Melanie Hoppe Informelle Mitgliedschaft in Brand Communities
GABLER RESEARCH Forschungsgruppe Konsum und Verhalten He...
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Melanie Hoppe Informelle Mitgliedschaft in Brand Communities
GABLER RESEARCH Forschungsgruppe Konsum und Verhalten Herausgegeben von Professorin Dr. Sigrid Bekmeier-Feuerhahn, Universität Lüneburg, Prof. Dr. Sandra Diehl, Universität Klagenfurt, Professor Dr. Franz-Rudolf Esch, Justus-Liebig-Universität Gießen, Professorin Dr. Andrea Gröppel-Klein, Universität des Saarlandes, Saarbrücken, Professor Dr. Lutz Hildebrandt, Humboldt-Universität zu Berlin, Prof. Dr. Tobias Langner, Universität Wuppertal, Professor Dr. Bruno Neibecker, Universität Karlsruhe (TH), Professor Dr. Thorsten Posselt, Universität Leipzig, Professor Dr. Christian Schade, Humboldt-Universität zu Berlin, Prof. Dr. Martina Steul-Fischer, Universität Nürnberg, Professor Dr. Ralf Terlutter, Universität Klagenfurt, Professor Dr. Volker Trommsdorff, Technische Universität Berlin
Die Forschungsgruppe „Konsum und Verhalten“, die von Professor Dr. Werner Kroeber-Riel begründet wurde, veröffentlicht ausgewählte Ergebnisse ihrer Arbeiten seit 1997 in dieser Reihe. Im Mittelpunkt steht das Entscheidungsverhalten von Abnehmern materieller und immaterieller Güter bzw. Dienstleistungen. Ziel dieser Schriftenreihe ist es, Entwicklungen in Theorie und Praxis aufzuzeigen und im internationalen Wettbewerb zur Diskussion zu stellen. Das Marketing wird damit zu einer Schnittstelle interdisziplinärer Forschung.
Melanie Hoppe
Informelle Mitgliedschaft in Brand Communities Einflussfaktoren, Konsequenzen und Gruppenunterschiede Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Ralf Terlutter
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, 2009
Veröffentlicht mit Unterstützung des Forschungsrates der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Claudia Jeske | Nicole Schweitzer Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1771-3
Geleitwort Die Forschungsgruppe „Konsum und Verhalten“ veröffentlicht ihre Forschungsergebnisse seit 1997 in dieser Reihe. Aufgenommen werden Arbeiten der Herausgeber sowie Habilitationsschriften und herausragende Dissertationen.
Die vorgelegte Dissertation von Frau Mag. Melanie Hoppe beschäftigt sich mit Brand Communities und ist damit einer Thematik zuzuordnen, die in der jüngeren Forschung einen hohen und wachsenden Stellenwert einnimmt. Brand Communities stellen soziale Netzwerke dar, in denen sich Mitglieder der Community über die Marke austauschen. Viele Unternehmen investieren zurzeit in den Aufbau und die Pflege solcher Brand Communities, sodass profunde wissenschaftliche Erkenntnisse über Brand Communities von größter Bedeutung sind. Nach einer sehr umfassenden und gelungenen Aufarbeitung der bestehenden Literatur legt Frau Hoppe einen Fokus auf die Einflussfaktoren, die bewirken, dass sich Personen mit der Brand Community identifizieren. Ferner analysiert sie informelle Mitgliedschaften in der Brand Community. Ein weiterer Fokus liegt auf den Konsequenzen, die sich aus der informellen Mitgliedschaft ergeben. Frau Hoppe entwickelt ein Modell zum Zusammenspiel dieser Variablen, das dann umfassend empirisch geprüft wird. Ferner werden Gruppenunterschiede analysiert, was bedeutsam für die Segmentierung von Mitgliedern der Brand Community ist. Die Dissertation von Frau Hoppe leistet nicht nur einen innovativen Beitrag zur Weiterentwicklung der Theorie bei Brand Communities, sondern liefert auch viele Implikationen für die praktische Anwendung von Brand Communities. Sowohl Forschern als auch Praktikern, die sich mit Brand Communities beschäftigen, kann die Dissertation wertvolle Hinweise liefern. Univ.-Prof. Dr. Ralf Terlutter Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Institut für Unternehmensführung Lehrstuhl für Marketing und Internationales Management V
Vorwort Die vorliegende Dissertation habe ich während meiner Tätigkeit als Universitätsassistentin am Institut für Unternehmensführung, Abteilung Marketing und Internationales Management, der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt verfasst. Bei Prof. Ralf Terlutter, Institutsvorstand und mein Erstbetreuer, bedanke ich mich an dieser Stelle sehr herzlich für seine Unterstützung. Er hat mich nicht nur in jeder Phase meiner Promotion kompetent beraten, sondern auch das Thema meiner Dissertation akzeptiert, das bereits vor seiner Übernahme des Lehrstuhls festgelegt wurde.
Mein Dank gilt auch Prof. Kurt Matzler, dessen Anregungen ich die spannende Themenstellung meiner Dissertation verdanke. Darüber hinaus hat er mich als Zweitbegutachter fachlich wie auch persönlich unterstützt und motiviert und von Beginn meines Promotionsstudiums an mein hohes Interesse für die Wissenschaft gefördert.
Stark profitiert habe ich von meinem zweimonatigen Forschungsaufenthalt an der Stephen M. Ross School of Business der University of Michigan in Ann Arbor (USA). Möglich gemacht haben dies mein Doktorvater Prof. Ralf Terlutter und die Universitätsleitung, die mich für diese Zeit von meiner Arbeit an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt freistellten, und Prof. Richard P. Bagozzi, der mich als „Visiting Scholar“ für Anfang 2008 eingeladen hat. Während dieser Zeit und darüber hinaus unterstützte er mich wie ein weiterer Dissertationsbetreuer und gab mir sehr wertvolle und produktive Rückmeldungen, die wesentlich zur Weiterentwicklung meiner Arbeit beigetragen haben. Dafür möchte ich ihm herzlich danken.
Im Rahmen der empirischen Studie haben mich acht Interviewer/innen unterstützt, bei denen ich mich an dieser Stelle für ihre Verlässlichkeit und ihren Einsatz bedanken möchte, ebenso wie der Gemeinde Reifnitz am Wörthersee, die als Organisatoren des GTI-Treffens die Befragung der VII
Teilnehmer genehmigten. Mein Dank gebührt auch den zahlreichen anonymen Proband/inn/en, die bereitwillig an der Studie teilnahmen.
Durch die finanzielle Unterstützung der Abteilung Marketing und internationales Management, des Vereins zur Förderung des Instituts für Wirtschaftswissenschaften, des Forschungsrats und der Gehringstiftung wurden mir der zweimonatige Forschungsaufenthalt, die Teilnahme an Weiterbildungsseminaren und die Durchführung der empirischen Studien ermöglicht. Bei allen Einrichtungen möchte ich mich hiermit bedanken.
An dieser Stelle möchte ich mich auch bei Bruni und Ot Malle für ihr genaues Korrekturlesen und ihre wertvollen Rückmeldungen bedanken.
Meinen Kolleginnen und Kollegen an der Abteilung Marketing und Internationales Management danke ich für den kollegialen Umgang und das angenehme Arbeitsklima. Hervorheben möchte ich Manuela Pirker und insbesondere Martin Waiguny, die mich vor allem in der Schlussphase meiner Promotion sowohl persönlich als auch fachlich unterstützten.
Bedanken möchte ich mich auch bei meiner Familie, insbesondere bei meiner Mutter Felicitas und meinen Brüdern Andreas und Christian Hoppe sowie bei meinen liebsten Freunden, die mir Rückhalt boten und während der Dissertationszeit häufig zurückstanden und stets Verständnis zeigten.
Schließlich möchte ich meinem Partner Markus Malle danken, der während der gesamten Promotionszeit meine wichtigste Stütze darstellte. Sein emotionaler Rückhalt, die vermittelte Geborgenheit, sein Glaube an mich und auch die motivierenden Gespräche in dieser Zeit gaben mir die Stärke, diese Dissertation erfolgreich zu beenden. Melanie Hoppe
VIII
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ............................................................. XIII Tabellenverzeichnis .................................................................. XV Abkürzungsverzeichnis ........................................................... XVII
1
Einführung in die Themenstellung ................................... 1 1.1 Problemstellung und Forschungsfragen ............................... 8 1.2 Aufbau der Arbeit............................................................... 10 1.3 Einordnung in wissenschaftliche Disziplinen...................... 12
2
Brand Communities.........................................................19 2.1 Begriffsbestimmung Brand Communities ........................... 20 2.2 Abgrenzung zu verwandten Begriffen ................................ 25 2.3 Funktionen von Brand Communities .................................. 29 2.4 Typologisierung ................................................................. 33 2.4.1
Offline versus Online ......................................................33
2.4.2
Initiierung und Führung ..................................................36
2.4.3
Stärke der Bindung ........................................................37
2.4.4
Brandfest......................................................................39
2.5 Beispiele erfolgreicher Brand Communities ....................... 40
3
2.5.1
Harley Owners Group .....................................................42
2.5.2
Swatch The Club............................................................43
2.5.3
my Nutella The Community .............................................45
Stand der Forschung .......................................................47 3.1 Typologisierung ................................................................. 48 3.2 Gegenüberstellung und Zusammenfassung........................ 52 3.3 Identifikation des Forschungsbedarfs................................ 63 IX
4
Theoretischer Bezugsrahmen..........................................70 4.1 Motive für die Partizipation................................................ 70 4.1.1
Motivtheorien ................................................................72
4.1.2
Brand Community-Studien ..............................................77
4.1.2.1 Die Studie von Dholakia, Bagozzi und Pearo (2004) ................ 77 4.1.2.2 Die Studie von Bagozzi, Bergami, Marzocchi und Morandin (2008) ............................................................................. 80 4.1.2.3 Die Studie von Popp, Woratschek und Roth (2008) ................. 84
4.1.3
Konzeptualisierung der Motive für die Partizipation .............87
4.2 Informelle Mitgliedschaft durch Zugehörigkeit .................. 92 4.2.1
Theorie der sozialen Identität ..........................................92
4.2.2
Theorie der „Sense of Community” ...................................95
4.2.3
Brand Community-Studien ............................................ 101
4.2.3.1 Die Studie von Bhattacharya und Sen (2003)........................101 4.2.3.2 Die Studie von Rosenbaum, Ostrom und Kuntze (2005)..........103 4.2.3.3 Die Studie von Bagozzi und Dholakia (2006) .........................106
4.2.4
Konzeptualisierung der informellen Mitgliedschaft ............. 110
4.3 Auswirkungen der Mitgliedschaft..................................... 114 4.3.1
Brand Community-Studien ............................................ 115
4.3.1.1 Die Studie von McAlexander, Kim und Roberts (2003) ............115 4.3.1.2 Die Studie von Algesheimer, Dholakia und Herrmann (2005)...119 4.3.1.3 Die Studie von Marzocchi und Bergami (2005) ......................123
4.3.2
Konzeptualisierung intendierte Markenloyalität................. 127
4.3.3
Konzeptualisierung Markenvertrauen .............................. 130
4.3.4
Konzeptualisierung Markenaffekt.................................... 132
4.4 Heterogenität der Mitglieder ............................................ 134 4.4.1
Brand Community-Studien ............................................ 135
4.4.1.1 Die Studie von Ouwersloot und Odekerken-Schröder (2008) ...135 4.4.1.2 Die Studie von Algesheimer, Borle, Dholakia und Singh (forthcoming) ...................................................................140 4.4.1.3 Die Studie von Füller, Matzler und Hoppe (2008) ...................145
4.4.2 X
Konzeptualisierung der Persönlichkeitseigenschaften......... 148
4.4.3
Konzeptualisierung weiterer Moderatorvariablen............... 153
4.5 Forschungshypothesen für die empirische Studie ............ 154
5
Empirische Studie .........................................................165 5.1 Studiendesign .................................................................. 165 5.1.1
Messinstrument ........................................................... 166
5.1.2
Operationalisierung der latenten Variablen ...................... 168
5.1.3
Stichprobe .................................................................. 177
5.2 Statistische Analysen ....................................................... 180 5.2.1
Analyse der Datenmatrix............................................... 180
5.2.2
Analyse der latenten Konstrukte .................................... 185
5.2.3
Strukturgleichungsmodellierung: Modell-Fit ..................... 191
5.3 Diskussion der Ergebnisse ............................................... 197 5.4 Mediatoreffekte ............................................................... 201 5.5 Moderatoreffekte ............................................................. 205 5.5.1
Kategoriale Moderatorvariablen...................................... 209
5.5.2
Kontinuierliche Moderatorvariablen................................. 210
5.6 Zusammenfassung der Ergebnisse................................... 231 5.7 Limitationen..................................................................... 234
6
Resümee .......................................................................238 6.1 Implikationen für die Forschung ...................................... 238 6.2 Implikationen für die Praxis ............................................ 242 6.3 Ausblick ........................................................................... 247
Literaturverzeichnis ...........................................................251
Anhang ..............................................................................295
XI
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Preis- und Qualitätsentwicklung in drei Jahren ....................................... 2 Abbildung 2: Reduktionsstrategien der Kunden......................................................... 4 Abbildung 3: Aufbau der Arbeit ............................................................................ 12 Abbildung 4: Sozialpsychologie als verhaltenswissenschaftlicher Ansatz ..................... 14 Abbildung 5: S-I-R-Modell des Neobehaviorismus ................................................... 17 Abbildung 6: Die drei zentralen Beziehungen einer Brand Community ........................ 21 Abbildung 7: Typologisierung erfolgreicher Brand Communities................................. 41 Abbildung 8: Typologisierung nach Online versus Offline Ausprägung......................... 48 Abbildung 9: Typologisierung nach Initiierung und Führung ...................................... 49 Abbildung 10: Typologisierung nach Produktgruppe bzw. Branche ............................. 50 Abbildung 11: Typologisierung nach Land .............................................................. 50 Abbildung 12: Methoden der Datengewinnung ........................................................ 51 Abbildung 13: Bedürfnishierarchie nach Maslow ...................................................... 75 Abbildung 14: Kernelemente der Theorie der sozialen Identität ................................. 94 Abbildung 15: Elemente des „Sense of Community” .............................................. 100 Abbildung 16: Das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit .................................... 150 Abbildung 17: Das Forschungsmodell im Überblick ................................................ 162 Abbildung 18: Verteilung der Stichprobe nach Geschlecht ...................................... 177 Abbildung 19: Verteilung der Stichprobe nach Alter ............................................... 178 Abbildung 20: Verteilung der Stichprobe nach Ausbildungsgrad............................... 178 Abbildung 21: Anzahl der bisherigen GTI-Brandfest-Teilnahme ............................... 179 Abbildung 22: Mitgliedschaft in einem offiziellen GTI-Club ...................................... 180 Abbildung 23: Modellspezifikation in AMOS 7........................................................ 193 Abbildung 24: Brand Community-Basismodell....................................................... 198 Abbildung 25: Visualisierung der postulierten Mediatoreffekte................................. 202 Abbildung 26: Brand Community-Modell inklusive Mediatoreffekte........................... 204 Abbildung 27: Moderatoreffekt Extroversion auf Info Æ IMG ................................... 217 Abbildung 28: Moderartoreffekt Extroversion auf Social Æ IMG ............................... 218 Abbildung 29: Moderatoreffekt Extroversion auf Enter Æ IMG ................................. 218 Abbildung 30: Moderatoreffekt Extroversion auf IMG Æ BLOY ................................. 219 Abbildung 31: Moderatoreffekt Extroversion auf BT Æ BLOY ................................... 220 Abbildung 32: Moderatoreffekt Extroversion auf BA Æ BLOY ................................... 220 Abbildung 33: Moderatoreffekt Verträglichkeit auf SocialÆ Info............................... 221 Abbildung 34: Moderatoreffekt Verträglichkeit auf Enter Æ IMG .............................. 222 Abbildung 35: Moderatoreffekt Verträglichkeit auf IMG Æ BLOY .............................. 223 Abbildung 36: Moderatoreffekt Gewissenhaftigkeit auf Social Æ IMG........................ 224 XIII
Abbildung 37: Moderatoreffekt Gewissenhaftigkeit auf IMG Æ BLOY......................... 225 Abbildung 38: Moderatoreffekt Gewissenhaftigkeit auf BT Æ BLOY........................... 226 Abbildung 39: Moderatoreffekt Neurotizismus auf BT Æ BLOY ................................. 227 Abbildung 40: Moderatoreffekt Offenheit für Erfahrung auf Social Æ IMG.................. 227 Abbildung 41: Moderatoreffekt Offenheit für Erfahrung auf Enter Æ IMG .................. 228 Abbildung 42: Moderatoreffekt Offenheit für Erfahrung auf IMG Æ BLOY .................. 229 Abbildung 43: Moderatoreffekt Offenheit für Erfahrung auf BT Æ BLOY .................... 229 Abbildung 44: Moderatoreffekt HTN auf Social Æ IMG............................................ 230 Abbildung 45: Moderatoreffekt HTN auf Enter Æ IMG............................................. 231 Abbildung 46: Anhang 1.................................................................................... 295 Abbildung 47: Anhang 2a .................................................................................. 296 Abbildung 48: Anhang 3.................................................................................... 298 Abbildung 49: Anhang 4.................................................................................... 299 Abbildung 50: Anhang 5.................................................................................... 299 Abbildung 51: Anhang 6.................................................................................... 300 Abbildung 52: Anhang 7.................................................................................... 301 Abbildung 53: Anhang 8.................................................................................... 302
XIV
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Stand der Forschung – Teil 1 (1995-2005) .............................................. 59 Tabelle 2: Stand der Forschung - Teil 2 (2005-2007)............................................... 60 Tabelle 3: Stand der Forschung - Teil 3 (2007-2008)............................................... 61 Tabelle 4: Stand der Forschung - Teil 4 (2008 & forthcoming) .................................. 62 Tabelle 5: Überblick Hypothesen......................................................................... 163 Tabelle 6: Indikatorvariablen der Motiv-Konstrukte ............................................... 170 Tabelle 7: Indikatorvariablen der informellen Mitgliedschaft.................................... 171 Tabelle 8: Indikatorvariablen der Markenloyalität .................................................. 172 Tabelle 9: Indikatorvariablen von Markenvertrauen & Markenaffekt ......................... 173 Tabelle 10: Indikatorvariablen der Persönlichkeitsfaktoren ..................................... 176 Tabelle 11: Prüfung auf Normalverteilung ............................................................ 183 Tabelle 12: Deskriptive Analyse der manifesten Indikatorvariablen .......................... 184 Tabelle 13: Kaiser-Meyer-Olkin-Koeffizient der exogenen Faktoren .......................... 186 Tabelle 14: Exploratorische Faktorenanalyse der exogenen Faktoren ....................... 186 Tabelle 15: Kaiser-Meyer-Olkin-Koeffizient der endogenen Faktoren ........................ 187 Tabelle 16: Exploratorische Faktorenanalyse der endogenen Faktoren...................... 188 Tabelle 17: Lokale Gütemaße der Messmodelle ..................................................... 190 Tabelle 18: Diskriminanzvalidität ........................................................................ 191 Tabelle 19: Globale Gütekriterien für die Modellbeurteilung .................................... 195 Tabelle 20: Lokaler und Globaler Modell-Fit des Basismodells.................................. 196 Tabelle 21: Ergebnisse Mediatoranalyse............................................................... 203 Tabelle 22: Globale Gütekriterien des Brand Community-Gesamtmodells.................. 205 Tabelle 23: Lokale Gütekriterien der Mediatorvariablen .......................................... 205 Tabelle 24: Beispielhafte Visualisierung eines Moderatoreffekts ............................... 207 Tabelle 25: Moderatoranalyse – angewandte Berechnungsprozeduren...................... 208 Tabelle 26: Lokaler und Globaler Modell-Fit der Persönlichkeitsfaktoren.................... 211 Tabelle 27: Diskriminanzvalidität der Persönlichkeitsfaktoren.................................. 213 Tabelle 28: Lokaler und Globaler Modell-Fit der Persönlichkeitsfaktoren.................... 213 Tabelle 29: Interaktionseffekte kontinuierlicher Moderatorvariablen......................... 215 Tabelle 30: Getestete Hypothesen und Resultate .................................................. 233 Tabelle 31: Anhang 2b ...................................................................................... 297
XV
Abkürzungsverzeichnis AGFI AMOS BA BC BCs BFI BLOY BT bzw. CFI DEV df EFA Enter Extro et al. f. ff. FB Gew GFI GTI H HOG Hrsg. HTN IMG Info KFA LISREL MEC-Theory n Neuro NFI Offen o.S. r R² RMSEA S. SCRC Social SPSS TLI TPB u.a. Ver vgl. VW www z.B.
Adjusted Goodness of Fit Index Analysis of Moment Structures Markenaffekt Brand Community Regressionskoeffizient (Beta) Brand Communities Big Five Inventory Markenloyalität Markenvertrauen beziehungsweise Comparative Fit Index Durchschnittlich erfasste Varianz Freiheitsgrade (degrees of freedom) Exploratorische Faktorenanalyse Entertainment Value Extroversion et alii folgende Seite fortfolgende Seite Fragebogen Gewissenhaftigkeit Goodness of Fit Index Volkswagen Golf GTI (Grand-Turismo-Injection) Hypothese Harley Davidson Owner’s Group Herausgeber Häufigkeit Teilnahme Informelle Mitgliedschaft Information Value Konfirmatorische Faktorenanalyse Linear Structural Relationships, Software Meand-End-Chain-Theory Stichprobengröße Neurotizismus Normed Fit Index Offenheit für Erfahrung ohne Seitenangabe Korrelationskoeffizient Erklärte Varianz Root Mean Square Error of Approximation Seite Southern Cruisers Riding Club Social Enhancement Value Superior Performance Software System Tucker-Lewis-Index Theory of Planned Behavior unter anderem Verträglichkeit vergleiche Volkswagen World Wide Web zum Beispiel
XVII
1 Einführung in die Themenstellung „Die Welt neigt immer mehr zum Extremen. Dies gilt auch für die Welt der Marken.”1
Bereits seit den 1980er Jahren ist eine Marktentwicklung des ständig härteren Wettbewerbs und der Überforderung der individualisierten Kunden zu beobachten.2 Durch die Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft, die wechselnden, heterogenen Bedürfnisse der Konsumenten und ihrem hybriden Verbraucherverhalten3 befinden wir uns heute inmitten einer sehr dynamischen Marketingumwelt.4 Märkte neigen aber nicht nur dazu, immer komplexer und unübersichtlicher zu werden,5 stark ansteigende Marketingkosten und immer kürzere Technologielebenszyklen6 führen zu einer weiteren Anspannung der wirtschaftlich schwierigen Situation für viele Unternehmen.7 Aufgrund des steigenden, globalen Wettbewerbs8 sehen sich viele Unternehmen gezwungen, stärker und differenzierter auf die Bedürfnisse der Abnehmer einzugehen.9 Es kommt zu einer Individualisierung der Produkte10 und damit zu einer Überfragmentierung11 der meist gesättigten Märkte.12 Traditionelle Marketingaktivitäten haben versucht, das Produkt über physische Aspekte und Serviceleistungen (z.B. Funktionalität, Quali-
1
Brandtner (2008), S. 48.
2
Vgl. Rudolph & Schweizer (2003), S. 23ff.
3
Vgl. Ernst (2002), S. 76.
4
Vgl. Keller (2003), S. 595.
5
Vgl. Brandtner (2008), S. 48.
6
Johansson & Holm (2006), S. 141.
7
Vgl. Andersen (2005), S. 285.
8
Vgl. Shocker et al. (1994), S. 150f.; Mühlbacher et al. (2007), S. 3.
9
Vgl. Walcher (2008), S. 94.
10
Vgl. Kaul & Steinmann (2008), S. 4f.
11
Vgl. Patterson (1998), S. 69f.
12
Vgl. Steinmann & Ramseier (2008), S. 34. 1
tät oder Verfügbarkeit) zu differenzieren,13 doch aufgrund des Überangebots in beinahe jeder Branche14 kommt es zu einem Angleichen der Produktleistungen.15 Damit wird eine Differenzierung anhand qualitativer oder funktionaler Aspekte quasi unmöglich16 und es kommt zu einem Preiskampf unter den Anbietern.17 Dies hat eine Befragung von mehr als 370 Führungskräften des oberen und mittleren Managements in Österreich, Deutschland und der Schweiz bestätigt: Kaum ein Unternehmen ist noch in der Lage, seine Angebote von jenen der Mitbewerber erfolgreich zu differenzieren.18 Trotz steigendem Qualitätsniveau und gleichbleibenden oder sogar sinkenden Preisen (vgl. Abbildung 1) sind die Produkte in den Augen der Nachfrager19 großteils austauschbar.20
Abbildung 1: Preis- und Qualitätsentwicklung in drei Jahren21
13
Vgl. Mascarenhas et al. (2006), S. 397.
14
Vgl. Bhattacharya & Sen (2003), S. 76; oder auch Hanlon (2006), S. 16.
15
Vgl. Mühlbacher et al. (2007), S. 3.
16
Vgl. Hoffmann et al. (2007), S. 31.
17
Flavián & Guinalíu (2005), S. 408.
18
Vgl. Bailom et al. (2006), S. 21f.
19
In der vorliegenden Arbeit wird stets die männliche Form verwendet, wobei wertneutral gleichermaßen Personen des männlichen und weiblichen Geschlechts gemeint sind.
20
Vgl. Steinmann & Ramseier (2008), S. 34.
21
Quelle: Bailom et al. (2006), S. 22.
2
Beinahe ein Drittel der Unternehmen musste trotz höherem Qualitätsniveau einen Preisrückgang in Kauf nehmen.22 Um diese Ausgangssituation aus Sicht der Hersteller abzuschließen, wird an dieser Stelle noch auf die steigende Ineffizienz der traditionellen Kommunikationsinstrumente hingewiesen.23 Im Zeitalter der Informationsüberflutung24 steigt nicht nur die Anzahl der angebotenen Produkte am Markt, sondern auch jene der Absatz- und Kommunikationskanäle25 und somit auch die Media-Ausgaben.26
Nicht nur das Management, sondern auch die Konsumenten stellen diese Veränderungen27 vor neue Herausforderungen. Viele fühlen sich von dem enormen Werbedruck belästigt28 und sind aufgrund des Überangebots häufig völlig überfordert.29 Immer größere Sortimente, komplexere Produkte und auch vielfältigere Informationen verwirren die Kunden,30 was im negativsten Szenario zu einer Konsumverweigerung führt.31 Um die erschwerten Bedingungen der Kaufentscheidungen zu bewältigen und diese wieder zu vereinfachen,32 greifen die Abnehmer auf Reduktionsstrategien (vgl. Abbildung 2) zurück:33 Sie bevorzugen bekannte und bewährte Marken, verschieben den Kauf, um noch weitere Informationen einzuholen und suchen sich Rat bei Dritten.34
22
Vgl. Bailom et al. (2006), S. 22.
23
Vgl. Beckmann & Gjerløff (2008), S. 1.
24
Vgl. Bhattacharya & Sen (2003), S. 76; Matzler et al. (2007), S. 15.
25
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 45.
26
Vgl. Kaul & Steinmann (2008), S. 4.
27
Vgl. Algesheimer et al. (forthcoming), S. 26.
28
Vgl. Kaul & Steinmann (2008), S. 5.
29
Vgl. Rudolph & Schweizer (2003), S. 24ff.
30
Vgl. Fournier et al. (1998), S. 43.
31
Vgl. o.V. (2007), S. 56.
32
Vgl. Grossman (1998), S. 36.
33
Vgl. Burmann & Maloney (2007), S. 22.
34
Vgl. Rudolph & Schweizer (2003), S. 27. 3
Abbildung 2: Reduktionsstrategien der Kunden35
Brand Communities verbinden Marke und Community36 zu einem Instrument, das neben einigen anderen Funktionen einen Lösungsansatz für den Umgang mit den Reduktionsstrategien der Kunden darstellt und damit sowohl für die Nachfrager als auch für die Anbieter ein enormes Nutzenpotenzial aufweist. Dieses Werkzeug kann viele Hindernisse, die als Folge der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen auftreten, umgehen37 und weist eine nachhaltige Wirkung auf, insbesondere wenn angesichts des homogenen und umfangreichen Angebots eine hohe Unsicherheit bei der Kaufentscheidung besteht.38 Darüber hinaus unterstützen Brand Communities die Bemühungen zahlreicher Unternehmen, langfristige Beziehungen mit den Kunden aufzubauen und aufrechtzuerhalten.39
Die Gewinnung und Bewahrung von Konsumenten, welche die Reduktionsstrategie Besinnung auf Bewährtes anwenden, kann mittels des Aufbaus von Marken erreicht werden.40 Unternehmen entwickeln Marken, um ihre Angebote von jenen der Mitbewerber zu differenzieren.41 Durch die Austauschbarkeit der Produkte und Dienstleistungen besteht ein hoher Bedarf an einer unverkennbaren Identität der angebotenen Leistungen,
35
Quelle: Rudolph & Schweizer (2003), S. 26.
36
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412; Kaul & Steinmann (2008), S. 12.
37
Algesheimer et al. (forthcoming), S. 26.
38
Scheier & Held (2008), S. 239.
39
Vgl. Beckmann (2002), S. 2; Bhattacharya & Sen (2003), S. 76; Andersen (2005), S. 285; Walcher (2008), S. 94.
40
Vgl. Rowley (2004), S. 228; Steinmann & Ramseier (2008), S. 34.
41
Vgl. Strizhakova et al. (2008), S. 82.
4
die mittels einer Marke transportiert werden kann.42 Die vielen Vorteile von Marken43 und die hohe Bedeutung dieser immateriellen Wertschöpfer für den Unternehmenserfolg wurden mittlerweile zahlreich nachgewiesen und bestätigt.44 In den letzten Jahren haben Marketingverantwortliche die Investitionen in den Markenaufbau stark erhöht45 und inzwischen können Marken beinahe in jedem Produkt oder jeder Dienstleistung gefunden werden.46 „We live in a branded world.”47 Vielen gelingt es aufgrund des Überangebots nicht mehr, ihre eigentliche Funktion der Differenzierung zu erfüllen48 und sie werden von den Nachfragern lediglich als weitere Metoo-Marke wahrgenommen.49 Gelingt es Marken allerdings, einen emotionalen Zusatznutzen zu vermitteln, ist es ihnen möglich, sich von funktional ähnlichen Konkurrenzprodukten abzuheben50 und die Basis für eine Beziehung mit zufriedenen, vertrauensvollen und überzeugten Kunden zu schaffen.51 Der Aufbau von emotionalen Marken wird also immer wichtiger,52 um die Austauschbarkeit des Produktes zu verhindern und damit einen nachhaltigen Erfolgsfaktor im Vergleich zu den Mitbewerbern aufzubauen.53 Ferner wird der Reduktionsstrategie der Besinnung auf Bewährtes (vgl. Seite 4) vollkommen entsprochen, da diese emotionalen
42
Vgl. Crocket & Wood (1999), S. 276.
43
Vgl. Delgado-Ballester & Munuera-Alemán (2005), S. 187.
44
Vgl. z.B. Hoeffler & Keller (2002), S. 78; Esch et al. (2006), S. 98; Esch et al. (2008), S. 110.
45
Vgl. Belén del Río et al. (2001), S. 410; Mühlbacher et al. (2007), S. 3; Brexendorf et
46
Vgl. Bergvall (2006), 186; Damazio et al. (2007), S. 271.
47
Schroeder & Salzer-Mörling (2006), S. 1.
48
Vgl. Burmann & Maloney (2007), S. 22.
49
Vgl. Brandtner (2008), S. 48.
50
Vgl. Esch et al. (2008), S. 34. und S. 109.
51
Vgl. Thomson (2006), S. 104.
52
Vgl. Sladek & Blanke (2007), S. 45.
53
Vgl. Gounaris & Stathakopoulos (2004), S. 283; Mascarenhas et al. (2006), S. 404;
al. (2008), S. 44.
Huber et al. (2007), S. 412. 5
Marken und ihre Auswirkungen zeitraubende Entscheidungsprozesse der Nachfrager in einer Kaufsituation erleichtern.54
Weitere Verhaltensmuster der Konsumenten im Zuge der Reduktionsstrategien sind die Suche nach zusätzlichen Informationen und das Einholen der Meinung von Dritten.55 Verbraucher tauschen sich über ihren Konsum aus, diskutieren über die bevorzugte Marke56 und beraten sich gegenseitig.57 Somit verlassen sich die Nachfrager auf Freunde, Familie und auch auf fremde Personen,58 lassen sich von Gleichgesinnten beeinflussen59 und treffen aufgrund der Empfehlungen von anderen zahlreiche (Kauf-)Entscheidungen.60 Ein wesentlicher Anteil des Informationsaustausches erfolgt also nicht zwischen Anbieter und Kunde, sondern zwischen Kunde und Kunde.61 Mittels dieser Interaktion und Interpretation der Marke durch die Nachfrager62 werden diese nicht mehr von Marketern alleine gestaltet.63 Die Abnehmer üben einen wesentlichen Einfluss aus.64 Unternehmen können daher anstelle des permanenten Preiskampfes eine nachhaltige Differenzierung dem Mitbewerb gegenüber schaffen, indem sie durch den Aufbau einer Brand Community65 die für Verbraucher an Bedeutung gewonnene,66 soziale Dimension des Konsums67 in den Vordergrund rücken. „Im Zentrum stehen fortan nicht Produkte und Dienstleistungen, 54
Vgl. Esch et al. (2008), S. 110.
55
Vgl. Rudolph & Schweizer (2003), S. 27.
56
Vgl. Muniz Jr et al. (2006), S. 228.
57
Vgl. Kaul & Steinmann (2008), S. 9.
58
Vgl. Kaul & Steinmann (2008), S. 6.
59
Vgl. Earls (2003), S. 317ff.
60
Vgl. Herrmann et al. (2007), S. 46.
61
Vgl. Kaul & Steinmann (2008), S. 9.
62
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2005), S. 64ff.
63
Vgl. Beverland (2005), S. 460.
64
Vgl. Kaul & Steinmann (2008), S. 12.
65
Vgl. Hanlon (2006), S. 16.
66
Vgl. Schögel et al. (2005), S. 2.
67
Vgl. Algesheimer (2004), S. 54.
6
sondern deren „linking value”, also die Fähigkeit, Menschen miteinander in Verbindung zu bringen.”68 Communities erleben seit Mitte der neunziger Jahre eine Wiedergeburt,69 steigern sich seitdem sowohl in ihrer Anzahl als auch in ihrer Bedeutung70 und immer mehr Unternehmen investieren in Aufbau und Pflege71 dieser sozialen Netzwerke.72 Brand Communities werden zukünftig für die Konsumenten,73 ebenso wie für die Unternehmensführung74 bedeutend sein, da sie zusätzlich eine Reaktion auf das Fehlen von traditionellen Formen der Vergemeinschaftung darstellen.75 Im Jahr 2005 waren Schätzungen zufolge bereits über 80 Millionen Individuen in Brand Communities weltweit miteinander vernetzt,76 2007 stieg dieser Wert bereits auf 90 Millionen an.77 „Community activism is biggest change in business in 100 years.”78 Obwohl die Anzahl der Forschungsprojekte im Themenbereich der Brand Communities in den letzten Jahren stetig gewachsen ist,79 befindet sich dieses Forschungsfeld immer noch in seiner grundlegenden Entwicklung und es existieren daher bedeutende Forschungslücken in der
68
Kaul & Steinmann (2008), S. 10.
69
Vgl. Algesheimer & Herrmann (2005), S. 754; Von Bartenwerffer & Bieger (2007), S.
70
Vgl. Hellmann & Kenning (2007), S. 40.
71
Vgl. Algesheimer & Dholakia (2008), S. 2.
72
Vgl. Algesheimer & Herrmann (2005), S. 761.
73
Vgl. Schouten & McAlexander (1995), S. 43.
74
Vgl. Lindstrom (2005), S. 20.
75
Vgl. Hellmann (2005), S. 81.
76
Vgl. Algesheimer et al. (2006), S. 933f. (Hierbei wird unter einer Brand Community ein
77
Vgl. Claricini & Scarpi (2007), S. 3. (Brand Communities werden von diesen Autoren
29.
soziales Netzwerk mit Markenorientierung verstanden, z.B. Amazon.)
im Sinne der Begriffsdefinition von Muniz & O’Guinn 2001 verstanden, vgl. Abschnitt 2.1 Begriffsbestimmung Brand Communities.) 78
Ahonen & Moore (2005), S. 6.
79
Vgl. Davidson et al. (2007), S. 208. 7
Literatur.80 Die Schließung von einigen dieser offenen Fragen ist das Ziel der vorliegenden Arbeit.
1.1 Problemstellung und Forschungsfragen Basierend auf der Brand Community-Literatur, ausgewählten Theorien, Ansätze der Markenforschung sowie themenübergreifenden Brand Community-Studien stellt die Entwicklung eines umfassenden Forschungsmodells eine wesentliche Problemstellung der Dissertation dar. An dieses wird der Anspruch gestellt, Erkenntnisse aus bisherigen Brand CommunityForschungen als Grundlage heranzuziehen, weiterführende und angrenzende Theorien zu integrieren und neue Aspekte und Perspektiven aufzuzeigen. Mit der Entwicklung und empirischen Prüfung eines Brand Community-Modells soll zur Theoriebildung beigetragen und somit neue Erkenntnisse für die Marketingforschung geschaffen werden.
„It is clearly important for consumer research to study the nature, origins, and consequences of such „love” for … consumption objects.”81 Daher ist es das Ziel der vorliegenden Dissertation, sowohl die Einflussfaktoren auf die Mitgliedschaft in Brand Communities als auch die Konsequenzen der Partizipation zu untersuchen. Im Speziellen gilt es herauszufinden, welche Rolle die Motive für die Beteiligung in Brand Communities bzw. für den Besuch von Brand Community Events spielen. „A better understanding of the reasons and goals for joining and participating in brand communities would seem to be an interesting topic of research and could lead to useful practical implications for management.”82 Die Wissenschaft beschäftigt sich erst seit kurzem mit der Erforschung von Motiven im Rahmen von
80
Vgl. Davidson et al. (2007), S. 208.
81
Batra et al. (2008), S. 4.
82
Morandin et al. (2005), S. 7.
8
Brand Communities. Aus diesem Forschungsdefizit resultiert die erste Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit:
Forschungsfrage 1: Welchen Einfluss üben Motive auf die Partizipation bzw. die Mitgliedschaft in Brand Communities?
Die Brand Community-Forschung verweist sehr umfassend auf die positive Wirkung dieser sozialen Netzwerke auf Konsumenten. Diesen Zusammenhang gilt es zu überprüfen und somit lautet die zweite Forschungsfrage wie folgt:
Forschungsfrage 2: Besteht ein Einfluss von Brand Communities auf die Einstellung und Verhaltensabsicht ihrer Mitglieder?
Beinahe alle Untersuchungen der bisherigen Brand Community-Forschung gehen von jener Perspektive aus, die Mitglieder dieser Communities als homogen bezeichnet,83 die Communities untereinander aber als heterogen einstuft.84 Darüber hinaus werden Brand Communities als effektives Tool der Marktsegmentierung bezeichnet.85 Ein neuer Ansatz zeigt erstmals auf, dass Mitglieder von Brand Communities zwar eine geteilte Hingabe für die Marke aufweisen, aber aufgrund von Differenzierungsmerkmalen hinsichtlich der Stärke der vier Beziehungen86 in Brand Communities durchaus als heterogene Gruppe anzusehen sind.87 Daraus abgeleitet resultiert schließlich die dritte Forschungsfrage:
83
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 38.; Algesheimer et al. (2005), S. 20; De Burgh-
84
Vgl. z.B. Postmes et al. (2000), S. 343.
85
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2002), S. 19; Flavián & Guinalíu (2005), S. 409.
86
Mit der Marke, dem Produkt, dem Unternehmen und mit anderen Konsumenten (vgl.
87
Vgl. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 577ff.
Woodman & Brace-Govan (2007), S. 199.
McAlexander et al. (2002), S. 39ff.).
9
Forschungsfrage 3: Bestehen anhand spezifischer Kriterien Unterschiede zwischen Brand Community-Mitgliedern? Und weiters, gibt es auf Basis dieser potenziellen Differenzierungsmerkmale Gruppenunterschiede in den zuvor erläuterten Antezedenten und Konsequenzen von Brand Communities?
1.2 Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit gliedert sich in sechs Abschnitte. Neben der Entwicklung der zentralen Forschungsfragen, der Darlegung des Aufbaus der Arbeit, wird das erste Kapitel, die Einführung in die Themenstellung, mit der nachfolgenden Einordnung in zugrundeliegende, wissenschaftliche Disziplinen abgeschlossen.
Abschnitt 2 erläutert die Grundlagen des Brand Community-Phänomens und umfasst zunächst eine Begriffsbestimmung, die auch die Abgrenzung zu verwandten Begriffen inkludiert. In weiterer Folge werden die Funktionen von Brand Communities erläutert sowie eine Typologisierung unterschiedlicher Ausprägungen vorgenommen. Schließlich werden mit Harley Davidson Owners Group, Swatch The Club und my Nutella The Community drei erfolgreiche Brand Community-Beispiele vorgestellt.
Im Rahmen des 3. Kapitels erfolgt eine Gegenüberstellung empirischer Forschungsprojekte zu Brand Communities. Die Zusammenfassung der bisher untersuchten Schwerpunkte und Perspektiven zeigt mit einer Übersicht von 52 empirischen Untersuchungen den Stand der Forschung auf. Daraus abgeleitet identifiziert und erläutert die Verfasserin drei konkrete Forschungslücken.
Der theoretische Bezugsrahmen wird in Abschnitt 4 entwickelt und setzt sich aus vier Bausteinen zusammen: den Motivtheorien, der informellen Mitgliedschaft in Brand Communities (basierend auf den Theorien der so10
zialen Identität und Sense of Community), dem Konzept der Markenloyalität und ihren Antezedenten und auf der Heterogenität der Mitglieder in Brand Communities, die maßgeblich auf der Persönlichkeitsforschung basiert. Für jeden der vier Bausteine werden zunächst die Grundzüge der jeweiligen Theorie bzw. Denkrichtung dargelegt, gefolgt von ausgewählten, relevanten Brand Community-Studien. Darauf aufbauend erfolgt die Konzeptualisierung der einzelnen Konstrukte. Anschließend werden die Erkenntnisse der jeweiligen Ansätze für den Forschungsbereich der Brand Communities zusammengefasst, die Zusammenhänge der Konstrukte erläutert und die Forschungshypothesen für die empirische Studie abgeleitet.
Aufbauend auf dem dargestellten theoretischen Bezugsrahmen und dem entwickelten Forschungsmodell werden in Abschnitt 5 die Forschungshypothesen empirisch überprüft. Die Untersuchung wurde im Mai 2006 unter Teilnehmern des jährlichen GTI-Treffens in Kärnten durchgeführt. 662 GTI-Fans komplementierten einen Fragebogen, der unter anderem Fragen zu ihren Motiven für die Teilnahme, der Mitgliedschaft in Brand Communities, Einstellungen gegenüber der Marke und ihrer Persönlichkeit enthielt. Zur Auswertung der Daten wurde ein Programm zur Analyse von Strukturgleichungsmodellen gewählt, weshalb in diesem Abschnitt auch auf die Vorgehensweise der Strukturmodellierung eingegangen wird.
Aufbauend auf den theoretischen und empirischen Erkenntnissen der vorliegenden Arbeit werden im abschließenden Abschnitt 6 sowohl die Implikationen für die Praxis dargelegt als auch ein Ausblick auf zukünftige Brand Community-Forschungsfelder gegeben.
Einen Überblick über den Aufbau der Arbeit visualisiert die Abbildung 3.
11
1. Einführung in die Themenstellung 2. Brand Communities Begriff
Funktionen
Typologisierung
Beispiele
3. Stand der Forschung: Identifikation des Forschungsbedarfs
4. Theoretischer Bezugsrahmen Motive für die Partizipation
Informelle Mitgliedschaft
Auswirkungen d. Mitgliedschaft
Heterogenität der Mitglieder
Motivtheorien
BC-Studien
BC-Studien
BC-Studien
Theorie der Sozialen Identität, Sense of Community BC-Studien
Konzeptualisierung Markenloyalität Markenvertrauen Markenaffekt
5-Faktoren-Theorie
Konzeptualisierung
Konzeptualisierung Moderatorvariablen
Konzeptualisierung
Æ Forschungshypothesen für die empirische Studie
5. Empirische Studie Basismodell
Mediatoreffekte
Moderatoreffekte
Zusammenfassung der Ergebnisse
Limitationen
6. Resümee: Implikationen und Ausblick Abbildung 3: Aufbau der Arbeit
1.3 Einordnung in wissenschaftliche Disziplinen Als abschließenden Beitrag zur Einführung in die Themenstellung verfolgt dieser Abschnitt das Ziel, die vorliegende Arbeit in die zugrundeliegenden, wissenschaftlichen Disziplinen einzuordnen. Theoriegeleitetes Vorgehen „can be considered to be a disciplined, systematic and rigorous approach
12
to formulating and testing models of knowledge.”88 Der Zweck einer Theorie ist „to increase scientific understanding through a systematized structure capable of both explaining and predicting phenomena.”89 Die Analyse des Konsumentenverhaltens im Rahmen der Brand Community-Forschung wird in die verhaltenswissenschaftlichen Marketingtheorien eingeordnet. Darunter werden alle Wissenschaften zusammengefasst, die sich auf das menschliche Verhalten beziehen90 und die Gründe für das Handeln des Konsumenten erläutern.91 So umfassen die Verhaltenswissenschaften folgende Theorien und Ansätze: vergleichende Verhaltensforschung, Tiefenpsychologie, Physiologische Ansätze, Behaviorismus und Neobehaviorismus, Kognitive Psychologie, Soziologie und Sozialpsychologie.92 Gesamt gesehen werden die verhaltenswissenschaftlichen Theorien unter die modernen Ansätze der Marketingtheorie eingeordnet, welche im Gegensatz zu den klassischen Theorien weniger konkurrierend untereinander als vielmehr ergänzend zueinander gesehen werden können.93
Am häufigsten wird für die Analyse des Konsumentenverhaltens die Sozialpsychologie herangezogen,94 die das menschliche Verhalten in einem sozialen Zusammenhang untersucht.95 Als Teilgebiet der Psychologie beschäftigt sich diese mit dem von außen beobachteten Verhalten, aber auch mit den gedanklichen und gefühlsmäßigen Bezugnahmen eines Individuums im Wechsel mit dessen Umwelt.96 Anders ausgedrückt: die Sozialpsychologie vereint die individuellen Aspekte des Verhaltens, die im Fokus
88
Morgan (1996), S. 23.
89
Hunt (1991), S. 149.
90
Vgl. Kroeber-Riel & Weinberg (2003), S. 8.
91
Vgl. z.B. Sheth et al. (1988), S. 110; oder auch Blackwell et al. (2006), S. 4.
92
Vgl. Foscht & Swoboda (2004), S. 23f.
93
Vgl. Meffert et al. (2008), S. 36.
94
Vgl. Foscht & Swoboda (2004), S. 24.
95
Vgl. Weinberg et al. (2003), S. 3.
96
Vgl. Hofstätter (1973), S. 5ff. 13
der Psychologie stehen, mit den sozialen Gesichtspunkten,97 die ein Themengebiet der Soziologie sind98 und spezialisiert sich daher auf die „Untersuchung der Modifikation menschlicher Funktionen durch die Tatsache der Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft”,99 im Fall der vorliegenden Arbeit der Brand Community.
Abbildung 4: Sozialpsychologie als verhaltenswissenschaftlicher Ansatz100
Das Heranziehen der Sozialpsychologie zur Erklärung des Phänomens der Brand Community zeigt sich insofern bestens geeignet, da das gesamte Fachgebiet Marketing sowohl von der Psychologie101 als auch von der Soziologie102 beeinflusst wird.103 „Social groups and collective action that occur in and through these groups are at the heart of marketing … people
97
Vgl. Kroeber-Riel & Weinberg (2003), 8; oder auch Müller (1977), S. 27ff.
98
Vgl. Sheth et al. (1988), S. 191.
99
Newcomb (1959), S. 21.
100
Quelle: in Anlehnung an Newcomb (1959), S. 20.
101
Vgl. Foxall (2000), S. 86ff.
102
Vgl. Grønhaug (2000), S. 102ff.
103
Vgl. Ernst (2002), S. 53.
14
appear to experience and express deep aspects of their lives through sociality in marketing.”104
Brand Communities „encompass different psychological and social processes.”105 Auf die Charakteristika von Brand Communities wird im Kapitel 2.1 noch im Detail eingegangen. Um die Einordnung in die zugrundeliegenden wissenschaftlichen Disziplinen aber weiter zu untermauern, sei an dieser Stelle bereits angeführt, dass Brand Communities sich unter anderem durch den hohen Grad der Interaktion der Mitglieder untereinander auszeichnen.106 In zahlreichen Büchern zur Sozialpsychologie finden sich umfassende Auseinandersetzungen mit dem Bedürfnis nach sozialen Kontakten und mit der Erläuterung von Interaktionen zwischen Individuen107 bzw. der Interaktion in Gruppen.108 Ein großer Teil der Sozialpsychologie befasst sich vorwiegend mit den Veränderungen von Personen, die aufgrund deren Reaktion auf andere zustande kommen.109 Des Weiteren sei angeführt, dass Brand Communities eine spezielle Form einer Community bzw. im weiteren Sinn auch einer Gruppe darstellen.110 Gruppen, das Verhalten und die Mitgliedschaft in Gruppen sowie deren Einfluss auf das Individuum sind wiederum zentrale Forschungsbereiche der Sozialpsychologie.111 So kann festgehalten werden, dass Forschungen zum Thema der
104
Bagozzi (2005), S. 110.
105
Vgl. Morandin et al. (2005), S. 7.
106
Vgl. z.B. Algesheimer et al. (forthcoming), S. 26; Algesheimer et al. (2005), S. 19ff.; Bhattacharya & Sen (2003), S. 79ff.; Dholakia et al. (2004), S. 244ff.; McAlexander et al. (2002), S. 41ff.; Schouten & McAlexander (1995), S. 53ff.
107
Vgl. z.B. Lindgren (1973), S. 39ff.; Newcomb (1959), S. 12ff.; Mann (1991), S. 75ff.;
108
Vgl. Forgas (1987), S. 263ff.
109
Vgl. Newcomb (1959), S. 15.
110
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412.
Bierhoff (2006), S. 412ff.
111
Vgl. z.B. Mann (1991), S. 50ff., Van Avermaet (2002), S. 451ff. oder Hartley & Hartley (1969), S. 325ff. 15
(sozialen) Interaktion, zu welchen auch Brand Communities zählen, in den Bereich der Sozialpsychologie fallen.112
Die vorliegende Dissertation hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, Einflussfaktoren auf und die Auswirkungen durch die Identifikation mit einer Brand Community auf das Konsumentenverhalten zu untersuchen. Forschungen rund um das Konstrukt der Identität spielen in der Sozialpsychologie eine wesentliche Rolle. So hält Miller beispielsweise fest, dass die Identität in allen sozialen Beziehungen von hoher Wichtigkeit ist113 und Lindgren führt in seinem Buch zur Einführung in die Sozialpsychologie an, dass das Bedürfnis, sich mit einer Community zu identifizieren und sich dadurch auch in einem gewissen Stück selbst zu definieren, sehr stark ist.114 Ein Teil der Identität des Menschen besteht also aus dem Selbst, ein anderer wird von seiner sozialen Umwelt beeinflusst und abgeleitet.115
Neben der Einordnung der vorliegenden Arbeit in die Sozialpsychologie ist im weiteren Sinne ebenso eine Einordnung in den Neobehaviorismus, der ebenfalls einen verhaltenswissenschaftlichen Ansatz darstellt,116 möglich und sinnvoll. Diese Strömung hat sich aus dem Behaviorismus117 heraus entwickelt118 und dient der Erklärung des menschlichen Verhaltens119 bzw. der Käuferverhaltensforschung.120 Kennzeichnend für den Behaviorismus ist die Erklärung des Verhaltens lediglich auf der Grundlage von beobachtbaren Größen wie dem Reiz (S für Stimulus) und der Reaktion (R für Res-
112
Vgl. Palupski (1999), S. 52.
113
Vgl. Miller (1963), S. 639ff.
114
Vgl. Lindgren (1973), S. 56ff.
115
Vgl. Müller (1977), S. 36.
116
Vgl. Foscht & Swoboda (2004), S. 23.
117
Vgl. Watson (1930), S. 19ff.
118
Vgl. Kendler (1992), S. 121ff.
119
Vgl. Watson (1968), S. 35f.
120
Vgl. Meffert et al. (2008), S. 100f.
16
ponse).121 Es wird davon ausgegangen, dass ein Reiz auf das Individuum trifft und dieser eine Reaktion auslöst.122 Daher ist es das Ziel, Änderungen im Verhalten zu untersuchen.123 Psychologische Vorgänge im Organismus, die erklären, wie der Reiz auf diesen wirkt, werden beim Ansatz des Behaviorismus allerdings völlig außer Acht gelassen und mittels einer Black Box ersetzt.124 Aus diesem Grund werden nur physikalisch messbare Ursachen als Einflussfaktoren bzw. Gründe des Verhaltens gesehen.125 Der Neobehaviorismus hingegen erweitert die S-R-Formel um den Organismus als intervenierende Verhaltensdeterminante, und ermittelt so die inneren Prozesse oder Zustände.126 Durch diese nun ergänzte S-I-R-Formel (I für intervenierende Variable) werden zusätzlich auch die internen, nichtbeobachtbaren Prozesse im Menschen berücksichtigt (vgl. Abbildung 5).127
Beobachtbare Sachverhalte
Theoretische Konstrukte
Beobachtbare Sachverhalte
S
I
R
(Stimuli)
(intervenierende Variable)
(Reaktion)
Abbildung 5: S-I-R-Modell des Neobehaviorismus128
Umgelegt auf die vorliegende Arbeit, können Brand Communities als ein Beispiel für den Einsatz des S-I-R-Modells herangezogen werden. Als Stimulus fungiert unverkennbar die Marke, um die sich eine Brand Communi-
121
Vgl. Scheerer (1983), S. 14.
122
Vgl. Foscht & Swoboda (2004), S. 23.
123
Vgl. Watson (1983), S. 5.
124
Vgl. Nieschlag et al. (2002), S. 589.
125
Vgl. Schink (1993), S. 381.
126
Vgl. Scheerer (1983), S. 16.
127
Vgl. Kroeber-Riel & Weinberg (2003), S. 30.
128
Quelle: in Anlehnung an Kroeber-Riel & Weinberg (2003), S. 30. 17
ty bildet, bzw. die den zentralen Inhalt der Community darstellt.129 Die theoretischen Konstrukte in dieser Arbeit befassen sich unter anderem mit den Motiven von Individuen für die Teilnahme an Brand Communities oder mit der wahrgenommenen Brand Community-Identität. Diese intervenierenden Variablen beeinflussen schließlich die intendierte Markenloyalität. Eine Vorgabe des Neobehaviorismus ist, wie bereits angeführt, die Messbarkeit der Stimuli und der Reaktion.130 Sie liegt bei der Ergebnisvariablen der intendierten Markenloyalität nicht explizit vor, da dieses Konstrukt lediglich die Intention für das zukünftige Verhalten, nicht aber das tatsächliche Verhalten misst.131 Andere Studien zu Brand Communities haben jedoch bereits messbare Zielgrößen, beispielsweise das tatsächliche Wiederkaufverhalten oder die Weiterempfehlung der Marke ermittelt.132
Die primäre Einordnung der vorliegenden Dissertation erfolgt, wie in diesem Abschnitt erläutert, im Forschungsbereich der Sozialpsychologie. Der Forschungsbereich der Brand Communities als solcher kann aber zusätzlich auch, ähnlich den meisten Arbeiten zur empirischen Konsumentenforschung,133 in den Neobehaviorismus eingeordnet werden.
129
Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 415.
130
Vgl. Scheerer (1983), S. 14.
131
Vgl. z.B. Banks (1950), S. 149ff. oder Lau & Lee (1999), S. 354.
132
Vgl. z.B. Algesheimer et al. (2005), S. 21ff.; Algesheimer et al. (2006), S. 933ff.;
133
Vgl. Behrens (1991), S. 18.
Algesheimer & Dholakia (2008), S. 2ff. oder Algesheimer et al. (forthcoming), S. 4ff.
18
2 Brand Communities Das noch relativ junge Forschungsthema Brand Communities umfasst zahlreiche Ansätze, die insbesondere auf die Grundlagen des Forschungsbereichs abzielen (vgl. Abschnitt 3 Stand der Forschung). Mehrere Autoren fokussierten sich auf die Entwicklung einer Begriffsdefinition134 und zeigten durch ihre Studien auf, dass Brand Communities tatsächlich existieren.135 Auch Elemente und Charakteristika des Phänomens wurden bereits umfassend dargelegt.136 Die Entstehung137 und der Aufbau138 von Brand Communities, deren Vor-139 und Nachteile140 bzw. Chancen und Risiken141 aus unterschiedlichen Perspektiven, die entsprechende soziale Umwelt142 sowie die Herausforderungen für das Management von Brand Communities143 wurden ebenfalls im Detail erläutert. Dieses Kapitel widmet sich der Basis des Forschungsthemas und versucht, in Kürze die wesentlichen Fundamente zu Brand Communities aufzuarbeiten und darzustellen, um dem Leser diese wichtigen und einführenden Informationen nicht vorzuenthalten und das weitere Vertiefen in speziellere und neuere Forschungsansätze zu ermöglichen. Allerdings stellt dieses Kapitel nur einen groben Über-
134
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412; oder Von Loewenfeld (2006), S. 133.
135
Vgl. Muniz Jr (1998), S. 59ff.; Belk & Tumbat (2005), S. 205ff.; Cova & Pace (2006),
136
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 418ff.; McAlexander et al. (2002), S. 39ff.; Hanlon
S. 1094ff.; Beruchashvili (2007), S. 118ff.; Davidson et al. (2007), S. 212ff.
(2006), S. 26f. 137
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 42f.; Amine & Sitz (2004), S. 7ff.
138
Vgl. Komaromi (2003), S. 21ff.; Lindstrom (2005), S. 20.
139
Vgl. Boulaire et al. (2007), S. 7; Algesheimer & Dholakia (2008), S. 3ff.; Füller et al.
140
Vgl. Muniz Jr & Hamer (2001), S. 356ff.; Fournier et al. (2005), S. 17; Huber (2008),
141
Vgl. Maclaran & Catterall (2002), S. 320f.; Algesheimer & Herrmann (2005), S. 759f.;
142
Vgl. Luedicke (2006), S. 487ff.
143
Vgl. McWilliam (2000), S. 51ff.; Fournier et al. (2005), S. 17ff.; Hellmann & Kenning
(2008), S. 608ff.
S. 166f.
Hollenbeck & Zinkhan (2006), S. 484.
(2007), S. 43. 19
blick über diese Grundlagen dar, um nicht zu viele Wiederholungen mit bereits bestehender Literatur zu erhalten144 und einen schnelleren Fokus auf das eigentliche Forschungsziel zu ermöglichen.
2.1 Begriffsbestimmung Brand Communities Der Begriff „Brand Community” wurde 2001 von Muniz und O’Guinn erstmals in der internationalen Forschung eingeführt, seitdem zahlreich zitiert145 und kann als erfolgreich etabliert angesehen werden. Sie definieren Brand Community als „specialized, non-geographically bound community, based on a structured set of social relationships among admires of a brand.”146 Eine Brand Community stellt also eine spezielle, kommerzielle147 Form einer Community148 dar, die auf sozialen Beziehungen zwischen den Konsumenten dieser Marke basiert.149 Den Kern der Brand Community nimmt eine Marke ein,150 beispielsweise die von technologischen Produkten, Automobilen, Prominenten, Sport oder Fernsehshows.151 Andere Zugänge setzen zwar die Mitglieder der Community,
144
Aus demselben Grund werden der Hintergrund des Forschungsbereiches und auch die Herleitung des Begriffs aus anderen, angrenzenden Disziplinen nicht näher erläutert. Detaillierte Aufarbeitungen dieses Themas können beispielsweise in Cova (1997), S. 298ff.; Algesheimer (2004), S. 19ff. oder auch in Von Loewenfeld (2006), S. 18ff. nachgelesen werden. Eine detaillierte Gegenüberstellung der Definitionen von relevanten soziologischen Begriffen findet sich beispielsweise in Prykop (2005), S. 314ff.
145
Vgl. o.V. (2008a), o.S.
146
Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412.
147
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 415.
148
„Sense of community is a feeling that members have of belonging, a feeling that members matter to one another and to the group, and a shared faith that members' needs will be met through their commitment to be together.” McMillan & Chavis (1986), S. 9, zitiert nach McMillan (1976), o. S.
149
Vgl. Baumgarth (2004), S. 94.; Luedicke & Giesler (2007), S. 285.
150
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 426; Patterson & O'Malley (2006), S. 15.
151
Vgl. Luedicke & Giesler (2007), S. 275.
20
Konsumenten, die ihre Teilnahme selbst gewählt haben,152 in den Mittelpunkt, sehen aber weiterhin die Marke als das Hauptthema der Brand Community, das zusätzlich den Mittelpunkt der Erfahrungen der Mitglieder darstellt153 und ähneln daher dem ursprünglichen Ansatz sehr stark. In dieser Arbeit wird daher ebenso auf der Definition von Muniz und O’Guinn aufgebaut,154 die drei zentrale Beziehungen in einer Brand Community aufzeigt: Kunde-Marke,155 Kunde-Kunde und Kunde-Brand Community.156
Abbildung 6: Die drei zentralen Beziehungen einer Brand Community157
Die traditionelle Beziehung und auch die damit einhergehende Kommunikation sind zwischen dem Anbieter und dem Konsumenten zu sehen.158 So sendet das Unternehmen direkt bzw. mittels der angebotenen Marke Informationen an die potentiellen Abnehmer aus und diese haben neben dem Kauf (meist) zusätzlich die Möglichkeit der Rückmeldung.159 Eine weitere Beziehung, die ebenfalls bereits vor der Untersuchung des Phäno152
Vgl. Amine & Sitz (2004), S. 3.
153
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 39.
154
Vgl. auch andere Werke, die auf dieser Definition aufbauen, z.B. Von Loewenfeld
155
„A brand relationship is the locigal extension of the idea of a brand personality and
(2006), S. 126.
can be understood as an analogue of that motivational, cognitive, emotional and behavioural processes that constitute a relationship between two people.” Beckmann (2002), S. 2. Und Brand Personality wird verstanden als „set of human characteristics associated with a brand.” Aaker (1997), S. 347. 156
Vgl. Von Loewenfeld (2006), S. 126.
157
Quelle: Von Loewenfeld (2006), S. 126.
158
Vgl. McWilliam (2001), S. 74; Farquhar & Rowley (2006), S. 163.
159
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 39. 21
mens Brand Community bekannt war, ist jene zwischen einzelnen Konsumenten.160 Allerdings fördern Communities den Austausch zwischen den Kunden enorm und diese treten dadurch vermehrt miteinander in Dialog,161 interagieren aber zusätzlich mit ihrer bevorzugten Marke.162 Die dritte und ebenso kennzeichnende Beziehung in Brand Communities betrifft daher jene zwischen dem Kunden und der Community bzw. der Marke und der Community als solches,163 die beide vorangegangenen Beziehungen beinhaltet164 und auch allgemein als „Business to Network”165 bezeichnet werden kann. Neben der Beziehungstriade166 gibt es in Brand Communities weitere zentrale Elemente, durch deren Vorkommen dieses Phänomen identifiziert werden kann. Drei Charakteristika sind hierbei von zentraler Bedeutung: Gemeinschaftsgefühl, Rituale und Traditionen sowie die moralische Verantwortung.167 Unter „Consciousness of Kind” wird das Gemeinschaftsgefühl oder die intrinsische Verbindung verstanden, die Mitglieder einer Brand Community füreinander empfinden bzw. wahrnehmen.168 Die Anhänger der Marke begeistern sich für dieselbe Sache,169 tauschen sich stark untereinander aus170 und es entsteht ein Gefühl der Zugehörig-
160
Beispielsweise im Form von positiver oder negativer Weiterempfehlung: Richins (1983), S. 68ff. oder Herr et al. (1991), S. 454ff.
161
Vgl. McWilliam (2000), S. 45.
162
Vgl. Otnes & Maclaran (2007), S. 64.
163
Vgl. De Chernatony (2001), S. 187; Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.
164
Vgl. Von Loewenfeld (2006), S. 126.
165
Baumgartner (2007), S. 11.
166
Vgl. Elliott & Davies (2006), S. 156.
167
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.
168
Vgl. Schau & Muniz (2002), S. 345.
169
Vgl. Schouten & McAlexander (1995), S. 43; De Valck (2007), S. 270.
170
Vgl. Bhattacharya & Sen (2003), S. 79ff.; Dholakia et al. (2004), 244ff.; Algesheimer et al. (forthcoming), S. 26.
22
keit.171 Fans einer Marke identifizieren sich miteinander172 (egal, ob sie sich persönlich kennen gelernt haben173), teilen eine bestimmte Art des Denkens,174 grenzen sich von Besitzern anderer, konkurrierender Marken ab175 und sehen sich als Teil einer größeren Gemeinschaft.176 Dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit wird als das wichtigste Element einer Brand Community angesehen.177 Rituale und Traditionen stellen eine weitere Ausprägung in Brand Communities dar178 und führen dazu, dass die Bedeutung der Community in dieser laufend reproduziert, und sowohl innerhalb der Community als auch nach außen transportiert wird.179 Rituale und Traditionen bezeichnen soziale Prozesse180 und drehen sich um die Partizipation der Konsumenten in der Community und deren Erfahrungen mit dem Produkt.181 Sie stellen eine Ausprägung der Kultur182 in einer Brand Community dar und können zahlreiche Formen annehmen.183 Neben Willkommensritualen für neue Mitglieder,184 ritualisierter Kommunikation und Äußerungen sowie spezieller Lexika185 birgt das gemeinsame Anpassen und Entwickeln von Werbematerialien eine Erscheinungsform von Ritualen und Traditionen.186 Neben geteilten Werten187 bilden aber deut-
171
Vgl. McMillan & Chavis (1986), S. 6ff. oder auch McMillan (1996), S. 315ff.
172
Vgl. Algesheimer et al. (2005), S. 20.
173
Vgl. Szmigin & Carrigan (2006), S. 300; Bagozzi et al. (2008), S. 11.
174
Vgl. Beruchashvili (2007), S. 13.
175
Vgl. Postmes et al. (2000), S. 343; Sohn (2005), S. 8.
176
Vgl. Mathwick et al. (2008), S. 24.
177
Vgl. Flavián & Guinalíu (2005), S. 406.
178
Vgl. Muniz Jr (1998), S. 85ff.
179
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 421f.
180
Vgl. Hinterhuber et al. (2006), S. 9.
181
Vgl. Hollenbeck et al. (2006), S. 576.
182
Vgl. McCracken (1986), S. 71ff.
183
Vgl. Schau & Muniz Jr (2007), S. 157.
184
Vgl. Amine & Sitz (2004), S. 10; Beruchashvili (2007), S. 16.
185
Vgl. Schau & Muniz Jr (2007), S. 157.
186
Vgl. Muniz Jr & Schau (2007), S. 35ff.
187
Vgl. Casaló et al. (2007), S. 777; Cova et al. (2007), S. 314. 23
lich das Feiern der Marke und ihrer geschichtlichen Entwicklung sowie das Austauschen von Geschichten über die Marke die häufigsten Ausprägungen.188 Insbesondere Letzteres wird in zahlreichen Brand Communities als zentraler Faktor der Interaktion dargestellt.189 Als drittes kennzeichnendes Element von Brand Communities fungiert die moralische Verantwortung.190 Die Mitglieder der Community unterstützen sich gegenseitig191 bei der Nutzung und Anwendung der Marke,192 sie gewinnen neue Anhänger,193 helfen ihnen, sich in die Community zu integrieren194 und sorgen sich um das Wohl der anderen Teilnehmer.195 Durch die Unterstützung der bestehenden Kollegen, ihre Mitgliedschaft aufrechtzuerhalten196 bzw. in der Community zu partizipieren197 und damit das Überleben dieser zu sichern,198 kommen sie schließlich ihrer moralischen Verpflichtung gegenüber der Brand Community als solches nach.199 Im deutschsprachigen Raum haben sich weder der Begriff der „Markengemeinschaft”200 (oder „Markennetzwerk”201) noch eine eigene, deutschsprachige Definition von Brand Communities erfolgreich etabliert. Einzig Von Loewenfeld hat eine Begriffsbestimmung erarbeitet, die an dieser
188
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 421ff.
189
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 42; Simoudis (2005), S. 529ff.; Schau & Muniz
190
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 413.
191
Vgl. Szmigin & Carrigan (2006), S. 301; Pace et al. (2007), S. 321.
192
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 42; Komaromi (2003), S. 4; Shang et al. (2006),
193
Vgl. Mathwick et al. (2008), S. 24f.
194
Vgl. Andersen & Beckmann (2003), S. 4; Brown et al. (2003), S. 24; Beruchashvili
195
Vgl. Mann (1991), S. 75.
196
Vgl. Flavián & Guinalíu (2005), S. 407.
197
Vgl. Andersen (2005), S. 290.
198
Vgl. Schau & Muniz (2006), S. 19ff.; Muniz Jr & Schau (2007), S. 35ff.
199
Vgl. Casaló et al. (2007), S. 777.
200
Vgl. Von Loewenfeld & Herrmann (2004), S. 42ff.
201
Vgl. Baumgartner (2007), S. 13ff.
(2006), S. 19ff.; Woodside et al. (2008), S. 97ff.
S. 400.
(2007), S. 16.
24
Stelle abschließend angeführt wird: „Eine Brand Community ist eine ortsgebundene, offline und/oder online existierende, interessenbasierte Gemeinschaft, die speziell auf eine bestimmte Marke ausgerichtet ist und dabei durch die Schaffung einer Umgebung mit einem hohen Identifikationspotenzial Anhänger und Bewunderer der Marke sowie Kunden mit einem generellen Interesse an der Marke interaktiv vereint. Kennzeichnend ist hierbei die Herausbildung eines starken Gemeinschaftsgefühls und einer sozialen Identität. Idealerweise verbinden sich in einer Brand Community traditionelle Community-Werte sowohl mit funktionalen als auch mit individuellen Bedürfnissen.”202 Die vorliegende Arbeit versteht Brand Communities im Sinne dieser umfassenden Definition nach Von Loewenfeld, welche auf jener von Muniz und O’Guinn (vgl. Seite 20) aufbaut.
2.2 Abgrenzung zu verwandten Begriffen Der Begriff „Community” stammt aus der anthropologischen und soziologischen Forschung. In der Literatur werden zahlreiche Definitionen verwendet.203 Für die vorliegende Arbeit soll folgende herangezogen werden: „Eine Community bezeichnet ein soziales Netzwerk von miteinander in kontinuierlicher Interaktion stehenden Individuen, die sich innerhalb eines spezifischen Zeitraums wechselseitig beeinflussen und ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln. Der soziale Austausch zwischen den Mitgliedern unterliegt dabei einem wohlverstandenen Schwerpunkt, etwa einem gemeinsamen Ziel, geteilter Identität, einem gemeinsamen Besitz oder gemeinsamen Interessen.”204 Genau dieser Fokus der sozialen Wechselbeziehung bezeichnet den zentralen Unterschied zwischen einer Community und einer Brand Community. Können Communities sehr unterschiedliche
202 203
Von Loewenfeld (2006), S. 133. Vgl. Venkatesh (2003), S. 339; Andersen (2005), S. 286; Mühlenbeck & Skibicki (2007), S. 14.
204
Algesheimer (2004), S. 48; oder auch Algesheimer & Herrmann (2005), S. 750. 25
und sehr breite Themen einnehmen,205 so bildet bei einer Brand Community immer die jeweilige Marke, um die sich deren Anhänger scharen, das Zentrum und damit auch den inhaltlichen Brennpunkt.206 Abgesehen davon ähneln sich aber beide Phänomene stark,207 stellt doch eine Brand Community die besondere Form einer Community dar.208
Eine „Subculture of Consumption” wird definiert als „distinctive subgroup of society that self-selects on the basis of a shared commitment to a particular product class, brand, or consumption activity. Other characteristics of a subculture of consumption include an identificable, hierarchical social structure; an unique ethos, or set of shared beliefs and values; and unique jargons, rituals, and modes of symbolic expression.”209 Ähnlich wie in Brand Communities spielen auch in Konsumsubkulturen geteilte Werte sowie Commitment und Authentizität eine wesentliche Rolle.210 Werden in manchen Publikationen die Begriffe Community und Subkultur substituierbar verwendet,211 wird in anderen mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass sich diese voneinander wesentlich unterscheiden.212 Während Subkulturen gemeinsame Interessen als inhaltlichen Fokus aufweisen,213 stellen Konsumsubkulturen einen Marketingbezug her.214 Dennoch unterscheiden sich diese, wie auch Communities, unter anderem215 aufgrund ihrer inhaltlichen Ausrichtung nicht unwesentlich von Brand Communities. 205
Vgl. Hagel & Armstrong (1997), S. 143; De Valck (2007), S. 270.
206
Vgl. Von Loewenfeld (2006), S. 126f.; Casaló et al. (2007), S. 787.
207
Vgl. Haas (2007), S. 21.
208
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412; Mühlenbeck & Skibicki (2007), S. 32ff.
209
Schouten & McAlexander (1995), S. 43.
210
Vgl. Schouten et al. (2007), S. 74.
211
Vgl. Beverland (2005), S. 461.
212
Vgl. Burgh-Woodman de & Brace-Govan (2007), S. 193ff.
213
Vgl. Donnelly & Young (1988), S. 223ff.
214
Vgl. De Burgh-Woodman & Brace-Govan (2007), S. 198; Goulding & Saren (2007), S. 240.
215
Eine detaillierte Unterscheidung der Begriffe Subkultur, Konsumsubkultur und Brand Communities siehe De Burgh-Woodman & Brace-Govan (2007), S. 193ff.
26
Zielen Konsumsubkulturen auf eine bestimmte Produktgruppe, eine gemeinsame Konsumaktivität oder eine Marke,216 so nimmt bei Brand Communities immer die Leidenschaft für die Marke den Schwerpunkt ein.217
Ein „Consumption Tribe” wird in der Literatur bezeichnet als „network of heterogeneous persons – in terms of age, sex, income, etc. – who are linked by a shared passion or emotion; a tribe is capable of collective action, its members are not simple consumers, they are also advocates.”218 Im Gegensatz zu Konsum-Völkern weisen Brand Communities keine geografischen Grenzen auf,219 die geteilte Leidenschaft für die Marke und die soziale Interaktion stehen primär im Vordergrund. „Consumption Communities”220 wird in der Literatur als Oberbegriff für Konsumsubkulturen, Brand Communities und Triebe definiert.221 Zwar wird der Begriff der Konsum Community in manchen Veröffentlichungen gleichbedeutend mit anderen Begriffen, wie beispielsweise „Brand Community” verwendet,222 inhaltlich und hinsichtlich der Funktionsweise gibt es aber auch hier deutliche Unterschiede.223 Communities des Konsums weisen, wie ihr Name bereits vermuten lässt, auf Handlungen224 und Objekte des Konsums hin (z.B. der Konsum von Magazinen),225 wobei diese hierbei nicht (auf eine Marke) eingeschränkt sind.226 Der Konsum eines Produktes von mehreren Individuen stellt das verbindende Merkmal dar,
216
Vgl. Schouten & McAlexander (1995), S. 43.
217
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412; Cova & Pace (2006), S. 1089.
218
Cova & Cova (2002), S. 602; Vgl. auch Cova & Cova (2001), S. 67ff.
219
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412.
220
Boorstin (1973), S. 89.
221
Vgl. Belk & Tumbat (2005), S. 206.
222
Vgl. Hollenbeck & Zinkhan (2006), S. 479.
223
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 39.
224
Vgl. Holt (2002), S. 87.
225
vgl. Davidson et al. (2007), S. 216.
226
Vgl. Boorstin (1973), S. 89ff.; Dwyer (2007), S. 66. 27
weder die Marke noch die Interaktion spielen hierbei eine bedeutende Rolle. Weiters können Konsum Communities aufgrund der geringeren Verbindung und Interaktion der Mitglieder,227 wie auch wegen der Verwendung des Begriffs insbesondere vor Einführung der Begriffe von stärker spezialisierten Community-Formen228 als vorgelagerte Entwicklungsstufe von anderen Phänomenen betrachtet werden. Sie stellen daher kein eigenes, neues Phänomen dar, sondern fassen durch ihre breitere Auslegung die bereits erklärten Ausprägungen spezieller Community-Formen zusammen.229
„Consumer Communities” oder „Customer Communities” ähneln den bereits erklärten Phänomenen insbesondere in Bezug auf die personalisierten Interaktion der Mitglieder.230 In zahlreichen Publikationen wird der Begriff mit anderen, wie beispielsweise „Community” oder „Brand Community” gleichbedeutend verwendet,231 wobei Konsumenten Communities immer von diesen selbst initiiert und betrieben werden,232 bei Brand Communities dies auch das Unternehmen hinter der Marke initiieren kann.233 Ein Versuch der Abgrenzung der Konsumenten Community vom Begriff der Brand Community führt lediglich zu zwei bisher aufgezeigten Unterschieden. Zunächst sind Brand Communities nach ihrer Definition als kommerzielle Communities einzuordnen,234 während Konsumenten Communities als nicht-kommerziell gelten.235 Zahlreiche Ähnlichkeiten finden sich in der Bedeutung der zentralen Beziehung zwischen den Kunden, in-
227
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 39.
228
Vgl. Oliver (1999), S. 40f.
229
Vgl. Pace et al. (2007), S. 313.; Schouten et al. (2007), S. 357.
230
Vgl. Johnson (2004), S. 4.
231
Vgl. z.B. Brown et al. (2003), S. 30; Farquhar & Rowley (2006), S. 162ff.; oder Füller
232
Vgl. Algesheimer et al. (2005), S. 32.
233
Vgl. Cova & Pace (2006), S. 1094ff.
234
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 415; Fournier et al. (2005), S. 17.
235
Vgl. Shang et al. (2006), S. 398.
et al. (2007), S. 60f.
28
haltlich sind Konsumenten Communities aber im Gegenteil zu Brand Communities nicht auf eine Marke beschränkt,236 sondern können sehr differenzierte Interessen der Nachfrager behandeln.237 Dies stellt das zweite Differenzierungskriterium dar. Aus dieser Perspektive können Konsumenten Communities als spezielle Form von Communities und Brand Communities wiederum als besondere Ausprägung einer Konsumenten Community238 gesehen werden.239 Dies würde auch die zahlreiche Verwendung des Begriffs der Konsumenten Community in einem Brand CommunityKontext240 sowie auch dieselben Beispiele für zwei unterschiedlich benannte Konstrukte erklären.241
2.3 Funktionen von Brand Communities Brand Communities basieren auf sozialen Interaktionen und Beziehungen unter begeisterten Fans einer Marke.242 Mitglieder in Brand Communities mögen das Objekt des Interesses nicht nur, sondern identifizieren sich
236
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 426.
237
Vgl. Pitta & Fowler (2005), S. 283f.
238
Vgl. Morandin et al. (2005), S. 2; Einen weiteren Zugang stellt das Vermischen der sozialen Perspektive der Konsumenten Community mit dem kommerziellen Zugang über die Marke dar und zeigt dadurch wiederum enge Verknüpfungen zwischen Konsumenten Communities und Brand Communities. Vgl. McWilliam (2000), S. 45.
239
Hierzu ist anzumerken, dass Brand Communities aber nicht nur enge Beziehungen zwischen Konsumenten und der Marke aufweisen, sondern solche Beziehungen auch unter bzw. mit Händlern, Angestellten und anderen Stakeholdern auftreten können. Vgl. Hinterhuber et al. (2006), S. 9.
240
Vgl. z.B. Flavián & Guinalíu (2005), S. 414; Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 46ff.; Pitt et al. (2006), S. 121; Algesheimer & Dholakia (2008), S. 2ff.; Algesheimer et al. (forthcoming), S. 3ff.
241
Communities zu Ducati Motorrad, LOMO Kameras oder Ebay, vgl. Algesheimer & Dholakia (2006), S. 26f.
242
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412. 29
damit243 und empfinden darüber hinaus starke Gefühle, sogar Liebe244 für die Marke.245 In diesen Communities haben Konsumenten die Möglichkeit, ihre Begeisterung und Hingabe für die Marke frei und ungehindert auszudrücken und sich mit jenen zu treffen, die eine ähnliche Beziehung zur Marke pflegen.246 Deren motivierte Mitglieder247 kommunizieren miteinander, tauschen sich über unterschiedliche Themen und Erfahrungen,248 aber primär über die Marke aus und unterstützen sich beispielsweise bei der Anwendung des Produktes.249 Dadurch bauen die Anhänger der Marke ein Netzwerk von Beziehungen zu anderen Fans auf bzw. stärken dieses.250 Mittels dieser hohen Interaktion werden aber nicht nur die Verbindung mit anderen Mitgliedern, sondern auch die Beziehung und die Einstellung gegenüber der Marke regelmäßig beeinflusst251 sowie das Markeninvolvement durch die Mitgliedschaft in der Community erhöht.252 Involvierte Personen, Enthusiasten,253 widmen der Marke stärkere Aufmerksamkeit und verhalten sich anders als nicht involvierte Konsumenten.254 Weiters kommt es in Brand Communities zu einem erhöhten Austausch von
243
Vgl. Belk & Tumbat (2005), S. 205.
244
Vgl. Fournier (1998), S. 363; Carroll & Ahuvia (2006), S. 80f.; Batra et al. (2008), S.
245
„A lovemark is a brand characterised by an intimate, passionate and commited bond
4.
between the consumer and the brand.” Beckmann (2002), S. 5. 246
Vgl. Haas (2007), S. 19.
247
Vgl. Upshaw & Taylor (2001), S. 418.
248
Vgl. Ang et al. (2007), S. 167.
249
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 39ff.
250
Vgl. Keller (2003), S. 599; Quinn & Devasagayam (2005), S. 104; Davidson et al.
251
Vgl. Ahonen & Moore (2005), S. 108f.; Chang & Chieng (2006), S. 948ff.; Hollenbeck
252
Vgl. Upshaw & Taylor (2001), S. 418.
253
Vgl. Bloch (1986), S. 539.
254
Vgl. Zaichkowsky (1986), S. 12; Mano & Oliver (1993), S. 452.
(2007), S. 211.
& Zinkhan (2006), S. 479.
30
Wissen255 und auch einem ständigen Wissenszuwachs,256 indem Mitglieder um die Meinungen der anderen Markenbegeisterten fragen,257 denen sie aufgrund der nicht unterstellten Eigennützigkeit stark vertrauen258 und die als Referenzgruppen dienen.259 Die Beziehung mit und die Einstellung gegenüber der Marke hängen daher primär von den sozialen Interaktionen zwischen den Mitgliedern der Community ab.260 Anders ausgedrückt wirken sich Brand Communities sowohl auf die Wahrnehmung261 als auch auf das Verhalten ihrer Teilnehmer aus.262 Dies führt zu umfangreichen und besseren Möglichkeiten für Unternehmen, Informationen über ihre Kunden und den Markt zu erhalten,263 bietet ihnen einen zusätzlichen Kommunikationskanal zu ihren Abnehmern264 und ermöglicht Marketingverantwortlichen, sich mit stark loyalen Konsumenten zu befassen, Beziehungen zu ihnen aufzubauen265 und mit ihnen zusammenzuarbeiten.266 Brand Communities können zusätzlich für die Gewinnung von Lead Usern267 herangezogen werden. Somit entsteht die Chance, leidenschaftliche Kunden268 mit einem hohen Marken- und Produktwissen269 in den Produktentwicklungs255
Vgl. Brown et al. (2003), S. 30f.; Andersen (2005), S. 285.
256
Vgl. De Chernatony (2001), S. 193; Casaló et al. (2007), S. 780.
257
Vgl. Ahonen & Moore (2005), S. 109.
258
Vgl. Eggert et al. (2007), S. 233.
259
Vgl. Von Bartenwerffer & Bieger (2007), S. 29.
260
Vgl. Baumgarth (2004), S. 94ff.
261
Vgl. Flavián & Guinalíu (2005), S. 410; Muniz Jr & Schau (2005), S. 739ff.
262
Vgl. Zhu et al. (2008), S. 12ff.
263
Vgl. De Chernatony (2001), S. 192; Catterall & Maclaran (2002), S. 230ff.; Maclaran & Catterall (2002), S. 321ff.; Szmigin et al. (2005), S. 492; Mühlenbeck & Skibicki (2007), S. 75f.
264
Vgl. Andersen (2005), S. 285.
265
Vgl. Ackerman (1998), S. 36.
266
Vgl. Franke & Shah (2003), S. 159ff.; Franke et al. (2006), S. 304ff.; Kaul & Steinmann (2008), S. 12.
267
Vgl. Von Hippel (1986), S. 791.
268
Vgl. Andersen (2005), S. 285; Cova et al. (2007), S. 327; Pichler & Hemetsberger
269
Vgl. Amine & Sitz (2004), S. 12; Kaul & Steinmann (2008), S. 13.
(2007), S. 2ff.; Pichler & Hemetsberger (2008), S. 2ff.
31
prozess zu integrieren270 und durch diese Zusammenarbeit mit den Konsumenten zusätzliches (Produkt-) Wissen zu erhalten.271 Können Verbraucher für die Partizipation in einer Brand Community gewonnen werden, so ist die Voraussetzung für eine langfristige Mitgliedschaft und damit auch für eine dauerhafte Treue272 zur von ihnen geliebten Marke273 geschaffen, die auch die leichtere und erfolgreiche Einführung von Markenerweiterungen ermöglicht.274 Neben dem Nachweis, dass Brand Communities unter anderem zu intensiverem Markenaffekt und Markenvertrauen,275 einer verstärkten Weiterempfehlung der Marke276 und sogar zur Entwicklung von Markenbotschaftern führen277 und damit Neukunden gewonnen werden können,278 haben zahlreiche empirische Studien und auch konzeptionelle Artikel aufgezeigt, dass aus der Mitgliedschaft in Brand Communities insbesondere eine erhöhte Markenloyalität bzw. Wiederkauf der Marke resultieren.279 Brand Communities binden Kunden an das Unternehmen, indem diese sich untereinander verbunden fühlen280 und stellen somit ein
270
Vgl. Von Hippel (1988), S. 102ff.; Franke & Shah (2003), S. 159ff.; Füller et al. (2003), S. 36ff.; Von Bartenwerffer & Bieger (2007), S. 33; Füller et al. (2008), S. 609ff.
271
Vgl. Sawhney & Prandelli (2000), S. 24.
272
Vgl. Algesheimer & Herrmann (2005), S. 759.
273
Vgl. Carroll & Ahuvia (2006), S. 81ff.
274
Vgl. Bhat & Reddy (2001), S. 111ff.
275
Vgl. z.B. Hoppe et al. (2008), S. 4f.
276
Vgl. z.B. Von Loewenfeld (2004), S. 10; Von Loewenfeld & Herrmann (2004), S.43;
277
Vgl. Davidson et al. (2007), S. 217f.; Matzler et al. (2007), S. 26ff.; Batra et al.
Marzocchi & Bergami (2005), S. 5f.; Hoppe et al. (2007b), S. 3ff.
(2008), S. 4; Spengler & Müller (2008), S. 220. 278
Vgl. Von Bartenwerffer & Bieger (2007), S. 33.
279
Vgl. z.B. Algesheimer et al. (2005), S. 30ff.; Belk & Tumbat (2005), S. 205ff.; Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 58ff.; Shang et al. (2006), S. 410ff.; Claricini & Scarpi (2007), S. 6f.; Cornelissen et al. (2007), S. 286; Hoppe et al. (2007a), S. 5f.; Algesheimer & Dholakia (2008), S. 18ff.
280
32
Vgl. Mühlenbeck & Skibicki (2007), S. 78.
effektives Marketing-281 und Kundenbindungsprogramm dar,282 das für Nachfrager und Anbieter einen bedeutenden Mehrwert bietet.283 „Marketing occurs in and through these groups and affects and is affected by them.”284
2.4 Typologisierung Brand Communities können nach bestimmten Merkmalen typologisiert werden.285 Die in der Literatur am häufigsten erläuterten Kriterien werden nachfolgend für die Unterscheidung von differenzierten Formen und Ausprägungen von Brand Communities herangezogen.
2.4.1
Offline versus Online
Seit dem enormen Aufschwung und Ausbau des Internets gegen Ende des letzten Jahrhunderts286 haben virtuelle (Brand) Communities verstärkt die Aufmerksamkeit von zahlreichen Managern287 und auch Forschern angezogen.288 Formt sich eine virtuelle Community289 rund um eine spezifische Marke, wird von einer virtuellen Online Brand Community gesprochen.290 Das Internet bietet vielfach die Möglichkeit,291 Konsumenten mit einer gemeinsamen Leidenschaft, beispielsweise für eine Marke, zu verei281
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 45.
282
Vgl. Hagel & Armstrong (1997), S. 141; Mühlenbeck & Skibicki (2007), S. 34.
283
Vgl. Algesheimer et al. (forthcoming), S. 3.
284
Bagozzi (2005), S. 104.
285
Vgl. Von Loewenfeld (2006), S. 41.
286
Vgl. Flavián & Guinalíu (2005), S. 407.
287
Vgl. De Valck (2007), S. 260.
288
Vgl. z.B. Amine & Sitz (2004), S. 1ff.; Cova & Pace (2006), S. 1094ff.; Sohn & Leckenby (2007), S. 435ff.; Zhu et al. (2008), S. 2ff.
289
Vgl. Hagel & Armstrong (1997), S. 143.
290
Vgl. Flavián & Guinalíu (2005), S. 408.
291
Vgl. Hair & Clark (2007), S. 784. 33
nen292 und mittels medialer Kommunikation293 künstliche Kontakte aufzubauen.294 Virtuelle Brand Communities sind weiters davon geprägt, dass ihre Mitglieder großteils anonym in der Community agieren,295 sich unabhängig jeglicher Zeitzonen296 online treffen und austauschen297 und diese auch jederzeit verlassen können.298 Weiters ist der Inhalt der online Interaktion in vielen Bereichen auch für andere Besucher sichtbar. Außerdem können beliebig viele Personen an virtuellen Communities teilnehmen.299 Offline Brand Communities, auch physische oder face-to-face Brand Communities genannt,300 zeichnen sich hingegen durch physische, direkte Kommunikation und unmittelbare soziale Kontakte301 in der realen Welt aus.302 Darüber hinaus entwickeln die Mitglieder von diesen Brand Communities häufig tiefe und lang anhaltende Freundschaften.303 Die Beziehungstriade in Brand Communities ist für beide Erscheinungsformen des Phänomens gleichbedeutend.304 Ebenso konnten die drei zentralen Charakteristika Gemeinschaftsgefühl, Rituale und Traditionen sowie moralische Verantwortung in der virtuellen305 und in der physischen Ausprägung,306 wenn auch nicht durchgehend in gleicher Stärke,307 nachgewie-
292
Vgl. Pace et al. (2007), S. 324.
293
Vgl. Hoffmann & Novak (1996), S. 5f.
294
Vgl. Algesheimer & Herrmann (2005), S. 753.
295
Vgl. Schlosser (2003), S. 192; Thiedeke (2003), S. 25ff.
296
Vgl. Rothaermel & Sugiyama (2001), S. 299; Pitta & Fowler (2005), S. 283; Beckmann & Gjerløff (2008), S. 1.
297
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 241f.
298
Vgl. De Valck (2007), S. 272.
299
Vgl. Hennig-Thurau et al. (2004), S. 39.
300
Vgl. Algesheimer & Herrmann (2005), S. 753.
301
Vgl. Algesheimer (2004), S. 66.
302
Vgl. Beckmann & Gjerløff (2008), S. 2.
303
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 43f.
304
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.
305
Vgl. Casaló et al. (2007), S. 777.
306
Vgl. Muniz Jr (1998), S. 63ff.
307
Vgl. Herstatt & Sander (2004), S. 4.
34
sen werden. Der wesentliche Unterschied zwischen Offline und Online Communities liegt also neben der differenzierten Kommunikation bzw. dem unterschiedlichen Medium308 darin, dass bei Letzterem kein tatsächliches Wissen über die Teilnehmer vorhanden ist und ferner keine unmittelbaren Kontakte zustande kommen.309 Die Offline Brand Community stellt somit die reale, greifbare Ausprägung dieses Phänomens dar und wird nachfolgend als Untersuchungsobjekt für die vorliegende Arbeit herangezogen. Angemerkt sei an dieser Stelle, dass, wenn auch die Beziehung zwischen den Mitgliedern von physischen Brand Communities wegen der direkten, persönlichen Kommunikation stärker ausgeprägt ist310 und von manchen Forschern als die bedeutendere Form der Beziehung in Communities dargestellt wird,311 die zukünftige Bedeutung von virtuellen Brand Communities aufgrund des Wachstums und der immer größer werdenden Belastbarkeit des Internets nicht zu unterschätzen ist.312 Demzufolge wird die Verbindung der beiden Formen zukünftig einen strategischen Erfolgsfaktor im Rahmen des Community-Managements umfassen.313 Darüber hinaus stellen Brand Communities meist Mischformen aus virtuellen und physischen Brand Communities dar, da neben den virtuellen Kommunikationsformen zur Interaktion physische Treffen zur Zelebrierung der Marke einen mindestens genauso wichtigen Stellenwert einnehmen.314 Brand Communities können also offline und/oder online existieren.315 Aufgrund der stärkeren Beziehung zwischen den Mitgliedern physischer Communi-
308
Vgl. Füller et al. (2007), S. 60.
309
Vgl. Algesheimer & Herrmann (2005), S. 753.
310
Vgl. Flanagin & Metzger (2001), S. 168ff.; Algesheimer (2004), S. 51.
311
Vgl. Chipuer & Pretty (1999), S. 655.
312
Vgl. Ahonen & Moore (2005), S. 1ff.; Andersen (2005), S. 285; Bagozzi et al. (2007),
313
Vgl. Von Loewenfeld (2006), S. 41.
314
Vgl. Algesheimer & Herrmann (2005), S. 756; Lin (2007), S. 132.
315
Vgl. Von Loewenfeld (2006), S. 129; Beckmann & Gjerløff (2008), S. 1; Devasagayam
S. 111; Casaló et al. (2007), S. 785.
& Buff (2008), S. 21f.; Spengler & Müller (2008), S. 232. 35
ties und der fehlenden Anonymisierung dieser Mitglieder analysiert die vorliegende Arbeit offline Brand Communities.
2.4.2
Initiierung und Führung
Die Initiierung und Führung von Brand Communities kann sowohl durch deren Mitglieder – den Fans der Marke – als auch über das Unternehmen hinter der Marke erfolgen.316 Als offizielle Brand Communities werden jene bezeichnet, die durch die Initiative des Markenunternehmens entstehen317 und von diesem aktiv geleitet werden. Inoffizielle Brand Communities werden hingegen von den Anhängern der Marke initiiert,318 sind auch ohne Unterstützung des Markenunternehmens erfolgreich319 und können von diesem, wenn überhaupt, nur indirekt über die Gestaltung der Marke beeinflusst werden.320 Zahlenmäßig sind die inoffiziellen Brand Communities jedenfalls den von den Unternehmen betriebenen deutlich überlegen.321 Selbst wenn die Initiierung einer Brand Community durch das Unternehmen erfolgt, basiert deren Existenz dennoch auf den Mitgliedern.322 Diese identifizieren sich gesammelt mit der Marke323 und der soziale Austausch der Fans steht im Vordergrund.324 Die Hauptaufgabe des Managements ist es, die Interaktion und damit die Entstehung und Aufrechterhaltung der Brand Community zu ermöglichen,325 bei Gelegenheit mit den Betreibern der Community zusammenzuarbeiten326 und die Ziele
316
Vgl. Von Loewenfeld et al. (2006), S. 10.
317
Vgl. Algesheimer et al. (2006), S. 934.
318
Vgl. Maclaran & Catterall (2002), S. 320; Spengler & Müller (2008), S. 220.
319
Vgl. Schögel et al. (2005), S. 4.
320
Vgl. Von Loewenfeld (2006), S. 127.
321
Vgl. Von Loewenfeld et al. (2006), S. 10.
322
Vgl. Beckmann (2002), S. 2.
323
Vgl. Fournier et al. (2005), S. 18.
324
Vgl. Bhattacharya & Sen (2003), S. 79ff.; Dholakia et al. (2004), S. 244ff.;
325
Vgl. Fournier et al. (2005), S. 18.
326
Vgl. Von Loewenfeld et al. (2006), S. 13.
36
und Wünsche der Community aktiv zu unterstützen.327 Aufgrund der zentralen Rolle der Markenanhänger in diesen sozialen Netzwerken fokussiert die Arbeit auf die Analyse von inoffiziellen Brand Communities.
2.4.3
Stärke der Bindung
Ein weiterer Ansatz der Typologisierung von Brand Communities besteht über die Stärke der Bindung der Mitglieder untereinander. So kann zwischen netzwerkbasierten und kleingruppenbasierten Brand Communities differenziert werden. Die im Kapitel 2.1 dargestellte Definition von Brand Communities entspricht jener einer netzwerkbasierten Ausprägung, da nicht die Verbindung von einzelnen Mitgliedern im Vordergrund steht,328 sondern der Schwerpunkt auf einem Netz von Beziehungen zwischen den Anhängern einer Marke liegt.329 Markenbezogene Aktivitäten und weniger die Freundschaft zwischen einzelnen Teilnehmern sind der Fokus der netzwerkbasierten Brand Community.330 Stattdessen interagieren die Fans in solchen sozialen Netzwerken331 immer wieder mit anderen Kollegen. Ihre wesentlichen Motive für die Teilnahme an solchen großen Communities332 sind informeller und instrumenteller Natur.333 Und schließlich werden netzwerkbasierte Brand Communities, die mehr als 50 Mitglieder aufweisen,334 als virtuelle Ausprägung des Phänomens eingestuft,335 wie beispielsweise Macintosh User Groups.336 Kleingruppenbasierte Brand Communities dagegen zeigen auf, dass der Großteil der Interaktion der
327
Vgl. Von Loewenfeld & Herrmann (2004), S. 45.
328
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 248.
329
Vgl. Algesheimer & Herrmann (2005), S. 758.
330
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 46.
331
Vgl. Coulter et al. (2003), S. 154; Claricini & Scarpi (2007), S. 3.
332
Vgl. Bagozzi (2005), S. 104.
333
Vgl. Popp et al. (2008), S. 3.
334
Vgl. Algesheimer et al. (2006), S. 939.
335
Vgl. Bagozzi et al. (2008), S. 11.
336
Vgl. Morandin et al. (2008), S. 3. 37
Markenanhänger innerhalb eines kleinen Kreises von Vertrauten passiert,337 der drei oder mehr Personen umfasst.338 Im Gegensatz zu netzwerkbasierten Communities steht hier die physische Interaktion im Vordergrund,339 die nicht nur markenbezogenen, sondern auch sozialen Charakter annimmt.340 Die Mitglieder einer solchen Kleingruppe kennen sich häufig schon längere Zeit, fühlen sich einander verpflichtet und sind bereit, sich gegenseitig weiterzuhelfen und zu unterstützen.341 Die Interaktion zwischen den kaum wechselnden342 Gruppenmitgliedern verläuft sehr intensiv343 und das Involvement ist stärker ausgeprägt als bei jenen, die einer netzwerkbasierten Brand Community angehören.344 Da sich in einer Gruppe von drei oder mehr Personen die Teilnehmer untereinander alle persönlich kennen und Freundschaften aufgebaut wurden, erringen kleingruppenbasierte Communities höhere Bedeutung für ihre Anhänger als netzwerkbasierte.345 Mitglieder einer Kleingruppe treffen sich vorzugsweise face-to-face, interagieren aber durchaus ebenso online.346 Wie bei online und offline Ausprägungen, verschwimmen auch bei netzwerkbasierten und kleingruppenbasierten Brand Communities häufig die Grenzen und die beiden Erscheinungsformen schließen sich nicht gegenseitig aus.347 Die Analysen in dieser Arbeit legen, basierend auf der Definition in Abschnitt 2.1, den Schwerpunkt auf eine netzwerkbasierte Brand Community, in der nicht die Freundschaft einzelner Individuen, sondern ein Netz von Beziehungen zwischen zahlreichen Markenanhängern im Vordergrund steht.
337
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 46.
338
Vgl. Bagozzi et al. (2008), S. 11.
339
Vgl. Morandin et al. (2005), S. 36.
340
Vgl. Algesheimer & Herrmann (2005), S. 758.
341
Vgl. Morandin et al. (2008), S. 3.
342
Vgl. Popp et al. (2008), S. 3.
343
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 248.
344
Vgl. Algesheimer & Herrmann (2005), S. 758.
345
Vgl. Bagozzi et al. (2008), S. 11.
346
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 249.
347
Vgl. Algesheimer & Herrmann (2005), S. 758.
38
2.4.4
Brandfest
Weniger eine Art, sondern vielmehr eine Ausprägung oder Erscheinungsform von Brand Communities sind so genannte Brandfests. „Brandfests are corporate-sponsored events provided primarily for the benefit of current customers. Their primary function is the celebration of brand ownership.”348 Diese sozialen Events349 werden primär vom Markenunternehmen ausgerichtet350 oder gesponsert351 und ermöglichen den meist geografisch weit verstreuten Besuchern eine intensive persönliche Interaktion,352 die gemeinsame Anwendung der Marke353 und damit die Stärkung von Beziehungen mit anderen Teilnehmern.354 Wie in den anderen Formen von Brand Communities weisen Brandfests die drei kennzeichnenden Charakteristika Gemeinschaftsgefühl,355 Rituale und Traditionen356 und moralische Unterstützung357 auf. Einige dieser Treffen, wie beispielsweise der Anhänger von Siedler von Catan,358 die World Ducati Week,359 Camp Jeep oder Harley Davidson Brandfests360 können Hunderte oder sogar Tausende von Anhängern der Marke als Besucher verzeichnen, die insbesonders aufgrund der Suche nach Informationen rund um die Marke, ebenso wie auch aus Spaß an dem Treffen teilnehmen.361 Im Mittelpunkt dieser gro-
348
McAlexander & Schouten (1998), S. 378.
349
Vgl. Beruchashvili (2007), S. 119; Morandin et al. (2008), S. 26.
350
Vgl. Marzocchi & Bergami (2005), S. 4.
351
Vgl. Bhattacharya & Sen (2003), S. 82.
352
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 41; Komaromi (2003), S. 5.
353
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 41.
354
Vgl. Amine & Sitz (2004), S. 4.
355
Vgl. McAlexander & Schouten (1998), S. 390.
356
z.B. „Gummi, Gummi” beim jährlichen GTI-Treffen in Kärnten.
357
Vgl. Schouten et al. (2007), S. 364.
358
Vgl. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), 576.
359
Vgl. Morandin et al. (2008), S. 15.
360
Vgl. Bhattacharya & Sen (2003), S. 82.
361
Vgl. Morandin et al. (2008), S. 12. 39
ßen Gruppen362 steht jedoch immer das Feiern der Marke.363 Die Ausprägung des Brandfests wird in der Marketingpraxis zunehmend beobachtet und stellt daher den zentralen Fokus der Analysen dieser Arbeit dar.
Dieser Versuch der Typologisierung von Brand Communities zeigt zwar auf, dass es unterschiedliche Formen und Ausprägungen des untersuchten Phänomens gibt, dass eine eindeutige Unterscheidung aber nur selten möglich ist. Stattdessen findet man zahlreiche Überschneidungen, Mischformen und Mehrfachausprägungen.364 Unabhängig von der Art der Brand Community weisen diese dennoch die drei zentralen Charakteristika (siehe Kapitel 2.1) auf, allerdings in unterschiedlicher Stärke.365
2.5 Beispiele erfolgreicher Brand Communities In beinahe jeder Publikation im Forschungsfeld der Brand Communities wird auf Beispiele von erfolgreichen Brand Communities verwiesen. So sind Brand Communities etwa in der IT-Branche (Hard- und Software) rund um Marken wie Linux,366 Macintosh367 oder Samsung368 häufig vertreten. In der Produktgruppe der Spiele und Unterhaltungsmedien gibt es diese Communities unter anderem zu Warhammer,369 Siedler von Catan,370 Herr der Ringe371 und seit neuestem auch Red Bull Mobile.372 Für
362
Vgl. Bagozzi (2005), S. 104.
363
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 41.
364
Vgl. Von Loewenfeld (2006), S. 41.
365
Vgl. Morandin et al. (2005), S. 6.
366
Vgl. Morandin et al. (2005), S. 2; Pitt et al. (2006), S. 115ff.
367
Vgl. Belk & Tumbat (2005), S. 205ff.
368
Vgl. Jang et al. (2007), S. 2.
369
Vgl. Park et al. (2007), S. 214ff.
370
Vgl. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 576ff.
371
Vgl. Boulaire et al. (2007), S. 2ff.
372
Vgl. Seebacher (2008), S. 2.
40
die Marken Jägermeister,373 Maggi,374 Lego,375 Nike376 und Ducati377 können Brand Communities ebenso nachgewiesen werden und es wird sichtbar, dass dieses Phänomen nicht auf einzelne Produktgruppen beschränkt ist, sondern in sämtlichen Branchen zur Anwendung kommt. An dieser Stelle sollen keine zusätzlichen Beispiele von existierenden Brand Communities im Aufzählungsverfahren angeführt werden. Stattdessen werden drei erfolgreiche Brand Communities nachfolgend näher beschrieben. Diese wurden aufgrund der Typologisierungsmatrix von Cova und Pace ausgewählt, die Brand Communities anhand der Breite des Absatzmarktes und des Preises des Produktes bzw. der Dienstleistung einordnet.
Abbildung 7: Typologisierung erfolgreicher Brand Communities378
Um nochmals die Differenziertheit der Branchen darzulegen, in denen Brand Communities existieren, wurden die Marken Harley Davidson, Swatch und Nutella als Beispiele erfolgreicher Brand Communities ausgewählt.
373
Vgl. Baumgartner (2007), S. 104ff.; Popp et al. (2008), S. 1ff.
374
Vgl. Von Loewenfeld et al. (2006), S. 9f.
375
Vgl. Andersen (2005), S. 286.
376
Vgl. Baumgartner (2007), S. 130ff.
377
Vgl. Mandelli (2004), S. 1ff.; Morandin et al. (2008), S. 10ff.
378
Quelle: in Anlehnung an Cova & Pace (2006), S. 1091. 41
2.5.1
Harley Owners Group
Harley Davidson mit Anschaffungskosten von einigen Tausend Euro entspricht einem Produkt mit hohem Investitionsaufwand für die Käufer, das in einem Nischenmarkt angeboten wird. In vielen Publikationen wird die Harley Owners Group (HOG), ein Teil des Unternehmens Harley Davidson, als prototypische Brand Community bezeichnet.379 Das Unternehmen, das 1903 in den USA gegründet wurde,380 beschreibt die Community selbst wie folgt: „Die Harley Owners Group ist viel mehr als nur ein Motorradclub. Es sind 1 Million Menschen weltweit, die eine Leidenschaft vereint: den Harley-Davidson-Traum zu leben.”381 Die Harley-Davidson Brand Community wurde 1983 vom Unternehmen ins Leben gerufen, um die bereits vorhandene Loyalität unter den Harley-Fahrern zu stärken382 und den negativen Einfluss von gesetzeswidrigen Biker-Gangs zu verhindern.383 Bereits seit wenigen Jahren nach der Gründung ist die HOG international in Chaptern organisiert,384 welche Handelsniederlassungen des HarleyDavidson-Unternehmens in einer bestimmten Region oder in einer Stadt darstellen.385 Anhand der im Kapitel 2.4 Typologisierung vorgestellten Arten und Ausprägungen von Brand Communities wird an dieser Stelle eine Einordnung der HOG, der vielleicht erfolgreichsten Brand Community, vorgenommen.
Die Community rund um die Marke Harley Davidson stellt eine Mischform aus Offline und Online Brand Community dar. Vorrangig ist die primäre Ausrichtung auf offline Aktivitäten (z.B. Posse-Ride oder andere Rallyes386) ausgerichtet. Seit über zehn Jahren führt HOG außerdem eine Internetsei379
Vgl. z.B. Hellmann (2005), S. 67.
380
Vgl. Baumgartner (2007), S. 88.
381
Harley-Davidson (2008b), o. S.
382
Vgl. Harley-Davidson (2008a), o. S.
383
Vgl. Fournier et al. (2000), S. 1.
384
Vgl. Harley-Davidson (2008a), o. S.
385
Vgl. Fournier et al. (2000), S. 2.
386
Vgl. Schouten & McAlexander (1995), S. 46ff.; Harley-Davidson (2008b), o. S.
42
te, auf der die Mitglieder nicht nur Informationen zur Marke erhalten, sondern beispielsweise noch die Möglichkeit haben, ein virtuelles Nutzerprofil zu erstellen.387 In Bezug auf die Initiierung und Führung kann die Einordnung deutlicher ausfallen, da die HOG von Harley Davidson gegründet und auch betrieben wird. Allerdings ist hierbei anzumerken, dass vor der Gründung bereits gemeinsame Aktivitäten von Harley-Davidson-Fahrern durchgeführt wurden. Dennoch ist die HOG offiziell von ihrem Eigentümer, der Harley-Davidson Company geschaffen worden, der sie bis heute noch angehört.388 Die HOG als Ganzes gesehen ist aufgrund ihrer Internationalität und der großen Anzahl an Mitgliedern389 überwiegend als netzwerkbasierte Brand Community zu verstehen. Da aber viele der sozialen Interaktionen der Harley-Fahrer lediglich mit wenigen Gleichgesinnten erfolgen, kann die HOG ebenso als kleingruppenbasierte Brand Community eingeordnet werden.390 Die HOG organisiert regelmäßig Großveranstaltungen, wie beispielsweise die jährliche European Bike Week am Faaker See in Kärnten, mit zuletzt mehr als 100.000 Besuchern,391 und weist somit zusätzlich die Ausprägung des Brandfests auf.392
2.5.2
Swatch The Club
Im Gegensatz zu Harley Davidson fallen die Investitionskosten für die Konsumenten beim Kauf einer Swatch Uhr, mit Anschaffungskosten von ein paar Hundert Euro, wesentlich geringer aus und die angesprochene Zielgruppe erreicht eine deutlich höhere Anzahl an potenziellen Käufern. Dennoch steht auch hinter dieser Marke eine sehr erfolgreiche Community: Swatch The Club.393 In den 70er Jahren wurde trotz großer Krise in der
387
Vgl. Harley-Davidson (2008b), o. S.
388
Vgl. Fournier et al. (2000), S. 1.
389
Vgl. Baumgartner (2007), S. 90.
390
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 46.
391
Vgl. Hellmann (2005), S. 76.
392
Vgl. McAlexander & Schouten (1998), S. 378.
393
Vgl. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 576ff. 43
Schweizer Uhrenbranche das Unternehmen SMH, die Schweizer Gesellschaft für Mikroelektronik und Uhrmacherindustrie, gegründet. 1983 wurde schließlich die erste Swatch verkauft und die Swatch Group ist zum weltweit größten Uhrenkonzern herangewachsen.394 Im Jahr 1990 übertraf die internationale Nachfrage bereits den Verkauf, die Konsumenten begannen Swatchs zu kaufen, zu verkaufen und damit zu spekulieren. Das Unternehmen Swatch gründete einen Club für Swatch-Sammler.395 „The Swatch community is a fun-filled place for provocative ideas and lively, curious fans of Swatch watches – online and in the world.”396 Ähnlich wie bei Harley Davidson wird die Brand Community sowohl zentral von der Unternehmensleitung als auch über die lokalen Niederlassungen von Swatch betrieben und beworben.397 Anfang 1999 konnte die Brand Community von Swatch zwischen 80.000 und 100.000 Mitglieder aufweisen,398 bis 2002 stieg diese Zahl bereits auf über 120.000 an.399
Die zentralen Funktionen von Swatch The Club umfassen unter anderem die Möglichkeit der Erstellung seines eigenen Profils auf der Webseite der Brand Community, online Foto Verwaltung und Austausch mit anderen Mitgliedern sowie die Anwendung eines Blogs oder die Nutzung von Foren.400 Die primäre Ausrichtung der Brand Community ist daher virtuell, wobei die Online Community durch Offline Events ergänzt wird. Hinsichtlich der Initiierung und Führung kann hier ebenso eine eindeutigere Einordnung als bei der HOG getroffen werden. Swatch The Club wurde von der Swatch Group als Sammlerclub gegründet und wird auch nach wie vor vom Unternehmen geführt. Die Brand Community entstand als erstes in den Ländern Schweiz und Österreich, erstreckt sich aber mittlerweile 394
Vgl. Swatch (2008b), o. S.
395
Vgl. Reavis et al. (1999), S. 7.
396
Swatch (2008d), o. S.
397
Vgl. Butscher (2002), S. 186.
398
Vgl. Reavis et al. (1999), S. 7.
399
Vgl. Butscher (2002), S. 186.
400
Vgl. Swatch (2008a), o. S.
44
über zahlreiche weitere Länder und weist Tausende von Mitgliedern auf.401 Hinsichtlich der Stärke der Bindung stellt der Club also eine netzwerkbasierte Brand Community dar. Die angeführten offline Aktivitäten sind meist Veranstaltungen mit zahlreichen Teilnehmern, wie beispielsweise das Swatch Beach Boat, bei dem das Hochleben der Marke Swatch im Mittelpunkt steht.402 Somit kann auch die Ausprägung des Brandfests beim Swatch The Club nachgewiesen werden.
2.5.3
my Nutella The Community
Im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Beispielen stellt Nutella jene Marke dar, die, mit Anschaffungskosten von ein paar Euro, für den Konsumenten mit den niedrigsten Investitionen verbunden und für den breiten Massenmarkt konzeptioniert ist. Das Produkt süßer Brotaufstrich und auch die Marke Nutella können daher wiederum deutlich differenziert von den Produktgruppen Motorrad und Armbanduhr, sowie von den Marken Harley Davidson und Swatch betrachtet werden. Auch rund um Nutella gibt es eine sehr erfolgreiche Brand Community: „my Nutella The Community”,403 im vollen Umfang allerdings bis dato nur in Italien, wo Nutella einen Marktanteil von 90% umfasst.404 Schon 1951 wurde die „Supercreme”, die erste für die Verbraucher erhältliche Nuss-Nougat-Creme,405 am italienischen Markt erstmals angeboten und 1964 in Nutella umbenannt. Ein Jahr darauf wurde die „Kultmarke”406 Nutella bereits in weiteren europäischen Ländern wie Deutschland und Österreich eingeführt.407 Mittlerweile ist Nutella international erhältlich408 und versorgt seine Fans mit vie-
401
Vgl. Butscher (2002), S. 186f.
402
Vgl. Swatch (2008c), o. S.
403
Vgl. Nutella (2008d), o. S.
404
Vgl. Cova & Pace (2006), S. 1094.
405
Vgl. Ferrero (2008), o. S.
406
Ferrero (2008), o. S.
407
Vgl. Nutella (2008b), o. S.
408
Vgl. Nutella (2008c), o. S. 45
len Informationen rund um den beliebten Brotaufstrich.409 Seit vielen Jahren gibt es Aktivitäten zur Marke und 2003 wurde schließlich die Webseite „my Nutella the Community” in Italien gegründet, die etwa eine Million Besucher täglich verzeichnet410 und zurzeit knapp 15.000 angemeldete Mitglieder aufweist.411
„My Nutella The Club” kann, wie die beiden vorangegangenen Beispiele, nicht ohne Überschneidungen typologisiert werden. Im Vordergrund steht aber auch hier eher die Online Brand Community, die durch Offline Aktivitäten, wie beispielsweise die oben erwähnten Nutella Partys, ergänzt werden. Hinsichtlich der Initiierung und Führung ist darauf zu verweisen, dass begeisterte Anhänger von Nutella schon vor der Gründung der offiziellen Community eigenständige Versuche der Vernetzung starteten und die Nutella Partys ohne Mitwirkung des Unternehmens stattfanden, aber der Erfolg der virtuellen Community erst mit der Initiative durch das Unternehmen eingetreten ist.412 Aufgrund der breiten Ausrichtung und der zahlreichen Mitglieder ist die Nutella Brand Community überwiegend netzwerkbasiert, wobei auch kleingruppenbasierte Aktivitäten (z.B. gemeinsames Kochen mit Nutella) eine Rolle spielen. Viele Nutella Partys ähneln dem Konzept des Brandfests.413 Im Vergleich zu Harley Davidson und Swatch finden die sie aber in einem kleineren Rahmen statt.
409
Vgl. z.B. „aufstehen – dein Nutella Magazin”: Nutella (2008a), o. S.
410
Vgl. Cova & Pace (2006), S. 1094ff.
411
Vgl. Nutella (2008d), o. S.
412
Vgl. Cova & Pace (2006), S. 1094ff.
413
Vgl. Cova & Pace (2006), S. 1093.
46
3 Stand der Forschung Seit der Grundlagenartikel „Brand Communities”414 von Muniz und O’Guinn 2001 im Journal of Consumer Research erschienen ist, sind mehrere Dutzend neue Forschungsprojekte auf diesem Gebiet durchgeführt und publiziert worden. Die Intention der Verfasserin ist es, einen Überblick über möglichst alle bisherigen Projekte im Themenbereich der Brand Communities zu geben, die in internationalen Zeitschriften415 veröffentlicht oder in einem früheren Stadium auf internationalen Konferenzen vorgestellt wurden.416 Im Rahmen dieses Kapitels erfolgt daher eine Gegenüberstellung bisheriger empirischer Forschungsprojekte zu Brand Communities und es wird ein Gesamtüberblick über alle der Verfasserin bekannten bisherigen Publikationen zum Forschungsfeld gegeben.
Trotz umfassender und ausgedehnter Literaturrecherche und der Bemühung keiner Zurückhaltung von Forschungsprojekten garantiert die nachfolgende Übersicht keineswegs Vollständigkeit aller Publikationen und Konferenzbeiträge zum Themenbereich. Auch sämtliche konzeptionellen Artikel417 werden hierbei nicht angeführt, da andere empirische Studien auf diesen aufbauen. Dennoch bietet dieses Kapitel eine Übersicht und Zusammenfassung der bis dato untersuchten Schwerpunkte und Perspektiven und zeigt mit der Gegenüberstellung von 52 empirischen Untersuchungen den Stand der Forschung auf.
414
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.
415
Informationen zum Impactfaktor der Zeitschrift vgl. z.B. o.V. (2008b), o.S. oder o.V.
416
Ein Forschungsprojekt wurde als Buchbeitrag in einem Sammelwerk veröffentlicht.
(2008c), o.S.
Dieses wurde herangezogen, da es die einzige Untersuchung darstellt, die sich mit den Grundlagen (Definition und Charakteristika) von Brandfests auseinandersetzt. 417
Vgl. z.B. Bhattacharya & Sen (2003), S. 76ff. 47
3.1 Typologisierung Diese bisherigen Forschungsprojekte unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer inhaltlichen Ausrichtung, sondern weisen auch deutliche Unterschiede bei der Datenerhebung, -analyse und der theoretischen Basis auf. Ebenso gibt es vielfältige Differenzen hinsichtlich der Probandengewinnung, des Samples als solches und auch der ausgewählten Marken und Communities. So basieren 17 der bisherigen Untersuchungen überwiegend auf Offline, 26 meist eher neuere Studien überwiegend auf Online Communities und weitere neun Projekte befassen sich mit Brand Communities, die nicht eindeutig zugeordnet werden können.
Abbildung 8: Typologisierung nach Online versus Offline Ausprägung
27 der bisher analysierten Brand Communities wurden entweder vom Unternehmen selbst initiiert oder werden von diesem zumindest geführt und organisiert. Bei weiteren elf Forschungsprojekten konnte dargelegt werden, dass die Brand Community durch die begeisterten Anhänger der jeweiligen Marke allein veranstaltet wird. Die verbleibenden 14 Brand Communities konnten aufgrund von fehlenden Informationen nicht zugeordnet werden oder weisen eine Mischform auf.
48
Abbildung 9: Typologisierung nach Initiierung und Führung
Seit Beginn der Brand Community-Forschung wurden unterschiedlichste Branchen untersucht. Die meisten Studien beziehen sich auf die Automobilbranche (15), knapp gefolgt von der IT-Branche (Hard- und Software, 14) und der Produktgruppe Motorräder (9). Unter „Sonstiges” sind alle Produktgruppen und Branchen zusammengefasst, die höchstens zweimal für eine Analyse herangezogen wurden, wie beispielsweise die Gesundheits-418 oder Telekommunikationsbranche419 oder die Produktgruppe Pflanzen.420
418
Vgl. Andersen (2005), S. 288ff.
419
Vgl. Kim & Bae (2008), S. 363ff.
420
Vgl. Claricini & Scarpi (2007), S. 3ff. 49
Automobil IT Motorrad Unterhaltung Sonstiges Lebensmittel Sport onlineHandel KeineAngabe 0
1
2
3
4
5
6 7 8 9 AnzahlUntersuchungen
10
11
12
13
14
15
Abbildung 10: Typologisierung nach Produktgruppe bzw. Branche421
Die meisten bisherigen Studien (20), sofern dies in den Publikationen angegeben wurde, haben Brand Communities aus Europa herangezogen, gefolgt von 15 solcher Untersuchungen in den USA. In weiteren 15 Zeitschriftenartikeln und Konferenzproceedings konnten keine Länderangaben gefunden werden. Sons tige
2 USA
Europa
13
17 Unbeschränkt (daonline)bzw. nichtangegeben
14 Abbildung 11: Typologisierung nach Land422
421
In einigen Studien wurden mehr als eine Brand Community untersucht. Diese Studien sind demnach zum Teil mehrfach zugeordnet.
422
In einer Studie wurden zwei Länder im Vergleich untersucht, daher wurde diese Studie zweifach zugeordnet.
50
Bei der Datenerhebung in den bisherigen Studien überwiegt die Methode des schriftlichen Fragebogens, gefolgt von der Anwendung der Netnographie und dem web-basierten Fragebogen. Die verwendeten Methoden sind aber vielfältig und zum Teil werden mehrere unterschiedliche Instrumente für die Datengewinnung in einer Studie in Anspruch genommen.
SchriftlicherFragebogen
Netnographie
WebbasierterFragebogen
Ethnographie
ProtokolliertesUserVerhalten
Fallstudien
Sonstiges(qualitativ)
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
AnzahlUntersuchungen
Abbildung 12: Methoden der Datengewinnung
Die Darstellung der Unterschiede in den bisherigen empirischen Untersuchungen im Forschungsbereich manifestieren die Existenz und ebenso die Forschungsrelevanz von Brand Communities.423 Darüber hinaus werden aber genauso die Vielfalt der Ausprägungen der analysierten Communities und differenzierten Inhalte der Studien erkennbar.
423
Wie bereits im Grundlagenartikel von Muniz und O’Guinn aufgezeigt. Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff. 51
3.2 Gegenüberstellung und Zusammenfassung Der Großteil der bisherigen Veröffentlichungen zu Brand Communities kann inhaltlich der Grundlagenforschung zugeordnet werden und die Ergebnisse dieser Untersuchungen finden sich teilweise auch in dem Kapitel 2 Brand Communities mittels Basisinformationen zu diesem Phänomen wieder. Beispielsweise haben sich einige Forscher mit der Begriffsdefinition von Brand Communities bzw. der Beschreibung von angrenzenden Begriffen auseinandergesetzt und so erläutern Schouten und McAlexander bereits 1995 den Begriff und die Besonderheiten der Konsumsubkultur.424 Der zentrale Unterschied von Brand Communities zum Erklärungsansatz der Konsumsubkultur liegt wohl an der alleinigen Fokussierung auf die Marke und nicht auf markenübergreifende Produktgruppen (z.B. Oldtimer) oder allgemeinen Konsumaktivitäten. Dennoch oder vielleicht gerade aufgrund dieser weiteren Perspektive stellt das Forschungsprojekt von Schouten und McAlexander einen der bedeutendsten Vorläuferartikel des Forschungsfelds der Brand Communities dar, der bereits umfangreiche Erklärungsansätze liefert.
Die Studie von Muniz und O’Guinn zielt schließlich auf die Einführung des Begriffs der Brand Community und wird von zahlreichen anderen Wissenschaftlern in diesem Forschungsbereich zitiert.425 Neben einer detaillierten Begriffsabgrenzung fokussieren Muniz und O’Guinn im Zuge ihrer qualitativen Analyse auf den Nachweis des Bestehens von Brand Communities und erarbeiteten die Charakteristiken und Besonderheiten dieses Phänomens.426 Ihre Arbeit ist von zentraler Bedeutung in der Brand Community Forschung,427 da darüber hinaus erstmals das tatsächliche Bestehen von Brand Communities nachgewiesen wird. Auf Basis der Untersuchung von Muniz und O’Guinn erweitern spätere Forschungsansätze den Brand Com424
Vgl. z.B. Schouten & McAlexander (1995), S. 43ff.
425
Vgl. o.V. (2008a), o.S.
426
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.
427
Vgl. Hollenbeck et al. (2006), S. 576.
52
munity-Begriff.428 McAlexander und Kollegen fokussieren in ihrer Studie beispielsweise auf die Beziehungen, die in einer Brand Community auftreten. Im Zuge der qualitativen Analyse identifizieren sie vier kundenzentrierte Beziehungen: die Beziehung des Kunden mit der Marke, mit dem Produkt, mit dem Unternehmen und mit anderen Konsumenten. Sie beschreiben Brand Communities weiters als konsumentenzentriert, was eine Verschiebung von der Marke hin zu den Konsumenten als zentrales Element einer Brand Community bedeutet.429
Ein weiteres bedeutendes Thema der grundlegenden Erkenntnisse des Forschungsbereichs behandelt die unterschiedlichen Elemente und Charakteristika von Brand Communities.430 Besonders häufig wurden hierbei das Geschichtenerzählen431 der Mitglieder in Brand Communities als ein Ausdruck von Ritualen und Traditionen432 näher untersucht, sowie die besondere Leidenschaft der Mitglieder für die Marke.433 Der Nachweis des Bestehens von Brand Communities stellt ebenso in mehreren Forschungsprojekten einen Schwerpunkt dar und so konnte die Existenz von Brand Communities bereits in unterschiedlichen Branchen und Produktgruppen,434 für hoch- und niedrigpreisige Produktarten435 und auch in unterschiedlichen Ländern und Kulturen436 nachgewiesen werden. So steht „My Nutella The Community”, eine virtuelle Brand Community für ein conve428
Vgl. z.B. McAlexander et al. (2002), S. 39; oder Von Loewenfeld (2006), S. 133.
429
Vgl. z.B. McAlexander et al. (2002), S. 39ff.
430
Vgl. z.B. Sitz (2006), S. 3ff.
431
Vgl. Simoudis (2005), S. 529ff.
432
Vgl. z.B. Schau & Muniz (2006), S. 21ff.
433
Vgl. z.B. Belk & Tumbat (2005), S. 205ff.
434
Vgl. z.B. Automobilbranche: Algesheimer et al. (2005), S. 20ff.; Produktgruppe der Magazine: Davidson et al. (2007), S. 209ff.; Serviceleistungen: McAlexander et al. (2003), S. 4ff.; oder im B2B-Bereich: Andersen (2005), S. 287ff.
435
Vgl. z.B. Jeep: Schouten et al. (2007), S. 358ff.; versus Nutella: Cova & Pace (2006), S. 1092ff.
436
Vgl. z.B. globale Brand Community mit Länder-Subgruppen: Cova et al. (2007), S. 314ff.; oder die Rolle der Ethnizität: Quinn & Devasagayam (2005), S. 106ff. 53
nience Produkt, z.B. im Zentrum der Analyse von Cova und Pace. Dabei zeigen sie die Unterschiede zu Brand Communities mit dem Schwerpunkt auf Luxusgüter437 auf und gehen auch auf den Begriff des Customer Empowerments438 im Rahmen von Brand Communities näher ein. Die NutellaBrand Community wurde von Ferrero ins Leben gerufen und existiert offline (Nutella Partys) und vor allem online,439 allerdings bisher nur in Italien. Die Mitglieder der Nutella Brand Community haben eine starke Leidenschaft für „ihre” Marke entwickelt. Zahlreiche Fotos, Texte, mittlerweile auch Videos, etc. auf der Webseite bestätigen dies. Mitglieder dieser virtuellen Brand Community bringen ihre Hingabe für Nutella zum Ausdruck, indem sie Informationen über sich selbst und ihren Einstellungen gegenüber der Marke posten. Sie wollen gehört werden, ohne sich unbedingt mit anderen unterhalten oder interagieren zu müssen. Die Aktion steht also im Vordergrund und nicht die Interaktion. Dieses Merkmal stellt gleichzeitig auch den wesentlichen Unterschied zu bereits bekannten und untersuchten Brand Communities in Luxusgüter-Branchen wie Automobil440 dar.441
Neben dem Aufzeigen der Existenz von Brand Communities als solches stellt unter anderem die Typologisierung dieser nach unterschiedlichen Kriterien einen weiteren Schwerpunkt der Grundlagenforschung des Forschungsfelds
437
dar.
Dabei
wurden
beispielsweise
Online
und
Offline
Vgl. Schouten & McAlexander (1995), S. 44ff.; Schau & Muniz (2002), S. 344ff.; Fournier et al. (2005), S. 16ff.; Hellmann (2005), S. 75ff.; Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 51ff.; Baumgartner (2007), S. 88ff.
438
Eine Definition und weitere Informationen siehe Wathieu et al. (2002), S. 298ff.
439
Siehe o.V. Nutella (2008d), o.S.
440
Vgl. z.B. Luedicke (2006), S. 487ff.; Hoppe et al. (2007b), S. 4ff.; oder Luedicke &
441
Vgl. Cova & Pace (2006), S. 1087ff.
Giesler (2007), S. 278ff.
54
Brand Communities,442 sowie Brandfests443 erkannt. Der Begriff „Brandfest” wurde von McAlexander und Schouten in die Marketingliteratur eingeführt.444 Anhand der ethnographischen Untersuchung445 von Events rund um zwei Marken, Harley Davidson und Jeep, erläutern sie zunächst die Auswirkungen von besonderen Erlebnissen446 im Rahmen eines Brandfests und gehen anschließend auf die Möglichkeit des Aufbaus und der Stärkung von Beziehungen der Teilnehmer einer solchen Großveranstaltung näher ein. Und schließlich geben die Autoren einen Ausblick auf die möglichen Effekte von Brandfests.447 McAlexander und Kollegen stellen 2002 in einer weiteren Studie dar, dass die Teilnahme an einem Brandfest die vier Beziehungen in einer Brand Community stärkt bzw. einen positiven Einfluss auf diese nimmt.448
Weitere Unterschiede in Brand Communities bestehen hinsichtlich der Initiierung und Führung449 und es kann zwischen psychologischen und sozialen Communities differenziert werden.450 Auch besondere Ausprägungen wie etwa verlassene Brand Communities wurden bereits im Detail untersucht. Die Autoren Muniz und Schau analysieren dabei mehrfach eine Brand Community, welche rund um eine Marke besteht, die 1998 vom Hersteller aufgrund von zu geringen Absatzzahlen nicht mehr weiterge-
442
Vgl. z.B. online: Schau & Muniz (2002), S. 344ff; oder offline: Rosenbaum et al. (2005), S. 223ff.
443
Vgl. McAlexander & Schouten (1998), S. 378ff.
444
Spätere Artikel beziehen sich immer wieder auf diese Definition, vgl. z.B. McAlexander et al. (2002), S. 41; Algesheimer et al. (2005), S. 20; Marzocchi & Bergami (2005), S. 2ff.; Beruchashvili (2007), S. 119; Schouten et al. (2007), S. 359ff.
445
Vgl. Kates (2002), S. 43.
446
Vgl. auch Arnould & Price (1993), S. 27ff.
447
Vgl. McAlexander & Schouten (1998), S. 378ff.
448
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 45ff.
449
Vgl. z.B. Unternehmensbasiert: Flavián & Guinalíu (2005), S. 409ff.;
450
Vgl. Carlson et al. (2008), S. 285ff.
Mitgliederbasiert: Boulaire et al. (2007), S. 2ff.
55
führt wurde: Apple Newton.451 Eigenheiten der „verlassenen” Brand Community und die Determinanten, die das weitere Bestehen dieser ermöglichen, werden im Rahmen der ersten Studie aufgezeigt. Die Untersuchung zielt auf eine ganz spezifische Charakteristik von Brand Communities, die Stärkung des Wir-Gefühls durch das Erzählen von Geschichten rund um die Marke. Dies wurde als eine Form der Durchführung von Ritualen und Traditionen bereits von Muniz und O’Guinn angeführt.452 Muniz und Schau haben dieses Element von einem extremeren Standpunkt aus – der bedrohten Brand Community – betrachtet. Die Gefahr, dass die Marke Apple Newton vollkommen verschwindet, führt zu einem der stärksten Treiber, der die Brand Community zusammenhält: Der Glaube an das weitere Bestehen der Marke.453 Dabei stellen die Autoren immer wieder Rückschlüsse und Verbindungen zur Religion her und weisen auf Aspekte religiösen Charakters der Community hin.454 Aus diesem Grund wird diese spezielle Brand Community, die rund um eine bedrohte Marke gebildet ist, als besondere Form mit den stärksten Auswirkungen455 auf das Konsumentenverhalten angesehen.456 Dies konnten Muniz und Schau schließlich mit einer weiteren Studie bestätigen, in deren Fokus die Marketingaktivitäten der Aktivisten bzw. ein so genanntes „vigilantes Marketing” (SelbstjustizMarketing) stehen. Dabei adaptieren Brand Community Mitglieder bestehende oder generieren selbstständig neue Werbung für die Marke, um die Community zu stärken und zu erhalten.457
451
Vgl. Muniz Jr & Schau (2005), S. 739ff.; Schau & Muniz (2006), S.19ff.; oder Muniz Jr & Schau (2007), S. 37ff.
452
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 421ff.
453
Vgl. z.B. Muniz Jr & Schau (2005), S. 737ff.
454
Ähnliche Ansätze vgl. z.B. Belk & Tumbat (2005), S. 206ff.
455
Vgl. Schau & Muniz Jr (2007), S. 145.
456
Vgl. Muniz Jr & Schau (2005), S. 739ff.
457
Vgl. Muniz Jr & Schau (2007), S. 35ff.
56
Weitere grundlegende Studien widmen sich der (selbstständigen) Entstehung458 bzw. dem Aufbau von Brand Communities durch das Unternehmen,459 oder betrachten die soziale Umwelt dieser Communities.460 Schließlich beschäftigen sich zahlreiche Untersuchungen mit den Vor- und Nachteilen von Brand Communities aus unterschiedlichen Perspektiven461 und deren Einsatzmöglichkeiten.462
Ein zweiter Teil der bisherigen Brand Community-Forschung beschäftigt sich mit den (indirekten) Auswirkungen dieser sozialen Netzwerke auf Einstellungen und Verhaltensintentionen sowie auf das tatsächliche Verhalten ihrer Mitglieder. So liegt der Fokus von einigen Publikationen auf der Analyse der sozialen und psychologischen Prozesse in Brand Communities auf Basis der Theorie des geplanten Verhaltens und deren Einfluss auf die Fans einer Marke.463 Weitere Studien, die sich mit den Effekten von Brand Communities beschäftigen, legen die (indirekten) Auswirkungen auf Einstellungen gegenüber der Marke464 und auf die Verhaltensintentionen465 dar. Zusätzlich ist es einigen Forschern gelungen, die Einflüsse von Brand Communities auf das tatsächliche Verhalten der Mitglieder zu belegen. So konnte dargelegt werden, dass Konsumenten in Brand Communities sowohl eine vermehrte Anzahl an Einkaufsaktivitäten aufweisen, als auch entsprechend höhere Investitionen tätigen als Nicht-Mitglieder.466 Zudem 458
Vgl. z.B. Amine & Sitz (2004), S. 6ff.
459
Vgl. z.B. Davidson et al. (2007), S. 208ff.; oder Sicilia & Palazón (2008), S. 259ff.
460
Vgl. z.B. Luedicke (2006), S. 487ff.
461
Vgl. z.B. Muniz Jr & Hamer (2001), S. 356ff.; oder Füller et al. (2008), S. 610ff.
462
Vgl. z.B. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 574ff.
463
Vgl. z.B. Bagozzi & Dholakia (2002), S. 7ff.; oder Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 47ff.
464
Vgl. z.B. Brand Trust: Casaló et al. (2007), S. 778ff.; oder Hoppe et al. (2008), S. 2ff.; Brand Passion: Matzler et al. (2007), S. 26ff.; oder Product Attachment: Matzler et al. (2008), S. 2ff.
465
Vgl. z.B. Marzocchi & Bergami (2005), S. 3ff.; Algesheimer et al. (2006), S. 759ff.; Casaló et al. (2007), S. 779ff.; Claricini & Scarpi (2007), S. 3ff.; Hoppe et al. (2007b), S. 3ff.; Jang et al. (2008), S. 62ff.; Scarpi (2008), S. 2ff.
466
Vgl. z.B. Algesheimer & Dholakia (2008), S. 4f. 57
sind sie bereit, ein höheres Risiko einzugehen.467 Darüber hinaus weisen Brand Community Mitglieder ein stärker ausgeprägtes Weiterempfehlungsverhalten auf und sind loyaler gegenüber der Marke.468 Schließlich bewerben die Anhänger einer Marke diese sogar mit selbst erstellen Werbesujets,469 treten als Markenbotschafter auf470 und verzeichnen eine höhere und schnellere Adoptionsrate von neuen Produkten.471
Der dritte Bereich der bisherigen Brand Community-Forschung setzt sich vor allem mit der Mitgliedschaft bzw. mit der Partizipation der Konsumenten in diesen sozialen Netzwerken auseinander. Hierbei können zunächst Publikationen genannt werden, die sich unter anderem mit den unterschiedlichen Formen der Mitgliedschaft auseinandersetzen.472 Weiters wird dargelegt, dass Unternehmen mit bereits geringem Aufwand Konsumenten zur Partizipation in der Community ermutigen können.473 Schlussendlich spezialisieren sich einige Forschungsprojekte auf die Motive für die Mitgliedschaft bzw. Partizipation in Brand Communities474 und deren Auswirkung auf Variablen der Theorie des geplanten Verhaltens.475
Um einen abschließenden Überblick über den Stand der Forschung im Themenbereich der Brand Communities zu erhalten, schließt dieser Abschnitt mit einer tabellarische Gegenüberstellung der 52 identifizierten
467
Vgl. Zhu et al. (2008), S. 5ff.
468
Vgl. z.B. Algesheimer et al. (2005), S. 27ff.
469
Vgl. Muniz Jr & Schau (2007), S. 36ff.
470
Vgl. z.B. Matzler et al. (2007), S. 36ff.
471
Vgl. Thompson & Sinha (2008), S. 66ff.
472
Vgl. z.B. Unterscheidung nach Bindungsstärke: Morandin et al. (2008), S. 7ff.; nach konzentrischen Kreisen: Hellmann & Kenning (2007), S. 40ff. oder weiteren Charakteristiken: Devasagayam & Buff (2008), S. 24.
473
Vgl. z.B. Algesheimer et al. (forthcoming), S. 7ff.
474
Vgl. z.B. Morandin et al. (2005), S. 7ff.; Popp et al. (2008), S. 2ff.
475
Vgl. z.B. Bagozzi & Dholakia (2006b), S. 1101ff.; oder Bagozzi et al. (2008), S. 3ff.
58
empirischen Studien. Die Reihung der Forschungsprojekte erfolgt zunächst chronologisch und in einem weiteren Schritt nach Alphabet des Erstautors.
Jahr
Autoren
Marke/BC
Datenerhebung
Inhaltlicher Fokus & Kernergebnisse
1995
Schouten & McAlexander
Harley Davidson
Ethnographie
Konsumsubkulturen: Begriffsdefinition, Charakteristika (z.B. Ethos) und Verhalten der Mitglieder
1998
McAlexander & Schouten
Harley Davidson, Jeep
Ethnographie
Brandfest: Begriffsdefinition, Charakteristika (vier zentrale Beziehungen), Funktionen und Effekte
2001
Muniz & O'Guinn
Macintosh, Saab, Ford Bronco
Ethnographie
Brand Community: Begriffsdefinition, Charakteristika und Nachweis von BCs
2002
Bagozzi & Dholakia
Virtuelle Communities
Schriftlicher FB (n=157)
Einflussfaktoren auf die intendierte Teilnahme an virtuellen Communities (aufbauend auf TPB)
2002
McAlexander, Schouten & Koenig
Jeep, Harley Davidson
1. Ethnographie 2. Schriftlicher FB (Studie1 n=453, Studie2 n=259)
Brand Community: Begriffsdefinition, Charakteristika (Konsument im Zentrum von BCs, vier Beziehungen in BCs) und Konstrukt BC-Integration
2002
Schau & Muniz
Apple, Harley Davidson, Saab, Tom Petty, Xena Warrior Princess
Netnographie
Einfluss der BC auf die persönliche Identität, vier Formen der Mitgliedschaft und Ausprägungen von Commitment
2003
McAlexander, Kim & Roberts
Casino
1. Ethnographie 2. Schriftlicher FB (n=372)
BCs von Serviceleistungen und deren Einfluss auf die Loyalität, zentrales Konstrukt = BC Integration
2004
Amine & Sitz
Nikon, Canon Powershot
Netnographie
Definition BC, Schritte bei der Entstehung von konsumentenbasierten Online BCs
2005
Algesheimer, Dholakia & Hermann
101 AutoFanclubs
Web-basierter FB (n=529)
Einflussfaktoren und Konsequenzen von BCs auf Verhaltensintentionen und tatsächliches Verhalten, Moderatoreffekte: Markenwissen und Größe der BC
2005
Andersen
Coloplast
Ethnographie
Aufbau und Bedeutung von Online BCs im B2B-Kontext
2005
Belk & Tumbat
Macintosh
Ethnographie
Brand Cult: Begriffsdefinition, Charakteristika (Mythen), religiöse Aspekte
2005
Flavián & Guinalíu
iVillage, Guinness, Amazon, Apple, Manchester United
Fallstudien
Rolle von virtuellen BCs bei der Distribution von Produkten über das Internet und Vorteile von BCs allgemein
2005
Marzocchi & Bergami
Ducati
Schriftlicher FB (n=245)
Einflussfaktoren auf die Markenloyalität und weitere Marketingkonstrukte
2005
Morandin, Bagozzi & Bergami
Ducati
Schriftlicher FB (n=174)
Identifikation von Motiven für die Mitgliedschaft in BCs
2005
Muniz & Schau
Apple Newton
Netnographie
Besonderheiten verlassener BCs: Charakteristika (starke Ausprägung des Geschichten Erzählens), Führung und religiöse Aspekte
Tabelle 1: Stand der Forschung – Teil 1 (1995-2005)476
476
Quelle: Verfasserin 59
Jahr
Autoren
Marke/BC
Datenerhebung
Inhaltlicher Fokus & Kernergebnisse
2005
Quinn & Devasagayam
indische Marken
Schriftlicher FB (n=55)
Rolle der Ethnizität in BCs (führt zu Loyalität), Zusammenhang von BC-Integration und Ethnizität
2005
Rosenbaum, Ostrom & Kuntze
Kundenbindungsprogramme
Interviews mittels standardisiertem FB (n=153)
Sense of Community in Kundenbindungsprogrammen führt zu erhöhter Loyalität
2006
Algesheimer, Hermann & Dimpfel
101 AutoFanclubs
Web-basierter FB (n=529)
Einflussfaktoren und Konsequenzen von BCs auf Verhaltensintentionen und tatsächliches Verhalten
2006
Bagozzi & Dholakia
Harley Davidson
Schriftlicher FB (n=154)
Kleingruppenbasierte BCs: Begriffsdefinition, Einfluss auf die Mitglieder und das Gruppenverhalten (aufbauend auf TPB)
2006
Bagozzi & Dholakia
Linux
Web-basierter FB (n=402)
Virtuelle Community: Gründe für die Partizipation und Auswirkungen auf das Verhalten (aufbauend auf TPB) Moderatoreffekt: Dauer der Mitgliedschaft
2006
Cova & Pace
Nutella
Netnographie
Virtuelle BC für Convenience Produkte (Unterschiede zu Luxusgütern) und Begriffsdefinition Customer Empowerment
2006
Luedicke
HUMMER
Netnographie
Rolle der sozialen Umwelt (Pro- und Antagonisten) für den Erfolg von BCs
2006
Schau & Muniz
Apple Newton
Netnographie
Verlassene BC: Rolle, vier Formen und Funktionen des Geschichten Erzählens
2006
Sitz
Nikon, Canon Powershot, Apple
Netnographie
Besonderheiten von online BCs: Hierarchische Ordnung der Mitglieder, kollektive Erinnerungen und dezentrales Wissen
2007
Boulaire, Graf & Guelmami
Lord of the Rings
Netnographie
Online BCs: Rolle, vier Formen und Funktionen des Geschichten Erzählens
2007
Casaló, Flavián & Guinalíu
freie Software
Web-basierter FB (n=215)
Einfluss der Partizipation in virtuellen BCs auf Markenloyalität und Markenvertrauen
2007
Claricini & Scarpi
eine Rosenmarke
Web-basierter FB (n=421)
Einfluss der BC Integration auf Community Loyalität, Weiterempfehlung der Community und Markenloyalität
2007
Cova, Pace & Park
Warhammer
Ethnographie
Herausforderungen für BCs von globalen Marken (Entstehung von Subtrieben)
2007
Davidson, McNeill & Ferguson
Magazin-Marken
Teilstrukturierte Interviews und Fokusgruppen
5 Erfolgsfaktoren für den Aufbau von BCs (in der Medienbranche): Markenimage, Aspekte von Hedonismus, Vorgeschichte, öffentlicher Konsum, freier Wettbewerb
2007
Hellmann & Kenning
Automobil- & Medien-Marken
Schriftlicher FB (n=80)
Innenleben von BCs: konzentrische Kreise der Bindung an die Community
Tabelle 2: Stand der Forschung - Teil 2 (2005-2007)477
477
60
Quelle: Verfasserin
Jahr
Autoren
Marke/BC
Datenerhebung
Inhaltlicher Fokus & Kernergebnisse
2007
Hickman & Ward
Apple, PC, Football Teams
Web-basierter FB (Apple Club n=108, PC Club n=64, Iowa Club n=77, Purdue Club n=105)
Abgrenzung von konkurrierenden BCs: Stereotype, schlecht reden und Schadenfreude
2007
Hoppe, Matzler & Terlutter
VW GTI
Schriftlicher FB (n=550)
Wirkungskette von BCs und deren Einfluss auf Markenloyalität und Markenweiterempfehlung
2007
Matzler, Pichler & Hemetsberger
VW GTI
Schriftlicher FB (n=243)
Einfluss von Persönlichkeitsfaktoren (Extroversion, Offenheit) auf Consumer Passion und Evangelism
2007
Muniz & Schau
Apple Newton
Netnographie
Verlassene BC: Marketingaktivitäten der Mitglieder (Zielgruppen: Community selbst und Absatzmarkt) und deren Funktionen
2007
Schouten, McAlexander & Koenig
Jeep
1. Ethnographie 2. Schriftlicher FB (Studie1 n=259, Studie2 n=453)
Auswirkung transzendenter Erlebnisse (z.B. Aspekte von Flow, Aufgehen in einer Tätigkeit, Grenzerfahrungen) auf die vier Beziehungen in BCs (BC-Integration)
2008
Algesheimer & Dholakia
Ebay
Protokolliertes User-Verhalten (Log Files, n=79.242)
Einfluss der Interaktion durch das Unternehmen auf die Partizipation und deren Auswirkungen auf das Konsumentenverhalten
2008
Carlson, Suter & Brown
Freizeitpark
1. Web-basierter FB (n=314) 2. Schriftlicher FB (n=158)
Unterschiede zwischen psychologischer und sozialer BC: Rolle der psychologischen "sense of community"
2008
Casaló, Flavián & Guinalíu
freie Software
Web-basierter FB (n=215)
Einfluss der Partizipation in virtuellen BCs auf Markenloyalität und Markenvertrauen
2008
Devasagayam & Buss
Basketball-Team
Schriftlicher FB (n=111)
Formen der Mitgliedschaft und Arten von BCs (Unterschiede hinsichtlich Raum, Zeit und Art der Interaktion)
2008
Füller, Matzler & Hoppe
VW GTI
Schriftlicher FB (n=550)
Einflussfaktoren auf die Teilnahme der Mitglieder in BCs im Innovationsprozess
2008
Hoppe, GrabnerKräuter & Waiguny
VW GTI, Harley Davidson
Schriftlicher FB (Studie1 n=550, Studie2 n=274, Studie3 n=662)
Einfluss von BCs auf die Loyalität, Mediatoreffekte: Markenvertrauen und Markenaffekt
2008
Jang, Olfman, Ko, Koh & Kim
SKY, ACU, iSKY, Verna, Samsung, Hyundai
Web-basierter FB (n=250)
Einfluss von Online BC-Charakteristiken (Interaktion und Belohnung der Aktivitäten) auf Commitment und Markenloyalität Moderatoreffekt: Initiierung der BC
2008
Kim & Bae
MP3-Player, Mobiltelefon
Fallstudien
Rolle von Online Brand Communities bei der Neuproduktentwicklung (Partizipation der Mitglieder)
Tabelle 3: Stand der Forschung - Teil 3 (2007-2008) 478
478
Quelle: Verfasserin 61
Jahr
Autoren
Marke/BC
Datenerhebung
Inhaltlicher Fokus & Kernergebnisse
2008
Matzler, Füller, Pichler & Mooradian
VW GTI
Schriftlicher FB (n=662)
Einfluss von Persönlichkeitsfaktoren auf die Determinanten der Markenbeziehung in BCs
2008
Ouwersloot & OdekerkenSchröder
Siedler von Catan, Swatch the Club
1. Schriftlicher FB (n=104) 2. Web-basierter FB (n=125)
Mitglieder in BCs sind heterogen: Unterschiede hinsichtlich der Stärke der vier Beziehungen der Mitglieder (Unternehmen, Produkt, andere Mitglieder, Marke); 6 Segmente identifiziert
2008
Popp, Woratschek & Roth
Jägermeister
Web-basierter FB (n=4.534)
Motive für die Partizipation in virtuellen BCs, 3 Dimensionen identifiziert: communityrelated, brand-related, added value-related
2008
Sicilia & Palazón
Coca-Cola
Netnographie
Aufbau einer virtuellen Brand Community (von offline zu online): funktionale, soziale und empirische Aspekte
2008
Thompson & Sinha
Intel, AMD, ATI, INVIDIA
Netnographie
Einfluss der Partizipation in BCs und der Dauer der Mitgliedschaft auf die Produktadoption
forthcoming
Algesheimer, Borle, Dholakia & Singh
Ebay
Protokolliertes User-Verhalten (Log Files, n=6.776)
Einfluss der Interaktion durch das Unternehmen auf die Partizipation und deren Auswirkungen auf das Konsumentenverhalten
forthcoming
Bagozzi, Bergami, Marzocchi & Morandin
Ducati
Schriftlicher FB (n=174)
Motive für die Mitgliedschaft in BCs und deren Einflüsse auf die Entscheidungsbildung
forthcoming
Morandin, Bagozzi, Bergami & Marzocchi
Ducati
Schriftlicher FB (n=256)
Typologisierung von BCs anhand der Identifikation und hierarchischen Ordnung, Konsequenzen der Identifikation
forthcoming
Zhu, Dholakia, Chen & Algesheimer
Prosper, Ebay
Protokolliertes User-Verhalten (Log Files, 6 Studien)
Einfluss der Partizipation in Online Communities auf das Risiko-Verhalten der Mitglieder
Tabelle 4: Stand der Forschung - Teil 4 (2008 & forthcoming) 479
479
Quelle: Verfasserin, vgl. Schouten & McAlexander (1995), McAlexander & Schouten (1998), Muniz Jr & O'Guinn (2001), Bagozzi & Dholakia (2002), McAlexander et al. (2002), Schau & Muniz (2002), McAlexander et al. (2003), Amine & Sitz (2004), Algesheimer et al. (2005), Andersen (2005), Belk & Tumbat (2005), Flavián & Guinalíu (2005), Marzocchi & Bergami (2005), Morandin et al. (2005), Muniz Jr & Schau (2005), Quinn & Devasagayam (2005), Rosenbaum et al. (2005), Algesheimer et al. (2006), Bagozzi & Dholakia (2006a), Bagozzi & Dholakia (2006b), Cova & Pace (2006), Luedicke (2006), Schau & Muniz (2006), Sitz (2006), Boulaire et al. (2007), Casaló et al. (2007), Claricini & Scarpi (2007), Cova et al. (2007), Davidson et al. (2007), Hellmann & Kenning (2007), Hickman & Ward (2007), Hoppe et al. (2007b), Matzler et al. (2007), Muniz Jr & Schau (2007), Schouten et al. (2007), Algesheimer & Dholakia (2008), Carlson et al. (2008), Casaló et al. (2008), Devasagayam & Buff (2008), Füller et al. (2008), Hoppe et al. (2008), Jang et al. (2008), Kim & Bae (2008), Matzler et al. (2008), Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), Popp et al.
62
3.3 Identifikation des Forschungsbedarfs Auf Basis des soeben dargestellten Stands der Forschung im Bereich Brand Communities und der dargelegten Fokusse der bisherigen Untersuchungen können einige Themenbereiche genannt werden, die einen weiteren Forschungsbedarf aufweisen.
Zunächst wird durch die Gegenüberstellung der bislang durchgeführten Brand Community-Studien ersichtlich, dass neben den zahlreichen qualitativen Erhebungen auch der Großteil der quantitativen Studien jeweils einen sehr spezifischen Aspekt untersucht.480 Jene Publikationen, die komplexere Forschungsmodelle vorstellen und prüfen, legen ihren Schwerpunkt wiederum meist entweder auf die Auswirkungen von Brand Communities481 oder auf die Einflussfaktoren für die Partizipation in diesen sozialen Netzwerken.482 Die Entwicklung eines umfassenden Forschungsmodells, das sowohl die Antezedenten als auch die Konsequenzen der Partizipation bzw. Mitgliedschaft in Brand Communities inkludiert, stellt somit einen wesentlichen Forschungsbedarf dar. Das Ziel dieser Arbeit ist es daher ein solches Brand Community-Modell zu entwickeln und empirisch zu prüfen, um zur Theoriebildung beizutragen und neue Erkenntnisse für die Marketingforschung zu generieren.
Inhaltlich orientiert sich die Entwicklung des Forschungmodells insbesondere an drei konkreten Forschungslücken, die an dieser Stelle erläutert und definiert werden.
(2008), Sicilia & Palazón (2008), Thompson & Sinha (2008), Algesheimer et al. (forthcoming), Bagozzi et al. (2008), Morandin et al. (2008), Zhu et al. (2008), (Stand November 2008). 480
So untersuchen McAlexander und Kollegen beispielsweise die vier Beziehungen in Brand Communities (vgl. McAlexander et al. (2002), S. 38ff.).
481
Vgl. z.B. Casaló et al. (2007), S. 775ff.
482
Vgl. z.B. Bagozzi et al. (2008), S. 1ff. 63
Einige in den letzten Jahren veröffentlichte Ansätze beschäftigen sich mit den Ursachen und den Folgen der Interaktion in unterschiedlichen Community-Formen.483 So wurden virtuelle Communities ohne besonderen Bezug zu einer Marke, virtuelle Brand Communities und Offline Brand Communities hinsichtlich der Interaktion genau beleuchtet. Diese Forschungen basieren maßgeblich auf der Theorie des geplanten Verhaltens484 und zum Teil auch auf dem Modell des zielgerichteten Handelns, das im Wesentlichen eine Erweiterung der Theorie des geplanten Verhaltens darstellt.485 Als Ursachen für die Interaktion in (Brand) Communities werden hier die Einstellungen gegenüber dem Verhalten, die wahrgenommene Verhaltenskontrolle und die subjektiven Normen, die auch als sozialer Druck durch Erwartungen von wichtigen Bezugspersonen des Individuums bezeichnet werden können,486 angesehen.487 Zusätzlich zu den angeführten, überwiegend individuellen Prädiktoren für die Verhaltensabsicht haben Forscher diesen Ansatz mittels der wahrgenommenen Emotionen hinsichtlich des Handelns488 und vor allem durch gruppenbezogene Determinanten erweitert und mit diesem umfassenden Modell die Intention der Beteiligung in der Gruppe erklärt.489 So wurden Gruppen-Normen und Soziale Identität als weitere Faktoren erkannt, welche die Absicht in der Gruppe zu partizipieren positiv beeinflussen.490 All diese Untersuchungen befassen sich aber mit den Prädiktoren der Intention für die Beteiligung oder das aktive Mitwirken in (Brand) Communities, nicht aber mit den Motiven und Ursachen, warum Individuen Mitglied einer Brand Community werden bzw. das
483
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006b), S. 1101ff.; Bagozzi et al. (2007), S. 77ff. oder Ba-
484
Vgl. Ajzen (1991), S. 181ff.
485
Vgl. Perugini & Bagozzi (2001), S. 80ff.
486
Vgl. Bagozzi et al. (2007), S. 85.
487
Vgl. Ajzen (1991), S. 181ff.
488
Vgl. Bagozzi et al. (1998), S. 5ff.
489
Vgl. z.B. Bagozzi (2000), S. 394ff.
490
Vgl. z.B. Bagozzi & Dholakia (2002), S. 8ff.; oder Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 47ff.
gozzi & Lee (2002), S. 226ff.
64
Treffen einer Brand Community besuchen.491 Stattdessen setzen einige Studien erst bei dem Punkt an, wo Anhänger einer Marke bereits Mitglied einer Brand Community geworden sind bzw. bereits die Entscheidung getroffen haben, am Brand Community-Treffen teilzunehmen und diesen Vorsatz auch tatsächlich umsetzen. Erst mit der Mitgliedschaft in einer Brand Community bzw. durch den Besuch eines Brand CommunityTreffens kann die Partizipation an Handlungen in dieser Community und auch der soziale Einfluss durch die Community (Gruppen-Normen, Soziale Identität) geschehen. Bagozzi und Dholakia beschreiben die oben angeführten Determinanten Einstellungen, wahrgenommene Verhaltenskontrolle und die wahrgenommenen Gefühle zwar dennoch als Gründe für das Handeln (also für die Partizipation in Brand Communities), weisen aber darauf hin, dass die Gründe für das Handeln stärker kontextspezifisch zu erläutern, eine Alternative darstellt. Hierbei steht die Wahrnehmung von Werten, die durch die Mitgliedschaft in, bzw. die Teilnahme an Brand Communities erreicht wird, im Vordergrund. Diese können zweckmäßige Werte (z.B. Informationswert), Selbstfindung, Erhaltung von Freundschaften, soziale Anerkennung und Unterhaltungswert umfassen.492 Zwei der bisherigen drei Untersuchungen zu Motiven für diese Mitgliedschaft beschränken sich großteils auf einen explorativen Charakter und haben die Identifikation der Motive als solches zum Zweck.493 Eine dieser Studien wurde im Rahmen eines Arbeitspapiers etwas erweitert und umfasst jetzt zusätzlich die Einflüsse von Motiven auf Variablen der Theorie des geplanten Verhaltens.494 Keine bisherige Brand Community-Studie hat allerdings den Einfluss der Motive auf die Mitgliedschaft bzw. die Partizipation in Brand Communities untersucht, was somit eine deutliche Forschungslücke darstellt. Dieser Aspekt ist nicht nur aus Sicht der Marketingforschung,
491
Diesen Zusammenhang untersucht die vorliegende Arbeit im Rahmen eines Brand-
492
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2005), S. 454.
493
Vgl. Morandin et al. (2005), S. 7ff. oder Popp et al. (2008), S. 2ff.
494
Vgl. Bagozzi et al. (2008), S. 8ff.
fests.
65
sondern auch aus praxisorientierter Perspektive von hoher Bedeutung. Durch die Identifizierung von beeinflussenden Motiven ist es Unternehmen möglich, gezielte Maßnahmen zu setzen, um den Bedürfnissen der Markenenthusiasten zu entsprechen. Darüberhinaus kann davon ausgegangen werden, dass Markenfans, deren Motive erfüllt werden, eine intensivere Bindung zur Brand Community und damit auch zur Marke aufweisen.
Eine weitere wesentliche Erkenntnis für die Erfassung von Forschungslücken konnte aus den bereits veröffentlichten Studien hinsichtlich des Einflusses von Brand Communities auf die Markenloyalität gewonnen werden. Zahlreiche Veröffentlichungen weisen darauf hin, dass Brand Communities einen positiven Effekt auf die Markenloyalität aufweisen495 und bereits im Jahr 2003 haben McAlexander und Kollegen die erste empirische Untersuchung durchgeführt, um diese Annahme zu überprüfen.496 Zwar wurde von den Autoren der direkte Zusammenhang zwischen der Mitgliedschaft (Brand Community Integration) und der Loyalität gemessen und auch nachgewiesen, allerdings haben sie sich dabei nicht auf eine Marke bezogen, sondern lediglich auf die Produktbezeichnung „Casino”. Daher bestehen Zweifel, ob die analysierte Community tatsächlich eine Brand Community darstellt. Stattdessen ist davon auszugehen, dass die Probanden lediglich einer Interessensgemeinschaft angehören, deren Verbindung über das Hobby des Glücksspiels besteht.497 Eine ähnliche Kritik ist für die Studie von Casaló und Kollegen anzuführen, da auch diese zwar den Begriff der Brand Community verwenden und ebenso die entsprechende Literatur zur Untermauerung ihrer theoretischen Basis heranziehen, analysiert wurden allerdings Teilnehmer von über 50 virtuellen Communities, deren 495
Vgl. z.B. Algesheimer et al. (2005), S. 30ff.; Belk & Tumbat (2005), S. 205ff.; Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 58ff.; Shang et al. (2006), S. 410ff.; Claricini & Scarpi (2007), S. 6f.; Cornelissen et al. (2007), S. 286; Hoppe et al. (2007a), S. 5f.; Algesheimer & Dholakia (2008), S. 18ff.
496 497
Vgl. McAlexander et al. (2003), S. 2ff. Ähnliche Vermutungen bestehen auch für die Untersuchung von Claricini & Scarpi (2007), S. 3ff.
66
Fokusse offensichtlich nicht unbedingt eine Marke darstellten. Weitere Studien versuchten ebenfalls den direkten Zusammenhang zwischen der (informellen) Mitgliedschaft und der Markenloyalität zu messen, konnten aber keinen direkten Zusammenhang aufzeigen.498 Schließlich haben einige Studien einen indirekten Einfluss der Mitgliedschaft in Brand Communities auf die Markenloyalität bestätigt.499 Dennoch konnte keine wissenschaftliche Untersuchung gefunden werden, die den direkten Zusammenhang der Mitgliedschaft in Brand Communities auf die Markenloyalität reliabel und valide misst. In einigen Studien wird der direkte Einfluss der Mitgliedschaft auf die Markenloyalität aber impliziert und auch qualitative Studien500 weisen darauf hin. Auch für Marketingverantwortliche in der Praxis ist dieser Aspekt von besonderem Interesse, weil somit der direkte Nutzen von Brand Communities in Bezug auf die Einstellungen und Verhaltensintentionen ihrer Mitglieder aufgezeigt und überprüft wird. Aus diesem Grund stellt der empirische Nachweis dieses direkten Zusammenhangs die zweite Forschungslücke dar. In einem weiteren Schritt gilt es aber zusätzlich zu untersuchen, ob dieser direkte Zusammenhang durch weitere Einstellungsvariablen hinsichtlich der Marke mediiert wird.
Die dritte Forschungslücke konnte im Bereich der Strukturierung der Mitglieder ermittelt werden. Beinahe alle Ansätze der bisherigen Brand Community-Forschung basieren auf der Vorstellung, dass die Mitglieder dieser Communities homogen sind,501 aber die Communities untereinander als heterogen eingestuft werden können.502 Dies beruht auf der Identifikation der Brand Community-Mitglieder untereinander und auch dem vielfach 498
Vgl. z.B. Marzocchi & Bergami (2005), S. 3ff.
499
Vgl. z.B. Quinn & Devasagayam (2005), S. 112ff.; Hoppe et al. (2007a), S. 5f.; oder
500
Vgl. z.B. Belk & Tumbat (2005), S. 205ff.
Jang et al. (2008), S. 63ff. 501
Vgl. z.B. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412f.; McAlexander et al. (2002), S.38; Algesheimer et al. (2005), S. 20; De Burgh-Woodman & Brace-Govan (2007), S. 199.
502
Vgl. Postmes et al. (2000), S. 343; Sohn (2005), S. 8. 67
nachgewiesenen Zusammengehörigkeitsgefühl (in-group), aber der Abgrenzung von anderen Communities (out-group),503 wodurch die Identität der jeweiligen Community gestärkt wird.504 Die Beschreibung der Homogenität innerhalb einer Gruppe und der Heterogenität zwischen den Gruppen entspricht gleichzeitig der Definition der Segmentierung.505 In der Brand Community-Literatur werden diese Communities als effektives Tool für die Segmentierung beschrieben.506 Bisher hat sich allerdings nur eine Studie mit der Untersuchung der Heterogenität der Mitglieder in Brand Communities auseinandergesetzt und sechs unterschiedliche Cluster dabei differenziert. Die Autoren der Studie haben festgestellt, dass die Mitglieder dieser Communities zwar eine geteilte Hingabe für die Marke aufweisen, aber aufgrund von anderen Differenzierungsmerkmalen hinsichtlich der Stärke der vier Beziehungen in Brand Communities durchaus als heterogene Gruppe anzusehen sind.507 Aus diesem Grund besteht die Vermutung, dass neben der Beziehungsstärke noch weitere Unterschiede zwischen den Anhängern der Marke bestehen. Dieser Aspekt ist nicht nur aufgrund seiner Novität für die Marketingforschung von wesentlicher Bedeutung, sondern insbesondere auch für Unternehmen. Diese werden möglicherweise mit unterschiedlichen Subgruppen innerhalb einer Brand Community konfrontiert, die jeweils differenzierte Ansprüche an die Marke, das Unternehmen und insbesondere an die Community stellen. Erst mit der Identifizierung potentieller Anspruchsgruppen ist es Marketingverantwortlichen möglich, auf diese zusätzlichen Anforderungen entsprechend einzugehen. Die Überprüfung der Heterogenität der Brand Community-Mitglieder und die Identifizierung von potenziellen weiteren Differen503
Vgl. Fournier et al. (2005), S. 17; Carlson et al. (2008), S. 285.
504
Vgl. Tajfel (1982b), S. 24; Ashforth & Mael (1989), S. 34.; oder Dutton et al. (1994),
505
„The basic premiss of market segmentation is that a heterogeneous group of custom-
S. 255ff.
ers can be grouped into homogeneous clusters or segments.” Jenkins & McDonald (1997), S. 17. 506
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2002), S. 19; Flavián & Guinalíu (2005), S. 409.
507
Vgl. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 577ff.
68
zierungsmerkmalen, wie beispielsweise Unterschiede in der Persönlichkeitsstruktur der Mitglieder oder hinsichtlich demographischer Variablen (z.B. Geschlecht), stellt daher die dritte Forschungslücke dar, die abschließend in der vorliegenden Arbeit untersucht wird.
69
4 Theoretischer Bezugsrahmen Nachdem in den Abschnitten 2 und 3 die Grundlagen zu Brand Communities und auch der aktuelle Stand der Forschung detailliert dargestellt wurden, soll nun der theoretische Bezugsrahmen des identifizierten Forschungsbedarfs entwickelt werden. Dieser setzt sich aus vier Bausteinen zusammen: den Motivtheorien, der informellen Mitgliedschaft in Brand Communities (basierend auf den Theorien der sozialen Identität und Sense of Community), dem Konzept der Markenloyalität und ihren Antezedenten und der Heterogenität der Mitglieder in Brand Communities, die maßgeblich auf der Persönlichkeitsforschung beruht. In jedem der folgenden Abschnitte 4.1 bis 4.4 werden zunächst die Grundzüge der jeweiligen Theorie bzw. Denkrichtung aufgezeigt, gefolgt von ausgewählten, relevanten Brand Community-Studien. Auf Basis dieser Erkenntnisse erfolgt die Konzeptualisierung der einzelnen Konstrukte. Anschließend werden im Kapitel 4.5 die Erkenntnisse der jeweiligen Ansätze für den Forschungsbereich der Brand Communities zusammengefasst, die Zusammenhänge der Konstrukte aufgezeigt und die Forschungshypothesen für die empirische Studie abgeleitet.
4.1 Motive für die Partizipation Eine der zentralen Informationen, die ein Marketer für das Managen von Brand Communities benötigt, ist das Verständnis der Hauptantriebe der Markenfans für die Partizipation in der Community.508 Aus diesem Grund
508
Vgl. Williams & Cothrel (2000), S. 83; McWilliam (2001), S. 76; Szmigin et al. (2005), S. 493; Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 573.
70
stellt die Beleuchtung der Motive bzw. der Motivationen509 der Mitglieder in Brand Communities den ersten Baustein des theoretischen Bezugsrahmens dar. Unter Motivationen werden aktivierende Beweggründe für das menschliche Verhalten verstanden, die auf das Erreichen von bestimmten, erwünschten Zielen fokussiert sind.510 Daher wird der Begriff der Motivation manchmal auch mit dem Begriff „Trieb”511 oder dem Begriff der Emotion (ergänzt durch Zielorientierung512) gleichgesetzt513 und beschrieben als „the internalised drive towards the dominant thought of the moment”.514 Anders ausgedrückt wird unter Motivation ein hypothetisches Konstrukt verstanden, das die Ursachen bzw. die Gründe des Verhaltens erklären will.515 „To be motivated means to be moved to do something.”516 Kennen Marketer das „Warum” des Verhaltens517 und damit die Ursachen für die Partizipation in Brand Communities, können sich diese darauf einstellen und entsprechend agieren.518
509
In der Literatur der Psychologie werden die Begriffe „Motiv” und „Motivation” voneinander meist deutlich abgegrenzt (vgl. z.B. Herber (1976), S. 12ff.). Im Zuge der Konsumentenverhaltensforschung kommt es aber häufig zu einer quasi synonymen Verwendung (vgl. z.B. Kroeber-Riel & Weinberg (2003), S. 57f.), und auch einige psychologische Zugänge streichen die Ähnlichkeiten der beiden Begriffe deutlich hervor und vernachlässigen die strikte Abgrenzung (vlg. Thomae (1965b), S. 19). Letztere Vorgehensweise wird auch in der vorliegenden Arbeit angewandt und es wird daher keine Begriffsabgrenzung vorgenommen.
510
Vgl. Bänsch (1998), S. 18f.
511
Auch als angeborene Motive verstanden: vgl. z.B. Mann (1991), S. 18.
512
Vgl. Weinberg et al. (2003), S. 40.
513
Vgl. Newcomb (1959), S. 64; oder Wiswede (1973), S. 66.
514
Rabey (2001), S. 26.
515
Vgl. Kroeber-Riel & Weinberg (2003), S. 141.
516
Ryan & Deci (2000), S. 54.
517
Vgl. Thomae (1965b), S. 14; Herber (1976), S. 11.
518
Vgl. Bänsch (2006), S. 17. 71
Die Motivation der Anhänger einer Marke, in einer Brand Community zu partizipieren, umfasst mehrere Motive.519 „Motives energize, direct, and select behavior.”520 Diese Motive wiederum sind an Bedürfnissen orientiert. Motivation zielt daher auf die Befriedigung von Bedürfnissen ab.521 Bevor aber auf die relevanten Motive für die Mitgliedschaft in Brand Communities näher eingegangen wird, gilt es zunächst die unterschiedlichen Ansätze der Motivtheorien zu erläutern.
4.1.1
Motivtheorien
Auch wenn in vielen Forschungsprojekten der Begriff der Motivtheorie auf die Erkenntnisse der Ansätze nach Maslow mit der Begründung ihrer hohen Praxisrelevanz beschränkt wird522 oder aber angrenzende Theorien (z.B. Verhaltenstheorien oder Emotionstheorien) herangezogen werden, um den Begriff der Motivation zu erklären,523 fokussiert die vorliegende Arbeit auf folgende drei Motivtheorien: monothematische, polythematische und athematische Motivtheorien.524
519
Vgl. Mühlenbeck & Skibicki (2007), S. 43.
520
Emmons (1997), S. 486.
521
Vgl. Maslow (1970a), S. 35.
522
Vgl. z.B. Berndt (1996), S. 60f.
523
In einigen wissenschaftlichen Arbeiten werden nicht explizit Motivtheorien per se erläutert, sondern stattdessen die Erklärung und Untersuchung von Motiven anhand von Verhaltenstheorien (z.B. Psychoanalyse, Lerntheorie, Vektortheorie oder kognitive Theorien) vorgenommen (vgl. z.B. Wiswede (1973), S. 78ff.; oder Forgas (1987), S. 13ff.). Das zusätzliche Eingehen auf diese Theorien würde den Rahmen der vorliegenden Dissertation sprengen und es wird daher darauf verzichtet und stattdessen auf die facheinschlägige Literatur verwiesen. Gleiches gilt für sehr frühe Motivtheorien (z.B. Drive Theory oder Reinforcement Theory) oder weitere angrenzende Theorien, die für die Erklärung von Motivation herangezogen werden. Auch hierfür wird auf die entsprechende Literatur verwiesen (vgl. z.B. Locke & Latham (1994), S. 13ff.; oder Palupski (1999), S. 31ff.).
524
72
Vgl. Thomae (1965a), S. 417ff.
Die monothematische Motivtheorie basiert auf der Annahme, dass Verhalten aufgrund von lediglich einem Motiv erklärt werden kann.525 Es wird demnach nur aufgrund der Sammelgröße des Grundtriebes, dem „Egoismus”,526 determiniert und gibt keinerlei Auskunft über die darunterliegenden Einzelfaktoren. Um die entsprechenden Motive der Konsumenten (z.B. Nutzenmaximierung) optimal bedienen zu können, müsste der Anbieter aber detailliertere Informationen erhalten, was wiederum eine Untergliederung der einzelnen Motive bedeuten würde und damit nicht mehr der monothematischen Motivtheorie entspricht.527 Die Ansätze dieser Theorie bieten aufgrund des geringen Erklärungsgehaltes über das Käuferverhalten in der praktischen Anwendung daher keinerlei Hilfestellung für den Marketer.528
Im Gegensatz zu den monothematischen Motivtheorien versuchen die polythematischen Motivtheorien das Konsumentenverhalten nicht nur auf Basis eines Motivs, sondern mittels mehrerer unterschiedlicher Motive zu erklären.529 Aber auch die polythematischen Motivtheorien konnten hinsichtlich ihrer Praxisrelevanz nicht überzeugen, da diese auf einen möglichst allumfassenden Motivkatalog aufbauen,530 der 5.684 oder vielleicht sogar unendlich viele Grundtriebe (z.B. auch einen Hustentrieb) umfasst und damit einen marginalen Beitrag für den Erkenntnisfortschritt leistet.531 Eine komprimierte Ausprägung der polythematischen Motivtheorien ist der Ansatz von Maslow,532 der die menschlichen Motive differenziert, in fünf Kategorien zusammenfasst und diese in eine hierarchische Ordnung ein-
525
Vgl. Foscht & Swoboda (2004), S. 54.
526
Vgl. Thomae (1965a), S. 418.
527
Vgl. Bänsch (2006), S. 18.
528
Vgl. Bänsch (1998), S. 21.
529
Vgl. Thomae (1965a), S. 424ff.
530
Vgl. Bänsch (1998), S. 21.
531
Vgl. Wiswede (1973), S. 70.
532
Vgl. Bänsch (2006), S. 19. 73
gliedert.533 Wenn auch der Ansatz von Maslow empirisch kaum bestätigt wurde und damit für die Konsumentenverhaltensforschung nur eine mäßige Relevanz aufweist,534 wird er dennoch in diesem Zusammenhang häufig zitiert535 und gilt wohl als eine der bekanntesten Motivtheorien. Auch für die vorliegende Arbeit sind die Erkenntnisse dieser Theorie zum Teil durchaus von Interesse und daher wird an dieser Stelle die Maslow’sche Bedürfnishierarchie (siehe Abbildung 13) in kompakter Form erläutert. Diese geht von der Annahme aus, dass Bedürfnisse unterschiedliche Stärken aufweisen536 und stellt die physiologischen (z.B. Schlaf, Nahrung) als die grundlegendsten und daher auch als mächtigste Bedürfnisse dar.537 Sind die physiologischen Bedürfnisse befriedigt, spielen in weiterer Folge der Bedarf nach Sicherheit eine zentrale Rolle. Dieser umfasst unter anderem die Wünsche nach Geborgenheit, Schutz, Struktur und Ordnung und ist vor allem dann bedeutend, wenn sich der Mensch aus irgendwelchen Gründen bedroht fühlt. Die dritte Hierarchiestufe ist den sozialen Themen gewidmet, den Bedürfnissen nach Liebe, Zuneigung und Zugehörigkeit. Sie wird gefolgt von den Prestigebedürfnissen, die sowohl die eigene Sicht und somit Ziele wie Selbstachtung, Stärke oder Kompetenz, als auch die Sicht der anderen und somit Bedürfnisse wie Wertschätzung und Anerkennung durch Dritte umfasst. Die oberste Stufe der Bedürfnishierarchie nehmen die Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung (z.B. Individualität, Entfaltung der Persönlichkeit oder Erlebnisstreben) ein.538 Die jeweils nächste Bedürfniskategorie wird für das Individuum erst dann relevant, wenn die vorangegangenen Bedürfnisse in einem zufriedenstellenden Ausmaß befriedigt werden konnten.539
533
Vgl. Maslow (1970b), S. 22ff.
534
Vgl. Foscht & Swoboda (2004), S. 55.
535
Vgl. Kroeber-Riel & Weinberg (2003), S. 147.
536
Vgl. Maslow (1970a), S. 97ff.; ähnlicher Ansatz siehe auch Irwin (1971), S. 139.
537
Vgl. Maslow (1943), S. 272ff.; Maslow (1975), S. 358ff.
538
Vgl. Maslow (1970a), S. 35ff. oder Maslow (1981), S. 62ff.
539
Vgl. Maslow (1943), S. 375.
74
Abbildung 13: Bedürfnishierarchie nach Maslow540
Wenn auch die Motivationshierarchie von Maslow in vielen wissenschaftlichen Arbeiten zahlreich zitiert und herangezogen wird, so ergänzen beinahe ebenso viele Forscher die Erläuterung der Erkenntnisse von Maslow durch eine durchaus kritische Stellungnahme zur Theorie. Diese beruht auf der mangelnden empirischen Überprüfung des Ansatzes und damit auch der fehlenden Validierung der Erkenntnisse.541 Dennoch kann die Motivationshierarchie von Maslow als Orientierung in der Verhaltensforschung der Konsumenten herangezogen werden.542
Die athematischen Motivtheorien setzen schließlich an der Kritik der monothematischen und polythematischen Motivtheorien an, welche die individuelle Komplexität sowie die Dynamik des Verhaltens nicht berücksichtigen.543 So basieren die athematischen Motivtheorien auf der Auffassung, dass „eine allgemeine Theorie des Käuferverhaltens keine generel540
Quelle: in Anlehnung an Buck (1988), S. 33, zitiert nach Maslow (1954), S. 80ff.
541
Vgl. z.B. Kroeber-Riel & Weinberg (2003), S. 147.
542
Vgl. Palupski (1999), S. 34.
543
Vgl. Bänsch (1998), S. 22f. 75
len Motivinhalte angeben sollte, sondern vielmehr athematisch zu formulieren und lediglich im konkreten Fall mit den dafür relevanten Motivinhalten aufzufüllen sei.”544 Es bestehen also keine idealtypischen und vollständigen Motivlisten mit Allgemeingültigkeit. Stattdessen hängt es zum jeweiligen Zeitpunkt vom jeweiligen Interaktionspartner (im Fall der vorliegenden Arbeit: der begeisterte Fan einer Marke) ab, welche Motive in welchem Ausprägungsgrad relevant sind.545 Auf Basis dieser Individualisierung546 legen die athematischen Motivtheorien weiters dar, dass lediglich Kristallisationsformen von Beweggründen denkbar sind, die entweder für alle Individuen oder zumindest für bestimmte (Ziel-)Gruppen Gültigkeit aufweisen.547 Diese Kristallisationsformen umfassen unter anderem folgende Komponenten: Gewinnmotiv, Zeitersparnismotiv, Motiv der Bequemlichkeit und das der Sicherheit, Geltungsmotiv, Nachahmungs- und Emotionsmotiv, Ökologiemotiv sowie das Abwechslungsmotiv. Abschließend ist festzuhalten, dass für die Erklärung des Konsumentenverhaltens meist mehrere Einzelmotive benötigt werden,548 die nur schwierig voneinander genau abgrenzbar sind.549
Nachdem die unterschiedlichen Ansätze der Motivtheorien im Allgemeinen dargestellt wurden, sollen nun die wichtigsten (Brand) CommunityStudien und ihre Erkenntnisse für die Motivforschung im Forschungsfeld der Brand Communities erläutert werden.
544
Foscht & Swoboda (2004), S. 54.
545
Vgl. Bänsch (2006), S. 20.
546
Vgl. Thomae (1965a), S. 419ff.
547
Vgl. Foscht & Swoboda (2004), S. 54.
548
Vgl. Bänsch (1998), S. 23ff.
549
Vgl. Palupski (1999), S. 32.
76
4.1.2
Brand Community-Studien
4.1.2.1 Die Studie von Dholakia, Bagozzi und Pearo (2004) Der Fokus der Untersuchung von Dholakia und Kollegen liegt auf der Analyse von zwei Schlüsseldeterminanten der Partizipation in virtuellen Communities – Gruppennormen und Soziale Identität – sowie auf deren Antezedenten. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Untersuchung der Motive für die Partizipation in virtuellen Communities. Weiters wird die Größe der Communities herangezogen, um Moderatoreffekte zu prüfen. Der theoretische Hintergrund leitet sich von der Theorie des geplanten Verhaltens550 und dem Modell des zielgerichteten Handelns551 ab. Die Einflüsse der Motive werden mittels der „Uses & Gratifications”-Theorie aus der Medienforschung theoretisch hergeleitet und erklärt.552 Die quantitative Datenerhebung erfolgte in zwei Schritten und fokussierte jeweils auf Teilnehmer von virtuellen Communities. Zunächst wurde ein Pre-Test durchgeführt, um herauszufinden, welche Internetanwendungen als geeignete virtuelle Communities für die Studie identifiziert werden können. In einem zweiten Schritt wurden Organisatoren von ausgewählten, beliebten Online Communities (z.B. Foren oder Usenet-Newsgroups) angeschrieben, mit der Bitte, die Befragung bei ihren Mitgliedern zu verkünden. 545 Nutzer von 264 virtuellen Communities partizipierten schließlich an der webbasierten Umfrage.553 Der Datenanalyse liegt die Strukturgleichungsmodellierung554 zugrunde und die Berechnungen erfolgen mittels LISREL 8.52.555 In einem
550
Vgl. Ajzen (1991), S. 181ff.
551
Vgl. Perugini & Bagozzi (2001), S. 79ff.
552
Vgl. Katz et al. (1973), S. 509ff.; Die Brand Community-Studie von Sicilia & Palazón basiert unter anderem auch auf den Erkenntnissen der Uses & Gratifications-Theory (vgl. Sicilia & Palazón (2008), S. 258 u. 263.).
553
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 241ff.
554
Vgl. hierzu Abschnitt 5.2.3.
555
Vgl. Jöreskog & Sörbom (1996), S. iff. 77
ersten Schritt wurden die Haupteffekte getestet und in einem weiteren die Moderatoreffekte analysiert.556
Zentrale Forschungsergebnisse Der Einfluss von Communities auf ihre Mitglieder stammt von einem Verständnis oder einer Erwartung unterschiedlicher Vorteile der Partizipanten, die sie durch die soziale Interaktion in den Communities erreichen wollen.557 Die zweckgerichteten Ziele, wie beispielsweise das Bekommen und Geben von Informationen, stellen sich als Schlüsselfaktoren für die Partizipation heraus und weisen in netzwerkbasierten Communities einen zusätzlich erhöhten Effekt auf. Auch der Mehrwert durch Unterhaltung und Spaß wirkt auf die Mitgliedschaft positiv. Die Motive der Anerkennung durch Gleichgesinnte und Erhalt der zwischenmenschlichen Beziehungen konnten jedoch nicht als Einflussfaktor für die Mitgliedschaft in virtuellen Communities identifiziert werden.558 Personen, die sich ihr zugehörig fühlen, werden in weiterer Folge auch zukünftig an den Aktivitäten der Community und den sozialen Interaktionen mit anderen Mitgliedern teilnehmen.559 Neben den Haupteffekten, die im Zuge des Forschungsmodells postuliert wurden (vgl. Anhang 1), konnten Effekte der Moderatorvariable Größe der Community auf einige Beziehungen im Strukturgleichungsmodell nachgewiesen werden.560
556
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 254ff.
557
Vgl. auch Flanagin & Metzger (2001), S. 153ff.
558
Dieser fehlende Einfluss resultiert möglicherweise aus der weniger intensiven Form der Interaktion in allgemeinen virtuellen Communities. Zwar schließen die Teilnehmer neue Kontakte und Bekanntschaften, Freundschaften werden aber dennoch überwiegend in der „realen Welt“ gepflegt. Auch die Anerkennung hat in online Communities eine geringere Bedeutung, als bei offline oder spezifischen Communities (z.B. Brand Communities), da dort aufgrund der intensiveren Interaktion und der Notwendigkeit des „Spezialwissens“ (z.B. über eine spezifische Marke) umfassendere Anforderungen an das Individuum gestellt werden.
559
Vgl. z.B. auch Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 58ff.
560
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 259ff.
78
Implikationen für die Praxis Im Rahmen der Implikationen der Ergebnisse diskutieren die Autoren insbesondere die Unterschiede zwischen kleingruppen- und netzwerkbasierten Communities und deren Relevanz für das Marketing.561 So zeigen sie beispielsweise auf, dass Mitglieder abhängig von der Größe der Brand Community auf unterschiedliche Weise und vor allem in einem unterschiedlichen Ausmaß mit anderen Community-Mitgliedern in Interaktion treten. In netzwerkbasierten Brand Communities spielen Faktoren wie das Vertrauen unter den Teilnehmern dabei eine zentrale Rolle. Für Marketingverantwortliche gilt es daher zu beachten, die online-Plattform so zu gestalten, dass die Teilnehmer sich gegenseitig aufgrund ihrer bisherigen Historie in der Community gut einschätzen und dadurch Vertrauen und Anerkennung aufbauen können. Somit werden Markenfans dabei unterstützt, Personen, die sich bisher häufig und qualitativ hochwertig in der Community beteiligt haben, zu vertrauen und die Interaktion unter den Mitgliedern wird dadurch gefördert. Für kleingruppenbasierte Brand Communities erscheint dieser Aspekt nicht erforderlich, da sich deren Mitglieder bereits gut kennen. Stattdessen sind Maßnahmen von Interesse, die diese Beziehung weiter verstärken (z.B. „Über mich“-Seiten in der Community mit detaillierten Informationen zur Person) und dadurch dem Erhalt der Brand Community dienen.562
Limitationen und weiterer Forschungsbedarf Nicht alle der postulierten Hypothesen konnten durch die empirische Studie bestätigt werden (vgl. Zentrale Forschungsergebnisse). Zwei soziale Motive weisen keinen signifikanten Effekt auf die endogenen Variablen im Modell auf. Dies benötigt eine weitere Analyse der Motive für die Partizipation in Communities. Als zukünftigen Forschungsbedarf identifizieren Dholakia und Kollegen weiters die Förderung des Informationsaustauschs unter den Mitgliedern in virtuellen Communities. Jeder Partizipant bedarf 561
Vgl. auch Algesheimer (2004), S. 383ff.
562
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 259ff. 79
aufgrund der Dauer der Mitgliedschaft oder der Größe der Community einen unterschiedlich umfangreichen Informations-austausch, auf dessen Basis er Entscheidungen für die zukünftigen sozialen Interaktionen mit anderen Teilnehmern trifft. Darüber hinaus stellen auch die Abgrenzung von Internetanwendungen zu virtuellen Communities sowie der Entwicklungsprozess von netzwerkbasierten zu kleingruppenbasierten virtuellen Communities weitere Forschungsfelder dar.563
Kritische Würdigung Diese Publikation analysiert allgemeine virtuelle Communities, die nicht auf eine Marke spezialisiert sind und damit auch keine Brand Communities darstellen.564 Aufgrund der Untersuchung des Einflusses der Motive auf die soziale Identität stellt diese Studie von Dholakia und Kollegen aber einen geeigneten Ausgangspunkt für weitere Analysen der Motive und ihren Einflüssen auf die Mitgliedschaft in Brand Communities dar.
4.1.2.2 Die Studie von Bagozzi, Bergami, Marzocchi und Morandin (2008) Das vorliegende Working Paper erläutert die Gründe bzw. Motive von Individuen, bei einer Brand Community Mitglied zu werden bzw. teilzunehmen und baut damit auf dem Konferenzbeitrag von Morandin und Kollegen565 auf. Zusätzlich zu den Erkenntnissen aus deren vorangegangener Studie werden in diesem Paper in einem zweiten Schritt auch die Einflüsse der identifizierten Motive auf die Konstrukte der Theorie des geplanten Verhaltens566 und somit auf den Entscheidungs-bildungsprozess der Brand Community-Mitglieder analysiert. Untersucht werden hierbei kleingruppenbasierte567 Brand Communities. Neben der Means-End Chain Theory
563
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 261.
564
Vgl. hierzu Abschnitt 2.1.
565
Vgl. Morandin et al. (2005), S. 1ff.
566
Vgl. Ajzen (1991), S. 181ff.
567
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 46f.; oder Morandin et al. (2008), S. 3f.
80
(MEC)568 baut der vorliegende Artikel insbesondere auf der Theorie des geplanten Verhaltens569 auf. Weiters beziehen sich Bagozzi und Kollegen in der theoretischen Konzeption ihrer Forschung (unter anderem) auf Quellen zu Konsumsubkulturen,570 Basisartikel zum Forschungsthema571 und die besondere Form der kleingruppenbasierten Brand Communities.572 Die quantitative Datenerhebung erfolgte mittels der Generierung von 174 Interviews (strukturierter Fragebogen) bei der World Ducati Week 2004 in Misano (Italien). Mit 40.000 bis 50.000 Teilnehmer/innen (80,3% Männer), überwiegend aus Italien, stellt die jährlich stattfindende World Ducati Week ein sehr erfolgreiches Brandfest dar. Die Erhebung der Daten und somit die Ermittlung der Motive erfolgt in mehreren Schritten mittels der Laddering-Methode (MEC-Theory).573 Zunächst wurden die Beweggründe der Probanden für ihre Partizipation bzw. Mitgliedschaft eruiert. In einem zweiten Schritt ermittelten die Autoren für jedes Motiv einzeln, warum dieses für die Befragten wichtig ist. Und in einem dritten Schritt wurde die Begründung für das Motiv nochmals hinterfragt. Nach der Datenerhebung erfolgt eine Inhaltsanalyse, die von zwei Kodierern durchgeführt wurde. 1510 Ursachen für die Partizipation werden beim Ducati Club angeführt, sowie 898 Verbindungen zwischen diesen Aussagen. Als zweiter Schritt werden die Begründungen kategorisiert und in kleineren Gruppen zusammengefasst, die innerhalb einer Gruppe ähnlich, die Gruppen untereinander jedoch verschieden sind. Weiters wurden die Motive hinsichtlich ihrer
568
Vgl. Die Means-End-Chain-Theorie versucht zu erklären, wie durch die Auswahl eines Produkts bzw. einer Serviceleistung die Erreichung von Wünschen und Zielen ermöglicht wird. Die Produkte, Serviceleistungen und auch Aktivitäten von Konsumenten stellen dabei die Mittel (Means) dar. Beschaffenheiten wie Glücksgefühle, Sicherheit und Leistung beschreiben die Ziele (Ends). Die Theorie umfasst somit wesentliche Kundenprozesse, die Werte und Verhalten verknüpfen. Vgl. Gutman (1982), S. 60ff.
569
Vgl. Ajzen (1991), S. 181ff.
570
Vgl. Schouten & McAlexander (1995), S. 43ff.
571
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.
572
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 45ff.
573
Vgl. Reynolds & Gutman (2001), S. 26ff. 81
Verbindungen untereinander nach Vorbild der sozialen Netzwerkanalyse574 analysiert, hierarchisch geordnet – von konkret bis abstrakt – und schließlich für alle Motive auch noch deren Zentralisationsindex berechnet. Die Beziehung zwischen Motiven und den Variablen des geplanten Verhaltens wurde mittels T-Tests575 untersucht und damit überprüft, ob Motive und ihre Verbindungen untereinander einen signifikanten Einfluss auf Einstellungen, subjektive Norm, wahrgenommene Verhaltenskontrolle und Intention zu Partizipieren nehmen.576
Zentrale Forschungsergebnisse Die Autoren haben 35 Ursachen erfasst, aus welchen Überlegungen heraus Individuen zu Mitgliedern in einer Brand Community werden, die wiederum zu drei Gruppen klassifiziert werden können: Personal Involvement, Social Relatedness und Object (z.B. Motorrad). Die am häufigsten genannten Gründe sind Passion (121 Mal genannt), das Produkt selbst, „Ducati Motorrad” (109 Nennungen), Fun (100 Nennungen) und Gruppe (96 Nennungen). Zudem wird offensichtlich, dass konkrete Motive zu abstrakten Motiven führen und sich diese auch hinsichtlich des Grads der Abstraktion in drei Bereiche gliedern (konkrete, soziale und psychologische sowie abstrakte Motive). Weiters wurden signifikante Effekte der Motive Passion, Gruppe und Attraktivität der Marke auf die Variablen der Theorie des geplanten Verhaltens577 nachgewiesen (vgl. Anhang 2). Die Verbindungen zwischen den Motiven beeinflussen ebenso die abhängigen Variablen.578
574
Vgl. Wasserman & Faus (1994), S. 4ff.
575
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 73ff.
576
Vgl. Morandin et al. (2008), S. 2ff.
577
Diese umfassen Einstellung, Subjektive Norm, Wahrgenommene Verhaltenskontrolle
578
Vgl. Morandin et al. (2008), S. 16ff.
und die Intention zu Partizipieren. Vgl. Ajzen (1991), S. 181ff.
82
Implikationen für die Praxis Die vorliegende Studie weist auf, welche Beweggründe den Entscheidungsprozess, Mitglied in einer Brand Community zu werden, beeinflussen. Diese können herangezogen werden um Anreize zu gestalten, die das Beitreten in eine Brand Community fördern. Somit erhält das Unternehmen nicht nur Informationen, die Konsumenten besser hinsichtlich ihres Denkens und ihres Fühlens – bezüglich des Unternehmens und seiner Marken – zu verstehen, sondern auch spezifische Vorschläge für die wirksame Gestaltung der Kommunikation, die an potenzielle Konsumenten gerichtet wird. Personen werden nicht aufgrund von ökonomischen oder extrinsischen Ursachen579 als solche Mitglieder einer Brand Community, sondern wegen der geteilten Leidenschaft für die Marke.580
Limitationen und weiterer Forschungsbedarf Bagozzi und Kollegen führen Gründe an, warum die Ergebnisse (trotz fehlender zweiter Untersuchung in einer anderen Branche) verallgemeinert werden können. Dies stellt damit aus ihrer Sicht keine Limitation dar. Eine Einschränkung, die von den Verfassern angeführt wird, bildet hingegen die rückblickende Perspektive der Datenerhebung. Probanden geben nachträglich Auskunft über Gedanken und Gefühle bezüglich einer Handlung in der Vergangenheit. Dies könnte zu Validitätsproblemen führen. Um solche zu vermeiden, sind Interviews vor und nach dem Beitreten zu einer Brand Community unerlässlich. Weiters bleiben Beweggründe über den Zeitablauf betrachtet nicht stabil. Dies führt zu der Notwendigkeit herauszufinden, unter welchen Bedingungen Individuen ihr eigenes kognitives Schema aktivieren und somit beeinflusst werden. Auch sehen die Wissenschaftler die Analyse der MEC-Theory erst am Anfang und befinden weitere Untersuchungen als erforderlich. Abschließend führen Bagozzi und Kollegen an, dass auch andere globale psychologische Reaktionen wie Promo-
579
Vgl. Deci (1976), S. 62; oder Ryan & Deci (2000), S. 55.
580
Vgl. Morandin et al. (2008), S. 24f. 83
tion-Prevention-Fokus,581 Wünsche, Selbst-Konzept und Selbstbewusstsein untersucht werden sollten, da die identifizierten Motive (und deren Verbindungen untereinander) auf diese ebenfalls einen Effekt ausüben.582
Kritische Würdigung Wünschenswert wären noch zusätzliche Analysen hinsichtlich Moderatoreffekte in Bezug auf die Art der Brand Community (kleingruppenbasiert versus netzwerkbasiert), Besitz, Alter, Geschlecht, etc. Möglicherweise treten Unterschiede hinsichtlich der Beweggründe für die Mitgliedschaft bzw. hinsichtlich des Einflusses der Motive auf die abhängigen Variablen in den unterschiedlichen Gruppen auf. Die Erkenntnisse der Studie liefern einen wertvollen Beitrag für das Forschungsfeld der Brand Communities und stellen eine gute Basis für weitere Untersuchungen dar.
4.1.2.3 Die Studie von Popp, Woratschek und Roth (2008) Der Konferenzbeitrag von Popp, Woratschek und Roth untersucht die Motive für die Partizipation in virtuellen Brand Communities. Dabei geben die Autoren zunächst einen kurzen Überblick über bisherige Studien zum Thema und gehen auf die Forschungsrelevanz zu Brand Communities näher ein. Anschließend folgt die Darstellung der empirischen, explorativen Analyse der Motive. Aufbauend auf dem Basisartikel zum Forschungsthema583 und einem Paper von Morandin und Kollegen584 untersuchen die Autoren die virtuelle Brand Community der Marke „Jägermeister” mit Hilfe einer web-basierten Erhebung. 4.534 Mitglieder der Community reagierten auf die E-Mail-Einladung und beantworteten den standardisierten Fragebogen im Juli 2007 vollständig. Unter den Probanden wurden drei Badetücher von Jägermeister verlost. Im Zuge der Auswertung der Daten mittels
581
Vgl. Aaker & Lee (2001), S. 34ff.
582
Vgl. Morandin et al. (2008), S. 25ff.
583
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.
584
Vgl. Morandin et al. (2005), S. 1ff.
84
SPSS585 erfolgte zunächst eine deskriptive Analyse der Mittelwerte und im Anschluss daran eine explorative Faktorenanalyse.586
Zentrale Forschungsergebnisse Die Autoren ermittelten drei Faktoren, die sich aus 21 einzelnen Items bzw. Motiven zusammensetzen. Diese werden als bedeutende Dimensionen der Beweggründe für die Partizipation in Brand Communities gesehen und umfassen: community-related, brand-related und added value-related Motive.587 Die Community-Dimension beinhaltet die Ähnlichkeit und Identifikation mit anderen Community-Mitgliedern und die gegenseitige Unterstützung der Markenfans. Markenbezogenen Motive beschreiben die Leidenschaft für und Identifikation mit der Marke. Die dritte Kategorie umfasst schließlich Angebote der Community (z.B. Radio, Gewinnspiele und Unterhaltung), die einen Mehrwert für die Mitglieder bietet, aber nicht die Beziehung der Markenfans untereinander oder mit der Marke bzw. dem Unternehmen inkludieren. Weiters haben die Autoren herausgefunden, dass die „Marken-Motive” den bedeutendsten Teil darstellen.588
Implikationen für die Praxis Aufgrund der Erkenntnis, dass markenbezogene Motive die wichtigste Dimension für die Partizipation in Brand Communities darstellen, ist die Investition in den Aufbau einer starken Marke unerlässlich. Dadurch wird die Entstehung einer Brand Community unterstützt und es können die Marketingstrategien des Unternehmens auf diese ausgeweitet werden. Allerdings ist dabei zu beachten, dass sich nicht alle Marken für den Aufbau einer Community eignen, sondern einige Determinanten als kritische Erfolgsfak585
Vgl. Bühl (2008), S. 63ff.
586
Popp et al. (2008), S. 2ff.
587
Eine ebenfalls sehr aktuelle Studie zur Erfassung der Motive für die Partizipation in Brand Communities erfasst 35 Einzelmotive, die ebenfalls in drei Gruppen, allerdings mit einer anderen Bezeichnung, zusammengefasst werden: Personal Involvement, Social Relatedness, Object. Vgl. hierzu Bagozzi et al. (2008), S. 26ff.
588
Vgl. Popp et al. (2008), S. 4f. 85
toren gelten.589 Community-bezogene Motive implizieren, dass Unternehmen ihre Brand Communities durch die Bereitstellung von Infrastruktur (z.B. Tools, welche die Interaktion zwischen den Teilnehmern fördern) unterstützen sollten. Und schließlich sind auch die value-added Motive aus Sicht des Unternehmens nicht zu vernachlässigen, da diese den Erfolg von Brand Communities ebenso fördern. Dabei können Unternehmen beispielsweise Gewinnspiele, Online Games oder digitale Unterhaltung im Rahmen der Online Community einrichten.590
Limitationen und weiterer Forschungsbedarf Als Limitation der Studie führen Popp und Kollegen die Heterogenität der Brand Community-Mitglieder an, die bei der Analyse nicht in Betracht gezogen wurde. Abgeleitet daraus sind weitere Untersuchungen erforderlich um die Mitglieder von Brand Communities zu clustern.591 In einem zweiten Schritt gilt es, den ökonomischen Wert der unterschiedlichen Cluster herauszufinden,592 indem die Bedeutung der einzelnen Subgruppen in Bezug auf die Steigerung der Markenloyalität und der Weiterempfehlung analysiert wird.593
Kritische Würdigung Der inhaltliche Fokus des Artikels ist gut gewählt und trifft durchaus eine Forschungslücke in diesem Forschungsfeld, da bis vor der Veröffentlichung dieses Konferenzbeitrags noch keine der Verfasserin bekannte Studie sich auf die Analyse der Motive für die Partizipation in Brand Communities kon-
589
Vgl. Von Loewenfeld & Herrmann (2004), S. 44ff.; Von Loewenfeld (2006), S. 278ff.;
590
Vgl. Popp et al. (2008), S. 5.
591
Dieser Ansatz wurde bereits von anderen Forschern aufgegriffen (vgl. Ouwersloot &
Von Loewenfeld et al. (2006), S. 13ff.
Odekerken-Schröder (2008), S. 574ff.) und wird in der vorliegenden Dissertation im Abschnitt 4.4 detailliert behandelt. 592
Für ähnliche Vorgehensweisen in anderen Forschungsfeldern siehe z.B. Bauer et al.
593
Vgl. Popp et al. (2008), S. 6.
(2007), S. 59ff.
86
zentriert.594 Dennoch geht die vorliegende Untersuchung nur einen Schritt, da durch den explorativen Charakter zwar erste Ergebnisse erzielt werden, diese aber keineswegs bestätigt oder überprüft sind. Daher ist ein weiteres Forschungsprojekt mit dem Ziel der Validierung dieser Studie unbedingt erforderlich. Die Prüfung hinsichtlich anderer Branchen und der Offline Community stellt ebenfalls interessante Forschungsbereiche aufbauend auf dieser Studie dar. Auch die Darlegung der „Vollständigkeit” der getesteten Motive auf Basis der Literatur kommt etwas zu kurz. Die Autoren analysieren mittels 21 Items (Einzelmotiven) deren Bedeutung und fassen diese zu drei Dimensionen zusammen. Eine detailliertere Darstellung der Herkunft der Items und der dazu gefilterten Literatur ist wünschenswert. Auf Basis des mittlerweile abgeschlossenen Arbeitspapiers von Bagozzi und Kollegen595 interessieren auch die Übereinstimmungen und vor allem die Unterschiede der Ergebnisse dieser beiden Forschungsprojekte. Schließlich wäre ebenso die Überprüfung von Gruppenunterschieden von Interesse. So könnte es beispielsweise gut der Fall sein, dass hinsichtlich Geschlecht, Alter, Dauer der Mitgliedschaft, etc. Moderatoreffekte bestehen.
4.1.3
Konzeptualisierung der Motive für die Partizipation
Die vorliegende Arbeit orientiert sich neben den erläuterten, großteils exploratorischen Erkenntnissen der Brand Community-Studien an den Ansätzen von Maslow und somit zum Teil an den polythematischen Motivtheorien und darüber hinaus auch an den athematischen Motivtheorien. Auf Basis der athematischen Motivtheorien und in dem Bewusstsein, dass keine generelle Motivationstheorie für die Erklärung des menschlichen Verhaltens existiert,596 fußt diese Arbeit auf jener Herangehensweise, die belegt, dass es vom jeweiligen Zeitpunkt und vom jeweiligen Interaktions-
594
Mittlerweile gibt es zumindest ein Working Paper: vgl. Bagozzi et al. (2008), S. 2ff.
595
Vgl. Bagozzi et al. (2008), S. 22ff.
596
Vgl. Gove (1994), S. 387. 87
partner abhängt, welche Beweggründe für das Verhalten der Konsumenten eine wesentliche Rolle einnehmen. So sind auch für die Erklärung des Verhaltens der Partizipation in Brand Communities bzw. Brandfests spezifische Motive von besonderer Bedeutung. Wie dargestellt, fokussieren die bisherigen Brand Community-Studien im Themenfeld der Motive für die Partizipation auf die Identifizierung von Ursachen für Mitgliedschaft in Brand Communities im Allgemeinen.597 Die vorliegende Arbeit setzt bei diesen Studien der Motivforschung in Brand Communities an, versucht aber die Partizipation der Markenenthusiasten in Brand Communities mittels drei ausgewählten Motiven (Information Value, Social Enhancement Value und Entertainment Value), die in der virtuellen Community-Studie von Dholakia und Kollegen überprüft werden,598 zu erklären und somit ebenfalls den Einfluss dieser Faktoren auf die Partizipation aufzuzeigen.
„Information Value” stellt jenes Motiv der Markenfans dar, welches den Austausch von Informationen in Brand Communities beschreibt. Dies inkludiert sowohl das Suchen nach als auch das Verbreiten von Informationen.599 Anhand der Maslow’schen Hierarchie kann dieser Informationsaustausch zwischen den Markenfans als Prestigebedürfnis beschrieben werden, da durch das Gewinnen von Informationen die eigene Kompetenz gestärkt und durch das Geben von Informationen diese Kompetenz anderen präsentiert wird.600 Bereits in der Definition des Phänomens Brand Community wird aufgezeigt, dass dieses durch die sozialen Beziehungen zwischen den Mitgliedern und deren zahlreichen Interaktionen maßgeblich geprägt wird.601 Begeisterte Anhänger einer Marke kommunizieren miteinander, tauschen sich über unterschiedliche Themen und Erfahrungen,602 597
Vgl. Morandin et al. (2005), S. 3ff.; Popp et al. (2008), S. 2ff.; Bagozzi et al. (2008),
598
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 241ff., ähnlich auch Flanagin & Metzger (2001), S. 173.
599
Vgl. Dholakia & Bagozzi (2003), S. 255; Dholakia et al. (2004), S. 244.
600
Vgl. Abschnitt 4.1.1
601
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.
602
Vgl. Ang et al. (2007), S. 167.
S. 2ff.
88
aber primär über die Marke aus und unterstützen sich beispielsweise bei der Anwendung des Produktes.603 Dadurch kommt es in Brand Communities zu einem erhöhten Austausch von Wissen604 und ebenso einem ständigen Wissenszuwachs,605 was zugleich einem der Hauptziele der Kommunikation, dem Erhalten von Informationen,606 sowie dem Wissenstrieb607 entspricht. Brand Communities stellen daher nicht nur aus Unternehmenssicht,608 sondern ebenfalls aus Konsumentensicht eine sehr gute Möglichkeit dar, umfassende Informationen zur Marke von Experten zu erhalten. Darüber hinaus weisen Brand Communities auch das ideale Publikum für die Verbreitung von neuen bzw. weiteren Informationen über die Marke auf, da die Mitglieder wissbegierig und dankbar für die Informationen sind. Dies kann beispielsweise beobachtet werden, wenn Mitglieder von Brand Communities um die Meinungen bzw. das Wissen der anderen Markenbegeisterten fragen,609 bevor sie eine Entscheidung treffen610 oder um ein bestimmtes Problem lösen zu können.611 Auch das Charakteristikum der moralischen Verantwortung612 in Brand Communities spiegelt sich im Verbreiten von Informationen wider, da das Informationengeben dem Wunsch bzw. der Bereitschaft, anderen Brand Community-Mitgliedern zu helfen,613 entspricht. Darüber hinaus wurde in nicht-marken-bezogenen Communities bereits festgestellt, dass der Austausch von Informationen einen der wichtigsten Gründe für die Mitgliedschaft in Communities um-
603
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 39ff.
604
Vgl. Brown et al. (2003), S. 30f.; Andersen (2005), S. 285.
605
Vgl. De Chernatony (2001), S. 193; Casaló et al. (2007), S. 780.
606
Vgl. Flanagin & Metzger (2001), S. 174.
607
Vgl. Mittenecker (1965), S. 741.
608
Vgl. Sawhney & Prandelli (2000), S. 24.
609
Vgl. Ahonen & Moore (2005), S. 109.
610
Vgl. Grossman (1998), S.30.
611
Vgl. Mühlenbeck & Skibicki (2007), S. 46.
612
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 424ff.
613
Vgl. Mühlenbeck & Skibicki (2007), S. 47. 89
fasst.614 Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Austausch von Informationen ein zentrales Motiv für die Mitgliedschaft in Brand Communities darstellt.
Das Motiv „Social Enhancement” beschreibt den Wunsch nach Akzeptanz und sozialer Anerkennung durch gleichgesinnte Markenfans.615 Diese Streben nach Wertschätzung durch Seinesgleichen wird sowohl im Rahmen der athematischen Motivtheorien durch das Geltungsmotiv,616 als auch in den polythematischen Ansätzen durch die Prestigebedürfnisse nach Maslow617 behandelt und als bedeutend dargelegt. In allgemeinen virtuellen Communities wurde dieses Motiv bereits untersucht: „Participation in the virtual community also involves aspects of gaining acceptance and approval from other members, prestige within the group and enhancement of one’s social identity as a result.”618 Begeisterte Anhänger einer Marke, die sich viele Stunden und Tage mit der Marke beschäftigen, weisen das Bedürfnis auf, sich wichtig zu fühlen und andere zu beeindrucken.619 Dies resultiert wiederum in dem Motiv für die Partizipation in Brand Communities der Wertschätzung, Respekt620 und Anerkennung durch Dritte.621 Die Erfüllung dieses Motivs kann nur mittels sozialer Interaktion erfolgen,622 beispielsweise indem die anderen Brand Community
614
Vgl. z.B. Dholakia et al. (2004), S. 259; Füller et al. (2007), S. 69.
615
Vgl. Baumeister (1998), S. 689ff.; Dholakia et al. (2004),
616
Vgl. Bänsch (1998), S. 23.
617
Vgl. Maslow (1970a), S. 45ff.; Maslow (1981), S. 72f.; Belén del Río et al. (2001), S. 412.
618
Dholakia & Bagozzi (2003), S. 257.
619
Vgl. Flanagin & Metzger (2001), S. 162.
620
Vgl. McKenna & Bargh (1999), S. 259.
621
Vgl. Hars & Ou (2001), S. 4; Hars & Ou (2002), S. 30.
622
Vgl. Sicilia & Palazón (2008), S. 264.
90
Mitglieder einen selbst als Markenexperten wahrnehmen623 und ein anerkennendes Feedback abgeben.624
„Entertainment Value” stellt das dritte Motiv dar, das zur Erklärung der Partizipation von Markenfans in Brand Communities herangezogen wird. Hierbei geht man davon aus, dass Markenenthusiasten Mitglied in einer Brand Community werden oder an einem Brandfest teilnehmen, um Spaß zu haben und um unterhalten zu werden.625 Dieses angestrebte Vergnügen kann durch die Interaktion der Markenfans (z.B. durch die gemeinsame Anwendung der Marke626) erreicht werden,627 die ein weiteres Charakteristikum in Brand Communities darstellt.628 Darüber hinaus entsprechen auch auf die Wünsche der Zielgruppe abgestimmte Spiele629 oder abwechslungsreiche Programmpunkte, wie sie insbesondere bei Brandfests geboten werden,630 dem Motiv des Unterhaltungswerts.
Die meisten Mitglieder partizipieren nicht nur aufgrund eines dieser drei Motive Information Value, Social Enhancement Value und Entertainment Value, sondern durchaus aufgrund zweier oder sogar aller drei Faktoren in der Community.631 Darüber hinaus können sich die Beweggründe für die Partizipation im Zeitablauf verändern (beispielsweise kann zu Beginn einer Mitgliedschaft der Informationsaustausch632 eine größere Bedeutung als 623
Vgl. Hennig-Thurau et al. (2004), S. 43; Mühlenbeck & Skibicki (2007), S. 43.
624
Vgl. Schau & Gilly (2003), S. 393; Kaul & Steinmann (2008), S. 99.
625
Vgl. Flanagin & Metzger (2001), S. 162.
626
Vgl. Bagozzi et al. (2008), S. 5.
627
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 244.
628
Vgl. z.B. Algesheimer et al. (forthcoming), S. 26; Algesheimer et al. (2005), S. 19ff.; Bhattacharya & Sen (2003), S. 79ff.; Dholakia et al. (2004), S. 244ff.; McAlexander et al. (2002), S. 41ff.; Schouten & McAlexander (1995), S. 53ff.
629
Vgl. Sicilia & Palazón (2008), S. 264f.
630
Vgl. McAlexander & Schouten (1998), S. 378ff.; McAlexander et al. (2002), S. 41; Morandin (2004), S. 10.
631
Vgl. Mühlenbeck & Skibicki (2007), S. 43.
632
Vgl. Hellmann & Kenning (2007), S. 41. 91
die Wertschätzung durch Gleichgesinnte einnehmen).633 Dennoch liefert jedes dieser drei Motive einen Erklärungswert für die Einstellungen, die Verhaltensintentionen und auch das Commitment der Konsumenten634 in Bezug auf die Mitgliedschaft bzw. die Partizipation in Brand Communities.
4.2 Informelle Mitgliedschaft durch Zugehörigkeit Durch den Ansatz der Motivtheorien bzw. durch ausgewählte Motive wird also darauf abgezielt, die Partizipation bzw. die Mitgliedschaft in Brand Communities zu erklären. An dieser Stelle gilt es aber zunächst den Begriff der Mitgliedschaft zu erläutern, insbesondere da in vielen Brand Communities (vor allem bei Brandfests) keine offizielle Registrierung oder Anmeldung erforderlich oder vorgesehen ist. Wann kann ein begeisterter Anhänger einer Marke deshalb als Mitglied kategorisiert werden? Eine Fundierung der Mitgliedschaftsbestrebungen an einer Brand Community ist durch die Theorien der sozialen Identität und der „Sense of Community” erklärbar.
4.2.1
Theorie der sozialen Identität
Die Theorie der sozialen Identität stellt einen sozialpsychologischen Ansatz dar635 und versucht sowohl Gruppenprozesse und damit den Einfluss der Mitgliedschaft auf das individuelle Verhalten, als auch Prozesse zwischen Gruppen636 sowie das soziale Selbst zu erklären.637 Die soziale Kategorisierung, die soziale Identifikation, der soziale Vergleich und die positive Distinktheit stellen die Kernelemente der Theorie dar.638 633
Vgl. Shah (2004), S. 5.
634
Vgl. Bagozzi et al. (2003), S. 929.
635
Vgl. Stets & Burke (2000), S. 2.
636
Vgl. Tajfel & Turner (1986), S. 7ff.
637
Vgl. Hogg et al. (1995), S. 259.
638
Vgl. Fischer & Wiswede (2002), S. 662.
92
Im Zuge der sozialen Kategorisierung ordnen Individuen sich selbst und andere aufgrund von ähnlichen Handlungen, Intentionen, Werten oder Eigenschaften in verschiedene soziale Kategorien ein.639 Diese ermöglicht somit die Unterscheidung in die Eigengruppe, zu der sich das Individuum zugehörig fühlt und Ähnlichkeit mit anderen Mitgliedern aufweist, und in die Fremdgruppe, von der angesichts bestehender Unterschiede eine Abgrenzung vollzogen wird.640
Das zweite Element dieser Theorie, die soziale Identifikation, kann auch als Prozess der Gruppenidentifikation beschrieben werden und umfasst sowohl das Wissen über die Zugehörigkeit als auch die damit verbundene emotionale Bedeutung.641 Ein Teil unseres Selbstkonzepts bzw. der individuellen Identität wird daher über die soziale Identifizierung definiert.642 Die wichtigste Erkenntnis der Theorie der sozialen Identität beschreibt den Einfluss der Identifizierung mit einer Gruppe auf das Verhalten. Fühlt sich ein Individuum als Mitglied einer Gruppe, so wird sein Verhalten durch diese beeinflusst.643 Das Element des sozialen Vergleichs basiert, wie die Identitätstheorie,644 auf den Erkenntnissen der Theorie des sozialen Vergleichs.645 Dabei wird die eigene Gruppe anderen relevanten Gruppen gegenübergestellt, deren Wert geschätzt und verglichen. So kommt es ebenfalls zu einer Selbsteinschätzung, da die Mitgliedschaft in der gewählten Gemeinschaft als „besser” oder „schlechter” im Vergleich zu anderen Gruppen bewertet wird.646
639
Vgl. Tajfel (1982a), S. 101; Turner (1988), S. 42ff.
640
Vgl. Bagozzi et al. (2007), S. 87.
641
Vgl. Bierhoff (2006), S. 370.
642
Vgl. Brown (2001), S. 560.
643
Vgl. Ellemers et al. (1999), S. 372.
644
Vgl. Stets & Burke (2000), S. 224ff.
645
Vgl. Festinger (1954), S. 117ff.
646
Vgl. Tajfel & Turner (1986), S. 16f. 93
Das deutliche Hervorheben der Unterschiede zwischen der Eigengruppe und den relevanten Fremdgruppen ist schließlich Inhalt des vierten Elements der Theorie der sozialen Identität. Das Ziel des sozialen Vergleichs ist es, eine positive Distinktheit zu erlangen und dabei gleichzeitig die soziale Identifizierung zu stärken.647 Individuen streben nach einer positiven sozialen Identität und wollen die Wettbewerbssituation für sich und die eigene Gruppe entscheiden. Daher soll der Vergleich mit den Fremdgruppen positive Ergebnisse für die eigene Gruppe bringen, um den Selbstwert zu stärken.648
Die Abbildung 14 visualisiert die vier Kernelemente der sozialen Identitäts-Theorie und deren zugrunde liegenden Annahmen.649
Modellinhärente Annahmen über die Natur des Menschen
Kernelemente der Theorie der sozialen Identität
Relevante situative Randbedingungen der Elemente der Theorie der sozialen Identität
Bedürfnis nach Prüfung von Meinungen und Fähigkeiten
Streben nach positivem Selbstwert
Bedürfnis nach Platz im Sozialen System
Wahrnehmungsökonomie
Soziale Kategorisierung
Soziale Identität
Sozialer Vergleich
Positive Distinktheit
Sicherheit, Legitimität, Macht
Ähnlichkeit bzw. Fremdheit
Salienz der Gruppenkategorien
Emotionale Spannung, Angst, Wut
Abbildung 14: Kernelemente der Theorie der sozialen Identität650
Soziale Identität wird schließlich definiert als „part of an individual’s selfconcept which derives from his knowledge of his membership of a social group (or groups) together with the value and emotional significance at-
647
Vgl. Abrams & Hogg (1990b), S. 3ff.
648
Vgl. Tajfel (1982b), S. 24ff.
649
Weiterführende Literatur: vgl. z.B. Tajfel (1982b), S. 1ff.; Tajfel & Turner (1986), S.
650
Quelle: Fischer & Wiswede (2002), S. 662.
7ff.; oder Abrams & Hogg (1990b), S. 1ff.
94
tached to that membership.”651 Daraus kann abgeleitet werden, dass sich die soziale Identität aus drei Bausteinen zusammensetzt: einer kognitiven, einer evaluativen und einer affektiven Komponente.652 Die kognitive Komponente stellt einen Ausdruck der Selbst-Kategorisierung als Mitglied einer Community dar, indem das Individuum Ähnlichkeiten mit den anderen eigenen Mitgliedern und Unterschiede zu Mitgliedern von Fremdgruppen erkennt.653 Durch die evaluative Komponente wird die Wertschätzung der Community ausgedrückt, die dem Individuum wegen seiner Mitgliedschaft entgegen gebracht wird.654 Die affektive Komponente umfasst sowohl die positiven Gefühle, die ein Individuum aufgrund der Zugehörigkeit zur Gruppe empfindet, als auch jene, die das Individuum für die anderen Teilnehmer dieser Gemeinschaft empfindet.655
Die Theorie der sozialen Identität wird in unterschiedlichen Forschungsfeldern eingesetzt und einige weiterführende Theorien (z.B. Organizational Identity Theory656) basieren auf ihren Erkenntnissen.
4.2.2
Theorie der „Sense of Community”
Die Theorie „Sense of Community”657 stellt mit der Einordnung in die Community-Psychologie658 ebenfalls einen sozialpsychologischen Zugang dar und wurde 1974 von Sarason eingeführt. Er beschreibt das Konzept des Sense of Community als „the perception of similarity with others, an acknowledged interdependence with others, a willingness to maintain this
651
Vgl. Tajfel (1978), S. 63.
652
Vgl. Ellemers et al. (1999), S. 372ff.
653
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006b), S. 1104.
654
Vgl. Ellemers et al. (1999), 372ff.
655
Vgl. Bergami & Bagozzi (2000), S. 573.
656
Vgl. z.B. Ashforth & Mael (1989), S. 20ff. oder Dutton et al. (1994), S. 239ff.
657
Häufig auch „Psychological Sense of Community” genannt (vgl. z.B. Newbrough & Chavis (1986), S. 3ff. oder Lounsbury et al. (2003), S. 531ff.).
658
Vgl. Bess et al. (2002), S. 6. 95
interdependence by giving to or doing for others what one expects from them, the feeling that one is part of a larger dependable and stable structure.”659 Aufbauend auf dieser Einführung gilt die Studie von McMillan und Chavis als bedeutendster Ansatz der Sense of Community-Forschung,660 deren Systematisierung661 zahlreichen weiteren Studien als Grundlage dient.662 McMillan und Chavis definieren das Konzept des Sense of Community als „a feeling that members have of belonging, a feeling that members matter to one another and to the group, and a shared faith that members’ needs will be met through their commitment to be together.”663 Ihre Definition umfasst vier Elemente,664 auf die in weiterer Folge näher eingegangen wird: Mitgliedschaft, Einfluss, Integration und Erfüllung von Bedürfnissen sowie eine gemeinsame emotionale Verbindung.665
Die Voraussetzung, um Sense of Community und somit auch das zentrale Element des Konzeptes erreichen zu können, stellt die Mitgliedschaft in einer Community dar.666 Das Element der Mitgliedschaft beschreibt das Gefühl der Zugehörigkeit, ein Teil der Gemeinschaft zu sein und auch die Identifikation mit der Community.667 Darüber hinaus wird durch die Mitglieder wahrgenommen, dass sie persönliche Investitionen getätigt haben, um in der Community aufgenommen zu werden und daher auch ein Anrecht besitzen, dazuzugehören.668 Eine weitere Komponente der Mitglied-
659
Sarason (1974), S. 157.
660
Vgl. Obst et al. (2002a), S. 89.
661
Vgl. Long & Perkins (2003), S. 280.
662
Vgl. z.B. Friedman et al. (1993), S. 40ff.; Royal & Rossi (1996), S. 400ff.; Chipuer & Pretty (1999), S. 643ff.; Obst et al. (2002b), S. 107; oder Rosenbaum et al. (2005), S. 223ff.
663
McMillan & Chavis (1986), S. 9.
664
Vgl. McMillan (1996), S. 315ff.
665
Vgl. McMillan & Chavis (1986), S. 9ff.
666
Vgl. Obst et al. (2002a), S. 89.
667
Vgl. Obst et al. (2002b), S. 107.
668
Vgl. Rosenbaum et al. (2005), S. 224.
96
schaft umfasst die emotionale Sicherheit, die das Vertrauen beschreibt, dass die Interessen des Individuums gewahrt werden und die anderen Mitglieder integer handeln.669 Die emotionale Sicherheit wird darüber hinaus über die Grenzen erreicht, die Mitglieder und Nicht-Mitglieder voneinander trennen.670 Wenn es Individuen gibt, die zu einer Community gehören, kann impliziert werden, dass es andere gibt, die nicht Teil der Gemeinschaft sind.671 Und schließlich zeichnet sich die Mitgliedschaft auch durch gemeinsame Symbole und Traditionen aus, die zu einer Aufrechterhaltung der Community-Grenzen beitragen.672
Einfluss stellt das zweite Element des Konzepts des Sense of Community dar und beschreibt den Einfluss des Individuums auf die Gruppe und vice versa von der Community auf die Einzelperson.673 Diese Wechselbeziehung des Individuums und der Community ist daher durch die Fähigkeit charakterisiert, eine Veränderung im jeweils anderen zu bewirken.674 Steigt die Möglichkeit des Einzelnen, die Community zu beeinflussen, so nimmt die Person diese auch attraktiver wahr.675 Für die Erreichung der Kohäsion der Community ist auf der anderen Seite der Einfluss der Gruppe auf ihre individuellen Mitglieder von hoher Bedeutung.676 Den Einfluss über das Individuum erhält die Community, wenn die Mitglieder dieser vertrauen.677 Darüber hinaus unterstützen auch der beidseitige Wunsch der Gruppe und ihrer Teilnehmer, eine Übereinstimmung herbeizuführen,
669
Vgl. Royal & Rossi (1996), S. 400.
670
Vgl. McMillan (1996), S. 315.
671
Vgl. Obst et al. (2002a), S. 89.
672
Vgl. McMillan & Chavis (1986), S. 9ff.
673
Vgl. Rosenbaum et al. (2005), S. 224.
674
Vgl. Chipuer & Pretty (1999), S. 646.
675
Vgl. Royal & Rossi (1996), S. 400.
676
Vgl. Obst et al. (2002a), S. 89.
677
Vgl. McMillan (1996), S. 318. 97
sowie das Streben des Individuums, Bestätigung für sein Handeln durch die Gruppe zu erhalten, die Kohäsion der Community.678
Die dritte Komponente für die Beschreibung des Konzepts des Sense of Community wird als Integration und Erfüllung von Bedürfnissen definiert. Diese basiert auf der Idee, dass für die Erhaltung eines positiven Zusammengehörigkeitsgefühls das Individuum die Verbindung zur Gruppe vorteilhaft wahrnimmt und als lohnend empfindet.679 Durch das kooperative Verhalten der Einzelpersonen innerhalb der Community werden deren Bedürfnisse erfüllt. Dabei wird gleichzeitig das adäquate Gruppenverhalten des Mitglieds bestätigt,680 indem sich das Individuum für die Partizipation in der Community belohnt fühlt.681 Dies wiederum führt zu einer Motivation der Mitglieder, ihr Involvement und ihre Partizipation aufrechtzuerhalten und zu verstärken.682 Somit profitieren die Teilnehmer in der Gruppe voneinander, von der Community und diese wiederum von ihren Mitgliedern.683 Vorteile für die Mitglieder umfassen beispielsweise ihren Status aufgrund der Mitgliedschaft, den Erfolg der Community und die wahrgenommene Kompetenz anderer Mitglieder.684
Die gemeinsame emotionale Verbindung der Mitglieder stellt das vierte und abschließende Element des Sense of Community dar.685 Die Voraussetzungen einer solchen Verbindung sind gemeinsame Erlebnisse und diese wiederum basieren auf der Interaktion der Community-Mitglieder.686 Je positiver die Interaktion und je enger sich die Beziehungen der Personen
678
Vgl. McMillan & Chavis (1986), S. 11f.
679
Vgl. Obst et al. (2002b), S. 107.
680
Vgl. Chipuer & Pretty (1999), S. 646.
681
Vgl. Rosenbaum et al. (2005), S. 224.
682
Vgl. Royal & Rossi (1996), S. 400.
683
Vgl. McMillan (1996), S. 320.
684
Vgl. Obst et al. (2002a), S. 89.
685
Vgl. McMillan & Chavis (1986), S. 13f.
686
Vgl. McMillan (1996), S. 322.
98
untereinander gestalten, umso stärker entwickelt sich die Bindung der Community.687 Die Stärke der emotionalen Verbindung mit Gleichgesinnten beeinflusst daher das Konzept des Sense of Community.688 Identifizieren sich Mitglieder mit der Geschichte der Community,689 so teilen sie die gleiche Vision, dasselbe Ziel und gemeinsame Werte. All dies führt wiederum zu einer Aufrechterhaltung und Stärkung der Community.690 Dieses vierte Element spiegelt weiters den Wunsch der Mitglieder wider, die Identität der Community in ihre eigene zu integrieren.691 Emotionale Verbundenheit beschreibt darüber hinaus auch die emotionale Unterstützung und Anerkennung, die Teilnehmer durch die Anstrengungen und Erfolge ihrer Community-Mitgliedschaft erhalten.692
Die Abbildung 15 visualisiert die vier Elemente des Konzepts des Sense of Community und deren wesentliche Komponenten.
687
Vgl. Obst et al. (2002a), S. 89.
688
Vgl. Carlson et al. (2008), S. 286.
689
Vgl. McMillan & Chavis (1986), S. 13.
690
Vgl. Royal & Rossi (1996), S. 401.
691
Vgl. Rosenbaum et al. (2005), S. 224.
692
Vgl. Chipuer & Pretty (1999), S. 646. 99
Mitgliedschaft
Einfluss
Grenzen Emotionale Sicherheit
Gleichzeitige, gegenseitige Beeinflussung Mitglied Gruppe
Gefühl der Zugehörigkeit und Identifikation
Gruppe Mitglied: Gruppenkohäsion
Persönliche Investition Gemeinsame Symbole
Mitglied Gruppe: stärkere Attraktivität der Gruppe aus Sicht des Individuums
Integration und Erfüllung von Bedürfnissen
Gemeinsame emotionale Verbindung
Vorteile durch die Mitgliedschaft
Identifikation mit der Geschichte der Community
Beispiele: Status durch Mitgliedschaft, Erfolg der Community, Kompetenz anderer Mitglieder
(positive) Interaktionen der Mitglieder
Zusammengehörigkeitsgefühl wird gestärkt
Gemeinsame Erfahrungen Spirituelle Verbindung
Abbildung 15: Elemente des „Sense of Community”693
Diese vier Komponenten des Sense of Community beeinflussen sich gegenseitig und sind durch eine reziproke Dynamik gekennzeichnet, die zu einer Verstärkung der Elemente und dadurch der Sense of Community führt.694 So resultiert beispielsweise die Mitgliedschaft in der Community in einem verstärkten Einfluss des Individuums. Seine Bedürfnisse werden dadurch besser erfüllt und das Zusammengehörigkeitgefühl sowie die gemeinsame emotionale Verbindung gestärkt.695
Nachdem die Grundsätze der Theorien der sozialen Identität und der Sense of Community dargestellt wurden, folgt nun die Erläuterung von ausgewählten, darauf aufbauenden (Brand) Community-Studien und ihre Erkenntnisse für das Forschungsfeld.
693
Quelle: Verfasserin, in Anlehnung an McMillan & Chavis (1986), S. 9ff.
694
Vgl. McMillan & Chavis (1986), S. 15ff.
695
Vgl. McMillan (1996), S. 322.
100
4.2.3
Brand Community-Studien
4.2.3.1 Die Studie von Bhattacharya und Sen (2003) Das konzeptionelle Paper von Bhattacharya und Sen ist auf die Erklärung der Beziehung zwischen Konsumenten und Unternehmen ausgerichtet. Dabei
identifizieren
die
Autoren
die
Konsument-Unternehmen-
Identifikation als die Basis für starke und bedeutungsvolle Beziehungen, die Marketer versuchen mit den Nachfragern aufzubauen. Basierend auf den Theorien der sozialen Identität696 und „Organizational Identification”697 erläutern Bhattacharya und Sen zunächst die Voraussetzungen und Determinanten, unter denen Konsumenten ein Zugehörigkeitsgefühl zu Unternehmen aufbauen und diskutieren in einem weiteren Schritt die Grundlagen und Konsequenzen dieser Identifikation. Dabei verfolgen sie die Perspektive, dass die Identifikation mit einer Organisation unabhängig von einer formellen Mitgliedschaft in dieser ist und freiwillig durch die Konsumenten erfolgt, um (ein oder) mehrere ihrer Bedürfnisse zu erfüllen.698
Zentrale Forschungsergebnisse Der zentrale Einflussfaktor für die Identifikation der Konsumenten mit dem bevorzugten Unternehmen stellt die Attraktivität der Unternehmensidentität aus Sicht der Konsumenten dar (vgl. Anhang 3). Ob diese als reizvoll eingestuft wird, hängt beispielsweise vom Ausmaß der Ähnlichkeit der wahrgenommenen Unternehmensidentität und jener des Konsumenten ab. Weiters wird die Attraktivität von der Besonderheit und dem Prestige der wahrgenommenen Identität beeinflusst. Das Wissen über die Unternehmensidentität, die Kohärenz und die Vertrauenswürdigkeit dieser stellen Moderatoren der Beziehung zwischen der wahrgenommenen Unternehmensidentität und der Attraktivität dieser dar. Ist die Unternehmensidenti-
696
Vgl. hierzu Abschnitt 4.2.1.
697
Vgl. Ashforth & Mael (1989), S. 20ff.; Bergami & Bagozzi (2000), S. 555ff.
698
Vgl. Bhattacharya & Sen (2003), S. 76ff. 101
tät aus Sicht des Konsumenten anziehend, identifiziert sich dieser mit dem Unternehmen. Schließlich führen die Autoren einige positive Auswirkungen (z.B. Loyalität gegenüber dem jeweiligen Unternehmen oder Anwerbung von Neukunden) und eine negative (stärkere Forderungen an das Unternehmen) aufgrund der Identifikation des Konsumenten mit dem Unternehmen an. Die Autoren zeigen schließlich auf, dass bisherige Untersuchungen sich meist auf die formellen Mitgliedschaften in Organisationen beschränken, die Identifikation und damit die informelle Mitgliedschaft aber von hoher Bedeutung ist und auch wesentliche Konsequenzen auf das Konsumentenverhalten, wie beispielsweise die Aufrechterhaltung der Kundenbeziehung, aufweisen.699
Implikationen, Limitationen und weiterer Forschungsbedarf Für Unternehmen gilt es zunächst zu entscheiden, ob eine Identifikation der Konsumenten wegen der potentiellen positiven und negativen Auswirkungen wünschenswert ist. Darauf aufbauend gilt es Schritte zu entwickeln, die es Abnehmern ermöglichen, sich mit dem Unternehmen zu identifizieren. Dabei sind insbesondere die Formulierung, Kommunikation und das Management der Unternehmensidentität zu beachten. Die Studie von Bhattacharya und Sen entwickelt ein konzeptuelles Rahmenwerk der Einflussfaktoren und Konsequenzen der Identifizierung der Konsumenten mit einem Unternehmen. Der primäre Forschungsbedarf ist daher die empirische Überprüfung der theoretisch postulierten Zusammenhänge.700
Kritische Würdigung Der Artikel von Bhattacharya und Sen diskutiert detailliert Anwendungsfelder der sozialen Identitäts-Theorie und entwickelt ein konzeptuelles Modell,
das
Antezedenten
und
Konsequenzen
der
Konsument-
Unternehmens-Identifikation darstellt. Die (informelle) Mitgliedschaft fo699
Vgl. Bhattacharya & Sen (2003), S. 79ff.
700
Vgl. Bhattacharya & Sen (2003), S. 86f.
102
kussiert in dieser Studie auf das Zugehörigkeitsgefühl und der Identifikation der Konsumenten mit dem Unternehmen und nicht mit der bevorzugten Marke. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sind daher insbesondere für Unternehmen, die mehrere Marken in ihrem Sortiment führen, kritisch im Hinblick auf die Anwendung im Forschungsfeld der Brand Communities zu betrachten.
4.2.3.2 Die Studie von Rosenbaum, Ostrom und Kuntze (2005) Rosenbaum, Ostrom und Kuntze untersuchen in ihrem Artikel die Rolle des Konstruktes „Sense of Community” im Rahmen von Loyalitätsprogrammen und versuchen dabei folgende zwei Fragen zu beantworten: können Kundenbindungsprogramme auf Basis des Auftretens eines Gemeinschaftsgefühls in zwei Gruppen unterschieden werden; und wenn Abnehmer ein solches Gemeinschaftsgefühl wahrnehmen, führt dies zu einer erhöhten Loyalität der Konsumenten gegenüber dem Markenunternehmen? Basierend auf grundlegender Literatur der Brand Community-Forschung,701 Loyalität702 und der Theorie des Sense of Community703 führen die Autoren ihre empirische Studie unter Mitgliedern von 20 verschiedenen Kundenbindungsprogrammen durch.704
Zentrale Forschungsergebnisse Das Ergebnis der Studie zeigt auf, dass Kundenbindungsprogramme in zwei Gruppen kategorisiert werden können. Diese Gliederung erfolgt auf Basis des von den Konsumenten wahrgenommenen Gemeinschaftsgefühls. Loyalitätsprogramme, in denen die Kunden ein Gemeinschaftsgefühl wahrnehmen, weisen eine höhere Loyalität der Mitglieder hinsichtlich des unterstützenden Unternehmens auf. Dies leiten die Autoren daraus ab,
701
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.; McAlexander et al. (2002), S. 38ff.
702
Vgl. Oliver (1999), S. 84ff.
703
Vgl. McMillan & Chavis (1986), S. 6ff.
704
Vgl. Rosenbaum et al. (2005), S. 222ff. 103
dass die Teilnehmer eines gemeinschaftlichen Kundenbindungsprogramms stärkere emotionale Verbindungen mit den unterstützenden Unternehmen und auch eine geringe Wechselbereitschaft zu Mitbewerbern aufweisen. Anders formuliert bedeutet dies, dass Mitglieder einer Brand Community stärker loyal sind als solche von herkömmlichen Kundenbindungsprogrammen.705
Implikationen für die Praxis Die Autoren begründen die höhere Loyalität von Konsumenten in Kundenbindungsprogrammen mit einem Gemeinschaftsgefühl unter anderem mit der Wahrnehmung von intangiblen Vorteilen wie besonderem Status oder exklusiver Mitgliedschaft. Aus diesem Grund leiten sie die Implikation ab, dass Unternehmen mit Produkten und Serviceangeboten, bei denen die Konsumenten ein niedriges Involvement aufweisen, nicht für die Entwicklung eines Gemeinschaftsgefühls und dadurch nicht für den Aufbau der erhöhten Loyalität, wie sie bei Brand Communities der Fall ist,706 geeignet sind. Dennoch weisen Konsumenten von herkömmlichen Kundenbindungsprogrammen ohne „Sense of Community” eine Zufriedenheit auf, vermeiden schlechte Mundpropaganda und können möglicherweise zum Aufbau einer langfristigen Kundenbeziehung beitragen, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß wie Loyalitätsprogramme mit einem Gemeinschaftsgefühl. Eine weitere Erkenntnis ist jene, dass Konsumenten intangible Belohnungen (z.B. das Gefühl der Mitgliedschaft oder Status) den tangiblen Vorzügen (z.B. Preise oder Geschenke) vorziehen. Daher ist es für Unternehmen mit hohen Involvement-Produkten nicht erforderlich, den Mitgliedern des Kundenbindungsprogramms starke Diskonte zu gewähren, um eine hohe Loyalität zu erhalten. Stattdessen kann diese erhöhte Kundentreue erreicht werden, indem ein Loyalitätsprogramm angeboten wird, das den Mitgliedern ein exklusives Gefühl vermittelt.707
705
Vgl. Rosenbaum et al. (2005), S. 225ff.
706
Vgl. z.B. Algesheimer et al. (2005), S. 30ff.
707
Vgl. Rosenbaum et al. (2005), S. 230.
104
Limitationen und weiterer Forschungsbedarf Einen zukünftigen Forschungsbedarf sehen Rosenbaum und Kollegen in der Analyse der Motive für die Partizipation708 in Brand Communities. Die Überprüfung der Gültigkeit der Ergebnisse in anderen Ländern gilt es ebenso durchzuführen. Und schließlich stellt die Analyse des Einflusses des Gemeinschaftsgefühls für Loyalitätsprogramme von sowohl Serviceleistungen als auch Produkten separat einen weiteren Forschungsbedarf dar.709
Kritische Würdigung Brand Communities verfügen über eine positive Wirkung auf die Loyalität der teilnehmenden Konsumenten.710 Kundenbindungsprogramme beeinflussen die Loyalität ihrer Mitglieder ebenfalls positiv, wenn auch nicht in gleichem Ausmaß. Aber sind Kundenbindungsprogramme, in denen sich die Mitglieder untereinander verbunden fühlen, auch tatsächlich eine Brand Community? Dies wird von den Autoren impliziert, widerspricht aber der Definition dieses Phänomens durch Muniz und O’Guinn,711 da nicht alle der drei zentralen Elemente einer Brand Community durch diese besonderen Kundenbindungsprogramme erfüllt werden. Nach den Beschreibungen durch Rosenbaum und Kollegen kann zwar ein Gemeinschaftsgefühl aufgezeigt werden, die beiden anderen Elemente, Rituale und Traditionen sowie moralisches Verantwortungsgefühl für die Community und ihre Mitglieder, können aber nicht identifiziert werden. Aus diesem Grund können Kundenbindungsprogramme, in denen sich die Mitglieder verbunden fühlen, nach dem Verständnis von Brand Communities der vorliegenden Arbeit nicht bzw. nur bedingt als Brand Community aufgefasst werden. Die Studie stellt jedoch ein Beispiel für die Anwendung des Theorie der Sense of Community im Marketing dar. Die Erkenntnisse der Autoren können als
708
Vgl. hierzu Abschnitt 4.1.
709
Vgl. Rosenbaum et al. (2005), S. 230f.
710
Vgl. z.B. auch Belk & Tumbat (2005), S. 205ff.; Shang et al. (2006), S. 410ff.; Claricini & Scarpi (2007), S. 6f.; oder Cornelissen et al. (2007), S. 286.
711
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412. 105
Grundlage für die weitere Analyse des Konstruktes im Brand CommunityForschungsfeld herangezogen werden.
4.2.3.3 Die Studie von Bagozzi und Dholakia (2006) Im Bereich der Brand Community-Forschung wurden in den letzten Jahren bereits Untersuchungen publiziert, in denen die soziale Identität als ein bedeutendes Konstrukt für die Mitgliedschaft bzw. die Partizipation in Brand Communities identifiziert wird. Beispielhaft dafür wird die Studie von Bagozzi und Dholakia ausgewählt und vorgestellt. Der Fokus dieses Papers, das im International Journal of Research in Marketing veröffentlicht wurde, liegt auf kleingruppenbasierten Brand Communities. Die Autoren analysieren die sozialen und psychologischen Prozesse, wonach kleingruppenbasierte Brand Communities Konsumenten beeinflussen und diese ermutigen, an Gruppenaktivitäten teilzunehmen. Bagozzi und Dholakia bauen die theoretische Basis einerseits auf einigen Grundlagenartikeln zum Forschungsbereich der Brand Communities712 auf und beziehen sich andererseits neben der Theorie des geplanten Verhaltens713 insbesondere auf jene der sozialen Identität.714 Die Datenerhebung umfasst eine qualitative Vorstufe und zwei quantitative Hauptstudien. Im Zuge der ersten wurden umfangreiche Tiefeninterviews mit drei Mitgliedern eines lokalen HOG Chapters715 in den USA durchgeführt, um Informationen für die Entwicklung von neuen bzw. Adaptierung von bestehenden Skalen für den Einsatz bei der Hauptstudie zu gewinnen. Für die erste Hauptstudie wurde nach Absprache mit der Leitung des HOG Chapters an dessen Mitglieder ein schriftlicher Fragebogen, inklusive Begleitschreiben, per Post zuge-
712
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 38ff.; oder Algesheimer et al. (2005), S. 19ff.
713
Vgl. Ajzen (1991), S. 179ff.
714
Vgl. Hogg (1988), S. 89ff.
715
Harley Owners Group Chapters sind Handelsniederlassungen des Harley-DavidsonUnternehmens in einer bestimmten Region oder in einer Stadt. Vgl. hierzu auch Abschnitt 2.5.1.
106
sandt. 154 Probanden (74% Männer, 26% Frauen) beantworteten alle Fragen vollständig und retournierten das vollständig ausgefüllte Schriftstück in der vorgegebenen Zeit. Die zweite Hauptstudie untersuchte einen Motorradclub für Fahrer von unterschiedlichen Marken, den Southern Cruisers Riding Club (SCRC). Diese online Erhebung wurde mittels Fragebogen, der für zwei Wochen auf der Homepage des SCRC zu finden war, generiert. Um die Rücklaufquote zu erhöhen, sandte der nationale Mitgliedschaftsdirektor eine E-Mail an alle Chapter-Büros, mit der Bitte, ihre Mitglieder zur Teilnahme an der Studie zu animieren. Die Antworten von 255 Motorradfahrern716 (83,6% Männer, 16,4% Frauen) konnten zur Auswertung herangezogen werden. Die Datenanalyse erfolgte mittels LISREL 8.54717 und umfasste neben einem Strukturgleichungsmodell718 zusätzliche Methoden, wie beispielsweise eine Moderatoranalyse,719 um Gruppenunterschiede zwischen HOG-Mitgliedern und den SCRC-Mitgliedern feststellen zu können.720
Zentrale Forschungsergebnisse Mitglieder in kleingruppenbasierten Brand Communities entwickeln soziale Intentionen, die wiederum einen Effekt auf das Gruppenverhalten ausüben. Zusätzlich zu den traditionellen Einflüssen, die in der Theorie des geplanten Verhaltens dargelegt werden (Einstellungen, Subjektive Norm), beobachteten die Autoren weitere, dynamische Einflussfaktoren: wahrgenommene Emotionen und soziale Identität (Identifikation mit der Brand Community). Diese wirken alle über den Mediator „Wünsche” auf die Intentionen (Entscheidungen) und das Verhalten (vgl. Anhang 4). Bagozzi und Dholakia konnten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen HOG-
716
Darunter keine Harley Davidson-Fahrer, diese wurden bei dieser zweiten Hauptstudie
717
Vgl. Jöreskog & Sörbom (1996), S. iff.
718
Vgl. hierzu Abschnitt 5.2.3.
719
Baron & Kenny (1986), S. 1174ff.
720
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 45ff.
ausgeschlossen.
107
Mitglieder und SCRC-Mitglieder feststellen und somit den vermuteten Moderatoreffekt deutlich nachweisen. Die Wirkung der kleingruppenbasierten Brand Community übertrafen jene des nicht-markenspezifischen Motorradclubs. Auch der mediierende Effekt über das Konstrukt „Wünsche” konnte in der Gruppe der HOG-Mitglieder erfolgreich aufgezeigt werden. Hier wird der Einfluss der exogenen Variablen auf die Verhaltensabsichten vollständig (in der Gruppe der SCRC-Mitglieder zum Teil nur partiell) nachgewiesen.721
Implikationen für die Praxis Die Partizipation in (kleingruppenbasierten) Brand Communities kann ein weiteres Mittel darstellen, die Loyalität und Customer Equity722 zu steigern. Aus diesem Grund sollten Marketer die Interaktion der Konsumenten mit anderen, ähnlich interessierten Personen in einem sozialen Umfeld, der kleingruppenbasierten Brand Community,723 fördern. Diese können vom Unternehmen gesponsert sein, von Vorteil erweisen sich aber von den Konsumenten selbst organisierte Zusammenkünfte.724 Beispielsweise reisen einige Markenenthusiasten zu Brandfests in kleinen Gruppen mit unter zehn Personen an, die sich bereits vor dem Treffen kennen und regelmäßig Treffen. Durch die intensive Interaktion in der Kleingruppe werden Freundschaften aufgebaut und die kleingruppen-basierte Brand Community wird gefestigt. Unternehmen können diese Bildung von Freundschaften unterstützen, indem sie etwa Gruppentarife für die Teilnahme am Brandfest anbieten. Damit wird die gemeinsame Anreise gefördert, die als Basis für weitere Gruppenaktivitäten dienen kann.
721
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 54ff.
722
Vgl. Rust et al. (2001), S. 26.
723
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 259ff.
724
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 60.
108
Limitationen und weiterer Forschungsbedarf Bagozzi und Dholakia führen keine Limitationen explizit an, eröffnen jedoch zukünftige Forschungsfelder. Beispielsweise weisen HOG-Mitglieder eine stärkere soziale Identität mit der Community auf als solche des nichtmarkenspezifischen Motorradclubs. Die Ursachen dieses Unterschiedes bedürfen weiterer Untersuchungen. Gruppennormen wurden in der vorliegenden Studie nicht geprüft. Dieses Konstrukt könnte aber ein wichtiger Aspekt des sozialen Einflusses in kleingruppenbasierten Brand Communities sein und birgt dadurch ebenfalls einen zukünftigen Forschungsbedarf. Wünsche mediieren die Antezedenten (Einstellungen, positive und negative wahrgenommene Emotionen und subjektive Norm) vollständig bei der Analyse der HOG-Fahrer. Beim nicht-markenspezifischen Motorradclub hingegen mediieren die Wünsche soziale Identität und positiv wahrgenommene Emotionen nur teilweise. Die Autoren folgern daraus, dass diese Variablen eine nicht-willensmäßige automatische Wirkung (zusätzlich zum willensmäßigen Einfluss) haben. Aus diesem Grund besteht ein weiterer Forschungsbedarf: Es gilt zu überprüfen, welche Umstände erforderlich sind, um die Bildung und Stabilität von Wünschen und Intentionen zu ermöglichen. Zudem ist die Analyse der Beziehung zwischen Markenidentifikation und sozialer Identität hinsichtlich der Brand Community von Interesse.725
Kritische Würdigung Durch diesen Artikel von Bagozzi und Dholakia wird die bedeutende Rolle der sozialen Identität bzw. des Zugehörigkeitsgefühls zur Brand Community ersichtlich. Weitere Studien im Forschungsfeld der (Brand) Communities zeigen ähnliche Ergebnisse auf.726 Die Autoren beschreiben ausführlich den Begriff der kleingruppenbasierten Brand Community und erläutern deren spezifischen Charakteristika. Die Implikationen und die Vorteile die-
725
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 54ff.
726
Vgl. z.B. Bagozzi & Dholakia (2002), S. 11ff.; Schau & Muniz (2002), S. 344ff.; oder Bagozzi & Dholakia (2006b), S. 1101ff. 109
ser Community-Form gegenüber netzwerkbasierten Brand Communities aus Sicht der Praxis werden für den Leser allerdings nicht bzw. zu wenig detailliert ersichtlich. Wünschenswert sind daher das Aufzeigen der Vorteile sowie konkreter Maßnahmen, die den Aufbau von kleingruppenbasierten Brand Communities fördern.
4.2.4
Konzeptualisierung der informellen Mitgliedschaft
Die zentrale Rolle der informellen Mitgliedschaft in Form von sozialer Identität oder Zugehörigkeitsgefühl wird durch die dargestellten Brand Community-Studien ersichtlich. Auf Basis der Erkenntnisse dieser Studien, sowie der Theorien der sozialen Identität und Sense of Community wird das Konzept der informellen Mitgliedschaft konzeptualisiert.
Wie im Abschnitt 4.2.1 bereits angeführt, wird im Rahmen der Theorie der sozialen Identität soziale Identifikation727 definiert als „the part of the individuals’ self concept which derives from their knowledge of their membership of a social group (or groups) together with the value and emotional significance attached to that membership.”728 Soziale Identität umfasst daher die wesentlichen Aspekte der individuellen Identifikation mit einer Community, indem die Markenfans sich selbst als Mitglied sehen, weil sie sich zugehörig fühlen.729 Abgeleitet von der empfundenen Zugehörigkeit,730 der Stärke der Beziehung zur Brand Community731 bzw. dem Gemeinschaftsgefühl mit anderen Konsumenten, die auch eine hohe Leidenschaft für die spezifische Marke aufweisen, wird die Identifikation mit einer Brand Community beschrieben.732 Diese erfolgt, wenn Individuen gemein-
727
Synonym wird häufig auch „Identifikation mit einer Gruppe” verwendet, Vgl. z.B. Ashforth & Mael (1989), S. 21.
728
Tajfel (1981), S. 225; oder Tajfel (1982a), S. 102.
729
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 245.
730
Vgl. Mühlenbeck & Skibicki (2007), S. 48f.
731
Vgl. Algesheimer et al. (2005), S. 20; Algesheimer et al. (2006), S. 938.
732
Vgl. Hoeffler & Keller (2002), S. 81.
110
same Werte teilen,733 einen Vorteil in der Mitgliedschaft734 sowie Unterschiede zu Nicht-Mitgliedern, aber auch die Gemeinsamkeiten mit anderen Mitgliedern in der Brand Community erkennen können.735 Die Zuordnung eines Individuums zu einer Community durch Dritte ist für die soziale Identität nicht ausreichend.736 Stattdessen ist bei der Definition der sozialen Identität der Aspekt, dass sich das Individuum selbst als Mitglied einer sozialen Einheit, der Brand Community, wahrnimmt,737 von hoher Bedeutung und es bedarf keiner formellen Einschreibung oder Bestätigung.738 Daher lässt sich die Identifikation mit der Brand Community auch als informelle Mitgliedschaft durch wahrgenommene Zugehörigkeit beschreiben.
Während die persönliche Identität die spezifischen Besonderheiten des einzelnen Individuums und seiner persönlichen Beziehungen darstellt, beschreibt die soziale Identität die Gruppenmitgliedschaft und damit die Beziehung des Individuums zur Community.739 „The self-concept is comprised of a personal identity encompassing idiosyncratic characteristics (e.g. bodily attributes, abilities, psychological traits, interests) and a social identity encompassing salient group classifications.”740 Eine positive soziale Identität kann nur durch adäquate soziale Vergleiche zwischen Gruppen (Ähnlichkeiten innerhalb einer Gruppe und Unterschiede zu anderen741) erzielt werden.742 Diese Vergleiche und die Abgrenzung von anderen
733
Vgl. Pimentel & Reynolds (2004), S. 5.
734
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 245.
735
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006b), S. 1104; Morandin et al. (2008), S. 6.
736
Vgl. Tajfel & Turner (1986), S. 16.
737
Vgl. Abrams & Hogg (1990a), S. 2; Bergami & Bagozzi (2000), S. 557.
738
Vgl. Scott & Lane (2000), S. 56; oder auch Abschnitt 4.2.3.2.
739
Vgl. Bierhoff (2006), S. 371.
740
Ashforth & Mael (1989), S. 21.
741
Vgl. Bagozzi et al. (2007), S. 87.
742
Vgl. Tajfel (1982b), S. 24; Turner (1988), S. 42; Stets & Burke (2000), S. 3; Belén del Río et al. (2001), S. 412; Hogg (2001), S. 186. 111
Communities stellen wesentliche Charakteristiken von Brand Communities dar.743 Darüber hinaus kann das Konstrukt der sozialen Identität mit einem der drei zentralen Eigenschaften von Brand Communities,744 dem Gemeinschaftsgefühl,745 verglichen werden746 und spielt demnach eine ganz wesentliche Rolle bei der Brand Community-Forschung.747 Die wachsende Bedeutung des Faktors der sozialen Identität in der Konsumentenverhaltensforschung im Allgemeinen spiegelt sich auch in anderen wissenschaftlichen Studien wider, die das Konstrukt der sozialen Identität in einem differenzierten Kontext bereits zur Erklärung von Verhalten herangezogen haben.748
Sense of Community beschreibt „a feeling that members have of belonging, a feeling that members matter to one another and to the group, and a shared faith that members’ needs will be met through their commitment to be together.”749 Das Konzept des Sense of Community drückt damit die wahrgenommene Stärke der Beziehung mit anderen Markenfans aus.750 Die Dimension der Mitgliedschaft751 dieses Ansatzes wird erklärt als „a spirit of belonging together“752 oder „sharing a sense of personal relatedness”,753 umfasst den Konsumenten als Mitglied sowie die Brand Community, und wird demnach als Zugehörigkeit bzw. Identifikation mit der Community verstanden.754 743
Vgl. Postmes et al. (2000), S. 343; Flavián & Guinalíu (2005), S. 406f.; Sohn (2005), S. 8; Füller et al. (2008), S. 615.
744
Siehe auch Kapitel 2.1 Begriffsbestimmung Brand Communities.
745
Consciousness of Kind, vgl. z.B. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 418ff.
746
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 58.
747
Vgl. hierzu z.B. Flavián & Guinalíu (2005), S. 406; oder Hoppe et al. (2007b), S. 5.
748
Vgl. z.B. Bagozzi et al. (2006), S. 102; oder Bagozzi et al. (2007), S. 87.
749
McMillan & Chavis (1986), S. 9, zitiert nach McMillan (1976), o. S.
750
Vgl. Carlson et al. (2008), S. 286.
751
Vgl. Abschnitt 4.2.2.
752
McMillan (1996), S. 315.
753
McMillan & Chavis (1986), S. 9.
754
Vgl. Obst et al. (2002b), S. 107.
112
Die Theorien der sozialen Identität und des Sense of Community weisen bereits auf Basis ihrer Definition durchaus Überschneidungspunkte auf. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass die Identifikation mit der Community nicht nur ein beliebiges der vier, sondern das wesentliche Element des Konstrukts Sense of Community darstellt und dessen Ausprägung maßgeblich beeinflusst. Daraus abgeleitet wurde die Theorie des Sense of Community von Obst und Kollegen um die Perspektive der Theorie der sozialen Identität, der Identifikation mit der Community, erweitert.755 Im Bezug auf die Brand Community-Forschung ist der Ansatz des Sense of Community, ähnlich wie auch die Theorie der sozialen Identität, von besonderer Relevanz, da dieser wiederum mit dem zentralen Charakteristikum des Gemeinschaftsgefühls756 verglichen werden kann, und Mitglieder in Brand Communities Sense of Community mit anderen Markenenthusiasten wahrnehmen.757 Diese Mitglieder sind sich über ihre Gefühle für die Marke und auch über die Beziehung zu den anderen Besitzern der Marke bewusst.758 Und Marken mit einem starken Sense of Community759 haben für Marketer schließlich einen höheren Wert als jene mit einer schwachen Ausprägung.760
Abgeleitet von den Theorien der sozialen Identität und Sense of Community stellt die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities den geeigneten Ansatz für die Erklärung von Einstellungen und Verhaltensintentionen der Markenfans dar.
755
Vgl. Obst et al. (2002a), S 91f. und 97f.
756
Consciousness of Kind, vgl. z.B. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 418ff.
757
Vgl. Carlson et al. (2008), S. 291.
758
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 418ff.
759
Vgl. z.B. McMillan & Chavis (1986), 6ff. oder Chipuer & Pretty (1999), S. 643ff.
760
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 427. 113
4.3 Auswirkungen der Mitgliedschaft Die Mitgliedschaft in einer Brand Community beeinflusst das Individuum und führt zu positiven Ergebnissen.761 So können beispielsweise die wesentlichen Merkmale der sozialen Identitätstheorie zusammengefasst werden als „the extent to which people identify with a particular social group that determines their inclination to behave in terms of their group membership.”762 Die Einstellungen und Verhaltensintentionen der Markenfans sind folglich ein Ausdruck ihrer wahrgenommenen sozialen Identität,763 der Zugehörigkeit zur Brand Community. Oder anders formuliert beeinflusst die soziale Identität die Verhaltensintentionen der Markenenthusiasten764 und auch der wahrgenommene Sense of Community resultiert in positiven Markeneinstellungen und -intentionen.765 Steigt das Zugehörigkeitsgefühl gegenüber der Brand Community, übernehmen die Mitglieder die relevanten Einstellungen und Verhaltensweisen der Community und passen sich damit den Gruppennormen an.766
Nachfolgend werden drei ausgewählte Studien, die unter anderem die Auswirkungen von Brand Communities untersuchen, erläutert. Daraus abgeleitet erfolgt die Konzeptualisierung der postulierten Konsequenzen der informellen Mitgliedschaft in Brand Communities.767
761
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 243.
762
Vgl. Ellemers et al. (1999), S. 372.
763
Vgl. Schlenker (1978), S. 352.
764
Vgl. Bagozzi & Lee (2002), S. 230.
765
Vgl. Carlson et al. (2008), S. 289.
766
Vgl. Hogg (2001), S. 187; Prykop (2005), S. 102.
767
Auf die Erläuterung der zugrunde liegenden Theorien der Auswirkungen der informellen Mitgliedschaft (Loyalitäts-, Vertrauens- und Emotionstheorien) wird an dieser Stelle verzichtet, um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen. Stattdessen wird auf weiterführende Literatur verwiesen: vgl. z.B. Plutchik (1980), S. 1ff.; Dick & Basu (1994), S. 99ff.; Delgado-Ballester & Munuera-Alemán (2001), S. 1238ff.
114
4.3.1
Brand Community-Studien
4.3.1.1 Die Studie von McAlexander, Kim und Roberts (2003) McAlexander und Kollegen untersuchen Brand Communities, deren Zentrum nicht das Produkt, sondern eine Serviceleistung darstellt. Dabei wird analysiert, welchen Einfluss die Faktoren Zufriedenheit, Brand Community Integration und Erfahrung der Konsumenten auf die Konsumentenloyalität nehmen.768 Basierend auf dem Vorläuferartikel von McAlexander und Kollegen umfasst die Brand Community Integration die Beziehung der Konsumenten mit vier Komponenten: der Marke, dem Produkt, dem Unternehmen und mit den anderen Konsumenten.769 Weiters schließt die theoretische Basis dieses Artikels vorangegangene Studien zu Brand Communities770 sowie unter anderem Untersuchungen zu den Konstrukten Markenloyalität771 und Zufriedenheit mit ein.772 Darauf aufbauend ist die Datenerhebung in zwei Schritte geteilt. Zunächst wurden die Besucher eines Casinos, anwesende Stammgäste, über drei Tage hindurch von zwei Forschern beobachtet. Weiters erhielt man einen besseren Einblick, indem mit ausgewählten Gästen explorative Tiefeninterviews durchgeführt, welche mittels Filmaufzeichnungen festgehalten wurden. Bei der Auswahl der Probanden achteten McAlexander und Kollegen darauf, dass das Sample möglichst heterogen hinsichtlich der teilgenommenen Spiele, Geschlecht und Alter ist. Neben den Interviews mit den Spielern wurden zusätzlich Befragungen mit dem Casino Management und Mitarbeitern des Casinos generiert. Alle Ergebnisse der qualitativen Erhebung verwendet man für ein besseres Verständnis und vor allem für die Entwicklung und Adaptierung der Skalen. In einem zweiten Schritt erfolgte mittels strukturiertem Fragebogen, bestehend aus geschlossenen Fragen, die quantitative Da-
768
Vgl. McAlexander et al. (2003), S. 1ff.
769
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 39ff.
770
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.
771
Vgl. z.B. Garbarino & Johnson (1999), S. 70ff.
772
Vgl. z.B. Oliver (1999), S. 33ff. 115
tenerhebung. Als Probanden fungierten hierbei aber nicht die Stammgäste des Casinos, sondern zufällig ausgewählte Mitglieder des Loyalitätsprogramms des Unternehmens (Fragebogen per Post zugesandt). Um die Rücklaufquote zu erhöhen, wurde zusätzlich zu einem Erinnerungsschreiben ein Abendessen für zwei Personen als Incentive verlost. Über die Analyse der qualitativen Daten finden sich keine Angaben in dem Paper. Die quantitative Datenanalyse erfolgt mittels LISREL.773 Die Ergebnisse der Analysen, wie beispielsweise die Diskriminanzvalidität,774 weisen zufriedenstellende Werte auf, die globalen Fit-Werte für das gesamte Messmodell fehlen allerdings.775
Zentrale Forschungsergebnisse Die Autoren zeigen mit dieser Untersuchung einen direkten und indirekten (über Zufriedenheit) Effekt der Brand Community Integration auf die Konsumentenloyalität auf (vgl. Anhang 5). Zudem legen sie dar, dass es hinsichtlich dieses Zusammenhangs Unterschiede zwischen weniger und stärker erfahrenen Konsumenten gibt. So spielt bei ersteren die Zufriedenheit eine wesentlich höhere Rolle und sie beeinflusst die Loyalität stärker. Bei erfahrenen Kunden wirkt zwar die Brand Community Integration ebenfalls auf die Zufriedenheit, diese hat aber keinen Einfluss auf die Loyalität. Damit weisen die Autoren nach, dass bei erfahrenen Konsumenten, die bereit sind, eine Marketingbeziehung einzugehen, andere Faktoren anstelle der Zufriedenheit für die Bildung von Loyalität ausschlaggebend sind. Ein weiteres zentrales Ergebnis ist die Übertragbarkeit und damit eine Erweiterung des Brand Community Phänomens auch auf Serviceleistungen und auf Marken, die den Kultsymbolcharakter776 nicht aufweisen.777
773
Vgl. Jöreskog & Sörbom (1996), S. iff.
774
Vgl. Bagozzi & Phillips (1982), S. 469.
775
Vgl. McAlexander et al. (2003), S. 4ff.
776
Vgl. Belk & Tumbat (2005), S. 206ff.
777
Vgl. McAlexander et al. (2003), S. 7.
116
Implikationen für die Praxis Die Ergebnisse der Studie lassen die Bedeutung der Zufriedenheit für den Aufbau von Loyalität anzweifeln.778 Daher ist es für Marketer wesentlich, den Aufbau von Loyalität als einen Entwicklungsprozess zu sehen. Für unerfahrene Konsumenten spielt die Zufriedenheit eine wesentliche Rolle bei der Bildung von Kundenbindung. Erfahrene Kunden haben hingegen die Möglichkeit, mittels einer Brand Community eine starke Beziehung zur Marke aufzubauen, die in einem weiteren Schritt auch die Zufriedenheit und die Loyalität beeinflusst. Die Herausforderung für das Management ist es daher, die Umgebung von Konsumenten so zu gestalten, dass diese die angeführten Beziehungen aufbauen können.779
Limitationen und weiterer Forschungsbedarf Die häufigen Limitationen empirischer Untersuchungen werden auch bei dieser Studie aufgezeigt. So wurde die Analyse nur in einem Casino durchgeführt und kann daher nicht für andere Casinos oder Situationen verallgemeinert werden. Weiters verlangen die verwendeten Skalen eine Verfeinerung. Die Entwicklung für Skalen speziell für die Messung von Konstrukten im Forschungsfeld der Brand Communities steht erst am Anfang und bedarf daher eines Ausbaus.780 Ein weiterer Ansatz ist es, die Anwendbarkeit von Brand Communities auf Marken zu überprüfen, deren Produkte weniger öffentlich konsumiert werden. Zukünftige Forschungsprojekte sollten auch aufzeigen, wie erfolgreiche Brand Communities in anderen Situationen und für andere Marken nachgebaut werden können. Weiters gilt es darzulegen, welche Determinanten zu beachten sind, damit
778
Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu zahlreichen Forschungsergebnissen, die Zufriedenheit als klaren Einflussfaktor der Markenloyalität identifizieren. Vgl. z.B. Bloemer
&
Lemmink
(1992),
S.
361f.;
Helgesen
(2006),
S.
247ff.
oder
Chandrashekaran et al. (2007), S. 160f. 779
Vgl. McAlexander et al. (2003), S. 7.
780
Vgl. z.B. Homburg & Giering (1996), S. 19. 117
etwaige negative Auswirkungen von Brand Communities781 vermieden werden können. Von Interesse ist es auch, Charakteristiken von Konsumenten herauszufinden, die Mitglieder in einer Brand Community werden wollen oder dies ablehnen.782 Und schließlich stellt das Analysieren von Langzeitwirkungen und der Lebensdauer von Brand Communities aus Sicht der Autoren einen weiteren Forschungsbedarf dar.783
Kritische Würdigung Sehr interessant an diesem Paper ist die Analyse von Teilen des Brand Community-Phänomens in der Dienstleistungsbranche. Dennoch gilt es kritisch zu hinterfragen, ob die analysierte Community tatsächlich eine Brand Community oder lediglich eine Interessensgemeinschaft darstellt, deren Verbindung über das Hobby des Glücksspiels besteht.784 Diese Vermutung wird durch die Items in den verwendeten Skalen unterstützt, da selbst in der Markenkomponente bei der Brand Community Integration lediglich Aussagen zum Casino, nicht aber zu einem Markennamen abgefragt wurden.785 Aus diesem Grund werden die Ergebnisse der Studie in Hinblick auf die Anwendbarkeit von Brand Communities auch in der Dienstleistungsbranche relativiert. Als weiterer Kritikpunkt ist das Fehlen einiger statistischer Kennzahlen im Bereich des Modell-Fits anzusehen. Selbst ein Hinweis auf deren Erfüllung von Richtwerten ist nicht vorhanden. Dies wäre aber erforderlich, um die Aussagekraft des Modells nachvollziehen zu können. Weitere Unklarheiten
781
Vgl. Hellmann (2005), S. 74; Schögel et al. (2005), S. 4; Weber (2005), S. 69ff.; Von
782
Vgl. hierzu Abschnitt 4.4.
783
Vgl. McAlexander et al. (2003), S. 7f.
784
Vgl. hierzu auch Abschnitt 3.3.
Loewenfeld et al. (2006), S. 12f.
785
Diese Beurteilung baut auf der Kritik der von McAlexander und Kollegen (vgl. McAlexander et al. (2002), S. 38ff.) entwickelten Skala zur Messung der Brand Community Integration auf. So kann aufgrund des Wortlauts der einzelnen Items nicht darauf zurückgeschlossen werden, ob die jeweiligen Items die Beziehungskomponente „Produkt” oder „Marke” messen.
118
liefert der von den Autoren beschriebene Gruppenvergleich, da hierzu von diesen keinerlei Angaben einer Moderatoranalyse786 oder sonstiger Informationen zum methodischen Vorgehen angeführt wurden.
4.3.1.2 Die Studie von Algesheimer, Dholakia und Herrmann (2005) Anknüpfend an die vorausgegangenen Grundlagenstudien zu Brand Communities analysieren Algesheimer und Kollegen die Voraussetzungen und insbesondere die Konsequenzen des Einflusses von Brand Communities auf deren Mitglieder. Anders als die meisten Studien in diesem Forschungsfeld gehen die Autoren einen Schritt weiter und untersuchen nicht nur die Effekte auf die Verhaltensintentionen, sondern auch auf das tatsächliche Verhalten der Konsumenten. Zusätzlich analysieren sie die Moderatoreffekte der Konstrukte Markenwissen und Größe787 der Brand Community. Die theoretische Basis dieses Artikels, der im Journal of Marketing veröffentlich wurde, ist einerseits auf der bisherigen Brand Community-Literatur,788 als auch auf angrenzenden Forschungsthemen wie beispielsweise der sozialen Identität789 oder der gruppenbasierten Interaktion790 zwischen Konsumenten aufgebaut. Die Datenerhebung erfolgte in mehreren Schritten: Zunächst wurde eine qualitative Vorstudie durchgeführt, die unter anderem die Abwicklung von vier Tiefeninterviews und einer Fokusgruppe beinhaltet, um ausgewählte Konstrukte (z.B. Identifikation mit der Brand Community, Gruppendruck) zu konzeptualisieren und damit geeignete Messskalen zu entwickeln. Weiters wurde ein Pretest791 unter 46 Studierenden generiert, die in mindestens einer Brand Community Mitglied sind. Schließlich wurde die Hauptstudie unter Mitgliedern von
786
Vgl. Baron & Kenny (1986), S. 1174ff.; oder Homburg & Stock (2005), S. 408.
787
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 247ff.; oder Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 46f.
788
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 38ff.; oder Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.
789
Vgl. hierzu Abschnitt 4.2.
790
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 259f.
791
Vgl. Hunt et al. (1982), S. 269ff. 119
101 unterschiedlichen Automobil-Fanclubs (zu jeweils einer Marke)792 in Deutschland, Österreich und der Schweiz erarbeitet. Die erste Erhebung Anfang 2003 bestand aus einem web-basierten Fragebogen. Eine Nachfolgeerhebung folgte fünf Wochen darauf mittels des gleichen Samples. Die Leiter der jeweiligen Automobil-Fanclubs wurden gebeten, ihre Mitglieder auf die Umfrage aufmerksam zu machen und mittels Unterstützung der Verlosung von Incentives (5 x 100 Euro Zug-Gutschein) konnten 529 Probanden gewonnen werden, die beide Befragungen vollständig beantworteten. Die Datenauswertung erfolgt mittels LISREL793 und alle dokumentierten Gütemaße weisen gute bis sehr gute Werte auf. Um die von den Autoren gewählten Pfade zusätzlich zu untermauern, zeigen diese einen Vergleich anhand globaler Fit-Maße, erklärte Varianz der endogenen Konstrukte, etc. mit einem konkurrierenden Modell auf.794
Zentrale Forschungsergebnisse Die Beziehungsqualität der Konsumenten zur Marke ist in gewissen Maßen eine Voraussetzung für deren Identifikation mit der Brand Community. Je besser die Beziehung zur Marke, umso stärker fühlen sich Markenanhänger als Teil der Community bzw. weisen ein Zugehörigkeitsgefühl auf. Diese Identifikation der Konsumenten mit der Brand Community hat wiederum positive Konsequenzen, wie die stärkere Bindung zur Brand Community, aber auch negative Effekte wie empfundenen Gruppendruck und schließlich auch Reaktanz gegenüber der Community. Gruppendruck führt ebenfalls zu Reaktanz und beides beeinflusst letztendlich die Verhaltensabsichten negativ. Den Autoren gelingt es nachzuweisen, dass Brand Communities Markenfans nicht nur in Hinblick auf ihre Verhaltensintentionen positiv beeinflussen, Konsumenten agieren auch tatsächlich entspre-
792
Betroffene Marken: Ford (137), VW (88), Mercedes (53), Opel (52), BMW (41), Porsche, Smart, Audi, Mini, Volvo, Renault, Citroën.
793
Vgl. Jöreskog & Sörbom (1996), S. iff.
794
Vgl. Algesheimer et al. (2005), S. 20ff.
120
chend ihrer Vorhaben.795 Die Folgeerhebung (einige Wochen nach der Ersterhebung) mit den darin inkludierten Fragen zum Verhalten seit der Ersterhebung zeigte eindeutig die Effekte der Verhaltensänderung auf (vgl. Anhang 6). Zusätzlich konnten Moderatoreffekte durch die Einflussgrößen Markenwissen und Größe der Brand Community nachgewiesen werden. Mitglieder mit einem höheren Markenwissen entwickeln eine stärkere Ausprägung der Identifikation mit der Community, eine höhere Bindung zu dieser und intensiver wahrgenommenen Gruppendruck als jene Konsumenten mit geringerem Wissen über die bevorzugte Marke. Teilnehmer kleinerer Brand Communities zeigen, ähnlich wie wissende Mitglieder, ebenso einen höheren Level der Brand Community Identifikation und auch des empfundenen Gruppendrucks.796
Implikationen für die Praxis Da die Beziehungsqualität zur Marke, wie bereits angeführt, eine positive Wirkung auf die Identifikation mit der Brand Community ausübt,797 ist es für Unternehmen wichtiger, (bereits länger) bestehende Kunden zur Mitgliedschaft in einer Brand Communities zu bewegen, anstatt neue Kunden als Mitgliedern zu gewinnen, zumal das Zugehörigkeitsgefühl der bewährten Kunden zur Community aufgrund der besseren Beziehung mit der Marke ein höheres ist. Brand Communities sind also für die Erhaltung von bestehenden Kunden besser geeignet als für die Gewinnung von Neukunden. Marketer können in ihrer Entscheidung Brand Communities zu fördern mit der zentralen Erkenntnis unterstützt werden, dass die Mitglieder einer Brand Community durch diese nicht nur in ihrer Verhaltensintention, sondern auch in ihrem tatsächlichen Verhalten (z.B. Weiterempfehlung, Markenloyalität, Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft in der Brand Com-
795
Wie auch in weiteren Studien der Autoren, z.B. Algesheimer (2004), S. 376ff.; Algesheimer & Dholakia (2008), S. 1ff; Algesheimer et al. (forthcoming), S. 1ff.
796
Vgl. Algesheimer et al. (2005), S. 26ff.
797
Vgl. auch Algesheimer et al. (2006), S. 951. 121
munity, Partizipation in der Brand Community) positiv beeinflusst werden, sodass die Profitabilität der Kunden gefördert wird.798
Limitationen und weiterer Forschungsbedarf Die Verallgemeinerung der Erkenntnisse auf andere Arten von Brand Communities (z.B. durch die Fans einer Marke initiiert799 oder virtuell800) nicht möglich. Gibt es Unterschiede des Effekts von Brand Communities auf deren Mitglieder abhängig von der Initiierung einer Brand Community (durch das Unternehmen oder durch die Markenliebhaber801)? Die Autoren stellen die Vermutung auf, dass Mitglieder einer durch sie selbst ins Leben gerufenen Brand Community weniger anfällig für negative Einflüsse sind als Mitglieder in einer Brand Community, die durch das Unternehmen betrieben wird. Dies gilt es in zukünftigen Studien zu überprüfen. Inhaltlich, ob die positive Wirkung von Brand Communities (die Steigung der Bindung an die Community) die negativen Effekte (z.B. Gruppendruck) auslöst und damit die positiven Auswirkungen beeinflusst bzw. sogar übertrifft. Diese Frage wurde im Paper nicht ausführlich behandelt und bedarf somit einer weiteren Nachforschung. Algesheimer und Kollegen deuten darauf hin, dass das eventuelle Vorhandensein von unterschiedlichen Facetten (private und öffentliche Aspekte) des Konstrukts „Bindung zur Brand Community” Grund für diese widersprüchliche Beeinflussung nachfolgender Konstrukte sein könnte.802
Kritische Würdigung Der Nachweis des Effekts von Brand Communities auf das tatsächliche Konsumentenverhalten ist eine ganz zentrale Erkenntnis in diesem For-
798
Vgl. Algesheimer et al. (2005), S. 30ff.
799
Vgl. Muniz Jr & Schau (2005), S. 737ff.
800
Vgl. Algesheimer & Herrmann (2005), S.753; Andersen (2005), S. 286ff.; Cova & Pace (2006), S. 1092ff.; Popp et al. (2008), S. 3f.; Scarpi (2008), S. 1ff.
801
Vgl. Weber (2005), S. 27ff.; Abfalter (2007), S. 11.
802
Vgl. Algesheimer et al. (2005), S. 32.
122
schungsthema. Vor dem Artikel von Algesheimer und Kollegen ist dieses Ergebnis noch von keinem anderen Forscher aufgezeigt worden und wurde seither erstaunlicherweise auch wiederum nur von einer Forschungsgruppe rund um Algesheimer und Dholakia803 bestätigt bzw. weiter untersucht. Alle anderen Studien, die den Effekt von Brand Communities auf das Verhalten untersuchen, beschränken sich auf die Intentionen (z.B. intendierte Weiterempfehlung,804 soziale Intentionen,805 intendierte zukünftige Teilnahme an der Community806). Erstaunlich ist, dass in dieser Studie kein direkter Einfluss der Mitgliedschaft in einer Brand Community auf Verhaltensintentionen hinsichtlich der Marke bzw. auf das tatsächliche Markenverhalten aufgezeigt wird. Zwar weisen die Autoren nach, dass Brand Communities die Markenloyalität ihrer Mitglieder beeinflussen, dieser Effekt wird aber immer indirekt über weitere Faktoren oder Verhaltenskonstrukte (z.B. intendierte Community-Loyalität807) aufgezeigt.
4.3.1.3 Die Studie von Marzocchi und Bergami (2005) Das Aufzeigen von Einflussfaktoren auf und Mechanismen für die Bildung von Loyalität in Brand Communities steht im Mittelpunkt des Konferenzbeitrags von Marzocchi und Bergami. Weiters fokussieren die Autoren auf die Erläuterung der Beziehungen zwischen Markenvertrauen, Markenaffekt, Identifikation der Konsumenten mit dem Unternehmen und mit der Community und deren Effekte auf Loyalität und einige weitere MarketingKonstrukte, wie beispielsweise Weiterempfehlung. Die theoretische Basis des Artikels fußt neben Literatur zum Forschungsthema Brand Communi-
803
Vgl. Algesheimer & Dholakia (2008), S. 2ff.; Algesheimer et al. (forthcoming), S. 18ff.; oder Zhu et al. (2008), S. 26ff.
804
Vgl. Marzocchi & Bergami (2005), S. 3ff.; Claricini & Scarpi (2007), S. 1ff.
805
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 45ff.
806
Vgl. Bagozzi & Dholakia (2006b), S. 1099ff.
807
Vgl. Algesheimer et al. (2005), S. 22f. und 28. 123
ties808 auch maßgeblich auf Quellen zur Identifikation mit Organisationen.809 Die quantitative Datenerhebung wurde bei einem Brandfest in der Motorradbranche810 mittels strukturiertem Fragebogen und dem Einsatz von Interviewern generiert. 245 Besucher des Brandfests, überwiegend aus Italien, beantworteten die Fragen der Erhebung vollständig. Für die Datenanalyse wurde LISREL 8.54811 angewandt.812
Zentrale Forschungsergebnisse Eine zentrale Rolle im Forschungsmodell der Autoren nimmt die Identifikation mit dem Unternehmen bzw. mit der Community ein (vgl. Anhang 7). Die Attraktivität des Unternehmens beeinflusst die Identifikation der Konsumenten mit diesem positiv. Kunden, die sich mit dem Unternehmen identifizieren, weisen eine höhere Ausprägung der Einstellungsloyalität auf. Diese wiederum führt zu höherer Verhaltensloyalität,813 höherer Weiterempfehlung der Marke und auch stärkeren Erinnerungen an das Unternehmen. Zusätzlich wird ein direkter Effekt der Identifikation mit dem Unternehmen auf die Weiterempfehlung und Widerstandsfähigkeit gegen negative Informationen dargelegt. Schließlich wirkt die Identifikation mit dem Unternehmen auch auf jene mit der Brand Community. Allerdings gibt es keinen direkten Einfluss der Community in die gegensätzliche Richtung. Die Autoren konnten auch keinen Nachweis erbringen, dass die Brand Community Identifikation einen Effekt auf die untersuchten Marketingkonsequenzen aufweist, mit Ausnahme der Wirkung auf das Konstrukt
808
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.; und Bhattacharya & Sen (2003), S. 76ff.
809
Vgl. Ashforth & Mael (1989), S. 20ff.
810
Anmerkung der Verfasserin: Vermutung, dass es sich dabei um die World Ducati Week handelt. Siehe auch Morandin et al. (2008), S. 14ff.; oder Bagozzi et al. (2008), S. 12ff.
811
Vgl. Jöreskog & Sörbom (1996), S. iff.
812
Vgl. Marzocchi & Bergami (2005), S. 2ff.
813
Vgl. Jacoby & Chestnut (1978), S. 19ff.
124
des stärkeren Anspruchs.814 Die Identifikation mit der Community ist in diesem Fall ein bedeutenderer Prädiktor als jene mit dem Unternehmen. Und schließlich führen die Autoren an, dass sowohl Affekt als auch Vertrauen in die Marke sich positiv auf die Loyalität auswirken815 und dass das Markenvertrauen zusätzlich einen direkten Effekt auf Widerstandsfähigkeit gegen negative Informationen innehat.816
Implikationen für die Praxis Marzocchi und Bergami leiten aus den angeführten zentralen Ergebnissen ab, dass die Identifikation mit der Community nur dann entstehen kann, wenn die Konsumenten sich bereits mit dem dahinter stehenden Unternehmen identifizieren.817 Dadurch wird auch die Schwierigkeit aufgezeigt, Mitglieder in Brand Communities dafür zu gewinnen, sich stärker mit dem Unternehmen zu identifizieren als bisher. Eine weitere Implikation für die Praxis sehen die Autoren darin, dass Konsumenten, die sich mit der Community identifizieren, ihre Anfragen an das Unternehmen oder auch die Übermittlung von Vorschlägen dazu ausnutzen, um früher Informationen über neue Produkte oder Updates zu erhalten als andere.818
Limitationen und weiterer Forschungsbedarf Die Autoren der Studie führten keine Limitationen der Untersuchung an und erstellen auch keinen Ausblick auf zukünftige Forschungsfelder. Ein
814
Das Konstrukt des stärkeren Anspruchs beschreibt den Einfluss von Konsumenten, die sich umfassend mit dem Unternehmen identifizieren und dadurch den Eindruck erlangen, dass ihre Ansichten und Meinungen bedeutend für das Unternehmen sind. So kann es beispielsweise vorkommen, dass bei einer strategischen Neuausrichtung des Unternehmens Konsumenten mit einem stärkeren Anspruch weitere Kunden mobilisieren, um einen Druck auf das Unternehmen auszuüben, die bisherige Ausrichtung beizubehalten. Vgl. Bhattacharya & Sen (2003), S. 84.
815
Vgl. auch Hoppe et al. (2007a), S. 5; oder Hoppe et al. (2008), S. 5f.
816
Vgl. Marzocchi & Bergami (2005), S. 5f.
817
Vgl. Bhattacharya & Sen (2003), S. 77.
818
Vgl. Marzocchi & Bergami (2005), S. 6. 125
weiterer Forschungsbedarf besteht aber offensichtlich in der Untersuchung der nicht bestätigten Zusammenhänge und deren Begründung. Zusätzlich wäre es von Interesse, ob neben der Identifikation mit dem Unternehmen auch die Identifikation mit der Marke eine bedeutende Rolle einnimmt und das Forschungsmodell von Marzocchi und Bergami entsprechend erweitert werden kann.
Kritische Würdigung In dem auf fünf Seiten beschränkten Proceeding erläutern die Autoren präzise und aufschlussreich ein durchaus komplexes Modell, das die Einflussfaktoren und auch die Konsequenzen der Markenloyalität in einer Brand Community darlegt. Einige Hypothesen mussten aufgrund der empirischen Ergebnisse verworfen werden und wurden nur teilweise diskutiert. Umfangreichere Informationen bzw. Versuche der Begründung des Nicht-Erfüllens dieser Hypothesen wären wünschenswert, da sie zu einem besseren Verständnis bzw. einer ausführlicheren Interpretationsmöglichkeit der Ergebnisse führen. Die Implikationen für die Praxis werden nur nebensächlich behandelt und Limitationen sowie insbesondere das Eingehen auf den weiteren Forschungsbedarf fehlen gänzlich. Zusammenfassend stellt der vorliegende Konferenzbeitrag jedoch einen sehr interessanten Zugang dar und beinhaltet einige zentrale Erkenntnisse für die Marketingforschung.
Die drei soeben beschriebenen Studien weisen durchaus sehr differenzierte Perspektiven und Ansätze auf. Sie verbindet jedoch die Argumentation, dass Brand Communities zu einer erhöhten Markenloyalität ihrer Teilnehmer führen. Dieser postulierte Zusammenhang wird allerdings nur indirekt empirisch nachgewiesen bzw. nicht reliabel und valide gemessen. Algesheimer und Kollegen gelingt es in einem weiteren Schritt aufzuzeigen, dass die intendierte Markenloyalität der Brand Community-Mitglieder zu Verhaltensloyalität führt. Neben dem Effekt der erhöhten Markenloyalität 126
werden in den Untersuchungen weitere Einflüsse von Brand Communities auf das (intendierte) Konsumentenverhalten aufgezeigt. So erhöhen diese sozialen Netzwerke die Zufriedenheit der Markenfans und weisen auf eine langfristige intendierte Mitgliedschaft der Konsumenten in der Community hin. Darüber hinaus empfehlen die Teilnehmer die Community weiter und werden auch zukünftig an den Aktivitäten der Community partizipieren. Schließlich zeigen die Studien auch die Widerstandsfähigkeit der Markenenthusiasten hinsichtlich negativer Informationen über ihre bevorzugte Marke auf. Keine der drei Studien beschäftigt sich mit dem Einfluss der Brand Community-Mitgliedschaft auf das Markenvertrauen und den Markenaffekt. Marzocchi und Bergami weisen zwar nach, dass diese markenbezogenen Konstrukte einen Einfluss auf das intendierte Konsumentenverhalten der Markenfans ausüben, einen Zusammenhang der Mitgliedschaft in Brand Communities und den Konstrukten Markenvertrauen und Markenaffekt implizieren sie aber nicht. Abgeleitet aus den Erkenntnissen der erläuterten Brand Community-Studien819 erfolgt in den anschließenden Abschnitten 4.3.2 bis 4.3.4 die Konzeptualisierung der postulierten Konsequenzen der informellen Mitgliedschaft in Brand Communities.
4.3.2
Konzeptualisierung intendierte Markenloyalität
Wie vorangegangen bereits erläutert, weisen zahlreiche wissenschaftliche Publikationen (zum Teil auch empirisch) indirekt nach, dass Brand Communities einen positiven Einfluss auf die Markenloyalität aufweisen.820 Aus den vorgestellten Brand Community-Studien wird aber ersichtlich, dass keine wissenschaftliche Untersuchung bisher die reliable und valide Messung des direkten Zusammenhangs der Mitgliedschaft in Brand Communities auf die Markenloyalität dokumentiert hat. Dieser Aspekt wird aufge819
Vgl. auch Abschnitt 3.2.
820
Vgl. z.B. Algesheimer et al. (2005), S. 30ff.; Belk & Tumbat (2005), S. 205ff.; Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 58ff.; Shang et al. (2006), S. 410ff.; Claricini & Scarpi (2007), S. 6f.; Cornelissen et al. (2007), S. 286; Hoppe et al. (2007a), S. 5f.; Algesheimer & Dholakia (2008), S. 18ff. 127
griffen und die zentrale unternehmerische Zielgröße der Markenloyalität821 in Brand Communities daher kurz diskutiert. Das Konstrukt der Markenloyalität wird definiert als „the biased (i.e. nonrandom), behavioral response (i.e. purchase), expressed over time, by some decision-making unit, with respect to one or more alternative brands out of a set of such brands, and is a function of psychological (decision-making, evaluative) processes.”822 und enthält somit sowohl Einstellungs- als auch Verhaltensaspekte.823 Für die vorliegende Arbeit wird die Definition der Einstellungsloyalität824 herangezogen,825 welche als „long-term, committed, and affect-laden”826 Partnerschaft zwischen der Marke und dem Konsumenten verstanden wird. Darüber hinaus ist das Konstrukt der Einstellungsloyalität jenem des Markencommitments sehr ähnlich und wird in manchen Studien sogar kongruent definiert.827 Kennzeichnend für diese Form der Markenloyalität ist ein hohes Attachment des Konsumenten für die Marke828 sowie die Reaktanz hinsichtlich negativer Informationen über die Marke.829 Und schließlich kann die Einstellungsloyalität auch als Verhaltensintention (z.B. Wiederkaufs-,830 Zusatzkaufs-,831 Weiterempfehlungs-
821
Vgl. Andreassen (1999), S. 325; Algesheimer (2004), S. 115.
822
Jacoby & Kyner (1973), S. 2.
823
Vgl. Delgado-Ballester & Munuera-Alemán (2005), S. 189; Kim et al. (2008), S. 100; Matzler et al. (2008), S. 156.
824
Vgl. Jacoby & Chestnut (1978), S. 47ff.; Dick & Basu (1994), S. 100ff.; Hallowell
825
Ein weiterer Aspekt der Markenloyalität ist jener der Verhaltensloyalität. Vgl. z.B.
(1996), S. 28.
Jacoby & Chestnut (1978), S. 35ff.; Jang et al. (2007), S. 4. 826 827
Fournier (1998), S. 343. Vgl. Morgan & Hunt (1994), S. 23; Gundlach et al. (1995), S. 79; Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 82f.
828
Vgl. Gounaris & Stathakopoulos (2004), S. 287; Thomson et al. (2005), S. 85ff.
829
Vgl. Batra et al. (2008), S. 31.
830
Vgl. Carroll & Ahuvia (2006), S. 82.
831
Vgl. Hoffmann et al. (2007), S. 28.
128
intention832) erklärt werden.833 Auf Basis der Erkenntnisse von Fishbein und Ajzen teilt die vorliegende Arbeit die Ansicht,834 dass Verhaltensintentionen die beste Vorhersagungskraft und damit den stärksten, direkten und positiven Einfluss auf das tatsächliche Verhalten aufweisen.835 Die intendierte Loyalität zur Marke wirkt somit positiv auf das tatsächliche Verhalten, die Verhaltensloyalität.836 Brand Communities offerieren daher einen beachtlichen ökonomischen Mehrwert.837
Unternehmen, deren Konsumenten loyal gegenüber der Marke sind, verfügen über strategische Wettbewerbsvorteile,838 wie etwa einen höheren Marktanteil, geringere Marketingkosten, Premiumpreise im Vergleich zu den Mitbewerbern und einen höheren Markenwert.839 Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass die Betreuung von loyalen Kunden häufig kostengünstiger ist als die Akquisition von neuen Kunden.840 Der Aufbau und Erhalt von starken und langfristigen Beziehungen mit den Konsumenten, und damit der Aufbau von Markenloyalität als Schlüssel zu
832
Vgl. Lau & Lee (1999), S. 351.
833
Vgl. z.B. Selnes (1993), S. 21; Hallowell (1996), S. 28; Batra et al. (2008), S. 31;
834
Wie auch andere Autoren, vgl. z.B. Marzocchi & Bergami (2005), S. 6; Bagozzi et al.
Porter & Donthu (2008), S. 118.
(2007), S. 87ff.; Kim et al. (2008), S. 100. 835
Vgl. Fishbein & Ajzen (1975), S. 336ff.; Ajzen (1991), 179ff.
836
Vgl. Jacoby & Chestnut (1978), S. 19ff.; Bennett et al. (2005), S. 98; Algesheimer et
837
Vgl. Algesheimer (2004), S. 418; Hellmann (2005), S. 81.
838
Vgl. Dick & Basu (1994), S. 99; Jang et al. (2007), S. 4; Hoppe et al. (2008), S. 2.
al. (2006), S. 947.
839
Vgl. z.B. Dekimpe et al. (1997), S. 405; Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 81; Reichheld (2003), S. 2f.; Harris & Goode (2004), S. 139; Delgado-Ballester & Munuera-Alemán (2005), S. 188f.; Rowley (2005), S. 195; Helgesen (2006), S. 259; Mascarenhas et al. (2006), S. 398; Hoffmann et al. (2007), S. 28; Batra et al. (2008), S. 6; Ghodeswar (2008), S. 4.
840
Vgl. Casaló et al. (2007), S. 787; Hoffmann et al. (2007), S. 28. 129
überdurchschnittlichen Ergebnissen,841 ist daher das zentrale Ziel von Marketern,842 und Brand Communities ermöglichen dies.843
Markenloyalität stellt ein sehr komplexes Phänomen dar und wird von mehreren Einflussfaktoren geprägt.844 Neben dem Nachweis des Einflusses der Mitgliedschaft bzw. der Partizipation in Brand Communities auf die Loyalität845 gilt es zu überprüfen, ob dieser direkte Zusammenhang durch markenbezogene Einstellungsvariablen mediiert wird. Chaudhuri und Holbrook fokussieren in ihrer Untersuchung auf zwei wesentliche Determinanten von Markenloyalität: Markenvertrauen und Markenaffekt. Auf Basis ihrer Erkenntnisse, dass diese beiden Faktoren separate Konstrukte darstellen und beide einen wesentlichen Einfluss auf die Markenloyalität ausüben,846 wird in der vorliegenden Arbeit überprüft, ob dieser Effekt auch im spezifischen Kontext der Brand Communities validiert werden kann847 und der direkte Einfluss der Mitgliedschaft in Brand Communities auf die Markenloyalität durch Markenvertrauen und Markenaffekt mediiert wird.
4.3.3 Das
Konzeptualisierung Markenvertrauen
Konstrukt
Markenvertrauen
wurde
in
der
Brand
Community-
Forschung bisher noch kaum untersucht, Markenvertrauen wurde in den letzten Jahren als ein zentrales Konzept für das Verständnis bzw. die bes841
Vgl. Morgan & Hunt (1994), S. 23.
842
Vgl. Rosenberg & Czepiel (1984), S. 46ff.; Dick & Basu (1994), S. 99; Dekimpe et al.
843
Vgl. Schouten & McAlexander (1995), S. 57.
844
Vgl. Bennett & Rundle-Thiele (2002), S. 204.
845
Vgl. McAlexander & Schouten (1998), S. 378ff.; McAlexander et al. (2002), S. 49;
846
Vgl. Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 82ff.; Chaudhuri & Holbrook (2002), S. 53ff.
847
Dies stellt eine andere Produktgruppe bzw. Branche und eine andere Beziehung der
(1997), S. 405; Marzocchi & Bergami (2005), S. 2.
Algesheimer et al. (2005), S. 23.
Probanden zur Marke dar. Weiters wird damit auch auf den Forschungsbedarf der Auswirkungen von Affekt (bisher meist nur im Bereich der Werbeforschung untersucht, vgl. z.B. Erevelles (1998), S. 211) eingegangen. 130
sere Erklärung der Konsument-Marke-Beziehung angeführt848 und gleichzeitig als eines der zentralen Ziele von Marketern erklärt.849 Darüber hinaus identifizierten Wissenschaftler die Untersuchung der Antezedenten und Konsequenzen diese Konstrukts als weiteren Forschungsbedarf.850 Personenbezogenes Vertrauen851 beschreibt „a willingness to rely on an exchange partner in whom one has confidence.”852 In der Kunde-MarkeBeziehung wird davon ausgegangen, dass die Marke die Rolle eines aktiven Beziehungspartners einnimmt.853 Daraus abgeleitet versteht man unter dem Vertrauen gegenüber einer Marke „a willingness of the average consumer to rely on the ability of the brand to perform its stated function”.854 Vertraut der Kunde der Marke, wird die Unsicherheit der Markenbeziehung reduziert.855 Der Konsument erwartet sich Zuverlässigkeit856 und Ehrlichkeit der Marke857 sowie ein positives Ergebnis der Beziehung mit der Marke.858 Markenvertrauen vermittelt dem Konsumenten damit ein Gefühl der Sicherheit, dass die Marke seine Erwartungen erfüllen wird.859 Indem Markenvertrauen die Unsicherheit der Abnehmer hinsichtlich ihrer
848
Vgl. z.B. Gundlach & Murphy (1993), S. 41; Morgan & Hunt (1994), S. 31f.; Andaleeb (1995), S. 158; Beckmann (2002), S. 3; Delgado-Ballester et al. (2003), S. 36; Delgado-Ballester & Munuera-Alemán (2005), S. 187; Esch et al. (2006), S. 100 und 103; Kim et al. (2008), S. 102.
849
Vgl. Mühlenbeck & Skibicki (2007), S. 85.
850
Vgl. z.B. Delgado-Ballester (2004), S. 588.
851
Vgl. Homburg & Stock (2005), S. 403.
852
Moorman et al. (1993), S. 82; Für eine übersichtliche Gegenüberstellung von unter-
853
Vgl. Delgado-Ballester et al. (2003), S. 37.
854
Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 82.
855
Vgl. Jarbenpaa et al. (2000), S. 47; Casaló et al. (2008), S. 23.
856
Vgl. Ganesan (1994), S. 3; Garbarino & Johnson (1999), S. 71; De Wulf et al. (2001),
schiedlichen Definitionen von Vertrauen vgl. Ford (2001), S. 30.
S. 36; Grabner-Kräuter & Kaluscha (2003), S. 788; Delgado-Ballester (2004), S. 575; Hunt et al. (2006), S. 75. 857
Vgl. Andaleeb (1995), S. 159.
858
Vgl. Delgado-Ballester (2004), S. 574.
859
Vgl. Delgado-Ballester & Munuera-Alemán (2001), S. 1242 und 1254. 131
Beziehung zur Marke vermindert, fördert es die Loyalität zur Marke860 und ist damit einer der Schlüsselfaktoren für den Aufbau und den Erhalt von langfristigen Kundenbeziehungen und Markenloyalität.861 Darüber hinaus wird sowohl die Markenloyalität als auch das Markenvertrauen durch die Partizipation in der Brand Community positiv beeinflusst.862
4.3.4
Konzeptualisierung Markenaffekt
Markenaffekt, das als getrenntes Konstrukt von Markenvertrauen zu sehen ist,863 kann beschrieben werden als Gefühle oder Emotionen864 und liefert, wie auch Markenvertrauen, einen Erklärungswert für Einstellungen865 und das (intendierte) Verhalten von Konsumenten.866 „Brand Affect is defined as a brand’s potential to elicit a positive emotional response in the average consumer as a result of its use.”867 Der Affekt ist eine Reaktion, die einen Erregungszustand hervorruft und obwohl der Affekt selbst kurzlebig erscheint, ist es Kunden möglich, dieses Erlebnis nach einer gewissen Zeit aus dem Gedächtnis wieder abzufragen.868 Affektive Reaktionen sind schwierig verbal zu erläutern und werden als automatisch und holistisch
860
Vgl. Casaló et al. (2007), S. 781.
861
Vgl. Grossman (1998), S. 31; Harris & Goode (2004), S. 150ff.
862
Vgl. Casaló et al. (2007), S. 787; Hoppe et al. (2007b), S. 5.
863
Vgl. Matzler et al. (2008), S. 158.
864
Vgl. Hirschman & Holbrook (1982), S. 94; Westbrook (1987), S. 259; Branscombe
865
Vgl. Cohen (1990), S. 157; Siehe hierzu z.B. auch Einfluss von Affekt auf Zufrieden-
(1988), S. 5; Erevelles (1998), S. 199.
heit, vgl. z.B. Mano & Oliver (1993), S. 454ff. oder Mooradian & Olver (1997), S. 382ff. 866
Vgl. Isen (1987), S. 206ff.; Westbrook (1987), S. 266ff.; Erevelles (1998), S. 199ff.; McAlexander & Schouten (1998), S. 387; Agarwal & Malhotra (2005), S. 483; Homburg et al. (2006), S. 21ff.; Matzler et al. (2006), S. 428; Möll (2006), S. 220ff.; Esch et al. (2008), S. 116ff.
867
Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 82; Chaudhuri & Holbrook (2002), S. 37.
868
Vgl. Cohen (1990), S. 157.
132
dargestellt.869 Zusätzlich erregen diese Individuen wesentlich schneller als kognitive Reaktionen,870 sind daher von hoher Bedeutung für das Konsumerlebnis871 und daraus abgeleitet für die Präferenzbildung.872 Häufig ziehen Konsumenten bei Kaufentscheidungen keine weiteren Informationen über das Produkt (z.B. Qualitätsmerkmale) heran, sondern treffen diese lediglich auf Basis von empfundenen, positiven Affekten.873 Viele (Kauf-)Entscheidungen werden daher im Unterbewusstsein getroffen,874 auf das Emotionen und somit Affekte eine starke Wirkung aufweisen.875 Im Markenkontext erklärt das Konzept des Markenaffekts eine bestimmte Kategorie von Assoziationen, die Konsumenten mit der Marke verbinden.876 Partizipieren Markenfans in Brand Communities, z.B. an einem Brandfest, erfahren diese außergewöhnliche Erlebnisse, welche starke positive Gefühle und Emotionen auslösen, die mit der Marke in Zusammenhang gebracht werden.877 Darüber hinaus empfinden diese Enthusiasten aufgrund des Besitzes und der Anwendung der Marke sowie zusätzlich aufgrund der Interaktion in Bezug auf die Marke (durch die Mitgliedschaft in einer Brand Community) Emotionen wie Freude878 und Glück. Dies führt wiederum zu einer stärkeren Markenloyalität der Konsumenten.879
869
Vgl. Agarwal & Malhotra (2005), S. 484.
870
Vgl. Homburg et al. (2006), S. 27ff.
871
Vgl. Burke & Edell (1989), S. 69.
872
Vgl. Zajonc & Markus (1982), S. 123.
873
Vgl. Wright (1975), S. 66.
874
Vgl. Möll & Esch (2008), S. 34.
875
Vgl. Esch et al. (2008), S. 119.
876
Vgl. Matzler et al. (2006), S. 428.; Matzler et al. (2008), S. 155.
877
McAlexander & Schouten (1998), S. 381ff.
878
Vgl. Westbrook (1987), S. 260; Westbrook & Oliver (1991), S. 85.
879
Vgl. Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 84; Matzler et al. (2006), S. 427. 133
4.4 Heterogenität der Mitglieder Erst kürzlich konnte in einer qualitativen Studie aufgezeigt werden, dass Mitglieder in Brand Communities zwar eine gemeinsame Hingabe für eine Marke teilen, aber dennoch einige Unterschiede, beispielsweise hinsichtlich der konsumbezogenen Motivationen für das Eintreten in eine Brand Community, aufweisen und daher durchaus als heterogen einzustufen sind.880 Diese Perspektive bedarf jedoch noch weiterer Untersuchungen, um zusätzlich weitere Quellen der Heterogenität genau zu überprüfen881 und diese auch quantitativ darzulegen. Andere theoretische Ansätze vermuten dagegen, dass die Brand Community-Mitglieder nicht nur die Begeisterung für die spezifische Marke teilen, sondern ebenso untereinander starke Ähnlichkeiten (z.B bezüglich ihrer Persönlichkeitsmerkmale) aufweisen.882 Jedoch, „from the perspective of individual development, personality comes before community membership.”883 Aufgrund der Uneinigkeit der wenigen bisherigen Ansätze und auch der meist fehlenden quantitativen Analyse ist die Überprüfung der potentiellen Heterogenität der Brand Community-Mitglieder von großem Interesse.884 Darüber hinaus gilt es insbesondere aus unternehmerischer Sichtweise zu untersuchen, ob sich etwaige Unterschiede der Mitglieder in Brand Communities auch in deren Wirkungsweise widerspiegeln. Als potentielle Differenzierungsmerkmale werden sowohl klassische Soziodemographika (z.B. Geschlecht),885 als
880
Vgl. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 573ff.; Für nähere Erläuterungen
881
Vgl. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 581.
882
Vgl. Ernst (2002), S. 64ff.
883
Lounsbury et al. (2003), S. 532.
884
So formulieren z.B. auch McAlexander und Kollegen die Identifikation von Charakteris-
zu dieser Studie vgl. Kapitel 4.4.1.1.
tika
der
Brand
Community-Mitglieder
als
weiteren
Forschungsbedarf:
McAlexander et al. (2003), S. 7; ähnlich auch Popp et al. (2008), S. 6. 885
Vgl. Homburg & Giering (2001), S. 48f.
134
vgl.
auch individuelle Persönlichkeitseigenschaften886 für die Prüfung von etwaigen Gruppenunterschieden herangezogen.
Nachfolgend werden drei ausgewählte Studien, die unter anderem Aspekte der Heterogenität der Mitglieder in Brand Communities untersuchen, erläutert. Darauf aufbauend erfolgt die Konzeptualisierung der postulierten Moderatorvariablen.
4.4.1
Brand Community-Studien
4.4.1.1 Die Studie von Ouwersloot und Odekerken-Schröder (2008) Wie aus dem Titel des Artikels „Who’s Who in Brand Communities – and Why?” bereits abgeleitet werden kann, untersuchen die Autoren, ob Mitglieder in Brand Communities eine homogene Gruppe darstellen oder doch heterogene Unterschiede ersichtlich sind. Dazu fokussieren Ouwersloot und Odekerken-Schröder auf die Motive für die Mitgliedschaft in Brand Communities und analysieren, ob hierbei Differenzen zwischen den einzelnen Teilnehmern entdeckt bzw. ob Brand Community-Mitglieder aufgrund ihrer Mitgliedschaftsmotive in Segmente untergliedert werden können.
886
In den meisten Studien wird Persönlichkeit als Prädiktor für Einstellung oder Verhalten herangezogen (vgl. z.B. Mooradian et al. (2006), S. 523ff.; Matzler et al. (2007), S. 27ff. oder Füller et al. (2008), S. 612ff.). Weniger Studien, insbesondere aus der Psychologie, sind bekannt, die Persönlichkeit als Moderatorvariable einsetzen bzw. Gruppenunterschiede auf Basis von Persönlichkeitsmerkmalen analysieren (vgl. z.B. Mayer & Salovey (1988), S. 95ff.; Skarlicki et al. (1999), S. 100ff.; Jensen-Campell & Graziano (2001), S. 324ff.; Lievens et al. (2001), S. 30ff.; Contrada & Coups (2003), S. 71ff.; Elovainio et al. (2003), S. 381ff.; Byrne et al. (2008), S. 431ff.; oder Teng (2008), S. 232ff.). Für die Distinktion von Subgruppen in Brand Communities oder aber das Aufzeigen der Homogenität der Mitglieder, stellt die letztere Anwendung für die vorliegende Arbeit die geeignete Vorgehensweise dar. Die Prüfung, ob Persönlichkeit einen Moderator im Community-Kontext darstellt, wurde darüber hinaus auch bereits als Forschungsbedarf festgehalten (vgl. Lounsbury et al. (2003), S. 538). 135
Dazu messen die Autoren die vier zentralen Beziehungen887 in zwei unterschiedlichen Online Brand Communities und führen eine Clusteranalyse durch. Die theoretische Basis des Artikels ist stark von grundlegenden Untersuchungen des Brand Community-Forschungsbereichs888 geprägt. Die Datenerhebung erfolgte an die jeweilige Brand Community angepasst mittels schriftlichem Fragebogen unter 104 Anhängern des Spiels „Siedler von Catan” (Befragung durch Interviewer bei Siedler-Turnieren in vier niederländischen Städten) und mittels webbasierten Fragebogens unter 125 Fans von „Swatch The Club” (Einladung zur Befragung per E-Mail). Die Analyse der Daten erfolgt mittels einer Clusteranalyse.889 In einem zweiten Schritt wird zusätzlich der K-Means Algorithmus angewandt, um die Cluster zu verfeinern.890
Zentrale Forschungsergebnisse In den zwei untersuchten Brand Communities „Siedler von Catan” und „Swatch” existieren mehrere differenzierte Segmente. Diese unterscheiden sich auf Basis der Motive der Konsumenten, Mitglied in einer Brand Community zu werden bzw. zu sein. Die Segmente weisen Unterschiede hinsichtlich der Stärke der Beziehung, die einzelne Teilnehmer in Brand Communities aufbauen, auf: mit dem Unternehmen, dem Produkt, anderen Mitgliedern und mit der Marke.891 Diese bringen aus Sicht der Autoren des Artikels die unterschiedlichen Motive der Konsumenten für die Mitgliedschaft in der Brand Community zum Ausdruck. So dominiert bei Kunden, die aufgrund der Suche nach Bestätigung der Qualität des Produktes Mitglied in einer Brand Community werden und damit ihr Vertrauen zum Unternehmen ausbauen können, die Beziehung mit dem Unternehmen. Ist
887
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 46ff.
888
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.; McAlexander et al. (2002), S. 38ff.
889
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 489ff.
890
Vgl. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 571ff.
891
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 46ff.
136
es das Ziel, das empfundene Involvement892 für eine bestimmte Produktgruppe zum Ausdruck zu bringen, so steht die Beziehung Kunde-Produkt im Vordergrund. Konsumenten, für die der gemeinsame Konsum eine besondere Rolle spielt, ist die Beziehung zu den anderen Mitgliedern der Brand Community wichtig. Schließlich stellt die Hingabe zur Marke ein zentrales Motiv von Brand Community-Mitgliedern dar, die dies mittels der Beziehung Mitglied-Marke zum Ausdruck bringen können. Die Autoren identifizieren auf Basis der unterschiedlichen Motive und dadurch auch differenzierter Stärke der Beziehungen folgende vier Cluster, die in beiden Brand Communities nachgewiesen werden konnten: „Enthusiasten”, „Nutzer”, „Hinter-den-Kulissen” und das „nicht-ich”-Segment. Weiters zeigen Ouwersloot und Odekerken-Schröder in der „Swatch the Club” Brand Community, die bereits länger besteht, zwei weitere Cluster auf: „Socialiser” und „Durchschnitt”. Ohne auf die einzelnen Cluster an dieser Stelle näher einzugehen, kann zusammenfassend festgehalten werden, dass je stärker die Beziehung mit möglichst allen vier Komponenten (Unternehmen, Produkt, anderen Mitgliedern und Marke), umso bedeutender ist der Konsument für die Brand Community. Aus dieser Sicht sind Brand Community-Mitglieder durchaus als heterogene Gruppe anzusehen.893
Implikationen für die Praxis Partizipierende in einer Brand Community stellen eine besondere Gruppe von Konsumenten dar. Dennoch sollten Marketer diese nicht als eine einzige, homogene Gruppe behandeln, da die Teilnehmer zwar eine gemeinsame Hingabe für eine Marke teilen,894 aber trotzdem einige Differenzierungen aufweisen. Aus diesem Grund gilt es für Unternehmen, die Kommunikation an die Mitglieder einer Brand Community unterschiedlich zu gestalten und beispielsweise Personen, für die eine intensive Beziehung mit dem Unternehmen stärker im Vordergrund steht, andere Informatio-
892
Vgl. Zaichkowsky (1985), S. 342; oder Zaichkowsky (1986), S. 12ff.
893
Vgl. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 577ff.
894
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 419; oder Belk & Tumbat (2005), S. 206ff. 137
nen zukommen zu lassen als Konsumenten, für welche die Beziehung zu anderen Mitgliedern von zentraler Bedeutung ist. Weiters ist die Webseite an die Bedürfnisse der Community-Mitglieder anzupassen und die Bewerbung der Brand Community an ihnen auszurichten. Es ist für das Management weiters wichtig, welches Ziel mit der Brand Community erreicht werden soll. Daher kann das Verstehen der Motive für die Mitgliedschaft und die Kenntnis über vorhandene Segmente zu einer Verbesserung der Managemententscheidungen und -handlungen führen.895
Limitationen und weiterer Forschungsbedarf Zwar konnten Ouwersloot und Odekerken-Schröder eine Heterogenität unter den Mitgliedern in Brand Communities nachweisen, die Heranziehung der Motive als eindeutiges Charakteristikum zur Erklärung dieser Unterschiede konnte aber nicht bestätigt werden. Zukünftige Untersuchungen sollten auch weitere Ursprünge für die Heterogenität der Brand Community-Mitglieder analysieren. Die Differenzen der Anzahl der Segmente zwischen den beiden untersuchten Brand Communities werden von den Autoren auf die Entwicklungsstufe dieser Communities zurückgeführt. Zahlreiche weitere Aspekte könnten diese Differenzierung aber beeinflussen. Eine Längsschnittstudie zur Überprüfung, ob die Unterschiede hinsichtlich der Anzahl und Ausprägung der Segmente tatsächlich auf die Entwicklungsstufe der jeweiligen Brand Community zurückzuführen sind, sehen die Wissenschaftler daher als erforderlich. Und schließlich erkennen sie auch die mangelnde Möglichkeit der Generalisierbarkeit der Ergebnisse als eine Limitation ihrer Studie. Die Autoren konnten mit ihrer Untersuchung die Validität des von McAlexander und Kollegen entworfenen Modells der vier Beziehungen896 in zwei anderen Brand Communities aufzeigen. Dennoch nehmen sie hier noch einen weiteren Forschungsbedarf wahr, um dieses Konstrukt in weiteren Bereichen zu validieren.897
895
Vgl. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 580f.
896
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 46ff., siehe auch Abschnitt 3.2.
897
Vgl. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 581f.
138
Kritische Würdigung Der inhaltliche Ansatz des vorliegenden Papers, zu überprüfen, ob Brand Community-Mitglieder eine homogene oder heterogene Gruppe darstellen, ist ein sehr interessanter und nach Wissen der Verfasserin auch völlig neuartiger. Die vier Beziehungen in einer Brand Community wurden bereits in zwei anderen Studien ausführlicher dargelegt.898 Allerdings wurde der Kritikpunkt der Verfasserin an der ersten Studie des Jahres 2002899 hinsichtlich des Wortlauts der Skala (vgl. Abschnitt 4.3.1.1) in dieser Studie verbessert, da bei der Messung der Beziehung Mitglied-Marke unmissverständlich der Markenname und nicht die Produktbezeichnung in der Operationalisierung der Items in Verwendung tritt. Kritisch zu hinterfragen ist dagegen die Messung der Motive mittels der Stärke der vier Beziehungen in Brand Communities. Auch wenn die Autoren durchaus die inhaltlichen Ähnlichkeiten und Zusammenhänge theoretisch erläutern, so ist die Gleichstellung im empirischen Teil nicht verständlich. Eine sauberere Herangehensweise wäre die Analyse der einzelnen Beziehungen mittels Gruppenvergleichen. Die einzelnen Cluster, die auf Basis der unterschiedlichen Motive gebildet wurden, könnten als Moderatorvariablen900 herangezogen werden, um die Stärke der Beziehungen für jedes einzelne Segment zu überprüfen. So wäre es möglich aufzuzeigen, ob die Unterschiede zwischen den Segmenten signifikant sind. Weiters stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, gleich im ersten Schritt zwei offensichtlich so unterschiedliche Brand Communities für das Aufzeigen der Heterogenität der Mitglieder heranzuziehen. Die Unterscheidung der Brand Communities nach deren Entwicklungsstufe erscheint erst in einem zweiten Schritt angebracht.
898
Vgl. McAlexander et al. (2003), S. 1ff. und Schouten et al. (2007), S. 357ff.
899
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 46ff.
900
Vgl. Baron & Kenny (1986), S. 1174. 139
4.4.1.2 Die
Studie
von
Algesheimer,
Borle,
Dholakia
und
Singh
(forthcoming) Algesheimer und Kollegen setzen sich in ihrem noch nicht publizierten Paper mit einer Brand Community, oder wie die Autoren es nennen, einer Customer Community von Ebay auseinander. Anders als in vorhergegangenen Studien wird der Schwerpunkt auf jene Konsumenten gelegt, die noch nicht Mitglied der Community sind, bzw. es wird analysiert, ob das Unternehmen die Partizipation von Nachfragern in der Community beeinflussen kann. Zusätzlich überprüfen Algesheimer und Kollegen, ob und wie die Teilnahme in der Community das Kundenverhalten beeinflusst. Neben Quellen zum Forschungsfeld der Brand Communities901 basiert der theoretische Bezugsrahmen aber auch auf allgemeineren Artikeln zum Umgang mit loyalen Konsumenten.902 Einzigartig im Vergleich zu vorangegangenen Studien ist an diesem Artikel auf jeden Fall der zugrunde liegende Datensatz. Diesen haben die Autoren nicht selbst erhoben, sondern vom Unternehmen Ebay erhalten. Quantitative Daten wurden von Ebay Deutschland über zwei Jahre lang protokolliert und stellen die Verhaltensmuster von 13.735 Konsumenten dar. Die zufällig ausgewählten Käufer und Verkäufer in den Kategorien Marken, Münzen, Comic-Hefte, Kunst, Modellbau und Spielzeug bekamen von Ebay eine Einladung per E-Mail übermittelt, Mitglied in der Ebay-Community zu werden. Rund 6.800 Kunden kamen dieser Aufforderung nach und registrierten sich in der Community. Unter jenen Neumitgliedern, die in der Community partizipieren (mindestens eine Nachricht posten), wurden einige iPods verlost. Die Protokollierung des Verhaltens erfolgte von Jänner 2004 bis April 2006, wobei die experimentelle Manipulation903 mittels der E-Mail-Einladung im Mai 2005 startete. Zur Analyse der Daten brachten Algesheimer und Kollegen t-Tests,904 Pro-
901
Vgl. z.B. McAlexander et al. (2002), S. 38ff.; oder Algesheimer et al. (2005), S. 19ff.
902
Vgl. Johnson (2004), S. 3ff.
903
Vgl. Perdue & Summers (1986), S. 317ff.
904
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 73ff.
140
bit und Logit Verfahren,905 das MCMC (Markov chain Monte Carlo) Verfahren sowie die Bayesianische Statistik906 zum Einsatz.907
Zentrale Forschungsergebnisse Ein Teil der Ergebnisse richtet sich auf die Unterschiede der CommunityMitglieder im Hinblick auf ihre demographischen Ausprägungen. So fanden die Autoren heraus, dass Konsumenten aus Deutschland mit geringerer Wahrscheinlichkeit (um 38%) an der Ebay-Community teilnehmen als Probanden aus anderen Ländern. Weiters partizipieren ältere Menschen eher als jüngere (pro Jahr um 2,6% wahrscheinlicher) und Frauen mit höherer Wahrscheinlichkeit (18,4%) als Männer. Ein zentrales Ergebnis stellt aber der Nachweis dar, dass die Partizipation in der Community steigt (Wahrscheinlichkeit steigt um 23,8%), wenn das Unternehmen eine EMail-Einladung dazu aussendet, anstatt darauf zu warten, dass die Konsumenten von sich aus der vom Unternehmen gegründeten Community beitreten. Auf Basis des Einflusses der Partizipation in der Community wird in einem zweiten Schritt herausgefunden, dass diese die Wahrscheinlichkeit des Bietens und Einkaufens auf Ebay steigert (1% höhere Partizipation, 0,08% höhere Wahrscheinlichkeit). Allerdings führt eine erhöhte Beteiligung in der Community gleichzeitig auch zu einem geringeren Einstellen von Angeboten und dadurch zu geringeren Erlösen (Wahrscheinlichkeit sinkt um 3,95% bzw. um 4,58%). Die Partizipation in der Community hält demnach Konsumenten davon ab, auf Ebay Produkte zu verkaufen. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu bisherigen Untersuchungen, die alle einen positiven Zusammenhang der Teilnahme in der Community und dem daraus folgenden Verhalten nachgewiesen haben.908 Allerdings legt ein weiteres Ergebnis dieser Untersuchung dar, dass das Ausmaß des gefolgerten Verhaltens durchgängig einheitlich in einer positiven Beziehung mit der
905
Vgl. Horowitz & Savin (2001), S. 44ff.
906
Vgl. Jackman (2000), S. 375ff.
907
Vgl. Algesheimer et al. (forthcoming), S. 2ff.
908
Vgl. z.B. Algesheimer (2004), S. 397ff.; oder Algesheimer et al. (2005), S. 30ff. 141
Partizipation in der Community steht. So führt diese (bei einer einprozentigen Steigerung) zu einem Anstieg bzw. Wachstum der Anzahl (9,7%) und Höhe (6,9%) der abgegebenen Gebote bzw. investierten Beträge, sowie der Anzahl der eingestellten Angebote (4,7%) und der erhaltenen Erlöse (5,8%). Daraus ist ersichtlich, dass das Verhalten der Konsumenten, die vor dem Beitritt in die Community bereits auf Ebay Artikel verkauft und/oder eingekauft haben, beeinflusst wird. Weitere Analysen der Autoren zeigen, dass sich die Länge der Mitgliedschaft (der Kundenbeziehung) ebenfalls auf das Verhalten der Konsumenten auswirkt: Kunden, die bereits über einen längeren Zeitraum eine Beziehung mit Ebay aufrechthalten, geben zwar mehr und höhere Gebote für Artikel auf Ebay ab bzw. kaufen für höhere Beträge ein, stellen aber weniger Angebote online und verdienen auch weniger Geld durch den Verkauf von Produkten.909
Implikationen für die Praxis Die Autoren weisen zunächst auf die Wichtigkeit der Einrichtung und Pflege von Konsumenten Communities hin.910 Dabei beziehen sie sich sowohl auf die Umgehung von negativen Gründen (wie beispielsweise die negative Wahrnehmung von Werbung und Direktmarketing durch den Konsumenten) als auch auf die positiven Gründe (wie die Ergebnisse der vorliegenden Studie). Die enge Verbindung von Mitgliedern einer Konsumenten Community mit dem Unternehmen und seinen Marken sehen die Autoren ebenso als Erfolgsfaktor an. Zusätzlich werden Einsatzmöglichkeiten von Konsumenten Communities dargelegt. Auch im Zuge der Empfehlungen für Unternehmen wird nochmals auf das Ergebnis der Untersuchung hingewiesen, dass eine einfach E-Mail-Einladung (inkl. zwei Erinnerungs-EMails) die Wahrscheinlichkeit der Partizipation in der Community um 23,8% ansteigen lässt. Eine weitere zentrale Implikation für die Praxis ist die vielseitige Anwendbarkeit der vom Unternehmen eingerichteten Brand
909
Vgl. Algesheimer et al. (forthcoming), S. 25ff.
910
Vgl. z.B. auch Bagozzi & Dholakia (2002), S. 4ff.; Andersen (2005), S. 285ff.; Rosenbaum et al. (2005), S. 230.; oder Scarpi (2008), S. 4.
142
Community. Hierbei wird, entgegen der vorherrschenden bisherigen Literatur dargelegt, dass Communities nicht nur für bereits bestehende Fans geeignet sind,911 sondern weiter ausgerichtet auch für andere Konsumenten als ein Marketing-Tool zum Einsatz gebracht werden können. Zusätzlich empfehlen Algesheimer und Kollegen, dass Unternehmen, ähnlich wie in der vorliegenden Studie, eine Untersuchung der demographischen Eigenschaften ihrer Kunden anstellen,912 um die Community auf die Zielkunden entsprechend anpassen zu können. Der Grund dafür liegt in der Annahme, dass die Zusammenhänge zwischen den demographischen Merkmalen und der Partizipation in der Community für jedes Unternehmen unterschiedlich ausfallen. Die Tatsache, dass eine erhöhte Partizipation die Wahrscheinlichkeit für das Verkaufen auf Ebay vermindert, wird von den Autoren über das erhöhte Involvement beim Verkauf von Artikeln erklärt, da dies auch einen komplexeren Prozess darstellt als das Mitbieten und Einkaufen auf Ebay. So argumentieren die Wissenschaftler, dass die Partizipation in der Community eine belehrende Wirkung hat, die Komplexität und auch die Unsicherheit vom Verkauf auf Ebay aufzeigt (z.B. durch Posts von anderen Konsumenten in Foren in der Community) und daher Verkäufer vom Handel abhält. Weiters könnte auch das Ausfiltern von unseriösen Verkäufern, die nur auf ein schnelles Geld aus sind, der Grund für diesen Rückgang sein. Dies stellt aber keine Gefahr für die Community dar, denn Konsumenten, die zu Verkäufern werden oder schon waren und der Community beitreten, erhöhen ihre Aktivitäten und erzielen auch mehr Erlöse. Die Ebay Community stellt daher eine unterstützende Gruppe dar, die zu einem größeren Einsatz motiviert bzw. auch Information weitergibt, wodurch der Verkaufserfolg gesteigert werden kann.913
911
Vgl. z.B. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 427; Von Loewenfeld (2006), S. 274ff.; oder
912
Ähnliche Empfehlungen geben auch Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S.
Baumgartner (2007), S. 19.
580f. 913
Vgl. Algesheimer et al. (forthcoming), S. 25ff. 143
Limitationen und weiterer Forschungsbedarf Die Autoren führen selbst keine Limitationen ihrer Untersuchung an, die zum Teil sehr geringen Effektstärken sind aber kritisch zu betrachten. Algesheimer und Kollegen argumentieren beispielsweise, dass durch die Partizipation in der Community die Wahrscheinlichkeit des Bietens und Einkaufens auf Ebay um 0,08% ansteigt. Dieser Wert ist aber so gering, dass die Signifianz des Zusammenhangs auch auf die Größe der Stichprobe zurückgeführt werden könnte. Daher sind solch geringe Effekte nochmals zu überprüfen und erfordern weitere Untersuchungen. Aus Sicht der Autoren umfasst der zukünftige Forschungsbedarf zusätzlich die Durchführung von psychologischen Untersuchungen, um besser erklären zu können, warum jene Konsumenten, die Verkäufer auf Ebay werden, vermehrt Angebote online stellen und auch mehr Erlöse erzielen.914
Kritische Würdigung Die Untersuchung von Algesheimer und Kollegen findet einen neuen und sehr innovativen Zugang, um die Wirkungsweise, aber auch den Einsatzbereich bzw. die Zielgruppen von solchen (Brand) Communities aufzuzeigen. Sehr bemerkenswert sind die umfangreichen und vom Unternehmen protokollierten Daten, auf dem die vorliegende Untersuchung basiert. Objektive Informationen von knapp 14.000 Konsumenten über mehr als zwei Jahre sind für ein solches Forschungsprojekt essentiell. Die theoretische Basis des Papers ist ebenfalls gut abgebildet, die statistischen Analysen sind ausführlich und komplex. Etwas verwirrend wirkt allerdings die Bezeichnung Customer Community, da die theoretische Basis des Papers doch überwiegend auf Literatur zum Thema Brand Communities fußt und in einem anderen Artikel zu Ebay auch die drei zentralen Charakteristiken von Brand Communities ausgewiesen werden.915 Die Autoren verwenden diesen Begriff allerdings kein einziges Mal im vorliegenden Paper, was durchaus argumentierbar ist, da Ebay nur schwierig als solche identifiziert 914
Vgl. Algesheimer et al. (forthcoming), S. 28.
915
Vgl. Zhu et al. (2008), S. 10.
144
werden kann. So wird auch von den Autoren nicht darauf hingewiesen, dass die Mitglieder der Ebay Community eine starke Vorliebe, Hingabe oder Neigung für die Marke empfinden.916 Eine Abgrenzung des Begriffs der Brand Community zu dem von den Autoren verwendeten Begriff der Consumer Community ist aus diesem Grund erforderlich, fehlt aber in diesem Paper. In Bezug auf die Heterogenität der Brand CommunityMitglieder zeigen die Autoren signifikante Unterschiede in den Ausprägungen der demographischen Variablen auf. Moderatoranalysen wurden jedoch keine durchgeführt und es können daher auch keine Rückschlüsse auf etwaige Gruppenunterschiede der Einflüsse auf das Konsumentenverhalten gezogen werden.
4.4.1.3 Die Studie von Füller, Matzler und Hoppe (2008) Einige Brand Community-Studien setzen Persönlichkeitseigenschaften als exogene Variablen in Forschungsmodellen ein.917 Exemplarisch wird daher ein erst vor kurzem veröffentlichter Artikel von Füller und Kollegen erläutert. Dieser untersucht das Vermögen und die Bereitschaft von Brand Community-Mitgliedern, am Innovationsprozess eines Unternehmens teilzunehmen, was auch dem steigenden Interesse entspricht, den gegenseitigen Einfluss von Community-Mitgliedern im Rahmen der Neuproduktentwicklung zu prüfen.918 In der aktuellen Studie von Füller und Kollegen werden unter anderem sowohl die Antezedenten der Bereitschaft der Teilnahme, wie beispielsweise die Leidenschaft für eine Marke oder das Markenvertrauen, als auch die Einflussfaktoren auf die Qualifikationen der Mitglieder, wie beispielsweise Markenwissen, untersucht. Weiters werden von den Autoren auch die individuellen Unterschiede der CommunityMitglieder hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsstruktur und deren Einfluss auf die Partizipation im Innovationsprozess analysiert. Die Ansätze der For-
916
Vgl. Muniz Jr (1998), S. 99ff.; oder Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.
917
Vgl. z.B. Mooradian et al. (2006), S. 523ff.; oder Matzler et al. (2007), S. 27ff.
918
Vgl. Manchanda et al. (2005), S. 297. 145
scher basieren einerseits auf der Grundlagenliteratur zu Brand Communities919 und zur Persönlichkeitsforschung920 und andererseits auf Forschungen zur Integration von Community-Mitgliedern in den Innovationsprozess.921 Die Datenerhebung erfolgte während des GTI-Treffens am Wörthersee im Mai 2006. 550 Besucher dieses großen Events füllten einen standardisierten Fragebogen selbstständig aus und erhielten als Dankeschön ein Energygetränk. Die Datenanalyse wurde mittels der Methode der Strukturgleichungsmodelle durchgeführt und mit AMOS 5.0922 berechnet.923
Zentrale Forschungsergebnisse Die Bereitwilligkeit von Brand Community-Mitgliedern, am Innovationsprozess ihrer bevorzugten Marke teilzunehmen, ist von Komponenten der Kreativität des Konsumenten geprägt. Arbeitsmotivation, Fähigkeiten, Innovationsneigung und Arbeitsinvolvement beeinflussen die Bereitschaft, in Open Innovation Projekten zu partizipieren (vgl. Anhang 8). Aber auch das Markenvertrauen stellt einen Einflussfaktor dar. Identifikation mit der Brand Community924 und Markenwissen beeinflussen die Bereitwilligkeit hingegen nicht. Mitglieder einer Brand Community mit umfangreichem Expertenwissen sind daher nicht automatisch dafür geneigt, ihr Wissen über die Marke mit dem Unternehmen zu teilen und ihre Ideen an dieses weiterzugeben, wenn das Unternehmen danach fragt. Die Leidenschaft für die Marke führt ebenfalls nicht zu erhöhter Bereitschaft der Mitarbeit am Innovationsprozess, beeinflusst aber das Markenwissen, die Fähigkeiten der Konsumenten und auch die Identifikation mit der Brand Community positiv. Alle von Füller und Kollegen aufgestellten Hypothesen hinsichtlich des 919
Vgl. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.
920
Vgl. Costa & McCrae (1992), S. 344ff.
921
Vgl. Füller et al. (2007), S. 61ff.
922
Vgl. Byrne (2001), S. 15ff.; Blunch (2008), S. viff.
923
Vgl. Füller et al. (2008), S. 609ff.
924
Eine Definition des Konstrukts „Brand Community Identification” siehe Algesheimer et al. (2005), S. 20.
146
Einflusses der Persönlichkeitsfaktoren konnten bestätigt werden. So weisen Konsumenten mit höherer Ausprägung der Extroversion eine intensivere Leidenschaft für die Marke und auch eine stärkere Identifikation mit der Brand Community auf. Extrovertierte Konsumenten sind stärker innovativ und verfügen über ein umfangreicheres Markenwissen. Die Identifikation mit der Brand Community beeinflusst schließlich das Markenvertrauen und auch das Markenwissen, was ebenfalls einen positiven Einfluss auf das Markenvertrauen ausübt. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Mitglieder einer Brand Community nicht zwangsläufig an einer Weitergabe ihres Wissens und ihrer Ideen an das Unternehmen interessiert sind. Stattdessen ist ihr Wunsch an Innovationsprozessen mitzuwirken von kreativer Persönlichkeit und dem Interesse an innovativen Aktivitäten geprägt. Die Autoren konnten jedenfalls aufzeigen, dass zwischen der Mitgliedschaft in Brand Communities und dem innovativen Verhalten eine durchaus komplexe Beziehung besteht.925
Implikationen für die Praxis Die Bereitschaft von Konsumenten, in einem vom Unternehmen geführten Innovationsprozess rund um die bevorzugte Marke teilzunehmen, ist nicht von der Mitgliedschaft in Brand Communities abhängig.926 Aufgrund dieser Erkenntnis ist es für Manager entscheidend, zusätzliche Maßnahmen zu setzen, um die Partizipation im Innovationsprozess dennoch zu fördern. So ist es beispielsweise denkbar, für die Mitwirkung an der Produktentwicklung zusätzliche Incentives anzubieten. Dadurch ist es Marketingverantwortlichen eventuell möglich, einen größeren Kreis an Brand Community-Mitgliedern, die aufgrund ihres hohen Markenwissens und Engagements
925
Vgl. Füller et al. (2008), Vgl. S. 613ff.
926
Obwohl andere Autoren dies als Vorteil von (Brand) Communities für Unternehmen darlegen. Vgl. z.B. Franke & Shah (2003), S. 157ff.; Amine & Sitz (2004), S. 2; Schögel et al. (2005), S. 3f.; Von Hippel (2005a), S. 11; Von Hippel (2005b), S. 72f. 147
für die Marke von besonderem Interesse für Unternehmen sind, für die Partizipation im Produktentwicklungsprozess zu motivieren.927
Limitationen und weiterer Forschungsbedarf Limitationen werden von Füller und Kollegen selbst nicht explizit angeführt. Ein möglicher Kritikpunkt stellt die Konzeptualisierung und Operationalisierung der Brand Community-Mitgliedschaft dar. Diese umfasst in der dargelegten Untersuchung lediglich den Aspekt der Identifikation mit der Community, nicht aber das Zugehörigkeitsgefühl,928 was jedoch eines der drei zentralen Elemente von Brand Communities charakterisiert.929 Für zukünftige Studien ist dieser Aspekt zu beachten. Weiters wäre es aus Sicht der Autoren im Zuge ergänzender Forschungen interessant herauszufinden, ob die Identifikation mit der Brand Community auf die Teilnahmebereitschaft am Innovationsprozess negativ wirkt, wenn dieser Marken dient, die von den Konsumenten abgelehnt werden.930
4.4.2
Konzeptualisierung der Persönlichkeitseigenschaften
Persönlichkeit wird in der Psychologie auf vielfältige unterschiedliche Arten definiert, denen zwei grundlegende Konzepte gemein sind: Einzigartigkeit und charakteristische Verhaltensmuster.931 Eine mögliche Definition beschreibt Persönlichkeit beispielsweise als „comprising consistencies of individual differences in behavior which are internally determined.”932 Diese Definition wird als Grundlage für die weitere Diskussion herangezogen. Persönlichkeitstheorien wurden in den letzten Jahrzehnten in der Persönlichkeitspsychologie sehr ausführlich behandelt und bieten differenzierte
927
Vgl. Füller et al. (2008), S. 616.
928
Vgl. hierzu Abschnitte 4.2.4 und 5.1.2.
929
Consciousness of Kind, vgl. z.B. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 418ff.
930
Vgl. Füller et al. (2008), S. 615.
931
Vgl. Zimbardo & Gerrig (2004), S. 601.
932
Child (1963), S. 593.
148
Ansätze und Herangehensweisen.933 Die vorliegende Arbeit baut auf dem eigenschaftszentrierten Ansatz, auch Trait-Ansatz genannt,934 auf, der aufgrund seiner weit verbreiteten, internationalen Akzeptanz durch das Fünf-Faktoren-Modell als heute dominierender Ansatz tituliert werden kann.935 Im Rahmen dieses Ansatzes wurden von zahlreichen Wissenschaftlern über mehrere Jahrzehnte aus ursprünglich 18.000, für die Beschreibung der Persönlichkeit geeigneten Wörtern,936 fünf Faktoren identifiziert.937
Die Fünf-Faktoren-Theorie zeigt auf, dass sich Persönlichkeitsunterschiede von Individuen durch fünf wesentliche Merkmalsdimensionen beschreiben lassen,938 welche „have been found to recur in many different studies and appear to account for most of the variance in measures derived from a wide variety of personality theories.”939 Diese sehr weit gefassten Dimensionen „at the broadest level of abstraction”940 charakterisieren individuelle Unterschiede, finden sich in jedem Individuum,941 können mit
933
Die Erläuterung der einzelnen Persönlichkeitstheorien würde den Rahmen der vorliegenden Dissertation sprengen. Daher wird darauf verzichtet und stattdessen auf die facheinschlägige Literatur verwiesen. Für eine übersichtliche Darstellung der unterschiedlichen Persönlichkeitstheorien vgl. z.B. Hall & Lindzey (1979a), S. 39ff.; Hall & Lindzey (1979b), S. 9ff.; Bischof (1983), S. 41ff.; Pervin (1993), S. 89ff.; oder Fisseni (1998), S. 25ff.
934
vgl. Hall & Lindzey (1979b), S. 63ff.; Kassarjian & Sheffet (1991), S. 284ff.; Saucier & Goldberg (1996), S. 21ff.; Johnson (1997), S. 74ff.; McCrae & Costa (1997b), S. 509ff.; Fisseni (1998), S. 321ff.; oder McCrae (2004), S. 3ff.
935
Vgl. Saucier & Goldberg (1998), S. 496; oder Gosling et al. (2003), S. 506.
936
Vgl. Allport & Odbert (1936), S. 1ff.; Allport (1959), S. 306ff.
937
Für eine übersichtliche Darstellung der geschichtlichen Entwicklung vgl. z.B. Digman (1990), S. 418ff.; Goldberg (1990), S. 1216f.; John & Srivastava (1990), S. 66ff.; Digman (1996), S. 1ff.; oder Wiggins & Trapnell (1997), S. 737ff.
938
Vgl. Lang & Lüdtke (2005), S. 29.
939
Costa & McCrae (1992), S. 344.
940
Vgl. Gosling et al. (2003), S. 506.
941
Vgl. Diehl & Terlutter (2003), S. 313. 149
hoher Reliabilität und Validität gemessen werden und offerieren damit eine gute Antwort auf die Frage nach der Persönlichkeitsstruktur942 von Brand Community-Mitgliedern. Auch wenn es eine überwiegende Übereinstimmung bezüglich der Anzahl der Faktoren zur Beschreibung der Persönlichkeit gibt, bestehen durchaus unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Benennung und teilweise auch hinsichtlich der spezifischen Bedeutung der einzelnen Dimensionen.943 Für die Analyse der potenziellen Heterogenität der Brand Community-Mitglieder hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsstruktur wird das Fünf-Faktoren-Modell nach Costa & McCrae herangezogen, das die Persönlichkeitsdimensionen Extroversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus und Offenheit für Erfahrung (vgl. Abbildung 16) umfasst.944
Offenheit für Erfahrung
Extroversion
Neurotizismus
Verträglichkeit
Gewissenhaftigkeit
Abbildung 16: Das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit
942
Vgl. Digman (1990), S. 436.
943
Vgl. Barrick & Mount (1991), S. 3ff.
944
Vgl. Costa & McCrae (1992), S. 344ff.
150
Extroversion erfasst die individuellen Unterschiede von Personen hinsichtlich der Häufigkeit und Intensität ihrer interpersonellen Interaktionen und Aktivitäten.945 Diese erste Dimension beschreibt im Wesentlichen die Geselligkeit von Personen, umfasst aber weiters auch Eigenschaften wie Selbstsicherheit, Tatendrang, Durchsetzungsfähigkeit, Lebhaftigkeit, Optimismus, Heiterkeit und Enthusiasmus.946 Individuen mit geringen diesbezüglichen Ausprägungen werden als introvertiert beschrieben und darüber hinaus als zurückhaltend, passiv,947 schüchtern und eher still charakterisiert.948 Verträglichkeit, als zweite große Dimension des Fünf-FaktorenModells, „is probably best conceptualized as a general latent variable that summarizes more specific tendencies and behaviors (e.g. being kind, considerate, likable, cooperative, helpful).”949 Personen, die eine starke Ausprägung der Verträglichkeit aufweisen, sind weiters gutmütig, mitfühlend, hilfsbereit, nicht nachtragend, altruistisch und haben Vertrauen in ihr Gegenüber. Weisen Individuen nur wenig Punkte auf der Skala der Verträglichkeit auf, werden diese als zynisch, unhöflich, misstrauisch, unkooperativ, leicht reizbar und rücksichtslos eingeordnet.950 Der dritte Faktor, Gewissenhaftigkeit, beschreibt Individuen, die sich selbst als vertrauenswürdig, verantwortungsbewusst,951 besonnen, kompetent, pflichtbewusst, selbstdiszipliniert, ordnungsliebend und nach Leistung strebend definieren.952 Im Gegensatz dazu handelt es sich um Personen, die schnell aufgeben, denen die Zielorientierung fehlt, die faul sind und zu Unpünktlichkeit neigen.953 Als vierte Dimension beschreibt der Neurotizismus die emo-
945
Vgl. Costa & Widiger (2002), S. 6.
946
Vgl. Watson & Clark (1997), S. 767.
947
Vgl. Costa & McCrae (1992), S. 345.
948
Vgl. Lang et al. (2001), S. 115.
949
Graziano & Eisenberg (1997), S. 815.
950
Vgl. Costa & Widiger (2002), S. 6.
951
Vgl. Hogan & Ones (1997), S. 854.
952
Vgl. Lang & Lüdtke (2005), S. 32.
953
Vgl. Costa & McCrae (1992), S. 345. 151
tionale Instabilität von Personen,954 aber keinesfalls eine Krankheit im Sinne einer psychischen Störung.955 Personen mit einer starken Ausprägung dieses Faktors berichten von emotionalen Reaktionen, schneller Beunruhigung, Unzufriedenheit und Ängstlichkeit.956 Darüber hinaus bezieht sich Neurotizismus auf Facetten der Traurigkeit, der Vulnerabilität und der leichten Irritierbarkeit.957 Wenig neurotizistische Individuen werden als gelassen, selbst-zufrieden, angenehm und gefühlsstabil charakterisiert.958 Und schließlich beschreibt die fünfte große Persönlichkeitsdimension Offenheit für Erfahrung das Interesse, die Wertschätzung von und den Umgang mit neuen Erfahrungen. Darunter versteht man Personen, die über eine lebendige Phantasie verfügen und Möglichkeiten erkennen, welche anderen entgehen. Routine langweilt sie und sie setzen sich gerne über Konventionen hinweg.959 Offene Individuen beschreiben sich selbst als neugierig, emotional und erfinderisch und sind bereit, neue Ideen zu unterstützen.960 Im Gegensatz dazu charakterisieren verschlossene Personen wenig künstlerisches Interesse, sie sind konservativ und bevorzugen einfache Routineaufgaben.961
Die fünf Persönlichkeitsfaktoren stellen die Basis für die Segmentierung der Konsumenten dar.962 Es stellt sich daher die Frage, ob die daraus resultierenden Gruppen sich hinsichtlich der Einflussstärke der Antezedenten und Konsequenzen der Mitgliedschaft in Brand Communities unterscheiden.
954
Vgl. Costa & Widiger (2002), S. 6.
955
Vgl. Borkenau & Ostendorf (1993), S. 27.
956
Vgl. John & Srivastava (1990), S. 76.
957
Vgl. Lang & Lüdtke (2005), S. 32.
958
Vgl. Costa & McCrae (1992), S. 345.
959
Vgl. McCrae & Costa (1997a), S. 825.
960
Vgl. Costa & Widiger (2002), S. 6.
961
Vgl. Lang et al. (2001), S. 115.
962
Vgl. Diehl & Terlutter (2006), S. 286.
152
4.4.3
Konzeptualisierung weiterer Moderatorvariablen
Zusätzlich zu den fünf Persönlichkeitsdimensionen werden weitere Merkmale der Stichprobe herangezogen, um die potentielle Heterogenität der Mitglieder und deren Auswirkung auf die Brand Community zu überprüfen. In einigen (Konsumenten-)Verhaltensstudien, die jeweils einen anderen Kontext verfolgt haben, konnte nachgewiesen werden, dass demografische Variablen wie Geschlecht, Alter, Ausbildungsgrad und Beruf zu unterschiedlichen Effekten führen.963 So gilt es unter anderem herauszufinden, ob für Männer bestimmte Motive einen wesentlicheren Einfluss auf ihre Mitgliedschaft in Brand Communities aufweisen als für Frauen, oder ob das Geschlecht Gruppenunterschiede bezüglich der Markeneinstellungen oder Verhaltensintentionen aufzeigt.964 Dies ist deshalb von Interesse, da bisherige Studien meist etwaige Moderatoreffekte der Beziehung zwischen Markenloyalität und seinen Antezedenten vernachlässigt haben.965 Auch die Dauer der Mitgliedschaft bzw. die Häufigkeit der bisherigen Teilnahme an der Brand Community lassen Gruppenunterschiede vermuten, da bereits einige andere Studien zum Konsumentenverhalten Moderatoreffekte der Beziehungsdauer in einem anderen Zusammenhang nachweisen konnten.966 Darüber hinaus stellen die wöchentlich verbrachte Zeit mit der Marke, das in die Marke investierte Geld und die getätigten Investitionen, um an der Brand Community partizipieren zu können, weitere potentielle Moderatorvariablen dar. Und schließlich gilt es zu überprüfen, ob die Mitgliedschaft in einem offiziellen Markenclub (Kundenclub967 inkl. Mitglieds-
963
Vgl. z.B. Slama & Tashchian (1985), S. 74ff.; Gove (1994), S. 377ff.; Saad & Gill (2000), S. 1014ff.; Mittal & Kamakura (2001), S. 136ff.; Evanschitzky & Wunderlich (2006), S. 330ff.; Matzler et al. (2006), S. 78ff.; u.a.
964
Vgl. Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 91f.
965
Vgl. Homburg & Giering (2001), S. 47.
966
Vgl. z.B. Vecchio & Bullis (2001), S. 885ff.; Homburg et al. (2003), S. 44ff.; Verhoef (2003), S. 33ff.; Seiders et al. (2005), S. 27ff.; u.a.
967
Kundenclub als Kundenbindungsprogramm. Für eine genaue Abgrenzung des Begriffs des Kundenclubs vgl. Algesheimer (2004), S. 62ff. 153
karte, -gebühr, etc.), der vom Markenunternehmen geleitet wird, zu unterschiedlichen Effekten führt.
4.5 Forschungshypothesen für die empirische Studie In den vorangegangenen Abschnitten 2 und 3 sowie in den Kapiteln 4.1 bis 4.4 wurden die theoretischen Grundlagen zum Thema ausführlich dargestellt. An dieser Stelle werden nun die relevanten Erkenntnisse der jeweiligen Ansätze des theoretischen Bezugsrahmens für den Forschungsbereich der Brand Communities zusammengefasst und das Forschungsmodell vorgestellt. Dazu werden auf Basis der vorangegangenen Konzeptualisierung der einzelnen Konstrukte die Kausalitäten dieser aufgezeigt und die Forschungshypothesen für die empirische Studie abgeleitet.
Hypothese 1: Einfluss der Motivation auf die Mitgliedschaft Wie in Abschnitt 4.1 bereits aufgezeigt, orientiert sich die vorliegende Arbeit an den Ansätzen von Maslow und somit zum Teil an den polythematischen Motivtheorien, darüber hinaus auch an den athematischen Motivtheorien. Im Bewusstsein, dass keine generelle Motivationstheorie für die Erklärung des menschlichen Verhaltens existiert,968 baut diese Arbeit auf der Perspektive auf, dass es vom jeweiligen Zeitpunkt und vom jeweiligen Interaktionspartner abhängt, welche Motive für das Verhalten der Konsumenten eine wesentliche Rolle spielen. So sind auch für die Erklärung des Verhaltens der Partizipation in Brand Communities bzw. Brandfests spezifische Motive von besonderem Interesse. Die vorliegende Arbeit setzt bei den bisherigen Studien zur Motivforschung in Brand Communities an,969 erklärt aber die Partizipation und damit die informelle Mitgliedschaft der
968
Vgl. Gove (1994), S. 387.
969
Vgl. Morandin et al. (2005), S. 3ff.; Popp et al. (2008), S. 2ff.; Bagozzi et al. (2008), S. 2ff.
154
Markenfans in Brand Communities mittels dreier ausgewählter Motive, Information Value, Social Enhancement Value und Entertainment Value970.
Bevor auf die drei ausgewählten Motive einzeln näher eingegangen wird, erfolgt die Darstellung, dass Teilnehmer einer Brand Community durch ihre Mitgliedschaft in dieser einige ihrer Bedürfnisse befriedigen können: Austausch von Informationen, Aufbau von Beziehungen mit Gleichgesinnten mit ähnlichen Erfahrungen und Problemen, etc. Erkennen Markenenthusiasten diese Möglichkeit, sind sie auch motiviert, an der Brand Community teilzunehmen.971 Die Motivation der Mitglieder, welche stark an die Erwartung geknüpft ist, dass die Brand Community ihnen einen Mehrwert bietet, bilden somit zentrale Einflussfaktoren für die Entwicklung einer sozialen Identität unter den Markenenthusiasten.972 So könnten Communities auch als „motive-matching market” beschrieben werden, wo komplementäre Motive der Teilnehmer verbunden werden. Je besser die Abstimmung der Motive erreicht werden kann, umso mehr steigt die soziale Identität unter den Mitgliedern an.973 Erfahren die Konsumenten einen zentralen Vorteil durch die Mitgliedschaft, steigt also die Identifikation mit der Community.974 Motive stellen somit wesentliche Determinanten der Beziehung der Markenfans mit der Brand Community dar975 und die informelle Mitgliedschaft durch Zugehörigkeit kann damit beschrieben werden als „an active, selective, and volitional act, resulting from the fulfillment of one or more motives. ”976
970
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 244; ähnlich auch Flanagin & Metzger (2001), S. 173.
971
Vgl. Casaló et al. (2007), S. 787.
972
Vgl. Dholakia & Bagozzi (2003), S. 255.
973
Vgl. Dholakia & Bagozzi (2003), S. 258; Dholakia et al. (2004), S. 245.
974
Vgl. Hoppe et al. (2007b), S. 6.
975
Vgl. Hoppe et al. (2008), S. 6.
976
Dholakia & Bagozzi (2003), S. 259; vgl. auch Bhattacharya & Sen (2003), S. 79. 155
Information Value, als einer der wichtigsten Gründe für die Mitgliedschaft in Communities,977 stellt jenes Motiv der Markenfans dar, welches den Austausch von Informationen in Brand Communities beschreibt. Dies beinhaltet sowohl Informationen zu geben als auch zu bekommen978 und kann in Brand Communities vielfältig beobachtet werden.979 Die erste Hypothese formuliert daher den Zusammenhang zwischen dem Motiv Information Value und der Mitgliedschaft in Brand Communities: H1a: Das Motiv Information Value wirkt positiv auf die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities.
Social Enhancement Value beschreibt den Wunsch nach Akzeptanz, Wertschätzung und sozialer Anerkennung durch gleichgesinnte Markenfans.980 Dieses Motiv wird sowohl im Rahmen der athematischen Motivtheorien durch das Geltungsmotiv981 als auch in den polythematischen Ansätzen durch die Prestigebedürfnisse nach Maslow982 behandelt und als bedeutend dargelegt. Dieses Motiv nach Anerkennung durch Gleichgesinnte983 wurde allerdings in nicht-markenbezogenen Online Communities bereits untersucht, es konnte kein Einfluss auf die soziale Identität nachgewiesen werden.984 Brand Communities weisen aber eine etwas andere Situation auf, da begeisterte Anhänger einer Marke, die sich viele Stunden und Tage mit der Marke beschäftigen, durch ihr starkes Involvement985 in besonders
977
Vgl. z.B. Dholakia et al. (2004), S. 259; Füller et al. (2007), S. 69.
978
Vgl. Dholakia & Bagozzi (2003), S. 255; Dholakia et al. (2004), S. 244.
979
Vgl. z.B. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.; Brown et al. (2003), S. 30f.; Andersen
980
Vgl. Baumeister (1998), S. 689ff.; Dholakia et al. (2004), S. 244.
981
Vgl. Bänsch (1998), S. 23.
982
Vgl. Maslow (1970a), S. 45ff.; Maslow (1981), S. 72f.; Belén del Río et al. (2001), S.
983
Vgl. Hars & Ou (2001), S. 4; Hars & Ou (2002), S. 30.
984
Vgl. Dholakia & Bagozzi (2003), S. 257ff.; Dholakia et al. (2004), S. 255ff.
985
Vgl. Upshaw & Taylor (2001), S. 418.
(2005), S. 285.; u.a.
412;
156
hohem Ausmaß das Bedürfnis aufweisen, sich wichtig zu fühlen und andere zu beeindrucken.986 Daraus abgeleitet lautet daher die zweite Hypothese wie folgt: H1b: Das Motiv Social Enhancement Value wirkt positiv auf die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities.
Entertainment Value stellt das dritte Motiv dar, das zur Erklärung der Partizipation von Markenfans in Brand Communities herangezogen wird. Hierbei wird davon ausgegangen, dass Markenenthusiasten Mitglied in einer Brand Community werden oder an einem Brandfest teilnehmen, um Spaß zu haben und um unterhalten zu werden.987 Dieses angestrebte Vergnügen kann durch die Interaktion der Markenfans erreicht werden,988 die ein weiteres Charakteristikum in Brand Communities darstellt.989 Aber auch abwechslungsreiche Programmpunkte, wie sie insbesondere bei Brandfests geboten werden,990 oder auf Wünsche der Zielgruppe abgestimmte Spiele991 entsprechen dem Motiv des Unterhaltungswerts. Damit stellen Brand Communities eine geeignete Plattform dar, das Bedürfnis nach Unterhaltung und Spaß zu befriedigen. H1c: Das Motiv Entertainment Value wirkt positiv auf die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities.
986
Vgl. Flanagin & Metzger (2001), S. 162.
987
Vgl. Flanagin & Metzger (2001), S. 162.
988
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 244; Bagozzi et al. (2008), S. 5.
989
Vgl. z.B. Algesheimer et al. (forthcoming), S. 26; Algesheimer et al. (2005), S. 19ff.; Bhattacharya & Sen (2003), S. 79ff.; Dholakia et al. (2004), S. 244ff.; McAlexander et al. (2002), S. 41ff.; Schouten & McAlexander (1995), S. 53ff.
990
Vgl. McAlexander & Schouten (1998), S. 378ff.; McAlexander et al. (2002), S. 41;
991
Vgl. Sicilia & Palazón (2008), S. 264f.
Morandin (2004), S. 10.
157
Hypothese 2: Einfluss der Mitgliedschaft auf die Markenloyalität Die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities ist gekennzeichnet durch das Zugehörigkeits- bzw. Gemeinschaftsgefühl992 und beinhaltet Aspekte der Theorien der sozialen Identität und Sense of Community.993 Somit stellt die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities den geeigneten Ansatz für die Erklärung von Einstellungen und Verhaltensintentionen der Markenfans dar.994 Wie in den vorangegangenen Kapiteln deutlich wurde, existieren bereits zahlreiche wissenschaftliche Publikationen, die den positiven Einfluss von Brand Communities auf die Markenloyalität erläutern.995 Markenfans, die eine positive Beziehung zur Community wahrnehmen996 und sich mit dieser identifizieren,997 empfehlen die Marke weiter998 und nutzen bzw. kaufen diese auch zukünftig.999 Daraus abgeleitet formuliert die nächste Hypothese den Zusammenhang zwischen der informellen Mitgliedschaft in Brand Communities und der Markenloyalität: H2: Die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities hat einen positiven Einfluss auf die Markenloyalität.
992
Vgl. z.B. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 418ff.
993
Vgl. hierzu die Ausführungen des Kapitels 4.2 Informelle Mitgliedschaft durch Zugehörigkeit.
994
Vgl. hierzu auch Forgas (1987), S. 271; Bagozzi et al. (2002), S. 99; oder Dholakia &
995
Vgl. z.B. Algesheimer et al. (2005), S. 30ff.; Belk & Tumbat (2005), S. 205ff.; Bagozzi
Bagozzi (2003), S. 261ff.
& Dholakia (2006a), S. 58ff.; Shang et al. (2006), S. 410ff.; Claricini & Scarpi (2007), S. 6f.; Cornelissen et al. (2007), S. 286; Hoppe et al. (2007a), S. 5f.; Algesheimer & Dholakia (2008), S. 18ff. 996
Vgl. Algesheimer et al. (2006), S. 951; Shang et al. (2006), S. 413; Hoppe et al.
997
Vgl. Marzocchi & Bergami (2005), S. 2.
998
Vgl. Dholakia & Bagozzi (2003), S. 263; Hellmann & Kenning (2007), S. 43.
999
Vgl. Algesheimer et al. (2005), S. 23.
(2008), S. 2.
158
Hypothese 3: Die Rolle von Markenvertrauen und Markenaffekt Markenloyalität stellt ein komplexes Phänomen dar, das von mehreren Einflussfaktoren geprägt wird.1000 Aus diesem Grund gilt es zu überprüfen, ob dieser direkte Einfluss der Mitgliedschaft durch markenbezogene Einstellungsvariablen mediiert wird: Markenvertrauen und Markenaffekt. Auf Basis der Erkenntnisse von Chaudhuri und Holbrook, dass Markenvertrauen und Markenaffekt einen wesentlichen Einfluss auf die Markenloyalität ausüben,1001 wird in der vorliegenden Arbeit überprüft, ob dieser Effekt auch im spezifischen Kontext der Brand Communities validiert werden kann, und der direkte Einfluss der Mitgliedschaft in Brand Communities auf die Markenloyalität durch Markenvertrauen und Markenaffekt mediiert wird.
Die Einstellung gegenüber der Marke hängt maßgeblich von den sozialen Interaktionen der Mitglieder in Brand Communities ab.1002 Das Vertrauen in die Marke wird daher wesentlich durch die Empfehlungen von Personen beeinflusst,1003 denen die Konsumenten aufgrund der nicht erwarteten Eigennützigkeit vertrauen,1004 die als Referenzgruppen dienen1005 und mit denen der Konsument häufig in Interaktion steht.1006 Das Vertrauen in die Gleichgesinnten wird auf die favorisierte Marke übertragen1007 und die sozialen Verbindungen der Konsumenten unterstützen ihr Markenvertrau-
1000
Vgl. Bennett & Rundle-Thiele (2002), S. 204.
1001
Vgl. Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 82ff.; Chaudhuri & Holbrook (2002), S. 53ff.
1002
Vgl. Ridings et al. (2002), S. 275; Baumgarth (2004), S. 95; Füller et al. (2008), S. 609.
1003
Vgl. Lau & Lee (1999), S. 346; Elliott & Yannopoulou (2007), S. 994f.; Kaul & Steinmann (2008), S. 37.
1004
Vgl. Flavián & Guinalíu (2005), S. 413; Eggert et al. (2007), S. 233.
1005
Vgl. Von Bartenwerffer & Bieger (2007), S. 29.
1006
Vgl. Bhattacharya & Sen (2003), S. 80.
1007
Vgl. Elliott & Yannopoulou (2007), S. 994f. 159
en.1008 Somit führt die Zugehörigkeit zu einer Brand Community zu erhöhtem Markenvertrauen.1009 H3a: Die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities hat einen positiven Einfluss auf das Markenvertrauen.
Sind Markenfans Mitglied in einer Brand Community, erfahren diese außergewöhnliche Erlebnisse, welche starke positive Gefühle (z.B. Freude, Glück) und Emotionen auslösen, die mit der Marke in Zusammenhang gebracht werden.1010 Diese Emotionen werden insbesondere durch Interaktionen mit den anderen Mitgliedern hervorgerufen,1011 welche sich meist auf Themen rund um die Marke beziehen.1012 Brand Communities rufen also starke Markenemotionen hervor.1013 H3b: Die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities hat einen positiven Einfluss auf den Markenaffekt.
Wie zahlreiche Studien bereits in einem anderen Kontext aufgezeigt haben, führt das Vertrauen in die Marke zu einer höheren Markenloyalität.1014 So trägt auch im Rahmen von Brand Communities das Markenver-
1008
Vgl. Bendapudi & Berry (1997), S. 25; Ridings et al. (2002), S. 275.
1009
Vgl. Flavián & Guinalíu (2005), S. 417f. und 421; Füller et al. (2008), S. 616.
1010
Vgl. McAlexander & Schouten (1998), S. 381ff.; Bergami & Bagozzi (2000), S. 573.
1011
Vgl. Westbrook (1987), S. 260; Westbrook & Oliver (1991), S. 85; Mooradian & Olver (1997), S. 398.
1012
Vgl. Casaló et al. (2007), S. 780.
1013
Vgl. Flavián & Guinalíu (2005), S. 421.
1014
Vgl. Morgan & Hunt (1994), S. 31ff.; Lau & Lee (1999), S. 359; Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 89ff.; Chaudhuri & Holbrook (2002), S. 53ff.; Harris & Goode (2004), S. 150ff.; Flavián & Guinalíu (2005), S. 413; Marzocchi & Bergami (2005), S. 6; Matzler et al. (2006), S. 81ff.; Casaló et al. (2007), S. 787; Punniyamoorthy & Raj (2007), S. 225ff.; Matzler et al. (2008), S. 156ff.; Porter & Donthu (2008), S. 122ff.; u.a.
160
trauen zu einer besseren Erklärung der Markenloyalität bei.1015 H3c: Das von den Brand Community-Mitgliedern empfundene Markenvertrauen hat einen positiven Einfluss auf die Markenloyalität.
Für den Aufbau und den Erhalt von Markenbeziehungen stellt auch der Markenaffekt einen wesentlichen Einflussfaktor dar.1016 Marken, die starke Emotionen hervorrufen, sind nicht nur bekannter, sondern führen auch zu einer positiveren Markeneinstellung und einer stärkeren Markenbindung.1017 Marken, die durch ihren Affekt die Konsumenten glücklich oder freudig stimmen,1018 beeinflussen die Markenloyalität positiv.1019 H3d: Der von den Brand Community-Mitgliedern empfundene Markenaffekt hat einen positiven Einfluss auf die Markenloyalität.
Die dargelegten Zusammenhänge werden in der graphischen Visualisierung des Forschungsmodells (siehe Abbildung 17) deutlich. Für die folgende empirische Überprüfung dient das Forschungsmodell als Grundlage.
1015
Vgl. Hoppe et al. (2008), S. 6.
1016
Vgl. Matzler et al. (2006), S. 429.
1017
Vgl. Möll (2006), S. 220ff.; Esch et al. (2008), S. 116ff.; Möll & Esch (2008), S. 35f.
1018
Vgl. Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 82ff.; Matzler et al. (2006), S. 427.
1019
Vgl. Morgan & Hunt (1994), S. 31ff.; Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 89ff.; Chaudhuri & Holbrook (2002), S. 53ff.; Marzocchi & Bergami (2005), S. 6; Vgl. Matzler et al. (2006), S. 430; Hoppe et al. (2007b), S. 6; Matzler et al. (2008), S. 158. 161
Information Value
Markenvertrauen H1a
H3a
Social Enhancement Value
H1b
H3c
Informelle Mitgliedschaft
H2
H3b
Markenloyalität
H3d
H1c
Entertainment Value
Markenaffekt
Abbildung 17: Das Forschungsmodell im Überblick
Die zugrunde liegenden Hypothesen werden in der Tabelle 5 zusammengefasst.
162
H1a
Das Motiv Information Value wirkt positiv auf die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities.
H1b
Das Motiv Social Enhancement Value wirkt positiv auf die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities.
H1c
Das Motiv Entertainment Value wirkt positiv auf die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities.
H2
Die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities hat einen positiven Einfluss auf die Markenloyalität.
H3a
Die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities hat einen positiven Einfluss auf das Markenvertrauen.
H3b
Die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities hat einen positiven Einfluss auf den Markenaffekt.
H3c
Je stärker die Mitglieder in Brand Communities Markenvertrauen empfinden, desto eher beabsichtigen sie, der Marke gegenüber loyal zu bleiben.
H3d
Je stärker die Mitglieder in Brand Comminities Markenaffekt empfinden, desto eher beabsichtigen sie, der Marke gegenüber loyal zu bleiben
H4a
Aufgrund der differenzierten Persönlichkeitsstruktur der Brand CommunityMitglieder unterscheidet sich das Forschungsmodell hinsichtlich der Stärke der Konstruktzusammenhänge.
H4b
Aufgrund der differenzierten Ausprägung der demographischen Charakteristika der Brand Community-Mitglieder unterscheidet sich das Forschungsmodell hinsichtlich der Stärke der Konstruktzusammenhänge.
Tabelle 5: Überblick Hypothesen
Moderierende Effekte Das Forschungsmodell ist mit der Formulierung der Hypothesen eins bis drei vollständig dargestellt und wurde in allgemeiner Form hergeleitet. Aufgrund der Ergebnisse und Implikationen von vorangegangenen Studien, die eine Heterogenität der Mitglieder in Brand Communities vermuten,1020 ist jedoch zu überprüfen, ob das vorgestellte Modell Gültigkeit für
1020
Vgl. Lounsbury et al. (2003), S. 532; McAlexander et al. (2003), S. 7; Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 573ff. 163
alle Mitglieder in Brand Communities aufweist. Darüber hinaus gilt es insbesondere aus unternehmerischer Sichtweise zu untersuchen, ob sich etwaige Unterschiede der Mitglieder in Brand Communities auch in deren Wirkungsweise widerspiegeln. Ouwersloot und Odekerken-Schröder zeigen in ihrer Studie Unterschiede der Markenenthusiasten hinsichtlich ihrer konsumbezogenen Motivationen für das Eintreten in eine Brand Community auf.1021 Daraus abgeleitet können Moderatoreffekte durch die Persönlichkeitsstruktur der Mitglieder auf den Zusammenhang der Motive und der informellen Mitgliedschaft geschlossen werden. Darüber hinaus bestätigen Studien, die in einem anderen Kontext Moderatoreffekte auf die Beziehung 1022
chen,
zwischen
Markenloyalität
und
ihren
Antezedenten
untersu-
Gruppenunterschiede. Aus diesem Grund kann davon ausgegan-
gen werden, dass im Rahmen der Brand Community-Forschung Moderatoreffekte auf diese Zusammenhänge wirken.1023 Im Gegensatz zu den vorangestellten Hypothesen und dem damit entwickelten Forschungsmodell, weist dieser Teil der Arbeit einen explorativen Charakter auf, da keine spezifischen Moderatoreffekte aus der Literatur abgeleitet werden können. Zwar lassen vorangegangene Studien die Heterogenität der Mitglieder vermuten, präzisere Ableitungen können aber daraus nicht getroffen werden.
1021
Vgl. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 573ff.; Für nähere Erläurterungen zu dieser Studie vgl. Kapitel 4.4.1.1.
1022 1023
Vgl. z.B. Homburg & Giering (2001), S. 48ff.; oder Matzler et al. (2006), S. 78ff; Die Erläuterung der Moderatorvariablen Persönlichkeit und Soziodemographika hat bereits im Abschnitt 4.4 erfolgt.
164
5 Empirische Studie Auf dem dargestellten theoretischen Bezugsrahmen und dem entwickelten Forschungsmodell aufbauend, werden in diesem Abschnitt die Forschungshypothesen empirisch überprüft. Dazu wird in Kapitel 5.1 zunächst auf das Studiendesign näher eingegangen, dabei das Messinstrument und die Stichprobe erläutert sowie das allgemeine Forschungsmodell durch die Operationalisierung der latenten Variablen spezifiziert. Anschließend werden in Kapitel 5.2 die Methodik und Vorgehensweise bei der Analyse der Daten kurz beschrieben und in Folge in Kapitel 5.3 die Basis-Ergebnisse der Studie dargestellt und diskutiert. Darauf aufbauend erfolgt die Erweiterung des Modells mittels Überprüfung von Mediatoreffekten. Die Analysen schließen mit dem Test auf Moderatoreffekte ab. Das Aufzeigen von Limitationen der empirischen Studie und die Zusammenfassung der Ergebnisse erfolgen am Ende dieses Abschnitts in den Kapiteln 5.7 und 5.6.
5.1 Studiendesign Zur Überprüfung der dargestellten Hypothesen und somit des Forschungsmodells wurde die empirische Studie unter (informellen) Mitgliedern einer Offline Brand Community durchgeführt: Teilnehmer des jährlichen GTI-Brandfests in Kärnten. Seit über 25 Jahren findet in Reifnitz am Wörthersee das GTI-Treffen statt. Waren es beim ersten Brandfest 1981 noch 76 Autos und 162 Teilnehmer, die ihre Begeisterung für den GTI zum Ausdruck brachten und sich über ihre bevorzugte Automarke austauschten, sind es mittlerweile rund 200.000 Besucher, die sich jährlich im Mai treffen. Damit stellt das Kärntner GTI-Treffen das größte in Europa dar. Erstaunlich ist, dass bereits fünf Jahre nach der Markteinführung des Volkswagens GTI das erste Brandfest von Markenfans selbst initiiert wurde. Das Unternehmen Volkswagen unterstützt die Veranstaltung erst seit wenigen Jahren. Obwohl das Großevent 2002 in „AutoNews” umbenannt wurde und mittlerweile auch einige Besitzer von Autos anderer Marken 165
(z.B. Audi) als Besucher registriert werden, steht das Feiern und Hochleben der Marke Volkswagen (Golf) GTI nach wie vor im Mittelpunkt. Die offizielle Namensänderung der Veranstaltung hat auch kaum Einfluss auf die verbreitete umgangssprachliche Benennung, in der das Brandfest nach wie vor als „GTI-Treffen” bezeichnet wird.
5.1.1
Messinstrument
Die Befragung wurde während des GTI-Treffens 2007 durchgeführt.1024 Auch wenn dieses offiziell lediglich vier Tage dauert (16. bis 20. Mai), reisen viele GTI-Fans bereits am Wochenende zuvor an und verlängern das Brandfest damit auf insgesamt neun Tage. Die Programmpunkte starten allerdings erst am Eröffnungstag und beinhalten viele Shows, Präsentationen von neuen Modellen bzw. Zusätzen, zahlreiche Messestände (ca. 80 Aussteller), Glücksspiele, Wettbewerbe, Party-Nächte etc. Während des gesamten Treffens wird ein eigenes GTI-Radio ausgestrahlt und seit einigen Jahren können Markenfans das Brandfest sogar nutzen, um zu heiraten. Wollen die GTI-Liebhaber mit ihrem Auto teilnehmen, so können sie ein Einfahrts- bzw. Durchfahrtsticket um 45 Euro erwerben. Für ein Parkticket fallen weitere 35 Euro pro Tag an und für GTI-Fans, die ohne Auto partizipieren, stehen Besuchertickets um 3 Euro pro Tag sowie Shuttledienste per Bus, Taxi oder Schiff über den Wörthersee zur Verfügung. Die Teilnehmer
des
Brandfests
stammen
überwiegend
aus
Österreich,
Deutschland und der Schweiz, finden sich aber auch aus anderen EULändern wie Slowenien, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Italien
1024
Um die Einstellungen und das Verhalten von Brand Community-Mitgliedern nicht nur aus theoretischer Perspektive zu verstehen, sondern auch einen aktiven Einblick zu erhalten, beschäftigt sich die Verfasserin dieser Dissertation bereits seit 2006 mit Markenfans der Marken Volkswagen GTI und Harley Davidson. Dabei wurden beispielsweise zehn Tiefeninterviews mit Harley Davidson-Fahrern durchgeführt und auch empirische Studien beim GTI-Treffen 2006 und dem Harley Davidson-Treffen (Faaker See, Kärnten) 2006 generiert. Für die vorliegende Arbeit wird aber lediglich die Erhebung beim GTI-Treffen 2007 herangezogen.
166
oder einige sogar aus Übersee (z.B. USA) ein. Für die empirische Untersuchung wurden aber nur deutschsprachige Teilnehmer herangezogen.
Bei der Durchführung der Befragung wurde darauf geachtet, dass keine Anrainer der Region oder Mitarbeiter der Veranstaltung, sondern lediglich Besucher des Brandfests als Probanden herangezogen wurden. Des Weiteren wurde die Erhebung lediglich bis spätestens 15:00 Uhr nachmittags generiert, da zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr einschätzbar war, wieviel Alkohol der Teilnehmer bereits zu sich genommen hatte. Durch diese zeitliche Einschränkung konnten Verfälschungen der Ergebnisse aufgrund von Alkoholeinfluss verhindert werden.
Die Befragung wurde in Form eines standardisierten, schriftlichen Fragebogens mittels der Papier-Bleistift-Methode durchgeführt. Für eventuelle Rückfragen der Probanden standen mehrere geschulte Interviewer zur Verfügung. Diese waren Studierende der Alpen-Adria-Universität im Fachbereich Angewandte Betriebswirtschaft, mit Spezialisierung in Marketing und sie hatten selbst das GTI-Treffen in einem der vorangegangenen Jahre bereits besucht. Als Anreiz bzw. Dankeschön für die Teilnahme an der Befragung erhielten die Probanden nach Abgabe des vollständig ausgefüllten Fragebogens passend für die Zielgruppe eine Dose RedBull (EnergyDrink).
Der eingesetzte Fragebogen kann in fünf Abschnitte gegliedert werden: 1.) Allgemeine Einstiegsfragen, 2.) Fragen zu den Motiven für die Teilnahme am Brandfest, 3.) Fragen zur informellen Mitgliedschaft und ihren Konsequenzen, 4.) Fragen zur Persönlichkeitsstruktur und schließlich 5.) Fragen zu den demographischen Daten der Probanden. Mit Ausnahme der Kontrollfragen im ersten und letzten Abschnitt wurde für die Messung aller anderen Items eine 5-stufige Likert-Skala verwendet. Diese reichte von „trifft gar nicht zu” (1) bis „trifft voll zu” (5). Die Einstiegsfragen im vordersten Teil des Fragebogens umfassen Kontrollfragen und widmen sich 167
unter anderem der Erfassung des Besitzes der Marke GTI, der Dauer der Beziehung zur Brand Community und der offiziellen Mitgliedschaft in einem GTI-Club. Der zweite Abschnitt fokussiert auf die Messung der Motive der Markenfans für ihre Teilnahme am GTI-Brandfest, gefolgt vom dritten Abschnitt, welcher einen Frageblock zur informellen Mitgliedschaft und ihren Konsequenzen darstellt. Darin enthalten sind somit auch die ItemBatterien zur Erfassung der Konstrukte Markenloyalität, Markenaffekt und Markenvertrauen. Der vorletzte Frageblock ist auf die Abfrage der Persönlichkeitsbeschreibung ausgerichtet und umfasst Items zu allen fünf Persönlichkeitsdimensionen. Dieser Abschnitt 4 des Fragebogens, wie auch die Abschnitte 2 und 3 werden im nachfolgenden Kapitel 5.1.2 noch näher erläutert, um die Operationalisierung der Faktoren darzustellen. Der Abschluss des Fragebogens erfolgt durch die Erhebung der demografischen Variablen. Diese umfassen unter anderem Fragen zum Geschlecht, Alter, höchsten Bildungsabschluss und Beruf der GTI-Enthusiasten.
5.1.2
Operationalisierung der latenten Variablen
Das in Kapitel 4.5 konzeptualisierte Forschungsmodell zur Erklärung der informellen Mitgliedschaft in Brand Communities und ihren Auswirkungen besteht aus drei exogenen und vier endogenen latenten Variablen,1025 die jeweils ein hypothetisches Konstrukt1026 darstellen. Unter der Operationalisierung von latenten Variablen werden das konkrete Messbar-machen bzw. die Entwicklung eines Messinstruments zur Erfassung des Konstrukts mittels beobachtbaren, manifesten Variablen (auch als Indikatorvariablen,
1025
Exogene latente Variablen stellen unabhängige Variablen dar, es wird davon ausgegangen, dass diese von keinen anderen Variablen im Modell, sondern von externen Faktoren beeinflusst werden. Endogene latente Variablen hingegen werden als abhängig bezeichnet und durch die exogenen Variablen im Modell direkt oder indirekt beeinflusst. Vgl. Byrne (2001), S. 5.
1026
Ein hypothetisches Konstrukt (auch latente Variable oder Faktor genannt, vgl. Byrne (2001), S. 4) wird definiert als „abstract entity which represents the „true” nonobservable state of nature of a phenomenon” (Bagozzi & Fornell (1982), S. 24).
168
Indikatoren oder Items bezeichnet) verstanden.1027 Die Ableitung der Konzeptualisierung der Konstrukte basiert auf umfassenden theoretischen Vorüberlegungen, die insbesondere im Kapitel 4 dargestellt wurden. Auch bei der Formulierung der einzelnen Indikatoren im Rahmen der Operationalisierung kann für jede latente Variable auf bereits bestehende und validierte Skalen zur Abbildung der einzelnen Faktoren zurückgegriffen werden, die durch wenige selbstformulierte manifeste Indikatorvariablen ergänzt werden. Einige der zur Anwendung kommenden Items, die bereits validiert wurden, sind allerdings in einem anderen Zusammenhang oder in einem differenzierten Forschungsfeld zur Anwendung gebracht worden und daher für die Untersuchung im Brand Community-Kontext leicht angepasst. Darüber hinaus wurde bei der Adaption der Indikatoren auf die zielgruppenfokussierte Abstimmung in der Formulierung geachtet, sowie Ergebnisse des durchgeführten Pretests eingearbeitet und daher einige Items, die bereits in einer Brand Community-Studie validiert wurden, dennoch geringfügig verändert.
A.) Motive für die Partizipation Wie in Abschnitt 4.5 dargestellt, wird die Partizipation und damit die informelle Mitgliedschaft der Markenfans in Brand Communities mittels dreier ausgewählter Motive erklärt: Information Value, Social Enhancement Value und Entertainment Value. Information Value stellt jenes Motiv der Markenfans dar, welches den Austausch von Informationen in Brand Communities beschreibt und beinhaltet sowohl Informationen zu geben als auch zu bekommen. Social Enhancement Value beschreibt den Wunsch nach Akzeptanz, Wertschätzung und sozialer Anerkennung durch gleichgesinnte Markenfans. Schließlich erklärt das dritte Motiv Entertainment Value die Partizipation der Markenfans mit dem Motiv, dass diese Spaß haben und unterhalten werden wollen. Alle drei Motive wurden von Dholakia, Bagozzi und Pearo im Kontext von virtuellen Communities bereits operatio1027
Vgl. Homburg & Giering (1996), S. 5f.; ähnlich auch Kroeber-Riel & Weinberg (2003), S. 29. 169
nalisiert1028 und lediglich durch vier selbst formulierte Indikatoren ergänzt. Die generierten Items Info1-Info7, Social1 und Social4, sowie Enter1 und Enter4 gehen daher auf Dholakia und Kollegen zurück.
Konstrukt
Information Value
Social Enhancement Value
Entertainment Value
Kürzel
Item
Info1
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um meine neuen Ideen zu verbreiten.
Info2
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um anderen weiterzuhelfen.
Info3
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um Hilfe bei speziellen Problemen oder Fragen zu bekommen.
Info4
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um Informationen zu bekommen.
Info5
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um von den anderen über GTIs etwas zu lernen.
Info6
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um anderen über GTIs etwas erzählen zu können.
Info7
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um mir neue Ideen zu holen.
Social1
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um andere zu beeindrucken.
Social2
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um den anderen zu zeigen, was ich kann.
Social3
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um vor den anderen herzuzeigen, was ich habe.
Social4
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um mich wichtig zu fühlen.
Enter1
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um abzufeiern.
Enter2
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, wegen des Spaßes.
Enter3
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um eine geile Zeit zu haben.
Enter4
Ich nehme beim GTI-Treffen teil, um mich gut zu unterhalten.
Tabelle 6: Indikatorvariablen der Motiv-Konstrukte
1028
170
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 252.
B.) Informelle Mitgliedschaft Abgeleitet von den Theorien der sozialen Identität und Sense of Community ist die informelle Mitgliedschaft der Markenfans in Brand Communities gekennzeichnet durch das Zugehörigkeits- bzw. Gemeinschaftsgefühl1029 sowie die Identifikation mit der Community.1030 Die verwendeten vier Items beinhalten Aspekte beider Theorien und gehen auf die Operationalisierung von Algesheimer, Dholakia und Herrmann1031 zurück.1032
Konstrukt
Informelle Mitgliedschaft
Kürzel
Item
IMG1
Ich fühle mich den GTI-Fans hier eng verbunden.
IMG2
Ich identifiziere mich mit den GTI-Fans auf diesem Treffen.
IMG3
Ich bin ein Teil von diesen Fans.
IMG4
Die anderen Fans und ich haben das Gleiche im Sinn.
Tabelle 7: Indikatorvariablen der informellen Mitgliedschaft
C.) Markenloyalität Für die vorliegende Arbeit wird mit dem Begriff Markenloyalität die Einstellungsloyalität1033 und somit die Verhaltensabsicht,1034 die Marke wieder zu kaufen, beschrieben. Das Konstrukt der Markenloyalität umfasst daher die Wiederkaufswahrscheinlichkeit, die Kaufpräferenz für die bevorzugte Marke und die Bereitschaft einen erhöhten Preis, im Vergleich zu den Konkurrenzangeboten, zu zahlen. Diese Aspekte der Markenloyalität werden in 1029
Vgl. z.B. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 418ff.
1030
Vgl. Obst et al. (2002b), S. 107.
1031
Vgl. Algesheimer et al. (2005), S. 32.
1032
Diese fußt wiederum auf der Operationalisierung von McMillan & Chavis (1986), S. 9ff. bzw. auf jener von Obst et al. (2002a), S. 99ff.
1033
Vgl. Jacoby & Chestnut (1978), S. 47ff.; Dick & Basu (1994), S. 100ff.; Hallowell (1996), S. 28.
1034
Vgl. z.B. Selnes (1993), S. 21; Hallowell (1996), S. 28; Batra et al. (2008), S. 31; Porter & Donthu (2008), S. 118. 171
der Konzeptualisierung der intendierten Markenloyalität beschrieben, in zahlreichen anderen empirischen Studien wurden sie bereits ähnlich abgefragt.1035 Die Indikatoren für die Messung der Markenloyalität in Brand Communities basieren auf diesen (z.B. geht das Item BLOY1 auf die Operationalisierung von Carroll & Ahuvia1036 zurück) und in Summe wird das Konstrukt mit vier manifesten Indikatorvariablen operationalisiert.
Konstrukt
Kürzel
Item
BLOY1
Wenn ich jetzt ein Auto kaufen würde, würde ich keine andere Marke außer GTI ansehen.
BLOY2
Mich kann nichts davon abhalten, wieder einen GTI zu kaufen.
BLOY3
Ich wäre bereit für einen GTI mehr zu bezahlen, als für ein anderes vergleichbares Auto.
BLOY4
Mein nächstes Auto wird sicher wieder ein GTI sein.
Markenloyalität
Tabelle 8: Indikatorvariablen der Markenloyalität
D.) Markenvertrauen & Markenaffekt Wie bereits angeführt, stellen Markenvertrauen und Markenaffekt separate Konstrukte dar, die den Einfluss auf die Markenloyalität mediieren. Markenvertrauen definiert die Bereitschaft der Konsumenten, sich auf die Marke bezüglich ihrer Funktionserfüllung zu verlassen.1037 Vertraut der Kunde der Marke, wird die Unsicherheit der Markenbeziehung reduziert.1038 Der Konsument erwartet sich Zuverlässigkeit1039 und Ehrlichkeit von der Marke.1040 Markenvertrauen vermittelt dem Konsumenten damit 1035
Vgl. z.B. Jacoby & Chestnut (1978), S. 60ff.; Algesheimer et al. (2005), S. 33; Delgado-Ballester & Munuera-Alemán (2005), S. 191; Kim et al. (2008), S. 106.
1036
Vgl. Carroll & Ahuvia (2006), S. 84.
1037
Vgl. Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 82.
1038
Vgl. Jarbenpaa et al. (2000), S. 47; Casaló et al. (2008), S. 23.
1039
Vgl. Ganesan (1994), S. 3; Garbarino & Johnson (1999), S. 71; De Wulf et al. (2001), S. 36; Grabner-Kräuter & Kaluscha (2003), S. 788; Delgado-Ballester (2004), S. 575; Hunt et al. (2006), S. 75.
1040
172
Vgl. Andaleeb (1995), S. 159.
ein Gefühl der Sicherheit, dass die Marke seine Erwartungen erfüllen wird.1041 Markenaffekt hingegen stellt das Potenzial einer Marke dar, positive emotionale Reaktionen aufgrund des Besitzes und der Anwendung der Marke, sowie aufgrund der Interaktion im Bezug auf die Marke, hervorzurufen.1042 Diese Gefühle oder Emotionen1043 beinhalten beispielsweise Freude1044 oder Glück. Die Konstrukte Markenvertrauen und Markenaffekt werden jeweils mittels dreier Items operationalisiert, die auf Chaudhuri und Holbrook1045 zurückgehen. Markenvertrauen wurde von diesen ursprünglich mit vier Indikatorvariablen erfasst, von denen das Item mit dem Wortlaut „This brand is safe” aus inhaltlichen Gründen weggelassen wird. Der Begriff der Sicherheit kann schnell zu Irritationen führen, da Konsumenten diesen mit der Sicherheit des Autos per se und nicht mit dem Vertrauen in die Marke verbinden könnten.
Konstrukt
Markenvertrauen
Markenaffekt
Kürzel
Item
BT1
Bei Autos vertraue ich auf die Marke.
BT2
Bei Autos verlasse ich mich auf die Marke.
BT3
Der GTI ist eine "ehrliche" Marke.
BA1
Ich fühle mich gut, wenn ich einen GTI besitze.
BA2
Mein GTI macht mich glücklich.
BA3
Mein GTI macht mir Freude.
Tabelle 9: Indikatorvariablen von Markenvertrauen & Markenaffekt
1041
Vgl. Delgado-Ballester & Munuera-Alemán (2001), S. 1242 und 1254.
1042
Vgl. Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 82; Chaudhuri & Holbrook (2002), S. 37.
1043
Vgl. Hirschman & Holbrook (1982), S. 94; Westbrook (1987), S. 259; Branscombe (1988), S. 5; Erevelles (1998), S. 199.
1044
Vgl. Westbrook (1987), S. 260; Westbrook & Oliver (1991), S. 85.
1045
Vgl. Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 87. 173
E.) Persönlichkeit Für die Analyse der potenziellen Heterogenität der Brand CommunityMitglieder hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsstruktur wird die deutsche Version des „Big Five Inventory” (BFI) herangezogen. Diese erlaubt mit Hilfe einer relativ kurzen Skala die effiziente Erfassung der Persönlichkeit1046 und wurde in ihrer Originalversion von John und Srivastava entwickelt.1047 Der BFI basiert auf dem Fünf-Faktoren-Modell nach Costa & McCrae und umfasst, wie in Abschnitt 4.4 beschrieben, folgende Persönlichkeitsdimensionen: Extroversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus und Offenheit für Erfahrung.1048 Zur Abbildung der fünf Persönlichkeitseigenschaften werden in Summe 42 Items generiert, die alle der Operationalisierung von Lang, Lüdtke und Asendorpf1049 unverändert entnommen werden.
1046
Vgl. Lang et al. (2001), S. 111ff.
1047
Vgl. John & Srivastava (1990), S. 66ff.
1048
Vgl. Costa & McCrae (1992), S. 344ff.
1049
Vgl. Lang et al. (2001), S. 115.
174
Konstrukt
Kürzel
Item
Extro1
Ich sehe mich selbst als jemand, der aus sich herausgeht, gesellig ist.
Extro2
Ich sehe mich selbst als jemand, der gesprächig ist, sich gerne unterhält.
Extro3
Ich sehe mich selbst als jemand, der durchsetzungsfähig und energisch ist.
Extro4
Ich sehe mich selbst als jemand, der begeisterungsfähig ist, andere mitreißen kann.
Extro5
Ich sehe mich selbst als jemand, der voller Energie und Tatendrang ist.
Extro6
Ich sehe mich selbst als jemand, der eher zurückhaltend und reserviert ist.
Extro7
Ich sehe mich selbst als jemand, der manchmal schüchtern und gehemmt ist.
Extro8
Ich sehe mich selbst als jemand, der eher still und wortkarg ist.
Extroversion
Ver1 Ver2
Ich sehe mich selbst als jemand, der rücksichtsvoll und einfühlsam zu anderen ist. Ich sehe mich selbst als jemand, der hilfsbereit und selbstlos gegenüber anderen ist.
Ver3
Ich sehe mich selbst als jemand, der nicht nachtragend ist, anderen leicht vergibt.
Ver4
Ich sehe mich selbst als jemand, der anderen Vertrauen schenkt.
Ver5
Ich sehe mich selbst als jemand, der dazu neigt, andere zu kritisieren.
Ver6
Ich sehe mich selbst als jemand, der häufig in Streitereien verwickelt ist.
Ver7
Ich sehe mich selbst als jemand, der sich kalt und distanziert verhalten kann.
Ver8
Ich sehe mich selbst als jemand, der schroff und abweisend zu anderen sein kann.
Verträglichkeit
175
Gew1 Gew2
Gewissenhaftigkeit
Gew3
Ich sehe mich selbst als jemand, der Pläne macht und diese auch durchführt.
Gew4
Ich sehe mich selbst als jemand, der zuverlässig ist und gewissenhaft.
Gew5
Ich sehe mich selbst als jemand, der nicht aufgibt, ehe die Aufgabe erledigt ist.
Gew6
Ich sehe mich selbst als jemand, der leicht ablenkbar ist, nicht bei der Sache bleibt.
Gew7
Ich sehe mich selbst als jemand, der etwas achtlos sein kann.
Gew8
Ich sehe mich selbst als jemand, der bequem ist und zur Faulheit neigt.
Gew9
Ich sehe mich selbst als jemand, der dazu neigt, unordentlich zu sein.
Neuro1 Neuro2
Neurotizismus
Ich sehe mich selbst als jemand, der sich viele Sorgen macht. Ich sehe mich selbst als jemand, der leicht angespannt reagiert.
Neuro3
Ich sehe mich selbst als jemand, der leicht nervös und unsicher wird.
Neuro4
Ich sehe mich selbst als jemand, der deprimiert, niedergeschlagen ist.
Neuro5
Ich sehe mich selbst als jemand, der ruhig bleibt, selbst in angespannten Situationen ausgeglichen ist.
Neuro6
Ich sehe mich selbst als jemand, der nicht leicht aus der Fassung zu bringen ist.
Neuro7
Ich sehe mich selbst als jemand, der entspannt ist, sich durch Stress nicht aus der Ruhe bringen lässt.
Offen1 Offen2
Offenheit für Erfahrung
Ich sehe mich selbst als jemand, der Aufgaben gründlich erledigt. Ich sehe mich selbst als jemand, der tüchtig ist und flott arbeitet.
Ich sehe mich selbst als jemand, der erfinderisch und einfallsreich ist. ich sehe mich selbst als jemand, der originell ist, neue Ideen entwickelt.
Offen3
Ich sehe mich selbst als jemand, der künstlerische und ästhetische Eindrücke schätzt.
Offen4
Ich sehe mich selbst als jemand, der eine lebhafte Vorstellungskraft hat, fantasievoll ist.
Offen5
Ich sehe mich selbst als jemand, der gerne Überlegungen anstellt, mit Ideen spielt.
Offen6
Ich sehe mich selbst als jemand, der tiefsinnig ist, gern über Sachen nachdenkt.
Offen7
Ich sehe mich selbst als jemand, der sich gut in Musik, Kunst und Literatur auskennt.
Offen8
Ich sehe mich selbst als jemand, der vielseitig interessiert ist.
Offen9
Ich sehe mich selbst als jemand, der routinemäßige und einfache Aufgaben bevorzugt.
Offen10
Ich sehe mich selbst als jemand, der nur wenig künstlerische Interessen hat.
Tabelle 10: Indikatorvariablen der Persönlichkeitsfaktoren 176
Die Operationalisierung der latenten Konstrukte umfasst insgesamt 71 Items.
5.1.3
Stichprobe
Insgesamt haben sich 735 Brandfest-Besucher bereit erklärt, den schriftlichen Fragebogen zu beantworten. Von diesen konnten 662 für die weitere Analyse herangezogen werden. Der Verlust der Probanden erklärt sich aufgrund der Unvollständigkeit der ausgeschiedenen Fragebögen durch Auslassen einiger Fragen oder frühzeitigen Abbruch. Mehr als zwei Drittel der Befragten sind Männer, die restlichen 31,7% Frauen.
32% Frauen 68% Männer
n= 653
Abbildung 18: Verteilung der Stichprobe nach Geschlecht
In Bezug auf das Alter ist die Gruppe der 18-24-Jährigen mit 65% deutlich am stärksten vertreten, gefolgt von der Gruppe der 25-34-Jährigen mit 27%. Die weiteren Alterskategorien der 35-44-Jährigen umfassen 5,6%, die 45-54-Jährigen 0,9%, die 55-64-Jährigen 0,6%, die 65-74Jährigen 0,3% und die Probanden mit 75 Jahren oder darüber 0,9%.
177
75+
n= 650
0,9%
65-74
0,3%
55-64
0,6%
45-54
0,9%
35-44
5,7%
25-34
26,9%
18-24
64,6%
0,0%
5,0%
10,0%
15,0%
20,0%
25,0%
30,0%
35,0%
40,0%
45,0%
50,0%
55,0%
60,0%
65,0%
70,0%
Abbildung 19: Verteilung der Stichprobe nach Alter
Die Frage nach dem höchsten Bildungsabschluss zeigt auf, dass mehr als zwei Drittel der Brandfest-Teilnehmer eine Berufsausbildung ohne Matura aufweisen. So verfügen 6,6% über den Abschluss der Volksschule, 35,2% über eine abgeschlossene Lehre und 26,4% über einen Fachschulabschluss ohne Matura. 21,6% der Probanden haben eine höhere Schule mit Matura und 6,7% eine akademische Ausbildung absolviert.
Sonstiges
n= 656
3,5%
6,7%
Universität/(Fach-)/Hochschule
21,6%
höhere Schule mit Abitur
26,4%
Berufs-/Fachschule ohne Abitur
Lehre
35,2%
Volks-/Hauptschule
0,0%
6,6%
5,0%
10,0%
15,0%
20,0%
25,0%
30,0%
Abbildung 20: Verteilung der Stichprobe nach Ausbildungsgrad
178
35,0%
40,0%
Durchschnittlich haben die GTI-Liebhaber vor dem Brandfest im Jahr 2007 bereits vier Mal am GTI-Treffen in Kärnten teilgenommen. Nur 9% nehmen 2007 das erste Mal am GTI-Treffen teil, 18% partizipieren das zweite Mal, knapp 40% waren bereits 2-4 Mal bei diesem Brandfest. Weiters haben 28,4% das Event bereits 5-10 Mal zuvor besucht und 4,8% sind bereits mehr als 10 Mal zu dieser Veranstaltung an den Wörthersee gekommen.
11-25 Mal
n= 644
4,8%
28,4%
5-10 Mal
2-4 Mal
39,4%
1 Mal
18,2%
9,2%
0 Mal
0,0%
5,0%
10,0%
15,0%
20,0%
25,0%
30,0%
35,0%
40,0%
45,0%
Abbildung 21: Anzahl der bisherigen GTI-Brandfest-Teilnahme
Interessant sind auch die Investitionen, die GTI-Enthusiasten in den letzten zwölf Monaten vor dem Brandfest für ihr Auto getätigt haben: Durchschnittlich wurden 3.655 Euro für Ersatzteile oder Verbesserungen in das Automobil investiert.1050 Darüber hinaus verbringen die Markenfans durchschnittlich mehr als zehn Stunden pro Woche mit der Pflege, der Reparatur und insbesondere mit dem Tuning bzw. dem „Aufmotzen” des GTIs.1051 Und schließlich geben die Besucher des Brandfests an, dass nur 16,6% von ihnen als Mitglied in einem offiziellen GTI-Club registriert sind. 83,4% hingegen weisen keine offizielle Mitgliedschaft in einem solchen Club auf.
1050
Die Kosten für den Kraftstoff sind in diesem Betrag nicht enthalten.
1051
Die Zeit des Fahrens ist in diesem Wert nicht inkludiert. 179
17% Mitglied
83% Nicht-Mitglied n= 655
Abbildung 22: Mitgliedschaft in einem offiziellen GTI-Club
5.2 Statistische Analysen Das in Abschnitt 4.5 aufgestellte Modell und die abgeleiteten Hypothesen werden im Rahmen dieses Kapitels einem empirischen Test unterzogen. Zunächst gilt es aber, die Daten aufzubereiten und hinsichtlich ihrer Eignung für die Analyse zu prüfen.
5.2.1
Analyse der Datenmatrix
Die Analyse der Datenmatrix umfasst den Umgang mit fehlenden Werten, Daten auf Normalverteilung und manifeste Indikatorvariablen auf Multikorrinealität zu prüfen sowie Mittelwerte und die Standardabweichung der einzelnen manifesten Variablen zu dokumentieren.
Fehlende Werte in einem Datensatz entstehen, indem Probanden eine Frage nicht beantworten1052 oder es durch Datenfehler zu Datenausfällen kommt.1053 Die fehlenden Werte in einer Datenmatrix führen dazu, dass die entsprechenden Parameter im Modell nicht mehr geschätzt werden können, da die Analyse von Kovarianzstrukturen vollständige Matrizen be-
1052
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 151.
1053
Vgl. Schnell et al. (2005), S. 306ff.
180
dingt.1054 Zum Umgang mit fehlenden Werten stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung,1055 um die erforderte Vollständigkeit der Datenmatrix zu erhalten, werden fehlende Werte ersetzt. Die meisten Methoden, die hierfür angewandt werden können, setzen das zufällige Fehlen der Daten „Missing At Random” (MAR) oder „Missing Completely At Random” (MCAM) voraus.1056 Ist eine systematische Ursache der Grund für die fehlenden Werte, ist ein Ersatz nicht möglich.1057 Weiters ist darauf zu achten, dass der Anteil der fehlenden Werte „gering” ist und nur einen kleinen Teil der Gesamtdaten umfasst.1058 Im vorliegenden Datensatz beträgt der prozentuale Anteil an fehlenden Werten 0,6%1059 und ist damit als sehr gering einzustufen. Aus diesem Grund und wegen der großen Stichprobe können die fehlenden Werte im Datensatz ersetzt werden. Als Verfahren zum Ersetzen der fehlenden Werte kommt die multiple Imputation mit Hilfe der kostenlosen Software NORM1060 zur Anwendung, welche die einzufügenden Werte mittels des Expectation Maximation (EM) Algorithmuses berechnet.1061 Neben der Bedingung einer Stichprobe größer als 100,1062 der vollständigen Datenmatrix und daher auch dem Ausschluss von fehlenden Werten bei der Messung der latenten Konstrukte durch manifeste Indikatoren, stellt auch die multivariate Normalverteilung der manifesten Variablen 1054
Vgl. Skrondal & Rabe-Hesketh (2004), S. 14f.
1055
Für eine Übersicht der möglichen Verfahren vgl. z.B. Göthlich (2006), S. 137ff.; oder Decker & Wagner (2008), S. 63ff.
1056
Vgl. Schafer & Graham (2002), S. 151ff.; oder Decker & Wagner (2008), S. 66.
1057
Vgl. Byrne (2001), S. 288.
1058
Die Richtwerte für den maximal erlaubten Prozentanteil der fehlenden Werte variieren in der Literatur und beschreiben meist nur die Voraussetzung des geringen Anteils an fehlenden Werten. Vgl. z.B. Kline (2005), S. 52.
1059
Berechnet für die Messung der latenten Variablen nach der Relation der leeren Datenfelder zu allen Datenfeldern (vgl. Göthlich (2006), S. 136).
1060
Vgl. Schafer (1999), o. S.
1061
Vgl. Schafer & Graham (2002), S. 165 u. 168.
1062
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 371. 181
eine Voraussetzung für die Durchführung von Strukturgleichungsmodellen mit dem Schätzmodus Maximum Likelihood dar.1063 Ist die Bedingung der Multinormalverteilung und jene der großen Stichprobe erfüllt, liefert die Maximum Likelihood-Methode die präzisesten Schätzergebnisse.1064 Die Überprüfung auf Normalverteilung der Daten kann zunächst univariat, beispielsweise mittels der grafischen Darstellung eines Histogramms oder dem Kolmogorov-Smirnov-Test, erfolgen. Eine weitere Möglichkeit zur Überprüfung auf Normalverteilung stellt die Analyse der Schiefe (Skewness) und Exzess (Kurtosis) dar.1065 Das Programm AMOS 7.0 bietet sowohl die Ausgabe der Schiefe und Kurtosis für jede einzelne Variable als auch multivariat. Um die Normalverteilung der Daten zu bestätigen, gilt es die Richtwerte der Schiefe < 3 und Exzess < 8 einzuhalten.1066 Tabelle 11 stellt die Ergebnisse der Prüfung auf Normalverteilung anhand der Schiefe und Exzess dar.
1063
Vgl. Byrne (2001), S. 267; Blunch (2008), S. 225.
1064
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 371.
1065
Vgl. Bühl (2008), S. 118f., 337f. u. 129.
1066
Vgl. Kline (2005), S. 49f.
182
Variable Info1 Info2 Info3 Info6 Social1 Social2 Social3 Enter1 Enter2 Enter3 IMG4 IMG3 IMG2 IMG1 BT3 BT2 BT1 BA1 BA2 BA3 BLOY4 BLOY3 BLOY2 BLOY1 Multivariat
Schiefe
Exzess
0,084 0,203 0,038 0,112 0,127 0,336 0,138 -0,739 -1,463 -1,481 -0,197 -0,226 -0,024 -0,115 -0,279 -0,242 -0,318 -0,151 -0,143 -0,226 0,059 0,155 0,005 0,057
-1,154 -1,021 -1,246 -1,197 -1,303 -1,179 -1,376 -0,687 1,103 1,002 -0,896 -0,921 -0,995 -0,97 -0,971 -1,127 -1,112 -1,15 -1,278 -1,31 -1,201 -1,314 -1,148 -1,256 198,627
Tabelle 11: Prüfung auf Normalverteilung
Der Wert in der letzten Zeile weist zwar darauf hin, dass die Daten der Voraussetzung der multivariaten Normalverteilung nicht gerecht werden, die einzelnen Variablen hingegen liegen deutlich innerhalb der vorgegebenen Richtwerte. Aus diesem Grund werden die Daten dennoch als ausreichend normalverteilt akzeptiert und können für die weiteren Analysen herangezogen werden.
Die Analyse hinsichtlich Multikollinearität testet, ob zwei oder mehrere manifeste Indikatorvariablen sehr hoch miteinander korrelieren. Dies würde eine Redundanz in den Daten bedeuten, da sich die vorhandene Information nicht mehr eindeutig den Variablen zuordnen lässt.1067 Aus diesem Grund darf der Pearson’sche Korrelationskoeffizient den Wert 0,85 nicht
1067
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 89ff. 183
überschreiten.1068 Der vorliegende Datensatz wurde mittels bivariater Korrelationsanalyse auf Multikollinearität überprüft und es konnte festgestellt werden, dass kein Variablenpaar derart hoch miteinander korreliert.
Vollständigkeitshalber dokumentiert die Tabelle 12 schließlich die Mittelwerte und die entsprechende Standardabweichung der manifesten Indikatorvariablen, welche die latenten Konstrukte messen.
Item Info1 Info2 Info3 Info4 Info5 Info6 Info7 Social1 Social2 Social3 Social4 Enter1 Enter2 Enter3 Enter4 IMG1 IMG2 IMG3 IMG4 BT1 BT2 BT3 BA1 BA2 BA3 BLOY1 BLOY2 BLOY3 BLOY4
Mittelwert 2,88 2,72 2,89 3,26 2,82 2,85 3,59 2,84 2,60 2,79 2,27 3,74 4,23 4,20 3,81 3,09 3,00 3,15 3,17 3,34 3,27 3,33 3,11 3,10 3,19 2,93 2,94 2,81 2,91
Standardabweichung 1,37 1,33 1,40 1,37 1,34 1,40 1,36 1,46 1,42 1,49 1,40 1,36 1,17 1,24 1,30 1,31 1,32 1,29 1,28 1,41 1,40 1,34 1,42 1,48 1,50 1,44 1,40 1,47 1,43
Tabelle 12: Deskriptive Analyse der manifesten Indikatorvariablen
1068
184
Vgl. Bühner (2004), S. 208.
5.2.2
Analyse der latenten Konstrukte
Das Forschungsmodell wurde theoretisch umfangreich abgeleitet und weist einen Begründungszusammenhang auf.1069 Daher ist dieses als konfirmatorisch zu beschreiben und entsprechend die Übereinstimmung des Modells mit den Daten zu testen.1070 Für die Wahl der konfirmatorischen Faktorenanalyse spricht auch, dass die einzelnen latenten Variablen in der bestehenden Literatur bereits detailliert konzeptualisiert wurden und die Operationalisierung der Konstrukte durch standardisierte, validierte Messskalen erfolgt. Eine exploratorische Faktorenanalyse wäre also nicht erforderlich, aber um das klassische Vorgehen bei empirischen Analysen einzuhalten,1071 wird diese dennoch vollständigkeitshalber vorab durchgeführt, mit dem Ziel, Faktorstrukturen aufzudecken.1072 Zusätzlich werden in diesem Abschnitt Analyse der latenten Variablen auch die Ergebnisse der Reliabilitätsanalyse dokumentiert.
Im Rahmen der exploratorischen Faktorenanalyse erfolgt in einem ersten Schritt die Extraktion der Faktoren für die drei Motive Information Value, Social Enhancement Value und Entertainment Value. Die Faktoren werden anhand der Varimax-Methode rotiert, welche eine orthogonale Rotation darstellt und voraussetzt, dass die Faktoren untereinander nicht korrelieren.1073 Dies wurde im Abschnitt 4.1 auch theoretisch dargelegt. Die nachfolgende Tabelle 13 stellt zunächst das Ergebnis für den KaiserMeyer-Olkin-Koeffizienten dar, welcher die Eignung der Variablenauswahl für eine Faktorenanalyse prüft.1074
1069
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 330.
1070
Vgl. Bühner (2004), S. 151.
1071
Vgl. Homburg & Giering (1996), S. 12.
1072
Vgl. Bühl (2008), S. 510.
1073
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 318.
1074
Vgl. Blunch (2008), S. 53. 185
KMO and Bartlett’s Test Kaiser-Meyer-Olkin Measure of Sampling Adequacy Bartlett’s Test of Spericity
,876
Approx. Chi-Square
5598,614
df Sig.
105 ,000
Tabelle 13: Kaiser-Meyer-Olkin-Koeffizient der exogenen Faktoren
Mit einer Ausprägung von 0,876 ist das Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium als gut einzuschätzen (akzeptabel > 0,5; gut > 0,8; sehr gut > 0,9).1075 Der Bartlett-Test ist signifikant, was eine Korrelation der Variablen vermuten lässt. Das Ergebnis ist allerdings zu relativieren, da dies bei einer hohen Stichprobe wahrscheinlicher ist.1076 Die Variablenauswahl wird damit als geeignet deklariert. Die Tabelle 14 stellt die rotierte Komponentenlösung der exploratorischen Faktorenanalyse dar.
Rotated Component Matrix Item 1 Info5 Info4 Info6 Info3 Info7 Info1 Info2 Social2 Social4 Social3 Social1 Enter3 Enter4 Enter2 Enter1
Component 2
3
0,741 0,738 0,723 0,692 0,674 0,659 0,659 0,875 0,848 0,813 0,795 0,911 0,899 0,811 0,640
Tabelle 14: Exploratorische Faktorenanalyse der exogenen Faktoren
1075
Vgl. Kaiser (1970), Kaiser & Rice (1974), S. 111ff.
1076
Vgl. Bühner (2004), S. 171.
186
Alle Indikatorvariablen laden auf dem ihnen zugewiesenen Faktor und auch aufgrund der Höhe der Ladungen entsprechen alle Indikatoren deutlich den Vorgaben von höher als 0,4.1077
Nach der erfolgreichen Durchführung der exploratorischen Faktoranalyse für die exogenen Motiv-Konstrukte, erfolgt diese nun für die endogenen latenten Variablen. Aufgrund der theoretischen Konzeptualisierung der einzelnen Konstrukte und ihrer Operationalisierung wird die Anzahl der zu extrahierenden Faktoren auf vier (Informelle Mitgliedschaft, Markenloyalität, Markenvertrauen, Markenaffekt) beschränkt. Die Überprüfung des Kaiser-Meyer-Olkin-Koeffizienten weist mit einer Ausprägung von 0,934 auf eine sehr gut geeignete Variablenauswahl für die Abbildung der Faktoren hin (siehe Tabelle 15).
KMO and Bartlett’s Test Kaiser-Meyer-Olkin Measure of Sampling Adequacy Bartlett’s Test of Spericity
,934
Approx. Chi-Square
8532,36
df Sig.
91 ,000
Tabelle 15: Kaiser-Meyer-Olkin-Koeffizient der endogenen Faktoren
Die Ergebnisse der rotierten Komponentenanalyse der manifesten Variablen zur Messung der endogenen Konstrukte werden in Tabelle 16 dargestellt. Die Ladungen der Indikatoren auf den jeweiligen Faktor übersteigen auch hier deutlich die Grenze von 0,4.
1077
Vgl. Homburg & Giering (1996), S. 8. 187
Rotated Component Matrix Item
Component 2 3
1 IMG2 IMG3 IMG1 IMG4 BLOY3 BLOY4 BLOY2 BLOY1 BT1 BT2 BT3 BA3 BA2 BA1
4
0,87 0,82 0,80 0,77 0,82 0,79 0,77 0,77 0,83 0,81 0,76 0,81 0,81 0,65
Tabelle 16: Exploratorische Faktorenanalyse der endogenen Faktoren
Anschließend an die exploratorische Faktorenanalyse wird eine Reliabilitätsanalyse der Indikatorvariablen, die einen Faktor messen, durchgeführt. Ein Maß für die Überprüfung der internen Konsistenz der Indikatoren eines Faktors stellt Cronbach’s Alpha dar.1078 Ab einem Mindestwert von 0,7 ist die Reliablität als akzeptabel anzusehen.1079 Neben der Ausgabe des Reliabilitätskoeffizienten Cronbach’s Alpha, bietet SPSS zusätzlich auch die Ausgabe des Trennschärfekoeffizienten unter der Bezeichnung „korrigiere Item-Skala-Korrelation”.
1080
Diese Spalte und die äußerste
rechte Spalte „Cronbach’s Alpha, wenn Item weggelassen” geben an, wann Items eliminiert werden sollten, damit der Reliabilitätskoeffizient verbessert werden kann.1081 Im Fall der exogenen Konstrukte trifft dies auf zwei Items zu: Social4 und Enter4. Beide Indikatoren werden daher ausgeschlossen. Sowohl für die exogenen als auch für die endogenen Konstrukte überschreitet Cronbach’s Alpha deutlich den empfohlenen Min-
1078
Vgl. Homburg & Giering (1996), S. 8.
1079
Vgl. Nunnally (1978), S. 245.
1080
Vgl. Bühl (2008), S. 506.
1081
Vgl. Churchill (1979), S. 68.
188
destwert. Die Ausprägungen des Reliabilitätskoeffizienten werden in der Tabelle 17 zusammengefasst.
Im Gegensatz zur exploratorischen Faktorenanalyse überprüft die konfirmatorische Faktorenanalyse die den Indikatoren zugrunde liegende Faktorenstruktur anhand von a priori formulierten Hypothesen.1082 Darüber hinaus stellt die konfirmatorische Faktorenanalyse eine Spezialform der Strukturgleichungsanalysen dar,1083 welche auf empirisch gemessenen Varianzen und Kovarianzen der manifesten Indikatoren beruht und durch die Schätzung der Parameter Rückschlüsse auf die Abhängigkeitsbeziehung zwischen latenten Konstrukten ermöglicht.1084 Die konfirmatorische Faktorenanalyse ist also eine Methode „zur formalen Darstellung der Messung komplexer Konstrukte durch Indikatoren und zur gleichzeitigen Gütebeurteilung dieser Messung”.1085 Aufgrund der Berechnung der konfirmatorischen Faktorenanalyse werden weitere drei Indikatorvariablen ausgeschlossen: Info4, Info5 und Info7. Der Grund für diese Eliminierung ergibt sich aus einer zu niedrigen Indikatorreliabilität (Richtwert > 0,51086). Das Item Enter1 liegt mit einer Indikatorreliabilität von 0,48 ebenfalls unter dem empfohlenen Richtwert, aber aufgrund der sehr geringen Unterschreitung wird diese manifeste Variable dennoch für weitere Analysen herangezogen. Alle anderen Indikatorvariablen entsprechen den Richtwerten der Indikatorreliabilität und erfüllen auch den Signifikanztest der Faktorladungen und somit die Konvergenzvalidität.1087 Diese fordert einen tWert von mindestens 1,645,1088 welcher bei allen Indikatoren deutlich überschritten wurde. Die Ergebnisse der lokalen Gütekriterien der konfir1082
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 330.
1083
Vgl. Kline (2005), S. 63ff.
1084
Vgl. Bühner (2004), S. 197ff.
1085
Homburg et al. (2008), S. 273.
1086
Vgl. Bagozzi & Yi (1988), S. 79; Homburg & Baumgartner (1995), S. 170.
1087
Die Konvergenzvalidität fordert, dass die Faktorladungen ausreichend hoch sind und sich signifikant von Null unterscheiden. Vgl. Hildebrandt (1984), S. 46.
1088
Vgl. Homburg & Giering (1996), S. 11. 189
matorischen Faktorenanalyse werden gemeinsam mit der Reliabilitätsanalyse und der exploratorischen Faktorenanalyse in der Tabelle 17 zusammengefasst.
EFA
KFA
Cronbach’s Alpha
Indikatorreliabilität
Standardisierte Faktorladung
t-WertLadung
Faktorreliabilität
DEV
0,66 0,66 0,69 0,74 0,74 0,72 0,67
0,86
0,56 0,56 0,52 0,37 0,42 0,52 0,37
0,75 0,75 0,72 0,61 0,65 0,72 0,60
17,848*** 18,070*** --14,466*** 15,434*** 16,835*** 14,600***
0,83
0,55
Social1 Social2 Social3 Social4
0,80 0,88 0,81 0,85
0,90
0,76 0,81 0,71 ---
0,87 0,90 0,84 ---
--30,169*** 27,430 ---
0,90
0,76
Entertainment Value
Enter1 Enter2 Enter3 Enter4
0,81 0,91 0,90 0,64
0,87
0,48 0,82 0,84 ---
0,69 0,91 0,92 ---
20,356*** 27,559*** -----
0,87
0,69
Informelle Mitgliedschaft
IMG1 IMG2 IMG3 IMG4
0,80 0,87 0,82 0,77
0,91
0,63 0,72 0,78 0,65
0,79 0,85 0,88 0,81
--27,369*** 23,641*** 21,739***
0,91
0,73
Markenvertrauen
BT1 BT2 BT3
0,83 0,81 0,76
0,93
0,74 0,85 0,82
0,86 0,92 0,91
--40,279*** 28,685***
0,92
0,80
Markenaffekt
BA1 BA2 BA3
0,65 0,81 0,81
0,93
0,74 0,89 0,84
0,86 0,94 0,91
32,291*** 42,086*** ---
0,93
0,82
Markenloyalität
BLOY1 BLOY2 BLOY3 BLOY4
0,77 0,77 0,82 0,79
0,91
0,63 0,78 0,72 0,75
0,79 0,88 0,85 0,87
--25,783*** 24,619*** 25,112***
0,91
0,73
Faktor
Items
Faktorladung
Information Value
Info1 Info2 Info3 Info4 Info5 Info6 Info7
Social Enhancement Value
Tabelle 17: Lokale Gütemaße der Messmodelle
Die Tabelle 18 stellt schließlich die Überprüfung der Diskriminanzvalidität dar. Diese fordert, dass der Erklärungsgehalt der latenten Variable größer ist als die höchste Interkorrelation mit einer anderen latenten Variable im Modell1089 und es somit möglich ist, einzelne Konstrukte zuverlässig voneinander abzugrenzen.
1089
190
Vgl. Fornell & Larcker (1981), S. 41ff.
Information Value Social Enhancement Value Entertainment Value Informelle Mitgliedschaft Markenvertrauen Markenaffekt Markenloyalität
Info
Social
Enter
IMG
BT
BA
BLOY
0,744 0,686 0,105 0,581 0,406 0,444 0,391
0,870 0,075 0,531 0,338 0,430 0,426
0,831 0,302 0,259 0,188 0,152
0,852 0,663 0,627 0,628
0,893 0,785 0,732
0,906 0,761
0,854
Tabelle 18: Diskriminanzvalidität
Der Erklärungsgehalt der latenten Variable wird in der Diagonalen mittels der Wurzel aus der durchschnittlich erklärten Varianz dargestellt und es ist ersichtlich, dass für alle Konstrukte die Diskriminanzvalidität eingehalten wird. Somit ist die Beziehung zwischen Items, die einem Faktor zugeordnet sind, stärker ausgeprägt, als die Beziehung zwischen Items, die unterschiedliche Faktoren messen,1090 da die Korrelationen zwischen den latenten Variablen einen geringeren Wert aufweist als die Wurzel aus der durchschnittlich erfassten Varianz.1091
5.2.3
Strukturgleichungsmodellierung: Modell-Fit
Wie bereits im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse dargelegt, ermöglicht die Strukturgleichungsmodellierung die Analyse von komplexen Zusammenhängen von latenten Variablen, so genannte Kausalitäten. Dabei vereint die Strukturmodellierung zwei statistische Ansätze, die Faktorenanalyse und die Pfadanalyse, und stellt die komplexen Beziehungen zwischen den involvierten Konstrukten mittels simultaner Berechnung der Zusammenhänge dar.1092 Neben der Besonderheit der simultanen Berechnung der Kausalitäten zwischen latenten Variablen unterscheidet sich die
1090 1091
Vgl. Bagozzi (1980), S. 13f. Das Heranziehen der Wurzel aus der durchschnittlichen Varianz erfolgt aufgrund der einfacheren Durchführung. Die Gegenüberstellung dieser Zahl mit den Korrelationen der latenten Variablen ist aber aus mathematischer Sicht völlig gleichzustellen, wie jene Gegenüberstellung der quadrierten Korrelationen der latenten Variablen und der durchschnittlich erfassten Varianz (Vgl. Fornell & Larcker (1981), S. 41ff.).
1092
Vgl. Kaplan (2000), S. 1ff. 191
Strukturgleichungsmodellierung zusätzlich durch die Berücksichtigung von Messfehlern von anderen statistischen Verfahren (z.B. multiple Regressionsanalyse).1093 Ein vollständiges kausalanalytisches Modell setzt sich aus dem Messmodell und dem Strukturmodell zusammen.1094 Das Strukturmodell beschreibt die kausalen Zusammenhänge zwischen den latenten Konstrukten und damit den Einfluss der exogenen (unabhängigen) Variablen auf die endogenen (abhängigen) Variablen.1095 Das Messmodell wird unterteilt in das Messmodell für die latenten endogenen Konstrukte und jenes für die latenten exogenen Konstrukte. Die Messmodelle weisen den latenten Konstrukten manifeste Indikatoren zu, um die nicht beobachtbaren Variablen möglichst gut abzubilden.1096 Ein Strukturgleichungsmodell ermöglicht somit die Analyse von komplexen Kausalitäten zwischen mehreren latenten Konstrukten, die mittels manifesten Indikatorvariablen gemessen werden.1097 Das Hypothesenmodell, das mittels der Strukturgleichungsmodellierung hinsichtlich der Passung mit den empirischen Daten geprüft werden soll, wurde im Abschnitt 4.5 konzeptualisiert und auch grafisch dargestellt. Die Überprüfung der hypothetisierten Kausalitäten erfolgt anhand des Programms AMOS 7. Die Abbildung 23 stellt das spezifizierte Eingabemodell dar, welches zur Messung der latenten Variablen nur noch jene Indikatoren enthält, welche die oben angeführten Reliabilitätskriterien ausreichend erfüllen.
1093
Vgl. Byrne (2001), S. 7.
1094
Vgl. Homburg & Giering (1996), S. 9.
1095
Vgl. Blunch (2008), S. 5 u. 77.
1096
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 340f.
1097
Vgl. Jöreskog & Sörbom (1982), S. 404.
192
e1 e2 e3 e4
1
Info1 e15
1
Info2
1
Info3
1
1
Information Value
e16
e17
1
1
1
BT1
BT2
BT3
1
Info6 e11
e12 1
1
IMG1
IMG2
e13 1
IMG3
e14 1
Markenvertrauen
IMG4 1
e27
1 e5 e6 e7
1 1 1
e26
Social1 Social2
1
1
Social Enhancement Value
BLOY1 BLOY2
Informelle Mitgliedschaft
Social3
1
Markenloyalität BLOY3
1
BLOY4
e28
e25
1 1 1 1
e21 e22 e23 e24
1
e8 e9 e10
1 1 1
Markenaffekt Enter1
Entertainment Value
Enter2 Enter3
1
1
BA1
BA2
BA3
1
1
1
e15
e16
e17
Abbildung 23: Modellspezifikation in AMOS 7
Für die Parameterschätzung stehen mehrere Methoden zur Auswahl.1098 Die Maximum-Likelihood-Methode stellt eine der heute wahrscheinlich am häufigsten angewandten Methoden dar und kann als Standard empfohlen werden.1099 Parameter, die mittels der Maximum-Likelihood Methode geschätzt werden, „are the values that have the largest probability of producing the covariance or correlation matrix on which the estimation is based.”1100 Für die Schätzung des spezifizierten Modells wird in dieser Arbeit daher der Schätzalgorithmus der Maximum-Likelihood-Methode angewandt.
Vor der Darstellung der Ergebnisse der Strukturgleichungsmodellierung wird der globale Modell-Fit analysiert,1101 welcher angibt, in welchem
1098
Vgl. Bentler & Bonett (1980), S. 590ff.
1099
Vgl. Bühner (2004), S. 200f.
1100
Blunch (2008), S. 70.
1101
Auf den lokalen Fit wird an dieser Stelle nicht mehr eingegangen, da dieser bereits im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse behandelt wurde. Diese Erkenntnisse fließen daher nur mehr in die Tabelle 20 ein, in der die lokalen und globalen Gütemaße zusammengefasst werden. 193
Ausmaß das spezifizierte Modell zu den Daten passt. Die meisten Gütemaße sind deskriptiver Natur, der F²-Test hingegen prüft die Signifikanz1102 und stellt, wie auch der Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA)
ein
inferenzstatistisches
Gütekriterium
dar.1103
Der
F²-
Anpassungstest per se weist allerdings einige Schwachstellen auf und lehnt beispielsweise bei größeren Stichproben beinahe jedes Modell ab.1104 Der RSMEA ist als inferenzstatistisches Gütekriterium vorzuziehen. Als deskriptives Gütekriterium, nach Standardisierung mit der Anzahl der Freiheitsgrade, ist das Ergebnis des F²-Tests aber gut anwendbar.1105 Ebenfalls deskriptiv, zählen der Goodness of Fit (GFI) Index und der Adjusted Goodness of Fit Index (AGFI) zu den bekanntesten globalen Gütekriterien.1106 Diese beiden Gütekriterien geben über die Höhe, der im Modell erklärten Varianz, Auskunft.1107 Weitere globale Gütekriterien stellen die inkrementellen Anpassungsmaße dar. Diese basieren auf dem Vergleich von zwei Modellen: „The basic idea of comparison indices is that the fit of a model of interest is compared to the fit of some baseline model.”1108 Der Normed Fit Index (NFI),1109 der auch hinsichtlich Stichprobengrößen robuste Tucker-Lewis-Index (TLI)1110 oder der Comparative Fit Index (CFI)1111 können für die Analyse der inkrementellen Anpassungsgüte herangezogen werden. Alle soeben dargelegten globalen Gütemaße haben gewisse Richtwerte zu erfüllen, damit das entwickelte Hypothesenmodell zu den empirischen Daten passend deklariert werden kann. Die Tabelle 19
1102
Vgl. Schermelleh-Engel et al. (2003), S. 31.
1103
Vgl. Homburg & Baumgartner (1995), S. 166.
1104
Vgl. Marsh et al. (1988), S. 391.
1105
Vgl. Jöreskog & Sörbom (1982), S. 408.
1106
Vgl. Hansmann & Ringle (2003), S. 72.
1107
Vgl. Homburg & Baumgartner (1995), S. 171.
1108
Vgl. Schermelleh-Engel et al. (2003), S. 39.
1109
Vgl. Bentler & Bonett (1980), S. 588ff.
1110
Vgl. Tucker & Lewis (1973), S. 5ff.
1111
Vgl. Bentler (1990), S. 238ff.
194
fasst die in der Literatur empfohlenen Anforderungen an die globalen Gütekriterien zusammen.
Gütekriterium
Anspruchsniveau
F²/df p RMSEA GFI AGFI NFI TLI CFI
2,5 - 3 0,05 0,05 - 0,08 0,90 0,90 0,95 0,95 0,95
Tabelle 19: Globale Gütekriterien für die Modellbeurteilung1112
Die Tabelle 20 gibt einen Überblick über den globalen und lokalen ModellFit anhand der errechneten Gütekriterien für das untersuchte Brand Community-Basismodell.
1112
Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Browne & Cudeck (1993), S. 136ff.; Homburg & Baumgartner (1995), S. 169ff.; Homburg & Giering (1996), S. 13. 195
Globale Gütekriterien 2
F /df
p
RMSEA
GFI
AGFI
NFI
TLI
CFI
2,481
0,000
0,048
0,950
0,933
0,961
0,972
0,976
Lokale Gütekriterien Faktor
Items
Unstand. Faktorladung
Indikatorreliabilität
t-WertLadung
Faktorreliabilität
DEV
Information Value
Info1 Info2 Info3 Info6
1,08 1,10 1 0,98
0,60 0,68 0,49 0,47
17,848*** 18,070*** --16,835***
0,83
0,55
Social Enhancement Value
Social1 Social2 Social3
1 1,01 0,99
0,76 0,81 0,71
--30,169*** 27,430***
0,90
0,76
Entertainment Value
Enter1 Enter2 Enter3
0,82 0,93 1
0,48 0,82 0,84
20,356*** 27,559*** ---
0,87
0,69
Informelle Mitgliedschaft
IMG1 IMG2 IMG3 IMG4
1 1,09 1,05 0,93
0,63 0,72 0,78 0,65
--27,369*** 23,641*** 21,739***
0,91
0,73
Brand Loyalty
BLOY1 BLOY2 BLOY3 BLOY4
1 1,08 1,09 1,08
0,63 0,78 0,72 0,75
--25,783*** 24,619*** 25,112***
0,91
0,73
Tabelle 20: Lokaler und Globaler Modell-Fit des Basismodells
Das Verhältnis des F²-Wertes (317,610) zur Anzahl der Freiheitsgrade (128) mit einem Wert von 2,481 entspricht den Anforderungen und liegt sogar unter der strengen Grenze von 2,5. Der RMSEA erfüllt mit einer Ausprägung von 0,047 ebenfalls den strengeren Richtwert und sagt aus, dass das untersuchte Modell bis auf 4,8% unerklärte Varianz die Realität sehr gut approximiert.1113 Die inferenzstatistischen Testergebnisse sind daher als zufriedenstellend einzustufen. Die deskriptiven globalen Gütemaße GFI und AGFI entsprechen deutlich den Vorgaben und messen beide über 0,9. Dies kann folgendermaßen interpretiert werden: Das spezifizierte Modell erklärt 95% (GFI) bzw. 93% (AGFI) der Varianz und entspricht damit einem sehr guten Modell-Fit. Schließlich weisen auch die inkrementellen Fit-Indicies NFI, TLI und CFI sehr gute Maße auf, da alle drei Gütekriterien über die vorgegebene, strenge Grenze von 0,95 steigen. Dies 1113
196
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 381f.
bedeutet, dass das spezifizierte Modell in der Lage ist, im Vergleich zu einem Null-Modell („independence model“), 96%-97% mehr zu erklären.1114 Die lokalen Fit-Werte sind einerseits der Vollständigkeit halber und andererseits aufgrund der leicht veränderten Ergebnisse der Indikatorreliabilität, durch die Eliminierung von drei Indikatorvariablen aufgrund der Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse, nochmals dargestellt. Die Diskussion dieser Werte wurde bereits durchgeführt und wird daher an dieser Stelle nicht mehr näher darauf eingegangen.
5.3 Diskussion der Ergebnisse Nach der Evaluation der lokalen und globalen Gütekriterien des spezifizierten
Modells
werden
nun
die
Ergebnisse
des
Brand
Community-
Basismodells, welches die Abbildung 24 veranschaulicht, betrachtet. Dabei ist zu beachten, dass in dieser graphischen Darstellung die standardisierten Faktorladungen der Messmodelle und auch die standardisierten Regressionspfade des Strukturmodells abgebildet sind.
1114
Vgl. z.B. Bentler (1990), S. 238ff. 197
Information Value ,38***
,69***
,11**
Social Enhancement Value
,26***
Informelle Mitgliedschaft R²=,43
,63***
Markenloyalität R²=,40
,07* ,24*** Entertainment Value
Abbildung 24: Brand Community-Basismodell
Alle drei Motive, Information Value, Social Enhancement Value und Entertainment Value, wirken sich positiv auf die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities aus, womit die Hypothesen H1a, H1b und H1c bestätigt werden. Demnach fühlen sich jene Markenfans stärker der Brand Community zugehörig, für die der Informationsaustausch, die Anerkennung durch Gleichgesinnte und der Unterhaltungswert des Brandfest eine wesentliche Rolle spielen. Die Regressionskoeffizienten können mit 0,39 für Information Value, 0,25 für Social Enhancement Value und 0,24 für Entertainment Value als mittelstarker Effekt beschrieben werden. Alle drei Motive gemeinsam erklären allerdings mit 44% einen durchaus hohen Anteil der Varianz der informellen Mitgliedschaft. Betrachtet man in einem weiteren Schritt die Auswirkungen der informellen Mitgliedschaft in Brand Communities, wirkt sich diese, der Hypothese H2 entsprechend, positiv auf die intendierte Markenloyalität aus und erhöht diese. Mit einem Regressionskoeffizienten von 0,63 ist der direkte Einfluss der informellen Mitgliedschaft auf die intendierte Markenloyalität als sehr hoch einzustufen
198
und entspricht damit vollständig der theoretischen Argumentation.1115 Darüber hinaus erklärt die einzelne Prädiktorvariable informelle Mitgliedschaft bereits den hohen Varianzanteil der intendierten Markenloyalität von 40%. Das Gefühl der Zugehörigkeit bzw. die Identifikation mit den anderen Markenfans sind daher maßgeblich für die Steigerung der Markenloyalität.
Um die Vollständigkeit der Datendokumentation einzuhalten, sollte die Korrelation zwischen den einzelnen Motiven nicht undiskutiert bleiben. Wie aus der Abbildung 24 ersichtlich, korreliert das Motiv Entertainment Value nur sehr schwach mit dem Motiv des Informationsaustauschs (r=0,11) und dem Wunsch nach Wertschätzung durch Dritte (r=0,07). Dieser Zusammenhang kann mit der ähnlichen Ausrichtung beider Konstrukte erklärt werden, die jeweils darauf abzielen, den Grund bzw. die Motivation der Mitglieder für die Teilnahme in einer Brand Community positiv zu erklären.1116 Zwischen den Motiven Information Value und Social Enhancement Value liegt allerdings eine relativ hohe Korrelation von 0,69 vor, die darüber hinaus einer weiteren Diskussion bedarf. Zwar werden diese beiden Motive in der Literatur voneinander abgegrenzt und unterschiedlich operationalisiert. Die Analyse der Diskriminanzvalidität zeigt auf, dass die Messindikatoren der beiden Konstrukte voneinander abweichen,1117 und diese somit erfüllt wird. Inhaltlich bzw. hinsichtlich der Konzeptualisierung der beiden Konstrukte gibt es aber Ähnlichkeiten, die Gründe für die relativ hohe Korrelation darstellen können. Wie in Abschnitt 4.1 erläutert, beschreibt das Motiv Social Enhancement den Wunsch nach Akzeptanz und sozialer Anerkennung durch gleichgesinnte Markenfans,1118 die Erfüllung
1115
Vgl. hierzu die Abschnitte 4.3 und 4.5.
1116
Vgl. Morandin et al. (2005), S. 17ff.
1117
Vgl. Bagozzi & Phillips (1982), S. 469.
1118
Vgl. Baumeister (1998), S. 689ff.; Hars & Ou (2001), S. 4; Hars & Ou (2002), S. 30; Dholakia & Bagozzi (2003), S. 257; Dholakia et al. (2004), S. 244. 199
dieses Motivs kann nur mittels sozialer Interaktion erfolgen,1119 beispielsweise indem die anderen Brand Community-Mitglieder einen selbst als Markenexperten wahrnehmen1120 und ein anerkennendes Feedback abgeben.1121 Das Motiv Information Value beschreibt den Austausch von Informationen in Brand Communities. Dies inkludiert sowohl das Suchen nach als auch das Verbreiten von Informationen.1122 Verbreiten Markenenthusiasten Informationen (z.B. Wissen über eine Möglichkeit der Verbesserung des Markenprodukts), werden diese von anderen, gleichgesinnten Markenfans als Experten wahrgenommen, und sie sind ihnen dankbar (z.B. für die Hilfe bei der Lösung von Problemen mit dem Markenprodukt). Dies führt zu Respekt und Anerkennung. Darüber hinaus stellen beide Konstrukte Community-bezogene Motive dar.1123 Die Korrelation zwischen den beiden Motiv-Konstrukten Information Value und Social Enhancement Value ist daher inhaltlich nachvollziehbar.
Das Brand Community-Basismodell in Abbildung 24 zeigt, dass ein starker positiver Einfluss der informellen Mitgliedschaft in Brand Communities auf die intendierte Markenloyalität vorliegt. Damit wird belegt, dass die Verhaltensintentionen von Konsumenten aufgrund ihrer Interaktionen mit Gleichgesinnten und dem Zugehörigkeitsgefühl zu dieser Bezugsgruppe beeinflusst werden. Dies entspricht gleichzeitig einem der drei wesentlichen Merkmale einer Brand Community, dem Gemeinschaftsgefühl,1124 und es kann daher festgehalten werden, dass Brand Communities zu einer höheren Markenloyalität ihrer Mitglieder führen. Darüber hinaus wirken auch die individuellen Motive für die Teilnahme an einer Brand Community bzw. einem Brandfest indirekt auf die intendierte Markenloyalität.
1119
Vgl. Sicilia & Palazón (2008), S. 264.
1120
Vgl. Hennig-Thurau et al. (2004), S. 43; Mühlenbeck & Skibicki (2007), S. 43.
1121
Vgl. Schau & Gilly (2003), S. 393; Kaul & Steinmann (2008), S. 99.
1122
Vgl. Dholakia & Bagozzi (2003), S. 255; Dholakia et al. (2004), S. 244.
1123
Vgl. Popp et al. (2008), S. 3f.
1124
Vgl. Erläuterungen im Abschnitt 2.1 oder z.B. Muniz Jr & O'Guinn (2001), S. 412ff.
200
5.4 Mediatoreffekte Wie bereits im Abschnitt 4.3 detailliert erläutert, stellt Markenloyalität ein komplexes Phänomen dar, das von mehreren Einflussfaktoren geprägt wird.1125 Aus diesem Grund gilt es zu überprüfen, ob der direkte Einfluss der informellen Mitgliedschaft durch markenbezogene Einstellungsvariablen mediiert wird: Markenvertrauen und Markenaffekt. Beide Konstrukte wurden bereits im Kontext hinsichtlich ihres Mediatoreffekts untersucht und bestätigt.1126 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird überprüft, ob dieser Effekt auch im spezifischen Kontext der Brand Communities validiert werden kann, und der direkte Einfluss der informellen Mitgliedschaft in Brand Communities auf die intendierte Markenloyalität durch Markenvertrauen und Markenaffekt mediiert wird. Dies erfolgt durch die Erweiterung des Basismodells mittels der postulierten Hypothesen H3a bis H3d.
Wenn eine kausale Beziehung zwischen dem Prädiktor und der Ergebnisvariable durch eine Mediatorvariable interveniert wird, liegt ein MediatorEffekt vor.1127 „A given variable may be said to function as a mediator to the extent that it accounts for the relation between the predictor and the criterion.”1128 Ein Mediatoreffekt liegt also vor, wenn folgende drei Bedingungen erfüllt sind: 1.) die Prädiktorvariable weist einen signifikanten Einfluss auf die abhängige Ergebnisvariable auf (Pfad a), 2.) die Prädiktorvariable beeinflusst die Mediatorvariable signifikant (Pfad b) und 3.) die Mediatorvariable übt einen signifikanten Effekt auf die abhängige Ergebnisvariable aus (Pfad c).1129 Wenn der Effekt der unabhängigen Variable auf die abhängige Variable komplett durch die Mediatorvariable interveniert wird und somit kein direkter Einfluss der unabhängigen auf die abhängige Vari-
1125 1126
Vgl. Bennett & Rundle-Thiele (2002), S. 204. Vgl. Z.B. Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 82ff.; Chaudhuri & Holbrook (2002), S. 53ff.; oder Matzler et al. (2008), S. 155ff.
1127
Vgl. Urban & Mayerl (2006), S. 1.
1128
Baron & Kenny (1986), S. 1176.
1129
Vgl. Baron & Kenny (1986), S. 1176f.; Müller (2006), S. 266. 201
able mehr besteht, liegt ein vollständiger Mediatoreffekt vor. Bleibt der direkte Einfluss aber in einem signifikant geringerem Ausmaß bestehen, so liegt ein partieller Mediatoreffekt vor.1130 Die Abbildung 25 visualisiert die postulierten Beziehungen des direkten Effekts der Prädiktorvariable informelle Mitgliedschaft auf die abhängige Variable Markenloyalität, interveniert durch die Mediatorvariablen Markenvertrauen und Markenaffekt.
Markenvertrauen
b1
Informelle Mitgliedschaft
c1
a
b2
Markenloyalität
c2
Markenaffekt
Abbildung 25: Visualisierung der postulierten Mediatoreffekte
Die Ergebnisse des Brand Community-Modells, das eine Erweiterung des Basismodells darstellt, veranschaulicht die Abbildung 26. Die Visualisierung zeigt die standardisierten Pfadkoeffizienten der konvergierten Lösung des Gesamtmodells. Zunächst postulieren die Hypothesen H3a und H3b einen positiven Einfluss der informellen Mitgliedschaft auf das Markenvertrauen und den Markenaffekt, welcher mit den Daten übereinstimmt und somit können beide Hypothesen bestätigt werden. Für diese Beziehungen kann festgestellt werden, dass die informelle Mitgliedschaft der Markenliebhaber mit einer Stärke von 0,66 und 0,63 einen sehr hohen Einfluss auf die beiden Konstrukte des Markenvertrauens und des Markenaffekts
1130
202
Vgl. Cohen et al. (2003), S. 457.
aufweist. Dies wirkt sich auch auf den Anteil der erklärten Varianz aus. So werden durch die informelle Mitgliedschaft 40% des Markenaffekts, der durch die Marke bzw. ihre Nutzung hervorgerufen wird, sowie 44% des Vertrauens der Konsumenten in die Marke erklärt. Weiters wirken sowohl das Markenvertrauen als auch der Markenaffekt positiv auf die intendierte Markenloyalität. Mit Regressionskoeffizienten von 0,27 und 0,44 kann dieser Einfluss als mittlerer bis starker Effekt beschrieben werden.
Durch die Einführung der Mediatorvariablen Markenvertrauen und Markenaffekt verändert sich aber auch der Pfadkoeffizient der informellen Mitgliedschaft auf die intendierte Markenloyalität. Der direkte Einfluss der Brand Community-Mitgliedschaft auf die Markenloyalität wird sowohl durch den Faktor Markenvertrauen als auch durch den Faktor Markenaffekt wesentlich abgeschwächt. Intervenieren beide Mediatorvariablen gleichzeitig die direkte Beziehung zwischen der informellen Mitgliedschaft und der Markenloyalität. kommt es zur höchsten Abschwächung. Der Pfadkoeffizient von Mitgliedschaft auf die Markenloyalität (Pfad a in Abbildung 25) sinkt von ursprünglich = 0,63 auf = 0,17, sodass ein starker partieller Mediatoreffekt vorliegt. Tabelle 21 fasst die schrittweise Überprüfung des Mediatoreffekts zusammen und zeigt auch die signifikante Veränderung des Pfadkoeffizienten des direkten Zusammenhangs auf.
Direkte Beziehung Informelle Mitgliedschaft Æ Markenloyalität
,630***
Indirekte Beziehung Markenvertrauen als Mediator
,236***
Indirekte Beziehung Markenaffekt als Mediator
,243***
Indirekte Beziehung Markenvertrauen & Markenaffekt als Mediatoren
,173***
Tabelle 21: Ergebnisse Mediatoranalyse
Zwar besteht trotz der Einführung der beiden Mediatorvariablen weiterhin ein direkter Einfluss der informellen Mitgliedschaft auf die intendierte Mar203
kenloyalität. Dieser wurde aber stark verringert und zu einem großen Teil über die markenbezogenen Einstellungsvariablen Markenvertrauen und Markenaffekt umgeleitet. Diese stellen somit auch im Brand CommunityKontext Mediatorvariablen dar, womit die Erkenntnisse von Chaudhuri und Holbrook1131 verifiziert werden konnten. Durch den direkten Einfluss der informellen Mitgliedschaft, gemeinsam mit dem Einfluss der Mediatorvariablen Markenvertrauen und Markenaffekt liefert das GTI-Brandfest einen Erklärungsanteil von 64% (ohne den Einfluss der Mediatorvariablen R²=40%) der Markenloyalität. Dieser Anteil an erklärter Varianz der Markenloyalität entspricht im Vergleich zu Studien in einem anderen Kontext einem hohen Wert.1132 Einzelne Schätzwerte ändern sich durch die Introduktion weiterer Parameter zwar geringfügig, großteils stimmen die Werte aber mit jenen des Basismodells überein (vgl. Abbildung 26).
Abbildung 26: Brand Community-Modell inklusive Mediatoreffekte
1131 1132
Vgl. Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 88ff. Vgl. z.B. 45% Chaudhuri & Holbrook (2002), S. 52.; oder Matzler et al. (2008), S. 157f.
204
Wie beim Basismodell entspricht auch die Güte des erweiterten Brand Community-Modells bei allen Kriterien den Richtwerten (vgl. Tabelle 22).
Globale Gütekriterien F /df
p
RMSEA
GFI
AGFI
NFI
TLI
CFI
2,519
0,000
0,048
0,931
0,913
0,954
0,967
0,971
2
Tabelle 22: Globale Gütekriterien des Brand Community-Gesamtmodells
Die lokalen Gütekriterien der Faktoren im Basismodell ändern sich durch die Schätzung der zusätzlichen Parameter für die Faktoren Markenvertrauen und Markenaffekt nicht und haben sowohl für das Basismodell als auch für das vollständige Brand Community-Modell Gültigkeit. Diese werden daher nicht nochmals dokumentiert. Die Überprüfung der lokalen Gütekriterien für die Faktoren Markenvertrauen und Markenaffekt wird in der Tabelle 23 dargestellt und zeigt für beide Mediatorvariablen sehr zufriedenstellende Gütemaße auf.
Lokale Gütekriterien Faktor
Items
Unstand. Faktorladung
Indikatorreliabilität
t-WertLadung
Faktorreliabilität
DEV
Brand Trust
BT1 BT2 BT3
1 1,7 1,01
0,74 0,85 0,82
--40,279*** 28,685***
0,92
0,80
Brand Affect
BA1 BA2 BA3
1 1,14 1,13
0,74 0,89 0,84
32,291*** 42,086*** ---
0,93
0,82
Tabelle 23: Lokale Gütekriterien der Mediatorvariablen
5.5 Moderatoreffekte Das Forschungsmodell wurde mit der Überprüfung der Hypothesen 1 bis 3 vollständig bestätigt und in allgemeiner Form analysiert. In einem weiteren Schritt gilt es auf Basis der Erkenntnisse von vorangegangenen Stu-
205
dien, die eine Heterogenität der Mitglieder postulieren,1133 explorativ zu überprüfen, ob das vorgestellte Modell Gültigkeit für alle Mitglieder in Brand Communities aufweist. Darüber hinaus gilt es insbesondere aus unternehmerischer Sichtweise zu untersuchen, ob sich etwaige Unterschiede der Mitglieder in Brand Communities auch in deren Wirkungsweise widerspiegeln. Im Gegensatz zum bereits überprüften Brand Community-Modell weist dieser Teil der Arbeit einen explorativen Charakter auf. Die nachfolgenden Analysen umfassen zunächst die Überprüfung der potenziellen Heterogenität der Mitglieder von Brand Communities auf Basis individueller Persönlichkeitseigenschaften und in einem weiteren Schritt mittels ausgewählter soziodemographischer Kriterien.1134
Wenn eine Beziehung zwischen zwei Variablen von einer dritten Variable abhängig ist, wird von einem Moderatoreffekt gesprochen.1135 „A moderator is a qualitative (e.g., sex, race, class) or quantitative (e.g., level of reward) variable that affects the direction and/or strength of the relation between an independent or predictor variable and a dependent or criterion variable.”1136 Eine Moderatoranalyse kann also als ein Test auf Gruppenunterschiede beschrieben werden,1137 wobei die Moderatorvariable die unterschiedliche Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei Variablen abhängig für die jeweiligen Gruppen analysiert.1138 Sie wirkt also nicht direkt auf die abhängige Variable, sondern auf den Zusammenhang zwischen der Prädiktor- und der abhängigen Ergebnisvariable.1139 Die Abbildung 25 visualisiert beispielhaft den potentiellen Moderatoreffekt der Beziehung der
1133
Vgl. Lounsbury et al. (2003), S. 532; McAlexander et al. (2003), S. 7; Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 573ff.
1134
Vgl. hierzu die Erläuterungen im Abschnitt 4.4.
1135
Vgl. Cohen et al. (2003), S. 269.
1136
Baron & Kenny (1986), S. 1174.
1137
Vgl. Müller (2006), S. 258ff.
1138
Vgl. Judd et al. (2001), S. 115.
1139
Vgl. Jaccard & Turrisi (2003), S. 3.
206
Prädiktorvariable informelle Mitgliedschaft auf die abhängige Variable Markenloyalität, moderiert durch die Persönlichkeitseigenschaft Extroversion.
Informelle Mitgliedschaft
Markenloyalität
Extroversion
Tabelle 24: Beispielhafte Visualisierung eines Moderatoreffekts1140
Das oben dargestellte Brand Community-Basismodell wurde durch das Einfügen der Mediatorvariablen verbessert, was in einer deutlich höheren erklärten Varianz der Ergebnisvariable intendierte Markenloyalität im erweiterten Modell ersichtlich ist. Aus diesem Grund werden die potentiellen Moderatoreffekte lediglich am erweiterten Modell getestet. Die Berechnung der Moderatoreffekte erfolgt in Abhängigkeit der Variablenskalierung.1141 Ist die Moderatorvariable als kategorische Variable skaliert und wird beispielsweise über die dichotomisierte Antwortmöglichkeiten männlich oder weiblich gemessen, so erfolgt der Multigruppenvergleich anhand des Vergleichs der Kovarianzstruktur und kann beispielsweise mittels AMOS für das gesamte Strukturgleichungsmodell simultan berechnet werden.1142 Weist die Moderatorvariable, wie auch die Prädiktorvariable, ein kontinuierliches Skalenniveau auf (z.B. Persönlichkeit), ist die Berechnung mittels multipler Regression mit Interaktionsterm anzuwenden.1143 Eine weitere Variante wäre die in der Praxis gängige Methode der Dichotomisierung der kontinuierlichen Persönlichkeitsvariablen und somit der Vermeidung der aufwändigeren multiplen Regression. Das Dichotomisieren führt aber zu
1140
Quelle: in Anlehnung an Jaccard & Turrisi (2003), S. 2.
1141
Vgl. Baron & Kenny (1986), S. 1174; Müller (2006), S. 261f.
1142
Vgl. Blunch (2008), S. 186ff.
1143
Vgl. Echambadi & Hess (2007), S. 438. 207
einem enormen Informationsverlust der beeinflussenden Variable und fügt eine neue Form des Messfehlers hinzu – Messfehler durch Dichotomisierung.1144 Statt der Durchführung einer Multigruppenanalyse wird in der Literatur empfohlen, Variablen mit einem kontinuierlichen Messniveau als multiplikative Interaktionen zu modellieren und eine multiple Regressionsanalyse zu berechnen, um die vollständige Information der kontinuierlichen Variablen zu erhalten.1145 Der Nachteil dieser Vorgehensweise ist die aufwändige Berechnung der Interaktionseffekte, da diese für jede Beziehung zwischen zwei latenten Variablen mittels multipler Regression extra durchgeführt wird. Tabelle 25 fasst die daraus abgeleiteten Berechnungsprozeduren für die Analyse der jeweiligen Moderatoreffekte im Brand Community-Modell zusammen.
Moderatorvariablen
Skalenniveau Moderator
Ausprägung
Prozedur
Persönlichkeitseigenschaften (Big 5)
kontinuierlich
kontinuierlich
Multiple Regression mit Interaktionsterm
Geschlecht
kategorisch
männlich/ weiblich
Vergleich der Kovarianzstruktur
Alter
kategorisch
7 Kategorien
Vergleich der Kovarianzstruktur
Ausbildungsgrad
kategorisch
6 Kategorien
Vergleich der Kovarianzstruktur
Beruf
kategorisch
9 Kategorien
Vergleich der Kovarianzstruktur
Häufigkeit der bisherigen Brandfest-Teilnahme
kontinuierlich
kontinuierlich
Multiple Regression mit Interaktionsterm
Ausgaben für Ersatzteile
kontinuierlich
kontinuierlich
Multiple Regression mit Interaktionsterm
Zeit mit GTI
kontinuierlich
kontinuierlich
Multiple Regression mit Interaktionsterm
Entfernung
kontinuierlich
kontinuierlich
Multiple Regression mit Interaktionsterm
kategorisch
ja/nein
Vergleich der Kovarianzstruktur
Mitgliedschaft in einem offiziellen Markenclub
Tabelle 25: Moderatoranalyse – angewandte Berechnungsprozeduren
1144
Vgl. Aiken & West (1991), S. 167f.
1145
Vgl. Aiken & West (1991), S. 172ff.; Bagozzi et al. (1992), S. 511;
208
Die Berechnung der Moderatoreffekte der Persönlichkeitseigenschaften sowie für die Dauer der Mitgliedschaft (bisherige Häufigkeit der BrandfestTeilnahme) erfolgt demnach mittels multipler Regressionsanalyse mit Interaktionsterm und die Schätzung der Moderatoreffekte der weiteren soziodemographischen Variablen mittels Kovarianzstrukturvergleichen.
5.5.1
Kategoriale Moderatorvariablen
Im Rahmen der Multigruppenanalyse werden Subsamples hinsichtlich ihrer Invarianz miteinander verglichen (z.B. Männer versus Frauen).1146 Um eine Multigruppenanalyse durchführen zu können, werden daher je nach Moderatorvariable zwei oder mehrere Untergruppen (z.B. Alterskategorien) gebildet. Die Niveaus der Moderatorvariable werden dabei als unterschiedliche Gruppen behandelt, die Berechnung erfolgt mittels der Multigruppenmethode1147 in AMOS. In einem ersten Schritt der Moderatoranalyse erfolgt ein übergreifender Chiquadrat-Differenz-Test.
Dabei werden zwei Modelle – „freies“ Modell und „restringiertes“ Modell – miteinander verglichen. Das allgemeinere Modell lässt eine Veränderung der Parameter zwischen den Gruppen frei zu, das restringierte Modell ist hingegen durch die Gleichheitsvoraussetzung der unabhängigen Variablen zwischen den Gruppen beschränkt. Die Ergebnisse des ChiquadratDifferenz-Test legen dar, dass die Null-Hypothese, die postuliert, dass kein Moderatoreffekt auf den Beziehungen der latenten Konstrukte im Brand Community-Modell besteht, für keinen Pfad im Modell und somit auch für keine kategoriale Moderatorvariable abgelehnt werden kann. Dies bedeutet, dass alle kategorialen Moderatorvariablen1148 keinen Einfluss auf die Beziehungen der latenten Variablen aufweisen. Das Brand Community-
1146
Vgl. Byrne (2001), S. 173.
1147
Vgl. Baron & Kenny (1986), S. 1175.
1148
Geschlecht, Alter, Ausbildungsgrad, Beruf, Mitgliedschaft in einem offiziellen GTIClub. 209
Modell weist daher keine Unterschiede hinsichtlich der soziodemographischen Variablen Geschlecht, Alter, Ausbildungsgrad oder Beruf der GTIBesucher auf. Darüber hinaus führt auch die Mitgliedschaft in einem offiziellen GTI-Club nicht zu Gruppenunterschieden.
5.5.2
Kontinuierliche Moderatorvariablen
Wie für alle latenten Variablen im Brand Community-Modell beanspruchen auch die einzelnen Persönlichkeitseigenschaften eine Überprüfung hinsichtlich der Erfüllung der lokalen und globalen Gütekriterien. Die Tabelle 26 gibt einen Überblick über den Modell-Fit anhand der Berechnung der exploratorischen und konfirmatorischen Faktorenanalyse sowie der Reliabilitätsanalyse.
210
EFA
KFA
Faktor
Items
Faktorladung
Extroversion
Extro1 Extro2 Extro3 Extro4 Extro5 Extra6 Extra7 Extra8
0,81 0,81 0,84 0,80 0,75 -------
Verträglichkeit
Ver1 Ver2 Ver3 Ver4 Ver5 Ver6 Ver7 Ver8
0,68 0,66 0,79 0,63 ---------
Gewissenhaftigkeit
Gew1 Gew2 Gew3 Gew4 Gew5 Gew6 Gew7 Gew8 Gew9
0,76 0,80 0,76 0,78 0,43 ---------
Neurotizismus
Neuro1 Neuro2 Neuro3 Neuro4 Neuro5 Neuro6 Neuro7
0,69 0,85 0,88 0,83 -------
Offen1 Offen2 Offen3 Offen4 Offen5 Offen6 Offen7 Offen8 Offen9
0,72 0,76 0,75 0,76 0,78 0,66 0,58 0,58 -----
Offenheit für Erfahrung
Offen10
Cronbach’s Alpha
Indikatorreliabilität
Standardisierte Faktorladung
t-WertLadung
Faktorreliabilität
DEV
0,92
0,62 0,65 0,70 0,77 0,62 -------
0,79 0,81 0,84 0,88 0,79 -------
--31,695*** 23,776*** 24,551*** 21,525*** -------
0,91
0,66
0,80
0,51 0,60 0,40 0,47 ---------
0,71 0,77 0,63 0,68 ---------
--17,619*** 14,356*** 14,911*** ---------
0,79
0,49
0,89
0,68 0,72 0,76 0,70 -----------
0,82 0,85 0,87 0,84 -----------
--26,330*** 26,655*** 25,337*** -----------
0,91
0,72
0,84
--0,63 0,72 0,60 -------
--0,80 0,85 0,77 -------
--16,380*** 15,647*** 14,928*** -------
0,85
0,66
0,90
0,47 0,49 0,49 0,68 0,66 0,58 --0,48 -----
0,69 0,70 0,82 0,82 0,81 0,76 --0,69 -----
--24,085*** 16,589*** 19,011*** 18,802*** 17,454*** --16,315*** -----
0,89
0,54
Tabelle 26: Lokaler und Globaler Modell-Fit der Persönlichkeitsfaktoren
Die exploratorische Faktorenanalyse zeigt durch den Kaiser-Meyer-OlkinKoeffizienten mit einer Ausprägung von 0,924 die sehr gute Eignung der Variablenauswahl auf, führt aber zu einer deutlichen Reduzierung der 211
Items im Vergleich zur validierten Skala von Lang und Kollegen.1149 Bei allen fünf Persönlichkeitsfaktoren mussten die gegensätzlich kodierten Items1150 eliminiert werden, da diese weder eindeutig zugeordnet werden konnten noch die Mindesthöhe der Faktorladung von 0,41151 erfüllten. Darüber hinaus wurden die manifesten Indikatoren Gew5, Neuro1 und Offen7 für die Analyse nicht mehr herangezogen, da durch deren Ausschluss der Reliabilitätskoeffizient Cronbach’s Alpha verbessert werden konnte. Dieser übertrifft mit Werten von 0,8 bis 0,92 auf jeden Fall den Mindestwert von 0,71152 und die Reliabilität kann als gut bis sehr gut angesehen werden. Aufgrund der Berechnung der konfirmatorischen Faktorenanalyse musste keine weitere Indikatorvariable ausgeschlossen werden, alle erforderlichen Richtwerte wurden eingehalten. Lediglich die Indikatorreliabilität einzelner Items liegt unter dem Richtwert von 0,5.1153 Werte größer oder gleich 0,4 weisen aber dennoch eine ausreichende Indikatorreliabilität auf1154 und die entsprechenden Items können daher beibehalten werden. Alle anderen Indikatorvariablen erfüllen den Signifikanztest der Faktorladungen und somit die Vorgaben der Konvergenzvalidität.
Die Tabelle 27 stellt schließlich die Überprüfung der Diskriminanzvalidität dar. Diese wird für alle Konstrukte, wenn auch knapp, erfüllt und es ist somit möglich, einzelne Konstrukte zuverlässig voneinander abzugrenzen.
1149
Lang et al. (2001), S. 115.
1150
Extra6-Extra8, Ver5-Ver8, Gew6-Gew9, Neuro5-Neuro7, Offen9-Offen10.
1151
Vgl. Homburg & Giering (1996), S. 8.
1152
Vgl. Nunnally (1978), S. 245.
1153
Vgl. Bagozzi & Yi (1988), S. 79; Homburg & Baumgartner (1995), S. 170.
1154
Vgl. Homburg & Giering (1996), S. 13.
212
Extroversion Verträglichkeit Gewissenhaftigkeit Neurotizismus Offenheit für Erfahrung
Extro
Ver
Gew
Neuro
Offen
0,815 0,592 0,623 -0,003 0,593
0,702 0,690 0,175 0,598
0,847 0,004 0,660
0,811 0,167
0,736
Tabelle 27: Diskriminanzvalidität der Persönlichkeitsfaktoren
Die Tabelle 28 gibt einen Überblick über den globalen und den lokalen Modell-Fit anhand der errechneten Gütekriterien für die Persönlichkeitseigenschaften.
Globale Gütekriterien F2/df
p
RMSEA
GFI
AGFI
NFI
TLI
CFI
2,652
0,000
0,050
0,930
0,910
0,943
0,957
0,963
Lokale Gütekriterien Unstand. Faktorladung
Indikatorreliabilität
t-WertLadung
Faktorreliabilität
DEV
Extra1 Extra2 Extra3 Extra4 Extra5
1,00 0,93 0,96 1,02 0,94
0,62 0,65 0,70 0,77 0,62
--31,695*** 23,776*** 24,551*** 21,525***
0,91
0,66
Verträglichkeit
Ver1 Ver2 Ver3 Ver4
1,00 1,06 0,87 0,90
0,51 0,60 0,40 0,47
--17,619*** 14,356*** 14,911***
0,79
0,49
Gewissenhaftigkeit
Gew1 Gew2 Gew3 Gew4
1,00 1,02 1,03 1,01
0,68 0,72 0,76 0,70
--26,330*** 26,655*** 25,337***
0,91
0,72
Neurotizismus
Neuro2 Neuro3 Neuro4
0,89 1,07 1,00
0,63 0,72 0,60
16,380*** 15,647*** 14,928***
0,85
0,66
Offenheit für Erfahrung
Offen1 Offen2 Offen3 Offen4 Offen5 Offen6 Offen8
1,00 1,04 1,12 1,18 1,08 1,09 1,10
0,47 0,49 0,49 0,68 0,66 0,58 0,48
--24,085*** 16,589*** 19,011*** 18,802*** 17,454*** 16,315***
0,89
0,54
Faktor
Extroversion
Items
Tabelle 28: Lokaler und Globaler Modell-Fit der Persönlichkeitsfaktoren
213
Die inferenzstatistischen Testergebnisse sind mit einem Verhältnis des F²Wertes zur Anzahl der Freiheitsgrade von 2,652 und einem RMSEA von 0,050 als akzeptabel einzustufen. Die deskriptiven globalen Gütemaße GFI und AGFI entsprechen deutlich den Vorgaben und messen beide über 0,9. Die inkrementellen Fit-Indicies NFI, TLI und CFI weisen zufriedenstellende Maße auf, da die Gütekriterien TLI und CFI über die vorgegebene, strenge Grenze von 0,95 steigen und der NFI mit einer Ausprägung von 0,943 nur knapp darunter liegt.
Nach der Evaluation der lokalen und globalen Gütekriterien der Persönlichkeitseigenschaften werden deren Moderatoreffekte mittels multipler Regression analysiert. Dazu erfolgt für alle Faktoren, die in die multiple Regressionsanalyse einbezogen werden, zunächst eine Mittelwertzentrierung. Dabei wird vom errechneten Faktorwert einer latenten Variable jeweils ihr Mittelwert differenziert.1155 „Mean-centering” ist in den Sozialwissenschaften als Standardmaßnahme anerkannt1156 und wird durchgeführt, um Multikollinearitätsprobleme zu reduzieren.1157 Des Weiteren kann die Mittelwertzentrierung auch über das Problem des willkürlichen Ursprungs bei Likertskalen hinweghelfen.1158 Die Regressionsgleichung der Moderatorbeziehung wird mittels eines Interaktionsterms ergänzt. Dieser verbindet die in Interaktion stehenden Variablen (Prädiktor und Moderatorvariable) mittels Multiplikation1159 und die Regressionsgleichung der abhängigen Variable (alle beeinflussenden Variablen wurden mittelwertzentriert) lautet daher wir folgt: = b0 + b1X + b2Z + b3XZ
1155
Vgl. Irwin & McClelland (2001), S. 101.
1156
Vgl. Echambadi & Hess (2007), S. 438.
1157
Vgl. z.B. Aiken & West (1991), S. 35ff.; Cohen et al. (2003), S. 201ff.; oder Jaccard
& Turrisi (2003), S. 27f. 1158
Vgl. Vosgerau & Gatignon (2007), S. 537.
1159
Vgl. z.B. Jaccard et al. (1990), S. 468; oder Aiken & West (1991), S. 9.
214
Dabei symbolisieren b0 die Konstante, b1-3 die Regressionskoeffizienten. Somit wirken drei Prädiktoren auf die abhängige Variable: die unabhängige Variable X, die Moderatorvariable Z und das Produkt dieser beiden.1160
Die Signifikanz des Moderatoreffekts kann anhand des im Zuge der Regressionsanalyse ermittelten t-Werts überprüft werden. Dieser sollte bei einer Fehlerwahrscheinlichkeit von p 5% über 1,96 liegen. Ferner wird die Veränderung des korrigierten Bestimmtheitsmaßes R²korr nach der Einfügung des Interaktionsterms analysiert.1161 Ist dieses für die Regressionsgleichung mit Interaktionsterm höher als ohne, so wird der Interaktionsterm beibehalten, ansonsten wird dieser verworfen.1162 Tabelle 29 gibt einen Überblick über die identifizierten Interaktionseffekte der Moderatorvariablen Persönlichkeitseigenschaften und bisherige Häufigkeit der Brandfest-Teilnahme.
Extroversion
Verträglichkeit
Gewissenhaftigkeit
Neurotizismus
Offenheit für Erfahrung
Häufigkeit Teilnahme
Info Æ IMG
t=2,388**
---
---
---
---
---
Social Æ IMG
t=3,696***
t=3,237***
t=4,013***
---
t=3,041***
t=1,827*
Enter Æ IMG
t=2,333**
t=2,069**
---
---
t=2,085**
t=2,513**
IMG Æ BLOY
t=2,750***
t=1,950*
t=1,960**
---
t=3,315***
---
IMG Æ BT
---
---
---
t=-1,880*
---
---
IMG Æ BA
---
---
---
---
---
---
BTÆ BLOY
t=3,336***
---
t=2,467**
---
t=3,478***
---
BA Æ BLOY
t=2,244**
---
---
---
---
---
Tabelle 29: Interaktionseffekte kontinuierlicher Moderatorvariablen
1160
Vgl. Cronbach (1987), S. 414.
1161
Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 68.
1162
Vgl. Müller (2006), S. 260. 215
In einem nächsten Schritt werden nun die Regressionsgeraden bestimmt, indem für die jeweilige Moderatorvariable Ausprägungen eingesetzt werden: Für die hohe Ausprägung des Moderators eine Standardabweichung über dem Mittelwert, der Mittelwert als zweite Ausprägung und eine Standardabweichung unter dem Mittelwert als niedrige Ausprägung der Moderatorvariable. Diese Gleichungen werden schließlich grafisch dargestellt, um den Interaktionseffekt zu visualisieren.1163 Die in Tabelle 29 dargestellten signifikanten Moderatoreffekte werden nachfolgend einzeln visualisiert. Die jeweilige Regressionsgleichung gibt Auskunft über die unstandardisierten Koeffizienten b0-3 und die beigefügte Tabelle enthält zusätzlich Informationen zu den Ausprägungen des standardisierten Koeffizienten Beta () des Interaktionsterms, sowie über die Standardabweichung der Moderatorvariablen und damit über die unterschiedlichen Niveaus von Z der drei Regressionsgeraden. Der Ausschnitt der Grafik ergibt sich aus den zentrierten Werten des Prädiktors, die Skalierung der X-Achse reicht daher von Minimum minus Mittelwert bis Maximum minus Mittelwert.
Sowohl aufgrund der Steigung als auch aufgrund der positiven Ausprägung des Koeffizienten b3 bzw. des standardisierten Koeffizienten ist ersichtlich, dass der Einfluss des Motivs Information Value auf die informelle Mitgliedschaft für extrovertierte Personen stärker ist als für introvertierte Personen (vgl. Abbildung 27).
1163
216
Vgl. Aiken & West (1991), S. 13.
Informelle Mitgliedschaft
5,5
Regressionsgleichung
IMG = -0,035 + 0,582*Info + 0,182*Extro + 0,021*Info*Extro
Standardisierter Koeffizient
0,078
t-Wert
2,388**
Extroversion 6,5 Std.Abweichung
-5,5
-3,5
4,166
Extro hoch Extro mittel Extro gering
Information Value
Abbildung 27: Moderatoreffekt Extroversion auf Info Æ IMG
Mit Eigenschaften der Kontaktfähigkeit und -freude sowie der Personenorientierung und einer charakteristischen hohen Aktivität1164 ist für extrovertierte Individuen das Geben und Erhalten von Informationen und damit die Interaktion zum Zwecke des Informationsaustausch ein stärkerer Prädiktor für die Entwicklung eines Zugehörigkeitsgefühls zur Brand Community als für kontaktscheue, reservierte, verschlossene und damit introvertierte1165 Personen.
Mit einem Beta von 0,121 ist der Moderatoreffekt von Extroversion etwas stärker für den Effekt des Motivs Social Enhancement Value auf die informelle Mitgliedschaft ausgeprägt (vgl. Abbildung 28) als für den Effekt des Motivs Information Value ( = 0,078).
1164
Vgl. Costa & Widiger (2002), S. 6.
1165
Vgl. Lang et al. (2001), S. 115. 217
Informelle Mitgliedschaft
5 Regressionsgleichung
IMG = -0,032 + 0,525*Social + 0,193*Extro + 0,031*Social*Extro
Standardisierter Koeffizient
0,121
t-Wert
3,696***
Extroversion 5,9 Std.Abweichung
-4,5
4,166
Extro hoch Extro mittel Extro gering
-3
Entertainment Value Abbildung 28: Moderartoreffekt Extroversion auf Social Æ IMG
Erhalten extrovertierte Individuen Anerkennung durch andere Markenfans, entspricht dies ihren Charakterzügen der Geselligkeit und Personenorientierung.1166 Sie identifizieren sich stärker mit der Community als distanzierte und zurückgezogene Personen.
Die Beziehung zwischen dem dritten Motiv des Entertainment Value und der Informellen Mitgliedschaft wird ebenso von Extroversion moderiert (vgl. Abbildung 29) und führt zu einem leichten positiven Effekt ( = 0,088).
Informelle Mitgliedschaft
2,5
-7,7
2,3
Regressionsgleichung
IMG = -0,79 + 0,171*Enter + 0,367*Extro + 0,026*Enter*Extro
Standardisierter Koeffizient
0,088
t-Wert
2,333**
Extroversion Std.Abweichung
4,166
Extro hoch Extro mittel Extro gering
-2,5
Entertainment Value
Abbildung 29: Moderatoreffekt Extroversion auf Enter Æ IMG
1166
218
Vgl. Watson & Clark (1997), S. 767.
Für spontane und lebenslustige
1167
Markenenthusiasten führt die Erfüllung
des Bedürfnises nach Unterhaltung und Spaß am GTI-Brandfest dazu, dass sie sich stärker als Mitglied der Community wahrnehmen. Für ungesellige und nach innen gekehrte1168 GTI-Fans hat dieses Motiv einen geringeren Einfluss.
Markenloyalität
3,5
-7,1
6,4
Regressionsgleichung
BLOY = -0,083 + 0,004*IMG + 0,63*Extro + 0,021*IMG*Extro
Standardisierter Koeffizient
0,088
t-Wert
2,75***
Extroversion Std.Abweichung
4,166
Extro hoch Extro mittel Extro gering
-3,5
Informelle Mitgliedschaft Abbildung 30: Moderatoreffekt Extroversion auf IMG Æ BLOY
Extrovertierte Brand Community-Mitglieder sind der Marke gegenüber loyaler ( = 0,088). Für Markenfans, die eine geringe Ausprägung der Persönlichkeitseigenschaft Extroversion aufweisen, weist die Zugehörigkeit zur Brand Community einen reduzierten Effekt auf (vgl. Abbildung 30). Durch die Interaktion mit den anderen begeisterten Teilnehmern des GTIBrandfests weisen extrovertierte Mitglieder eine höhere Markenloyalität auf als distanzierte, kontaktscheue und somit introvertierte Brand Community-Mitglieder.
1167
Vgl. McCrae & John (1992), S. 198.
1168
Vgl. Costa & McCrae (1992), S. 345. 219
Markenloyalität
4
-6,2
4,5
Regressionsgleichung
BLOY = -0,062 + 0,042*BT + 0,802*Extro + 0,027*BT*Extro
Standardisierter Koeffizient
0,098
t-Wert
3,36***
Extroversion Std.Abweichung
4,166
Extro hoch Extro mittel Extro gering
-4
Markenvertrauen Abbildung 31: Moderatoreffekt Extroversion auf BT Æ BLOY
Ein ähnlicher Effekt kann für den Einfluss des Markenvertrauens ( = 0,098, vgl. Abbildung 31) und des Markenaffekts ( = 0,062, vgl. Abbildung 32) auf die Markenloyalität beobachtet werden. Geben die Markenenthusiasten hohe oder mittlere Werte der Extroversion an, werden diese Einflüsse verstärkt. Für niedrige Werte ist jeweils ein reduzierter Effekt ersichtlich. Sind kontaktfreudige Personen davon überzeugt, dass sie der Marke vertrauen können, oder empfinden sie bei der Anwendung der Marke ein positives Gefühl, so wollen extrovertierte Personen diese empfundene Begeisterung nach außen präsentieren, indem sie die Marke auch zukünftig kaufen werden.
Markenloyalität
4
-5,8
5,1
Regressionsgleichung
BLOY = -0,041 + 0,027*BA + 0,813*Extro + 0,016*BA*Extro
Standardisierter Koeffizient
0,062
t-Wert
2,244**
Extroversion Std.Abweichung
4,166
Extro hoch Extro mittel
-4
Extro gering
Markenaffekt Abbildung 32: Moderatoreffekt Extroversion auf BA Æ BLOY 220
Kein Moderatoreffekt konnte für die Wirkung der informellen Mitgliedschaft auf Markenaffekt oder Markenvertrauen durch die Persönlichkeitseigenschaft der Extroversion identifiziert werden. Dennoch weist diese kontinuierliche Moderatorvariable mit einem Interaktionseffekt auf fünf Beziehungen zwischen latenten Variablen die höchste Anzahl an Effekten auf.
Die Persönlichkeitseigenschaft Verträglichkeit übt einen Interaktionseffekt auf drei Beziehungen im Strukturgleichungsmodell aus. Mit einem standardisierten Koeffizienten von 0,107 beeinflusst Verträglichkeit den Effekt des Motivs Social Enhancement Value auf die informelle Mitgliedschaft positiv (vgl. Abbildung 33).
Informelle Mitgliedschaft
4 Regressionsgleichung
IMG = -0,29 + 0,276*Social + 0,534*Ver + 0,045*Social*Ver
Standardisierter Koeffizient
0,107
t-Wert
3,237***
Extroversion 5,9 Std.Abweichung
-4,6
2,464
Ver hoch Ver mittel Ver gering
-2,5
Social Enhancement Value Abbildung 33: Moderatoreffekt Verträglichkeit auf SocialÆ Info
Verträgliche Menschen werden als altruistisch, bescheiden, hilfsbereit und großzügig charakterisiert.1169 Durch den Interaktionseffekt wird ersichtlich, dass für verträgliche Personen das Erhalten von Anerkennung durch andere GTI-Fans von höherer Bedeutung ist, um sich als Mitglied der Brand Community zu fühlen, als für arrogante und eingebildete1170 Individuen. Selbstgefällige und rechthaberische Personen weisen daraus abgeleitet ein geringeres Bedürfnis des positiven Feedbacks durch Gleichgesinnte auf
1169
Vgl. Graziano & Eisenberg (1997), S. 815.
1170
Vgl. Costa & Widiger (2002), S. 6. 221
bzw. sind sie mehr von ihrer eigenen Einschätzung als von den Meinungen der anderen Markenenthusiasten überzeugt.
Auch der Einfluss des Motivs Entertainment Value auf die informelle Mitgliedschaft wird durch den Faktor Verträglichkeit moderiert ( = 0,077) und führt zu einem stärkeren positiven Effekt des Motivs für Personen mit einer hohen Ausprägung dieser Persönlichkeitseigenschaft (vgl. Abbildung 34).
Informelle Mitgliedschaft
2 Regressionsgleichung
IMG = -0,035 + 0,288*Enter + 0,387*Ver + 0,037*Enter*Ver
Standardisierter Koeffizient
0,077
2,3 t-Wert
-7,7
Extroversion Std.Abweichung
2,069** 2,464
Ver hoch Ver mittel Ver gering
-3
Entertainment Value Abbildung 34: Moderatoreffekt Verträglichkeit auf Enter Æ IMG
Beurteilen verträgliche GTI-Fans das Programm beim Brandfest positiv und erleben lustige und abwechslungsreiche Tage, fühlen sich diese entgegenkommenden, gutwilligen und warmherzigen1171 Markenenthusiasten stärker der Community zugehörig. Das gemeinsame Erleben einer „geilen Zeit” führt hingegen bei berechnenden, eigennützigen und misstrauischen Personen1172 zu einem geringeren Einfluss auf die Identifikation mit den anderen Markenenthusiasten.
Die dritte Beziehung im Brand Community-Modell, die durch die Variable Verträglichkeit moderiert wird, ist jene zwischen der informellen Mitglied-
1171
Vgl. McCrae & John (1992), S. 198.
1172
Vgl. Costa & Widiger (2002), S. 6.
222
schaft und dem Markenvertrauen (vgl. Abbildung 35). Auch hier ist ein positiver Moderatoreffekt ( = 0,062) ersichtlich. Kategorisieren sich GTIFans selbst als aufrichtig, gutwillig und warmherzig,1173 sind diese aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Brand Community auch stärker loyal als unverträgliche Markenenthusiasten.
Markenloyalität
3
-7,1
Regressionsgleichung
BLOY = -0,049 + 0,147*IMG + 0,618*Ver + 0,024*IMG*Ver
Standardisierter Koeffizient
0,062
t-Wert
1,95*
6,4 Extroversion Std.Abweichung
2,464
Ver hoch Ver mittel Ver gering
-2,5
Informelle Mitgliedschaft Abbildung 35: Moderatoreffekt Verträglichkeit auf IMG Æ BLOY
Die Persönlichkeitseigenschaft Gewissenhaftigkeit weist, wie auch die Verträglichkeit, einen Interaktionseffekt auf drei Pfade im Modell auf. So wird zunächst der Einfluss des Motivs Social Enhancement Value auf die informelle Mitgliedschaft durch die Gewissenhaftigkeit moderiert ( = 0,131).
1173
Vgl. Graziano & Eisenberg (1997), S. 815. 223
Informelle Mitgliedschaft
4,2
-4,6
5,9
Regressionsgleichung
IMG = -0,026 + 0,252*Social + 0,533*Gew + 0,041*Social*Gew
Standardisierter Koeffizient
0,131
t-Wert
4,013***
Extroversion Std.Abweichung
3,297
Gew hoch Gew mittel Gew gering
-2,5
Social Enhancement Value Abbildung 36: Moderatoreffekt Gewissenhaftigkeit auf Social Æ IMG
Ehrgeizige, perfektionistische und ausdauernde Individuen1174 bedürfen aufgrund ihres motivierten Einsatzes (z.B. Pflege und Gestaltung ihres GTI) in besonderen Maßen das Lob und die Anerkennung durch Gleichgesinnte. Erhalten sie dies, fühlen sie sich auch verstärkt als Mitglied der Brand Community. Für willensschwache, arbeitsscheue und undisziplinierte Personen1175 hat die Anerkennung durch andere Community-Mitglieder eine geringere Bedeutung (vgl. Abbildung 36).
Weiters führt die informelle Mitgliedschaft für gewissenhafte GTI-Fans zu einer höheren Markenloyalität ( = 0,064) und bei einer geringeren Ausprägung dieses Persönlichkeitsfaktors zu einem reduzierten Effekt. Dies ist aufgrund der negativen Steigung der Geraden ersichtlich (vgl. Abbildung 37).
1174
Vgl. Lang & Lüdtke (2005), S. 32.
1175
Vgl. Costa & McCrae (1992), S. 345.
224
Markenloyalität
3
-7,1
Regressionsgleichung
BLOY = -0,059 + 0,027*IMG + 0,629*Gew + 0,02*IMG*Gew
Standardisierter Koeffizient
0,064
t-Wert
1,96**
6,4 Extroversion Std.Abweichung
3,297
Gew hoch Gew mittel Gew gering
-2,5
Informelle Mitgliedschaft Abbildung 37: Moderatoreffekt Gewissenhaftigkeit auf IMG Æ BLOY
Identifizieren sich fleißige, verlässliche und prinzipientreue1176 Markenenthusiasten mit den anderen Teilnehmern beim GTI-Brandfest, führt dies, entsprechend ihrer Persönlichkeit, zu einem stärkeren Effekt auf die Markenloyalität als für willensschwache, unbeständige und unverlässliche1177 Markenfans.
Und schließlich ist auch der Einfluss des Markenvertrauens auf die Markenloyalität für Personen mit einer hohen Ausprägung dieser Persönlichkeitseigenschaft stärker ( = 0,073) und führt für weniger gewissenhafte Personen ebenfalls zu einem reduzierten Effekt (vgl. Abbildung 38).
1176
Vgl. McCrae & John (1992), S. 198.
1177
Vgl. Costa & McCrae (1992), S. 345. 225
Markenloyalität
3,5
-6,2
4,5
Regressionsgleichung
BLOY = -0,056 + 0,038*BT + 0,812*Gew + 0,026*BT*Gew
Standardisierter Koeffizient
0,073
t-Wert
2,467**
Extroversion Std.Abweichung
3,297
Gew hoch Gew mittel Gew gering
-3,5
Markenvertrauen Abbildung 38: Moderatoreffekt Gewissenhaftigkeit auf BT Æ BLOY
Der Einfluss des Markenvertrauens auf die Markenloyalität wird zusätzlich durch den Faktor Neurotizismus moderiert. Mit einer negativen Ausprägung des standardisierten Koeffizienten ( = -0,059) ist ersichtlich, dass in die Marke vertrauende Konsumenten mit einer hohen Ausprägung an Neurotizismus eine geringere Markenloyalität aufweisen (vgl. Abbildung 39). Selbst wenn sich neurotische Personen als Mitglied in der Brand Community wahrnehmen, sind sie aufgrund ihrer Persönlichkeit dennoch angespannt, beunruhigt, unsicher und selbstzweiflerisch1178 und vertrauen daher auch der Marke in einem geringeren Ausmaß als ausgeglichene, selbstsichere und gefestigte1179 Markenfans.
1178
Vgl. John & Srivastava (1990), S. 76.
1179
Vgl. Costa & McCrae (1992), S. 345.
226
Markenvertrauen
2
-4,6
5,9
Regressionsgleichung
BT = 0,031 + 0,075*IMG + 0,537*Neuro -0,019*IMG*Neuro
Standardisierter Koeffizient
-0,059
t-Wert
-1,88*
Extroversion Std.Abweichung
2,472
Neuro hoch Neuro mittel Neuro gering
-2
Informelle Mitgliedschaft Abbildung 39: Moderatoreffekt Neurotizismus auf BT Æ BLOY
Auf die weiteren Beziehungen der latenten Variablen im Brand Community-Modell weist Neurotizismus keine Interaktionseffekte auf. Offenheit hingegen moderiert vier Effekte, darunter den Einfluss zweier Antezedenten der informellen Mitgliedschaft und zweier Antezedenten der intendierten Markenloyalität.
Informelle Mitgliedschaft
4,5
-4,6
5,9
Regressionsgleichung
IMG = -0,033 + 0,194*Social + 0,522*Offen + 0,022*Social*Offen
Standardisierter Koeffizient
0,099
t-Wert
3,041***
Extroversion Std.Abweichung
4,574
Offen hoch Offen mittel Offen gering
-3
Social Enhancement Value Abbildung 40: Moderatoreffekt Offenheit für Erfahrung auf Social Æ IMG
Für Markenfans, die offen für neue Erfahrungen sind, üben sowohl das Motiv Social Enhancement Value ( = 0,099) als auch das Motiv Entertainment Value ( = 0,078) einen stärkeren Einfluss auf die informelle Mitgliedschaft aus als für Personen, die eine geringere Ausprägung dieser
227
Persönlichkeitseigenschaft aufweisen. Feinfühlige und offene1180 Individuen nehmen (positives) Feedback durch Gleichgesinnte stärker wahr und an. Dadurch führt die erhaltene Anerkennung durch andere Markenenthusiasten zu einem stärkeren Gefühl der Zugehörigkeit zur Community (vgl. Abbildung 40).
Informelle Mitgliedschaft
2,5
-7,7
2,3
Regressionsgleichung
IMG = -0,058 + 0,193*Enter + 0,367*Offen + 0,022*Enter*Offen
Standardisierter Koeffizient
0,078
t-Wert
2,085**
Extroversion Std.Abweichung
4,57470423
Offen hoch Offen mittel
-2,5
Offen gering
Entertainment Value Abbildung 41: Moderatoreffekt Offenheit für Erfahrung auf Enter Æ IMG
Verschlossene Individuen schätzen sich selbst als konservativ ein und bevorzugen einfache Routineaufgaben.1181 Offene Personen hingegen verfügen über eine lebendige Phantasie, sind neugierig und emotional.1182 Ein abwechslungsreiches und spannendes Programm führt daher für Markenfans, die offen für neue Erfahrungen sind, zu einem stärkeren Gefühl der Mitgliedschaft in der Brand Community (vgl. Abbildung 41).
Die Steigung der Regressionsgerade für verschlossene Personen ist leicht negativ für den Effekt der informellen Mitgliedschaft auf die Markenloyalität, für offene Personen ist aber eine positive Steigung deutlich ersichtlich ( = 0,105). Nehmen sich offene Fans daher als Mitglied in der Brand Community wahr, führt dies zu einer stärkeren intendierten Markenloyalität (vgl. Abbildung 42). 1180
Vgl. Costa & Widiger (2002), S. 6.
1181
Vgl. Lang et al. (2001), S. 115.
1182
Vgl. Costa & Widiger (2002), S. 6.
228
Markenloyalität
5,5
-4,6
5,9
Regressionsgleichung
BLOY = -0,109 + 0,091*IMG + 0,605*Offen + 0,022*IMG*Offen
Standardisierter Koeffizient
0,105
t-Wert
3,315***
Extroversion Std.Abweichung
4,574
Offen hoch Offen mittel Offen gering
-3,5
Informelle Mitgliedschaft Abbildung 42: Moderatoreffekt Offenheit für Erfahrung auf IMG Æ BLOY
Und schließlich ist die Markenloyalität für GTI-Fans, die ein Interesse für neue Erfahrungen aufweisen und der Marke vertrauen, stärker ausgeprägt ( = 0,098) als für Personen, die sich selbst als eher verschlossen kategorisieren (vgl. Abbildung 43).
Markenloyalität
4,5
-6,2
Regressionsgleichung
BLOY = -0,098 + 0,081*BT + 0,787*Offen + 0,025*BT*Offen
Standardisierter Koeffizient
0,101
t-Wert
3,478***
4,5 Extroversion Std.Abweichung
4,574
Offen hoch Offen mittel
-4
Offen gering
Markenvertrauen Abbildung 43: Moderatoreffekt Offenheit für Erfahrung auf BT Æ BLOY
Neben den latenten Konstrukten der Persönlichkeitseigenschaften weist eine weitere Variable eine kontinuierliche Ausprägung auf. Deren Interaktionseffekt wird daher ebenfalls mittels multipler Regression analysiert: Häufigkeit der bisherigen Teilnahme am GTI-Brandfest (HTN). Diese Variable ist daher eine Kennzahl zur Messung des Einflusses der Dauer der 229
Mitgliedschaft zur Brand Community und weist zwei Interaktionseffekte in Bezug auf den Einfluss der Motive auf das Zugehörigkeitsgefühl auf.
Informelle Mitgliedschaft
3,5
-4,6
5,9
Regressionsgleichung
IMG = -0,01 + 0,084*Social + 0,529*HTN + 0,018*Social*HTN
Standardisierter Koeffizient
0,063
t-Wert
1,827*
Extroversion Std.Abweichung
3,850
HTN hoch HTN mittel
-2,5
HTN gering
Social Enhancement Value Abbildung 44: Moderatoreffekt HTN auf Social Æ IMG
Mit einem standardisierten Koeffizienten von 0,063 wird der Einfluss des Motivs Social Enhancement Value auf die informelle Mitgliedschaft durch die bisherige Häufigkeit der Teilnahme beim GTI-Brandfest moderiert (vgl. Abbildung 44). Haben Markenfans bereits öfters an dem Brandfest teilgenommen, gewinnt das Erhalten von Anerkennung durch Gleichgesinnte an Bedeutung. Wird dieses Bedürfnis erfüllt, so identifizieren sich erfahrene Brandfest-Besucher stärker mit der Community als neue Teilnehmer.
Ein ähnlicher Effekt ist beim Einfluss des Motivs Entertainment Value zu beobachten ( = 0,097). Für Personen, die bereits öfters beim GTIBrandfest teilgenommen haben, weisen die beiden Motive einen stärkeren Effekt auf die Identifikation mit den anderen Fans bzw. der Zugehörigkeit zur Community auf (vgl. Abbildung 45).
230
Informelle Mitgliedschaft
3
-7,7
2,3
Regressionsgleichung
IMG = 0,078 + 0,218*Enter + 0,421*HTN + 0,033*Enter*HTN
Standardisierter Koeffizient
0,097
t-Wert
2,513**
Extroversion Std.Abweichung
3,850
HTN hoch HTN mittel
-2,5
HTN gering
Entertainment Value Abbildung 45: Moderatoreffekt HTN auf Enter Æ IMG
Erstaunlicherweise konnte kein Interaktionseffekt der bisherigen Teilnahmehäufigkeit auf die Effekte der Einflussfaktoren auf die Markenloyalität aufgezeigt werden. Diese Erkenntnis lässt darauf schließen, dass die Stärke der Markenloyalität unabhängig von der Dauer der Beziehung der Markenfans mit der Community beeinflusst wird.
5.6 Zusammenfassung der Ergebnisse Mit der in diesem Abschnitt 5 vorgestellten empirischen Studie ist die Untersuchung der Antezedenten und Konsequenzen der informellen Mitgliedschaft in Brand Communities komplett. Das Ziel der empirischen Studie der vorliegenden Arbeit umfasste dreierlei.
Zunächst wurden in Kapitel 5.3 drei ausgewählte Motive als signifikante Einflussfaktoren auf die Mitgliedschaft in Brand Communities identifiziert. Werden die Brand Community oder das Brandfest den Motiven Information Value, Social Enhancement Value und Entertainment Value gerecht, führt dies zu einer Selbstwahrnehmung der Markenfans als Mitglieder der Community. Die drei Motive wurden zwar vor dieser Untersuchung bereits im Kontext von virtuellen Communities als Prädiktoren identifiziert,1183 ihr 1183
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 241ff. 231
Einfluss konnte aber nur teilweise bestätigt werden und wurde für Brand Communities zuvor noch nicht überprüft. Das Bekommen bzw. das Geben von Informationen stellt den ersten der drei zentralen Einflussfaktoren für die Stärke der informellen Mitgliedschaft dar. Die Anerkennung durch Gleichgesinnte konnte in dieser Studie erstmal als bedeutender Prädiktor bestimmt werden und kann insbesondere mit dem zeit- und kostenintensiven Einsatz der Konsumenten für ihre Marke begründet werden. Anders als in unspezifischen virtuellen Communities ist daher die Anerkennung durch Gleichgesinnte ein bedeutender Einflussfaktor für die informelle Mitgliedschaft. Als drittes Motiv hat auch der Wunsch nach Unterhaltung und Spaß einen wesentlichen Einfluss auf das Gefühl der Zugehörigkeit zur und der Identifikation mit der Brand Community. Des Weiteren wurde in diesem Abschnitt 5.3 auch jene Lücke in der Brand Community-Forschung geschlossen, die nach einer reliablen und validen Prüfung des direkten Einflusses der Mitgliedschaft auf die Markenloyalität verlangte. Die Identifikation mit den anderen Markenfans und damit die Zugehörigkeit zur Community übt einen starken direkten und signifikanten Effekt auf die intendierte Markenloyalität aus. Somit können die Hypothesen H1a, H1b und H1c sowie H2 bestätigt werden.
In einem zweiten Schritt wurde das Brand Community-Basismodell im Abschnitt 5.4 um mediierende Faktoren des direkten Zusammenhangs zwischen informeller Mitgliedschaft und intendierter Markenloyalität erweitert. Nehmen sich Markenfans selbst als Mitglied der Community wahr, vertrauen sie der Marke und der Markenaffekt wird gesteigert. Ein ausgeprägtes Markenvertrauen und positive Emotionen bei der Markennutzung beeinflussen folgend die intendierte Markenloyalität. Werden die beiden Konstrukte Vertrauen und Affekt in das Basismodell aufgenommen, verringert sich der direkte Einfluss der Mitgliedschaft auf die Markenloyalität signifikant. Es konnte somit empirisch belegt werden, dass sowohl Markenvertrauen als auch Markenaffekt diesen direkten Zusammenhang partiell mediieren. Diese Erkenntnis bestätigt die Hypothesen H3a, H3b, H3c und H3d 232
und validiert zusätzlich die Ergebnisse von Chaudhuri und Holbrook1184 in einem anderen Kontext, im Forschungsfeld der Brand Communities.
Tabelle 30 gibt einen Überblick über die Ergebnisse der getesteten Hypothesen.
Hypothese
Zusammenhang
Ergebnis
H1a
Info Æ IMG
9
H1b
Social Æ IMG
9
H1c
Enter Æ IMG
9
H2
IMG Æ BLOY
9
H3a
IMG Æ BT
9
H3b
IMG Æ BA
9
H3c
BT Æ BLOY
9
H3d
BA Æ BLOY
9
Tabelle 30: Getestete Hypothesen und Resultate
Im Abschnitt 5.5 wurde schließlich explorativ der Frage nachgegangen, ob Brand Community-Mitglieder, wie in den meisten bisherigen Ansätzen,1185 als homogen beschrieben werden können oder als heterogene Gruppe einzustufen sind. Auf Basis der Erkenntnisse von Ouwersloot und OdekerkenSchröder, die festgestellt haben, dass Mitglieder von Brand Communities zwar eine geteilte Hingabe für die Marke aufweisen, aber aufgrund von Differenzierungsmerkmalen hinsichtlich der Stärke der vier Beziehungen in
1184 1185
Vgl. Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 90ff. Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 38; Algesheimer et al. (2005), S. 20; De BurghWoodman & Brace-Govan (2007), S. 199. 233
Brand Communities durchaus als heterogene Gruppe anzusehen sind,1186 wurde zunächst getestet, ob soziodemographische Variablen Moderatoreffekte auf die direkten Beziehungen im Brand Community-Modell ausüben. Weder die kategorialen Variablen Geschlecht, Alter, Ausbildungsgrad oder Beruf, noch die Mitgliedschaft in einem offiziellen GTI-Club weisen Moderatoreffekte auf. Auch die kontinuierlichen Variablen Ausgaben für Ersatzteile, Entfernung des Wohnortes vom Brandfest und Zeit, die mit dem GTI verbracht wird, lassen weiterhin auf die Homogenität der Markenenthusiasten schließen. Die Anzahl der bisherigen Teilnahme am Brandfest und somit die Dauer der Beziehung zur Brand Community weist jedoch Gruppenunterschiede auf zwei Beziehungen im Brand Community-Modell auf. Und schließlich hat auch der Test auf Interaktionseffekte anhand der differenzierten Ausprägung der Persönlichkeitseigenschaften der Markenfans gezeigt, dass einige Zusammenhänge der latenten Konstrukte im Brand Community-Modell durch Persönlichkeit moderiert werden. Folglich wurden Gruppenunterschiede bei einigen der zuvor erläuterten Effekten der Antezedenten und Konsequenzen der Mitgliedschaft in Brand Communities aufgezeigt. Brand Community-Mitglieder und damit das Ausmaß der Antezedenten und Konsequenzen von Brand Communities unterscheiden sich zwar nicht aufgrund der soziodemographischen Ausprägungen oder ebenfalls kaum aufgrund der bisherigen Verhaltensweisen der Markenfans, die Persönlichkeitsstruktur der Markenfans führt aber zu unterschiedlich starken Effekten der aufgezeigten Zusammenhänge.
5.7 Limitationen Das entwickelte Forschungsmodell ist im Vergleich zu vorangegangenen Brand Community-Studien wesentlich umfassender und inkludiert sowohl Antezedenten als auch Konsequenzen der Mitgliedschaft in Brand Communities. Dennoch ist es durchaus wahrscheinlich, dass zusätzliche Variablen, 1186
234
Vgl. Ouwersloot & Odekerken-Schröder (2008), S. 577ff.
sowohl beeinflussende als auch beeinflusste Faktoren, in das Modell integriert werden können, um den Erklärungsgehalt zusätzlich zu erhöhen. Weiterführende Forschungsprojekte sollten diesen Aspekt daher beachten und gegebenenfalls das vorliegende Brand Community-Modell um etwaige Faktoren erweitern, um das Phänomen Brand Community noch besser erklären und verstehen zu können.
Die empirische Studie wurde unter Besuchern des jährlichen GTIBrandfests in Kärnten durchgeführt. Wie in den anderen Ausprägungen von Brand Communities, weisen auch Brandfests die drei kennzeichnenden Charakteristika Gemeinschaftsgefühl,1187 Rituale und Traditionen und moralische Unterstützung1188 auf.1189 Durch ihre jährliche oder halbjährliche Terminisierung können diese Events aber nicht mit regelmäßigen Aktivitäten in anderen Ausprägungen von Brand Communities verglichen werden. Durch die zahlreichen Teilnehmer1190 und somit der Möglichkeit für meist geografisch weit verstreute Besucher, in eine intensive, persönliche Interaktion zu treten1191 und die Marke hochleben zu lassen,1192 stellen Brandfests regelmäßige Höhepunkte für die enthusiastischen Anhänger einer Marke dar. Dennoch können diese zeitlich punktuell stattfindenden Events die Aufrechterhaltung der Interaktion nach dem Brandfest1193 oder die anhaltende Euphorie und somit die langfristige intendierte Markenloyalität nicht sicherstellen. Auch wenn Autoren von anderen Studien dies nicht als Limitation ihrer Forschungsergebnisse sehen,1194 gilt es die Erkenntnisse der vorliegenden Untersuchung aus dieser Perspektive der Nachhaltigkeit kritisch zu betrachten. 1187
Vgl. McAlexander & Schouten (1998), S. 390.
1188
Vgl. Schouten et al. (2007), S. 364.
1189
Vgl. hierzu Abschnitt 2.4.4.
1190
Vgl. Bagozzi (2005), S. 104.
1191
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 41; Komaromi (2003), S. 5.
1192
Vgl. McAlexander et al. (2002), S. 41.
1193
Vgl. Amine & Sitz (2004), S. 4.
1194
Vgl. zB. McAlexander et al. (2002), S. 41; oder Morandin et al. (2008), S. 15. 235
Diese Arbeit fokussiert auf die Marke Volkswagen GTI und somit auf eine Brand Community der Automobilbranche. Autos können als „sozial auffällige”1195 Produkte beschrieben werden und die dargelegten Effekte können daher nicht generalisiert werden. Beispielsweise könnten die Motive für die informelle Mitgliedschaft in einer Brand Community und der Einfluss dieser für andere Produktgruppen differieren.1196 Auch hinsichtlich des Markenvertrauens sind Unterschiede in seiner Bedeutung und Einflussnahme, abhängig von der Branche, dem Involvement der Konsumenten und der Lebensdauer der Produkte, zu erwarten.1197 Für die Generalisierbarkeit der Ergebnisse ist daher eine Validierung dieser in weiteren Produktgruppen und Branchen erforderlich,1198 um auch die unterschiedlichen Effekte von hedonischen und utilitaristischen Marken zu erfassen.1199 Darüber hinaus sind auch die Antezedenten und Konsequenten einer Mitgliedschaft in Online Brand Communities1200 kritisch zu prüfen, um etwaige Abweichungen zu Offline Brand Communities oder Brandfests zu identifizieren.
Schließlich sind bei den Konstrukten der Persönlichkeitseigenschaften Schwächen der Messskalen zu verzeichnen. Bei allen fünf Persönlichkeitsfaktoren mussten die gegensätzlich kodierten Items bereits aufgrund der Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse eliminiert werden.1201 Dies führt zu einer deutlichen Reduzierung der Items im Vergleich zur validierten Skala von Lang und Kollegen1202 und schränkt die Interpretationskraft der Persönlichkeitsfaktoren ein. Eine denkbare Begründung stellt die einheitliche Kodierung aller anderen Items im Fragebogen dar. Die Einschätzung der Persönlichkeit erfolgte im hinteren Abschnitt des Frage1195
Algesheimer (2004), S. 401.
1196
Vgl. Shang et al. (2006), S. 413.
1197
Vgl. Lau & Lee (1999), S. 363; Elliott & Yannopoulou (2007), S. 995.
1198
Vgl. z.B. Matzler et al. (2008), S. 159.
1199
Vgl. Carroll & Ahuvia (2006), S. 87.
1200
Vgl. hierzu Abschnitt 2.4.1.
1201
Vgl. hierzu Abschnitt 5.5.2.
1202
Lang et al. (2001), S. 115.
236
bogens und die Probanden hatten sich möglicherweise an die konsistenten Antwortmöglichkeiten gewöhnt. Die plötzlich gegensätzliche Fragestellung wurde dadurch eventuell übersehen. Weitere Ursachenforschung und eine Anpassung der Skala erscheinen jedoch notwendig.
237
6 Resümee Aufbauend auf den theoretischen und empirischen Erkenntnissen der vorliegenden Arbeit werden in diesem Abschnitt zunächst die Implikationen für die Praxis dargelegt. Abschließend werden offene Forschungslücken identifiziert
und
ein
Ausblick
auf
zukünftige
Brand
Community-
Forschungsfelder gegeben.
6.1 Implikationen für die Forschung Seit der Begriffseinführung 2001 durch Muniz und O’Guinn wurden mehrere Dutzend neue Forschungsprojekte auf dem Forschungsgebiet der Brand Communities durchgeführt und publiziert. Dennoch erfolgte bis dato in keiner wissenschaftlichen Veröffentlichung eine Erfassung aller Forschungsansätze des Themenbereichs. Die vorliegende Arbeit setzt an diesem Bedarf an und gibt einen Überblick über alle, der Verfasserin bekannten, bisherigen Projekte im Themenbereich der Brand Communities, die in internationalen Zeitschriften veröffentlicht oder in einem früheren Stadium auf internationalen Konferenzen vorgestellt wurden. Weiters wird eine Gegenüberstellung dieser 52 empirischen Forschungsprojekte zu Brand Communities durchgeführt und eine inhaltliche Zusammenfassung nach Themenschwerpunkten und Perspektiven erstellt. Der aktuelle Stand der Forschung wird somit umfassend und detailliert aufgezeigt, aber dennoch übersichtlich und in komprimierter Form dem Leser dargestellt. Wissenschaftler, die zukünftig Forschungsprojekte in diesem Themenbereich durchführen, können diese Gegenüberstellung heranziehen, um auf schnellem Wege den aktuellen Stand der Brand Community-Forschung zu erfassen.
Einen wesentlichen Beitrag zur Marketingforschung leistet auch die Entwicklung des umfassenden Forschungsmodells. Basierend auf der Brand Community-Literatur, ausgewählten Theorien (Motivtheorie, Soziale Iden238
tität, Sense of Community) sowie Ansätzen der Markenforschung (Konzept der Markenloyalität) und schließlich themenübergreifenden Brand Community-Studien entsteht zunächst das „Brand Community-Basismodell“. Dieses postuliert einen Einfluss dreier ausgewählter Motive (Information Value, Social Enhancement Value, Entertainment Value) auf die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities, welche einen direkten Einfluss auf die Markenloyalität ausübt. Basierend auf Argumenten der Markenforschung sowie speziellen Publikationen zu Antezedenten der Markenloyalität, wird in einem zweiten Schritt das Basismodell erweitert, indem Markenvertrauen und Markenaffekt als mediierende Variablen aufgenommen werden. Dieses „Brand Community-Gesamtmodell“ ist im Vergleich zu bisherigen Forschungen des Themenbereichs wesentlich umfassender, da es sowohl die Antezedenten als auch die Konsequenzen der Mitgliedschaft in Brand Communities inkludiert. Die Entwicklung des Brand Community-Modells trägt somit zur Theoriebildung bei und ermöglicht neue Erkenntnisse für die Marketingforschung.
Die Frage nach der Mitgliedschaft stellte bisher einen wesentlichen Kern bei empirischen Untersuchungen im Themengebiet der Brand Communities dar. Wann wird ein enthusiastischer Markenanhänger als Mitlied kategorisiert und welche Kriterien sind dafür ausschlaggebend. Dieser Aspekt wird in der vorliegenden Arbeit aufgegriffen und mittels des Konstruktes der „informellen Mitgliedschaft“ erklärt. Dieses wird in Bezug auf die Theorien der Sozialen Identität und Sense of Community umfangreich konzeptualisiert und operationalisiert. Dabei wird argumentiert, dass für eine informelle Mitgliedschaft keine externen, direkt beobachtbaren Kriterien (z.B. offizielle Registrierung) ausschlaggebend sind. Stattdessen spielt die Wahrnehmung des Konsumenten die entscheidende Rolle. Fühlt sich dieser zugehörig und als ein Teil der Markenfans, so kann von einer (informellen) Mitgliedschaft in der Brand Community gesprochen werden. Die detaillierte Konzeptualisierung und Operationalisierung dieses Konstruktes liefert damit einen bedeutenden Mehrwert für die Marketingforschung und 239
kann für zukünftige Forschungsprojekte im Themenfeld herangezogen werden.
Erst seit kurzem beschäftigt sich die Wissenschaft mit der Erforschung von Motiven im Rahmen von Brand Communities. So wurden erst drei Untersuchungen unter diesem Fokus durchgeführt und zum Teil auf internationalen Konferenzen vorgestellt. Diese Studien zeichnen sich großteils durch ihren explorativen Charakter aus und haben die Identifikation der Motive als solches zum Zweck. Der Effekt dieser Motive auf Brand Communities wurde aber bisher noch nicht untersucht. Die vorliegende Arbeit ist der Idee gefolgt, dass ausgewählte Motive einen Einfluss auf die Mitgliedschaft bzw. die Partizipation in Brand Communities aufweisen. Dazu wurden drei Motive als signifikante Einflussfaktoren auf die Mitgliedschaft in diesen sozialen Netzwerken identifiziert. Es konnte festgestellt werden, dass wenn die Brand Community oder das Brandfest den Motiven Information Value, Social Enhancement Value und Entertainment Value gerecht werden, es zu einer Selbstwahrnehmung der Markenfans als Mitglieder der Community kommt. Die drei Motive wurden zwar vor dieser Untersuchung bereits im Kontext von virtuellen Communities als Prädiktoren identifiziert, ihr Einfluss konnte aber nur teilweise bestätigt werden und wurde für Brand Communities zuvor noch nicht überprüft. In dieser Arbeit ist es gelungen einen signifikant positiven Einfluss aller drei ausgewählten Motive auf die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities nachzuweisen. Dies stellt nicht nur für die Forschung, sondern auch für Marketingverantwortliche in der Praxis eine wesentliche Erkenntnis dar, da darauf aufbauend konkrete Implikationen abgeleitet werden können (vgl. Abschnitt 6.2).
Als weiterer bedeutender Beitrag für die Marketingforschung kann der Nachweis des direkten Einflusses von Brand Communities auf die Markenloyalität gesehen werden. In der Brand Community-Forschung existierte bis vor dieser Arbeit aufgrund fehlender empirischer Studien eine Forschungslücke, die nach reliabler und valider Prüfung des direkten Einflus240
ses der Mitgliedschaft auf die Markenloyalität verlangte. Dieser Zusammenhang konnte nun empirisch belegt werden und es wurde ersichtlich, dass die Identifikation mit anderen Markenfans und damit die Zugehörigkeit zur Community einen starken direkten und signifikanten Effekt auf die intendierte Markenloyalität ausüben. Die Vermutungen und theoriebasierten Argumentationen vorangegangener Forschungsprojekte wurden damit bestätigt.
Neben dem Nachweis des direkten Einflusses der informellen Mitgliedschaft auf die intendierte Markenloyalität wurde die Analyse von mediierende Faktoren dieses Zusammenhangs durchgeführt. Wenn sich Markenfans selbst als Mitglied der Community wahrnehmen, vertrauen sie der Marke und der Markenaffekt wird gesteigert. Ein ausgeprägtes Markenvertrauen und positive Emotionen bei der Markennutzung beeinflussen folgend die intendierte Markenloyalität. Werden die beiden Konstrukte Vertrauen und Affekt in das Basismodell aufgenommen, verringert sich der direkte Einfluss der Mitgliedschaft auf die Markenloyalität signifikant. Es konnte somit empirisch belegt werden, dass sowohl Markenvertrauen als auch Markenaffekt diesen direkten Zusammenhang partiell mediieren. Dieses Ergebnis liefert nicht nur einen Beitrag für die Marketingforschung, sondern validiert zusätzlich die Erkenntnisse von Chaudhuri und Holbrook und repliziert diese in einem anderen Kontext, im Forschungsfeld der Brand Communities.
Der explorative Teil der Untersuchung widmet sich der Analyse der Frage, ob Brand Community-Mitglieder, wie in den meisten bisherigen Ansätzen, als homogen beschrieben werden können oder als heterogene Gruppe einzustufen sind. Konkret wird überprüft, ob Brand Community-Mitglieder nach ihrer Persönlichkeitsstruktur und soziodemographischen Determinanten unterschieden werden können und ob weiters auf Basis dieser potenziellen Differenzierungsmerkmale Gruppenunterschiede in den zuvor erläuterten Effekten der Antezedenten und Konsequenzen der Mitgliedschaft 241
in Brand Communities bestehen. Es wurde herausgefunden, dass Brand Community-Mitglieder und damit das Ausmaß der Antezedenten und Konsequenzen von Brand Communities sich zwar nicht aufgrund der soziodemographischen Ausprägungen oder ebenfalls kaum aufgrund der bisherigen Verhaltensweisen der Markenfans unterscheiden, die Persönlichkeitsstruktur der Markenfans führt aber zu unterschiedlich starken Effekten der aufgezeigten Zusammenhänge. Diese Erkenntnis stellt eine wesentliche Bereicherung für das Forschungsfeld der Brand Communities dar. Die Implikationen durch den Einsatz der Persönlichkeitseigenschaften als Moderatoren der Wirkungsweisen von Brand Communities sind sowohl aus praktischer, wie auch aus theoretischer Sicht neu und bieten unterschiedliche Anhaltspunkte und Perspektiven für weitere Forschungsprojekte im Marketing und insbesondere im Konsumentenverhalten.
6.2 Implikationen für die Praxis Markenfans, die miteinander interagieren, sich mit anderen Gleichgesinnten identifizieren und als Teil des Ganzen fühlen, stellen informelle Mitglieder von Brand Communities dar. Auch wenn diese enthusiastischen Konsumenten keine offizielle Registrierung ausgefüllt haben oder einen Beitrag für die Mitgliedschaft entrichten, sollten Marketer diese dennoch als vollwertige Mitglieder eines offiziellen Markenclubs wahrnehmen und behandeln. Dies umfasst sowohl die Anerkennung der informellen Mitglieder aufgrund ihrer ausgeprägten Leidenschaft für die Marke und eine damit verbundene hohe Wertschätzung als auch die kommunizierte Besserstellung gegenüber „normalen” Konsumenten. Die Übermittlung von exklusiven und regelmäßigen Insider-Informationen und das Gefühl eines besonderen Status stellen Beispiele für den adäquaten Umgang von Unternehmen mit den Partizipanten der Community, die auf ihre Marke fokussiert sind, dar. Mitglieder in Brand Communities stellen die zukünftigen Kunden des Markenunternehmens dar, da sie eine positive Einstellung gegenüber dieser inne haben und der Marke gegenüber loyal sind. 242
Drei Motive liegen der informellen Mitgliedschaft in Brand Communities zugrunde: Informationsaustausch (Information Value), Erhalt von Anerkennung durch Gleichgesinnte (Social Enhancement Value) und Unterhaltung (Entertainment Value). Gelingt es Unternehmen, diese Motive bzw. die dahinterliegenden Bedürfnisse der Markenfans zu erfüllen, stärkt dies das Zugehörigkeitsgefühl der Markenliebhaber und führt zu einer gefestigten informellen Mitgliedschaft. x
Um den Informationsaustausch für die Mitglieder in Brand Communities zu fördern, bedarf es zunächst der Möglichkeit einer Interaktion und darüber hinaus einer Informationsversorgung von Unternehmensseite. Die Aufgabe von Marketing-Verantwortlichen ist es daher, eine Plattform zu schaffen, die Anhängern der Marke dient, um miteinander in Interaktion treten zu können. Dies kann beispielsweise ein Online-Forum oder auch ein vom Unternehmen unterstütztes Brandfest umfassen. In einem weiteren Schritt ist es für das Management von Interesse, Informationen über die Marke, das Produkt und das Unternehmen exklusiv an die Brand CommunityMitglieder zur Verfügung zu stellen. So kann das Unternehmen sowohl die effiziente Übermittlung von Informationen, wie beispielsweise die Ankündigung von Neuprodukteinführungen, erreichen als auch den begeisterten Konsumenten die erforderliche Wertschätzung erteilen. Darüber hinaus wird auch das Vertrauen der Konsumenten in die Marke gestärkt und die Markenfans können diese neuwertigen Informationen wiederum für den Austausch untereinander nutzen.
x
Das Motiv der Anerkennung durch Gleichgesinnte nimmt im Gegensatz zu virtuellen Communities in Offline Brand Communities und Brandfests eine wesentliche Rolle für die Mitgliedschaft ein. Enthusiastische Markenliebhaber, die Stunden und Tage sowie große Geldbeträge zur Verbesserung und Verschönerung ihres Autos in243
vestieren, streben nach positivem Feedback, Lob und Wertschätzung durch andere, ebenso begeisterte Fans der Marke. Dies erhalten sie durch verbale Rückmeldungen und die Gestik und Mimik der kompetenten Kollegen. Daher ist für die Entsprechung dieses Motivs insbesondere der Offline Charakter der Interaktion von Bedeutung. Ein großes Event, an dem zahlreiche Anhänger der Marke partizipieren, eignet sich daher sehr gut, um diese positive Rückmeldung zu erhalten. Wird dieses Bedürfnis der Anerkennung durch Gleichgesinnte erfüllt, fühlen sich die Markenfans wiederum stärker zur Brand Community zugehörig. x
Die Gestaltung eines abwechslungsreichen und spannenden Programms stellt eine zusätzliche Möglichkeit für Unternehmen dar, die informelle Mitgliedschaft von Markenfans zu steigern. Spaß, Spannung und eine „geile Zeit” sind vielfache Wünsche der Konsumenten. Marketer können diesem Motiv für die Mitgliedschaft gerecht werden, indem sie außergewöhnliche Programmpunkte sowohl online als auch offline anbieten. Beispiele dafür stellen vielfältige und spannende Programmpunkte bei Brandfests sowie Spiele, Abstimmungen und Fotogalerien in Online Brand Communities dar. Eine enge Verknüpfung der offline und online Aktivitäten (z.B. online Fotogalerien des Brandfests) stellt die optimale Anwendung dar.
Brand Community-Mitglieder sind der Marke gegenüber loyal. Diese Markenloyalität wird neben der empfundenen Zugehörigkeit zur Community und der Identifikation mit anderen Markenfans durch weitere markenbezogene Faktoren beeinflusst: Markenaffekt und Markenvertrauen. Dieser Aspekt ist für Unternehmen von besonderem Interesse, da Kunden, die positive Gefühle aufgrund der Markennutzung empfinden und ein Vertrauen gegenüber der Marke entwickeln, eine noch stärkere Markenloyalität entwickeln. Diese besondere Form der emotionalen Markenloyalität führt 244
beispielsweise zu der Bereitschaft der Kunden, höhere Preise für die bevorzugte Marke in Kauf zu nehmen.1203 Marketingverantwortliche sind daher aufgefordert, in der Gestaltung der Markenkommunikation und auch bei der Organisation bzw. Mitwirkung von Brand Community-Aktivitäten, Maßnahmen zur Steigerung des Markenvertrauens und auch des Markenaffekts zu integrieren. Um das Vertrauen der Mitglieder in die Marke zu steigern, können beispielsweise regelmäßige und exklusive Informationsübermittlungen an Community-Mitglieder gestartet und Informationsstände bei Brandfests integriert werden. Die Organisation von Wettbewerben (z.B. das schönste Auto beim GTI-Brandfest), bei denen das eigene Markenprodukt durch andere begutachtet und bewertet wird, zielen wiederum auf die Steigerung des Markenaffekts ab.
Brand Communities weisen auf Basis der Persönlichkeitsstruktur ihrer Mitglieder sowie aufgrund von deren Beziehungsdauer mit der Community unterschiedliche Anspruchsgruppen auf. x
Je länger die Mitgliedschaft in Brand Communities für Markenliebhaber bereits anhält, umso wichtiger sind die Motive der Anerkennung durch Gleichgesinnte und der Unterhaltung für das Gefühl der Zugehörigkeit. Marketer sind daher aufgefordert, diesen Motiven zu entsprechen, indem für erfahrene Brand Community-Mitglieder beispielsweise zusätzliche Programmpunkte oder Präsentationsmöglichkeiten ihrer Marke bei einem Brandfest geboten werden.
x
Darüber hinaus weisen Markenliebhaber auch abhängig von ihrer Persönlichkeitsstruktur unterschiedliche Ansprüche an die Kommunikation des Unternehmens und die Gestaltung eines Brandfests auf. Das Markenvertrauen von Konsumenten mit hohen Werten des Persönlichkeitsfaktors Neurotizismus wird beispielsweise stärker durch
1203
Vgl. Chaudhuri & Holbrook (2001), S. 91. 245
informative Medien wie das Internet, Radio oder neutrale Informationen beeinflusst1204 als durch Gleichgesinnte. Darum sollte die Kommunikation von Brand Communities zielgerichtet auf die unterschiedlichen Anspruchsgruppen geplant und durchgeführt werden. x
Eine besondere Rolle nehmen extrovertierte Personen in Brand Communities ein. Sowohl der Einfluss aller drei Motive auf die Mitgliedschaft als auch der Effekt auf die Markenloyalität sind bei diesen Markenfans stärker ausgeprägt. Insbesondere für den Auf- und Ausbau von Brand Communities sind begeisterungsfähige, redselige und gesellige Konsumenten von hoher Wichtigkeit. Die Aufgabe von Unternehmen ist es daher, extrovertierte Markenanhänger zu identifizieren und diese als Multiplikatoren und Botschafter für die Marke und deren Community zu gewinnen.
Ein weiteres zentrales Ergebnis der vorliegenden Arbeit stellt die Erkenntnis dar, dass bereits jährlich oder halbjährlich terminisierte Brandfests zur Markenloyalität ihrer Teilnehmer führen kann. Fühlen sich Markenfans als Teil des Ganzen und identifizieren sie sich mit den anderen Besuchern des Treffens, führt dies zur Loyalität gegenüber der gefeierten Marke. Selbst eine längerfristige Beziehung zur Community bzw. eine häufigere Teilnahme an diesem Großevent ist für die Entwicklung einer Markenloyalität nicht erforderlich. Bereits ab der ersten Brandfest-Teilnahme weisen die Markenenthusiasten hohe Loyalität gegenüber der Marke auf. Für Unternehmen bedeutet dies, dass ein kosten- und zeitintensiver Aufbau einer sich regelmäßig treffenden Brand Community nicht erforderlich ist. Die Organisation und Durchführung von erfolgreichen Brandfests ist bereits ausreichend, um Konsumenten an die Marke zu binden und ihre Einstellungen zu formen.1205 Marketer sollten dabei versuchen, dem Konsumen1204
Vgl. Diehl & Terlutter (2006), S. 296.
1205
Vgl. auch McAlexander & Schouten (1998), S. 380ff.
246
ten ein außergewöhnliches Erlebnis zu vermitteln und den Aufbau von Beziehungen mit anderen Gleichgesinnten zu ermöglichen. Auch die Präsenz des Unternehmens beim Brandfest ist von Bedeutung, um den Konsumenten zusätzliche Informationen über und auch einen exklusiven Einblick in das Unternehmen zu gewähren. Darüber hinaus ist aber auch der Aufbau einer Online Brand Community zu empfehlen, um die beim Brandfest entstandene Euphorie bis zum nächsten Event aufrechtzuerhalten und den Mitgliedern eine zusätzliche Möglichkeit der sozialen Interaktion zu bieten. Idealerweise werden beide Ausprägungen der Brand Community – Online und Brandfest – eng miteinander verknüpft. Ankündigungen des Brandfests und Fotogalerien zum Event sowie Hinweise auf die Online Community beim Offline Treffen stellen Beispiele für diese Verbindung dar.
Eine Möglichkeit in der heutigen Marketingumwelt einen strategischen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Mitbewerbern zu erhalten, ist die Förderung von Beziehungen unter markenbegeisterten Konsumenten und damit der Aufbau einer Brand Community. Dieser Beziehungsaufbau wird beispielsweise durch das Organisieren und die Durchführung von Brandfests ermöglicht, die eine Plattform für die Interaktion der Markenfans darstellen. Aus diesem Grund liegt es in der Verantwortung des Managements, die Durchführung von Brandfests nicht als kurzfristige Investition, sondern als langfristige Chance anzusehen, die Konsumenten an die Marke zu binden. Diese Investition ist aber nur dann sinnvoll, wenn sie von einer laufenden Betreuung durch eine Online-Plattform unterstützt wird. Brand Communities werden zukünftig jedenfalls eine wesentlichere Rolle im Marketingmanagement einnehmen.
6.3 Ausblick Auf Basis der Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung kristallisieren sich einige zukünftige Forschungsfelder heraus, die nachfolgend diskutiert werden. Unter allen möglichen Forschungsbereichen, die an das Thema 247
dieser Arbeit angrenzen, ist vor allem jener Forschungsbedarf von Interesse, welcher auf die Validierung und Ergänzung der hier gewonnen Erkenntnisse abzielt.
Drei ausgewählte Motive (Information Value, Social Enhancement Value und Entertainment Value) beeinflussen die informelle Mitgliedschaft in Brand Communities. Diese Motive wurden in einer Untersuchung im Kontext von virtuellen Communities als Prädiktoren identifiziert,1206 für die vorliegende Studie als Prädiktoren herangezogen und im Brand Community-Kontext validiert. Weitere Brand Community-Forscher1207 versuchen in laufenden Forschungsprojekten die Motive für die Mitgliedschaft möglichst vollständig zu erfassen. Basierend auf ihren Erkenntnissen ist es von Interesse, weitere Motive zu identifizieren und in das Modell der vorliegenden Arbeit als Prädiktoren einzubauen. Ein zusätzlicher Erklärungsgehalt der Mitgliedschaft in Brand Communities ist zu erwarten. Darüber hinaus könnten Motive auch als Moderatorvariablen eingesetzt werden, um etwaige Gruppenunterschiede des Einflusses der Mitgliedschaft auf die Markenloyalität abhängig von den Motiven für die Teilnahme festzustellen. Dies würde insbesondere in spannende Implikationen für die Marketingpraxis resultieren, als dass unterschiedliche Anspruchsgruppen aufgrund ihrer Motive und Bedürfnisse differenziert angesprochen und bedient werden können. Darüber hinaus wird aufgezeigt, welchen Motiven der Markenfans das Unternehmen primär gerecht werden sollte, um eine möglichst hohe Bindung der Brand Community-Mitglieder an die Marke zu erreichen. Persönlichkeitseigenschaften führen zu Gruppenunterschieden in den Antezedenten und Konsequenzen der Mitgliedschaft in Brand Communities. Aufgrund der nicht eindeutigen Zuordnung der gegensätzlich kodierten Items musste die Ursprungsskala1208 um diese gekürzt werden. Eine
1206
Vgl. Dholakia et al. (2004), S. 241ff.
1207
Vgl. Bagozzi et al. (2008), S. 1ff.; Popp et al. (2008), S. 1ff.
1208
Vgl. Lang et al. (2001), S. 111ff.
248
Adaptierung der Skala erscheint daher angebracht. Darüber hinaus liefert die vorliegende Untersuchung auch außerhalb des Brand CommunityKontexts Anknüpfungspunkte für die Marketingforschung. In den meisten Studien wurde Persönlichkeit bisher als Prädiktor für Einstellung oder Verhalten herangezogen. Nur wenige Studien, insbesondere aus der Psychologie, sind bekannt, die Persönlichkeit als Moderatorvariable einsetzen bzw. Gruppenunterschiede auf Basis von Persönlichkeitsmerkmalen analysieren. Die Eignung von Persönlichkeitseigenschaften als Moderatorvariablen für die Analyse von Gruppenunterschieden konnte bestätigt werden. Auch für weitere Untersuchungen im Rahmen der Marketingforschung stellt die Untersuchung von Gruppenunterschieden anhand der Persönlichkeitsstruktur der Konsumenten einen interessanten Ansatz dar. Auf dessen Basis können Implikationen für die Marketingpraxis resultieren, welche die differenzierte Kommunikation1209 und ein entsprechend angepasstes Angebot umfassen.
Ein weiteres zukünftiges Forschungsfeld umfasst die Integration der Brand Communities in den Stakeholder-Ansatz.1210 Brand Community-Mitglieder sind differenziert von „normalen” Konsumenten zu betrachten und stellen keine weitere Zielgruppe, sondern eine (oder aus Sicht der unterschiedlichen Effekte aufgrund der Persönlichkeitseigenschaften: mehrere) Anspruchsgruppe(n)1211 dar. Erfolgreiches Markenmanagement orientiert sich an den Bedürfnissen und Interessen der Anspruchsgruppen der Marken.1212 Die Verknüpfung mit dem Stakeholder-Ansatz offeriert daher nicht nur eine Erweiterung der Brand Community-Forschung, sondern ergänzt den Stakeholder-Ansatz um einen neuen Aspekt.
1209
Vgl. z.B. Diehl & Terlutter (2006), S. 296.
1210
Vgl. z.B. Freeman (1984), oder Friedman & Miles (2006), S. 1ff.
1211
Vgl. Karmasin (2007), S. 81f.
1212
Vgl. Esch et al. (2006), S. 5ff. 249
Der empirischen Studie in dieser Arbeit liegt ein statisches Design zugrunde, Veränderungen im Zeitablauf wurden nicht untersucht. Von Interesse ist daher die Nachhaltigkeit des Brandfests zu prüfen und zu analysieren, ob die dargelegte intendierte Markenloyalität zu einem späteren Zeitpunkt zu einem tatsächlichen Wiederkauf der Marke führt. Darüber hinaus erfordert der Vergleich der Ergebnisse mit einer Kontrollgruppe (NichtMitglieder) weitere Analysen, um die Stärke des Brand CommunityEinflusses darzulegen. Auch wenn für das GTI-Brandfest am Wörthersee einige Fans aus dem nicht-deutschsprachigen Ausland anreisen, befasste sich die empirische Untersuchung in dieser Arbeit ausschließlich mit deutschsprachigen Teilnehmern. Für zukünftige Untersuchungen wäre es interessant zu sehen, ob die ermittelten Effekte ebenfalls für Marken und Brand Communities in anderen Kulturräumen Gültigkeit haben.
Einen, insbesondere für die Marketingpraxis, bedeutend erscheinenden weiteren Forschungsbereich stellt die Verbindung von Online und Offline Brand Communities dar. So bedarf es Untersuchungen, ob diese Verknüpfung die Wirkungsweise von Brand Communities erhöht bzw. die Nachhaltigkeit der Effekte fördert. Theoretisch wurden virtuelle Brand Communities bereits gründlich von Offline Brand Communities abgegrenzt, ihre möglicherweise unterschiedliche Wirkungsweise und gegenseitigen Ergänzungen bedürfen aber noch einer detaillierten Prüfung.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die dargestellten Ausführungen lediglich exemplarisch aufzeigen, welche weiterführenden Themenstellungen in die Brand Community-Forschung integriert werden können bzw. an diese angrenzen. Dieser aufgezeigte Forschungsbedarf soll Anregungen für zukünftige Forschungsprojekte bieten, um das Konzept der Brand Communities als erfolgversprechendes Konzept in der Markenführung weiterzuentwickeln.
250
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Anhang Anhang 1: Die Studie von Dholakia, Bagozzi und Pearo (2004)
Purposive Value
SelfDiscovery
Mutual Agreement
Group Norms
Mutual Accomodation Maintaining Interpersonal Interconnectivity
Desires
WeIntentions
Participation Behavior
Social Identity
Social Enhancement
Entertainment Value
Cognitive Social Identity
Affective Social Identity
Evaluative Social Identity
Abbildung 46: Anhang 11213
1213
Quelle: Dholakia et al. (2004), S. 255. 295
Anhang 2: Die Studie von Bagozzi, Bergami, Marzocchi und Morandin (2008)
Purpose in life 10
Better life
7
Emotions 10 8
Made in Italy
6
Fun
9
6
9
Ducati prestige
6 7
I’m ducatista Sharing
7 7
Desmo
8
10
Absorbing
7
Group
6
7
Friendship
6 9
7
8 6
7
8
9 18
Speed
Riding together
Brand attraction
Ducati bike Economic facilitations
Events
7 18
10
7
Passion
Social relatedness Social Relatedness
Personal involvement Personal Involvement
Abbildung 47: Anhang 2a1214
1214
296
Quelle: Bagozzi et al. (2008), S. 31.
The symbolic meaning of The Symbolic Meaning product/brand of Product/Brand
Dependent variable Passion Friendship Group Group Friendship Friendship Better life Events Absorbing Prestige Made in Italy
Dependent variable
t-value (p-value)
Attitude
2.11 2.94 2.88 6.97 2.49 5.35
(.036) (.026) (.035) (.000) (.033) (.000)
Brand attraction Events Absorbing Economic facilitations Better life Prestige Ducati bike Brand attraction Prestige
Subjective Norms
3.09 3.54 3.01 3.15 7.77
(.022) (.003) (.024) (.027) (.000)
Group Friendship Group
Perceived behavioral control
Friendship Group Fun Absorbing Ducati bike Emotions Prestige Desmodromic
Intention to participate
2.63 (.009) 2.49 (.044) 3.01 2.76 2.80 2.36
(.021) (.039) (.018) (.046)
Tabelle 31: Anhang 2b1215
1215
Vgl. Bagozzi et al. (2008), S. 35. 297
Anhang 3: Die Studie von Bhattacharya und Sen (2003)
Identity Knowledge
Identity Trustworthiness
Company Loyalty
Identity Similarity
Company Identity
Identity Distinctiveness
Company Promotion Identity Attractiveness
Identity Prestige
Identity Coherence
Abbildung 48: Anhang 31216
1216
298
Quelle: Bhattacharya & Sen (2003), S. 79.
ConsumerCompany Identification
Identity Salience
Customer Recruitment Resilience to Negative Information Stronger Claim on Company
Embeddedness
Anhang 4: Die Studie von Bagozzi und Dholakia (2006)
Group Behavior
Attitude Positive Anicipated Emotions
Social Intensions
Desire
Negative Anticipated Emotions
Subjective Norm Perceived Behavioral Control
Brand Behavior
Brand Identification Social Identity
Evaluative
Cognitive Affective
Abbildung 49: Anhang 41217
Anhang 5: Die Studie von McAlexander, Kim und Roberts (2003)
Abbildung 50: Anhang 51218
1217
Quelle: Bagozzi & Dholakia (2006a), S. 55.
1218
Quelle: McAlexander et al. (2003), S. 6. 299
Anhang 6: Die Studie von Algesheimer, Dholakia und Herrmann (2005)
Brand relationship quality
Brand loyalty intentions
Brand-related purchase behavior
Membership continuance intentions
Community membership duration
Community recommendation intentions
Community recommendation behavior
Community participation intentions
Community participation behavior
Reactance
Normative community pressure Brand community identification Community engagement
Abbildung 51: Anhang 61219
1219
300
Quelle: Algesheimer et al. (2005), S. 28.
Anhang 7: Die Studie von Marzocchi und Bergami (2005)
Abbildung 52: Anhang 71220
1220
Quelle: Marzocchi & Bergami (2005), S. 6. 301
Anhang 8: Die Studie von Füller, Matzler und Hoppe (2008)
Abbildung 53: Anhang 81221
1221
302
Quelle: Füller et al. (2008), S. 614.