Beiträge zur Kenntnis südasiatischer Sprachen und Literaturen
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Beiträge zur Kenntnis südasiatischer Sprachen und Literaturen
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Herausgegeben von Dieter B. Kapp
2003 Harrassowitz V erlag · Wiesbaden
Klaus Mylius
Geschichte der altindischen Literatur Die 3000jährige Entwicklung der religiös-philosophischen, belletristischen und wissenschaftlichen Literatur Indiens von den Veden bis zur Etablierung des Islam 2., überarbeitete und ergänzte Auflage
2003 Harrassowitz Verlag · Wiesbaden
Die erste Auflage erschien 1983 im Verlag Philipp Reclam jun., Leipzig, unter dem Titel "Geschichte der Literatur im alten Indien". Derselbe Text erschien 1988 im Scherz Verlag, Bem München Wien, unter dem Titel "Geschichte der altindischen Literatur".
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Bibliographieinformation published by Die Deutsche Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data is available in the Internet at http://dnb.ddb.de.
© Otto Harrassowitz KG, Wiesbaden 2003 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen jeder Art, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung in elektronische Systeme. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck und Verarbeitung: Memminger MedienCentrum AG Printed in Germany
www.harrassowitz.de/verlag ISSN 0948-2806 ISBN 3-447-04772-0
Inhaltsverzeichnis
Vorwort des Herausgebers Vorwort zur 2. Auflage Vorwort zur 3. Auflage Einleitung . . . . . . . 1. Wesen, Umfang und Schichten der altindischen Literatur 2. Die Chronologie der altindischen Literatur . 3. Sprache und Schrift Die vedische Literatur 1. Einführung . 2. Die Samhitas . a) Der ~gveda . . b) Der Samaveda c) Der Yajurveda d) Der Atharvaveda . 3. Die BrahmaJfas . 4. Die Äral}yakas . 5. Die Upani~aden . 6. Die Vedangas Die epische Literatur . . 1. Einführung . . . 2. Das Mahabharata 3. Das Ramayal}a 4. Die Puralfas 5. Die Tantras . . --~ Die klassische Literatur . 1. Einführung . . . 2. Das höfische Kunstepos 3. Die Lyrik . . . . . . 4. Die Spruchdichtung 5. Fabeln und Märchen 6. Der Kunstroman . . 7. Die historiographische Kunstdichtung 8. Die Campii~Literatur . . . . . . . . .
vn vm x 1 1 4 7 15 15 22 22 35 37 41 46 54 56 64 71 71 73 99 109 121 127 127 138 144 149 153 168 173 177
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INHALT
9. Die dramatische Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die theoretischen Grundlagen des altindischen Dramas . b) Die vor- und frühklassischen Dramen c) Die Blütezeit des altindischen Dramas . . . d) Die nachklassischen Dramen . . . . . . . . Die philosophische und wissenschaftliche Literatur . 1. Einführung . . . . . . . . . . 2. Die philosophische Literatur . 3. Die Arthasastra-Literatur . . 4. Die Dharmasastra-Literatur . 5. Die mathematische, astronomische u. astrologische Literatur 6. Die medizinische Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Die erotische Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Die Literatur über Musik, Architektur und andere Gebiete . 9. Die Literatur über Grammatik und Metrik . 10. Die lexikographische Literatur Die buddhistische Literatur 1. Einführung . . . 2. Der Pali-Kanon . . a) Das Suttapitaka . b) Das Vinayapitaka c) Das Abhidhammapitaka 3. Die nichtkanonische Pali-Literatur 4. Die buddhistische Sanskrit-Literatur a) Die Literatur des Hinayana . b) Die Literatur des Mahayana . . . . c) Die Literatur des Vajrayana. . . . . d) Die buddhistische philosophische Literatur Die jinistische Literatur . . . . . . . . . . . 1. Die kanonische Jaina- Literatur . . . 2. Die nichtkanonische Jaina-Literatur Schlussbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . 1. Die Weltbedeutung der altindischen Literatur 2. Geschichte der Erforschung der altindischen Literatur in der Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Aussprache der Sanskrit-Wörter Register .
178 178 183 193 201 205 205 207 221 227 232 238 242 246 251 258 263 263 267 268 292 295 298 305 306 315 324 329 339 339 353 365 365 366 385 387
Vorwort des Herausgebers Die von dem namhaften Indologen Klaus Mylius (Johann Wolfgang GoetheUniversität Frankfurt) verfasste und erstmals 1983 unter dem Titel "Geschichte der Literatur im alten Indien" im Verlag Philipp Reclam jun. (Leipzig) erschienene "Geschichte der altindischen Literatur", in deren Rahmen die vedische und klassische Sanskrit-Literatur, die buddhistische Pali- und Sanskrit-Literatur sowie die jinistische Prakrit-Literatur dargestellt und behandelt werden, erfuhr bereits fünf Jahre später eine erweiterte und aktualisierte Neuauflage, die der Scherz Verlag (Bern / München) herausbrachte. Im selben Jahr erschien überdies eine vom Scherz Verlag lizenzierte Ausgabe bei der \Vissenschaftlichen Buchgesellschaft (Darmstadt). Nachdem nun schon seit geraumer Zeit auch die zweite Auflage dieses Standardwerkes vergriffen ist, fasste der Autor dankenswerterweise den Entschluss, eine dritte, gründlich durchgesehene und insbesondere, was die Bibliographie angeht -auf den neuesten Stand gebrachte Auflage zu erarbeiten, die hiermit der Öffentlichkeit vorgelegt wird.
Köln, Dezember 2002
Dieter B. Kapp
Vorwor t zur 2. Auflage Dem ständig wachsenden Interesse an der Kultur und Geschichte des alten Indien, das nicht zuletzt mit seiner Literatur das Kulturerbe der Menschheit wesentlich bereichert hat, soll mit dieser nicht in extenso dargestellte n, dafür möglichst informative n Geschichte der altindischen Literatur Rechnung getragen werden. Die Abfassung eines solchen Übersichtsw erkes wurde auch .deshalb erforderlich , weil ältere Handbüche r 1 entweder vergriffen bzw. überholt sind oder aber an den indologisch nicht vorgebildete n Leser gar zu hohe Anforderungen stellen. Der notwendiger weise begrenzte Umfang des Buches bedingte eine Konzentration auf das \,Yesentliche. Um den Leser nicht mit einer übergroßen Materialfülle zu belasten, wurden nur die Hauptwerke von den Anfängen der altindischen Literatur in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausend s v. Chr. bis etwa 1200 n. Chr. besprochen bzw. erwähnt. Auf die Erörterung der ohnehin noch nicht beweiskräft ig entschlüssel ten Inschriften der Induskultur wurde ebenso verzichtet wie auf die der späteren epigraphisc hen Monumente und der älteren Stufe der neuindoaris chen und dravidische n Literatur. Unter Berücksicht igung dieser Einschränku ngen ist jedoch alle Kraft darauf gerichtet worden, dem interessierte n Nicht- Indologen wie dem Fachmann sowohl eine verlässliche Erstorientie rung als auch die Basis für weitergehen de Information en zu bieten. Immer wieder wird z.B. nach den Grundzügen des Buddhismu s, den Quellen der Yogalehre, den Praktiken altindischer Medizin oder dem Inhalt des Lehrbuches der Liebeskunst Klimasutra gefragt. Auf diese und viele andere Fragen soll das vorliegende Buch ebenso Antwort geben, wie es den Leser mit altindischer Spruchweis heit, den Motiven der großen Epen oder den Werken des Kalidasa vertraut machen will. Literatur als einen Teil des historischen Gesamtproz esses eines Volkes in ihrem Verhältnis zur jeweiligen ökonomisch -politischen Entwicklun gsstufe zu begreifen ist im Falle des alten Indien beim gegenwärtig en Stand der Forschung nur in Ansätzen möglich. Infolgedessen wurde der Werkbeschr eibung Vorrang gegeben, von der Wiedergabe von Textauszüg en dagegen weitgehend abgesehen. Die zahlreichen Hinweise auf Textausgab en, Übersetzun gen und Sekundärliter atur, die mit der hier gebotenen Knappheit der bibliograph ischen Daten mitgeteilt werden, sollen es dem an zusätzlicher Information interessierten Benutzer ermöglichen , sich weiterreiche nde Materialien zu erschließen. Die Nennung in Indien selbst erschienene r Arbeiten soll diese sonst nur schwer erhältlichen Angaben verfügbar machen und zugleich als Absage an den Eurozentrismus verstanden werden. Die vorliegende Ausgabe berücksicht igt in den letzten Jahren erzielte Forschungserge bnisse sowie nach Möglichkeit auch die in den Rezensionen der er-
VoRWORT
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sten Auflage (Leipzig 1983) von den Fachkollegen gegebenen Hinweise. Die bibliographischen Angaben wurden aktualisiert. Dem Scherz Verlag, der die Herausgabe dieser zweiten, durchgesehenen und erweiterten Auflage dieser Literaturgeschichte übernommen hat, gebührt aufrichtiger Dank. Indem sich der Autor mit einem Gruß an die Leser in der Bundesrepublik Deutschland, in der Schweiz und in Österreich wendet, verleiht er dem Wunsche Ausdruck, dass dieser Leitfaden der altindischen Literatur über das Angebot von Informationen hinaus zum tieferen Verständnis der kulturellen Leistungen und damit der weltgeschichtlichen Bedeutung des großen indischen Volkes einen Beitrag leisten möge.
K. M.
Leipzig, Mai 1988
Anmerkung
Das am meisten verbreitete Standardwerk über altindische Literatur ist die dreibändige Geschichte der indischen Literatur von M. Winternitz (Leipzig 1904-1920, Neudruck Stuttgart 1968). Das Werk ist gleichermaßen für Fachleute und Laien nützlich. Eine gute Übersicht (einschließlich der neuindischen Literaturen) gibt H. v. Glasenapp: Die Literaturen Indiens von ihren Anfängen bis zur Gegenwart (Potsdam 1929, Neuausgabe Stuttgart 1961). Insgesamt überholt, aber in vielen Details heute noch wertvoll sind die Akademischen Vorlesungen über indische Literaturgeschichte von A. Weber (Berlin 1852, 2. Aufl. 1876-1878); Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung von L. v. Schroeder (Leipzig 1887, Neudruck 1922) und die History of Ancient Sanskrit Literature von Max Müller (London 1859, Neuausgabe von S. N. Sastr1 als Bd. 15 der Chowkhamba Sanskrit Studies, Varanasi 1968). Gut lesbar ist die History of Sanskrit Literature von A. A. Macdoneil (1900, indischer Neudruck 1961). Dasneueste und weitaus umfangreichste einschlägige Werk ist A History ofindian Literature, die J. Gon da seit 1974 in Wiesbaden herausgab; jeder ihrer Bände behandelt ein abgeschlossenes Spezialgebiet. Von den zahlreichen indischen Unternehmen auf diesem Gebiet verdient K. Chaitanyas A New History
of Sanskrit Literature (New York 1962) hervorgehoben zu werden. Sehr nützlich ist die lexikalische Aufschlüsselung des Materials (Werke, Autoren, Termini technici usw.) in A Campanion to Sanskrit Literature von S. C. Banerji (Delhi 1971, 2. Aufl. 1989; ebenso in A. K. Roy und N. N. Gidwani: Dictionary of Indology (4 Bde., Delhi 1983-86). Über die Literatur der vorarischen Stämme Indiens handelt W. Ruben (Berlin/DDR 1952). Viele nützliche Hinweise auf Sekundärliteratur bieten H. Bechert und G. v. Simson (Hrsg.): Einführung in die Indologie (Darmstadt 1979, 2. Aufl. 1993).
VORWOR T
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Vorwo rt zur 3. Auflag e Die ersten beiden Auflagen der "Geschich te der altindisch en Literatur" waren bald nach dem Erscheine n vergriffen. Nach fast 15 Jahren kann nunmehr den interessie rten Leserimm en und Lesern eine neubearbe itete dritte Auflage vorgelegt werden. Ohne dass die bewährte Grundkon zeption des VVerkes zu ändern gewesen wäre, wurden Textstelle n, wo erforderlic h, aktualisie rt und die bibliographisch en Hinweise auf den neuesten Stand gebracht. Herzlich dankt der Verfasser seinem geschätzt en Kollegen, dem Direktor des Instituts für Indologie und Tamilistik der Universitä t zu Köln, Herrn Professor Dr. Dieter B. Kapp, für die Aufnahme dieser Literaturg eschichte in die von ihm edierte Reihe Beiträge zur Kenntnis südasiatischer Sprachen und Literature n. Danken möchte er ferner den Herren Dr. Thomas Malten und Jens Knüppel, M.A., für die engagierte redaktione lle Betreuung .
Dezember 2002
Klaus Mylius
Einleitung 1. Wesen, Umfang und Schichten der altindischen Literatur Die indische Literatur zeichnet sich durch drei wesentliche Besonderheiten aus: durch ihr ALTER, ihre KONTINUITÄT und ihren UMFANG. Mit Ausnahme von China verfügt kein anderes Land über eine mehr als drei Jahrtausende währende ununterbrochene literarische Tradition. Dem Umfang nach ist allein die altindische Literatur größer als die griechische und römische Literatur zusarnrnen. Imposant ist auch ihre VIELFALT. Sie umfasst vorwiegend religiöse, aber durchaus auch weltliche Stoffe, Epik, Dramatik und Lyrik, didaktische Poesie, eine aus Fabeln, Märchen und Romanen bestehende Erzählungsliteratur und schließlich ein philosophisches sowie ein breitgefächertes wissenschaftliches Schrifttum, das sich mit Mathematik, Astronomie, Medizin, Architektur, Grammatik, Etymologie, Metrik und anderen Gebieten befasst. Obwohl man annehmen muss, dass im Laufe der Jahrtausende viel verlorengegangen ist, stellt das Erhaltengebliebene immer noch ein literarisches Corpus von ungeheurem Umfang dar, weist doch zum Beispiel ein einziges Werk, das Epos Mahabharata, mehr als 100000 Doppelverse auf! Die AUTORSCHAFT der altindischen Literaturwerke ist ein außerordentlich kompliziertes Problem. Man hatte im alten Indien zum geistigen Eigentum eine von heutigen Gepflogenheiten weit abweichende Einstellung. Die Individualität eines Autors spielte eine relativ untergeordnete Rolle. In den älteren Zeiten galten kaum Einzelpersönlichkeiten, sondern vielmehr Schulen (sakha/ als Produzenten und Träger der Literatur. Auch die aus späteren Zeiten überlieferten Autorennamen sind häufig bloße Schatten. Dazu tragen mehrere Umstände bei. Einmal kennen wir nicht selten eben nur die Namen und wissen nichts über die Lebensumstände des betreffenden Autors. Zum anderen wird selbst die Fixierung des Namens durch die im alten Indien häufige Homonymität erschwert. Weiter zogen es manche Autoren vor, ihren eigenen Namen zu verleugnen und sich entweder hinter einer literarischen Berühmtheit zu verbergen oder ihr Werk unter dem Namen ihres Fürsten erscheinen zu lassen. All das stellt den Indologen vor unvergleichlich größere Schwierigkeiten, als sie bei der Erforschung der meisten anderen Literaturen auftreten. Die ältesten indischen Literaturwerke, die Hymnen des ~gveda, sind über mehrere Generationen hinweg von Dichtern geschaffen worden, die in bestimrrlten Familien konzentriert waren. Die spätere vedische Literatur wurde überwiegend von Brahmanen (Priestern) hervorgebracht, die damit ihren beträchtlichen Einfluss auf die Gesellschaft zu festigen trachteten. An der Schöpfung der
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EINLEITUNG
epischen Literatur waren dagegen auch weitgehend nicht-brahmanische Verfasser, wie im Land umherziehende Barden, beteiligt. Die klassische altindische Kunstdichtung entstand vorwiegend als das Werk von Berufspoeten, die an den Höfen der Könige und Fürsten lebten. Die wissenschaftliche Literatur schließlich geht in überwiegendem Maße auf die Tätigkeit gelehrter Brahmanen zurück. Zu den Unsicherheiten über die Verfasserschaft kommt hinzu, dass auch die Texte selbst nur in unterschiedlichem Grade zuverlässig überliefert sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - worauf wir noch zurückkommen werden eine schriftliche Aufzeichnung im wesentlichen erst seit der Neuzeit datiert, die mündliche Überlieferung also über viele Jahrhunderte hinweg das einzige Mittel der Textbewahrung darstellte. Sie war vorwiegend an brahmanische, priesterliche, Schulen geknüpft, die geradezu einzigartige mnemotechnische Leistungen vollbrachten. Daraus erklärt es sich, dass besonders religiöse Texte mit größter, ja absoluter Genauigkeit überliefert wurden. So kann kein Zweifel bestehen, dass uns die IJ_ksambita in eben der Fassung vorliegt, in der sie bereits vor 3000 Jahren bestand. Anders steht es um die weltlichen Werke, wie etwa die Epen und Fabeln. Diese haben nicht selten von einem U rkern aus verschiedene Stadien der Agglomeration und sonstigen Veränderung durchlaufen und weisen somit eine umfangreiche Textgeschichte auf. Dann steht vor den Philologen die mühevolle und nicht immer erfolgversprechend e Aufgabe, die späten von den frühen Passagen zu scheiden und den ursprünglichen Kern freizulegen. Für die Interpretation der altindischen Literaturwerke, besonders der älteren von ihnen, bieten die einheimischen Kommentare eine gewisse Unterstützung. Ihr Wert wurde in Europa teils unterschätzt (0. v. Böhtlingk, R. Roth), teils zu hoch eingestuft (R. Pischel, K. F. Geldner). Sicher ist, dass man die Kommentare berücksichtigen muss, ohne ihnen sklavisch zu folgen. Am berühmtesten geworden sind die südindischen Brüder Sayar;ta und Madhava aus dem 14. Jahrhundert, die also auch schon durch eine riesige zeitliche Kluft etwa von der IJ_ksambita getrennt waren. Doch gibt es auch Kommentare aus der Ära vor unserer Zeitrechnung; freilich ersieht man aus ihnen, dass auch für sie oftmals schon dieselben Worte rätselhaft waren, die uns heute noch unklar sind. Manche Werke, wie bestimmte Sutras, haben sich uns überhaupt erst mit Hilfe der Kommentare erschlossen. Die Inder haben von jeher das Kommentieren sehr geschätzt: Manche Kommentare wurden so berühmt, dass ihnen wiederum Subkommentare gewidmet wurden. Verblüffend wirkt mitunter der von den Kommentatoren an den Tag gelegte hochgradige Objektivismus, wenn etwa ein und dieselbe Persönlichkeit verschiedenartige philosophische Systeme empfehlend kommentiert. Dann kann es große Schwierigkeiten bereiten, die dahinter verborgene parteiliche Haltung aufzudecken. In der altindischen Literatur gibt es vielfach keine scharfe Trennung von
EINLEITUNG
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Poesie und Prosa. Häufig sind metrisch gebundene Abschnitte in Prosastücke eingelagert. Für unsere Anschauungsweise erstaunlich, nichtsdestoweniger aber sehr verbreitet ist der Umstand, dass wissenschaftliche Stoffe in poetischem Gewand vorgetragen werden. So erscheinen nicht nur medizinische Abhandlungen, sondern auch staatsrechtliche Betrachtungen, ja sogar Grammatiken und Wörterverzeichnisse in metrisch gebundener Form. Westliche Literaturgeschichtsschreibung hat der altindischen Literatur vielfach die Neigung zur Übertreibung und Maßlosigkeit nachgesagt. Dies trifft indessen nur sporadisch zu und berührt keineswegs das Typische. Die überkonzise Form der Sutras zum Beispiel ist für diese mnemotechnischen Leitfäden durchaus beabsichtigt und angebracht gewesen. Absichtlich kreiert wurden auch die für europäischen Geschmack gekünstelt wirkenden Produkte mancher KavyaDichter. In den Pura11as zweifellos vorhandene Übertreibungen werden bereits innerhalb der epischen Literatur selbst durch die auf weiten Strecken vorherrschende gedankliche Klarheit und sprachliche Zucht mehr als kompensiert. Man wird zum Verständnis des Wesens der indischen Literatur nicht vorstoßen, wenn man sich nicht von der Last traditioneller europazentristischer Vorstellungen zu befreien vermag. Ehe wir zur Gliederung der altindischen Literatur übergehen, soll der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen werden, dass seit 1924 in Mohenjo Daro (Sindh, jetzt Pakistan), Harappa (Panjab) sowie in Chanhu Daro, Larkana und anderen Orten unternommene Ausgrabungen präarische Städte mit Ziegelbauten, Kanalisation und Tempeln ans Licht gefördert haben. 2 Gefunden wurden auch Siegel mit einer noch nicht beweiskräftig entzifferten Schrift, die möglicherweise altdravidisch war, leider aber keine Bilinguale zur Nachprüfung aufweist. 3 Diese sogenannte Indusgesellschaft, die um 2200 v. Chr. ihre höchste Blüte erreichte, ist zwar im 2. Jahrtausend v. Chr. untergegangen, hat aberwie man erst allmählich erkannte - nachhaltig auf die Kulturgeschichte Indiens eingewirkt. 4 Dies gilt vor allem für den religionsgeschichtlichen Bereich. Die Induskultur wurde zur Quelle des Sivaismus und auch des Vi~Jfuismus, damit also im wesentlichen des heute in Indien dominierenden Hinduismus. Mit ziemlicher Sicherheit darf man ferner annehmen, dass die im heutigen Indien so verbreitete Yogapraxis bereits in der Induskultur ihre Wurzeln hatte. Eine endgültige Aussage über die Literatur dieses Zeitabschnittes lässt sich jedoch erst machen, wenn die Schrift schlüssig entziffert worden ist. Nach dem Prinzip der relativen Chronologie pflegt man die altindische Literatur in das vedische, epische und klassische Schrifttum einzuteilen. Da sich diese "Schichten" aber untereinander vielfach verzahnen, ermöglicht diese Einteilung nur eine ungefähre Gliederung, der wir im vorliegenden Buch folgen wollen, indem wir sie durch die selbstständigen Abschnitte über die wissenschaftliche, buddhistische und jinistische Literatur ergänzen.
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EINLEITUNG
Anmerkungen 1 Zur Aussprache der Sanskrit-Wörter siehe S. 428. 2 Vgl. B. M. Pande und K. S. Ramachandra: Bibliographyofthe Harappan Culture (Miami 1971); E. Mackay: The Indus Civilization (London 1935, dt. Die Induskultur, Leipzig 1938); H. Mode: Das frühe Indien (Weimar 1960); S. Piggott: Prehistoric India (London 1962); M. Wheeler: The Indus Civilization (2. Aufl., Cambridge 1960); M. Jansen: Die Indus-Zivilisation (Köln 1986); R. N. Dandekar: Harappan bibliography (Poona 1987). 3 Die Hypothese, dass der Indusschrift eine altdravidische Sprache zugrunde liegt, wird besonders von A. Parpola, S. Parpola, S. Koskenniemi und P. Aalto in zahlreichen Veröffentlichungen des Scandinavian Institute of Asian Studies, Kopenhagen, vertreten. Die Autoren haben in diesem Zusammenhang die elektronische Datenverarbeitung zur Schriftentschlüsselung heranzuziehen versucht.- Auch die vedische Herkunft der Harappa-Kultur wird behauptet, so von Bhagwan Singh: The Vedic Harappans (Delhi 1995). 4 Vgl. hierzu D. H. G01·don: The Pre-historic Background ofindian Culture (2. Aufl., New York 1960).
2. Die Chmnologie der altindischen Literatur Mit der Frage nach der Zeitstellung der einzelnen altindischen Literaturdenkmäler betreten wir ein Gebiet, das trotz aller bisherigen Bemühungen noch voller Rätsel ist. Historiographie im altgriechischen Sinne lag den alten Indern fern. Dabei haben die Angaben der brahmanischen Literatur meist noch weniger Wert als die der buddhistischen und jinistischen Quellen. Sprachliche Kriterien sind oft einigermaßen zuverlässig, doch können auch hier durch künstlich antiquierten Stil falsche Eindrücke erweckt werden. Besonders mangelhaft bestellt ist es um unsere Kenntnisse von der absoluten Chronologie. Hier differieren die Urteile nicht selten um mehrere Jahrhunderte, ja- wie wir bei der Besprechung des ~gveda noch sehen werden- um Jahrtausende. Nur wenige Daten sind in befriedigender Weise gesichert. Etwas besser steht es um die relative Chronologie. Mit Sicherheit dürfen wir behaupten, dass der Veda der älteste Teil und der Ausgangspunkt der indischen Literatur überhaupt ist. Jedenfalls gilt diese Feststellung für die Hauptmasse der vedischen Literatur. Teile des Vedanga und die Sm~tis- Appendices beziehungsweise Ausläufer des Veda - reichen bis auf die Zeit um 200 v. Chr. herab. Ebenfalls steht im großen und ganzen fest, dass der Buddhismus kurz vor oder nach 500 v. Chr. entstanden ist. Was aber besonders wichtig ist: Der Buddhismus setzte offensichtlich den größten Teil der vedischen Literatur voraus, der also vor der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. entstanden sein muss. Jedoch lassen namhafte Autoren den Buddhismus zu einem späteren Zeitpunkt, 1 ja sogar erst wenige Jahrzehnte vor dem Alexanderfeldzug, entstanden sein.
EINLEITUNG
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Sicher ist jedenfalls, dass Alexander der Große von IVIakedonien seinen Feldzug nach Indien im Jahre 326 v. Chr. unternahm. Von nun an sind griechische Quellen hätdig der einzige chronologische Anhaltspunkt, den wir überhaupt besitzen. 2 Einige Jahre nach dem Alexanderfeldzug kam Megasthenes als Gesandter des Seleukos an den Hof des Maurya-Herrschers Candragupta I., 4 der in Pataliputra (das dem heutigen Patna entspricht) residierte. DerEnkel dieses Großkönigs war der berühmte Kaiser Asoka (etwa 273 bis 232 v. Chr. an der Regierung). 5 Dieser große Förderer des Buddhismus ließ in seinem Reich zahlreiche Inschriften auf Felsen und Säulen herstellen. 6 Sie sind in Indien die ältesten datierbaren Inschriften überhaupt. Wir wissen sodann, dass eine der Hauptpersonen des buddhistischen \IVerkes Milindapanha der griechischbaktrische König Menander war und dass die Entstehung dieses Werkes ungefähr in das Jahr 144 v. Chr. fällt. Nach der Zeitwende werden verlässliche chronologische Angaben auch aus der entgegengesetzten Richtung geliefert. Jetzt sind es Chinesen, die als buddhistische Pilger in das Heimatland des Buddha kamen und sehr genaue Berichte lieferten. Im Jahre 399 reiste der Pilger Fa-hian nach Indien. Von 629 bis 645 berichtet Hiuen-tsang über zeitgenössische Schriftstellerei und Literatur. 7 Der Pilger I-tsing,s in Indien von 671 bis 695, schließt die Reihe dieser Berichte ab. Um 1030 kam der Choresmier Al-Birun1 im Gefolge des Eroberers Mahmud von Ghazni nach Indien. Er berichtet in dem Werk India über indische Religion, Philosophie, Literatur, Gesetze und Sitten, besonders a.usführlich aber über die mathematischen und astronomischen Errungenschaften der Inder. 9 Gegen Ende des 12. Jahrhunderts setzten sich die mohammedanischen Invasoren in Indien endgültig fest und errichteten das Sultanat von Delhi. Mit dieser für die Geschichte Indiens so \vichtigen Zäsur schließen wir die Darstellung der altindischen Literaturgeschichte chronologisch ab. Wie schon erwähnt, sind die buddhistischen und jinistischen Quellen vielfach verlässlicher als die brahmanischen, wobei wir uns bei ersteren besonders an den Konzilberichten zu orientieren vermögen. Für ihre Geschichtsschreibung haben die Inder sonst relativ wenig getan. Zuverlässige Berichterstattung ist sehr selten; Dichtung und Wahrheit durchdringen einander, wobei die Chronologie besonders im argen liegt. Zwei Bezugspunkte der indischen Zeitrechnung, von der es mehrere Arten gibt, bilden die Vikrama- und die Saka-Ära. Die Vikrama-Ära wird traditionell auf einen König Vikramaditya von Ujjayin1 zurückgeführt, der im Jahre 58 v. Chr., dem Anfangsjahr dieser Zeitrechnung, die iranischen Sakas aus Indien vertrieben haben soll. Die Saka-Ära beginnt im Jahre 78 n. Chr. Es wird vermutet, dass sie sich auf den Zeitpunkt der Errichtung der Ku~al).a- Herrschaft über das nordwestliche Indien bezieht.
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EINLEITUNG
Das einzige Werk, das auf den Titel einer Historiographie mit einigem Recht Anspruch erheben darf, ist die RajatarangilJT aus dem 12. Jahrhundert, eme Chronik der Könige von Kashmir.
Anmerkungen 1 Vgl. u.a. H. Bechert: Die Lebenszeit des Buddha.- das älteste feststehende Datum der indischen Geschichte? in: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, I. Phil.-Hist. Kl., Jg. 1986, Nr. 4 (Göttingen 1986). 2 Vgl. R. G. Majumdar: The Cla.ssica.l Accounts of India. (Calcutta 1961). Das Werk gibt Auszüge aus den Berichten von Herodot, Megasthenes, Arrian, Strabo, Plutarch, Plinius, Ptolemaios u.a. Vgl. ferner B. N. Puri: India. in Cla.ssica.l Greek Writings (Ahmedabad 1963). Sehr wertvoll ist auch die Auswahl von Berichten bei J. W. McCrindle: Ancient India. (Calcutta und Westruinster 1877-1901, Neudruck New Delhi 1972). Den Bericht Indika. des Megasthenes hat E. A. Schwanheck ediert (Bonn 1846, Neudruck Amsterdam 1966). 3 V gl. J. W. McCrindle: The Invasion of India. by Alexa.nder the Grea.t, as Described by Arria.n, Q. Curtius, Diodoros, Pluta.rch, a.nd Justin (Westminster 1896, Neudruck Cleveland 1968); A. E. Anspach: De Alexa.ndri Ma.gni Expeditione Indica. (London 1903, mit reicher Materialsammlung); diverse Arbeiten von 0. Stein und B. Breloer. 4 Vgl. u.a. R. K. Mookerjee: Cha.ndra.gupta. Ma.urya. a.nd His Times (4. Aufl., Delhi 1966). 5 Aus der reichhaltigen Literatur vgl. V. A. Smith: Asoka (3. Aufl., Oxford 1920); ders.: Asoka., the Buddhist Emperor of India. (2. Aufl., Delhi 1964); B. G. Gokhale: Asoka. Ma.urya. (New York 1966).
6 Vgl. B. M. Barua: Asoka. a.nd His Inscriptions (3. Aufl., Calcutta 1968/69); J. Bloch: Les Inscriptions d'A.
EINLEITUNG
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3. Sprache und Schrift
Die hauptsächliche sprachliche Grundlage der altindischen Literatur ist das SANSKRIT. Es ist ein Glied des indogermanischen Sprachstamms. 1 Innerhalb desselben gehört es zum arischen Zweig, der in der Hauptsache die indoarischen und die iranischen Sprachen umfasst. Am nächsten ist das Sanskrit mit den beiden ältesten Dialekten des Altiranischen, nämlich dem Awesta (der Sprache des Zarathustra), und dem Altpersischen (der Sprache der achämenidischen Keilinschriften) verwandt. 2 Besonders mit dem Awesta ist die lexikalische, phonetische und grammatische Verwandtschaft so eng, dass ganze Sätze des Awesta lediglich unter Berücksichtigung der Lautgesetze in das Altindische übertragen werden können. Der Entwicklungsweg der arisch-indischen Sprachen vollzog sich nun so, dass man von drei Stufen (dem Alt-, Mittel- und Neuindischen) sprechen kann. Doch sind diese Stufen nicht starre Sequenzen, sondern es existierten Sprachen verschiedener Stufen sehr wohl auch zur gleichen Zeit nebeneinander. Unter Weglassung unwesentlicher Details kann man folgende Einteilung treffen: Das Altindische besteht aus dem Vedischen und dem Sanskrit, das Mittelindische aus dem Pali und den Prakrt-Sprachen, das Neuindische aus den jetzigen indoarischen Sprachen (Hindi, Bengali, Marathi und andere) einschließlich ihrer älteren Stadien. Das VEDISCHE ist die Sprache des Veda, wie sie uns in der vedischen Literatur überliefert ist. Wegen seines hohen Alters ist es für die Sprachvergleichung besonders wichtig, ist es doch die Sprache des frühesten indischen Literaturdenkmals, des !Jgveda. 3 Diese Sprache beruht auf einem Volksdialekt, doch ist sie bereits in der !Jksamhita nicht mehr ursprünglich, sondern auf dem Vvege zu einer Kunstsprache. \Venn also lange darüber gestritten worden ist, ob die rgvedischen Hymnen als naive Äußerungen der Volksseele oder als reife, ja späte, rein priesterliche Schöpfungen aufzufassen seien, so kann man schon vom sprachlichen Befund her entscheiden, dass erstgenannter Standpunkt gewiss falsch ist. Der letztere hat sich unter gewissen Vorbehalten durchzusetzen vermocht. Tatsächlich ist schon die !Jksamhita bei aller noch vorhandenen sprachlichen Flexibilität in gewisser Hinsicht epigonenhafte Dichtung. Eine jüngere Phase der altvedischen Stufe liegt im zehnten Buch der !Jksamhita sowie in Teilen des Atl1arvaveda vor. Fast alle anderen vedischen Werke darf man in sprachlicher Hinsicht als jungvedisch bezeichnen. Die Sprache der U pani:;;aden und der Sutras unterscheidet sich kaum noch vom eigentlichen Sanskrit. Das Verhältnis des Vedischen 4 zum Sanskrit kann man mit dem der Sprache Homers zum klassischen Griechisch vergleichen. Das Vedische ist insgesamt formenreicher, lebendiger und in weit geringerem Maße festen Regeln unterworfen als das durch grammatische Regeln fixierte Sanskrit. Dies kommt
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unter anderem in folgenden Sachverhalten zum Ausdruck: -Das Vedische besitzt einen Konjunktiv, der im Sanskrit verlorenging. Im Vedischen werden die Aoristformen (unbestimmte Vorvergangenheit) häufig verwendet; gegenüber dem Sanskrit sind sie in viel lebendigerem Gebrauch. Das Vedische ragt überhaupt durch seine Formenfülle hervor. Auch die Deklinations- und Konjugationsendungen sind im Vedischen von größerer Mannigfaltigkeit als im Sanskrit. - Der Gebrauch des präteritalen Augments (Vorsilbe, die die Vergangenheit ausdrückt) ist noch fakultativ. - Ein sehr charakteristisches Merkmal des Vedischen, das dem Griechischen des Homer und dem Altlateinischen analog ist, besteht darin, dass Präpositionen gegenüber den Verben, zu denen sie gehören, sehr oft eine unabhängige Stellung im Satz einnehmen. Schließlich besitzt das Vedische noch in mehreren seiner Werke den alten musikalischen Akzent. Das Sanskrit 5 leitet seinen Namen ab aus samskrta, "zurechtgemacht, geordnet, geregelt". Es ist also die grammatisch regulierte Hoch- und Literatursprache im Unterschied zu den Volksdialekten. Und zwar folgt das Sanskrit den Regeln des berühmten Grammatikers PaiJini, der nach vorsichtiger Schätzung gegen 400 v. Chr. gelebt haben dürfte. Erst von diesem Zeitraum an datiert das eigentliche Sanskrit; der vielfach gebrauchte Ausdruck" vedisches Sanskrit" für das Vedische ist nicht nur formal unkorrekt. Es erscheint nun recht natürlich, das Sanskrit aus der schon einigermaßen regulierten Sprache des ~gveda abzuleiten, und tatsächlich hat man das früher auch getan. In Wirklichkeit liegen die Dinge nicht so einfach. Vielmehr darf jetzt als feststehend betrachtet werden, dass das Sanskrit die Modifikation eines Dialektes der Landschaft Madhyadesa ist. Nachdem die altindischen Grammatiker das Sanskrit durch ihre Regeln gewissermaßen gefesselt hatten, war es zwar in seiner inneren Weiterentwicklung gehemmt, veränderte sich aber dennoch durch Aufnahme dravidischer, mmJ9-aischer (austroasiatischer) und griechischer Lehnwörter und besonders syntaktischer Eigentümlichkeiten. Eine tote Sprache war es nie und ist es auch heute nicht. Die Verfassung der Republik Indien zählt es sogar unter den Staatssprachen, also den Hauptsprachen des Landes, auf. Mag darin auch eine Konzession an die traditionelle Rolle und Bedeutung des Sanskrit liegen, es bleibt die Tatsache bestehen, dass es auch im heutigen Indien vielfach von Wissenschaftlern gesprochen und verstanden wird und dass auch Zeitschriften in dieser Sprache erscheinen. Im religiösen Leben vvie auch in der Welt der Bühne spielt es nach wie vor eine wesentliche Rolle. Auch in seiner erstarrten, abgeschliffenen Form ist das Sanskrit immer noch eine Sprache von gewaltigem Formenreichtum. Es verfügt über acht Kasus,
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drei Numeri, drei Genera; in der Konjugation über sieben Tempora, zehn Prä.senskonjugationsklassen, Aktiv und Medium in allen Tempora, drei Modi im Präsens sowie über Prekativ-, Desiderativ- und Intensivbildungen. In ihrer Ausdruckskraft unübertroffen ist die Kompositionsfähigk eit des Sanskrit. Eine der größten Errungenschaften der altindischen Grammatiker war die Aufstellung einer wissenschaftlich fundierten Alphabetisierung. Bekanntlich entbehrt unser Alphabet aufgrund der seinerzeitigen griechischen Anpassung an die semitische Grundlage jeder inneren Logik. Das Sanskrit-Alphabet ist dagegen streng folgerichtig aufgebaut. Da es nicht ausgeschlossen ist, dass der Leser in Registern, Indices oder ähnlichem einmal mit ihm konfrontiert wird, dürfte es nicht überflüssig sein, hier einen kurzen Überblick zu geben. An erster Stelle stehen die Vokale einschließlich ihrer Längen, sodann die Diphthonge (zu denen auch e und o rechnen). Die folgenden Konsonantenreihen (varga) sind in sich wiederum logisch gegliedert. Die Vargas selbst sind: die Guttural-, Palatal-, Zerebral-, Dental-, Labial- und Semivokalreihe, schließlich die Reihe der Zischlaute zuzüglich des Buchstabens h. Das Alphabet lautet also folgendermaßen (zur Erklärung der diakritischen Zeichen und der Aussprache siehe Anhang):
u, 1.", ~, 1; e, g,gh, n
a, a, i, 1, u, k,kh,
ai, o, au
c, eh, j, jh, ii
t, th, <;1, <;lh, 1! t, th, d, dh, n p, ph, b, bh, m y, r, I, v
s, ~' s, h Aufgrund des bisher Gesagten ergibt sich, dass wir im alten Indien eine linguistisch faszinierende Doppelentwicklung vorliegen haben. Einerseits entwickelt sich das Sanskrit trotzder grammatischen Fesselung in sich weiter; andererseits bilden sich im Laufe der Zeit die mittel- und neuindischen Sprachen heraus. Das MITTELINDISCHE wird unter dem Begriff PRÄK~T zusammengefasst. 6 Der Ausdruck bedeutet die "natürliche", das heißt die Volkssprache. Die dazu gehörenden Sprachen stehen aber zum Sanskrit nicht - wie man lange geglaubt hat und wie auch die altindischen Grammatiker angenommen haben - im Verhältnis wie etwa die romanischen Sprachen zum Latein; sie sind also keine Tochtersprachen des Sanskrit. Vielmehr gehen sie auf bestimmte vedische Dialekte zurück. Im einzelnen unterscheiden wir Alt-, Mittel- und JungprakJ_"ts. Erstere sind vom 3 Jahrhundert v. Chr. bis ins 2. Jahrhundert n. Chr. belegt.
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Zu ihnen gehören das Pali, die Dialekte der schon erwähnten, von Kaiser Asoka veranlassten Inschriften sowie die aus der Zeit gegen 100 v. Chr. stammenden Dramenfragmente des Asvagho~a. Das P ÄLI 7 ist die Sprache des buddhistischen Kanons und der ihm angeschlossenen Literatur, damit also das wichtigste mittelindische Idiom überhaupt. Pali bedeutet "Reihe, Ordnung", nämlich der heiligen Texte. Doch war es als Dialekt des westlichen Zentralindien (Vidisa) nicht die Sprache des Buddha selbst; diese war vielmehr die nordostindische Magadh1, aus der die ursprünglichen buddhistischen Lehrtexte unter Beibehaltung einiger spezifischer Formen ins Pali übersetzt wurden. Ebenso wie das Pali sind auch verschiedene Mittelprakrts aus Volks- zu Literatursprachen geworden. Hierbei hat eine ähnliche grammatische Reglementierung wie beim Sanskrit Platz gegriffen. Die wichtigste Sprache dieser Gruppe ist die Ardhamagadh1, auch Ar~a oder Jaina-PrakJ;t genannt. Dies ist die Sprache der ältesten und wichtigsten Teile der heiligen Schriften der Jainas. 8 Etwas jünger ist die Ja.ina-Mahara~trT; in ihr sind die Kommentare zum Jaina-Kanon sowie weltliche Werke der Jinisten niedergelegt. Die jinistische Schule der Digambara hat ihre Schriften in Jaina-Saurasen1 abgefasst. Die im Marathenlande verbreitete PrakJ;t-Sprache war die Mahara~trl. 9 Sie galt als das beste Prab;t und fand sowohl für Lyrik als auch für Epik Verwendung. Im Umkreis der Stadt Mathura entstand die Saurasen1, im Drama gewöhnlich die Prosasprache der Frauen. 10 Magadh1, in Nordostindien entstanden, war im Drama die Sprache der Leute von niederer Kaste. Im Nordwesten war die Paisac1 verbreitet. In dieser PrakJ;t-Sprache war das verlorengegangene Erzählungswerk Brhatkatha des Gm;ta<;lhya abgefasst. Im Drama war es das Idiom von Leuten der am meisten verachteten Kasten, so dass die PrakJ;ts bühnengeschichtlich von besonderer Bedeutung sind. Im Drama sprechen die Könige, Brahmanen und überhaupt vornehme Personen Sanskrit; Frauen, Kinder und einfache Leute gebrauchen PrakJ;t-Dialekte. Das jüngste Prakrt bildet der APABHRAMSA. Seine Blütezeit lag im 10. bis 12. Jahrhundert. Vorformen kommen aber schon im 6. Jahrhundert vor und unterstreichen somit die Tatsache, dass in Indien vielfach die verschiedenen sprachlichen Stadien zeitlich nebeneinander bestanden. Der Apabhramsa (der Name bedeutet "Abfall, Niedergang, [sprachliche] Dekadenz") ist das Bindeund Übergangsglied von den mittel- zu den neuindischen Sprachen. 11 Gegenüber dem Sanskrit weisen alle Prakrts Züge des Abschleifens und der Vereinfachung auf. In der Grammatik ist die Zahl der Rektionen deutlich vermindert. Besonders typisch aber ist das Lautbild durch die vielfache, im Laufe der Zeit zunehmende Elision intervokalischer Verschlusslaute, die also im Verhältnis zum Sanskrit den Anteil der Vokale erheblich steigert, aber natürlich auch die Zahl der Homonyme wachsen lässt. Die Ähnlichkeit mit dem Sanskrit
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ist aber dennoch ebenso unverkennbar wie die Verwandtschaft von Vedisch und Awesta. Auch hier ist es möglich, eine Wort-für- Wort- Übertragung aus dem Pralo;t in das Sanskrit vorzunehmen. Dies tut man auch tatsächlich, und zwar zur Verdeutlichung der Prak:J;t-Passagen aus den Dramen; diese Sanskrit-Übersetzung führt den Namen chaya, "Schatten". Neben diesen Prak:J;t-Sprachen läuft ein ganz eigenartiges Idiom her, das in der buddhistischen Literatur entstanden ist. Der Buddhismus hatte als oppositionelle Strömung ursprünglich nicht das Sanskrit, sondern das Pali als sprachliche Grundlage seiner Lehre und ihrer Verbreitung gewählt. Auf die Dauer ließ sich diese Abkapselung vom Sanskrit jedoch nicht aufrechterhalten. Die Buddhisten gingen deshalb dazu über, ihre Texte zu "resanskritisieren", das heißt unter Beachtung der Lautgesetze ins Sanskrit umzuschreiben. Dies gelang jedoch nur in unvollkommener Weise, so dass man neben der Bezeichnung "Buddhistisches Sanskrit" auch von "hybridem Sanskrit" spricht. Dieser mit sanskritischen Endungen und altindischer Lautgestalt ausgestattete Prak:J;tDialekt ist besonders im Lalitavistara und in poetischen Stücken des Mahayana literaturfähig geworden. 12 Das NEUINDISCHE weicht zwar nicht so sehr lexikalisch, aber grundlegend nach dem grammatischen Bau vom Mittelindischen ab. Da sein Aufkommen weitgehend mit der genannten politischen Zäsur am Ende des 12. Jahrhunderts zusammenfällt, gehen wir hier nicht weiter darauf ein. Wie schon bemerkt, wurden die altindischen Literaturwerke und speziell der Veda lange Zeit ausschließlich mündlich überliefert. Es bestand ein ausgeprägtes, traditionsreiches Lehrer-Schüler-Verhältnis. Dennoch ist die SCHRIFT in Indien schon in recht alter Zeit in Gebrauch gewesen/ 3 ihre Anwendung war jedoch auf bestimmte Gebiete des Alltagslebens beschränkt. Nach den literarischen Quellen muss die Schreibkunst bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. bekannt gewesen und dann durchgängig praktiziert worden sein. Das bezeugen die Grammatik des Pal).ini, das buddhistische Tipitaka, die Jatakas, in denen Briefe und Schreibschulen erwähnt werden, und das Vasi9tha-Dharmasiitra. Die älteste nachweisbare Anwendung der Schrift (wir sehen also auch hier von der Indusschrift ab) erfolgte in den Asoka- Edikten. Lange Zeit konkurrierten in der Entwicklung der indischen Schrift zwei Hauptschriftarten miteinander: die Kharo~thT und die Brahm1. Erstere war linksläufig und wohl aus dem Aramäischen abgeleitet. Sie war vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis gegen 400 n. Chr. im Gebrauch und ist vorwiegend von Münzen bekannt. Dabei blieb sie auf den Nordwesten Indiens beschränkt. Zur eigentlichen Mutter der indischen Alphabete wurde dagegen die Brahm1-Schrift. Sie ist fast stets rechtsläufig. Über ihre Herkunft gibt es mehrere stark divergierende Theorien. Am meisten anerkannt wird jetzt die Auffassung Georg Bühlers. Danach weist die BrahmT vorwiegend älteste Typen der nordsemitischen Schrift
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auf und wurde zwischen 890 (aber wohl nicht ganz so früh) und 750 v. Chr. durch indische Kaufleute aus Mesopotamien eingeführt. Historisch wäre dies auch deshalb möglich, weil in den aus dieser Zeit stammenden Brahma1;as semitische Legenden enthalten sind. Jedenfalls erlangte die Brahmi nicht sofort umfassenden Gebrauch, sondern wurde vorwiegend für Verwaltungs- und Handelszwecke eingesetzt. Es waren Klassen- beziehungsweise Standesinteressen, die ihre Verwendung für die Aufzeichnung der brahmanischen Geistesprodukte auf viele Jahrhunderte hinaus verhinderten. Natürlich mussten die Inder das übernommene semitische Alphabet für ihre Zwecke umgestalten und erweitern. Sie taten das mit großem Erfolg: Das indische Alphabet übertrifft nicht nur die semitischen Alphabete, sondern auch das griechische bei weitem an Exaktheit. Wie die uneinheitliche Form der AsokaEdikt-Schrift zeigt, hatte die Brahmi damals bereits eine lange Entwicklungszeit hinter sich. Um 250 v. Chr. war sie über ganz Indien verbreitet. Aus der Brahmi entwickelten sich die heutigen indischen Alphabete. Deren wichtigstes ist die Devanagari, in der das Sanskrit, oftmals das PrakJ;t, aber auch die heutige Hauptsprache Indiens, da.s Hindi, geschrieben und gedruckt werden.l 4 Die Devanagari entstand im westlichen Nordindien. Das älteste nachweisbare Vorkommen ist eine nördlich von Baroda gefundene Inschrift aus dem Jahre 633. Bemerkenswert sind auch die unter dem Ra~trakuta-König Dantidurga im Jahre 754 vorgenommenen Inschriften auf Kupferplatten. Bereits im 11. Jahrhundert ist die Devanagari die herrschende Schrift Indiens. Die schädlichen Einflüsse des indischen Klimas sind die Ursache, dass uns nur die Inschriften auf Felsen, Münzen und anderen dauerhaften Materialien erhalten geblieben sind. Schreibgrundlagen wie Birkenrinden und Palmblätter verfielen schnell. So kommt es, dass die ältesten aus Indien stammenden Manuskripte erst aus dem 11. Jahrhundert datieren. Aus Turkestan und Nepal mit ihrer klimatisch günstigeren Situation sind allerdings erheblich ältere Manuskripte bekanntgeworden. Papier wurde erst um 1200 von den Mohammedanern ins Land gebracht.
Anmerkungen
1 Vgl. H. Krahe: Indogermanische Sprachwissenschaft (Sammlung Göschen, Nr. 59 und 64, 1958/59); W. Porzig: Die Gliederung des indogermanischen Sprachgebiets (Heidelberg 1954). 2 K. Mylius und G. Goeseke: Altiranische Bibliographie (Wiss. Zschr. der Karl-Marx-Univ. Leipzig, Gesellschafts- u. Sprachwiss. Reihe 14, 1965, Heft 4, S. 763-770); H. Reichelt: Awestisches Elementarbuch (Heidelberg 1909, 3. Aufi. Heidelberg 1978); C. Bartholomae: Handbuch der altiranischen Dialekte (Leipzig 1883, Neudruck Vaduz 1968).
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3 Allerdings ist der J..lgveda. nicht auch das älteste indogermanische Sprachdenkmal; dies ist vielmehr das entzifferte Hethitische (um 1900 v. Chr.). Auch das älteste indoarische Sprachdenkmalist nicht das Vedische, sondern das Mitanni-"Indische" (um 1400 v. Chr.). 4 Vgl. A. A. Macdonell: \!edic Grammar (Straßburg 1910, Neudruck Varanasi 1968); H. Graßmann: VVörterbuch zum Rigveda. (Leipzig 1873, Neudruck 5. Aufl., Wiesbaden 1976; 6. überarbeitete und ergänzte Auflage von Maria Kozianka, Wiesbaden 1996). 5 Vgl. aus der überaus reichhaltigen Literatur z.B. H. J acobi: Was ist Sanskrit?, in: Scientia, 14, (1913), S. 251-274; auch in: H. Jacobi: Kleine Schriften (Wiesbaden 1970), Bd. 2, S. 1109-1132; T. Burrow: The Sanskrit Language (z. Aufl., London 1965); V. V. Ivanov und V. N. Toporov: Sanskrit (Moskau 1968); L. Renou: Histoire de Ja. Langue sa.nskrite (Lyon und Paris 1956); M. Mayrhofer: Kurzgefasstes etymologisches \Vörterbuch des Altindischen (Heidelberg 1956 ff.); F. Kielhorn: Grammatik der Sa.nskritsprache, aus dem Englischen von W. Solf (Berlin 1888 u. ö., Neudruck Wiesbaden 1983); A. Thumb: Handbuch des Sanskrit (3. Aufl. von R. Hauschild, Heidelberg 1953-1959, mit umfangreicher Einleitung); V. A. Kocergina: Na.cal'nyi kurs sanskrita. (Moskau 1956); W. Morgenroth: Lehrbuch des Sanskrit (5. Aufl., Leipzig 1985; 0. Böhtlingk und R. Roth: Sanskrit- Wörterbuch (St. Petersburg 1852-1875, Standardwerk in 7 Bänden); 0. Böhtlingk: Sanskrit- Wörterbuch in kürzerer Fassung (1879-1889); K. Mylius: Wörterbuch Sanskrit-Deutsch (7. Aufl., München 2001), Wörterbuch Deutsch-Sanskrit (Leipzig 1988, 3. Aufl. München 2001); A. M. Ghatage (Ed.): An Encyclopa.edic Dictiona.ry of Sanskrit on Historica.l Principles (Poona 1976 ff., im Erscheinen). 6 S. M. Katre: Prakft La.ngua.ges a.nd Their Gontribution to Indian Culture (Bombay 1945); R. Pischel: Grammatik der Prakft-Sprachen (Straßburg 1900, Neudruck in Englisch Delhi 1981); A. C. Woolner: Introduction to Prakft (2. Aufl., Calcutta 1928, Neudruck Delhi 1996); S. Sen: Compara.tive Grammar of Middle Indo-Arya.n (2. Aufl., Poona 1960). 7 Aus der ebenfalls sehr zahlreichen Literatur vgl. W. Geiger: Pali. Literatur und Sprache (Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde 1, 7, Straßburg 1916); (Neudruck 1977) R. 0. Franke: Pali und Sanskrit (Straßburg 1902); K. Seidenstücker:
Handbuch der Pali-Sprache (2. Aufl., 1923-1926); M. Mayrhofer: Handbuch des Pali (2 Bde., 1951); A. K. Warder: Introduction to Pali (London 1963, 3. Aufl., London 1991); A. P. Buddhadatta: The Higher Pali Course for Advanced Students (Colombo 1951); T. Ja. Elizarenkova und V. N. Toporov: Jazyk Pali (Moskau 1965); A. Fahs: Grammatik des Pali (2. Aufl., Leipzig 1989); T. W. Rhys Davids und W. Stede: The Pali Text Society's Pali-English-Dictionary (Neudruck London 1992); A. P. Buddhadatta: English-Pali Dictionary (Colombo 1955, Reprint Oxford 1992; K. Mylius: Wörterbuch Pali -Deutsch (Wichtrach 1997); D. Andersen: Pali Reader (Kopenhagen 1907-1917, Neudrucke Kyoto 1968, New Delhi 1996); K. L. Hazra: Pali Language and Literature, 2. vols. (Delhi 1998); 0. v. Hinüber: A Ha.ndbook of Pali Literature (Berlin 1996). 8 A. M. Ghatage: Introduction toArdha.-Magadh1(4. Aufl., Kolhapur 1951, Neudruck Pune 1993); K. Mylius: Wörterbuch Ardhamagadh1-Deutsch (Wichtrach 2002). 9 H. Jacobi: Ausgewahlte Erzählungen in
Maharas~rf
(Leipzig 1886, Neudruck Darmstadt
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1967), enthält Texte, Grammatik und Glossar. 10 R. Schmidt: Elementarbuch der Saurasenf mit Vergleichung der Mahariil?~r1 und Magadhl (Hannover 1924, Neudruck Osnabrück 1971). 11 G. V. Tagare: Historical Grammar of Apabhramsa (Poona 1948, Neudruck 1987) sowie zahlreiche von L. Alsdorf verfasste Arbeiten. 12 F. Edgerton: Buddhist Hybrid Sanskrit Grammar and Dictionary (2 Bde., New Haven 1953 u.ö., Reprint Delhi 1993). 13 G. Bühler: Indische Paläographie (Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde I, 11, Straßburg 1896); H. Jensen: Die Schrift in Vergangenheit und Gegenwart (3. Aufl., Berlin/DDR 1969). Gegen eine zu frühe Datierung des Schriftbeginns in indoarischer Zeit spricht sich mit Gründen H. Falk aus, in W. Raible (Hrsg.): Erscheinungsformen kultureller Prozesse (Tübingen 1990), S. 103-120. Vgl. H. Falk: Schrift im alten Indien (Tübingen 1993). 14 Erläuterungen der Devanagarifinden sich in den Sanskrit-Grammatiken und -Lehrbüchern; vgl. auch H. M. Lambert: Introduction to the Devanagari Script for Students of Sanskrit and Hindi (London 1953); U. Stiehl: Sanskrit-Kompendium (2. Aufl. Heidelberg 2002).
Die vedische Literatur
1. Einführung Das \Vort "Veda" bedeutet in der Sanskrit-Sprache "Wissen", insbesondere religiöses Wissen. Dieses "Wissen" hat in einem gewaltigen literarischen Corpus, ebenfalls Veda genannt, seinen Niederschlag gefunden. Die heute in Indien herrschende Religion des Hinduismus hat mit dem Veda jedoch nur noch formale Berührungspunkte. Der Hinduismus ist ein komplexes System von (oft durch lokale Besonderheiten beeinflussten) mythologischen Vorstellungen, kultischen Praktiken und insbesondere sozialen Vorschriften (Kastenwesen, Heiratsgebräuche, Speisegebote), die aus zahlreichen Quellen stammen, von denen der Veda nur eine darstellt. Im Rahmen des Hinduismus kann der Veda wegen seines esoterischen Charakters nicht eine solche Stellung beanspruchen, die der Bedeutung der Bibel für das Christentum oder der des Korans für den Islam gleichkäme. Zwar werden die Ewigkeit und Unfehlbarkeit des Veda vom orthodoxen Hinduismus stark pointiert, doch ist die praktischkultische Bedeutung des Veda heute nur noch gering. Um so größer ist sein literaturgeschichtlicher Rang, bildet er doch den Anfang und Ausgangspunkt der gesamten indischen Literatur. Mit Ausnahme der Sutras und anderer später Texte gilt der orthodoxen Tradition die vedische Literatur als Offenbarung (sruti); sie sei von den Dichtern der vedischen Zeit, den ~9is, "erschaut" bzw. von der Weltseele ( brahman) "ausgehaucht" worden. Nur die Sutras und die ihnen zeitlich folgenden Texte werden zur (von Menschen herrührenden) Tradition (sm;;ti) gerechnet. In Wahrheit sind alle vedischen Texte von Dichterfamilien beziehungsweise einzelnen Denkern, Asketen und Philosophen hervorgebracht worden. Verschiedentlich, besonders an den U panis;aden, haben auch bestimmte Angehörige des Kriegerstandes (k~?atriya) mitgewirkt. Auch Frauen sind als Hymnenverfasser überliefert. Man kann nun die umfangreiche Literatur des Veda in mehrere Schichten einteilen, die- allerdings nicht ohne einige Einschränkungen und Vorbehalteauch als zeitlich aufeinanderfolgend angesehen werden dürfen. Nicht wenige vedische ~Werke sind entsprechend ihrer Herkunft aus "Schulen" in verschiedenen Rezensionen (sakha) überliefert. Zweifellos ist vieles im Lauf der Jahrtausende auch verlorengegangen. 1 Die älteste Schicht wird von den SM.irHITAS (aus der Wurzel dha + sam, "zusammenstellen") gebildet, die die vier Grundabteilungen des Veda konstituieren. Die Sari:thita des ~gveda ( ;;c =Vers) enthält Hymnen, die des Samaveda
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DIE VEDISCHE LITERATUR
(saman = Melodie) die Elemente des liturgischen Gesanges. Die Opfersprüche (yajus) sind im Yajurveda enthalten. ~g-, Sama- und Yajurveda bildeten den eigentlichen Ausgangspunkt der vedischen Literatur. Sie galten der Orthodoxie als die trayi vidya, das dreifache Wissen. Die vierte Sarnhita, der meist Zaubersprüche enthaltende Atharvaveda, erhielt, da in alter Folklore wurzelnd, erst später kanonisches Ansehen. Fast alle folgenden ~Werke der vedischen Literatur schließen sich nun an einen der vier genannten Vedas an, wenn auch der Zusammenhang mit zunehmender Zeit immer lockerer und formaler wird. Immerhin ist dadurch ein weiteres Einteilungsprinzip gegeben, dem auch eine bestimmte Reihenfolge immanent ist. Die auf die Sarnhitas folgende Schicht ist die der BRÄHMA~AS. Bei diesen handelt es sich um Prosawerke mit Ritualvorschriften, dogmatischen Kommentaren und in diese eingebetteten Erzählungen, Legenden, philosophischen und kosmogonischen Spekulationen. Jede Samhita hat bestimmte, ihr zugeordnete BrahmaJ;tas, von denen hier nur die wichtigsten genannt werden können. Zum ~gveda zählen das Aitareya- und das Kauf?Ttaki-BrahmaiJa. Im Ritual sind sie die Leitfäden des Hot~·- Priesters, der die Götter zum Opfermahl einzuladen und die Rezitationen auszuführen hat. Zum Samaveda zählen das Paiicavimsaund das Jaiminiya-BrahmaiJa .. Hier finden sich die Melodien, die der UdgatrPriester und seine Gehilfen zu singen haben. An den Yajurveda schließen sich das Taittiriya- und das Satapatha-BrahmaiJa an. Dies sind die Bücher für den Adhvaryu, denjenigen Priester, der die eigentliche Opferhandlung auszuführen hat. Schließlich gehört das Gopatha-Bral1mal)a zum Atharvaveda; es gilt dem mit der Überwachung des Opferzeremoniells betrauten Brahmanpriester. Eine besondere Stellung innerhalb der BrahmaJ;ta-Literatur nehmen die sogenannten ÄRA~YAKAS ein, bestimmte Texte, die ihres Geheimcharakters wegen im ~Walde ( aral.J.Ya) studiert werden mussten. Die ÄraJ;tyakas weisen verschiedene literarische Formen auf; sie haben bald Sarnhita-, bald Brahmmfa-, bald Sutra-Charakter. Man kann also nicht von einem eigenen Ära1fyaka-Zeitalter sprechen. Teils den BrahmaJ;tas unmittelbar angeschlossen, teils als selbstständige Werke setzen die UPANI$ADEN die Schichtenfolge der vedischen Literatur fort. Während jedoch in den BrahmaJ;tas ein magisches ~Weltbild zutage tritt und dem Opfer noch kosmische Macht beigemessen wird, identifizieren die U pani~aden (vorwiegend) bereits die Individual- mit der Weltseele. Schon die Ära.J;tyakas unterscheiden sich inhaltlich von den BrahmaJ;tas recht deutlich. Im Mittelpunkt steht zwar noch das Opfer, doch geht es weniger um die tatsächliche Durchführung der Opferhandlung, als um deren mystisch-allegorische Ausdeutung. Immerhin können diese von den Ärmfyakas gebrachten neuen Ideen noch als Erweiterung oder Supplement gelten. Die Upani~aden dagegen sind inhaltlich von dem vorherigen Schrifttum weitgehend unabhängig, ja ihm oft geradezu
Einführung
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widersprechen d. Sie sind vorwiegend philosophisch orientiert und oft - auch hinsichtlich ihres qualitativen Niveaus- sehr heterogen zusammengese tzt. Die Quintessenz ihrer Lehren (vgl. S. 75) wird häufig als Vedänta ("Ende beziehungsweise Endziel des Veda") bezeichnet. Auch hier finden wir die bekannten Zuordnungen zu einer Sari1hita: Zum l_tgveda gehören die Aita.reya- und die Kau~Itaki- Upani~ad, zum Samaveda die Chandogya- und die Kena- Upani~ad, zum Yajurveda die Taittiriya-, Katha-, Maitri- und Svetasvata.ra-, besonders aber die umfangreiche und wichtige B~·hadarai_!yaka-Upani~ad, zum Atharvaveda die Mui_lc;faka-, Pra3na-Upani~ad und eine große Zahl von meist jüngeren Upani~aden. 2
Den Abschluss der vedischen Literatur bilden unter dem Namen VEDÄNGA ("Glied des Veda") Schriften über Ritualistik, Metrik, Phonetik und einige andere Gebiete. Sie sind in der Form mnemotechnis cher Leitfäden (siitra) abgefasst. Von besonderem Umfang sind die Kalpasütras, die das Ritual behandeln. Sie gliedern sich in die dem öffentlichen beziehungsweise dem häuslichen Ritual gewidmeten Leitfäden: die Srautasütras beziehungsweise G~·hyasütras. Zum l_{,gveda zählen das Asvalayana- und Saükhayana-Srauta- und Grhyasiitra, zum Samaveda das Latyayana-SrautasiitTa und das Khadira- und GobhilaGI;hyasiitra, zum Yajurveda das Apastamba.-, Baudhayana-, Bl1aradvaja- und Hirai_!yake3i-Srauta- und GI;hyasiitra. 3 Wenn auch die genannten Schichten hinsichtlich der RELATIVEN CHRONOLOGIE eine Groborientieru ng ermöglichen, so bleibt im Detail hier doch noch sehr viel zu erforschen übrig. Auch die folgenden Hinweise können sich daher durchaus noch als revidierbar erweisen. Eine Tatsache steht als Ausgangspunk t immerhin unverrückbar fest: Der älteste Teil der vedischen Literatur sind die Bücher I bis IX der IJ,ksamhita (auf eine weitere chronologische Differenzierung derselben werden wir noch zu sprechen kommen). Dies ist durch sprachliche und inhaltliche Kriterien zweifelsfrei erwiesen. Alle übrigen chronologischen Relationen können dagegen nur mit einem größeren oder geringeren Grad von Wahrscheinlich keit aufgestellt werden. Nach dem gegenwärtigen Forschungssta nd ist folgende Stratifizierung der wichtigsten Werke möglich: - Buch I bis IX der J_tksarnhitä - Buch X der l_tksamhita; Atharvaveda - Maiträya]fi- und Katha-Sarnhit a, Sprüche und Formeln der TaittiriyaSamhita; Vajasaneyi-Sari1hita - Aitareya-Brah maJfa I bis V, Brahmal:ta-Teile der Taittiriya-Sam hita, Pancavirnsa- und Taittiriya-Brah maJfa - Aitareya-Brahm al:ta VI, Kau:;;itaki-Brahmal:ta, Aitareya-Brahma11a VII und VIII, Jaiminiya- und Satapatha-Bräh mal:ta, Aitareya-Äralf yaka I bis III - Taittiriya-ÄraJ fyaka I bis VI, Sankhäyana-Äral:tyaka, Jaiminiya-Upani:;;ad-
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Brahmar:ta Altere Prosa-Upani~aden: B~·hadarmnaka-, Chandogya-, Aitareya-, Taittir1ya-, Kau~Ttaki-, Kena- Upani~ad; Gopatha- Brahmar:ta -Metrische Upani~aden: Katha-, Svetasvatara-, Mm;.<;laka-Upani~ad -Jüngere Prosa-Upani~aden: Prasna-, MaitrayalfTya-Upani~ad - Sutras I: Baudhayana, Sankhayana, Äsvalayana - Sutras II: Manava, Äpastamba, Latyayana - Sutras III: Hirar:tyakesin, Katyayana, Vaitana, Vaikhanasa. Wird an dieser Textanordnung auch noch manches zu modifizieren sein, so sind die Grundzüge derselben doch immerhin allgemein anerkannt. Hingegen ist das Grundanliegen des Historikers - die Frage nach der ABSOLUTEN CHRONOLOGIE, also nach dem Wann - bezüglich der vedischen Literatur noch unbeantwortet. Trotz aller Anstrengungen und scharfsinniger Überlegungen ist es bisher nicht möglich gewesen, auch nur ein einziges Werk des Veda beweiskräftig zu datieren. Alle bisher vorgelegten Ansätze haben lediglich den Charakter von Hypothesen, die durch verschiedenartige Argumente mehr oder minder gut gestützt werden. 4 Schon der Ausgangspunkt der vedischen Literatur, die ~ksarnhita, liegt hinsichtlich seiner absoluten Datierung weitgehend im Dunkel. Über die Entstehungszeit des ~gveda gab und gibt es äußerst extreme Ansichten. Verschiedene Forscher wollten ihn aufgrund von astronomischen Angaben auf 6000 bis 4000 beziehungsweise auf 8000 oder 12000 v. Chr. datieren, andere ihn anhand von geologischen Momenten bis ins Pliozän zurückverlegen. Alle diese Ansätze sind mit Entschiedenheit zu verwerfen, da die astronomischen Angaben viel zu vage und unsicher sind und eine so frühe Einwanderung der Arier nach Indien auch mit den archäologischen Befunden unvereinbar ist. Aber auch der auf der Parallelisierung mit altiranischen Texten sowie auf griechischen Nachrichten fußende Versuch, den ~gveda zeitlich in der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr., also außerordentlich spät, anzusiedeln, hat sich als untauglich erwiesen. Dem archäologischen, sozial- und literaturhistorischen Sachverhalt nach würde eine Redaktion des ~gveda am ehesten für die Zeit zwischen 1200 und 1000 v. Chr. anzunehmen sein, wobei die Entstehung einzelner Teile der Hymnensammlung noch bis zu drei Jahrhunderten weiter zurückliegen mag. Obwohl die anderen Werke der vedischen Literatur sämtlich jünger als die ~ksarnbita sind, befinden wir uns mit ihrer absoluten Datierung kaum auf sichererem Boden. Kriterien wie astronomische Angaben, Awesta-Parallelisierung und Gebrauch der Schrift erweisen sich auch hier als unbrauchbar. Lediglich die einigermaßen genau bekannte Lebenszeit des Buddha, in geringerem Maße auch die des Grammatikers Par:tini, bieten leidlich praktikable Bezugspunkte. So konnte man ermitteln, dass - abgesehen von den jüngeren Upani~aden und den Sutras- die vedische Literatur vorbuddhistisch ist. Dem gegenwärti-
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gen Stand unserer Kenntnisse entsprechen am besten die Ansätze, wonach die ältesten Texte der Yajurveda-Sar nhitas um 800 v. Chr. eingesetzt haben, die Taittir1ya-Samhita um 650, das Aitareya-Brahmar;w um 600 abgeschlossen war und die Sutra-Periode spätestens um 550 v. Chr. begann. Das GEOGRAPHISCHE MILIEU der vedischen Literatur lässt sich aus mehreren ihrer Werke zwar nicht ohne Mühe, aber doch mit einiger Genauigkeit ablesen. Ursprünglich gab es auch hier überaus kontroverse Standpunkte. So hielten manche Forscher die !Jksamhita für ein ausschließlich auf indischem Boden entstandenes literarisches Zeugnis; andere verlegten ihre Entstehung in den Iran, in die südrussischen Steppen oder gar in die Arktis (etwa B. G. Tilak). Mit gewissen Einschränkung en hat sich heute die Auffassung durchgesetzt, dass Teile der Hymnensamm lung möglicherweise auf dem Einwanderung sweg über den Kabul- und Bolan-Pass entstanden sind, aber im übrigen der !Jgveda ein durchaus indisches Kolorit zeigt. Die Arier hatten damals die Gegend beiderseits des Indus besiedelt, dessen rechte und linke Nebenflüsse der !Jgveda zum großen Teil nennt. Ob sie schon die Küste des Indischen Ozeans erreichten, ist zweifelhaft. Gegen das Ende der mvedischen Zeit lag das Siedlungsgebiet der Indoarier ungefähr zwischen 28° und 35° nördlicher Breite sowie zwischen 70° und 78° östlicher Länge. Die Yamuna bildete etwa die Ostgrenze, doch auch der Ganges war schon bekannt. 5 Der weitere Wauderweg mit der generellen Richtung nach Osten und Südosten ist aus den Literaturquelle n ziemlich deutlich abzulesen. Die Texte erwähnen neu den Reis und den Tiger; sie schildern die Brandrodung und die Überschreitung bestimmter Flüsse. Der Schwerpunkt der Brahmal_la-Zeit lag im mittleren Ganges- Tal, etwa zwischen 74 o und 85° östlicher Länge. In der Folge geschah die Ausbreitung der vedisch-brahm anischen Kultur mit erhöhter Schnelligkeit, und zwar in östlicher, besonders aber in südlicher Richtung. Verschiedene Sutra-Schulen sind unzweifelhaft bereits in Südindien entstanden. Mit diesen Ausführungen ist im wesentlichen schon der Rahmen abgesteckt für das Bild der politischen Historie, innerhalb derer die vedische Literatur entstand. Freilich steht auch hier wieder gleich zu Beginn ein Unsicherheitsmoment. Das Verhältnis der nach Indien eindringenden Arier zur Induskultur konnte nämlich noch nicht genau bestimmt werden, insbesondere die Frage, ob sie diese überrannten und zerstörten. Wahrscheinlich trafen sie auf die bereits in vollem Verfall begriffene Industalgesells chaft oder gar nur auf Reste derselben, die sie dann vernichteten. Archäologische und ideologiegeschichtliche Tatsachen bezeugen jedoch, dass Elemente der Induskultur tiefgreifend fortwirkten. Die eindringenden Arier fanden ein Land vor, das bereits weithin besiedelt war, und zwar von Alt-Dravidas und von den austroasiatisch en Mundas. Diese vorarische Bevölkerung setzte sich gegen die Eindringlinge zur Wehr, jedoch vergeblich, da sie den arischen Streitrossen und Kriegswagen nichts Gleichwer-
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tiges entgegenzusetzen hatte. Das Ziel der Arier war aus ökonomischen Gründen aber nicht die Ausrottung der vorarischen Bevölkerung, sondern deren Unterjochung. Die Reisbauern der prävedischen Dorfgemeinden wurden zu Unfreien (§iidTas) gemacht und einem helotenartigen Zustand ausgeliefert. Die Einwanderer gehörten in .rgvedischer Zeit zu einzelnen Völkern, die miteinander bald verbündet waren, bald in Fehde lagen. Ein herausragendes Ereignis war offenbar der Sieg, den der T~·tsu-König Sudas über die Truppen von zehn verbündeten Stammesfürsten erfocht und der in den ~gveda-Hymnen VII, 18 und 83 einen literarischen Ausdruck fand. Nach dieser "Zehnkönigsschlacht" und beim weiteren Vordringen nach Osten ging der Zusammenhalt mit den im Panjab verbliebenen Volksgruppen allmählich so gut wie vollständig verloren. Durch Amalgamationen entstanden neue Völker, so die Kuru aus den T:rtsu, Bharata und Puru, später auch den S:rnjaya. Eine zweite große Völkeramalgamation waren die aus Turvasa, Kesin und Yadu hervorgegangenen Pancala. Zum bedeutsamsten Ereignis der jungvedischen Zeit wurde nun die Konföderation dieser beiden Völkergruppen, das heißt die Entstehung der Kuru-Pancala. Ihre Blüte währte jedoch nicht lange; vermutlich wurden innere Fehden dem Reich ebenso zum Verhängnis wie den späteren Großreichen der Maurya und Gupta. Mit dem weiteren Vordringen nach Osten hatte sich neben den Kuru-Pancala ein zweites politisches und kulturelles Zentrum entwickelt: das Kosala-VidehaGebiet im heutigen Bihar. Dies ist der Schauplatz der älteren Upani~aden. Noch weiter ostwärts drang die brahmanische Kultur nach Magadha und ins heutige \Vestbengalen vor. Etwa zur Zeit des Gautama Buddha, also in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr., entstanden Großreiche in Kosala und Magadha. Mit dem Aufkommen der genannten Großreiche und des Buddhismus schließt die politische Geschichte der vedischen Epoche; die vedische Literatur reicht dagegen in jüngere Zeiten hinab. Dies hä.ngt mit der erwähnten Zuordnung auch der späteren vedischen vVerke zu bestimmten Schulen zusammen, die in bezug auf die Vedanga-Literatur wie ein Gravitationsschwerpunkt wirkten. Die Begriffe "vedische Ära" und "vedische Literatur" sind also zeitlich nicht kongruent. Aus der vedischen Literatur lassen sich, wenn auch mit großer Mühe, Aussagen über die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse gewinnen. Der soziale Hintergrund der I_lksaJnhita ist die zerfallende Urgesellschaft. Wirtschaftlich dominierte die Viehzucht. 6 Die noch auf dem Niveau der Barbarei befindliche Gesellschaft gliederte sich in Stammes- oder Gentilverbände. Der Nomadismus war noch vorherrschend. In der Zeit des Atharvaveda, besonders aber der Brahmar:tas, änderten sich diese Verhältnisse tiefgehend. 7 Die Gesellschaft spaltete sich in antagonistische Klassen, im wesentlichen in die mächtigen K~atriyas
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einerseits und in die helotisierte vorarische Bevölkerung andererseits, deren Ausbeutung immer mehr um sich griff. Der Ackerbau überflügelte die Viehzucht durch Brandrodung und den Einsatz eiserner Geräte. Es war die Zeit des Aufkommens der \!Varenproduktion, des Geldes und des Kaufmannsstandes , der Sklaverei (die aber im wesentlichen Haussklaverei blieb). Aus der Sippenorganisation ergab sich die Gruppierung patriarchalischer Großfamilien. Die Sesshaftwerdung machte Fortschritte. An die Stelle der Gentilverbände traten Territorialstaaten (die zu Großreichen wurden); es entstand der orientalische Despotismus in seiner indischen Ausprägung. Immer mehr festigte sich die Macht des Priesterstandes. Dies alles war von großem Einfluss auf die Literatur. Die I_(ksamhita spiegelt noch die Vielfalt klassenlosen, urgesellschaftliehen Denkens wider. In den Brahmai_tas und Sutras dagegen dominiert vollständig die von den Brahmanen getragene und ständig weiter ausgebaute Opferritualistik. War die Allmacht der Götter durch diese Ritualistik aufgehoben worden, so erfährt nun diese ihrerseits ihre Negierung durch die in den Upani~aden verkündete Brahman-Ätman-I dentität. Mit den Upani~aden beginnt die Geschichte der Erkenntnistheorien in Indien.
Anmerkungen
1 Die gesamte Vedistik ist bibliographisch in einer äußerst günstigen Lage, da sie seit langem über hervorragende Literaturzusammenste llungen verfügt. Daher wird in dem Abschnitt über vedische Literatur nur das allerwichtigste Schrifttum angegeben. Unter dem Titel
Bibliographie vedique (Paris 1931) hat L. Renou alle vedakundlichen Veröffentlichungen von 1805 bis 1930 gesammelt. Seine Arbeit wurde von R. N. Dandekar (Poona) mit der Yedic Bibliography fortgeführt: Bd. I (1946), Bd. II (1961), Bd. III (1973), Bd. IV (1985), Bd. V (1993). Darstellungen der vedischen Literatur finden sich in den angegebenen Handbüchern der indischen Literaturgeschichte. Eine Spezialarbeit von höchstem Rang lieferte J. Gouda: Yedic Literature. Samhitas and Brahmai_J.as (A History ofindian Literature I, I, Wiesbaden 1975). Vgl. auch Satya Shrava: A Comprehensive History of Vedic Literature: Brahmai_J.a und .4rai_J.yaka Works (New Delhi 1977). 2 Hierzu H. Oldenberg: Die Religion des Veda (1894 und mehrfach neu aufgelegt, zuletzt Essen 1983). 3 Eine übersichtliche Tabelle der einzelnen vedischen Literaturschichten und der ihnen zugeordneten Werke findet sich bei H. von Glasenapp: Die Literaturen Indiens von ihren Anfängen bis zur Gegenwart (1929, S. 45, bzw. Stuttgart 1961, S. 46 f.). 4 Vgl. K. Mylius: Beiträge zur Datierungsfrage des Yeda, in: Wiss. Zschr. der Univ. Halle, Gesellschafts- u. Sprachwiss. Reihe, 14 (1965), Heft 7, S. 509 ff.; ders.: Zur absoluten Datierung der mittelvedischen Literatur, in: Festscl1rift Vl'alter Ruben zum 70. Geburtstag (Berlin/DDR 1970), S. 421 ff.
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5 P. L. Bhargava: India in the Vedic Age. A History of Aryan Expansion in India (2. Aufl., Lucknow 1971). 6 Wenn auch verschiedentlich die Situation idealisierend, ist H. Zimmers Altindisches Leben (Berlin 1879) immer noch brauchbar. 7 K. Mylius: Die gesellschaftliche Entwicklung Indiens in jungvedischer Zeit nach den Sans-
kritquellen, in: Ethnographisch-Archäologische Zschr., 12-15 (Berlin/DDR 1971-1974).
2. Die Samhitfis a) Der ~gveda Der ~gveda umfasst wiejeder der vier Veden Samhitas, BrahmmJ_as, Upani~aden und Sutras. Strenggenommen muss also die Samhitades ~gveda als ~ksamhita bezeichnet werden; es hat sich aber eingebürgert, sie schlechthin ~gveda (im engeren Sinne) zu nennen. Den Hauptinhalt des ~gveda bilden Hymnen, vorzugsweise an Götter, aber auch an Dämonen, Könige, Ahnen, ja sogar an bestimmte Tiere und Abstrakta. 1 Am stärksten von allen Göttern beteiligt ist Indra; ihm sind etwa 250 Hymnen gewidmet. lndra galt als Gott des Krieges, des Heroismus und der Macht; dementsprechend stattete man ihn mit sehr anthropomorphen Zügen aus. Besonders häufig erscheint sein mythischer Kampf mit VJ;tra, einem drachen-oder schlangenähnlich vorgestellten Unwesen. Diese ständig wiederkehrende Mythe ist auf verschiedenste Weise gedeutet worden. Neuerdings sieht man in ihr eine "Erklärung" dafür, wie Indra Himmel und Erde (die ursprünglich ungeschieden gedacht wurden) durch den Luftraum getrennt und damit den Weg für Sonne und Regen gebahnt hat. Andere Erklärungen sind naturmythologischer Art; so bedeutet der Sieg über VJ;tra den Sieg der Sonne über Eis und Schnee. Viel für sich hat nach wie vor die Deutung, dass dieser Mythe das Bersten der Regenwolken und der Sieg über Dürre und Trockenheit zugrunde liegen. Noch weitere Heldentaten werden Indra zugeschrieben: Er gilt als Sieger über die Dämonen ( Asuras) und die Dasyus sowie als Befreier von Rindern, die von Dämonen eingesperrt gehalten waren. Andererseits liebt er berauschende Getränke und verhält sich durchaus nicht immer sonderlich moralisch, wenn er Frauen nachstellt und in der Anwendung von Listen keine Skrupel kennt. Aber er war der beliebteste und populärste Gott, und dies prägt sich auch deutlich in dem Stil der ihm gewidmeten Hymnen aus. Agni, dem vedischen Gott des Feuers (lat. ignis) und Boten zwischen Götterund Menschenwelt, begegnet man in verschiedenen Funktionen: als Götterboten, Beschützer des häuslichen und Wahrer des Opferfeuers, aber auch als vernichtende Feuersbrunst. Eine besondere Rolle spielt der Gott Varm;ta, der gegenüber Indra gewissermaßen einen anderen Entwicklungszweig verkörpert. Er
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ist der Hüter des l_tta, eines vieldiskutierten Begriffes, der ein breites Spektrum aufweist und kosmische (Welt-) Ordnung, aber auch vVahrheit und Realität bedeutet. Später wird er mehr und mehr zum Gott der \Vasser und des Meeres. Soma ist der Gott des gleichnamigen Rauschtrankes, Surya der Sonnengott, Parjanya der Regengott, U~as die Göttin der Morgenröte. Die Maruts sind \Vincl- beziehungsweise Sturmgötter, und so gibt es noch viele andere Gottheiten mehr. Vielfach sind sie Personifikationen von Naturkräften; im X. Mar;t~ala des J!gveda kommt jedoch auch schon ein abstrakter Schöpfergott vor. Auffallend ist das Fehlen des späteren Hochgottes Siva, dessen Prototyp sich aber schon in der Incluskultur findet und dessen Stelle im ~·gvedischen Pantheon der schreckliche Gott Ruclra einnimmt. Vi~r;tu, ebenfalls ein späterer Hochgott, ist rudimentär bereits vorhanden. Die Götter dieses Pantheons sind im allgemeinen nicht sehr scharf konturiert; leicht ka.nn ein Gott die Eigenschaften eines anderen annehmen. Von da war es kein \veiter Schritt zu dem Gedanken, dass Indra, Agni und so weiter nur verschiedene Benennungen des Einen sind; vergleiche die Stelle I, 164, 46. Hier und da werden auch bereits Zweifel an der Existenz der Götter überhaupt geäußert: II, 12, 4-5; VIII, 100, 3; ganz besonders aber in der (im übrigen schwer deutbaren) sogenannten Schöpfungshymne X, 129. In diesem Zusammenhang von philosophischem Atheismus zu sprechen, ist allerdings wegen der Unbestimmtheit der zum Ausdruck gebrachten Gedanken, die über einen allgemein gehaltenen Skeptizismus nicht hinausgehen, kaum angebracht. Von großer literaturgeschichtlicher Bedeutung sind diejenigen Hymnen, die Dialoge enthalten beziehungsweise ganz aus ihnen bestehen ( smnvada). Als Beispiel diene die berühmte Hymne X, 95 mit der Geschichte von Pururavas und Urvas1. Letztere, eine Apsaras, das heißt eine himmlische Nymphe, vermählte sich dem irdischen König Pururavas an unter der Bedingung, dass sie ihn niemals nackt sehen darf. Doch eines Nachts rauben die Gandharven, eine Gruppe von Halbgöttern, ihre Schafe, und als Pururavas den Räubern nachjagen will, wird er von einem Blitz beleuchtet. Dies ist die Vorgeschichte des mvedischen Dialogs; wir erfahren sie nicht aus dem f!gveda, sonelern aus dem SatapathaBrahma17a. XI, 5, 1. Der J!gveda setzt mit seinem Bericht dort ein, wo Pururavas sich bemüht, die sich entfernende UnrasT wiederzugewinnen. 2 In dem nunmehr einsetzenden Dialog macht Urvas1 dem Pururavas deutlich, dass es keinen dauerhaften Ehebund zwischen Göttin und Mensch geben kann. Diese Sarnvada-Hymnen sind Gegenstand vielfacher Diskussionen gewesen, die auch jetzt noch nicht gänzlich abgeschlossen sind. Am bekanntesten geworden ist eine von Hennann Oldenberg entwickelte Auffassung über diese Hymnen, die sogenannte Äkhyana- Theorie. In etwas verallgemeinerter Form stellt sich ihm die Situation etwa folgendermaßen dar: An dem Legenelenkranz Supa17}-akhyana und an buddhistischen Jatakas be-
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obachtete Oldenberg, dass sich die erzählende Dichtung aus Erzählungen der Ereignisse und den Reden der Personen zusammensetzt. Die Reden wurden teilweise in metrische Form (gatha) gefasst und gaben der Erzählung ihren Halt. Letztere blieb der freien Fassung in Prosa überlassen, bis auch sie fixiert wurde. Die metrischen Bestandteile - das sind besonders die Dialoge - sind von Anfang an in festem \ 1Vortlaut fixiert. Demzufolge beziehen sich die Akhyana-Hymnen des I,tgveda auf bestimmte Sagen, enthalten aber nur deren in Verse gebrachte Reden, während wir uns die Erzählung als nicht wörtlich fixiert und in Prosa vorhanden denken müssen. Wird dann später auch die Rahmenerzählung metrisch, entsteht das epische Gedicht. In einer letzten Stufe treten die Reden zurück, und nur noch Ereignisse werden erzählt. 3 Diese Theorie, die also in den ~,gvedischen Samvada- Hymnen die Vorläufer des altindischen Epos sieht, wurde entschieden von .Johannes Hertel bekämpft. 4 Hertel, der allerdings von der kaum akzeptablen Annahme ausgeht, dass die vedischen Hymnen immer gesungen worden seien, sieht in den Dialogen des l,lgveda die ersten Ansätze des indischen Dramas. Ahnlich, aber mehr isoliert, betrachtet Leopold v. Schroeder diese Dialoge. 5 Er sieht in ihnen den Abschluss einer vorhistorischen Epoche. Von großem Interesse sind die einschlägigen Ausführungen von Moriz Winternitz. Dieser verfolgte die Entwicklung des Samvada-Typs im Mahabharata, in den Purar,tas und in der buddhistischen Literatur und kam zu der vermittelnden Ansicht, dass die Dialoghymnen den Ausgangspunkt sowohl für Epik als auch für Dramatik bildeten. Ihm scheint es am treffendsten, sie als Balladen zu bezeichnen. Auch K. F. Geldner nennt die Akhyana-Hymnen Balladen und lehnt die Theorien von Oldenberg, Hertel und v. Schroeder ab. 6 Später hat dann Ludwig Alsdorf nochmals die einzelnen Stellungnahmen zu diesem Problem durchgearbeitet und ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Theorie Oldenbergs mit einigen Modifikationen den Gegebenheiten am besten gerecht wird. 7 Epischen Charakter hat auch die Dialoghymne X, 10. Sie enthält den moralisch determinierten Dialog zwischen den als erstes Menschenpaar angesehenen Zwillingsgeschwistern Yama und Yami. In einer sich dramatisch steigernden Wechselrede sucht Yami ihren Zwillingsbruder zum Inzest zu verführen. Die wohl verstümmelte Erzählung bietet keine Lösung, doch scheint es, dass Yami ihr Ziel nicht erreicht. Berühmt geworden ist auch die Dialoghymne I, 179. Lopämudra, die Gattin des I,t~i Agastya, ist mit dessen asketischer Enthaltsamkeit nicht länger einverstanden und bemüht sich, seine Sinnlichkeit zu erregen. Anders als Yami ist Lopamudra schließlich Erfolg beschieden. Eine der wichtigsten Dialoghymnen ist das Stück III, 33, die Unterredung des I,t~i Visvamitra mit den Flüssen. Dieser Dialog zeigt das Vordringen der vedischen Völker nach Osten. Visvamitra, der Hofpriester (purohita) des Bha.rata-Königs Sudas, bittet die Flüsse Bias und Satlej, die Heere des Sudas ungehindert über-
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setzen zu lassen. In einer lebhaften ~Wechselrede gelingt es ihm, die Flüsse zu überreden und sein Ziel zu erreichen. Flüssig, lebendig und pointiert ist auch die Hymne X, 108. Die Pai_lis- götterfeindliche Dämonen als \iViderspiegelung eines arierfeindlichen Volkes - haben den Göttern Rinder geraubt und halten diese versteckt. Als Götterbote erscheint bei ihnen die Hündin Sarama, die durch ihr entschiedenes, schließlich drohendes Auftreten die Pai_lis in Schrecken versetzt. Der J.(gveda besitzt auch etwa 30 Zauberlieder, die mithin nicht auf den Atha.rvaveda beschränkt sind. Die meisten finden sich im X. Mai_l<;lala. Eine der Ausnahmen ist das sogenannte Froschlied VII, 103. Es ist keineswegs, wie man früher angenommen hat, eine Satire auf die Brahmanen, sondern ein Regenzauber. Auch VI, 75 ist eine magische Hymne. Sie beinhaltet die Einsegnung der königlichen \iVaffen durch den Hauptpriester, um so den Sieg in der Schlacht zu sichern. Das Lied vermittelt gleichzeitig aufschlussreiche Informationen über die Kriegführung in frühvedischer Zeit. Verschiedentlich sind solche Stücke in die Hymnensammlung aufgenommen worden, die kaum als religiöse Lieder bezeichnet werden können, sondern vielmehr ein recht weltliches Gepräge haben. Kulturgeschichtlich sind sie von besonderem Interesse. Dazu zählt etwa das Stück X, 34. Es enthält die bewegende Selbstanklage eines \Vürfelspielers, der um die Befreiung von seiner Leidenschaft ringt. Von geradezu zynischer Offenheit ist das Lied IX, 112. Da es im l\1al:t<;lala der Somalieder steht und einen Refrain aufweist, ist es möglicherweise aus einem alten Volkslied in einen die Somapressung begleitenden Arbeitsgesang umgeformt worden. Das Lied verdient besonders wegen seiner unorthodoxen, realistischen Grundhaltung Beachtung. Es heißt da, dass der Zimmermann einen Schaden, der Arzt ein gebrochenes Glied, der Priester den Veranstalter eines Somaopfers (wegen des Erhalts von Opferlohn) wünscht. Der Schmied wünscht sich einen reichen Kunden, das Pferd einen gut zu ziehenden Kriegswagen, der Spaßvogel hofft auf Gelächter unter seinen Zuhörern, das Glied strebt nach der behaarten Scheide und nach \Vasser der Frosch. Realistisch ist auch das sogenannte Labasukta X, 119. In dieser Hymne gibt der Dichter eine Selbstbeschreibung des Somarausches, der ihn ergriffen hat und in dem er sich offenbar für Indra hält; vielleicht soll Indra auch selbst der Sprecher sein. Von weltlichen Gedanken getragen sind auch die sogenannten DanastutiHymnen. Insgesamt etwa 40 Hymnen des J.(gveda weisen ganz oder teilweise (dann meist am Schluss) Danksagungen des Sängers an einen freigebigen König oder sonstigen Spender auf. In diesen Dana.stutis, die für die Frage nach mk terialistischen Anschauungen im Veda eine große Rolle spielen, dankt der ~~i für den reichlichen Erhalt von Vieh, \Vagen, Gold oder auch von Frauen. Rätseldichtung erscheint sehr ausführlich in der Hymne I, 164. Der Hintergrund ist vorwiegend mythologisch und ritualistisch. Entsprechend dem Ge-
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samtcharakter der Hymnensammlung spielt die Liebe kaum eine Rolle. Darum ist es nicht ohne Vorbehalt möglich, das Lied I, 32 - wie es geschehen ist - a.ls Ballade zu bezeichnen. In dieser berühmten Hymne wird das schon erwähnte Thema des Kampfes des Götterkönigs Indra mit dem Drachen VJ;tra behandelt. Das Stück hat den Charakter einer Heldendichtung und erinnert in der Form tatsächlich an eine Ballade. 1. Indras Heldentaten will ich nun verkünden, die der Donnerkeil~ bewehrte als erste vollbracht hat. Er tötete den Drachen, brach die \;\lasser auf, er spaltete die Leiber der Berge.
4. Als du, o Indra, den Erstgeborenen der Drachen tötetest und dann die Zaubereien der Zauberer überlistetest, als du Sonne, Himmel, Morgenröte schufest, von da ab fandest du wahrhaftig keinen Feind mehr. 5. Indra tötete den V~·tra, den schlimmen Vrtra, den Breitschult~ rigen, mit dem Donnerkeil, seiner großen Waffe. Wie mit der Axt abgehauene Baumstämme, so liegt der Drache platt auf der Erde. (Übers.: Klaus Mylius) Moralische Betrachtungen im späteren Sinne anzustellen, konnte nicht im Be~ reich des ~gveda liegen, vor allem darum, weil die klassengebundenen Eigen~ schaften der Moral noch nicht ausgeprägt waren. Am ehesten klingen morali~ sehe Anschauungen in der bereits erörterten Hymne mit dem Dialog von Yama und Yam1 an. Häufig bittet der Sänger darum, Varm:ta möge ihm unwissentlich begangene Verfehlungen nicht anrechnen, so in der Hymne V, 85. Ganz sin~ gulär kommt zum Ausdruck, dass die Schuld aus dem Genuss von Branntwein, dem Würfelspiel und dem Zorn herrühre. Indirekt, aber mit ziemlicher Sicher~ heit erschließbar, in der nachrgvedischen Literatur (Aitareya~Brabmar:ta) dann klar ersichtlich, geht aus den Texten hervor, dass Varm:ta besonders Eide und Verträge hütet und demgemäß Vertragsbrüchige bestraft. In dem Lied VII, 89 muss der na.ch der siegreichen "Zehnkönigsschlacht" triumphierende königliche Hofpriester Vasi~tha einsehen, dass ihm Ruhm und Besitz nur bei gleichzeitiger Gesundheit nützlich sein können. Zur Heilung von seinem Leiden, der Wasser~ sucht (die Varur:ta gern als Strafe verhängt), wendet er sich mit der Bitte um Verzeihung für seine bisherige Uneinsichtigkeit an diesen Gott. Auf zahlreiche Sagen, Mythen und Legenden, die in der ~ksaLnhita zu finden sind- etwa den Somaraub des Manu IV, 26 bis 27 8 oder die Bitte der Gho~a an das Asvin~Götterpaar, ihr einen Gatten zu vermitteln (X, 40) - , brauchen wir hier nicht weiter einzugehen. Im übrigen sind sie mit vorbildlicher Gründlichkeit gesammelt und bearbeitet worden. 9
Die Samhitas
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Aus der skizzenhaften Inhaltsübersicht geht hervor, dass der ~gveda vorwiegend mythologische Dichtung ist. Eine wichtige und unter verschiedenen Aspekten immer neu di?>kutierte Frage geht darum, ob diese mythologische von vornherein gleichzeitig kultische Dichtung war. Wie so oft in der ~gveda- Forschung zeigten und zeigen sich auch hier die extremsten Standpunkte, was auf die noch vorhandenen beträchtlichen Lücken in der ~gveda- Interpretation deutlich hinweist. Im ~gveda kommt eine große Zahl von Termini technici vor, die auch für den späteren, entwickelten Opferkult kennzeichnend sind. Bei gründlicher Analyse zeigt sich jedoch ziemlich deutlich, dass die rgvedischen Kulthandlungen gegenüber der späteren Zeit noch unentwickelt, rudimentär und weniger systematisiert waren. Das Ritual, das die ~~is zweifellos kannten und praktizierten, war ein anderes und weit weniger kompliziertes als das in den Brahmal:tas und Sutras dargestellte. Jedenfalls spricht Mal:t<;lala IX entschieden für das Vorhandensein kultischer Praktiken im ~gveda; ebenso dezidiert unterscheidet sich die simple Form des damaligen Somaopfers von dem späteren, fast unvorstellbar komplizierten Agni~toma. Ein schwieriges, aber unumgängliches Unterfangen ist die Frage nach dem ästhetischen Rang der rgvedischen Hymnen. Auch hier haben sich die Meinungen diametral gegenüber gestanden: War der ~gveda. nun eine naive Außerung der Volksseele oder ein spätes priesterliches Produkt mit Anzeichen beginnender geistiger Erschlaffung? Das erstere ganz gewiss nicht. Dazu sind die meisten Hymnen viel zu durchdacht und überlegt aufgebaut. Von irgendwelcher Spontaneität findet sich kaum eine Spur, vielmehr bemerkt man allenthalben die mehr oder minder geübt gehandhabte, sinnvoll eingesetzte Dichtkunst, die sich in Aufbau und Ausdruck sehr wohl einer ganzen Anzahl von Schmuckmitteln zu bedienen weiß. Die zweite Version ist nicht mit einer solchen Entschiedenheit zu verneinen. Denn es gibt zum mindesten einen Umstand, der sie zu bestätigen scheint: die Wiederholungen. Maurice Bloomfield hat in mühevoller Kleinarbeit alle im ~gveda- Text vorkommenden Wiederholungen - von den kleinsten bis zu den größten Dimensionen - eruiert. 10 Dabei hat sich gezeigt, dass die Zahl der \t\Tiederholungen erstaunlich groß ist. Und zwar betreffen die \Viederholungen nicht nur Halb- und Viertel-, sondern auch ganze Verse, ja sogar Versgruppen. Grob gerechnet, lässt sich sagen, dass etwa ein Fünftel aller padas Wiederholungen erfahren. Das deutet auf nicht unbeträchtliche Routine hin, die in der rgvedischen Dichtkunst Platz gegriffen hat. Man gewahrt nicht selten, dass bestimmte literarische Muster immer wieder aufgegriffen werden. Eine solche handwerksmäßig betriebene Dichtkunst ist selbstverständlich kein Zeichen für Ursprünglichkeit. Andererseits sind diese Repetitionen nicht der beherrschende Zug der ~ksamhita. Vielmehr finden sich genügend Stellen von eindringlicher literarischer Schöpfungskraft. Und da auch die Beziehungen der vedischen Dich-
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ter zu der sie umgebenden Natur und Gesellschaft im allgemeinen noch unmittelbar und ungebrochen sind, ist es nicht gerechtfertigt, die Hymnensammlung mit dem pejorativen Attribut des Epigonenhaften zu versehen. Ganz im Gegenteil - bei aller da und dort auftretenden Schablonenhaftigkeit, bei aller Unterschiedlichkeit des literarischen ·wertes des ~gveda in seinen einzelnen Teilen und Hymnen wird man insgesamt doch gern einräumen, dass er sorgfältig gearbeitet wurde und, was wichtiger ist, dass er echte dichterische Inspiration erkennen lässt. Diese betrifft sowohl die gedankliche Konzeption als auch die sprachliche Gestaltung. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist die Hymne I, 105. Die saga-ähnliche Erzählung beinhaltet den Monolog des Trita, eines in einen Brunnen geworfenen Mannes. Er vergleicht in bewegenden Worten seine üble Situation mit seiner früheren glänzenden Lage, deren sich andere Menschen im Gegensatz zu ihm fortdauernd erfreuen. An seinen Betrachtungen des Sternenhimmels ersieht man, wie während seines Monologs die Nacht vorrückt. Nach dem Sonnenaufgang erlangt er endlich die Befreiung durch den Gott Brhaspati. Die tiefsinnige, stimmungsvolle Hyrnne ist ein Meisterwerk yedischer Dichtkunst und Gesta.ltungskraft. Während die an Indra gerichteten, seine Heldenhaftigkeit und Kraft preisenden Lieder oftmals etwas stereotyp wirken, gewinnen die rgvedischen Dichter vorzugsweise an Ausdrucksfülle und Gefühlsreichtum, wenn sie verhaltene, zarte Töne anschlagen. So schildert beispielsweise die Hymne II, 38, wie der Gott Savitr die Wesen zur Nachtruhe geleitet. Savitr ist wörtlich der "antreibende" Gott, der am Morgen alles belebt und abends wieder zur Ruhe bringtY \Ver am Tag mit schnellen Rossen gefahren ist, soll jetzt ausspannen, der Wanderer soll ausruhen. Die Nacht hat die vVelt in ihr Gewebe gehüllt. Alles geht in seine \Vohnung; die Glut des Herdfeuers verbreitet sich; die Mutter hat dem Sohn den besten Anteil am Essen bereitgestellt. Alle Tiere begeben sich zur Ruhe in ihren jeweiligen Unterschlupf. So wird eine Stimmung erzeugt, deren ganz einzigartige Verhaltenheit sich auch dem heutigen Leser mitteilt. Ebenfalls der Nacht gewidmet ist die schöne Hymne X, 127, die durch ihren poetischen Ausdruck besonders hervorsticht. Die Göttin Nacht hat die Weite, die Tiefe und die Höhen ausgefüllt. Zur Ruhe gelegt haben sich die Dörfer, alles, was Füße hat und Flügel, selbst die regsamen Falken. Die Nacht möge nicht durch Dieb und \Volf gestört, sie möge gut verbracht werden, bis die Finsternis von der Morgenröte abgelöst wird. Nach diesen Beispielen nimmt es nicht wunder, dass die vedische Dichtkunst in Naturbeschreibungen besondere Höhepunkte erreicht. An der Spitze stehen hierbei Hymnen, die an U9as, die Göttin der Morgenröte, gerichtet sind. Eine solche Hymne ist etwa V, 80. Sie schildert, wie der strahlenden Göttin U:;;as alle \Vesen entgegenjauchzen. U9as spendet zu Beginn aller Tage das Licht. Schimmernd durchläuft sie ihren Weg, die Richtung nicht verfehlend. \'Vie eine
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Schöne, die ihren Körper kennt, so steht sie aufrecht wie eine Badende. Feindschaft und Finsternis vertreibt sie mit ihrem Licht. Dem Anbetenden enthüllt sie ihre Schönheiten wie eine liebende Frau den Busen. 1. Der auf glänzender Bahn wandelnden, hohen, nach dem \Veltengesetz rechtens rötlich strahlenden Göttin U~as, die die Sonne herbeifährt, jauchzen die Verzückten mit Andachtsliedern entgegen. 2. Sie, die Ansehnliche, die die Menschheit weckt und die Pfade gut gangbar macht, geht an der Spitze auf hohem Wagen, die Hohe, alles Bewegende. U:?as gibt Licht zu Beginn der Tage. 5. \Vie eine Schöne ihren Körper kennend, stand sie aufgerichtet wie eine Badende, dass wir sie sehen sollten. Feindschaft und Finsternis vertreibend, ist U:;;as, die Himmelstochter, mit ihrem Licht herbeigekommen. 6. Sie, die Himmelstochter, entblößt, den Männern zugewandt, wie eine schöne Frau den Busen. Dem Anbetenden enthüllend ihre Schönheiten, hat sie als Jungfrau wieder wie früher das Licht geschaffen. (Übers.: Klaus Mylius) Von ähnlicher Empfindung beseelt ist die Hymne VI, 64, die ebenfalls der U:;;as gewidmet ist. Prachtvoll glänzend hat sich die Morgenröte erhoben. Alle Wege macht sie leicht begehbar. Bis zum Himmel sind ihre Strahlen emporgestiegen. Hinweg treibt sie die Finsternis wie ein heldischer Schütze die Feinde. Vögel und Menschen haben sich bei ihrem Anblick erhoben. Unter den an einen Gott gerichteten Liedern ragen an Schönheit die Varm_Jk Hymnen hervor. Gedanken und Sprache der J;t:;;is gewinnen hier nicht selten Größe und Erhabenheit. Dies ist auch verständlich, wenn man bedenkt, dass gerade Varm].a der Hüter der vVeltordnung, der \Vahrheit und des Rechtes ist. Ein hervorragendes Beispiel gibt die berühmte Hymne V, 85. Der Sänger will dem Oberkönig, dem großen Varul}.a, ein erhabenes, tiefsinniges Andachtslied weihen. Varm_Ja hat über den Bäumen die Lufthülle ausgebreitet, Weisheit hat er in die Herzen, die Sonne an den Himmel gesetzt. Dem Boden, der Erde und dem Himmel hat er den Regen gegeben, die glitzernden Flüsse zum Meer geschickt. Nun bittet der Sänger, Varul}.a möge ihn, falls er gegen jemand ein Unrecht begangen hat, von diesem (nämlich von seinen bösen Folgen) lösen. Der ~gveda soll einst in mehreren Rezensionen vorgelegen haben: Sakalya., Ba:;;ka1a, Äsvalayana., Sa1'lkhaya.na, Ma1_1<;lukeya.. Erhalten geblieben ist von diesen nur die erstgena.nnte. 12 Sie besteht aus 1018 Hymnen (siikta.). Diese Textmasse ist in zehn Abschnitte (ma.1;<;fa.la.) oder in acht Achtel (a,~raka) eingeteilt: erstere Einteilungsart ist die weitaus gebräuchlichere, so dass hier nur nach ihr zitiert wird. Hinzu kommen noch einige nachgetragene Hymnen (vala.khilya), 13 die nach VIII, 48 eingeschoben sind. Somit besteht der ~gveda. aus 1028 Hymnen mit insgesamt 165007 Wörtern. Die Hymnen bestehen aus Versen Crc, daher
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der Name dieser Sammlung). Die Gesamtzahl der Verse beläuft sich auf 10462, so dass im Durchschnitt zehn Verse auf die Hymne entfallen. Am kürzesten ist die Hymne I, 99: sie besteht nur aus einem einzigen Vers. Am längsten ist IX, 97 mit 58 Versen. Gebundene (metrische) Sprache herrscht ohne Ausnahme; Prosa kommt im ~gveda also nicht vor. Die Sammlung ist ferner durchgehend akzentuiert, ein Beweis für ihre Altertümlichkeit. Im späteren Veda sind nur einige \Verke akzentuiert worden beziehungsweise in akzentuiertem Zusta.nd überliefert; in der nachvedischen Literatur kommt Akzentuation der Texte nicht mehr vor. Die ältesten Bücher und damit der Kern des ~gveda sind die Mai:tQ.a.las II bis VII. Sie werden a.uch als Familienbücher bezeichnet, da man ihre Entstehung Familien von priesterlichen Sehern (f·?i) zuschreibt. Die Namen dieser ~s;is sind in der entsprechenden Reihenfolge: Gftsamada, Visvamitra, Vamadeva, Atri, Bharadvaja und Vasis;tha. In diesen Familienbüchern ist der Zerfall der Urgesellschaft am klarsten widergespiegelt. Älteste Ergänzung der Familienbücher sind die Hymnen I, 51-191. Mai:tQ.ala VIII ähnelt in vielem den Hymnen I, 1-50 und soll teilweise auf den ~s;i Kal:tVa zurückgehen. Mal:tQ.ala IX hebt sich insofern deutlich von den übrigen Teilen des ~gveda ab, als es sich auf eine einzige Thematik konzentriert: den Somakult. Dieses 114 Hymnen umfassende Buch soll von mehr als 60 Dichtern stammen; es ist offensichtlich von Anfang an für liturgische Zwecke zusammengestellt worden. Deutlich jünger nach Inhalt und Sprache als der gesamte übrige Text ist Mal:tQ.ala X, besonders die Hymnen 85191. Gewiss ist auch hier manches alte Material gewissermaßen nachträglich eingearbeitet worden; vielfach weist dieses Buch aber schon voraus auf den Atharvaveda.. Die Hymne X, 90 (puTUf?asükta) enthält den ersten Bericht über die sozialen Hauptgruppen ( van;w.) der altindischen Gesellschaft: den bTahma1;a (Brahmane, Priester), kf?atTiya (Krieger, weltlicher Herrscher), va.isya (Bauer, Handwerker, Händler), siidm (nichtarischer helotenartig Unterdrückter). Die vedische METRIK unterscheidet sich merklich von der späteren SanskritMetrik. Die Metren des Veda werden nämlich ausschließlich nach der Silbenzahl ihrer metrischen Glieder (pada.), deren es drei beziehungsweise vier gibt, bestimmt. Die Zählung der Metren beginnt mit dem 24silbigen Versmaß und steigt jeweils um vier Silben (sogenannte Caturuttara-Reihenfolge). Nur die letzten vier bis fünf Silben eines Pada folgen bestimmten Quantitätsvorschriften. 14 Die Gayatri (24 Silben) umfasst drei Padas zu je acht Silben, wobei die ersten beiden Glieder begrifflich und deklamatorisch enger verbunden und vom dritten Glied abgesetzt sind. Im ~gveda erscheint die Gayatri sehr häufig, zum Beispiel I, 1-9; sie ist das typische Metrum für die an Agni gerichteten Hymnen. Das nächste Hauptmetrum ist die 28silbige U l?l:tih von der Form 8+8+ 12. Auch hier sind die Padas 1 und 2 enger verbunden. Beispiel: I, 92, 13-18. Die sehr häufige Anu9tubh hat 32 (4 x 8) Silben. Zwischen den Padas 2 und 3liegt eine deutliche
Die Samhitas
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Trennung. Ein Beispiel ist die Hymne I, 10. Die 36silbige Brhatl (8+8+ 12+8) kommt I, 170, 1 vor, die 40silbige Pa11kti (5 x 8) I, 29. Von großer Bedeutung ist das 44silbige- Hauptmetrum Tris;tubh (4xll). Auch hier sind die Padas 2 und 3 voneinander abgesetzt. Die Tris;tubh (zum Beispiel I, 63) ist im -flgveda das häufigste, weil mit dem Gott Indra verbundene Versmaß. Mit der 48silbigen Jagat1 (4x12) schließt die Caturuttara-Reihe; Beispiel: I, 55. Anus;tubh, Tri9tubh und Jagat1 umfassen rund 80 Prozent aller Verse des -flgveda. So wichtig der -flgveda als ältestes Denkmal der indischen Literaturgeschichte ist, so viele Mühen auch bisher auf seine Untersuchung verwendet wurden es kann nicht bestritten werden, dass alle bisherigen Übersetzungen nur mehr oder minder gut geglückte Versuche sind. 15 In der Exegese des -flgveda bestehen noch immer starke Differenzen. Das betrifft die bereits behandelten Fragen nach seiner Entstehungszeit und nach dem frühen, reifen oder epigonenhaften Charakter seiner dichterischen Sprache. Aber auch die Gegend seines E11tstehens ist noch umstritten. Manche Forscher verlegen sie nach Baktrien oder (zum Teil erheblich) weiter nach Nordwesten. Insgesamt gesehen, trägt der -flgveda aber doch ziemlich deutlich vorherrschend indisches Kolorit und dürfte zu wesentlichen Teilen im Panjäh beiderseits des Indus entstanden sein. Zweifellos enthält er daneben auch noch ältere Elemente, die auf die Zeit der Einwanderung zurückweisen. Immer wieder werden im -flgveda. die "Ä,_ryas, die arischen Einwanderer, den Dasyus oder Däsas gegenübergestellt. Letztere waren die dunklerfarbigen vora.rischen Bewohner des Landes, die später zu Sudras gemacht wurden. Von ihnen wird verächtlich gesagt, dass sie phallische Gottheiten verehren; die Arier zeigen sich also hier als Gegner des Linga- Kultes. Aber die Arier führten ständig Kriege auch untereinander; für die "Zehnkönigsschlacht" ist die Hymne VII, 18 eine wichtige historische Quelle. Die Tatsache, dass der -flgveda weit im Nordwesten Indiens entstanden sein muss, wird auch dadurch erhärtet, dass in den Hymnen weder der Reis noch der Tiger vorkommen und dass, sofern vom Ackerbau die Rede ist, die Gerste hervorgehoben wird. Aber der Ackerbau überhaupt spielt noch eine untergeordnete Rolle im Vergleich mit der Viehzucht, die den Haupterwerbszweig bildete und sich hauptsächlich mit Rindern und Pferden befasste. Das Rind war damals noch keineswegs "heilig"; es wurde bis in die Zeit der Upanis;aden hinein gern gegessen. Die spätere Ablehnung des Genusses von Rindfleisch gründet sich auf den Gedanken der Nichtverletzung von Leben ( ahili1sa), der in Indien eine lange Tradition hat und unter anderem bis in frühe Stufen des Buddhismus zurückreicht. Dies zu erwähnen ist insofern nicht unwichtig, als sich heutzutage fanatische Gegner des Rindfleischgenusses gern auf den Veda als Autorität berufen. 16 Die Arbeitsteilung '"'ar schon ziemlich weit entwickelt: Der -flgveda nennt
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Gerber, Zimmerleute, Stellma.cher. Schmiede und andere Handwerkerberufe. Die Frau war vom Manne a.bhängig, doch war ihre Stellung noch bei weitem höher als in späteren Zeiten. Dies kmnmt auch darin zum Ausdruck, dass Frauen als Verfasserinnen rgvedischer Hymnen überliefert sind. Über die ÜBERLIEFERTJNG des ~gveda ist das \Vichtigste schon bem~erkt worden, nämlich dass sie mindestens zwei Jahrtausende hindurch auf mündlichem \Vege erfolgt ist. Diese mnemotechnische Leistung ist bewundernswert, doch haben anscheinend auch bestimmte Techniken dazu beigetragen, die Hymnen in ihrem wortwörtlichen Bestand zu sichern. Die älteste dieser Techniken ist der sogenannte Padapatha. Um diese Methode zu verstehen, muss man wissen, dass, wie später das Sanskrit, so auch schon das Vedische zahlreiche euphonische Verbindungen, besonders zwischen den einzelnen \Vörtern, kannte. So werden ein auslautendes und ein anlautendes a zu a, ein auslautendes a und ein anlautendes e zu ai zusarnmengezogen. Aus den drei V/örtern ta.tl1a eva. as1t wird also ta.tha.ivas1t. Diese euphonische Verschlingung heißt Sandhi; die Sandhi-Regeln zählen nach Dutzenden, wenn auch viele von ihnen nur selten zur Anwendung kommen. Hieraus ergibt sich, nebenbei bemerkt, auch eine Hauptschwierigkeit des Vedischen und des Sanskrit für den Lernenden: Die Sandhi- Regeln führen dazu, dass ein Anfänger oft lange raten muss, ehe er eine bestimmte Vokabel im Wörterbuch ermitteln kann. Diejenige Gestalt nun, in der die einzelnen \Vörter und Sätze erscheinen, wenn sie den Sandhi-Gesetzen folgen, ist der Smnhitapatha. Stellt man aber den Text des ~gveda so dar, dass alle \Vörter einzeln, von den Sandhi-Gesetzen also unbeeinflusst, erscheinen, so ist dies der Padapatha. 17 Beide Darstellungsmethoden - zu denen noch weitere, hier nicht zu erörternde kommen -- ergänzen demnach einander bei der gedächtnismäßigen Bewahrung von Originalfassungen. Einige weitere einschlägige Möglichkeiten sollen hier nur angedeutet werden. Dazu zählen bestimmte sehr alte Glossare, wie das Nirukta. des Yäska, dessen Zeitstellung nicht sicher ist, jedenfalls aber beträchtlich vor der des Päi_tini liegt. Hinzu kommen Register, die die ~ksa.ri1l1ita in verschiedener Richtung aufarbeiten und erschließen (anukramal_l1). Auf die aus späterer Zeit stammenden Kommentare - bekannteste Autoren sind Ve1ikata und Säym.:ta - und ihren wissenschaftlichen Wert sind wir bereits zu sprechen gekommen ( vgl. S. 2). Im Gegensatz zu manchen anderen Teilen des Veda hat sich bis zur Gegenwart eine ungebrochene Tradition des ~gveda in Indien erhalten. Echte Kenner der Überlieferung finden sich in dem weiten Gebiet, das sich von Maharä~tra, dem Mahrathenland, bis nach Uttar Pradesh erstreckt. Sie gehören ebenso der Säkalya-Schule an wie die ~gveda-Kenner eines zweiten großen Gebietes, namlich Andhra Pradesh, Maisur und Madras. Abweichend und wohl der Ba:;:kalaSchule zuzuzählen ist die im Südwesten Indiens, in Kerala, heimische Tradition. Dennoch ist noch einmal hervorzuheben, dass man den
~gveda.
in seiner heu-
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tigen Bedeutung nicht entfernt mit Bibel und Koran vergleichen kann, wenn auch seine Autorität in abstrakter Form überall anerkannt wird. Das liegt vor a.llem daran, das'ß das 'Werk zvmr aufgrund seines hohen Alters auch unter veränderten gesellschaftlich en Bedingungen fortwirkte, die vedische vVeltanschauung jedoch in der weiteren Entwicklung Indiens ihre Bedeutung verlor. Außerdem ist zu berücksichtige n, dass sich der J!gveda in der Neuzeit Interpretationen hat gefallen lassen müssen, die von tagespolitische r Zweckbestimmtheit diktiert waren und dabei einer wissenschaftlic hen Grundlage entbehrten. So hat ihn der bekannte Religionsphilo soph Vivekananda (1862-1902) kritiklos mit buddhistischen und hinduistischen Ideen vermischt. Noch weiter gingen Aurobindo Ghosh (1872-1950) und besonders die "Ariergesellsch aft" (Arya Samaj). Letztere stellte die Wissenschaft, die sie zur Pseudowissenschaft erniedrigte, in den Dienst ihrer nationalistisch en und chauvinistisch en Propaganda. und versuchte glaubhaft zu machen, dass sie unterschiedslos alle wissenschaftlic hen und technischen Errungenschaf ten - etwa der Astronomie oder Geologie, aber auch Artillerie oder Düngemittel - bereits im Veda entdeckt hatte. Solche mit der historischen ·Wahrheit unvereinbaren Entgleisungen können aber höchstens verfangen, wenn über die tatsächlichen literaturgeschichtlichen Gegebenheiten keine hinreichende Kenntnis besteht.
Ann1er kungen Vgl. B. L. Ogibenin: Struktura mifologiceskich tekst.ov "Rigvedy" (Moskau 1968). 2 Versionen dieser Geschichte finden sich später u. a. im ·vi9nu-Purana sowie in Kälidäsas Vikramorva.sfya. 3 H. Oldenberg: Das altindische Akhyana, mit besonderer Rücksicht auf das Supan;akhyana., in: Zschr. der Dtsch. Morgenländische n Gesellschaft, 37 (Leipzig 1883), S. 54-86; ders.: itkhyana-Hymne n im ~gveda, ebenda, 39 (1885), S. 52-90. 4 J. Hertel: Der Ursprung des indischen Dramas und Epos, in: V\Tiener Zschr. für die Kunde des Morgenlandes, 18 (1904), S. 59-83 und 137-168; ders.: Der Supar!fadhyaya, ein vedisches 1\1ysterium, ebenda, 23 (1909), S. 273-346. 5 L. v. Schroeder: Mysterium und Mimus im 197 4).
~gveda
(Leipzig 1908, Neudruck Maarssen
6 K. F. Geldner: Die indische Balladendichtung , in: Festschrift der Univ. Marburg für die Philologenversam mlung 1913 (Marburg 1913). 7 L. Alsdorf: The Akhyana Theory Reconsidered, in: Proceedings of the 26th Internat. Congr. of Orientalists 1964 (Poona 1969), abgedruckt in: Kleine Schriften (GlasenappStiftung, Bd. 10, Wiesbaden 1974). 8 Vgl. U. Schneider: Der Somaraub des Manu (Wiesbaden 1971). 9 E. Sieg: Die Sagenstoffe des ~gveda und die indische Itihasa-Tradition (Stuttgart 1902).
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10 Die von M. Bloomfield gesammelten \Viederholungen des I_{gveda sind in den Bänden 20 und 24 der Harvard OrientalSeries (Cambridge [Mass.]1916) enthalten. Vgl. ferner: Bloomfield, Edgerton und Emeneau: Vedic Variants (3 Bde., 1930-1934). 11 Dies ist ein von urwüchsiger Dialektik geprägter Gedanke. 12 Eine wertvolle, aber nur für den Fachmann bestimmte Einführung in die Problematik gibt H. Oldenberg: Die Hymnen des Rigveda, Bd. I: Metrische und textgeschichtliche Prolegomena (Berlin 1888). Geläufigste Ausgabe (in lateinischer Umschrift) ist die von Th. Aufrecht in den von A. Vleber herausgegebenen Indischen Studien, Bd. 6 und 7 (Leipzig 1861-1863, Neudruck ·wies baden 1968). Grundlage ist die große, mit dem Kommentar des Säyal)a versehene Ausgabe von Max Müller ( 6 Bde., London 1849-1874, 3. Aufl. in 2 Bänden in den Kashi Sanskrit Series, 167, Varanasi 1965). Noch erwähnenswert sind zwei bedeutende indische Ausgaben, die mit dem Padapätha sowie Kommentaren von Skandasvämin, Udg1tha, Vei:tkata und Mudgala versehene Ausgabe von Vishva Bandhu, die in acht Bänden in den Vishveshvaranand Indological Series, 19-26 (Hoshiarpur 19631966) erschien, und die von dem Kommentar des Säyal)a begleitete von N. S. Sontakke (5 Bde., Poona 1941-1976). An Übersetzungen nennen wir nur die wichtigsten. Metrisch ist die zweibändige Übersetzung von H. Graßmann (Leipzig 1876/ 77), in Prosa gehalten die (mit Kommentar, Einleitung und Registern) sechsbändige von A. Ludwig (Prag 18761888). Unvollendet geblieben ist die von M. Müller in den Sacred Books of the East, 32 (Oxford 1891) begonnene und von H. Oldenberg (ebenda, 46, 1897) weitergeführte Übersetzung (Neudruck Delhi 1964). Von großem Wert ist die 1923 begonnene Übersetzung von K. F. Geldner; sie liegt jetzt vollständig in den Bänden 33-36 der Harvard Oriental Series (1 951 ff.) vor. Alle in der vorliegenden Literaturgeschichte erwähnten ~gvedischen Hymnen sind übersetzt von K. Mylius in Reclams Universal-Bibliothek [im folg.: RUB] Nr. 729 (Leipzig 1978, neubearbeitete Ausgabe des Erata-Verlages Leipzig 2002), eine Auswahl, übersetzt von P. Thieme (RUB, Nr. 8930, Stuttgart 1983). Für Studienzwecke von größter vVichtigkeit ist die Vedic Concordance von M. Bloomfield in Harvard Oriental Series, 10, 1906, Neudruck Delhi 1964). Interessant, aber methodologisch nicht ausgereift ist die Studie von W. Wüst: Stilgeschichte und Chronologie des I;Lgveda (Leipzig 1928, Neudruck Nendeln 1966). 13 Die Välakhilya-Hymnen wurden bearbeitet von I. I. Scheftelowitz: Die Apokryphen des Rigveda (Khiläni), als Heft 1 der Indischen Forschungen (Breslau 1906, Neudruck Hildesheim 1964). 14 Vgl. K. Mylius: Die altindische J\.fetrik, in: Wissenschaft!. Zschr. der Karl-Marx-Univ. Leipzig, Gesellschafts- u. Sprachwiss. Reihe, 24 (1975), Heft 2, S. 197 ff. 15 Vgl. T. Ja. Elizarenkova: K voprosu o lingvisticeskom aspekte perevoda "Rigvedy", in: Lstorija i kultura drevnej Indii (25. Internat. Orientalistenkongress, Moskau 1963). 16 D. N. Jha: Paradox of the Cow: Attitudes to Beef Eating in Early India. in: J. Heidrich, H. Rüstau, D. Weidemann (ed.): Indian Culture: Continuity and Discontinuity. In Memory of Walter Ruben (1899-1982) = Abhandlungen der Leipniz-Sozietät, Band 9 (Berlin 2002),
s.
51-63.
Die Sarilhitas
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17 Beispiele für den Padapatha gibt E. Windisch: Zwölf Hymnen des Rigveda mit Sayai_!a's Commentar (Halle 1883).
b) Der Samaveda Beim I_tgveda musste ausführlich geprüft werden, ob und inwieweit er für rituelle Zwecke zusammengestellt wurde. Eine solche Frage erhebt sich für die übrigen Sarnhitas nicht (auf eine gewisse Sonderstellung des Atharvaveda werden wir noch zu sprechen kommen). Bei Sama- und Yajurveda kann kein Zweifel daran bestehen, dass sie von Anfang an für die Belange des Opferrituals aufgestellt und geordnet wurden. Zur Erklärung der umfangreichen ritualistischen Literatur sowohl dieser Sarnhitas als auch der Brahmal}as und Sutras sind einige, so knapp als möglich gehaltene Ausführungen über den vedischen Opferkult unerlässlich. 1 In der mittel- und jungvedischen Zeit erfährt das Opferwesen seine höchste Blüte und wird von den Brahmanen zum beherrschenden Zug des Lebens ausgestaltet. Die Bauern und Handwerker erzeugten jetzt in zunehmendem Maße ein Mehrprodukt, so dass das Interesse der Brahmanen am Ausbau des Opferwesens zwecks verstärkten Erhalts von Opferlohn und Opferrest wuchs. Der Sinngehalt des Opfers beruht auf dem Grundsatz do ut des: Man opfert den Göttern, um von ihnen dafür etwas zu bekommen. Die steigende Bedeutung des Opfers kommt darin zum Ausdruck, dass es mehr und mehr als kosmische Kraft aufgefasst wird: Mittels Opfermagie soll ein kundiger Brahmane sogar die Götter in seine Gewalt bekommen können, denn auch sie gelten als des Opfers bedürftig. Somit wird das Opfer als Träger, ja Schöpfer der Welt angesehen. Die Einteilung der Opfer erfolgt in Havis-Opfer (Milch, Gerste, Reis und so weiter), Tieropfer und Somalibationen. In großen Opfern beträgt die Zahl der Priester 16, ja 20, die Zahl der Hauptpriester aber vier. Wie bereits kurz angedeutet, rezitiert der Hot~· die Litaneien und arbeitet mit dem~ I_tgveda; der Udgat1,· singt aus dem Samaveda; der Adhvaryu vollzieht die eigentliche Opferung nach den Regeln des Ya.jurveda, und der dabei etwas farblos bleibende Brahman überwacht den gesamten Opfervorgang und stützt sich auf den Atharvaveda. \Vährend die Havis-Opfer am einfachsten sind, unterliegen die Somaopfer einem für unsere Begriffe äußerst komplizierten Regulativ, selbst wenn - wie beim Agni~toma - die Somapressung an einem einzigen Tag erfolgt. Manche Somaopfer, die sogenannten Sattras (Opfersitzung), dauern aber 13 Tage bis zu einem Jahr, theoretisch sogar noch länger. Der Samaveda, dem wir uns nunmehr zuzuwenden haben, enthält also das Material für den U dgat~ - den priesterlichen Sänger - und seine Gehilfen. Hier gibt es zwei Sarnhitas: die der Kauthumas und Ral:tayan!yas (die nur unerhebliche Divergenzen aufweisen) und die der Ja.imin!yas, die auch Talavakaras genannt werden. 2 Diese Sarnhitas 3 bestehen jeweils aus zwei Teilen, dem Arcika
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(auch Piirvarcika) und dem Uttararcika, und insgesamt 1810 Versen; zieht man die Wiederholungen ab, reduziert sich diese Zahl auf 1549. Literaturgeschichtlich entscheidend ist hierbei die Tatsache, dass von diesen Versen nur 76 nicht in der I,lksamllita vorkommen. Die übernommenen ~gveda- Verse stehen meist im Gaya.trl- Metrum und stammen vorwiegend aus dem achten, besonders aber dem neunten Ma.r;Q.ala. Lange ist darüber gestritten worden, welches das chronologische Verhältnis der ~gveda-Verse zu den im Samaveda mitunter abweichenden Lesarten sei. Gegenüber A. \Veber hat sich die schon von Th. Aufrecht vertretene und von J. Brune ausgebaute Theorie durchgesetzt, wonach die Samaveda-Lesarten als sekundär anzusehen sind. 4 Der Arcika- Teil besteht aus 585 Einzelversen, welche yoni (Quelle, Schoß) heißerL Gemeint ist damit, dass diese Texte die Grundlage beziehungsweise den Ausgangspunkt für die Melodiengestaltung bilden, etwa so, wie man sich bei uns zum Versanfang "Kommt ein Vogel geflogen" sogleich die dazugehörige Melodie vergegenwärtigt. Von diesen 585 Versen stehen nur 4.5 nicht im ~gveda. Der UttariiTcika- Teil ist inhaltlich ausschließlich dem Somaopfer gewidmet und umfasst 400 Gesänge, meist zu drei Versen; insgesamt sind es 1225 Verse, von denen nur 31 nicht aus der I,lksamhita stammen. An das Piirvarcika schließt sich, jedoch nicht in allen Schulen, die sogenannte Ara.J;.yaka-Samhita5 an. Die Sangweisen zu diesen Textbüchern wurden zunächst mündlich beziehungsweise instrumental überliefert. Meist führen sie eigene Namen; manche, wie das Rrhat oder das Ratharntara, erfreuten sich im Ritual besonderer Wertschätzung. Später entstanden \Verke, die man wohl a.ls Gesangbücher bezeichnen kann und die Gäna heißen. An das Piirvarcika schließen sich das Gramageyagana und das Arai;.ya(geya)gana an, während dem Uttararcika das Ul1agana und das Ul1yagana folgen. 6 Am ältesten von allen ist das ,~ra1;1J7agana. Diese Gänas lehren die eigentlichen Melodien, auf welche die Sämaveda-Texte zu singen sind. Die älteste Notenbezeichnung erfolgte wahrscheinlich durch Silben (ähnlich wie do, re, mi): ta, co, lfa und so weiter. Diese Notation ist, wenn auch untereinander abweichend, bei Rälfäyanlyas und Jaiminlyas üblich. Die Kauthumas haben eine Notation durch Zahlen eingeführt. Die Gänas geben nicht nur schlechthin eine Notenbezeichnung, sondern sie lehren auch, wie der Gesang melismatisch auszuführen ist. Dies beinhaltet eine Adaptation der Texte an den Gang der Melodie. Bewirkt wird sie unter anderem durch Verlängerung, \Viederholung und besonders durch Einschübe inhaltloser Silben, welche Stobha genannt werden. Die Ausführung eines Sämans kann dadurch ganz außerordentlich kompliziert werden, 7 und die betreffende exegetische Litera.tur gehört zu einem besonders schwierigen Forschungsgebiet der Vedistik. Der Sämaveda, der literaturgeschichtlich nur wenig zu sagen hat, kann also in seiner Bedeutung für die vergleichende Musikgeschichte kaum überschätzt werden.
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Anmerkungen
Eine zusammenfassende Darstellung des altindischen Opferrituals gab K. Mylius in der Ethnographisch-Archä ologischen Zschr., 14 (Berlin/DDR 1973), Heft 3, S. 475-498. 2 V gl. A. Weber: Über die Literatur des Sama.>'eda., in: Indische Studien, Bd. 1 (Leipzig 1850).
3 Die Sarillüta der Riir:tiiyan!ya-Schule wurde übersetzt von J. Stevensou (London 1842. Neudruck Varanasi 1961). Berühmt geworden als erste kritische Edition und Bearbeitung einer Sarirhitä ist das sich auf die Kauthuma-Schule beziehende Werk von Th. Benfey: Die Hymnen des Sama.- Veda. (Leipzig 1848, Neudruck Hildesheim 1978), das in zwei Bänden Text, Einleitung, Glossar und Übersetzung bietet. Ausgabe der KauthurnaSchule auch von Satyavrata Sarnasramlin der Bibliotheca Indica 71 (Calcutta 1871-1878, Neudruck Calcutta 1987); Ausgabe und Übersetzung von S. V. Ganapati, 2. Aufi. (Delhi 1992). Nützlich ist auch die von einem Kornmentar begleitete Übersetzung von R. T. H. Griffith (1893, 5. Aufi. Varanasi 1976 als Bd. 28 der Chowkhamba Sanskrit Studies). Die J aimin!ya-Sari1hita wurde übersetzt von W. Caland (Breslau 1907). Studie von B. Faddegon (Amsterdam 1951). 4 V gl. J. Brune: Zur Textkritik der dem Sama.veda. mit dem achten Mai;J.(Ja.la. des Rigveda. gemeinsamen Stellen (Diss. Kiel 1909). 5 Dieser siebente Abschnitt des Piirvarcika. wurde herausgegeben von F. Fortunatov (Moskau 1875). 6 Herausgegeben von A. M. Ramanath Dikshit: Üha.gana.m a.nd Ühyagana.m with Utta.rarcika. and Pa.da.patha. of Ka.uthuma. Sakha (Varanasi 1967). 7 Mit der gesanglichen Ausführung der Sämaveda-Texte befasste sich u.a. einer ihrer hervorragendsten Erforscher, R. Simon: Die Notationen der indischen Liederbücher, in: Wiener Zschr. für die Kunde des Morgenlandes, 27 (1913), S. 318 ff. Das herausragende Standardwerk auf diesem Gebiet aber ist die Studie von W. Howard: Samavedie Cha.nt (New Haven und London 1977). Es behandelt alle Arten und Feinheiten des vedischen Gesangs vom musikwissenschaftliehe n Standpunkt aus.
c) Der Yajurveda Dieser Veda enthält die Opfersprüche (yajus), die der Adhvaryu-Priester, der eigentliche Darbringer des Opfers, verwendet. Der Yajurveda hat also gänzlich rituellen Charakter. Das geographische Milieu hat sich gegenüber der ~ksaml1ita deutlich gewandelt. Schwerpunkt ist jetzt Kuruk~etra, also das Gebiet westlich der oberen Yamunä. Von dort stoßen die Arier nach Süden bis zum Vindhya-Gebirge, insbesondere aber den Ganges entlang nach Videha und Magadha (das heutige nördliche bzw. südliche Bihar) vor.
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Überliefert ist der Yajurveda in fünf Sari1hitäs. Und obwohl es sich dabei um Rezensionen (sakha) handelt, sind diese im einzelnen doch zu verschieden, um daraus eine Ur-Yajus-Samhitä rekonstruieren zu können. Gemeinsam haben alle das Neu- und Vollmondopfer ( daxsapiin;amäsa) sowie verschiedene Somaopfer; im übrigen variieren sie untereinander nicht unbeträchtlich. Innerhalb dieser Texte trifft man eine wichtige Unterscheidung in den Schwarzen und den \!\feißen Yajurveda. Letzterer enthält ausschließlich die für den Adhva.ryu bestimmten Mantras (Andachtssprüche und Opferformeln); die die Mantras begleitenden Ausdeutungen und Erklärungen finden sich nicht hier, sondern sind in das :5atapatlla-Brahmm;a verwiesen worden. Dafür sind Zahl und Vielfalt der Mantras hier größer als im Schwarzen Yajurveda. Dieser dagegen enthält Mantras und Ritualerklärungen in manchmal recht buntem Gemisch. Aus diesem verschiedenartigen Grad der Übersichtlichkeit erklären sich vermutlich auch die Beiworte "schwarz" und "weiß". Materialreicher ist demzufolge der Schwarze Yajurveda, auf den wir zunächst eingehen. Leider scheint von diesen Texten besonders viel verlorengegangen zu sein. Die Katha- (oder Käthaka-) Schule/ die auch den Namen Caraka führte, war im Panjäh und in Kashmir heimisch. In dieser Schule wurde nur die ( akzentuierte) Samhitä bewahrt. Es gab wohl auch ein Brähmal;ta, doch ist es verloren. Eingeteilt ist die Katha-Samhita in fünf Bücher mit insgesamt 40 Kapiteln. Das fünfte Buch ist ein Nachtrag und enthält die Beschreibung des Rossopfers (asvamedl1a). Auch die Kapif?thala-Katha-Schule entstand im Panjäh und in Kashmir. 2 Sie weist enge Beziehungen zur Katha-Schule auf: Beide Sarnhi täs haben vielfache, teils wortgetreue Parallelen, doch ist die 48 Kapitel umfassende KapiJ?tha.la-Katha.-Samhita lückenhaft und auch weniger gut überliefert. Insgesamt besser noch als die Katha-Schule hat sich die Maiträym;t1-Schule konserviert. Sie hat bis in die Sutra- Epoche hinein gewirkt; zu ihr zählen die heute noch einigermaßen korrekt vorliegenden Srautasutras namens "l\,l[anava und Varaha. Entstanden ist diese Säkhä in Gujarat und an der N arbadä, also im westlichen Indien. Die akzentuierte MaitrayaJ!T-Salnhita3 besteht aus vier Teilen (kaJ.u;la). Die die Mantras erklärenden Teile sind hier erheblich ausführlicher als in der Ka~ha-Sa1i1hita. Nach ihrer inneren Entwicklung und nach der Qualität ihrer Überlieferung nimmt innerhalb des Schwarzen Yajurveda die Schule der Taittir1yas bei weitem den ersten Rang ein. Außer der Sarnhitä sind von ihr ein umfangreiches Brähmai;ta, ein Ärm;yaka und eine Upani9ad erhalten. Entstanden ist diese Schule im zentralen Nordindien, dem sogenannten "Mittelland" (Madhyadesa.), und hat sich von dort aus weit nach Süden ausgebreitet. Die sieben Bücher (ka1;r;la) umfassende TaittiTiya-Sa.Jnllita4 ist akzentuiert und textlich gut überliefert. Mantras und Erklärungen sind eng verbunden, jedoch werden nicht alle Mantras erläutert. Der Inhalt ist bunt gemischt und~ natürlich stets im Rah-
Die Sa1i1hitas
men des Opferzeremoniells
~recht
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vielseitig.
Der Weiße Yajurveda besteht aus der Vajasaneyi-Samilita, die in einer KaJ;tva- und einer· Madhyarndina- Rezension vorliegt. 5 Die letztere ist reichhaltiger; im übrigen weichen beide Rezensionen nur wenig voneinander ab. Der ·weiße Yajurveda ist später entstanden als der Schwarze Yajurveda und hat in Nordindien diesen im Laufe der Zeit überlagert. Im folgenden soll eine kurze Inhaltsübersicht der Vajasaneyi-Sa.mhita gegeben werden, um eine Vorstellung vom thematischen Bereich des Yajurveda überhaupt zu vermitteln. Das Werk besteht in der Madhyamdina- Rezension aus 40 Abschnitten ( adilyaya), von denen die Abschnitte 1 bis 18 die ältesten sind. 1 und 2 enthalten die Mantras für das Neu- und Vollmondopfer, 3 für die allabendliche und -morgendliche Milchspende (Agnihotra) und für die Tertialopfer (Caturmasya), 4 bis 8 für das Tieropfer (Pasubandha) und die Königsweihe (Rajasuya); 9 und 10 ebenfalls für den Rajasuya und ein anderes königliches Opfer, 11 bis 18 für die mystisch-symbolische Schichtung eines Feueraltars (Agnicayana) 6 , 19 bis 21 für bestimmte Sühnezeremonien (SautramaJ;ti) und 22 bis 25 für das Rossopfer (Asvamedha). Alles Folgende ist entschieden jünger und gilt teilweise als Upani~ad. Die Abschnitte 26 bis 35 behandeln unter anderem das (sehr wahrscheinlich nur symbolische) Menschenopfer (Puru~amedha) und das Allopfer (Sarvamedha). Kulturgeschichtlich interessant ist besonders Adhyaya 30, da hier für den Puru~amedha eine Liste damals üblicher beruflicher Tätigkeiten gegeben wird. Die Abschnitte 36 bis 39 behandeln den Pravargya: Auf dem Opferfeuer wird für die Asvins ein Kessel glühend gemacht, der die Sonne symbolisiert. Abschnitt 40 schließlich ist nur formal an diese Sa1nhita angegliedert, stellt seinem Wesen nach vielmehr die Isa- Upani.?ad dar. Beim Yajurveda handelt es sich teils um religiöse, teils um magische Äußerungen. Das Vordringen des magischen Welt bildes bedeutet insofern einen (wenn auch zeitlich begrenzten) Fortschritt, als von der Herausbildung einer" Vorwissenschaftlichen \Vissenschaft" (H. Oldenberg) gesprochen werden kann, deren Hauptzüge in der Auffassung von einer gewissen Einheitlichkeit der \Velt, in einer Zusammenschau von makro- und mikrokosmischen Phänomenen und im Bestreben, diese Phänomene zu systematisieren, bestehen. Die Begrenztheit der damit gegebenen Fortschrittlichkeit liegt in der dem Opfersystem innewohnenden Fiktion, dass das Opfer die Welt trage und erschaffe, und in der einseitigen Ausnutzung des Rituals zur Festigung der Brahmanensuprematie. Der Stil des Yajurveda ist mitunter ausgesprochen aphoristisch, was besonders für die Prosasprüche gilt. Doch gewinnen diese - die im übrigen vielfach als sehr alt angesehen werden dürfen- dadurch fühlbar an rhythmischer Kraft. Die im Yajurveda vorkommenden Symbolismen und Identifikationen werden wir im Kapitel über die Brahmar:ms besprechen, da sie dort in ihrer Klassizität auftreten. Eine Besonderheit sind die mit dem altisländischen Kenning
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DIE VEDISCHE LITERATUR
vergleichbaren Namastotras, w1e sie in Abschnitt 16 der \lajasaneyi-Samlüta auftreten (satarudriya). Hier werden die Eigenschaften eines bestimmten Gottes- in diesem Fall des Rudra- aufgezählt und angerufen. Die sieb im Yajurveda verstreut findenden Legenden haben gewöhnlich irgendeine rituelle Regel zu "begründen" beziehungsweise ihre Herkunft zu "erklären". Verschiedentlich werden ganz alte Stoffe in den Rahmen der Opferritualistik eingepasst. Ein Beispiel ist die Legende von Visvarupa Tva~tra ( Taittir1ya-Samhita II, 5, 1), dem Indra seine drei Köpfe abschlug. Alle Geschöpfe brandmarkten daraufhin Indra als Brahmanenmörder. Indra ist nun gezwungen, bei den \Vesen um Entsühnung nachzusuchen, und bestimmte Maximen, die dabei ausgesprochen werden, werden als gültig für den Darbringer eines Neu- und Vollmondopfers qualifiziert. Auch Dialoge und Rätselgespräche (bra.llmodya) sind im Yajurveda vorhanden, wo sie- gerade eben wie die Legenden - die rituellen Regeln zu stützen haben. In der Taittir~ya-Samhita VII, 4, 18 werden zum Beispiel die Fragen gestellt nach dem weitesten Ende der Erde (Antwort: die Opferstätte), nach dem Nabel der Welt (das Opfer), nach dem Samen des Hengstes (der Soma) und nach dem höchsten Reich der Sprache (das Brahman). Insgesamt kommt zum Ausdruck, dass das Opfer das Maß aUer Dinge ist.
Anmerkungen
1 Die Ka~ha-Samhita wurde herausgegeben von L. v. Schroeder (3 Bde., dazu ein Index verborum von R. Simon, Leipzig 1909-1912, Neudruck V'Viesbaden 1970-1972). In eine moderne Sprache wurde das \Verk bisher nicht übersetzt. 2 Die Kapisthala-Katha-Samhitawurde herausgegeben von Raghu Vira (Lahore 1932, Neudruck Delhi 1968). Eine Übersetzung existiert nicht. Eine Studie über das Werk hat H. Oertel in den Sitzungsberichten der Bayer. Akademie d. Wiss. (Phil.-Hist. Abt., Nr. 6, 1934) veröffentlicht. 3 Die J11aitrayalff-Samhitawurde herausgegeben von L. v. Schroeder (4 Bde., Leipzig 18811886, Neudruck Wiesbaden 1970-1972). Auch hier liegt noch keine Übersetzung vor. 4 Die Taittirfya-SamJJita ist entsprechend ihrer Bedeutung mehrfach ediert worden: von E. Röer und E. B. Cowell als Bände 1-6 der Bibliotheca Indica (Calcutta 1854-1899); auf besonders hohem textkritischem Niveau von A. \Veber als Bände 11-12 seiner Indischen Studien (Leipzig 1871/72). Gegenwärtig wird von N. S. Sontakke und T. N. Dharmadhikari auf der Basis zahlreicher Handschriften und Komrnentare eine neue kritische Edition erarbeitet (Poona seit 1970). Übersetzt wurde das vVerk von A. B. Keith in den Harvard Oriental Series, 18-19 (Cambridge [Mass.]1914, Neudruck Delhi 1967). 5 Die Vajasaneyi-Sarnhita wurde herausgegeben von A. \,-.1eber: The White Yajurveda, Part I (Berlin 1850, Neudruck als Bd. 103 der Chowkhamba Sanskrit Series (Varanasi
Die Sa1nhitas 1972). Daneben gibt es mehrere indische Ausgaben. Übersetzt wurden die Adhyayas 9 und 10: YajUITedae specimen cum commentariis bereits 1845 von A. \Veber: vollständige Übersetzung von R. T. H. Griffith (Benares 1899, 3. Auf!. 1957). 6 Dieser Feueraltar wird meist in der Gestalt eines Falken oder ähnlichen Vogels mit ausgebreiteten Schwingen aus 10800 Backsteinen gemauert. Von Interesse ist besonders Abschnitt 16 (s. weiter im Text verlauf).
d) Der Atharvaveda Der Name dieser vierten vedischen Sarnhita 1 ist abgeleitet von atharvan, dem indoiranischen vVort für Feuerpriester. Ursprünglich lautete der Name der Sammlung Atha.rva1'lgirasah. Hierin bedeutet a.1igiras ebenfa.lls Feuerpriester. Die beiden unterschiedlichen Bezeichnungen gehen wahrscheinlich auf zwei Priesterfamilien zurück. Die spätere Bedeutung des Atharvan ist glückbringender, die des A1'lgiras feindlicher Zauber. Der Atharvaveda ist weitgehend - jedoch keineswegs zur Gänze - eine Sammlung von Zaubersprüchen. Daraus erklärt es sich, dass er lange Zeit in Indien um seine Gleichberechtigung als vierter Veda kämpfen musste. Da ihm ein unheiliger Zauber innewohne, könne er nicht zu den Veden gezählt werden, hieß es; es gebe also nur die tray1 vidya, das dreifache \Vissen, nämlich die Kenntnis der I,tc, Saman und Yajus. Später ist der Atharvaveda zu höheren Ehren gekommen, doch einen vollständigen Anschluss an die anderen Samhitas hat er nicht erlangen können, was sich auch in der Inferiorität der ihm angeschlossenen Literaturwerke ausdrückt. Die Atharva-Sa1nhita ist in der Saunaka- 2 und der Paippalada-Rezension 3 auf uns gekommen. Die erstere ist besser überliefert und daher bekannter geworden. Sie ist akzentuiert, aber jünger und auch kürzer als ihre nichtakzentuierte Schwesterrezension. Im folgenden beziehen auch wir uns auf die SaunakaFassung. Sie)st in 20 Bücher (ka1;Jja) gegliedert, die aus 730 Hymnen und etwa 6000 Versen bestehen. Das XIX. Buch ist späteren Datums, und das XX. Buch ist fast ganz aus Versen zusammengesetzt, die aus dem ftgveda stammen. Auch sonst finden sich im Atharvaveda umfangreiche Anleihen aus der J:(ksa.1nllita, besonders aus den Mar:r,alas X, I und VIII. Deutlich heben sich vier auch chronologisch unterschiedliche Teile voneinander ab, und zwar die Bücher 1 bis 7, 8 bis 12, 13 bis 18 und 19 bis 20. Die Bücher 1 bis 7 enthalten kurze Hymnen: Buch 1 mit jeweils vier, Buch 2 mit fünf Buch 3 mit sechs, Buch 4 mit sieben, Buch .5 mit 8 bis 18 Versen. Buch 6 umfasst 142 Hymnen zu drei und Buch 7 118 Hymnen zu je 1 bis 2 Versen. Die Bücher 8 bis 14 und 17 bis 18 enthalten sehr lange Hymnen von 21 bis 89 Versen. Das 15. und der größte Teil des 16. Buches enthalten Prosastücke, die in vieler Hinsicht auf die Brahma.l).a-Zeit voraufweisen.
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Der Inhalt des Atharvaveda. unterscheidet sich merklich sowohl von der als auch von den Sarnhitas des Yajurveda, denn weder die Preisung von Göttern noch die Darlegung des Opferrituals stehen hier im Vordergrund, wenn auch beides keineswegs fehlt. Den Schwerpunkt bilden vielmehr Beschwörungen dämonischer Mächte. Darum ist dieser Veda von besonderem Interesse für ethnographische Vergleiche. Hier finden sich erstaunliche Parallelen zu den Merseburger Zaubersprüchen, aber auch zu altrussischen Beschwörungsformeln. Diese Parallelen beruhen auf sozialpsychologischer Affinität: Wesensähnlichkeit der Produktionsweise führt auch zu Ideenverwandtschaft. ~ksaml1ita
Eine erste Gruppe von Zaubern dient der Heilung von Krankheiten. Diese Texte sind besonders medizingeschichtlich interessant. So soll eine Blutung zum Stillstand gebracht werden (I, 17), \!\Türmer sind unschädlich zu machen (II, 31), oder man will mittels eines Pflanzenzaubers die Heilung von Wunden und Frakturen erzielen. 4 Besonders gefürchtet war das Fieber, das man sich durch den Dämon Takman verursacht vorstellte (V, 22). Eine weitere große Gruppe bilden die Abwehrzauber gegen Dämonen, Hexer und Feinde überhaupt. Die Götter werden gebeten, eine solche magische Abwehr zu unterstützen (so Agni in IV, 36) -eine bemerkenswerte Verbindung von Religion und Magie! Auch Pflanzen können dabei behilflich sein (V, 14). Mitunter ist der Sinn dieser Abwehrbeschwörungen - vermutlich nicht ohne Absicht - dunkel. Eine dritte Gruppe bilden die Segenssprüche für das Wohlergehen im täglichen Leben. Sie betreffen den Hausbau, das Säen und Pflügen, das Gedeihen des Viehs. In dem semiariden Gebiet, in dem diese Texte entstanden, nahen auch Regenzauber ihren Platz. Aber auch familiäre Eintracht war damals schon ein WunschzieL Dieses wird besonders in der schönen Hymne III, 30 angestrebt. Die Familienmitglieder sollen einander lieben wie die Kuh ihr eben geborenes Kalb. Der Sohn sei dem Vater ergeben und einmütig mit der Mutter. Friedvoll soll die Frau zu ihrem Gatten reden. Die Geschwister sollen einander nicht hassen. Im Gegenteil, die Familie soll einträchtig an derselben Deichsel gehen, angeschirrt an gemeinsamem Zügel. Dann wird abends und morgens frohe Stimmung sein. Aber der Atharvaveda kannte auch die schwarze Magie, also die Schädigungszauber, und dies in reichem Maße! Dabei war man in den ~Wünschen für Nebenbuhler(innen) und in der Wahl der Ausdrücke alles andere als zimperlich, so dass manche "Hymnen" dieser Art auch heute noch das Schaudern lehren können. Wenn einer Nebenbuhlerin gewünscht wird, sie solle eine alte Jungfer werden (I, 14), so ist das noch vergleichsweise harmlos. Ernster wird es schon in VII, 35. Hier wendet sich eine betrogene Frau gegen ihre Rivalin. Dieser möge sich das Obere der Gebärmutter zuunterst kehren, sie soll unfruchtbar werden, kinderlos bleiben und einen Stein zum Verschluss haben. Am schlimmsten aber ergeht es dem ungetreuen Gatten, der seine Frau betrogen hat (VI, 138). Ein
Die Sa1nhitas
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Eunuch soll er werden; Indra soll ihm mit den Somapresssteinen die Hoden spalten. Ein saftloser Kastrat soll er dadurch werden. Schließlich droht sie ihm, sein Glied auf den Schamlippen der Rivalin zu zerquetschen. Ferner gibt es Hymnen zur Sühne von rituellem und anderem Fehlverhalten, aber auch für den Schutz der brahmanischen Privilegien, insbesondere des Opferlohnes ( daJ;:f?Üpi). Zur Wahrung und Erweiterung ihrer Standesprivilegien verschmähten die Brahmanen also die Zauberei nicht. Selbst das um so vieles spätere Gesetzbuch des Manu (Manava-DharmasastTa) erklärt (XI, 33), dass die Brahmanen sich des Atharva.veda bedienen sollen. Es ist also klar ersichtlich, dass dieser Veda, obwohl in uralter Folklore wurzelnd, weitgehend priesterlich überarbeitet und überformt worden ist. Vv'enn auch die Zauberei überwiegt, so sind doch einige, und zwar ganz besonders berühmte Hymnen anderen als magischen Zwecken gewidmet. So ist die Hymne IX, 6 ein Lobpreis der Gastfreundschaft: Der Gast bedeutet genausoviel wie einer der vier Hauptpriester, wie Brahman, und seine Bewirtung kommt einer Ritualhandlung gleich. Die Betreuung des Gastes hat Sündentilgung, seine Vernachlässigung dagegen Verlust an rituellem Verdienst zur Folge. Hier und anderwärts gibt der Atharvaveda genauere Auskunft über das Ritual als die ~ksamhita.- Philosophische Spekulation hat die Hymne XIX, 53 zum Gegenstand. Sie besingt die Allmacht von Kala, dem Gott der Zeit, und enthält einige eindrucksvolle Passagen, die von bedeutungsvollen Einsichten in das Wesen der Zeit zeugen: Kala, die Zeit, fährt auf einem Wagen, dessen Achse die Ewigkeit ist; Kala ist der erste der Götter, also wichtigste kosmische Potenz; Erde, Sonne und alles, was geworden ist, ruht im Kala; Kala ist Herr des Alls und Fundament der \Velt. Im 20. Buch- das, wie erwähnt, fast ganz der ~ksa1nhita entnommen wurde -sind nur die sogenannten Kuntapa-Hymnen (Nr. 127-136) original. Sie stellen eine deutlich jüngere Schicht dar und bestehen aus Dankgesängen für erwiesene Freigebigkeit, Rätseln und einigen nach heutigem Geschmack ziemlich obszönen Liedern. Obwohl Zauberformeln ihrem \'Vesen nach eben formelhaft sind und somit monoton wirken, kennzeichnet die Atharva-Samhita ein bemerkenswertes literarisches Niveau. 5 Es finden sich viele poetische Schmuckmittel, wie Bildhaftigkeit, Vorliebe für Metaphern und Symbole, Parallelismen und Wiederholungen. Nicht selten weisen die Verse eine Rhythmik von großer Eindringlichkeit auf. Besonders reizvoll sind einige Naturbeschreibungen. Die Mehrzahl dieser Vorzüge vereint sich im schönsten Lied des Atharvaveda, einem der herrlichsten Werke der vedischen Literatur überhaupt: dem großen Hymnus an die Erde (XII, 1). 1. Hohe Wahrheit, gewaltiges Recht, Weihe, Askese, Brahman, Opfer erhalten die Erde.
Sie, die Herrin des Gewordenen und des noch Werdenden, soll uns die Erde, soll uns
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DIE VEDISCHE LITERATUR weiten Raum bereiten.
5. Auf der sich früher die früheren Völker ausgebreitet haben; auf der die Götter die Dämonen überwältigten; der Rinder, Pferde und der Vögel Stätte
die Erde soll uns in Glück
und Glanz versetzen. 7. Die die niemals schlafenden Götter allezeit schützen, die ausgedehnte Erde, niemals versagend -
sie soll für uns angenehmen Honig ergießen, und sie soll uns mit Glanz
beträufeln. 8. Die am Anfang ein Jl,feer auf dem Ozean war, die mit Zauberkräften die V11eisen bewegten; die Erde, deren Herz im höchsten Himmel ist, mit VVahrheit umhüllt -
diese Erde soll
Glanz, Kraft im höchsten Reich, in uns hineinversetzen. 11. Deine Berge und Schneegebirge, dein \,Yald, o Erde, sollen uns ein weiches Lager sein. Auf der braunen, schwarzen, roten, allgestaltigen, festen Erde. der von Indra geschützten Erde, habe ich, nicht unterdrückt, nicht geschlagen, unverletzt, gestanden, ich auf der Erde' 14. \Ver uns hasse, o Erde, wer uns bekämpfe, wer uns anfeinde im Geist wie mit der VVaffe -
den, o seit alters her wirkende Erde, lass uns untertan werden!
33. Soweit ich dich überblicke, o Erde, n:tit der Sonne als Verbündetem, soweit lass mein Auge nicht fehlgehen, von Jahr zu Jahr! 36. Dein Sommer, o Erde, die Regenzeit, der Herbst, der \1\Tinter, die kühle Zeit, der Frühling -
deine eingeteilten Jahreszeiten, die Jahre, Tag und Nacht, o Erde, sollen für uns
ergiebig sein. 52. Auf der das Schwarze und das Helle vereinigt sind- Tag und Nacht-, verteilt auf der Erde; die weite Erde, von Regen umhüllt und bedeckt -
diese soll uns glücklich jeweils
in angenehme Stätte versetzen.
(Übers.: Klaus Mylius) So kann der Atharvaveda hinsichtlich seines ästhetischen \Vertes durchaus mit dem ~gveda. verglichen werden. Da jener häufig Alltagssorgen und -probleme zum Gegenstand hat, wirkt er nicht selten lebendiger als dieser. Für den Sozialhistoriker bietet er ohnehin ein erheblich aussagestärkeres QuellenmateriaL Wie schon erwähnt, bestehen Buch 15 und fast das ganze Buch 16 -· insgesamt etwa ein Sechstel des Sa.unaka-Textes - aus brahmm.:ta-artiger Prosa. Buch 15 glorifiziert, ja theifiziert einen bestimmten Bevölkerungstyp, den Vratya. 6 Lange Zeit ist diskutiert worden, wer darunter zu verstehen. sei. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich um Arier, die aber einem eigenen, besonderen, nichtvedischen Ritual oblagen. Durch ihre Euphemisierung sollte ihre Eingliederung in die vedische Gesellschaft offenbar erleichtert werden. Insgesamt gesehen, spiegelt der Atharvaveda in der Form, in der er überliefert wurde, gegenüber dem ~gveda eine fortgeschrittene Zeit wider. Das zeigen geographische und kulturgeschichtliche Momente: Der Ganges ist bekannt, Reis und Tiger werden envähnt. Die vier sozialen Gruppen ( van;a), deren Existenz
Die Sarilhitas
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der J!gveda erst im X. Marp;lala indiziert, spielen nunmehr eine große Rolle. Die Verherrlichung der Brahmanen nimmt zu. Die Konturierung der GötterpersönlichkeiterList unscharf geworden. Eine Hymne, wie die an Varm;a (IV, 16), die auch im J!gveda stehen könnte, ist für den Atha.rvaveda nicht mehr typisch. Charakteristisch für den vierten Veda ist vielmehr ein deutlicher pantheistischer Zug. Das Selbstwertgefühl des Menschen findet eine bemerkenswerte Steigerung. In der Hymne an die Erde (XII, 1) kommen die Wesensmerkmale dieser neuen Zeit am schönsten zum Ausdruck: Gleichsetzung der Dämonen mit wilden Tieren, Ablösung der Dämonen durch die Götterwelt, Hervortreten von fünf Menschenstämmen beziehungsweise Völkerschaften, Lobpreis der Erde als der Allerhalterin gegenüber den übrigen Göttern, \Vürdigung der Erde und des Nutzens aller ihrer Geschöpfe für den Menschen als der Krone von allem, Hinweis auf die Verletzbarkeit der Erde durch den Menschen, Herausstellen des Menschen als des Überlegenen und des Allbezwingers. Der allmähliche Übergang in die Brahmal_la-Epoche wird nach Inhalt und Stil allenthalben erkennbar.
Anmerkungen
1 Eine zusammenfassende Inhaltsangabe bei M. Bloomfield: The Atharvaveda and the Gopatha-Brahmaf!a (Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde, IL 1 b, Straßburg 1899). 2 Ausgaben: von R. Roth und \,Y. D. Vlhitney (Berlin 1855, 2. verbesserte Auf!. von M. Lindenau, Berlin 1924, 3. Auf!. Bonn 1966); von Shankar Pandurang Pandit mit dem Sayana-Kommentar in vier Bänden (Bombay 1895-1898); die meisten Hilfsmittel bietet die vierhändige, kritische Ausgabe von Vishva Bandhu in den Vishveshvaranand Indological Series, 13-17 (Hoshiarpur 1960-1964). Ausgabe und Übersetzung von Satya Prakash Sarasvati, 5 Bde. (Delhi 1992-1994) 3 Ausgabe der Paippalada-Rezension von M. Bloomfield und R. Garbe in drei Bänden (Baltimore 1901).- Die bisherigen Übersetzungen betreffen alle die Saunaka-Rezension. Am bekanntesten ist die von C. R. Lanman herausgegebene Übersetzung von \,Y. D. Whitney in den Harvard Oriental Series, 7 und 8 (Cambridge [Mass.] 1905, Neudruck Delhi 1962). Daneben die ebenfalls zweibändige Übersetzung (annotiert) von R. T. H. Griffith (3. Auf!., Varanasi 1962). Die wichtigsten Lieder wurden übersetzt von M. Bloomfield als Bd. 42 der Sacred Books of the East (Oxford 1897, Neudruck Delhi 1964) und von K. Mylius (RUB, Nr. 729, Leipzig 1978). Einen durch seine philologischen Erläuterungen wertvollen Auszug gibt J. Grill: Hundert Lieder des Atharvaveda (Tübingen 1879, Neudruck Wiesbaden 1971). 4 Hier findet sich die stärkste Ähnlichkeit zu dem ben zi bena, bluot zi bluoda, lid zi geliden der Merseburger Zaubersprüche.
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DIE VEDISCHE LITERATUR
5 Vgl. M. Trivedi: Atha.rva.veda., a Literary Study (Vishveshvaranand Indological Series, 61, Hoshiarpur 1973). 6 Aus der reichhaltigen Literatur nennen wir hier nur die Arbeit von R. Choudhary: The Vratya.s in Ancient India (Chowkhamba Sanskrit Studies, 38, Varanasi 1964).
3. Die BTal1mai]as
Es ist nicht ganz sicher, wie der Name der den Samhitas folgenden Literaturschicht zu etymologisieren ist. Man könnte ihn von bTalnnan (masc.) oder von bTailman ( neutr.) ableiten. Im ersteren Falle würde es sich um Vv'erke handeln, die von beziehungsweise für Brahmanen geschaffen wurden. Dagegen bedeutet bTahman Andacht, Gebet, Gebetsformel; hiernach würde es sich um eine Erläuterung vedischer Mantras handeln. Aber da der Inhalt der Brahmar:ms vielfach über solche Erklärungen hinausgeht und da andererseits die göttergleiche Stellung der Brahmanen allenthalben pointiert wird, sind wir geneigt, der Ableitung aus bTahman den Vorzug zu geben. Die Brahmal:tas sind keine plötzliche Neuschöpfung. Vielmehr haben wir auf ihre Vorform schon im Atharvaveda aufmerksam gemacht. Aber auch die die Mantras des Schwarzen Yajurveda begleitenden Ausführungen tragen schon brahma:Jfa-ähnlichen Charakter. Die Brahma:Jfas sind in Prosa gehaltene Handbücher für Brahmanen. Ihr eigentlicher Gegenstand, um den sich alles andere dreht, ist das Opfer. Sie geben also eine priesterliche Darlegung und Erklärung des Opferrituals. Demzufolge enthalten sie in bunter Mischung Ritualvorschriften für die einzelnen Opfer, dogmatische Kommentare, Legenden und philosophische Spekulationen. Man kann zwei Hauptkomponenten herausarbeiten: einmal die rituellen Regeln ( vidhi) und zum anderen die "Erklärung" der Ursachen oder der historischen Zusammenhänge dieser Regeln ( aTthavada). Der Wert dieser Literatur ist fast durchweg äußerst niedrig, ja geringschätzig beurteilt worden; es hat nicht an Stimmen gefehlt, die in ihr theologisches Gefasel sahen und sie gar mit dem Gequassel von Idioten verglichen. Zum mindesten aber warf man ihr Langweiligkeit und Öde vor. Alle diese Urteile sind als überholt zu verwerfen, da sie die historisch-soziologischen Hintergründe dieser Literatur nicht in Betracht gezogen haben. Die Brahmal:ta-Zeit war alles andere als eine Ära der Dekadenz; vielmehr war sie eine Zeit des Umbruchs auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens, die Zeit des Aufkommens der Warenproduktion, des Geldes und des Kaufmannsstandes, der Familie und der Territorialstaaten, des Übergangs von der Barbarei zur Zivilisation. Literaturhistorisch bieten uns die Brahma:Jfas (neben Teilen des Atharvaveda) die älteste indische Prosa.
Die Braluna1fas
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Am wesentlichsten aber ist die Tatsache, dass die Erschließung von Neuland- hauptsächlich durch Brandrodung- und die Entwicklung der Produktivkräfte- vor allem durch Eisengewinnung und Einführung von Eisengeräten in den Ackerbau, der nun die Viehzucht überflügelte- zu einer nennenswerten Steigerung des Mehrproduktes führten. So ist es zu erklären, dass die Brahmanen, um sich an dem letzteren einen höchstmöglichen Anteil zu sichern (dieser bestand im Opferlohn sowie in den mitunter sehr beträchtlichen Opferresten), die Ritualistik immer weiter ausbauten. Die Brahmal:tas hatten also nichts mit dem "Rasen Verrückter" oder mit der "Dekadenz des arischen Geistes" (infolge des angeblich enervierenden Klimas) zu tun, sondern sie entstanden zur Verfolgung eines wohlbedachten Ziels. Zur "Begründung" irgendeiner Opferhandlung wird gern eine Etymologie beigebracht. Fast immer sind diese Etymologien willkürlich und demzufolge falsch; sie verraten aber waches geistiges Interesse und bieten hin und wieder auch eine richtige Erkenntnis, wenn etwa das Wort deva. (Gott) aus der Wurzel div (strahlen) abgeleitet wird. Dass die vorgebrachten Etymologien oft gewaltsam waren, hat man wohl selbst gespürt und damit zu rechtfertigen gesucht, dass "die Götter das Versteckte lieben". Neben der Neigung zum Etymologisieren steht eine ausgesprochene Lust zum Symbolisieren und Identifizieren. Die magischen Gleichsetzungen bilden gleichsam die Grundlage der Brahma1fas, wie am Beispiel des Satapatlla.-BTahmai;a. VI, 8, 2, 7 zu sehen ist. Hier, beim Bau eines Feueraltars, spricht der Priester an einer bestimmten Stelle vier Verse. Diese bedeuten die vierfüßigen Tiere, mit denen er den Agni versieht. Tiere aber bedeuten Nahrung; also versieht er den Agni mit Nahrung. Dann spricht der Priester drei Verse, das sind zusammen sieben Verse. Sieben Jahreszeiten aber machen das Jahr aus, das Jahr wiederum ist identisch mit Agni. So abstrus diese Identifikationen anmuten, demonstrieren sie dennoch das Streben nach einem einheitlichen \Veltbild und nach einer Systematisierung dessen, was man erkannt zu haben glaubte. 1 Oldenberg spricht daher in außerordentlich treffender ·weise von der in den Brahmai:tas enthaltenen" vorwissenschaftliehen \Vissenschaft". Wissenschaftliches Streben ersieht man auch aus den vielen in den Texten vorkommenden Disputationen ( lJTahmodya). Sie ranken sich, so im Jaiminfya- und Satapatha-BTahmaJ!a, vielfach um den König Janaka von Videha und leiten zur Belehrung von Schülern durch den Lehrer, also zu dem so traditionsreichen brahmanischen Lehrer-SchülerVerhältnis, über. Die BrahmalfaS kommentieren die Sari1hitas manchmal Abschnitt für Abschnitt, manchmallösen sie sich von der Vorlage, bringen eigene neue Gedanken, Legenden und so weiter. Da sie gänzlich auf dem fortgeschritteneren, dem magischen Weltbild und auf der Konzeption von der Göttergleichheit (oder gar -Überlegenheit) der Brahmanen beruhen, ist nach ihrer Ansicht beispiels-
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DIE VEDISCHE LITERATU R
weise die l,(ksamhit a von vornherei n ausschließlich für rituelle Zwecke abgefasst worden. Die Brähmal).as sind also in jeder Hinsicht parteilich -priesterli che Dokumente und daher nur unter Beobacht ung gewisser Vorbehalt e auszuwert en. Mit dieser Einschrän kung sind sie eine bedeutsam e sozialhisto rische Quelle. Geradezu einzigarti g aber ist ihre Bedeutun g für die Geschicht e des Opferritua ls, da Parallelen aus Griechenl and und Rom nur spärlich vorhanden sind. Auch für die Mytholog ie sind die Brähmal;tas eine reiche Fundgrub e. Immer wieder werden Mythen herangezo gen, um irgendvYelche Riten, aber auch Götter, Naturersc heinungen und so weiter in ihrer Entstehun g zu "erklären" . Als Beispiel möge Jaiminfya.-Brahmal;La. I, 68-69 dienen. Hier erschafft der als Schöpferg ott bekannte Prajapati ("Herr der Wesen") die vier Van;tas, das heißt die gesellscha ftlichen Hauptgru ppen. Gleichzeit ig brilliert das Stück mit einer Fülle von Identifika tionen. So erschafft Prajapati aus seinem Kopf Agni, den Brahmane n und das Metrum Gayatri. Demzufol ge ist der Brahmane mit Agni und der Gayatr1 verbunden . Aus den Armen werden Indra, der Ks;atriya und die Tris;tubh, aus dem Bauch die Allgötter, die Jagat1 und der Vaisya, aus den Füßen der Sudra, die Anus;tubh und - kein Gott, denn für den Sudra ist sein Hausherr der Gott! Diese Mythe demonstri ert also nicht nur einige in den Brahmal;tas immer wiederkeh rende Identifika tionen, sondern gibt auch einen Einblick in die Herausbil dung der Stände und Klassen. Überaus häufig erscheint in diesen Texten eine Beschreib ung oder wenigsten s Erwähnun g des Kampfes zwischen Devas und Asuras, zwischen Göttern und Dämonen . Aber auch Abenteue r einzelner Götter werden gern erzählt. Dazu zählt etwa die Überlistun g des Namuci durch Indra (Paiicavimsa-Brahmal;La XII, 6, 8-10). Beide hatten eine Übereinku nft geschlossen: Sie wollten einander nicht töten, weder nachts noch am Tage, weder mit einer feuchten noch mit einer trockenen ·waffe. Aber Indra umging die Abmachu ng, indem er dem Namuci während der Dämmeru ng den Kopf mit Schaum abtrennte . Der abgeschla.gene Kopf rollte ihm hinterher und schalt ihn einen betrügeris chen Mörder. Indras Handlung sweise ist also für einen Gott nicht gerade eine Empfehlu ng - und warum wird ein solcher Mythus überhaup t erzählt? Weil er den rollenden und drohenden Kopf durch den Harivan;ta-Schlussgesang vertreiben konnte, und dessen magische Kraft sollte anhand dieser Mythe ausdrückl ich unterstric hen werden! Hierher gehört auch die Verjüngun g des Cyavana Bhargava durch die beiden Asvins mittels einer \Vasserkur, wie sie verschiede ntlich, so im Jaimin1ya.Bralm1a1fa III, 120-128, erzählt wird. Cyavana, obwohl schon alt, hatte sich die junge Sukanya zur Frau genomme n. Da trifft er auf die beiden Asvins, die unter den Göttern die Stellung der Ärzte einnehme n. Sie sind zwar Götter, aber er ist Brahmane und demzufolg e Somatrink er, die Asvins aber nicht. So lässt er sich von ihnen verjüngen und gewährt ihnen dafür den Genuss des Soma.
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Neben den Mythen verdienen auch viele der in den BrahmalJas mitgeteilten Legenden unser Interesse. Dies gilt um so mehr, als in ihnen zweifellos viel folkloristisches Material verarbeitet ist, sie also nicht etwa alle ad hoc erfunden wurden. Nach Inhalt und Umfang steht hier die Erzählung von Sunalfsepa (im Aita.reya.-Bralnnm.la VII, 13-18) an der Spitze. 2 Diese Legende erfreute sich bereits im vedischen Indien eines solchen Ansehens, dass ihr feierlicher Vortrag einen festen Bestandteil der Zeremonien anlässlich der Königsweihe (rajasuya) bildete. Ihr Stil ist schon fast episch zu nennen; außerdem sind ihr zahlreiche Verse eingegliedert. Der Inhalt ist kurz folgender: Der kinderlose Ik~vaku-König Hariscandra verspricht dem Gott Varm;a, ihm, sofern er ihm einen Sohn beschere, diesen zu opfern. Daraufhin wird ihm der Sohn Rohita geboren. Der Vater versucht die Erfüllung des gegebenen Versprechens immer wieder hinauszuzögern. Schließlich ist Rohita erwachsen, erfährt von seinem Schicksal und flieht in den Urwald. Varm:tas Geduld ist nun erschöpft, und er straft Hariscandra mit \Vassersucht. Rohita trifft indessen auf seiner \iVanderung den heruntergekommenen, halbverhungerten ~~i Aj1garta Sauyavasi. Für hundert, später für dreihundert Rinder verspricht dieser, dem Vanu:ta anstelle des Rohita den mittleren seiner drei Söhne, Sunal:tsepa, zu opfern. Varur.ta ist damit einverstanden: Ein Brahmane gilt ihm mehr als ein K~atriyal Aber Sunalfsepa erschaute Verse, mit denen er die Götter pries, und schließlich befreite ihn die Göttin U~as von den Fesseln, und seinen Vater, den entmenschten Aj1garta, traf allgemeine Verachtung. SunalJsepa weigerte sich, zu ihm zurückzukehren, und wurde von dem ~9i Visvamitra adoptiert. Hariscandra genas von der \\lassersucht. Friedrich ·weHer ist zu der Auffassung gelangt, dass die Legende von Sunalfsepa auf verschiedene Quellen zurückgeht und dass die einzelnen Teile gesondert zu interpretieren sind. Hauptmomente des Inhalts sind die Kritik an der Raffgier und Gewissenlosigkeit des Aj1ga.rta, ein moralisierender Hinweis auf die strafende Gewalt des VarmJ.a und die magische \Virkung der von Sunal;sepa "erschauten" alles überwindenden Verse. Die übrigen Legenden sind erheblich kürzer. Eine interessante Thematik hat ,Satapatha.-Brahma,J;a I, 8, 1, 1-11 zum Gegenstand, nämlich die altindische Fassung der Sage von der Sintflut: Eines Morgens fiel dem Manu beim Waschen ein Fisch in die Hände. Dieser bat Manu, ihn aufzuziehen; er werde ihn dafür später erretten. Das geschah; aus dem Fisch wurde ein Großfisch, und eines Tages prophezeite er dem Manu eine große Flut und ließ ihn ein Schiff bauen. Durch die Flut führte der Fisch das Schiff bis zu einem Berg, dem. Pendant des Ararat der Bibel. - Obwohl der hier im Mittelpunkt stehende Manu in manehern dem Noah des Alten Testaments vergleichbar ist, konnte eine Entlehnung aus semitischen Quellen bisher nicht zwingend bewiesen werden, da Sintflutsagen als Para.llelerscheinungen bei vielen Völkern anzutreffen sind. Im indischen Bereich tritt das Sintflutthema später besonders im Epos Mahabhi'üata auf.
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Auch die bereits aus dem ~gveda bekannte Legende von Pururavas und Urvas1 kehrt in modifizierter Form in den Bralunm:tas wieder. Die Analyse der wissenschaftlichen Vorstellungen ergibt - neben vielem Haltlosen - nennenswerte Kenntnisse unter anderem auf den Gebieten der Architektur und der Geometrie. Solche Kenntnisse benötigte man für die Anlegung der Opferstätte und für die Errichtung des Feueraltars im Agnicayana. Allmählich lösten sich mit medizinischen Dingen befasste Brahmanen aus dem Priesterstand und fungierten nun ausschließlich als Ärzte. Recht gute anatomische Kenntnisse lässt bereits der Atharvaveda vermuten; sie wurden in die Brahmal:tas herübergenommen und nebst der Therapie ausgebaut. Die Metrik und in zunehmendem Maße auch die Grammatik erfreuten sich großer Aufmerksamkeit; auf die Neigung zu Etymologisierungen wurde bereits eingegangen. 3 In vielfacher Hinsicht ist die Brahmal:ta-Ära eine Übergangszeit. Der frühvedische Polytheismus beginnt sowohl dem Pantheismus (wie er sich schon ansatzweise im Atharvaveda abzeichnete) als auch einer Hochgottkonzeption zu weichen. Die alten Götter verblassen und schwinden immer mehr, ein Prozess, der im Buddhismus seinen Höhepunkt erreicht. Die Konzeption vom kreativen Hochgott drückt sich besonders in der Gestalt des Prajapati aus. Aber auch die bis ins Exzessive gesteigerte Opferritualistik trägt bereits den Keim ihres Verfalls in sich. Kennzeichnend hierfür ist .'Satapatha-Bral1mai_1a XI, 6, 1: Die Ritualistik weicht Erörterungen und Spekulationen über den "Sinn" des Opferkultes und lässt damit die spätere Negation des bloßen Werkdienstes vorherahnen. Das erwähnte Stück beginnt, wenn auch zögernd, am traditionellen Ritual des Agnihotra zu rütteln. Auch die philosophischen Grundgedanken der Upani:;;aden bereiten sich vor. Die so wichtige Formulierung der Einheit von Brahman und Atman ist in den Brahmar:tas ebenso enthalten wie der Gedanke des sogenannten Wiedertodes (punarmrtyu) und der Transmigration. Es ist daher zu betonen, dass die Brahmar:tas Ausgangspunkt für viele ideologische Strömungen waren, die im späteren Indien großen Einfluss gewannen. Auch positive Eigenschaften des Buddhismus, nämlich eine naturwüchsige Dialektik und (wenn auch vereinzelt) ein empirischer Materialismus, sind bereits in den Brahmar:tas vorgezeichnet. Als Beispiel nennen wir den Streit zwischen Geist und Sprache, wie er im Satapatha-Brahma.1;a I, 4, 5, 8-12 beschrieben wird. Jeder dünkt sich vornehmer als der andere. Zwecks Herbeiführung einer Entscheidung wenden sich die beiden an Prajapati. Dieser urteilt dahingehend, dass der Gedanke der vornehmere sei, denn die Sprache sei nur der N achahmer des von ihm Getanen. Die Brahmm:tas erwähnen eine ganze Anzahlliterarischer Genres, von denen wenigstens einige genannt seien: Die Gatha sind ursprünglich sakrale Texte, die zur Instrumentalbegleitung gesungen wurden. In den Brahmar:tas tragen
Die Brahmajfas
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profane Texte diesen Namen. Die Narasams1 sind Lobpreisungen von Königen und besonders berühmten und freigebigen Opferveranstaltern . Erzählungen von wahren Begebenheiten führen den Namen Itihasa (Sanskrit: "So war es."); hiervon ist der Terminus PuraJ;ta (Begebenheit aus alter Zeit) kaum zu unterscheiden. Auf diese beiden Ausdrücke werden wir bei der Besprechung der Epen zurückzukomrnen haben. Unter einem Vakovakya verstand man einen Dialog; die Bezeichnung ist identisch mit Brahmodya. Rituelle Anweisungen schließlich heißen mitunter Anusasana. Der Stil der BrahmaJ;taS ist einfach und klar. Häufig ist die Aneinanderreihung kurzer Sätze. Die grammatischen Regeln werden im allgemeinen korrekt beachtet; dem Metrum geschuldete Freiheiten waren in dieser Prosaliteratur ja nicht erforderlich. Die Ausführungen über das Ritual leiden unter einem Mangel an Abwechslung. Man begrüßt daher den Einschub von Legenden und Mythen. Diese Einschübe wirken durch häufige Einführung der direkten Rede oft recht lebendig, und diese Lebendigkeit nimmt im Laufe der Zeit noch zu. Recht charakteristisch sind Gedrungenheit und Kürze des Ausdrucks. Man erkennt dies daran, dass bei einer Übersetzung, soll sie verständlich werden, fast in jedem Satz \Vorte ergänzt werden müssen. Auch hier sind die BrahmaJ;tas Ausgangspunkt einer späteren Entwicklung, nämlich des Sutra-Stils. Auf die Chronologie der Brahmm:tas sind wir bereits eingegangen. Hier ist nur noch zu erwähnen, dass sie im Laufe mehrerer Jahrhunderte entstanden sein müssen. Zeitlich fallen die jüngsten Bestandteile der Yajurveda-Sarnhita s mit den ältesten der BrahmaJ;tas zusammen; am deutlichsten tritt dies bei der Taittir1ya-Schule hervor. Alle Brahmm),aS sind, wenn auch mitunter etwas formal, an eine bestimmte Samhita und damit an einen der vier Veden angeschlossen. Sie bilden also Handbücher für jeweils einen der vier Hauptpriester: Zum I_(gveda gehören das Aita.Teya.- und das Ka.uf?Tta.ki-BTfihma.I_Ja.. Ersteres 4 ist das ältere. Es besteht aus 40 Adhyayas, die auf acht Pa1kikas (Fünftel) verteilt sind. Die Par1cikas I bis V sind jedenfalls sehr alt; VII und VIII bilden mit der Königsweihe (Tajasiiya) einen späteren Zusatz. Im übrigen befasst sich das Werk fast ausschließlich mit dem Somaopfer, oft in einer etwas ungeordneten Weise. Das Kauf?Tta.kiBTabma.J_Ja.5 dagegen macht einen ganz anderen Eindruck: Es ist kürzer als sein Schwesterwerk, aber weitaus geschlossener, straffer und systematischer. Auch ist sein Gesichtskreis erweitert, indem es auch die Havis- und Tieropfer adäquat würdigt. Von den 30 Adhyayas befassen sich I bis VI mit Havis-Opfern, X mit dem Tieropfer, VII bis IX und XI bis XXX mit dem Somakult. Zum Samaveda gehört das wichtige Paiica.vilnsa.-BTahma.l_Ja, das aus 25 Adhyayas besteht, woher sein Sanskritname rührt. Es trägt auch die Bezeichnung TfilJQya-Maha-BTahma.I_Ja.. 6 Dieses sehr alte und umfangreiche Werk enthält unter anderem die Vratyastomas, Gesänge zur Eingliederung der Vratya
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(vgl. S. 44). An dieses Buch ist als eine Art 26. Kapitel das $aqviri1sa-Brahmai_la (\Viederum Sanskritbezeichnung der Kapitelzahl) angeschlossen. 7 Dessen letzter Teil wiederum, nämlich das fünfte Prapathaka, führt den Namen AdbhutaBrahmai_la.8 Es enthält Betrachtungen über unglückbringende Vorzeichen, und man ersieht hieraus, I'Vie sich im Laufe der Zeit die Thematik der BrahmaJ!aS von ihrem Ausgangspunkt, dem Opferritual, entfernt. Samavedisch ist ferner das ebenfalls sehr wichtige Jaimin1ya-Brahma1JB. 9 Dieses \iVerk besteht aus drei Hauptteilen (ka1;qa) und scheint etwas jünger als das Paiicavimsa-Brahmai_la zu sein. Vielfach beschäftigt es sich mit den Geschehnissen, die zur Erschauung einer bestimmten rituellen Melodie (saman) führten, und die dazu jeweils angeführten Legenden sind von großem kulturhistorischem Interesse. An den Samaveda schließen sich ferner noch mehrere jüngere BrahmaJ!aS an, die jedoch diesen Namen kaum noch verdienen. So dienen im Samavidhana-Brahma.1;a die rituellen Sangweisen als ZaubermitteL ·wieder andere hier aufgezählte Werke gleichen eher einer AnukramaJ!1 (bestimmten Verzeichnissen; s. S. 67) als einem Brahmm:m. 10 Zum Schwarzen Yajurveda gehört das Taittirfya.-Brahma.l;aY Es ist das einzige Brähmm~m dieses Vedazweiges und bildet die unmittelbare Fortsetzung der Taittirfya.-Samhita, gewissennaßen einen Nachtrag derselben. Teils gibt es neue Regeln, teils erweitert es die bereits in der Sari1hita gebra.chten. Da es sich lückenlos an diese anschließt, darf es als ziemlich alt gelten. Diese Ansicht wird dadurch unterstützt, dass der Text akzentuiert überliefert ist. Das Taittirfya-Brahmai_la ist in drei Bücher gegliedert. Beim \iVeißen Yajurveda enthält die Sari1hita nur die Mantras, aber keine brahma1p.-ähnlichen Passagen. Folgedessen ist das BrähmaJ!a des \iVeißen Yajurveda sehr umfangreich, ja das umfangreichste und wichtigste aller Brähmal:tas überhaupt. Es führt den Namen ,5atapa.tha-Brahma.I_la. ("Brähmm:ta der 100 Pfade", nämlich Adhyayas ). Obwohl es akzentuiert überliefert ist (die Art der Akzentuation weicht indessen von der in anderen vedischen \iVerken gebräuchlichen ab), gehört es zu den jüngeren Brahmal)as. Es ist in zwei Rezensionen - wie seine Sari1hita - auf uns gekommen, nämlich in der Madhyamdinaund der Kal:tVa- Fassung. In der ersteren, die wir hier zugrunde legen wollen, umfasst das \Verk 14 KaJ!~las. Hier sind jedenfalls mehrere vVerke in ein einziges großes Kompendium zusammengeflossen, denn es nennen beispielsweise Käl:t<;la I bis V als Lehrer den Yajiiavalkya, VI bis X, die die Feueraltarschichtung zum Gegenstand haben, aber den Sa]f<;lilya. Der Inhalt ist kurz folgender: Die Käl:t<;las I bis IX kommentieren fortlaufend die Kapitel I bis XVIII der \fajasaneyi-Samhita. Unter anderem behandeln Käl:t<;la.s I und II Havis-Opfer, III und IV den Agni~toma, V verschiedene Formen der Königsweihe (Rajasuya und Vajapeya). VI bis X sind, wie erwähnt, der Feueraltarschichtung (Agnicayana.) gewidmet. Von hier a.n folgen mehr oder weniger Addenda. KaJ;l<;la XI
53 gibt Resümees und befasst sich mit dem Tieropfer, XII hat eine Sühnezeremonie (Sautramal)-1) zum Gegenstand, XIII bespricht Asvamedha (Rossopfer), Puru~amedha (symbolisches .Menschenopfer) und andere große Opfer. Kiil)-<;la XIV hat in den Adhyayas 1 bis 3 den Charakter eines Ära~1yaka. ( s. S..55) und beschreibt die Pravargya-Zeremon ie (Sonnenzauber). Die Adhyayas 4 bis 9 dieses Kal:t<;la werden nur noch formal zum Brahmal)-a gezählt und stellen in vVirklichkeit die berühmte BrhadaraT_Lyaka-Upani9ad dar (s. S. 60). 12 Schließlich ein vVort zum Brahma1:m des Atharvaveda. Wie erwähnt, kam dieser Veda erst verspätet zu kanonischem Ansehen; daraus erklärt es sich, dass seine Folgewerke gewöhnlich relativ jung und \'On inferiorer Qualität sind. So ist auch das sogenannte Gopa.tha-Bral1ma.1J.a ziemlich spät .13 Es zerfällt in zwei Hauptteile. Der erste hat spekulativ-kosmogo nischen Charakter und weist viele Entlehnungen aus anderen Brahmal)-aS auf. Der zweite Teil bezieht sich zwar stärker auf da.s Opfer, doch sind die Entlehnungen hier noch zahlreicher. Mehrere Einschübe, die in beiden Teilen vorkommen, haben den Charakter von U pani~aden. Ist diese Literatur schon umfangreich genug, so dürfte sie doch nur ein Teil von dem sein, was einst bestanden hat. Vielfach werden nämlich Brahmal).as zitiert, von denen wir nur oder fast nur den Namen kennen. 14 Vieles muss also im Laufe fast zweier Jahrtausende verlorengegangen sein.
Anmerkungen
1 Vgl. K. Mylius: Die Identifikationen der Aietren in der Literatur des ~gveda, in: Wiss. Zschr. der Karl-Marx-Univ. Leipzig, 17 (1968), Gesellschafts- und Sprachwiss. Reihe, 23; ders.: Die Identifikationen im I<.au.<Jitaki-Brahmal_la, in: Altorientalische Forschungen, 5 (Berlin/DDR 1977). 2 Vgl. F. Weller: Die Legende von Suna}J.sepa im Aitareya-BrahmaiJ.a und Sankhayanasrautasi.itra, in: Sitzungsber. der Sächs. Akademie der Wiss., Phil.-Hist. Kl., Bd. 102, Heft 2 (Leipzig 1956); dazu die Stellungnahme von H. Lommel in der Zschr. der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, 114 (1964), S. 122 ff. 3 Die Realien der Brahmal:tas sind untersucht und verzeichnet worden von K. Mylius in der Ethnographisch-Archä ologischen Zschr., 12-19 (Berlin/D D R 1971-1978). 4 Die heute maßgebliche Ausgabe des Aitareya-Brahmana besorgte Th. Aufrecht (Bonn 1879, Neudruck Hildesheim 1975). Übersetzung von A. B. Keith in Bd. 25 der Harvard OrientalSeries (Cambridge [Mass.J1920, Neudruck Delhi 1969 und 1981). Ausgabe und Übersetzung auch von S. Malaviya (2 Bde., Varanasi 1980-1983). 5 Die heute maßgebliche Ausgabe des I<.auf?Ttaki-Brahmal].a besorgte E. R. Sreekrishna Sarma (Verz. der Orientalischen Handschr. in Deutschland, Supplementband 9, 1, Wiesbaden 1968). Übersetzung von A. B. Keith wie in Anm. 4.
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6 Das Paiicavimsa-Brahmal_la wurde in zwei Bänden herausgegeben von A. C. Vedant.avägisa in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1870-187 4, Neudruck Delhi 1989) und übersetzt von W. Ca!and als Bd. 255 der Bibliotheca Indica (1931), Neudruck 1982.
7 Ausgaben des $advim.sa-Brahmana von H. F. Eelsingh (Leiden 1908) und B. Ramachandra Sharma (Tirupati 1967). Übersetzung von W. B. Bollee (Utrecht 1956). 8 Ausgabe des Adbhuta-Brahmal_la in den Abhandlungen der Preuß. Akademie der Wissenschaften (Berlin 1858) von A. Weber. 9 Ausgabe von Raghu Vira und Lokesh Chandra (Nagpur 1954). Übersetzung in Auswahl (es gibt keine vollständige) von V{. Caland (Ar:nsterdam 1919, Neudruck Wiesbaden 1967). Studie über den Agnihotra-Abschnitt I, 1-65 von H. W. Bodewitz (Leiden 1973); über I, 66-364 von demselben (Leiden 1990). 10 Einige dieser Brahmanas sind: Samavidhana-Brahmana, Ausgaben von A. C. Burnell (London 1873) und von B. R. Sharma (Tirupati 1964), Übersetzung von S. Konow (Halle 1893); Ar.~eya-Brahmal_la, Ausgaben von A. C. Burnell (Mangalore 1876) und von B. R. Sharma (Tirupati 1967); Devatadhyaya-Brahmal_la, Ausgabe von A. C. Burne!! (Mangalore 1873); J\llantra-Brahmana, Ausgabe und Übersetzung von Prapathaka I durch H. Stönner (Halle 1901), von Prap. II durch H. Jörgensen (Darmstadt 1911); Samlütopanii?ad-BrahmaiJa, Ausgabe von A. C. Burnell (Mangalore 1877); VamsaBrahmal_la, Ausgabe von A. C. Burnell (Mangalore 1873). 11 Ausgaben des Taittirfya-BrahmaJ:m von Rajendralala Mitra in der Bibliotheca Indica (3 Bde., Calcutta 1855-1870) und von B. Misra (4 Bde., Delhi 1985). Eine Übersetzung existiert nur für einige Ausschnitte von P. E. Dumont. 12 Ausgabe des Satapatha-BrahmaiJa von A. Weber (Berlin/London 1849-1855, Neudruck Varanasi 1964 als Bd. 96 der Chowkhamba Sanskrit Series); die Käl).va-Rezension wurde teilweise ediert von W. Caland und Raghu Vira (Lahore 1926-1939); von C. R. Swaminathan (Delhi, seit 1994). Bahnbrechende Übersetzung von J. Eggeling in den Bänden 12, 26, 41, 43, 44 der Sacred Books of the Ea.st (Oxford 1882-1900, Neudruck Delhi 1963); verschiedene Abhandlungen, besonders von A. Minard, N. Verma und K. M.ylius. 13 Ausgabe des Gopatha.-Brahma.I_la. von D. Gaastra (Leiden 1919). Eine Übersetzung von H. C. Patyal (Poona) ist noch ungedruckt. 14 V gl. B. Ghosh: Collection of the Fragments of Lost Brahma.IJa.S ( Calcutta 1947).
4. Die AraJ}.yakas
Der Name dieser Schriftengruppe leitet sich von dem Sanskritwort araiJ.ya (Wald) ab. Die Arm;.yakas sind also im Wald zu studieren, doch wurde dieser Hinweis von den Indologen verschieden ausgelegt. Die einen meinten, die Aral).yakas seien von \1\Taldeinsiedlern ( vanaprastha) -von denen also, die sich in der dritten der vier brahmanischen Lebensstufen (dazu s. S. 56) befanden - zu studieren. Andere, insbesondere H. Oldenberg,l hielten dafür, dass die
Die Ärm:tyakas
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Ärai:tyakas wegen ihres besonders geheimen Charakters nur im Wald erlernt werden durften. Diese Ansicht hat sich durchgesetzt. In den Ärai}.yakas steht zwar das Opfer nach wie vor im Mittelpunkt, aber kaum noch in konkretem Sinne, sondern in mystisch-allegorisc her Ausdeutung, die zu metaritualistischen , über den Ritualismus hinausweisenden und seine Negierung vorbereitenden Ideen führt. Es gibt mehrere Ärar:tyakas als eigenständige Werke, doch sind aral}.yakaartige Abschnitte auch über andere Werke der vedischen Literatur verteilt. So stehen die Mahavrata-Riten (am vorletzten Tag der einjährigen Opfersitzung Gavamayana) beim Samaveda in den Brahma11as (Paiicavünsa und Jaimin1ya), in der Aitareya- und Kau~Ttaki-Schule im Ärar:tyaka, beim Schwarzen Yajurveda auch in der Samhita. Von einem eigenen Ärar:tyaka-Zeitalter kann man also nicht sprechen. Zur Aitareya-Schule gehört ein AitaTeya-ATm;yaka . 2 Es umfasst fünf Hauptteile, die ebenfalls Ärar:tyaka genannt werden. Das \iVerk behandelt das Mahavrata - ein bestimmtes Somaopfer, das Sonnenzauber und Fruchtbarkeitsriten beinhaltet - und gibt Deutungen von Opferlitaneien. Es enthält verschiedene Upani~ad-Stellen; so bilden die Abschnitte II, 4-6 die AitareyacUpani?ad. Das ,5alikilayana-_ATalJYaka3 gehört zur Kau~Ttaki-Schule. Auch dieses Werk, das in 15 Adhyayas eingeteilt ist, hat das Mahavrata zum Gegenstand. Verschiedene Upani~ad-Abschnitte sind auch in diesem Werk enthalten; am wichtigsten sind die Adhyayas III bis VI, die die Kaw?1taki- Upani9ad bilden. Das Ärar:tyaka der J aiminiyas führt denN amen J aimin1ya- Upani9ad- BTahma1Ja.4 Obwohl der Samaveda keinen seiner Texte so nennt, ist das aus vier Büchern bestehende \iVerk seinem Inhalt nach ein Äral}.yaka. Es enthält unter anderem Spekulationen über Metren, Silben und Laute. Ein Teil von Buch IV konstituiert die Kena- Upani9ad. Das umfangreichste Werk dieser Art ist das Taittir1ya-ATa1Jya.ka. 5 Die zehn Prapathakas, aus denen es besteht, präsentieren einen recht bunt zusammengesetzten Text. Behandelte Themen sind unter anderem der Bau des Feueraltars, die ( sozialhistorisch wichtige) Brahmanenschülers chaft ( bTahmacaqa), Sühnezeremonien, der Pravargya und der Ahnenkult. Die Abschnitte VII bis IX bilden die TaittiTfya- Upani9ad, der Abschnitt X die Mahanaraya.1Ja- Upani9ad. Die Abschnitte XIV, 1-3 des Satapatila-Brailmai ;a, die den Pravargya zum Gegenstand haben, gelten ebenfalls als Äral}.yaka (s. S. 53). Anmerkungen 1 Vgl. H. Oldenberg: Zur Religion und Afytlwlogie des Veda, Abschnitt 9, in: Nachrichten von der König!. Gesellschaft der \iVissenschaften zu Göttingen, 1915 (Berlin 1916), S. 382-401.
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2 Ausgabe und Übersetzung des Aitareya-Ara!lya ka von A. B. Keith in den Anecdota Oxoniensia, Aryan Series, Teil 9 (Oxford 1909, Neudruck 1970 und 1981). 3 Adhyayas I und II des Sarikhayana-Ara !lyaka wurden ediert und übersetzt von W. E. Friedländer (Berlin 1900), die Adhyayas III bis VI von E. B. Cowell (Calcutta 1861); Edition der Adhyayas VII bis XV von A. B. Keith in seiner Ausgabe des AitareyaAra!lyaka (s. Anm. 2). 4 Ausgabe des Jaimin1ya-Upani.~ad-Briihma!la von B. R. Sharma (Tirupati 1966/67); Ausgabe und Übersetzung von H. Oertel im Journal of the American Oriental Society, 16 (1894), S. 79-260. 5 Ausgaben des Taittir1ya-Ara!lyaka von Rajendralala Mitra in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1864-1872) sowie von Mahadeva Sastr1 und P. K. Ra1igacharya (3 Bde., Maisur
1900-1902).
Mit den Upani~aden bricht ein neues Zeitalter an. Die Literatur ist fast nur noch der Form nach vedisch, allgemeingeschichtlich gesehen ist das Ende der vedischen Epoche überhaupt gekommen: Die Bildung von Territorialstaa ten hat sich durchgesetzt, die ersten Großreiche sind im Entstehen. Auch ideengeschichtlich vollzieht sich eine Umwälzung, die allerdings in den Brahmal_las schon vorgezeichnet war. Derritualistisc he Werkdienst schlägt um in philosophisches Denken. Am "Ende des Veda" stehend, erhielt die einschlägige Literatur die Sanskritbezeic hnung Vedanta. Doch wurde spä.ter daraus "Endziel des Veda", womit der Gegensatz der Anschauungen etwa des ~gveda und der Upani~aden eliminiert werden sollte. Nun ist dieser "Umschlag" allerdings nicht so zu verstehen, als hätte die Upani~ad-Philosophie den Werkdienst abgelöst. Das vedische Opferritual hat bis in die Mitte des 1. Jahrtausends n. Chr. eine bedeutende Rolle gespielt und ist auch heute noch nicht völlig ausgestorben. Die Brahmanen behaupteten weiterhin starke ideologische Positionen, doch ist ihre alleinige, gottähnliche Vormachtstell ung vorüber. Dazu trug in nicht geringem Maße auch das Aufkommen des Buddhismus 1 bei, das in die Upani~ad-Epoche (in engerem Sinne) fiel. Jetzt beteiligen sich auch Könige, Frauen und Leute niederen Standes am geistigen Leben. Mitunter gehen Brahmanen bei Königen in die Lehre. Spürbar wird der Einfluss von K~atriya- Kreisen auf die Herausbildung der Upani~aden. Ein Beispiel ist die Geschichte des unehelich geborenen Satyakama Jabala (Chandogya-Upani~?ad IV, 4); sie besagt, dass nicht das Vorrecht der Geburt, sondern ·Wahrheitsliebe den Brahmanen ausmacht. Gegen die Einflüsse aufgeklärter K~atriyas und "Ketzer", etwa der Buddhisten und Jinisten, entwickeln die Brahmanen die Lehre von den vier Lebensstufen ( airama). Danach soll man
Die Upani9aden
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die Stadien eines Vedaschülers, Hausvaters, \Valdeinsiedlers und weltflüchtigen Asketen durchlaufen. Mit dieser Lehre suchten die Brahmanen weltliche Pflichten und religiöses Streben in Einklang zu bringen. Es wäre also falsch, in den Upani~aden etwa rein antibrahmanisches, k~atriyagemäßes Denken zu sehen: sie sind in der uns vorliegenden Form vielmehr weitgehend priesterlich überformt und beeinflusst worden. 2 Da.s Wort "Upani~ad" leitet sich ab von der Verbalwurzel sad mit den Präfixen upa + ni. Die ursprüngliche Bedeutung ist das Sitzen des Schülers zu Füßen des Lehrers. Daraus wurde aber bald eine Geheimsitzung: Die Upani~aden wurden als Tahasya (Geheimnis, Mysterium) bezeichnet, und ihre geheimen Lehren durften nur beschränkt überliefert werden. Es ist nun von großer \iVichtigkeit festzustellen, dass man - entgegen der landläufigen Ansicht - weder hinsichtlich des Inhalts noch der literarischen Form von den U pani~aden schlechthin oder von einem System der U pani~aden sprechen kann. Sie enthalten vielmehr äußerst heterogenes Material. Zwischen tiefsinnigen philosophischen Gedanken finden sich leere Spekulationen über bestimmte Silben und Zauberei (so der Schlangenzauber in der GamcjaUpani9ad). Beispielsweise weist die Svetasvatara-Upani9ad bei monotheistischer Grundhaltung zahlreiche Elemente der Samkhya-Philosophie auf. Es ist daher angebracht, die einzelnen U pani~aden nicht so sehr als Gesamtwerke, sondern nach ihren Abschnitten und Teilen zu bewerten. Noch bedeutsamer ist die Tatsache, dass sich aus den Gedankenfluten der Sainhitas und Brahmar;tas jetzt eine deutliche Polarität herauszukristallisieren beginnt. Die beiden Grundansichten der Philosophie bilden sich heraus: der Materialismus und der Idealismus. Der Kampf dieser vVeltanschauungen spiegelt sich im alten Indien in den Namen der Philosophen Uddalaka Ärm;i und Yajnavalkya wider. In der Chandogya- Upani9ad VI, 2 belehrt U ddalaka seinen Sohn Svetaketu und formuliert dabei erstmals klare materialistische Positionen: Am Anfang war nur das Seiende. Einige sagen zwar, am Anfang sei das Nichtseiende gewesen und aus diesem sei das Seiende geboren worden. Aber auf welche \Veise könnte das wohl geschehen sein? vVie sollte Seiendes aus Nichtseiendem geboren werden? Nur das Seiende war also am Anfang; eins nur, ohne ein zweites. In VI, 13 demonstriert Uddalaka seinem Sohn, wie sich Salz im Wasser auflöst und dann nur noch geschmacklich fassbar ist. Ebenso, fährt er fort, erblickt man das Seiende nicht, und doch ist es hier. In dieser Feinheit hat das All sein Selbst. "Das bist du, o Svetaketu!" Damit vertritt Uddalaka einen materialistischen Monismus. Sein Antipode ist der subjektive Idealist Yajnavalkya. Für ihn existiert die \Velt nur als Vorstellung in unserem Bewusstsein. Klar komint dieser Standpunkt in der Brl1adaJ·arqa.ka-Upani9ad II, 4 zum Ausdruck. Nach einer Lob-
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preisung der Individualseele, des Ätman, erklärt Yaj11avalkya, die Welten und die Geschöpfe seien das, was der Ätman ist - das heißt, sie existieren nur in unserem Bewusstsein. Bei aller inneren Verschiedenheit der idealistischen Komponenten der Upani?aden existiert doch eine bestimmte, wenn auch sehr abstrakte Grundlehre, die immer wieder von neuem variiert wird. Sie besteht in der These von der Identitä,t der Weltseele mit der Individualseele. Die Seele des Weltalls ist das (etymologisch verschieden gedeutete) Brahman. Die Individualseele ist der Ätman, ein etymologisch mit "Atem" verwandtes Wort, das die Einzelseele oder das Selbst bedeutet. Das Weltall ist also identisch mit dem Brahman und dieses mit dem Ätman; anders ausgedrückt: Die Welt ist Gott, und Gott ist die Seele. Dieser Gedanke wurde schon von Sal}<;iilya im Satapatha-BrahmaJ;a X, 6, 3 geäußert und in den Upani:;mden seit der ältesten Stelle Chandogya- Upanif}ad III, 14 immer weiter ausgebaut. Dort heißt es: "Dieser ist mein Selbst innen im Herzen, winziger als ein Reiskorn oder ein Gerstenkorn oder ein Senfkorn oder ein Hirsekorn oder der Kern eines Hirsekorns. Dieser ist mein Selbst innen im Herzen, größer als die Erde, größer als der Luftraum, größer als der Himmel, größer als diese Welten. Der Allwirkende, Allwünschende, Allduftende, Allschmeckende, der dieses All Umfassende, Schweigende, Unbekümmertedieser ist mein Selbst innen im Herzen, dieser ist das Brahman; diesen werde ich, von hier dahingegangen, erlangen." Dies entspricht etwa dem objektiven Idealismus Platons, während andere Upani9ad-Stellen, wie wir gesehen haben, reinen Solipsismus ausdrücken. In den U pani9aden nimmt nun auch die Lehre von karman und samsara, von Tatenvergeltung und dem Kreislauf der Wiedergeburten, endgültig Gestalt an. Ihr Grundgedanke- ebenfalls schon in den Brahmal:tas vorgezeichnet - ist der, dass man je nach dem Verdienst seiner Taten in einer entsprechend günstigen oder schlechteren Existenz wiedergeboren wird. Die Hauptquelle dieser Lehre ist Chandogya- Upani9ad V, 3-10. Hier heißt es: "Somit haben diejenigen, die hier von erfreulichem \Vandel sind, die Aussicht, dass sie in einen erfreulichen Mutterschoß eingehen: in einen Brahmanenschoß oder in einen K?atriya-Schoß oder in einen Vaisya-Schoß. Aber diejenigen, die hier von stinkendem 'Wandel sind, haben (nur) die Aussicht, dass sie in einen stinkenden Mutterschoß eingehen: in einen Hundeschoß oder in den Schoß einer Sau oder in einen Cal:t<;lala-Schoß." ( Cal:t<;lala sind Angehörige einer der am meisten missachteten sozialen Gruppen: Abdecker, Straßemeiniger und so weiter). Nach dieser Lehre führen also auch die guten Taten nur zu einer günstigen Wiedergeburt, nicht zur Erlösung vom Geburtenkreislauf. Diese aber kann nur die Einsicht in die Einheit mit dem Brahman herbeiführen. Dann fallen alle bösen Taten und ihre Folgen ab ( Chandogya- Upani9ad IV, 14, 3). V\Tenn in der V\Telt die Tatenvergeltung und der Kreislauf der Wiedergeburten
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dominieren, dann heißt das, dass die altüberkomme nen Götter nicht mehr die herrschende Potenz sind und dass ihre Bedeutung immer weiter sinkt. Sehr klar zeigt sich dies in.der berühmten Diskussion des Jünglings Naciketas mit dem Todesgott (Iütha-Upa.ni? ad I-II). Die Handlung geht auf eine alte Legende des TaittiT1ya.- Brahmai_la (III, 11, 8, 1-6) zurück. N aciketas, ein brahmanischer Jüngling, betritt das Haus des Todesgottes, ohne ranggemäß bewirtet zu werden -einem Brahmanen gegenüber hat eben auch der Todesgott seine Pflichten! Gewissermaße n zur Sühne der Vernachlässigung der Gastfreundsch aft erhält N aciketas drei ·wünsche freigestellt. Die ersten beiden werden erfüllt, doch als der Jüngling erfahren will, was mit den Verstorbenen geschieht, weicht der Tod aus und bittet, einen anderen \Vunsch vorzubringen. Doch Naciketas setzt sich durch, und der Tod sieht sich gezwungen, ihm zu erklären, dass der Ätman, das Selbst, Unsterblichkei t genießt. Ein Prinzip, das einst den Göttern zukarn, ist also jetzt auf eine abstrakte Kategorie übergegangen. In den jüngeren Upani~aden entwickelt sich- zweifellos nicht zuletzt durch den Einfluss des inzwischen aufgekommene n Buddhismus (dazu s. S. 263 ff.) - auch ein gewisser Pessimismus. So beinhaltet die nachbuddhistis che MaitTayai_11-Upa.ni?ad eine ausgesprochen e Verachtung der Körperlichkeit , ja der Welt überhaupt (I, 2-4) und lässt eine deutliche Abgrenzung von den Buddhisten und generell von allen "Ketzern" erkennen. Das 7. Kapitel des eben zitierten \Verkes nennt sie Herumtreiber, Bettler und Landstreicher, Gaukler und Zauberer. Über eine solche falsche Lehre soll man gar nicht erst nachdenken; sie ist eben falsch und unfruchtbar. Da nur weltliche Lust ihr Lohn ist, darf man sich an sie nicht klammern. Nur was in den Veden festgelegt ist, das ist die Wahrheit. Dabei ist zu berücksichtige n, dass unter Veda hier Vedanta. verstanden wird, denn über die Opferritualisti k etwa war die Entwicklung inzwischen längst hinaus. Nicht zuletzt wegen der Fülle und Vielfalt ihrer Lehren wurden die U pani~a den zu einer entscheidenden Grundlage der späteren indischen Philosophie. Ihre Einwirkung erstreckte sich aber auch auf das Abendland: auf die Neuplatoniker , die alexandrinisch en Christen, die mittelalterlich en Mystiker (Meister Eckhart) und in der Neuzeit auf Schopenhauer. Über die recht diffuse Masse der Upani~ad- Literatur einen Überblick zu gewinnen, ist nicht leicht. Die sehr späte Muktika-Upan i9ad zählt 108 Upani~aden auf; davon werden 10 zmn I_(gveda, 19 zum Weißen, 32 zum Schwarzen Yajurveda, 16 zum Sämaveda und 31 zum Atharvaveda gerechnet. Max Müller ermittelte 149, Albrecht Weber gar 235 Upani~aden. Die Zahl ist also sehr groß und dabei unsicher. Das erklärt sich daraus, dass auch in der nachvedischen Zeit immer wieder 'Werke entstanden, die willkürlich die Bezeichnung "Upani~ad" tragen. Es gibt sogar eine erst in der Zeit der islamischen Fremdherrscha ft, während der Regierungszeit des Akbar (1556-1605), verfasste Allah-Upani?a d,
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in der neben den vedischen Göttern Mitra und Varm,:ta auch Allah und Mohammed angerufen werden! \iVir beschränken uns daher auf die alten, wirklich autoritativen U panis;aden. 3 Die Upani9aden sind wie die BrahmaJ;tas jeweils an einen bestimmten Veda angeschlossen. Teilweise gehören sie, worauf bereits hingewiesen wurde, unmittelbar zum Corpus eines BrahmaJ;ta. Zum Aitareya-Kreis gehört die Aitareya-Upani9ad. 4 In drei Adhyayas lehrt sie die Loslösung von der Kette der \iViedergeburten. Die Seele ist ihrem \iVesen nach Erkennen und damit dem Brahman. den Göttern und den Elementen gleich. Die Kau9Itaki- Upani9ad 5 bildet die Adhyayas III bis VI des ,SalikhayanaAral;yaka.. Sie schildert das Schicksal der Seelen nach dem Tod und ihren Weg durch den Himmel. 6 In Adhyaya III wird die Welt mit dem Atman identifiziert. Außerordentlich wichtig, sehr umfangreich und an Alter nur von der BrhadaraJ;tyaka- Upani9ad übertroffen ist die dem Pai'icavimsa-Brahmm;a folgende Cllandogya- Upa.ni9a.d. 7 Sie besteht aus acht Prapathakas mit sehr verschiedenartigen Lehren. So werden Brahman und Atman identifiziert, aber auch die heilige Silbe Om verherrlicht. Nach dem Tode wird die Seele eins mit dem Brahman. Im sechsten Abschnitt findet der schon erwähnte berühmte Disput des U ddalaka Arm,:ti mit seinem Sohn Svetaketu statt. Die Kena- Upani9ad 8 ist die Upani9ad der J aimin1ya-Schule. Sie ist die jüngste der älteren Upani9aden und besteht aus vier Kha.J;t~as, die zum Teil metrisch gefasst sind. Die KhaJ;t~as III und IV sind älter als die beiden anderen. Die Götter beruhen gänzlich auf dem Brahman und haben von ihm ihre Kraft. Der altvedische Indra behauptet zwar die Spitze der Götter, doch nur darum, weil er als erster das Brahman erkannt hat! Die Ta.ittiriya- Upa.ni9ad9 formiert die Prapathakas VII bis IX des Taittiriya)lral;t}'aka. Als Upani9ad, das heißt als selbstständiges \iVerk, folgt sie einer Einteilung in drei Kapitel (valli). Unter anderem untersucht sie das Verhältnis des Brahman zu Nahrung, Geist und Leben. Prapathaka X des Taittiriya-AraJ;tyaka ist die Mahiiniiriiym;a-Upa.ni?ad, 10 die metrisch ahgefa.sst und jünger ist. Ihr Hauptinhalt ist die Verehrung des Brahman; in ihrem mystischen Charakter ähnelt sie den frühesten Tantras (s. S. 121 ff.). Das wichtigste, älteste und umfangreichste aller hierhergehörenden ·werke ist die Brha.diiraJ;tyaka-Upani~?ad, die mit Satapatha.-BrahmaJ;ta XIV, 4-9 (s. S. 52) identisch und wie dieses in zwei Rezensionen überliefert ist.U Als selbstständiges Werk besteht diese Upani9ad aus drei Ka1_1~as, die offensichtlich unabhängig voneinander entstanden sind. In Ka1;~a II tritt der Einfluss Yajfiavalkyas hervor. KaJ;t~a III behandelt die Lehre von der Wiedergeburt. Im übrigen gelten Pur~'?a und Pra1_1a (etwa "Einzelseele und Lebensodem") als Manifestationen des Atman. Mit Ausnahme der Mahanaraya1;a- Upani9ad bilden die bisher genannten
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\Verke die älteste von insgesamt vier chronologischen Schichten. 12 Die innere chronologische Abfolge ist nach der vorherrschenden Ansicht diese: Brbadarai_l,Yaka-, Cbandogya- 13 , Taittir1ya.-, Aitareya-, Kau.?1taki- und Kena- Upani9ad. Vielleicht ist die Aita.reya- älter als die Taittir~ya- Upani9ad. Mit Sicherheit sind alle diese Werke vorbuddhistisch. Mit Ausnahme von Teilen der Kena.-Upani9ad sind sie sämtlich in Prosa abgefasst. Eine z1veite Gruppe präsentiert sich in metrisch gebundener Sprache. Außer der schon genannten Mabanaraya.I_la.- Upani9a.d zählen dazu die folgenden Werke. Zum Schwarzen Yajurveda gehört die Ka~ba- Upa.ni9ad. 14 Die lsa- Upani9ad bildet das 40. Kapitel der Vajasa.neyi-SaJTil1itaY Zum Taittiriya-Zweig des Schwarzen Yajurveda gehört die .Svetasva.tara- Upani9ad. 16 Die Mm;~aka- Upani9ad17 wiederum wird zum Atharvaveda gerechnet. Möglicherweise sind auch die \Verke dieser Gruppe noch vor dem. Auftreten Gautama Buddhas entstanden, doch haben sie sich thematisch von den ältesten Upani~aden schon weit entfernt. Sie enthalten keine Opfermystik mehr; dafür propagieren sie den Monotheismus. Streckenweise sind sie die ältesten Quellen der neu ins Leben getretenen Philosophiesysteme Samkhya und Yoga. Eine dritte Gruppe weist wiederum vVerke auf, die in Prosa. abgefasst sind. Doch ist diese Prosa gegenüber derjenigen der ersten Gruppe deutlich jünger. Einen Übergang stellt die zum Atharvaveda gezählte Prasna- Upani9ad 18 dar, die zur Hälfte noch in metrischer Form vorliegt. Ebenfalls zum Atharvaveda gehört die Ma1;~iikya- Upanif?ad, 19 während die bereits oben zitierte Maitrayal;z1Upa.ni?ad20 zum Schwarzen Yajurveda gerechnet wird. Die noch übrigbleibenden U pani~aden- es sind immerhin noch mehr als 200 - mögen hier der Einfachheit halber in eine einzige Gruppe zusamm.engefasst werden. Von der Tradition werden sie meist dem Atharvaveda zugerechnet, wozu jedoch kaum Berechtigung besteht. Alle diese Werke sind- zum Teil um viele Jahrhunderte- jünger als die bisher genannten. An Vedischem enthalten sie so gut wie gar nichts mehr. Ihr Charakter ist mehr oder minder sektarisch und entspricht in mancher Hinsicht den noch zu behandelnden Tantras. Sie verherrlichen die hinduistischen Hochgötter Siva und Vi~I,lU oder das YogaPrinzip. Abgefasst sind sie teils in Prosa, teils in Slokas, manchmal in einer Mischung von bei den. 21 Zur absoluten Datierung der Upani~aden sind mehrere Versuche unternommen worden. Am meisten Beachtung verdienen die von \Valter Ruhen erzielten Resultate. 22 In die Untersuchung wurden 109 der in den Upani~aden genannten Philosophen einbezogen. Als ungefähre Daten des Wirkens einiger ihrer bedeutendsten Vertreter ergaben sich folgende (sämtlich v. Chr.): An11;ta und SaJ;t<;lilya mögen um 670-640 gewirkt haben, Uddalaka Ärm:ti und Yajfiavalkya. um640-610 und Svetaketu um 610-580, also wenige Jahrzehnte vor der Geburt Buddhas.
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DIE VEDISCHE LITERATUR
Anmerkungen
Über das Aufkommen des Buddhismus s. S. 263. 2
\~\fegen
ihrer enormen Bedeutung für die Geschichte der Philosophie ist die Zahl der Abhandlungen über die Upanii)aden Legion. Zur Einführung eignet sich besonders das
Buch von A. Ja. Syrkin: Upani,§ady (Akad. Nauk SSSR, Otd. istorii. InsL Narodov Azii. Parnjatniki pis'mennosti Vostoka, 16, Moskau 1967); H. Oldenberg: Die Lehre der Upanishaden und die Anfänge des Buddhismus (Göttingen 1915); J. Gonda: Die Religionen Indiens (Bd. 1, Stuttgart 1960); Upanishaden. Die Geheimlehre der Inder, übersetzt von A. Hillebrandt ( 43. Tsd. Köln 1986). Übersetzungen besonders wichtiger Upanif!adStellen bei A. Hillebrandt: Aus BriihmaiJas und Upanif?aden (Jena 1921) und K. Mylius: Älteste indische Dichtung und Prosa (RUB, Nr. 729, Leipzig 1978).
3 Von den zahlreichen Ausgaben und Übersetzungen von Upanii)ad-Sammlungen seien genannt: V. P. Limaye und R. D. Vadekar: Eighteen Principal Upani.?ads (Poona 1958); V. L. Par:t~3ikar: One Hundred and Eigl1t Upani.?ads (3. Aufi., Bombay 1925); L. Renou (Hrsg.): Les Upanishad, Texte et Traduction (17 Bde., Paris 1943-1959); diese Arbeit sieht von den ältesten Upanif!aden ab, bezieht aber dafür mehrere jüngere ein, die in vergleichbaren 11\Terken oft fehlen. vVeitere Übersetzungen in der Reihe Rediscovering Indian Literary Classics (Delhi 1998 ff.). Ramakrishna Math: Upanif?ad Series (12 Bde., Madras 1951-1958) enthält die zwölf ältesten Upanisaden. P. Deussen: Sechzig Upanishad's des Veda (Leipzig 1897, Neudruck Bielefeld 1980), von Bedeutung auch durch seine generellen \1\Terkanalysen, in der Auslegung eng an Schopenhauer angelehnt. Englische Übersetzung von V. M. Bedekar und G. B. Palsule (Delhi 1997); Max Müllers Übersetzung in den Sacred Boolcs ofthe East, 1 und 15 (Oxford 1879-1884, Neudruck New York 1962) umfasst elf wichtige UpalÜf!aden. R. E. Hume übersetzte The Thirteen Principal Upanishads (Oxford 1921), Ausgabe von 188 Upanif!aden von J. L. Shastri (Delhi 1980), Spezialwörterbuch aus 223 UparÜf!aden von G. S. Sädhale: Upanif?ad- Väkya-Mahakosa (Bombay 1940, Neudruck Delhi 1991). Die wohlneueste Übersetzung der zwölf wichtigsten Upanisaden stammt von P. Olivelle: UpalÜf?ads (Oxford 1996). 4 Die Aitareya-UpalÜf?ad ist in allen in Anm. 3 genannten Sammlungen enthalten; vgl. besonders L. Silburn in: Les Upanishad, 10 (Paris 1950). 5 Die Kaus1taki-Upanif?ad wurde u.a. herausgegeben bzw. übersetzt von E. B. Cowell in der Bibliotheca Indica (Ca.lcutta 1861) und von L. Renou (Les Upanishad, 6, Paris 1948) sowie von H. W. Bodewitz (Groningen 2002). 6 Vgl. P. Thierne: Der \!Veg durch den Himmel nach der Kauf?Ttaki-Upanif?ad, in: Wiss. Zschr. der Martin-Luther-Univ. Halle-11\Tittenberg, Gesellschafts- u. Sprachwiss. Reihe, 1
(1951/52), Heft 3, S. 19-36. 7 Die Chandogya-Upanif?ad wurde- immer neben den in Anm. 3 genannten Sammelwerken- kritisch ediert und übersetzt von 0. v. Böhtlingk (Leipzig 1889). Weitere kritische Ausgabe von IV. Morgenroth (Diss. Jena 1958). Reichhaltig kommentierte Übersetzung von A. Ja. Syrkin (Pamjatniki pis'mennosti Vostoka, 6, Moskau 1965).
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8 Die Kena-Upani.?ad wurde ediert von B. S. Agäse (Poona 1888, 3. Aufl. 1917) als Bd. 6 der Änandäsrama Sanskrit Series; ferner in L. Renou: Les Upanishad, 3, (Paris 1943) 9 Die Ta.ittir1ya-Upani.?ad erschien als Bd. 7 der Bibliotheca Indica von E. Röer (Calcutta 1850), als Bd. 12 der Änandäsrama Sanskrit Series von V. S. Islampurkar (Poona 1889, 2. Aufl. 1909); als Bd. 9 von E. Lesimple in Les Upanishad (Paris 1948). Übersetzung von A. M. Sastry (Delhi 1980). Studie von M. P. Pathak (Delhi 1999). 10 Die Mahänärayana-Upani.?ad wurde kritisch ediert und übersetzt von J. Varenne (2 Bde., Paris 1960). 11 Die Brhadaral)yaka-Upanif?ad erschien in der KäJ:.lva-Rezension von E. Röer in drei Bänden der Bibliotheca Indica (Calcutta 1849-1856). Die weiteren Angaben beziehen sich auf die Mädhyamdina-Rezension. Kritische Edition und Übersetzung von 0. v. Böhtlingk (St. Petersburg 1889); Ausgabe als Bd. 16 der Änandäsrarna Sanskrit Series von B. S. Agäse (Poona 1891, 3. Aufl. 1914). Übersetzung als Bd. 5 der Literaturdenkmäler der Völker des Ostens (Moskau 1964).
12 Vgl. u.a. folgende Werke: A. Fürst: Der Sprachgebrauch der älteren Upanif?ads verglichen mit dem der früheren vedischen Perioden und dem des klassischen Sanskrit, in: Zschr. für vergleichende Sprachforschung, 47 (Göttingen 1915); 0. ''Vecker: Der Gebrauch der Kasus in der älteren Upanif?ad-Literatur (Göttingen 1905). 13 Vgl. A. Ja. Syrkin: Brichadaran'jaka Upani,5ada (Moskau 1964). 14 Arbeiten über die Ka~ha-UpaiÜf?ad u.a. von J. N. Rawson (Oxford 1934) sowie von F. Weller: Versuch einer Kritik der I(a~lwpanisad (Berlin 1953). Ausgabe von V. S. Apte (Poona 1889). Kritische und annotierte Übersetzung von 0. v. Böhtlingk in den Sitzungsberichten der Sächs. Akad. der Wiss., Phil.-Hist. Kl., 42 (Leipzig 1891), Nr. 2-3. 15 Zur Isa-Upanif?ad vgl. die Angaben in Anm. 3. 16 Kritische Edition, Übersetzung und Erläuterung der Svetasvatara-Upanif?ad von R. Hauschild in Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes XVII, 3 (Leipzig 1927, Neudruck Nendeln 1966). 17 Die Mm.njaka.-Upa.ni.?a.d wurde publiziert und übersetzt von I. Maury (Paris 1943). 18 Die Pra.sna.-Upa.nif?a.d wurde ediert von .J. Bousquet (Paris 1948) und kritisch übersetzt von 0. v. Böhtlingk (s. Anm. 14). 19 Die Miil)rf.iikya.-Upa.IÜf?a.d wurde ediert und übersetzt von E. Lesimple (Paris 1944). 20 Die M.a.itraya.1)1-Upa.nisa.d wurde kritisch herausgegeben, übersetzt und kommentiert von J. A. B. van Buitenen als Bd. 6 der Disputationes Rheno- Traiectinae (Den Haag 1962). 21 Zu den späten Upanil?aden: Die Kaivalya.-Upa.nisa.d wurde herausgegeben und übersetzt von B. Tubini (Paris 1952). Desgleichen die Chaga.leya.-UpaiÜf?a.d von L. Renou (Paris 1959). Die Saiva-Upani~?aden wurden ediert von Mahädeva Sästri als Bd. 9 der Adyar Library Series (Adyar 1950), so auch die Vai:~n.mva-Upani~aden als Bd. 8 dieser Serie (2. Aufl., Adyar 1953) sowie die Säkta-Upani~?aden als Bd. 10 (2. Aufl., Adyar 1950) und die Yoga-Upanisaden (Adyar 1920). 22 W. Ruben: Die Philosophen der Upa.ni.?a.den (Bern 1947).
DIE
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VEDISCHE LITERATUR
6. Die \ledanga.s
In der Mm;ujaka-Upa.nif?ad I, 1, 5 findet sich die Feststellung, dass die Erkenntnis des Brahma.n die höhere V\1issenschaft darstellt. Die niedere 'Vissenschaft dagegen werde repräsentiert von den Veden (damit ist das Opferritual gemeint) sowie von Phonetik, Grammatik, Etymologie, Metrik und Astronomie. Diese Gebiete bilden die Vedängas ("Glieder des Veda"). Diese Texte gelten nicht mehr als Offenba.rung (sruti), sondern werden als der Beginn der Überlieferung (smJ;"ti) betrachtet. 'Vährend ein Ritual schon zur Zeit des ~gveda bestand, sind die Anfänge der übrigen Disziplinen in den Brähmai;tas nachweisbar. Literaturgeschichtlich von Bedeutung ist der Umstand, dass alle diese 'Verke in einer eigentümlichen Form, dem sogenannten Sutra-Stil, abgefasst sind. Dieser Stil ist durch äußerste Verdichtung aus der Prosa der Brähmal:tas hervorgegangen und imponiert durch eine eigentümlich gedrängte, mitunter geradezu änigmatische Kürze. Das ·wort "Sutra" bedeutet Faden im Sinne von Leitfaden, womit nicht nur die '1\Terke selbst, sondern auch die einzelnen Regeln oder Thesen gemeint sind. Die Sutras sind also mnemotechnische Leitfäden, die nicht etwa für den Laien oder Anfänger gedacht, jedoch - wie die Masse der vedischen Literatur - nur insoweit Geheimnis waren, als sie Sudras, das heißt, die Angehörigen des vierten Standes, nicht gelehrt werden durften. Geheimgehalten wurden vor allem die Ärm:tyakas und einige wenige andere Texte. Die Grhyasutras musste praktisch jeder arische Hausvater kennen. Die Srautasutras waren Gedächtnisstützen für die Priester, doch keine Geheimliteratur. Die stilistische Gedrängtheit, die für diese Texte charakteristisch ist, nimmt im Laufe der Zeit noch zu: Zwischen BaudlJayana und Katyayana etwa besteht ein ganz erheblicher Unterschied. Ein Beispiel des Sutra-Stils entnehmen wir dem Asvalayana-,5rautasutra II, 4, wo das Agnihotra behandelt wird. Alle Klammerausdrücke stehen nicht im Originaltext, sondern müssen a.us dem Zusammenhang ergänzt werden: 1. Diese (Verse sind) Jahr für Jahr (zu gebrauchen).
2. Mit Reis- (beziehungsweise Gersten- )Milchschleim. oder mit Milch opfere er selbst am Tage des Mondwechsels. 3. Ein Priester (darf auch für sich selbst) eine andere Zeit wählen. 4. Auch ein Brahmanenschüler (darf das). 5. Nachdem er Wasser berührt und sich nach Norden gewandt hat, soll er (den Opferrest) verzehren. 6. Oder (er esse erst dann), wenn er auf den beiden anderen (Feuern J geopfert hat. 7. Bein:t ersten Mal (speist. er mit): "Zum Leben verzehre ich dich", beim zweiten Mal (mit): "Zur Nahrung dich." 8. Schweigend (ergreift. er) ein Brennholzscheit und legt es mit "Agni, dem Hausvater, Heil!" in den Garhapatya.
Die Veda1igas
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9. Die zweite (Opferspende vollzieht er) grundsätzlich (schweigend).
Der erste der sechs Vedi111gas wird von den Kalpa.sutras gebildet. Es sind dies im einzelnen: die Srautasutras, welche die großen Opferzeremonien behandeln; die Grhyasutras, die das Hausritual lehren; die Dharmasutras, die das gesellschaftliche Leben durch juristische Grundsätze regeln; angehängt sind die Sulvasutras, die sich mit der Geometrie des Opferplatzes befassen, und die die Bestattungsgebräuche erörternden Pit~'medhasutras. 1 Die Srauta.sutras sind, im ganzen gesehen, die ältesten Sutras, doch sind nicht alle von ihnen älter als etwa die G~·hyasütras. Sie geben die Regeln für die in den Brahmal_las erörterten großen Opfer, lehren also unter anderem die Anlegung der drei Opferfeuer, das Neu- und Vollmondopfer, die Tertial-, Tierund Somaopfer. Ihr litera.risches Verhältnis zu den Brahmal_las ist verschieden beurteilt worden, doch hat sich jetzt die Ansicht durchgesetzt, dass die Verbindung beider doch recht eng ist und dass Unterschiede sich vorwiegend daraus erklären, dass Brähmal_las und Srautasütras das Ritual von ganz verschiedenen Gesichtspunkten aus diskutieren. 2 Aber auch stilistisch darf man keinen scharfen Trennungsstrich ziehen, denn wie überhaupt der Sutra-Stil aus den Brähmal;tas hervorgegangen ist, hat sich auch der Übergang selbst fließend gestaltet. So hat der Stil des recht alten Baudha_ya.na-Srautasutra noch viele Ähnlichkeiten mit dem der Brähmal;tas, und auch im Siil'Ikl1iiyana-Sra.utasutra. kommen noch brahmaJ_la-ähnliche Passagen vor. Die G~·hya.sutras haben als Geschichtsquelle eine erstrangige Bedeutung. Für die Lebensführung im alten Indien waren sie von größter \1\Tichtigkeit, indem sie - wesentlich vielseitiger als die Srautasütras - das gesamte persönliche Leben regulierten von der Empfängnis über die Namensgebung, Mannbarkeitsriten, Schülerschaft, Hochzeit bis zum Totenkult. Außerdem werden neben den Regeln für einfache Opfer und magische Praktiken auch Hinweise für den Hausbau, die Landwirtschaft und für vieles andere gegeben. Da die G~'hyasutras viele Volksbräuche verarbeitet haben, sind sie auch für den Ethnographen bedeutungsvoll, zumal sie vieles enthalten, was älter als die Brähmal;tas ist. Im übrigen sind die G~,hyasütras weit weniger eng an die Brähmm;tas angeschlossen als die Srautasutras, wie dies nach der jeweiligen thematischen Spezifik auch nicht anders zu erwarten war. Die Pitrmedhasutras könnte man zu den Srautasutras oder auch zu den Grhyasütras rechnen. Sie behandeln die Zeremonien vom Tod über die Beerdigung oder Verbrennung bis zur Errichtung eines Grabwalls. Um den Inhalt der Dharmasutras zu verstehen, muss man sich über die Bedeutung von dharma klarwerden. Dieser Begriff ist jedoch sehr vielschichtig. Er bedeutet Religion, religiös angemessenes Verhalten, aber auch Sitte und auch Recht und Gesetz. Nun könnte man die Dharmasutras auch zur wissenschaftlichen Literatur rechnen und dann zusammen mit den Dharmasästras
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besprechen; da sie aber doch noch mehr religiösen als juristischen Inhalts sind und außerdem zur Kaipa-Literatur gehören, soll auf sie bereits hier eingegangen werden. Ein wesentlicher Bestandteil der Dharmasutras sind die Regeln, die für die sozialen Gruppen (an deren Spitze nach wie vor die Brahmanen stehen) und für die "~sramas gegeben werden. Während sich die G~hyasutras vorwiegend im Dorf- und Familienmilieu bewegen, sind die Dharmasutras offensichtlich mehr auf gesellschaftliche Zustände, und zwar solche in der Stadt, zugeschnitten. Abgefasst sind sie vorwiegend in Prosa, teilweise aber auch in Anu~tubh und Tri~tubh, womit sie zu den metrischen Dharmasastras überleiten. Die Sulvasutras schließlich sind geometrische Leitfäden für die Anlage der Opferstätte ( vedi) und des Feueraltars. Über die chronologischen Verhältnisse der Sutras sind wir kaum besser unterrichtet als über die der Brahma:t;tas. Die ersten Srautasutras mögen um 550 v. Chr. entstanden sein, die Grhyasutras im 5. und 4. Jahrhundert, die Dharmasutras um 300 v. Chr. Obwohl also eine gewisse Abfolge zu verzeichnen ist, handelt es sich doch nicht um scharf voneinander abgegrenzte Schichten, sondern um vielfach verzahnte Komplexe. Mit Sicherheit steht zum Beispiel fest, dass die Srauta- und Grhyasutras der Vaikhanasa-Schule nach der Zeitenwende entstanden sind. Auch das ist ein Indiz dafür, dass die vedische Ära der politischen Geschichte sich zeitlich nicht mit der der vedischen Literatur deckt. Die einzelnen Sutrawerke3 sind wiederum an bestimmte Vedaschulen angeschlossen. Zum J:tgveda gehören ein Asvalaya.na- und ein Sarikhayana-Srauta und -Grhyasiitra. An den Samaveda angeschlossen sind: ein Latyayana- und ein Drahyayai,Ia-Srautasiitra, ein Jaimin1ya-Srauta- und -GrhyasiitTa, ein GobhilaGrllyasiitTa (dessen Mantras im sogenannten Mantra-Brahmai,Ia stehen), ein Khadira-G~'hyasiitra und ein MasakasiitTa, das identisch mit dem An~eyakalpa ist. Der Schwarze Yajurveda hat die Sutra-Literatur besonders reichhaltig entwickelt. So gibt es ein Apastamba-Srauta- und -Grhyasiitra. (die Mantras für letzteres stehen im MantTapatha), ein Hira1;yakesi- (oder Satylif?lirjha~ STau taund -G~'hyasiitTa, ein Baudl1ayana-Srauta- und -G~,hyasiitra, ein Bllaradvaja.Sra.uta.- und Grhyasiitra (diese vier Schulen gehören eng zusammen), ein ·vadhiila-STautasiitra, ein Manava-Srautasiitra- und -Grhyasiitra und ein KathakaGrhyasiitTa. Der Weiße Yajurveda hat ein Katyayana-SrautasiitTa, ein Pamskara.-G.r;hyasiitra und ein wichtiges Katyayana-SulvasiitTa entwickelt. Bei den Atharvavedins gibt es ein ebenfalls wichtiges Kausika-(Grhya)Siitra, das älter ist als das Vaitana-(Srauta)Siitra. Das älteste Dharmasiitra ist das des Gautama; es wird zum Samaveda gerechnet. Zum Schwarzen Yajurveda gehören das Baudhayana-, Apastamba-, Hirai,Iyakesi-, Vaikhanasa-, HiiT1ta- und Vai?I,IäVa-, zum J:tgveda das Vasi?tlla-Dharmasiitra. An die Ritualliteratur schließen sich noch zahlreiche Werke ergänzenden oder erläuternden Inhalts. Die Parisi~tas (Nachträge) existieren unter anderem im
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Bereich der Atharvaveda-Schule in Gestalt von 72 Texten, die teils im SutraStil, teils metrisch gehalten sind und sich mit magischen Praktiken und Vorzeichen beschäftigen. 4 Die Frayogas sind praktische Handbücher aus späterer Zeit. Die Paddhati sind Grundrisse, die den Sutras ziemlich genau folgen. Die I\:arika schließlich stellen das Ritual in Versen dar. Der zweite Vedanga ist die Phonetik (sik9a). Die hierhergehörenden Werke führen den Namen Pratisakhya; sie sind eng mit den Samhitas verbunden. Während im Padapatha der Sandhi (vgl. S. 32) des Samhitapatha aufgelöst wird, lehren die Pratisakhyas das richtige Rezitieren der heiligen Texte, das frei vom Hiatus ist. Sie zeigen also, wie aus dem Padapatha der Sarnhita-Text zu bilden ist, geben aber auch Hinweise auf Akzentuierung und anderes. Aufgrund des ~kpratisakhya wissen wir, dass die ~ksamhita schon damals in zehn l\1al}<;ialas gegliedert und überhaupt so arrangiert war wie heute. Pratisakhyas existieren für ~gveda, TaittirTya-Samhita, Vajasaneyi-SaLnhita und Atharvaveda. 5 Zum Samaveda gehören ein ~ktantra6 (ein allerdings mehr grammatisches als phonetisches Vverk) und das Puf?pasiitra7 . Auch das Paiicavidha.siitra kann man hier anschließen. 8 Obwohl nicht eigentlich unter den Vedangas aufgeführt, sind hier die sogenannten Anukramal}1s zu erwähnen, die im 5. bis 3. Jahrhundert v. Chr. entstanden sind. Es sind Verzeichnisse der Samhitas, ihrer Metren, Götter, I:t~is und so weiter. Katyayana ist Verfasser der zum I:tgveda gehörenden Sarvanukrama1.11; sie verzeichnet alle Hymnen nach ihrem Anfang geordnet, die Götter und Metren. Eine AnukramaJ!l ist auch die vielleicht von Saunaka, wahrscheinlicher aber von dessen Schüler Äsvalayana verfasste Brhaddevata, die in Slokas und Tri~tubh- Versen abgefasst ist. Sie schließt sich gerrau an die Reihenfolge innerhalb der ~ksamhita an. Zu jedem Vers nennt sie die zugehörige Gottheit und bringt hierzu etwa 40 wertvolle Legenden und Sagen bei. 9 Das ebenfalls metrische ~gvidl1ana erklärt die aus der Rezitation einer jeden Hymne beziehungsweise Verses stammende magische Kraft. 10 Das \~Terk erlangte im alten Indien lang dauernden Einfluss. Die grammatischen Werke des Vedanga sind verlorengegangen. Zum Vedariga wird zwar traditionell die Grammatik des Pär:tini gezählt. Da sie jedoch keiner speziellen vedischen Schule angehört und somit eine gewisse Sonderstellung einnimmt, werden wir sie erst im Abschnitt über die wissenschaftliche Literatur behandeln (s. S. 251). An etymologischen Werken ist als einziges das Nirukta des Yaska erhalten, das vor 500 v. Chr. entstand, aber sicherlich Vorläufer hatte_ll Es handelt sich um einen etymologisierenden Kommentar zu den Nighalftu (Wortlisten), die nicht von Yäska sind. Das Werk enthält Verzeichnisse von synonymen, schwierigen oder seltenen Wörtern, Götternamen und so weiter. Metrik behandelt ein \Merk namens Chandal;l8iitra, das von Pirigala stammt.
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Es ist aber von sehr später Zeitstellung, was man an den in ihm aufgeführten Metren unschwer erkennt. 12 Als astronomisches Werk entstand der Jyol:i.?a- \fedanga, der nicht im SutraStil abgefasst ist und aus etwa 40 Versen besteht. 13
Anmerkungen
1 Gute Übersichten über die Sutra-Literatur vermitteln: A. Hillebrandt: Ritual-Litteratur. Vedische Opfer und Zauber (Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde, III, 2, Stra.ßburg 1897); J. Gon da: The Ritual Sutras (A History of Indian Literature, I, 2, \iViesbaden 1977). Zu den Sutras als Geschichtsquelle vgl. Ram Gopal: India of Vedic Kalpasiitras (2. Auf!., Delhi 1983); R. N. Sharma: Culture and Civilization as
Revealed in the Srautasutras (Delhi 1977); V. M. Apte: Social and Religious Life in tbe GI;hya Sutras (Bombay 1954); V. Mitra: India of Dharma Sutras (Delhi 1965). Zum Opferritual vgl. auch Chitrabhanu Sen: A Dictionary of the Vedic Rituals, Based an the Srauta and GI;hya Sutras (Delhi 1978), K. Mylius: Wörterbuch des altindischen Rituals (Wichtrach 1995). 2 Anders R. Löbbecke: Über das Verhältnis von Brähmar.ms und Srautasutras (Diss. Leipzig 1908). 3 Eine generelle Übersicht gibt C. G. Kashikar: A Survey of the Srautasiitras (Bombay
1968). Zu den einzelnen \1\Terken: Asvaläyana-,5rautasutra, herausgegeben von Ramanarayai:ta Vidyaratna in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1864-1874). Übersetzungen: vollständige annotierte Übersetzung von K. Mylius (Wichtrach 1994); Adl1yäya V von P. Sabbathier im Journal Asiatique 15 (Paris 1890). Sänkhäyana-Srautasutra, herausgegeben von A. Hillebrandt in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1888 ff., Neudruck Delhi 1981). Übersetzung von W. Caland, herausgegeben von Lokesh Chandra (Nagpur 1953). Läfyäyana-Srautasiitra, herausgegeben von Ananda Chandra Vedantavag!sa in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1870-1872, Neudruck mit Zusätzen von C. G. Kashikar 1982). Drähyäyaqa-Srautasutra, herausgegeben von Raghu Vira im Journal of Vedic Studies I (Lahore 1934). Teilübersetzung aus beiden Werken von A. Parpola in den Commentationes Humanarum Litterarum, Societas Scientiarum Fennica, 43 (Helsinki 1969), Nr. 2. Vollständige engl. Übersetzung des Läfyäyana-srautasutra von H. G. Ranade, 3 vols., in den Kalamiilasastra Series, 27 (Delhi 1998). JaiminTya-Srautasutra, Studie von A. Parpola in den Orientaha Suecana 16, 1967 (Uppsala 1968). Mänava-,Srautasiitra, herausgegeben und übersetzt von J. M. van Gelder (New Delhi 1961-1963), verbesserter Reprint von C. G. Kashikar (Delhi 1985). Väraha-Srautasutra, herausgegeben von \1\T. Caland und Raghu Vira (Lahore 1933, Neudruck 1971). Apastamba-Srautasutra, herausgegeben von R. Garbe in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1882 ff.). Übersetzung von W. Caland: Buch 1-7 ( Göttingen 1921, Neudruck 1961), Buch 8-15 (Amsterdan1 1924, Neudruck Wiesbaden 1969), Buch 16-24 und 31 (Amsterdam 1928, Neudruck Wiesbaden 1969).
Die Vedaligas
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Vadhiila-Srautasfitra, übersetzt von \\T. Caland in den Acta Orientalia, 1-6 (Leiden 19231928). Bharadvaja-Srautasfitra, herausgegeben und übersetzt von C. G. Kashikar (Poona 1964). Vaikhanasa-Srautasfitra, herausgegeben von 'W. Caland in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1941). Katyayana-Srautasfitra, herausgegeben von A. vVeber (Berlin 1856, Neudruck als Bd. 104 der Chowkhamba Sanskrit Series, Varanasi 1972). Übersetzung von H. D. Ranade (Poona 1979). Vaitana-Sfitra, herausgegeben von Vishva Bandhu (Hoshiarpur 1967). Übersetzung von W. Caland (Amsterdam 1910, Neudruck Wiesbaden 1967). Die wichtigsten G:rhyasiitras wurden übersetzt von H. Oldenberg in den Sacred Books of the East, 29-30 (Oxford 1886-1892, Neudruck Delhi 1964) und von A. F. Stenzler in den Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes (Leipzig 1864-1878, Neudruck 1966). Asvalayana-G:rhyasfitra, herausgegeben von J. V. Caryyel).a (Calcutta 1893); von Ramanarayal).a Vidyaratna und Änandacandra Vedantavag!sa in der Bibliotheca Indica (Neudruck Delhi 1986). Kauthuma-G:rhyasfitra, herausgegeben von Surya Kanta in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1956). Gobhila-G:rhyasfitra, herausgegeben von F. Knauer (Dorpat 1884-1886) und von C. Bhattacharya (Calcutta 1936), Neudruck 1982. Apastamba-G:rhyasfitra, herausgegeben von M. Winternitz (Wien 1887). Hiral_lyake:sin-G:rhyasiitra, herausgegeben von J. Kirste (Wien 1889). Manava-G:rhyasfitra, herausgegeben von F. Knauer (St. Petersburg 1897). Kathaka-Grhyasiitra, herausgegeben von W. Caland (Lahore 1925). Kritische Ed. von C. Dreyer (Stuttgart 1986) Varaha-Grhyasiitra, Übersetzung von P. Rolland (Aix-en-Provence 1971). Vaikhanasa-Smartasutra, herausgegeben und übersetzt von \\T. Caland in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1927-1929). Jaimin1ya-G:rhyasfitra., Übersetzung von W. Caland (Lahore 1922) . .Jtr~eya.kalpa, herausgegeben von W. Caland (Leipzig 1908, Neudruck Nendeln/Liechtenstein 1966). Kaw§ika-Siitra, herausgegeben von M. Bloomfield (Neudruck Delhi 1971). Aiantrapafha, herausgegeben von M. VVinternitz (Oxford 1897). Baudhayana-, Apastamba.-, Kafyayana- und Manava-Sulvasiitra, Ausgabe und Übersetzung von S. N. Sen und A. K. Bag (Delhi 1983) . .Jtpa.stamba-Sulvasiitra, herausgegeben von A. Bürk in der Zschr. der Dtsch. Morgenländischen Gesellschaft, 55-56 (1901/02). Baudhayana-Sulvasiitra, Übersetzung von G. Thibaut. In: Pandit 9. Zu den Dharmasiitras vgl. S. G. Banerjee: A Study in the Origin and De•ielopment of the Dha.rmasiitras (Calcutta 1962). Baudhayana-Dha.rma.siitra, herausgegeben von E. Hultzsch (Leipzig 1884, 2. Aufl. 1922, Neudruck Nendeln 1966). Gautama- Dharmasiitra., herausgegeben von D. G. Pandey als Bd. 172 der Kashi Sanskrit Series (Varanasi 1966). Apastamba-Dharmasiitra, ebenda, Bd. 93 (Varanasi 1969). Va.ikhanasa-Dharmasiitra, Übersetzung von 'W. Eggers (Göttingen 1929). Übersetzung der großen Dharmasiitras (Apastamba, Baudhayana, Gautama, Vasi'!fha) von G. Bühlerinden Sacred Books of the East, 2 und 14 (Oxford 1879-1882, Neudruck Delhi 1964).
4 Ausgabe der Atharva-Pari.sistas v. G. M. Bolling und J. v. Negelein (Leipzig 1909/10).
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DIE VEDISCHE LITERATUR
5 Ifgveda-Pratisakllya, Ausgabe und Übersetzung von M. Müller (1856-1859) und Deva Mangal Sastri (Oxford 1922). Taittir1ya-Pratisakhya, Ausgabe und Übersetzung von W. D. Whitney im Journal of the American Orienta.l Society, 9 (New Haven 1871). Kritische Ausgabe von V. V. Sharrna (Madras 1982) Vajasaneyi-Pratisakhya, Ausgabe und Übersetzung von A. Weber in den Indischen Studien 4; Ausgabe von P. Y. Pathak (Benares 1883-1888); von S. I. Rastogi (Varanasi 1967). Atharvaveda-Pratisakhya, Ausgabe von Vishva Bandhu (Lahore 1923). Davon verschieden ist das Saunakfya Caturadhyayika genannte ·vverk: Ausgabe und Übersetzung des sich ebenfalls als Atharvaprati.sakhya bezeichnenden Werkes von W. D. Whitney (New Haven 1862, 2. Aufl. als Nr. 20 der Chowkhamba Sanskrit Sudies, Varanasi 1962). 6 Ausgabe des Ifktantra von Surya Kanta (Lahore 193:3, 2. Aufl., Delhi 1971). 7 Ausgabe und Übersetzung des Put?pasutra von R. Sirnon in den Abhandlungen der Bayer. Akad. der Wiss., 1909. 8 Ausgabe und Übersetzung des Paiicavidhasutra von R. Simon: Indische Forschungen, 5 (Breslau 1913). 9 Ausgabe und Übersetzung der Brhaddevata von A. A. Macdonell in den Harvard Orienta.l Series, 5 und 6 (Cambridge [Mass.] 1904, Neudruck Delhi 1965). Kritische Ed. der kürzeren Fassung von Muneo Tokunaga (Kyoto 1997). 10 Ausgabe des Ifgvidhana von R. Meyer (Berlin 1878); Übersetzung von J. Gonda (Utrecht 1951); Ausgabe, Übersetzung und Studie von M. S. Bhat (Delhi 1987). 11 Zur Entwicklung der Etymologie in vedischer Zeit vgl. F. Singh: The Vedic Etymology (Kota 1952). Das Nirukta wurde ediert von R. Roth (Göttingen 1852, Neudruck Darmstadt 1976) und von L. Sarup (Bombay 1927), mit Übersetzung (London 1920). Studie von H. Sköld (Lund 1926). 12 Ausgabe und Erläuterung des Chandal;lsutra von A. VVeber in den Indischen Studien, 8 (Leipzig 1863); Ausgabe in der Bibliotheca Indica ( Calcutta 1871-187 4, N endruck 1987). 13 Ausgabe und Erläuterung des Jyotit?a von A. \1\Teber in den Abhandlungen der Preuß. Akad. der Wiss., Phil.-Hist. Kl. (Berlin 1862).
Die epische Literatur
1. Einführung
An das Zeitalter der vedischen schließt sich das der epischen Literatur an, eine Abfolge, die fließend und ohne scharfe, stufenlose Abgrenzung vor sich geht. Vorläufer der Epen finden sich bereits in den Sariwada-Hymnen des J!gveda., aber auch in den als Götter- und Heldensagen in den Brahma1;as vorkommenden Itihasas und Äkhyänas. Verschiedentlich gehörten Rezitationen solcher Sagen zmn Ritual und formierten beispielsweise einen festen Bestandteil des Asvamedha. Die ~gvedischen Dänastutis fanden eine Fortsetzung in den vom :5a.ta.pa.tha.-Brahma.I_la erwähnten gatha naTasa.ms1, von Lautenspiel untermalten Heldenverherrlichungen. Diese wurden die eigentlichen Vorläufer der beiden altindischen Heldenepen Ma.habhara.ta. und Ramayai_la. 1 Zweifellos gab es auch schon vor denselben epische Zyklen, von denen jedoch nur Reste erhalten sind. Dazu zählt der Legendenkranz des die Sprache des J!gveda. imitierenden, aber wohl erst aus der Zeit der Kafha- Upa.ni.?a.d stammenden Supari_lakllyana.. 2 Verbreitet wurden die Epen durch verschiedenartige Berufsgruppen, von denen die Z'wei wichtigsten die den K9atriyas nahestehenden königlichen Hofsänger oder Barden (sutas), die auch als Autoren der epischen Dichtungen in Betracht kommen, und- der sozialen Stellung nach niedriger einzustufen, aber von weit größerer, populärer Ausstrahlungskraft- die fahrenden Sänger (kus1lava) waren. Im Gegensatz zur vedischen Literatur ist die epische vorwiegend in K~atriya Kreisen entstanden. Diese Literatur hat also weltlichen Charakter, weist aber deutlich eine moralisierende Tendenz auf, wie sie schon in den Upani9aden zum Ausdruck kam. Auch die Vorstellungen von der Götterwelt haben sich sehr verändert. Von den im Veda dominierenden Göttern hat nur Indra von seiner Position einiges behaupten können. Jetzt dagegen herrscht das Dreigestirn Brahman, Siva und Vi91;u. Neue Götter sind hinzugekommen, so Kubera als Gott des Reichtums, Gal).eSa als Gott der Gelehrsamkeit, Kärttikeya als Kriegsgott, Sr1 oder Lalqm1 als Göttin der Schönheit und des Glücks und Durgä oder Parvati als die furchtgebietende Gattin des Siva. 3 Die altindischen Epen sind mehrfach mit Ilia.s und Odyssee verglichen worden, und in der Tat gibt es gerade hinsichtlich der literaturgeschichtlichen Position manche Entsprechungen. Sehr deutlich sind aber auch die Unterschiede. Homer überragt die indischen Dichtungen unvergleichlich in bezug auf den Aufbau, die Gliederung und die Zeichnung der Charaktere. Auch eine gewisse
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DIE EPISCHE LITERATUR
Neigung zu Übertreibungen und überhaupt zur Unmäßigkeit gereicht der a.ltindischen Epik nicht zum Vorteil. Dafür aber ist sie den griechischen Schwesterwerken an ethischem Niveau und Tiefe vieler philosophischer Gedanken klar überlegen. Abgefasst sind die Epen vorwiegend in Slokas. einem aus der vedischen Anu~tubh entstandenen Versmaß vom Bau 2 X 8 + 2 X 8 Silben. Neben den beiden eigentlichen Epen .,1a.llfibharata und Ramaya1;a sind weitere, zum Teil sehr umfangreiche vVerke zu nennen, die man unter dem Namen Pural_las zusammenfa.sst. 4 Der Form nach- in bestimmter Hinsicht aber auch nach dem Inha.lt - zerfällt die Sanskritepik in zwei Arten. Die eine rekrutiert sich aus Itihasas (Legenden), Akhyanas (Erzählungen) und Pural_las (alten Geschichten). Ihr Hauptvertreter ist das lv1ahabharata.. Die zweite, als Kavya bezeichnet, ist dagegen Kunstdichtung und demzufolge inhaltlich weit weniger an die Überlieferung gebunden. Wichtigstes Werk dieser Gruppe ist das Ramayal_la. Es entstand als ziemlich homogenes vVerk im östlichen Indien. Das l\1ahabharata hingegen, im westlichen beziehungsweise nordwestlichen Indien angesiedelt, ist ein außerordentlich komplexes \Verk von enzyklopädischem Charakter, in dem die eigentliche epische Handlung nur zu etwa einem Fünftel am Gesamtumfang beteiligt ist. In der vorliegenden Fassung ist das Ramaya1_1a unzweifelhaft älter als das 1V1ahabharata. Einer der dafür sprechenden Beweise besteht darin, dass im Mahabhara.ta III, 277-291, das Ramaya.J;a genannt wird. Aber andererseits finden sich im Mahabharata. Passagen, die nicht in Slokas, sondern in vedischen Metren abgefasst sind. Ferner beziehen sich die epischen Stoffe dieses \1\,Terkes, besonders der Hauptkonflikt, vorwiegend auf Namen und Begebenheiten der vedischen Ara. Der Kern des Ma.habharata darf daher als beträchtlich älter als das Ramaya1;a gelten.
Anmerkungen 1 Eine besonders gründliche, zusammenfassende Darstellung findet sich bei P. A. Grincer: Drevneindijskij epos. Genezis i tipologija (Moskau 1974). 2 Ausgabe und Übersetzung des Suparnakhyana von J. Charpentier (Uppsala 1920). 3 Hierzu eine wichtige Arbeit im Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde: E. \IV. IIopkins, Epic Mythology (Straßburg 1915 u.ö.J. 4 Zum inhaltlichen Vergleich der beiden Epen äußert sich J. C. Oman: The Great Indian Epics (London 1894).
Das Mahabharata
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2. Das A1ahab11arata
Das Mal1abharata is1 die längste Dichtung der \Veltliteratur. Es besteht aus 18 Büchern (parvan) und einem als Nachtrag (khila) geltenden 19. Buch, dem Hariv·amsa .. Das Gesamtwerk umfasst über 106000 Slokas. 1 Ein Ahnherr namens Bhara.ta wird bereits im l,{gveda. erwähnt. Seine Nachkommen, die Bharata, vermochten infolge der rnagischen und rhetorischen Fähigkeiten des l,t.9i Visvamitra, die Flüsse Vipas (Bias) und Sutudr1 (Satlej) zu überschreiten (I,lgveda III, 33). Sie nahmen danach ihre \Vohnsitze Zivisehen dem oberen Ganges und der Yamunä. Ein späterer innerer Zwist ihrer Nachkommen, nämlich der Pär;~avas und Kauravas, der zu einem furchtbaren Kampf und schließlich Untergang führte, ist die Haupthandlung des Epos lv1ahabharata .. Zweifellos liegt dem Ganzen ein historischer Kern zugrunde: die innerarischen Fehden bei der Einwanderung nach Indien und der Ausbreitung dortselbst. Nach .:\1einung Albrecht \Vebers hat es sich um Kämpfe zwischen den Kuru und den Pancala (deren herrschende Familie die Pär:t~us wa.ren) gehandelt. Dies ist in der Tat sehr wahrscheinlich, da es unter anderem erklärt, dass sich der Schwerpunkt der gesellschaftlichen Entwicklung und der Staatenbildung von Madhyadesa in östlicher Richtung nach Kosala, Videha und Magadha verlagerte. In diesen Handlungskern wurden Episoden eingeschaltet, die so zahlreich sind, dass sie das Geschehen der Haupthandlung auf weiten Strecken übervvuchern. Die höchste Gottheit des lv1a.habharata ist Vi9~m. Siva-Legenden, die auch vertreten sind, wurden vermutlich sekundär eingeschoben. Der Vi~1;uisnms des vVerks tritt im. wesentlichen als Verehrung des K~·?r,:ta in Erscheinung. Ursprünglich war K~-~r:ta vermutlich Heros eines Hirtenstammes. Bis zu seiner Identifizierung mit Vi~r,:tu war ein weiter \Veg zurückzulegen. So ist auch das A1a.habllarata. alles andere als homogen und ganz bestimmt nicht das vVerk eines einzigen Dichters. Nach eigener Feststellung besaß es ursprünglich nur 24000, ja anfangs sogar lediglich 8800 Slokas. Es gab also mehrere Bea.rbeitungen, Agglomera.tionen und Zusätze. Daher hat es nicht an Versuchen gefehlt, eine ursprüngliche Fassung zu eruieren und wiederherzustellen. 2 Ein wissenschaftlich fundiertes Resultat haben solche Versuche aber bisher nicht erbracht. ·weiter kompliziert wird diese Problematik durch die umstrittene Frage der Parteinahme im Epos. K~·s;r,:ta, der göttliche Verbündete der Pär,:t~avas, wird nicht selten als Anstifter tückischer Ränke bezeichnet. Andererseits wird aber auch wieder entschieden für die Pär,:t~avas Partei ergriffen. Der den Kampf beschreibende Sanjaya tritt für die Kauravas ein, während Vaisampäyana, der erstmals das Gesamtepos erzählt und dem König Janamejaya vorträgt, seine Sympathie den Pär,:t~avas schenkt. Anband dieses so schwierig deutbaren Ma-
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DIE EPISCHE LITERATUR
terials nahm Adolf Holtzmann mehrfache Überarbeitungen eines ursprünglich kauravischen Heldenliedes an. Die endgültige Fassung setzte er ins 15. und 16. Jahrhundert. Ist auch letztere Zahl unhaltbar, so haben doch namhafte Indologen eine ähnliche Position bezogen: Auch Ch. Lassen, L. v. Schroeder und J. J. Meyer vertraten die Auffassung, dass das Epos ursprünglich für die Kauravas Partei ergriff und später im Sinne der Pa1_1c_lavas umgearbeitet wurde. Aber H. Oldenberg hat dem mit Recht entgegengehalten, dass die große Spielszene (s. S. 76) sehr alt ist und dass bei ihrer Schilderung die Sympathien unbestreitbar auf der Seite der Pa1_1c_lavas liegen. Die Frage muss also einstweilen offen bleiben. Generelle Überarbeitungen im Interesse einer der beiden Parteien beziehungsweise ihrer Nachkommen hat es aber sicher nicht gegeben. Möglicherweise erklärt sich die ursprüngliche-- und dann im Epos fixierte- Parteinahme jeweils aus der Stimmung am Fürstenhofe, an dem der betreffende Barde weilte. Denn es versteht sich, dass ein Hofsänger von der Gunst seines Königs oder Fürsten in entscheidendem Maße abhängig war. Schwierig und nur in Umrissen zu beantworten ist auch die Frage nach dem Alter beziehungsweise der Entstehungszeit des Epos: Um 600 n. Chr. berichtet der Dichter Ba1_1a über das Epos. Bereits um 400 werden ihm in Landschenkungsurkunden 100000 Slokas zugeschrieben. Das Abendland erfuhr in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts durch den Rhetor Dio Chrysostomos von der Existenz eines großen indischen Epos. Die buddhistischen Jatakas zeigen sich zwar mit dem Ma.habhara.ta. bekannt, aber auf eine sehr ungenaue Weise. Vielleicht erklärt sich dies daraus, dass das Werk im Osten Indiens, der Entstehungsgegend der Jatakas, weniger als im Westen bekannt war. Die ersten deutlich überlieferten Spuren einer Kenntnis des Epos sind aus dem A.sva.laya.na.-GThya.sütra. abzulesen, das man vermutlich in das 5. Jahrhundert v. Chr. stellen darf. Die Veden im engeren Sinne kennen zwar die Kurus, aber nicht das Kurufeld, auf dem sich der Kampf abspielt. Es bleibt also nur die Aussage möglich, dass das Ma.habharata. etwa zwischen 400 v. Chr. und 400 n. Chr. entstanden ist. Mit dieser Feststellung ist über das Alter des im Epos verarbeiteten Stoffes selbstverständlich noch nichts entschieden. Jedenfalls ist es weit höher als das des Epos selbst. H. Oldenberg hat die Abstammung der Pal_lc_luiden bis zu Parik~it und seinem Sohn Janamejaya verfolgt, die er in die Zeit zwischen der ~ksa.ml1ita und den ältesten Brahmm_1as versetzt. Demzufolge kann der Kuru-Pancala-Kampf, als dessen Folge die Koalition dieser Völker zerfiel, ohne weiteres im 8. Jahrhundert v. Chr. oder noch früher stattgefunden haben. Wichtigstes Resultat dieser chronologischen Erörterungen ist die Feststellung, dass das Ma.habhara.ta. kein scharf umgrenztes Zeitalter schildert. Vielmehr muss das Alter eines jeden Stückes aus sich selbst heraus bestimmt werden.
Das Mahabharata
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Die HAUPTHANDLUNG- ohne die literatur-und ideengeschichtlich hochbedeutsamen Einschübe - läuft, knapp skizziert, wie folgt a.b: 3 Buch I - Adi-parvan C,Anfangsbuch") genannt - beginnt mit der Schilderung äußerst verwickelter Verwandtscha.ftsverhältnisse. Im Bharata-Land herrschte, von der Hauptstadt Hastinapura aus, der König Santanu. Sein Sohn und Mitregent hieß Bh1~ma. Im vorgerückten Alter verliebte sich Santann in die junge Satyavati. Diese aber war früher die Geliebte des I,t~i Parasara gewesen und hatte ihm einen Sohn namens Kr~f.la Dvaipayana oder Vyasa geschenkt, Dieser Vyasa gilt der orthodoxen Überlieferung als Ordner der Veden und Verfasser des MaJ1abharata, in dem er aber auch selbst eine Rolle spielt. Satya.vatis Vater wollte seine Tochter nur unter der Bedingung dem Santann zur Frau geben, dass Vyasa dereinst das Königreich erben würde. Aber mit Rücksicht auf Bhi:;;ma konnte der König ein solches Versprechen natürlich nicht geben. Doch der hochherzige Bhi:;;ma entschloss sich, a.uf die Thronfolge zu verzichten, so dass Santann die Satyavati heiraten konnte. Sie schenkte ihm zwei Söhne: Citrangada und Vicitravirya. Nach dem Tode des Vaters und des älteren Bruders wurde Vicitravirya König, starb aber kinderlos schon in jungen Jahren, wobei er zwei vVitwen hinterließ. Um das Fürstenhaus nicht aussterben zu lassen, veranlasste Satyavati ihren Sohn Vyasa, diese beiden Witwen zu schwängern. Aber Vyasa war ein Ausbund der Hässlichkeit; daher schloss die erste Witwe bei seinem Anblick die Augen, weshalb der von ihr geborene Sohn Dh~·taras;tra blind zur Welt kam. Die zweite Witwe erbleichte vor Schreck, und so wurde auch ihr Sohn Pal:t~u bleich. Später heiratete der blinde Dh~·tara:;;tra die Königstochter Gandhar1, die ihm hundert Söhne schenkte, der älteste hieß Duryodhana. Pal:t~u wurde von der Kunt1 zum Gatten gewählt. Ihre Kinder bekamen die Namen Yudhi:;;thira, Arjuna und Bh1ma. Paf.l~U nahm sich dann noch eine zweite Frau namens Madr1; sie schenkte ihm die Zwillinge Nakula und Sahadeva. König in Hastinapura wurde zunächst Paf.l~U. Doch starb er bald, so dass der blinde Dh~·tara:;;tra die Herrschaft wie auch die Erziehung der fünf Paf.l~U Söhne, der Paf.l~avas, übernahm. Ihr vVaffenlehrer war Drof.la. Bald zeichneten sie sich so aus, dass Dhrtara:;;tra den Yudhi:;;thira zum Nachfolger bestimmte. Damit wollte sich jedoch sein ältester Sohn, Duryodhana, nicht abfinden und bewog seinen charakterschwachen Vater zu einem heimtückischen Plan. Anlässlich einer Reise wurden die Paf.l~avas in einem aus leicht entflammbaren Stoffen errichteten Haus untergebracht, das Duryodhana anzünden ließ. Die Päl:t~avas, von einem gewissen Vidura gewarnt, entkamen jedoch der Gefahr und retteten sich in den Wald, während Duryodhana sie für tot hielt. Am Hof des Königs Drupada gelang es Arjuna, einen bestimmten Bogen zu spannen und damit die Königstochter Draupadi zu gewinnen. Die Handlung des Epos verläuft aber keineswegs so linear, wie es sich nach
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DIE EPISCHE LITERATUR
diesem Bericht darstellt. Denn schon zwischen der Flucht aus dem ,,Lackhaus" und der Ankunft am Hofe des Drupada haben die PaJ).c,lavas so viele Abenteuer zu bestehen, dass man die Haupthandlung dabei fast ganz aus den Augen verliert. So schickt der im Wald lebende Riese Hic.limba seine Schwester Hic,limba als Späherin gegen die Päl).c,lavas aus. Sie trifft auf Bh1ma und verliebt sich in ihn. Der hinzukommende Hic,limba wird besiegt. Bh1ma und Hic,limbä haben zusammen den Sohn Ghatotkaca. Die Päi:tc,lavas kommen nun in eine Stadt zu einem Brahmanen. Dieser war gerade an der Reihe, aus seiner Fanlilie für den schrecklichen Riesen Baka ein Menschenopfer darzubringen. Bh1ma erschlägt den Baka. Dennoch lässt sich durch diese Verästelungen der Gang der Erzählung weiter verfolgen: Arjuna hatte mit dem Spannen des Bogens die vom Prinzen Dhr~ta.dyumna verkündeten Bedingungen der Gattenwahl der Draupad1 erfüllt. In diese hatten sich inzwischen aber alle Pälfc,lavas, nicht nur Arjuna, verliebt. Sie beschlossen also, mit der Draupad1 in Polyandrie zu leben. Sie willigt ein, die Pä1,1c,lavas treten aus ihrer Anonymität heraus und bleiben fortan dem Volk der Par1cala, dessen Königshaus die Drupada-Familie war, eng verbunden. Dort lernten sie auch K~'~r;a kennen, der ihnen gewogen wird und stets ihr treuer Freund bleibt. Die Kauravas überlegen nun ihr weiteres Vorgehen angesichts der beiden neuen Bündnisse der Päi:tc,lavas. Duryodhana will ein neues Ränkespiel einleiten, Kan:ta will Krieg; sich durchzusetzen, gelingt aber Bh1~ma, auf dessen Rat Dh~,tara9tra das Reich teilt. Die Päl:t\lavas gründeten nun die Stadt lndraprastha (im Gebiet des heutigen Delhi) und errichteten von dort aus ein mächtiges Reich. Die Draupad1 schenkt jedem der Brüder einen Sohn. Duryodhana aber neidete den Päi:tc,lavas diese Erfolge und sann auf Rache. In offener Feldschlacht wagte er sich nicht zu stellen. Daher lud er mit Zustimmung des schwachen Dhrtara~tra die Päi:tc,lavas nach Hastinapura zu einem \!Vürfelspiel ein. Auf der Seite der Kauravas würfelte der geschickte Onkel des Duryodhana, Sakuni. Diesem gelang es, Yudhi~thira sein Reich, seine Freiheit und sogar die Draupad1 abzunehmen. Duryodhana gebietet ihr, künftig als Sklavin die Zimmer zu säubern; sein Bruder Dul:tsäsana will ihr die Kleider vom Leibe reißen. Bh1ma schwört, ihn und Duryodhana zu töten. Diese Vorfälle gehen Dh~'tarä9tra nun doch zu weit; er gibt den Päl:tc,lavas die Freiheit wieder und schickt sie zurück nach Indraprastha. Die ~Würfelspielszenen gehören bereits ins Buch II ~ Sabhaparvan ("Buch der Versammlung") gena.nnt ~,das sehr alt ist. Duryodhana vmr der Meinung, die Päi:tc,lavas seien zu leichten Ka.ufes davongekommen. Er führt ein neues Würfelspiel herbei, dem sich Yudhi~t.}1ira nicht entziehen kann. \Ver verliert, solle für zwölf Jahre in die Verbannung gehen und noch ein dreizehntes Jahr a.nonym leben. Und wieder gewinnt Sakuni das Spiel, so dass die Päi:tc,lavas als Verbannte in den \!Vald ziehen müssen.
Das Ivlahabharata
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Im VVald spielt Buch III (Vanaparvan, "\Valdbuch"). Ihren Lebensunterhalt bestreiten sie durch die Jagd. Zahlreiche Abenteuer müssen sie in der \iVildnis bestehen. Arjuna erhält "Taffen von den Göttern und besiegt nlit Sivas Hilfe die Kiratas. Um sich an dem Unglück seiner Verwandten zu weiden, zieht auch Duryodhana in den Wald. Er gerät in die Hände der Pa1!<;lavas, doch schenken diese ihm die Freiheit wieder. In Buch IV (Virä\.aparvan) kommen sie unerkannt und verkleidet an den Hof des Matsya- Königs Virata, wo sie verschiedenartige Beschäftigungen annehmen. Die DraupadT wird Dienerin der Königin. Der Feldherr K!caka will sie besitzen, doch BhTma. erwürgt ihn. Nun ergab es sich, dass die Kauravas in das Matsya-Land einfielen und den König Viräta gefangennahmen. Die Pa1!<;lavas stehen ihrem Herrn bei, befreien ihn und schlagen die Kauravas zurück. Die Kauravas schöpfen zwar Verdacht, aber nun ist das dreizehnte Jahr zu Ende, und die Pa1!<;lavas geben sich zu erkennen. Der König der Matsya verbündet sich mit ihnen und gibt Arjunas Sohn Abhimanyu seine Tochter Uttara zur Frau. Nunmehr beginnt Buch V (Udyogaparvan, "Buch der Aufrüstung"). Die Pa1!<;lavas und ihre Verbündeten entsenden einen Boten nach Hastinapura und fordern auf Veranlassung von KJ;~r:ta das halbe Königreich zurück, da die Verbannungszeit abgelaufen sei. Später erklären sich die Pa1!<;lavas sogar mit fünf Dörfern zufrieden. Aber Duryodhana lässt den als Boten kommenden KJ;i?r:ta ohne Antwort zurückgehen. Beide Seiten spüren, dass der Kampf unvermeidlich wird, rüsten sich dazu und suchen Bundesgenossen. Das !vfahabharata nennt hierbei zahlreiche Völkernamen, die wertvolle ethnographische Hinweise geben. Befehlshaber der Kauravas wird der alte BhT9ma; ihm zur Seite steht Duryodhana. Arjuna mit KJ;~r:ta als Wagenlenker steht an der Spitze der Pa1!<;lavas. Durch BhT9rna erklären die Kauravas den Krieg. Hier beginnt Buch VI, das BhTsmBparvan ("Buch des BhT9ma"). Nunmehr nimmt die große, achtzehn Tage währende Schlacht auf dem Kurufeld (Kuruk9etra) ihren Verlauf. Nur gleiche \IVaffengattungen durften gegeneinander kämpfen. Vyäsa verleiht dem Saiijaya die Gabe, a.lle Einzelheiten des Schlachtverlaufes verfolgen zu können, und dieser schildert nun den Kampf mit urwüchsiger Kraft und \1\Tildheit. An den ersten neun Tagen sind die Kauravas im Vorteil, hauptsächlich durch BhT9ma, der den Pä1!<;lavas große Verluste zufügt. Nur gegen den P aiicäla- Königssohn Sikhar:t<;lin, der früher eine Frau war, will er vvegen dessen Zartheit nicht kämpfen. Da gibt K~·91!a dem Arjuna den Rat, sich Sikhar:t<;lins Rüstung a.nzulegen. In der Tat gelingt es, auf diese VVeise BhT9ma zu täuschen, so dass Arjuna ungehindert seine Pfeile auf ihn abschießen kann. In einem Waffenstillstand sammeln sich alle um den Sterbenden. Dieser rät jetzt zum Frieden, doch Duryodhana lehnt wieder ab. In Buch VII, dem Dror:taparvan ("Buch des Dr01_1a"), übernimmt dieser den
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Oberbefehl über die Kauravas. Und wieder greifen die Pal:t<;lavas auf K~·~~1as Rat zu einer List: Sie rufen dem Droi_la zu, sein Sohn Asvatthaman sei gefallen, und als jener erschrocken die \iVaffen sinken lässt, schlägt ihm der Bruder der Draupad1 den Kopf ab. Im nun beginnenden Buch VIII, dem Kan:taparYan ("Buch des Kan;a"), übernimmt der A1iga- König Kan;a da.s Kommando über das Heer der Kauravas. Am siebzehnten Tag entsteht ein furchtbares Blutbad durch Bh1ma, der auch Dul:tsasana tötet. Arjuna kämpft mit Kan;a. Als dieser seinen in einen Sumpf geratenen Kriegswagen wieder flottzumachen sucht, tötet ihn Arjuna durch einen Pfeilschuss in den Rücken. 21. Inmitten dieses großen Heers auf seinem Elefanten ritt der starke Bh1ma, als er nun zum Angriff auf die Deinen schritt. 24. Geschmückt mit einem Diadem, den spitzen Speer in seiner Hand, hat er im Mittagssonnenglanz mit seiner Glut den Feind verbrannt. 2ö. Als K~emadhurti ihn von fern auf seinem Elefanten sah, rief er den Kampfbegierigen an und freudig stürmt er vorwärts da. 26. Die beiden Elefanten, gleich an Kraft und furchtbarer Gewalt, wie zwei gewaltige Berge sind sie aufeinander angeprallt. 32. Und K:;;emadhurti brüllte laut, mit Ungestüm griff er zum Spieß, und sieben Speere seine Hand fest auf die Brust des Bh1ma stieß. 34. Doch Bh1ma fasst der glänzenden, der sonnengleichen Lanze Schaft und schleudert sie, die eiserne, auf seinen Feind mit aller Kraft. 3ö. Da hatte der Karusa- Fürst gespannt den starken Bogen schon. Zehn Pfeile trafen Bh1mas Speer und sechsmal zehn den Päi_l<;lu-Sohn. 36. Auch Bh1ma spannt den Bogen, der wie \iVetterwolken-Donner dröhnt. Den Elefanten trifft sein Pfeil, indes sein Kampfgeschrei ertönt. 37. Von seiner Pfeile Schwarm verletzt, hat K:;;emadhurtis Elefant gleich einer Wolke windgejagt sich aus der Schlacht zur Flucht gewandt. 38. Doch Bh1mas Königselefant verfolgt den Fliehenden sogleich. \iVie eine Wolke sturmgepeitscht der andern folgt im Wolkenreich. 39. Kraftvoll hielt K:;;emadhurti jetzt den fliehenden Elefanten an und überschüttet Bh1mas Tier mit einer Flut von Pfeilen dann. 41. Den Pä1;<;lava verwundete er selbst in wilder Kampfeswut und seinen Elefanten traf er an den rechten Stellen gut. 42. Des Bh1ma Königselefant, o Bhärata, zu Boden sank. Doch ehe er fiel, Held Bh1ma selbst von ihm herab zur Erde sprang. 43. Des Feindes Elefanten streckt er nieder mit dem Keulenschlag, und K:;;emadhurti sprang herab vom Tier, das tot am Boden lag. 44. Er stürmte gegen Bh1ma vor mit seinem Schwerte schneidend scharf, doch Bh1ma ihn durch einen Schlag nlit seiner Keule niederwarf.
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45. Da la.g er - in der Hand das Schwert - bei seinem Tier tot auf dem Feld, wie ein vom Blitz erschlagner Leu bei einem Berg, vom Blitz gespellt. (Übers.: Otto v. Glasenapp) In Buch IX (Salyaparvan, "Buch des Salya") tritt dieser, ein König der Madra, an die Spitze der Kaurava.s. Doch wird er bald von Yudhi~thira getötet. An diesem achtzehnten Tag wird Duryodhana von Bh1ma gestellt. Auf K~·~1~as Rat zerschmettert Bh1ma mit dem Streitkolben einen Oberschenkel des Duryodhana. Sterbend klagt dieser die Päl}qa.va.s an, den Sieg auf unehrenhafte, listige vVeise errungen zu haben. Aber Bh1ma verweist auf die Brandstiftung im Lackhaus, auf das betrügerische Würfelspiel und auf die Beschimpfung der Draupa.d1, und er zertritt Duryodhana den Schädel. Danach wird das KauravaHeer vernichtet und Yudhi9thira zum König ausgerufen. Nunmehr beginnt Buch X (Sauptikaparvan, "Buch des nächtlichen Überfalls"). Nur drei Kämpfer der Kaura.va.s waren entkommen und in den Wald geflüchtet: Krtavarman, Krpa und Asvatthäman, der Sohn des DrolJa. Sie schwören, an den Pa~qavas Rache zu nehmen. Asvatthaman kann nachts keinen Schlaf finden und gewahrt, dass eine Eule die auf den Ästen schlafenden Krähen tötet. Er weckt seine schlafenden Gefährten und überzeugt sie von der Möglichkeit, auf diese vVeise mit dem siegreichen Feind abzurechnen. Während die Pa~qavas im Schlaf liegen, schleichen sich die drei Kaurmras heran, vernichten fast das ganze Heer und bringen die Kunde hiervon dem sterbenden Duryodhana. Nur die Pal}qu-Söhne und Kr91}a entkommen dem nächtlichen Blutbad. Nach Verrichtung der Totenopfer vermittelt Vyasa eine Aussöhnung zwischen den Päl}qavas und dem blinden Dh~·tara9tra. In Hastinapura wird Yudhi9thira gekrönt. Buch XI (Str1parvan, "Buch der Frau") ist in ästhetischer Hinsicht wohl das wertvollste von allen (die Episoden nicht eingerechnet). Gandhari, die Gattin des Dhrtara9tra, kann den Schmerz über den Verlust ihrer Söhne nicht verwinden. Ihre bewegende Totenklage ist ein Meisterwerk elegischer Dichtung. Sie wirft dem K~·~l}a vor, den Vernichtungskampf nicht verhindert zu haben, und verflucht ihn für das Zugrunderichten ihrer Söhne. Dass sie mit ihren Vorwürfen sehr im Recht ist, geht aus der noch folgenden Besprechung der Bhagavadg1ta hervor. Die Bücher XII und XIII führen die Namen Santiparvan ("Buch des Friedens") bzw. Anusäsanaparvan (Buch der Anweisungen). Sie wirken wie ein ganzes eingeschaltetes Konglornerat didaktischen Inhalts und haben mit der Haupthandlung so gut wie gar nichts mehr zu tun. Die Hauptthemen sind Belehrungen über Politik (nfti), Recht und Tugend ( dharma) und Erlösung (mok9a). Erteilt werden diese Lehren von BhTsnna. Dieser war durch Arjunas Pfeile zu Tode getroffen worden. Er muss sterben, darf sich aber durch
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göttliches Entgegenkomm en die Zeit seines Todes selbst aussuchen. Auf dem Pfeilbett liegend, belehrt Bllis;ma nun den Yudhi~thira über zahlreiche Themen in weitschweifiger \Veise. Buch XII ist der Philosophie gewidmeL während in Buch XIII vorwiegend Rechtsfragen behandelt werden, wobei vielfach der Standpunkt des Manava-Dharm asastra (s. S. 228) eingenommen wird. Da geht es um Rechte und Pflichten eines Königs, um Sitten- und Erlösungslehre n, um familien- und erbrechtliche Fragen sowie um die Sari1khya-Yoga- Philosophie. Fast alle diese Themen werden ziemlich oberflächlich abgehandelt, wobei der Eindruck entsteht, als habe der Kompilator oder Interpolator sie aus zweiter Hand erfahren und unkritisch verarbeitet. Buch XIV heißt Äsvamedhika.parvan ("Buch vom Rossopfer"). Nach dem schrecklichen Gemetzel der achtzehntägige n Schlacht will Yudhi~thira in die Vlaldeinsamke it ziehen, veranstaltet dann aber sta.tt dessen ein solennes Rossopfer (Asvamedha), woraus ein weiteres Mal die engen Beziehungen des Ma.habhaTata. mit der vedischen Ära zu ersehen sind. Buch XV führt den Namen Äsramavasikap arvan ("Buch vom ·wohnen in der Einsiedelei"). Der alte König Dhrtara~tra lebt noch fünfzehn Jahre am Hofe der Pä:!f<;lavas und zieht dann in den Wald, wo er nach einiger Zeit bei einem Brand umkommt. Kr·?Jfas Schicksal wird in Buch XVI- Mausa.laparvan ("Buch vom Keulenkampf") genannt - geschildert. Der seit der Totenklage der Gändhar1 auf ihm lastende Fluch findet seine Erfüllung. Sein Volk vernichtet sich durch innere Zwistigkeiten selbst. K~'91fa zieht in die Wildnis hinaus; dort trifft ihn der Pfeil eines Jägers in die Fußsohle, wa.s den Tod zur Folge hat. Buch XVII ist das Mahäprasthän ikaparvan ("Buch vom großen Aufbruch"). Im Alter gehen auf Vyäsas Rat die fünf Pi'il_1<;lu-Söhne zusammen mit der Draupad1 und einem Hund auf die Pilgerfahrt zum Götterberg Meru. Nacheinander sterben dort die Draupad1, Sahadeva, Nakula, Arjuna und Bh1ma. Indra selbst holt Yudhi~thira in den Himmel, wobei letzterer seinen Hund mitnimmt, der in Wirklichkeit dharma. ist. Mit Buch XVIII- Svargärohar_J.a.parvan ("Buch des Aufstiegs zum Himmel") -~ endet das Epos. Yudhis;thira erblickt zu seinem großen Schrecken im Himmel die Kauravas, während er die Pä1_1<;lavas in der Hölle gewahrt. Indra erklärt ihm, dass die Bösen zunächst kurz in den Himmel kämen und dann für ewig in die Hölle; bei den Guten sei es umgekehrt. Die Pälf<;lavas erhalten zum Schluss Göttergestalt. In Hastinapura wurde der Enkel Arjunas und Sohn des Abhimanyu, Par1k9it, Herrscher. Dessen Sohn Janamejaya veranstaltete später ein großes Schlangenopfe r, bei welchem Vaisampäyana auf Veranlassung Vyäsas zum erstenmal das Ma.habhara.ta vorgeiragen haben soll. Vorgetragen (Vorlesen ist auch heute noch die Ausnahme) wurde (und wird) das Ma.habharata. auszugsweise. Entweder wird die Rahmenhandlu ng erzählt,
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dann werden die Einschübe weggelassen, oder aber - und das ist häufiger der Fall - es werden bestimmte Geschichten vorgetragen. Am beliebtesten sind mit Abstand "Das Lied von Sävitr1" und "Das Lied von Nala und Damayantl''. Die Anlässe können ganz verschieden sein und reichen vom Bühnenvortrag bis zur Kindergesellscha.ft. Übergroße Üppigkeit in jeglicher Hinsicht, Phantasie, die o.ft zur Phantasterei wird, sind dem Epos vielfach vorgeworfen worden -- zugegebenermaßen nicht zu Unrecht. Eine gewisse Maßlosigkeit -- die ja auch schon im Umfang zum Ausdruck kommt - beeinträchtigt den Realismus der Schilderung des Geschehens erheblich. So kann es ohne weiteres vorkommen, dass ein Fötus die Veden rezitiert oder dass das Vindhya-Gebirge unmutig wird, weil es ebenso geehrt werden möchte wie der Berg Meru und so weiter. vVas jedoch die Charakterisierung der handelnden Personen anlangt, zeigt sich, dass die Helelen durchaus realistisch-menschliche Züge tragen, die eher mit denen eines Achilles und Agamemnon als denen eines Gilgamesch verwandt sind. Auch wenn die im Epos geschilderten Taten nicht in minuziöser Detailliertheit, sonelern in einfachen, großen und klaren Linien gezeichnet werden, entsteht von den handelnden Personen doch ein lebensechtes Bild. Durch das Ganze geht eine archaisch anmutende Kraft und Leidenschaftlichkeit, die freilich nicht selten auch in Wildheit, ja Roheit umschlägt. Bei der Herausarbeitung schon ganz individueller Charaktere liebt das Epos die Verwendung von Kontrasten. So wird Yuclhi9thira, der als Haupt der einen der beiden kriegführenden Parteien ganz untypisch wirkt, mit seinem Bruder Bhima verglichen. Ersterer wird als Verehrer des Dharma, des göttlichen und menschlichen Rechts, dargestellt, womit er in Gegensatz zu dem starken, rohen K9atriya Bh1ma gerät, der sich von moralischen Bedenken nie bedrückt gefühlt hat. Ein greller, vielfach ausgemalter Kontrast besteht auch zwischen König Dh~'tara9tra und seinem Sohn Duryodhana: dort Schwäche und Zaudern, hier eine geradezu dantonistische Entschlossenheit. Die SPRACHE des Epos ist grammatisch weniger korrekt als die der Brähmar_tas und nimmt sich viele dichterische und metrische Freiheiten. So gibt es vielfach unpassende \Vortenclungen, falsche Anwendungen der Sandhi-Regeln (die der Euphonie dienen), Verwechslungen der Endungen im Aktiv und Medium und anderes mehr. Dagegen zeigt sich die epische Sprache der der Veden in anderer Hinsicht überlegen: Sie verfügt über einen beträchtlich reicheren \Vortschatz und besonders über eine Bilclhaftigkeit, wie sie der Veda nicht aufzuweisen ha.tte. In immer stärkerem :Maße werden a.lltäglich gebrauchte \iVörter durch dichterische Umschreibungen ersetzt. So wird der Begriff König durch Männerherr, Erdenträger und andere umschrieben, während der Vogel ein Luftclurchwandler, die Schlange ein Brustgäuger und der Baum ein Fußtrinker ist. Dieser Bildhaftigkeit steht allerdings auch eine deutliche Verminderung des Formen-
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reichtums, besonders beim Verb, gegenüber. Insgesamt aber ist die Sprache des Epos das passende Gewand für die überquellende Fülle von Gedanken und das oftmals schrankenlose \Vuchern der Phantasie. Ein Beispiel sind die Beschreibunge n, die oft eine massenhafte Aneinanderrei hung von Adjektiven verwenden. Daneben greift die Verlängerung der Komposita um sich und prägt den sprachlichen Charakter des Sanskrit in immer stärkerem Maße aus. Diese Entwicklung hatte schon in den Sutras begonnen und sich besonders auf die Dvari1dvas (kopulatives Kompositum von zwei oder mehr Substantiven) bezogen. Diese Tendenz setzt sich im Ma.habhaTata. fort. Hier eines von unzähligen möglichen Beispielen: Ein Berg wird beschrieben als "löwentigerele fanteneberbärengazell envoll". Im übrigen sind Sprache, Stil und ·Metrik ziemlich stark differenziert, wie sich das angesichts der geschilderten Entstehungsge schichte des vVerkes auch nicht anders erwarten ließ. Vedisch Anmutendes findet sich ebenso wie hybrides Sanskrit. Eigentliche Kunstdichtung (kavya) kommt jedoch nicht vor. In der Metrik herrscht durchaus der Sloka, doch finden sich auch die Tri~tubh und andere Metren; kleine Passagen sind sogar in Prosa geschrieben. Der Eindruck des \/Vuchernden und Unübersichtlic hen entsteht hauptsächlich durch die vielen EINSCHÜBE, die oftmals keinen Bezug zur Haupthandlun g haben. Schon in Buch I werden anlässlich der Erwähnung der verschiedenen Könige ihre bis zu den Göttern hinaufreichend en Stammbäume erzählt, und diese Gepflogenheit wird beibehalten, indem bei Erwähnung eines Herrschers, einer Gegend, eines Flusses nur zu bereitwillig eine jeweils dazu passende Legende angeführt wird. Einer der ältesten Einschübe ist Na.lopa.kl1yana., das bereits erwähnte "Lied von Nala und Damayant1" -bekannt auch deshalb, weil es für die Studenten 4 des Sanskrit die erste Originallektür e zu sein pfiegt. Die Geschichte wird dem damals in der Verbannung lebenden Yudhis;thira von dem Weisen B:rhadasva zum Trost erzählt. Es war einmal ein König, N ala war er geheißen, König Heldenheers starker Sohn. Selbiger war ausgestattet mit begehrens\vert en Tugenden, schöngestaltet und ein tüchtiger Rossetummler . \Veit, weit überragte er alle Menschenfürst en, wie der Götterkönig die Götter überragt; seinem Glanze nach war er der Sonne vergleichbar. Als Kenner der heiligen Schriften war er geistlichen Männern absonderlich zugetan; als Landesherr im. Ni~adha-Reiche war er ein heldenhafter Mann, und liebte er auch das \Vürfelspiel von Herzen, so bestand er doch fest in der Wahrheit. Schlagfertig gerüstet war das Heer, das er führte. Adelig in seinem ganzen \Vesen und von den Regungen niederer Sinnlichkeit unberührt, war er ein Liebling von Männern und von Frauen, ein wahrhafter Beschützer seines Volkes,
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der als der beste seinen Bogen spannte, kurz, es war, als ob in ihm der Urvater der Menschen selbst wieder Fleisch geworden vväre. (Übers.: Hermann Camillo Kellner) Der überaus tugendhafte König N ala gerät in Besessenheit durch den bösen Einfluss des Dämons Kali, der über das Würfelspiel gebietet. Ganz wie Yudhi~thira verspielt auch Nala. alle Habe und geht darauf mit seiner treuen Gattin Damayanti in die Waldeinsamkeit. Doch auch dort verfolgen ihn die Würfel, die in Gestalt von Vögeln sein Gewand stehlen. Nala sieht sich weiter vom Unglück verfolgt, in das er Damayant1 nicht hineinziehen will. Daher verlässt er sie. Allein geblieben, gerät sie in die größten Gefahren. Vor wilden Tieren rettet sie ein Jäger, der aber nun seinerseits ihr nachstellt. Schließlich gelingt es ihr, allein wieder heimzukommen. Inzwischen hat Nala dem Schlangenkönig Karkotaka einen großen Dienst erwiesen und wird von ihm zum Dank unkenntlich gemacht. An einem Hof bekommt er Anstellung als königlicher 'vVagenlenker (die Parallelen zum Virataparvan sind unverkennbar). Zum Schein veranstaltet indessen Dan1ayant1 eine GattenwahL Als einer der Bewerber kommt der nunmehrige Herr des Nala mit diesem als \Vagenlenker. Nun weicht die Gewalt des Kali; in einer herzbewegenden Szene findet das \Viedererkennen der Gatten statt. Eine weitere berühmte Schalterzählung ist das Savitiyupakhyana ("Das Lied von Savitr1"). Es ist kürzer und schlichter, aber noch viel ergreifender als das Nala-Lied. Bei einer Gattenwahl nimmt sich die schöne und treue Savitr1 den Satyavat als Ehemann. Der Weise Narada prophezeit ihm zwar nur noch eine einjährige Lebenszeit, doch hält Savitr1 unbeirrbar an ihrer Wahl fest. Als der von Narada vorausgesagte Todestag herangekommen ist, gehen die Ehegatten zusammen in den 'Vald. Dort ermattet Satyavat und schläft ein. Ihm naht sich alsbald der Todesgott Yama und zieht die Seele aus ihm. Als er sich damit entfernen will, folgt ihm Sävitr1 und verwickelt ihn in ein Gespräch. Von ihren tiefsinnigen Worten stark beeindruckt, gewährt ihr der Todesgott '~Tunsch um \Vunsch - nur das Leben ihres Gatten darf sie nicht von ihm fordern. Aber Savitr1lässt in ihrer Beharrlichkeit nicht nach. Schließlich sieht Yama sich gezwungen, ihr nachzugeben und dem Satyavat wieder das Leben zu schenken. Die Erzählung ist durch die unbeirrbare Gattentreue der Sävitr1 in Indien hochberühmt geworden und behauptet durch ihre feine, zarte Grundstimmung auch ästhetisch einen hohen Rang. Auf weitere Schaherzählungen können wir hier nur kurz eingehen. Sie sind nicht immer von der antiasketischen, auf Aktivität gerichteten Ha.ltung der Ksmtriyas getragen, die sonst im JVIahabhaTata. vorherrscht, sondern sind mitunter von Brahmanen verfasst und in das Epos eingefügt worden. Hierzu zählt die "Geschichte von Ruru", einem Abkömmling des schon im ~gveda erwähnten Cyavana, der also ein Brahmane war. Ruru verliebte sich in Pramadvara,
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die Tochter einer himmlischen Nymphe. Sie erwiderte seine Liebe, doch wenige Ta.ge vor der Hochzeit wurde sie von einer Schlange gebissen, so dass sie leblos daliegt. Von allen Seiten kommen die Menschen, um sie zu beklagen, Ruru aber geht in seinem Kummer in den ·wald und fleht unter Hinweis auf sein bisheriges frommes Leben die Götter an, seine Braut zu retten. Da. erscheint ihm ein Götterbote und teilt ihm mit, dass sein \Vunsch erfüllt werde, er, Ruru, a.ber seine halbe Lebenszeit dafür opfern müsse. Damit ist Ruru einverstanden, und der Todesgott gibt Pramadvarä das Leben zurück. Die Brautleute heiraten nun, aber Ruru schwört, dass er künftig jede Schla.nge, die er trifft, töten werde. Und so geschieht es auch. Eines Tages aber trifft er auf eine Schlange, die in \Vahrheit ein verzauberter ]_t9i ist. Sie wird durch die Begegnung mit Ruru entzaubert, und der ~9i belehrt Ruru, dass er von jeder Tötung von Lebewesen absehen solle. Verschiedentlich kommen vedische Legenden mit veränderter Gestalt im Ma.habharata erneut ans Tageslicht. Ein Beispiel ist die "Flutsage von Manu" und dem Fisch. Sie ist hier ausführlicher und dichterisch eindrucksvoller als die Version des ,Satapatha.-Brahmm;a.. Sicherlich stammt sie aus einer semitischen Quelle, zumal jetzt auch darüber berichtet wird, dass Manu verschiedene Samen auf dem Schiff mitgenommen habe. Brahm.anisch ist auch die "Erzählung vom ]_t9i J.t9yas~'1i.ga", der noch niemals eine Frau gesehen hatte, weil er allein mit seinem Vater in der Waldeinsiedelei aufgewachsen war. Nun brach im Reich des Königs Lomapäda eine große Dürre aus. Die ·weisen erklärten diese für ein Zeichen göttlichen Zorns, der nur dann weichen werde, wenn ~.9yas~'1i.ga ins Land komme. Die Königstochter Säntä macht sich erbötig, ihn zum Betreten des Reiches zu gewinnen. Sie begibt sich zu ihm und erscheint ihm, die Abwesenheit seines Vaters nutzend, ebenfalls als Einsiecllerin. Dabei reicht sie ihm Früchte und VVein und umgarnt ihn schließlich mit ihren Umarmungen. Danach verlässt sie ihn wieder. Nun erscheint J.t~yasp1gas Vater und findet seinen Sohn in einer recht ungewohnten und zu einem Asketen nicht ganz passenden Gem.ütsbewegung. Zur Rede gestellt, äußert sich J.t~yas~'ilga begeistert über seinen vermeintlichen Besucher und meint, dass er dessen Art von Askese künftig auch üben wolle. Aber der Vater warnt ihn vor dem verderblichen Einfluss der als Einsieeller maskierten Dämonen, die das fromme \Verk der wahren Asketen stören wollen. Der Vater hat aber kaum den Rücken gewendet, da geht J.t9yasr1'1ga auf die Suche nach seinem neuen "Freund". Bald findet er Santa, die ihn mit zu Lom.apäda nimmt. Sofort weicht die Dürre, und es beginnt zu regnen. ]_ts;yasr1i.ga findet nun die wahre Aufklärung seiner Gefühle und vertauscht das Asketenleben mit dem eines Schwiegersohnes des Königs. Von Brahmanen eingeschobene Schalterzählungen dienen natürlich vorwiegend dazu, die gesellschaftliche Position der Brahmanen zu festigen. Solche
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Einschübe erklären sich - wie bereits beim Atharva.veda -- aus priesterlicher Überformung. denn auch später waren die Brahmanen bemüht, außerhalb ihrer Kreise enst~ndenen \Verken wenigstens nachträglich ihren Stempel aufzudrücken. So soll die .,Geschichte vom -R'?i Agastya" zeigen, dass ein kundiger Brahmane selbst den Göttern überlegen ist. Die Götter hatten mehrfach versucht, feindliche Dämonen auf dem Meeresgrund zu bekämpfen. Da ihnen dies nicht gelang, wandten sie sich an Agastya mit der Bitte, den Ozean auszutrocknen. Das bot diesem -R~i weiter keine Schwierigkeiten: Er trank kurzerhand den Ozean aus und verschaffte dadurch den Göttern Zutritt zu den verborgenen Däm~onen.
Brahmanische Überlegenheit über andere Stände der altindischen Gesellschaft, insbesondere über die K~atriyas, soll die "Geschichte von Vasi~tha und Visvamitra" demonstrieren . Auch sie hat ihre \Vurzeln schon im IJgveda. Visvamitra ist im A1a.habharata jedoch der Sohn des Königs von Kanyakubja. Eines Tages gewahrte er in der Waldeinsiedele i des ~~i Vasi~tha eine \Vunschkuh- gewissermaßen das altindische Tischleindeckd ich. Alle Wünsche erfüllt eine solche Kuh augenblicklich . Kein Wunder, dass Visvamitra die Kuh erlangen wollte. Er bot ihrem Besitzer zehntausend gewöhnliche Kühe zum Tausch an. Aber Vasi~t.ha lehnte ab. Da entschloss sich Visvamitra, die Kuh zu stehlen. Er stellte dafür ein ganzes Heer auf, doch tat dies die Wunschkuh, die sich nicht rauben lassen wollte, aisbald auch. Ihre Soldaten schlugen die des Visvamitra in die Flucht. Nun musste der K~atriya einsehen, dass er einem Brahmanen unterlegen war. Visvamitra entsagte seiner weltlichen \Vürde, übte Askese und erlangte auf diesem Wege selbst die Brahmanenwü rde. Im AiahabhaTata finden sich ferner zahlreiche Fabeln und Parabeln. Berühmt geworden ist die "Parabel vom Mann im Brunnen", die Vidura dem König DhJ;tara'?tra erzählt. Ein Brahmane verirrt sich in einem dichten, von gefährlichen Tieren wimmelnden \Vald. Dieser wird zudem von fünfköpfigen Drachen und einem grässlich aussehenden vVeib umringt. In der Mitte des \"Jaldes befindet sich ein Brunnen. In diesen fällt der Brahmane, bleibt aber an einer Schlingpflanze hängen. Im Brunnen haust außerdem ein Drache; ferner naht ein sechsmäuliger Riesenelefant. In den Bäumen über dem Brunnen schwirren Bienenschwärm e. Ihr Honig tropft dem Brahmanen in den Mund. Nun jedoch beginnen Mäuse, den Baum, an dem der Brahmane hängL anzunagen. Dies alles ist syn1bolisch zu verstehen, erklärt Vidura: Der endlose \Vald ist der Geburtenkreis lauf (saJnsaTa), die gefährlichen Tiere sind die Krankheiten, das grässliche Weib ist das Alter, der Brunnen ist die körperliche Hülle der Lebewesen, der Drache auf seinem Grund ist die Zeit, die Schlingpflanzen, in denen sich der Brahmane verfing, sind die Hoffnungen, der sechsmäulige Elefant ist das Jahr, die Mäuse sind die Tage und die Nächte, die Honigtropfen sind die sinnlichen Freuden.
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Neben solchen Parabeln fehlen auch die TIERFABELN nicht. Sie lehren nicht so sehr moralisches Verhalten wie Lebensklugheit, vielfach in der Art des Paiica.tantra. (s. S. 154). Der Schakal spielt die Rolle unseres Fuchses; im übrigen reden und handeln die Tiere wie die Menschen. Schließlich enthält das "'1a.habl1arata zahlreiche und inhaltlich besonders wichtige Einschübe didaktischer Art, wie zum Beispiel die Bücher XII und XIII mit den Belehrungen des sterbenden Bhi~ma an Yudhis;thira. \;\1ar der Inhalt dieser Unterweisung ein recht gemischter, so sind die sonstigen didaktischen Partien des Epos vorwiegend philosophischer Natur. Eine große Rolle spielt dabei der Begriff des karman, der fortwirkenden Tat, die eine gute oder schlechte Vergeltung zur Folge hat. Ein Beispiel ist die "Erzählung von Schlange, Tod, Zeit und Karman". Der Sohn der Gautam1, einer frommen Brahmanin, wird von einer Giftschlange totgebissen. Dem rächenden Jäger Arjunaka gelingt es, das Reptil zu fangen. Er bringt es der trauernden Mutter mit dem Hinweis, es zu töten. Aber Gantami entgegnet, dass aus dem Töten eines Lebewesens nur neues Unheil entstehe; außerdem könne ihr Sohn dadurch nicht wieder zum Leben erweckt werden. Doch der Jäger bleibt dabei: Den Feind müsse man töten; schließlich habe ja auch Indra den Drachen Vrtra getötet. Diese größte Tat Indras war in ~-gvedischer Zeit in aller Gedächtnis. In epischer Zeit waren jedoch Indra und die mit ihm zusammenhängenden Mythen so sehr verblasst, dass ein solches "rgvedisches" Argument nicht mehr erfolgversprechend angeführt werden konnte. Nun greift auch die Schlange in die Diskussion ein. Sie sei schuldlos, denn sie sei ja nur das \Verkzeug des M~·tyu, des Todes. Daraufhin erscheint der Todesgott selbst und erklärt, sowohl ihn als auch die Schlange träfe keine Schuld, denn alle Existenz gründe sich auf das ·wirken von Kala (Zeit oder auch Schicksal). Doch der Jäger bleibt dabei, der Schlange und dem Tod den Verlust des Jungen zur Last zu legen. Daraufhin betritt Kala selbst die Szene und spricht die Schlange, den Tod und sich selbst von aller Schuld frei- alle hätten nur unter dem Einfluss des karman gehandelt. Jedermann erlange das Schicksal, das er sich selbst durch seine Taten bereitet hätte. Diese \Vorte trösten Gautam1 über den Verlust ihres Sohnes, den sie nun als die Folge seines und ihres karma.n ansieht. Auf das Verhältnis des Menschen zum Tode wird überhaupt irn Epos mehrfach eingegangen, was angesichts einer blutigen Schlacht als zentralem Thema auch nicht verwundert. Sehr einprägsam ist beispielsweise die" Geschichte vom Geier, Schakal und vom toten Kind". Der einzige Sohn einer Brahmanenfamilie ist gestorben. Untröstlich bringen die Angehörigen den Leichnam des Kindes zum Totenplatz. Ihr Kummer verbietet ihnen das Abschiednehmen, und weinend verharren sie dort. Da kommt ein Geier herbeigeflogen und erklärt ihnen, dass ihr \Vehklagen unnütz sei. Ein Toter werde nun einmal durch nichts wieder
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zum Leben erweckt, daher sollten sie ihren zwecklosen Aufenthalt abbrechen und na.ch Hause gehen. Die Eltern und sonstigen Angehörigen des toten Kindes sehen das schließlich ein und machen sich auf den Heimweg. Da kreuzt ein Schakal ihren ·weg. Er macht ihnen Vorwürfe, dass sie das Kind so schnell vergäßen und nach Hause gingen; das sei ein Zeichen von Lieblosigkeit. So kehren alle bedrückt zum Totenplatz zurück. Dort erwartet sie bereits wieder der Geier. Er tadelt sie wegen ihrer Schwäche. Um eines Totenwillen solle man nicht weinen, nur um seiner selbst willensolle man trauern. Außerdem hänge ja sowieso alles vom kaxma.n ab. In die Fänge von KaJa gera.ten alle, V\Teise wie Narren, Reiche wie Arme, und einem jeden ergehe es nach seinen Taten. Daher gebe es keinen Grund zum Trauern. Halb und halb getröstet, gehen die Angehörigen wieder heimwärts. Unterwegs erwartet sie der Schakal und ermahnt sie erneut: Sie sollten in der Liebe zu ihrem toten Sohn nicht erlahmen und sich auch nicht ohne weiteres dem Schicksal unterwerfen; vielleicht sei es möglich, das Kind wieder zum Leben zu erwecken. Sie kehren also wieder um, und nun bemerkt der Geier, er sei schon tausend Jahre alt, aber noch nie habe er erlebt, dass ein Toter wieder ins Leben getreten sei. Man solle sich um seine Eltern, urn die Verwandten und Freunde kümmern, solange diese am Leben seien ~ wer das nicht tue, begehe ein moralisches Verbrechen. Aber zu welchem Zweck um einen Toten weinen? So geht die wechselseitige Beeinflussung der Angehörigen des verstorbenen Kindes durch Geier und Schakal weiter. Schließlich erbarmt sich Gott Siva der Trauernden und schenkt dem Kind das Leben wieder. Über alle diese didaktisch-philosophischen Partien, ja über den gesamten Inhalt des Epos weit hinaus ragt jedoch der "Sang des Erhabenen", die Bhagavadg1ta.6 Von allen Werken der einheimischen Literatur hat in Indien die Bhagavadgita nach Tiefe und Zeitdauer wohl den größten Einfluss ausgeübt, der sich zudem bis in die Gegenwart hinein erstreckt. Ihrem Inhalt nach ist sie ein didaktisches Gedicht, das vorwiegend philosophische, vor allem ethische, und auch religiöse Gedanken enthält. Im Rahmen des Mahabl1fiTata. konstituiert sie die Kapitel 25 bis 42 des sechsten Buches. Das 'vVerk besteht also aus 18 Kapiteln (Gesängen), wie denn auch das ganze Epos 18 Bücher aufweist. Eingeschaltet ist das Gedicht in den Zeitraum unmittelbar vor Beginn der entscheidenden Schlacht auf dem Kurufeld. Arjuna wirdangesichtsder ihm in der gegnerischen Linie gegenüberstehenden Verwandten, Freunde und Lehrer von Kleinmut befallen; es erscheint ihm ~ selbst für den Fall eines Sieges ~ sinnlos, gegen ihm so nahestehende Menschen Krieg zu führen. Unfähig und nicht gewillt, seine Verwandten zu töten, entspinnt sich mit seinem vVagenlenker (dieser ist K~·~J)a als Inkarnation des Vi~1;.u) ein Gespräch, in dem dieser die Bedenken des Arjuna zerstreut. Die BhagavadgTta ist also in erster Linie ein Dokument des Vi~1:mismus. Der Erhabene (nämlich Vi~1p) wendet sich an A1juna, um ihm
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die Grundsätze pflichtgemäßen Handelns zu vermitteln. Kernstück seiner Belehrung bildet die Ethik, die in drei Hauptpostulaten zusammengefasst wird. Das erste ist kaxman, das aktive Handeln, die Tat. Es wird festgestellt, dass sich kein körperliches \Vesen ganz der Taten enthalten kann. Demzufolge lehrt K~-i?~lk Vi?l:tU nicht etwa die Abstinenz vom Handeln. Im Gegenteil: Es besteht sogar eine Pflicht zur Aktivität, aber diese soll nif?kama sein, das heißt, sie soll nicht nach dem~ Resultat und schon gar nicht nach Lohn fragen, sondern durchaus selbstlos sein. Dies ist eine deutliche ~Wendung gegen den vedischen Ritualismus mit seinen eigennützigen Zielen des "\Vie ich dir, so du mir" gegenüber der Gottheit. Inwiefern besteht nun geradezu eine Pflicht zur Aktivität? Jedes Lebensstadium, vom Schüler über den Hausvater bis zum weltflüchtigen Asketen, und auch jeder Stand oder jede Kaste haben ihre eigenen Gesetze und Pflichten. Diesen gilt es nachzukommen, und tut man das, ohne sich an die Aussicht auf Lohn zu binden, so handelt man besser, als wenn man dem müßigen Idea.l der Untätigkeit nachhängt. Im Kriegsfall ist es nun einmal die Pflicht des Mannes, gegen das Böse zu kämpfen. Was K~·i?lfa hier lehrt, ist also nicht die Ethik des Brahmanen, sondern des K9atriya als Repräsentanten der weltlichen Macht. Es spricht die Stimme des Politikers, der gegen den Quietismus auftritt, die Stimme des politischen Herrschers, dem an einer quietistischen Tendenz seiner Untertanen nicht gelegen sein kann. Für die damalige Zeit war dies also einwenn auch begrenztes- Moment der Fortschrittlichkeit. Voraussetzung für richtiges Handeln ist aber die zweite ethische Grundforderung des Vi?lfU-K~·i?l:ta, nämlich die nach Erkenntnis, nach Wissen (jiiana). Freilich ist darunter a.usschließlich religiös determinierte Einsicht zu verstehen. ~Wenn der Bhagavadg1ta Wissen als bestes Läuterungsmittel, als Weg zur Vereinigung mit der Gottheit gilt, so liegt in diesem Gedanken ein Nachhall aus vedischer Zeit vor; wird doch die vedische Literatur nicht müde zu betonen, dass zum Himmel oder auch in den Besitz weltlicher Güter nur gelangen kann, "yo evam veda" ("wer solches \Veiß")- damit war in der vedischen Ära hauptsächlich der Kenner der Ritualvorschriften gemeint. Die Forderung nach rechtem \Vissen und rechter Tat wird im Sinne des Vi?l:tuismus - also einer Form des Theismus - nun noch von einem dritten Grundpostulat ergänzt, das in der Bhagavadg1ta im Grunde genommen die Rolle des Hauptpostulats spielt. Während Meditation und Abkehr von weltlichem Verlangen für die Vereinigung mit der Gottheit gewiss von Bedeutung sind, gilt als kürzester Weg zum Heil dennoch bhakti, die hingebungsvolle Liebe zu Gott. Bhakti ist strenggenommen damit ein Teil von karman, beruht aber wie dieses auf dem jiiana. Die Verkündung der Gottesliebe ist für die Bhagavadg1ta charakteristisch und durchdringt das ganze Werk. KJ;?l:ta verspricht denjenigen, die ihm bhakti entgegenbringen, Befreiung von Sündenlast, Kum-
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merlosigkeit, Herzensfrieden und Zugang zu ihm selbst. \Ver K~·~1:ta ehrt und liebt, der gelangt dereinst zu ihm. Die Bhakti-Idee hat auf das indische Geistesleben bis in die Gegenwart hinein den größten Einfluss ausgeübt; sie ist sogar in den philosophisch völlig abweichend strukturierten älteren Buddhismus eingedrungen und hat ihn tiefgreifend verändert. Gemessen an diesen eben entwickelten ethischen Grundsätzen, ist der Charakter der Bhagavadg1ta überwiegend theistisch-vi~lfuitisch. Ein persönlicher Gott, K~~lfa, fordert von seinen Anhängern gläubige Liebe. Aber bei aller Bedeutung ist der vi~lfuitische Theismus doch nur eine Komponente der BhagavadgTta. Ein weiterer Bezug dieses vielschichtigen, komplexen vVerkes ergibt sich zu den bereits besprochenen Upani~aden, die ebenfalls als Quellen des in der Bl1agavadgTta vorliegenden Gedankenkonglomerats in Betracht kommen. Ideen des Vedanta - so die Einheit von Individual- und vVeltseele und die Erklärung jedweder Individuation als Täuschung - finden sich in der Bhagava.dgTta so stark vertreten, dass manche Stellen des \iVerkes ohne weiteres in einer Upa.ni~ad stehen könnten. Mehrfach wird die Ritualistik abgelehnt oder die Darbringung von Opfern um einer vViedervergeltung willen verurteilt. Auch die Degradation der vedischen Götter, wie sie schon für die Brahma1fas und mehr noch für die Upani~aden typisch ist, findet sich wieder. Die Unsterblichkeit der Seele leitet die BhagavadgTta sogar direkt aus einem Zitat der Katha-Upani9ad her. Auch die in den Upani~aden dominierende Kategorie der vVelt- oder Allseele, das Brahman, erscheint in modifizierter Form in der BhagavadgTta wieder: Das Brahman ist hier der Mutterschoß, und Gott ist das zeugende \i\'esen -- eine beispiellose religionsgeschichtliche Kontamination. Und während sich K~·s;lfa meist selbst als persönlichen Schöpfergott bezeichnet, ist doch auch verschiedentlich das Brahma.n das alleinige und höchste Weltprinzip. Es ist daher schon die Ansicht geäußert worden, dass die Bhaga.vadgTta durchaus im Licht der jüngeren Upani~aden zu sehen sei. Danach wäre die Brahman-Atman-Identität die Grundidee des Werkes; sie wäre also nicht etwa einem ursprünglich theistischen Gedicht aufgepfropft worden. Einen Ausgleich dieser Standpunkte suchte man dahingehend, dass schon der ursprüngliche Text nicht reinen Theismus, sondern Theismus in Verbindung mit Pantheismus gelehrt habe. \Nie dem auch sei, es ist unbestreitbar, dass die Grundelemente der Bhaga.va.dg1ta in den jüngeren Upani9aden zutage treten, dass sie aber andererseits durch eine theistische Reformlehre ergänzt wurden. Ebenfalls mit den vVurzeln bis in die jüngeren Upani~aden zurück reicht eine weitere Komponente des berühmten Lehrgedichtes: die mit Yoga kombinierte Sarnkhya- Philosophie. Sie ist in wenigen Worten schwer zu beschreiben, zurnal sie in verschiedenartigen Aspekten auftritt. Im wesentlichen beinhaltet das Sari1khya einen ursprünglichen Dualisrnus von Natur und Geist, versucht also - natürlich vergeblich - , die Grundfrage der Philosophie auf vermittelndem
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\Vege zu lösen. Beide, Natur und Geist, gelten als anfangslos und ewig. Bestimmte Richtungen des Sari1khya kommen somit ohne einen Gott aus: Die Seele ist erlöst, wenn sie ihre Verschiedenheit vom Körper erkennt - sie umkleidet sich ja nur mit den einzelnen Körpern, ohne mit ihnen eins zu werden. Andere Richtungen des Samkhya amalgamieren sich dagegen mit Theismus beziehungsweise Pantheismus, und natürlich sind es ihre Gedanken, die in der theistisch orientierten BhagavadgTtii vorzugsweise zum Ausdruck kommen. Für die Ethik des Werks ist deren Sari1khya-Komponente von größter Bedeutung. Die Seele gilt nach der Vorstellung des Samkhya für unzerstörbar, ewig, ungeboren, nicht schwindend, alldurchdringend, nicht wandelnd, von alters her bestehend, nicht offenkundig, undenkbar und unwandelbar (II, 20, 24-45). Zerstört werden können also nur Körper; die Seele aber wechselt den Körper wie dieser die Kleider (II, 22). Man erkennt die Gefährlichkeit der Konsequenzen dieser dualistischen Lehre. Mit ihrer Annahme hat man eine Rechtfertigung für jegliche Gewalttat: Der Seele geschieht ja nichts Schlimmes, wenn der prinzipiell von ihr verschiedene Körper tötet oder getötet wird. Dies war so recht die Ideologie des altindischen Despotismus, der seit der Bildung von Großreichen in Indien ( 6. Jahrhundert v. Chr.) herrschenden, wenn auch nicht alleinigen Staatsform. Aber auch später, ja noch im 20. Jahrhundert, hat sie zur Rechtfertigung des individuellen Terrors gedient, ebenso wie K~·~I:ta mit ihr die Entfesselung der blutigen Mahabharata-Schlacht zu beschönigen versuchte. Das an sich atheistische Samkhya-System wurde vor allem durch die enge Verbindung mit Yoga-Ideen theifiziert. Das Wort "Yoga", das je nach dem Kontext verschieden zu übersetzen ist, bedeutet in transitivem Sinne die Vereinigung, nämlich des Individuums, mit dem Allgott, der \Veltseele. Der Weg dazu führt über die Andacht, Kontemplation und Versenkung. Die Voraussetzung dafür, auf diesem Wege zur Erkenntnis des Vi~lfU als des Allgottes zu gelangen, ist aber sa.matva, der Gleichmut der Seele (VI, 20, 23). Nicht jeder besitzt ihn. KJ;~I:ta lehrt die Wiedergeburt entsprechend den in der beendeten Existenz vollbrachten Taten; erst allmählich bildet sich dabei die Fähigkeit heraus, moralisch so hoch zu steigen, um ein Yogin werden zu können. Während der Einfluss des Theismus und der Brahman-Ätman-Identitätslehre der Upanisaden auf die Bhagavadg1tii unbestritten blieb, ist der Sarnkhya-YogaEinfluss i~ Frage gestellt worden. Der berühmte Kommentator Sarnkara, der um 800 gelebt hat, verneint ihn überhaupt; Samkhya bedeutet nach seiner Auslegung in der Bhaga.vadgTtii "Wissen", Yoga aber "Tat". Mag man diese Deutung auch als willkürlich ansehen, so ist doch zuzugeben, dass im Gebrauch der Sari1khya-Termini in den Upani9aden und in der BhagavadgTtii nicht unwesentliche Unterschiede bestehen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die erwähnten Termini auch innerhalb des Lehrgedichtes selbst eine Entwicklung durchmachen. Zu Beginn bedeutet Sarnkhya einfach die Theorie und Yoga die Praxis.
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Erst allmählich kommt der spezielle technische Sinn dieser Worte zur Anwendung. Unter Abwägung aller vorgebrachten Argumente wird man jedoch zu konzedieren haben, dass Elemente des Sarnkhya-Yoga in der Bha.gava.dgita jedenfalls vorhanden sind und besonders die ethische Konzeption des Werkes na.chhaltig beeinflusst haben. Dies alles lässt erkennen, dass die Bha.gavadgita alles andere als homogen ist. Speziell ihre Ethik ist eine Eklektik unterschiedlicher, ja gegensätzlicher Lehren. Theismus, Asketik, Dualismus, Yoga, Pantheismus und mitunter auch ein pragmatischer Materialismus bilden in ihr ein gewaltsam zusammengefasstes Gewirr. Vor allem fällt der ungelöste Widerspruch zwischen quietistischer, sich nach Erlösung sehnender Asketenmoral und der Moral des aktiven Handeins ins Auge. Auch an anderen Widersprüchlichkeiten fehlt es nicht. So wird Versenkung für höher als selbst das Wissen bezeichnet (XII, 12); anderenorts gilt der Wissende als K~·~l}.as Selbst (VII, 18). Ein eklatanter Widerspruch zeigt sich auch in der Haltung der Bhagava.dgita zum Veda. Einerseits wird über die vedische Ritualistik ablehnend, fast verächtlich geurteilt (II, 42); an anderer Stelle wird das Opfer als magische Kraft, die alle Wünsche erfüllt, glorifiziert (III, 10). Und wie verträgt sich dieses Streben nach Wunsch-Erfüllung mit der anderwärts so eindringlich postulierten wunsch- und begierdelosen, rein auf Pflicht- Erfüllung gerichteten Tat? Es hat eine große Zahl von Versuchen gegeben, diese und andere Widersprüche zu erklären. So weisen nach der Auffassung von Richard Garbe die Bhagavadgita und andere philosophische Texte des Mahabharata in ihrer jetzigen Form nichts Ursprüngliches auf, sondern sind jüngere Entwicklungen und Kontaminationen verschiedenartiger Lehren. Nach Garbe ist die BhagavadgTta das Produkt eines philosophischen Synkretismus. Für Paul Deussen stellt sich die Sachlage jedoch anders dar. Er sieht in diesern Lehrgedicht keine Misch-, sondern eine Übergangsphilosophie. In diesem Zusammenhang legt er großen Wert auf die Feststellung, dass das Mahabharata nach Sprache, Metrik und insbesondere nach seinem philosophischen Gehalt eine Brücke zwischen den Upani~aden und der klassischen Zeit bildet. Speziell die Bl1agavadgita vermittele zwischen ihnen. Eine dritte Gruppe von Forschern vertritt die Meinung, dass die der Bllagavadgita innewohnenden Widersprüche auf rationalem Wege überhaupt nicht zu klären seien. Diese Auffassung wurde schon von Wilhelm V. Humboldt inauguriert, später von K. T. Telang und R. G. Bhandarkar präzisiert und in neuerer Zeit besonders von F. Edgerton ausgebaut. Diese Indologen halten dafür, dass man die Bl1agavadg1ta nicht mit logisch-philosophischen Maßstäben messen dürfe; sie sei vielmehr vom poetisch-mystischen Standpunkt zu bewerten. Obwohl alle aufgeführten Hypothesen sehr wohl jeweils geeignete Argumente zu ihrer Stützung heranziehen können, hat doch der Standpunkt R. Garbes das
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meiste für sich. Übergangsphilosophien wie beim Sarnkhya hat es zwar gegeben, doch ein ganzes ideologisches Konglomerat wie die Bllaga.vadg1ta kann nicht als bloßes Übergangsprodukt gedeutet werden. Andererseits ist trotz des bedeutsamen poetischen Gehalts des Lehrgedichtes festzustellen, dass es eine ganz bestimmte politische Absicht, nämlich die Führung eines blutigen Krieges- bei dem sich nicht zuletzt Verwandte gegenüberstehen- ideologisch zu fundieren bestrebt ist. Man kann sich also nicht auf eine bloße mystisch-poetische Betrachtungsweise zurückziehen. Der Verfasser des Gedichtes versucht vielmehr, diverse der zu seiner Zeit besonders hervortretenden philosophischen Anschauungen zu einem System zusammenzufassen. Die Bllaga.vadg1ta wurde damit zu einem klassischen Beispiel des literarisch-philosophischen Eklektizismus. Eine weitere Frage ist die, ob das Gedicht von Anfang an ein Teil des 1\!Iahabhara.ta gewesen ist. K. T. Telang war Vertreter derjenigen Richtung, die eine originäre Zugehörigkeit der Bhagava.dg1ta zum Mahabharata annahm. Überzeugender jedoch ist die Meinung von M. Winternitz. Danach hatte es im J.WalJabharata ursprünglich nur einen kurzen Dialog zwischen Arjuna und seinem Wagenlenker gegeben. Die Bhagavadg1ta existierte nebenher als unabhängiges Werk und wurde erst nachträglich ins Epos eingefügt. Es ist in der Tat mit dem Gang der epischen Handlung kaum zu vereinbaren, dass gerade unmittelbar vor dem Beginn einer entscheidenden Schlacht eine lange philosophische Belehrung stattgefunden haben sollte. \71/as die absolute Chronologie betrifft, so ist es nach dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse sehr wahrscheinlich, dass die Bhagava.dg1ta im 4. bis 3. Jahrhundert v. Chr. entstand und im 2. Jahrhundert n. Chr. in das Mahabharata eingeschoben wurde. Die Konservierung des Textes ist seither eine sehr gute gewesen. Dazu mag auch die runde Zahl von 700 Versen beigetragen haben. Der dichterische Rang der GTta ist ebenfalls unterschiedlich bewertet worden. L. v. Schroeder etwa schätzte sie weitaus höher als R. Garbe und M. \iVinternitz. Es ist unbezweifelbar, dass die Bhagava.dg1ta kaum eine so tiefgreifende Bedeutung erlangt hätte, wenn sie nicht in das poetische Gewand gekleidet worden wäre, das sie trägt und das besonders im XI. Gesang einem sternenfunkelnden Mantel gleicht. Arjuna sprach: l. Mir zuliebe ist das höchste,
geheimnisvolle, von höchster Weisheit erfüllte \71/ort von dir gesprochen worden. Dadurch ist diese meine Betörung geschwunden. 2. Denn \Verden und Vergehen der Geschöpfe sind durch mich ausführlich vernommen worden
Da.s Mahabharata von dir, o Lotosblattäugiger, und deine unvergängliche Erhabenheit. 3. So wie du hier dein Selbst beschrieben hast, o höchster Herr, möchte sehen ich deine göttliche Gestalt, erhabenster Geist. 4. \Venn du meinst, dass diese von n1ir geschaut werden kann, o Herr, dann, o Herr der Andacht, zeige mir dein unvergängliches Selbst! Der Erhabene sprach: 7. Die ganze ~Welt schaue jetzt, die bewegliche und unbewegliche, hier auf einer Stelle, in meinem Leib, vereinigt und was du sonst noch sehen möchtest. 8. Doch kannst du mich nicht sehen mit diesem deinem eigenen Auge. Ein himmlisches Auge gebe ich dir; schaue meine erhabene Macht. Arjuna sprach: 18. Du bist das Unzerstörbare, das höchste Wissenswerte; du bist der höchste Schatz dieses ganzen Alls. Du bist der unvergängliche Hüter der ewigen Gerechtigkeit. Als ewiger Urgeist bist du von mir begriffen worden. 19. Als frei von Anfang, Mitte, Ende, unendlich kraftvoll, mit unendlichen Armen, mit Mond und Sonne als Augen, erschaue ich dich, dessen Mund wie leuchtendes Opferfeuer ist, mit deinem Glanz dies All erwärmend. 20. Was zwischen Himmel und Erde ist, wird ja von dir allein ausgefüllt, wie auch alle Himmelsgegenden. \Venn sie deine wunderbare, gewaltige Gestalt sieht, erbebt diese Dreiwelt, o Erhabener!
Der Erhabene sprach: 52. Diese sehr schwer zu schauende Gestalt, die du von mir gesehen hast -
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selbst die Götter sehnen sich immerfort nach dem Anblick dieser Gestalt. 53. Vleder bin ich durch die Veden noch durch Askese, noch durch Spende und Opfer in dieser Gestalt zu sehen, wie du mich gesehen hast. 54. Aber durch keinem anderen geltende Hingabe bin ich in dieser Gestalt, o Arjuna, dem \Vesen nach zu erkennen und zu schauenund das ist der vVeg, um in mich einzugehen, o Feindezüchtiger! 55. \Ver um meinetvvillen tätig ist, mich als Höchsten achtet, mich liebt und frei von Anhaften ist, wer frei von Feindseligkeit gegenüber allen \Vesen ist, der gelangt zu mir, o Panqu-Sohn! (Übers.: Klaus Mylius) Es ist gewiss kein Zufall, dass die Bba.ga'vadg1ta zu den ersten altindischen \Verken gehörte, die in Europa bekannt wurden. Schon im Jahre 1785 wurde sie von Charles Wilkins übersetzt. Glücklich für das weitere Schicksal des Gedichts war auch der Umstand, dass es 1823 eine hervorragende Edition durch August v. Schlegel erfuhr, der ihr eine lateinische Übersetzung beifügte. Durch diese wiederum lernte Wilhelm v. Humboldt die Bbagavadglta kennen und trug durch sein begeistertes Urteil wesentlich zum weiteren Bekanntwerden des Gedichts bei. Dennoch ist es durchaus nicht leicht und nur andeutungsweise möglich, die Ursachen für die so außerordentlich tiefgreifende \Virkung des Gedichts zu ergründen. Die Bl1aga.vadg1ta ist speziell ein heiliges Buch der Bhagavatas, einer vi~]fuitischen Sekte; allgemein ist sie aber ein Erbauungs- und Trostbuch für die Mehrheit der Hindus überhaupt. Kaum etwas könnte ihre Popularität besser illustrieren als die Tatsache, dass sie in Indien schlechthin "die G1ta" ("der Gesang") genannt wird. Immer und immer wieder ist das \Verk kommentiert und neu gedeutet worden. Die berühmtesten Vertreter des indischen Geisteslebens haben über die Jahrhunderte hinweg ihren Stolz darein gesetzt, zur Schar der G1ta- Kommentatoren zu gehören; wir nennen von ihnen hier nur Sa1i1kara, Ramanuja, Vallabha, Nimbarka, aus neuerer Zeit B. G. Tilak, Sr1 Aurobindo Ghosh und M. K. Gandhi. Und dieses gewaltige Ansehen hat sich das Werk trotz einiger Momente erworben, die ihm an sich entgegenzuwirken geeignet sind. Das sind einmal die zahlreichen ihm innewohnenden Widersprüche. Das ist aber auch der fast völlige Mangel des Textes an einer Entwicklung seiner Gedanken, insbesondere in dem ganzen dem XI. Gesang folgenden Teil. Wie konnte es also zu einer
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so großen kulturgeschichtlichen und politischen Bedeutung der Bhagavadglta kommen? Es ist zunächst-zu betonen, dass in der Geschichte des indischen Idealismus das additive, nicht das substitutive Denken vorherrschte. Schon im vedischen Pantheon konnte ein Gott sehr wohl zeitweilig die Aufgaben eines anderen übernehmen, und ähnlich unscharf waren später die meisten philosophischen Systeme konturiert. Die der Bhagavadgfta inhärenten Vvidersprüche stellen sich vielen Indern also mitnichten als solche, sondern vielmehr als Reichtum und Vielfalt der Ideen dar. Und eben hier sehen wir den Ha.uptgrund für die gewaltige Ausstrahlungskraft dieses Gedichtes. "\'Ver vieles bringt, wird jedem etwas bringen", ist hier das passende Schlüsselwort. Die G1tä umfasst eine so breite philosophische Palette, dass sie die Anhänger der verschiedensten idealistischen Spielarten bis zum pragmatischen Materialismus zufriedenzustellen vermag. Ob es der Verfechter aktiven Handelns oder der nach Erkenntnis Strebende oder der die mystische Vereinigung mit Gott Suchende ist- ihnen allen hat die Bllaga.vadgfta etwas zu sagen. Der Pragmatiker, der vedische Ritualist, der Asket, der Dualist, der Monist - sie alle empfangen von ihr Erbauung, Trost und Stärkung. Und sie empfangen es durch das Medium einer edlen, begeisternden, wahrhaft dichterischen Sprache. So nimmt es nicht wunder, wenn sich das Gedicht Seele und Sinne Hunderter von Millionen Menschen erobert hat. Damit beschließen wir die Besprechung des eigentlichen Mallabl1arata und haben uns nun noch seinem Appendix, dem Harivaiilsa, zuzuwenden. 7 Der HaTivamsa wird von der orthodoxen Tradition als Nachtrag zum Ma.llabllarata. angesehen. In Wahrheit ist er aber ein Puräl].a, denn es treffen auf ihn die im Abschnitt über die Puräl).aS zu findenden Merkmale zu. Das Werk hat einen rein äußerlich hergestellten, a.ber keinen inneren Zusammenhang zum Epos. Mit seinen immerhin 16374 Slokas nimmt es in der Literaturgeschichte a.ber dennoch eine nicht zu übergehende Rolle ein. Vorgetragen von Vaisampäyana ist es - wie das Epos - vorwiegend eine Verherrlichung des Vif?l].U. Der Form nach ist es jedoch kein Epos, sondern im wesentlichen eine Aneinanderreihung von Legenden. Das ganze \'Verk zerfällt in drei Teile. Sie sind voneinander so stark unterschieden, dass der HaTivam.sa keinesfalls das vVerk eines einzigen Dichters sein kann. Der erste Teil führt den Namen Harivamsaparvan und hat dem Gesamtwerk seinen Titel gegeben. Hier findet man eine Genealogie der sogenannten Sonnendynastie, das heißt des Ik9väku und seiner Nachfahren. In diese Hauptthematik sind aber auch Stücke ganz anderer Art eingebettet, zum Beispiel diverse Legenden und eine Abhandlung über den Ahnenkult. Sodann wird die von Atri abgeleitete Monddynastie behandelt. Hier findet sich auch eine weitere Version der Geschichte von Purüravas und Urvas1, die sich eng an die im Satapatlla-
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Brahmai.Ja. enthaltene Fassung anlehnt.
Der zweite Teil ist der wichtigste des ·werkes. Er heißt Vi9~mparvan, und dies zu Recht, denn er ist fast ausschließlich der Inkarnation des Vi
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Der Dämon Nikumbha hat einem Brahmanen seine Tochternamens Bhanumat1 gestohlen. K~·sa:tas Sohn Pradyumna bringt die Geraubte wohlbeha.lten zurück; K~·~1_1a tötet den Dämon. Nachdem sich das Buch ausführlich mit dem eben genannten Pradyumna beschäftigt hat, schließt es mit der Legende von Ba1_1a. Aniruddha, der Sohn des Pradyumna, gerät in Konflikt mit dem Dämonenkönig Ba1_1a. ~Während K~·91_1a natürlich an die Seite Aniruddhas tritt, wird Ba1_1a, der zunächst überlegen ist, von Siva unterstützt. Dies führt zu einem schrecklichen, die Welt verheerenden Ka.lTtpf zwischen Vis;1_:m und Siva. Erst Brahman besänftigt die beiden und stiftet Frieden, indem er erklärt, dass Vi~1_1u und Siva in Wahrheit identisch sind. Das dritte Buch des Harivamsa führt den Namen Bhavi~yapa.rvan, um anzudeuten, dass es sich mit der Zukunft beschäftigt. Es besteht einfach aus einer Anzahl aneinandergereihte r Pura1_1a-Texte. Die Beschäftigung mit der Zukunft schlägt sich in Prophezeiungen nieder, die der 'vVelt eine äußerst schlechte Periode, das sogenannte Kali-Zeitalter, voraussagen. Religionsgeschichtlich interessant ist sodann ein Abschnitt, in welchem sich Siva und Vi91_1u gegenseitig preisen - offenbar eine notwendig gewordene Konzession an den Sivaismus. Erst ganz zum Schluss stellt der Harivamsa einen allerdings sehr lockeren und äußerlichen Bezug zum Mahabl1arata her, indem er das Hören von Mal1abharata und Harivam.sa preist. Es konnten hier nur einige der Grundzüge und der wichtigsten Episoden des Ma.habharata vorgetragen werden. Aber auch sie werden bereits gezeigt haben, dass dieses große Werk eine unerschöpfliche Quelle unseres Wissens vom alten Indien ist, die zudem keine "Blitzlichtaufnahm e" eines engbegrenzten Zeitraumes vermittelt, sondern viele Jahrhunderte altindischer Gesellschaftsentwic klung widerspiegelt.
Anmerkungen Altere Ausgaben sind die sog. Calcuttaer Edition (1834-1839), die sog. Bornbayer Edition (1862-1888), die Edition von P. Ch. Roy (1882 ff.) und noch andere mehr. Die erste kritische Ausgabe wurde von V. S. Sukthankar, S. K. Belvalkar und P. L. Vaidya erarbeitet und erschien mit diversen Kommentatoren in 19 Bänden (Poona 1933-1966); daraus allein der Text in vier Bänden (Poona 1971-1975). Eine Gesamtübersetzung wurde von P. Ch. Roy besorgt (Calcutta 1883-1896; zwölfbändig in 3. Aufl. Delhi 1972-1976). Übersetzung auch von M. N. Dutt (7 Bde., zuletzt Delhi 1988) Eine neue, dem jetzt erreichten Kenntnisstand entsprechende Gesamtübersetzung war unter der Autorschaft von J. A. B. van Buitenen aufsieben Bände geplant (Chicago 1973 ff.), ist aber unvollendet geblieben. Englische Prosaübersetzung von K. M. Ganguli (5. Aufl., Delhi 1991). 2 Über das M~ahabharata gibt es zahlreiche Studien zurn Gesamtwerk und zu Einzelfragen. Eine sehr gute Gesamtübersicht gibt H. Oldenberg: Das Mahabharata. Seine Ent-
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stehung, sein Inhalt, seine Form (Göttingen 1922). Inhaltsreich, aber umstritten ist A. Holtzmann: Das Mahabharata und seine Teile (Kiel 1892-1895, Neudruck Osnabrück 1971); H. Gehrts: Mahabharata. Das Geschehen und seine Bedeutung (Bonn 1975); ein gleiches Urteil gilt für J. Dahlmann: Das Mahabharata als Epos und Reciltsbuch (Berlin 1895). Sehr gut fundiert dagegen ist E. W. Hopkins: The Great Epic of India, Its Character and Origin (New York 1901, Neuausgaben New Haven 1920 und Delhi 1993). Das ästhetische Niveau untersucht R. K. Sharma: Elements of Poetry in the Mahabharata (1964). Zudem gibt es eine große Anzahl lexikalischer Arbeiten zun1 Epos, von denen hier nur wenige genannt werden können. Eine der ersten und richtungweisenden ist die von H. Jacobi: Mahabharata. Inhaltsangabe, Index und Konkordanz der Calcuttaer und
Bombayer Ausgabe (Bonn 1903, Neudruck Darmstadt 1963). Ein Standardwerk lieferte auch S. Sörensen: Index to the Names in the Mahabharata (London 1904-1925, Neudruck Delhi 1978). Ein ausgezeichnetes, materialreiches Register aller im Epos vorkommenden Eigennamen bietet Vettam Mani: PuraiJ.ic Encyclopaedia (4. Aufi., Delhi 1979). P. L. Vaidya erarbeitete einen sechsbändigen Index aller Viertelverse: Pratfka-Index of the Mailabharata (Poona 1967-1972). 3 Es gibt eine ganze Anzahl von Kurzfassungen und Nacherzählungen des Inhalts des Mahabharata. Zum Teil schon sehr ins Detail gehend ist die Darstellung bei S. Lefmann:
Geschichte des alten Indiens (Berlin 1890). Von selbstständigen Nacherzählungen ist die Monographie von B. Roy (Düsseldorf und Köln 1961, 23. Tsd. 1986) am bekanntesten geworden. Eine Rezitation des Epos auf 200 Tonbandkassetten zu je 90 Minuten von P. Lal erscheint in Calcutta. 4 Die Nala-Geschichte wurde herausgegeben von B. Liebich in seinem Sanskrit-Lesebuch (Breslau 1905). Eine Übersetzung lieferten H. C. Kellner (Leipzig 1885) und A. Wezler (RUB, Nr. 8938, Stuttgart 1965). Eine Ausgabe zusammen mit Vokabular und Übersetzung verdanken wir M. VVilliams; das \tVerk erschien als Bd. 53 der Chowkhamba Sanskrit Studies (Varanasi 1965). Ausgabe zusammen n1.it dem Nala-Lied auch von \'V. Caland (Utrecht 1917, Neudruck Viliesbaden 1982).
5 Die Sävitr1-Geschichte wurde ebenfalls von H. C. Kellner übersetzt (Leipzig 1888). 6 Für das Verständnis der BhagavadgTta grundlegend war die Ausgabe von A. W. v. Schlegel (Bonn 1823); in der 2. Aufi. bearbeitet von Ch. Lassen (Bonn 1846). Die heute gültige kritische Ausgabe, die auf der Poonaer kritischen Gesamtausgabe des Mahabharata beruht (Poona 1945), hat S. K. Belvalkar besorgt. Daneben gibt es eine Flut indischer Editionen, die oft religiös-propagandistischen Zwecken dienen und entsprechend kommentiert sind. Nach der englischen Übersetzung durch Ch. Wilkins (London 1785) wurden Teile der BhagavadgTta erstmalig ins Deutsche übertragen von F. v. Schlegel: Über die Sprache und Weisheit der Indier (Heidelberg 1808). Verfehlt waren die Übersetzungen von J. Lorinser (Breslau 1869) und F. Hartmann (Braunschweig 1892). Sehr beachtlich dagegen die Prosaübersetzung von K. T. Telang als Bd. VIII der Sacred Books ofthe East (Oxford 1882, Neudruck 1963). Telang übersetzte in diesem Band noch zwei weitere philosophische Stücke aus dem Mahabharata, nämlich das Sanatsujat1ya aus dem 5. und die Anug!ta aus dem 14. Parvan. Ausgezeichnet und grundlegend ferner die Arbeit von R. Garbe: Die
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Bhagavadg1ta, aus dem Sanskrit übersetzt, mit einer Einleitung über ihre ursprüngliche Gestalt, ihre Lehren und ihr Alter (Leipzig 1905, Neudruck Darmstadt 1978). Weniger kritisch distanziert ist die Übersetzung von P. Deussen (Leipzig 1911 ). Eine sprachlich gute Leistung, die aber durch ideologische Missgriffe und Fehldeutunge n verdunkelt wird, ist L. v. Schroeders Übersetzung (Jena 1912, Neuausgabe Köln und Düsseldorf 1965). Übersetzung mit Einleitung und ausführlicher Annotation auch von G. Lietz (Stuttgart 1961), K. Mylius (in RUB, Nr. 814, Leipzig 1980) und H. Maldoner (Hamburg 1986). Zur Bhagavadg!ta -Literatur gehören auch zahlreiche exegetische Werke. Sie wurden eröffnet von VV. v. Humboldt: Über die unter dem Namen Bhagavad-G1ta bekannte Episode des Mahabharata (Berlin 1825/26). Von späteren Arbeiten erlangte die Studie von F. Edgerton (Chicago 1925) Bedeutung. In Indien gibt es eine große Zahl einschlägiger Werke mit stark divergierende n politischen Tendenzen (A. Ghosh, S. Radhakrishna n). \'\Tissenschaftlich besser fundiert ist die Studie von D. D. Vadekar (Poona 1928). Den fragwürdigen Versuch der Rekonstruktio n einer Ur-G!ta unternahm R. Otto: Die Urgestalt der Bhagavad-G! ta (Tübingen 1934). Sehr wichtig dagegen der Beitrag von W. Ruben: Die Lehre vom Handeln in der Bhagavadg1ta (Festschrift für W. Schubring, Hamburg 1951). Interessante Aspekte enthält die Arbeit von K. N. Upadhyaya: Early Buddhism and the Bhagavadg1ta (Delhi 1971). Die umfassendste Studie über die geschichtlichen Auswirkungen der Glta, 763 Seiten umfassend, von P. N. Bazaz: The Role of Bhagavadgfta in Indian History (New Delhi 1975). 7 Der Harivarilia wurde herausgegebe n von Ramchandra Sastr! (Poona 1936). Die erste kritische Ausgabe besorgte P. L. Vaidya (2 Bde., Poona 1969-1971 ). Bezüglich der Übersetzungen s. Anm. 1.
Das zweite große altindische Epos ist das Ramayal}a.. 1 Es gilt als das erste im Stile der Kunstdichtu ng (kavya) verfa.sste Werk, und sein Verfasser wird als "erster Kunstdichte r" ( adikavi) bezeichnet. Dies ist nicht unberechtig t, sofern man in Betracht zieht, dass das Ramiiyal}a die neue Stilrichtung erst anbahnt und zwischen Volks- und Kunstdichtu ng einen Mittelweg nimmt. Man darf nämlich den Satz aufstellen, dass die ältesten Werke der Kunstdichtu ng auch noch die größte Schlichtheit aufweisen. Im Ramayal}a bezieht beziehungsw eise beschränkt sich der Kävya-Stil hauptsächli ch auf :Metaphern und Vergleiche, die ihrerseits wieder vorwiegend auf Naturbesch reibungen bezogen sind. Nach der indischen Tradition erhielt der Ädikavi Valmiki von Brahman selbst den Auftrag, das Epos zu verfassen. Daran ist so viel real, dass, nach Inhalt und Form des Ramayal}a zu urteilen, sehr wohl ein einzelner Dichter der Verfasser wenigstens des größten Teils des Epos gewesen sein kann. Seine Geschlossen heit steht unvergleichlich höher als die des 1V1ahabhiiTata, wie es denn überhaupt vielfältige, noch zu berührende Unterschied e zwischen den beiden Epen gibt. In seiner jetzigen Gestalt besteht das Ramaya1;a aus sieben Büchern (ki1TJ4a, den paTvan des jVJahabhaTata entsprechen d) und etwa 24000 Slokas.
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Käi:t<;la I führt den Namen Bälakäi:t<;la und stellt, ähnlich wie das Mahabharata, zunächst die Hauptpersonen vor. Hierbei zeigt sich sogleich, dass das Epos die Verherrlichung des Visn;u in seiner Inkarnation als Räma zum Zweck hat. In Ayodhyä herrschte der König des Landes Kosala, namens Dasaratha. Er litt sehr darunter, dass er kinderlos war. Um einen Sohn als Thronfolger zu erhalten, brachte er ein Rossopfer (Asvamedha) dar (man sieht, wie lange die vedischen Einrichtungen noch nachwirkten). Zu dieser Zeit führte gerade der Dämonenfürst Räva!fa Krieg gegen die Götter und bedrängte sie schwer. Sie wandten sich daher an Visn:tu mit der Bitte, den Rävalfa zu besiegen und die Gefahr von ihnen abzuwenden. Daraufhin wird Vi~IfU in der irdischen Inkarnation als Räma geboren, nämlich als Sohn des Dasaratha und dessen Gemahlin Kausalyä. Der König hatte aber auch noch andere Frauen, die ebenfalls zu dieser Zeit gebären: Die Kaikey""l bringt den Bharata, die Sumiträ den Lak~mai:ta und den Satrughna zur \Velt. Räma und Lak~mar:ta wachsen zusammen auf. Nachdem sie erwachsen sind, verbünden sie sich mit dem ~~i Visvämitra und ziehen an den Ganges, um sich für die Vorbereitung des Kampfes mit Rävar:ta im Töten von Räk~asas (Dämonen) zu üben. Danach kommen sie an den Hof des Königs Janaka von Videha. Dessen Pflegetochter Sitä ist bereit, denjenigen zu heiraten, der einen bestimmten riesigen Bogen zu spannen vermag. Räma. bringt dies fertig und gewinnt somit Sitä (der Name bedeutet "Ackerfurche") zur Gemahlin. Buch II spielt im wesentlichen in Ayodhyä und heißt deshalb Ayodhyäkäi:t<;la. Der König Dasaratha, in die Jahre gekommen, will seinen Sohn Räma zum Thronfolger machen, doch gibt es unerwartete Schwierigkeiten. Sie beruhen auf einer Hofintrige, die von Mantharä, einer buckligen Amme, angezettelt wird. Diese bemüht sich, die Mutter des Bharata, also die Königsgattin Kaikeyi, gegen diese Lösung der Thronfolge einzunehmen. Kaikeyi hatte in früherer Zeit vom König die Erfüllungzweier \Vünsche eingeräumt erha.lten. Auf Drängen der Ma.ntharä nimmt sie den König nunmehr beim \Vort und fordert, dass Bharata Thronfolger werden, Räma aber vierzehn Jahre lang in der Verbannung leben solle. Der König ist hiervon zutiefst getroffen, doch darf er das gegebene Wort nicht brechen. So nehmen die Dinge nach der Vorstellung der Kaikeyi ihren Lauf. Räma geht mit seiner Gattin Sitä und seinem Bruder Lak~malfa in die Verbannung. Diesen Verlust vermag der König nicht zu verwinden, und eines Nachts stirbt er vor Gram. Bharata aber ist tugendsamer a.ls die ihn umgebenden Intrigantinnen: Er lehnt es ab, die Thronfolge zu übernehm.en. Um Räma vom Gang der Dinge in Kenntnis zu setzen, beginnt er eine mühselige Suche nach ihm und findet ihn schließlich in einem Waldgebirgenamens Citrakuta. Hier schlägt er Räma vor, aus der Einsiedelei zurückzukehren und den Thron von Ayodhyä zu besteigen. Doch Räma zeigt bereits hier, dass er ein Muster an Ehrlichkeit und Tugend ist.
101 Für ihn gilt das V'!ort seines Vaters, und solange die Verbannungsfr ist währt, kann er nicht zurückkehren. An dieser Stelle ist eine interessante Passage eingeschaltet. Wie schon angedeutet, ist die Tendenz des Ramayal)a eine klare religiös-vi~l:tuitische. Nun aber tritt ein Opponent auf, ein gewisser Jäbäli, der als Nästika bezeichnet wird. Die genaue Wiedergabe dieses Wortes ist "Nihilist"; speziell gemeint ist aber jemand, der Bedeutung und ·Wahrheit des Veda bestreitet, und zwar vom Standpunkt eines (damals natürlich unausgebildete n beziehungswei se empirischen) Materialismus . Jäbäli stellt denn auch Rämas ganze Morallehre in Frage, indem er ihm klarmachen will, dass ein Jenseits nur im Geschwätz der Priester existiere. Räma vveist diese Argumentatio n natürlich von sich und bleibt bei seiner ';\!eigerung, vorzeitig den Thron von Ayodhyä zu besteigen. Nun beginnt Buch III, Arm:tyakäl:t9.a ("Waldbuch") genannt. Räma zieht mit S1tä und Lak~mal:ta weiter. Mannigfache Abenteuer haben sie zu bestehen. So hat Räma einen Kampf mit dem Riesen Virädha auszufechten, den er siegreich beendet. Im weiteren Verlauf treffen sie auf Surpalfakhä (vergleiche die Hiqir11bä im Mahabharata), eine Schwester des Dämonenfürst en Räval:ta. Diese verliebt sich in Räma und wünscht, ihn zu besitzen. Indem er auf die Tatsache verweist, dass er bereits verheiratet ist, empfiehlt er ihr, sich an Lak~mal:ta zu wenden. Doch dieser weist die Riesin verächtlich zurück. Daraufhin gerät sie in solche 'Nut, dass sie S1tä zu verschlucken droht, aber Lak~ma11-a schneidet ihr Ohren und Nase ab. Sie flieht zu ihrem Bruder Khara, und dieser kommt ihr mit einem aus 14000 Däm~onen bestehenden Heer zu Hilfe. Räma besiegt sie, und Khara findet dabei den Tod. Die Riesin flieht nunmehr zu ihrem Bruder Rävm:ta nach Lm1kä. 2 Dort schildert sie diesem die Schönheit der Sltä in leuchtenden Farben und drängt ihn, sie zu entführen. Räval:ta begibt sich zu seinem Freund, dem Dämon Mär1ca, der zum Schein das Leben eines Asketen führt. Mär1ca verspricht, den Entführurrgspl an zu unterstützen. Als goldene Gazelle lenkt er die Aufmerksamke it auf sich, und Räval:ta gelingt es, als Bettelmönch verkleidet, S1tä zu rauben. Vergeblich versucht der Geier Jat,äyus, den Raub zu verhindern; er wird durch Räval:ta dabei schwer verwundet. Räva1fa führt S1tä nach Lankä und will sie zur Heirat zwingen. Doch S1tä weist ihn voller Abscheu zurück. Da sperrt er sie in eine Grotte und droht, sie zu verspeisen, wenn sie sich innerhalb von zwölf Monaten nicht anders entschieden haben sollte. Rän1a und Lalqmal:ta haben inzwischen das Verschwinden der S1tä bemerkt. Sie finden Spuren der Entführung und stoßen schließlich auf den verwundeten Geier Jatäyus. Dieser berichtet ihnen das Vorgefallene, stirbt aber noch während seiner Erzählung. Danach begegnet ihnen ein kopfloses Ungeheuernam ens Kabandha. Räma schlägt ihm die Arme ab und befreit ihn dadurch von einem Fluch. Aus Dankbarkeit rät er den beiden, ein Bündnis mit dem Affenkönig Sugr1va zu suchen.
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Von der Herstellung dieses Bündnisses berichtet Buch IV, das Ki~kindhakal). <;ta. An einem schön gelegenen (und entsprechend besungenen) See Pampa treffen die beiden Brüder auf Sugr1va. Diesen hatte allerdings gerade ein schweres Unglück ereilt. Sein Bruder Valin hatte ihm sein Weib und sein Königreich weggenommen und ihn selbst verjagt. Nun lebt er statt in seiner Hauptstadt Ki~kindha mit seinem "Kanzler" Hanumat in der Verbannung. Rama schließt mit ihm einen Pakt: Er will dem Affen helfen, sein Reich wiederzugewin nen, wenn dieser ihm bei der Befreiung S1tas hilft. Vor Ki~kindha kommt es zur Schlacht, die durch Ramas Unterstützung für Sugr1va gewonnen wird, wobei Rama selbst den Valin tötet. Sugr1va wird wieder in seine Herrschaft eingesetzt, und Hanumat erhält die Aufgabe, den genauen Aufenthaltsort der geraubten S1ta zu ermitteln. Hanumat macht sich in Begleitung einer Affenhorde auf die Suche. Dabei trifft er auf Sampati, einen Bruder des getöteten Geiers Jatayus. Der Geier beschreibt den Affen den Weg nach Lari.ka. Die Affen richten sich nach seinem Rat und gelangen glücklich an die Küste; doch als sie nun die tobende See vor sich sehen, verzweifeln sie fast an der Möglichkeit, auf die Insel zu gelangen. Sie beratschlagen und kommen zu der Ansicht, dass Lanka nur im \Veitsprung zu erreichen sein wird. Darin aber ist Hanumat am besten geübt. Er begibt sich auf einen Berg und springt von dort nach La.1i.ka hinüber. Laii.kakaiJ.<;ia wird Buch V genannt; es führt auch den Namen Sundaraka~1<;la ("Das schöne Buch"). Beide Bezeichnungen sind gerechtfertigt: Hier werden poetisch eindrucksvolle Beschreibunge n von der Schönheit der Insel und von der Pracht der Hauptstadt gegeben. Hanumat ist nach einem mächtigen, vier Tage währenden Sprung auf Lanka angekommen. Er besichtigt die Stadt, von der aus RavaiJ.a herrscht, kommt auch in den Palast des Dämonenfürst en, findet S1ta aber erst nach langer Suche in einem Hain. Er überbringt ihr Grüße von Rama und berichtet über die Absicht, sie zu befreien. S1ta muss ihn aber darauf hinweisen, dass sie in nunmehr zwei Monaten von Raval).a verschlungen würde. Eile ist also geboten. Hier folgt eine spätere Interpolation. Hanumat wird nach langem Kampf ergriffen und gefesselt vor Ravar).a gebracht. Dieser möchte ihn am liebsten gleich töten, beschränkt sich aber einstweilen darauf, des Affen Schwanz anzuzünden. Mit dem brennenden Schwanz rennt Hanumat umher und steckt auf diese Weise die ganze Stadt in Brand. Auf Bitten S1tas lässt der Feuergott Agni den Hanumat am Leben. Nach diesem späteren Einschub kehrt Hanumat zu Rama zurück und berichtet alles, was er gesehen und was S1ta ihm gesagt hat. Buch VI ist das umfangreichst e von allen; es führt den Namen Yuddhakal).<;ia ("Buch vom Kampf"). Rama will aufgrund des von Hanumat erhaltenen Berichtes Slta schnellstens befreien, weiß aber nicht, wie größere Truppenmasse n auf die Insel gelangen sollen. Da empfiehlt Sugr1va, eine Brücke zu bauen. Das Affenheer rückt nunmehr auf die Küste zu.
Das Ramayal).a
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Die Nachricht vom Anmarsch der Affentruppen gelangt nach Lankä, und Räva11-a beruft einen großen Rat ein. Mit einer Ausnahme sind alle dafür, sich auf einen Kampf Yorzubereiten. Die Ausnahme ist Rävai)-aS Bruder Vibhis;aiJ-a. Er spricht von bösen Vorzeichen und rät, S1tä herauszugeben. Räval_la ist empört und beschimpft seinen Bruder dermaßen, dass dieser zusammen mit vi,.er Dämonen zu Räma übergeht. Diesem rät er, sich mit dem Meeresgott zu verbünden, der den Affen zeigt, wie sie die Brücke bauen müssen. Sie bringen Bäume und Steine herbei; in kurzer Zeit ist die Brücke fertig, und das Affenheer marschiert nach La1'lkä. Rasch ist RävalJ-as Residenzstadt UII:tzingelt. Es kommt zur Schlacht, wobei auch viele Einzelkämpfe stattfinden. Gefährlichster Gegner Rämas und der Affen ist Indrajit, ein Sohn Räval_las, der sich unsichtbar machen kann und auch sonst in der Zauberei geübt ist. Ihm gelingt es, Räma und Lak~ma11-a zu verwunden. Hanumat bringt daraufhin einen ganzen mit Heilpflanzen bewachsenen Berg herbei. Die Pflanzen bewirken die Genesung der beiden Helden, und Hanumat bringt den Berg an seine eigentliche Stelle zurück. Schließlich, nach mancherlei anderen Zwischenfällen, gelingt es Lak~n1al)-a, Indrajit zu töten. Der erbitterte Räva11-a stellt nun Räma zum Zweikampf. Die von Räma abgeschlagenen Köpfe wachsen dem Räval)-a immer wieder nach; schließlich gelingt es Räma aber, dem Dämonenfürsten das Herz zu durchbohren. Damit ist die Schlacht gewonnen; die restlichen Dämonen fliehen, und Räma setzt den Vibh1~al_la als König von Lal':tkä ein. Erst jetzt lässt Räma die befreite Sltä vor sich bringen und - verstößt sie. Sie habe zur Lust eines anderen Mannes gedient und könne nicht länger seine, Rämas, Gattin sein. S1tä wehrt sich erbittert gegen die unzutreffende Anschuldigung und ersucht Lak~mal)-a, einen Scheiterhaufen zu errichten, um ein sogenanntes Gottesurteil (Ordal) durchzuführen. Räma gibt seine Zustimmung, und S1tä schreitet in die Flammen. Agni selbst rettet sie und übergibt sie Räma, wobei er ihm klarmacht, dass S1tä in Vlahrheit niemals die eheliche Treue gebrochen hat. Räma erwidert, dass er daran niemals gezweifelt habe, dass aber das Ordal notwendig gewesen sei, um S1täs Unschuld auch vor dem Volke zu erhärten. Nun kehren alle nach Ayodhyä zurück; Räma wird zum König geweiht und regiert zum Wohle des Volkes. An dieser Stelle könnte das Epos zu Ende sein, und sicherlich hat die ursprüngliche Geschichte in der Tat hier ihren Abschluss gefunden. Buch VII - es heißt Uttarakär.tqa ("Letztes Buch") - ist jedenfalls nur ein Anhängsel. Nachdem allerlei Mythen und Legenden, die mit der Haupthandlung kaum etwas zu tun haben, erzählt werden, wird wieder (jedoch nur in etwa einem Drittel dieses letzten Buches) über das weitere Schicksal Räma.s und S1täs berichtet. Das Volk murrt trotz des durchgeführten Ordals über die Rückkehr S1täs. Sie sei den Frauen des Landes ein schlechtes Beispiel, heißt es. Räma erfährt davon und verstößt- von pointierter Tugendhaftigkeit, wie er nun einmal ist -
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seine Gattin erneut, indem er Lak~mar_:ta beauftragt, sie \vegzubringen. Dieser führt sie in die ~Wälder jenseits des Ganges, wo er sie von dem \iVillen Ramas in Kenntnis setzt. S1ta nimmt dies gefasst und duldsam entgegen. Nach einiger \iVanderung gelangt sie zu dem Einsiedler Valm1ki. Da sie damals schwanger war, verblieb sie in dessen Unterkunft. Nach einiger Zeit gebar sie die Zwillinge Kusa und Lava. 3 Jahre vergehen. Rama führt ein Rossopfer (Asvamedha) durch, an dem auch Valm1ki und die inzwischen erwachsenen Zwillinge teilnehmen. Bei diesem Anlass tragen die Zwillinge das von Valm1ki verfasste Epos Ramayai_la vor. Rama erfährt, dass Kusa und Lava S1tas und seine Söhne sind. Er lässt seine Gattin herbeibringen und verlangt von ihr einen Eid, dass sie auf Lanka unberührt geblieben sei. Obwohl ihm dies von Valm1ki feierlich versichert wird, besteht er darauf, dass S1ta selbst schwört. Diese ruft als Zeugin ihrer Treue die Erdgöttin an. Da tut sich die Erde auf; die auf einem von Schlangendämonen getragenen Thron sitzende Erdgöttin nimmt als Retterin und Beschützerin S1ta in ihr Reich. Rama, der für sein übergroßes Misstrauen gestraft wird, bittet die Göttin inständig, ihm S1ta zurückzugeben, doch vergeblich. Später übergibt er die Herrschaft seinen Söhnen Kusa und Lava und kehrt, nun wieder als Vi?I_lU, in den I1imlnelzurück. Auch dieses Epos weist verschiedene eingelagerte Episoden und Legenden auf. Sie spielen aber im Vergleich zum Mahabharata eine untergeordnete Rolle. vVenn sie auch die Haupthandlung meist nicht fortführen, so stehen sie gewöhnlich doch in irgendeinem Bezug zu ihr. Auch zahlenmäßig überwuchern die Einschübe den eigentlichen epischen Stoff durchaus nicht. Am störendsten machen sie sich noch im Uttaraka1_1<_la bemerkbar, wo sie teils an alte vedische Stoffe anknüpfen, wie die Tötung des V~tra durch Indra, teils an Passagen aus dem XIII. Parvan des lvla.habharata erinnern. Außerhalb von Ka1_1<_la VII passen sich die Einschübe nicht selten recht gut in die Rahmenhandlung ein. Als zum Beispiel Visvamitra den Rama zu Janaka begleitet, erzählt er ihm unterwegs Geschichten mit der offenkundigen Absicht, ihm die Reisezeit zu "verkürzen". Darunter ist auch die Erzählung von der Quirlung des Milchmeeres. Im Balakiü_:tc;la findet sich eine Geschichte von großer dichterischer Feinheit, die über die Erfindung des Sloka berichtet. Lange Zeit sah man im Ramaya.1;w. die epische Darstellung der arischen Ausbreitung über Ost- und Südindien. Nach einer anderen Ansicht erschließt sich der Sinn des Epos nur durch eine mythologische Ausdeutung. \iVahrscheinlicher ist jedoch die Annahme, dass diese Dichtung der Verherrlichung eines Starnmesheros beziehungsweise eines Herrschers von Kosala diente. Um diesen Kern wurden sodann die sonstigen Teile des Epos gruppiert. Über den poetischen Rang des Ramaya.1;a wurde einiges bereits bei seiner Charakter:isierung als Ad:ikavya, als eines Werkes der Kunstdichtung, gesagt.
105 Hinsichtlich des Realismus seiner Gesta.lten und Handlungen ist es im übrigen dem M-al1abharata weit unterlegen. Am treffendsten sind noch die Affen gezeichnet; die fv1enschen indessen sind mehr Idea.lgestalten als lebende Wesen. Das Geschehen trägt weithin märchenhafte Züge. vVie schon oben angedeutet, ist das Ramayava in der vorliegenden Fassung älter als das 1\1ahabharata. Dafür spricht schon die lange Entwicklung, die die Gestalt des Rama durchlaufen hat. Ursprünglich war er höchstwahrscheinlich ein Stammesheros. Im Laufe der Zeit wurde sein historisches Bild dergestalt idealisiert, dass er die Würde einer Inkarnation Vi91:tus gewann. Das erfolgte aber in einer im Vergleich zum Kern des Epos wesentlich späteren Zeit. \Vas nämlich die Bücher II bis VI anlangt, so fällt auf, dass das Ramaya1_1a niema.ls das Mahabharata erwähnt und offenbar a.lso nicht kennt. Umgekehrt sind sowohl die Person des Valm1ki als auch die Rama-Sage dem lviahabharata vertraut. Sie werden sogar in ihm literarisch verarbeitet, denn das Ramopakhyana wird zum Trost über den Verlust der Draupad1 erzählt. Dies alles führt zunächst zu dem Schluss, dass das Ramaya1;a älter sein muss als das Mahabharata. Manche Forscher nehmen an, dass zwischen den Epen ein bis zwei Jahrhunderte gelegen haben mögen. Es kann aber natürlich auch sein, dass zur Entstehungszeit des Ramaya1;a der epische Stoff des 1\1al1abharata bereits vorhanden war, jedoch noch in gewissermaßen fließender Form, so dass das Epos selbst noch keine feste Gestalt angenommen hatte. Andererseits gibt es Umstände, die wiederum für ein höheres Alter des J\1al1abharata sprechen. Die epische Dichtkunst ist im Ramaya1;a gegenüber dem Mahabharata fortgeschritten. Nicht umsonst wird es ja als erstes im Kavya-Stil gedichtetes Werk bezeichnet. Die im Mahabharata noch verbreiteten archaischen Metren sind im Ramayava zugunsten des Sloka aufgegeben. Auch der Gesarnteindruck beider Epen ist ein sehr unterschiedlicher. Die Helden des Ma.habharata. agieren weithin mit Leidenschaftlichkeit, mitunter sogar mit \Vildheit. hn RamayaiJa trifft man auf eine ganz andere Gefühlswelt. Die Kampfszenen wirken vergleichsweise gemäßigt, und die Naturbeschreibungen beeindrucken durch ihre Zartheit. Das Epos ist insgesamt von einem ausgesprochen hmT1anen Geist durchdrungen . .Ja, man möchte sagen, dass es im Vergleich zum 1\1ahabhara.ta einen wesentlich höheren Grad der Kultiviertheit erreicht. Schließlich aber muss hervorgehoben werden, dass das J\1al1abl1arata, das mit tausend Fäden an das Geschehen und die Vorstellungswelt der vedischen Ära geknüpft ist, unbestreitbar ältere Stoffe verarbeitet als das Ramayava. Mit dem Alter des im Mahabharata enthaltenen historischen Kerns kann das Ramaya1;a. nicht im entferntesten einen Vergleich aushalten. Es ist versucht worden, diese \Vidersprüche nicht chronologisch, sondern geographisch zu erklären. Immerhin ist unbestreitbar, dass beide Epen auf ganz verschiedenen Schauplätzen spielen. Das }\/[ahabharata nimmt auf vielfache
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\Veise auf den Nordwesten Indiens Bezug, wie topographische und ethnographische Angaben indizieren. Umgekehrt verweist das Ramayar.w in den Nordosten und Osten Indiens. Aber gerade in diesem geographischen Unterschied liegt wiederum ein chronologisches Argument: Da sich die arischen Einwanderer von Nordwesten her über Indien ausgebreitet haben, spricht die geschilderte Situation für ein höheres Alter des Mahabharata. Alle diese Erwägungen lassen die Schlussfolgerung zu, dass die Endredaktion des Ramaya.lJa vor derjenigen des Mahabharata erfolgte. Insofern ist das Ramaya1Ja das ältere der beiden Werke. Doch greift das Mahabharata großenteils auf vedische Personen und Stoffe zurück, so dass sein Kern als älter im Vergleich zum Kern des Ramaya.lJa angesehen werden muss. Die absolute Chronologie des Ramaya1Ja ist ebensowenig sicher. Man hat versucht, über griechische Parallelen hier einen Schritt weiter zu kommen. Heute lässt sich jedoch sagen, dass griechische Einflüsse im Ramaya1Ja nicht beweiskräftig zu belegen sind. Sita und Larika sind jedenfalls ganz bestimmt keine \Viderspiegelungen der Helena und Trojas. Man nimmt jetzt an, dass das Ramaya1Ja bereits seit der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. seinen jetzigen Inhalt und Umfang aufweist. Auf diese Zeit weisen jedenfalls die spätesten Interpolationen: So werden in IV, 40-43, die Skythen, die Tocharer und die Insel Djawa (Java) genannt. Der Kern des Epos könnte im 4. oder 3. Jahrhundert v. Chr. von Valmiki gedichtet worden sein. Es dürfte jedoch feststehen, dass Valmiki nicht etwa den ganzen Stoff neu erfunden, sondern dass er dabei auf alte Äkhyanas zurückgegriffen hat, die vielleicht bis in die Zeit vor 500 v. Chr. zurückreichen. Das schmälert keineswegs das hohe Verdienst, das er sich durch die Veredelung dieser alten Vorlagen erworben hat. Das Ramaya1Ja ist in drei Rezensionen überliefert. Am weitesten verbreitet ist die sogenannte Rezension G, nämlich der Bombayer Druck von 1902. In Europa wurde durch die Ausgabe Turin 1843-1867 zuerst die aus Bengalen stammende Rezension B bekannt. Aus dem westlichen Indien stammt die nur in Gestalt von Handschriften vorhandene Rezension A. Bemerkenswert ist, dass alle drei Rezensionen die Bücher I bis VII zum Gegenstand haben, so dass ein eigentlicher Urtext nicht mehr vorhanden zu sein scheint beziehungsweise nicht rekonstruierbar ist. Dabei unterscheiden sich die Rezensionen untereinander in nicht geringem Maße: Jeweils etwa ein Drittel des Textes kommt in den anderen Rezensionen nicht vor. Die Textgeschichte des Ramaya.lJa ist Gegenstand zahlreicher Studien gewesen.4 Dabei hat sich allgemein die Auffassung durchgesetzt, dass die Bücher I und VII nicht zum ursprünglichen Bestand des Epos gehört haben können. Zu dieser Annahme haben mehrere Feststellungen geführt. So nehmen die Kal:t1as II bis VI auf I und VII nirgends Bezug, haben sie offenbar also nicht gekannt. Ihr mythologischer Hauptbezugspunkt ist auch nicht Vi~?!fU, sondern Indra. In
107 den Büchern II bis VI ist Rama jedenfalls ein menschlicher Held, in den beiden anderen Büchern aber eine Inkarnation. Diese Evolution hat natürlich eine nicht unbeträchtliche Zeit in Anspruch genommen. All diese Argumente, aber auch eine stilistische Inferiorität der Bücher I und VII lassen den Schluss nicht unberechtigt erscheinen, dass zwischen ihnen und den älteren Kal:t<;las sehr wohl Jahrhunderte gelegen haben können. Das Ramaya1;a hat auf das indische Geistesleben den nachhaltigsten Einfluss ausgeübt und übt ihn bis heute aus. Unzählige literarische Werke, Bühnenstücke, in der Jetztzeit auch Kino- und Fernsehfilme haben ihren Stoff aus dem Ramayalfa entlehnt. Mag nach unserem Geschmack Ramas Verhalten gegenüber STta geradezu inquisitorisch oder zum mindesten engstirnig, STtas Benehmen wiederum übertrieben demütig-passiv anmuten- für die Mehrheit der Inder sind beide in bezug auf ihre Wahrhaftigkeit und Reinheit Vorbilder von absoluter und zeitloser Gültigkeit. Es nim.mt daher nicht wunder, dass das Ramaym.1a immer von neuem auch Dichter zu Nachschöpfungen inspiriert hat. Berühmtestes Beispiel ist das um 1574 von Tuls1 Das in Hindi verfasste Ramcaritmanas. Darüber hinaus sind Rama-Legenden auch in viele andere von der indischen Kultur beeinflusste Länder eingedrungen. Aber auch als Quelle für das Studium der gesellschaftlichen Entwicklung Indiens bietet gerade das RamayaJ!a reiches Material. 5 Das 6 Ramayalfa- bzw. dessen Balakalf<;la hat im Zeitraum des europäischen Mittelalters einen philosophischen Anhang erhalten, der heute vornehmlich als Yogavasif?tha oder (Yoga-)Vasif?tharamayaJ!a bekannt ist. 7 Es handelt sich im wesentlichen um ein Gespräch zwischen dem Priester Vasi~tha und dem jungen Prinzen Rama am Hofe Dasarathas, und zwar unmittelba,r vor dem Kampf des J.t~i Visvamitra gegen die Dämonen, an welchem Rama teilnehmen soll. Man kann sagen, dass das Yogavasi9tha ein Werk des Advaita mit yogisehen und mahayanistischen Einflüssen ist. W. Slaje rückt es "in die Nähe eines den Karikas des Gau<;lapada verwandten Milieus" .8 Literarisch besonders reizvoll sind die zahlreichen Parabeln und surreal anmutenden Episoden (itil1asa,, upakbyana).- Das Yogavasi9tha liegt uns in zwei Versionen vor: einer kürzeren von etwa 5000 und einer längeren von über 28000 Doppelversen. 9 Anmerkungen 1 Die Rezension C wurde von K. P. Par ab herausgegeben ( 1902), die bengalische Rezension B von G. Gorresio in zehn Bänden (1843-1867). Eine kritische Ausgabe wurde an der Universität Baroda unter Leitung von G. H. Bhatta veranstaltet (1960-1975); die Editoren der einzelnen Ka1!<;las sind: I G. H. Bhatta; II P. L. Vaidya; III P. C. Divanji; IV D. R. Mankad; V G. C. Jhala; VIP. L. Vaidya; VII U. P. Shah.- Übersetzt wurde das Ramayana u.a. von H. Fauche (9 Bde., Paris 1854-1858), M. N. Dutt (7 Bde., Calcutta
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1889-189L 2. Auf!. 1892--1894), R. T. H. Griffith als Bd. 29 det: Chowkhamba Sanskrit Studies (3. Auf!., Varanasi 1963), ferner von Hari Prasad Shastri in 3 Bänden (London 1962-1970, 4. Auf!. 1985) und C. Schmölders (Düsseldorf und Köln 1981). Übersetzung des Balaki:iiJda von R. P. Goldman (Princeton 1984), des Ayodhyakiil)qa von S. I. Pollock (Princeton 1986). 2 Über die Lage von La1ika ist viel gerätselt worden. Lange Zeit herrschte die Meinung vor, dass Lankä mit der Insel Ceylon zu identifizieren sei. Daraus erklärt sich die neue Bezeichnung des Inselstaates mit Sri Lanka. Die von den Affen erbaute Brücke wurde als Anspielung auf die Adamsbrücke verstanden. Neuerdings hat man diese Deutungen wieder sehr in Frage gestellt und ist geneigt, in Lalikä eine Insel in unbestimmter Ferne ohne geographischen Bezug zu sehen. 3 Zu den beiden Namen vergleiche das S. 71 über Kus!lava Gesagte. 4 ·vvohl die auch heute noch wichtigste Studie über das Rämäya1:ta ist das 'Verk von H. Jacobi: Das Ramayai_Ia. Geschichte und Inha.lt nebst Concordanz der gedruckten Rezensionen (Bonn 1893, Neudruck Bonn 1976). Auch sonst ist zur Feststellung der Textgeschichte des Epos viel getan worden; genannt seien u.a. vV. Ruben: Studien zur Textgeschichte des Ramayai_Ia (Stuttgart 1936); A. Baumgartner: Das Ramayai_Ia. und die Rama-Litera.tur der Inder (Freiburg/Br. 1894, Neudruck Osnabrück 1972); Raghu V!ra: Ramaya.J:ta of Valmiki (Lahore 1938). Yardi, M. R.: The Ramaya.I_Ia., its origins a.nd growth: A sta.tistica.l study (Poona 1994). Einen Descriptive Index to the Na.mes and Subjects of the Ramayai_Ia gab R. K. Rai im Bd. 168 der Kashi Sanskrit Series (Varanasi 1965). Die Sprache des Epos untersuchte Satya Vrat: The Ramaya.I_Ia.. A Linguistic Study (1964).
5 Am wichtigsten ist in dieser Beziehung die Arbeit von S. N. Vyas: India. in the Ramaya.I_Ia. Age (Delhi 1967). 6 Ergänzender Abschnitt von Peter Thomi, Wichtrach. 7 Das Yoga.vasis>~ha. (YV) - auch Moks>opaya.- ist eines der jüngsten Forschungsgebiete der Indologie im deutschsprachigen Raum. V gl. die Pionierarbeit von H. v. Glasenapp: Zwei philosophische Ramaya.qa.s (Wiesbaden 1951). Ausführliche Bibliographie zur YV-F'orschung bei W. Slaje: Vom Moks>opaya.-Sastra. zum Yoga.vasis>~ha.-Ma.haramaya.qa. (VVien 1994) und B. Lo Turco: I1 Moks>opaya. (Diss., Rom 1998).- Zur Einordnung des YV in den Rahmen der altindischen Literatur vgl. S. Dasgupta: A History of Indian Philosophy, Vol. 2 (Cambridge 1932; Nachdruck 1968), S. 228: "The Yoga.-vasistha.-Ramaya.qa. may be included among the purana.s, but it is devoid of the general characteristics of the purana.s ... "
8 W. Slaje a. a. 0., S. 57. 9 'Vo sie sich überschneiden, sind sie im allgemeinen (fast) textidentisch. Beide Versionen sind zweifellos das Produkt mehrerer Autoren. Die kürzere Version wird mitunter einem Gauqa Abhinanda zugeschrieben, dessen Identität jedoch umstritten ist. - Die längere Version (B~had-YV) erschien rnit dem Titel The Yoga.vasis>tha. of ValmTki wit;h the commenta.ry Vasis>tha.ma.hä:ramaya.na.-tatparya.prakii.sa., herausgegeben von vVasudev Laxmar~ Sästr! Par_ui!kar (3. Auf!., Bom.bay 1937; Nachdruck der 2. Aufi., New Delhi
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Die PuraJfas
1981), die kürzere (Laghu-YV) als Laglmyogavasif?tha};i (sie) Vasisthacandrikavyakllyasahita~l
(2., vom Herausgeber der längeren Fassung revidierte Auf!., Bombay 1937; Nach-
druck Delhi 1985). Teile einer kaschrnirischen
(B~had-)Rezension
wurden zusammen mit
dem Kommentar von Bhäskarakantha von \1\1. Slaje und J. Valent unter dem Titel BhaskarakaiJfhas Moksopaya-Jika (3 Bde., Graz 1993-1996) herausgegeben. -An Gesamtübersetzungen sind die von V. L. Mitra (4 Bde., Calcutta
1891~1899;
Nachdruck in
7 Bdn., Delhi/Varanasi 1976-1978) zmn Brhad-YV sowie zum Laghu-YV die von K. N. Aiyar (2. Auf!., Madras 1914; Nachdruck 1971) zu nenneiL
4. Die Puriil;as
Unter Puriil_:tas versteht man eine Gruppe von epischen Werken mit didaktischem Charakter, die sich in mancher Hinsicht an das Mahabharata anschließen. Das altindische Wörterbuch Ama.rakosa. charakterisiert sie folgendermaßen: "Schöpfung und Wiederschöpfung, Geschlechterfolge und Zeitperioden wie auch die Genealogie~ (daraus besteht) das fünf Merkmale (paiicalakf?ai_la) aufweisende Pural_la." Ein Pural_la soll also behandeln: kosmogonische Probleme, Geschichte, Taten der Götter, I_t~is und Helden, die kosmischen Weltzeitalter mitsamt einer mythischen Geogra.phie, schließlich die Genealogien irdischer Könige. Selten jedoch sind alle diese fünf Kennzeichen zusamrnen ausgebildet; sie können einzeln oder auch in ihrer Gesamtheit zurücktreten, ja sogar ganz fehlen. Dafür treten andere, in der klassischen Definition nicht genannte Themen ein, wie Opfer, religiöse Feste, Gebote, Bußübungen, Pilgerschaft und Tempelbau. Nach dem Bhaga.va.ta-Purai_la gehören zum Inhalt der Pura1_1as noch fünf weitere Gesichtspunkte, nämlich samstha (Weltordnung), rak.?a (Weltenbewahrung durch die göttlichen Inkarnationen), pra.laya (WeltUntergang), hetu (die nichtwissende Seele als Ursache der Welt) und apasraya (die Allseele als "Stütze" der V\Telt [XII, 7, 9]). Doch auch dieser Zusatz wird dem wirklichen Inhalt der Pura1_1as nicht immer gerecht. Das 'A/ort purai_la (alt) ist durch akhy·ana (Erzählung) zu ergänzen. Ein Pura1_1a ist ursprünglich also eine Erzählung aus alter Zeit. In dieser Bedeutung kommt das Wort bereits in den Brahma1_1as vor; die älteste Erwähnung dürfte sogar schon Atbarvaveda XI, 7, 24 aufweisen. In Verbindung mit Itihasa (Legende) erscheint das w·ort in Aufzählungen gleich nach ~·c (I,tgveda- Vers), saman (Melodie), yajus (Opferspruch) und brahman (Formel): Satapatha-Brahmal!a· XI, 5, 6, 8; Taittiriya-Arai_lyaka II, 10. Nach I_tg-, Yajur-, Samaveda und Atharvaveda nennt es die Chandogya-Upanif?ad VII, 1, 2. 2, 1. 7, 1. Das Ja.iminiyaUpanif?ad-BrallmaTJ.a. hat den Ausdruck pura1;etihasa I, 53, 9. Dabei bezog sich der Begriff "Pura1_1a" ursprünglich auf die Kosmogonie. Das GautamaDha.rmasiitra (das aus dem 5. oder 4. Jahrhundert v. Chr. stammt) XI, 19 und
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das Yajiia.·valkya-Dlnnnasastra I, 3 erwähnen PuraJ!.a als Sammelbegriff, wie etwa Veda, Brahmal).a und so weiter. Fasst man alle einschlägigen Angaben zusammen, so gelangt man zu dem zwingenden Schluss, dass es eine alte Puräl).a-Literatur gegeben haben muss, die jedoch nicht aus den heute so benannten \Verken bestand, sondern offenbar verlorengegangen ist. So erwähnen Mal1abharata XVIII, 5, 46. 6, 97 und der Ha.rivamsa 18 Puräl).as, doch sind das nicht die uns vorliegenden, denn diese sind nachweislich später entstanden und behandeln vielfach gerade Stoffe aus dem Mahabharata. Wenn sich also Mahabharata III, 191, 16 auf ein VäyuPuräJ!.a bezieht, so ist dies keineswegs das jetzt so heißende Werk. Es sprechen noch zwei weitere gewichtige Argumente dafür, dass es eine alte Puräl).a-Literatur gegeben hat. Die eingangs erwähnte Paiicalak9a1).a-Definition ist mit Sicherheit alt. Die Puräl).as folgen ihr aber in nur sehr beschränktem Maße, eben weil sie jüngeren Datums sind. Vor allem aber gibt die alte Definition keinerlei Hinweis auf den so ausgeprägt sektarischen Charakter der meisten PuräiJas, der sie ebenfalls als jüngere Literaturprodukte kennzeichnet. Vielfach dürfte sie aber mit der verlorenen älteren Literaturschicht eine lebendige Tradition verknüpft haben, denn ihre Stoffe sind oft alt, älter gar als das 1\1a.habllarata, und vera.rbeiten nicht selten Sujets aus den Veden. Der Ursprung könnte allen oder doch den meisten Puräl).aS gemeinsam gewesen sein, da sie sich oft über ganze Seiten hinweg entsprechen oder ganz identisch sind. Zum Beispiel kam der KJ;9lJa- Text aus dem Bra.hma-PuraiJa fast wörtlich in das Vi?I}U-Pural;a. und fand später - umgedichtet- Eingang in das Bhagava.taPuraiJa. Die Frage nach der absoluten Datierung der PurälJas wirft ähnliche Probleme auf, wie sie für die altindische Literaturgeschichte überhaupt charakteristisch sind. Nach H. H. Wilson reichen sie im Kern bis in die Zeit Alexanders des Großen zurück. F. E. Pargiter datiert die ältesten purälJischen Schichten in das 9. Jahrhundert v. Chr. Diese Angaben sind natürlich spekulativ, da sie sich auf diejenigen puräl).ischen Literaturelemente beziehen, die verlorengegangen sind. Aber auch hinsichtlich der uns vorliegenden Werke lassen sich genaue Angaben nicht erbringen, sondern nur ungefähre Entstehungszeiträume aus den Hinweisen der Texte ableiten. Die älteren Puräl).aS sind zweifellos vor dem 7. Jahrhundert n. Chr. entstanden, da sie nicht das mächtige nordindische Reich des Haqa erwähnen. Ferner betreffen die Beschreibungen des schlechtesten Weltzeitalters (kaliyuga) offenkundig nicht die mohammedanische Invasion etwa der Ghaznaviden, sondern beziehen sich auf die Einfälle der Hlil).a im 5. Jahrhundert. Die Analyse des Vi?I}U-Pural;a lässt den Schluss zu, dass es zu Beginn der GuptaPeriode entstanden sein könnte. Der Dichter Bäl).a im 7. Jahrhundert kannte das Vayu-Pura1;a. Die Masse der puräiJischen Texte dürfte also zwischen 300 und 800 entstanden sein; doch gibt es Nachträge, die bis ins 13. Jahrhundert
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und weiter reichen. Mit Recht hat vV. Kirfel den Grundsatz aufgestellt, dass die einzelnen Purar;tas in mehr oder minder hohem Grade heterogen sind und dass daher - ähnlich wie die Bücher des Mahabharata. - die einzelnen chronologischen Schichten herauspräpariert und gesondert untersucht werden müssen. Kirfel nimmt an, dass der älteste Grundtext am besten in Teilen des Bra.hma.-Pura1;a, im Ha.rivam,sa (dem Anhang zum Mahabharata) sowie in Teilen des ,Siva- und Agni-Pura1;a erhalten ist. 1 Als Verfasser der Pura1;as gilt der orthodoxen indischen Tradition derselbe \i\Teise, der auch das lviahabhara.ta. zusammengestellt haben soll, nämlich Vyasa. Er soll ihren Inhalt seinem Hauptschüler, dem siita (Barde, Herold) Lomahar~ar;ta, mitgeteilt haben, der dann angeblich- wie Vitp].u-Pmal;.a III, 6, erklärt -- zusammen mit drei Schülern die "ursprünglichen" vier Puräl}.as in ihre überlieferte Gestalt gebracht hat. Andere Quellen behaupten, dass Ugrasravas, ein Sohn des Lomahar~ar;ta, die Purä1;as anlässlich eines Opferfestes im Naimi~a-Wald dem Saunaka erzählt hat. All dies ist natürlich in den Bereich der Mythen zu verweisen, denn die literaturgeschichtliche Analyse der Purar;tas ergibt zweifelsfrei, dass ganze Generationen von Autoren beziehungsweise Kompilatoren an ihrer Schaffung gewirkt haben. Dass der Erzähler, Lomahaqa1;a, nach übereinstimmender Tradition ein Barde oder Herold war, verlegt den Ursprung der Purar;tas in den Bereich der K~atriyas, das heißt, der die Staatsmacht ausübenden Krieger. In diesem Zusammenhang hat auch Pargiter sicher recht, wenn er dem Ur-Purä1;a auch außervedische Traditionen zuschreibt. Die uns vorliegenden purar;tischen \'Verke sind jedoch brahmanisch überarbeitet worden, und zwar von solchen Brahmanen, die sich von dem alten, überlebten Opferritualismus abgekehrt und rechtzeitig auf die neuen vorfeudalen und feudalen Gesellschaftsverhältnisse "eingestellt" hatten. Der Feudalismus (der freilich in mancher Hinsicht von dem als "klassisch" geltenden Feudalismus vVesteuropas abweicht) bildete sich nach der jetzt vorherrschenden (nicht unbestrittenen 2 ) Meinung zwischen 300 und 800 in Indien heraus, also genau in der Zeit, in der die Masse der Pura1;as entstand. Nicht umsonst atmen die Purar;tas, besonders die Mähätmyas, vielfach den Geist feudaler Zersplitterung. Ihre geistesgeschichtliche vVirkung beschränkt sich jedoch keineswegs auf die Feudalepoche. Ohne Übertreibung darf man sagen: Was der Veda für den Brahmanismus ist, das sind die Pura1;as für den Hinduismus. Manche von ihnen, so das Bhagavata-Purar;ta, erfreuen sich bis auf den heutigen Tag der größten Popularität. Dies ist unter anderem daraus zu erklären, dass die Purar;tas von Anfang an auf Volkstümlichkeit "angelegt" waren. Die vom Vedastudium ausgeschlossene Mehrheit der Bevölkerung - nämlich die Sudras und die Frauen -muss sich mit Begeisterung dieser ihnen offenstehenden Literatur zugewandt haben. Die schlichte Sprache der Purar;tas fand überall Eingang und trug zur
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Vermittlung so mancher schönen Legende bei. So nimmt es nicht wunder, dass die Beliebtheit der PuraJ;tas auch im Lauf der Jahrhunderte kaum schwand und dass viele Dramen und Gedichte ihrerseits puriü;tische Stoffe verarbeiten. Das heutige Indien besitzt sogar eine eigens der Erforschung der Puriü;.as gewidmete Zeitschrift, da.s PuriilJam. Half-yearly Bulletin of the Pural;a.-Department of All India KMiraja. Trust in Ramnagar bei Varanasi (Benares). Die kosn10gonischen und geographischen Ansichten der Puriü;as 3 sind weitgehend Erzeugnisse der Phantasie und wurden als solche schon von Al- Biruni (um 1030) kritisiert. Die Lehre von den vier \Veltaltern, von denen jedes schlechter als das vorhergehende ist, stammt wohl aus Vorderasien und dürfte über Baktrien nach Indien gelangt sein, wo sie bereits Arm;a, der Vater des schon in den Upani~aden genannten Philosophen Uddalaka, gekannt zu haben scheint. Um so bedeutsamer sind die PuralfaS als Quellen der indischen Religionsgeschichte. Vielfach sind sie schon mehr oder minder an eine bestimmte Sekte gebunden, haben also sektarischen Charakter. Zahlreiche Legenden dienen der Heraushebung einer bestimmten Gottheit oder einer heiligen Stätte. Es ist daher ausgeschlossen, die Geschichte des Hinduismus und seines Kultes erforschen zu wollen, ohne die PuralfaS zu berücksichtigen. 4 Die Bedeutung der Pura1;as als Quellen der politischen Geschichte wird unterschiedlich bewertet. 5 Einige von ihnen enthalten Genealogien, die sich auf KJ;~l;ta aus der Monddynastie und auf Rama aus der Sonnendynastie beziehen. Dabei wird etwa der Tod der Pa1;<;lavas in der Mahabhara.ta-Schlacht als Vergangenheit aufgefasst, während die Herrscher der Sisunagas, Nandas, Mauryas, Sungas, Andhras, Guptas und so weiter im Lichte von Prophezeiungen über die Zukunft erscheinen. Für Magadha etwa erfährt n1an die Namen von dreizehn Herrschern, die zwischen etwa 650 v. Chr. und Alexander dem Großen gelebt haben könnten. Brauchbar sind nach dem jetzigen Stand der Forschung unter anderem das Vi1rqu-Purii1;La für die Mauryas, das Matsya-Pura1;a für die Andhra-Dynastie und das Vayu-Purii1;La für die Zeit Candraguptas I. Vielfach aber stehen die genealogischen Angaben der einzelnen Pura1;as miteinander im Widerspruch bzw. sind aus anderen Gründen unglaubwürdig, so dass die buddhistischen Quellen den pura1;ischen meist überlegen sind. Neben den historischen Mitteilungen sind auch die Angaben der Pura1;as über die geographischen Verhältnisse im alten Indien von Interesse. 6 An eigentlichen PuraJfas, den sogenannten Mahapuralfas, sind im Laufe von Jahrhunderten 18 verfasst worden, die zusammen über 400000 Sloka-Verse enthalten. 7 Sie sind also sämtlich metrisch gebunden, doch liegt ihr literarischer \Vert im Durchschnitt unter dem des "l\l[ahabharata: Der Inhalt ist meist bunt durcheinandergewürfelt, die Darstellung gefällt sich in Übertreibungen, die mit abnehmendem Alter der Texte zunehmen, und die grammatischen Regeln werden oft dem Metrum geopfert. Die indische traditionelle Einteilung,
113 wie sie im Padma-Puri:ü,1a (263, 81) vorliegt, ordnet die Puriü;as Vi~J;tu, Brahman oder Siva zu. Erstere gelten als zur Erlösung führend (sattvika); zu ihnen gehören das Vi.?l.:w-, Bl1agavata-, Naradiya-, Ga.rucja.-, Padma- und 1/arahaPmal_la.. Die dem Brahman geweihten Puriil;as (Tajasa) sollen in den Himmel führen: Das Brahma-, Brahma1_1cja-, Brahmavaivarta-, Jlviarka1_1cjeya-, Bhavil'j.Ya.und 1/ama.na-Purar;a.. Die Siva-Purä1;as aber sind Uimasa. und führen zur Hölle: das 'Vayu-, Linga-, Skanda-, Agni-, Matsya- und Kurma.-Pura1,1a.. Diese Einteilung ist jedoch sektarisch-parteilich und damit wertlos. Eine Einteilung der PuräJ;tas nach ihrer religionsgeschichtlichen Stellung ist überhaupt untunlich, da sich in mehreren von ihnen sivaitische und vi~l).Uitische Anschauungen vermischen. Es ist daher eine andere, neutralere Einteilungsart, die auch dem Folgenden zugrunde gelegt wird, vorzuziehen. Das Bra.hma-Pura1,1a erscheint in den betreffenden Listen am Anfang und wird daher auch Adi-Pura1,1a genannt.s Brahman belehrt Dak:;:a, einen mythischen Heiligen, in vorwiegend vi:;:l).Uitischer Tendenz; so ist ein großer Abschnitt K~'91J.a-Legenden geweiht und ähnelt dem \lif?l_lu-Pural_la. Doch wird auch die Heirat von Siva und Umä beschrieben. Die letzten Kapitel enthalten Regeln für den Ahnenkult, für das Kastenwesen und die Lebensstufen ( äsrama). Den Schluss bildet eine Erklärung der Sämkhya- und Yoga- Philosophie. Für die Feststellung der absoluten Chronologie ist der Umstand von Bedeutung, dass das Puräl).a heilige Plätze in Utkala ( Orissa.) beschreibt und dabei den Sonnentempel (Suryak:;:etra) von Km;ärka bei Puri erwähnt, den man a.ufgrund anderer Angaben auf das Jahr 1241 datieren kann. Die betreffende Stelle des Purä1).a muss also jünger sein, doch ist sie jedenfalls ein später Anhang und nicht etwa für das ganze Pura1;a maßgebend. Das Padma-Pura1,1a ist mit .55000 Sloka-Versen ein sehr umfangreiches \iVerk. 9 Es liegt in zwei Rezensionen vor, von denen die bengalische die ältere ist, doch liegen zwischen der Abfassung der ältesten und der jüngsten Teile möglicherweise Jahrhunderte. Es enthält die Lehre von der Trimurti, das heißt von der Einheit von Brahman, Siva, und Vi:;n;u, die schon im Harivari1sa vorkommt, ist aber sonst eindeutig vi9J;tuitisch orientiert. Von den sechs Teilen (kha1;cja), aus denen das Werk besteht, bilden die ersten drei den alten Kern. Der Uttarakha1;<;la ist jünger, und der letzte Teil dürfte sogar später als das Bhaga.vata-Purai;a entstanden sein. Der erste Teil (S~'9tikha1;<;la) erörtert die Schöpfung durch den persönlichen Gott Brahman und verherrlicht den Pu:;:karaSee in Ajmir. Im zweiten Teil (Bhumikhm;<;la) bilden die Erde und speziell als heilig gedachte Furten und Uferstellen ( tirtl1a) das Hauptthema. Der dritte Teil (Svargakha1;<;la) befasst sich mit den Welten der Götter und DämoneiL Hier finden sich auch \iViedergaben der Legenden von Sakunta.la und Pururavas, wobei erstere ~ und nicht die Fassung aus dem Mahabhara.ta ~ dem Kalidasa als Quelle gedient hat. Im vierten Teil (Patälakhm:t<;la) geht das Werk auf die Regio-
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nen der Unterwelt ein. Hier wird auch die Rama-Legende wiedergegeben, wobei das Padma-PuraiJ-a die mitunter wörtliche Quelle für Kalidasas Raghuvamsa darstellt. Im U ttarakhaiJ-<;la finden sich, dem Charakter eines Nachtrags entsprechend, sehr verschiedenartige Stücke: die mystische Bedeutung der Monate, der Lotos als Sitz des Brahmanundein Lob der Bl1agavadg1ta. Selbst Siva sieht sich veranlasst, Vi~1fus Ruhm zu verkünden. Im letzten Teil, dem Kriyayogasara, wird erklärt, dass die Verehrung Vi~1fus nicht durch Meditation, sondern durch rituelle Feste, Pilgerfahrten und gute Werke zu erfolgen habe. Das Vi~1_1u-Purlil;w, eines der wichtigsten, entspricht noch am ehesten der Standardform des Puri-ü;a Paiicalak~ai.la und ist demzufolge recht alt. 10 Vielleicht darf man es dem 5. Jahrhundert zuweisen. Das in sechs Teile ( amsa) gegliederte Werk umfasst etwa 7000 Slokas; einst sollen es 23000 gewesen sein. Parasara, der hier als Autor gilt - nicht also Vyasa - , belehrt den Maitreya hauptsächlich über die Inkarnationen des Vi~IJ-U und die Herrlichkeit der Göttin Sri. Das erste Buch enthält die Prahlada- Legende. Im zweiten Arnsa werden die sieben Kontinente und sieben Meere, die Unterwelten (patala) und Höllen (na.Taka) besprochen. Ähnlich wie in den Upani~aden wird die Einheit des Alls postuliert, aber hier natürlich in Vi~IJ-U begründet. Das dritte Buch äußert sich über die Stammväter der Menschheit (Manu), die Veden, einzelne Wissenschaftsgebiete, Kasten- und Hausregeln. Interessant sind seine gegen Jinisten und Buddhisten geführten Polemiken. Das vierte Buch gibt von Mythen und Legenden (so der von Pururavas) unterbrochene Genealogien und prophezeit Einfälle barbarischer Völker. Im fünften Buch findet sich eine K~~IJ-a Biographie, die mit der des Harivamsa konform geht. Schließlich wird im sechsten Buch das schlechteste Weltzeitalter prophetisch beschrieben. Leiden und Übel können nur durch die Befreiung von der Kette der Wiedergeburten überwunden werden; hierzu aber gelangt man - anders als im Schlussteil des Padma-PuraiJ-a.- durch die Meditation über Vi~IJ-U. Das Vayu-Pural;a, '"auch als Siva-PuriiiJ-a bekannt, entspricht vielfach dem Harivari1sa und ähnelt auch, besonders hinsichtlich der Bedeutung von Meditationen, dem Vi~IJ-u-Pura1;aY Nur ist es eben sivaitisch orientiert. Häufig nimmt es Bezug auf die Gupta-Dynastie und könnte demnach im 5. oder 6. Jahrhundert entstanden sein. Von kulturgeschichtlichem Interesse ist ein spezielles Kapitel über die Gesangskunst. Das Bhagava.ta-PuraiJ-a übt von allen Pura1fas auch heute noch den größten geistesgeschichtlichen Einfluss aus. Das aus etwa 18000 Slokas, die in zwölf Büchern (skandha) gruppiert sind, bestehende Werk überragt durch die Schönheit seiner Sprache die übrigen PuraiJ-as merklichY Es beschreibt die Inkarnationen des Vi~1fu; bezeichnenderweise werden hier zu diesen nicht nur die üblicherweise vertretenen, sondern auch Buddha gerechnet! Am populärsten im heutigen Indien ist das zehnte Buch, das die Liebesspiele des K~~IJ-a mit
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den Hirtinnen (gopf) in den Wäldern von Mathura noch ausführlicher als Harivamsa und lfi?Jfu-Purai).a. schildert. Für die Vi~l).Uiten kommt das BhagavataPurai;a an Bedeutung den Upani9aden und der Bhagavadg1ta gleich. Als Autor vermutete man früher Vopadeva (13. Jahrhundert), doch zu Unrecht, denn das Werk ist älter. Vallälasena von Bengalen (11. Jahrhundert) nimmt mehrfach auf dasselbe Bezug. Andererseits kommt die für das G1tagovinda charakteristische Gestalt der Rädhä noch nicht vor, so dass man mit großer Wahrscheinlichkeit das 10. Jahrhundert als Entstehungszeit des Bhagavata-Purai).a ansetzen kann. Das Narad1ya-Brhannarad1ya-Purai).a ist ebenfalls vi~r.mitischY Als spätes Werk passt es zu der Pmkalak~m).a- Definition in keiner Hinsicht. In etwa 25000 Slokas belehrt Närada den Sanatkumära über den Vi~I).u-Kult. Das Werk hat eine brahmanisch-orthodoxe Grundhaltung sowie eine deutlich antibuddhistische Tendenz. Das Markm;ujeya-Pura1;a ist vor dem 6. Jahrhundert entstanden und besonders wichtig durch seinen noch weit älteren Kern, der ins 3., vielleicht sogar ins 2. Jahrhundert zurückweist. In diesem Werk, das manche Parallelen zum zwölften Parvan des Mahabharata zeigt, klärt Märkal).<;leya schwierige Passagen des Epos, so die Menschwerdung des K~,9~1a oder die Polyandrie der Draupad1. Aber auch die Pflichten des Hausvaters, der Ahnenkult sowie Riten und Opfer werden erörtert. Von allen Puräl).aS ist dieses Werk das am wenigsten sektarische. 14 Im ältesten Teil sind auch nicht etwa Siva oder Vi~l).U die im Vordergrund stehenden Götter, sondern Indra, Si.irya, Agni und Brahman. \iVie im Padma-Purai).a findet sich auch hier die Trimi.irti-Konzeption (vgl. S. 113). Von großer Schönheit ist die Beschreibung des Aufenthalts von König Vipascit in der Hölle, wo er durch sein Mitleid die Höllenbewohner erlöst. Diese Episode spiegelt deutlich den Einfluss des Mahäyäna- Buddhismus wider. In das Werk eingefügt, doch nicht später als im 6. Jahrhundert, ist der Dev1mähätmya oder Cal).<;l1 genannte Abschnitt, eine Preisung der Göttin Durgä. Er beschreibt die Taten der "primären Energie" ( adya sakti) und wird noch heutzutage bei der Durgä- Verehrung (Durgäpi.ijä) und zur Abwehr von Übeln rezitiert. Im Agni-Purai).a belehrt Agni den Vasi~~ha. Das ziemlich späte Werk ist in der Grundtendenz sivaitisch und preist den Lili.ga- und Durgä-Kult. Doch befasst es sich auch mit Räma und Kr~Ifa als Inkarnationen des Vi~l).U. Mehrfach bringt es Auszüge aus der Yajiiavalkyasmrti. Daneben behandelt es tautrisehe Riten und gibt Anweisungen für die Anfertigung und Aufstellung von Götterbildern. Große Bedeutung hat sein enzyklopädischer Charakter: Das Werk befasst sich nämlich mit Geographie, Hochzeitszeremoniell, Omina, Politik, Kriegführung, Medizin, Metrik, Lexikographie, Dichtkunst, Architektur, Astronomie, Yoga sowie mit dem Kult des Gal).esa und der Sonne. Kapitel 380 bringt eine Zusammenfassung der in der Bhagava.dg1ta enthaltenen Lehren.
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Im sivaitischen Bhavif?ya- oder Blwv-if?yat-Puri-ü;a belehrt Surya den Manu unter anderem über Kastenpflichten und Schlangenkult. 16 Das Puräifa enthält wenig Erzählungsstoff, vielmehr Darlegungen über Kulthandlungen, die sich auf Surya, Agni und Näga beziehen. Die Sonnenpriester Bhojaka und Maga weisen a.uf Einflüsse der Zara.thustra- Lehre hin. Anderes ist aus dem 1\!Ianav-aDharma.sastra entlehnt. Ein Anhang beschäftigt sich mit der Pilgerschaft zu heiligen Plätzen. Bereits das Apa.stamba-Dlwrma.siitra erwähnt ein Bhavif?.Ya.Purai.Ja, doch war es gewiss nicht das jetzt unter diesem Namen bekannte \~'erk. Eine Art Fortsetzung desselben ist das Bhmrif?yottara.-Pura1;a. Das BralJmayaiv-arta.-Purai.Ja ist betont visn:mitisch-sektarisch und zudem mit Sicherheit recht spät, was man aus der bedeutenden Rolle, die hier die Rädhä spielt, schließen kann. 17 Hauptthema ist die Schöpfung des Weltalls (prapaiicas~·~?ti). Letzteres wird als Umwandlung (Yaivarta) des Brahman gedacht. In vier Büchern (kaw;la) belehrt Närada den Savan;ika. Im Brahmakä1;<;la wird Brahman mit K~·~Ifa identifiziert. Hier gibt es auch einen Abschnitt über Medizin. Das Prak~·tikälf<;la postuliert eine mythische Urn1aterie, die aber nicht dem gleichnamigen Begriff aus der Sämkhya-Philosophie entspricht. Im Ga1;esakäi!<;ia gilt Gaifesa als eine Inkarnation des Kr~1;a. Das umfangreichste Buch ist das K~·~r.lajanma- Kä1;c,ia. Hier werden die Lebensumstände des K~·~1!a geschildert (also nicht nur, wie man aus dem Titel zu folgern hätte, seine Geburt). Im Mittelpunkt stehen Kr~1;as Liebesabenteuer mit den Hirtinnen, besonders mit Rädhä. Das sivaitische Lü1ga-Pma1fa bietet wenig Erzählungsstoff, sondern mehr kultisches Material, ist also ziemlich jung. 18 In etwa 12000 Versen beschreibt es die 28 Formen des Siva, besonders aber die Linga-Symbolik. Das Werk weist deutliche Spuren tautrisehen Einflusses auf. Ebenfalls spät ist das etwa 14000 Verse umfassende Varaha- Pma1;a. 19 Dieses Werk behandelt vorwiegend die dritte Inkarnation des Vi~1;u, also diejenige als Eber. Es entspricht aber kaum~ noch dem Bild, das n1an sich von einem "regelrechten" Puräifa macht, sondern ist im wesentlichen ein Handbuch mit Gebeten und rituellen Regeln für Vi:~n.m-Anhänger. Daneben enthält das Vara1Ja-Purl11fa aber auch Material über Siva, Durgä und Ga1;esa sowie über Ahnenkult, Bußübungen, die Aufstellung von Götterbildern und anderes mehr. Von heiligen Plätzen wird besonders Mathurä erwähnt. Ein Abschnitt erzählt die bereits aus der Ka.tha.-Upa.ni9ad bekannte Legende von Naciketas. vi~1;uitische
Das Ska.nda.-Puralfa ist mit 84000 Slokas außerordentlich umfangreich. 20 Diese Versmasse verteilt sich auf sechs Sari1hitäs mit 50 Khalf<;las. Das sivaitische \Verk entfernt sich wie das Vara1Ja-Puri11fa vom Grundtyp der Puräifas sehr weit. Es berichtet über den Kriegsgott Skanda, einen Sohn des Siva. Die durch ihn erfolgte Tötung des Dämons Taraka ist das Hauptthema des \Verkes. Zwischen diesem Purä1;a und dem Kumarasambl1ava des Kälidäsa bestehen viele
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Almlichkeiten. Außerdem befasst sich das Werk mit Geburtenkreislauf und Yoga. Ein kurzer Überblick über die sechs Samhitas ergibt folgendes Bild: Das erste. Sanatkumär1ya genannte Buch erzählt verschiedene Siva-Legenden und verherrlicht das Gangesufer von Benares. Das besonders umfangreiche zweite Buch (Suta) befasst sich unter anderem mit Kastenregeln, Lebensstufen und der Siva-Verehrung. Nach dem dritten (Brahml) und vierten (Vai~l}avl) ist das fünfte Buch (Sa1'tkarl) wieder Benares und den dortigen Tempeln gewidmet, während das sechste Buch (Saurl) kosmogonische Lehren enthält. Ein spätes vVerk ist das vi~l}uitische Vamana-Puriir;a. 21 In seiner Anlage ähnelt es dem Va.raha.-PuraL;a. Es befasst sich vorwiegend mit der Inkarnation des Vi:;;l}u als Zwerg, doch beinhaltet es auch sivaitische Themen. So beschreibt es sehr lebendig die Linga-Kulte, den Ursprung des Gm;esa, die Heirat von Siva und der Parvati sowie die Geburt des Karttikeya. Ebenfalls vi~1;uitisch ist das Kürma-Purii1;a.. 22 Im Mittelpunkt steht die Inkarnation des Vi~1_1u als Schildkröte. Dieses wichtige Pura1;a scheint ursprünglich aus vier Samhitäs bestanden zu haben. Erhalten geblieben ist jedoch nur die etwa 8000 Slokas umfassende Brahma-Samhita. Sie zerfällt in zwei Hauptteile. Der erste heißt Isvarag1tä und ist im wesentlichen den Regeln für erfolgreiche Meditation gewidmet. Der zweite Teil wird Vyäsag1tä genannt; er enthält \1\'eisungen für fromme Lebensführung von Hausvätern wie auch Asketen. Das Werk enthält aber auch die Trimurti-Lehre, Beschreibungen des Saldi-Kultes sowie zahlreiche Sühnezeremonien für alle möglichen Arten von Vergehen und Verbrechen. Ferner werden die heiligen Plätze Käs1 (Benares) und Prayäga (Allahabad) verherrlicht. Auch Genealogien fehlen nicht. Von besonderer Wichtigkeit wird das Werk jedoch als Quelle für die Kosmologie der alten Inder. Die Welt besteht aus sieben konzentrisch angelegten Inseln, die von Ozeanen getrennt werden. Die Zentralinsel mit dem Berg Meru in der Mitte ist Jambudv1pa, und von .Jambudv1pa bildet Indien, das hier Bhäratavar~a heißt, den Hauptteil. Das !viatsya.-Pura1;a entspricht der Paiicalak:?a1;a-Definition ziemlich gut. 23 Sein \Vesenszug ist die Inkarnation Vi:;;1_:tus als Fisch. In dieser Inkarnation wird da.s Werk dem Manu erzählt. Es enthält aber auch sivaitische Züge. Zur politischen und kulturellen Geschichte Altindiens gibt es einige interessante Hinweise. So behandelt es .J ainamata (die Lehre der .Jainas) und Buddhamata (die Lehre der Buddhisten); ferner enthält es brauchbare Angaben über die Geschichte der Andhra-Dynastie. Auffallend eng sind die Beziehungen zum Mahabharata. So findet man eine fast wörtliche Wiedergabe der Legende von Sävitr1. Schließlich bespricht das 13000 Slokas umfassende Purä1;a die heiligen Plätze von Käs1 und Prayäga (ähnlich dem Kürma-Pmal}a), die Anlage von Tempeln und Häusern, aber auch Fragen der Schauspielkunst und anderes mehr.
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Im vi~J!uitischen Garuc;fa.-PuraJ!a., das aus 8000 Slokas besteht, belehrt Vi~J!U den Garu<;la über die jenem zukommende Verehrung, darüber hinaus aber in geradezu enzyklopädischer \i\leise über zahlreiche andere Themen. Behandelt werden unter anderem Astronomie, Medizin, Grammatik, Metrik, Omina, Vi~l)u-Riten und -Feste; ein Kapitel ist sogar der Diamantenkunde gewidmet. Durch seinen enzyklopädischen Charakter erinnert das vVerk an das AgniPuraJ!a. Übrigens ist vieles aus der YajHavalkyasmJ;ti, dem Mahabharata und dem Ramaya1;a exzerpiert worden. 24 Der zweite Teil des Garuc;fa.-PuraJ!a hat eine abweichende Thematik. Er führt den N am~n Pretakalpa und befasst sich mit dem Zustand der Seele nach dem Tode, mit Gespenstern, aber auch mit der Karman- Lehre, mit Ahnenkult und Totenverbrennung. 25 Der Pretakalpa. hat durch seine Ausführungen über das Bestattungswesen eine große und anhaltende Popularität erlangt. Noch heutzutage werden in Nordindien bei Leichenbegängnissen Textstellen aus diesem Abschnitt verlesen. Ein systematisierter Extrakt aus dem Pretakalpa ist der Saroddhara des N aunidhirama. 26 Im Brahmal;c;la-PuraiJa schließlich berichtet Brahman über den Anfang der Welt. 27 Aus einem goldenen Ei entstand das Weltall (prapaHca) mit seinen Aktivitäten. Das etwa 12000 Slokas umfassende Werk handelt auch über vi~J!uitische Themen: Radha, K~-~l:ta und die Inkarnation als Parasurama. Als zu diesem PuraJ!a gehörend betrachtet man das Adhyatma-RamayaiJa, welches AdvaitaLehren enthält und die Hingebung an Rama empfiehlt. 28 An die PuralfaS schließt sich eine Gruppe ähnlicher, aber minder bedeutender \Verke an. Es sind die ebenfalls 18 sogenannten U papural:tas. Der epische Stoff ist hier dem kultischen Inhalt gänzlich untergeordnet. Vorzugsweise werden jetzt lokale Gottheiten und Örtlichkeiten gepriesen. Drei der 18 UpapuraJ!aS verdienen besondere Erwähnung: Das Vi1p;udharmottara- UpapuraiJa ist eine in Kashmir beheimatete vi~l)uitische Enzyklopädie. 29 Der erste Teil befasst sich mit der Schöpfung, mit Genealogien, Astronomie und Geographie. Er enthält auch eine Fassung der Pururavas-Legende. Im zweiten Teil haben Politik, Kriegführung, Rechtswesen, Medizin und Astronomie einen Platz, während der dritte Teil sehr verschiedenartige Themenkreise behandelt, unter anderem Grammatik, Lexikographie, Metrik, Poetik, Musik, Tanz, Malerei, Bildhauerei und Architektur. Zwischen 450 und 650 entstanden, mögen einzelne Teile auch noch älter sein. Das Nflamata- UpapuraiJa ist ein recht heterogenes, nichtsdestoweniger aber wichtiges \Verk. 30 Es stammt ebenfalls aus Kashmir und ist eine bedeutsame Quelle für die Geschichte und historische Geographie dieser Provinz. Im 12. Jahrhundert wurde das Werk von Kalhm:ta in seiner RajatararigiiJfausgewertet. Interessant ist es auch durch die Schilderung hinduistischer, speziell kashmirischer Feste. Buddha gilt a.ls eine Inkarnation des Vi~IJU.
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Das sogenannte Saura-Puriü;a möchte ein Nachtrag (khila) zum BralmBPuraiJ-a. sein, ist in vVahrheit aber ein sivaitisches UpapuräiJ-a, das vorwiegend dem Lil1ga-Kult gewidmet istY Das Werk vvurde um 1250 abgeschlossen, weist aber einen älteren Kern auf. Schließlich gibt es eine große Anzahl sogenannter Lokal- Purä1;as (Sthala, Mähätmya), die einzelne heilige Orte beschreiben bzw. verherrlichen, literaturgeschichtlich aber so gut wie ohne Bedeutung sind.
Anmerkungen
Auch hier hat vV. Kirfel die entscheidende, bahnbrechende Arbeit geleistet: Das PuriiiJa Paiicalak~aqa. Versuch einer Textgeschichte (Bonn 1927). 2 Verschiedene Autoren negieren die Existenz eines indischen Feudalismus überhaupt; andere sehen in der vorkapitalistischen indischen Gesellschaft eine nicht genau bestimmte und daher noch zu definierende Formation. Fest steht, dass dem westeuropäischen Feudalismus nicht schlechthin Modellcharakter zugeschrieben werden darf und dass sich die indischen Verhältnisse in vielerlei Hinsicht von denjenigen VVesteuropas unterschieden haber1. Unter Berücksichtigung dieser Umstände wird man den in mehreren Aufsätzen in der Ethnographisch-Archäologischen Zschr. (Berlin) sowie im Manuskript der Dissertation B "Zur Genesis des Feudalismus in Indien ... " (Leipzig 1979) dargelegten Ansichten von M. Njammasch über die Existenz eines indischen Feudalismus einschließlich seiner Besonderheiten weitgehend zustimmen dürfen. 3 Ein Standardwerk hierüber ist die Arbeit von W. Kirfel: Die Kosmographie der Inder nach den Quellen dargestellt (Bonn und Leipzig 1920, Neudruck Hildesheim 1967). 4 Vgl. hierzu R. C. Hazra: Studies in the Puraqic Records on Hindu Rites and Customs (Delhi 1975); S. A. Dange: Encyclopaedia of Puranic Beliefsand Practices (Delhi 1990). 5 Vgl. z.B. F. E. Pargiter: The Puraqa Text of the Dynasties of the Kali Age (London 1913); ders.: Ancient Indian Historical Tradition (London 1922); D. R. Mankad: PuraiJic Chronology (Delhi 1951); S. N. Pradhan: Chronology of Ancient India (Calcutta 1927).
6 Vgl. S. M. Ali: Tl1e Geogra.phy ofthe Puraqas (New Delhi 1966). 7 Vgl. L. Rocl1er: The Puraqas (Wiesbaden 1985); A. B. L. Awasthi: Purana Index (Delhi 1991). 8 Ausgaben des Brahma-PuriiJ;Ia in den Änandasrama Sanskrit Series, Nr. 28, und von P. Tarkaratna in den Gurumal_l<;lala Series (Calcutta 1954); Studie von A. Chatterjee (Delhi 1992). 9 Ausgabe des Padma-Puraqa. von Visvanath Narayar!a ( 4 Bde., Poona 1893/94). Kritische Ausgabe des Svargakhal_l<;la von Asoke Chatterjee Sastr! (Varanasi 1972). Übersetzung von N. A. Deshpande (Delhi 1990). 10 Ausgabe des ViO?qu-Puraqa von P. Tarkaratna in den Gurumal}.<;la.la Series (Calcutta). Übersetzung von H. H. Wilson (London 1840, Neudruck Calcutta 1961), außerdem von M.
120
DIE EPISCHE LITERATUR
N. Dutt (Calcutta 1894, 2. Aufl. als Bd. 90 der Chowkhamba Sanskrit Studies, Varanasi 1972). 11 Ausgabe des 1/ayu-Purai_Ja. von Ramtej Sastr! (Varanasi o.J.). Übersetzung als Bände 1-4 der Ancient Indian Tra.dition and Mythology (Delhi 1973/74). 12 Ausgabe des Bhagavata-Purai_Ja von Nara.yan Ram Acharya (Bombay 1950). Berühmte Übersetzung von E. Burnouf, E. L. Hauvette-Besnold und P. A. Roussel (Paris 18401898); \veitere Übersetzungen von M. N. Dutt (Calcutta 1896); J. M. San.yal (Delhi 1973); G. V. Tagare (Ancient Indian Tradition and Mythology, 7-11, Delhi 1975); N. Raghunatlfan (Madras 1976). Ausgabe mit Übersetzung in 18 Bänden von A. C. Bhaktivedanta (Los Angeles 1987-1989). 13 Ausgabe des Nara.dYya-Purai_Ja von P. Tarkaratna in den Gurumai_l~ala Series (Calcutta). 14 Ausgabe des Markar;u;leya-PuraiJ.a von K. M. Banerjee in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1862). Übersetzungen von F. E. Pargiter (Calcutta 1888-1904, Neudruck Delhi 1969), von M. N. Dutt (Calcutta 1897). Als Studie vgl. N. Y. Desai: Ancient Indian Society, Religion and Mythology a.s Depicted in the Marka.I_J<Jeya-Purai_Ja (Baroda 1968). 15 Ausgabe des Agni-Purai_Ja von Baladeva Upadhyaya als Nr. 174 der Kashi Sanskrit Series (Varanasi 1966). Übersetzung von M. N. Dutt, 2. Aufl. als Nr. 54 der Chowkhamba
Sanskrit Studies (Varanasi 1967). Studie von S. D. Gyani als Bd. 42 der Chowkhamba Sanskrit Studies (Varanasi 1964). Vgl. auch Bambahadur Mishra: Polity in the AgniPurai_Ja (Calcutta 1965). 16 Studie über das Bhavi~?ya-Purai_Ja. von A. Hohenherger als Bd. 5 der Münchener Indolagischen Studien (Wiesbaden 1967); vgl. R. K. Arora: Historica.l and Cultural Data. from the Bhavi~?ya.-Purai_Ja (New Delhi 1972).
17 Ausgabe des Bra.hmavaivarta-Purai_Ja von Vasudeva Sastr! (Poona o.J. ). Übersetzung von Rajendra Nath Sen als Bd. 24 der Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1920-1922, Neudruck 1974). 18 Übersetzung des Liriga-Purii1;Ia. als Bände 5-6 der Ancient Indian Tradition and Mythology von J. L. Shastri (Delhi 1973). 19 Ausgaben des 1/a.raha-Purai_Ja von H~·~Ikesa Sastr! in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1893) und von P. Tarkaratna in den Gurumai_ldala Series (Calcutta o.J.). 20 Ausgabe des Skanda-Purai_Ja in der Venkatesvara Press (Bombay 1910). Vgl. auch A. B. L. Awasthi: Studies in the Skanda.-Purai_Ja. (Lucknow 1965). Übers. von G. V. Tagare (Delhi 1992). 21 Ausgabe des 1/amana-Purai_Ja. von A. S. Gupta und Übersetzung von S. M.. Mukhopadhyaya, A. Bhattacharya, N. C. Nath und V. K. Varrna (Varanasi 1968). Studie von V. S. Agrawala (Varanasi 1964). 22 Ausgabe des Kurma-Puriil;Ia. von A. S. Gupta (Varanasi 1971). Übersetzung in vier Bänden von A. Bhattacharya, S. Mukerji, V. K. Varma und S. S. Rai (Varanasi 1972), von G. V. Tagare (Delhi 1981). 23 Ausgabe des 1'\ia.tsya-Purana von S. C. Vasu (Delhi 1972). Übersetzung in den Sacred Books of the Hindus, 17 (Allahabad 1916/17, Neudruck 1972 und 1980).
121
Die Tantras
24 Ausgabe des Garucja-Purana als Nr. 165 der Kashi Sanskrit Series von R. S. Bhattacharya (Varanasi 1964). Übersetzung von M. N. Dutt (Calcutta 1908; 2. Auf!. als Bd. 67 der Chowkhamba Sanskrit Studies, Varanasi 1968). Die Studien zum Garuda-PuriiiJa haben besonderes Interesse u.a. deshalb, weil in diesem \iVerk bereits die berüchtigte "freiwillige" \iVitwenverbrennung (satf) erwähnt wird. Siehe die folgende Anm. 25 Dissertation von N. Gangadharan (Varanasi 1972) und E. Abegg: Der Pretakalpa des Garucja-Puriil.Ja (Leipzig 1921). 26 Übersetzung des Saroddhara von E. Wood und S. V. Subrahmanyam in Bd. 9 der Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1911). 27 Ausgabe des Brahmaqda-PuriiiJa von Narayana Svarr:tiji (Delhi 1973). 28 Ausgabe des Adhyatma-Ramayaqa in der
Nin~aya
Sägara Press (Bombay 1891).
29 Ausgabe des Vi.~IJudharmottara-UpapuraiJa in der Ver1katesvara Press (Bombay 1912). Übersetzung von S. Shah (Allahabad 1990). Übersetzung des Kapitels III (über Malerei) von S. Krarnrisch (Calcutta 1928, Patna 1993). Analyse von G. Bühler im Indian Antiquary, 19 (1890). 30 Ausgabe des Nflamata-Upapurana von Ram Lai Kanjilal und Jagaddhar Zadoo in den Punjab Sanskrit Series (Lahore 1924). Vgl. Ved Kumari: Nflamata-PuriiiJa, a Cultural Literary Study (Delhi 1968). 31 Vgl. R. C. Hazra: Studies in the UpapuriiiJas (Calcutta 1958); W. Jahn: Das Sau.rapuraqam (Straßburg 1908). Die Übersetzungen sämtlicher Mahäpuräi.Las erscheinen sukzessive in der Reihe Ancient Indian Tradition and Mythology (Delhi).
5. Die
T'cmtTas
Unter der Tantra-Literatur versteht man eine Gruppe sektarisch-religiöser Schriften, die sich an die PuräJ:.laS anschließen und bestimmte Gedanken derselben weiterführen. Die Terminologie ist hier von Schwankungen nicht frei: Mitunter werden die Ta.ntras auch als Agamas bezeichnet; andererseits wird der Ausdruck "Tantra" auf ganz bestimmte \Verke eingeschränkt. Ausgeprägt sektarischer Charakter fand sich bereits bei mehreren Puräl:tas, so beim BTahmavaivaTta-Pmiil].ä. Für die Tantras trifft nun diese Eigenschaft in noch weit höherem Maße zu. Daher sind ihre Lehren und Regeln auch nicht mehr allgemein oder doch weitgehend allgemein verbindlich, sondern sie werden nur von den jeweiligen Sekten, die sich a.uf ein bestimmtes Tantra berufen, anerkannt. Typisch ist, dass dem betreffenden Gott eine sogenannte Sakti (Kraft, Energie; das Wort ist im Sanskrit Femininum) an die Seite gestellt wird und dass diese Saldi oft eine Bedeutung erlangt, die die des Gottes übersteigt. Die Tantra-Literatur gehört zu den an1 wenigsten erforschten Gebieten der altindischen Literatur überhaupt. Da.s mag seinen Grund darin haben, dass ihre Bedeutung mehr auf religions- als auf literaturgeschichtlichem Gebiet liegt.
122
DIE EPISCHE LITERATUR
Die Sprache der Tantras ist ein oft sehr vernachlässigtes Sanskrit, und nur wenige vVerke dieser Art sind ästhetisch von einigem Wert. Ihr Inhalt gilt als zu abstrus, weshalb sie ähnlich wie auch die Brahmai:ta.s - ganz zu Unrecht - von der Forschung vernachlässigt vvurden. Denn auch die Tantras sind von großem geistesgeschichtlichem Einfluss gewesen, der bis heute nachwirkt, und ohne sie zu studieren, kann man auch den Hinduismus nicht wirklich verstehen. Man darf also die These aufstellen, dass für den Hinduismus die Tantras von ebensolcher Bedeutung sind wie für den Brahmanismus die Brahma1fas. Aus dem vedischen Opferkult (yajiia) wird die hinduistische Götterverehrung (piija). 1 Das ist die Quintessenz der Forschungen von John Woodroffe, des Bahnbrechers auf dem Gebiet der Tantra-Untersuchung. 2 Diese Bedeutung konnten die Tantras unter anderem wegen der Exklusivität des Veda erlangen. Im Gegensatz zum Veda waren die Tantras auch für Frauen und Sudras bestimmt, also einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Andererseits wurden sie zur Basis für Geheimkulte verschiedener Art. Folkloristische und nichtarische Einflüsse müssen eine große Rolle gespielt und einen entsprechenden Einfluss ausgeübt haben; deutlich ist eine Tradition zu Gedanken, die bereits der Atharvaveda ausdrückt, feststellbar. Generell betrachtet, erteilen die Tantras religiöse Unterweisungen; sie geben Belehrungen über Kosmogonie, Gottesverehrung, Erlösung, Riten. Besonders interessant sind ihre Ausführungen über Meditationen zur Erlangung übernatürlicher Kräfte (siddhi), da sie sich unter anderem mit Medizin und Chemie beschäftigen. Ähnlich wie die Brahmal:tas führen sie zur Begründung dieser oder jener Lehre passende Legenden an. Im einzelnen soll ein Tantra so wie auch ein Pural:ta gewisse Grundthemen enthalten: kriya (Errichtung von Tempeln und Götterbildern und die dazu gehörenden Riten); caqa (der eigentliche Kult); Yoga (Meditation); schließlich das schon aus den Upani~aden bekannte jiiana (theologisches "Wissen" einschließlich der Kenntnis bestimmter mystischer Silben, Formeln und Figuren). Da es sich, wie erwähnt, bei den Tantras um die Literaturen von (wenn auch teilweise sehr großen) Sektengruppen handelt, werden sie auch dementsprechend klassifiziert. Man unterscheidet also Va.i~lJava-, Saiva- und SaktaTantras, je nachdem sie die Verehrung von Vi:;n:tu, Siva oder der Durga zum Inhalt haben. Die Vai~lJava- Tantras führen gewöhnlich den Namen Sarnhita, so dass Verwechslungen mit den vedischen Samhitas zu vermeiden sind. Bekannt sind 215 solcher \Verke; wahrscheinlich gibt es aber noch viel mehr. Gedruckt worden sind die wenigsten von ihnen, so dass sie selbst dem Indologen weitgehend unbekannt geblieben sind. Die meiste Verbreitung hat noch die AhirbudlwyaSamhita gefunden. 3 Sie entstand bei der vi~l:tuitischen Pancaratra-Sekte4 in Kashmir; der Zeitpunkt ist, wie zumeist, ungewiss: jedenfalls vor dem 10. Jahr-
Die Tantras
123
hundert, möglicherweise aber schon im 4. Jahrhundert. Ramanuja führt das \Verk als Autorität an. Zweifellos ist es mitsamt seinem geistesgeschichtlich en Einfluss von Nor.clen nach Süden gewandert. Es beinhaltet Philosophie, die Lehre von den Lebensstufen, das Idealbild eines visn:mitischen Lehrers und die Erlangung geheimer Yoga-Kräfte. Kennzeichnend ist die Dialogform; die Belehrung erfolgt im Rahmen von Gesprächen zwischen Ahirbudhnya und Narada. Zu den Vai~l}ava- Tantras gehört auch die Jiianami,"tasara-SamlJita, die sich vorwiegend mit K~·s;Jfa und Radhabefasst und nachweislich erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts entstanden ist- ein Beweis für den historisch lang andauernden Einfluss dieser Werke. 5 Noch weniger bekannt sind die sivaitischen Tantras. Auf sie trifft übrigens die Bezeichnung Ägama im engeren Sinne zu. Man kennt die Titel von 28 Grundwerken. Durch die sogenannten Upagamas wird ihre Zahl auf über 200 vermehrt. 6 Bekannt ist von dieser Textmasse nur sehr wenig. 7 Auch die Ägamas sind wahrscheinlich in Kashmir entstanden, und sie sind sicherlich älter als das 9. Jahrhundert. 'Wissenschaftsgeschichtlich von Interesse ist das Rudrayamala genannte \Verk, welches allerlei medizinische und chemische Kenntnisse verrät. Zu den Ägamas oder Saiva-Tantras rechnet ma,n auch die sogenannte Pratyabhijiia- Literatur. Hierzu zählt der Tantrasara, eine Art Enzyklopädie aller (nicht nur der sivaitischen) tautrisehen Sekten. 8 Der von Abhinavagupta verfasste Tantraloka umfasst 37 Kapitel mit sivaitischer Ritualistik und Philosophie. Philosophie ist auch das Hauptthema der von Somananda verfassten ,Sivadi."?ti. Die \iVerke der Sakta-Sekten sind es, auf die die Bezeichnung "Tantra" im engeren Sinne Anwendung findet. Die einheimische Tradition nennt 77 bis 192 solcher \iVerke. Hier ist die weibliche Gottheit, die als "Energie" gedachte Saldi, das höchste Weltprinzip. Die ersten Spuren des Sakti-Kultes sind mit Sicherheit um 500 nachweisbar, doch ist er bestimmt wesentlich älter. Aufgrund ethnographischer Erkenntnisse sieht man den Saktismus als einen nichtarischen Volkskult an, der nach langer eigener Geschichte sich erst spät in priesterlichen Schriften niedergeschlagen hat. \iVährend der Ursprung der Vai~l:tava- und Saiva-Tantras nach Kashmir weist, ist der Saktismus in Bengalen entstanden. Grundlage ist ein muttergöttlicher Kult, und zwar der Gattin des Siva, die unter vielfachen Namen auftritt: Durga, Kal1, Parvati und andere. Sie wird dann zur höchsten göttlichen Gewalt überhaupt, zur Paramesvar1. An dieser Stelle setzen nun Geheimkult wie Entartung gleichermaßen ein. Denn aus der Verehrung einer Muttergöttin wird in zunehmendem Maße eine Glorifizierung des weiblichen Prinzips überhaupt, und dies mit deutlich erotischem Einschlag. Als Sakti oder PrakJ;ti (Natur) verehrt, wird die Frau in den Mittelpunkt eines orgiastischen Kultes gestellt, in dem sich hochfliegende philosophische Gedanken neben recht irdischem Triebleben finden. Die Elemente des Geheimkultes sind näm1ich die sogenannten fünf Substanzen (paiicatattva):
124
DIE EPISCHE LITERATUR
\Vein, Fisch, Fleisch, Getreide und Liebe. Man hat also ganz gut gewusst, dass die sinnliche Liebe ohne die erforderliche alimentäre Grundlage nicht gedeiht und dass sie durch geistige Getränke stimuliert wird. Freilich werden solche Überlegungen durch die Texte vollständig verhüllt. Sie geben vor, auf rituelle • vVeise das Animalische zu überwinden, wollen also gewissermaßen den Teufel mit Beelzebub austreiben. So nimmt es nicht wunder, dass hier Askese und Orgien eng miteinander verflochten sind. Über den dekadenten Charakter solcher Ideologie ist man sich wohl zuweilen schon zu ihrer Zeit im klaren gewesen. Denn an einer Stelle heißt es, dass in den früheren (besseren) Weltzeitaltern der Veda, die Sm~tis und die Purar.tas maßgeblich gewesen seien, vvährend im jetzigen, schlechtesten \Veltalter (kaliyuga) die Tantras Gültigkeit haben. Die Tantras sind metrisch gebunden. Ihre Lehren verkünden sie meist durch Dialoge zwischen Siva und Durga, in denen Siva nicht nur als Lehrer, sondern auch als Schüler auftritt. Das erklärte Ziel ist die Erlösung durch die Erlangung der Einheit mit der vVeltseele, die Vereinigung mit dem höchsten VVesen, eine Idee, die seit der Upani~ad-Zeit in Indien Fuß gefasst hat. Voraussetzung ist die Gewinnung magischer Kräfte. Diese erfolgt nicht nur über die erwähnten orgiastischen und anderen Riten, sondern auch über zauberische Praktiken, deren Keimformen man bereits im Atharvaveda finden kann. Besonders die heiligen Silben (bija) haben ihren Ursprung im Veda, wo das Om eine besondere sakrale Position einnimmt. Ein Beispiel aus den Tantras ist die Veränderung des \Vortes ha.msa. Die ursprüngliche Bedeutung ist wohl "Gans", später "Schwan" und "Flamingo"; in der philosophischen Terminologie" Seele". In der N aminativform lautet das \Vort haxnsal;; daraus wird in vielen Fällen durch das Wirken eines euphonischen Gesetzes hmnso. Vertauscht man diese beiden Silben, so ergibt sich so'ham, und das bedeutet "der bin ich". Dadurch, auf dem Wege magischer Meditation, soll also die Einheit der Individual- mit der Weltseele--- und somit die Erlösung- herbeigeführt werden. Weitere Möglichkeiten sollen zauberische Formeln (ma.ntra.- wieder ein vedischer Terminus!) und Dia.gramme (yantra.) bieten. -Außerdem lehren die Saktas Pflichten der Kasten und Lebensstufen sowie manches andere. Das Hauptwerk dieser Gruppe ist das Ku1anpwa-Tantra. 9 Es gehört den Kaulas an, der wichtigsten Sakta-Sekte. Aus 17 Kapiteln ( ullasa) bestehend, umfasst es mehr als 2000 Verse. \Vichtig ist auch das Ma.hanirva1;a- Ta.ntra. 10 Dieses sehr populäre, aber a.uch recht junge Werk hat durch seine philosophischen und ethischen Lehren einen bedeutenden Einfluss ausgeübt. Interessant ist, dass es die Äsrama-Lehre stark modifiziert: Für das Kaliyuga erkennt es nämlich nur noch zwei Lebensstufen an, die des Hausva.ters und die des Asketen. Nicht unwichtig ist auch das .Sara.datilaka von Lak~mai_la Desika, das dem 11. Jahrhundert entstammtY Es gibt eine Schöpfungsgeschichte und enthält
Die Tantras
125
Reflexionen über den Ursprung der Sprache. Gerade die Sakta-Tantras haben eine ungebrochene Tradition und üben ihren Einfluss auf das indische Geistesleben bis heute aus. So ist die in Indien sehr bekannte Prfü_Iatof?il_IT eine um 1920 abgefasste tautrisehe Kompilation! Der Popularität der Tantras zollten auch die Angehörigen der nicht brahmanischen Religionen Tribut. Sowohl Jinisten als auch Buddhisten sahen sich veranlasst, die Tantras nachzuahmen. Als bekanntestes Beispiel gilt das Svayambllii- Tantra; es ist eine buddhistische Beschreibung von Nepal.
Anmerkungen
Zusammenfassende Studien hierzu geben S. C. Banerjee: A Brief History of Tantra Li-
terature (Calcutta 1988) und Chintaharan Chakravarty: The Tantras. Studies on Their Religion and Literature (Calcutta 1972). Noch wertvoller ist T. Goudriaan und S. Gupta: Hindu Tantric and Sakta Literature (History of Indian Literature, II, 2, Wiesbaden 1981). Religionswissenschaftliches Kompendium von N. N. Bhattacharyya: History of the Tantric religion (Delhi 1987). 2 Unter dem Pseudonym Arthur Avalon gab er in elf Bänden die Tantric Texts (London
1913 ff.) heraus. Seine wichtigste Studie ist das fünfbändige Werk Sakti und Sakta (London und Madras 1920 ff., deutsche Ausgabe VVeilheim 1962, Neudruck Bern und München 1987). 3 In den Adyar Libraries Series 5 gab F. 0. Sehrader eine Introduction to the Paiicaratra
and the Ahirbudhnya-Sarnhita (Adyar 1916, 2. Aufi. Adyar 1973). Eine Ausgabe der Ahirbudhnya-Samhita lieferte M. D. Rämänujächärya; 2. Aufi. umgearbeitet von P. V. Krishnamacharya in zwei Bänden als Nr. 4 der Adyar Library Series (Adyar 1966). 4 Zu dieser Sekte gehört auch das
Lak~?mf-Tantra,
übersetzt von S. Gupta als Bd. 15 der
Orientalia Rheno-Traiectina (Leiden 1972). 5 Ausgabe der Jiianamrtasara-Samhita von K. M. Banerjee in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1865); Übersetzung in Bd. 23 der Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1921). 6 Vgl. hierzu die Arbeit von H. W. Schomerus: Der Saiva Siddhanta (Leipzig 1912). 7 So etwa der Rauravagama, vgl. die kritische Edition von N. R. Bhatt mit einer Einleitung über die sivaitischen Ägamas von J. Filliozat (3 Bde., Pondichery 1961 ff.). 8 Ausgabe des Tantrasara von P. Tarkaratna (Calcutta 1927). Der Leitfaden Pratyabhijiialu;daya wurde ediert und übersetzt von J aideva Singh (3. Aufi., Delhi 1980). Ausgabe des Ta.ntraloka von R. C. Dwivedi und Navjivan Rastogi (8 Bde., Delhi 1985).
9 Ausgabe des I<. ulan;ava- Tantra von Täranatha Vidyaratna (Madras 1965, Neudruck Delhi 1975), ferner Ausgabe und Übersetzung von R. K. Rai (Varanasi 1983). 10 Ausgabe des l1iahanirvai]a-Tantra von J. Woodroffe (3. Aufi. 1953). Übersetzung von A. Avalon (London 1913), 7. Aufi. (Madras 1993). 11 Ausgabe des Saradatilaka in den Täntric Texts (Bde. 16-17).
126 12
DIE EPISCHE LITERATUR
Tantras: Ausgabe des Kubjikamata-Tantra von T. Goudriaan und J. A. Schoterman (Leiden 1988); Überetzung des Kulaciidamal]i- und des \famakesvara-Tantra von L. M. Finn (VViesbaden 1986).
~Weitere
Die klassische Literatur
1. Einfül1nmg
In der klassischen Epoche, in der die Dichterpersönlichkeiten mehr und mehr aus der Anonymität hervortreten, erreicht die altindische Literatur ihren Höhepunkt an gestalterischer Fähigkeit und Aussagekraft. 1 Das betrifft sowohl die Sanskrit- als auch die Pralqt- Literatur. Chronologisch ergibt sich eine vielfache Verzahnung mit der vorhergehenden Schicht, nicht so sehr mit den Epen als vielmehr mit den Pural)aS und Tantras. Im wesentlichen ist die klassische Literatur nach der Zeitenwende entstanden. Daher kennen wir ihre absolute und relative Chronologie etwas besser als die der früheren \Verke. Die Anfänge der Kunstdichtung sind im Ramaya1;a zu suchen, und zwar bereits im Kern des Epos, nicht erst in den späteren Zusätzen. Freilich ist vom Ramaya1fa bis zu der ausgefeilten Kunstdichtung eines Kalidasa ein weiter Weg. Hier hatte nun Max Müller die Theorie aufgestellt, dass es zwischen den Epen und Kalidasa kaum noch Sanskrit-Kunstdichtung gegeben und dass diese vielmehr einer solchen in Prak~·t Platz gemacht hätte. Ursachen seien das Vordringen des Buddhismus und der Einfluss fremder Eroberer gewesen. Diese Theorie dürfte jetzt kaum noch Anhänger finden. Dabei braucht man nicht auf Rajasekhara zurückzugreifen, der sogar Pal:tini für den Verfasser von ein oder zwei Kunstepen hielt - wobei fraglich bleibt, welcher Pal:tini gemeint ist beziehungsweise in Betracht kommt. Fest steht aber, dass in dem berühmten grammatischen Werk Mahabhii~?ya des Patal1jali, das dem 2. Jahrhundert v. Chr. angehört, Kavya-Strophen als Zitate vorkommen. Auch andere Indizien sprechen gegen Müllers Theorie. Allerdings ist zuzugeben, dass zwischen dem 2. Jahrhundert v. Chr. und dem 2. Jahrhundert n. Chr. die Prak:J;t-Kunstdichtung übenvog. Doch war das Übergewicht nicht derart ausgeprägt, dass man darum von einer selbstständigen Prak~·t- Periode sprechen dürfte. VVas die Zeitstellung der Sanskrit-Kunstdichtung angeht, so kann man ziemlich deutlich drei Perioden unterscheiden. Die erste Periode bildet die vor- beziehungsweise frühklassische Zeit. Als ältester Dichter gehört zu ihr Asvaghos;a (1.-2. Jahrhundert). Er ist gewissermaßen der Hauptpfeiler der Brücke zwischen Valmiki und Kalidasa. Zu seiner Schule gehört Äryasura, der Verfasser der Jatakamiilii, und in seine Zeit fällt wohl auch die BThatkathii des Gul)a<;lhya. Etwas später ist die älteste Fassung des Fabelwerkes Paiicatantra, das Tantriikhyiiyika., zu datieren (3.-4. Jahrhundert). Die im 4. Jahrhundert entstandenen Dramen des Bhäsa schließen die frühklassische Periode der altindischen Kunstdichtung ab.
128
DIE KLASSISCHE LITERATUR
Die Blütezeit lag unzweifelhaft in der Epoche des Gupta- Reiches. Aus dieser Zeit sind mehrere Herrscher als aktive Förde·er der Literatur überliefert. Der zweite Gupta-Kaiser, Samudragupta , war selbst dichterisch tätig. Im .Jahre • 375 folgte ihm Candragupta II. Vikramaditya. Möglicherweise hat Kalidasa an seinem Hof in Ujjayin1 gelebt. Eine Münzinschrift nennt jenen Herrscher einen Dramenverfass er. Im .Jahre 413 bestieg Kumaragupta I. den Thron; auch er ist als Dichter bekannt. Unter seiner Regierung brechen erstmals die Hunnen in das Land ein, werden a.ber zurückgeschlag en. Seit 455 beherrschte Skandagupta das Reich; 465 bis 470 finden erneut Kämpfe mit den Hmmen statt, die das Reich zermürben. Nach dem Tode Skandaguptas im .Jahre 480 geht der Zerfallsprozess weiter, wenn auch das Reich in beschränktem Umfang noch einige Zeit fort besteht. Insgesamt kann man sagen, dass die Kunstdichtung zwischen 350 und 550 ihre höchste Blüte entfaltete und dass ihr größter Vertreter, Kalidasa, in dieser Zeit lebte. Genaueres über die Datierung des Kälidasa auszusagen, ist leider trotz aller auf ihre Erforschung verwandten Mühe immer noch nicht möglich, und wir müssen uns da.rauf beschränken, die Ära des Kalidäsa mehr oder minder unscharf zu umgrenzen. Die Berichte über sein Leben sind von Legenden umrankt und besagen nur, dass er ein Brahmane war, der dem Sivakult oblag. Aus seinen Werken könnte man mit Vorbehalt schließen, dass die Stadt Ujjayin1 seine Heimat war. Mit Sicherheit lässt sich aufgrund einer Inschrift aussagen, dass er im .Jahre 634 bereits berühmt war. Sehr wahrscheinlich war er bereits im .Jahre 473 bekannt. Von Bedeutung ist ferner der Umstand, dass sich Kälidasa mit der griechischen Astrologie vertraut zeigt, die um 350 in Indien bekannt wurde. Er dürfte a.lso um 400 zur Zeit Candraguptas II. gewirkt haben und nicht erst im 6 . .Jahrhundert, wie manchmal noch angenommen wird. \Vegen seines berühmten Namens werden ilun nicht wenige Werke fälschlich zugeschrieben. Mit Sicherheit hat er die Epen Kumarasa1nbh ava und RaghuvaJnsa, die Dramen .Sa.kunta.la und 1/ikra.morva.siya. sowie das lyrische Gedicht Megl1adiita verfasst. Mit großer Wahrscheinlich keit ist von ihm das Drama lvialavikagnim itra, und möglicherweise ist er der Verfasser des Liederkranzes .EJ,tusamhara. Andere Dichter dieses klassischen oder goldenen Zeitalters sind verschiedentlich später als Kälidasa anzusetzen, da sie bis in die Epoche des Kaisers Haqa, der das Har~a- Reich von 606 bis 647 beherrschte, hineinreichen. Etwa gleichzeitig mit Kalidasa dürfte der Lyriker Amaru gelebt haben. Möglicherweise gilt dies auch für den Dramendichte r Visakhadatta. Der Epiker Bhäravi und der Spruchdichter Bhart~·hari haben mit Sicherheit vor 650 gelebt. Das erste wirklich genau fixierbare Datum ist das Todesjahr des Varahamihira: 587. Die Prosaisten Da1;<;lin und Subandhu hahen ihre vVerke zu Beginn des 7 . .Jahrhunderts verfasst. Der Kaiser Har~a war nach einem Bericht des Chinesen Hiuen-tsang, der von 630 bis 644 als Pilger in Indien weilte, selbst ein Poet. Sein Zeitgenosse
Einführung
129
war der Hofdichter Bi:il;a. In der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts lebte in Gujarat der Epiker Mägha. Am Hofe des Königs Yasovarman von Kanauj wirkten um 730 der Präk~'t-Dichter Väkpatiräja und der Dramatiker Bhavabhuti. :Mit letzterem schließt die Periode der klassischen altindischen Kunstdichtung im engeren Sinne. Von den zahlreichen Autoren der nachklassischen Periode wollen wir nur einige wenige nennen. Um 900 wirkte der Dramatiker Rajasekhara in Kanauj. Der uns ebenfalls schon bekannte König Bhoja (1018-1060) war selbst Dichter und förderte intensiv die Dichtkunst an seiner Residenz Dhärä in Mälva. Bilhm;a, der Lyriker, Epiker und Dramatiker aus Kashmir, wurde Hofdichter der 'vVestlichen Cälukya-Dynastie und schrieb für diese um 1081 bis 1089 das Vikramfüikadevacarita. Zwischen 1063 und 1081 verfasste Somadeva unter Benutzung alter Vorlagen die Märchensammlung Kathasa.ritsaga.ra. Ein vielseitiges Wirken entfaltete der Dichter K9emendra in Kashmir. Um 1148 schuf Kalha1_1a das einzige historiographische Werk Altindiens, die Rajata.raligiT;T. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts schrieb Jayadeva am Hof des Königs Lak9ma1_1asena von Bengalen das GTtagu11inda., und etwa zur gleichen Zeit verfasste Srihaqa in Kanauj das Nai9adhacarita. Durch die Bildung der Großreiche in der ersten Hälfte des l. Jahrtausends erlangte die weltliche Macht allmählich die Oberhand über das Brahmanentum, was freilich nicht bedeutete, dass die Brahmanen nun etwa verdrängt worden wären. Aber Indien wurde weltoffener, trat aus seiner peninsularen Abgeschiedenheit heraus und nahm am Welthandel teil. Schließlich kamen ganze Herrschergenerationen aus außerindischen Ländern, wo man zuvor keinen Brahm.anismus kannte. Das Ku9ä1;a-, Gupta- und Ha.qa-Reich brachten großen Teilen Indiens lang dauernde Stabilitä.t und eine, wenn auch natürlich klassenbedingt sehr differenzierte wirtschaftliche Blüte. Nach dem Zerfall dieser Großreiche versuchten die Herrscher der kleineren N achfolgestaaten, das höfische Leben der großen Vorgänger nachzuahmen, bis dann durch die mohammedanische Invasion zu Ende des 12. Jahrhunderts durchgreifende Änderungen im politischen Leben zumindest des nördlichen Indien herbeigeführt wurden. \iVährend des l. Jahrtausends jedoch spielten die Residenz- und anderen großen Städte in Indien eine große Rolle. Die Oberschicht dieser Stadtbevölkerung bezeichnete sich selbst stolz als nagaraka, was (verfeinerte) Städter - im Unterschied zur Landbevölkerung- bedeutet. Sie war die soziale Ausgangsbasis für die Dichter der klassischen altindischen Literaturwerke. Diese wiederum waren dem Mittelpunkt dieser Gesellschaft, also dem König, von dessen Gnade die Dichter lebten, gänzlich oder doch sehr weitgehend gewidmet. Kennzeichnend für diese Literatur ist also zunächst ihr panegyrischer Charakter. Bislang hatten religiöse Stoffe in der indischen Literatur dominiert. Weltliche Themen hatte es, wie wir sahen, zwar auch - und sogar schon in der
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
gegeben, doch blieben sie religiösen Zielen und Zwecken fast ~ksaml1ita stets unilergeordnet. Darin bahnte sich etwa seit der Zeitenwende eine \iVandlung an. Weltliche Dichtung gewann zunehmend an Bedeutung ..Mit gewisser Vorsicht kann man sagen, dass auch die Entwicklung der Wissenschaft eine Zurückdrängung des Einflusses der Brahmanen zur Folge hatte. So kommt es, dass der Einfluss des brahmanischen Opferkultes seit der Mitte des 1. Jahrtausends n. Chr. spürbar nachließ. In den herrschenden Kreisen brach sich mehr und mehr eine Hinwendung zum Diesseits Bahn. Im höfischen Lebel~§pielten die Frauen, die Künste, die Vergnügungen, kurz.. einE; -?:~Icia:tiidisclie·S~in bezogene Hält~,;eir1e·a~~all~üd gi·o~e ~?1~~- Die _Dichter artikulierte~r diese_Tend~nz. II]JE'fer mehr traten Jetzt Werke m1t erotischer oder andersw1e weltlich onen.//tferter Grundhaltung hervor. Vermutlich da.rf man darin auch eine Reaktion auf den Einfluss buddhistischer und jinistischer Askese- und \iVeltfluchtideen sehen. Für die Literaturgeschichte aber von besonders großer Bedeutung ist der sogenannte Kavya-Charakter dieser Literatur. Kavya ist der Begriff des Sanskrit für "Kunstdichtung" und bedeutet insbesondere die kunstvolle Ausprägung der Form. Etwas pointiert darf man sagen, dass die Form mehr und mehr das Übergewicht über den Inhalt gewann. Vielfach ging es den Autoren daher jetzt nicht mehr um die Erfindung einer neuen Handlung, sondern um die Ausschmückung bekannter Stoffe, vor allem solcher aus den Epen. Rajaseidrara hat uns in seiner 1Givyam1maiÜsa2 ein lebendiges Bild von der praktischen dichterischen Arbeit jener Zeit hinterlassen. Um die fürstliche Gunst gab es (nicht selten von Ränken beeinflusste) förmliche \iVettbewerbe. Dabei standen anscheinend nicht so sehr einzelne Dichterpersönlichk eiten, sondern ganze Schulen miteinander in Konkurrenz. Die Dichter hatten übrigens nicht darauf zu warten, dass sie irgendwann einmal "von der Muse geküsst" wurden, sondern sie waren angehalten, nach einer strengen Tageseinteilung zu arbeiten. Ihre neuen \~Terke erwartete die Kritik der Zeitgenossen. Um bestehen zu können, wa.ren die Dichter herausgefordert, ihre künstlerischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, aber auch ihre Allgemeinbildung ständig zu vervollkommnen. \iVie so vieles im alten Indien, wurde auch die Dichtkunst in den Rang einer Wissenschaft erhoben und entsprechend systematisiert. Die Poetik wird also bei aller Würdigung der künstlerischen Intuition als eine Kategorie betrachtet, 3 die wissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten und Regeln unterworfen ist. Diese werden in den Alarirkarasastras gelehrt. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich in Indien eine hochentwickelte Theorie der Kavya-Literatur herausgebildet. Eine Dichtung wird definiert als sprachliche Komposition, die ästhetisches Wohlgefallen hervorruft. Mit einem vollendeten ~Terk dieser Art ist der Dichter imstande, die Gunst der Götter, Fürsten und Frauen zu gewinnen und sich selbst unsterblich zu machen. Das ist natürlich
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nicht einem jeden möglich. Vielmehr werden erfolgreiche Dichter daran gemessen, ob sie den in den Lehrtexten hervorragender l\!Ieister der Poetik gestellten außerordentlich hohen Anforderungen gerecht werden. Eine Voraussetzung besteht darin, dass die Regeln der Grammatik und Metrik gründlich beherrscht werden. Ferner muss der Dichter über einen großen Vorrat an Synonymwörtern gebieten. Darüber hinaus muss er ein allgemein gebildeter Mensch sein, in den Regeln der Politik also ebensogut Bescheid wissen wie in der Mythologie oder der Erotik. Wie groß die Bedeutung der Form gegenüber dem Inhalt in dieser Literatur geworden ist, zeigen schon die Alarnkarasastras, die Lehrbücher der Dichtkunst; alamläira, bedeutet "Schmuck, Schmuckmittel". Die äußere Verzierung also war für die altindischen Literaturtheoretiker (dieser Ausdruck ist durchaus kein Modernismus) von ausschlaggebender Wichtigkeit. Als Schmuckmittel galten Sinn- und vVortfiguren. Erstere umfassten neben Metaphern und Wortspielen kunstvolle Beschreibungen. Solche dominierten in den einzelnen \iVerken nicht selten auch quantitativ, so dass oftmals ein Handlungsfaden kaum noch zu erkennen ist - was auch durchaus in der Absicht des Dichters lag. Manche Themen werden mit besonderer Beliebtheit immer wieder neuen, umfangreichen Beschreibungen unterzogen. Das trifft besonders auf Naturerscheinungen und -schönheiten zu, wie etwa auf den Sonnenauf- und -untergang, die monddurchstrahlte Nacht oder den Ausbruch des sommerlichen Monsuns. Die \t\Tortfiguren bestehen unter anderem in der Alliteration, später auch im Reim sowie in einer unerschöpflichen Vielzahl sprachlich-stilistischer Besonderheiten. Dazu zählt zunächst die Verwendung ungebräuchlicher oder seltener Ausdrücke, wie wir sie in den Anfängen bereits bei der Erörterung der Epen verzeichnet haben. Nicht umsonst bezeichnen ja die Inder das RamayaiJä als adikavya, das erste Kunstgedicht überhaupt. Auch andere Charakteristika der Kavya- Literatur sind bereits in den Epen anzutreffen. Schon hier ist zu beobachten, dass die nominale anstelle der verbalen Ausdrucksform bevorzugt wird, für die immer länger und unüberschaubarer werdende Komposita bezeichnend sind. Im allgemeinen gilt der Satz, dass die Schmuckmittel mit fortschreitender Zeit immer reichlicher eingesetzt werden, bis sie den Inhalt vollständig überwuchern und ersticken. Nicht zuletzt darin zeigt sich die Dekadenz, der die klassische altindische Literatur schließlich anheimfällt. Bei der Bewertung der als Alari1karas dienenden Wortfiguren muss man sich freilich davor hüten, sich von europäischem Geschmack und Wertmaßstab leiten zu lassen. Aber selbst bei zurückhaltender Beurteilung wird man einräumen, dass auf einem bestimmten Punkt der Entwicklung "Vernunft Unsinn und Wohltat Plage" wird. Die maßvolle Ausgestaltung eines vVerkes mit Schmuckmitteln gereicht ihm selbstverständlich zum Vorteil; die Überladung und Manieriertheit führt jedoch unweigerlich vom Künstlerischen zum Gekünstelten.
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Vielleicht können mit einigen Beispielen aus dem Kunstepos Kiratlüjun1ya \Venigl!ltens die hervorstechendsten Besonderheiten demonstriert werden. Der 15. Gesang dieses Epos ist ein Höhepunkt staunenerregender Sprachbrillanz und Wortakrobatik Vers 5 enthält das Schmuckmittel ekaki?ara.pada: in jedem Versviertel (pada.) kommt nur ein und derselbe Konsonant vor. Der Vers lautet: sa sasil.:t sasusill.:t saso yeyayeyayayayayal_l j lalau lilam lalo 'lolal.:t sasisasisusll.:t sasan
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Häufig erlegen sich die Dichter bestimmte Beschränkungen auf. So hat Vers 7 die Eigenschaft nirau?!hya, das heißt, er enthält keine Labiale. Beim Kunstroman Da.Sakumara.carita wird in einem ganzen Kapitel auf die Verwendung von Labialen vollständig verzichtet. Eine der sensationellsten und am häufigsten zitierten Stellen der Kavya-Literatur ist im KiTatarjuniya der Vers XV, 14. Vom Schluss-t abgesehen, enthält er als einzigen Konsonanten das n: na nonanunno nunnono nana nananana nanu
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nunno 'nunno nanunneno nanena nunnanunnanutl I Der sich aufdrängende Vergleich mit unseren "Zungenbrechern" ist allenfalls formal, keineswegs aber inhaltlich gerechtfertigt, denn was uns hieran als spaßhaft gilt, war für ein hochverfeinertes, höfisches Sprachempfinden ein vollendetes Schmuckmittel von hoher ästhetischer Wirkung. Ein weiteres Stilnlittel ist das Palindrom (pratilomanulomapada), bei dem der erste Halbvers vom zweiten gespiegelt wird; von den Versen 18 und 20 hier der letztere: nanu ho mathana ragho ghora nathamaho nu na tayadatavada bhima mabhida bata dayata
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Besonders beliebt und berühmt waren solche Verse, deren beide Hemistiche gleich lauten, aber unterschiedliche Silbentrennung und ·wortbedeutung aufweisen (samudgaka); Beispiele sind hier die Verse 16 und 50. Vers 45 lässt sogar drei verschiedene Übersetzungen zu (a.Ttila.trayavacin). Dies hängt mit einer Eigentümlichkeit der Sanskrit-Sprache zusammen, die man als Sandhi bezeichnet. Aufgrund bestimmter euphonischer Regeln gehen bestimmte Laute mit anderen Verschmelzungen ein. Besonders betrifft dies die Vokale. Ein Beispiel möge hier genügen. Auslautendes a oder a verschmilzt mit anlautendem a oder a zu a:. Ein euphonisch bedingtes a kann also .aus a + a oder aus a, + a: oder aus a: + a oder aus a: + a hervorgehen. So kann das ·wort nabhi eine selbstständige Vokabel, aber auch etwa aus na + abl1i entstanden sein. Das Wort nabhija:ta zum Beispiel ist sowohl ein Kompositum aus nabhi + jata
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und bedeutet dann "nabelentsprossen" als auch eine euphonische Amalganlation aus na + abhijata in der Bedeutung "unedel geboren". Die Kunstdichtung macht sich diese Eigenschaft des Sanskrit zunutze und bringt Verse hervor, die je nach der Auflösung des Sandhi und na.ch der jeweiligen Wortbedeutung ganz verschiedene Übersetzungen zulassen. Alle diese Schmuckmittel sind nach den altindischen Literaturtheoretikern dem Stil (r.lti) untergeordnet beziehungsweise gehen in denselben ein. Stilfra.gen ist hauptsächlich die J(avyalamkaravrtti des Van1ana gewidmet. 4 Doch die Kavya- Theorie entwickelte sich noch weiter und gelangte zur Konzeption des sogenannten Grundtones ( dhvani). Haupttheoretiker des Dhvani war Änandavardhana in seinem Werk Dhva.nyaloka, das um 900 entstanden sein muss. 5 Dhvani gilt hier als die eigentliche Seele der Poesie: Es ist der Ton, auf den eine Dichtung gestimmt ist. Doch handelt es sich nach dieser Definition um kein Konkretum; Dhvani ist vielmehr das Unausgesprochene, der unfassbare Geist, der eine Dichtung durchweht. Damit wird Dichtung zu etwas rational nicht mehr Fassbarem verklärt. Sieht man von untergeordneten Einzelheiten ab, so kann man auf dem Höhepunkt der altindischen Kunstdichtung eine ziemlich einheitliche ästhetische Konzeption feststellen. Der Grundgehalt einer Dichtung führt den Namen bhava, und die Theorie zählt neun verschiedene Arten davon auf, nämlich Liebe, Heiterkeit, Kummer, Zorn, Mut, Furcht, Ekel, Staunen und Weltschmerz. Die Bhävas werden mit Gewürzen verglichen, deren Verwendung einen bestimmten Geschmack (rasa) hervorruft. Entsprechend den neun Bhävas gibt es auch neun Rasas: erotisch, kornisch, elegisch, schrecklich, heroisch, furchtsam, abscheulich, märchenhaft und quietistisch. Es ist möglich, dass ein und dasselbe Stück von mehreren Rasas bestimmt wird. Solche Verbindungen werden aber nur in sehr beschränktem Maße zugelassen, da die Gefahr einer Disharmonie sonst zu groß wird. Die Rasa-Lehre nimmt innerhalb der altindischen Literaturtheorie und Ästhetik eine zentrale Stellung ein. 6 Außerhalb des Rasa-Systems gliedert die altindische Theorie die poetischen Werke in solche, die nur gehört (sra.vya.), und in solche, die auch gesehen werden können (d~·sJra). Die erstere Gruppe wiederum wird eingeteilt in Werke, die in gebundener (padya) und die in ungebundener Rede (gadya) abgefasst sind. Die Hauptform der D~·sya-Gruppe ist das Drama. Auch über die Sprachen, die für ein dichterisches Werk in Frage kommen, äußert sich die Theorie. An erster Stelle steht selbstverständlich das Sanskrit. Zugelassen sind aber auch die wichtigsten Prak:J;t-Idiome, und zwar die Mahära~tri, Sauraseni, Mägadhi, Paisaci. Auch der Apabhramsa hat einen legitimen Platz inne. Im Drama ist es möglich, ja geboten, dass mehrere Sprachen in ein und demselben Stück Anwendung finden. \11/as nun die Fixierung dieser literaturtheoretischen Anschauungen anlangt,
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so sind sie in verschiedenen berühmten Werken niedergelegt, von denen leider manche, und gerade die ältesten, verlorengegangen sind. Großen Ruhm als richtungweisendes Alarnkärasästra erlangte das Bhara.tlya-Natyasastra, das heißt das Lehrbuch der Dramaturgie von Bharata. 7 Durch dieses \~Terk wurden offensichtlich alle vorhergehenden Arbeiten verdrängt, so dass sie in Vergessenheit gerieten. Das Bharatlya.-Nafyasastra besitzt trotz seines auf das Theaterwesen zugeschnittenen Titels einen enzyklopädischen Charakter. Deutlich ist spürbar, dass Bharata auf verschiedene vor ihm existierende Arbeiten zurückgegriffen hat, so dass sein \Verk weitgehend einer Kompilation gleichkommt. Ferner konnte erwiesen werden, dass das Sastra selbst auch in einer mehrfach überarbeiteten Gestalt auf uns gekommen ist. Daher ist es ein m.üßiges Unterfangen, das Alter des \Verkes als solches bestimmen zu wollen, da in ihm eben sehr heterogene Stücke von entsprechend differenziertem Alter vereinigt sind. Man hat versucht, das Agni-PuraLJa. als chronologisches Hilfsmittel heranzuziehen, da sich dessen Kapitel336 bis 346 auf das Bharafiya-Nafyasastra beziehen. Diese Kapitel sind aber, wie sich herausgestellt hat, ein später Einschub, der wohl schon der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends angehört. Gewiss ist, dass Kalidäsa und Bhäsa das Werk bereits kannten. Nach Abwägung aller hier nicht weiter auszuführenden Umstände dürfte eine Datierung des Hauptinhaltes in das 3. oder 4. Jahrhundert angemessen sein. Das aus 38 Kapiteln bestehende Werk ist meist in Slokas, zum. Teil auch im Äryä-Metrum gehalten. Die Rahmenhandlung ist eine ganz und gar mythische. Auf Bitten der (vedischen) Götter mit Indra an der Spitze erschafft Brahman den Natyaveda als fünften Veda. Ein Schauspiel soll den Sieg der Götter über die Asuras darstellen. Die Asuras sind über das von ihnen gezeichnete Bild empört, behindern die Aufführung und beschweren sich bei Brahman. Dieser macht den Dämonen klar, dass das Schauspiel eben alle Seiten des Lebens, die guten wie die bösen, widerspiegeln soll. Der eigentliche Inhalt ist recht vielseitig, vorzugsweise aber auf das Bühnenwesen zugeschnitten. Erörtert werden unter anderem die Rasas (von denen das Sa.stra acht kennt), die Bhävas und Alamkäras und die in einer Kunstdichtung anzuwendenden Sprachen. Besonderes Gewicht wird auf die verschiedenen Arten des Dramas, die Bühnencharaktere, aber auch auf die Kostüme und Dekorationen gelegt. Auch verschiedene mimische Haltungen werden beschrieben. Wegen seines Alters und der Verschiedenartigkeit seiner Sujets kann man darüber streiten, ob das Bharatfya-Natyasastra überhaupt schon als ein Alarnkarasästra oder vielmehr als Vorläufer eines solchen aufzufassen ist. Als Alarnkärasastra darf man es jedenfalls nur im weiteren Sinne bezeichnen, da die eigentlichen ·werke dieser Art wesentlich später einsetzen. Der älteste Verfasser eines Alamkärasästra im engeren Sinne, nämlich Bhämaha, lebte jedenfalls erst um 650. Er schuf das Werk KavyalaLnkara., das in Slokas gehalten ist und in sechs
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Kapiteln erstmalig die Theorie der Dichtkunst systematisch behandelt. 8 Bei aller Bedeutung der Schmuckmittel betont Bhamaha, dass sie dennoch nicht genügen, wenn sie nicht auf dichterischem Genius beruhen. Einer der größten, vielleicht überhaupt der bedeutendste Theoretiker der Dichtkunst im alten Indien war Da1~:<;lin, der zu Ende des 7. Jahrhunderts den "Spiegel der Poetik" (I\fiyyadarsa) verfasste. 9 Seine Lehre legt er in Form von Versregeln dar. Das ingeniöse \Verk geht davon aus, dass eine Dichtung aus dem Körper (sarfra) und den Schmuckmitteln besteht. Der Körper sind die die Bedeutung tragenden Sätze, doch ist ihnen nur etwa ein Sechstel des Inhalts ge·widmet, während fünf Sechstel auf die Alarnkaras kommen. Richtig erklärt Dal:t<;lin, dass das Metrum zvva.r wichtig, aber nicht entscheidend ist; er verweist darauf, dass es auch kunstvolle Prosa gibt und dass andererseits nicht wenige wissenschaftliche Lehrbücher in gebundener Sprache abgefasst wurden. Dm:t<;lin formuliert die Anforderungen, die an eine niveauvolle, in angenehme Stimmungen versetzende Dichtung zu stellen sind. Eine solche, ein mahakavya, soll mit einem Segensspruch oder mit einer Inhaltsvorschau beginnen. Der Stoff ist einer Legende, einer Mythe oder einer historischen Begebenheit zu entnehmen. Im Mittelpunkt muss eine Heldenpersönlichke it stehen. Das Werk soll Beschreibungen von Naturerscheinungen , vom Lauf der Jahreszeiten, aber auch von Liebesszenen, Hochzeiten und Festen, wiederum auch solche von Feldzügen und Schlachten enthalten. Dal:t<;lin geht ausführlich auf verschiedene Stilarten ein, und man muss seinen Ausführungen entnehmen, dass in den einzelnen Teilen von Indien recht verschiedenartige Stile geherrscht haben beziehungs\veise beliebt waren. So stellt er den klaren, schlichten, zarten Vaidarbha-Stil dem dunklen, schweren Stil von Gau<;la (Bengalen) gegenüber, welcher in schwülstig ausgedehnten Komposita schwelgt. Als Alamkara nennt Dal:t<;lin unter anderem den Vergleich ( upama), etwa von Gesicht und Lotos; der Autor kennt 25 Arten solcher Vergleiche. Eng damit verwandt ist die Metapher (riipaka); Beispiele sind die Schmuckwörter balmlata (ein Arm wie eine Liane) und kanyara.tna (ein Mädchen wie eine Perle, das heißt Mädchenperle). Das Vorderglied eines Kompositums wird also mit dem Schlussglied identifiziert beziehungsweise verglichen. Doppelsinn (slef?a) dient dazu, den Sinn zu verdunkeln, was als durchaus erstrebenswert galt. Von den zahlreichen weiteren Lehrbüchern der Dichtkunst können wir hier nur noch einige wenige nennen. Vamana, der in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts am Hof des Königs Jayäp1<;la von Kashmir lebte, schuf das Lehrbuch Kavyalmnkaravrtti . 4 Das zweiteilige Werk befasst sich in einem theoretischen Kapitel mit Ästhetik, in einem praktischen lTlit Grammatik. Ebenfalls in Kashmir lebte sein Zeitgenosse U dbhata. Dieser vermehrte in seinem Almnkarasamgra.ha10 die Zahl der Ra.sas auf neun und erfand eine Anzahl neuer SchmuckmitteL Auf diese legte auch Rudrata im Kavyalamkara das
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HauptgewichtY Kurz eingegangen sind wir schon auf die interessante Kavyam1mamsa des Rajasekhara, der zwischen 880 und 920 gelebt hat. 2 Um 850 kommentierte. wiederum in Kashmir, Anandavardhana 120 anonyme Verse, die sogenannten dhvanikarika.s, in seinem vVerk Dhvan},·aloka. 5 Dieser wichtige Kommentar brachte in die altindische Literaturtheorie einen wesentlichen neuen Gedanken ein. Jede gute Dichtung hat nämlich nach Anandavardhana zwei Aussagen: eine offene und eine verhüllte. Er unterscheidet danach drei Qualitätsstufen, und als beste gilt ihm die, in welcher das "Unausgesprochene" vorherrscht und dem \Verk seinen Stempel aufprägt. Für ihn ist Dhvani also gewissermaßen der Unterton, der die ästhetische Wirkung eines literarischen \Verkes bestimmt. Einem solchen Postulat zu folgen, ist natürlich sehr schwierig, und so erkennt Anandavardhana auch nur zwei bis höchstens sechs wahre Dichter a.n. In späterer Zeit haben seine Thesen erwartungsgemäß viel \Viderspruch gefunden. Um 970 schuf Dhana1l.jaya das bekannte Lehrbuch Dasa.n1pa.Y In ihm behandelt er die zehn Arten des Dramas, und zwar in einer klareren und besser systematisierten ~Weise, als das im Bhara.t~ya-Natvasastra der Fall ist. Doch ist das in Slokas abgefasste Werk so knapp gehalten, dass es ohne Kommentar kaum verständlich ist. Im Kashmir des 11 . .Jahrhunderts bis zum Anfang des 12. Jahrhunderts schuf Mammata das Werk Kavyaprakasa/ 3 in welchem er eine Synthese der wichtigsten Ansichten, die es damals in der indischen Literaturtheorie gab, anstrebte. Das in zehn Kapiteln geschriebene vVerk wurde so berühmt, dass es nicht weniger als 70 Konunentare nach sich gezogen hat. Im 11. Jahrhundert schuf der König Bhoja ein sehr umfassendes \Verk über den "Halsschmuck der Sarasvatl": Sarasvat1ka.l;tllabha.rai_la. 14 Er bringt eine Aufzählung vieler Schmuckmittel, doch gilt ihm die eigentliche dichterische Komposition als noch wichtiger. Im übrigen erkennt er als Rasa ausschließlich die Erotik an. Ein anderes umfangreiches, aber noch nicht kritisch bearbeitetes Werk des Bhoja ist der Sp1garapra.ka.sa. Hier legt er dar, dass Wort und Bedeutung zusammen die Poetik ausmachen. Wieder ist srligaTa, die Liebe, der einzige wirkliche Rasa. Rucaka (Ruyyaka), der um 1150 lebte, verfasste die Zusammenstellung AlamkaTasa.Tvasva.. 15 Darin folgt er allerdings weitgehend Mammata. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts schuf Visvanatha in Orissa das umfangreiche Werk Sahitya.daTpai_la. 16 Es umJa.sst sowohl Poetik als auch Dramaturgie. Obwohl nicht viele neue Ideen eingeführt werden, ist die gutgegliederte Arbeit zu Übersichtszwecken sehr nützlich. Auch in der Folgezeit sind immer wieder vVerke zur Ästhetik der Kunstdichtung verfasst worden. ~Wir nennen jedoch nur noch die Kuva.la.yana.nda.kaTika, geschrieben von Appaya Dlk~ita um 1600Y Hier werden die Schmuckmittel an metrisch gehaltenen Beispielen verdeutlicht.
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In mehrere n der hier aufgefüh rten ~Werke spielt auch die Metrik eine Rolle, auf die jedoch erst im Abschni tt über die wissenscha.ftliche Literatu r eingegan gen werden soll.
Anmerk ungen Vgl. M. Krishnam achariar: A History of the Classical Sanskrit Literature (Madras 1906, erweiterte r Neudruck Delhi 1970); A. B. Keith: Classical Sanskrit Literature (London und Calcutta 1923); Gaurinath Sastri: A Goneise History of Classical Sanskrit Literature (2. Aufl., Calcutta 1960); A. K. \'l1arder: Indian Kavya Literature (6 Bde., Delhi 1972 ff.); I. D. Sereb1jako v: Literaturn yj process v Indii VII-XIII veka (Moskau 1979). 2 Die Kiivyamfm amsii wurde ediert von C. D. Dalal in den Gaekwad' s Griental Series, 2 (Baroda 1916) und ins Französisc he übersetzt von N. Stchoupak und L. Renou (Paris 1946); Ausgabe und Übersetzu ng von S. Parashar (Delhi 2000). 3 Vgl. H. Jacobi: Schriften zur indischen Poetik und ":tsthetik (Darmsta dt 1969); G. Jenner: Die poetischen Figuren der Inder \'On Bhamaha bis IIIammafa . Ihre Eigenart im Verhältnis zu den Figuren reprasenta tiver antiker Rhetorike r (Hamburg 1968). Speziell zu den rasas vgl. M. Lindenau: Beiträge zur altindiscl1en Rasa1ehre, mit besonderer Berücksic lltigung des Natyasast ra des Bharata .Muni (Leipzig 1913); N. M. Sazanova: Indijskie rasy kak literaturn yj kompleks, in: Narody Azii i Afriki, 1(1966); A. Sankaran: Some Aspects of Literary Criticism in Sanskrit or the Theories of rasa and dhvani (Delhi 1973). 4 Ausgabe der Kavyalarh karavrtti von C. Cappeller (Jena 1875); vom selben Autor Übersetzung von Abschnitt 2: Vamanas Stilregeln (Straßbur g 1880). 5 Übersetzu ng des Dllvanyaloka von H. Jacobi in der Zschr. der Dtsch. Morgenlä ndischen Gesellscha ft, 56-57 (1902/03) sowie als Separatau sgabe (Leipzig 1903). 6 Vgl. die Literaturh inweise in Anm. 3. 7 Ausgaben des Bharatfya -Natyasas tra von M. R. Kavi in den Gaekwad' s Griental Series, 30 (4 Bde., Baroda 1926) und von B. L. Sukla (2 Bde., Varanasi 1981-1984 ); Kritische Ausgabe von R. S. Nagar (4. Bde., Delhi 1988). Übersetzu ng von M. Ghosh in der Bibliothec a Indica (2 Bde., Calcutta 1950-1961 ). Studie von A. Rangacha rya: Introduction to Blwratas Nafyasast ra (Bombay 1966). Spezielle Bearbeitu ng des Kapitels über Choreogra phie von V. N. Naidu, S. Naidu und V. R. Pantulu: Bllara.ta J\.Iuni, Tiii]dava Lakf?ai]am or the Fundamen tals of Ancient Hindu Dancing, Being a Translation of tl1e 4th Chapter witll a Glossary of the Technical Terms Compiled from the 8th, 9th and 11th Chapters (Madras 1936, Neudruck 1971). Das reich illustrierte Werk ist für die Geschichte der Tanzkuns t unentbehr lich. Eine Analyse des Aufbaus des Natyasast ra bietet S. A. Srinivasan : On the compositi on of the Na~ya.sastra (Reinbek 1980). 8 Ausgabe und Übersetzu ng von Bhama.ha.s Ka1ryalar ükara von P. V. N. Sastry (Tanjore 1927).
9 Ausgabe und Übersetzu ng von Da.n<;lins Kavyadar sa von 0. Böhtlingk (Leipzig 1890).
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10 Ausgabe von Udbha~as Alamkarasamgra lw von G. A. Jacob im Journal of the Royal Asiatic Society ( 1897). 11 Ausgabe von Rudratas Kavyalamkara als Nr. 2 der Kavyamala (Bombay 1886). 12 Ausgabe des Dasariipa (nach der Edition von F. E. Hall, 1865) und Übersetzung von G. C. 0. Haas (New York 1912, Neudruck 1965). 13 Ausgabe und Übersetzung von Mammatas Kavyaprakasa in zwei Bänden durch R. C. Dwivedi (Delhi 1966-1970); Ausgabe von V. R. Jhalakikar, 7. Aufl. von R. D. Karmarkar (Poona 1965); Übersetzung von G. N. Jha (Benares 1898, Neudruck Delhi 1986). 14 Ausgabe des Sarasvat1ka!J~habharaJ;a von J. Vidyasagara (Calcutta 1894). 15 Ausgabe des Alamkarasarvasv a als Bd. 35 der Kavyamala (Bombay 1893); Übersetzung von H. Jacobi in der Zschr. der Dtsch. Morgenländische n Gesellschaft, 62 (Leipzig 1908). 16 Ausgabe des Sahityadarpa!Ja von E. Röer und Übersetzung von J. R. Ballantyne und P. D. Mitra in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1851-1875, Neudruck Varanasi 1956). Ausgabe auch von P. V. Kane (Bombay 1910). 17 Übersetzung der Kuvalayanandak arika von R. Schmidt (Berlin 1907).
2. Das höfische Kunstepos Da. die Werke des Asva.gho~a. im Rahmen der buddhistischen Literatur Erwähnung finden sollen, ka.nn die Besprechung der Kunstdichtung sogleich mit ihrem 1 berühmtesten Repräsentante n, Kalidasa., einsetzen. Als Epiker, Lyriker und Dramatiker gleichermaßen hervorragend, kristallisiert sich in seinem Schaffen der Höhepunkt der altindischen Kunstdichtung überhaupt. Seine beiden Epen gehen a.uf bestimmte, von ihm verarbeitete indische Stoffe zurück. Überhaupt waren die Kunstepiker nur in geringem Ma.ße bestrebt, neue Sujets zu erfinden; vielmehr entnahmen sie ihre Stoffe dem Mahabllfirata, dem Ramayai_la und den Pural)a.s und arbeiteten die alten Mythen und Legenden inhaltlich in nur sehr begrenztem Ma.ße um. Kalidasa. ist der Verfasser der beiden höfischen Kunstepen Kumarasambl uva und Raghuvamsa. Von diesen ist da.s erstere offenbar da.s ältere. Sein Titel bedeutet "Die Geburt des Kriegsgottes", doch geht es vorwiegend um Ereignisse, die vor dieser Geburt lagen und sie vorbereiteten. Von den 17 Gesängen, a.us denen da.s Epos besteht, sind nur die ersten a.cht mit Sicherheit von Kalidasa.. Die Handlung ist kurz die folgende: Uma, die Tochter des Himalaya., ist eine Verehrerindes Siva.. Die Götter sind der Meinung, da.ss beide einen Sohn zeugen sollten, der später göttlicher Heerführer und Kriegsgott werden könnte. Aber Siva. ist gerade einer strengen Askese hingegeben, die ihm keine Liebesgedanken gestattet. Die Götter entsenden a.lso Kama., den Liebesgott, zu ihm. Siva., erzürnt über die triviale Störung seiner asketischen Übungen, verbrennt mit einem Strahl a.us seinem dritten Auge ( da.s er a.uf der Stirn trägt) den Kama. zu
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Asche. Doch dessen Aktionen haben bereits gewirkt: Nach mehrmaligen Rückschlägen vermag Uma doch noch, Siva für sich zu gewinnen. Die Schilderung der Hochzeit ist kulturgeschichtlich als Abglanz (oder Vorbild) einer irdischen Hochzeit bedeutsam. In der anschließenden Schilderung des Liebeslebens der Jungvermählten - Uma sträubt sich zunächst, und Siva kann erst allmählich ihre Schamhaftigkeit besiegen - zeigt sich Kalidasa nicht nur als Meister des 'Nortes, sondern auch als Kenner der erotischen Künste. 'Nahrscheinlich ist an1 Schluss ein Gesang, vielleicht auch nur eine Anzahl von Strophen verlorengegangen. Die Gesänge 9 bis 17 sind aus stilistischen und inhaltlichen Gründen jedenfalls unecht. Die Berühmtheit des Werkes wird unter anderem durch das Vorhandensein von nicht weniger als 33 Kommentaren unter Beweis gestellt. 2 Der Ra.glmvamsa ("Das Raghu-Geschlecht") ist das zweite Epos Kalidasas. 3 Dichterisch dargestellt wird hier die Geschichte der sagenhaften Sonnenkönige von Ayodhya, also die Vorfahren und Nachkommen des Rama mit letzterem als Mittelpunkt. An Vorgängern werden vier genannt. Auf Dilipa folgt Raghu. Diesem gelang es, "alle Himmelsrichtungen zu ersiegen"; die etwas bescheidenere Wahrheit dürfte wohl darin bestanden haben, dass er die angrenzenden Herrschaftsgebiete zu unterjochen vermochte. Jedenfalls feierte er seinen Sieg durch ein großes Visvajit-(Allsieges- )Opfer. Auf Raghu folgte Aja. Dieser hatte das Glück, bei einer Gattenwahl der Prinzessin Indumati der Erwählte zu sein. Musste er auch die rächenden Angriffe der abgewiesenen Konkurrenten abwehren, lebte er dafür in um so größerem Eheglück bis zum Tode seiner Gattin. Ajas Totenklage ist ein Meisterwerk der Dichtkunst Kalidasas. Schließlich wird Ramas Vater, Dasaratha, vorgestellt. Der Dichter lässt also wechselvolle und dabei typische Schicksale an uns vorüberziehen, so dass das Vierk niemals "episch breit" und monoton wirkt. Nachdem die Gesänge 1 bis 9 Ramas Vorfahren als fromme und tüchtige Könige in jeweils beispielhaften Situationen geschildert haben, gehen die Gesänge 10 bis 15 auf Rama selbst ein und geben eine Zusammenfassung der Hauptereignisse, wie sie das Ramayai_la berichtet. Die Gesänge 16 bis 18 handeln von den 21 Nachkommen des Rama, jedoch gegenüber den Eingangskapiteln in erheblich kürzerer Fassung. Auch sie werden sämtlich dem Leser als Vorbilder präsentiert. Eine Ausnahme bildet lediglich der letzte der Könige, Agnivan:ta, dem der ganze 19. Gesang gewidmet ist. Agnivan;ta hat nicht die Frömmigkeit oder die Regierungsgeschäfte im Kopf, sondern ausschließlich die Frauen. Seine sexuellen Begierden gehen schließlich so sehr über seine Kräfte, dass er an der Schwindsucht stirbt. Seine Hauptgemahlin aber ist zu dieser Zeit gerade schwanger, so dass sie in der Hoffnung auf die Geburt eines Sohnes - zur Herrseherin gewählt wird. Damit schließt das Werk abrupt und hinterlässt den Eindruck, dass ein ruhmreiches Geschlecht dekadent geworden sei und seinen Untergang gefunden habe. Ein solches tragisches Ende ist zwar
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in der altindischen Literatur nicht ganz unerhört, widerspricht aber doch einer Grundanschauung der damaligen Asthetiker. Ob hier das Quod licet Jovi, non licet bovi zu gelten hat oder ob der Schluss verlorengegangen ist, ist gegenwärtig nicht zu entscheiden. Auch in diesem \Verk erweist sich Kälidäsa als glänzender Beherrscher der Sprache, der sich dabei niemals zu übertriebenen Künsteleien hinreißen lässt. \Vir wollen noch einen kurzen Blick auf einige Epen werfen, die nach Kälidäsas Zeit entstanden sind, wobei wir selbstverständlich weder Vollständigkeit noch Ausführlichkeit a.nstreben. Das Epos Ravm;avaha ("Die Tötung des Rävm;a"), auch Setubandl1a ("Der Brückenbau") genannt, entnimmt seinen Stoff dem Ramaya1;a und handelt vom Brückenbau zur Insel Lankä und von der Tötung des Dämonenfürsten Rävai_ta. 4 Sein Stil ist weithin affektiert und schwülstig, doch offenbart sein Autor eine beachtenswerte Beherrschung der Sprache. Diese ist nicht Sanskrit, sondern das Mahärä~tr1- PräkJ;t. \Ver der Verfasser ist, konnte nicht genau geklärt werden: Vielleicht war es König Pravarasena II. von Kashmir oder ein Vakataka-Herrscher. Das Epos Na.loda.ya., das vier Gesänge umfasst, hat die Episode von Nala und Damayant1 aus dem lv1ahabharata zum Inhalt. 5 Das in vier Gesängen überlieferte Werk zeigt eine Vorliebe für Reim und Alliteration. Autor ist wahrscheinlich Ravideva, möglicherweise Vasudeva; jedenfalls entstammt das Epos der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts. Ein Rama-Epos ist dagegen das Jana.kiharm;a. von Kumäradäsa. 6 Früher hielt rnan Kalidäsa für den Verfasser, doch hat Kumäradäsa lediglich versucht, dessen Stil zu imitieren. Entstehungszeit ist die Spanne zwischen 650 und 800, wahrscheinlich die zweite Hälfte des 7. Jahrhunderts. Das Werk behandelt die Thematik des Ramaym;a. bis zur Entführung der S1tä, doch sind von den ursprünglich 25 Gesängen nur 14 1/2 erhalten geblieben. Ein sehr bedeutsames, um das Jahr 600 entstandenes VVerk ist das Epos Rava1;a.vadha, das nach seinem Autor BhaHi meist a.ls BhaHikavya bezeichnet wird. 7 Es gibt in 22 Gesängen die Räma- Legende wieder. Eine Eigentümlichkeit des ·werkes besteht darin, dass es nicht nur das epische Geschehen schildert, sondern auch didaktische Zwecke verfolgt. So enthalten die ersten neun Gesänge Darlegungen und Erläuterungen der Grammatik des Päi)ini, und die folgenden vier Gesänge illustrieren die Lehren des Alarnkärasästra. Das Werk selbst ist eine treffliche Demonstration der gra.rnmatischen Regeln des Sanskrit: So kommt in einem Gesang als Tempus nur das Perfekt, in einem anderen nur der Aorist vor. Das Bhattikavya erfreut sich seit jeher in Indien eines hervorragenden Rufes, wovon auch die Zahl von 13 Kommentaren Zeugnis ablegt. Der Verfasser, dessen Name eine Präk~·t-Form ist, könnte möglicherweise mit dem Spruchdichter Bhart1:hari identisch sein. Die bereits geschilderten Eigenarten des höfischen Kunstepos prägen sich mit fortschreitender Zeit immer schärfer aus, und dies nicht zum Vorteil dieser Lite-
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raturgattung. Gegenüber den Epen des KaJidasa tritt die eigentliche Handlung immer weiter in den Hintergrund und lässt ein Fortschreiten kaum~ noch erkennen. Im Gegenteil bem~ühen sich die Dichter, jede Strophe zu einem~ eigenen, abgerundeten, in sich geschlossenen Kunstwerk zu ma.chen. Die Handlung soll damit nur noch als Faden für eine Kette von Perlen und Juwelen dienen. Die Ausdrucksweise wird immer dunkler, die Sprachkünsteleien nehmen- zumindest für unseren GesclnTlack- immer groteskere Formen an. Nichtsdestoweniger spielen die meisten dieser \Verke in der altindischen Litera.turtheorie eine hervorragende Rolle. In der zeitlichen Abfolge 1väre zunächst das Kiratfüjuniya des Bharavi zu nennen, der bereits in einer Inschrift des Jahres 634 als berühmter Dichter genannt \Vird.s Das Epos behandelt einen Stoff aus dem Mahabharata, und zwar den Kampf des Arjuna mit dem Kirata, der sich sodann als Personifizierung des Siva offenbart. Das Werk umfasst 18 Gesänge, und es ist bemerkenswert, dass die Gesänge 4 bis 11 inhaltlich eine Hinzufügung zum Geschehen des Mahabharata durch Bharavi darstellen. Die besondere Sprachkunst des Kiratarjuniya. wurde bereits durch Beispiele belegt (s. S. 132). Doch hat es Bharavi- man möchte sagen: trotz seiner Sprachakrobatik - verstanden, auch viele Passagen von dichterischem \Vert in das Epos einfließen zu lassen. Steht schon Bharavi mit seinem IGratiiijuniya gemäß der altindischen Asthetik an hervorragender Stelle, so ist dies in womöglich noch höherem Maße der Fall bei Magha mit seinem Epos :5isupalavadha. 9 Auch dieses, in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts entstandene \Verk hat einen Stoff aus dem Mahabharata zum Thema: die Tötung des Cedi-Königs Sisupala durch K~'~l:ta. Zwischen beiden genannten Epen besteht eine deutliche Beziehung, die H. Jacobi aufgehellt hat. 10 Maghabemüht sich nämlich, die sprachlichen Kunststücke des Bhäravi noch zu überbieten und zudem den im Kiratiiijuniya. zum Ausdruck gekommenen Siva.ismus durch seine vi~l:tuitische Thematik in den Schatten zu stellen. In ersterer Hinsicht leistet er tatsächlich Unglaubliches, besonders im 19. Gesang. Insgesamt setzt er 23 verschiedene Metren ein! Im 16. Gesang vollbringt er ein Kunststück, das nur einem mit der Sanskrit-Sprache außerordentlich gut vertrauten Dichter möglich ist: Er lässt einen Botschafter des Sisupäla zu Kr~lfa gelangen, wobei jener eine Grußadresse spricht. Diese kann je nach Wortbedeutung und Silbentrennung als demütige Unterwerfung wie auch als Kriegserklärung aufgefasst werden! Eine Nachblüte erlangte das Kunstepos in Kashmir. Im Haravijaya. feiert der Dichter Räjanaka Ratnäkara den Sieg, den Siva über den Dämon Andhaka errang. Das .50 Gesänge umfassende Werk dürfte in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts entstanden sein. Der Autor versucht seinerseits, wiederum über Mägha hinauszuwachsen. Eindrucksvoll sind seine Kenntnisse sowohl der Politik als auch der Liebeskunst.U K~emendra verfasste im 11. Jahrhundert
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mehrere Epen. Das im Jahre 1037 entstandene Epos Bl1iiratamaiijari' 2 sowie die Ramaya.IJamaiijarr 3 geben Zusamrnenfassungen des lviahabl1arata und des Ramayal}a. Das aus dem Jahre 1066 stammende Dasavataracarita hat die Inkarnationen des Vi~r.m zum Inhalt. Der radikale vi~l}uitische Standpunkt dieses Epos kommt unter anderem darin zum Ausdruck, dass Buddha als eine Personifikation des Krs;r,ta aufgefasst wird. 14 Zwischen 1135 und 1143 schuf Ma1'tkha das SrTkaiJthacarita, in welchem er den Sieg des Siva über den Dämon Tripura besingtY Mankha, der den Literaturästhetiker Ruyyaka als seinen Lehrer nennt, gibt nicht nur eindrucksvolle Naturbeschreibungen, sondern gewährt a.uch einen Einblick in bestimmte gesellschaftliche Einrichtungen seiner Zeit. Den Gipfel kunstvoll-gekünstelter Sprache aber bezeichnen zwei Epen, mit denen die Erörterung dieser Literaturgattung abgeschlossen werden soll. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts verfasste Kaviraja das Ragha.vapal}cjav1ya. 16 Dieses vVerk behandelt -- je nachdem, wie man die Wörter analysiert und deutet - gleichzeitig die Ereignisse des Mahabllarata und die des Ramaya.l}a! Für die altindische Ästhetik hielt die Spitze aber das Nai?a.dhacarita., das Sr1haqa gegen das Jahr 1200 in Kanauj verfasste. Dieser Dichter wurde als gleichrangig mit Kalidasa, Bharavi und ~Iagha angesehen. Sujet ist die Geschichte von N ala und Damayant1, aber die schlichte Handlung wird von einer effektvollen, doch überaus schwülstigen Ausmalung nahezu gänzlich verdrängt. 17 In den 22 Gesängen ist ein Fortgang der Handlungsführung kaum noch erkennbar. Auch in späteren Jahrhunderten sind in Indien, teilweise als Eulogien der mohammedanischen Herrscher, Kunstepen entstanden. Verschiedentlich tragen sie nur Kuriositätenwert; insgesamt ist ihr literarischer Standard von begrenzter Höhe, so dass sie uns hier im einzelnen nicht zu beschäftigen brauchen. Anmerkungen 1 Eine Bibliographie der Studien über Kalidasa, die nicht weniger als 3618 Titel enthält, erarbeitete S. P. Narang (New Delhi 1976). Einen Überblick über Kalidasas Schaffen geben V. V. Mirashi und N. R. Navlekar: IGlidasa. Date, Life and Works (Bombay 1969). Eine sehr niveauvolle Studie über den Dichter stammt von A. Hillebrandt: Kalidasa (Breslau 1921, Neudruck Hildesheim 1978). Gleichfalls grundlegend die Studie von VV. Ruben: Kalidasa. The Human Meaning of bis Works (Berlin/DDR 1957). Edition der Complete Works of Kalidasa von V. P. Joshi (Bombay 1976); weitere Ausgabe von C. R. Devadhar (Delhi 1984-85). Die Quellen, aus denen Kalidasa schöpfte, untersucht B. R. Yadav: Critical Study of the Sources of Kalidasa (Delhi und Aligarh 1974). Zur Chronologie der Werke I<:alidasas vgl. G. Huth: Die Zeit des Kalidasa (Diss. Berlin 1890). 2 Ausgabe und Übersetzung des Kumarasambhava von S. R. Sehgal (Delhi 1961), der ersten acht Gesänge von M. R. Kale (6. Aufi., Delhi 1967) sowie ihre Übersetzung von 0. VValter (Leipzig 1913). Gesamtübersetzung von H. Heifetz (Berkeley 1985), von R. Syed
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(München 1990). Studie als Dissertation von H. Hensgen: Kalidasas Kumarasambha.va und seine Quellen (Bonn 1935). 3 Ausgabe und Übersetzung des Raghuvamsa von G. R. Nandargikar (Delhi 1971); französische Übersetzung von L. Renou (Paris 1928): freie deutsche Nachbildung von A. F. v. Schack (Stuttgart 1890), Übersetzung von 0. vValter (München und Leipzig 1914). Studie von \·V. Ruben unter dem Titel: Kalidasas Raghuva.msa., der klassische indische Fürstenspiegel (Anka.ra 1947). 4 Ausgabe des Prak~t-Textes und Übersetzung des Rava.J?a.va.ha. von S. Goldschmidt (2 Bde., Straßburg 1880-1884). 5 Ausgabe des Naloda.ya von F. Benary, mit lateinischer Übersetzung (Berlin 1830); englische Übersetzung von W. Yates (Calcutta 1844); Kritische Ausgabe von K. K. Hariharan (Delhi 1995). 6 Ausgaben des Jana.klharaqa von G. R. Nandargikar (Bombay 1907); von S. Paranavitana und C. E. Godakumbura (Colombo 1967). Kritische Studie von S. Suri (Delhi 1984). 7 Ausgabe des BhaHikavya mit dem Kommentar des Mallinatha von K. P. Trivedi (Bombay 1898), der ersten fünf Gesänge in Sanskrit und Englisch von Kunjala.l Nag (Dacca 1894). Übersetzung von G. G. Leonardi (Leiden 1972). Ausgabe und Übersetzung von M. A. und Sh. Karandikar (Delhi 1982). 8 Ausgabe des Kiratarjun1ya. von G. H. Godabole und K. P. Parab (Bombay 1907). Übersetzung von C. Cappeller als Bd. 15 der Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.J
1912). 9 Ausgabe des .Si.supalavadha mit dem Kommentar des Mallinatha in der Nirr,taya Sagara Press (9. Auf!., Bombay 1927). Übersetzung von E. Hultzsch (Leipzig 1929). 10 Vgl. H . .J acobi: On Bharavi and Mägha, in: Wien er Zschr. für die Kunde des Morgenlandes, 3 (1889), auch in: Kleine Scl1riften, herausgegeben von B. Kölver (Wiesbaden 1970). 11 Ausgabe des Haravijaya von Durga Prasad und K. P. Parab (Bombay 1890). 12 Ausgabe der Bharat;a.maiijar1von K. P. Parab (Bombay 1898). 13 Ausgabe der RamayaiJ.ama.iijarfvon K. P. Parab (Bombay 1903). 14 Ausgabe des Daiavatiiracarita von Durga Prasad und K. P. Parab (Bombay 1891). 15 Ausgabe des Sr1kal!fhacarita. von Durga Prasad und K. P. Para.b (Bombay o ..J.). 16 Ausgabe des Ragha.vapiiqqa.v~ya. von P. Ta.rkavagisa in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1854, Neudruck 1892). 17 Ausgabe des Naisadhacarita von .J. Vidyasagara. mit dem Kommentar des Mallinatha. (Ca.lcutta 1875/76). Übersetzung von K. K. Handiqui (3. Auf!., Poona 1965).
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3. Die Lyrik Die lyrische Dichtung stellt in Indien die älteste Literaturgattung dar, wie bereits an verschiedenen Passagen aus der f!ksamhita, besonders aber an den an die Göttin U ~as gerichteten Hymnen zu sehen war. Lyrik findet sich verschiedentlich aber auch im Atl1a.rvaveda wwie in den buddhistischen .Jätakas. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sie auch in der Epoche der Kunstdichtung in keiner \Veise hinter den anderen literarischen Gattungen zurücksteht. Eine Brücke von der vedischen und buddhistischen zur Ka vya- Lyrik bilden bestimmte Prab;t-\Verke. Diese sind meist im Ärya- Metrum gehalten, das von hier aus in die Sanskrit-Dichtung eingedrungen ist. Berühmtester Vertreter ist die in Mahara9tr1 verfasste Sattasai (Sanskrit: Sapta.8at1, das heißt etwa Siebenhunderter-Sammlung) . Sie wurde von König Hala oder unter seiner Mitwirkung zusammengestellt beziehungsweise redigiert. Das geographische Milieu, das sich in der Sa.ttasai widerspiegelt, weist in den nordöstlichen Dekhan, was gut dazu passt, dass Hala ein Andhra- König war. Die Zeitstellung weist auf das 1. oder 2. Jahrhundert. Allerdings besteht das \Verk aus - auch in sehr verschiedenartigen Bestandteilen. Die Unsichronologischer Hinsicht cherheit der Überlieferung zeigt sich schon darin, dass nicht weniger als sechs Rezensionen bekannt sind, die nicht unerheblich voneinander differieren. Einige Rezensionen besitzen erheblich mehr (bis zu etwa 1000) Verse, als nach dem Titel der Sammlung zu erwarten wäre. Das oben angegebene Alter weisen aber nur 430 Verse auf, diejenigen nämlich, die in allen Rezensionen überliefert sind. 1 Die Sattasa1 hat die Liebe zum Hauptthema, und zwar ist es meist die schlichte Liebe des Alltags mit ihren Problemen und Sehnsüchten, die hier zum Ausdruck kommt. Daneben sind Freundschaft, Jahreszeiten, Naturerscheinungen (z.B. Gewitter) und die Tierwelt weitere Sujets. Einige Verse haben den Charakter von Aphorismen. Die im Vi:;np-Kult so bedeutsan1e Radhascheint hier erstmalig genannt zu werden. Entsprechend dem Charakter der Sammlung ist ihre Grundstimmung ausgesprochen zart. Im allgemeinen bildet jeder Vers ein in sich geschlossenes Ganzes. Vielfach hat man den Eindruck, als seien Stimmen aus dem Volksleben übernommen und nach den Grundsätzen der Kavya-Lyrik geformt worden. Gewiss ist Hala nicht der Verfasser, doch hat er die Auswahl und Redaktion mit großem Geschick vorgenommen. In der indischen Literaturgeschichte und -ästhetik nimmt die Sattasa1 einen hohen Rang ein und wird von späteren Autoren immer wieder zitiert. Parallel zur Prak~·t- Lyrik entwickelte sich die Sanskrit- Lyrik, die jedoch erst einige Jahrhunderte später zur Blüte gelangte. Ihr größter Vertreter ist wiederum Kalidasa, und seine bedeutendste diesbezügliche Schöpfung ist der Meg-
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hadüta, der "\Volkenbote" .2 Dieses berühmte Gedicht besteht aus 111 Strophen, die in dem siebzehnfüßigen Mandakranta-Metrum geha.lten sind. Der Gott Kubera hat einen Yak?a, einen Angehörigen seiner Scharen, wegen Ungehorsarns nach Süden auf den Rama.berg in Zentralindien verbannt. Dort muss der Yak:;;a ein Jahr lang getrennt von seinem \Veibe hausen. Ihn verzehrt die Sehnsucht -da, im achten Mona.t seiner Verbannung, erscheint zu Beginn der Regenzeit eine große dunkle \Volke. Nun herrschen im größten Teil Indiens zur Zeit des Sommermonsuns \Vinde aus südlichen Richtungen, besonders aus Südwesten, vor. Die Wolke segelt also nach Norden und somit zur Heimat des Yak:;;a nach Alaka am Kailasa-Berg. Der Yak:~;a beschreibt der Wolke den \Veg dorthin und gibt ihr eine Botschaft a.n sein \Veib mit. Dieses Sujet gibt Kalidasa Gelegenheit zu wundervollen Stimmungsmalereien: Er besingt die Stadt Ujjayini und die indische Natur, a.tmet aber auch den Geist schwermütiger Liebessehnsucht. 63. Oben auf des Berges Schößen wirst du Alaka erreichen, wo die Gm1ga fällt hernieder, dem Gewande zu vergleichen. Alaka, mit hohen Zinnen in dem Schmuck der \Volken ragend, wie die Liebste eine Locke mit dem Perlennetze tragend. 65. Lotos halten dort die Mädchen spielend, ihre Locken prangen mit Jasmin, vom Lodhra- Baume Blütenstaub bleicht ihre \Vangen. Liebliche Akazienblüten tragen sie an ihren Ohren und am Scheitel Nipa- Blumen, die dein \Volkentau geboren. 66. Mit den schönsten Frauen weilen Yak~as in der Schlösser Hallen, wo der Sterne Licht sich spiegelt in den Söllern von Kristallen. Und in Liebeslust sie trinken von des Wunschbaums süßem \Veine, während dumpf die Trommeln dröhnen, deren Ton ist wie der deine. (Übers.: Otto v. Glasenapp) Die Thematik des }I;Jeghadüta erwarb sich sehr bald Anerkennung und Bewunderung, und dies nicht nur in Indien. Frühzeitig wurden singhalesische und tibetische Übersetzungen des Gedichtes abgefasst. In Indien selbst fand der "Wolkenbote" zahlreiche Na.chahmungen und Variationen. So wurde aus der \Volke als Überbringerin einer Liebes- und Selmsuchtsbotschaft der Wind, ein Papagei, ein Schwan. Frühzeitig wurde Kalidasas Gedicht in Europa bekannt; durch die Übersetzung von H. H. \Vilson lernten Goethe und Alexa.nder v. Humboldt den "\Volkenboten" kennen und schätzten ihn sehr. Trotz langjähriger Diskussionen konnte die Autorschaft eines weiteren Gedichtes, des J.ltusmnhara, 3 noch nicht beweiskräftig geklärt werden. Es beschreibt die Jahreszeiten und die mit ihnen verbundenen Freuden, besonders solche der Liebe. Im alten Indien wird die Zahl der Jahreszeiten verschieden
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angegeben; ihrer sechs werden im ]!tusaml1aTa aufgeführt, was durchaus nicht ungewöhnlich ist. Das dichterische Niveau des Megha.diita wird hier nicht ganz erreicht. Man hat daraus, wie J. Nobel, geschlossen, dass das \Verk nicht von IGlidasa sein könne. A. B. Keith und A. Hillebrandt haben jedoch auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, dass es sich um eine Schöpfung aus Kalidasas Jugendzeit handeln könnte. Vlie dem auch sei, fest steht, dass der ]!tusamhara chronologisch von der Ära des Kalidasa nicht sehr weit entfernt sein kann. Mit Sicherheit sind die beiden folgenden Werke nicht von Kalidasa, dem man sie früher zuzuschreiben geneigt war. Da ist zunächst der Spigaratilaka zu nennen, 4 eine kleine Sammlung sehr kunstvoller Strophen von großer Schönheit. In ihnen beweint der Dichter die Hartherzigkeit seiner Geliebten. Das andere Werk führt den Namen Ghatakarpa.ra ("Der zerbrochene Krug"). Es besteht aus nur 22 Strophen, die aber ebenfalls von hohem ästhetischem Wert sind. 5 Inhaltlich finden wir hier ein Gegenstück zum Meghadiita, indem es hier die Frau ist, die ihre Sehnsucht nach dem fernen Gatten zum Ausdruck bringt und ihm durch eine Wolke Grüße überbringen lässt. Der eigenartige Name des Gedichtes rührt daher, dass sich der Verfasser am Schluss erbötig macht, Wasser in einem zerbrochenen Krug zu transportieren für denjenigen, der ihn in der Kunst der Alliterations- und Reimbildung überträfe. Der nächst Kalidäsa unstreitig bedeutendste Lyriker im alten Indien war der wahrscheinlich aus Kashmir stammende Amaru. Auch chronologisch dürfte er in die Nähe Kälidäsas zu stellen sein. Sein Werk ist, wie so oft in der altindischen Lyrik, eine Hundertersammlung, das nach ihm benannte Amarusata1m. 6 Es existiert in mindestens vier Rezensionen: einer süd- und westindischen, einer bengalischen und einer Mischrezension. Die Zahl der Verse beläuft sich nicht genau auf 100, sondern auf 96 bis 115. Nur 51 Verse sind allen Rezensionen gemeinsam und bilden dan1it den alten Kern der Sammlung. In mancher Hinsicht der Sa.ttasa1 nicht unähnlich, ist das Amamsa.taka ein Hauptwerk der erotischen Sanskrit-Dichtung. Jeder einzelne Vers ist ein in sich geschlossenes Kunstwerk. Das Leid und die Sehnsucht, die sich aus der Trennung liebender Paare ergeben, bilden ein herausragendes Thema. Dabei offenbart der Dichter eine ungewöhnliche psychologische Tiefe. Diese muss schon im alten Indien einen großen Eindruck hinterlassen haben; jedenfalls glaubte man, sie sich damit erklären zu müssen, dass der Dichter enge Beziehungen zu 100 Frauen unterhalten habe. Schon im 9. Jahrhundert wurde Amaru von Änandavardhana als Klassiker der Dichtkunst gepriesen. Berühmt geworden ist auch die Caur1suratapaiicasika oder Ca.urapa.iicasika genannte Sammlung. 7 Man übersetzt den Titel gewöhnlich als "50 Strophen vom heimlichen Liebesgenuss", aber es ist fraglich, ob dies richtig ist. Vielleicht ist nämlich ein gewisser Cora der Autor; dann könnte eine Ableitung seines Namens in den Titel eingegangen sein. Gewöhnlich gilt als Verfasser der
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aus Kashmir stammende, später in den Süden gegangene Bilhm:ta. Die Sammlung besitzt die Eigenart, dass jede der 50 Strophen mit dem~ Wort adyapi ("auch heute", "selbst heute") beginnt. Das VVerk ist poesievoll und dennoch realistisch. Es liegt in drei Hauptrezensionen vor, die stark voneinander abweichen. Lediglich sieben Strophen sind allen Rezensionen gemeinsam. Der Autor beschreibt das Liebesverhältnis, das er heimlich zu einer Prinzessin unterhalten hatte. Die Fama weiß zu berichten, dass dieses Abenteuer schließlich doch bekannt, der dreiste Liebhaber ergriffen und zum Tode verurteilt wurde. Angesichts der Hinrichtung soll er die Caurapaiicasika gedichtet haben, woraufhin ihm das Leben geschenkt wurde. Beweiskräftig für wirkliche Historizität ist diese Geschichte natürlich nicht. Im 11. Jahrhundert schuf Govardhana die AryasaptasatT. Mit diesem Werk wollte er die thematisch vergleichbare Prak~'t- Dichtung SattasaT durch eine Sanskrit-Schöpfung übertreffen. 8 Der Prakrt- Einfluss zeigt sich aber dennoch in der Verwendung des Ärya-Metrums. Außerdem konnte die Popularität der SattasaT keineswegs erreicht werden. Im alten Indien blühte aber nicht nur die erotische, sondern auch die philosophische und besonders die religiöse Lyrik. Es sind zahlreiche Verssammlungen überliefert, deren Inhalt sich an Siva, Durga, Vi~?I:tu, Kri?I:ta und Rama richtet. Oft sind diese Sammlungen nicht weniger kunstvoll als diejenigen erotischen Inhalts, und gleich diesen sind sie vielfach in satakas (Hundertersammlungen) zusammengefasst. Von dem berühmten Bai:ta, auf den noch in anderen Beziehungen zurückzukommen sein wird, stammt das Car,u;IIsataka. Die 102 Verse sind m~eist in dem komplizierten Sragdhara-Metrum gehalten. Der Inhalt besteht aus einem religiösen Hymnus an die Gattin des Siva, hier also Cal).<;lT, wobei besonders die durch diese bewirkte Tötung des Büffeldämons Mahi~?a verherrlicht wird. 9 Einen späten Gipfel der lyrischen Kunst erklomm im 12. Jahrhundert der Hofdichter des Königs Lak9ma1:tasena von Bengalen, Jayadeva. Sein Werk GTtagovinda bildet eine Brücke zwischen Lyrik und Drama. Der Titel bedeutet "Der durch Lieder gepriesene Govinda"; letzterer ist ein Beiname des Kri?JJa. Jayadeva verwebt Erotik und religiöse .Mystik. So eigenartig uns diese Verbindung scheint, ist dabei doch zu bedenken, dass Jayadeva in dieser Hinsicht auf eine alte indische Tradition zurückgreifen konnte, da bereits die Tantras diesen Weg vorgezeichnet hatten. Somit ist auch Jayadevas Werk von alten Volkskulten beeinflusst und nicht zuletzt demzufolge außerordentlich populär geworden - eine Feststellung, die auch für die Gegenwart noch zutrifft. In zwölf Gesängen schildert der Dichter die Liebesbeziehungen zwischen K~'i?I:ta und seiner Freundin Radha, wobei ihre Entzweiung und spätere \Viedervereinigung im Mittelpunkt stehen. Das selbstverständlich entschieden vi~?l).Uitische \Verk beschreibt diese erotischen Begebenheiten aber nicht um ihrer selbst
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willen, sondern ordnet sie in die Bhakti-Lehre, die hingebungsvolle Verehrung K~'?l:tas, von der bereits die BhagavadgTta handelte, ein. 10 Der Stil des GTtagovinda ist ein ganz eigena.rtiger und steht in der indischen Literaturgeschichte fast einzig da. Das VVerk lebt von einer inneren Rhythmik, die beim Vortrag auch auf den Nichtsanskritisten einen fast hypnotisch zu nennenden Einfluss ausübt. Dieser so eigenartig sanfte Rhythmus wird in seiner \Virkung durch die zahlreichen End-, aber a.uch Binnenreime noch unterstrichen. Da der Dichter zudem offenkundig bemüht war, Konsonantenhäufungen zu vermeiden, ergibt sich ein Laut bild, das in seinern Vokalreichtum und seinem Gesamtausdruck an die polynesischen Sprachen erinnert. Hier ein Beispiel (I, 43): kelikalakutukena ca kacidammn yamunajalakule
I
mafijulavm1julakm1jaga.tali1 vicakar~a kare1).a duktile
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Es nimmt daher nicht wunder, dass das Gedicht in Indien viele Imitatoren auf den Plan rief, teilweise auch mit abweichender Thematik, etwa der Geschichte von Rama und S1tä. \Vegen ihrer Inferiorität verdient aber keine dieser Nachahmungen hier genannt zu werden. Frühzeitig verbreitete sich der Ruhm des GTtagovinda. auch nach Europa, wo das \Verk bereits von \Villiam Jones übersetzt und von Goethe sehr geschätzt wurde. Die Handlung wird von Jayadeva in erzählenden Versen vorgeführt. In der Hauptsache besteht das \Verk aber aus Tanzgesängen, die Refrainbildungen aufweisen und, wie schon erwähnt, an Reimen reich sind. Die Einflüsse folkloristischen Schauspiels sind nicht zu übersehen. Die auftretenden Personen sind K~-~l_:ta, Rädhä und eine Vertraute der letzteren. Sie alle halten lyrische Monologe. Dazwischen sind wiederum Segenssprüche eingestreut. Am zutreffendsten spricht man bei diesem in mehrfacher Hinsicht so eigenartigen \Verk von einer epischen Lyrik.
Anmerkungen 1 Ausgabe und Übersetzung der SattasaXvon A. \1\Teber in den Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, 5 (1870) und 7 (1881); von M. V. Patwardhan (Ahmedabad 1980-
1988); Gathas 1-50 von H. Tieken (1983). 2 Seiner Bedeutung entsprechend ist der Meghaduta vielfach bearbeitet worden. Eine erste bedeutende Leistung war die Ausgabe von A. F. Stenzler (Breslau 1874); besser noch die Ausgabe von E. Hultzsch (London 1911). Auf der letzteren beruht die Wiedergabe in der Chrestomathie der Sanskrit-Literatur von K. Mylius (Leipzig 1978). Kritische indische Ausgaben von S. K. De (2., überarb. Aufl. von V. Raghavan, Delhi 1970) und M. R.
Die Spruchdichtung Kaie (2. Auf!., Delhi 1979). Übersetzungen von H. H. VVilson (2. Auf!., London 1843; nachgedruckt als Bel. 9 der Chowkhamba Sanskrit Series, Varanasi 1961 ), von L. Fritze (Chemnitz 1879)-und J'vi. R. Kaie, zusammen mit der eben erwähnten Edition; von .J. Mehlig (Leipzig 1983). 3 Ausgabe des ~tusa.rill1ara von V\' . .Jones (Calcutta 1792); Übersetzung von P. v. Bohlen (Leipzig 1840). Neuere Ausgabe und Übersetzung von M. R. Kale (2. Auf!., Delhi 1967): von .J. T. Roberts (Arizona 1990). Übersetzung von H. Kreyenborg (Leipzig 1919) und .J. Mehlig (Leipzig 1983). 4 Ausgabe des .Sfligaratila.ka von J. Gildemeister (Bonn 1841). 5 Ausgabe und Übersetzung des Ghatakarpara von G. M. Dursch (Berlin 1828); neuere Ausgabe von .J. B. Chaudhuri (Calcutta 1953). 6 Ausgabe des Amarusata.ka von Narayan Ram Acharya (3. Aufl., Bombay 1954); Ausgabe der verschiedenen Rezensionen von R. Simon (Kiel1893). Französische Übersetzung von A. L. de Chezy (1831), deutsche Übersetzung von F. Rückert (Hannover 1925). Studie von 0. Fris im Archiv Orientalni (Frag 1952). 7 Ausgabe und Übersetzung der Caurapai'icasika von W. Solf (Kiel1886); von B. S. Miller (New York 1971). Übersetzung von E. Arnold (London 1896). 8 Ausgabe der Aryasaptasat1 von Durga Prasad und K. P. Parab (Bombay 1895). 9 Ausgabe und Übersetzung des Cal_lcj.Tsataka von G. P. Quackenbos, in: The Sanskrit Poems of Mayura (New York 1917). 10 Nach dem Gesagten ist es nicht verwunderlich, dass das G1tagovinda zahlreiche Bearbeiter gefunden hat. Ausgabe (mit lateinischer Übersetzung) von Ch. Lassen (Bonn 1836); von :M. R. Telang und V. L. Pai;tsikar (Bon:tbay 1929); sehr gute kritische Ausgabe von A. Sharma, K. Deshpande und V. S. Sharma (Hyderabad 1969). Übersetzungen von V\T. Jones (London 1807); von F. Rückert in der Zschr. für die Kunde des Morgenlandes, 1 (Göttingen 1837 und Leipzig 1919); vorzügliche französische Übersetzung von G. Courtillier (Paris 1904); neuere Übersetzungen von G. Keyt (3. Aufl., Bombay 1965) und B. S. J\lliller (New York 1977). Text und Konkordanz von H. Quellet (französ., Hildesheim 1978).
4. Die Spmchdichtung Der indische Terminus für einen sinnreichen und kunstvollen Ausspruch, für eine treffende Sentenz ist subhii.?ita ("gut gesprochen"). Die Spruchdichtung hat im alten Indien ein außerordentlich hohes Niveau erreicht, das sie an die Spitze aller Länder des Altertums und Mittelalters stellen dürfte. Dabei ist noch strittig, ob man der Spruchdichtung eine eigene literarische Form zuerkennen darf oder ob man das Vorhandensein einer Vielzahl kurzer strophischer Dichtformen konzedieren muss. Diese theoretische Frage ist für die Bewertung der indischen Spruchpoesie jedoch von untergeordneter Bedeutung. Denn es steht
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fest, dass die altindische Gnomik kulturgeschichtlich eine noch längst nicht ausgeschöpfte Quelle darstellt. Da sie vielfach auf der Volkspoesie fußt, gewährt sie nicht selten wertvolle Einblicke in das Leben und Denken der Volksn1assen. Entkleidet man die Sprüche ihrer brahmanischen oder buddhistischen Überformung, lässt sich bei ausreichend differenzierter Interpretation ein getreues Abbild des indischen Alltagslebens gewinnen. Aus dieser Doppelgesichtigkeit erklärt es sich auch, dass sich sowohl religiöse als auch weltliche Philosophen und Lehrer das vorhandene Spruchgut zunutze machten. Demzufolge kommen in den Sprüchen ganz verschiedenartige, teilweise sich einander ausschließende Ideen zum Ausdruck, deren Trä.ger die Herrschenden, die Asketen und Weltentsager (Buddhisten, Jinisten, brahmanische Asketen), aber auch diejenigen sein können, die die Gesellschaft von unten sehen: das ausgebeutete Volk. Einen bedeutenden Teil ihres Ursprungs haben die Sprüche in den beiden großen Epen, besonders im Ma.i1abl1arata .. Die didaktischen Partien des letzteren und die Savitri-Episode ragen dabei besonders hervor. Weitere Quellen sind die buddhistische und jinistische Literatur sowie die Fabeln und Märchen. Die Sprüche ihrerseits nahmen Einfluss und Eingang in politisch-ideologische Grundwerke wie das Kautil1ya.-Arti1a,sastra und das J\/[anava-Di1a.rmasastra. Schließlich sind Spruchsammlungen als Teil der höfischen Kunstpoesie entstanden; verschiedentlich stammen sie auch aus Dramen. 1 Wenn auch, wie gezeigt wurde, die Einflüsse der Volkspoesie auf die altindische Gnomik von großer Bedeutung sind, so widerspiegeln - insgesamt gesehen -die Sprüche doch deutlich die Prinzipien brahmanisch-hinduistischer Ethik. Insbesondere sind sie Ausdruck der Caturvarga-Konzeption. Diese beinhaltet, dass der Mensch vier Zielen nachzustreben habe. Dabei ist di1a.rma die Religiosität, Tugend, rechtschaffene Lebensweise; a.rtila ist der materielle Vorteil, Nutzen, Gewinn; kama. alles den Sinnen Angenehme, im engeren Sinne die Liebe; schließlich ist mok9a die Erlösung, das heißt das Einswerden mit Brahman beziehungsweise Vi91:tu und so weiter. Entsprechend der Bezugnahme auf eines dieser vier Ziele lässt sich die Masse der altindischen Sprüche unterteilen. Es sei aber gesondert darauf hingewiesen, dass die Spruchsammlungen der Inder, wie schon angedeutet, .Material in sich vereinen, das alles andere als chronologisch homogen ist, vielmehr aus einem Zeitraum von rund anderthalb Jahrtausenden stammt und demzufolge recht verschiedenartige gesellschaftliche und insbesondere ideologische Hintergründe hat. Es muss daher das in den Kompilationen enthaltene Material differenziert eingeschätzt werden. Eine als erste zu nennende Spruchsammlung, die in sieben Rezensionen überliefert ist und verschiedene Titel aufweist, verbindet sich mit einem aus der politischen Geschichte bekannten Namen, nämlich dem des Ca.I;takya, des Staatskanzlers des Maurya- Herrschers Candragupta. Die Bezugnahme besitzt aber kaum mehr Historizität als die Inanspruchnahme des Vyasa für die Autor-
Die Spruchdichtung
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schaft des i\1ahabMirata. Sie ist zweifellos nur dadurch zustande gekommen, dass Cäl).akya als Muster politischer Schläue und diploma.tischen Geschicks galt, als Verfasser also zu dieser Sammlung ganz gut gepasst hätte. Die verschiedenen Rezensionen- es genügt, wenn wir hier als Titel die Bezeichnung Calfakyaniti aufführen - machen es deutlich, dass die betreffende Sammlung immer wieder erweitert worden ist. 2 .Jeder Vers bildet eine Maxime für sich. Gelehrt wird Staatskunst, in größerem Maße aber Lebensklugheit, Welt- und Menschenkenntnis. Die auf die Staatskunst bezüglichen Verse erweisen sich als eine Art Vorläufer des Machiavellismus. Bezüglich der Weltklugheit erinnert manches an das Handora.kel Baltasar Gracians. Die bei weitem wichtigste gnomische Sammlung ist jedoch die des Dichters und Grammatikers Bhart~hari. 3 Er gilt als Autor von drei Hundertersammlun gen, welche die Namen SI;ilgarasata.ka., Nitisataka und Va.iragya.sata.ka führen. Sie befassen sich also mit der Liebe, der Politik wie auch mit der Lebensweisheit und der Entsagung. Am originellsten ist jedenfalls das erstgenannte Hundert. Hier preist der Dichter zunächst in einprägsamen Sprüchen die Schönheit der Frauen und die \Vonnen des Liebeslebens. Doch werden die Verse allmählich immer nüchterner und skeptischer. Zuletzt werden die Frauen wegen ihrer Verführungskunst mit einer Schlange verglichen und Entsagung als einziges Mittel gegen die Fallstricke weiblicher List empfohlen. So reicht dieses Sataka von ausgeprägter Sinneslust bis zu weltflüchtiger Askese. Man hat daraus folgern wollen, dass das Srngarasataka in Wahrheit eine Anthologie sei. Es spricht letztlich aber doch nichts gegen eine einheitliche Autorschaft. Schwankungen in der Haltung gegenüber Liebe und Sexualität sind bei einem leidenschaftlichen Menschen durchaus verständlich. Und dass es sich bei Bhart~'hari um einen solchen gehandelt haben muss, wissen wir aus den Mitteilungen des chinesischen Indienpilgers I-tsing. Dieser berichtete, dass Bhart~hari siebenmal aus dem Kloster wieder ins weltliche Leben zurückgekehrt ist. Überdies ergibt ein Blick in die Kulturgeschichte, dass unter den herrschenden Klassen Altindiens das Schwanken zwischen Sinnlichkeit und Weltentsagung sehr verbreitet war. Das Nitisata.ka und das Vairagya.sataka könnte man im Unterschied zu der bisher besprochenen Sammlung eher als Anthologien bezeichnen. Spätere Zusätze sind hier nämlich unverkennbar. Die glückliche Verbindung zwischen Empfindungsfähigk eit und Gestaltungskraft, die - natürlich auch vom Sujet her - das erste Sataka auszeichnen, ist hier minder augenfällig. In der vVissenschaftsgeschichte spielen die Sprüche des Bhart~'hari eine besondere Rolle. Sie waren das erste Sanskrit-Werk, das (teilweise) ins Deutsche übersetzt wurde. 1651 hatte Abraham Roger einen Teil der Sprüche ins Holländische übertragen; hiervon erschien in Nürnberg 1663 eine deutsche Übersetzung. Dadurch wirkte die indische Spruchdichtung frühzeitig auf hervorragende Vertreter der deutschen Literatur ein. In den Gedanken einiger Bnthmanen veröffent-
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lichte Johann Gottfried Herder im Jahre 1792 eine Nachdichtung verschiedener Bhart~·hari-Strophen. Weitere Nachdichtungen schufen später Heinrich Reine und Friedrich Rückert. Über Bhart~hari weiß man außer von der angedeuteten Wechselhaftigkeit seines Lebens nicht viel. Nach dem Bericht des I-Tsing muss er um das Jahr 651 gestorben sein. Er hat sich übrigens nicht nur als Dichter, sondern auch als Verfasser des grammatischen \Verkes 1/akyapadfya einen Namen gemacht. Möglicherweise ist er auch der Autor des bereits erwähnten BlBftikavya. Bhart~haris \A/erk hat eine Vielzahl von Epigonen aufzuweisen. Es würde zu weit führen, sie hier alle aufzuzählen; nur zwei von ihnen sollen genannt werden. Wegen der Schönheit seiner Sprache verdient der Bhamin1vilasa des .Jagannätha besondere Hervorhebung. Das \Verk weist eine Mischform auf: Der Spruchdichtung gehört es nur zum Teil an, im~ übrigen hat es lyrischen Charakter. 4 Ähnlich wie bei Bhart~hari findet man auch hier einen Wechsel von Erotik und Entsagung, von Wollust und Asketik. Das \Verk existiert in einer Vielzahl von Lesarten, so dass die vier Teile, aus denen es besteht, eine unterschiedliche Menge von Versen umfassen. In der am meisten verbreiteten Rezension beläuft sich die Verszahl auf 101, 102, 19 und 31. Der erste Teil beinhaltet Morallehren, während sich der zweite mit Erotik befasst. Eine ergreifende Totenklage um eine verstorbene Frau bildet den dritten Teil; der letzte ist der Entsagung gewidmet. In diesem kommt die Verehrung des K~·s;l}a zum Ausdruck. Einen ganz anderen Charakter hat das KuHanfmata des aus Kashmir stammenden Dämodaragupta. Dieser war zu Ende des 8. Jahrhunderts als Hofdichter des Königs Jayäp1<;la tätig. Der Titel des Werkes bedeutet "Die Lehre der Kupplerin". Eine in ihrem Gewerbe erfolglos gebliebene Prostituierte wendet sich mit der Bitte um Beratung an eine Kupplerin. Diese instruiert nun das Mädchen, wie es die Verbindung zu einem reichen jungen Mann aufnehmen soll, um ihn gehörig zu schröpfen. 5 Die Bedeutung dieses erotisch-komischen \Verkes ist - wie immer, wenn es um die Fragen der Sexualität geht - sehr verschiedenartig beurteilt worden, sicherlich nicht ganz unabhängig vom Temperament des Kritikers. Im alten Indien wurde es von Kalhal}a gelobt und auch später mehrfach zitiert. In der Neuzeit hat es J . .J. Meyer sehr günstig beurteilt, während es von G. Bühler und M. \Vinternitz der Pornographie zugerechnet wurde. Letzteres ist jedoch übertrieben; eher ist es eine Satire auf die Verbindung von Geschäftstüchtigkeit und Erotik.
Amner kungen
1 Die mit Abstand größte Leistung bei der Erforschung der altindischen Gnomik hat 0. Böhtlingk vollbracht. Er sammelte insgesamt 7613 Sprüche und veröffentlichte sie als
Fabeln und Märchen
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Indische Sprüche (2. Aufi., St. Pet.ersburg 1870-187:3) in drei Bänden (Neudruck Osnabrück 1966). Hierzu wichtig ist die Arbeit. von A. Blau: Index zu Otto Böhtlingks Indischen Sprüchen, erschienen in den Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, IX, 4 (Leipzig 1893, Neudruck New York 1965). L. Sternbach hat. die Arbeit Böhtlingks fortgesetzt: Supplement to 0. Böhtlingk's IndisclJe Sprüche, in den Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, XXXVII, 1 (Wiesbaden 196.5), und Maha-subha'?ita-sarngralJa (Hoshiarpur 1987). Eine Auswahllieferte L. Fritze, RUB, Nr. 1408 (Leipzig 1880). Unter dem Titel Indische SpruchweislJeit wurden 715 Sprüche aus Böht.lingks Samrnlung von R. Beer ausgewählt (2. Aufi., \"ieimar 1975). Die Caqakyanfti ist Grundlage einer von 0. Kressler veranstalteten und unter dem Titel Stimmen indischer Lebensklugheit (Leipzig 1907) publizierten Sammlung. Zwei bedeutsame Studien von L. Sternbach: Cai_J.akya-rajanTti (Adyar 1963) und Canakyan1ti-TextTradition (Hoshiarpur 1966). Die Literatur über Bhart~hari und seine Spruchsammlungen ist sehr reich. Editio princeps durch P. v. Bohlen: Bhartrharis sententiae, mit lateinischer Übersetzung (Berlin 1833); von demselben eine m.etrische deutsche Übersetzung: Die Sprüche Bhartrharis (Hamburg 1835). Ausgabe und Übersetzung von B. S. Miller (1967); kritische Ausgabe von D. D. Kosambi (1948). Übersetzung auch von I. D. Serebrjakov (Moskau 1979). Studie von K. A. Subramania Iyer: Bhartrhari (Poona 1969). Edition und französische Übersetzung des Bhaminivilasa von A. Bergaigne (Paris 1872); kritische Ausgabe mit Übersetzung von H. D. Sharma (Poona 1935-1938). Ausgabe des Kutta.n1mata von N. Chaturvedi ( Allahabad 1960). Übersetzung von J. J. Meyer, in: Altindische Schelmenbücher II (Leipzig 1903).
5. Fabeln und 1\1ärchen Die Erzählliteratur wird einerseits in die Fabeln und Märchen, zum anderen in die Kunstromane unterteilt. Die Fabel- und Märchenliteratur hat sich in Indien bereits sehr früh und in besonderer Reichhaltigkeit entwickelt. Nach Umfang und Originalität nimmt sie unbestritten in der ·Welt den ersten Rang ein. Hatten wir bei den höfischen Kunstepen in thematischer Hinsicht eine gewisse Armut feststellen müssen - die Stoffe waren ja nur Variationen epischer Vorlagen - , so beeindrucken die Fabeln und Märchen durch eine um so stärkere Erfindungsgabe. Beide sind zudem nicht mehr auf die Welt der Götter, Könige und Heroen beschränkt, sondern weisen ein unvergleichlich größeres Blickfeld auf. Denn auch im Gewand der Märchen und Fabeln gewähren diese Texte dem Historiker tiefe Einblicke in die Wirklichkeit, schildern sie doch umfassend das Alltagsleben und Vertreter aller nur denkbaren Berufs- und Standesgruppen. Sie sind aber auch weithin Ausgangspunkt für Studien, die diese Literatur und die in ihr widergespiegelten gesellscha.ftlichen Verhältnisse mit entsprechenden ·werken außerindischer Länder vergleichen. Die Erforschung der altindischen
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Erzählliteratur hat wesentlich zur Profilierung der vergleichenden Literaturgeschichte beigetragen. Ohne eine spezielle Unterscheidung von Märchen und Fabeln treffen zu wollen, lässt sich doch sagen, dass erstere gevvöhnlich unterhalten, letztere aber vorwiegend belehren. Auch für Indien gilt, dass Märchen älter als Fabeln sind. Ihre Entstehung fällt bereits in die vorliterarische Zeit. Als sie dann literarisch fixiert wurden, geschah das aufgrund ihrer Volkstümlichkeit zunächst in den Volkssprachen, also in den Prak~·ts. Die Fabeln dagegen dienten anders als in Griechenland, wo äsopische Sprache ein Synonym für Sklavensprache ist, mit ihrem didaktischen Anliegen nicht so sehr dem Volke als vielmehr den herrschenden Klassen, und sie wurden überwiegend in Sanskrit abgefasst. Gliedert man die Erzählliteratur nach ihren im alten Indien entwickelten Formen, so ergibt sich folgendes Bild: Zu nennen sind zunächst die volkstümlichen .Märchen und Schwänke, die, wie eben erwähnt, ursprünglich mündlich überliefert und dann vorwiegend in Prak~t-Sprachen aufgezeichnet wurden. 1 Ferner gibt es kompilatorische Erzählungen, vorzugsweise der Buddhisten und Jinisten, die der religiösen Erbauung beziehungsweise Propaganda dienten. Hierzu zählen die berühmten Jatakas (vgl. S. 280). Sodann erwähnen wir die in Sanskrit gehaltenen Fabeln, die zur Verbreitung politischer Weisheit und \1\Teltklugheit dienen sollen. Ihr hervorragendster Vertreter ist das Paiicatantra. (dazu s. S. 155). Die Fabeln, vorwiegend in Sanskrit aufgezeichnet, erscheinen entwicklungsgeschichtlich relativ spät. Ob Ansätze in der ~ksaml1ita bzw. in den Upanis;aden erblickt werden dürfen, ist zwar noch umstritten; die allgemeine Annahme geht aber dahin, die Entstehung eigentlicher Fabeln in das Mahabhara.ta und besonders in dessen 12. Buch zu verlegen. Gewöhnlich bestehen die Fabeln aus einem Gemisch von Prosa und Versen, wobei die Verse das Grundgerüst bildeten. Im Laufe der Zeit setzte sich dann die Versform fast gänzlich durch. - Zur reinen Unterhaltungslektüre zählen \Verke wie die B~·hatkatha oder die Sukasapta.ti. Den Beschluss machen in Sanskrit gehaltene Kunstromane, wie etwa das Dasakumaracarita oder die IGdambar1. Eine ganz eigenartige Erscheinung der indischen Literatur ist die Form der Schachtelerzählung. Sie könnte mit der Klammerrechnung aus der Mathematik verglichen werden. Voraussetzung ist eine Rahmenhandlung, die ein bestimmtes Buch umspannt. Innerhalb dieser berichtet ein Sprecher von irgendeinem einschlägigen Ereignis, das zu der Rahmenhandlung passt, und erzählt dieses. Dieses Ereignis kann wiederum die Rahmenhandlung für eine neue Sub-Historie abgeben. Zum Schluss muss natürlich auf die Ebene der obersten Rahmenhandlung zurückgefunden werden. Diese Form der Rahmenhandlung mit Schachtelerzählungen ist in Indien erfunden worden. In der Einleitung zu seiner Übersetzung des Paiicatantra (1859) hat Theodor Benfey grundlegende Betrachtungen über die indische Erzählungsliteratur an-
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gestellt und einen neuen Wissenschaftszweig, die vergleichende Märchenkunde, begründet. Nach Benfey war es der Buddhismus, der in der Märchenschöpfung am stärksten in Erscheinung trat. \iVährend Griechenland als Heimat der Fabeln anerkannt wurde, sollte Indien das Ursprungsland der Märchen gewesen sein. Letztere seien sowohl durch die Mongolen als auch durch die Mohammedaner nach V/esten gebracht worden. Gewiss haben die Buddhisten hinsichtlich der Erzählungsliteratur viel geschaffen. Doch die Fabeln und Märchen aus der Zeit der Kunstpoesie - und gerade die berühmtesten von ihnen ~ sind vom Geist des Buddhismus deutlich unterschieden. Das Paiicata.ntra etwa hat nicht die Erlösung von der Kette der Wiedergeburten zum Gegenstand und Ziel, sondern ist durch und durch ein N1tisästra, das heißt ein Lehrbuch der Politik und \iVeltklugheit. 2 Zudem konnte nachgewiesen werden, dass Begebenheiten aus dem Paiica.tantra verschiedentlich den buddhistischen Autoren als Quelle dienten. Weiter ist zu bemerken, dass Indien nicht, wie Benfey wollte, als Ursprungsland der Märchenliteratur schlechthin angesehen werden kann. Allerdings ist die Kritik an Benfey gerade in diesem Punkt oft zu weit gegangen, und es hat sich mehrfach herausgestellt, dass Märchen, die man anderweitig ableiten zu können glaubte, dann letztendlich doch auf indischen Ursprung zurückgingen. Schließlich hat Benfey die Bedeutung der Mongolen für die Vermittlung von Märchen überschätzt; nach neueren Forschungen jedoch auch nicht in einem solchen Grade, wie ihm einst vorgeworfen wurde. Man ist heute geneigt, Benfeys Gedanken wieder stärker, aber keineswegs mit der früheren Ausschließlichkeit zu berücksichtigen; seinem Ruhm als Begründer der vergleichenden Märchenforschung tut die Kritik ohnehin keinen Abbruch. Das bedeutendste der altindischen Fabelwerke ist das "Fünfbuch'', das Paiicata.ntra. Im Rahmen der indischen Literaturgeschichte teilt es sich mit wenigen anderen \iVerken einen ersten Rang. Vielfach wird es von Indern als besonders typisch für die indische Auffassung vom literarischen Schaffen bezeichnet. Es gibt nicht viele vVerke, die sich an Bedeutung für die Weltliteratur, an der Zahl der Bearbeitungen wie auch der fremdsprachigen Übersetzungen mit dem Paiicatantra messen können. vVie bereits ausgeführt, verfolgt es einen didaktischen Zweck: Es lehrt n1ti, politische Führungskunst, mehr aber noch Weltklugheit und Menschenkenntnis. Eingeteilt ist das Werk in folgende fünf Bücher: die Entzweiung von Freunden (mitra.blleda), die Gewinnung von Freunden (mitraprapti), Krieg und Frieden (saindllivigraha), Verlust des Erworbenen (labdl1anasa) und die Folge unüberlegter Handlungen (aparik~?itakaritva). Der Autor stellt sich mit dem Namen Visa:msarman vor. Dabei muss man aber wohl an ein Pseudonym denken. Möglicherweise hat der Verfasser diesen Namen gewählt, weil er an Visn:mgupta anklingt, einen Beinamen des Maurya-Kanzlers Kautilya, der in der Regierungskunst und in der Diplomatie besonders erfahren war. Die Ent-
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stehungszeit mag zwischen dem 3. und dem 6 . .Jahrhundert gelegen haben, vl'ahrscheinlich in der ersten Hälfte dieser Zeitspanne. In der Einleitung erfahren wir, dass ein Könignamens Amarasaldi drei Söhne hatte, die sich aber für Politik und Regierungsgeschäfte nicht interessierten. Da machte Vi~r:tusarman sich erbötig, innerhalb von sechs Monaten die Prinzen die Staatskunst zu lehren. Das PaiicatantTa versteht sich a.lso als ein Lehrbuch der staatsmännischen \Veisheit und Vv'eltklugheit für Prinzen. Erst im Laufe der Jahrhunderte verlor das \Verk diesen esoterischen Charakter und wurde zu einem Hilfsmittel der allgemeinen Erziehung. Diese Unterweisung nun sollte nicht von trockener Lehrhaftigkeit sein; darum wurde sie in die Form unterhaltender Fabeln und Sprüche gekleidet. NTti im Rahmen der Kunstdichtung zu behandeln war damals neu; auch aus diesem Grunde konnte das PaiicatantTa nicht sogleich ein Volksbuch werden. Übrigens sind Prosa und Verse zwar kunstvoll gestaltet, doch hat der Autor sich in der Anwendung von Schmuckmitteln Zurückha.ltung auferlegt. Nach \Vürdigung aller in vieljährigen Kontroversen vorgebrachten Argumente muss man feststellen, dass das PaiicatantTa keine buddhistische Tendenz aufweist. Die Grundrichtung ist vielmehr eine deutlich brahmanische mit einer Neigung zum Vi~r.mismus. Die Träger der Handlung sind vorwiegend Tiere, die ganz wie die Menschen denken und handeln. Bestimmte Grundhaltungen unserer Tierfabel sind auch im PaiicatantTa ausgeprägt, so der Edelmut und die Tapferkeit des Löwen; die Rolle unseres Fuchses übernimmt der Schakal. Aber es ist nicht eigentlich Sittlichkeit, die hier gelehrt wird, sondern eher die Fähigkeit, sich in der ~Welt zurechtzufinden und aus den Schwächen der Mitmenschen Nutzen zu ziehen. Die Maxirne des PaHcatantTa ist- wenn man den etwas modernistischen, aber treffenden Ausdruck gestattet - Cleverness. Hier wurde der politische Machiavellismus um tausend Jahre demjenigen vorweggenommen, nach dem diese Erscheinung ihren Namen erhalten hat. Die allseitige Erforschung des PaHcatantTa hat wissenschaftsgeschichtlich in der Indologie eine erstrangige Rolle gespielt und wirkliche Spitzenleistungen erbracht. Theodor Benfey untersuchte, ausgehend vom PaücatantTa, die Migration von Märchenstoffen außerhalb Indiens . .Johannes Hertel entschleierte mit einer mustergültigen textkritischen Leistung die Geschichte des \Verkes in Indien. In neuerer Zeit gesellte sich Franklin Edgerton mit seinem Rekonstruktionsversuch eines Ur- Par1catantra hinzu. Das Paiica.ta.ntTa ist das in der \Velt am weitesten verbreitete \Verk der indischen Literatur. Bekannt sind etwa 200 Versionen in 64 Sprachen, von denen drei Viertel nichtindisch sind. Die Textgeschichte des \Verkes ist jedoch von außergewöhnlicher Kompliziertheit. 3 Das Grundwerk selbst ist nicht mehr vorhanden. Eine wenigstens ungefähre Vorstellung von seinem Inhalt haben wir durch die Rekonstruktion, die Edger-
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ton aus insgesamt acht späteren Fassungen vorzunehn'len versucht hat. Freilich werden solche Versuche immer einen etwas hypothetischen Charakter tragen. Die beste greifbare Rezension ist jedenfalls die kashmirische, die unter dem Namen Ta.ntTakhyayika bekannt ist. 4 Ferner gibt es eine sogenannte nordwestliche Rezension. Sie hat mehrere Bearbeitungen gefunden, die sich vom Grundwerk mehr oder minder stark, jedenfalls stärker als die TimtTakhya.yika, unterscheiden. Da ist zunächst der sogenannte Textus simplicior, der "einfachere Text", zu nennen. 5 Er führt auch die Bezeichnung Paiicakhyanaka und entstand offenbar unter jinistischer Redaktion zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert. Das Paiical,hyanaka galt lange Zeit in Europa als das eigentliche PaiicatantTa. Dieser Textus simplicior bildete wiederum den Ausgangspunkt für den "ausgeschmückten Text", den Textus ornatior. Er trägt seinen Namen aus dem Grunde, weil er 21 Geschichten enthält, die den anderen Rezensionen fehlen. 6 Von ihm wissen wir, dass er im Jahre 1199 von dem jinistischen Mönch Pun~abhadra abgefasst vvurde. Ebenfalls aus der nordwestlichen Rezension hergeleitet wurde die südindische Rezension. 7 Ihrem Wesen nach ist sie eine Kurzfassung. Sie existiert in zwei Subrezensionen. Schließlich ist noch eine nepalesische Rezension, die den Namen TantTakhyana führt, zu erwähnen. Die nordwestliche Rezension war es, in deren Gestalt das PaiicatantTa seinen V•/eg über den Erdball antrat. Um das Jahr 570 nämlich veranlasste der persische König eine Übersetzung des Werkes in das mitteliranische Pehlewi. Leider ist sie bei der islamischen Eroberung Persiens verlorengegangen. Aber nach ihrer Fertigstellung wurde die Pehlewi- Übersetzung alsbald ins Syrische übertragen.s Der Titellautete Qa.ITlag w-Damnag ("Kalilag und Damnag") und beruht auf den Sanskrit-Namen zweier Schakale. Um 750 erfolgte unter dem Titel Kallla. tva-Dimna ("Kalila und Dimna") eine Übersetzung ins Arabische. 9 Diese wurde zur wichtigsten Basis für das Bekanntwerden des Fabelwerkes in Europa. Um 1100 wurde diese Fassung ins Griechische übersetzt. Von großer \;Vichtigkeit für die Weiterverbreitung wurde eine zu Beginn des 12. Jahrhunderts vorgenommene Übertragung ins Hebräische. Johannes von Capua schuf in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine Übersetzung ins Lateinische. Damit war der \Veg des inzwischen natürlich mannigfach veränderten Paiicatantra nach Deutschland frei. Im Jahre 1480 übersetzte es Anton von Pforr in Württemberg aus dem Lateinischen ins Deutsche, und 1482 erschien es in Urach in zwei Inkunabeldrucken. Seither hat es in zahlreichen europäischen und außereuropäischen Ländern durch vielfache Übersetzungen Eingang gefunden. Die nordwestliche Rezension wurde außerdem zur Quelle für ein weiteres ·werk, das im Rahmen der Paü.catantra-Literatur eine gewisse Selbstständigkeit beanspruchen kann. Es führt den Namen Hitopadesa, "Freundliche Belehrung" .10 Geschaffen wurde es in Bengalen. Seine Entstehungszeit kann mit dem 9. bis 14. Jahrhundert leider nur sehr ungenau angegeben werden. Sein Autor
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ist Naraym_:ta. Er erklärt selbst, dass er das Paiicata.ntra als Quelle verwendet habe, daneben aber noch "ein anderes Buch". Aus dem Inhalt des Hitopade8a und textvergleichenden Untersuchungen ergibt sich mit ziemlicher Sicherheit, dass diese zweite Quelle der Kama.nda.k1ya.-N1tisaxa., ein noch zu besprechendes Lehrbuch der Politik, gewesen sein dürfte . .Jedenfalls ist der Hitopade8a deutlich stärker auf die Belange der Politik orientiert als das Paiicatantra. Auch sonst war die Bearbeitung einschneidend. Das vVerk umfasst nur noch vier Bücher, die die Gewinnung und die Entzweiung von Freunden, den Krieg und den Frieden betreffen. Es liegt im Mittelland ein vVald, Campakavat1 mit Namen. In diesem vvohnten lange Zeit in großer Eintracht ein Reh und ein Rabe. Als nun einst das Reh umherstreifte, wo es ihm gerade behagte, froh und wohlgenährt, da erblickte es ein Schakal. Dieser dachte: Ei, wie könnte dieses köstliche Fleisch mir zum Mahle werden? Nun, erwecken wir erst Vertrauen! So dachte er, kam heran und sagte: Heil dir, mein Freund! Das Reh sprach: 'Ver bist du? .Jener sagte: Ich bin ein Schakal und heiße Tückisch. Einem Toten gleich wohne ich hier im ';\Tald, aller Freunde bar. Nun aber, da ich deine Freundschaft gefunden, bin ich mit dir in die ·welt der Lebenden zurückgekehrt. Von jetzt ab müssen vvir zusammen wohnen. Als sich nun die herrliche, strahlenbekränzte Sonne zum Untergang geneigt hatte, da gingen die beiden nach des Rehs Behausung. Dort saß auf dem Zweige eines Campaka- Baumes ein Rabe namens Ehrlich, des Rehes Freund. Der Rabe sagte: Lieber Buntleib, wer ist dieser Zweite? Das Reh sprach: Es ist ein Schakal, gekommen, uns um unsere Freundschaft zu bitten. Darauf sa.gte der Rabe: Lieber Freund, mit einem eben angekommenen Fremdling gleich einen Bund zu schließen, ist nicht geraten ... Als der Schakal dies vernommen, wurde er zornig und sagte: An dem Tage, da ihr mit dem Reh zum erstenmal zusammentraft, war ihm euer Stamm und Sinn auch unbekannt. \Vie kommt es also, dass seine Freundschaft mit euch bis zum heutigen Tage um so inniger wird, je länger sie währt? Heißt es doch auch: ,,Ist fremd mir der Mann, oder ist er verwandt?" Also erwägt ein geringer Verstand. Sind doch die Edlen auf der Erde allüberall am heimischen Herde. Zugleich mit dem Reh werdet natürlich auch Ihr mein Freund. Das Reh sprach: 'Vas soll diese Hinundherrederei? Wir wollen in
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gegenseitigem Vertrauen beisammen wohnen. Da sagte der Rabe ärgerlich: Nun meinet\vegen! Am nächsten Morgen gingen sie aus, ein jeder, wohin er Lust hatte. Da sagte der Schakal einmal ganz heimlich: Liebes Reh, dort in jener einsamen Gegend des \A!aldes ist ein Feld, das steht voll Getreide. Ich \vill dich hinführen und es dir zeigen. So geschah es auch, und das Reh ging nun täglich hin und aß von der Saat. Das bemerkte nach einigen Tagen der Besitzer des Ackers und legte eine Schlinge. Als nun bald darauf das Reh wiederkam und sich wirklich in der Falle gefangen hatte, da dachte es: Hätte ich jetzt nicht jenen Freund, wer vermöchte mich aus dieser Todesschlinge, die mir der Jäger gelegt, zu befreien? Nach einer \Veile kam auch der Schakal, trat heran und dachte: Nun, da hätte ja unser listiger Anschlag richtig seine Frucht getragen; sicher werden sich nun meine \Vünsche erfüllen. Denn wird das Reh hier zerlegt, so können mir seine Knochen, noch mit Fleisch und Blut behaftet, nicht entgehen. Das Reh aber freute sich, als es ihn erblickte, und rief ihm entgegen: Ach, lieber Freund, zerschneide meine Fesseln und befreie mich schleunigst, denn: Den Freund erkennst du in der Not, die Gattin, mangelt es an Brot, in Schulden Brave, Tapfere im Streit, und die Verwandten, naht sich dir ein Leid. Der Schakal besah sich die Schlinge nochmals und dachte: Nun, fest ist der Strick! Dann sagte er: Lieber Freund, diese Stricke sind aus Därmen gefertigt; wie dürfte ich wagen, sie heute, an einem Feiertag, mit den Zähnen zu berühren? Gewiss bist a.uch du, lieber Freund, nicht anderer Meinung; morgen früh aber, sobald es dämmert, will ich alle deine Wünsche erfüllen. Als nun der Rabe gegen Morgen gewahrte, dass das Reh noch nicht heimgekehrt war, machte er sich auf die Suche nach ihm und fand es in dieser Lage. Da fragte er: Lieber Freund, was soll das bedeuten? Das Reh antwortete: Das ist die Frucht der nichtbeachteten Freundesmahnung; heißt's doch auch: vVer sich an Freundes \Vort nicht kehrt. der Gutes will und Gutes lehrt, dem steht das Unheil nahe vor, und seinen Feind erfreut der Tor.
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Der Rabe fragte: vVo ist der Schakal? Das Reh antwortete: Dort steht er und lauert auf mein Fleisch. Der Rabe sagte: ... Elender Betrüger. vVas hast du Übeltäter da vvieder verbrochen? Denn: ... \Ver dem, der vertrauet mit heiterem Mut, weil er Gutes getan, ein Böses tut, den Menschen, der also sein vVort verkehrte, wie kannst du nur tragen ihn, heilige Erde? ... Da erblickte der Rabe im Morgengrauen den Besitzer des Feldes, wie er mit einem Knüppel in der Hand herankam, und sagte: Mein liebes Reh, stelle dich, als seiest du gestorben. Krächze ich dann, so erhebe dich hurtig und laufe davon! Der Besitzer des Feldes kam heran und öffnete seine Augen weit vor Freude, als er das Reh so daliegen sah. Ei, sagte er, das Tier ist ja. von allein gestorben. Er löste die Schlingen und war ganz mit dem Aufwickeln seiner Stricke beschäftigt: da härte das Reh des Raben Stimme und enteilte. Der Mann warf ihm zwar seinen Stock nach, traf aber damit nur den Schakal und tötete ihn. (Hitopadeia I, 2; Übers.: .Johannes Hertel) Schließlich ist zu erwähnen, dass Teile des PaHcatantra in die sogleich zu besprechende B~·hatkatha und von dort in die Hrha.tkathamai1jarf11 und den Ka.thasaritsagaTa. eingegangen sind. VVährend Paiica.tantra und Hitopadesa. ohne weiteres als Fabelsammlungen eingeordnet werden dürfen, kann man von altindischen Märchensammlungen nur mit Vorbeha.hen sprechen. Es gibt zwar mehrere w·erke, die eine mehr oder minder bedeutende Anzahl von Märchen enthalten, doch sind in ihnen außer diesen auch Erzählungen novellistischer und anderer Art vertreten. Diese Mischsammlungen gehen bis zu einem gewissen Grade auf ein Grundwerk zurück, das viele Fabeln, Märchen und Erzählungen verschiedenen Genres umfasst haben 12 muss. Es ist die wohl mit Recht dem Gm~a<;lhya zugeschriebene Brhatkatha. Sie war nicht in Sanskrit, sondern in der sonst nicht literaturfähigen Prak~·t Sprache Paisac1 verfasst und soll- aber das ist nicht beweisbar- 100000 Verse enthalten haben. Dass sie noch im 6 . .Jahrhundert existierte, ist uns verlässlich bezeugt. Leider ist sie seither verlorengegangen. Die Schwere des Verlustes eines solchen Schlüsselwerkes der altindischen Erzählungsliteratur wird ein wenig dadurch gemildert, dass Teile der Brhatkatha in bestimmten, erhalten gebliebenen Sanskrit-\Verken verarbeitet worden sind. Daraus wissen wir, dass das \Verk siva.itisch orientiert '''ar. Ferner ist ersichtlich, dass es von einer Rahmenhandlung umspannt war, die teihveise rekonstruierbar ist. Held ist der Sohn des
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Königs Udayana, der Prinz Nara.vähanadatta. Es wird geschildert, wie er Liebesbande zu zahlreichen Frauen knüpfte und wie er schließlich zum Haupt der Vidyädha.ras, ein@r Gruppe halbgottähnlicher ·wesen, 1vurde. Die Entstehungszeit ist unklar, doch ist das '.iVerk jedenfalls relativ alt. Mit Sicherheit ist es vor dem 3. Jahrhundert entstanden, bestimmte Hinweise auf die Griechen machen sogar eine Datierung ins 1. Jahrhundert wahrscheinlich. Die Entstehungsgegend ist das nördliche Indien, am ehesten das Gebiet von Kausämbl. Wenn auch die Brha.tka.tl1a verlorengegangen ist, so ha.t sie doch eine literarische Tradition in zwei Linien aufzuweisen. Die erste- von einer Rezension zu sprechen, halten wir hier nicht für angebracht -florierte in Kashmir und teilte sich ihrerseits in zwei Versionen. Da ist zunächst die von K~emendra im Jahre 1037 verfasste B~·ha.tka.thama.iija.rT zu nennenY Die andere, wichtigere Version ist der berühmte Ka.thasa.ritsaga.ra. von Somadeva, verfasst im Zeitraum zwischen 1063 und 1081. 14 Die zweite Traditionslinie entwickelte sich in Nepal und fand im Brl1a.tka.thMlokasa.mgra.ha. des Buddhasvämin ihren NiederschlagY Diese auf uns gekommenen Texte erwecken den Eindruck, dass die nepalesische Linie eher dem Grundwerk nahekommt als die kashmirische. Es ist jedoch ein großer Nachteil, dass auch der Brl1a.tka.tl1Mloka.sa.mgra.lla. nur bruchstückhaft überliefert worden ist. In seiner gegenwärtigen Gestalt umfasst er 28 Kapitel mit 4539 Versen. Ob die B~·ha.tka.tha einst wirklich 100000 Verse aufwies, bleibe da.hingestellt; auf alle Fälle stellt der B~·ha.tka.thasloka.samgra.ha. nur einen kurzen Ausschnitt dar. Das zeigt sich auch bei der Lektüre, die den Eindruck einer kurzen Zusammenfassung, die noch dazu nicht immer verständlich ist, erweckt. Unabhängig davon ist es dem Autor beziehungsweise Bearbeiter gelungen, vielfach einprägsame Bilder vom Leben des Volkes, von seiner Arbeit und seinen Festen zu zeichnen. \Vann das '1\!erk entstanden ist, lässt sich nicht sagen; das manchmal angegebene 9. Jahrhundert ist denkbar, bleibt aber hypothetisch. Die Sprache ist kein Paisäc], sondern- wie es auch bei den beiden anderen Bearbeitungen der Fall ist - Sanskrit. Von den kashmirischen Versionen ist die B~·ha.tka.thamaiija.rT entschieden die weniger bedeutende. Ihr Verfasser K~emendra ist als Vielschreiber bekannt. Das 'Alerk besteht aus 18 Abschnitten, die hier Lambhaka genannt werden, und etwas über 7000 Versen. Auch diese Fassung ist a]so ziemlich kurz. Deutlich feststellbar ist aber, dass K~emendra solche Stellen, die ihm thema.tisch zusagten, ausgesponnen hat. Das betrifft etwa die erotischen Szenen, aber auch die religiösen Betrachtungen. Von den genannten drei Versionen ist der Ka.thasa.ritsagara. bei weitem die wichtigste; ja, das '"Terk ist überhaupt eines der berühmtesten der altindischen Literatur und besitzt weltliterarischen Rang. Es ist Kunstdichtung im besten Sinne des \Vortes: Somadeva erweist sich als Autor prachtvoller Verse, die aber niema.ls überladen wirken und mit ihren Schmuckmitteln stets besonnen umge-
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hen. Die Sammlung ist in 124 Abschnitte ( ta.ra1iga, das heißt Welle) gegliedert und umfasst etwa 24000 Verse, ist also wesentlich umfangreicher als die beiden anderen Versionen. Der Bearbeiter sagt selbst, dass er seine käsmirische Vorlage zugrunde gelegt, aber sie nur gekürzt und nichts hinzuerfunden habe. In der gegenwärtigen Fassung enthält die Sammlung etwa 350 Geschichten. Wie schon erwähnt, kann man nur mit teilweisem Recht von einer Märchensammlung sprechen. Gewiss enthält der KathasaritsiigaTa eine große Anzahl von Märchen und märchenhaften Begebenheiten. Da nehmen die Götter auf menschliche Schicksale unmittelbaren Einfluss; da gibt es vielfache Verwandlungen der Menschen in Tiere und umgekehrt sowie mannigfache andere Zauber. Daneben aber spielen auch andere Sujets eine große Rolle. Sie kommen unter anderem in den Abenteuer- und Liebesgeschichten zum Ausdruck. Vielfach vertreten sind auch Anekdoten sowie Stücke mit komischer Wirkung, die meist in der Schilderung von Narrenaussprüchen und -streichen bestehen. An solchen Stellen wird das Buch nicht selten sehr realistisch. Ein Beispiel ist der Narr, der ruhmredig von seinem Vater behauptet, dieser hätte zeit seines Lebens enthaltsam gelebt. Realistisch ist auch die nicht seltene spöttische Distanziertheit zu religiösen Institutionen. Mit anderen Werken teilt der Kathiisaritsiigara die despektierliche Einschätzung der oft so eitlen \iVanderasketen, indem er sie gern als Betrüger kennzeichnet. Dennoch ist in der Sammlung keineswegs eine atheistische Grundhaltung bestimmend. Entsprechend der B~·hatkathä- Tradition ist vielmehr der Sivaismus dominierend, jedoch mit einigen spezifischen Zusätzen. Siva wird gern als \iVundertäter, als Deus ex machina, dargestellt; hierin kommt die Märchenkomponente des Buches zum Ausdruck. Auffallend ist ferner die Betonung des Linga-Kultes, der mit der Siva-Verehrung verbunden wird, bei einem so weit im Norden ausgeprägten vVerk aber letztlich erklärlich bleibt. Dann aber kommt hinzu, dass neben dem Sivaismus der Kult seiner diversen Gattinnen, so der Durgä, eine außergewöhnlich wichtige Position einnimmt. Dieser Muttergöttinkult ist Niederschlag der schon besprochenen tantristischen Ideologie. Daneben sind Einflüsse buddhistischer Überlieferung unverkennbar. Zu dieser zählen diejenigen Geschichten, die das karmanzum Thema haben. Buddhistisch motiviert dürfte auch die misogyne Haltung sein, die im Katl1iisaritsagara auf vielfache \iVeise zutage tritt: Selten gelten die Frauen als edel; meist sind sie treulos und gemein. Im übrigen aber ist das \iVerk eine Meisterleistung der Erzählkunst. In bewegter Handlung und bunter Pracht der Schilderung folgen die Geschichten tatsächlich aufeinander wie \iVellen, ohne dass die Übersichtlichkeit beeinträchtigt wird. Der Titel des Werkes - KathiisaritsiigaTa bedeutet "Ozean der Erzählungsströme" - ist daher keine blumige Übertreibung, sondern eine treffende Charakterisierung des Inhalts. Es spricht für den Kathiisaritsiiga.ra., dass er zur Quelle mehrerer Geschichten aus Tausendundeiner Nacht wurde und das Schaffen unter anderem von Boccaccio, Chaucer und
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Lafontaine beeinflusst hat. Darüber hinaus ist er eine wertvolle Quelle zur indischen Kulturgeschichte, die vielfältige Informationen über das Alltagsleben, die Berufsgruppen, das Leben am Hofe und unter den Künstlern sowie über die Sozialstruktur liefert. Ideologisch mit dem Kathasaritsagara. verwandt ist eine andere Sammlung von Erzählungen, die Vetalapai'ica.vimsatika, "Die Fünfundzwanzigers ammlung (von Erzählungen) des Leichendämons". Ein verkommener, der Magie ergebener Yogin bemüht sich, den König Vikrama für seine dunklen Zwecke einzuspannen. An jedem Morgen bringt er dem König eine Frucht, in deren Innerem ein Juwel verborgen ist. Nachdem er damit den König bestechlich gemacht hat, veranlasst er ihn, auf einen Leichenverbrennun gsplatz zu gehen, einen Leichnam vom Baum zu nehmen und ihm, dem Yogin, zu bringen. Dieser benötigt den Leichnam für magische Zwecke. In der Leiche aber wohnt ein Geist, und als der König den Leichnam wegtragen will, beginnt der Geist zu sprechen. Er erzählt dem König eine Geschichte und stellt an deren Schluss eine Rätselfrage. Der König vermag dieselbe zu beantworten - und schon hängt der Leichnam wieder am Baum. So geht es fort und fort, aber die letzte, also die fünfundzwanzigste Frage weiß der König nicht zu beantworten. Dadurch aber wird ein Bann gebrochen: Der Geist wird erlöst und braucht nicht mehr in den Leichnam zurückzukehren. Frei geworden, klärt er den König über die wahren Absichten des Yogin auf. Daraufhin lässt der König den Bösewicht enthaupten, wodurch er sich die Herrschaft über das Geisterreich erwirbt. Das eigentliche Grundwerk ist verlorengegangen, war aber offenbar so populär, dass es in nicht weniger als sieben Versionen fortlebte. Bei drei von ihnen sind uns die Autoren namentlich bekam~t: Sivadasa, Jambhaladatta und Vallabhadasa. Die älteste Version ist die des Sivadasa. 16 Aber auch sie dürfte nicht früher als das 10. Jahrhundert anzusetzen sein. Diese relativ späte Zeitstellung macht sich auch in der Sprache bemerkbar, die nicht gerade das beste Sanskrit repräsentiert und bereits Beimischungen in Alt-Gujarati, also in der Frühstufe einer neuindischen Sprache, aufweist. Andererseits hält sie sich von Gespreiztheiten frei und erweist sich für das hier in Rede stehende Sujet als passendes Medium. In die Erzählprosa sind verschiedentlich Verse eingeschoben, bei Sivadasa in größerem Maße als bei Jambhaladatta. 17 Die Verse sind den schon erörterten Spruchsammlungen entnommen, einige auch den buddhistischen Jatakas, dem Pai'icatantra und der Sukasaptati. Die Ideologie der Vetalapai'icavimsatika ist, wie schon angedeutet, dem Kathasaritsagara verwandt. Religiöse Grundlage ist der Siva-Kult mit stark ausgeprägten tantristischen Zügen. Auffallend ist die feindselige Haltung gegenüber den Jinisten, die sich nicht zuletzt darin zeigt, dass der ränkevolle Yogin als jinistischer Digambara-Mönch bezeichnet wird. Diese antijinistische Einstellung könnte einen gesellschaftskritisch en Akzent haben, denn sie korre-
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spondiert mit der ebenfalls abschätzigen Beurteilung, die das \Verk den Kaufleuten zuteil werden lässt - und der Jinismus hatte bereits damals unter den wohlhabenden Kaufleuten seine stärkste Stütze. Im wesentlichen aber reflektiert das ~Werk einen orthodox-hinduistis chen Standpunkt aus der Sicht der herrschenden Klassen. Dieser Umstand hat wohl a.uch dazu beigetragen, dass sein Einfluss auf die ~Weltliteratur vergleichsweise gering geblieben ist. Gewiss, neben einigem anderen dürfte das Motiv der "Prinzessin auf der Erbse" aus der \fetalapaiicavimsatika stammen; insgesamt gesehen ist das ~Werk jedoch zu sehr auf indische Verhältnisse und Anschauungsweisen zugeschnitten, als dass es weltweit verständlich wäre. Das betrifft besonders die Antworten des Königs auf die Fragen des Leichendämons. Für den vorbereiteten Leser ist das Buch jedoch auch heute noch eine interessante Lektüre. Von Bedeutung ist auch die Simhasanadvatrim satika ("Die Zweiunddreißigersa.mmlung der Löwenthron[geschi chten]") oder \fikramacarita ("Vikramas Leben[swandel]") genannte Sammlung. 18 Der Rahmen besteht darin, dass Siva seiner Gattin Parvati die Geschehnisse mitteilt. Die 32 Geschichten sind in Prosa. gehalten. Auch hier ist das Originalwerk verlorengegangen. Auf uns gekommen sind eine nord- und eine südindische Bearbeitung, von denen die letztere dem Urtext näherzustehen scheint. Sie ist in zwei Subrezensionen erhalten, von denen die eine die Prosaform aufgegeben hat. Von der nordindischen Bearbeitung liegen drei Subrezensionen vor. Die Zeitstellung ist recht spät und liegt jedenfalls nicht vor dem 13. Jahrhundert. Ausgangsperson der Geschichtensammlung ist der König Bhoja, der von 1010 bis 1055 regierte, doch ihr Held ist der sagenhafte Herrscher Vikrama. Dieser hatte vom Götterkönig Indra selbst seinen Thron erhalten. Nach dem Ableben des Vikra.ma wurde der Thron in der Erde versteckt und nun, in der Regierungszeit des Bhoja, wieder aufgefunden. Der Thron ist von zweiunddreißig Statuen umgeben, die in Wahrheit Götterfrauen sind. Sie berichten über das Leben und die Taten des einstigen Thronbesitzers. Nicht umsonst bezeichnet sich die Sammlung selbst als dha,rmakatha, also Erzählung über pflichtgemäßen und tugendhaften ~Wandel. Hier werden nämlich die hinduistischen Idealvorstellungen der damaligen Zeit in größter Klarheit präsentiert. Hin und wieder macht sich auch eine gewisse Einflussnahme durch den Jinismus bemerkbar. Das \Verk will durch die Aufzählung der Vorzüge Vikramas offensichtlich Maßstäbe für die Königswürde, für das Verhalten eines Herrschers setzen, was - aus heutiger Sicht besonders interessant -eine gewisse Kritik an den Gepflogenheiten der damaligen Herrscher einschließt. Denn aus der Glorifizierung des Vikrama ergibt sich unausgesprochen die Verurteilung des Despotismus und des Missbrauchs der Macht überhaupt. Neben dieser, wenn auch versteckten Gesellschaftskritik ist die Simhasanadvatrünsika auch wegen ihrer Angaben über die Realien der damaligen Zeit von Bedeutung. ~Ian erfährt vieles \Vissenswerte über die konkrete Durchführung
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der Regierungsgeschäfte, über das Leben am königlichen Hofe sowie über das Gerichtswesen. Auch das Familienleben wird adäquat erfasst. Freilich, eine gewisse Herabminderung der ästhetischen ~Wirkung muss dadurch in Kauf genommen werden; die Lebendigkeit etwa der \/etalapa.iica.vimsatika wird hier nicht erreicht. Unter den altindischen Erzählungssammlungen nimmt die .Sulmsaptati ("Siebzigersammlung [von den Erzählungen] des Papageien") mit Recht einen hervorragenden Platz ein. 19 Auch hier ist das Originalwerk verlorengegangen. Jetzt existiert- und darin zeigt sich die Volkstümlichkeit des Werkes- eine Vielzahl von Rezensionen. Ihnen liegen die drei folgenden Hauptversionen zugrunde: Neben der Version des Devadatta sind der Textus simplicior und der Textus ornatior hervorzuheben. Die Bearbeitung des Textus simplicior geht offenbar auf einen Svetambara, also einen Jinisten, zurück. Der Autor des Textus ornatior war Cintama:Ifi Bhatta. Diese Fassung dürfte der des Grundwerkes am nächsten gestanden haben. Sie ist zeitlich wohl im 12. Jahrhundert anzusiedeln. Wie auch sonst in den Erzählungssammlungen üblich, ist die Prosa mit Sprüchen aus dem reichen Material der altindischen Gnomik durchsetzt. Die Rahmenhandlung ist folgende: Ein junges Ehepaar, Madanasena und Prabhavat1, gibt sich ausschließlich den Liebesfreuden hin und vernachlässigt sämtliche andere Pflichten. Ein dem Vater des jungen Mannes befreundeter Brahmane gesellt letzterem zwei kluge Vögel, einen Papagei und eine Krähe, zu. Der Papagei wirkt durch belehrende Reden so lange auf Ma.danasena ein, bis dieser das Unrecht seines bisherigen Lebenswandels einsieht und sich endlich wieder zu einer Handelsfahrt aufrafft. Die ihr damit aufgezwungene Enthaltsamkeit zu ertragen, fällt Prabhavat1 aber gar zu schwer. Sie schafft sich deshalb einen Freund an. Nach dieser Rahmenhandlung beginnt das eigentliche \Verk. Die Strohwitwe ist dabei, sich für das Rendezvous zu schmücken. Da hält ihr die Krähe eine Moralpredigt. Als guter Psychologe hat unser Dichter erkannt, dass in solchen Situationen Appelle an Vernunft oder Moral nur wenig Aussicht auf Erfolg haben. Die junge Frau hat denn auch nichts Eiligeres vor, als der Krähe den Hals umzudrehen, doch kann diese gerade noch entfliehen. Der Papagei ist der klügere der beiden Vögel und fängt es ganz anders an. Er tut nämlich so, als billige er Prabhavat1s Vorhaben und unterstütze ihre außerehelichen Neigungen. Aber, sagt er, das sei natürlich gefährlich, man könne immerhin entdeckt werden und müsse daher ebenso raffiniert zu Werke gehen, wie es die Frau Soundso getan habe. Prabhavat1s Neugier wird geweckt, und sie will mehr über den Fall wissen. Durch die geschickt aufgebaute und spannende Erzählweise des Papageien geht unbemerkt die Zeit dahin, so dass die Frau den Termin ihres Stelldicheins versäumt. So erzählt der Papagei 70 Geschichten, die auch heute noch recht unterhaltsam zu lesen sind. Sie alle handeln von klugen Frauen,
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die sich aus irgendeiner prekären Situation herauszuwinde n verstehen. Etwa die Hälfte der Geschichten hat den durch die Frau verursachten Ehebruch zum Inhalt. Das Werk ist weithin von einem ergötzlichen respektlosen Realismus durchdrungen. Mitunter sind selbst Götter beim Ehebruch als Gehilfen tätig, oder es dienen Tempel als Treffpunkte außerehelich Verliebter. Um das Jahr 1330 ·wurde das "Papageienbuc h" unter dem Titel Tutinameh ins Persische übersetzt. Unter allerlei \Veglassungen und Zutaten trat es von dort aus seinen \Veg nach Westasien und in die europäischen Länder an. Zahlreich sind die in Jaina- Kreisen entstandenen oder bearbeiteten Märchen und Fabeln. Verschiedene von ihnen wurden ebenfalls in Sammlungen vereinigt. Sie haben naturgemäß eine religiös-morali sierende Tendenz, sind aber nichtsdestotro tz ein mehr oder minder getreues Spiegelbild des Lebens aus damaliger Zeit. An dieser Stelle sollen nur zwei dieser Sammlungen kurz vorgestellt werden. In Prakl;t, und zwar in der Jaina-Maharas;tr1, verfasst wurde die Samaraiccakah a (Sanskrit: Samaradityaka tha). Ihr Autor ist Haribhadra. Die Entstehungsze it des in Prosa gehaltenen Werkes liegt vor 1214. Der Verfasser selbst nennt sein \Verk eine dlnrmakatl1a. Diese Feststellung besteht zu Recht, denn die Sammlung besteht aus religiös-erbaul ichen Geschichten, die den Standpunkt des Jinismus vertreten. 20 In ihnen wird vorzugsweise die KarmanLehre illustriert, nämlich am Beispielzweier Gegner, deren Schicksal durch die verschiedenen \Viedergeburte n hindurch verfolgt wird. Sehr später Zeit, nämlich den Jahren um 1600, entstammt der Katharatnakara ("Märchenmee r") des Hemavijaya. 21 Präsentiert werden hier 258 Geschichten, die von Volkserzählung en, Fabeln, Anekdoten bis zu Schelmenstreic hen eine breite Thematik umspannen. Der Prosa sind Verse in Sanskrit, Prakrt und Neuindisch eingelagert. Auch dieses \Verk steht auf dem Boden des Jinismus. Anmerkungen 1 Vgl. die Auswahl von J. Hertel: Indische Märchen (Jena 1919, zahlreiche Neuausgaben, u.a. in der Reihe "Märchen der \IVeltliteratur", Köln und Düsseldorf 1978). 2 Vgl. W. Ruben: Das Paiicatantra und seine Morallehre (Berlin/DDR 1959). 3 V gl. J. Hertel: Das Paiicatantra, seine GesclliclJte und seine Verbreitung (Leipzig und Berlin 1914). Dieses VVerk ist eine hervorragende textkritische Leistung, die seinerzeit zu Recht preisgekrönt wurde. Der Rekonstruktionsv ersuch eines Ur-Paficatantra von F. Edgerton erschien zweihändig unter dem Titel: The Paiicatantra Reconstructed (New Haven 1924, Neuausgabe London 1965) und enthält Text und Übersetzung. Vgl. ferner R. Geib: Zur Frage der Urfassung des Paiicatantra. (Wiesbaden 1969) sowie H. Falk: Quellen des Pa.iica.tantra in: Freiburger Beitr. zur Indologie, 12 (Wiesbaden 1978). 4 Übersetzung der Tantrakhyayika von J. Hertel unter dem Titel: Tantrakhyayika, die älteste Fassung des Pa.iica.ta.ntra (Leipzig und Berlin 1909).
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5 Der Textus simplicior wurde ediert von F. Kielhorn und G. Bühlerinden Bombay Sanskrit Series I, III, IV (1868/69). Übersetzung von L. Fritze (Leipzig 1884). 6 Der Textus ornatior wurde ediert von J. Hertel unter dem Titel: The Paiicatantra, a Collection of Ancient Hindu Tales ... in den Harvard Griental Series XI bis XIII (Cambridge [Mass.] 1908-1912). Übersetzung von R. Schmidt (1901).- Auf einer Mischrezension beruht die Ausgabe von J. G. L. Kosegarten (Bonn 1848); zu deren Mängeln vgl. die kritischen Bemerkungen von J. Hertel in der Zschr. der Dtsch. Morgenländischen Gesellschaft, 56, 1902. Auf der Ausgabe von Kosegarten beruht die berühmte Übersetzung von Th. Benfey: Das Paiicatantra. Fünf Bücher indischer Fabeln, Märchen und Erzählun-
gen (Leipzig 1859, Neudruck, 2 Bde., Hildesheim 1966, Bearbeitung von A. Greither, München 1986). - Eine Bearbeitung dieser Übersetzung von F. Geißler erschien Berlin/DDR 1962. Vgl. noch die Übersetzung von A. W. Ryder (10. Aufi. Chicago und London 1972) und von G. Chandiramani (Düsseldorf und Köln 1971). 7 Die Subrezension Alpha der südindischen Fassung des Paiicatantra wurde ediert von H. Blatt (Leipzig 1930), die Subrezension Beta von J. Hertel (Leipzig 1906). 8 Die syrische Übersetzung des Paiicatantra wurde herausgegeben von F. Schulthess (Berlin
1911). 9 Die arabische Übersetzung des Paiica.tantra wurde herausgegeben von S. de Sacy (Paris 1816) und übersetzt von Ph. Wolff (2. Aufl., Stuttgart 1839).
10 Berühmte Editio princeps des Hitopadesa von A. W. v. Schlegel und Ch. Lassen unter dem Titel: Hitopadesas, id est institutio sa.lutaris ... , erschienen in zwei Bänden (Bonn 18291831, Neudruck Hildesheim 1972); dazu eine lateinische Übersetzung. Spätere Ausgaben von P. Peterson (Bombay 1887); von G. H. Godabole und K. P. Parab (7. Aufl. 1907). Zahlreiche Übersetzungen, u.a. von M. Müller (Leipzig 1844), J. Schoenberg (Wien 1884), L. Fritze (Leipzig 1888), J. Hertel in RUB, Nr. 3385-3387 (Leipzig 1895; annotierte Neuausgabe von J. Mehlig, München 1988). 11 Vgl. L. V. Ma1ikowski: Der Auszug aus dem Paiicatantra in Kf?emendras Brhatkathiimaiijarf (Leipzig 1892); in der Arbeit sind Text wie auch Übersetzung enthalten. 12 Vgl. F. Lacöte: Essai sur Gm;äc.lhya et Ja
B~;hatkathii
(Paris 1908).
13 Ausgabe der B~;hatkatl1amaiijarf in der Kavyar:niila, 69 (Bombay 1931, Neudruck 1982) sowie in der Nirnaya Sagara Press (1931). Teilweise Übersetzung von S. Levi im Journal Asiatique (1885/86). 14 Entsprechend der großen Bedeutung des Kathiisa.ritsagara gibt es über dieses \1\Terk eine große Zahl von Veröffentlichungen. Editio princeps in drei Bänden von H. Brackhaus (Leipzig und Paris 1839-1866, Neudruck Hildesheim 1975; die Bücher 1-5 [von 18] auch in deutscher Übersetzung); Ausgabe von Durga Prasiid und K. P. Parab in der Nin}aya Sagara Press (Bombay 1889, seither mehrfach neu aufgelegt). Übersetzung von C. H. Tawney, zweihändig, in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1880-1884, Neudruck 1968); erheblich (besonders um Anmerkungen) erweiterte Neuausgabe der Tawney-Übersetzung in zehn Bänden von N. M. Penzer (London 1924-1928, Neudruck 1969). Studien von J. S. Speyer: Studies about the Eathiisaritsägara (Amsterdam 1908, Neudruck \1\Tiesbaden
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1967) sowie von I. D. Serebrjakov (Moskau 1989). 15 Ausgabe des Brhatkathaslokas mngraha und Übersetzung der ersten neun Kapitel von F. Lacote (Paris 1908). Ausgabe und vollständige Übersetzung von R. P. Poddar (Varanasi 1986). Studie zusammen n:tit Textausgabe von V. S. Agrawala (Va.ranasi 1974): ferner Studie von E. P. Maten als Bd. 18 der Orientalia Rheno-Traiectina (Leiden). 16 Die Sivadäsa-Rezensi on ist die meist bearbeitete Fassung der Vetalapaiicavirn.satika. Ausgabe von H. Uhle in den Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, 8, 1 (Leipzig 1881). Übersetzungen von H. Uhle (:München 1924, Neudruck Darmstadt 1966); von E. Ritschl und M. Schetelich, RUB, Nr. 777 (Leipzig 1979). 17 Die J ambhaladatta-Version der Vetalapaiicavims atika wurde ediert und übersetzt von M. B. Emeneau (New Haven 19:34). - Vgl. die Studie über das Werk von W. Ruben (Helsinki 1944). Simhasanadvatrii Tisatika wurde ediert und übersetzt von F. Edgerton in den Harvard Die 18 OrientalSeries (Cambridge [Mass.]1926, Neuaufi. Delhi 1993); Übersetzung mit Erläuterungen von R. Beer (Weimar 1976, 2. Aufi. 1982). Analyse des Inhalts von A. ·v\Teber in: Indische Studien, Bd. 15 (Leipzig 1878). Studie von P. A. Grincer: Zizn' vikramy ili 32 Zu diesem und anderen vVerken der altindischen istorii carskogo trona (Moskau 1960). von P. A. Grincer: Drevneindijskaja proza Studie Erzählungslitera tur vgl. die theoretische (Moskau 1963). 19 Ausgabe und Übersetzung der Sukasaptati von \V. Morgenrothunte r dem Titel: Das Papageienbuch (1968, Übersetzung allein auch Köln 1986). Ausgabe des Textus simplicior von R. Schmidt in den Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, X, 4 (Leipzig 1897); Übersetzung von demselben (Kiel 1894). Ausgabe des Textus ornatior von R. Schmidt in den Abhandlungen der Bayer. Akad. der Wiss., 21, 2 (München 1901); Übersetzung von der:nselben (Stuttgart 1899); Studie von demselben: Der Textus ornatior der
Sukasaptati (Stuttgart 1896). 20 Ausgabe der Samaraiccakaha von H. Jacobi in der Bibliotheca Indica (Calcutta 19081926). 21 Übersetzung des Katharatnakara von J. Hertel (München 1920).
6. Der K unstmman Neben den Märchen und Fabeln gehören zur Erzählliteratu r die Kunstromane. Durch ihren Stil geben sich diese eindeutig als Kavya- Werke zu erkennen. Auch in den Kunstromanen brillieren die Dichter mit seitenlangen Komposita, kühnen Vergleichen und akrobatisch anmutenden \Vortspielen. Ma.n hat daher die Kunstromane von den höfischen Kunstepen nur durch die Prosaform unterschieden sehen wollen. Das ist jedoch zu pauschal geurteilt. Die Kunstromane heben sich von den Epen auch in mehr oder minder starkem Maße durch die Lebendigkeit der Handlungsführ ung ab. Es sind nicht viele Werke, die zu dieser Literaturgattu ng gehören, doch haben sie alle Berühmtheit erlangt.
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Eine im Vergleich zu den höfischen Kunstepen immens bewegtere Handlung weist gerade derjenige Kunstroman auf, dessen gesellschaftliche Bedeutung und literarischer Rang geeignet sind, ihn an die Spitze dieser Literaturgattung zu stellen: nämlich das Dasakumara.carita ("Die Erlebnisse der zehn Prinzen") von Dai:t<;lin. 1 ·wie die Kunstromane überhaupt, so bezieht auch dieser~ anders als das Kunstepos ~seine Stoffe nicht oder kaum aus den großen Epen, sondern aus der älteren Erzählliteratur, vorzugsweise aus der Brl1atkathfi. Es ist sicher, dass Dai:t<;lin nicht alle seine Sujets selbst erfunden hat; insbesondere dürfte die Rahmenhandlung aus der Brl1a.tka.tl1a entlehnt sein. Die Einleitung (piinrap1thika) und der Schluss ( uttarapf~hika) sind sehr wahrscheinlich Zutaten von fremder Hand, so dass von Dai:t<;lin selbst nur sieben Geschichten ( ucclrvasa.) nebst dem Beginn der a.chten stammen. Eine Rahmenhandlung umschließt den Bericht der zehn Königs- und Ministersöhne, die einander ihre abenteuerlichen Erlebnisse erzählen. \Vährend der Autor die Rahmenhandlung durch die Er-Form objektiviert, gestaltet er die Erzählungen der Prinzen in der Ich-Form. Dadurch wirkt das Buch nicht nur lebhafter, sondern auch weniger unübersichtlich. Das Dasakumaracarita wurde um 600 von Dai:t<;lin, wohl im südindischen Kaiicipuram, verfasst. 2 Vor dem Hintergrund sich verstärkender feudalistischer Züge und gleichzeitiger zentrifugaler Tendenzen in der damaligen Gesellschaft macht das \\Terk die Kluft sichtbar, die sich zwischen den überkommenen Idealen und der \\Tirklichkeit ergeben hat. Die Zeit war von einem vulgärrn.ateria.listischen Hedonismus beherrscht, dem. besonders die städtischen Oberschichten huldigten. Hier setzt Dm:t<;lin mit seiner Kritik an. Wenn in seinem Buch auch \Vunder und eine mitunter kismetartige Schicksalserfüllung eine Rolle spielen, so ist doch der realistische, von Beschönigungen freie Grundzug des Romans unverkennbar. Durch die Verknüpfung von Märchen und \Virklichkeit werden bestehende Kontraste deutlich gemacht. Dabei schreckt Dai:t<;lin vor drastischen Mitteln nicht zurück. So ist Prinz Apalüravarman ein Dieb und noch Schlirnmeres, aber mit seinen ungesetzlichen Taten hilft er Menschen, die unschuldig in die Fallstricke anderer und damit in Bedrängnis geraten sind. Dai:t<;lin führt in seinem Buch in dieser Systematik erstmalig~ das Element der Parodie ein und scheut sich nicht, so erhabene Werke wie das Ramaym;.a oder die Bhagavadgfta dafür als Vorlage zu wählen. Hand in Hand geht damit die scharfe Glossierung überlebter und fortschrittsfeindlicher Zustände, wie des Asketenwesens. Außerordentlich ergötzlich zu lesen ist die Geschichte vom Asketen Mar1ci und der Hure Kämamaiijar1. Letztere sucht den Asketen in seiner Einsiedelei auf und imponiert ihm. durch hochtönende Gespräche über dharma, artha und kama. Dabei macht sie ihm geschickt plausibel, dass der Dharma-Kenner von Erotik~ auch bei ihrer Ausübung ~ gar nicht berührt werden könne. Mar1ci glaubt ihr das gern und wird ihr gänzlich hörig. Daraufhin nimmt sie ihn in die
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Stadt zu einem Fest n1it. Hier verkündet sie triumphierend, dass sie mit ihrer Rivalin um den Preis der Sklaverei gewettet habe, ihr werde die Verführung des asketischen Mar1ci gelingen, und dass sie die Wette nunmehr gewonnen habe. Daraufhin verabschiedet sie den armen, bedauernswerten Mar1ci mit den perfiden Worten, dass sie ihn nun nicht länger seinen Pflichten entziehen wolle. Man hat in dieser Geschichte eine direkte Anknüpfung an die Legende von ~9yas:piga aus dem Nial1abharata sehen wollen, doch kaum zu Recht; es handelt sich sicherlich um ein Stück aus dem gesellschaftskritischen Arsenal Da1f1ins selbst. Dabei tritt der Autor durchaus nicht etwa antihinduistisch auf; eine vi91fuitische Grundhaltung ist unverkennbar, doch sind ihm religiöse Überspanntheit und Fanatismus ein Greuel. In formaler Hinsicht erweist sich der Roman durchaus als \Verk der KavyaDichtung. \Veit ausholende Beschreibungen und umfangreiche Kompositabildungen prägen seine Form. Auch die Sprachgewandtheit steht hinter der der Kunstepen nicht zurück. Einen Gipfel derselben bildet Ucchvasa 7. In diesem ganzen Kapitel erzählt Prinz Mantragupta mit Rücksicht auf seine wundgeküssten Lippen sämtliche Erlebnisse ohne Verwendung eines Labials. In der Tat ergibt sich bei der Rezitation dieses Kapitels ein ganz eigenartiges Lispeln, das den Eindruck erweckt, der Sprecher wolle seine Lippen schonen. Die "Erlebnisse der zehn Prinzen" sind auch von großem kulturgeschichtlichem Interesse, da der Autor hier ein umfassendes Bild des altindischen Lebens gibt. Wir erhalten wertvolle Informationen über die soziale Stellung der Frau und erfahren manches \Vissenswerte über das Leben der Hetären, über den Tagesablauf des Königs, über Hahnenkämpfe und anderes mehr. Ein weiterer Kunstroman ist die gern als Märchenroman bezeichnete Vasavadatta. Das Werk wurde wahrscheinlich im 7. Jahrhundert verfasst. Als Autor gilt Subandhu, von dem wir aber sonst kaum etwas wissen. Da im 1\Iahabharata ein in Prosa gehaltenes Kavya dieses Titels erwähnt wird, hat Subandhu den vorgefundenen Stoff vielleicht nur neu gestaltet. Mit dem namensverwandten Drama des Bhasa hat der Kunstroman jedenfalls nichts zu tun. 3 Den literarischen Rang des Dasakumaracarita erreicht die Vasavadatta nicht. Es ist eine Liebesgeschichte: Dem Prinzen Kandarpaketu erschien im Traum eine wunderschöne Frau. Nach dem Erwachen konnte er nur noch an sein Traumbild denken und machte sich auf, es zu suchen. Bei einer Rast im Wald hört er, wie sich zwei Papageien darüber unterhalten, dass Vasavadatta ihrerseits ihn liebt. Die beiden treffen sich in ihrer Stadt Kusumapura, doch der König, ihr Vater, hat Vasavadatta bereits einem anderen Mann versprochen. Daraufhin raubt der Prinz seine Geliebte und flieht mit ihr. Als er einmal einschläft, ist sie beim Erwachen jedoch verschwunden. Lange sucht er in Verzweiflung nach ihr, da entdeckt er schließlich ein Steinbild. Als er es berührt, sieht er Vasavadatta wieder vor sich, die von einem Eremiten in diese Statue
Der Kunstroman
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verwandelt worden war und nun durch die Berührung entzaubert wurde. Inhaltlich ist die Vasavada.tta dem Da.sakumaracarita also nicht entfernt vergleichbar; in der Ausgestaltung jedoch sucht das Werk seinesgleichen. Der Stil ist mit Schwierigkeiten geradezu überladen, indem der Autor Komposita von fast unglaublicher Länge, Doppelsinnigkeiten und Wortspiele in großer Zahl vor dem. Leser ausbreitet. Die Vergleiche, in denen Subandhu schwelgt, sind für unsere Begriffe oftmals weit hergeholt; zum Beispiel wenn Vasavadatta als schöngelenkig wie das ~Mahabharata bezeichnet wird - hier fließen Vergleich und Doppelsinn zusammen, da das Sanskrit-Wort parvan sowohl "Gelenk" als a.uch "Kapitel", "Buch" (des Mahabharata) bedeutet. In der Beurteilung durch die altindischen Literaturtheoretiker nahm das Werk aus diesen Gründen einen überaus hohen Rang ein. Schließlich gehören zu den Kunstromanen die \Verke des berühmten Dichters Bar:ta. 4 In seinem Har9acarita ("Leben und Taten des Har~a") berichtet der Autor zunächst über sein eigenes Leben: Als Sohn eines Brahmanenehepaares wurde er frühzeitig vVaise, geriet in schlechte Gesellschaft und vollbrachte allerlei üble Taten. Danach ging er auf ausgedehnte Reisen, erwarb sich dabei eine ernstere Lebensauffassung und kehrte schließlich mit geweitetem Horizont in seine Heimat zurück. Nachdem er dort längere Zeit im Kreise von Verwandten gelebt hatte, berief ihn der König Har~a, der von 606 bis 647 über ein nordindisches Großreich regierte, an seinen Hof. Das Har9acarita ist ein Prosawerk in acht Kapiteln, das nur wenige eingestreute Verse enthält. In der Einleitung lässt sich der Autor - abgesehen von der soeben wiedergegebenen autobiographischen Skizze - über Grundsätze der Dichtkunst sowie über bedeutende Vorgänger aus. Entsprechend seinen theoretischen Grundsätzen ist das Har9acarita selbst von hohem ästhetischem Niveau. Die übersteigerte Sprachgewandtheit des Subandhu wird zwar nicht erreicht, doch gereicht das Bar:tas Werk nur zum Vorteil. In psychologisch äußerst einfühlsamer Weise charakterisiert er die Personen: den cholerischen Vater des Har~a, Prabhakaravardhana, sowie den Bruder des Königs, Rajyavardhana, auf seinem Feldzug gegen die Hilr:tas, vor allem aber natürlich König Har~a selbst. Vieles ist nachweisbar historisch, vieles aber auch dichterische Erfindung, und man darf sagen, dass Bar:ta in glücklicher vVeise Dichtung und Wahrheit miteinander zu verbinden wusste. Zu einem so wohlproportionierten Werk will der ziemlich abrupte Schluss nicht passen; man lTlUSS annehmen, dass der Rest verlorengegangen ist. 5 Wie das Dasakumaracarita, so ist auch das Har9acarita. eine wichtige kulturgeschichtliche Quelle. Der sivaitische, religiös aber durchaus tolerante Autor beschreibt genauestens besonders die kultischen Observanzen seiner Zeit. Wie groß Bal}.a als Dichter war, ist auch daraus zu ersehen, dass er dem ganz aufs Heldische gestimmten Har,?acarita ein zweites großes Werk mit völlig ande-
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
remGrundtonfolgen lässt. Dieser andere Kunstroman heißt nach seiner Heldin IGidambar1. 6 Ihn charakterisieren zarte Töne, Liebessehnsucht und -schwermut. Das Sujet kann nur aus der Brl1a.tkatha stammen. Der Roman schildert die Liebesbeziehungen zwischen Kädambar1 und Candräp1<;la. Parallel laufen die ebenfalls erotische Geschichte von Pul).<;lar1ka und Mahäsvetä sowie zahlreiche andere Schalterzählungen. Die KadambarT ist voller grammatischer sowie stilistischer Delikatessen und demzufolge sehr schwer zu lesen; vom Standpunkt der Kävya-Theorie ist sie sprachlich eine unübertroffene Kunstleistung. Man spürt, dass Bäl:ta hier über Subandhu ähnlich hat hinauswachsen wollen wie Magha über Bhäravi. Dazu dient ihm besonders die Handhabung der Komposita, die zuweilen mehrere Druckseiten füllen. Für uns sind außerdem die in dem. Werk enthaltenen Angaben über den Sivaismus von Interesse. Bä1)a starb, bevor er den Roman fertigstellen konnte. Sein Sohn führte die Arbeit zu Ende. Anmerkungen Zur literaturgeschichtlichen Bewertung Dm:tdins vgl. die Studie von D. K. Gupta: A Critical Study of Da1;r,lin and His Works (Delhi 1970). 2 Ausgaben des Dasakumaracarita von H. H. Wilson (London 1846); von G. Bühlerund P. Peterson (Bombay 1887); letztere überarbeitet von G. J. Agashe (Borrtbay 1919); ferner von M. R. Kale (Bombay 1926) und in der Nirnaya Sägara Press (15. Aufi., Bombay 1951). Übersetzt wurde das Werk von J . .J. J\1eyer (Leipzig 1902) und M. Haberlandt (München 1903); besser ist die Übersetzung von .J. Hertel (Leipzig 1921/22, neu aufgelegt mit einem Nachwort von R. Beer, Weimar o. J. [1974], sowie München 1985); englisch von A. ''V. Ryder (Chicago 1927, Neudruck 1960). -Für das Verständnis des Romans wichtig ist die Studie von ,1\1. Ruben: Die Erlebnisse der zehn Prinzen. Eine Erzählung Da.~1r,lins (Berlin/DDR 1952). 3 Ausgabe der Vasavadatta von F. Hall in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1859). Übersetzung von L. H. Gray (New York 1913, Neudruck Varanasi 1962). 4 Studie über Bäl)a und sein Werk von N. Sharma: Bai]abhaHa. Literary Study (Delhi 1968). u Ausgaben des Harl?acarita von A. A. Führer (Bombay 1909); K. P. Parab (in zahlreichen Auflagen, u.a. Bombay 1946); P. V. Kane (Bombay 1918); S. D. und A. B. Gajendragadkar (Poona 1919). Übersetzung von E. B. Cowell und F. VV. Thomas (London 1897, Neudruck Delhi 1961 und 1968). 6 Ausgabe der KadambarTvon P. Peterson (Bombay 1883). Kritische Neubearbeitung dieser Ausgabe von P. L. Vaidya (Poona 1951). Ausgabe des ersten Teils mit Übersetzung von M. R. Kale ( 4. Aufl., Delhi 1968). Übersetzung von C. M. Ridding (London 1896). Analyse der KadambarTvon A. VIieber in der Zschr. der Dtsch. Morgenländischen Gesellschaft, 7 (Leipzig 1853).
Die historiographische Kunstdichtung
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7. Die llistoriograpl1ische ]( unstdichtung
An sich erwartet man, die Historiographie im Rahrnen der wissenschaftlichen Literatur erörtert zu sehen. Doch war im alten Indien die Geschichtsschreibung ein Teil der Kunstdichtung und schloss sich an das Kunstepos an. Sie wurde in der Poetik begrifflich nicht von der Dichtung unterschieden und auch nicht als wissenschaftliche Disziplin betrieben, so dass wir nach einem indischen Thukydides oder Livius vergeblich suchen. Wie für viele andere wissenschaftliche Werke der Inder ist für die Geschichtsschreibung die Versform oder die Anwendung anderer künstlerischer Mittel typisch. Doch obgleich die indische Geschichtsschreibung vergleichsweise weit der der Chinesen nachsteht, heißt das nicht, dass den Indern geschichtliche Überlieferungen gleichgültig gewesen wären. Im Gegenteil: Die Lehrerlisten aus der Brila.darm;yaka.- Upa.nif?a.d und dem \falivfa-Brahma.1;a sowie die an Genealogien geknüpften historischen Betrachtungen aus den Pural!as zeigen sehr wohl, dass man die Tradition achtete und durchaus ein bestimmtes Maß an Geschichtsbewusstsein besaß. Das bezeugen ferner die zahlreichen Stein- und Kupfertafelinschriften, die die Herrscher anfertigen ließen, um ihren Tatenruhm der Nachwelt lebendig zu erhalten. Schließlich ist auf die nicht unbedeutende Kirchengeschichtsschreibung der Buddhisten und .Jinisten zu verweisen. vVas den alten Indern dagegen wirklich weitgehend fehlte, war der Sinn für die Hauptfrage der Geschichte, die Frage nach dem V'l'ann - und demzufolge der Sinn für die absolute und relative Chronologie. So erklärt es sich, dass wir bis heute für die Zeit vor Buddha kein einziges Literaturwerk gesichert datieren und für die spätere Zeit vielfach auch keine absoluten Daten angeben können. Die wenigen historiographischen Werke sind nicht Ergebnisse gezielter Geschichtsschreibung, sondern in erster Linie Kavya-V!erke, die eine oft schwer entwirrbare Mischung von Dichtung und V\Tahrheit bieten. In rudimentärer Form liegen sie vor in den Prasastis, das heißt Lobpreisungen. Hierbei handelt es sich um Inschriften von begrenztem Umfang, meist nur aus wenigen, selten bis zu 100 Versen bestehend. Die wichtigsten Inschriften dieser Art entstammen dem 8. und 9 . .Jahrhundert. Sie überliefern und glorifizieren Leben und Taten von - meist kleineren - Herrschern. Das erste eigentliche Werkhistoriographischen Charakters ist der in Maharä~ tr1-Prak~·t von Vakpatiraja verfasste Gaüc;Javaha. 1 In diesem dem 8 . .Jahrhundert angehörenden Werk besingt der Dichter die Taten des Königs Yasovarman von Kanauj, wahrscheinlich als Nekrolog, also nach dem Tode des Königs. Den Hauptteil dieser Eulogie bildet die Beschreibung eines Feldzuges, den Yasovarman einst zum Vindhya-Gebirge unternommen hatte. \Vir erfahren da.raus interessante Einzelheiten zur Kriegführung und Militärgeschichte der damaligen Zeit. Außerdem enthält die Dichtung Hinweise auf das dörfliche
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
Leben, die um so wertvoller sind, als Bemerkungen dieser Art in der altindischen Literatur sonst selten vorkommen. Übrigens fehlt in dem 1209 (im Ärya-Metrum gehaltene) Verse umfassenden \Verk gerade dasjenige Ereignis, das den Titel bestimmt hat, nämlich die Tötung des Gau1a- Königs. Entweder sind also Teile des Originalwerkes verlorengegangen, oder, was wahrscheinlicher ist, die uns vorliegende Fassung stellt nur einen Auszug aus demselben dar. Bedeutung hat auch das \fikramanka,deva,carita? des Bilhal).a, der zu Khonamukha am Fuß des Himalaya in Kashmir geboren wurde, später aber nach dem Dekhan auswanderte. Der weitgereiste Autor gibt im 18. Gesang eine Autobiographie und beschreibt insbesondere mit größter Genauigkeit und Lebendigkeit seine Heimat. Außerdem rühmt er sich und seine Kunst. In den 18 Gesängen des \likramaiikadeva,carita will er eine Geschichte der Calukya-Dynastie geben. Ausführlich geht er dabei insbesondere auf die Regierungszeit Vikramaditya VI. (1076-1127) ein. Doch ist Bilhar:tas Werk für die Mängel der altindischen Geschichtsschreibung typisch: Historisches und Legendäres gehen eine bunte Mischung ein; der Autor neigt zu Übertreibungen; in Zeitangaben ist er unklar oder lässt sie ganz vermissen. Vor allem aber ist auch sein Werk im Grunde eine Prasasti, liegt ihm doch die Glorifizierung "seiner" Dynastie besonders am Herzen. Bei weitem die bedeutendste historiographische Leistung der alten Inder ist die berühmte Raja,tarailgil;T ("Strom beziehungsweise Wellengang der Könige"), eine Chronik der Könige Kashmirs von KalhaiJ.a. 3 Das 'vVerk besteht aus acht Kapiteln und reicht bis zum Jahre 1148. KalhaiJ.a hat als erster und im Grunde genommen als einziger im alten Indien eine wissenschaftlich fundierte Geschichtsschreibung versucht. Seine Quellen sind die Mitteilungen des NTlamataUpapurfil;a und andere literarische Angaben, darüber hinaus aber auch Inschriften, Münzen und die mündliche Überlieferung. Mit dieser Vielseitigkeit der Quellen gelingt es ihm, für die damalige Gegenwart und für die jüngere Vergangenheit verlässliche Feststellungen zu treffen. Über die länger zurückliegenden Zeiträume weiß jedoch auch er nichts Genauesund kritisch Geprüftes zu berichten, sondern jongliert mit Angaben, die in viel zu frühe Zeiträume weisen. VVas aber Kalhar_1a hoch über andere erhebt, ist neben den wichtigen Mitteilungen über einen bestimmten Zeitraum der Geschichte Kashmirs vor allem sein Versuch, seinen Gegenstand in den Rang einer wirklichen Geschichtswissenschaft emporzuheben. Sein Bemühen, in der Geschichte mehr als ein Sammelsurium von Fakten zu erblicken, verdient gewürdigt zu werden. Kalhai_ta versucht, die Rolle der Persönlichkeit in der Geschichte aus der Psychologie heraus zu erklären; und wenn dies auch ein untauglicher, idealistischer Versuch ist, so kommt er in Einzelfällen - beispielsweise bei der Analyse des \Virkens der Königin Didda - zu bemerkenswerten Ergebnissen. KalhaiJ.a beschränkt sich aber nicht darauf, den Einfluss einzelner Personen auf den Geschichtsverlauf zu
Die historiographische Kunstdichtung
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bewerten, sondern sucht nach allgemeinen Gesetzmäßigkeiten, die den Gang der Geschichte bestimmen. Dass er solche Gesetzmäßigkeiten aus dem Wirken transzendentaler Kräfxe herleitet, mindert nicht seinen Ruhm, die vorwärtsweisende Fragestellung aufgeworfen zu haben. Für Kalhar;ta hat die Geschichtsschreibung Inhalt und Resultate der Lehren vom Dharma und vom Karman zugrunde zu legen und zu verdeutlichen. Indem er auf diesem hinduistisch-sivaitischen Standpunkt verharrt, bekundet er aber auch seine vVertschätzung für die Anhänger anderer Glaubensrichtungen und philosophischer Systeme wie die Buddhisten. Als real denkender Mensch wendet er sich jedoch entschieden gegen kultische Auswüchse wie etwa gegen das zahlenmäßige Anwachsen und den Einfluss der buddhistischen Mönche oder gegen die schreckliche Geistesverirrung der Witwenverbrennung (satT), von der er am Beispiel der \Vitwe Suryama.tl ein ergreifendes Bild zeichnet. Seine gesellschaftskritische Spitze richtet sich aber auch gegen die brahmanischen Privilegien und gegen das Hofschranzentum. Darüber hinaus ist sein Buch eine wichtige Quelle für die religiösen Strömungen seiner Zeit, für den Volksglauben, aber auch für die Tätigkeit der königlichen Administration und vieles andere mehr. Kalhar;tas Rajatara.ngii]f wurde sehr bald ein epochemachendes \Verk. Es nimmt daher nicht wunder, dass so mancher sich in einer Nachahnmng versuchte, die eine Aktualisierung des Gegenstandes zum Thema hatte. Eine erste Fortsetzung stammt von dem 1459 verstorbenen Jonaraja. Sein Schüler Srivara führte das Werk für die Jahre zwischen 1459 und 1486 weiter. Die Ausdrucksstärke Kalhm:tas wurde jedoch nicht wieder erreicht, und in der Folgezeit - die Chroniken reichen bis zum Jahre 1568 - ließ das Niveau noch weiter nach. Neben einem solchen geistigen Höhenflug verdienen es nur noch wenige einschlägige Werke, kurz erwähnt zu werden. Oft sind ihre Autoren Jinisten. So schrieb der bekannte Hemacandra un1 1163 das Kumarapalacarita, das auch Dvyasrayakavya heißt. Hierin besingt er seinen Gönner, den König Kumarapala. 4 Darüber hinaus befasst sich aber das Buch auch mit der Geschichte der Calukya-Fürsten von Ar;thilvac,l. Damit ist es für unsere Kenntnis von der Vergangenheit Gujarats nicht ohne Bedeutung. Die Kapitel 1 bis 20 sind in Sanskrit, die restlichen der insgesamt 28 Kapitel in Prakrt geschrieben. \Vährend die Kapitel 16 bis 20 eine Preisung des Kumarapala als eines großen Förderers des Jinismus enthalten, dienen andere dem vielseitigen Autor zur Darstellung grammatischer Regeln. Jinist war auch Somesvaradeva, der zwischen 1179 und 1262 die IGrtikaumud1 ("Mondschein des Ruhmes") schrieb, in welcher er Vastupala, einen Minister von Gujarat, verherrlichte. 5 Dem gleichen Zweck diente das Vastupalacarita von Jinahaqa. Aber nicht nur Königen und Ministern wurden solche teils historische, teils "prasastihafte" \Alerke dediziert. Auch ein freigebiger, bei der
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Bekämpfung einer Hungersnot verdienstvoller Kaufmann, Jaga<;lu, bekam im 6 Jagacjiicarita. des Sarvananda ein derartiges Denkmal gesetzt. Er wird in diesem Buch als idealer Laienanhänger des Jinismus dargestellt; sein Typ ist auch im heutigen Indien noch vertreten. Jaga<;lu hat in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts gelebt; das Buch muss um die Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden sein. Aus späterer Zeit erwähnen wir noch das Hammirakavy a des Nayacandra, ebenfalls eines Jinisten (15. Jahrhundert), und zwar deshalb, weil dieses VVerk von einem solchen Hass gegen den Islam geprägt war, wie er den sonst so toleranten Indern kaum zu eigen war. Die Mischung aus Eulogie und Historiographie ist dann aber auch den mohammedani schen Herrschern bekannt geworden. Sie haben sich selbst auf die genannte ·weise verherrlichen lassen. Derartige Caritas sind für sie bis weit ins 18 . .Jahrhundert hinein angefertigt worden. Anmerkungen 1 Ausgabe des Gaüqavalia von S. P. Pandit (Bombay 1887, 2. Aufi. 1927). 2 Ausgabe des Vikramaükadeva caritavon M. L. Nagar (Benares 1934, 2. Aufi. 1945) und von G. Bühlerinden Bombay Sanskrit Series, 14 (1875). Auszugsweise Übersetzung von A. Haack (Ratibor 1897-1899); vollständige annotierte Übersetzung von S. C. Banerji und A. K. Gupta (Calcutta 1965). Studie von B. N. Misra (Delhi 1976). 3 \"'egen ihrer Bedeutung hat die Rajataraügii_Ii schon frühzeitig das Interesse auf sich gezogen. Die ersten Ausgaben und Teilübersetzunge n wurden überholt durch die Ausgabe von M. A. Stein (Bombay und Leipzig 1892, Neudruck Delhi 1960). Eine Ausgabe, die auch die die Rajataraügirp fortsetzenden Werke beinhaltet, ist die von Durgä Prasäd (Bombay 1892-1896). Annotierte Übersetzung in zwei Bänden von M. A. Stein (Westminster 1900, Neudruck Delhi 1961 ). Kritische Ausgabe der ersten sieben Tarangas von V. Bandhu, B. Dev, K. S. R. Sastri und S. B. Nair (Hoshiarpur 1963). Eine durch zahlreiche Erläuterungen und Indices bereicherte Übersetzung ist die von R. S. Pandit (Allahabad 1935, Neudruck 1968). Literaturwissensc haftliche Studie von S. L. Sadhu: Tales from the Rajatara1iginT(S rinagar 1967). Ein wichtiger Beitrag zur Textkritik von B. Kölver: TextkritisclJe und philologische Untersuchungen zur Rajataraügii_IY des Kalhai_Ia (Wiesbaden 1971 ). 4 Ausgabe der ersten zwanzig Kapitel des Kumiirapiilacarita von A. V. Kathvate in den Bombay Sanskrit Series (1885-1915); der Kapitel21-28 von S. P. Pandit, ebenda (1900), 2. Aufi. bearbeitet von P. L. Va.idya (Bombay 1936). 5 Ausgabe der IGrtikaumudY von A. V. Kathvate in den Bombay Sanskrit Series (1883). Übersetzung von A. Haack: IGrtikaumud1, der 1\iondschein des Ruhmes (Ratibor 1892). 6 Studie über das J agaqiicarita von G. Bühler in den Sitzungsberichte n der Wien er Akad. der Vi'iss. (1892).
Die Campil-Lit.eratur
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8. Die Campu-Literatur Im Kävya bilden~Verse oder Prosa den Ausdrucksschwerpunkt einer Dichtung. In der Campu dagegen halten beide einander die \Vaage. Eine Campu nimmt ihrer Form nach somit eine Stellung ein, die zwischen dem Kunstepos und dem Kunstroman steht. Inhalts- und za.hlenmäßig stellt diese Literatur aber nur einen ziemlich unbedeutenden Ausschnitt der Kunstdichtung dar. Außerdem ist die Zeitstellung der uns vorliegenden Campus ziemlich spät. Die Campus leben von alten epischen Stoffen, oder aber sie dienen der religiösen - vorwiegend jinistischen- Erbauung. Ein Beispiel für die erste Kategorie ist die Na.lacampu, die besonders unter dem Namen Damaya.ntfkathabekannt geworden ist. Ihr Inhalt ist also die NalaLegende aus dem Mahabl1arata. 1 Der Autor ist Trivikramabhatta. Etwa um 900 entstanden, ist sie wohl die älteste uns bekannt gewordene Campu, durchaus ein Werk der Kunstdichtung. Inhaltlich geben die sieben Kapitel nur einen Ausschnitt aus dem N alalied- auch hier triumphiert die Form über den Inhalt. Zu dieser Kategorie zählen auch eine Ramaya.1;a- und eine Bharataca.mpu. Hauptvertreter der zu Erbauungszwecken verfassten Campus ist der (auch das) Ya.Sa.stilaka, das "Abzeichen des Ruhmes". 2 Das V·lerk wurde im Jahre 959 von dem Jinisten Somadevasuri verfasst. Seine acht Kapitel führen die Bezeichnung Äsväsa ("Beruhigung", "Trost"). Erzählt wird eine märchenhafte Geschichte von Yasodhara, dem einstigen Herrscher von A vanti, von seinem Tod, seinen späteren \Viedergeburten beziehungsweise Existenzen und von seiner schließliehen Bekehrung zum Jinismus.
Anmerkungen 1 Ausgaben der Na.la.ca.mpii = Da.ma.ya.nt1ka.tha von Durgä Pra.säd (Bombay 1921) und in der Nin:taya Sägara Press (Bontbay 1885). 2 Ausgabe des Ya.sastila.ka. in der Nin:taya Sägara Press (2. Aufl., Bomba.y 1916). Dazu K K. Handiqui: Ya.sa.siilaka and Indian Culture (Poona 1957).- Die Nachträge zu dem von 0. Böhtlingk verfassten Sanskrit-\IVörterbuch in kürzerer Fassung (1879-1889), die von R. Schmidt erarbeitet wurden (Hannover 1924), beruhen weitgehend auf dem Vokabular eben der Ya.sa.stilaka.campii. V gl. ferner C. R. Deshpande: Studies in Ca.mpii~Literature (Delhi 1992).
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9. Die dTamatische LiteTatuT
a) Die theoretischen Grundlagen des altindischen Dramas in anderen Ländern wird diese MeiDie altindische Dramatik gilt in Indien nung vielfach geteilt - als wertvollster Teil der Kunstdichtung. Begründet wird dies damit, dass ein Drama sowohl Epik als auch Lyrik in sich vereint, dass bei seiner Aufführung mehrere Sprachen gesprochen werden (darauf ist noch zurückzukommen) und dass es in seiner künstlerischen Komplexität durch Wort, Klang und Geste die Sinne an1 intensivsten anspricht. Die Richtigkeit dieser Feststellungen ist evident, und sie unterstreichen und begründen die Bedeutung, die der hochentwickelten dramatischen Kunst des alten Indien auch in der Gegenwart beizumessen ist. Die Frage nach dem Ursprung des indischen Dramas ist eine der meistdiskutierten in der Geschichte der altindischen Literatur; auch heute ist sie noch lange nicht endgültig gelöst. 1 Eine Klärung ist innerhalb etwa folgender Grenzen zu suchen: Nach indischer orthodoxer Tradition, die für jede Erscheinung, also auch für das Drama, einen religiösen Ursprung geltend macht- wir gingen darauf schon bei der Besprechung des BllaTat1ya-Narya.SastTa ein - , ist den Menschen das Drama von Brahman selbst gegeben worden, und zwar als Folge einer Einigung zwischen Göttern und Dämonen. Dem Zuschauer soll das Gute wie auch das Schlechte der ganzen Welt demonstriert werden. Das Drama soll also ein Abbild des wirklichen Lebens sein. Es ist in diesem Zusammenhang nützlich, sich zu vergegenwärtigen, dass "Schauspiel" im Sanskrit naraka heißt, ein \iVort, das auf die Verbalwurzel nrt zurückgeht, welche "tanzen" bedeutet. Eine Wurzel des Dramas ist also der Tanz, und darunter ist ganz ohne Zweifel der religiös-kultische Tanz zu verstehen. Der Ursprung des altindischen Dramas liegt also im Bereich der Religion, sehr wahrscheinlich aber nicht nur der "offiziellen" vedischen Religion - vorwiegend also des Opferzeremoniells mit seinen rituellen Dialogen - , sondern auch im Bereich der vor- beziehungsweise außerarischen Volkskulte. Von letzteren wissen wir, dass verschiedene von ihnen in das arisch-vedische Opferritual eingedrungen sind. Als weitere Quelle sind die vedischen Balladen anzusehen, von denen gewisse Teile der Epen, Pural}as, buddhistischen und jinistischen Literatur eine Brücke bis zum klassischen Drama schlagen. Offensichtlich geht das Drarna nicht nur auf eine, sondern auf mehrere Quellen zurück: auf sowohl "offiziell-" als auch auf volksreligiöse Ursprünge. Dagegen lässt sich der Einfluss der Sarnvada-Hymnen (dazu s. S. 23) bzw. der Balladendichtung im einzelnen noch nicht so genau einschätzen. Dass die Quellen des altindischen Dramas alt gewesen sein müssen, geht nicht zuletzt daraus hervor,
Die dramatische Literatur
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dass alle wesentlichen Charakteristika -zumindest in den Grundzügen - etwa um die Zeitenwende ausgearbeitet waren. Dass das indische Drama gar nicht autochthon entstanden, sondern ein Resultat griechischen Einflusses sei, war die Auffassung keines Geringeren als Albrecht \t\Tebers. Griechische Dramen seien in Nordwestindien aufgeführt worden und hätten damit die Entstehung der dramatischen Kunst in Indien angeregt. Später versuchte Ernst \Vindisch, mit einer bedeutenden Zahl von Argumenten die attische Komödie als Ausgangspunkt des indischen Dramas zu erweisen. Beide fanden sofort in Hermann Jacobi und Richard Pischel ihre Gegner. Doch griff wiederum Hermann Reich 2 mehrere Argumente Windischs auf und behauptete, wandernde Schauspieler hätten das griechische Drama nach Indien gebracht. Einige der von \Veber und Windisch aufgezeigten Parallelen und Entsprechungen sind in der Tat verblüffend. So heißt der Theatervorhang im Sanskrit .vavanika ("die Ionische"); mehr noch, er hatte im alten Indien wie in Hellas dieselbe Funktion. Es handelte sich nämlich nicht um einen Bühne und Zuschauerraum trennenden Vorhang, sondern dieser war vielmehr im Hintergrund der Szene angebracht und trennte die Bühne von den Garderoben. Weitere Entsprechungen sind der Wechsel von Prosa und Versen sowie einige Charakterrollen. Die Chronologie würde solche Beziehungen denkbar erscheinen lassen. Dass es gewisse Einflüsse des griechischen auf das indische Drama gab, die sich in Details ausgewirkt haben, sollte nicht bestritten werden. Sie waren aber nicht bestimmend für die Entstehung dieser literarischen Form, sondern das indische Drama und die Theorie desselben tragen unverkennbar autochthone Züge, sind deutlich das Spiegelbild und die Fortführung indischer kultureller Eigenart. 3 Was die Theorie von ~Wesen und Funktion des indischen Dramas betrifft, wurde ihm, wie schon erwähnt, im BharatT.va-Natyaiastra - wenn auch mythisch verbrämt- die hohe Aufgabe gestellt, ein Abbild, eine Nachahmung des Lebens zu sein. Dies blieb kein leeres Postulat. Das altindische Drama erweist sich als erheblich lebensnäher als etwa das höfische Kunstepos. Auch wenn die Tendenz der Dramen nicht unter einem einheitlichen Blickwinkel gesehen werden kann, so ist dieser literarischen Gattung doch ein weit ausgeprägterer demokratischer Zug eigen als dem höfischen Kunstepos, das für den König und die Aristokratie gedichtet wurde. Da die Dramendichter auch Sujets aus dem Alltag aufgriffen, schufen sie Raum, um die Interessen des Volkes und sogar antidespotische Haltungen, wie in der MI;cchakafika, zu artikulieren. So sind die Dramen vielfach Quellen, die über das Alltagsleben der verschiedenen Klassen, Kasten und Berufsgruppen in der altindischen Gesellschaft Auskunft geben. Das Drama soll den Zuschauer in eine bestimmte Gemütsstimmung versetzen. Dieser Teil der Dramentheorie beruht vollständig auf der Rasa-Lehre
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(vgl. dazu S. 133). Das Bl1arat~ya-I\1a(yasastra kennt zehn Typen von Dramen ( dasa.rupa). Diese Einteilung zeigt nicht nur, wie weit die altindische Theorie vom Drarna spezialisiert war, sondern ist auch von praktischer Bedeutung. Das nataka ist das vornehmste Schauspiel. Auf diesen Typus dürfte sich die "offizielle" vedisch-religiöse Balladendichtung vorrangig ausgewirkt haben. Der Stoff ist mythologisch oder historisch beziehungsweise legendär. Held ist ein Gott, ein Heiliger oder ein König. Es ist nicht gestattet, mehr als vier bis fünf Personen gleichzeitig auf die Bühne zu bringen. Ein Nätaka darf fünf bis zehn Akte umfassen. Das praka.rm;a. verrät die Traditionslinie der Volksreligion und des Volksscha.uspiels. Der Stoff ist gewöhnlich nicht vorgezeichnet, sondern eine vom Dichter erfundene freie Fabel. Held ist zwar auch noch eine vornehme Person, die aber doch deutlich unter dem Rang des Nätaka-Helden steht: also etwa ein bedeutender Brahmane, ein Minister beziehungsweise Kanzler oder ein Großkaufmann. In einem Prakarai_ta kommen auch Angehörige niedriger Kasten sowie Hetären vor. Eine Zahl von fünf bis zehn Akten ist zulässig. Nätaka und PrakaraJ:ta sind die beiden wichtigsten Dramentypen und formieren weitaus die :VIehrzahl der vorhandenen Dramen. Der bhiil;La wird von einem einzigen Schauspieler dargestellt. Dieser hält teils :Monologe, teils führt er Gespräche mit imaginären Partnern. Die Grundstimmungist komisch, auch lasziv; die Form ist der des Kabaretts nicht unähnlich. Der Bhäl:ta umfasst nur einen einzigen Akt. Das pral1asa.na besteht aus ein bis zwei Akten und kann als Schwank bezeichnet werden. Es hat volkstümlichen Charakter und ebensolche V/urzeln. Der c;lüna behandelt in vier Akten eine mythische Sage oder Fabel. Die Helden sind Götter und Dämonen, deren Kampf gewöhnlich im Mittelpunkt steht. Der Grundton ist also heldisch. Liebe und Humor sind als stimmungsbildende Elemente unzulässig. Kriegerische Auseinandersetzungen bilden auch den Inhalt des vyayoga, der jedoch nur einen einzigen Akt aufweist. Das Sujet wird meist aus dem lvlahabharata entnommen. Der samavakara. spielt, gewöhnlich dreiaktig, in der Himmelswelt; dargestellt werden die Taten von Göttern und Dämonen. Die v1th1 ähnelt dem Bhäl:ta. Das im Grundton lustige Stück ist einaktig und wird von zwei Personen bestritten. Der utsr9taüka. hat als Grundstimmung das Mitleid. Frauen und ihr Kummer spielen eine große Rolle. Das Stück besteht nur aus einem Akt. Der Tham~15a schließlich ist ein vieraktiges Stück, welches Entführungsszenen beinhaltet. Neben diesen Hauptarten des Dramas kennen die altindischen Lehrbücher noch 18 Unterarten, die uparilpa.kas. Klassifikatorische Elemente sind hier be-
Die dramatische Literatur
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sonders Tanz und Pantomime. Für uns von Interesse sind nur zwei dieser Upa.rupaka.s. Das natika nimmt zwischen Nataka und Prakara1_1a eine vermittelnde Position ein. Das tmraka, das fünf bis neun Akte aufweisen darf, spielt teils auf der Erde, teils in der Götterwelt. Auffallend ist, dass in dieser so detaillierten Liste die Tragödie gänzlich fehlt. Das entspricht der Regel, dass ein vornehmes Stück einen guten Ausgang haben muss, nicht also etwa mit dem Tod des Helden enden darf. Über diese Usance ist viel geschrieben worden, und man hat ihretwegen die alten Inder eines platten Optimismus bezichtigt. Diese Beschuldigung besteht aber aus zwei Gründen nicht zu Recht. Einmal ist die genannte Regel nicht um eines flachen Rarmonismus willen aufgestellt worden; sie soll vielmehr das Wirken des Karman-Gesetzes verdeutlichen, und da ist es denn unmöglich, dass ein positiver Held ein negatives Ende nimmt. Zum anderen gilt die Forderung nach günstigem Ausgang nicht absolut durchgängig; zum mindesten von großen Geistern ist sie nicht immer befolgt worden. 4 Einige der im altindischen Drama besonders häufig vorkommenden Charaktertypen wollen wir hier noch kurz erörtern. Da ist zunächst der Held (nayaka), über den nicht viel zu sagen ist: Er ist eben grundsätzlich und in allen Situationen edel denkend bis zur Selbstverleugnung und von einer so schlackenlosen Vorbildlichkeit (vergleiche etwa den Carudatta in der 111rcchaka.tika), dass sie uns wegen ihrer Erdenferne zu ennuyieren geeignet ist. Interessanter ist der Typ des vidu~aka, der lustigen Person. Er ist jedenfalls eine Verkörperung des Volkswitzes und der Gesellschaftskritik am Hochmut der Brahmanen, denn diese lustige Person ist nicht nur ein Freund des Helden, sondern stets auch Brahmane oder eher die Karikatur auf einen Brahmanen. Der Vidus;aka ist auch dazu da, den Höhenflug seines Freundes, des Helden, ein wenig zu bremsen. Er ist ungebildet, aber voll Mutterwitz; ansonsten weiß man nicht, ob er mehr das gute Essen oder den Schlaf liebt. Auf seinen Brahmanenstand eingebildet, ist er im Grunde aber gutmütig und jedenfalls dem Helden ein treuer Freund. Ein weiterer Hauptcharakter ist der vita, der Typ des kultivierten Höflings, der als vornehm denkender Herr, als Schöngeist, aber auch als bloßer Hofschranze in Erscheinung treten kann. Auch die weiblichen Rollen sind auf bestimmte Charaktere festgelegt. Die Heldin (nayika) ist immer sehr hübsch, liebevoll und edel. Sie braucht aber nicht immer etwa eine Königin zu sein; auch eine Hetä.re kann - wie das Beispiel der Vasantasena zeigt - als Heldin auftreten. Weitere Typen sind die Freundin der Heldin sovvie die Kupplerin, die manchmal eine buddhistische Nonne ist. Eine schon eingangs angedeutete Besonderheit des altindischen Drarnas besteht darin, dass bei der Aufführung verschiedene Sprachen gesprochen werden.
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Dies erfolgt keineswegs wahllos, sondern steht im Dienste der besseren Charakterisierung der handelnden Personen. Sanskrit sprechen der Held, Könige, Brahmanen, Asketen, aber auch Hetären, wenn sie ihre Bildung zeigen wollen. Ansonsten werden Prak~·ts verwendet, meist die Saurasen1. Prakrt sprechen meistens die Frauen, Kinder und Leute von niederer Kaste, aber auch der Vidus;aka, obwohl er ein Brahmane ist. Die spra,chliche Verschiedenartigkeit bietet mitunter bedeutende dramaturgische Möglichkeiten. So spricht die Hetäre Vasantasena als Frau Prak~·t, die Verse aber in Sanskrit, womit sie zeigt, dass sie eine Persönlichkeit von Distinktion ist. In dem Drama .i\lludraxak9asa erscheint ein Schlangenbeschwörer, der entsprechend seiner geringen Herkunft Präk~·t redet. In Wirklichkeit aber ist er ein Spion, und um dem Publikum klarzumachen, dass er ein ganz anderer ist als der, für den er sich ausgibt, spricht er in einem Moment des Alleinseins Sanskrit. Die Schauspieler hatten im allgemeinen einen niedrigen sozialen Status. Eine Ausnahme bildete der Theaterdirektor (siitra.dhara), der ein gebildeter Mann war und meist selbst den Helden spielte. Für den Ablauf eines Schauspiels gab es bestimmte Regeln, die durch seltene Ausnahmen nur bestätigt wurden. Den Beginn bildete ein Einleitungsgebet (nandi), das meist an Siva gerichtet war, den man sich unter anderem als Tänzer vorstellte. Dann folgte das Vorspiel (prastavana). Es bestand aus einem Gespräch des Theaterdirektors mit seiner Frau über das zu spielende Stück, meist auch über dessen Autor. Dieses Gespräch diente der Vorbereitung und Einstimmung der Zuschauer. Die großen Schauspiele hatten meist viele (bis zu 14) Akte, und ihre Aufführung dauerte dementsprechend lange, mitunter bis in die frühen Morgenstunden. Der Ablauf eines Stückes gestaltete sich in vieler Hinsicht anders, als es in der europäischen Dramatik üblich ist; insbesondere konnten die indischen Autoren wesentlich freizügiger verfahren. Musste ein aus technischen oder ästhetischen Gründen nicht darstellbares Geschehnis eingeführt werden, so genügte es, dasselbe erzählen zu lassen. Vieles wurde durch Gestik und Pantomime nur angedeutet (zum Beispiel weite Reisen oder auch kurze Entfernungen durch entsprechende Bewegungen auf der Bühne); vieles wurde auch der Phantasie der Zuschauer überlassen. Der Vorhang bildete, wie schon erwähnt, den Hintergrund und trennte den Bühnenraum von den Garderoben (nepathya). Kulissen wurden nicht verwendet, wohl aber gab es eine reiche Kostümierung. In letzter Zeit haben wiederholt und mit Erfolg hiesige Theater indische Stücke inszeniert (so zum Beispiel das Deutsche Nationaltheater Weimar das Drama Mudraxak9asa oder die Leipziger Bühnen Kalidasas Sakuntala) und mit Unterstützung indischer Theaterleute versucht, eine authentische Vorstellung von altindischer Dramatik zu vermitteln.
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Anmerkungen 1 Hierzu vgl. u.a. Cfie Literaturangaben bei M. Schuyler: Bibliography of Sanskrit Drama (NevF York 1906, Neudruck New Delhi 1965 und 1977). 2 H. Reich: Der 1\iimus (Berlin 1903). 3 Zur Grundproblernatik der Theorie des altindischen Dramas vgl. S. Konow: Das indische Drama (Berlin und Leipzig 1920), erschienen im Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde, Bd. II, Heft 2d; IV. Ruben: Über die Ursprünge des indischen Dramas (Ankara 1940); J. Gon da: Zur Frage nach dem Ursprung und lVesen des indischen Dramas (Acta Orientalia, 19, Leiden 1943); A. B. Keith: The Sanskrit Drama in Its Origin, Development, Theory and Practice (Oxford 1924, Neudruck 1954); J. Shekhar: Sanskrit Drama, Its Origin and Dedine (Leiden 1960); S. N. Shastri: Laws and Practice ofSanskrit Drama ... (Varanasi 1961). Sehr anregend ist ferner die Spezialstudie von M. L. Dalal: Conflict in Sanskrit Drama (Bombay und New Delhi 1973). Zur Aufführungspraxis vgl. T. Mehta: Production of Sanskrit Dramas in Ancient India (Delhi 1984). 4 Vgl. hierzu R. B. Kulshreshtha: Ürubhariga as a Tragedy, in: Vishveshvaranand Indological Journal 10, pt. 1 (Hoshiarpur 1972).
b) Die vor- und frühklassischen Dran<en Lange Zeit hatte man über den Beginn der klassischen indischen Dramatik falsche Vorstellungen, bis im Jahre 1911 Heinrich Lüders im chinesischen Turkestan Palmblatthandschriften fand. die sich als Bruchstücke von Dramen herausstellten. So fragmentarisch sie auch waren, so sensationell war doch der Fund. Denn diese Bruchstücke ließen sich ungefähr auf das Jahr 100 datieren. Außerdem stellte sich heraus, dass diese Textpassagen ausgebildeten dramatischen Regeln folgten. Die frühe Stufe in der Entwicklung des klassischen altindischen Dramas musste also erheblich eher als bisher angesetzt werden. Die Verfasserschaft von allen drei aufgefundenen Dramenbruchstücken ist nicht gleichermaßen gut verbürgt; es ist aber dennoch wahrscheinlich, dass sie sämtlich von Asvaghos;a herrühren. Asvagho:;;a war Buddhist, und seine Dramen sind zur Verbreitung der buddhistischen Lehre bestimmt. Wahrscheinlich war Asvagho9a - ursprünglich aus einer brahmanischen Familie stammend - als Erwachsener Anhänger des H1nayana geworden. 1 Mit Sicherheit ist von ihm das Schauspiel .5ariputraprakaraiJa. Es muss aus vier Akten bestanden und die Bekehrung von Sariputra und Maudgalyayana (Pa.li: Sariputta und Moggalläna, zwei der berühmtesten Schüler und Anhänger des Buddha, deren Rolle späterhin stark an Bedeutung gewann) zum Buddhismus zum Inhalt geha.bt haben. 2 Eines der beiden anderen Bruchstücke war von allegorischem Charakter: Es vereinigen sich nämlich die Erkenntnis ( buddhi), die Standhaftigkeit ( dl11;ti) und der Ruhm (kTrti), um den Buddha zu preisen. Alle diese Dramenfragmente
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weisen, wenn auch in unterschiedlich em Maße, die charakteristisc hen Züge des indischen Dramas auf. Prosa wechselt mit Versen; zur Anwendung kommen verschiedene Sprachen; es findet sich der Typ des Vidu~aka; ja es kommen auch schon Hetä,ren vor. Als bedeutendster Dramendichte r der frühklassischen Zeit darf Bhasa angesehen werden. Auch seine \Verke sind erst spät bekannt geworden. Lange Zeit war er nur aus Zitaten namentlich belegt. Da fand T. Gm;apa,ti Sastr1 in den Jahren 1910/11 in Trivandrum, der Hauptstadt des heutigen Unionsstaates Kerala, Handschriften mit dem Text von elf Dramen; später kamen noch zwei 3 Dramentexte hinzu. Alsbald wurden diese Dramen dem Bhasa zugeschrieben. Ob das zu Recht geschehen ist, ist auch heute noch nicht ganz sicher. Immerhin ist zu bedenken, dass es Kalidasa ist, der Bhasa als seinen Vorgänger bezeichnet. Aus dem betreffenden Zeitabschnitt ist aber kaum jemand bekannt, der für \Verke dieses (wenn auch unterschiedlich en) Niveaus außerdem in Betracht kommen könnte. Wenn L. D. Barnett gegen eine durchgängige Echtheit dieser Dramen auftrat, so können Befürworter derselben (wie es A. B. Keith und W. Printz waren) anführen, dass bestimmte Merkmale ihnen allen zu eigen sind. Dazu zählen die relative Kürze dieser Stücke und die Knappheit der Vorspiele. Verschiedentli ch setzt sich der Autor auch über bestimmte feste Regeln der Dramenkunst hinweg. Die meisten, wenn nicht alle, dieser Stücke dürften also tatsächlich von Bhasa selbst stammen. Sechs von den 13 Dramen behandeln Sujets aus dem Mahabharata. In ihnen wie auch in seinen sonstigen Werken zeigt sich der Dichter als frommer, ja glühender Visa;mit. Da ist zunächst das PaiicaratTa, das Drama von den "fünf Nächten", zu nennen. 4 Es umfasst drei Akte und ist vom Typ Samavakara. Der Stoff ist dem vierten Parvan des Mahabharata entnommen. Duryodhana, das Haupt der Kaurava- Partei, ist verpflichtet, dem weisen Drm;a einen Opferlohn zu geben. Dieser wünscht zur Vermeidung des drohenden Verwandtenkri eges, Duryodhana möge den Pa1;<;lavas das halbe Königreich abtreten. Dieser berät sich mit den Seinen und stimmt zu - unter der Bedingung, dass man innerhalb von fünf Nächten (daher der Name des Stückes) den Aufenthaltsort der Pa1;<;lavas erfahren müsse. Drm;a willigt ein, doch sehr ungern: Damals 'War gerade die Verbannungsz eit der Pa1;<;lavas, und es schien ausgeschlossen, innerhalb so kurzer Zeit etwas über deren Verbleib zu erfahren. Wider Erwarten gelingt dies trotz mannigfacher Schwierigkeite n dann doch. 5 Nur einen einzigen Akt umfasst der Niadhyamavya yoga. Er verarbeitet einen Stoff aus dem Ädiparvan des Mahabharata. Madhyama, "der Mittlere", ist hier der mittlere der Brüder, also Bh1ma. Er tötet den menschenfress enden Riesen Baka. Unter den Stücken, die Sujets aus dem A1a1Jabharata zum Inhalt haben, ragt in mehrfacher Hinsicht der Urubhariga ("Bruch des Schenkels") hervor.
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Zunächst ist seine Sprache weit weniger schlicht a.ls die der zuletzt genannten \Verke; sie hat sogar auf weiten Strecken die Eigentümlichkeiten ausgesprochenen Kävy.a-Stils. Zum anderen wird hier eine Grundregel der altindischen Dramatik, nach der ein Stück stets günstig zu enden ha.L missachtet. Das Stück behandelt nämlich den bekannten Keulenkampf zvvischen Duryodhana und Bhima, bei welchem dieser dem Erstgenannten den Oberschenkel zertrümmert. 6 Im Jahre 1968 haben indische Laienschauspieler den Umbl1aliga in Halle aufgeführt, und man konnte sich bei dieser Gelegenheit davon überzeugen, dass der Tod Duryodhanas mitsamt der ihn begleitenden Reden genau den Eindruck hinterlässt, den gewöhnlich eine - in der orthodoxen Dramaturgie verpönte- Tragödie hervorruft. Aus dem }\!Iahabharata entlehnt ist ferner der Stoff des Glntotkacadüta ("Ghatotkaca als Bote"), eines Einakters vom Typ Vyäyoga. Das Stück ist lediglich eine simple Verherrlichung K~·~Jfas. Interessanter ist der Kan;abhava, der inhaltlich dem Ädiparvan entnommen wurde. Kan:ra unterliegt durch einen Zauber des Räma dem Arjuna. In einer großen Szene nimmt Indra dessen \Vaffe an sich. Der Reihe der Einakter schließt sich das Dütavak_ya an ("Die Botschaft"). Dieses Stück ist vom Typ Vyäyoga. Die Quelle ist das fünfte Parvan des MahabhaTata .. Der göttliche K~s;l}a ist zum Verbündeten und Gesandten der Pä1:r<;lavas geworden und erscheint als solcher beim Haupt der Gegenpartei, Duryodhana. Diesen düpiert er durch eine Anzahl zauberischer Verwandlungen: Er verkleinert und vergrößert, ja er multipliziert sich, so dass der ganze Raum voller K~·~1:ras zu sein scheint. Unklar bleibt, wie man das auf der Bühne gespielt haben will- wahrscheinlich hat man, unterstützt durch ein paar Zwischenbemerkungen, alles Erforderliche der Phantasie der Zuschauer überlassen. Zwei Dramen Bhäsas entnehmen ihre Stoffe dem Ramayal}a: das PTatimana~a ka und das Abhi9elmnataka. Ersteres, das "Drama vom Bild", besteht aus sieben Akten und folgt den Kapiteln II und III des Ramayar;w. Die epische Vorlage wird allerdings sehr frei gehandhabt und streckenweise in der Tendenz stark verändert. Ein Beispiel sind die Auseinandersetzungen zwischen Bharata und Kaikey1, die von ersterem beschuldigt wird, aus egoistischem Streben Rämas Verbannung herbeigeführt zu haben. Bhäsa bemüht sich, Kaikey1s Verhalten in besseres Licht zu rücken und sie zu entlasten. 7 Im übrigen hat das Stück die Entführung der Sitä zum Gegenstand. Zu Beginn zieht diese, angetan mit einem Rindengewand, zusammen mit Räma und Laks;ma1:ra in die \Valdeinsiedelei. Im zweiten Akt durchbricht Bhäsa wieder einmal das Reglement des altindischen Dramas: Er lässt die Zuschauer in ergreifender ·weise den Tod des Königs Dasara.tha erleben! Bharata weist den ihm angebotenen Thron zurück und begibt sich zu Räma in den \Vald. Sitäs Entführung findet im fünften und letzten Akt statt. Der Dämonenfürst Räval}a erscheint und gibt sich als Kenner
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des Manenopferrituals aus. Ein solches muss Räma aber wegen des Todes seines Vaters durchführen. Ravm:ta macht ihm weis, dass man dazu eine bestimmte Antilope aus dem Himälaya benötige. \Vährend sie noch miteinander sprechen, lässt Ravai:ta durch Zauberkraft eine solche Antilope vor Räma erscheinen, der ihr sofort nachjagt. Ravalfa benützt nun Rämas Abwesenheit, um S1tä zu entführen. Das Abl1i~ekanataka ("Drama von der Königsweihe") ist in mancher Beziehung eine Fortsetzung des Pratimanataka. In sechs Akten stellt es Begebenheiten aus den Kapiteln IV bis VI des RamayalJa dar. Auch hier wird das Original merklich verändert; selbst Rävaifa gewinnt an Sympathie. Und auch hier setzt sich Bhasa souverän über die Regeln der Dramengestaltung hinweg und lässt Välin auf der Bühne sterben! Das Stück beginnt mit der Weihe des Sugr1va (vgl. dazu das Kapitel über das Ramaym;a) und endet mit dem Ordal der S1tä. In diesem Drama wird Rama bereits vollständig theifiziert; S1tä ihrerseits erfährt eine Identifizierung mit der Göttin Lak~m1. 8 Alle bis hierher besprochenen Dramen Bhasas haben bestimmte Gemeinsamkeiten. Insgesamt gesehen- das gilt besonders für die sich an das Mahabharata anlehnenden Werke-, gehören sie einer frühen Schaffensperiode an. Alle verwerten sie epische Stoffe. Die Sprache ist ganz oder überwiegend Sanskrit, und der Vidi.i~aka fehlt. Ganz anders liegen die Dinge bei Bhasas übrigen Werken. Da ist zunächst das Balacarita, eine Jugendgeschichte des K~·9~1a, zu nennen. 9 Das Stück umfasst fünf Akte und beinhaltet die Siege des jugendlichen K~~Ifa über die Dämonen. Der Kampf mit Karnsa wird - den Gesetzen des altindischen Dramas zuwiderhandelnd- auf der Bühne dargestellt. Drei märchenhafte Züge aufweisende Liebesgeschichten werden zum ~Wert vollsten gezählt, was Bhäsa geschaffen hat. Der Stoff des A vimaraka. ("A viTöter" ), eines Dramas in sechs Akten, ist aus Gm:tä<;lhyas B.rhatkatha hergeleitet. Der Titelheld, ein Prinz, ist durch einen Fluch in einen "Hundeesser", das heißt einen Angehörigen der am tiefsten verachteten Kaste, verwandelt worden. Da gewahrt er, wie die Prinzessin Kurang1 von einem wütenden Elefanten bedroht wird. Es gelingt ihm, ihr das Leben zu retten. Beide gewinnen einander innig lieb. Doch können sie sich nach Lage der Dinge nur in äußerster HeimJichkeit treffen. Schließlich wird dies doch bekannt, und Avimaraka muss fliehen. Voller Verzweiflung will er sich in einen brennenden \Vald stürzen, aber Agni bewirkt, dass ihm die Flammen nichts anhaben. Zu seinem Glück gewinnt er einen Ring, der seinen Träger unsichtbar macht. Nun kann er sich Kurm1g1 wieder nähern - keinen Augenblick zu früh, denn sie war gerade dabei, sich aus Kummer zu erhängen. Der \Veise Narada erbarmt sich der beiden und löst den auf dem Prinzen lastenden Zauber. Beide können sich nun für immer angehören. 10 Das Stück ist stellenweise sehr kunstvoll in ausgesprochenem
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Kävya-Stil gestaltet. vVesentlich interessanter ist Bhäsas Prakarm:w. Pratijiiayaugandharaya.1;a. ("Yaugandharäya1}as Versprechen"). Der Vieralder ist ein bewegtes politisches Stück, in welchem also nTti und nicht kama, wie im _A vimaraka, dominiert. Yaugandharäyar:ta ist Minister des Vatsa-Königs Udayana. Dessen Feind, der König Mahäsena von Ujjayin1, hatte gegen ihn einen künstlichen Elefanteneine Art Trojanisches Pferd- ausgesandt, und so war Udayana in die Gefangenschaft des Mahäsena geraten. Dertreue Minister Yaugandharäyar:ta gab nun das Versprechen (daher der Werktitel) ab, seinen Herrn unter allen Umständen zu befreien. Dabei machte er sich den Umstand zunutze, dass Mahäsenas Tochter Väsavadattä von Udayana Musikunterricht erhielt. Mit ihrer Hilfe gelingt es Yaugandha.räyar}a, ihm zur Flucht zu verhelfen. Allerdings erleidet der Minister dabei einen Stoß durch den Zahn eines Elefanten und wird selbst gefangen. Der Konflikt mit dem Minister des Ma.häsena, Bharatarohaka, bildet einen wesentlichen Bestandteil des Dramas. Schließlich siegt aber die Verständigung: Yaugandharäyar}a wird aus der Gefangenschaft entlassen; Mahäsena begnadigt seine Tochter; Väsavadattä und U dayana heiraten. Der Schluss ist allerdings in seiner günstigen Lösung etwas zu rasch und gewaltsam. 11 Das Drama Sva.pnavasava.datta ("Väsavadattä im Traum") ist mit Recht das berühmteste Werk Bhäsas. 12 Es kann als eine Art Fortsetzung des Pratijiiayaugandharayal)a aufgefasst werden und liegt offenbar wie dieses Drama in einer malabarischen ( d.h. südwestindischen) Bearbeitung vor. Das Schauspiel umfasst sechs Akte und hat ebenfalls die Politik zum Inhalt. Doch ist Erotik in so starkem Maße rnitbeteiligt, dass man über die Zuordnung des vVerkes zu N1ti oder Käma streiten kann. \iVir hatten erfahren, dass König U dayana nach vielen Gefahren die Ehe mit Väsavadattä hatte schließen können. Aber sein Minister Yaugandharäyar:ta hält es aus politischen Gründen für erforderlich, dass sein Herr noch eine zweite Ehe schließt, und zwar mit der Schwester des Königs von Magadha, namens Padmävat1. U dayana aber liebt Väsavadattä innig und lehnt den Gedanken an eine Zweitvermählung entschieden ab. Da lässt Yaugandharäyar:ta den Palast der Königin in Brand setzen. Er hatte sie heimlich von der Notwendigkeit einer Zweitehe des Königs zu überzeugen gevvusst und sie für seinen Plan gewonnen. Nun lässt er mit Erfolg das Gerücht verbreiten, er selbst sei bei einem Rettungsversuch zusammen mit der Königin ein Opfer der Flammen geworden. In Wahrheit begibt er sich mit Väsavadattä, die er als seine Schwester ausgibt, zu Padmävat1, mit der sie sich anfreundet. Udayana muss nun denken, dass Väsavadattä und Yaugandharäyar:ta tatsächlich bei dem Brand ums Leben gekommen sind. So fasst er im Laufe der Zeit den Entschluss, mit Padmävat1 die Ehe einzugehen. Vasavadattä legt diesem Vorgehen kein Hindernis in den Weg; nicht, weil sie sich nicht grämt, sondern aus einer Art Pflichtgefühl heraus. Nach der Hochzeit, bei der der Vidiis;aka
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eine hübsche Szene hat, die natürlich dem (zu) reichlich genossenen Essen gilt, belauschen Padmavatl und Vasavadatta den immer noch um die letztere trauernden König. Dann folgt die entscheidende und titelgebende Szene. Padmava.tl ist durch Kopfschmerzen bettlägerig geworden, und Vasavadattä will ihr einen Krankenbesuch ahstatten. Aber Padmävatl hatte das Zimmer inzwischen verlassen und der König sich darin eingefunden. Im Halbschlaf spricht er mit ihr und glaubt nach dem Erwachen, sie im Traum gesehen zu haben. Nach einigen weiteren Verwicklungen halten Yaugandharaym:ta und Väsavadattä die Zeit für gekommen, sich zu erkennen zu geben. Seine immerhin beträchtliche Dreistigkeit und List motiviert der Minister mit Staatsinteresse, dem sich - wie in Staatslehrbüchern verschiedentlich gefordert - auch der König unterzuordnen habe. \Vas aber speziell die Leistung Bhäsas betrifft, so verdient hervorgehoben zu werden, dass sie weit über der Version der Geschichte steht, wie sie im Kathasaritsagaxa vorkommt. Leider ist das Stück in Europa la.nge Zeit nicht richtig verstanden und entsprechend gewürdigt worden. Man nahm, in zeitbedingter Prüderie befangen, Anstoß an dem nichtmonogamen Ausgang des Dramas. Natürlich lag darin eine gründliche Verkennung der Historizität der Monogamie wie der gesellschaftlichen Verhältnisse im alten Indien überhaupt. Fragmentarisch ist das Drama Daridracamda.tta, das Stück vom "armen Cärudatta" .13 Hiervon sind nur vier Akte vorhanden. \Vir werden da.rauf sogleich bei der Besprechung der 1Vfrcchaka.tika zurückkommen. \Vann alle diese \Verke verfa.sst worden sind, ist eine offene Frage. Mit S1cherheit kann man nur die sehr allgemeine Behauptung aufstellen, dass sie zwischen der Lebenszeit des Asvagho9a und der des Kälidasa entstanden sein müssen. Zumal für die absolute Datierung will dies also nicht allzuviel besagen. Man glaubt festgestellt zu haben, dass die Sprache Bhäsas eher der Kälidäsas als Asvagho:;;as ähnelt. Also scheint es gerechtfertigt, Bhasa zeitlich nicht zu weit vor Kälidasa einzurangieren. Dies und noch einige andere Gesichtspunkte berücksichtigend, wird man die Entstehungszeit der Drmnen Bhasas mit aller Vorsicht auf etwa 300 n. Chr. ansetzen dürfen. Aus der Zeit vor Kälidasa (auch dies kann schon wieder nur mit \Vahrscheinlichkeit, nicht mit Sicherheit gesagt werden) stammt noch ein Drama, und zwar ein ganz besonders bedeutendes: die Mrcchakatika (auch: das l\1rccllakatika) das "irdene \Vägelchen". Bei uns ist das Stück nach einer seiner Hauptpersonen auch unter dem Namen Vasantasena bekannt. Der Verfasser führt den kennzeichnenden Namen Sudraka, das heißt das "Sudralein". Er soll aber ein König gewesen sein. Aus der politischen Historie ist jedoch kein König dieses Namens bekannt; auch durch Inschriften oder Münzen ist er nicht überliefert. Nur ganz legendenhaft hören wir über ihn, dass er ein sehr bewegtes Leben geführt, ein Alter von über hundert Jahren erreicht, dann aber Selbstmord durch den Feuertod begangen haben soll.
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Die ersten vier Akte der lv1~'cchaka~ika entsprechen nun Bhasas Da.ridTa.camda.tta. Die beiden Versionen sind von einer Almlichkeit, wie Rezensionen sie aufzuweisen pflegen. Das gegenseitige Verhältnis der beiden Texte ist nunmehr aufgeklärt. 14 Es ist sicher, dass DaTidTacaruda.tta nicht etwa eine Kürzung der A1rccl1akatika ist. Die Dinge liegen vielmehr umgekehrt: Sudraka hat DaTidTa.carudatta als Vorlage benutzt und weiter ausgeführt. Aus der Vorlage ist ein Drama von zehn Akten geworden. 15 Einige Anzeichen lassen vermuten, dass der Verfasser in der Tat keiner hochstehenden Kaste angehörte, sonelern ein Sudra gewesen sein könnte. Ein solcher konnte durchaus auch König sein. Auffallend ist, dass, obwohl das Eingangsgebet an Siva gerichtet ist, der achte Akt deutlich buddhistischen Einfluss zeigt, den ein brahmanischer Autor kaum zugelassen hätte. Auch die Sprache- und dies gilt nicht nur für das Sanskrit, sonelern auch für die Prälqt-Dialekte- ist in keinem besonders guten Zustand. Bestimmte Abweichungen vom clramaturgischen Standard sind ebenfalls unverkennbar. Es sind vwhl diese Gründe, die verhinderten, dass die Mrccl1aka~ika in Indien einen bedeutenden Ruf erlangte. Um so beachtlicher wurde ihr Ansehen im Abendland, und mit vollem Recht. Es lohnt sich, einige der handelnden Personen etwas näher zu betrachten.
Da ist zunächst der Held, Caruclatta, ein einst wohlhabender, durch übersteigerte \Vohltätigkeit nunmehr aber verarmter Kaufn1ann. Sein Edelmut, sein für unsere Begriffe allerdings zu weit getriebener Altruismus verleihen im Verein mit den Eigenschaften der Heldin dem Stück eine eigenartige Zartheit. Die Heldin, Vasantasena, ist eine vornehme, gebildete Hetäre, die mitunter sogar Sanskrit spricht. Ihr Beruf hatte für die damalige Zeit nichts Anstößiges, war im Gegenteil für einen Dichter der geeignete Rahmen, um die Selbstverwirklichung der Frau darstellen zu können. Ein Prakaral)a bot dazu auch die Möglichkeit in dramaturgischer Hinsicht. Carudatta ist verheiratet, elennoch besteht zwischen ihm und Vasantasena ein Liebesverhältnis. (Zur Einschätzung desselben vergleiche man das S. 188 bei der Erörterung der Svapna.vasavadatta Gesagte.) Die Liebe Carudattas und Vasantasenas ist jedenfalls eine geläuterte, ja ideale. Sie wird indessen durch zwei Umstände getrübt. Da ist einmal die Armut Cäruclattas, die mit der Lebensführung einer wenn auch noch so ideal veranlagten Hetäre kontrastiert (man wird an die "Kameliendame" erinnert). Aus diesem Konfliktstoff geht auch der etwas abwegig wirkende Name des Stückes hervor. Cärudattas kleiner Sohn spielt in einer Szene mit einem tönernen \Vägelchen, wünscht sich aber die Spielkutsche aus Gold, wie sie der Nachbarjunge besitzt. Da kommt Vasantasenä in die Szene, wird mit den Zeichen der Annut ihres Geliebten konfrontiert und schenkt dem Jungen ihren Schmuck, damit er künftig mit einer Goldkutsche spielen kann. Eine viel größere Gefahr aber droht den beiden Liebenden von seiten des
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Schwagers des Königs, Sari1stlünaka. Die Einführung einer solchen typischen Figur in die dramatische Szenerie ist eine Meisterleistung des Dichters und bedeutet unendlich mehr als die bühnengerechte Ausschmückung der Tugenden von Held und Heidin. Sarnsthanaka ist eine vielschichtige Persönlichkeit. Gewiss ist er psychologisch von größtem Interesse, aber es hieße dem Anliegen des Dichters nicht gerecht werden, wollte man es auf den Bereich der Psychologie beschränken. Sarirsthanaka ist nämlich auch und vor allem Brennspiegel eines gesellschaftlichen Verhältnisses: des orientalischen Despotismus. Ein solcher Despot ist in Ujjayin1, wo unser Stück spielt, der König Palaka. Nun haben sich die damaligen Despoten mit einem monogamen Leben selten zufriedengegeben. Es konnte nicht ausbleiben, dass zu der Schar ihrer Frauen auch solche gehörten, die mit einer königlichen \/Vürde nicht gerade harmonierten. Diese wiederum brachten ihre bis dahin im Dunkel lebenden Verwandten an den Hof, etwa den Bruder - und damit haben wir den Typ des "Schwagers des Königs". Bis dahin war Sarirsthanaka ein Nichts, einfach ein ungebildeter Flegel. Plötzlich ist er fast bis ins Zentrum der Ma.cht gerückt. Kein \iVunder, dass ihm dies nicht bekommt. Er möchte gern den Eindruck von Kultiviertheiterwecken und gebraucht daher gern Zitate aus den Veden und Epen; dabei unterlaufen ihm aber die gröbsten Missgriffe; er verwechselt beispielsweise Mahabharata und Ramayai;a. und lässt etwa die Kunt1 (statt S1ta) von Ravar:ta geraubt werden. Seine Albernheiten werden durch seine affektierte Aussprache noch unterstrichen: statt des s und des zerebralen 9 spricht er stets das palatale :3. Dieser Emporkömmling ist nun aber mitnichten ein gemütlicher Neureich, der lebt und leben lässt, sondern ein Tyrann, dessen \i\1estentaschenformat ihn nicht ungefährlicher macht. Verblendet von seinem - übrigens keineswegs unbeschränkten - Einfluss, zeigt er deutlich Tendenzen des Größenwahns und ist insofern in den Bereich der Psychopathie zu verweisen. Indem der Dichter seine vernichtende Kritik auf ihn konzentriert, drückt er seine Opposition gegen die verabscheuungswürdigen Züge des Despotismus und der Tyrannei aus. In unserem Drama wird der Schwager des Königs zum Rivalen und Feind des Carudatta: Er will seinerseits die schöne Hetäre Vasantasena besitzen. Seine unsagbar plumpen und eitlen Annäherungsversuche weist sie verachtungsvoll zurück. Daraufbin zeigt er sein wahres ordinäres und brutales Wesen: Er überfällt und würgt Va.santasenä so lange, bis sie liegenbleibt. Sarnsthanaka, der sie für tot hält, bekommt es nun mit der Angst zu tun. Er beschuldigt seinerseits Carudatta der Untat und setzt es durch, dass ein Gerichtshof zusammentritt, der Carudatta zum Tode verurteilt. Die ins Leben zurückgekehrte Vasantasenä ist es, die ihn vor der Hinrichtung rettet. Parallel mit diesem persönlichen läuft aber auch ein politischer Konflikt, und der Autor versteht es, den ersteren in diesen eingebettet zu zeigen. Ein allgemeiner Aufstand ent-
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thront nämlich den despotischen König mitsamt seinem Anhang. Neuer König wird der bisherige Hirt Äryaka. 16 Vasantasena wird Carudattas Zweitgemahlin. Das Stück lehrt, dass das Glück des einzelnen nur gewährleistet ist, wenn gerechte Verhältnisse herrschen. Dieser realistische Standpunkt befähigt den Verfasser dazu, den Charakteren eine außerordentliche Plastizität zu verleihen und die Atmosphäre seiner Zeit sehr genau einzufangen. In dieser Hinsicht erinnert die lvl~'cchakatika vielfach an die volkstümliche Erzählliteratur. Durch die Ausgewogenheit von gefühlsbetonten Partien und schlagfertigerir \"litz in den Dialogen erreicht das Stück eine hohe künstlerische ~Wirkung. Es ist verständlich, dass ein solches Drama in Europa mehrfach für eine bühnengerechte Fassung bearbeitet wurde. Aufführungen fanden in Paris 1850 und 1895 statt. Emil Pohl hat 1893 in Stuttgart das Stück ('Vasa.ntasena) auf fünf Akte komprimiert, den politischen mit dem privaten Handlungsfaden noch stärker verklammert, ist aber der Gestalt des Sari1sthanaka nicht gerecht geworden. Dem Original getreuer ist die Bühnenadaptation von Lion Feuchtwauger (München 1916; Neuausgabe Leipzig 1969 und 1976). Die leidige Datierungsfrage bietet auch hier die gewohnten Schwierigkeiten. Die von den Forschern angenonrmenen Fixpunkte differieren um Jahrhunderte. Wegen des Vorkommens einer bestimmten, datierbaren Münze kann das \Verk jedenfalls nicht vor dem 2. Jahrhundert entstanden sein. Julius Jolly verlegte aufgrund rechtshistorischer Momente die Entstehung ins 6. oder 7. Jahrhundert. Man hat daher auch schon in Dar.u;lin den Verfasser sehen wollen, aber das ist in Anbetracht des linguistischen Sachverhaltes so gut wie ausgeschlossen. Richard Pischel meinte, dass das Drama eine Zeit widerspiegelt, die nicht sehr weit von der des Kalidasa entfernt gewesen sein könne. Astronomische Gegebenheiten veranlassten Hermann Jacobi zu der Annahme, dass das Stück nicht in die Zeit vor dem 4. Jahrhundert gehört, während der polnische Indologe Andrzej Gawroriski aufgrund sprachlicher Besonderheiten das 4. Jahrhundert gerade als die spätestmögliche Entstehungszeit ansah. Fasst man die sozialhistorischen und linguistischen Fakten zusammen, so möchte man vermuten, dass die M~'cchakatika einige- aber nicht lange- Zeit vor Kalidasa geschaffen worden ist. Anmerkungen Die legendäre Biographie des Asvagho~a ist wiedergegeben bei vV. vVassiljew: Der Buddhismus (St. Petersburg 1860). Eine Studie über das Leben des Dichters bietet auch B. C. Law: Asvaglw9a (Calcutta 1946). 2 Ausgabe des Sariputraprakaraqa von H. Lüders (Berlin 1911). 3 Über Bhäsa gibt es u.a. Studien von A. D. Pusalker: Bhasa, a Study (Lahore 1940, 2. Aufi. New Delhi 1967); M. Lindenau: Bhasa-Studien, ein Beitrag zur Geschichte des a.ltindi-
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sehen Dramas (Leipzig 1918). Gesamteditionen seiner Dramen gaben: T. Gai:tapati Sastr1 in den Trivandrum Sanskrit Series (1912-1915): C. R.. Devadhar: Bhasanatakacakra (Poona 1937). Auf diese beiden Kon1pendien wird speziell für die Fälle verwiesen, in denen weiter unten gesonderte Literaturangaben nicht erfolgen. -Übersetzt wurden die Dramen Bhasas von A. C. \tVoolner und L. Sm·up: Thirteen T:rivandrum Plays Attributed to Bhasa (2 Bde .. London 1930/31). 4 Übersetzung des Pailcaratra von W. G. Urdhwareshe (Indore 1920). 5 Übersetzung des IVfadhyamavyayoga von E. P . .J an vier (Mais ur 1921). 6 Übersetzung des Urubhanga von H. \Veller unter dem Titel: Duryodhanas Ende (Tübingen 19:33). 7 Übersetzung des Pratimana(;aka von K. R. Pisharoti im Quarterly .Journal of the Mythic Society, 11-13 (1920 ff.). 8 Italienische Übersetzung des Abhif?ekanataka von E. Beccarini-Crescenzi ur1 Giornale della Societa America-Asiatica Italiana, 27 (1915). 9 Ausgabe und Übersetzung des Balacarita von S. R. Sehgal (Delhi 1961); Ausgabe auch von H. Weller (Leipzig 1922). Übersetzung: Die Abenteuer des Knaben Krischna (Leipzig
1922). 10 Übersetzung des Avimaraka von H. Weller (Leipzig 1924). 11 Ausgabe und Übersetzung des Pratijilayaugandharay ana von S. Sharma (Delhi 1965). 12 Kritische Ausgabe der Svapnavasavadatta mit Übersetzung von C. R. Devadhar (2. Aufi., Poona 1928). Übersetzung von H. Weller (Leipzig 1926) und von H. Jacobi in der Internationalen Monatsschrift für \tVissenschaft, Kunst und Technik, 7 (1913). Ausgabe und Übersetzung mit einer umfangreichen Einleitung von M. R. Kale (5. Aufl., Bombay
1961 ). 13 Ausgabe des Daridracarudatta von C. R. Devadhar (Poona 1939). 14 V gl. hierzu die gründliche Untersuchung von G. Morgenstierne: Über das Verhältnis zwischen Carudatta und !viJ;cclJakatika (Leipzig 1921). 15 Editio princeps der Mrcchaka~ikii von A. F. Stenzler (Bonn 1847); spätere Ausgaben von N. B. Godabole in den Bombay Sanskrit Series, 52 (1896) und von M. R. Kale (Delhi 1982). Zahlreich sind die Übersetzungen dieses berühmten \Verkes. ·wissenschaftlichphilologisch orientiert ist die Übersetzung von 0. Böhtlingk (St. Petersburg 1877). An sie schließt sich die populärere Arbeit von L. Fritze an (Cherrmitz 1879). Eine für die Bühne geeignete und dabei doch recht gerraue Übersetzung gab H. C. Kellner: Vasantasena (RUB, Nr. 3111/12, Leipzig 1894). Reich annotierte englische Übersetzung von A. W. Ryder als Bd. IX der Harvard Oriental Series (Carnbridge [Mass.J 1905). Russische Übersetzung von V. S. Vorobev-Desjatovskij (Moskau 1956). Die 2\ircchakatika. \vurde ferner von J. A. B. van Buitenen in einem Sammelband übersetzt: Two Plays of Ancient India. Tlle Little Clay Gart and Tlle Minister's Seal (Delhi 1971). Studien von V{. RuIts Folkloristic and Politica.l Interpretation (Oriens I, 1, Leiden 1948) und von Prakaschandra Chakrabarti (Delhi 1999). 16 Es ist gerade diese politische Handlung, die in Bhasas Daridracarudatta. ganz fehlt. ben: The
M~·cchakatikam,
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c) Die Blütezeit des altindischen Dramas
Die Zeit, in der die altindische Dramatik ihren Gipfelpunkt erreicht, wird durch die überragende Dichterpersönlichkeit des Kalidasa markiert. \Vie schon in der Kunstepik und der Lyrik, so ist es auch in der Dramatik \Viederum Kalidasa, dessen \Verke die höchste Anerkennung verdienen. In Indien gilt diese Auffassung von alters her, und sie hat sich von dort auf die frühe europäische Indologie vererbt. \Vas die Tiefe der Gedanken, die Vornehmheit der Gesinnung, die Ausdruckskraft und gleichzeitig Zartheit des Stils, kurz das eigentliche dichterische Element betrifft, so stimmen wir diesem Urteil auch heute noch vollinhaltlich zu. Die Verbindung mit gesellschaftlichen Problemen ist in Stücken wie dem Mudraraki?Ct.Sa oder der A1J;ccha.lmtika jedoch stärker ausgeprägt. 1 Von den Dramen Kalidasas gehört das Malavikagnimitra 2 nach der üblichen Auffassung nicht an die Spitze seiner vVerke; eventuell ist es sein frühestes Drama, doch ist dies nicht sicher. Im wesentlichen ist die Handlung die Erfindung des Dichters; historisch ist indessen die Titelfigur, der König Agnimitra, der ein Sohn des Begründers der Sm1ga- Dynastie, Pu~yamitra, war und im 2. Jahrhundert v. Chr. gelebt hat. J'v1ala.vikagnimitra ist ein Hofintrigenstück nlit komödienhaften Zügen, die jedoch nicht überwiegen. Es umfasst fünf Akte. König Agnimitra hat zwei Gattinnen: Dharil_1! als die ältere, Iravat1 als die jüngere. Zofe bei Dharil_11 ist Malavikä, und in diese verliebt sich der König. Die beiden Frauen geraten darüber in Zorn, und Dhäril_1! lässt Mälavikä einsperren. Der Vidu~aka verhilft den Liebenden zu einem Rendezvous. Doch eine ·wende tritt erst ein, als DharÜ_1Is Sohn über äußere Feinde siegt. Das erfreut seine Mutter so, dass sie schließlich dem Heiratsplan des Königs zustimmt. Malavika stellt sich nunmehr in \Vahrheit als eine Prinzessin heraus und wird des Königs dritte Frau. Das 'Vihamorvas1)'a3 behandelt die berühmte Legende von Pururavas und U rvasl ( vgl. dazu S. S. 23). Kälidasa konnte dafür auf zahlreiche Stellen zurückgreifen: ~gveda X, 95; Satapa.tha-Brahma1;.a XI, 5, 1; Vi~I_lu-PurfilJ.ä IV, 6; Bhagava.ta-Pura1;.a IX, 14; Matsya-Puriü;.a XXIV; Harivmnsa X, 26. Seine Fassung gleicht am ehesten der des Ma.tsya-PUTfil;.a. Man unterscheidet eine südliche und eine nördliche Rezension, die relativ stark Yoneinander abweichen. Die Handlung ist bei Kalidäsa kurz die folgende: Der irdische König Pururavas und die himmlische Nymphe Urvas!lieben einander. Indra gestattet UrvasL mit Pururavas auf der Erde zu leben, doch muss sie in den Himmel zurückkehren, wenn der König seinen dereinst von ihr zu gebärenden Sohn zu sehen bekommt. Nun geschieht es, dass Urvas1 einmal einen verbotenen Hain betritt, worauf sie in eine Liane verwandelt wird. Untröstlich irrt der König auf der Suche nach ihr umher und fragt den Pfau, den Kuckuck, den Flan"lingo und so weiter nach ihrem Verbleib. Schließlich findet er einen magischen schwarzen Stein, mit des-
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sen Hilfe ihm die Wiedervereinigung mit Urvas1 gelingt. Ein Sohn wird ihm geboren, doch wird ihm dessen Existenz verheimlicht. Einmal findet der König ihn aber doch auf, so dass alle Voraussetzungen für ein tragisches Ende gegeben sind. Doch Kalidasa befolgt die Regeln des klassischen Dramas strenger als etwa Bhäsa: Der so oft als Deus ex machina auftretende Weise Närada überbringt von Indra die Nachricht, Pururavas solle den Göttern bei ihrem Kampf gegen die Dämonen beistehen. Das geschieht, und nun darf er weiter mit Urvas1 zusammenleben. - In das fünfaktige Stück ist im vierten Akt ein umfa.ngreiches Singspiel eingelagert. Weitaus an der Spitze der Dramen Kälidäsas aber steht die berühmte Sakuntalä, die auch unter dem Namen Abhijiianasakuntala ("Erkennungszeichen der Sakuntalä") geht. Der einheimischen Tradition gilt dieses Werk a.ls das bedeutendste indische Drama überhaupt (wobei man sich besonders auf den vierten Akt bezieht). Der großartige Aufschwung der Sanskrit-Studien in Europa gegen Ende des 18. Jahrhunderts ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass gerade die Sakuntalii als eines der ersten indischen Werke damals bekannt wurde. Schon 1789 wurde sie von \t\Tilliam Jones ins Englische und 1791 von Georg Forster aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Herder und Goethe waren von ihr begeistert, und der letztere widmete ihr 1791 die folgenden berühmten Zeilen: Will ich die Blumen des frühen, die Früchte des späteren Jahres, will ich, was reizt und entzückt, vvill ich, was sättigt und nährt, will ich den Himmel, die Erde, mit einem Namen begreifen, nenn ich, Sakontala, dich, und so ist alles gesagt. Die ,5a.lwntala liegt in fünf Rezensionen vor. Die wichtigsten davon sind die bengalische4 und die zentralindische, die auch Devanagari-Rezension genannt wird. 5 Die restlichen Rezensionen stammen aus Kashmir 6 , Südindien 7 und Mithilä8. Zur Kritik dieser Texte hat es lebhafte Kontroversen gegeben. 9 Das Ergebnis ist insofern unbefriedigend, a.ls sich die Rekonstruktion eines Urtextes als unmöglich herausgestellt hat und sich auch nicht mit Sicherheit sagen lässt, ob sich die bengalische oder die zentralindische Rezension näher an eine Urfassung anschließt. 10 Die stoffliche Grundlage des sieben Akte umfassenden Stückes ist eine im Mahabharata (I, 62-69) sowie im Svargakhm_:H;la des Padma-Puriii;a vorkommende Legende. Auf der Jagd kommt der König Du~yanta in die Einsiedelei des Asketen Kalf va. Dort lebt auch dessen Pflegetochter Sakuntalä, die von dem Weisen Visvamitra abstammt. Der König verliebt sich sogleich in das Mädchen. Ich kenne der Buße Kraft, bewusst ist mir, dass dieses Mädchen nicht frei über sich verfügt, und doch bin ich nicht imstande, von
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ihr mein Herz abzuwenden. Heiliger Gott mit der Blumenwaffel Dir und dem Mond, euch sollte man doch eigentlich Vertrauen schenken dürfen, und- doch führt auch ihr den Tross verliebter Leute hinters Licht. Inwiefern? Dass Blumen deine Waffen, dass kalt des Mondes Strahlen sein sollen, das erweist sich bei Leuten meines Schlages als falsch; entsendet doch in seinen durchkälteten Strahlen der Mond mir grimmes Feuer, und demanthart sind die Blumenpfeile, die du verschießest. Das Opfer ist vollbracht, die Opfergemeinde hat mich entlassen. Ich fühle mich von der Arbeit erschöpft. \"o, ach wo finde ich Erquickung? Gibt es denn wirklich für mich eine andere Zuflucht als der Geliebten Antlitz? Ich will jetzt sie suchen. Die glühend heißen Tagesstunden verbringt Sakuntala mit ihren Freundinnen zumeist an den Ufern der Malinl und in deren rankenumwachsenen Gehegen. Dahin, dahin will ich jetzt gehen. Ach, an dieser Stelle weht ein erquickender Lufthauch! Staubregen aus dem Gewoge der Malinl und Düfte von den Tagesblüten des Lotus führt hier der vVind mit sich. Ihn darf ich innig drücken an meine Glieder, die der Liebesgott, der gliederlose, verbrannt hat. Da ist eine Lianenlaube, die von Schilfrohr eingefriedet ist. Hier muss sie sein mit ihrer holden Gegenwart. Ganz gewiss. Denn hier erscheint im gelben Sand eine ganze Reihe frischer Fußstapfen; sie sind nach vorn emporgerichtet, nach hinten zu aber infolge des Gewichtes der Hüften eingesenkt. Ich will einmal durch das Gesträuch spähen. 0 Wonne! Ich habe gewonnen meiner Augen Seligkeit. Da ist meine Herzallerliebste; da liegt sie hingestreckt auf blumenbestreuter Felsenplatte; ihr zur Seite sitzen die beiden Freundinnen. vVohlan! Ich will doch der Mädchen trauliche Unterredung anhören. (Monolog des Königs, Sakuntala III, 1; Übers.: Hermann Camillo Kellner) Sakuntala erwidert Du~yantas Liebe, und alsbald heiraten die beiden nach dem sogenannten Gandharvenritus, das heißt ohne weitere Förmlichkeit. Der König muss sodann in seine Residenz zurückkehren und übergibt Sakuntala als Unterpfand seinen Ring. Einige Zeit danach erscheint als Gast der Asket Durvasas in der Einsiedelei. Da ihm Sakuntala es an Aufmerksamkeit fehlen zu lassen scheint, spricht er über sie den Fluch aus, dass der König sie vergessen solle. Als sich Sakuntala schwanger fühlt, begibt sie sich zum König, verliert aber unterwegs den erwähnten Ring, so dass der König sie nicht wiedererkennt. Ihre Mutter Menaka, eine Nymphengestalt, nimmt sie daraufhin zu sich in den Himmel, wo sie einem Sohn das Leben schenkt. Inzwischen hat ein Fischer im Bauch eines Fisches den besagten Ring gefunden und bringt ihn dem König. Dieser erkennt nun den Zusammenhang. Als er den Asketen l\t1ar1ca auf dem Berg He-
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makuta besucht, spielt dort ein Knabe mit einem Löwen. Nun klärt sich auch der Rest des Geschehens, und alles findet zu einem guten Schluss. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, dieses berühmteste indische Drama für die europäische Bühne zu bearbeiten. Die vorgenomn1enen Eingriffe erwiesen sich jedoch meist als zu stark (A. v. \Volzogen in RUB, Nr. 1209; M. Möller 1903). Möller versuchte, das Stück zu "entmythologisieren", wurde damit der indischen Vorlage und ihrem Geist aber nicht mehr gerecht. Die beste Bearbeitung, die dem Original am treuestenfolgt und dennoch bühnenmäßig darstellbar ist, stammt von L. v. Schroeder. Auch für das Ballett hat man die Sakuntala einzurichten versuchtY Zu den klassischen indischen Dramen zählt ferner MudTarak9asa ("Des Kanzlers Siegelring") von Visakhadatta, von dem nur dieses eine Stück bekannt ist. 12 Dieses sieben Akte umfassende Stück hat manche Berührungspunkte mit der M~occhakatika und mehr noch mit dem Tantrakhyayika, denn hier bildet die Lösung eines politischen Konflikts das ausschließliche Thema.. Obwohl die Handlung im einzelnen frei erfunden ist, lehnt sie sich doch an bestimmte historische Persönlichkeiten und Geschehnisse an, nämlich an den Machtwechsel von der Nanda- zur Maurya-Dynastie im 4 . .Jahrhundert v. Chr. Das Drama will als politische Morallehren, dass geschickte Diplomatie besser a.ls ein Krieg die Probleme löst. Frauen spielen bezeichnenderweise in diesem Stück eine ganz untergeordnete Rolle. Der Gang der Handlung ist kurz folgender: Der Staatskanzler Ca1_1akya wurde vorn Nanda-König beleidigt und aus seinem Amt vertrieben. Ca1_1akya tat daraufhin das Gelübde, die Schmach zu rächen, die N an da- Dynastie zu vernichten und seinen Schützling Candragupta, einen Nanda-Spross aus einer entfernten Verwandtschaftslinie, auf den Thron zu setzen. Durch Allianzen mit feindlichen Nachbarn gelang es ihm, ein Heer zusammenzubringen, das die N an da- Hauptstadt Pataliputra eroberte. Hier setzen nun die Intrigen Cä1_1akyas ein. Dem Nauela-Kanzler Räk~asa war es nämlich gelungen, in die Berge zu fliehen, von wo er die Rückgewinnung der Macht vorbereitete. Ein Heer sammelt sich; die Hauptstadt ist bedroht. Ca1_1akyas Plan besteht nun nicht einfach darin, Räk~asa zu vernichten. Er geht viel klüger vor: Räk~a.sa gilt als äußerst fähiger, kluger und dabei treuer Staatsmann, daher soll er nicht vernichtet, sondern für Candragupta gewonnen werden. Dadurch erstrebt Car.takya als echter Brahmane für sich die Möglichkeit, nach Erfüllung seines Schwurs seinem Herren einen treuen Kanzler zu verschaffen und sich selbst als Asket zur Gewinnung der Erlösung in den vVald zu begeben. \Vie er dies Ziel mittels einer Vielzahl äußerst fein gesponnener Intrigen- gegenüber denen die in Schillers Kabale und Liebe dargestellten verblassen - erreicht, schildert der spannende Handlungsablauf. Die Zeit der Entstehung des Mudrarak~asa ist ungewiss. Ch. Lassen vermutete das 10. Jahrhundert, H . .Jacobi aufgrund astronomischer Fakten das
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9. Jahrhundert, K. T. Telang das 7. Jahrhundert. Nach A. Hillebrandt war Visakhadatta ein Zeitgenosse von Candragupta II. Wenn sie auch nicht mit letzter SicherheiL beweisbar ist, so hat doch die Ansicht \V. Morgenroths, wonach Visakhadatta zur Zeit des Kalidasa gelebt haben könnte und vielleicht etwas jünger als dieser war, aus synoptisch-literaturgeschicht lichen Gründen viel für sich.
Drei Dramen sollen von Großkönig Haqa, der von 606 bis 64 7 regierte, verfasst worden sein.U Die Autorschaft ist früher angezweifelt worden- die wahren Verfasser hätten den König mit der Nennung seines Namens ehren wollen - , wird aber jetzt doch ziemlich allgemein anerkannt. Zwei dieser Dramen befassen sich mit dem König Udayana, der schon bei Bhasa vorkommt (was Har~a nicht gewusst zu haben scheint). Ratnavali, eine Natikä in vier Akten, ist nach der Titelheldin benannt. 14 Diese ist unter dem Namen Sagarikä als Zofe der Königin Väsavadattä tätig. Der König lernt sie bei einem Frühlingsfest näher kennen und verliebt sich in sie, Vl'as die Königin maßlos erbittert. Dann stellt sich jedoch heraus, dass die Zofe in \Virklichkeit eine schiffbrüchige Prinzessin aus Ceylon ist, und nun wird es Udayana gestattet, sie zur Nebengemahlin zu nehmen. Die Namensgebung der vieraktigen Priyadarsika erfolgte ebenfalls nach der Titelheldin. 15 Diese Natikä hat eine ähnliche Thematik wie die vorangegangene. Priyadarsikä ist eine Tochter des Königs D~·<;lhavarman und wurde Begleiterin der Königin Vasavadattä. Sie und König Udayana entdecken ihre Liebe zueinander - die Königin entdeckt sie allerdings auch und lässt Priyadarsika ins Gefängnis werfen. Später aber erfährt Vasavadattä, dass Priyadarsikä die Tochter eines Verwandten ist und somit nicht als verächtliche Fremde zu gelten hat, so dass auch dieses Stück ein glückliches Ende nimmt. Über die etwas bescheidene Fabel hinaus ist es aber dadurch bemerkenswert, dass wir hier-als Parallele zu der uns bereits bekannten Schachtelerzählung - den ersten Fall eines "Schachteldramas" vor uns haben: Akt III ist nichts anderes als ein solches "Spiel im Spiel". Weitaus das bedeutendste Drama Har9as ist der Nagananda ("Die Schlangenwonne") .16 Das Stück besteht aus fünf Akten, die stofflich in drei sehr verschiedenartige Teile zerfallen. Die ersten drei Akte schildern, wie der Geisterprinz Jrmutavähana die Prinzessin Malayavat1 zur Frau gewinnt. Das bis dahin zarte und verhaltene Stück gewinnt im dritten Akt einen gänzlich neuen Akzent: Es wird eine ausgelassene Hochzeit gefeiert, wobei ein betrunkener vi~a (vgl. S. 181) auftritt. Die beiden letzten Akte haben wieder ganz anders geartete, nämlich buddhistische Züge. Der Geisterprinz findet einen Haufen Knochen und stellt fest, dass diese von Schlangen herrühren. Er bringt in Erfahrung, dass der Schlangenherrscher mit seinem Erzfeind, dem Vogel Garu<;la, einen Vertrag geschlossen hat: Damit der Vogel nicht sämtliche Schlangen ausrottet, wird ihm
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täglich eine Schlange zum Fraß präsentiert. Jimutavahana erlebt voller Entsetzen, wie das nächste Opfer herangeschleppt wird, und beschließt, sich an dessen Stelle selbst zu opfern. Alsbald packt ihn der Raubvogel und zerreißt ihn, bemerkt aber dann seinen Irrtum und will ihn durch Selbstverbrennung sühnen. Jimutavahana, der noch sprechen kann, überzeugt ihn von der Sinnlosigkeit des Freitodes und belehrt ihn ganz wie ein Anhänger des Mahayana-Buddhismus über das Gebot, kein Lebewesen zu töten. Jedoch nicht Har~a gilt als größter Dramatiker nach Kalidasa, sondern diese Ehre wird mit Recht dem Bhavabhuti zuerkannt. 17 Von ihm wissen wir, dass er in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts am Hofe des Königs Yasovarman von Kanauj lebte. Er war von brahmanischer Abkunft, ~war offenbar ein überaus welterfahrener, kultivierter Mann und besaß eine hohe Bildung. Als Mensch muss er sehr ernst gewesen sein, denn nach Humor wird man in seinen Werken vergeblich suchen. Bhavabhutis Stücke ragen durch kunstvolle Sprache hervor; sie ist streckenweise so schwierig, dass sie nur einem esoterischen Publikum verständlich gewesen sein kann. Überhaupt gleichen seine Werke eher Erzählungen, als dass sie sich gut für die Bühne eignen würden. Dabei gelingt es ihm aber in hervorragender Weise, Emotionen, Heroismus und Pathos zu gestalten. Bhavabhuti hat drei Dramen verfasst; zwei von ihnen behandeln Stoffe aus dem Ramayaifa. Das Mahaviracarita ist ein umgestalteter Auszug aus den Kal_l~as I bis VI und schildert in sieben Akten, meistens in Form erzählender Dialoge, die Schicksale Ramas und Sitas bis zur Heimkehr aus Lanka. 18 Der Grundton des Stückes ist heldisch. Das ebenfalls sieben Akte umfassende Uttararamacarita bildet gewissermaßen seine Fortsetzung. 19 Es bezieht sich auf Kal_l~a VII des Ramaya.1;a und schildert die Liebe des berühmten Paares, dann aber die Verstoßung Sitas durch Rama. Den Originalstoff hat der Dichter teilweise stark abgewandelt. Neu ist etwa Ramas Zusammentreffen mit der Waldgottheit Vasanti; er sieht - wieder in der Form des Schachteldramas ein Schauspiel von Elfen, das Sitas Unschuld darlegt. Die Sprache ist in diesem Stück besonders kunstvoll; die Gefühle sind pathetisch, auf die Erweckung von Mitleid abgestimmt. Als bedeutendstes Drama Bhavabhutis aber gilt Malatimadhava, ein Prakaral).a in zehn Akten. 20 Der Stoff, eine Liebesgeschichte, ist augenscheinlich von dem Dichter selbst erfunden worden: Malati, die Tochter eines Ministers, und der Ministerssohn Madhava lieben einander, und beider Eltern billigen und unterstützen dieses Verhältnis (insofern ist der Vergleich, den man zwischen Malatimadl1ava und Romeo und Julia gezogen hat, unzutreffend). Aber der König wünscht eine Ehe zwischen :Vlalati und seinem Günstling Nandana. Bei der Lösung dieses Konflikts spielt die eigentlicheHeldindes Stückes, die buddhistische Nonne Kamandaki, eine entscheidende Rolle. Immer wieder ermutigt sie die Liebenden; in ihrer so gar nicht nonnenhaften, sondern sehr weltklugen und
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dabei mütterliche n Art hilft sie alle Schwierigke iten zu überwinden . Schließlich kann das Paar heiraten. - Bei aller Verhaltenhe it der Kritik ist Bhavabhüti s Anklage gegen Despotemvi llkür und Günstlingsw irtschaft am Hofe unübersehbar. Der Dichter erweist sich in diesem Stück als ein Mann, der die \Velt und das Leben, nicht zuletzt auch die Liebe kennt und den im Drama so ergreifend dargestellte n Liebeskumm er sicherlich selbst einmal gespürt hat. Aber der Dichter liebt auch die Kontraste. So zeichnet er im fünften Akt ein grausiges Bild der vielarmigen , schlangenum wundenen Göttin CamuJ:t<;la, einer Form der Durga, ein Bild, dessen Schrecknisse die der Walpurgisn acht aus dem Faust in den Schatten stellen.
Anmerkung en 1 Vgl. zunächst S. 170, Amn. 1. Insbesondere wird auf G. Huth: Die Zeit des Kalidasa (Berlin 1890) verwiesen, außerdem vgl. N. M. Ivanova: Kalidasa. Bio-bibliograficeskij ukazatel' (Moskau 1957); V. Raghavan: Bibliography ofTranslation s of IGlidasas Works (Indian Literature, XI, 1968). Das IGlidasa-Lexi con von A. Scharpe enthält in Bd. I u.a. die Texte der Dramen (Brügge 1954-1964). - Dass Kälidäsas Werke auch für sozialhistorische Untersuchung en zu verwenden versucht wurden, zeigt die Studie von B. S. Upadhyaya: India in IGlidasa (2. Aufl., Delhi 1968).- Eine Gesamtausga be von Kälidäsas Dramen zusammen mit englischer Übersetzung lieferte C. R. Devadhar (Neudruck Delhi 1972). Alle Dramen wurden ins Russische übersetzt von K. Balmont: Kalidasa, Izbrannoe (Moskau 1955). Deutsche Übersetzung von J. Mehlig: Kalidasa, Werke (RUB, Nr. 949, Leipzig 1983). 2 Ausgabe des lv[alavikagnimitra mit Übersetzung ins Englische und mehrere neuindische Sprachen von M. R. Kale (Bombay 1960). Deutsche Übersetzunge n von A. VVeber (Berlin 1856), von L. Fritze (RUB, Nr. 1598, 1882) sowie zahlreiche Übersetzunge n in andere Sprachen. Eine Textadaptatio n für die Bühne lieferte L. v. Schroeder unter dem Titel Prinzessin Zofe (München 1902). Besser und originalgetreu er ist die Bühnenfassun g von L. Feuchtwauger (München 1917; Neuausgabe Leipzig 1969 und 1976, RUB, Nr. 453). Anlässlich der Internationale n Sanskrit-Konf erenz, die im März 1975 in Berlin stattfand, wurde das Stück in Plauen inszeniert. 3 Ausgabe und Übersetzung des '\likramorvaSiya von H. R. Karnik und S. G. Desai (Bombay 1959). Ausgabe mit lateinischer Übersetzung von R. Lenz (Berlin 1833). Weitere Ausgaben von H. D. Velankar (Delhi 1961); von M. R. Kale (11. Aufl., Delhi 1967). Übersetzung von L. Fritze (Leipzig 1880). 4. Ausgaben der bengalischen Rezension der Sakuntala: von A. L. de Chezy (Paris 1830) und von R. Pischel (Kiel 1877), wobei diese Ausgabe besonders bekannt geworden ist durch die Neuauflage als Bd. 16 der Harvard OrientalSerie s (Cambridge [Mass.]1922). Übersetzunge n der bengalischen Rezension von W. Jones (Calcutta 1789). Diese Arbeit wurde zum Ausgangspun kt der Übersetzung von J. C. Forster (Mainz und Leipzig 1791),
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von L. Fritze (Chemnitz 1877), von :rvi. B. Emeneau (Berkeley [Calif.]1962) und von J. Mehlig (Zürich 1987). 5 Ausgaben der Devanagari-Reze nsion der Sakuntala von N. B. Godabole und K. P. Parab in der Nirnaya Säga.ra Press (Bombay 1883 und 1922). Ausgabe mit Übersetzung von 0. Böhtlingk (Bonn 1842) sowie von M. V'lilliams (3. Aufl. als Bel. 12 der Chowkhamba Sanskrit Studies, Varanasi 1961). Übersetzung von H. C. Kellner (RUB, Nr. 2751, Leipzig 1890). 6 Ausgabe der Kashmiri-Rezens ion der .Sakuntala von K. Burkhard (Wien 1884). 7 Ausgabe der südindischen Rezension nur in eine!Tl unkritischen Druck (Srirangam 1917). 8 Ausgabe der Mithila-Rezensio n der Sakuntala von R. N. Jha (Darbhanga 1957). 9 Die Arbeiten zur Textkritik der Sakuntala standen weitgehend im Zeichen des wissenschaftlichen J'vfeinungsstreites. V gl. R. Fische!: De Kalidäsae Sakuntali recensionibus (Diss., Breslau 1872), worin der bengalischen Rezension die größte Ursprünglichkeit zugeschrieben wird; dagegen die Kritik A. Webers in Bel. 14 der Indischen Studien. 10 Den Versuch, eine "Ur-Sakuntala" zu rekonstruieren, unternahm C. Cappeller (Leipzig 1909). 11 Eine Einrichtung der .Sakuntala für Ballett sta!Tlnlt von C. Teile (Wien 1884). In England wurde ein Sakuntalä-Ballet t mehrfach aufgeführt. 12 Entsprechend seiner herausragenden Bedeutung hat das Mudrarak.<;asa zahlreiche Editionen und Übersetzungen gefunden. Die bekannteste Ausgabe ist die von A. Hillebrandt (Breslau 1912, Neudruck 1984). VI/eiter sind an Editoren zu nennen: K. T. Telang in Bd. 27 der Bombay Sanskrit Series (1884, 7. Aufl. 1928) und M. R. Kaie (Bombay 1900, 7. Aufl. Delhi 1983). Ausgabe mit Übersetzung von K. H. Dhruva (Allahabad 1900, 3. Aufl. 1930). Das VVerk wurde übersetzt von L. Fritze (RUB, Nr. 2249, Leipzig 1886); von V. G. Erman (Moskau 1959); von J. A. B. van Buitenen in: Two Plays of Ancient India (Delhi 1971), von M. R. Kale (Delhi 2000). Studie von W. Ruben: Das Siegel und Raksasa (Berlin 1956).- Über die bahnbrechende Mudraraksasa-A ufführung am Deutschen Nationaltheater \Veimar infornüert ausführlich: A.fudrarakshasa oder Des Kanzlers Siegelring. Dokumentation einer Inszenierung am Deutschen Nationaltheater VVeimar unter der Regie von Vijaya Mehta und Ftitz Bennewitz, herausgegeben von \V. Morgenroth unter Mitarbeit von R. Beer (Berlin 1979). 13 Gesamtausgabe der drei Dramen Har~as mit Übersetzung von Bak Kun Bae (1964). 14 Ausgabe der Ratnava11 von K. P. Parab in der Nirifaya Sägara Press (Bombay 1895), ferner von C. Cappeller in der Sanskrit-Chresto mathie von 0. Böhtlingk (St. Petersburg, 3. Aufl. 1909). Übersetzung von L. Fritze (Chenmitz 1879). 15 Ausgabe und Übersetzung der Priyadarsikä von G. K. Nariman, A. V. \'\l Jackson und C. J. Ogden (New York 1923, Neudruck 1965). 16 Ausgabe des Nagananda von T. Gal)apati Sastrl in den Trivandrum Sanskrit Series ( 1917). Übersetzungen von P. Boyd (London 1872), H. Wartham (London und New York 1911), L. Devi (Delhi 1988) sowie französisch von A. Bergaigne (1879). 17 Über die Bedeutung Bhavabhütis unterrichten am besten A. Borooah: Bhavabhiiti and
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His Place in Sanskrit Literature (Calcutta 1877, Neudruck 1971); V. V . .\1irashi: Bllavabhilti, His Date, Life a.nd Works (Delhi 1974). 18 Ausgaben des Mahavfracarita von T.
~fall
(Lahore 1928) und A. Borooah (Neudruck
Gauhati 1969). Übersetzung von J. Pickford (London 1871, Nachdruck 1892). 19 Ausgaben des [;ttararamacarita von S. K. Belvalkar (Poona 1921), von M. R. Kale (Delhi 1988) und von P. V. Kane, zusammen mit einer Übersetzung von C. N. Joshi (4. Aufl., Delhi Hl62, 5. Aufl. 1970). Außerdem Übersetzungen von C. H. Tawney (Calcutta 1871) und von S. K. Belvalkar in den Harvard OrientalSeries (Cambridge [Tviass.J 1915); französische Übersetzung von N. Stchoupak (2. Aufl., Paris 1968). Studie (unveröffentlichte Diss.) von R. Reichert (Berlin/DDR 1982). 20 Das Mala.tfmädhava wurde herausgegeben und übersetzt von M. R. Kale (Bombay 1913. 3. Aufl. 1967). Ausgaben ferner von Ch. Lassen (Bonn 1832) und R. G. Bhandarkar (Bombay 1876, 3. Aufl. überarbeitet Yon V. V. Mirashi, Poona 1970); kritische Ausgabe von l\L Coulson (Delhi 1989): Ausgabe mit Übersetzung von Bak Kun Bae (Neudruck Delhi 1992). Übersetzung von L. Fritze (RUB, Nr. 1844, Leipzig 1884).
d) Die nachklassischen Dramen
Bhavabhuti ist der bedeutendste Dramendichter nach Kalidasa. Nach ihm entstehen zwar zahlreiche weitere Stücke, die a.ber den Stempel des Epigonentums tragen und Ideengehalt und Ausdruckskraft ihrer Vorgänger nur noch in Einzelfällen erreichen. Am nächsten steht der klassischen Zeit noch der Ver;Ji.sa.JnhaTa ("Das Binden der Haarfiechte") von BhaHa Narayai_ta. 1 Das Stück mag um 700 entstanden sein. Der Stoff stammt aus dem lvlallabhaTa.ta.: Er beinhaltet die Beleidigung der DraupadT durch Dul:u3asana und die Tötung des Duryodhana durch BhTma. Um 900 wirkte der Dichter Rajasekhara, dessen Ruf im alten Indien ein sehr bedeutender war, später jedoch wieder etwas verblasst ist. Er besticht durch seine geschliffene Sprache, die Verwendung eines reichhaltigen Vokabulars und den Einsatz vieler kunstvoller Metren. Inhaltlich sind seine Werke jedoch meist lang>veilig. Das gilt besonders für seine aus den Epen abgeleiteten Stücke. Das Rama:va1_1a lieferte den Stoff für das Bala.Tamaya.I_la. 2 In zehn Akten verarbeitet das Stück recht weitschweifig den Inhalt des Epos bis zur Krönung Ramas. Eine von Rajasekhara stammende Variante ist die Umprofilierung des Ravai_ta: Dieser ist hier mehr ein sehnsüchtiger Liebhaber als ein wilder Dämon. Ein weiteres Stück dieses Dichters ist das BalabhaTa.ta, das, wie schon der Name sagt, vom lVIahabhaTata. ausgeht. 3 Es führt auch den Namen PTaca.l_lqapai_lqav·a, umfasst zwei Akte und ist unvollständig überliefert. Der erste Akt hat die Gattenwahl (svayamvaTa) der DraupadT zum Inhalt, der zweite Akt behandelt die große ·würfelszene und den Auszug der Pal).<;lavas in den \Vald.
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
Mit Recht ist das dritte Drama Rajasekharas ambekanntesten geworden. Es ist ein Lustspiel mit gesellschaftskritischen Akzenten und heißt nach der Titelheidin Karpiiramaiijar1. 4 Vor dem König Cm:t<;lapala rühmt sich ein Anhänger des Tautrismus seiner zauberischen Kräfte: Er könne den .Mond auf die Erde herabholen, die Götter sichtbar machen und anderes mehr. Auf \1\Tunsch des Königs zaubert er diesem ein Mädchen, eben besagte Karpuramaiijar1, vor, in welche sich der König alsbald verliebt. Die Handlung weist nun Parallelen zum Malavikagnimitra. auf: Die Königin legt der Verbindung mit einer zweiten Frau Schwierigkeiten in den Weg, die sich nur muhevoll beseitigen lassen. Auffallend ist die satirische Schärfe, mit der gegen die Anhänger des Saktismus (vgl. S. 123) vorgegangen wird. Überhaupt ist das Stuck witzig und geistvoll, mitunter auch recht derb. Eine Besonderheit besteht darin, dass es nicht nur Prak~·t- Passagen enthält, sondern dass es vollständig in Prak~-t abgefasst ist. Durch die vielfache Verwendung von Alliteration, Binnen- und Schlussreimen, die an Jayadevas G1tagovinda erinnert, erhält das Stuck eine eigenartige und einprägsame Tonmalerei. Überdies handhabt der Verfasser geschickt die Möglichkeiten zur Kontrastbildung und verwendet demgemäß mehrere heterogene Stilarten. Recht große Bedeutung hat das allegorische, sechs Akte umfassende Drama Pra.bodhacandrodaya ("Mondaufgang der Erkenntnis") von K:r~r.tamisra, das gegen 1100 verfasst wurde. 5 In diesem \1\Terk verherrlicht der Dichter die Vedanta-Philosophie (vgl. dazu S. 209), deren monistisches Prinzip fur ihn nun nicht das Brahman der Upanismden, sondern der Hochgott Vi~I:tu ist. Das Stuck ist überaus geistvoll und in der Personenbesetzung einzigartig. Alle auftretenden "Personen" sind nämlich Abstrakta, zum Beispiel Maya (die Illusion), Manas (der Geist), Rati (die Liebe), Lobha (die Gier), Ahamkara (der Egoismus), Krodha (der Zorn), Karm:ta (das Mitleid). Das betont parteiliche Stück wendet sich gegen alle vom Vedantismus abweichenden Lehrmeinungen, besonders gegen Lokayata (den Materialismus), aber auch gegen die nichtorthodoxen Religionen. Im Kampf wird Lokayata überwältigt, Buddhisten und Digambaras werden in die Flucht geschlagen. Trotz seiner eigentümlichen "Personenbesetzung" wirkt das Stück keineswegs abstrakt, sondern stellt dichterisch eine gute Leistung dar. Selbst an Humor mangelt es dem Prabodhacandrodaya nicht: Die feindlichen Priester, besonders die Tantristen, werden auf recht amüsante Weise glossiert. Die Beliebtheit, die sich das Stück in Indien errang, zeigt sich nicht zuletzt in der Tatsache, dass es vielfach imitiert wurde. Im 10. Jahrhundert verfasste K~em1svara das aus fünf Akten bestehende Stück Ca1!c;lakausika.. 6 Es verarbeitet die aus dem Markalfc;leya-Purli.Ifa herübergenommene Legende vom König Hariscandra. Der \"'eise Visvamitra spricht gegen Hariscandra einen Fluch aus. Zur Lösung desselben verlangt er tausend Goldstücke. Der König verkauft, um die Summe erlegen zu können, Weib und Kind und verdingt sich schließlich als Friedhofswächter. So erreicht er es, dass
Die dramatische Literatur
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wenigstens sein Sohn den Thron wieder besteigen kann. Das Stück ist ausgesprochen düster. Manche Beschreibungen sind so schreckenerregend, dass sich -von bestimmüm Passagen bei Bhavabhuti abgesehen- in der altindischen Literatur dafür kaum Parallelen finden lassen. Ein Beispiel für ein Drama vom Typ Iham~·ga lieferte etwa um 1200 Vatsaraja, der als Minister am Hofe des Königs Paramardideva (Regierung von 1163 bis 1203) tätig war. In seinem RukmiiJiharai_la beschreibt er die Entführung der Rukmirp- durch K~·~r;ta. Von Vatsaraja stammen noch fünf weitere Dramen. 7 Wir wollen das weite Gebiet der altindischen Dramatik mit einem Blick auf einen Dramentyp verlassen, welcher Fröhlichkeit verheißt: die prahasanas (vgl. S. 180). Lustspiele sind in nur geringer Zahl überliefert; es werden auch kaum viele verfasst worden sein. Wahrscheinlich das älteste und wohl auch das gehaltvollste Werk dieser Art ist der Matta.vilasa ("Das Spiel des Betrunkenen"). Das aus einem einzigen Akt bestehende Stück wurde vom Pallava-König Mahendravikramavarman verfasst; dies geschah jedenfalls im 7. Jahrhundert, möglicherweise um 620. Mattavilasa ist gesellschaftskritisch von großer Bedeutung und stellt eine in ihrer Schärfe damals unerreichte Abrechnung mit den parasitären Asketen und \Vandermönchen dar. 8 Ein sivaitischer Asket führt als Almosenschale einen Totenschädel mit sich, verliert diesen und beschuldigt einen buddhistischen Asketen des Diebstahls. Dieser Handlungskern ist mit großem Geschick (und viel Mut- der Verfasser musste schon ein König sein, um sich in dieser \Veise über die einflussreichen und sich allgemein hoher Wertschätzung erfreuenden Asketengemeinschaften auslassen zu können) ausgeführt. Die offenherzige, derbe Komik verfolgt jedoch nicht bloße Unterhaltung, sondern ein moralisches Anliegen: die Entlarvung der unsittlichen Exzesse heuchlerischer Asketen, die von der Gutgläubigkeit der Mitmenschen leben. Das Niveau des j\![attavilasa wird von den in den folgenden Jahrhunderten verfassten Prahasanas nicht erreicht. Diese sind fast ausschließlich auf bloße Unterhaltung bedacht und von entsprechender Ausgelassenheit. Als Beispiel möge Sankhadhara Kavirajas Latakamelaka aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts angeführt werden. Das Stück spielt im Bordell und lebt vorwiegend von den Streitigkeiten der Besucher um die Dirnen. 9 Auch in der Ära der mohammedanischen Herrschaft, ja bis zur Gegenwart sind in Indien Dramen geschrieben worden. Ihre Thematik spannt sich von den großen Epen bis zu kuriosen Historiographien. Im Laufe der Zeit wurden immer mehr volkstümliche Abarten und selbst Schattenspiele entwickelt. Die dramatische Produktion empfing ihre Anregungen vorzugsweise und immer wieder von neuem durch die klassischen ·werke der Vergangenheit, deren Vorrangstellung allerdings auch die Herausbildung eines neuen Schaffens erschwerte.
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DIE KLASSISCHE LITERATUR
Anmerkungen 1 Ausgabe des Yei_JisariJhara unter dem Titel Die Ehrenrettung der Königin. Ein Drama in 6 Akten von J. Grill (Leipzig 1871). V\7eitere Ausgabe von K. P. Parabin der Nin_1aya Sagara Press (Bombay 1913). Ausgabe mit Übersetzung von S. Visvanathan (Madras 1961). Übersetzung auch von S. :11. Tagore (Calcutta 1880). 2 Ausgabe des Ba1aramaya1la von .J. Vidyasägara ( Calcutta 1884). :3 Ausgabe des Balabharata von C. Cappeller (Straßburg 1885). 4 Die Karpiiramaiijar1 wurde kritisch ediert von S. Konow und übersetzt von C. R. Lauman, beides zusammen in Bd. 4 der Harvard Griental Series (Cmiibridge [Mass.] 1901. Neudruck Delhi 1963). 5 Editio princeps des Prabodliacandrodaya von H. Brockhaus (Leipzig 1835); Ausgabe auch von V. L. Pai_ls!kar in der Nirnaya Sägara Press (2. Aufi., Bombay 1904). Übersetzungen von J. Taylor (London 1812, 4. AufL Bombay 1916) und von Th. Goldstücker ( Königsberg 1842). 6 Edition und Übersetzung des Candakausika von S. Dasgupta in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1962). Übersetzung von L. Fritze (RUB, Nr. 1926, Leipzig 1883). 7 Ausgabe der Dramen Vatsarajas in den Gaekwad's Griental Series, 8 (Baroda 1918). 8 Ausgabe des Mattavilasa von T. Gm_1apati Sästr! in den Trivandrum Sanskrit Series (1917). Übersetzung von J. Hertel unter dem Titel Die Streiche des Berauschten (Leipzig
1924); ferner von L. D. Barnett im Bulletin of the School of Grientaland African Studies, 5 (London 1930). Ausgabe und Übersetzung von N. P. Unni (Delhi 1998).- Allgemein zum altindischen Lustspiel C. P. Shukla: Sanskrit Prahasanas (Vallabh Vidyanagar 1987). 9 Ausgabe des La~akamelaka als Bd. 20 der Kävyamälä (Bombay 1889).
Die philosophische und wissenschaftliche Literatur
1. Einfülll'ung
Soll ein einigern1aßen umfassender Einblick in die literarischen Leistungen der alten Inder gegeben werden, so verdient auch die philosophische und wissenschaftliche Literatur angemessene Berücksichtigung. Denn auch sie hat ihren beachtlichen Beitrag zur Weltkultur geliefert und ist gleichzeitig ein Spiegelbild der Entwicklungsphasen, die die altindische Gesellschaft durchlaufen hat. Im Rahmen dieser Literaturgeschichte müssen wir uns allerdings darauf beschränken, die Hauptwerke zu besprechen und durch bibliographische Hinweise den Leser in die Lage zu versetzen, dass er auch ganz speziellen Fragen nachgehen kann. Allein die Geschichte der philosophischen Literatur Altindiens ist ein viel zu umfangreiches Gebiet, als dass es hier systematisch dargestellt werden könnte. Schon ein Blick in vorhandene philosophiegeschichtliche Abrisse 1 lehrt, wie reich und vielfältig die von den Indern entwickelten philosophischen Ideen sind. Die indische wissenschaftliche Literatur 2 geht auf sehr alte Zeiten zurück und hat ihre Wurzeln im Vedii11ga. Sie verdankt ihre Entstehung außer der Naturbeobachtung, wie sie zum Beispiel Ackerbau und andere Tätigkeiten mit sich brachten, vor allem der vedischen Opferritualistik, die in der altindischen Gesellschaft mindestens ein halbes Jahrtausend lang alle geistigen Bestrebungen einschloss. Für die meisten Opferfeste waren turnusmäßige Zeitpunkte zu bestimmen - dies führte zur Astronomie; für die Abhaltung der Opfer war die Anlage bestimmter Stätten vorgeschrieben - dies führte zur Geometrie; während der Opfer wurden lang überlieferte Sprüche rezitiert und Melodien gesungen - dies führte zur Phonetik, Metrik, dann auch zur Grammatik und Etymologie; die Tieropfer wiederurn führten zur Anatomie. Alle diese Wissenschaftskeime sind in Sutras niedergelegt, deren eigenartig konzisen Stil wir bereits besprochen haben. An die Srauta- und G~,hyasutras schließen sich die Dharmasutras, und diesen folgen die eigentlichen (post vedischen) Lehrbücher, die Sastras. Mit ihnen beginnt eine qualitativ neue Entwicklung: Die Wissenschaft entfernt sich mehr und mehr vom Veda, wird also unabhängiger und selbstständiger; gleichzeitig bilden sich neue Wissenschaftszweige heraus: Staatskunst, Poetik, Erotik, aber auch Edelsteinkunde, Elefantenheilkunde und viele andere Disziplinen. Für die wissenschaftliche Systematik haben die alten Inder eine besondere Vorliebe gehabt und sie auch auf Gebiete angewandt, die
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
nach landläufiger Ansicht a.ußerha.lb der \Vissenscha.ften stehen. Beispielsweise gibt es ein Lehrbuch, in dem systematisch die Diebeskunst behandelt wird. 3 Auch die Formen, in denen diese Lehren vorgetragen werden, vermehren sich. Neben den weiterhin bestehenden Sutras gibt es jetzt auch gelehrte Prosakommentare ( bhi:if?ya) und Merkverse, die meist in die Sutras eingelagert werden (karika). Je weiter die Zeit fortschreitet, desto mehr wird die Abfa.ssung wissenscha.ftlicher \Verke in Sloka-Versen üblich. Da., wie wir gesehen haben, die ~Wissenschaft ursprünglich den Belangen des Opferrituals zu dienen hatte, blieb ihrer Literatur gegenüber der Ritualliteratur relativ lange Zeit nur eine sekundäre Rolle. Sie wurde daher auch nicht mit der gleichen Sorgfalt konserviert. So sind leider viele - und rneist gerade die ältesten- \Verke dieser Art verlorengegangen, weil sie im Laufe der Zeit durch neuere Arbeiten ersetzt wurden.
Anmerkungen Von den Kompendien der indischen Philosophiegeschichte können hier nur einige genannt werden. W. Ruben: Geschichte der indischen Philosophie (Berlin/DDR 1954) geht von materialistischen Positionen aus. Ein Quellenbuch stammt von S. Radhakrishnan und C. A. Moore: A Source Book in Indian Plülosopl1y ( 4. Aufl., Princeton 1964). Für den Fachwissenschaftler anzuraten E. Frauwallner: Geschichte der indischen Philosophie (2 Bde., Salzburg 1953-1956). Sehr materialreich S. N. Dasgupta: A History ofindian Philosophy (5 Bde., London 1922-1955, Neudrucke 1955-1965 und Delhi 1988). Ein auch für den Nichtfachmann geeigneter Abriss von 0. Strauß: Indische Pllilosophie (München 1925, Neudruck Nendeln 1973). Vgl. ferner S. Radhakrishnan: Indian Philosophy (London 1927), deutsch von R. Jokkel (Baden-Baden 1955/56); H. Zimmer: Philosophie und Religion Indiens (Zürich 1961, Neuausgabe Frankfurt/M. 1976); H. v. Glasenapp: Die Philosophie der Inder ( 4. Aufl., Stuttgart 1985). Auch Albert Schweitzer hat sich dieser Thematik zugewandt: Die Weltanschauung der indischen Denker (München 1935, Neuausgabe München 1987). Materialistisch fundiert ist M. Roy: Istorija indijskoj filosofii (Moskau 1958). 2 Eine Übersicht über die Geschichte der Wissenschaftsdisziplinen in1 alten Indien geben die folgenden Werke: D. M. Bose u.a. sind die Herausgeber von A Concise History of Science in India (New Delhi 1971). Das Buch beschränkt sich auf die Naturwissenschaften. 0. P. J aggi: History of Science and Technology in India (2 Bde., Delhi 1969) und S. Prakash: Founders of Seiences in Ancient India (New Delhi 1965) sind ebenfalls sehr informative Materialsammlungen. 3 Ein solches Lehrbuch der Diebeskunst ist der $arm1Ukha.ka.lpa., herausgegeben und übersetzt von D. George (Diss., 2 Bde., Marburg 1966).
Die philosophische Literatur
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2. Die philosophische Literatur
Bereits in der ~ksaJnhita traten Gedanken in Erscheinung, die a.ls Vorformen oder Keime philosophischer Vorstellungen gelten dürfen, wenn man ihr Gewicht auch nicht überbewerten darf. 1 ~gveda X, 129 ist ein bekanntes Beispiel. 2 Auch in den Brahmar;as hatten wir Gedanken mit philosophischer Prägung gefunden, wozu etwa die Identifikationen oder der Prioritätsstreit von Manas und Vac gerechnet werden dürfen. 3 Erst die Upani~aden aber zeigen offensichtlich die Auseinandersetzung von Idealismus und Materialismus über die Grundfrage der Philosophie. 4 Neben der Lehre von Karma und Sarnsara sowie der Identität von Brahman und Atman- neben idealistischen Konstruktionen alsofinden wir materialistische Prinzipien. Allerdings ist zu betonen, dass auch in den Upani9aden ein eigentliches System der Philosophie noch nicht entwickelt wird. Gleiches gilt für die Epen. 5 In der Bl1agavadgita finden sich schon in den jüngeren U pani~aden aufgetretene Sarnkhya-Yoga- Ideen neben ausgeprägtem Theismus, überschneiden sich Brahmanen- und K~atriya-Argumente. Ähnliche Uneinheitlichkeit zeigt sich im Mok~adharmaparvan des Mahabharata. Erst relativ spät sind die philosophischen Gedanken der Inder in Systeme gebracht worden. Traditionell zählt man ihrer sechs. 6 In Wirklichkeit sind es mehr als doppelt soviel. Die betreffenden sechs Systeme - ihre Namen sind M1mamsa, Sarnkhya, Yoga, Nyaya, Vaise9ika und Vedanta- gelten der Tradition aber insofern als zusammengehörig, als sie für orthodox angesehen werden. Der Prüfstein hierfür ist das Verhältnis zum Veda: Sie alle erkennen die Autorität des Veda an, wenngleich in praxi in sehr unterschiedlichem Grade. Von diesen sechs Systemen ( dar8ana) hängen je zwei- Sarnkhya und Yoga, Nyaya und Vaise9ika - untereinander eng zusammen. Von den außerhalb der Orthodoxie stehenden Systemen sind die Philosophie des Buddhismus und des Jinismus, vor a.llem aber des Materialismus zu erwähnen. Neben Einzeldarstellungen der philosophischen Systeme haben die alten Inder mehrere Kompendien abgefasst. Zu den ältesten gehört der $acjdar8anasamuccaya des Jinisten Haribhadra aus dem 8. Jahrlmndert. 7 Für das relativ hohe Alter dieser Sammlung spricht unter anderem auch die Tatsache, dass Buddhismus und Jinismus berücksichtigt wurden. Ferner entspricht die Aufstellung der Darsanas nicht der später üblichen. Lokayata (der Materialismus) scheint als klassisches System betrachtet worden zu sein. Dem berühmten Philosophen Sarnkara wird der Sa.rvadaniana.siddhantasaJngra.ha zugeschrieben. 8 \Vahrscheinlich entstammt er aber doch erst dem 10. oder 11. Jahrhundert. Das Werk zählt eine ziemlich bedeutende Anzahl von Systemen auf und gibt zum Beispiel eine vollständige Liste der buddhistischen philosophischen Schulen. Sein Standpunkt ist der des Vedanta. Das bedeutendste und wichtigste aller dieser Kompendien ist jedoch der 5arvadarsa.nasaJngraha. 9 Er wurde zwischen
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
1370 und 1380 in Südindien von dem verdienten Kommentator Madhava verfasst. Das \Verk behandelt insgesamt 16 Systeme, die der Kommentator in einer von seinem Standpunkt, dem Vedanta, gesehenen aufsteigenden Linie parteilich bespricht. So beginnt er mit der von ihm am meisten verachteten Lehre, der der Cärvaka (d.h. des Materialismus) und setzt seine Da.rstellung über Buddhismus, .Jinismus, die Lehre Rämänujas und Pun:taprajüas, vier sivaitische Systeme, Vaise9ika, Nyaya, PurvamTmari1sä, Pär,tinis System und Sämkhya bis zum Yoga fort. Den Schluss bildet die als eigentliche VVahrheit angesehene Vedänta- Philosophie.
Den Kern der traditionellen indischen Philosophie bilden die erwähnten sechs Darsana.s. Sie alle besitzen einen primären, in Sutra-Form gehaltenen Text. Die Autoren dieser Texte sind zwar überliefert, doch ihre Namen sagen uns nichts. Sie sind, selbst wenn sie historisch sein sollten, ohnehin ziemlich bedeutungslos, da die einzelnen Systeme nicht auf Schöpfer oder Stifter, sondern auf philosophische Schulen zurückzuführen sind. Auch die Basiswerke der Dar:3anas beruhen also schon auf langen Traditionen. Über das Alter der philosophischen Sutras lassen sich keine einigermaßen genauen Angaben machen. Das ist in diesem Falle nicht so schmerzlich, \'Vie man erwarten könnte, weil ~ wie soeben ausgeführt ~ die Sutras zur chronologischen Stellung ihrer Systeme kaum in Beziehung stehen. So ist zum Beispiel das Särnkhya wohl das älteste eigentliche Philosophiesystem, während die Särnkhyasutras eine besonders späte Zeitstellung einnehmen. Auch in anderer Hinsicht darf die Bedeutung der Sutras nicht übertrieben hoch veranschlagt werden: Oft wird sie nämlich von der der zahlreichen Kommentare und Subkommentare übertroffen. Eine Darstellung der Geschichte der indischen Philosophie ist also erst unter umfassender Heranziehung der Kommentare möglich. Am engsten mit dem Veda verknüpft ist die MTmärnsä, die auch unter dem Namen PurvamTmämsä ( d.h. die ursprüngliche Mimarilsä) bekannt ist. Sie heißt aber auch Karmamimari1sa, weil sie den vedischen Werkdienst, den Opferkult, in den Mittelpunkt stellt. 10 Ihre literarische Grundlage ist das Pürvamimamsasiitra, das einem gewissen Jaimini zugeschrieben wird. Die von manchen Autoren angenommene Entstehungszeit (200 v. Chr.) ist hypothetisch. Diese Lehre hat die folgenden Grundgedanken. Richtiges Opferwerk ~ sichert für die künftige Existenz ein günstiges Los. Demzufolge und nur dieses gibt es kein Schicksal und ist der Fatalismus abzulehnen. Die Notwendigkeit des Gottesbegriffs wird negiert; zwar werden die Götter des vedischen Pantheons anerkannt, nicht aber die Schöpfergötter Siva und Vi:~n:m. Überhaupt wird die Existenz eines Schöpfers und Richters der .Menschen (Theismus) bestritten. ::VIaßgebend allein sind die rituellen Gebote des Veda. Die ethische Grundlehre der Mimarnsä läuft also darauf hinaus, dass die religiöse Pflicht in der Erfüllung der rituellen Aufgaben, im Werkdienst, besteht. Dies alles geht also über die
Die philosophische Literatur
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Lehre der Brähma.l:tas nicht hinaus. \Vas aber die ]\IIlmärnsä auszeichnet, ist die scharfsinnige :Methode. Sie besteht in der Darlegung des Gegenstandes, der Außerung von Zvveifeln, der Argumentation des Gegners, der \Viderlegung derselben durch Be\veismittel und im Endergebnis. Als hauptsächliches Erkenntnismittel gilt die sprachliche Mitteilung, und dies nicht ohne Grund. Da die M1mär:i1sä ganz auf dem mündlich tradierten Vedawort beruht, wird das \Vort als Kategorie schlechthin in den Rang einer ewigen Realität erhoben. Jede Erkenntnis, die auf die Worte des Veda gegründet ist, gilt als richtig. Das führt zu dem Sophismus, dass jede Erkenntnis richtig ist, wenn sie nur das richtige Objekt vor sich hat, eme Anschauung, die nur eine Spielart des subjektiven Idea.lismus darstellt. Der älteste Kommentar zur M1mämsä stammt von Sabarasvämin, den manche Indologen zeitlich in das 1. Jahrhundert v. Chr. versetzenY Besonders wichtig für die Entwicklung der M1mämsa- Lehre aber wurde der Südinder Kumarila mit seinem Kommentar ,5Ioka.vaTttika., der um 700 verfasst worden sein könnteY Das vVerk ist voll von scharfsinnigen Überlegungen, die jedoch nicht selten in Haarspalterei ausarten. :Mit besonderer Heftigkeit wendet sich Kumarila gegen die Buddhisten; nach der Tradition soll er wesentlich zum Untergang des Buddhismus in Indien beigetragen haben. Über Gott und die Schöpfung äußert er sich so kritisch, dass rnanche seiner Argumente dem Materialismus entlehnt zu sein scheinen. Kumarila war es auch, der die M1mari1sa zu einer im altindischen Sinne klassischen Philosophie ausgestaltete, und zwar durch die Hereinnahme des Erlösungsbegriffes: Erlösung winkt dem, der die kultischen Riten richtig ausführt. Als "höhere M1märnsa" (Uttaram1marnsa) gilt das System des Vedänta, das auch noch im heutigen Indien die herrschende philosophische Richtung darstelltY Etwas grob gesprochen, ist das Verhältnis der beiden M1märi1sa das von BrähmaJfas und Upanis;aden: An die Stelle des Werkdienstes tritt die Kenntnis vom Brahman und von der Identität der Individual- nlit der Weltseele. Die Grundlage dieser Lehre als System sind die (auch Brahmasutras genannten) Vedäntasutras des Bada.räyai:ta. 14 Diese verwerten Stellen aus verschiedenen Upanis;aden, besonders aus der Chandogya.-Upa.nif?a.d. Ihre Datierung ist ganz ungewiss; die Indologen schwanken zvvischen dem 5. Jahrhundert v. Chr. und dem 3. Jahrhundert n. Chr. Vv. Ruben entscheidet sich etwa für die Zeitenwende; die Polemik gegen den Mahayana- Buddhismus indiziert aber wohl eine etwas spätere Zeitstellung, vielleicht sogar erst das 3. Jahrhundert. Die Vedantasutras bestehen aus 550 Aphorismen, die ohne Kommentar kaum verständlich sind und daher auch verschieden gedeutet wurden. Der Hauptinhalt ist folgender: Mit Spitze gegen das Säri1khya-System wird das Brahman als causa ma.teria.lis behauptet. Doch gilt - das ist wichtig - die \Velt hier noch als real und wird nicht als Scheinmanifestation (maya) angesehen. Das
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Schicksal ist gerecht, denn die Einzelschicksale sind durch die früheren Taten bestimmt. Die Individualseele (jiva) ist ein Teil des Brahman und somit ungeschaffen und ewig. Die Erlösung schließlich besteht darin, dass für denjenigen, der die Erkenntnis vom Brahman erlangt hat, das Karman-Gesetz seine Wirksamkeit verloren hat. Diese Ideen wurden in zugespitzter Form weitergeführt von Gaw;lapada in seiner Gaw;la.padYya.karika. 15 Nach den Vedantasutras ist es das älteste Werk dieses Systems und mag um 750 verfasst worden sein. Gaw;lapada geht von der Miil;H;liik_ya- Upanif?ad aus und entwickelt in 215 Merkversen ein System des strengen Monismus (kevaladvaita). Eine eigentliche Gedankenentwicklung gibt es hier ebensowenig wie in der Bhagavadg1ta. Neu ist aber die Betonung der Welt als bloße Illusion (maya), wobei Einflüsse des buddhistischen Negativismus mitgespielt haben mögen. Die höchste Wahrheit (pa.ra.maTtha) ist die Nichtzweiheit (a-dvaita). Wie ein geschwungener Feuerbrand den Schein von Lichtstreifen erzeugt, so entsteht durch die Bewegung des Bewusstseins der Schein von Entstehen und Vergehen, während in vVirklichkeit nichts vor sich geht. Demzufolge wird auchjegliche Kausalität abgelehnt. Zurückgewiesen wird somit gleichfalls die Lehre vom Sa1i1sara, da alles \iVerden als sinnlose Einbildung gilt. Als Erlösungsmittel empfiehlt dieser Protagonist des metaphysischen Idealismus das Leben in der Ruhe des Starren, der keinerlei Interesse an der Welt mehr hat. Die entscheidende Ausprägung aber erfuhr der Vedanta durch Samkara, der der orthodoxen Tradition als größter indischer Gelehrter überhaupt gilt. Über sein Leben ist kaum etwas bekannt. Es wird behauptet, dass er von 788 bis 820 gelebt haben soll. vVenn dies mit solcher Genauigkeit auch nicht bezeugt werden kann, so mag die generelle Zeitstellung ungefähr richtig sein. Heutzutage betrachtet man das System des Sarnkara als den Vedanta schlechthin; dabei ist aber zu berücksichtigen, dass wichtige Ideen Sari1karas in die Brahmasutras hineininterpretiert worden sind. Sa1nkara kommentierte eine große Zahl von U pani~aden sow1e die B11agava.dg1ta. Allerdings sind ihm wohl auch Kommentare zugeschrieben worden, an denen er keinen Anteil hatte. Mit Sicherheit sein Werk ist aber der Kommentar zu den Vedantasutras. Er führt den Namen .5aT1Takabha9ya. 16 Ihm folgen der Atma.bodha, eine Kurzfassung seiner Lehre in 67 Versen, 17 und noch andere Werke. Hier kommt überall der konsequente Monismus (adva.ita.) zum Ausdruck. Das Brahman schafft, regiert und zerstört die \Velt. Die Realität der Welt existiert für die niedere Wissenschaft, für die höhere ist dagegen die Welt reine Illusion. Die Seele ist nur ein Reflex des Brahman und also weder mit ihm identisch noch von ihm verschieden. Sari1kara hat also den strengen Monismus Gaw;lapadas beibehalten, ergänzt ihn aber durch den konventionellen Standpunkt, dass der empirischen Realität relative Wahrheit zugebilligt wird.
Die philosophische Literatur
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Um 850 verfasste der vielseitige Vacaspatimisra den sehr gelehrten Kommentar Bl1ama.tl. 18 Im 14. Jahrhundert schrieb der uns schon bekannte südindische Kommentator Madhava die Paiicadas1. 19 Diese hat viel zur Vermittlung der Vedanta-Lehre an das Indien der Neuzeit beigetragen. Von Madhava stammt auch der interessante Komrnentar Jlva.nmuktiviveka., in dem die Möglichkeit einer Erlösung schon bei Lebzeiten behandelt wird. 20 Um 1500 schrieb Sadananda den berühmt gewordenen Vedantasara, ein Handbuch zur Einführung in die Vedanta-Lehre, in dem jedoch auch SariJkhya-Ideen anklingen. 21 ~Wohl der berühmteste Nachfolger Samkaras aber war Ramanuja, ein im Jahre 1137 verstorbener Südinder. Der zu den Brahmasutras verfasste Kommentar Sribha9ya ist sein Hauptwerk. 22 Ramanuja verband den Vedanta mit dem Vi:;n:mismus. Seine Lehre ist die "besondere Nichtzweiheit" (visi9tadvaita). Die Einzelseelen und die unbelebten Dinge sind zwar realiter verschieden, finden ihre Einheit aber darin, dass sie den Körper Gottes bilden. Das Brahman ist nicht eigenschaftslos (v.,rie bei Sarnkara), sondern hat alle guten Qualitäten in höchster Potenz. Erlösung findet man über die Meditation. Die Tatenfolgen werden durch die hingebungsvolle Liebe zu Gott ( bhakti) und durch die göttliche Gnade überwunden. Samkara hatte seinem Monismus zuliebe alle Vielfalt für Schein erklärt. Ramanuja verwarf diesen Illusionismus und hielt- Einfluss der Pürvam1mari1sa- jede Erkenntnis für unfehlbar.
Ramanuja verfasste zum STibha9ya die Kurzfassung Vedantadfpa23 und noch weitere Kommentare. Im Vedarthasamgraha lässt er sich besonders die Zurückweisung der Maya- Konzeption angelegen sein. Nach der Zeit des Ramanuja entstanden in Indien noch viele \~Terke zum Vedanta, auf die hier nicht eingegangen werden kann, zumal sie teilweise bis in die Neuzeit reichen. Ihre Tendenz ist zunehmend sektarisch. Sie kultivieren die Bhakti-Lehre, aber auch den Siva-Kult. Von dieser letzteren Gruppe ist der PaTamartlJasara des Abhinavagupta besonders bemerkenswert. 24 Er wurde zwischen 993 und 1015 verfasst und zeigt eine förmliche Amalgamation des Vedanta mit dem kashmirischen Sivaismus. Das Werk besteht aus 100 )\ryaStrophen und verbindet Advaita- und Yoga-Ideen so eng, dass es von Sivaiten und Visn:miten gleichermaßen in Anspruch genommen wird. Das Sarnkhya-System, dem wir uns nunmehr zuzuwenden haben, hat seine einstige Bedeutung in der Neuzeit zwar eingebüßt, auf die Ideologiegeschichte Indiens aber in vielfacher Hinsicht einen so tiefgehenden Einfluss ausgeübt, dass es auch heute noch große Beachtung verdient. 25 Die Samkhya-Philosophie, die gegenüber dem Idealismus der Upani~aden eine Art Realismus vertritt, ist als erste in ein System gebracht worden. Zurückgeführt wird dieses auf Kapila, doch besagt der bloße Name wenig. Fest steht, dass die ihm zugeschriebenen Sarnkhyasütras durchaus nicht originär, sondern im Gegenteil sehr spät entstanden sind. 26 Im Sarvada.Tsanasa.mgraha., das etwa von 1380 datiert, werden
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DIE PHILOSOPHISCHE FKD WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
sie noch nicht erwähnt. Als erster kommentiert sie Aniruddha um 1500. Sie können also etv\'a zwischen 1380 und 1450 verfasst worden sein (R. Garbe). Die Keime der Sari1khya-Philosophie sind etwa 2000 Jahre älter! Eine Art Sarnkbya-Schule könnte schon vor 550 \'. Chr., vielleicht sogar schon um 700 v. Chr. bestanden haben und damit älter als Buddha sein. Ideen dieser Schule haben starken Einfluss auf die metrischen Upanis;aden, auf die Bha.gavadgTta, das 1\:fana.~c·a-Dharmasastra., ganz besonders aber auf die Pura1;a.s ausgeübt; gerade letztere beruhen philosophisch weitgehend auf dem Siiinkhya. Literarisch als System fixiert wurde das Sarnkhya dann von lsvarak~-~l;a. in seiner Sa1nkhya.karikaY Das ·werk, das man hypothetisch in das 4. Jahrhundert versetzt und das in Aryä-Strophen abgefasst ist, wurde um 560 in das Chinesische übertragen. Es formuliert den Standpunkt des Särnkhya in sehr präziser ·weise. Es beginnt mit einem Abriss der Logik und nennt unter anderem acht Bedingungen, unter denen etwas, obgleich vorhanden, doch nicht wahrgenommen wird. Die eigentliche Basis des Sarnkhya ist der Gegensa.tz zwischen Werden und Sein, Veränderung und Ruhe. Die Buddhisten hatten die Ruhe metaphysisch verlagert und nur Bewegung anerkannt, der Veclänta hatte das \Verden als Illusion bezeichnet. Nach dem Sarnkhya ist die Materie (praki;ti) in ewiger VVancllung begriffen; dagegen ist die Seele (puru9a) absolut ruhiger, unbeteiligter Geist. Die Materie entwickelt sich nicht durch ein äußeres Agens, etwa. das vVirken eines Gottes, sonelern aus sich selbst heraus. Dennoch war das Sari1khya nicht materialistisch, sonelern allenfalls dualistisch. Es hat den Materiebegriff idealistisch verändert: Die drei Elemente des Uclclälaka (Glut, w·asser, Erde) sindjetzt nur noch drei "Qualitäten" (gw;.a): Wahrheit beziehungsweise Güte (sattva), Leidenscha.ft (ra.jas), Finsternis beziehungsweise Schwere ( tamas). Gera.ten die drei gm;as ins Ungleichgewicht, entfaltet sich die prakrti. Ein solcher Versuch der Vermittlung zwischen Materialismus und Idealismus konnte auf die Dauer nicht von Erfolg begleitet sein. Der wichtigste einschlägige Kommentar ist die Siünkhyatatt1ra.kaumud1("Der Mondschein der Essenz des Sarilkhya") von Vacaspatimisra. 2 s Zu den Sarnkhyasutras verfasste Aniruddha um 1500 den Kommentar Sarilkhyasiitrav~·ddl1i. 29 Der ausführlichste Kommentar aber stammt von VijEtänabbik9u und ist Sarvapravacanabha9ya. betitelt. 30 Der Verfasser steht auf dem Standpunkt des Vedanta und ist bestrebt, zwischen diesem und dem Säri1khya zu vermitteln. Zu diesem Zweck ergänzt er die Kärikäs durch Dialoge mit Vertretern anderer Lehrmeinungen. Dass das Sari1khya wiederum den Vedänta beeinflusst hat, wurde schon weiter oben am Beispiel des 1/edantasara gezeigt. Eng mit dem Sarilkhya-System verbunden ist die Philosophie des Yoga. Sensationslust und Profitgier haben über Yoga die unsinnigsten Meinungen verbreitet; freilich muss sich die Darlegung der wirklichen Verhältnisse an dieser Stelle auf eine knappe Skizzierung beschränken. 31 Die Anfänge des Yoga reichen bis in
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die Zeit der vorarischen Induskultur zurück, aus der man Figuren in ausgesprochenen Yogapositionen gefunden hat. Praktischer Yoga - das vVort bedeutet Anspannung oder-Training - beinhaltet bestimmte körperliche Übungen (spezifische Arten zu sitzen, vor allem aber Atemrestriktion zur Verminderung der Absorption des Luftsauerstoffes) und damit einhergehende geistige Konzentration. Durch ein Heer von Scharlatanen ist der Yoga in Verruf gekommen, doch hat die moderne Medizin wieder auf Yogapraktiken zurückzugreifen begonnen beziehungsweise diese im Bereich des autogenen Trainings weiterentwickelt. Die philosophische Grundlage des Yoga bilden die Yogasutra.s 32 des Pata11jali. Es wird jetzt allgemein angenommen, dass dieser mit dem gleichnamigen Verfasser des Piil_:tini-Kommenta.rs 1\11a.habhlL?ya. nicht identisch ist. Letzterer gehört dem 2. Jahrhundert v. Chr. an, während die Yogasutras viel später entstanden sind: nach H. Jacobi sogar erst nach 450 n. Chr., jedenfalls aber nicht vor dem 2. oder 3. Jahrhundert. Das \ß/erk besteht aus vier Teilen, von denen der erste die Arten der Meditation, der zweite deren einzelne Methoden, der dritte die Erlangung v-on übernatürlichen Kräften und Fähigkeiten und der v-ierte die Erlösung als Befreiung der Seele behandelt. Vielfach bestehen enge Beziehungen zum Samkhya; in gewisser Weise ist Yoga theifiziertes Samkhya. Denn hier wird wieder der Gottesbegriff (1svaxa) eingeführt und Gott als besonderer puru9a, der frei von Karman und Unwissen, vielmehr allwissend und ewig ist, definiert. Neu sind auch der Atombegriff für die Materie und der Moment begriff für die Zeit. Dass, wie das Sa1i1khya lehrt, die Zeit eine Qualität der Materie ist, verwirft der Yoga und geht damit wieder einen Schritt zurück. Zeit ist für ihn nur ein Ablauf von Momenten. Damit wird die Veränderung ähnlich absolut überhöht wie im Buddhismus. Grundlage alles Werdens sind die fünf Plagen (kle.sa.): Nichtwissen, Ichwahn, Liebe, Hass, Lebenshang. Die Yogapraxis hat acht Grundgebote zu befolgen. Neben Geboten der allgemeinen Sittlichkeit (Keuschheit, Vermeidung v-on Lüge und Diebstahl) stehen hier auch die Regeln der Einnahme bestimmter Posituren und der Atemregulierung. Konzentration ist die Zurückziehung der Sinne von den Sinnesobjekten. Über Fixierung ( dl1arai_Ia), Meditation ( dhyana) und Versenkung (samadhi) gelangt die Seele zur Befreiung von ra.ja.s und tamas (Leidenschaft und Schwere). Als Autor des Kommentars 1roga.bha9ya.33 gilt ein mythischer Vyasa. Das Vlerk ist vor 650, aber kaum vor 500 entstanden. Es bildet wiederum die Grundlage für einen Subkommentar des Vacaspatimisra. Danach entstand eine große Zahl von praktischen Lehr- und Handbüchern. Svatmarama verfasste das aus 395 Strophen bestehende Lehrbuch Hatl1ayogapradipika. 34 Eine gewisse Berühmtheit hat auch die .Siva-8mnhita erlangt. 35 Das altindische System der Logik wird Nyaya genannt. Die::;es und das Vaise9ika-System sind eng miteinander verbunden und konvergieren schließlich.36 Bemerkenswert ist der große Anteil, den die Buddhisten an der Ent-
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wicklung der Logik hatten. Der älteste Nyaya hat bereits eine ausgebildete Erkenntnistheorie mit 16 Kategorien, auf die hier jedoch nicht eingegangen werden kann. 37 Die Quellen der Erkenntnis sind die Perzeption, die Analogie, der Vergleich und das glaubwürdige Zeugnis, eine Kategorie, die sich dem Praxisbegriff nähert. Grundlage sind die aus fünf Büchern bestehenden Nyayasutras, die dem Ak:?apada zugeschrieben werden. Die vorliegende Fassung ist eine bereits mehrfach überarbeitete. Die Schlussredaktion mag um 300 erfolgt sein, und man hat den Eindruck, dass die ursprüngliche Fassung älter als die Caraka-Samhita (s. S. 239) ist. 38 Der älteste Kommentar zum Nyayasutra ist das Nyayabhli.?Jya. Es wurde kurz nach 300 von Vatsyayana verfasst, der mit dem Autor des KamasiitTa nicht identisch ist. 39 Dabei handelt es sich weniger um einen Kommentar als um ein selbstständiges Werk, das in meist knappen Sätzen die Gedanken der Sutras fortführt. Bei der Aufzählung der Erkenntnismittel finden sich Einflüsse seitens des Materialismus. Gerade in erkenntnistheoretischer Hinsicht hat der Nyäya ein bedeutendes Niveau erlangt. Er bekäm~pfte auch den gefährlichen dualistischen Standpunkt (wie er unter anderem in der Bhagava.dg1ta zum Ausdruck kommt), man dürfe einen Körper als bedeutungslos töten; vielmehr ist derselbe Träger der Empfindungen und Instrument der Handlungen. Das Denken ist im Nyaya allerdings ein Attribut der immateriellen Seele. Aber es gilt auch nicht als ewiger Geist. Dies alles einschließlich der Logik unterscheidet den Nyaya vorteilhaft vom Vedanta.. Auffallend ist jedoch der Pessimismus: Das Leben ist nichts als Elend; objektiv gesehen, gibt es kein Glück. Im Vaise~ika und in der M1mamsa fehlt dieser Pessimismus. In der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts verfasste Uddyotakara einen Subkommentar zum Nyaya.bhiif?ya., das NyayaviiTttika. 40 Uddyotakara führte den Gottesbeweis in den Nyaya ein. Darin folgten ihm in weiteren Kommentaren Vacaspatimisra um 900 und Udayana im 10. Jahrhundert. Diese bisher genannten Werke bilden das Nyayasastra, den Kern des Nyaya, der auch "alte Schule" genannt wird, obwohl dies chronologisch nicht durchweg stimmt. Demgegenüber begründete der Buddhist Dignaga die mittelalterliche Logik. Schon un1 450 gab er auf den Materialismus des Nyayabhii.?Jya eine idealistische Antwort. Als wirklich erkennt er nur eine Kette von Augenblicken an; allgemeine Begriffe, wie hier die Zeit, hält er für Produkte der Illusion. Seine erkenntnistheoretische Hauptleistung war die Verbindung von Folgerung und Analogie. Die beiden Grundwerke Dignagas sind der PTa.mli1fasamuccaya41 , bestehend aus sechs Kapiteln, und der NyayapTavesa 42 . ~Während Dignaga von Uddyotakara kritisiert worden war, findet er in Dharmaklrti (7. Jahrhundert) einen Verteidiger, und zwar in dessen Nyayabindu. 43 Dieses Werk lehrt ausgeprägten Idealismus: Das von den Sinnen erfasste Reale ist der Moment. Das Sein wird geleugnet, und nur Beziehungen werden anerkannt.
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Gegen 1200 rief Gm1gesa die neue Schule der Logik ins Leben. Sein v1er Bücher umfassender Taüvacintamar,ti hat die Beweisführung zum eigentlichen Gegenstand. 44 Darunter befindet sich auch der Gottesbeweis. Das Buch vmrde zur Quelle vieler Kommentare und ist sehr verschieden beurteilt worden: sowohl als hohe Denkleistung als auch als unfruchtbare Scholastik. Das letzte Darsana ist das Vaise9ika-System. Vaise:;;ika wie auch Nyaya unterscheiden sich von den anderen Systemen unter anderem dadurch, dass sie nicht von Haus aus religiös-metaphysisch eingestellt sind. Das Vaise9ika sucht alles Erkennbare in den drei Kategorien der Substanz, Qualität und Bewegung zu fassen. Von den aufgeführten Substanzen bestehen vier aus Atomen, die übrigen fünf gelten als ewige Entitäten. Aber auch in dieser atomistischen Theorie wird die Autorität des Veda - zweifellos aufgrund brahmanischer Einflussnahme und Überarbeitung - betont. Das Vaise9ika postuliert, seine Kategorienlehre führe zur Erlösung - nicht eine besondere Moral. In beiden Punkten finden sich also Anklänge an die M1marnsa. Ein Wandel als philosophischer Begriff wird abgelehnt; die neuen Eigenschaften treten einfach an die Stelle der alteiL Materialistisch war die These, dass die Wirklichkeit durch die Sinne richtig widergespiegelt wird. Im Gegensatz zum Nyaya (besonders zu dessen jüngeren Stufen) hat das Vaise~ika seine naturphilosophische Grundhaltung beibehalten. Schwach entwickelt blieb dagegen seine Ethik. 45 Literarische Basis des Systems ist das Vaise9ikasiitTa des Kar,tada. 46 Das Werk besteht aus zehn Büchern zu je zwei Teilen. Hauptthemen sind die Kategorien Materie, Raum und Zeit. Die Ethik wird formal und kurz abgehandelt. Das Vaise9ikasiitTa ist offenbar etwas älter als das Nyaya.siitTa und könnte zwischen 250 und 300 entstanden sein. Mit dem PadarthadhaTmasamgralB schuf Prasa.stapada keinen Kommentar, sondern ein eigenes Werk. Erst um 1600 wurde von Sarnkaramisra der Hauptkommentar zum Vaise9ika.siitTa. namens UpaskfiTa verfasst. 47 Spät - im wesentlichen erst nach der in dieser Literaturgeschichte behandelten Zeit- haben sich Nyaya und Vaise:;;ika weitgehend amalgamiert, wobei letzteres ein gewisses Übergewicht zu erlangen vermochte. Die vier Elemente liegen in Atomform allem Zusammengesetzten zugrunde. Sie sind ewig, aber die Atomaggregate sind vergänglich. Im Zyklus der Weltauflösungen und neuschöpfungen (ein brahmanischer Grundgedanke der Puräl}aS) bewirkt der ·wille Gottes die Auflösung aller Aggregate beziehungsweise deren Neubildung. Die Auffassungen dieses vereinigten Systems schildert sehr klar der Bhiif?iipa.Ticcheda. von Visvanätha Tarkapancanana aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. 48 Das Werk ist in Indien weit verbreitet und bekannt. Seine 166 Merkverse werden vielfach ausvvendig gelernt. Es enthält nicht wenige Zitate aus älteren philosophischen Arbeiten. Neben der TaTkakaumudf des Bhaskara49 erwähnen wir noch besonders den TaTkasaingTaha, den Annambhatta um 1600
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verfasste. 50 Das gelehrte und dabei in sehr klarer Sprache gehaltene 'Werk fand große Verbreitung und viele wissenschaftliche Bearbeiter. Es bleibt uns nun noch die Literatur des Materialismus zu besprechen, doch ist diese von ihren idealistischen Gegnern so gründlich vernichtet worden, dass nur wenige Reste auf uns gekommen sind und wir fast alle Angaben über den altindischen Materialismus indirekt erschließen müssen. 51 Die materialistische Komponente der Cl1andogya- Upani.'}ad hatten wir anhand der Lehren des Uddälaka Ärul_li bereits betrachtet. Dieser erklärte, dass nicht aus dem Nichtseienden Seiendes werden kann, sondern nur aus Seiendem ( sat). Spätere Idealisten haben, da sie U ddälaka aus der berühmten U pani~ad nicht einfach eliminieren konnten, diesen zum Mystiker verfälscht, indem sie das sat mit bra.bma,n interpretierten. Im 6. Jahrhundert v. Chr. muss der Materialismus beachtliche Fortschritte gemacht haben. Ajita Kesakambala lehrte: Es gibt keine Frucht der Taten; Narren und ·weise hören mit der Auflösung des Körpers auf zu bestehen. Materialistisch sind bestimmte Gedanken der Prasna- Upani9ad; der von N aciketas in der Katba- Upa.ni9ad ausgedrückte Zweifel an einem Leben nach dem Tode (I, 1, 20) ; die Lehre, dass das Bewusstsein von den Elementen der Materie abhängt und mit ihnen schwindet, die in der Hrbadaral;yaka- Upani9ad II, 4, 12 angeführt wird; die Angriffe auf den Glauben an ein späteres Leben und an die Wirksamkeit von Opfern durch Jäbäli im zweiten Buch des Ramaya.I_la; die Definition des Lebens durch physische und physiologische Umstände ohne Bezugnahme auf eine Seele im 12. Buch des Mababbarata. Um 300 v. Chr. muss aufgrundvon Zitaten ein Lokayata.Sastra, das heißt ein Lehrbuch des Materialismus, bestanden haben, dessen Verfasser B~haspati oder Cärväka gewesen sein soll. Dazu wird ein Kommentar von Bhäguri erwähnt. Alle diese \Nerke sind uns verloren; sie werden aber immer wieder zitiert, so in der Ya ..Sastila.kacampii. Die Pali- Literatur, so das Petavattlm, berichtet über den Prinzen Pingala von Surä~tra, der als Materialist das Karman-Gesetz verneint haben soll. Etwa seit der Zeit des RamayaJ].a werden die Materialisten auch mit dem Ausdruck nastika (etwa: Nihilisten) bezeichnet, da sie die Autorität des Veda, das Jenseits und das Karman ablehnen. Nach dem Sa.rvadar.SanasaJngralB haben die Materialisten den Veda als das Geschwätz von Spaßvögeln, Spitzbuben und Nachtschleiehern qualifiziert. Über die materialistische Erkenntnistheorie ist nur zu erfahren, dass sie sich lediglich auf die Wahrnehmung gestützt und die anderen Erkenntnismittel abgelehnt haben soll. Doch kann eine solche Behauptung sehr wohl auf idealistischer Verdrehung beruhen. Man sieht anhand der Verfolgung des altindischen Materialismus und seiner Literatur das Wirken der Parteilichkeit in der Philosophie mit größter Deutlichkeit.
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Amner kungen
Zu den Anfängen der Philosophie in Indien vgl. \'V. Ruben: Beginn der Philosophie in
Indien. Aus den Veden (3. Aufi., Berlin/DDR 1961); F. Edgerton: The Beginnings of Indian Philosophy (London 1965), das Werk enthält übersetzte Auszüge aus dem ~g und Atharvaveda, den Upani~aden und dem. Mahabharata; L. Scherman: Philosophische Hymnen aus dem ~g- und Atharvaveda (München 1887), Neudruck in: Kleine Schriften (VViesbaden 2001).
2 Vgl. S. 23 3 Vgl. H. Oldenberg: Vorwissenschaftliche llVissenschaft. Die ·Weltanschauung der Brahma-
IJa-Texte (Göttingen 1919). 4 Vgl. P. Deussen: Die Philosophie der Upanishads (Leipzig 1899), auf der Philosophie Schopenhauers beruhend; J. Hertel: Die VVeisheit der Upanischaden (München 1921, Neuausgabe 1958); A. Ja. Syrkin: Upani.§ady (Moskau 1967); Shankara (Sari1kara): Das Kleinod der Unterscheidung (Bern und München 1981). 5 V gl. die Übersetzung von P. Deussen in Gemeinschaft mit 0. Strauß: Vier philosophi-
sche Texte des lviahabharata (Leipzig 1906, Neudruck Bielefeld 1980), enthält Sanatsujataparvan, Bhagavadg1ta, Moksadharma und Anug1ta. Übersetzung des Mok.?adha.rma. ferner von B. L. Smirnov (Aschchabad 1961). Übersetzung der Bhagava.dg1tavon K. Mylius (Leipzig 1980, 2. Aufi. München 2002). 6 Zusammenfassende Darstellung der danianas von Max Müller: The Six Systems of Indian
Philosophy (London 1899). 7 Ausgabe des $a.cfda.rsanasa.muccaya von M. Kumar (Varanasi 1970). 8 Ausgabe und Übersetzung des Sa.rvada.rsanasiddhantasa..rügraha. von M. Rangacharya (Madras 1909). Übersetzung auch von P. S. Bose (Calcutta 1929).
9 Ausgabe des Sarvadarsanasarügraha. von V. S. Abhyankar (Poona 1924, Überarbeitung Poona 1951). Übersetzung von E. B. Cowell und A. E. Gough (London 1894; 6. Aufl. als Bd. 10 der Chowkhamba Sanskrit Studies, Varanasi 1961, Neudruck Delhi 2000). 10 Ausgabe der M!marilsasütras von V. S. Abhyankar und G. A. Joshi in sieben Bänden als Nr. 97 der .Ä.nandasrama Sanskrit Series (Poona 1970-1976). Übersetzung von M. L. Sandal als Bd. 27 der Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1923-1925, Neudruck
1974). Konkordanz von K. Sarasvati: M1märüsakosa. (Wai 1952-1966). Studie von M. L. Sandal: Introduction to the 1\Ilmamsasiltras of Jaimini (Allahabad 1925, Neudruck
1974 als Bd. 28 der Sacred Books ofthe Hindus). Übersicht über die M1mmüsa-Literatur (History of Indian Literature, IV, 5) Yon J. M. Verpoorten (\iViesbaden 1987). 11 Ausgaben von Sabarasvamins Kommentar von M. Nyayaratna in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1873-1889) und von J. Vidyasägara (Calcutta 1883/84). Übersetzung von G. Jha als Bd. 1 der Gaekwad's Oriental Series (Baroda 1933).
12 Ausgabe von Kumarilas .SlolGwarttika in den Chowkhamba Sanskrit Series (Benares 1898/99). Übersetzung von G. Jhä in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1900).
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
13 Über das Vedanta-System gibt es zahlreiche Übersichten und Einzelstudien. Die Tenninologie behandelt E. Wood: Vedanta Dictionary (New York 1964). Kompendien sind P. Deussen: Das System des Vedanta (Leipzig 1883); V. H. Date: Vedanta Explained (2 Bde., Bombay 1954-1959); M. ViTalleser: Der ältere Vedanta (Heidelberg 1910). Übersetzung einschlägiger Quellen von E. Deutsch und J. A. B. van Buitenen: Source Book of Advaita Vedanta (Honolulu 1971).
14 Ausgabe des Vedantasiitra von A. K. Sastri (Bombay 1938). Übersetzung einschl. des Sarnkara-Kommentars von P. Deussen (Leipzig 1887, Neudruck Hildesheim 1966). Weitere Übersetzungen von V. M. Apte (Bombay 1960) und S. Radhakrishnan (London 1960). Übersetzung von G. Thibaut unter Einschluss der Kommentare von Samkara und Ramanuja als Nr. 34, 38 und 48 der Sacred Books of the East (London 1904, Neudruck 1968). der Gaucfapad~yakarika in den Änandasrama Sanskrit Series Nr. 10 (1911). Ausgabe 15 Übersetzung von P. Deussen in Sechzig Upa.nishad's des Veda (Leipzig 1897, Neuausgabe Bielefeld 1980).
16 Ausgabe des Sar1rakabh~ya in der Bibliotheca Indica ( Calcutta 1854-1863). Übersetzung zusammen mit der der Vedi.intasiitras von P. Deussen (Leipzig 1887, Hildesheim 1966); ferner von G. Thibaut in den Bänden 34 und 38 der Sacred Books of the East. Studie von V. S. Ghate: The Vedanta (2. Aufi., Poona 1960) mit Berücksichtigung weiterer Kommentatoren wie Nimbarka, Madhva und Vallabha.
17 Ausgabe des .iitmabodha von F. Hall (Mirzapore 1852). Ausgabe mit Übersetzung von T. M. P. Mahadevan (New Delhi 1975). 18 Ausgaben der Bhamatf in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1876 bis 1880) und in der Nirr;taya Sagara Press (2. Aufi., Bombay 1938); ediert mit Übersetzung von C. K. Raja (Madras 1930). 19 Ausgabe der PaiicadasT von N. R. Acharya in der Nirr;taya Sagara Press (Bombay 1949). Übersetzung von N. S. Rau und K. A. K. Aiyar (Srirangam 1912).
20 Ausgabe des J1vanmuküviveka in den Änandasrama Sanskrit Series 20 (Poona 1889). Übersetzung von M. N. Dvivedi (Bombay 1897). Ausgabe und Übersetzung von S. Subrahmanya Sastri und T. R. S. Ayyangar (Adyar 1978). 21 Ausgabe und Übersetzung des Vedantasara von 0. Frank (München und Leipzig 1835); Text auch in der Sanskrit-Chrestomathie von 0. Böhtlingk (3. Aufi., Leipzig 1909). Übersetzungen von Ram Mohan Roy (Calcutta 1816) und G. A. Jacob (London 1881, Neudruck 1972).
22 Ausgaben des Sr1bh&f?ya in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1888) und von V. S. Abhyankar in den Bombay Sanskrit Series (1914). Übersetzung von G. Thibaut in Bd. 48 der Sacred Books of the East (Neudruck Delhi 1963). 23 Übersetzung des Vedantad1pa von A. Hohenherger (Bonn 1964). 24 Ausgaben des Paramarthasara in den Kashmir Series of Texts and Studies, 7 (Srinagar 1916) und von L. Silburn (Paris 1955-1962). 25 Folgende VVerke führen in das Sarnkhya-System ein. G. J. Larson: Classical Samkhya
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(Delhi 1969); R. Garbe: Sarilkllya und Yoga (Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertmnskunde III, 4, Straßburg 1896); M. Hulin: Sarilkhya Literature (History of Indian Literature VI, 3, V1Tiesbaden 1978); R. Garbe: Die Samkhya-Pllilosophie (2. Aufi., Leipzig 1917); A. Sengupta: The Evolution of the Samkllya School of Thought (Lucknow 1959). 26 Ausgabe und Übersetzung der Sari1khyasutras von J. R. Ballantyne (4. Aufi., Varanasi 1963). Übersetzung auch in Bd. 11 der Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1912). 27 Ausgabe der Samkhyakarika von R. Pandeya (Delhi 1967). Übersetzung von T. G. Mainkar (Poona 1964). Edition und Übersetzung von R. N. Phukan (Calcutta 1960). Übersetzungen auch von H. T. Colebrooke und H. H. ViTilson (Oxford 1837) und von A. M. Esnoul (Paris 1964). 28 Vgl. R. Garbe: Der Mondschein der Sarilkhya- Wahrheit (Abhandlungen der Bayer. Akad. der Wiss., XIX, 3, München 1891). 29 Ausgabe und Übersetzung der Sarükhyasiitravr;ddhi von R. Garbe m der Bibliotheca Indica (Calcutta 1888-1892). 30 Ausgabe des Sarilkhyapravacanabha.?ya von R. Garbe als Bd. 2 der Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.]1895, 2. Aufi. 1943) und Übersetzung, ebenfalls von R. Garbe, in den Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, IX, 3 (Leipzig 1889, Neudruck Nendeln 1966). 31 Aus der Flut der Yoga-Literatur seien einige seriöse \t\Terke hervorgehoben. R. Schmidt: Fakire und Fakirtum im alten und modernen Indien. Yoga-Lehre und Yoga-Praxis nach den indischen Originalquellen dargestellt (Berlin 1908); H. Zimmer: Yoga und Buddhismus (Frankfurt/M. 1973); B. Bäumer (Hrsg.): Die Wurzeln des Yoga. Die Yoga-Sutren des Pataiijali (München 1976); M. Eliade: Yoga. Unsterblichkeit und Freiheit (Frankfurt/M. 1985); H. Weiss (Übers.): Quellen des Yoga (München 1986). 32 Ausgabe und Übersetzung der Yogasutras von P. N. Mukerji (Calcutta 1963); und von P. V. Karambelkar (Delhi 1988); Ausgabe mit dem Yogabha7ya von R. Bhattacharya (Benares 1963). Übersetzung, auch des Yogabha7ya, von J. H. Woods als Bd. 17 der Harvard OrientalSeries (Cambridge [Mass.]1914, Neudruck Delhi 1966); von H. Maldoner (Hamburg 1987); von S. Bhaduri (Delhi 2000). 33 Zum Yogabhä7ya vgl. Anm. 32. 34 Ausgabe der Hatlwyogaprad1pika von T. Tayta und Übersetzung von S. Iyangar (Bombay 1893); Übersetzung auch von H. Walter (Diss. München 1893). 35 Ausgabe und Übersetzung der Siva-Samhita von S. C. Vasu in den Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1914). 36 Über die allgemeinen Grundlagen von Nyaya und Vaises;ika unterrichten folgende Werke: G. Kaviraj: Gleanings from the History and Bibliography of the Nyaya- Vaise?ika Literature (Calcutta 1961); B. K. Matilal: Nyaya- Vaise.7ika (History of Indian Literature Vl, 2, Wiesbaden 1977); A. B. Keith: Indian Logic and Atomism (Oxford 1921). 37 Vgl. H. N. Randle: Indian Logic in the Early Schools (London 1930). 38 Ausgabe und Übersetzung der Nyayasutras von W. Ruben in den Abhandlungen für die
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Kunde des Morgenlandes XVlli, 2 (Leipzig 1928, Neudruck Nendeln 1966). Ausgabe ferner von G. Jha (Allahabad 191:)~1919); Übersetzung in zwei Bänden von D. P. Chattopadhyaya (Calcutta 1967 /68), sowie von S. C. Vidyabhusana ( Allahabad 1930, verb. Auf!. Delhi 1990). 39 Zum Nyayasiitrabha;;o,'ia s. Anm. 38 sowie die Studien von E. Windisch (Leipzig 1888) und M. Spitzer (Kiel 1926). 40 Ausgabe des Nyaya'iarttika von V. P. Dvivedi in der Bibliotheca lndica (Calcutta 1887~ 1914). 41 Der Originaltext des Pramii1,1asamucca.ya ist verloren, doch gibt es eine tibetische Übersetzung. Fragmente derselben wurden ediert und übersetzt von H. N. Randle (London 1926). 42 Zu Ausgabe und Übersetzung des Nyayapravesa vgl. Anm. 41. Ausgabe von A. B. Dhruva (2. Auf!. Delhi 1987). 43 Ausgabe des Nyayabindu von P. Peterson in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1889); Übersetzung von T. Stcherbatsky (St. Petersburg 1903). 44 Ausgaben des Tattvacintamal,li von K. Tarkavag!sa in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1888~1901) sowie von U. Misra (Darbhanga 1957). Studie von H. H. Ingalls in den Harvard OrientalSeries (Cambridge [Mass.]19öl). 4:) Das Vaise~ika-Systen'l wurde ausführlich beschrieben von B. Faddegon in den Verbandlungen der Akad. der Wiss. zu Amsterdam 18, 2 (1918, Neudruck Wiesbaden 1969); ferner von H. Ui (2. Auf!., Varanasi 1962). 46 Ausgaben der Vaisesikasutras von V. P. Dube ( Benares 188:)~ 1897) und von S. J. Vijaya (Baroda 1961). Übersetzungen von E. Röer in der Zschr. der Dtsch. Morgenländischen Gesellschaft, 21~22 (1867 /68) und von N. L. Sinha als Bd. 6 der Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1911, Neudruck 1974). 47 Ausgabe des Upaskara in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1861). Übersetzung von N. L. Sinha in den Sacred Books of the Hindus ( Allahabad 1910/11). 48 Ausgabe und Übersetzung des Bhasapa.riccheda. von E. Röer in der Bibliotheca Indica (Calcutta 18:50); Übersetzung auch von E. Hultzsch in der Zschr. der Dtsch. Morgenländischen Gesellschaft, 74 (1920). 49 Ausgabe der Tarka.ka.umud1von K. P. Parabin der Nin~aya Sagara Press (Bombay 1907). Übersetzung von E. Hultzsch in der Zschr. der Dtsch. Morgenländischen Gesellschaft, 61 (1907). öO Ausgabe des Ta.rka.sa.rngra.ha von Y. V. Athalye mit Übersetzung von M. R. Bodas in den Bombay Sanskrit Series, :):) (1918, 3. Auf!., Poona 1974); Ausgabe auch von S. S. Vangiya (Varanasi 1969). Übersetzung von E. Hultzsch (Berlin 1907). Ausgabe und Übersetzung von K. C. Mehendale (Delhi 1990). öl Zum Studium des altindischen Materialismus mögen folgende Hinweise dieneiL J. Muir hat im Journal of the Royal Asiatic Society, 19, materialistische Auszüge aus dem Sa.rva.da.r.sa.nasa.rngra.ha, dem Visnu-Puriii,la und dem. Ramayai,Ia veröffentlicht. V gl. auch E. B. Cowell: Tlle Carvaka. System of Philosophy, in: Journal of the Asiatic Society of Bengal
Die Arthasästra- Literatur
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(1862); A. Hillebrandt: Zur Kenntnis der indiscl1en Nlaterialisten, in: Festschrift Ernst Kuhn, herausgegeben von H. Oertel (Breslau 1916); N. P. Anikeev: 0 materialisticeskich tradicijach v iru:lijskoj filosofii (Moskau 1965). Das einschlägige Hauptwerk ist das von D. P. Chattopadhyaya: Lokiiyata (New Delhi 1959).
3. Die Artha.Sastra-Litenttur
Von den \A/erken, die einem der drei Hauptziele des Brahmanismus- dharma, artl1a. und kama- gewidmet sind, wenden wir uns zunächst den Arthasastras zu. Bedeutet artha zwar allgemein weltlichen Gewinn, Besitz und Macht, so bezieht sich ein Arthasastra im engeren Sinne auf Ökonomie, besonders aber auf Politik im Sinne von Staatsführung und Regierungskunst (nlti). Arthasastra und N1tisastra sind also fast identische Begriffe. 1 Auf die frühe Existenz solcher Lehrbücher lassen Stellen im Mahabhara.ta, im La.litavistara und bei Bhasa schließen. Enge Beziehungen bestehen besonders zurn Dharmasastra. Doch kann man einen wesentlichen Unterschied darin sehen, dass die Dharmasastras Idealvorstellungen fixieren, während die Arthasastras - natürlich immer von den Positionen des Brahmanismus aus -- eine realistische Sicht (manchmal auch Zynismus) erkennen lassen, weshalb sie beispielsweise vom Buddhisrnus abgelehnt werden. Regeln über Staatskunst hat es also offenbar schon lange gegeben; als Begründer einer eigenen politischen Disziplin aber gilt traditionell Brhaspati. Dieser soll die ursprünglich von Brahma.n stammende Lehre auf einen überschaubaren Umfang reduziert haben. Das alles ist natürlich mythisch, und ein uns überliefertes BaThaspatya-ATtha.sastTa ist zeitlich sehr heterogen, streckenweise ganz jung und literaturgeschichtlich ziemlich irrelevant. 2 Bei weitem das bedeutendste und zugleich umfangreichste Arthasastra ist das Kau~illya.-ATthasastra, eines der allerwichtigsten ·werke der altindischen Literatur. 3 Die Existenz eines solchen Lehrbuches war schon lange bekannt; Manuskripte wurden aber relativ spät gefunden, so dass das \A/erk erst 1909 veröffentlicht werden konnte. Über seine Authentizität gibt es jedoch einen heftigen Meinungsstreit, der bis zur Gegenwart nicht abgeklungen ist. Als Autor wird nämlich Kautilya genannt, und viele sehen in ihm den Kanzler des Candragupta, der im Jahre 322 v. Chr. das Großreich der Maurya begründete. Sollten Kanzler und Autor identisch sein, so hätten wir in diesem Buch eine Quelle altindischer Politik, die datierbar und von unschätzbar hohem Alter wä.re. Leider ist dies aber eben nicht sicher. Während H. Jacobi und sein Schüler W. Ruben das KautilTya-ATthasastTa in die Candragupta-Zeit versetzten, haben A. Hillebrandt, J. Jolly, 0. Stein und M. Winternitz Bedenken geäußert. Diese bestehen kurz in folgenden Argumenten. Im Jahre 302 kam der Grieche Megasthenes an
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
den lVIaurya- Hof. In seinem Reisebericht Indika. äußert er sich zwar über Sandrakottos (d. i. Candragupta), nicht aber über Ka.utilya. Ähnlich liegen die Dinge bei Pataiijali. 0. Stein meint, dass das von Kautilya Geschilderte auf ein Großreich nicht passe, dass es auch nicht mit dem Bericht des Megasthenes harmoniere, kurz, dass also Kautilya und Megasthenes keine Zeitgenossen gewesen seien. Es will auch nicht einleuchten, dass sich der Verfasser selbst Kautilya ("Falschheit", "Verschlagenheit") genannt haben soll. Ferner enthält das \J\'erk eine ausgeprägte spezialisierte Terminologie des Nitisastra; darum könne es nicht bereits so früh angesetzt werden. Schließlich wird seine Universalität hervorgehoben, die die Kapazität eines Autors überstiegen haben dürfte. Aus allen diesen Gründen möchte M. Winternitz das KautilTya.-Arthasastra nicht vor dem 3. Jahrhundert n. Chr. entstanden wissen. 4 Diesen Gesichtspunkten stehen jedoch Argumente entgegen, die ebenfalls gewichtig sind. Am bedenklichsten scheint die Bezugnahme auf und der Vergleich mit Megasthenes. Der Grieche hat Indienjedenfalls mit Augen gesehen, die eine andere Gesellschaftsstruktur gewöhnt waren, und es ist so gut wie sicher, dass er seine eigenen Denkschemata in das von ihm Gesehene hineininterpretiert hat. Ferner spricht die Tatsache, dass das Volerk inhaltlich und formal ziemlich homogen ist, gegen eine Kompilation beziehungsweise gegen die Beteiligung einer ganzen Schule. \Vichtig ist der von M. Sehetelich betonte Umstand, dass die Terminologie des Ka.u!,illya-ArtlJasastra frappante Übereinstimnmngen mit der altbuddhistischen Ausdrucksweise aufweist. Zieht man innere chronologische Indizien heran, so ergibt sich folgendes Bild. Das \iVerk kennt die Veden, den originären Buddhismus und die Handlungskerne der beiden großen Epen. Es erwähnt dagegen weder ein \iVerk der Kunstdichtung noch ein Drama. Es weist Parallelen zur Yajiiavalkya- und Naradasmrti auf, und es ist eine der Quellen des Kama.sütra .. Berücksichtigt man dazu die lebhafte politisch-staatliche Entwicklung, die Indien in den knapp zwei Jahrhunderten nach Buddha genommen hat, so möchte man die Entstehung des Kautil~ya-Artha.sastra. zu Beginn der Maurya-Zeit für nicht ausgeschlossen ~ und vor allem für nicht beweiskräftig widerlegt ~ erachten. Verfasst ist das Werk in Prosa, die im Sutra- und Bha~ya-Stil gehalten und mit Slokas durchsetzt ist. Jedes Kapitel schließt mit einem oder mehreren Versen. Insgesamt gibt es 15 Hauptabschnitte ( adhikaraJ!a). Die Grundlinie ist ein der Monarchie dienender Machiavellismus, die Hauptn1a.xime demnach der Satz "Der Zweck heiligt die Mittel". Der erste Abschnitt ist der Erziehung und Bildung des Herrschers gewidmet. Er hat sich mit Philosophie, Vedastudium, Ökonomie und Regierungskunst zu beschäftigen, wobei die Philosophie als Grundlage angesehen wird. Ackerbau, Viehzucht und Handel, das ist die Wirtschaft, segensvoll dadurch, dass sie Getreide, Vieh, Geld, Rohstoffe und Frondienst
Die Arthasastra-Literatur
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liefert. Durch sie macht sich der Fürst seine eigene Partei und die feindliche botmäßig mit Hilfe von Schatz und Heer. Das Zustandekommen und die friedliche Weiterführung von Philosophie, Theologie und vVirtschaftskunde wird zuwege gebracht durch den Stab (Gewalt, Strafe). Dessen Führung ist die Führung des Stabes (Regierung, Staatskunde), und sie hat die Erlangung des noch nicht Erlangten zum Zweck, bewahrt das schon Erlangte, mehrt das Bewahrte und teilt das Gemehrte an würdige Empfänger aus. "Von ihr abhängig ist Bestand und Fortgang der Welt. Darum soll der, der den Bestand und Fortgang der Welt wünscht, fortwährend den Stab erhoben halten. Es gibt kein Mittel, die \1Vesen in Botmäßigkeit zu halten, das dem Stabe gleich wäre." So die Lehrer. Nein, also Kau~ilya. Denn wer einen scha.rfen Stab führt, der vvird den Menschen ein Grauen. \Ver einen sanften Stab führt, der wird verachtet. vVer nach Gebühr den Stab führt, der wird verehrenswert. Denn ein mit weiser Einsicht geführter Stab macht die Untertanen des sittlich Guten, des irdisch Nützlichen und des sinnlich Angenehmen teilhaftig. Übel geführt, sei es aus Zorn, Liebe oder Unkenntnis, ruft er sogar Empörung der \Valdsiedler und heimlosen Büßer hervor, wieviel mehr der Hausväter (derer, die im weltlichen Leben stehen). Wird er gar nicht geführt (d.h. wird gar keine Strafgewalt geübt), so erzeugt das den "Zustand unter den Fischen". Denn der Stärkere verschlingt den Schwachen, wo niemand die Strafgewalt übt. Wer von ihr geschützt wird, der gedeiht ... (Übers.: Johann Jakob Meyer) Der Herrscher soll lernen, seine Sinne zu beherrschen, aber auch die richtigen Freunde, Agenten ( tlkf?l!a) und Giftmischer auszusuchen. Kennzeichnend für die damalige Palastatmosphäre ist der Rat, die Prinzen als ständige Gefahr zu betrachten und entsprechend zu überwachen. Überhaupt soll sich der König stets vor Gefahren hüten, die ihm im Palast und besonders im Harem drohen. Im zweiten Abschnitt lernen wir die Aufgaben der königlichen Inspektoren auf allen Gebieten der Verwaltung kennen. Unschätzbar sind die Informationen, die wir etwa über die Anlage von Dörfern und Festungen, über den Bergbau und speziell die Juwelengewinnung, über Bewässerungsanlagen, aber auch über Fürsorgeeinrichtungen für Kranke, \Vaisen und \Vöchnerinnen, über die allgemeine Finanzverwa.ltung, den Handel und vieles andere mehr erhalten. Der dritte Abschnitt befasst sich mit dem Gerichtswesen und weist enge Parallelen zur Dharmasastra-Literatur auf. Der vierte Abschnitt hat die Bekämpfung der "Dornen" zum Gegenstand, worunter staatsfeindliche Elemente, wie Räuber,
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Münzfälscher und so weiter, verstanden werden. Man geht aber kamn fehl in der Annahme, dass mit dem vielfach verwendeten Begriff ,,Räuber" nicht zuletzt Klassen- und Standesgegner perhorresziert wurden. Der fünfte Abschnitt führt diese Materie unter besonderer Berücksichtigung von ,.Verrätern" fort und schildert die Möglichkeiten ihrer Beseitigung. Dabei werden äußerst heimtückische und rücksichtslose Methoden empfohlen. Ferner gibt der Verfasser Ratschläge, wie der Staatsschatz durch Steuerdruck sowie durch Drohung und List vermehrt werden kann. Schließlich bietet dieser Abschnitt besonderes Interesse noch dadurch, dass er eine Gehaltsliste für alle Beamten und Angestellten des königlichen Hofes enthält, wobei das Jahresgehalt von 60 bis zu 48000 Pm.ms aufsteigt. Der sechste Abschnitt verfällt wieder in die für die Sastra-Literatur typische pedantische Klassifikation. Hier werden die sieben Elemente der Vervvaltung und Herrschaft erörtert, nämlich König, Minister, Reich, Festung, Schatz, Heer, Freund. Im siebenten Abschnitt geht der Verfasser auf die sechs Methoden der Politik ein; dies sind Friede, Krieg, Neutralität, Mobilmachung, Bündnis und zweideutiges Verhalten. Der achte Abschnitt befasst sich mit den Übeln, die das Reich treffen können. In einer Monarchie beziehen sie sich zunächst auf den König - wenn er nämlich, statt zu regieren, ein Trinker, \A/eiberheld oder Spieler ist. Der Staat kann ferner durch Epidemien, Feuersbrünste und Flut" katastrophen in Gefahr geraten. Thema des neunten und zehnten Abschnittes moist das :Militärwesen. Bei der Schilderung der Heerlager werden sogar dern gesprochen -- Feldgeistliche erwähnt. Im elften Abschnitt werden dem König Ratschläge für sein Verhalten gegenüber der Aristokratie gegeben, die er für sich gewinnen soll. Kann er da.s nicht, so soll er unter ihr Zwietracht säen. Das Verha.lten gegenüber überlegenen Feinden wird im zwölften Abschnitt gelehrt. Dabei sind die von Kau~ilya vorgeschlagenen Methoden alles andere als zimperlich. Agenten und Spione sollen unter der Maske von Asketen und Kaufleuten entsandt, schöne Fi·auen sollen zu Spionagezwecken eingesetzt und Mordanschläge sollen ausgeführt werden. Der dreizehnte Abschnitt befasst sich zunächst mit der Eroberung von Festungen durch Vorspiegelung falscher Tatsachen, etwa durch vorgetäuschten Verkehr mit Göttern. Für uns interessanter aber ist, was Kautilya über die Befriedung eroberter Länder sagt und was seinen staatsmännischen Weitblick besonders unterstreicht. Die neue Herrschaft soll nämlich besser als die des Vorgängers seinl Die Bräuche und die Religion des besiegten Volkes sind zu achten, die Kriegsgefangenen sind freizulassen, die Steuern sind zu senken, und für die Armen soll gesorgt werden. Dies sind die besten Methoden zur Festigung der neuen Macht. Der vierzehnte Abschnitt hat etwas kuriosen Charakter, indem er sich mit allerlei Geheimmitteln befasst. Da werden Mixturen empfohlen, die Krankheiten, Blindheit und sogar den Tod herbeiführen, die den Gegner einschläfern, die man aber auch als Arzneien verwenden oder mit deren Hilfe man sich unsichtbar machen kann. Der fünf-
Die Arthasastra- Literatur
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zehnte Abschnitt schließlich gibt eine Zusammenfassung von 32 methodischen Prinzipien, die der Verfasser seinem \Verk zugrunde gelegt hat. Dem Kau~ilTya=Arthasastra. zwar nicht ebenbürtig, aber als einziges \iVerk m.it dessen Bedeutung vergleichbar ist das Kama.nda.kTya- Nitisara. 5 Formal ·weicht es von seinem großen Vorgänger beträchtlich ab: Es ist in Versen geschrieben und trägt seine Lehren im Gewand didaktischer Poesie vor. Gewidmet ist es dem Vis;I_tugupta; diese Bezeichnung trägt Kautilya als Beiname. Kamandakas \Verk war Dm;<;lin offenbar noch nicht bekannt; dagegen zitiert es Vamana um 800. Es ist anzunehm.en, dass es zwischen 700 und 750 entstanden ist. Der Inhalt seiner 20 Kapitel (sa.rga) deckt sich nur teilweise mit dem des Ka.utilTyaArtha.sastra.. In den ersten beiden Kapiteln wird vom Herrscher die Zügelung der Sinne verlangt. Auch von Philosophie wird gesprochen, doch wird ihr \Vesen auf Selbsterkenntnis reduziert. Das dritte Kapitel nennt die Merkmale, die ein guter König aufweisen muss; es geht vielfach über Kautilya hinaus. Das vierte Kapitel entspricht den bei Kautilya im sechsten Hauptabschnitt aufgeführten Elementen der Verwaltung und Herrschaft. Da.s fünfte Kapitel beschäftigt sich mit dem Verhältnis des Königs zu seinen Beamten sowie mit der Hütung des Staatsschatzes. Im sechsten Kapitel wird gezeigt., wie Verräter zu bestrafen sind, während das siebente Kapitel die Sicherung des Lebens des Königs zum Inhalt hat. Die Kapitel 8 bis 11 befassen sich mit den Regeln für die Außenpolitik. Im zwölften Kapitel wird gezeigt, wie man Informationen im Rahmen von Konsultationen einholt. Den Einsatz von Botschaftern und Spionen lehrt das dreizehnte Kapitel. Dem a.chten Abschnitt bei Kautilya entsprechen hier die Kapitell4 und 15, die sich mit den ein Staatswesen heimsuchenden Übeln beschäftigen. Die Schlusskapitel sind dem Militärwesen, nicht zuletzt der bei einem Feldzug anzuwendenden List, gewidmet. Man ersieht aus diesem Überblick, dass die Abschnitte 2 bis 4 sowie 14 und 15 des Ka.u~ilTya.-Arthasastra. im Kamandaläya.- NTüsara kaum eine Entsprechung finden. Im 10. Jahrhundert verfasste in Kashmir der Jinist Somadevasuri, der bereits als Autor des Ya.sa.stila.ka genannt wurde, das inhaltlich wiederum auf Kautilya gestützte Buch NTtivakyan1~ta.. 6 Es ist eine Art Pädagogik für Könige in moralisch-lehrhaftem Ton. Obwohl Jinist, zeigt der Verfasser vielfach eine brahmanische Geisteshaltung, indem er beispielsweise das Kastenwesen entschieden verteidigt. Das vVerk ist in schlichter, klarer Prosa gehalten und verwendet in reichem lVIaße Sprichwörter. Der gelehrte jinistische JVIönch Hemacandra ist Verfasser des Lehrbuches Lagl1varlwnnTti.Sa.stra.. 7 Offenbar ist uns aber nur ein Auszug erhalten, den Hemacandra aus einem umfa.ngreichen, in Prak~·t gehaltenen und ebenfa.lls von ihm stammenden \Verk gemacht hat. Es besteht aus Prosa mit eingestreuten Versen. Die Politik wird nur gedrängt abgehandelt; die eigentliche Thematik ist das Straf- und ganz besonders das Zivilrecht. Der Standpunkt ist meist der des
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Manava-Dl1anna.sastra. Als Jinist hält der Verfasser den Krieg nur für das alleräußerste Mittel der Politik und dringt darauf, dass er nicht grausam geführt wird. Ansonsten ist er wie Somadevasuri weitgehend brahmanisch orientiert. Das Barhaspatya(nTti)sutra ähnelt in Inhalt und Stil dem NTtivakyamrta. 8 Das \Verk entstand ziemlich spät, vielleicht erst im 12. Jahrhundert. Der Autor war wohl nicht, wie der Titel indiziert, B:~;haspati; eher geht das Werk auf das \iVirken einer Schule zurück. Seine Haltung ist entschieden brahmanisch. Der Manasollasa schließlich wird dem Bhulokamalla Somesvara, einem König aus der Dynastie der Westlichen Chalukyas, zugeschrieben und ist im 12. Jahrhundert (nach Ansicht mancher Forscher im Jahre 1129) entstanden. 9 Das sehr umfangreiche und inhaltlich komplexe \iVerk besteht aus hundert Kapiteln. Es ist in Versen des Metrums Anu~tubh mit eingestreuter Prosa gehalten; die Sprache ist einfach und klar. In enzyklopädischer Weise werden unter a.nderem das Militärwesen, die Astrologie und die Juwelenkunde behandelt. Bedeutenden Raum nimmt die Politik ein. Den Schwerpunkt bilden hier die Methoden und Wege, mittels derer ein Königreich errichtet und behauptet werden kann. Anmerkungen 1 Von den zahlreichen ·werken über Politik und Staatskunst irn alten Indien vgl. K. P. Jayaswal: Hindu Polity (2. Auf!., Bangalore 1943). 2 Ausgabe des Barhaspatya-Artl1asiistra von F. \i\1. Thomas in: Le Museon III, 1-2 (Löwen 1916). 3 Editio princeps des Kau~il1ya-Arthasastra von R. Shama Sastri (Mysore 1909, 2. Auf!. 1919). V\1eitere Ausgaben von T. Galf.apati Sastr! in den Trivandrum Sanskrit Series, 79, 80, 82 (1921-1925); von J. Jolly und R. Schmidt (Lahore 1923/24). Maßgebend ist jetzt die kritische Ausgabe von R. P. Kangle (Bombay 1960, Neudruck 1986). Sie ist begleitet von einem sehr wertvollen Glossar der für Kautilya spezifischen Fachtermini. Übersetzungen: von R. Shama Sastri (Bangalore 1915, 2. Auf!. Mysore 1929, 8. Auf!. Mysore 1967); von J. J. Meyer: Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben (Leipzig 1926, Neudruck 1977); von R. P. Kangle (Bombay 1963, Neudruck Delhi 1986). Über das KautilTya-Arthasastra gibt es eine große Zahl von Studien. Th. R. Trautmann hat versucht, die Textkritik und relative Chronologie der einzelnen Teile des \iVerkes mit Hilfe statistischer Methoden zu fördern: Kau~ilya and the Arthasastra (Leiden 1971); diese Art des Vorgehens ist vielversprechend, methodologischjedoch noch nicht genügend ausgereift. Vgl. ferner K. Rao: Studies in Kautilya (3. Auf!., Delhi 1958); R. Choudhary: Kau~ilya's Political Ideas and Institutions (Chowkhamba Sanskrit Studies, 73, Varanasi 1971); F. \'1ilhelm: Politische Polemiken im Staatslehrbuch des Kautalya (Wiesbaden 1960), Kaut.alya ist synonym für Kautilya. Die Wirtschaftslehre Kautilyas untersucht B. C. Sen: Economics in Kautilya (Calcutta 1967). Vgl. auch die 403 Titel umfassende Bibliographie von L. Sternbach (Hoshiarpur 1973).
Die Dharmasastr a- Literatur
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4 H. Falk urteilt in Die Prüfung der Beamten im Arthasastra (Wiener Zschr. für die Kunde Südasiens, XXX, 1986, S. 57-72) im Anschluss an H. Scharfe über die Chronologie des Arthasastra folg1endermaßen: Ein liVerk aus der frühen Maurya-Zeit (um 300 v. Chr.) wurde etwa im 3. Jahrhundert n. Chr. von Vif;;l).ugupta überarbeitet. 5 Ausgaben des Kamandakfya-NTtisara von R. L. Mitra in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1849-1884); von T. Gai.Japati Sastri in den Trivandrum Sanskrit Series, 14 (1912) und in den Änandasrama Sanskrit Series, 136 (Poona 1958). Übersetzung von M. N. Dutt (Calcutta 1896). 6 Ausgabe des Nltivakyämi,'ta in der Grantharatnamala (Bombay 1887/88); ferner als Nr. 98 der Sanskrit Series des Oriental Research Institute (M.ysore 1957). 7 Eine Ausgabe des LaghvarhannTtisastra erschien in Ahrnedabad (1906). 8 Ausgabe des Barhaspatyasutra von F. \'ll Thomas (Lahme 1921). 9 Ausgabe des Manasolläsa unter seinem anderen Titel Abhil~itarthacintama.r;Ii von R. Shama Sastri (M.ysore 1926): weitere Ausgabe von G. K. Shrigondekar als Bd. 28 der Gaekwad's OrientalSeries (Baroda 1925, Neudruck 1961).
4. Die Dharmasastra-Literatur
Die Dharmasastra-Literatur wird mitunter dem Begriff der Rechtsliteratur gleichgesetzt. Dies ist aber nur bedingt richtig, da ihr Inhalt sich nicht auf juristische Fragen beschränkt, sondern weltliches und religiöses Recht miteinander verbindet. Religiöse Bräuche, traditionelle Sitten und schließlich Rechtsnormen und -praktiken stellen die eigentlichen Themen der Dharmasastras dar. 1 Vorbereitet wurde diese Literatur von den Dharmasutras, 2 die literaturgeschichtlich dem Vedanga zuzuweisen sind. Um aber zu erkennen, inwieweit sie inhaltlich den Dharmasastras den Weg bereiteten, muss hier noch kurz auf die einschlägigen Werke eingegangen werden. Die Dharmasutras gehören zur Kalpa-Literatur und sind daher meist an eine bestimmte vedische Schule angeschlossen. Ihrem Namen entsprechend sind sie im Sutra-Stil gehalten, der verschiedentlich eingestreute Verse aufweist. Sie lehren täglich wiederkehrende religiöse Pflichten, Götterverehrung, Sühnezeremonien, aber auch Kosmogonie. Von juristischem Interesse sind die Ausführungen über Zivil- und Strafrecht sowie über Rechte und Pflichten von Königen und Asketen. Die Dharmasutras waren aber nicht als Gesetzbücher gedacht, sondern als Richtlinien für die Anhänger der betreffenden vedischen Schule. Das Alter dieser Literatur ist ziemlich hoch. So dürfte das zum Schwarzen Yajurveda gehörende Apa.st:amba.-Dha.rmasiitra nicht später als im. 5. oder 4. Jahrhundert v. Chr. entstanden sein. 3 Noch älter ist das Ba.udl1ayana-Dharma.siitra, das sich ebenfalls an den Schwarzen Yajurveda anschließt. 4 Da es ziemlich heterogen zusammengesetzt ist, konnte die Chronologie der einzelnen Teile allerdings noch nicht entschieden werden. Übrigens bezeichnet sich das Werk selbst
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
als Dharmasastra, was auch noch andere Dharmasutras tun. Am ältesten ist jedoch das Gautama-Dharmasutra, 5 das manche an die Rai_!ayaniya.sakha des Särnaveda anschließen. Es könnte zwischen 600 und 400 v. Chr. entstanden sein, weist aber auch Spuren späterer Überarbeitung auf. Zum l_tgveda gehört das \lasif?tha-Dharma.sutra. 6 Es könnte zwischen 300 und 100 verfasst worden sein. Von Bedeutung ist der Umstand, dass es ein Mänava-Dharmasutra zitiert, das der Kern des späteren berühmten Mänava-Dharmasästra gewesen sein könnte. Das \lif?I_!u-Dharmasütra, auch \lif?lJUSm~·ti und Vai9~1ava.-Dharmasastra genannL ist ein umfangreiches vVerk. 7 Seine Lehren trägt es in Gestalt eines Dialogs zwischen Vi:~n:m und der Erdgöttin vor. Es beruht auf einem sehr alten Text aus der Katha-Schule des Schwarzen Yajurveda; die vi~1;uitischen Einschübe sind erst viel später, vielleicht um 300 n. Chr. hinzugefügt worden. Unter anderem wird hier die \Vitwenverbrennung vorgeschrieben. Spät entstanden ist das Vaikhanasa-Dharmasütra. 8 In drei Kapiteln gibt es Regeln für die Angehörigen der einzelnen Kasten und der Lebensstufen, besonders der Einsiedler. Es gibt noch weitere Dharmasutras, deren Überlieferung -- zum Teil in einem einzigen Manuskript -jedoch meist mangelhaft ist. Als Quelle der Sozialgeschichte sind die Dharmasutras nicht zu unterschätzen, wenn sie auch nicht entfernt die Bedeutung der Dha.rmasästras haben. 9 Immerhin umspannen sie eine Zeit, die vom 8. bis ins 3. Jahrhundert v. Chr., teilweise auch noch weiter reicht. In der Folgezeit wird der Einfluss des Veda geringer, die Bindungen an bestimmte vedische Schulen werden lockerer und hören schließlich ganz auf. Dafür wird in der Sästra-Literatur der Einfluss fachlich fundierter Schulen bestimmend. Deren Lehren gelten nun nicht mehr nur für bestimmte Anhänger, sondern generell für die Angehörigen der drei oberen sozialen Hauptgruppen. Die Anschauungsweise der Brahmanen bleibt freilich dominierend, doch treten jetzt mehr und mehr die Normen weltlichen Rechts an die Stelle religiöser Verhaltensvorschriften. Die Dharmasästras sind daher für die indische und vergleichende Rechtsgeschichte von größtem Wert. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass ihre Verfasser vielfach dem \Vunschdenken anheimfielen und Idealzustände zeichneten. Die Artha.sastras sind daher den Dharmasästras an realistischem Gehalt überlegen. Die Dharmasastras sind metrisch - gewöhnlich in Slokas -- abgefasst. Sie heißen auch Sm~·ti, was hier Tradition bedeutet. Eine ihrer wesentlichsten Quellen ist die Spruchdichtung. 10 Das wichtigste vVerk dieser Gattung, zugleich eines der bedeutsamsten der indischen Literatur, das über Jahrhunderte hinweg auf das gesellschaftliche Leben Indiens einen tiefgreifenden Einfluss ausgeübt hat, ist das ManavaDharma.sa~stra, auch kurz lvlanusnn;ti genanntY Manu kommt als Stammvater der Menschheit beziehungsweise als erster Opferer bereits in der Taittir(ya-
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Saiilhita und im .5atapatha.-Brahma.I;a vor. Angeblich hat er die A1anusmrti von seinem Vater Brahman mitgeteilt bekommen; dann belehrte er darüber seinen eigenen Sol=tn Bh~·gu, der sie schließlich an die l'vfenschen weitergab. Über die wirkliche Zeitstellung des ·werkes herrschten anfangs exorbitante Vorstellungen, zum Beispiel 1300 v. Chr. (W. Jones) oder 1000 v. Chr. (A. W. v. Schlegel). Erst M. !VIüller, dessen Resultate später von G. Bühler bestätigt wurden, fand heraus, dass die Sastra-Verfasser alte Sutras mitverwendet und umgearbeitet haben, so dass etwa in die 1\ianusm~·ti ein alter Text aus der Ma.itrayal_l1ya-Schule eingeflossen sein dürfte. Daher kann unser Text nicht vor dem 3. Jahrhundert v. Chr. entstanden sein, während der späteste Zeitpunkt das 2. Jahrhundert n. Chr. ist; leider ist man noch nicht imstande, diese weite Zeitspanne schärfer einzugrenzen. Nachgewiesen sind wechselseitige Beziehungen zum Mahabl1arata. So wird das l1ianava-Dha.Tmasastra im 13. Parvan des lv1al1abl1arata zitiert; andererseits stammen 260 Verse der Sm~'ti aus dem Epos. Möglich wäre natürlich auch, dass beide ·werke aus der im Volke kursierenden Spruchdichtung schöpften.
Die 2694 Verse der Manus1m;ti sind in Z\völf Abschnitte untergliedert. Inhaltlich ist die Gliederung nicht immer systematisch und straff. Das erste Kapitel enthält eine Einleitung: Manu wird aufgefordert, die Kastengesetze darzulegen. Dies tut er und spricht außerdem über die Schöpfung und die Weltzeitalter. Deutlich ist hierbei ein Einfluss der Sarnkhya- Philosophie erkennbar. Das zweite Kapitel gibt eine Definition des Dharma. Im dritten Kapitel werden \Veihen, besonders die Schülerweihe, Hochzeitsriten, Pflichten des Hausvaters und der Ahnenkult erörtert. Speisegesetze und Vedastudium bilden den Hauptinhalt des vierten Kapitels, während das fünfte Kapitel Sühnezeremonien sowie die Pflichten der Gattinnen und Witwen beinhaltet. Das sechste Kapitel ist den Aufgaben der Asketen und Einsiedler gewidmet. Wichtig ist das siebente Kapitel mit seiner Abhandlung über die Pflichten des Königs, über Politik und Verwaltung, noch wichtiger aber das achte Kapitel mit seinen Lehren über Zivil-, Straf- und Prozessrecht. Hier werden die Gesetze je nach ihrer Thematik in 18 Hauptgruppen eingeteilt ~ eine unschätzbare Quelle für die Rechtsgeschichte. Im neunten Kapitel werden die Pflichten der Vaisyas, Sudras und Frauen behandelt, und auch das zehnte Kapitellässt sich über Kasten und Mischkasten aus, beinhaltet daneben aber auch interessante Darlegungen über Notstandsgesetze. Sehr detailliert ist die Aufstellung der Sühnezeremonien im elften Kapitel. Im zwölften Kapitel ist wieder Sarnkhya- Einfluss spürbar. Erörtert werden die Arten der Tatvergeltung bei der Wiedergeburt und die Wege zur Erlösung. Aus dieser Übersicht ist zu entnehmen. dass etwa nur ein Viertel des Buches rein juristischen Dingen gewidmet ist. Hier wie auf den anderen Gebieten hat es aber eine überragende Autorität zu erringen gewusst. Dazu mag auch seine Sprache beigetragen haben, die keineswegs lehrbuchhaft-trocken, sondern auf
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
weiten Strecken anschaulich, einprägsam und lebendig ist. Der älteste erhalten gebliebene Kommentar ist das A1anubl1af?ya von Medhatithi, das vermutlich zwischen 820 und 900 entstanden ist. 12 Auf besonders hohem Niveau steht der Kommentar des Govindaraja aus dem 12. Jahrhundert. 13 Dieser ist die Vorlage zu dem populären Kommentar, den Kulluka im 15. Jahrhundert zu Benares verfasste. Dem Alter und Ansehen nach steht der lv1anusmJ;ti am nächsten das Yajl1ava1kya-DhaTmasastra oder die Yajl1avalkyasm~·ti. 14 Ähnlich Manu erteilt Yajnavalkya seine Belehrung nach Aufforderung. Es ist möglich, dass das Werk sich an den Weißen Yajurveda anschließt und dass es im Osten, in Mithila, entstanden ist. Als Bezeichnung für Münze wird das \Vort nfi1].aka gebraucht; daraus folgt, dass die Yajüa.valkya.smJ;ti nicht vor dem 2. Jahrhundert n. Chr. verfasst worden sein kann. Bestimmte Kenntnisse der griechischen Astrologie und andere Indizien weisen auf das 3. Jahrhundert. Der Aufbau des Werkes ist klarer und s:y•stematischer als der des "lVIanava-Dha.rmasastra.. Die etwas mehr als tausend Verse gliedern sich in drei etwa gleich lange Teile, welche die Sitten, die Gesetze und die Bußübungen zum Inhalt haben. Die Klassifikation der Rechtsfälle in 18 Gruppen aus der ManusmJ;ti ist um zwei Positionen vermehrt. Besonders detailliert wird auf das Ordal eingegangen. In der zweiten Hälfte des 11. .Jahrhunderts verfasste Vijiianesvara den Kommentar Mitakf?ara, der fast als eigenständiges Werk bezeichnet werden kann. 15 Zu diesem gibt es wiederum Subkommentare, unter anderem den \Firamitrodaya von Mitramisra. Für die Rechtsgeschichte von besonderer Wichtigkeit ist die NaradasmJ;ti, da sie sich auf juristische Fragen konzentriert, wobei sie auf klassifikatorische Feinheiten großen Wert legt. 16 So werden allein an Zeugen elf verschiedene Arten unterschieden. Das \Verk selbst will ein Auszug sein, den Narada aus einer früheren, umfangreicheren Fassung des "lVIanava-Dharmasastra gemacht hätte. Das aber ist sehr unwahrscheinlich. Jedenfalls ist die Naradasm~·ti jünger als die uns vorliegende Fassung der Ma.nusmJ;ti. Da a.ls Goldmünze der dinara (lat. denarius) erwähnt wird, entstammt das Werk kaum einer früheren Zeit als dem 4. Jahrhundert. Die BrhaspatismJ;ti ist nur fragmentarisch erhaltenY Sie lehnt sich an die A1anusm~·ti an und ist mit dieser viel enger verbunden als die Naradasmrti. Auffallend ist, dass der Verfasser die \Vitwenverbrennung verbietet. Das Werk dürfte geringfügig jünger sein als die Naradasm~·ti und vielleicht dem Ende des 4. Jahrhunderts angehören. Noch jünger (4. bis 5. Jahrhundert) ist die Katyayanasmrti. 18 Sie ist nur fragmentarisch durch Zitate aus späteren \A/erken bekannt. Interessant ist die Thematik des von Vacaspatimisra verfassten Vyavaharacintamar:li. 19 Sie ist der Prozessführung gewidmet und behandelt die forensische Verhandlung, die Beweisführung und die Urteilsfindung. Es gibt ferner noch eine ziemlich umfangreiche Sm~·ti- Literatur zu Einzelfragen. Diese
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vVerke haben im Titel oft B~hat- (Groß-), Laghu- (Klein-) oder V ~·ddha- (Alt-); als Autoren gelten Götter und J.tt?is. Im Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit wurden zahlreiche weitere einschlägige vVerke verfasst, die man unter dem Namen Dharmanibandha subsumiert. Ende des 18. Jahrhunderts sind solche Rechtscodices auf Anforderung der britischen Kolonialherren geschrieben worden.
Anmerkungen 1 Grundlegend ist die Monographie von J. Jolly: Recht und Sitte (Grundriss der IndoArischen Philologie und Altertumskunde II, 8, Straßburg 1896). Wesentliche Ergänzungen dazu finden sich bei J. D. M. Derrett: Dharmasiistra and Juridical Literature ( History of Indian Literature V, 1, Wiesbaden 1973). Vgl. auch W. Gampert: Die Sühnezeremonien in der altindischen Rechtsliteratur (Prag 1939). 2 Die wichtigsten Dharmasutras wurden übersetzt von G. Bühler in Sacred Books of the East 2 und 14 (Oxford 1879-1882). Ausgabe und Übersetzung des Apastamba-, Gautama-, Baudhiiyana- und Vasistha-Dharmasiltra von P. Olivelle (Delhi 2000). Sehr wichtig ist die Studie von S. G. Banerjee: Dharmasütras, a Study in their Origin and Development (Calcutta 1962). 3 Ausgaben des Apastamba-Dharmasü tra von G. Bühler in den Bombay Sanskrit Series
(2. Aufl., 1892-1894); von U. C. Pä1~~eya als Nr. 93 der Kashi Sanskrit Series (2. Aufl., Varanasi 1969). Übersetzung von G. Bühlerinden Sacred Books of the East, 2 (Oxford 1880). 4 Ausgaben des Baudhayana-Dharmas ütra von E. Hultzsch (Leipzig 1884, 2., verbesserte Aufl. 1922, Neudruck 1966 in den Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, VIII, 4); von U. G. Piil~~eya als Nr. 104 der Kashi Sanskrit Series (2. Aufl., Varanasi 1972). Übersetzung von G. Bühlerinden Sacred Books of the East, 14 (Oxford 1882) . .5 Ausgaben des Gautama-Dharmasütr a von A. F. Stenzler (London 1876); von U. G. Pä!f~eya als Nr. 172 der Kashi Sanskrit Series (Varanasi 1966). Übersetzung von G. Bühlerinden Sacred Books of the East, 2 (Oxford 1880). 6 Ausgabe des Vasit;tha-Dharmasütra von A. A. Führer in den Bombay Sanskrit Series, 23 (1883). Übersetzung von G. Bühlerinden Sacred Books of the East, 14 (Oxford 1882). 7 Ausgaben des Vii}IJU-Dharmasütra von J. Vidyäsägara (Calcutta 1876), J. Jolly (Calcutta 1881) und P. V. Krishnamacharya (Adyar 1964). Übersetzung von J. Jolly in den Sacred Books of the East, 7. 8 Ausgabe des Vaikhiinasa.-Dharma.siltra. von T. Gat~apati Sästri in den Trivandrum Sanskrit Series, 28 (1913). Übersetzung von W. Eggers (Göttingen 1929). Studie von Th. Bloch: Über das GI;hya.- und Dha.rma.siltra. der Vaikhiinasa (Leipzig 1896). 9 Zur Auswertung der Dharmasutras als Geschichtsquelle vgl. V. Mitra: India. of Dharmasiltras (New Delhi 196.5).
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
10 Grundlegend für die Untersuchung der Dharmasastras ist das mnfassende VVerk von P. V. Kane: History of Dhanna.sastra (Poona 1930-1941). Sechsbändige Ausgabe und Übersetzung der Dharmasastras von l\'1. N. Dutt (Calcutta 1906-·1908, Neudruck 1978-1979). 11 Die beste kritische Ausgabe des lvianava-Dharmas'astra ist die von .J . .Jolly (London 1887). VVeitere Ausgaben von V. N. "'1andlik nüt fünf Kommentaren in drei Bänden (Bombay 1886) und von N. R. Acharya (10. Auf!., Bombay 1946). Übersetzungen von VV . .Jones (Calcutta 1794), aus diesem englischen Text ins Deutsche von .J. Ch. Hüttner (VVeimar 1797); von G. Bühlerinden Sacred Books of the East, 25 (Oxford 1886, Neudruck Delhi 1964), und von ·vv. Doniger (Delhi 1991). Studien von F . .Johäntgen: Über das Gesetzbuch des 1\1anu (Berlin 1863); K. Motwani: M~anu Dhanna.sastra (Madras 1958); hier werden besonders die außerindischen Auswirkungen des VVerks untersucht. 12 Die Kommentare zur lvianusn11;ti wurden unter dem Titell'vianuFkasamgraha herausgegeben von.J . .Jolly in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1885). Ausgabe des }\l[anubhii.~ya von G . .Jha als Nr. 516 der Bibliotheca Indica (Calcutta 1932) und übersetzt von demselben in fünf Bänden (Calcutta 1920-1926). 13 Ausgabe des Kommentars von Govindaraja von V. N. Mandlik (Bombay 1886). Ausgabe des Kommentars von Bhäruci von .J. D. M. Derrett (\Viesbaden 1974).
14 Ausgabe und Übersetzung der Yajilavalkyasmrti von A. F. Stenzler (Berlin 1849, Neudruck Osnabrück 1970). Ausgabe mit dem Kommentar Mitiik?ara von N. R. Acharya (5. Auf!., Bombay 1949). Übersetzungen von S. C. Vasu als Bel. 2 der Sacred Books of the Hindus (Allahabad 1909); einschließlich dreierKommentarevon .J. R. Gharpure (Bom.bay 1936-1939). Studie von H. Losch (Leipzig 1927). Zur Bedeutung des Werkes als Geschichtsquelle vgl. S. Chattopadhyaya: Social Life in Ancient India in the Background of the Yajilavalkyasmrti (Calcutta 1965). ~Mjtaksara s. Anm. 14.
15 Zur
16 Ausgabe der größeren Rezension der Naradasmrti von .J ..J olly in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1885 ). Übersetzung in den Sacred Books of the East, 33 (Oxford 1889). 17 Übersetzung der Fragmente der Brhaspatismrti von .J. Jolly in den Sacred Books of the East, 33 (Oxford 1889). 18 Textrekonstruktion und Übersetzung der Katyayanasm~"ti von P. V. Kane (Bombay 1933). 19 Ausgabe und Übersetzung des v~yavaharacintamani von L. Rocher (Gent 1956). Ausgabe eines thematisch verwandten \Verkes, des Vyavaharanir~Jaya des Varadaraja, von K. V. R. Aiyangar und A. N. K. Aiyangar (Adyar 1942).
5. Die mathematische, a.stronomische und astrologische Literatur Die Mathematik pflegt man heuteinfolge ihrer auf der Stufenleiter der Abstraktion beherrschenden Stellung bei wissenschaftsgeschichtlichen Betrachtungen an die Spitze zu stellen. Auch für das alte Indien ist dies gerechtfertigt, hatte doch die Mathematik dort ein hohes Niveau erreicht. 1
Die mathematische, astronomische und astrologische Literatur
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Rechenoperationen werden schon in der vedischen Literatur erwähnt, beispielsvveise im Sa.tapa.tha-Brahma1;a im Zusammenhang mit der Errichtung des Feueraltars. Bemerkenswert sind die Eigennamen, die die vedische Sprache für hohe Zehnerpotenzen enthielt: so bedeutete die Vokabel pa.rardl1a. zehn Billionen. Die Inder haben schon frühzeitig a.ußerordentliche mathematische Leistungen vollbracht und unter anderem den Stellenwert und die Null entdeckt. Die Bedeutung dieser Entdeckung wird dadurch nicht herabgemindert, dass sie auch noch anderswo auf der Erde unabhängig von Indien gemacht worden sein könnte. Die frühen \Verke über ALGEBRA, die es sicherlich gegeben hat, haben sich nicht erhalten. Die wichtigsten algebraischen Studien der alten Inder sind nicht in selbstständigen Büchern niedergelegt, sondern sind Teile von astronomischen \Verken, da sich beide Disziplinen in äußerst engem Konnex entwickelt haben. \Vir betrachten hier nur kurz die mathematischen Sektionen und gehen auf die betreffenden Hauptwerke selbst weiter unten ein. Wichtig ist zunächst der Gm.1itadhyaya, nämlich der aus zwei Kapiteln bestehende mathematische Teil des AryablnfTya.. 2 Sie führen die Namen Dasag1tikasutra und Gapitapiida.. Ebenfalls von Bedeutung ist der KuHakadhyaya des Bralnnasplmtasiddhanta von Brahmagupta. 3 Dieser behandelt Probleme der ARITHMETIK ebenso wie auch das Lllavat1 genannte Kapitel aus dem Siddl1iinta.siroma1!i des Bhaskara, während die Algebra Thema des Kapitels B1jaga1;ita aus demselben Werk ist. 4 In der Arithmetik behandeln Brahmagupta und Bhaskara Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division, das Quadrieren und Radizieren, das Erheben in die dritte Potenz und das Ziehen der Kubik-Wurzel. ·weitere Betrachtungen sind den Bruch- und Dreisatzrechnungen gewidmet. Die algebraischen Operationen bestanden unter anderem in der Lösung von Gleichungen ersten und höheren Grades sowie von solchen mit m.ehreren Unbekannten. Früher a.ls Arithmetik und Algebra gelangte die GEOMETRIE in Indien zu einer gewissen Reife. Ihre Grundgedanken sind bereits in Ausläufern der vedischen Literatur, den Sulvasutras, enthalten. 5 \Vie schon erwähnt, ergab sich dies aus der Notwendigkeit, die Opferplätze und Altäre ordnungsgemäß anzulegen beziehungsweise zu errichten. Somit erlernten die Inder frühzeitig die Konstruktion von \Vinkeln. Es steht ferner fest, dass sie selbstständig den Lehrsatz des Pythagoras, nach dem im rechtwinkligen Dreieck die Summe der Kathetenquadrate gleich der Fläche des Hypotenusenquadrates ist, entdeckten. Im übrigen aber erreichte die Geometrie im alten Indien nicht das Niveau Griechenlands: Die Anschauung führte nur ungenügend zur theoretischen Verallgemeinerung. Die Entwicklung der altindischen ASTRONOMIE erfolgte, wie schon bemerkt. in engstem Zusammenhang n1.it der Mathematik. 6 Man kann drei Perioden unterscheiden, von denen die erste in vedische Zeit zurückreicht. Damals gab es
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
bereits eine Konzeption von 27 beziehungsweise 28 Tierkreiszeichen, den möglicherweise aus babylonischer Quelle stammenden nak9atras. 7 Die Beobachtung der betreffenden Sternbilder ergab sich aus den Bedürfnissen des Opferkultes, da verschiedene Opferfeste an bestimmte Sternkonstellationen gebunden waren. Die zweite Periode umfasst die spätesten Ausläufer des Veda und die Ära bis zur Zeitenwende. Doch sind von der damaligen astronomischen Literatur nur geringe Reste erhalten geblieben. Dazu zählt der Jyoti9a- Vedanga, der in Slokas gehalten ist. 8 Das -Werkchen ist in zwei Rezensionen vertreten, die 43 beziehungsweise 36 Verse umfassen; Thematik ist die Zeitrechnung. Zu nennen ist ferner die Ga.rg1samhita des Garga. 9 Auf die Astronomie bezügliche Bemerkungen finden sich außerdem im Mahabharata, in einigen Puriü:tas und in der 2\i[anusm~·ti. Typisch für diese Periode ist die hypothetische Rechnung mit Weltzeitaltern von gewaltiger Länge, wobei das Yuga zu 432000 Jahren die Basis bildet. Erst in der dritten Periode, und zwar nach der Zeitenwende, beginnt die eigentliche wissenschaftlich-astronomisc he Literatur, die sich vom Veda löst und auf die phantasievollen Vorstellungen über die Weltzeitalter, wie sie besonders von der Pural_la-Literatur verbreitet worden waren, verzichtet. Es steht außer Zweifel, dass griechischer Einfluss eine große Rolle gespielt hat. Die a.us dieser Zeit stamm_enden astronomischen Schriften untergliedern sich in vier Arten, nämlich umfassende Lehrbücher (Siddhanta), Anleitungen zu astronomischen Berechnungen (Karal_la), astronomische Tafeln zur Erleichterung solcher Berechnungen und schließlich die Kommentare. Es versteht sich, dass die Karal_las und besonders die Siddhantas unser Interesse vorzugsweise beanspruchen. Eines der wichtigsten und zugleich das älteste Werk dieser Art ist der Siiryasiddhanta. 10 Die Verfasserschaft wird einem gewissen Lata zugeschrieben. In seiner gegenwärtigen Form hat das Buch mehrere Überarbeitungen durchlaufen. Es besteht aus etwa 400 Slokas, die in 14 Kapitel eingeteilt sind. Der Verfasser bemüht sich offensichtlich, die indische astronomische Tradition mit neuen - in diesem Falle griechischen- Erkenntnissen zu verbinden. Die erwähnten phantasievollen Zeitperioden behält der Siiryasiddhanta bei. Wichtigstes Karal_la ist die Pa.iicasiddhantika des bedeutenden Astronomen VarahamihiraY Von ihr wissen wir, dass sie um das Jahr 505 herum verfasst worden sein muss. Hier berichtet Va.rahamihira unter anderem von fünf Siddlüintas, die uns nicht erhalten sind. Sie tragen nicht durchweg sanskritische Bezeichnungen, denn unter ihnen befinden sich der Romaka- und der Paulisasiddhanta. Erstgenanntes vVerk weist allgemein auf Rom beziehungsweise das Römische Reich, das letztere aber wohl auf Paulus Alexandrinus als Quelle. Nach den Angaben, die Varahamihira über diese Siddhantas macht, weichen Romaka- und Siiryasiddhanta ziemlich sta.rk voneinander ab. Zwar unterliegen sie beide griechischem Einfluss, doch ist dieser offenbar aus ver-
Die mathematische, astronomische und astrologische Literatur
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schiedeneu Quellen geflossen. Der Roma.ka.siddllfinta. folgt im wesentlichen den Erkenntnissen des Hipparchos. Ein weiteres, sehr wichtiges VVerk der altindischen Astronomie ist der Aryasiddhanta des Äryabhata, der nach seinem Verfasser meist Arya.bha.tTya. genannt wird. 12 Das Vv'erk entstand um das Jahr 499 in Pataliputra, dem heutigen Patna, und ist in Ärya-Versen gehalten. Von seinen vier Teilen sind, wie bereits erwähnt, die ersten beiden mathematischen Inhalts. In astronomischer Hinsicht besteht kein großer Unterschied zu den Gedanken des Siirya.siddhanta.. Neu ist jedoch, dass Äryabhata die Rotation der Erde postuliert. Entsprechend der außerordentlich engen Verflechtung von Mathematik und Astronomie im alten Indien haben die Mathematiker Brahmagupta und Bhaskara auch als Astronomen eine große Rolle gespielt. Von ersterem stammt ein sehr ausführlich gehaltenes Werk, der Brahma.(splmta.)siddllanta., als dessen Entstehungszeit man das Jahr 668 vermutet.B Der Autor folgt etwa den gleichen Grundanschauungen wie Lata, doch ragt er methodisch durch die systematisierte Art seiner Darstellung über die Vorgänger hinaus. Bhaskara wurde im Jahre 1114 geboren. Sein astronomisches Hauptwerk ist der Siddhantaiiroma.1;i, den er 1150 verfasst hat. Dieses ·werk gelangte in Indien zu höchstem Ansehen und prägte über Jahrhunderte hinweg Arbeitsrichtung und Methodik der indischen Astronomie. 14 Auch der Siddhantaiiroma.1;i ist im Ärya-Metrum abgefasst. Inhaltlich beruht er auf Brahmagupta, übertrifft diesen aber noch an Klarheit und Systematik. Während die Kapitell und 2 (Lllavatl und Bljagai;ita) der Mathematik gewidmet sind, haben die Kapitel 3 und 4 astronomischen Inhalt; ihre Namen sind Grahagai:titadhyaya und Goladhyaya. Bhaskaras besondere Verdienste liegen darin, dass er der Erde Kugelgestalt zuschrieb und das Wirken der Schwerkraft in seine Betrachtungen einbezog. Die späteren indischen Leistungen in der Astronomie beruhen weitgehend auf Bhäskara, wie etwa das im Jahre 1178 entstandene Ka.ra.1;a.kutiiha.la.. 15 In der Folgezeit dringen zusammen mit der politischen Invasion der ·Mohammedaner auch die Ideen der persischen und arabischen Astronomie immer stärker in Indien ein. Das letzte selbstständige Werk der indischen Astronomie war der Siddhanta.ta.ttva.viveka. des Kamalakara aus dem Jahre 1658. Von der Astronomie im eigenen Verständnis noch kaum unterschieden, spielte die ASTROLOGIE im alten Indien eine so große Rolle, dass sie hier nicht übergangen werden darf, auch wenn sie nicht zur \Vissenschaft im eigentlichen Sinne gehört. Beide Disziplinen wurden unter dem Namen Jyotil).sastra ("Sternenwissenschaft") zusammengefasst. Sehr verbreitet war die Ansicht, dass die Himmelskörper und ihre Konstellationen als Omina wirken, die Zukunft lenken und das Schicksal des Individuums bestimmen. Solche Auffassungen finden sich rudimentäl· schon in den Brahmal)as und G.rhyasutras. Zu voller Ent-
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSET\'SCHAFTLICHE LITERATUR
wicklung gelangte die Astrologie in Indien aber erst bei dem schon envähnten Varähamihira. Dieser nennt zwar eine Anzahl von Vorgängern, doch sind von deren \iVerken nur wenige Überreste auf uns gekommen. Im übrigen beruft er sich auf die Autorität der Griechen. Varähamihiras Hauptwerk ist die Brha.tsarnhita. 16 Sie zählt zu den besonders in quellenkundlieber Hinsicht bedeutsamsten Erzeugnissen der altindischen Literatur, ist aber erst relativ spät in dieser Rolle gewürdigt worden. 17 Die Brl1atsari1hita hat einen U mfa.ng von nicht weniger als 106 Kapiteln und den Charakter einer Enzyklopädie. Im astrologischen Teil beschäftigt sie sich vorwiegend nlit den Auswirkungen der Sonne und des Mondwechsels sowie der Sternkonstellationen auf Menschenschicksale. Die astrologischen Sachverhalte werden zu allerlei Prophetien benutzt, unter anderem zur Vorhersage des Wettergeschehens und sogar der Preisentwicklung. Die Kapitel 53 bis 58 enthalten astrologisch determinierte Vorschläge für die Anlage bestimmter Bauten. An anderer Stelle findet sich Ähnliches in bezug auf die Tierzucht. Kapitel 60 befasst sich mit den Eigenschaften der Frauen, wä.hrend die Kapitel 80 bis 83 der Edelsteinkunde gewidmet sind. Kapitel 14 bietet eine schätzenswerte Übersicht über die Geographie Indiens. Trotz dieses enzyklopädischen Charakters ist auch die Brl1atsmnhita Kunstdichtung und zeigt die geschickte Handhabung verschiedenartiger Metren. Von Interesse ist, wie der Verfasser die Kämpfe irdischer Reiche und ihrer Könige in die Sternenwelt transponiert und Parallelen zwischen ihnen und den "Kämpfen" (also bestimmten Lagebeziehungen) der Planeten zieht. Von Varähamihira stammt ein weiteres Vlerk, das den Namen Yogayatra führt. 18 Es behandelt diejenigen Omina, die im Krieg und insbesondere zu Beginn einer Schlacht zu berücksichtigen sind. Auch diese Abhandlung ist im. Kävya-Stil gehalten. Die Sanskrit-Bezeichnung für ein Horoskop lautet hma und verrät schon damit die griechische Quelle. Es gibt für die Stellung von Horoskopen ein eigenes Lehrbuch unter dem Namen Horasastra., das vielfach jedoch auch B~·ha.jjataka genannt wird. 19 Der Verfasser ist wiederum Varähamihira. Der Hauptgegenstand des Werkes sind die Auswirkungen der zur Zeit der Geburt existenten Gestirnskonstellation auf das Schicksal des betreffenden Menschen; eingeteilt ist der Stoff in 25 Kapitel. Es gibt eine ganze Anzahl von Werken, die sich außerdem mit astrologischen Prophetien und Omina beschäftigen. 20 Dazu zählen die sogenannten Muhürtas, die die für Familienfeste, Reisen und so weiter günstigen Zeitpunkte aufführen. Unter persischem und arabischem Einfluss sind die Täjikas entstanden. Es wurden auch solche \Verke über Omina verfasst, die nicht unmittelbar mit der Astrologie in Beziehung stehen. Derartige Abhandlungen lassen sich in der Literatur Indiens bis in sehr alte Zeiten zurückverfolgen; dabei ist etwa an das A.dblmta.-Brahmm;a. sowie an Passagen aus dem A.ita.reya-A.ra.r.lyaka. zu den-
Die mathematische, astronomische und astrologische Literatur
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ken. Das wohl interessanteste \Verk dieses Genres ist der 8vapnacintama1;i des .J agaddeva. 21 Das Anliegen des Verfassers besteht in der Deutung von Träumen.
Anmerkungen
1 Eine vvertvolle Übersicht über die mathematische, astronomische und astrologische Literatur der alten Inder gibt G. Thibaut im Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde (Straßburg 1899). Zur Geschichte der Mathematik in Indien vgl. die Kompendien von B. Datta und A. N. Singh: History of Hindu Mathematics (Bombay 1962); G. N. Srinivasiengar: The History of Ancient Indian Mathematics (Calcutta 1967): S. K. Kapoor: Vedic Geometry (Delhi 1994). 2 Ausgabe und Übersetzung des _4.ryabhat1ya von K. Elfering: Die Afathematik des _4.ryabhata (München 1975). 3 Über Brahmagupta vgl. die Studie von S. Prakash: CriticaJ Study of Brahmagupta and His Works (New Delhi 1968). 4 Vgl. die Studie von H. Brockhaus: Über die Algebra des Bhaskara, in: Berichte der Sächsischen Gesellschaft der ·Wissenschaften, Phil.-Hist. Kl. IV, 1 (Leipzig 1852). 5 Als Beispiel eines Sulvasütra vgl. die Ausgabe des Apastamba-.~ulvasiitra von A. Bürk in der Zschr. der Dtsch. Morgenländischen Gesellschaft, 55-56 (Leipzig 1901/02). Zur Bedeutung dieser Literaturgattung überhaupt vgl. die Studie von B. B. Datta: The Science of.~ulva (Calcutta 1932).
6 Zur Geschichte der astronomischen Literatur Indiens vgl. außer der in Anm. 1 genannten Arbeit von G. Thibaut die Studie von J. Bentley: A Historical View of the Hindu Astronomy from tl1e Earliest Dawn ofthat Science in India to the Present Time (1825, Neudruck Osnabrück 1967). 7 Zu den nakf?aÜas vgl. sub voce die Angaben bei A. A. Macdonell und A. B. Keith: Vedic Index of Namesand Subjects (1912, Neudruck Delhi 1958). 8 V gl. die Studie von A. Weber: Über den Vedakalender, namens Jyotisham (Abhandlungen der Preußischen Akad. der 'iViss., Phil.-Hist. Kl., Berlin 1862), die auch eine Edition des Textes beinhaltet. 9 Die Fragmente der Garg1sa1i1hita wurden herausgegeben und übersetzt von R. Shainasastry (Mysore 1936). 10 Der Siiryasiddhania ist wegen seiner Bedeutung vielfach bearbeitet und untersucht worden. Kritische Ausgabe von F. E. Hall zusammen mit einer Übersetzung von B. D. Sastrin und L. Wilkinson in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1859-1861, Neudruck 1974). Zahlreiche weitere Editionen, u.a. von K. S. Shukla (Lakhnau 1957). Übersetzung auch von VV. D. VVhitney und E. Burgess im Journal of the American Oriental Society, 6 (New Haven 1860), die von grundlegender Bedeutung ist. 11 Ausgabe und Übersetzung der Paiicasiddhantika von G. Thibaut und S. Dvivedi als Bd. 68 der Chowkhamba Sanskrit Studies (1889, Neudruck 1930, 2. Aufl. Varanasi 1968),
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
von K. V. Sarma (Madras 1993). Ausgabe auch von 0. Neugebauer und D. Pingree (Kopenhagen 1970/71). 12 Ausgabe des Aryabha~fya s. AmTL 2 und ferner die Edition von H. Kern (Leiden 1874, Neudruck 1973). Übersetzungen von P. C. Sen Gupta (Calcutta 1927) und W. E. Clarke (Chicago 1930) sowie von K. Elfering (München 1975). 13 Ausgabe des BralJma.(sphu~a.)siddhanta. von M. Ojha (Benares 1961). Teilübersetzung von H. T. Colebrooke (London 1817). 14 Ausgaben von Bhaskaras Siddhantasiroma!fi von L. Wilkinson (Calcutta 1842), B. D. Sastrin (Benares 1860), M ..Jha (Benares 1917), F. M. D. Chaturvedi (Varanasi 1981). Übersetzung in der Bibliotheca Indica von L. Wilkinson (Calcutta 1861). Ausgabe zusammen rnit Übersetzung von K. Joshi (Varanasi 1962-1964). 15 Ausgabe des KaraJJakutilhala. von S. Dvivedi (Benares 1881). 16 Ausgabe der Brha.tsamhita von H. Kern in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1865). Übersetzungen von C. Iyer (Madura 1884, 2. Aufl. Delhi 1987) und V. S. Sastri (1947). Ausgabe und Übersetzung von M. S. Bhat (Delhi 1982). 17 vVertvoll und Basis für weitere Analysen ist die Studie von A. M. Shastri: India as Seen in the Brhatsarnhita of Va.rahamihira (Delhi 1969). 18 Ausgabe und Übersetzung der Yogayatravon H. Kern, in: Indische Studien, Bd. 10 (1868), herausgegeben von A. V/eber. 19 Ausgabe des Brlwjjataka. von S. Jha (1944). Übersetzung von W. Wulf (Hamburg 1925). 20 V gl. die Studie über die Hora-Astrologie von H. J acobi (Diss. Bann 1872); insbesondere aber H. G. Türstig: Jyoti.?a. Da.s System der indischen Astrologie (Wiesbaden 1980). 21 Ausgabe und Übersetzung des Svapna.cintama!}i von J. v. Negelein: Der Traumschlüssel des Jaga.ddeva., ein Beitrag zur indischen Ma.ntik (Gießen 1912).
6. Die medizinische LiteTa.tuT Heilpraktiken haben in Indien eine lange Tradition. 1 Über die Heilkräfte von Kräutern äußern sich bereits die vedischen Sarnhitas. Die Asvins galten als Ärzte der Götter und verjüngten den I:t~i Cyavana mit Hilfe einer Wasserkur. Das Tieropferritual führte zu anatomischen Kenntnissen. Verzeichnisse der Skelettknochen finden sich mehrfach, so im AthaTvaveda X, 2 und im SatapathaBTalnnal;a X und XII. Sehr wahrscheinlich hat es damals schon eine ganze Anzahl medizinischer vVerke gegeben, die aber alle verlorengegangen sind. Als Autoritäten werden Namen wie Ätreya und Harita überliefert, doch sind es für uns tatsächlich nicht mehr als bloße Namen. Immerhin ist in der vedischen Ära der Ausgangspunkt für die einheimische indische Medizin zu suchen. Diese wird gewöhnlich unter dem Namen Äyurveda zusam.mengefasst, das heißt ",1\Tissenschaft vom (langen) Leben beziehungsweise von der Lebenskraft". Diese traditionelle Medizin hat im Laufe ihrer langen Entwicklung beachtliche Leistungen
Die medizinische Literatur
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aufzuweisen und spielt auch im gegenwärtigen Indien nach wie vor eine große Rolle. Es gibt medizinische Zentren, die ausschließlich auf Ayurveda- Basis behandeln; in anderen Einrichtungen kann der Patient entscheiden, ob er eine Therapie nach modernen oder nach traditionellen Prinzipien wünscht. Überlieferungsgemäß bestand der Ayurveda stets aus a.cht Einzeldisziplinen und hieß daher auch a?tfü1ga ("achtgliedrig"). 2 Diese waren: die große und die kleine Chirurgie, die Therapie, Pädiatrie, Toxikologie, die Bereitung von Lebenselixieren, die Rolle der Aphrodisiaka und die - Dämonologie, denn bis in die Neuzeit hinein war der Glaube verbreitet, dass Krankheiten letztlich durch das -Wirken dämonischer Mächte, aber auch durch die Sünden des Patienten entstünden. Letztere Feststellung ist freilich nicht immer ganz unbegründet. Unsere Kenntnisse von der Entwicklung der indischen Medizin seit den Zeiten des Veda sind ziemlich lückenhaft, da die literarischen Quellen nur ungleichmäßig fließen. Aus dem Vinayapitaka, einem Hauptwerk des Buddhismus, ist zu erfahren, dass damals schon viele pflanzliche Heilmittel, aber auch das Dampfbad und der Aderlass bekannt waren. Die älteste medizinische Abhandlung, die einigermaßen datierbar ist, findet sich aber erst in dem sogenannten Bower-Manuskript, das im Jahre 1890 im chinesischen Turkestan aufgefunden wurde. 3 Es entstammt dem 4. Jahrhundert oder einer etwas späteren Zeit und enthält insgesamt sieben Texte. Zwei davon befassen sich mit Omina aus Vv'ürfeln, zwei weitere mit einem Zauber gegen Schlangenbisse; die ersten drei jedoch sind der Medizin gewidmet. Der Verfasser ist namentlich nicht bekannt, da der Schluss des Ganzen, wo er sich sicher genannt hat, verlorengegangen ist. Man darf aber annehmen, dass es sich um einen Buddhisten gehandelt hat. Abgefasst ist das Traktat metrisch, aber in einem minderwertigen, hybriden und mit Präk~'t durchsetzten Sanskrit. Der medizinische Teil des BowerManuskriptes hat recht verschiedenartige Themen zum Gegenstand. So befasst sich der Verfasser mit der pharmakadynamischen Wirkung des Knoblauchs, die man noch heute berücksichtigt. Ferner bilden Roborantien, Ophthalmologika und andere Heilmittel Gegenstand der Untersuchung. Das erste medizinische Kompendium aber stammt von einem der drei im alten Indien als Klassiker der Medizin anerkannten Autoritäten, Caraka, und führt daher den Namen Caraka-Sa.Jnl1ita. 4 Caraka soll Leibarzt des Kaisers Kani~ka gewesen sein, was möglich, aber nicht beweisbar ist. In seiner uns überkommenen Gestalt ist das \Verk von heterogener Zeitstellung und Zusammensetzung. Der Kern ist jedenfalls alt und könnte durchaus ins 2. Jahrhundert zurückreichen. Ungefähr ein Drittel des Umfangs ist aber erst im 8. oder 9. Jahrhundert hinzugekommen. Dass der Kern alt ist, erweist sich auch aus seiner literarischen Form: Sie besteht in Prosa und an den Kapitelschlüssen angehängten Versen. Entsprechend der Gliederung des Äyurveda besteht die Caraka-Samhita aus acht Teilen (sthana), die dem traditionellen Inhalt des
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DIE PHILOSOPHISCHE UND \'.'ISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Ayurveda jedoch nicht strikt folgen. Ihre Themen sind: Allgemeines über die ärztlichen Pflichten; die acht Hauptpla.gen; Diät, medizinisches Studium; Anatomie; Diagnose und Prognose; schließlich drei Abschnitte über Therapie. Ein Mangel des \Verkes besteht in dem fast völligen Fehlen der Chirurgie. Dagegen ist der erste Teil, der besonders das Verhalten des Arztesam Krankenbett zum Gegenstand hat, sehr interessant und noch nicht genügend ausgewertet. Caraka ist übrigens nicht nur Arzt, sondern auch :Yioralist; als Ursache von Krankheit sieht er unter anderem die Sünde an, und dies nicht etwa in alimentärer Hinsicht. So lässt er sich in eine Diskussion über das Vliesen der Seele ein, und zwar vom Standpunkt der Sarnkhya-Philosophie. Doch finden sich auch hier treffende Beobachtungen, etwa hinsichtlich der Bedeutung des Schlafes für die Gesundheit. Im 11. .Jahrhundert lieferte Cakrapal)-idatta einen ausführlichen Kommentar zur Ca.raka-Saml1ita, und schon vorher, um 800, war diese ins Persische und dann auch ins Arabische übersetzt worden. 5 Das Hauptwerk der altindischen Medizin aber ist die Su.smta-Sainhita. Sie führt auch den Namen ityurvedaprakasa. In dieses Kompendium scheinen die Lehren eines Divodasa, wohl des Lehrers des Susruta, maßgeblich eingeflossen zu sein. Verfasst wurde die Sari1hitä in einem Gemisch aus Prosa und Versen. Auch hier liegt ein alter Kern vor, der nur wenig jünger als der der CarakaSamhita sein dürfte; die jetzt vorhandene Gestalt des \iVerkes gehört aber einer späteren Zeit, vielleicht dem 7 . .Jahrhundert an. Susruta behandelt in seinem Werk folgende Hauptthemen: Allgemeines über die ärztliche Praxis; Pathologie; Anatomie; Therapie; Toxikologie. Die Anforderungen, die er an die fachliche und moralische Qualifikation der Ärzte stellt, gehen noch über die des Caraka hinaus. Im übrigen liegt Su:3rutas Stärke gerade da, wo Cara.ka Schwächen zeigt~ nämlich in der Chirurgie. Besonders in der Rhinoplastik muss die damalige Chirurgie Großes geleistet haben. Ein Anhang, der den Namen Uttaratantra führt, befasst sich mit Nachträgen z~m Hauptteil, besonders solchen ophthalmologischer Art. Cakrapa1:lidatta, der Kommentator des Caraka, verfasste auch einen Konm1entar zur Susmta-Samhita; sein Titel ist Bhanumat1.
Der dritte medizinische Klassiker ist Vagbhata; doch muss es, um es gleich vorwegzunehmen, zwei Autoren dieses Namens gegeben haben. Es sind zwei \iVerke mit diesem Verfassernamen überliefert worden. Das ältere ist der A?fil1igasamgra.ha.6 Inhalt und Form verraten aber, dass es .Jahrhunderte nach Caraka und Su:3ruta verfasst worden sein muss. Das Buch ist in sechs Teile untergliedert und besteht aus einer Mischung von Prosa und Versen. Der Verfasser war offenbar Buddhist und könnte im 7 . .Jahrhundert gelebt haben. Buddhist war auch der andere Vägbha~a, der wohl in das 8 . .Jahrhundert zu versetzen ist. Er 7 schrieb eine A.?tangaln;daya.-Sa1nhita, die ausschließlich aus Versen besteht. Das ebenfalls sechsteilige \iVerk erlangte besonders auf dem Gebiet der Chirurgie große Berühmtheit, wurde ins Tibetische übersetzt und war spätestens im
Die medizinische Literatur
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Jahre 888 arabischen Medizinern zur Kenntnis gela.ngt. Aus der nachklassischen Zeit nennen wir vor allem den Rugvini.scaya, der häufig auch als Nidana bezeichnet wird. 8 Verfasser ist :Madhavakara, der vermutlich im 8. oder 9. Jahrhundert gelebt hat. Der Rug~Finisca.ya ist eine äußerst wichtige Arbeit über Pathologie und Diagnostik und hat als Standardwerk der traditionellen Medizin in Indien eine Bedeutung erlangt, die Jahrhunderte überdauert hat. Es sind dann im Mittelalter und bis in die Neuzeit hinein noch viele medizinische Kompendien und Abhandlungen über Spezialprobleme verfasst worden. Selbst der berühmte Grammatiker Vopadeva ist als Mediziner hervorgetreten. Erwähnensvvert ist noch der Bl1avaprakasa. des Bhavamisra aus der Zeit um die Mitte des 16 . .Jahrhunderts. 9 Dieses \Verk erwähnt erstmalig die von den portugiesischen Kolonialherren eingeschleppte Syphilis. Neben den ernsthaften medizinischen Bestrebungen und \Verken gab es auch eine umfangreiche Literatur über Zauberheilnüttel von a.lchemistischem Inhalt. Ausgangspunkt derselben war vorwiegend der Tantrismus. Die Hauptrolle spielte die Suche nach einem~ Lebenselixier, das man im "Fürsten der Säfte" (rasendra), dem Quecksilber, gefunden zu haben glaubte. Besonders bekannt wurde der zu Beginn des 13 . .Jahrhunderts entstandene Rasan;ava. 10 Das Traktat umfasst 18 in Versen gehaltene Kapitel. Was die Frage nach der Eigenständigkeit der indischen Medizin anlangt, so darf man sie überwiegend bejahen. Bestimmte griechische Einflüsse sind daneben unzweifelhaft. Auch die persisch-arabische Materia medica ist durch Opium und Quecksilber zur Quelle der indischen Medizin geworden. Andererseits hat letztere sehr stark auf Hinterindien, Ceylon, ganz besonders aber auf Tibet eingewirkt. Sachlich könnte man hier noch Betrachtungen über den Stand der Chemie im alten Indien anschließen, doch muss aus Raumgründen davon abgesehen und auf die Sekundärliteratur verwiesen werden. 11
Anmerkungen Eine grundlegende Arbeit über die altindische medizinische Literatur ist die von J. Jolly: Medizin, im Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde, III, 10 (Straßburg 1902). Darüber hinaus gibt es noch andere schätzenswerte Kompendien: von A. F. R. Hoernle: Studies in the Afedicine of Ancient India (Oxford 1907); Reinhold F. G. Müller: Grundsätze altindischer Medizin (Kopenhagen 1951); G. J. Meulenbeld: A History of Indian M:edical Literature (Groningen 1999-2002) und eine große Anzahl einschlägiger Spezialstudien dieses Gelehrten. Grundlegend ist auch J. Filliozat: The Classical Doctrine of Indian 1\1edicine (erschienen in französischer Sprache Paris 1949, englische Übersetzung von D. R. Chanana, Delhi 1964). V gl. ferner P. Kutunobiah: Ancient Indian Medicine ( Calcutta 1962) sowie die dreibändige History of Indian Medicine von G. N.
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Mukhopadhyaya (Calcutta 1922-1929, Neudruck 1974) und die Studie von R. D. Lele: Ayurveda and Modern Medicine (Bombay 1986). 2 Vgl. außer den in Anm. 1 genannten Werken noch Sh. Sharma: System of Ayurveda (Bombay 1929), ferner G. U. Thite: }\fedicine, its Magico-religious Aspects... (Poona 1982). 3 Von dem Bower-Manuskript veranstaltete A. F. R. Hoernle eine Faksimileausgabe mit Transliteration und Übersetzung (Calcutta 1893-1912, Neudruck Delhi 1987). 4 Ausgabe und Übersetzung der Caraka-Samhita von A. C. Kaviratna, P. S. Kavibhu::;ana und (als Übersetzer) K. M. Ganguli (Calcutta 1890-1911). Neue Ausgabe mit mehreren Kommentaren von G. Pandeya als Bd. 194 der Kashi Sanskrit Series (Varanasi 1969/70). 5 Ausgabe der Suiruta-Sarühita mit mehreren Kommentaren von V. J. Trikamji und Narayan Ram Acharya (3. Aufi., Bombay 1938). Ausführlich annotierte Übersetzung von K. K. Bhishagratna (Cakutta 1907-1916; 3. Aufi. in drei Bänden als Nr. 30 der Chowkhamba Sanskrit Studies, Varanasi 1981). 6 Ausgabe des At?tangasamgraha von G. Changani (1954). 7 Ausgaben der Astangahrdaya-Samhita von A. M. Kunte (2. Aufi., Bombay 1891) und von Y. Upadhyaya in den Chowkhamba Sanskrit Series (Varanasi 1959). Ausgabe und Übersetzung der ersten fünf Kapitel der tibetischen Übersetzung dieses Werkes von C. Vogel (Wiesbaden 1965). Übersetzung von K. R. Srikantha Murthy (Delhi 1991). 8 Ausgabe des Rugviniicaya von V. Sarma (Bombay 1927) sowie von Y. Upadhyaya in zwei Bänden der Chowkhamba Sanskrit Series (Varanasi 1960/61). 9 Vgl. A. M. Esser: Die Ophthalmologie des Bhavaprakaia (mit Text und Übersetzung), erschienen als Bd. 19 der Studien zur Geschichte der Medizin (Leipzig 1930). Ausgabe von B. S. Misra und R. L. Vaisya als Nr. 130 der Kashi Sanskrit Series (Varanasi 1961-1969). 10 Ausgabe des Rasarnava von P. C. Ray und P. H. Kaviratna in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1910). 11 V gl. etwa A. P. C. Ray: History of Chemistry in Ancient and Medieval India (Calcutta 1956). Ausgabe und Übersetzung eines der Sanskrit-Hauptwerke, des Rasajalanidlli, von B. Mookerjee (Calcutta 1926-38, Neudruck Ahmedabad 1984).
7. Die emtische Literatur Über die altindische erotische Literatur ist so manche Unklarheit verbreitet, dass es angebracht sein dürfte zu betonen: Altindische Erotik und ihr Schrifttum haben nichts mit Pornographie zu tun und konnten das auch gar nicht. Denn die historische Rolle der Pornographie bestand darin, dass sie gewöhnlich die Reaktion auf (meist klerikalen Kreisen entstammende) asketische, asexuelle und antierotische Tendenzen darstellte. Im alten Indien gab es solche Haltungen wohl auch, doch waren sie nicht staatlich sanktioniert und konnten sich daher nicht als Zwang auswirken. Erotik und Sexualität blieben somit, ohne
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irgendeine Sonderstellung in positiver oder negativer Hinsicht einzunehmen, immanenter Bestandteil des menschlichen Daseins. So wird verständlich, dass sie in die hinduistische Trivarga- Lehre eingebunden wurden und hier gleichrangig als Lebensausschnitt und -ziel in der Kategorie kama (Liebe) mit dharma (religiöses Streben, Tugendhaftigkeit) und artha (Besitzstreben) figurierten. 1 Freilich haben die drei Begriffe für die verschiedenen Gesellschaftsschichten unterschiedliche Bedeutung. ·während dharma für alle und artha besonders für Regierende und Politiker gilt, richten sich die Lehrbücher der Liebeskunst vorwiegend an die gebildete städtische Oberschicht. Im übrigen verstehen sich diese Werke in nicht geringerem Maße als Lehrbuch (sastra), als es die Bücher des dharma und artha tun. Lehrbücher der Liebeskunst scheint es schon sehr früh - wie man aus Namen schließen darf, schon in vedischer Zeit - gegeben zu haben. Als Autor eines ersten und offenbar sehr umfangreichen Werkes ist Auddalaki überliefert; ein Auszug aus diesem Kompendium soll von Babhravya stammen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das bekannteste und weltberühmte Werk der indischen Liebeskunst wiederum auf Auszügen aus Babhravya fußt, wenn es zweifellos auch aktualisiert worden ist. Es ist dies das Kamasiitra 2 , das älteste erhaltene Lehrbuch dieser Art. Sein Verfasser ist Mallauaga Vatsyayana, der meist nur mit seinem Sippennamen (Vätsyäyana) bezeichnet wird. In der Form weist das Buch Ähnlichkeiten mit dem Arthasästra auf. Es dominiert der Sutra-Stil mit einer Tendenz zum Bhä~ya-Stil. Der Kapitelschluss ist jeweils in Versform gehalten. Das Werk ist in sieben Hauptteile (a.dhikaraiJ.a) untergliedert. Siebehandeln Allgemeines, den Beischlaf, vVerbung und Hochzeit, die Rolle der Gattin, das Verhalten zu den Gattinnen anderer, die Prostitution und schließlich Geheimrezepte für die Stimulierung der Libido. Vätsyäyana geriert sich dabei wie ein Machiavelli in der Liebe, indem er etwa die Möglichkeiten beschreibt, wie eine Frau am leichtesten zu verführen sei. Dennoch kann keine Rede von einer Obszönität des Werkes sein; es ist auch nicht im mindesten darauf angelegt, lasziv zu wirken. Der Leser, der vom Kamasutra eine Lektüre der Wollust erwartet, wird sehr enttäuscht sein. Der trockene Sutra-Stil ist nicht geeigneL dergleichen auch nur in Ansätzen aufkommen zu lassen. Nicht selten hört man, dass das indische Kamasutra mit dem chinesischen Jin Ping Mei verglichen wird. Ein solcher Vergleich trägt einen sehr laienhaften Charakter. Abgesehen davon, dass zwischen beiden Werken ein Zeitraum von mindestens einem Jahrtausend liegt, sind sie auch nach Form und Anliegen grundverschieden. Das IGmasiitra ist ein Sästra, ein Lehrbuch, Jin Ping 1\![ei ein Sittenroman. Ersteres lehrt die Liebeskunst als Teil der Lebenskunst; letzteres warnt vor den Folgen ausschweifenden ·wandels. Soll durchaus ein Vergleich mit außerindischen Werken gezogen werden, so wäre ein solcher mit der Ars a.matoria des Ovid besser angebracht.
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Die Grundmaxime des IGimasiitTa. könnte man so formulieren, dass sich auch in der Liebe, zumal in der physischen Liebe, gleich zu gleich gesellen soll. Hervorzuheben ist dabei die Forderung, dass auch der Frau sexuelles Vergnügen zuzukommen habe. Als ein weiteres Grundprinzip wird Selbstbeherrschung postuliert; gegen Zügellosigkeit oder gar sadistische Praktiken wendet sich der seine Integrität beteuernde Autor ganz ausdrücklich. III, 2: \Vie man da.s \leTtTauen der jungvennählten Frau gewinnt YVenn der junge Mann sich nach der Hochzeit der Liebsten nähert, soll er nicht rnit Gewalt vorgehen. Frauen kann man ja. mit Blumen vergleichen; nur zart sind sie zu behandeln und zu umwerben. Eine Frau, die zu einem Mann noch nicht das richtige Vertrauen gefasst hat, von diesem a.ber ungestüm bedrängt wird, widersetzt sich der geschlechtlichen Vereinigung und wird ihn hassen. Daher nähere man sich den Fta.uen sanft. Spürt aber der Mann, dass sein Vorgehen bei der Frau verfängt, mag er sein Ziel weiter verfolgen. So kann er die Frau umarmen, doch nur so lange, wie es ihr angenehm ist. Und zwar uma.rme er zuerst den Oberkörper, weil die Frau dies eher leidet, als wenn er den Unterleib berühren würde. Ist die Frau voll erblüht und dem Mann schon von früher bekannt, so mag er das Licht brennen lassen; ist sie aber noch ganz unerfahren und mit dem Mann noch wenig vertraut, so nutze er die Dunkelheit. Hat sie sich die Umarmung gefallen lassen, kann er einen Schritt weiter gehen. Mit seinem Mund reiche er ihr Betel dar. Sollte sie sich der Entgegennahme widersetzen, so veranlasse er sie durch freundliche Vv'orte, Beschwörungen, inständige Bitten und Fußfälle, den Betel doch von ihm zu nehmen. Man weiß ja., dass sich der Wirkung eines Fußfalls kaum eine Frau entziehen kann, und sei sie noch so scha.merflült oder zornig. Gelingt es ihm, ihr den Betel mit dem Mund zu überreichen, so nutze er die Gelegenheit und gebe ihr geschickt einen sanften und ja. nicht etwa unanständigen Kuss ... In der zweiten und dritten Nacht ist sie ihm nun schon besser vertraut, so dass er es wagen kann, mit der Hand weiter vorzugehen. Danach küsse er alle ihre Gliedmaßen. Hat er die Hand auf ihre Schenkel gelegt und sie gestreichelt, taste er sich allmählich bis zur Verbindungsstelle der Schenkel vor. \Vird das Streicheln zurückgewiesen, versuche er, sie durch die Frage: "vVas soll das schon für eine Sünde sein?" zu irritieren, und setze seine Bemühungen fort, bis es ihm gelingt. ihre Schamgegend zu berühren. Nun löst er ihren Gürtel. knüpft das Untergewand auf und zieht ihr das Kleid aus ...
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Er belehre seine Angetraute über die Liebeskünste, entdecke ihr sein Herz und erzähle ihr, was er sich schon immer heimlich von ihr ersehnt habe:;. Dabei überzeuge er sie yon seiner Bereitschaft, künftig nur ihr zu \Villen zu sein, so dass sie keinen Grund habe, etwa Nebenbuhlerinnen zu fürchten. Aber auch wenn sie den Mädchenzustand aufgegeben hat, soll er sich ihr stets auf solche \Veise nähern, dass er sie nicht erschreckt. So wird das Vertrauen der Braut gewonnen. (Übers.: Klaus Mylius) Das IGimasütra. ist aber auch eine äußerst wertvolle Fundgrube für Altindiens Sozialgeschichte. 3 So wird etwa hinsichtlich der Hochzeitsbräuche da.s in den G~hyasutras darüber Gesagte weitergeführt. Das sechste Hauptkapitel bietet zur Geschichte der Prostitution Material von einzigartiger Bedeutung. Interessant sind auch die 64 Künste, die eine gute Ehefrau beherrschen muss; dazu zählen unter anderem Musik und Tanz, aber auch eine gute Haushaltsführung. In Anbetracht des Wertes dieser Informationen ist es doppelt schmerzlich, dass wir das JGimasütra nicht einmal mit annähernder Genauigkeit datieren können. In der höfischen Kunstdichtung wird das \Nerk jedenfalls mehrfach zitiert. Anspielungen von Kalidäsa können zwar nicht mit Sicherheit auf das Kamasütm gedeutet werden, doch wissen wir mit Gewissheit, dass sich Subandhu in seiner Vasavadatta und Bhavabhuti auf das \Verk beziehen. Es ist also jedenfalls älter als das 7. Jahrhundert. Auf der anderen Seite ist es bestimmt jünger als das KautilTya-Arthasastra, was zu wissen hier freilich keine große Hilfe ist. Eine Datierung des Kamasütra ins 4. Jahrhundert durch M. Winternitz oder ins 5. Jahrhundert durch A. B. Keith ist daher wohl möglich, einstweilen aber rein hypothetisch. Viel für sich hat der Ansatz H. C. Chakladhars (2. Hälfte des 3. Jh). VVichtigster Kommentar ist die Ja.yama.Iigala, die im 11. J al1rhundert von Yasodhara verfasst wurde. Es gibt noch mehrere altindische Lehrbücher der Liebeskunst, doch stellt das Kamasütra sie alle in den Schatten. Erwähnenswert ist noch das Ra.tira.hasya ("Geheimnis der Liebe"), das von Kakkoka im 10. Jahrhundert verfasst worden ist. 4 Das Werk ist nach der Form ein Erzeugnis der Kunstdichtung. Der Verfasser rühmt sich, zahlreiche Quellen herangezogen zu haben, darunter offensichtlich mehrere, die älter sind als das Kamasütra. Bis in unsere Tage hat sich das Ratirahasya in Indien eine große Beliebtheit zu sichern gewusst. Anmerkungen 1 Die grundlegende Studie zur altindischen Liebeskunst ist die von R. Schmidt: Beiträge zur indischen Erotik (Leipzig 1902, Neuausgabe Essen 1983). Auch die folgenden Werke
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haben großen Wert. J. J. J'v1eyer: Sexual Life in Ancient India (2 Bde., London 1930); S. K. De: Ancient Indian Erotics and Erotic Literature (Calcutta 1959); R. Schmidt: Liebe und Ehe im alten Indien (Berlin 1904). 2 Ausgaben des Kamasiitra von Durga Prasad (Bombay 1891) sowie in den Kashi Sanskrit Series, Nr. 29. Das berühmte ~VVerk ist in viele Sprachen übersetzt worden. Grundlegend ist die deutsche Übersetzung von R. Schmidt (Leipzig 1897), die auch den Kommentar Jayamarigalaberücksichtigt und mehrere Auflagen erlebt hat. Die englische Übersetzung von R. Burton und F. F. Arbuthnot ist von E. Kolb und J. VVeltmann ins Deutsche übertragen worden (Hanau 1964). Vgl. auch die Übersetzung von K. R. Iyengar (Lahore 1921) und besonders die von S. C. Upadhyaya (Bombay 1963), deren Text reich illustriert ist. Übersetzung von R. Burton und F. F. Arbuthnot (Hanau 1964, Neuausgabe München 1970), K. Mylius (RUB, Nr. 1165, Leipzig 1987,4. Aufl. Stuttgart 1999) sowie W. Doniger und S. Kakar (Oxford 2002). 3 V gl. H. Ch. Chakladhar: Social Life in Ancient India, Studies in Vatsyayanas Kamasutra (Delhi 1976). 4 Übersetzungen von Kokkokas Ratirahasya sind die nüt 75 Tafeln illustrierte Übertragung von S. C. Upadhyaya (Bornbay 1965), die Erstübersetzung von R. Schmidt (Berlin 1903) und die Übersetzung von S. Lienhard (Stuttgart 1960).
8. Die Literatur über Musik, Architektur und einige andere Gebiete Die MUSIK und die theoretische Beschäftigung mit ihr reichen in Indien in sehr alte Zeiten zurück. Das hängt mit ihrer Stellung im Opferritual zusammen, oblag die Durchführung des musikalischen Teils des Opfers, also der liturgische Gesang, doch einem Hauptpriester, dem Udgat~,, dem mehrere Priester für den Solo- und Chorgesang zugeordnet waren. Die anzuwendenden Singweisen sind in der Samaveda-Literatur, besonders in den Ganas, enthalten. Mehrere dern Samaveda angeschlossene Werke, wie etwa das Pw;;pasiitTa, lehren die Adaptation der vedischen Texte für den Chor- und Sologesang. In postvedischer Zeit ist die Musik erst wieder in den Kapiteln 27 bis 34 des Bharat1ya-I\Tatyasastra ausführlich behandelt worden. Hier werden sowohl Musiktheorie als auch Instrumente und Gesang erörtert. Die systematische Untersuchung musikwissenschaftlicher Fragen erfolgte aber wiederum erst viele .Jahrhunderte später, dann a.ber gleich in einer ganzen Anzahl von Werken. Das älteste von diesen ist wohl der Saiilgltamakara.nda, der aber doch erst in das 10. oder 11. .Jahrhundert fällt. Als (natürlich mythischer) Verfasser wird Narada angenommen. 1 Das VVerk besteht aus zwei Teilen, indem jeweils vier Kapitel sich mit Gesang und Tanz beschäftigen. Streckenweise hat der Smilgltamakaranda. als Vorbild für das folgende Werk gedient. Dieses, der Samg1ta.ratnakara von Nissanka Sarngadeva entstammt dem 13 . .Jahrhundert und ist eine der wichtigsten altindischen Arbeiten über Musik. 2
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Das ausführliche \Verk umfasst sieben Kapitel, welche Gesang, Instrumentalmusik und Tanz zum Inhalt haben. Der bedeutende musikgeschichtliche \lilert des Sa.mgTta.ratnakara wird durch neuere Spezialstudien noch unterstrichen; gleichzeitig aber hat man auch den INert einer anderen Abhandlung, des Dattila oder DattilJya, kennengelernt. 3 Es hat sich gezeigt, dass dieses relativ kurze \Verk über Musik und Tanz wichtige Aussagen macht. Einige weitere Titel sollen nur kurz aufgeführt werden. Der SamgTtadamodara von Subhamkara. wurde im 15. Jahrhundert in Bengalen verfasst. Seine fünf Kapitel befassen sich mit Musik und Tanz. Der Autor kann für sich ka.um Originalität beanspruchen, da seine Arbeit im wesentlichen eine Kompilation darstellt. 4 Dennoch ist das Werk unter den Vai~!favas (das heißt den Vi:~a:m Anhängern) von Bengalen sehr populär geworden. Unbekannten Entstehungsdatums ist der SamgTta.raja des Kumbhakan:ta. Da die fünf Kapitel des Buches immerhin die bedeutende Zahl von 16000 Slokas umfassen, könnte hier für die Musikgeschichte noch eine Fundgrube zu erschließen sein. 5 Das enzyklopädische \Verk l\1anasollasa aus dem Jahre 1129, auf das wir in anderem Zusammenhang noch zurückkommen werden, darf ebenfalls als einschlägige Quelle gelten, widm.et es doch etwa 2500 Verse der Musikwissenschaft und der Instrumentenkunde. In der Zeit der mohammedanischen Herrschaft über Indien sind weitere Kompendien über Musik verfasst worden (SamgTtadarpal;Ja, Sarilgltaparijata und andere). Die altindische ARCHITEKTUR hat Leistungen von Weltgeltung vollbracht, 6 zu deren Voraussetzung auch ein hohes theoretisches Niveau gehörte. Entsprechende Lehrbücher weisen eine alte Tradition auf. Die brahmanische Orthodoxie führt die Architektur auf den vedischen Visvakarman, den "Baumeister der Götter", zurück. Die Literatur ha.t Themen der Architektur immer wieder zum Gegenstand; so finden sich kürzere oder längere einschlägige Abhandlungen in den Sutras, in den Epen (beispielsweise im Sabhaparvan des Mallabharata), im Arthasastra, vorzugsweise aber in den Puriil:tas, so im Agni-, Garuqa-, Vayuund MarkaJ:tcj.eya-PuralJ.ä. Die Fachtermini für Architektur lauten Silpasastra, Vastusastra und Vastuvidya, doch gibt es auch konkrete Werke, die diese Titel tragen und zu den eigentlichen Lehrbüchern der Architektur gehören wie zum Beispiel ein Vastusastra 7 und ein ,Silpasastras. Letzteres befasst sich mit Hausbau. Es ist ein relativ kurzes vVerk in fünf Kapiteln, dessen Text metrisch gebunden, stellenweise aber in recht mangelhaftem Sanskrit gehalten ist. \Vahrscheinlich stammt das Buch aus Orissa; seine Entstehungszeit konnte bisher nicht ermittelt werden. Das ist um so mehr zu bedauern, als die Chronologie hier besonders im argen liegt, da zahlreiche \Verke, die einen Anhaltspunkt gewahren könnten, verlorengegangen sind. So erwähnt das lviatsya.-PuraJ:ta nicht weniger als 18 Vorläufer des Vastusast;ra, von denen wir nichts wissen. Eines der wichtigsten VVerke der indischen Baukunst ist der Manasara. 9 Seine
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Originalfassung könnte bis in die Gupta-Zeit zurückreichen; die gegenwärtige Gestalt erhielt das \Verk zwischen dem 11. und dem 15 . .Jahrhundert. Der Autor bezieht sich auf insgesamt 32 Vorgänger, von deren Arbeiten jedoch nichts erhalten geblieben ist. In 58 Kapiteln werden der Bau von Häusern und Tempeln, die Anlage von Dörfern und Städten sowie die Errichtung von Götterbildern erörtert. Die sogenannte nördliche Schule der indischen Baukunst wird vom Sa.maranganasiitradhara des Bhojadeva aus dem 11. .Jahrhundert repräsentiert. 10 Die sakralen Bauten und Götterbilder der Vai~1_1avas sind häufig am Hayas1rf?apaiicaratra orientiertY Von einem unbekannten Autor wurde das in Anu~tubh- Versen gehaltene \Verk um 800 verfasst. Zur südlichen Architektur gehört die Aparajitapl.'ccha des Bhuvanadeva aus dem 12. oder 13 . .Jahrhundert. Das Buch ist im Pura1_1a-Stil abgefasst. Der Stoff wird dadurch vermittelt, dass Aparajita die Fragen stellt und der göttliche Baumeister Visvakarman antwortet. 12 Im Mittelpunkt steht die Anlage von Tempeln und Götterbildern. Die Thematik der indischen Lehrbücher der Architektur ist recht weit gespannt. Sie erstreckt sich auf die Eignung des Baugrundes zur Fundamentbildung, auf die Anlage von Grundrissen, den Bau von Palästen, Häusern, Tempeln, Toren und Säulen, auf die Klassifizierung der Baumaterialien, die Arten der Dekoration und schließlich auf die Anlage von Dörfern und Städten. Die MILITÄRWISSENSCHAFT führte den Namen Dhanurveda, der wörtlich "Wissenschaft vom Bogen(schießen)" bedeutet. Darunter werden sowohl strategische und taktische Fragen der Kriegführung als auch die Waffenkunde verstanden. Dem Dhanurveda ist ein Abschnitt des Agni-Pura17a gewidmet; die sonstigen Quellen liegen einstweilen fast durchweg als (noch ungenügend ausgewertete) Manuskripte vor .12 a Mit der Militärkunde war aufs engste die Lehre über den Einsatz von Pferden und Elefanten verbunden. Die in Indien eingedrungenen Arier hatten sich gegen die zahlenmäßig überlegenen präarischen Bewohner vor allem mittels der von Pferden gezogenen Kriegswagen durchsetzen können. Später gewannen die Elefanten an Bedeutung. Natürlich dienten diese Tiere auch zu friedlichen Zwecken. Daher wurden ihnen mehrere Abhandlungen gewidmet, und zwar ihrer Zucht, Abrichtung, Pflege und ihrer Veterinärmedizinischen Betreuung. Als Begründer der Hippologie wird Salihotra angesehen. Konkret bekannt ist .Jayadatta Süri als Verfasser des Asvavaidyaka. 13 Die Asvacikitsa wird dem N akula zugeschrieben. 14 Sie behandelt vorwiegend den Veterinärmedizinischen Aspekt. Das wichtigste vVerk über Pferdekunde ist das Asvasastra, das ebenfalls von N akula stammen sollY Die Autorschaft eines der Pa1_1<;lu-Söhne ist natürlich mythisch, und auch inhaltlich gehen \Vissenschaft und Mythe bunt durcheinander. So berichtet der Verfasser über die Flügelrosse, die einst existiert haben sollen, und wie es zum Verlust ihrer Flügel kam. Das komplexe Werk gibt aber
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auch wertYolle Aussagen über die Arten der Pferde, ihre Temperan1ente und Merkmale. Man lernt, wie sich das Alter eines Pferdes bestimmen lässt, und wird in die Grundlagen der Dressur und der Reitkunst eingeführt. Umfangreiche \\1erke gibt es auch über Elefanten, wobei die Veterinärmedizinische Seite im Vordergrund steht. Am bekanntesten ist der Ha.styayurveda, ein umfangreiches \Verk, das in einer den Purä1;as ähnlichen Dialogform abgefasst ist. 16 Es besteht aus vier Hauptteilen; der erste befasst sich mit den "großen" Krankheiten der Elefanten und ihrer Behandlung, der zweite mit den ,.,kleinen" Krankheiten. Der dritte Abschnitt ist der Chirurgie gewidmet und enthält interessante Beschreibungen chirurgischer Instrmnente. Im vierten Abschnitt schließlich erfährt man wertvolle Einzelheiten über Elefantenzucht und -pflege, unter anderem über die verschiedenen Arten, über die zweckmäßige Ernährung und über die Errichtung geeigneter Stallungen. In bestimmter Hinsicht ergänzt wird dieses Werk durch die A1ataligal1la des N1lakm;tha. 17 Die zwölf Kapitel enthalten 263 Verse, die teilweise in Kävya-Metren gehalten sind. Sie informieren den Leser besonders über das Fangen und Abrichten der Elefanten. Indien ist bekanntlich reich an wertvollen Steinen. So erklärt es sich, dass die EDELSTEINKUNDE mit mehreren \Verken vertreten ist. Dieser \Vissenschaftszweig führt den Namen Ratnapariks:ä. 18 Über ihn wird in der B.r;hatsamhita, ferner in den Kapiteln 68 bis 80 des Garuc;la-Pura1;a und im Manasollasa gehandelt. Die Ausführungen des Agastima.ta als eines selbstständigen \Verkes sind von großem Interesse. 19 Sie befassen sich mit dern Vorkommen, den Eigenschaften, den Echtheitsproben und dem \Vert der Edelsteine. Selbst die Baumheilkunde war im alten Indien Gegenstand eingehender Forschung, so im 1/.r;k9ayurveda20 des Surapäla. Nicht unbedeutend waren auch die auf dem Gebiet der Psychologie gesammelten Erkenntnisse. 21
Anmerkungen
1 Ausgabe des Sarilgftamakaranda von M. R. Telang als Nr. 16 der Gaekwad's Oriental Series (Baroda 1920). 2 Ausgaben rnit Übersetzung des Samgftaratnakara von R. K. Shringy; Ausgaben in den Ä.nandasrama Sanskrit Series, 35, und von S. S. Shastri (4 Bde., Madras 1943-1959). Übersetzungen: Kapitel 1 von C. K. Raja als Nr. 51 der Adyar Library Series (Madras
1945); Kapitel VII von demselben und R. Burnier in: Brahn:tavidya ( Adyar Library Bulletin) Bd. 2:3 (Madras 1959). Analyse von S. C. Banerji: Fundamentals of Ancient Indian Music a.nd Da.nce (Ahmedabad 1976). 3 Ausgabe und Übersetzung des Dattila. von .M. Lath (Delhi 1988); von E. Wiersma te Nijenhuis als Bd. 11 der Orientalia Rheno-Traiectina (Leiden 1970). Umfassende Studie
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von M. Lath: A Study of Dattila, a Treatise on the Music of Ancient India (New Delhi 1978). 4 Ausgabe des SaTÜgitadamodara von G. N. Sastr! und G. G. Mukhopadhyaya (Calcutta 1960). 5 Ausgabe der SamgitaraJa von P. Sharma (Varanasi 1963). 6 Über die Geschichte der indischen Architektur unterrichtet E. B. Havell: The Ancient a.nd Medieval Architecture ofindia. (Neudruck New Delhi 1972); speziell den literaturgeschichtlichen Aspekt berücksichtigt T. P. Bhattacharya: The Ca.nons of Indian Art or A Study on \Tastuvidya (Calcutta 1963). 7 Ausgabe des Vastusastra von K. V. Sastri und N. B. Gadre (Tanjore 1958), Ausgabe und Übersetzung von D. N. Shukla (Delhi 1993). 8 Ausgabe und Übersetzung des Silpasastra von P. N. Bose (Lahore 1928). 9 Ausgabe und Übersetzung des Manasara von P. K. Acharya in fünf Bänden (Oxford 1927-1934), Neudruck (New Delhi 1994). Studie von demselben: Indian Architecture According to Mana.sara (Oxford 1921). 10 Ausgabe des Samaranga.nasiitradhara von T. Gal;tapati Sastr! als Bd. 25 und 32 der Gaekwad 's Oriental Series (Baroda 1924/25). 11 Ausgabe des HayasirJ?apaiicaratra von B. M. Sari1khyat!rtha (Rajshahi 1956). 12 Ausgabe der Aparajitap.rccha von P. A. Mankad in den Gaekwad's Oriental Series, 115 (Baroda 1950). 12a Ausgabe und Übersetzung der Dhanurveda-Sarnhita des Vasi~tha von P. Ray (Delhi 13 14 15 16 17
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1991 ). Ausgabe des Asvavaidyaka von U. C. Gupta in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1887). Ausgabe der Asvacikitsa wie in Anm. 13. Ausgabe des Asvasastra von S. Gopalan (Tanjore 1952). Ausgabe des Hastyayurveda als Bd. 26 der Änandasrama Sanskrit Series (Poona 1894). Teilübersetzung von K. S. S. Sastri (Tanjore 1958). Ausgabe der Matarigallla von T. Gal).apati Sastr! als Bd. 10 der Trivandrum Sanskrit Series (1910). Übersetzung von F. Edgerton: The Elephant-lore of the Hindus (New Haven 1931). Übersetzung auch von H. Zimmer (Berlin 1929). Allgemeines zur Ratnaparik?a von R. D. Sen: Ratnarahasya (Calcutta 1884). Ausgabe und Übersetzung des Aga.stima.ta und weiterer Texte von L. Finot: Les Lapida.i-
res indiens (Paris 1896). 20 Ausgabe und Übersetzung des V.rk?ayurveda von R. P. Das (Stuttgart 1988). 21 B. Kuppuswamy: Source book of a.ncient Indian psyclwlogy (Delhi 1993).
Die Literatur über Grammatik und Metrik
9. Die Literatur über Gra.mma.tik und
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M~etrik
Die Grammatik erwarb sich im alten Indien bereits sehr früh Selbstständigkeit insofern, als sie sich unabhängig von den vedischen Schulen entwickelte. Sie galt traditionell als grundlegende und daher wichtigste Wissenschaft, und dies mit Recht: Kein Land der vorkapitalistischen Ara hat auf dem Gebiet der Grammatik Leistungen hervorgebracht, die mit denen Indiens vergleichbar wären. Der Sanskrit-Terminus für Grammatik lautet vyakara1_1a., was "Zergliederung", "Analyse" bedeutet. Altindische Grammatiker entdeckten die Begriffe vVurzel und Suffix; sie verschafften sich Einblick in Vorgänge wie Sprachentwicklung und Dialekt bildung. Sprachanalyse haben die Inder seit den ältesten Zeiten getrieben; ein Beispiel ist der Padapatha ( s. S. 32 und 67), den Sakalya zur !JksaLnhita angelegt hat. Reich an etymologischen Versuchen sind, wie V'.rir gesehen haben, die Brahmar,tas. Den richtigen phonetisch fundierten Vortrag des Veda lehren die Prätisakhyas. Yaska erkannte das Suffix -ta als bezeichnend für das passivische Perfektpartizip. Über das grammatische Genus äußert sich das Satapatha-Brahmar,ta. Somit ist es sehr wahrscheinlich, dass es grammatische Abhandlungen bereits in vedischer Zeit gegeben hat, doch sind sie nicht erhalten geblieben. Die ä.lteste und gleichzeitig die berühmteste indische Grammatik ist die Al?~adhyayT ("die acht Kapitel umfassende") des Pär,tini. 1 Sie ist gewiss das Resultat einer langen Entwicklung, denn Pa1,1ini nennt nicht weniger als zehn Vorgänger, deren Namen uns allerdings nicht viel sagen. Die A~?tadhyayT ist eines der hervorragendsten Zeugnisse indischen Geistesschaffens. Es herrscht Uneinigkeit darüber, ob man die A~?tadhyayT der Vedai1gaLiteratur zuzählen soll oder nicht; wir möchten uns indessen entschieden dagegen aussprechen. Vedanga-Literatur ist ihrem YVesen nach Kalpa.-Literatur, steht also in irgendeiner Beziehung zum OpferrituaL Die A~?tadhyayT dagegen ist kein Opfertext und steht zu keiner vedischen Schule in Beziehung. Die Frage nach der Datierung des Werks ist für die indische Literaturgeschichte von größter Wichtigkeit und daher nach wie vor in der Diskussion. Die bisher geäußerten diskutablen Ansichten lassen hierbei einen Spielraum von mindestens drei Jahrhunderten. Für das 7. Jahrhundert v. Chr. sprachen Th. Goldstücker und R. G. Bhandarkar, R. G. für das 4. Jahrhundert Ch. Lassen, 0. Böhtlingk und (nach dem Alexanderfeldzug!) A. Weber. In langen, scharfsinnigen Erörterungen hat man Kriterien für das Alter des Par,tini beizubringen versucht: seine Kenntnis der einzelnen vedischen \Verke, seine Beziehungen zum Buddhismus, astronon1ische Daten, die sprachliche Entwicklung zwischen der Zeit des Pa1,1ini und der seiner Kommentatoren und einheimische historische Überlieferungen.
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DIE PHILOSOPHISCHE UND vVISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Fasst man alle Argumente zusammen, so ergibt sich die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. als die wahrscheinlichste Lebenszeit des Pal:tini. Seine Heimat war Salätura in der Nähe des heutigen Atak (engl. Attock), das jetzt im Norden von Pakistan liegt. Nach einer Angabe im Paiicatantra soll er von einem Löwen getötet worden sein. Seine Grammatik will die Regeln der Sanskrit-Grarnmatik zum Aus\\·endiglernen vermitteln. Sie folgt daher einem exzessiven Trend zu änigmatischer Kürze und Gedrängtheit. Ihre Form möchte man somit den absoluten Sutra-Stil nennen. Päl}ini verwendet dazu eine Art Algebra, indem er Lautgruppen und grammatische Kategorien mit bestimmten Buchstaben beziehungsweise Buchstabenverbindungen benennt. So hat das Verb das Sigel 1; die Haupttempora (Präsens, Perfekt, Futurum) haben r, die Nebentempora TJ. Es bedeutet also lat das Präsens, la1; das Imperfekt, li~ das Perfekt, lil; den Aorist, lut das Futurum und Im; das Futurum II. Um die Funktion dieses Systems zu verdeutlichen, wählen wir die ersten drei Sutras als Beispiele. Dazu muss man wissen, dass das Sanskrit aus Vokalen eine niedere (gm;a.) und eine höhere ( ~F~·ddhi) Steigerungsstufe bilden ka.nn. Die im Sanskrit übliche Reihe der Vokale wird von Päl:tini untergliedert, und jeder Abschnitt endet mit einem Kürzel. Also: a, ä, i, 1, u, u 1f ~-, ~' ~ k e, o n m, au c
Nach diesem scharfsinnig durchda.chten System bedeutet also die "Formel" ac - alle Vokale (nämlich alles, was zwischen dem a zu Anfang und dem Schlusskürzel c liegt). älJ sind also alle Vokale zwischen a und u. Ein d bedeutet, dass nur der davorstehende Vokal allein gemeint ist. Das erste Sutra lautet nun: vrddhiradaic v~·ddhiT ist hier Nominativbildung von v;ddhi (siehe oben), und die Übersetzung muss lauten: V~·ddhi- Bildungen sind das a, das a.i und das au. Im zweiten Sutra heißt es: ade1;gm;al; Übersetzung: Gm:ta-Bildungen sind die Voka.le a, e und o. Schließlich das dritte Sutra.: iko gm;av~·ddhT Das o ist hier eine durch euphonische Gesetze bestimmte Genitivbildung, und die Übersetzung muss demnach lauten: Die zwischen dem i und dem J liegenden Vokale können Gm:ta- und V~·clclhi-Stufen bilden. In dieser Formelsprache fasst Päl:tilli die Regeln der Sanskrit-Grammatik in :)981 Sutras zusammen, die die gesamte Spra.che zum Gegenstand haben. Am schwächstennoch ist die Syntax vertreten. Seinem Namen entsprechend besteht
Die Literatur über Grammatik und Metrik
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das Vlerk aus acht Abschnitten. 1 und 2 enthalten die grammatischen Elemente, 3 bis 5 die Suffixe, 6 und 7 die Akzentregeln sowie Reduplikations- und Augmentgesetze, Abschnitt 8 schließlich phonetische Regeln. Für die Benutzung seiner Grammatik setzt Pai).ini die Kenntnis bestimmter Spezialwerke voraus. Da ist zunächst der Dhatupa~ha, ein Verbalwurzelindex aus der vorpäl).ineischen Zeit. 2 Der Ga.1;apatha, der bei Päl).ini und anderen Grammatikern vorkommt, umfasst \Vortgruppenlisten. 3 Ein bekannter Kommentar zum Dllatupaflla ist die Iü{iratara1igil;T des K~ira.svämin. 4 Päninis Grammatik hat in Indien fast absolute Autorität erworben und eine bedeutende Kommentarliteratur nach sich gezogen. \Vichtig sind zunächst die sogenannten Värttikas des Kätyäyana, die als Teil des (sogleich zu behandelnden) ~Mahabhiii?ya bekannt geworden sind.s Es handelt sich dabei um kritische und erklärende Anmerkungen zu einem ungefähren Drittel der Sutras des Päl).ini. Eine große Zahl der von Kätyäyana eingebrachten Verbesserungen erklärt sich offenbar nicht aus Fehlern Päl).inis, sondern a.us der Entwicklung des Sprachgebrauchs, die zwischen beiden Grammatikern erheblich gewesen sein muss. Es hat sich daher die Ansicht durchgesetzt, dass Kätyäyana im 3. Jahrhundert v. Chr. gelebt haben muss, was zwar plausibel ist, schlüssig aber noch nicht bewiesen werden kann. Auch Kätyäyana gebraucht den Sutra-Stil, doch nicht so rigoros wie Pai).ini. Neben diesen Värttikas finden sich im Niahabhfii?ya anch Slokavarttikas und Kärikäs ( Merkverse). Übrigens ist zu bemerken, dass Kätyäyanas Gegenstand das entwickelte klassische Sanskrit ist. Der berühmteste Kommentar zur A9~adhyay1 aber ist das Mahabhat~ya des Patafijali. 6 Es ist kein sklavischer Kommentar, sondern leistet einen selbstständigen Beitrag zur Entwicklung der Sprachwissenschaft. Im übrigen kommentiert es aus der AI?fadhyayinur 1228 Regeln und befasst sich mehr mit den Zusätzen Kätyäyanas. Der Autor bedient sich des Bha9ya-Stils; die Lehren werden in der Form einer Konversation, bei der ein Student die Fragen stellt, erteilt. Diese \Vechselrede macht das \Verk lebendig, und die ungekünstelte Sprache fördert das Verständnis. Die zahlreich gegebenen Regelbeispiele sind meist aus dem täglichen Leben entnommen, so dass das lviallabhfii?ya. auch kulturgeschichtlich eine bedeutsame Quelle darstellt. Als Lebenszeit des Patafijali wird gewöhnlich das 2. Jahrhundert v. Chr. angegeben, doch ist dies nur eine opinio communis. Bekannt ist, dass der Begründer der Sm1ga- Dynastie, der König Pu~yamitra, im Jahre 185 v. Chr. ein großes Rossopfer durchführte, und man vermutet, dass Patafijali an diesem Opfer teilgenommen bat. Es spricht nichts Gewichtiges dagegen, doch kann man es auch nicht beweisen. Ein sehr ·wertvoller Kommentar zur A;;~adhya_y1ist ferner die IG-isikavrtti, die von Jayaditya und Vämana (der nicht mit dem gleichnamigen Dichter identisch ist) erarbeitet wurde. 7 Mit diesem Hilfsmittel hat der berühmte chinesische Pilger I-tsing Sanskrit gelernt. Hinsichtlich der Chronologie weiß man, dass
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DIE PHILOSOPHISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
Ja.yaditya vor 662 gestorben sein muss. Bharq·hari, der durch seine Spruchdichtung hervorragt ( vgl. S. 151) und etwa 652 gestorben sein muss, verfasste auch das \lakyapa.diya in Versen, dem \Vesen nach eine sprachphilosophische Abhandlung. 8 Da.s \iVerk besteht aus drei Teilen: Der erste ist allgemeinen Erscheinungen der Sprache und der Grammatik, der zweite den Sätzen und der dritte den \Vörtern gewidmet. Im Mittelalter und in der Neuzeit sind zahlreiche weitere Kommentare zur Af?tfidhyayi, zurn Dhatupa~ha. und zum I\![a.habhiif?J'a verfasst worden. Kommentare entstanden a.uch zum Ga.1;apatha. \Vohl der bekannteste von ihnen ist der Gai_laratnamalwdadhi, der um 1140 von Vardhamana geschrieben wurde und der nicht völlig den Anschauungen PaJ).inis folgt. 9 Zum Verständnis der A~?tadhyay1 gibt es daneben noch weitere Hilfsmittel. Dazu zählen die Ur).adisutras, Ableitungen von Nomina aus Verbalwurzeln mit Hilfe bestimmter Suffixe. 10 Die U1;ädisutras sind im Kern schon vor ParJ.ini entstanden. Über sie hat Ujjvaladatta um 1250 einen Kommentar verfasst. Die Phitsutras des Säntanava lehren die Akzentregeln des Vedischen und des SanskritY Sie sind im wesentlichen wohl der Zeit nach Patanjali zuzurechnen. \Vie schon erwähnt, erlangte die grammatische Schule PäiJ.inis erdrückende Autorität. Dennoch gab es einige Autoren, die auch selbstständig arbeiteten. Von ihnen sind nur ·wenige, teilweise aber bedeutende \Verke überliefert. Am wichtigsten ist wohl das KatantTa. des {Janrava.rman; es dürfte auch die älteste nichtpäiJ.ineische Grammatik sein. 12 Als Entstehungszeit nimmt man die Spanne zwischen 100 und 300 n. Chr. an. Zusätze sind im 8. Jahrhundert gemacht worden. Das Katantra ist kürzer und weniger schwierig als die A9tadhyay1 und erlangte demzufolge eine weite Verbreitung. Eine term.inologische Almlichkeit mit Päi).ini ist immerhin unverkennbar. Das Vedische wird nicht berücksichtigt. Letzteres gilt auch für das Candravyakarm;a des Candragomin _13 Diese Grammatik wurde besonders im buddhistischen Bereich von Ceylon bis nach Tibet populär. Sie mnfasst sechs Kapitel mit insgesarnt 3100 Regeln und verfügt über angehängte Werke (Dl1atupatha.) wie die A9fadhyay1. Der Verfasser scheint mehrere Quellen, die uns nicht erhalten geblieben sind, benutzt zu haben. Man vermutet, dass das \Verk im 6. oder 7. Jahrhundert, wahrscheinlich gegen 600, entstanden ist. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts verfasste Vopadeva, der Hofdichter des Königs Mahädeva Devagiri, eine Grammatiknamens 1\1ugdhabodl1a. ("Erleuchtung der Toren"). \Vie schon der für die Benutzer etwas despektierliche Titel vermuten lässt, ist diese in 26 Kapitel unterteilte Grammatik ein leichtverständliches Elementa.rlehrbuch. In den Paradigmen werden vorwiegend Namen von Göttern verwendet. 14 In Bengalen erlebte das Buch eine weite Verbreitung, und wissenschaftsgeschichtlich von Bedeutung ist die Tatsache, dass die Europäer zuerst aus dem lvfugdha.bodha Sanskrit gelernt haben.
Die Literatur über Grammatik und Metrik
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In Indien konnte man sich ~ trotz der genannten abweichenden \!\Terke kaum eine Grammatik vorstellen, die sich nicht dem System des Päi:tini angeschlossen hätte. Letzteres nahm man daher auch zum Muster für Grammatiken der Präk~-t-Sprachen, wobei man Regeln für die Prak~-t- Bildungen aus dem Sanskrit aufstellte. Am ältesten ist der Prakrtap~·akasa des Vararuci. 15 Er lehrt die Sprachen Mähäräs;tri, Paisäci, Mägadhi und Sauraseni. Dabei wird hier, wie anderwärts, die führende Bedeutung der Mähäräs;tri hervorgehoben. Hemacandra lieferte eine Präkrt-Grammatik als achtes Kapitel seines Siddha.hemaca.ndra; dies ist ein umfangreiches, in Sanskrit verfasstes vVerk. 16 Zu den soeben genannten Sprachen zieht er noch Ärs;a, .Ja.ina-Mähära9tr1, CUlikäpaisäcika und Apabhrari1sa hinzu. Durch ihre reichhaltigen Zitate aus einer Fülle von vVerken ist diese Grammatik ebenso bedeutungsvoll wie als Quelle für die Geschichte der Präk~·t-Dialekte und der Prälqt-Literatur. Es nimmt nach dem Gesagten nicht wunder, dass die Prinzipien des Päl}ini auch auf das Päli ausgedehnt wurden. 17 Die ä.lteste einheimische Päli-Grammatik ist das auch Kaccayanagandha genannte Ka.ccayanappakarar.w, die "Grarnmatik des Kaccäyana" .18 Eine gewisse Abweichung gegenüber den PrakrtGrammatiken besteht darin, dass der Verfasser vielfach dem Katantra folgt und dass das Pali nicht aus dem Sanskrit abgeleitet wir<;!. Im übrigen sind die in acht Kapitel unterteilten 687 Regeln nach dem Muster der SanskritGrammatiken aufgebaut. \~Tann das \!\Terk entstanden ist, bleibt ganz ungewiss: jedenfalls nach dem 5 . .Jahrhundert, vielleicht gar erst im 11. .Jahrhundert. Zur Literatur über die METRIK muss gleich zu Anfang auf die Sekundärliteratur verwiesen werden. 19 Metrik spielt schon in den Brähmal_las eine große Rolle, indem die Identifikationen besonders gern mit Metren betrieben werden. Für die mündliche Überlieferung der heiligen Texte wie für die richtige Rezitation beim Opfer waren Kenntnisse in der Metrik unerlässlich. Das zum Vedä1'tga gerechnete Chanda};siitTa des Pir1gala bildet aber, wie wir gesehen haben, schon einen Übergang zur klassischen Metrik. Spätere Quellen sind das Agni-PUTal;La, das sich auf Pi1'tgala stützt, das 15. Kapitel des Bhara.tfya-Na~yasastra. und das 104. Kapitel der B1)1atsarhhita. Daneben gibt es einige spezielle Lehrbücher für Metrik. Unentschiedenist die Autorschaft des ,Srutabodha20 : Manche schreiben das VVerk keinem Geringeren als Kälidäsa, andere dem Vararuci, wieder andere einem ( .Jinisten?) Ajitasena zu. Die Verse, die die Metren definieren, sind gleichzeitig jeweils Beispielverse. In spätere Zeit, vielleicht das Ende des 14. Jahrhunderts, führt Kedärabhattas V~·ttaratnaka.Ta. Das weitverbreitete Werk führt 136 Typen von Metren auf, unter denen jedoch keine vedischen sind. 21 Großen Einfluss erlangte auch Ks;emendras Suv~·tta.tilaka. 22 Dieses \;\Terk besteht aus drei Teilen. Im ersten werden die Metren beschrieben, wozu Ks;emendra jeweils Beispiele aus seinem eigenen Schaffen gibt. Im zweiten Teil wird hauptsächlich die falsche Anwendung von l\1etren behandelt. Der dritte Teil ist als literaturge-
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DIE PHILOSOPHISCHE UND VVISSENSCHAFTLICHE LITERATUR
schichtliehe Quelle für uns der wichtigste: Hier gibt der Verfasser Beispiele aus den vVerken berühmter Vorgänger, wobei er das so wichtige Verhältnis ZIVisehen Metrum einerseits und Dichterpersönlichkeit sowie Charakter des \Verkes andererseits untersucht. Die Cha.ndomaiija.TT des Ga1'tgädäsa beschränkt sich auf die wichtigsten, am meisten gebrauchten Metren, äußert sich daneben aber auch über den ProsastiL Die Beispielverse, vorwiegend vom Autor selbst geschaffen, beziehen sich vielfach auf die Abenteuer des K~·s;1;a. 23 Einfluss erlangte schließlich auch noch Damodaras Var.libhii9a.1;a .. 24 Die wichtigste Unterscheidung in der altindischen Metrik ist die von langen und kurzen Silben. Die Bausteine beziehungsweise Grundelemente der Metrik sind die acht ga1;as: dreisilbige Kombinationen von Silben bestimmter Qualität. Zu deren Bezeichnung hat Pil1gala- ähnlich wie Pät:tini in der Gramn1atikbestimmte Kürzel verwendet. Zur Kenntnis der vedischen Metrik steuern die späteren Autoren der klassischen Zeit kaum etwas bei. \Vir stützen uns daher auf die vedischen Quellen selbst, so das .~aiikhayana-Sra.utasiitTa. VII, 27; das Nidanasiitra I, 1-7; das J.l.kwatisakhya 16 bis 18 und die l_l.ga.nukrama1;T. Die vedischen Metren werden nur nach der Silbenzahl ihrer metrischen Glieder (pada), deren es drei beziehungsweise vier gibt, unterschieden. Die Zählung beginnt mit dem 24silbigen Versmaß und steigt jeweils um vier Silben. Die 24silbige Gäyatr1 umfasst also drei Pädas zu je acht Silben. Die klassischen Metren sind komplizierter und wegen ihrer Vielzahlnur sclnver zu gliedern. Sie werden nach prosodisch kurzen Silben (Moren) sowie nach Zahl und Qualität der Silben unterschieden.
Anmerkungen 1 Über Par~ini und die Al?~adllyayf gibt es eine Fülle von Arbeiten, aus denen hier nur wenige vorgestellt werden können. Über die Geschichte ihrer Erforschung informiert G. Cardona: Pa1.lini, a Survey of Research (Den Haag 1976). Ausgaben der A~tadllyayfvon 0. Böhtlingk (1839-1840; nüt Übersetzung Leipzig 1887, Neudruck Hildesheim 1963); von S. C. Vasu, mit Übersetzung (Allahabad 1891, Neudruck Delhi 1962, 2. Neudruck
1977); von S. M. Katre (Austin 1987), mit Übersetzung (Delhi 1988): von S. D. Joshi und J. A. F. Roodbergen (Delhi 1991-1993). Französische Übersetzung von L. Renou in drei Bänden (Paris 1948-1954). Studien von Th. Goldstücker: Panini. His Place in Sanskrit Literature (1861, Neudruck Osnabrück 1966); von B. Liebich (Leipzig 1891); von P. Thierne: Panini and the \leda (Allahabad 1935); sowie m.ehrere Arbeiten von L. Renou und J. F. StaaL Die Terminologie bei S. M. Katre: Dictionary of Panini (Poona 1964). Umfassende Information bringt das seit 1987 in Delhi erscheinende, auf 8 Bände berechnete \IVerk von G. Cardona: Panini. His H!ork and Its Traditions. VgL auch die Studie zu Adhyäya III der A.~tadhyayf von R. Birwe (V1Tiesbaden 1965).
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2 Ausgabe des Dhatupatha von~. L. VVestergaard: Radices Jinguae Sanscritae (Bonn 1841). Der Dhatupatha ist auch in 0. Böhtlingks Ausgabe der lL~~adhyayT (Leipzig 1887) enthalten. 3 Der Ganapatha. ist auch bei 0. Böhtlingk (s. Anm. 2) enthalten. Vgl. R. Birwe: Der
GaiJa.patha zu den Adhyaya.s 1\f und \1 der Grammatik Paninis. Versuch einer Rekonstruktion (VViesbaden 1961).
4 Ausgabe der K:?1-rataraligi1]1 von B. Liebich (Breslau 1930). 5 Über das Verhältnis von Panini, Katyäyana und Pataiijali untereinander orientieren die Schriften von F. Kielhorn: Katyayana and Pataiijali, Their Relation to Each Other and
to Panini (Bombay 1876, Neudrucke Varanasi 1963 und Osnabrück 1965); K. IIL K. Sarma: PaiJÜÜ, Katyayana and Pataiijali (Delhi 1968); P. C. Lahiri: Konkordanz Pfi.J;LÜÜ
Pataiijali (Breslau 1935).
6 Ausgaben des Ma.habhä'jya. von F. Kielhorn in drei Bänden (Bombay 1878-1885, 2. Aufi. 1883-1892, Neudruck Osnabrück 1967, 1970); in der Nirr,taya Sägar Press (Borrtbay 19351959) und von .J. L. Shastri (Delhi 1967). Teilübersetzung von J. R. Ballantyne (Mirzapore 1856). Studien von A. V\'eber in Bd. 13 der Indischen Studien (Leipzig 1873): von V. P. Limaye: Critical Studies on the Ma.habhii:?ya (Hoshiarpur 1974); von B. N. Puri: India in the Times of Pataiijali (Bon:tbay 1957), dieser wertet das kla.habhä<;ya kuhurgeschichtlich ans. 7 Ausgabe der Käsikavrtti mit mehreren Kommentaren in sechs Bänden von D. D. Shastri und K. P. Shukla (Varanasi 1968). Ausgabe mit Übersetzung Yon L. Renou und Y. Ojihara (Paris 1960). Übersetzung von S. C. Vasu als Bd. 19 der Sacred Books of the Hindus (Neudruck Delhi 1963).
8 Ansgabe des Vakyapadfya in den Benares Sanskrit Series (1887-1907) sowie in den Trivandrun:t Sanskrit Series (1935). Übersetzung von S. K. Iyer (Poona o. J.). Kritische Ausgabe aus 27 Il1anuskripten von \V. Rau ("Wiesbaden 1977). 9 Ansgabe des Ganaratnamahodadhi von .J. Eggeling (London 1879). 10 Ausgabe der Unadisiitras von 0. Böhtlingk (St. Petersburg 1844); Ausgabe des Kommentars von Ujjvaladatta durch Th. Aufrecht (London 1859). 11 Ausgabe und Übersetzung der Phitsiitras von F. Kielhorn in den Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes IV, 2 (Leipzig 1866). 12 Ausgabe des Katantra von J. Eggeling in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1874-1878). Teilübersetzung von B. Liebich in: Zur Einführung in die indische einheimische Spracliwissenschaft (Heidelberg 1919). 13 Ausgabe des Candravyakara11a von B. Liebich in den Abhandlungen zur Kunde des Morgenlandes XIV, 4 (Leipzig 1902). 14 Ausgaben des M:ugdhabodha von 0. Böhtlingk (St. Petersburg 1847); von S. Siroma:tp und A. N. Nyäyaratna in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1911-191:3). 15 Ausgabe und Übersetzung des Prakrta.prakasa von E. B. Cowell (Hertford 1854): Ausgabe auch von C. K. Raja (Adyar 1946). 16 Ausgabe und Übersetzung von Hemacandras Prälq-t-Gra:tmnatik durch R. Fische! in zwei
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Bänden (Halle 1877-1880). 17 Allgemein zur Pali-Grammatik vgl. die Studien von R. 0. Franke: Geschichte und Kritik der einheimischen Pali-Grammatik und Lexikographie (Straßburg 1902); W. Geiger: Pali. Literatur und Sprache (Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde I, 7, Straßburg 1916). 18 Ausgabe und französische Übersetzung des Kaccayanappakara1.1a von E. Senart im Journal Asiatique (Paris 1871); beides (englisch) auch von S. C. Vidyabhil~alfa (Calcutta 1901). 19 Übersicht über die altindische Metrik von K. Mylius in: Wiss. Zschr. der Karl-Marx-Univ. Leipzig, Gesellschafts- und Sprachwiss. Reihe, 24 (Leipzig 1975). 20 Ausgabe des .Srutabodha von H. Brackhaus in: Über den Druck sanskritischer Werke mit lateinischen Buchstaben (Leipzig 1841); ferner von B. Misra (Benares 1958). 21 Ausgabe des V~ttaratnakara von G. A. S. Mahasthavira in der Nin~aya Sagara Press (Bombay 1908, Neudruck 1948); von A. Sharma, K. Deshpande und D. G. Padhye (Hyderabad 1969). 22 Ausgabe des Suvrttatilaka in der Kavyamala, 2 (1886). Übersetzung von S. Kanta in: Ksemendra Studies (Poona 1954). 23 Ausgabe der Chandomai'ijar:fvon A. S. Vetala in den Chowkhamba Sanskrit Series (Varanasi 1959). 24 Ausgabe des Vanjbhiit?al!a in der Kävyamala, 53 (1895).
10. Die lexikograplliscl1e Literatur
Die altindische Lexikographie hat mit den Nighal).tus eingesetzt, den Wortlisten, die wir als zum Vedanga gehörig bereits besprochen haben. Sie wurden geschaffen, um die Exegese vedischer Texte zu fördern. Die klassischen \Vörterbücher (kosa., d.h. Schatzkammer, Thesaurus) sind von den Nighm:ttus wesentlich verschieden. 1 Ihr hauptsächliches Anliegen besteht darin, den Dichtern einen reichhaltigen Wortschatz zum bequemen Gebrauch zu präsentieren. Sie sind daher auch im Sloka- oder Ärya-Metrum abgefasst. Im Unterschied zu den Nighai:ttus enthalten sie keine Verben. Einen inhaltlichen und besonders chronologischen Übergang zwischen den beiden Wörterbuchtypen bilden die im Abschnitt über Grammatik bereits behandelten Dhatupathas, Gal).apathas und lh:tadisutras. Die Kosas klassifiziert man in Synonym- und Homonym-\Vörterbücher; allerdings gibt es auch gemischte ·werke. Die Synonym-Kosas enthalten die Wörter nach Sachgruppen geordnet und haben enzyklopädischen Charakter. Die Homonym-vVörterbücher verzeichnen diejenigen Wörter, die mehr als eine Bedeutung haben. Das Ordnungsprinzip ist jeweils sehr verschiedenartig und folgt keineswegs immer dem Alphabet. Es kann nämlich auch die Endbuchstaben, die Silbenzahl und noch andere Momente zur Grundlage haben. Bei den
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homonymen Kosas können Ausgangs- und Zielbegriff im Nominativ stehen; nicht selten wird aber für den letzteren der Lokativ bevorzugt. Ältere Wörteroücher sind nur in Fragmenten überliefert oder durch Zitate bekannt geworden. Die Situation gestaltete sich ähnlich wie in der Gram.matik: Wie Par,tini die vor ihm vorhandenen \Verke absorbierte und zur überragenden Autorität wurde, so fiel in der Lexikographie dieser Ruhm dem Buddhisten Amarasimha zu. Er kennt und verwendet Kalidasas \Verke, und man nimmt an, dass er zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert, wahrscheinlich aber nicht viel später als 600, gelebt hat. Sein synonymisches vVörterbuch Namalinganusasa.na ("Belehrung über die Nomina und ihr Geschlecht") erlangte von allen Kosas in Indien das höchste Ansehen, meistens unter dem Kurztitel Amarakosa. 2 Das \Verk besteht aus drei Abschnitten, die bestimmte Sachgruppen von Wörtern umfassen. Der erste Teil (Svaradikar,tqa) enthält die Wörter, die den Himmel, die Religion, die Sprache und das Wasser betreffen. Im zweiten Teil (Bhumyadikar,tqa) finden sich die Wörter für die Erde, die Siedlungen, das geographische Milieu, Pflanzen, Tiere und Menschen (biologisch wie gesellschaftlich). Der dritte Teil (Sanünyakar,tqa) schließlich enthält Adjektive, Komposita und Indeklinabilia. Im Anhang finden sich auch Homonyme. Zu diesem berühmten Werk gibt es mindestens fünfzig Kommentare, von denen der des Bhatta K~1rasvamin aus dem 11. Jahrhundert der bedeutendste ist. Zu erwähnen ist ferner ein wichtiges Supplement, nämlich Puru~ottamadevas Triläir;u;la8ef?a. 3 Dieses Werk enthält wesentliche Nachträge zum Amarakosa, besonders was das buddhistische und epigraphische Sanskrit anlangt. Man hat versucht, für Puru~ottamadeva eine Datierung im 12. Jahrhundert nachzuweisen; wegen des großen Anteils buddhistischen Wortgutes ist jedoch eine erheblich frühere Lebenszeit wahrscheinlicher. Ein an Alter vielleicht sogar dem Ama,rakosa gleichkommendes Homonym\Vörterbuch ist der Anekartha.samuccaya von Sasvata. 4 Die \Vorteinteilung erfolgt danach, ob das jeweilige 'Nort einen ganzen, einen halben oder nur einen viertel Vers zur Erklärung benötigt. Ein umfangreiches \Verk ist die in Südindien, und zwar im 11. Jahrhundert, von Yadavaprakasa verfasste \faija.yant1. 5 Das Arrangement der \Vörter ist kunstvoll und verwickelt. Das \Verk verzeichnet viele Wörter, die in anderen Kosas fehlen. Ein Homonym- vVörterbuch ist der um 1150 entstandene Anekartl1akosa. Nach seinem Verfasser Mankha heißt er auch 1viankha,kosa. 6 Vielfach greift der Autor auf Sasvata zurück. Im 12. Jahrhundert schuf Hemacandra ein wichtiges Synonym-\V örterbuch namens AbhidhanacintamaiJ.i. 7 Von dem \iVerk umfasst der erste der sechs Teile die jinistischen, der zweite die brahmanischen Götter, der dritte die Menschen, der vierte die Tiere und der fünfte die Unterwelt; der sechste Teil hat Abstrakta zum Gegenstand. Ebenfalls von Hemacandra ist der AnekarthasaTngraha, ein Wörterbuch der Homonyme.s Das \Verk ist eigenartig gegliedert: In sechs Ka-
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piteln werden jeweils die ein- bis sechssilbigen Substantive und Adjektive behandelt, während das siebente Kapitel den Indeklinabilia gewidmet ist. Auch in späteren Zeiten, die außerhalb des Pla.ns dieser Literaturgeschichte liegen und auf die daher immer nur kurze Ausblicke eröffnet werden sollen, haben die Inder die lexikographische Arbeit eifrig fortgeführt. Ein Beispiel ist der Lokaprakasa. Als Verfasser nennt sich K~emendra; da das vVerk aber aus der zweiten Hälfte des 17 . .Jahrhunderts stammt, ist er mit dem uns bereits bekannten Autor nicht identisch. Das Buch ist in Sanskrit, Persisch und neuindischen Sprachen abgefasst. Ein W-örterverzeichnis ist es nur zum Teil; in der Hauptsache gibt es Ratschläge für das tägliche Leben, und auch die Wörter spiegeln das Alltagsleben bevorzugt wider. Zwei außerordentlich umfangreiche Sanskrit-vVörterbücher wurdennoch im 19 . .Jahrhundert geschaffen. Das größte Sanskrit-\V örterbuch aller Zeiten (in der Sprachrelation Sanskrit-Englisch), das Encyclopaedic Dictiona.ry of Sanskrit on Historical Principles, erscheint unter der Leitung von A. M. Ghatage seit 1976 im Deccan College Postgraduate and Research Institute in Poona. Es ist einleuchtend, dass die em.sige Arbeit der Sanskrit-Lexikographen a.uch die auf dem Gebiet des Pali und der Prak~·ts tätigen altindischen Gelehrten inspiriert hat. Für den Bereich des sogenannten buddhistischen Sanskrit entstand ein Spezialwörterbuch namens A1ahavyutpatti. 9 Seine Form weicht von der der Kosas ab und nähert sich wieder der der Nighar:ttus, indem sie auf metrische Gebundenheit verzichtet. Das vVerk dient ferner nicht dem Gebrauch von Dichtern, sondern vorzugsweise der Exegese. Besonders umfassend sind die Beinamen des Buddha sowie technische Termini des Buddhismus vertreten. Dieses Synonym-\Vörterbuch beinhaltet- wieder im Gegensatz zu den Kosas - auch Verben, ja sogar ganze Sätze. Die Pral.q·t-Lexikographie ist besonders durch die Des1namamala des Hemacandra vertreten. 10 Man muss dazu wissen, dass man bei Prakrt- Wörtern unterschied zwischen solchen, die dem betreffenden Sanskritwort gleich waren ( tatsama), solchen, die unter Veränderung, aber elennoch als Ableitungen a.us dem Sanskrit aufgefasst wurden (tadbhmra), und schließlich "aus dem Volke kommenden" ( des1) \Vörtern, die im Sanskrit keine Entsprechung finden. Die letztgenannte, sprachgeschichtlich besonders wichtige Gruppe ist in diesem Wörterbuch am stärksten vertreten, doch kommen in begrenztem Umfang auch \Vörter der ersten beiden Kategorien vor. Wichtig für die Pali- Lexikographie wurde die Abhidhanappa.d1pika, die von J\loggallana um 1200 in Ceylon verfasst wurdeY In Versen gehalten, folgt sie in methodischer Hinsicht dem Amarakosa.. Das ~Werk besteht aus drei Teilen, von denen der erste die Synonyme, der zweite die Homonyme und der dritte die Indeklinabilia zum Gegenstand hat.
Die lexikographisch e Literatur
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Anmerkungen Pionier bei der Erforschung der altindischen Lexikographie war Th. Zachariae, besonders in seiner l'vfonographie Die indischen VVorterbücher (Ko.5a), erschienen im Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde, I, 3 B (Straßburg 1897). V gl. auch seine Opera. minora., hrsg. von C. Vogel (vViesbaden 1977). V gl. ferner C. Vogel: Indian Lexicogra.phy (vViesbaden 1979).
2 Ausgaben des Ama.rakosa von L. Deslongchamps (Paris 18:39 bis 1845, Neudruck 1988): von T. Gar,tapati Sastri in den Trivandrum Sanskrit Series, 38, 43, 51, 52 (1914-1917): von H. D. Sarma und N. G. Sardesai (Poona 1941), mit englischen Äquiva.lenten; von N. R. Acharya (9. Aufi., Bombay 1950). Lateinische Übersetzung von W. Bartholome (Rom 1798); englische Übersetzung von H. T. Colebrooke (Cakutta 1807, Neudruck Delhi 1990) 3 Edition des Trikiii_Jda5ef?a in der Venkate.~vara Press (Bombay 1916). 4 Ausgabe des Anekartha.samuc caya von Th. Zachariae (Berlin 1882). 5 Ausgabe der Va.ijayantfvon G. Oppert (Madras 1893). 6 Ausgabe des Anekarthakosa (Nfankhaka.5a) von Th. Zachariae (V\1ien 1897). 7 Ausgabe des Abhidhanacintama!_li von 0. Böhtlingk und Ch. Rieu (St. Petersburg 1847). 8 Ausgabe des iinekarthasamgra.ha. von Th. Zachariae (Wien und Bombay 1893). 9 Ausgabe der Ma.hävyutpa.tti von J. P. Minaev (St. Petersburg 1887, 2. Aufi. 1911). 10 Ausgabe der Desfnama.mala von R. Fische! in den Bombay Sanskrit Series, 17 (1880) und von M. Banerjee (Calcutta 1932). 11 Ausgabe der Abhidhana.ppa.dfpika mit englischer und singhalesischer Annotation von \V. Subhuti (2. Aufi., Colombo 1883).
Die buddhistische Literatur
1. Einfühmng
Die buddhistische Literatur verdient eine spezielle Erörterung vor allem deshalb, weil die Lehren des Buddhismus weit über die Grenzen Indiens hinaus Einfluss gewonnen haben, den sie in gewissem Umfang auch in der Gegenvvart ausüben. 1 Außerdem bietet das Aufkommen des Buddhismus die erste einigermaßen sichere Handhabe für die altindische Chronologie im allgemeinen wie speziell auch für die Geschichte der Literatur. Denn es steht mit einer Toleranz von wenigen Jahren so gut wie fest, dass Buddhas Lehrtätigkeit in die Zeit zwischen 525 und 480 v. Chr. fällt und dass er besonders in Magadha und Kosala, also im nordöstlichen Indien, gewirkt hat. Er begründete sowohl eine philosophisch-religiöse Lehre ( dhamma) als auch einen Orden beziehungsweise eine Gemeinde (sa1igha). Im nördlichen und nordöstlichen Indien des 7. und 6. Jahrhunderts v. Chr. bildeten sich mit dem Erstarken des Despotismus die ersten Großreiche heraus. Damit verbanden sich wirtschaftlicher Aufschwung (Fernhandel, Städtegründungen, Ausweitung des Ackerbaus) und eine Entfaltung des geistig-kulturellen Lebens. In den Städten kamen neue ideologische Anschauungen auf, die sich mit denen der priesterlichen Orthodoxie kritisch auseinandersetzten. \Vachsende Unzufriedenheit mit dem Opferritual und die Auflösung überkommener gesellschaftlicher Bande führten zur Herausbildung neuer Anschauungen und Lehren. Asketen, die, einzeln oder von Anhängerschaften umgeben, das Land durchzogen, gewannen an gesellschaftlichem Einfluss. Aus der Vielzahl der Verkünder neuer Lehren ragen über die Jahrtausende hinweg zwei Persönlichkeiten hervor: der Begründer der Jaina-Lehre, Mahavira, und der aus der Republik der Sakya im heutigen Nepal stammende Gautama Buddha. Buddha (ursprünglich Siddhattha), der Sohn des Stammesfürsten Suddhodana, verließ im Alter von 29 Jahren Palast und Familie, zog auf der Suche nach Erlösung vom irdischen Leid sieben Jahre lang im Land umher und verkündete dann auf seinen alljährlichen \Nanderungen --er starb mit 80 Jahren- die neue Lehre. Die Basis dieser Lehre bilden die "vier edlen Wahrheiten": die vVahrheit vom Leiden, von der Leidensentstehung, von der Leidensvernichtung und von dem zur Leidensvernichtung führenden achtteiligen Pfad. Der Leitgedanke ist dieser: Die ganze \Velt und insbesondere ihre Freuden sind vergänglich und daher leidvoll. Darum hat Leid nur bei völligem Gleichmut gegenüber Leben und Tod keinen Platz mehr. Ein \Veg hierzu ist die Meditation, Erbin uralter, weitgehend vorarischer Yogapraktiken.
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DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
Eng verbunden mit der Lehre von den vier edlen \Vahrheiten ist der Versuch, sie mit der aus den Upani~aden herübergenommenen Lehre von der Tatvergeltung und V/iedergeburt zu verknüpfen. In einer sogenannten Kausalkette werden als Hauptursachen für die ständige Erneuerung des Leides Nichtwissen und Anhaften an weltlichen Begierden herausgestellt, deren schrittweise Überwindung der Buddhismus lehrt. Das sukzessive "YlmTlent, das bei der Erlösung vom Leiden und beim Verlassen des Geburtenkreislaufes eine Rolle spielt, entspricht der für den Buddhismus charakteristischen Konzeption vom ~Werden: Nichts hat ewigen Bestand, es gibt nur Veränderung und ~Wechsel. Doch mit dieser Verwerfung jeglicher Beständigkeit geht nicht nur die Ablehnung einer ewigen Seele, sondern auch eine Leugnung der Materialität der ~Welt einher. Der Materiebegriff wird auf bloße .,Gegebenheiten" reduziert. Als letztes, für jeden erreichbares Ziel verheißt der Buddhismus das Nirvar.:ta (wörtlich: "Auswehen", "Verwehen", etwa einer Kerzenfia1nme ), ein schwer definierbarer Begriff, der einen Zustand des Aufhörens und der Erlöschung (der Begierden und damit der Wiedergeburt und des Leides) kennzeichnen soll. Beherrschender Grundzug der buddhistischen Ethik ist Güte gegenüber allen \Vesen. Freilich ist diese von humanistischem Geist getragene Ethik nicht auf die Gesamtheit des Volkes, sonelern auf die Vervollkommnung und Erlösung des einzelnen gerichtet. Ein gewisser elitärer Individualismus ist daher unverkennbar. Erst in späteren Entwicklungsstadien (Mahayana- Buddhismus) werden Güte und Mitleid in oft staunenswertem Altruismus auf die Allgemeinheit ausgedehnt. Die vedisch-brahmanischen Götter wurden vom Buddhismus zwar meist "übernonnnen", doch zugleich entthront. Denn der Gedanke an einen Demiurgen wurde nunmehr entschieden verworfen. Ein Gott galt nur als günstige Form der Wiedergeburt, also als vergänglich, wie alle anderen Wesen, und demzufolge nicht mehr als allmächtig oder allwissend. Ebenso entschieden leugnet der Buddhismus die magische Kraft des Opferrituals und verurteilt insbesondere die Tieropfer. Auch hinsichtlich der bestehenden Gesellschaftsstruktur zeichnen den Buddhismus reformatorisch-progressive Züge aus: Die altbuddhistische Literatur lässt häufig einen anticlespotischen, gewissermaßen demokratischen Zug erkennen. Erkenntnis und Erlösung sind völlig unabhä.ngig von der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, von Besitz, körperlicher Schönheit und so weiter, heißt es im Majjhimanikaya, Nr. 96. Von einer demokratischen Massenbewegung kann jedochangesichtsder auf die Erlösung des Individuums zugeschnittenen Lehren keine Rede sein. Die hier knapp geschilderten Merkmale treffen ausschließlich für den ursprünglichen Buddhismus zu. 2 Der spätere Buddhismus wird zur voll ausgebildeten Religion, in der der Buddha deifiziert und schließlich selbst zum Demiur-
Einführung
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gen erhoben wird. Dies bedeutet eine vollständige Negation der ursprünglichen ideologischen Konzeption. Die Überlieferung der originären Ideen des Buddha ist Gegenstand lang andauernder wissenschaftlicher KontroYersen gewesen. Im '\1ittelpunkt des Meinungsstreites stand die Historizität der sogenannten buddhistischen Konzile. Schon wenige ·wachen nach dem Tode des :\1eisters soll ein solches Konzil zu Raja.g~·ha stattgefunden haben. Es wird berichtet, dass damals die Lehre, also Dhamma, und die Ordenszucht ( vinaya) fixiert worden sind. Vertrauenswürdig ist diese Überlieferung jedoch nicht. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, sondern nach Lage der Dinge sogar wahrscheinlich, dass sich buddhistische Ordensbrüder damals zusamrnenfanden, um über die Zukunft der Lehre und der Gemeinde zu beraten. Aber es ist ausgeschlossen, dass die riesigen Textmassen des Dhamma und Vinaya damals schon Yorgelegen haben beziehungsweise herausgegeben worden sein sollen. Um 380 Y. Chr. hat nach der Tradition in Va.isäll ein zweites Konzil stattgefunden. Man nimmt jetzt aber ziemlich allgemein an, dass für die Sicherung der buddhistischen Textüberlieferung erst das dritte Konzil maßgebend war. Es fand zur Zeit des großen HerrschersAsokaum 250 v. Chr. statt, und zwar sollen tausend Mönche nach Pata.liputra gekomrnen sein. Initiator der Konferenz war Tissa Moggaliputta. Es steht fest, dass die buddhistische Lehre darnals schon nicht mehr einheitlich war, dass es Spaltungen und Sekten gab und dass das Konzil vor der Hauptaufgabe stand, die Einheit der Lehre wiederherzustellen. Nach einer Tagungsdauer von neun Monaten setzte sich die Auffassung der originären Lehre, der Theravada, durch, der auf der Konferenz von den Vibhajjavädins vertreten worden war. Tissa steuerte zu diesem Erfolg bei, indem er in seiner Schrift Katl1iivatthu über Sekten und Abtrünnige die Verdammnis aussprach. Das Konzil fasste außerdem den so geschichtsträchtigen Beschluss, Missionare auszusenden. Ein Verwandter des Kaisers Asoka. namens Mahinda, brachte den auf dem dritten Konzil aufgestellten Kanon nach Sri Lanka, das bis heute eine Hauptpflegestätte des Buddhismus geblieben ist. In der Ära nach der Zeitenwende, besonders in der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends, erlitt der bis dahin blühende Buddhismus durch eine Art Gegenreformation der Vedäntisten und M1marnsakas in seinem Heimatland schwere Niederlagen. Heute lebt er in Indien selbst nur in unbedeutenden Resten fort. Daher kommt es, dass wir seine Entwicklung nach dem dritten Konzil vielfach nicht aus indischen, sondern aus den Quellen derjenigen Länder kennen, in die der Buddhismus einst missionierend gebracht wurde. Neben Sri Lanka zählen dazu Tibet, Nepal, Hinterindien und Ostasien. Die Untersuchung dieser außerindischen Quellen geht freilich über den Rahmen dieser Literaturgeschichte hinaus. 3 Die Sprache des buddhistischen Kanons ist das Pali (vgl. S. 22). Es ist aber
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DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
auch eine bedeutende Zahl von nichtkanonischen Schriften überliefert, die ebenfalls in Pali abgefasst sind. Daneben gibt es Bruchstücke eines in Sanskrit gehaltenen Kanons. Dem Aussterben des Buddhismus in Indien ging eine lange Zeit ideologischer Kämpfe voraus. In dieser machte der Buddhismus selbst tiefgreifende \Alandlungen durch. Sie waren dem \iVesen nach Zugeständnisse an den vordringenden Vedantismus, aber auch an volksreligiöse Ideen und Kulte. Aus dem ursprünglichen Buddhismus, dem Hinayana ("Kleines Fahrzeug"), wurde die Lehre des Mahayana ("Großes Fahrzeug"). 4 An die Stelle des Pali traten wieder Sanskrit und ein neueseigenartiges Idiom, das buddhistische oder hybride Sanskrit. Die Buddhisten versuchten nämlich, Pali-Schriften unter bestimmter Beobachtung von Lautgesetzen wieder ins Sanskrit zurückzuübertragen, wobei sie viele Fehler machten: So entstand das hybride Sanskrit.
Anmerkungen
1 Über den Buddhismus gibt es eine wahre Flut von Literatur, die nicht immerfrei von pseudowissenschaftlichen Beimischungen ist. Daher sei hier auf einige grundlegende w·erke von hohem Standard hingewiesen. - Wichtige Bibliographien sind die von H. L. Held: Deut:sche Bibliographie des Buddhismus (München/Leipzig 1916) und die Bibliography on Buddhism von Sh. Hanayama (Tokyo 1961 ); letztere verzeichnet 15073 Titel. Über die Lehre und in Zusammenhang damit in bestimmtem Umfang auch über die Literatur informieren folgende vVerke. T. \V. Rhys Davids: Buddhism, Its History and Literature (New York 1896); H. Oldenberg: Buddha, sein Leben, seine Lehre, seine Gemeinde (Berlin 1881, in zahlreichen Auflagen, zuletzt Essen 1983); A. K. Warder: Indian Buddhism (Delhi 1970); H. Kern: Manual of Indian Buddhism, in: Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde III, 8 (Straßburg 1896); E. Lamotte: Histoire du Bouddhisme in dien (Löwen 1958, Neudruck 1976); J. Lehmann: Buddha. Leben, Lehre, Wirkung (Gütersloh und München 1980); H. W. Schumann: Der historische Buddha (Köln 1982); H. Bechert und R. Gombrich (Hrsg.): Die Welt des Buddhismus (München 1984); E. Conze: Der Buddhismus. Wesen und Entwicklung (6. Aufl. Stuttgart 1986). Speziell über die Pali-Literatur informieren V{. Geiger: Pali. Literatur und Sprache, in: Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde I, 7 (Straßburg 1916); B. C. Law: History of Pali Literature (2 Bde., Calcutta 1933, Neudruck 1974). 2 V gl. auch die ausführlichere Einleitung in: Die vier edlen Wahrheiten. Texte des ursprünglichen Buddhismus, hrsg. von K. Mylius (RUB, Nr. 1009, Leipzig 1983, sowie dtv 2166, München 1985 und RUB, Nr. 3420, Stuttgart 1998). 3 Als Pionier der synoptischen Erforschung des jüngeren Buddhismus anhand der Vergleichung indischer, tibetischer, chinesischer, mongolischer und soghdischer Quellen ist F. VVeller (Leipzig) in zahlreichen Veröffentlichungen hervorgetreten.
Der Pali-Kanon
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4 Verschiedentlich wird in der Literatur der ursprüngliche als Südlicher Buddhismus, das Mahayana als Nördlicher Buddhismus bezeichnet. Wegen ihrer Ungenauigkeit sind diese Termini abzulehnen.
2. Der Pali-Kanon Der auf uns gekommene Pali-Kanon dürfte im wesentlichen seine Gestalt der redaktionellen Tätigkeit des dritten buddhistischen Konzils verdanken. 1 Er ist also nicht, wie man lange Zeit geglaubt hat, der Niederschlag des ursprünglichen Buddha-Wortes. Das kann auch gar nicht anders sein, denn Buddha hat weder Sanskrit noch Pali (das eine Literatursprache war) gesprochen, sondern Magadhi beziehungsweise Ardhamagadhi. Einige für den Inhalt der Lehre besonders wichtige Stücke mögen immerhin auf Buddha selbst zurückgehen, etwa die über die vier heiligen Wahrheiten oder über den edlen achtfältigen Pfad. Aber auch die Tatsache, dass die Masse des Kanons erst zweieinhalb Jahrhunderte nach Buddha zusammengestellt wurde, tut seiner eminenten Bedeutung -keinen Abbruch, bietet er uns doch die einzige Möglichkeit, denkbar nah an die eigentlichen, ursprünglichen Gedanken des Buddhismus heranzukommen. Man hat Grund zu der Annahme, dass der Pali-Kanon im 1. Jahrhundert v. Chr. schriftlich fixiert worden ist. Es gibt Hinweise dafür, dass der Kanon seit dem dritten Konzil bis zu diesem Zeitpunkt gewachsen war. Insgesamt gesehen, hat er sich aber von den Ideen des Konzils nur unwesentlich entfernt. Das zeigen unter anderem die Asoka- Inschriften, die vollständig den Geist des uns überlieferten Kanons atmen. Die literarische Form des buddhistischen Kanons ist die einer aus recht verschiedenartigen Teilen bestehenden Sammlung. Sie führt den Namen Tipitaka, was "Dreikorb" oder "Dreierbehälter" bedeutet. Diese Bezeichnung spielt darauf an, dass die Gesamtsammlung aus drei Teilsammlungen besteht. Die wichtigste von diesen ist das Suttapitaka. In ihm findet sich alles Grundsätzliche der buddhistischen Lehre. Obwohl sutta sich aus dem sanskritischen siitra herleitet, finden wir den Sutra-Stil hier mitnichten. Das Suttapitaka ist vielmehr in Form von Erörterungen, Dialogen, Lehrgesprächen gehalten und wird daher auch der Kanon der Lehrreden genannt. Es besteht wiederum aus fünf besonderen Sammlungen, die den Namen Nikaya führen. Das Vinayapitaka enthält die Grundsätze über die Ordenszucht. Jüngstes Pitaka ist das Abhidhammapitaka, das auch Kanon der Scholastik genannt wird und das unter anderem die literarische Heimat des schon erwähnten Kathavatthu ist. Neben dieser Gliederung gibt es aber auch eine andere, ältere, in neun angas, nämlich: Sutta (Prosagespräche ), Geyya (Mischung aus Prosa und Versen), Veyyakarai).a (abgeleitet aus Vyakaral).a; bedeutet aber hier nicht, wie im Sanskrit, die Grammatik, sondern vielmehr scholastische Erläuterungen
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DIE BUDDHISTISCHE LITERATUR
und Prophetien), Gatha (Strophen), Udana (begeisterte Aussprüche), Itivuttaka (kurze Reden und Aussprüche), Jataka ("Geburtsgeschichten", nämlich Erzählungen über Taten des Buddha in seinen früheren Existenzen), Abbhuta (Wunder) und Vedalla (Belehrungen in Frage-Antwort-Form).
Anmerkung
Tipi~alm
wurde erstn:tals vollständig ediert in 39 Bänden (Bangkok 1894). Da die Ausgabe aber in siarnesischer Schrift erschien, vermochte sie sich in der internationa-
Das
len Forschung nicht durchzusetzen. Maßgebend ist jetzt die von B. J. Kashyap besorgte vollständige Ausgabe (in Devanagari-Schrift) in den Nälandä- Devanagari-Pali-Series in
41 Bänden (Nälandä 1956-1961). Auszugsweise Übersetzungen gaben die folgenden Autoren. H. C. 'iVarTen: Buddl:tism in Translations, erschienen als Bd. 3 der Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.] 1896); K. Seidenstücker: Pali-Buddhismus in Übersetzungen (2. Aufi., Breslau 1923); H. Oldenberg: Reden des Buddha (l'vfünchen 1922). Weitere Ausgaben und Übersetzungen werden jeweils arn Schluss der betreffenden Spezialkapitel genannt werden.
a) Das Suttapitaka Das Suttapitaka ist das Kernstück des Pali-Kanons, denn es lehrt Dhamma, ist also die Hauptquelle für die Erforschung des \iVesens der buddhistischen Lehre. Gegliedert wird es in folgende fünf Einzelsammlungen: Dighanikaya, Majjhimanikaya, Sarnyuttanikaya, A1iguttaranikaya, Khuddakanikäya. Diese Gliederung bezieht sich nicht auf den stofflichen Inhalt, sondern auf den Umfang der in der jeweiligen Sammlung enthaltenen Stücke. Die ersten vier der eben genannten Nikäyas heben sich inhaltlich vom letzten ab, indem sie die eigentlichen Suttas, die Lehrreden, enthalten. 1 Die meisten dieser Reden sind in einem eigenartigen Stil gehalten, der zwar an den der älteren Upani9aden anklingt, jedoch eine solche spezifische Geschlossenheit aufweist, dass ihn K. E. Neumann (nach dem Sippennamen des Buddha) den gotamidischen Stil genannt hat. Hauptsächliches Stilmittel ist die vViederholung, die aber kaum je ermüdet, sondern den Leser vielmehr in einen suggestiven Bann zwingt. Damit erreichen die Suttas eine Einprägsamkeit, die wir in der indischen Literatur nur ganz selten in diesem Maße finden. Im allgemeinen beginnen die Stücke mit stereotypen vVendungen; am Anfang steht e\'am me sutam ("Das habe ich gehört"). Dann folgt eine kurze Angabe über den Ort der Handlung, meist ein Garten, ein Park ein Hain. Auf diese vVeise eingeführt, trägt der Buddha die Lehre beziehungsweise einen Punkt derselben
Der Pali-Kanon
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allein vor, oder es geschieht dies in einem Dialog. Selbstverständlich überwiegt die Prosa, doch finden sich auch eingestreute Verse (gatha). Der Dighanikaya besteht aus 34 sehr ausführlichen Suttas (oder Suttantas), ist also die Sammlung der langen Reden. 2 Die Sammlung zerfällt wieder in drei Bücher: Silakkhandhavagga, lv!a.hava.gga und Patikavagga. Das erste Buch enthält vielfach (aber nicht ausschließlich) recht a.lte Stücke, das dritte Buch ist das jüngste. Im zweiten und dritten Buch finden sich relativ viele Verse; die Nummern 20 und 32 bestehen fast ganz aus Versen. Das erste Buch enthält die Grundlagen der buddhistischen Ethik. Schon Nr. 1, das Bral1majala.sutta., ist einer der wichtigsten buddhistischen Texte. Besonders ergiebig ist dieses Sutta aber auch für den Kulturhistoriker, denn es zählt alle Arten von Beschäftigungen auf, von denen ein Mönch sich fernzuhalten hat. Genannt werden ferner nicht weniger a.ls 62 philosophische Lehrmeinungen. Nr. 3, das AmbaHhasutta, gibt wertvolle Informationen über die Stellung des Buddhismus zur ständischen Gliederung der damaligen Gesellschaft. Religionsgeschichtlich interessant ist die Art, wie sich der Buddhismus als seinerzeit neue Lehre mit den vorgefundenen ideologischen Strömungen auseina.ndersetzt; so wendet sich N r. 13, das Tevijjasutta, gegen den Opferritualismus und gegen das Postulat von der Brahman-Atman-Identität. Die einem buddhistischen Laienanhänger zukommenden Pflichten lehrt Nr. 29, das Sigalovadasutta.. Das Hauptstück des Dighanikaya aber ist Nr. 16, das berühmte Ma.haparinibbanasutta. Hierbei handelt es sich nicht um eine Lehrrede, sondern um einen Bericht über die Todesumstände des Buddha. In diesem Stück liegt uns also der erste Ansatz zu einer Buddha-Biographie vor. Allerdings ist der Bericht zeitlich durchaus nicht einheitlich. Authentisch ist zweifellos das Vermächtnis Buddhas an seine Anhänger, nunmehr Zuflucht und Stärke in sich selbst und in der Lehre zu finden. Alle sogenannten \Vunder, die den Tod des Buddha begleitet haben sollen, sind jedenfalls spätere Zutaten; überhaupt kann die Redaktion dieses Sutta erst zu einem relativ recht späten Zeitpunkt abgeschlossen worden sein. Übrigens lässt sich generell sagen, dass diejenigen Stücke, die Wundertaten und -kräfte des Buddha schildern, die jüngsten der Sammlung sind, so Nr. 14 oder auch Nr. 24, in welchem sich Buddha seiner magischen Kräfte rühmt. Auch die Stücke 17 bis 21 sind relativ jung: Sie zeigen, wie die Schar der vedischen Götter und schließlich auch der Götterkönig Indra den Buddha verehren. Daraus geht hervor, dass der Buddhismus die Existenz der Götter nicht bestreitet, nur sind sie nicht a.llmächtig, sondern wie alle \"'esen den vier heiligen Wahrheiten unterworfen. Recht interessant ist Nr. 23, das Payasisutta, eines der realistischsten Stücke. \Vährend sonst die Dialoge von vornherein auf die Zustimmung des Belehrten zu den buddhistischen Ideen angelegt sind, diskutiert der ungläubige Payasi mit dem Mönch Kumara Kassapa als wirklicher Opponent. Die Suttas des Dighanikaya bilden also jeweils ein abgeschlossenes Ganzes in-
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DIE
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sofern, als sie immer einem bestimmten Thema der Lehre gewidmet sind. Manches davon ist freilich irrelevant, so das lqanatiyasutta, das sich mit Zaubern gegen Dämonen und Schlangen befasst. Insgesamt findet sich im D1ghanikaya viel Altes und \Vertvolles, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass die Sammlung weder inhaltlich noch zeitlich als homogen angesehen werden kann. Der Majjhimanikaya ist die Sammlung der Stücke von mittlerer Länge. 3 Sie besteht aus 152 Suttas, die, wenn sie auch kürzer als die des D1ghanikäya sind, doch gleichfalls jeweils ein abgeschlossenes Ganzes bilden. Thematisch ist diese Sammlung von größerer Mannigfaltigkeit als jene. Teilweise sind die Lehrreden in Rahmenhandlungen eingebettet. In Nr. 144 billigt Buddha den wegen einer schweren Krankheit begangenen Suizid eines Mönches. Durch seine hervorragende Argumentation brilliert Nr. 93, das Assalayanasutta, in welchem der Buddha den Assaläyana, einen jungen Brahmanen, über die Nichtigkeit des Van:ta.-Systems und die Unrechtmäßigkeit der brahmanischen Privilegien belehrt. Nr. 86 ist das berühmte Sutta von dem Raubmörder A1'lgulimala, der von Buddha bekehrt wird und noch zu Lebzeiten das Nirval:ta erlangt. Dieses Stück ist kein Dialog, sondern beispielhaft für die Erzählkunst des Majjhimanikaya. Den Stoff dieses Sutta hat der dänische Schriftsteller Karl Gjellerup in vollendeter dichterischer Weise behandelt (Der Pilger Kaman1ta, 1906, dt. 1907). Eine großartige Erzählung ist auch das Ra.Hhapalasutta (Nr. 82). Manche Stücke geben wertvolle Aufschlüsse über das tägliche Leben der Mönche, Asketen und Brahmanen. Das Upalisutta. (Nr. 56) ist religionsgeschichtlich wichtig durch die hier wiedergegebene Haltung des frühen Buddhismus zum Jinismus. Nicht wenige Stücke sind allerdings auch von trockener Dogmatik erfüllt. Auch in chronologischer Hinsicht ist die Sannnlung ganz heterogen. Im allgemeinen gilt der Sa.tz, dass die schlichten Dialoge und Erzählungen, die ein realistisches Menschenbild des Buddha widerspiegeln, zugleich die ältesten sind (zum Beispiel Nr. 26 und 36). Diejenigen Stücke, die die Person Buddhas mit Wundern umhüllen (Nr. 12 oder 123), sind jedenfalls jüngeren Datums. Die Nummern 84 und 94 versetzen Buddha bereits ins Nirval_la. Mehrfach finden sich Stücke, die wie Variationen über ein bestimmtes Thema anmuten, wie zum Beispiel die Nummern 132 bis 134. Das dürfte sich daraus erklären, dass man seinerzeit alles erreichbare Überlieferungsmaterial in sämtlichen Versionen gesammelt hat. Der Samyuttanikaya bildet die nach Gruppen geordnete Sammlung. 4 Die insgesamt 2889 Suttas sind in Gruppen eingeteilt. Offenbar sollte jede Gruppe bestimmte Punkte der buddhistischen Lehre behandeln, aber konsequent ist dieses Prinzip nicht durchgeführt worden. Von großer philosophiegeschichtlicher Bedeutung ist das Nidanasutta. (Nr. 12) mit der berühmten PaticcasamuppadaFormel, einer Kausalnexuskette. Manchmal hat man die Gruppenbildung nach dem jeweiligen Sprecher durchgeführt: so die Gruppen 16 und 28 nach Kassapa bzw. Sariputta. Meditation und Versenkung werden in Gruppe 34 (samadl1i)
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gelehrt. Der Gott Sakka- niemand anders als der heldische Indra des Vedawird zu einem demütigen Verehrer des Buddha (Nr. 11): ein fein geführter Hieb gegen die brahmanische Mythologie! Für das Verständnis der buddhistischen Lehre von erstrangiger, grundlegender Bedeutung ist die Gruppe 56, die die vier heiligen ~Wahrheiten wiedergibt. Die Nr. 11 dieser Gruppe ist der Bericht darüber, wie "das Rad der Lehre in Bewegung gesetzt" wurde (Dhammacakkappavattanasutta); es enthält die sogenannte "Predigt von Benares", mit der Buddha erstmals an die Öffentlichkeit trat.
Die Lehrrede vom Antrieb des Rades der Lehre 1. So habe ich es gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene zu Benares, im Tierpark von Isipatana. 2. Dort redete der Erhabene die Fünferschar der Mönche an: "Diesen zwei Extremen, o Mönche, darf von einem, der als Mönch hinausgezogen ist, nicht gefrönt werden. vVelche zwei sind das? 3. Da ist einmal die Hingabe an die Lust der Sinnesfreuden, niedrig, gemein, weltlich, unedel, nicht zum Ziel führend. Da ist zum anderen die Hingabe an die Selbstpeinigung, leidvoll, unedel, nicht zum Ziel führend. Ohne diesen beiden Extremen, o Mönche, zu folgen, ist ein mittlerer Pfad vom Vollendeten entdeckt worden, der Sehen bewirkt, \iVissen bewirkt, zur Beruhigung, zur Einsicht, zur Erleuchtung, zum Erlöschen hinführt. 4. Und welches, o Mönche, ist dieser m~ittlere Pfad, der vom Vollendeten entdeckt worden ist und der Sehen bewirkt, vVissen bewirkt, zur Beruhigung, zur Einsicht, zur Erleuchtung, zum Erlöschen hinführt? Es ist dieser edle achtgliedrige Weg, nämlich: rechte Einsicht, rechter Entschluss, rechte Rede, rechte Tat, rechter vVandel, rechtes Streben, rechte ~Wachheit, rechte Versenkung ... 5. Dies nun, o Mönche, ist die edle Wahrheit vom Leiden. Geburt ist Leiden, Alter ist Leiden, Krankheit ist Leiden, Sterben ist Leiden, Kummer, Wehklage, Schm~erz, Unmut und Unrast sind Leiden; die Vereinigung mit Unliebem ist Leiden; die Trennung von Liebem ist Leiden; was man wünscht, nicht zu erlangen, ist Leiden; kurz gesagt, die fünf Arten des Festhaltens am Sein sind Leiden. 6. Dies nun, o Mönche, ist die edle Wahrheit von der Leidensentstehung. Es ist dieser "Durst", der zur Wiedergeburt führt, verbunden mit Vergnügen und Lust, an dem und jenem sich befriedigend, nämlich der Liebestrieb, der Selbsterhaltungstrieb, die Sucht nach Reichtum. 7. Dies nun, o Mönche, ist die edle Wahrheit von der Aufhebung des Leidens. Es ist ehendieses Durstes Aufhebung durch seine restlose Vernichtung; es ist das Aufgeben des Durstes, der Verzicht auf ihn, die Loslösung von ihm, seine Beseitigung.
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8. Dies nun, o Mönche, ist die edle \Vahrheit von dem zur Aufhebung des Leidens führenden Pfad. Es ist dieser edle achtgliedrige Weg, nämlich: rechte Einsicht ... (weiter wie im Abschnitt 4) ... rechte Versenkung. 9 ..Das ist die edle \Vahrheit vom Leiden!', so, o Mönche, ging mir über diese zuvor nicht gehörten Dinge das Auge auf; es ging da.s Verständnis auf; es ging das Erkennen auf; es ging das \Vissen auf; es ging das Schauen auf. ,Ebendieses Leiden ist a.ls edle \Vahrheit zu erkennen!', so, o Mönche, ging mir über diese zuvor. .. (weiter wie eben). 14. Seit mir, o :!'.1Iönche, über diese vier edlen VVahrheiten, dreifach geordnet, zwölffach gegliedert, \Vissen und Schauen vollkomineu klargeworden sind, behaupte ich nun: ,Ich, o 1\Iönche, habe in der \Velt mit (ihren) Göttern, Todesgöttern, Brahmagöttern, Bettelmönchen und Priestern, Geschöpfen, Göttern und Menschen a.llein die höchste, vollkommene Erleuchtung entdeckt. \\Iissen und Schauen gingen mir auf: Unerschütterlich ist die Befreiung meines Geistes; dies ist die letzte Geburt; nicht gibt es jetzt noch eine \\Tiedergeburt.'" ... 16. Nachdem so durch den Erhabenen das Rad der Lehre in Bewegung gesetzt worden war, ließen die Erdgötter das \Vort vernehmen: "Durch den Erhabenen ist zu Benares, im Tierpark von Isipatana, da.s höchste Rad der Lehre in Bewegung gesetzt worden; zurückzurollen ist es weder durch einen Bettelmönch noch durch einen Priester, nicht durch einen Gott und durch keinen Teufel, nicht durch Brahma noch durch irgend jemand in der \1\tTelt." ... (Übers.: K. Mylius) Leider gibt es im Sa.myuttanikaya viele überflüssige Wiederholungen und streckenweise enT1üdende Monotonie. Von der Form her verdienen Stücke hervorgehoben zu werden, die in einer Mischung von Prosa und Versen als Balladen angesehen werden dürfen. Dazu zählen die Gruppen über Mära (im Buddhismus der Versucher) und die Nonnen, die überwiegend ein hohes ästhetisches Niveau aufweisen. In den Gruppen 1 bis 11 sind viele Verse enthalten; hier finden sich auch Rätselgespräche, wie sie bereits etwa. aus der Ta.ittiT1ya-Samhita bekannt sind. Der Anguttaranikäya 5 folgt einem merkwürdigen Einteilungsprinzip. In dieser Sammlung sind die Stücke nämlich gemäß der jeweils in ihnen dominierenden Zahl geordnet. Die Zählung der Suttas ist nicht ganz sicher; sie beträgt je nach ihrer Trennung 2308 bis 2363. Eingeteilt ist diese Textmasse in elf Abschnitte, die Nipäta heißen. Im ersten Nipäta kornmen nur solche Begriffe, Sachen, Ursachen, Motive und so weiter vor, die ein einziges Mal existieren, im zweiten Nipäta solche, die zweimal vorhanden sind und so fort. In der Dreiergruppe spielen beispielsweise folgende Themenkreise eine Rolle: die aus Gedanken, ViVorten und Taten bestehende Dreiheit; die drei Arten von }Vlönchen;
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die drei "Boten der Götter", unter denen Alter, Krankheit und Tod verstanden werden; die drei Gründe für die Herrschaft des Todes über die Welt; die drei Umstände, welche Frauen in die Verdammnis führen, und andere. Vielfach sind die Texte von Sprüchen durchsetzt. Der A11guttaranikaya weist zu den anderen. bereits besprochenen Teilen des Suttapitaka zahlreiche Parallelstellen auf; oft war er dabei der übernehmende Teil. jedoch keineswegs immer, so dass solche Parallelen keine voreiligen Schlüsse über das Alter dieser Sammlung zulassen. Insgesamt gesehen, ist diese ziemlich spät entstanden. Dies ist unter a.nderem daran zu erkennen, dass dem Buddha nunmehr schon göttliche Unfehlbarkeit zugeschrieben wird. Da die bisher erörterten Nikayas relativ eng miteinander verwandt sind, sich aber von dem fünften Nikaya deutlich abheben, seien über dieselben noch einige zusammenfassende Bemerkungen gemacht. Vor allem muss hervorgehoben werden, dass ihr Inha.lt weitgehend nach Then1a und Ausführung übereinstimmt: anders ausgedrückt: viele Suttas könnten in jedem beliebigen Nikaya (vom fünften stets abgesehen) stehen. Die uns überkonnnenen Einteilungsprinzipien betreffen also ganz überwiegend formale Kriterien. Demzufolge heben sich die Nikayas auch in chronologischer Hinsicht kaum voneinander ab. Das älteste, am nächsten an Buddha selbst heranführende Material ist über alle Nikayas verstreut und nicht etwa in einem einzigen Nikaya konzentriert. Auch die Argumentationsweise, die Art der Darlegung der damals ja neuen Lehre, ist mit ihren Leitlinien und Abschattungen überall die gleiche. Die Sprache ist -von monotonen Stellen, die nicht fehlen, deren psychologischer Einfluss aber manchmal unterschätzt worden ist, abgesehen- bildhaft und voller Vergleiche. Einer der häufigsten, der in der buddhistischen Literatur allerorten wiederkehrt, ist der des Begehrens mit dem Durst. Daseinsdurst, vVerdedurst, Fortpflanzungsdurst gelten als Ursachen des ständig sich erneuernden Kreislaufs des vVerdens, Vergehens und damit des Leidens. Außerdem aber finden wir in den ersten vier Nikayas die Grundlagen der spezifischen buddhistischen Terminologie. Der fünfte Nikaya führt den Namen Khuddakanikaya, was etwa "Sammlung der kleinen Stücke" bedeutet. 6 Korrekt ist diese Bezeichnung nicht, da sich im Khuddakanikaya auch Stücke von großem Umfang befinden. Besser wäre es, von einer Sammlung von Miszellen zu sprechen. Der Khuddakanikaya unterscheidet sich von den übrigen Nikayas wesentlich. Er besteht aus nicht ·weniger als 15 vVerken, die zwar natürlich die gleiche buddhistische Grundtendenz aufweisen, im übrigen aber im Inhalt und insbesondere in der Form untereinander stark differenziert sind. Dabei fällt sofort ins Auge, dass die Poesie hier eine so große Rolle spielt, wie sie sie in den a.nderen Nikayas nicht entfernt erreicht. Sie bildet damit einen wertvollen und integralen Bestandteil der altindischen Poesie überhaupt. So finden sich in dieser Sammlung in reichem Maße Sprüche und Gedichte, aber auch Fabeln und Märchen.
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Die Geringschätzung, die der Buddhismus ursprünglich dichterischen \Verken entgegenbrachte- Gültigkeit sollte ja nur die alte, schlichte, unausgeschmückte Buddharede besitzen-, macht es wahrscheinlich, dass ein großer Teil der Textmassen des Khuddakanikaya. ursprünglich nicht zum Tipitaka gehört hat, sondern ihm erst von späterer redigierender Hand angeschlossen wurde. Für die späte Zeit dieser Redaktion spricht auch die Tatsache, dass Buddha nun schon gewissermaßen als Halbgott gilt und dass die Texte vielfach voin Dogmatismus geprägt sind. Manche sind daher auch der Meinung, dass der Khuddakanikaya besser dem Abhidhammapi\.aka, dem Kanon der Scholastik, zugerechnet werden sollte. Der Khuddakanikaya besteht also aus einer Anzahl einzelner Werke, deren Reihenfolge traditionell festgelegt ist. Diese hat, worauf besonders hingewiesen werden muss, nichts mit einer chronologischen Folge zu tun. Das erste ·werk dieser Sammlung ist der Klmddakapafha. 7 Es handelt sich dabei hauptsächlich um solche Stücke, die den Novizen zum Erlernen aufgegeben wurden. Man könnte den Klmddakapatha wenigstens streckenweise auch als Andachtsbuch bezeichnen. Das Werk besteht aus insgesamt neun Stücken. Von diesen heben sich die ersten vier und die restlichen als Gruppen heraus. Alle Stücke sind relativ kurz. Unter der erstgenannten Gruppe ragt Nr. 4 mit den "Fragen der Novizen" heraus. Ähnlich dem Einteilungsprinzip des A1iguttaranikaya (vgl. S. 305) wird hier jeweils nach ein, zwei, drei und so weiter Gegenständen oder Begriffen gefragt. Die Nummern 5 bis 9 sind kurze Sutta.s. Ihr Hauptanliegen besteht in der Vermittlung von Grundsätzen buddhistischer Ethik. Hinzuweisen ist hier auf die Nr. 5, das Ma.rigalasutta. Unter Mailgala wurden im alten Indien allgemein günstige Omina sowie Handlungen und Ereignisse, die eine günstige Beeinflussung des Schicksals zur Folge haben, verstanden. Im J\!Iailgalasutta wird nun dargelegt, wie der Buddhismus eine fromme, den Frieden und den Mitmenschen liebende Lebensweise für das beste Ma1igala ansieht - wieder eine deutliche Spitze gegen den ritualisierten Aberglauben der Brahmanen! Nr. 7 enthält Verse für den Totenkult. In anderen Suttas finden sich Beschwörungsformeln und Segenssprüche für allerlei Vorkommnisse aus dem Alltag. Viele von ihnen haben in Sri Lanka sowie in den Ländern Südostasiens traditionelle Verwendung gefunden, die bis in die Gegenwart hinein anhält. Das zweite Werk aus dem Khuddakanikaya ist das Dl1ammapada. 8 Es ist wohl dasjenige Stück aus der buddhistischen Literatur, das die größte Berühmtheit erlangt hat und auch in Europarelativ früh bekannt und geschätzt wurde. \Venn man das \Vesen der buddhistischen Ethik kennenlernen will, bietet das Studium des Dhammapada. hierzu die beste Möglichkeit. Das Werk ist metrisch gebunden und enthält 423 Verse. Diese sind in 26 Abschnitte eingeteilt, welche vagga heißen. Die Verse haben den Charakter von Sprüchen, die zum Schönsten
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gehören, vvas altindische Spruchpoesie geschaffen hat. Besonders eindrucksvoll ist die Verwendung von Metaphern. Zu bemerken ist, dass mehr als die Hälfte der im Dhammapada enthaltenen Sprüche in anderen Teilen des Pali-Kanons ebenfalls zu finden ist. Das Dhammapada ist hierbei der entleihende Teil gewesen. Es hat aber nicht nur buddhistische Sprüche übernommen, sondern sich natürlich unter entsprechender Adaptation - auch Texte der im alten Indien so weit verbreitet gewesenen brahmanischen gnomischen Poesie zu eigen gemacht. Als nächstes Werk des Khuddakanikaya nennen wir das Udana. 9 Das Wort bedeutet eigentlich "Aushauch". Damit sind feierliche Aussprüche des Buddha gemeint. Das Werk besteht aus acht Vaggas mit jeweils zehn Suttas. Die Suttas sind kurze Prosaerzählungen; die Aussprüche Buddhas stehen als Verse jeweils am Schluss. Bestimmte Teile des Udana sind sehr alt. Manche Verse können durchaus in der Umgebung des Buddha oder im Kreise seiner unmittelbaren Schüler entstanden sein. Diese Feststellung steht zu der weiter oben gemachten Bemerkung über die späte Zeitstellung der Gesamtredaktion des Khuddakanikaya nicht im \"liderspruch. Wir hatten ja bereits mehrfach feststellen müssen, dass die einzelnen Teile des Suttapitaka Stücke aus zeitlich recht unterschiedlicher Herkunft beinhalten. Im Udana stimmen die Prosaerzählungen mit der Thematik der Verse durchaus nicht immer überein: Die Geschichten sind offensichtlich jüngeren Datums und erst nachträglich - nicht immer glücklich- mit den Versen verknüpft worden. Das inhaltliche Niveau und die Ausdrucksstärke der Verse erreichen sie dabei nicht. Ausgenommen von dieser Feststellung darf das Stück III, 2 werden: Hier ist die Prosaerzählung der wertvollere Teil. Sie berichtet von Nanda, dem Halbbruder des Buddha, der jedoch dem weltlichen Leben zugeneigt blieb, bis ihn der Buddha, nicht ohne dabei von Rückschlägen betroffen zu werden, schließlich doch bekehrte. Eine der - schon den Zeitgenossen - am schwierigsten fasslichen Kategorien des Buddhismus ist das Nirva.!fa. Zu dessen Definierung bietet Vagga 8 des Udana wertvolle Handhaben. Es folgt das Itivuttaka. als viertes Werk aus dem Khuddakanikaya. 10 Wörtlich bedeutet dieser Ausdruck etwa die "So-sagte-er-Sammlung". Das \~Terk besteht aus 112 kurzen Stücken, die jeweils in Versaussprüchen des Buddha gipfeln und von Prosa begleitet sind. In sehr vielen Fällen entsprechen sich Prosa und Verse beziehungsweise ergänzen sich sinnvoll. Insoweit ähneln die Verhältnisse denen des Udana. Während aber in letzterem die Prosa im allgemeinen die literarisch untergeordnete Rolle spielt, nimmt sie im Itivuttaka häufig einen führenden Rang ein. Verschiedentlich zeigt sich, dass die Prosa eine unabhängige Stellung behauptet und dass ihr die Verse nur angeheftet sind. Besonders deutlich kommt die Bedeutung der Prosa in dem schönen Stück Nr. 27 vor, das von der Liebe zu allen Wesen handelt. Die Sprache ist im allgemeinen schlicht. Dieser Umstand sowie inhaltliche Kriterien deuten darauf hin, dass manche
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Aussprüche dieser Sammlung tatsächlich bis in die Zeit des Buddha zurückreichen können. Aber auch hier steht neben Altem vieles, das erst Jahrhunderte nach Buddha entstanden sein kann. Vorwiegend metrisch ist das fünfte \Verk aus dem Khuddakanikaya, der Sutta.nipataY Er besteht aus fünf Abschnitten. Von diesen gehören die folgenden vier enger zusarnrnen: Uragavagga, Culavagga, Mahavagga und Atthakavagga. Sie umfassen insgesamt 54 Gedichte. Der fünfte Abschnitt heißt Parayal:ta und ist eine längere, selbstständige Dichtung, die ihrerseits in 16 Unterabschnitte gegliedert ist. Im System des Buddhismus erfreut sich der Suttanipata hoher Achtung und wird demzufolge häufig zitiert. Er ist besonders eine Quelle der Morallehre. Bedeutende Teile des Sutta.nipata. dürfen mit Sicherheit a.ls sehr alt betrachtet werden. Das ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass in diesem ·werk allenthalben eine lebendige Auseinandersetzung mit den Ideen und Institutionen des Brahmanismus geführt wird. Die neue Lehre musste, um sich behaupten oder gar durchsetzen zu können, die als herrschend vorgefundenen gesellschaftlichen Sozial- und Denkstrukturen, das heißt, vor allem die Opferritualistik als Ausdruck des magischen \?./eltbildes und den Primat der Brahmanen in Frage stellen. In diesem Zusan1menhang ist das Stück II, 7 von besonderem Interesse. Es kritisiert und tadelt besonders die "blutigen" Tieropfer des brahmanischen Kultes (so blutig waren sie nicht; die Tiere wurden erdrosselt) und sieht- das ist das Interessante- im Opferkult ein Zeichen der Entartung. Das sicher sehr frühe Stück versteht sich nicht als reformatorische Lehre, sondern eher als eine Rückkehr zum alten, echten, unverfälschten Brahmanismus. Attackiert werden ferner die alimentären Observanzen der Brahmanen. Jetzt, am Ende und nach der vedischen Zeit, gelangt die vegetarische Ernährung immer mehr zur Geltung; den Fleischv-erzehr verpönen die Brahmanen als unrein. Damit setzt sich unser Text auseinander und erklärt, dass die wirkliche Unreinheit ganz woanders liegt: im Hass, in sinnlicher Begierde und so weiter. Der Suttanipata. spiegelt also tatsächlich gesellschaftliche Zustände und Konflikte seiner Zeit wider. Er tut dies mit solcher Offenheit, dass ihm dabei sogar eine Bloßstellung der Sar1gha-Idee unterläuft, die neben Buddha und der Lehre eine der drei Säulen des Buddhismus ist. Im Ka.sibha.radvajasutta (I, 4) kritisiert nämlich ein Brahmane- so wie es damals sicher vielfach üblich war - das dolce far niente der Mönche und ihr unproduktives Leben auf Kosten der arbeitenden Menschen. Der berühmte Satz "vVer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!" ist in nuce bereits im Sutta des Bharadvaja. enthalten. Auch hinsichtlich der Form ist der Suttanipata. ein interessanter Text. Neben den Gedichten enthält er aucb verschiedenartige Prosa. Manchmal bildet sie die Rahmenhandlung. Wichtiger aber sind die balladesken Passagen, in denen Prosadialoge mit erzählenden Versen abwechseln. Eine solche Verbindung von Dialog und Erzählung findet sich zum Beispiel in Nr. III, 11, dem ]\,Talakasutta.
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Es berichtet über die wunderba.ren Begebenheiten, die zu Buddhas Geburt geschahen. Ein weiteres Beispiel ist Nr. III, 1: das Pa.bbajjasutta. Dieses Sutta schildert den Auszug des Prinzen Siddhartha, des späteren Buddha, aus seinem Fürstenhaus in die Heimatlosigkeit. Schließlich nennen wir das Padhanasutta. das von den Versuchungen handelt, denen Buddha ausgesetzt war. Der Satan des Christentums ist im Buddhismus der Mara. Mara bemühte sich, dem Buddha einzureden, er solle sich mit seiner eigenen Erlösung zufriedengeben, nicht a.ber auch für die Erlösung aller anderen Menschen Sorge tragen. Natürlich blieb sein Ansinnen vergeblich; Buddha begann, "das Rad der Lehre in Bewegung zu setzen" (III, 2). Schließlich ist zu erwähnen, dass im Suttanipata. auch Rätselpoesie erscheint (I, 10: II, 5). Sie dient zur Darlegung von Grundsätzen buddhistischer Ethik: Immer wieder werden das Aufgeben weltlicher Bindungen und die Flucht aus weltlichem Leben als Voraussetzungen für die Erlangung des NirväJ:ta gerühmt. Das sechste \Verk des Khuddakanikaya ist das Vimanavattlm. 12 Vimana bedeutet Aufenthaltsort oder Stätte der Götter, und über solche Orte berichten die 83 Erzählungen des 'Werkes. Sie sind allesamt kurz und von sehr später Zeitstellung. Auch ihre literarische Bedeutung ist nur gering. Obwohl sie metrisch gebunden sind, ist ihre Komposition unbeholfen, ihr Themenkreis eng begrenzt. Sie wollen nämlich sämtlich die Karman-Lehre illustrieren. Das geschieht in der V\'eise, dass der fromme Moggallana die göttlichen Wesen in ihren Palästen fra.gt, wie sie zu ihrem gegenwärtigen glücklichen Vlohnsitz gekommen seien. Die Antwort besteht dann immer in der Erzählung irgendeiner guten Tat, infolge derer der Betreffende zu einer günstigen \Viedergeburt im Himmel gelangt ist. Mit diesem Stück auf das engste verwandt ist das siebente \Verk des Khuddakanikäya, das Petava.ttlm. 13 Die handelnden \Vesen sind hier Gespenster. Gespenstergeschichten waren im alten Indien nicht selten; wir erinnern an den Pretakalpa im Ga.rucja.-Puriil.1a oder auch an die Vetalapaiicavimsatika. Es nimmt nicht wunder, dass die Buddhisten an den verbreiteten Volksglauben ebenfalls anknüpften und ihn in den Dienst der Ausbreitung ihrer Lehre stellten. In den 51 Erzählungen des Petava.ttlm handelt es sich nun um herumirrende Totengeister, die von Närada oder anderen frommen \Veisen nach der Ursache ihrer bedauernswerten Lage gefragt werden. Ursache war natürlich irgendeine böse Tat, unter deren Folgen sie nun leiden müssen. In Nr. I, 2 beispielsweise erklärt der Totengeist den Umstand, dass er eine Schweineschnauze besitzt, ansonsten aber \Yohlgestaltet ist, mit den Sünden, die er zu Lebzeiten mit dem Munde begangen hat. Literarisch ist das Petava.ttlm kaum wertvoller als das Vimanavattlm. \Vie dieses ist es ebenfalls spät entstanden; jedoch ist es nachweislich immerhin älter als manche Jätakas. Das achte und das neunte Werk des Khuddakanika.ya sind die Theragatha
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und die Therfgatha. 14 Die beiden Begriffe sind pluralische Feminina und werden zweckmäßigerweise gemeinsam besprochen. Thera bedeutet "Altester", "Presbyter" und bezieht sich auf besonders verdiente und in der Lehre bewanderte Mönche, die darum nicht unbedingt auch die an Jahren ältesten sein müssen. Ther1 bedeutet das gleiche in bezug auf die Nonnen. Die Theragatha sind also Gesänge oder Poeme der Ältesten. In diesen beiden Sammlungen hat die religiöse Lyrik ihre höchste Entfaltung im Rahmen des Pali-Kanons erlangt. Die Theragatha bestehen aus 107 Gedichten mit zusammen 1279 Strophen, während die Therfgatha 73 Gedichte mit 522 Strophen umfassen. Hierzu gibt es auch einen Kommentar von Dhammapala, der aus dem 5. Jahrhundert n. Chr. stammen dürfte. Er enthält traditionelle Angaben über die Autorschaft dieser Gedichte, die aber nicht zuverlässiger sind a.ls so manche Passage aus der Anukrama1_:l1 zum J.lgveda. Dagegen ist der Tradition gegenüber manchen europäischen Indologen aus neuerer Zeit zuzustimmen, dass beide Texte dem Wirken nicht eines, sondern mehrerer Autoren entsprossen sind. Ansonsten sind beide Texte in einem unordentlichen Zustand, die den Anforderungen, die man an Bestandteile eines Kanons stellen zu dürfen glaubt, nicht gerecht werden. So gibt es zahlreiche Wiederholungen, und zahlreich sind auch die Fälle, in denen offensichtlich zusammengehörige Texte getrennt stehen. Vermutlich ist schon die ursprüngliche Redaktion sehr nachlässig vorgenommen worden, und die Überlieferung hat diesen Zustand beibehalten. Der Grundtenor des Ganzen ist die Propagierung der Sinneszügelung als der ersten Voraussetzung zur Gewinnung des Nirvar:ta. Über beiden Sammlungen könnte der Leitsatz stehen: "Frei von vVünschen, leben wir ohne Hoffnung und Furcht." Diese Tendenz haben natürlich Theragatha und Therfgatha mit anderen buddhistischen Texten gemeinsam. Was diese beiden Sammlungen dagegen unverkennbar heraushebt, sind die Berichte über die persönlichen Erfahrungen, die hier vorgelegt werden. Die Texte erhalten dadurch zum großen Teil die Note des Lebendigen und in gewissem Sinne Rea.len. Dadurch und durch die streckenweise sehr schöne Lyrik haben beide Sammlungen für den Buddhalogen großen vVert. Das literarische Niveau ist "traditionell" sehr hoch eingeschätzt worden. In dieser Pauschalität ist ein solches Urteil jedoch nicht aufrechtzuerhalten. Denn neben wunderschönen, ergreifenden Passagen kommen auch Stellen vor, die man -- selbst unter dem Blickwinkel der beabsichtigten buddhistischen Propaganda - nicht anders als geschmacklos bezeichnen kann. Dazu zählen insbesondere die Außerungen, die in den Liedern der Mönche über die Frauen enthalten sind und die teilweise weit über eine bloße Proklamierung der Enthaltsamkeit hinausgehen. Die Aufforderung, sich von Frauen fernzuhalten, schlägt oft geradezu in Hass um, von dem sich ein Buddhist gerade frei halten soll. Was das Verlangen nach Frauen in \1\Tahrheit wert ist, deklariert ein Mönch, habe er erfahren, als er am vVege einen verwesenden weiblichen Leich-
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nam erblickt hätte. Diese monströse Verwechslung von Liebe und Nekrophilie wird zu ihrer Zeit aber sicher nicht ohne Wirkung geblieben sein. Die buddhistische Misogynie resultiert aus der Feststellung, dass sich weltliche Begierden auf kein Objekt so intensiv wie auf Frauen richten und dass daher nichts und niemand der Erlösung derart hemmend entgegensteht wie die Frauen. Glücklicherweise sind solche Stellen in der Minderzahl. Auf der anderen Seite dankt ein Mönch in bewegten Worten seiner Mutter, die ihn dazu angehalten hatte, ein Anhänger des Erhabenen zu werden. Auch andere persönliche Schilderungen und Selbstbekenntnisse sind nicht ohne Interesse. So schildert ein ehedern stolzer Brahmane, auf welche \Veise er den VVeg zum Buddha und zu dessen Lehre gefunden hat. Almlieh schildert ein König, wie er zum Buddhisten wurde. In seinem früheren Reichtum sieht er nur noch Fesseln, die ihn ans Dasein ketteten und von denen er auf dem Pfade des Erhabenen nunmehr befreit wird. Das bedeutendste Niveau und die tiefste vVirkung erreicht diese Lyrik unzweifelhaft aber dort, wo die Naturbeschreibung ihr Thema ist. VVir hatten schon mehrfach Gelegenheit, darauf hinzuweisen, welche Rolle die Natur in der altindischen Dichtkunst gespielt hat, und erinnern in diesem Zusammenhang an das RamayaiJ.a und den Meghadiita. Die Theragatha stellen sich diesen Schöpfungen an die Seite. Das Leben der Bettelmönche im Wald und die damit einhergehende Naturverbundenhe it, die Großartigkeit der indischen Natur, wie sie etwa im Monsunausbruch erlebbar wird, boten solchen dichterischen Betrachtungen genügend äußeren Anlass. Die TherTgatha möchte man, insgesamt gesehen, aber doch noch höher bewerten. Es ist zunächst klarzustellen, dass hier tatsächlich Frauen als Autoren gewirkt haben- ein Faktum, das früher in Anbetracht der Abneigung Buddhas gegenüber Frauen und weiblichen Aktivitäten bezweifelt worden ist. Freilich ist nicht sicher, ob wirklich alle TherTgatba von Frauen herrühren, doch sollte diese offene Frage das Gesamtbild nicht beeinträchtigen. Zwischen Tl1eragatha und Ther1gatha bestehen sowohl inhaltlich als auch in der Ausführung bestimmte Unterschiede. Die Naturbeschreibung en treten in den TherTgatha zurück, dafür berühren die Erzählungen der Nonnen in stärkerem Maße das reale Leben. Oft sind es - und das sicherlich in Wahrheit persönliche Tragödien, die eine Frau dazu bestimmt haben, das Familienleben aufzugeben und eine Anhängerin des Erhabenen zu werden. Als häufigste Ursache wird der Verlust eines geliebten Kindes genannt, nach welchem die ihres Lieblings beraubte Mutter Trost und Zuflucht zu Füßen des Buddha gesucht hat. Voll greller Kontraste sind die Berichte ehemaliger Prostituierter über ihre frühere Lebensführung und den Seelenfrieden, den sie nunmehr als Nonnen genießen. Jetzt wollen sie keine Verführerinnen mehr sein; Subha reißt sich sogar ein Auge aus, a.ls sie bemerkt. dass ihr Blick einen Mann zu fesseln beginnt. Neben diesen Motiven offenbaren sich jedoch gelegentlich auch andere, die gewiss nicht weniger real gewesen sind.
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In Nr. 11 gibt nämlich eine Nonne unverhohlen ihrer Freude darüber Ausdruck, dass sie durch ihre Mitgliedschaft im Buddha-Orden sowohl vom mühseligen Reisdreschen als auch von ihrem ungeliebten Ehemann befreit worden ist. Das war sicherlich kein Einzelfall, und es gibt allerlei Hinweise der zeitgenössischen Quellen, dass der Sa1i.gha nicht ausschließlich aus edlen Motiven aufgesucht wurde. Es versteht sich also, dass die Ther1gatl1a eine außerordentlich wertvolle Fundgrube für Forschungen über die soziale Stellung der Frau im alten Indien darstellen. Beide Sammlungen zeichnen sich durch die niveauvolle Verwendung von Stilmitteln aus und gemahnen nicht selten an die Kavya-Literatur. Treffende und tiefsinnige Vergleiche stehen dabei voran; so beschreibt in Nr. 252 Ambapäl1 trefflich die ehemalige Schönheit ihres Körpers und dessen nunmehrigen Verfall. Als Schmuckmittel wird auch gern der Refrain eingesetzt. Auch balladeske Dialoge fehlen nicht; so wird in den Ther1gatl1a 312-337 die Bekehrung einer ganzen Brahma.nenfamilie geschildert. Wie in den meisten Sammlungen des Suttapitaka sind auch die Lieder der Mönche und Nonnen von ganz unterschiedlicher Zeitstellung. Das meiste dürfte ziemlichjung sein. Auch hier sind es wieder hauptsächlich die \Vundergeschichten, die auf die späte Herkunft eines Textes deuten. Es gibt hierfür aber noch andere interessante Gesichtspunkte. An mehreren Stellen (zum Beispiel im Thera.gatha 920-980) wird nämlich ausführlich über krasse Verfallserscheinungen innerhalb des Ordens geklagt. Viele Mönche legen Wert nicht auf irgend etwas Erbetteltes, sondern auf gute Ernährung; sie lieben es, sich zu schmücken, ergehen sich in weltlichen Plaudereien und unterliegen dem Hass, der Gier, dem Zorn und anderen üblen Charaktereigenschaften. Für die zukünftige Entwicklung wird eine düstere Prophezeiung abgegeben, die sich, was den Buddhismus auf dem indischen Subkontinent selbst anlangt, auch bestätigt hat. Für unsere Fragestellung ist wichtig, dass solche beklagten Zustände nur für eine vorgerückte Zeit in Betracht kommen und dass die betreffenden Texte also nicht sehr alt sein können. Daneben finden sich aber auch schlichte, grundlegende Sätze und Regeln, die leicht als ursprünglich und alt zu erkennen sind. So manche von ihnen können - wenn auch vielleicht nicht in der wörtlichen Formulierung - durchaus auf Buddhas hervorragende Jünger Sariputta und Moggallana zurückgehen. Von überaus großer Wichtigkeit für die indische Literaturgeschichte ist das zehnte \Verk des Khuddakanikäya, die Sammlung der Jatakas. 15 Der Ausdruck bedeutet "Geburtsgeschichte", wobei hier unter Geburt die früheren Existenzen (Geburten) des Buddha verstanden werden. Entsprechend dem im Buddhismus dominierenden Glauben an den Kreislauf der \1\Tiedergeburten, der sich je nach den Taten des Individuums und deren Konsequenzen abspielt, schildern die Jatakas Begebenheiten, die aus irgendeiner "früheren Existenz" des Buddha
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,,überliefert" sind. Damals war der Buddha freilich noch kein solcher, noch kein "Erwachter", doch befand er sich auf dem \Vege zur vollständigen Erkenntnis, zur Buddhas_chaft; der Kunstausdruck für einen solchen "Kandidaten" ist Bodhisatta. Dem buddhistischen Missionsgedanken boten sich hier großartige Möglichkeiten. Man brauchte nur den Bodhisatta als Teilnehmer irgendeines Geschehens einzuführen und konnte damit das letztere im Gewa.nd einer buddhistischen Fabel oder Legende präsentieren. Allerdings wurde diese Möglichkeit erst in einer etwas späteren Zeit erkannt. Im ältesten Buddhismus, der durchweg von Ernst, Strenge und Schlichtheit geprägt war, galten da.s Erzählen und Anhören von Geschichten als eitle Beschäftigungen, die zur Erlösung im Nirvi-il:ta nichts beitragen, sondern eher davon ablenken. In den vom Khuddakanikaya verschiedenen Sammlungen des Suttapitaka gibt es daher nur wenige Stücke, die als Jatakas angesprochen werden dürfen; Beispiele sind das Kutadantasutta im Dighanikaya und das l~Hakhadevasutta im Majjhimanikaya. In ihrer gegenwärtigen Form enthält die Jataka-Sammlung 547 Nummern. Diese Zahl ist aus mehreren Gründen nicht ganz verbindlich, ha.uptsächlich darum, weil sie mit der Zahl der Geschichten nicht übereinstimmt; doch geht sie jedenfalls über die 500 hinaus. Die Jatakas weisen nach Inhalt und Form eine außerordentliche Vielfalt auf. Alle erdenklichen Genres der Erzählliteratur sind vertreten: Neben Fabeln, Märchen, Anekdoten, humoristischen Stücken, Abenteuer- und Räubergeschichten finden sich fromme Legenden aus der asketischen Erbauungsliteratur. Sowohl kurze als auch lange Erzählungen, Sammlungen von Aphorismen, Balladen, die teilweise in Dialogform gehalten sind, und sogar Epen oder doch epische Stücke kommen vor. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich die zunächst erstaunliche Tatsache, dass in vielen dieser Texte der Buddhismus nur sehr oberflächlich ausgeprägt ist und dass sie ihrer Herkunft nach nichtbuddhistisch sind. Von Ausnahmen abgesehen, haben nur die frommen Legenden (aber auch diese nicht alle) und einige wenige Fabeln buddhistischen Ursprung. Die übrigen Texte sind im wesentlichen durch die Einführung des Bodhisatta "buddhifiziert" worden. Für die Religionsgeschichte ergeben sich daraus natürlich bestimmte Konsequenzen; die literarische Bedeutung der Jatakas aber wird dadurch nicht im mindesten geschmälert, und Gleiches gilt für ihren hervorragenden Rang als kulturgeschichtliches Dokument. Die Tendenz der Fabeln entspricht derjenigen der bereits behandelten großen brahmanischen Fabelwerke. Sie lehren vorwiegend Lebensklugheit und \Veltkenntnis. Daher braucht es nicht zu verwundern, wenn sie a.uch im Detail mannigfache Parallelen etwa mit der Tantrakhyayika und dem Paiicatantra aufweisen. Die meisten Jataka- Fabeln finden sich in den ersten Nipatas (Abschnitten). Aber auch die an anderer Stelle stehenden Fabeln erinnern vielfach an einschlägige brahmanische \;\Terke. So gleicht der Inhalt des Jataka 349 der
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Rahmenhandlung des ersten Buches in der TantTakhyayika. Verschiedentlich kehren die Jataka-Stoffe in etwas veränderter Gewandung in europäischen Fabeln wieder. Berühmt ist die N r. 294: Hier sagt ein Schakal einer Krähe so lange Elogen, bis er die von ihr gehaltene Frucht erlangt; bei Lafontaine ist es bekanntlich der Fuchs, der den Raben bittet, seine schöne Stimme erschallen zu lassen, bis dieser endlich den Schnabel öffnet und den Käse fallen lässt.
Die Gescl1ichte vom RosenapfelesseT (Jambukl1adaka-Jataka) "Wer ist dies, dessen volle Stimme lieblich ... " Dies erzählte der Meister, als er im Velu-Hain weilte, in bezug auf Devadatta und Kokalika. Als damals nämlich Devadattas Einkünfte und Ehren dahinschwanden, begab sich Kokalika in die vornehmen Familien und sprach über Devadattas Vortrefflichkeit: "Der ehrwürdige Devadatta aus der Linie des Mahasammata ist aus der Königsfamilie des Okkaka gebürtig, in einem vornehmen Kriegergeschlecht aufgewachsen. Er kennt die drei Hauptteile des Kanons, ist fähig zur Meditation, führt eine honigreiche Rede, ist ein Darleger der Lehre. Gebt! Unterstützt den Ehrwürdigen!" Devadatta wiederum sprach über Kokalikas Vortrefflichkeit: "Kokalika ist von einer Brahmanenfamilie des Nordens weggegangen und als Mönch hinausgezogen. Er ist hochbegabt, ein Darleger der Lehre. Gebt! Unterstützt den Kokalika!" Indem so einer des anderen Vortrefflichkeit rühmte, trieben sie sich speisend in den Häusern der vornehmen Familien herum. Da brachte man eines Tages in der Lehrhalle ein Gespräch auf: "Freund, Devadatta und Kokalika rühmen einander nicht vorhandene Vortrefflichkeit nach, während sie sich speisend herumtreiben." Der Meister kam heran und fragte: "Zu welchem Gespräch, o Mönche, habt ihr euch wohl hier jetzt niedergelassen?" "Zu dem und dem!" sprachen sie. "0 Mönche", sagte er, "nicht nur jetzt verkünden diese beiden ihre nicht vorhandene Vortrefflichkeit und speisen; auch schon früher haben sie so gespeist. " Und er zitierte aus der Vergangenheit: "Als vorzeiten in Benares Brahmadatta die Herrschaft ausübte, wurde der künftige Buddha in einem Rosenapfelbaum-Hain als Baumgottheit wiedergeboren. Dort verzehrte eine auf einem Rosenapfelbaumzweig sitzende Krähe Rosenapfelfrüchte. Da kam ein Schakal herbei, blickte nach oben, sah die Krähe und dachte: ,Da werde ich mal die nicht vorhandene Vortrefflichkeit dieser Krähe rühmen, damit ich die Rosenäpfel verzehren kann.' Indem er die Vortrefflichkeit der Krähe pries, sprach er diese Strophe: ,\"'er ist dies, dessen volle Stimme lieblicher klingt als der Sänger Bester? Ständig auf dem Rosenapfelzweig sitzend, singt fürwahr er wie ein junger Pfau.' Darauf sprach zu ihm die das Lob erwidernde Krähe die zweite Strophe:
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Nur ein Spross aus vornehmer Familie ist imstande, die aus ebensolcher Familie Stammenden zu loben. Du, dessen -Aussehen einem jungen Tiger gleicht, genieße, Lieber, was ich dir gebe. Nachdem sie so gesprochen hatte, schüttelte sie einen Rosenapfelzweig und ließ die Früchte hinunterfallen. Da gewahrte die in diesem Rosenapfelbaum wohnende Baumgottheit, wie die beiden ihre nicht vorhandene Vortrefflichkeit rühmten und die Rosenäpfel verzehrten, und sie sprach die dritte Strophe: Seit langem sehe ich, wie diese Falschredner sich zusammentun. Die Fresserin von Erbrochenem, der Fresser von Leichen beloben noch einander. Und nachdem sie diese Strophe gesprochen hatte, zeigte die Gottheit eine furchterregende Erscheinung; daraufhin liefen die beiden davon." Nachdem der Meister diese Lehrgeschichte angeführt hatte, verband er das Jataka mit der aktuellen Angelegenheit: "Damals war der Schakal Devadatta, die Krähe war Kokalika, die Baumgottheit aber war ich." (Übers.: Klaus Mylius) In Nr. 30 beneidet der Ochse ein Schwein um sein gutes, reichliches Futter; als er aber erfährt, dass man das Schwein nur mästet, um es dann zu schlachten, lässt er sein Neidgefühl alsbald fahren. All dies und noch vieles andere hat mit Buddhismus kaum etwas zu tun. Zu den wenigen im Kern buddhistischen Tierfabeln gehört Nr. 278. Hier lässt sich der Bodhisatta von einem Affen quälen und foppen, ohne ihn zu strafen. Gestraft wird letzterer dann anderwärts; der Bodhisa.tta aber hat sich in Geduld geübt, einer unerlässlichen Voraussetzung für die Buddhaschaft. Bei den ebenfalls in den Jatakas enthaltenen Tiermärchen zeichnen sich nicht selten die Tiere durch gute Eigenschaften vor den Menschen aus. In Nr. 73 rettet ein Asket einen Papagei, eine Ratte und eine Schlange aus Lebensgefahr. Außerdem aber gehört zu den Geretteten ein Mensch, und zwar ein äußerst bösartiger Prinz. Nicht nur, dass er dem Asketen keinen Dank für die Rettung weiß; er schwört ihm sogar Rache, weil er von jenem erst nach den geschwächten (aber dankbaren) Tieren betreut wurde. Als er später König wird, verwirklicht er seine Rache, lässt den Asketen verhaften und überantwortet ihn dem Henker. Die Sprüche des Asketen vor seiner Hinrichtung wecken aber die Aufmerksamkeit des Volkes. Durch einen Aufstand wird der Tyrann gestürzt und der Asket an seiner Stelle König. Folkloristisch von Interesse ist Nr. 386; in diesem Stück lernt ein König die Sprache der Tiere.
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Die Märchen der Jätakas sind mit zahlreichen übernatürlichen \Vesen bevölkert, besonders von Dämonen und Schlangengöttern. Ein besonders typischer Vertreter dieses Genres ist Nr. 543. Dieses sehr la.nge JVIärchen besteht aus einem bunten Gemisch aus allerlei Märchenmotiven mit etlichen buddhistischen Gedanken. Nr. 186 erinnert in erstaunlicher \Veise an unser bekanntes "Tischlein deck dich". Als Beispiel epischer Erzählkunst nennen wir Nr. 545, das Vidurapai;qita.Jataka. Sein Held ist Vidura, der Berater des aus dem Nial1abharata wohlbekannten Königs Dhrtara~tra. Geradezu als dramatische Ballade kann man das Umma.dant1-Jataka (Nr. 527) bezeichnen. Hier verliebt sich ein Prinz in die Frau seines Heerführers Ahipäraka. Er weiß, dass er nach ihr nicht verlangen darf und dass sie ihm nie angehören kann; aber gerade das lässt ihn verzweifeln und vor Gram krank werden. Ahiparaka ist seinem Herrn zugetan und zutiefst betrübt, als er erfährt, welchen Kummer jener hat. In seinem Edelmut erklärt er sich bereit, auf seine Gattin zugunsten des Prinzen zu verzichten. In einem langen Dialog wetteifern beide an Edelmut, denn der Prinz will das Angebot seines Feldherrn natürlich nicht annehmen. Schließlich siegt der Gesichtspunkt der ehelichen Moral: Der Prinz verzichtet endgültig und entsagt seiner Liebe. Die Jätakas enthalten ferner zahlreiche pointierte Erzählungen, die man als Anekdoten bezeichnen kann. Sie sind der wohl am wenigsten - nämlich so gut wie gar nicht - buddhistisch beeinflusste Teil der Sammlung. Häufig sind sie sehr lebensnah und witzig. Manche dieser Anekdoten berichten von allerlei Narreteien, die an die Streiche der Schildbürger erinnern. Für die Volkstümlichkeit dieses Erzählgutes spricht der Umstand, dass der Narr oft ein Priester oder ein vVandermönch ist. Dass hier buddhistische Polemik gegen brahmanisches Priestertum vorliegen könnte, ist aus dem Grunde ausgeschlossen, weil dem Buddhismus bissige Satire als Mittel der Auseinandersetzung völlig fernlag. Köstlich zu lesen ist Jätalm Nr. 219: Ein Königspaar hat einen seiner im Palast gehaltenen Affen freigelassen, der nun zu seinen Artgenossen zurückkehrt und von seinen Erlebnissen berichtet - ein beißender Spott auf die Herrschenden, bei welchem die albernen Allüren der Königin die Hauptzielscheibe bilden. Andererseits gibt es Anekdoten, die Klugheit, \Velterfahrung und Gewitztheit verherrlichen. Eine besondere Rolle spielen dabei die Entscheidungen weiser Richter (Nr. 257). Ein ganz hervorragendes Beispiel dieser Art ist das MahaUmmagga-Jataka (Nr. 546), das schon durch seine Länge die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Im Mittelpunkt steht die Person des weisen Richters Mahosadha. Um ihn rankt sich ein solcher Kranz volkstümlicher Anekdoten, dass das Jätaka getrost als Volksbuch bezeichnet werden darf. Hier findet sich bereits die Konzeption vom "Superhirn", denn Mahosadha und seine kongeniale Gattin können und wissen einfach alles ..Mahosa.dha legt schließlich sogar einen großartigen unterirdischen Tunnel an, von dem das Jätalm seinen Namen ableitet ( ummagga
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-Tunnel). Die "Verknüpfung" ergibt, da.ss Mahosadha der Bodhisatta wardies ist aber a.uch alles, was das Jataka an buddhistischen Zügen aufweist. Gewitztheit, d-och mit abwertender Tendenz, wird gern auch den Frauen nachgesagt, wie denn bekanntlich die Frauen überhaupt in der buddhistischen Literatur eine herabsetzende Einschätzung erfahren. Solchen Themen sind die Jatakas 61 bis 68 gewidmet. \\Tollte man dieser Literatur glauben, so haben die Frauen grundsätzlich nichts anderes im Kopf, als ihre Ehemänner zu betrügen, und dazu fallen ihnen immer neue Listen ein. In Nr. 62 ist von einer Frau die Rede, die ihr Ehegatte ständig streng be·wachen lässt, die aber dennoch mit allen Hindernissen fertig wird und letztlich sogar ein Ordal überlistet. Übrigens müssen nicht a.lle Geschichten mit derartiger Tendenz bei den Buddhisten entstanden sein; es ist sehr wohl auch denkbar, dass der Buddhismus solche Stoffe in der Masse der Volkserzählungen vorfand und sie sich dienstbar machte. Schließlich erwähnen wir in diesem Zusammenhang noch die Abenteuer- und Räubergeschichten, die oft recht unterhaltsam sind. In Nr. 48 geht vom Himmel ein Juwelenregen hernieder, um den sich zwei Räuberbanden so hart streiten, bis sie sich gegenseitig aufreiben. Ein in vielen .Jatakas vorhandener erbaulicher Unterton tritt bei einigen Stücken stärker hervor. Trost und seelische \Viederaufrichtung sollen zum Beispiel die .Jatakas 352 und 454 vermitteln. Nach unserem Geschmack hat dieser Trost allerdings einen so derben Charakter, wie man ihn unter den kanonischen Schriften des Buddhisnms nicht vermuten möchte. So beweint in Nr. 352 ein Mann den Tod seines Vaters. Der Sohn dieses Mannes will diesen nun "trösten" und setzt einem gera.de verendeten Ochsen Futter und Wasser vor. Der Vater hält dieses Treiben für unsinnig, aber der Sohn macht ihm klar, dass der Ochse wenigstens als Leiche noch zu sehen wäre, der tote Großvater aber nicht einmal dies, weshalb es denn genauso widersinnig sei, sich um letzteren zu grämen, wie einem toten Ochsen Futter hinzustellen. Zur Spruchdichtung gehört das .Jataka 512, das in sehr beredten \iVorten vor den Folgen übermäßigen Alkoholgenusses warnt. Ebenfalls Spruchdichtung ist Nr. 453, das Mahamarigala-Jataka.. Es wirft die die Menschheit immer wieder bewegende Frage nach dem \Vesen des Glücks auf und beantwortet sie eher im brahmanischen als im buddhistischen Sinne. Legenden finden sich vorzugsweise in den letzten Büchern der Jataka-Samrnlung. Verschiedentlich sind sie in die Form von Dialogballaden gekleidet. Dies trifft etwa auf Nr. 544 zu. Der König von Videha holt sich zur Belehrung den Asketen Gm;a Kassapa an den Hof. Der Asket erweist sich als Leugner der I{arman-Idee und der \iViedergeburt und empfiehlt, sich die hienieden gegebene Existenz so angenehm wie möglich zu machen. Der König nimmt diese für ihn erfreuliche Lehre gern an und handelt nach ihr. Dass darunter die Staatsgeschäfte leiden, bedrückt nicht ihn, wohl aber seine Tochter Ruja, die mit Hilfe
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des Asketen Narada den König wieder dazu bringt, an die Tatenvergeltung zu glauben. Überhaupt sind es in diesen Legenden oft Könige, die aus verschiedenen Gründen dem Thron und der Herrschaft entsagen. Sicherlich sollte das Vertauschen des Lebens eines Königs mit dem eines Bettelmönchs durch seine Kontrastwirkung beeindrucken. In Nr. 9 verlässt der König seinen Thron, nachdem er sein erstes graues Haar erblickt hat. In Nr. 539 wird die Bekehrung des berühmten Königs Janaka mit großer Überzeugungskraft vorgetragen. Hier kann man einige Beispiele asketischer Dichtung anschließen. Sie war zwar schon damals nicht ohne Vorgänger, ist durch den Buddhismus aber doch sehr vervollkommnet worden. In Jataka 523 wird der Asket Isisinga ebenso verführt wie sein literarischer und etymologischer Vorläufer I_l~yasp1ga im Mahabhaxata. In Nr. 440 entschließt sich Prinz Kar;ha mit seiner bisherigen Lebensweise zu brechen und Eremit zu werden. Der Gott Sakka stellt ihm allerlei \Vünsche frei, aber Ka1;ha hat nur den einen ~Wunsch: so zu leben, dass kein \Vesen durch ihn Schaden erleidet - ein für den Buddhismus besonders charakteristisches Ziel. Mitunter erscheint in diesen Geschichten der Bodhisatta in Tiergestalt. Ein Beispiel bietet Nr. 12: Hier überzeugt eine Gazelle durch Selbstaufopferung einen König, künftig von der Jagd Abstand zu nehmen. Dieses Jataka sowie die ähnlich orientierten Stücke 72, 316 und 516 atmen sämtlich buddhistischen Geist. Besonders typisch ist das berühmte llessantara-Jataka (Nr. 547). Mit seinen 786 Strophen stellt es eine Art von Epos dar, zumal der Prosakmmnentar ganz bedeutungslos ist. Grundlage der Handlung ist der Schwur des Prinzen Vessantara, alles zu geben, worum man ihn bittet. Dieser echt buddhistische Gedanke führt zu den extremsten Konsequenzen. Nach Weggabe eines kostbaren Elefanten wird er mit seiner Frau Madd1 und zwei Kindern aus dem Reich verbannt. Unterwegs schenkt er Pferde und \;\Tagen einem bettelnden Brahmanen. Verkleidet tritt ihm nun der Gott Sakka entgegen, der die Kinder erbittet und auch erhält. Selbst Madd1 muss er hingeben. Endlich gibt sich Sakka zu erkennen, und alles nimmt ein gutes Ende. Der etwas banale Stoff dieses Jataka wird durch die Schönheit der dichterischen Sprache veredelt. Einige Szenen beeindrucken durch das hohe Maß an rührender Entsagung und durch die Schönheit der Naturbeschreibungen, die zuweilen auf das Niveau des Rama.ya1;a führen. Schon diese kurzen Inhaltsangaben lassen die Reichhaltigkeit und die gewaltige literaturgeschichtliche Bedeutung der Jatakas ahnen. So ist es verständlich, dass mit der Ausbreitung des Buddhismus es gerade die Jatakas waren, die Eingang in die singha.lesische, burmesische, javanische, chinesische und tibetische Literatur fanden. Freilich ist, wie wir festgestellt haben, durchaus nicht der gesamte Inhalt der Jatakas buddhistischer Herkunft. Dem Buddhismus aber ist es zu verdanken, dass die in den .Jatakas gesammelten Stoffe zu Bestandteilen der Weltliteratur geworden sind.
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Die Überlieferungsgeschichte der Jatakas ist kompliziert und teilweise auch heute noch umstritten. Um sie zu verstehen, bedarf es zunächst eines Blicks auf den literarischen Aufbau der Jätakas. Erstes Element ist die pa.ccuppa.nna.vattlm genannte Einleitung. Hier wird berichtet, bei welcher Gelegenheit und aus welchem Anlass Buddha das betreffende Jätaka erzählt hat. Nach dieser "Geschichte aus der Gegenwart" folgt die mit a.tfta.va.tthu bezeichnete "Geschichte aus der Vergangenheit", das heißt aus einer früheren Existenz des Buddha; sie ist in Prosa abgefasst. Danach stehen Verse (gatha); sie werden Wort für Wort durch einen Kommentar ( veyyakara1.1a) erklärt. Am Schluss steht die sogenannte Verknüpfung (samodhana); sie verbindet, fast nur in Prosa, durch Identifizierungen der handelnden Personen die Geschichte der Vergangenheit mit der aus der Gegenwart. So gering man auch den literarischen Wert der Paccuppannavatthu veranschlagen mag, um so wichtiger sind die Legenden, Fabeln, Märchen und Anekdoten der Atitavatthu-Kategorie. Insgesamt zählen die Jätakas zu den wichtigsten \Verken nicht nur des Buddhismus, sondern der altindischen Literatur überhaupt. \Vas nun die Überlieferungsproblematik betrifft, steht fest, dass die JatakaSammlung, wie sie uns jetzt vorliegt, nicht originaler Bestandteil des PaliKanons gewesen sein kann. Sie hat vielmehr nur den Rang eines Korrnnentars; derselbe führt den Namen Jata.ka.Hha.va.l!I_la.na. Verfasst wurde er von einem namentlich nicht bekannten singhalesischen Mönch, der seinerseits als Quelle einen früheren Kommentar, die Jata.ka.Hha.ka.tl1a, benutzt haben soll. Man nimmt an, dass diese letztere Textsammlung ursprünglich in Pali bestanden hat, aus diesem ins Singhalesische übersetzt wurde und dann als JatakaHhavai_li_lana in eine Pa.li-Version zurückübersetzt wurde. Diesen \Veg machten die Verse, die Gäthäs,. aber nicht mit: Sie blieben in der ursprünglichen Pali- Fassung erhalten. Daher genießen auch nur sie kanonisches Ansehen, ~cvährend die Prosa als Kommentar und damit sekundär aufgefasst wird. \l~Tir haben also in den .Jätakas eine Mischung von Prosa und Versen vorliegen, wie sie in der altindischen Literatur, vorzugsweise in der Erzählliteratur, so häufig ist. Auch hier erwiesen sich die Verse hinsichtlich ihrer Überlieferung als stabiler, indem sie das jeweilige stoffliche Grundgerüst bildeten. Die Prosa dagegen war bestimmten, vom Erzähler abhängigen Variationen anheimgestellt und daher von einer gewissen Flexibilität. Die Jataka-Sammlung wird nach der jeweiligen Zahl der Gäthas in 22 Abschnitte (nipata.) gegliedert. Für den ersten Abschnitt sind 150 Geschichten mit je einer Gathä, für den zweiten Abschnitt 100 Geschichten mit je zwei Gathäs festgelegt und so weiter, so dass die Zahl der Gäthas a.lso steigt, die der Geschichten aber sinkt. Doch werden diese Zahlenregeln laufend durchbrachen. Man hat daher angenommen, da.ss diese gesamte Klassifikation dern ursprünglichen Versjätaka mit einer geringeren Zahl von Gathas, als sie uns
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heute vorliegt, gegolten haben soll. ~Wie dem auch sein mag - auf den jetzigen Jataka- Kommentar passt sie nicht. Überhaupt ist zu bemerken, dass in sehr vielen Fällen die Gäthäs und die Prosa sich nicht zueinander fügen wollen. Insgesamt gesehen, ist die ;\fasse der Prosa jünger- teilweise um mehrere Jahrhunderte jünger-- als die Gäthäs. Hin und wieder nur kommt es vor, dass sich in den Prosabestan dteilen sehr altes Erzählungsg ut verarbeitet findet. Für die absolute Datierung der Jatakas im Sinne eines Terminus ante quem sind mit Erfolg kunstgeschi chtliche Denkmäler herangezoge n worden. Die buddhistisc hen StUpas von Bharhut und Sanchi zeigen nämlich Szenen aus den Jatakas, und zwar a.uch solche aus deren Prosateilen. Diese Stupas entstamme n dem 3. und 2. Jahrhunder t v. Chr. Wesentliche Teile der Jatakas sind aber natürlich viel älter, und manche Gäthas dürften durchaus in die vedische Ara zurückreich en. Im übrigen gilt für die Chronologie der Jataka.s wie für die des Mahabhara ta derselbe Grundsatz: In Anbetracht der großen zeitlichen Differenzier theit dieser Sammelwer ke muss das Alter eines jeden Stückes aus sich selbst heraus und gesondert bestimmt werden. 16 Der elfte Bestandteil des Khuddakan ikaya ist der Niddesa, die "Erklärung" . Es handelt sich dabei um einen Kommentar zu Teilen des Suttanipata ; die Autorschaft wird- unbeweisb ar- dem Sariputta, einem bekannten Jünger des Buddha, zugeschrieb en. Der Mahaniddes a befasst sich mit der Erläuterung des AHhakavag ga, während der Cullaniddes a das Paraym:ta und noch einen weiteren Text zum Gegenstand hat. Der Nidde.sa ist in mehrfacher Hinsicht von größerer Bedeutung, als die geringe Zahl der ihm bisher gewidmeten Studien erkennen lässt. Obwohl es ziemlich sicher ist, dass der Nidde.sa zeitlich nicht bis zu Sariputta zurückreich t, ist sein hohes Alter dennoch unbestreitb ar. Interessant ist auch der spezifische Inhalt: Die Erläuterung en erstrecken sich närnlich nicht nur auf die buddhistisc he Lehre, sonelern auch auf Gramma.tik und Lexikographie. Man darf demnach im Nidde.sa auch die Basis für spätere altindische Synonym-W örterbücher erblicken. Der Patisambhid amagga, der "vVeg der Analyse", ist der zwölfte Bestandteil des Khucldakan ikayaY Dieses \iVerk besteht aus drei Teilen: dem Mahavagga , Yuganaddhava.gga und dem Pannava.gga. Jeder Teil umfasst zehn AbhandlungeiL Diese beschäftige n sich mit Schwerpunk ten des buddhistisc hen Dogmas, etwa. mit den vier heiligen vVahrheiten und mit der Liebe zu allen VVesen, besonders aber mit dem Karman-Ge setz. Das Ganze ist in der Form von Fragen und Antworten gehalten und ist daher mit gewisser Berechtigun g auch schon zum Abhidhamm apitaka gerechnet worden. Der dreizehnte Bestandteil des Khuddakan ikäya, das Apadiina, bildet wie18 der eine sehr reichhaltige Sammlung. Berichtet wird über religiöse Großtaten, wobei auch in der Form auffallende Ahnlichkeit en mit dem Jätaka- Buch hervortreten. \Vie die Jatakas weisen auch die Apadanas Paccuppann avatthu und
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Atitavatthu auf. ~Während sich die Jatakas aber auf die Person des Bodhisatta konzentrieren, erzählen die Apadänas die Großtaten der sogenannten Arhats, buddhistischer Heiliger. Die Apadänas sind also Heiligengeschichten, und sie sind durchweg in Versform gekleidet. Sie glorifizieren nicht nur Buddhas der früheren Zeitalter, sondern auch diejenigen Heiligen, die die Erlösung aus sich selbst heraus- also ohne Lehrer- und nur für sich selbst- also ohne Schüler - erlangt haben, die Pacceka.buddhas. Im übrigen gibt es hier eine ähnliche Unterteilung wie bei den Liedern der Mönche und Nonnen. Die Geschichten um männliche Heilige, die Thera-Apadanas, bilden den Hauptteil der Sammlung, nämlich 55 Abschnitte zu je zehn Apadanas. Auf weibliche Heilige entfallen in den Ther1-Apadanas nur vier Abschnitte zu je zehn Apadänas. Hauptpersonen der Thera-Apadänas sind teilweise persönliche Jünger und Schüler des Buddha, wie Moggalläna, Sariputta und Kassapa. Auch einige Ther]s werden persönlich genannt; außerdem kommen viele abstrakte Namen vor, die keiner konkreten Persönlichkeit angehört haben können. Der Inhalt dieser Geschichten besteht meist darin, dass der Betreffende schildert, wie er oder sie die Arhatschaft erlangte. Es verwundert demnach nicht, dass die meisten dieser Stücke einen recht stereotypen Charakter tragen. Zeitlich sind die Apadänas sehr spät anzusiedeln. Der vierzehnte Teil des Khuddaka.nikaya ist der Buddhavarilsa, die "BuddhaGenealogie". Hier finden sich Legenden über die 24 Buddhas, die in den letzten zwölf Weltzeitaltern als Vorgänger des Gautama Buddha aufgetreten sein sollen. Jedes Kapitel ist jeweils der Lebensgeschichte eines Buddha gewidmet. Da das Hauptgewicht darauf gelegt wird zu zeigen, 'Wie jeder Buddha zu seiner Zeit die Lehre begründet hat, wirken die Legenden ermüdend, obwohl die durchweg metrische Sprache poetischer Eindringlichkeit nicht ganz entbehrt. Buddha selbst ist es, dem die Erzählung dieser Legenden in den .Mund gelegt wird: Er berichtet, was und wer er zu damaliger Zeit war und wie ihm jeweils die Buddhaschaft prophezeit wurde. Im 26. Kapitel gibt er eine resümierende Autobiographie. Auch dieser Teil des Kanons ist sehr spät entstanden, was nicht zuletzt daran zu erkennen ist, dass der Buddha deifizierend verherrlicht wird. Als fünfzehnten und letzten Teil des Khuddakanikäya werfen wir noch einen Blick auf das Cariyapitaka.. 20 Hierbei handelt es sich um 35 von Buddha selbst vorgetragene (das heißt natürlich ihm zugeschriebene) Erzählungen, die den Charakter von Versjätakas haben. Sie sollen die Qualitäten der früheren Bodhisattas demonstrieren. Diese Qualitäten tragen hier die Bezeichnung piira.müii, worunter Edelmut, Tugendhaftigkeit, "Weisheit und anderes verstanden werden. Insoweit besteht eine enge Verwandtschaft mit den Jätakas. Die literarische Bedeutung des Cariyapitaka. ist jedoch bei weitem nicht so hoch: Es fehlt der dichterische Genius, so dass trockene und etwa.s beschränkt wirkende Ernst-
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haftigkeit dominiert. Auch die inhaltliche Substanz ist gegenüber den Jatakas eingeschränkt, was an vergleichbaren Themen deutlich wird. So wird der Inhalt des Vessantara-Jfitaka von 786 auf 58 Verse zusammengedrängt wiedergegeben. Das Cariyapitaka ist in seiner uns vorliegenden Form das Ergebnis einer redaktionellen Bearbeitung. Ihr Zeitpunkt ist kaum feststellbar. Man kann lediglich sagen, dass die Paxamita-Idee nicht auf eine sehr alte Zeit deutet. Darum dürfte das Cariyapi~aka jünger als die Jataka-Sammlung sein.
Anmerkungen
1 K. E. Neumann (1865-1915) hat den Pali-Kanon ins Deutsche übersetzt; letzte Auflage in drei Bänden: Die Reden Gotamo Buddhas aus dem Pali-Kanon (Zürich 1956/57). Zu dieser grundlegenden Arbeit müssen hier noch einige Hinweise gegeben werden, da ihr ,;yert umstritten ist. ·während Kurt Tucholsky von einer "genialen Übersetzung" spricht, nennt H. Oldenberg die Leistung Neumanns philologisch ungenügend und fehlerhaft. Beide Beurteiler haben auf ihre ,;veise recht. Der Indologe wird im Detail vielen Äußerungen Neumanns kritisch gegenüberstehen und sie nicht unbesehen übernehmen. Andererseits ist es unbestreitbar, dass sich Neumann in den Geist des frühen Buddhismus hineinzuversenken verstanden hat wie kaum ein anderer. Vor allem hat er begriffen, was das Stilprinzip der Wiederholung für die Ausgesta.ltung der Suttas bedeutet (etwa mit der musikalischen Verarbeitung des lateinischen Textes der Messe in h-moll von J. S. Bach vergleichbar). VVenn es also überhaupt möglich ist, von der seinerzeitigen Ausstrahlung der Suttas einen Abglanz zu vermitteln, dann ist K. E. Neumann mit seiner Übersetzung diesem Ziel denkbar nahegekommen. -V gl. ferner die ausgewählte ÜberSuttapi~aka, der lVeg zur Erlösung (Konstanz 1956) sowie D. K. Barua: An Ana.lytical Study of the Four Nikayas ( Calcutta 1971). Die Pali-Literatur insgesamt behandelt K. R. Norman: History ofindian Literature 7, II (Wiesbaden 1983) und 0. v. Hinüber: A Handbook of Pali Literature (Berlin 1996).
setzung von Nyanatiloka:
2 Ausgaben des Dighanikaya von T. W. Rhys Davids und J. E. Carpenter in der Pali Text Society (London 1890, 1903, 1911; Neudruck 1960-1967) und von B. J. Kashyap, ebenfalls in drei Bänden (Nälanda 1958). Übersetzung von T. W. Rhys Davids und C. A. F. Rhys Davids in drei Bänden (London 1899-1921, Neudruck 1971-1973). Auszugsweise Übersetzung von R. 0. Franke (Göttingen 1913). 3 Ausgaben des Majjhimanikäya von V. Trenckner und R. Chalmers in der Pali Text Society (3 Bde., London 1888-1902), 2. Auf!. in vier Bänden (London 1948-1960, Neudruck
1960-1964) und von B. J. Kashyap in drei Bänden (Nalanda 1958). Übersetzung von I. B. Horner in drei Bänden (London 1954-1959). 4 Ausgaben des Sariwuttanikäya von L. Feer (5 Bde., dazu Indexband von Mrs. Rhys Davids) in der Pä.li Text Society (London 1884-1898, Index 1904, Neudruck London 1960) und von B. J. Kashyap in vier Bänden (Nalanda 1959). Übersetzung von W. Geiger: Die
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in Gruppen geordnete Sammlung aus dem Pali-Kanon der Buddhisten (München 19251930). 5 Ausgabe des An-guttaranik aya (6 Bde.) von R. Morris, E. Hardy u.a. in der Pali Text Society (London 1885-1900, Neudruck 1955-1960). Übersetzunge n von Nyanatiloka (Mönchsname von A. Gueth) in fünf Bänden (München 1922-1923); von F. L. Woodward und E. M. Hare in fünf Bänden (London 1932-1936, Neudruck 1960-1973). 6 Ausgabe wichtiger Texte des Khuddakanik aya von B. J. Kashyap (Nalanda ca. 1960). Die bibliographisc hen Hinweise für die 15 Teile des Khuddakanik aya sind im folgenden gesondert aufgeführt. 7 Ausgabe des Khuddakapat ha von H. Smith auf der Basis von Vorarbeiten von M. Hunt in der Pali Text Society (2. Aufl., London 1959). Übersetzunge n von K. Seidenstücker (Breslau 1910) und Bh. Nauamoli (London 1960). 8 Ausgabe und lateinische Übersetzung des Dhammapada von V. Fausböll (Kopenhagen 1855; 2. Aufl. London 1900). Kritische Ausgabe und Übersetzung von S. Radhakrishna n (3. Aufl., London 1968); Edition ferner von Sumangala Thera in der Pali Text Society (London 1914). Es gibt zahlreiche Übersetzunge n dieses wichtigen und populären Werkes, u.a. von M. Müller in Bd. 10 der Sacred Books of the East (Oxford 1881, Neudruck Delhi 1965); von L. v. Schroeder (Leipzig 1892); von K. E. Neumann: Der VVal1rheitspfad (München 1893, 4. Aufl. 1984); von J. R. Carter und M. Palihawadana (Oxford 1987); von R. 0. Franke (Jena 1923); Th. Byrom (West-Berlin 1988); annotierte russische Übersetzung von V. N. Toporov (Leningrad 1960, Neudruck 1970). 9 Ausgabe des Udana von P. Steinthai in der Pali Text Society (London 1885, Neudruck 1948). Übersetzung: Das Buch der feierlichen Worte des Erhabenen von K. Seidenstücker (Augsburg 1920); ferner von F. L. Woodward in Bd. 8 der Sacred Books of the Buddhists (Neudruck London 1948). Studie von K. Seidenstücker (Leipzig 1913). 10 Ausgabe des Itivuttaka von E. Windisch in der Pali Text Society (London 1890; 2. Aufl. 1948). Übersetzunge n von J. H. Moore (New York 1908, Neudruck 1965) und K. Seidenstücker (Leipzig 1922). 11 Ausgaben des Suttanipata von V. Fausböll (London 1885-1893); von R. Chalmers (mit Übersetzung) als Bd. 37 der Harvard Oriental Series (Cambridge [Mass.] 1932); von D. Andersen und H. Smith (London 1913, Neudruck 1965). Übersetzunge n von V. Fausböll in Bd. 10 der Sacred Books of the East (Oxford 1881); von K. E. Neumann (1911); von Nyanaponika (Konstanz 1955, revidierte Neuauflage 1977). 12 Ausgabe des Vimanavatthu von E. R. Gooneratne in der Pali Text Society (London 1886). 13 Ausgabe des Petavatthu von J. P. Minaev in der Pali Text Society (London 1888). Übersetzung von W. Stede: Die Gespenstergeschichten des Petavatthu (Leipzig 1914). 14 Ausgabe der Theragatha und Therigatha von H. Oldenberg und R. Pischel in der Pali Text Society (London 1883), in 2. Aufl. bearbeitet von K. R. Norman und L. Alsdorf (London 1966-1971). Übersetzunge n von K. E. Neurnann (Berlin 1899,2. Aufl. München 1923) sowie von C. A. F. Rhys Davids in der Pali Text Society: Psalms of the Brethren (resp. Sisters) (London 1910-1913, 2. Aufi. 1937). Studie von B. C. Law: Buddhist VVo-
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men, in: Indian Antiquary 1928. Übersetzung der Theragatha von K. R. Norman (London 1969, Repr. 1995) 15 Ausgabe der Jatakas in sieben Bänden von V. Fausböll (London 1877-1897, Neudruck 1962-1964). Vollständige deutsche Übersetzung von .J. Dutoit (Leipzig 1908-1921). Unter der editorischen Leitung von E. B. Cowell erschien als Gemeinschaft sarbeit mehrerer Gelehrter auch eine vollständige englische Übersetzung (Cambridge 1895-1913, Neudruck 1973). Einen wichtigen Index ZU den .Jätakas erarbeitete vV. H. D. Rouse in: Journal of the Päli Text Society (London 1890). Studie von M. Winternitz (Berlin 1913). Es gibt außerdem zahlreiche Übersetzunge n und Studien zu einzelnen Jätakas, die hier nicht aufgeführt werden können. 16 Mahäniddesa und Cullaniddesa sind bisher gewöhnlich getrennt bearbeitet worden. Ausgabe des Mahaniddesa von L. de la Vallee-Poussi n und E . .J. Thon1as in der Pali Text Society (London 1916/17). Ausgabe des Cullaniddesa von W. Stede, ebendort (London
1918). 17 Ausgabe des Patisambhida magga von A. C. Taylor in der Pali Text Society (London 1905-1907). 18 Ausgabe des Apadana von M. E. Lilley in der Pali Text Society (London 1925-1927). 19 Ausgabe des Buddlla;carüs a von R. l'vforris in der Pali Text Society (London 1882). 20 Ausgaben des Cariyapi~aka wie in Anm. 19; ferner von B. C. Law (Lahore 1924) sowie von B . .J. Kashyap als Bd. 7 der Edition des Khuddakanik äya (Nälanda 1959).
b) Das
Vinayapi~aka
Der buddhistisc hen Tradition gilt das Vinayapi~aka als erstes Pitaka überhaupt. Da aber der Kern der buddhistisc hen Lehre im Suttapi~aka, besonders in dessen ersten vier Nikayas, zutage tritt, können wir diese Ansicht nicht teilen. 1 Das Vinayapitak a ist der Kanon für Pflicht, Zucht und Ordnung. Es regelt das Alltagsleben im Sa11gha, der buddhistisc hen Gemeinde. Dieser "Korb der Pflichten" besteht aus drei Teilen. Der erste Teil führt den Namen Suttavibha1iga. Inhaltlich wird er vollständig 2 durch die einzelnen Artikel des sogenannten Patimokkl1a bestimmt. Es zählt die Sünden und Vergehen, deren sich Ordensmitg lieder schuldig machen können, in insgesamt 227 Artikeln auf. Ursprünglic h war diese Zahl erheblich niedriger, was auch verständlich ist, da mit zunehmend er Größe und Komplizier theit der Gemeinscha ft auch die Zahl der Regeln und Vorschriften wachsen musste. Zu den einzelnen Sünden werden jeweils auch die Strafen angegeben; sie reichen von milden Sühnevorsc hriften bis zum Ausschluss aus dem Orden. Die ursprünglic he Handhabun g dieser Ordensrege ln war die folgende. Zweimal monatlich, nämlich zur Zeit des Neu- und des Vollmondes, versammelt en sich die Mönche eines bestimmten Gebietes. Diese Zusammenk ünfte führten den Namen uposa.tha, abgeleitet aus dem Sanskritwor t upavasatha., das "Fasten"
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bedeutet. Es war dies ein Na.chklang alter brahmanischer Kulte, die mit den genannten beiden JVIonatstagen in Verbindung standen und deren bekanntester das Neu- und Vollmondopfer (darsapiin;amasa) ist. Im Uposatha wurden nun die einzelnen Artikel des Patimokkha verlesen; traf einer derselben auf einen bestimmten Mönch zu, so musste sich dieser erheben und sein Vergehen bekennen. An sich gilt das Patimokkha nicht als Teil des Kanons, sondern nur insoweit, als es Teil des Suttavibha.üga. ist. Dieser wiederum ist lediglich ein Kommentar zum Patimokkha, und so haben wir den merkwürdigen Fall, dass ein Kommentar als kanonisch gilt, nicht aber das von ihm kommentierte \Verk. Im einzelnen besteht der l'viahavibhaüga., der sich speziellmit den Pflichten der Mönche befasst, aus acht Kapiteln. Der Bhikklmnivibhaüga ist ein Kommentar zu den Regeln über das Verhalten der Nonnen. Den zweiten Teil des Vinayapitaka bilden die Khandhakäs. Ihrem Wesen nach sind sie eine Fortsetzung des Suttavibhaüga.. Vom literaturgeschichtlichen Standpunkt repräsentieren sie den wertvollsten Teil des Vinayapitaka. Die Khandhakäs enthalten nämlich nicht nur trockene Regeln und Vorschriften, sondern auch eingestreute Legenden, auf die noch zurückzukommen sein wird. Dieser Teil des Vinayapitaka zerfällt wieder in zwei Abschnitte: den Ma.havagga und den Cullavagga. Ersterer besteht aus zehn Kapiteln. 3 Er enthält Vorschriften für das Verfahren zur Aufnahme in den Orden und regelt im übrigen das Leben der Mönche bis in die Einzelheiten. Insbesondere gibt er Richtlinien für die Art und Weise, wie die Sa1'lgha- Mitglieder die (für das Wandern nicht geeignete) Regenzeit verbringen sollen, enthält aber auch eine Kleiderordnung, Anweisungen zur Bereitung von Medikamenten und so weiter. Der Cullavagga setzt die Aufzählung solcher Richtlinien fort. 4 Er behandelt kleinere disziplinarische Vergehen, gibt Regeln für die Anlage von Wohnstätten und anderes. Im zehnten Abschnitt befasst sich der Cullavagga mit den Lebensregeln für die Nonnen. Die Abschnitte 11 und 12 sind spätere Appendices; sie berichten bereits über die Konzile von Räjagaha und Vesälr. Überhaupt kann der Cullavagga nicht zu den ältesten Teilen des Kanons zählen, da seine Vorschriften schon eine unverkennbare Lockerung der alten, strengen und vor allem eindeutigen Regeln zeigen. So wie das Patimokkha die inhaltliche Grundlage des Sutta.vibhaüga bildet, sind die "Erklärungen über die Taten" (Kammaväcä) die Basis der Khandhakas. 5 Der literarische ~Wert der Legenden, die den trockenen Stoff des Vinayapitaka auflockern, ist unterschiedlich, im ganzen gesehen aber nicht unbedeutend. \'\feitaus am wichtigsten ist der Beginn des Mahavagga (I, 1-24). Hier finden wir das außerordentlich alte Fragment einer Buddha-Legende. Sie berichtet darüber, wie der Erhabene die Erleuchtung fand, wie er in die Heimatlosigkeit hinauszog und die ersten Anhänger um sich sa.mn,elte. Durch eine edle, eindrucksvolle Sprache ragt dieser Abschnitt besonders hervor. Die übrigen Legenden enthal-
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ten vorwiegend Berichte über Leute, die aus irgendeinein Grund dem vVelttreiben entsagten, Anhänger des Buddha und Mitglieder des Sangha wurden. Insoweit passen solche Erzählungen recht gut in eine Sammlung von Vorschriften über das Leben im buddhistischen Orden. Von religionsgeschichtlichem Interesse sind hier besonders die Berichte über die Gewinnung der beiden später so einflussreichen Jünger Sariputta. und Moggallana für den Buddhismus. Der Cullavagga enthält Mitteilungen über den reichen Kaufmann Anathapil).<;[ika, einen Laienanhänger des Buddha, der dem Orden einen prächtigen Garten schenkte, dessen im Suttapitaka als Schauplatz vieler Suttas häufig gedacht wird. Auch von Devadatta ist die Rede, dem buddhistischen Typ des Judas Ischarioth, der gegen den Buddha intrigiert und die Ursache der ersten Spaltung des Ordens ist. Von vielleicht ungewolltem, aber die Verhältnisse sicher sehr treffend kennzeichnendem Realismus ist die Geschichte von Upali, die an eine Begebenheit aus den Therigathas (s. S. 279) erinnert. Die Eltern des Knaben Upäli überlegen sich, was aus ihrem Sohn einmal werden soll, da letzterer zur Arbeit nicht gerade in einem positiven Verhältnis steht. Als Schreiber könnte er wunde Finger bekommen, als Maler sich die Augen verderben und so weiter. Die Eltern verfallen schließlich auf die Idee, ihren Sohn in den buddhistischen Orden zu geben, da er dort seinen Lebensunterhalt mit dem geringsten Maß an Anstrengung sichern könne. In der Tat hat das überhandnehmende Unwesen faulenzender Bettelmönche in späterer Zeit dem Buddhismus mindestens ebenso geschadet wie die hauptsächlich im 8. und 9. Jahrhundert von Vedänta und M1mäinsä geführte geistige Gegenreformation. Aus dem Mahavagga erwähnen wir schließlich noch die Legende, die sich um den schlauen und geschickten Arzt Jivaka, der auch Leibarzt des Buddha war, rankeiL Der dritte Teil des Vinayapitaka ist der Pa.rivarapatl1a, der aber gegenüber den beiden anderen Teilen in jeder Hinsicht zurücksteht. Er enthält Lehren und Regeln nach Art eines Katechismus, aber auch Register und Indices wie eine Anukramm.li. Die insgesamt 19 Texte sind in Form von Fragen und Antworten gehalten und bilden also auch diesbezüglich eine Brücke zum Abhidhammapitaka, wo ihr eigentlicher Platz wäre. Überhaupt ist der Pa.rivarapatha. entschieden jünger als der Suttavibhaliga und die Kha.ndhakas. \A/internitz hat darauf hingewiesen, dass in literaturgeschichtlicher Hinsicht manche Ähnlichkeiten zwischen dem Vinayapitaka und den Brähmai:tas bestehen. Beide Textgruppen umfassen Regeln, die durch Erklärungen verdeutlicht werden. Die Erklärungen wiederum enthalten Legenden und Anekdoten, die auf die eine oder andere Art die Richtigkeit des jeweils behandelten dogmatischen Satzes belegen sollen. Es ist in der Tat nicht ausgeschlossen, dass die Form der Brähmm:tas bei der Abfassung des Vinayapitaka als Muster gedient hat.
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Amner kungen Ausgabe des Vinayapi~aka von H. Oldenberg in fünf Bänden (London 1879-1883). Übersetzung der wichtigsten Vinaya-Texte, nämlich des Patimokkha, l1iahavagga und Cullavagga, von T. VV. Rhys Davids und H. Oldenberg in den Bänden 13, 17, 20 der Sacred Books of the East (Oxford 1881-1885, Neudruck Delhi 1968/69). 2 Ausgabe und Übersetzung des Patimokkha von J. F. Dickson im Journal of the Royal Asiatic Society (1876); Ausgabe auch von J. P. Minaev (St. Petersburg 1869). Übersetzung von T. \V. Rhys Davids und H. Oldenberg in Bd. 13 der Sacred Books of the East (Oxford 1881). 3 Ausgabe des 1\1ahavagga von B. J. Kashyap (Nalanda 1956). Zur Übersetzung s. Anm. 1.
4 Ausgabe des Cullavaggavon B. J. Kashyap (Nalanda 1956). Zur Übersetzungs. Anm. 1. 5 Ausgabe und lateinische Übersetzung der Kammavi!icavon F. Spiegel (Bonn 1841); Ausgabe und englische Übersetzung von J. F. Dicksou im Journal of the Royal Asiatic Society (1875).
c) Das Abhidhammapitak a Das Wort abhidlwmma bedeutet etwas, das über die (buddhistische) Lehre hinausgeht. Doch handelt es sich dabei nicht, wie man vermuten könnte, um die Entwicklung der buddhistischen Grundanschauunge n zu einem philosophischen System, sondern lediglich um die irn alten Indien so beliebte Klassifizierung und Dogn1atisierung. ·Man kann das Abhidhammapitak a daher auch mit "Kanon der Scholastik" übersetzen. 1 Sowohl in literatur- als auch in religionsgeschichtlicher Hinsicht besitzt es nicht die Bedeutung der beiden anderen Pitakas. Stilistisch ergeben sich mitunter Ähnlichkeiten mit dem Vinayapitaka, doch ist das Abhidhammapitak a noch viel trockener und dogmatischer. Beliebt sind Definitionen anhand einer ermüdenden Aufzählung von Synonymen. Der Inhalt dieses Pitaka wird vorzugsweise in der Frage-Antwort-For m vermittelt, doch vermag auch diese den spröden Stoff nicht lebendiger zu gestalten. Während also die Form eine gewisse Beeinflussung durch das Vinayapitaka zeigt, ist der Inhalt des Abhidhammapitaka als Entwicklung von Gedanken aus dem Suttapitaka anzusehen. Einzelne Suttas aus dem Majjhima- und A1iguttaranikaya zeigen dies deutlich. Das Abhidhammapi~aka besteht aus sieben Texten, die hier kurz skizziert werden sollen. Der erste dieser Texte führt den Namen Dl1ammasamga1J.i. 2 Hier ist besonders kla.r ersichtlich, dass man über die Vermittlung von Grundzügen des Dhamma hinausgelangen und sich an Fortgeschrittene wenden wollte. Psychologie und Ethik sind die Hauptthemen dieses \Verkes.
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Ergänzt werden diese durch den zvveiten Text, den Vibha1iga. 3 Dieser besteht aus drei Hauptteilen. Im ersten Teil werden grundlegende Lehren des Buddhismus behandelt. Der z~weite Teil befasst sich mit Problemen der Erkenntnis, ohne doch im philosophischen Sinne als Erkenntnistheorie bezeichnet werden zu können. Hier geht es vielmehr um ein Aufsteigen von bloßen Sinneseindrücken bis zur vollständigen, absoluten Erkenntnis, die einem Buddha eigen ist. Im dritten Teil kommen alle diejenigen Faktoren und Momente zur Sprache, die der Erkenntnis hemmend entgegenstehen. Der dritte Text (die Tradition ist nicht ganz einheitlich, indem der dritte und der fünfte Text manchmal die Plätze ta.uschen) ist die Dhatukatha, die "Abhandlung über die Elemente" .4 In 14 Kapiteln werden die Elemente der verschiedenen psychischen Erscheinungen und Gegebenheiten analysiert. Daneben werden aber auch buddhistische Grundthesen, wie die vier heiligen \A/ahrheiten oder der edle achtfältige Pfad, erörtert. Von der Persönlichkeit und den Individualkategorien handelt der vierte Text, die Puggalapaiiiia.tti ..s Bestimmte Teile derselben finden sich bereits im Anguttaranikaya. Die Ausführung des \Verkes ähnelt einem Sutta. Doch auch hier setzt sich die ermüdende Abhidhamma- Diktion durch; die an sich so interessante Thematik, nämlich die Schwächen und Vorzüge der menschlichen Persönlichkeit, wird in einer \Voge von Definitionen durch Synonyma erstickt. Der fünfte Text ist der mit großem Absta.nd wichtigste Ausschnitt aus dem Abhidhammapi~aka: das bereits erwähnte berühmte Kathavattlm. 6 Es dürfte
zumindest in den Grundzügen zum dritten buddhistischen Konzil um 250 v. Chr. von Tissa Moggaliputta verfasst worden sein, ist aber später durch Zusätze weitergeführt worden. Ungefähr im 5. Jahrhundert n. Chr. verfasste Buddhaghosa dazu einen Kommentar. Das Hauptanliegen des \Verkes besteht in der Auseinandersetzung n1it ketzerischen Meinungen, und es werden in 23 Abschnitten nicht weniger als 252 vom Buddhismus abweichende Irrlehren widerlegt. Jeder Abschnitt umfasst a.cht bis zwölf Komplexe, die in Frage-Antwort-Form behandelt werden, wobei die abschließende Feststellung immer negativ gehalten ist. Aus dem Sutta- und dem Vinayapitaka finden sich zahlreiche Zitate; sogar aus dem Abhidhammapitaka selbst, nämlich aus Dha.mma.samg;u;i und Vibhanga, sind Auszüge aufgenommen worden. Die Endredaktion des Kathavattlm muss daher in relativ später Zeit erfolgt sein. Der sechste Text ist das Yamaka, ein recht schwierig zu deutendes Stück. 7 Thematisch bewegt es sich im Bereich der augewandten Logik, ist aber sehr vielseitig, indem es sich auch mit Psychologie, Ethik und Eschatologie befasst. Eine Besonderheit besteht darin, dass alle Fragen in doppeltem Sinn beantwortet werden. Der siebente und letzte Text des Abhidhammapitaka führt den Namen Aia.llapaka.rai_la., ist aber auch a.ls Patthanapakara.lJa bekannt. Man unterschei-
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det ein Tikapa.Hhana 8 und ein Dulmpa.fthana 9 . Im .''viittelpunkt stehen Probleme der Kausalität. Für die Geschichte der Dialektik ist das \~Terk nicht ohne Interesse. Es hat nämlich 24 wichtige Relationen zum Gegenstand, unter anderem die Beziehungen zwischen Subjekt und Objekt und die wechselseitige Abhängigkeit. Als absolut wird nur das Nirviil_la anerkannt: alle sonstigen Gegebenheiten gelten in irgendeiner ·weise als relatiY. Es sind also nur sehr begrenzte Teile des Abhidhamma.pi~aka, die einige Bedeutung für die Ideologiegeschichte aufweisen; das literarische NiYeau ist durchweg unerheblich. Für den Buddhalogen ist dieses Pitaka indessen Yon großer VVichtigkeit, wenngleich es, insgesamt gesehen, zweifellos jünger ist als die anderen Teile des Tipitaka. Da es Yerschiedene Lehrmeinungen innerhalb des Buddhismus zum Ausdruck bringt, ist es nicht verwunderlich, dass das Abhidhammapitak a von manchen Sekten beziehungsweise Schulen, zum Beispiel von den Sautrantikas, als nichtkanonisch angesehen wird. Dort aber, wo es als kanonisch gilt, erfreut es sich hoher \Vertschätzung. Hiermit schließen wir die Ausführungen über das Tipitaka und damit die kanonischen Pali-Schriften der Buddhisten.
Anmerkungen
1 Zur Gesamtheit des Abhidhamma.pitaka vgl. Nyanatiloka: Guide through the Abhidhammapita.ka (Colombo 1938). Gesamtübersetzung von C. A. F. Rhys Davids in der Pali Text Society, Transl. Series, 41 (London 1974). 2 Ausgabe der Dhammasamga~Ji von E. Müller in der Pali Text Society (London 1885). Übersetzung von C. A. F. Rhys Davids (1900, 2. Aufl. 1923). Studie von C. A. F. Rhys Davids: Buddhist Psychology (2. Aufl., London 1924). 3 Ausgabe des Vibilanga von C. A. F. Rhys Davids in der Pali Text Society (London 1904). 4 Ausgabe der Dllatukatha von E. R. Gooneratne in der Pali Text Society (London 1892). Übersetzung von U Narada (London 1962). 5 Ausgabe der Pugga.lapai'iiia.tti von R. l\forris in der Pali Text Society ( London 1883). Übersetzungen von B. C. Law: Designation of Human Types in der Pali Text Society (London 1923); von Nyanatiloka: Das Buch der Charaktere (Breslau 1910, Neudruck 1995). 6 Ausgabe des Ka.thavattlm von A. C. Taylor in der Pali Text Society (London 1894-1897). Übersetzung von Shwe Zan Aung und C. A. F. Rhys Davids (London 1915, Neudruck London 1960 und 1969). 7 Ausgabe des Yamaka von mehreren Autorinnen unter Leitung von C. A. F. Rhys Davids in der Pali Text Society (London 1911-1913). 8 Ausgabe des TikapaHlliina von C. A. F. Rhys Davids in der Päli Text Society (London 1921-192:3). Übersetzungs. Anm. 9.
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9 Ausgabe des DukapaHllana von C. A. F. Rhys Davids in der Pali Text Society (London 1906). Übersetzung des Tika- und DukapaHMna von U Narada 1969.
3. Die nichtkanoniscl1e Pali-Literatur
An den buddhistischen Pali-Kanon schließt sich eine umfangreiche exegetische Literatur an. Auch sie ist in der Pali-Sprache gehalten und besteht im wesentlichen in Erläuterungen zu Grundzügen oder auch Einzelfragen der buddhistischen Lehre. Inhaltlich besteht also durchaus keine scharfe Grenze zwischen den jüngeren Teilen der kanonischen und der nichtkanonischen Literatur; außerdem hatten wir bereits gesehen, dass die Zugehörigkeit des einen oder anderen Textes zum Kanon selbst unter den Buddhisten umstritten ist. Anders steht es um die Herkunft: Während der Kanon in Indien entstanden ist, handelt es sich bei der nichtkanonischen Pali-Literatur fast ausschließlich um Werke ceylonesischer Mönche. Allerdings gibt es zu dieser Feststellung eine bedeutungsvolle Ausnahme: Eines der wichtigsten Werke dieser Gattung und der buddhistischen Literatur überhaupt, der Milindapaiil1a,l entstand mit großer \IVahrscheinlichkeit in Nordwestindien. Der Titel dieses Buches kommt auch im Plural als Milindapaiiha vor und bedeutet dann "die Fragen des Milinda". Milinda ist identisch mit Menandros, der einen vom graeco-baktrischen Reich losgelösten Teil, nämlich das Indusgebiet, Gujarat und einen Teil des Gangestals, etwa von 125 bis 95 v. Chr. regierte. Er muss ein sehr bedeutender Herrscher gewesen sein, denn Plutarch berichtet, dass sich nach Milindas Tode mehrere Städte um seine Asche gestritten hätten, die dann zu Denkmalszwecken aufgeteilt worden sei. Ob Milinda selbst Buddhist war, steht nicht fest; jedenfalls war er dem Buddhismus sehr zugetan und gab auch eine Münze heraus, die das buddhistische Rad zeigt. Der Autor des Milindapaiiha ist uns namentlich nicht bekannt. Die Abfassung des Werkes kann aus inneren Gründen nicht allzulange nach dem Tode Milindas erfolgt sein, wahrscheinlich schon gegen die Zeitenwende, spätestens in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts. In seiner uns vorliegenden Fassung weist der I'v1ilinda.paiiha starke Spuren von Übera.rbeitungen und Zusätzen auf. Berücksichtigt man die geographische Situation seines Entstehens, so ist es nicht ausgeschlossen, dass das Grundwerk in Sanskrit oder Prakrt abgefasst war, später in Ceylon ins Pali übersetzt wurde und dort auch seine Zusätze erhielt. Jetzt besteht der Milinda.paiiha. aus sieben Büchern. Mühevolle textkritische Arbeit hat ergeben, dass nur das zweite, ein großer Teil des dritten und ein kleiner Teil des ersten Buches alt und echt sind; alles andere muss in Ceylon hinzugefügt worden sein. Im 4. oder 5. Jahrhundert, jedenfalls vor 420,
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wurde eine Übersetzung des lvfilindapaiiha ins Chinesische angefertigt, und es ist sehr bezeichnend, dass die Bücher 4 bis 7 in dieser Übersetzung fehlen. Das ganz in P1'osa gehaltene Werk spielt in Sagala, der Residenz Milindas, die farbenprächtig beschrieben wird. Der Großkönig galt als sehr wortgewandt (das dürfte historisch sein) und hatte wieder einmal den Wunsch nach einem theologischen Redewettstreit. Ihm wurde als Partner der gelehrte Mönch Äyupala empfohlen, doch vermochte dieser die Fragen des Königs nicht zu beantworten. Letzterer rief daraufhin ärgerlich aus: "Ganz Indien ist leeres Geschwätz; niemand löst meine Zweifel." Da erschien als neuer Gesprächspartner der buddhistische Mönch Nagasena und führte nlit Milinda die berühmte Unterredung, die den Inhalt des Milindapaiiha bildet. Naga.sena scheut sich nicht, die diffizilsten Punkte der Lehre zur Sprache zu bringen, und beginnt sogleich mit der Darlegung des Grundsatzes, na.ch dem es kein Ich gibt. Der König fragt ihn nämlich nach seinem Namen, worauf der Mönch erwidert, dass er Nagasena heiße, doch sei dies eben ein bloßer Name, hinter dem nichts Reales stehe. Statt eines Ichs gebe es nur einen stetigen Wandel. Es ist nicht leicht, mit dieser Leugnung der Persönlichkeit das Karman-Gesetz und die Eigenverantwortlichkeit für die Taten in Einklang zu bringen, doch Nagasena (beziehungsweise der unbekannte Autor des Milindapaiil1a) versucht dies in scharfsinniger Weise unter Anführung einer Fülle von eindrucksvollen Parabeln, die ihre Wirkung auf den König nicht verfehlen. Im vierten Buch, das zu den späteren Zutaten gehört, gleiten die einprägsamen, mitunter brillanten Gleichnisse der originären 'iVerksbestandteile jedoch in mönchische Spitzfindigkeiten ab. Es soll jetzt bewiesen werden, dass alle Bodhisattas wie Buddha selbst gehandelt hätten und mit diesem identisch seien. Das fünfte Buch vergleicht die Rolle Buddhas als Religionsstifter mit der eines Städtebauers. Das sechste Buch diskutiert in der Hauptsache die schwierige Frage, warum man, um der Erlösung teilhaftig zu werden, überhaupt Mönch werden muss, gibt es doch im Suttapita.ka Hinweise, dass man auch als frommer Laie ein Arhat werden kann. Die Frage wird dadurch beantwortet, dass solche Laien entsprechende Verdienste aus früheren Existenzen für sich verbuchen konnten -- die Notwendigkeit des Sa1':tgha durfte nicht in Frage gestellt werden! Das siebente Buch schließlich enthält 67 Parabeln, die verdeutlichen sollen, auf welche Weise man als Mönch zur Arhatschaft gelangt. Unbeschadet dieser späten, minderwertigen Zusätze steht der A1ilindapaiiha bei den Buddhisten in hohem Ansehen; bei einigen Sekten erfreut er sich sogar kanonischer Geltung. Wie bereits ausgeführt, besteht die übrige nichtkanonische Pali-Literatur aus Kommentaren ceylonesischer Mönche. Sie entstanden zu einer Zeit, als der Buddhismus auf dem indischen Festland bereits tiefgreifende innere Wandlungen durchmachte. Die ursprüngliche Lehre, der Theravada, wurde a.uf Sri Lanka
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(Ceylon) relativ am reinsten bewahrt und gepflegt. So erklärt es sich, dass die (oft als AHhakatha, "Sinnerklärung", bezeichneten) Kommentare ins Singhalesische, die Hauptsprache der InseL übersetzt wurden. Später, im 5 . .Jahrhundert. erfuhren sie eine Rückübersetzung ins Pali. Ihr Ziel ist die minuziöse Erklärung jeder einzelnen im Tipi~alca enthaltenen These oder Begebenheit, nicht selten aber auch die Ausschmückung der alten Texte, so dass auch hier eine Entfernung von dem hohen Gedankenflug des ursprünglichen Buddhismus unverkennbar ist. Entsprechend der wachsenden Vergöttlichung des Buddha nimmt es nicht wunder, wenn die Mönche jetzt der Schaffung einer umfassenden Biographie des Begründers ihrer Lehre große Aufmerksamkeit zuwandten. Ansätze dazu hatte es bereits im BuddhaYarüsa und anderwärts gegeben, doch wa.ren sie fragmentarisch geblieben. Als (wohl älteste) zusammenfassende Lebensgeschichte des Buddha wurde nun die Nidana.katha geschaffen. 2 Nidana bedeutet "Ursprung", "Beginn"; gemeint ist also ein Bericht über die Umstände, die zum Beginn des Wirkens der buddhistischen Lehre führten. Dieser Bericht besteht aus drei Teilen. Der erste Teil führt den Namen Dürenidana, was etwa "Beginn der fernen Vergangenheit" bedeutet. Behandelt wird hier die Abfolge zahlloser Buddhas der Vorzeit bis zur Wiedergeburt des Bodhisatta im Himmel der Tusita-Götter. Der zweite Teil heißt A vidürenidana, "Beginn der nicht ganz fernen Vergangenheit". \iVährend die Ausführungen des Dürenidana sich stark an den BuddJJavaJÜsa und das CaTiyapifaka. anlehnen, ist der zweite Teil von größerer Selbstständigkeit und bringt nur vvenige Zitate aus diesen \Verken. Die Tusita-Götter bitten den Bodhisatta, als Buddha zur Erlösung der Menschen auf der Erde zu wandeln. Der Bodhisatta gewährt die Bitte, steigt vom Tusita- Himmel herab, nimmt Eingang in den Schoß der Königin Maya und wird von dieser geboren. Nun folgen Beschreibungen von Buddhas Kindheit und .Jugend, von seiner Heirat und von den Umständen, die zu seiner Flucht aus dem Königspalast führen. Er meditiert nun unter dem Bo-Baum, widerstrebt erfolgreich den Versuchungen des Mara und erlangt schließlich die Erleuchtung. Das dritte Buch führt den Namen Santikenidana und beinhaltet demzufolge die Ereignisse der nächstliegenden Vergangenheit. Der Buddha vollzieht Bekehrungen, schart .Jünger um sich, gründet den Sa.I1gha und vollbringt \Vunder. Von einem Laienanhänger, dem reichen Kaufmann Anathapil:t<;l.ika, erhält der Orden einen prächtigen Park zum Geschenk. Mit diesem Ereignis schließt das \iVerk ziemlich abrupt. Die Nidanakatha bildet eine Art Voraustext zu dem bereits erwähnten .Jataka-Kommentar Jata.ka.tflJa.lla.IJ.l!a.na. Seine Entstehung dürfte in die erste Hälfte des 5 . .Jahrhunderts fallen. Nach dem Ga.ndlJa.va.msa, einer in Burma verfassten Literaturgeschichte aus dem 17 . .Jahrhundert, soll der berühmte Kommentator Buddha.ghosa3 auch den .Jataka-Kommentar und damit die
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Nidanaka.tha verfasst haben. Dies ist jedoch unwa.hrscheinlich, da die Sprache dieser ·werke von den übrigen Kommentaren Buddhaghosas merklich abweicht. Dem Ruhm des Buddhaghosa tut dies jedoch keinen Abbruch. Dieser hervorragend gebildete Kommentator soll nach der Tradition ein in Nordindien gebürtiger Brahmane gewesen sein. Er wurde zum Buddhismus bekehrt und begab sich an den damaligen Hauptsitz buddhistischer Gelehrsamkeit, das Kloster Anuradha.pura auf Sri Lanka. Etwa in den .Jahren zwischen 410 und 432 kommentierte er hier einen Großteil der ·werke des Tipitaka. Als sein Hauptwerk aber gili. der von ihm verfasste beziehungsweise zusammengestellte \fisuddhimagga., ein umfassendes und systematisches Kompendium. der buddhistischen Lehre. 4 Der Werkstitel bedeutet wörtlich "Weg zur vollständigen Reinheit". vVie der Autor selbst erklärt, will er unter Reinheit hier das absolut fleckenlose Nirvä1,1a verstanden wissen. Buddhaghosa ist ein in jeder Hinsicht glänzendes \Verk gelungen. Sein Werk ist nicht nur sachlich ein ausgezeichneter Leitfaden, es besticht vielm.ehr auch durch die \Värme und den edlen Sclnvung seiner Sprache. 'vVenn der Autor die Schönheit des Asketenlebens besingt, spürt man seine eigene innere Überzeugung in jedem Satz. Inhaltlich stellt der 'Visuddhimagga eine Quintessenz aus dem Tipi~aka dar. Die Hauptkategorien, die Buddhaghosa dem Leser nahebringen will, sind die Moral (slla), die Versenkung (sa.madl1i) und die Erkenntnis (paiiiia). Der Veranschaulichung dient eine Fülle von Legenden und Parabeln. Trotz aller dieser Vorzüge kann nicht übersehen werden, dass Buddhaghosas \Virken in eine Zeit fällt, in der der Buddhismus bereits in das Stadium der Dekadenz eingetreten war. Dies schlägt sich auch im \fisuddllimagga nieder. Unverkennbar ist der Einfluss des Vi9r.mismus, wird doch dem Buddha jetzt eine Verehrung dargebracht, die stark an die auf Kgn;a gerichtete Bhakti erinnert. Auch die zahlreichen vVundergeschichten haben mit echtem Buddhismus nichts mehr ZU tun: Einer meditierenden Nonne kann auch siedendes Öl nichts anhaben, ein zertretener Frosch wird als Gott wiedergeboren und so weiter. Doch sollen diese Feststellungen die Leistung Buddhaghosas, der natürlich ein Kind seiner Zeit war, nicht verkleinern. Die seiner Tätigkeit als Kommentator entgegenzubringende Einschätzung entspricht im wesentlichen der, die wir bereits den großen Vedakommentatoren Säyal).a und Mädhava zuteil werden ließen: Wenn es auch falsch wäre, Buddhaghosa in jeder Einzelheit zu folgen, wäre es doch noch weniger angebracht, die vielen von ihm gegebenen wertvollen Hinweise ignorieren zu vvollen. Nicht von Buddhaghosa ist ein umfangreicher Kommentar zum Dha.mmapada., der um 450 verfasst wurde. 5 Er interessiert uns nicht zuletzt deshalb, weil er volkstümliches Erzählungsgut enthält. So werden über den König von Benares Abenteuer wie über Harun al-Raschid erzählt. Der Humor kommt zu seinem Recht in der Geschichte von Esel und Eselin. Ein Esel, der für seinen
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Herrn immer schwere Lasten über Land transportieren muss, lernt unterwegs die Liebe einer Eselin kennen und weigert sich, den Rückweg anzutreten. Er gibt aber nach, als sein Herr ihm nach der Rückkehr eine Eselin verspricht. Zurückgekehrt erinnert der Esel seinen Herrn an dessen Versprechen. Der Herr macht ihm daraufhin klar, dass er ihm zwar die Eselin als Gefährtin gewähre, aber kein zusätzliches Futter für diese. Der Esel müsse also seine Ration dann mit seiner Frau teilen; kämen dann noch Kinder hinzu, könne es natürlich knapp werden ... und schnell entsagt der Esel allen ehelichen Gelüsten. Doch ist der Kommentar keineswegs von diesem harmlos-fröhlichen Ton beherrscht. Die meisten Geschichten weisen mit großem Ernst a.uf die \Virkung des Karman-Gesetzes und seine Folgen hin. Auffallend ist dabei der Hass, der den konkurrierenden Jinisten entgegengebracht wird und der dem ursprünglichen Buddhismus fremd war. Auf Sri Lanka ist danach noch eine Fülle von Kommentaren und Subkommentaren (t1ka) erarbeitet worden. Am bekanntesten wurden die Kommentare des Dhammapala, da sie gerade die von Buddhaghosa nicht behandelten Teile des Khuddakanikaya erfassen, nämlich ItivuttaJm, Udana, Cariyapitaka. Theragatha, Vimanavattlm und Petava.tthu. \Veitere \Verke aufzuführen, würde hier zu weit führen und außerdem keinen wesentlichen Erkenntniszuwachs bedeuten. \Vichtiger ist die Feststellung, dass es frühzeitig zu Versuchen kam, von der Entwicklung des Buddhismus eine Art Historie zu zeichnen. Angesichts der geringen Bedeutung, die der Historiographie im alten Indien zugemessen wurde, sind diese Versuche in unseren Augen um so wertvoller. Diese Feststellung wird noch durch den Umstand unterstrichen, dass die Buddhisten fast durchweg zur Geschichte ein realistischeres Verhältnis hatten als die Brahmanen. Vergleicht man aus buddhistischen Quellen stammende historische Angaben etwa mit solchen der Pura1_1as, so sind erstere fast immer zuverlässiger. Historisches Interesse mit Blickrichtung auf die Konzile zeigt bereits der Cullavagga. Auch den Jatakas sowie dem Ca.riyapitaka liegen bestimmte historische Überlegungen zugrunde, auch wenn sich diese nur als Legendenbildung ausprägen. Die ceylonesischen Kommenta.re aber, die Atthakathas, enthalten vielfach schon systematische historische Exkurse, besonders über die Geschichte Sri Lankas, die Ankunft des buddhistischen Missionars Mahinda und die Konzile. Der erste Versuch, die Geschichte von Sri Lanka in epischer Form darzustellen, ist der DTpava1nsa. 6 Seinem \Vesen nach handelt es sich dabei vorwiegend um Kirchengeschichte. Der unbekannt gebliebene Autor beschreibt die Eroberung und Kolonisierung der Insel durch den König Vijaya von Bengalen. Besonders wichtig ist ihm natürlich die Entsendung des Mahinda durch den Vorsitzenden des dritten buddhistischen Konzils, Tissa Moggaliputta, nach Sri La.nka und die Einführung des Buddhismus durch jenen. Als Quellen verwertet
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der Verfasser die 'vVerke des Buddhaghosa, die Jatakas, das Cariyapita.ka und einige Atthakathas. Im übrigen kann weder die Geschichts- noch die Literaturwissenschaft derr1-DTpava.msa. ein hohes Niveau zuerkennen. Das in Versen nlit eingestreuter Prosa abgefasste Epos behandelt seine Gegenstände äußerst ungleichmäßig, indem sich weitschweifige Betrachtungen mit torsohaften Bemerkungen abwechseln. Mehrfach wird ein und dasselbe Thema in verschiedenen Versionen abgehandelt. Auch in sprachlicher Beziehung zeigt sich eine gewisse Verwahrlosung. Die dargestellten Ereignisse reichen bis ins ·4. Jahrhundert, und man kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass die Abfassung des D1pavarhsa noch vor 4.50 abgeschlossen war. Für die Historiographie wie auch für die Literaturgeschichte von wesentlich größerer Bedeutung als die "Inselchronik" (was D1pavamsa wörtlich heißt), ist die "Große Chronik" oder der 1\!Iahava.msa. 7 Ein Mönch namens Mahanama ha.t ihn im letzten Viertel des 5. Jahrhunderts verfasst. Im Unterschied zum D1pa.vamsa ist der lv[a.hava.msa ein Epos, in dem sich vollendete Leistung niederschlägt. Die Pali-Sprache wie auch das Metrum werden vorzüglich beherrscht. Streckenweise gemahnt der Stil an die besten Vertreter der Kavya-Literatur. Die historischen Themen des Mahava.msa sind ziemlich weitgespannt. Am Beginn steht die Geschichte der Einführung des Buddhismus nebst einer Biographie des Buddha selbst. Ihm werden insgesamt drei Besuche auf Sri Lanka zugeschrieben. Die Konzile und die Genealogie der ceylonesischen Könige sind weitere Themen dieser epischen Chronik. Berichtet >vird insbesondere über den Feldzug des Vijaya nach Sri Lanka, über den König Devana1i1piyatissa, der zur Zeit des Kaisers Asoka gelebt haben soll, und über die Mission des Mahinda. Die vom Mahava.Insa geschilderten Ereignisse reichen etwa bis 350. Es gibt dazu aber Nachträge, die viele Jahrhunderte umspannen und die unter dem Namen Culavarnsa zusammengefasst werden. 8 Das gegenseitige Verhältnis der Großen und der Inselchronik ist Gegenstand langjähriger Debatten gewesen. Es ist nicht zu übersehen, dass beide Werke eine ziemlich beträchtliche Anzahl von Versen gemeinsam haben. Ohne dass es zwingend bewiesen werden kann, spricht manches dafür, dass der Mahavamsa eine erweiterte, umgearbeitete und erheblich verbesserte Fassung des D1pavamsa darstellt. Für den Historiker ist der 1\i[a.havamsa ein sehr wertvolles Dokument. Freilich ist auch er nur mit kritischer Vorsicht zu benutzen, denn neben verlässlichen finden sich leider auch nicht wenige der Phantasie entsprungene Angaben. So wird über den Kaiser Asoka, der doch eine hochbedeutsame historische Persönlichkeit war, nur Märchenhaftes berichtet. Dabei muss man aber stets in Rechnung stellen, dass auch der 1\![ahavaTnsa keineswegs wissenschaftliche Geschichtsbetrachtung betreiben, sondern vielmehr der Erbauung dienen wollte. Dennoch war es möglich, aus den in den beiden Chroniken enthaltenen Angaben mit ziemlicher Sicherheit das Todesjahr des Buddha zu berechnen, die im absoluten Zeitmaß für das
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alte Indien frühestmögl iche Datierung überhaupt. Alle späteren kirchengesc hichtlichen \Verke Sri Lankas beruhen in irgendeiner \\leise auf den alten singha.lesischen Kommentar en zum Pali-Kanon , den AHhakathäs . Sie sind ziemlich schablonenm äßig verfasst und literarisch ohne 9 besonderen \Vert. Als bekannteste s Specimen erwähnen wir den BodhivaTnsa. Diese Chronik wurde in Prosa von Upatissa verfasst. Die Frage nach der Entstehungszeit muss einstweilen unentschied en bleiben; das von manchen vermutete 4. .Jahrhunder t ist sicherlich zu früh. Andere Autoritäten entscheiden sich mit offenbar größerem Recht für die erste Hälfte des 11. .Jahrhunder ts. Die Chronik befasst sich mit der "Erleuchtun g" des Buddha unter dem Bo-Baum, mit seinem Ableben und Eingang in das Nirva1!a (Mahaparin irväl)a), mit den bekannten drei Konzilen und mit Mahindas Mission nach Sri Lanka. Die Chronik reicht etwa bis zum .Jahre 350. Auf zahlreiche weitere einschlägige \ll/erke können wir hier nicht eingehen. Im 12 . .Jahrhunder t erlebte die buddhistisc he Pali-Literat ur eine Renaissance . Um diese Zeit fanden auch die Elemente der Kunstdichtu ng immer stärkeren Eingang. Dennoch ist diese Epoche für die Literaturges chichte von untergeord10 neter Bedeutung. Am höchsten zu bewerten ist noch die Rasa.vahin1. Dieses \~lerk ist keine Chronik, sondern gehört der Erzählungs literatur an. Es handelt sich um eine Sammlung von Prosaerzähl ungen, in die Verse eingefügt sind. Von den insgesamt 103 Stücken beziehen sich die ersten 40 auf Indien, die anderen auf Sri Lanka. Ursprünglic h war das Werk in Singhalesisc h abgefasst; die jetzige Pali-Fassun g stammt von Vedehather a aus dem 13 . .Jahrhunder t. Ideologisch ist die Rasavahin1 weitgehend dem Ma.hayäna verpflichtet ; sie ha.t den Charakter einer Erbauungss chrift und Illustration der Karman- Lehre. Immerhin weist sie auch deutliche Spuren einer Beeinflussu ng durch die Volksliterat ur auf und ist auch als sozia.lgeschichtliche Quelle nützlich.
Anmerkung en
1 Ausgabe des Milindapaiiha von V. Trenckner, darin Index von C. J. Rylands und GäthäIudex von C. A. F. Rhys Davids, erschienen in der Pali Text Society (2 Bde., London 1880-1928,2. Neudruck London 1962). Von diesem bedeutenden ·werk gibt es eine ganze Anzahl guter Übersetwnge n; vgl. die von T. \,Y. Rhys Davids in den Sacred Books of the East, 35/36 (Oxford 1890-1894; Neudruck Delhi 1965 und 1975); von F. 0. Sehrader u.d.T. Die Fragen des Königs J\Ienandros (Berlin 1907); von I. B. Horner in Bd. 22 der Sacred Books of the Buddhists (London 1963): deutsch von Nyänatiloka (2 Bde., .München 1919-1924, Neuauflage Interlaken 1985). 2 Eine Edition der Nidanakathii ist in Bd. I der J äta.lm-Ausgab e von V. Fausböll enthalten. Übersetzung von T. vV. Rhys Davids in: Buddhist. Birth Stories (London 1880).
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:3 Eine wichtige Studie über Buddhaghosa stammt von B. C. Law: Life and 1-Fork of BuddlJaglwsa. (Calcutt.a 1923). Eine erweiterte Ausgabe dieses Buches erschien unter dem Titel Buddha.ghosa (Bombay 1964). 4 Der i'isuddhimagga hat sich wegen seiner geschilderten großen Bedeutung stets der Auf!nerksamkeit der Indologen erfreut. Ausgaben u.a. von C. A. F. Rhys Davids in der Päli Text Society (London 1920/21); von H. C. Warren als Bd. 41 der Harvard OrientalSeries (Cambridge [Ivfass.] 1950): von Rewatadhamma in drei Bänden (Varanasi 1969-1972). Übersetzungen von Nyänatiloka (4. Auf!., Konstanz 1985) und von Bh. Nänanwli (:3. Auf!., Kandy 1975). 5 Ausgabe des Kommentars zum Dhammapada. von H. C. Norman in fünf Bänden der Päli Text Society (London 1906-1915). Übersetzung in den Bänden 28-·30 der Harvard OrientalSeries von E. W. Burlingame (Cambridge [Mass.]1921). 6 Ausgabe und Übersetzung des D1pa.vamsa von H. Oldenberg (London 1879, Neudruck Delhi 1992) und von B. C. Law (Dehivala 1962). Übersetzung auch von E. :M. Comnaraswamy (Colombo 1901). Studie von VV. Geiger: D1pavmnsa und 1viaha1lmTisa, die beiden Chroniken der Insel Ceylon (Erlangen und Leipzig 1901). 7 Ausgaben des Mahava.Iilsa von VV. Geiger in der Pali Text Society (London 1908): von E ..M. Comnaraswamy (Colombo 1908). Übersetzung von VV. Geiger und M. H. Bode (London 1912), in Neuauflage mit Zusätzen von G. C. Mendis (London 1964). Studien s. Anm. 6 sowie E. N. Snyder, (Berlin 1910), G. P. Malalasekera (2 Bde., London 1935). 8 Ausgabe des Culavmnsa von W. Geiger in der Pali Text Society (London 1925). 9 Ausgabe des BodhivaTÜsa von S. A. Strong in der Pali Text Society (London 1891). 10 Ausgabe der Rasavahin1 (n:tit singhalesischer Übersetzung) von B. Devarakkhita (Colmnbo 19 17).
4. Die buddhistische Sanskrit-LiteTatuT Das buddhistische Pali-Schrifttum ist der litera.rische Ausdruck der Theravadins, der Anhänger derjenigen Lehrmeinung also, die sich am engsten mit dem ursprünglichen Buddhismus verbunden fühlte. Schon ba.ld aber traten in zunehmendem .:\faße an die Stelle der primären Konzeption neue Ideen, die dein eigentlichen Buddhismus fremd \Yaren. Dazu zählen vor allem die Deifizierung, ja Theifizierung des Buddha (das heißt, er wird als Gott und sogar als Schöpfergott angesehen) und die von der :\fegierung des Ich ausgehende Vorstellung von einer völligen Leere der Welt. Gemäßigt, aber doch deutlich erkennbar, treten diese neuen Ideen in der Schule des sogenannten ,,Kleinen Fahrzeuges", dem Hinayana, auf, die sich vielfach noch der ursprünglichen Lehre verpflichtet fühlt. Vollständig ausgebildet erscheinen sie im Lehrgebäude des "Großen Fahrzeuges'·, dem Mahayana. Beide Schulen unterscheiden sich vom Theravada, aber auch durch die ihren Literaturwerken zugrunde liegende Sprache. Diese
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ist ihrem vVesen nach ein resanskritisiert es Pali, also kein reines, sondern ein "hybrides" oder eben ein "buddhistische s Sanskrit" (vgl. hierzu auch S. 11). So sehen wir, dass die ursprünglichen , von den Theravadins hochgehaltenen Lehren des Buddha verfielen und dass im Laufe der .Jahrhunderte der Buddhismus seinen Inhalt geradezu ins Gegenteil verwandelte. Doch war diese Degeneration ~ eine solche kann nicht weggeleugnet werden ~ nicht das Produkt einer inneren Entwicklung des Buddhismus, sondern das Resultat brahmanisch-g egenreformato rischer und volksreligiöser Einflüsse. Es spielten aber auch ökonomische Bedingungen, wie die ursprüngliche Unproduktivit ät des Sangha, bei der Um~gesta.ltung des originären Buddhismus eine Rolle. Schon im Hinayana treten die Tendenzen der Vergöttlichung des Buddha. sowie der aus dem Vis;r:tu-K~·::;r.w-Kult stammenden Bhakti-Lehre deutlich hervor. Im Mahayana. finden wir dann eine weitgehende Verzerrung der ursprünglichen buddhistischen Lehre. Das Ideal des Bodhisattva ist hier für alle Menschen erreichbar und dementspreche nd verflacht; während sich im Hinayana das Streben noch darauf richtete, ein Arhat zu werden, kann man nach dem Mahayana sogleich die Eigenschaften eines Bodhisattva. erwerben. Alle Buddhas sind von vornherein göttliche Wesen. Hatten die älteren Teile des Pali-Kanons ergreifend schlichte und schöne Berichte von der Erleuchtung des Buddha., von seiner Heilsmission und schließlich von seinem Eingang ins Nirvar_:ta. gegeben, so sind im Mahayana die Buddhas allmächtige und weltschöpfende Götter, die ihren Aufenthalt auf der Erde nur als Spiel betrachten! Der ursprüngliche Buddhismus hatte \Vesentliches auf dem Gebiet der spontanen Dialektik geleistet. Hervorragende s Beispiel hierfür ist die von ihm entwickelte Kausalitätenk ette, die "Entstehung in wechselseitiger Abhängigkeit" (paticcasamup pada). Diese für die damalige Zeit überragende Leistung wird im Hinayana durch einseitige Überbetonung des Entwicklungsg edankens degradiert, die zur Verneinung des Ich ( anattata) führt. Völlig ausgeartet ist diese Idee im extremen philosophischen Idealismus des Mahayana, wonach die Welt leer, nämlich bar jeglicher Realität, sei (.siinyavada). Diese Grundtatsache n sollte man sich bei der Bewertung der hierher gehörenden Literaturwerke vor Augen halten. Auf die philosophische n Besonderheite n des Hinayana und Mahayana und ihrer verschiedenen Schulen wird in einem gesonderten Abschnitt eingegangen (s. S. 329). a) Die Literatur des Hinayana Das Hinayana muss über einen eigenen Kanon, der in Sanskrit abgefasst war, verfügt haben. Einige Bruchstücke eines solchen Kanons der SarvastivadaSchule sind bekannt geworden, und zwar durch Manuskriptfun de im chinesischen Ostturkestan und in Nepal sowie durch chinesische und tibetische
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Übersetzungen. 1 Dem Ausdruck nikaya des Pali-Kanons entspricht hier der Begriff agama. 2 Und zwar existierten: ein D1rghagama (entsprechend dem D1ghanikaya des· Pali-Kanons), ein Madhyamagama (Ma.jjhimanikaya), ein Sarnyuktagama (Sa.rnyuttanikaya), ein Ekottaragama ( A1'tguttaranikaya), ein Dharmapada (Dhammapada), ein Udana, ein Sutranipata (Suttanipata), ein Vimanavastu (Vimanavatthu), eine Sthaviragatha (Theragatha) und ein Buddhavarnsa (Buddhavari1sa). Auch Vinaya und eine Art von Abhidharma (Abhidhamma) sind vorhanden gewesen. Aus den Manuskriptfunden, den Übersetzungen sowie aus Zitaten, die in anderen buddhistischen Sanskrit-\Verken enthalten sind, können wir so viel erkennen, dass sich der Pali- und der SanskritKanon in vieler Hinsicht entsprechen, dass es aber auch markante Unterschiede gibt. Für die Religionswissenschaft ist die Bedeutung dieser Sanskrit-KanonFragmente höher als für die Literaturgeschichte. Hinayana und Mahayana haben einige ~Werke von großem Umfang hervorgebracht, die Marksteine in der altindischen Literaturgeschichte sind. Von ihnen darf das !vial1avastu, wenigstens in einigen seiner Teile, den Ruhm des höchsten Alters beanspruchen. 3 "Die große Sache", wie der \Verkstitel wörtlich übersetzt lautet, gehört zur Schule der sogenannten Lokottaravadins; der Name bedeutet "Anhänger der Lehre von der Übernatürlichkeit" (nämlich des Buddha). Diese Schule bildet ihrerseits eine Unterabteilung des Hinayana. Das lv!ahavastu rechnet sich selbst zum Vinayapitaka der genannten Schule. Dieses umfangreiche Werk stellt sich die Aufgabe, in drei Hauptabschnitten das Leben des Buddha wiederzugeben, doch entledigt es sich derselben in nur unvollkommener \Veise. Die einzelnen Teile sind denkbar zusammenhanglos und folgen keinem Ordnungsprinzip. Sprache und Stil sind inhomogen und repräsentieren verschiedene chronologische Stufen, so dass, wie etwa im A1allabhaTata und im Suttapitaka, das Alter jedes Abschnittes gesondert und aus sich heraus bestimmt werden muss. Die Schilderung der Geschehnisse reicht bis zur Gründung des Sa1'tgha. Sie wird aber auf Schritt und Tritt durch eine Fülle eingeschobener Jatakas und A vadanas in solchem Maße unterbrochen, dass mehr als die Hälfte des Gesamtwerkes aus Jatakas besteht. Diese ähneln vielfach den Jatakas des Pali-Kanons. In mancher Hinsicht gehen sie jedoch über die Gedanken der letzteren hinaus, insbesondere dort, wo es sich um die Pointierung des Edelmutes des Bodhisattva handelt. Hierbei zeigt sich die Ankündigung von MahayanaIdeen. Buddha-Legenden, oft wunderbarer Art, bilden also den Hauptinhalt des A1ahavastu. Daneben gibt es Beschreibungen der durch das Karman-Gesetz bewirkten Höllen, die, wie M. \Vinternitz treffend erkannt hat, an bestimmte Passagen des lviaTlmlJQe.ya-PuTi:iiJa. erinnern, wie denn das Ma.hava.stu überhaupt Anklänge an die Puräi:tas aufweist. Stilistisch neigt das Werk zu größter \Veitschweifigkeit; oft wird irgendeine Begebenheit in zwei (manchmal bis zu vier) Versionen erzählt. Der Stil spiegelt die Überspanntheit großer Teile des
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\Verkes wider. So sei die Reinheit des Buddha so groß, dass allein schon die ihm dargebracht e Verehrung dazu berechtige, in das Nirviil;a einzugehen. Die Entstehung der Bodhisa.ttvas erfolge nicht auf dem \Vege der Zeugung, sondern aus sich heraus durch innere Qualitäten und was dergleichen übertrieben e Behauptung en mehr sind. \"/ie schon angedeutet, ,·ere1mgt das i\1a.haYa.stu in sich Partien von sehr unterschied licher Zeitstellung . Einige Stellen, 'Nie die Berichte über die Entfernung des Buddha aus dem Königspalas t und über die Predigt von Benares sowie einige andere auf dem Suttapitaka beruhende Stücke bilden den alten Kern des vVerkes und könnten aus dem 1., vielleicht gar aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. stammen. Auch der sprachgesch ichtliche Befundläss t ein solches Urteil zu. Andere Partien des .Mahava.stu verraten dagegen eine um Jahrhunderte spätere Entstehung szeit, indem sie von der Kenntnis etwa der chinesischen SchrifL der Hunnen und der griechischen Astrologie Zeugnis ablegen. Man geht daher kaum fehl mit der Annahme, dass die jüngsten Teile des vVerkes erst aus der Zeit um 400 stammen. Ein weiteres Schlüsselwerk der buddhistisc hen Sanskrit-Li teratur ist der Lalitavi.stara. 4 Hatte sich schon das 1\!Iahava.stu inhaltlich in vieler Hinsicht auf die Positionen des Malüyana begeben, so ist dies beim Lalitavi.stara in noch höherem Maße der Fall. Der Name bedeutet "die ausführliche Darstellung des Spieles". ·wie schon ausgeführt, wird die irdische Tätigkeit des Buddha seitens des Malüyana nur als eine Art Spiel betrachtet. Es versteht sich deshalb von selbsL dass der Lalit;avi.stara dem Mahayana als besonders heiliger Text gilt. Ursprünglic h aber war das \Verk in einer älteren Fassung ein literarisches Produkt der Sarvastivad a-Schule, die dem Hinayana angehört. Es wurde erst durch Uma.rbeitun gen zu einem Mahayana- Text. Dass sich der Lalitavi.stara in der uns vorliegende n Fassung selbst als dem Mahayana zugehörig fühlt, zeigt sich auch darin, dass er sich als Vaipulyasu tra bezeichnet; dieser Name ist aber nichts anderes als ein Synonym für die Mahayanas utras. Konzipiert als BuddhaBiographie, ist der La.lita.vi.sta.ra ein außerordent lich umfangreich er Text, dem es vorwiegend darum geht, das "Spiel" des Buddha, nämlich seine Betätigung überna.türli cher Kräfte, zu beschreiben . l\1irakel und Übertreibun gen aller Art weisen schon deutlich auf die späteren ausgeformte n Mahayanas utras voraus. Nur ein Beispiel hierfür ist, dass der Erhabene von 12000 Mönchen und 32000 Bodhisattva s begleitet worden sein soll. Solche und ähnliche exorbitante Behauptungen wie auch Schilderung en von \Vundern finden sich im Lalita.vi.stara auf Schritt und Tritt. In schwülstige n Wendungen beschreibt das Einleitungskapitel die Anbetung des Buddha durch die Götter. Dann folgt die eigentliche Buddha-Bio graphie. Sie beginnt dort, wo auch der Bericht des Avidurenid ana im Text der Nidana.katl1a einsetzt. Im Tusita.- Himmel entscheidet sich der Buddha, seine irdische Mission anzutreten. Lange überlegt er, wo er sein Er-
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denwallen beginnen soll. Schließlich fällt seine \Vahl auf das Fürstenhaus des Suddhodana und dessen Gemahlin Maya, in deren Schoß er eingeht. Schon im :i\1utterleibe SQll er Predigten gehalten haben. Es versteht sich, dass seine Geburt a.llseits von wunderbaren Begebenheiten begleitet war. Selbst den Zeitgenossen müssen Zweifel an einer solchen Fülle von \Vundern gekommen sein, denn an dieser Stelle wird eine Belehrung des Ananda durch den Buddha eingeschaltet: Buddha klärt ersteren darüber auf, dass diese Wunder sich bei seiner, Buddhas, Geburt tatsächlich ereignet hätten. Buddha, als Knabe also noch ein Buddhaschaftsanwärter (Bodhisattva), hat sich nun einer Ausbildung zu unterziehen. Das zehnte Kapitel des LalitavistaTa. schildert seinen ersten Schultag und vvird damit zu einer wichtigen wissenschaftsgeschichtlichen Quelle. Buddha beziehungsweise der Bodhisattva erkundigt sich nämlich bei seinem Lehrer, welche Schriftarten er bei ihm erlernen solle. Hierbei zählt er nicht weniger als 64 Schriften auf, unter denen sich auch die chinesische befindet. Diese und einige andere Szenen sind in den anderen Buddha-Biographien nicht enthalten. Im letzten, dem 27. Kapitel rühmt sich der LalitaYistara selbst und stellt denjenigen, die ihn studieren, reichen Lohn in Aussicht. Der Form nach beinhaltet der Lalita.vistara eine .Mischung von Versen und Prosa. Die Prosa ist in mehr oder weniger reinem Sanskrit abgefasst. Dagegen stehen die langen metrisch gebundenen Passagen in hybridem Sanskrit. \Vie schon von den Jatakas bemerkt, passen auch hier die Verse inhaltlich nur selten zur Erzählung; sie gehören genetisch eben zur alten Balladendichtung. Stilistisch finden sich im Lalita.YistaTa Anklänge an die Puräi_las, wie wir sie auch schon für das 1\![ahava.stu festgestellt hatten. Das Alter des \Verkes hat sich bisher nicht mit einigermaßen befriedigender Genauigkeit feststellen lassen. Es steht jedoch auch hier fest, dass eine Schlussredaktion Stücke von ganz unterschiedlicher Zeitstellung zusammengefasst hat. Auf keinen Fall kommt eine einzelne Person als Autor des Lalitavista.Ta in Betracht; vielmehr handelt es sich um eine Kompilation aus mehreren Teilstücken. Als Quelle für die buddhalogische Forschung hat der La.litavistaTa in sich also einen sehr unterschiedlichen \Vert. Gewiss sind einige Gedanken aus alter Zeit aufgegriffen und verarbeitet worden. Manche Stoffe sind, wie wir gesehen haben. nur hier zu finden. Insgesamt gesehen, ist der LalitavistaTa aber das Produkt einer neuen Denkweise, der Ideologie des Mahayana, die sich von der des ursprünglichen Buddhismus weit entfernt hat. 1\rfit dieser unbestreitbaren Feststellung ist a.ber über die a.bsolute Datierung des \Verkes leider noch nichts ausgesagt. Ma.n kann lediglich darauf hinweisen, dass die Tempelanla.ge von Borabudur auf Ja.va in einer \Veise gesta.ltet \Vorden ist, als hätten die Künstler sich eine Version des Lalitavistara zur literarischen Vorlage ihres bildnerischen \Verkes genomm.en. Da aber besagte Tempelanlage erst zwischen 850 und 900 entstanden ist, bedeutet dies für die Datierung des Lalitavistara, der natürlich erheblich früher anzusetzen ist, keine große Hilfe.
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An dieser Stelle ist zu bemerken, dass die buddhistische Sanskrit-Literatur auf dem Gebiet der Epik hervorragende Leistungen aufweist, die denen des Kälidäsa an die Seite gestellt werden dürfen. Ihr bedeutendster Repräsentant ist Asvagho:;;a. Seine Lebenszeit fällt in das 1. bis 2. Jahrhundert. Allerdings ist über sein Leben nur wenig bekannt. Offenbar wa.r er ursprünglich ein Brahmane, der sich dann zum Buddhismus bekehren ließ und ein überzeugter Anhänger dieser Lehre wurde. Nach der chinesischen Tradition soll Ayodhyä seine Heimatstadt gewesen sein. Später war er vermutlich als Berater des Großkönigs Kani~ka tätig. Asvagho9a war ein Meister der höfischen Kunstdichtung und gilt als Hauptkettenglied zwischen Välm1ki und Kälidäsa. Sein Hauptwerk ist ein Lebenslauf des Buddha, das Buddhacarita. 5 Es ist erst im Jahre 1892 aufgefunden worden. Vollständig liegt es allerdings nur in der chinesischen und in der tibetischen Übersetzung vor, die beide jeweils 28 Gesänge umfassen. Der Sanskrit- Text offenbart sich mit nur 13 echten Gesängen als Torso. Dennoch steht fest, dass wir es hier mit einer dichterischen Leistung von höchstem Rang zu tun haben. Nicht umsonst bezeichnet sich das vVerk selbst als Mahäkävya, als großes Kunstgedicht. Buddhas Lebensgeschichte wird hier in einer \A,leise vorgetragen, die sich von den verworrenen Darstellungen des Mal1avastu und Lalitavistara äußerst vorteilhaft abhebt. Dies gilt bereits für das Arrangement des Stoffes, das bei Asvagho9a einem wohldurchdachten und gut durchgeführten Plan folgt. Obwohl das Werk deutlich die Merkmale des KävyaStils trägt, hat Asvagho9a die Schmuckmittelniemals überladen, sondern stets maßvoll verwendet. Einige Szenen bilden ausgesprochene Höhepunkte in der altindischen epischen Literatur. Dazu zählen der Auszug des nachmaligen Buddha aus seinem Palast und seine Auseinandersetzung mit Mära, dem Versucher. Asvagho9a zeigt sich in seinem 'i\Terk mehr als Dichter denn als Mönch. Seinen dichterischen Weitblick beweist er nicht zuletzt damit, dass ihm die Einseitigkeit etwa des Lalitavistara gänzlich abgeht. Er weiß, dass ein Kävya umfassender als eine bloße Eulogie sein muss. Darum hat er mit glücklicher Hand auch Liebesszenen sowie Belehrungen über Weltklugheit (n1ti) in sein 'A/erk einbezogen. Ein weiteres berühmtes Kävya des Asvagho9a trägt den Namen Saundarana.nda.kavya.6 Es besteht aus 18 Gesängen und verarbeitet die Legende von Nanda, der auch den Beinamen Sundara führt. N an da war der Halbbruder des Buddha, und als solcher war er dem neugegründeten Orden beigetreten. Das geschah aber nicht ohne inneres '~'iderstreben, und nun, als Ordensmitglied, ergreift ihn die Sehnsucht nach seiner Frau SundarT mit aller Macht. Auch seine Gattin bedrängt ihn, zu ihr zurückzukehren. Selbst der Buddha bleibt gegen diese Sehnsucht zunächst erfolglos. Zwar gelingt es ihm, seinen Ha.lbbruder von Sundari zu entfernen, doch sehnt sich Nanda nun um so stärker nach den Apsarasen, einer Art himmlischer Nymphen. Erst der treue Anhänger Änanda
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vermag ihn zu belehren, und nach vielen Irrungen wird N an da endlich ein Arhat. Asvagho9a erklärt am Schluss seines \iVerkes, dass er es im Kavya-Stil abgefasst habe, um so durch größere Attraktivität die Nichtbuddhist en besser bekehren zu können. Im übrigen sind die Wandlungen des Buddhismus auch an diesem Epos deutlich zu erkennen. Züge der Mahayana- Doktrin sind nicht zu übersehen. N a.ch der Tradition soll Asva.gho9a einer der Begründer des Mahayana-Bud dhismus gewesen sein. Wie dem auch sei, so viel steht fest, dass die hier vorkommende Kategorie der "Leere" ganz dem Mahayana angehört. In der Neuzeit ist eine modifizierte Version dieses Epos von Karl Gjellerup dramatisch bearbeitet worden. 7
7 "
Mit dem vVirken Asvagho9as sind die Namen zweier anderer Dichter auch zeitlich eng verbunden. Der ältere von ihnen ist Mät~ceta, der wohl auch ein älterer Zeitgenosse Asvagho9as war. Die Tradition weiß über ihn zu berichten, dass er eine Einladung an den Hof als Berater des Großkönigs Kanis;ka erhalten, dieselbe aber mit Rücksicht auf sein hohes Alter abgelehnt habe. Eine tibetische Übersetzung des Absagebriefes ist erhalten geblieben. Von Mät~ceta fanden sich in den Turfan- Dokumenten die Fragmente zwei er Hymnen ( stotra). Sie bestehen aus 400 beziehungswei se 150 Versen und sind in Slokas gehalten. Ihre schöne, schlichte Sprache muss Mät~·ceta damals weithin bekannt gemacht haben, denn der chinesische Pilger I-tsing rühmt ihn mit beredten Worten. Dennoch hat der Ruhm des anderen der beiden Dichter, Äryasüra, besser die Zeiten überdauert. Er schuf den "Geburtsgesch ichtenkranz" Jatakamala. 8 Diese verarbeitet 34 ausgewählte Stücke aus den Jatakas und dem Cariyapitaka, wobei er besonders die Qualitäten (paramita) des Bodhisattva zu pointieren bestrebt ist. Das \iVerk besteht aus einer Mischung von Prosa und Versen und ist in vornehmem, edlem Kävya-Stil gehalten. Der Dichter geht an einigen Stellen über die alten Vorlagen hinaus, indem er neue Stoffe erfindet beziehungswei se Stoffe aus neuerer Zeit verarbeitet. Diese neueren Stoffe entsprechen den seit den kanonischen Zeiten im Buddhismus eingetretenen vVandlungen. Eine besondere Rolle spielt hier die im Mahäyäna bis ins äußerste Extrem entwickelte (~hTswen sfes Mitleids. So beschreibt Äryasüra, wie der Bodhisattva gewahrt, dass~i~;e-blutdürstige Tigerin sich anschickt, ihre Jungen zu fressen; für die letzteren opfert er sich dann selbst auf. Als Zeitstellung der Jatakamala nimmt man jetzt ziemlich allgemein das 4. J aluhundert an. Ein ganz eigenartiges VVerk aus dieser Gruppe ist Vajrasiicf ("Die Diarnantennadel") .9 Hier finden wir eine scharfe Polemik gegen das brahmanische Kastemvesen vom buddhistischen Standpunkt. Dabei legt der Autor besonderes Gewicht dara.uf, die Unhaltbarkeit und Unrechtmäßigk eit des Kastenwesens aus den brahmanischen Quellen selbst abzuleiten. Wie wichtig die Vajra.siicT als sozialhistorisches Dokument für uns sein könnte, ersehen wir auch daraus, dass hier die Gleichheit aller Menschen postuliert wird. Leider aber wird die
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Nutzbarkeit dieses ~Werkes stark durch den Umstand beeinträcht igt, dass w1r weder über den Autor noch über das Alter etwas aussagen können. Die früher a.ngenommene Verfasserschaft des Asvagho9a gilt heute als so gut vv·ie ausgeschlossen. \Vir wissen lediglich, dass in den Jahren 973 bis 981 eine chinesische Übersetzun g der Va.jra.siicf angefertigt wurde, das Originalwer k also älter sein lllUSS.
Wir schließen die Betrachtung der buddhistisc hen Sanskrit-Li teratur mit der wichtigen Gruppe der sogenannten Avadanas. Sie entsprechen den Apadanas des Pali-Kanon s und behandeln wie diese religiöse Großtaten. Abgefasst sind sie in hybridem Sanskrit. Ihr Hauptanlieg en ist die Illustration des KarmanGesetzes; es \Vird an Beispielen gezeigt, welche Vergeltung - nämlich Lohn oder Strafe - gute und böse Taten nach sich ziehen. Gekleidet ist dies in das Gewand von Bodhisattva -Geschichte n. Doch kommen auffallender weise auch andere Persönlichk eiten als Helden vor, wie zum Beispiel der Kaiser Asoka. Insgesamt gesehen, ist eine gewisse Ähnlichkeit mit den Jatakas unverkennb ar. Das zeigt auch die Gliederung der einzelnen A vadanas in die Geschichte aus der Gegenwart, die Geschichte aus der Vergangenh eit und die Moral. Manchmal tritt die Schlussfolgerung auch in Gestalt einer Prophetie auf. Die buddhistisc he Tradition fasst den Begriff A vadana sehr weitgespann t auf, denn auch lVIahavastu und Lalitavistar a gelten als A vadanas. \,Yir grenzen ihn jedoch hier auf die eigentlichen A vadana-Sam mlungen - mit Versen durchsetzte Prosawerke - ein. Ältester Vertreter dieser Literatur ist das A vadanasataka. 10 Es entstammt dem 2. Jahrhunder t und gehört noch der H1nayana-R ichtung an. Sein Zweck besteht darin, die religiöse Erbauung zu fördern. Eingeteilt ist dieses Sataka ("Hunderte rsammlung "; vgl. die Satakas des Bhart~hari) in zehn Dekaden, die jeweils eine bestimmte Thematik behandeln. In den ersten vier Dekaden geht es um gute Taten, die zur Buddhascha ft führen. Hier finden sich auch diverse Buddha-Pro phetien. Die fünfte Dekade ist ein Pretavastu ("Gespenste rthematik"; vgl. das Petavatthu des Pali-Kanon s). Hier werden die Seelenquale n der wegen böser Taten in die Verdammni s geratenen \iVesen beschrieben . Die sechste Dekade enthä.lt Geschichten von Menschen und Tieren, die aufgrund ihrer moralischen Verdienste als Götter wiedergeboren wurden. Die letzten vier Dekaden berichten über religiös-heroische Taten, durch die man zum Arhat wird. Interessant ist hier besonders die achte Dekade, die \iVesentliches zur Sozialgesch ichte der Frau im alten Indien beisteuert. Im übrigen ist das literarische Niveau des A va.danasata.ka. nur mäßig. Die Gleichförmi gkeit der Thematik schlägt sich auch in vielen stereotypen und darum ermüdenden Wendungen nieder. Der Stil ist vielfach ungewandt und umständlich . Inhaltlich tritt auch hier schon eine der Hauptkateg orien des Mahayana, nämlich das Mitleid, in den Vordergrun d; nicht selten in exzessiver und darum geschmackl oser \iVeise. Charakteris tisch ist die Geschichte Nr. 34.
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Hier bringt sich der König Sibi selbst Wunden bei, damit sein Blut den Fliegen zur Ergätzung diene. Da.raufhin sucht ihn Sakra, der Götterkönig (Indra), in der Gestalt eines- Geiers auf. Der König bietet diesem an, Fleisch aus seinem Körper zu ha.cken, worauf sich Sakra zu erkennen gibt. - Zu erwähnen bleibt noch, dass der Held der letzten Geschichte der Kaiser Asoka ist. Das eigentliche HauptvYerk der A vadana.- Literatur aber ist das DivyavadanaY Die Grundlage stammt zwar auch hier noch aus dem Hinayana, aber die Beeinflussung durch das Mahayana ist gegenüber dem A va.danasataka. deutlich weiter vorgeschritten. Das w·erk könnte in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts entstanden sein, zumal im Jahre 265 ein kleiner Teil ins Chinesische übersetzt wurde. Doch ist die Schlussredaktion wohl erst im 4. Jahrhundert erfolgt. Jedenfalls erstreckte sich die Schaffung des Divyavadana über einen längeren Zeitraum. Das wird auch durch die Uneinheitlichkeit von Sprache und Stil evident. Im Divyavadana finden sich nämlich sowohl im Kavya-Stil gehaltene Strophen als auch Prosa in degeneriertem Sanskrit. Der Aufbau ist ähnlich konfus wie der des Mahavastu. Viele Geschichten sind aus dem Vinayapitaka der Mlilasarvastivada-Schule herübergenommen worden. Von wissenschaftlichem Interesse sind die zahlreichen Zitate aus dem buddhistischen Sanskrit-Kanon. Eine alte Schicht bilden die Kapitel 26 bis 29 mit ihren sich um die Person des Kaisers Asoka rankenden Legenden. Übertriebener Altruismus und \\Tunderglaube beeinträchtigen den literarischen \Alert auch dieser Sammlung. Ein Beispiel ist die Geschichte von Km:tiila, dem Sohn des Asoka. Ihm ließ seine Stiefmutter die Augen ausstechen, aber- und das ist die Pointe der Geschichte - KuJ;tala hasst sie darum nicht. Ein weiteres Beispiel ist die Geschichte des Mara, des uns schon bekannten Teufels im Buddhismus: das Divyavadana bringt es fertig, ihn bekehrt und zum Mönch werden zu lassen! Angesichts solch exzentrischer Geschichten begrüßt man die immerhin auch vorhandenen realistischen Stücke um so mehr. Eine ergötzliche Erzählung ist die vom Kaufmannssohn, der durch eine Reihe von Transaktionen reich wird, an deren Anfang der Verkauf einer toten Maus stand. Schließlich erwähnen wir die A va.danakalpalata, die dem Schaffen des vielseitigen K9emendra ihre Entstehung verdankt. 12 Im Jahre 1052 ist dieses Werk vollendet worden. Die umfangreiche Kavya-Dichtung beinhaltet 107 Legenden, die auf 48 Kapitel verteilt sind. Der Stil ist der für die höfische Kunstdichtung typische. Inhaltlich hat der Autor hier nichts Wesentliches zu bieten. Die Geschichten werben für die Selbstaufopferung und die Beachtung des KarmanGesetzes und seiner Folgen in einer so aufdringlichen Weise, dass ihnen auch zu ihrer Zeit kaum ein großer Erfolg beschieden gewesen sein dürfte.
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Anmerkung en 1 Die buddhistische Literatur der außerindische n Länder fällt nicht mehr in den Plan dieser Literaturgesch ichte und ist ein weitgehend selbstständige s Forschungsge biet. Nur als Beispiel sei hier hingewiesen auf die Arbeit von R. L. Mitra: The Sanskrit Buddllist Literature of Nepal (Calcutta 1882). Im übrigen sei auf die einschlägigen Forschungen von F. '''eller verwiesen. 2 Die Fragmente der Ägamas des Sanskrit-Kan ons wurden ediert von R. Fische!, in: Sitzungsberichte der Preußischen Akad. der VViss. (Berlin 1904). 3 Ausgabe des Mahavastu von E. Senart in drei Bänden (Paris 1882-1897). Übersetzung von J. J. Jones als Bände 16, 18 und 19 der Sacred Books of the Buddhists (London 19491956, Neudruck 1973-1976). Vgl. auch B. C. Law: Study of the Mahi:ivastu (Calcutta 1930) und T. Bh. Rahula: A Critica.J Study of the Mahavastu (Delhi 1978). des Lalitavistara von S. Lefmann (Halle 1902-1908) und von P. L. Vaidya Ausgaben 4 (Darbhanga 1958), 2. Aufi. von S. Tripathi (Darbhanga 1987). Übersetzung u.d.T. The Voice of Buddha von G. Bays (Boulder, Col., 1983); deutsche Übersetzung der ersten fünf Kapitel von S. Lefmann (Berlin 1875). Englische Übersetzung der Kapitel 1 bis 15 von R. L. Mitra in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1881-1886, Neudruck Delhi 1998). Vollständige französische Übersetzung der aus dem 9. Jh. stammenden tibetischen Fassung von P. E. Foucaux (Paris 1884-1892). Vgl. die Dissertation von F. Weller: Zum Lalitavistara (Leipzig 1915). 5 Ausgabe des Buddhacarita von E. B. Cowell (Oxford 1893, Neudruck 1970). Ausgabe n:tit Übersetzung von E. H. Johnston (Calcutta 1935, Neudruck Delhi 1995). Buddhas Leben. Ein altindisches Heldengedicht des 1. Jh., zum erstenmal ins Deutsche übertragen von R. Schmidt (Hagen 1923, Neudruck Osnabrück 1972). Weitere Übersetzunge n von C. Cappeller (Jena 1922) und von E. B. Cowell in Bd. 49 der Sacred Books of the East (Oxford 1894). Zur tibetischen Version vgl. F. Weller: Das Leben des Buddha von Asvagho~a. Tibetisch und Deutsch (Leipzig 1926). 6 Kritische Ausgabe und Übersetzung des Saundaranan dakavya von E. H. Johnston (London 1928-1932). Ausgabe auch von M. Haraprasäd Sästr! (2. Aufi., Calcutta 1939) in der Bibliotheca Indica. Vgl. B. Bhattacharya : A.svaghosa, a Critical Study of His Authentie
Kavyas (Säntiniketan 1976). 7 K. Gjellerup: Das Weib des Vollendeten. Ein Legendendram a (Leipzig 1921). 8 Ausgaben der Jatakamalavo n H. Kern als Bd. 1 der Harvard OrientalSerie s (Cambridge [Mass.J 1891, Neudruck 1943) und von P. L. Vaidya (Darbhanga 1959). Übersetzunge n von J. S. Speyer als Bd. 1 der Sacred Books of the Buddhists (London 1895, Neudruck Delhi 1971, 1982 und 1990); ins Italienische: Storia della tigre e altre delle vite anteriori dei Buddlw von R. Gnoli (Bari 1964). Ausgabe der Buddhastotra s des Mät~·ceta von D. Schlingloff (Berlin/DDR 1968). 9 Die Vajrasücfwur de bereits 1829 von B. H. Hodgson in Bd. 3 der Transactions der Royal Asiatic Society übersetzt. Diese Übersetzung ist auch enthalten in der Ausgabe von L.
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VVilkinson (1839). V'leitere Ausgaben und Übersetzungen: von A. \Veber in den Abhandlungen der Preußischen Akad. der 'vViss. zu Berlin (1859) und von S. Mukhopadhyaya (Santiniketan 19}56).
10 Ausgabe des A.vadanaiataka von J. S. Speyer (St. Petersburg 1902-1909, Neudruck Den Haag 1958). Französische Übersetzung von L. Feer (Paris 1891). 11 Ausgaben des Divyavadana von E. B. Cowell und R. A. Neil (Cambridge 1886, Neudruck
1969) und von P. L. Vaidya (Darbhanga 1959). Teilübersetzung von H. Zintmer: Karman. Ein buddhistischer Legendenkranz (München 1925). 12 Ausgabe der A.vadiinakalpalata in zwei Bänden von P. L. Vaidya (Darbhanga 1959). Teilübersetzung von N. C. Das (Calcutta 1895).
b) Die Literatur des Mahayana Hinayana und Mahayana können im Grunde genommen literarisch nicht scharf voneinander abgegrenzt werden. Gerade einige der größten Werke, wie der Lalitavistara oder das Divyavadana, nehmen eine ausgesprochene Übergangsstellung ein. Lagen die Wurzeln dieser Werke im Hinayana, so haben wir sie dort besprochen. Einige A vadanas werden jetzt aber allgemein zur MahayanaLiteratur gezählt. Dazu gehören neben anderen die Kalpadrumavadanamala, die Ratnavadanamala und die Asokavadanamala. Stilistisch ähneln diese Werke sehr den PuraiJ.as. Da sie inhaltlich kaum Neues bieten, brauchen wir hier nicht weiter auf sie einzugehen. Die Mahayana- Literatur im engeren Sinne 1 beginnt mit den Mahayanasutras 2 . Im Rahmen der altindischen Literaturgeschichte können diese keinen hohen Rang behaupten; unvergleichlich größer aber ist ihre Bedeutung für die Kulturund Religionsgeschichte. Denn während es das Hinayäna war, auf dessen Grundlage die Einführung des Buddhismus nach Sri Lanka und Hinterindien vor sich ging, so erfolgte die buddhistische Beeinflussung und teilweise sogar Umformung der ideologischen Strukturen Nepals, Tibets, der Mongolei, Chinas, Koreas und J apans im Gewand des Mahäyäna. 3 Das Mahäyäna verfügt über keinen eigenen Kanon, sondern hat seine Ideen aus denen des Hinayana weiterentwickelt. Freilich ist dabei der eigentliche Buddhismus bis zur Unkenntlichkeit entstellt worden. Die eben erwähnten Mahayänasi.itras- gewöhnlich zählt man deren neun auf- gehen, obwohl am Anfang der Mahäyäna- Literatur stehend, hierin schon sehr weit. Diese auch als Vaipulyasutras bezeichneten vVerke beschreiben als Schauplätze des Geschehens die bereits aus dem Päli-Kanon bekannten; mitunter gehen sie auch darüber hinaus, indem sie etwa La1i.kä (Ceylon) erwähnen. Über die absolute Chronologie der Mahäyänasutras sind wir insoweit im kla.ren, als diese \Verke ins Chinesische übersetzt wurden und man den Zeitpunkt dieser Übersetzungen nlit ziemlicher Genauigkeit kennt. Bei mehreren von ihnen lässt sich wahr-
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scheinlieh machen, dass die Übersetzung schon recht bald nach ihrem Entstehen erfolgte. So kann man immerhin mit einiger Sicherheit behaupten, dass die IVIahayanasutras zwischen dem 2. und dern 6. Jahrhundert geschaffen worden sind. Vv'enig befriedigend sind dagegen noch unsere Kenntnisse von der relativen Chronologie dieser \Verke. Überhaupt sind dieselben erst im 20. Jahrhundert näher bekannt geworden und bieten der Forschung noch vielerlei ungelöste Fragen. Das für das Verständnis der ideologischen Grundlagen dieser Literatur I'Vichtigste Mahayanasutr a ist das Sa.ddhanna.pm;uja.rika. ("Lotos des guten Gesetzes").4 Dieses berühmte \Verk darf als eines der klassischen Bücher des Mahayana- Buddhismus gelten. In ethischer Hinsicht erhebt es sich über die Ideen des ursprünglichen Buddhismus. Galt diesem die individuelle Erlösung alles, so ist dem Mahayana gerade der Verzicht auf die eigene Erlösung zugunsten der Erlösung anderer das Höchste. Im Mittelpunkt der MahayanaEthik steht also die Kategorie des Mitleids, häufig allerdings in überspannter ·v/eise und mit abstrusen Konsequenzen , wie bereits Beispiele, etwa aus der Jatakamala (vgl. S. 311), lehrten. Tendenzen aus dem Lalitavista.ra finden sich im Sa.ddharmapmJcf.a.rika dergestalt wieder, dass hier die Ewigkeit der Existenz des Buddha verkündet wird; es ist also nur eine Art Spiel, wenn Buddha vorgibt, er gehe in das Nirvar:ta ein. Diese Vergöttlichung des Buddha schlägt dann dialektisch in ihr Gegenteil, nämlich in eine Verfiachung des Buddha-Begrif fes, um, indem jedem Individuum die Fähigkeit zuerkannt wird, selbst ein Buddha zu werden. Dazu qualifiziert bereits die hingebungsvol le Verehrung Buddhas, ja schon eine einzige gute Tat - Thesen, die für den Hang des Mahayana zu Übertreibung und Maßlosigkeit typisch sind. Diese Ma.ßlosigkeit zeigt sich nicht zuletzt im Stil des Saddha.rma.puiJcf.arika., der sich in grenzenloser Weitschweifigkeit und in ermüdender Fülle von ~·iederholungen gefällt. Hatten wir den Wiederholung en im D1ghanikaya und Majjhimanika ya als Stilmittel eine bestimmte \Virksamkeit zuerkannt, so verkehren die Mahayanasutr as in dieser Hinsicht weitgehend Vernunft in Unsinn und Wohltat in Plage. Die auch hier nicht fehlenden edlen und erhabenen Gedanken werden von dem \Vortschwall, rnit dem sie vorgetragen werden, geradezu erstickt. Dabei ist der ethische Grundgehalt des SaddharmapuiJcf.a.rika durchaus nicht niedrig. Verschiedentlich werden die ethischen Lehren im Gewand ergreifender Parabeln vorgetragen. So wird der Buddha mit einem Arzt verglichen, der berufen ist, die ::\!J:enschheit vom Leide zu befreien, und besonders gern bezeichnet man ihn als Augenarzt, der die Blinden, im Leid Verstrickten, sehend macht. An anderer Stelle wird hervorgehoben , dass Buddha für das Heil der Menschen sorgt wie ein liebender Vater für seine Kinder. Eine Geschichte erinnert an die biblische Legende vom verlorenen Sohn (doch ohne dass daraus auf Beeinflussung in der einen oder anderen Richtung zu schließen wäre). Leider sind es immer I'Vieder
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die Übertreibungen und der Gebrauch phantasieentsprossener Epitheta und Zahlen, die jeden positiven Eindruck alsba.ld wieder zunichte machen. Neben der durchgängigen Vergöttlichung des Buddha steht im Kapitell4 seine Tätigkeit als Magier, eine Profanierung, die sich nur aus dem Bestreben erklären lässt, den Buddha eben in all und jeder Hinsicht als absolut vollkommen zu charakterisieren. Übertrieben und aufdringlich ist auch das Selbstlob, das sich das Sa.ddha.rmapuJ]c;larika spendet. Im Kapitel 22 nennt es sich einen \1\Tasserbehälter für den Dürstenden, ein Feuer für den Frierenden, ein Gewand für den Nackten; es vergleicht sich mit einer Mutter, einem Boot oder mit der Fackel, die die Finsternis verbannt. w·er das Saddharmapm;4ar1ka mit Zustimmung gelesen habe, der dufte aus dem Mund wie eine Lotosblüte und aus den Gliedmaßen wie Sandelholz. Deutlich ist hieran die Beeinflussung durch die brahmanisch-hinduistische Literatur und Gedankenwelt zu erkennen, beispielsweise durch die Pural_las. Aber nicht nur diese haben auf die Mahayanasutras eingewirkt, sondern auch der Hochgott-Theismus hat seine Spuren hinterlassen: entspricht die Vergöttlichung des Buddha in vielem doch ziemlich genau der Verherrlichung des KJ;f?l_la als Inkarnation des Vis:l_:tu, wie er etwa in der Bhagavadgita ausgeprägt ist. Der Form nach ist das Sa.ddllarmapm.lc;larika ein Gemisch aus Prosa und Gathas (Strophen). Die Sprache der Prosa ist reines, die der Gathas hybrides Sanskrit. Man nimmt an, dass die Gathas den Grundstock des \iVerkes bilden. Wahrscheinlich gab es ursprünglich nur wenige Prosaeinschübe, die im Laufe der Zeit aber erweitert wurden. Diese Auffassung erhält eine wesentliche Stütze durch den Umstand, dass die Kapitel 21 bis 26, die sich deutlich von den übrigen Kapiteln abheben, fast keine Gäthas enthalten. "Während das Sa.ddlwrmapw;c;larika. im wesentlichen dem Buddha selbst gewidmet ist, bilden den Gegenstand dieser Spezialkapitel die Bodhisattvas, womit sich jene als jüngsten Teil des Gesamtwerkes kennzeichnen. Der Bodhisattva-Kult unterliegt ähnlich extremen Übertreibungen wie der des Buddha selbst. So schildert das Kapitel 24 die tiefgreifenden magischen \iVirkungen, die man durch da.s Anrufen des Avalokitesvara ~auf den noch zurückzukommen sein wird~ herbeiführt: Man kann sich auf diese \iVeise vor jeglicher Gefahr schützen, selbst vor der Vollstreckung der Todesstrafe; Frauen wird der \iVunsch nach Kindern erfüllt und was dergleichen Mirakel mehr sind. Es wird somit deutlich, dass auch das Saddliannapm;c;larika aus älteren und jüngeren Teilen besteht. Dennoch aber sind Einheitlichkeit und innerer Zusarnmenhang erheblich stärker ausgeprägt als etwa beim j\l[ahavastu oder La.Iitavistara. Diese beiden Werke gehören einer ausgesprochenen Übergangsphase an, die im Saddha.rmapmp;la.rika bereits Geschichte geworden ist. Der Buddhismus ist jetzt endgültig in seine jüngere Etappe eingetreten. Das zeigt auch der Gehalt an Realien. den unser Text aufweist. Nicht nur die Ideologie hat sich
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stark gewandelt; ins Gewicht fallen jetzt auch die Beschreibungen sakraler Bauten, wie der buddhistischen Klöster, einschließlich ihrer Inneneinrichtung und Ausschmückung, etwa mit Statuen. Das Sa.ddharmapm;u;la.rTka ist daher auch ein Denkmal der buddhistischen Kunstgeschichte. Für die auf die Chronologie bezügliche Fragestellung sind diese Passagen insofern von Wichtigkeit, als sie einen hohen Entwicklungsstand buddhistischer sakraler Bautätigkeit erkennen lassen. Ein wertvolles Hilfsmittel ist auch hier wieder die Datierbarkeit der chinesischen Übersetzungen. Die erste aus dem Jahr 223 ist verlorengegangen; die älteste uns erhalten gebliebene stammt aus dem Jahr 286. Ob, wie manche Forscher annehmen, der älteste Kern des Saddhannapui_Ir;larTka bis in das 1. Jahrhundert zurückweist, muss dahingestellt bleiben. Mit ziemlicher Sicherheit aber kann behauptet werden, dass die Hauptmasse des vVerkes um 200 geschaffen wurde. Ursprünglich war es nur in einer aus Nepal stammenden Rezension bekannt; später sind im chinesischen Ostturkestan Texte gefunden worden, deren Eigenständigkeit so groß ist, dass man die Existenz einer zweiten Rezension e1nraumen 1nuss. Hatte das Sa.ddllarmapui_Ir;larTka. vorwiegend die Eulogie des Buddha zum Thema, so sind die folgenden Mahayanasutras der Verherrlichung des Bodhisattva in verschiedenen Aspekten beziehungsweise Personifikationen gewidmet. Held des IGira.1;r;lavyiilla (der auch IOiral!r;la.vyiihasiitra genannt wird) ist der Buddha Avalokitesvara, "der (freundlich) herabblickende Herr":5 Von diesem Werk gibt es zwei Fassungen: eine ältere, die in Prosa gehalten, und eine jüngere, die in Slokas abgefasst ist. Letztere demonstriert besonders deutlich, wie sich der Buddhismus nunmehr in sein Gegenteil verkehrt hat. Gegenüber dem ursprünglichen Buddhismus, der zwar die "vorgefundenen" vedischen Götter nicht leugnete, ihnen jedoch nur eine sekundäre Rolle zugestand und im übrigen auch ohne diese Götter ausgekommen wäre, haben sich jetzt, in der jüngeren Version des IGirm!r;la.vyiiha, die hinduistischen Einflüsse voll durchgesetzt und einen - ursprünglich also ganz widersinnigen - buddhistischen Theismus kreiert: Ein Ädibuddha ("Ur-Buddha") gilt als Schöpfer der Welt. Danach wird eine skurrile Folgeschöpfung postuliert, die wieder an die Purä1;as, aber auch an einschlägige Passagen aus der BI;lndarai_Iyaka- und Cllandogya-Upani,?a.d erinnert: Aus dem Atem des Ädibuddha entstand Avalokitesvara (den wir bereits aus dem 24. Kapitel des Saddharmapm;r;larTka kennen); dessen Gliedern wiederum entsprossen die Götter. Sonne und Mond entstanden aus seinen Augen, Mahesvara aus der Augenbraue, Brahman und andere Götter aus seinen Schultern, Näräya1;a aus seinem Herzen, Sarasvat1 aus seinen beiden Eckzähnen, die Maruts aus seinem Mund, die Erde aus seinen Füßen und Varm;a aus seinem Magen. Auch dieser Text schwelgt geradezu in Strömen von Mitleid für alle Wesen und von dem keine Hindernisse kennenden \1\Tunsch, zur Erlösung derselben beizutragen, und sei es unter Aufopferung
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des eigenen Selbst. Besser ist es, so wird gelehrt, eine Sünde zu begehen und ihre Folgen auf sich zu nehmen, als irgendein Lebewesen in seiner Erwartung zu enttäuschen. Avalokitesvara selbst ist Vorbild einer solchen Lebensführung. Er steigt sogar zu den Höllenbewohnern hinab und erlöst sie von ihren Qualen, und er bringt die umherirrenden Totengeister und Gespenster zur Ruhe. Der Kara1;qavyüha. schildert, wie der A va.lokitesvara weite Reisen durch Indien und Sri Lanka unternahm, überall das Übel bannte und Segen stiftete. So befreite er einen Landstrich von einer schrecklichen Hungersnot. Selbst Insekten und \Vürmer belehrte er über die Ursachen ihrer inferioren Lage und über die Möglichkeiten, eine günstigere Wiedergeburt zu erlangen. Die Zeitstellung dieser metrischen Fassung dürfte das 4. Jahrhundert sein. Eine Besonderheit der Prosarezension besteht darin, dass ihr zweiter Teil ganz in den Bannkreis des Tautrismus geraten ist. Auf die spezifisch buddhistische Tantrik werden wir im Abschnitt über die Vajrayäna-Litera.tur noch eingehen (s. S. 324); hier sei so viel gesagt, dass die mystische Formel Om ma.1_1ipadme lmm in diesem Teil des Karm;qa.vyüha eine bedeutende Rolle spielt. In Nepal und Tibet ist sie auch in der Gegenwart noch in Gebrauch. Einen anderen Bodhisattva, den Buddha Amitäbha, verherrlicht ein \Veiteres Mahäyäna.sutra, der Sukhava.tlvyüha.. 6 Dieses in Sanskrit verfasste Sutra existiert in zwei Versionen von sehr unterschiedlicher Länge, die auch inhaltlich stark differenziert sind. Die Grundlehre aus der längeren Fassung besteht darin, dass man durch gute Taten und die Verehrung des Amitäbha (der auch den Namen Amitäyus trägt) nach Sukhävati gelangt. Die in der kürzeren Version enthaltene Doktrin hält es dagegen für ausreichend, in hingebungsvoller Liebe an den A valokite:3vara zu denken. Diese Ideenfolge sichert die relative Chronologie: Der kürzere Text ist der spätere und darf als Auszug aus der längeren Fassung angesehen werden. \Vas aber ist nun die Sukhävat1? Auch dieser Begriff ist im Grunde genommen ein ganz unbuddhistischer. Dem alten Buddhismus galt (wieS. 264 ausgeführt) es als höchstes Ziel, durch Überwindung des "Durstes" und des "Anhaftens", also aller Begierden und Neigungen, durch die Erkenntnis vom transitorischen Charakter der \Velt und des Menschenlebens und der dadurch gegebenen Ursa.che des Leides, von \Viedergeburten frei zu werden und in einen qualitätslosen, durch irgendwelche Attribute nicht zu beschreibenden Zustand, das NirväJ}a, zu gelangen. Vollkommen verschieden von dieser Nirväl}a- Konzeption ist die Vorstellung von einer Sukhävati, die man am besten als eine Art Paradies bezeichnen kann und in der der Buddha Amitäbha thront. Karl Gjellerup hat dieses Paradies mit einer glücklichen Verbindung von Sachkenntnis und dichterischer Intuition beschrieben. 7 Hier gibt es nichts Übles und Böses, weder Hölle noch Tod, weder Geister noch Totengespenster. Herrliche, mit Juwelen geschmückte Bäume ragen über die ebene Landschaft, die ihrerseits von Düften
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erfüllt ist. Sphärenmusik durchtönt die Lüfte. Die Nacht ist aus dem Paradies verbannt; ewig herrscht strahlende Helle. Zwischen Göttern und Menschen bestehen keine Unterschiede mehr. Alle ~Wesen thronen auf Lotosblüten. und alle erfreuen sich ewiger Seligkeit. Die älteste chinesische Übersetzung der längeren Fassung erfolgte zwischen 147 und 186, während die kurze Version im Jahre 402 übersetzt ·wurde. Beide Versionen haben eine tiefgreifende und nachhaltige kulturgeschich tliche Auswirkung gehabt, indem sie die literarische Basis des chinesischen und in noch stärker ausgeprägtem Maße des japa.nischen Buddhismus wurden. Ein Begriff, den wir bereits aus dem Ca.riyapita.ka. kennen, erhält in der Mahayana- Literatur eine zentrale Position: Es ist die paramüa. Man kann dieses \Vort mit "Qualität'' oder auch mit "Vollkommenh eit" übersetzen. Die buddhistische Literatur zählt sechs solcher Paramitfis auf. s Als wichtigste von ihnen gilt prajiia, also das \Vissen beziehungswei se die Erkenntnis. Von ihnen handeln 9 die religions- und philosophieges chichtlich wichtigen Prajnaparamit asutras. Diese verkünden, kurz gesagt, die Lehre von der sünyata, das heißt von der "Leere" der ganzen \Velt. \Vir werden auf den philosophische n Aspekt dieser Doktrin noch zurückkomme n und bemerken einstweilen nur, dass sie eine extreme Ausprägung des subjektiven Idealismus darstellt. In sophistischen Argumentationen wird die \Velt als Illusion und Schein (maya) bezeichnet. Die Abkehr von den Ideen des ursprünglichen Buddhismus tritt hier in aller Krassheit zutage und mündet in eine vollständige Negation derselben. Denn nicht nur die \Velt und die sie bewohnenden \Vesen werden als Maya aufgefasst; auch das Nirval)a gilt jetzt als eine bloße traumhafte Illusion, und schließlich ist selbst der Buddha nur eine solche! So heißt es im dreizehnten Kapitel der Vajracchedika ausdrücklich, dass es eine von Buddha verkündete Lehre nicht gebe. 10 Was die Form anlangt, so greifen die Prajfiapäramit asutras alte Überlieferungen auf. Dazu zählt vor allem der Dialog: Der Buddha spricht mit Schülern, wie Sariputra, oder mit Bodhisattvas. Als Sutras sind diese Werke in Prosa gehalten. Hinsichtlich der Zeitstellung ist zu bemerken, dass die früheste chinesische Übersetzung im Jahre 179 vollendet wurde. Die ersten Jahrhunderte nach der Zeitenwende waren also die Entstehungsze it auch dieser Literatur. Die Prajnapäramit asutras huldigen der gleichen Umständlichke it und VVeitschweifigkeit, wie man sie auch sonst in der Literatur des Mahayana findet. Obwohl in Prosa gehalten, pflegt man die Länge der einzelnen \Verke dennoch in Slokas anzugeben. Da ein Sloka. bekanntlich aus vier mal acht Silben besteht, werden jeweils 32 Silben als ein Sloka gerechnet. Es gibt Prajnäpäramit äsutras, die a.us 300, 500, 700 und 800, und andere, die aus 2500, 8000, 10000, 18000, 25000 und sogar 100000 Slokas bestehen, also den Umfang des Ma.habhara.ta erreichen! Unter ihnen ragt durch relativ hohes Alter ein Werk mit 8000 Slokas,
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die A9~asahasrika, herausY Nach mehrfachen Kürzungen und Erweiterungen umfasst das \Verk jetzt 32 Kapitel. Sie geben Dialoge des Buddha nlit seinen Anhängern Subhi:tti und Sariputra sowie mit dem Götterkönig Sakra (der mi1 dem Sakka des Pa.li-Kanons und dem Indra des Veda identisch ist) wieder. Auch hier überschreiten Weitschweifigkeiten und \Viederholungen da.s Maß des Erträglichen. Auf einige der bekanntesten hierher gehörenden \Verke wollen wir noch kurz eingehen. Das Dasablliimikasiltra befasst sich mit den zehn Stufen oder Etappen ( bl1ilmi), über welche die Buddhaschaft erreicht wird. 12 Das überwiegend in Prosa gehaltene \Verk greift nlit seiner Lehre von den zehn Stufen auf entsprechende gedankliche Vorformen aus dem l\!Jaha1rastu und dem La.litavistan zurück. Im .Jahre 297 wurde das Da.sa.bhiimika.siltra ins Chinesische übersetzt, so dass die zweite Hälfte des 3 . .Jahrhunderts als Entstehungszeit des \Verkes angesehen werden kann. Eine Sammlung chinesischer und tibetischer Übersetzungstexte, die den zusammenfassenden Namen Ratnaküta (,,.Juwelenberg") führt, umfasst 49 einzelne Sutras. Unter ihnen befindet sich das wichtige IGi~yapaparivartaY In einem Dialog belehrt Buddha den Kasyapa über die Leere (siin.'vata) der Welt. Das \Verk besteht aus Versen und Prosa, wobei erstere den Inhalt der letzteren wiederholen und zusammenfassen. Einen weiteren Teil des Ratnaküta bilden die in Form der Beantwortung von Fragen abgefassten Stücke (parip~'ccba). Unter ihnen verdient besonders die Ra~?trapalapaiip~·ccha Erwähnung. 14 Der erste Teil dieses \Verks hat dogmatischen Charakter. Buddha beantwortet die Fragen des Ra~trapala nach den bei einem Bodhisattva zu erwartenden beziehungsweise für ihn erforderlichen Eigenschaften. Von großem Interesse ist dieser Teil durch eine Prophetie von erstaunlichem Realismus. Der Untergang des Buddhismus durch den moralischen Verfall seiner Anhänger wird hier angekündigt. Die Mönche werden hochmütig und schamlos; sie ergeben sich dem Trunk, und obwohl sie in \Vorten heuchlerisch Keuschheit predigen, werden sie in \Vahrheit zu VVeiberfreunden. Der zweite Teil des Werkes verarbeitet Themen aus den .Jatakas. Eine chinesische Übersetzung der Ra.c;tTapalap~·ccha ist zwischen 58.5 und 592 angefertigt worden. Berücksichtigt man den aus der ervvähnten Prophetie hervorgehenden Verfallsgrad des Mönchsordens und das niedrige Niveau der Sprache dieses \Verkes, so drängt sich die Überzeugung auf, dass letzteres nicht viel älter als die chinesische Übersetzung sein kann. Für die Geschichte der Philosophie - wir werden darauf noch kurz zurückkommen - nicht ohne Bedeutung ist das Lalika1rataTasiltTa. 15 Es enthält die Doktrin von der Leere (silnya.vada.) in einer modifizierten Form, die als Vijnanavada bekannt geworden ist. Auch hier wird das Vorhandensein jedvveder objektiven Realität verneint, aber dem Bewusstsein wird eine subjektive Realität zuerkannt. Die früheste Übersetzung ins Chinesische stammt aus dem
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Jahre 443. In dieser Übersetzung fehlen die Kapitell, 9 und 10; diese sind dem Werk also ·wahrscheinlich erst später angefügt worden. Allerdings ist der Text auch sonst in keinem guten Zustand. Es überwiegt die Prosaform; verschiedentlich sind auch Gathas eingestreut: das letzte Kapitel enthält ausschließlich Gathas. Schon das erste Kapitel ist so ahistorisch und anachronistisch wie möglich: Es wird berichtet, dass Buddha mit dem uns aus dem Ramaya.IJ.a bekannten Dämonenfürsten Ravm,1a auf Lmi.ka (Ceylon) zusammengetroffen sei! Da.bei habe Buddha dem Rava1,1a den Unterschied zwischen rechter und falscher Lehre aufgezeigt. Im zweiten Kapitel finden sich interessantere Themen, die auch für die Kulturgeschichte nicht ohne Bedeutung sind. Hier ist es der Bodhisattva Mahamati, der dem Buddha über hundert Fragen von recht verschiedener Art vorlegt. Diese Fragen beziehen sich a.uffallenderweise nicht nur auf den buddhistischen Gesichtskreis. Buddha beantwortet sie, wobei er teilweise über die ihm gestellten Fragen noch hinausgeht. So konunt er unter anderem auf geographische und medizinische Probleme zu sprechen. Die Kapitel 2 bis 7 sind philosophischen Erörterungen gewidmet, die uns später noch beschäftigen werden. Interessant ist das Kapitel 3 mit seiner massenhaften Aufzählung von Buddha-Namen. Im achten Kapitel erkennt man deutlich den Einfluss des Hinduismus: Hier wird mit äußerster Schärfe gegen das Verzehren von Fleisch polemisiert. Hierzu sei ergänzend bemerkt, dass der Fleischgenuss zur Zeit der l,lk.sarnhita durchaus noch nicht verpönt und offenbar auch noch in der Ara der Upani~aden üblich war. Erst bei der Umwandlung des Brahmanismus zum Hinduisnms kam gemäß der Konzeption von der Unverletzlichkeit ( al1imsa) insbesondere der Kuh das strikte Verbot des Fleischgenusses auf und drang dann auch in die buddhistische Ethik ein. Im La1ikavatarasiitTa. gilt das Essen von Fleisch für so verwerflich, als verzehre man seinen eigenen Sohn. Kapitel 9 verrät tantristischen Einfluss: Mit Hilfe einer Formel sollen Schlangendämonen und Geister gebannt werden. Das zehnte Kapitel enthält einen philosophischen Extrakt in 884 Versen: Die gesamte Wdt gilt als unreal, und zum Beweis dieser These werden Argumente angeführt, die auch aus dem Lager des Vedanta hätten stammen können (wodurch einmal mehr der Einfluss des Vedänta auf den jüngeren Buddhismus erwiesen wird). Dazu zählt das bekannte Beispiel vom brennenden Holz: Lässt man ein solches brennendes Scheit durch die Luft kreisen, entsteht der Eindruck eines Feuerrades, das in Wirklichkeit nicht existiert. Ins Treffen geführt werden auch die (oft ringartigen) Lichterscheinungen, die sich bei geschlossenen Augen manifestieren und die ebensowenig real sind. Wie schon bemerkt, fehlt dieses Kapitel in der chinesischen Übersetzung von 443. Diese Tatsache und der Umstand, dass es die Guptas und besonders die Hunnen erwähnt, machen es wahrscheinlich, dass es erst um 500 entstanden ist. Die Hauptmasse des LankavatarasiitTa dürfte aber etwa 100 Jahre älter sein.
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\Vir schließen diese Betrachtung mit einem kurzen Blick auf den Suvan.JapTabhasa (" Goldglanz" ). 16 Dieses Sutra lehrt Philosophie und besonders Ethik wobei es zur Stützung seiner Dogmen verschiedene Legenden anführt. In einer derselben wird jemand, der sich um den Erhalt einer Buddha-Reliquie bemühte. dahingehend belehrt, dass ein solcher \Vunsch ebenso unmöglich zu erfüllen sei wie der nach Kleidung aus den Haaren einer Schildkröte (der Text führt hier noch eine ganze Anzahl anderer unmöglich zu bewerkstelligender Dinge an). Der Grund liege darin, dass der Buddha einen immateriellen Körper besessen habe! Die Dekadenz einer solchen Auffassung ist unübersehbar. Ansonsten steht der SuvanJapTabhasa. in ethischer Hinsicht auf dem von der MahayänaLiteratur gewohnten Niveau: Das vierte Kapitel postuliert nachdrücklich Mitleid und Nächstenliebe (maitrl). Im sechsten Kapitel finden wir die wiederholt zitierte Doktrin von der Leere der Welt. Von Interesse ist noch das dreizehnte Kapitel, das hier - an einer Stelle, wo man dergleichen nicht vermuten sollte - Regeln für die Aufgaben und Pflichten eines Königs aufstellt. Mit anderen Mahayana-Werken teilt der Suvan.JapTabhasa. den peinlichen Hang zum Selbstlob. An verschiedenen Stellen zeigt sich deutlich der Übergang zur tantristischen Vajrayana- Literatur.
Anmerkungen
1 Die grundlegenden Werke der Mahayana-Literatur sind in der Bibliotheca Buddhica enthalten, die von 1897 bis 1937 in St. Petersburg (Leningrad) in 32 Bänden erschien. Für unsere Darstellung sind besonders die folgenden Bände relevant (Nummern der Bände in Klammern): Ra~(:rapalaparipi;ccha (2), Avadanasataka (3), Saddharmapm;Idarfka (10), Mahavyutpatti (13). 2 Zusammenfassung der Mahayanasutras im JVIahayanasiitrasamgraha, ediert von P. L. Vaidya (Darbhanga 1961). 3 Zum Studium der Lehren und Geschichte des Mahayana-Buddhismu s zu empfehlen sind u.a. W. M. McGovern: An Introduction to Mahayana Buddhism (London 1922); N. Dutt: Aspects of M~ahayana Buddhism (London 1930); M. Winternitz: Der J\1ahayanaBuddhismus nach Sanskrit- und PrakJ;t-Texten (Tübingen 1930). 4 Ausgaben des Saddharmapm;I1arfka von H. Kern und B. Nanjio in der Bibliotheca Buddhica (St. Petersburg 1908-1912) und von P. L. Vaidya (Darbhanga 1960). Übersetzungen von E. Burnouf: Le Lotus de Ja banne Lai (Paris 1852) sowie von H. Kern in Bd. 21 der Sacred Books of the East (London 1884, Neudruck Delhi 1980) und von L. N. Hurvitz (New York 1976). Studie von S. Levi (Paris 1925). Vgl. ferner die Arbeit von ·vv. Baruch: Beiträge zum SaddlJarmapundarfka. (Leiden 1938). 5 Ausgabe des Karat;~1a.vyiiha(siitra.) in seinen Prosateilen von S. V. Samasram! (Calcutta 1873).
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6 Ausgabe des Sukha>'atf>'Yiiha von M. Müller und B. Nanjio (Oxford 188:3). Übersetzung von M. l\Iüller in Bd. 49 der Sacred Books of the East (Oxford 1894, Neudruck Delhi 1968). 7 Vgl. K. Gjellerup: Der Pilger Kamanita (Frankfurt/M . 1907, Neuausgabe Interlaken 1986). 8 Einen guten Einblick in die Gedankenwel t der Prajiiäpärarr: tita-Literatur vermittelt die Studie von M. VValleser: Prajiiaparamita, die Vollkommenh eit der Erkenntnis (Göttingen 1919). 9 Wesentliche Beiträge zur Erforschung der Prajnäpärami tä-Literatur hat E. Conze geleistet. Eine Übersicht gewährt seine Monographie: Tl1e Prajiiaparam ita Literature (Den Haag 1960). Ebenfalls von Conze sind die Materials for a Dictionary of the
Prajiiaparam ita Literature (Tokyo 1967). 10 Ausgabe der Vajracchedika von lvl. Müller (Oxford 1881) und Übersetzung von demselben in Bd. 49 der Sacred Books of the East (Oxford 1894, Neudruck Delhi 1968); Ausgabe und Übersetzung außerdem von E. Conze (2. Auf!., Rom 1974). 11 Ausgabe der A:?tasahasrika von R. L. Mitra in der Bibliotheca Indica (Ca!cutta 1888). Übersetzung von E. Conze (1958). Teilübersetzu ng: Prajiiaparamita, die Vollkommenh eit der Erkenntnis von M. Walleser (s. Anm. 8). 12 Ausgabe des Da.5abhumika sutra zusammen rr:tit einer Übersetzung des siebenten Kapitels von J. Rahder (Utrecht 1926). Übersetzung der ersten sechs Kapitel von L. de la ValleePoussin in: Le Museon, 26, 29, 30 (Löwen 1907, 1910, 1911). 13 Ausgabe der Sanskrit-Frag mente des IGsyapapariv arta von A. von Stae!-Holstein (Shanghai 1926). Übersetzung des sanskrit-tibeti schen Textes mit mnJassender Untersuchung des Inhalts von F. Weller in den Abhandlunge n der Sächs. Akad. der Wiss., Phil.-Hist. Kl., Bd. 57, Heft 3 (Berlin/DDR 1965). 14 Ausgabe der Ra'?~rapalapariprccha von L. Finot (St. Petersburg 1901). Übersetzung von J. Ensink (Zwolle 1952). 15 Ausgabe des Lankavataras ütra von B. Nanjio (Kyoto 1923). Übersetzung von D. T. Suzuki (London 1932). Umfassende Studie gleichfalls von D. T. Suzuki, die besonders dem Einfluss der Lehren des Lankavataras iitra auf die Entwicklung des japanischen ZenBuddhismus nachgeht (London 1930, Neudruck London 1972). 16 Ausgabe des Suvan,1aprabhasa von B. Nanjio und H. Idzumi (Kyoto 1931).
c) Die Literatur des Vajrayana Unter dem Oberbegriff der Vajrayana- Literatur fasst man der Einfachheit halber verschieden artige Produkte des spätbuddhis tischen Schrifttums zusammen. Vajrayana im engeren Sinne - wir kommen darauf noch zu sprechen - ist die Literatur des buddhistisc hen Tantrismus. Bei der Besprechun g der hinduistisch en Tantras (s. S. 125) hatten \Vir auf die Tatsache hingewiesen , dass es auch einschlägige buddhistisc he Imitationen gibt, wie zum Beispiel das Svaya.mbhü-Ta.ntra oder Svayambhü-Purar;w .. Es
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handelt sich dabei jedoch nicht um ein Puriil_1a, sondern um ein J\1alütmya. 1 Svayambhu bedeutet "durch sich selbst existierend" und ist ein Epitheton des Gottes Brahman.-Deutlich zeigt sich hieran, dass der Buddhismus seine ideelle Selbstständigkeit damals schon weitgehend verloren hatte und dass der Prozess der Amalgamierung mit dem Hinduismus weit fortgeschritten war. Das vVerk wendet sich vorwiegend an Pilger, die die buddhistischen Heiligtümer von Nepal aufsuchen wollten, indem es diese, auch unter Anführung relevanter Legenden, glorifiziert. Von diesem Mähätmya gibt es nicht weniger als fünf Rezensionen, die jedoch untereinander nur unwesentlich differieren. Neben Mähätmyas sind es die Stotra.s (Hymnen, Lobgesänge), die lTlan zum Vajrayäna im weiteren Sinne zählt. Von ähnlichen literarischen Produkten des Vi~1_1uismus und Sivaismus sind sie durch die Anführung von Namen aus dem buddhistischen Bereich fast nur noch forma.l geschieden. Einige von ihnen reichen in etwas ältere Zeit zurück und behaupten als vVerke der Kunstdichtung einen nicht unbedeutenden Rang; dazu zählen besonders die Hymnen des Mät~'Ce~a, von denen bereits die Rede war. 2 Die späteren Stotras sind eng mit dem buddhistischen Saktismus verknüpft. Es sei daran erinnert, dass im hinduistischen Tantrismus den Hochgöttern als weiblich vorgestellte sogenannte "Energien" beigesellt wurden, beispielsweise dem Siva die Pärvat1. Im Laufe der Zeit überwuchert dann der Kult dieser weiblichen Pendants den der Hochgötter. Eine solche Entwicklung ist auch im Vajrayäna zu beobachten. Hier wird gleichfalls dem Buddha ein weibliches Prinzip an die Seite gestellt. So ist seit dem 6. Jahrhundert ein Kult der in mehreren Aspekten auftretenden Tärä bekannt, die das Gegenstück zum A valokitesvara darstellt. Eine ihrer Erscheinungsformen ist die als Kranzträgerin (Sragdharä); dieser ist ein Sragdl1ara-Stotra. gewidmet, das Sarvaj:fiamitra in Kashmir in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts verfasst hat. 3 Andere Stotras richten sich an die Bhagavatl, eine weitere Form der Tärä. Eine weitere literarische Gruppe des Vajrayana sind die Sammlungen von Zauberformeln (Dharm_11). Magische Praktiken spielten seit den ältesten Zeiten in Indien eine große Rolle, so zum Beispiel im Atharvaveda und im SamavidlJanaBrahmal;Ia. Gerade die Brähmm_la-Literatur mit ihren Spekulationen über das Opfer beruht auf einem magischen Weltbild. Auch der frühe Buddhismus war ohne magische Formeln (im Pali pa.ril;ta genannt) nicht ganz ausgekommen. Es nimmt daher nicht wunder, dass der späte Buddhismus - gerade in Nordindien und in Nepal umgeben von hinduistisch-tantrischen Praktiken - in verstärktem Maße auf Zauberhandlungen zurückgriff. Die Dhära1_11s haben aber nicht nur jahrtausendealte Vorläufer, sondern weisen auch in sich eine recht bedeutende Tradition auf. Sie gehen nämlich bis auf das 2. Jahrhundert zurück, indem ursprünglich durch ihre Kürze geeignete Prajiiäparamitasutras als Dhära1_11 Verwendung fanden. 4 Die neue Literatur-
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gattung, wenn man sie als solche bezeichnen darf, breitete sich dann ziemlich schnell aus und fand auch in große, als besonders heilig geltende \Verke Eingang, beispielsweise in die Kapitel 21 und 26 des Saddharmapu1Jfjar1ka. Die Anwendungsbreite der Dharar;1s war übrigens gegenüber den Mantras des Atharvaveda begrenzt und beschränkte sich weitgehend auf das Gebiet der Abwehrzauber. Sie waren also gedacht als Mittel gegen Dämonen und die von diesen ausgehenden schädigenden Einflüsse, gegen Krankheiten, Vergiftungen und Schlangenbisse. Schädigungszauber spielen gar keine Rolle, dagegen kommen hin und wieder \Vunschzauber vor. So sollen die Dharar.üs dazu dienen, eine günstige Wiedergeburt, etwa im buddhistischen Paradies Sukhavat1, herbeizuführen. Ja, eine Schwangere ist mit Hilfe der Dharar;1s sogar imstande, das Geschlecht des Embryos nach ihrem \\Tunsch einzurichten. Der Form nach sind die Dharar:üs Sprüche, die an den Buddha sowie an Bodhisattvas oder an weibliche Gottheiten gerichtet werden. In ihrer formelhaften Prägnanz erinnern sie zuweilen an bestimmte Opferformeln aus dem Yajurveda.. Verschiedentlich kommen aber, wie in ma.nchen Äral}yakas, auch mehrfach hintereinander gesprochene mystische Silben vor, wie zum Beispiel ja.va, jivi, juvu, pha.t, l1rum. Eine bestimmte Sammlung von fünf Dharal}1s wird als "fünffältiger Schutz" (Pai1carak~a) bezeichnet. Die GalJapati-Dharm;T weist schon durch ihren Namen auf die Beeinflussung durch den Hinduismus hin. Es gibt noch viele andere solcher Einzelwerke und Sammlungen, die aus literaturgeschichtlicher Sicht jedoch nicht der Erwähnung bedürfen. Dagegen darf nicht verschwiegen werden, dass die kulturgeschichtliche Bedeutung der Dharal}1s, besonders für die außerindischen Länder des Mahayana-Buddhismus und damit für große Teile Asiens, nicht unterschätzt werden sollte. Der buddhistische Tautrismus ist die ideologische Basis der VajrayanaLiteratur im engeren Sinne. Hier werden verschiedenartige und teilweise divergente Strömungen in ein System gebracht: die magischen Praktiken, wie sie sich in den Dharal}1S niederschlugen, hinduistischer Saktismus, buddhistische Mahayana- Philosophie, volksreligiöse Ideen und Kulte und andere mehr. Die wichtigste Komponente ist im buddhistischen wie im hinduistischen Tautrismus dieselbe: die Kreierung eines kosm~ischen weiblichen Urprinzips und die Einbeziehung desselben in einen philosophisch-religiös etwas mühsam fundierten, mehr oder minder orgiastischen Kult. Die essentielle Verwandtschaft beider Strömungen tritt auch dadurch zutage, dass sie eine Tendenz zur Esoterik zeigen, sich also den Besitz geheimer Lehren zuschreiben; auch hier wird man wieder an den Veda, nämlich an die nur in der Abgeschiedenheit des indischen Urwaldes zu studierenden Ara1;yakas, erinnert. Wie die Literatur des sivaitisch-hinduistischen, so ist auch die des buddhistischen Tautrismus noch unzureichend erforscht; auch sind gewiss bei weitem noch nicht alle einschlägigen ~Werke ans Licht gezogen >vorden. Die Vajrayäna-
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Literatur bietet ihren Erforschern noch ein weites unbebautes Feld. Der Terminus vajra., der diese Ideologie und ihre Literatur kennzeichnet, hat in Indien eine große, bis zum Beginn der vedischen Ära zurückreichende Tradition. Vajra ist die Waffe des Indra, später der Diamant und damit Symbol des Unzerstörbaren. Vajrayana bedeutet das diamantene, unzerbrechliche Fahrzeug, wobei Vajra hier, im buddhistischen Tantrismus, ein Euphemismus für Penis ist, ähnlich wie padma (Lotos) ein solcher für Vagina. In den Weg zur Erlösung ist also ein Sexualkult einbezogen, ja dieser spielt in jenem die dominierende Rolle. Philosophisch geht diese Lehre davon aus, dass es eine sexuell determinierte \iVesenheit (vajra.sattva) gibt, die als das All-Eine sich gleichzeitig in allen Wesen befindet. Es ist dies also ein Monismus, der an den des Advaita-Vedanta erinnert und sicherlich auch von dort in den späten Buddhismus eingedrungen ist. Diese monistische Philosophie verbindet sich nun aus den obengenannten Gründen mit magischem Ritualismus und Erotik. Das Hauptziel des buddhistisch-tantrischen Kultes besteht darin, bestimmte übernatürliche Fähigkeiten und Vollkommenheiten zu erlangen. Diese führen den Namen siddhi und sind nur den in die mehr oder minder geheimen Kulte Eingeweihten zugänglich. Wer Siddhi erworben hat, ist imstande, seine Gestalt nach Belieben zu vergrößern oder zu verkleinern; auch das Fliegen gehört zu seinen Fähigkeiten. Die Erfüllung eines jeden vVunsches ist ihm gewiss. Die Menschen und selbst die Götter hat er in seiner Gewalt. Er ist mit solchen Heilkräften ausgestattet, dass er alle Krankheiten besiegt; in der Tat besitzen wir Berichte darüber, dass Tantras anlässlich der Erkrankung historischer Persönlichkeiten rezitiert worden sind. Wer Siddhi besitzt, dem ist schließlich die Allwissenheit zu eigen. Bestimmte Tantras wollen solche Fähigkeiten vorwiegend durch rituelle Observanzen zu erlangen helfen. Auch dies ist in Indien durchaus nicht neu. Denn es war bekanntlich gerade der ritualistische \iVerkdienst, von dem man sich in der Brahmal}a-Zeit die Erlösung versprach und der später im Lehrgebäude der Karmam1mfunsa zu einem philosophischen System erhoben wurde. Die einschlägigen Vajrayana-Schriften führen die Bezeichnung Kriya- Tantra. Einer ihrer bekanntesten Repräsentanten ist der )ldikarmaprad1pa. 5 Er besteht aus einem Grundtext, dem 1\iiila.siitra, und einem Kommentar. Das Werk enthält eine Vielzahl praktisch-ritualistischer Regeln für Anhänger des Mahayana, die nach weiterer Vervollkommnung streben. Die Regeln reichen von ritualistisch verbrärnter Körperhygiene, wie dem Mundspülen (das schon im vedischen Gopatha.-Brahma1;a eine Rolle spielt) und der Zahnpflege, bis zur Vergabe von Almosen, zur Verehrung des Buddha und anderer durch Anlegung von Tempeln und Errichtung von Bildern und zu Meditationsübungen. Eine wesentlich größere Rolle spielt die Meditation in solchen Schriften, die unmittelbar die erwähnten Siddhi-Fähigkeiten anstreben und unter der Be-
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zeichnung Sadhana zusammengefasst werden. Drei Arten von magischen Praktiken sind es, die hier gelehrt werden: die Rezitation bestimmter Texte oder Silben (mantra), gevvisse Finger- und Handhaltungen (mudra) und endlich die .Meditation selbst ( dhyana). Letztere soll zur vollständigen Identifizierung mit der jeweiligen Gottheit führen, deren Potenzen man sich anzueignen wünscht. Nicht weniger als 312 Sadhanas enthält die Sammlung Sadhanamala, wobei jedes Sadhana ein selbstständiges Werk darstellt. 6 Abgefasst sind sie vielfach in Prosa, die mitunter mit Versen vermischt ist. Einige von ihnen bestehen ausschließlich aus Versen. Die Sprache ist ein sowohl hinsichtlich der Beobachtung der grammatischen Regeln als auch bezüglich des lexikalischen Bestandes ziemlich entartetes Sanskrit. Die Sadhanamala enthält Stoffe, die bis ins 7. Jahrhundert zurückreichen. Die Kompilation selbst dürfte in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts abgeschlossen worden sein. Nicht unerwähnt bleiben darf die Bedeutung, die die Sädhanas für die indische Kunstgeschichte besitzen. Indem sie die Identifizierung mit einer Gottheit herbeiführen sollen, sehen sie sich veranlasst, letztere genauestens zu beschreiben, und diese Beschreibungen wurden zum Ausgangspunkt einer ausgedehnten und berühmt gewordenen Ikonographie. 7 Übrigens sind als Verfasser von Tantras mehrfach auch Frauen überliefert. In der Kulminationszeit des Tantrisrnus tritt sem Hauptinhalt, der Kult bestimmter weiblicher Potenzen und "Energien", immer stärker zutage. Dies wird nicht nur aus der Beeinflussung durch die hinduistisch-tantristische Umwelt verständlich, sondern auch daraus, dass die Dharm_:tis und Sädhanas da selbstverständlich ineffektiv - auf die Dauer nicht befriedigen konnten, während man sich von orgiastischen Kulten zwar keine übernatürlichen Fähigkeiten, da.für aber immerhin Annehmlichkeiten anderer Art versprechen durfte. So kam es zur Bildung von Geheimgesellschaften mit einer entsprechenden Li8 teratur (Guhyasamäja). Ein solches Beispielliegt im Tathagata-Guhya.samaja bereits für das 7. Jahrhundert vor. Ihre Blüte erreichten diese Geheimgesellschaften und ihre Kulte aber erst zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert unter der Herrschaft der Päla-Dynastie von Bengalen. \Vie in den tantristischen Zirkeln des Hinduismus geht es auch hier im Grunde um das Schwelgen in irdischen Genüssen. Der Einfluss des Sivaismus vvird dabei so groß, dass sogar der LingaKult in buddhistische Kreise Eingang findet! Die Tantras lassen es nicht beim Genuss von Fleisch und Alkohol bewenden, sondern erklären, dass einzig und allein Glückseligkeit (mahasukha) die Voraussetzung zur vollständigen Erleuchtung sei. Das nur in tibetischer Übersetzung vorliegende ST1cakrasambhara10 Tantra,9 in noch stärker pointierter \Veise das CaJp;lamaharoJ?al;a-Ta.ntra, legen dar, dass eine solche Glückseligkeit nur durch Frauen vermittelt werden kann. Nur auf dem \Vege der sexuellen Erotik kann man der sechs "Vollkommenheiten" teilhaftig werden. Daher vvird täglicher Geschlechtsverkehrmit
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hübschen, aber oramaren Mädchen (nämlich aus der Cm:t<;läla-Kaste) vorgeschrieben. Doch brechen wir hier ab, da 1vir ja nicht in den Tautrismus eindringen, sondern Litera.turgeschichte betreiben vvollen. Anmerkungen Ausgabe einer Rezension des Svayambhu-Puriii,Ja von Haraprasad Sästri in der Bibliotheca Indica ( Calcutta 1894-1900). 2 V gl. hierzu noch D. Schlingloff: Die Buddhastotras des
AiiitJ;ce~a,
in: Abhandlungen der
Deutschen Akad. der Wiss. zu Berlin. Klasse für Sprachen, Literatur und Kunst, 1968, Nr. 2 (Berlin/DDR 1968). 3 Ausgabe des Sragdhara-Stotra von S. C. Vidyabhlif?ana (Calcutta 1908). 4 Vgl. J. W. Hauer: Die Dharai.JT im nördlichen Buddhismus (Tübingen 1927). 5 Ausgabe des _ftdikarmapradipa Yon L. de la Vallee-Poussin in: Bouddhisme, Etudes et Materiaux (Brüssel 1898). 6 Ausgabe der Sadhanamala von B. Bhat.tacharyya in den Gaekwad's Oriental Series, 26 und 41 (Baroda 1925 bzw. 1928). 7 Hierzu vgl. die wichtige Studie von B. Bhattacharyya: The Indian Buddhist IconograplJ.v Mainly Basedon the Sadhanas (Oxford 1924). 8 Ausgabe von Swanü Dwarikadas Shastri (Varanasi 1984). 9 Ausgabe des tibetischen Textes und Übersetzung des .Srfcakra.sambhara-Ta.ntra von K. D. Samdup in den Tantric Texts. 8 und 11 (London 1919). 10 Ausgabe und Übersetzung der Kapitel 1-8 von C. S. George (New Haven 1974).
d) Die buddhistische philosophische Literatur Die anhand der literarischen Denkmäler nachgezeichnete Entwicklung des Buddhismus wies bereits im Kathavattlm Tendenzen zur Umbildung der eigentlichen buddhistischen Ideologie auf. Im Mahayana haben sich dann die \;\i'esenszüge des Buddhismus so stark verändert, dass sie verschiedentlich in ihr Gegenteil umschlugen. Diese \;\i'andlungen waren nicht nur negativer Art; in der Ethik ergab sich vielmehr durch die Blickrichtung auf die universale, nicht mehr nur die individuelle, Erlösung eine neue Dimension. An die Stelle des Arhat, des Heiligen durch sich und für sich, trat als Idea.l der Bodhisattva, der im Interesse der Erlösung der Menschheit auf die individuelle Erlösung verzichtende Anwärter auf die Buddhascha.ft. Insgesamt aber kann man sa.gen, dass sich das Mahayana zum H!nayäna etwa so verhält wie der Hinduismus zur Lehre der Upani~aden. Philosophische Systeme im eigentlichen Sinne hat der Buddhismus erst in späterer Zeit, also in der Ara des Mahayana, entwickelt. \;\i'esentliche Grundgedanken waren aber bereits im älteren Buddhismus, wie er im Suttapitaka
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vorliegt, vorhanden. Nach der Zeitenwende wurden sie in mitunter allerdings sehr extremer \Veise ausgearbeitet, weiterentwickelt und in Systeme gebracht. Die beiden grundlegenden Prinzipien, auf denen alle buddhistische Philosophie fußt, lauten: Alles ist an den Augenblick geknüpft, also momentan (kf?ai}ika), und: Alles ist Leiden ( dul,1kha). Der erstgenannte Satz ist für die Philosophie des Buddhismus besonders typisch. Er beinhaltet die Isolierung des einzelnen Moments unter Leugnung seiner Zugehörigkeit zu einem kontinuierlichen Ablauf, einem Zeitganzen. Diese Verahsolutierung der Bewegung und Entwicklung, das Nichtbegreifen einer dialektischen Einheit von Bewegung und Ruhe, von Dynamik und Statik, ist eine der schwächsten Stellen in der buddhistischen Philosophie. Sie führt auch im räumlichen Sinne letztlich auf den Standpunkt der Leugnung der Inhärenz: Es gibt nur Einzelnes, nicht aber Teile, die einem selbstständigen realen Ganzen inhärieren. Die spätbuddhistische Philosophie umfasst vier Schulen. Von ihnen gehören zwei dem Hinayana und zwei dem Mahayana an. Die ersten beiden halten die Außenwelt für real existierend und erkennbar. Sie unterscheiden sich voneinander im wesentlichen d~adui;ch, dass die einen die Außenwelt als direkt wahrnehmbar betrachte.n; ·ä:i~.~ander~~1 halte:rr sie lediglich für erschließbar. Die Systeme des Mahayana dagegeri etkenilen die Außenwelt als objektive Realität nicht an. Eine der beiden Schulen sieht nur Psyche und Denken als real an, die andere auch diese nicht. Die Anhänger der ersten der beiden Hinayana-Schulen heißen Sarvastivadins oder Vaibhas;ikas. Diese Schule postuliert vier Grundelemente (mahabhuta): Erde, vVasser, Feuer und Luft. Diese Elemente gelten zwar als atomar strukturiert, werden aber eher als Kräfte denn in substantiellem Sinne aufgefasst. Die Persönlichkeit verfügt über Empfindung (vedana), Wahrnehmung (samjiia), Gestaltungskräfte (samskara) und geistiges Bewusstsein ( vijiiana.). Ihr liegt aber kein konstantes Substrat zugrunde. Das Hauptcharakteristikum dieser Schule besteht darin, dass alle Gegebenheiten ( dharma) gewissermaßen auf zwei Ebenen existieren: Sie sind nämlich in einem potentiellen ·wesen ( dharmasvabhava) und in dessen momentaner Manifestation ( dharmalakf?aTJa) ausgeprägt. Etwas zugespitzt formuliert, läuft dies darauf hinaus, dass alles immer existiert, aber nur im jeweiligen Augenblick manifest wird. Selbst im Nirvai:ta sollen die Dinge noch irgendwie existieren, obwohl ihre Erscheinungskraft für immer unterdrückt ist. Die Erreichung des Nirvar:ta ist also nicht gleichbedeutend mit Vernichtung, sondern mit einer Art von Sterilisierung der Gegebenheiten. zumindest in seinen jüngeren Berühmtester Vertreter dieser Schule war 1 Vasubandhu. Sein Hauptwerk, der Abhidharmakosa, ist im Lebensjahren Sanskrit-Original verlorengegangen und liegt uns nur in den chinesischen und tibetischen Übersetzungen vor; außerdem besitzen wir einen Kommentar von
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Yasomitra dazu. Die früheste chinesische Übersetzung ist zwischen 563 und 567 angefertigt worden. Das Werk besteht aus 600 Karikas (Merkversen), die der Autor mit Hilfe eines von ihm selbst stammenden Kommentars verdeutlicht. 2 Schwerpunkte sind Kosmologie, Ethik und besonders die Erlösungslehre. Das letzte Kapitel, das nicht in Versen abgefasst ist, befasst sich mit der Seelenlehre. Obwohl ein Werk der Sarvastivada-Schule, gewann der Abhidharmakosa auch innerhalb anderer buddhistischer Schulen großes Ansehen und genoss auch außerhalb Indiens große Autorität und weite Verbreitung. Der Autor tritt mit Entschiedenheit besonders gegen brahmanische philosophische Schulen auf, vorwiegend gegen das Vaise~ika, in einem späteren speziellen vVerk auch gegen das Sari1khya. In seiner späteren Lebenszeit wandte sich Vasubandhu unter dem Einfluss seines Bruders Asa1iga, auf den wir noch zurückkommen werden, der vormals von ihm bekämpften Mahayäna.- Philosophie zu und schrieb eine große Zahl von Kommentaren zu Mahayana.sutras. Im Alter von 80 Jahren soll er in Ayodhya verstorben sein. Die Anhänger der zweiten H1nayana-Schule führen den Namen Sautrantika. \iVie die Vaibha~ikas ihren Namen nach der Vibha~a, dem Kommentar zum Abhidhammapitaka, tragen, so führen die Sautrantikas den ihren nach dem Suttapitaka. Aber der Unterschied beider ist nicht groß. Die Sautrantikas treten durch das Dogma hervor, nach dem Realität nur die Gegenwart, nicht aber Vergangenheit und Zukunft besitzt. Zwischen den Ansichten der Sautrantikas und den (noch zu erörternden) des Asmiga stand der bekannte, aus der Schule des Vasubandhu stammende Philosoph Dignaga (Dinnaga). Er gilt als der eigentliche Begründer der buddhistischen Logik. 3 Gegenüber den materialistischen Erkenntnissen, wie sie von der brahmanischen Philosophie etwa im Nyayablllif?ya erreicht worden waren, gab Dignaga (etwa um das Jahr 450) eine idealistische Interpretation. Nach seiner Lehre gilt als wirklich nur die Kette der Augenblicke des Bewusstseins. Jeder Augenblick ist etwas völlig Einmaliges, niemals \iViederkehrendes. An diese Kette von einmaligen Momenten trägt die Illusion ihre allgemein-abstrakten Begriffe heran. Diese Theoreme verblassen jedoch vor Dignagas Hauptleistung: der Vereinigung von Folgerung und Analogie und den von ihm aufgestellten Bedingungen für das Verhältnis des Grundes zur Folge. Von den Werken des Dignaga ist nur der Nyayapravesa in Sanskrit erhalten. 4 Im übrigen müssen wir uns auf tibetische Übersetzungen stützen. Die Auseinandersetzungen zwischen dem Nyaya-Vaise~ika-System und dem des Dignaga stellen eine wichtige Etappe der altindischen Philosophiegeschichte dar. 5 Eine vermittelnde Stellung zwischen der H1nayana- und der MahayanaPhilosophie nimmt ferner Dha.rmak1rti ein, der zwischen den Sautrantilms und den Yogacaras steht. In mancher Hinsicht führt Dharmak1rti die Gedanken des Dignaga weiter. Als Erkenntnisquellen betrachtet er die Wahrnehmung und den Schluss. 6 Die Wahrnehmung besteht aus zwei Komponenten. Im Aufnehmen
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eines Gegebenen durch die Sinne liegt \Vahrheit, aber noch keine Erkenntnis; im Schaffen eines deutlichen Bildes durch Denken liegt Erkenntnis, aber keine objektiv-reale ~Wahrheit. Dharma.k1rti sieht das von den Sinnen erfasste Reale nur unter dem Blickpunkt des Momentanen. Das bedeutet: Ein Sein der Dinge wird geleugnet und nur Beziehungen werden anerkannt. Sein Hauptwerk ist der Nyaya.bindu ("Leitfaden der Logik"). 7 ~Vhchtigster Kommentar dieses im 7. Jahrhundert entstandenen Buches ist der des Dharmottara aus dem 9. Jahrhundert. Dharmak1rti stellt sich als wesentliches Ziel, die Lehren des Dignaga gegen das Nyaya.varttika. des U ddyotaka.ra zu verteidigen. VVir gehen nunmehr zur Besprechung der beiden mahäyanistischen Schulen über. Hier ist zunächst die Vijnänavada-Schule zu nennen, die später allgemein unter dem Namen Yogäcära ging. Ihr profiliertester Vertreter war der schon genannte Bruder des Vasubandhu, Asm1ga, dem Herkommen nach ein Brahmane aus Purus;apura, dem im heutigen Pakistan gelegenen Peshawar. Die Begründung dieser Schule erfolgte um 350 oder etwas später; sie ist aber nicht allein auf Asa1'tga zurückzuführen, wie lange Zeit angenommen wurde, sondern geht hauptsächlich auf Maitreyanätha zurück, der ein Lehrer und enger Mitarbeiter des Asa1'tga gewesen sein dürfte. Nach der Ansicht des Yogacara ha.t Buddha von der Realität der Außenwelt nur aus Entgegenkommen gegenüber dem philosophisch nicht vorgebildeten Hörer gesprochen; in Wahrheit ha.be nur vijiiana., das geistige Bewusstsein, ihm als Realität gegolten. Eine reale Außenwelt könne es unter anderem auch aus dem Grunde nicht geben, weil ein Subjekt-Objekt-Verhältnis auch im Traum vorhanden ist, ohne dass den Traumbildern reale Objekte entsprechen. Alles, was auf der Dualität von Erkenner und Erkanntem beruht, ist nach der idealistischen Auffassung Asa1'tgas Traum, Fata Morgana, Echo und Schatten. Jede äußere Realität wird geleugnet; das anfanglose Nichtwissen ( a.vidya) schafft die Elemente des Bewusstseinsstromes, aus denen das Denken seine Illusionsbilder km11biniert. Höchste und gleichzeitig alleinige Realität ist der reine, einheitliche, undifferenzierte Geist, die So-heit ( tathata). Erkenntnis über diesen ist nur auf einem langen 'vVeg, nämlich über zehn Stufen führenden Yoga, zu gewinnen. l\!Ian sieht, wie diese Auffassung in die Nähe des monistischen Vedänta führt. War seinerzeit der ursprüngliche Buddhismus gegenüber dem vedischen Opferritual, aber auch gegenüber wesentlichen Theoremen der U pa.nis;aden- Philosophie, die Antithese, so kommt er jetzt zur Synthese mit der brahma.nischen Philosophie. Das Hauptwerk Asanga und damit der Yogäcara-Schule ist das Yogacarabhümisastra.8 Es ist ein sehr umfangreiches Prosawerk, von dem jedoch nur ein kleiner Teil in Sanskrit erhalten ist. Der Autor lehrt die 17 "Stufen", über die man schließlich zur Aufhebung der Karman-Folgen gelangt. Mehrere andere ~Werke Asa.1'tga.s sind nur in chinesischen Übersetzungen überliefert. Ein weiteres wichtiges Buch der Yogacära-Schule ist der J\1ahayana.sfitralarilkara. 9 Es ist nicht
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ganz sicher, wer ihn verfasst hat; es könnte Asmiga, aber auch Maitreyanatha gewesen sein. Das ~Werk ist in Sloka- und Ärya-Versen abgefasst und wird von einem Kommentar begleitet. Die zweite philosophische Schule des :'\1ahayäna, der ein noch weit radikalerer Idealismus zugrunde liegt, ist der Sunyavada, auf den wir bereits verschiedentlich hingewiesen haben. Unlöslich mit ihr verbunden ist der Name des Nägarjuna. Dieser war ein aus Südindien stammender Brahmane, der im Ruf großer Gelehrsamkeit wie auch Zauberkraft stand. Letztere benutzte er aber dazu, sogar im königlichen Palast die Frauen zu verführen. Er wurde mit einigen Kumpanen gefasst und abgeurteilt. Der Vollstreckung des Todesurteils entging er, indem er zum buddhistischen Mönchsorden seine Zuflucht nahm. Als Zeitabschnitt seines Wirkens nehmen die meisten Buddhalogen die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts an, eine ziemlich wahrscheinliche, aber doch auch nicht schlüssig bewiesene Konvention. Sicher ist dagegen, dass Nagärjuna nicht- wie mangeglaubt hat - der Begründer der Mahayana-Richtung überhaupt gewesen ist, denn diese hat schon lange vor ihm bestanden. Wohl aber ist er der geistige Urheber der Lehre von der Leerheit, eben des Sunyaväda. Nagarjuna vertritt eine Dialektik, die zunächst brillant scheinen ma.g, gegenüber den dialektischen Leistungen, wie sie sich etwa im D1ghanikaya und Majjhimanikäya ausprägen, jedoch weit zurücksteht, da sie in das Prokrustesbett einer extrem idealistischen Beantwortung der Grundfrage der Philosophie gezwängt ist. Diese subjektive Dialektik kulminiert in dem Satz, dass alle Begriffe korrelativ sind. Es gibt also nur einen Tag, weil es auch eine Nacht gibt. Kein Wort drückt eine absolute, vom Gegensatz unabhängige Realität aus; es kann sich stets nur um eine relative Realität handeln. Das wahrhafte Sein muss aber unabhängig von einem anderen sein. Daher nennt Nagarjuna seine in Wahrheit äußerst extreme Lehre auch gern den "mittleren ~Weg" (Madhyamika) und begründet dies folgendermaßen: Da es, wie eben ausgeführt, kein wahrhaftes Sein gibt, gibt es also auch kein Nichtsein und ebenfalls kein Keines-von-beiden-Sein. Die MadhyamikaLehre geht den mittleren vVeg zwischen den nach dieser Lehre nichtexistenten Extremen Sein und Nichtsein, das heißt, sie anerkennt nur Korrelationen. Doch weiter, Da Nägarjuna Sein, Nichtsein und Keines-von-beiden-Sein negiert, negiert er faktisch alles, und übrig bleibt nur - Leere (sunyatva). Es gibt also keine Außenwelt, aber auch kein Denken. Auch das Absolute (also Buddha) ist nur relativ zu einem Relativen absolut; damit ist es als relativ absolut ebenfalls wertfrei und leer. Mit dieser Philosophie wird der Buddhismus also endgültig ausgehöhlt und sowohl des Buddha als auch des Nirvä!fa-Begriffs beraubt. Für Nagärjuna gibt es auf seinem "mittleren \Veg" kein Werden und Vergehen, kein ewiges Bestehen und keine Vernichtung, keine Einheit und keine Vielfalt. Da er aber alles und sogar den Buddha und den buddhistischen Erlösungsbegriff- negiert, kann er nur noch Meditation und Schweigen emp-
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fehlen. Doch sieht sich schließlich auch Nagarjuna mit den Bedingungen der Umwelt in ihrer Realität konfrontiert ..Mit ihnen setzt er sich in ähnlicher Weise auseinander wie der Vedanta, dessen Einfluss die Madhyamika-Lehreja widerspiegelt. Nägarjuna konzediert also, dass man für das praktische Leben die Illusion als real gelten lassen könne. Man lebt also gewissermaßen so, als ob das bestünde, was "in Vvahrheit" nicht vorhanden ist, ohne gleich einem Augenkranken die Illusion loswerden zu können. 10 Die Lehre dieses so extremen "Mittelweges" hat Nagärjuna in den Mädhyamika-Kärikäs (die auch Mädhyamika-Sütras genannt werden) niedergelegt.U Es handelt sich um 400 Merkverse, die in 27 Kapitel eingeteilt sind und von einem Kommentar des Autors begleitet werden. Alle wesentlichen Maximen des Sünyaväda sind in diesen Kärikäs enthalten: die "Begründung" der Mädhyamika-Lehre als Mittelweg zwischen Sein und Nichtsein, der extrem-nihilistische Skeptizismus und die Unterscheidung einer höheren und einer niederen Wahrheit nach dem Vorbild des Vedänta. Das Nirväl:ta wird mit dem Samsära gleichgesetzt. Die von Nagärjuna inaugurierten Lehren sind nach ihm von einer bedeutenden Anzahl von Schülern und Nachfolgern fortgeführt worden. Sein Schüler Äryadeva ist der Verfasser des philosophischen Lehrgedichtes Catul].sataka. 12 Wie der Name schon sagt, finden sich hier 400 Merkverse; ihre Zahl entspricht also der der von Nägarjuna aufgestellten Karikäs. Von dem Sanskrit-Original sind nur Fragmente vorhanden, so dass wir uns an die chinesischen und tibetischen Übersetzungen halten müssen. Äryadeva dürfte seine Verse etwa um das Jahr 250 verfasst haben. Er vertritt und verteidigt allenthalben die Positionen seines Lehrers und polemisiert gegen entgegenstehende Lehren, so gegen materialistische Thesen aus dem Vaises;ika-System. Gegen Ende des 7. Jahrhunderts entfaltete Santideva in Gujarat eine umfangreiche Tätigkeit für den Ausbau und die Ausbreitung der mahayänistischen Philosophie. Sein ,5ik?asamuccaya ist ein sehr wertvolles Kompendium der einschlägigen Dogmatik. 13 Grundlage sind auch hier Kärikäs, übrigens nur 27 an der Za.hl. Auf ihnen beruht der ausführliche Autorkommentar. Säntideva setzt in diesem Werk seinen Ehrgeiz nicht an die vVeiterentwicklung der MahäyanaPhilosophie und an die Präsentierung origineller Gedanken. Vielmehr geht es ihm darum, die in den Kärikäs dargebotenen Grundlehren durch eine überaus große Zahl von Zitaten aus der Mahäyäna-Literatur zu stützen, wobei er seine große Gelehrsamkeit wie auch seine umfassende Belesenheit unter Beweis stellt. Daher ist seine Arbeit auch für uns eine hochinteressante literaturgeschichtliche Quelle. Eine gewisse Eigenständigkeit erhält dieses sonst mehr registrierende Werk durch sein Postulat, ein jeder Erlösungswillige müsse intensiv und ständig seine Gedanken auf die Erleuchtung richten (bodhicitta). Damit verbindet er
Die buddhistische Sanskrit- Literatur
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die aus der Mahayana- Literatur bereits geläufige Forderung nach unbedingter und absoluter Bereitschaft zur Selbstaufopferung. Als Verfasser des Bodhicaryavatara. gilt ebenfalls Santideva, obwohl sich die Form dieses ·v/erkes von der des ,Sik?asamuccaya. erheblich unterscheidet. 14 Es ist nämlich in einem recht eindrucksvollen Kävya-Stil gehalten, der besondere Vorzüge in der Verwendung von Metaphern aufweist. Der Autor tritt als Apologet der mahäyänistischen Ethik auf und wendet sich- wie wir bereits gesehen haben, nicht ganz zu Unrecht - gegen das enge ethische Ideal des Hinayana. Dass Säntideva auch als Verfasser des Bodhicaryavatam zu gelten hat, zeigt sich in der Gleichheit der hier und im SikJ?iisamuccaya vertretenen Lehren. Auch hier wird die Idee des Bodhicitta glorifiziert; auch hier wird das ethische Ideal des Mahayana -- und zwar mit großer Beredsamkeit - verkündet. Ein Bodhisattva hat nicht an sich zu denken, sondern sich für die Erlösung aller \1\iesen verantwortlich zu fühlen. Eine Unterscheidung des Ich und des Mitmenschen ist grundsätzlich zu verneinen; im Gegenteil, sie sind identisch (paratma.samata). Der Gedanke des absoluten Altruismus ist also auch hier wieder voll ausgeprägt. Gleiches gilt aber wiederum für die Lehre von der Leere. Welch große Bedeutung dieses \1\ierk über die Grenzen Indiens erlangte, ersieht man nicht zuletzt aus der Tatsache, dass im Laufe der Zeit elf Kommentare dazu verfasst wurden, die uns jedoch nur in tibetischen Übersetzungen vorliegen. Von zahlreichen anderen einschlägigen Büchern können wir hier nur noch zwei herausgreifen. Für die Philosophiegeschichte nicht ohne Bedeutung ist der Ma.hayanasraddlwtpada .. Der Name des Verfassers ist mit Asvagho~a überliefert, doch ist es ausgeschlossen, dass dieser mit dem uns bereits bekannten Autor des Buddha.carita identisch ist, da der Mahayanaßraddhotpada. erst im 5. Jahrhundert entstand. Entweder handelt es sich um einen anderen Asvagho~a, oder aber der Verfasser hat seinem \1\ierk den Namen des Asvagho9a vorangestellt, um es berühmter werden zu lassen. Das Sanskrit-Original ist verloren, so dass sich unsere Kenntnisse auf chinesische Übersetzungen aus den Jahren 553 und 700 stützen. 15 Das Hauptanliegen des Autors besteht im Versuch einer Synthese von Mädhyamika und Vijfiänaväda. Schließlich nennen wir ein für die Geschichte der Buddhologie wichtiges Lexikon, die Mahavyutpatti, die im 4. Jahrhundert oder später entstanden ist. 16 Indem wir damit unsere Betrachtungen über die buddhistische Literatur schließen, müssen wir ihre Bedeutung für die Weltkultur und -literatur nochmals hervorheben. In ihrer indischen Heimat ist sie im Laufe der Jahrhunderte ihrer gedanklichen Spezifik beraubt worden und schließlich untergegangen, ohne größere Nachwirkungen zu hinterlassen. Um so stärker war ihr Einfluss auf das geistige Leben und die Kulturgeschichte von Sri Lanka, Nepal, Tibet, Hinterindien, ja von China, Korea und Japan. Dass die besonders in den .Jatakas ausgeprägte buddhistische Fabel- und Märchenliteratur in hohem Maße auch
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DIE BUDDHISTIS CHE LITERATUR
in die Länder des Okzidents hinein ausgestrahl t hat, ist seit langem erkannt. Dagegen waren die Beziehunge n des Buddhismu s zum Christentum lange Zeit Gegenstand heftiger Kontroverse n und sind auch jetzt noch nicht voll geklärt, wobei manches wahrscheinl ich für immer sich einer Rekonstruk tion entziehen wird. Insgesamt kann man sagen, dass die im 19 . .Jahrhunder t verschieden tlich aufgestellte Behauptung einer starken Beeinflussu ng in der einen oder anderen Richtung unzutreffen d ist. Gleiches gilt für die im 20 . .Jahrhunder t von ::VIathilde Ludendorff verbreitete pseudowisse nschaftliche These, die Bibel sei nur ein schlechter Abklatsch altindischer Schriften. vVenn es auch falsch ist, Beziehungen und Einflüsse gänzlich zu negieren, beruhen die Ähnlichkeit en der buddhistisc hen und der christlichen Literatur in der Mehrzahl der Fälle, bei denen dies nachprüfba r war, auf unabhängig voneinande r entstandene n Parallelismen. Doch gehen die Forschunge n hierzu weiter. Anmerkung en V gl. die Studie von E. Frauwallner: On tl1e Date of the Buddhist Master of the Law Vasubandhu (Rom 1951). Überhaupt ist E. Frauwallner durch zahlreiche Arbeiten über die Philosophie des Buddhismus hervorgetrete n. 2 Französische Übersetzung der tibetischen und chinesischen Version des Abhidharmak osa sowie des Sanskrittexte s von Yasomitras Konunentar in fünf Bänden von L. de la ValleePoussin (Paris 1923-1926). Übersetzung des die Kosmologie behandelnden dritten Kapitels von demselben Gelehrten in: Bouddhisme, Etudes et }\1ateriaux (Brüssel1914- 1919). 3 V gl. die umfassende zweibändige Studie von T. Stcherbatsky: Buddhist Logic, erschienen als Bd. 36, Teil 1-2, der Bibliotheca Buddhica (Leningrad 1930); hiervon erschienen mehrere Neudrucke (Den Haag 1958, New York 1962). 4 Ausgabe des Nyayapravesa von A. B. Dhruva als Bd. 38 der Gaekwad's Oriental Series (Baroda 1930, 2. Aufl. Delhi 1987). Übersetzung der Sanskrit-Frag mente von H. N. Handle in: Fragments from Dinnaga (London 1926). 5 V gl. die materialreiche Studie von D. N. Shastri: Critique of Indian Realism. A Study of the Conflict between the Nyaya- Vai.sesika and the Buddhist Dignaga Seiwal (Agra 1964). 6 Vgl. die als Nr. 245, 2 der Sitzungsberic hte der Österr. Akad. der Wiss., Phil.-Hist. Kl., erschienene Studie von T. Vetter: Erkenntnispro bleme bei Dharmak1rti (vVien 1964). 7 Ausgabe der tibetischen Version des Nyayabindu von L. de la Vallee-Poussi n in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1907). Übersetzung von T. Stcherbatsky in: Buddhist Logic, Bd. 2 (s. Anm. 3). 8 Ausgabe des Sanskrit-Text es des Yogacarabhum isastra zusammen r:nit der tibetischen Übertragung von V. Bhattacharya (Calcutta 1957). Studie über das Werk in der Dissertation von U. Wogihara (Stra.ßburg 1908). 9 Ausgabe und französische Übersetzung des Mahayanasut ralamkara von S. Levi (Pa.ris 1907-1911); Ausgabe und engl. Übersetzung von S. V. Lir:naye (Delhi 1992).
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Die buddhistische Sanskrit-Literatur
10 Einen Überblick über die philosophischen Lehren des Nagärjuna geben die Studien von F. J. Streng: Emptiness. Study in Religious Meaning (Nashville 1967), K. V. Ramanan: Nagarjuna 's Plülosophy as Presented in the T>vfa.hapra.jilaparamita.Sastra (Rutland 1966.
Neudruck Delhi 1975) und V. Fatone: The Philosophy of Naga1juna (Delhi 1981), sowie 1nehrere Arbeiten Yon Chr. Lindtner. 11 Ausgabe der Madhyamika-Kärikäs von L. de Ia Vallee-Poussin als Bd. 4 der Bibliotbeca Buddhica (St. Petcrsburg 1903). Übersetzung von C. \V. Huntington (Delhi 1992); der tibetischen Version (Die Mjttlere Lehre) von M. VValleser (Heidelberg 1911); Übersetzung der chinesischen Version von demselben (Heidelberg 1912).- Ebenfalls von Nägärjuna ist der allerdings in Sanskrit nicht erhaltene "Brief an einen Freund"
(Suh~llekha),
der
manche Parallelen mit dem Dhamma.pa.da aufweist: Übersetzung der tibetischen Version von H. Wenzel (Leipzig 1886); von Losang .)amspal u.a. (Delhi 1996). 12 Ausgabe der sanskritischen Textfragmente des Catul!Eia.taka von H. P. Sastri (Calcutta 1914) und (vollständiger) von K. Lang (Kopenhagen 1986); Übersetzung ebenda. Rekonstruktion und französische Übersetzung der Kapitel 8 bis 16 von P. L. Va.idya (Paris 1923); ita.lienische Übersetzung der chinesischen Fassung von G. Tucci (1925). 13 Ausgaben des Siksasa.muccaya: als Bd. 1 der Bibliotheca Buddhica von C. Bendall (St. Petcrsburg 1897-1902, Neudruck Delhi 1970-1972); von P. L. Vaidya (Darbhanga 1961). Übersetzung von C. Bendall und W. H. D. Rouse (London 1922). 14 Ausgabe des Bodhicaryava.tara. von P. L. Vaidya (Darbhanga 1960). 2. Aufi. von S. Tripathi (Darbhanga 1988). Von den Übersetzungen nennen wir die von L. D. Barnett (London 1909) und die von R. Schmidt (Paderborn 1923). Vgl. die Arbeit von F. VVeller: Tibetisch-Sanskritischer Index zum Bodhicaryavatara (Berlin 1952). 15 Übersetzung der zweiten chinesischen Übersetzung des J\-[a.hayana.Eira.ddhotpäda. von D. T. Suzuki: A.sva.glw.?a.s Discourse on the A wakening of Faith in the Mahayana ( Chicago
1900). 16 Ausgabe der Mahavyutpa.tti von J. P. Minaev als Bd. 13 der Bibliotheca Buddhica (St. Petcrsburg 1911).
Die jinistische Literatur
1. Die kanoniscl1e Jaina-Literatur
Es ist eine alte Streitfrage, ob man von Jinismus oder Jainismus, von jinistischer oder jainistischer Literatur sprechen soll. Sprachlich zulässig sind beide Möglichkeiten. Man muss sich lediglich vergegenwärtigen, dass "Jinismus" die Grundform, "Jainismus" aber eine Ableitung bzw. 'vVeiterbildung darstellt. Da nun zwischen Jinismus und Buddhismus in religions- und literaturgeschichtlicher Hinsicht bestimmte Beziehungen bestehen, empfiehlt sich aus Gründen der Analogie die Version "Jinismus" beziehungsweise ,,jinistisch", da man sonst auch "Bauddhismus" bzw. "bauddhistisch" sagen müsste (was ebenfalls nicht falsch wäre, sich aber nicht eingebürgert hat). Dagegen kann man unbedenklich von einer Jina- oder auch von einer Jaina- Literatur sprechen, da ein sprachliches Pendant hierzu- also Buddha- oder Bauddha-Literatur- nicht gebräuchlich ist. Der Begründer des jetzt gültigen Jinismus war ein Sohn des Königs von Vaisäll (im heutigen Bihar), Siddhärtha. Er erhielt den Namen Vardhamäna, später aber den Ehrennamen Mahäv1ra ("großer Held"). Die buddhistische Literatur erwähnt ihn vielfach unter dem Namen Nigar;tha Nätaputta als Nebenbuhler des Buddha, dessen älterer Zeitgenosse er aller \A/ahrscheinlichkeit nach gewesen ist. Im Alter von 28 Jahren wurde Vardhamäna \Vaise und erhielt von seinem älteren, nunmehr regierenden Bruder, allerdings nach einigem Zögern, die Erlaubnis, dem weltlichen Leben zu entsagen, seine eigene Familie zu verlassen und Asket zu werden. Nach 13 Monaten riss er sich sein Mönchsgewand vom Leibe und wanderte zwölf Jahre lang nackt im Lande umher. Danach wurde ihm religiöse Erkenntnis zuteil, und er wurde zu einem Jina ("Sieger"); unter diesem versteht man einen Menschen, der die vVelt übenvunden hat. Viele Jahre durchzog er nun das Land als INanderprediger und soll im Alter von 72 Jahren verstorben sein. Als Zeitraum seines Todes gibt man die Spanne zwischen 477 und 467 v. Chr. an. Die Jinisten halten Mahäv1ra nicht für den eigentlichen Gründer, sondern für einen Erneuerer ihrer Religionsgemeinschaft. Er habe eine unendlich große Zahl von Vorläufern gehabt, als deren letzter ein gewisser Pärsva genannt wird, der 250 Jahre vor Mahäv1ra gelebt haben soll. Ihrer mythischen Hülle entkleidet, hat diese Überlieferung einen durchaus rationalen Kern. Die moderne Forschung stimmt mit ihr nämlich darin überein, dass Mahäv1ra Lehren zusammengefasst hat, die vor seiner Lebenszeit bestanden und die aus der Sekte der
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DIE JIT\ISTlSCHE LITERATUR
"Fessellosen" (Nigm_:ttha) stammten. Auch der Name des Parsva ist sehr ~wahr scheinlich historisch; nur können die für ihn und andere Vorläufer traditionell angegebenen Zeiträume nicht als bewiesen gelten. 1 In der indologischen Forschung der ::\euzeit wurden die Jinisten anfangs für eine Sekte der Buddhisten gehalten. Tatsächlich haben beide Lehren einige Gemeinsamkeiten. Dennoch ist ihre strikte Unterscheidung sowohl religions- als auch literaturgeschichtlich vollauf gerechtfertigt und geboten. Dies zeigt schon eine flüchtige Skizzierung der jinistischen Glaubensgrundsätze. Die .Jinisten erkennen den Veda und die brahmanische Literatur überhaupt als Autorität nicht an (wobei jedoch einzuschalten isL dass sie das Kastenwesen bejahen, wenn auch nicht unter dem GesichtsvYinkel der Priorität der Brahmanen, sondern der K~a.triyas). Nun sind aber ma.nche ihrer Ansichten mit denen des brahmanischen Schrifttums identisch. Diesen Umstand "erklären" sie damit, dass die in den Srutis und Sm~·tis enthaltenen Lehren ursprünglich jinistisch, von den Brahmanen aber entstellt und verfälscht worden seien. Nach der Meinung der Jinisten ist die vVelt ewig und unvergänglich. Sie erlebt zwar Zyklen des moralischen Auf- und Niederganges, aber die in den Pura1_1as so lebendige Vorstellung von periodischen Kataklysmen und Neuschöpfungen der \Velt wird von den Jinisten entschieden bestritten. 2 Die Existenz eines höchsten \Vesens, aber auch einer \Veltseele nach Art des Brahman der Upani~aden wird gleichfalls verneint. Zwar gibt es - und hierin liegt tatsächlich ein nicht unwichtiger Berührungspunkt mit dem Buddhismus - Götter, doch ist ihre Macht beschränkt, ha.uptsächlich insofern, als auch sie dem Karman-Gesetz unterworfen sind. Eine zentrale These des .Jinismus ist die Annahme unendlich vieler Individualseelen. Diese sind an sich allmächtig und allwissend, doch verlieren sie diese Eigenschaften durch die Einflussnahme der sogenannten ungeistigen Substanzen. Als solche gelten Raum, Bewegung, Ruhe, Zeit und Stoff. Letzteren stellt man sich übrigens als atomar aufgebaut vor. Die in die Seele dringenden Einflüsse der Stofflichkeit werden zum Karman, das die Seele an ihrer Entfaltung hindert. vVie man sieht, drängen sich hier Vergleiche mit der Sarnkhya.-Philosophie auf. Die Erlösungslehre des Jinismus besteht nun darin, dass die Seele den in sie eingedrungenen Karman-Stoff neutralisieren und ein weiteres Eindringen verhindern muss. Dies kann nur auf dem \Vege der Askese und der :Meditation geschehen. Die Askese spielt im .Jinismus eine große Rolle und mit ihr das Fasten. Strengstens wird geboten, das Leben aller Lebewesen, auch das des Ungeziefers, vVürmer usw., zu schonen (al1ilnsa), eine Lehre, die, wenn auch in modifizierter Form, zweieinhalb Jahrtausende später in die Ideologie des Gandhismus Eingang gefunden hat. Der \Veg zur Erlösung ist kornpliziert und langwierig; über 14 Stufen, von denen aus es ständig Rückfälle geben kann, führt er in einen pa.radiesähnlichen, seligen Zustand. Man sieht, dass die Betonung der Askese und des Seelenglaubens die Eigenständigkeit des
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Jinismus gegenüber dem Buddhismu s hinreichend unterstreich en. Den Kern der jinistischen Gemeinde bildeten von alters her die heimatlosen, wandernden --Mönche und Nonnen. Ebenso traditionell scha.rte sich aber um diese eine einflussreich e Gruppe von Gönnern und Laiena.nhän gern. Aus seinem Heimatgebi et Bihar breitete sich der Jinismus rasch aus und gewann besonders in Gujarat und im Dekhan lang anhaltenden Einfluss. Im 12. Jahrhundert, nicht zuletzt bedingt durch die mohamn<ed anische Invasion, begann ein allmähliche r Niedergang, der jedoch keineswegs zu einem so vollständige n Verlöschen des Ordens in Indien führte. wie es den Buddhismu s betraf. Vielmehr hat der Jinismus auch im heutigen Indien noch eine mehrere Millionen zählende Bekennersc haft. Für diese sich gegenüber dem Buddhismu s abhebende vorteilhafte Position sind hauptsächli ch zwei Gründe entscheiden d gewesen. Der erste ist in dem schon erwähnten engen Band zwischen Orden und Laienanhänger n zu suchen, das ersterer als Kontinuum zu wahren verstand und das dem Jinismus stets eine bestimmte Anhängersc haft sicherte. Zum anderen ist die Lehre des Jinismus über die Jahrtausend e hinweg annähernd konstant geblieben. Die grundlegend en inneren \iVandlungen, die den Buddhismu s urngesta.ltet und schließlich zerstört haben, sind dem Jinismus fremd geblieben; dadurch vermochte er seine Eigenständi gkeit auch in einer hinduistisch en Umwelt zu behaupten. Hat sich der Jinismus in Indien also als stabiler und kontinuierliche r gegenüber dem Buddhismu s durchsetzen und behaupten können, so ist andererseits seine Bedeutung im Vv'eltmaßstab eine unvergleich lich geringere. Denn der Buddhismu s hat für sein verlorengeg angenes Mutterland in den von ihm missionierte n außerindisc hen Gebieten einen mehr als reichlichen Ersatz finden können. Der Jinismus hingegen ist immer auf Indien beschrä.nkt geblieben. Eine Entwicklun g zur \Veltreligion war ihm versagt. Auch in literarischer Hinsicht war sein Beitrag zur \Veltkultur erheblich geringer als der des Buddhismu s. Überhaupt lässt sich, von Ausnahmen abgesehen, sagen, dass das 2\riveau der jinistischen Literatur unter der des Buddhismu s liegt. Insbesonder e gilt diese Feststellung für die kanonische Literatur, die durch Trockenheit und Dogmatism us unvorteilha ft vom Niveau des Pali- Kanons absticht. Abgefasst ist dieses Schrifttum vorwiegend in mittelindisc hen, also Pralq·tSprachen (vgl. dazu S. 9). Die Sprache des Kanons ist die Ardhamagad h1, die auch Är9a genannt wird. Die nichtkanoni sche Literatur der Jinisten liegt dagegen in einem spezifischen Mahärä9tr1- Idiom, der sogena.nnten Jaina- Mähara9tr1, vor. Etwa vom 8. Jahrhunder t an sind die Jinisten mehr und mehr zum Gebrauch des Sanskrit übergegang en; noch später haben sie auch in Apabhra.ms a und in den frühneuindi schen Sprachen geschrieben . Der Kanon der Jinisten ist in der Gestalt, in der er uns heute vorliegt, das Produkt einer langen Entwicklung . \iVeitgehend geprägt wurde diese Entwicklung durch eine in früher Zeit stattgefund ene Spaltung, die in folgender Bege-
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benheit begründet lag. Zur Zeit der Herrschaft des Kaisers Candra.gupta aus der Maurya-Dynastie- es mag um oder gegen das Jahr 300 v. Chr. gewesen sein - zog eine große Gruppe von Jinisten wegen einer Hungersnot aus Magadha aus und begab sich in das Gebiet des in Südindien gelegenen Maisur. Sie beachteten auch weiterhin die strengen Regeln des Ordensgründers; unter anderem hielten sie am Nacktgehen fest. In der Zwischenzeit veranstalteten die in Magadha. Gebliebenen ein Konzil in Pataliputra. Auf diesem erfolgte die Zusammenstellung der ältesten und wichtigsten Teile des Kanons in elf A1igas ("Glieder"). Ursprünglich war die von Mahav1ra ausgehende Lehre in 14 Puvvas (etwa "alter, ursprünglicher" [Text]) konzentriert. Von diesen war zur Zeit des Konzils von Pataliputra nur noch wenig vorhanden. Man fasste die Bruchstücke in einem zwölften A1iga zusammen, das den Namen DiHhivaya. trug. Nun kehrten die nach Maisur Ausgewanderten wieder in ihre Heimat zurück. Dort fanden sie neuartige Verhältnisse vor. Die dortigen Jinisten hatten das Nacktgehen aufgegeben und pflegten weiße Gewänder zu tragen. Sie nannten sich daher Svetambaras, die Weißgekleideten. Die Rückkehrer waren nicht bereit, ihrem Beispiel zu folgen, und behielten die Sitte des N acktgehens bei. Daher führten sie den Namen Digambaras, die "in die Himmelsgegenden (also lediglich mit Luft) Gekleideten". Damit war die Spaltung der Jina-Gemeinde vollzogen. Zur weiteren Fixierung des Kanons und zur Bestimmung des Entwicklungsweges des Ordens fand um oder etwas nach 450 wieder ein Konzil statt, diesmal zu Vallabh1 in der Landschaft Guj arat, einer Hochburg der Jinisten. Als Name des Leiters dieses Konzils ist uns Devarddhi Ks;amasramar:ta überliefert. Es war hohe Zeit, an der Feststellung des Kanons zu arbeiten, denn dessen Texte waren damals bereits sehr in Unordnung geraten. Schwer fiel insbesondere ins Gewicht, dass das zwölfte Anga als verlorengegangen bezeichnet werden nmsste. Die Spaltung zu überwinden vermochte das Konzil nicht. Zwar gelang es, den Kanon in wesentlichen Punkten wiederherzustellen, doch weigerten sich die Digambaras, denselben anzuerkennen. Als Argument führten sie an, dass er nicht als echt und originär zu betrachten sei, da die eigentlichen A1i.gas sämtlich verlorengegangen seien. Der in Vallabh1 verabschiedete Jaina- Kanon ist im Grunde also ein Kanon der Svetambaras. Die Folgen der Spaltung haben sich in den folgenden Zeiten jedoch insofern gemildert, als es ohnehin nur noch relativ wenige Digambaras gibt, so dass der Kanon der Svetambaras nicht zu Unrecht als der Jaina- Kanon schlechthin gelten darf. Der uns vorliegende Svetambara-Kanon kann also als die Zeit seiner redaktionellen Fassung kein höheres Alter als das 5. Jahrhundert beanspruchen. Er enthält aber Texte sehr verschiedener Zeitstellung, unter ihnen solche von bedeutendem Alter. Durch Vergleiche mit Inschriften sowie mit der buddhistischen Literatur ist man bestrebt, die noch ziemlich im argen liegende relative
Die kanonische Jaina- Literatur
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Chronologie des Kanons aufzuhellen. Bereits jetzt kann man rnit ziemlicher Sicherheit behaupten, dass die ältesten Teile in die Zeit des lVIaurya- Herrschers Candragupta, vielleicht sogar der ersten Schülergeneration Mahav1ras selbst zurückreichen. Die jüngsten Teile gehören der Zeit unmittelbar vor Devarddhi an. Der Svetambara-Kanon- er führt auch die Namen Siddhanta und Ägama besteht je nach der Klassifizierung und Zählweise aus 45 bis 50 Texten. 3 Das Kernstück des Kanons bilden die 12 Ar1gas (Glieder). Wir führen die Namen derselben sowie weitere Teile des Kanons in der Ardhamagadh1-Sprache auf und geben jeweils die Sanskrit-Entsprechung in Klammern. Das erste Ar1ga ist das ;.lyanungasutta (Äcarangasutra), das "Buch über das (richtige) Betragen und Verhalten (der Mönche)". 4 Das Werk besteht aus zwei Teilen, die den Namen Srutaskandha führen und, wie der Titel schon besagt, Regeln für das Verhalten der Mönche geben. Der erste Srutaskandha ist der bei weitem wichtigere Teil des Airga. 5 Er tritt auch durch sein hohes Alter hervor. Der Form nach ist er charakterisiert durch eine Mischung von Prosa und Versen. In einer Art von Lehrgesprächen werden die Lebensregeln für die Mönche vorgetragen. Mit außerordentlicher Schärfe ist das Verbot formuliert, Lebewesen zu verletzen oder gar zu töten. Kapitel I, 8 schildert die Verfolgungen, denen Mahav1ra als unbekleideter \J\Tanderprediger ausgesetzt war, und legt besonderes Gewicht auf die von ihm übernommenen Kasteiungen. Teilweise waren diese unserem ästhetischen Empfinden strikt zuwiderlaufend: So wird rühmend hervorgehoben, dass Mahav1ra sich niemals gewaschen oder die Zähne geputzt hätte. ~Weit jünger als der erste ist der zweite Srutaskandha. Er enthält ebenfalls Vorschriften für die Mönche und Nonnen, besonders was ihre Bettelgänge und die Nahrungsaufnahme anlangt. Entsprechend der asketischen Grundrichtung des .Jinismus wird großer Wert auf Fastenübungen gelegt, und der Selbstmord durch Fasten wird ausdrücklich gepriesen. Gegen Schluss dieses Teils finden sich wertvolle Ansätze für eine Biographie Mahav1ras. Das zweite Ar1ga führt den Namen Suyagacjamga, eine Bezeichnung, die etymologisch nicht ganz klar ist. Die häufig gebrauchte Resanskritisierung in Sutrak~tanga ist jedenfalls unrichtig. Besser denkbar ist die Form Sucak~tar1ga, die etwa "Unterscheidung zwischen richtiger und falscher Lehre" besagt. 6 In der Tat passt eine solche Deutung gut zur Thematik des Anga. Denn im Vordergrund stehen hier die \Varnungen und Ermahnungen besonders an die jungen Mönche, die damit gegen a.llerlei Anfechtungen und Verführungen gefeit werden sollen. Als Bedrohungen auf dem \Vege zur Erlösung galten ähnliche Faktoren, wie sie auch vom älteren Buddhismus bekämpft wurden. In der Hauptsache zählten dazu die Vorstellungen und Bitten der Familienangehörigen, die weltlichen Ehren und Reichtümer und vor allem die Frauen. hn Unterschied zu der sonst im Kanon vorherrschenden pedantischen, trockenen und strengen Vor-
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tragsart sind dem Autor hier einige Passagen mit recht einprägsamer Satire gelungen. So schildert er, wie der ins Netz einer Frau geratene Mann von dieser wie ein Haussklave herumkommandiert wird, und zeichnet ein treffliches Bild des (nicht nur) altindischen Pantoffelhelden. Ebenso zielsicher sind seine Attacken gegen die Kulte des Brahmanismus. ~Würde heiliges Flusswasser tatsächlich Sünden abwaschen, so wären Fische, Schildkröten und \Va.sserschlangen die auserwählten Lebewesen. Oder wohne dem Feuer wirklich eine heilige Kra.ft inne, dann wären die am besten zur Erlösung prädestinierten Menschen die Schmiede. - Der z;veite Teil des Suyaga/jamga ist in Prosa gehalten und im Vergleich zum ersten nur ein Anhang von untergeordneter Bedeutung. Das dritte Ariga ist das 'J'hai!ainga (Sthanariga). 7 Es stellt insofern eine Parallele zum A1'lgutta.ranikaya des Pali-Kanons dar, als es Zahlengleichnisse enthält, die von 1 bis 10 aufsteigen. Das 'Jllal!amga. erfährt seine literaturgeschichtliche Bedeutung aber dadurch, dass sich hier ein Inhaltsverzeichnis zu dem verlorengegangenen zwölften A1'lga, dem DiHhivaya., findet. Eine Art Fortsetzung des 'J'ha1!amga ist das vierte A1'lga mit dem Namen Sama.vayamga. 8 Dieses ~Werk beginnt mit einem Verzeichnis der zwölf Arigas und einer Inhaltsangabe der 14 Puvvas. Im übrigen führt es die Zahlengleichnisse des 'J'l1a1famga fort, dehnt sie aber weit über die Zehnzahl hinaus in große Höhen aus. Auffallend ist die Tatsache, dass außer den Arigas auch noch andere \Verke, teilweise von sehr später Zeitstellung, registriert wurden, doch indiziert das nicht das geringe Alter des ganzen Ariga, sondern nur der betreffenden Stellen. Für die Literaturgeschichte von erheblicher Bedeutung ist das fünfte Ariga, die Bhagava.tTviyahapa.l!lfatti (Bhagavat1vyakhyaprajiiapti ), die "Erhabene Belehrung mit Erklärungen", meist schlechthin unter dem Namen Bhagavatf bekannt. 9 Ausführlich wird hier die jinistische Dogmatik dargelegt, so dass da.s Werk eine wichtige religionsgeschichtliche Quelle darstellt. Mit Anhängern andersgläubiger Richtungen wird eine harte Auseinandersetzung geführt, wie sie dem Jinismus im Unterschied zum Buddhismus eigen ist. Vorgetragen wird die Dogmatik teils in Form von Dialogen, teils im Rahmen von Fragen und Antworten. Die Fragen gehen von Goyama Indabhuti (der im Jinismus etwa die Rolle von Ananda oder Säriputra spielt) aus und werden von Mahav1ra selbst beantwortet. Der Stil dieses Ariga weist eine beachtliche Lebendigkeit auf und enthält n1anch einprägsamen Vergleich. Außerdem vermittelt das A1'lga eine Fülle von Informationen über Mahäv1ra und sein Leben. Manche von ihnen tragen, wie nicht anders zu erwarten, legendenhafte Züge; andere dagegen weisen deutlich auf reale Begebenheiten in Mahäv1ra.s \Virken hin. Neben diesem Sachkon1plex enthält das fünfte A1'lga Legenden über Vorgänger Mahäv1ras (die im Jinismus als T1rthakara, "\Vegbereiter", bezeichnet werden) sowie über verdiente Asketen. Die Bhagavatlviyahapalp!atti malt aber auch mit großem Eifer
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die Freuden der himmlischen Seligkeit und die Schrecken der Höllenqualen aus. Hochinteressant ist Abschnitt L5 mit seiner Polemik gegen Gosala Makkhaliputta. Dieser vvar~das Haupt der Sekte der Ajivikas, die damals mit den Jinisten rivalisierte. Die Streitbarkeit des Jinismus, die mit der strikten Forderung nach Nichtverletzung aller Lebewesen nicht immer leicht in Einklang zu bringen ist, tritt hier wieder besonders deutlich hervor. Das sechste Ar1ga bilden die Nayadha.mma.ka.llfio (.Jr1atadharmakathal_l) .10 Der Titel bedeutet etwa "Beispiele und Erzählungen über religiöses Leben". Das erste der beiden Bücher ist das bei weitem wichtigere. Es enthält 24 Kapitel, die jedes eine selbstständige Erzählung, Novelle oder Legende repräsentieren, wobei der Autor in der Anwendung von Parabeln großes Geschick zeigt. Der Inhalt der Erzählungen ist ziemlich weit gefächert; selbst Räubergeschichten fehlen nicht. In Kapitel 13 wird die Heirat der Dova1 (der Draupad1 des 1\!Ia.habhara.ta.) mit den fünf Brüdern vom jinistischen Standpunkt gestaltet. Interessant ist die Tatsache, dass unter den 24 Vorläufern Mahav1ras, den T1rthakaras, auch eine Frau namens Mall1 aufgeführt wird. Eine für die altindische asketische Literatur typische Geschichte ist die von den sechs Prinzen, die sich um die Gunst einer Prinzessin bewerben. Letztere beweist den Freiern in höchst drastischer \Veise. dass der schöne Körper nur die Umhüllung weniger appetitlicher Substanzen ist - und sie nehmen denn auch von ihrem Begehren Abstand und Zuflucht bei der Gemeinde Mahav1ras. Das siebente Anga formieren die Uvasa.gada.sao (U pasakadasalf), die sich über die den Laienanhängern erwachsenden Pflichten äußern.U \~Tir hatten bereits gesehen, welch große Bedeutung jene für den Jinismus hatten und haben, und so sind denn auch die Uvasagadasao nicht ohne religionsgeschichtliche Relevanz. Die Zahl der hier dargebotenen Geschichten beträgt, wie schon der Titel sagt, zehn. Sie berichten in manchmal eintöniger \Veise über berühmt und verdient gewordene Laienanhänger und ihre Taten für die Ausbreitung des Jinismus. Ein wenig höher als das durchschnittliche literarische Niveau steht die siebente Geschichte: Hier bekehrt in einem gutgelungenen Dialog Mahäv1ra den reichen Töpfer Saddälaputta. Das achte und das neunte Ar1ga bespricht man zweckmäßigerweise zusarnmen. Sie führen die Namen Amtagacjadasao (Antak~'tadasälf )12 und AT;utta.rovavaiyadasao ( Anuttara.upapätikadasäl_l )13 . Ersteres bedeutet "Zehn Geschichten über die bis zmn Ende gelangten (Asketen)". Nichtsdestoweniger besteht das Ar1ga aus nur acht Kapiteln. Der literarische \Vert ist recht gering, denn wir finden hier lediglich schablonenhafte Berichte über Asketen, die die Erlösung erlangten. Die A1;uttarovavaiyada.sao- der Name bedeutet "Zehn Geschichten (von den Asketen, die) die höchste Himmelswelt erlangt haben" -setzen inhaltlich das achte Anga fort. Das in drei Teile gegliederte Werk gefällt sich besonders darin, den religiösen Freitod durch Hunger als Weg zur Erlösung
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zu preisen, wobei die Beschreibungen der physiologischen Auswirkungen des Fastens nicht gerade erbaulich sind. Interessant ist zu lesen, wie KJ;:;>l:ta hier in einen Jinisten transformiert wird. Im~ übrigen ist dieses Anga in der Form weitgehend schablonenhaft; vieles ist nur angedeutet; wo die Beschreibungen aber voll durchgeführt sind, geschieht dies verschiedentlich im Stil der Kunstdichtung. Das zehnte Anga bilden die Pa1;.havagaranaim (Prasnavyakara1?ani), die "Fragen und Erklärungen" .14 Es handelt sich hier offensichtlich um das Substitut eines originären, verlorengegangenen Anga. Die Thematik bilden vom Dogmatismus geprägte sittliche Gebote und Verbote. Im~ Mittelpunkt steht die Forderung nach Einhalt der fünf Eide: des Vermeidens der Schädigung von Lebewesen, des Lügens und Stehlens, der Unzucht beziehungsweise Unkeuschheit und des Besitzdenkens. \!ivaga.suyam (Vipakasutra oder Vipakasruta), das "Lehrstück über die Reifung (der Taten)", enthält Legenden über die Folge der Taten nach dem Karman-GesetzY Thematisch ergeben sich damit enge Bezüge zur buddhistischen Avadana- Literatur. Die Belehrung ist in die Form gekleidet, dass Mahavira seinen Lieblingsschüler Goyama Indabhuti darüber belehrt, aus welchen (Karma- )Gründen bestimmte Leute unglücklich sind. So verweist er auf einen schwerkranken Mann, der sein Schicksal darum erleidet, weil er in einer früheren Existenz als Arzt Fleischkost verschrieben hat, was viele Schlachttiere das Leben kostete. Wie bereits erwähnt, ist das zwölfte A1'lga, namens Ditthivaya (DJ;:;;tivada), verlorengegangen. Wesentlich Neues dürfte dieses Anga nicht enthalten haben. Den Inhalt kennen wir in großen Zügen. Das Werk hat aus fünf Hauptteilen bestanden. Zu Beginn fanden sich Vorarbeiten zur Erleichterung des Verständnisses der Suttas; dann folgten Polemiken gegen ketzerische Ansichten. In der Mitte desAngabefanden sich die 14 Puvvas. Ihnen wiederum folgten Legenden über die früheren Tirthakaras. Den Schluss bildeten Nachträge. Zu jedem Anga gibt es ein "Zusatzglied", Uvanga (Upanga), so dass also insgesamt zwölf Uvangas vorhanden sind. Der Zusammenhang bezieht sich jedoch nicht auf die Thematik, sondern ist ein ganz äußerlicher. Das Hauptanliegen der Uvangas ist die Darlegung dogmatischer Grundsätze, doch finden sich hier auch wertvolle Angaben zur Jaina-Mythologie. Das erste Uvar1ga führt die Namen Uva.vaiya, Ova.vaiya oder Ovaiya. 16 Die Sanskritentsprechung dieser Namen ist, wie mehrfach im Jaina-Kanon, unklar: Sie kann Aupapatika, aber auch Upapadika lauten. Im letzteren Fall würde der Titel "Erlangen einer Existenz" bedeuten. Im ersten Teil wird der König Kulfiya von Mahavira nämlich über die Existenzen belehrt, die man infolge seiner Taten erlangt. Der zweite Teil, der mit dem ersten in keinem Zusammenhang steht, bringt in Frage-AntwortForm eine Belehrung, die Mahavira dem Goyama Indabhuti über die Arten der
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\Viedergeburt zuteil werden lässt. In breiter Ausmalung ersteht vor uns das Bild, das sich die Jinisten vom Paradiese machten. Das zweite Uvcu1ga namens Raya.pa.seiJa.ijja. kann im Sanskrit als Rajapra.sn1ya ("Bericht über die Fragen des Königs") gedeutet werden. \Va.hrscheinlicher ist jedoch eine Ableitung aus dem Namen des Königs Prasenajit, der im Raya.pa.se1;a.ijja. als Paesi auftritt. 17 In eine Rahmenerzählung eingebettet, findet sich hier ein Dialog zwischen Paesi und dem Mönch Kesi. Der König ist zweifellos eine historische Persönlichkeit. Er war Anhänger eines spontanen, urwüchsigen Materialismus und war im damaligen Indien durch allerlei Experimente bekannt. So vertrat er die Meinung, dass die Seele den Tod des Körpers nicht überlebe, dass es keine Tatenvergeltung und auch keinen Geburtenkreislauf gebe. Um dies zu beweisen, ließ er einen Dieb in einen Tontopf stecken und diesen vollständig abdichten. Der Dieb nmsste sterben, aber das Entweichen einer Seele konnte man nicht feststellen. In einem anderen Experiment ließ Paesi (im Sanskrit Payäsi) einen zum Tode verurteilten Dieb wiegen, dann erdrosseln und danach wieder wiegen. Nun zeigte sich, heißt es in unserem Text, dass er so viel wog wie vorher. Also, schloss der König, gibt es keine Seele, denn deren Entweichen hätte das Gewicht verringern müssen. Der (durchweg parteiliche) jinistische Bericht lässt Kesi den Paesi natürlich bekehren. Das dritte Uvm1ga heißt Jlvajlvablliga.ma. ("Lehre vom Lebenden und Unbelebten" ). 1s Das \Verk gibt eine Klassifikation von Lebewesen, aber auch von geographischen Objekten wie Inseln, Ozeanen und so weiter. Eine thematische Fortsetzung gibt das vierte Uvm1ga, das Pmp;a.va.IJfisutta.m (Prajiiapanäsutra). 19 In 36 Kapiteln bringt das Werk die Beschreibung von Lebewesen; bei der Erörterung der Menschen geht es auch auf ethnographische Besonderheiten ein. Das fünfte, sechste und siebente UvaJ1ga befassen sich mit Astronomie, Kosmologie, Geographie und einigen anderen Gebieten. Am wichtigsten ist die als fünftes U vanga geltende SiiTapa.IJIJa.tti (Suryaprajiiapti). 20 Sie ist die wichtigste Quelle der astronomischen Vorstellungen des Jinismus. Mit ihr identisch ist Uva11ga VII, die Ca.ndapa.lma.tti (Candrapraj1la.pti). Das sechste Uvanga dagegen, die Jambudd1vapa1p;atti (Jambudv1paprajiiapti), bietet die jinistische Konzeption einer mythischen Geographie. 21 Die Uvangas VIII bis XII bildeten unter dem Namen NiTa.yava.liyao ursprünglich wohl einen einzigen Text. 22 Es ist nicht erforderlich, Namen und Inhalt jedes einzelnen Stückes hier aufzuführen. Diese Uvanga-Gruppe enthält im wesentlichen Legenden über das Leben im Paradies und in der Hölle; von der letzteren leitet sie ihren Namen her. Daneben ist, wie so häufig in der jinistischen Literatur, von allerlei Bekehrungen die Rede. Die dritte Textgruppe des jinistischen Kanons bilden nach den A11gas und U vm1gas die "verstreuten (Texte)", genannt die Pail_ll:ta (Pral
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Schulen aber bis zu 20 aufgezählt. v'/ie IVI. Winternitz treffend festgestellt hat, lassen sich die Pail.:u:ms mit den vedischen Parisi~tas vergleichen, und sie sind, ebenfalls wie diese, meist metrisch. Eine ganze Anzahl von ihnen verherrlicht den religiösen Freitod. 23 Sie haben dann den Charakter didaktischer Poeme und stellen nicht selten vollendete Kunstdichtung in den Dienst einer nur als Verirrung zu charakterisierenden Idee, die angesichts des sonst so entschiedenen Eintritts des Jinismus für die Erhaltung des Lebens um so grotesker wirkt. Andere Paii:tl:tas sind als Enzyklopädien der jinistischen Religion jedoch sehr wertvoll. vVohl am wichtigsten von ihnen ist das Tamdulaveyaliya (Tm:t<;lulavaikalika). 24 Hier finden wir einen in einer Mischung von Prosa und Versen gehaltenen, hochinteressanten Dialog zwischen Mahav1ra und seinem Schüler par excellence Goyama Indabhuti, der weit über den Rahmen der Religion hinausgeht und Fragen der Anatomie, speziell der Osteologie, der Embryologie sowie der Längen- und Zeitmessung berührt. Als vierte Textgruppe des Kanons treten die Cheyasutta ( Chedasutra) in Erscheinung. Man könnte sie dem Vinayapitaka des Pali-Kanons gleichsetzen, denn sie enthalten vorwiegend Verbote und Gebote zur Regelung des Lebens der Ordensmitglieder. Eine besondere Rolle spielen die Cheyasuttas III bis V: Sie bilden nicht nur den Kern dieser Textgruppe, sondern ragen im Rahmen des Gesamtkanons durch ihr hohes Alter hervor. Dies gilt insbesondere für das vierte Cheyasutta, das den Namen _Ayara.dasao (Acaradasäl:t, "Zehn Stücke über rechten Wandel") führt, und hier wiederum für den achten Abschnitt, für den sich die Bezeichnung "Kalpasutra des Bhadrabahu" eingebürgert hat. 25 Nach der jinistischen Tradition soll Bhadrabahu 170 Jahre nach dem Tode J\1ahav1ras gestorben sein. Sein Kalpasutra enthält im ersten Teil eine überaus wichtige Biographie des Religionsstifters, die allerdings auch nicht frei von bombastischen Übertreibungen ist und in dieser Hinsicht an den Lalitavistara und andere Buddha-Biographien erinnert. Die hier ebenfalls zu findenden Biographien anderer Jinas sind der des Mahav1ra nachgebildet. Im zweiten Teil finden wir eine historisch nicht unwichtige, im einzelnen aber vielfach noch schwer zu deutende Liste von religiösen Schulen mit den Namen ihrer Gründer oder Leiter. Der dritte Teil ist von besonders hohem Alter; er gibt die angesichts der indischen Natur so wichtigen Regeln für das Leben der Mönche in der Regenzeit. Traditionell wird behauptet, dass Bhadrabähu das dritte und vierte Cheyasutta aus dem neunten Puvva ausgezogen haben soll. Das ursprüngliche, alte Kappasutta (Kalpasutra) wirdjetzt als fünftes Cheyasutta gerechnet. 26 Auch dieses \tVerk enthält Lebensregeln für Mönche und Nonnen. Das dritte Cheyasutta, Vavahara (Vyavahära), hat dagegen nur den Charakter eines Supplements. 27 Nicht ganz klar ist der N arne des ersten Cheyasutta, des Nisil1a; als Sanskritform wird NisTtha angegeben, was nicht ganz überzeugen kann. 28 Dieses Sutta ist deutlich jünger als die bisher genannten Werke dieser
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Textgruppe; es äußert sich über Bußen und Strafen für allerlei Vergehen der Ordensmitglieder. Noch jünger ist das Ma.lli:inisihasutta. (MahanisTthasütra), das als zweites, manchmal auch als sechstes Cheyasutta gerechnet wird. Durch seine offensichtliche Bekanntschaft mit der Tantra-Literatur erweist es seine für ein kanonisches Stück sehr späte Zeitstellung. 29 :\1an muss wohl annehmen, dass es sich hier um keinen originären Text, sondern um den Ersatz eines verlorengegangenen \"Terkes handelt. Beichte und Bußübungen spielen auch hier eine große Rolle. Daneben finden sich Legenden sowie Darlegungen über jinistische Ethik. -- Mitunter werden an die Cheyasuttas noch weitere Werke angeschlossen, doch können wir auf ihre Erörterung hier verzichten, zumal ihre kanonische Zugehörigkeit nicht unbestritten ist. 30 Die fünfte Textgruppe des .Jaina-Kanons konstituieren die wichtigen Mülasuttas, deren man vier zählt. Das erste von ihnen ist zugleich das wertvollste, nämlich das Utta.rajjllaya.1.1asutta (Uttaradhyayanasütra). 31 Seine 36 Abschnitte sind zeitlich zwar heterogen, enthalten aber Partien von außerordentlich hohem Alter. Zu den letzteren zählen Sprüche, Dialoge und Balladen. Inhaltlich finden sich Anklänge an die Thematik des buddhistischen Sutta.nipata. Im Mittelpunkt stehen Belehrungen an die Mönche über die Auswirkungen des Karman-Gesetzes sowie über Askese und Freitod. Die jinistische Tradition schreibt das achte Kapitel nicht dem Religionsstifter Mahav1ra zu, sondern dem Kapila. Es predigt den Mönchen die Entsagung von allem Weltlichen und verpflichtet sie zu absoluter Keuschheit. \Vie so häuf1g in der asketischen Literatur, werden auch hier absurde und verstiegene Gedanken über die Frauen geäußert: Sie werden als Dämoninnen bezeichnet, auf deren Brust zwei Fleischklumpen wachsen. Im neunten Abschnitt findet sich die Balla.de vom König N aini, der so recht dem jinistischen Herrscherideal entspricht, inde1n er sich mehr als Asket denn als König fühlt. 32 Gegen den formalritualistischen Kult der Brahmanen richtet sich ein im zwölften Kapitel zu findender Dialog, während ein weiterer Dialog aus dem 23. Kapitel die uns bereits aus den vedischen Brahmadyas bekannte Form eines Rätselgesprächs aufweist. Das zweite Mülasutta ist die Avassaga.nijjutti (Avasyaka.niryukti). 33 Das \Verk besteht aus sechs Abschnitten, die den sechs täglichen Pflichten der jinistischen Mönche entsprechen. Es sind dies die Nichtbegehung böser Taten, die Verehrung der TTrthakaras und der eigenen Lehrer, das Eingeständnis begangener Sünden, die Abhaltung asketischer Übungen und die Abtötung der Sinnlichkeit. Als Verfasser des dritten Mulasutta, nämlich des Dasaveyaliya. (Dasavaikalika), gilt traditionell ein gewisser Sejja.rnbhava. 34 Das \"Terk enthält unter anderem Sprüche über das Leben der Mönche. Außerdem wird hier ein Balladenstoff aus dem Uttarajjl1aym;a bea.rbeitet. Als viertes Mülasutta. wird die Pil;ujanijjutt? 5 , manchmal die Ohanijjutt? 6
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angegeben. Beide ~Werke werden mitunter jedoch zu den Cheya.suttas gerechnet. Sie regeln unter anderem den Almosenempfang durch die im Lande umherziehenden J\ilönche. Schließlich gehören zum Kanon noch zwei Texte, das Nand1sutta 37 und die Ar;mogadaraili1 ( Anuyogadväräl!i). 38 Beide werden manchmal zu den Pail!lfaS gezählt, meist jedoch als selbstständige \'Verke bewertet. Sie sind in Prosa gehalten, in die ma.nchmal Verse eingefügt sind. In den Ar.mogadarailn herrscht die Frage-Antwort-Form. Die jinistische Tradition lässt das NandTsuita von Devarddhi selbst verfasst sein. Es handelt vorwiegend von den Arten der Erkenntnis. Enzyklopädischen Charakter haben die Ar;uogadaraim, deren Anliegen es ist, den Mönchen alles für sie notwendige \'Vissen zu vermitteln. Für die Geschichte der altindischen Literatur und Ideologie sind sie insofern von Bedeutung, als sie zahlreiche Literaturwerke und ihre Lehrmeinungen zitieren, unter anderem das 11.1ababl1arata, RamayaiJa, Ka.utilTya-Arthasastra und Bhaga.va.ta.Purar;a. Zitiert werden die Grundanschauungen der Buddhisten, der Materialisten, der Vaises;ika-Schule und des Särnkhya-Systems. Der Verfasser zeigt sich ferner mit den grammatischen Leistungen des Patafijali sowie mit Mathematik, Dichtkunst und auch mit den Veden vertraut. Zur Poetik und Grammatik steuert er eigene Lehren bei. Anmerkungen Über Mahavira vgl. neben den Lehrbüchern über vergleichende Religionsgeschichte die Studie von K. Ch. Jain: Lord J\1ahav1ra and His Times (Delhi 1974). 2 Aus der umfangreichen Literatur über den J inismus können wir hier nur einige Standardwerke herausgreifen. P. C. Nahar und K. C. Ghosh: An Encyclopedia of Jainism (Delhi 1987); H. v. Glasenapp: Der Jainismus, eine indische Erlösungsreligion (Berlin 1925, Neudruck Hildesheim 1964); das \,l,'erk enthält eine ausführliche Bibliographie. Große Leistungen bei der Erforschung des Jinismus hat VV. Schubring erbracht, u.a. in: IVorte 1'11ahav1ras (Göttingen 1927); Die Jainas (Tübingen 1927); Die Lehre der Jainas, in: Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde, III, 7 (Berlin und Leipzig 1935); vgl. seine von K. Bruhn herausgegebenen Kleinen Schriften (VViesbaden 1977). Zum Jinismus vgl. ferner N. N. Bha.ttacharyya: Jain Pllilosophy, Historical Outline (New Delhi 1976, 2. Aufl. 1999); D. Bhargava: Jaina Ethics (Delhi 1968), Kapadia, H. R.: Jaina Literature and Philosophy (Poona 1987). 3 Eine erste Übersicht über die jinistische Literatur gab A. Weber: Über die heiligen Schriften der Jaina, in: Indische Studien, 16 (Leipzig 1883) und 17 (1885). Sämtliche kanonischen \Verke der Jinisten werden gegenwä.rtig unter der Leitung von M. Jambuvijayaji kritisch ediert: Sacred Books of the Jainas (Delhi seit 1978). Kritische Edt. der Angas von M. Nathamal, 3 vols. (Ladnun 1992). Einige besonders wichtige Teile des Kanons wurden übersetzt von H. Jacobi in den Bänden 22 und 45 der Sacred Books of the East
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(Oxford 1884-1895, Neudruck Delhi 1964). Auf diese Übersetzung wird an den betreffenden Stellen verwiesen werden. Umfassend ist die Bibliotheca Jainica, eine Serie von Texten und amwtierten Übersetzungen, hrsg. von S. C. Ghoshal in 11 Bänden (Lucknow
1917-1940. Neudruck 1974). 4 Ausgabe des ~{yaramgasutta von H. Jacobi in der Pali Text Society (London 1882); ferner von M. Jarnbuvijayajiin Bd. I der Sacred Books ofthe Jainas (Delhi 1978). Übersetzung von H. Jacobi in Bd. 22 der Sacred Books ofthe East (Oxford 1884). Ausgabe und Übers. von lVIahendra Kumar (New Delhi 1981). 5 Hierzu vgl. YV. Schubring: iiyararilgasutta. Erster Srutaskandha. Text, Analyse, Glossar, in den Abhandlungen für die Kunde des _\t[orgenlandes, XII, 4 (Leipzig 1910), sowie die Übersetzung vom selben Autor in: Vl'orte MahavTras ( Göttingen 1927).
6 Ausgaben des Siiya.ga.damga (Bombay 1880) und von M. Jambuvijayaji in Bd. 1 der Sacred Books of the Jainas (Delhi 1978). Übersetzung von H. Jacobi in Bd. 45 der Sacred Books of the East (Oxford 1895). Studie von W. B. Bollee, 2 Tle. (Wiesbaden 1977, Stuttgart 1988). 7 Ausgabe des 'J'hanarüga als Bd. 3 des Agamasari1graha (Benares 1880). 8 Ausgabe des Samavayamga als Bd. 4 des Agamasarngraha (Benares 1880). 9 Ausgabe der BhagavatTviyahapaiJI.Iatti in der Agamodaya Samiti (3 Bde., Bombay 19181921). Vgl. A. Weber: Ein Fragment der BhagavatT, in den Abhandlungen der Akad. der Wiss. zu Berlin (1865 und 1866). Studie von J. Deleu (Delhi 1996) 10 Ausgabe der Nayadhammakahao in der Agamodaya Samiti (Bombay 1916). Vgl. die Diss. von P. Steinthai (Leipzig 1881). Den zweiten Srutaskandha der Nayadhammakahii.o behandelt \IV. Hüttemann: Die Jiiata-Erzählungen im sechsten Aiiga des Kanons der Jinisten (Straßburg 1907). 11 Ausgabe und Übersetzung der Uvasagadasii.o von A. F. R. Hoernle in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1888-1890, Neudruck Calcutta 1989). P. L. Vaidya (Poona 1930) und N. A. Gore (Poona 1953).
12 Ausgabe der Ariltagaqadasao in der Agamodaya Samiti (Bombay 1920). Übersetzung von L. D. Barnett (London 1907, Neudruck Varanasi 1973). 13 Ausgaben der Az.wttarovavaiyadasao in der Agamodaya Samiti (Bombay 1920) sowie von P. L. Vaidya (Poona 19:32). Übersetzung wie in Anm. 12. 14 Ausgabe der Pai)havaga.rai_Iii.Üil in der Agamodaya Samiti ( Bombay 1919). Vgl. die Studie von A. Sen: A Critical Introduction to U1e Pa.r!havii.garanaüil (Diss. Hamburg 1936). 15 Ausgabe des Vivagasiiya in der Agan10daya Samiti (Bombay 1920). 16 Ausgabe des Uvavaiya- Uvariga von E. Leunrann in den Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, VIII, 2 (Leipzig 188:3, Neudruck Nendeln 1966). 17 Ausgabe des Rayapaser!aijja in der Agamodaya Samiti (Bombay 1925). Inhaltsangabe von E. Leumann in: Verhandlungen des VI. Orientalistenkongresses, III, 2 (Leiden 1883). 18 Ausgabe des JTvii.jivablligama. in der Agamodaya Samiti (Bombay 1925). 19 Ausgabe des Pai)I)aVaifilsuttaril von M. Pu1_1yavijaya, D. Mälvar:tiä, und A. M. Bhojak in den Jaina-Agama-Series, IX, 1 (Bombay 1969).
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20 Ausgabe der Siirapa[,ll}-atti in der _Agamodaya Samiti (Bombay 1919). V gl. die Studie von J. E. Kohl: Die Siiryaprajilapti. Yersuch einer Textgeschichte (Stuttgart 1937). 21 Ausgabe der JambuddTYa.pa1lllati in der Agamodaya Sarniti (Bombay 1926). 22 Ausgaben des NirayaYallsuttam als achtem Uva1'lga von S. \Varren (Amsterdam 1879) und in der Agamodaya Sanüti (Ahmedabad 1922).
23 Diese Texte behandelt K. v. Kamptz in seiner Diss.: Über die Yom Sterbefasten handelnden älteren Pairp_1a des Jaina-Kanons (Hamburg 1929). 24 Ausgabe, Analyse und Erläuterung des TarüduJayeyaliya von V,'- Schubring (VViesbaden 1969). 25 Ausgabe des Kalpas!ltra des Bhadrabähu von H . .J acobi in den Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, VII, 1 (Leipzig 1879). Übersetzung von demselben in Bd. 22 der Sacred Books of the East (Oxford 1884); von K. S. Lalwani (Delhi 1979). Schubring: Das Kalpas!ltra, 26 Ausgabe und Übersetzung des (älteren) Kappasutta von die alte Sammlungjinistischer Mönchsvorschriften (Diss. Leipzig 1905).
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27 Ausgabe des Yavahära-Cheyasutta von \V. Schubring in den Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, XV, 1 (Leipzig 1918, Neudruck 1966). Übersetzung von demselben (Hamburg 1966).
28 Ausgabe des NisTha von\'\'. Schubring (wie Anrn. 27). Analyse von demselben in: Drei Chedasutras des Jaina-Kanons (Harnburg 1966). 29 Ausgabe des JVIahänisThasutta von V11 . Schubring in den Abhandlungen der Akad. der Wiss. zu Berlin 1918, Nr. 5 (Berlin 1918). Vgl. die Studie zu den Kapiteln 1 bis 5 dieses VVerkes von .J. Deleu und W. Schubring (Hamburg 1963) sowie die Studie zu den Kapiteln 6 bis 8 von F. R. Han:nn und W. Schubring (Hamburg 1951). 30 Als sechstes Cheyasutta wird manchmal der Jftakalpa des Jinabhadra bezeichnet; Ausgabe von E. Leumann in den Sitzungsberichten der Preuß. Akad. der V'hss. (Berlin 1892). Mitunter zählt rnan hierzu aber ein Pailcasutta oder Pailcakappa, Ausgabe von V. M. Shah (Surat 1934) 31 Ausgaben des Uttarajjhaya1_1a von .J. Charpentier in zwei Bänden (Uppsala 1922) und von J. Vijaya in drei Bänden (Agra 1923-1927); weitere Ausgaben erschienen Calcutta 1879 und Bhavnagar 1927. Übersetzung von H. Jacobi in Bd. 45 der Sacred Books ofthe East (Oxford 1895). 32 Vgl. W. Morgenroth: Die Bekehrung des Königs Nami (Leipzig und Weimar 1979).
33 Ausgaben der iha.ssaganijjutti von E. Leumann in den Abhandlungen der Dtsch. Morgenländischen Gesellschaft, X, 2 (Leipzig 1897); ferner in der Agamodaya Sarniti, Nr. 562 (Bombay 1928).
:34 Ausgabe und Übersetzung des DasaYeyiiliyasutta. von K. S. Lalwani (Delhi 1973) und von Amar Muni (Delhi 1997). Übersetzung auch von E. Lemrrann in der Zschr. der Dtsch. Morgenlä.ndischen Gesellschaft, 46 (1892). 35 Ausgabe der PilJ(lanijjutti in der Agamodaya Samiti (Bombay 1918). Übersetzung von E. Leunrann, s. Anm. 34. 36 Ausgabe der Oha.nijjutti (Oghaniryukti) in der Agamodaya Samiti (Bombay 1919).
Die nichtkanonische Jaina-Literatur
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:37 Ausgaben des Nand1sutta von M. Pm:tyavijayaji (Varanasi 1966); von demselben in Verbindung mit D. Malvalfia und A. M. Bhojak als Bd. 1 der Jaina-Agama-Series (Bombay 1968). 38 Ausgabe der kquoga.daraüi1 von Tvl. Punyavijayaji, D. :'\1alval~ia und A. l\1. Bhojak; vgl. Anm. :37. Übersetzung von T. Hanaki (Vaishali 1970).
2. Die nichtkanonische Jaina-Literatur
Aus der langen Geschichte des Jaina-Kanons geht hervor, da.ss seine Texte zeitlich sehr heterogen sind und dass die Schlussredaktion in vergleichsweise später Zeit erfolgt ist. Daraus ist zu erklären, dass die nichtkanonische Jaina-Literatur nicht erst an den Kanon anschließt, sondern bereits während seiner Herausbildung ins Leben tritt. Vv'ie schon erwähnt, ist sie zumeist in Jaina-Mahara~tr1, in späterer Zeit auch in Sanskrit, Apahhrari1sa sowie in neuindischen Volkssprachen abgefasst. Die nichtkanonische Jaina- Literatur ist von erstaunlicher Vielfalt und Reichhaltigkeit. \Venn auch nicht in religionsgeschichtlicher Beziehung, so ist sie in literarisch-ästhetischer Hinsicht der kanonischen Literatur weitgehend überlegen. Aus den ursprünglichen Kommentaren und dogmatischen Darlegungen sind später epische und dramatische vVerke hervorgegangen, deren poetischer Rang lediglich von der jinistischen Erzählliteratur übertroffen wird. Nicht gering sind schließlich die Leistungen der Jinisten auf wissenschaftlichem Gebiet zu veranschlagen; auch sie haben ihren literarischen Niederschla.g gefunden. Die Abfassung von Kommentaren zum Kanon - sie führen die Bezeichnung Nijjutti (Niryukti) - hat früh eingesetzt und geht auf den bereits genannten Bhadrabahu zurück. Später sind die Nijjuttis in große Kommentarwerke erweitert worden, zunächst in einer Prak~'t-Spra.che (dann heißen sie Bhä~ya), seit dem 11. Jahrhundert in Sanskrit (T1ka, V~'tti). Für die Literaturgeschichte sind diese Kommentare aus dem Grunde wichtig, weil sie zur Stützung der jinistischen Lehren zahlreiche Legenden und beispielhafte Erzählungen anführen. In besonders umfangreichem Maße ist dies bei den Kommentaren zum UttaTajjhayai_la der Fa.lJ.l Die Verfasser dieser vVerke haben sich insofern große Verdienste erworben, als sie vieles aus der altindischen Erzählliteratur übernommen und damit aufbewahrt haben, was ohne sie verlorengegangen wäre. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass sie das vorgefundene Erzählungsgut vielfach ihren eigenen ideologischen Zwecken angepasst und demzufolge umgestaltet haben. Das betrifft etwa epische Helden vvie K~'~l:ta, Ravar:ta oder die Draupad1: Ihre Erlebnisse und Taten wurden von den Jinisten weitgehend modifiziert wiedergegeben. Die kanonischen Konunentare konnten bei aller Berücksichtigung volkstümlichen und traditionellen Erzählungsgutes sich von ihrer eigentlichen Thematik
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natürlich nicht ablenken lassen. Den .Jinisten entstand somit die Aufgabe, den beiden großen brahmanischen Epen ein adäquates \Verk zur Seite zu stellen. Das älteste erhaltene jinistische Epos - zugleich eines der bedeutendsten ist das in .Jaina-Mahara.?tr1 abgefasste Paüma.ca.riya (Padmacarita) des Vin'lalasuri. Es handelt sich um eine jinistische Umarbeitung des Ramaya1;za, die aus dem 2. oder 3 . .Jahrhundert stammen dürfte. 2 Rama erscheint hier auch unter dem Namen Padma (daher der Titel); die Namen der übrigen Ramayar;taHelden wurden nicht verändert. Die Umwandlung des alten epischen Stoffes im Dienste des .Jinismus ist jedoch eine sehr tiefgreifende. Dies kommt gleich zu Beginn deutlich zum Ausdruck: Auf Weisung des Mahav1ra soll dessen Schüler Goyama Indabhuti das Epos dem König von Magadha, SelJiya (der sonst unter dem Namen Bimbisara bekannt geworden ist), mitgeteilt haben. Der jinistische Autor muss nun die vorgenommene Überarbeitung rechtfertigen, und er tut dies auf eine für eine idealistische Position eigentümliche Weise: Er nennt Valm1ki einen Lügner und kritisiert ihn von einem realistischen Standpunkt aus. Im 2. Gesang - es gibt deren insgesamt 118 - weist er Valm1ki eine Reihe von Unstimmigkeiten nach. So gilt es ihm als unglaubwürdig, dass Affen die wohlgerüsteten Dämonen besiegt haben sollen oder dass der mächtige Gott Indra in die Gewalt des RavaiJa geraten sein soll. Er tadelt auch die Angabe, nach der KumbhakanJa ein halbes .Jahr lang ununterbrochen geschlafen hat. Goyama belehrt nun den König, indem er ihm sagt, wie es "wirklich" gewesen ist. Was nun folgt, ist die weitgehende Ersetzung der Konzeption Valm1kis durch neue, jinistisch determinierte Ideen. Eröffnet wird die Handlung wie ein Pural}a, indem das Wirken des ersten .Jina, ~9abha, im K~ta- Weltzeitalter beschrieben wird. Im weiteren Verlauf bemüht sich Vimalasuri, die mythischen Angaben des Valm1ki zu" widerlegen" beziehungsweise auf rationalistische \Veise zu erklären. So sind die Affen des Ramaya.Ifa "in ·Wahrheit" bestimmte halbgottähnliche \\lesen (Vidyädhara), die lediglich Affenzeichen auf ihren Bannern tragen. Eine fast völlige Neuorientierung erhält die Gestalt des Ravalfa. Dieser im Ramaya1;za perhorreszierte Dämonenfürst erlebt im Paümacari.ya eine entschiedene moralische Aufwertung. Seine Macht hat er nicht durch listige oder brutale Mittel, sondern durch Askese erlangt. Im 9. Gesang wird er sogar zum .Jinismus bekehrt! Nun wird es logisch, dass er im 12. und 13. Gesang den Götterkönig Indra besiegt. Auch der Affe Hanumat nimmt den jinistischen Glauben an. Das eigentliche Räma- Epos beginnt erst im 21. Gesang. Doch ist auch hier die Handlung außerordentlich stark verändert und zudem auf Schritt und Tritt durch jinistisch orientierte Einschübe unterbrochen. Zum Schluss geht Padma, also Räma, ins Nirval}a ein. Das Paümacariya hat zahlreichen weiteren jinistischen Bearbeitungen des Rämayal}a-Stoffes als Muster und Vorbild gedient. Fast eine Selbstverständlichkeit ist es, dass es auch zum Mahabl1ara.ta. jinistische Adaptationen gibt. Neben einem sogenannten Harivamsa-Pma1_1a finden
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wir ein nicht unbedeutendes Plü;c.Ja.vacarita. 3 Letzteres ist- analog der Gliederung des Mahabhaxa.ta in 18 Parvans - wohl nicht unabsichtlich in 18 Sargas aufgeteilt. Um 12.00 von Devaprabhasuri verfasst, beschreibt es die Abenteuer der Pa1;t<;lavas und lässt diese am Schluss in das Nirva1;ta eingehen. Wichtiger noch als die soeben gena.nnten epischen Werke sind die jinistischen Biographien der sogenannten 63 hervorragenden Männer. Unter letzteren versteht man vor allem die 24 Tirthakaras, also diejenigen, die als Jinas jeweils den Jinismus wieder ins Leben gerufen haben sollen (die übrigen sind gänzlich mythischer Natur und können hier übergangen werden). Diese "Biographien" sind natürlich nur für unsere Kenntnis vom Leben des Mahavira von gewissem \Vert; allenfalls könnten sie noch die Existenz des Parsva indizieren. Alles übrige kann auf Historizität keinen Anspruch erheben. Bei den Digambaras heißen diese Werke Pura1;tas, bei den Svetambaras werden sie Caritra genannt. Unter den Digambara-Pural;tas ist das ,Satrm1jaya-Mahatmya zu nennen, das von Dhanesvara im Stil eines pural;tischen Mahatmya verfasst wurde. 4 In diesem Epos, das in 14 Sargas eingeteilt ist, herrschen Slokas vor. Die Handlung spielt in Gujarat, das stets eine Hochburg der Jinisten war. Dort liegt auch der ihnen heilige Berg Satruiijaya, dessen Verherrlichung den Kern des Epos bildet. Daneben finden sich aber auch Betrachtungen über Kosmologie sowie ein Bericht über den ersten Jina, J:t~abha. Im 9. Sarga wird die Rama- Legende frei behandelt, während die Geschichte der Piil;t<;lavas in die Sargas X bis XII Aufnahme gefunden hat. Die Caritra- Literatur der Svetambaras weist einen überaus berühmten Repräsentanten auf: das Tri?a?~isaJakapurw?aca.rita, "die Lebensläufe der 63 hervorragenden Männer" .5 Autor ist der bekannte jinistische Mönch Hemacandra aus Gujarat. Er erfreute sich bereits bei Lebzeiten (1089-1172) großer Berühmtheit, und zwar nicht nur als Dichter, sondern auch als Gelehrter. Als solcher erhielt er den Ehrentitel Kalikalasarvaji1a, "ein im gegenwärtigen \Veltzeitalter Allwissender". Der damals über Gujarat herrschende, dem Sivaismus ergebene König Kumarapala wurde von Hemacandra dem Jinismus gewonnen und verwandelte das Land nun in einen jinistischen "Musterstaat": unter anderem wurden die Jagd, das Schlächterhandwerk und der Genuss von Fleisch verboten. Dies muss um das Jahr 1159 erfolgt sein: zwischen 1160 und seinerr1 Todesjahr hat Henlacandra. dann am Tri,?a·?tisalakapuru?acarita gearbeitet. Das \Verk besteht aus zehn Panrans und beginnt mit der Beschreibung der mythischen Existenz des J:t~abha. Als Geschichtsquelle mit großem Abstand am wichtigsten ist Parvan X. Es führt auch den Namen Mahaviracaritra und gibt eine Lebensgeschichte des eigentlichen Begründers des Jinismus. Sie stin1mt im. wesentlichen mit den Angaben des A..yararilgasutta und des Kalpasiitra überein, ist aber wesentlich detaillierter und geht auch auf den politischen Hintergrund, die Herrschaft des Königs Srel;tika, ein. Noch sind nicht alle Quellen bekannt, auf die sich Hemacan-
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dra gestützt hat. Vermutlich gehörte dazu die 1/asudevahü;uji des Smighadasa, 6 ein in archaischer Jaina-Maharas;tr1 gehaltenes ·werk der Erzählungsliteratur. Denn in den biographischen Text sind zahlreiche Geschichten eingearbeitet, zu denen die in Indien sehr beliebten Erzählungen von den Abenteuern des IVIeisterdiebes Rauhif.leya gehören. Immer wieder ist es die Ka.rman- Lehre, deren Moral in stets neuen Versionen vorgetragen wird. Hemacandra bezeichnet sein V1lerk selbst als ein .Yiahakävya, ein großes Werk der Kunstdichtung, aber von größerem oder ga.r übertriebenem sprachlich-stilistischem Schmuck kann keine Rede sein. Die Sprache ist vielmehr schlicht und klar; eine Besonderheit stellen die vielen einprägsamen Vergleiche dar. Vielleicht soll das Vorderglied des Kompositums Mahäkävya auf den großen Umfang des Caritra und nicht auf stilistische Spezifik hinweisen. Zum Tri."jaf?!isalakapuruf?acarita gibt es ein PaTisif?tapa.Tva.n ("N achtragskapitel"), das auch unter dem Namen SthaviravalYcaTita geht. 7 Durch seinen Gehalt an Erzählungen aller Art, besonders an Märchen, steht es noch über dem Hauptwerk, wenn es auch dessen Bedeutung als Geschichtsquelle nicht erreicht. Ganz ohne Bedeutung ist es jedoch auch in dieser Beziehung nicht. Es berichtet nämlich über die Dasapurvins, das heißt über diejenigen Schüler des Mahäv1ra, die noch die Kenntnis von zehn Puvvas besaßen. Diese Schüler könnten wenigstens zum Teil historische Persönlichkeiten gewesen sein. Im übrigen aber findet sich hier ein Kranz von Märchen und Legenden, in die viele volkstümliche Stoffe Eingang gefunden haben. Überhaupt ist zu betonen, dass die Jinisten ebenso wie sie einen noch engeren Kontakt zwischen Gemeinde und Laien herzustellen und aufrechtzuerhalten wussten als die Buddhisten ·- auch in ihrer Literatur die Volkstümlichkeit des buddhistischen Schrifttums noch übertrafen. Ihren eigentlichen Zweck, den der religiösen Erbauung und Werbung, ließen die Jinisten dennoch nie aus den Augen. Dies gilt auch für das PaTisif?taparvan, das sich weithin als Eulogie der Keuschheit darstellt, andererseits aber erklärt, dass es .Möglichkeiten der Bekehrung, des Eintritts in den Orden als Nonne und der schließliehen Erlösung auch für Freudenmädchen gibt. Im fünften Kapitel treffen wir auf einen bekannten Namen, nämlich den des Sayyambhava., der als Sejjari1bhava das Da.saveyaliya verfasste. Die betreffende Geschichte im Pa.risif?tapaTvan schildert, wie Sayyambhava für seinen Sohn, von dem er wusste, dass er nur noch sechs Monate zu leben haben würde, das Da.sa.veyaliya schrieb, um diesem die Möglichkeit zu geben, noch vor seinem Tode ohne umfangreiches Studium die Quintessenz der Jaina- Lehre zu erfassen. Von Interesse sind ferner die Geschichten des achten Kapitels, da sie sich auf die historische N andaDynastie und deren Ablösung durch die Mauryas beziehen. Eine Rolle spielt hier auch der uns aus dem KautilYya-Artl1a.sastra bereits bekannte MauryaKa.nzler Cär.takya. Selbst dieser Typus des machiavellistischen Staatsmannes kann einer Modifizierung oder noch eher Umstrukturierung seines Charakters
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nicht entgehen: Zum Schluss wird auch er ein frommer Jinist. Die T1rthakaras sind in den Caritras nicht gleichmäßig gewürdigt worden. Es versteht sich,~ dass der erste, vorletzte und letzte Jina -- a.lso J.tsmbha. Parsva und Mahäv1ra - vorzugs1veise die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Von den übrigen hat besonders der 21. T1rthakara, Neminätha oder auch Ari9tanemi genannt, literarische Beachtung gefunden. Der jinistischen Tradition gilt er als Zeitgenosse der im Mahabl1arata. auftretenden Helden. Eine Legende über ihn findet sich bereits im Uttarajjha.yaiJ.a, und insgesamt gibt es über diesen Jina mindestens zwölf Lebensgeschichten. Unter ihnen ragt hervor das Neminaha.cariu (Neminäthacarita), das der Mönch Haribhadra im Jahre 1159 verfasst hat. 8 Dieses \Verk ist nicht in einein Prakrt-Dialekt, sondern in Apabhrarnsa geschrieben und zugleich als Erzeugnis der Kunstdichtung konzipiert worden. Es ist daher von großer Bedeutung und nimmt in der Literaturgeschichte geradezu eine Schlüsselstellung als Apabhrarnsa.- Kävya ein. Im Apabhrari1sa spielt der Reim eine wichtige Rolle; auch in dieser Tatsache deutet sich der Übergang zu den neuindischen Sprachen an. Der Autor hat offensichtlich zeigen wollen, dass Kunstdichtung auch in Apabhrarnsa möglich ist. Er beschränkt sich daher keineswegs auf die (mythische) Biographie, sondern führt breite Beschreibungen und Ausmalungen, besonders der indischen Natur, in die erstere ein, so dass besonders im ersten Teil das biographische Anliegen in den Hintergrund tritt. Sehr viele Caritras gibt es über Päniva. Sie hier aufzuzählen, würde viel zu weit führen. Hervorzuheben ist aber das Parsvanatha.caTitra von Bhavadevasuri, das im Jahre 1255 entstanden sein dürfte. 9 Das \Verk behandelt nicht nur die Lebensgeschichte des Pärsva, sondern geht auch auf seine vorangegangenen neun Existenzen ein. In diesen mythischen Stoff ist eine bedeutende Anzahl von Fabeln und Märchen eingelagert. Sie sind keineswegs alle von Bhavadeva.suri ad hoc erfunden vvorden. Im Gegenteil, eine große Zahl von ihnen stammt aus vorgefundenen Quellen, unter anderem aus dem Paiicatantra, aus der älteren jinistischen Literatur, ja sogar aus Kalidäsas ,Sakuntala. Ferner enthält das Parsvanathacaritra über tausend Stücke, die vorwiegend Moral, aber auch \Veltklugheit lehren wollen. Viele von ihnen sind entsprechend der jinistischen Grundhaltung gegen die Frauen gerichtet. So heißt es etwa, dass ein \Veiser wohl die Zahl der Sandkörner im Ganges oder die Menge des \Vassers im Meere, niemals aber die Gedanken einer Frau kennen könne. Neben den Caritras haben die Jinisten noch eine umfangreiche Literatur historischen Charakters hervorgebracht. Hierzu gehören etwa die Prabandhas, deren historischer \Vert durch die in ihnen enthaltenen Anachronismen jedoch stark beeinträchtigt wird und in jedem einzelnen Falle einer kritischen Prüfung bedarf. \Varen schon die Caritras eng mit Erzählungen verschiedener Art verflochten,
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so verwundert es nicht, dass die Jinisten auch eine selbstständige, umfangreiche Erzählliteratur von hohem Rang geschaffen haben. Gewiss soll diese auch unterhalten; vorzugsweise aber sind die Elemente der U nterha.ltung geschickt in den Dienst der religiösen Belehrung und Erbauung gestellt und ihr untergeordnet worden. Zu den frühen Meistern dieser Literatur gehört Haribhadra. Es gibt mehrere Autoren dieses Namens; der hier erwähnte gehört dem 8. Jahrhundert an. Ursprünglich Brahmane, war er sehr stolz auf seine Gelehrsamkeit. Durch den Einfluss der Nonne Yakinl wurde er jinistischer Mönch und erhielt den Ehrentitel Suri. Er war gleichermaßen im Sanskrit wie im Prak~·t versiert und verfasste in diesen Sprachen fast hundert \Verke. Er gilt als Begründer der dharmakatha, der religiös fundierten und ausgerichteten Erzählung. Als hervorragender Vertreter dieser Literaturgattung haben wir in anderem Zusammenhang (siehe das Kapitel "Fabeln und Märchen") bereits seine Samaraiccakaha kennengelernt. Einen Höhepunkt auf dem Gebiet der religiösen Erzählliteratur erreichte Siddhar~i mit seiner Upamitibha.va.pra.pa.iicalmtha, der "Erzählung von 10 der Vielfalt der Existenzen in Vergleichen", die er im Jahre 906 vollendet hat. Siddhar~i bezieht sich hier auf Haribhadra, den er sich offensichtlich zum Vorbild nimmt. In der Form überwiegt die Prosa; in diese sind Strophen von verschiedener Länge eingelagert, deren vorherrschendes Metrum der Sloka ist. Die Erzählungen werden von einer Rahmenhandlung umgeben, wie dies für die altindische Erzählliteratur typisch ist. Für die Upa.mitibha.va.pra.pa.iicaka.tlJa charakteristisch ist der Umstand, dass die handelnden Personen Allegorien sind, so dass man an K~·~J;tamisras Prabodhacandrodaya erinnert wird. Im Unterschied zur Sa.maraiccaka.ha ist dieses \Verk in Sanskrit verfasst. Der Autor hoffte nach eigener Darlegung, durch die Verwendung des Sanskrit auch die gebildeten Kreise anzusprechen und sie für den Jinismus zu gewinnen. Um von möglichst vielen potentiellen Konvertiten versta.nden zu werden, befleißigte er sich einer schlichten Sprache. Der Erfolg hat ihm recht gegeben: Das Werk erlangte in Indien eine weite Verbreitung. Neben der eben envähnten Prosa-Vers-Mischung gibt es auch Dharmakathas, die ausschließlich in Versen gehalten sind. Dazu zählt die Bha.visa.tta.ka.ha (Bhavi~yadattakatha) des Dhm;avala (Dhanapala)Y Sie ist in Apabhrarnsa verfasst und glorifiziert ein bestimmtes jinistisches Gelübde. Die Kernhandlung ist ein Märchen. Bhavisatta wird von einem bösen Stiefbruder gehasst und verfolgt. Als er das Glück hat, eine Prinzessin zu heiraten, wird die Verbindung durch den Stiefbruder entzweit, doch gelingt dem Paar später die \liliedervereinigung. Eine eigene Gruppe innerhalb der religiösen Erzählliteratur bilden die sogenannten "kleinen Geschichten'' (Ka.thanaka). Ein sehr bekannter Repräsentant dieser Gruppe ist das Kalakacarya.-Ka.tlJana.ka.Y Der Verfasser desselben
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ist uns nicht bekannt. Ungewiss ist auch die Zeitstellung; nicht ausgeschlossen ist die Möglichkeit einer Entstehung des Werkes im 10. Jahrhundert. Abgefasst ist es in ~ralo;t, und zwar wieder in einer Mischung von Prosa und Versen. Die Hauptthemen beziehen sich auf den Prinzen Kalaka und seine Bekehrung zum Jinismus sowie auf seinen Feldzug gegen einen König, der seine, Kalakas, Schwester nach Ujjayin1 entführt hatte. Aus einer ganzen Anzahl von Kathanakas nennen wir noch das "Geschichtchen vom Kaufmann Campaka" ( Campakasref?thika.tlliinaka.). 13 Es ist im 15. Jahrhundert von Jina.kirti verfasst worden. Eine Rahmenhandlung umschließt drei Geschichten, von denen die letzte durch Humor und \1\Teltklugheit hervorragt. Ein Kaufmann, der alle Welt zu betrügen gewohnt ist, wird schließlich selbst überlistet, entsprechend der jinistischen Doktrin selbstverständlich durch ein Freudenmädchen. Die Jinisten haben in der Erzählliteratur also nach Tiefe und Umfang große Leistungen vollbracht. Somit war es naheliegend, dass sie ganze Zyklen von Geschichten in Sammlungen vereinigten. Eine der bekanntesten Sammlungen dieser Art ist die Samyaktvakaumud1. 14 Der Titel bedeutet "Mondschein der Vollkommenheit". Der Autor beziehungsweise Kompilator ist unbekannt. Eine Rahmenhandlung umschließt einen Kranz von Geschichten. Letztere dienen der bloßen Unterhaltung oder der Vermittlung von allgerneinen Prinzipien der \1\Teltklugheit; nur die Rahmenhandlung stellt eine Verklammerung mit dem .Jinisrnus her. Unbekannt ist auch der Kompilator des "Geschichtenschatzes" (Kathako,sa). 15 Die Prosa dieser Sammlung ist in Sanskrit abgefasst, während die Verse in Prak~·t gehalten sind. Das Sammelwerk enthält eine Fülle von Erzählungen verschiedener Art, besonders von Legenden und Märchen; doch kommt auch die Spruchdichtung zu \Vort. Interessant ist die Geschichte von N ala und Davadant1, eine recht einschneidende jinistische Bearbeitung des bekannten Legendenstoffes von Nala und Darnayantl aus dem lviahabharata. Es zeigt sich also, dass die indische und die \Veltliteratur der Erzählliteratur der Jinisten verpflichtet sind. Außerdem ist sie aber auch für verschiedene Zweige der \Vissenschaft von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Die vergleichende Märchenkunde findet hier ein noch kaum überschaubares und auch noch längst nicht adäquat erschlossenes Materialfeld vor. Bisher hat die buddhistische Erzählliteratur ihre jinistische Schwester in der Aufmerksamkeit der Forscher immer wieder verdrängt. Wenn dies auch etwa im Hinblick auf die überragende Rolle der Jatakas verständlich erscheint, so muss doch noch einmal betont werden, dass die Volkstümlichkeit der jinistischen noch ausgeprägter als die der buddhistischen Literatur war. Erstere ist daher auch für den Sozialhistoriker von einer noch nicht hinreichend erkannten "Wichtigkeit als kulturgeschichtliche Quelle. Die .Jinisten haben sich gerade in ihrer Erzählliteratur bemüht, alle Teile des Volkes zu erreichen, anzusprechen und für sich zu gewinnen. Daher beschränken sich die Stoffe dieses Schriftturns keineswegs auf
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die herrschenden Klassen, sondern beziehen auch die Angehörigen der unteren Schichten in breitem Umfang ein, so dass nicht selten ein recht getreues Bild vom Leben des ganzen Volkes gezeichnet wird. Auch als Dramendichter sind die Jinisten hervorgetreten. Da.s drarnatische Schaffen fällt vorwiegend in die Zeit zwischen dem 12. und dem 14. Jahrhundert. Es gibt jedoch nur wenige wirklich jinistisch angelegte Dramen, die zudem im Rahmen der indischen Literaturgeschichte nur eine untergeordnete Rolle spielen. Eine etwas größere Bedeutung hat dagegen die religiös-lyrische Dichtung. Werke vom Range eines Gftagovinda darf man freilich auch hier nicht erwarten, doch dürfen einige dieser sogenannten Stotras durchaus Anspruch auf \/Vertschätzung erheben. Dazu zählt besonders das Bhaktamara-Stotra. 16 Verfasst wurde es von J\1anatm1ga, und da dieser sowohl von Digambaras als auch von Svetambara.s beansprucht wird, muss er zu einer ziemlich frühen Zeit, als das jinistische Schisma noch nicht allzu krasse Formen angenommen hatte, gelebt haben. Das aus nur 44 Versen bestehende Stotra ist in einem gemäßigten Kavya-Stil geschrieben und dem Inhalt nach vorwiegend ein Hymnus an I_t~abha, den ersten Jina. vVer ihn im Herzen trägt, den kann keine Kette fesseln, der kann mit bloßen Füßen auf eine Giftschlange treten. Die Schönheit der Verse lässt die inhaltlichen Übertreibungen gern übersehen. Die didaktische Poesie, die ihren Niederschlag im Lehrgedicht findet, bildet den Übergang von der Erzähl- zur wissenschaftlich orientierten Literatur. Ein frühes Erzeugnis dieser Art ist das Lehrgedicht Prainottararatnamala. 17 Der Titel bedeutet "Juwelenkranz der Frage und Antwort" und zeigt an, dass das Gedicht in Frage-Antwort-Form gehalten ist. Die Verse sind einfache, gut lesbare Slokas. Über Autor und Zeitstellung gibt es keine zuverlässigen Angaben, sondern nur sehr divergente Meinungen. Manche sehen in Vimalasuri, dem Schöpfer des Pa.ümacariya, auch den Verfasser der Prasnottararatnamala; andere versetzen das \Verk in wesentlich spätere Zeit, manche bis ins 9. Jahrhundert. Einen wesentlichen Beitrag zur Lehrpoesie der Jinisten leistete der Digambara Amitagati. \Venigstens zwei seiner \Verke müssen hier genannt werden. Da ist zunächst der Subha!}itaratnasamdol1a, die "Sammlung von Spruchjuwelen" .18 Das aus dem Jahre 994 stammende vVerk umfasst 32 Ka.pitel, von denen jedes ein gesondertes Thema behandelt. Gekleidet in das Gewand eines Kavya, ist der Subha!}itaratnasamdoha eine wichtige Quelle für die Ethik der Digambaras sowie für die praktischen Regeln dieses Ordens. Von besonderem Interesse ist ferner die Haltung und Argumentation gegenüber dem Brahmanismus, dessen Religion scharf kritisiert und verurteilt wird. Insbesondere die Mythologie der Brahmanen und ihrer Anhänger ist es, die Amitagati zu beißendem Spott herausfordert: Heftig geißelt er die Vorliebe für Trunk, Frauen und aller-
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leiweltliche Vergnügungen, der sich die Götter des Brahmanismus-Hinduismus schuldig machen. Die von Amitagati präsentierte Alternative könnte freilich manchem- vielleicht nicht absolut zu Unrecht- als noch weniger attraktiv gelten, etwa der Verzicht auf Fleisch, Honig und berauschende Getränke, oder die im Jinisnms immer wieder hervorstechende misogyne Haltung: Auch hier sind die Frauen nichts anderes als der Riegel vor dem Tor zur Hinnnelswelt oder aber gleichbedeutend mit dem \Veg zur Hölle. Ja, das Ka.pitel 24 ist eigens der Auseinandersetzung mit den Freudenmädchen gewidmet. Im Jahre 1014 vollendete Amitagati sein zweites großes \Verk, die Dha.rmapa.r1k?a, die ,. Untersuchung über Religion" .19 Auch hier ist die Vermittlung des jinistischen Dogmas das Hauptanliegen des Verfassers. Er zieht zahlreiche Erzählungen heran, die er anscheinend zumindest teilweise aus dem Prak~·t übersetzt hat. M. \Vinternitz vergleicht einige von ihnen zu Recht mit Münchhauseniaden, etwa die folgende: Ein Mensch gewahrt auf einem Baum Früchte, die er erlangen möchte, die aber zu hoch hängen. Er reißt sich also den Kopf ab, wirft ihn ins Geäst und lässt ihn sich dort an den Früchten gütlich tun. Anschließend lässt er ihn zurückkehren und wieder mit dem Rumpf verwachsen. In der Dharmapa.r1ki?a finden wir auch viele Bezüge auf das l\1a.habharata und das RamayaJ!a; die meisten Zitate beziehen sich aber nicht auf die Originale, sondern offensichtlich auf alte jinistische Adapta.tionen dieser brahmanischen Epen. Die Angriffe auf Religion, Kulte und Gebräuche der Brahmanen werden mit ähnlicher Schärfe vorgetragen wie im Subl1Zi9itaratnasa1ndoha, wobei unsere Aufmerksamkeit besonders durch den Umstand beansprucht wird, dass sich die Kritik Amitagatis jetzt nicht mehr auf die Religion beschränkt, sondern dass sie nunmehr auch das brahmanische Kastenwesen erfasst. Freilich kühlt der Autor unsere Sympathie sogleich wieder dadurch ab, dass er ins gegenteilige Extrem verfällt: Kann er wirklich einmal auch bei seinen ideologischen Gegnern etwas Gutes entdecken, so wertet er dies als Entlehnung aus dem Jinismus! Von besonderem Interesse ist seine Kritik am Ma.habharata. Vyasa habe nach Meinung Amitagatis selbstverständlich gewusst, dass das Epos voller Lügen sei, aber er habe mit der Dummheit und Leichtgläubigkeit der Menschen gerechnet. Hier sehen wir eine ähnliche kritische Linie, wie sie das Paüma.cariya am Ramaya11a. verfolgt. Auch die anderen Werke des Amitagati sind nicht ohne Bedeutung, wenngleich sie die \A/ichtigkeit der vorstehend skizzierten bei weitem nicht erreichen. Als Verfasser eines Lehrgedichtes ist ferner einer der berühmtesten jinistischen Autoren überhaupt zu nennen: Hemacandra. Er schuf das Yogasastra. 20 Das \Verk besteht aus zwei Teilen, einem Grundtext und einem (ebenfalls von Hemacandra stammenden) Kommentar. Der Grundtext ist in einfachen SlokaVersen, der Kommentar aber iin Stil eines Kavya gehalten. Die ersten vier Kapitel entha.lten die Lehren und Anforderungen, wie sie an die Laienanhänger des
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Jinismus gerichtet sind. Eine besondere Rolle spielen hier die Pflichten, die ein dem Jinismus gewogener König zu erfüllen hat. Im weiteren Verlauf des ~Werkes wendet sich der Autor den konkreten religiösen Praktiken zu, die er unter dem Namen Yoga zusammenfasst und die ebenfalls auf den solchen Übungen sehr zugetanen König Kumarapala zielen. Die Auseinandersetzung mit der Ideologie der Brahmanen fehlt auch hier nicht. Hemacandra wendet sich besonders scharf gegen die im ADinava-Dha.rmasastra vertretenen Moralauffassungen. Ihnen stellt er das in der Neuzeit von M. K. Gandhi weiterentwickelte Prinzip der Nichtschädigung ( ahimsa), beziehungsvveise -verletzung aller Lebewesen, entgegen. Die dichterische Kunst HerTlacandras bewährt sich auch in diesem Werk, dessen ästhetischer Vorzug in der Wahl von Metaphern liegt; stellenweise wird man a.n die Ausdruckskraft der Sprüche des Bhart~·hari erinnert. Freilich wird auch hier die Schönheit der Gestaltung in das Prokrustesbett der jinistischen Ideologie gezwängt, und wenn der Verfasser etwa die Frauen als die Fackeln auf dem Weg zum Höllentor bezeichnet, so ist dies wohl ein recht eindrucksvoller, aber eben alles andere als ein schmeichelhafter Vergleich. Auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Literatur haben die Jinisten ebenfalls viel vorzuweisen, doch ist die Forschung erst relativ spät auf diese Leistungen aufmerksam geworden, so dass sie bislang auch noch nicht hinreichend gewürdigt worden sind. Hervorzuheben sind die jinistischen Arbeiten über Philosophie und hier wieder besonders auf dem Gebiet der Logik. Die Grundfrage der Philosophie versuchen sie auf einem vermittelnden Wege zu lösen. Natürlich konnte einem solchen Versuch kein wirklicher Erfolg beschieden sein, doch hat die jinistische Philosophie - auch das ist bisher nicht genügend anerkannt worden - in mancher Hinsicht eine Überlegenheit über die des Buddhismus gewinnen können. Die Verabsolutierung der Bewegung beispielsweise, die dem Buddhismus zum entschiedenen Nachteil gereicht, ist im Jinismus vermieden worden. Gleiches gilt von dem extremen subjektiven Idealismus des MahayanaBuddhismus. Der Jinismus erkennt die Materie, die Sinnesobjekte, als ewig an, behauptet aber, dass dieselben jede nur denkbare Qualität und Form annehmen können. Man nennt diese philosophische Konzeption den Syadvada, das heißt die Es-mag-sein-Lehre. Am Ausbau der altindischen Logik und der Naturphilosophie, also des Nyaya und des Vaise~ika, haben Jinisten verdienstvoll mitgewirkt. Aus der Frühzeit der jinistischen Philosophie beschränken wir uns hier auf die Nennung des Digambara Kundakunda, der im 1. oder 2. Jahrhundert gelebt haben soll. Ein hervorragender Philosoph war der Digambara Umasvarnin, den die Svetambaras Umäsväti nennen. Die Tradition macht ihn zu einem Schüler des Kundakunda, doch ist dies sehr fraglich. Umasvamin soll eine große Anzahl von \Verken verfasst haben. Von diesen ist das wichtigste jedenfalls das Tattvarthadhigama.siitra, der "Leitfaden für das Verständnis der wahren Natur
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der Dinge". Das \Verk, das auch den Namen Dasa.siitri trägt, wird sowohl von den Digambaras als auch von den Svetambaras anerkannt. Es ist in Sanskrit geschrieben und be-steht aus Sutras, die von einem Kommentar begleitet werden. Die thematische Palette des Tattvarthadhigamasiitra ist sehr breit und umfasst neben anderem Kosmographie, Psychologie, Logik und Ethik. Indem es sich genau an die Vorschriften des Kanons anlehnt, ist das \Verk ein außerordentlich wichtiger Leitfaden, der eine vorzügliche Übersicht über Grundanschauungen des Jinismus bietet. Darum erfreut es sich in jinistischen Kreisen Indiens auch heute noch großer Wertschätzung und ausgedehnter Verwendung. 21 Das philosophische Kompendium $a<;ldarsanasamuccaya von Haribhadra haben wir bereits bei der Besprechung der altindischen philosophischen Literatur erwähnt, da es kein \Verk speziell jinistischer Prägung ist und der Autor einen überparteilichen Standpunkt einzunehmen sucht. Die Jinisten haben noch eine große Anzahl weiterer philosophischer Werke hervorgebracht, die jedoch fast durchweg zu ihrer Religion in mehr oder weniger enger Beziehung stehen. Insgesamt kann gesagt werden, dass die Beschäftigung mit wissenschaftlichen Fragen bei den Jinisten intensiver war als bei den Buddhisten. Zur indischen Grammatik und Lexikographie, aber auch zur Astronomie und insbesondere zur Mathematik haben die Jinisten bedeutsame Erkenntnisse beigesteuert, auf die im einzelnen hier jedoch nicht eingegangen werden kann. Die lang andauernde Unterschätzung des jinistischen Beitrags zur indischen und zur \Veltliteratur und-kulturist seitens der indologischen Forschung noch nicht vollständig überwunden worden. Es darf nicht übersehen werden, dass die Jinisten neben anderen kulturellen Leistungen sich große Verdienste um die Entwicklung der indischen Nationalsprachen - und zwar nicht nur im indoarischen, sondern auch im dravidischen Sprachbereich - erworben haben.
Anmerkungen 1 Die wichtigsten Erzählungen aus den Kommentaren zum Kanon wurden herausgegeben von H. Jacobi: Ausgewählte Erzählungen in Maharästrf (Leipzig 1886). Übersetzungen solcher Erzählungen finden sich bei J. J. Meyer in: Hindu Tales (London 1909).
2 Ausgabe des Paümacariya von H. Jacobi (Bhavnagar 1914). Eine zweite, von M. Pm}yavijayaji überarbeitete Auftage dieser Ausgabe erschien in zwei Teilen (Teil 1: Varanasi 1962; Teil 2: Ahmedabad 1968). Studie von K. R. Chandra (Vaishali 1970). 3 Ausgabe des Paqqavacarita in der KävyamaJä, Nr. 93 (Bombay 1911). 4 Übersetzt wurde das Satruiijaya Mähätmya von J. Burgess im Indian Antiquary, Bd. 30 (1901). Vgl. die Studie von A. Weber in den Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, I, 4 (Leipzig 1858). 5 Ausgabe des Tri.~a?tisalakapurui?acarita (Bhavnagar 1906-1913). Übersetzung in sechs Bänden von H. M. Johnson (Baroda 1931-1962).
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DIE JINISTISCHE LITERATUR
6 Über die ~Fasudevallil).cfi hat L. Alsdorf mehrere Arbeiten veröffentlicht; vgl. die Ausgabe seiner Kleinen Schriften von A. ''Vezler (VI'iesbaden 1974). 7 A.usgabe des Pari.si.?~aparvan von H. Jacobi in der Bibliotheca Jndica (Calcutta 1891, 2. Auf!. 1932). Teilübersetzung von J. Hertel: Erzä.lllungen aus Hemacandras Parisi?fapan·an (Leipzig 1908). Hertel hat 1815 von insge~amt 3460 Strophen für eine Prosaübersetzung ausgewählt. 8 Aus dern Neminallacariu hat H. J acobi den Abschnitt Sanatkumaracarita behandelt in den Abhandlungen der Bayer. Akad. der Wiss., XXXI, 2 (München 1921). 9 Eine Studie über das Piirsvaniitllacarita publizierte M. Bloomfield: Tlle Life and Stories of tlle Jaina Savior Piir.svanatlla (Baltimore 1919). 10 Ausgabe der Upamitibllavaprapaiiciikathii von P. Peterson und H. Jacobi in der Bibliotheca Indica (Calcutta 1899-1914). Übersetzung der ersten drei Kapitel von W. Kirfel als Bd. 10 der Reihe "Indische Erzähler" (Leipzig 1924). 11 Ausgabe der Bhavisa.tta.kahii von H. Jacobi in den Abhandlungen der Bayer. Akad. der Wiss., XXIX, 4 (I\1ünchen 1918). 12 Ausgabe und Übersetzung des Kalakiiciirya.ka.thiinaka von H. Jacobi in der Zschr. der Dtsch. Morgenländischen Gesellschaft, 34 (Leipzig 1880). 13 Ausgabe und Übersetzung des Ca.mpaka.srestlükatliiinaka von J. Hertel in der Zschr. der Dtsch. Morgenländischen Gesellschaft, 65 (Leipzig 1911). Da Hertel hier auch Parallelstellen dieses Vlerks in asiatischen und europäischen Erzählungen gibt, ist seine Arbeit für die vergleichende Erzählungskunde von fortdauernder Bedeutung. 14 Zur Sa.mya.ktva.kaumudfvgl. die Studie von A. VVeber in den Sitzungsberichten der Preuß. Akad. der Wiss. zu Berlin (1889). 15 Übersetzung des Ka.tlliikosa von C. H. Tawney (London 1895). 16 Ausgabe und Übersetzung des Bhaktiimara-Stotra. von H. Jacobi in Bd. 14 der von A. Weber herausgegebenen Indischen Studien (Leipzig 1876). 17 Ausgabe der Prasnottarara.tnamiilii in der Kavyamala, Bd. 7 (Bombay). 18 Ausgabe und Übersetzung des Subhii?itaratnasamdoha von R. Sclunidt und J. Hertel in der Zschr. der Dtsch. Morgenländischen Gesellschaft, 59 und 61 (Leipzig 1905 bzw.
1907). 19 Zur Dllarmapariksii vgl. die Diss. von N. Mironov: Die Dllarmaparfksä des Amita.gati (Leipzig 1903). 20 Ausgabe von Hemacandras Yoga.siistra. durch E. '~iindisch in der Zschr. der Dtsch. Morgenländischen Gesellschaft, 28 (Leipzig 1874). vVindisch beschränkt sich auf die ersten vier Kapitel, die aber nrehr als drei Viertel des ganzen vVerks umfassen. Gleiches gilt für die daselbst zu findende Übersetzung. Ausgabe und Übersetzung von A. S. Gopani (Jaipur 1989). 21 Ausgabe u. Übers. des Tattviirtlladhigarna.sutra. von J. L. J aini als Bd. 2 der Sacred Books of the Jainas (Arrah 1920), zus. mit einer wertvollen Einleitung. Ausgabe auch von V. K. P. Mody in der Bibliotheca lndica (Calcutta 1903-190.5). Übers. u. Erläut. von H. Jacobi in der Zschr. der Dtsch. Morgenländischen Gesellschaft, 60 (Leipzig 1906).
Schlussbetrachtungen
1. Die I,Feltbedeut,ung der altindisclwn Literatur Die altindische Literatur hat in fast allen historischen Epochen eine immense Ausstrahlungskraft besessen und besitzt sie noch. Ursprünglich waren es vorwiegend buddhistische Mönche, dann auch Brahmanen und Kaufleute, die mit der Religion auch andere Elemente der indischen Kultur, darunter verschiedene Literaturstoffe, verbreiteten. So gelangten diese nach Sri Lanka (Ceylon), ferner na.ch Zentralasien (Tibet, Ostturkestan, später auch in die Mongolei), Ostasien (China, Korea, Japan), Hinterindien (Myanmar, Thailand, Kampuchea) und Indonesien (Djawa, Sumatera und andere). 1 Verschiedentlich bildeten sich in diesen Ländern durch den Kontakt mit dem Sanskrit sogar neue Sprachen, so auf Sri Lanka das Singhalesische, auf Djawa die Kawi-Sprache. Da die Inder ihre Nachbarländer vorwiegend über das Medium der Religion beeinflussten, die wiederum auf die Literatur zurückgriff, nimmt es nicht wunder, dass die Einflussnahme der indischen Literatur hier besonders groß war. Für den Literaturhistoriker ist dieser Umstand übrigens von Vorteil, da nicht wenige Sanskrit-Werke verlorengegangen sind, aber aus fremdsprachigen, etwa tibetischen, Übersetzungen rekonstruiert werden können. \Venngleich nicht in dem Maße wie auf asiatische Länder, hat die indische Literatur doch auch auf Europa - und insbesondere auch auf die deutsche Kultur- nicht unwesentlich eingewirkt. Das humanistische Menschenbild, das in ersten Zügen schon in manchen ~gvedischen Hymnen hervortritt und sich in den beiden großen Epen und in den Dramen der Klassiker voll entfaltet, beeindruckte auch europäische Denker. Th. Benfey und J. Hertel eruierten die ·Wanderung vieler Fabeln und Märchen aus den buddhistischen Jätakas und aus dem Paiicatantra nach \Vesten. Hier zeigen sich Aisopos, Boccaccio, Lafontaine und die Brüder Grimm von indischen Stoffen beeinflusst. Von der Feinsinnigkeit eines Dramas wie Kälidäsas Sakuntala fühlte sich Goethe, J. W. v. angezogen. Friedrich Rückert lieferte begeisterte, kongeniale Nachdichtungen altindischer Epenstoffe. Indische Mystik \viederum wirkte auf Neuplatoniker und Gnostiker ein. Das Gedankengut der Bhaga.vadgTta fand lebhaften Widerhall bei Wilhelm v. Humboldt. Ohne ihre indischen Quellen in diesem Falle die U pani9aden -wäre die Philosophie Schopenhauers, von deren pessimistischem Idealismus bekanntlich eine Linie zu Friedrich Nietzsche, eine andere zur Musik Richard Wagners führt, gar nicht denkbar. Positiv beurteilte Friedrich Engels die Begriffsdialektik der Buddhisten, die er in diesem Punkt mit den Griechen auf eine Stufe stellt.
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SCHLUSSBETRACHTUNGEN
Im 20 . .Jahrhundert war es dann wieder der Buddhismus, der im Abendland verstärkt aufgegriffen wurde. Neobuddhistische Sekten entstanden, die in der Lehre des Buddha einen Ausweg aus der Misere der spätbürgerlichen Gesellschaft zu finden hofften. Literarischen Ausdruck verlieh diesen Bestrebungen hauptsächlich der Däne Karl Gjellerup in mehreren Werken. 2 Auf ähnlichen Bahnen bewegte sich verschiedentlich auch das Schaffen von Hermann Hesse. 3 In dem Maße, wie sich ein von Vorurteilen freieres Verhältnis zu den außereuropäischen Literaturen herausbildet, gewinnt auch die altindische Literatur zunehmend für uns an Bedeutung als die bei weitem wichtigste Quelle für unsere Kenntnis dieses Landes und ermöglicht es uns, indische Geschichte als Teil der \iVeltgeschichte zu verstehen. Das betrifft nicht nur den Ablauf der politischen Geschichte oder den jeweiligen Stand der Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse. Aus den schriftlichen Quellen sind --wenn auch teilweise mit unterschiedlicher Klarheit und Genauigkeit- Aussagen über die Entwicklung des ideologischen Überbaus zu gewinnen, gleich ob es sich um die unterschiedlichen Forn1en des Staatsaufbaus und seine Institutionen4 oder um die Rolle handelt, die Religion und Opferwesen, Philosophie, Rechtslehre, Grammatik, Lexikographie und anderem zukommt. Für die Geschichte der exakten \Vissenschaften, von Astronomie und Mathematik, aber auch für die Geschichte der Medizin oder Architektur ist außerordentlich förderlich, dass die alten Inder einem Hang zur Systematisierung folgten, der uns ihre ·werke meist gut überschaubar macht.
Anmerkungen Einzelheiten bei H. v. Glasenapp: Brahma und Buddha (1926). 2 K. Gjellerup: Der Pilger Kamanita (Frankfurt/M. 1907, Neuausgabe Interlaken 1986); ders.: Das Weib des Vollendeten (Leipzig 1921). 3 H. Hesse: Siddhartha (Berlin 1922, seitdem ständig Neuauflagen und -ausgaben). 4 Die erste große Leistung auf diesem Gebiet war die Studie Collectanea über die Kastenverhältnisse in den BrahmaiJa und Sutra von A. Weber: Indische Studien, Bd. 10 (Leipzig 1868). Weitere Angaben bei den betreffenden Sachkapiteln.
2. Geschichte der Erfmsclmng der aJtindischen Literatur in der Neuzeit Die Geschichte der Erforschung der altindischen Literatur ist mit der Geschichte der Sanskrit-Philologie und der Indologie überhaupt untrennbar verbunden. 1 In angestrengter, mühevoller und nicht selten entsagungsreicher Forschungsarbeit gelang es, in weniger als einem .Jahrhundert einen Überblick über die
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Hauptmasse der a.ltindischen Literatur zu gewinnen. Die Wurzeln dieser Leistung reichen freilich weit in die Vergangenheit zurück. Soweit die einheimische altindische ';\Tissenschaft selbst betroffen ist, verweisen wir auf die entsprechenden Sachkapitel. Auch auf griechische, römische und chinesische Quellen kann hier nicht weiter eingegangen werden. 2 Als Vorboten Europas bei der Erkundung Indiens und der indischen Kultur nennen wir Marco Polo, der im Jahre 1295 nach Indien kam. In dieser "vorklassischen Epoche" ragt außerdem der Russe Afanassij Nikitin hervor; er weilte von 1469 bis 1472 - also 30 Jahre vor Vasco da Gama - in Südindien. Südindien war zunächst auch das Hauptziel des europäischen, zuerst des portugiesischen, Kolonialismus, während die Griechen, Römer und Chinesen vorwiegend über Nordindien berichtet hatten. 1542 kam der Baske Franz Xavier nach Goa; er hatte bereits Kenntnisse im Sanskrit. Von 1583 bis 1588 war der Florentiner Kaufmann Filippo Sassetti in Indien. Er bemerkte als erster die Verwandtschaft des Sanskrits nlit europäischen Sprachen. Neben den Kaufleuten spielten die Missionare - ebenfalls vorwiegend in Südindien - eine große Rolle. Zu ihnen gehörte der Holländer Abraham Roger, der von 1630 bis 1647 in Indien wirkte. Er hinterließ ein Manuskript, das unter dem Titel Open Deure tot het verborgen Heydendom in Leiden 1651 gedruckt wurde und unter anderem die Übersetzung von 200 Sprüchen des BhartJ;hari enthielt. Das war die erste Übersetzung aus dem Sanskrit in eine europäische Sprache. Allerdings benötigte Roger wie noch viele nach ihm einen Pandit, das heißt einen einheimischen Sanskritgelehrten. Von 1650 bis 1660 weilte der Pater Heinrich Roth in Goa und Agra. Er erlernte das Sanskrit und übergab fünf Schrifttafeln an Athanasius Kircher, der sie in dem Werk Cl1ina Illustrata (Amsterdam 1667) veröffentlichte. 3 Von großem Interesse sind die realistischen Berichte, die von einigen französischen Reisenden verfasst wurden. Fi,an<;:ois Bernier schilderte die politischen Verhältnisse Indiens zwischen 1656 und 1668, insbesondere den Kampf Aurangzebs um die Macht. 4 Jean Baptiste Tavernier publizierte 1677 einen Bericht über Land und Wege, aber auch Religion und Philosophie in Indien unter dem Großmoghul. Durch August Hermann Francke war Bartholomäus Ziegenbalg (1683-1719) als Missionar an die (seit 1621) dänische Mission von Tranquebar gekommen. 5 'l\1ir übergehen hier jedoch seine und einiger anderer Missionare Leistungen, da sie sich vorwiegend mit der Tamil-Sprache befassten. Dagegen verfasste der deutsche Jesuit Johannes Ernst Hanxleden, der von 1699 bis 1732 in der malabarischen Mission wirkte, als erster Europäer eine (in Latein geschriebene) Sanskrit-Grammatik sowie ein Tamil-Sanskrit-Portugiesisch-"'lörterbuch. Beides blieb ungedruckt. Doch der Österreichische Karmeliter Paulinus (d. i. Johann Philipp Wesdin oder Werdin), der von 1776 bis 1789 in Malabar weilte,
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SCHLUSSBETRACHTUNGEN
verwertete Hanxledens Grammatik und veröffentlichte die erste europäische Sanskrit-Grammat ik (Rom 1790). Ihm war bereits der Amarako.sa bekannt. Aus dieser frühkolonialen Epoche, die das eigentliche \Vissen um die SanskritLiteratur erst vorbereitete, nennen I'Vir noch ein rätselhaftes und vieldiskutiertes \iV'erk: L'Ezour- Vedam ou Ancient Commenta.ire du Vedam, [. .. ] traduit du Samscretan paT un Brame (Yverdon 1778). Dieses merkwürdige Buch schildert einen Dialog zwischen dem die hinduistischen Götter vertretenden "Bia.che" (Vyasa) und dem Vertreter des Veda "Chumontou" (Sumantu). Die Angaben über die "fünf" Veden sind vielfach unzutreffend; man hielt damals den Veda für die Lehre von den drei Hochgöttern. 6 Daher ist der Ezour- Vedam wohl kein echtes indisches \Verk, sondern vermutlich aus der Schule des Italieners Robertus de Nobilibus (1577-1656), der um 1620 in Madurai wirkte, hervorgegangen. Mit der Eroberung Bengalens durch die Engländer beginnt nach 1757 die Periode der anglo-indischen Sanskrit-Forschung. Es lag im Interesse des Kolonialismus, sich auch der kulturellen Traditionen des zu beherrschenden Landes zu versichern. Dem diente die am 15. Januar 1784 gegründete Asiatick Society of Bengal, deren Präsident der Oberrichter William Jones (1746-1794) wurde. Er übersetzte Kalidasas :5akuntala (Ca.lcutta 1789), später das G1tagovinda. 1796 erschien postum seine Übersetzung des Gesetzbuches l'v1anava-Dharmasastra. Die Sakunta.la wurde 1791 von Georg Forsteraus dem Englischen ins Deutsche übertragen. Hiervon erhielt auch Goethe ein Exemplar, über dessen Inhalt er sich begeistert äußerte. Als erster Europäer gab Jones einen Sanskrit-Text in Devanagari heraus: Kalidasas I:ttu.saiilhara (Ca.lcutta 1792). Jones zeigte die Verwandtschaft des Sanskrits mit dem Griechischen, Lateinischen, Gotischen, Keltischen und Persischen auf (1786). Er begründete auch eine lateinische Umschrift der Devanagari. Charles Wilkins (1750-1833) übersetzte 1785 die Bhagavadg1ta und 1787 den Hitopadesa .. Zurn eigentlichen Begründer der SanskritPhilologie wurde aber Henry Thomas Colebrooke (1765-1837). Seit 1801 Professor des Sanskrit am Fort William College, beschrieb er Pa1_1inis Grammatik, gab 1805 selbst eine ausführliche Sanskrit-Grammat ik heraus und edierte 1808 den Ama.rakosa. Besonders wichtig war seine Studie On the Vedas oT Sa.cTed Vlritings of the Hindus in den Asiatick Resea.rches VIII (1805), in der er unvollständig, aber erstmals wissenschaftlich über Sarnhitas, Brahma1_1as und Upani9a.den handelt. 1807 schrieb er über Jainas und Astronomie, 1817 über Algebra, später auch Grundsätzliches über indische Metrik. 1823/24 verfasste er vier Aufsätze über indische Philosophie; die beiden ersten benutzte Georg Wilhelm Friedrich Hegel1825/26 für sein Kolleg "Einleitung in die Geschichte der Philosophie". 1829 stellte Colebrooke die sechs orthodoxen Philosophiesysteme der Inder dar. Horace Hayman vVilson (1786-1860) wurde nach seiner Rückkehr aus Indien 1832 Sanskrit- Professor in Oxford. 1813 gab er Kalidasas Megl1aduta. mit einer
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Übersetzung heraus. Auf der Grundlage indischer \Vörterbücher publizierte er 1819 ein grundlegendes Wörterbuch Sanskrit-Englisch. Wilson kannte mindestens 60 indischeDramenund analysierte sie 1827. Neben seinem V/örterbuch ist er aber besonders durch seine Übersetzung des \!i.?I.m-Purlü;u:t bekannt geworden (1840). 1846 gab er das Da.Sa.kumara.carita heraus. Eine Übersetzung des I_(gveda. erschien seit 1850. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gevYann die Indologie auch in Deutschland rasch an Bedeutung. Friedrich Schlegel hatte 1803/04 in Paris bei A. Hamilton, einem internierten britischen Ma.rineoffizier, Sanskrit gelernt und ga.b in seinem Buch Über die Spra.che und Weisheit der Indier (1808) Übersetzungsproben aus verschiedenen \Verken. Othmar Frank (1770-1840) gab mehrere Sanskrit-Texte, eine Sanskrit-Chrestomathie (1820 /21) und die erste in Deutschland gedruckte Sa.nskrit-Grammatik (1823) heraus. }ranz Bopp (17911867) begründete 1816 die wissenschaftliche Komparatistik. 1821 auf Empfehlung \Vilhelm v. Humboldts nach Berlin gekommen, schrieb er 1827 eine ausführliche Sanskrit-Grammatik und dann eine solche in kürzerer Fassung (1834, mehrfach aufgelegt). 1819 gab er den Nala-Text, später auch andere Texte des lVIahabharata heraus. 7 In Frankreich erschien 1801/02 die Oupnek'l1a.t des Orientalisten und ersten Awesta- Forschers Abraham Hyacinthe Anquetil Duperron, eine lateinische Übertragung von 50 Upani9aden nach einer persischen Vorlage. Die erste französische Sanskrit-Professur hatte Antoine Leonard de Chezy (17731832) inne. Bekannter wurde aber A. L. A. Loiseleur Deslongchamps (18051840), der 1830 die Manus1m;ti und 1839-1845 den Amara.lw.sa herausgab. Ein Schüler Chezys, A. Langlais (1788-18:34), brachte die erste vollständige Übersetzung der I_(ksaml1ita in allerdings sehr unvollkommener Weise heraus (1848-1851). Am berühmtesten wurde Eugene Burnouf (1801-1852), seit 1832 Nachfolger von Chezy. Er hat zusammen mit Christian Lassen eine erste Kenntnis vom Pali gegeben (1826). In zwei Bänden (1840--1844) leitete er, begleitet von einer umfangreichen Vorrede, die Übersetzung des wichtigen BhagavataPuriil;ta ein. Ganz besonders ragt Burnouf durch seine Einführung in die Geschichte des indischen Buddhismus (2 Bände, 1844-1852) hervor. Der erste Band enthält eine Darstellung des Nördlichen Buddhismus, der zweite die Übersetzung des Saddhannapw;cjarlka.. Burnouf führte die grundlegenden Kategorien Bouddhisme septentriona.l und B. meridional ein. Inzwischen war in Deutschland die Sanskrit-Philologie endgültig etabliert worden. Das Verdienst hieran gebührt August Wilhehn v. Schlegel (1767-1845). Alter als sein Bruder Friedrich (1772-1829), kam er doch erst später als dieser zum Sanskrit. Seit 1818 lehrte er Sanskrit in Bonn. Damit wurde Bonn zur ersten deutschen U niversitä.t, an der die Sanskrit-Philologie heimisch wurde. Schlegel gab 1823 die Bhaga.vadgTta mit lateinischer Übersetzung heraus, 1829-
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1838 die ersten beiden Bücher des Ramaya.1;a. 1829 erfolgte seme kritische Textausgabe des Hitopadesa. Er begründete die sogenannte Banner Schule, die später von Christian Lassen fortgeführt wurde. Als Indologe trat auch Wilhelm v. Humboldt (1767-1835) hervor: 1827 schrieb er über die Bhagavadg1ta, und 1836-1839 veröffentlichte er ein dreibändiges Werk, in dem er die Kawi-Sprache auf Djawa (Java) als Mischsprache auf indonesischer Grundlage erkannte. Der Dichter und Philologe Friedrich Rückert (1788-1866) machte durch seine Nachdichtungen viele altindische \Verke einem größeren Publikumskreis bekannt. Bis in die Wortspiele hinein verstand er die Originale großartig nachzubilden: das Na.la-Lied 1845, das GTtagovinda 1837, das 8avitr1-Lied 1839, die Sakunta.la 1855. Friedrich Rosen (1805-1837) wirkte schon 1827 als Professor des Sanskrit in London. Sein Hauptwerk erschien postum, nämlich eine fundierte Ausgabe und lateinische Übersetzung des ersten As;taka der ~ksmnhita (London 1838). Etwa zeitgleich mit Burnouf wirkten auch englische Forscher an einer ersten Aufhellung des Buddhismus. George Turnour (1799-1843), ein Vorläufer von Childers und Rhys Davids, seit 1818 in Sri Lanlm tätig, gab einen Überblick über das Tipitaka und machte das erst 1878 von Childers veröffentlichte Mahapa.rinibbanasutta bekannt. Das Todesjahr Buddhas setzte er mit 477 v. Chr. an. Bria.n Roughton Hodgson (1800-1894), seit 1821 in Nepal, beschäftigte sich erfolgreich mit dem Nördlichen Buddhismus, den er jedoch für den ursprünglichen hielt. Mit dem in Bergen (Norwegen) gebürtigen Christian Lassen (1800-1876) schließt die erste Periode der Erforschung der indischen Literatur ab; die Untersuchung des Veda hatte hier noch eine gänzlich untergeordnete Rolle gespielt. Lassen war Schüler von August \Vilhelm v. Schlegel, arbeitete später zusammen mit Burnouf an dessen Pali-Studien und gab 1829-1831 zusammen mit Schlegel den Hitopadeia heraus. 1832 edierte und übersetzte er die für die Geschichte der indischen Philosophie bedeutsamen Sarnkhyakarikäs. Es folgte die Ausgabe des GTtagovinda (1836). Sein Hauptwerk aber wurde die vierbändige Indische Altertlmmskunde (1847-1861). Lassen vereinigt hier das Wissen seiner Zeit vom alten Indien. Für die Darstellung der politischen Geschichte stützt er sich etwas zu einseitig auf das Mahabhara.ta. Für die ausführliche Schilderung der Kulturgeschichte einschließlich der Astronomie und Mathematik verwendet er weitgehend griechische Quellen. Den Jinismus sieht er noch als aus dem Buddhismus hervorgegangen an. Hohes Verdienst sichert sich Lassen aber durch die kritische Zusammenfassung der bis dahin vereinzelten Forschungsergebnisse, insbesondere für das 1. Jahrtausend n. Chr. Von Einzelheiten abgesehen, übertrifft seine Arbeit schon dem Umfang nach bei weitem die erste Kompilation dieser Art, die Theodor Benfey 1840 in Gestalt des Artikels "Indien" in der Enzyklopädie von Ersch und Gruber gegeben hatte. Auf Lassen, A.
\~ 1 .
v. Schlegel und insbesondere auf den Buddhalogen C.
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F. Köppen gehen die Kenntnisse zurück, die Ka.rl l'vfarx über Indien zu Gebote standen, der sich 1853 in drei Aufsätzen ausführlich über Probleme der indischen GeschiGhte, nämlich Die britische Herrschaft in Indien, Die künftigen Ergebnisse der britischen Herrschaft in Indien und Die Ostindische Gesellschaft, ihe Geschi,l1te und die Ergebnisse il1res \"iirkens, äußerte. Für die Periodisie1 rung der Geschichte Asiens sind diese Artikel eine wahre Fundgrube und werden demzufolge bis zur Gegenwart unter imn1er neuen Aspekten diskutiert. In der Literaturgeschichtsforschung sind zunächst einige Gelehrte zu nennen, die gewissermaßen den Übergang zu den Forschungsschwerpunkten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts herstellen. Hierzu zählt Hermann Brackhaus (1806-1877), Rektor der Leipziger Universität und Schwager Richard Wagners. Schon 1835 hatte er das Prabodhacandrodaya des K~~l).amisra herausgegeben. 1839 edierte und übersetzte er Buch 1 bis 5 des berühmten Erzählungswerkes Kathasaritsagara. Seine Schrift ÜbeT den Druck sanskTitischer Werke mit lateinischen Buchstaben (1841), in der er die Überlegungen von W. Jones weiterentwickelte, ist heute noch im wesentlichen gültig. 1852 arbeitete er über die Algebra des Bhaskara. Zu seinen Schülern zählten so berühmte Gelehrte wie Max Müller, Ernst Windisch und Friedrich Spiegel. Adolf Friedrich Stenzler (1807-1887), ein Schüler Bopps, gab zunächst einige Dramentexte heraus: Raglmvamsa (1832), Kumarasambhava, Buch 1 bis 7 (1838), Mrcchakatika (1847). Später widmete er sich der Dharmasastraund G~hyasutra-Literatur mit Editionen und Übersetzungen: Yajiia.va.lkyasm;;ti (1849), Gautama-Dharmaifastra. (1876), !üvalayana.- (1864) und ParaskaraGrhyasiitra (1876). Pädagogisch wertvoll war sein später von Richard Pischel und Karl F. Geldner fortgeführtes Elementarbuch der Sanshitsprache (1868). Stenzler begründete eine Breslauer Schule; seine bedeutendsten Schüler waren A. Weber, F. Kielhorn, J. Eggeling, R. Pischel und A. Hillebrandt. Nach Bonn, Berlin, Breslau und Leipzig wurde nunmehr auch Göttingen zu einer Stätte der Sanskrit-Pflege, und zwar durch Theodor Benfey (18091881). Obwohl im Sanskrit Autodidakt, wurde er zu einem der bedeutendsten Indologen aller Zeiten. Er war der erste, der eine vollständige, fundierte Untersuchung einer vedischen Samhita vorlegte: 1848 erschien seine mit Übersetzung und Kommentar versehene Ausgabe des Samavedarcika (Ärcika des Samaveda). Große Bedeutung hatte auch sein Ha.ndbuch der Sanskrit-Sprache (1852-1854) mit "Vollständiger Grammatik", Chrestomathie und \Vörterbuch. Die Grammatik ist nach den Sutras des Par:tini aufgebaut. Weltruhm erlangte Benfey durch die kommentierte Übersetzung des Fabelwerks Pa.iicatantra (1859). Trotz einer gewissen Überschätzung der buddhistischen Jatakas wird Benfey in diesem vVerk zum Begründer der vergleichenden Märchenkunde. Der Holländer (später Russe) Otto v. Böhtlingk (1815 bis 1904) ist der erste eines" Triumvirats", dessen Mitglieder als die hauptsächlichen Bahnbrecher der
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modernen Sanskrit- Philologie gelten (außer ihm sind es Rudolf von Roth und Albrecht Weber). Böhtlingk, der in Bonn und Berlin studiert hatte, vereinigte in sich glücklich die Vorzüge beider Schulen. Schon sein erstes ~Werk war eine fast unvergleichliche wissenschaftliche Leistung: die Herausgabe von Pi'il:tinis A~fadll_yay1 (2 Bände, 1839/40). Mit diesem Werk öffnete Böhtlingk den Blick für die Arbeitsweise der altindischen Grammatiker. Nach einer Ausgabe und Übersetzung der Sakuntala (1842) brachte er 1845 eine Sanskrit-Chrestom athie heraus, die mehrfach aufgelegt und zu einem bewährten Studienmaterial wurde. Sein Hauptwerk aber wurde der von ihm übernommene Anteil (fast 90 Prozent) am sogenannten Großen Petersburger \Vörterbuch. Dieses monumentale Standardwerk der Sanskritistik erschien in sieben Großquartbänden mit zusammen 9478 zweispa.ltigen Seiten (1852-1875). Hundert .Jahre lang hat das in Zusarnmena.rbeit von vielen Gelehrten unter dem Hauptanteil von Böhtlingk und Roth entstandene \Verk der Sanskrit-Philologie und nicht zuletzt der indischen Literaturgeschichte die lexikalische Basis geliefert und wird dies auch weiterhin tun, bis der Thesaurus von Poona komplett erschienen sein wird. 1879 bis 1889 erschien ein von Böhtlingk allein bearbeitetes Wörterbuch in kürzerer Fassung (3 Bände) fast ohne Belegstellen, aber mit vielen Ergänzungen und Verbesserungen. ~Weitere Verdienste erwarb sich Böhtlingk durch die Indiscl1en Sprüche, eine Sammlung von 7613 Sprüchen in Sanskrit und Deutsch (1863-1865). 1889 veröffentlichte er textkritische Ausgaben und Übersetzungen der beiden wichtigsten U pani~aden: der Brhadarm;_yaka.- und der Chandogya.- Upani~a.d. Mit Böhtlingk meist zusammen genannt wird Rudolf v. Roth (1821-1895), hauptsächlich wegen der gemeinsamen Arbeit am Petersburger Sanskrit-Wörterbuch. Roth hatte dazu die Lexik des J!,gveda sowie die botanischen und medizinischen Termini beigetragen. Roth gilt als der eigentliche Begründer der Vedistik, nämlich mit seinem berühmt gewordenen Buch Zur Littera.tur und Geschichte des Weda (1846). 1852 gab er Yaskas Nirukta. mit einer Erläuterung heraus. \Nichtig wurde ferner seine Edition des Atharvaveda- Textes (1856, zusammen mit vV. W. D. Whitney). Roth trat entschieden dafür ein, den Veda aus sich selbst heraus zu erklären und sich nicht den so viel späteren Kommentatoren anzuvertrauen. Diese Ansicht blieb nicht unwidersprochen. Gegen die einheitliche und autoritative Auffassung des "Triumvirats" bildete sich im Laufe der Zeit eine Art Opposition heraus, die sogenannten Frondeurs. Zu ihnen gehörten unter anderem M. Müller, M. Haug, A. Ludwig, A. Bergaigne, R. Pischel, K. F. Geldner. Natürlich beschränkte sich ihr Widerspruch nicht auf die Beurteilung der altindischen Kommentare. vVenn es auch nicht ohne persönliche Polemiken abging, ist durch den wissenschaftlichen Meinungsstreit beider Gruppen die Indologie doch nachhaltig gefördert worden. Max lV1üller (1823-1900), ein Schüler von Brackhaus und Burnouf, einer
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der ersten Opponenten gegen Roth, war von besonderer Vielseitigkeit. Er trat als Linguist, Religionswissenschaftler und Philologe hervor. Bis zum heutigen Tage genießt sein Name in Indien hohe Achtung. Sein Hauptwerk war die sechsbändige Ausgabe der ~ksa.Lnhita mit dem Kommenta.r des Säyai:ta (18491874). Seit 1854 Professor in Oxford, publizierte er 1859 A Histm]' of Ancient Sanshit Litera.ture. Hier nimmt er für die Sutra-Periode 600-200 v. Chr., für die Brähmai:ta-Periode 800 bis 600, für die Mantra-Periode 1000-800 und für die Chandas-Periode 1200-1000 v. Chr. an, gestützt auf eine etwas primitive :Methode, aber mit einem erstaunlichen Grad von Korrektheit. Von überaus großer religions- undliteraturgeschichtlicher Bedeutung war die von ihm inaugurierte und übernommene Herausgabe der fünfzigbändigen "Sa.cred Books of the East", einer Sammlung von Übersetzungen religionsgeschichtlicher \Verke, zu welcher er auf dem Gebiet der Upani~aden \Vesentliches beitrug. Sein letztes großes Werk waren The Six Systems of Indian Pl1ilosophy (1899) rnit einer zusammenfassenden Darstellung der sechs orthodoxen Systeme. Ein Indologe, der sich um die Kenntnis der altindischen, besonders der vedischen Literatur in besonders hohem Maße verdient gemacht hat, war Albrecht \Veber (1825 bis 1901), und es wird nicht leicht sein, einen Gelehrten zu finden, der ihm an Fleiß und Arbeitsintensität - die ihn fast zur Erblindung führte - gleichkäme. Nachdem er vorwiegend bei Stenzler in Breslau studiert hatte, promovierte er schon 1845 über ein Stück der ·\lajasa.neyi-Saml1ita. 1848 habilitierte er sich in Berlin und wirkte dort seit 1856 als Professor. Sein erstes großes \Verk war die Herausgabe des gesamten \Veißen Yajurveda, also der \fajasaneyiSamhita, des Satapa.tha-Brahma1;.a und des Katyaya.na-,'irautasütra., jeweils mit Auszügen aus den Kommentaren (1849-1859). Später gab er die Taittir1yaSamhita in Transkription heraus (1871/72). Im Jahre 1842 hatte die Königliche Bibliothek zu Berlin die Handschriftensammlung Chambers erworben. \Veber fertigte dazu einen Katalog an, der 1853 erschien. Auf die Vorarbeiten zu diesem Katalog gestützt, hielt er im V'lintersemester 1851/52 die berühmt gewordene Vorlesung, die 1852 als Buch Aka.demiscl1e Vorlesungen über Indische Literaturgeschichte erschien. In diesem überaus gelehrten 1Nerk legt Weber den Schwerpunkt auf die relative Chronologie und überhaupt die Beziehungen der einzelnen \ll/erke untereinander, während die V1lerkanalyse deutlich in den Hintergrund tritt. Zwischen der 1. und 2. Auflage (1876-1878) der Literaturgeschichte verfasste Weber eine solche Fülle von Abhandlungen, dass sie hier auch nicht annähernd vollständig erwähnt werden können: über das Kaw{itakiBrahma.J;.a (1853), über vedische Hochzeitssprüche (1862), über Metrik (1863), über das quellenkundliehe Studium der altindischen Kasten (1868), über das Ramaya.J!a (1870). Weber suchte allenthalben nach Beziehungen zwischen der indischen und der außerindischen Literatur. \Venner den Einfluss der griechischen Seite dabei auch überbetonte, bleibt ihm das Verdienst, die bis dahin
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übliche isolierende Betrachtungsweise überwunden zu haben. \~egweisend waren auch vVebers Arbeiten über das Prak~·t. Als einer der ersten gab er genauere Kunde über die Jaina-Literatur. 1866/67 arbeitete er über die Bhagavat1, und 1883-188.5 publizierte er den umfangreichen Aufsatz Über die heiligen Scln·iften der Jaina. Ein großer Teil der Arbeiten vVebers ist in den von ihm herausgegebenen, 18 Bände umfassenden Indischen Studien erschienen, einer Reihe von erstrangiger Bedeutung für unser \\Iissen von der altindischen Literatur. Die vedischen Forschungen wurden fortgesetzt von Theodor Aufrecht (18221907), 1862 Professor in Edinburgh und 187.5 Nachfolger von Lassen in Bonn. Er lieferte die erste vollständige Ausgabe der l)Jcsamllita (in Webers Indiscl1en Studien, 1861-1863). Sie ist durch ihre lateinische Umschrift sehr praktisch und daher mehrfach neu aufgelegt worden. In derselben \;\leise veröffentlichte er eine kritische Ausgabe des Aitareya-BralJmai)a (1879), die wesentlich höher im Rang als die von Martin Haug steht. Aufrechts Hauptwerk aber war der Cata.logus catalogorum. An Alphabetica.l Register of Sanskrit Works and Autlwrs (18911903). Entscheidende Fortschritte auf dem Gebiet der Prak~t-Studien errang Richard Pischel (1849-1908), ein Schüler von Stenzler und seit 187.5 Professor in Kiel, 188.5 in Halle, 1902 in Berlin. Pischel war ein Frondeur und betonte demgemäß die Bedeutung der einheimischen Tradition. Der ~gveda galt ihm als durchaus indisches Produkt, daher wandte er sich auch gegen die komparative Mythologie (Vedische Studien in Zusammenarbeit mit K. F. Geldner, 3 Bände, 1889-1901). Hier ist er einseitiger Beurteilung des Veda nicht entgangen; um so größer sind aber seine Verdienste in der Erforschung der Prakrt-Sprachen. 1877-1880 hatte er bereits die Grammatik des Hemacandra herausgegeben, und 1900 veröffentlichte er die bis heute maßgebende, monumentale Grammatik der Prab;t-Spra.chen. In den Vereinigten Staaten von Amerika brach Vvilliam Dwight Whitney der modernen Indologie Bahn (1827 bis 1894). Nach Studien bei Weber und Roth - es nimmt also nicht wunder, dass er später gewöhnlich die Ansichten des "Triumvirats" vertrat - wirkte er als Professor am Yale College. Zusammen mit Roth gab er 18.56 den Text der Atharva-Samhita heraus. Er arbeitete auch über altindische Astronomie, doch liegen seine besonderen Leistungen auf dem Gebiet der Sanskrit-Grammatik. 1879 publizierte er eine vorbildliche, mehrfach aufgelegte Grammatik des Sanskrit unter Einbeziehung des Vedischen. Erstmalig sind hier alle in Betracht kommenden Formen akzentuiert wiedergegeben. 188.5 erschien das wichtige Supplement The Roots, \!erb-Forms, and Primary Derivatives of tl1e SanskTit Language, das bis heute als unentbehrlich gilt. Daneben kam vVhitney immer wieder auf das Studium des Atharvaveda zurück. 1881 lieferte er dazu einen Index verborum, und posthum (190.5) erschien seine bedeutsame Übersetzung der Atharva-Saml1ita in der Saunaka- Rezension.
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Es leuchtet ein, dass die umfassende Beschäftigung mit dem Veda auch seine lexikalische Erforschung beinhalten musste. Dieser Aufgabe unterzog sich vor allem Hermann Graßmann ( 1809-1877). Graßmann war ursprünglich Mathematiker (Erfinder der Vektorenrechnung) und kam erst um sein fünfzigstes Lebensjahr herum zum Sanskrit. Er lieferte 1873 ein Wörterbuch zum !Jgveda, das, obwohl natürlich streckenweise veraltet und überarbeitungsbedü rftig, immer wieder neu aufgelegt wurde und auch in der Gegenwart umfassend verwendet wird. Sein \Vert besteht nicht zuletzt darin, dass für fast alle ~Wörter vollständige Belegstellen beigebracht werden. Eine in Versen gehaltene Übersetzung der ]Jksamhita (1876/77) erreicht das Niveau des Wörterbuches nicht ganz. Vorwiegend Vedist war auch der Frondeur Alfred Ludwig (1832-1912) in Prag. Von ihm stammt die erste vollständige deutsche Übersetzung des ]Jgveda, die jedoch nicht nach Büchern, sondern mythologisch geordnet ist. Das sechsbändige Werk enthält ferner ausführliche literaturgeschichtli che Betrachtungen. Wesentliches zur Vedakunde trug auch Julius Eggeling (1842-1918) bei. Nach Studien in Breslau und Berlin weilte er seit 1867 in England bei Max Müller, wurde 1872 Professor in London und 1875 Nachfolger von Aufrecht in Edinburgh. Sein Hauptwerk bestand in einer großen Pionierleistung: Er übersetzte das gesamte Satapa.tha- Brahmm;a und gab dazu eine Fülle wertvoller Anmerkungen. Das Ganze erschien in fünf Bänden in den "Sacred Books of the East" (1882-1900). Ferner katalogisierte er zusammen mit George C. 0. Haas und Windisch die Sanskrithandschrif ten der India Office Library und bearbeitete dazu die vedischen Manuskripte (1887). Zur gleichen Zeit wirkte Ernst Windisch (1844-1918), Schüler und Nachfolger von H. Brackhaus und der hervorragendste Vertreter der Sanskrit-Philologie in Leipzig (von 1877 bis 1918). Er bearbeitete zunächst das Yogasastra des Hemacandra und ging dann dem griechischen Einfluss auf das altindische Dram~a nach. Die Vedastudien förderte er nachhaltig durch die auch heute noch gebrauchten Zwölf Hymnen des Rigveda mit Sayal)aS Commentar (1883), die eine gute Möglichkeit bieten, die einheimische Interpretation des Veda kennenzulernen. \Vindisch tat aber auch viel für das Verständnis des Buddhismus und des Pali, so in seinem Buch Mara und Buddha (1895). Hier legte er überzeugend dar, dass die buddhistischen Legenden und die Evangelien unabhängig voneinander entstanden sind. Sein Hauptwerk und ein Standardwerk der Indologie überhaupt aber wurde seine Geschichte der Sanskrit- Philologie und Indischen Altertumskunde (1917-1920, Nachträge 1921). In großartiger Weise entwirft \Vindisch hier ein Bild vorn \Verden unserer Kenntnisse über das alte Indien, und man weiß nicht, ob man die ~Weite seines Gesichtsfeldes oder seine profunde Gelehrsamkeit mehr bewundern soll. Auch der im vorliegenden Kapitel gegebene Abriss hätte ohne die von \Vindisch geschaffene Grundlage nicht
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geschrieben werden können. Zur gleichen Zeit etwa lebten Berthold Delbrück (1842-1922) 8 und T. W. Rhys Davids (1843-1922). Ersterer wirkte von 1873 bis 1913 in Jena. Sein Hauptwerk war die 1888 erschienene Altindiscl1e Syntax. Viel verwendet wurde auch seine 1874 in lateinischer Umschrift herausgegebene Vediscl1e Chrestomathie mit Anmerkungen und Glossa.r. Rhys Davids förderte wiederum die Buddhologie. Er gründete 1882 die Pali Text Society, die den buddhistischen Kanon und eine große Anzahl von Kommentar- und Nachfolgewerken edierte. Ist eine prägnante Periodisierung der Geschichte der Indologie auch kaum möglich, lässt sich doch immerhin sagen, dass die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts so wichtige, streckenweise das Feld beherrschende Vedistik zu Beginn des 20. Jahrhunderts zugunsten der Verbreiterung des Forschungsbereiches wieder etwas zurücktritt. Immer mehr Nationen, wie Russland, die USA und Italien, nehmen jetzt an der Erforschung der a.ltindischen Literatur aktiven Anteil. Gleichzeitig spezialisieren sich die einzelnen Forscher immer stärker. Früher fühlten sich die Indologen als Orientalisten und beherrschten meist mehrere orientalische Sprachen. Einen solchen Universalismus ließ der um 1900 erreichte ·wissensstand nicht mehr zu. Deutlich zeigt sich die Spezialisierung in einem großartigen, leider aber nicht vollendeten Serienwerk, dem "Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde", geleitet von G. Bühler bis 1898, von F. Kielhorn bis 1908, sodann von H. Lüders und J. \Vackernagel. Von den veranschlagten 40 Bänden sind seit 1895 nur 23 erschienen; jede einzelne Monographie stellt aber auf ihrem Gebiet einen Markstein dar. Hand in Hand mit der Spezialisierung zeigte sich eine weitere neue Erscheinung: Die linguistischen l
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sor am Deccan College in Poona und wurde in Zusammenarbeit mit indischen Gelehrten zu einem hervorragenden Kenner der einheimischen Grammatik und der Sastras. Das~Verhältnis von Katyayana und Pata1'tjali klärte er 1876. Sein Haupbverk ist das Vyakarm_1a A1ahabha!nra (3 Bände, 1878 bis 1885); außerdem verfasste er selbst eine mustergültige Sanskrit Grammar (1870, deutsch von \~T. Solf 1888). Auch Julius .Jolly (1849-1932) war in den 1880er Jahren einige Zeit in Indien tätig. Sein Hauptgebiet war die altindische Rechtsgeschichte, und so steuerte er für den "Grundriss" den Band Recht und Sitte bei (1896). Für dieselbe Serie lieferte er auch den Band Medizin (1902). Eine besondere Würdigung verdient Hermann Oldenberg (1854-1920), nach dem "Triumvirat" und Benfey einer der verdientesten europäischen Indologen. Seit 1881 in Berlin, später in Kiel und Göttingen tätig, verband er ausgedehntes und dabei tiefes fachliches \Vissen mit einem glänzenden Stil, welcher der Indologie viele Freunde zuführte. Der Veda und der Buddhismus standen im Mittelpunkt seines Wirkens. Sein grundlegendes, mit bewunderungswürdiger Klarheit geschriebenes \Verk Buddha, sein Leben, seine Lel1re, seine Gemeinde (1881) erschien viele Male. Das Vinayapitaka gab er in fünf Bänden heraus (1879 ff.) und übersetzte die Vinaya Texts in drei Bänden der "Sacred Books of the East" (1881-1885). Ebendort publizierte er auch eine Übersetzung der Grhyasutras (1886-1890). Grundlegend wurde auch seine Religion des Veda (1894). Daneben schrieb er zahlreiche Aufsätze über vedische Probleme, ein Essay zum Ma.habhara.ta und eine Fülle kleinerer Arbeiten. Der Antagonist Oldenbergs war Alfred Hillebrandt (1853-1927). Seit 1883 als Professor in Breslau wirkend, widmete er sich hauptsächlich der Mythologie und dem Opferritual des Veda. hn Unterschied zu Oldenberg erklärte er fast alle vedischen Götter als Personifikationen von Naturmächten. Sehr wertvoll ist auch heute noch sein Beitrag für den "Grundriss", nämlich Ritua.l-Litteratur. Vedische Opfer und Zauber (1897). Sein Hauptwerk ist die erstmals 1891 bis 1902 erschienene Vedische lvlytlwlogie. Zuvor hatte er einen wichtigen Ritualtext, das Salikhayana-Srautasiitra., ediert (1888 ff. ). In den Spuren Pischels wandelte dessen jüngerer Mitarbeiter Karl Friedrich Geldner (1852~1929), seit 1890 Professor in Berlin und zunächst weitgehend mit Awesta-Studien befasst. Sein für die gesamte Indologie und besonders für die Literaturgeschichte bedeutsames Hauptwerk erschien postum: eine ausgezeichnete Übersetzung der l_lksa.Iilhita (in den Harvard Griental Series, 4 Bände, 1951-1957). Der aus Basel stammende .Jakob Wackernagel (1853-1938), Schüler von Benfey, war seit 1879 als Professor in Basel, seit 1902 in Göttingen tätig. Sein indologisches Hauptwerk ist die von A. Debrunner weitergeführte Altindische Gramma.tik (1895, 1905, 1954). Paul Deussen (1845-1919), seit 1887 Professor in Berlin, seit 1889 als Professor der Philosophie in Kiel, war Indologe und Philosoph. Seine Interpretation indischer philosophischer 'Werke erfolgte
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vom Standpunkt eines Anhängers der Lehren Kants und Schopenhauers. Am wichtigsten sind seine Übersetzungen der Vedanta-Sutras (1884) sowie von 60 Upani~?aden (1897). Der indischen Philosophie widmete sich weitgehend auch Richard Garbe (1857-1927), seit 1880 Professor in Königsberg, seit 1895 in Tübingen. 1885-1887 hatte er Gelegenheit, in Benares indische Philosophie zu studieren. Später arbeitete er vorwiegend über Säinkhya und die Bha.ga.va.dg1ta, leistete mit der Herausgabe des Apasta.mba.-Sra.uta.siitra (3 Bände, 1882 ff.) eine wichtige editorische Arbeit. Eine neue Phase in der Erforschung der altindischen Literatur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde eingeleitet und fundiert durch die von Moriz Winternitz (1863-1937) verfasste Geschichte der indischen LiteTa.tur. Der Titel ist nicht ganz korrekt, denn die neuindische Literatur ist nur in einem Abriss vertreten, doch das vVerk war schlechthin epochemachend und hat ganzen Generationen von Indologen eine verlässliche Stütze geboten. Der Schwerpunkt dieser dreibändigen Arbeit liegt auf der klassischen Sanskrit- Literatur. Hermann Jacobi (1850-1937) war einer der produktivsten Indologen seiner Zeit. Ihm verdanken wir auf mehreren Gebieten wesentliche neue Erkenntnisse. Dies gilt zum Beispiel für die Epen. Sowohl das Ramaya1fa (1893) als auch das Mahabhara.ta (1903) wurden von Jacobi gründlich untersucht und in Indices und Konkordanzen erfasst. Seine Schriften zur indischen Poetik und Ästhetik wurden 1969 gesammelt veröffentlicht. Außerdem leistete Jacobi Hervorragendes bei der Erschließung der Basistexte des Jinismus, die er in den "Sacred Books of the East" übersetzte (1884-1895). Die jinistischen Arbeiten wurden fortgesetzt von vValther Schubring (1881-1969), der zahlreiche Texte des JainaKanons bearbeitete und übersetzte. Auf einem relativ begrenzten Spezialgebiet mit bahnbrechendem Erfolg wirkte der Holländer Willem Caland (1859-1932). Er war der große Erforscher des so überaus komplizierten vedischen Opferrituals. Er übersetzte und erläuterte selbst schwierigste Texte, so das Paiicavimsa.-BTahma.J!a (1931), das JaiminYya-BrahmaJ!a (in Aus1vahl, 1919), das _Apastamba-,5Tautasiitra (3 Bände, 1921-1928) und das VaitanasiitTa (1910). Zusammen mit V. Henry gab er eine detaillierte Untersuchung des Agni~toma als der Grundform der Somaopfer (L'Agni9toma., Paris 1906/07) und verfasste eine Fülle einschlägiger exegetischer Werke. Das Arbeitsgebiet Calands deutete schon darauf hin, dass in der neuestenund in die Gegenwart hineinreichenden Periode der Erforschung der altindischen Literatur die zeitweilig in den Hintergrund getretene Beschäftigung mit dem Veda wieder stark zunahm und auch weiterhin eine steigende Tendenz aufweist. Dies drückt sich auch in dem Lebenswerk des Engländers Artbur Herriedale Keith (1879-1944) aus. Als Schüler des Vedisten Artbur Anthony Macdoneil (Vedic Gra.mmar, 1910) erwarb er sich umfangreiches vedakundliches vVissen. Mit
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Macdonell zusammen erarbeitete er den Vedic Index of Names a.nd Subjects (2 Bände, 1912), in dem das damalige \;\Iissen über die Realien der vedischen Gesellschaft in vorbildlicher Form zusammengefasst wurde. In den Harvard Oriental Series übersetzte Keith mehrere vedische Hauptwerke: das AitareyaA.Tm;yaka (1909, zusammen mit einer Edition), die T'aittirTya-Sa.mhita (1914), das Aita.reya- und das Kaw{itaki-Brahmai_la (beide 1920). Eine gute Übersicht gibt seine zweibändige Religion and Pl1ilosophy of the Veda and Upanisl1ads (1925). Keiths Arbeiten zeugen von scharfer Kritik und Selbstkritik, die lieber bereit sind, eigenes Nichtwissen zuzugeben, als den Schein einer nicht vorhandenen Sicherheit zu erwecken. Im Verlauf der weiteren Spezifizierung und Diversifikation der Indologie ·wurde die Zahl der mit ihren Teilgebieten befassten Gelehrten immer größer. hn Rahmen einer kurzen Skizze ist es unmöglich, alle ihreNamenaufzufü hren oder aber durch ihre Nichterwähnung ein Werturteil auszudrücken. V'lir nennen zusammenfassend KarlEugen Neumann (1865-1915), den Übersetzer der Hauptwerke des Pali-Kanons; Richard Schmidt (1866-1939), den Übersetzer von Werken der altindischen Erotik; Emil Sieg (1866 bis 1951), der die Sagenstoffe des lJgveda. bearbeitete; Banns Oertel (1868-1952), der vorwiegend vedische ·werke erforschte; Heinrich Lüders (1869-1943), der noch einmal in der Indologie einen seltenen Universalismus erlangte; Johann Jakob Meyer (1870-1939), den Erforscher der altindischen Staats- und Rechtsliteratur; Julius Dutoit (1872 bis 1958), den Übersetzer der buddhistischen Jatakas; Johannes Hertel (18721955), den mustergültigen Bearbeiter und Textkritiker des Paiicatantra; Isidor Isaak Scheftelowi tz ( 18 75-1934), den Erforscher der rgvedischen Apokryphen, und denken dabei an viele andere, die aus Raumgründen hier keine Erwähnung finden können. Fast bis zur Jahrtausendwende wirkten der Holländer J an Gonda mit wichtigen Arbeiten zur vedischen Literatur- und Kulturgeschichte, aber auch zur Religionswissensch aft, und Friedrich Weller (1889-1980), der große Synoptiker des jüngeren Buddhismus. Die Indologie in den Ländern Westeuropas und Nordamerikas hat nach dem Zweiten \Veltkrieg große Fortschritte erzielt, die sich zu einem bedeutenden Teil auf den traditionellen Gebieten der Linguistik und Philologie bewegen. Auf literaturgeschichtliche m Gebiet sind zahlreiche kritische Texteditionen und Übersetzungen publiziert worden. Bedeutsame Resultate konnten besonders bei der Erforschung des religiösen Schrifttums (vedisches Ritual, Tantrismus) und der einheimischen altindischen grammatischen Literatur, etwa der A?tadhyayT, gewonnen werden. Eine neue Qualität erlangten die Untersuchungen zur altindischen Literatur durch computergestützte Textanalysen. Besonders in den USA (A1ahabharata) und in den Niederlanden (Atharvaveda, Srautasutras) sind auf diesem Wege die literaturwissenscha ftliehen Forschungsmethode n weiter spezialisiert und verfeinert worden.
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Zu dieser positiYen Gesamtbilanz haben die von der Praxis gestellten Anforderungen wesentlich beigetragen. Beispielsweise hat die im HarrassowitzVerlag in \Viesbaden seit 1974 erscheinende History of Indian Literature (vgl. S. ix, Anm. 1) zur Erarbeitung einer ganzen Serie grundlegender Monographien geführt. Die Fortschritte auf Einzelgebieten sind am besten anhand der von H. Bechert und G. v. Simson herausgegeben en Einfiihmng in die Indologie (vgl. S. ix, Anm. 1 am Schluss) zu verfolgen. In dem uns hier gezogenen Rahmen ist es ein äußerst sch-wieriges, stets der Gefahr der Subjektivität ausgesetztes Unterfangen, auf das \Verk bestimmter Persönlichkeit en ebenso einzugehen, wie wir da.s in bezug auf die Einschätzung von Gelehrten aus vergangeneu Generationen unbesorgt tun durften. Indem wir einen solchen Versuch dennoch wagen, sei ausdrücklich bemerkt, dass mit der \Veglassung dieses oder jenes Namens keinerlei \Verturteil verknüpft oder beabsichtigt ist, und ferner, dass wir uns tunliehst auf die eigentliche Literaturgesch ichte als Teilgebiet der Indologie konzentrieren. In der Bundesrepubli k Deutschland verfügt die Indologie über eine große Anzahl bedeutender Forschungsein richtungen. Zahlreiche dort tätig gewesene oder noch tätige Gelehrte haben auf ihren Spezialgebiete n ·Weltruf erlangt, unter ihnen H. Bechert (Buddhologie) , K. Bruhn (Jinismus), K. Hoffmann (Veda), B. Kölver (Rajatara11gi1;.1, Nepalistik). W. Rau (Veda), B. Schlerath (Linguistik, Veda) D. Schlingloff (Buddhologie) , L. Schmithausen (Buddhologie) , J. F. Sprockhoff (Religionsgeschichte), P. Thieme (Veda), C. Vogel (Lexikographie ), E. Waldschmidt (Buddhologie) , A. Wezler (grammatische und philosophische Literatur). In Österreich hat die Indologie mit E. FrauwaUner und E. Steinkellner (beide Buddhologie), M. Ma.yrhofer (Linguistik), G. Oberhammer (philosophisch e und religiöse Literatur) und H. Krick (vedische Ritualliteratur ) ebenfalls einen bedeutenden Aufschwung genommen, während aus der Schweiz P. Harsch (Veda) und P. Thomi (Philosophie) zu nennen sind. An der Spitze der übrigen westeuropäisch en Länder stehen die Niederlande, deren reiche indologische Traditionen von H. W. Bodewitz (Veda), T. Goudriaan (Ta.ntr·ismus), J. C. Heesterman (Ritualistik), J. F. Staal (Philosophie und Ritualistik), T. Vetter (Buddhologie) und anderen weitergeführt werden. Im übrigen nennen wir aus Belgien J. M. Verpoorten (Veda, M1mari1saLiteratur), aus England J. L. Brockington (Epos), aus Finnland A. Parpola (vedische Ritualliteratur , Induskultur), aus Frankreich C. Caillat (Jinismus), J. Filliozat (medizinische Literatur) und L. Renou (Veda, Grammatik), aus Norwegen G. v. Simson (Epos), aus Schweden S. Lienhard (klassische Literatur, Nepalistik), und a.us Dänemark Chr. Lindtner (Buddhologie) . In den Vereinigten Staaten von Amerika, in denen die Indologie auf \V. D. Whitney (1827-1894) zurückgeht, hat sich diese in der neueren Zeit lebhaft
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entwickelt und an zahlreichen Universitäten etabliert. Unter vielen anderen Gelehrten nennen wir A. Bharati (Religionsgeschichte), G. Cardona, M. M. Deshpande und H. Scharfe (alle grammatische Literatur), H.-P. Schmidt und .YI. \Vitzel (beide Veda) sowie S. Insler und S. Pollock für weitere Forschungsgebiete. Im Vorhergehenden haben wir vorwiegend die Geschichte der Indologie in den Ländern des Okzidents behandelt, ohne auch den Anteil, den Inder selbst an der Erforschung der Geschichte ihrer Literatur leisteten, gebührend zu würdigen. Vv'ie schon weiter oben erwähnt wurde, haben die Inder schon in sehr früher Zeit -- a.ls man in Europa von Indien, geschweige denn von indischer Literatur noch wenig oder nichts wusste -- exegetische Kommentare verfasst. Obwohl diesen historischer Sinn und kritische Methode natürlich noch weitgehend fehlen, sind sie für das heutige Verständnis der ihnen zugrunde liegenden Texte vielfach unentbehrlich. \Vir haben bereits die Leistungen etwa von Saya1,1a und .Yiadhava besprochen und gesehen, wie sich in der Neuzeit an der Stellung zu den altindischen Kommentatoren der wissenschaftliche Meinungsstreit entfaltet hat. Der Aufstieg der modernen Indologie in Indien selbst begann Anfang des 19. Jahrhunderts. Er \var ein Ausdruck der Reaktion auf die britische Kolonialherrschaft und der nationalen VJiederbesinnung. Letztere schlug sich damals politisch-organisatorisch nicht zuletzt in der Gründung mehrerer sozialer Reformgesellschaften nieder: besonders des Brahma Samaj, des Ärya Samaj und des Dev Samaj. Diese Gesellschaften wurden zu Sammelpunkten des Nachdenkens über die eigene große Vergangenheit. Diese war dama.ls aber, unter anderem durch die Einwirkung der jahrhundertelangen Herrschaft von Mohammedanern und Kolonia.lherren, vielfach nicht mehr lebendig und musste der Vergessenheit entrissen werden. Um die Erfahrungen und Lehren der Historie für den Kampf des indischen Volkes um seine Befreiung wirksam werden zu lassen, galt es, zuerst eben diese Historie, a.lso auch die Literaturgeschichte, genau kennenzulernen. Inauguriert wurden diese Bestrebungen durch den Begründer des Brahma Samaj, Räm Mohan Roy (1774-1833). Selbst Kenner des Sanskrit, veranstaltete er die Ausgabe und Übersetzung mehrerer Upanis;aden. Über Literaturgeschichte, speziell den Kommentator Mädhava, und Paläographie arbeitete der in Goa gebürtige Bhau Da.ji (1821-1874). Bedeutender wurde der Einfluss der Studien von Räo Säheb Vishvanäth Näräyan Mandlik (1833-1889). Unter Hinzuziehung von fünf mit der Tradition vertrauten Pandits edierte er das für die altindische Rechtsgeschichte so bedeutsame lvianava- Dharma.sastra ( 3 Bände, Bombay 1886). Bedeutung auch für die Forschung der Gegenwa.rt hat das Wirken von Räjendraläla Mitra (1824-1891), der sich besonders durch die Herausgabe der vielbändigen Editionsserie "Bibliotheca Indica" sehr verdient
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gemacht hat. Bhagvanlal Indraji (1839-1888) studierte bereits im brahmanischen Vaterhaus umfassend das Sanskrit und erforschte später besonders die altindische medizinische Literatur. So bedeutungsvoll das Schaffen der vorerwähnten Gelehrten war - 'Aleltruf erlangte die in Indien betriebene Indologie erst durch ihren großen Repräsentanten Ramk:r;~1;.a Gopal Bhandarkar (1837-1925). Bhandarkar war zunächst Professor des Sanskrit am Elphinstone College in Bombay, später am Deccan College in Poona. Er arbeitete im wesentlichen in vier Hauptrichtungen: Alter des Grammatikers Par:tini und des Mahabha~ya; Entwicklung der indischen Sprachen; ältere Geschichte Indiens; religiöse indische Sekten. Ihm galt das Aitareya-Brahmm_1a als dasjenige literarische ~Werk, das der Sprache Par:tinis am nächsten gestanden habe; letzteren versetzt er - wohl zu früh - ins 8. Jahrhundert v. Chr. Die Untersuchung der indischen Sprachgeschichte dehnte er auf die neuindischen Sprachen aus. Auf dem historischen Sektor widmete er sich besonders der Landschaft Malüra~tra und der Epoche zwischen den Mauryas und den Guptas. Auf dem VII. Internationalen Orientalistenkongress (1886) analysierte er das System der Bhagavata-Sekte. Das Wirken Bhandarkars brachte es mit sich, dass die indische Indologie nunmehr weltweite Achtung genoss und jede einseitige, europazentristische Betrachtungsweise fortan als wissenschaftlich unhaltbar zu gelten hatte. Kashinath Trimbak Telang (1850-1893), 1892 Präsident des Bombay Brauch der Royal Asiatic Society, war vielseitig literaturgeschichtlich tätig. 1874 gab er die Sprüche Bhart~·haris heraus. In den Bombay Sanskrit Series edierte er das berühmte Drama 1\1udrarak9a,sa. Besonders bekannt aber wurde er durch seine Übersetzung und Erläuterung der Bhagavadg1ta in den "Sacred Books of the East". In der jüngsten Vergangenheit und in der Gegenwart war beziehungsweise ist die Zahl der hochqualifizierten indischen Indologen ständig gestiegen und durch Namen wie V. S. Agrawala, A. S. Altekar, U. N. Ghoshal, K. P. Jayaswal, D. D. Kosambi, H. D. Velankar und Raghu Vira international weithin bekannt geworden. Besonders hervorgehoben zu werden verdient das Wirken von Vishva Bandhu in Hoshiarpur, von R. N. Dandekar und C. G. Kashikar in Poona und von S. Ch. Chakrabarti in Calcutta. Vor allem aber muss hingewiesen werden auf den neuen Thesaurus der Sanskrit-Sprache, der unter der Leitung von A. M. Ghatage in Poona erarbeitet wird und berufen ist, dereinst die Petersburger 'A/örterbücher abzulösen. Im 20. Jahrhundert, besonders aber nach dem Zweiten Weltkrieg, hat die Indologie auch in den ehemals sozialistischen Ländern große Fortschritte gemacht und nicht nur neue Wissensgebiete erschlossen, sondern auch auf den traditionellen zu neuen Resultaten geführt. Wir erwähnen unter anderem die Mahabharata-Übersetzung von A. P. Barannikov, die ~gveda- Untersuchungen von T. Ja. Elizarenkova und die Analysen
Geschichte der Erforschung der altindischen Literatur in der Neuzeit
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verschiedener Upani9aden durch A. Ja. Syrkin. Richtungweisend waren und sind die historischen Forschungen von G. M. Bongard-Levin und die umfassenden Untersuchungen zur Erzählungsliteratur, besonders zum KathasaTitsaga,ra, von I. D. Serebrjakov. In der DDR war es Walter Ruben, der durch mehrbändige vVerke und eine Fülle von Monographien und Aufsätzen unsere Kenntnisse gerade auch auf literaturgeschichtlichem Gebiet wesentlich bereichert hat. Ohne die linguistischen und philologischen Probleme auch nur im mindesten zu unterschätzen, kann ihre absolute Dominanz doch nicht gebilligt werden. Hier hat die Indologie sehr viel früher Versäumtes beziehungsweise Vernachlässigtes nachzuholen. Dazu gehört insbesondere die Auswertung der literarischen Quellen für sozialhistorische Untersuchungen. Teilweise schon vor langer Zeit angebahnt (A. Weber, H. Zimmer, W. Rau), waren diese Arbeiten indessen über eine Aufreihung von Fakten kaum hinausgekommen. Man ist nunmehr bestrebt, diese historischen Lücken auszufüllen (K. Mylius 10 , G. Wojtilla). Infolge der im Vorstehenden skizzierten Forschungsergebnisse und der damit Hand in Hand gehenden Spezialisierung der Indologie kann heute kein Indologe mehr alle Gebiete seines Faches gleichmäßig überschauen oder gar auf ihnen forschen. Nicht einmal für alle Teile der Literaturgeschichte ist dies möglich. Wer beispielsweise die Srautasutras erforschen will, braucht ein weitgehend anderes Rüstzeug (Kenntnis des vedischen Opferrituals, Beherrschung der Sprache a.uch der Samhitas und BrahmaJ:.las) als etwa der Erforscher des jinistischen Kanons (unter anderem Beherrschung der Ardhamagadhl). Freilich verlangt jede Spezialisierung, soll sie nicht ihr Genügen in sich selbst finden und zum Selbstzweck werden, nach dialektischer Aufhebung in einer Zusammenschau ihrer Ergebnisse.
Anmerkungen 1 Die indologische Wissenschaftsgeschichte verfügt über ein hervorragendes Standardwerk, das für alle Detailforschungen die Basis bietet, nämlich E. \'Vindisch: Gescllichte der Sanskrit-Philologie und Indischen Altertumskunde (Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde, I, 1B, Leipzig 1917-1920); dazu gehört: Philologie und Altertumskunde in Indien. Drei nachgelassene Kapitel des III. Teils der Geschichte der Sanskrit-Philologie ... (Leipzig 1921). Diese grundlegende Arbeit wurde fortgeführt von P. J. Chinnmlgund und V. V. Mirashi: Review of Indological Research in last 75 Years (Poona etwa 1967). Viele wertvolle Details finden sich auch bei Th. Benfey: Geschichte der
Sprachwissenschaft und Orientalischen Philologie in Deutschland ... (München 1869). Vgl. ferner Th. Zachariae: Zur Frühgeschichte der Sanskrit-Philologie, in: Zschr. für Indologie und Iranistik, 4, S. 223 ff. A. P. Barannikov: Die Sowjetindologie, in: Sowjetwissenschaft 1949, Heft 1.
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SCHLUSSBETRACHTUNGEN
2 Über einige griechische und chinesische Quellen wurde weiter oben bereits berichtet. V gl. außerdem~
H. Gregor: Das Indienbild des Abendlandes (bis zum Ende des 13. Jahrhun-
derts) (Diss. \Vien 1964). 3 R. Hauschild: Die erste Publikation der indischen Nagari-Schriftzeichen in Europa durcl1 A. Kireher und H. Roth, in: \Viss. Zschr. der Univ. Jena, Gesellsch.- u. Sprachwiss. Reihe,
5 (1955/56), Heft 4-5. 4 A. Constable: Travels in the Moghul Empire A. D. 1606-1668 (London 1891). 5 A. Lehmann: Es begann in Tranquebar (Berlin/DDR 1955). 6 V gl. A. C. Burnell: On Same Early Heferences to the Vedas by European \Yriters, in: Indian Antiquary, 8 (1879), S. 98 ff. 7 Aus Raumgründen ist es ausgeschlossen, für jeden einzelnen der hier genannten Gelehrten Literaturangaben anzuführen. Die hier und weiter unten vereinzelt gegebenen Quellenhinweise haben nur den Charakter von Beispielen. \\'eitere Informationen geben die Nekrologe in den einschlägigen Bibliographien und Fachzeitschriften. V. Stache-Rosen:
German Indologists. Biographies of Sclwlars in Indian Studies VVriting in German (New Delhi 1981 ): IV. Rau: 135 Bilder deutscher Indologen (Glasenapp-Stiftung, 23, Wiesbaden 1982). Zu F. Bopp vgl. noch S. Lefn:tann: Franz Bopp, sein Leben und seine Wissenschaft
(:3 Bde., Berlin 1891-1897). 8 E. Herrmann: Bertlwld Delbrück (Jena 1923). 9 Eine Biographie G. Bühlers gab J. Jolly im Grundriss der Indo-Arischen Philologie und
Altertumskunde, I, 1A (Straßburg 1899). 10 Vgl. K. Mylins: Zur Prognostik in den Orient- und Altertumswissenschaften am Beispiel
der Vedaforsclmng, in: Asien·-Afrika-Lateinamerika, Bd. 5 (Berlin/DDR 1977), Heft 3, S. :397-411.
Zur Aussprache der Sanskrit-Wörter Vokale mit übergesetztem Querbalken ( a, 1, ii) sind lang. Auch e und o sind irnmer lang. Die übrigen Vokale sind kurz. ai und au sind als Diphthonge zu sprechen. Auch der Laut r ist ein Vokal und damit silbenbildend. Er ist annähernd a.ls r mit leichtemi-N achschlag zu sprechen. Bei den aspirierten Konsonanten (z.B. kh, gl1, tl1, dh, bl1) ist die Aspiration deutlich mitzusprechen; pha.la ist also p-ha.la, nicht etwa. fala. n spricht man wie ng, c wie tsch, j wie stimmhaftes dsch, ii als n- Laut entsprechend dem folgenden Konsonanten. Die Zerebrallaute t, cj und 1! werden mit zurückgebogener Zungenspitze gesprochen . .:Y ist wie deutsches j, und v ist wie deutsches w zu sprechen . .s ist ein schwaches, ? das uns geläufige sch. h ist stets hörbarer Hauchlaut. m kann in den rneisten Fällen wie m gesprochen werden. 1; entspricht etwa dern eh in Dach, ist aber schwächer zu artikulieren. Für die Betonung gelten folgende Hauptregeln: Ist die vorletzte Silbe nach Natur oder Position lang, so wird sie betont (Indra, Scirya, Dh:rtariis;tra). Ist die drittletzte Silbe lang, so erhält sie den Akzent, vvenn die folgenden Silben kurz sind (Miidhava, Dury6dhana). Der Akzent rückt auf die viertletzte Silbe, wenn die dritt- und vorletzte kurz sind (Sa.tapatha). Das epische und klassische Sanskrit folgt somit ähnlichen Betonungsgesetzen wie das Latein.
Register Benu tzungshimveise Das Register umfasst folgende Kategorien: - Eigennamen. Hierzu zählen a) dem Altertum angehörende Persönlichkeiten (Inder und Nichtinder) b) \IVissenschaftler, die im Text zitiert werden c) sämtliche Autoren der angeführten Sekundärliteratur. - \1\Terktitel, d.h. die Titel aller im Text oder in den Anmerkungen enthaltenen Werke der indischen Literatur -- Begriffe aus der Literatur- und Sozialgeschichte Sanskrit-, Prakrt- und Pali- Termini. Die Alpha.betisierung ist die lateinische. Diakritische Zeichen der Sanskrit- und Prak~·t-Begriffe sind unberücksichtigt. Die Umlaute ä, ö und ü wurden wie a, o, u behandelt. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Schreibweise indischer Namen mitunter schwankt. Es kommen daher unterschiedliche Schreibformen des gleichen Namens bzw. des gleichen Autors vor (z.B. Banerjee und Banerji, bzw. Sastri, Sastri oder Shastri). Zur Vermeidung von Verwechslungen wurden Homonyme getrennt aufgeführt. Aalto, P_ 4 Abbhuta 268 Abegg, K 121 Aberglauben 274 abhidhatnma 295 307 Abhidhammapitaka 267 274 288 294 295 296 297 331 Abhidhanacintamat:ri 259 Abhidhanappadipika 260 Abhidharma 307 Abhidharrnakosa 330 331 Abhijiianasakuntala 194 Abhilasitarthacintamat)i 227 Abhimanyu 77 80 Abhinavagupta 123 211 Abhi~ekanataka 185 186 Abhyankar, V. S. 217 218 Abwehrbeschwörungen 42 Abwehrzauber 42 326 Äcaradasalf 348 Äcaraligasutra 343 Acharya, N. R. 149 218 232 261 Acharya, P. K. 250
Acharya, R. 120 Achilles 81 Ackerbau 21 31 47 205 222 26:3 Adbhuta-Brahmai_J.a 52 236 ader)gUI_J.alf 252 adhikarai_J.a 222 243 Adhvaryu 16 35 38 Adhyatma-Ramayai_J.a 118 Ädibuddha 318 -~dikarmaprad1pa 327 adikavi 99 adikavya 104 131 Ädiparvan 75 184 185 Ädi-Purai_J.a 113 Aditi 96 Advaita 107 210 211 Advaita-Lehren 118 Advaita-Vedanta 327 Affe 354 Affenkönig 101 Ägama 121 123 343 Agamemnon 81 Agäse, B. S_ 63
Agashe, G. J. 172 Agastimata 249 Agastya 24 85 Agni22233042474864102 103 115 116 Agnicayana 39 50 52 Agnihotra 39 50 64 Agnimitra 193 Agni-Puräna 111 115 118 134 248 255 Agnistoma 27 35 52 378 Agrawala, V. s_ 120 168 382 Ahari1kara 202 ahimsa 31 322 340 362 Ahiparaka 284 Ahirbudhnya-Samhita 122 Ahnenkult 55 95 113 115 116 118 229 Aisopas 365 Aitareya-Äral).yaka 17 55 236 379 Aitareya-Brahmana 17 19 26 49 374 382 Aitareya-Schule 55
:388 Aitareya-Upani~ad 55 60 Aiyangar, N. K. 232 Aiyangar, V. R. 232 Aiyar, A. K. 218 Aiyar, K. N. 109 Ajlgarta 49 Ajita Kesakan:tba.la 216 Ajitasena 255 Ajivika 345 Ajmir 113 Akbar 59 Akhyana 71 72 106 Akhyana-Hymnen 24 Akhyana-Theorie 23 Ak~apada 214 Akzentregeln 253 254 Akzentuation 30 52 Alaka 145 Alari:tkära 131 134 135 Alari:tkärasarilgraha 135 Alari:tkarasarvasva 1;)6 Alari:tkarasastra 130 131 134 140 Al-Birü.ni 5 6 112 Alexander 5 6 110 112 Alexanderfeldzug 4 5 251 Algebra 233 252 368 371 Ali, S. M. 119 Alkohol 285 328 Allah 60 Allahabad 117 Allah-Upanif?ad 59 Allgott 90 Allgötter 48 Alliteration 131 140 146 202 Allopfer 39 Allseele 89 109 Alltagsleben 11 150 153 163 179 260 292 A.llwissender 355 Allwissenheit 327 Almosen 327 Almosenempfang 350 Almosenschale 203 Alphabet 9 12 258 Alphabete 11 12 Alphabetisierung 9 387 A.lsdorf, L. 14 24 33 291 364 A.lt-Dravida 19 Altekar, A. S. 382
REGISTER
Anusäsanaparvan 79 Altertmnskunde 375 376 Anustubh 30 31 48 66 72 226 Alt-Gujaratl 163 248 Altruismus 189 264 313 :335 Anuttaraupapatikadasäl;t 345 Amar Muni352 Amarakosa 109 259 260 368 Ar:tuttarovavaiyadasäo 345 Anuyogadvarär;ti 350 369 Aorist 8 140 252 Amarasakti 156 Apabhrari:tsa 10 133 255 341 Amarasüilha 259 :353 357 358 Amaru 128 146 Apabhrari:tsa-Kävya 357 Amarusataka 146 Apadana 288 289 312 Ambapall 280 Apahäravannan 169 Ambat~hasutta 269 Amerika 374 380 Aparäjitap\·cchä 248 aparik~itakaritva 155 Amitabha 319 apäsraya 109 Amitagati 360 361 364 Apastamba 18 69 376 Arnitagatis 361 Apastamba-Dharmasü.tra 69 Amitayus 319 116 227 Ariltaga~adasao 345 Apastamba-G~hyasü.tra 69 Analogie 214 331 339 Apastamba-Srautasü.tra 68 Anandacandra 69 378 Anandavardhana 133 136 146 Apastamba-Sulvasü.tra 69 Anathapir;t~ika 294 300 Aphrodisiaka 239 Anatomie 205 240 348 Apokryphen 379 anattata 306 Appaya 136 Andersen, D. 13 291 Apsaras 23 Andhaka 96 141 Apsarasen 310 Andhra 32 112 144 Apte, V. M. 68 218 Andhra-Dynastie 112 117 Apte, V. S. 63 Anekarthakosa 259 arat:tya 16 54 Anekarthasmilgraha 259 Arar;tyagäna 36 Anekärthasamuccaya 259 Ai:tga 342 343 344 345 346 347 Arar;tyaka 16 17 38 53 54 55 60 64 109 326 Ai:tga-König 78 Arar:tyakär;tda 101 Ai:tgiras 41 Arar;tyaka-Sarilhitä 36 Ar1gulimala 270 Ai:tguttaranikaya 268 272 273 Arar;tyaka-Zeitalter 16 55 Ararat 49 27 4 295 296 307 344 Arbeitsteilung 31 Ar;thilvä~ 175 Anikeev, N. P. 221 Arbuthnot, F. F. 246 Architektur 1 50 115 118 247 Aniruddha 97 212 248 366 Annambhatta 215 Arcika 35 36 371 Anquetil, H. 369 Ardhamagadhi 10 267 341 Anspach, A. E. 6 343 383 Antakrtadasäl:t 345 Arhat 289 299 306 312 329 Antilope 186 Arhatschaft 289 299 Anugitä 98 Arier 18 19 20 31 37 44 248 Anukramalfi 52 67 278 294 Ariergesellschaft 33 Ar:tuogadäräüil 350 Anurädhapura 301 Ari~~anemi 35 7 Aristokratie 179 224 Anusäsana 51
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Register Arithmetik 233 Arjuna 75 76 77 78 79 80 87 92 93 94 141 185 Arjunaka 86 Arnold, E. 149 Arora, R. K. 120 Arrian 6 Arsa 10 255 341 Arseyakalpa 66 69 artha 150 169 221 243 Arthasästra 150 221 222 225 228 243 245 247 350 356 arthatrayaväcin 132 arthaväda 46 Artillerie 33 Aruna 61 112 Arm.ü 57 60 61 216 Arya 31 33 381 Aryabhata 235 237 Aryabhat!ya 233 235 Aryadeva 334 Aryaka 191 Aryä-Metrum 134 144 147 174 235 258 Aryäsaptasat!147 Arya.siddhänta 235 Arya-Strophen 211 212 Aryasura 127 311 Arya- Verse 235 333 Asartga 331 332 333 Askese 84 85 94 124 130 138 151 :340 349 354 Asket 95 195 196 203 283 285 286 339 349 Asketen 15 57 84 88 101 117 124 150 152 169 182 194 195 203 224 227 229 263 270 283 285 286 344 345 Asketenleben 84 301 Asketenmoral 91 Asketik 91 Asoka 56 10 265 303 312 31:3 Asoka-Inschriften 267 Asokavadanamala 315 asrama .56 113 Asrama-Lehre 124 Asramaväsikaparvan 80 Assalayana 270 Assalayanasutta 270
A~~adhyay!
251 25:3 254 372
379 A~~aka
370
A~~angah~daya-Sari1hita A~tiiligasarngraha
240
240
A~~asahasrika 321 Astrologie 128 226 230 235 236 308 Astrononüe 1 33 64 115 118 205 233 234 235 347 363 366 368 370 37 4 Asuras 22 48 134 Asvacikitsa 248 Asvagho~a 10 127 138 183 188 191 310 311 312 314 335 337 Asvalayana 29 67 Asvaläyana-Grhyasutra 69 74 Asvaläyana-Srautasutra 64 68 Asvamedha 39 53 71 80 100 104 Asvamedhikaparvan 80 Asväsa 177 Asvasastra 248 Asvatthaman 78 79 Asvavaidyaka 248 Asvins 39 48 238 Atanatiyasutta 270 Atemregulierung 213 Atemrestriktion 213 Athalye, Y. V. 220 Atharvan 41 Atharvaprätisakhya 70 Atharva-Samhita 41 43 374 Atharvaveda 7 16 17 20 25 30 354142434445465053 59 61 67 85 109 122 124 144 238 325 326 372 374 379 Atharvaveda-Prätisäkhya 70 Atharvaveda-Schule 67 Atheismus 23 At!tavatthu 287 289 Atmabodha 210 Atman 50 58 59 60 207 Atombegriff 213 Atreya 238 Atri 30 95 Atthakatha 300 302 303 :304 Atthakavagga 276 288
Auddalaki 243 Aufrecht, T. 34:36 53 257 374 375 Augenarzt 316 Augmentgesetze 25:3 Aupapatika 346 Aurangzeb 367 Aurobindo 33 94 Außenwelt 330 332 333 Aushauch 275 austroasiatisch 8 19 Auswendiglernen 252 Avadäna 307 312 315 Avadänakalpalata 313 Avadana-Literatur 313 346 Avadäna-Sammlungen 312 Avadänasataka 312 313 Avalokitesvara 317 318 319 325 125 Avalon, A. Avanti 177 A vassaganijjutti 349 A vasyakaniryukti 349 A vidurenidana 300 308 avidyä 332 Avimäraka 186 187 192 Awasthi, B. L. 119 120 Awesta 7 11 18 369 377 Ayäradasäo 348 Ayärari1gasutta 343 355 Ayodhyä 100 101103 1:39 310 331 Ayodhyakän<;la 100 Ayurveda 238 239 240 Ayurvedaprakasa 240 Ayyangar, R. S. 218
Bäbhravya 243 Bäda.rayana 209 Bae, B. K. 200 201 Bag, A. K. 69 bähulatä 1:35 Baka 76 184 Baktrien 31 112 Balabhärata 201 Bälacarita 186 Bälakän<;la 100 104 107 Bälarämäyana 201
390 Ballade 24 26 178 272 281 349 Balladendichtung 178 309 Ballantyne, J. R. 138 219 Ballett 196 Balmont, K. 199 BaJ+a 74 97 110 129 147
REGISTER
284 180 257
171
172
Banerjee, K. M. 120 125 Banerjee, M. 261 Banerjee, S. C. 125 Banerjee, S. G. 69 231 Banerji, S. C. ix 176 249 Barannikov, A. P. 382 383 Barbarei 20 46 Barde 74 111 Barden 2 71 Barnett, L. D. 184 204 337 351 Bartholomae, C. 12 Bartholome, W. 261 Barua, B. M. 6 Barua, D. K. 290 Baruch, W. 323 Ba1?kala-Schule 32 Bauddha-Literatur 339 Bauddhismus 339 Baudhayana 18 64 69 376 Baudhayana-Dharmasutra 69 227 Baudhayana-Srautasutra 65 Baudhayana-Sulvasutra 69 Bauer 30 Bauern 35 Baukunst 247 248 Baumgartner, A. 108 Baumgottheit 282 283 Baumheilkunde 249 Bazaz, P. N. 99 Beamten 224 225 Beccarini-Crescenzi, E. 192 Bechert, H. ix 6 266 380 Bedekar, V. M. 62 Beer, R. 153 168 172 200 Benary, F. 143 Bendall, C. 337 Benfey, T. 37 154 155 156 167 365 370 371 376 377 383 Bengali 7
Bennewitz, F. 200 Bentley, J. 237 Bergaigne, A. 153 200 372 Bergbau 223 Bernier, F. 367 Beschwörungsformeln 42 274 Bestattungsgebräuche 65 Bestattungswesen 118 Betel 244 Betonungsgesetze 385 Bettelmönch 101 279 286 294 Bevölkerung 19 20 21 44 111 Bewässerungsanlagen 223 Beweisführung 215 230 Beweismittel 209 Bewusstsein 57 58 210 216 321 330 331 332 Bhadrabahu 348 352 353 Bhagavadgita 79 87 88 89 90 91 92 94 95 98 99 114 115 148 169 207 210 212 214 317 365 368 369 370 378 382 Bhagavata-Puräl)a 109 110 111 113 114 115 193 350 369 Bhagavat! 325 344 37 4 Bhagavat!viyahapal)I_latti 344 Bhagavativyakhyaprajnapti 344 Bhaguri 216 Bhaktamara-Stotra 360 Bhakti 88 89 301 Bhakti-Lehre 148 211 306 Bhaktivedanta, A. C. 120 Bhamaha 134 135 137 Bhamat1211 Bhamin!vilasa 152 bhäJ+a 180 Bhandarkar, R. G. 91 201 251 382 Bhanumati 97 240 Bharadvaja 30 276 Bharadvaja-Srautasutra 66 69 Bharata 73 78 Bharata 20 73 100 134 137 185 Bharatacampu 177
Bharata-Land 75 Bharatamanjar1142 Bharatavar1?a 117 Bharat!ya- Natyasastra 134 136 178 179 180 246 255 Bharavi 128 141142 143 172 Bhargava, D. 350 Bhargava, P. L. 22 Bharhut 288 Bhart~·hari 128 140 151 152 153 254 312 362 367 382 Bhasäpariccheda 215 Bhäs;ya-Stil 222 243 253 Bhat, M. S. 70 238 Bhatt, N. R. 125 Bhatta 165 201 259 Bhatta, G. H. 107 Bhattacharya, A. 120 Bhattacharya, B. 314 Bhattacharya, C. 69 Bhattacharya, R. 219 Bhattacharya, R. S. 121 Bhattacharya, T. P. 250 Bhattacharya, V. 336 Bhattacharyya, B. 329 Bhattacharyya, N. N. 125 350 BhaHi 140 Bhattikävya 140 152 bhäva 133 Bhavabhliti 129 198 199 200 201 203 245 Bhavadevasuri 357 Bhävamisra 241 Bhavaprakasa 241 Bhavisattakaha 358 Bhavisyadattakatha 358 Bhavis;yaparvan 97 Bhavis;ya-PuräJ+a 116 Bhavis;yottara-PuräJ+a 116 Bhikkhunivibhanga 293 Bh!ma 75 76 77 78 79 80 81 184 185 201 Bhishagratna, K. K. 242 Bhis;ma 75 76 77 79 80 86 Bhi~maparvan 77 Bhoja 129 136 164 Bhojadeva 248 Bhojak, A. M. 351 353 Bhojaka 116 Bh\·gu 229
Register bhumi 321 Bhumikhar,tda 113 Bhumyadikar,t~a 25g Bhuvanadeva 248 Bibel 15 33 49 336 Bihar 20 37 339 341 b!ja 124 Bljagar,tita 233 235 Bilha1fa 129 147 174 Bimbisara 354 Birkenrinde 12 Birwe, R. 256 257 Bloch, J. 6 Bloch, T. 231 Bloomfield, M. 27 34 45 69 364 Bo-Baum 300 304 Boccaccio, G. 162 365 Bodas, M. R. 220 Bode, M. H. 305 Bodewitz, H. W. 54 62 380 Bodhicaryavatara 335 bodhicitta 334 Bodhisatta 281 283 285 286 289 299 300 Bodhisattva 306 307 308 309 311 312 317 318 319 320 321 322 326 329 335 Bodhivmnsa 304 Böhtlingk, 0. v. 2 13 62 63 137 152 153 177 192 200 218 251 256 257 261 371 372 Bolan-Pass 19 Bollee, W. B. 54 351 Bolling, G. M. 69 Bongard-Levin, G. M. 383 Bopp, F. 369 371 384 Bordell 203 Borobudur 309 Borooah, A. 200 201 Bousquet, J. 63 Bower-Manuskript 239 Boyd, P. 200 Braluna 272 366 381 brahmacarya 55 Brahmadatta 282 Brahmagupta 233 235 237 Brahmajalasutta 269
Brahman 35 40 43 50 58 60 64 71 89 97 99 113 114 115 116 118 134 150 178 202 207 209 210 211 221 229 318 325 340 brahman 15 109 216 Brahmar,ta 12 16 17 18 20 21 22 23 27 35 38 39 46 47 48 49 50 51 52 53 55 56 57 58 59 60 64 65 66 71 74 81 84 89 95 109 110 122 173 193 207 209 229 233 235 238 251 255 294 325 327 368 373 375 378 379 383 Brälunmfa-Ära 50 Brahmana-Epoche 45 Brähmmfa-Literatur 16 325 Brähmar,ta-Periode 373 Brahman-Atman-Identität 21 89 269 Brahman-Atman-Identitätslehre 90 Brahmar,ta-Zeit 19 41 46 327 Brahmärtda-Purä1fa 118 Brahrnane 1 2 10 21 25 30 35 43 45 46 47 48 49 50 56 57 59 66 76 83 84 85 88 97 111 128 129 130 151 165 180 181 182 196 207 228 270 274 276 279 286 301 302 310 332 333 340 349 358 360 361 362 365 Brahmanenehepaar 171 Brahmanenfamilie 86 280 282 Bra.lunanenschoß 58 Brahmanenschülerschaft 55 Brahmanenstand 181 Brahmanensuprematie 39 Bra.hmanentum 129 Brahmanenwürde 85 Brahmanin 86 brahmanisch 2 4 5 12 19 20 43 47 54 59 84 85 111 130 150 156 175 183 189 198 215 225 226 247 259 264 270 271 275 276 281 284 285 293 311 331 332 340 354 361 382 brahmanisch-gegenreformatorisch 306
391 brahmanisch-hinduistisch 150 317 brahmanisch-orthodox 115 Brahmanismus 111 122 129 221 276 322 344 360 Brahmanismus-Hinduismus 361 Brahmanpriester 16 Brahma-Purär,ta 110 111 113 119 Brahma-Smnhita 117 Brahmasutra 209 210 211 Brahmavaivart.a-Purar,ta 116 121 Brahm!-Schrift 11 Brahmodya 51 349 Brandrodung 19 21 47 Branntwein 26 Braut 84 245 Brautleute 84 Breloer, B. 6 BJ;hadarar,tyaka.-Upani~ad 17 53 57 60 173 216 BJ;hadasva 82 B1;haddevatä 67 B1;hajjataka 236 BJ;haspati 28 216 221 226 BJ;haspatismJ;ti 230 Brhat! 31 Brhatkathä 10 127 154 160 161 162 169 172 186 B~·hatkathamafijar!160 161 Br hatkathaslokasamgraha 161 BJ;hatsamhita 236 249 255 Brockhaus, H. 167 204 237 258 371 372 375 Brockington, J. L. 380 Brückenbau 140 Bruhn, K. 350 380 Brune, J. 36 37 Buddha 5 6 10 18 20 61 114 118 142 173 183 212 222 260 263 264 265 266 267 268 269 270 271 273 274 275 276 277 279 280 281 282 287 288 289 294 296 299 300 301 303 304 305 306 307 308 309 310 314 316 317 318 319 320 321
392 322 323 325 326 327 332 333 339 366 370 375 377 Buddha-Biographie 269 308 309 348 Buddhacarita 310 3:35 Buddhadatta, A. P. 13 Buddhaghosa 296 300 301 302 303 305 Buddha-Orden 280 Buddha-Reliquie 323 Buddhaschaft 281 283 289 309 312 321 329 Buddhasvamin 161 Buddhavari1sa 289 300 307 buddhi 183 Buddhismus 4 5 11 20 31 50 56 59 89 115 127 155 183 198 207 208 209 213 221 222 239 251 260 263 264 265 266 267 269 270 272 274 275 276 277 280 281 283 284 285 286 287 294 296 297 298 299 300 301 302 303 305 306 309 310 311 313 315 316 317 318 319 320 321 322 325 326 327 329 330 332 333 336 339 340 341 343 344 362 366 369 370 375 377 379 buddhistisch 3 4 5 10 11 23 24 33 74 112 115 125 130 138 144 150 155 156 162 163 175 178 181 183 189 197 198 203 207 210 254 259 260 263 264 265 266 267 268 269 270 271 273 274 275 277 278 279 281 283 284 285 286 288 289 292 294 295 296 298 299 300 301 302 304 305 306 307 308 310 311 312 313 315 318 319 320 322 324 325 326 327 328 329 330 331 333 335 336 339 342 346 349 356 359 365 371 375 376 379 buddhistisch-tantrisch 327 Buddhologie :335 376 380 Bühler, G. 11 14 69 121 152 167 172 176 229 231 232
REGISTER
376 384 Bühne 8 179 180 182 185 196 198 Bühnenadaptation 191 Bühnencharaktere 134 Bühnenraum 182 Bühnenstück 107 Bühnenvortrag 81 Bühnenwesen 134 Buitenen, J. A. B. 63 97 200 218 Burgess, E. 237 Burgess, J. 363 Bürk, A. 69 237 Burkhard, K. 200 Burlingame, E. \'II. 305 Burma 300 Burnell, A. C. 54 384 Burnier, R. 249 Burnouf, E. 120 323 369 372 Burrow, T. 13 Burton, R. 246 Bußübungen 109 116 230
186
192
370
349
Caillat, C. 380 Cakrapänidatta 240 Caland, W. 37 54 68 69 98 378 Cälukya-Dynastie 129 174 Campaka 359 Campaka-Baum 158 Campakasref?!,lükathänaka 359 Campal;:avat1158 Campü 177 Cämm~1ä 199 Cär~akya 150 151 196 356 Cär:takyaniti 151 CaJ.11akausika 202 Car,t1äla 58 329 Car,t9amahäro~ana-Tantra
328 Car:t9apäla 202 Candapannatti 347 Can91115 147 Can9Isataka 147 Candragomin 254
Candragupta 5 112 128 150 196 197 221 222 342 343 Candrapida 172 Candraprajiiapti 347 Candravyakara1,1a 254 Cappeller, C. 137 143 200 204 314 Caraka-Sarnhita 214 239 240 Cardona, G. 256 381 Caritra 355 356 357 Cariyapitaka 289 290 300 302 303 :n1 320 Carpenter, J. E. 290 Carter, .J. R. 291 Cärudatta 181 188 189 190 191 192 Cärväka 208 216 220 Catul:u3ataka 334 Caturädhyäyika 70 Cäturmäsya 39 Caturuttara-Reihe 30 31 Caturvarga-Konzeption 150 Caurapaiicäsikä 146 147 Caurisuratapaiicäsikä 146 Ceylon 197 241 254 260 298 300 315 322 365 Chaitanya, K. ix Chakladhar, H. C. 245 246 Chakrabarti, P. 192 Chakra b artr,· s , . c . 382 Chakravarty, C. 125 Chalidov, A. B. 6 Chalmers, R. 290 291 Chälukyas 226 Chanana, D. R. 241 Chandalfsutra 67 255 Chandas-Periode 373 Chändogya-Upanisad 56 57 58 60 109 209 216 318 372 Chandomaiijari 256 Chandra, K. R. 363 Chandra, L. 54 68 Chandragupta 6 Changani, G. 242 Charpentier, J. 72 352 Chatterjee, A. 119 Chatterji, S. K. 6 Chattopadhyaya, D. P. 220 221 Chattopadhyaya, S. 232
Register Chaturvedi, M. D. 238 Chaturvedi, N. 153 Chaucer, G. 162 Chaudhuri, J. B. 149 chaya 11 Chedasutra 348 Chemie 122 241 Cheyasutta 348 349 350 Chezy, A. L. de 149 199 369 Childers, R. 370 China 1 315 335 365 367 Chirurgie 239 240 249 Choresr:nier 5 Choudhary, R. 46 226 Christentum 15 277 336 Chronologie 3 4 5 17 18 51 92 106 113 127 173 179 227 247 253 263 288 315 316 318 319 343 373 Chrysostomos 74 Citraku~a 100 Citrangada 75 Colebrooke, H. T. 219 238 261 368 Coomaraswamy, E. M. 305 Cora 146 Coulson, M. 201 Courtillier, G. 149 Cowell, E. B. 40 56 62 172 217 220 257 292 314 315 Cillavagga 276 Cillavarirsa 303 Cillikapaisacika 255 Cullaniddesa 288 Cullavagga 293 294 302 Cyavana 48 83 238
Dahlmann, J. 98 Dak~a 113 dak~il:ta 43 Dalal, C. D. 137 Dalal, M. L. 183 Danrayanti 81 82 83 140 142 359 Damayantikatha 177 Damnag 157 Damodaragupta 152 Dämon 22 25 42 45 48 83 84 85 96 97 100 101 103 107
393
113 116 134 141 142 178 Deshpande, C. R. 177 180 186 194 201 270 284 Deshpande, K. 149 258 326 354 Deshpande, M. M. 381 Dämonenfürst 100 101 102 Deshpande, N. A. 119 103 140 185 322 354 des! 260 Dämonenkönig 97 Desika 124 Dämonin 349 Desinämamalä 260 Dämonologie 239 Deslongchamps, L. 261 369 Danastuti-Hymnen 25 Despot 190 199 Dandekar, R. N. 4 21382 Despotismus 21 90 164 190 Dar1din 128 135 1:37 169 170 263 172 191 225 Denssen. P. 62 91 99 217 218 Dange, S. A. 119 377 Dantidurga 12 Dev, B. 176 Daridracarudatta 188 189 Deva 48 192 Devadatta 165 282 283 294 darsana 207 Devadhar, C. R. 142 192 199 darsapun;tamasa 38 293 Devaki 96 Das, R. P. 250 Devanagari 12 368 Dasabhumikasiltra 321 Devanagari-Rezension 194 Dasagitikäsutra 233 Devanari1piyatissa 303 Dasakumaracarita 132 154 Devaprabhasuri 355 169 170 171 369 Devarakkhita, B. 305 Dasaratha 100 107 139 185 K~amasramar:ta Devarddhi Dasarupa 136 342 343 350 Dasasutri 36:3 Devi, L. 200 Dasavaikalika 349 Devimähatmy a 11.5 Dasävatäracarita 142 Dhanrma 265 268 295 Dasaveyäliya 349 356 Dhammacakkappavattanasutta Dasgupta, S. 108 204 271 Dasgupta, S. N. 206 Dhammapada 274 275 301 Dasyu 22 31 307 Date, V. H. 218 Datierung 18 61 110 128 134 Dhammapala 278 302 161 188 191 209 245 251 Dhammasarngal).i 295 296 Dhananjaya 136 259 288 304 309 Dhanapäla 358 Datta, B. 237 Dhal:taväla 358 Datta, B. B. 237 Dhanesvara 355 Dattila 247 249 250 Dhanurveda 248 Davadanti 359 dharm:tä 213 De, S. K. 148 246 DhäraJ:ti 325 326 328 Debrunner, A. 377 Dhärin1193 Deifizierung 305 Dharmadhikari, T. N. 40 Dekhan 144 174 341 dharmakatha 164 166 358 Delbrück, B. 376 384 Dharmakirti 214 331 332 336 Deleu, J. 351 352 dharnralak~al}a 330 denarins 230 Dharmanibandha 231 Derrett, D. M. 231 2:32 Dharmapada 307 Desai, N. Y. 120 Dharmapariksä 361 Desai, S. G. 199
394 Dharmasastra 43 65 66 80 110 116 150 212 221 226 227 228 229 230 362 368 371 381 Dharmasastra-Literatur 223 227 Dharmasiitra 11 65 66 69 109 205 227 228 dharmasvabhava 330 Dharmottara 332 Dhatukatha 296 Dhatupätha 253 254 258 Dhr~tadyumna 76 Dh~tara~tra 75 76 79 80 81 85 284 dhrti 183 Dhvani 133 136 dhvanikärikä 136 Dhvanyäloka 133 136 dhyäna 213 328 Dialekt 7 8 9 10 Dialektbildung 251 Dialektik 50 297 306 333 Dialogballaden 285 Dia.logform 123 249 281 Dialoghymne 24 Diamant 327 Diamantenkunde 118 Dichter 1 15 25 27 28 30 73 74 95 99 107 110 127 128 129 130 131 132 136 139 141 142 146 147 148 151 152 165 168 171 173 180 184 189 190 193 198 199 201 202 253 256 258 260 310 311 355 370 Dichtformen 149 Dichtkunst 27 28 105 115 129 130 131 135 139 146 171 279 350 Dickson, J. F. 295 Didda 174 Diebeskunst 206 Digambara 10 202 342 355 360 362 363 Digambara-Mönch 163 Digambara-Puräna 355 Dlghanikäya 268 269 270 281 307 316 333 Dignaga 214 331 332 336
REGISTER
Dikshit, A. J\1. R. 37 qima 180 Dimna 151 d!nara 230 Dinnaga 331 336 Dlpavarnsa 302 :303 Diphthonge 9 385 Diplomatie 155 196 Dlrghägama 307 DiHhiväya 342 344 346 Divanji, P. C. 107 Divodasa 240 Divyavadäna 313 315 Dogrna 288 331 361 Dogmatik 270 334 344 Dogmatisierung 295 Dogmatismus 27 4 341 346 Doniger, W. 232 246 Dorfgemeinden 20 Dova! 345 Drahyäyana-Srautasiitra 66 68 Drama 10 24 128 133 134 136 147 170 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 193 194 196 197 198 199 202 203 222 365 375 382 Dranratik 1 24 178 182 183 185 193 203 Dran:tatiker 129 138 198 Drarnaturgie 134 136 185 Drarnendichter 128 179 184 201 360 Dramenkunst 184 Dramentheorie 179 Dramentyp 180 203 Draupad1 75 76 77 78 79 80 105 115 201 345 353 D~qhavarman 197 Dreikorb 267 Dreisatzrechnungen 233 Dreiwelt 93 Dreyer, C. 69 Drona 75 77 78 79 184 Dronaparvan 77 Drstivada 346 Drupada 75 76 Dualisums 89 91 Dul1sasana 76 78 201
Dukapatthäna 297 Diirenidana 300 Durga 71 115 116 122 123 124 147 162 199 Durgä Prasäd 143 149 167 176 177 246 Durga-Verehrung 115 Dursch, G. M. 149 Duryodhana 75 76 77 79 81 184 185 192 201 Du~yanta 194 195 Diitaväkya 185 Dutoit, J. 292 379 Dutt, M. N. 97 107 120 121 227 232 Dutt, N. 323 Dvaipayana 75 Dvivedi, M. N. 218 Dvivedi, S. 237 238 Dvivedi, V. P. 220 Dvyäsrayakävya 175
Edelsteinkunde 205 236 249 Edgerton, F. 14 34 91 99 156 166 168 217 250 Eelsingh, H. F. 54 Eggeling, J. 54 257 371 375 Eggers, W. 69 231 Eid 26 Eigentum 1 Einakter 185 Einleitungsgebet 182 Einsiedler 84 104 228 229 Einsiedlerin 84 Einwanderung 18 31 73 Einwanderungsweg 19 Eisengewinnung 47 ekäk~arapada 132 Eklektizismus 92 Ekottaragama 307 Elefant 78 85 186 187 248 249 286 Elefantenheilkunde 205 Elefantenzucht 249 Element 16 19 31 57 60 91 123 169 180 193 212 215 216 223 224 225 253 287 296 304 330 332 358 365 Eliade, M. 219
Register Eliza.renkova, T. Ja. 13 34 382 Embryologie 348 Emeneau, l'v1. B. 34 168 200 Engels, F. 365 Epigraphik 376 Epos 73 Erbauungsliteratur 281 Eremit 170 286 Erkenntnismittel209 214 216 Erkenntnistheorie 21 214 216 296 Erlösung 58 79 91113 122 124 150 155 196 209 210 211 213 215 229 263 264 277 279 281 289 299 300 316 318 327 329 335 340 343 344 345 356 Erlösungsbegriff 209 333 Erlösungslehre 80 331 340 Erlösungsmittel 210 Erotik 131 136 147 152 169 187 205 242 327 328 379 Erzä.hlungsliteratur 1 154 155 160 304 356 383 Erzählungsstoff 116 Eschatologie 296 Es-mag-sein-Lehre 362 Esnoul, A. M. 219 Esoterik 326 Ethik 88 90 91 150 215 264 269 274 277 295 296 316 322 323 329 331 335 349 360 363 Etymologie 1 47 64 205 Euphonie 81
Fabel 1 2 85 150 153 154 155 156 160 166 168 180 197 273 281 282 287 335 357 358 365 Fabelsarnmlungen 160 Fabelwerke 127 155 157 281 371 Faddegon, B. 37 220 Fa-hian 5 Fahs, A. 13 Falk, H. 14 166 227 Familie 1 30 42 46 73 76 96 183 263 282 283 339
Familienangehörige 343 Familienbücher 30 Familienfeste 236 Familienleben 165 279 Familienmilieu 66 Fasten 292 340 343 346 Fatalismus 208 Fatone, V. 337 Fausböll, V. 291 292 304 Feer, L. 290 315 Feuchtwanger, L. 191 199 Feudalismus 111 Feueraltar 39 47 50 52 55 66 233 Feuergott 102 Feuerpriester 41 Filliozat, .J. 125 241 380 Film, L. M. 126 Finot, L. 250 324 Fleischgenuss 322 Flutsage 84 Folklore 16 43 Forster, G. 194 368 Forster, J. C. 199 Fortunatov, F. 37 Fosse, L. M. 6 Foucaux, P. E. 314 Frage-Antwort-Forn'l 268 295 296 346 350 360 Francke, H. 367 Frank, 0. 218 369 Franke, R. 0. 13 258 290 291 Frauwallner, E. 206 336 380 Freitod 198 345 348 349 Freudenmädchen 356 359 361 Friedländer, E. 56 Fritze, L. 149 153 167 192 199 200 201 204 Froschlied 25 Fruchtbarkeitsriten 55 Frühlingsfest 197 Führungskunst 155 Fünfbuch 155
Gaastra, D. 54 gadya 133 Gajendragadkar, A. B. 172 Gama, V. da 367 Gampert, \iV. 231
395 Gäna 36 246 Gal,lapatha 253 254 258 Ganapati, S. V. 37 Gai:tapati, T. 184 192 200 204 226 227 231 250 261 Gal,laratnamahodadhi 254 Gändhär! 75 79 80 Gandharven 23 Gandharvenritus 195 Gandhavari1sa 300 Gandhi, M. K. 94 362 Gandhismus 340 Gar:tesa 71 115 116 117 Gar;tesakända 116 Garigä 145 Garigädäsa 256 Gangadharan, N. 121 Ganges 19 37 44 73 100 104 117 298 357 Garigesa 215 Ganguli, K. M. 97 242 Gar;titädhyäya 233 Gar;titapäda 233 Garbe, R. 45 68 91 92 98 212 219 378 Garga 234 Garg!samhita 234 Garuqa 118 197 Garuqa-Puräl,la 118 249 277 Garuqa- Upani~ad 57 Gastfreundschaft 43 59 Gäthä 50 268 287 288 317 322 Gattenwahl 76 83 139 201 Gauda 108 135 Gauqapäda 107 210 Gaudapäd!yakärikä 210 Gaüqavaha 173 Gautama 20 61 66 263 289 376 Gautam186 Gavämayana 55 Gawroriski, A. 191 Gäyatr! 30 36 48 256 Gebetsformel 46 Geburtenkreislauf 58 85 117 264 347 Geburtsgeschichtenkranz 311 Gegenreformation 265 294 Geheimkult 122 123 Geheimliteratur 64
:396 Geheimrezepte 243 Gehrts, H. 98 Geib, R. 166 Geißler, F. 167 Geist 47 50 60 89 90 93 105 111 133 145 155 163 196 202 212 214 264 267 286 332 Geister 181 319 322 Geisterprinz 197 Geisterreich 163 Geistesha.ltung 225 Geistesleben 89 94 107 125 Geistesprodukte 12 Geistesschaffen 251 Geistesverirrung 175 Geldner, K. F. 2 24 33 34 371 372 374 377 Gemeinde 263 265 292 341 342 345 356 377 Genealogie 95 109 289 :303 Genea.logien 109 112 114 117 118 173 Geographie 109 115 118 236 347 Geologie :33 Geometrie 50 65 205 233 Gerichtswesen 165 223 Gerste ;)1 35 58 Gesang 16 36 92 94 132 139 140 141 174 246 247 354 Gesangskunst 114 Geschichtensammlung 164 Geschichtsbetrachtung 303 Geschichtswissenschaft 174 Gesellschaftsentwicklung 97 Gesellschaftskritik 164 181 Gesellschaftsstruktur 222 264 Gesetzbuch 43 368 Gespenstergeschichten 277 Geyya 267 Gharpure, J. R. 232 Ghatage, A. M. 13 260 382 Ghatakarpara 146 Ghate, V. S. 218 Ghatotkaca 76 185 Ghatotkacaduta 185 Ghaznaviden 110 Ghosh, A. 33 94 99 Ghosh, B. 54
REGISTER
Ghosh, K. C. 350 Ghosh. M. 137 Ghoshal, S. C. 351 Ghoshal, U. N. 382 Gidwani, N. N. ix Giftmischer 223 Gildemeister, J. 149 Gilgamesch 81 Gita 92 94 95 99 Gitagovinda 115 129 147 148 202 360 368 370 Gita-Kommentatoren 94 Gjellerup, K. 270 311 314 319 324 :366 Glasenapp, H. v. ix 21 108 206 :350 366 Glasenapp, 0. v. 79 145 Gnoli, R. 314 Gnomik 150 165 Gnostiker 365 Gobhila-G~·hyasütra 17 66 69 Godahole, G. H. 143 167 Godabole, N. B. 192 200 Godakun"lbura, C. E. 143 Goeseke, G. 12 Goethe, J. W. v. 145 148 194 365 368 Gokhale, B. G. 6 Goldman, R. P. 108 Goldmünze 230 Goldschmidt, S. 143 Goldstücker, T. 204 251 256 Gombrich, R. 266 Gor,ta 285 Gon da, J. ix 21 62 68 70 183 379 Gooneratne, E. R. 291 297 Gopal, R. 68 Gopalan, S. 250 Gopani, A. S. 364 gopi 115 GordmL D. H. 4 Gore, N. A. 351 Gorresio, G. 107 Gosäla 345 Gotamo 290 Götterbote 22 25 84 Götterfrau 164 Götterkönig 26 82 164 269 313 321 354
Gottesbeweis 214 215 Gottesurteil 103 Göttin 23 28 49 71 104 114 115 144 186 199 Göttingen 68 69 371 377 Goudriaan. T. 125 126 380 Gough, A. E. 217 Govardhana 147 Govinda 147 Govindaraja 230 232 Goyama 344 346 348 354 Grahagar,titadhyäya 235 Grämageya.gana 36 Grammatik 1 3 10 11 50 64 67 118 131 135 140 205 251 252 253 254 255 256 258 259 267 288 350 363 366 367 368 369 371 374 377 380 Grammatiker 8 9 18 151 241 251 253 372 382 Graßmann, H. 13 34 375 Gray, L. H. 172 Gregor, H. 384 G~·hyasutra 17 64 65 66 69 205 235 245 371 377 Griechen 161 365 367 Griechenland 48 154 155 233 Griffith, T. H. 37 41 45 108 Grill, J. 45 204 Grimm, Brüder 365 Grincer, P. A. 72 168 Großfamilien 21 Großmoghul 367 Großreich 20 21 56 90 129 171 221 222 263 G~·tsama.da. 30 Gueth, A. 291 Guhyasamäja 328 Gujara.t 38 129 175 298 334 341 342 355 guna 212 252 Gmfa<;lhya. 10 127 186 gunav~·ddhi 252 Gupta 20 112 238 Gupta, A. K. 176 Gupta., A. S. 120 Gupta, D. K. 172 Gupta, S. 125 Gupta, U. C. 250
Register Gupta-Dynastie 114 Gupta-Zeit 248 Gyani, S. D. 120
Haack, A. 176 Haas, C. 0. 138 375 Haberlandt, M. 172 Hahnenkämpfe 170 Häla 144 Hall, F. E. 138 172 218 237 Hamilton, A. 369 Hamm, F. R. 352 Hammirakävya 176 hari1sa 124 Hanaki, T. :353 Hanayama, S. 266 Handel 222 223 Haudein 88 91 95 99 Handelsfahrt 165 Handelszwecke 12 Handiqui, K. K. 143 177 Händler 30 Handwerker 30 32 35 Hanuma.t 102 103 354 Hanxleden, J. E. 368 Ha.ra.pra.säd 329 Ha.ra.prasäd Sästri, M. 314 Ha.ra.vija.ya. 141 143 Ha.rdy, E. 291 Hare, E. :M. 291 Haribhadra 166 207 357 358 363 Hariharan, K. K. 143 Härita 238 Harivari1sa 73 95 96 97 110 111 113 114 115 193 Harivari1saparvan 95 Harivarilsa-Puräna 354 Harivarna-Schlussgesang 48 Har9a 110 128 171 197 198 200 Harf!aca.rita 171 Harf!a-Reich 128 129 Ha.rtmann, F. 98 Harun al-Ra.schid 301 Hästinapura 75 76 77 79 80 H astyäyurveda 249 Hathayogapradipikä 213 Ha.ug, M. 372 374 376
Hauptgemahlin 139 Hausbau 42 65 247 Ha.uschild, R. 13 63 384 Hausritual 65 Haussklaverei 21 Hausvater 57 64 88 115 124 229 Hauvette-Besnold, E. L. 120 Havell, E. B. 250 Havis-Opfer 35 51 52 Hayasirf!a.paiicarätra. 248 Hazra, K. L. 13 Hazra, R. C. 119 121 Hedonismus 169 Heesterman, J. C. 380 Hegel, F. 368 Heidrich, J. :34 Heifetz, H. 142 Heiligengeschichten 289 Heilmittel 239 Heilpraktiken 238 Reine, H. 152 Heirat 101 113 117 193 300 345 Heiratsgebräuche 1.5 Heldendichtung 26 Heldenepen 71 Heldin 172 181 189 190 198 Helena 106 helotenartig 20 30 Hemacandra 175 225 255 257 259 260 355 356 361 362 364 874 875 Hemavijaya. 166 Henry, V. 878 Hensgen, H. 148 Herder, G. 152 Herder, J. G. 194 Herodot 6 Heroismus 22 198 Herold 111 Herrma.nn, E. 884 Herrscherideal 849 Hertel, J. 24 88 1.56 160 166 167 168 172 204 217 864 365 879 Hesse, H. 866 Hetäre 170 180 181 182 184 189 190 Hi1inrbä 76 101
397 Hillebrandt, A. 62 68 142 146 197 200 221 371 377 Hinayana. 183 266 305 306 307 308 312 313 315 329 330 331 335 Hindi 7 12 107 Hinduismus 3 15 111112 122 322 325 326 328 329 Hinterindien 241 265 815 3:35 365 Hinüber, 0. v. 18 290 Hippardlos 285 Hippologie 248 Hirar:tyakesi-Srautasütra. 17 Historiographie 4 6 173 176 208 802 :30:3 Hitopadesa 157 158 160 368 370 Hiuen-tsa.ng 5 128 Hochgott 23 50 202 :317 Hochzeit 65 84 135 139 187 197 243 244 Hochzeitsbräuche 245 Hochzeitsriten 229 Hochzeitssprüche 37:3 Hochzeitszeremoniell 115 Hodgson, B. H. 814 370 Hoernle, F. R. 241 242 351 Hofdichter 129 147 152 254 Hoffmann, K. 380 Hofpriester 24 26 Hohenberger, A. 120 218 Hölle 80 118 114 115 307 319 847 861 Höllenbewohner 115 819 Höllenqual 345 Höllentor 362 Holtzma.nn, A. 74 98 Homer 7 8 71 Hopkins, E. W. 72 98 horä 286 Horasastra. 286 Horner, I. B. 290 304 Horoskop 286 Horsch, P. :380 Hotr 16 35 Howard, \V. :37 Hrsikesa 120 Hulin, J\11. 219
398
REGISTER
Jambukhadaka-Jataka 282 Jambuvijayaji, M. 350 351 Jamspal, L. 337 Janaka 47 100 104 286 J änakfhara1~a 140 Janvier, E. P. 192 Japan 315 335 365 Jätaka 11 23 74 144 154 163 268 277 280 281 283 284 285 286 287 288 289 290 302 303 307 309 311 312 321 335 359 365 371 379 J ätaka- Buch 288 Jätaka-Fabeln 281 Jätalm-Kommentar 288 300 Jätakamäla 127 311 316 Jätalm-Sammlung 281 285 287 290 Jätalm-Stoffe 282 J ätakatthakathä 287 Jatakat\.havai_tl_lanä 287 300 Jatäyus 101 102 Idealismus 57 58 95 207 209 Jayadatta 248 210 211 212 214 306 320 Jabali 101 216 Jayadeva 129 147 148 202 200 W. V. Jackson, 333 362 365 J ayaditya 253 254 Identifikationen 39 47 48 207 Jacob, G. A. 138 218 Jacobi, H. 13 98 108 137 138 J ayamangalä 245 255 141 143 168 179 191 192 J ayap!c_la 135 152 Idzumi, H. 324 196 213 221 238 350 351 J ayaswal, K. P. 226 382 Iham~·ga 180 Jha, D. N. 34 352 363 364 378 Ikonographie 328 .Jhä, G. 217 220 232 .J agaddeva 237 238 Iksvaku 95 Jha, G. N. 138 J agac_lucarita 176 Ilias 71 Jha, M. 238 J agannatha 152 Illusionismus 211 Jha, R. N. 200 J agat! 31 48 Indabhuti 344 346 348 354 Jha, S. 238 Jaggi, 0. P. 206 Individualseele 58 210 340 Jhala, G. C. 107 Jahn, W. 121 Indoarier 19 Jhalakikar, V. R. 138 Indologie 156 193 366 369 372 Jaimini 208 217 J!mutavahana 197 198 374 375 376 377 379 380 Jaimimya-Srautasutra 68 Jinabhadra 352 Jain, K. Ch. 350 381 382 383 Jaina-Kanon 10 342 346 349 Jinahar~a 175 Indonesien 365 Jinak!rti 359 353 378 Indra 22 23 25 26 28 31 40 43 Jinismus 164 166 175 176 177 44 48 60 71 80 86 96 104 Jaina-Lehre 263 356 207 208 270 339 340 341 106 115 134 164 185 193 Jaina-Mahara~tri 10 166 255 343 344 345 347 348 354 341 353 354 356 194 269 271 313 321 327 355 358 359 361 362 363 354 Jaina- Prak~t 10 370 378 380 J aina-Saurasen! 10 Indraji, Bh. L. 382 j!va 210 Indrajit 103 Jainismus 339 J!vaj!väbhigama 347 Jambhaladatta 163 Indraprastha 76 J!vaka 294 Jambudd!vaparn_1atti 347 Indumat! 139 J!vanmuktiviveka 211 Jambudv!pa 117 Indusgesellschaft 3 Jiiänäm~tasära-Samhitä 123 J ambudvfpaprajfiapti 347 Induskultur 3 19 23 213 380 Hultzsch, E. 69 143 148 220 Indusschrift 11 231 376 Instrumentalmusik 24 7 Instrumentenkunde 247 Humboldt, A. v. 145 Humboldt, W. v. 91 94 99 365 Iran 19 Iravat! 193 369 370 Isa-Upani~ad 39 61 Hume, R. E. 62 Islam 15 176 Humor 180 198 202 301 359 !svara 213 Hu1~a 110 171 Isvarag!ta 117 Hunnen 128 308 322 Hunt, M. 291 Isvarak~~I_ta 212 Itihasa 51 71 72 109 Huntington, C. W. 337 Itivuttaka 268 275 302 Hure 169 I-Tsing 152 Hurvitz, L. N. 323 Ivanov, V. V. 13 Huth, G. 142 199 Ivanova, N. M. 199 Hüttemann, vV. 351 Iyangar, S. 219 Hüttner, J. Ch. 232 Hymnensammlung 18 19 25 Iyengar, K. R. 246 26 28 Iyer, C. 238 Hymnenverfasser 15 Iyer, K. A. S. 153 Iyer, S. K. 257
Register Jiiatadhannakatlüilf 345 Johäntgen, F. 232 Johnson, H. M. 363 Johnston, E. H. 314 Jokkel, R. 206 Jolly, J. 191 221 226 231 232 241 377 384 Jonaraja 175 Jones, J. J. 314 Jones, W. 148 149 194 199 229 232 368 371 Jörgensen, H. 54 Joshi, C. N. 201 Joshi, G. A. 217 Joshi, K. 238 Joshi, S. D. 256 Joshi, V. P. 142 Judas Ischarioth 294 Juwelenkunde 226 J yoti]fsastra 235 J yoti~a- Vedari.ga 68 234
Kaccayana 255 Kaccayanagandha 255 Kaccayanappakarar;m 255 Kaikeyi 100 185 Kalamula5astra 68 Kaie, M. R. 142 148 149 172 192 199 200 201 Kalhar;ta 118 129 152 174 175 176 Kali 123 Kalidasa viii 33 113 114 116 127 128 134 138 139 140 141 142 143 144 145 146 182 184 188 191 193 194 197 198 199 201 245 255 259 310 357 365 368 Kalikalasarvajfia 355 Kalilag 157 Kaliyuga 124 Kalpadrumavadänamala 315 Kaipasutra 17 65 348 3.55 Kama 138 187 kama 150 169 187 221 243 Kamalakara 235 Kamamaiijarl 169 Kamandaka 225
Kämandaklya-Nitisara 158 225 Kämasutra 214 222 243 244 245 Kammaväca 293 Kamptz, K. v. 352 Kamsa 96 186 Kar;täda 215 Käiicipuram 169 Kandarpaketu 170 Kane, P. V. 138 172 201 232 Kangle, R. P. 226 Kaniska 239 310 311 Kanjilal, R. L. 121 Kant, I. 378 Kanyäkubja 85 Kapadia, H. R. 350 Kapila 211 349 Kapi~thala- Katha-Samhitä 38 Kapoor, S. K. 237 Kappasutta 348 Karambelkar, P. V. 219 Karar;takutuhala 235 Kärar;t<;lavyuhasutra 318 Karandikar, S. 143 Kärika 67 107 212 253 331 334 Karmamlmiilnsä 208 327 Karman-Gesetz 181 210 216 288 299 302 307 312 313 340 346 349 Karman-Lehre 118 166 277 304 356 Karman-Stoff 340 Karmarkar, R. D. 138 Kan!a 76 78 185 Kan!abhäva 185 Kan!aparvan 78 Kanük, H. R. 199 Karpuramaiijarl 202 Kärttikeya 71 117 Kashikar, C. G. 68 69 382 Kashmir 6 38 118 122 123 129 135 136 140 141 146 147 152 161174194 225 325 Kashmiri 200 Kashyap, B. J. 268 290 291 292 295 Kasi 111
399 Kasibharadväjasutta 276 Kasikavrtti 253 Kaste 10 88 124 179 180 182 186 189 228 229 373 Kasteiungen 343 Kasten 114 Kastengesetze 229 Kastenpflichten 116 Kastenregeln 117 Kastenwesen 15 113 225 311 340 361 Käsyapa 321 Kasyapaparivarta 321 Kätantra 254 255 Käthaka-G~·hyasutra 66 Kathäkosa 359 Kathäratnäkara. 166 Katha-Samhita 17 38 Kathäsaritsagara 129 160 161 162 163 188 371 383 Katha-Upani~ad 59 61 71 89 116 216 Kathävatthu 265 267 296 329 Kathvate, A. V. 176 Katre, S. M. 13 256 Kätyäyana-Srautasutra 66 69 373 Kätyayana-Sulvasutra 66 Kaulas 124 Kauravas 73 74 76 77 78 79 80 Kausalkette 264 Kausambi 161 Kausika-Sutra 66 69 Kausltaki-Upanif:~ad 17 55 60 Kautalya 226 Kautilya 226 Kavi, M. R. 137 Kavibhii~ar;ta, P. S. 242 Kaviraj, G. 219 Kaviräja 142 203 Kaviratna, A. C. 242 Kaviratna, P. H. 242 Kävya 72 130 170 177 310 360 361 Kävya-Charakter 130 Kävyadarsa 135 Kävya-Dichter 3 Kavya-Dichtung 170 313 Kavyalamkara 134 135
400 Kävyala1i1käravrtti 1:33 135 Kävya-Literatur 130 131 132 280 303 Kävya-Lyrik 144 Kävya-J\1etren 249 Kävyam!mamsa 130 136 Kävyaprakäsa 136 Kavya-Stil 99 105 185 187 236 310 311 313 335 360 Kävya-Strophen 127 Kävya- Theorie 133 172 Kävya- Werke 168 173 Kawi-Sprache 365 370 Keith, A. B. 40 53 56 137 146 183 184 219 237 245 378 379 Kellner, H. C. 83 98 192 195 200 Kena-Upani!?ad 17 18 55 60 61 Kenning 39 Kerala 32 184 Kern, H. 238 266 314 323 Kesin 20 kevalädvaita 210 Keyt, G. 149 Kharosth! 11 khila 73 119 Khuddakanikäya 268 273 274 275 276 277 280 281 288 289 302 Khuddakapätha 27 4 K!caka 77 Kielhom, F. 13 167 257 371 376 Kirätärjun1ya 132 141 Kireher, A. 367 384 Kirfel, W. 111 119 364 Kirste, .J. 69 IGrtikaumud!l75 IG~kindhäkä1;<_la 102 Kleiderordnung 293 Kleidung 323 klesa 213 Knauer, F. 69 Kocergina, V. A.. 13 KohL J. E. 352 Kokkoka 245 246 Kolb, E. 246 Kolonialherrschaft 381
REGISTER
Kolonialismus 367 368 Kölver, B. 14:3 176 380 Komik 20:3 Kommentarliteratur 253 Komödie 179 Komparatistik 369 Komposita 82 131 135 168 170 171 172 259 Konärka 113 König 2 5 6 10 12 20 22 23 24 25 47 49 51 56 73 74 75 77 79 so 81 82 83 84 85 96 100 10:3 109 115 129 135 136 139 140 141 144 147 152 153 156 157 161 163 164 169 170 171 173 174 175 179 180 182 185 187 188 189 190 191 193 194 195 196 197 198 202 203 223 224 225 226 227 229 236 253 254 279 283 284 285 286 299 301 302 303 313 323 339 346 347 349 354 355 359 362 Königin 77 174 181 187 197 202 284 300 Königreich 75 77 102 184 226 Königsberg 378 Königselefant 78 Königsfamilie 282 Königsgattin 100 Königshaus 76 Königspaar 284 Königspalast 300 308 Königssohn 77 Königstochter 75 84 Königsweihe 39 49 51 52 186 Königswürde 164 Konow, S. 54 18:3 204 Kontrastwirkung 286 Konzil 265 267 293 296 302 303 304 342 Konzilberichte 5 Köppen, C. F. 371 Koran 15 33 Korea 315 335 365 Kosa 258 259 260 Kosala 20 73 100 104 263 Kosala- Videha-Gebiet 20 Kosambi, D. D. 153 382
Kosegarten, J. G. L. 167 Koskenniemi, S. 4 Kosmogonie 109 122 227 Kosmographie 363 Kosmologie 117 331 347 355 Kozianka, M. 13 Krahe, H. 12 Kramrisch, S. 121 Kressler, 0. 153 Kreyenborg, H. 149 Krick. H. 380 Krieg 22 31 76 77 87 92 96 100 155 158 180 196 224 226 236 Krieger 30 111 Kriegergeschlecht 282 Kriegerstand 15 Kriegführung 25 115 118 173 248 Kriegserklärung 141 Kriegsfall 88 Kriegsgefangenen 224 Kriegsgott 71 116 138 Kriegswagen 19 25 78 248 Krishnamachariar, M. 137 Krishnamacharya, P. V. 125 231 Kriyä-Tantra 327 Kriyäyogasära 114 Kr~1;a 73 75 76 77 78 79 SO 87 88 89 90 91 96 97 112 114 115 116 118 123 141 142 147 148 152 185 186 203 256 301 317 346 353 K~sna- Biographie 114 K~·snajanma-Käl_l<_la 116 K~·!?l_lamisra 202 358 371 K~·!?1;a- Vi~l_lu 88 K~tavarman 79 K~ta- VVeltzeitalter 354 K~atriya 20 48 49 56 71 81 83 85 88 111 207 340 K~atriya-Kreise 56 71 K~atriya-Schoß 58 K~emadhürti 78 K~emendra 129 141 161 167 255 258 260 313 Ksem!svara 202 K!?!rasvamin 25:3 259 K~!ratara1igin1 253
Register Kubera 71 145 Kulm, E. 221 Kulan).ava-Tantra 1~4 Kulluka 230 Kulshreshtha, R. B. 183 Kulturgeschichte 3 151 322 335 370 379 Kumar, M. 217 351 Kumaradasa 140 Kumaragupta 128 Kumarapala 175 355 362 Kumarapalacarita 175 Kumärasarnbhava 128 371 Kumari, V. 121 Kumärila 209 217 Kumbhakarl_la 247 354 Kunäla 313 Kundakunda 362 Kul_liya 346 Kunstdichtung 2 72 82 99 127 128 129 130 133 136 138 144 156 161 177 178 222 236 245 310 313 325 346 348 357 Kunstepos 132 140 141 173 177 179
163
138
104 134 173 304 356 169
Kunstgedicht 131 Kunstroman 132 153 154 168 169 170 171172 177 Kuntäpa-Hymnen 43 Kunte, A. M. 242 Kunti 75 190 Kupfertafelinschriften 173 Kuppuswarny, B. 250 Kurma-Purana 113 117 Kuruk9etra 37 77 Kuru-Paiicäla 20 Kutadantasutta 281 Kuttakädhyäya 233 Ku~tanirnata 152 Kuvalayänandakärikä 136
Labasukta 25 Lafontaine, J. de 163 282 365 Laghvarhannltisästra 225 Lahiri, P. C. 257
Lak9mal_la 100 101 103 104 124 185 Laksmanasena 129 147 Laksmi 71 186 Lal, P. 98 Lalitavistara 11 221 308 :309 310 312 315 :316 317 321 :348 Lalwani, K. S. 352 Lambert, H. M. 14 Lamotte, E. 266 Landwirtschaft 65 Langlois, A. 369 La~kä 101 102 103 104 106 140 198 315 322 La~kakäiJ.da 102 La~ikävatarasutra 321 322 Lanman, C. R. 45 204 Larson, G. J. 218 Lassen, C. 74 98 149 167 196 201 251 369 370 374 Läta 234 235 Latakamelaka 203 Lath' l\1. 249 250 Lätyayana-Srautasutra 17 68 Lebensstadium 88 Lefmann, S. 98 314 384 Legende 40 49 50 59 67 82 97 109 112 114 116 117 118 135 140 170 177 193 194 202 281 293 294 310 316 345 355 357 12 16 26 40 46 47 Legenden 49 51 52 72 73 84 95 96 103 104 107 112 113 114 117 122 128 138 281 285 286 287 289 293 294 301 307 313 323 325 344 346 347 349 353 356 359 375 Legendenbildung 302 Legendenkranz 23 71 Legendenstoff 359 Lehmann, A. 384 Lehmann, J. 266 Lehrerlisten 17:3 Lehrgedicht 89 90 91 92 334 360 361 Lehrpoesie 360 Leiden 26 69 114 263 264 273 330 367
401 Leidenschaft 25 212 213 Leidenschaftlichkeit 81 105 Leidensentstehung 263 Leidensvernichtung 263 Lele, R. D. 242 Lenz, R. 199 Lesimple, E. 63 Leumann, E. 351 352 Levi, S. 167 323 336 Lexikographie 115 118 258 259 288 :363 366 380 Liebesgott 138 195 Liebich, B. 98 256 257 Lienhard, S. 246 380 Lietz, G. 99 Lilavati 233 235 Lilley, JVI. E. 292 Limaye, S. V. 336 Limaye, V. P. 62 257 Lindenau, M. 45 137 191 Lindtner, C. 337 380 Li1'lga-Kult 117 119 162 328 Li~ga-Puräna 116 Literaturgattung 140 142 144 168 169 325 358 Literaturgeschichte 5 31 95 110 130 144 148 154 155 205 215 251 260 265 280 300 303 304 307 315 329 344 353 357 360 372 373 377 380 381 383 Literatursprache 8 10 267 Literaturtheorie 133 136 141 Livius 173 Löbbecke, R. 68 Lokaprakäsa 260 Lokäyata 202 207 Lokäyatasästra 216 Lokottaravädin 307 Lomahar~al_la 111 Lomapäda 84 Lommel, H. 53 Lopämudrä 24 Loriuser, J. 98 Losch, H. 232 Ludendorff, M. 336 Lüders, H. 183 191 376 379 Ludwig, A. 34 372 375
402 Macdonell, A. A. ix 1:3 70 237 378 379 Machiavellisnms 151 156 222 l\Iackay, E. 4 Madanasena 165 Madd1286 Madhava 2 198 208 211 301 381 lVIadhavakara 241 Madhva 218 Madhyamagama 307 Madhyamavyayoga 184 :Madhyarndina-Rezension 39 Madhyamika 333 335 Madhyamika-Karika 334 Madhyamika-Lehre 333 334 Madhyamika-Sutra 334 Mädr!75 Magadha 20 37 73 112 187 263 342 354 Mägadhi 10 133 255 267 Mägha 129 141 142 143 Magie 42 163 Magier 317 Mahabharata 1 24 49 71 72 73 74 75 77 80 82 83 84 85 86 87 90 91 92 95 97 98 99 100 101104 105 106 109 110 111 112 113 115 117 118 138 140 141 142 150 151 154 170 171 177 180 184 185 186 190 194 201 207 216 221 229 234 247 284 286 288 307 320 345 350 354 355 357 359 361 369 370 377 378 379 382 Mahäbhasya 127 213 253 254 377 382 mahäbhuta 330 Mahadevan, M. P. 218 Mahakavya 310 356 Mahamati 322 Mahanarayar~a- Upani~ad 55 60 61 Mahäniddesa 288 Mahanirvar~a-Tantra 124 Mahanis!hasutta 349 Mahanis!thasutra 349 Mahapakarar.ta 296
REGISTER
Mahaparinibbanasutta 269 370 Mahaprasthanikaparvan 80 Mahäpurana 112 Mahara~tra 32 382 Maharastri-Präk~t 140 173 Mahäsena 187 mahasukha 328 Mahatmya 111 119 325 355 Mahavagga 269 276 288 293 294 M.ahavamsa 303 Mahavastu 307 308 309 310 312 313 317 321 Mahävibhanga 293 Mahav1ra 263 339 342 343 344 345 346 348 349 350 351 354 355 356 357 MahavTracarita 198 Mahavrata 55 Mahavrata-Riten 55 Mahavyutpatti 260 335 Mahayana-Literatur 315 :320 323 334 335 Mahayana- Philosophie 326 331 334 Mahayanasraddhotpada 335 Mahayanasutra 308 315 316 317 318 319 331 Mahayanasutralarnkara 332 Mahendravikramavarman 203 Mahesvara 318 Mahinda 265 302 :303 304 Mahmud von Ghazni5 Mahosadha 284 285 Mainkar, T. G. 219 Maitrayani-Sari1.hita 38 Maitrayar~Iya- Upani~ad 18 Maitreya 114 Maitreyanatha 332 333 Majjhimanikaya 264 268 270 281 307 316 333 Majumdar, R.. G. 6 Makhädevasutta 281 Makkhaliputta 345 Malalasekera, G. P. 305 Malat!198 Malat!madhava 198 Malavika 193
Malavikagnimitra 128 193 202 Malaviya, S. 53 Malayavat1197 Maldoner, H. 99 219 Malerei 118 Mallinatha 143 Mälvania, D. 351 353 Manasara 247 Mänasollasa 226 247 249 Mänatm1ga 360 Manava-Dharma.Sastra 230 Manava-Grhyasutra 66 Manava-Srautasutra 68 Manava-Sulvasutra 69 :Mandakranta-Metrum 145 Mandlik, V. N. 381 J'VIan<).ukeya 29 Mal_l<).ükya-Upani~ad 61 210 Mar1galasutta 274 Mankad, D. R. 107 119 Mankad, P. A. 250 Mankha 142 259 Mankhakosa 259 Marikowski, L. V. 167 mantra 124 328 Mantragupta 170 Mantrapatha 66 69 Mantra-Periode 373 Manu 26 33 43 49 84 114 116 117 228 229 230 232 Marmbha~ya 230 Manusm~ti 228 229 230 234 369 Mara 272 277 300 310 313 375 Marath17 Märchenforschung 155 Mä.rchenkunde 155 359 371 Märchenliteratur 153 155 335 Märchenroman 170 Mar!ca 101 195 Mar!ci 169 170 Markal_l<).eya-Purana 115 202 247 307 M.aruts 23 318 Marx, K. 371 Masakasutra 66 Matangallla 249 Maten, E. P. 168
Register :-.1aterialismus 50 57 91 95 202 207 208 209 212 214 216 :347 Materie 212 213 215 216 224 362 Materiebegriff 212 264 :Mathematik 1 154 232 233 235 :350 363 366 370 Mathematiker 235 375 Mathura 10 96 115 116 Matilal, B. K. 219 Mat~ce~a 311 314 325 329 Matsya-Land 77 Matsya-Purana 112 117 193 247 Mattavilasa 203 ;\1audgalyayana 183 Maurya-Dynastie 196 342 Maurya-Kanzler 155 356 Maurya-Zeit 222 Mausalaparvan 80 Mäya 202 300 309 320 Maya-Konzeption 211 Mayrhofer, l\1. 13 380 McCrindle, J. ·vv. 6 McGovern, W. l\1. 323 Medhatithi 230 Meditation 88 114 117 122 124 211 213 263 270 282 327 328 333 340 Meditationsübungen 327 Medizin 1 115 116 118 122 213 238 239 240 241 366 377 Meeresgott 103 Megasthenes 56 221 222 Meghadüta 128 144 145 146 279 368 Mehendale, K. C. 220 Mehlig, J. 149 167 199 200 Mehrprodukt 35 47 Mehta, T. 183 Mehta, V. 200 Meister Eckhart .59 Melodie 16 36 .52 109 205 Menakä 195 Menandros 298 304 Mendis, G. C. 305 Menschenbild 270 365 :Menschenopfer 39 53 76
Mesopotamien 12 Metapher 43 99 131 135 275 335 362 Methodik 235 Metrik 1 17 30 50 64 67 82 91 115 118 131 137 205 255 256 368 373 Meulenbeld, G. J. 241 Meyer, J. J. 74 152 153 172 223 226 246 363 379 lVIeyer, R. 70 Milinda 298 299 Milindapaiiha 5 298 Militärgeschichte 173 Militärwesen 224 225 226 Militärwissenschaft 248 Miller, B. S. 149 153 M1miünsä 207 208 209 214 215 294 Mimari1saka 265 M1mamsa-Lehre 209 Mimari1sä-Literatur 380 Minaev, J. P. 261 291295 337 Minard, A. 54 Mirashi, V. V. 142 201 383 Mironov, N. 364 Mischsprache 370 Mishra, B. 120 Misra, B. 54 258 Misra, B. N. 176 Misra, B. S. 242 Misra, U. 220 Missionar 265 302 367 Mitäk~?arä 230 Mitra 54 56 60 381 Mitra, P. D. 138 Mitra, R. L. 227 314 324 ;\1itra, V. 68 231 Mitra, V. L. 109 Mitramisra 230 Mode, H. 4 Mody, K. P. 364 Moggalläna 183 260 277 280 289 294 Mohammed 60 Mohenjo Daro 3 moki?a 79 150 Moki?adharmaparvan 207 Möller, M. 196 Monarchie 222 224
403 Mönch 157 175 225 265 269 270 272 276 278 279 280 282 287 289 292 293 298 299 300 303 308 310 313 321 341 343 347 348 349 350 355 357 358 365 Mönchsorden 321 333 Monddynastie 95 112 Mongolei 315 365 Monismus 57 210 211 327 Monogamie 188 Monotheismus 61 Mookerjee, B. 242 Mookerjee, R. K. 6 Moore, C. A. 206 Moore, J. H. 291 Moral 26 91 165 196 215 284 301 312 356 357 Moralauffassungen 362 Moralist 240 Morallehre 101 152 276 Moralpredigt 165 Morgenroth, W. 13 62 168 197 200 352 Morgenstierne, G. 192 Morris, R. 291 292 297 Motwani, K. 232 Mrcchakatika 179 181 188 189 191 193 196 371 Mrtyu 86 Mudgala 34 mudrä 328 Mudräräki?asa 182 193 196 382 Mugdhabodha 254 Muir, J. 220 Mukerji, P. N. 219 Mukerji, S. 120 Mukhopädhyäya, G. G. 250 Mukhopadhyaya, G. N. 242 Mukhopadhyaya, S. 315 Mukhopadhyaya, S. M. 120 Muktikä-Upani~?ad 59 Mülasarvästiväda-Schule 313 Mülasutta 349 Müller, E. 297 Müller, F. G. 241 Müller, M. ix 34 .59 62 70 127 167 217 229 291 324 371 372 375
404 Munda 19 :\im_14aka-Upanisad 18 6164 Münze 11 12 174 188 191 230 298 Münzinschrift 128 Musik 118 245 246 247 365 Musikgeschichte 36 247 Musiktheorie 246 Musikunterricht 187 Musikwissenschaft 247 Muttergöttin 123 Muttergöttinkult 162 Myanmar 365 Mylius, K. 12 13 21 22 26 29 34374445535 4626894 99 148 217 245 246 258 266 272 283 383 384 Mystik 147 365 Mystiker 59 216 Mythe 22 48 135 248 Mythen 26 48 49 51 86 103 111 114 138 Mythologie 48 131 271 346 360 374 377
Naciketas 59 116 216 Nag, K. 143 Nägänanda 197 Nagar, M. L. 176 Nagar, R. S. 137 nägaraka 129 Nägärjuna 333 334 337 Nägasena 299 Naidu, S. 137 Naidu, V. N. 137 Nair, S. B. 176 N ai~adhacarita 129 142 nak~atra 234 Nakula 75 80 248 Nala 81 82 83 140 142 359 Nalacampü 177 Nälakasutta 276 Nala- Lied 83 370 Nalodaya 140 Nalopakhyäna 82 Nämalüigänusäs ana 259 Nämastotra 40 Nami 349 352 Namuci 48
REGISTER
nii1_1aka 230 Nänamoli, B. 291 305 Nan da 96 275 310 311 Nandana 198 Nandargikar, G. R. 143 Nandas 112 Nand!sutta 350 -\f anjio. B. 323 324 Närada 83 96 115 116 123 186 194 230 246 277 286 297 298 Näradasm~·ti 222 230 Narad!ya- Brhannärad!yaPuriina 115 Narang, S. P. 142 Näräsams! 51 Naravähanadatta 161 Narbadä 38 Nariman, G. K. 200 Nästika 101 Nätaka 180 181 Nätaka-Helden 180 Nath, N. C. 120 Nathamal, M. 350 Nätikä 197 Naturphilosophie 362 Nätyaveda 134 Navlekar, N. R. 142 Näyädhammakah äo 345 niiyaka 181 näyikä 181 Negativismus 210 Negelein, J. v. 69 238 Neil, R. A. 315 Neminähacariu 357 Nen:tinätha 357 Neminäthacarita 357 Nepal12 125 161 263 265 306 315 318 319 325 335 370 Nepalistik 380 nepathya 182 Neugebauer, 0. 238 Neuindisch 7 11 166 Neumann, K. E. 268 290 291 379 Neuplatoniker 59 365 Nidäna 241 300 Nidänakathä 300 301 308 Nidänasütra 256 Nidänasutta 270
Niddesa 288 Nietzsche, F. 365 Nigar_1~ha Nätaputta 339 NighaiJW 67 258 260 Nijjutti 353 Nikäya 267 268 273 292 Nikitin, A. 367 N!lam.ata-Upapuräl).a 118 174 Nimbärka 94 218 Nipäta 272 281 Nirayävaliyäo 347 Nirukta 32 67 372 Nirvä1:ra 264 270 275 277 278 281 297 301 304 306 308 316 319 320 330 334 354 355 Nirväna-Begriff 333 Nirväna-Konzept ion 319 Niryukti 353 Nis!ha 348 Nis!tha 348 Nissa1l.ka 246 N!ti 156 187 N!tisästra 155 221 222 N!tisataka 151 N!tiväkyäm~ta 225 226 Njammasch, M. 119 Noah 49 Nobel, J. 146 Nobilibus, R. de 368 Nomadismus 20 Nonne 181 198 272 278 279 280 289 293 301 341 343 348 356 358 Norma.n, H. C. 305 Norma.n, K. R. 290 291 292 Novelle 345 Null 233 Nyänaponika 291 Nyänatiloka 290 291 297 304 305 Nyäya 207 208 213 214 215 362 Nyäyabhä:?ya 214 331 Nyäyabindu 214 332 Nyäyapravesa 214 331 Nyäyaratna., A. N. 2-57 Nyaya.ratna., M. 217 Nyayasastra. 214 Nyayasütra 214 215
105
Register Nyaya- Vaisesika-System 331 Nyayavarttika 214 332 Nymphe 23 84 19:3 195 310
Oberhammer, G. 380 Objektivismus 2 Odyssee 71 Oertel, H. 40 56 221 379 Ogden, C . .J. 200 Ogibenin, B. L. 33 Ojha, :vl:. 238 Ojihara, Y. 257 Okkaka 282 Oldenberg, H. 21 23 24 33 34 39 47 54 55 62 69 74 97 217 266 268 290 291 295 305 :377 Olivelle. P. 62 231 Omina 115 118 235 236 239 274 Opfer 16 35 :37 39 40 43 46 53 55 65 91 94 109 115 139 187 195 198 205 246 253 255 325 377 Opferer 228 Opferfest 111 205 234 Opferfeuer 22 39 65 93 Opferformeln 38 326 Opfergemeinde 195 Opferhandlung 16 47 Opferkult 27 35 50 122 1:30 208 234 276 Opferlitaneien 55 Opferlohn 25 35 43 47 184 Opfermagie 35 Opfermahl 16 Opfermystik 61 Opfern 35 89 216 Opferplätze 233 Opferplatze 65 Opferrest 35 47 Opferritual 35 42 46 48 52 56 64 178 206 246 251 263 264 :332 377 378 383 Opferritualismus 111 269 Opferritualistik 21 40 50 59 205 276 Opfersitzung 55 Opfersitzungen 35
Opferspruch 16 :37 109 Opferstätte 40 50 66 Opfersystem 39 Opfertext 251 Opferung 35 Opferveransta.lter 51 Opfervorgang 35 Opferwerk 208 Opferwesen 35 366 Opferzeremonie 65 Opferzeremoniell 16 39 178 Ordal 103 186 230 285 Orden 263 280 292 293 294 300 :310 341 342 356 360 Ordensbrüder 265 Ordensgründer 342 Ordensmitglied 292 310 348 349 Ordensregeln 292 Ordenszucht 265 267 Orissa 113 136 247 Osteologie 348 Otto, R. 99 Oupnek'hat 369 Oväiya 346 Ovaväiya 346
Pabbajjäsutta 277 Paccekabuddha 289 Paccuppannavatthu 287 288 Pada 30 31 256 Pädagogik 225 Padapätha 32 67 251 Padärthadharmasamgraha 215 Paddhati 67 Padhänasutta 277 Padhye, D. G. 258 Pädiatrie 239 Padmacarita 354 Padma-Purär.m 113 114 115 194 Padmävatl 187 188 padya 133 Paesi 347 Pair:n:ta 347 348 350 Paippalada-Rezension 41 Paisäc! 10 1:33 160 161 255 Päla-Dynastie 328
Paläographie 376 381 Päli 7 10 11 183 255 260 265 266 267 287 298 300 306 307 325 :369 375 :376 Pali-Fassung 287 304 Pali-Grammatik 255 Palihawadana, l\1. 291 Pali-Kanon 267 268 275 278 287 298 304 306 307 312 315 321 341 344 348 379 Pä.li-Lexikographie 260 Päli-Literatur 216 298 299 304 Pali-Schriften 266 297 Pali-Schrifttum 305 Pali-Sprache 298 30:3 Päli-Studien 370 Päli-Termini 387 Päli-Version 287 Palmblatthandschriften 183 Palsule, G. B. 62 Paiicadasl 211 Paiicakhyanaka 157 Paiicala 20 73 76 Paiicalak~ar;ta- Definition 110 115 117 Paiicarak~ä 326 Päficaratra-Sekte 122 Paficasiddhantikä 2:34 Paficatantra 86 127 154 155 156 157 158 160 163 252 281 357 365 371 379 Paiicatantra- Literatur 157 paficatattva 123 Paficavidhasü.tra 67 Paiicika 51 Pär;t<;lava 78 Pär;t<;lavacarita 355 Pär;t<;lavas 73 74 75 76 77 78 7~) 80 112 184 185 201 355 Pande, B. M. 4 Pandey, D. G. 69 Pandeya, G. 242 Pandeya, R. 219 Par;t<;leya, U. C. 231 Pandit, R. S. 176 Pandit, S. P. 45 176 Pär;t<;lu 75 Päl).<;lus 73
406
REGISTER
Piil;tini 8 11 18 32 67 127 140 Patimokkha 292 293 208 251 252 253 254 255 Patisambhidamagga 288 256 257 259 368 371 372 Patthänapakaraf,la 296 382 Patwardhan, M. V. 148 Par:tis 25 Patyal, H. C. 54 Par1kti 31 Paulinus 367 Paiiiiavagga 288 Paulisasiddhänta 234 Par:tnavaf,läsuttaril 347 Paulus 234 Paümacariya 354 360 361 Pans!kar, V. L. 108 149 204 Pantheismus 50 89 90 91 Payasi 269 347 Pantulu, V. R. 137 Payasisutta 269 Papageienbuch 166 Pehlewi 157 Papier 12 Penzer, N. M. 167 Parab, K. P. 107 143 149 167 Pessimismus 59 214 172 200 204 220 Petavatthu 216 277 302 312 Parabel85 86 107 299 316 345 Peterson, P. 167 172 220 364 Parabeln 301 Pferdekunde 248 Paradies 319 320 326 347 Pfarr, A. v. 157 Paramardideva 203 Philologie 366 368 369 372 Paramarthasära 211 375 376 379 Paramita-Idee 290 Philosophie 5 56 57 59 80 89 Paranavitana, S. 143 113 123 207 208 209 212 Paräsara 75 114 216 222 223 225 321 323 Parashar, S. 137 327 330 331 332 333 334 Paraskara-G~hyasutra 66 362 365 366 367 368 370 Parasuräma 118 377 378 380 Pärayaf,la 276 288 Philosophiegeschichte 331 Pargiter, E. F. 111 335 Philosophiesystem 61208 368 Pargiter, F. E. llO 119 120 Par!k~it 80 Phitsutra 254 Parisi~taparvan 356 Phonetik 17 64 67 205 parittä 325 Phukan, R. N. 219 Parivärapätha 294 Pickford, J. 201 Parjanya 23 Piggott, S. 4 Parpola, A. 4 68 380 Pilgerschaft 109 116 Parpola, S. 4 Pif,lqanijjutti 349 Parsva 339 340 355 357 Piirgala 67 216 255 256 Parsvanätha 364 Pingree, D. 238 Parvati 71 117 123 164 325 Pischel, R. 2 13 179 191 199 Pasubandha 39 200 257 261 291 314 371 Pätälakhar:t4a 113 372 374 377 Pätaliputra 5 196 235 265 342 Pisharoti, K. R. 192 Pataiijali 127 213 219 222 253 Pitaka 267 292 295 297 254 257 350 377 Pit~medhasutra 65 Pathak, M. P. 63 Platon 58 Pathak, P. Y. 70 Plinius 6 Pathologie 240 241 Plutarch 6 298 Paticcasamuppäda-Formel Poddar, R. P. 168 270 Poesie 1 3 133 225 273 275 Pätikavagga 269 360
Pohl, E. 191 Politik 79 115 118 131 141 151 155 156 158 187 221 224 225 226 229 Politiker 88 243 Pollack, S. I. 108 381 Polo, M. 367 Polyandrie 76 115 Polytheismus 50 Porzig, W. 12 Prabandha 357 Prabhavat! 165 Prabodhacandrodaya 202 358 371 Pracar:tqapäf,lqava 201 Pradhan, S. N. 119 Pradyumna 97 Prahasana 203 Prajapati 48 50 Prajiiapanasutra 347 Prakaraf,la 180 181 187 189 198 Prakash, S. 206 237 Prak!rf,la 347 Präk~t 9 10 11 12 127 154 166 175 182 202 225 239 260 298 358 359 361 374 387 PräkrtaprakäSa 255 Präk~t-Begriffe 387 Präk~t-Bildungen 255 Präkl;t-Dialekte 10 11 189 255 357 Pralqt-Dichter 129 Präk~·t-Dichtung 147 Prälqt-Einfluss 147 Prak~t-Form 140 Prak~t-Grammatik 255 Pralqti 123 Prak~t-Idiome 133 Prak~tikäry.qa ll6 Präk~t-Kunstdichtung 127 Präk~t- Lexikographie 260 Präk~·t-Literatur 127 255 Präkrt-Lyrik 144 Prakrt- Passagen 11 202 Prakrt-Periode 127 Präkrt-Sprachen 7 10 11 154 160 255 341 353 374 Präkrt-Studien 374 Präk~t-Werke 144
Register Prakl;t-WÖrter 260 pralaya 109 Pramadvara 83 84 Pramiil).asamuccaya 214 Priil).a 60 Priil).ato~Ü)T 125 prapancas~·~ti 116 Prasastapada 215 Prasasti 173 174 Prasenajit 347 Prasna-Upani9ad 17 61216 Prasnavyakaral).iini 346 Prasnottararatnarniila 360 prastavana 182 Pratijnayaugandharäya l).a 187 pratilomanulomapäda 132 Pratimanätaka 185 186 Pratisäkhya 67 70 Pratyabhijna-Literatu r 123 Pravarasena 140 Pravargya 39 55 Pravargya-Zeremonie 53 Prayäga 117 Frayoga 67 Pretakalpa 118 277 Pretavastu 312 Priester 1 16 21 25 30 35 41 47 50 64 101 107 202 246 284 Priestertum 284 Printz, W. 184 Priyadarsikä 197 200 Produktionsverhältniss e 366 Produktionsweise 42 Produktivkräfte 47 366 Prophetie 236 268 312 321 Prosaerzählung 275 304 Prosaform 164 168 322 Prosaliteratur 51 Prosastil 256 Prosa-Upani~aden 18 Prostituierte 152 279 Prostitution 243 245 Prozessrecht 229 Psychologie 174 190 249 295 296 363 Psychopathie 190 Ptolemaios 6 Puggalapannatti 296
puja 122
407
Raghuvarilsa 114 128 138 139 143 371 Rahder, J. 324 Rahmenerzählung 24 347 Rahmenhandlung 80 104 134 154 160 165 169 270 276 282 358 359 Rahula, T. Bh. 314 Rai, R. K. 108 125 Rai, S. S. 120 Raible, W. 14 Raja, C. K. 218 249 257 Räjagaha 293 Rajag~ha 265 Rajanaka 141 Rajaprasn!ya 347 rajas 212 213 Räjasekhara 127 129 130 136 201 202 Räjasuya 39 52 Räjatarangil).I 6 118 129 174 175 380 Räjendraläla 54 56 381 Räjyavardhana 171 Räk9asa 100 196 Räma 96 100 101 102 103 104 105 107 112 115 118 139 147 148 185 186 198 201 354 Ramachandra Sharma, B. 54 Ramachandra, K. S. 4 Ränn-Epos 140 354 Ramanan, K. V. 337 Rämanariiyana 68 69 Rämänuja 94 123 208 211 218 Qa!Ilag 157 Rämänujiichiirya, M. D. 125 Quackenbos, G. P. 149 Rämäyal).a 71 72 99 101 104 Quecksilber 241 105 106 107 118 127 131 Quellet, H. 149 138 139 140 142 169 177 Quietismus 88 185 186 190 198 201 216 279 286 322 350 354 361 370 373 378 Rädhii 115 116 118 123 144 Rämäyar)a-Helden 354 147 148 Rämäyal).amafijar!142 Radhakrishnan, S. 99 206 218 Rämiiyal).a-Stoff 354 291 Ramcaritmanas 107 Raghavan, V. 148 199 Ramchandra 99 Raghavapiindav!ya 142 Ramkrsna 382 Raghu 40 54 68 108 139 382 Rämopakhyana 105 Raghunathan, N. 120 Ranade, H. D. 69 punarm~·tyu
50 Pul).qar!ka 172 Pul).yavijaya, M. 351 Pul).yavijayaji, M. 353 363 Purär)a 3 24 51 72 95 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 121 122 124 127 138 173 178 193 212 215 234 247 249 302 307 309 315 317 318 324 325 340 354 355 369 Puräl).a-Literatur 110 234 Purär)am 112 Puräl).a-Stil 248 Puräl).a-Texte 97 puräl).etihäsa 109 Pürl).abhadra 157 Pürl).aprajna 208 purohita 24 Puru~a 60 Puru9amedha 39 53 Puru9apura 332 puru9asukta 30 Puru9ottamadeva 259 Purvam!mari1sii 208 211 Purvam!marirsäsutra 208 purvapithikä 169 Purvärcika 36 Pusalker, A. D. 191 Pu9pasutra 67 246 Puvva 342 344 346 348 356
408 Ranade. H. G. 68 Randle, H. N. 219 220 336 Rangacharya, A. 137 Rangacharya, M. 217 Rarigacharya, P. K. 56 Rao, K. 226 Rasa 133 134 135 136 137 179 Rasa-Lehre 133 179 Rasan~ava 241 Rasavähini 304 rasendra 241 Rastogi, N. 125 Rastogi, S. I. 70 Rä:;;~rapälapariprccha 321 Ratharntara 36 Ratirahasya 245 Ratnäkara 141 Ratnakuta 321 Ratnaparik:;;ä 249 Ratnävadanamälä 315 Ratnava!I 197 Rätseldichtung 2.5 Ratthapälasutta 270 Rau, N. S. 218 Rau, W. 257 380 Räubergeschichten 281 285 345 Rauhineya 356 Rävm:m 100 101 102 103 140 185 186 190 201 322 353 354 Räval,lavadha 140 Rävmp.vaha 140 Ravideva 140 Rawson, J. N. 63 Ray, A. P. C. 242 Ray, P. C. 242 250 Räyapasel,laijj a 34 7 Realismus 81 105 166 211 294 :321 Recht 6 29 50 51 65 74 79 81 96 111 160 162 165 166 170 181 184 187 189 198 202 227 228 251 269 301 304 361 377 Rechte 80 227 Rechtfertigung 90 Rechtscodices 231 Rechtsfälle 230 Rechtsfragen 80
REGISTER Rechtsgeschichte 228 229 230 377 :381 Rechtslehre 366 Rechtsliteratur 227 379 Rechtsnormen 227 Rechtswesen 118 Refrain 25 280 Refrainbildungen 148 Regengott 23 Regenzauber 25 42 Regierungskunst 155 221 222 Reich, H. 179 183 Reichelt, H. 12 Reichert, R. 201 Reim 131 140 146 357 Reis 19 20 31 35 44 58 64 280 Reisebericht 222 Reitkunst 249 Religionsgeschichte 112 281 315 380 381 Religionsphilosoph 33 Religionsstifter 299 348 349 307 Religionswissenschaft 379 Religionswissenschaftler 373 Renou, L. 13 21 62 63 137 143 256 257 380 Rewatadhamma 305 I,Lganukramar~I 256 I,Lgveda 1 4 7 8 1.5 16 17 18 19 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 35 36 41 44 45 50 51 56 59 64 66 67 71 73 83 193 207 228 278 :369 372 374 375 379 I_Lgveda- Forschung 27 I_Lgveda-Hymnen 20 I_Lgveda-Interpretation 27 I_Lgveda-Kenner 32 I_Lgveda-Text 27 Rgveda- Untersuchungen 382 I_Lgveda-Verse 36 109 I_Lgvidhäna 67 Rhinoplastik 240 Rhys Davids, C. A. F. 290 291 297 298 304 305 370 :376 Rhys Davids, IV[rs. 290 Rhys Davids, T. \V. 13 266 290 295 304 376
Ridding, C. M. 172 Rieu, C. 261 Rind 22 25 31 49 Rindengewand 185 Rindfleisch 31 Rindfleischgenuss 31 riti 133 Ritschl, E. 168 Ritual 16 17 27 36 :39 43 44 50 51 64 65 67 71 379 Ritua.lerklärungen 38 Ritualhandlung 43 Ritualismus 55 88 327 Ritualist 95 Ritualistik 17 21 47 50 89 91 123 380 Ritualliteratur 66 206 377 380 Ritualtext 377 Ritualvorschriften 16 46 88 I_Lkprätisäkhya 67 256 RJ{sari:thitä 2 7 17 18 19 20 21 22 26 27 32 36 :37 41 42 43 48 67 74 130 144 154 207 251 322 369 370 373 374 375 377 I,Lktantra 67 Roberts, J. T. 149 Rocher, L. 119 232 Röer, E. 40 63 138 220 Roger, A. 151 367 Rohita 49 Holland, P. 69 Romakasiddhänta 235 Roman 169 170 172 Romanen 1 Romeo 198 Roodbergen, A. F. 256 Rosen, F. 370 Rossopfer 38 39 53 80 100 104 253 Roth, H. 367 384 Roth, R. v. 2 13 45 70 372 373 374 Rouse. H. D. 292 337 Roussel, P. A. 120 Roy, A. K. ix Roy, B. 98 Roy, M. 206 Roy, P. Ch. 97
Register Roy, R. M. 218 381 ~abha 3.54 :355 357 360 ~i 15 24 25 27 29 :30 49 67 73 75 84 85 100107109 2:31 238 ~yaspiga 84 170 };\Ja 23 J;ttusarnhara 128 145 146 368 Ruben, W. ix 21 61 63 99 108 142 143 166 168 172 183 192 200 206 209 217 219 221 383 Rucaka 136 Rückert, F. 149 152 365 370 Rudra 23 40 Rudrayamala 123 Rugviniscaya 241 Rukmin 96 Rukmüfi 96 203 Rukmüfiharar;ta 203 Ruru 83 84 Rüstau, H. 34 Ruyyaka 142 Ryder, A. W. 167 172 192 Rylands, C. J. 304
Sabarasvämin 209 217 Sabbathier, P. 68 Sabhäparvan 76 247 Sachau, E. C. 6 Sacy, S. de 167 Sadänanda 211 Saddälaputta 345 207 $aqdarsanasamuccaya 363 316 Saddharmapur;tqarika 317 318 326 369 Sädhale, G. S. 62 Sädhana 328 Sadhanamälä 328 Sadhu, S. L. 176 Sage 24 26 49 67 71 105 180 Sagenstoffe 379 Sahadeva 75 80 Sahityadarpm.m 136 Saiva-Tantra 123 Saka-Ara 5 Säkalya-Schule 32 Sakas 5
Sakra 313 321 Sakta-Tantra 122 125 Sakti 121 123 Saldi-Kult 117 123 Saktismus 123 202 325 326 Sakuntalä 113 128 182 194 195 196 199 200 357 365 368 370 Salihotra 248 Salyaparvan 79 samadhi 213 270 301 Säman 36 41 Sämanyakänqa 259 Samarädityakathä 166 Samaraiccakahä 166 358 Sa.maräriganasutradhara 248 Sämasrami, S. V. 37 323 Samavakära 184 Sar:naväyatilga 344 Sämaveda 15 16 17 :35 36 51 52 55 59 66 67 109 228 246 371 Sämaveda-Lesarten 36 Sämaveda-Literatur 246 Sämavedärcika 371 Sämaveda-Texte 36 Samdup, K. D. 329 Samgitadamodara 247 Samgitadarpar;ta 247 Samgitamakaranda 246 Samgitaparijäta 247 Sari1g1taräja 247 Sari1gitaratnäkara 246 247 Samhitä 15 16 17 19 22 35 38 39 40 41 42 46 47 51 .52 55 57 61 67 116 117 122 213 228 238 240 272 368 371 373 379 383 Sari1hitäpätha 32 67 Sarilhitä-Text 67 Sarilkara 90 94 207 210 211 217 218 Samkaramisra 215 Sarilkhya61 89 90 92 113 207 208 212 213 331 378 Sarilkhya-Einfiuss 229 Sarnkhya-Ideen 211 Sämkhyakärikä 212 370 Sarirkhya-Komponente 90
409 Särilkhya-Philosophie 57 89 116 211 212 229 240 340 Säri1khya-Schule 212 Säri1khyasiltra 208 211 212 Säri1khyasiltravrddhi 212 Säri1khya-System 90 209 211 212 350 Sämkhyatattvakaumudi 212 Särilkhya-Termini 90 Särilkhya-Yoga 91 Särilkhya-Yoga- Einfluss 90 Särillchya-Yoga-Ideen 207 Särilkhya-Yoga- Philosophie 80 Sarilsära 207 210 334 samsk\'ta 8 Samsthänaka 190 191 Samudragupta 128 Samväda-Hymnen 23 24 71 178 Samyaktvakaumudi 359 Sarilyuktägama 307 Samyuttanikäya 268 270 272 307 Sanatkumära 115 Sanatsujätlya 98 Sandal, M. L. 217 Sandhi-Regeln 32 81 Sär~qilya 52 58 61 Sandrakottos 222 Sarigha 280 292 294 299 300 306 307 Sar1ghadäsa 356 Sarigha-Idee 276 Sarigha-Mitglieder 293 Saiijaya 73 77 Sankaran, A. 137 Särikar1117 Sarikhadhara 203 Särikhayana-Srautasutra 65 68 256 377 Sanskrit 7 Sanskritistik 372 Säntanava 254 Säntanu 75 Säntideva 334 335 Säntiparvan 79 Sanyal, J. M. 120 Saptasati 144 Säradatilaka 124
410 Sarama 25 Sarasvati 136 318 Sarasvati, K. 217 Sarasvati, S. P. 45 Sardesai, N. G. 261 Sariputra 183 320 321 344 Säriputraprakarar:~a 183 Sariputta 183 270 280 288 289 294 Sarirakabhas;ya 210 Sarma, H. D. 261 Sarma, K. V. 238 Sarma, M. K. 257 Sarma, V. 242 Sanigadeva 246 Saroddhära 118 Sarup, L. 70 192 Sarvadarsanasarngraha 207 211 216 Sarvajiiamitra 325 Sarvamedha 39 Sarvananda 176 Sarvanukramal)c1 67 Sarvapravacanabha~ya 212 Sarvastivada-Schule 306 308 331 Sarvavarman 254 Sassetti, F. 367 Sästra-Literatur 224 228 Sastri 329 Sastri 218 226 227 Sästri 56 108 119 120 184 192 200 204 226 227 231 250 261 Sastri, A. K. 218 Sastri, D. M. 70 Sastri, G. 137 Sastri, G. N. 250 Sastri, H. P. 337 Sastri, K. V. 250 Sästri, M. 63 Sastri, R. 99 Sastri, R. 120 Sastri, S. N. ix Sastri, S. R. 176 Sastri, S. S. 250 Sastri, V. S. 238 Sastrin, B. D. 237 238 Sastry, A. M. 63 Sastry, V. N. 137
REGISTER
Sasvata 259 Satan 277 saiarudriya 40 satl 175 Satire 25 152 284 344 Satrughna 100 Sattasai 144 146 147 Sattra 35 sattva 212 sattvika 113 Satyakama 56 Satyavat 83 Satyavat! 75 Saunaka-Rezension 37 4 Saunak!ya 70 Saundaranandakavya 310 Sauptikaparvan 79 Sauraseni 10 133 182 255 Sautramani 39 53 Sauträntika 297 331 Sauyavasi 49 Savit~ 28 Savitr! 81 83 117 Savitryupakhyana 83 Säyal)ca 2 32 34 35 301 373 375 381 Sayyambhava 356 Sazanova, N. M. 137 Schachtelerzählung 154 197 Schack, F. v. 143 Schädigungszauber 42 326 Scharfe, H. 227 381 Scharpe, A. 199 Schattenspiele 203 Schauspiel 134 148 178 180 182 183 187 198 Schauspieler 179 180 182 Schauspielkunst 117 Scheftelowitz, I. I. 34 379 Scherman, L. 217 Schetelich, M. 168 222 Schicksal 49 60 80 86 87 94 103 139 162 166 198 208 210 235 236 274 346 Schicksalserfüllung 169 Schiff 49 84 Schlangenbeschwörer 182 Schlangenkult 116 Schlangenzauber 57
Schlegel, A. \IV. v. 94 98 167 229 369 370 Schlegel, F. v. 98 369 Schlerath, B. 380 Schlingloff, D. 314 329 380 Schmidt, H.-P. 381 Schmidt, R. 14 138 167 168 177 219 226 245 246 314 337 364 379 Schmied 25 Schmiede 32 344 Schmithausen, L. 380 Schmölders, C. 108 Schmuckmittel 27 43 131 132 133 135 136 156 161 280 310 Schneider, U. 33 Schoenberg, J. 167 Scholastik 215 267 274 295 Schomerus, H. W. 125 Schopenhauer, A. 59 62 217 365 378 Schöpfergott 23 48 89 305 Schöpfungsgeschichte 124 Schoterman, J. A. 126 Schrader, F. 0. 125 304 Schreibkunst 11 Schrift 3 11 12 18 265 308 371 Schriftarten 309 Schriften 10 17 82 121 123 234 266 285 309 327 336 374 378 Schriftengruppe 54 Schriftsteller 270 Schriftstellerei 5 Schrifttafeln 367 Schrifttum 1 3 16 242 324 340 341 356 359 379 Schroeder, L. v. 24 33 40 74 92 99 196 199 291 ix Schubring, W. 99 350 351 352 378 Schülerschaft 65 Schülerweihe 229 Schulthess, F. 167 Schumann, H. W. 266 Schuyler, M. 183 Schwanbeck, E. A. 6 Schwank 180 Schweitzer, A. 206
Register Seele 58 60 83 89 90 95 109 118 124 133 210 212 213 214 216 240 264 ~340 347 Seelenfrieden 279 Seelenglauben 340 Seelenlehre 331 Seelenqual 312 Segensspruch 135 Sehgal, S. R. 142 192 Seidenstücker, K. 13 268 291 Sejjari1bhava 349 356 Sekte 94 112 124 339 340 345 382 Sekten 121 123 265 297 299 366 382 Selbstkritik 379 Selbstmord 188 343 Selbstwertgefühl 45 Seleukos 5 Sen, A. 351 Sen, A. C. 6 Sen, B. C. 226 Sen, C. 68 Sen, P. C. 238 Sen, R. D. 250 Sen, R. N. 120 Sen, S. 13 Sen, S. N. 69 Senart, E. 314 Sengupta, A. 219 Seniya 354 Serebrjakov, I. D. 137 153 168 383 Setubandha 140 Sexualitä.t 151 152 242 Shah, S. 121 Shah, U. P. 107 Shah, V. M. 352 Shama, R. 226 227 Shamasastry, R. 237 Sharma, A. 149 258 Sharma, B. R. 54 56 Sharma, H. D. 153 Sharma, N. 172 Sharma, P. 250 Sharma, R. K. 98 Sharma, R. N. 68 Sharma, S. 192 242 Sharma, V. S. 149 Sharma, V. V. 70
Shastri, A. M. 238 Shastri, D. D. 257 Shastri, D. N. 336 Shastri, H. P. 108 Shastri, J. L. 62 120 257 Shastri, S. D. 329 Shastri, S. N. 183 Shastri, S. S. 249 Shekhar, I. 183 Shrigondekar, G. K. 227 Shringy, R. K. 249 Shukla, C. P. 204 Shukla, D. N. 250 Shukla, K. P. 257 Shukla, K. S. 237 Sibi s1s Siddhahemacandra 255 Siddhanta 234 343 Siddhantasiromal)i 233 235 Siddhantatattvaviveka 235 Siddhartha 277 339 Siddhi 327 Siddhi-Fähigkeiten 327 Sieg, E. 33 379 Sigalovadasutta 269 Sikha!~1in 77 Sikhandins 77 Sllakkhandhavagga 269 Silburn, L. 62 218 Silpasastra 24 7 Simhasanad vatrirllsika 164 Simon, R. 37 40 70 149 Simson, G. v. ix 380 Singh, A. N. 237 Singh, Bh. 4 Singh, F. 70 Singh, J. 125 Singhalesisch 287 300 304 365 Sinha, N. L. 220 Sintflutsagen 49 Sippenorganisation 21 Siromani. S. 257 Sisupal~ 96 141 Sisupalavadha 141 Slta 100 101 102 103 104 106 107 140 148 185 186 190 198 Sittenroman 243 Siva 23 61 71 77 87 96 97 113 114 115 116 117 122 123
411 124 138 139 141 142 147 162 164 182 189 208 325 Sivadasa 163 Sivad~~ti 123 Sivaismus 3 97 141 162 172 211 325 328 355 Skandagupta 128 Skandasvamin 34 Skeptizismus 23 334 Sklaverei 21 170 Sköld, H. 70 Slaje, W. 107 108 109 Sloka 61 67 72 73 74 82 95 99 104 105 114 115 116 117 118 134 136 222 228 234 247 258 311 318 320 333 355 358 360 Slokavärttika 209 253 Sloka-Vers 112 113 206 361 Smirnov, B. L. 217 Smith, H. 291 Smith, V. A. 6 Sm~ti-Literatur 230 Snyder, E. N. 305 Solf, W. 13 149 377 Solipsismus 58 Soma 23 Somadeva 129 161 Somadevasüri 177 225 226 Somakult 30 51 Somananda 123 Somaopfer 25 27 35 36 38 51 55 65 378 Somapressung 25 35 Somaraub 26 Somesvara 226 Somesvaradeva. 17 5 Sonnendynastie 95 112 Sonnenpriester 116 Sonnenzauber 53 55 Sontakke, N. S. 34 40 Sophismus 209 Sörensen, S. 98 Sozialgeschichte 228 245 312 387 Sozialstruktur 163 Speisegesetze 229 Speyer, J. S. 167 314 315 Spiegel, F. 295 371 Spion 182 224 225
412 Spitzer, M. 220 Sprachentwicklung 251 Sprachgeschichte 382 Sprachvergleichung 7 Sprachwissenschaft 253 Sprockhoff, J. F. 380 Spruchdichtung 149 151 152 228 229 254 285 359 Spruchsammlung 150 163 Sragdhara-Metrum 14 7 Sragdhara-Stotra 325 Srautasutra 17 38 64 65 66 379 383 Sreekrishna Sarma, E. R. 53 Srerüka 355 Sri Lanka 108 265 27 4 299 301 302 303 304 315 319 335 365 370 Sribha~ya 211 Sricakrasambhara-Tantra 328 Srihar~a 129 142 Srikantha, K. R. 242 Srikal}thacarita 142 Srinivasienga.r, G. N. 237 Srivara 175 Spigaraprakäsa 136 Spigarasataka 151 Snigaratilaka 146 Srstikhar~4a 113 Srutabodha 255 Srutaskandha 343 Staal, J. F. 256 380 Staat 224 379 Staaten 37 4 380 Staatenbildung 73 Staatsaufbau 366 Staatsform 90 Staatsführung 221 Staatsgeschä.fte 285 Staatsinteresse 188 Staatskanzler 1.50 196 Staatskunde 223 Staatskunst 151 1.56 205 221 Staatslehrbücher 188 Staatsnncht 111 Staatsmann 196 356 Staatsschatz 224 225 Staatssprache 8 Staats"·esen 225
REGISTER
Stache-Rosen . V. 384 Stadt 10 66 76 96 102 128 145 170 Stadtbevölkerung 129 Stael-Holstein, A. v. 324 Stamm 20 158 Stammbämne 82 Stamrnesfü.rst 20 26:3 StarrnTresheros 104 105 Stan:tmYäter 114 Stammvater 228 Standesgruppen 153 Stcherbatsky, T. 220 336 Stchoupak, N. 137 201 Stede, W. 13 291 292 Stein, M. A. 176 Stein, 0. 6 221 222 Steinkellner, E. 380 Steinthal, P. 291 351 Stenzler, A. F. 69148 192 231 232 371 373 37 4 Sternbach, L. 153 226 Sternenwissenschaft 235 Sternkonstellationen 234 236 Stevenson, J. 37 Sthala 119 Sthanariga 344 Sthaviragathä 307 Sthaviraval!carita 356 Stiehl, U. 14 Stil 4 22 39 45 49 51 64 65 82 99 133 135 140 148 168 171 193 205 226 268 295 303 307 309 312 313 315 316 344 346 355 361 377 Stilarten 135 202 Stilfragen 133 Stillstand 42 Stilmittell32 268 280 316 Stilrichtung 99 Stobha 36 Stönner, H. 54 Stotra 325 360 Strabo 6 Stra.frecht 227 Strauß. 0. 206 217 Streng, F. J. 337 Strl:parvan 79 Strong, S. A. 305 Stupa 288
Sturmgötter 23 Subandhu 128 170 171 172 245 Subha 279 Subhamkara 2117 subhasita 149 Subhas;itaratnasari1doha 360 361 Subhuti 321 Subhuti, ·vv. 261 Subrahmanya, S. 218 Subrahmanyam, S. V. 121 Sucäk:J;tanga 343 Sudäs 20 24 Suddhodäna 263 Sudra 31 48 64 111 122 189 229 Sudraka 188 189 Sugriva 101 102 186 Sühnezererrwnie 39 53 55 117 227 229 Sukanyä 48 Sukasaptati 154 163 165 Sukhävati 319 326 Sukhävatlvyuha 319 Sukla, B. L. 137 sukta 29 Sukthankar, V. S. 97 Sulvasutra 65 66 233 Sumangala 291 Sunal;rsepa 49 53 Sundarakäl}da 102 Sundari 310 Sünde 239 240 244 277 292 319 344 349 Sündenlast 88 Sündentilgung 43 ,Smiga-Dynastie 193 253 Sunyavada 333 334 Suparl}äkhyana 23 71 Surapalfi~atti 347 Suri 248 358 Suri, S. 143 Surya 23 69 70 115 116 Suryaksetra 113 Suryamat1175 Suryaprajfiapti 347 Suryasiddhänta 234 235 Suta 117
Register Sütra 2 3 7 15 18 21 22 27 35 64 65 66 67 69 82 205 206 208 214 222 229 247 252 253 319 320 321 323 363 371 Sütra-Charakter 16 sütradhära 182 Sütra-Epoche 38 Sütra-Form 208 Sütralqtäriga 343 Sütra-Literatur 66 Sütranipäta 307 Sütra-Periode 19 373 Sütra-Schulen 19 Siitra-Stil 51 64 65 67 68 227 243 252 253 267 Sütrawerke 66 Suttanipäta 276 277 288 307 349 Suttapitaka 267 268 273 275 280 281 292 294 295 299 307 308 :329 331 Suttavibhariga 292 293 294 Suvarnaprabhasa 323 Suv~ttatilaka 255 Süyagadarnga 34:3 344 Suzuki, D. T. 324 337 Svapnacintär:nar:ri 237 Svapnaväsavadattä 187 189 Svarädikä1_14a 259 Svargakhm:r9a 113 194 Svargärohar.mparvan 80 Svätmäräma 213 Svayambhü 325 Svayambhü-Tantra 125 324 svayamvara 201 Svetaketu 57 60 61 Svetämbara-Kanon 342 343 Svetäsvatara- U pani:~;a.d 57 61 Syädväda 362 Syed, R. 142 Synonym-Wörterbuch 259 260 Syrkin, A . .Ja. 62 (53 217 383
tadbhava 260 Tagare, G. V. 14 120 Tagore, S. M. 204 Taittirlya-Brähmar)a 17
Taittiriya-Sarillütä 17 Taittiriya-Upani~d 55 60 61 Täjika 236 Takakusu, .J. 6 Takman 42 Talavakära 35 tamas 212 213 Tarirdulaveyäliya 348 Tandulavaikälika 348 Tantra 60 61 121 122 123 124 125 127 147 324 327 328 Tanträkhyäna 157 Tanträkhyayikä 157 281 282 Tanträkhyäyika 127 19() Tantra-Literatur 121 349 Tanträloka 123 Tantrasara 123 Tantra.-Untersuchung 122 Tara 325 Täranätha 125 Tarkakaumudi 215 Tarkapaiicänana 215 Tarkaratna, P. 119 120 125 Tarkasari1graha 215 Tarkavägisa, K. 220 Tarkaväglsa, P. 143 tatsama 260 Tattvacintiünar:ri 215 Tattvärthädhigamasütra 362 363 Tavernier, B. 367 Tawney, C. H. 167 201 364 Taylor, A. C. 292 297 Taylor, .J. 204 Tayta, T. 219 Telang, K. T. 91 92 98 197 200 382 Telang, M. R. 149 249 Tempelbau 109 Tertialopfer 39 Tevijjasutta 269 Textkritiker 379 Thänari1ga 344 Theater 182 Theaterdirektor 182 Theaterleute 182 Theatervorhang 179 Theaterwesen 134 Theifizierung 305
413 Theismus 88 89 90 91 207 208 318 Thera 278 Thera-Apadäna 289 Theragätha 277 278 279 280 302 307 Therapie 50 239 240 Theraväda 265 299 305 Theravädin 305 306 Therigätha 278 279 280 294 Thibaut, G. 69 218 2:37 Thieme. P. 34 62 256 380 Thite, G. U. 242 Thomas, E . .J. 292 Thomas, F. \'V. 172 226 227 Thomi, P. 108 380 Thukydides 173 Thumb, A. L) Tibet 241 254 265 315 319 3:35 3()5 Tibetisch 240 Tieken, H. 148 Tierfabel 86 15() 283 Tieropferritual 238 Tlka 353 Tikapatthana 297 Tilak, B. G. 19 94 Tipitaka 11 2()7 27 4 297 300 301 370 T!rthakara 344 34() 349 355 357 Tissa Moggaliputta 2()5 29() 302 Tocharer 106 Todesgott 59 8:3 84 8() Todesstrafe 317 Tokunaga, M. 70 Toleranz 263 Tonmalerei 202 Toporov, V. N. 13 291 Totengeist 277 319 Totenklage 79 80 139 152 Totenkult 65 274 Totenopfer 79 Totenverbrennung 118 Toxikologie 239 240 Tragödie 181 185 279 Trautmann, T. R. 22() Trenclmer, V. 290 :304 Trikamji, V . .J. 242
4H Trikän4ase~a 259 Trimurti-Konzeption 115 Tripathi, S. 314 337 Tri~a?t.isaläkäpurm;;acarita
355 356 31 48 66 82 Tri~tubh- Vers 67 Trita 28 Trivarga-Lehre 243 Trivedi, K. P. 143 Trivedi, 11·1. 46 Trivikramabhatta 177 trotaka 181 T~tsu 20 Tubini, B. 63 Tucci, G. 337 Tucholsky, K. 290 Tuls! Das 107 Turnour, G. 370 Türstig, H. G. 238 Tusita-Himmel300 308 Tutinameh 166 Tri~tubh
Übergangsphilosophie 91 92 Udäna 268 275 302 307 Udayana 161 187 197 214 Udbhata 135 138 U ddälaka 57 60 61 112 212 216 Uddyotakara 214 332 U dyogaparvan 77 Ugrasravas 111 Ühagäna 36 Uhle, H. 168 Ühyagäna 36 Ui, H. 220 Ujjvaladatta 254 257 Umä 113 138 139 Umäsvämin 362 Umäsväti 362 ummagga284 Ul).ädisutra 254 258 Unni, N. P. 204 Unsterblichkeit 59 89 Unterhaltungslektüre 154 Upädhyäya, B. 120 Upadhyaya, B. S. 199 Upadhyaya, K. N. 99 Upadhyaya, S. C. 246
REGISTER Upädhyäya, Y. 242 Upägama 123 upäkhyäna 107 Upäli 294 Upälisutta 270 upamä 135 Upamitibhavaprapancäkathä 358 Upä1'tga 346 Upani?aden 7 15 16 17 18 20 21 22 31 50 53 56 57 58 59 60 61 71 89 90 91 112 114 115 122 154 202 207 209 210 211 212 264 268 322 329 340 365 368 369 372 373 378 381 383 Upanii:>aden-Philosophie 332 Upani?ad-Literatur 59 Upapädika 346 Upapuräna 118 119 Uparupaka 181 Upäsakadasäl~ 345 Upaskära 215 Upatissa 304 upavasatha 292 Uposatha 293 Uragavagga 276 Urdhwareshe, W. G. 192 Urgesellschaft 20 30 Urmaterie 116 Ürubha1'tga 184 185 Urvas! 23 50 95 193 194 U'?as 23 28 29 49 144 U~1~ih 30 uts~stänka 180 Uttarädhyayanasutra 349 Uttarajjhayal).asutta 349 Uttarakäl).4a 103 104 Uttaram!mamsä 209 uttarap!thikä 169 Uttararämacarita 198 Uttarärcika 36 Uttaratantra 240 Uva1'tga 346 347 Uvanga-Gruppe 347 Uväsagadasäo 345 Uvaväiya 346
Väc 207 Väcaspatimisra 211 212 213 214 230 Vadekar, D. D. 99 Vadekar, R. D. 62 Vädhlila-Srautasutra 66 68 Vägbhata 240 Vaibhä?ika 330 331 Vaidya, P. L. 97 98 99 107 172 176 314 315 323 337 351 Vaijayant! 259 Vaikhänasa-Smärtasutra 69 Vaikhänasa-Srautasutra 69 Vaipulyasutra 308 315 Vairägyasataka 151 Vaisäll265 339 Vaisampäyana 73 80 95 Vaisesikasutra 215 Vaise~ika-System 213 215 334 Vaisya 48 229 Vaisya, R. L. 242 Vaisya-Schoß 58 Vaitäna-Sutra 66 Väjapeya 52 Vajra 327 Vajracchedikä 320 Vajrasuc! 311 312 Vajrayäna 324 325 327 Vajrayäna-Literatur 319 323 324 326 Vajrayäna-Schriften 327 Väkätaka-Herrscher 140 Väkoväkya 51 Väkpatiräja 129 173 Väkyapad!ya 152 254 Välin 102 186 Vallabhadäsa 163 Vallabh! 342 Vallälasena 115 Vallee-Poussin, L. de la 292 324 329 336 337 Välm!ki 99 104 105 106 108 127 310 354 Vämadeva 30 Vanaparvan 77 vanaprastha 54 Val).ibhu~al~a 256 Varadaraja 232 Varahamihira 128 234 236 238
415
Register Varaha-Srautasutra 68 Vararuci 255 Vardhanüna 254 339 Varenne, J. 63 Varma, V. K. 120 van~a 30 44 Varttika 253 Varm;ta 22 26 29 45 49 60 318 Vasantasenä 181 182 188 189 190 191 192 Väsavadatta 170 171 187 188 197 245 Vasistha 26 30 85 107 115 250 376 Väsi~~ha-Dharmasutra 66 Vastupälacarita 175 Västusastra 247 Vastuvidyä 247 Vasu, S. C. 120 219 232 256 257 Vasubandhu 330 331 332 336 Viisudeva 140 Vasudeva 120 Vasudevahir;t<;li 356 Vatsaraja 203 204 Vedakommentatoren 301 Vedalla 268 Vedänga-Literatur 20 251 Vedänta 17 56 59 89 207 208 209 210 211 212 214 294 322 332 334 Vedäntad!pa 211 Vedänta-Lehre 211 Vedänta-Philosophie 202 208 Vedantasära 211 212 Vedänta-Sutra 378 Vedäntasü.tra 209 210 Vedäntavagisa, A. C. 54 68 69 Vedärthasarngraha 211 Vedaschulen 66 Vedastudium 111 222 229 Vedehathera 304 Vedistik 36 372 376 Velankar, H. D. 199 382 Ver;tisamhära 201 Verika~a 32 34 Verü:a~esvara 120 121 Verbalwurzel 57 178 Verbalwurzelindex 253 Verbalwurzeln 254
Verma, N. 54 Verpoorten, J. M. 217 380 Versjataka 287 289 Vesäll 293 Vetala, A. S. 258 Vetalapaiicavirnsatikä 163 164 165 277 Vettam Mani 98 Vetter, T. 336 380 Veyyäkarar;ta 267 Vibhajjavädin 265 Vibhariga 296 Vibhä~ä 331 Vibhi~ana 103 Vicitravirya 75 Videha 37 47 73 100 285 Vidura 75 85 284 Vidü.smka 181182 184 186 187 193 Vidyabhilf?ar;ta, S. C. 258 329 Vidyädhara 161 354 Vidyäratna 68 69 125 Vidyasagara, J. 138 143 204 217231 Viehzucht 20 21 31 47 222 Vijaya 302 303 Vijaya, J. 352 Vijaya, S. J. 220 Vijiianabhik~u 212 Vijiianavada-Schule 332 Vijiianesvara 230 Vikrama 163 164 Vikramaditya 5 128 174 Vikramorvasiya 128 193 Vimanavastu 307 Vimanavatthu 277 302 307 Vinaya 265 307 377 Vinayapitaka 239 267 292 293 294 295 296 307 313 348 377 Vipakasutra 346 Vipas 73 Vipascit 115 V!ramitrodaya 2:30 Vira~aparvan 77 83 Visakhadatta 128 196 197 Vishva 34 Vishva Bandhu 45 69 70 382 visistadvaita 211
Vif?l;tU 104 117 202
23 61 73 90 96 97 100 106 113 114 115 116 118 122 142 147 150 228 317 Vi~?r.mgupta 155 225 227 Vif?r;tuismus 3 73 87 88 156 211 301 325 Vif!r~u- KJ;i?l~a- i<:ult 306 Vif?r;tu-Kult 115 144 Vi:;;r;tuparvan 96 Vif!r~usarman 155 156 Visr;tusmJ;ti 228 Visuddhimagga 301 Visvakarman 247 248 Visvämitra 24 30 49 73 85 100 104 107 194 202 Visvanathan, S. 204 Visvarupa 40 vita 181 197 Vivekananda 33 Vogel, C. 242 261 380 Volksdialekt 7 8 Volkslied 25 Volksliteratur 304 Volkspoesie 150 Volkssprache 9 154 353 Vollmondopfer 38 39 40 65 293 Vopadeva 115 241 254 Vorhang 179 182 Vorobev-Desjatovskij, V. S. 192 Vrat, S. 108 Vrätya 44 51 Vratyastm:na 51 VJ;ddhi-Bildungen 252 VJ;kf!äyurveda 249 V J;tra 22 26 86 104 VJ;ttaratnakara 255 Vyakarar;ta 267 377 Vyas, S. N. 108 Vyasa 75 77 79 80 111 114 150 213 361 368 Vyasag!ta 117 Vyavahara 348 Vyavaharacintam.ani 230 Vyayoga 185
416 WackernageL J. 376 377 \'Yaffenkunde 248 Wagenlenker 77 83 87 92 Wagner, R. 365 371 Vl''aldschmidt. E. 380 Walleser, M. 218 :324 3:37 \\~alter, H. 219 Walter, 0. 142 14:3 1\'andermönch 203 284 Warder, A. K. 13 137 266 \\1arenproduktion 21 46 Warren, H. C. 268 305 'WmTen, S. 352 vVartham, H. 200 Wasserkur 48 238 \\Tassersucht 26 49 Wassiljew. W. 191 Watters, T. 6 Weber, A. ix :34 36 37 40 41 54 59 69 70 73148168172 179 199 200 237 238 251 257 315 350 351 363 364 366 371 372 373 37 4 383 VVecker, 0. 63 \IVeidernann, D. 34 Weiss, H. 219 Weller, F. 49 53 63 266 314 324 337 379 Weller, H. 192 Weltall 58 116 118 Weltalter 112 124 Weltbild 16 39 47 276 325 \/jleJtgeschichte 366 Welthandel 129 Weltkultur 205 335 341 Weltliteratur 73 155 164 286 359 363 \'Veltn:tann, J. 246 Weltordnung 29 109 Weltseele 15 16 58 89 90 124 209 340 Weltzeitalter 109 110 114 124 229 234 289 355 WenzeL H. 337 Werkzeug 86 Wesdin, P. :367 Westergaard, N. L. 257 Wezler, A. 98 364 380 Wheeler, M. 4
REGISTER
\IVhitney, W. D. 45 70 237 372 :37 4 380 \Viedergeburt 58 60 90 114 155 166 177 229 264 277 280 285 300 319 326 347 \Viersma te Nijenhuis, E. 249 Wilhelm, A. 370 Wilhelm. F. 226 Wilhelm. G. :368 Wilkins, C. 94 98 368 Wilkinson. L. 237 238 314 Williams, 1VL 98 200 \Vilson, H. H. 110 119 145 149 172 219 368 369 VVindisch, E. 35 179 220 291 364 :371 375 383 Winternitz, I\1. ix 24 69 92 152 221 222 245 292 294 307 323 348 361 378 Wirtschaft 222 Wirtschaftskunde 223 1\Titwenverbrennung 175 228 230 Witze!, M. 381 Wogihara, U. 336 Wojtilla, G. 383 Wolff, P. 167 ·wolkenbote 145 Wolzogen, A. v. 196 Wood, E. 121 218 Woodroffe, .J. 122 125 Woods, J. H. 219 Woodward, F. L. 291 Woolner, A. C. 13 192 Wörterbuch 32 109 259 260 367 369 371 372 375 Wörterbuchtypen 258 V\1örterYerzeichnis 3 260 Wulf, W. 238 \Vundergeschichten 280 301 Wunschkuh 85 I'Vunschzauber 326 \Vürfel 83 2:39 Würfelspiel 26 76 79 82 83 201 Würfelspieler 25 Würfelspielszenen 76 Wüst, W. 34
Yadav, B. R. 142 YadaYaprakasa 259 yajna 122 Yajiiavalkya-Dharmasästra 230 Yäjiiavalkyasnuti 115 118 230 371 YajurYeda 16 17 35 37 38 :39 40 42 46 52 55 59 61 66 227 228 230 326 373 Yajurveda-Smilhitä 19 51 yajus 16 37 109 Yab:a 145 Yama 24 26 83 Yamaka 296 Yam!24 26 Yamuna 19 37 73 96 Yardi, M. R. 108 Yasastilaka 177 225 Yasastilakacampü 216 Yäska 32 67 251 372 Yasodhara 177 245 Yasomitra 331 336 Yasovarman 129 173 198 Yates, VV. 143 Yaugandharayal,la 187 188 yaYanika 179 Yogabhä~?ya 213 Yogacära 331 332 Yogäcarabhümisastra 332 Yogacära-Schule 332 Yogasastra 361 375 Yogasutra 213 Yogavasi~?tha 107 Yogayäträ 236 yoni 36 Yüan 6 Yuddhakan<;la 102 Yudhi9~hira 75 76 79 80 81 82 83 86 Yuga 234 Yuganaddhavagga 288
Zachariae, T. 261 383 Zadoo, J. 121 Zarathustra 7 Zauber 41 162 185 186 239 377 Zauberei 26 43 57 103
Register Zauberer 26 59 Zauberfonnein 43 :325 Zauberhandlungel} 325 Zauberheilmittel 241 Zauberkraft 186 333 Zauberlieder 25 Zaubermittel 52
Zaubern 42 270 Zaubersprüche 16 41 42 Zavadovskij, J. N. 6 Zehnkönigsschlacht 20 26 31 Zeitn1essung 348 Zeitrechnung 2 5 234 Ziegenbalg. B. 367
417 Zimmer, H. 22 206 219 250 315 383 Zimmennann 25 Zivilisation 46 Zivilrecht 225 Zweikampf 103 Zweitvermählung 187