Maßtheorie Vorlesungsmitschrift Kiel WS2002/03 Professor Dr.Uwe R¨osler 11. November 2004
Kapitel 1
Objekte und Morph...
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Maßtheorie Vorlesungsmitschrift Kiel WS2002/03 Professor Dr.Uwe R¨osler 11. November 2004
Kapitel 1
Objekte und Morphismen Wir beschreiben im folgenden die hier behandelten Objekte, die Maßr¨aume, und ihre Morphismen (strukturerhaltende Abbildungen), die meßbaren Abbildungen.
1.1
Mengensysteme
Sei Ω stets eine nichtleere Menge. Ein Mengensystem A ist eine Teilmenge der Potenzmenge P(Ω). Ein Mengensystem heißt abgeschlossen unter einer Mengenoperation oder stabil, falls diese Operation angewandt auf Mengen aus A wieder ein Element aus A liefert. Beispiele f¨ ur Mengenoperationen sind: S S S - (endliche, abz¨ahlbare, beliebige) Vereinigung e , a , , T T T - (endliche, abz¨ahlbare, beliebige) Durchschnitte e , a , , S - Vereinigung paarweiser disjunkter Mengen ◦ , - Komplementbildung Ac = {ω ∈ Ω | ω 6∈ A}, - Differenz A\B = A ∩ B c , - symmetrische Differenz A4B = (A ∩ B c ) ∪ (B ∩ Ac ), - aufsteigender (absteigender) Limes, T S - Limes superior lim supn∈IN An := m∈IN n≥m An = {ω | |{n | ω ∈ An }| = ∞}, S T - der Limes inferior lim inf n∈IN An := m∈IN n≥m An = {ω | |{n | ω 6∈ An }| < ∞} - der Limes falls lim sup = lim inf usw.. - Obermengen (A ∈ A, A ⊂ B ⇒ B ∈ A) Besonders wichtige Mengensysteme sind Topologien und σ-Algebren. Eine Topologie ist ein Mengensystem, welches die Grundmenge enth¨alt und abgeschlossen ist bez¨ uglich beliebiger Vereinigung und endlichem Durchschnitt. Notation: (Ω, τ ). Die Mengen aus τ heißen offen, das Komplement dieser heißt abgeschlossen. Topologien sind grundlegend f¨ ur Stetigkeit und Konvergenz. (Alle) Konvergenzbegriffe beruhen auf Topologien (siehe Pedersen [7]). Eine σ-Algebra A ist ein nichtleeres Mengensystem abgeschlossen bez¨ uglich Komplementbildung und abz¨ahlbarer Vereinigung. Notation: (Ω, A). Die Mengen aus A heißen meßbar. σ-Algebren sind grundlegend f¨ ur die Maßtheorie und die Wahrscheinlichkeitstheorie. Ein weiteres Beispiel sind Filter. Ein Filter ist ein Mengensystem ungleich der Potenzmenge, welches abgeschlossen ist bzgl. endlichem Durchschnitt und Obermengen. Erzeuger Mengensysteme A werden oft nicht explizit angegeben, sondern als kleinstes Mengensystem charakterisiert, welches eine Mengensystem E enth¨alt und abgeschlossen ist bzgl. gewisser Mengenoperationen. Dieses kleinste Mengensystem A, wenn es existiert, ist der 1
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Maßtheorie
Durchschnitt aller Mengensysteme, abgeschlossen bzgl. der Operationen und E enthaltend. Das Mengensystem E heißt Erzeugter von A (bzgl. der Operationen ...) und A heißt das von E erzeugte Mengensystem. Beispiele: Die Borelsche σ-Algebra (f¨ ur einen topologischen Raum (Ω, τ )) ist die kleinste von der Topologie erzeugten σ-Algebra. Die u ¨ bliche Topologie auf den reellen Zahlen wird erzeugt von allen offenen Intervallen.
1.1.1
σ-Algebren
Eine σ-Algebra A ist ein nichtleeres Mengensystem abgeschlossen bez¨ uglich Komplementbildung und abz¨ahlbarer Vereinigung. Ausf¨ uhrlicher: A ⊂ P(Ω) erf¨ ullt i) A 6= ∅ ii) A ∈ A ⇒ Ac ∈ A S iii) An ∈ A, n ∈ IN ⇒ n An ∈ A. Ein meßbarer Raum ist ein Tupel (Ω, A). Hierbei ist Ω eine nichtleere Menge und A eine σ-Algebra dar¨ uber. Eine meßbare Menge ist ein Element der σ-Algebra. Proposition 1 Jede σ-Algebra enth¨alt die leere Menge und die Grundmenge Ω. Sie ist abgeschlossen bzgl. endlicher und abz¨ahlbarer Vereinigung, endlichem und abz¨ahlbarem Durchschnitt, Differenz, symmetrischer Differenz, aufsteigenden oder absteigenden Folgen, Limes superior und dem Limes inferior. Beweis: Ist A aus der σ-Algebra, so auch das Komplement A c . Die Vereinigung u ¨ ber aller Glieder der Folge A, Ac , Ac , Ac . . . ist in A. Damit ist die Grundmenge Ω in der σ-Algebra. Die leere Menge ist das Komplement der Grundmenge Ω. Jede endliche Folge l¨aßt sich zu einer unendlichen Folge erweitern durch hinzunehmen der leeren Menge. Daher ist A abgeschlossen bzgl. endlicher Vereinigung. T S ¨ F¨ ur den Durchschnitt argumentiere An = ( Acn )c ist meßbar. Den Rest ist Ubung. q.e.d. F¨ ur E ∈ P(Ω) sei σ(E) die kleinste σ-Algebra, die E enth¨alt. Formaler ausgedr¨ uckt: \
σ(E) :=
E⊂A σ−Algebra
A.
¨ (Ubung: Dies ist die kleinste E enthaltende σ-Algebra.) Ein Erzeuger E einer σ−Algebra A ist ein Mengensystem mit σ(E) = A. Der Operator σ hat u.a. die Eigenschaften σ(σ(E)) = σ(E) und E ⊂ E 0 ⇒ σ(E) ⊂ σ(E 0 ). Beispiele: Die kleinste σ-Algebra ist stets {∅, Ω}, die n¨achst gr¨oßere ist {∅, A, Ac , Ω} f¨ ur ¨ ein A ⊂ Ω. (Ubung: N¨achstgr¨oßere?) Die Potenzmenge P(Ω) ist die gr¨oßte σ-Algebra. Die Menge {A ⊂ Ω | A oder Ac abz¨ahlbar} ist eine σ-Algebra. Sei A eine σ-Algebra und B eine beliebige Menge aus Ω. Die eingeschr ¨ ankte σ-Algebra ist A|B := {A ∩ B | A ∈ A}. Die Borel σ-Algebra B = σ(τ ) wird von einer Topologie τ auf Ω erzeugt. Die Baire σ-Algebra wird erzeugt von der kleinsten Topologie, so daß alle stetigen Funktionen (bzgl. τ ) mit kompaktem Tr¨ager stetig sind. Spezialisierung auf IR : Der euklidische Abstand definiert eine Metrik auf den reellen Zahlen. Die offenen Kugeln bez¨ uglich dieser Metrik sind die offenen Intervalle ]a, b[, a, b ∈ IR. 2
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Diese erzeugen die (metrische) Topologie auf den reellen Zahlen. Jede offene Menge in IR ist darstellbar als Vereinigung abz¨ahlbar vieler offener Intervalle. Daher wird die Borel σ-Algebra auch von allen offenen Intervallen erzeugt. Andere Erzeuger f¨ ur die Borel σ-Algebra B auf IR sind die Topologie selber, das Mengensystem aller kompakten Mengen, die Mengensysteme E [,] := {[a, b], a, b ∈ IR} aller abgeschlossenen Intervalle oder analog E],], E[,[ aller halboffenen Intervalle. Es reicht hier a, b aus einer dichten Teilmenge von IR, z.B. Ql, zu fordern. Ebenso kann reichen einseitige Intervalle, es kann stets a = −∞ oder auch b = ∞ gesetzt werden. Stellvertretend zeigen wir nur die Richtung σ(E ],[ ) ⊂ σ(E[,[ ). Es reicht zu zeigen ]a, b[∈ σ(E[,] ) f¨ ur jedes a, b. Dies folgt aus E[,] 3 ∪n [a + 1/n, b[=]a, b[. Die Borel σ-Algebra auf den reellen Zahlen wird erzeugt von allen Kompakta.
1.1.2
Nachweis einer σ-Algebra
Zum Nachweis eines Mengensystems als σ-Algebra sind zwei Methoden wichtig, u ¨ ber Dynkinsysteme und u ¨ ber monotone Klassen. Ein Dynkinsystem D ist ein Mengensystem, welches Ω enth¨alt und abgeschlossen ist bez¨ uglich der Differenz zweier aufsteigender Mengen und bzgl. der Vereinigung einer Folge paarweise disjunkter Mengen. Ausf¨ uhrlicher: D ⊂ P(Ω) erf¨ ullt i) Ω ∈ D ii) A ⊂ B ∈ D ⇒ B\A ∈ D S iii) An ∈ D, n ∈ IN, paarweise disjunkt ⇒ ◦ n An ∈ D. Bemerkung: Die Eigenschaft iii) l¨aßt sich ersetzen durch Abgeschlossenheit bzgl. aufsteigenden Folgen, D 3 An %n ⇒ ∪n An ∈ D Die Eigenschaft ii) laßt sich ersetzen durch (die schw¨achere) Komplementabgeschlossenheit. Lemma 2 Ein Dynkinsystem D ist genau dann eine σ-Algebra, wenn D abgeschlossen bzgl. endlichem Durchschnitt ist. Beweis: Jede σ-Algebra ist ein Dynkinsystem, welches abgeschlossen ist bzgl. endlichem Durchschnitt. F¨ ur die Umkehrung sind die drei Eigenschaften einer σ-Algebra zu zeigen. F¨ ur die dritte argumentiere: Zu Dn ∈ D definiere Bn := Dn \∪i
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mit M(E) = M. Hierbei ist M(E) die kleinste monotone Klasse welche E enth¨alt. Formaler T M(E) := E⊂C monotone Klasse C.
Eine Algebra ist ein Mengensystem welches Ω enth¨alt und abgeschlossen ist bzgl. Komplement und endlicher Vereinigung. Lemma 4 Eine monotone Klasse erzeugt von einer Algebra ist eine σ-Algebra. Beweis: Sei A die Algebra und M = M (A). • M ist Komplementabgeschlossen. Das Mengensystem {A ∈ M | Ac ∈ M} ist eine monotone Klasse und enth¨alt die Algebra ¨ A (Ubung). Damit ist das Mengensystem bereits M selbst. • M ist abgeschlossen bzgl. endlicher Vereinigung. F¨ ur A ∈ M betrachte MA := {B ∈ M | A ∪ B ∈ M}.
Dies ist eine monotone Klasse. F¨ ur A aus der Algebra enth¨alt MA das Erzeugersystem A und ist damit M selber. Dann betrachte C := {A ∈ M | M A = M}. C ist eine monotone Klasse und enth¨alt die Algebra. Damit folgt C = M. • Eine Algebra, die auch eine monotone Klasse ist, ist eine σ-Algebra. Nur die Abgeschlossenheit gegen¨ uber abz¨ahlbarer Vereinigung ist zu zeigen. Sei A n eine Folge aus der Algebra. Die Folge ∪i≤n Ai ist aus der Algebra und konvergiert aufsteigend gegen supi Ai . Der Grenzwert ist in der Algebra. q.e.d. Diverses: Eine σ−Algebra heißt separierend, falls es f¨ ur alle ω 6= ω 0 eine meßbare 0 Mengen A ∈ A gibt mit ω ∈ A und ω 6∈ A. ¨ Durch Aquivalenzklassenbildung k¨onnen wir eine σ-Algebra u uhren in eine separierende ¨ berf¨ ¨ σ-Algebra. Betrachte auf dem meßbaren Raum (Ω, A) die Aquivalenzrelation ω ∼ ω 0 ⇔6 ∃A ∈ ¨ A : ω ∈ A, ω 0 6∈ A. Seien [ω] die Aquivalenzklassen. Dann ist A/ ∼:= {{[a] | a ∈ A} | A ∈ A}) eine separierende σ−Algebra bez¨ uglich (Ω/ ∼:= {[ω] | ω ∈ Ω}. Ein Atom einer σ−Algebra ist eine meßbare Menge, die nicht in kleinere meßbare Mengen zerlegt werden kann. Im Regelfall sind die Atome genau die Punktmengen {ω}. Jede separierende σ−Algebra u ¨ ber einem abz¨ahlbaren Grundraum ist die Potenzmenge. Die Atome sind die einelementigen Mengen {ω}.
1.2
Meßbare Abbildungen
Eine Abbildung f : Ω 7→ Ω0 zwischen meßbaren R¨aumen heißt meßbar, falls das Urbild jeder meßbaren Menge meßbar ist. K¨ urzer formuliert f −1 (A0 ) ⊂ A. Merkregel: Die mengentheoretische Struktur wird durch Funktionen zur¨ uckgeholt. Das Urbild einer σ-Algebra ist stets eine σ-Algebra. Das Bild f (A) einer σ-Algebra ist im allgemeinen keine σ-Algebra. Proposition 5 Die Komposition meßbarer Funktionen ist meßbar. Beweis: Mit entsprechender Notation (f ◦ g) −1 (A00 ) = g −1 (f −1 (A00 )) ⊂ A. 4
q.e.d.
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Proposition 6 Eine Funktion ist genau dann meßbar, wenn das Urbild eines (und dann jedes) Erzeugers in der σ-Algebra liegt. Beweis: Sei f : Ω 7→ Ω0 die Funktion, E 0 ein Erzeuger von A0 . Dann ist {A0 ∈ A0 | f −1 (A0 ) ∈ A} eine E 0 enthaltende σ-Algebra und damit gleich A 0 . q.e.d. Folgerung: Jede stetige Funktion ist Borel meßbar. (Per Definition der Stetigkeit ist das Urbild jeder offenen Menge offen ist). Jede stetige Funktion mit kompaktem Tr¨ager ist meßbar bez¨ uglich der Baire σ-Algebra. (Die kleinste Topologie, bzgl. der alle stetigen Funktionen mit kompaktem Tr¨ager stetig sind, ist ein Erzeugendensystem der Baire σ-Algebra.) Notation: F((Ω, A), (Ω0 , A0 )) bezeichne die Menge aller A − A0 meßbaren Funktionen f : Ω 7→ Ω0 . Der Einfachheit halber benutzen wir auch F(Ω, A) oder aber F. Notation: Anstelle der korrekten Schreibweise {ω ∈ Ω | f (ω) ∈ A 0 } f¨ ur das Urbild von 0 A unter f benutzen wir {f ∈ A0 } oder auch f ∈ A0 . Dies ist ein allgemein akzeptierter Notationsmißbrauch. Spezialisierung auf IR: Die reellen Zahlen seien stets mit der Borel σ-Algebra B versehen. Sei f : Ω 7→ IR eine Funktion. In Formeln unterdr¨ ucken wir nach M¨oglichkeit das ω aus ¨ Gr¨ unden der Ubersichtlichkeit. Dies f¨ uhrt zuweilen zu einem Notationsmißbrauch. Wir schreiben z.B. {f ≥ x} f¨ ur {ω ∈ Ω | f (ω) ≥ x}. Eine Funktion f : Ω 7→ IR ist genau dann meßbar, wenn eine der ¨aquivalenten Kriterien erf¨ ullt ist: - ∀x ∈ IR : {f ≥ x} ∈ A, - ∀x ∈ IR : {f > x} ∈ A, - ∀x ∈ IR : {f ≤ x} ∈ A, - ∀x ∈ Ql : {f < x} ∈ A. Die Aussage gilt auch, falls obiges nur f¨ ur x aus einer dichten Teilmenge von IR gefordert wird. Proposition 7 Seien fn : Ω 7→ IR, n ∈ IN, meßbare Funktionen. Dann sind meßbar, sofern wohldefiniert und endlich, f1 +f2 , −f1 , f1 f2 , 1/f1 , lim supn fn , lim inf n fn , limn fn , supn fn , inf n fn . S
Beweis: Die Kernpunkte f¨ ur die Meßbarkeit sind {f + g < x} = q∈Ql{f < x + q, g < −q}, S {−g < x} = {g > −x}. Bez¨ uglich der Multiplikation argumentiere {f g < x} = q∈Ql{f < x/q, g < q} ist meßbar f¨ ur f, g u ¨ berall strikt gr¨o”ser als 0. Allgemeine f, g zerlege in Positivund Negativteil. {lim supn fn > x} = lim supn {fn > x}, lim sup fn = − lim inf −fn , lim fn = S 11lim sup fn =lim inf fn lim sup fn , {supn fn > x} = n {fn > x}, inf fn = − sup(−fn ). q.e.d Warnung: In obiger Proposition ist die Abz¨ahlbarkeit der Operationen wichtig. supi fi mit i aus einer u ¨ berabzahlbaren Indexmenge ist im allgemeinen nicht mehr meßbar. Wir erweitern die reellen Zahlen um +∞, −∞ zu IR. Sei eine isotone (ordnungserhaltende) x und bijektive Abbildung von IR auf (−1, 1) gegeben, etwa x 7→ |x| . Erweitere diese Abbildung uckgeholten Topologie durch Zuordnung von +∞, −∞ nach +1, −1. Versehe IR mit der zur¨ und entsprechenden Borel σ-Algebra. (Diese ist unabh¨angig von der gegebenen Bijektion.) Wir benutzen ebenso IN , Ql und ZZ. Die obigen Aussagen gelten sinngem¨aß auch f¨ ur erweiterte Funktionen f : Ω 7→ IR. Der Raum der meßbaren, reellwertigen Funktion ist ein Vektorraum. Dies gilt nicht, falls wir die Werte +∞, −∞ zulassen. Die Baire σ-Algebra ist gleich der Borel σ-Algebra f¨ ur die reellen Zahlen. 5
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1.3
Maßtheorie
Mengenfunktionen
Wir betrachten Mengenfunktionen von einem Mengensystem in die reellen oder erweiterten reellen Zahlen. Eine Mengenfunktion µ : A 7→ IR heißt - positiv, falls µ(A) ≥ 0 f¨ ur alle A ∈ A, - isoton bzw. ordnungserhaltend, falls µ(A) ≤ µ(B) f¨ ur A ⊂ B, S - additiv, falls µ(A ◦ B) = µ(A) + µ(B) S P - σ-additiv , falls µ( ◦ n∈IN An ) = n∈IN µ(An ), - σ-stetig von unten , falls lim n µ(An ) = µ(limn An ) f¨ ur aufsteigende An , - σ-stetig von oben, falls lim n µ(An ) = µ(limn An ) f¨ ur absteigende An , - σ-stetig in der leeren Menge, falls lim n µ(An ) = µ(limn An ) f¨ ur An & ∅, S P - subadditiv, endlich subadditiv oder σ-subadditiv, falls µ( n∈I An ) ≤ n∈I µ(An ) S S gilt f¨ ur alle A, B, A B, An , n An aus dem Mengensystem und I endlich bzw. abz¨ahlbar. Bemerkung: σ steht hier f¨ ur etwas Abz¨ahlbares.
1.3.1
Maße
Ein Maß ist eine positive, σ-additive, erweiterte Mengenfunktion nicht identisch unendlich ¨ auf einer σ-Algebra. Die Eigenschaften in a¨quivalenten (Ubung), formelm¨aßigen Aussagen, sind i) µ(∅) = 0 ii) ∀A ∈ A ⇒ µ(A) ≥ 0 S P iii) An ∈ A, n ∈ IN, paarweise disjunkt ⇒ µ( ◦ n An ) = n µ(An ). Proposition 8 Ein Maß ist isoton, additiv, subadditiv und σ-subadditiv.
¨ Der Beweis ist einfach. Ubung. Ein Maßraum (Ω, A, µ) ist ein meßbarer Raum versehen mit einem Maß. Ein endliches Maß ist ein Maß µ : Ω 7→ IR. Ein Wahrscheinlichkeitsmaß ist ein Maß mit µ(Ω) = 1. Ein Wahrscheinlichkeitsraum ist ein Maßraum mit einem Wahrscheinlichkeitsmaß. Jedes endliche Maß µ l¨aßt sich zu einem W-maß transformieren via cµ mit c = 1/µ(Ω). Notation: P (=Probability) f¨ ur ein W-maß. Ein Punktmaß auf ω ∈ Ω ist ein W-maß δω mit δω (A) = 11A (ω). Ein diskretes Maß ist eine positiv gewichtete Summe von Punktmaßen. Jedes diskrete Maß hat eine Darstellung P + µ = ω∈Ω f (ω)δω mit einer Funktion f : Ω → R . Die Abbildung zwischen diskreten Maßen und erweiterten Funktionen f wie oben ist bijektiv (vorausgesetzt die σ−Algebra umfaßt alle Punktmengen {ω}). Ein diskreter Wahrscheinlichkeitsraum besteht aus einer endlichen oder abz¨ahlbaren Grundmenge Ω, der Potenzmenge als σ-Algebra und einem W-maß P . Das W-maß ist eindeutig P durch eine Funktion f : Ω → IR + gegeben mit ω∈Ω f (ω) = 1 via P (A) =
X
P (ω).
ω∈Ω
Ein Laplaceraum ist ein diskreter Wahrscheinlichkeitsraum mit endlicher Grundmenge und dem Maß |A| P (A) = . |Ω| 6
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Das Z¨ ahlmaß ist das Maß µ mit µ(A) = |A|. Hier einige Beispiele und Standardkonstruktionen Binomialverteilung Bin(n,p) zu den Parametern n ∈ IN und p ∈ [0, 1]. Der W-raum ist (Ω = {0, 1, . . . , n}, P(Ω), P ) mit P (k) =
!
n k p (1 − p)n−k k
f¨ ur k ∈ Ω. Beispiel: Sei Ω u ¨ berabz¨ahlbar. Das Mengensystem der Teilmengen A ⊂ Ω mit A abz¨ahlbar oder Ac abz¨ahlbar ist eine σ-Algebra. Die Mengenfunktion µ mit µ(A) = 0 falls A abz¨ahlbar unendlich anderenfalls ist ein Maß. Eingeschr¨ anktes Maß: Sei Q eine meßbare Menge. Die Einschr¨ankung (Q, A|Q ) := {Q ∩ A | A ∈ A}), µ|Q (.) := µ(Q ∩ .)) ist ein Maßraum. Erweitertes Maß: Durch Umkehrung obiger Konstruktion l¨aßt sich ein Maß erweitern. ¨ Ubung. Bildmaß: Sei f : Ω 7→ Ω0 eine meßbare Funktion, µ ein Maß auf A. Die Mengenfunktion f µ, definiert durch f µ(.) = µ(f −1 (.)) ist ein Maß auf A0 . Es heißt transportiertes Maß oder auch Bildmaß. Notation: Alle Notationen f µ = µf −1 = µf = µf sind gebr¨auchlich. Eine maßerhaltende Abbildung ist eine Funktion f : Ω 7→ Ω 0 auf Maßr¨aumen (Ω, A, µ), (Ω0 , A0 , µ0 ) mit f µ = µ0 . Mit M = M (Ω, A) bezeichnen wir den Raum der Maße u ¨ ber dem meßbaren Raum (Ω, A). Dies ist ein konvexer Kegel (= eine konvexe Menge, die positive Vielfache enth¨alt). (Die Addition ist gegeben durch (µ + ν)(·) = µ(·) + ν(·) und die Multiplikation durch (cµ)(·) = c(µ(·)) f¨ ur c ≥ 0). Die W-maße bilden eine konvexe Menge. Die Menge V := {µ − ν | µ, ν endliche Maße } ist ein Vektorraum. Die Element heißen Ladungsverteilung .
1.3.2
Warum σ-Additivit¨ at?
Die σ−Additivit¨at bedeutet eine σ-Stetigkeit. Grundlegend ist das Theorem 9 Sei (Ω, A) ein meßbarer Raum und µ : A 7→ IR eine positive, additive, erweiterte Mengenfunktion mit µ(∅) = 0. µ ist ein Maß genau dann, wenn es σ-stetig von unten ist. Ist µ endlich, so sind ¨aquivalent: i) µ ist ein Maß. ii) µ ist σ-stetig von unten. iii) µ ist σ-stetig von oben. iv) µ ist σ-stetig in der leeren Menge. Beweis: i) ⇒ ii) Sei An %∈ A. Definiere Bn := An \An−1 . Es folgt [n
lim µ(An ) = lim µ( ◦ n
n
i=1
Bi ) = lim n
n X i=1
7
µ(Bn ) =
X n
µ(Bn ) = µ(lim An ). n
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ii) ⇒ i) Umstellung obiger Argumentation. ii) ⇔ iii) Sei An & A ∈ A. Betrachte A1 \An % und µ(A1 \An ) = µ(A1 ) − µ(An ) →n µ(A1 \A) = µ(A1 ) − µ(A). iii) ⇔ iv) Spezialisierung bzw. A1 \A, A = limn An .
1.3.3
Vervollst¨ andigung von Maßr¨ aumen
Sei (Ω, A, µ) ein Maßraum. Eine Nullmenge ist eine Menge aus dem Grundraum, f¨ ur die es eine meßbare Obermenge A mit µ(A) = 0 gibt. Die Menge N aller Nullmengen (bzgl µ) ist abgeschlossen bzgl. abz¨ahlbarer Vereinigung und Teilmengen. Die kleinste σ-Algebra A v erzeugt von A und allen Nullmengen heißt Vervollst¨andigung von A. Proposition 10 Av = {A ∪ N | A ∈ A, N ∈ N }
= {B ⊂ Ω | ∃A, C ∈ A : A ⊂ B ⊂ C, µ(C\A) = 0}
Beweis: i) Einfach. Die Mengensysteme sind σ-Algebren und enthalten A und N . Wir k¨onnen stets das Maß µ auf die vervollst¨andigte σ-Algebra Av als Maß fortsetzen ¨ durch µv (Av ) = µ(A) mit Av = A ∪ N, Av ∈ Av , A ∈ A, N ∈ N . Ubung. Eine Aussage A u ur alle Realisierungen ¨ ber Realisierungen ω gilt fast sicher, falls sie f¨ gilt bis auf eine Nullmenge.
8
Kapitel 2
Maße Dieser Abschnitt zeigt die Existenz von nicht diskreten Maßen via der Caratheodory Maßerweiterung. Anschließend betrachten wir Maße auf den reellen Zahlen, insbesonders das Lebesguemaß, und zeigen einige Eigenschaften.
2.1
Caratheodory Maßerweiterung
Heuristik: Es geht um die Existenz von allgemeinen Maßen. Dazu wird auf einem speziellen Mengensystem einfacher Struktur eine additive Mengenfunktion konstruiert und dann zu einem Maß fortgesetzt. Der (vielleicht) mathematisch nat¨ urlichere Zugang ist eine Erweiterung u ¨ ber Kapazit¨aten, siehe Meyer [6]. Wir benutzen den elementareren Zugang u ¨ ber das ¨außere Maß. Standardbeispiele sind das Lebesgue Maß und Maße auf Produktr¨aumen. Ein Inhalt auf einer Algebra ist eine positive, additve und erweiterte Mengenfunktion. Ein Pr¨ amaß auf einer Algebra ist ein von unten σ-stetiger Inhalt. Ein Pr¨amaß auf einer σ-Algebra ist ein Maß. Satz 11 (Caratheodory) Jedes Pr¨amaß auf einer Algebra l¨aßt sich fortsetzen zu einem Maß auf der von der Algebra erzeugten σ-Algebra. Im Allgemeinen ist die Caratheodory Erweiterung nicht eindeutig. In den uns interessierenden F¨allen ist sie es aber nach folgendem Satz. Satz 12 Seien µ, ν zwei Maße, die auf einem Erzeuger der σ-Algebra A ¨ ubereinstimmen. Der Erzeuger sei abgeschlossen bzgl. endlichem Durchschnitt und es gebe eine gegen Ω aufsteigende Folge En aus dem Erzeuger mit µ(En ) < ∞. Dann sind µ und ν identisch. Beweis: Sei E aus dem Erzeuger mit µ(E) < ∞ und DE := {A ∩ E | A ∈ A, µ(A ∩ E) = ν(A ∩ E)}. • DE ist die Einschr¨ankung A|E der σ-Algebra A auf E. Das Mengensystem DE ist ein Dynkinsystem (leicht) und enth¨alt den ∩e −stabilen Erzeuger eingeschr¨ankt auf E. Nach (Lemma 2) gilt DE = A|E . • {A ∈ A | µ(A) = ν(A)} = A. Argumentiere µ(A) = limn µ(A ∩ En ) = limn ν(A ∩ En ) = ν(A). q.e.d.
Ein Maß µ heißt σ-endlich, falls es eine Zerlegung von Ω in abz¨ahlbar viele Mengen S ¨ endlichen Maßes gibt. (∃An ∈ A, n ∈ IN ◦ n An = Ω, µ(An ) < ∞.) Aquivalent ist die 9
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Maßtheorie
Forderung nach einer gegen den Grundraum aufsteigenden Folge von Mengen endlichen Maßes. Viele Aussagen f¨ ur endliche Maße gelten auch f¨ ur σ−endliche Maße. (F¨ ur die Beweisstruktur siehe den obigen Beweis.) Der Beweis des Satzes von Caratheodory folgt nach dieser Pause. ¨ Außeres Maß Ein ¨ außeres Maß ist eine isotone, σ-subadditive, erweiterte Mengenfunktion auf der Potenzmenge, die die leere Menge auf die Null abbildet. In Formeln, µ ∗ : P(Ω) 7→ IR mit i) µ∗ (∅) = 0 ii) A ⊂ B ⇒ µ∗ (A) ≤ µ∗ (B) Isotonie P S Subadditivit¨at. iii) An ∈ P(Ω), n ∈ IN ⇒ µ∗ ( n An ) ≤ n µ∗ (An ) Notation inf ∅ = ∞. Proposition 13 Sei V ein Mengensystem mit der leeren Menge und µ eine positive, erweiterte Mengenfunktion auf V mit µ(∅) = 0. Dann ist die Mengenfunktion µ ∗ : P(Ω) 7→ IR definiert durch X [ µ∗ (Q) := inf{ µ(Vn ) | Vn ∈ V, Q ⊂ Vn } n
n∈IN
ein ¨außeres Maß. Beweis: Nur die dritte Eigenschaft ist zu zeigen. Seien Q n ⊂ Ω, µ∗ (Qn ) < ∞. W¨ahle zu P ¨ vorgegebenen n > 0 eine Uberdeckung Vn,m ⊂ V, m ∈ IN, von Qn mit µ∗ (Qn ) ≤ n µ∗ (Vn,m ) ≤ S S µ∗ (Qn ) + n . Aus n Qn ⊂ n,m Vn,m folgt µ∗ (
[ n
Qn ) ≤
Dies gilt f¨ ur alle Folgen n , d.h. µ∗ (
X
n,m
S
µ∗ (Vn,m ) ≤
n Qn )
≤
P
nµ
X
(µ∗ (Qn ) + n ).
n
∗ (Q
n ).
q.e.d.
Eine Teilmenge A des Grundraumes heißt meßbar bzgl des ¨ außeren Maßes µ∗ , kurz µ∗ −meßbar, falls f¨ ur alle Q ⊂ Ω gilt µ∗ (Q) = µ∗ (Q ∩ A) + µ∗ (Q ∩ Ac ).
(2.1)
Bemerkung: Die Beziehung ≤ folgt schon aus der Subadditivit¨at des ¨außeren Maßes. Sei A∗ die Menge die Menge der µ∗ -meßbaren Mengen. Lemma 14 F¨ ur jedes ¨außere Maß µ∗ ist (Ω, A∗ , µ∗ ) ein Maßraum. Beweis: Im folgenden sei Q ⊂ Ω und oEdA sei µ ∗ (Q) < ∞. (Beachte die σ−Subadditivit¨at.) • A∗ ist eine Algebra. Das Mengensystem A∗ ist nicht leer und komplementabgeschlossen. F¨ ur den Abschlußnachweis bzgl. endlicher Vereinigung sei A, B ∈ A. Es ist zu zeigen (2.1). Dazu etabliere µ∗ (Q)
=
µ∗ (Q ∩ A ∩ B) + µ∗ (Q ∩ A ∩ B c ) + µ∗ (Q ∩ Ac ∩ B) + µ∗ (Q ∩ Ac ∩ B c ).
(= µ∗ (Q ∩ A) + µ∗ (Q ∩ Ac )) Q durch Q ∩ (A ∪ B) ersetzt ergibt
µ∗ (Q ∩ (A ∪ B)) = µ∗ (Q ∩ A ∩ B) + µ∗ (Q ∩ A ∩ B c ) + µ∗ (Q ∩ Ac ∩ B). 10
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U. R¨osler
Die Subtraktion beider Zeilen ergibt die Behauptung. • µ∗ ist ein Inhalt auf A∗ . Leicht. • A∗ 3 An % A ⇒ µ∗ (Q ∩ An ) % µ∗ (Q ∩ A) Definiere Bn := An \An−1 . Bn , n ∈ IN, ist eine Folge paarweiser disjunkter Mengen aus A ∗ S mit ◦ ni=1 Bi = An . Per Induktion nach n zeige n X i=1
µ∗ (Q ∩ Bi ) = µ∗ (Q ∩ An ).
Dies ist leicht. Damit folgt die obere Behauptung via lim µ∗ (Q ∩ An ) = n
X n
µ∗ (Q ∩ Bn ) ≥ µ∗ (Q ∩ (
[ n
Bn )) = µ∗ (Q ∩ A).
• µ∗ ist ein Pr¨amaß. Vorherige Aussage mit Q = ∅. • A∗ ist monotone Klasse. F¨ ur A∗ 3 An % A ist zu zeigen: A ∈ A∗ . Es gilt µ∗ (Q) = µ∗ (Q ∩ An ) + µ∗ (Q ∩ Acn ) ≥ µ∗ (Q ∩ An ) + µ∗ (Q ∩ Ac ). Dies ergibt µ∗ (Q) ≥ µ∗ (Q ∩ A) + µ∗ (Q ∩ Ac ) im Limes. Wegen der letzten Bemerkung reicht dies. • µ∗ ist ein Maß auf A∗ . A∗ eine σ-Algebra, da A∗ eine Algebra und eine monotone Klasse ist (Lemma 4). Die σStetigkeit von unten war die zweitletzte Behauptung (mit Q = ∅). q.e.d. Beweis von Caratheodory: Bilde zu µ auf der Algebra A das a¨ußere Maß nach Proposition 13. Beachte µ = µ∗ auf der Algebra. • Alle Mengen der Algebra sind µ∗ -meßbar. Es reicht zu zeigen f¨ ur A ∈ A, Q ⊂ Ω µ∗ (Q) ≥ µ∗ (Q ∩ A) + µ∗ (Q ∩ Ac ). Zu vorgegebenem P w¨ahle eine Folge An ∈ A mit Q ⊂ ∪n An und µ∗ (Q) ≤ n µ(An ) ≤ µ∗ (Q) + . Es folgt µ∗ (Q) + ≥
X n
µ(An ) =
X n
µ(An ∩ A) +
X n
µ(An ∩ Ac ) ≥ µ∗ (Q ∩ A) + µ∗ (Q ∩ Ac )
und damit die Behauptung. Aus A ⊂ A∗ folgt σ(A) ⊂ A∗ . µ∗ ist ein Maß auf A∗ . Die Einschr¨ankung tut’s. Bemerkung A∗ ist die Vervollst¨andigung von σ(A) bzgl. µ.
2.1.1
Wann ist ein Inhalt ein Pr¨ amaß
Wann ist ein Inhalt σ-stetig von unten? Eine kompakte Klasse oder ein Mengensystem mit der endlichen Durchschnittseigenschaft ist ein Mengensystem, sodaß jede abz¨ahlbare Auswahl mit gemeinsamen leeren Durchschnitt bereits eine endliche Teilauswahl mit leerem Durchschnitt enth¨alt. In Formeln, C ∈ P(Ω) ist ein kompaktes Mengensystem genau dann, wenn T T * ∀Cn ∈ C, n ∈ IN : ( n∈IN Cn = ∅) ⇒ ∃J ⊂ IN |J| < ∞ : n∈J Cn = ∅. Durch Negation erhalten wie die ¨aquivalente Bedingung T T * ∀Cn ∈ C, n ∈ IN : (∀J ⊂ IN |J| < ∞ n∈J Cn 6= ∅) ⇒ n Cn 6= ∅. Anstelle der endlichen Teilmengen J reicht es {1, . . . , n 0 } mit n0 ∈ IN zu nehmen. 11
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Maßtheorie
Ein Beispiel, vielleicht das einzig wichtige, ist die Menge der kompakten Mengen eines topologischen Raumes. (Siehe auch 7.2.) (Diese erf¨ ullen etwas mehr, da Abz¨ahlbarkeit nicht gefordert werden muß.) Lemma 15 Sei A eine Algebra, µ ein endlicher Inhalt darauf und C ein kompaktes System. Falls es f¨ ur alle A ∈ A und alle > 0 eine Menge C ∈ C und ein B ∈ A gibt mit B⊂C⊂A
µ(A\B) <
gibt, so ist µ ein Pr¨amaß auf der Algebra. Beweis: Wir zeigen, vergleiche Satz 9, die σ-Stetigkeit in der leeren Menge, d.h. A 3 A n & ∅ ⇒ µ(An ) →n 0. Dies reicht. P W¨ahle Bn ∈ A, Cn ∈ C mit Bn ⊂ Cn ⊂ An und n µ(An \Bn ) hinreichend klein. Wegen T T T T n Cn ⊂ n An = ∅ gibt es ein n0 mit n≤n0 Cn = ∅. Dies impliziert µ( n≤n0 Bn ) = µ(∅) = 0. Es folgt \
Bn ) + µ(An0 \
≤ 0 + µ(
An \Bn ) ≤
µ(An0 ) = µ(
n≤n0
\
n≤n0
\
Bn )
n≤n0
X
n≤n0
µ(An \Bn ) ≤
X n
µ(An \Bn )
Die rechte Seite ist hinreichend klein.
q.e.d.
Die Standardanwendung dieses Lemmas betrifft einen topologischen Raum Ω und das kompakte System der kompakten Mengen.
2.1.2
Konstruktion von Inhalten und Algebren
Ein Vereinigungserzeuger einer Algebra ist ein Mengensystem, sodaß die Menge der endlichen disjunkten Vereinigungen von Erzeugermengen eine Algebra bildet. In Formeln, E sei der Erzeuger, [ {◦ Ei | n ∈ IN, Ei ∈ E disjunkt } i≤n
ist eine Algebra. Standardbeispiel: Das Mengensystem aller halboffenen Rechtecke (a, b], 0 ≤ a ≤ b ≤ 1 ¨ in IR ist ein Durchschnittstabiler (∩ e ) Vereinigungserzeuger. (Ubung). Dasselbe gilt f¨ ur alle 2 d halboffenen Rechtecke (a1 , b1 ] × (a2 , b2 ] im IR 0 ≤ ai ≤ bi ≤ 1 und analog auch im IR . Proposition 16 Eine additive, erweiterte Mengenfunktion auf einem durchschnittstabilen Vereinigungserzeuger hat eine eindeutige additive Fortsetzung auf der erzeugten Algebra. Beweis: Die einzig m¨ogliche additive Fortsetzung der Mengenfunktion µ auf der Algebra ist [n
µ ˜( ◦
i=1
Ai ) =
n X
µ(Ai ).
i=1
µ ˜ tut’s. S S Die Abbildung ist wohldefiniert wegen ◦ i Ai = ◦ j Bj X i
µ(Ai ) =
X i
[
µ( ◦ Ai ∩ Bj ) = j
XX i
j
µ(Ai ∩ Bj ) =
und offensichtlich additiv.
XX j
i
µ(Ai ∩ Bj ) =
X
µ(Bj )
j
q.e.d. 12
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2.1.3
U. R¨osler
Beispiele
Wir zeigen das Zusammenspiel der Resultate und Strukturen an zwei Beispielen. Borelmaß: Das Maß auf dem Einheitsintervall versehen mit der Borel σ-Algebra, welches jedem Intervall darin seine L¨ange zuordnet, heißt Borelwahrscheinlichkeitsmaß . Satz 17 Das Borelwahrscheinlichkeitsmaß existiert. Es ordnet jedem Punkt das 0 zu. Beweis: Betrachte das Mengensystem E aller halboffenen Intervalle (x, y] mit 0 ≤ x < y ≤ 1. Dies ein durchschnittstabiler Vereinigungserzeuger. Definiere die Mengenfunktion µ auf dem Mengensystem durch µ(x, y] := y − x. µ ist ein Inhalt auf der von E erzeugten Algebra, Proposition 16. • Der Inhalt µ ist ein Pr¨amaß. Wir verwenden das Lemma 15. Als kompakte Klasse C nehmen wir alle kompakten Mengen in (0, 1]. Die Einschachtelung f¨ ur ein Intervall (x, y) ist (x + , y] ⊂ [x + , y] ⊂ (x, y] mit µ((x, y]\(x + , y]) = . F¨ ur die disjunkte Vereinigung endlich vieler l¨auft dies analog. Die Fortsetzung µ des Pr¨amaßes auf die von E erzeugte σ-Algebra B ist eindeutig, Satz von Caratheodory 11 und 12. µ tut’s. Nachrechnen ergibt ein Wahrscheinlichkeitsmaß, µ({x}) = lim µ((x − n→∞
1 1 , x]) = lim = 0 n n n
und µ(I) ist die L¨ange des Intervall. Anstelle des Einheitsintervalls (0, 1], wie wir es gemacht ¨ haben, k¨onnen wir auch [0, 1] nehmen. (Ubung) q.e.d. Maße auf endlichen Produktr¨ aumen: Seien (Ωi , Ai , µi ), 1 ≤ i ≤ n, endliche Maßr¨aume. Der Produktraum ist n Y
i=1
:= Ω1 × Ω2 × . . . × Ωn = {f : {1, . . . , n} 7→
n [
i=1
Ωi | f (j) ∈ Ωj , j ∈ {1, . . . , n}}.
Eine Rechteckmenge ist eine Menge A1 × A 2 × . . . × A n ,
Ai ∈ Ai .
Sei E die Menge aller Rechteckmengen. Die hiervon erzeugte σ-Algebra σ(E) heißt Produkt σ-Algebra. N Notation i Ai := A1 ⊗ A2 ⊗ . . . ⊗ An . N Ein Maß µ : i Ai 7→ IR mit µ(A1 × A2 × . . . × An ) = µ1 (A1 )µ2 (A2 ) . . . µn (An ),
Ai ∈ Ai , 1 ≤ i ≤ n, heißt Produktmaß. N Notation i µi = mu1 ⊗ mu2 ⊗ . . . ⊗ µn . 13
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Maßtheorie
Proposition 18 Das Produktmaß existiert und ist eindeutig. Beweisskizze: Das Mengensystem der Rechteckmengen E ist ein durchschnittsstabiler Vereinigungserzeuger (Nachrechnen). Definiere auf den Rechteckmengen die Mengenfunktion µ : E → IR durch µ(A1 × A2 × . . . × An ) = µ1 (A1 )µ2 (A2 ) . . . µn (An ). µ ist additiv auf E. Erweitere E zur Algebra und dehne µ additiv aus, Proposition 16. Wenn wir zeigen k¨onnten, daß diese Mengenfunktion ein Pr¨amaß ist, (genauen Beweis sp¨ater,) dann impliziert der Satz von Caratheodory 11 eine Erweiterung zum Maß auf σ(E). Die Eindeutigkeit folgt aus Satz 12. q.e.d. Q N N Das Tripel ( i Ωi , i Ai , i µi ) heißt Produktmaßraum oder Produktraum.
14
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2.2
U. R¨osler
Maße auf den reellen Zahlen
Wieviele Maße gibt es auf den reellen Zahlen versehen mit der Borel σ−Algebra B? Sei f eine Funktion von den reellen Zahlen in die reellen Zahlen. Wir benutzen die Notation f (x+) f¨ ur den Grenzwert limy&x f (y). Eine Funktion f : IR → IR heißt rechtsstetig in x, falls f (x+) = f (x) gilt. Sie heißt rechtsstetig, falls sie rechtsstetig in jedem Punkt x ist. Analog definiert man f (x−) und linksstetig. Ein Radonmaß auf den reellen Zahlen ist ein Maß auf der Borel σ-Algebra mit endlichem Maß f¨ ur jedes Kompaktum. Satz 19 Es gibt eine bijektive Abbildung zwischen isotonen, rechtsstetigen Funktionen F : IR 7→ IR mit F (0) = 0 und Radonmaßen µ auf den reellen Zahlen. Diese Bijektion kann durch F (b) − F (a) = µ((a, b]),
(2.2)
a < b ∈ IR gegeben werden. Beweis: Jedes Radonmaß definiert eindeutig durch die obige Bijektion 2.2 eine Funktion wie oben beschrieben. Die Umkehrung folgt dem Beweis von Satz 17. Jede Funktion wie oben liefert f¨ ur feste reelle Zahlen l < r eine additive und isotone Mengenfunktion µ auf dem durchschnittsstabilen Vereinigungserzeuger E = E(l, r) aller halboffenen Intervalle {(a, b] | l ≤ a ≤ b ≤ r ∈ IR}. Die Mengenfunktion µ wird (eindeutig) zu einem Inhalt auf der von E(l, r) erzeugten Algebra fortgesetzt, Proposition 16. Dieser Inhalt ist ein Pr¨amaß nach Lemma 15. W¨ahle dazu als kompakte Klasse das Mengensystem C der kompakten Mengen. S F¨ ur vorgegebenes A = ◦ ni=1 (ai , bi ] w¨ahle die Mengen Bi := (ai +i , bi ] ∈ E und Ci = [ai +i , bi ]. Dann erf¨ ullen B := ∪i Bi und C := ∪i Ci ∈ C die Bedingung B ⊂ C ⊂ A und µ(A\B) =
X i
(F (ai + i ) − F (ai )
wird beliebig klein f¨ ur geeignet gew¨ahlte i . Der Satz von Caratheodory 11 liefert die Existenz und der Satz 12 die Eindeutigkeit. Der letzte Schritt besteht im Aneinanderkleben. Sei µ n das konstruierte Maß auf (n, n + 1] versehen mit der Borel σ-Algebra B((n, n + 1]). Dann tut’s das Maß µ(B) := ∪n∈ZZ µn (B ∩ (n, n + 1]) auf der Borel σ-Algebra. q.e.d. Borelmaß: Von besonderer Bedeutung ist das Borelmaß µ auf den rellen Zahlen versehen mit der Borel σ-Algebra. Dies ist das Maß korrespondierend zu der Identit¨atsfunktion F (x) = x. Jeder Punkt ist eine Borel Nullmenge. Das Borelmaß eines Intervalls ist gerade die L¨ange des Intervalls. Lebesguemaß: Die Lebesgue σ-Algebra ist die Vervollst¨andigung der Borel σ-Algebra unter dem Borelmaß. Das Lebesguemaß ist die Ausdehnung des Borelmaßes auf die Lebesgue σ-Algebra. Die Standardnotation ist λ. Der Sprachgebrauch zieht das Lebesguemaß dem Borelmaß vor und unterscheidet i.a. nicht dazwischen. Verteilungsfunktion: Eine Verteilungsfunktion ist eine rechtsstetige, aufsteigende Funktion F : IR 7→ IR mit limx→−∞ F (x) = 0, limx→∞ F (x) = 1. 15
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Maßtheorie
Korollar 20 Es gibt eine bijektive Abbildung zwischen Verteilungsfunktionen und W-Maßen auf der Borel σ-Algebra ¨ uber IR. Diese Bijektion kann durch F (b) − F (a) = µ((a, b]) a < b ∈ IR gegeben werden. Beweis: Einfach aus Satz 2.2. d-dimensionaler Raum: Die Argumentation auf IR d verl¨auft ganz analog. Zu festem ai < bi ∈ IR, i ≤ d formen die halboffenen Intervalle (x 1 , y1 ] × ... × (xd , yd ], ai ≤ xi < yi ≤ bi einen durchschnittsstabilen Vereinigungserzeuger. Die Mengenfunktion λ((a1 , b1 ] × ... × (ad , bd ]) :=
d Y
i=1
(bi − ai )
ai ≤ bi ist ein Pr¨amaß auf der erzeugten Algebra und wird zum Maß erweitert. Anschließend ¨ erweitere dieses Mas auf ganz IR d . Ubung. Notation: λd bezeichnet das Borelmaß bzw. Lebesguemaß auf IR d versehen mit der Borel σ-Algebra B d bzw. der Vervollst¨andigung. Bemerkung: Im IRd ist die Charakterisierung von Maßen u ¨ ber Funktionen schwieriger. Wie w¨ urde die Charakterisierung lauten? (Siehe G¨anzler-Stute [3])
2.2.1
Hausdorff Maße und Cantor Menge
Haufsdorffmaß: Es gibt andere Maße von Interesse, die eventuell einer kompakten Menge keinen endlichen Wert zuordnen. Wir geben als Beispiel Hausdorff Maße an. Sei dazu Ω ein metrischer Raum und 0 < α. Defiere µα (Q) = lim inf{ &0
X
n∈IN
diamα (Bn ) | diam(Bn ) < , Q ⊂ ∪n Bn }.
B. bezeichnet offene Kugeln und diam steht f¨ ur den Durchmesser der Kugel. (Der Limes existiert, da die Folge monoton steigend ist. Siehe Falconer [2].) µ α ist ein ¨außeres Maß. Das Maß µα auf der σ-Algebra A∗α der µα -meßbaren Mengen heißt Hausdorffmaß zum Index α. Das Hausdorff Maß ist ein translationsinvariantes Maß auf A ∗α . A∗α enth¨alt die Borel σ−Algebra. Alle offenen, nicht leeren Mengen U in IR d haben den Wert µα (U ) = ∞ f¨ ur 0 < α < d. Das Lebesguemaß λd ist ein Vielfaches des Hausdorff Maßes µ d auf IRd . Die Hausdorff Dimension einer Menge ist das Infimum der α mit endlichem Hausdorff Maß µα (Q) < ∞ [2]. Offene, beschr¨ankte, reelle Mengen in IR d haben die Hausdorff Dimension d. Das Hausdorff Maß einer Menge C ist das Maß µ α (C ∩ ·) : A∗α → IR mit α die Hausdorff Dimension der Menge C. Cantormenge: Als Beispiel wollen wir die Cantormenge und das Cantormaß, das Hausdorffmaß zu der Cantormenge, betrachten. r0 p
p
p
1/3 r
2/3 r
p
p
1r p
p
16
p
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p p p p pppp pppp
p p p p pppp pppp
p p p p pppp pppp
Cantorset Cantorset Can
U. R¨osler
p p p p pppp pppp
Cantorset Cantorset Can
Die formale Definition der Cantormenge C lautet: 3n −1 2
[ 2m 2m + 1
In :=
[
m=0
C :=
\ n
In = {x =
3n
,
3n
∞ X xi i=1
3i
].
| xi ∈ {0, 2}}.
Die Cantormenge hat interessante Eigenschaften: • Die Cantor Menge ist u ¨ berabz¨ahlbar, abgeschlossen, kompakt, nirgends dicht (=das ¨ Innere vom Abschluß ist leer) und perfekt (=jeder Punkt ist H¨aufungspunkt). (Ubung) • Die Cantor Menge ist Borel meßbar und das Lebesgue Maß der Cantor Menge ist 0. ¨ Ubung 2 ¨ • Die Hausdorff Dimension ist α = ln ln 3 < 1. (Keine Ubung) • Das Cantor Maß ist ein Wahrscheinlichkeitmaß mit der stetigen, fast u ¨ berall unendlich oft differenzierbaren Verteilungsfunktion F (x) = inf{1,
∞ ∞ X ai ai 1X | C 3 ≥ x}. i 2 i=1 2 3i i=1
¨ Ein Bild ist hilfreich. Ubung • Die Abbildung ϕ : C 7→ [0, 1] x=
∞ X xi i=1
3i
7→ ϕ(x) =
∞ 1X xi 2 i=1 2i
(2.3)
ist isoton, stetig, und, wenn wir abz¨ahlbar viele Punkte entfernen, bijektiv. Das Bildmaß des Cantor Maßes unter ϕ ist das Lebesgue Maß. • Die Cantormenge ist die gr¨oßte kompakte invariante Menge bzgl. der Funktion f : IR 7→ IR, f (x) = 11x≤1/2 3x+11x>1/2 (1−3x). (Eine Menge A heißt invariant unter f, falls f −1 (A) = A ¨ gilt.) (Ubung: Benutze die Trialdarstellung einer reellen Zahl.)
2.2.2
Translationsinvariante Maße
Ein Maß auf IR heißt translationsinvariant, falls es invariant ist bez¨ uglich aller Translationen. (D.h. µ(A + x) = µ(A) f¨ ur alle x ∈ IR, A ∈ A). Proposition 21 Das Lebesgue Maß ist bis auf Vielfache das einzige translationsinvariante Radonmaß auf den reellen Zahlen. Beweis: Betrache D := {A ∈ B | ∀x ∈ IR : λ(A) = λ(A + x)}. Dies ist ein Dynkin System und enth¨alt den durchschnittabgeschlossenen Erzeuger der halboffenen Intervalle (a, b]. Nach Lemma 3 gilt D = B. Eindeutigkeit: Durch den Wert µ((0, 1]) wird, verwende Additivit¨at und Translationsinvarianz das Maßes µ, µ((p, q]) f¨ ur alle halboffenen Intervalle (p, q], p, q ∈ Ql festgelegt. Diese bilden ein Erzeugersystem der Borel σ-Algebra. q.e.d. 17
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Maßtheorie
Bemerkung: Es gibt andere translationsinvariante Maße auf der Borel σ-Algebra, z.B. das Z¨ahlmaß, oder das Maß, welches genau den abz¨ahlbaren Mengen den Wert 0 zuordnet, ansonsten aber ∞ ist. Das Hausdorff Maß ist ebenfalls translationsinvariant.
2.2.3
Nichtmeßbare Mengen
Lemma 22 Es gibt nicht lebesguemeßbare Mengen auf den reellen Zahlen. ¨ Beweis: Definere die Aquivalenzrelation x ∼ y ⇔ x − y ∈ Ql. ¨ Aus jeder Aquivalenzklasse [x] := {y ∈ IR | x ∼ y} w¨ahle einen Repr¨asentanten aus [0, 1]. Dies ist m¨oglich nach dem Auswahlaxiom. • A tut’s. Angenommen A ist lebesguemeßbar. Die Mengen A+q, q ∈ Ql, sind disjunkt. Das Lebesguemaß S von B := ◦ q∈Ql ∩[−1,1] (A + q) ist strikt positiv und beschr¨ankt durch 3 wegen [0, 1] ⊂ B ⊂ [−1, 2]. Andererseits ergibt die Translationsinvarianz λ(B) =
X
λ(A + q) =
X
q∈Q l ∩[−1,1]
q∈Q l∩[−1,1]
λ(A + q) = ∞λ(A)
den Widerspruch 1 ≤ λ(B) = ∞λ(A) ≤ 3. q.e.d. Bemerkung: Es gibt lebesguemeßbare Mengen, die nicht borelmeßbar sind. Betrachte dazu die Cantorabbildung ϕ aus (2.3) und ein nicht meßbares A von positivem Borelmaß. Dann ist ϕ−1 (A) nicht borelmeßbar, aber als Nullmenge lebesguemeßbar. Bemerkung: Sei (Ω, A, µ) ein beliebiger Maßraum und C eine eventuell nicht meßbare Menge. Dann ist die Einschr¨ankung (Ω|C = C, A|C = {A ∩ C | A ∈ A}, µ|C ) mit µ|C (A) := µ∗ (A ∩ C) = inf{µ(B) | B ∈ A, A ∩ C ⊂ B} ein Maßraum.
2.3 2.3.1
Diverses Regularit¨ at∗
Sei (Ω, A, µ) ein Maßraum. Ein Maß µ heißt von außen regul ¨ ar oder von oben regul¨ar bzgl. einem Mengensystem C, falls f¨ ur alle meßbaren Mengen A gilt µ(A) = inf{µ(C) | A ⊂ C ∈ C}. Analog definiert man von innen regul¨ ar oder unten durch µ(A) = sup{µ(C) | C 3 C ⊂ A}. µ heißt regul¨ ar bzgl. C, falls es von außen und innen regul¨ar ist. Ein Maß µ heißt von außen σ−regul¨ ar oder von oben bzgl. einem Mengensystem C, falls f¨ ur alle meßbaren Mengen A gilt µ(A) = inf{
X n
µ(Cn ) | A ⊂ ∪n Cn , Cn ∈ C}.
Regularit¨at ist eine Art σ-Stetigkeit des Maßes bzgl. gewisser Mengensysteme. 18
WS98/99
U. R¨osler
Lemma 23 Jedes Radonmaß auf den reellen Zahlen ist regul¨ar von innen bzgl. kompakten Mengen, regul¨ar von außen bzgl. offenen Mengen und σ−regul¨ar von außen bzgl. kompakten Mengen. Beweis: Beweis: Sei zuerst µ ein endliches Maß. Betrachte die Menge D aller meßbaren Mengen, die sich dem Maße nach beliebig gut von außen durch offene Mengen und von innen durch abgeschlossene Mengen approximieren lassen. • D enth¨alt alle abgeschlossenen beschr¨ankte Intervalle. Das Intervalll [a, b] ist abgeschlossen und enthalten in der offenen Menge (a − , b + ). Die σ-Stetigkeit des Maßes liefert µ((a − , b + )) → →0 µ([a, b]). • D ist ein Dynkinsystem. D 6= ∅ und komplementabgeschlossen ist einfach. F¨ ur die Abgeschossenheit bzgl. disjunkter abz¨ahlbarer Vereinigung seien Dn ∈ D. W¨ahle zu vorgegebenem abgeschlossene Mengen A n P und offene Mengen Un mit An ⊂ Dn ⊂ Un und µ(Un \An ) ≤ n und n n klein, etwa /2. P Sei N ∈ IN gew¨ahlt mit µ(∪n An \ ∪n≤N An ) ≤ µ(∪n>N Dn ) ≤ n>N µ(Dn ) hinreichend klein, etwa /2. Dann ist A = ∪n≤N An abgeschlossen, U = ∪n Un offen und erf¨ ullen ∪n≤N An ⊂ ∪n Dn ⊂ ∪n Un und µ(U \A) ≤ µ(
[ n
Un \
[ m
Am ) + µ(
[ m
Am \
[
m≤N
Am ) ≤
X n
µ(Un \An ) + /2 < .
• D ist eine σ-Algebra. ¨ Wir haben nur zu zeigen D ist (endlich) durchschnittsabgeschlossen. Ubung. • D ist die Borel σ−Algebra. D enth¨alt alle abgeschlossenen Intervalle und diese erzeugen die Borel σ-Algebra. • µ ist regul¨ar von unten durch kompakte. Die abgeschlossenen beschr¨ankten Mengen sind nach dem Satz von Heine-Borel genau die kompakten Mengen. Zu jeder abgeschlossenen Menge A gibt es eine enthaltene kompakte Menge K mit µ(A\K) beliebig klein. (A ∩ [−n, n] ist kompakt, aufsteigend gegen A und µ(An ) → µ(A).) ¨ • Der Satz gilt auch f¨ ur nichtendliche Maße. Zerlege IR in geeignete Intervalle. Ubung. • Jedes µ ist σ−regul¨ar von oben durch kompakte. Jede offene Menge U l¨aßt sich schreiben als abz¨ahlbare disjunkte Vereinigung von offenen Intervallen. Jedes offene Intervall I l¨aßt sich beliebig gut durch abz¨ahlbar viele Kompakta [a, b] ⊂ I u ¨ berdecken, mit µ(a) = 0 = µ(b). Fertig. (Formal: Zu vorgebenem B ∈ B mit µ(B) < ∞ w¨ahle eine offenes U, mit B ⊂ U und µ(U \B) < . U ist darstellbar S ¨ als disjunkte Vereinigung ◦ In von abz¨ahlbar vielen offenen Intervallen I n . Uberdecke jedes Intervall In wie oben beschrieben durch abz¨ahlbar viele abgeschlossene Intervalle I n,m = [an,m , bn,m ], µ(an,m ) = 0 = µ(bn,m ), deren Innere alle disjunkt sind. Dies ist m¨oglich, da P S ¨ {x | µ({x}) > 0} h¨ochstens abz¨ahlbar ist Ubung. Damit folgt n,m µ(In,m ) = µ(◦ n,m In,m ) = µ(U ) ≤ µ(B) + .) q.e.d. Lemma 24 Sei λ das Borel Maß auf IR und B eine Borelmenge von strikt positivem Borelmaß. Dann existiert f¨ ur alle > 0 ein offenes, nichtleeres Intervall mit λ(I ∩ B) ≥ 1 − . λ(I) 19
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Maßtheorie
Beweis: OEdA sei λ(B) beschr¨ankt. W¨ahle eine offene Obermenge U von B mit λ(U \B) < δ. S Die offene Menge hat eine Darstelllung U = ◦ n∈IN mit In offene Intervalle. Sch¨atze ab λ(B) =
X λ(In ∩ B) n
λ(In )
λ(In ) ≤ sup m
λ(Im ∩ B) X λ(Im ∩ B) (λ(B) + δ). λ(In ) ≤ sup λ(Im ) λ(Im ) m n
F¨ ur δ hinreichend klein muß das Supremum dicht bei 1 liegen. q.e.d. Bemerkung: Das obige Lemma besagt in Worten, jede Borelmenge ist irgendwo dick. Die Hausdorffdimension der Borelmengen ist (glaubhaft) mindestens so groß wie die Hausdorffdimension des offenen Intervalles. Proposition 25 Sei B eine Borelmenge von strikt positivem Maß. Dann ist 0 ein innerer Punkt von B − B = {x − y | x, y ∈ B}. Beweis. Sei I ein Intervall mit λ(I ∩ B) > 34 λ(I) > 0. Sei A := I ∩ B. Hieraus folgt λ(A ∩ (A + )) = λ(A) + λ(A + ) − λ(A ∪ (A + ))
≥ 2λ(A) − λ(I ∪ (I + )) ≥ 2λ(A) − λ(I) − > 0
f¨ ur alle > 0 klein genug. Damit ist A ∩ (A + ) 6= ∅ f¨ ur alle hinreichend klein.
2.3.2
q.e.d.
Borelr¨ aume*
Viele Maßr¨aume sind isomorph zu IR oder einer Teilmenge davon. Daher spielen die reellen Zahlen solch eine herausragende Rolle. Zwei meßbare R¨aume heißen isomorph, falls es eine Bijektion gibt die meßbar ist und deren Inverses meßbar ist. Ein Borelraum (Lebesgueraum) ist eine Borelmenge (Lebesguemenge) versehen mit der induzierten Borel σ-Algebra. Wir sprechen von einem Standardborelraum, (Standardlebesgueraum, ) falls der meßbare Raum maßtheoretisch isomorph zu einem Borelraum (Lebesgueraum) ist. Ein meßbarer Raum heißt separabel oder abz¨ ahlbar erzeugt, falls es einen abz¨ahlbaren Erzeuger gibt. Ein meßbarer Raum heißt punktetrennend oder hausdorffsch falls es zu jedem ω 6= ω 0 eine Menge A gibt, die ω enth¨alt, aber nicht ω 0 . ¨ Durch Aquivalenzbildung l¨aßt sich jeder meßbare Raum hausdorffsch machen. Die Relation ¨ ω ∼ ω‘ ⇔ ∃A ∈ A : ω ∈ A, ω 0 6∈ A ist eine Aquivalenzrelation. Der Raum (Ω/∼ := {[ω] | ω ∈ Ω}, A/∼ := {{[ω] | ω ∈ A} | A ∈ A}) ist ein Hausdorffscher meßbarer Raum. Satz 26 Sei (Ω, A) ein separabler, hausdorffscher, meßbarer Raum. Dann ist (Ω, A) isomorph zu einer (nicht notwendig borelmeßbaren) Menge in IR mit der Borel σ-Algebra. Diese Bijektion kann gegeben werden durch X f := 3−n 211En . n∈IN
Hierbei ist {En ∈ A | n ∈ IN } ein abz¨ahlbarer Erzeuger f¨ ur A. Die Abbildung f : E → f (E) ist bimeßbar. Beweis: f ist wohldefiniert und bijektiv. F¨ ur die Bimeßbarkeit (f −1 meßbar) argumentiere T P xi u ¨ ber Erzeuger und f (En ) = f (Ω) {x = i 3i | xn = 2}. f (Ω) ist enthalten in der Cantormenge. Diese hat Lebesguemaß 0. Ist Ω enthalten in der Cantormenge und nicht 20
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U. R¨osler
meßbar, so gilt, vorausgesetzt En entspricht xn = 2 in der Trialdarstellung, f (Ω) = Ω. Dies ist nicht Borelmeßbar. q.e.d. Bemerkungen: i) Alle separablen metrischen R¨aume sind maßtheoretisch isomorph. W¨ahlen wir als abz¨ahlbaren Erzeuger der σ-Algebra einen abz¨ahlbaren Erzeuger der Topologie, so erh¨alt obige Konstruktion die Topologie, nicht aber die Metrik. ii) Maße werden durch den Isomorphismus ebenfalls eindeutig transportiert. Es reicht daher Maße auf reellen Zahlen genauer zu studieren.
21
WS98/99
22
Maßtheorie
Kapitel 3
Integrale Ziel dieser Sektion ist der Integralbegriff als lineare und σ-stetige Fortsetzung I des Maßes µ auf Funktionen. Ein Maß µ fassen wir als eine Abbildung auf Indikatorfunktionen 11 A auf, µ(11A ) = µ(A). Diese Abbildung setzen wir linear fort zu einer Abbildung I auf der Menge T der P Treppenfunktionen ni=1 ai 11Ai via I(
X
ai 11Ai ) =
X
ai µ(Ai ).
i
i
Damit ist die algebraische Erweiterung beendet. Wir erweitern die Abbildung I zu I˜ durch einen geeigneten Konvergenzbegriff via ˜ ) = lim µ I(f ˜(fn ) n
mit fn konvergiert gegen f. Als Konvergenzbegriff benutzen wir Ordnungskonvergenz oder topologische Konvergenz. Ordnungsstruktur Ein geeigneter Konvergenzbegriff auf den reellen Zahlen wird durch die Ordnungsstruktur geliefert, f n konvergiert aufsteigend punktweise gegen f . Vektorraumstruktur Ein anderer gern gew¨ahlter Zugang ist es, T als Vektorraum zu betrachten, mit einer Norm zu versehen, bez¨ uglich dieser Norm abzuschließen und dann das Funktional I auf den Abschluß von T stetig zu erweitern. Wir kommen hierauf bei banachraumwertigen Funktionen zur¨ uck. Mengentheoretischer Zugang Wir identifizieren eine positive Funktion f : Ω 7→ IR + mit der Menge {(ω, (0, f (ω)]) ⊂ Ω × IR} und verschaffen uns den Integralbegriff via des Produktmaßes, siehe dort, auf dem Produktraum ˜ ) = µ ⊗ λ({(ω, (0, f (ω)]) | ω ∈ Ω}). I(f
3.0.3
Algebraische Erweiterung
Eine Treppenfunktion ist eine meßbare Abbildung f : Ω 7→ IR mit endlich vielen Werten. Die Darstellung ist nicht eindeutig. Eine Treppenfunktion f ist stets eindeutig darstellbar in der Standarddarstellung als Treppenfunktion N X
an 11f −1 (an ) .
n=1
23
WS98/99
Maßtheorie
Hierbei sind a1 , ..., aN ∈ IR die angenommenen Werte. Sei T = T (IR) die Menge der Treppenfunktionen. Jede Treppenfunktion ist eine Linearkombination von Treppen, T ={
N X
n=1
an 11An | N ∈ IN, An ∈ A, an ∈ B}.
(Einfach.) Die Darstellung einer Treppenfunktion ist nicht eindeutig. Der Raum T ist ein Vektorraum. Wir betrachten den positiven Kegel T + der positiven Treppenfunktionen. Proposition 27 Die Funktion I : T + 7→ IR definiert durch I(f ) :=
N X
an µ(f −1 (an ))
(3.1)
n=1
ist eine additive, skalare und isotone Funktion. Beweis: I ist wohldefiniert, da die Standarddarstellung eindeutig ist. • Additivit¨at I(f + g) =
X
cn µ((f + g)−1 (cn )) =
n
n
=
X
(ai + bj )µ(f
i,j
=
XX i
X
j
−1
(ai ) ∩ g
−1
X
cn
{i,j|ai +bj =cn }
µ(f −1 (ai ) ∩ g −1 (bj ))
(bj ))
ai µ(f −1 (αi ) ∩ g −1 (bj )) +
XX j
i
βj µ(f −1 (αi ) ∩ g −1 (bj ) = I(f ) + I(g)
Die Skalarit¨at und Isotonie sind einfach. q.e.d. Bemerkung: F¨ ur einen additiven Operator ist Isotonie und Positivit¨at dasselbe. P P F¨ ur jede Darstellung einer Treppenfunktion f als n an 11An gilt I(f ) = n an µ(An ).
Hintergrund Ordnungsstruktur
Sei A eine Menge. Eine Relation ist eine Teilmenge R von A × A. Die Komposition oder Verkn¨ upfung zweier Relationen R, Q ist gegeben durch R ◦ Q =: {(a, c) | ∃b ∈ A : (a, b) ∈ R, (b, c) ∈ Q}. Das Inverse einer Relation ist R −1 := {(b, a) | (a, b) ∈ R}. Eine Relation heißt reflexiv, falls die Relation die Diagonale {(a, a) | a ∈ A} enth¨alt. Eine Relation heißt symmetrisch, falls die Relation gleich ihrer Inversen ist. Eine Relation heißt antisymmetrisch, falls der Durchschnitt der Relation mit der Inversen genau die Diagonale ist. Eine Relation heißt transitiv, falls die Relation unter Komposition abgeschlossen ist (R ◦ R ⊂ R). Eine Teilordnung oder partielle Ordnung oder Ordnung auf einer Menge A ist eine reflexive, antisymmetrische und transitive Relation. Wir schreiben a b f¨ ur (a, b) ∈ R und sprechen von b dominiert oder majorisiert a oder auch b ist gr ¨ oßer als a. Analog benutzen wir Minorante und kleiner. Ein Tupel (A, ) heißt geordnete Menge . Sei (A, ) eine partielle Ordnung. Ein Element a ∈ A heißt obere Schranke von B ⊂ A falls b ≤ a f¨ ur alle b ∈ B gilt. Eine Menge B ⊂ A heißt nach oben (unten) beschr ¨ ankt, 24
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U. R¨osler
falls es eine obere (untere) Schranke von A gibt. Wir sprechen von einer kleinsten oberen Schranke a von B falls a eine obere Schranke ist und f¨ ur alle anderen oberen Schranken x gilt a ≤ x. W Notation: a = supb∈B b = b∈B b. Eine kleinste obere Schranke a heißt Maximum von B, falls zus¨atzlich a ∈ B gilt. Notation: x = maxb∈B b. V Analog verwenden wir das Infimum inf b∈B = b∈B b und Minimum. Notation: a ∨ b := sup{a, b} a ∧ b := inf{a, b}. Ein Verband ist eine geordnete Menge abgeschlossen bzgl. endlichem Supremum und endlichem Infimum. Wir schreiben (A, ≺, ∧, ∨) in der Notation wie oben. Ein Verband heißt von oben (unten) vollst¨ andig falls jede nach oben (unten) beschr¨ankte Teilmenge ein Supremum (Infimum) besitzt. Er heißt vollst¨ andig, falls er von unten und oben vollst¨andig ist. Analog verwenden wir σ-vollst¨ andig falls jede beschr¨ankte abz¨ahlbare Menge ein Supremum und Infimum besitzt. Eine isotone Funktion ist eine ordnungserhaltende Funktion. Eine isotone Funktion f heißt von unten σ-stetig, falls f¨ ur jede aufsteigende abz¨ahlbare Folge an ∈ M mit supn an ∈ M gilt ∨n f (an ) = f (∨n an ). Analog verwenden wir von oben σ-stetig und σ-stetig f¨ ur beides. Bemerkung: Jeder Verband l¨aßt sich σ-vervollst¨andigen, (von unten, von oben, vervollst¨andigen). Darunter verstehen wir eine kleinste, ordnungserhaltende und injektive Einbettung des Verbandes in einen σ-vollst¨andigen (von unten, von oben, vollst¨andigen) Verband. Bis auf Isomorphie ¨ (ordnungserhaltende Bijektion) ist diese eindeutig. (Keine Ubung: Dies ist eine mathematische Standardkonstruktion. Z.B. lassen sich so die reellen Zahlen aus den rationalen Zahlen konstruieren.) Weiterhin: jede isotone, von unten σ-stetige Abbildung I : V 7→ IR ∪ {∞} l¨aßt sich eindeutig von unten σ-stetig fortsetzen auf die σ-Vervollst¨andigung des Verbandes durch ˜ = lim I(vn ). I(v) n
Hierbei ist vn ∈ M, n ∈ IN, eine Folge mit vn %n v. Dies bildet den abstrakten Hintergrund unserer folgenden Argumentation. Bemerkung: Eine σ-Algebra ist ein Verband mit der Ordnung induziert durch Enthalten, A ≺ B ⇔ A ⊂ B, A ∨ B = A ∪ B, A ∧ B = A ∩ B. Dieser Verband ist vollst¨andig. Ein Maß ist von unten σ-stetig, eine endliches Maß sogar σ-stetig. Der Satz von Caratheodory ist die σ-stetige Erweiterung einer σ-stetigen, additiven und isotonen Abbildung auf einem Verband. Der Ring (=Verband) wird erweitert zur σ-Algebra (Verbandsvervollst¨andigung) und das Pr¨amaß zum Maß. Integrale u ¨ ber Ordnungsstruktur Der Raum der reellwertigen, positiven, erweiterten Treppenfunktionen T + = T (IR+ ) versehen mit der punktweisen Ordnung ist ein Verband. Die Vervollst¨andigung von T + bzgl. σ-Stetigkeit + von unten ist der Raum F der erweiterten reellwertigen, meßbaren und positiven Funktionen. + Zu gegebener Funktion f ∈ F konvergieren zum Beispiel die Treppenfunktionen f n n
fn (x) :=
n2 X i i=0
2n
11
aufsteigend gegen f. 25
i 2n
≤f (x)< i+1 2n
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Maßtheorie
Diese Konstruktion kann nur funktionieren, falls I auf T + selbst σ-stetig ist. Dies liefert die n¨achste Proposition. Proposition 28 Die Funktion I : T + 7→ IR+ definiert durch (3.1) ist eine additive, skalare, isotone, von unten σ-stetige Funktion. Die Abbildung I eingeschr¨ankt auf I −1 (IR) ist σ-stetig. Beweis: Die Wohldefiniertheit, Linearit¨at, Skalarit¨at, Isotonie wurde in Proposition 27 gezeigt. F¨ ur die σ-Stetigkeit von unten betrachte eine aufsteigende Folge f n % f aus T + . Seien 0 ≤ a1 < a2 < ... < aN die Werte von f und Ai = f −1 (ai ). • I(fn 11Ai ) % I(f 11Ai ) f¨ ur alle i = 1..N. Dies folgt aus der σ-Stetigkeit des Maßes, ai µ(Ai ) = I(ai 11Ai ) ≥ I(fn 11Ai ) ≥ (ai − )µ(Ai ∩ {fn ≥ ai − }) →n (ai − )µ(Ai ). Mit → 0 erhalten wir die Teilbehauptung. • σ-Stetigkeit von unten. Zu zeigen ist I(fn ) % I(f ). I(fn ) =
X i
I(fn 11Ai ) %
X
I(f 11Ai ) = I(f ).
i
• I eingeschr¨ankt auf I −1 (IR) ist σ-stetig. F¨ ur eine Folge fn & f ∈ T + betrachte f1 − fn % f1 − f und argumentiere wie oben. q.e.d. + Definiere die Abbildung I˜ von F in die erweiterten reellen Zahlen via ˜ ) = lim I(fn ). I(f n%∞
f¨ ur irgendeine Folge fn von positiven Treppenfunktionen punktweise aufsteigend gegen f. + Satz 29 Die Abbildung T˜ : F → IR ist wohldefiniert. Sie ist als additive und σ-stetige Fortsetzung des Maßes µ eindeutig und ist additiv, skalar, isoton und σ-stetig von unten. Die Fortsetzung I˜ eingeschr¨ankt auf I˜−1 (IR) ist σ-stetig.
Beweis: • I˜ ist wohldefiniert. Seien fn und gm zwei monoton gegen f aufsteigende Folgen von Treppenfunktionen. Dann gilt lim I(fn ) ≥ lim I(fn ∧ gm ) ≥ I(gm ). n
n
Dies ergibt limn I(fn ) ≥ limm I(gm ). Aus Symmeriegr¨ unden gilt auch die andere Ungleichung. ˜ • I ist σ-stetig. + Sei F 3 fn % f. Seien T + 3 fi,n %i fn . Dann konvergieren die Treppenfunktionen W gn := i,m≤n fi,m ≤ fn isoton gegen f. Aus der Sandwichposition ˜ ) = lim I(gn ) ≤ lim I(f ˜ n ) ≤ I(f ˜ ) I(f n
ergibt sich die Behauptung. • Die Fortsetzung I˜ eingeschr¨ankt auf I˜−1 (IR) ist σ-stetig. Verwende σ-Stetigkeit von unten und f n & f ⇔ f1 − fn % f1 − f. Zu zeigen bleiben die Eindeutigkeit der Fortsetzung und die algebraischen Eigenschaften Additivit¨at und Skalarit¨at. Dies ist einfach. q.e.d. 26
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U. R¨osler
+ Bemerkung: F ist die σ-Vervollst¨andigung von unten bzgl. der Ordnung von T + . I˜ ist die einzig m¨ogliche σ-stetige Fortsetzung von I.
Jede Funktion f : Ω 7→ IR hat eine eindeutige Zerlegung f = f + − f − mit f + := f ∨ ˜ + ) oder 0, f − = (−f )+ . Sei Fe der Raum alle meßbaren erweiterten Funktionen f mit I(f ˜ − ) endlich. Erweitere I˜ auf Fe durch I(f ˜˜ ) := I(f + ) − I(f − ). I(f Dies Objekt nennen wir Integral bzw. genauer Lebesgueintegral. Dies ist (fast) der allgemeinste Integralbegriff. Gebr¨auchliche Notationen f¨ ur das Integral I˜˜ sind ˜˜ ) =: µ(f ) =: I(f
Z
f (ω)dµ(ω) =:
F¨ ur eine meßbare Menge A verwenden wir Z
Speziell auf IR verwenden wir
f dµ :=
Z
f dµ :=
Z
A
Z
Z
b a
f (ω)µ(dω) =: Ω
Z
f dµ =:
Z
f.
f 11A dµ.
f dµ. (a,b]
Hat µ keine Punktmaße (∀x ∈ IR : µ(x) = 0), so benutzen wir auch Z
b
f dµ := a
Z
[a,b]
f dµ =: −
Z
a
f dµ. b
Ist µ das Lebesguemaß λ auf IR so schreiben wir Z
f (x)λ(dx) =
Z
f (x)dx.
Eine integrierbare Funktion f ist eine meßbare Funktion mit endlichem Wert ∞. Der Raum L1 der integrierbaren Funktionen ist ein Vektorraum. R
R
|f |dµ <
Korollar 30 Das Integral auf den integrierbaren Funktionen ist ist eine additive, skalare, isotone und σ-stetige Abbildung. Beispiel: Sei µ ein Maß und g ≥ 0 eine meßbare Funktion. Dann ist die Mengenfunktion ν : A 7→ IR, definiert durch Z g dµ,
ν(A) :=
A
ein Maß. Notation dν = gdµ oder auch ν = gµ. Beispiel: Wir betrachten ein W-Maß µ auf (IR, B). Die zugeh¨orige Verteilungsfunktion F sei stetig differenzierbar. Die Behauptung ist Z Z dF g(x)dµ(x) = g(x) (x)dx dx f¨ ur alle integrierbaren Funktionen g. Die Behauptung ist richtig f¨ ur eine Treppe 11A . Da beide Seiten additiv und σ-stetig sind, gilt Gleichheit f¨ ur alle positiven meßbaren Funktionen. Dann aber auch f¨ ur alle integrierbaren Funktionen. 27
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3.0.4
Maßtheorie
Konvergenzs¨ atze
R
Sei das oben definierte Integral f¨ ur einen beliebigen Maßraum (Ω, A, µ). Wir benutzen R R f = f dµ.
Satz 31 (Monotone Konvergenz) Sei fRn , n ∈ IN, eine steigende (fallende) Folge erweiterter R meßbarer Funktionen und sei f1 > −∞ ( f1 < ∞.) Dann gilt Z
lim fn = lim n
n
Z
fn .
Beweis: Dies ist die σ-Stetigkeit des Integrals. Lemma 32 (Lemma von Fatou) Sei fn , n ∈ IN, eine Folge erweiterter, meßbarer Funktionen. Sind die fn gleichm¨aßig nach unten beschr¨ankt durch eine integrierbare Funktion, so gilt Z
lim inf
fn ≥
Z
lim inf fn .
Sind die fn gleichm¨aßig nach oben beschr¨ankt durch eine integrierbare Funktion, so gilt lim sup
Z
fn ≤
Z
lim sup fn .
V
Beweis: Definiere gN := ∞ n=N fn . Die Folge gN , N ∈ IN, konvergiert aufsteigend gegen lim inf n fn . Mit dem Satz von der monotonen Konvergenz erhalten wir Z
fN ≥
Z
gN %N
Z
lim inf fn . n
F¨ ur die zweite Aussage betrachte die Folge −f n und beachte lim inf(−fn ) = − lim sup fn . q.e.d. Satz 33 (Dominierte Konvergenz) Sei f n , n ∈ IN, eine konvergente Folge erweiterter, meßbarer Funktionen. Weiterhin sei |f n |, n ∈ IN, gleichm¨aßig durch eine integrierbare Funktion beschr¨ankt. Dann gilt Z Z lim
fn =
n
lim fn .
Beweis: Folgerung aus dem Lemma von Fatou. lim sup
Z
fn ≤
Z
lim sup fn =
Z
lim inf fn ≤ lim inf
Z
fn ≤ lim sup
Z
fn .
Die Forderung einer Schranke ist essentiell. Als Beispiel betrachten wir: Ω = (0, 1] versehen mit der Borel σ-Algebra und dem Borelmaß λ. Sei f n := n11(0,1/n] . Es gilt limn fn =≡ 0, lim
Z
fn dλ = 1 >
Z
lim fn dλ = 0. n
Der Satz u ¨ ber dominierte Konvergenz ist nicht anwendbar. 28
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3.0.5
U. R¨osler
Transformationssatz
Satz 34 (Transformationssatz) Sei (Ω, A, µ) ein Maßraum und (Ω ∗ , A∗ ) ein meßbarer Raum. Sei T : Ω 7→ Ω∗ eine meßbare Abbildung. Dann gilt f¨ ur meßbare Funktionen f ∗ : ∗ Ω 7→ IR, sofern eine Seite wohldefiniert ist, Z
Ω∗
f ∗ d(T µ) =
Z
Ω
f ∗ ◦ T dµ.
¨ Beweis: Die Aussage ist leicht nachzurechnen f¨ ur f ∗ = 11A∗ , A∗ ∈ A∗ . (Ubung). Beide Seiten sind lineare, σ-stetige Fortsetzungen (einer Mengenfunktion). Diese sind eindeutig. q.e.d. Beispiel: Sei T eine stetig differenzierbare Funktion auf den reellen Zahlen mit strikt positiver Ableitung T 0 und sei µ das Lebesguemaß. Es gilt die Transformationsformel mit y = T (x), f integrierbar, Z Z f (y) dy = f (T (x))dx. T 0 (T −1 (y)) Hierbei ist das Maß µ gegeben durch (µ)(A) = Z.B. f (x) =
ex ,
T (x) =
x2
Z
A
T 0 (T −1 (y))dy.
= y, µ(dx) = dx, x2 = y, dx = Z
ey √ dy = 2 y
Z
dy √ 2 y,
2
ex dx.
F¨ ur weitere und genauere Rechenregeln siehe Lehrb¨ ucher u ¨ ber Differential und Integralrechnung. Fubini Der wesentliche Satz dieses Abschnittes ist der Satz von Fubini. Seien (Ω, A, µ) und (Ω0 , A0 , µ0 ) meßbare R¨aume. Das Produktmaß auf dem Produktraum N Ω × Ω0 versehen mit der Produkt σ-Algebra A A0 ist ein Maß ν welches ν(A × A0 ) = µ(A)µ0 (A0 ) erf¨ ullt f¨ ur alle A ∈ A, A0 ∈ A0 . N 0 Notation: µ µ ist das Produktmaß. Satz 35 (Fubini) Seien µ, µ0 σ-endliche Maße. Dann gilt
Z
Ω0
(
Z
Ω
f (ω, ω 0 )dµ(ω))dµ0 (ω 0 ) =
Z
Ω×Ω0
f (ω, ω 0 )d(µ×µ0 )(ω, ω 0 ) =
Z
( Ω
Z
Ω0
f (ω, ω 0 )dµ0 (ω 0 ))dµ(ω).
Bevor wir den Satz beweisen, m¨ ussen wir die Meßbarkeit von ω 7→ f (ω, ω 0 ) zeigen f¨ ur alle 0 0 ω ∈Ω. Der Schnitt Aω einer Menge A ⊂ Ω × Ω0 bzgl. ω ist die Menge {ω 0 ∈ Ω0 | (ω, ω 0 ) ∈ A}. '
$
A Aω
ω &
29
%
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Maßtheorie
(Formal gesehen m¨ ußten wir A1,ω benutzen.) Proposition 36 Jeder Schnitt einer meßbaren Menge ist wieder meßbar. N Sei µ0 ein σ-endliches Maß auf (Ω0 , A0 ) und A ∈ A A0 . Die Abbildung Ω 3 ω 7→ µ0 (Aω )
N
ist meßbar f¨ ur alle A A0 meßbaren Mengen A. F¨ ur jede positive meßbare Funktion f auf dem Produktraum ist die Abbildung Ω 3 ω 7→
Z
f (ω, ω 0 )µ0 (dω 0 )
meßbar. ¨ Beweis: Die erste Aussage ist eine Ubung. 0 Sei µ ein endliches Maß. Betrachte D := {B ∈ A × A0 | ω 7→ µ0 (Bω )meßbar}. Es gilt D = A × A0 . D ist ein Dynkinsystem. Der wesentliche Punkt im Nachweis ist (B c )ω = S S (Bω )c und (◦ n Bn )ω = ◦ n (Bn )ω . Weiterhin enth¨alt D den durchschnittstabilen Erzeuger aller Produktmengen. Sei µ0 ein σ-endliches Maß. Dann gibt es eine meßbare Partition von Ω 0 in abz¨ahlbar P viele Mengen Kn von endlichem Maß. Dann argumentiere ω 7→ µ 0 (Bω ) = n µ0 (Bω ∩ Kn ) ist meßbar. Die Aussage ist richtig f¨ ur f eine positve Treppe, eine positive Treppenfunktion und dann allgemein durch Approximation von unten durch Treppenfunktionen. q.e.d. Proposition 37 Seien µ und µ0 σ-endliche Maße. Dann existiert das Produktmaß und ist eindeutig. Es wird gegeben durch ν(B) = R
Z
µ0 (Bω )µ(dω).
Beweis: Die Abbildung B 7→ µ0 (Bω )µ(dω) ist ein Maß. (Nachrechnen). Damit ist ν wie oben definiert ein Produktmaß. Das Produktmaß ist eindeutig, da Produktmaße auf dem durchschnittstabilen Erzeuger der Produktmengen u q.e.d. ¨ bereinstimmen. Beweis des Satzes von Fubini: Wir zeigen nur das rechte Gleichheitszeichen. Das andere folgt aus Symmetrie. Das Gleichheitszeichen gilt f¨ ur f eine positive Treppe. Es gilt f¨ ur eine positive Treppenfunktion. Es gilt f¨ ur meßbare positive Funktionen. (Approximiere durch positive Treppenfunktionen fn ↑ f und nutzte die σ-Stetigkeit der Integrale.) Zuletzt benutze die Zerlegung einer Funktion in Positiv- und Negativteil. q.e.d. Bemerkung: Die σ-Endlichkeit ist wichtig. Als Beispiel betrachten wir µ das Lebesguemaß und µ0 das Z¨ahlmaß auf dem Einheitsintervall. Die Funktion (x, y) 7→ f (x, y) = 11 x=y ist meßbar. Es gilt Z Z
(
Z Z
f (x, y)dµ(x))dµ0 (y) = 0
(
f (x, y)dµ0 (y))dµ(x) = 1.
Es gibt M¨oglichkeiten das Produktmaß auch f¨ ur nicht σ-endliche Maße zu definieren. Jedoch verliert man dann die Eindeutigkeit und die Vertauschbarkeit, vgl. Halmos [5] page 145, Hahn-Rosenthal SET FUCTIONS 1948 chap IV,§16[4]. 30
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3.0.6
Integralerweiterung u aume ¨ber normierte Vektorr¨
U. R¨osler ∗
Wir betrachten die Ausdehnung linearer Funktionale durch eine Norm und zeigen die Methode beispielhaft durch Einf¨ uhrung des Bochner Integrals f¨ ur Banachraumwertige Funktionen. Hintergrund: Metrische Vervollst¨ andigung Sei E ein Menge. Eine Semimetrik ist eine reflexive (d(e, e) = 0), symmetrische (d(e, f ) = d(f, e)) positive Funktion d : E × E 7→ IR mit der Dreiecksungleichung d(e, f ) ≤ d(e, g) + d(g, f ) e, f, g ∈ E. Eine Metrik ist eine positive, symmetrische Abbildung d : E × E 7→ IR mit d(e, f ) = 0 ⇔ e = f und der Dreiecksungleichung. ¨ F¨ ur jede Semimetrik d ist die Relation e ∼ f ⇔ d(e, f ) = 0 eine Aquivalenzrelation. Der ˜ ¨ Raum E = E/ ∼ der Aquivalenzklassen [e] := {f ∈ E | e ∼ f } ist ein metrischer Raum mit ˜ d([e], [f ]) := d(e, f ). Eine Cauchyfolge ist eine Folge en aus einem metrischen Raum (E, d) mit ∀ > 0 ∃n 0 ∈ IN ∀m, n > n0 d(em , en ) < . Ein metrischer Raum ist vollst¨ andig, falls jede Cauchyfolge einen Grenzwert in dem metrischen Raum hat. Die Vervollst¨ andigung eines metrischen Raumes (E, d) ist die kleinste Einlagerung in einen vollst¨andigen, metrischenRaum. Pr¨aziser, die Vervollst¨andigung ist ein vollst¨andiger, metrischer Raum (E, d) mit einer injektiven, metrikerhaltenden (d(i(e), i(f )) = d(e, f )) Abbildung i : E 7→ E. Ferner ist dieser Raum der kleinste in dem Sinne, daß es f¨ ur jeden anderen Raum 0 0 (E , d ) mit obiger Eigenschaft eine metrikerhaltende, injektive Abbildung j : E 7→ E 0 gibt. Die Vervollst¨ andigung eines metrischen Raumes l¨aßt sich als Menge E der Cauchyfolgen aus E darstellen. Die Metrik ist d((e n )n , (fn )n ) := limn d(en , fn ). Diese Konstruktion gilt auch f¨ ur metrische Vektorr¨aume und normierte Vektorr¨aume unter Erhalt der algebraischen Struktur. Ein Banachraum ist ein normierter, vollst¨andiger Vektorraum. Proposition 38 Seien V ein normierter Vektorraum, W ein Banachraum und I : V 7→ W ein linearer, stetiger Operator. Dann gibt es genau eine stetige Fortsetzung I von I als lineare Abbildung auf die Vervollst¨andigung von V. Es gilt kIk = kIk. Beweis: F¨ ur v aus der Vervollst¨andigung setze I(v) = lim I(vn ) f¨ ur eine Cauchyfolge vn ¨ konvergent gegen v. Dies tut’s. (Ubung)
3.0.7
Bochner Integral
Wir betrachten meßbare Funktionen mit Werten in einem Banachraum (B, k.k). Das Integral I wie eben definiert auf den banachraumwertigen Treppenfunktionen V eine Seminorm via ¨ kf k1 = I(kf k) mit kf k(ω) := kf (ω)k. Definiere die Aquivalenzrelation f ∼ g ⇔ kf − gk1 ¨ ¨ und die Aquivalenzklasse [f ] := {g ∈ V | f ∼ g}. Der Raum der Aquivalenzklassen V1 ist ein Vektorraum mit [f ] + [g] = [f + g], k[f ] = [kf ], k aus dem K¨orper bzgl. dem Banachraum. Der Raum V1 mit der Abbildung k[f ]k1 := kf k1 ist ein normierter Vektorrraum. Diesen Vektorraum vervollst¨andigen wir bzgl. der Norm k.k1 zu (V2 , k.k2 ). Die lineare stetige Funktion I Proposition 27 setzen wir stetig fort auf V 2 . 31
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Maßtheorie
¨ Theorem 39 Der Vektorraum V2 l¨aßt sich identifizieren mit den Aquivalenzklassen [f ] von meßbaren Funktionen f : Ω 7→ B, f¨ ur die es eine Cauchyfolge fn von Treppenfunktionen gibt mit f als punktweisem Grenzwert. P
Beweis: Jeder Cauchyfolge (fn )n∈IN aus V1 mit a := n d1 (fn , fn+1 ) < ∞ ordnen wir die Funktion ϕ((fn )n ) = f mit f (ω) = limn fn (ω), falls existent, und ansonsten f (ω) = 0 zu. • limn fn existiert fast sicher. P Wir zeigen µ(A) = 0 mit A := { n kfn − fn+1 k = ∞}. P N N Definiere AN x := { n=1 kfn − fn+1 k > x}. Ax ist aufsteigend in N gegen A x und die Folge Ax ist absteigend in x gegen A. Aus xµ(AN x )
= I(x11AN ) ≤ I( x
N X
n=1
kfn − fn+1 k) =
N X
n=1
I(kfn − fn+1 k) ≤
X
d(fn , fn+1 )
n
a folgt µ(A) = limx→∞ limN →∞ µ(AN x ) ≤ limx x = 0. P • Sei (gn )n eine zu (fn )n ¨aquivalente Cauchyfolge mit b := n d1 (gn , gn+1 ) < ∞. Dann gilt f = ϕ((fn )n ) = ϕ((gn )n ) = g µ fast sicher. Die Folge fn − gn ist eine Cauchyfolge und konvergiert gegen f − g fast sicher. Es gilt I(kf − gk) = limn I(kfn − gn k) = 0. Weiterhin
µ(kf − gk > x) = lim I(11kfn −gn k>x ) ≤
1 I(kfn − gn k) →n 0. x
¨ • Die Abbildung ψ von Cauchyfolgen (f n ) nach Aquivalenzklassen [ϕ((fn )n )] ist wohldefiniert. Dies folgt aus dem vorherigen Punkt. • Die Abbildung ψ ist bijektiv. Nur die Injektivit¨at ist zu zeigen. Seien (fn , gn ) zwei nicht a¨quivalente Cauchyfolgen mit den ψ-Werten f, g. Aus µ(f 6= g) = 0 folgt I(kf − gk) = lim I(kf − gk11kf −gk
N
Dies ist ein Widerspruch zu limn I(kfn − gn k) = I(kf − gk) > 0.
32
q.e.d.
Kapitel 4
Ungleichungen F¨ ur Ungleichungen gibt es im wesentlichen zwei Quellen, u ¨ ber die Monotonie und u ¨ ber konvexe Funktionen. Ungleichungen mit Hilfe der Monotonie werden Markoffungleichungen genannt. Wesentliche bessere Ungleichungen ergeben sich durch konvexe Funtionen. Die Jensenungleichung in ihrer Grundform gilt jedoch nur f¨ ur Wahrscheinlichkeitsmaße. R¨ oslers Metatheorem: Alle guten Integralungleichungen beruhen auf Konvexit ¨ at.
4.1
Markoff Ungleichung
Die Ungleichungen in diesem Abschnitt beruhen auf Monotonie. Lemma 40 (Markoff Ungleichung) Sei ϕ : IR 7→ IR eine isotone, positive Funktion. Es gilt f¨ ur alle a ∈ IR Z ϕ(f )dµ ≥ ϕ(a)µ(f ≥ a)
Beweis: Beachte ϕ(a)11ϕ(f )≥ϕ(a) ≤ ϕ(f ) und verwende die Isotonie des Integrals. Wichtige Spezialf¨alle sind ϕ(x) = (x ∨ 0)2 angewandt auf den Betrag |f | Z
q.e.d.
|f |2 dµ ≥ a2 µ(|f | ≥ a)
und die exponentielle Absch¨atzung, ϕ(x) = exp(λx), λ > 0 Z
exp(f (x))dµ(x) ≥ exp(a)µ(f ≥ a).
F¨ ur W-maße ist ein praktischer und wichtiger Spezialfall die Tchebyscheff Ungleichung: Z
(f −
Z
2
2
f dµ) dµ ≥ a µ(|f −
Z
f dµ| ≥ a).
Bemerkung: Die exponentielle Absch¨atzung liefert in der Regel bessere Absch¨atzungen als die Tchebycheff Ungleichung. Je h¨oher die Momente (p zu x 7→ |x|p ) desto besser die Absch¨atzung. Proposition 41
R
|f |dµ = 0 ⇔ µ(|f | > 0) = 0.
R
Beweis: Die Markoff Ungleichung aµ(|f | > a) ≤ |f | liefert die Hinrichtung. F¨ ur die R¨ uckrichtung R R sei |f |dµ > 0. Folglich gibt es eine Treppenfunktion 0 ≤ g ≤ |f | mit gdµ > 0. F¨ ur diese gilt 0 < µ(g > 0) ≤ µ(|f | > 0) > 0). q.e.d. 33
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4.2
Maßtheorie
Jensen Ungleichung
Die Ungleichungen in diesem Abschnitt beruhen auf Konvexit¨at. Eine reellwertige Funktion ϕ auf einem Intervall I heißt konvex, falls f¨ ur alle t ∈ [0, 1] und x, y ∈ I gilt ϕ(tx + (1 − t)y) ≤ tϕ(x) + (1 − t)ϕ(y). Ohne Beweis sei angef¨ uhrt, daß es f¨ ur jedes x0 aus dem Inneren von I eine lineare Funktion l, l(x) = ax + b) gibt mit l ≤ ϕ und l(x0 ) = ϕ(x0 ). Satz 42 (Jensen) Sei ϕ : I 7→ IR eine konvexe Funktion, P ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf dem Intervall I (P (I c ) = 0). Dann gilt f¨ ur integrierbare Funktionen f Z
ϕ ◦ f dP ≥ ϕ(
Z
f dP ).
Gleichheit gilt genau dann, wenn die Funktion ϕ eine Gerade ist P f −1 fast u ¨berall. R
Beweis: Sei x0 = f dP. OEdA ist x0 aus dem Inneren von I. Sei l die lineare Funktion wie oben zu x0 . Es gilt Z
ϕ ◦ f dP ≥
Z
l ◦ f dP = l(
Z
f dP ) = l(x0 ) = ϕ(x0 ).
(4.1)
• Gleichheit. R Gilt u ¨ berall Gleichheit in (4.1), so folgt (ϕ − l) d(P f −1 ) = 0 und daraus nach (41) die | {z } ≥0
Bedingung. Umgekehrt, die Bedingung impliziert die Gleichheit in (4.1). q.e.d. Bemerkung: F¨ ur strikt konvexe Funktionen gilt Gleichheit genau dann, wenn f f.s. konstant ist. Bemerkung: Die Jensenungleichung gilt nur f¨ ur Wahrscheinlichkeitsmaße. Beispiel: p-te Momente F¨ ur 1 ≤ p < ∞ gilt f¨ ur W-maße Z
|f |p dP ≥ (
Z
|f |dP )p .
Mehrere interessante Ungleichungen folgen aus der Jensen Ungleichung in folgender verallgemeinerter Form: Korollar 43 (Jensen) Sei ϕ : I 7→ IR eine konvexe Funktion, µ ein Maß auf den reellen R Zahlen und µ(I c ) = 0. Seien f, g meßbare Funktionen und sei g ≥ 0, 0 < gdµ < ∞. Dann gilt, Wohldefiniertheit vorausgesetzt, R R f gϕ(f /g) R ϕ( R ) ≤ .
g
g
Beweis: Das W-maß ν, gegeben durch ν(A) := W-maß. Die Jensenungleichung ergibt linke Seite = ϕ
Z
f dν ≤ g
Z
1R a A gdµ,
A ∈ A, und a :=
R
gdµ ist ein
f ϕ( )dν = rechte Seite g
Lp -Ungleichungen: Definiere f¨ ur 1 ≤ p < ∞ die Abbildung k.kp auf meßbaren Funktionen durch Z kf kp := ( |f |p dµ)1/p . (4.2) Die Abbildung ist wohldefiniert.
34
WS98/99
U. R¨osler
Satz 44 (H¨ older Ungleichung) Sei 1 < p < ∞ und q definiert durch 1/p + 1/q = 1. F¨ ur meßbare Funktionen f, g gilt kf gk1 ≤ kf kp kgkq . (4.3)
Sind obige Ausdr¨ ucke endlich und ungleich 0, so gilt Gleichheit genau f¨ ur |f |p und |g|q sind echte Vielfache voneinander fast sicher.
Beweis: Sei die rechte Seite endlich. Nehme in Korollar 43 die konvexe Funktion ϕ(x) = −x1/p und die Funktionen |f |p , |g|q , 1/p + 1/q = 1, 1 ≤ p, q < ∞. Es ergibt sich die H¨olderungleichung. Da ϕ strikt konvex ist, gilt Gleichheit genau im Fall |f | p /|g|q eine Konstante. q.e.d. Corollary 45 (Cauchy-Schwarz Ungleichung) Z
|f g|dµ ≤
sZ
f 2 dµ
Z
g 2 dµ.
Beweis: Spezialfall der H¨olderungleichung f¨ ur p = 2.
q.e.d.
Corollary 46 Sei 1 < p, q, r und 1/p + 1/q = 1/r. Dann gilt kf gkr ≤ kf kp kgkq . Satz 47 (Minkowski) F¨ ur 1 ≤ p ≤ ∞ gilt kf + gkp ≤ kf kp + kgkp . Gleichheit gilt genau f¨ ur f und g sind fast sicher positive Vielfache voneinander f.s.. Beweis: F¨ ur die Minkowskiungleichung verwende ϕ(x) = −(1 + x 1/p )p und die Funktionen p |f | und |g|p . Die Gleichheit ergibt sich genau f¨ ur |f | und |g| Vielfache voneinander und |f + g| = |f | + |g| fast sicher. q.e.d. Die letzten 4 Aussagen gelten auch f¨ ur 1 ≤ p, q, r ≤ ∞, wenn wir kf k∞ := inf{a > 0 | µ(|f | > a)|0} setzen. kf k∞ heißt essentielles Supremum von |f | oder L ∞ -Norm.
35
WS98/99
36
Maßtheorie
Kapitel 5
Orlicz und Lp-R¨ aume Besonders sch¨one R¨aume von meßbaren Funktionen sind L p -R¨aume, eine Unterklasse der Orlicz R¨aume. Hiervon wiederum sind die L2 -R¨aume als Hilbertr¨aume besonders interessant. Jeder Hilbertraum ist isomorph zu einem L 2 -Raum.
5.1
Orlicz-R¨ aume +
Eine Orlicz Funktion ist eine konvexe Funktion ϕ : IR + 7→ IR mit ϕ(0) = 0 ungleich der Nullfunktion. (Orlicz Funktionen sind monoton steigend, stetig, meßbar, konvergieren gegen ∞, Eine erweiterte Orlicz Funktion ist eine erweiterte, konvexe, linksstetige Funktion + ϕ : IR+ 7→ IR mit ϕ(0) = 0. Ausgeschlossen sind die trivialen F¨alle ϕ ≡ 0 und ϕ = ∞11(0,∞ . (Erweiterte Orlicz Funktionen haben obige Eigenschaften bis auf eventuell eine Sprungstelle auf den Wert ∞.) Sei ϕ eine erweiterte Orlicz Funktion. Definiere die Abbildung k.k ϕ auf meßbaren Funktionen f via Z |f | k.kϕ := inf{c > 0 | ϕ dµ ≤ 1}. c
Der Satz von der monotonen Konvergenz liefert ϕ kf|fk|ϕ dµ ≤ 1. ¨ Die Abbildung k.kϕ impliziert eine (Aquivalenz-)Relation ∼ϕ durch f ∼ϕ g ⇔ kf − gkϕ = 0 auf meßbaren Funktionen. Die Proposition 41 zeigt die Gleichheit von ∼ ϕ und der ¨ Aquivalenzrelation ∼ f ∼ g ⇔ µ(f 6= g) = 0. R
¨ Insbesonders h¨angt die Aquivalenzrelation nicht von der Orlicz Funktion ϕ ab. ¨ Sei Lϕ die Menge aller Aquivalenzklassen [f ] (bez¨ uglich ∼ϕ bzw. ∼) von Funktionen f mit ¨ endlichem Wert kf kϕ . Auf Lϕ f¨ uhren wir eine Addition + : Lϕ × Lϕ in die Aquivalenzklasses +([f ], [g]) := [f ] + [g] := [f + g] ¨ ein und eine Skalarmultiplikation · : IR × L ϕ in Aquivalenzklassen ·(c, [f ]) := c[f ] := [cf ] ein. Weiterhin sei k · kϕ : Lϕ 7→ IR gegeben durch k[f ]kϕ := kf kϕ . 37
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Maßtheorie
Lϕ heißt Orlicz Raum und k.kϕ die Orlicz Norm. Warnung Wir unterscheiden in der Regel notationsm¨aßig nicht zwischen Funktionen und ¨ ¨ ihren Aquivalenzklassen. Ebenso interessiert in der Regel nicht, wie groß die Aquivalenzklassen wirklich sind. Satz 48 F¨ ur jede erweiterte Orlicz Funktion ϕ ist (L ϕ , k.kϕ ) ein Banachraum. Beweis: Alle genannten Objekte sind wohldefiniert. • k.kϕ erf¨ ullt die Dreieckungleichung. Sei a = kf kϕ , b = kgkϕ . Z
ϕ
|f + g| a+b
=
Z
ϕ
b |g| a |f | + a+b a a+b b
≤
Z
Z
|f | a ϕ + a+b a
|g| b ϕ a+b b
≤
b a + = 1. a+b a+b
• Lϕ ist ein Vektorraum. Nachrechnen. • k.kϕ ist ein Norm. P P • k n fn kϕ ≤ n kfn kϕ . Einsetzen. • Vollst¨andigkeit P ¨ Sei [fn ] ∈ Lϕ eine Cauchyfolge. Durch Ubergang zu einer Teilfolge k¨onnen wir c := n k[fn+1 ]− [fn ]kϕ < ∞ annehmen. (Z.B. w¨ahle eine Teilfolge fni mit ni →i ∞ gew¨ahlt, so daß ∀m, n ≥ ϕ ϕ ni kfn − fn kϕ < 2−i . fni →i f impliziert fn →n f.) Nehme Funktionen fn als Representanten. P P Die Summe g := n |fn+1 − fn | ist f.s. endlich. Dies folgt aus kgk ϕ ≤ n kfn+1 − fn kϕ ≤ c und der Markoff Ungleichung µ(g ≥ a) ≤
R
ϕ
ϕ
|g| c a c
dµ
≤
1 ϕ
a c
→a→∞ 0
Definiere f = limn fn punktweise auf g < ∞ und f = 0 sonst. f ist wohldefiniert und P meßbar. Beachte die Teleskopsummendarstellung f = f n + i>n (fi+1 − fi ). Es gilt kf − fn kϕ = k
X
(fi+1 − fi )kϕ ≤
i>n
X
i>n
kfi+1 − fi kϕ →n 0.
Damit gilt [fn ] → [f ] ∈ Lϕ bzgl. der Norm k.kϕ f¨ ur die speziellen Repr¨asentanten. Die ¨ Aquivalenzklasse von [f ] ist unabh¨angig von der Auswahl der Repr¨asentanten und der Teilfolge. q.e.d. Satz 49 Sei ϕ eine Orlicz Funktion und µ ein Radonmaß auf den reellen Zahlen. Dann ist (Lϕ , k.kϕ ) separabel. Beweis: Sei zuerst µ endlich. Die Menge D aller Treppenfunktionen N X
qn 11(rn ,sn )
n=1
mit rationalen Zahlen qn , rn , sn ∈ Ql tut’s. • D ist abz¨ahlbar. 38
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U. R¨osler
• 1A , A ∈ A liegt in dem Abschluß D von D bez¨ uglich k.kϕ . Wegen der Regularit¨at des Maßes k¨onnen wir A durch eine offene Menge U von oben dem Maße nach approximieren. Jede offenen Menge k¨onnen wir als abz¨ahlbare Vereinigung disjunkter offener Intervalle Un , n ∈ IN, schreiben. Jedes Un approximieren wir durch offene Intervalle 0 Un0 mit rationalen Koeffizienten. Sei V := ∪ N ur jedes vorgegebene c > 0 n=1 Un . Damit ist f¨ Z
ϕ
|11A − 11V | dµ = c
Z
1 |11A − 11V |dµ c Z 1 1 ≤ ϕ ≤ϕ (µ(U \A) + µ(U \V ) c c ϕ
beliebig klein durch Wahl geeigneter Approximationen. • Alle Treppenfunktionen liegen in D. • Alle positiven f ∈ Lϕ liegen in D und dann auch ganz Lϕ . • D tut’s auch f¨ ur nicht endliche Maße. Zerlege den Raum Ω geeignet durch eine Partition und ’klebe’ aneinander. Puh. q.e.d. Lp -R¨ aume Das Standardbeispiel ist die Orlicz Funktion ϕ p (x) = xp f¨ ur ein 1 ≤ p < ∞. Die Orlicznorm wird Z kf kϕp = ( |f |p dµ)1/p . Der Orlicz-Raum Lϕp heißt Lp -Raum und die zugeh¨orige Orlicz-Norm k.kp := k.kϕp heißt Lp -norm. Bemerkung: Die L∞ -Norm wird definiert durch kf k∞ := esssup|f | := inf{α ∈ IR | µ(|f | > α) = 0}
(5.1)
und L∞ analog dazu. Die L∞ -Norm und der L∞ -Raum ist die Orlicz Norm und der Orlicz Raum zur erweiterten Orlicz Funktion ϕ = ∞11 (1,∞) . Der Raum L∞ ist vollst¨andig, aber im allgemeinen nicht separabel. Proposition 50 Sei µ ein W-maß und 1 ≤ p ≤ q ≤ ∞. Dann gilt kf k p ≤ kf kq und Lp ⊃ Lq . Beweis: Jensen angewandt auf die konkave Funktion x 7→ x p/q , x ≥ 0 ergibt kf kp =
Z
|f |
p
1/p
Z
≤
|f |
pq/p
p/qp
= kf kq .
Die erste Aussage impliziert die zweite Aussage. q.e.d. Bemerkung Sei 1 ≤ p < ∞. Sei L∗p der Dualraum, d.h. der Raum der linearen und stetigen Funktionale auf Lp . Der Satz von Fischer-Riesz besagt L ∗p = Lq mit 1/p + 1/q = 1. R F¨ ur jedes lineare stetige Funktional B : L p → IR gibt es ein g ∈ Lq mit B(f ) = f gdµ. ⊃
Warnung: Im allgemeinen gilt L∗∞ 6= L1 .
Hilbertr¨ aume Besonders wichtig sind die L2 -R¨aume, da sie Hilbertr¨aume sind. Lemma 51 L2 versehen mit der Bilinearform < f, g >:= und der Norm
√
Z
f g dµ
< f, f > = kf k2 ist ein Hilbertraum. 39
WS98/99
Maßtheorie
Hilbertr¨aume sind selbstdual. Jeder Hilbertraum hat eine Orthonormalbasis. Hilbertr¨aume mit gleicher Kardinalit¨at der Orthonormalbasis sind isomorph. Hilbertr¨aume mit vorgegebener Basiskardinalit¨at lassen sich u ¨ ber Z¨ahlmaße konstruieren. (D eine Menge, µ(A) = |D ∩ A| 11d , d ∈ D bildet Orthonormalbasis mit der gleichen Kardinalit¨at wie D. ) Die Separabilit¨at eines Hilbertraumes ist ¨aquivalent zur Existenz einer h¨ochstens abz¨ahlbaren Basis. Die Hilbertr¨ aume sind genau die L2 -R¨ aume.
40
Kapitel 6
Radon-Nikodym Dichte Wesentliches Ziel dieses Abschnittes ist der Satz von Radon-Nikodym. Auf dem Wege dahin studieren wir den Raum der endlichen Maße als einen Vektorraumverband, d.h. die eine algebraische Struktur als Kegel eines Vektorraumes ist vertr¨aglich mit der ordnungstheoretische Struktur der punktweisen Konvergenz. Das Infimum µ ∧ ν bzw. das Supremum µ ∨ ν zweier Maße µ, ν wird gegeben durch µ ∧ ν(A) := µ ∨ ν(A) :=
infS (µ(B) + ν(C))
A=B ◦ C
sup S (µ(B) + ν(C))
A=B ◦ C
Nachrechnen.) Er ist ein Vektorraumverband, d.h. die algebraische und ordnungstheoretische Struktur sind miteinander vertr¨aglich. Die jeweiligen Nullmengen der Maße spielen ein wichtige Rolle. Zwei Maße µ, ν heißen singul¨ ar zueinander oder orthogonal, falls es eine meßbare Menge A gibt mit µ(A) = 0 und ν(Ac ) = 0. Notation: µ⊥ν. Ein Maß ν heißt absolut stetig bez¨ uglich µ, falls die µ-Nullmengen auch ν-Nullmengen sind. In diesem Falle sprechen wir von einem Maß µ, welches ν dominiert. Notation: ν << µ.
6.1
Hahn-Jordan Zerlegung
Lemma 52 Sei λ eine σ-stetige additive Mengenfunktion auf einem Mengensystem A, welches abgeschlossen ist bez¨ uglich abz¨ahlbarer Vereinigung und abz¨ahlbarem Durchschnitt. Ist inf A∈A λ(A) endlich, so wird das Infimum angenommen. P
Beweis: Sei α = inf A∈A λ(A) und An ∈ A eine Folge mit n (λ(An ) − α) < ∞. Dann tut‘s Ω− := lim supn An . S PN • λ( N ur alle m, N ∈ IN. n=m An ) − α ≤ n=m (λ(An ) − α) f¨ Dies ergibt sich durch Induktion nach N. Der wesentliche Induktionsschritt ist λ(B ∪ C) − α = λ(B) + λ(C) − λ(B ∩ C) − α ≤ (λ(B) − α) + (λ(C) − α). 41
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Maßtheorie
• λ(Ω− ) = α S Die Folge Bm = n≥m An ist monoton fallend gegen Ω− . Aus α ≤ λ(Ω− ) = lim λ(Bm ) = lim lim λ( m
m
N
N [
n=m
An ) ≤ lim lim(α + m
N
N X
n=m
(λ(An ) − α)) = α
folgt die Teilbehauptung. Der Rest ist einfach. q.e.d. Folgerungen. Wir behalten obige Notation bei, nehmen jedoch eine σ-Algebra A. Sei S Ω+ das Komplement von Ω− . Die Zerlegung Ω = Ω+ ◦ Ω− heißt Hahn-Jordan Zerlegung. Sei λ+ , λ− die Einschr¨ankung von λ auf Ω+ , Ω− , λ− (A) = −λ(A ∩ Ω− )
λ+ (A) = λ(A ∩ Ω+ ) A ∈ A.
Satz 53 Sei λ eine σ-stetige Mengenfunktion auf der σ-Algebra A mit inf A∈A λ(A) > −∞. Dann hat λ eine Darstellung λ = µ − ν durch singul¨are Maße µ, ν auf A. Diese Darstellung ist eindeutig und ν ist ein endliches Maß. Diese Darstellung ist gegeben durch λ = λ + − λ− . Beweis: • A 3 B ⊂ Ω− ⇒ λ(B) ≤ 0. Anderenfalls ergibt sich ein Widerspruch zur Minimalit¨at von Ω− . • A 3 B ⊂ Ω+ ⇒ λ(B) ≥ 0. Anderenfalls ergibt sich ein Widerspruch zur Minimalit¨at von Ω− . Man rechnet nun leicht nach: • λ− ist ein endliches Maß. • λ+ ist ein Maß. • λ+ , λ− sind singul¨ar. • λ hat die Darstellung λ = λ+ − λ− . ¨ • Die Darstellung ist eindeutig. (Ubung mit Ω+ .)
6.2
q.e.d.
Lebesgue Zerlegung ∗
Satz 54 (Lebesgue) Seien µ, ν σ-endliche Maße. Dann ist ν eindeutig darstellbar als die Summe ν = νc + ν⊥ eines absolut stetigen Maßes νc << µ und eines singul¨aren Maßes ν⊥ zu µ. Beweis: Wir beweisen den Satz f¨ ur endliche Maße µ, ν. Die Ausehnung auf σ-endliche Maße ¨ (durch Aneinanderkleben) u ¨ berlassen wir dem Leser als Ubung. Betrachte die Mengenfunktion −ν auf dem Mengensystem N der µ-Nullmengen. Das Infimum inf N ∈N (−ν(N )) > −∞ wird angenommen durch ein Ω − ∈ N , Lemma (52). Definiere ν⊥ , νc durch ν⊥ (A) = ν(A ∩ Ω− ) νc := ν − ν⊥ . • ν⊥ ⊥µ. Die Menge Ω− tut’s. • νc << µ. Nach Konstruktion ist ν(A) = ν⊥ (A) f¨ ur A ∈ N . 42
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U. R¨osler
1 zwei Zerlegungen mit der Eigenschaft. Sei Ω − Eindeutigkeit: Seien ν = νc + ν⊥ = νc1 + ν⊥ 1 ((Ω− )c ) = 0 und damit leicht die Eindeutigkeit. wie oben. Es folgt νc1 (Ω− ) = 0, ν⊥ q.e.d. Bemerkung: Die σ-Endlichkeit von µ ist essentiell. Nehme als Beispiel ν das Lebesgue Maß und µ das Z¨ahlmaß. ν hat keine Lebesguezerlegung.
6.3
Radon-Nikodym
Sei f ∈ F
+
eine meßbare, positive und erweiterte Funktion. Dann ist ν, definiert durch ν(A) :=
Z
f dµ, A
ein absolut stetiges Maß auf (Ω, A). Die Funktion f heißt Radon-Nikodym Dichte von ν bez¨ uglich µ. dν Notation: ν = f · µ = f µ oder dν = f dµ oder f = dµ . Theorem 55 (Radon-Nikodym) Sei µ ein σ-endliches Maß. Es gibt eine Bijektion zwischen ¨ den endlichen, absolut stetigen Maßen ν bez¨ uglich µ und den Aquivalenzklassen integrierbarer Funktionen f . Diese Bijektion kann gegeben werden durch die Zuordnung eines Maßes zu der ¨ Aquivalenzklasse der Radon-Nikodym Dichte, ν 7→ f =
dν dµ
Beweis: • Ohne Einschr¨ankung sei µ ein endliches Maß. Wenn der Satz f¨ ur endliche Maße bereits bewiesen ist, nehme eine disjunkte, meßbare Zerlegung dν An , n ∈ IN, mit µ(An ) < ∞. Sei fn := dµ|An . Beachte fn = fn 11An . Dann gilt, nachrechnen, |An ν = f µ. • Die Abbildung L+ 1 3 [f ] 7→ ν = f · µ ist wohldefiniert und liefert ein absolut stetiges Maß ν. Die Abbildung ist wohldefiniert, da f = g fast sicher (f ∼ g) impliziert f ·µ = g·µ, Proposition 41. • Injektivit¨at. Sei f dµ = gdµ. Betrachte die Menge A := {f > g}. Die Annahme µ(A) > 0 ergibt den R R Widerspruch A f dµ > A gdµ. Aus Symmetriegr¨ unden ist auch {g > f } eine µ-Nullmenge. • Surjektivit¨at. Betrachte M := {f ≥ 0 | ν ≥ f · µ}. M versehen mit der punktweisen Ordnung und dem punktweisen Infimum, Supremum ist ein Verband. Der kritische Punkt ist: f, g ∈ M impliziert f ∨ g ∈ M. Dies folgt aus, B = {f < g} Z
A
f ∨ gdµ =
Z
f dµ + A∩B
Z
A∩B c
gdµ ≤ ν(A ∩ B) + ν(A ∩ B c ) = ν(A).
R
Sei α := supf ∈M f dµ. (Das Supremum entspricht dem punktweisen Supremum der Repr¨asentanten.) • α > 0 falls ν nicht das leere Maß ist. Dies entspricht M nicht leer. Da ν nicht identisch 0 git es ein p > 0 und ein A ∈ A mit 43
WS98/99
Maßtheorie
ν(A) > pµ(A)). Betrachte (die Ladungsverteilung) ν p = ν − pµ. Sei Ω+ aus der Hahn-Jordan Zerlegung. Die Funktion f = p11+ Ω ist aus M, ν(A) −
Z
A
f dµ ≥ ν(A ∩ Ω+ ) − pµ(A ∩ Ω+ ) ≥ 0
R
und f dµ > 0. • α wird f¨ ur ein f ∈ MR angenommen. Sei fn ∈ RN eine Folge mit fn dµ % α. Sei g der Limes der aufsteigenden RFolge g n :=R ∨i≤n fn . R gR tut’s. A gdµ = limn A gn dµ ≤ nu(A) zeigt g ∈ M. Damit gilt α ≥ gdµ →n gn dµ ≥ fn dµ →n α. • ν = g · µ mit g wie oben. Angenommen nein, so ist ν := ν − f · µ ein echtes Maß nicht identisch 0 und absolut stetig bez¨ uglich µ. Wie zu M 6= ∅ argumentiere, es gibt eine Funktion h ≥ 0 mit ν ≥ hµ und R R R hdµ > 0. Dann erf¨ ullt g + h ∈ M (g + h)dµ > gdµ = α. Dies ist ein Widerspruch. q.e.d. Korollar 56 (Radon-Nikodym) Seien µ, ν σ-endliche Maße und ν << µ. Dann existiert dν die Radon-Nikodym Dichte dµ ∈ F +. P
dν
Beweis: Sei An ∈ A eine abz¨ahlbare, disjunkte Zerlegung von Ω. Dann ist f := n dµ|An die |An Radon-Nikodym Dichte. (Nachrechnen.) q.e.d. Die Notwendigkeit der σ-Endlichkeit von ν erkennt man aus dem Beispiel der reellen Zahlen mit µ das Lebesguemaß und ν das Z¨ahlmaß. Folgerung: Sei L∗p (µ) der Raum der stetigen und linearen Abbildungen von L p in die reellen Zahlen. Satz 57 (Fischer-Riesz) Sei µ ein σ-endliches Maß. Dann ist L ∗p isomorph zu Lq mit p1 + 1 = 1, 1 < p, q < ∞. Genauer, f¨ ur jede Abbildung B ∈ L∗p gibt es ein g ∈ Lq mit B(f ) = Rq f gdµ und kBk = kgkq .
Beweis: Sei zuerst µ endlich. Die Abbildung ν : A → IR definiert durch ν(A) = B(11 A ) hat eine endliche Totalvariationsnorm, kνk = sup (ν(A) − ν(Ac )) ≤ sup(kBkk11A kp + kBkk11Ac kp ) ≤ kBk2µ(Ω) < ∞. A∈A
A
Zerlege ν nach Hahn-Jordan in den Positivteil ν + und den Negativteil ν − . Beide sind absolut stetig relativ zu µ. (Nachrechnen.) Sei g=
dν + dν − − dµ dµ
die entsprechende Radon-Nikodym Dichte. Diese Funktion tut’s. R • gf dµ = B(f ) f¨ ur alle beschr¨ankten f ∈ Lp Zeige dies erst f¨ ur eine Treppe, dann f¨ ur eine positive Treppenfunktion (Linearit¨at), dann durch Approximation f¨ ur positive beschr¨ankte f ∈ Lp (σ-Stetigkeit von unten) und schließlich f¨ ur beschr¨ankte f ∈ Lp . 44
WS98/99
U. R¨osler
• Die Lq -Norm von g ist beschr¨ankt durch die Operatornorm kBk von B. q Sei fN := |g|g 11|g|≤N . Dies ist eine beschr¨ankte Funktion, daher in Lp , und es gilt B(fN ) =
Z
fN gdµ =
Z
|g|q 11|g|≤N dµ = kg11|g|≤N kqq .
Andererseits ist B stetig, hat daherR endliche Operatornorm und B(f N ) ≤ kBkkfN kp = R kBk( |g|q 11|g|≤N dµ)1/p . Dies ergibt ( |g|q 11|g|≤N dµ)1/q ≤ kBk und mit N → ∞ folgt kgkq ≤ kBk. R • gf dµ = B(f ) f¨ ur alle f ∈ Lp . R R Die Ausdehnung erfolgt (durch σ-Stetigkeit) auf alle f ∈ L p da | f gdµ ≤ |f g|dµ ≤ kf kp kgkq endlich ist. • kBk ≤ |gkq . kBk = sup f 6≡0
L∗p
kf gk1 |B(f )| ≤ sup ≤ kgkq . kf kp kf kp f
• Die Abbildung 3 B 7→ g ∈ Lq ist wohldefiniert, injektiv und surjektiv. Leicht. • OEdA sei µ ein endliches Maß. Sei An ∈ A, n ∈ IN, eine disjunkte Zerlegung mit µ(A n ) < ∞. Sei B ∈ L∗p und fn ∈ Lq P die zugeh¨orige Darstellung, eingeschr¨ankt auf die Menge An . Dann tut es f := ∞ n=1 fn 11An . q.e.d.
6.3.1
Ladungsverteilung ∗
Eine Ladungsverteilung ist eine additive, σ-stetige Mengenfunktion λ auf einer σ-Algebra A mit supA |λ(A)| < ∞. Korollar 58 (Hahn-Jordan) Jede Ladungsverteilung l¨aßt sich eindeutig als Differenz zweier endlicher, zueinander singul¨arer Maße schreiben. Sei L die Menge aller Ladungsverteilungen. Definiere die Abbildung k.k : L 7→ IR kλk := sup (λ(A) − λ(Ac )) = λ+ (Ω) − λ− (Ω). A∈A
Versehe L mit der punktweisen Ordnung . F¨ ur Ladungsverteilungen µ, ν definiere (das Minimum und Maximum) µ ∧L ν(A) := sup (µ(B) + ν(A\B)) B⊂A
µ ∨L ν(A) := inf (µ(B) + ν(A\B)) B⊂A
Satz 59 Die Ladungsverteilungen sind genau die Differenzen endlicher Maße. Jede Ladungsverteilung l¨aßt sich eindeutig als Summe orthogonaler Maße schreiben. (L, k.k, , ∨ L , ∧L ) ist ein normierter Vektorraumverband. Bew: • L = {µ − ν | µ, ν endliche Maße }. • ∀λ ∈ L ∃µ, ν endliche Maße µ⊥ν, λ = µ − ν. Hahn-Jordan Zerlegung. Dies ist die Hahn-Jordan Zerlegung. 45
WS98/99
Maßtheorie
• L ist ein Vektorraum. Nachrechnen. • k.k ist eine Norm. Wir zeigen nur die Dreiecksungleichung kλ+νk := sup ((λ+ν)(A)−(λ+ν)(Ac )) ≤ sup sup(λ(A)+ν(B)−λ(Ac )−ν(B c )) = kλk+kνk. A∈A
A
B
• (L, , ∨L , ∧L ) ist ein Verband. Das Minimum und Maximum wie oben angegeben tun‘s. Nachrechnen. • L ist ein Vektorraumverband. F¨ ur die Vertr¨aglichkeit der Vektorraumstruktur und der Ordnungsstruktur m¨ usssen wir noch nachpr¨ ufen: µ, ν, λ ∈ L, µ ν, a ∈ IR+ ⇒ aµ + λ ≤ aν + λ.
Dies ist erf¨ ullt.
q.e.d.
Die obige Norm f¨ ur eine Ladungsverteilung heißt Totalvariationsnorm. Mit Hilfe des Satzes von Radon-Nikodym schreiben sich das Maximum und Minimum als µ ∧L ν(A) = µ ∨L ν(A) =
Z
Z
A
f ∧ gdσ
A
f ∨ gdσ +
−
dµ A ∈ A, wobei σ ein µ, ν dominierendes Maß ist (z.B. µ + + µ− + ν + + ν − ) und f = dµ dσ − dσ − + dν angt nicht von der Wahl g = dν dσ − dσ die Ableitungen sind. Das Maximum bzw. Minimum h¨ des dominierendes Maßes ab.
Spezialisierung auf IR : * Jedem Maß µ mit endlichem Wert auf Kompakta hatten wir bijektiv eine aufsteigende und rechtsstetige Funktion F mit F (0) = 0 zugeordnet via ¨ µ((a, b]) = F (b) − F (a). Wir behandeln das Aquivalent f¨ ur Ladungsverteilungen. P Eine Funktion F : IR 7→ IR heißt absolut stetig, falls sup i |F (ti+1 − F (ti )| < ∞ gilt. Hierbei ist das Supremum u ¨ ber alle Zerlegungen t0 < t1 < . . . < tn genommen. Proposition 60 Es gibt eine Bijektion zwischen Ladungsverteilungen λ und rechtsstetigen, absolut stetigen Funktionen F mit F (0) = 0. Diese Bijektion kann durch λ((a, b]) = F (b) − F (a)
(6.1)
gegeben werden. Beweis: ⇒ Seien F + , F − die entsprechenden Funktionen f¨ ur λ+ , λ− . Dann ist die Zuordnung λ = λ+ − λ− 7→ F + − F − = F
eindeutig. P ⇐ Umgekehrt f¨ ur gegebenes F definiere F via F (b) := sup i |F (ti+1 − F (ti )|. Das Supremum ist u ¨ ber alle Zerlegungen 0 = t0 < t< . . . < tn = b bzw. b = t0 < t1 < . . . < tn = 0. und F − := F −F Die Funktion F ist rechtstetig und aufsteigend. Die Funktionen F + := F +F 2 2 + − + − sind aufsteigend und rechtsstetig und erf¨ ullen F = F − F . Seien λ , λ die zugeh¨origen Maße. Wir erhalten die Zuordnung F = F + − F − → λ+ − λ− =: λ von Funktionen in Ladungsverteilungen.
q.e.d. 46
WS98/99
6.3.2
U. R¨osler
Totalstetig ∗
Ein Maß ν heißt totalstetig bzgl. µ, falls ∀ > 0
∃δ > 0
∀A ∈ A µ(A) < δ ⇒ ν(A) < .
Proposition 61 Ist ν totalstetig bzgl. µ, so ist ν absolut stetig bzgl. µ. Die Umkehrung gilt f¨ ur endliche Maße ν. Beweis: Nur die Umkehrung ist zu zeigen. Sei ν nicht totalstetig bzgl. µ. Dann gibt es ein P > 0 und eine Folge An ∈ A mit ν(An ) ≥ und µ(An ) →n 0. Wir k¨onnen n µ(An ) < ∞ annehmen. Die Eigenschaften der Menge A := lim sup n An ergeben nun einen Widerspruch. • ν(A) ≥ . T S Beachte A = m Bm und Bm := i≥m Ai f¨allt monoton gegen A. ν(A) = lim m µ(Bm ) ≥ limm = . • µ(A) = 0. P q.e.d. µ(A) = limm µ(Bm ) ≤ limm n≥m µ(An ) = 0.
47
WS98/99
6.4
Maßtheorie
Bedingte Erwartungen
Sei (Ω, A, µ) ein Maßraum und A0 ⊂ A eine Unter-σ-Algebra. µ eingeschr¨ankt auf A0 sei stets σ-endlich. Sei f : Ω → IR eine me¨sbare, erweiterte Funktion. Eine A 0 − B meßbare erweiterte Funktion g : Ω 7→ IR hei¨st bedingte Erwartung von f unter A 0 , falls gilt Z
Z
f dµ = A0
g dµ
(6.2)
A0
f¨ ur alle A0 ∈ A0 und beide Seiten sind wohldefiniert im Lebesguesinne. Notation: E(f | A0 ) oder E A0 (f ) oder EA0 (f ). Satz 62 (Existenz der bedingten Erwartung) Sei A 0 ⊂ A eine Unter-σ-Algebra von A0 und µ sei σ-endlich. Sei f : Ω → R+ eine positive erweiterte me¨sbare Funktion. Dann existiert eine bedingte Erwartung von f unter A 0 . Diese ist µ f.s. eindeutig. Beweis: Sei µ endlich. Definiere ν := f · µ und ν 0 , µ0 seien die Maße ν, µ eingeschr¨ankt auf dν0 existiert. (Ω, A0 ). ν0 ist absolut stetig bez¨ uglich µ0 . Die Radon-Nikodym Dichte 55 g := dµ 0 • Die Radon-Nikodym Dichte g ist eine bedingte Erwartung. Die Integrale existieren und es gilt Z
g dµ = A0
Z
A0
g dµ0 =
Z
A0
dν0 =
Z
dν = A0
Z
f dµ. A0
• F.s. Eindeutigkeit der bedingten Erwartung. R R Seien g1 , g2 zwei bedingte Erwartungen von f unter A 0 . Dann gilt A0 g1 dµ = A0 dµ f¨ ur alle A0 ∈ A0 und damit f.s. Gleichheit. • Der Satz gilt auch f¨ ur σ-endliche Ma¨se µ. Sei An , n ∈ A eine me¨sbare Partition von Ω mit µ(A n ) < ∞ f¨ ur alle n ∈ IN. Dann definiere E(f | A0 ) =
X n
E(fAn | A0 ).
¨ Dies tut’s. Ubung.
q.e.d.
F¨ ur eine beliebige me¨sbare erweiterte Funktion f existiert eine bedingte Erwartung, falls eine f¨ ur den Positivteil f + = f ∨ 0 und f¨ ur den Negativteil f − = (−f ) ∨ 0 jeweils existieren und die Differenz beider wohldefiniert ist, E(f | A0 ) = E(f + | A0 ) − E(f − | A0 ). Diese ist f.s.eindeutig. H¨aufig benutzte Eigenschaften der bedingten Erwartung sind: Lemma 63 (Eigenschaften der bedingten Erwartung) Alle bedingten Erwartungen seien wohldefiniert. f, fn , g sind Funktionen, c eine reelle Zahl und die Aussagen gelten alle f.s.. (i) E(1 | A0 ) = 1 (ii) E(f + g | A0 ) = E(f | A0 ) − E(g | A0 ). (iii) E(cf | A0 ) = cE(f | A0 ). 48
WS98/99
U. R¨osler
(iv) f ≥ 0 ⇒ E(f | A0 ) ≥ 0. (v) |E(f | A0 )| ≤ E(|f | | A0 ) (vi) E(f g | A0 ) = gE(f | A0 ) f¨ ur eine A0 -meßbare Funktion g. (vii) E(g | A0 ) = g f¨ ur eine A0 -meßbare Funktion g. (viii) Towerproperty: F¨ ur A0 ⊂ A1 ⊂ A Unter-σ-Algebren gilt E(E(f | A0 ) | A1 ) = E(f | A0 ) = E(E(f | A1 ) | A0 ) (ix) supn E(fn | A0 ) ≤ E(supn fn | A0 ) (x) Es gelten die drei Konvergenzs¨atze: • Monotone Konvergenz: R fn % f, R f1 dµ > −∞ ⇒ E(fn | A0 ) %n E(f | A0 ). fn & f, f1 dµ < ∞ ⇒ E(fn | A0 ) &n E(f | A0 ).
• Fatou: R inf n fn > −∞ ⇒ lim inf n E(fn | A0 ) ≥ E(lim inf n fn | A0 ). R supn fn < ∞ ⇒ lim supn E(fn | A0 ) ≤ E(lim supn fn | A0 ). • Dominierte Konvergenz: fn →n f, supn |fn | ∈ L1 ⇒ E(fn | A0 ) →n E(f | A0 ).
(xi) Jensen Ungleichung: F¨ ur eine konvexe Funktion ϕ : I 7→ IR mit I ein Intervall, c µ(I ) = 0, gilt, f integrierbar, E(ϕ(f ) | A0 ) ≥ ϕ(E(f | A0 )). (xii) E(f g | A0 ) = gE(f | A0 ) f¨ ur eine A0 -meßbare Funktion g. Beweis: (i) |E(f | A0 )| = |E(f + | A0 ) − E(f − | A0 )| ≤ E(f + | A0 ) + E(f − | A0 ) = E(|f | | A0 ) ur (ii) Dies gilt f¨ ur Indikatorfunktionen g = 11A0 , A0 ∈ A0 . Dann gilt die Beziehung f¨ Treppenfunktionen und deren Abschluß bez¨ uglich punktweiser Konvergenz. Damit fuer alle A0 -meßbaren Funktionen, sofern die bedingte Erwartung wohldefiniert ist. (iii) Nachrechnen. (iv) Dies gilt fuer jedes n und damit fuer das abz¨ahlbare Supremum. (v) Monotone Konvergenz F¨ ur jedes A0 ∈ A0 gilt Z
lim E(fn | A0 ) = lim
A0 n
n
Z
A0
E(fn | A0 ) = lim n
Z
A0
fn =
Z
f= A0
Z
A0
E(f | A0 )
Daher gilt limn E(fn | A0 ) = E(f | A0 ). F¨ ur den 2.Teil gehe u ¨ ber zu −fn . 49
WS98/99
Maßtheorie
Fatou 1. Teil. Sei gm := inf n≥m fn . Dann gm %m lim inf n fn und E(lim inf fn | A0 ) = lim E(gm | A0 ) ≤ lim inf E(fm | A0 ). n
m
m
Analog 2.Teil. Dominierte Konvergenz. E(lim inf fn | A0 ) ≤ lim inf E(fn | A0 ) ≤ lim sup E(fn | A0 ) ≤ E(lim sup fn | A0 ). n
n
n
n
(vi) Eine konvexe Funktion ϕ l¨aßt sich darstellen als ϕ = supl≤ϕ l mit l eine affin lineare (l(x) = ax + b) Funktionen (Tangente). Es reicht, l aus einer abz¨ahlbaren Menge L zu w¨ahlen, z.B. mit rationalen Koeffizienten. Es folgt E(ϕ(f ) | A0 ) = E(sup l(f ) | A0 ) ≥ sup E(l(f ) | A0 ) = sup l(E(f | A0 )) = ϕ(E(f | A0 )). l∈L
l∈L
l∈L
(vii) Sei zur Abk¨ urzung a = (E(|f |p | A0 ))1/p und b = (E(|g|q | A0 ))1/q . Wir zeigen E( fa gb | A0 ) ≤ 1. Sei C ∈ A0 und dν = 11C dµ. Dann gilt Z
E( C
fg | A0 ) dµ = ab
Z
fg dν ab Z Z |g|q |f |p 1/p dµ) ( dµ)1/q = µ(C)1/p+1/q ≤ 1 ≤ ( p q C b C a
(viii) Verwende Jensen mit ϕ(x) = |x| und Isotonie. (ix) Dies gilt f¨ ur Indikatorfunktionen g = 11A0 , A0 ∈ A0 . Dann gilt die Beziehung f¨ ur Treppenfunktionen und deren Abschluß bez¨ uglich punktweiser Konvergenz. Damit fuer alle A0 -meßbaren Funktionen, sofern die bedingte Erwartung wohldefiniert ist. q.e.d.
Beispiel: Triviale σ-Algebra Sei A 0 die triviale σ-Algebra {∅, Ω}. Dann ist E(f | R A0 )dµ = f dµ. Beispiel: A0 = {∅, B, B c , Ω} Sei µ ein endliches Maß. Es gilt E(f | A0 ) = 11B
R
R
f dµ c f dµ + 11B c B c . µ(B) µ(B ) B
Nachrechnen f¨ ur Indikatorfunktion f und A0 ∈ A0 ist ∅, B, B c oder Ω. Beispiel: Atomares A0 Sei A0 eine Unter-σ-Algebra, die von einer abz¨ahlbaren disjunkten Zerlegung Bn , n ∈ IN, erzeugt wird, 0 < µ(Bn ) < ∞. Dann ist die bedingte Erwartung E(f | A0 ) =
X
11Bn
n
R
f dµ . µ(Bn ) Bn
Beispiel: Gruppenmittelwert Sei G eine endliche Gruppe von meßbaren, maßerhaltenden Abbildungen g : Ω 7→ Ω, d.h. gµ = µ. Sei A 0 die σ-Algebra {B ∈ A | g −1 (B) = B ∀g ∈ G} aller G-invarianter Ereignisse. Dann gilt f¨ ur f ≥ 0 1 X f ◦ g. E(f | A0 ) = |G| g∈G P
1 Beweis: • h := |G| g∈G f ◦ g ist invariant unter G. h erf¨ ullt h ◦ g = h f¨ ur alle g ∈ G.
50
WS98/99
6.4.1
U. R¨osler
Die bedingte Erwartung als Operator
Eine bedingte Erwartung E(f | A0 ) einer positiven erweiterten Funktion f ist nur µ f.s. ¨ eindeutig. Die Menge der bedingten Erwartungen von f unter A 0 ist die Aquivalenzklasse ¨ [E(f | A0 )] zu E(f | A0 ) bez¨ uglich der Aquivalenzrelation der fast sicheren Gleichheit. Die + Abbildung F (A) 3 f 7→ [E(f | A0 )] wird mit E(· | A0 ) bezeichnet. Ein Repr¨asentant der ¨ Aquivalenzklasse ist dann die f.s. eindeutige Funktion. Wir bezeichnen den Rep¨asentanten als ¨ eine Version der bedingten Erwartung und betrachten die bedingte Erwartung als Aquivalenzklasse. Da f.s. gleiche Funktionen denselben bedingten Erwartungswert haben, betrachten wir die ¨ bedingte Erwartung E(· | A0 ) als Operator auf Aquivalenzklassen von A-me¨sbaren Funktionen ¨ in Aquivalenzklassen von A0 -Funktionen. Satz 64 (Existenz der bedingten Erwartung als Operaotor) Sei A 0 ⊂ A eine Unterσ-Algebra von A0 und µ eingeschr¨ankt auf A0 σ-endlich. Die bedingte Erwartung E(· | A 0 ) ¨ ist eine Abbildung von Aquivalenzklassen positiver erweiterter A-meßbaren Funktionen in ¨ die Aquivalenzklassen positiver erweiterter A 0 -Funktionen. Dies ist ein additiver, skalarer, isotoner und von unten σ-stetiger Operator. Die Fixpunkte der bedingten Erwartung sind die ¨ Aquivalenzklassen von A0 -meßbaren positiven Funktion. Beweis: • E(· | A0 ) ist wohldefiniert als Operator wie oben beschrieben. Ess reicht zu zeigen f1 = f2 f.s. ⇒ E(f1 | A0 ) = E(f2 | A0 ) f.s. ¨ Ubung. • Die bedingte Erwartung ist additiv und skalar. Nachrechnen. • Die bedingte Erwartung ist isoton. 0 ≤ f ≤ g ⇒ E(g | A0 ) − E(f | A0 ) = E(g − f | A0 ) ≥ 0 fast sicher. • σ-Stetigkeit von unten. Sei 0 ≤ fn %n f. 0 ≤ E(fn | A0 ) ist aufsteigend. Wir verwenden den Satz u ¨ ber monotone Konvergenz, A0 ∈ A0 , Z
lim E(fn | A0 ) = lim
A0 n
n
Z
A0
E(fn | A0 ) = lim n
Z
A0
fn =
Z
lim fn =
A0 n
Z
f. A0
¨ • Die Fixpunkte sind die Aquivalenzklassen der A0 -meßbaren positiven Funktionen. + Die Elemente von F (A0 ) sind Fixpunkte. (Nachrechen.) Ist 0 ≤ f ein Fixpunkt, (E(f | A0 ) = f ) so ist f bereits A0 − B-meßbar. q.e.d.
Dieser Satz l¨a¨st sich ausdehnen auf A-me¨sbare Funktionen f, sofern der bedingte Erwartungswert existiert. Die Aussagen des Satzes 64 beliben erhalten. Ebenfalls die Eigenschaften ¨ aus Lemma 63 bleiben erhalten. (Jetzt aber als Aquivalenzklassen interpretiert und ohne f.s.) Bisher mussten wir stets anf¨ uhren, falls wohldefiniert. Die nat¨ urlichen Klassen f¨ ur die bedingte Erwartung sind die L1 -R¨aume. Etwas allgemeiner gilt:
Satz 65 Die bedingte Erwartung E(· | A 0 ) : Lp (A) → Lp (A0 ), 1 ≤ p ≤ ∞ ist ein linearer, positiver, σ-stetiger Operator mit Operatornorm 1. Die Fixpunkte der bedingten Erwartung sind die A0 -meßbaren und p-integrierbaren Funktionen.
Beweis: F¨ ur 1 ≤ p < ∞ verwende die Jensen-Ungleichung f¨ ur x 7→ xp , Z
p
|E(f | A0 )| dµ ≤
Z
|E(|f |p | A0 )dµ = kf kpp . 51
WS98/99
Maßtheorie
Analog f¨ ur p = ∞, esssup |E(f | A0 )| ≤ esssup E(|f | | A0 )| ≤ esssup |f |. ¨ Der Rest ist Ubung. Insbesonders ist die bedingte Erwartung eine stetige Funktion auf L p . Lemma 66 Seien 1 ≤ p, q ≤ ∞ dual,
1 p
+
1 q
= 1. Dann definiert
Lp (A) × Lq (A) 3 (f, g) 7→ E(f g | A0 ) ∈ L1 (A0 ) eine Bilinearform. Es gilt die H¨older Ungleichung |E(f g | A0 )| ≤ (E(|f |p | A0 ))1/p (E(|g|q | A0 ))1/q . Beweis: Der bedingte Erwartungswert ist wohldefiniert, da Z
E(|f g| | A0 ) = kf gk1 ≤ kf kp kgkq < ∞.
Die Abbildung ist wohldefiniert, da Z
|E(f g | A0 | ≤
Z
E(|f g| | A0 ) < ∞.
Sie ist bilinear. Sei zur Abk¨ urzung a = (E(|f |p | A0 ))1/p und b = (E(|g|q | A0 ))1/q . Wir zeigen |E( fa gb | A0 )| ≤ 1 auf jeder Menge A0 ∈ A0 . W¨are der Term strikt gr¨oßer 1 auf einer Menge A0 ∈ A0 von strikt positivem Maß, so argumentiere mit dν = 11 A0 dµ Z
Z
fg fg | A0 ) dµ = dν ab ab A0 Z Z |f |p |g|q 1/p ≤ ( dν) ( dν)1/q ap bq Z Z E(|g|q | A0 ) E(|f |p | A0 ) 1/p dµ) ( dµ)1/q = µ(A0 )1/p+1/q ≤ µ(A0 ). ≤ ( p q a b A0 A0
µ(A0 ) <
E(
Dies ist ein Widerspruch. Satz 67 Die bedingte Erwartung E(· | A 0 ) : Lp (A) → Lp (A0 ), 1 ≤ p ≤ ∞ ist ein linearer, positiver, σ-stetiger Operator mit Operatornorm 1. Die Fixpunkte der bedingten Erwartung sind die A0 -meßbaren und p-integrierbaren Funktionen. Beweis: F¨ ur 1 ≤ p < ∞ verwende die Jensen-Ungleichung f¨ ur x 7→ xp , Z
p
|E(f | A0 )| dµ ≤
Z
|E(|f |p | A0 )dµ = kf kpp .
Analog f¨ ur p = ∞, esssup |E(f | A0 )| ≤ esssup E(|f | | A0 )| ≤ esssup |f |. ¨ Der Rest ist Ubung. Insbesonders ist die bedingte Erwartung eine stetige Funktion auf L p . 52
WS98/99 Lemma 68 Seien 1 ≤ p, q ≤ ∞ dual,
1 p
+
1 q
U. R¨osler
= 1. Dann definiert
Lp (A) × Lq (A) 3 (f, g) 7→ E(f g | A0 ) ∈ L1 (A0 ) eine Bilinearform. Es gilt die H¨older Ungleichung |E(f g | A0 )| ≤ (E(|f |p | A0 ))1/p (E(|g|q | A0 ))1/q . Beweis: Der bedingte Erwartungswert ist wohldefiniert, da Z
E(|f g| | A0 ) = kf gk1 ≤ kf kp kgkq < ∞.
Die Abbildung ist wohldefiniert, da Z
|E(f g | A0 | ≤
Z
E(|f g| | A0 ) < ∞.
Sie ist bilinear. Sei zur Abk¨ urzung a = (E(|f |p | A0 ))1/p und b = (E(|g|q | A0 ))1/q . Wir zeigen |E( fa gb | A0 )| ≤ 1 auf jeder Menge A0 ∈ A0 . W¨are der Term strikt gr¨oßer 1 auf einer Menge A0 ∈ A0 von strikt positivem Maß, so argumentiere mit dν = 11 A0 dµ Z
Z
fg fg | A0 ) dµ = dν ab ab A0 Z Z |g|q |f |p 1/p dν) ( dν)1/q ≤ ( ap bq Z Z E(|g|q | A0 ) E(|f |p | A0 ) 1/p dµ) ( dµ)1/q = µ(A0 )1/p+1/q ≤ µ(A0 ). ≤ ( p q a b A0 A0
µ(A0 ) <
E(
Dies ist ein Widerspruch. Hilbertr¨ aume: Alternative Einf¨ uhrung der bedingte Erwartung. Eine Projektion auf einem Hilbertraum H ist eine lineare Abbildung A : H 7→ H mit A ◦ A = A. Eine orthogonale Projektion ist eine selbstadjungierte (A = A ∗ ) Projektion. N Orthogonale Projektionen gestatten die Hilbertraumorthogonalzerlegung H = H 0 (H0 )⊥ mit H0 = AH. Diese setzen wir als bekannt voraus. Lemma 69 Es gibt genau eine surjektive orthogonale Projektion H 7→ H 0 . Beweis: F¨ ur f ∈ H betrachte die Abbildung Tf : H0 → IR definiert durch Tf (h) =< f, h > . Die Abbildung Tf ist aus dem stetigen Dualraum H0∗ von H0 . Da H0 selbstdual ist, siehe Satz von Riesz, gibt es genau eine Funktion g ∈ H 0 mit < f, h >=< g, h > f¨ ur alle h ∈ H0 . Definiere die Abbildung A : H → H0 durch A(f ) = g. A tut’s. A ist wohldefiniert mit Bildraum H0 . A ist die Identit¨at auf H0 . Hieraus folgt die Surjektivit¨at und dann die Projektionseigenschaft. Die Orthogonalit¨at rechnen wir nach, < Af, g >=< g, Af >=< Ag, Af >=< Af, Ag >=< f, Ag >=< A ∗ f, g > f¨ ur alle f, g ∈ H. q.e.d. In unserem Fall sei der Hilbert Raum H = L 2 (A) versehen mit der Bilinearform < f, g >= R f gdµ. F¨ ur eine Unter-σ-Algebra A0 sei H0 := L2 (A0 ) ⊂ H. Dann ist die orthogonale 53
WS98/99
Maßtheorie
Projektion A auf H0 die bedingte Erwartung. Die nachzurechnende Bedingung ist in Hilbertraumnotation < A(f ), 11A0 >=< f, 11A0 > f¨ ur alle A0 ∈ A0 . Diese Definition kann dann ausgedehnt werden auf positive Funktionen und Lp Funktionen. Umgekehrt, die bedingte Erwartung wie vormals definiert, liefert auf dem Hilbertraum eine surjektive orthogonale Projektion nach H 0 . Die Surjektivit¨at und Projektionseigenschaft ergibt sich durch E(f | A0 ) = f f¨ ur f ∈ H0 . Die Orthogonalit¨at folgt aus Z
E(f | A0 )gdµ =
Z
f gdµ =
Z
f E(g | A0 )dµ.
Damit ist E(· | A0 ) gleich der oben definierten Projektion A.
6.4.2
Faktorisierung
Seien f : Ω → Ω0 und g : Ω → Ω00 meßbare Funktionen. f heißt g-meßbar, falls f meßbar ist bez¨ uglich der von g erzeugten σ-Algebra. In Formeln, falls f −1 (A0 ) ⊂ g −1 (A00 ). Hintergrund ist das Lemma 70 (Faktorisierungslemma) Seien f : Ω → Ω 0 und g : Ω → Ω00 meßbare Funktionen. Die σ-Algebra A0 , A00 seien abz¨ahlbar erzeugt. Dann gilt f ist g meßbar ⇔ ∃h : Ω00 7→ Ω0 meßbar mit f = h ◦ g. Beweis: Nur die Hinrichtung ist interessant. Wir betrachten zuerst Ω 0 , Ω00 ⊂ IR versehen mit der induzierten Borel σ-Algebra. Sei Aq , q ∈ Ql das Intervall (−∞, q]. Seien B q Borelmengen mit f −1 (Aq ) = g −1 (Bq ) f¨ ur jede rationale Zahlen q. Ohne Einschr¨ankung der Allgemeinheit seien Bq aufsteigend in q. (Ansonsten betrachte ∪Ql3r≤q Br anstelle der Bq .) Definiere h durch h(x) = inf{q ∈ Ql | x ∈ Bq }. h tut’s. h ist aufsteigend und damit meßbar. Nach Konstruktion gilt f = h ◦ g. Der Rest ergibt sich aus folgender Proposition. q.e.d. Proposition 71 Jede abz¨ahlbar erzeugte σ-Algebra A besitzt eine Familie von me¨sbaren Mengen Aq , q ∈ Ql, die einen Erzeuger bildet und isoton sind, r ≤ q → A r ⊂ Aq . Bew: Sei E = {En ∈ A, n ∈ IN } ein abz¨ahlbares Erzeugendensystem der σ-Algebra A. Definiere ϕ1 : Ω → {0, 1}IN , ϕ1 (ω)(i) := 11Ei (ω) und definiere ϕ2 : {0, 1}IN 7→ [0, 1] via ϕ2 ((x1 , x2 , . . .)) =
∞ X
2xi 3−i .
i=1
Sei ϕ := ϕ2 ◦ ϕ1 . Die Mengen Aq := ϕ−1 ((−∞, q]) tun’s. 54
WS98/99
U. R¨osler
Die Abbildung ϕ := ϕ2 ◦ ϕ1 : Ω 7→ IR ist injektiv und me¨sbar, da ϕ 1 , ϕ2 diese Eigenschaft haben. Die Mengen (−∞, q], q ∈ Ql bilden einen Erzeuger E der Borel σ-Algebra B. Da ϕ injektiv ist, gilt A = ϕ−1 (B) = ϕ(σ(E)) = σ(ϕ(E)) = σ(Aq , q ∈ Ql). q.e.d. Sei jetzt Ω, A, µ) ein Ma¨sraum. In der bedingten Erwartung notieren wir die Teil-σ-Algebra A0 durch deren Charakterisierung wie z.B. durch ein Erzeugensystem oder auch Funktionen. Notation: E(f | E) oder E(f | X) f¨ ur A0 = σ(E) oder σ(X). (σ(X) ist die kleinste σ-Algebra, bez¨ uglich der die Funktion X me¨sbar ist.) Sei X : Ω → IR me¨sbar und E(f | X) eine Version der bedingten Erwartung und damit feste σ(X) − B-me¨sbare Funktion Ω → R. Nach dem Faktorisierungslemma gibt es eine reelle Funktion h mit E(f | A0 ) = h ◦ X. Wir benutzen E(. | X = x) f¨ ur die Abbildung −1 E(. | X) ◦ X . E(f | X = x) heißt bedingte Erwartung von f , bedingt unter X = x. Bemerkung In der Regel ist {X = x} eine Nullmenge. Bemerkung Die obige Funktion h ist µ X fast sicher wohldefiniert. ¨ Sei jetzt (Ω, A, µ) ein Ma¨sraum. Das Faktorisierungslemma gilt auch f¨ ur Aquivalenzklassen ¨ (bzgl f.s. Gleichheit), mit den entsprechenden Modifikationen. Die Aquivalenzklasse [f ] ist 0 00 00 ¨ meßbar bzgl. der Aquivalenzklasse [g] falls f¨ ur alle f ∈ [f ], g ∈ [g], A ∈ A es ein A ∈ A00 −1 0 gibt mit der symmetrischen Differenz f (A )4g −1 (A00 ) als Nullmenge. Wir u ¨ berschlagen die technischen Details. In der bedingten Erwartung notieren wir die Teil-σ-Algebra durch deren Charakterisierung wie z.B. ein Erzeugensystem E oder auch Funktionen X. Notation: E(f | E) oder E(f | X) f¨ ur A0 = σ(E) oder σ(X). Wir benutzen E(. | X = x) f¨ ur die Abbildung E(. | X) ◦ X −1 . Dieser Ausdruck ist µX fast sicher wohldefiniert nach dem Faktorisierungslemma. (Die Borel σ-Algebra ist abz¨ahlbar erzeugt.) E(f | X = x) heißt bedingte Erwartung von f , bedingt unter X = x. Bemerkung In der Regel ist {X = x} eine Nullmenge.
6.4.3
Weitere Beziehungen *
Wir zeigen einige Beispiele aus der Wahrscheinlichkeitstheorie. (Wir setzen den Begriff der Unabh¨angigkeit voraus. Ein W-maß bezeichnen wir stets mit P.) Proposition 72 F¨ ur unabh¨angige Zgn X, Y gilt P X fast sicher E(f (X, Y ) | X = x) = E(f (x, Y )) Beweis: Sei M die Menge aller Funktionen mit obiger Eigenschaft. M enth¨alt alle Funktionen der Form f (x, y) = 11x∈A 11y∈B (Nachrechnen). Weiterhin ist M abgeschlossen bez¨ uglich endlicher Summen und monotoner Grenzwerte. Dies reicht. q.e.d. Beispiel: Ebene Seien X, Y : Ω → IR Zufallsgr¨ oßen mit der gemeinsamen Verteilung R gem¨aß der Dichte f : IRR2 7→ IR, d.h. P ((X, Y ) ∈ ·) = · f (x, y)dxdy. Dann ist g, g(x) := f (x, y)dy, die Dichte von X. g ist meßbar und P (X ∈ A) =
Z Z
11x∈A f (x, y)dxdy = 55
Z
g(x)dx.
A
WS98/99
Maßtheorie
Ferner gilt E(h(Y ) | X) =
R
h(y)f (X, y)dy , g(X)
E(h(Y ) | X = x) =
R
h(y)f (x, y)dy g(x)
f¨ ur jede integrierbare oder positive meßbare Funktion h. Sei dazu h = 11B und A, B borelsch. Z
X −1 (A)
E(h(Y ) | X)dP
= E(11X∈A 11Y ∈B ) = P ((X, Y ) ∈ (A, B)) Z Z
=
f (x, y)dydx =
A B
Z
=
X −1 (A)
R
Z R A
B
f (x, y)dy g(x)dx g(x)
B f (X, y)dy dP. g(X)
Hieraus folgt die erste Behauptung wegen der fast sicheren Eindeutigkeit der bedingten Erwartung. Alle meßbaren Treppenfunktionen h erf¨ ullen die Behauptung und alle monotonen Grenzwerte hiervon wegen der σ-Stetigkeit. q.e.d.. Lemma 73 Seien A0 und A1 Unter-σ-Algebren und f integrierbar oder positiv und meßbar. Falls σ(A0 , f ) unabh¨angig von A1 ist, gilt P -f.s. E(f | σ(A0 , A1 )) = E(f | A0 ). Beweis: D := {D ∈ σ(A0 , A1 ) |
Z
D
E(f | A0 , A1 )dP =
Z
D
µ(f | A0 )dP }.
Man rechnet leicht nach, daß D ein Dynkin-System ist. E := {A 0 ∩ A1 |A0 ∈ A0 , A1 ∈ A1 } ist ein Erzeuger von σ(A0 , A1 ). F¨ ur A0 ∈ A0 , A1 ∈ A1 ist Z
A0 ∩A1
E(f | σ(A0 , A1 ))dP = P ((11A0 f )11A1 ) = P (11A0 f )P (11A1 )
= P (11A0 E(f | A0 ))P (11A1 ) = P (11A0 E(f | A0 )11A1 ) =
Z
A0 ∩A1
E(f | A0 )dµ.
Damit ist E ⊂ D q.e.d.. Man beachte hier den Spezialfall A0 trivial: Aus σ(f ) unabh¨angig von A0 folgt E(f | A1 ) = P (f ).
6.5
Bedingte Wahrscheinlichkeiten∗
Mit der bedingten Erwartung E(. | A0 )(ω) oder auch E(. | X = x) l¨aßt sich rechnen wie mit Erwartungen oder bedingten Wahrscheinlichkeiten. Wann ist f¨ ur festes ω die bedingte Erwartung E(. | A0 )(ω) als eine Abbildung auf Funktionen ein Integral u ¨ ber ein Maß, welches abh¨angig ist von ω? 56
WS98/99
6.5.1
U. R¨osler
Kerne aus bedingten Erwartungen
Seien (Ω, A) und (Ω0 , A0 ) meßbare R¨aume. Ein Kern ist eine Abbildung K : Ω × A 0 7→ IR mit den Eigenschaften (i) f¨ ur alle ω ist K(ω, ·) : A0 7→ IR ein Maß, (ii) f¨ ur alle A0 ∈ A0 ist K(·, A0 ) : Ω 7→ IR meßbar. Ein Wahrscheinlichkeitskern ist ein Kern mit K(ω, ·) ein W-maß f¨ ur jedes ω. Ein Subwahrscheinlichkeitskern ist ein Kern mit K(ω, Ω) ≤ 1 f¨ u r jedes ω. R Wir benutzen die Notation K(ω, f ) := f (x)K(ω, dx).
Satz 74 Sei (Ω, A, P ) ein W-Raum und A bez¨ahlbar erzeugt. Sei A0 eine Unter-σ-Algebra von A. Dann gibt es einen W-kern K : Ω × A → IR, so daß K(., f ) : Ω → R eine Version der bedingten Erwartung E(f | A0 ) ist f¨ ur jede positive meßbare Funktion f. Beweis: Sei ϕ der Isomorphismus von A in B. Wir f¨ uhren den Beweis nun auf IR. Sei E die Menge aller Mengen Bq := {ω ≤ q} f¨ ur rationale q ∈ Ql. W¨ahle eine feste Funktion (=Version) F (., q) : Ω → IR der bedingten Erwartung E(B q | A0 ) aus. Definiere G : Ω × IR 7→ IR durch G(ω, x) = inf F (ω, q). Q l3q≥x
Sei N1 := {ω | ∃p ≤ q ∈ Ql : F (ω, p) > F (ω, q)} N2 := {ω | lim inf Ql3q→−∞ F (ω, q) 6= 0} N3 := {ω | lim inf Ql3q→∞ F (ω, q) 6= 1} und N = N1 ∪ N2 ∪ N3 . • N ist eine Nullmenge. ¨ N ist Vereinigung von abz¨ahlbar vielen Nullmengen. (Ubung) Definiere G : Ω × IR 7→ IR durch G(ω, x) = inf F (ω, q). Q l3q≥x
• G(ω, .) ist eine Verteilungsfunktion f¨ ur alle ω 6∈ N. ¨ Nachrechnen. Ubung Sei µω , ω ∈ N c , das Maß zur isoton aufsteigenden Verteilungsfunktion G(ω, ·) via µω (Bq ) = G(ω, q), q ∈ Ql. Sei µω das Punktmaß in 0 f¨ ur ω ∈ N. Dann tut’s K(ω, A) := µω (A). • N ist eine Nullmenge. ¨ N ist Vereinigung von abz¨ahlbar vielen Nullmengen. (Ubung) • G(ω, .) : IR 7→ IR ist eine Verteilungsfunktion f¨ ur ω ∈ N c . c • Auf N ist µω : A1 7→ IR ein wohldefiniertes W-maß. Dies folgt aus Caratheodory. Die oben definierte Mengenfunktion wird auf die von E erzeugte σ-Algebra = A ausgedehnt. • K ist ein Kern. Es verbleibt zu zeigen: D := {A ∈ A | µ· (A) : Ω 7→ IR meßbar } ist gleich A. Zeige hierzu D ist ein Dynkinsystem. (Ω ∈ D, D ist abgeschlossen bzgl. aufsteigender Differenz und disjunkter abz¨ahlbarer Vereinigung.) D enth¨alt das durchschnittsstabile Erzeugendensystem E von A1 . . Notation: µω (·) heißt bedingte Wahrscheinlichkeit. 57
WS98/99
Maßtheorie
Folgerung 75 F¨ urRMengen A ∈ A gilt µω (A) = E(1A | A0 )(ω). E(f | A0 )(ω) = f dµω fast sicher.
Beweis: Dies gilt f¨ ur f eine Treppe, f eine Treppenfunktion, per σ-Stetigkeit f¨ ur positive f + − und per Zerlegung f = f − f f¨ ur alle f , sofern die Ausdr¨ ucke wohldefiniert sind. q.e.d. Bemerkung: Es existieren nicht immer bedingte Maße. Bedingte Wahrscheinlichkeiten Sei (Ω, A, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum. F¨ ur 0 < c P (B) < 1 sei A0 := {∅, B, B , Ω}. Die bedingte Wahrscheinlichkeit, bedingt auf B, ist als das W-maß P (· | B) := PP(·∩B) (B) definiert. Es gilt P (A | A0 ) = 11B P (A | B) + 11B c P (A | B c ).
Sei nun (Bn )n∈IN eine Partition von Ω, 0 < P (Bn ). Sei A0 die kleinste σ-Algebra erzeugt von allen Bn . Die bedingte Erwartung wird durch bedingte W-maße gegeben, P (A | A0 ) :=
X
P (A | Bn )11Bn : Ω → IR.
µ(f | A0 ) =
Z
f dP (· | A0 )
fast sicher. Bedingte Maße sind die entsprechenden Verallgemeinerungen bedingt auf Ereignisse vom Maß 0.
58
Kapitel 7
Produktr¨ aume * Ziel dieses Paragraphen sind Maße auf allgemeinen Produktr¨aumen und der Existenzsatz von Kolmogoroff f¨ ur Produktr¨aume. Diese werden f¨ ur die Existenz stochastischer Prozesse ben¨otigt, z.B. f¨ ur die Existenz einer Folge von unabh¨angigen Zufallsgr¨oßen.
7.1
Produktr¨ aume
Wir starten mit dem mengentheoretischen Produktraum. Seien Ω i , i ∈ I, beliebige Mengen, I ein beliebiges Indexsystem. Das kartesische Produkt ΩI :=
Y
Ωi
i∈I
dieser Mengen ist die Menge aller Funktionen ω : I 7→ ∪ i∈I Ωi mit ω(i) ∈ Ωi f¨ ur alle i ∈ I. Sind alle Ωi , i ∈ I, gleich, etwa E, so benutzen wir die gebr¨auchliche Notation ΩI = E I . Q Ebenso benutzen wir ΩJ = j∈J Ωj f¨ ur J ⊂ I. Dies entspricht allen Funktionen ω |J , ω ∈ ΩI eingeschr¨ankt auf J. Projektion: F¨ ur K ⊂ J ⊂ I sei ΦJ,K : ΩJ → ΩK die Projektion auf die K-Koordinaten. Formal ist dies die Einschr¨ankung der Funktionen aus ΩJ auf K. Wir benutzen die Notation ΦK := ΦI,K wenn m¨oglich. Die Abbildung Φi := Φ{i} heißt i-te Koordinatenabbildung . Die Menge der Projektionsabbildungen ist transitiv, d.h. sie erf¨ ullen ΦK,L ◦ ΦJ,K = ΦJ,L
(7.1)
f¨ ur L ⊂ K ⊂ J. F¨ ur endliche Mengen I und eine fest vorgegebene Nummerierung i 1 , i2 , . . . , in der Elemente von I identifizieren wir den Produktraum Ω I mit Ω i1 × Ω i2 × . . . × Ω in . Ein Element ist ein Tupel (ω1 , ..., ωn ). In dieser Darstellung als Tupel ist stets die Reihenfolge der Aufz¨ahlung implizit enthalten. ullt die Projektionseigenschaft π J ◦ πJ = πJ . Die Abbildung πJ := Φ−1 J ΦJ : ΩI → ΩI erf¨ 59
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Maßtheorie
Proposition 76 πJ ◦ πK = πJ∩K = πK ◦ πJ .
¨ Beweis: Ubung mit Funktionen. Zylindermengen: Eine Zylindermenge in Ω I ist eine Menge der Form Φ−1 J (AJ ) mit AJ ⊂ ΩJ , J ⊂ I. Die Koordinatenmenge J heißt Basis des Zylinders. Genau genommen ist dies eine Namensgebung f¨ ur Mengen aus ΩI , denn jede ist eine −1 Zylindermenge wegen A = ΦI (A) mit der gesamten Indexmenge als Basis. Interessant sind kleinere Basen, im Sinne der Enthalten-relations. Die Basis eines Zylinders ist nicht eindeutig. ¨ (Ubung). Proposition 77 Sind J und K zwei Basen einer Zylindermenge, so auch J ∩ K.
Beweis: Genauer zeigen wir etwas mehr, hat die Zylindermenge zwei Darstellungen Φ −1 J (AJ ) = −1 −1 −1 ΦK (AK ), so gibt es eine Menge A ⊂ ΩJ∩K mit AJ = ΦJ,J∩K (A) und AK = ΦK,J∩K (A). Der wesentliche Punkt ist: • ΦJ,J∩K (AJ ) = ΦK,J∩K (AK ). −1 Aus Φ−1 J (AJ ) = ΦK (AK ) ergibt sich −1 −1 −1 −1 Φ−1 J (AJ ) = ΦJ ΦJ ΦJ (AJ ) = ΦJ ΦJ ΦK (AK ) −1 −1 −1 = πJ πK Φ−1 K (AK ) = πJ∩K ΦK (AK ) = ΦJ ΦJ,J∩K ΦK,J∩K (AK ).
• Die Menge A := ΦJ,J∩K (AJ ) tut’s. Φ−1 J,J∩K (A) = AJ und −1 −1 Φ−1 K,J∩K (A) = ΦK,J∩K ΦJ,J∩K (AJ ) = ΦK,J∩K ΦK,J∩K (AK ) = AK
q.e.d. Rechteckmengen: Eine Rechteckmenge oder auch Rechteckzylinder ist eine Menge der Form \ Φ−1 j (Aj ) j∈J
mit Aj ⊂ Ωj , j ∈ J ⊂ I. Ist I endlich, etwa I = {1, 2, . . . , n}, so schreiben wir die Rechteckmengen in der pr¨agnanteren Form A1 × A2 × . . . × An . Beachte die Reihenfolge des Index. Schnitt: Der Schnitt einer Menge A ∈ Ω I in Richtung x ∈ ΩJ ist SJx (A) := ΦJ c (A ∩ Φ−1 J (x)).
Eine alternative Beschreibung ist {ω |J c | ω ∈ A, ω|J = x} durch Einschr¨ankung der Funktionen auf J c . '
$
A Aω
ω &
%
60
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7.1.1
U. R¨osler
Produkt σ-Algebra
Wir kommen jetzt zu Produktr¨aumen mit meßbarer Struktur. Seien (Ω i , Ai ), i ∈ I, beliebige meßbare R¨aume. Die Produkt σ-Algebra AI ist die kleinste σ-Algebra auf ΩI , bez¨ uglich der alle Koordinatenabbildungen Φi , i ∈ I, meßbar sind. Wir benutzen die Notation AI =:
O i∈I
Ai .
N
Wir benutzen , da AI nicht das mengentheoretische Produkt ist, sondern eine Struktur enth¨alt. Das Tupel (ΩI , AI ) heißt Produktraum (der meßbaren R¨aume (Ωi , Ai ), i ∈ I.) Analog verwenden wir AJ f¨ ur J ⊂ I. Proposition 78 Die Abbildungen ΦI,J , J ⊂ I, sind AI − AJ meßbar. Beweis: i) Die Urbilder Φ−1 ur die J,{j} (Aj ), Aj ∈ Aj , j ∈ J, bilden ein Erzeugersystem E f¨
Produkt σ-Algebra AJ . Das Urbild Φ−1 I,J (E) des Erzeugersystems ist in A I wegen der Projektionseigenschaft −1 −1 −1 (7.1) ΦI,{j} (E) = ΦI,J (ΦJ,{j} (E)). Dies reicht im Hinblick auf Proposition 6. q.e.d.
Proposition 79 Die Produkt σ-Algebra A I ist gleich der Menge aller meßbarer Zylindermengen mit abz¨ahlbarer Basis. Jede meßbare Zylindermenge hat eine Darstellung Φ −1 ahlbarem J (AJ ) mit abz¨ J und meßbarem AJ ∈ AJ . Beweis: Sei M die Menge der Zylindermengen mit obiger Darstellung. Nach der vorherigen Proposition 78 gilt M ⊂ AI . F¨ ur die Umkehrung zeigen wir zuerst M ist eine σ-Algebra. c c −1 M ist nicht leer und komplementabgeschlossen, (Φ −1 · (A)) = Φ· (A ). Sie ist abgeschlossen bzgl. der abz¨ahlbaren Vereinigung. Dies folgt aus J n ⊂ I, Jn h¨ochstens abz¨ahlbar, J := ∪n Jn , abz¨ahlbar, \ n
Φ−1 Jn (AJn ) =
\ n
−1 −1 Φ−1 J (ΦJ,Jn (AJn )) = ΦJ (
\ n
Φ−1 J,Jn (AJn )) ∈ M.
Weiterhin enth¨alt M alle Mengen Φ−1 i (Ai ), die wiederum einen Erzeuger der Produkt σAlgebra bilden. Daraus folgt M = AI . q.e.d. Die meßbaren Rechteckmengen sind (genau diejenigen) von der Form \
Φ−1 j (Aj )
j∈J
mit
Aj ∈ Aj , j ∈ J ⊂ I h¨ochstens abz¨ahlbar.
Proposition 80 Sei J ⊂ I endlich. F¨ ur A ∈ AI ist jeder Schnitt SJx (A), x ∈ ΩJ , meßbar bzgl. der Produkt σ-Algebra AJ c . Beweis: Betrachte die Menge M aller Mengen A ∈ A I mit obiger Eigenschaft. Die Menge M ist eine σ-Algebra. (Nachrechnen, der wesentliche Punkt ist Φ J c (Ac ∩ Φ−1 J (x)) = ΦJ c (A ∩ −1 c ΦJ (x)) .) M enth¨alt einen Erzeuger, da die erzeugenden Abbildungen Φ i meßbar sind bez¨ uglich M − Ai . Damit folgt M = AI . q.e.d. 61
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Maßtheorie
Proposition 81 Die meßbaren Rechteckzylinder mit h¨ochstens abz¨ahlbarer Basis sind genau die Rechteckmengen mit Aj ∈ Aj . x = A f¨ Beweis: Die R¨ uckrichtung ist einfach. F¨ ur die Hinrichtung zeige SI\j j ur ein geeignetes x ∈ ΩI\j und vorgegebenes j ∈ J. Aj muß meßbar sein. q.e.d.
Lemma 82 Die Menge R0 der meßbaren Rechteckzylinder mit endlicher Basis bilden einen Semiring. Beweis: Die Eigenschaften eines Semiringes sind nachzupr¨ ufen. ∅ ∈ R0 ⊂ Ω ist offensichtlich. Die endliche Durchschnittsabgeschlossenheit folgt aus −1 −1 ∩n≤N ∩j∈Jn Φ−1 j (Aj,n ) = ∩j∈I ∩{n|j∈Jn } Φj (Aj,n ) = ∩j∈I Φj (∩{n|j∈Jn } Aj,n ).
Daß die Differenz als disjunkte endliche Summe von Semiringmengen darstellbar ist, ist eine unangenehme Schreibarbeit. Wir begn¨ ugen uns mit einem Bild im IR 2 .
B
A
Dies reicht.
7.2
q.e.d.
Maße auf Produktr¨ aumen.
Wir kommen jetzt zu maßtheoretischen Produktr¨aumen. Ein Produktmaß auf dem Produktraum (Ω I , AI ) ist ein Maß µ darauf mit µ(
\
Φ−1 j (Aj )) =
j∈J
Y
µ(Φ−1 j (Aj ))
(7.2)
j∈J
f¨ ur alle meßbaren Rechteckmengen. Das Produktmaß induziert ein Maß µi auf (Ωi , Ai ), i ∈ I, via µi (Ai ) = µ(Φ−1 i Ai ), Ai ∈ Ai . Umgekehrt, zumindest f¨ ur Wahrscheinlichkeitsmaße, wie wir gleich zeigen werden, gibt es zu vorgegebenem µi genau ein Produktmaß µ. Daher verwenden wir die Notation µ = µ I =: N i∈I µi . Das Tripel (ΩI , AI , µI ) heißt Produktmaßraum oder auch nur Produktraum (bez¨ uglich der Maßr¨aume (Ωi , Ai , µi )). Wir kommen jetzt zur Existenz des Produktmaßes. 62
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U. R¨osler
Satz 83 Seien (Ωi , Ai , µi ), i ∈ I, W-R¨aume. Es gibt genau ein Produktwahrscheinlichkeitsmaß auf dem Produktraum. Beweis: Fall: I bestehe aus den zwei Elementen 1 und 2. Setze f¨ ur Rechteckmengen µ(A1 × A2 ) = µ1 (A1 )µ2 (A2 ). In Funktionenschreibweise mit Funktionen f = 11 A1 ×A2 . Z
f (x, y)µ(d(x, y)) =
Z Z
f (x, y)µ1 (dx)µ2 (dy).
Die rechte Seite h¨angt nicht von der Reihenfolge der Integration ab Satz 35. Dehne die rechte Seiten linear aus auf Treppenfunktionen und dann σ-stetig auf meßbare positive Funktionen. R ¨ (Ubung.) Dann tut’s µ definiert durch µ(A) = 11A µ1 (dx)µ2 (dy). Fall: I endlich. Argumentiere induktiv u ¨ ber n = |I|. Fall: I abz¨ahlbar, oEdA I = IN. Der Beweis folgt obiger Konstruktion mit einem zus¨atzlichen Kompaktheitsargment. Sei R0 der Semiring aller Rechteckmengen mit endlicher Basis. Definiere µ : R0 7→ IR wie in (7.2). • Die Mengenfunktion µ ist wohldefiniert. ¨ Ubung. Dies ist keine Trivialit¨at und ben¨otigt die Projektionseigenschaft. Setze diese Mengenfunktion auf den von R 0 erzeugten Ring R additiv fort. • µ : R 7→ IR ist ein Pr¨amaß. Wir zeigen die σ-Stetigkeit bei der leeren Menge, welches hinreichend ist. Annahme: A n ∈ R0 ist fallend gegen die leere Menge und lim n µ(An ) > 0. Nach Fubini gilt Z µ2 (S1x1 (An ))µ1 (dx1 )
µ(An ) =
Q
mit µ2 der analoge entsprechende Inhalt auf i≥2 Ωi . S1x1 (An ) ist der Schnitt von An in Richtung erster Koordinate an der Stelle x 1 . (Beachte µ2 (B2 ×B3 ×. . .) = µ(Ω1 ×B2 ×B3 ×. . .) wie f¨ ur endliches I.) Der Satzes von der monotonen Konvergenz impliziert lim µ(An ) = n
Z
lim µ2 (S1x1 (An ))µ1 (dx1 ). n
x∗
Folglich gibt es ein x∗1 ∈ Ω1 mit limn µ2 (S1 1 (An )) > 0. (Wir integrieren u ¨ ber eine echte ¨ Funktion, keine Aquivalenzklasse.) Ebenfalls nach Fubini und monotoner Konvergenz lim µ n
2
x∗ (S1 1 (An ))
=
Z
x∗ ,x
lim µ3 (S1,21 2 (An ))µ2 (dx2 ) n
x∗ ,x∗
Q
mit µ3 der analoge Inhalt auf i≥3 Ωi . Es gibt ein x∗2 ∈ Ω2 mit limn µ3 (S1,21 2 (An )) > 0. Analog w¨ahle x∗3 , x∗4 , . . . usw. Dann liegt x∗ := (x∗1 , x∗2 , ...) in dem Durchschnitt aller An . ¨ (Ubung.) Widerspruch. • Die eindeutige Caratheodory Erweiterung liefert das gew¨ unschte Produktwahrscheinlichkeitsmaß µ = µI . Fall: I beliebig. Definiere µI : AI 7→ IR durch µI (A) = µJ (AJ ) 63
WS98/99
Maßtheorie
mit A = Φ−1 (AJ ), AJ ∈ AJ , J ⊂ I abz¨ahlbar. µI tut’s. • Wohldefiniertheit. Seien J, K ⊂ I abz¨ahlbar und A = Φ−1 (AJ ) = Φ−1 (AK ). Dann gilt µJ (AJ ) = µJ∪K (ΦJ∪K (A)) = µK (AK ). • µI ist ein W-maß. Nachrechnen. q.e.d. Projektiver Limes* Wir betrachten eine Klasse O von Objekten derselben mathematischen Struktur, wie Vektorr¨aume, meßbare R¨aume, Gruppen, oder anderes. Weiterhin gebe es gewisse strukturerhaltende Abildungen zwischen den Objekten, z.B. lineare Abbildungen, meßbare Abbildungen, Gruppenhomomorphismen, usw.. Diese Abbildungen heißen Morphismen. Ein projektives System ist ein Tupel (O, M) einer Menge O von mathematischen Objekten und einer transitiven Menge M von Morphismen. (Transitiv bedeutet, falls ϕ α,β : α → β und ϕβ,γ : β → γ Morphismen aus M sind, so auch ϕ α,γ = ϕβ,γ ◦ ϕα,β .) Anders formuliert, das folgende Diagramm kommutiert: u
-u
α
ϕα,β
"
-u
β
ϕβ,γ
ϕα,γ
-u 6 !
γ
-u
-
Auf O ist eine transitive Relation durch die Morphismen vorgegeben via, α β ⇔ ∃ϕ ∈ M ϕ : α → β. Der projektive Limes eines projektiven Systems (O, M) ist ein weiteres Objekt γ mit dieser mathematischen Struktur und folgenden Eigenschaften. (i) Es gibt Morphismen ϕγ,α : γ → α f¨ ur alle α ∈ O, so daß (O ∪ {γ}, M ∪ {ϕγ,α | α ∈ O}) ein projektives System derselben mathematischen Struktur bildet. (ii) γ ist das kleinste derartige Objekt. Sei δ ein weiteres Objekt mit Morphismen ϕ . wie in (i). Dann gibt es einen Morphismus ϕ : δ → γ mit ϕδ,α = ϕγ,α ◦ ϕδ,γ . Die erste Bedingung fordert die Vertr¨aglichkeit der Morphismen ϕγ,α mit der Projektionsstruktur. Sehr einpr¨agsam ist die graphische Darstellung als links abgeschlosser Graph (der nicht linear sein muß): u
δ
"
ϕδ,γ
-u
γ
ϕδ,α
ϕγ,α
-u 6 !
α
64
-u
-
WS98/99
U. R¨osler
Beispiel: Produktmaß Der Produktraum von W-r¨aumen ist der projektive Limes eines projektiven Systems. Betrachte die Objekte (Ω J , AJ , µJ ), f¨ ur J ⊂ I abz¨ahlbar. Dies sind Wahrscheinlichkeitsr¨aume. Die Morphismen sind die Projektionsabbildungen Φ J,K . Diese erf¨ ullen die Vertr¨aglichkeitsbedingung (7.1), ΦK,L ◦ ΦJ,K = ΦJ,L
ΦJ,K µJ = µK .
Das Objekt (ΩI , AI , µI ) mit den Morphismen ΦJ f¨ ur h¨ochstens abz¨ahlbare Teilmengen J ⊂ I ist der projektive Grenzwert. Dies ist das kleinste Objekt mit Morphismen, welches das projektive System projektiv abschließt. W¨are δ = (Ω, A, µ) ein weiterer W-Raum mit den Morphismen Φ δ,J , der das projektive System projektiv abschließt. Dann tut es die Abbildung Ω 3 ω 7→ ϕδ,I (ω) =
Y i
Φi (ω) ∈ ΩI .
Kompakte Klassen * Dieser Abschnitt ist nur der Vollst¨andigkeit halber gegeben und kann beim ersten Lesen u ¨ berschlagen werden. Eine Teilmenge K ⊂ P(Ω) der Potenzmenge heißt kompakte Klasse, bzw. hat die T endliche Durchschnittseigenschaft, falls f¨ ur jede abz¨ahlbare Folge Kn ∈ K mit N n=1 Kn 6= T ∅ f¨ ur jedes N ∈ IN auch n∈IN Kn 6= ∅ gilt. T T ¨ ur eine Folge impliziert N ur ein Aquivalent ist die Forderung n Kn = ∅ f¨ n=1 Kn = ∅ f¨ N ∈ IN. In topologischen R¨aumen ist die Menge der kompakten Mengen eine kompakte Klasse. (Dies ist das Hauptbeispiel und vielleicht das einzig relevante.) Lemma 84 Ist K eine kompakte Klasse, so auch die Menge der abz¨ahlbaren Durchschnitte und die Menge der endlichen Vereinigungen von Mengen aus K. Beweis: F¨ ur Durchschnitte ist die Behauptung einfach. Sei nun D n := T ur alle N ∈ IN. Definiere den Produktraum und N n=1 Dn 6= ∅ f¨ L :=
∞ Y
n=1
Si n
i=1
Kin mit Kin ∈ K
{1, 2, . . . , in } = {1, 2, . . . , i1 } × {1, 2, . . . , i2 } × . . . n LN := {(l1 , l2 , . . .) ∈ L | ∩N n=1 Kln 6= ∅}.
• LN , N ∈ IN, sind nicht leer und die Folge L N ist fallend. • ∩N LN ist nicht leer. W¨ahle aus jedem LN ein lN aus. Nach dem Schubfachprinzip gibt es ein 1 ≤ l 1∗ ≤ i1 mit #{N ∈ IN | l1∗ = l1N } = ∞. Ebenso findet man ein l2∗ mit #{N ∈ IN | l1∗ = l1N , l2∗ = l2N } = ∞ usw. Damit gilt (l1∗ , l2∗ , l3∗ , . . .) ∈ ∩N LN . Damit gilt ∩n≤N Klnn∗ 6= ∅ f¨ ur alle N ∈ IN. K ist eine kompakte Klasse, also ∩ n Klnn∗ 6= ∅. Hieraus folgt ∩n Dn 6= ∅. q.e.d. Lemma 85 Sei I eine beliebige Indexmenge, K i ⊂ P(Ωi ), i ∈ I, kompakte Klassen. Dann ist K := {Φ−1 i (Ki ) | i ∈ I, Ki ∈ Ki } eine kompakte Klasse. 65
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Maßtheorie
n n Beweis: Sei K n = Φ−1 in (Kin ) ∈ K, n ∈ IN, in ∈ I, Kin ∈ Kin , eine Folge aus K mit n ∩N ur alle N ∈ IN. Dann gilt n=1 K 6= ∅ f¨ −1 −1 n n n ∩N n=1 K = ∩i ∩{n≤N |in =i} Φi (Ki ) = ∩i Φi (∩{n≤N |in =i} Ki ).
Der Durchschnitt wird u ¨ ber alle i ∈ I genommen, mit {n ≤ N | in = i} nicht leer. F¨ ur jedes solche i sind die endlichen Durchschnitte ∩ {n≤N |in =i} Kin nicht leer (wegen n 6= ∅.) Da K eine kompakte Klasse ist, ist der abz¨ ∩N ahlbare Durchschnitt Ai := i n=1 K n = ∩ Φ−1 (A ) nicht. ∩{n|in =i} Kin nicht leer. Folglich auch ∩∞ K q.e.d. i i n=1 i
7.2.1
Die Kolmogoroffschen Erweiterungss¨ atze
Seien (Ωi , Ai ), i ∈ I, meßbare R¨aume und (ΩJ , AJ ), J ⊂ I endlich, der Produktraum versehen mit der Produkt σ-Algebra. Eine maßerhaltende Abbildung ist eine Abbildung zwischen Maßr¨aumen, die die Maße erh¨alt. Satz 86 (Daniell-Kolmogoroff ) Sei (Ω J , AJ , µJ ), ΦK,J , J ⊂ K ⊂ I endlich ein projektives System bez¨ uglich Wahrscheinlichkeitsr¨aumen und maßerhaltenden Abbildungen. F¨ ur jedes i ∈ I gebe es ein kompaktes System Ki derart, daß ∀ > 0 ∀Bi ∈ Ai ∃Ki ∈ Ki ∃Ai ∈ Ai : Ai ⊂ Ki ⊂ Bi und µi (Bi \Ai ) < . Dann gibt es einen projektiven Grenzwert und dieser ist (Ω I , AI , µI ) zusammen mit den Projektionsabbildungen als Morphismen. Dieser Satz wird h¨aufig in folgender Form verwendet. Satz 87 (Kolmogoroff ) Sei E ein polnischer Raum mit der Borelschen σ-Algebra B. Seien (E J , B J , µJ ), J ⊂ I endlich, W-r¨aume und die Projektionsabbildungen seien maßerhaltend. Dann ist der projektive Limes (ΩI , B I , µI ) mit einem W-maß µI . Beweis erste Version: Sei R0 die Menge aller meßbarer Rechteckzylinder mit endlicher Basis. R0 ist ein Semiring, Proposition 82. Auf R 0 betrachten wir die additive Mengenfunktion µ : R0 7→ IR definiert durch µ(Φ−1 J (AJ )) := µJ (AJ ) f¨ ur meßbare Rechteckzylinder AJ . (Die Wohldefiniertheit von µ verwendet die Vertr¨aglichkeitsbedingung und ist keine Trivialit¨at.) Erweitere µ (eindeutig) zur additiven Mengenfunktion auf dem von R0 erzeugten Ring R, Lemma 15. Die additive Mengenfunktion µ auf R ist ein Pr¨amaß, d. h. σ-stetig bei der leeren Menge. Dazu zeigen wir: K := {∩j∈J Φ−1 j (Kj ) | |J| < ∞, Kj ∈ Kj , j ∈ J} ist ein kompaktes System, siehe vorhergenden Abschnitt. • F¨ ur alle meßbaren Rechteckzylinder B = ∩ j∈J Φ−1 j (Bj ) ∈ R0 und alle > 0 existiert −1 eine Menge K = ∩j∈J Φj (Kj ) ∈ K und eine Menge A = ∩j∈J Φ−1 j (Aj ) ∈ R0 mit A ⊂ K ⊂ B und µ(B\A) < . 66
WS98/99
U. R¨osler
W¨ahle zu vorgegebenen Bj ∈ Aj Mengen Kj ∈ Kj und Aj ∈ Aj mit Aj ⊂ Kj ⊂ Bj und µj (Bj \Aj ) < j . Beachte die Darstellung in lascher Schreibweise [
B1 × ... × Bn \A1 × ... × An = ((B1 \A1 ) × B2 × ... × Bn ) ◦ (A1 × (B2 \A2 ) × ... × Bn ) P
[ [
◦ ... ◦ (A1 × ... × (Bn \An )) P
und schließe µ(B\A) ≤ j µj (Bj \Aj ) ≤ j j kann beliebig klein gew¨ahlt werden. Unter Anwendung von Caratheodory erhalten wir eine Fortsetzung von µ zu einem Maß auf der σ-Algebra σ(R0 ) = AI . Die Eindeutigkeit ist einfach. Ebenso, daß dies das kleinste projektive Objekt ist. q.e.d. Beweis zweite Version: Nehme als kompakte Klasse K i die Menge aller kompakten Mengen in E. Diese tut’s. q.e.d. Bemerkung: Der Satz von Kolmogoroff gibt nicht nur die Existenz des projektiven Limes, sondern auch die Produktgestalt des meßbaren Raumes (Ω I , AI ). Beispiel von Jessen*: Ohne Kompaktheitsbedingung k¨onnen wir f¨ ur den projektiven Limes nicht den Produktraum nehmen. Betrachte Ω = [0, 1) mit der Borel σ-Algebra B und dem Lebesguemaß λ. F¨ ur eine Menge A betrachten wir den eingeschr¨ankten Raum ΩA := Ω ∩ A versehen mit der eingeschr¨ankten σ-Algebra B|A := {B ∩ A | B ∈ B} und dem eingeschr¨ankten Maß λ|A auf B|A mit λ|A (C) = inf{λ(B) | B ∈ B, C ⊂ B} (Nachrechnen, dies ist ein Maß. Es ist das ¨außere Maß λ∗ eingeschr¨ankt auf B|A .) Sei A ⊂ [0, 1) eine Basis f¨ ur den Vektorraum IRQl. Die Mengen Aq = A + q modulo 1 f¨ ur q ∈ Ql bilden eine paarweise disjunkte Zerlegung von [0, 1). F¨ ur jedes q ∈ Ql ist Aq nicht Lebesguemeßbar, Abschnitt 2.2.3. Das innere Lebesguemaß von jedem A q ist 0. (B 3 B ⊂ Aq ⇒ λ(Aq ) = 0.) Das innere Lebesguemaß von jeder endlichen Vereinigung von A q ist 0. ¨ (Ubung). Die Mengen Aq , q ∈ Ql bilden eine paarweise disjunkte Zerlegung von [0, 1). Sei Ωq := Acq versehen mit der σ-Algebra Aq := B|Ωq und dem W-maß µq := λ|Ωq . Auf dem Produktraum (ΩJ , AJ ), J ⊂ Ql endlich, definiere die W-Maße µ J durch µJ (C) = λ∗ ({x ∈ [0, 1] | (x, ..., x) ∈ C}).
(Nachrechen, dies ist ein wohldefiniertes W-maß.) Die W-r¨aume (ΩJ , AJ , µJ ), J ⊂ Ql endlich, bilden eine projektive Familie (bez¨ uglich den Objekten der maßerhaltenden W-r¨aume und ¨ den Projektionsabbildungen als Morphismen.) ( Ubung). Angenommen, der projektive Limes w¨are (ΩQl, AQl, µQl). Sei q1 , q2 , . . . eine Abz¨ahlung der rationalen Zahlen. Die Mengen Dn := {ω ∈ ΩQl | ω(qi ) = ω(qj ) f¨ ur 1 ≤ i, j ≤ n} konvergieren fallend gegen die Diagonale {(x, x, ..) ∈ Ω Ql}. Dies ist die leere Menge, da x ∈ ∩q∈QlΩq = ∅ gelten m¨ ußte. Dies ergibt den Widerspruch, J n := {q1 , . . . , qn }, lim µQl(Dn ) = lim µJn (ΦJn (Dn ) = 1 6= µQl(lim Dn ) = 0 n
n
n
im Widerspruch zur σ-Stetigkeit von µ Ql.
7.3
q.e.d.
Maße aus Kernen
Bedingte W-keiten lassen sich als Kerne interpretieren und umgekehrt, zu vorgegebenen Kernen lassen sich W-Maße mit zugeh¨origen bedingten W-verteilungen konstruieren. 67
WS98/99
7.3.1
Maßtheorie
Kerne
Seien (E, E), (E 0 , E 0 ) meßbare R¨aume. Ein Kern ist eine Abbildung K : E × E 0 → IR mit i) K(e, .) : E 0 → IR ist ein Maß f¨ ur alle e ∈ E, 0 ii) K(., A ) : E → IR ist eine meßbare Funktion f¨ ur alle A0 ∈ E 0 . Wir sprechen von einem endlichen Kern, falls alle Maße K(e, .) endlich sind. Ein Kern ¨ heißt Wahrscheinlichkeitskern oder auch Markoff Kern oder Ubergangskern, falls alle Maße in i) W-Maße sind. Ebenso sprechen wir von σ-endlichen Kernen usw. Ein Kern K induziert eine lineare, σ-stetige Abbildung F(E 0 , IR+ ) → F(E, IR+ ) auf positiven, erweiterten und meßbaren Funktionen via f 7→
Z
f (y)K(., dy).
Wir benutzen die Notation K(., f ). Diese Abbildung l¨ast sich via K(x, f ) = K(x, f + ) − K(x, f − ) ausdehnen. Ebenso induziert ein Kern eine isotone, lineare Abbildung von Maßen auf E nach Maßen auf E 0 via Z µ 7→ K(e, .)dµ(e). E
Wir benutzen die Notation K(µ, .) und K(µ, f ) analog. Die Komposition von Kernen K : E × E 0 7→ IR und L : E 0 × E 00 7→ IR ist gegeben durch KL(e, A00 ) :=
Z
E0
L(e0 , A00 )K(e, de0 ).
Lemma 88 Die Komposition von Kernen ist ein Kern. Die Komposition ist assoziativ. Beweis: • KL ist ein wohldefinierter Kern. KL ist wohldefiniert. F¨ ur festes e ist KL(e, .) ein Maß. F¨ ur die zweite Eigenschaft eines Kerns 0 00 approximiere L(e , A ) von unten durch Treppenfunktionen, f¨ ur die wiederum die Aussage gilt. R R Betrachte KLM (e, A000 ) := ( M (e00 , A000 )L(e0 , de00 ))K(e, de0 ). Approximiere M (e00 , A000 ) von unten durch positive Treppenfunktionen und verwende die σ-Stetigkeit. q.e.d. Hier sind einige Beispiele von Kernen K. Maß: Sei µ0 ein Maß auf E 0 . Definiere K(e, A0 ) := µ0 (A0 ). Der Kern K ist unabh¨angig von der ersten Koordinate. Faltungskern: Wir betrachten die reellen Zahlen und ein Maß µ auf der Borelschen σ-Algebra B. Definiere f¨ ur x ∈ IR, B ∈ B K(x, B) := µ(B − x). Matrizen: Sei M eine positive n × n Matrix, M : b1, nc × b1, nc 7→ IR. Definiere K(i, A) :=
X
j∈A
68
M (i, j).
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U. R¨osler
Bedingte Erwartung: Sei (E, E) = (E 0 , E 0 ) und An ∈ E, n ∈ IN, eine disjunkte meßbare Zerlegung von E. Alle Ereignisse haben strikt positives endliches Maß µ(A n ) > 0. Definiere K(ω, A) :=
X n
11ω∈An µ(A | An )
mittels der bedingten Maße µ(A | B) := µ(A ∩ B)/µ(B). K ist gleichzeitig die bedingte Erwartung K(ω, A) = E(11A | σ(An , n ∈ IN ))(ω) bez¨ uglich der von (An )n aufgespannten σ-Algebra. Integralkern: Sei k : E × E 0 7→ IR+ eine positive meßbare Funktion bzgl. der Produkt σ-Algebra E ⊗ E 0 . Sei µ0 ein σ-endliches Maß auf E 0 . Dann ist K K(e, A0 ) :=
Z
A0
k(e, e0 )µ0 (de0 )
ein Kern. W-Maße aus Kernen Zur weiteren Orientierung zeigen wir beispielhaft die Konstruktion von W-Maßen durch Kerne. Dies entspricht der Vorstellung eines Wahrscheinlichkeitsbaums mit bedingten Wahrscheinlichkeiten in elementarer Notation. Proposition 89 Seien (Ω1 , A1 , µ1 ) ein W-raum, (Ω2 , A2 ) ein meßbarer Raum und K : Ω1 × A2 → IR ein W-kern. Dann ist P, definiert durch Z
f dP =
Z Z
f (x1 , x2 )K(x1 , dx2 )µ1 (dx1 )
f¨ ur positive meßbare Funktionen f ein W-maß auf dem Produktraum (Ω 1 × Ω2 , A1 × A2 ). Der Kern K ist die bedingte Wahrscheinlichkeit P (Φ2 = j | Φ1 = i) = K(i, {j}). Beweis: • P ist wohldefiniert. Ist f eine meßbare Funktion, so ist f (x 1 , .) : Ω2 → IR meßbar. (Dies entspricht dem Schnitt einer S1x1 (A) einer meßbaren Menge A.) • P ist ein W-maß. Einfach. Weiterhin P (Φ2 = j | Φ1 = i) =
P (Φ1 = i, Φ2 = j) µ1 (i)K(i, {j}) = = K(i, {j}). P (Φ1 = i) µ1 (i)
q.e.d. Dies Beispiel l¨aßt sich erweitern auf endliche Produkte durch die Hintereinanderschaltung mehrerer Kerne. Das Maß µ wird sinngem¨aß definiert durch Z
f dµ =
Z
...
Z
f (x1 , . . . , xn )K n−1 ((x1 , . . . , xn−1 ), dxn ) . . . K 1 (x1 , dx2 )µ1 (dx1 ).
(7.3)
¨ Der Kern hat wieder die Interpretation als bedingte W-keit. (Genaue Formulierung als Ubung.) 69
WS98/99
Maßtheorie
Beispiel: Polyas Urnenmodell Aus einer Urne mit S scharzen und W weißen Kugeln wird zuf¨allig mit Gleichverteilung eine Kugel gezogen, die Farbe angesehen und anschließend werden insgesamt c+1 ∈ ZZ + Kugeln derselben Farbe zur¨ uckgelegt. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß im dritten Ziehen eine schwarze Kugel gezogen wird, gegeben die erste Kugel war weiß und die zweite schwarz? Oder wie groß ist die Wahrscheinlichkeit als dritte Kugel eine schwarze zu ziehen gegeben die erste war weiß. Als meßbare R¨aume w¨ahlen wir Ω1 = Ω2 = Ω3 = {0, 1} jeweils versehen mit der Potenzmenge als σ-Algebra. 0 entspricht einer weißen Kugel und 1 einer schwarzen. Das ¨ W-Maß µ1 auf Ω1 , P(Ω1 ) ist die Gleichverteilung µ1 (0) = 1/2 = µ(1). Die Ubergangskerne 1 2 K : Ω1 × P(Ω2 ) 7→ IR und K : Ω1 × Ω2 × P(Ω3 ) 7→ IR sind gegeben durch K 1 (1, {1}) =
S+c W +S +c
K 1 (1, {0}) = 1 − K 1 (1, {1})
K 1 (0, {1}) =
S W +S +c
K 1 (0, {0}) = 1 − K 1 (0, {1})
und f¨ ur das dritte Ziehen K 2 ((1, 1), {1}) =
S + 2c W + S + 2c
S+c = K 2 ((0, 1), {1}) W + S + 2c S . K 2 ((0, 0), {1}) = W + S + 2c
K 2 ((1, 0), {1}) =
Q
Q
Das W-Maß P auf dem Produktraum ( i Ωi , P( i Ωi ) sei das Kernmaß µ aus (7.3). Die Projektionsabbildungen Φi geben die Farbe der i-ten Kugel an. Damit ist die erste gesuchte Wahrscheinlichkeit P (Φ3 = 1 | Φ1 = 0, Φ2 = 1) = =
P (Φ1 = 0, Φ2 = 1, Φ3 = 1) P (Φ1 = 0, Φ2 = 1) µ1 (0)K 1 (0, {1})K 2 ((0, 1), {1}) = K 2 ((0, 1), {1}) µ1 (0)K 1 (0, {1})
und die zweite P (Φ3 = 1 | Φ1 = 0) =
P
i
P (Φ1 = 0, Φ2 = i, Φ3 = 1) P (Φ1 = 0)
= K 1 (0, {0})K 2 ((0, 0), {1}) + K 1 (0, {1})K 2 ((0, 1), {1}) =
S . S + W + 2c
Halbgruppen Seien (Et , Et ), t ∈ T meßbare R¨aume. Eine Halbgruppe von Kernen ist eine transitive ¨ Familie K s,t : Es × Et 7→ IR von Ubergangskernen f¨ ur einige s, t ∈ T. Transitiv bedeutet, daß die Relation R aller s, t mit einem zugeh¨origen Kern K s,t in der Familie transitiv ist und die Kernstruktur (=Komposition) K s,t ◦ K t,u = K s,u erhalten bleibt. Sind alle meßbaren R¨aume (Et , Et ) = (E, E) gleich, so sprechen wir von einer Halbgruppe von Kernen ¨ uber E. 70
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U. R¨osler
Jede solche Familie l¨aßt sich stets erweitern um K t,t , t ∈ T durch K t,t (e, .) = δe . Wir betrachten nur erweiterte Familien und nehmen dies mit in die Definition hinein. Sei (T, +) ein assoziatives Monoid (+ : T × T → T ist assoziativ). Eine Halbgruppe von Kernen u uglich (T, +)) ¨ ber E heißt zeitlich homogen oder zeittranslationsinvariant (bez¨ falls mit (s, t) ∈ R, u ∈ T auch (s + u, t + u) ∈ R und weiterhin K s,t = K s+u,t+u
gilt. Wir schreiben, falls m¨oglich, dann K t f¨ ur K s,s+t . Analog sei (E, +) ein assoziatives Monoid mit einer meßbaren Verkn¨ upfung + : E × E → E. Eine Halbgruppe von Kernen u aumlich homogen oder raumtranslationsinvariant ¨ ber E heißt r¨ die Kerne f¨ ur alle x, y ∈ E, A ∈ E K .. (x, A) = K .. (x + y, A + y)
erf¨ ullen. T hat in den meisten F¨allen die Interpretation als Zeit und heißt daher Zeitparameterraum. Die Zeit ist total geordnet und eine Teilmenge der reellen Zahlen. E hat die Bedeutung eines Raumes und heißt Zustandsraum. Kompositionshalbgruppe: Sei K ein Kern auf E. Definiere induktiv K n , n ∈ IN, durch K n+1 := KK n = K n K.
Die Familie K m,n := K n−m , m ≤ n ∈ ZZ + , ist eine Halbgruppe von Kernen. Diese heißt Kompositionshalbgruppe von K. Diese ist zeittranslationsinvariant. Ist T endlich, etwa die ersten n nat¨ urlichen Zahlen, so wird K gerne als eine Matrix geschrieben mit Eintr¨agen K(i, {j}). Faltungshalbgruppen: Sei E eine additive Gruppe (G, +) mit meßbaren Gruppenoperationen + und −. Eine Faltungshalbgruppe von Maßen ist eine Familie µ s,t , s < t ∈ T von Wahrscheinlichkeitsmaßen mit µs,t ? µt,u = µs,u , R
(? die Faltung f (x + y)µs,t (dx)µt,u (dy) = inf f (z)µs,u (dz).) Mit K s,t (e, A) = µs,t (A − e) ¨ ergibt dies eine r¨aumlich homogene Faltungshalbgruppe von Kernen. ( Ubung). + Gauß Halbgruppe: Sei E = IR, E = B, T = IR . Die Gaußsche Halbgruppe wird gegeben durch Z K s,t (x, B) :=
B
ϕx,t−s (y)dy
f¨ ur s < t. Hierbei ist ϕm,σ2 die Dichte der Normalverteilung mit Erwartung m ∈ R und Varianz 0 < σ 2 < ∞, (y − m)2 1 . exp − ϕm,σ2 (y) := √ 2σ 2 2πσ 2 (Hier ist einiges nachzurechnen.) Sie ist eine r¨aumlich und zeitlich invariante Faltungshalbgruppe. K s,t ist ein Integralkern mit der Dichte k s,t (x, y) = ϕx,t−s (y − x) bzgl. dem Lebesguemaß. Poisson Halbgruppe: Sei E = ZZ + , E = P(E), T = IR+ . Definiere f¨ ur s < t K s,t (x, A) :=
∞ X
n=0
exp(−(t − s))
(t − s)n 11x+n∈A = P ois(t − s)(A − x). n!
Diese Markoffsche Halbgruppe heißt Poisson Halbgruppe. Sie ist eine r¨aumlich und zeitlich invariante Faltungshalbgruppe. 71
WS98/99
7.4
Maßtheorie
Maße aus Kernen
¨ Seien (Ei , Ei ), i ∈ T = ZZ + , meßbare R¨aume und K n,n+1 : En × En+1 → IR Ubergangskerne. s,t Durch Komposition erhalten wir hieraus eine Halbgruppe K , s ≤ t. F¨ ur i < j1 < j2 < ¨ . . . < jl , J := {j1 , . . . , jl } sei der Ubergangskern K i,J : Ei × EJ → IR gegeben durch K
i,J
(e, f ) :=
Z
...
Z
f (x1 , . . . , xl )K jl−1 ,jl (xl−1 , dxl )K jl−2 ,jl−1 (xl−2 , dxl−1 ) . . . K jl ,j2 (x1 , dx2 )K i,j1 (e, x1 )
analog wie das Kernmaß f¨ ur positive meßbare Funktionen f . Satz 90 (Ionescu-Tulcea) In obigem Set-up gibt es einen W-Kern K : E 0 × EIN → IR mit 0,J K(e0 , Φ−1 (e0 , AJ ) J (AJ )) = K
(7.4)
f¨ ur alle J = {1, 2, . . . , n}, AJ ∈ EJ . ¨ Beweis: • Die Objekte der Ubergangskerne K 0,b1,nc b1, nc := {1, . . . , n} mit den Projektionen Φ : Eb1,nc → Eb1,mc bilden ein projektives System. Das wesentliche hierbei ben¨otigte Argument ist K 0,b1,n+1c (e0 , A1 × . . . × An × En+1 ) = K 0,b1,nc (e0 , A1 × . . . × An ) f¨ ur alle n ∈ IN. Sei R0 die Menge aller Rechteckmengen in E IN . Definiere die Abbildung K : E0 ×R0 7→ IR wie in (7.4) • K ist wohldefiniert. Dies ist die projektive Eigenschaft des Systems. Die Menge R0 der Rechteckmengen ist ein Semiring. Erweitere f¨ ur jedes feste e0 ∈ E0 die Abbildung K zu einer additiven Mengenfunktion auf dem von R 0 erzeugten Ring R, Lemma (16). • F¨ ur jedes A ∈ R gibt es ein n ∈ IN mit K(e, A) = K 0,b1,nc (e0 , Φn (A)) f¨ ur alle e0 ∈ E0 . Die Behauptung gilt f¨ ur jede Rechteckmengen A. Da jede Menge A ∈ R eine disjunkte endliche Vereinigung von Rechteckmengen ist und beide Seiten additiv sind, folgt die Behauptung. • Der Inhalt K(e0 , .) ist f¨ ur jedes e0 ∈ E0 ein Pr¨amaß. Wir zeigen die σ-Stetigkeit in der leeren Menge. Dazu sei A n ∈ R, n ∈ IN, eine Folge von Ringmengen aus R monoton fallend gegen die leere Menge. Wir haben lim n K(e0 , An ) = 0 zu zeigen. Nehmen wir an limn K(e0 , An ) > 0 w¨are strikt positiv. OEdA durch Umnummerierung sei An = (Φn )−1 Φn An und damit K(., An ) = K 0,b1,nc (., Φn (An )) an. Wir benutzen hier fn f¨ ur 11Φn (An ) . K(e0 , An ) =
Z
E1
Z
fn (e1 , . . . , en )K 1,b2,nc (e1 , d(e2 , . . . , en ))K 0,1 (e0 , de1 )
Wegen monotoner Konvergenz n
0 < lim K(e0 , A ) = n
Z
lim n
Z
fn (e1 , . . . , en )K 1,b2,nc (e1 , d(e2 , . . . , en ))K 0,1 (e, de1 )
k¨onnen wir ein e∗1 ∈ E1 finden mit strikt positivem Integranden an der Stelle (e 0 , e∗1 ). Analog k¨onnen wir wegen 72
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0 < lim n
=
Z
Z
U. R¨osler
fn (e1 , . . . , en )K 1,b2,nc (e1 , d(e2 , . . . , en ))
lim fn (e∗1 , . . . , en )K 2,b3,nc (e2 ), d(e3 , . . . , en ))K 1,2 (e∗1 , de2 )
E2 n
ein e∗2 ∈ E2 finden mit strikt positivem Integranden an der Stelle (e 0 , e∗1 , e∗2 ). Fahren wir so fort, so finden wir induktiv ein e ∗ := (e0 , e∗1 , e∗2 , e∗3 , ...). Dies e∗ ist Element von jedem An . (Konstruktion). Dies ist ein Widerspruch. Wir erweitern K(e0 , .) mit Caratheodory eindeutig zu einem W-Maß auf E IN . Es verbleibt zu zeigen, daß die Abbildung K(., A) meßbar ist f¨ ur jedes A ∈ EIN . Die Menge der A’s mit dieser Eigenschaft bildet ein Dynkin-System. Dieses Dynkin-System enth¨alt den durchschnittstabilen Erzeuger der Rechteckmengen R 0 . Damit ist dies die Produkt σ-Algebra selber. q.e.d. Wir erweitern dies zu u ¨ berabz¨ahlbar vielen vorgegebenen Kernen. Wir beschr¨anken uns der Einfachheit halber den Zeitparameter T ⊂ IR + . Satz 91 Sei K s,t , 0 ≤ s ≤ t ∈ T = IR+ , eine Markoff Halbgruppe auf einem polnischen Raum E versehen mit der Borel σ-Algebra. Dann existiert ein Markoff Kern K : E × E IR+ 7→ IR mit 0,t K(e, Φ−1 t (At )) = K (e, At )
s ≤ t, At ∈ E, e ∈ E. Beweis: Sei e fest. Betrachte die W-Maße K 0,J (e, .) f¨ ur J ⊂ T auf den meßbaren R¨aumen (EJ , EJ ). Mit den Projektionen bilden diese ein projektives System. Das wesentliche Argument ist wieder K 0,b1,n+1c (e, A1 × . . . × An × En+1 ) = K 0,b1,nc (e, A1 × . . . × An ). +
N
Nach dem Satz von Kolmogoroff 87 existiert das projektive Maß K(e, .) auf (E IR , t∈T E) mit den Koordinatenabbildungen als Morphismen. Dieses konstruierte Maß K(e, .) tut‘s. Die Kerneigenschaft wird standardm¨aßig nachgerechnet ({A ∈ . | K(., A) ist meßbar} = ...) q.e.d. Brownsche Maß und Brownsche Bewegung: Das Brownsche Maß ist das Maß (auf + dem Produktraum IRIR versehen mit der Produkt σ-Algebra zu der Gaußschen Halbgruppe K s,t (x, B) :=
Z
B
ϕx,t−s (y)dy.
Eine Zufallsvariablen mit dieser Verteilung und (zus¨atzlich) stetigen Pfaden heißt Brownsche Bewegung. Poisson Prozess: Zu der Poissson Halbgruppe K s,t (x, A) :=
∞ X
exp(−t + s)
n=0 +
(t − s)n 11x+n∈A = P ois(t − s)(A − x) n!
+
gibt es ein Maß auf ZZ IR bzw. IRIR . Eine Zufallsgr¨oße mit diesem (Markoff) Maß als Verteilung und (zus¨atzlich) rechtsstetigen Pfaden heißt Poisson Prozess. 73
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Maßtheorie
¨ Beide Prozesse haben r¨aumlich und zeitlich invariante Ubergangskerne. Mehr u ¨ ber die inhaltliche Bedeutung dazu in der Sektion u ¨ ber Prozesse. Bemerkung: Die Existenz von stetigen bzw. rechtsstetigen Versionen muß bewiesen werden und ist keine Trivialit¨at. Beispiel: Produktmaße Produktmaße auf endlichen Produktr¨aumen lassen sich als Spezialfall der Konstruktion durch Kerne sehen. Der Kern h¨angt nicht von der ersten Koordinate ab. In der Sprache der Wahrscheinlichkeitstheorie liefert dies die Existenz einer Folge von unabh¨angigen Zufallsgr¨oßen Xi , i ∈ IN, mit den µi als Verteilung der Xi . Die Projektionsabbildung Φi auf dem Produktraum spielt die Rolle von X i . Markoffketten: Der Satz von Ionescu-Tulcea hat Anwendung in der Konstruktion von Markoff Ketten auf einem endlichen Zustandsraum E. Gegeben sei eine stochastische Matrix (positive Eintr¨age und Zeilensumme stets 1) und eine Startwahrscheinlichkeit π auf (E, E). Die Kompositionen P n , n ∈ ZZ + bilden eine Halbgruppe. Die Zufallsgr¨oßen Φi = Xi , i ∈ IN, auf dem Produktraum E IN mit der Produkt σ-Algebra ist eine Markoff Kette mit den ¨ Ubergangswahrscheinlichkeiten P (Xn+1 = j | Xn = i) = P (i, j).
74
Literaturverzeichnis [1] H. Bauer Wahrscheinlichkeitstheorie und Grundz¨ uge der Maßtheorie De Gruyter, Berlin 1968 [2] K.J. Falconer The Geometry of Fractal Sets. Cambridge University Press 1985 [3] P. Gaenssler und W. Stute, Seminar on empirical processes. DMV Seminar, Bd. 9, Birkhuser Verlag. [4] Hahn-Rosenthal Set Functions Albuquerque, New Mexico 1948. [5] P. R. Halmos Measure Theory Springer-Verlag 1974. [6] P. A. Meyer Probability and Potentials Waltham-Toronto-London 1966 [7] Pedersen Analysis Now Springer-Verlag 1988,
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WS98/99
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Maßtheorie
Inhaltsverzeichnis 1 Objekte und Morphismen 1.1 Mengensysteme . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 σ-Algebren . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Nachweis einer σ-Algebra . . . . . 1.2 Meßbare Abbildungen . . . . . . . . . . . 1.3 Mengenfunktionen . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Maße . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Warum σ-Additivit¨at? . . . . . . . 1.3.3 Vervollst¨andigung von Maßr¨aumen
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1 1 2 3 4 6 6 7 8
2 Maße 2.1 Caratheodory Maßerweiterung . . . . . . . . . . 2.1.1 Wann ist ein Inhalt ein Pr¨amaß . . . . . . 2.1.2 Konstruktion von Inhalten und Algebren 2.1.3 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Maße auf den reellen Zahlen . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Hausdorff Maße und Cantor Menge . . . . 2.2.2 Translationsinvariante Maße . . . . . . . . 2.2.3 Nichtmeßbare Mengen . . . . . . . . . . . 2.3 Diverses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Regularit¨at∗ . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Borelr¨aume* . . . . . . . . . . . . . . . .
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9 9 11 12 13 15 16 17 18 18 18 20
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23 23 28 29 31 31
4 Ungleichungen 4.1 Markoff Ungleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Jensen Ungleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33 33 34
5 Orlicz und Lp -R¨ aume 5.1 Orlicz-R¨aume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37 37
3 Integrale 3.0.3 3.0.4 3.0.5 3.0.6 3.0.7
Algebraische Erweiterung . . . . . Konvergenzs¨atze . . . . . . . . . . Transformationssatz . . . . . . . . Integralerweiterung u ¨ ber normierte Bochner Integral . . . . . . . . . .
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WS98/99 6 Radon-Nikodym Dichte 6.1 Hahn-Jordan Zerlegung . . . . . . . . . . . . 6.2 Lebesgue Zerlegung ∗ . . . . . . . . . . . . . 6.3 Radon-Nikodym . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Ladungsverteilung ∗ . . . . . . . . . . 6.3.2 Totalstetig ∗ . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Bedingte Erwartungen . . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Die bedingte Erwartung als Operator 6.4.2 Faktorisierung . . . . . . . . . . . . . 6.4.3 Weitere Beziehungen * . . . . . . . . . 6.5 Bedingte Wahrscheinlichkeiten∗ . . . . . . . . 6.5.1 Kerne aus bedingten Erwartungen . .
Maßtheorie
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41 41 42 43 45 47 48 51 54 55 56 57
7 Produktr¨ aume * 7.1 Produktr¨aume . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1 Produkt σ-Algebra . . . . . . . . . . . . 7.2 Maße auf Produktr¨aumen. . . . . . . . . . . . 7.2.1 Die Kolmogoroffschen Erweiterungss¨atze 7.3 Maße aus Kernen . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.1 Kerne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Maße aus Kernen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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59 59 61 62 66 67 68 72
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