John Montana
Kein Apache stirbt allein Apache Cochise Band Nr. 12 Version 1.0
Prolog Als die weißen Amerikaner Mitte...
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John Montana
Kein Apache stirbt allein Apache Cochise Band Nr. 12 Version 1.0
Prolog Als die weißen Amerikaner Mitte des 19. Jahrhunderts den Südwesten der USA zu besiedeln begannen, stießen sie auf ein indianisches Volk, das bereits die Spanier und Mexikaner hatte teuer dafür bezahlen lassen, daß sie unbefugt in ihre Jagdgründe eingedrungen waren. Die etwa ein Dutzend umfassenden Apachen-Gruppen und Großsippen, am gefürchtetsten die Chiricahua-Apachen, widersetzten sich der Niederwerfung durch die Weißen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. Sie überfielen zunächst Postkutschen, Frachtwagenzüge, Armeepatrouillen, Farmen, abseits gelegene Ranches und kehrten anschließend wieder zu ihren Stützpunkten in den Bergen zurück, den sogenannten »Apacherias«, die bei den Weißen der damaligen Zeit als uneinnehmbar galten. Der Widerstand flammte zum blutigsten und grausamsten Grenzkrieg der Indianergeschichte auf, als Cochise von Mangas Colorados die Führung der Stämme übernahm. Cochises Weitblick ließ ihn letztlich erkennen, daß der Untergang der roten Rasse eine von den Weißen beschlossene Sache war, die Anspruch erhoben auf alles Land zwischen den Dragoon Mountains im Südosten, dem Mogollon-Rim im Westen und der Gran Desierto im Süden. Cochises Chiricahuas, die Kerntruppe seiner Streitmacht, blieb im Angesicht der unaufhaltsamen Flut weißer Siedler, Goldgräber und Desperados nur noch eine Devise: Raube, ohne erwischt zu werden, töte, ohne getötet zu werden. Ein Kampf ohne Erbarmen entflammte in den Canyons, Tälern und Wüsten. Ein Kampf, dessen Schilderung in dieser Serie nicht die ganze Brutalität wiedergeben kann, wie sie uns die Geschichte überliefert hat.
1871 gelang es Cochise, die meisten Stämme der Apachen zu einer einzigen Widerstandsfront gegen die Eindringlinge aus Nord und Süd, Weiße und Mexikaner, zu vereinen. Die blutigsten Massaker auf beiden Seiten waren die Folge. Auf ihren flinken Ponys überfielen die Krieger in kleinen Gruppen Wagenzüge und Posthaltereien im Norden, um am nächsten Tag schon Farmer und Goldgräber im Süden oder eine Patrouille der Army im Westen anzugreifen. Militär und Siedler waren macht- und hilflos und ohne eine Möglichkeit gezielten Widerstandes den ständigen Apachenangriffen ausgesetzt. Wenn 1870 General Sherman nach Washington schrieb: »Wir führten einen Krieg gegen Mexiko, um Arizona zu bekommen, wir sollten jetzt einen Krieg führen, um dieses Land wieder loszuwerden«, so kennzeichnen diese Worte die verzweifelte Hilflosigkeit des Militärs. Diese nach authentischen Überlieferungen verfaßte Serie soll dem größten aller indianischen Führer ein Denkmal setzen: Cochise. Dem Wirken dieses Mannes und seinem Weitblick für politische Veränderungen ist es zu verdanken, daß diese Story mit ihrer ganzen Dramatik wahrheitsnah niedergeschrieben werden kann. Unsere Autoren fühlen sich verpflichtet, neben der Herausstellung der abenteuerlichen Charaktere, die in jener Zeit Geschichte machten, auch der historischen Wahrheit die Ehre zu geben. Nichts soll verschwiegen, nichts hinzugefügt oder entstellt werden. Ihr Martin Kelter Verlag
*** Der braunhaarige Mann ritt in flottem Trab die letzten Meilen, die noch vor ihm lagen, ehe er sein Ziel erreichte. Dieses Ziel war der Apachen-Paß. Jene Station, auf der Postmeister Tom Jeffords, Cochises Freund, mit einigen Helfern lebte. John Haggerty, General Howards Chiefscout, hatte auf der Station eine Mission zu erfüllen. Er sollte Thomas Jeffords dazu bringen, wegen der Entführung eines Mädchens mit Cochise zu verhandeln. Haggerty dachte in diesem Augenblick mehr an Essen und Schlafen als an seinen Auftrag. Er war hundemüde und hungrig. Und er sehnte sich nach einem erfrischenden Bad. Vor allem der Gedanke an Wasser und Seife war es, der ihn sein Pferd schneller antreiben ließ. John wollte endlich den Staub aus seiner Kleidung abschütteln. »Los, Alter, wirf die Hufe!« raunte der Scout dem Hengst in die Ohren. »Bald ist unsere Reise zu Ende. Morgen, wenn du ausgeruht bist, kannst du zu deinen Artgenossen auf die Koppel. Haben beide eine Verschnaufpause redlich verdient, eh?« Im Geiste sah John das spitzgiebelige Haupthaus der Station vor sich, die freistehende Schmiede und den langgestreckten Stall. Nur noch wenige Meilen und … Sein Gedankengang setzte plötzlich aus. John blickte in den blauen Himmel hoch und schnupperte wie ein Wolf. Sein Hengst wurde auffallend nervös. Du hast es also auch bemerkt, was? Haggerty klopfte dem Pferd beruhigend den Hals. Brennt was, mein Guter. Hoffentlich ist es nicht zu schlimm. John verhielt den Braunen, blickte aufmerksam in die Richtung, aus der der Rauch kam.
Das war doch am Paß. Die Rauchwolken wurden immer dichter, dunkler. »Jetzt zeig, was in deinen Knochen steckt«, ermunterte John den Hengst. »Es scheint doch mehr zu sein als nur ein harmloser Brand.« Denn daß da nicht nur ein Heuschober oder eine kleine Hütte brannte, wurde dem Scout bald klar. Ein Schenkeldruck, und der braune Hengst fiel in gestreckten Galopp. Seine Hufe schienen den Boden kaum zu berühren. Er flog förmlich die gewundene Paßstraße entlang. Als Pferd und Reiter um die letzte Biegung preschten, bot sich John Haggerty ein Bild des Grauens. Die Stallungen der Poststation brannten lichterloh. Von der nahen Quelle bis zum Brandherd bildeten die Männer der Station eine Eimerkette. John Haggerty warf sich aus dem Sattel, lief zur Wasserstelle und ergriff ebenfalls einen Eimer. Ein kurzes Nicken war seine einzige Begrüßung. Viele Worte waren in dieser Situation nicht angebracht. Hier half nur eines: mit anpacken. Der hochgewachsene Thomas Jeffords wagte sich näher als die andern an das lodernde Feuer. Buck Tinatra, der Revolvermann, entdeckte John Haggerty an der Quelle und rief Jeffords zu: »He, Tom, wir haben Hilfe bekommen! Wenn mich nicht alles täuscht, ist der Gent John Haggerty, General Howards Chiefscout. Bei diesem verdammten Rauch kann man allerdings nicht richtig sehen.« »Und wenn es der Teufel persönlich wäre, mir ist jede Hand, die helfen kann, willkommen«, gab Jeffords zurück. »Los, Buck, reich den Eimer her! Zum Quatschen ist nachher Zeit.« Unruhig schnaubten die Pferde auf der Koppel, stampften nervös mit den Hufen oder wieherten schrill. Die Tiere hatten Angst vor dem Feuer, tödliche Angst. »Walker, versuch die Gäule zu beruhigen!« rief Jeffords
seinem Posthelfer zu, »sie spielen sonst verrückt und könnten in ihrer Panik die Umzäunung durchbrechen. Dann hätten wir die Bescherung.« Walker, froh, der Hitze zu entkommen, ließ sich das nicht zweimal sagen. Die aufgeregten Gäule beruhigten sich etwas, als ihr vertrauter Pfleger die Koppel betrat. Währenddessen bemühten sich Jeffords, Tinatra, Osborne, Kelly und Haggerty weiter, das Feuer zu löschen. Als es ihnen endlich gelungen war, den Brand unter Kontrolle zu halten, waren alle erschöpft, schmutzig und verschwitzt. »Danke, Haggerty.« Tom Jeffords reichte dem Scout die Hand. »Sie kamen genau im richtigen Moment. Wir konnten jede Hand verdammt gut brauchen.« »Wie ist das passiert?« wollte John Haggerty wissen. »Mimbrenjos«, erwiderte Jeffords grimmig. »Sie schossen mit Brandpfeilen auf den Stall. Kommen Sie ins Haus, John. Schätze, wir alle haben einen Schluck verdient.« »Ich bin einem guten Tropfen nie abgeneigt.« Haggerty lächelte mit blitzenden Zähnen. »Im Augenblick aber habe ich größeres Verlangen nach Wasser und Seife. Davon träume ich seit mehr als zwei Stunden.« Jeffords erwiderte Haggertys Grinsen. »Verstehe. Aber zuerst trinken wir einen Doppelstöckigen. Habe da eine wirklich feine Sorte im Haus. Richtigen schottischen Whisky. Nicht gepanscht wie beim Salooner in Tucson. Also, John, trinken wir. Nach so einer Räucherpartie sollte man immer zuerst die Kehle spülen.« Als die Männer um den rohgezimmerten Tisch saßen, fixierte Tom Jeffords den Scout und fragte: »Was führt Sie eigentlich her, John? Auf einem Spazierritt befinden Sie sich doch nicht.« Haggerty nahm einen Schluck Whisky, ließ die scharfe Flüssigkeit genüßlich durch die Kehle fließen.
»Ich komme im Auftrag von General Howard«, erwiderte er. »Ein Mädchen wurde von Apachen entführt, Mercedes del Rey, Tochter einer angesehenen Familie. Der Gouverneur von Sonora bat General Howard um Hilfe.« Tom Jeffords mußte lächeln. »Mit anderen Worten: Sie sollen mich dazu überreden, mit Cochise zu sprechen. Ist es so? Ich will Ihnen was sagen, John. Man nennt mich zwar den Freund Cochises, es gibt jedoch Dinge, auf die ich keinen Einfluß habe. Ich bin für den Häuptling nur sein Freund ›Hellauge‹, aber nicht Manitu.« »Versuchen Sie es wenigstens. Reden Sie mit Cochise.« Haggertys Stimme wurde eindringlich. »Die Lage spitzt sich immer mehr zu. Das müssen Sie zugeben, Jeffords.« Der Stationsleiter nickte. »Wem sagen Sie das. Wir haben es heute am eigenen Leib erfahren. Auch Postkutschen wurden von den Mimbrenjos angehalten. Sie drohten und belästigten Passagiere und Fahrer. Trotzdem, John, ich verlasse den Paß nur ungern.« »Sie haben zuverlässige Leute, oder? Und Cochise ist Ihr Freund. Was also hält Sie davon ab, in die Apacheria zu reiten?« »Eigentlich nichts, nur mein sechster Sinn warnt mich. Bisher hat mich mein Instinkt noch nie getrogen.« Nachdem sich John Haggerty erfrischt hatte, versuchte er noch einmal, Jeffords zu dem Ritt zu überreden. »Daß Sie hier gebraucht werden, sehe ich ein«, sagte der Scout auf die diplomatische Tour. »Als Vermittler bei Cochise sind Sie jedoch unersetzlich. Ich habe mir sagen lassen, daß der Häuptling auf Ihr Wort hört, Jeffords.« »Sie hätten Anwalt werden sollen.« Auf Tom Jeffords gebräuntem Gesicht erschien ein breites Lächeln. »Ich nehme an, Sie werden sich nicht eher zufriedengeben, bis Sie mich rumgekriegt haben.« »Erraten, Tom. Und wenn Sie nichts gegen einen Begleiter
einzuwenden haben, werde ich mich Ihnen anschließen. Es ist lange her, seit ich in Cochises Dorf war.« Daß ihn der Gedanke an Tla-ina dazu bewog, Jeffords seine Begleitung anzubieten, verriet John dem Stationsleiter nicht. Bei dem Gedanken an die schöne Apachin wurde der Scout von brennender Sehnsucht erfaßt. Tla-ina, Cochises einundzwanzigjährige Schwester, bedeutete John sehr viel. Und er wußte sich von dem bildhübschen Wesen wiedergeliebt. Die junge Indianerin war mit Abstand das schönste Mädchen in der Apacheria. Hätte man Tla-ina in die Kleider einer Weißen gesteckt, hätte sie eher einer Mexikanerin als einer Apachin geglichen. Denn Tla-ina hatte edle Gesichtszüge und war von schlanker, faszinierender Gestalt. Sie hatte nichts Mongolisches an sich, wie die meisten Indianer. Dies waren Haggertys Gedanken, als er abwartend zu Tom Jeffords blickte. Sein Entschluß stand fest: er wollte zu Cochise reiten, auch ohne den Stationsleiter. Jeffords nickte schließlich. »Well, reiten wir also, John. Ich möchte mir später nicht vorwerfen müssen, irgend etwas unterlassen zu haben, das dem Frieden in diesem Land hätte nützen können.« »Wann reiten wir?« fragte der Chiefscout. »Morgen in aller Frühe. Und rechnen Sie nicht mit einem freundlichen Empfang.« »Ich kenne den Häuptling und weiß, daß er manchmal sehr mürrisch sein kann«, sagte Haggerty. »Ich mache mir keine Illusionen. Hauptsache, er hört auf Sie.« Die Schatten der Nacht lagen noch über dem Land, als Tom Jeffords und John Haggerty am nächsten Morgen zu einem Ritt aufbrachen, von dem sie nicht wußten, wie er enden mochte. *
Die Sonne stand im Zenith, als sich die beiden Männer Cochises Bergfeste näherten. »Es gibt Leute, die an dieser Stelle den Mut zum Weiterreiten verlieren«, sagte Jeffords zum Begleiter. »Noch einige Meilen, und die ersten Späher werden sich zeigen. Beobachtet werden wir schon seit geraumer Zeit. Das wissen Sie wohl selbst, John.« Der Scout nickte. »Ich kann die Blicke der Chiricahuas förmlich auf meinem Rücken spüren. Sollen wir den Vettern zeigen, daß wir nicht von Dummsdorf sind, Tom?« Jeffords winkte ab. Er wirkte müde, abgespannt. »Lassen wir ihnen den Spaß, uns zu überraschen. In manchen Dingen sind sie wie Kinder, die sich über einen gelungenen Streich freuen können.« »Sie sind vor allem dann bester Laune, wenn ein Weißer ihnen den Rücken zukehrt und sie selbst den Finger am Drücker haben«, entgegnete Haggerty trocken. »Ich kenne die roten Brüder, Tom. Obwohl es heißt, daß es schwer zu erraten ist, was hinter der Stirn eines In …« Mitten im Satz brach Haggerty ab. Das feine Sirren eines Pfeils, dessen Spitze sich dicht vor seinem Braunen in die Erde bohrte, hatte den Scout verstummen lassen. Ein zweites gefiedertes Geschoß erschreckte den Fuchs des Postmeisters. Das Pferd scheute, steilte und ließ die Vorderbeine wirbeln. Fluchend ließ sich Haggerty seitwärts von seinem Hengst gleiten, griff dabei nach dem Colt. Jeffords hatte alle Mühe, sich auf dem Rücken des Apaloosa zu halten. Weitere Geschosse folgten, keines traf jedoch. Die Pfeile bohrten sich in die Erde, rechts, links vor und hinter den beiden Weißen. Sie wurden förmlich von Pfeilen eingekreist. »Sie sitzen in Deckung hinter den Felsen«, rief Jeffords dem Scout zu. »Wollen uns wohl hier festnageln. Erkennen Sie die Fiederung an den Pfeilschäften. Das sind Mimbrenjos.«
»Verdammt! Wollen die Hunde verhindern, daß wir zu Cochise reiten?« Haggerty sah den Stationsleiter an, dem es endlich gelungen war, sein Pferd zu beruhigen. »So wird es sein.« Der stattliche blonde Thomas Jeffords erhob sich zu voller Größe. »Sind die Mimbrenjos alte Weiber, daß sie sich vor zwei Männern fürchten?« Überlaut klang seine Stimme in der mittäglichen Stille. »Was wollt ihr von uns?« »Die Pinda-lick-o-ye sollen umkehren.« Ein finster blickender Mimbrenjo erhob sich hinter einem Felsblock. »Wir wollen keine Bleichgesichter in unseren Jagdgründen.« »Dies sind nicht die Jagdgründe der Mimbrenjos. Hier ist Chiricahuagebiet«, rief Jeffords zurück. »Cochise wird nicht erfreut sein zu hören, daß ihr seinen Freunden droht. Gebt den Weg frei!« »Kehrt um!« schallte es zurück. »Wir können uns den Weg freischießen«, fauchte Tom Jeffords voller Zorn. »Doch wir vergießen nicht gern das Blut unserer roten Brüder.« »Schweig, weißer Mann! Reite wieder zum Apachen-Paß.« Drohend schwang der Mimbrenjo sein Gewehr. »Steigen Sie auf Ihren Gaul«, forderte Jeffords seinen Begleiter auf. »Sobald wir im Sattel sitzen, brechen wir durch. Wir lassen uns nicht einschüchtern. Diese frechen Hunde sollen sich nicht einbilden, wir hätten Angst vor ihnen.« Haggerty und Jeffords schwangen sich auf die Pferderücken. Eine leichte Linksdrehung ließ die Mimbrenjos glauben, daß die Weißen doch umkehrten. »Jetzt!« stieß Jeffords hervor, riß die Zügel seines Apaloosa nach rechts und preschte in voller Karriere los. John Haggerty zögerte keine Sekunde, es Jeffords gleichzutun. Pfeile sirrten, Kugeln pfiffen. Tief über die Hälse ihrer Pferde gebeugt jagten Thomas und John über das felsige Gelände. Das Wutgeheul der Mimbrenjos war zu hören. In das Geschrei der Mimbrenjos mischte sich plötzlich der
Kriegsruf der Chiricahuas. »Dort, hinter jener Felsschroffe, müssen Cochises Leute sein!« rief Haggerty. »Eilen wir ihnen zu Hilfe, Tom.« Sie wendeten die Pferde, schlugen einen Bogen nach links, um den Geschossen der Mimbrenjos auszuweichen. Hinter einem Mesquitegebüsch erhob sich ein Chiricahua und vertrat ihnen den Weg. Dicht vor dem Mann parierten Jeffords und Haggerty ihre Pferde. »Die Freunde von Cochise sollen weiterreiten«, sagte der Krieger. »Der Kampf zwischen Chiricahuas und Mimbrenjos ist nicht ihre Sache.« »Und ob es meine Sache ist«, entgegnete der Postmeister. »Diese Hunde haben gestern die Poststation angegriffen. Sie schossen Brandpfeile auf den Stall. Er ist völlig niedergebrannt. Ich denke schon, daß mich dieser Kampf etwas angeht, Vetter.« »Die Chiricahuas werden für ›Hellauge‹ und ›Falke‹ kämpfen«, kam es stolz zurück. »Und nun reitet zu Cochise.« Es klang wie ein Befehl. Jeffords und Haggerty sahen sich an. »Wollen wir?« fragte Jeffords. »Oder sollen wir dem Vetter zeigen, daß wir kein Stroh im Kopf haben und für uns selbst handeln und denken können?« »Lassen wir ihm die Illusion, daß wir ihn für einen mächtigen Krieger halten, dessen Wort zwei Bleichgesichter folgen«, antwortete John grinsend. »Wenn uns die Chiricahuas nicht als Kampfgefährten haben wollen, sollten wir uns lieber beeilen, unseren Auftrag zu erfüllen, bevor uns wieder etwas in die Quere kommt.« Sie lenkten ihre Pferde herum und ritten in Richtung Bergfeste. Hinter den senkrecht aufragenden großen Felsen stiegen Rauchsignale in den klaren Himmel. »Unsere Ankunft wird gemeldet«, bemerkte der Scout.
»Hinter jedem Wacholder- und Eichengebüsch liegen Krieger, John. Im Lager wissen sie längst, daß wir uns nähern. Hoffentlich ist den Squaws der Festbraten gelungen«, sagte Thomas Jeffords und lächelte verschmitzt. »Es ist jedesmal dasselbe, wenn ich diese Strecke reite – dasselbe Empfinden, dieselbe Beklemmung. Und doch habe ich das Gefühl, nach Hause, zu kommen.« John Haggerty sprach die Worte mehr zu sich selbst als zu seinem Begleiter. Ihm war zumute, als hätte er ein fremdes Volk verlassen, um zu seinem eigenen heimzukehren. Tla-inas Bild schwebte ihm vor: ihre verführerisch schöne Gestalt, ihr rabenschwarzes Haar, das ein Gesicht von ungewöhnlichem Liebreiz umrahmte. Es gab keine weiße Frau, die seine Sinne so erregte, sein Herz mit tieferer Zärtlichkeit erfüllt hätte als diese blutjunge Apachin, die ihm ihr Herz geschenkt hatte. Haggerty schreckte aus seinen Gedanken auf, als der Postmeister verhalten rief: »Cochise erweist uns eine große Ehre, Freund John. Er schickt Naiche, uns in seine Apacheria zu führen.« Haggerty blickte hoch und sah Cochises neunzehnjährigen Sohn, der ihnen entgegenkam. Ein kaum merkliches Lächeln umspielte den schmallippigen Mund des jungen Apachen, als er dem Scout zunickte. »Freude wird im Wickiup meines Vaters herrschen über den Besuch seiner Freunde.« Seine Augen waren bei diesen Worten auf John Haggerty gerichtet. Als der Scout ebenfalls nickte, wußte Naiche, daß der weiße Mann verstanden hatte. Naiche führte Haggerty und Jeffords ins Herz der Apacheria, in ein kleines, baumbestandenes Tal. Es war ein längst vertraut gewordenes Bild, das sich John und dem Postmeister bot: spielende Kinder, arbeitende
Squaws, Krieger, die sich mit ihren Waffen beschäftigten oder sich unterhielten. Es war schwer, sich vorzustellen, daß diese so friedfertig aussehenden Männer töten und martern konnten. Naiche sprang vom Pferderücken, übergab das Tier einer Squaw. Auch Jeffords und Haggerty, ließen ihre Pferde in deren Obhut zurück und folgten Naiche zum Jacale seines Vaters. Cochise stand abwartend in der Mitte der Hütte, als die beiden Weißen eintraten. Sein Gesicht wirkte verschlossen, sein Blick war finster. »Auf den Seelen von ›Hellauge‹ und ›Falke‹ liegen Schatten«, begann der berühmte Häuptling nach Sekunden lastenden Schweigens. »Ihr Kommen ist nicht ein Besuch der Freundschaft. Meine Brüder wollen Cochise um Hilfe bitten.« »Der Häuptling der Chiricahuas kann in den Seelen der Menschen lesen«, sagte Thomas Jeffords. »Wir brauchen deine Hilfe. Ein Mädchen wurde von Apachen entführt.« »Hier ist kein weißes Mädchen«, erklärte Cochise kurz angebunden. »Sucht es, aber sucht es nicht hier.« »Der Gouverneur von Sonora ließ mich durch John Haggerty um deine Fürsprache bitten.« Der Postmeister wollte sich nicht so leicht geschlagen geben. Er kannte Cochises oft abweisende Art. »Auch wenn sich das Mädchen nicht in deiner Apacheria befindet, du bist der Jefe. Du kannst Boten in die Dörfer der Apachen senden, kannst die Herausgabe der Gefangenen fordern.« »›Hellauge‹ weiß, daß Cochise den Häuptlingen nichts befehlen kann. Er spare seine Worte.« Cochises Haltung den Weißen gegenüber wurde immer abweisender. Um seinen Mund lag ein harter Zug. »Wenn ich dich um unserer Freundschaft willen darum bitte …« Jeffords versuchte es ein letztes Mal. »Schweig!« fuhr ihn der Apache an. Seine dunklen Augen schossen Blitze, schienen Jeffords zu durchbohren. »Diese
Gefangene, von der du sprichst, ist weder deine Squaw noch deine Schwester oder sonstige Verwandte. Du bittest im Auftrag des Einarm-Generals für eine Fremde. Du bittest umsonst, ›Hellauge‹.« Schweigen breitete sich aus. Vom Kochfeuer warfen Tla-ina und Nahlekadeya, Cochises zweite Frau, verstohlene Blicke herüber. Sie flüsterten miteinander, wagten aber nicht, sich in die Unterhaltung einzumischen. Das, was gesagt wurde, war Männersache. Tla-inas dunkle Augensterne redeten eine deutliche Sprache, wenn sich ihre Blicke mit denen Haggertys trafen. Das Mädchen war voller Ungeduld. Lange, viel zu lange, hatte es warten müssen. Als Nahlekadeya den Gästen ein wohlschmeckendes Gericht reichte, lockerte sich die Spannung etwas. Endlich wagte auch Tla-ina, John anzusprechen. »Viele Monde sind vergangen, seit ›Falke‹ die Jacales der Chiricahuas aufsuchte.« Leichter Vorwurf klang aus ihren Worten. »Mein Herz war immer hier«, beteuerte der Scout. »Konntest du fühlen, wie nah ich dir war?« »Ja. Aber Tla-ina wünscht, du mögest hier sein – für immer. Mögest in den Jacales der Chiricahuas wohnen, nicht mehr in den Häusern der Bleichgesichter oder hinter den Palisaden eines Forts.« »In deinem Jacale?« John fragte es leise, nur für das Mädchen hörbar. »Wünscht Tla-ina, ich möge in ihrem Jacale wohnen?« Sie nickte leicht, wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Die Zeit, mit dem weißen Pfadfinder länger zu reden, war noch nicht gekommen. Vieles mußte noch zwischen ihrem Bruder und den beiden Männern, die er Freunde nannte, besprochen werden. Nahlekadeya aber sah wohl die sprechenden Blicke, die die
beiden jungen Menschen, der weiße Mann und das rote Mädchen, wechselten, wenn sie sich unbeobachtet glaubten. Still lächelte die Frau vor sich hin. Es ist gut, wenn Männer nicht nur an Kampf denken, dachte sie befriedigt. Es sichert die Zukunft eines Volkes. * Zuerst hatte Häuptling Cochise schweigend verharrt. Dann trank er mit den Freunden Tizwin, jenes aus Maiskörnern zubereitete Getränk, mit dem sich die Apachen bei ihren Festen vollaufen ließen. Cochise und seine zwei Besucher tranken nur mäßig, unterhielten sich über belanglose Dinge und schwiegen erneut. Haggerty und Jeffords warteten nun darauf, daß der Häuptling das Gespräch wieder auf die Gefangene brachte. Er war älter und ihr Gastgeber. Es geziemte sich nicht, als erste zu sprechen. In den Augen der Indianer wäre es ein grober Verstoß gegen die guten Sitten gewesen, hätte einer der beiden dieses ungeschriebene Gesetz gebrochen. In Cochises bronzefarbenem Antlitz arbeitete es. Seine Augen verengten sich, sein Mund wurde schmal. Es war offensichtlich, daß ihn etwas stark beschäftigte, ihn aufwühlte. Wie eine Sturmflut brach es aus ihm heraus: »Ihr seid gekommen, für eine Weiße zu bitten. Wer aber bat für die Angehörigen von Cochise? Kein gutes Wort wurde für sie eingelegt. Sie mußten einen schändlichen Tod sterben. Und es waren weiße Männer, die sie verrieten. Männer vom Apachen-Paß. Deine Leute, Tom Jeffords.« »Das stimmt nicht, Cochise.« Fest sah der Stationsleiter dem Häuptling in die Augen. »Du hast dich mächtig geirrt. Nicht James Wallace verriet dich, sondern John Ward, der Rancher.« Der Häuptling wurde grau im Gesicht. »Das kann nicht sein, ›Hellauge‹. Es darf nicht sein.« Seine
Stimme klang wie zersprungenes Glas. »Sollte der Häuptling der Chiricahuas Unschuldige getötet, gemartert haben?« Sekundenlang verhüllte Cochise sein Antlitz. Jeffords ließ dem Apachen Zeit, sich zu fangen. Erst als der Häuptling den Blick hob, fuhr der Stationsleiter fort: »Rancher Ward hat Lieutenant Bascom davon zu überzeugen gewußt, daß Chiricahuas Wards Jungen und dessen Tiere entführt hatten. Dir ist bekannt, Cochise, daß Ward dich beschuldigte. James Wallace, Charles Culver und Jim Walsh haben dich und deine Familie nicht in Bascoms Falle gelockt. Ich sagte es bereits: Rancher Ward ist der Schuldige.« Cochises Gesicht wirkte wie eine Maske. Langsam erhob er sich. In voller Größe stand er vor Haggerty und Jeffords, ein stattlicher Mann von 1,85. Seine mächtige Brust hob und senkte sich unter seinen heftigen Atemzügen. Der Glanz seiner Augen schien erloschen. Das Schuldgefühl, das ihn zu erdrücken drohte, verwandelte sich plötzlich in kalte Wut. Lodernder Haß stand in seinem Blick, als er wie eine Schlange zischte: »Cochise wird an Lieutenant Bascom und an Ward Rache nehmen. Furchtbare Rache. Sie werden nicht nur den Tod meiner Familie büßen, sondern auch den deiner Helfer, die unschuldig sterben mußten.« »Fordere den Zorn der Blauröcke nicht erneut heraus«, versuchte John Haggerty einzulenken. »Was nützt es den Toten, wenn Cochise an Ward und Bascom Rache nimmt? Nichts. Es wird nur immer mehr Opfer geben. Der große Häuptling möge Frieden schließen.« »Frieden?« Es klang wie das Fauchen einer gereizten Raubkatze. »Hast du wirklich von Frieden gesprochen, Scout? Cochise wird Weiße und Mexikaner bekämpfen und sie besiegen. Er wird seine Feinde aus Nord und Süd vernichten. Die Erde wird brennen, ›Falke‹, die Bleichgesichter werden im Feuer des Hasses zugrunde gehen.«
Haggerty schwieg. Es wäre sinnlos gewesen, weitere Worte zu verlieren. Tom Jeffords hatte sich erhoben, trat dicht zu Cochise, die Rechte auf dessen Schulter legend. »Ich verstehe deinen Schmerz. Zorn und Haß verzehren dich, mein Bruder. Auch ich bin ein Weißer, und trotzdem dein Freund, dein Bruder. Willst du in Zukunft auch mich bekämpfen?« »Nein«, kam es über die Lippen des Apachen. »Meine Kutschen wurden mehrmals angegriffen«, fuhr Jeffords fort. »Die Fahrer und Passagiere beraubt und belästigt. Einige wurden getötet. Ich lebe vom Postgeschäft, Häuptling. Wenn der Weg immer gefährlicher wird, wenn keine Kutschen mehr fahren, ist die Station am Apachen-Paß wertlos für mich. Ich verliere meine Arbeit, meinen Verdienst. Wovon soll ich leben?« »Wovon lebt der rote Mann, ›Hellauge‹?« konterte der Häuptling voller Bitterkeit. »Wir leben von dem, was das Land uns gibt. Und dieses Land, das uns ernährt, wollen die Bleichgesichter uns nehmen.« »Ich weiß das alles, Cochise, und gebe zu, daß du recht hast.« Jeffords wurde ungeduldig. Sollte ihr Ritt in die Apacheria wirklich zu nichts führen, sollte er umsonst gewesen sein? »Ich bin aber nun mal ein weißer Mann und lebe von der Post«, erklärte Jeffords. »Und ich bitte dich daher noch einmal um unserer alten Freundschaft willen: laß die Kutschen der Butterfield-Gesellschaft dein Land passieren. Laß die Menschen ohne Angst durch Apachenland ziehen.« Es wurde still in Cochises Jacale. Eine lastende, bedrückende Stille. Der Apache verließ nachdenklich die Hütte. Er stieg auf einen nahe gelegenen Berg. Er wollte den Großen Geist befragen, um ein Zeichen bitten. Konnte es gut sein, die Concords unbehelligt durchs Apachenland rollen zu lassen? Gut oder schlecht für sein Volk?
Sie würden nicht nur friedliche Reisende befördern, das war dem Häuptling klar. Es würden auch Glücksspieler, Goldsucher, Revolverschwinger und Outlaws mit schweren Kutschen ins Land kommen. Doch vermochte er, Cochise, die Zeit aufzuhalten? War es nicht so, daß für einen getöten Weißen, zehn, sogar hundert andere kamen? Es waren viele Fragen, die der Chiricahua-Häuptling dem Großen Geist zu stellen hatte. Cochise wandte sein Gesicht der Sonne zu, breitete die Arme aus und bat Yusen, den allmächtigen Großen Geist, um Erleuchtung, um ein Zeichen. * Während Thomas Jeffords und John Haggerty in der Apacheria weilten, hatten Osborne, Tinatra, Kelly und Walker mit den Aufräumungsarbeiten des niedergebrannten Stalles begonnen. Die Hitze des Tages hatte wabernd über dem Paß gehangen. Erleichtert fühlten die Männer die Kühle der Abenddämmerung. Buck Tinatra, der schlanke Revolvermann, ließ seine Blicke öfter über die Felsschroffen schweifen. Manchmal hielt er in der Arbeit inne, starrte minutenlang zur Straßenbiegung. »He, Buck, die Nacht ist zum Träumen da!« rief Osborne ihm zu. »Du tätest besser daran, dich etwas mehr zu sputen. Verdammt, wir wollten doch morgen mit dem Wiederaufbau beginnen. Also los, hilf mir, die letzten Trümmer beiseite zuschaffen.« Ohne die Straßenbiegung aus den Augen zu lassen, entgegnete Tinatra mürrisch: »Halt die Klappe, Larry. Kelly kann dir helfen, den Rest der Arbeit zu erledigen. Ich hole meinen Gaul und werde nachsehen, was sich hinter der Biegung tut.« Tinatra entfernte sich, ohne auf Osbornes Protest zu achten.
Ein Pfiff, und sein Brauner trabte heran. Minuten später ritt der Schwarzhaarige von den Stationsgebäuden weg zur linken Straßenbiegung. Der gewundene Paßweg gewährte keinen weiten Überblick. Tinatra ritt eine Felsklippe hoch, starrte im letzten Dämmerlicht des Tagers nach Süden. Er blickte in die untergehende Sonne und schloß für einen Moment die Augen, bevor er sie mit der Hand beschattete, um besser sehen zu können. Und dann kam es. Ein Sechsergespann jagte die gewundene Paßstraße herauf. Die schwere Concord schwankte in rasender Fahrt wie ein schwerfälliges Schiff im tosenden Orkan. Acht Blauröcke ritten rechts und links als Flankensicherung. Tinatras Augen wurden zu schmalen Schlitzen, sein Mund wurde trocken, seine Kehle eng. Er schluckte. Der Kutsche folgte ein Rudel Apachen. Mimbrenjos! Noch fiel kein Schuß. Noch sah es von fern so aus, als hätten die Indianer ein höllisches Spiel mit den Weißen getrieben. Buck Tinatra war ein Revolvermann und Gewehrschütze. Vielleicht mit dem Gewehr nicht so gut wie mit dem Colt. Verglichen mit manch anderen aber immer noch ein Schießkünstler. Er glitt vom Pferderücken, zog das Tier hinter ein Gebüsch in Deckung. »Ruhig, Alter, ganz ruhig! Nur nicht nervös werden. Ich habe das Gefühl, daß es gleich knallt. Laß dir ja nicht einfallen zu wiehern, sonst werden die roten Gentlemen kurzen Prozeß mit uns machen. Ich bin mehr dafür, andere zu überraschen, als von ihnen überrascht zu werden.« Während er beruhigend auf den Braunen einredete, machte er sein Gewehr schußbereit. Er wollte nicht als erster abdrücken, denn noch stand nicht
fest, ob die Mimbrenjos wirklich vorhatten, das Fahrzeug zu überfallen. »Das nennt man Indianerpoker«, knurrte Tinatra und verfolgte gebannt die Hetzjagd auf der Paßstraße. Der Kutscher schien sein Handwerk zu verstehen. Die schwere Concord rumpelte in halsbrecherischem Tempo den gewundenen Weg entlang. Bei jeder Biegung, die sie nahm, schloß Tinatra sekundenlang entsetzt die Augen. Er wollte nicht mit ansehen, wie das schwerfällige Gefährt umkippte und zerschmetterte. Das johlende Geschrei der Indianer, die anfeuernden Rufe des Fahrers und seines Begleitmannes und die Flüche der Soldaten drangen bis zu Buck Tinatra hoch. Sie waren genau unter ihm. Der Abstand zwischen der Kutsche und den Verfolgern wurde trotz der rasenden Fahrt immer geringer. Tinatra begann fürchterlich zu schimpfen. Nur noch kurze Zeit, und die Apachen gerieten aus der Reichweite seines Gewehres. Wenn sie nach der nächsten Kurve Ernst machten, konnte er nichts tun, nicht helfend eingreifen. Buck Tinatra beschloß, von seinem Beobachtungsposten hinabzureiten und der grölenden Mimbrenjoschar zu folgen. Wenn sie die Kutsche angriffen, konnte er ihnen in den Rücken fallen. Buck Tinatra war bereit, bis zur letzten Patrone zu kämpfen. Und wenn es sein mußte, kämpfend unterzugehen. Plötzlich durchzuckte ihn der Gedanke an die Kameraden am Paß. Daß die Rothäute die Kutsche bis zur Station verfolgten, das stand für Tinatra fest. Wie der Teufel jagte er hinter dem Indianerpulk her. Buck Tinatra dachte keine Sekunde daran, daß er vielleicht in den Tod ritt. Er hatte nur einen Gedanken: den Freunden am Paß, den Insassen der Postkutsche und den Soldaten zu helfen. Der Hufschlag von Tinatras Pferd ging im Inferno des Kriegsgeheuls unter. Weder Weiße noch Indianer achteten auf
das, was hinter ihnen vorging. Ed Mallard, der Fahrer der Concord, hatte alle Hände voll zu tun, das dahinrasende Sechsergespann zu lenken. Sergeant Geoffrey, der neben der Kutsche ritt, brüllte zu Mallard hoch: »Wenn ich nur wüßte, ob die Kerle uns nur Angst einjagen oder ob sie unsere Skalps wollen. Mallard, versuchen Sie, die Station zu erreichen. Bringen Sie die Lady in Sicherheit. Ich werde mit meinen Männern die Rothäute aufhalten. Los, Mann, ab mit der Post! So long, Amigo.« Sergeant Geoffrey war tollkühn und von jener Sorte, die das Leben als ein Pokerspiel betrachten und stets bereit sind, einen hohen Einsatz zu wagen. »Wenden!« schrie er seinen Leuten zu und riß gleichzeitig den Armeegrauen herum. »Karabiner schußbereit! Wir erwarten die Rotpelze. Mal sehen, was sie wollen. Greifen sie an, werden wir ihnen einheizen. Denke, wir haben die besseren Waffen.« Zahlenmäßig waren die Mimbrenjos den Soldaten überlegen. Ihre alten Karabiner konnten es mit den modernen Gewehren der Blauröcke jedoch nicht aufnehmen. Und darauf baute Sergeant Geoffrey. Die sechs Mann des Begleitkommandos hatten ihre Pferde gewendet, die Waffen im Anschlag. Ruhig erwarteten sie die anstürmenden Apachen, die nur wenige Yards von ihnen entfernt ihre halbwilden Mustangs verhielten. Ihre Fäuste umschlossen wurfbereite Jagdmesser, gespannte Bogen. Auch sie waren bereit zu kämpfen, schienen aber vorerst verhandeln zu wollen. Geoffrey machte es kurz. »Was haben die Krieger der Mimbrenjos vor?« Seine Stimme hatte einen metallischen Klang. »Wenn sie den Kampf mit uns wollen, so sollen sie anfangen. Ich mag kein Katz- und
Mausspiel. Wir sind erwachsene Männer, keine Greenhorns.« Ein jüngerer Indianer trieb sein scheckiges Pony näher. Furchtlos musterte er den Sergeant. »Wir wollen keinen Kampf, Blaurock. In dem rollenden Wickiup ist eine weiße Squaw. Gebt sie und die Gewehre der Langmesser heraus, dann könnt ihr weiterziehen.« »Sonst noch Wünsche, großer Krieger?« fragte Geoffrey sarkastisch. »Hast du nicht zufällig Appetit auf eine Bleibohne, eh, Läuseträger? Die kriegst du sogar umsonst.« Die Augen des Mimbrenjokriegers verengten sich. Seine Leute nahmen eine immer drohendere Haltung an. »Du gibst mir das Mädchen nicht, Blaurock? Enju, es sei. Die Skalps der Bleichgesichter werden bald an den Gürteln der Mimbrenjos baumeln. Wenn ihr tot seid, holen wir das Mädchen. Wir wissen, wohin die Kutsche gefahren ist. Diesmal wird die ganze Station am Paß in Flammen aufgehen. Wir werden alle Männer töten. Die hellhaarige Squaw wird in meinem Jacale wohnen. So oder so. Entscheide dich, Blaurock. Noch hast du Zeit. Wenn du klug bist, bleibt ihr am Leben.« »Fahr zur Hölle!« zischelte Geoffrey voller Wut. Er zog den Colt und drückte ab. Getroffen sackte der Indsman im Fellsattel zusammen. Was dann folgte, geschah in rasender Schnelligkeit. Jagdmesser, Tomahawks, Pfeile, Colt- und Gewehrkugeln suchten und fanden ihre Ziele. Als Buck Tinatra um die letzte Kurve bog, bot sich ihm der Anblick verbissen kämpfender Männer. Vom galoppierenden Pferd aus feuerte Tinatra und holte mit der ersten Kugel einen Mimbrenjo vom Pferderücken. Aber es blieb nicht bei dem einen. Tinatras modernes Repetiergewehr richtete unter den Indianern entsetzte Verwirrung an. Die dicht hintereinander abgefeuerten Schüsse ließen sie glauben, es mit mehreren Gegnern zu tun zu haben.
Die noch Unverletzten rissen ihre Mustangs herum, halfen den Verwundeten aufs Pferd und stoben in wilder Flucht davon. Sergeant Geoffrey und seine Männer staunten nicht schlecht, als ein einzelner Reiter sich als ihr Retter entpuppte. »Mann, sind Sie aber schnell mit der Kanone«, stellte Geoffrey bewundernd fest. »Habe schon manchen Revolvermann kennengelernt, aber diese Schnelligkeit mit dem Gewehr… Mann, oh, Mann, ich dachte zuerst, da hätte einer 'nen ganzes Waffenarsenal.« Buck Tinatra wischte mit der Hand durch die Luft. »Nicht der Rede wert, Mister. Hauptsache, die roten Halunken sind weg. Habt ihr Verluste?« Geoffrey sah sich nach seinen Leuten um. »Einer schwer, zwei leicht verletzt. Begleiten Sie uns zur Poststation am Apachen-Paß?« »Ich muß wohl, Sergeant. Ich arbeite und wohne dort.« Der Revolvermann lächelte. Bei der Poststation fanden sie den Fahrer, den Begleitmann und Jeffords' Helfer mit schußbereiten Karabinern vor. »Wo ist die Lady?« fragte Geoffrey, atemlos vom schnellen Ritt. »Drinnen.« Der Kutscher wies auf das Haupthaus. »Hat natürlich einen Schock, kein Wunder. Das arme Ding.« »Es war also nur eine Frau in der Kutsche. Wer ist sie?« wollte Buck Tinatra wissen. »Miß Hester Hattings«, antwortete Sergeant Geoffrey, »die Verlobte eines Hauptmanns. Wir sollen sie nach Fort Bliss bringen. Die jungen Leute wollen nächste Woche heiraten.« »So ein Narr«, stieß Tinatra wütend hervor. »So ein verdammter Narr. Mann, ihr Blauröcke habt allesamt Stroh im Kürbis. Wie kann jemand so hirnverbrannt sein und eine Frau solchen Gefahren aussetzen. Statt in Fort Bliss wäre sie beinahe in einem Apachenjacale gelandet. Damned! Diesem
Captain würde ich am liebsten so richtig den Marsch blasen.« »Die Lady hat keine Familie mehr«, bemerkte Geoffrey. »Da ist es wohl verständlich, daß sie zu ihrem Verlobten will.« »Entschuldigen Sie den Strohkopf nicht«, kam es bissig über Tinatras Lippen. Er stampfte auf das Haus zu, drehte sich auf der Schwelle um. »Bringen Sie die Verletzten herein, Sergeant. Lassen Sie auf alle Fälle zwei Mann als Wache hier. Es könnte sein, daß die Mimbrenjos mit einer Anzahl ihrer Vettern zurückkehren. Daß sie kommen, um ihre Toten zu holen, ist klar. Ich möchte nicht, daß wir von einem erneuten Angriff überrascht werden. Habe die Nase voll von diesen Brüdern. Gestern die Stallungen niedergebrannt, heute der Überfall auf die Kutsche. Mann, Sergeant, ich brauche 'nen Whisky.« Tinatra drückte die Tür auf – und blieb wie angewurzelt stehen. Der Anblick des Wesens, das da auf der Holzbank hockte, verschlug ihm die Sprache. Hester Hattings war von so unbeschreiblicher Schönheit, daß es einem Mann den Atem rauben konnte. Eine ganze Weile starrten sie sich an, der Revolvermann und das hübsche Mädchen. Tinatra war derart von dieser jungen Frau fasziniert, daß er kein Wort hervorbrachte. »Sind – sind sie weg?« fragte Hester schließlich mit zitternder Stimme. »Sind diese roten Teufel wirklich fort, Mister?« Buck Tinatra strich sich wie erwachend über die Augen. »Ja, Miss. Und sollte es ihnen einfallen wiederzukommen, werden sie sich blutige Köpfe holen.« Hester Hattings erhob sich von der Bank, taumelte Tinatra einige Schritte entgegen. Mit einem langen Satz war Buck bei ihr, fing sie auf, hielt sie in seinen Armen.
»Ist ja gut«, murmelte Tinatra, »es ist alles vorbei. Die Mimbrenjos werden nicht wiederkommen. Beruhigen Sie sich, Miß. Niemand wird Ihnen etwas zuleide tun, keine Rothaut und kein Weißer. Nicht in meiner Gegenwart.« Es klang wie ein Schwur. Buck Tinatra wäre in diesem Augenblick bereit gewesen, sein Leben für die fremde junge Frau hinzugeben. Der Revolvermann erschrak bis ins Mark, als er sich darüber klarwurde, was dieses Gefühl zu bedeuten hatte: Er hatte Feuer gefangen, obwohl er Hester erst seit einer Viertelstunde kannte. Als die anderen Männer das Haus betraten, verschwand Tinatra mit einer gemurmelten Entschuldigung. »Mich hat's erwischt, verdammt noch mal. Und ausgerechnet die Braut eines anderen Mannes muß es sein.« * Jeffords und Haggerty erwarteten Cochises Rückkehr mit nervöser Spannung. Langsam ging der Abend in die Nacht über, die ersten Sterne funkelten. Jeffords trat vor den Jacale und starrte zu dem Berg hinüber, auf dessen Plateau er den Häuptling wußte. Silbernes Mondlicht lag über der Bergfeste, als Cochise wie in Trance auf seine Hütte zuschritt. Er nickte Jeffords kurz zu, dann betrat er den Jacale. Thomas Jeffords folgte ihm ohne Hast. Cochise ließ sich mit gekreuzten Beinen auf dem Bärenfell nieder. Lange schwieg er. Weder Jeffords noch Haggerty wagten, das erste Wort zu sprechen. Als der Chiricahua endlich begann, klang seine Stimme fremd. »Cochise hat lange Zwiesprache gehalten mit Yusen, dem
Großen Geist. Cochise hat die Stimme des Großen Geistes vernommen. Das Schicksal der roten Völker ist besiegelt. Yusen hat sein Angesicht verhüllt. Eine neue Zeit wird kommen. Die Zeit des weißen Mannes, der rollenden Tipis und des Eisenpferdes. Die Bleichgesichter sind wie der Sand am Ufer des Meeres, genauso zahlreich. Wir werden sie nicht aufhalten können. Enju, ›Hellauge‹, es sei denn. Die Kutschen der Butterfield Overland werden ungehindert durch das Land der Chiricahuas fahren können.« »Ich danke dir, mein Bruder.« Impulsiv reichte Jeffords dem berühmten Häuptling die Hand. »Ich danke dir im Namen all jener Menschen, die nun ohne Furcht reisen können.« »Danke mir nicht, ›Hellauge‹. Nicht im Namen jener, die mein Volk ausrotten und vernichten wollen. Schweig!« gebot der Jefe, als Tom Jeffords ihn unterbrechen wollte. »Es gibt auch Gute unter den Hellhäutigen, ich weiß. Für die Mehrzahl von ihnen aber gibt es für Rot und Weiß kein Miteinanderleben. Vergiß nicht, Thomas Jeffords, wie der von weißen Männern geprägte Spruch heißt: ›Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer‹ Cochise gab dir sein Wort, daß die Chiricahuas keine Kutsche mehr angreifen werden. Mehr verspreche ich nicht. Wie die andern Häuptlinge denken und handeln werden, weiß ich nicht. Ich spreche nur für die Chiricahuas. Doch die Nacht bricht herein. Wir haben genug geredet. Laßt uns ruhen.« Eine ältere Squaw führte Jeffords und Haggerty zu einem Wickiup. Die Nacht wollten sie noch in der Apacheria verbringen. * Die beiden Männer fanden lange keinen Schlaf. Leise unterhielten sie sich. Tom Jeffords flüsterte: »Ich habe ein ungutes Gefühl, John. Obwohl mir Cochise
sein Wort gab, glaube ich nicht an dauerhaften Frieden. Die anderen Stämme werden sich durch das Versprechen des Häuptlings nicht gebunden fühlen. Vor allem den Mimbrenjos traue ich nicht. Der alte Victorio ist ein Weißenhasser. Viel hat uns dieser Ritt nicht eingebracht.« Gedankenverloren stimmte Haggerty zu. Er dachte an Tlaina, sehnte sich nach dem Zusammensein mit ihr. Gegen Mitternacht fuhr Haggerty aus unruhigem Halbschlaf hoch. Er starrte angestrengt ins Dunkel. Eine kleine Gestalt huschte ins Wickiup. Nachise, Cochises achtjähriger Sohn, näherte sich dem Lager der beiden. John Haggerty erhob sich. »Komm, weißer Mann.« Die Stimme war ein leises Flüstern. »Tla-ina wartet.« Eine kleine braune Hand stahl sich in Haggertys Rechte. Sicher wie ein Spürhund führte der Junge den Scout durch das schlafende Lager. An die Rückwand eines Jacale gelehnt stand eine schlanke Gestalt. Das Indianermädchen wirkte einsam und verloren im Silberlicht des Mondes. Es hatte sich in eine buntgewebte Decke gehüllt, während ihr Blick träumerisch am sternenklaren Nachthimmel hing. »Tla-ina!« Haggertys leiser Zuruf riß die Apachin aus ihrer Versunkenheit. Geschmeidig wie ein Wiesel huschte Nachise davon, zurück ins Wickiup, während Tla-ina und John Haggerty sich stürmisch umarmten. Das Mädchen öffnete die Decke, schlang sie um die Schultern des Mannes. »Sie wird uns beide wärmen, sie ist groß genug.« »Ich friere nicht, Tla-ina. In deiner Nahe ist mir warm, spüre ich das Feuer der Leidenschaft.« John zog das schöne Mädchen fester an sich. Seine Lippen suchten ihren Mund. Tla-ina erwiderte den Kuß des Mannes, zitterte in seinen Armen.
»Ist dir kalt, Tla-ina?« Besorgt zog Haggerty die Decke fester um die Apachin. Die Nacht war eisig. Ein rauher Wind wehte um die Bergfeste. »Tla-ina zittert nicht vor Kälte«, kam die leise, melodische Stimme des Mädchens. »Tla-ina zittert vor Glück.« Sie preßte sich an ihn, ihre kleine Hand strich über sein braunes Haar, über sein Gesicht. Ihr Finger zeichnete die Konturen seines Mundes nach. »Küß mich, Falke«, forderte sie. »Küß mich immer und immer wieder. Ich mag diesen Brauch der Hellhäutigen, sich mit den Lippen zu berühren. Es ist wunderbar.« John Haggerty küßte die junge Apachin, bis sie beide außer Atem waren. Das Verlangen nach ihr wurde übermächtig. Er fühlte die Bereitschaft Tla-inas. John jedoch war ein Mensch, der sich beherrschen konnte. Schließlich stand fest, daß er im Morgengrauen die Bergfeste wieder verließ. Deshalb gab er dem Drängen Tla-inas nicht völlig nach, sagte ihr aber zärtlich all jene Worte, die alle Verliebten dieser Erde sich sagen. »Ich liebte dich schon damals, als du mich vom Biß der Peitschenspinne heiltest«, flüsterte das schöne Mädchen und sah den Mann hingebungsvoll an. »Tla-ina wünscht sich so sehr, deine Squaw zu sein.« Sie sagte es mit der ihrer Rasse eigenen Offenheit. »Auch ich wünsche mir, dein Ehemann zu sein.« John Haggerty fühlte sein Herz bis in den Hals hinauf schlagen. Es war schwer, verdammt schwer, nicht alles einfach hinzuwerfen und für immer bei diesem liebenswerten Geschöpf zu bleiben. Doch er hatte einen Auftrag zu erfüllen. Er mußte zurück zum Fort, um General Howard Bericht zu erstatten. Er war der Armee verpflichtet, war Howards Chiefscout. »Hör zu, Tla-ina«, raunte John Haggerty. »Ich bin Chiefscout, und der Einarmgeneral erwartet mich dringend. Ich kann nicht einfach hierbleiben, so gern ich es auch möchte.
Mein Herz aber bleibt bei dir in der Apacheria.« »Wirst du wiederkommen?« fragte Tla-ina enttäuscht. Ihre traurigen Augen waren auf den großen Mann gerichtet. »Ich werde immer wieder zu dir zurückkehren«, versprach John. »Tla-ina wird auf dich warten, Scout. Sie wird keinem anderen gehören.« Die junge Apachin war fest entschlossen, dieses Gelöbnis zu halten und jeden noch so hartnäckigen Bewerber zurückzuweisen. Auch wenn ihr Bruder, der Häuptling, zornig wurde. Der Glanz vieler tausend Sterne erhellte die Finsternis der Nacht, als John Haggerty Tla-ina zum letzten Mal küßte. Der Wind ließ die Blätter rascheln und strich leise jaulend durch das Geäst. Als Haggerty in der Morgendämmerung mit Jeffords aufbrach, war ihm zumute wie jemandem, der sein Heim verließ und in eine fremde, feindliche Welt hinausritt. * Während Tom Jeffords und John Haggerty unterwegs waren, braute sich in Tombstone das Unheil zusammen. Ein Mann Namens Bill Freeman, Captain im Bürgerkrieg, hetzte gegen die Apachen. Dazu war ihm jedes Mittel recht. Und »Lion« Bill Freeman verstand sein Handwerk. Auf bunt herausgeputzten Podien hielt er flammende Reden. »Männer und Frauen von Tombstone! Bürger dieser Stadt, vereinigt euch! Kämpft gemeinsam gegen diese roten Mörder. Wir wollen nicht länger auf die Gnade der Armee angewiesen sein. Greifen wir doch zur Selbsthilfe, bilden wir eine Schutztruppe gegen die Überfälle der Apachen. Eine Truppe, die imstande ist, Tombstone zu verteidigen.« »Lion« Bill Freeman fand willige Zuhörer. In Tombstones
Straßen herrschte lebhafter Betrieb. Wenn Freeman nicht gerade von einem der Podien herunter seine Hetzreden hielt, mischte er sich unter die Passanten, zog durch die Straßen und Gassen, redete mit den Leuten. Und bald schrien die Bürger lauter als Freeman nach Rache, nach Selbsthilfe. Tombstone glich bald einem Jahrmarkt. Eine Musikkapelle spielte, und in den Pausen zwischen zwei Darbietungen warben Freeman und seine Helfer in marktschreierischer Manier um Freiwillige für ihre Miliz. »Wer helfen will, diese Bastarde zu schlagen, ihnen die Furcht Gottes einzujagen, der melde sich bei Mr. Campbell im Horseshoe Saloon«, dröhnte Freemans Baß. Der ehemalige Captain war eine Kämpfernatur, der geborene Anführer, ein harter Brocken. Und mit Härte wollte er durchgreifen. »Los, los, Gentlemen!« Fordernd blickte er die Männer mit seinen eisgrauen Augen an. Die schienen ihnen seinen Willen aufzwingen zu wollen. Und es ging tatsächlich etwas Zwingendes von Freeman aus. »Denkt an die Frauen, Kinder und Alten«, fuhr Freeman fort. »Oder habt ihr keinen Mut? Seid ihr feige Memmen? Wo sind die Männer von Tombstone?« Mit dieser Herausforderung hatte der braunhaarige, ehemalige Captain Erfolg. Es gab wohl kaum einen Mann, der sich einen Feigling nennen lassen wollte. »Freeman hat recht«, rief jemand lauthals. »Bilden wir eine Bürgerwehr. Jagen wir doch die Apachen zum Teufel.« »Dazu brauchen wir eine Miliz«, hakte Freeman sofort nach. »Wir brauchen Männer, die rund um die Uhr Wache stehen. Zeigt sich einer dieser rothäutigen Bastarde, schicken wir ihn zu Manitu. Wir brauchen viele Freiwillige, damit wir es auch mit einer größeren Horde aufnehmen und unsere Stadt, unser aller Leben wirksam verteidigen können.« »Tod den Apachen!« schrie einer aus der Menge. Der Ruf
pflanzte sich fort. »Tod den Apachen! Tod den roten Hunden!« Ein Rausch erfaßte die Menschen. Ehrbare Bürger, die sonst friedfertig, gutmütig waren, eher furchtsam denn tapfer, verwandelten sich in reißende Bestien, wurden zum Pöbel, zum Mob. Die ersten Männer marschierten unter dem tosenden Beifall der Menge zum Horseshoe Saloon. Die Musikkapelle blies einen Tusch, Tanzgirls kreischten und winkten den »Helden« zu. Brüllend und johlend bewegten sich die Männer in Richtung Kneipe, angestachelt von den Rufen der entfesselten Bevölkerung. »Lion« Bill Freeman konnte zufrieden sein. Er hatte erreicht, was er erreichen wollte. 40 wehrfähige Männer hatten sich in die Liste der Bürgerwehr eintragen lassen. So gründete »Lion« Bill Freeman das berühmtberüchtigte Frontier Bataillon. * Vor Haß glühende Augen beobachteten das Treiben in den Straßen von Tombstone. Flink huschten braune Gestalten von Deckung zu Deckung, die Waffen fest umklammernd. Die Bürger von Tombstone waren so damit beschäftigt, die Männer des neuen Bataillons zu feiern, daß sie nicht an jene dachten, die sie bekämpfen wollten. Ganz Tombstone drängte sich auf der Main Street, auf den öffentlichen Plätzen und vor dem Horseshoe Saloon. Niemand achtete auf die Häuserlücken in den Nebenstraßen, keiner sah zu den flachen Dächern hoch. Dicht an dicht gedrängt stand die Menschenmenge erneut um das Podium versammelt, auf dem Bill Freeman in Siegerpositur eine überschwengliche Dankesrede hielt, in der er die
Tapferkeit der 40 unerschrockenen »Recken« pries, die nun die Sicherheit von Tombstone verteidigen würden. Und wieder erscholl der Ruf: »Tod den Apachen!« Ein wahrer Taumel hatte die Menschen ergriffen, eine unbändige Lust am Töten bemächtigte sich ihrer. Sie schrien – wie im Blutrausch. Sie waren bereit zum Töten, selbst dann, wenn sie nicht angegriffen wurden. Sie brüllten nach Apachenskalps, nach blutiger Rache. Und in einen dieser Rufe: »Tötet die Apachen!« mischte sich urplötzlich der Kriegsschrei der Chiricahuas. Wildes, zischelndes: »Zastee! Töte!« erscholl hoch über den Köpfen der entsetzt aufhorchenden Bürger. Auf einem der Flachdächer hatte sich ein Apache zu voller Größe erhoben, ungeachtet der Tatsache, daß er für die Männer unter sich eine gute Zielscheibe bot. Sehnige braune Fäuste umklammerten einen Karabiner älteren Modells. Ein Schuß peitschte. Getroffen schrie ein Mann auf. Die Kugel des Apachen hatte seine Schulter durchschlagen. Der Apache fand keine Zeit, den alten Karabiner neu zu laden. Von der Straße wurde zurückgefeuert. Der Krieger breitete die Arme aus, stürzte mit einem gräßlichen Todesschrei in die Tiefe und blieb seltsam verrenkt auf dem Boden liegen. Aus den Gassen blitzten Mündungsfeuer. Menschen schrien, Pferde wieherten in panischem Schrecken. Hufschlag klang auf. Das Pochen unbeschlagener Hufe. »Ihnen nach!« schrie jemand. »Holt euch die Skalps dieser räudigen Hunde!« Männer hetzten zu ihren Pferden. Ein unbeschreibliches Durcheinander entstand. Freeman wurde von den Bürgern hochgelobt. Daß seine Idee mit der Gründung des Frontier-Bataillons genial war, davon waren die Bürger nun restlos überzeugt.
* Als die Sonne über die Berge im Osten stieg, befanden sich Jeffords und Haggerty bereits außerhalb der Bergfeste, aber immer noch auf Chiricahua-Gebiet. Johns Gedanken weilten noch in der Apacheria bei »Sanfter Wind«, während Thomas Jeffords an sein Abkommen mit Cochise dachte. Obwohl der Häuptling ihm freie Durchfahrt für die Butterfield-Kutschen zugesichert hatte, war Jeffords keineswegs zufrieden. »Ob unser roter Freund sich auch dann noch an sein Wort gebunden fühlt, wenn er erneut mit der Army aneinandergerät?« fragte Jeffords. Das befürchtete er insgeheim. »Ich denke, sein Haß auf Lieutenant Bascom ist so groß, daß er sich bald mit den Blauröcken anlegen wird. Und dann gebe ich trotz seines Versprechens keinen lausigen Cent für die Sicherheit der Overland.« John Haggerty mußte sich zusammenreißen, um Jeffords Gedankengang zu folgen und nicht ständig an das Mädchen zu denken. »Es kann sein, daß Sie leider nur allzu recht haben«, erwiderte er schließlich. »Unser Ritt zur Apacheria hat nicht viel eingebracht. Howard dürfte nicht gerade begeistert sein. Übrigens, Tom, was glauben Sie, würde Cochise dazu sagen, wenn ich seine Schwester heirate?« Jeffords sah den Gefährten überrascht an. »So tief sitzt es also? Sie wissen, welchen Namen die Leute für den Ehemann einer Indianerin haben, John? Auch kann ich kaum glauben, daß sich die Kleine unter Weißen wohl fühlen würde. Sie kennen doch unsere lieben Mitmenschen, John. Tlaina würde verachtet und beleidigt, schlimmer noch; gehaßt werden. Wenn Sie das Mädchen wirklich lieben, John, dann verzichten Sie auf sie.« »Ich dachte an eine Apachenhochzeit«, sagte der Scout
nachdenklich. »Schon damals, als ich sie kennenlernte. Ich könnte Tla-ina vor dem Schamanen zur Squaw nehmen und immer wieder in die Bergfeste zu ihr zurückkehren.« »Lassen Sie diese Gedanken lieber fallen«, riet der Postmeister der Butterfield Overland. »Sie sind Chiefscout der Armee, John. Und bald, fürchte ich, wird Cochise vergessen, daß wir so etwas wie seine Freunde sind. Wir alle werden es vergessen müssen. Es wird zum großen Indianerkrieg kommen, Amigo. Die Erde dieses Landes wird brennen. So hat es Cochise prophezeit. Und so wird es geschehen.« »Sie können einem Mann die Zukunft in den schönsten Farben ausmalen«, kam es sarkastisch über Johns Lippen. »Manchmal habe ich es wirklich satt, für die Armee zu reiten.« Jeffords hüllte sich in Schweigen. An einem klaren Bach tränkten sie die Pferde, kochten Kaffee. Sie aßen wenig. Die Sorge hatte den Hunger vertrieben. Ihr Weg führte über Ebenen, durch kleine Waldstücke und zerfurchte Canyons. Bis zum San Pedro wollten sie zusammenbleiben. »Verdammt, John, das ungute Gefühl, das ich beim Verlassen der Station hatte, läßt mich noch immer nicht los«, sagte Thomas Jeffords, als die beiden später eine kurze Rast einlegten, um doch etwas zu essen. »Seit den frühen Morgenstunden verstärkt sich dieses Unbehagen noch. Es tut sich was am Paß. Oder es hat sich bereits getan. Ich sage Ihnen, John, in diesem Land wird es keinen Frieden geben.« »Wenn mich mein sechster Sinn diesmal nicht täuscht«, flüsterte John, »dann werden wir beobachtet. Damned, mein Pfadfinderrüssel riecht die Apachen. Gnade uns Gott, wenn es Mimbrenjos sind.« »Nimmt Ihr Rüssel den Unterschied zwischen Mimbrenjos und anderen Apachen nicht wahr?« Jeffords grinste. »Mann, John, dann ist die Armee mit Ihnen als Scout schlecht dran.
Wie dem auch sei, tun wir so, als würden wir nichts merken, und versuchen wir, so schnell wie möglich wegzukommen.« Haggerty blieb Jeffords die Antwort schuldig, denn der scharfe Knall eines Schusses ließ beide Männer zusammenzucken. Sand spritzte dicht vor ihnen hoch, wo das heiße Blei einschlug. Sie sprangen auf, rannten zu ihren Pferden. Es sirrte und pfiff um sie herum, doch keine Kugel fand ein Ziel: »Die wollen gar nicht treffen«, knurrte Haggerty. »Die wollen uns nur nervös machen – vorläufig wenigstens. Was aber bezwecken sie damit, verdammt?« »Soll ich Ihnen dieses Spielchen in Worte übersetzen?« fragte Jeffords. »Well, mit diesen netten Bleibohnen wollen uns die Mimbrenjos sagen: hier sind wir, und hier ist unser Land. Wenn wir wollen, töten wir euch.« »Bravo, eine wunderbare Predigt.« Haggerty lächelte trotz der brenzligen Situation. »Geben wir Antwort oder verduften wir?« »Verkrümeln wir uns lieber«, erwiderte Thomas Jeffords. »Mir liegt nichts an dieser Art von Unterhaltung. Übrigens, John, was sagt Ihr Rüssel?« »Daß es verdammte Mimbrenjos sind.« Die Männer zogen sich langsam hinter einen mannshohen Felsbrocken zurück. Der bot ihnen samt ihren Pferden Deckung. John und Thomas rechneten jeden Augenblick damit, daß die Mimbrenjos Ernst machten und angriffen. Doch nichts rührte sich. Die Indianer schienen tatsächlich ein teuflisches Spiel mit den Bleichgesichtern treiben zu wollen. Obwohl sich kein Krieger zeigte und kein Schuß mehr fiel, hatten die Männer das untrügliche Gefühl, daß ihnen die Rothäute wie Schatten folgten. »Nicht gerade angenehm«, murrte Jeffords, »diese Halunken als Geisterreiter in der Nähe zu wissen.«
Sie beschleunigten ihr Tempo, wollten das Territorium möglichst schnell hinter sich bringen. Kurz bevor sie das Apachengebiet verließen, geschah es. Aus einer Talsenke tauchte eine Horde Mimbrenjos auf. Heulend und johlend ritten sie direkt auf Haggerty und Jeffords zu. »Links abbiegen!« schrie Thomas. »Dort hinten ist ein Engpaß. Da können wir uns wenigstens verteidigen.« In wildem, halsbrecherischem Galopp jagten die Männer auf eine Felsbarriere zu. Ein schmaler Spalt tat sich vor ihnen auf. »Schnell«, drängte Jeffords, »beeilen Sie sich, John! Durch diesen Spalt kann nur immer einer hindurch. Das ist unsere Chance. Der Pfad hier führt auf ein Plateau, von dem aus man runter zur Poststraße reiten kann. Und dort sind wir in Sicherheit. Da unten endet das Apachenland.« »Teufel«, entfuhr es Haggerty staunend, »da bin ich Chiefscout, glaube die Gegend wie meine Westentasche zu kennen und muß feststellen, daß es doch noch Pfade gibt, die ich nie geritten bin.« »Auch ein Postmann kann ein guter Fährtenleser sein«, bemerkte Thomas. »Doch jetzt heißt es ab mit der Post, Amigo. Schneller, John, bevor sie unten im Felsspalt auftauchen. Wenn wir auf dem Plateau sind, können wir sie sehen. Und dann nichts wie runter.« Sie erreichten das Plateau, ohne von den Mimbrenjos auch nur einen Haarschopf zu erblicken. »Sollte das wirklich nur eines ihrer satanischen Spiele gewesen sein?« fragte John Haggerty zweifelnd. Jeffords blickte durch den Feldstecher. Nach wenigen Sekunden reichte er Haggerty das Glas. »Dort auf dem Rimm, zu Ihrer Rechten … Ja, genau da hinüber. Da steht der Grund für das Verschwinden der Mimbrenjos.« Was John Haggerty sah, konnte er kaum glauben. Hoch
aufgerichtet, einer Bronzestatue gleich, stand der berühmte Häuptling Cochise auf dem Hügelkamm, umgeben von einem guten Dutzend seiner Krieger. John pfiff unwillkürlich durch die Zähne. »Mann, Tom, können Sie mir verraten, wie der Jefe so plötzlich dort auftaucht? Er muß schon vor uns hier gewesen sein. Weiß der liebe Himmel, Tom, wie er das völlig unbemerkt bewerkstelligt hat. Dieser Mann ist und bleibt mir ein unlösbares Rätsel. Es ist unheimlich und faszinierend zugleich.« »Er ist von uns dreien der bessere Fährtenleser«, warf Tom lächelnd ein. Dann fügte er ernst hinzu: »Es ist sein Land, vergessen Sie das nicht, John. Und es führen Pfade in die Bergfeste, von denen wir Weißen nichts ahnen. Jedenfalls hat uns Cochise durch sein Auftauchen eine Menge Ärger erspart und unsere Skalps gerettet. Reiten wir.« Auf der Hinterhand glitten die Pferde den jenseitigen Hang hinab, jagten in gestrecktem Galopp eine Meile weiter, bis die Männer sicher sein konnten, nicht mehr verfolgt zu werden. Sie setzten ihren Ritt fort bis zu einem Seitenarm des San Pedro River. Dort trennten sie sich. Thomas Jeffords ritt nach Tombstone, um sich mit Ron Ballard, dem Postmann, zu treffen. John Haggerty lenkte seinen Braunen in Richtung Tucson. * General Oliver Otis Howard stand vor seiner Unterkunft und blickte über das Zeltlager, das die Armee östlich von Tucson aufgeschlagen hatte. Howard, der einarmige General, war sichtlich nervös. Immer wieder ging sein Blick in die Feme, wartete er horchend auf sich nähernden Hufschlag. Doch jedesmal wenn ein Reiter ins Army-Camp geprescht kam, schüttelte Oliver Howard enttäuscht den Kopf.
Unruhe erfaßte ihn, Sorge um seinen Chiefscout. »Wenn er nicht bald auftaucht, gehe ich noch in die Luft«, murmelte Howard. »Dieser verdammte Kerl.« »Wie bitte, Sir?« Lieutenant Ascott war neben seinen Vorgesetzten getreten. »Was meinten Sie, General?« Der machte eine vage Handbewegung. »Ach, nichts, Lieutenant. Aus mir spricht nur die Verschrobenheit eines alten Mannes.« Lieutenant Ascott, der den General glühend verehrte, widersprach. »Aus Ihnen spricht die Weisheit eines erfahrenen Offiziers, Sir. Sie machen sich Sorgen um Mr. Haggerty, nicht wahr?« »Allerdings. Auch wenn man ihn einen Freund Cochises nennt – was er ja meist abstreitet –, die beiden sind trotz allem öfter Gegenspieler. Und kein Mensch vermag zu ahnen, was einem Weißen in einer Apacheria alles passieren kann.« Noch viermal trat Howard bei sich näherndem Hufschlag vor sein Zelt. Erst der fünfte Reiter war der sehnsüchtig erwartete Scout. John Haggerty wurde von den Blauröcken freudig begrüßt. »Mensch, John, endlich.« Corporal Wagoner stakste dem Scout entgegen, der sich erschöpft aus dem Sattel gleiten ließ. »Der General hat sich fast die Augen nach dir ausgeschaut. Er war so richtig aufgedreht wie eine Lyzeumsschülerin vor dem ersten Ball.« Haggerty lachte schallend. »Mann, weißt du überhaupt, wie diese süßen kleinen Dinger aussehen und wie sie sich benehmen? Schätze, du hast schon seit Jahren keine richtige Lady mehr zu Gesicht bekommen. Bist ja mit der Armee verheiratet. Und nun erzähl, was sich in meiner Abwesenheit hier so alles getan hat.« »Oh, 'ne ganze Menge. Das heißt, eigentlich nicht hier im Camp. Aber in Tombstone war der Teufel los.« Corporal Wagoner berichtete John Haggerty von dem
Frontier Bataillon, von den herrschenden Unruhen, der immer größer werdenden Angst der Zivilbevölkerung vor den Apachen. Sie hatten inzwischen Howards Zelt erreicht. Haggerty übergab dem Corporal seinen Apaloosa. »Sorge gut für ihn, Pete. Er hat sich eine gehörige Portion vom besten Hafer verdient.« »Nun kommen Sie endlich herein«, drang aus dem Zelt General Howards Baß ungeduldig. »Schätze, mit den Blaubäuchen können Sie nachher genug reden. Mann, Haggerty, wo bleiben Sie denn?« »Bin ja schon da.« John betrat die Unterkunft des Kommandeurs. Howard hatte es sich auf einem Feldstuhl bequem gemacht. Seine Finger trommelten nervös auf der Tischplatte. »Mann, ich bin keine Rothaut, sondern verliere gelegentlich die Geduld.« Der General fixierte seinen Chiefscout mit grimmiger Miene. »Ihren Skalp besitzen sie noch. Wo also, um alles in der Welt, haben Sie sich herumgetrieben, Pfadfinder?« John kannte den General. Oliver Howard war trotz seines martialischen Auftretens ein Mann, der von seinen Untergebenen geliebt und verehrt wurde. Seine Haltung entsprach nicht immer seinen Gefühlen. Oliver Howard verstand es eben meisterhaft, eben diese Gefühle zu verbergen. »Bevor ich Thomas Jeffords zu Cochise begleiten konnte, half ich zuerst den Brand am Apachen-Paß löschen, Sir«, erwiderte Haggerty trocken auf den, wie er wußte, nicht ernstgemeinten Vorwurf des Generals. »Die Stallungen der Poststation brannten nieder. Mimbrenjos, General. Sie schossen mit Brandpfeilen.« »Na gut, jetzt sind Sie ja hier. Und gesund. Ist die Hauptsache. Wie lief die Verhandlung mit Cochise? Berichten Sie, John.« »Große Pleite, Sir.« Der Scout schüttelte bedauernd den
Kopf. »Der Jefe behauptet, das Mädchen sei nicht in seiner Bergfeste. Und er könne keinem Häuptling befehlen, Gefangene freizugeben. Er war sogar ausgesprochen unfreundlich, mürrisch. Es gab Augenblicke, da hatte ich das verdammt unangenehme Gefühl, daß meine Kopfhaut sich lüftete.« »Es ist also genau dasselbe wie damals bei dem Halbblutsohn von Wards Frau. Cochise wird beschuldigt, einen Gefangenen zu haben, streitet das ab, kann oder will aber nicht bei seinen verwandten Stammesbrüdern eingreifen. Haggerty, es ist zum Haareausraufen.« »Überlassen Sie das mit den Haaren lieber den Skalpjägern und unseren roten Vettern«, entgegnete John mit Galgenhumor. »Wie dem auch sei, ich glaube dem Häuptling. Cochise ist kein Lügner. Die Senorita befindet sich nicht in seinem Lager, Sir.« »Und was soll ich nun dem Gouverneur von Sonora berichten, Mr. Haggerty? Daß der Kommandeur sämtlicher Truppen des Südwest-Territoriums in Arizona unfähig ist, einem Apachenhäuptling eine Gefangene abzuhandeln?« »Erzählen Sie ihm lieber, Ihr Chiefscout sei ein lausiger Vermittler, eine Flasche, Sir.« John zog ein unglückliches Gesicht. »Es tut mir leid, General. Sie wissen, wie es mich nervt, wenn eine Mission scheitert.« »Well. Lassen wir das Thema vorläufig.« Howard erhob sich, ging unruhig im Zelt auf und ab. John Haggerty mußte diesen Offizier immer wieder bewundern. Trotz der sichtbaren Nervosität bewahrte Oliver Howard seine soldatische Haltung, zeigte keinerlei Schwäche. Kein Außenstehender hätte annehmen können, der General mache sich Sorgen. Nur wer ihn gut kannte, wie Haggerty, konnte sich vorstellen, wie es in dem Mann aussah. Howard hielt in seiner Wanderung inne, blieb dicht vor dem Scout stehen und sah ihn lange an. »Wissen Sie, was sich seit Ihrer Abwesenheit alles hier
ereignet hat, Haggerty? In Tombstone hat ein zorniger, ehemaliger Bürgerkriegscaptain einen Haufen ebenso zorniger Leute um sich geschart und das sogenannte Frontier Bataillon gegründet. Eine Art Bürgerwehr, eine Miliz. Und mit diesem Haufen kämpft Bill Freeman gegen die Apachen. Die Bürger von Tombstone wollen nicht auf die Hilfe der Armee warten, sie wollen ihre Stadt selbst verteidigen. Well, dagegen wäre nichts einzuwenden. Schlimm aber ist, daß die Männer dieser Miliztruppe von Verteidigern zu Angreifern wurden. Verstehen Sie, was das bedeutet, Haggerty? Diese Männer jagen Apachen. Und liefern denen dadurch Anlaß, ihrerseits über Weiße herzufallen. Es ist ein Teufelskreis. Wir werden bald einen blutigen Indianerkrieg am Hals haben. Ich fürchte, Sie werden Ihren roten Freund dort oben in den Mogollons in nächster Zeit kaum besuchen können. Ihre Mission müssen wir als gescheitert betrachten – leider.« Was ihm Corporal Wagoner berichtet hatte, fand Haggerty durch General Howard bestätigt. »Die Zukunft dieses Landes sieht demnach recht düster aus.« John Haggerty sagte es mehr zu sich selbst als zu seinem Vorgesetzten. Und er dachte dabei an seine eigene Zukunft, an seine Wünsche, die um Tla-ina, Cochises Schwester, kreisten. »Soll ich es noch einmal versuchen, Sir, bevor es richtig losgeht?« fragte er dann. »Soll ich noch einmal allein, ohne Jeffords, zur Bergfeste reiten?« Howard wischte mit der Hand durch die Luft. »Sie wollen wohl um jeden Preis das Geld fürs Haarschneiden in Zukunft sparen, eh? Ich sagte Ihnen bereits, daß Sie mir mit Ihrem Schopf besser gefallen. Sie bleiben hier, Mr. Haggerty. So leid es mir auch um das Mädchen und dessen Familie tut. Ich möchte Sie nicht von der Liste meiner Scouts streichen müssen. Begreifen Sie doch endlich, wie ernst die Situation ist, Haggerty. Wenn es richtig losgeht, gibt niemand mehr Pardon. Auch wenn zwei Männer vorher Freunde
waren.« »Ich bin nicht…« begann John, doch General Howard schnitt ihm kurzerhand das Wort ab. »Nicht Cochises Freund, ich weiß. Sie sind nicht sein Freund und Bruder. Sie sagten es schon mindestens hundertmal. Und wenn Sie es auch tausendmal bestreiten, sein Feind sind Sie jedenfalls auch nicht. Lassen wir das, Scout. Es führt zu nichts. Es geht darum, daß Sie begreifen, wie sehr sich die Lage in den Tagen Ihrer Abwesenheit zugespitzt hat. Wie oft wollen Sie noch, daß ich mich wiederhole? Sie möchten anscheinend die Augen vor der Wirklichkeit verschließen. Das hat keinen Sinn. In dieser Ecke der Vereinigten Staaten wird bald die Erde brennen, wie Ihr Fr… Äh, wollte sagen, wie der Jefe es so schön formuliert hat. Er hat es richtig vorausgesehen, der rote Vetter.« Haggerty lächelte. Howards Rückzieher machte ihm Spaß. »Genau, Sir. Unser roter Vetter. Ihrer Meinung nach war also die Idee mit der Miliz nicht sehr glücklich. Sie sähen es lieber, wenn die Bürger sich auf die Hilfe der Army verließen, statt zu eigenen Maßnahmen zu greifen, Sir?« »Genau. Sie sollten sich jetzt ein paar gute Tage gönnen, John, bevor es zu spät dazu ist und die Armee Sie wieder benötigt. Nehmen Sie Urlaub und schlafen Sie sich aus.« »Danke, Sir. Ich werde nach Tombstone reiten und mich mit Tom Jeffords treffen. Sollten Sie mich vorzeitig benötigen, Sir, Ihr Bote findet mich an der gewohnten Adresse.« John Haggerty trat nachdenklich aus dem Zelt. Er wollte ein, zwei Stunden ruhen und sich gegen Abend auf den Weg nach Tombstone machen. Der Scout machte ein düsteres Gesicht. Und genauso düster waren seine Gedanken. * Kaum hatten Jeffords und Haggerty die Bergfeste verlassen,
rief Cochise seine Krieger zusammen. »Ich gab dem Weißen vom Apachen-Paß mein Wort, daß die rollenden Wickiups der Butterfield Overland ungehindert unser Land passieren können.« Der Jefe lächelte spöttisch. »Aber ich versprach nicht, keinen Raubzug mehr nach Mexiko zu unternehmen.« Die Umstehenden lachten. Der Häuptling fuhr fort: »Wir wollen also reiten, meine Brüder. Unsere Kinder und Alten brauchen kräftige Nahrung, unsere Frauen und jungen Mädchen wollen Schmuck und Stoffe für Kleider.« Begeisterte Rufe wurden laut. Bald war die ganze Apacheria auf den Beinen. Trotz der frühen Stunde waren die Männer bald zum Ritt bereit. Ein hagerer, auffallend großer junger Mann trat zu Cochise. »Darf ich mitreiten, Häuptling?« Cochise musterte ihn nachdenklich, skeptisch. Der junge Mann war kein starker Krieger, kein Muskelprotz, oft kränklich und wurde daher meist von allen gefährlichen Aktionen ausgeschlossen. Dafür besaß er ein hohes Maß an Intelligenz. »Warum möchte Keeta uns gerade auf diesem Streifzug begleiten?« wollte der Jefe wissen. »Es gibt keine Skalps zu holen. Wir werden nur die Reichen mit unserm Besuch beglücken«, antwortete Cochise lächelnd. Keeta blickte verlegen. »Mein Vater hat mir erzählt, drüben gäbe es schöne Mädchen«, sagte er schüchtern. »Der Häuptling weiß, daß Keeta nicht leicht eine junge Squaw bekommt. Die Mädchen wollen starke, mutige Männer, Krieger, die ihnen reiche Beute heimbringen. Mein Vetter sagt, die Mexikanerinnen seien nicht wählerisch, sie nähmen jeden Mann. Deshalb möchte ich dabei sein, Häuptling, um mir ein Mexikanermädchen mitzubringen.« »Eines rauben wäre wohl richtiger gesagt«, entgegnete Cochise. »Höre, Keeta. Wir wollen zwar reiche Beute machen,
ob wir aber Frauen und Mädchen entführen, das steht nicht fest. Wir werden sehen, wenn wir dort sind. Dazu brauchst du aber nicht mitzureiten, Keeta. Bringen wir Mexikanerinnen mit, werden sie erst hier zugewiesen, das weißt du. Es wird alles seine Ordnung haben. Wenn sich Keeta endlich eine junge Squaw wünscht, wird er sich eine aussuchen dürfen. Cochise möchte lieber, daß Keeta dem Schamanen hilft.« Letzteres war kein Befehl, nicht mal eine Bitte, sondern nur ein diplomatisch formulierter Vorschlag. Es war nicht Cochises Art, seinen Leuten zu befehlen. Der von den Weißen so gefürchtete Apache war im Umgang mit seinen Stammesbrüdern eher sanft als herrisch. Der junge Keeta sah seinen Häuptling aus traurigen Augen an. »Es wird keinen guten Eindruck auf ein Mädchen machen, wenn es erfährt, daß sein zukünftiger Ehemann dem Kampf ausweicht.« Väterlich legte Cochise dem Jungen eine Hand auf die Schulter, sah ihn ermutigend an. »Keeta sollte nicht so viel grübeln. Mexikanerinnen denken anders als Apachinnen. Mexikanische Männer sind meistens herrschsüchtig und launenhaft. Ich denke, ein Mädchen würde froh sein, einen ruhigen Ehemann zu bekommen. Ich würde mir Sorgen um dich machen. Denn wir werden schnell reiten müssen, Keeta.« Der Jungkrieger nickte. »Enju, Nantan, Keeta wird zum Schamanen gehen. Vielleicht habe ich heute Glück, und es kommt eine junge Squaw in die Apacheria, der ich gefalle.« Besorgt blickte der Jefe dem Jungen nach. Er mochte diesen stillen Menschen. Cochise war ein Mann, dem das Wohl seiner Leute am Herzen lag. Doch es war nicht die Zeit, zu grübeln. Der Jefe schritt zu seinem Pferd, das ihm seine Squaw gebracht hatte, saß auf und nickte Keeta noch einmal aufmunternd zu.
Dessen Vetter ritt neben ihm, beugte sich aus dem Fellsattel. »Ich werde das schönste Mexikanermädchen für dich rauben«, flüsterte er. Dann trieb er seinen Mustang an, folgte den Gefährten. * Cochise setzte sich an die Spitze seiner Krieger. Noch brauchten sie nicht besonders vorsichtig zu sein, weil sie sich auf Apachenland befanden. Trotzdem schickte Cochise Späher voraus. Er wollte sicher sein, daß sich kein Militär in der Apacheria aufhielt. Gut gelaunt ritten die Chiricahuas der mexikanischen Grenze entgegen. Sie freuten sich auf diesen Raubzug, der ihnen endlich wieder reiche Beute bringen sollte, denn es lagen einige große Haziendas auf ihrer Strecke. Niemand bemerkte den Kriegertrupp, als die Chiricahuas die Grenze überschritten. Cochise nahm einen andern Weg als gewöhnlich. Seine Späher hatten ihm von einer riesigen, neuerbauten Hazienda berichtet. Daß viele Vaqueros dort arbeiteten, störte den Häuptling nicht. Seine Männer waren tapfere Krieger und gewohnt, gegen eine zahlenmäßige Übermacht zu kämpfen. Die List der Chiricahuas machte das wett. Bald schon lag der herrliche Besitz vor ihnen. Die Apachen verhielten hinter einem Hügel, von dessen Kuppe aus Cochise das Anwesen beobachtete. Neben ihm standen nur sein Sohn Naiche und Juan, ein muskulöser Krieger, der eine gute Kombinationsgabe besaß. Als Weißer hätte er es in der Armee bestimmt bis zum höheren Offizier gebracht. »Die Vaqueros sind fast alle auf der Weide«, kommentierte Juan nach einiger Zeit seine Beobachtungen. »Ich werde mich mit ›Schneller Fuß‹ näher an die Hazienda heranschleichen, um festzustellen, wie viele Männer in der Nähe sind.«
Der Häuptling nickte. Er blieb mit Naiche auf dem Hügel, wollte die Hazienda im Auge behalten, bis Juan das verabredete Zeichen gab. Als der Ruf eines Bussards erscholl, wandte sich Cochise seinen Kriegern zu, die in der Talsenke warteten. Er stieß den rechten Arm vor, und die Indianer preschten aus der Deckung. Die Hufe ihrer kleinen, wendigen Ponys hämmerten den Boden. Als die Haziendabewohner auf den heranstürmenden Reiterpulk aufmerksam wurden, war es schon zu spät. Die Chiricahuas waren bereits im Hof, während die anwesenden Männer ins Haus rannten, um ihre Waffen zu holen. Johlend und schreiend folgten ihnen die Apachen. Ein erbarmungsloser Kampf begann. In einem der hinteren Räume des Hauses hörte Cochise eine Frau schreien. Eine andere fluchte. Der Häuptling drang in den Raum ein. Fast hätte er beim Anblick, der sich ihm bot, laut gelacht. Juan war in ein Handgemenge mit einer wohlbeleibten, ältlichen Mexikanerin verwickelt. Sie keifte und schimpfte mit Stentorstimme, fluchte wie ein Mississippiskipper. Der muskulöse Juan versuchte vergeblich, ihre Handgelenke zu umklammern. Gelang es ihm, ihre Rechte zu fassen, knallte sie ihm die Linke um die Ohren oder umgekehrt. Sie trat und biß nach ihm. Dem Indianer brach trotz seiner Kraft der Schweiß aus. Hinter der Frau, an die Wand gepreßt, stand ein junges Mädchen von unbeschreiblicher Schönheit. Sanfte dunkle Augen starrten den Häuptling voll Angst und Schrecken an. Mit einem langen Schritt war Cochise neben der Alten, drängte sie zur Seite. »Pack sie«, forderte er Juan auf. »Pack sie an den Haaren, dann gibt sie hoffentlich auf. Ich nehme das Mädchen.« Blitzschnell drückte der Häuptling dem Mädchen eine Hand
auf den Mund, bevor es erneut schreien konnte. Juan rang noch immer mit der Alten. »Sei still«, zischelte der Jefe dem Mädchen zu, »es geschieht dir nichts, wenn du nicht schreist. Ich nehme dich mit in mein Dorf. Kein Mensch wird dir ein Haar krümmen. Wir brauchen junge, gesunde Frauen für unsere jungen Männer.« Keeta fiel ihm ein. Dieses bildschöne Wesen würde dem Jungen gefallen. Cochise zerrte die Senorita aus dem Haus, lief mit ihr zu den wartenden Pferden. Merkwürdigerweise leistete sie nicht den geringsten Widerstand. Cochise hob sie auf sein Pferd, sah grinsend zu, wie Juan die zeternde, dicke Mexikanerin anschleppte. »Schön ist sie ja nicht«, sagte der Krieger lächelnd, »doch ich denke, daß sie gut kochen kann. Und kräftig ist sie auch. Sie wird gut arbeiten können.« Pilar, die dicke Mexikanerin, gab ihm als Antwort eine schallende Ohrfeige. Juan gluckste vor Lachen, kniff sie in das wohlgerundete Hinterteil, was ihm einen Tritt und einen ellenlangen Fluch einbrachte. Juan lachte Tränen. Aus dem Wohnhaus brachten die Krieger große Mengen an Lebensmitteln, Kleidern, Geld und Wertsachen. Aus den Ställen und von der Koppel wurden wertvolle Zuchtpferde getrieben. Die Chiricahuas schleppten zwei junge Mädchen herbei. Beide waren schön. Doch ihre Anmut konnte dem Vergleich mit der Gefangenen von Cochise nicht standhalten. In aller Eile verstauten die Apachen ihre Beute, dann preschten sie in gestrecktem Galopp davon, der Grenze zu. Als sich der Kriegertrupp jenseits der amerikanischen Grenze befand und eine Verfolgung nicht mehr zu befürchten brauchte, zügelte der Jefe das Tempo. »Wie heißt du?« fragte er das Mädchen, das reglos und stumm vor ihm im Fellsattel hockte, während die beiden
andern mexikanischen Mädchen leise weinten, die dicke Matrone noch immer zeterte. »Ich bin Maria del Soccora, die Nichte des Hazienderos, dessen Besitz ihr überfallen habt«, erwiderte sie. »Die dicke Senora ist Pilar, unsere Köchin. Die beiden Senoritas sind Carmen und Maddalena. Sie arbeiten für meinen Onkel.« »Du scheinst keine Angst mehr zu haben, das wundert mich.« Cochise sah das Mädchen fragend an. »Warum hast du geschrien, als wir in das Haus eindrangen? Und jetzt sieht es so aus, als kämest du gern mit.« Marias Mund verzog sich. Ihre Augen wurden hart. »Ich weiß nun, was ihr mit uns vorhabt. Du selbst hast gesagt, eure jungen Männer brauchten Frauen. Wenn du wüßtest, was mein Onkel mit mir plante, würdest du verstehen, daß ich das Leben in einem Jacale vorziehe. Vielleicht gefällt mir einer deiner Krieger. Zuerst hatte ich furchtbare Angst, weil ich glaubte, der große, muskulöse Indianer wolle Pilar und mich töten.« Der Chiricahuahäuptling stellte keine weiteren Fragen. Er versuchte nicht, von Maria zu erfahren, welche Pläne ihr Onkel gehabt hatte. Cochise war befriedigt zu hören, daß das Mädchen bereit war, sich in sein neues Leben zu fügen. Er hoffte, daß der junge Keeta auf diese Weise sein Glück fand. Nur wenige Weiße hielten die Rothäute für fähig, menschliche Regungen zu empfinden. Und wohl kaum jemand hätte den gefürchteten Cochise für einen um das Wohl seiner Stammesbrüder besorgten Häuptling gehalten. Die Beute der Chiricahuas war beachtlich. Außer den Waren und Waffen brachten sie drei junge, schöne Frauen mit, die den Chiricahuas Söhne und Töchter gebären sollten. Nicht zu vergessen, die dicke Pilar, die eine gute Arbeitskraft abzugeben versprach. Cochise war zufrieden. Die Alten und Kinder brauchten nicht mehr zu hungern, die jungen Frauen konnten neue Kleider
tragen. Und Schmuck. Kostbare Juwelen, wie sie die reichen weißen Ladies trugen. Nicht solch wertlosen Kram, wie ihn die Händler zum Tausch boten. * Thomas Jeffords fand Ron Ballard, den derzeitigen Postmeister, in seinem Office vor. Mißmutig starrte Ballard auf seinen Besucher. »Was gibt's, Jeffords? Schießen Sie los, die Zeit drängt. Ich habe Kohldampf und wollte gerade ins Speisehaus.« »Ich habe nicht nur Hunger«, entgegnete Jeffords grimmig, »ich bin auch müde, verstaubt, dreckig. Ich möchte nicht nur ein tellergroßes Steak mit Bohnen, Bratkartoffeln, einen halben Apfelkuchen und Kaffee, so schwarz wie die Sünde. Ich möchte vorher ein heißes Bad, duftende Seife, frische Wäsche und Kleider. Und meine geschundenen Knochen in einem weichen Bett ausstrecken. Zuerst aber ist es meine Pflicht, Ihnen Bericht zu erstatten über die Ereignisse am Paß, über die Kutschen Ihrer Overland Mail. Und Sie werden mir zuhören, Mr. Ballard. Danach können Sie sich meinetwegen stundenlang Ihren Bauch vollschlagen. Aber zuerst werden Sie mich anhören.« Ron Ballard japste vor Empörung. Seine Froschaugen schienen ihm aus den Höhlen zu fallen. »Sie haben wenig Respekt vor einem alten Mann«, raunzte er. »Ich bin immerhin sechzig. Sie sind im Vergleich zu mir ein grüner Junge. Ich habe Sie als wohlerzogenen Menschen kennengelernt. Was ist mit Ihnen los, Jeffords?« »Ich bin hundemüde. Und noch eins: für mich ist nicht das Alter eines Mannes ausschlaggebend.« Es kam ziemlich bissig. »Ich respektiere jeden Mann jeden Alters, falls er es verdient.« Ballard schluckte. Thomas Jeffords war an diesem Tag mürrisch und gereizt, in seiner Eitelkeit tief gekränkt. Wie
konnte ein Mann es wagen, ihm – Ron Ballard – zu widersprechen? Trotz allem wollte es sich der Postmeister nicht mit Jeffords verderben. Der war ein für die Butterfield Line wichtiger Mann. Ballard nahm sich vor, seinen Unmut zu dämpfen. Der Postmeister räusperte sich. »Mr. Jeffords, trinken wir ein Glas Whisky zusammen. Dabei können wir alles in Ruhe besprechen. Vergessen wir unsere Eile.« Jeffords nickte. Ballard war kein übler Kerl, nur etwas überheblich. Vielleicht war sein Benehmen unbewußte Abwehr gegen seine Umwelt. Wahrscheinlich wußte Ron Ballard, daß man ihn in Tombstone Fatty nannte, Karpfen oder Mondgesicht. Und dieses Wissen machte ihn aggressiv gegen jeden nur irgendwie gutaussehenden Mann. »Wir dienen der Butterfield mehr, wenn wir uns vertragen, Mr. Ballard«, sagte Jeffords lächelnd. »Well, trinken wir ein Glas. Währenddessen berichte ich Ihnen von den letzten Ereignissen. Danach steht Ihrem Abendessen und meinem heißersehnten Bad wohl nichts mehr im Weg.« Ein wirklich sauberer, adretter Mensch, dachte Ballard. Mein erster Eindruck damals beim Kennenlernen hat mich nicht getäuscht. Dann sagte er: »Daß die Stallungen am Paß niedergebrannt sind, habe ich bereits erfahren, Jeffords. Doch auch hier in der Town hat sich einiges getan.« »Sie meinen das Frontier Bataillon, Sir?« »Genau. Ah, Sie haben sicher davon im Armee-Camp gehört, oder?« »Nein, Sir. Ich ritt direkt hierher. Aber, ich habe gute Ohren. Die Tombstoner verstehen es, lauthals mit ihren Taten zu prahlen. Jemand, der nur halbwegs gute Ohren hat, muß einiges mitbekommen, wenn er über die Main Street reitet.« »Ich weiß nicht, ob dieser ›Lion‹ Bill Freeman mit der
Gründung der Miliztruppe eine gute Idee hatte, Jeffords. Mit dieser Bürgerwehr fordern die Leute den Zorn der Apachen noch mehr heraus. Und schließlich wird die Butterfield darunter leiden.« Wieder einmal dachte Tom Jeffords, daß Ron Ballard sozusagen mit der Butterfield verheiratet war. Er kämpfte um die Rechte der Gesellschaft, feilschte um jeden Cent in einer Weise, als wäre es um seine persönlichen Interessen gegangen. Als Thomas den Bericht über sein Abkommen mit Cochise beendet hatte, rieb sich Ron Ballard die Hände. »Das haben Sie großartig hingekriegt, Jeffords. Es ist Ihnen gelungen, dem roten Gauner ein Versprechen abzuringen. Hoffentlich hält der Schurke sein Wort.« »Cochise ist nicht der Typ, der ein gegebenes Wort bricht«, entgegnete Jeffords überzeugt, wütend über Ballards Art. »Warten wir's ab«, kam es skeptisch von Ballard. »Ich kann nur hoffen, daß der rote Vetter dem edlen Bild entspricht, das Sie ständig beschreiben.« Dies klang spöttisch. Ballards Froschaugen musterten Jeffords, doch der Stationsagent beherrschte sich. »Nun«, fuhr Ballard fort, »mich werden die Sorgen um die Zustände hier bald nicht mehr drücken, Jeffords. Ich hoffe für meinen Nachfolger, daß alles glattgeht.« »Ja, Sir.« Bald darauf verließen beide Männer das Office. Ron Ballard ging ins Restaurant, während Tom Jeffords sich zum Hotel begab und endlich zu seinem Bad kam. Bald darauf ließ er sich ein Riesensteak servieren und brachte es fertig, drei Portionen Apfelkuchen zu verspeisen. Und nach dieser reichlichen und genüßlichen Mahlzeit fand Thomas Jeffords die Welt trotz aller Probleme doch irgendwie in Ordnung und das Leben noch immer lebenswert, wenn auch oft voller Gefahren. Doch für einen Mann wie ihn bestand gerade darin der Reiz, dieses Leben zu lieben und ihm die
besten Seiten abzugewinnen. * Buck Tinatra befand sich im Zwiespalt mit sich selbst. Er wußte, daß Jeffords es nicht gern sah, wenn einer seiner Helfer während seiner Abwesenheit die Station verließ. Bei einem Indianerangriff wurde jede Hand gebraucht. Und Buck Tinatra war der schnellste und sicherste Schütze in der Poststation. Doch gerade diese Tatsache war es, die Sergeant Geoffrey veranlaßt hatte, den Revolvermann um seine Begleitung zu bitten. »Bis nach Fort Bliss ist es nicht mehr weit, Mr. Tinatra«, sagte Geoffrey. »Im Falle eines Angriffs wären Sie eine wertvolle Hilfe. Zumal ich die beiden Verwundeten wohl oder übel hierlassen muß. Die brauchen einen Wagen. Es wäre unmöglich, die Männer reiten zu lassen. Und unverantwortlich.« »Warum kommt dieser Captain nicht mit einer starken Patrouille her und holt seine Braut ab?« warf Tinatra ein. »Mann, ich an seiner Stelle hätte keine ruhige Minute mehr, wüßte ich das Mädchen hier am Paß.« »Er ist nicht der Kommandeur des Forts«, sagte Geoffrey. »Wenn der Reiter, den ich losschickte, um von dem Überfall zu berichten, durchkam, wird man von Fort Bliss aus eine Patrouille in Marsch setzen, nehme ich an.« »Und wenn dieser Bote nicht durchkam, eh?« Buck Tinatra fühlte, wie ihn die Sorge um Hester Hattings quälte. Er fragte sich, wie wohl Thomas Jeffords gehandelt hätte, wäre er hier gewesen. Er ist aber nicht hier, dachte der Revolvermann, und diesmal mußt du allein entscheiden, Buck Tinatra. Der Wunsch, dem Mädchen in Gefahr nahe zu sein, es zu beschützen, siegte über das Pflichtgefühl als Posthelfer.
»Wann gedenken Sie loszureiten?« fragte Tinatra den Sergeant. »Morgen in aller Frühe, wenn sich alle ausgeruht haben.« »Ich werde Sie begleiten.« Tinatra hatte sich entschieden. »Wenigstens so weit, bis wir auf Soldaten aus Fort Bliss stoßen.« »Mann, Buck, du bist verrückt«, schimpfte Larry Osborne. »Tom wird nicht von deiner Eigenmächtigkeit begeistert sein.« »Bin ich selbst nicht«, brummte Tinatra, »aber der Gedanke, die Blaubäuche allein mit der Lady losziehen zu lassen, Larry, der läßt mich nicht zur Ruhe kommen.« Osborne starrte den Freund durchdringend an, dann pfiff er durch die Zähne. »Verstehe«, sagte er grinsend. »Nichts verstehst du«, fauchte Tinatra. »Du bist ein Strohkopf, Larry.« »Ich glaube, du hast bereits einen anderen Mann so tituliert.« Osborne lachte und brachte sich vor Tinatras zupackender Faust in Sicherheit. * Am nächsten Morgen brachen sie auf. Fast zur gleichen Zeit preschte eine Patrouille unter Führung des blutjungen Hauptmanns Markus Lane aus Fort Bliss. Nebel hüllte das Land ein, ließ die Konturen der Berge und Felsmassive nur schemenhaft erscheinen. Es war lausig kalt, die Soldaten froren. Die Vorstellung, daß irgendwo Apachen lauerten, trug nicht dazu bei, die Stimmung zu heben. Captain Markus Lane war sichtlich nervös, unsicher. Ihm fehlte die Erfahrung, die ein Mann nun einmal in einer solchen Situation brauchte. Nur ungern hatte der Kommandeur dem jungen Offizier die
Führung der Patrouille übertragen. Lane jedoch hätte sich in seiner Ehre gekränkt gefühlt, wäre die Wahl des Majors auf einen anderen Offizier gefallen, der Lanes Braut vom Apachen Paß abholen sollte. So konnte der Kommandant von Fort Bliss nichts weiter tun, als dem unerfahrenen Offizier wenigstens einen seiner alten Haudegen mitzugeben: Sergeant Namarra. Der war klug genug, seine Ratschläge dem Captain so beizubringen, daß es nachher aussah, als stammte die Entscheidung von Lane. Und Markus Lane war unerfahren genug, Namarras Manöver nicht zu durchschauen. Lane und Namarra ritten an der Spitze der Patrouille, ihnen eine Meile voraus der Scout. Namarra hatte darauf bestanden, einen der Pfadfinder mitzunehmen, obwohl Lane eingewandt hatte, es gäbe ja nichts auszukundschaften, er wolle lediglich seiner Braut entgegenreiten. Namarra hatte dem Offizier erklärt, eine Patrouille ohne Scout gliche einer Herde ohne Leittier. Und er wolle doch gewiß einen guten Eindruck auf seine Braut machen. Während des Rittes blickte Sergeant Namarra verstohlen auf seinen jungen Vorgesetzten. Sorge drückte die Miene des Offiziers aus, aber auch eiserne Entschlossenheit. »Da ich Sie für einen einsichtigen Mann halte, werden Sie wahrscheinlich anordnen, die Pferde einige Meilen in Trab fallen zu lassen und dann eine Pause einzulegen«, sagte der Sergeant. »Wir müssen jeden Moment mit einem Überfall rechnen, Sir. Und müde Pferde taugen in Augenblicken der Gefahr nichts. Und Apachenponys sind flinke Renner. Aber das wissen Sie wohl besser als ich.« Der Sergeant war ein guter Diplomat. »Sagen Sie mir, wann Sie eine Rast einzulegen gedenken, Sir. Ich gebe Ihren Befehl dann an die Männer weiter.« Namarra, sah, wie Markus Lane schluckte. Sein glattes Gesicht drückte Verwunderung aus. Sekundenlang schien er
verwirrt zu sein und zu überlegen. Dann hatte er sich gefangen. »Ah ja, natürlich, Sergeant. Ich war in Gedanken und vergaß die Zeit. Nach zwei Meilen sind wir bei dem kleinen Cottonwood-Wald. Dort lassen Sie die Leute absitzen.« Lane hatte kaum ausgesprochen, als er den Scout entdeckte, der in voller Karriere zurückgeprescht kam. Vor dem Captain parierte er sein Pferd. »Sir, Mimbrenjos!« kam es keuchend über die Lippen des Kundschafters. »Sie liegen auf den Canyonrändern über der Schlucht und warten sicherlich darauf, daß wir erscheinen.« »Sie können doch unmöglich schon bis zum Canyon geritten sein, Scout. Kennen Sie die Gegend nicht mehr, oder wollen Sie uns auf den Arm nehmen?« fauchte Lane. »Ist doch klar, daß ich nicht so weit kam«, verteidigte sich der Scout, ein ledergesichtiger Typ mittleren Alters, erfahren geworden auf unzähligen Patrouillenritten. »Genau dort hinten, wo die Straße eine Biegung macht, kam mir ein Reiter im Galopp entgegen, Sir. Eben dieser Mann machte mir die wenig erfreuliche Mitteilung. Er verstand übrigens nicht, wieso ihn die Mimbrenjos ungeschoren hatten passieren lassen. Zumal er sie erst sah, als …« »Was genau erzählte Ihnen der Mann?« unterbrach Lane ihn. »Es könnte ebensogut eine Falle sein. Wiederholen Sie seine Worte, Scout! Und zwar exakt, wenn ich bitten darf.« »Er kam wie der Leibhaftige angesaust«, berichtete der Scout, »zügelte seinen abgehetzten Gaul erst, als er mich sah. Wortwörtlich sagte er: ›Sie sind Armeescout, Mister, eh? Das sehe ich an Ihrer Kleidung. Reiten Sie so schnell wie möglich zu Ihren Leuten zurück, und berichten Sie Ihrem Patrouillenführer, daß auf den Canyonrändern fünf Meilen hinter mir Mimbrenjos lauern. Warum sie mich durchließen, ist mir schleierhaft, zumal ich sie erst bemerkte, als ich mitten im Canyon steckte, und sie mich wie einen Hasen hätten abknallen können. Die müssen auf irgend jemand warten!‹ So sagte der
Mann, Sir, Captain. Dann ritt er wie von Furien gehetzt nach Westen.« Markus Lane war blaß geworden. »Hester«, flüsterte er erstickt, »mein Gott! Die Soldaten sind sicher schon mit meiner Braut vom Apachen-Paß aufgebrochen. Großer Lord im Himmel. Was sollen wir jetzt machen, Sergeant Namarra?« Um dessen Lippen spielte ein vages Lächeln. Es war zum erstenmal, seit er den jungen Lane kannte, daß der Offizier ihn direkt um einen Rat fragte. Nach kurzem Nachdenken schlug er vor: »Wir reiten wie vorgesehen bis zum Cottonwood-Wald. Dort können uns die Mimbrenjos noch nicht entdecken. Danach müssen wir uns möglichst unbemerkt und leise an den Feind heranschleichen. Wenn ich sage leise, Captain, dann meine ich so leise wie ein liebeskranker Kater, der das angebetete Katzenfräulein anschleicht. Und nicht wie eine Herde Elefanten im Busch. Die Pferde werden natürlich am Zügel geführt. Und jeder sorgt dafür, daß sein Pferd die Futterluke nicht aufreißt und nach Artgenossen schreit, die keine Eisen tragen. Das Heranrollen der Kutsche werden wir hören, wenn wir nahe genug heran sind. Wagen die Roten den Überfall auf die Concord, woran ich nicht zweifle, werden wir wie die Rachegötter der alten Griechen unter sie fahren.« Markus Lane wurde noch um einen Schein bleicher. Die Vorstellung, vielleicht mit ansehen zu müssen, wie die Indianer die Kutsche verfolgten, in der Hester saß, war ihm so unerträglich, daß er zu zittern begann. »Ruhig Blut, Captain, Sir«, flüsterte Namarra dem Offizier zu. »Ich kann mir denken, wie Ihnen zumute ist, was Sie empfinden. Aber unsere Leute dürfen nicht merken, daß Ihnen das an den Nerv geht. Sie führen diese Patrouille. Vergessen Sie das keinen Augenblick. Geben Sie einen Befehl, sagen Sie ein Wort, aber reißen Sie sich zusammen, Captain.«
Lane schluckte. Heftig stieß er den Atem aus. Seine Stimme klang rauh und unnatürlich, als er sagte: »Also, Männer, befolgen wir Namarras Rat. Wir werden es schon überleben.« Vorsichtig, angeführt von ihrem Kundschafter, ritten die Soldaten im Schritt bis zum Cottonwood-Wald. Dort saßen sie ab, gönnten sich und den Tieren eine kurze Rast. Captain Lane trieb bald zum Aufbruch. Wieder setzte sich der Scout an die Spitze des kleinen Trupps. Sergeant Namarra sicherte am Schluß, bis der Scout eine Hand hob. Die Männer gingen in Deckung. Der Sergeant nahm seinen Platz wieder neben dem Captain ein, denn der erfahrene Kämpfer spürte die Nervosität, die Unsicherheit des jungen Offiziers. Im Gänsemarsch, die Pferde am Zügel führend, bewegten sich die Soldaten auf den Eingang des Canyons zu. Für die Patrouille aus Fort Bliss bedeutete es ein großes Glück, daß die Mimbrenjos ihre ganze Aufmerksamkeit auf die entgegengesetzte Richtung konzentrierten. Doch auch an der rechten Seite hatten sie bestimmt Wachen postiert, davon war Namarra überzeugt. Dem Kundschafter brauchte er jedoch keine Vorsicht einzuschärfen. Ned Palmer war so schlau, so wieselflink und so gerissen wie ein Vollblutapache. Er stand einem Indianer in nichts nach und war ein von allen Apachenstämmen gefürchteter Scout. Sekunden dehnten sich zu Minuten. Aus denen wurde eine halbe Stunde. Die ungeheure Spannung zerrte an den Nerven der wartenden Männer. Nach einer endlos scheinenden Zeit vernahmen die angestrengt lauschenden Soldaten fernes Räderrollen. Die Kutsche! Captain Lane wollte sich auf sein Pferd schwingen und lospreschen. Im letzten Augenblick gelang es Sergeant Namarra, den Offizier in seinem Eifer zu stoppen.
»Ich muß zu Hester«, krächzte Lane mit versagender Stimme. »Und wenn ich allein reite.« »Sie Narr!« zischelte der Haudegen Namarra. »Was würde es Ihrer Braut nützen, wenn wir alle getötet werden? Die Mimbrenjos stoppen die Concord, greifen die Begleitmannschaft an, krümmen dem Mädchen aber kein Haar. Wir müssen in dem Moment losschlagen, wo die Rothäute ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Kutsche richten. Wir müssen die böse Überraschung für sie sein, wenn wir das Mädchen und möglichst auch die Männer retten wollen.« Captain Lane preßte die Lippen zusammen. Die Zurechtweisung durch seinen Untergebenen war berechtigt, das sah er ein. Als der schrille, markerschütternde Kriegsschrei der Apachen die lastende Stille durchbrach, gab Namarra das Zeichen. Die Soldaten saßen auf, entsicherten die Gewehre. Dann brachen sie aus der Deckung hervor, bogen in den Canyon ein. Eine halbe Meile vor ihnen ritten die Apachen der schweren Concord entgegen. * »Sie kommen, sie kommen!« Eine Frau schrie die Worte voller Freude und lief auf die Heimkehrenden zu. Der Ruf setzte sich fort, erreichte die letzte Hütte in der Apacheria. Frauen und Kinder kamen herbei, Greise trippelten zum Dorfeingang. Die vom Beutezug zurückkehrenden Krieger wurden von den Daheimgebliebenen mit Jubel begrüßt. »Cochise! Cochise! Sein Name ist gerufen!« So begannen einige Squaws zu singen, bildeten einen Kreis und tanzten. »Cochise, Cochise! Er reitet allen voran. Sein
Name ist gerufen!« Der Gesang wurde lauter, schwoll an und erfüllte das Felsenrund der Bergfeste. Das Echo wurde von den Wänden hundertfach zurückgeworfen. Die Tänzerinnen bildeten einen weiteren Kreis rings um ein helloderndes Feuer, immer wieder Cochises Ruhm besingend, bis sie sich in Ekstase gebracht hatten. Neben dem Häuptling ritt die blutjunge Maria del Soccora. Ihre erstaunt blickenden Augen nahmen das fremdartige, heidnisch anmutende Bild, das sich ihr bot, wahr, ohne es unheimlich zu finden, oder Angst zu verspüren. Cochise suchte Keeta. Nach einer Weile sah er den jungen Mann neben einer älteren Squaw, seiner Mutter, stehen. Ihre Blicke trafen sich. Um den harten, schmallippigen Mund des Jefe spielte ein Lächeln. Die Augen des jungen Mannes weiteten sich. Er starrte Maria an, als wäre sie das erste weibliche Wesen, das er zu Gesicht bekam. Cochise nickte Keeta zu, und musterte ihn scharf. Keeta verstand. Der Jefe hatte dieses Mädchen für ihn bestimmt. Später, wenn die Feuer brannten und der Häuptling die Beute unter seinen Leuten verteilte, wollte er Keeta dieses bildhübsche Mädchen zusprechen. Der Junge freute sich unbändig. Seine schwarzen Augen leuchteten. Bald sollte die fremde Schönheit ihm gehören und seine Squaw werden. Zum erstenmal, seit er Mann geworden war, fühlte sich Keeta den andern Jungkriegern gleichwertig. Daß der Häuptling ihm, dem Kränklichen, dieses wunderbare Geschöpf zugedacht hatte, bewies, daß der Jefe ihn achtete. Cochise war seinem Stamm ein gerechtes Oberhaupt. Er verteilte die Beute zuerst unter die Armen, an die Witwen oder Familien mit zahlreichen Kindern. Die beiden Mädchen Maddalena und Carmen wurden jungen Kriegern zugeteilt, die sich im Kampf stets besonders hervortaten. Juan beanspruchte die dicke Pilar für sich. Sie sollte als
Sklavin für ihn arbeiten. Da Cochise fand, daß Juan mit drei Squaws mehr als genug Arbeitskräfte in seinem Jacale hatte, sprach der Jefe die Mexikanerin einer Familie zu, die eine gute Kraft nötig brauchte. Maria del Soccora blieb als letzte Zuzuweisende übrig. Cochise winkte Keeta zu sich. »Mein junger Vetter hatte schon lange den Wunsch, sich eine Squaw unter den Gelbhäutigen zu suchen. Als wir loszogen, um in Mexiko reiche Beute zu machen, gab Cochise seinem Vetter einen Auftrag, der ihn in der Apacheria festhielt. Deshalb hat Cochise anstelle von Keeta eine junge Squaw mitgebracht. Keeta möge sie in sein Jacale führen und sie zu seiner Ehefrau machen.« Der Häuptling ergriff Marias Hand, schob sie dem jungen Krieger zu. Maria del Soccora war trotz ihrer Jugend sehr klug. Daß der Mann, dem sie gehören sollte, kein starker, gesunder Krieger war, sah sie auf den ersten Blick. Sie konnte sich ausmalen, daß Apachenväter den kränklichen Keeta wohl bei der Werbung um ihre Töchter abgewiesen hätten. Impulsiv fühlte sie sich dem Jungen verbunden. »Sprichst du spanisch?« fragte sie, als Keeta zögernd ihre Hand ergriff und sie mit sich zog. »Si.« Er nickte beklommen. Die unwahrscheinliche Schönheit des Mädchens raubte ihm den Atem. »Ich denke, wir werden uns verstehen«, sagte Maria leise. »Das Schicksal hat es gewollt, daß wir zusammenkommen. Mein geldgieriger Onkel wollte mich an seinen alten, hartherzigen aber reichen Freund verkuppeln. Der Überfall durch eure Krieger auf die Hazienda war sozusagen meine Rettung. Denn ich hätte dem Onkel gehorchen müssen.« »Auch mich zwingt man dir als Ehemann auf«, gab Keeta ihr zu verstehen. Er war ein sanfter Typ, und das Mädchen tat ihm leid.
»Du bist jung und hübsch und gefällst mir.« Maria sah ihn offen an. »Und ich glaube, du bist ein guter Mensch.« »Vielleicht hast du recht, aber ich bin krank und kein starker, mutiger Krieger«, kam es leise von seinen Lippen. »Keine Apachin hätte mich genommen. Ich bin kein guter Jäger, jedoch könnte sich keine Squaw meiner Tapferkeit rühmen.« »Ich will einen Ehemann, keinen Helden«, sagte Maria mit Nachdruck. »Männer, die mit der Kraft ihres Körpers protzen oder mit ihren Reichtümern prahlen, sind mir zuwider. Ich schätze mehr die Weisheit und Güte eines Mannes.« Das Lächeln, mit dem Keeta ihre Worte quittierte, war voller Wärme und Zuneigung. Das Zusammenfinden der beiden jungen Menschen so verschiedener Herkunft war für Cochise ein erneuter Beweis dafür, daß zwischen beiden Rassen die Möglichkeit bestand, neben- und miteinander zu leben, wenn beide Seiten es wollten. Daß es der Mehrzahl der Weißen an gutem Willen dazu fehlte, davon war der Häuptling überzeugt. Keeta und Maria aber besaßen diesen guten Willen und durften glücklich sein. * Während John Haggerty sich auf den Weg nach Tombstone machte und Cochise von seinem Beutezug nach Mexiko zurückgekehrt war, rollte ein Wagenzug durch die Gila-Wüste. Es war eine beschwerliche Fahrt. Denn die sechs MurphyFahrzeuge waren hoch beladen mit Waren, die aus Santa Fe nach Tombstone gebracht wurden. Dort warteten die Storekeeper bereits ungeduldig auf die kostbare Ladung. Die schwerfälligen Wagen, von je vier Ochsen gezogen, kamen nur langsam voran. Sie waren viel langsamer als die leichteren Conestogas, die Planwagen, die von Pferden
gezogen wurden und wegen ihrer Schnelligkeit Prärieschoner genannt wurden. Weil man sie mit den wendigen Seglern, den Schonern, verglich. Mark Billings, der Treckführer, war ein erfahrener Mann. Schon viele Wagenzüge hatte er durch das Land geführt. Schon manchen Kampf mit Indianern und Desperados hatte er durchgestanden. Seiner Kaltblütigkeit und Erfahrung verdankten viele, daß sie noch am Leben waren. Die Ochsen stampften durch den trockenen Wüstensand und prusteten. Die Fahrer fluchten, knallten mit den Peitschen. Die Tiere blieben stupid. Zu mühselig war das Stapfen durch den Sand, zu schwer die Ladung der Murphys. Die Männer fieberten dem Ende der Fahrt entgegen. Denn in Tombstone wartete nicht nur das Vergnügen auf sie, sondern eine Menge harter Dollars, wenn sie ihre Waren verkauft hatten. Sie wußten aber auch um die Gefahr, die stets gegenwärtig war: Indianer und weiße Banditen. Allein, die Männer vertrauten ihrem Treckführer, seiner Erfahrung, seiner Unerschrockenheit. Mark Billings ritt neben dem vordersten Murphy. Von Zeit zu Zeit trieb er sein Pferd zum Galopp an, preschte los und erkundete die vor ihnen liegende Strecke. Bis Tombstone waren es noch genau 25 Meilen. »Bald haben wir es geschafft«, rief Billings dem Fahrer des vordersten Murphy zu. »Dies ist die letzte Etappe, Leute.« »Aber auch die gefährlichste«, gab der Mann auf dem Wagenbock zurück. »Mr. Billings, mein Skalp juckt, und ich habe ein flaues Gefühl im Magen. Das ist kein gutes Zeichen.« »Schlechte Medizin«, feixte Billings. »Das gibt sich bei einem Doppelstöckigen, sobald wir in Tombstone sind.« »Wenn dieses verdammte Nest nur einen andern Namen hätte«, rief der Fahrer. »Wie kann man eine Stadt ›Grabstein‹ nennen. Einfach makaber, so was.«
Billings zeigte beim Lachen zwei Reihen prachtvoller Zähne. Er jagte erneut dem Wagenzug voraus. Seine Blicke gingen rundum, suchten die Umgebung ab. Trotz seiner Aufmerksamkeit sah er nicht die dunklen Augenpaare, die ihn beobachteten, den Wagenzug längst ausgemacht hatten und ihm wie unsichtbare Schatten gefolgt waren. Mark Billings ritt zum Treck zurück. »Noch fünf Meilen, dann legen wir eine Rast ein«, rief er John Bourke zu. »Schätze, wir können sie alle brauchen.« Die Männer trieben die Gespanne zu größerer Eile an. Eine Rast war allen willkommen. Daß das Unheil sich über ihnen zusammenbraute, ahnten sie nicht. In einiger Entfernung spielte der unsichtbare Wüstentelegraf der Apachen. Spiegel reflektierten in der Sonne, gaben den entfernter wohnenden Stammesbrüdern Zeichen, kündeten das Herannahen des Wagentrecks. Tamtams gaben die Nachricht weiter, bis sie zu Cochise in die Bergfeste vordrang. Buck Tinatra ritt neben der Kutsche. Er wollte, wenn sie in Gefahr gerieten, in der Nähe des Mädchens sein. Neben ihm ritt Sergeant Geoffrey. Die übrigen Soldaten hielten sich links, vor und hinter der Concord. Tinatras Augen blickten wachsam wie die eines alten, erfahrenen Wolfes. Und er kannte die Gegend, wußte, wo die günstigste Stelle für einen Überfall war. Bereits zwei solcher Stellen hatten sie passiert, ohne daß etwas geschehen war. Buck Tinatra traute dem Frieden jedoch nicht, weil er den Mimbrenjos nicht traute. Schon gar nicht ihrem Häuptling Victorio. »Der Canyon«, murmelte er vor sich hin, »ist der ideale Platz für eine Falle. Oben auf den Rändern können Wachtposten
liegen. Und das tief eingeschnittene Tal ist dicht genug bewachsen, um einer Horde Krieger Deckung zu bieten. Verdammt!« »Lassen wir die Tiere etwas verschnaufen«, rief Tinatra dem Sergeant zu, »damit sie Kraft sammeln und nachher besser laufen, wenn's drauf ankommt, wenn's um unsere Skalps geht.« »Sie denken an einen Überfall?« Geoffrey wußte die Antwort, bevor Tinatra nickte. »Dort vorn, der Canyon«, erwiderte Buck, »eine wahre Mausefalle. Schade nur, daß wir nicht die Katzen sind, sondern die Mäuse.« Sie ritten zwei Meilen leichten Trab. Auch die Kutschpferde liefen verhaltener. Denn gerade auf die Schnelligkeit des Gespanns kam es bei einer Verfolgung an. »Karabiner schußbereit machen! Säbel raus!« befahl Geoffrey seinen Leuten. »Richtet euch auf einen Überfall ein! Wenn's passiert, dann ab durch die Mitte. Wir brechen durch.« Eine halbe Meile noch, dann hatten sie den Canyon erreicht. In diesem Augenblick erscholl der Kriegsschrei der Mimbrenjos. In der Kutsche kreischte Hester gellend vor Angst. »Wenden, Mann!« brüllte Tinatra gegen den Fahrtwind dem Fahrer auf dem Kutschbock zu. »Wenden, noch können Sie es!« Der Fahrer war ein geschickter Lenker. Es gelang ihm tatsächlich, die schwere Concord in einer gekonnten Rechtswendung herumzuschwenken und zu wenden. Heulend preschten die Mimbrenjos heran. Es war jener Moment, da die Patrouille aus Fort Bliss die Apachen in einer Biegung des Canyons verschwinden sahen. »Ihnen nach! Säbel raus!« schrie Markus Lane mit überschnappender Stimme. »Kein Pardon, Leute! Keine Gefangenen!« Im Galopp folgte die Patrouille den Mimbrenjos. Die
blickten nicht zurück. Sie kannten nur ein Ziel: die Kutsche, die eine knappe halbe Meile vor ihnen dahinraste. »Diese Narren«, schrie Lane, »sie haben gewendet. Jetzt können wir hinter den roten Pavianen herreiten. Hätte der Fahrer die Richtung beibehalten, hätten wir die Kerle in der Zange gehabt.« »Wir kriegen sie auch so«, beruhigte Sergeant Namarra seinen jungen Vorgesetzten. »Noch eine Viertelmeile, und wir sind aus dem Canyon raus. Er ist nicht lang. Dann schwärmen wir aus, umzingeln die Mimbrenjos.« »Und wenn ihre Mustangs schneller sind?« wandte der Captain ein. »Wenn sie die Kutsche einholen, müssen sie ihren schnellen Ritt stoppen. Schade nur um die Soldaten der Eskorte, die vielleicht dran glauben müssen. Das aber werden die Halunken dann teuer bezahlen, Sir. Und nun sparen wir unseren Atem, ich bin schon heiser vom Brüllen.« Namarra hielt den Kavalleriesäbel, das gefürchtete Langmesser, in der Rechten, trieb sein Pferd noch mehr an. In wildem Galopp folgten die Soldaten der Patrouille dichtauf. * Buck Tinatra hatte sich im Sattel umgewandt und jagte Kugel um Kugel aus dem Lauf seiner Winchester. Jede fand ein Ziel. »Auch ein Revolvermann ist manchmal zu etwas nütze«, brummte Tinatra grimmig. »Da, da und da. Da habt ihr es, ihr Hundesöhne.« Als Tinatra einmal rückwärts blickte, sah er, wie die hinterste Reihe der Minbrenjos ihre Mustangs herumrissen und sich einem neuen Gegner zuwandten. Tinatras scharfe Augen erkannten das Blau von Uniformen. »Die Army!« brüllte er. »Wir kriegen Verstärkung, Leute!
Glory hallelujah! So sympathisch waren mir die Blaujacken noch nie.« Von den Canyonwänden prallte das Echo des Angriffsignals vielfach ab. Für Tinatra und dessen Begleiter klang dieses Signal wie die Musik aus himmlischen Sphären. Captain Markus Lane ritt mit seinen Kavalleristen einen schnellen Angriff. Die überraschten Mimbrenjo-Apachen hatten alle Hände voll zu tun, den Gegner, der so unverhofft in ihrem Rücken aufgetaucht war, abzuwehren. Nur wenige folgten weiter der Kutsche. Wie besessen kämpften Lane und seine Männer. Der junge Offizier kannte keine Gnade. Er war ein geschickter Säbelfechter und ließ die Waffe kreisen. Die Soldaten standen ihm in nichts nach. Ned Palmer, der Scout, focht mit Jagdmesser und Tomahawk, Waffen, die er genausogut wie eine Rothaut handhabte. Die Soldaten bei der Kutsche kämpften vereinzelt, Mann gegen Mann, mit einigen Indianern. Buck Tinatra hatte die Winchester in den Scabbard geschoben und benutzte den Colt. Er machte seinem Namen als Revolvermann alle Ehre. Er schoß beidhändig, und keine Kugel ging fehl. Während Soldaten und Indianer sich förmlich ineinander verbissen, hatte sich der Anführer der Mimbrenjos bis zur Concord durchgekämpft. Er riß den Schlag auf, sprang hinein. Hesters gellender Schrei ließ Tinatra herumwirbeln. »Geoffrey!« rief der dunkelhaarige Revolvermann. »Kümmern Sie sich um diesen roten Gent hier, führen Sie den Kampf mit ihm zu Ende! Ich muß zu dem Mädchen.« Der Sergeant hatte gerade mit einem Fausthieb einen Gegner zu Boden gestreckt. Sein Colt spuckte Blei. Getroffen sank der Mimbrenjo der Tinatra bedrängt hatte, in den Staub.
Mit einem Schenkeldruck hatte Buck sein Pferd seitwärts getrieben. An der Kutsche war ein Mimbrenjo dabei, die schreiende Hester aus dem Innenraum zu zerren. Vom Sattel aus warf sich Tinatra auf den Indianer, schlug ihm die Faust an den Kopf. Der Mann war nur leicht benommen. Ein wilder, verzweifelter Kampf entbrannte. Wie Titanen rangen die beiden Männer. In einer kurzen Atempause rief Tinatra der wie gelähmt dastehenden Hester Hattings zu: »Klettern Sie in die Coach und nehmen Sie mein Gewehr mit! Feuern Sie auf alles, was Ihnen zu nahe kommt.« Ras Mädchen schluckte. »Ich – ich habe noch nie auf einen Menschen geschossen.« »Dann tun Sie es jetzt«, rief Buck grimmig. »Verdammt, Miß, der Gentleman hier kommt wieder zu Kräften, ich muß mich um ihn kümmern. Los, worauf warten Sie?« Hester gehorchte, wenn auch nur widerwillig. Tinatra atmete befreit auf. Das Mädchen, das er liebte, war vorerst in Sicherheit. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sich die Patrouille aus Fort Bliss zu ihnen durchgekämpft hatte. Noch einmal ertönte das Angriffssignal. Tinatra sah den Offizier, der an der Spitze von einem guten Dutzend Blauröcken heranpreschte. Hester hatte sich weit aus dem Kutschfenster gebeugt, erkannte in dem vordersten Reiter ihren Verlobten. »Markus!« rief das Mädchen, stieß den Schlag auf und sprang aus dem Kasten, ehe Tinatra sie daran hindern konnte, die sichere Deckung zu verlassen. Lana erblickte Hester, trieb sein Pferd auf sie zu. Seiner Umgebung schenkte er keinen Blick. Das war sein Fehler. Als seine Ohren das feine Sirren eines heranzischenden Pfeils wahrnahmen, war es zu spät zum Ausweichen. Tief drang das Geschoß in seine Schulter. Der höllische Schmerz
zwang ihn, die Zügel freizugeben. Seitlich stürzte Markus Lane vom Pferd. »In die Kutsche mit Ihnen, verflucht!« herrschte Tinatra das Mädchen an, dann preschte er los. Gerade noch rechtzeitig. Denn wie aus dem Boden gewachsen stand plötzlich ein Apache mit erhobenem Tomahawk über dem gestürzten Captain. Tinatras Kugel riß den Indianer von den Beinen. Als der Revolvermann Lane erreichte, stellte er fest, daß der Mimbrenjo tot war. Buck half dem Offizier auf die Beine und in den Sattel. »Danke«, flüsterte Lane mit heiserer Stimme. »Ist Hester okay?« »Schätze ja. Sie sind sicher Captain Lane, ihr Verlobter. Nun, den Zahnstocher in Ihrer, Schulter hole ich Ihnen raus. Vorwärts!« Wenig später hielt Lane das schluchzende Mädchen im Arm. »Beeilung, Herrschaften!« drängte Tinatra. »Es könnte sich noch mehr von diesem Gesindel herumtreiben. So, Captain, beißen Sie die Zähne zusammen! Ich hole Ihnen den Pfeil raus. Und dann ab mit Ihnen in die Kutsche zu Ihrer Braut.« Als sich das Gefährt eine Viertelstunde später in Bewegung setzte, ritt Tinatra noch zwei Meilen weit mit. Von Dank wollte er nichts hören. Er wurde grob, als Lane ihn immer wieder mit Lob überschüttete. »Hauen Sie schon ab, Mr. Blaurock!« rief Tinatra schließlich. »Oder ich überlege es mir, ob nicht ich Ihnen anstelle der Rothäute Ihre entzückende Braut ausspannen soll. Machen Sie Miß Hester glücklich, oder ich zerlege Sie in Ihre Bestandteile, sollte ich einmal nach Fort Bliss kommen.« Sprach's, lenkte seinen Braunen herum und ritt in halsbrecherischem Galopp zum Apachen-Paß zurück. *
Nicht nur bis zu Cochises Bergfeste drang die Nachricht vom Herannahen des Wagentrecks, auch in Tombstone machte sie die Runde. Fieberhafte Erwartung hatte die Bürger erfaßt. Endlich neue Waren. Männer und Frauen kannten kein anderes Gesprächsthema als den lange ersehnten Treck. Mehr als eine Saloonschöne gierte nach neuem Flitter und Tand. Viele Hausfrauen freuten sich auf die neuen Stoffe, die sicher unter den Ladungen waren. Während die Männer mehr an den Getränkenachschub dachten. Storekeeper und Salooner rieben sich die Hände beim Gedanken an die bald blühenden Geschäfte. Als »Lion« Bill Freeman die Nachricht zu Ohren kam, traf er sofort seine Entscheidung. »Ich werde die Männer des Frontier Bataillons zusammentrommeln«, sagte er zu seinen Freunden und Anhängern. »Einige von uns sollen dem Treck entgegenreiten. Die letzten Meilen vor dem Ziel sind immer die gefährlichsten. Das weiß ich aus meiner Zeit während des Bürgerkrieges.« Die Männer stimmten »Lion« zu. »Worauf warten wir noch?« rief einer. »Gehen wir los und fragen, wer mitreitet.« »Nicht alle«, wehrte Freeman ab, »auch wenn sich alle melden. Wenigstens die Hälfte muß hierbleiben – für alle Fälle.« Es dauerte nicht lange, da hatte Freeman 20 Leute zusammen. Und alle waren begeistert, fühlten sich als Helden, als Retter der Stadt, die für den reibungslosen Verlauf des Handels und somit für die Entwicklung Tombstones sorgten. »Die Männer des Wagentrecks riskieren ihr Leben, um uns mit dem Notwendigen zu versorgen«, rief Freeman pathetisch. Er wußte, wie er auf die anderen am besten wirkte. »Es ist unsere verdammte Pflicht, ihnen Hilfestellung zu geben. Wenn mich mein sechster Sinn nicht täuscht, hat Cochise, der rote
Oberhalunke, genau solchen Appetit auf den Wagentreck wie wir. Wir werden ihm den Geschmack daran verderben und die Suppe versalzen.« Lauthals gaben die Männer ihre Zustimmung. In kürzester Zeit saßen sie in den Sätteln. Auf schnellen Hufen donnerte die Hälfte des Frontier Bataillons dem Wagentreck entgegen. * In der Apacheria rüsteten sich zur gleichen Zeit Cochises Krieger zum Beutezug. Ein Wagentreck, der mit Waren aus einer entfernten Stadt kam, war eine höchst willkommene Beute. »Du hattest Hellauge versprochen, daß die rollenden Tipis der Bleichgesichter ungehindert unser Land passieren könnten«, gab Nahlekadeya, Cochises Squaw, zu bedenken. »Cochise hat versprochen, die Kutschen der Butterfield Overland passieren zu lassen«, gab der Jefe zurück. »Diese rollenden Tipis, die durch die Gila fahren, werden nicht von Pferden, sondern von gefleckten Büffeln gezogen. Cochise hat Hellauge nicht versprochen, alle Weißen zu schonen. Wenn der Häuptling der Chiricahuas sich zu großmütig zeigt, werden uns die Bleichgesichter bald überrennen und ausrotten. Sie wollen unser Land, Frau. Wenn sie verlernen, die Apachen zu fürchten, wird es bald keinen Menschen mehr geben, der von sich sagen kann, ein Apache zu sein.« Nahlekadeya senkte ergeben ihr Haupt. Sie wußte, daß es keinen Zweck hatte, Cochise von seinem Vorhaben abbringen zu wollen. Nahlekadeya ging auch davon aus, daß der Häuptling sein Versprechen Jeffords gegenüber zwar halten, er sich andererseits aber strikt an den Wortlaut dieses Abkommens halten würde. Und danach hatte er sich
lediglich verpflichtet, die Concordkutschen der Butterfield und deren Passagiere durch seine Stammesbrüder nicht überfallen zu lassen. »Wird Naiche dich begleiten?« fragte sie zögernd. »Ja.« Die Squaw stellte keine weiteren Fragen mehr. »Wenn mein Bruder Cochise die Bleichgesichter weiter so bekämpft, wird Falke den Weg zur Bergfeste nicht mehr wagen«, sagte Tla-ina, Cochises junge Schwester, mit leisem Vorwurf in der Stimme. »Mein Bruder weiß, daß Tla-ina sich nichts sehnlicher wünscht, als daß Falke wiederkommen möge.« »Wenn er es genauso sehnlich wünscht, warum kommt er dann nicht, um für immer hierzubleiben?« fragte Cochise unwirsch. »Er kann dich zum Eheweib nehmen und in den Stamm aufgenommen werden.« »Dann müßte er vielleicht gegen seine eigenen Brüder kämpfen. Das will er bestimmt nicht. Falke ist kein Verräter.« Leidenschaftlich klang die sonst sanfte Stimme des Mädchens. »Als dein Ehemann stünde ihm das Recht zu, für dein Volk zu kämpfen«, sagte Cochise. »Niemand kann einen Mann des Verrats bezichtigen, wenn er für das Volk kämpft, zu welchem die Mutter seiner Kinder gehört.« Tla-inas schmales Gesicht überzog bei den Worten des Bruders dunkle Röte. Nahlekadeya bedeutete ihr, zu schweigen. Sie befürchtete einen Zornesausbruch ihres Mannes. Tla-ina erhob sich und verließ das Wickiup. Nahlekadeya begleitete Cochise zu seinem Pferd und reichte ihm seine Waffen. Voller Stolz lag der Blick des Häuptlings auf seinen Männern. Es waren prächtige Krieger – mutig, tapfer, unerschrocken und zäh.
Als alle versammelt waren, gab Cochise das Zeichen. Sie ritten aus der Bergfeste, ein bunter, heidnisch anmutender Haufen, voller Erwartungen, voller Tatendrang und Vorfreude auf die reiche Beute. Nahlekadeya blickte ihnen mit verschleierten Augen nach. »Er kennt nur noch den Kampf«, murmelte sie besorgt. »Hört er nicht die Trauerklagen seines Volkes, das Weinen seiner Frauen?« Tla-ina war neben sie getreten. »Nein, Schwester, er hört es nicht. Er hört nicht im Raunen des Windes das Weinen der Squaws, das Jammern der Kinder und Alten um die gefallenen Väter und Söhne. Mein Bruder Cochise verschließt seine Ohren.« Die beiden Frauen verrichteten mit den anderen Squaws wieder ihre tägliche Arbeit. Das Leben in der Apacheria ging weiter. Es waren nur wenige, die keinen Mann auf diesem Beutezug dabei hatten. Maria del Soccora war unter diesen wenigen. Und sie schätzte sich glücklich, denn sie hatte gelernt, den jungen Keeta zu lieben. Und seit das schöne Mexikanermädchen sein Weib geworden war, schmerzte es Keeta nicht mehr so sehr, von Kriegs- und Beutezügen wegen seiner schwachen Gesundheit ausgeschlossen zu sein. * Cochise und die Krieger ritten den schmalen Bergpfad hinunter, der aus der Feste in die Ebene führte. An seiner Seite Naiche, sein Sohn. Ihnen folgten die übrigen Apachen in langer Kette. »Werden wir den Treck in der Nacht angreifen, Vater?« wollte Naiche wissen. »Wir greifen dann an, wenn wir auf die Wagen stoßen«, erwiderte Cochise. »Wir können nicht warten, bis es hell oder
dunkel ist. Der Angriff muß überraschend kommen. Wir müssen zuschlagen, wenn sie es nicht erwarten.« Der Jefe verhielt kurz das scheckige Pony. Seine Augen blickten wachsam. Er lauschte angestrengt. Nach kurzer Zeit sah er Naiche fragend an. Der Junge nickte. »Ich sehe und höre es, Vater«, sagte der Sohn. »Die Zeichen künden davon, daß der Treck nicht mehr weit von der Stadt entfernt ist, die die Bleichgesichter ›Grabstein‹ nennen.« Naiche lächelte. »Die dort draußen in der Wüste brauchen keine Steine auf ihren Gräbern. Die Geier werden sie fressen, ihre Gebeine im Wüstensand verbleichen. Die Weißaugen sind verrückt. Wie können sie einer Stadt einen so gräßlichen Namen geben. Grabstein! Man sollte diese Stadt in Schutt und Asche legen, Jefe.« Sie ritten weiter. Immer wieder verhielt der Häuptling, um nach den Zeichen zu sehen. Da! Spiegelreflexe in der Sonne. Sie besagten den braunhäutigen Reitern, daß die Männer des Wagentrecks lagerten. »Werden wir sie beim Biwakieren überfallen, Vater?« Naiche war ungeduldig, jung und steckte voller Tatendrang. Cochise sah den Sohn mit leichter Mißbilligung an. »Naiche möge seine Ungeduld zügeln, dafür seine Gedanken arbeiten lassen. Der Treck wird kaum biwakieren. Die Männer werden begierig sein, die Stadt so bald wie möglich zu erreichen. Cochise denkt, daß die Männer nur kurz rasten – die letzte Rast vor dem Ziel. Ein Ziel, das sie nie erreichen werden.« Immer wieder leitete der für die Weißen so unheimliche »Wüstentelegraf« mit Blinkzeichen den Kriegertrupp. Als sich die Chiricahuas dem Treck bis auf wenige Meilen genähert hatten, bat Naiche seinen Vater: »Laß mich erkunden, Jefe – allein. Naiche möchte beweisen, daß er zum Mann geworden ist.« »Nein.« Die Stimme, des Häuptlings klang unnachgiebig.
»Wenn du den Bleichgesichtern in die Hände fällst, bist du verloren. Und die Pinda-lick-o-ye sind gewarnt.« »Sprichst du als Vater oder als Häuptling zu mir?« Der junge Mann sah Cochise mit stolzem Blick an. Vater und Sohn ähnelten sich in diesem Augenblick noch stärker als gewöhnlich. »Willst du Naiche nur zurückhalten, weil du den Sohn schonen möchtest? Willst du Naiche beleidigen, Vater? Ich bin kein Knabe mehr, sondern ein Mann, ein Krieger deines Volkes und habe ein Recht darauf, wie jeder andere Mann für meinen Stamm zu kämpfen.« Cochises Blick wurde hart. »Ich spreche als Häuptling zu dir, Naiche. Ich will nicht, daß uns die Beute entgeht.« Mit kaum merklichem Lächeln fügte der Jefe hinzu: »Daß Cochise sich als Vater um den Sohn sorgt, wird er niemandem verraten. Der Häuptling der Chiricahuas wollte seinen Sohn nicht beleidigen. Ich werde keine Späher aussenden, weder Naiche noch sonst jemanden.« Ein Spiegelsignal meldete den Chiricahuas, daß sich der Wagenzug wieder in Bewegung gesetzt hatte. Cochise trieb zur Eile an. Er wollte den Treck nicht zu nahe bei der Town angreifen. Der Jefe hatte von der Bürgerwehr gehört und rechnete sich aus, daß die sicherlich dem Treck entgegenritt. Die Chiricahuas nutzen jede Deckung, um für die Leute des Trecks so lange wie möglich unsichtbar zu bleiben. Und dann kamen sie urplötzlich aus einer Senke, ritten geradewegs auf die sechs Murphys los. Mark Billings, der Treckführer, der dem Wagenzug um eine halbe Meile vorausritt, glaubte zuerst an eine Sinnestäuschung. Er konnte es kaum fassen, was er da sah, obwohl er bereits viele Überfälle erlebt hatte. Konnte er seinen Augen nicht trauen? Es schien, als würden die Chiricahuas aus dem Sand emporwachsen. Billings vermochte nirgends eine Deckung wahrzunehmen,
hinter der die Apachen gelauert haben konnten. Sein verblüfftes Erschrecken dauerte nur Sekunden. Billings lenkte den Braunen herum und jagte zum Treck zurück. Dort hatten sie die Apachen ausgemacht, noch bevor der Treckführer den vordersten Wagen erreicht hatte. »Was tun wir?« schrie John Bourke Billings zu. »Sollen wir wenden? Ist dazu noch Zeit?« »Keinen Zweck!« brüllte Billings. »Die holen uns mit ihren Mustangs, die schneller als wir sind, ein. Wir kämpfen. Macht euch bereit, Leute. Runter von den Wagen! Geht in Deckung! Es ist unsere einzige Chance.« Sie konnten die Wagen nicht mehr zur Burg auffahren. Die Apachen jagten heran. Zuerst wie eine stumme Phalanx brauner Geisterreiter, dann erscholl ihr tremulierender Kriegsschrei, der jedem Weißen bis ins Mark ging und auch das Herz des tapfersten Mannes zum Rasen brachte. Der hünenhafte Billings hatte unter Bourkes Wagen Deckung gesucht. Einige hastig aus den Murphys gezerrte Gegenstände spendeten den Männern nur spärlichen Schutz. Der Treckführer lag hinter einem Stoffballen. Kugel um Kugel jagte er aus dem Lauf seiner Mariin. Die gesamte Mannschaft feuerte verzweifelt aus allen Rohren. Doch der dichte Hagel aus heißem Blei konnte den rasanten Angriff der Indianer nicht stoppen. * Wie ein Heerführer aus mittelalterlicher Zeit ritt »Lion« Bill Freeman an der Spitze seiner »Recken«. Der ehemalige Bürgerkriegscaptain fühlte sich ganz als Ritter ohne Furcht und Tadel. Mit seinen 20 Mann Miliz wollte er es den Apachen, wenn nötig, schon zeigen.
Freeman kannte das Land, kannte auch die Kampfesweise der Rothäute. Er war überzeugt davon, im Notfall den Wagentreck mit seiner Bürgerwehr retten zu können. »Ich glaube kaum, daß der Häuptling sich an uns heranwagen wird«, sagte Freeman selbstgefällig zu Pete Hartford, der neben ihm ritt. »Den Treck angreifen, das ja. Das traue ich Cochise durchaus zu. Wahrscheinlich hat er das sogar vor. Deshalb ist es wichtig, daß wir rechtzeitig auf den Wagenzug stoßen. Er soll uns sehen, der rote Oberschuft, und das Fürchten lernen.« Freeman hatte nicht mit der Schnelligkeit gerechnet, mit der der »Wüstentelegraf« funktionierte. Er konnte nicht ahnen, wie schnell die Nachricht in Cochises Bergfeste gelangt war. Konnte nicht wissen, daß der Treck bereits seit Tagen von Apachen begleitet worden war. Seiner Meinung nach mußte das Frontier Bataillon den Wagenzug vor den Indianern erreichen, falls die überhaupt angriffen. Hartford war ein schwergewichtiger Mann, mit der Waffe genauso fix wie mit den Fäusten. »Sie sollen nur kommen, die Paviane«, grollte sein tiefer Baß. »Diesmal holen sie sich blutige Köpfe.« Die Männer des Frontier Bataillons waren besessen auf den Kampf mit den Apachen. Sie gierten förmlich danach. Zu tief saß der Haß in ihren Seelen, zu groß war die Verbitterung. Sie kannten kein Pardon. Die Vernunft war ausgeschaltet. Mehr als einer war unter ihnen, der ein oder mehrere Familienmitglieder durch Apachenhand verloren hatte. Die Bürgerwehr bot diesen Männern die Gelegenheit, auf legalem Weg, wie sie glaubten, Rache zu nehmen. So kam es, daß »Lion« Bill Freemans Bataillon zu einer der gefürchteten Miliztruppen an der Grenze wurde. Wenn nicht gar die schlimmste überhaupt. Und Freeman hatte seine Miliz fest im Griff. Sie bewunderte ihn, ging mit ihm durch dick und dünn, bis in die Hölle und
zurück, wenn es nur galt, gegen die Rothäute zu kämpfen. Freeman trieb die Männer lauthals zu schärferem Galopp an. Das ungute Gefühl, das sich seiner bemächtigt hatte, seit er vom Eintreffen des Wagenzugs wußte, verstärkte sich immer mehr. Seine Begleiter wurden ebenfalls unruhig. Die Ahnung drohenden Unheils erfaßte sie. Wie die wilde Jagd preschten sie dahin. Die Detonation eines Schusses, dem gleich darauf eine ganze Gewehrsalve folgte, ließ Freemans Leute in den Sätteln zusammenzucken. »Schneller!« rief der ehemalige Captain mit befehlsgewohnter Stimme. »Holt aus den Gäulen das Letzte raus! Diese verdammten Apachen sind uns zuvorgekommen.« Freemans lange braune Haare flatterten im Reitwind, seine eisgrauen Augen funkelten gefährlich. Bart und Texanerschnurrbart gaben ihm ein martialisches Aussehen, verstärkten den Eindruck seiner Härte. Im Augenblick höchster Gefahr zeigte Freeman, welch harter Brocken er war. Die Hufe seines Braunen hämmerten ein wildes Stakkato, das Pferd schien zu fliegen. Ohne auch nur einen einzigen Blick zurückzuwerfen jagte der Captain allen voraus. Beim Wagenzug wurde die Mannschaft auf das anstürmende Bataillon aufmerksam, als Freeman den gellenden Rebellenschrei ausstieß. »Die Miliz!« entfuhr es jemandem erleichtert, der unter einem Murphy lag. »Jungs, wir kriegen Verstärkung, wir sind gerettet! Das war im letzten Moment.« Freeman feuerte Kugel um Kugel auf die angreifenden Apachen. Seine Männer waren inzwischen bei den Wagen angelangt, griffen in den Kampf ein. Der wurde unbarmherzig. Wie wilde Hornissen schwirrten die Kugeln. Pfeile zogen ihre Bahn, trafen menschliche Körper oder blieben wippend im Holz und den Planen der Wagen
stecken. »Die Hälfte unter die Murphys!« befahl Freeman seinen Leuten. »Die andern bleiben in den Sätteln. So sind wir beweglicher.« Es war wie damals im Bürgerkrieg. Präzise und befehlsgewohnt traf Bill Freeman seine Anordnungen. Wie früher die Soldaten, so gehorchten ihm nun die Tombstoner. »Lion« Bill Freeman machte seinem Zunamen alle Ehre. Er kämpfte wie ein Löwe. * Auf dem Ritt von Tucson nach Tombstone dachte John Haggerty ständig an das schlanke, rehäugige Indianermädhen Tla-ina. Trotzdem vergaß er nicht, seine Umgebung mit großer Aufmerksamkeit im Auge zu behalten. Sein geübtes Ohr nahm manche Geräusche wahr, die ein anderer, weniger erfahrener Mann nicht vernommen hätte. Haggerty lagerte an einer Tinaja, eine jener Wasserpfannen, die von den Apachen oft unbrauchbar gemacht wurden. Damit die Weißen, des Landes meist unkundig, ohne das kostbare Naß bleiben und vor Durst umkamen. Diese Tinaja, an der John Haggerty rastete, hatte klares, gutes Wasser. Ein Mann wie Haggerty hätte eine Verschmutzung oder Vergiftung des Wassers erkannt. Bestimmt hätte ihn sein Instinkt gewarnt. Er war nicht umsonst viele tausend Meilen als Scout geritten und hatte von den Indianerscouts eine Menge gelernt. John Haggerty kochte sich einen starken Kaffee. So stark, daß die braune Brühe einen toten Apachen zum Leben erweckt hätte, wie Haggerty zu sagen pflegte. Seine Kameraden allerdings bezeichneten Johns Kaffee schlicht weg als Gift. Und in den aromatischen Duft dieses »Giftes« mischte sich
plötzlich ein anderer Geruch. John schnupperte wie ein Tier gegen den Wind, sog die Luft tief ein. Brandgeruch! Der Chiefscout richtete sich auf, vergaß zu trinken. Lauernd spähte er in die Runde. Dann trat er das Feuer aus, packte seine Sachen, ging zu seinem Pferd und schwang sich in den Sattel. »Schätze, Brauner, man hält uns allmählich für die Feuerwehr. Erst kürzlich mußten wir am Paß löschen. Und nun hat es den Anschein, als würden wir wieder gebraucht. Nun ja, es muß ja nicht gleich was Ernstes sein.« Daß er zuvor auch nichts Ernsthaftes vermutet hatte, als er zum Paß geritten war, schien Haggerty plötzlich wie ein böses Omen. Aus dem Stand trieb er den Braunen in einen gestreckten Galopp. Er ritt dem Geruch nach, kam etwas von seiner Route ab. Je mehr John sich dem Brandherd näherte, desto penetranter stieg ihm der Rauch in die Nase. Zum Kuckuck, möchte wissen, welchen Unrat dort jemand verbrennt. Nun, jetzt sind wir auf halbem Weg und sehen nach. Eine kleine Felsbarriere versperrte Haggerty die Sicht auf das Feuer. Daß er nahe an der Brandstelle war, sah John an den dichten dunklen Rauchschwaden, die über dem Fels in die klare Luft wallten. Bevor er um die Ecke bog, entsicherte er den Henrystutzen, hielt das Gewehr schußbereit. In vielen ähnlichen Situationen hatte die einsatzbereite Waffe ihm das Leben gerettet. John ließ seinen Hengst im Schritt gehen, achtete darauf, wohin das Pferd trat, um möglichst wenige Geräusche zu erzeugen. Als der Scout dann um die Felsnase ritt, zuckte er unwillkürlich zusammen. In einiger Entfernung brannte eine primitive Laubhütte lichterloh, ebenso der armselige Hausrat und Felle.
An den Fels gedrückt standen fünf Pueblo-Indianer, friedliche Menschen, die nomadisierend das Land durchstreiften. Und vor diesen Unglücklichen hatten sich zwei Desperados mit angeschlagenem Colt aufgebaut, bereit, zu schießen. »Also los, wo habt ihr die Mädchen versteckt?« fauchte der größere der beiden. »Gebt die roten Hexen heraus, oder ihr krepiert alle! Habt ihr verstanden? Glotzt nicht so, redet!« Starr blickten die Indios. Kein Wort kam über ihre Lippen. »Wird's bald?« drängte der Mann. »Wenn sie in fünf Minuten nicht auftauchen, schicke ich den ersten von euch zum Großen Manitu. Dann folgen die andern. Ich lasse euch sogar die Wahl, bei wem ich anfangen soll. Bin ein großmütiger Mensch.« »Das kann ich von mir nicht behaupten«, rief Haggergy voller Zorn. »Mir läuft bei eurem Anblick die Galle über. Das macht mich sauer.« Im gleichen Augenblick spuckte der Henrystutzen Feuer. Die Kugel traf den Revolverarm des rechts stehenden Desperados. Eine blitzschnelle Linkswendung des Gewehrlaufs, und auch dem zweiten Mann entfiel der Colt, ehe er selbst zum Schuß kam. Brüllend ließen die Banditen die Waffen fallen. Vor Schmerzen heulend vollführten sie einen grotesken Tanz. Urplötzlich kam Leben in die vorher reglos verharrenden Pueblos. Schreiend fielen sie über die Weißen her. Mit bloßen Fäusten gingen sie ihre Peiniger an: Erbarmungslos wurden die Desperados zusammengeschlagen. John Haggerty hinderte sie nicht daran: Ein noch jugendlicher Indio rannte zu den abseits stehenden Pferden der Banditen, riß ein Gewehr aus dem Scabbard. Ein kurzer Zuruf an seine Gefährten, und die Indios spritzten auseinander. Zwei Schüsse klangen fast wie einer. Tot lagen die
Desperados im Staub. Der jugendliche Gewehrschütze warf die Waffe fort. Langsam kamen die Pueblos auf Haggerty zu, die Außenseite der Rechten zeigend – der alte, indianische Friedensgruß. Haggerty tat es ihm gleich, ritt langsam auf die Gruppe zu, dann glitt er aus dem Sattel. Der älteste Pueblo trat vor, hob zum Zeichen des Respekts die Hand an die Stirn. »Wir danken dem weißen Vetter. Er hat nicht nur unser aller Leben und die Ehre unserer beiden Schwestern gerettet. Die Männer dort wollten sie mitnehmen und ihnen Leid antun. Die Mädchen konnten in ein Versteck fliehen, das nur wir kennen. Hab tausend Dank, weißer Mann.« »Es war selbstverständlich, daß ich euch half«, sagte Haggerty. »Doch tätet ihr besser daran, in euer Gebiet zurückzukehren. Mimbrenjos, Chiricahuas und Blauröcke bekämpfen sich. Ihr könntet in Schwierigkeiten geraten.« »Wir wollten morgen weiterziehen«, erklärte der Sprecher der Indios. »Wir haben einen Tauschhandel mit einem Rancher vereinbart, dessen Weideland nicht weit von hier liegt. Seit Jahren treiben wir Handel mit der Ranch. Morgen verlassen wir die Gegend und kehren zu unserem Stamm zurück.« »Es ist besser so«, sagte Haggerty. »Diese Gegend ist im Augenblick unsicher. Dieses Land kennt keinen Frieden mehr. Kehrt heim zu euren Leuten.« John stieg in den Sattel. Weiteren Dank der Indios wehrte er ab. Daß er Menschen in höchster Not helfen konnte, diese Genugtuung war ihm Dank genug. Nachdenklich setzte der Scout seinen Ritt fort. Der Vorfall ließ ihn noch stärker als zuvor an Tla-ina denken. Es beruhigte ihn zu wissen, daß die Chiricahuas nicht als Hirten auf der Ebene herumzogen und Häuptling Cochise seine Schwester nicht aus der Sicherheit der Bergfeste ließ.
* Cochise war nicht nur ein genialer Denker, er war auch ein hervorragender Stratege. Mit weißer Haut geboren, hätte er es bei der Armee gewiß bis zum General gebracht. So aber wurde seine Klugheit von seinen Widersachern als Grausamkeit und Heimtücke ausgelegt. Nach der ersten halben Stunde erbitterten Kämpfens ließ der Jefe seine Krieger sich außer Schußweite der Weißen zurückziehen. Die Männer bei den Wagen atmeten auf. Wären sie jedoch Hellseher gewesen … Freeman war wohl einer der wenigen, die den Rückzug der Apachen richtig deutete. »Die hauen nicht ab«, dämpfte er den vorzeitigen Freudentaumel eines Fahrers. »Die ziehen sich nur zur Beratung zurück. Laßt nur nicht in eurer Wachsamkeit nach, Leute.« Cochise war mit seinen Leuten hinter einer Sanddüne verschwunden, um sich dort mit seinen besten Kriegern zu besprechen. »Die Pinda-lick-o-ye haben Verstärkung bekommen«, sagte der Jefe. »Es sind jene Männer, die in Tombstone eine Miliz gegründet haben, wie sie das nennen. Diese Truppe soll Tombstone vor den Angriffen der Apachen schützen. Sie hat aber auch schon rote Männer überfallen, die nichts Arges im Sinn hatten. Greifen wir nur von einer Seite an, können unsere Gegner sich ganz auf den Angriff konzentrieren. Wir müssen dieselbe Taktik anwenden wie beim Sturm auf ein Fort. Wir werden uns teilen und den Wagenzug einkreisen. Schießt zuerst auf jene, die noch in den Sätteln sitzen. Sie sind am gefährlichsten, weil sie beweglich sind.« Schon als sie aus der Deckung brachen, hatten sich die Chiricahuas so formiert, daß ihre Reihe einen Halbkreis bildete. Die Männer, die unter den schweren Murphywagen lagen,
durchschauten diese Taktik der Apachen zu spät. Als ihnen klarwurde, was die Indianer bezweckten, hatten die längst die Verteidigungslinie der Weißen durchbrochen und den Todeskreis rings um den Wagenzug geschlossen. Mit den ersten Schüssen holten die Chiricahuas Freemans Leute aus den Sätteln. Der ehemalige Captain fluchte in allen Tonarten. In wilder Wut feuerte er seine Waffe leer, lud nach und tötete mehrere Krieger. Beide Seiten erlitten Verluste. Allein, die Redmen hatten die größere Chance. Auf ihren flinken, wendigen Ponys boten sie sehr schwer zu treffende Ziele. Verzweifelt leisteten die Weißen Widerstand. Cochise wollte die Beute. Aber er wollte auch das Leben seiner Krieger möglichst schonen. Er gab einen kurzen Befehl. Vier Krieger scherten aus dem Kreis aus, stürmten in wildem Galopp bis außer Reichweite der Gewehre. Minuten später zogen vier Feuerbälle ihre glühende Bahn durch die hitzeflirrende Luft. Die vier Chiricahuas schossen mit Brandpfeilen. Zischend bohrten die sich in die Wagenplanen. Das Feuer fand schnell Nahrung, fraß sich weiter. Flammen loderten. Über den Gedanken, die Ladungen zu retten, vergaßen die Wagenbesitzer jede Vorsicht. Sie sprangen unter die brennenden Planen der Murphys, versuchten zu löschen. Seltsamerweise hinderten die Apachen sie nicht durch Schüsse daran. Den ersten vier folgten keine weiteren Brandpfeile. Es war wieder einer jener genialen Schachzüge des berühmten Häuptlings. Die Männer, die beim Löschen waren, fielen als Verteidiger aus. Cochise wollte die Aufmerksamkeit der Weißen vom Kampfgeschehen ablenken, wollte sie verwirren. Die Ladungen sollten nicht verbrennen, wollte er sie doch als Beute.
Der Zweck war erreicht. Während etliche Männer das Feuer bekämpften, wurden die übrigen fast alle von den immer wieder angreifenden Apachen niedergemacht. Einige noch Unverwundete ergriffen in wilder Panik die Flucht. Johlend ritten die Chiricahuas bis an die Murphys heran, schwangen sich vom Pferderücken aus auf die Fahrzeuge. Tomahawks und Jagdmesser erledigten das, was die Kugeln verschont hatten. »Flieht!« Freeman versuchte mit Stentorstimme den Lärm zu übertönen. »Rettet euch, Leute! Wir haben den Kampf verloren.« Die letzten Weißen, die nach der Flucht ihrer Kameraden noch weiter erbittert gefochten hatten, gaben bei Freemans Zuruf auf. Diejenigen, die das Glück hatten, ein lediges Pferd zu erwischen, sprangen in die Sättel und preschten kopflos davon. Nur wenige entkamen dem furchtbaren Massaker. Mark Billings und John Bourke kämpften gegen drei auf sie einstürmende muskulös gebaute Apachen. Für beide Männer war es ein Glück, daß sie den Rothäuten an Körperstärke in nichts nachstanden. Die Kämpfenden verbissen sich ineinander. Bei dem erbitterten Ringen entglitten die Waffen ihren Händen. Es wurde ein Titanenkampf. Die Geschicklichkeit der Weißen im Faustkampf stand gegen die Schnelligkeit, die Schläue der Chiricahuas. Bourke und Billings verdankten ihr Leben nur dem Umstand, daß sie genau wußten, wo man jemanden treffen mußte, um ihn k. o. zu schlagen. Als ihre Gegner betäubt am Boden lagen, ergriffen Billings und Bourke als letzte die Flucht. Es gelang ihnen, unbemerkt davonzuschleichen. Aber auch das nur, weil die Apachen begonnen hatten, die Wagen zu plündern. Ein wahrer Rausch hatte die Krieger erfaßt.
Sie rissen die Sachen heraus, warfen alles zu Boden und begannen auszusuchen, was ihnen wertvoll schien. Aus der Ladung eines Textilienhändlers zog ein Krieger ein rosa Frauenkorsett hervor, schlang es sich um die Hüften und begann groteske Sprünge zu vollführen. Die Chiricahuas brüllten und bogen sich vor Lachen. Nur durch unnachgiebige Härte konnte Cochise verhindern, daß seine Krieger den Alkoholproviant plünderten. Sie hätten sich sonst unweigerlich bis zur Besinnungslosigkeit betrunken. Das wußte der Häuptling. Die wenigen Weißen, die dem Massaker entkamen, verdankten dies nicht auch zuletzt dem Freudentaumel der Apachen über die reiche Beute. Was sie für brauchbar hielten, verstauten die Chiricahuas auf den Pferderücken. Die Ochsen wurden ausgespannt und weggetrieben. Die Krieger steckten die Murphys in Brand. Alle Fahrzeuge standen lichterloh in Flammen. Der zerstörte Treck bot ein Bild des Grauens. * Thomas Jeffords kam aus Ballards Postoffice. In seiner Begleitung befand sich Richard Tichy, Ballards Buchhalter. Jeffords hatte den blassen, ungewöhnlich großen Mann, der in Tombstone kaum Freunde hatte, zu einem Drink eingeladen. Der Saloon war gerammelt voll. Wie nicht anders zu erwarten drehten sich die Gespräche um den Wagentreck. Unter Freemans Milizmitgliedern gab es etliche Unzufriedene, die lieber dem Wagenzug entgegengeritten wären, statt in Tombstone zu hocken. Burt Douglas, ein älterer bedächtiger Typ, versuchte die allgemeine Erregung zu dämpfen. »Wir tun unsere Pflicht auch hier«, sagte er beschwichtigend. »Es ist möglich, daß die Apachen statt den Treck die Stadt
angreifen. Dann werden wir hier nötiger gebraucht als in der Gila. Ist doch klar, oder?« Einige stimmten zu. Andere ertränkten ihre Unzufriedenheit in Whisky. Daß gegen die Apachen gehetzt wurde, war nicht verwunderlich. In diese geladene Atmosphäre platzten Jeffords und Tichy hinein. Am Tresen wandten die Männer ihre Köpfe den Eintretenden zu. Manch einer maß Jeffords mit feindseligen Blicken. Der Stationsleiter tat, als merkte er es nicht. Richard Tichy sah sich nervös im Saloon um. Dem dürren Buchhalter war es irgendwie mulmig zumute. Thomas Jeffords störte sich nicht an dem abweisenden Benehmen der Anwesenden. Er steuerte, gefolgt von Tichy, einen Tisch in der hintersten Ecke an. Da waren die einzigen noch freien Plätze. Ein vierschrötiger Kerl fixierte den Stationsleiter mit haßerfüllten Blicken. Jeffords sah geradeaus, ignorierte den Mann. »He, Tichy«, attackierte der den Buchhalter, »bist du dir nicht zu schade, mit einem lausigen Apachenfreund zu trinken?« Er kannte Tichys Schüchternheit, wußte, daß der Bankclerk keine Kämpfernatur war. Indem er Tichy reizte, zwang er Jeffords zum Eingreifen. »Hörst du nicht, Bücherwurm?« stichelte der Stämmige weiter, als Tichy keine Antwort gab. »Hast du eine Ohrenentzündung?« Im gleichen Augenblick streckte er ein Bein vor, so daß Richard Tichy stolperte. »Wenn du Streit suchst, Mister, dann wende dich gleich an mich«, sagte Jeffords, wirbelte herum und riß den Mann vom Stuhl hoch. »Ich kann es nicht leiden, wenn ein Muskelprotz sich an Schwächeren ausläßt. Feiglinge sind mir zuwider.«
»Hältst dich für den starken Mann, Kleiner, eh?« knurrte der Vierschrötige. »Kannst eine Tracht Prügel haben, sogar umsonst.« Im selben Moment schoß seine behaarte Faust vor. Jeffords warf sich zur Seite, der Schlag ging ins Leere. Der bullige Kerl fauchte vor Wut wie ein gereizter Grisly. Und gerade diese Wut war es, die ihn blindlings in Jeffords' Gerade rennen ließ. Mit ächzendem Stöhnen ging der Koloß zu Boden. »Ist noch jemand da, dem unsere Nasen nicht gefallen?« fauchte Thomas. »Er soll sich melden. Das wäre dann ein Abwasch. Nun, wie ist's?« Niemand schien Appetit auf einen Fight zu haben. »Kommen Sie, Richard. Es gibt noch andere Saloons als dieses ungastliche Lokal«, wandte sich Jeffords an seinen Begleiter. »Trinken wir dort in Ruhe unseren Whisky.« Er packte den völlig eingeschüchterten Tichy am Arm und zog ihn ins Freie. Donnernder Hufschlag ließ die Männer aufhorchen. »Verdammt will ich sein, wenn das keine Unglücksboten sind, die da auftauchen«, murmelte Jeffords, an Tichy gewandt. »Los, Richard, kommen Sie! Beeilen wir uns, damit wir drüben im ›Horsemen‹ einen Platz bekommen. Schätze, bald werden alle Saloons brechend voll sein. Tichy, ich ahne was. Ich will Ihnen sagen, was da angeprescht kommt. Das sind die Überreste der glorreichen Miliz und des Wagentrecks.« Jeffords sollte recht behalten. Die Reiter, die in gestrecktem Galopp in die Main Street einbogen, waren die Überlebenden des Massakers aus der GilaWüste. Minuten später war ganz Tombstone in Aufruhr. Die Saloons barsten fast, so viele Gäste drängten sich hinein. Derbe Flüche und wüste Verwünschungen der Männer mischten sich in das Jammern und Wehklagen der Frauen jener Männer, die
draußen in der Gila den Tod gefunden hatten. Die Tombstoner forderten unverzüglich Rache, schrien ihren Haß laut hinaus. »Lion« Bill Freeman tobte. In dieser Stunde schwor er, nicht einen einzigen Apachen, der ihm über den Weg lief, zu schonen. * Je näher John Haggerty Tombstone kam, um so unbehaglicher fühlte er sich. Das ungute Gefühl verstärkte sich, als der Chiefscout in die Town einritt. Er vernahm die Schreie der rachelüsternen Menge. Wortfetzen drangen an sein Ohr. Noch ehe er sich mitten in Tombstone befand, wußte John so ungefähr, was sich in der Gila-Wüste zugetragen hatte. Er suchte Thomas Jeffords zuerst im Postoffice, dann im Hotel. Der Portier grinste Haggerty ah, als der sich nach Jeffords erkundigte. »Mr. Jeffords ist eben ins Speisehaus rübergegangen. Hat gesagt, er wolle seinen Zorn mit einem Riesensteak runterwürgen.« Haggerty stakste aus dem Hotel. Er war müde, hungrig und durstig. Am meisten plagte ihn der Hunger. Tom Jeffords hatte der Tür den Rücken zugewandt, Tichy saß ihm gegenüber. Der Buchhalter sah nicht auf, war mit einer Riesenportion Apfeltorte beschäftigt. Auch der Stationsleiter focht einen erbitterten Kampf mit dem vierten Stück Torte. Es wollte und wollte nicht mehr so recht hinunter. Aber Jeffords war nicht der Typ, der vor einem Stück Kuchen kapituliert hätte. Er hatte geprahlt, sechs Stück zu vertilgen. Nun wollte er sich nicht den Spott der andern Gäste zuziehen. Der Scout trat hinter Jeffords Stuhl, sah eine Weile schweigend zu, klopfte Jeffords dann auf die Schulter. Der
Stationsleiter fuhr herum. »Mensch, Tom. Der Zweikampf mit dem süßen Zeug läßt einem hungrigen Mann das Wasser im Mund zusammenlaufen.« Haggerty lachte dröhnend. »Habe Kohldampf wie ein ausgewachsener Grisly.« Er nickte Tichy zu. »Freut mich, Sie zu sehen, Richard.« Der Scout nahm Platz, gab der Bedienung seine Bestellung auf. »Waren Sie schon bei Ballard?« wollte Jeffords wissen. »Dann haben Sie sicher gehört, was in der Gila passiert ist.« John nickte. »Zuerst suchte ich Sie im Postoffice. Um dann nicht alle Saloons abzuklappern, fragte ich im Hotel nach. Der Portier schickte mich hierher. Von ihm erfuhr ich, daß Sie im ›Cattlemen‹ einem vorlauten Kerl die Visage poliert haben.« »Hören Sie auf, Mensch. Mich packt noch nachträglich die kalte Wut. Schlagen Sie sich den Magen voll, John, dann pilgern wir zurück ins Hotel. Morgen suche ich Ballard noch einmal auf. Werden Sie mitkommen?« Haggerty gab seine Zustimmung. Sie brachten den von den Ereignissen des Tages völlig eingeschüchterten Tichy nach Hause und steuerten das Hotel an. Es wurde eine lange Nacht für die Tombstoner. Ihre Gespräche drehten sich nur noch um die Apachen. * Stolz ritt Naiche den Kriegern voran. Cochise hatte seinem Sohn die Ehre überlassen, die vom Beutezug Heimkehrenden in die Bergfeste zu führen. Diese Geste sollte beweisen, daß der Jefe den jungen Naiche allmählich in seine spätere Rolle als Häuptling einführen wollte.
Cochise war genauso stolz wie sein Sohn, vielleicht noch mehr. Es war der berechtigte Stolz eines Vaters, dessen Sohn wohlgeraten war – in jeder Hinsicht. Hocherhobenen Hauptes zog Naiche an der Spitze des Kriegertrupps in die Bergfeste ein. Sein junges Gesicht, seine dunklen Augen strahlten. Naiche fühlte sich glücklich. Ein schlankes Mädchen lief ihm entgegen, nahm die Zügel seines Ponys, um es wegzuführen. Die Blicke der beiden jungen Menschen tauchten ineinander. Ein liebliches Lächeln umspielte den kirschroten Mund der Apachin. Naiches Blick war voller Zärtlichkeit. Aber nur für Sekunden. Dann sprang er vom Pferderücken. Das Mädchen entfernte sich mit dem Tier, während Naiche sich in den Kreis der Männer stellte, neben seinem Vater. Der Jefe überließ seinem Sohn die Verteilung der Beute. Naiche wußte dies zu schätzen. Es war ein großer Vertrauensbeweis seines Vaters. Denn wie immer wollte der Häuptling die erbeuteten Waren gerecht und den Bedürfnissen entsprechend verteilen. Mit Genugtuung stellte der Jefe fest, daß sein Sohn alles so machte, wie er – der Häuptling – sich das vorgestellt hatte. Als einer der ersten wurden Keeta und seine Frau Maria beschenkt. Naiche zog dabei in Betracht, daß Keeta wegen seiner schwachen Gesundheit nicht am Beutezug hatte teilnehmen können. Nahlekadeya nickte ihrem Mann zu. Dieses Nicken war Anerkennung für den Sohn, dessen erste Mutter Sho-shu-li, Cochises erste Frau, war. Cochise wußte die Anerkennung zu schätzen. Seine Augen leuchteten. Nahlekadeya lächelte still. Die Frauen der beim Kampf Gefallenen stöhnten, kreischten oder schluchzten, als die Namen ihrer Männer aufgerufen wurden. Sie nahmen ihre Kinder bei der Hand und verschwanden in ihren Wickiups. Dort warfen sie die
buntbestickten Kleider ab, entfernten vor allem alles, was von roter Farbe war, schnitten ihre Haare und die ihrer Kinder zum Zeichen der Trauer ab. Was ihren Männern gehört hatte, wurde zusammengetragen und begraben. Danach banden die Squaws schwarze Tücher um ihren Kopf und wanderten mit ihren Kindern zu einem abseits gelegenen Platz. Hier setzten sich alle Witwen und Halbwaisen zusammen und stimmten klagende Totenlieder an. Die jungen, unverheirateten Krieger gingen stolz zwischen den jungen Mädchen umher, sich ihrer Taten rühmend. Nur Naiche stand bei den älteren Männern neben seinem Vater. Während die Männer einen Kreis bildeten, begannen die Frauen rund um diesen Kreis zu tanzen. Cochise rief mit lauter Stimme die Namen seiner Tapferen auf, pries ihren Mut, ihre Unerschrockenheit, ihre List im Kampf. Die Frauen tanzten singend das Lob der Männer. Cochise ließ für die trauernden Familien einen großen Beuteanteil beiseite legen, auch für die Älteren und Schwachen. Wie stets nach einem Beutezug gab er den Ärmsten und Hilflosen am meisten. In seinem Stamm sollte es niemanden geben, der Not litt. Die geschiedenen Frauen und jene, die schon länger Witwen waren, lachten und scherzten mit den jungen Männern. Die jungen, unverheirateten Mädchen schmückten sich für den später stattfindenden Tanz, bei dem die Männer den inneren Kreis bildeten. Die Mädchen tanzten dabei um die Männer herum, den Auserwählten auf die Schulter klopfend. Erriet der so Aufgeforderte den Namen der Squaw, durfte er sich erheben und sich mit seiner Partnerin dem Reigen der Paare anschließen. Es wurde eine lange, fröhliche Nacht. Man tanzte, lachte und sang. Nur eine stand abseits bei all dem Trubel: Tla-ina, Cochises junge Schwester.
Es war Nahlekadeya die ihren Mann auf das Fehlen von »Sanfter Wind« aufmerksam machte. Unauffällig entfernte sich der Jefe aus dem Kreis der Feiernden, suchte nach der Schwester. Er fand sie an jener Hütte lehnend, wo sie John Haggerty bei seinem letzten Besuch getroffen hatte. Tla-ina wirkte im fahlen Licht des Mondes noch schmaler, noch zerbrechlicher. Und sie wirkte unendlich einsam. Sanft berührte Cochise ihren Arm. Tla-ina blickte zu den funkelnden Sternen hoch, wandte sich nicht einmal um. »Meine Schwester möge mich begleiten«, begann der Häuptling vorsichtig. »Man fragt an den Feuern nach Tla-ina und wundert sich, daß sie dem Fest des Sieges fernbleibt.« Eigenwillig schüttelte die schöne Apachin den Kopf, sah den Bruder mit traurigen Augen an. »Wer sollte Tla-ina vermissen? Der, nach dem das Herz von ›Sanfter Wind‹ verlangt, ist fern, Bruder. Vielleicht wird der Weg zur Bergfeste für immer für ihn versperrt sein nach allem, was geschah.« Eine steile Falte stand zwischen Cochises Brauen. »Macht mir Tla-ina Vorwürfe, weil wir den Wagentreck überfielen? Es war notwendig, Schwester. Die Bleichgesichter nehmen den Apachen das weg, was sie zum Leben brauchen. Da ist es nur gerecht, wenn wir ihnen nehmen, was sie im Überfluß besitzen.« »Ich weiß. Doch Falke ist ein Weißer, ein Kundschafter der Armee. Er wird nicht in die Apacheria zurückkehren, wenn er von dem Überfall auf den Treck erfährt.« Tla-inas Stimme brach. Tränen rannen aus ihren dunklen Augen. Cochise umfaßte ihre schmalen Schultern. »Der Scout John Haggerty mag unser Handeln nicht gutheißen. Aber er ist nicht nur Pfadfinder der Blauröcke, sondern auch Falke, der Mann, dessen Herz meiner Schwester
nahesteht. Kein Apache wird ihm den Weg in Cochises Apacheria verweigern. Er wird uns stets willkommen sein. Und er weiß es, Schwester.« Als das Mädchen schwieg, griff Cochise um ihren Arm, zog sie mit sich. »Komm, Tla-ina, freue dich mit den anderen. Sieh, Keenas junge Squaw und die Töchter der Gelbhäutigen fühlen sich noch fremd. Geselle dich zu ihnen. Hilf ihnen, unsere Sitten und Gebräuche zu verstehen. Um so schneller werden sie sich als Apachinnen fühlen. Mir schien, du bringst Maria schwesterliche Freundschaft entgegen. Kümmere dich um sie. Du wirst deinen Kummer vergessen. Der Falke wird wiederkommen. Er wird zurückkehren in die Bergfeste. Die guten Gedanken von ›Sanfter Wind‹ werden ihn rufen, herführen. Er wird den Ruf deines Herzens vernehmen.« Ein zaghaftes Lächeln huschte um Tla-inas Mund. Entschlossen wischte sie sich über die Augen und folgte willig ihrem Bruder. * Der Tag begann regnerisch. Es schien, als hätte der Himmel sein Innerstes nach außen gekehrt. Thomas Jeffords und John Haggerty trafen sich im Speisehaus beim Frühstück. Es wollte keine rechte Stimmung unter den Gästen aufkommen. Zu sehr saß der Schrecken über das Massaker den Leuten noch in den Knochen. Auch die beiden Freunde sprachen kaum. Keiner schien großen Hunger zu haben. Beide machten sich Sorgen. »Ich frage mich, was sich seit unserer Abwesenheit am Paß alles ereignet hat«, sagte Jeffords schließlich nach längerem Schweigen. »John, ich glaube, dort hat sich was getan.« »Kann sein, Tom. Hab' auch so 'nen komischen Druck im Magen. Bedeutet selten was Gutes, dieses Gefühl. Entweder ist
was passiert, oder es blüht uns was.« »Warten wir's ab.« Jeffords trank den letzten Schluck Kaffee, wartete, bis auch Haggerty sein Frühstück beendet hatte, dann erhob er sich. »Kommen Sie mit, John? Ich gehe jetzt zu Ballard rüber. Möchte mich noch einmal mit ihm unterhalten, bevor er in den Osten aufbricht. Bin neugierig wie ein altes Marktweib auf seinen Nachfolger.« »Hoffentlich ist's kein Indianerhasser«, sagte John Haggerty, »sonst kriegen Sie dauernd Kummer, Tom. Nun, lassen wir uns überraschen. Bleibt uns ja nichts anderes übrig, was?« Die Männer verließen das Restaurant, stiefelten auf das Postoffice zu. Mehr als ein feindseliger, abweisender Blick folgte ihnen. Das Wort »Indianerfreund« war eines der gelindesten Schimpfworte, das mancher hinter ihnen herrief. Allerdings nicht so laut, daß Jeffords oder Haggerty es hören konnten. Dazu waren die Leute zu feige. Viele hatten Jeffords' Fight vom vergangenen Abend noch allzugut in Erinnerung. Und der Scout war auch nicht gerade als Schwächling bekannt. Ballard schien an diesem miesen Morgen besserer Laune zu sein als das Wetter. Sein feistes Gesicht drückte äußerste Zufriedenheit aus. Er strahlte förmlich. »Der hat 'ne Bombenstimmung«, raunte Thomas seinem Begleiter zu. »Wahrscheinlich ist er in Gedanken bereits im Osten.« »Er freut sich bestimmt schon auf die Saloonhasen«, feixte John. »Denen wird er mit Schauergeschichten aus dem Wilden Westen imponieren. Dabei vergessen sie dann, daß er ein Fettkloß ist.« Sie traten näher, wurden von Ballard freundlich begrüßt. »Nehmen Sie Platz; Gentlemen. Darf ich Ihnen einen Whisky anbieten oder sonst einen Drink?« Jeffords und Haggerty lehnten dankend ab. Ballard aber
nötigte sie, wenigstens einen kleinen Whisky zu nehmen. »Es wird vermutlich unser letzter, gemeinsamer Drink sein«, sagte der Postmeister. »Wenn Sie bald wieder aufbrechen, werde ich Sie wohl kaum noch sehen. Ich werde Tombstone endgültig verlassen. Und ich bedaure es nicht.« »Die Lage ist kritisch, spitzt sich immer mehr zu.« Jeffords nahm einen Schluck, sah Ron Ballard an. Der Stationsleiter wirkte müde und abgespannt. »Es wird immer schwieriger am Paß. Wir stehen oben am Peak zwischen zwei Feuern, Mr. Ballard. Sitzen sozusagen zwischen zwei Stühlen. So was geht leicht ins Auge. Die Leute hier in der Town nennen mich einen verdammten Apachenfreund. Die Indianer wiederum glauben manchmal, Grund zum Mißtrauen zu haben. Auch wenn mich manch roter Mann seinen Freund nennt, ich bin ein Weißer. Die Hautfarbe genügt, um in manche Apachenseele Mißtrauen zu säen.« Ron Ballard leerte sein Glas in einem Zug, goß nach. »Ich kann Sie verstehen, Mr. Jeffords. Die Lage ist alles andere als erfreulich. Aber Sie sind jung, tatkräftig und besitzen das Vertrauen eines der berühmtesten Apachenhäuptlinge: Cochise. Das fällt schwer ins Gewicht, Jeffords.« »Auch mich nennt man einen Freund des Jefe«, warf John Haggerty ein. »Deshalb besitze ich noch lange nicht das Vertrauen eines jeden Apachen oder gar aller Stämme.« »Sicher«, sagte Ballard etwas ungeduldig. Seine blassen Froschaugen musterten den Scout eindringlich. »Es ist aber ein bedeutender Unterschied, ob jemand die Freundschaft eines Häuptlings besitzt oder eines einfachen Kriegers. Cochise hat großen Einfluß auf seine Untergebenen.« »Der mir herzlich wenig nützt, wenn mein Skalp einem seiner Männer gefällt«, fügte Haggerty trocken hinzu. »Vielleicht sollten Mr. Jeffords und ich es Ihnen gleichtun und diese reichlich ungesunde Gegend verlassen.«
»Einmal abgesehen von unserer sogenannten Freundschaft mit Cochise, Mr. Ballard, es gibt auch andere Apachenstämme, die uns weniger freundlich gesinnt sind. Vor allem Victorios Mimbrenjos. Denen ist die Station am Apachen-Paß ein Dorn im. Auge.« Thomas Jeffords sah seinen Vorgesetzten ernst an. »Was gedenkt die Butterfield Overland zum Schutz ihrer Station am Paß zu unternehmen?« »Ich bin kein Postmeister mehr«, entgegnete Ron Ballard, »und nicht mehr in der Lage, Ihnen irgendwelche Hilfe zu leisten, Tom.« Thomas Jeffords sah Ballard forschend an. Dessen Froschaugen schienen ihn voller Belustigung zu mustern. »Und wer ist Ihr Nachfolger, Mr. Ballard?« Jeffords ärgerte sich insgeheim über Ballards anscheinende Belustigung. Ron Ballard erhob sich, ging zu seinem Schreibtisch. Aus der Schublade entnahm er einen versiegelten Umschlag, reichte Jeffords das Schreiben. »Lesen Sie selbst.« Etwas befremdet sah Jeffords Ballard an. Doch dann öffnete er auf dessen erneute Aufforderung den Umschlag. Er enthielt zwei Urkunden. Thomas traute seinen Augen kaum, winkte Haggerty heran. »Entweder kann ich nicht mehr richtig lesen, oder ich träume. Sehen Sie nur, John.« Die eine Urkunde enthielt die offizielle Trennung Jeffords' zum Postmeister, die andere seine Bestellung zum U.S. Postinspektor. »Da bleibt einem die Spucke weg, eh?« fragte Haggerty. »Mann, Tom, gratuliere.« »Ich schließe mich den Glückwünschen von Mr. Haggerty an.« Ballard reichte Jeffords die Hand. »Schätze, da wäre ein Glas Wein fällig. Hab' 'nen guten Tropfen im Haus. Wie ist's damit, Leute?«
»Wollen Sie den neuen Postmeister noch vor seiner ersten Amtshandlung besoffen machen?« frotzelte Jeffords lachend. »Für gewöhnlich kann ich schon einen Stiefel voll vertragen, aber doch nicht kurz nach dem Frühstück. Verschieben wir das bis nach dem Mittagessen, Mr. Ballard, okay? John und ich gehen inzwischen ins Hotel und packen unsere Sachen. Heute nachmittag reiten wir zum Paß zurück.«. Richard Tichy kam aus dem Nebenraum. »Und wer kümmert sich dann hier um den Betrieb, Mr. Jeffords, wenn Mr. Ballard abreist und Sie zum Paß zurückreiten?« wollte der Buchhalter wissen. Lächelnd blickte Thomas den dürren Langen an. Sein Zeigefinger tippte auf Tichys Brust. »Sie, Richard. Sie sind genau der richtige Mann. Ich übergebe Ihnen hiermit die Posthalterei samt Kutschenstation. Suchen Sie sich einen Buchhalter, wenn Sie's für nötig halten.« Tichy schnappte nach Luft. Sekundenlang blieb sein Mund offen. Sein sonst farbloses Gesicht rötete sich. Seine blassen Augen bekamen einen ungewöhnlichen Glanz. Seine Dankesworte waren ein freudiges Gestammel. Richard Tichy war unfähig, ein vernünftiges Wort, geschweige denn einen vollständigen Satz zu sprechen. Er konnte sein Glück kaum fassen. Er, der unscheinbare Buchhalter, der von vielen nicht ernstgenommen wurde, war plötzlich jemand. Mit diesem Vertrauensposten konnte er zu einer völlig neuen Persönlichkeit werden. Das fühlte Tichy in diesem Moment. Thomas Jeffords aber war davon überzeugt, daß die Verantwortung Tichys Persönlichkeit entwickeln, daß er selbstbewußter werden, kurz, ein völlig neuer Mensch würde. Tichy, Jeffords und Haggerty trafen sich später noch einmal bei Ballard und tranken erstklassigen Wein. Sie trennten sich mit den besten gegenseitigen Wünschen für die Zukunft.
* Es war später Nachmittag, als Jeffords und Haggerty Tombstone verließen. Es hatte aufgehört zu regnen. Nebeldunst hing über dem Land. Man hatte den Eindruck, als wäre alles in Watte getaucht. »Vielleicht hätten wir die Nacht doch noch in Tombstone verbringen sollen«, gab Haggerty zu bedenken. »Ganz angenehm wird das Schlafen hier draußen nicht sein.« »Dachte, sie hätten schon schlechtere Nächte verbracht«, bemerkte Jeffords grinsend. »Ein Kundschafter macht doch normalerweise keinen Anspruch auf ein Himmelbett geltend.« John blieb ernst, ging nicht auf den Spaß ein. »Ich sah Freeman mit einer Gruppe seiner Miliz losziehen«, sagte der Scout nachdenklich. »Falls die in dieselbe Richtung reiten wie wir und Kummer mit den Indsmen bekommen, Freund Tom, dann sind wir mittendrin, ob wir wollen oder nicht.« »Wir werden eben versuchen, jedem Kummer auszuweichen«, sagte Jeffords seelenruhig. »Wir könnten auf Shaws Farm übernachten«, schlug Haggerty vor. »Dort findet man zwar kein Himmelbett, aber in seinem Pferdestall ist es wärmer als draußen.« »Sie scheinen heute eine wahre Abneigung gegen das Verweilen in freier Natur zu haben.« Jeffords lachte. »Für einen Scout ziemlich außergewöhnlich.« »Hören Sie, Tom, da gibt es nichts zu lachen. Ich werde einfach das verdammte Gefühl nicht los, daß wir nicht allein durch die Gegend reiten. Und bei diesem undurchsichtigen Nebelbrei ist mir das verdammt unangenehm. Man sieht ja kaum die Hand vor den Augen. Wie soll man da einen Menschen sehen können.« »Sieht man keinen, fürchtet man auch keinen«, frotzelte Jeffords noch immer gutgelaunt. Er freute sich, zum Paß
zurückzukehren. »Was haben Sie nur, John? So kenne ich Sie gar nicht.« »Ich mich auch nicht«, kam es trocken über Haggertys Lippen. »Doch wie ist das nun, Tom? Biegen wir nach rechts ab und fragen bei Shaw, ob wir bei ihm übernachten können?« »Wenn es Sie unbedingt nach einem Pferdestall als Hotel und einer Box als Bett gelüstet, dann ja, verdammt noch mal.« Jeffords war etwas ungehalten. »Obwohl ich Sie nicht verstehe«, fügte er mürrisch hinzu. Haggerty blieb die Antwort schuldig. Seine Erfahrung als Scout hatte ihn gelehrt, dem Unterbewußtsein mindestens genausoviel Beachtung zu schenken wie dem nüchternen Verstand. Und er war in all den Jahren auf vielen gefahrvollen Ritten gut dabei gefahren. Jeffords bog von der Poststraße ab. Ohne Kommentar wendete Haggerty seinen Braunen und folgte Thomas. Der Nebel wurde dichter. Die Männer konnten keinen Yard weit mehr sehen. Sie mußten sich auf den Instinkt ihrer Pferde verlassen und darauf hoffen, daß die durch den breiigen Nebel fänden. * Shaws Farm war ein bescheidenes Anwesen, die Heimstätte eines Kleinsiedlers. Für die Männer war es ein Glück, daß Haggertys brauner Hengst den Weg nicht zum erstenmal ging. Nach zwei Meilen verhielt der Scout das Pferd, lauschte angespannt. »Damned, Tom. Meine Kundschafternase riecht noch etwas anderes als die Nebelfeuchtigkeit. Wir geistern nicht allein in der Gegend herum. Ich habe es von Anfang an gewußt.« »Wer?« fragte Jeffords nur kurz. »Mimbrenjos«, kam es ebenso knapp zurück. »Gepriesen sei Ihr Riechorgan«, sagte Jeffords grimmig.
»Aber Ihr Geruchssinn hilft uns in diesem Wetter nicht weiter. Wir können nicht mal Trab reiten, geschweige denn Galopp. Die Gäule haben schon Schwierigkeiten, im Schritt den Weg nicht zu verfehlen.« »Ein Gutes hat die Nebelwatte doch.« Haggerty unterdrückte ein Lachen. »Die roten Vettern können uns ebensowenig sehen wie wir sie. Wir müssen die Farm vor ihnen erreichen. Das sagt mir mein Instinkt.« Nach einer weiteren Meile hatten sie es geschafft. Aus den Nebelschwaden schälten sich die Konturen niedriger Gebäude. Das Farmhaus und die Ställe. Die schweren Fensterläden waren geschlossen. Kein Lichtschein drang durch die Ritzen nach draußen. Nichts rührte sich. Das stille Haus, der dichte Nebel, die Lautlosigkeit ringsum – das alles wirkte beklemmend, gespenstisch. »Hallo, Shaw!« rief John Haggerty verhalten. »Hören Sie mich? Ich bin's, Haggerty, der Armyscout.« »Sind Sie allein?« kam es nach sekundenlangem Zögern zurück. »Mr. Jeffords von der Poststation am Apachen-Paß ist bei mir«, rief Haggerty. »Bringen Sie Ihre Pferde in den Stall, dann kommen Sie an die Tür. Ich werde öffnen, wenn ihr davorsteht. Das ist sicherer.« Wenig später betraten Thomas Jeffords und John Haggerty den Wohnraum der Shaw-Farm. Shaw schob den schweren Querbalken, der die Tür sicherte, zurück. Er schien in großer Sorge zu sein. »Ist euch jemand gefolgt?« fragte der Mann nach kurzer Begrüßung. »Es trieben sich den ganzen Tag Apachen in der Gegend herum. Wenn mich nicht alles täuscht, dann waren es Mimbrenjos.« »Wir hatten den Eindruck, daß wir nicht allein unterwegs
waren«, erwiderte Jeffords. »Sagen Sie, Mister, versuchten die Indsmen, die Farm anzugreifen?« »Nein.« Das Gesicht des Farmers drückte Angst aus. Er warf verstohlene Blicke auf seine Familie, die sich ängstlich in den hintersten Winkel verkrochen hatte. »Anzugreifen versuchten sie nicht. Aber ich sah sie wie Schatten umherhuschen, wie lautlose Schemen. Mal hier, mal dort. Unheimlich, sage ich euch.« »Irgend etwas werden sie vorhaben.« Haggerty lehnte den Henry stutzen an die Wand. »Wir sollten die Nacht durchwachen, Mr. Shaw. Eigentlich wollten wir um ein Nachtquartier bitten, doch an Schlaf wird wohl kaum zu denken sein. Wir tun besser daran, uns im Wachen abzulösen.« Der Scout sah zu der Farmersfrau und den Kindern hinüber. »Ängstigen Sie sich nicht unnötig, Ma'am. Schätze, die Redmen sind hinter jemanden her. Denke, die Farm interessiert sie nicht so sehr. Vielleicht aber sollten Sie lieber die Sicherheit eines Forts aufsuchen. Freemans Miliz hat am Nachmittag Tombstone verlassen. Mit denen haben die Indianer wohl ein Hühnchen zu rupfen. Und sollte es den Apachen trotzdem einfallen, hier aufzukreuzen, so werden die sich blutige Köpfe holen, darauf können Sie sich verlassen. Dieser Victorio mit seinen Mimbres trampelt mir schon lange genug auf meinen Nerven herum.« Trotz aller Befürchtungen verlief die Nacht ohne Zwischenfall. In der Frühe des nächsten Morgens brachen Jeffords und Haggerty auf. Von den Apachen war nichts mehr zu sehen. * An diesem Morgen war das Wetter weniger mies als am vergangenen. Die Sonne versuchte die Wolken zu
durchbrechen, die Landschaft bot ein freundliches Bild. Nichts in dieser erwachenden Natur deutete auf eine Gefahr hin. Kein fremder Laut störte die morgendliche Stille. Nur die gewohnten, von Tieren verursachten Geräusche ließen erkennen, daß Leben hier draußen war. In dieser morgendlichen Frische wäre der Ritt ein Vergnügen für Jeffords und Haggerty gewesen, hätten sie nicht Unheil geahnt. Denn beiden Männern war längst klar, daß dieser Friede trügerisch war. Als sie auf der Poststraße ritten, rief Thomas Jeffords seinem Begleiter zu: »He, John, was sagt Ihr Kundschafterrüssel heute morgen? Sind unsere lieben Vettern in der Nähe?« »Noch nicht«, antwortete der Scout. »Sitzen noch beim Lunch.« Obwohl er Spaß machte und sorglos schien, war John Haggerty ganz gespannte Aufmerksamkeit. Das jedoch konnte nur jemand erkennen, der ihn so gut kannte wie Jeffords. Sie hatten etwa fünf Meilen zurückgelegt, als Haggerty dem Postinspektor zurief: »Verdammt, Tom, ich glaube, unsere Freunde haben ihren Lunch beendet und sind uns auf der Spur. Sputen wir uns, Amigo.« »Habe den gleichen Eindruck«, entgegnete Jeffords. »Ist alles zu still. Man hört und sieht keine Tiere mehr, nicht einmal Vögel. Wurden wohl alle von den Rothäuten aufgeschreckt.« »Was tun wir, Tom? Sollen wir irgendwo Deckung suchen und abwarten, ob sie uns angreifen? Was schlagen Sie vor?« »Hm, wir sollten an einer Stelle lagern, an der wir den Rücken frei haben, an einer Felswand vielleicht. Von dort aus können wir die Umgebung beobachten. Na ja, dann müssen wir wohl abwarten, was geschieht.« »Das wäre auch mein Vorschlag gewesen«, sagte Haggerty. Die Felswand, an der sie wenig später aus den Sätteln glitten,
ging eine halbe Meile weiter in einen Canyon über. Eigentlich war es ein idealer Platz. Haggertys Blicke schweiften über die Schroffen und Hänge. Nichts rührte sich, nichts zeigte sich. »Ich weiß, daß sie trotzdem da sind«, sagte der Scout aus seinen Gedanken heraus. »Ich fühle es einfach. Haben wohl die Absicht, uns auf freiem Gelände zu jagen. Well, Tom, ewig können wir nicht hier hocken bleiben. Riskieren wir es also.« Sie saßen kaum auf ihren Pferden, als aus einer Bodensenke ein Schwarm Mimbrenjos auftauchte. Jeffords und Haggerty preschten in den Canyon. Hinter ihnen heulten die Mimbrenjokrieger triumphierend. »Die Halunken sollen erst brüllen, wenn sie unsere Felle haben«, rief John Haggerty grimmig. »Die freuen sich zu früh.« Er klopfte auf den Schaft des Henrystutzens. Auf diese Waffe konnte er sich in allen Situationen verlassen. Die Hufe ihrer Pferde hämmerten ein donnerndes Stakkato, dessen Echo von den Felswänden widerhallte. »Tempo, John!« drängte Jeffords. »Kann Ihr Brauner nicht schneller laufen? Mann, spornen Sie ihn an!« John drückte dem Hengst die Absätze in die Flanken. Er merkte, daß das Tier erschöpft war. Sonst war sein treuer, vierbeiniger Gefährte ein guter Renner. Und gerade jetzt, wo es auf Sekunden ankam, schien mit dem Braunen etwas nicht in Ordnung zu sein. »Er kann nicht«, brüllte John gegen den Wind. »Reiten Sie nur los, Tom! Ich werde mir Deckung suchen und die Gentlemen unter Feuer nehmen. Hauen Sie ab, Mann!« »Wohl nicht ganz dicht, he?« fauchte Jeffords. »Glauben Sie vielleicht, ich ließe Sie im Stich?« »Sie Narr!« keuchte John. »Dann gehen wir beide drauf.« »Oder auch nicht«, kam es verbittert zurück. »Und, seien Sie ehrlich, John, Sie würden auch nicht anders als ich handeln.«
»Wenn wir es bis zum Ausgang des Canyons schaffen, können wir die Mimbrenjos vielleicht abschütteln«, rief Haggerty dem Postmeister zu. »Vielleicht gibt's hinter dem Canyon eine Stelle, von wo aus wir nach oben kommen. Dann hätten wir die Mimbrenjos prima im Visier.« »Gott bewahre Ihren Kinderglauben«, sagte Jeffords, riß im gleichen Atemzug das Gewehr aus dem Scabbard, drehte sich im Sattel und feuerte. Seine Kugel schleuderte einen Krieger vom Ponyrücken. Haggerty und Jeffords mußten ihre Pferde parieren. Sie mußten schießen, wollten sie nicht selbst getötet werden. Die Pferde liefen langsamer, John und Thomas konnten besser zielen. Allerdings rückten dadurch die Mimbrenjos näher. Haggertys Henrystutzen spie tödliches Blei. Das verschaffte ihnen einen kleinen Vorsprung. Denn die schnell hintereinander abgefeuerten Schüsse richteten unter den Indianern einige Verwirrung an. Auch hatten sie bereits mehrere Tote und Verwundete zu beklagen. Sie zögerten jedoch nur kurz. Ein scharfer Befehl ihres Anführers, und die Hetzjagd ging weiter. Es war ein höllisches Rennen ums nackte Leben. Staub wirbelte unter den Hufen der Pferde auf, Erdbrocken flogen hoch. In das Peitschen der Schüsse mischten sich das infernalische Heulen der Mimbrenjos und die Flüche der beiden Weißen. »Da!« rief Haggerty und wies mit der Rechten nach links. »Da ist eine Biegung. Wir gehen dort in Deckung und empfangen die Mimbrenjos mit Blei. Wegreiten hilft uns nichts mehr, Tom.« Als Jeffords und Haggerty gerade um die Biegung galoppiert waren, sträubten sich ihnen förmlich die Haare. Der Weg durch den Canyon führte nicht weiter. Als sie ihre
Flucht begannen, hatten sie nicht darauf geachtet, in welchen Canyon sie ritten. Mit Entsetzen stellten sie nun fest, daß sie in einen Sackcanyon geraten waren. Es gab keinen Ausgang. Sie saßen in der Falle. In dem Moment, als ihnen ihre mißliche Lage klarwurde, sprangen sie auch schon ab, zogen die Pferde hinter einen mannshohen Felsblock, hinter dem sie, selbst ebenfalls Deckung fanden. Die Pferde wurden dazu gebracht, sich niederzulegen. Immer lauter klang der Hufschlag der Mustangs, immer ohrenbetäubender das Kriegsgeschrei. Haggerty und Jeffords sahen sich an, nickten sich zu. »Wenn's unser letzter Kampf sein sollte, John, dürfen wir keine Kugel vergeuden. Wir nehmen so viele Rothäute wie möglich mit auf den langen Trail.« Jeffords sagte es voll grimmiger Entschlossenheit. Es blieb ihnen keine Zeit zum Nachdenken. Die Mimbrenjos jagten heran, passierten den Felsblock wie die Palisaden eines Forts. »Verdammt«, fluchte John Haggerty, »warum hat der Stein keine Schießscharten? Man kann nur treffen, wenn man die Nase um den Block steckt. Und dabei riskiert man eine Kugel oder einen Pfeil.« »Der Satan hole diese Brut«, brummte Jeffords und zog den Stecher durch. Ein Mimbrenjo, der gerade versuchte, hinter den Felsbrocken zu gelangen, sackte im Fellsattel zusammen, fiel in den Staub. Wutgeheul brandete auf. John und Thomas zuckten zusammen. Das Geheul war dicht vor ihnen. Die Mimbrenjos mußten auf der anderen Seite des Felsens sein. »Denke, wir sprechen unser letztes Vaterunser«, murmelte Haggerty. »Ich wünsche mir bloß eines: Cochise möge erfahren, daß seine Mimbrenjo-Vettern uns umgebracht
haben.« »Noch leben wir«, knirschte Jeffords. »Ich gebe zu, die Rothäute haben die besseren Karten in diesem Blackjack. Doch wir sitzen sicherer. Und Proviant und Wasser haben wir vorläufig genug. Könnte ja sein, daß die Knallerei gehört wird. Vielleicht sogar von Cochise. Wäre mir ein Vergnügen, zu beobachten, wie seine Krieger ihre eigenen Vettern in die Ewigen Jagdgründe schicken.« Haggerty blickte die Felsen hoch. Aber er sah keine Möglichkeit, die steil aufragenden Wände zu erklimmen. Nicht mal zu Fuß, geschweige denn mit den Pferden. Jeffords bemerkte Haggertys Blicke, schüttelte grimmig den Kopf. »Hat keinen Zweck, John, sich nach einem Fluchtweg umzusehen. Es gibt keinen. Wir sitzen fest, wie der Bär im Zwinger.« Sie verspürten einen bitteren Geschmack im Mund. Sollte dies wirklich das Ende sein? * In »Lion« Bill Freeman breitete sich prickelnde Unruhe aus. Mit der Erfahrung des alten Kämpen wußte er diese Unruhe richtig zu deuten. Sie signalisierte Gefahr. Er schickte einen seiner Männer, der Kundschafter im vergangenen Bürgerkrieg gewesen, um die Gegend zu erkunden. Nach einer halben Stunde kam der Mann zurück. »Spuren von Indianerponys, Sir«, meldete er. »Sie führen zum Apachen-Paß. Sind schnell geritten, die Vettern. Entweder wurden sie verfolgt oder aber sie waren selbst die Verfolger.« »Nachsehen«, war alles, was Freeman erwiderte. Er war als erster wieder im Sattel, folgte dem Kundschafter. Furcht kannte der ehemalige Captain nicht. Er liebte den Kampf, fühlte sich noch immer als Soldat.
Erst als der Vorausreitende sein Pferd zügelte und die Fährten betrachtete, verlangsamte auch Freeman das Tempo. »Hier sind nicht nur Spuren von Indianerponys«, meldete der ehemalige Armeescout, »sondern ebenfalls solche von zwei beschlagenen Pferden. Woraus zu schließen ist, daß die Indianer zwei Weiße verfolgten.« »Dann werden die Verfolger bald selbst die Gejagten sein«, brummte Bill Freeman zornig. »Diese roten Bastarde werden immer dreister. Wir müssen ihnen die Krallen beschneiden. Los, Leute! Wir sind den Kerlen Revanche schuldig für das Massaker in der Gila-Wüste. Sie sollen die Beute nicht umsonst bekommen haben. Jetzt wird ihnen die Rechnung präsentiert.« »Das waren Cochises Chiricahuas«, sagte der Scout. »Vielleicht gehören diese zu einem anderen Stamm.« »Na und? Apache ist Apache«, knurrte Freeman. »Sind alle gleich. Pack ist Pack, Mann. Sie sollen mir nur vor die Flinte kommen.« Der ehemalige Scout verstand sich noch immer blendend aufs Spurenlesen. Er verlor die Fährte nicht aus den Augen. Auch auf steinigem Boden fand er immer wieder Hinweise dafür, daß die Indianer diesen Weg geritten waren. Eine Hügelkette tauchte auf, der Einschnitt eines Canyons wurde sichtbar. Weiter entfernt schob sich eine Felswand vor einer Canyonmündung. Freeman schickte den Scout zur Erkundung los. Scharf beobachtete »Lion« Bill Freeman den Mann, achtete auf jedes Zeichen, das er gab. Und als er wie wild zu winken begann, die Hand dabei kreisen ließ, wußte Freeman, daß der Mann etwas entdeckt hatte. Er preschte los, holte den Scout ein. Von einer Anhöhe aus sahen sie, wie eine Gruppe Mimbrenjos zwei Reiter verfolgte. Und wie diese Reiter geradewegs in einen Sackcanyon einbogen.
Freeman fluchte fürchterlich. »Diese Hohlköpfe! Dort sitzen sie in der Falle. Müssen fremd in der Gegend sein. Na, egal, wir hauen sie selbstverständlich heraus. Reiten Sie zu unsern Leuten zurück, Manners. Sie sollen sich vorsichtig bewegen, möglichst keinen Lärm machen. Ich werde versuchen, noch näher ranzukommen. Sobald Sie mit unseren Leuten hier sind, greifen wir ein. Alles okay?« »Okay.« Manners nickte und jagte den Hügel hinab, den Männern des Frontier Bataillons entgegen. Wenig später ritten sie so geräuschlos wie möglich dem Canyon zu. Hier, am Eingang, waren die Felsen noch erklimmbar. »Die Scharfschützen unter euch dort hinauf!« befahl Freeman. »Die andern zu Pferde hinter den roten Halunken her!« Freeman kletterte mit sechs Männern den Fels hoch. Oben blickte er zunächst durch das Fernglas. »Möchte doch zu gern wissen, welche zwei Tölpel in den Sackcanyon geritten sind«, murmelte er, um dann gleich drauf loszubrüllen: »Da schlag einer lang hin! Leute, diese Dummköpfe, die dort in der Klemme sitzen, sind Jeffords und Haggerty. Es ist nicht zu fassen. Zwei erfahrene Männer. Die Roten müssen sie direkt da hineingejagt haben. Anders kann ich es mir nicht vorstellen.« Freeman ließ das Glas sinken, griff zur Waffe. Das Frontier Bataillon hatte in den Kampf eingegriffen. Zu spät bemerkten die Mimbrenjos den neuen Feind. * Schweiß rann John und Thomas in die Augen. Sie merkten, daß ihre Kräfte mehr und mehr erlahmten. »Schätze, es geht doch zu Ende«, murmelte Haggerty mit
blassen Lippen. »Schade, Freund Tom. Hätte mir noch einige Jahre gewünscht.« »Einige ist gut«, knirschte, Jeffords. »Ich hatte mal vor, ein Tattergreis zu werden. Na, dann eben nicht. Hoffe nur, die roten Hunde kommen in die Hölle statt in die Ewigen Jagdgründe.« Plötzlich griff Jeffords erregt nach Haggertys Arm. »Hören Sie, John? Schüsse! Die stammen nicht aus den alten Karabinern der roten Vettern, sondern aus modernen Gewehren. Das sind Weiße. Wir kriegen Verstärkung, John.« Immer näher klang das Echo der Schüsse. Das Hufgetrappel beschlagener Pferde wurde laut. »Hoffentlich sind es keine Desperados, die dort angesaust kommen«, sagte John Haggerty besorgt. »Die würden zuerst den Indianern den Garaus machen und danach uns.« »So was nennt man dann doppeltes Pech«, bemerkte Jeffords mit schiefem Grinsen. Eine befehlsgewohnte Stimme ließ die beiden Männer plötzlich hoffnungsvoll aufhorchen. Es war eine Stimme, die den Kampfeslärm übertönte. »Freeman!« riefen Jeffords und Haggerty gleichzeitig. Und »Lion« Bill Freeman machte seinem Zunamen wieder einmal alle Ehre. Er brüllte wie ein Löwe, stachelte seine Männer an. Der Ex-Captain hockte auf einem Hügel, gedeckt durch einen Mesquitestrauch, und feuerte pausenlos auf die Mimbrenjos. Seit dem Massaker in der Gila-Desert war Freeman zum unerbittlichen Indianerhasser geworden. Es gab keine Rothaut mehr, die vor seinen Kugeln sicher war. Fiel nur irgendwo das Wort »Apache«, so schaltete Freemans Hirn sofort auf Töten. Und dort unten auf der Canyonsohle boten sich ihm die Mimbrenjos gleichsam wie auf dem Präsentierteller dar. Als das Frontier Batallion in den Canyon eindrang, war das
Inferno vollkommen. Schießend und brüllend griffen sie die Indianer an. Unerbittlich tobte der Kampf. Bald fiel kein Schuß mehr. Weiße und Apachen kämpften Mann gegen Mann. Colts, Tomahawks und Jagdmesser taten ihr grausiges Werk. Als sie die Miliz sahen, zogen Jeffords und Haggerty ihre Pferde hoch, schwangen sich in die Sättel und preschten mitten unter die Kämpfenden. Johns Henrystutzen entlud sich ein paarmal krachend. Einige Mimbrenjos rollten in den Staub. Ein muskulöser Krieger sprang den Scout an, riß ihn aus dem Sattel. Im Fallen erkannte John den Mann. Es war einer von Victorios Kriegern, mit dem Haggerty schon mehrmals aneinandergeraten war. Sie waren Feinde und wußten, daß sie keine Gnade zu erwarten hatten. In diesem unerbittlichen Kampf konnte es nur einen Überlebenden geben. Der Mimbrenjo hielt das schwere Jagdmesser in der Rechten. Eine gefährliche Waffe. John Haggerty besaß nur seine Fäuste, sich gegen den Krieger zu verteidigen. Beim Sturz vom Pferd war ihm der Colt entfallen. Das Scoutmesser steckte zwar in seinem Gürtel, er konnte es jedoch nicht fassen, denn er brauchte beide Hände, den Messerarm des Mimbrenjos abzuwehren. John fühlte seine Kräfte schwinden, die Arme wurden ihm taub von der unmenschlichen Anstrengung. Einige Yards weiter rang Jeffords mit einem Krieger. Dem Postmeister gelang es, den Gegner zu erledigen. Bevor er John zu Hilfe eilen konnte, sprang ihn ein anderer Apache an. In ohnmächtiger Wut beobachtete Freeman den ungleichen Kampf. Einen Schuß wagte er nicht anzubringen, aus Angst, dabei Haggerty zu treffen. Der jähzornige Mann ließ einen Stapel greulicher Flüche hören. Seine Kiefer mahlten, seine eisgrauen Augen wurden steinhart. Sein Texanerschnurrbart zitterte, so erregt war Freeman. Seine Hände umkrallten den
Schaft des Gewehrs. »Teufel, ich werde doch wohl nicht mit ansehen müssen, wie der rote Kerl den Scout zur Hölle schickt.« Freemans Stimme vibrierte. »Wäre ich nur da unten, verdammt. Sieht denn keiner, was sich da abspielt?« John Haggertys Kräfte waren am Ende. Er mußte den Arm des Indianers loslassen. Der Gegner trat gegen Johns Schienbein. Der Scout stolperte, ging zu Boden. Darauf hatte der Apache gewartet. Sofort war er über Haggerty, hob die messerbewehrte Hand. Ein Schuß peitschte. Der Mimbrenjo riß die Arme hoch, stand sekundenlang wie zu Stein erstarrt, dann sackte er vornüber, fiel fast auf Haggerty, der sich im letzten Augenblick zur Seite warf. Einer der Milizmänner half dem erschöpften Scout hoch, der sich sofort nach Jeffords umsah. Der Postmeister hatte seinen Gegner mit einem wuchtigen Fausthieb außer Gefecht gesetzt. Haggerty griff nach seinem Stutzen, schickte einige Kugeln hinter den Mimbrenjos her, die dem Canyonausgang zustrebten. Die Klügeren unter ihnen hatten eingesehen, daß die Flucht die einzige Möglichkeit war, am Leben zu bleiben. Bill Freeman war mit dem Rest seiner Leute den Hügel herabgeschlittert. Sie rannten zu ihren Pferden, nahmen die Verfolgung der Flüchtenden auf. Im Canyon war der Kampf beendet. Thomas Jeffords fiel einem der Milizmänner in den Arm, der einen verwundeten Mimbrenjo einfach abknallen wollte. »Ist das der Dank, daß wir Sie aus der Patsche geholt haben?« fauchte der Mann aus Tombstone. »Glauben Sie, die ließen einen verwundeten Weißen am Leben, eh? Und wenn, dann nur, um ihn später zu martern.« »Kann sein«, konterte der Postmeister, »aber in meiner Gegenwart wird kein Verwundeter ermordet. Ein Mann, der
sich nicht mehr wehren kann, ist kein Feind mehr. Ihn zu töten, käme einem Mord gleich.« »Möge der Gehörnte Ihre noble Seele holen«, höhnte der Mann. »Ein wahrhaft liebenswürdiger Wunsch, Mister.« Jeffords blieb ruhig. Er wollte keinen der Männer, die ihn und Haggerty gerettet hatten, angreifen, sonst hätte er dem Aufgebrachten aus Tombstone die Faust aufs Kinn gepflanzt. Jeffords trat zu einem noch jugendlichen Mimbrenjo, den zwei von der Miliz festhielten. Er blickte den Apachen an. »Du bist fast noch ein Knabe, Krieger. Nimm die Verwundeten deines Stammes und verlasse diesen Ort. Sage Victorio, dem Oberhalunken, daß ich ihm sämtliche Knochen breche, wenn er mir über den Weg läuft. Und wenn er ein Mann und kein altes Weib ist, soll er kommen und versuchen, mich im Zweikampf zu besiegen, statt mir dauernd seine Krieger auf den Hals zu schicken. Der Häuptling ist eine alte, zahnlose Memme, sonst käme er selbst. Sage ihm, daß er ein feiger Kojote ist, nicht wert, daß ihn die Sonne bescheint. Nie wird er dem großen Cochise ähnlich sein.« Diese Worte waren eine schlimme Beleidigung für einen Apachen. Die Augen des Jungkriegers glühten wie Kohlen. »Laßt ihn los!« befahl Jeffords den beiden Männern. »Er soll seine Vettern einsammeln, auf ihre Ponys verfrachten und verschwinden, ehe ich meine Gutmütigkeit bedaure.« Minuten später jagte der junge Mimbrenjo mit vier Verletzten aus dem Sackcanyon. Von der Ebene her waren Schüsse zu hören. Dort holte »Lion« Bill Freeman mit seiner Bürgerwehr noch einige Mimbrenjos aus den Fellsätteln. Er wirkte höchst befriedigt, als er mit seiner Gruppe in den Canyon zurückkehrte, wo sich die Unverletzten um die Verwundeten kümmerten. Freemans langes braunes Haar flatterte im Reitwind. Er sprang aus dem Sattel, ging auf Jeffords und Haggerty zu.
»Freut mich, daß es mir vergönnt war, euch da herauszuholen. Allerdings fragte ich mich am Anfang, welche beiden Greenhörner in diese Sackgasse geritten seien.« Freeman zeigte ein Lächeln, das seine eisgrauen Augen nicht erreichte. »Daß es ausgerechnet zwei erfahrene Männer sind, hätte ich mir nicht träumen lassen.« »Wir schulden Ihnen und Ihren Leuten Dank«, sagte John Haggerty. Er reichte dem ehemaligen Captain die Hand. »Tom und ich dachten schon daran, uns eine Fahrkarte zur Hölle zu besorgen. Lange hätten wir's nicht mehr geschafft.« Auch Tom Jeffords dankte Freeman. »In den Sackcanyon ritten wir, weil wir von den Mimbrenjos vom Weg abgedrängt wurden. Ich kenne die Gegend zwar, doch könnte ich nicht behaupten, jeden Canyon bereits durchritten zu haben«, sagte der Postmeister. »Außerdem rechneten wir uns hier eine bessere Chance aus. Wenigstens waren wir in Deckung. Auf freier Ebene hätten uns die Indianer bald eingeholt. Johns Brauner ließ an Schnelligkeit nach, wir mußten uns verschanzen.« »War mir ein Vergnügen, euch herauszuhauen«, beteuerte Freeman noch einmal. »Schade nur, daß einige der Rotpelze entwischen konnten. Na ja, die holen wir uns bei anderer Gelegenheit.« Jeffords und Haggerty sagten nichts dazu. Obwohl sie dem Frontier Bataillon ihr Leben verdankten, war ihnen Freemans blindwütiger Haß, seine Lust am Töten, unverständlich und zuwider. »Sie reiten zum Apachen-Paß?« wollte der Ex-Captain wissen. »Ja. Ich habe Richard Tichy die Posthalterei in Tombstone übergeben«, erwiderte Jeffords. »John und ich reiten zum Peak. Denke, ich war lange genug abwesend. Viel zu lange.« »Sollen wir euch begleiten?« fragte Freeman. »Vielleicht kommen die Mimbrenjos mit Verstärkung zurück.«
John, dessen Blick in die Ferne geschweift war, lächelte. »Wird kaum nötig sein, Mr. Freeman. Ich denke, bis zum Paß schaffen Tom und ich es allein. Bevor sich die Mimbrenjos ihre Wunden geleckt haben und zurückkommen, sind wir oben. Und da wissen wir uns zu verteidigen.« Thomas Jeffords folgte Haggertys Blick. Ein Lächeln umspielte den Mund des Postmeisters. Weitab auf einem Bergkamm, mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen, stand eine einsame Gestalt. Da wußte Jeffords, warum Haggerty so sicher war, ungehindert den Apachen-Paß zu erreichen. Der dort stand, war kein anderer als der ebenso gefürchtete wie berühmte Häuptling Cochise – unverkennbar an seiner stolzen Haltung. Cochise, der große Anführer der Chiricahuas. Sie trennten sich von Freeman und dessen Leuten. Thomas Jeffords und John Haggerty konnten nun den Apachen Peak ohne Zwischenfall erreichen. Unsichtbar, aber doch gegenwärtig, würde Cochise, ihr roter Freund, sie begleiten.
ENDE