meeting‹, wenn die beiden Kontrahenten sich in Schaukelst-hlen vor ihrer Pension treffen: Brady Drummond Brady Drummond
»Funny how two people can start from the same point and drift apart.« »ItRs the nature of the life process.« »There used to be a mutuality of understanding and admiration between us, Henry. Why is it, my old friend, that youRve moved so far away from me?« »No, all motion is relative, Matt. Maybe itRs you who moved away by standing still.« (55R00RR)
Brady und Drummond erscheinen hier als alte Wegbegleiter, zwischen denen sich ideologische Differenzen ergeben haben. Die historische Parallele fehlt in diesem Kontext; es handelt sich um einen rein dramaturgischen Kunstgriff, um die Handlung des Films (und bereits des St-ckes) enger zu verdichten. Brady, der sich seiner sentimentalen Reflexion hingibt, f2hrt fort, indem er f-r dem ›einfachen Volk‹ unterstellt, Brady
»[that] they work hard and they need to believe in something … something beautiful. TheyRre seeking for something more perfect than what they have.«
Drummond kommentiert: Drummond Brady Drummond Brady Drummond
Brady Drummond
»Window shopping for heaven.« »Why do you want to take it away from them? It is all they have. Like a golden chalice of hope.« [lachend] »Like my golden Dancer.« »Your what?« »Golden Dancer. She stood in the big side window in the general store in Wakeman, Ohio. I used to stand out in the street saying to myself ›If I had Golden Dancer IRd have everything in the world I ever wanted.‹ I was about seven years old at the time and a great judge of rocking horses. Golden Dancer had a bright red mane, blue eyes, and she was gold all over with purple pots. And when the sun hit her stirrups she was a dazzling sight to behold. But she was a weekRs wages for my father. So Golden Dancer and I always had a big plate glass window between us. […] I woke in the morning and there was Golden Dancer at the foot of my bed. Mom had skipped on the groceries and my father had worked nights for a month. I jumped into the saddle and I started to rock. And it broke. Split in two. The wood was rotten. The whole thing was put together with spit and sealing wax. All shine and no substance. And thatRs how I feel about that demonstration I saw tonight, Matt. All glitter and gladder. You say youRre giving the people hope. I think youRre stealing their hope.« »No, Henry.« »As long as the prerequisite for that shining paradise is ignorance, bigotry and hate, I say to hell with it.« (56R40RR)
Drummonds Beispiel bezieht sich auf eine Kindheitserfahrung, also auf eine substantielle Wahrnehmung, die sein Denken bisher bestimmt hat, w2hrend Bradys Einlassung ›von oben herab‹ geschieht: dem ›einfachen‹, hart arbeitenden Volk, dem eben durch seine harte Arbeit die Mçglichkeit der kritischen Reflexion genommen ist, wenigstens seinen ›einfachen‹ Glauben an ›etwas Schçnes‹ zu lassen, wird durch Drummonds Beispiel als Herrschaftsdiskurs entlarvt. Religion als Mittel der ideologischen Beherrschung der unteren 78
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Klassen wird hier durch Drummonds einfache Kindheitserinnerung als oberfl2chliches Machtmittel entlarvt, das den Betroffenen keine Chance zur Bewußtwerdung -ber ihre soziale Lage l2ßt. Brady, der von Drummonds Ausf-hrungen zwar ber-hrt ist, lenkt sich allerdings schnell ab, indem er der einladend bereit stehenden Schale mit N-ssen nicht widerstehen kann. Auch die Gespr2che zwischen Cates und seiner Verlobten Rachel, der Tochter des fundamentalistischen Predigers der Gemeinde Hillsboro – eine dramaturgische Zutat von Theaterst-ck und Film, die in den historischen Begebenheiten keine Parallel hat – , sind argumentative Stilmittel zu finden, wie sie sich kaum in privaten Gespr2chen zu finden sein d-rften: Rachel Cates
Rachel
[zu Hornbeck:] »I donRt want Bert to be a martyr. [zu Cates:] What are you trying to prove anyway?« »Rachel, IRm not trying to prove anything. All I wonna do is teach my students that man just wasnRt planted here like a geranium in a flower pot. That life comes from a long miracle, it just didnRt take seven days.« »But itRs against the law. A schoolteacher is a public servant. He should do what the law and the school board want him to.«
Rachel ist zu diesem Zeitpunkt noch die folgsame Tochter ihres Vaters, die sich w-nscht, daß ihr Verlobter sich konformistisch verh2lt. Diesen Standpunkt verteidigt sie auch gegen-ber Drummond: Rachel
Drummond
Rachel
Drummond
[zu Cates:] »DonRt you see whatRs happening, Bert? They are using you as a weapon against your own people. What you think or believe isnRt the point any more. YouRre helping something bad.« »Hold on, my young lady, itRs not as simple as that. Good or bad, black or white, day or night. Do you know that at the top of the world, the twilight is six months long?« [zu Drummond:] »Bert and I donRt live on top of the world. We live in Hillsboro, and when the sun goes down, itRs dark. And why do you have to come here to make it different?« »I didnRt come here to make Hillsboro different. I came here to defend his right to be different. And thatRs the point.«
Cates, der f-r eine Sekunde zu schwanken scheint, l2ßt sich von Drummond -berzeugen, daß er nur dann aufgeben kann, wenn er sich sicher ist, daß das Gesetz richtig ist und er selbst sich irrt. Damit stellt er Rachel vor eine Alternative: Cates
»Well, what kind of life could we have if I gave up now? Your fatherRs kind? Hallelujah and ignorance, here we come? Rach, what goes on in this town is not necessarily the Christian religion everyplace else. Rach, I canRt live the way you want me to. YouRre the one whoRs got to decide. ItRs his church or our house. You canRt live in both.«
Darauf hat Rachel zun2chst keine Antwort. Sie sucht Trost in einem prayer meeting, das ihr Vater einberufen hat. Doch als Reverend Brown Gott vor der ganzen Gemeinde um ewige Verdammnis f-r Cates anfleht, bittet sie f-r ihren Verlobten um Gnade. Reverend Brown in seinem religiçsen Eifer l2ßt sich dazu hinreißen, auch seine Tochter zu verdammen. Das geht selbst Brady zu weit, und er erinnert Brown daran, daß die Religion auch die Verzeihung kenne: Jahrbuch Rhetorik · Band 26
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Uli Jung
Brady
»I know itRs the great zeal of your faith which makes you utter this prayer, but it is possible to be overzealous, to destroy that which you hope to save so that nothing is left but emptiness. Remember the wisdom of Solomon in the Book of Proverbs. ›He that troubleth his own house shall inherit the wind.‹ [zu der Versammlung:] The Bible also tells us that God forgives his children. And we, as children of God, should forgive each other.«
Von Cates und ihrem Vater entt2uscht, çffnet sie sich Brady und erz2hlt ihm, was Cates von seiner Kirche entfernt hat. Ein kleiner Junge war bei einem Badeunfall ertrunken, und Rachels Vater hatte erkl2rt, daß die Seele des Jungen in der Hçlle schmoren m-sse, weil er nicht getauft worden war. Cates hatte daran die Hartherzigkeit hinter Reverend Browns religiçsen
Mrs. Brady Rachel Mrs. Brady Rachel Mrs. Brady Rachel Mrs. Brady
Rachel Mrs. Brady
Brady Mrs. Brady
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»I want the whole world to know that Matthew Harrison Brady is a fake.« [gibt Rachel eine Ohrfeige] »Rachel! — IRm sorry.« »I found myself in bed today, in the middle of the day. I was dreaming I was in the witness chair, chained to it. I kept begging him to let me go.« »Rachel, Rachel, itRs been a nightmare for all of us.« »But mine was real. I turned to your husband for help. He encouraged me to open up my heart to him and then twisted my words. He tricked me. Why? Why did he do it?« »I donRt know. I donRt know why he did it. Maybe it meant to much to him. Maybe he was tired or afraid.« »I taught my pupils that Matthew Harrison Brady was a great man next to God, almost. What do you want me to teach them now?« »HeRs still the same man.« »No. If he could do such an evil thing, then he must be an evil man. And everything he stands for must be evil, too.« »Oh, stop it! Stop it! Youth can be so pure. What do you know of good and evil? What do you understand of the sum of a manRs life?« »He betrayed me.« »You betrayed yourself. You see my husband as a saint, so he must be right in everything he says and does. And then you see him as a devil and everything he says and does must be wrong. Well, my husband is neither a saint nor a devil. HeRs just a human being and he makes mistakes.« »How can you defend him?« »ItRs not he IRm defending. IRm defending the forty years IRve lived with this man and watched him carry the burdens of people like you. If heRs been wrong, at least he stood for something. What do you stand for? Do you believe in Bertram Cates? I believe in my husband. What do you believe in?« [betritt das Zimmer.] »Matt.«
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Der ›Affenprozeß‹ in »Heavenly Hillsboro«
Brady Rachel
»I was asleep, but … [zu Rachel:] What can I do for you, child?« »IRm not your child any longer, Mr. Brady. Yours – or anyone elseRs.« (103R00RR)
Mrs. Bradys Verteidigung ihres Mannes, den sie an seiner gesamten Lebensleistung gemessen sehen mçchte, nimmt bereits das ambivalente Ende des Films vorweg, wenn Drummond, indem er die Bibel und Darwins Buch in seinen H2nden abw2gt und sich schließlich beide unter den Arm klemmt, wenn er den Gerichtssaal verl2ßt. Sein Atheismus hat ihm den Respekt vor der Religion nicht ausgetrieben und der Prozeß sowie der plçtzliche Tod Bradys scheinen ihn versçhnlich gestimmt zu haben. Auch er ist bereit, Bradys Lebensleistung anzuerkennen. Zu Hornbeck, der Bradys Tod mit gewohntem Zynismus kommentiert, sagt er: »There was much greatness in the man.« (118R02RR) und: »A giant once lived in that body.« (119R35RR) Ohne seine Ideale aufzugeben, hat Drummond wohl erkannt, daß religiçse
Brady Drummond Brady Drummond
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»In fact, he determined that the Lord began the creation on 23rd of October, 4004, BC, at 9am.« »Is that Eastern Standard Time? Or Rocky Mountain Time? It wasnRt Daylight Saving Time, was it, because the Lord didnRt make the sun until the fourth day.« »That is correct.« »That first day, well, what do you think, it was? Twenty-four hours long?« »The Bible says it was a day.« »Well, there was no sun. How do you know how long it was?« »The Bible says it was a day.« »Was it a normal day, a literal day, twenty-four hours day?« »I donRt know.« »What do you think?« »I do not think about things I do not think about.« »Do you ever think about things that you do think about? IsnRt it possible that it could have been twenty-five hours? No way to measure it, no way to tell. Could it have been twenty-five hours?« »ItRs possible.« »Then you interpret that the first day as recorded in the Book of Genesis, could have been a day of indeterminate length?« »I mean to state that it is not necessarily a twenty-four hour day.« »It couldRve been thirty hours. CouldRve been a week. CouldRve been a month.
Ussher hatte in seiner Schrift The Annals of he World (1650) eine Berechnung -ber das exakte Alter der Erde nach Angaben aus dem Alten Testament angestellt.
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CouldRve been a year. CouldRve been a hundred years. Or it couldRve been ten million years!« (98R00RR)
F-r Brady sind Drummonds Argumente nur ein Versuch, die heiligen Werte der Bibel in den Schmutz zu ziehen. F-r ihn ist die Schrift das offenbarte Wort Gottes: Brady Drummond Brady Drummond Brady Drummond Brady Drummond Brady Drummond
Brady Drummond Brady Drummond
Brady Drummond Brady Drummond
»It is the revealed word of the Almighty God, spake to the men who wrote the Bible.« »How do you know that God did not spake to Charles Darwin?« »I know because God tells me to oppose the evil teachings of that man.« »Oh, God speaks to you?« »Yes.« »He tells you what is right and wrong?« »Yes.« »And you act accordingly?« »Yes.« »So you, Matthew Harrison Brady, through oratory or legislature or whatever, you pass on GodRs orders to the rest of the world! Well, meet the prophet from Nebraska!« »I … I …I …Please!« »Is that the way of things? God tells Brady what is good. To be against Brady is to be against God.« »No. Each man is a free agent.« »Then what is Bertram Cates doing in a Hillsboro jail? Supposing Mr. Cates had the influence and the lung power to railroad through the state legislature a law saying that only Darwin could be taught in school.« »Ridiculous. ItRs ridiculous. There is only one great truth in the world.« »The Gospel. The Gospel according to Brady. God speaks to Brady and Brady tells the world! Brady, Brady, Brady Almighty!« »The Lord, the Lord is my strength!« »Suppose that a lesser human being, suppose a Cates, or a Darwin, had the audacity to think that God might whisper to him, that an un-Brady thought might still be holy. Must a man go to prison because he differs with the selfappointed prophet? Extend the testaments. Let us have a Book of Brady. We shall hex the Pentateuch and slip you in between Numbers and Deuteronomy.« (100R00RR)
Brady realisiert, daß er verloren hat. W2hrend Drummond ihn aus dem Zeugenstand entl2ßt, versucht er noch, sich an die Prozeßzuschauer zu wenden, aber niemand will ihm mehr zuhçren. Eine neue Erfahrung f-r ihn, der seinen Zenit -berschritten hat. Der ber-hmte Orator hat sein Publikum verloren. Die n2chst Szene zeigt ihn in all seiner Niedergeschlagenheit, als auch seine Frau in ihrer milden Art ihm zu verstehen gibt, daß er sich verrannt hat: Brady Mrs. Brady
Brady Mrs. Brady
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»Sarah, a victory here would be a monument to God that would last a thousand years.« »But, Matt, every man has to build his own monument. You canRt do it for them, Matt. If you do it, it becomes your monument, not theirs. And theyRll topple it the minute they find a flaw in it.« »You mean a flaw in me, donRt you, Sarah?« »They turned away from you this afternoon, Matt.« (106R00RR)
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Der ›Affenprozeß‹ in »Heavenly Hillsboro«
Brady ist zu weit gegangen. Dennoch glaubt er, den Fall noch nicht verloren zu haben. Die Leute, so glaubt er, h2tten ihn nur nicht verstanden, und er werde sich mit einer großen Rede noch einmal an sie wenden. Doch dazu wird es nicht mehr kommen: Nach dem milden Urteil gegen Cates, das – wie bereits erw2hnt – politisch motiviert ist, verlassen die Zuschauer den Gerichtssaal, ohne Brady noch zu beachten. Trotzdem beginnt er seine Rede, doch er kann nicht an der Einsicht vorbei kommen, daß er niemanden mehr erreichen kann. Das bringt ihn um. Dramaturgisch gesehen erweist ihm der Film damit so etwas wie einen Akt der Gnade. Es bleibt Brady erspart, sich mit sich selbst und seinen Verfehlungen auseinander zu setzen und Konsequenzen auf sich zu nehmen, ein Schicksal, wie es das klassische Hollywood dem Charaktere-Typus des sog. ›good bad guy‹ oft zugesteht. Auch der Film erkennt, wenn man so will, die Lebensleistung Bradys an, w2gt seine sp2te Grenz-berschreitung gegen seine vorherigen langj2hrigen Verdienste ab. Ungestraft kçnnen seine Verfehlungen nicht bleiben, aber der schmerzliche Prozeß der Aufarbeitung wird ihm durch seinen schnellen, schmerzlosen Tod erlassen. Stanley Kramer, der in seinem Œuvre durch eine Reihe engagierter und politisch wie sozial relevanter Filme hervor getreten ist, hat sich mit Inherit the Wind in ein geistiges Klima eingemischt, das noch unter den Nachwirkungen des McCarthyismus leidet. Sein liberales Pl2doyer f-r die freie Meinungs2ußerung, die ja doch unter dem besonderen Schutz der amerikanischen Verfassung steht, f2llt andererseits in eine Zeit, in der sich in der amerikanischen Gesellschaft eine neue Aufbruchsstimmung zu verbreiten beginnt. Im November 1959 wird John F. Kennedy zum Pr2sidenten der Vereinigten Staaten gew2hlt. Er ist nicht nur der j-ngste Pr2sident in der Geschichte der USA, sondern vertritt auch als Katholik einen Gegenpol zu den vielen protestantischen Kirchen mit ihren teilweise fundamentalistischen Grund-berzeugungen. Kennedy wird einen neuen Politikstil in den USA etablieren und liberalen Haltungen eine grçßere Plattform verschaffen. So gesehen steht der versçhnliche Schluß des Films auch f-r einen entspannten Blick zur-ck: Er fordert dazu auf, das Menschliche im Fundamentalismus anzuerkennen, ihn als Verirrung zu sehen, nicht als bçser Wille.
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Fahrenheit 9/11: Der Film zum Wahlkampf
Der Filmemacher, Autor und Journalist Michael Moore ist einer der populrsten, aber auch umstrittensten Vertreter der US-amerikanischen Linken, der sich mit einer launigen Mischung aus Humor und politischer Polemik die Aufmerksamkeit eines Massenpublikums erworben hat. Sein aktueller Film Fahrenheit 9/11 (2004) ist der erfolgreichste Dokumentarfilm aller Zeiten, der »tagelang f.r ausverkaufte Kinos sorgte, auf 2000 Leinwnden in Nordamerika gleichzeitig lief und weltweit 222 Millionen Dollar einspielte«.1 Von fr.hester Jugend an zieht sich links gerichtete Gesellschaftskritik wie ein roter Faden durch Moores Leben und Karriere.2 Dabei nutzt er jedes Forum, um eine seiner Ansicht nach zu passive amerikanische 6ffentlichkeit zu agitieren und zur Vernderung der herrschenden gesellschaftlichen Situation zu bewegen.3 Das Reden vor Publikum und das Verfassen polemisch-satirischer Schriften ist seit seinen Anfngen in der Schulpolitik und im Lokaljournalismus seiner Heimatstadt Flint eine Selbstverstndlichkeit f.r ihn, die er bereits zum damaligen Zeitpunkt (und bis auf den heutigen Tag) virtuos beherrscht.4 Die Vollendung seiner Agitationsk.nste erreicht er jedoch erst, als er das Medium (Dokumentar)Film f.r sich entdeckt, in dem er es wie kaum ein Zweiter versteht, die argumentative und manipulative Kraft von Wort und Bild miteinander verschmelzen zu lassen. Maßgeblich f.r seinen Erfolg ist dabei sicher die wohl dosierte Mischung aus Fakten, Unterhaltung und Gef.hl, in die er seine Botschaften verpackt. Eine Mischung, die sich ausschließlich an US-amerikanischen Wertvorstellungen und Befindlichkeiten ausrichtet, denn Michael Moore macht, trotz seiner aktuellen Erfolge in Europa, Filme .ber die amerikanische Gesellschaft f.r die amerikanische Gesellschaft.
1. Michael Moore: Ein amerikanisches Phnomen Der Zusammenhalt der heterogenen US-amerikanischen Gesellschaft basiert auf einem Grundkonsens gemeinsamer sozialer und politischer Werte, dem sogenannte »American Creed«, innerhalb dessen Liberalitt, Individualismus, Demokratie, Egalitt und Anti-Etatismus als politische Ideale betrachtet und das Recht auf freie Meinungsußerung und Pressefreiheit hoch angesehen werden. Die Kehrseite dieser toleranten Grundeinstellung 1 2 3 4
Emily Schultz, The making of Michael Moore. Biographie, Berlin 2006, 194. Vgl. Jesse Larner, Die Akte Michael Moore. Eine politische Biographie, Berlin 2006, 18 f. Vgl. Michael Moore, Stupid white men. And other sorry Excuses for the State of the Nation, New York, N. Y. 2001, 173 f. Vgl. Larner, Die Akte, 24 u. 9.
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ist jedoch eine starke Empfindlichkeit gegenber Kritik, welche ber die Grenzen des »American Creed« hinausgeht, beispielsweise die Verunglimpfungen oder Zerstçrung nationaler Symbole.5 Es ist ein wesentlicher Bestandteil von Moores Erfolg, daß er bei aller Kritik niemals diesen Grundkonsens in Zweifel zieht. Vielmehr verweist er immer wieder auf seine enge Bindung an diese uramerikanischen Werte und erkl,rt sich selbst – ganz im Stile eines Volkstribuns – zum Sprachrohr, das nur jene Dinge ausspricht, die ein Großteil der Bevçlkerung ohnehin denkt6: »Jeder n,mlich, der Beifall finden mçchte, beobachtet die Wnsche seiner Zuhçrer, und danach, nach ihrem Wink und Willen, richtet er sich in jeder Weise ein und paßt sich an.«7 Insbesondere was seine massive Kritik an der republikanischen US-Regierung angeht, kann Moore auf das schon beinahe grunds,tzliche Mißtrauen der meisten Amerikaner gegenber der politischen Kaste und dem Einfluß großer Konzerne auf dieselbe setzen.8 Doch unabh,ngig davon, wie scharf er den US-Pr,sidenten George W. Bush angeht, niemals wrde er das Amt als solches kritisieren. Er betont vielmehr Bushs Unf,higkeit, das hoch angesehene Amt eines US-Pr,sidenten wrdig auszufllen und versucht ihn auf diese Weise zu diskreditieren.9 Dennoch ist es Moore bewußt, daß ein Großteil seiner links-liberalen Ansichten bei vielen US-Amerikanern, wenn nicht auf Ablehnung, so doch auf Skepsis stoßen mssen. Er bedient sich daher zweier zus,tzlicher Strategien, um seine Landsleute von seinen Inhalten zu berzeugen: Humor und die Figur Michael Moore. Satirische Elemente und humoristische Einlagen sind stets Bestandteil von Moores Arbeit und vor allem seiner Filme gewesen. Seit Moore zum ersten Mal mit dem Film Roger & Me çffentlich in Erscheinung trat, ist er auf die Rolle eines Provokateurs und Komikers festgelegt.10 Er selbst fçrdert dieses Image beraus bereitwillig, da es ihm und seiner teilweise ausgesprochen scharfen Kritik einen weitaus grçßeren Spielraum ermçglicht: »Wann immer er in geistig-intellektuelle Nçte kommt, t,nzelt er davon, indem er sagt, er sei nur ein Entertainer.« Diese Masche, sich aus der vollen Verantwortung fr ein politisches Engagement zu stehlen, spielt sich zweifelsohne irgendwo nahe der Bewußtseinsschwelle ab, seine Polemik aber setzt er ganz bewußt ein, hier kennt er eindeutig keine Skrupel.11
Das berzeugendste Argument, Moore Gehçr und Glauben zu schenken, ist jedoch seine eigene Person, bzw. die Figur, die er aus Versatzstcken seiner Identit,t und Biographie fr die @ffentlichkeit geschaffen hat. Stets erscheint er als bergewichtiger, schlecht frisierter Angehçriger der Arbeiterklasse, der in Woolworth-Jeans und mit Baseballcap auf dem Kopf durch seine eigenen Filme stolpert und stellvertretend fr den Durchschnittsameri5 6 7 8 9 10 11
Vgl. Manfred Redelfs, Investigative Reporting in den USA, Opladen 1996, 94 f. Vgl. Michael Moore, Dude, whereFs my country?, New York, N. Y. 2003, 167. Marcus Tullius Cicero, Orator. dt./lat. hg. v. Bernhard Kytzler, Mnchen 1975, S. 8, 24. Vgl. Schultz, The making, 184 f. Vgl. Moore, Stupid, 14 f. Vgl. Alexandra Hissen, Bowling for more than Columbine. Subjektivit,t und Wahrhaftigkeit in den Filmen von Michael Moore (Filmgeschichte International 14), Trier 2004, 20. Larner, Die Akte, 264.
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kaner scheinbar naive Fragen an die Reichen und Mchtigen stellt.12 Diese Selbstdarstellung erf.llt im wesentlichen zwei Funktionen: zum einen lßt sie ihn harmlos erscheinen, so daß viele seiner Interviewpartner dazu neigen, ihn zu unterschtzen13, zum anderen lçst sie Sympathie bei Moores Zielgruppe – eben jenem Durchschnittsamerikaner, der f.r gewçhnlich nicht in den Medien auftaucht, – aus und erhçht so seine Glaubw.rdigkeit. Diese Glaubw.rdigkeit ist die Grundlage f.r seine Arbeit als Dokumentarfilmer.
2. Der Filmemacher Michael Moore Michal Moore hat im Verlauf seiner Karriere als Filmemacher bis heute vier Dokumentarfilme vorgelegt: Roger & Me (1989), The Big One (1997), Bowling for Columbine (2002) und Fahrenheit 9/11 (2004), von denen jeder, mit Ausnahme von The Big One, seinen jeweiligen Vorgnger als erfolgreichsten Dokumentarfilm aller Zeiten abgelçst hat. Gleichzeitig wird seit Roger & Me diskutiert, ob man Moores Filme aufgrund ihres unorthodoxen, satirischen Stils und ihres offen subjektiven Standpunktes .berhaupt als Dokumentarfilme bezeichnen d.rfe14, oder ob sie nicht vielmehr einer eigenen Kategorie angehçren, die man verschiedentlich als »film essay«, »guerrilla documentary«15 oder »Doku-Satire«16 zu umschreiben versucht hat. Immerhin erhielt Bowling for Columbine 2003 einen Academy Award in der Kategorie Dokumentarfilm, eine Auszeichnung, die seinerzeit dem hoch favorisierten Roger & Me mit eben der Begr.ndung versagt wurde, es handele sich nicht um einen solchen.17 Doch unabhngig davon, wie man Moores Filme letztendlich bezeichnen will, sie alle weisen Charakteristika in ihrem Aufbau und in der Wahl bestimmter Stilmittel auf. Das zentrale Merkmal ist dabei Moores Omniprsenz. Er ist sowohl interfiguraler Rhetor seiner Filme, d. h. er bestimmt die Auswahl des gezeigten Materials, den Schnitt, die Mischung von Ton und Musik18, als auch sichtbare Figur innerhalb des Filmgeschehens und Kommentator aus dem Off. Dies macht die Originalitt seiner Filme aus, ist aber gleichzeitig auch ihre Schwachstelle: die Grenzen zwischen der offenen Inszenierung von Moores subjektiven Standpunkten und der verdeckten, manipulativen Prsentation scheinbar objektiver Wahrheiten sind fließend und unterliegen keiner Kontrolle außer der des Regisseurs selbst. Und dieser ist in erster Linie nicht Dokumentarfilmer, sondern ein politischer Aktivist, der den Film als Vehikel f.r seine politischen Botschaften betrachtet.19 12 13 14 15 16 17 18 19
Vgl. Hissen, Bowling, 89. Christopher Sharrett / William Luhr. Bowling for Columbine. Cineaste (Spring 2003) 36 – 38; hier: 36. Vgl. Miles Orwell, Documentary film and the power of interrogation, Film Quarterly (Winter 94/95) 10 – 18; hier: 14. Eric Barnouw, Documentary. A history of the Non-fiction film. 2nd revised edition, New York , N. Y. 1993, 338. Holger Twele, Bowling for Columbine, Bonn 2002, 13. Vgl. Carl Plantinga, Rhetoric and Representation in Nonfiction Film, Cambridge, MA 1997, 8 f. Vgl. Klaus Kanzog, Grundkurs Filmrhetorik. M.nchen 2001,29. Vgl. Hissen, Bowling, 70.
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Die extrem starke und auch gewollte Personalisierung seiner Filme erreicht Moore vor allem durch seine hufige On-camera-Appearance, die Verquickung des Filmthemas mit seiner eigenen Biographie und die Inszenierung eines persçnlichen Antagonismus zwischen dem Filmemacher und einem Stellvertreter f.r das von ihm angeprangerte Qbel. Alle drei Elemente finden sich auch in Fahrenheit 9/11. Am strksten ausgeprgt ist in diesem Film wohl die inszenierte Feindschaft zwischen Moore als Vertreter des liberalen Amerika, das gegen den Irak-Krieg ist, und dem US-Prsidenten George W. Bush, dem die Schurkenrolle zukommt. Wie Moore Bush als Gegner aufbaut, sei am Beispiel der Eingangssequenz des Films beschrieben20: Fahrenheit 9/11 beginnt mit einem R.ckblick auf die Prsidentschaftswahlen im Jahr 2000. Die Anfangsbilder zeigen eine Wahlparty anlßlich Al Gores Wahlsieg, whrend Moore aus dem Off kommentiert: »Was it just a dream?« Es folgen Ausschnitte von Nachrichtensendungen aus der Wahlnacht, in denen Al Gore zum Gewinner der Prsidentschaftswahl erklrt wird. Schließlich jedoch melden FOX-News, daß nicht Gore, sondern Bush den umkmpften Bundesstaat Florida und somit die Prsidentschaftswahl gewonnen habe, woraufhin die anderen Sender umschwenken. Moore weist dazu im Voice-over darauf hin, daß der zustndige FOX-Redakteur John Ellis der Cousin von George W. Bush ist und impliziert so den Verdacht von Vetternwirtschaft. Anschließend werden Bilder des Obersten Bundesgerichtes gezeigt, das den umstrittenen Wahlausgang zu Bushs Gunsten entscheidet – auch hier werden im Kommentar die freundschaftlichen Beziehungen zwischen George Bush sr. und der Mehrzahl der Bundesrichter betont (»Daddys friends«).21 Als nchstes werden der vergebliche Versuch verschiedener afroamerikanischer Mitglieder des Reprsentantenhauses, gegen Bushs Ernennung zum Prsidenten einen Einspruch zu erwirken, und die Proteste von Demonstranten am Tage seiner Amtseinf.hrung gezeigt.22 Es folgt ein R.ckblick auf die ersten acht Monate von Bushs Prsidentschaft, die von Pannen, Fehlern und sinkenden Umfragewerten gekennzeichnet sind. Dazu werden mit frçhlicher Musik unterlegte Bilder von Bush auf seiner Ranch und auf dem Golfplatz gezeigt und .ber den Voice over-Kommentar mitgeteilt, daß der neue Prsident bis zu den Anschlgen des 11. September 42 Prozent seiner Amtszeit im Urlaub verbracht habe.23 Zum Abschluß erfolgt schließlich noch eine – zeitlich allerdings bereits weiter zur.ckliegende – Konfrontation zwischen Moore und seinem Gegner, der zum damaligen Zeitpunkt noch Gouverneur von Texas war.24 Bush ruft dem in einer Menschenmenge stehenden Moore zu: »Go find real work!«, woraufhin die umstehenden Personen in Gelchter ausbrechen.25 Es gelingt Moore also bereits in den ersten zehn Minuten, ein klar konturiertes Feindbild zu zeichnen, an dem er sich den Rest des Filmes .ber abarbeiten kann. Er lßt Bush als allein aufgrund familirer Protektion aufgestiegenen (Verwandte und Freunde des Bush20 21 22 23 24 25
Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) Vgl. Moore, Stupid, 250. Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD)
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2004, Falcom Media Group: 00:00:21 – 00:09:30. 2004, Falcom Media Group: 00:00:21 – 00:03:37. 2004, Falcom Media Group: 00:03:38 – 00:07:31. 2004, Falcom Media Group: 00:07:32 – 00:09:19. 2004, Falcom Media Group: 00:09:20 – 00:09:30.
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Clans beim Nachrichtensender FOX und beim Obersten Bundesgericht), vom Volk nicht anerkannten (Protest von Mitgliedern des Reprsentantenhauses und Demonstranten), dummen und inkompetenten Prsidenten (Flucht in den Urlaub als Reaktion auf Probleme im Amt) erscheinen. Die am Ende dieser Vorstellung stehende Konfrontation von Bush und Moore – welche .brigens die einzige persçnliche Begegnung der beiden im gesamten Film bleibt – rundet das Bild der beiden Antagonisten ab: Moore als rechtschaffener Kritiker, der dem Prsidenten den Spiegel vorhlt, Bush als unverschmter Angehçriger des Geldadels, der f.r seine Kritiker nur Spott .brig hat.
3. Moores Stilmittel Neben der recht offen prsentierten Allanwesenheit seiner Person bedient sich Moore weiterer Stilmittel, die auf subtilere – in manchen Fllen auch manipulativere Art seinen subjektiven Standpunkt unterstreichen. An erster Stelle wre hier der Voice over-Kommentar zu nennen, der bei Moore in hohem Grade personalisiert ist. Zum einen ist der Sprecher dem Publikum ohnehin bekannt, zum anderen bem.ht er sich auch nicht sonderlich sachlich oder objektiv zu klingen. Moores Sprachstil ist schnodderig und voller Gef.hlsußerungen (Lachen, Zçgern, etc.), was die Distanz zwischen dem Zuschauer und der kçrperlosen Stimme aus dem Off abbaut und ihr so das didaktische Moment nimmt, was jedoch nicht bedeutet, daß Moore das Publikum nicht in seinem Sinne belehren will. Das Gegenteil ist der Fall: im Plauderton gelingt es ihm wesentlich leichter, zahlreiche Andeutungen, Mutmaßungen und Suggestivfragen einzuflechten, die – mit entsprechendem Bildmaterial unterlegt – oftmals wie Tatsachen wirken.26 Ein Paradebeispiel hierf.r ist die Sequenz aus Fahrenheit 9/11, in der George W. Bush whrend eines Pressetermins in einer Grundschule die Nachricht von den Anschlgen auf das World Trade Center erhlt.27 Man sieht Bush in einem Klassenzimmer sitzen, als sein Stabschef den Raum betritt und ihn mit den Worten »The Nation is under attack« .ber den Anschlag informiert. Es folgen Bilder von Bushs ratlosem Gesicht, die Moore mit dem Kommentar unterlegt: »Not knowing what to do, with no one telling him what to do, and no secret service rushing in to take him to safety, Mr. Bush just sat there and continued to read ›My Pet Goat‹ with the children.« Moore suggeriert so die Hilflosigkeit und Abhngigkeit des Prsidenten von seinen Beratern. Zustzliche Elemente, wie die eingeblendete verstreichende Zeit am unteren Bildrand (insgesamt vergehen sieben Minuten, in denen Bush seine Position nicht verndert) und ein stndig wiederholter Klavierton auf der Tonspur, erhçhen das Element der Anspannung und Ungeduld beim Zuschauer, bis er selbst Bush hochreißen und ihn auffordern mçchte: »Tu doch was!« Whrenddessen geht Moore zum zweiten Anklagepunkt .ber. Mit der Suggestivfrage: »As Bush sat in that Florida classroom, was he wondering if maybe he should have shown up to work more often?« leitet er eine illu26 27
Vgl. Hissen, Bowling, 48. Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) 2004, Falcom Media Group: 00:17:04 – 00:20:07.
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strierte Auflistung der Versumnisse Bushs bez.glich eines drohenden Terroranschlages ein. Im Anschluß an die vorgebrachten Anschuldigungen sieht man weitere Nahaufnahmen von Bushs Gesicht whrend des Pressetermins und Moore holt zu einem weiteren Schlag aus. Er setzt Bushs vermeintliche Selbstbefragung nun mit Blick auf die Verbindungen der Familie Bush und hochrangiger Regierungsmitglieder zu Saddam Hussein, den Taliban und Vertretern des saudischen Kçnigshauses fort: »Was he thinking: ILve been hanging out with the wrong crowd. Which one of them screwed me?« Die in IchForm formulierten rhetorischen Fragen und die dazu gezeigten Bilder von eintrchtigem Hndesch.tteln mit den betreffenden Personen wirken wie ein nachtrgliches Schuldeingestndnis. Am Ende der Sequenz hat Moore dem Zuschauer – ohne eine einzige tatschliche Vußerung des Angeschuldigten – das Gef.hl vermittelt, Einblick in die wahren Gedanken und Motive des Prsidenten gewonnen zu haben. Ein weiteres Charakteristikum von Moores Filmen ist die starke Anlehnung an den Stil kommerzieller amerikanischer TV-Magazine, d. h. eine Mischung aus Musik, Reportagebildern, Filmausschnitten und selbst gedrehtem Material, der auch als »tabloid TV« bezeichnet wird.28 Damit zielt Moore zum einen auf die Sehgewohnheiten der meisten US-Amerikaner ab, zum anderen erhçht es die Unterhaltsamkeit seiner Filme und erçffnet ihm eine Vielzahl von Mçglichkeiten, bestimmte Aspekte ohne langatmige Erklrungen, sondern einfach via Schnitt und Ton hervorzuheben. Auch in Fahrenheit 9/11 verwendet Moore rhythmisch, rasch hintereinander geschnittene Wiederholung von Bildschnipseln und Worten zur Verdeutlichung und Ironisierung von Aussagen. An einer Stelle etwa wird das von George W. Bush selbst gepflegte CowboyImage persifliert und auf sein Verstndnis von Außenpolitik .bertragen: Moore erwhnt die Begr.ndung der US-Regierung f.r den Afghanistan-Krieg, die Taliban htten Osama bin Laden Unterschlupf gewhrt, und vergleicht ihre Reaktion mit den einfachen Lçsungsstrategien eines Western. Nachdem die Hauptverantwortlichen Bush, Donald Rumsfeld, Dick Cheney und Tony Blair in einer Bonanza-Parodie als Cowboys dargestellt worden sind, folgt eine Kompilation von insgesamt vier kurzen Ausschnitten, in denen Bush die Redewendung: »smokeLem out« gebraucht, und eine Szene aus einem s/w-Western, in dem ein Darsteller ebenfalls fordert: »LetLs smoke Lem out!«.29 Auf hnliche Weise wird auch die Begr.ndung f.r den Irak-Krieg lcherlich gemacht, es bestehe ein Zusammenhang zwischen Saddam Hussein und Al Kaida. An zwei entsprechende Interviewaussagen von George W. Bush und Dick Cheney schließt sich eine Kompilation von kurzen Ausschnitten an, in denen der Prsident im Wechsel entweder »Saddam« oder »Al Kaida« sagt. Dies steigert sich zu einem immer schneller werdenden Stakkato, in dem Bush mehrmals hintereinander »Saddam« ausruft, um schließlich mit einem letzten »Al Kaida« zu enden.30 So wird das vermeintliche Argument als Worth.lse bloßgestellt, das durch permanente Wiederholung in die Kçpfe der Amerikaner gehmmert werden soll. Eine nahezu identische Kompilation zum selben Thema verfhrt ebenso 28 29 30
Vgl. Kevin Glynn, Tabloid Culture, Durham / London 2002, 123. Als »tabloids« werden in den USA die populren Klatschbltter der Yellow Press bezeichnet. Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) 2004, Falcom Media Group: 00:44:42 – 00:45:21. Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) 2004, Falcom Media Group: 01:15:55 – 01:16:11.
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mit den Aussagen der Regierung, Saddam Hussein besitze Massenvernichtungswaffen: hier sind die bestndig wiederkehrenden Worte »nuclear weapons«, »chemical weapons« und »heLs got them«.31 Musik erf.llt in Moores Filmen hufig nicht allein die .bliche Aufgabe der unterschwelligen Verstrkung von Gef.hlen des Zuschauers. Sie dient außerdem der Ironisierung einzelner Sequenzen – etwa wenn zu Bildern, in denen Mitglieder der Bush-Familie die Hnde saudiarabischer 6lscheichs sch.tteln, das Liebeslied »Happy people« eingespielt wird32 – oder beinhaltet Anspielungen, die das Vorwissen des Publikums voraussetzen. So erklingen bei der Erwhnung von George W. Bushs Militrakte und seinem dort verzeichneten Fernbleiben von einer medizinischen Untersuchung die Anfangstakte des Songs »Cocaine«33. Besonderes Aufsehen erregte in Fahrenheit 9/11 die Sequenz, in der im Irak stationierte US-Soldaten davon berichten, daß sie whrend der Kampfhandlungen aggressive Musik hçren, um sich aufzuputschen. Im Anschluß zeigt Moore Bilder des brennenden Bagdad und von Kriegsopfern, die mit einem der genannten Lieder, »The Roof is on Fire«, unterlegt sind.34 Die darin mehrfach wiederholten Textzeilen »Burn motherfucker, burn« in Kombination mit dem Bildmaterial legen den ganzen Zynismus des Krieges offen.
4. Fahrenheit 9/11 als filmgewordene politische Rede Alle Filme, die Michael Moore jemals gedreht hat, sind politisch. Alle wollen das Publikum zur Vernderung der bestehenden politischen Verhltnisse (in den USA) bewegen. Doch keiner hatte bisher eine derartig klare Zielsetzung und konzentrierte sich allein auf ein politisches Ereignis wie Fahrenheit 9/11: die erhoffte Abwahl des Prsidenten George W. Bush. In einem Interview mit der New York Times beispielsweise ußerte Moore die Hoffnung, »den ersten Film gedreht zu haben, der an der Abwahl eines Prsidenten mitbeteiligt ist«,35 und verwies auf Testvorf.hrungen, in denen sich bereits ehemalige Zweifler htten .berzeugen lassen.36 Neben diesen konkreten Aussagen sprechen auch die Forderungen, die Moore nach dem Gewinn der Goldenen Palme in Cannes am 22. Mai 2004 an potentielle Verleiher f.r den Film stellte, eine deutliche Sprache: ein garantierter Filmstart im Juli 2004 (p.nktlich zu den Vorwahlen), eine Verçffentlichung auf dem Videomarkt im November desselben Jahres und das Recht f.r jeden Kunden, den Film an einem Tag im November kostenlos ausleihen zu d.rfen (die Prsidentschaftswahl fand am 02. November statt).37 Vor diesem Hintergrund nimmt es nicht Wunder, daß der Film unter anderem als »emotional wuchtigste[r], polemischste[r] und lngste[r] Werbespot in der Geschichte 31 32 33 34 35 36 37
Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) 2004, Falcom Media Group: 01:15:11 – 01:15:35. Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) 2004, Falcom Media Group: 00:36:19 – 00:37:13. Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) 2004, Falcom Media Group: 00:27:21 – 00:27:26. Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) 2004, Falcom Media Group: 01:12:08 – 01:12:21. Jordan Mejias, Michael Moore. Der Film zum Wahlkampf, FAZ 146 (26. 06. 2004) 36. Vgl. ebd. Vgl. Schultz; The making, 189.
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amerikanischer Wahlk mpfe«38 bezeichnet wurde.39 Bei genauerer Betrachtung dr ngen sich bei Fahrenheit 9/11 allerdings weniger Parallelen zu einem Werbespot, als vielmehr zu einer Wahlkampfrede auf. Und dies nicht nur, weil der Film stark vom gesprochenen Wort des Regisseurs – sei es on camera, sei es im Voice over – dominiert wird. Moore hebt in geradezu klassischer Weise auf die drei Hauptmomente der (berredungskunst ab: wie ein versierter Redner versucht er seine Zuschauer auf intellektueller Ebene durch Beweise zu ,berzeugen (docere), sie durch Unterhaltsamkeit f,r sich einzunehmen (delectare) und sie außerdem durch das Auslçsen heftiger Affekte emotional auf seine Seite, bzw. die seiner Ideologie zu ziehen (movere):40 »Der vollkommene Redner […] wird also der sein, der […] so spricht, daß er beweist, daß er unterh lt, daß er beeinflußt. Beweisen ist Sache der Notwendigkeit, Unterhalten eine Frage des Charmes, Beeinflussen aber bedeutet den Sieg: dieses eine vermag ja am meisten von allem die Entscheidungen zu bestimmen.«41
In Zeiten der Massenmedien mag dies auch f,r einen politischen Filmemacher gelten, der die Aufmerksamkeit eines Massenpublikums erreichen will.
Docere Michael Moores Filme erf,llen kaum die Erwartungshaltung, die der Zuschauer f,r gewçhnlich an eine politische Dokumentation hat: der Stil erinnert an grelle, kommerzielle Nachrichtensendungen und die zahlreichen satirischen (berspitzungen und Gags zielen mehr auf den Humor des Zuschauers als auf seinen Intellekt. Dies bedeutet jedoch nicht, daß sich hinter dieser unterhaltungslastigen Aufmachung nicht ernsthafte Inhalte verbergen. Und zur glaubw,rdigen Vermittlung dieser Inhalte – um die es ihm eigentlich geht – bombardiert Moore sein Publikum mit einer Vielzahl von Fakten, die seine Argumentation untermauern sollen. Die Basis hierf,r bilden zahlreiche Beweismaterialien in Form von eingeblendeten Dokumenten und Zeitungsartikeln, Interviews mit Experten und gegebenenfalls Augenzeugen, sowie einer F,lle von Archivaufnahmen. Außerdem zitiert er gerne Statistiken und Zahlen mit Nennung der Quellenangabe. Geradezu akribisch ist er darauf bedacht, jeden Angriff auf die Korrektheit seiner Angaben zu widerlegen. So besch ftigt er bereits w hrend der Dreharbeiten zu Fahrenheit 9/11 ein ganzes Team von sogenannten Factcheckern, die ausschließlich mit der (berpr,fung der im Film gezeigten Fakten befaßt waren, um den erwarteten Angriffen konservativer Kritiker vorzubeugen.42 Auf seiner Homepage (www.michaelmoore.com) findet sich dar,ber hinaus eine eigens angelegte »Factchecking-Bibel«, in der s mtliche Quellen verzeichnet sind, auf die sich der Film bezieht. »Wen all das nicht abschreckt, dem droht Moore juristische Schritte an.«43 38 39
40 41 42 43
Heinrich Wefing, Agitprop f,r Amerika, FAZ 173 (28. 07. 2004) 29. Einschr nkend muß jedoch hinzugef,gt werden, daß es sich ausschließlich um einen Wahlwerbespot gegen Pr sident Bush, jedoch nicht f,r die Partei der Demokraten handelt, die Moore im besten Fall als das kleinere (bel neben den Republikanern betrachtet (vgl. hierzu: Moore, Stupid, 211). Vgl. Kanzog, Filmrhetorik, 168. Cicero, Orator, 21, 69. Vgl. Schultz, The making, 195. Mejias, Michael Moore, 36.
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Delectare Einer der entscheidendsten Faktoren f.r Moores Erfolg ist die Unterhaltsamkeit seiner Filme, mit denen er auch ein Publikum anspricht, das seiner Ansicht nach ansonsten nicht f.r politische Dokumentarfilme zugnglich wre.44 Er setzt dabei auf die bereits erwhnte Gestaltung seiner Filme im »tabloid«-Stil und vor allem auf zahlreiche humoristische Elemente. Letztere erf.llen eine Doppelfunktion: zum einen halten sie das Interesse des Zuschauers wach, zum anderen ermçglichen sie es, Personen und Mißstnde, gegen die Moore sich wendet, auf subversive Weise der Lcherlichkeit preiszugeben. Eine Methode, mit der Moore witzige Effekte erzielt, sind .berraschende Schnitte von inhaltlich unzusammenhngenden Bildern, die er mit seinem Voice over-Kommentar ironisch miteinander in Verbindung bringt. In Fahrenheit 9/11 zeigt er beispielsweise Bilder und Interviews, in denen die Verunsicherung vieler US-Amerikaner nach den Anschlgen des 11. September dokumentiert wird. Zum Abschluß der Sequenz ist eine Mahnwache von Menschen vor dem Weißen Haus zu sehen, die Kerzen in den Hnden halten. Im Hintergrund wird dazu sich bedrohlich steigernde Krimimusik eingespielt und Moore kommentiert mit fragender Stimme aus dem Off: »They turned to their leader to protect them. But protect them – from what?«. Es folgt ein harter Schnitt auf einen Auftritt des Justizministers John Ashcrofft, der hinter einem Rednerpult steht und ein pathetisches Lied vortrgt.45 Durch die ironische Qberspitzung, in der Ashcroffts Sangesk.nste auf eine Stufe mit der terroristischen Bedrohung gestellt werden, erzeugt Moore eine Art comic relief nach der Beschftigung mit dem ernsthaften Thema Angst in der US-Bevçlkerung, und bereitet gleichzeitig den Weg f.r die anschließende Polemik gegen den Initiator der so genannten Anti-Terror-Gesetze, indem er ihn lcherlich macht. Hufig kommen auch kleine Kompilationssequenzen mit humoristischen Aufnahmen zum Einsatz, wie etwa jene, in der Moore die von Donald Rumsfeld und George W. Bush ins Leben gerufene »Coalition of the willing« karikiert. Im Stile eines alten Propagandafilms verk.ndet eine Stimme die Namen kleiner, an der Koalition beteiligter Lnder wie Palau, Costa Rica, Island oder den Niederlanden, die zustzlich in Großbuchstaben eingeblendet werden. Dazu werden Bilder aus den besagten Lndern gezeigt, welche diese lcherlich und r.ckstndig wirken lassen.46 Ein derartiger Stil lçst nat.rlich auch Kritik aus. Moore wird immer wieder vorgeworfen, er verstoße gegen den Anspruch des Dokumentarfilms auf Objektivitt und Ernsthaftigkeit und beuge sich einem Entertainment-Diktat, um mehr Publikum zu ziehen.47 Doch gerade letzteres ist ja sein erklrtes Ziel: so vielen Menschen wie mçglich – und nicht nur einem elitren, formal hoch gebildeten Kreis, der als Hauptzielgruppe f.r nichtfiktionale Filme gilt – seine politische Weltsicht zu vermitteln und sie davon zu .berzeugen. Um dies zu erreichen setzt er auf Unterhaltung und Emotionen.
44 45 46 47
Vgl. Hissen, Bowling, .120 f. Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) 2004, Falcom Media Group: 00:55:30 – 00:56:00. Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) 2004, Falcom Media Group: 01:17:10 – 01:18:23. Vgl. Christopher Sharrett / William Luhr, Bowling for Columbine, 38.
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Fahrenheit 9/11: Der Film zum Wahlkampf
Movere Wenn die Vielzahl an akribisch .berpr.ften Fakten die Glaubw.rdigkeit ausmacht und der unterhaltsame Stil ein Massenpublikum anlockt, so ist es doch letzten Endes das Auslçsen heftiger Gef.hlsregungen, das Moores Filme f.r viele seiner Zuschauer so mitreißend macht und f.r viele seiner politischen Gegner so gefhrlich erscheinen lßt. Wie bereits erwhnt beherrscht er die Klaviatur insbesondere US-amerikanischer Gef.hle perfekt und nutzt dies, um die Emotionen seines Publikums in seinem Sinne zu beeinflussen. In Fahrenheit 9/11 ist ihm dies vor allem am Ende des Films mit dem Portrt der Mutter eines im Irak gefallenen Soldaten, Lila Lipscomb, gelungen: »der Film [bezog] seine Kraft aus dem Schlussteil – der auch die Leute in Rekordzahlen in die Kinos brachte. Mit nur zwei, drei Szenen traf Moore den Nerv einer w.tenden und verwirrten amerikanischen 6ffentlichkeit.«48 Moore lßt sich mit diesem Portrt ungewçhnlich viel Zeit. Insgesamt elf Minuten lang (mit Unterbrechungen) begleitet er Lipscomb und lßt sie erzhlen: an ihrem Arbeitsplatz, beim Hissen der amerikanischen Flagge vor ihrem Haus, im Kreis ihrer Familie, vor dem Weißen Haus in Washington. Was sie f.r Moore so interessant und f.r seine Argumentation so wertvoll macht, ist die Tatsache, daß sie eine perfekte Identifikationsfigur f.r den durchschnittlichen (amerikanischen) Zuschauer abgibt: eine Frau aus einfachen Verhltnissen, mehrfache Mutter, sozial engagiert, jedoch durchaus nicht links-liberal in ihren Ansichten und – zu Beginn – eine Bef.rworterin des Irak-Krieges, da sie zahlreiche Angehçrige in der Armee hat, unter anderem zwei ihrer Kinder.49 Erst nach dem Tod ihres Sohnes Michael im Irak, der sich noch whrend der Dreharbeiten zu Fahrenheit 9/11 ereignete, wandelt sie sich zur Kriegs-Gegnerin – und Moore bietet ihr ein Forum. Unter Trnen berichtet sie vor laufender Kamera von der telefonischen Mitteilung, daß ihr Sohn gefallen sei. Anschließend verliest sie, umgeben von ihrer Familie, den letzten Brief des jungen Mannes, in dem er scharfe Kritik am Irak-Krieg und Prsident Bush .bt.50 Lipscomb argumentiert nicht von der Warte einer hçher stehenden Moral oder einer politischen Ideologie aus. Ihr Dreh- und Angelpunkt ist der Schmerz einer Mutter, die ihr Kind verloren hat und nun die Frage nach dem »Warum?« stellt. Und es ist diese Unverflschtheit, diese tiefempfundene, f.r jeden Menschen nachvollziehbare Verzweiflung, die den Zuschauer strker gegen den Krieg aufbringt, als jede noch so geschliffene Argumentation. Und so verlßt sich Moore ganz auf die Kraft der Empathie, welche die Bilder und Worte der trauernden Mutter hervorrufen. Kein zustzlicher Kommentar, keine musikalische Untermalung ist notwendig. Was er sich allerdings nicht nehmen lßt, sind zwei eindeutige Hinweise darauf, wen er f.r den Krieg und den Schmerz der Lila Lipscomb verantwortlich macht: unmittelbar nachdem diese von der Todesnachricht erzhlt hat, folgt ein Schnitt zu einem Interview, in dem George W. Bush ußert, er kçnne es sich nicht vorstellen, wie es sei, ein Kind im Krieg zu verlieren.51 48 49 50 51
Schultz, The making,. 192. Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) 2004, Falcom Media Group: 01:34:06 – 01:36:17. Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) 2004, Falcom Media Group: 01: 42:01 – 01:44:24 und 01:44:38 – 01:47:31. Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) 2004, Falcom Media Group: 01:44:25 – 01:44:37.
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Im Anschluß an das Verlesen des letzten Briefes von Michael stellt sein Vater die Frage: »For what?«, worauf Moore mit dem Schnitt auf ein Werbevideo des 6l- und R.stungskonzerns Halliburton antwortet,52 der nach dem Irakkrieg Auftrge in Milliardenhçhe erhielt. Den emotionalen Hçhepunkt erreicht der Film schließlich in der symbolischen Konfrontation zwischen Lipscomb und dem f.r den Krieg verantwortlich gemachten Prsidenten Bush. Die Soldatenmutter reist nach Washington. Moore begleitet sie mit der Kamera, taucht jedoch nicht selbst im Bild auf. Wieder lßt er sie einfach reden, sich mit einer Demonstrantin solidarisieren, mit einer Kriegsbef.rworterin streiten. Zum Schluß geht Lipscomb direkt auf das Weiße Haus zu, macht ihrer Wut verbal Luft und bricht schließlich weinend zusammen. Die Kamera schwenkt auf den mit gr.nen Sicherheitszunen abgeschirmten Amtssitz des Prsidenten, auf dessen Dach zwei Sicherheitskrfte patroullieren. Die Diskrepanz zwischen der hilflosen, verzweifelten Frau und dem mitleidlosen, steinernen Symbol staatlicher Macht ist beinahe kçrperlich sp.rbar. Es sind diese Bilder und die dazugehçrenden Empfindungen, die im Gedchtnis der Zuschauer haften bleiben. Und dies sind Moores strkste Argumente: wen er nicht mit Fakten .berzeugen kann, den packt er auf der emotionalen Ebene. Das ist sicherlich polemisch, oberflchlich und intellektuell fragw.rdig, aber auch sehr effektiv – wie eine gute Wahlkampfrede es sein sollte. »Moore ist der Meisterdemagoge, den eine Zeit der Demagogie hervorgebracht hat. […] Dennoch kçnnte Moore eine bessere Version von Moore abgeben und dabei immer noch Moore sein. Er kçnnte uns zeigen, dass Kriege tçten und Bush eine Schreckensfigur ist, und trotzdem genauer sein. Doch Moore ist, wie er ist – einen anderen haben wir nicht – , leider.«53
52 53
Vgl. Fahrenheit 9/11 (DVD) 2004, Falcom Media Group: 01:47:32 – 01:48:21. Larner, Die Akte, 295.
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Diskussionsforum Karl-Heinz Anton
Illokutionre und perlokutionre Sprechakte: Notizen zu einer Theorierevision bei Habermas 1. Die von Habermas 1999 durchgef!hrte Theorierevision bezieht sich auf seine Sprechakttheorie, genauer auf die pragmatische Bedeutungstheorie im Kontext einer Hermeneutik der Sprechakte. Sprechakte treten als 'ußerungsblçcke in Erscheinung, die aus einzelnen Stzen zusammengesetzt sind; mit ihnen soll eine kommunikative Absicht erzielt werden. Rhetorik und Sprechakttheorie stehen in enger, freilich doch konkurrierender Verbindung: Als Objekte der Theorie fungieren in beiden Fllen Sprechhandlungen, die in der Rhetorik primr auf mit strategischen Redeinstrumenten betriebene 3berzeugung, in der Sprechakttheorie wesentlich auf Verstndigung bzw. Einverstndnis zugeschnitten sind. Habermas unterscheidet im engeren Sinne vier Klassen von Sprechakten. Er bezeichnet sie als Kommunikativa, die »den pragmatischen Sinn der Rede […] aussprechen«1, als Konstativa, die auf die kognitive Verwendung von Stzen zielen,2 als Reprsentativa, die »den pragmatischen Sinn der Selbstdarstellung eines Sprechers vor eine Hçrer«3 angeben und als Regulativa, die »den Sinn der praktischen Verwendung von Stzen«4 ausdr!cken. Diese vier Klassen von Sprechakten kçnnten auch Rhetorik als zielf!hrende Komponente dienen, Habermas aber begreift sie strikt unter der leitenden Idee von »dialogkonstituierenden Universalien«5 und markiert damit zunchst eine formale Grenze zwischen Sprechakttheorie und Rhetorik. Sprechakte nmlich sind dann und nur dann nach Habermas rational akzeptabel, wenn sie sich als reine illokutionre Akte auszeichnen lassen und keine strategischen Zwecke oder Ziele implizit und explizit enthalten. Nun sieht Habermas keineswegs davon ab, daß empirische Rede- und Dialogformen dominant mit strategischen Anteilen besetzt sind und illokutionre Leitinteressen nur gering veranschlagt werden kçnnen. Er verkn!pft deshalb seine Sprechakttheorie mit einer kritischen Theorie der Gesellschaft6 und gewinnt damit eine Unterscheidung, Fundamentalnormen vern!nftiger Rede empirischen Sprechmustern scharf pr!fend gegen!berzustellen. Reale Gesprchs- oder Redesituationen reichen zwar an die Idealitt gelingender, herrschafts-
1 2 3 4 5 6
J!rgen Habermas, Vorbereitende Bemerkungen zu einer Theorie der kommunikativen Kompetenz, in: Ders. / Niklas Luhmann, Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie, Frankfurt a. M. 1971, 111. Vgl. ebd. 111. Ebd. 112. Ebd. 112. Ebd. 110. Vgl. ebd. 141.
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freier, vern!nftiger Sprechsituationen nicht heran, aber sie bewirkt, meint Habermas, daß sie als in der Situation antizipierte auch real wirksam ist oder potentiell werden kann.7 Philosophie sollte nach Hegel die jeweilige gesellschaftliche Realitt in Begriffe fassen. Mit der von Habermas proklamierten Diskursidealitt wurde eine sicherlich w!nschbare Utopie allerdings nur ußerlich dialektisch mit einer Realitt vermittelt, deren Hrte und institutionell geformten Unnachgiebigkeit er wohl bis zur Theorierevision unterschtzt hat. Wenn nmlich kommunikativ ›schmutzige‹ Sprechakte theoretisch abgespalten werden, f!hren sie um so entschiedener ein von allen normativen, konstativen und expressiven Zwngen befreites Eigenleben. Insbesondere die dominanten politischen und çkonomischen Teilsysteme moderner Gesellschaften nutzen Kommunikation als strategisches Medium und orientieren sich eher an einer auf Zwecke reduzierten Rhetorik bzw. subsumieren Ideen- und Produktargumentationen gebrauchsdialektisch perlokutionren Zielen.
2. Obgleich die sich in relevanten gesellschaftlichen Systemen praktisch durchsetzende Rhetorizitt von Habermas gesehen wird, bleibt er gleichwohl abweisend insbesondere gegen!ber einer damit verkn!pfbaren theoretischen Vorrangstellung und wehrt sich entsprechend, rhetorische Sprechfunktionen einer Theorie der an Vernunft orientierten Kommunikation produktiv einzuverleiben. In einem »Exkurs zur Einebnung des Gattungsunterschiedes zwischen Philosophie und Literatur«8 beleuchtet Habermas den Unterschied zwischen Poesie und einer dagegen in illokutionren Kontexten auftretenden Sprache. Wenn Sprache, so Habermas, eine poetische Funktion erf!llt, realisiert sie diese nur selbstreflexiv9 und eben nicht reflektiert kommunikativ. Wenn dann der Versuch unternommen werde, die poetische Funktion als »vorherrschende und strukturbestimmende«10 besonders auszeichnen, entlaste man die »illokutionren Akte vom Entscheidungsdruck der kommunikativen Alltagspraxis«.11 F!r Habermas ist die poetische Sprache Rhetorik, die zwar kreativ-welterschließende Aufgaben wahrnehme, jedoch der Irrationalitt Vorschub leiste, wenn sie als Modell f!r den Gesamtbereich aller Sprachfunktionen genommen werde. Die »eigent!mliche Selbstbez!glichkeit der poetischen Sprache«12 verhindert nach Habermas einen Diskurs !ber den mit Sprache immer auch verbundenen Geltungsanspruch. Die Typik der Sprachverwendung in der Poesie sei auf reine Darstellung in nichtkommunikativer Weise ausgerichtet – die perlokutionren Effekte mehr oder minder kalkulierend; dagegen spielten illokutionre Funktionen und Aufgaben (Einverstndnis- und Verstndigungssuche) keine oder nur eine marginale Rolle. Genau diese Typik verweise auf den rhetorischen Charakter der poetischen Sprache. Gbe man ihr 7 8 9 10 11 12
Vgl. ebd. 136 ff. J!rgen Habermas, Der philosophische Diskurs der Moderne, Zwçlf Vorlesungen, Frankfurt a. M. 1995, 219 – 247. Vgl. ebd. 235. Ebd. 235. Ebd. 236. Ebd. 237.
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Notizen zu einer Theorierevision bei Habermas
eine kommunikationstheoretische Vorrangstellung, hebe man mit fatalen Folgen »den Gattungsunterschied zwischen Philosophie und Literatur«13 auf und verspiele damit leichtfertig die durch Philosophie reprsentierten Rationalittsanspr!che. Einer strikt strategisch-perlokutionr ausgerichteten Rhetorik sei ebenfalls nicht nur der Anspruch auf Vorrangstellung zu bestreiten, sondern dar!ber hinaus auch Reflexivitt, die dagegen in Poesie selbstreferentiell noch aufbewahrt sei.
3. Quasi auf leisen Sohlen, nmlich als »Anhang zur pragmatischen Bedeutungstheorie«14 revidiert Habermas nun delikat seinen bisherigen Theorieaufbau »im Hinblick auf die Differenzierung im Begriff der Verstndigung und den Status streitspezifischer Sprechhandlungen«.15 Die Revision hat erhebliche Bedeutung f!r seine bisher entwickelte Sprechakttheorie und hier insbesondere f!r eine vernderte Einschtzung perlokutionrer Sprechakte im Kontext einer bislang prinzipiell illokutionr zugespitzten Sprechakttheorie und dar!ber hinaus auch f!r eine vernderte theoretische Gewichtung eher monologisch ausgerichteter Sprechhandlungen – also en passant auch f!r die Rhetorik. Habermas war prominent davon ausgegangen, daß die rationale Akzeptanz von Sprechakten ausschließlich von der Kenntnis und Qualitt der in ihnen versammelten Gr!nde abhing. Nur die von ihm bezeichneten ›Konstativa‹ waren letztlich Garanten daf!r, illokutionr erzielte Erfolge zu verstehen. Nun ber!cksichtigt Habermas f!r das Verstndnis eines Sprechaktes auch perlokutionre Anteile, mit denen ein Sprecher ebenfalls kommunikativ erfolgreich agieren kçnnte. Damit f!hrt er Formen strategischer Rede und Dialogf!hrung in die Sprechakttheorie ein und akzeptiert mithin Rhetorik als Moment vern!nftiger, nicht plan interessenorientierter Kommunikation. Freilich geht er nicht so weit, zwischen illokutionren und perlokutionren Sprechakten ein symmetrisches Verhltnis anzuerkennen: Perlokutionre Sprachverwendung sei dann nur rational akzeptabel, wenn der dominante illokutionre Sprechakt, den Habermas bei der Verwendung von erfolgreichen Perlokutionen voraussetzt, verstndlich erscheine. Nun wird bekanntlich in der Rhetorik ein eher gleichgewichtiges Verhltnis von illokutionren und perlokutionren Sprechprozessen anvisiert. Immerhin ist die Argumentationslehre seit Aristoteles ein wichtiges Teilgebiet der Rhetorik. Ohne gute Gr!nde f!r gesetzte Zwecke der Rede bleibt dann jeder Sprecher argumentativ blaß und gibt jenen Gegnern der Rhetorik Recht, die bei ihr immer schon mehr Schein als Sein vermuteten. Gleichwohl geht Habermas offensichtlich davon aus, daß trotz zugestandener dialektischargumentativer Substanz der Rhetorik diese durch den !berragenden Zweck korrumpiert sei. Eine literalistisch geprgte Rhetorik ist ebenso nicht die Perspektive, die durch die Theorierevision der Sprechakttheorie in der Folge aufscheint, sie bleibt als dekonstrukti13 14 15
Ebd. 246. J!rgen Habermas, Rationalitt der Verstndigung. Sprechakttheoretische Erluterungen zum Begriff der kommunikativen Realitt, in: Ders., Wahrheit und Rechtfertigung, Frankfurt a. M. 1999, 134 – 137. Ebd. 136.
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vistische im Abseits, wohl aber eine argumentativ ausreichend ausgestattete und gegen!ber Zwecken selbstbewußter auftretende. Habermas kalkuliert, daß Rhetorik primr nicht auf intersubjektive Anerkennung angelegt ist, sondern auf die mehr oder weniger geschickte Durchsetzung egoistischer Interessen gegen!ber einem Publikum oder einem Dialogpartner: »Weil Perlokutionen als solche keine illokutionren Akte darstellen und nicht auf rationale Akzeptabilitt zugeschnitten sind«16, werden sie dennoch kommunikativ verwendet und mutieren dann nach Habermas im situativ-textlichen Kontext zu (schwach) illokutionren Akten. Es sei nmlich mçglich, die im R!cken perlokutionrer Handlungen gelegenen individuellen Prferenzen zu kritisieren oder zu bejahen: »Eine Verstndigung zwischen erfolgsorientiert eingestellten Aktoren ist (in einem schwachen Sinne) auch dann mçglich, wenn die Ernsthaftigkeit (und Durchf!hrbarkeit) einer Ank!ndigung oder einer Aufforderung (bzw. Drohung) anhand der aktorrelativen Gr!nde f!r die Rationalitt eines entsprechenden Vorsatzes ausgewiesen werden kann«.17 Mit dieser Argumentation ist die Theorierevision vollzogen.
4. Man kann das Verhltnis zwischen illokutionren und perlokutionren Sprechakten in Analogie bringen zum Verhltnis von 3berzeugung und 3berredung. Nach Habermas ist es ein Markenzeichen von Rhetorik, genau die »merkw!rdige Ambivalenz«18 von 3berzeugung und 3berredung als Disziplin zu verkçrpern. Die Zweideutigkeit f!hre auch dazu, daß Sprecher Worte sowohl »zur vernebelnden Agitation ebenso wie zur Aufklrung«19 verwenden. Es fehlen danach der Rhetorik Prinzipien, die als leitende vern!nftige Prmissen Sprechproduktionen regeln kçnnten. Ihr bleibe letztlich der Bereich der Wahrscheinlichkeit vorbehalten, der vom Bereich der Wahrheit zu unterscheiden sei. Zwar stellten Kreativitt und die Integration von Sprechproduktionen in die Alltagswelt Bestimmungen von Sprache dar, aber der Rhetorik mangele es doch an Reflexivitt und Objektivitt.20 Rhetorik verstehe sich eben als Kunstlehre, »die ein nat!rliches Vermçgen methodisch in Zucht nehmen und kultivieren«21 w!rde. Dagegen operiere philosophische Hermeneutik wesentlich als Kritik gegen!ber Formen umgangssprachlicher Kommunikation. Nach der Theorierevision freilich werden die perlokutionr geprgten Sprechhandlungen nun in konstruktiver Weise ber!cksichtigt, und zwar so, daß die mit Wahrscheinlichkeiten – mçglicherweise – verbundenen Wahrheiten zu kalkulieren sind. Rhetorik, die dann auch als argumentativ-dialektische auf den Plan treten kçnnte und sich nicht nur 16 17 18 19 20 21
Ebd. 137. Ebd. 136 f. J!rgen Habermas, Der Universalittsanspruch der Hermeneutik, in: Ders., Kultur und Kritik, Frankfurt a. M. 1973, 267. Ebd. 268. Vgl. ebd. 269. Ebd. 264.
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Notizen zu einer Theorierevision bei Habermas
auf kunstvolle, literalistische oder rein strategisch geprgte Sprechinszenierungen beschrnkte, wird damit von Habermas erheblich aufgewertet. Im Umkreis kritischer Theorie haben bereits Adorno22 und neuerdings dezidiert Wellmer23 die positive Bedeutung von Rhetorik hervorgehoben. Adorno bezieht sich auf genau die perlokutionre Seite der Rhetorik, die f!r ihre Geringschtzung hufig aufgeboten wird: »Durch die seiSs offenbare, seiSs latente Gebundenheit an Texte gesteht die Philosophie ein, was sie unterm Ideal der Methode vergebens ableugnet, ihr sprachliches Wesen. In ihrer neueren Geschichte ist es, analog der Tradition, verfemt worden als Rhetorik. Abgesprengt und zum Mittel der Wirkung degradiert, war es Trger der L!ge in der Philosophie«.24 Adorno reflektiert (negativ-)dialektisch das Verhltnis von wahrheitsbezogener 3berzeugung auf der einen Seite und strategischer Praxisorientierung auf der anderen Seite und verfl!ssigt die !blicherweise als Gegensatz aufgebotene Unterscheidung: Ohne Zwecke entschwnde »die Relation des Denkens zur Praxis aus dem Denkakt«.25 In der Dialektik als ein wichtiges rhetorisches Moment,26 nicht in purer »Pflege der Rhetorik«27, der auch Habermas skeptisch gegen!bersteht, erkennt Adorno das Bindeglied, um im Denken doch noch bei den (faktischen) Objekten zu bleiben, sie eben nicht durch Denken gleichg!ltig werden zu lassen. Er strkt, wie eher implizit Habermas in der revidierten Sprechakttheorie, damit explizit die Bedeutung der Argumentationslehre innerhalb der Rhetorik, unterst!tzt auf seine Weise den auf rationale Akzeptanz abzielenden illokutionren Akt, in dem freilich massiv Perlokutionres eingeflochten sein sollte. Dialektische Argumentation in der Rhetorik ist nach Adorno die Kompetenz, sich auf das dilemmatische Verhltnis von Meinung und Korrektem einzulassen und nicht vorschnell zu resignieren.28 Wellmers Sprachphilosophie spricht sich wie Adorno f!r eine Integration einer dialektisch verfaßten Rhetorik in die Philosophie aus, lßt dar!ber hinaus vielmehr noch Sprachphilosophie in Rhetorik kulminieren. Wellmer merkt wie Adorno und Habermas an, daß Rhetorik »sich auch zu manipulativen Zwecken mißbrauchen«29 lasse, gleichwohl aber »jede bedeutende Philosophie«30 mit rhetorischen Mitteln arbeite, insbesondere mit Formen dialektischer Argumentation. Rhetorik sei eben nicht das Gegenteil von Argumentation, sondern »eines ihrer Momente«.31 Wellmer orientiert sich, anders als Adorno, weniger an einem begriffslogischen hegelschen Dialektikverstndnis, sondern an 3berlegungen bei Rorty.32 Dieser unterscheidet zwischen inferentiellen und dialektischen Formen der Argumentation.33 Wellmer interessiert sich in der Folge wesentlich f!r Formen 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33
Theodor W. Adorno, Negative Dialektik, Frankfurt a. M. 1966. Albrecht Wellmer, Sprachphilosophie, Frankfurt a. M. 2004. Adorno, Negative Dialektik, 65 (Hervorhebung von mir, K.-H. A.) Ebd. 65. Vgl. ebd. 66. Ebd. 65. Vgl. ebd. 66. Wellmer, Sprachphilosophie, 464. Ebd. 464. Ebd. 465. Vgl. ebd. 465. Vgl. ebd. 465.
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der Argumentation, die auf Neubeschreibungen, Verunsicherungen oder auch 3bertreibungen zielen, balanciert also zwischen konstruktiv-inferentiellen und subversiv-dialektischen Formen der Argumentation. Der Streit um Wahrheit sei immer auch ein Streit um die Sprache.34 Dieser werde wesentlich in der Rhetorik ausgetragen, einer argumentativ geformten Rhetorik allerdings. Die von Habermas in seiner Theorierevision vorgenommene Verbindung von perlokutionren und illokutionren Sprechakten befçrdert Rhetorik ebenso. Kritische Theorie spricht im Hinblick auf die Rhetorik nicht mit einer Stimme, wohl aber bez!glich einer Neubewertung der in wissenschaftlichen und philosophischen Zusammenhngen hufig massiv abgewerteten Rhetorik: Adorno pldiert f!r Rhetorik, Wellmer dekonstruiert sie, und Habermas ber cksichtigt nach der Theorierevision die Rhetorik.
5. »Ohne R!ckendeckung durch kritikfeste religiçse und metaphysische Weltbilder sind praktische Orientierungen letztlich nur noch in Argumentationen, d. h. aus den Reflexionsformen kommunikativen Handelns selber zu gewinnen«.35 Diese programmatische Aussage von Habermas bedeutet nach der Theorierevision f!r die Rhetorik: Strategischrhetorisches Handeln kann nur dann rationale Akzeptanz im Rahmen demokratisch verfaßter Gesellschaften erzielen, wenn es durch gute Gr!nde abgefedert wird. Rhetorik dieser Art wird von Habermas illokutionr ›aufgehoben‹: negiert und bewahrt. Strategisches Handeln, das sich nicht in einem Diskurs bewhren kçnnte oder sich gar gegen!ber einem Diskurs abschottet, symbolisiert dann nur noch schlechte Rhetorik im Sinne von 3berredungskunst. Argumente sind nun bei Habermas »Gr!nde, die einen mit konstativen und regulativen Sprechakten erhobenen Geltungsanspruch unter Diskursbedingungen einlçsen und damit Argumentationsteilnehmer rational dazu bewegen, entsprechende deskriptive oder normative Aussagen als g!ltig zu akzeptieren«36. Nach der Theorierevision kçnnen auch Gr!nde akzeptiert werden, die sich »als gute-Gr!nde-f!r-den-jeweiligen-Aktor verstehen lassen«37, also nicht idealen Diskursbedingungen entsprechen, sondern mehr oder minder perlokutionr eingefrbt sind. Gute Gr!nde st!tzen sich nach Habermas nicht allein auf den qualitativen Aspekt eines Arguments (›Produktaspekt von Argumenten‹38), sondern ber!cksichtigen als Rahmen eine bestimmte Prozeß- oder Verfahrensrationalitt. Das bedeutet in rhetorischer Hinsicht z. B.: der Orator, der seinen Redebeitrag gegen!ber Nachfragen oder kritischen Diskussionsbemerkungen immunisiert, st!tzt sich eben nicht
34 35 36 37 38
Vgl. ebd. 466. J!rgen Habermas, Faktizitt und Geltung. Beitrge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats, Frankfurt a. M. 1992, 127. Ebd. 276. Habermas, Rationalitt der Verstndigung, 137. Ebd. 137.
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Notizen zu einer Theorierevision bei Habermas
auf gute Gr!nde, weil diese als soziale Konstruktion zu verstehen sind und sich erst im sozialen Austausch bewhren. Nach der ›Ber!cksichtigung‹ von Perlokutionen in der Sprechakttheorie ist ein lockeres B!ndnis von Rhetorik und kritischer Theorie nicht nur – wie bereits geschehen – hinsichtlich gemeinsamer gesellschaftskritischer Ausrichtung,39 sondern auch theorietechnisch vorstellbar. Nun pldiert Rhetorik aber auch daf!r, psychologische 3berzeugungsmittel im Hçrerund Dialogkontakt einzusetzen. Diese Perspektive wird von der Theorierevision nicht ber!hrt. Aber auch hier kçnnte sie eine Wende markieren: Der Auftritt einer im psychoanalytischen Sinne Ich-starken, reifen Persçnlichkeit, die in reflexiver Haltung einen Standpunkt glaubw!rdig vertritt und daf!r, seiSs drum: perlokutionr Affekte situativ angemessen einzusetzen weiß, kann ›guter Grund‹ genug sein und insgesamt als eine im weitesten Sinne illokutionre Leistung hermeneutisch erschlossen werden.40
39 40
Vgl. fr!h hierzu: Josef Kopperschmidt, Rhetorik. Einf!hrung in die persuasive Kommunikation, Stuttgart 1971. Vgl. J!rgen Habermas, Stichworte zu einer Theorie der Sozialisation. in: Ders., Kultur und Kritik, 118 – 194. Habermas versammelt hier bereits einige Argumente, die in einer mçglichen Theorie der ›Reprsentativa‹ auf der Grundlage der revidierten Sprechakttheorie verwendet werden kçnnten.
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Rhetorik als Wissenschaft: Epistemische und technologische Aspekte der Redelehre
Seit ihrer Begrndung in der Antike kann die Rhetorik als interdisziplinre, theoretischsystematische und didaktisch-praktische Kommunikationswissenschaft gelten. Sie tradiert in ihrer Geschichte einen gewichtigen Anteil des abendlndischen Kultur- und Bildungsgutes, sie formuliert die Prinzipien des sprachlich-sozialen Handelns, beschreibt und lehrt die Eigenschaften und Funktionen von Texten und bestimmt die Voraussetzungen des angemessenen und wirkungsvollen Ausdrucks in Rede und Schrift.1 Der wesentlich pragmatische Charakter dieser fachlichen Leistungen muß bercksichtigt werden, wenn nach der Begrndung der Rhetorik als Disziplin und nach ihrem interdisziplinren Standort gefragt werden soll. Die theoretisch-prskriptiven, analytischen, terminologischen und methodologischen Anteile der Redelehre gehçren zu dieser Fragestellung. Damit sind wissenschaftsgeschichtliche und erkenntnistheoretische Implikationen des Faches Rhetorik aufgerufen, die unter folgenden Gesichtspunkten zu reflektieren sind: Anthropologisches und empirisches Fundament der Rhetorik (Sprache und Lebenswelt), Schulbildungen (Wissenschaftsgeschichte), Modelle und Konzeptionen der Rhetorik (Theorie und Methode), Philosophie und Rhetorik-Kritik (Erkenntnistheorie, Wahrheitsfrage), Rhetorik, Hermeneutik und Ideologiekritik (Weltbild und Interpretation), Rhetorik und Ethik (Sprache und Handeln), Rhetorik und sprachliche Kommunikation (Rhetorische Situation). Dies lßt sich spezifizieren nach den wesentlichen Voraussetzungen und Merkmalen von Wissenschaftlichkeit berhaupt: 1. Forschungsbereich: 6ffentliche, gesellschaftliche Kommunikation 2. Forschungsgegenstand: Persuasive Rede 3. Methoden: Verfahren der Redeproduktion und -analyse, Beobachtung des Kommunikationsprozesses 4. Theoriebildung: Anthropologische Grundlagen, fachliche Inhalte, Erkenntnisinteresse und gesellschaftliche Funktion der Redelehre (Kommunikationstheorie) 5. Terminologie: Kategorien der inventorischen, dispositorischen und elocutionellen Dimension der Rede; Termini der Beweismittel, Redegattungen, Redeteile, Redewirkung, Prsentation
1
Vgl. Gregor Kalivoda, Retorica antiqua – Rhetorica nova, Euphorion 1 (1999) 127 – 133; Peter Schmitter, Zur Vorgeschichte der Kommunikationstheorie, Sprachwissenschaft 6 (1981) 186 – 199; Nikolaus Jackob, Macht und Verantwortung der Kommunikation bei Cicero, Medien & Kommunikationswissenschaft 54, 2 (2006) 237 – 257.
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6. Forschungsrichtungen und Schulbildungen: Orator-Rhetorik, Argumentationsrhetorik, Ornatus-Rhetorik; dekonstruktivistische, anthropologische, literarische, philosophische, strukturalistische oder semiotische Rhetorikauffassungen2 7. Interdisziplinre Relevanz: Rhetorik als Werkzeug oder Mittel fr alle Wissenschaften, in denen inhaltlich argumentiert und çffentlich kommuniziert wird oder deren Begrndungsmuster nicht durch ausschließlich mathematische bzw. formallogische Operationen determiniert sind (wobei dieser Punkt insbesondere fr den rhetorischen Wissenschaftsbegriff bedeutsam ist). Um nun das Spezifikum oder Proprium eines fachlich ausgearbeiteten Konzeptes der Rhetorik erfassen zu kçnnen, sind die bisher genannten wissenschaftlichen Rahmenbedingungen zu beachten und es muß von den in der griechischen Antike vorherrschenden Auffassungen von Wissenschaft (logos, episteme, techne) ausgegangen werden. Letztere seien hier angesprochen. Wissenschaftsgeschichtlich kann als gesichert gelten, daß mit der vorsokratischen (Natur-) Philosophie eine schrittweise Abwendung vom Mythos der Welterklrung (religiçse Deutung) und eine Hinwendung zum Logos (Wissenschaft, Empirie)3 erfolgt, die den Menschen, sein Sinnes- und Denkvermçgen, seine Sprachlichkeit und Soziabilitt ins Zentrum philosophischer und pdagogischer Reflexion rckt. Deutlich wird dies in der sophistischen Philosophie und Rhetorik (Relativismus, homo mensura-Satz), in der Ideenlehre der Platonischen Akademie und im pragmatisch, logisch und naturgeschichtlich orientierten Denken des Aristotelischen Peripatos. In diesem geistigen Umfeld entwickelt sich die Rhetorik zu einer Kunst, die eine anthropologische Fundierung, eine fachliche Kontur, einen gesellschaftlichen Auftrag und eine interdisziplinre Rolle erhlt. Den antiken Rhetorikbegriff bestimmen vor allem der sophistische Relativismus, die platonische Ideenlehre und Dialektik sowie die aristotelische Pragmatik und Wissenschaftsauffassung.4 2
3 4
Vgl. z. B. Joachim Knape, Allgemeine Rhetorik, Stuttgart 2000; ders.: Was ist Rhetorik? Stuttgart 2000; Jaques Dubois et al., Allgemeine Rhetorik, Mnchen 1974; Josef Kopperschmidt, Rhetorische Anthropologie, Mnchen 2000. Vgl. Manfred Kraus, Logos, in: Gert Ueding (Hg.), Historisches Wçrterbuch der Rhetorik, Tbingen 2001, V Sp. 624 – 653. Vgl. George H. Wikramanayake, Das Verhltnis von Philosophie und Rhetorik bei Platon und Aristoteles, Gçttingen 1965; Emile de Strycker, Platons Ansichten zu einer philosophischen Rhetorik, in: Klaus Dçring (Hg.), Studia platonica (Festschrift fr Hermann Gundert), Amsterdam 1974, 93 – 106; Emmerich Stiglmayr, Der Wissenschaftsbegriff in der attischen Philosophie, Wien 1976; Helmut Schanze / Josef Kopperschmidt (Hg.), Rhetorik und Philosophie, Mnchen 1989; Klaus Ries, Isokrates und Platon im Ringen um Philosophia, Mnchen 1959; Ivor A. Richards, The Philosphy of Rhetoric, New York 1965; Otto Baumhauer, Die sophistische Rhetorik, Stuttgart 1986; Thomas Buchheim, Die Sophistik als Avantgarde des normalen Lebens, Hamburg 1986; Donald G. Douglas (Hg.), Philosophers on Rhetoric, Skokie, Ill. 1973; Gnther Bien, Das Theorie-Praxis-Problem und die politische Philosophie bei Platon und Aristoteles, Philosophisches Jahrbuch 76 (1968/69) 264 – 314; Theodor Ebert, Meinung und Wissen in der Philosophie Platons, Berlin 1974; Michael Emsbach, Sophistik als Aufklrung. Untersuchungen zu Wissenschaftsbegriff und Geschichtsauffassung bei Protagoras, Wrzburg 1980; Heinrich Gomperz, Sophistik und Rhetorik, Darmstadt ND 1964; Klaus Kahnert et al., Platonismus, in: Gert Ueding (Hg.), Historisches Wçrterbuch der Rhetorik, Tbingen 2003, VI Sp. 1268 – 1282; Siegbert Peetz, Kann Rhetorik Philosophie sein?, in: R. Enskat (Hg.), Erfahrung und Urteilskraft, Wrzburg 2000, 55 – 70; Christoph
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Diese unterschiedlichen Konzeptualisierungen erzeugen Konflikte und Konkurrenzen: So wird das sophistische Modell von Platon radikal verworfen und als Sozialtechnologie ohne Ethik und Wahrheitsanspruch abgewertet. In dieser Konfliktlage ist wohl Isokrates der intellektuellste und bedeutsamste Gegner von Platon, und zwar in einer Zeit, in der die Begriffe episteme, techne und philosophia noch nicht klar konturiert und semantisch eindeutig festgelegt sind: Diese semantische Vagheit und begriffliche Indifferenz r'hrt von den verschiedenen Ausdr'cken her, mit denen das Wissen in der vorplatonischen Philosophie bezeichnet wird: sophia, gnome, synesis, historia, mathema oder episteme.5 Hierbei ist zun+chst von epistamai auszugehen, dessen Semantik ganz auf die praktische T+tigkeit und die Sph+re des Kçnnens verweist. Je mehr aber die intellektuelle Kraft als das Entscheidende im Wort epistamai empfunden wurde, desto mehr n+herte sich seine Bedeutung dem Konzept Wissen. Ebenso ist episteme zun+chst eine Kenntnis, die eine T+tigkeit ermçglicht. Dann verweist episteme auf die Kenntnis eines Sachverhaltes, sie kann Kriegskunst, Geschick oder /berlegung bedeuten und wird dabei mit techne gleichgesetzt. Schließlich wird der Bedeutungsanteil techne abgetrennt und episteme meint nun – wie fr'her sophia – die theoretische Seite des praktischen Kçnnens bzw. das ganze Wissen. Damit wird episteme die Schau, die Theorie bzw. die Wissenschaft, die das Praktische 'berwindet, das den technai zugewiesen bleibt.6 Vor dem Hintergrund dieses semantischen Feldes war der Begriff Philosophie auch f'r die Rhetorik reklamierbar, insofern letztere das Streben nach hçherer Geisteskultur meinte und nicht nur als Bezeichnung f'r eine der vielen sophistischen technai fungierte. F'r Isokrates gilt eine wissenschaftlich, p+dagogisch und ethisch fundierte Redelehre zudem als die angemessene Antwort auf die politischen Probleme und Fragen der attischen Polis im 4. Jh. v. Chr., denen nicht in einer realit+tsfernen platonischen Ideenschau, sondern praktisch – d. h. im Sinne einer Staatswissenschaft – zu begegnen war. Damit ist die Konkurrenz zwischen Isokrates und Platon, zwischen Rhetorik und Philosophie erçffnet – eine Konkurrenz um die Definition des Wissens und die Bestimmung eines n'tzlichen Bildungsideals. Platon postuliert eine philosophisch-dialektische Rhetorik, die als Seelenf'hrung (psychagogia) auf das universell Wahre ausgerichtet ist. Dies ist eine kontemplative Wissenschaft, die sich in ihrer Abwendung von aisthesis (Sinneswahrnehmung) und empeiria (Erfahrung) als idealistische episteme auf die Erkenntnis der reinen Ideen richtet. Die sinnliche Wahrnehmung des Werdens und Vergehens der kçrperlichen Welt wird als zur doxa gehçrend aus der reinen
5 6
Rapp, Rhetorik und Philosophie in Aristoteles= Rhetorik, Rhetorik. Ein internationales Jahrbuch 18 (1999) 94 – 113; Thomas Zinsmaier / Thomas Schirren (Hg.), Die Sophisten (Einleitung), Stuttgart 2003. Vgl. Bruno Snell, Die Ausdr'cke f'r den Begriff des Wissens in der vorplatonischen Philosophie, Berlin 1924. Vgl. Kurt von Fritz, Grundprobleme der Geschichte der antiken Wissenschaft, Berlin 1971; Fritz-Peter Hager, Episteme, in: Joachim Ritter et al. (Hg.), Historisches Wçrterbuch der Philosophie, Basel 1994, II Sp. 588 – 593.; Jçrg Kube, Techne und Arete, Berlin 1969; Christoph Rapp, Episteme, in: Gert Ueding (Hg.), Historisches Wçrterbuch der Rhetorik, T'bingen 1994, II Sp. 1301 ff.; Hartmut Wilms, Techne und Paideia bei Xenophanes und Isokrates, Stuttgart 1995; Felix Heinimann, Eine vorplatonische Theorie der te6cnh, Museum Helveticum 18 (1961) 105 – 130; Gregor Kalivoda / Thomas Zinsmaier, Rhetorik, A. I. Etymologie, in: Gert Ueding (Hg.), Historisches Wçrterbuch der Rhetorik, T'bingen 2005, VII Sp. 1423 – 1429.
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Wissenschaft ausgeschieden – womit letztere fr die Praxis der Polis bedeutungslos wird.7 Gegen diese Ideenschau (auch i. S. einer intellektualistisch-elitren Auffassung der Ethik) setzt die aristotelische Kritik einen Wissenschaftsbegriff, der vom menschlichen Handeln (praxis) ausgeht und damit die Re-Mythologisierung in der platonischen Wissenschaftsauffassung zurckweist. Bei Aristoteles erfolgt eine Rckbindung der Erkenntnis an die sinnliche Wahrnehmung. Deren Verallgemeinerung im Rahmen von Fragen nach Prinzipien und Ursachen qualifiziert die Erkenntnisform. Gegen die auf einen abstrakten Wahrheitsbegriff und auf ein theoretisches Gutes (agathon) gerichtete dialektisch fundierte platonische Meta-Techne fhrt Aristoteles mit dem Begriff der praktischen Philosophie eine neue Techne-Auffassung ein, die unterstellt, daß es fr das Zusammenleben in der Polis ntzlicher und vernnftiger ist (phronesis), im Bereich des Vernderlichen nach Methoden des sensus communis zu verfahren, als eine Wesensschau des Absoluten zu betreiben. Insofern unterscheidet er auch zwischen abstrakt definierter logischer Wahrheit und praktisch interessierter rhetorischer Wahrscheinlichkeit, wobei er die Rhetorik als pragmatische techne rekonstruiert. Dies impliziert eine Abwendung von der zeitlos-abstrakten Ideenwelt und eine Hinwendung zur zeitlichen menschlichen Handlung und Lebenswelt.8 Neben der philosophischen Oppositionsbildung zwischen Logik und Rhetorik, Wahrheit und Wahrscheinlichkeit prgt ein weiteres klassisches Oppositionspaar die Auffassung von Wissenschaft und Erkenntnis, von Philosophie und Rhetorik: Es ist das Paar episteme/scientia und techne/ars – eine auch von Platon diskutierte Gegenberstellung von eigentlicher Wissenschaft und praktischer Kunst/Fertigkeit. Die Gegenberstellung von Erkenntnis und Meinung, von epistemischem Wissen und doxastischem Vermuten ergnzt diese Trennungen, die auf die Rhetorik als Wissenschaft und auf ihren spezifischen Wissenschaftsbegriff Einfluß nehmen: bei Platon als unwissenschaftlich und nicht wahrheitsfhig abgelehnt, kann die doxastische Einsicht nach Aristoteles (und in der Moderne nach Gadamer) als die mit dem logos einhergehende, d. h. vernnftige Meinung (doxa) gelten, die insofern Anteil am Wesen des Wissens hat (vgl. dazu die Graphiken 1 und 2 im Anhang).9 Solche Kennzeichnungen und Oppositionsbildungen begleiten die Fach- und Wissenschaftsgeschichte, die Wissenschafts- und Erkenntnistheorie sowie die Rolle der Rhetorik 7
8
9
Vgl. Samuel Ijsseling, Rhetorik und Philosophie, Stuttgart-Bad Cannstatt 1988; George Campbell, Philosophy of Rhetoric (1776), hg. von L. F. Bitzer, Carbondale, Ill. 1963; Rafael Capurro, Techne und Ethik, Concordia 20 (1991) 2 – 20, Richard A. Cherwitz, Rhetoric and Philosophy, Hillsdale, N. J. 1990; Ernesto Grassi, Rhetoric and Philosophy, Philosophy and Rhetoric 9/2 (1976) 200 – 216; ders.: Rhetoric as Philosophy, University Park 1980; William M. Grimaldi, Studies in the Philosophy of AristotleNs Rhetoric, Wiesbaden 1972; Antje Hellwig, Untersuchungen zur Theorie der Rhetorik bei Platon und Aristoteles, Gçttingen 1973. Vgl. Klaus Bartels, Der Begriff der Techne bei Aristoteles, in: Hellmut Flashar / Konrad Gaiser (Hg.), Synusia, Pfullingen 1965, 275 – 287; Joseph Geyser, Die Erkenntnistheorie des Aristoteles, Aalen 1917, ND 1980; Heinrich Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik, Stuttgart 31990, §§ 1 ff. und 32 ff.; Rudolf Lçbl, TECNH-Techne, Wrzburg 1997; Ernst Tugendhat, TI KATA TINOS. Eine Untersuchung zu Struktur und Ursprung aristotelischer Grundbegriffe, Freiburg 1958, Kap. IV. Vgl. Jrgen Sprute, Der Begriff Doxa in der platonischen Philosophie, Gçttingen 1962.
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im Verbund der Fcher bzw. ihren Wissenschaftsbegriff bis heute. Dies gilt insbesondere auch fr die Positionen des Aristoteles, der den abendlndischen Wissenschaftsbegriff von der Antike bis zur Gegenwart am nachhaltigsten geprgt hat. Ausgehend von der Gliederung/Typologisierung der Seele in der «Ethica Nicomachea» (Buch 6) unterscheidet er zwischen den Tugenden des Charakters (ethische) und Tugenden des Verstandes (dianoietische). Letztere, als rationales Element der Seele, werden anschließend nach ihrer Bezogenheit bzw. ihrem Erkenntnisgegenstand weiter subklassifiziert: 1. Betrachtung von unvernderlichen Formen des Seienden (spekulativ), die nicht auf das Handeln, sondern auf das Urteil «wahr» oder «falsch» zielt (Notwendigkeiten, Tatsachen). 1. Betrachtung des vernderlichen Seins (abwgend-reflektierend), die als berlegendes Denken auf das Hervorbringen und Handeln gerichtet ist und auf die Erfassung des Richtigen zielt (Entscheidung).10 Diese Unterscheidung kann vor dem Hintergrund der antiken Philosophie bis Platon gelesen werden, denn sie buchstabiert den Diskurs ber den Sinn des Seins, so wie er im platonischen ›Theaitetos‹ aufscheint: als Widerstreit zwischen dem Fließenden (rheontes, Lebenswelt) und dem Bestndigen (stasiotai, Ideen). Das zugrunde liegende philosophische Problem ist die Spannung zwischen Leben (zoe: Bewegung, Verschiedenheit) und Geist (nous: Bestndigkeit, Identitt). Nach Aristoteles ist nicht nur das Identische, sondern auch das Wandelbare, die Lebensform wissenschaftlich einzuholen und der Erkenntnis zuzufhren. Er thematisiert dabei Erkenntnisvorgnge, die durch ihre Verwandtschaft mit dem Erkenntnisgegenstand bestimmt sind und deren Exaktheitsgrad von der Beschaffenheit des jeweiligen Gegenstandes abhngt. Eine solche Trennung von Erkenntnisformen lßt sich unschwer als Unterscheidung zwischen episteme/axioma und techne/doxa reformulieren, wobei die Unschrfe in dieser Trennung fr die Rhetorik Konsequenzen hat: Sie erscheint zum einen als Wissenschaft (episteme), zum anderen als Fertigkeit (techne), denn sie besitzt epistemische (theoria: Formen, Strukturen, Eigenschaften und Funktionen der Rede) und technische Anteile (praxis: Hervorbringen der Rede und Beeinflussung des Handelns). Sie verfgt zudem ber eine Rckbindung an die individuellen und gesellschaftlichen Erfahrungen (empeiria), die sich noch ohne theoretisches Wissen ber Formen, Stoffe und Ursachen herausbilden. Eine plausible Rekonstruktion dieser aristotelischen Wissenschaftsauffassung formuliert W. Kullmann11 anhand der Terme Erfahrung, Technik und Grundwissenschaft: Dabei ist empeiria als Erfahrung und 1. Ebene der Wissensformen aufzufassen. Sie betrifft das Daß des Einzelnen. Die 2. Ebene, die techne, beschftigt sich mit dem Weil des Allgemeinen und Vernderlichen, whrend die episteme als 3. Ebene das Weil des Allgemeinen und Unvernderlichen thematisiert. In diesem Erkenntnisrahmen gilt, daß die Erinnerung 10 11
Vgl. Aristoteles, Nikomachische Ethik, Buch VI, bers. von F. Dirlemeier, Stuttgart 1990; Michael Schramm, Die Prinzipien der Aristotelischen Topik, Mnchen 2004, 24 – 31. Vgl. Wolfgang Kullmann, Aristoteles und die moderne Wissenschaft, Stuttgart 1998, 449 ff.; ders.: Zur wissenschaftlichen Methode des Aristoteles, in: H. Flashar / K. Gaiser (Hg.), Synusia, Pfullingen 1965, 247 – 274.
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(mneme) als Wiederholungsform des Denkens die Erfahrung sichert und die techne als Erkenntnisleistung sowohl an der Erfahrung mit dem Einzelfall partizipiert als auch auf generelle, unvernderliche Seinsaspekte (quaestiones finitae/infinitae; theseis, hypotheseis) ausgreifen kann. Die wissenschaftliche Beschftigung mit den phainomena erfolgt auf Ebene 1 (Empirie). Die Hinwendung zum Allgemeinen als epagoge (Induktion) und syllogismos (Deduktion) entspricht den Ebenen 2 und 3 (Technik, Grundwissenschaft). Neben der Trennung zwischen epistemischen und doxastischen Erkenntnisformen ist auch folgende Unterscheidung bei der Frage nach Wissenschaftlichkeit in Anschlag zu bringen: die antike Einteilung des Wissens in theoretisches (Metaphysik, Mathematik, Physik), praktisches (Ethik, Politik, Rhetorik) und poietisches (hervorbringende Knste) Wissen. Der aristotelische Wissenschaftsbegriff liefert dazu eine weitere Spezifizierung, indem er die Qualitten 1. des praktischen Kçnnens (techne, praxis, poiesis, Hervorbringen), 2. des wissenschaftlichen Erkennens (episteme, Wissen durch Schließen = apodeixis, basierend auf Prinzipien, Prmissen = archai), 3. der sittlichen Einsicht (phronesis, Handlung), 4. der philosophischen Weisheit (sophia) und 5. der intuitiven Vernunft (nous, Prinzipien) als erkenntnisleitend hervorhebt. Aristoteles thematisiert hier fnf Modi des logos, das Seiende anzusprechen und zu reflektieren. «Handelt es sich um das, was immer ist, um die unvernderliche Struktur des Kosmos, um die Prinzipien von Sein und Wissen, dann geht es um die Realisierung von Geist (nou1V), Wissenschaft (e>pisth6mh) und Weisheit (soji6a). Richtet man sich dagegen auf das, was ein Anderssein zulsst […] vor allem den Bereich des Sittlichen und Politischen, so handelt es sich um die Realisierung von Kunst (te6cnh) und Klugheit (jro6nhsiV).» Fr Aristoteles sind damit zwei Prototypen des vorbildlichen Menschseins verbunden: «die kontemplativ-theoretische (bi6oV Jewrhtiko6V) und die politische Existenz (bi6oV politiko6V)».12 Im Hinblick auf die Rhetorik ergeben sich dabei bereichs- und wissenschaftstypologisch bergreifende Konsequenzen, die wiederum spezifischen Einfluß auf ihren Wissenschaftsbegriff nehmen, denn die Rhetorik hat Anteil am poietisch-generativen Aspekt (Herbvorbringen eines Werks, Opus, Rede), am praktisch-teleologischen Aspekt (als Redner agieren, Handlungen anleiten, Ziele ansteuern) und am theoretisch-anthropologischen Aspekt (Betrachten, Reflektieren, Urteilen; zoon politikon, zoon logon echon). Dies setzt den Polisbrger als rhetor und krites. Dieser ist in praxi auf die Kraft des tradierten sensus communis bzw. der doxa angewiesen, wenn es um die Stabilitt des Gemeinwesens geht. Neben solchen Unterscheidungen fhrt Aristoteles auch bis dato gltige und in die Rhetorik integrierte Orientierungsbegriffe fr erkenntnisorientiertes Handeln ein, zu denen materia (hyle), genus (genos), inductio (epagoge), demonstratio (apodeixis), propositio (protasis) oder conclusio (symperasma) gehçren. Seinen Wissenschaftsbegriff entwickelt Aristoteles am Anfang der ›Analytica posteriora‹, und zwar am Beispiel der Mathematik, der Handwerksknste, der Schlußformen und der Redekunst.13 In jedem Falle ist der Ausgangspunkt der Erkenntnisfindung ein 12 13
Otfrid Hçffe, Grundaussagen ber den Menschen bei Aristoteles, Zeitschrift fr Philosophische Forschung 30 (1976) 238, 241 Aristoteles, Analytica posteriora, 71b10 – 15, bers. von E. Rolfes, ND Hamburg 1990.
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bekanntes, anerkanntes, unumstrittenes Wissen (Beobachtung, Faktum, Erfahrung, anerkannte Meinung, Axiom), auf das man induktiv oder deduktiv zurckgreifen kann. Auch hier zeigt sich die o. a. Mberlagerung epistemischer und doxastischer Verfahren, die bei Platon noch scharf unterschieden werden. Bei Aristoteles ist doxa ein urteilendes Erkennen, das wahr oder falsch sein kann (rhetorisch-dialektisch), und episteme ein notwendig wahres urteilendes Erkennen (logisch-analytisch). Beide Denkformen haben den Urteilsakt gemeinsam: Man ist vom Inhalt der doxa ebenso berzeugt wie von der episteme, denn fr beide gelten die gleichen Prsuppositionen (z. B. Widerspruchsfreiheit, Gltigkeit oder Ungltigkeit). Dabei kann doxa als empirisches Urteil gelten, das auf empirisches Wissen zielt (Erkenntnisweise der Erfahrung), und episteme als theoretisches Urteil, das auf Theoriewissen zielt (definitions- und beweisbasierte apriorische Erkenntnisweise). Solche unterschiedlichen Erkenntnisakte ber die Dinge und das Sein lassen sich auch in den Naturwissenschaften finden, wo die Falsifikation von Urteilen als doxastisches Signal gelten kann. Die Notwendigkeit der Begrndung von Urteilen gilt fr die episteme sensu strictu ebenso wie fr die techne, fr den logischen wie fr den rhetorischen Schluß. Es handelt sich dabei jeweils um die Angabe von Grnden (aitia, archai) und – in der episteme apodeiktike – um eine Kombination definitorischer (horismos) und konklusivischer (symperasma) Operationen. In der zugrunde liegenden philosophischen Methode zeigt sich dies 1. als Klrung des Sprachgebrauchs (Begriffsbedeutung) und 2. als Aufgliederung des Beweisverfahrens nach Evidenz (phainomena), Induktion (epagoge) und wissenschaftlichem Schluß (syllogismos). Im aristotelischen Wissenschaftsbegriff stehen Rhetorik, Dialektik und praktische Philosophie (Ethik, Politik) in einem verwandtschaftlichen Verhltnis: Sie verfgen ber eine gemeinsame Rationalitt, die aus der Struktur des menschlichen Geistes resultiert (Begrnden, Urteilen, Definieren, Unterscheiden, Behaupten etc.), haben jedoch als rationale Aneignung von Welt unterschiedliche Anwendungsbereiche (Mathematik, Naturwissenschaft, Kunst, Polis-Alltag, Handlungen, ethische Normen etc.). Dabei sind Logik/Dialektik/Topik und Rhetorik14 unmittelbar miteinander verbunden, weil ihnen die Qualitt der Interdisziplinaritt eignet: Sie sind zugleich Fachwissenschaft und Werkzeug oder Hilfsmittel fr andere Wissenschaften. Avant la lettre gilt dies insonderheit fr den Wissenschaftsbegriff der Rhetorik: Sie ist gesetzt als integraler Bestandteil eines berfachlichen Funktions- und Sinnsystems, als Modell einer kategorial-topischen Problemdifferenzierung mit interdisziplinrer Leitfunktion und interdisziplinrem Leistungsanspruch sowie als Bildungskonzept und Erkenntnisschulung auf einer berfachlichen Wissensbasis.15 Fokussiert auf die sog. Geisteswissenschaften (humaniora, humanities) bedeutet dies, daß die Rhetorik zur ltesten Tradition der Geisteswissenschaften gehçrt, den Wissenschaftsbegriff der Geisteswissenschaften am nachhaltigsten prgt
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Aristoteles, Rhetorik, bers. von G. Krapinger, Stuttgart 1999, I,1 – 2; I,4,4 – 7; Ekkehard Eggs, Logik, in: Gert Ueding (Hg.), Historisches Wçrterbuch der Rhetorik, Tbingen 2001, V Sp. 414 – 614; Oliver Primavesi, Die aristotelische Topik, Mnchen 1996; Gregor Kalivoda, Typologie der Topik, in: Gnther Kreuzbauer / Norbert Gratzl / Ewald Hiebl (Hg.), Persuasion und Wissenschaft, Wien 2007, 129 – 142. Vgl. Gert Ueding (Hg.), Rhetorik zwischen den Wissenschaften, Tbingen 1991; Josef Kopperschmidt, Interdisziplinaritt, in: Gert Ueding (Hg.), Historisches Wçrterbuch der Rhetorik, Tbingen 1998, IV Sp. 461 – 470.
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und die verschiedenen Aspekte der geisteswissenschaftlichen Ttigkeit am deutlichsten konturiert (historisch, hermeneutisch, textual, diskursiv). Fr das Ensemble der Wissenschaften kann generell gelten, daß erst durch die Rhetorik Wissenschaft gesellschaftlich relevant wird (Aneignung, Durchdringung, Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnis) und ber Wissenschaftlichkeit gesellschaftlich diskutiert werden kann (Diskurs ber wissenschaftliche Konzepte, Zwecke, Ziele; Rhetorizitt wissenschaftlicher und wissenschaftstheoretischer Definitionskmpfe; Diskurs in der Gemeinschaft der Wissenschaftler/scientific community ber ein gltiges Paradigma; rhetorische Argumentation zu Theorie, Erkenntnisinteresse, Methode und Forschungsgegenstand).16 In den verschiedenen Definitionen der Rhetorik und ihres Erkenntnispotentials sind solche Leistungen und Funktionen der Redelehre in unterschiedlicher Form und Gewichtung angesprochen: Rhetorik wird aufgefaßt als facultas (Gabe, Fhigkeit), scientia (Wissenschaft), usus (Erfahrung), ars (Kunst), vis persuadendi (Mberzeugungskraft), scientia civilis (Staatskunst), praxis (Praktische Philosophie), bene dicendi scientia (Wissenschaft der wohlgeformten Rede) oder – mit Aristoteles – als Theorie der Beredsamkeit und korrespondierendes Gegenstck zur Dialektik. An Rhetorik haben alle Wissenschaften Anteil, in denen nicht nur mathematisch oder formallogisch argumentiert wird. Rhetorik als Wissenschaft, dies lßt sich aus der vorausgegangenen Darstellung ableiten, beruht auf anthropologischen Bedingtheiten, systematischen Formen des Denkens, empirisch-praktischen Einsichten, topisch-argumentativen Verfahren, interdisziplinrer Anwendbarkeit und hermeneutischem Bezug zur Lebenswelt – wobei der Aspekt rationaler Mberzeugungsarbeit in kontingenten Zusammenhngen als eigentlicher Anwendungsfall dieses Fachwissens gelten kann. Insofern verbindet Kopperschmidt die Rhetorik mit einer spezifischen Form der Fragehaltung in allen Disziplinen, Dockhorn begreift sie als Fach mit eigener Erkenntnistheorie und eigener Anthropologie, Gomperz nennt sie eine Philosophie, Heidegger faßt sie als erste systematische Hermeneutik des alltglichen Miteinanders auf, Blumenberg sieht sie als anthropologisch fundierte und antidogmatische Mçglichkeit, mit dem Mangel an Evidenzen und Gewißheiten praktisch umzugehen, Gabriel nennt sie die einzige Logik der Lebenswelt, die Wissen sowohl vermittelt als auch konstituiert und Gadamer begreift Rhetorik universal als aller fachlichen Spezialisierung vorausliegendes Medium der Verstndigung mit einer spezifischen Weltauslegung.17 16
17
Vgl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin (Hg.), Einheit der Wissenschaften, Berlin 1991; Lutz Danneberg / Jrg Niederhauser (Hg.), Darstellungsformen der Wissenschaft im Kontrast, Tbingen 1998; Alwin Diemer, Der Wissenschaftsbegriff, Meisenheim 1970; Wolfgang Frhwald et al., Geisteswissenschaften heute, Frankfurt a. M. 1991; Gerhard Funke / Erhard Scheibe, Wissenschaft und Wissenschaftsbegriff, Mainz 1983; Peter Janich, Wissenschaftstheorie als Wissenschaftskritik, Frankfurt a. M. 1974; Søren Kjørup, Humanities Geisteswissenschaften Sciences humaines, Stuttgart 2001; John S. Nelson et al. (Hg.), The Rhetoric of Human Sciences, Madison, Wisc. 1987; Peter Ptassek, Rhetorische Rationalitt, Mnchen 1993; Herbert W. Simons (Hg.), Rhetoric in the Human Sciences; ders., The Rhetorical Turn: Invention and Persuasion in the Conduct of Inquiry, Chicago 1990. Vgl. Hans Blumenberg, Anthropologische Annherungen an die Aktualitt der Rhetorik, in: Ders., Wirklichkeiten, in denen wir leben, Stuttgart 1981, 105 – 136; Carl J. Classen (Hg.), Die Macht des Wortes. Aspekte gegenwrtiger Rhetorikforschung, Marburg 1992; Klaus Dockhorn, Macht und Wirkung der
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Schlußfolgernd kann man Rhetorik als Manifestation sowohl des gesunden Menschenverstandes (sensus communis) als auch eines fachbergreifenden logos bzw. eines einheitlich wissenschaftlichen und rationalen Denkens (Lausberg) bezeichnen. Als spezifischer und unverzichtbarer Beitrag der Rhetorik zur Wissenschaftlichkeit des Denkens kann die Kompetenz genannt werden, Problemstellungen zu erkennen und Fragen zu formulieren (quaestio, These/Hypothese), Frageprozeduren zu systematisieren (Statuslehre), Stoffe zu sammeln, auszuwhlen und zu prfen (inventio, Topik, iudicium, ingenium), Stoffe anzuordnen (dispositio), (Text-)Strukturen zu erkennen (compositio, ordo), Standpunkte und Geltungsansprche zu erhrten (probatio, Verifikation, refutatio, Falsifikation) sowie Definitionen, Kategorisierungen und Gliederungen zu formulieren (definitio, divisio, genus, proprium, differentia etc.). Die aktuelle Relevanz solcher wissenschaftlichen Prozeduren zeigt sich z. B. an der Wissenschaftstheorie von Th. S. Kuhn, nach der bestimmte Wissenschaften zu einem bestimmten Zeitpunkt durch Paradigmen, allgemeine Grundannahmen, methodische Prinzipien, Vorbilder, Standards, Erwartungen oder gesellschaftliche Interessen und fachliche Konkurrenzen geprgt sind. Hier ist die Nhe zu topischem Denken und rhetorischem Argumentieren eindeutig – obwohl dies von Kuhn negiert wird.18 Schließlich kann hier noch darauf hingewiesen werden, daß die Rhetorik aufgrund ihres spezifischen fachlichen Erkenntnisinteresses nicht von einem an die Geisteswissenschaften gerichteten Vorwurf betroffen ist: Vom Vorwurf, lediglich kompensatorische (Pseudo-) Wissenschaft zu sein, die dem Ausgleich von Kultur- und Sinndefiziten moderner, technologiegeprgter Gesellschaften zu dienen habe. Rhetorik ist vielmehr die einzige Gewhrleistungswissenschaft fr sachgerechte und sprachlich angemessene kommunikative Prozesse in allen demokratischen Gesellschaftsformen. Mçglicherweise resultieren diese Sinndefizite auch aus der Verdrngung des Reflexionspotentials der Rhetorik und einem fehlenden adquaten und ebenso leistungsstarken wissenschaftlichen Ersatz. Insgesamt bedeutet dies, daß Rhetorik ein genuines Medium der Reflexion ist, daß der rhetorische Diskurs eine eigenstndige Form des Rsonierens ist, dessen Resultate anders nicht erreicht werden kçnnen. Die Parallelitt in der Konstitution von Wahrem (Philosophie) und Mberzeugendem (Rhetorik) im Sinne eines vernnftigen Urteils beruht auf der Einheitlichkeit des menschlichen Geistes (nous), der sich in unterschiedlichen Erkenntnisbereichen mit vergleichbaren Methoden und auf sachangemessene Weise manifestiert. Vor dem Hintergrund der Tatsache, daß Philosophie und Wissenschaftstheorie den rhetorischen Wissenschaftsbegriff und das fachliche Vorgehen der Rhetorik erfolglos kritisieren, da sie dies nur mit rhetorischen Mitteln tun kçnnen (rhetorica contra rhetoricam), daß sie keine fruchtbare Alternative fr den praktischen Diskurs anbieten kçnnen und daß sie sich in der Moderne mit den Geisteswissenschaften in einer permanenten Sinnkrise befinden, bleibt auf die damit verbundenen Probleme das rhetorische Konzept
18
Rhetorik, Bad Homburg 1968; Gottfried Gabriel, Logik und Rhetorik der Erkenntnis, Paderborn 1997; Martin Heidegger, Grundbegriffe der aristotelischen Philosophie, in: ders., Gesamtausgabe II. Abteilung, Vorlesungen 1919 – 1944, Bd. 18, Frankfurt a. M. 2002; Hans-Georg Gadamer, Rhetorik, Hermeneutik, Ideologiekritik, in: ders., Gesammelte Werke, Bd. 2, Tbingen 1986, 232 – 291. Vgl. Thomas S. Kuhn, Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Frankfurt a. M. 21997.
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nach wie vor die einzige plausible Antwort: Vernnftiger, d. h. rational argumentierender Umgang mit Wahrscheinlichkeit bzw. mangelnder Evidenz. Damit ist hier die Frage nach dem proprium der Rhetorik erneut und abschließend gestellt, die im Rckblick auf den kontroversen Diskurs seit der Antike wie folgt beantwortet werden soll: Die rhetorische techne liefert als eine der ersten abendlndischen Geisteswissenschaften das prgende Exempel fr 1. methodisches Vorgehen und praktische Vernunft in der wissenschaftlichen Aneignung von gesellschaftlicher Wirklichkeit (methodos, phronesis), 2. definitorische Kraft in der Formulierung von fachlicher Gegenstandsbestimmung und Fragehaltung (horismos, thesis/hypothesis), 3. schlußfolgernde Verfahren auf der Basis anerkannter Prmissen (pistis) 4. kritische Prfung von topischer Prmissengewinnung und widerspruchsfreier Ableitung (dialektike). Die Punkte 1 und 2 sind dabei als generelle Qualitten praxisrelevanter Wissenschaftlichkeit anzusehen. In den Punkten 3 und 4 zeigt sich das proprium der Rhetorik: die vern0nftige Argumentation, in der dialektisch-topische und rhetorische Mittel im Begrndungsverfahren zusammenwirken. Und dies ist der Sinn der aristotelischen Rhetorikauffassung: in kontingenten Problemstellungen wissenschaftliche Anleitung dafr zu geben, wie das jeweils Glaubwrdige als vernnftiger Lçsungsvorschlag erkannt und argumentativ vermittelt werden kann – «quid in quaque re possit esse persuasibile».19
19
Aristoteles, Rhetorik, I,2,1.
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(Damit ist auch die bis dato virulente Trennung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften in nuce angelegt.)
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Bibliographie deutschsprachiger Rhetorikforschung 2001 2006
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[u. a.]: RM Buch und Medien-Vertrieb [u. a.], 2006. Croos-Mller, Claudia: )berzeugend auftreten. Kçrpersprache und Selbstpr1sentation f#r Frauen. 2. Aufl. M#nchen: Kçsel, 2006. Dannowski, Hans Werner; Sand, Gabriele: Im Anfang das Bild. Predigten und Denkanstçße zu moderner Kunst. G#tersloh: G#tersloher Verlagshaus, 2006. Davis, Zach: Power-Brain. Das System zur Vervierfachung der Ged1chtnisleistung. M#nchen: Peoplebuilding-Verlag, 2006. 1 CDROM. Deger-Erlenmaier, Heinz; Heim, Susanne; Sellner, Bertram (Hrsg.): Die Angehçrigengruppe. Ein Leitfaden f#r Moderatoren. Miteinander sprechen – voneinander lernen. 3., aktualisierte Aufl. Bonn: Psychiatrie-Verlag, 2006. Deussing, Hannelore: Alles Kopfsache. Ged1chtnistraining mit der Bibel. Mit Ged1chtnis-T)V und Trainingsprogramm. Wuppertal: R. Brockhaus, 2006. Dilts, Robert B.: Die Ver1nderung von Glaubenssystemen. NLP-Glaubensarbeit. 4. Aufl. Paderborn: Junfermann, 2006. Dirschauer, Klaus: Traueransprachen persçnlich gestalten. Konzepte, Mustertexte, Formulierungshilfen. M#nchen: Claudius-Verlag, 2006. Domay, Erhard (Hrsg.): Besondere Anl1sse. Gottesdienste, Predigten, liturgische Entw#rfe und Ideen zur Gestaltung. G#tersloh: G#tersloher Verlagshaus, 2006. Drews, Gerald: Latein f#r Angeber. Genehmigte Lizenzausg. Augsburg: Weltbild, 2006 [mit CD-ROM]. Dffert, Ingeborg: Humorvolle Vortragstexte f#r Geburtstage. Verse, Sketche und Reden. M#nchen: Knaur, 2006. Ecker, Malte W.: Kritisch argumentieren. 1. Aufl. Aschaffenburg: Alibri-Verlag, 2006. Ehlers, Imke: Hochzeitsreden. )ber 60 Musterreden f#r Ihren schçnsten Tag und alle Ehejubil1en. Stuttgart: Urania-Verlag, 2006. Eickmann, Jeannette; Peter, Dietmar (Hrsg.): Mediation im Religionsunterricht. RehburgLoccum: Religionsp1dagogisches Institut, 2006. Ellrodt, Martin; Rechtenbacher, Birgit: Von der Sprech#bung zum freien Erz1hlen. Damit Jahrbuch Rhetorik · Band 26
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der Unterricht besser wird. M#hlheim/Ruhr: Verlag an der Ruhr, 2006. Engelmeier, Peter W.; Rick, Susanne (Hrsg.): Zitatenschatz f#r alle, die etwas zu sagen haben. Berlin: Econ, 2006. Enkelmann, Nikolaus B.; Tschernutter, Manfred: Mehr als #berzeugen. Suggestivtechniken erfolgreich einsetzen im Berufs- und Privatleben. Rhetorik, Pr1sentation, Motivation, Verhandeln, Verkauf, F#hren. Wien: Linde, 2006. Etrillard, St9phane: 30 Minuten f#r intelligente Schlagfertigkeit. Audio-Ratgeber. Lesung mit Hçrspielszenen. Offenbach: GABAL, 2006. 1 CD. Fechner, Marco (Hrsg.): Die besten Zitate der Welt. )ber 2500 scharfz#ngige und starke Spr#che in einem Lexikon der Pointen. Wiesbaden: marixverlag, 2006. Feustel, Bert; Komarek, Iris: NLP-Trainingsprogramm. Coachen Sie sich selbst. Bessere Kommunikation, effektives Selbstmanagement, optimale Persçnlichkeitsentwicklung. Mit 50 )bungen. M#nchen: S#dwest-Verlag, 2006. Fey, Gudrun: Reden macht Leute! Vortr1ge gekonnt vorbereiten und pr1sentieren. Trainingsbuch zur Rhetorik. Regensburg [u. a.]: Walhalla-Fachverlag, 2006. Flume, Peter: Rhetorik – live. Hçrspiel. F#r CDPlayer, PC und MP3-Player. Planegg [u. a.]: Haufe, 2006. 1 CD-ROM. Fçrster, Hans-Peter: Texten wie ein Profi. Ob 5-Minuten-Text oder #berzeugende Kommunikationsstrategie – ein Buch f#r Einsteiger, Kçnner und solche, die den Kopf hinhalten m#ssen. Mit #ber 5000 Wort-Ideen zum Nachschlagen. 8. Aufl. Frankfurt/M.: FAZInstitut f#r Management-, Markt- und Medieninformationen, 2006. Franck, Norbert; Stary, Joachim: Gekonnt visualisieren. Medien wirksam einsetzen. Paderborn [u. a.]: Schçningh, 2006. Galal, Marc M.: So #berzeugen Sie jeden. Neue Strategien durch »Verkaufshypnose«. 2., vollst. aktualisierte Aufl. Bielefeld: Bertelsmann, 2006. Gauger, Hans-Martin: Das ist bei uns nicht Ouzo. Sprachwitze. Orig.-Ausg. M#nchen: Beck, 2006. Jahrbuch Rhetorik · Band 26
Geisselhart, Oliver: Kopf oder Zettel? Ihr Ged1chtnis kann wesentlich mehr, als Sie denken. 2. Aufl. Offenbach: GABAL, 2006. Geisselhart, Roland R.; Brger, Manuela: Ged1chtnis-Trainer. Planegg [u. a.]: Haufe, 2006 [mit CD-ROM]. Geisselhart, Roland R.; Hofmann-Burkart, Christiane: Memory. Ged1chtnistraining und Konzentrationstechniken. 4. Aufl. Planegg [u. a.]: Haufe, 2006. Gerr, Elke: 4000 Sprichwçrter und Zitate. F#r jeden Anlass die passenden Worte. Nachdr. Berlin [u. a.]: Langenscheidt, 2006. Gerts, Wolfgang: Predigterz1hlungen – Erz1hlpredigten. Texte f#r die Gottesdienste im Kirchenjahr. Mit Kasualien. Hannover: LVH, 2006. Gigl, Claus J.: Abiturwissen Deutsch – Referat, Pr1sentation, Rhetorik. Pr#fungsrelevanter Stoff auf den Punkt gebracht, ausf#hrliche Musterklausuren in den Arbeitsteilen, systematische Zusammenfassungen. 1. Aufl. Stuttgart: Klett Lernen und Wissen, 2006. Goldenstein, Ferris: Sag's doch Denglisch! The Book for the better Understandig. Basic Vocabulary. Frankfurt/M.: Subito!, 2006. Gottschling, Stefan: Stark texten, mehr verkaufen. Kunden finden, Kunden binden mit Mailing, Web & Co. 2., erw. Aufl. Wiesbaden: Gabler, 2006. Griesbeck, Josef: Treffendes dagegen sagen. 1. Aufl. Winzer/Donau: Duschl, 2006. Grçf, Heino (Red.): Großgruppenveranstaltungen in der politischen Bildung. Konzepte und Methoden#berblick. Gestaltung und Moderation in der Praxis. Bonn: Bundeszentrale f#r Politische Bildung, 2006. Grone-Lbke, Wibke von; Petersen, Jçrg: Moderieren kçnnen. Moderation in Theorie und Praxis. Mit interaktivem Lehrprogramm auf DVD. Hrsg. von Gerd-Bodo von Carlsburg und Jçrg Petersen. 1. Aufl. Donauwçrth: Auer, 2006. Haas, Esther; Wirz, Toni: Mediation. Konflikte lçsen im Dialog. 2., erw. und aktualisierte Aufl. Z#rich: Beobachter-Buchverlag, 2006. Habbema, Cox: ÆU zegt het maar, dt.æ Die neue Leichtigkeit: Erfolgreich in der `ffentlichkeit auftreten. Aus dem Niederl1ndischen #bers. von Uwe Genetzke. Leipzig: Militzke, 2006.
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Hack, Ingrid: Davon will ich mich befreien! Alte Muster endlich loswerden. Realighting – die neue Kurztherapie. 6. Aufl. M#nchen: Kçsel, 2006. Hanglberger, Manfred: Trauergebete, Traueransprachen. Texte am Sterbebett f#r Trauerandachten und Beerdigungen. 2. Aufl. Regensburg: Pustet, 2006. Havas, Harald; Mndemann, Belen Mercedes: Power-Training f#r den Kopf. Mit 300 )bungen zur Verbesserung der eigenen geistigen F1higkeiten. Genehmigte Sonderausg. Kçln: Buch und Zeit Verlagsgesellschaft, 2006. Hebenstreit, Roman; Mernyi, Willi; Niedermair, Michael: Mit NLP zum politischen Erfolg. Das NLP-Handbuch f#r Betriebsr1te, politisch Aktive und Engagierte. Ratgeber. 4., durchges. und #berarb. Aufl. Wien: `GBVerlag, 2006. Heckel, Jrgen: Frei sprechen lernen. Ein Leitfaden zur Selbsthilfe. 3. Aufl. M#nchen: A– 1-Verlag, 2006. Heigl, Peter R.: 30 Minuten f#r gute Rhetorik. 9. Aufl. Offenbach: GABAL, 2006. Heinke, Dagmar P.: Nicht nur Kleider machen Leute. Auftreten, Styling, Kçrpersprache. 1 Komplettsatz. Gelesen von Tabea Scholz. Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hçrbuch, 2006. 4 CDs. Herbig, Albert F.: Vortrags- und Pr1sentationstechnik. Professionell und erfolgreich vortragen und pr1sentieren. 2., #berarb. Aufl. Norderstedt: Books on Demand, 2006. Hermann-Ruess, Anita: Speak limbic. Wirkungsvoll pr1sentieren. Pr1sentationen effektiv vorbereiten, #berzeugend inszenieren und erfolgreich durchf#hren. Gçttingen: BusinessVillage, 2006. Herzog, Annelies: Idiomatische Redewendungen von A-Z. Ein )bungsbuch f#r Anf1nger und Fortgeschrittene. Unter Mitwirkung von Arthur Michel und Herbert Riedel. Berlin [u. a.]: Langenscheidt, 2006. Hesse, Jrgen; Schrader, Hans Christian: Die 100 h1ufigsten Fragen im Vorstellungsgespr1ch. Richtig formulieren, verstehen, verhandeln. Frankfurt/M.: Eichborn, 2006. Hesse, Jrgen; Schrader, Hans Christian: Praxismappe f#r das #berzeugende Vorstellungsgespr1ch. Das persçnliche Coachingprogramm mit zahlreichen )bungen und Bei-
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spielen. Mit CD-ROM. Frankfurt/M.: Eichborn, 2006. Hesse, Jrgen; Schrader, Hans Christian: Das perfekte Vorstellungsgespr1ch. Professionell vorbereiten und #berzeugen. Frankfurt/M.: Eichborn, 2006. Heuel, Eberhard: Knaurs Handbuch Reden und Musterbriefe. Mit #ber 400 Vorlagen auf CDROM. Orig.-Ausg., 2. Aufl. Augsburg: Weltbild, 2006 [mit CD-ROM]. Hierhold, Emil: Sicher pr1sentieren – wirksamer vortragen. Sell your ideas – sell yourself! 65 Minuten Hierhold live auf DVD. Limitierte Sonder-Edition mit CD-ROM und DVD. Sonderausg. auf Basis der 7., aktualisierten Aufl. Heidelberg: Redline Wirtschaft, 2006. Hirson, Christina: Sprichwçrter ... und Redewendungen f#r jeden Anlass. Mit hilfreichen Erkl1rungen. 1. Aufl. M#nchen: Gr1fe & Unzer, 2006. Hçfer, Ute: Rhetoriktraining f#r Frauen. Freiburg/Br. [u. a.]: Haufe 2006. Hçller, Ralf: 50 mal Rhetorik. Stressfrei reden in wichtigen Standardsituationen. 1 Komplettsatz (5 Audio-CDs) + 1 Bonus-CD im MP3-Format. Gelesen von Gabriela Zorn. Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hçrbuch, 2006. Hoffstadt, Andreas: Begeistert von Visionen. Motivation zum Rede- und )berzeugungserfolg. Aachen: Mainz, 2006. 1 CD. Hoffstadt, Andreas: Sprache der Gewinner. Wie Sie in allen Redesituationen sicher und #berzeugend auftreten. Aachen: Mainz, 2006. Hoffsmmer, Willi: 50 Ansprachen mit Symbolen f#r Trauergottesdienst und Beerdigung. 2. Aufl. Ostfildern: Matthias Gr#newald-Verlag, 2006. Hoffsmmer, Willi: 55 Taufansprachen mit Symbolen. F#r verschiedene Lebensalter. Ostfildern: Matthias Gr#newald-Verlag, 2006. Hoffsmmer, Willi: In Zeichen und Symbolen. 60 Ansprachen f#r Trauungen und Ehejubil1en. 2. Aufl. Freiburg/Br. [u. a.]: Herder, 2006. Holzheu, Harry: Nat#rliche Rhetorik. Gelesen von Thomas Klees. Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hçrbuch, 2006. Jahrbuch Rhetorik · Band 26
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Holzheu, Harry: Das ultimative Rhetorik-Brevier. Die 120 besten Erfolgsprinzipien f#r Redner. Gelesen von Ari Gosch. Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hçrbuch, 2006. Hoppmann, Michael (Hrsg.): Handbuch der offenen parlamentarischen Debatte. Streitkultur e.V. 4., #berarb. und erg. Aufl. Gçttingen: Cuvillier, 2006. Hufer, Klaus-Peter: Argumente am Stammtisch. Erfolgreich gegen Parolen, Palaver und Populismus. Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag, 2006. Jockel, Gabriele und Gerd (Hrsg.): Zitate & Sprichwçrter. Das richtige Wort zur richtigen Zeit. Leonberg: garant-Verlag, 2006. Joosten, Yvonne (Hrsg.): Die schçnsten Reden f#r Familienfeiern. Geburt und Taufe, Kommunion und Konfirmation, Vollj1hrigkeit, bestandene Pr#fung, Geburtstag. 4., vollst. durchges. und aktualisierte Ausg. Baden-Baden: Humboldt, 2006. Joosten, Yvonne (Hrsg.): Die schçnsten Reden f#r Hochzeit und Hochzeitstage. Die Reden wurden von Jutta Heuner verfasst. 4., vollst. durchges. und aktualisierte Aufl. Baden-Baden: Humboldt, 2006. Karpf, Anne: ÆThe human voice, dt.æ Frauen reden anders, M1nner auch. Was die Stimme #ber unsere wahren Gef#hle verr1t. Aus dem Englischen von Violeta Topalova. Bergisch Gladbach: Ehrenwirth, 2006. Katthage, Gerd: Mit Metaphern lernen. Gedichte lesen, Sprache reflektieren, Vorstellungen bilden. Baltmannsweiler: SchneiderVerlag Hohengehren, 2006. Kenzelmann, Peter: Schlagfertigkeit mit dem richtigen Zitat. F#r jede Situation die passenden Worte. 1. Aufl. Wien: Linde, 2006. Keyserling, Juliane: Schçne Reden zur Hochzeit. Treffend formuliert, perfekt vorgetragen. M#nchen: S#dwest-Verlag, 2006. Kirchner, Baldur; Kirchner, Sebastian; Kirchner, Alexander: Rhetorik f#r Manager. Rede als Ausdruck der Persçnlichkeit. 2., #berarb. Aufl. Wiesbaden: Gabler, 2006. Klappenbach, Doris: Mediative Kommunikation. Mit Rogers, Rosenberg & Co. konfliktf1hig f#r den Alltag werden. Paderborn: Junfermann, 2006. Klarer, Mario: Pr1sentierern auf Englisch. )berzeugender Auftritt. Treffende Formulierungen. Klare Visualisierung. 3., aktualisierte Jahrbuch Rhetorik · Band 26
und #berarb. Aufl. Heidelberg: Redline Wirtschaft, 2006. Knab, Barbara: Warum wir immer das Falsche vergessen. Gebrauchsanweisung f#r das Ged1chtnis. Orig.-Ausg. Freiburg/Br. [u. a.]: Herder, 2006. Kolb, Bernhard; Zimmermann, Dirk (Red.): Wer suchet, der findet. Biblische Redewendungen neu entdeckt. Stuttgart: Belser, 2006. Konnertz [-Sauer], Christiane: Reden und pr1sentieren. Fit in 30 Minuten. 3. Aufl. Offenbach: GABAL, 2006. Konstroffer, Oluf F.: Professionelle Bewerbungen und Interviews. Mehr Erfolg durch pr1zise Formulierungen. Heidelberg: Redline Wirtschaft, 2006. Kopietz, Claudius; SchAfer, Rudolf: Fit f#r die Streitschlichtung. Eine Ausbildung in 7 Bausteinen. Klasse 8–13. Lichtenau: AOL-Verlag, 2006. KrAmer, Gesa; Quappe, Stephanie: Interkulturelle Kommunikation mit NLP. Einblick in fremde Welten. Berlin: uni-edition, 2006. KrAmer, Sabine; Walter, Klaus-Dieter: Ged1chtnis- und Konzentrationstraining. Renningen: expert-Verlag, 2006. 1 CD. KrAmer, Sabine; Walter, Klaus-Dieter: Konzentration und Ged1chtnis. Ein Trainingsprogramm f#r 30 x 20 Minuten. 4., aktualisierte Aufl. Eibelstadt: Lexika-Verlag, 2006. Kratz, Hans-Jrgen: Wirkungsvoll reden lernen. Rhetoriktraining in 10 Schritten. Regensburg [u. a.]: Walhalla-Fachverlag, 2006. Kremer, Bruno P.; Richarz, Klaus: Wer l1sst die Katze aus dem Sack? Redensarten #ber Tiere und Pflanzen und was dahinter steckt. Cartoons von Friedrich Werth. Stuttgart: Franckh-Kosmos, 2006. Kulbe, Markus A.: Erfolgreiche Kommunikation und Persçnlichkeitsentwicklung durch NLP. Basiswissen Neurolinguistisches Programmieren. Hçrbuch-Seminar. Eine Einf#hrung. Sprecher: Markus A. Kulbe, Fabian Tuschy, Dorothee Maria B1rmann. Kiel: Mindspectrum, 2006. 1 CD. Kuzbari, Rafic; Ammer, Reinhard: Der wissenschaftliche Vortrag. Wien [u. a.]: Springer, 2006. Lackner, Tatjana; Triebe, Nika: Rede-D1t. So halten Sie Ihre Rhetorik schlank. St. Pçlten [u. a.]: Residenz-Verlag, 2006.
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Luther, Michael; Maass, Evelyne: NLP-SpieleSpectrum. Basisarbeit. 310 )bungen – Spiele – Phantasiereisen. 5. Aufl. Paderborn: Junfermann, 2006. MArtin, Doris: Smalltalk. Die wichtigsten Regeln f#rs kleine Gespr1ch. Kreuzlingen [u. a.]: Hugendubel, 2006. Marshallsa, Nick: Handbuch Kçrpersprache. )bersetzung aus dem Englischen: Anke Wellner-Kempf. Erftstadt: area-Verlag, 2006. Maus, Helge; Vçlker, Susanne: Professionell Pr1sentieren mit PowerPoint. Systematisch konzipieren, Informationen transportieren, erfolgreich vortragen. Zu PowerPoint 2000, XP und 2003. 9 Stunden Video-Training PC, Mac und TV. Ihre Trainer: Helge Maus, Susanne Vçlker. 1. Aufl. M#nchen: AddisonWesley, 2006. 1 DVD-Video mit Beiheft. Mentzel, Wolfgang: Rhetorik. Frei und #berzeugend sprechen. Mit 12 Abb. von Christian Mentzel. 5., #berarb. Aufl. Planegg [u. a.]: Haufe, 2006. Miller, Reinhold: »Halt's Maul, du dumme Sau!« Schritte zum fairen Gespr1ch. Klasse 5–13. 9. Aufl. Lichtenau: AOL-Verlag, 2006. Mills, Joyce C.; Crowley, Richard J.: ÆTherapeutic metaphors for children and the child within, dt.æ Therapeutische Metaphern f#r Kinder und das Kind in uns. Aus dem Amerikanischen von Elke Tholen. 3. Aufl. Heidelberg: Auer, 2006. Minto, Barbara: Das Prinzip der Pyramide. Ideen klar, verst1ndlich und erfolgreich kommunizieren. Nachdr. M#nchen [u. a.]: Pearson Studium, 2006. Mçller, Jrgen: Rhetorik. Hrsg. von Johannes Diekhans. Paderborn [u. a.]: Schçningh, 2006. Mohl, Alexa: Der W1chter am Tor zum Zauberwald. Therapeutische und p1dagogische Metaphern. Lauter schçne Geschichten. 3. Aufl. Paderborn: Junfermann, 2006. Mohl, Alexa: Der große Zauberlehrling. Das NLP-Arbeitsbuch f#r Lernende und Anwender. 2 Teilbde. Paderborn: Junfermann, 2006. Molcho, Samy: ABC der Kçrpersprache. Kreuzlingen [u. a.]: Hugendubel, 2006. Molcho, Samy: Alles #ber Kçrpersprache. Sich selbst und andere besser verstehen. Fotos Thomas Klinger. Sonderausg., 7. Aufl. M#nchen: Goldmann 2006 [?]. Mller-Thurau, Claus-Peter: 101 Fragen und Antworten im Vorstellungsgespr1ch. FragenJahrbuch Rhetorik · Band 26
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und Antwortenkatalog, Musterbewerbungen, Hçrbeispiele. So entsch1rfen Sie Stressfragen und #berzeugen Personalprofis. F#r alle Bewerber zur perfekten Vorbereitung auf Einstellungsgespr1che. Planegg [u. a.]: Haufe, 2006 [mit CD-ROM]. Mulzer, Chris: Der Business-Practitioner. Lernen Sie das Modell von NLP anzuwenden. Berlin: Kikidan, 2006. 26 CDs. Mulzer, Chris: NLP funktioniert einfach. Was das Modell von NLP ganz leicht lernbar macht. Vortrag. Berlin: Kikidan, 2006. 1 CD. Mulzer, Chris: NLP meets LSD. Die Droge zum Hçren. Vortrag. Berlin: Kikidan, 2006. 4 CDs. Mulzer, Chris: Sales-Strategien. Mit SSD- und NLP-Technologie. Berlin: Kikidan, 2006. 11 CDs. Nçllke, Claudia: Pr1sentieren. 4., durchges. Aufl. Planegg [u. a.]: Haufe, 2006. Nçllke, Matthias: Schlagfertigkeit. 4., #berarb. Aufl. Planegg [u. a.]: Haufe, 2006. Nçllke, Matthias: Schlagfertigkeit. Das Trainingsbuch. Planegg [u. a.]: Haufe, 2006. Nçllke, Matthias: Schlagfertigkeit-Trainer. Mit CD-ROM. 2., durchges. Aufl. Planegg [u. a.]: Haufe, 2006. Nçllke, Matthias: Small-Talk – die besten Themen. Das Ideen-Buch f#r Fortgeschrittene. Freiburg/Br. [u. a.]: Haufe, 2006. Nolte, Bernd; Fischer, Konrad: Mediation konkret. Konstruktive Lçsungen bei Konflikten. Weinheim: Wiley-VCH, 2006. Noodt, Heidi: Atmung – Stimme – Bewegung. Grundelemente der Lehre von Clara Schlaffhorst und Hedwig Andersen. Mit )bungsbeispielen. F#r Atem-, Sprech- und Stimmlehrer/innen und die es werden mçchten, f#r Angehçrige verwandter Berufe und f#r interessierte Laien. Norderstedt: Books on Demand, 2006. Oboth, Monika; Seils, Gabriele: Medation in Gruppen und Teams. Praxis- und Methodenhandbuch. Konfliktkl1rung in Gruppen, inspiriert durch die Gewaltfreie Kommunikation. 2. Aufl. Paderborn: Junfermann, 2006. O'Connor, Joseph: ÆThe NLP-workbook, dt.æ NLP – das WorkBook. )bersetzung: Isolde Seidel. 2. Aufl. Kirchzarten bei Freiburg: VAK-Verlag, 2006. Oppolzer, Ursula: Verflixt. Das große Humboldt-Ged1chtnistraining. Die große Jubil1umsausgabe. Gutes Ged1chtnis f#r jung Jahrbuch Rhetorik · Band 26
und alt. Jeweils zehnmin#tige )bungen f#r 80 Tage! Baden-Baden: Humboldt, 2006. Ott, Heinz-Karl: Gespr1che mit Bewerbern sinnvoll f#hren. Renningen: expert-Verlag, 2006. 1 CD. Patterson, Kerry; Grenny, Joseph; McMillan, Ron; Switzler, Al: ÆCrucial confrontations, dt.æ Heilsame Konflikte. Beziehungen verbessern, Konflikte lçsen. Richtiger Umgang mit uneingelçsten Versprechen, unerf#llten Erwartungen und unpassendem Benehmen. Mit einem Vorwort von Tom Peters. Aus dem Amerikanischen von Brigitte Dçbert. 1. Aufl. Wien: Linde, 2006. Patterson, Kerry; Grenny, Joseph; McMillan, Ron; Switzler, Al: ÆCrucial conversations, dt.æ Heikle Gespr1che. Worauf es ankommt, wenn viel auf dem Spiel steht. Die 7-Punkte Strategie. Die 6-Minuten-Meistertechnik. Mit einem Vorwort von Stephen R. Covey. Aus dem Englischen #bersetzt. 1. Aufl. Wien: Linde, 2006. Pease, Allan und Barbara: ÆBody language, dt.æ Der tote Fisch in der Hand und andere Geheimnisse der Kçrpersprache. Aus dem Englischen von Gertrud Bauer. Illustrationen: John Hepworth. Ungek#rzte Ausg., 6. Aufl. M#nchen [u. a.]: Ullstein, 2006. Pease, Allan und Barbara: ÆThe definitive book of body language, dt.æ Die kalte Schulter und der warme H1ndedruck. Ganz nat#rliche Erkl1rungen f#r die geheime Sprache unserer Kçrper. Aus dem Englischen von Ursula Pesch. Ungek#rzte Ausg., 1. Aufl. Berlin: Ullstein, 2006. Pease, Allan und Barbara: Eine dumme Frage ist besser als fast jede kluge Antwort. Wie man erfolgreich #berzeugt. 1 Komplettsatz (2 Audio-CDs). Gelesen von Saskia Kaestner. Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hçrbuch, 2006. Pçhm, Matthias: Frauen kontern besser. So werden Sie richtig schlagfertig. Heidelberg: mvgVerlag, 2006. Pçhm, Matthias: Nicht auf den Mund gefallen. So werden Sie schlagfertiger. Augsburg: Weltbild, 2006. – Auch als Tontr1ger mit 3 CDs. Pçhm, Matthias: Pr1sentieren Sie noch oder faszinieren Sie schon? Der Irrtum Powerpoint. Heidelberg: mvg-Verlag, 2006.
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Bibliographie deutschsprachiger Rhetorikforschung 2006
Pçhm, Matthias: Vergessen Sie alles #ber Rhetorik. Mitreißend reden – ein sprachliches Feuerwerk in Bildern. 2. Aufl.. Sonderausg. Heidelberg: mvg-Verlag, 2006. Pohlke, Annette und Reinhard: Alle Wege f#hren nach Rom. Deutsche Redewendungen aus dem Lateinischen. D#sseldorf: Albatros, 2006. Pttjer, Christian; Schnierda, Uwe: Das #berzeugende Bewerbungsgespr1ch f#r Hochschulabsolventen. Die optimale Vorbereitung. Mit P#ttjer & Schnierda Profilmethode. 6., aktualisierte Aufl. Frankfurt/M. [u. a.]: Campus-Verlag, 2006. Pttjer, Christian; Schnierda, Uwe: Geheimnisse der Kçrpersprache. Mehr Erfolg im Beruf. Illustrationen von Hillar Mets. Limitierte Sonderausg. Frankfurt/M. [u. a.]: CampusVerlag, 2006. Pttjer, Christian; Schnierda, Uwe: Souver1n im Vorstellungsgespr1ch. Die optimale Vorbereitung f#r Um- und Aufsteiger. Mit P#ttjer & Schnierda Profilmethode. 5., aktualisierte Aufl. Frankfurt/M. [u. a.]: CampusVerlag, 2006 [mit CD-ROM]. Pttjer, Christian; Schnierda, Uwe: Trainingsmappe Vorstellungsgespr1ch. Die 200 entscheidenden Fragen und die besten Antworten. Mit Insiderkommentaren. 1. Aufl. Frankfurt/M. [u. a.]: Campus-Verlag, 2006. Pttjer, Christian; Schnierda, Uwe: Vorstellungsgespr1ch. 2., aktualisierte Aufl. Frankfurt/M. [u. a.]: Campus-Verlag, 2006. Rachow, Axel: Sichtbar. Die besten Visualisierungs-Tipps f#r Pr1sentation und Training. Bonn: managerSeminare Verlag, 2006. Rankel, Roger: Immer schçn (erfolg)reich bleiben. Die besten Geistesblitze f#r Vertrieb und Marketing. Illustrationen von Christian Weiß. Wiesbaden: Gabler, 2006. Rohm, Armin (Hrsg.): Change-Tools. Erfahrene Prozessberater pr1sentieren wirksame Workshop-Interventionen. Bonn: managerSeminare Verlag, 2006. Roos, Michael: Vom Tod zu neuem Leben. Predigten zu allen Lesungen der Trauerliturgie. 2. Aufl. Freiburg/Br. [u. a.]: Herder, 2006 [mit CD-ROM]. Rossi9, Michael: Frei sprechen. In Radio, Fernsehen und vor Publikum. Ein Training f#r Moderatoren und Redner. Beratung: Werner
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G. Langenfelder. 2., aktualisierte Aufl. Berlin: Econ, 2006. Ruede-Wissmann, Wolf: Das hat gesessen! Unschlagbar im Streitgespr1ch. Sonderproduktion, 1. Aufl. Wien: Signum-Wirtschaftsverlag, 2006 [mit CD-ROM]. Ruhleder, Rolf H.: Dialektik – die Kunst zu #berzeugen. Renningen: expert-Verlag, 2006. 1 CD. Ryborz, Heinz: Geschickt kontern. Nie mehr sprachlos! Schlagfertigkeit trainieren und angemessen einsetzen. 5., aktualisierte Aufl. Regensburg [u. a.]: Walhalla-Fachverlag, 2006. Sawizki, Egon R.: 30 Minuten f#r erfolgreiches NLP im Alltag. 3. Aufl. Offenbach: GABAL, 2006. Schildt, Thorsten; Krsteiner, Peter: 100 Tipps & Tricks f#r Overhead- und Beamerpr1sentationen. 2., #berarb. und erw. Aufl. Weinheim [u. a.]: Beltz, 2006. Schilling, Gert: Pr1sentieren mit Laptop und Beamer. Der Praxisleitfaden f#r Ihre wirkungsvolle Pr1sentation mit Laptop, PC und Beamer. Berlin: Schilling, 2006. Schilling, Gert: Angewandte Rhetorik und Pr1sentationstechnik. Der Praxisleitfaden f#r Vortrag und Pr1sentation. Berlin: Schilling, 2006. Schlieffen, Katharina GrAfin von: Mediation und Streitbeilegung. Verhandlungstechnik und Rhetorik. Berlin: BWV, 2006. Schlter, Barbara: Rhetorik f#r Frauen. Selbstbewusst und richtig vorbereitet jede Gespr1chssituation meistern. Mit Zeichnungen von Margaretha Ganseforth. Heidelberg: Redline Wirtschaft, 2006. Schlter, Hermann: Das Handbuch der Rhetorik. Geschichte, Technik und Praxis der Redekunst. Kçln: Anaconda, 2006. Schmuck, Michael: Deutsch f#r Juristen. Vom Schwulst zur klaren Formulierung. 2. Aufl. Kçln: Otto Schmidt, 2006. Schneider, Arthur: Mit den besten Interviewfragen die besten Mitarbeiter gewinnen. Erfolgserprobte Fragen f#r professionelle Bewerberinterviews mit Kommentaren und Interpretationen inkl. Formularen zur Selektion qualifizierter Fach- und F#hrungskr1fte. 2. Aufl. Z#rich: Praxium-Verlag, 2006. Schneider, Wolf: Wçrter waschen. 26 gute Gr#nde, politischen Begriffen zu misstrauen. Jahrbuch Rhetorik · Band 26
Bibliographie deutschsprachiger Rhetorikforschung 2006
Reinbek b. Hamburg: Rowohlt-Taschenbuchverlag, 2006. Schrickel, Rolf: Rhetorik im Klartext. 20 Tipps und 40 Beispiele. Renningen: expert-Verlag, 2006. 1 CD. Schuhmann, Georg: Moderieren, Projektieren, Pr1sentieren. Methoden trainieren. 1. Aufl. Haan-Gruiten: Verlag Europa-Lehrmittel Nourney, Vollmer, 2006. [mit CD-ROM]. Seifert, Josef W.: Besprechungen erfolgreich moderieren. Ungek#rzte Hçrbuch-Fassung. Offenbach: GABAL, 2006. 2 CDs. Seimert, Winfried: PowerPoint f#r B#ro, Schule & Studium. Professionelle Pr1sentationen erstellen. Pr1sentationen, die ankommen – Vortr1ge mal ganz anders. Ihre Fotos als multimediales Album. Neuaufl. Poing: Franzis, 2006. Siewert, Horst H.: Fangfragen im Vorstellungsgespr1ch souver1n beantworten. 2., aktualisierte und erw. Aufl. Heidelberg: Redline Wirtschaft, 2006. Sçllner, Christian: Kommunikationstraining, Teamentwicklung und Moderation. 2. Aufl. Wien: GS Multimedia, 2006. Spies, Stefan: Authentische Kçrpersprache. Ihr #berzeugender Auftritt im Beruf – Erfolgsstrategien eines Regisseurs. 3. Aufl. Hamburg: Hoffmann & Campe, 2006. Stadlbauer, Alfons: Kreative Flipchartgestaltung. Kreativ und mit Freude Wissen vermitteln. 1. Aufl. Linz: Trauner Verlag, 2006. Stanek, Wolfgang; Plattner, Siegrid: Kommunikation und Rhetorik. 3. Aufl. Linz: Trauner Verlag, 2006. Staub, Gregor: Mega Memory. Optimales Ged1chtnistraining f#r Privatleben, Schule und Beruf. Heidelberg: mvg-Verlag, 2006. Stenger, Christiane: Warum f1llt das Schaf vom Baum? Ged1chtnistraining mit der Jugendweltmeisterin. Taschenbucherstausg. M#nchen: Heyne, 2006. Stçger, Gabriele und Hans: Besser verkaufen mit Glaubw#rdigkeit und Sympathie. Heidelberg: Redline Wirtschaft, 2006. Strerath-Bolz, Ulrike: Der große Zitatenschatz. Orig.-Ausg. Augsburg: Weltbild, 2006. Strobel, Matthias; Steiner, Andr9: Englische Werbeslogans in Deutschland. Saarbr#cken: VDM-Verlag M#ller, 2006. Jahrbuch Rhetorik · Band 26
Swan, William S.: ÆHow to pick up the right people, dt.æ Den richtigen Mitarbeiter finden. Das erfolgreiche Einstellungsgespr1ch. Gelesen von Jesko Dçring. Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hçrbuch, 2006. 6 CDs, 1 CD (MP3). Symader, Wolfhard: Wie mir der Schnabel gewachsen ist. Worauf es in der Rhetorik wirklich ankommt. Norderstedt: Books on Demand, 2006. Thiele, Albert: Die Kunst zu #berzeugen. Faire und unfaire Dialektik. 8. Aufl. Berlin [u. a.]: Springer, 2006. Thiele, Michael: F#hren und Streiten. 1. Aufl. Regensburg: BVS, 2006. Tiefenbacher, Angelika: Ged1chtnis trainieren. Lerntechniken anwenden, Merkf1higkeit verbessern. Die erfolgreichsten Methoden, Tipps und Strategien. Copyrighted Material. M#nchen: compact-Verlag, 2006. Urban, Adrian: Ged1chtnistraining. Wirksame )bungen f#r Konzentration und Merkf1higkeit. Stuttgart: Urania-Verlag, 2006. Vogel, Ingo: So reden Sie sich an die Spitze. Sprache als Erfolgsinstrument. Ungek#rzte Ausg., 3. Aufl. Berlin: Ullstein, 2006. Vopel, Klaus W.: Wirksame Workshops. 80 Bausteine f#r dynamisches Lernen. 3. Aufl. Salzhausen: iskopress, 2006. Voss, Rdiger von (Hrsg.): Vom Denken und Handeln. Zitate und Aphorismen. Ein nutzbringendes Brevier. Mit Portr1ts der Autoren vom Hrsg. 1. Aufl. Hamburg: Murmann, 2006. Wagandt, Alexander: Gespr1chs(r)evolution. In k#rzerer Zeit deutlich bessere Ergebnisse bei Verkaufsgespr1chen, Rekrutierungen, zielgerichteten Beratungen und bei Mitarbeiterf#hrung erzielen. Live-Mitschnitt des Referates am 18. M1rz 2006 anl1sslich des »Rusch & Noch Erfolgeicher!-Erfolgstages« in N#rnberg/Deutschland mit drei Kameras aufgezeichnet. Boniswil/Schweiz: Rusch, 2006. 1 DVD. Wagner, Irmgard (Hrsg.): Zitate f#r jede Gelegenheit. Kreuzlingen [u. a.]: Hugendubel, 2006. Weidenmann, Bernd: Gespr1chs- und Vortragstechnik. F#r alle Trainer, Lehrer, Kursleiter und Dozenten. 4., aktualisierte und erw. Aufl. Weinheim [u. a.]: Beltz, 2006.
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Weiner, Christine; Kutschera, Gundl: Wer schçn sein will, muss sich lieben. Sinnliches Selbstcoaching f#r Frauen. 3. Aufl. M#nchen: Kçsel, 2006. Will, Hermann: Mini-Handbuch Vortrag und Pr1sentation. F#r Ihren n1chsten Auftritt vor Publikum. 6., vollst. #berarb. Neuaufl. Weinheim [u. a.]: Beltz, 2006. Willing, Erwin; Windus, Maren: Moderation und Sitzungsleitung. Betriebsratssitzungen effektiv gestalten. Seehausen/Staffelsee: Verlag der Betriebsrat, 2006.
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Wirth, Bernhard P.: Alles #ber Menschenkenntnis, Charakterkunde und Kçrpersprache. Von der Kunst, mit Menschen richtig umzugehen. 5. Aufl. Heidelberg: mvg-Verlag, 2006. Wirth, Bernhard P.: Was Sie schon immer #ber Menschenkenntnis, Kçrpersprache und Charakterkunde wissen wollten. 3. Aufl. Heidelberg: mvg-Verlag, 2006. – Teilausg. von Alles #ber Menschenkenntnis, Charakterkunde und Kçrpersprache. Zienterra, Gabriele: Moderation. Freiburg/Br. [u. a.]: Haufe, 2006. 1 CD-ROM.
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Doerte Bischoff / Martina Wagner-Egelhaaf (Hg.), Mitsprache, Rederecht, Stimmgewalt – Genderkritische Strategien und Transformationen der Rhetorik, Heidelberg: Winter 2006, 422 S. Mit einem weiteren Band kçnnen Doerte Bischoff und Martina Wagner-Egelhaaf »die immer noch h.ufig behauptete Gender-Neutralit.t der Rhetorik in Frage stellen.« (S. 11) Nach dem 2003 erschienenen Buch Weibliche Rede – Rhetorik der Weiblichkeit mit seiner programmatischen Einleitung (vgl. meine Rezension in: Rhetorik, 2006, S. 147–150) ist der neue Sammelband Mitsprache, Rederecht, Stimmgewalt politischer ausgefallen. »Konkreter Anlass f9r die Entstehung dieses zweiten Bandes zum Fragenkomplex um Gender und Rhetorik war eine Sommerschule ›Rhetorik und Geschlechterdifferenz‹, die wir vom 9. bis 20. August 2004 an der Universit.t M9nster mit Hilfe des großz9gig dotierten Frauenfçrderpreises der Universit.t veranstalten konnten«, schreiben die Herausgeberinnen in der Einleitung (S. 12). Die darin vorgestellten »genderkritische[n] Perspektiven und Transformationen der Rhetorik« (S. 9–32) thematisieren mit der in den letzten Jahren zu beobachtenden st.rkeren Pr.senz von Frauen als Moderatorinnen im Fernsehen »das ver.nderte Gesicht der Medienmacht« (S. 18). W.hrend es sich hierbei um eine bloße »Emanzipationsfassade« (Barbara Sichtermann / Andrea Kaiser) handeln kçnnte, sorgte die Wahl Angela Merkels zur Bundeskanzlerin f9r eine grçßere Aufmerksamkeit auch auf ihren Redestil, wobei Gender als Analysekategorie ihrer Redeauftritte Ber9cksichtigung fand. In ihrem Beitrag »›Deutschland, bleiche Mutter‹. Ist die Nation (immer noch) eine Frau?« kommt Martina Wagner-Egelhaaf auf die Kanzlerin zur9ck anl.ßlich des Werkes Angela – eine Nationaloper, das 2002 in der Oper Neukçlln in Berlin aufgef9hrt wurde. (Die Musik stammt von Frank Schwemmer, der Text von Michael Frowin.) Wagner-Egelhaaf zieht den Schluß: »Das Beispiel der Politikerin Angela Merkel bzw. ihres Images […] verweist auf die strategische Besetzbarkeit der allegorischen Bedeutungsposition, die genau dann mçglich wird, wenn die Funktion der Person(ifikation) als rhetorische durchschaut wird.« (S. 254) Wagner-Egelhaafs Untersuchung zur Verkçrperung Deutschlands durch die Figur Germania, die betont, daß »der Akt der Personifikation als solcher, des EinenKçrper-Verleihens […] Weiblichkeit« kodiert (S. 234), wird erg.nzt durch einen Beitrag von Claudia Rçser, die »Europas rhetorische Verfassung« analysiert (S. 207–229) und dabei auf geographische Karten eingeht, in denen Europa durch eine Frau personifiziert wird. Auch der Beitrag der f9r ihre Arbeit mehrfach pr.mierten US-amerikanischen Literaturwissenschaftlerin Cheryl Glenn r9ckt die politische und strategische Relevanz der Rhetorik in den Vordergrund. In »Regendering Rhetoric, Engendering Silence« stellt sie zum einen den Einfluß der Frauen auf die Rhetorik heraus, was sie mit Aspasia, der Lehrerin des Perikles, belegt, und erl.utert zum anderen, daß »rhetoric of silence« has been »the most undervalued and understood traditionally feminine rhetorical strategy« (S. 103), was sie mit aktuellen Beispielen aus dem US-amerikanischen Unialltag illustriert. »Rhetoric always inscribes the relation of language and power at a particular moment.« (S. 98) Die politische Dimension der Rhetorik wird aber nicht nur bei den explizit zu diesem Thema verfaßten Beitr.gen deutlich – etwa in Christiane Streubels Untersuchung der »Rednerinnen der deutschnationalen Fraktion im Parlament der Weimarer Republik« oder Brigitte Marls Ausf9hrunJahrbuch Rhetorik · Band 26
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gen zu »Gender-Aspekte[n] der Argumentationstheorie« –, sondern auch in einer Reihe weiterer Beitr.ge, die die Relevanz weiblicher Rede in aktuellen Kontexten untersuchen. Zu nennen ist hier Lily Tonger-Erks Beitrag, der »die semantische Verwandlung des ›Zicken‹-Begriffs in popul.ren Rhetorik-Handb9chern« (S. 319) analysiert und dabei feststellt, »dass im ›Zicken‹-Begriff sowohl die diskriminierende als auch die selbstbewusst aneignende Konnotation pr.sent bleiben.« (S. 320) Diese Ambivalenz wird vor allem von den Massenmedien genutzt, was sich etwa bei De´sire´e Nick als oberzickiger Dschungelkçnigin in der 2004 auf RTL ausgestrahlten Sendereihe Ich bin ein Star – holt mich hier raus zeigen l.ßt. Zu nennen w.re im Hinblick auf Aktualit.t und politische Relevanz auch der Beitrag von Christian Schmitt, der die »Visualisierung weiblicher Rede bei Bjçrk« (S. 397–412) nachweist, indem er einige Videoclips untersucht, die »auf den Kçrper der S.ngerin ausgerichtet« sind und dabei den »Akt der stimmlichen Artikulation selbst in ein visuelles Geschehen« 9bersetzen (S. 398). Besonderes Interesse darf Birgit Althans mit ihrer kritischen Analyse des Klatsches beanspruchen, in der sprachgeschichtliche, kulturhistorische und aktuelle Aspekte vorgestellt werden. »Der Klatsch galt traditionell als weibliche Rede und ist nicht geschlechtsneutral (…): Klatsch wurde jahrhundertelang als Zeit verschwendendes, ehrabschneidendes Gerede des weiblichen Geschlechts angesehen und abgewertet.« (S. 282) Eine ausf9hrliche Kulturgeschichte des Klatsches hatte Birgit Althans mit ihrer Dissertation Der Klatsch, die Frauen und das Sprechen bei der Arbeit (Frankfurt/New York 2000) vorgelegt. Es zeichnet ihre Untersuchungen aus, daß dabei auch die Genese des m.nnlichen Kaffee(haus)klatsches, also eine geschlechtsspezifische Rationalisierung des Klatsches, ber9cksichtigt wird. Wie sich Gender und Nationalstereotype auf eine ebenso witzige wie aufschlußreiche Weise verbinden, demonstriert ein 2007 von Jutta Limbach, der Pr.sidentin des Goethe Instituts und Vorsitzende des Deutschen Sprachrats, publizierter Band, der eine Auswahl der interessantesten Beitr.ge zur internationalen Ausschreibung »Ausgewanderte Wçrter« pr.sentiert. Daß Zeitgeist, Leitmotiv und Gem%tlichkeit, Kindergarten, Katzenjammer und kaputt zu internationalen Wçrtern wurden, war bekannt. In leichter Bedeutungsverschiebung gehçren dazu auch Butterbrot, Anzug, was im Bulgarischen Trainingsanzug bedeutet, oder Vorspiel, Nachspiel, was im Norwegischen f9r Alkoholgenuß vor bzw. nach der eigentlichen Veranstaltung steht. Zu den in andere Sprachen eingewanderten deutschen Wçrtern gehçren außerdem Berufsverbot, besservisseri und Blitzkrieg. Darauf kçnnen wir nicht stolz sein. Versçhnlich wirkt dagegen Yoko Tawadas Essay »Baumkuchen«, in dem sie schreibt: »›Baum‹ ist eines meiner Lieblingswçrter im Deutschen. Es klingt wie ein Baum, der einen großen Bauch hat. Ich mçchte ihn umarmen, streicheln, k9ssen. Ich mçchte in seinem Bauch wohnen.« (Y. Tawada, Baumkuchen, in: Ausgewanderte Wçrter, hg. v. Jutta Limbach, Ismaning: Hueber 2007, S. 99). Tawadas poetische Ethnologie macht uns das Bekannte fremd und stellt eine neue N.he her quer durch die Sprachen. Dieser Strategie scheinen auch die Illustrationen zu folgen, mit denen der Band zur »Wçrterwanderung« reich ausgestattet ist: Die Bilder sorgen f9r Verfremdung durch N.he und Detailgenauigkeit. Genderspezifische Besonderheiten sind auf den ersten Blick nicht zu erkennen, die Auswahl der »ausgewanderten Wçrter« erfolgt ›politisch korrekt‹. Zu dieser kleinen Abschweifung veranlaßt hat mich das Wort Kaffeeklatsching. Doch zur9ck zur »Rhetorik der Geschlechter«. F9r die linguistischen Gender Studies gibt Susanne G9nther einen umfassenden Sberblick, Christa M. Heilmann stellt die sprechwissenschaftliche Dimension des Themas vor. Der Stimme ist im weiteren dann eine eigene Sektion gewidmet, in der Doris Kolesch zehn Thesen aufstellt, die »die Macht des gesprochenen Wortes« betonen (S. 342), auf Medialit.t und Materialit.t der Stimme hinweisen (vgl. S. 343 f.) und das »Hçren als ›mittlere[n] Sinn‹ zwischen den taktilen Nahsinnen und dem Fern-Sehen« situieren in einem »Zwischenreich zwischen Distanz und N.he« (S. 347). Im Anschluß an Roland Barthes begreift Kolesch die Stimme als »Spur des Kçrpers« (S. 347 f.) und akzentuiert ihre intersubjektivit.tsstiftende Funktion: »W.hrend das Sehen als paradigmatischer Sinn der Individualit.t gilt, kçnnte man das Hçren als den Sinn der Soziet.t beschreiben.« (S. 355) In dem Beitrag von Sigrid Nieberle wird dann die geschlechtsbezogene Wahrnehmung der Gesangsstimme thematisiert, und Jenny Schrçdl stellt im Anschluß an Judith Butler heraus, daß
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auch Stimmen diskursiv erzeugt werden, also geschlechtsvariabel sind. Außerdem enth.lt der Band eine Reihe von literaturwissenschaftlichen Beitr.gen im engeren Sinne. So weist Isabelle Staufer auf »den Eindruck einer historischen Divergenz von weiblichem Schreiben und Ironie« (S. 165) hin, die mit den spezifischen Produktions- und Publikationsbedingungen f9r Schriftstellerinnen zusammenh.ngen. Zur9ckgef9hrt werden kann dies auf die Modellierung ironieferner Weiblichkeitsbilder im 18. Jahrhundert. Bei der Rezeption von Annette Kolb und Franziska zu Reventlow wird die konstatierte und zugestandene Ironie dann zur autobiografischen Selbstironie entsch.rft (vgl. S. 177). Diese traditionelle Abwehr durchkreuzt erst Luce Irigaray, die ›ironische Mimesis‹ propagiert und zu einer »paradigmatische[n] weibliche[n] Argumentationsweise« (S. 166) umwertet. Von vergleichbaren Umwertungen kçnnen auch andere rhetorische Figuren und Praktiken profitieren; Beispiel daf9r sind die Zicke und der Klatsch. Sber die Sprache sind Literatur und Wissenschaft, Rhetorik und Gesellschaft verbunden. Am Ph.nomen der Kleiderordnung kann Barbara Vinken den »diskursiven Zusammenhang von Rhetorik und Weiblichkeit« zeigen (vgl. S. 25). Das gilt zum einen f9r die bipolare b9rgerliche Geschlechterordnung, die sie am Beispiel einer Rousseau-Lekt9re gewinnt, und zum anderen f9r die subversive Macht der Mode, die Geschlechterdifferenzen 9berspielt. Subversive Lekt9restrategien verfolgen die meisten der gesammelten Beitr.ge zur weiblichen Rhetorik. So interpretiert Julia Neumann den Roman Se´re´nissime Assassinat (Paris 2001) von Gabrielle Wittkop in der Tradition de Sades; der Klappentext der franzçsischen Ausgabe verk9ndete sogar »la naissance dUune fe´minite´ sadienne dans la litte´rature franc¸aise« (vgl. S. 203). Neumanns Lekt9re der »Giftmorde als Form weiblicher Rhetorik« verwendet rhetorische Begriffe meist metaphorisch. Vergleichbar verf.hrt Julia Bodenburg, die dem »Verh.ltnis von Sprache, Kannibalismus und Gender« (S. 301–317) nachgeht, wobei sie sich auf Kleists Penthesilea, Drakulic´s Das Liebesopfer und Calvinos Unter der Jaguar-Sonne st9tzt. Um eine Revision des rhetorischen Kanons ist Doerte Bischoff bem9ht, wenn sie die Heilige Katharina von Alexandria als eine in der Geschichte wichtige Rednerin profiliert. Ihr Beitrag verdeutlicht noch einmal mit Nachdruck, wie sich historische Rekonstruktionen mit einer allegorischen Lekt9re 9berzeugend verbinden lassen und die Engf9hrung von Weiblichkeit und Rhetorik so neue Perspektiven erçffnet. Als Besonderheit hervorheben mçchte ich, daß an dem von Doerte Bischoff und Martina WagnerEgelhaaf herausgegebenen Band Mitsprache, Rederecht, Stimmgewalt viele Doktorandinnen mitgearbeitet haben. Ihre Beitr.ge zeichnen sich durch hohes theoretisches Niveau aus. Daß alle Beitr.ge stichhaltig argumentieren und gut geschrieben sind, versteht sich beim Thema eigentlich von selbst. Mit Genderkritische Strategien und Transformationen der Rhetorik haben die Herausgeberinnen erneut ein sehr informatives und vor allem sehr anregendes Buch vorgelegt. Carola Hilmes
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verzichten, das alles andere als verkaufsfçrdernd sei. Im Alter von 9ber 80 Jahren deutet er sein Leben ganz von der Rhetorik her: »At every moment in my teaching, at every moment in my writing, I was trying to think of ways to improve communication« (S. 499). Vor diesem Hintergrund ist sein letztes Buch, The Rhetoric of Rhetoric, so etwas wie ein intellektuelles Verm.chtnis und eine Aufforderung zugleich, die existentielle Bedeutung der Rhetorik, ihre auch hierzulande viel beschworene Ubiquit.t (Gadamer), endlich ernstzunehmen: »Can anyone really question my repeated claim that the quality of our lives, moment by moment, depends on the quality of our rhetoric? Even our survival, now that mass destruction threatens, depends on the rhetoric of our leaders and our responses to them. Thus our childrenUs future depends on how they are taught rhetoric.« (S. 171) Daß die Notwendigkeit rhetorischer Ausbildung aber auch an Booths eigener Universit.t keine institutionellen Folgen gezeitigt hat, ist eine Ironie der Geschichte: Ein Kapitel aus der Rhetorikfeindlichkeit der abendl.ndischen Geistesgeschichte. Booths Gegenentwurf dazu heißt Rhetorology. Er versteht darunter eine Kompetenz des Zuhçrens, die in der Tradition der new rhetoric eines I. A. Richards steht. Der rhetorisch kompetente Rhetorologist verf9gt 9ber systematische Kenntnisse, Argumentationen und Behauptungen eines Gegen9bers auf ihre gemeinsamen Grundlagen zur9ckf9hren zu kçnnen, um dadurch sinnlose und aggressive Kommunikation vermeiden zu kçnnen (S. 10). Booth formuliert hier ein .hnliches Programm wie Hans-Georg Gadamer mit seiner Hermeneutik, in der die Idee des Gespr.chs als universelles Verst.ndigungsmittel im Zentrum steht. Mit Gadamer teilt Booth auch die Utopie, dass durch gegenseitiges Zuhçren gesellschaftliche Konflikte gelçst werden kçnnen. Dieses utopische Moment markiert zugleich die Grenzen des Entwurfs von Booth, der von einem positiven Menschenbild ausgeht, und der Vorstellung, daß Konflikte durch gegenseitige Verst.ndigung prinzipiell gelçst werden kçnnen. Nichtsdestotrotz ist sein Buch, treffend in der Reihe der Blackwell Manifestos erschienen, ein leidenschaftlich vorgetragenes Pl.doyer f9r die Wichtigkeit rhetorischer Ausbildung und rhetorischer Kompetenz. Von Booths Einfluß ist auch der Companion to Rhetoric and Rhetorical Criticism gepr.gt, den Walter Jost und Wendy Olmsted, zwei seiner Sch9ler, herausgegeben haben. Der Band vermittelt in 31 Essays ein vielschichtiges Bild von dem, was im angels.chsischen Wissenschaftskontext Rhetorikforschung heute bedeutet. Er ist kein Handbuch – der Titel Companion ist insofern etwas irref9hrend –, sondern im wesentlichen eine (im einzelnen durchaus heterogene) Aufsatzsammlung, die keinen Anspruch auf historische oder systematische Vollst.ndigkeit erhebt. Das Buch ist in vier Teile untergliedert, die einzelnen Essays durchweg von Kennern der Materie (u. a. D. P. Gaonkar, A. F. Kinney, W. A. Rebhorn, Th. O. Sloane, V. Kahn, H. W. Simons, E. Garver, Th. Conley, J. Crosswhite) abgefaßt. Zun.chst bieten zehn Aufs.tze einen Eindruck von der Vielschichtigkeit der Rhetorikgeschichte vom antiken Athen bis hin zur Rhetoriktheorie von Kenneth Burke und ihrer Rezeption. Ein zweiter Teil, Rhetoric3s Favorite Places, versammelt Essays zu Zentralbegriffe der rhetorischen Tradition von Topics, Deliberation 9ber Ethos und Pathos bis hin zu Argumentation, Commonplaces und Judgment. Diese Aufs.tze stellen die Relevanz dieser Grundbegriffe zur Diskussion und erneuern die Rhetorik vom Standpunkt kontempor.rer kritischer Theorie. Ein dritter Teil, Rhetoric and Its Critics 9berschrieben, versammelt in erster Linie Einzelanalysen zu literarischen Texten (u.a. Robert Frost, Nabokov, W. G. Sebald). Im abschließenden vierten Teil schließlich geben einige der wichtigen Rhetoriktheoretiker der letzten Jahrzehnte – neben Booth u.a. Nancy Struever und Steven Mailloux – eine teils persçnlich gepr.gte Einsch.tzung von der Entwicklung der rhetorical studies in den vergangenen Jahren. Insgesamt ist ein beeindruckender Band gelungen. F9r den deutschen Leser ist vor allem interessant, wie die Beitr.ger die antike Theorie in eine kontempor.re Form von rhetorischer Theoriebildung integrieren, besonders eindrucksvoll etwa in den Aufs.tzen von Eugene Garver und James L. Kasteley zu Ethos und Pathos. Sie zeigen, dass gerade heute die Besch.ftigung mit Rhetorik nicht notwendig den Charakter antiquarischer Gelehrsamkeit haben muß. Dietmar Till
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Marian F9ssel, Gelehrtenkultur als symbolische Praxis. Rang, Ritual und Konflikt an der Universit.t der Fr9hen Neuzeit, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2006 (= Symbolische Kommunikation in der Vormoderne), IX, 543 S. »Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren«: Dieser wirkungsvolle Reim, enth9llt von Jurastudenten auf einem Transparent w.hrend der feierlichen Rektorats9bergabe an der Universit.t Hamburg am 9. November 1967, leitete an den deutschen Universit.ten eine nahezu vollst.ndige Entritualisierung des akademischen Lebens ein. Seit den 1990ern wird im Zusammenhang mit dem Elitegedanken eine Wiederbelebung der akademischen Rituale versucht – bisher mit m.ßigem Erfolg. Die Hamburger Rektoren trugen 1967 Amtstrachten und Insignien, die seit dem 17. Jahrhundert im wesentlichen unver.ndert geblieben waren: knçchellange Schaube, Halskrause, Barett, Amtskette usw. Diese und andere dingliche Symbole und Zeichen samt den vielf.ltigen rituellen Performationen, mit denen sich die Gelehrten in der hierarchisch gestuften fr9hneuzeitlichen Gesellschaft nach außen als mehr oder minder geschlossene privilegierte Korporation, nach innen und außen als Inhaber eines bestimmten Rangs abzuheben und zu behaupten suchten, sind Gegenstand des vorzustellenden Buches. ›Zußerlichkeiten‹ – wie der Platz im Hçrsaal, im Senat, in der Kirche oder bei der Prozession, das Recht auf Titel, Trachten und Insignien – waren von existentieller Bedeutung in einer Pr.senzkultur, deren Ideal einer linearen Hierarchie aller Standespersonen sich in einer regelm.ßig erlebbaren raumzeitlichen Ordnung vergegenw.rtigen mußte. F9ssel verfolgt in seiner M9nsteraner Dissertation einen »praxeologischen Ansatz«, demzufolge sich in diesen symbolischen Formen Ordnung nicht nur abbildet, sondern durch deren Performation erst konstituiert. Der strukturgeschichtlich angelegte erste von drei Hauptteilen (S. 42–187) besch.ftigt sich f9r den Untersuchungszeitraum vom Sp.thumanismus bis zum Ende des Alten Reiches mit den institutionellen Voraussetzungen der Universit.t, den zeitgençssischen Konstruktionen und zeremonialwissenschaftlichen Normierungen von Stand und Rang und mit Ablauf und Bedeutung wichtiger akademischer Rituale (actus publici) wie Inauguration und Promotion. Die institutionelle Entwicklung der Universit.t geht grob gesprochen von einer – dank kaiserlichen und p.pstlichen Privilegien – relativ autonomen Gelehrtenkorporation zu einer heteronomen ›Anstalt‹ zur Heranbildung der intellektuellen Elite des absolutistischen Territorialstaats und seines sich ausdifferenzierenden Beamtenapparates. Entsprechend verlagert sich die Orientierung der Gelehrtenkultur von einer eher klerikal gepr.gten zu einer adelig-milit.rischen Symbolsprache; zuletzt, seit der 2. H.lfte des 18. Jahrhunderts, wird aufwendige akademische Repr.sentation 9berhaupt von aufgekl.rten und sparsamen Monarchen stark beschnitten. In F9ssels Darstellung der akademischen Ritual- und Festkultur m9ssen rhetorisch interessierte Leser eine bedauerliche L9cke vermerken: Zwar betrachtet der Autor das akademische Ritual als »komplexe[s] Zusammenspiel verbaler und nonverbaler Handlungen« (S. 420) und z.hlt zu den Medien und Formen symbolischer Praktiken auch »Sprechakte, wie Festreden, Eide, Gruß- und Anredeformeln« (S. 22), doch geht er auf die Festrede als wichtiges Medium f9r die Zußerung sozialer Geltungsanspr9che nicht eigens ein. Auch sonst werden spezifisch rhetorische Ph.nomene der Gelehrtenkultur (z.B. die rhetorischen Wurzeln der decorum-Lehre und die Korrespondenz der Stil- und der Standesordnung, S. 123 f.) leider nur gestreift. Im zweiten und umfangreichsten Hauptteil (S. 188–331) wird anhand einer F9lle von beispielhaften Rangkonflikten, die einzelne oder Gruppen von Akademikern an den Universit.ten T9bingen, Helmstedt, Ingolstadt, Freiburg, Heidelberg, Halle, Wittenberg und Leipzig untereinander oder gegen Vertreter anderer St.nde ausfochten, beeindruckend vor Augen gef9hrt, welche soziale Dynamik das sich statisch gebende Ordnungsgef9ge sowohl im Innern als auch an den Scharnieren seiner Gliederungen bei seiner konkreten Aktualisierung freisetzte. Die Konkurrenz verschiedener Rangkriterien wie Anciennit.t, Fakult.tszugehçrigkeit, akademische Grade und Titel und die Interferenz heterogener hierarchischer Systeme wie Universit.t, Adel, Stadt und landesherrlicher Beamtenapparat çffnete zahlreiche Regelungsl9cken, durch die ambitionierte Zeitgenossen nach vorne preschen konnten, freilich nicht ohne den Widerstand der Sberholten. Das Gerangel um die ›Pr.zedenz‹ war ubiquit.r: Jahrbuch Rhetorik · Band 26
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Gestritten wurde um den Vorrang unter den Fakult.ten, unter den Konfessionen, unter reinen Akademikern und solchen in f9rstlichen Diensten, unter adeligen Studenten, Stadtstudenten und ›Stiftlern‹; zwischen Professoren und adeligen Studenten, Stadtr.ten, Klerikern usw. Rangordnungen waren verankert im ius praecedentiae, strittige Anspr9che also rechtlich verhandelbar. Langwierige Prozesse und eine stets wachsende Regelungsdichte waren die Folge. Der dritte und letzte Hauptteil (S. 332–417) widmet sich dem Ende der barocken akademischen Repr.sentationskultur im 18. Jahrhundert, das sich als Ergebnis der Verstaatlichung und administrativen Rationalisierung des Bildungswesens sowie der aufkl.rerischen antist.ndischen und antiritualistischen Kritik seitens b9rgerlicher Intellektueller darstellt. Ein wichtiges distinktives Merkmal der akademischen Kultur f9r einen Großteil des Untersuchungszeitraums war auch der Gebrauch der Gelehrtensprache Latein. Leider sind die nur zum Teil 9bersetzten lateinischen Quellen bisweilen so fehlerhaft wiedergegeben, daß auch lateinkundige Leser M9he haben, sie zu verstehen. Ein abschließendes Kapitel »Fazit und Perspektiven« (S. 418–435) zeigt res9mierend die strukturellen Bedingungen und großen Entwicklungslinien des Kampfes der Gelehrten um soziale Geltung auf und thematisiert noch einmal das grunds.tzliche Problem der Bedeutung symbolischer Praktiken f9r die Etablierung von Rangverh.ltnissen. Hier wie schon im einleitenden Kapitel erweist sich aufs neue das hohe Reflexionsniveau der Untersuchung und die große methodische Umsicht und Klugheit des Verfassers. Trotz seines praxeologischen Ansatzes verf.llt er nicht einem modischen oder doktrin.ren symbolischen Konstruktivismus (S. 421). Auch bei der Deutung und Erkl.rung der Beispiele in den Hauptteilen praktiziert er letztlich eher einen gesunden hermeneutischen Pluralismus. Sind Rituale und Zeremonielle Ausdruck, Spiegel, Repr.sentation, Aktualisierung, Inszenierung, Performation, Konstitution oder Affirmation von Macht und Rang? Je nachdem, mçchte man sagen, und meistens mehreres zugleich. Der von F9ssel angedeutete Umstand, daß Rituale f9r die Aus9benden auch als Kompensation sozialer und politischer Bedeutungslosigkeit fungieren kçnnen (›Theaterstaat‹) erinnert daran, daß sie wie Reden auch (fremd- und auto)persuasive Akte sind, die gelingen oder mißlingen kçnnen. Alles in allem ein ebenso gelehrtes wie spannendes und anregendes Werk, von dem man gerne die Fortsetzung bis in die Gegenwart lesen w9rde. Thomas Zinsmaier
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des Miteinanderseins« in der Polis (GA, S. 134) als der Wirklichkeit des griechischen Lebens zur Zeit des Aristoteles. Die Beitr.ge des Buches von Gross und Kemmann besch.ftigen sich mit den verschiedensten Aspekten von Heideggers Aristoteles-Interpretation. Daniel M. Gross stellt in seiner materialreichen und auch kritischen Einleitung vor allem den zentralen Stellenwert der pa´thos-Deutung heraus. Die Emotionen werden danach von Heidegger verstanden als »die Grundmçglichkeiten, in denen das Dasein sich 9ber sich selbst orientiert« (GA, S. 262), eine Auffassung, die die Rhetorik und ihr Wirkungspotential nach dem Vorbild von Augustinus und Luther prim.r auf den Affekteinsatz gr9ndet und zum Ansatz f9r die Analyse der Stimmungen in Sein und Zeit wird. Ansgar Kemmann pr.sentiert in einem Interview Gadamers Erinnerungen an den Rhetor Heidegger verbunden mit Erçrterungen zur Philosophie der Rhetorik. Mark Michalski untersucht den Zusammenhang von hermeneutischer Ph.nomenologie und Philologie in den »Grundbegriffen«, Michael J. Hyde die Bedeutung des pa´thos-Konzepts der Vorlesung f9r den »Ruf des Gewissens« im Daseins-Verst.ndnis von Sein und Zeit. Nancy S. Struever stellt die Rolle von Allt.glichkeit und Zeitlichkeit in der Rhetorik noch umfassender, als Heidegger sie sah, heraus. Theodor Kisiel deckt die politischen Pr.missen von Heideggers Aristoteles-Deutung auf, indem er die Vorlesung und ihre Schwerpunkte, etwa die ausf9hrliche Analyse der Furcht als Existenzial, aus der krisenhaften Situation Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg herleitet und Heideggers politische Ontologie mit der Philosophie Hannah Arendts konfrontiert. Otto Pçggeler schließlich kritisiert Heideggers reduzierte Vorstellung von Rhetorik, da dieser die [ffentlichkeit als zentrale Dimension des politischen »Miteinanderseins« und »-sprechens« nicht ber9cksichtigt und zudem den humanistischen Impuls der Rhetorik, wie ihn etwa Vicos Topologie repr.sentiert, unterschl.gt. Abgerundet wird der Sammelband mit einer reichhaltigen Bibliographie zum Thema »Heidegger and Rhetoric«. Alle Beitr.ge des Buches bieten wertvolle Informationen zu Heideggers Vorlesung und ihren rhetorischen, philosophischen und politischen Implikationen. Sehr detailliert ist etwa Michalskis Bestimmung der philosophischen Rolle, die Heidegger der Philologie in seiner Lekt9re der aristotelischen Rhetorik zugedacht hat. Der Schluß von Michalskis Beitrag bleibt allerdings unbefriedigend. Er stellt nur fest, daß die philosophische Philologie Heideggers 9ber den Bereich der Rhetorik hinausgeht und auf die Dialektik zielt (S. 78), ohne diesen interessanten Gedanken indes n.her auszuf9hren. Dem hymnischen Lob von Struever (»the best twentieth-century reading of AristotleUs »Rhetoric««, S. 127) und Gross (»the rhetorical turn in twentieth-century philosophy and a fundamental revision of the rhetorical tradition«, S. 40) mag man sich allerdings nicht anschließen, obwohl Heideggers Analysen zur rhetorischen Struktur der do´xa und zur sprachlichen Verfaßtheit des »Man« sicher sehr eindringlich sind. Dazu nimmt seine (Um-)Deutung der aristotelischen Rhetorik als »Hermeneutik des Daseins« denn doch zu gewaltsame Entstellungen an der urspr9nglichen Aussage des Texts vor, die sowohl rhetorisch als auch philosophisch fragw9rdig sind. (Man kçnnte Heidegger auch hier eher als Usurpator denn als Kommentator bezeichnen, wie Ernst Cassirer in einer Rezension von Heideggers Kantbuch kritisch angemerkt hat.) Das wichtigste Beispiel ist wohl die Aufwertung des pa´thos gegen9ber den anderen Beweisformen in der Rhetorik, die zur Basis der Stimmungsanalyse in Sein und Zeit wurde, aber zugleich die Affinit.t von Heideggers Philosophie zur Ideologie des Nationalsozialismus mitbegr9ndete. Kisiels Aufsatz ist gerade deshalb so vorz9glich, weil er diese Zusammenh.nge faktenreich beleuchtet und eine n9chterne Form von Ideologiekritik an Heideggers Denken vor Sein und Zeit 9bt, ohne viel Spekulation und Wertung, statt dessen konkret bezogen auf Heideggers damalige politische Stellungnahmen als Basis seiner Aristoteles-Auslegung. Generell zeigt sich aber ein Defizit im Buch von Gross und Kemmann: Heideggers Ablehnung des Neukantianismus und seiner erkenntnistheoretischen Einstellung wird nirgendwo als einer der Ansatzpunkte zur Aristoteles-Auslegung genutzt. Dabei ist die anhand der Logik Kants gewonnene kritische These, daß »die Definition eine Verfallserscheinung ist, eine bloße Denktechnik, die einmal die Grundmçglichkeit des Sprechens des Menschen gewesen ist […]« (GA, S. 13), die Ursache f9r Heideggers R9ckgang zum unverstellten »Boden« (GA, S. 12 ff.) der aristotelischen Begrifflichkeit. Vielleicht ist dieses Defizit ein Indiz des rhetorischen Zeitgeistes, der intuitiv Rhetorikgeschichte und Jahrbuch Rhetorik · Band 26
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Politik als Voraussetzungen einer denkerischen Position wie der von Heidegger akzeptiert, ohne auch erkenntniskritisch nach den ph.nomenologischen Reduktionen darin zu fragen. Struever etwa 9bernimmt unbesehen Heideggers These, die Begriffe vom »Sein – in – der – p8lis« h.tten ihre Grundlage in den Naturbegriffen, und es g.be keinen Unterschied zwischen Natur und Kultur in der rhetorischen Konstitution der politischen Welt. (S. 106: «[…] rhetoric claims to be politics […]. And there is no gap between nature and culture in its work […].«) Dabei ist der Begriff der Natur zweideutig: Er kann naturhaft Physisches, aber auch naturw9chsig, d. h. spontan und unbewußt durch Menschen Gewordenes bezeichnen. Man m9ßte hier Heideggers Ungenauigkeit aufkl.ren, um seine These ganz zu verstehen und gegebenenfalls zu kritisieren. Hyde beachtet nicht, daß er auf den Spuren des Heideggerschen Denkweges unversehens dem Psychologismus und der Theologie verf.llt. Er geht aus von Heideggers Deutung der aristotelischen phr8ne¯sis als Gewissen (S. 91) und konstatiert: «The call of conscience, which lies at the heart of human being, is a showing-forth (epideixis) of this heart, a rhetorical revelation par excellence, whereby a call for concerned thought and decisive action is announced.« (S. 95) Unklar bleibt, ob es hier um die kontingenten Resultate psychologischer Erfahrung und theologischer Spekulation geht oder um die transzendental, d. h. a priori begr9ndete Seinsweise eines Existenzials. Diese Unklarheit ist nat9rlich schon in vielem bei Heidegger angelegt. Eine erkenntniskritische Besinnung auf die Rolle der philosophischen Terminologie kçnnte in Kisiels Beitrag dazu f9hren, nach dem Begriff des Lebens als Hintergrund von Heideggers Aristoteles-Auslegung zu fragen. Dieser Terminus hatte eine große Bedeutung f9r die Entwicklung von Heideggers fr9hem Denken (vgl. etwa die Vorlesung »Einf9hrung in die ph.nomenologische Forschung« vom Wintersemester 1921/22) und scheint auch in der Vorlesung 9ber die »Grundbegriffe« immer noch so etwas wie ein Basiskonzept f9r die Dynamik des Daseins zu sein. Doch soll hier nicht die Kritik an dem verdienstvollen Buch von Gross und Kemmann das letzte Wort behalten, vielmehr die Aufforderung, die Rhetorik auch philosophisch weiterzudenken, ein Postulat, mit dem Heidegger immerhin Ernst gemacht hat. Franz-Hubert Robling
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Jahrbuch Rhetorik · Band 26
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Es handelte sich bei der Hauptwerkfrage freilich um einen Streit der Kierkegaard-Scholastik, wenn durch sie nicht Kierkegaards Wirkungsintention freigelegt w9rde, wie sie Haizmann in den beiden anderen Thesen benennt: »Kierkegaards Werk ist insgesamt Predigtkritik und Predigtlehre, durchgehend verfaßt und komponiert in impliziter und expliziter Auseinandersetzung mit der kirchlichen Verk9ndigungspraxis.« Und: »Die Reden Kierkegaards sind ›Predigtkorrektive‹, d. h. auf der Grundlage umfangreichster homiletischer Prolegomena verfaßte Predigten mit sowohl kritischem als auch exemplarischen Anspruch.« (S. 48) Mit souver.ner Textkenntnis und großer systematischer Kraft entfaltet Haizmann im Hauptteil der Arbeit das Kierkegaardsche Predigtpanorama im Hinblick auf die in ihm enthaltene Predigtlehre, wobei das homiletische Dreieck einerseits um die homiletische Situation und die Aneignung zu einem F9nfeck erweitert, dieses andererseits auf einen einzelnen Punkt konzentriert wird: den Hçrer. Gerade eine st.rkere Gewichtung der Hçrerperspektive war es, die Kierkegaard in der Aristotelischen Rhetorik vermißte. Es geht Kierkegaard stets um die selbstt.tige Aneignung des Hçrers; Aufgabe des Redners ist es, diese zu befçrdern. Haizmann wird diesem Grundgedanken bis in die Anlage seiner Studie hinein gerecht. Herangezogen sei hier nur das Kapitel 9ber die homiletische Situation (S. 64–113). Wenn es mit der Problemstellung anhebt, daß der Hçrer eine Ortsbestimmung vornehmen und sich seiner Situation bewußt werden m9sse – hier greift die Kierkegaardsche Unterscheidung von Christentum und Christenheit –, so wird in einem zweiten Schritt die homiletische Situation mit der Predigtaufgabe verbunden und diese n.her bestimmt als Erweckung, Kl.rung und Ein9bung. Das dritte und umfangreichste Unterkapitel vermittelt »Predigtaufgabe und Methode der Mitteilung« und zielt damit in bemerkenswerter Detailf9lle auf die rhetorische Konkretion. Der aufweckenden Funktion der Predigt dienen Zuspitzung, Sammlung und R9ckstoß. Die erbauliche erscheint hier als eine beunruhigende Rede, das Erbauliche als das Erschreckende. Die kl.rende Funktion der Predigt wird unter anderem durch das Herausarbeiten qualitativer Unterschiede – »Die Reden Kierkegaards sind eine Schule der Unterscheidung« (S. 93) –, um dem objektiven Sachverhalt der Nivellierung, und durch die Heraust.uschung mittels der Ironie, um der subjektiven Einbildung zu begegnen, erf9llt. An dieser Stelle wird die sokratische Tendenz von Kierkegaards Homiletik besonders deutlich. Ihrer ein9benden Funktion schließlich dient die Predigt durch die ›hinterr9cks‹ erfolgende Verwundung, bei der der Mitteiler »nicht als Christ oder gar als der bessere Christ« auftritt (S. 107), durch Vereinzelung und Verinnerlichung, vor allem aber durch Angriff statt Apologetik. Das Christentum darf nicht verteidigt, der Hçrer nicht gelockt werden. Die Mitteilung des Christlichen muß von der Mçglichkeit des Zrgernisses gepr.gt sein, die Kierkegaard »das Gegengift gegen den Schlaftrunk der Apologetik« nennt (S. 99, »Taten der Liebe« S. 220). Der biblische Text darf nicht in weltliche Kategorien 9bersetzt werden, vielmehr sind wir in die vom Text bezeugte Wirklichkeit zu 9bersetzen, wie Haizmann im Anschluß an J9ngel und in Anspielung auf Schleiermacher darlegt (S. 188 Anm.). Diese Sbersetzung aber kann nicht stellvertretend geschehen, der Prediger kann hier nur Anlaß sein, die grçßte Gabe, n.mlich sich selbst, als Aufgabe anzunehmen. Indirekt ist Kierkegaards Homiletik mithin nicht nur, weil sie aus seinen Reden erst erschlossen werden muß, indirekt ist sie vor allem in Analogie zur indirekten Mitteilung des pseudonymen Werks, indem sie im Dienst der Selbstt.tigkeit des Hçrers von dessen Lenkung durch den Prediger absieht. Jeder systematischen Ordnung ist notwendig ein Hang zur Verallgemeinerung eigen. Im letzten Teil der Arbeit dienen f9nf Einzeldarstellungen von Reden so nicht allein der Sberpr9fung des Erreichten, sondern auch der erneuten Unterscheidung, wie sie Kierkegaard etwa zwischen erbaulichen Reden, Reden zur Erbauung und christlichen Reden 9bt. Die Rekonstruktion von Kierkegaards Homiletik erfolgt nicht aus historischem Interesse, sondern als Beitrag zur gegenw.rtigen Diskussion und durchaus auch als Wegweisung f9r die Predigerinnen und Prediger von heute. Der Gegenwartsbezug muß dabei nicht durch Aktualisierung erst hergestellt werden, es gelingt Haizmann gerade durch seine kritische Loyalit.t gegen9ber Kierkegaard, dessen immer noch avancierten Entwurf in unserer Zeit zur Geltung zu bringen. Darin liegt das große Verdienst dieser ebenso stringenten wie angenehm zu lesenden Studie, die ein jahrzehntelang versp9rtes Desiderat der Forschung schließt. Jahrbuch Rhetorik · Band 26
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Joachim Knape (Hg.), Bildrhetorik, Baden-Baden: Koerner 2007 (= Saecula Spiritalia Bd. 45), 496 S., Ill. In der modernen, medial vermittelten Gesellschaft dominieren Bilder alle Bereiche von Werbung, Wissenschaft und Privatem bis hin zur Politik; sie beeinflussen und bestimmen Wissen, Denken, Handeln und F9hlen. Was Wunder, dass sich auch die wissenschaftliche Rhetorik, als ars persuadendi, zur Bildrhetorik berufen f9hlt. Der T9binger Rhetorikprofessor Joachim Knape kann hier als Vorreiter gelten: Er widmete der Bildrhetorik nun einen Sammelband, der als Band 45 in der Reihe »Saecula Spiritalia« erschienen ist. Die Aufs.tze rekrutieren sich 9berwiegend aus den Diskussionsbeitr.gen des zweiten T9binger Rhetorikgespr.ches, das am 4. und 5. Oktober 2002 zum Thema Bildrhetorik stattfand. Mit der Erweiterung ihres Gegenstandsbereiches reiht sich die Rhetorik in den Kontext der Bildwissenschaft ein, die bisher weniger als eigenst.ndige Disziplin denn als virtueller Sberbau existiert. Trotz oder gerade aufgrund ihrer aktuellen Virulenz ist die Bildtheorie im Wissenschaftssystem bisher ortlos; Kunstwissenschaft, Semiotik und Philosophie besch.ftigen sich mit ihr ebenso wie Theologie oder Neurowissenschaften. Infolgedessen geistern zwar zahllose Variationen von W. J. T Mitchells Diktum vom pictorial turn durch den wissenschaftlichen Diskurs, doch letztlich scheint die Bilderflut Konsumenten wie Wissenschaftler hinwegzusp9len. In der terminologischen Differenzierung bleibt die Bildtheorie bisher weit hinter sprachbezogenen Disziplinen zur9ck, schon der Bildbegriff selbst ist nur d9rftig definiert. Die Bildrhetorik nun, als spezielle Bildtheorie, »erhebt sich mit ihren Fragestellungen 9ber dem Fundament der allgemeinen Bildtheorie.« (S. 14) Angesichts ihrer L9ckenhaftigkeit leitet Joachim Knape seinen langerwarteten Band zur Bildrhetorik mit einer wegweisenden Skizzierung f9nfzehn bildtheoretischer Kernpunkte ein, an denen sich eine sinnvolle Theoriebildung orientieren sollte – immer im Hinblick auf rhetorische Nutzbarmachung. Knape grenzt die Theorie des Bildes scharf von Theorien visueller Zeichen, Theorien des Sehens sowie von Medientheorien ab. Elementar ist die Definition des Bildes als zweidimensionaler Text, der aus Zeichen besteht und intentionsgerecht und persuasiv erfolgreich konstruiert werden kann: die Rhetorik behandelt das Bild als kommunikatives Faktum. Entgegenzuwirken ist seitens der wissenschaftlichen Rhetorik der – nicht nur im bildtheoretischen Kontext – teils inflation.ren Verwendung des Rhetorikbegriffes, mit dem meist nur pauschal ausgedr9ckt wird, daß Bilder ›irgendwie‹ kommunikativ wirksam sind. Nach Knape ist unter der Rhetorik eines Bildes »sein zugrunde liegendes, bildstrukturell sedimentiertes, auf einen kommunikativen Effekt gerichtetes, mithin strategisches Produktionskalk9l sowie sein (auf Handlungszusammenh.nge bezogenes) Interaktionspotential« (S. 17) zu verstehen. Auf Knapes Standortbestimmung folgen f9nfzehn Aufs.tze zu den drei Komplexen »Theorie«, »Theoriegeschichte« und »Bildrhetorische Analyse«. Unter diesen Gliederungspunkten versammeln sich Ann.herungen an unterschiedlichste, mehr oder weniger streng rhetorisch zu nennende Aspekte der Bildrhetorikforschung. Auch in der Bildrhetorik spiegelt sich die skizzierte Weitl.ufigkeit der bildwissenschaftlichen Auseinandersetzung. Unter den Autoren sind nur drei Rhetoriker vertreten (Knape, Ueding, Ulrich), daneben ist insbesondere die Kunstgeschichte 9berproportional repr.sentiert (B9ttner, Michalski, Rosenberg, Brassat, Warncke, Ullrich). Naturgem.ß ist so nicht immer mit streng rhetorischer Vorgehensweise zu rechnen.
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Der Komplex Theorie wird eingeleitet durch Lambert Wiesings Beitrag »Zur Rhetorik des Bildes«. Der Jenaer Bildtheoretiker fragt nach »einer f9r Bilder spezifischen Form von Rhetorik«. Wirkmechanismen, die dem Bildsujet geschuldet sind, klammert er dabei als nicht genuin bildlich aus. Er verkn9pft sein in fr9heren Publikationen ausgebreitetes Konzept des Supremats der Sichtweise 9ber das Sujet in der Kunst seit der Moderne mit dem rhetorischen Kernprinzip des opinion bzw. attitude change. Die Sichtweise, eng verwandt mit dem Stilbegriff wçlfflinscher Pr.gung, ist »keine Eigenschaft der abgebildeten Sache, sondern des abbildenden Bildes«. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Perspektive auf einen abgebildeten Gegenstand, wie sie etwa der Kunsthistoriker Frank B9ttner in einem sp.teren Kapitel behandelt. Der zweite Beitrag stellt die Grundfrage: »Kçnnen Bilder uns 9berzeugen?« Ausgehend vom faktischen Bestand und dem rhetorischen Postulat der textuellen Wirkungsm.chtigkeit m9ßte der rhetorische Orator diese Frage bejahen. Maic Masuch und Klaus Sachs-Hombach – einer der Protagonisten der Bildwissenschaft – versuchen mit einer Intention, die der Knapes .hnlich ist, die Bildrhetorik und ihren Gegenstand abzugrenzen. Nicht so trennscharf wie Knape operieren sie mit den Begriffen ›Rhetorik des Bildes‹ und ›visuelle Rhetorik‹; die Termini ›Rhetorik‹ sowie ›Argumentation‹ gebrauchen sie in einem relativ offenen Verst.ndnis. Immer wieder rekurrieren die Autoren auf die Analogisierung sprachlicher und bildhafter Zeichen, wobei sie dem Bild eine gewisse Sprachabh.ngigkeit attestieren. Sprachorientiert kreisen sie um Konzepte wie die ›pr.dikative Natur des Bildes‹, seine ›illokution.ren Funktionen‹, die ›Griceschen Konversationsmaximen‹ und die ›visual literacy‹. Die visuelle Argumentation sehen sie in der »Veranschaulichung von Begr9ndungszusammenh.ngen« sowie der schematischen Darstellung sachlicher Zusammenh.nge, die verbal nur mittelbar erschließbar sind (S. 67). Das geltende Sprachanalogietheorem verf9hrt immer wieder zur Sbertragung verbalsprachlicher Prinzipien, insbesondere der rhetorischen Figurenlehre, auf das Bild. Auch der Medienwissenschaftler Christian Doelker (Z9rich) macht sich auf die Suche nach »Figuren der visuellen Rhetorik«. Der »werbliche Gesamttext«, der am offensichtlichsten rhetorisch zu sein scheint, ist der gut gew.hlte Gegenstand. In Anlehnung an Roman Jakobsons Sprachfunktionsmodell weist Doelker dem Bild zun.chst zehn Funktionen von Mimesis 9ber Explikation und Appell bis Dekoration zu. Dann entwickelt er eine Typologie von 15 Figuren, wobei er sich mit den Znderungskategorien Adjektion, Detraktion, Transmutation und Immutation an Quintilians Devianzkriterien anlehnt. Als offene Systematik verstanden, kann dies ein interessanter Neuansatz in der Frage visueller Figuren sein. Einen gl.nzenden Abschluß der ersten Rubrik bildet der Aufsatz von Ulrich Heinen (Wuppertal). Der Kunst- und Gestaltungsforscher identifiziert das Rhetorische des Bildes in seiner emotionalen Qualit.t. Vor dem Hintergrund einer Analyse barocker Darstellungen des Medusenhauptes besch.ftigt sich Heinen mit den neurobiologischen Wirkmechanismen ikonographischer Ph.nomene. Im interdisziplin.ren Dialog kl.ren sich klassisch rhetorische Konzepte wie enargeia und energeia, sublimitas oder compassio. Zentraler affektrhetorischer Wirkmechanismus ist ihm der ictus als oratorseitig kalkulierbarer neurobiologischer Kurzschluß. Als Einstieg in das Kapitel Theoriegeschichte widmet sich die T9binger Arch.ologin Nadja Koch der Frage nach der Rhetorizit.t der K9nste. Der g.ngigen Meinung, die Kunsttheorie seit Alberti sei »9berwiegend durch Begriffe der Textproduktion strukturiert worden« (S. 163), setzt sie das Verst.ndnis des sophistischen produktionstheoretischen Konzepts der techne als urspr9nglicher Schnittstelle zwischen Rhetorik- und Kunsttheorie entgegen. Sberschneidungen w.ren dann dem Status der techne als allgemeinkommunikativer Systematik und der Existenz semiotischer Universalien geschuldet. Damit widmet sich Koch weniger streng bildrhetorischen als disziplin.ren Fragen, tr.gt jedoch mit detaillierter Quellenarbeit entscheidend zur Frage der mçglichen Sbertragung systematischer Prinzipien bei. Mit ebendieser Sbereinstimmung von Komponenten der Rhetoriktradition und den fr9hneuzeitlichen K9nsten besch.ftigt sich im Beitrag »Dialog-Inszenierung. Zur Rhetorik des Bildes« Gert Ueding. Er f9hrt die damals zwingende »Vorstellung von einer einheitlichen Ordnung des Weltganzen« ins Feld. Bezieht er sich zun.chst auf die Prinzipien von Mimesis und Wirkungsintentionalit.t, verhandelt er im Folgenden die Konzeption der Malerei als ›stummer Rede‹ im Sinne des Simonides. Jahrbuch Rhetorik · Band 26
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Die rhetorische Wechselwirkung zwischen Werk, Produzent und Betrachter sieht er als eigentliche Rezeption. »Der Adressat soll nicht bloß eingenommen (…) werden, sondern in ein Gespr.ch mit dem Bilde eintreten« (S. 185). Die rhetorischen Prinzipien des prepon und decorum erlangen besondere Bedeutsamkeit. Der Kunsthistoriker Frank B9ttner (M9nchen) besch.ftigt sich mit dem Thema »Perspektive als rhetorische Form. Kommunikative Funktionen der Perspektive in der Renaissance«. Nach einem Abriß 9ber die historisch-philosophisch bedingte Entwicklung der Perspektive geht er 9ber zum Verst.ndnis der Perspektive als kommunikatives Mittel, welches das Verh.ltnis von Bild und Betrachter entscheidend bestimmt. Je nach Einsatz von Perspektivkonstruktion inklusive Fluchtpunkt, Horizont, Augenhçhe und Proportionalit.t wird dem Dargestellten besondere Evidenz verliehen. Wie bereits angedeutet, ist die Perspektive hier nicht mit Wiesings Kategorie der ›Sichtweise‹ zu verwechseln. Es folgt Sergiusz Michalskis Beitrag »Malerei, Rhetorik und Coup-dUœuil-Wahrnehmung bei Antoine und Charles Coypel«. Antoine Coypel (1661–1722) und insbesondere sein Sohn Charles (1694–1752) wagten »faszinierende Versuche einer Parallelisierung zwischen Rhetorik und Malerei« (S. 233) und stellen sich somit in die von Koch und Ueding dargestellte Tradition. Wie der T9binger Kunsthistoriker darlegt, geht es neben der Systematik von Gesten und Geb.rden vor allem um den coup-d3œuil – hier begegnen wir, in anderer Begrifflichkeit, dem ›ictus‹ Heinens wieder. Charles Coypel parallelisierte die Bildwahrnehmung mit den Bestandteilen der Rede: So entspreche dem exordium der erste Eindruck des Gesamtbildes, der narratio die Komposition. Unter anderem mit Coypel besch.ftigt sich auch A´ron Kibe´di Varga (Amsterdam) in seinem Beitrag zur »Rhetorik und Malerei in der franzçsischen Klassik«. Varga bietet einen Abriß 9ber die Haltung der Acade´mie und ihrer Theoretiker (Dubos, Fe´libien, de Piles, LeBrun, Coypel) zum Paragone, dem Widerstreit der K9nste. Zentral ist die Diskussion um die Bevorzugung von dessin oder colore. W.hrend ersteres in der franzçsischen Klassik in die N.he der inventio gestellt wird, werden die colores als elocutio verstanden. Der Heidelberger Kunsthistoriker Raphael Rosenberg und – im Kapitel ›Bildrhetorische Analysen‹ – der Frankfurter Literaturwissenschaftler Heinz Dr9gh besch.ftigen sich mit der Ekphrasis. Dies ber9hrt Fragen des intersemiotischen Mixes und ist somit nicht streng bildrhetorisch zu nennen. »Inwiefern Ekphrasis keine Bildbeschreibung ist. Zur Geschichte eines missbrauchten Begriffes« titelt Rosenberg und macht auf die Begriffswanderung der Ekphrasis von einer urspr9nglich auf die inneren Bilder des Adressaten gerichteten Beschreibung hin zum Verst.ndnis der Ekphrasis als narrative Beschreibung eines Kunstwerkes aufmerksam. Rosenberg geht es um die terminologische Differenzierung; Dr9ghs Interesse in seinem Aufsatz »Von der .sthetischen Illusion zur Zeichenmaterialit.t« gilt der Differenz zwischen sprachlicher Ekphrasis und Bild. Er geht dabei, in Anlehnung an Gottfried Boehm, von der prinzipiellen Andersheit des Bildes und dessen syntaktischer Dichte aus. Dem illusionistischen Impetus der antiken Ekphrasis setzt er die »antiillusionistische Ekphrasis« an Beispielen aus Heinrich von Kleists Lustspiel Der zerbrochene Krug entgegen. Dienten die ersten Themenkomplexe der Kl.rung von Fragestellung und Gegenstandsbereich, so beginnt mit den Texten zur bildrhetorischen Analyse die konkrete Anwendung. Der Kunsthistoriker Wolfgang Brassat (Bamberg) thematisiert in seinem Beitrag »Rhetorische Merkmale und Verfahren in Darstellungen der Grablegung Christi von Mantegna, Raffael, Pontormo und Caravaggio. Zur Analogisierung und Ausdifferenzierung von Rhetorik und Malerei in der Fr9hen Neuzeit« zun.chst den »rhetoric turn« (S. 285) in den Kunstwissenschaften und verweist erneut auf die Bedeutung der Rhetorik f9r die Entwicklung der Kunstwissenschaft. Schließlich 9berpr9ft er vergleichend die Umsetzung von Prinzipien der Rhetorik und der Bilderz.hlung in Werken von der Fr9hrenaissance bis zum Barock. Der Gçttinger Kunsthistoriker Carsten-Peter Warncke geht in »Stil als Bildrhetorik beim jungen Rembrandt« von einem ekphrastischen Bericht des Niederl.nders Constantin Huygens zu einem Bild seines Zeitgenossen Rembrandt aus. Huygens konzentriert sich auf die Beschreibung der Gesten und Geb.rden des Bildpersonals. Warncke weist hier auf die Probleme der prinzipiellen Offenheit der Bilddeutung hin. Sber das Bildpersonal hinausgehend erkennt Warncke Rembrandts rhetorische
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Josef Kopperschmidt (Hg.), Die Neue Rhetorik. Studien zu Chaim Perelman, M9nchen: Wilhelm Fink 2006, 437 S. Der vorliegende Sammelband vereint Beitr.ge von Fachleuten der Rhetorik- und Argumentationsforschung, wobei vor allem der deutschsprachige und franzçsischsprachige Raum stark vertreten sind. Die zwçlf Beitr.ge gliedern sich inhaltlich wie folgt: Auf ein einleitendes Kapitel von Josef Kopperschmidt folgt Themenbereich I, in dem Marc Dominicy auf die intellektuelle Biographie von Chaim Perelman (1912–1984) und Lucie Olbrechts-Tyteca (1899–1989) eingeht. Im Themenbereich II werden in f9nf Beitr.gen inhaltliche Komponenten der Neuen Rhetorik erçrtert, im Themenbereich III wird schließlich die Wirkungsgeschichte der Neuen Rhetorik in weiteren f9nf Beitr.gen skizziert. In seinem umfangreichen einleitenden Beitrag »Was ist neu an der Neuen Rhetorik?« (S. 9–72) will Kopperschmidt zeigen, daß die Neue Rhetorik in dreierlei Hinsicht neu im Vergleich zur traditionellen Rhetorik ist: 1. Sie ist eine auf das Verfahren der Argumentation fokussierte Rhetorik, d. h. sie entgrenzt die Einschr.nkung der Rhetorik auf eine Figurenlehre (S. 19). 2. Sie ist eine aus dem Prinzip der Argumentation konsistent entwickelte Rhetorik, da z. B. die Figuren und die Anordnung der Redeteile stets vor dem Hintergrund ihrer Nutzung zur Erhçhung der Sberzeugungskraft diskutiert werden (S. 35). 3. Sie ist eine am Vernunftcharakter der Argumentation philosophisch interessierte Rhetorik, da sie mit dem Begriff des »universellen Auditoriums« einen Standard einf9hrt, mit dem das Sberreden von der Sberzeugung unterschieden werden kann (S. 36). Marc Dominicy verfolgt in seinem Aufsatz »Perelman und die Br9sseler Schule« (S. 73–134) die intellektuellen Einfl9sse, denen Perelman und Olbrechts-Tyteca [= POT] an der Freien Universit.t Br9ssel ausgesetzt waren, insbesondere seitens ihres akademischen Lehrers Euge`ne Dupreel (S. 94, 118). Dominicy verfolgt ferner die Entwicklung Perelmans vom Logizismus zur Rhetorik, die Entstehung des Konzepts des »universellen Auditoriums«, die Entwicklung der Dissoziierung der Begriffe Jahrbuch Rhetorik · Band 26
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und weitere Komponenten der Neuen Rhetorik, sowie Olbrechts-Tytecas Arbeit zum Komischen in der Rede. Der Themenbereich II, »Zum Projekt der Neuen Rhetorik«, wird von Ekkehard Eggs mit seinem Beitrag »Die Theorie 9ber das Argumentieren von Perelman und Olbrechts-Tyteca« (S. 135–209) erçffnet. In diesem Artikel stellt Eggs s.mtliche Teilkomponenten der »Abhandlung 9ber das Argumentieren« ausf9hrlich vor und unterzieht sie einer kritischen Analyse. So hinterfragt er z. B. die strenge Dichotomie »(formallogische) Demonstration vs. (nat9rlichsprachliche) Argumentation« (S. 164). Ferner erçrtert Eggs kritisch POTs Zur9ckdr.ngen von Ethos und Pathos, die von Aristoteles (rhet. 1356a) neben Logos als legitime Begr9ndungsmittel angesehen worden waren (S. 139). Schließlich kritisiert Eggs die Vagheit und »Nonchalance«, mit der POT ihre argumentativen Techniken pr.sentieren und analysieren (S. 188). Es folgt der Artikel »Die Argumentationsmuster der Neuen Rhetorik« (S. 211–225) von Manfred Kienpointner, in dem die Typologie argumentativer Techniken der Neuen Rhetorik ausf9hrlich dargestellt, auf M.ngel der Abgrenzung und expliziten Formulierung der einzelnen Typen hingewiesen und deren Rezeption in der neueren Argumentationsforschung skizziert wird. In seinem Beitrag »Die Idee des »universalen Publikums« (S. 227–279) h.lt Kopperschmidt die Idee f9r »k9hn, originell und singul.r« bzw. »ingeniçs« (S. 228, 249), durch die Einf9hrung dieses universellen Auditoriums zwischen Sberreden und Sberzeugen zu unterscheiden, also zwischen bloß faktischem Zustimmungserfolg bei einer partikul.ren Hçrerschaft einerseits und dem vern9nftigen Begr9nden einer These durch die (potentielle) Zustimmung aller vern9nftigen Personen. Denn das universelle Auditorium liefert ein Prinzip eines vern9nftigen Konsensus, das an Zustimmung gekoppelt ist und dennoch universalisierbar ist. Es bleibt jedoch das Problem, wie dieses Prinzip praktisch wirksam gemacht werden kann. Darauf geben POT nur unzureichende Antworten (S. 262), und Kopperschmidt versucht im Anschluß an HabermasU Diskurstheorie zu zeigen, daß die ideale Sprechsituation eine Operationalisierung eines vern9nftigen Konsensus liefern kann (S. 270 ff.). Im folgenden Beitrag von Christian Plantin, »Ohne Demonstration und Emotion?« (S. 281–295), wird die scharfe Dichotomie zwischen (logischer) Demonstration und (alltagssprachlicher) Argumentation ebenso hinterfragt wie der tendenziell emotionsfeindliche Logozentrismus der Neuen Rhetorik, der die zentrale Rolle der Emotionen beim Argumentieren vernachl.ssigt (vgl. auch oben zum Beitrag von Eggs). Stattdessen pl.diert Plantin f9r eine Aufweichung der oben genannten Dichotomie und f9r eine st.rkere Ber9cksichtigung der emotionalen Aspekte des Argumentierens. Im letzten Beitrag zum Themenbereich II, »Anpassungen. Neue Rhetorik – Biologie – Kognition. Perelman und Maturana« (S. 297–305), weist Helmut Schanze auf interessante Parallelen zwischen der Neuen Rhetorik und der konstruktivistischen Erkenntnistheorie des Biologen Humberto Maturana hin, die er anhand des zentralen Begriffs der (rhetorischen bzw. biologischen) »Anpassung« erçrtert. Dabei versucht Schanze zu zeigen, daß bei beiden Ans.tzen davon ausgegangen wird, daß das, was als wirklich begriffen wird, diskursiv, d. h. durch argumentativ erzielten Konsens hervorgebracht wird (S. 302 f.). Im ersten Artikel (»Publikum und Topik. Der Beitrag der neuen Rhetorik zur Textanalyse«, S. 307–332) zum Themenbereich III, »Zur Wirkungsgeschichte der Neuen Rhetorik«, zeigt Ruth Amossy, wie die Sicht der Neuen Rhetorik von der prinzipiellen Publikumszugewandtheit jeglicher argumentativer Rede Analysemçglichkeiten erçffnet, die f9r die Beschreibung verschiedener Textsorten nutzbar gemacht werden kçnnen. Dazu nennt Amossy exemplarisch die drei Kategorien 1. der expliziten nominalen Bezeichnungen, 2. der Personalpronomina und 3. der geteilten Evidenzen (Topoi, Stereotype, Gemeinpl.tze, Klischees; S. 311) und illustriert die Aufschlußkraft dieser Kategorien durch detaillierte Textanalysen. In seinem Beitrag »Transzendentalphilosophie nach der Neuen Rhetorik« (S. 333–344) betont Alberto Mario Damiani, daß diese beiden theoretischen Traditionen voneinander profitieren kçnnen. Die Neue Rhetorik kçnne von der transzendentalpragmatischen Einsicht profitieren, daß nicht nur formallogische Prinzipien, sondern auch pragmatische Voraussetzungen der Argumentation wie die Offenheit f9r Kritik und Korrektur der eigenen Meinung in jedem argumentativen Dialog notwendigerweise immer schon angewendet werden m9ssen (S. 337). Umgekehrt stellt nach Damiani die
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Unterscheidung zwischen der Zustimmung eines partikul.ren und eines universellen Auditoriums eine bessere Grundlage f9r die Differenzierung von »Sberreden« und »Sberzeugen« dar als fr9here transzendentalpragmatische Ans.tze. Der Beitrag »Argumentationstheorie nach der Neuen Rhetorik« (S. 345–382) von Frans H. van Eemeren bietet einen breiten Sberblick 9ber Traditionen der neueren Argumentationsforschung, die einen Einfluß der Neuen Rhetorik zeigen. Dabei zeigt van Eemeren, daß es deutliche Unterschiede in der Wirksamkeit der Neuen Rhetorik gibt. W.hrend sie etwa f9r eine pr.zise und detaillierte empirische Analyse von argumentativen Strukturen und Trugschl9ssen weniger ertragreich war, ist der Einfluß der Neuen Rhetorik auf neuere Forschung zu Themen wie Rationalit.t, Werturteile, das universelle Auditorium, und Argumentation im Rechtsbereich tiefgreifend. Van Eemeren anerkennt auch die N9tzlichkeit von Analysekategorien der Neuen Rhetorik (S. 359) f9r die von ihm und Rob Grootendorst begr9ndete Pragma-Dialektische Schule. Michel Meyer (»Die Br9sseler Schule: Von der Neuen Rhetorik zur Problematologie«, S. 383– 411) versucht zu zeigen, daß die Fragmentation des traditionellen Feldes der Rhetorik durch die verschiedensten Ans.tze und Schulen durch den von ihm entwickelten Ansatz der »Problematologie« (von altgriechisch »problema« = »Streitfrage«) auf eine einheitliche Perspektive zur9ckgef9hrt werden kann. In dieser Sicht stehen hinter jeder Proposition (in den Thesen und Pr.missen von Argumentationen) verschiedene Fragen, zu denen die als Aussagen formulierten Propositionen Antworten liefern, die jedoch stets selbst wieder problematisiert werden. Im abschließenden Aufsatz von Thomas Michael Seibert, »Rhetorische Rechtstheorie« (S. 413– 431), werden verschiedene Aspekte einer rhetorisch inspirierten Rechtstheorie vorgestellt, die unter anderem die Grenzen der juristischen Interpretation von Rechtslagen und Gesetzen betreffen, und dies vor dem Hintergrund der anglo-amerikanischen, kontinentaleurop.ischen und j9disch-talmudischen Rechtstraditionen. Ferner geht Seibert auf die Gerechtigkeitsregel, die Abgrenzung von universellem und partikul.rem Auditorium und Probleme der systematischen Ausarbeitung einer rhetorischen Rechtstheorie ein. Ich komme nunmehr zu einer kritischen W9rdigung der vollst.ndig vorgestellten Beitr.ge. Generell positiv ist, daß es dem Herausgeber hervorragend gelungen ist, ein breites Panorama von Perspektiven verschiedener VertreterInnen von Traditionen zusammenzustellen, die entweder der Neuen Rhetorik von POT nahestehen, oder ihr zumindest so sympathetisch gegen9berstehen, daß sie konstruktive Kritik 9ben kçnnen. Ferner ist der Sammelband ein hochwillkommener Beitrag, die Neue Rhetorik nicht nur als wertvolles Instrument f9r die Analyse argumentativer Techniken, sondern auch als wichtigen philosophischen Beitrag anzuerkennen. Alle Beitr.ge w9rdigen somit den hohen wissenschaftlichen und philosophischen Wert der Neuen Rhetorik. Trotzdem wird vielfach konstruktive Kritik an Teilaspekten der Neuen Rhetorik ge9bt. Im Einzelnen scheinen mir folgende kritische Analysen und Stellungnahmen durchaus gerechtfertigt: Die Kritik an der formalen Logik, die nach POT aufgrund ihres Absehens von semantischen und pragmatischen Aspekten der Argumentation ungeeignet f9r eine umfassende Darstellung des alltagssprachlichen Argumentierens sei, war seinerzeit wohl grunds.tzlich berechtigt, ging aber an der Tatsache vorbei, daß moderne Logiken vielfach semantische und pragmatische Aspekte zu integrieren versuch(t)en, und daß neben inhaltlichen Aspekten stets auch die formale Struktur von alltagssprachlichen Argumenten analysiert werden kann und soll. Dies wird von Dominicy (S. 106) und Eggs (S. 183) zurecht betont. Gerechtfertigt scheint mir ferner auch die Kritik am »Logozentrismus« der Neuen Rhetorik, der fundamentale rhetorische Faktoren wie Ethos und Pathos eher vernachl.ssigt (vgl. Kopperschmidt, S. 59; Eggs, S. 140 ff.; Plantin, S. 284). Ferner ist der kritische Hinweis auf die mangelhafte Operationalisierung der Argumentationsmuster der Neuen Rhetorik gerechtfertigt (vgl. Kopperschmidt, S. 24). Eggs (S. 162, 174) zeigt an einer Reihe von Beispielanalysen, daß die argumentativen Techniken der Neuen Rhetorik explizit rekonstruiert und exakt beschrieben werden kçnnen. Auch Kienpointner (S. 219) und van Eemeren (S. 362) 9ben eine .hnliche Kritik. Van Eemeren verweist aber immerhin auf den Versuch von B. Jahrbuch Rhetorik · Band 26
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Warnick und S. Kline (The New RhetoricUs Argument Schemes: a Rhetorical View of Practical Reasoning, in: Argumentation and Advocacy 29 [1992], S. 1–15), die Argumentationsmuster der Neuen Rhetorik st.rker zu operationalisieren und so f9r die empirische Analyse von Argumenten nutzbar zu machen (S. 364). Dies erscheint auch mir grunds.tzlich mçglich zu sein, angesichts der eben referierten Kritik mag allerdings meine res9mierende Einsch.tzung von POTs Typologie von Argumentationsmustern als »eine ihrer theoretischen und systematischen Glanzleistungen« (S. 219) etwas zu hymnisch ausgefallen sein. Operationalisierungsprobleme stellt Kopperschmidt auch bez9glich des universellen Auditoriums fest, wenngleich seine Kritik milder ausf.llt als die van Eemerens, der publikumsabh.ngige G9ltigkeitskriterien f9r Argumentation grunds.tzlich f9r »einen extrem relativistischen Standard von Rationalit.t« (S. 371) h.lt. In jedem Fall stellen die Normen f9r die rationale F9hrung von Diskussionen, die die pragma-dialektische Schule entwickelt hat (vgl. F. H. van Eemeren/R. Grootendorst: A Systematic Theory of Argumentation: The Pragma-Dialectical Approach. Cambridge: Cambridge Univ. Press 2004, S. 123 ff.), eine spezifischere und wohl auch praktikablere Operationalisierung f9r rationale Argumentation dar als das universelle Auditorium der Neuen Rhetorik oder die von Kopperschmidt (S. 269) favorisierten Geltungskriterien der HabermasUschen »idealen Sprechsituation«. In jedem Fall w.re es interessant, konkrete Berufungen auf das universelle Auditorium empirisch zu untersuchen (vgl. die entsprechenden Vorschl.ge von Amossy, S. 320 f.). Ich komme nunmehr zu einigen kritischeren Anmerkungen. Diesbez9glich sind weniger formale Details von Belang – in dem an sich sorgf.ltig redigierten Buch stçren bisweilen Druckfehler, besonders bei Eigennamen (Asssheuer statt korrekt Assheuer, S. 275; Desacartes statt korrekt Descartes, S. 276; ad vericundiam statt korrekt ad verecundiam, S. 288; Richard statt korrekt Richards, S. 345; Platin statt korrekt Plantin S. 365) – als einzelne inhaltlich problematische Positionen. So erscheint mir EggsU Gleichsetzung (S. 174) von formallogischen Schlußregeln wie »Modus ponens« mit Topoi wie dem Topos »a fortiori« problematisch, da Topoi immer auch semantische Aspekte aufweisen, die formalen Regeln der Aussagenlogik wie dem »Modus ponens« fehlen. Ferner halte ich die verbreitete und auch im vorliegenden Sammelband anzutreffende Praxis, von »Chaim Perelmans Neuer Rhetorik« zu sprechen, da Lucie Olbrechts-Tyteca nur die Rolle einer Beispiellieferantin gespielt habe, f9r bedenklich. Dominicy (S. 119) kritisiert dieses verbreitete Bild, allerdings nicht so entschieden wie z. B. Barbara Warnick (Lucie Olbrechts-TytecaUs Contribution to The New Rhetoric. In: Listening to Their Voices: The Rhetorical Activities of Historical Women, Columbia, SC: University of South Carolina Press 1998, S. 69–85). Fragw9rdig erscheint mir auch Meyers Parallelisierung (S. 392) der drei zentralen Status der antiken Statuslehre (Tatfrage, Definitionsfrage, Beurteilungsfrage) mit den drei Großklassen der Typologie von Argumentationsmustern der Neuen Rhetorik (quasilogisch/wirklichkeitsbegr9ndet/wirklichkeitsetablierend). Alles in allem l.ßt sich jedoch feststellen, daß Kopperschmidt mit diesem Sammelband einen sehr guten Sberblick zur Neuen Rhetorik auf dem aktuellen Stand der internationalen Forschung vorgelegt hat, der bei aller positiven W9rdigung der theoretischen und empirischen Leistung von POT auch berechtigte Kritik an den zentralen Positionen der Neuen Rhetorik nicht zu kurz kommen l.sst. Manfred Kienpointner
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der Phantasie.« (J. P. Sartre, Das Imagin.re. Ph.nomenologische Psychologie der Einbildungskraft, Hamburg 1971, S. 289.) Das »Sberschreiten der Grenze« (S. 36) spielt auch in Renate Lachmanns Buch Erz;hlte Phantastik eine zentrale Rolle, wenn es um Funktion und Wirkungskraft dieser schçpferischen menschlichen F.higkeit geht. Doch 9berschreitet Lachmann mit ihrer 455 Seiten starken Darstellung, die im Anhang durch eine 30-seitige Bibliographie sowie ausf9hrliche Namens- und Sachregister erg.nzt wird, auch die Grenzen der bisherigen Phantastikforschung? Wer eine ausf9hrliche Diskussion theoretischer Ans.tze zum Phantasie- oder Phantastikbegriff erwartet, wird bei Lachmann vor allem mit Literaturhinweisen bedient (die sie durchaus als Kennerin des phantastischen Diskurses ausweisen) – ihr eigentliches Forschungsinteresse ist ein anderes. In der Einleitung stellt sie klar, worum es ihr geht: »um Fragen der Genese des Phantastischen und dessen Leistung in narrativen Texten unterschiedlicher literarhistorischer Herkunft, um eine Schreibweise, einen ›Modus des Schreibens‹.« (S. 12) In Lachmanns Fokus der Spurenlese phantastischer Schreibformen r9cken neben dem 9blichen Autorenkanon (u. a. E. T. A. Hoffmann, H. G. Wells oder E. A. Poe) auch Schriftsteller, die im klassischen phantasietheoretischen Diskurs eher seltener genannt werden, daf9r um so mehr das Forschungsinteresse der Konstanzer Slavistin spiegeln: der Schwerpunkt liegt bei PuÐkin, Odoevskij, Bulgakov, Gogol, Goncˇarov, Turgenev, Dostoevskij und Nabokov, daneben stehen Einzeluntersuchungen zu B. Schulz, Lurija und Borges. Die literarische Analyse konzentriert sich auf Einzeltexte dieser Autoren, anhand derer die Autorin eine Topik des Phantastischen (vgl. Kap. II: »Orte des Phantastischen«, S. 151 ff.) herauszuarbeiten sucht. So werden die Kapitel, die sich diesen Einzeluntersuchungen widmen, nach Konstruktionsmustern und thematischen Motiven geordnet, die nicht nur das Phantastische dieser Texte charakterisieren, sondern 9berhaupt erst poetisch hervorbringen: Geheimwissen, Spiritismus, Zeichen(magie)/Schrift, Stadtentw9rfe, Tr.ume, Photographie, Metamorphose, Ged.chtniskunst, Doppelg.ngerei. Lachmann ordnet ihre interpretatorischen Analysen in einen Kosmos naturwissenschaftlicher, esoterisch-religiçser, literarischer und philosophischer Diskurse ein, zeigt die heterodoxen, intertextuellen Bez9ge der phantastischen Konzepte und wie sie im narrativen Text Gestalt annehmen. Eine starke wirkungs.sthetisch-rhetorische Perspektive verleiht diesen Untersuchungen dabei einen besonderen Charakter. Das gilt auch f9r die immer wieder hergestellten Bez9ge zum Concettismus des 17. Jahrhunderts, in dessen Traktaten sich f9r Lachmann zahlreiche Strukturen, Wirkungsmechanismen und Konstruktionsprinzipien zeigen, die sich auch auf die Poetik moderner Phantastik 9bertragen lassen. Besonders rhetorische Figuren wie Paradoxon und Metapher, aber auch ludistische Verfahren der Trugschlußbildung und Zufallsinstrumentalisierung werden hier als produktive Momente phantastischer Sprache und Erz.hltechnik hervorgehoben. Damit gelingt es Lachmann, in der nahezu un9berschaubaren Literaturflut der Phantasie- und Phantastikforschung eigene Akzente zu setzen. Dennoch steht und f.llt jede Auseinandersetzung mit dem Thema Phantasie/Phantastik mit der Definition dieses Konzepts, weshalb Lachmann folgerichtig ihren literarischen Einzeluntersuchungen eine »Konzeptgeschichte« voranstellt – die eigentlich keine ist, sondern auf die Kumulation einer ganzen Reihe von Konzepten hinausl.uft: Die additive Aufz.hlung historisch verwandter, bedeutungsaffiner Begriffe (ingenium, impossibile, adynaton, thaumaston, acutezza, acumen, (ad)mirabile, aletheia, mythos, imago, fabula, simulacrum, fictio – zusammen mit den deutschen Entsprechungskonzepten wie das Wunderliche/Wunderbare, das Trugbild, die L9ge, das Unmçgliche etc.; vgl. z. B. S. 34 ff.) l.ßt systematische Probleme ahnen. Erkenntnistheoretische und .sthetische Perspektive, Fiktion und Phantastik fließen differenzlos ineinander. Die hieran gekn9pfte Sberzeugung, daß einerseits das Begriffsfeld (das bei Lachmann noch viel grçßer ist als hier angedeutet) »keinerlei semantische Reduktion« zulasse, andererseits »der intrikaten Geschichte dieser Termini […] hier im einzelnen nicht nachgegangen werden« kann (ebd. Anm. 66), verweist endg9ltig auf eine der Hauptschwierigkeiten der Untersuchung: Eine definitorische Eingrenzung des Phantastischen bleibt aus. Es ist das Noch-Nicht-Gesehene (S. 11), das Unmçgliche, das Entstellende, das die Kategorien von »Angemessenheit und Proportion« (S. 10) verletzt und f9r »irreale Systeme mit monstrçser Alogik« (S. 11), f9r Exzentrik, Anomalie, Devianz, die Beunruhigung der Ordnung steht (S. 7). Es symbolisiert das Vergessene und Verdr.ngte, das »Unbewußte der Kultur«, verkçrpert eine Alternative zu Jahrbuch Rhetorik · Band 26
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akzeptiertem Wissen, ist Gegenkultur, M.ngelkompensation und Zeichen f9r Verbotenes, Begehrtes (S. 10 f.). Das Phantastische arbeitet mit den Verfahren der »Inversion und Transgression« und verstçßt gegen die Regeln der geltenden »Standard-Fiktion« (S. 14) – Regeln, die allerdings in keinem der Kapitel definiert werden. Bei aller Alogik und Gegenkultur demonstriert die Autorin aber gleichzeitig die starken Wechselwirkungen zwischen phantastischen Texten und faktischer Lebenswelt, hier insbesondere die Auseinandersetzung »phantastischer« Autoren mit nicht-fiktionalen Diskursen und Ph.nomenen (Lachmann erl.utert v. a. die Verbindungen zu Mesmerismus, Alchemie, Freimaurerei, Gnostik, Kabbala und weist den starken Einfluß naturwissenschaftlicher Abhandlungen und technischer Neuerungen nach). Es gelingt ihr außerdem, den durchaus logischen Aufbau phantastischer Texte (z. B. in der ausgezeichneten Analyse von N. Hawthornes Scarlet Letter) nachzuzeichnen (anstatt von »Alogik« ist dann plçtzlich von »Paralogik« die Rede). Auch die Erz.hlmuster, die f9r Lachmann die Genese des Phantastischen zu erkl.ren erlauben, wie Paradoxon und Zufall, lassen sich auf jede beliebige Form von Fiktion 9bertragen (Lachmann nennt selber den Kriminalroman, f9r den die Kategorie des Zufalls eine entscheidende erz.hltechnische Funktion einnimmt; S. 125 f.) Der große Vorteil einer solchen begrifflichen Offenheit ist es, daß Schriften, Literaturstrçmungen und wirkungs.sthetische Kategorien f9r die Charakterisierung des Phantastischen fruchtbar gemacht werden kçnnen, die sonst nicht im Mittelpunkt der Phantasieforschung stehen: Lachmann bezieht die »Poetik« und »Rhetorik« des Aristoteles ein, diskutiert rhetorische Kategorien wie das Glaubw9rdige, Angemessene, Staunenerweckende oder Sberraschende, entdeckt das Potential der rhetorischen Figurenlehre, des inventio-Komplexes oder des Begriffspaares ingenium-iudicium; auch der rhetorische Bildbegriff und die Mnemotechnik werden f9r den Phantastikdiskurs erschlossen. Leider scheint sich gerade das »Unschl9ssige«, das Lachmann in Anlehnung an Maupassant und T. Todorov als zentrale Kategorie der klassischen Phantastik des 18. und 19. Jahrhunderts ausmacht (gemeint ist hier die he´sitation als spezifisch phantastische Erz.hltechnik, die die Darstellung 9bernat9rlicher Ph.nomene zwischen rationalen Erkl.rungsangeboten und unerkl.rbar Phantastischem schweben l.ßt [vgl. S. 89, 331]), auch in ihren eigenen phantasietheoretischen Ausf9hrungen widerzuspiegeln: hierauf verweist zumindest die durchg.ngige Betonung des Dichotomen, Bipolaren, Antithetischen, Paradoxalen, das zumeist auf ein »Oszillieren zwischen den Polen« hinausl.uft und dem Leser die Orientierung im Begriffsdschungel nicht gerade erleichtert. Hinzu gesellt sich ein Sprachstil, der eine deutliche Vorliebe f9r paradoxale Wendungen und den Chiasmus als Sprach- (und Denk-?)Figur offenbart. Schließlich zeigt sich der Mangel an systematisierender Ordnung auch in der Behandlung der phantastischen Genres: Zwischen Science-Fiction, Horror, Gothic-Novel, Utopie, Mythos, subjektiven Halluzinationen, metaphorischer Sprachgewalt (z. B. Schulz, Borges), Fiktionalisierungen realer psychologischer Fallberichte (Borges) oder Traumsequenzen in ansonsten realistisch orientierten Gesellschaftsromanen (Goncˇarov) werden keinerlei definitorische Gattungsgrenzen gezogen. Dabei sind alle Dichotomien, paradoxalen Erkenntnisse und Eigenschaftsmerkmale, die Lachmann in bezug auf das Phantastische aufz.hlt, korrekt – allerdings nur f9r vçllig verschiedene Konzeptionen des Phantastischen. Tats.chlich stellt auch Lachmann fest, daß sich beispielsweise das Phantastikkonzept eines E. T. A. Hoffmann auf Schriftsteller der Neophantastik, die die Autorin vor allem in der zweiten H.lfte ihres Buchs untersucht, nicht anwenden l.ßt. Man kann Lachmanns Darstellungsmodus einerseits als pragmatisches Eingest.ndnis an eine un9berschaubare F9lle von Begriffsbestimmungen und phantasienahen Konzepten werten: Sicherlich gibt es so viele Dimensionen des Phantastischen wie phantastische Autoren oder weniger phantastische Theoretiker. Auch die Entstehungsgeschichte des Phantastik-Buchs (8 der 15 Kapitel wurden als Aufs.tze bereits zwischen 1991 und 2000 verçffentlicht) tr.gt sicher nicht zu einer einheitlich durchgehaltenen Systematik und begrifflichen Sch.rfe bei. Andererseits bietet Lachmann mit dem Begriff des »Phantasma« (um dessen Genese, Erscheinungsform und erz.hltechnische Instrumentalisierung es in allen Kapiteln geht) einen wichtigen Baustein f9r ein Theoriegeb.ude, das einen Ausweg aus der Begriffsaporie andeutet. Das Phantasma (urspr9nglich Bild/Trugbild) wird bei Lachmann generell zum erz.hltechnischen Moment, in dem das Phantastische in einem fiktionalen Text zum Vorschein kommt. Die vielen verschiedenen Mçglichkeiten, die Schriftsteller hierbei realisieren, bilden den
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Stefanie Wçhrle, Predigtanalyse. Methodische Ans.tze – homiletische Pr.missen – didaktische Konsequenzen, Berlin / M9nster: LIT 2006 (= Homiletische Perspektiven, Bd. 2), IX, 225 S. Die Verfertigung der Predigt ist nur eine Seite der homiletischen Medaille; die andere ist deren Analyse. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich hier eine F9lle verschiedenster Ans.tze entwickelt, von denen sich bis heute keiner zur »Standardmethode« aufschwingen konnte. Selbst intime Kenner der Homiletik verlieren hier mittlerweile leicht den Sberblick. Um so wichtiger ist der Versuch, den Stefanie Wçhrle in ihrem Buch »Predigtanalyse. Methodische Ans.tze – homiletische Pr.missen – didaktische Konsequenzen« (eine Dissertation an der Fakult.t f9r Evangelische Theologie der Universit.t M9nster) unternimmt. Dem interessierten Leser soll hier ein Sberblick 9ber die wichtigsten Analysemethoden verschafft werden. Die Arbeit ist streng systematisch aufgebaut. In Anlehnung an Karl B9hlers altbekanntes Kommunikations-Modell (»Organon-Modell«) faßt Wçhrle die Predigt als Zeichen auf, dessen Konstituenten Prediger, Hçrer und Vermittlungsgegenstand sind. Anhand dieses Modells entwirft die Verfasserin die Makrogliederung des Buches. Sie unterscheidet die drei Oberpunkte »Analysen der Selbst.ußerungen des Predigers«, bei denen die Person des Predigers (»Sender«) im Vordergrund steht, die »Analysen der Signalfunktion von Predigten«, in denen der Analysefokus auf den Empf.ngern liegt, und zuletzt die sachbezogenen »Analysen der Darstellungsfunktion von Predigten«. Insgesamt acht verschiedene Analyseverfahren (und drei Exkurse) werden in dieses Dreierschema eingeordnet und dann in je f9nf Unterpunkten abgehandelt. Den Schluß des Buches bildet ein zusammenfassendes Kapitel 9ber Geschichte und Zukunft der Predigtanalyse. Aufgrund der 9berschaubaren Abschnitte und des zumeist gut verst.ndlichen Schreibstils ist das Buch vor allem f9r Pfarrer und den universit.ren Lehrbetrieb empfehlenswert. Eigene Ans.tze werden dabei weniger entwickelt; bis auf den letzten Teil beschr.nkt die Verfasserin sich haupts.chlich auf das Referieren der verschiedenen Methoden. Im ersten Kapitel werden drei auf die Person des Predigers fixierte psychologische Ans.tze wie die auch außerhalb der Theologie weit verbreitete Transaktionsanalyse vorgestellt. In diesen werden Kommunikationsprobleme w.hrend der Predigt meist als Ausdruck von Persçnlichkeitsstçrungen des Predigers aufgefaßt. Ziel der Predigtanalyse ist es dann, den »Persçnlichkeitstyp« des Predigers zu identifizieren, um den daraus resultierenden Problemen der Predigt in Zukunft entgegenwirken zu kçnnen. Der sehr einseitige Fokus, bei der Inhalt und Wirkung der Predigt gar nicht erst zur Sprache kommen; ferner der Unwille der meisten Prediger, sich in die Rolle eines heilungsbed9rftigen PatienJahrbuch Rhetorik · Band 26
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ten zw.ngen zu lassen, wecken bei Wçhrle (und dem Leser) jedoch Zweifel an Sinn und Bedeutung dieser Methoden. Als »Analysen der Signalfunktion von Predigten«, dem zweiten Oberpunkt des Buches, werden mit »Inhaltsanalyse« und »sprechakttheoretische Predigtanalyse« zum einen ein wenig brauchbares empirisches und zum anderen ein altbekanntes, aber recht n9tzliches Verfahren vorgestellt. Im dritten Kapitel, den »Analysen der Darstellungsfunktion von Predigten«, wird als erste Methode dann die »rhetorische Predigtanalyse« aufgef9hrt. Zwar l.ßt sich seit den 80er Jahren ein verst.rktes Interesse an der Rhetorik von Seiten der Homiletik konstatieren, dieses ging aber bisher nur selten 9ber eine Verh.ltnisbestimmung und einige sehr allgemein gehaltene Regeln hinaus. Angesichts der Schwierigkeiten der Rhetorik, auch nur den Begriff »rhetorische Textanalyse« systematisch zu f9llen, nimmt es kaum wunder, daß die Verfasserin bei der »rhetorischen Predigtanalyse« auf eine desastrçse Quellenlage verweisen muß. Lediglich unzusammenh.ngende Einzelanalysen kçnnen pr.sentiert werden, die zudem h.ufig ein stark verk9rztes Rhetorikverst.ndnis aufweisen. Hier erçffnet sich noch ein weites, bisher kaum entwickeltes Forschungsfeld f9r die Rhetorik. Die Verfasserin muß sich so leider damit begn9gen, auf eine recht breit gef.cherte Untersuchungsmethode nach Gert Otto zu verweisen, in der auch Situationsbez9ge und Publikumsreaktion mit einkalkuliert werden. Ansonsten kçnnen auf diesem Gebiet nur Einzelarbeiten mit sehr spezifischem Forschungsinteresse und dramatisch reduzierter Methodik genannt werden, so z.B. eine Untersuchung Rolf Heues, in der Dispositionsschemata von Predigten 9berpr9ft und mit einem lernpsychologischen Schema abgeglichen werden. Unter dem Stichwort »semantische Predigtanalyse« wird danach noch ein buntes Potpourri an Ans.tzen vorgestellt. Neben der Theorie der Predigt als »offenes Kunstwerk« von Wilfried Engemann, dessen brauchbarer semiotisch-produktionstheoretischer Ansatz in der Reduktion auf eine Analysemethode jedoch merkw9rdig ziellos erscheint, tritt hier noch eine auf die .sthetische Struktur fixierte Methode nach Jan Hermelink und Eberhard M9ske hinzu. Im Kern geht es ihr jedoch um die wenig originelle Frage, welche Bilder ein Text im Kopf der Zuhçrer erzeugt. Einziger Lichtblick ist die in einem Exkurs eingeschobene »Analyse von Wertestrukturen in Predigten nach Ottmar Fuchs«, einer deutlich komplexeren und um intersubjektive Sberpr9fbarkeit bem9hten Weiterentwicklung der semantischen Predigtanalyse, die auf mehreren semantischen Achsen sowohl den Predigt- als auch den Bibeltext bearbeitet. Wçhrle anerkennt ganz richtig die Leistung FuchsU, die in anderen Ans.tzen selten verwendete Sberpr9fung der Koh.renz zwischen Predigt und dazugehçrigem Bibeltext zu einem zentralen Punkt zu erheben. Dennoch mißt sie seinem Ansatz mit der dem Leser nicht ganz nachvollziehbaren Begr9ndung eines zu hohen Arbeitsaufwandes und einer zu großen Komplexit.t eher geringe Bedeutung zu. Warum FuchsU Methode einen Exkurs notwendig macht und sich nicht mit den anderen Ans.tzen zur »semantischen Predigtanalyse« gemeinsam abhandeln ließe, bleibt ebenfalls im Unklaren. Als letzte Theorie folgt eine Darstellung der feministischen »Predigtanalyse und Ideologiekritik nach Isolde Meinhard«, die mit Hilfe der »kritische[n] Narratologie« Mieke Bals versucht, im Text enthaltene Ideologien aufzudecken. Daß christliche Predigt jedoch immer Ideologie transportiert, ja transportieren muß, erkennt Meinhard zwar, versucht aber dennoch, gute von schlechter Ideologie zu scheiden. Daß die bem.ngelten »ausgrenzenden und untersagenden Tendenzen« (S. 182) negativer Ideologie konstitutiver Bestandteil jeder Ideologie sind, wird hingegen nur mangelhaft rezipiert. Mit ihrem hochgradig normativ aufgeladenen und theologisch durchaus anfechtbaren Entideologisierungsprogramm handelt Meinhard außerdem wiederum selbst stark ideologisch. Leider vers.umt es Wçhrle, den Finger in diese Wunde zu legen und kritisiert an der Methode lediglich ihre Diffizilit.t, ein Argument, das, angesichts seiner Verwendung auch bei den meisten anderen Ans.tzen, beinahe wie ein Gemeinplatz anmutet. Den skurrilen Abschluß des Darstellungsteils bildet ein Exkurs zum »Heidelberger Modell« nach Rudolf Bohren und dessen Sch9lern, das in der Tradition der »Dialektischen Theologie« steht. Die Predigt wird hier als das durch den Menschen geleitete Gotteswort aufgefaßt. Daß von einer kritischen Analyse dabei nicht l.nger die Sprache sein kann, versteht sich von selbst. Vielmehr handelt es sich bei einer Predigtanalyse nach dem »Heidelberger Modell« um eine Fortsetzung der Predigt nach der Predigt, die die Verk9ndigung 9ber Diskussion weiterf9hren mçchte.
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Jahrbuch Rhetorik · Band 26
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Nach der Pr.sentation der acht Analysemethoden versucht sich die Verfasserin in ihrem Schlußkapitel »Predigtanalyse – Geschichte und Zukunft« nach einer kurzen historischen Darstellung der Entwicklungen seit 1945 (bzw., da in der Zwischenzeit kaum Entwicklung stattfand, seit den fr9hen 70er Jahren) an einem Ausblick, einer Darstellung des Lehrbetriebs und, daraus schließend, einem kleinen eigenen Modell. Als besonders gelungen hervorzuheben ist der Absatz 9ber »Defizite bei der Analyse von Predigten« (S. 201), in der Wçhrle zwei zentrale Probleme herausarbeitet: Die mangelnde Ber9cksichtigung der konkreten (Rede-)Situation und die Nichtbeachtung des Verh.ltnisses von Predigttext und Bibeltext. Erneut auff.llig ist, daß die Rhetorik passende Werkzeuge f9r die skizzierten Probleme bereith.lt (man denke beispielsweise an die Theorie des aptums); es w.re ein wichtiges und notwendiges Anliegen, daraus einen homiletischen Werkzeugkasten zusammenzustellen. Ein in diesem Abschnitt leider nicht problematisiertes Thema hingegen ist die auff.llige Unsch.rfe des Begriffs »Predigtanalyse«. Fragen wie »Was ist dieses Analyseobjekt ›Predigt‹ eigentlich?« (Geschriebener Text? Gesprochenes Wort, z.B. vom Tonband? Der »echte« Vortrag? Eine Predigt? Mehrere Predigten im Vergleich?) oder »Wer analysiert?« (Ein einzelner Analytiker? Eine Gruppe? Der Prediger selbst?), die nur die Rahmenbedingungen einer Predigtanalyse konstituieren, sind nicht einheitlich gekl.rt. Eine Lçsung dieser selten gestellten Fragen kann von der Verfasserin zwar sicherlich nicht erwartet werden, eine Problematisierung w.re aber w9nschenswert gewesen. Abschließend stellt die Verfasserin eine eigene Methode zur Predigtanalyse vor, die sich an einzelne Pfarrer richtet und von ihnen nach dem Schreiben, aber vor dem Halten der Predigt angewandt werden soll. Im Wesentlichen handelt es sich hier um einen Fragekatalog zu den drei Kategorien des homiletischen Dreiecks: »Person« (z.B. »Bin ich in der Predigt als Zeuge erkennbar?«), »Signalfunktion« (z. B. »Spreche ich in direkten oder indirekten Sprechakten?«) und »Darstellungsfunktion« (z. B. »Wie paßt die Sbersetzung des Verk9ndigungsgegenstandes in die gegenw.rtige Situation?«). Dabei bem9ht sie sich, mçglichst viele Aspekte der verschiedenen pr.sentierten Ans.tze, vor allem aber die Sprechakttheorie, mit einzubeziehen. Insgesamt krankt das Buch unter anderem an der Gliederung: So sehr die Dreiteilung nach B9hler der Sbersicht zu Gute kommt – sinnvoll ist sie nicht. Ließen sich die psychologischen Modelle tats.chlich noch deutlich dem Prediger zuordnen, f.llt eine Einteilung mit den sp.ter vorgestellten Verfahren deutlich schwerer. Die Argumente der Verfasserin 9berzeugen hierbei nur selten. Daß die – vereinfacht gesagt – empirische Wortz.hlerei der Inhaltsanalyse besonders aufs Publikum bezogen sei, obwohl Wçhrle an sp.terer Stelle selbst aufzeigt, daß Isolde Meinhard diese Methode im Rahmen ihrer ideologiekritischen, unter die »Darstellungsfunktion« eingeteilte Predigtanalyse erfolgreich einsetzt, will nicht recht einleuchten. »Sprechakttheoretische Predigtanalyse« geht wiederum deutlich 9ber bloße »Analyse der Signalfunktion von Predigten« hinaus, was Wçhrle in ihrem Fazit auch selbst eingesteht: »Die sprechakttheoretische Predigtanalyse ermçglicht es demnach, daß im Analyseprozeß alle drei Elemente des homiletischen Dreiecks von Prediger, Hçrer und Text in den Blick kommen« (S. 122). Daß die »rhetorische Predigtanalyse« sich dann in den »Analysen der Darstellungsfunktion von Predigten« wiederfindet, kann ebenfalls nur als Verlegenheitslçsung gewertet werden. Problematisch sind auch die letzten f9nf Seiten des Buches, auf denen die Verfasserin versucht, ihr »Modell zur Analyse der eigenen Predigten« zu entwickeln. Zwar ist es sicherlich sinnvoll, f9r den Pfarralltag anwendbare Methoden zu entwickeln, und auch die vorgeschlagene Dreiteilung der Analyseschwerpunkte auf »Person«, »Signalfunktion« und »Darstellungsfunktion« ist sicherlich kein falscher Ansatz und kommt den rhetorischen Kategorien ethos, pathos und logos nahe. Die Idee jedoch, die Predigtanalyse als Prediger nach dem schriftlichen Verfassen, aber noch vor der Predigt selbst durchzuf9hren, geht an der Sache vorbei. Daß solch grundlegende Fragen wie »Was will ich mit meinen Hçrern anstellen, wovon will ich sie 9berzeugen, was will ich ihnen zusprechen, wozu will ich sie auffordern?« (S. 212) besser schon vor der Versprachlichung (intellectio und inventio gehen der elocutio nicht zu Unrecht voraus) bedacht werden sollten und im Regelfall auch werden, 9bersieht die Verfasserin. Ihre Analyse ist also an dieser Stelle im wahrsten Sinne des Wortes fehl am Platz. Die »Darstellungsfunktion« konzentriert Wçhrle auf inhaltliche Aspekte, vor allem den Vergleich der Predigt mit dem dazugehçrigen Bibeltext (was als wertvolle Erg.nzung der bestehenden AnalyseJahrbuch Rhetorik · Band 26
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techniken gewertet werden kann), vernachl.ssigt dar9ber aber elokution.re Kriterien (die auf »Welche Bilder verwende ich?« reduziert werden). Ferner kann man eine Analyse, die vor ihrem Gegenstand durchgef9hrt wird, wohl kaum mehr als Analyse bezeichnen. Eine Predigtanalyse vor der Predigt erscheint als paradoxe Karikatur ihrer selbst; zentrale Aspekte wie Publikumsreaktion oder rednerische Performanz kçnnen so nicht ber9cksichtigt werden. Als Checkliste f9r die fr9he Konzipierungsphase einer Predigt ist Wçhrles Entwurf also angemessen und sicher auch gut zu gebrauchen. Um als tats.chliche Predigtanalysemethode anwendbar zu sein, m9ßte er allerdings noch deutliche Sberarbeitung erfahren. Er ist f9r die gegenw.rtige Situation dieser Disziplin insofern symptomatisch, als die Grenzen zwischen Analyse und Produktionshilfe oft nur sehr schwammig gezogen sind. Mehr definitorische Genauigkeit t.te der Predigtanalyse insbesondere an dieser Stelle gut. Trotz – oder vielleicht sogar gerade wegen – aller Kritik ist dieses Buch ein wichtiges Buch: Weniger aufgrund der Methoden, die es vorstellt, als vielmehr wegen der, die es nicht vorstellt, ja, nicht vorstellen kann. Das zusammenfassende Schlußkapitel – vor allem der Abschnitt »Defizite bei der Analyse von Predigten« – liest sich wie eine Roadmap f9r den langen, noch zu gehenden Weg der Predigtanalyse als homiletische Teildisziplin. Die Vielfalt der homiletischen Analysemethoden ist nicht etwa ein Grund zum Zur9cklehnen, vielmehr das Gegenteil: Sie ist Ausdruck der immer noch andauernden Suche nach einer umfassenden Methode und zugleich Mahnmal, dieses wichtige Forschungsfeld auch weiterhin mit Aufmerksamkeit zu bedenken. Roman B. Kremer
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Abbildungsnachweis Beitrag Jahraus Abb. 1, 2: Der Untergang, R: Oliver Hirschbiegel, Buch: Bernd Eichinger. Deutschland 2004. Abb. 3: Independence Day, R: Roland Emmerich, Buch: Dean Devlin / Roland Emmerich. USA 1996. Abb. 4: The Last Emperor, R: Bernardo Bertolucci, Buch: Bernardo Bertolucci / Mark Peploe. Frankreich, Italien, Großbritannien 1987.
Beitrag Donat Abb. 3, 4: The Godfather, R: Francis Ford Coppola, Buch: Mario Puzo / Francis Ford Coppola. USA 1972. Abb. 5, 6: The Hunt for Red October, R: John McTiernan, Buch: Tom Clancy / Larry Ferguson. USA 1990. Abb. 7, 8, 9: Critters 2 – The Main Course. R: Mick Garris, Buch: David Twohy / Mick Garris. USA 1988. Abb. 10, 11, 12, 13: Dances With Wolves. R: Kevin Costner, Buch: Michael Blake. USA 1990.
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Adressenverzeichnis PD Dr. Karl-Heinz-Anton Quirinstrasse 4 40545 D%sseldorf Karen Bofinger G)rtnerstrasse 39 20253 Hamburg PD Dr. Sebastian Donat Ludwig-Maximilians-Universit)t M%nchen Institut f%r Komparatistik Schellingstr. 3 80799 M%nchen Prof. Dr. Hans-Edwin Friedrich Christian-Albrechts-Universit)t Kiel Institut f%r Neuere Deutsche Literatur und Medien Leibnizstr. 8 24118 Kiel Sandra Frçhlich Eberhard-Karls-Universit)t T%bingen Historisches Wçrterbuch der Rhetorik Wilhelmstr. 50 72074 T%bingen Dr. Tim Hagemann Eberhard-Karls-Universit)t T%bingen Seminar f%r Allgemeine Rhetorik Wilhelmstr. 50 72074 T%bingen Prof. Dr. Carola Hilmes Johann-Wolfgang-Goethe-Universit)t Frankfurt Institut f%r Deutsche Sprache und Literatur II Gr%neburgplatz 1 60529 Frankfurt am Main Alexandra Hissen Aloys Schulte Str. 40 53129 Bonn
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Prof. Dr. Oliver Jahraus Ludwig-Maximilians-Universit)t M%nchen Institut f%r Deutsche Philologie Schellingstr. 3 80799 M%nchen Dr. Uli Jung Universit)t Trier Medienwissenschaft Universit)tsring 15 54286 Trier Dr. Jçrg Jungmayr Freie Universit)t Berlin Institut f%r Deutsche und Niederl)ndische Philologie Habelschwerdter Allee 45 14195 Berlin Dr. Gregor Kalivoda Eberhard-Karls-Universit)t T%bingen Historisches Wçrterbuch der Rhetorik Wilhelmstr. 50 72074 T%bingen Prof. Dr. Manfred Kienpointner Universit)t Innsbruck Institut f%r Sprachen und Literaturen Innrain 52 A-6020 Innsbruck çsterreich Roman B. Kremer Beim Bildstçckle 21 72108 Rottenburg Prof. Dr. Anke-Marie Lohmeier Universit)t des Saarlandes Fachrichtung 4.1 Germanistik Postfach 15 11 40 66041 Saarbr%cken
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Dr. Ulrich Meurer Universit)t Leipzig Institut f%r Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft Beethovenstr. 15 04107 Leipzig Dr. Franz Hubert Robling Eberhard-Karls-Universit)t T%bingen Historisches Wçrterbuch der Rhetorik Wilhelmstr. 50 72074 T%bingen
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Dr. Chris Wahl Ruhr-Universit)t Bochum Institut f%r Medienwissenschaft 44780 Bochum Dr. Thomas Zinsmaier Eberhard-Karls-Universit)t T%bingen Historisches Wçrterbuch der Rhetorik Wilhelmstr. 50 72074 T%bingen
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Zuletzt erschienene B)nde der »Rhetorik«
6 (1987) »Rhetorik und Psychologie« VI, 217 Seiten. ISBN 3-484-60285-6
16 (1997) »Rhetorik im Nationalsozialismus« X, 108 Seiten. ISBN 3-484-60411-5
7 (1988) »Rhetorik heute I« VIII, 202 Seiten. ISBN 3-484-60311-9
17 (1998) »Rhetorik in der Schule« XII, 199 Seiten. ISBN 3-484-60421-2
8 (1989) »Rhetorik heute II« VII, 171 Seiten. ISBN 3-484-60323-2
18 (1999) »Rhetorik und Philosophie« VIII, 181 Seiten. ISBN 3-484-60426-3
9 (1990) »Rhetorik und Strukturalismus« X, 174 Seiten. ISBN 3-484-60347-X
19 (2000) »Literatur – Rhetorik – Poetik« XVII, 161 Seiten. ISBN 3-484-60434-4
10 (1991) »Rhetorik der frhen Neuzeit« VIII, 197 Seiten. ISBN 3-484-60369-0
20 (2001) »Rhetorik um 1800« X, 235 Seiten. ISBN 3-484-60441-7
11 (1992) »Rhetorik und Politik« VIII, 194 Seiten. ISBN 3-484-60380-1
21 (2002) »Neue Tendenzen der Rhetorikforschung« VIII, 192 Seiten. ISBN 3-484-60451-4
12 (1993) »Rhetorik im 19. Jahrhundert« VIII, 185 Seiten. ISBN 3-484-60389-5 13 (1994) »Kçrper und Sprache« IX, 219 Seiten. ISBN 3-484-60397-6 14 (1995) »Angewandte Rhetorik« X, 175 Seiten. ISBN 3-484-60305-4 15 (1996) »Juristische Rhetorik« XI, 213 Seiten. ISBN 3-484-60405-0
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22 (2003) »Krieg und Rhetorik« XII, 190 Seiten. ISBN 3-484-60457-3 23 (2004) »Rhetorik und Anthropologie« VIII, 201 Seiten. ISBN 3-484-60468-9 24 (2005) »Bild-Rhetorik« XI, 168 Seiten. ISBN 3-484-60475-1 25 (2005) »Rhetorik der Debatte« X, 174 Seiten. ISBN 3-484-60482-4
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