Nr. 284
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Nr. 284
Eine Falle für die MEDON Ein Arkonide erfüllt den Plan der Maaahs - er ist ein »Umgestellter« von HARVEY PATTON
Das Große Imperium der Arkoniden kämpft erbittert um seine bloße Existenz, denn es muß sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums schwer zu schaffen machen. Die inneren Feinde Arkons sind die Herrschenden selbst, deren Habgier und Korruption praktisch keine Grenzen kennen. Gegen diese inneren Feinde ist der Kristallprinz Atlan, der rechtmäßige Thronerbe von Arkon, mit seinen inzwischen rund 14.000 Helfern bereits mehrmals erfolgreich vorgegangen. Seine geheime Zentrale, von der die meisten Aktionen gegen Orbana schol ihren Anfang nehmen, ist Kraumon. Auch auf diesem abgelegenen Planeten ist inzwischen bekannt, daß Orbanaschols Position immer unhaltbarer wird. Daher rechnet sich Atlan längst eine reelle Chance aus, den Usurpator zu stürzen, zumal die Sache des Kristallprinzen zunehmend an Popularität gewinnt. Diese Popularität hat jedoch auch ihre Schattenseiten. Sie erregt die Aufmerksam keit der Maahks, die folgerichtig zu dem Schluß kommen, daß Atlan an der Spitze des Imperiums ein gefährlicherer Gegner für sie wäre als Orbanaschol in seinen be sten Tagen. Die Methans ergreifen deshalb Gegenmaßnahmen. Sie präparieren EINE FALLE FÜR DIE MEDON …
Eine Falle für die MEDON
3
Die Hautpersonen des Romans:
Atlan - Der Kristallprinz bekommt immer mehr Zulauf.
Carock Ekalv - Ein »umgestellter« Arkonide.
Mekron Dermitron - Der Kommandant der MEDON erhält einen neuen Auftrag.
Belschara, Saprest und Zefalon - Gefangene der Maahks.
Grek 1 - Ein Maahkkommandant stellt eine Falle auf.
»Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, Kommandant«, meldete Grek 7, der Leiter des seit langem vorbereiteten Geheimpro jekts. Er stand hinter seinem Vorgesetzten, aber das machte nichts aus. Die Maahks besaßen vier Augen, die so auf dem halbmondförmi gen Kopfwulst saßen, daß sie damit ihre ge samte Umgebung übersehen konnten. Grek 1 öffnete die Lider über den hinteren Schlitzpupillen und sah seinen Offizier an. »Sind Sie sicher, daß nichts übersehen wurde?« fragte er mit der unbewegten Stim me, die allen Angehörigen dieser vollkom men emotionslosen Rasse eigen war. »Auch Arkoniden können in einem gewissen Rah men logisch denken. Schon eine kleine Un stimmigkeit könnte sie mißtrauisch machen und das gesamte Projekt zum Scheitern brin gen.« Grek 7 machte eine bejahende Bewegung mit seinem muskulösen Tentakelarm. »Wir sind vollkommen sicher, Kommandant. Al les wurde von einer Gruppe umerzogener ar konidischer Gefangener mehrfach überprüft und für gut befunden. Dem Start unserer Ak tion steht nichts mehr im Wege.« Grek 1 ließ die hinteren Augenlider wie der sinken. »Dann wollen wir unverzüglich damit beginnen«, bestimmte er. »Das vorge sehene Gebiet ist bereits erreicht. Schleusen Sie also das Objekt so bald wie möglich aus.« Grek 7 salutierte und entfernte sich aus der Kommandozentrale des Walzenraumers. Zehn Minuten später öffnete sich eine Han garschleuse und entließ ein winzig wirkendes Objekt. Es handelte sich um ein erbeute tes arkonidisches Beiboot, das gleich darauf
Fahrt aufnahm und nach wenigen Minuten im Dunkel des weiten Raumes verschwand. Nur die Ortungsinstrumente konnten noch seine Bahn verfolgen, bis es in Transition ging und durch den Hyperraum aus ihrem Erfassungsbereich verschwand. Es war ein vergleichsweise unbedeuten des Fahrzeug – aber es trug eine hochbrisan te Fracht mit sich. Eine Fracht, deren Aufga be es war, zu gegebener Zeit eine ganz be stimmte verhängnisvolle Wirkung zu zeigen.
1. Auf Kraumon, der verborgenen Stütz punktwelt des Kristallprinzen Atlan, herrschte eine rege Aktivität. Überall wurde eifrig gebaut. Seit offen kundig geworden war, daß das diktatorische Regime des Imperators Orbanaschol III. im mer mehr ins Wanken geriet, hatte Atlans Gefolge ständig neuen Zulauf erhalten. Neue Gebäude mußten errichtet werden, um sie unterbringen zu können. Der Zeitpunkt, an dem das weitläufige Tal ganz zugebaut war, ließ sich bereits absehen. »Wir werden auch die subplanetaren Han gars bald erweitern müssen«, sagte Morvo ner Sprangk. Er saß mit Atlan und dessen Pflegevater Fartuloon zusammen bei einer Lagebesprechung. »Wenn es so weitergeht und unsere Leute ständig neue Schiffe auf bringen, reicht der Platz nicht mehr aus. Sie offen auf dem Hafen herumstehen zu lassen, ist zu riskant.« Atlan nickte und strich sich durch das schulterlange helle Haar. Die Ereignisse der letzten Monate hatten in seinem Gesicht un übersehbare Spuren hinterlassen. Es war schmaler geworden, feine Linien hatten sich in seine Züge gegraben. Sie ließen ihn älter
4 erscheinen, als er war, strenger und männli cher. An dem Bauchaufschneider Fartuloon da gegen schienen Zeit und Ereignisse voll kommen spurlos vorbeizugehen. Er befand sich nun schon seit zwei Jahrzehnten an der Seite des Prinzen, ohne daß sich seine Er scheinung merklich verändert hatte. Die gelblichen Augen in seinem runden Gesicht blitzten in ungebrochenem Feuer, sein schwarzer Vollbart wies noch kein einziges graues Haar auf. Nach wie vor liebte er ein gutes Essen über alles, trank gern und viel und sah noch immer gern nach hübschen Mädchen und Frauen. Morvoner Sprangk dagegen, der den Stützpunkt leitete, war merklich gealtert. Er war bereits achtzig Arkonjahre alt gewesen, als er als einziger der »Armee der Gespen ster« nach langen Kämpfen mit Maahks im Hyperraum gerettet worden war. Sein nar benübersätes Gesicht war zusehends faltiger geworden, seine große Gestalt hielt sich nicht mehr ganz so aufrecht wie früher. Er hatte die ganze Last der Verantwortung für Kraumon tragen müssen, während Atlan ab wesend war. Es war jedoch nach wie vor vollkommen Verlaß auf ihn. Die Tür des Beratungszimmers öffnete sich, und Bragos Neschbar trat ein. Er war früher Beschaffungsmeister der arkonidi schen Imperiumsflotte gewesen und beklei dete nun auf Kraumon ein ähnliches Amt. In seinen Händen lag die Verteilung aller zivi len und militärischen Güter, die durch die Versorgungskommandos herangebracht wurden. Seine Planung sorgte dafür, daß auftretende Mängel so schnell wie möglich behoben wurden. »Entschuldigen Sie bitte meine Verspä tung, Kristallprinz«, bat er. »Offgur und Retsa Dolischkor tun, was sie können, aber die letzten Entscheidungen bleiben eben doch immer wieder an mir hängen. Es gab Differenzen zwischen den Bauleitern im Norden und Süden des Tales, die ich sch lichten mußte. Jeder meinte, er müßte bevor zugt werden, aber ich habe die Gemüter wie-
HARVEY PATTON der beruhigt.« »Es ist eben nicht leicht, den Mangel gleichmäßig zu verteilen«, grinste Fartuloon. »Dank Ihrer guten Koordination ist hier aber schon vieles erheblich besser geworden. Wenn ich daran denke, wie wir im Anfang improvisieren mußten … Als ich im Auftrag Gonozals VII. diesen Stützpunkt einrichtete, konnte ich nicht ahnen, was sich einmal dar aus entwickeln würde.« »Auch Mekron Dermitron haben wir eine Menge zu verdanken«, warf Morvoner Sprangk ein. »Mit dem Mondträger hat Cor pkor wirklich einen guten Fang gemacht. Die fünf Einsätze mit der MEDON waren ein voller Erfolg, er hat uns immer genau das herangeschafft, was wir am nötigsten brauchten. Sein Glanzstück war aber wohl die Kaperung der HAGAAR mit allen …« Er unterbrach sich, als er sah, daß ein Schatten über das Gesicht Atlans flog. Mit dieser Bemerkung hatte er einen wunden Punkt berührt. Ra, der dunkelhäutige Barbar von einer unbekannten Welt, war einer der treuesten Anhänger des Prinzen gewesen. Trotz aller zusammen erlebten Abenteuer hatte er je doch Ischtar nie vergessen. Die »Goldene Göttin«, aus der Rasse der Varganen war seine Geliebte gewesen, ehe sie sich Atlan zugewandt hatte. Schließlich hatte sie auch diesen verlassen und war mit ihrem Sohn Chapat mit unbekanntem Ziel verschwun den. Nach Atlans Rückkehr nach Kraumon hatte Ra eine schwere seelische Krise durch gemacht. Die Sehnsucht nach Ischtar und das Heimweh nach seiner grünen Welt hat ten ihn übermannt und sogar zu einem Selbstmordversuch getrieben. Schließlich hatte ihm Atlan die HAGAAR mit einer Be satzung von Freiwilligen zur Verfügung ge stellt, um ihm zu helfen. Ob und wann der Barbar seine Ziele errei chen würde, war für alle mehr als ungewiß. Atlan wußte aber, daß er den Freund und Kampfgefährten nie wiedersehen würde, und dieses Wissen schmerzte ihn.
Eine Falle für die MEDON
5
Er überwand sich jedoch rasch und nickte mitron ist ja unterwegs, um die Ladung Ma Sprangk zu. jalla-Kapseln an den Mann zu bringen, die »Schon gut, Morvoner, machen wir wei Fartuloon nicht ohne Hintergedanken in un ter. Karmina Arthamin hat mich darauf hin seren Labors herstellen ließ.« gewiesen, daß es uns an einem vor allem Atlan warf dem Bauchaufschneider einen fehlt: an Kampfanzügen, die wir dann brau fragenden Blick zu. Fartuloon grinste und chen werden, wenn wir zum endgültigen kraulte wohlgefällig seinen Bart. Schlag gegen Orbanaschol ansetzen. Dieser »Habe ich vergessen, dir davon zu erzäh Zeitpunkt ist nicht mehr fern. Zwar ist mein len? Bei dem ersten Einsatz auf Cherkaton Plan, als Sieger bei den KAYMUURTES-Kämp hat Dermitron den halbtoten Prospektor Let fen nach Arkon zu gelangen, mißlungen. schyboa mit einer Schachtel dieser Wunder Nun stellen sich aber selbst die Freunde kapseln wieder voll auf die Beine gebracht. meines Onkels in der Organisation Macht Die Majallapflanze ist im Bereich des Impe der Sonnen gegen ihn. Wir wissen bisher riums selten, wächst aber hier auf Kraumon nichts Genaues darüber, aber die Unruhen in Massen. Dermitron wies mich darauf hin, im Imperium nehmen jetzt laufend zu. Diese dachte allerdings nur daran, durch einen Leute sind bestimmt nicht eben meine Verkauf großer Mengen der Kapseln unsere Freunde, aber sie arbeiten mir doch in die Finanzlage aufzubessern.« Atlan lächelte belustigt. »Du hast natür Hände. Sie unterminieren Orbanaschols lich gleich wieder weiter gedacht, wie ich Macht zusehends, zweifellos mit dem Ziel, dich kenne. Was hast du in deiner schwarzen einen Imperator ihrer Wahl ans Ruder zu Seele ausgebrütet, Dicker?« bringen. Das dürfen wir aber auf keinen Fall Fartuloons Grinsen wurde noch breiter. zulassen. Wir müssen uns darauf vorberei »Ich habe lediglich auf die schwarzen See ten, ihnen zuvorzukommen und gegebenen len anderer spekuliert, mein Lieber. Du falls einen Präventivschlag zu führen. Die weißt doch, wie es überall in unserem famo Männer dazu haben wir, aber wo bekommen sen Imperium zugeht – jeder denkt zuerst an wir die unbedingt nötigen Kampfanzüge sich selbst. Es gibt unzählige verwundete her?« Sprangk hob die Schultern und wollte et Raumfahrer, die mit Hilfe dieser Droge er was erwidern, aber Bragos Neschbar kam heblich schneller wiederhergestellt werden ihm zuvor und hob die Hand. könnten. Die Zahl derer, die wirklich damit »Ich glaube, hier Abhilfe schaffen zu kön behandelt werden, dürfte aber mikrosko nen, Kristallprinz. Vor kurzem ist der zwei pisch klein sein. Teure und seltene Dinge fache Mondträger Carock Ekalv zu uns ge versickern meist in dunklen Kanälen und stoßen, der nach der Vernichtung seines kommen den Reichen oder Männern mit gu ten Beziehungen zugute. Schiffes durch die Maahks desertierte. Bei seiner Vernehmung durch unsere Leute er Das dürfte auch bei der Ladung Kapseln wähnte er etwas von einem Depotplaneten der Fall sein, die Dermitron absetzen sollte. der Arkonflotte, auf dem unter anderem Es lag also nahe, hier das Nützliche mit ei auch Tausende von Kampfanzügen liegen nem anderen Aspekt zu verbinden. Deshalb sollen. Wenn seine Angaben stimmen, könn habe ich dem Pflanzenextrakt einen Stoff ten wir den dortigen Stützpunkt überfallen, hinzufügen lassen, der auch mit den mod und mit einem Schlag wären diese Sorgen ernsten Analysemethoden nicht nachzuwei behoben.« sen ist. Er beeinträchtigt die übliche Wir »Kein schlechter Gedanke«, räumte Mor kung nicht, wer diese Kapseln einnimmt, voner Sprangk ein. »Wir werden aber leider wird tatsächlich körperlich fit. Dafür muß er damit abwarten müssen, bis unser Spezialist jedoch eine Nebenwirkung in Kauf nehmen: für diese Dinge zurückkehrt. Mekron Der Die Chemikalie hemmt die Funktion seines
6 Gehirns, macht ihn träge und vermindert sei ne Denk- und Urteilsfähigkeit. Begreifst du, was ich damit bezwecke?« Atlan nickte. »Vollkommen, du alter Gau ner. Es dürfte also in nächster Zeit eine gan ze Reihe von Männern in führenden Positio nen geben, die nur noch die Hälfte wert sind. Nicht die ehrlichen Leute und die Offiziere der Raumflotte, sondern die korrupten Ele mente und Vasallen Orbanaschols … Das hast du wirklich gut gemacht, Fartuloon! Wenn ich schon Imperator wäre, würde ich dich auf der Stelle zum Sonnenträger ma chen.« Sein Pflegevater winkte ab. »Kein Bedarf, verehrter Prinz. Du weißt, daß ich nicht zu jenen Leuten gehöre, die sich aus Auszeich nungen etwas machen. Mir genügt es vol lauf, zu wissen, daß eine Anzahl unserer Gegner nicht voll auf dem Posten sein wird, wenn wir demnächst zum großen Schlag ge gen den Diktator ansetzen. Daß die Zeit da zu fast reif ist, daran kann es wohl keinen Zweifel mehr geben, du hast es vorhin ja selbst gesagt.« »Kommen wir zum eigentlichen Thema zurück«, warf der stets nüchtern und prak tisch denkende Sprangk ein. »Ich hoffe, daß Mekron Dermitron bald zurückkommt, es kann sich nur noch um wenige Tage han deln. Inzwischen können wir schon die nöti gen Vorbereitungen für den Einsatz gegen den Depotplaneten treffen. Bisher ist die MEDON immer nur mit einer kleinen Besat zung geflogen, die dafür natürlich nicht aus reicht. Ich werde also sofort eine Abteilung erfahrener Leute zusammenstellen, die der MEDON eine erhöhte Schlagkraft verleihen. Es könnte zu Kämpfen mit den Wachmann schaften des Stützpunkts kommen, und dafür muß Dermitron gerüstet sein.« »In Ordnung, Morvoner«, stimmte Atlan zu. »Außerdem dürfte es ratsam sein, daß Ekalv bei dem Unternehmen mitmacht, weil er die Verhältnisse dort kennt. Unterrichten Sie ihn bitte davon, daß ich ihn nach dem Mittagessen sprechen möchte, um diese Din ge mit ihm zu erörtern. Wenn alles glatt
HARVEY PATTON geht, kann er dann selbst eines unserer Schiffe übernehmen.« Es wurden noch mehrere interne Proble me besprochen, dann löste sich die kleine Konferenz auf. Atlan verließ den kleinen Speisesaal, in dem er zusammen mit Karmina Arthamin, Fartuloon, Corpkor und Eiskralle gegessen hatte. Ein Gleiter brachte ihn zum Zentralge bäude von Gonozal-Mitte, in dem sich seine Befehlsstelle befand. Sie bestand allerdings nur aus drei kleinen Räumen, die größten teils mit Computern und Nachrichtengeräten angefüllt waren. Zuerst sah er einige Folien durch, die während seiner Abwesenheit von der Funk zentrale hereingereicht worden waren. Es handelte sich dabei um aufgefangene Hyper funksprüche von Schiffen der Imperiums flotte und arkonidischen Planeten. Die entle gene Position Kraumons brachte es mit sich, daß diese Nachrichtenquellen nur spärlich flossen. Außerdem gab es oft Schwierigkei ten bei der Entschlüsselung, denn natürlich wurden alle wichtigen Gespräche durch Ver zerrer und Zerrhacker gegen unbefugte Zu hörer abgesichert. Trotzdem gelang es den Funkspezialisten mit Hilfe von Computern immer wieder, auch solche Sprüche zu »knacken«. Atlan las die Klarschriften und runzelte dann miß mutig die Stirn. Auch diesmal war nichts da bei, das ihm wirklich von Nutzen war. Daß es bei den Kämpfen gegen die Maahks im mer öfter Niederlagen für die Arkonflotte gab, wußte er längst. Die unfähigen Günst linge des unfähigen Imperators begingen viel zu oft schwerwiegende taktische Fehler, die zu schweren Verlusten an Schiffen und Mannschaften führten. Auch über die politischen Verhältnisse im Imperium ging aus diesen Nachrichten nur wenig hervor. Sie waren teilweise wider sprüchlich und zeugten im großen und gan zen nur davon, daß die Wirren innerhalb des Sternhaufens weiter zunahmen. Das wurde aber auch nur in halben Andeutungen ge sagt, denn in dieser Zeit konnte kaum noch
Eine Falle für die MEDON jemand dem anderen trauen. Die POGIM und sonstige Geheimdienste waren aktiver denn je und stets bereit, verdächtige Leute zu eliminieren. Wirklich verläßliche Infor mationen brachten eigentlich nur die Raumer von Atlans kleiner Flotte von ihren Unter nehmungen mit. Der Kristallprinz legte die Folien zur Sei te und nahm den Speicherkristall zur Hand, der eine Kopie von Carock Ekalvs Personal akte enthielt. Er legte sie in ein Visorgerät und las die Angaben ab, die auf dem kleinen Bildschirm erschienen. Der zweifache Mondträger war zweifellos ein wichtiger Mann. Er war zweiunddreißig Arkonjahre alt, groß und schlank, mit einem ernsten, verschlossenen Gesicht. Früher hat te er ein Schlachtschiff befehligt, das bei ei nem Gefecht im Dribor-Sektor von den Maahks zusammengeschossen worden war. Dabei hatte er eine Schädelverletzung da vongetragen, die ihn nach Ansicht der Ärzte für den aktiven Flottendienst untauglich ge macht hatte. Das Flottenkommando hatte ihm daraufhin den Posten eines Organisati onsleiters. übertragen, der für die Koordinie rung des Nachschubs verantwortlich war. Als solcher hatte er Einblick in Dinge er halten, von denen Angehörige der kämpfen den Flotte nur selten erfuhren. Er war direkt mit der Vettern- und Günstlingswirtschaft und der überall blühenden Korruption kon frontiert worden, die der eigentliche Grund für den Niedergang des Großen Imperiums waren. Er hatte versucht, sich aus all diesen schmutzigen Dingen herauszuhalten, aber das hatte ihn bei verschiedenen einflußrei chen Männern natürlich unbeliebt gemacht. Er war zunehmend unter Druck gesetzt wor den, dem er sich schließlich durch die De sertion entzogen hatte. »Es gab einfach keinen anderen Weg mehr für mich«, hatte er nach seiner An kunft auf Kraumon Morvoner Sprangk er klärt. »Kein ehrlicher Soldat, dem das Wohl des Imperiums am Herzen liegt, um es zu grunde zu richten. Seit der Schlacht von Marlackskor, die durch das mutige Eingrei
7 fen von Atlan und Gonozal VII. entschieden wurde, war mir klar, auf welcher Seite in Zukunft mein Platz war. Ich bin froh und dankbar, daß ich nun zum Gefolge des recht mäßigen Thronfolgers von Arkon gehören darf.« Natürlich hatte man sich nicht nur auf sei ne bloßen Aussagen verlassen. Schon seit langem suchten Orbanaschols Häscher fie berhaft nach Atlans Geheimplaneten. Die Gefahr, daß sie ihn auf dem Umweg über angebliche Deserteure zu finden suchten, war groß. Man hatte ihn einem scharfen Test durch Lügendetektoren unterzogen, zu dem er sich ohne Zögern bereiterklärt hatte. Das Ergebnis war zu seinen Gunsten ausgefallen, seiner aktiven Teilnahme am Kampf für At lan stand nichts mehr im Wege. Die Ärzte hatten festgestellt, daß seine Verwundung dabei kein ernsthaftes Hindernis war. Atlan schaltete das Visorgerät wieder ab und nickte zufrieden. Ekalv war zweifellos ein fähiger Mann, der sein volles Vertrauen verdiente. Als erfahrener Kampfkomman dant bot er sich als Führer eines Schiffes der Flotte von Kraumon geradezu an. Wenige Minuten später traf er selbst ein. Er grüßte ehrerbietig, aber Atlan winkte so fort ab. »Keine unnötigen Formalitäten, Carock«, sagte er einfach. »Bei uns zählen nicht die Leute, die am besten strammstehen können, nur auf Können und Leistung kommt es an. Setzen Sie sich, wir wollen uns ganz zwang los unterhalten.« Über das strenge Gesicht des zweifachen Mondträgers flog ein leichtes Lächeln. »In Ordnung, Kristallprinz«, gab er zurück. »Morvoner Sprangk hat mir am Interkom bereits angedeutet, worum es geht. Sie benö tigen Kampfanzüge für Ihre Besatzungen, für die es hier an Herstellungsmöglichkeiten fehlt. Sie werden auch innerhalb der Imperi umsflotte nur wenig gebraucht, da es kaum zu Landeunternehmen auf Sauerstoffplane ten kommt, sind also nicht überall zu erhal ten.« »Sie sagen es«, bestätigte Atlan. »Für uns
8 sind sie jedoch ungeheuer wichtig, wir wer den nur auf Welten der Arkonnorm operie ren müssen, wenn wir losschlagen. Einfache Raumanzüge nützen uns dort wenig, sie bie ten kaum Schutz gegen Beschuß mit Strahl waffen. Bragos Neschbar sprach davon, daß Sie die Lage eines Depotplaneten kennen, auf dem eine große Anzahl dieser Anzüge lagert.« Carock Ekalv nickte. »Es handelt sich um Posalkehn, die zweite Welt des Cylmad-Sy stems. Ein guter Sauerstoffplanet, er wurde jedoch nicht besiedelt, weil er in der Nähe eines kleinen, radioaktiv strahlenden Nebels liegt. Dieser dehnt sich langsam aus und wird in einigen hundert Jahren dieses Sy stem erreichen, so daß dann dort niemand mehr leben könnte. In der näheren Umge bung gibt es ebenfalls keine bewohnten Welten, deshalb lassen sich dort auch die Maahks nie blicken. Das und der Umstand, daß Posalkehn strategisch sehr günstig liegt, hat die Flotte bewogen, dort das Depot ein zurichten.« Atlan dachte sofort weiter. »Was gibt es dort noch außer den Kampfanzügen?« er kundigte er sich. »Wir könnten eventuell mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die Laderäume der MEDON sind groß, und wir können es uns nicht leisten, Dinge zu rückzulassen, die wir brauchen können. Wie groß sind die dortigen Anlagen, werden sie gut bewacht? Gibt es Abwehrforts, mit de nen wir rechnen müssen?« Ekalv lehnte sich zurück. »Vermutlich gibt es dort noch eine ganze Menge von Dingen, wie sie jedes Kampf schiff zur Ergänzung seiner Ausrüstung braucht. Genaues kann ich Ihnen darüber al lerdings nicht sagen. Zu meiner Zeit wurde nur die Ladung Kampfanzüge dort hintrans portiert. Die Depots sind größtenteils sub planetar angelegt, auf der Oberfläche gibt es nur eine kleine Anzahl von Gebäuden. Der Raumhafen ist nur klein und besitzt keine Abwehranlagen, soviel ich weiß. Die Stütz punktbesatzung zählt nur etwa hundert Köp fe, zumeist Techniker zur Wartung der auto-
HARVEY PATTON matischen Verladeeinrichtungen.« »Man hat es also ganz darauf angelegt, unauffällig zu bleiben«, ergänzte Atlan. »Die Methans greifen nur lohnende Ziele an, keine so winzig scheinende Station. Sollten sie aber tatsächlich kommen, könnten sie auch ein paar Abwehrforts nicht an ihrem Zerstörungswerk hindern. Klug gedacht, so viel Flexibilität hätte ich dem schwerfälligen Flottenapparat gar nicht zugetraut. Auf jeden Fall sind die Gegebenheiten sehr günstig für uns, falls es zu Kämpfen kommen sollte. Setzen Sie sich sofort mit Mekron Der mitron in Verbindung, wenn er von seinem jetzigen Einsatz zurück ist. Sie beide können dann gemeinsam den Schlachtplan für Ihr Vorgehen auf Posalkehn ausarbeiten.« »Ich soll an dieser Aktion teilnehmen?« fragte Carock Ekalv überrascht. Atlan nickte lächelnd. »Natürlich, Carock. Es wäre blanker Un sinn, einen Mann wie Sie tatenlos hier her umsitzen zu lassen, zumal Sie mit den Ver hältnissen auf dem Planeten vertraut sind. Dabei können Sie gleich Erfahrungen für spätere derartige Einsätze unter eigener Re gie sammeln.« Als Ekalv das Gebäude verließ, lag ein ei genartiges Lächeln auf seinen sonst so stren gen Zügen. Das sah der Kristallprinz jedoch nicht mehr …
2. Dumpf drang das dröhnende Arbeitsge räusch der Konverter, Generatoren und Transformer bis zur Kommandozentrale der MEDON durch. Alle Anlagen arbeiteten mit Höchstleistung, das Normaltriebwerk lief auf Vollast. Die beiden Piloten Dermato und Waynjoon arbeiteten angestrengt, um noch mehr Leistung aus den Anlagen herauszuho len, denn das Schiff wurde gejagt. Ein Flottenkreuzer von ebenfalls zwei hundert Meter Durchmesser hatte sich auf seine Spur gesetzt, nachdem sie das LaabelSystem verlassen hatten. In diesem hatte Dermitron die Ladung der kostbaren Majal
Eine Falle für die MEDON la-Kapseln an einen zwielichtigen Händler verkauft, dessen Adresse er von Bragos Ne schbar erhalten hatte. Natürlich gegen Bar zahlung, und nun ruhten einige prall mit Chronners gefüllte Säcke im Schiffstresor. »Ich verstehe das nicht, Mekron«, sagte der Erste Offizier Salmoon nach einem sor genvollen Blick auf die Ortungsbildschirme. »Verdammt, bis jetzt ist doch alles gutge gangen, niemand hat sich groß um uns ge kümmert. Wo kommt jetzt so plötzlich der Kreuzer her, und weshalb verfolgt er uns?« Der Kommandant zuckte mit den Schul tern, sein breitflächiges Gesicht blieb unbe wegt. »Ich denke, daß der Händler uns das Schiff auf den Hals gehetzt hat, Salmoon. Es erschien mir von Anfang an seltsam, daß er die Verkaufsverhandlungen immer wieder verzögert hat, obwohl ihm doch die Gier nach der seltenen Ware förmlich von den Augen abzulesen war. Vermutlich besitzt er gute Verbindungen zu hohen Flottenoffizie ren, die er inzwischen bereits spielen ließ. Nun will man uns abfangen, um aus uns her auszupressen, woher diese große Menge Kapseln stammt. Die diversen Dunkelmän ner hoffen, dadurch kostenlos das zu bekom men, was sie uns teuer bezahlen mußten.« Der Kreuzer holte langsam, aber sicher auf. Er entstammte der neuesten Bauserie, die Leistung seiner Triebwerke war denen der MEDON leicht überlegen. Seine Insas sen mußten aber immer noch glauben, ein Privatschiff zu verfolgen. Bisher hatte Me kron Dermitron den Schutzschirm noch nicht aktivieren lassen, die Blenden der ge tarnten Geschütztürme waren noch geschlos sen. Der Mondträger war gewillt, eine bewaff nete Auseinandersetzung nach Möglichkeit zu vermeiden. In dem anderen Schiff befan den sich schließlich frühere Kameraden, die mit Sicherheit nicht wußten, worum es hier eigentlich ging. Wahrscheinlich war nur der Kommandant eingeweiht worden, nahm aber wohl auch an, irgendwelche dunkle Elemente zu jagen.
9 Die Ruflampe des Funkgeräts blinkte auf, aber Dermitron schenkte ihr keine Beach tung. Zweifellos wollte man ihnen doch nur ein Ultimatum stellen, das auf Aufgabe oder Vernichtung hinauslief. »Wie lange noch bis zur Transition?« er kundigte er sich. »Eine Minute etwa«, gab Dermato zu rück, ohne aufzusehen. In diesem Moment zuckte eine steile Am plitude über die Schirme der Energieortung, die bisher nur gleichmäßige Feldlinien ge zeigt hatten. Dermitron war ein erfahrener Kampfkommandant, der sofort wußte, was das zu bedeuten hatte. Der Kreuzer hatte sich inzwischen bis auf Schußdistanz genä hert. Nun hatte sein Kommandant die Kon verter der Strahlgeschütze aktivieren lassen, um das Feuer zu eröffnen. Auch die beiden Piloten hatten das be merkt. Waynjoons Hand zuckte bereits vor, um die Schutzschirmprojektoren einzuschal ten, aber ein Ausruf Dermitrons hielt ihn zu rück. »Noch nicht, Waynjoon! Man wird nicht sofort das Wirkungsfeuer eröffnen, sondern uns zuerst einmal eine Warnsalve zukom men lassen. An einer Vernichtung der ME DON kann unseren Verfolgern nichts gele gen sein, sie wollen schließlich etwas von uns.« Seine Annahme erwies sich als richtig. Der Kreuzer feuerte zwar wenig Sekunden später, aber die Strahlbahnen zuckten weit an dem Schiff vorbei. Der Kommandant be gann plötzlich zu lächeln und winkte dem Ersten Offizier. »Schalten Sie das Funkgerät ein und mel den Sie sich, Salmoon. Der Kreuzerkom mandant wird annehmen, daß er uns einen gehörigen Schreck eingejagt hat und wir aufgeben wollen. Tun Sie so, als ob, aber halten Sie ihn möglichst lange hin. Wir brauchen vierzig Sekunden Zeit, dann kön nen wir springen und sind in Sicherheit.« Salmoon nickte und nahm den Platz vor dem Funkgerät ein. Gleich darauf erschien das Gesicht eines Nachrichtensoldaten auf
10 dem Bildschirm. Er öffnete den Mund, kam aber nicht dazu, etwas zu sagen. Der Erste Offizier überschüttete ihn sofort mit einem Wortschwall, und er machte seine Sache gut. Seine Empörung darüber, daß ein Schiff der Flotte einen harmlosen Handelsraumer an griff, war so gut gespielt, daß der Mann am Gegengerät eine Zeitlang vollkommen ratlos war. Etwa fünfzehn kostbare Sekunden ver gingen, bis er sich endlich auf seine Aufgabe besann und die Verbindung in die Komman dozentrale des Kreuzers umlegte. Nun wurde das Abbild des Kommandan ten auf dem Bildschirm sichtbar. Es handelte sich um einen jungen Offizier, der an seiner Uniform das Symbol eines einfachen Plane tenträgers aufwies. Seine arrogante Miene deutete darauf hin, daß er zu jenen Adligen gehörte, die aufgrund ihrer Abstammung in der Flotte rasch Karriere machten. Er war somit das genaue Gegenteil von Mekron Dermitron, der sich von unten her bis zum Mondträger und Schlachtschiffkommandan ten heraufgearbeitet hatte. Er ging nicht auf Salmoons sofort wieder holte Tiraden ein, sondern schnitt ihm laut stark das Wort ab. Er forderte die Besatzung der MEDON kategorisch auf, ihr Schiff au genblicklich abzustoppen und sich auf eine Kontrolle nach »Feinden des Imperiums« vorzubereiten. Er schnarrte diesen Text wie einstudiert herunter, und Dermitrons Lä cheln wurde immer breiter. Jetzt fehlten nur noch fünfzehn Sekunden bis zum Erreichen der Transitionsgeschwindigkeit! Der Erste Offizier gab sich erschrocken und duckte sich wie eingeschüchtert zusam men. Er setzte scheinbar mehrmals zum Sprechen an und stammelte schließlich: »Verzeihung, Erhabener … sofort, Erhabe ner! Verzeihen Sie bitte, daß ich mich falsch verhalten habe. Die Zeiten sind unsicher, und wir harmlosen Handelsfahrer haben es nicht leicht. Selbstverständlich werden wir sofort …« Was er sonst noch sagen wollte, erfuhr der Kreuzerkommandant nie mehr. Das Transitionstriebwerk der MEDON sprang
HARVEY PATTON an, riß das Schiff in den Hyperraum und ließ es in Nullzeit in einem weit entfernten Raumsektor wieder materialisieren. Die Männer in der Zentrale der MEDON lehnten sich befreit zurück, und nun dröhnte ein lautes Gelächter auf. Das war trotz der anfänglichen Besorgnis ein Ereignis ganz nach ihrem Geschmack gewesen. Sie hatten ihren Gegnern ein Schnippchen geschlagen, ohne dabei Gewalt anwenden zu müssen und das Leben mehrer hundert ahnungsloser Raumfahrer zu gefährden. Und, was genauso wichtig war: Fünfzig tausend eigens präparierte Majalla-Kapseln waren an den Mann gebracht und würden zweifellos die richtigen Leute erreichen!
* »Ausgezeichnet, Mekron«, schmunzelte Morvoner Sprangk, was bei ihm nur selten vorkam. »Die MEDON und ihre Besatzung entwickeln sich immer mehr zu Atlans be sten Helfern. Eigentlich hätten Sie jetzt alle einen längeren Urlaub verdient, aber leider …« Mekron Dermitron nickte ruhig. »Ein weiterer Einsatz, nicht wahr? Das ist nicht weiter tragisch, Kommandant. Die ›Aktion Majalla‹ war nicht sonderlich anstrengend, von den wenigen Minuten am Schluß abge sehen. Sobald die Werfttechniker die ME DON wieder freigeben, können Sie auf uns zählen.« Sprangk winkte ab. »So eilig ist es damit nun wieder nicht, Mekron. Sie werden noch genug Zeit bekommen, sich Ihrer Retsa Do lischkor zu widmen. Sie sind früher zurück gekommen, als wir erwartet hatten, die Vor bereitungen für das neue Unternehmen lau fen noch. Kennen Sie Carock Ekalv?« »Den zweifachen Mondträger? Wir sind uns nur ein oder zwei Mal begegnet. Er kam hier an, während ich im Einsatz war, wir ha ben uns nur zufällig in der Messe gesehen. Es ist ohnehin schwer, sich hier in GonozalMitte noch durchzufinden. Bei jeder Rück kehr sieht man wieder neue Gesichter.«
Eine Falle für die MEDON »Selbst ich habe da schon Schwierigkei ten«, räumte der Kommandant ein. »Nun, Sie werden ihn in den nächsten Tagen näher kennenlernen. Er ist ein wichtiger Mann für uns, denn er hat die Koordinaten für einen Depotplaneten, auf dem eine große Anzahl Kampfanzüge lagert. Diese sollen Sie mit seiner Hilfe dort herausholen. Nach Mög lichkeit mit List, doch falls es nicht anders geht, auch mit Gewalt. Die Anzüge werden nötig gebraucht, wenn Atlan zur großen Ab rechnung mit seinem schurkischen Onkel antritt.« Dermitrons Augen leuchteten auf. »Dann ist es also bald soweit? Wir warten alle schon sehnsüchtig darauf. Auch im LaabelSystem habe ich mit verschiedenen Männern gesprochen, die offen sagten, daß Orbana schol endlich abgesetzt werden müßte. Die Leute haben gelernt, zwischen den Zeilen der offiziellen Kriegsberichte zu lesen, und wissen, daß wir den Krieg gegen die Maahks verlieren werden, wenn es im alten Trott weitergeht. Auch die große Zahl der Opfer gibt selbst den Gutgläubigen zu denken.« Sprangk nickte. »Dasselbe hören wir auch immer wieder von den Überläufern, die zu uns kommen. Gut, jetzt wissen Sie also Be scheid. Bragos Neschbar ist bereits dabei, al les zu organisieren. Atlan hat Anweisung gegeben, die Besatzung der MEDON ent sprechend zu verstärken, damit Sie allen Eventualitäten gewachsen sind. Auch Ekalv soll den Einsatz auf Posalkehn mitmachen, weil er die Verhältnisse dort kennt. Er wird sich in Kürze mit Ihnen in Verbindung set zen.« Die Begegnung fand am nächsten Morgen im Büro des Beschaffungsmeisters statt. Bragos Neschbar stellte die beiden Männer offiziell einander vor. Sie reichten sich die Hände, aber Der mitron zog seine Rechte bald wieder zurück. Ekalvs Hand hatte kalt und drucklos in sei ner gelegen, und das behagte ihm nicht. Er schätzte einen kräftigen Händedruck, der seiner Ansicht nach mehr über den Charak ter eines Mannes aussagte als alle schönen
11 Worte. Er unterdrückte dieses Gefühl jedoch und vergaß es bald wieder ganz. Der zweifache Mondträger imponierte ihm, denn er erwies sich als ein zwar kühler, aber zielstrebiger Mann. Seine Auskünfte kamen knapp und präzise, so daß sich Mekron ein gutes Bild von den Gegebenheiten im Cylmad-System machen konnte. Die Depots von Posalkehn lagen auf einer großen Insel, die dem Hauptkontinent vorge lagert war. Neschbar hatte im Archivcompu ter einige Angaben über den Planeten gefun den, auf die sie sich zusätzlich stützen konn ten. Er selbst kannte ihn nicht, weil er in ei nem anderen Raumsektor stationiert gewe sen war. »Jetzt bleibt nur noch die Frage, wie Sie sich dort einführen sollen, ohne Verdacht zu erregen«, sagte er schließlich. »Ich glaube, einen guten Weg dazu zu kennen. Von ei nem der zuletzt hier eingetroffenen Überläu fer erfuhr ich, daß das 23. Kreuzergeschwa der im Lauf der letzten Wochen vollständig aufgerieben wurde. Nur einige Nachschub schiffe sind übriggeblieben, darunter auch die KISSON unter dem Planetenträger Lor schak. Sie gehört zum gleichen Bautyp wie die MEDON, könnte also durch sie durchaus glaubhaft dargestellt werden.« Dermitron grinste. »Sie wollen mich de gradieren, Bragos? Nun, meinetwegen, die Grundidee ist gut. Man wird jetzt dabei sein, das Geschwader neu aufzustellen, und die Nachschubeinheiten werden all jene Dinge heranholen, die es auf den normalen Stütz punkten nicht gibt. Dazu gehören Kampfan züge, und warum soll die KISSON sie nicht von Posalkehn holen?« »Ich sehe darin ebenfalls keine Gefahr«, meinte Carock Ekalv. »Der Stützpunkt ist abgelegen und wird nur relativ selten ange flogen. Die Männer dort leben also ziemlich isoliert und erfahren kaum, was sich in den anderen Sektoren ereignet. Daß jemand die KISSON und den echten Lorschak kennt, halte ich für ausgeschlossen.« Bragos Neschbar nickte. »Gut, dann
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HARVEY PATTON
bleibt es also dabei. Ich werde Anweisung Er gab den Startbefehl, und die MEDON geben, daß die MEDON entsprechend KISSON hob mit summenden Antigravpro ›frisiert‹ wird. Außerdem habe ich veranlaßt, jektoren vom Raumhafen ab. Nach Errei daß nun auch Ihnen die Positionsdaten von chen der entsprechenden Entfernung von Kraumon mitgeteilt werden, Carock. Gonozal-Mitte aktivierte Dermato die Im Sprangk will, daß Sie das Kommando über pulstriebwerke, und der einzige Planet der die MEDON übernehmen, falls Mekron et kleinen roten Sonne blieb rasch hinter dem was zustoßen sollte.« Schiff zurück. Der Mann mit dem strengen Gesicht ver Alle Besatzungsmitglieder trugen nun neigte sich leicht. »Ich weiß diese Ehre zu Uniformen oder Kombinationen der Flotte schätzen«, gab er zurück. »Lieber wäre es des Großen Imperiums von Arkon. Mancher mir allerdings, wenn es nicht soweit kommt dachte wehmütig an die Zeit zurück, als er und die Aktion glatt über die Bühne geht.« sie noch zu Recht getragen hatte, aber keiner »Das hoffen wir alle«, sagte Neschbar. trauerte ihr nach. Alle wußten, daß sie jetzt Am übernächsten Morgen war das Schiff mehr für das Imperium taten, als es ihnen startbereit. Auf der Hülle prangte der Name früher möglich gewesen war. Nur Atlan KISSON, auch das Emblem des 23. Kreu konnte es noch retten und dem grausamen zergeschwaders fehlte nicht. Die Tarnung Krieg gegen die Maahks die entscheidende der Geschützkuppeln war entfernt worden, Wende geben. Unter dem Usurpator und es sah nun wieder wie ein reguläres Kriegs Brudermörder Orbanaschol ging es dem si schiff der Imperiumsflotte aus. cheren Untergang entgegen. Morvoner Sprangk hatte Dermitron zur Nur einer dachte nicht so – Carock Ekalv! Ergänzung der Besatzung jene Männer zu Er lag in seiner Kabine auf dem Bett und geteilt, die schon vor seiner Zeit mit der lauschte den Geräuschen im Schiff, die ihm jede Phase des Fluges signalisierten. Sein MEDON geflogen waren. Mekron hatte sie bereits kennengelernt und war von ihnen Gesicht war entspannt und hatte nun die freudig begrüßt worden. Für sie war es eine Strenge verloren, die sonst seine schützende Ehre, unter jenem Mann in den Einsatz zu Maske war. gehen, der innerhalb weniger Monate so viel Wochen voll von äußerster Anspannung lagen hinter ihm. für Atlan geleistet hatte. Nur merkwürdig, daß sie Ekalv nicht mö Seit er nach Kraumon gekommen war, gen! dachte der Kommandant, als die Start hatte er sich keinen Moment sicher fühlen vorbereitungen liefen. Der zweifache Mond dürfen. Atlans Leute waren keine Dumm träger war ihnen als sein Stellvertreter vor köpfe und einfach dazu gezwungen, gegen gestellt worden, hatte aber nicht die übliche über jedem neuen Ankömmling mißtrauisch Resonanz gefunden. Ob das daran liegen zu sein. Schon ein einziges unbedachtes mochte, daß er sich noch immer so ernst und Wort hätte ihn verraten und seine geheime zurückhaltend gab? Er verstand es einfach Mission zum Scheitern bringen können. nicht, den unter Atlans Gefolge üblichen Doch sein Plan war aufgegangen, nie lockeren Umgangston zu treffen, der so mand hatte Verdacht geschöpft. Selbst wohltuend vom strengen Zeremoniell des Nachforschungen in den Archiven der Flotte Flottenreglements abstach. hätten ihn nicht entlarven können, denn Ca Dermitron zuckte mit den Schultern. Ver rock Ekalv war keine fiktive, von einem Ge mutlich würde Carock Ekalv nur dieses eine heimdienst künstlich aufgebaute Figur. Er Mal mit ihm fliegen und später eines der neu hatte lange Jahre hindurch auf verschiede hinzugekommenen Schiffe übernehmen. nen Kriegsschiffen Dienst getan und sich die Dessen Besatzung würde ihn dann schon Auszeichnungen als zweifacher Mondträger »erziehen«, dachte er belustigt. ehrlich erworben.
Eine Falle für die MEDON Kritisch für ihn war es erst geworden, als man ihn einer Befragung unter den Lügen detektoren unterzogen hatte. Eine fast un menschliche Beherrschung hatte dazu ge hört, auch in dieser Phase die Nerven zu be halten. Sein Gesicht hatte alle Körperfunk tionen gesteuert, hatte durch bloße Willens kraft Herzschlag und Nervensystem und selbst die Sekretionen beherrscht. Und doch war eine Ungewißheit geblie ben: Würde auch die hypnotische Sperre halten, die in seinem Gehirn aufgebaut wor den war? Fartuloon selbst, der geheimni sumwitterte und scheinbar alleskönnende Bauchaufschneider, war anwesend gewesen und hatte ihm eine unbekannte Droge inji ziert … Sie hatte nicht gewirkt! Er hatte keinen Augenblick lang den Zwang verspürt, etwas anderes auszusagen, als er wollte. Nach ei ner Viertelstunde hatte er den Befragungs raum wieder verlassen können, frei und als Gefolgsmann des Kristallprinzen anerkannt. Dann hatte es nur noch an ihm gelegen, die Entwicklung in jene Richtung zu steuern, die ihm seine Auftraggeber vorgeschrieben hatten. Es war nicht schwer gewesen, jene Punkte herauszufinden, auf die es ihm ankam. Re bellen, wie Atlan einer war, hatten immer Bedarf an bestimmten Dingen, die ihnen zur Führung ihres Kampfes fehlten. Hätte der Prinz ein Dutzend Arkonbomben verlangt – bitte sehr, sie liegen auf Posalkehn! Er brauchte jedoch Kampfanzüge, und so hatte Ekalv Bragos Neschbar gegenüber ent sprechende Angaben gemacht. Man war freudig darauf eingegangen und hatte erwar tungsgemäß reagiert. Selbst die streng gehei men Koordinaten von Kraumon hatte man ihm anvertraut, und nun war er unterwegs nach Posalkehn. Unterwegs zu jenem Planeten, auf dem die für Atlan vorbereitete Falle zuschnappen sollte!
3.
13 »Aus dem Weg, Frau!« krächzte es aus dem Translator. Belschara wich hastig zurück, aber das schwere Bündel auf ihren Armen behinderte sie. Sie kam ins Stolpern und torkelte im Be mühen, ihr Gleichgewicht zu erhalten, mit ten auf den Weg. Im nächsten Augenblick sauste die Neuropeitsche durch die Luft und traf sie quer über den Rücken. Das Mädchen brach schreiend zusammen, und der Maahk ging ungerührt weiter. In sei nen Augen hatte sie unlogisch gehandelt, als sie nicht schnell genug auswich, als sie ihn kommen sah. Die Konsequenz dafür bestand in einer sofortigen Bestrafung – eine ganz einfache Logik. Sie würde daraus lernen und beim nächsten Mal besser aufpassen. Belschara wand sich unter den quälenden Schmerzen, die wie Flammen ihren Körper durchrasten. Ihre Muskeln verkrampften sich. Ihre Glieder zuckten unkontrolliert, sie stöhnte. Einige Angepaßte waren in der Nä he, machten aber keine Anstalten, ihr zu hel fen. Sie gingen ihrer Wege, der Vorfall be rührte sie einfach nicht. Sie sind schlimmer als die Methans! dach te Saprest verächtlich und angewidert. Er eilte zu dem Mädchen, schob mit dem Fuß das Bündel zur Seite und kauerte sich neben sie. Mit geübten Griffen massierte er ihre Nackengegend, er kannte sich in dieser Me thode aus. Jeder der nicht angepaßten Ge fangenen im Lager machte im Laufe der Zeit irgendwann unliebsame Bekanntschaft mit den Neuropeitschen. Langsam entspannte sich der Körper der Arkonidin, der Krampf wich aus ihrer Mus kulatur. Das Stöhnen verstummte, nur noch das Keuchen ihrer hastigen Atemzüge war zu hören. Saprest holte ein Tuch hervor und wischte die Tränen ab, die über ihr Gesicht rannen. »Es ist ja schon wieder gut«, sagte er in beruhigendem Tonfall. »Komm, du kannst hier nicht so liegenbleiben. Ich helfe dir und bringe dich in dein Quartier.« Er half ihr auf die Beine, hob das Bündel auf und schwang es über seine breiten
14 Schultern. Mit der Linken umfaßte er ihre Taille und führte sie langsam davon. »Danke, Saprest«, flüsterte das Mädchen, als sie wieder zu Atem gekommen war. »Du hilfst mir immer wieder – womit habe ich das verdient?« Der junge Mann lächelte bitter, gab aber keine Antwort. Was hätte er auch sagen sol len? In dieser Umgebung von Liebe spre chen zu wollen, wäre mehr als nur unlogisch gewesen … »Das Bündel!« erinnerte ihn Belschara gleich darauf. »Ich sollte es zu Zefalon brin gen, er wartet darauf. Es enthält Kräuter, mit deren Hilfe er dem Essen einen besseren Ge schmack geben will.« »Ich erledige das schon«, versprach Sa prest. Er öffnete die Tür eines einfachen, aus Fertigbauteilen errichteten Gebäudes und führte das Mädchen hinein bis zu ihrem La ger. Sie fiel schwer auf die harte Pritsche und blieb regungslos liegen. Die unmittelba ren Folgen des Neuroschocks waren zwar behoben, aber damit war längst noch nicht alles ausgestanden. Stunden würden verge hen, bis die Kraft in Belscharas Glieder zu rückkehrte. Im Augenblick hielt sich niemand in der Frauenbaracke auf. Saprests Augen glitten durch den Raum, aber es gab nicht viel zu sehen. Fünfzehn Pritschen, einige Tische und Hocker aus arkonidischen Flottenbe ständen, ein paar Regale mit den dürftigen Habseligkeiten der Bewohnerinnen, das war alles. »Ich bringe dir nachher dein Essen«, sagte der junge Mann, aber das Mädchen hörte ihn schon nicht mehr. Sie war fast augenblick lich in einen Erschöpfungsschlaf gesunken, und das war unter den gegebenen Verhält nissen das Beste für sie. Saprest machte sich auf den Weg zur Kü che. Verwundert sah er, daß eine Gruppe von Angepaßten unter der Aufsicht von zwei Maahks Arbeiten ausführte, deren Sinn ihm unklar blieb. »Was tun die da?« erkundigte er sich bei Zefalon, als er ihm das Bündel mit den
HARVEY PATTON Kräutern übergab. Der alte Koch mit dem narbigen Gesicht legte einen Finger auf die Lippen. »Nicht so laut!« raunte er mit einem ver stohlenen Blick zu seinen beiden Gehilfen, die in den Suppenkesseln rührten. »Warte eine Weile, dann erkläre ich dir alles.« Er öffnete das Bündel, sortierte den Inhalt und warf einen Teil davon in die dampfen den Kessel. Dann kehrte er zu dem jungen Mann zurück. »Die Frauen haben sich selbst übertroffen«, meinte er laut und zwinkerte Saprest zu. »Heute Abend wird es ein wah res Festessen geben, das kann ich dir versi chern. Eine bessere Konzentrat-Al gen-Suppe kannst du dir gar nicht vorstel len.« Saprest zog eine Grimasse, aber der Alte achtete nicht darauf. Er schob ihn in einen Nebenraum und ließ sich ächzend auf einem Hocker nieder. »So, jetzt können wir ungestört reden. Ich weiß, was da draußen vorgeht, denn ich ha be gelauscht, als Grek 1 dem Anführer der Angepaßten seine Pläne erläuterte. Mich nimmt niemand für voll, selbst bei den ver dammten Methans genieße ich so etwas wie Narrenfreiheit. Ich stelle mich immer halb taub, aber meine Ohren sind noch recht gut.« »Komm zur Sache«, drängte der junge Mann. »Ich habe nicht beliebig viel Zeit, ir gendwann wird mich jemand vermissen. Ich habe keine Lust, die Neuropeitsche zu ko sten, wie vorhin Belschara. Grek 12 hat sie geschlagen, als sie ihm nicht schnell genug aus dem Weg ging.« Zefalon nickte. »Schon gut, Junge. Die Maahks sind dabei, das Lager in einen arko nidischen Stützpunkt zu verwandeln! Das ist nicht sonderlich schwer, da bis auf die Druckbauten, in denen sie leben, ohnehin al les aus erbeuteten Flottenbeständen errichtet wurde. Die Angepaßten nehmen nun einige Schönheitskorrekturen vor, denn wir werden vermutlich bald Besuch bekommen, dem Sand in die Augen gestreut werden soll.« »Besuch?« fragte Saprest verständnislos.
Eine Falle für die MEDON »Doch nicht etwa Arkoniden?« Der Koch grinste humorlos. »Doch, mein Lieber. Wer das sein soll, konnte ich jedoch nicht erfahren, das haben die Maahks nicht einmal ihren ›Lieblingen‹ verraten. Auf jeden Fall soll dieser Besuch mächtig herein gelegt werden. Man will sein Schiff ruhig landen lassen, um dann die Besatzung schlagartig zu überrumpeln und sie gefange nen zu nehmen. Erinnerst du dich noch an Carock Ekalv, den Musterschüler von Grek 1?« »Und ob!« knurrte der Jüngere. »Er hat uns schlimmer schikaniert, als es die Me thans können. Wir waren alle froh, als er vor einiger Zeit von ihnen weggebracht wurde. Selbst die zwei Jahre Gehirnwäsche und Umerziehung haben nicht vermocht, ihm den Dünkel des zweifachen Mondträgers auszutreiben.« »Ihn hat man als Lockvogel eingesetzt«, meinte Zefalon verkniffen. »Die Methans haben ihn ins Große Imperium zurückge schickt und auf irgendeine wichtige Persön lichkeit angesetzt. Er soll den betreffenden Mann hierher locken, damit man ihn gefan gennehmen kann. Deshalb die ganze Maske rade, die jetzt im Gange ist.« »Doch nicht etwa Orbanaschol selbst?« fragte Saprest atemlos. Der Koch winkte verächtlich ab. »Meinst du, dieser fette Feigling würde sich jemals auf eine so entlegene Welt bege ben? Der nicht, Saprest, darauf kannst du Gift nehmen. Vermutlich ist es irgendein Befehlshaber, der den Maahks besonders zu schaffen macht. Wenn man ihn fängt und dann …« Er unterbrach sich hastig, denn vor der Tür wurden Schritte laut. »Geh jetzt, mehr kann ich dir doch nicht sagen. Kein Wort darüber zu anderen, verstanden? Ich bin zwar nur ein alter Koch, aber ich möchte doch gern noch eine Weile leben.«
* »Wie geht es dir?« erkundigte sich Sa
15 prest behutsam. Das Mädchen hob die Schultern. »Nicht besonders, ich bin immer noch ziemlich schlapp. Auf jeden Fall danke ich dir nochmals, daß du dich um mich geküm mert hast. Diese Neuropeitschen sind wirk lich teuflische Dinger.« Die beiden jungen Leute saßen am Rand des Gefangenenlagers auf einem Felsblock. Dicht hinter ihnen lag der Gitterzaun, der das Areal begrenzte, aber er hatte praktisch nur symbolischen Wert. Jeder von den Ge fangenen hätte ihn mühelos überwinden können, doch bisher hatte es noch keiner versucht. Ringsum erstreckte sich nur Öd land, auf dessen steinigem Untergrund nur spärlicher Pflanzenwuchs gedieh. Eine Flucht hatte einfach keinen Sinn. Die Maahks besaßen Flugpanzer mit empfindli chen Biodetektoren, die jeden Entflohenen mühelos aufspüren konnten. Sie schwiegen eine Weile und sahen zu, wie die Sonne Cylmad als riesige rote Schei be unter dem Horizont versank. Dann wand te sich Belschara um und sah Saprest an. »Was geht eigentlich seit heute im Lager vor?« fragte sie. »Die Angepaßten haben den ganzen Nachmittag über gearbeitet, man erkennt die Gebäude kaum noch wieder. Ha ben die Maahks plötzlich ihre eiserne Logik vergessen und einen eigenen Sinn für Ver schwörungen entdeckt? Es sieht fast so aus.« Der junge Mann sah ihr Gesicht, das trotz aller Entbehrungen kaum seine Schönheit verloren hatte. Belschara war zweiundzwan zig Arkonjahre alt, nur vier Jahre jünger als er. Sie stammte aus einer Händlerfamilie und war mit ihrem Vater unterwegs gewe sen, als die Methanatmer sein Schiff zusam mengeschossen hatten. Nur sie allein hatte überlebt und war von ihnen gefangengenom men worden. Nun befand sie sich bereits ein Jahr lang auf Posalkehn. Saprest hatte ein ähnliches Schicksal er fahren. Er war allerdings Angehöriger der Imperiumsflotte gewesen, dritter Navigator auf einem Schlachtschiff, das im Labadon Sektor vernichtet worden war. Im allgemei
16 nen pflegten die Maahks kaum Gefangene zu machen; sie überließen die Überlebenden der Raumschlachten einfach ihrem Schick sal. Saprests Fall war eine der wenigen Aus nahmen gewesen. Es war dem jungen Raumfahrer gelungen, zusammen mit zwei Gefährten in ein Ret tungsboot zu gelangen und damit das bren nende Schiff zu verlassen. Sie waren jedoch nicht weit gekommen. Der Traktorstrahl ei nes Walzenraumers hatte das kleine Fahr zeug eingefangen und an Bord geholt. Nun lebte Saprest schon seit anderthalb Jahren auf Posalkehn. Die Methans hatten ihn verschiedenen Tests unterzogen, aber offenbar hatte er ih ren Ansprüchen irgendwie nicht genügt. Da für war er den Göttern jetzt noch dankbar. Ihm waren die Qualen der sowohl physi schen wie auch psychischen Druckmethoden erspart geblieben, mit denen die Maahks die früheren Feinde so umzuformen verstanden, daß sie zu ihren willigen Werkzeugen wur den. So wie Carock Ekalv … An diesen Mann mußte Saprest jetzt wie der denken. An ihn – und an das Ränkespiel, das im Gange war, um irgendeinen wertvol len Arkoniden in die Gewalt des Feindes zu bringen. Durfte er dabei tatenlos zusehen? Konnte er nicht vielleicht die Pläne der Maahks irgendwie durchkreuzen und zum Scheitern bringen? Er hatte sie schon früher gehaßt, aber es war nur der unpersönliche, kollektive Haß der Arkoniden gegen die grausamen Feinde gewesen. Wie sehr und intensiv er sie jetzt nach der langen Gefan genschaft haßte, kam ihm nun erst richtig zum Bewußtsein. Er grübelte hin und her, und plötzlich hat te er eine Idee. Er legte den Arm um Bels chara, und das Mädchen schmiegte sich wil lig an ihn. »Wollen wir zusammen fliehen?« fragte er entschlossen. Belschara sah ihn verwundert an. »Fliehen – wohin …?« gab sie zurück. »Du weißt so gut wie ich, daß eine Flucht
HARVEY PATTON aus dem Lager keinen Sinn hat, Saprest. Die Maahks würden uns wieder einfangen, ehe wir auch nur eine Meile weit gekommen wä ren.« Der junge Mann schüttelte den Kopf. »Die Sache ist doch nicht ganz so aus sichtslos, wie du denkst. Natürlich dürfen wir nicht durch das offene Gelände gehen. Ich denke vielmehr an das Höhlensystem, das hinter der Küchenbaracke beginnt und sich bis weit in die Felsenhügel hinzieht. Ze falon erzählte mir davon, es wurde bei den Ausschachtungsarbeiten entdeckt. Man hat den Eingang wieder zugeschüttet, heute weiß kaum noch jemand davon. In den Höh len könnten wir uns verbergen, dort können uns auch die Biodetektoren nicht aufspü ren.« »Das könnte sein«, räumte das Mädchen ein. »Doch welchen Sinn sollte es haben? Nur ein paar Tage, und wir müßten wieder zurückkommen, wenn wir nicht verhungern wollen.« Sie lauschte atemlos, als ihr Saprest mit teilte, was er von dem alten Koch erfahren hatte. »Diesen Plan möchte ich durchkreu zen«, schloß er. »Zweifellos gibt es drüben in den Hügeln Ausgänge, die aus den Höh len ins Freie führen. Sobald dann das arkoni dische Schiff landen will, müssen wir ihm ein Zeichen geben. Wenn die Insassen es be merken, dürften sie die Landung zumindest verschieben und den angeblichen Stützpunkt näher unter die Lupe nehmen. Vielleicht schicken sie dann zuerst nur ein Beiboot herunter, und dann dürfte der Schwindel sehr schnell auffliegen.« Belschara nickte begeistert. »Eine ausge zeichnete Idee, auch wenn wir vielleicht später bitter dafür büßen müssen. Vielleicht kommt es aber gar nicht soweit – vielleicht können unsere Leute die Maahks überwälti gen und uns befreien!« »Das hoffe ich auch«, sagte Saprest. »Eine bessere Gelegenheit werden wir wohl nie mehr bekommen, dafür lohnt sich das Risiko schon. Du wirst also mit mir gehen?« Sie bekräftigte ihre Absicht mit einem
Eine Falle für die MEDON langen Kuß, der eine andere Antwort erüb rigte. »Wann gehen wir?« fragte sie dann. Der junge Mann überlegte kurz. »Vielleicht kommt das Schiff schon morgen, die Arbeiten werden in größter Eile ausge führt. Wir müssen also schon heute Nacht verschwinden, morgen könnte es zu spät sein. Treffen wir uns um Mitternacht hinter der Küche, ich werde Grabewerkzeug mit bringen, um den Zugang zu öffnen.« Er erhob sich. »Komm, wir müssen zum Abendappell, sonst bekommen wir nichts mehr zu essen. Ich will versuchen, von Zefa lon etwas Brot zu bekommen, das wir mit nehmen können – in den Höhlen werden wir vielleicht tagelang aushalten müssen.« Im Lager wurde immer noch gearbeitet, obwohl es bereits dunkel wurde. Die Ange paßten waren dabei, die Druckkuppeln der Maahks so mit Spritzgußteilen zu verklei den, daß sie wie normale arkonidische Ge bäude aussahen. In diesen Kuppeln gab es das Wasserstoff-Me than-Ammoniak-Gemisch, das die Atemluft der Maahks darstellte. Nur darin konnten sie sich ohne ihre Druckanzüge aufhalten, die Sauerstoffatmosphäre von Posalkehn war Gift für sie. Schwerkraftgeneratoren erzeug ten eine Gravitation, die etwa das Dreifache der Arkonnorm betrug. Für sie war diese mörderische Schwerkraft normal, sie stammten durchweg von Riesenplaneten. Saprest gesellte sich zu seinen Gefährten, mit denen zusammen er in Gefangenschaft geraten war. »Der Abendappell fällt heute aus«, sagte Gramoor, »unsere Herren haben keine Zeit dafür. Verdammt, was bauen die sich eigentlich da zurecht, und warum? Es muß sehr wichtig sein, weil man uns nicht mit einspannt, sondern die Angepaßten die ganze Arbeit tun läßt.« Ramo Frekall zuckte mit den Schultern. »Von mir aus sollen sie sich totarbeiten, die dreckigen Verräter, ich habe nichts dagegen. Sei besser nicht zu neugierig, es könnte dir schlecht bekommen. Gehen wir lieber zum Essen.« Die Mahlzeit wurde in einem großen
17 Raum ausgegeben, der sich an die Küche an schloß. Es gab die übliche Synthosuppe, die zwar sättigte und alle lebensnotwendigen Stoffe enthielt, aber unappetitlich aussah und unangenehm säuerlich schmeckte. Selbst das Aroma der von den Frauen ge sammelten Kräuter konnte daran nicht viel ändern. Dazu wurde Fladenbrot gegessen, das wenigstens einen gewissen Prozentsatz Mehl enthielt. Schweigend nahmen die etwa hundert ge wöhnlichen Gefangenen das Mahl ein und entfernten sich dann wieder. Nur Saprest ging nicht sofort in seine Baracke. Er suchte Zefalon auf, der zusammen mit seinen Ge hilfen dabei war, die Suppenkessel zu reini gen, und zog ihn in eine Ecke. »Hast du noch Brot für mich übrig?« frag te er leise. »Ein möglichst großes Stück, wenn es geht, es soll für eine Weile reichen. Dann bräuchte ich noch so etwas wie ein Feuerzeug, du hast doch ein paar solche In strumente.« Der Koch sah ihn argwöhnisch an. »Du willst doch nicht etwa Dummheiten machen, Junge? Denkst du vielleicht daran, das Lager anzustecken, um so die Pläne der Methans zu vereiteln? Schlag dir das lieber gleich wieder aus dem Kopf, es würde doch zu nichts führen. Die Burschen haben Löschkanonen, mit denen sie in Sekunden schnelle jeden Brand ersticken können. Den Versuch haben andere schon früher gemacht und nichts damit erreicht.« Er hielt inne und sah plötzlich sehr nach denklich aus. »Verdammt, jetzt geht mir ein Licht auf! Du willst Brot und ein Feuerzeug – du hast einen Fluchtversuch vor, nicht wahr? Junge, weißt du auch, was du dir da vorgenommen hast?« »Nicht so laut!« zischte Saprest. »Ja, ich weiß es, aber für dich ist es besser, wenn du von nichts weißt, deshalb werde ich dir auch nichts darüber erzählen. Bekomme ich die Sachen oder nicht?« Zefalon grinste düster. »Schon gut, ich lasse dich natürlich nicht im Stich. Ich weiß
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HARVEY PATTON
zwar nicht, was du dir ausgedacht hast, aber Auch ohne im Besitz einer Uhr zu sein, ich werde die Götter anflehen, dir dabei zu hatte Saprest ein gutes Zeitgefühl. Es saß helfen.« ihm sozusagen im Blut. Als Mitternacht Er schlurfte davon und kam gleich darauf kurz bevorstand, erhob er sich geräuschlos und schlich zur Tür. Er öffnete und schloß mit einem großen Brotfladen zurück. Saprest nahm ihn und verbarg hastig den kleinen sie behutsam und suchte dann den Neben Gegenstand in seiner Hand, den ihm Zefalon raum auf, in dem die Arbeitsgeräte unterge gleichzeitig zusteckte. Ein gemurmelter bracht waren. Dank, dann verließ der junge Mann die Kü Alles befand sich am gewohnten Platz, che, das Brot unter der weiten Jacke ver auch ohne Licht fand er, was er brauchte. Er steckt. nahm eine Hacke und einen kurzen Spaten Draußen brannten nun Scheinwerfer, in an sich und begab sich damit zum Ausgang. deren Licht immer noch eifrig gearbeitet Die Türen im Lager wurden nie abgesperrt, wurde. Saprest warf einen verstohlenen die Maahks verzichteten auf solche Maßnah Blick auf den Metallgegenstand in seiner men. In den Nachtstunden waren rings um Hand und pfiff dann unterdrückt durch die das Lager Infrarotdetektoren in Betrieb, die Zähne. Der Koch hatte ihm ein gutes Elek sofort Alarm auslösten, sobald jemand in ih tronenfeuerzeug mitgegeben, das aus Raum ren Bereich kam. Nach der Logik der Me fahrerbeständen stammte und eine praktisch thanatmer war damit jeder Fluchtversuch au unbegrenzte Lebensdauer besaß. Wie moch tomatisch zum Scheitern verurteilt. te es trotz der strengen Kontrollen in seinen Saprest grinste flüchtig, als er daran dach Besitz gekommen sein? te. Er schlich durch die dunklen Straßen, oh Er beeilte sich nun, in seinen Schlafraum ne sich besonders vorsehen zu müssen. Es zu kommen, den er mit sieben anderen Ge gab weder Wachen noch Streifen, die ihn fangenen teilte. Der Aufseher aus den Rei hätten beobachten können. Seine größte Sor hen der Angepaßten stand bereits vor der ge war, das Brot nicht zu verlieren, das unter Haustür und musterte ihn scharf, ließ ihn je seiner Jacke steckte. doch anstandslos passieren. Saprest warf Er erreichte die Küchenbaracke und ori sich auf sein hartes Lager, und gleich darauf entierte sich im schwachen Licht der Sterne erlosch die Leuchtfläche an der Decke. und des, matt glimmenden Nebelflecks, der Er schloß die Augen und entspannte sich, am Nordhimmel stand. Ein leises Zischen so gut es ging. Durch die Glassitfenster fiel ertönte, und dann löste sich Belscharas Ge gedämpft das Licht der Scheinwerfer in den stalt von der Barackenwand. Sie kam auf ihn Raum, zuweilen waren Geräusche oder Rufe zu und fiel ihm um den Hals. zu hören. Die Maahks beeilten sich wirklich »Vorsichtig, Mädchen!« raunte er. »Da, nimm den Spaten, wir müssen weiter nach sehr, ihr Vorhaben zum Abschluß zu brin links, dort ist der Eingang zu den Höhlen. gen, also mußte die Ankunft ihres »Gastes« kurz bevorstehen. Uns steht noch ein hartes Stück Arbeit be Hoffentlich geht das nicht die ganze vor.« Nacht so! dachte er inbrünstig. Dann ist al Das war durchaus nicht übertrieben. Jahre les umsonst gewesen … waren vergangen, seit die Öffnung zuge Die Götter hatten ein Einsehen. schüttet worden war, zähes Gras mit langen Nach etwa einer Stunde verstummten die ineinander verflochtenen Wurzeln war dar Geräusche und die Scheinwerfer wurden übergewachsen. Die beiden jungen Leute ar ausgeschaltet. Trotzdem blieb Saprest weiter beiteten verbissen und schwitzten bald, denn ruhig liegen und wartete ab. Alle anderen auf Posalkehn war es auch nachts ziemlich schliefen bereits, tiefe Atemzüge und leise warm. Es dauerte fast eine Stunde, bis Sa Schnarchtöne klangen durch den Raum. prests Hacke mit dumpfen Klang ins Leere
Eine Falle für die MEDON stieß. »Endlich!« stöhnte Saprest erleichtert auf. Im nächsten Moment wirbelte er herum, denn er hatte ein Rascheln gehört, das nicht von ihm oder Belschara stammte. Er sah die Umrisse einer anschleichenden Gestalt und hob die Hacke. Erst im letzten Moment bremste er den Schlag ab, denn er vernahm eine vertraute Stimme. »Immer langsam, Junge«, wisperte Zefa lon vorwurfsvoll. »Du wirst doch nicht dei nen besten Freund erschlagen wollen? Ich dachte mir, daß du Hilfe brauchst, deshalb bin ich gekommen. Sieh an, Belschara ist auch mit von der Partie …« »Woher weißt du …?« begann er, aber der Koch unterbrach ihn mit einem leisen Kichern. »Ich bin zwar ein alter Mann, aber ich kann immer noch klar denken, Söhnchen. Du hast dir von mir Brot und ein Feuerzeug erbeten, und daraus habe ich meine Schluß folgerungen gezogen. Alles wies darauf hin, daß du in dieser Nacht ausbrechen wolltest, aber der Weg über den Zaun schied wegen der Infrarotanlagen natürlich aus. Es blieben also nur die Höhlen, und von denen habe ich dir selbst erzählt. Ihr könnt übrigens froh sein, daß niemand auf den Gedanken ge kommen ist, einen nächtlichen Spaziergang zu unternehmen. Ihr wart so leise, daß es bis in meine Schlafkammer zu hören war!« Er nahm dem Mädchen den Spaten aus der Hand und half dem jungen Mann, das Loch zu erweitern. »So, jetzt reicht es«, stellte er nach einer Weile fest. »Kriecht hin ein, ich werde die Öffnung hinter euch mit Ästen und einer dünnen Erdschicht ver schließen. Da, nimm die Hacke mit, ihr wer det sie wohl noch brauchen. Merkt euch den Weg, falls ihr aus irgendwelchen Gründen doch zurückkommen wollt oder müßt.« Er kicherte wieder. »Unsere ›Herren‹ wer den sich sehr wundern, wenn ihr morgen früh nicht mehr da seid, ohne daß es Alarm gegeben hat. Man wird aber vermutlich nicht lange nach euch suchen, die Maahks haben wichtigere Dinge vor. Auf die Höhlen
19 wird niemand kommen, denn ich werde alle Spuren beseitigen.« Saprest merkte erst jetzt, wie dilettantisch sein Plan im Grunde gewesen war. Selbst ein Halbblinder hätte das Loch mühelos ent decken können, und dann hätten die Maahks zweifellos einige Roboter hindurchge schickt. Vor ihnen, die auch im Dunkeln se hen konnten, hätten sie sich kaum ver stecken können. Er stammelte einen Dank, aber Zefalon wehrte ab und riet ihm, sich zu beeilen. Gleich darauf standen die beiden jungen Leute gebückt in einem niedrigen Gang. Sie mußten warten, bis der Koch die Öffnung provisorisch verschlossen hatte. Erst dann konnte Saprest wagen, das Feuerzeug anzu machen. Der flackernde Schein zeigte ihm gleich, daß ihr Weg nicht leicht sein würde. Der Boden war uneben, mit Steingeröll bedeckt, das im Lauf der Zeit von der Decke ge bröckelt war. Schon nach wenigen Metern mußte er erstmals die Hacke einsetzen, da mit sie überhaupt weiterkamen. Doch bald wichen die Wände zurück, und sie standen in der ersten Höhle. Sie war un regelmäßig geformt und nicht sehr groß. In den Bodenvertiefungen standen Wasserla chen, es gab Stalagmiten und Stalaktiten. Zwischen ihnen hindurch suchten sie sich ihren Weg zur anderen Seite hin. Die Verbindung zur nächsten Höhle war so niedrig, daß sie auf dem Bauch kriechen mußten. Vollkommen erschöpft kamen sie aus dem Gang, ließen sich zu Boden fallen und schnappten keuchend nach Luft. »Worauf haben wir uns da eingelassen, Saprest?« fragte das Mädchen mutlos. »Ich weiß nicht, ob ich das durchstehen kann, wenn es immer so weitergeht.« Der junge Mann zuckte mit den Schul tern. »Was ist schon leicht in dieser verrück ten Welt? Ich denke jedenfalls nicht daran, umzukehren. Irgendwo müssen wir heraus kommen. Ich weiß von Zefalon, daß es in den Hügeln Ausgänge gibt. Wir haben uns eine Aufgabe gestellt, vergiß das nicht.«
20 Sie aßen etwas Brot und schöpften von dem brackigen Wasser, das in einem kleinen Tümpel stand. Dann bewegten sie sich wei ter, immer weiter … Neue Höhlen, neue Gänge. Gehen, krie chen, Hindernisse beseitigen, Ausruhen. In einem Hohlraum wimmelte es von großen weißen Würmern, die sich wohl von den Flechten ernährten, die darin wuchsen. Bels chara schreckte zurück, aber Saprest merkte bald, daß die Würmer sich hastig in Fels spalten zurückzogen, als das Licht auf sie fiel. Sie konnten bald weitergehen, erreich ten einen neuen Durchschlupf und gelangten nun in einen wahrhaft riesigen Hohlraum. »Oooohh …!« sagte Belschara staunend. Auch Saprest war verblüfft. Diese Höhle unterschied sich vollkommen von allen vor hergehenden. Ihr Boden war fast eben und zweifellos künstlich geglättet worden. An den Wänden ringsum ragten etwa meterhohe behauene Steinblöcke auf, die sofort an Sitz gelegenheiten denken ließen. In der Mitte des Raumes befand sich eine fast runde Steinplatte, die auf zwei Blöcken ruhte. Ver moderte Holzstücke lagen herum, die durch zusammengedrehte Sehnenstücke verbunden waren, denen der Zahn der Zeit nichts anzu haben vermocht hatte. Es handelte sich zweifellos um irgendwelche Gebrauchsge genstände, deren Zweck allerdings nicht mehr zu erraten war. Am auffallendsten waren jedoch die Ma lereien an den Wänden. Die Wesen, die die se Höhle bewohnt hatten, mußten sowohl geschickt wie auch phantasiebegabt gewesen sein. Sie hatten Rillen in den Fels gegraben und diese mit bunten Farbstoffen angefüllt, die auch jetzt noch leuchteten. Die meisten Darstellungen zeigten große drachenähnli che Tiere mit mächtigen Flügeln; einige der Wesen erinnerten entfernt an Gurboschs, die Urform der Rinder auf vielen jungen Welten des Imperiums. Dazwischen waren immer wieder Gestalten abgebildet, die wie klein wüchsige gedrungene Arkoniden wirkten, aber vier statt nur zwei Arme besaßen. »Das müssen die Bewohner der Höhle ge-
HARVEY PATTON wesen sein«, flüsterte Saprest fast ehr furchtsvoll. »Das alles ist aber uralt. Diese Rasse muß vor vielen Jahrtausenden hier auf Posalkehn gelebt haben und inzwischen längst ausgestorben sein.« Nach einer Weile bewegten sie sich wei ter und stießen auf eine Feuerstelle, in deren Mulde noch verkohlte Holzstücke lagen. Plötzlich blieb Belschara stehen und schnup perte in Richtung des jenseitigen Höhlenaus gangs. »Von da vorn kommt ein frischer Luft zug«, stellte sie fest. »Wir haben es be stimmt gleich geschafft, Saprest! Dort muß es einen Ausgang ins Freie geben.« Sie behielt recht. Ein Gang tat sich vor ihnen auf, der eben falls deutliche Spuren von Bearbeitung zeig te. Er war trocken und führte in langsamer Steigung nach oben, und dann sahen sie einen vagen Lichtschimmer vor sich. Sie hatten es wirklich geschafft. Allerdings mußte Saprest noch mehrmals die Hacke gebrauchen, denn Erdreich war in den Gang gestürzt und füllte ihn am Ende fast ganz aus. Dann erreichten sie das Freie, erschöpft und schmutzig stolperten sie hin aus und standen auf dem Hang eines Hügels, etwa eine Meile vom Lager entfernt. Die Sonne war bereits aufgegangen und leuchtete ihnen wie ein Fanal der Freiheit ins Gesicht.
4. Die MEDON alias KISSON kam aus der letzten Transition. Augenblicklich liefen die Ortungssysteme an. Als die Männer in der Zentrale den Sprungschock überwunden hatten, sahen sie die schwach glimmende Wolke des radioak tiven Nebels auf den Bildschirmen, der ih nen als Bezugspunkt diente. Plötzlich zuckte Waynjoon, der Zweite Pilot zusammen und wies auf die Anzeichen der Funkortung, auf deren Monitor noch das Nachglimmen einer Amplitude zu sehen war. Sein sonst stets lächelndes Gesicht war
Eine Falle für die MEDON ungewöhnlich ernst. »Das war zweifellos ein Funksignal, Me kron«, sagte er. »Es muß fast im gleichen Moment angekommen oder abgestrahlt wor den sein, als wir rematerialisierten.« »Sind Sie sicher?« fragte Dermitron mit hochgezogenen Brauen. Waynjoon nickte. »Es könnte sich um einen Rafferimpuls ge handelt haben, das Signal war sehr kurz. Die Form der Amplitude ließ darauf schließen, daß es über Hyperwelle ging.« »Speicherung abfragen«, befahl der Kom mandant kurz. Der Pilot nahm einige Schaltungen vor, und gleich darauf erschien die optische Dar stellung des Signals erneut auf dem Monitor, diesmal auf zehn Sekunden Dauer gedehnt. »Sie haben recht«, meinte Mekron dann. »Ein Hyperimpuls, ziemlich stark, aber kein Raffersignal. Eine unmodulierte und unge richtete Ausstrahlung, darauf weisen die ausgefransten Ränder dieser Zacke hin. Da mit läßt sich leider nicht viel anfangen, wir können nicht einmal feststellen …« Er unterbrach sich, denn das Schott war aufgeglitten, und Carock Ekalv betrat die Kommandozentrale. »Was hat es gegeben?« erkundigte er sich, als er die nachdenklichen Gesichter der Männer sah. Dermitron erklärte es ihm und ließ die Aufzeichnungen nochmals ablaufen. Ekalv wiegte überlegend den Kopf und meinte dann: »Ich glaube, eine Erklärung dafür zu ha ben. Wir befinden uns ziemlich nahe an dem radioaktiven Nebel, von dem ständig Emis sionen verschiedener Art ausgehen. Diese Wolke stellt das Anfangsstadium einer Pro tosonne dar, aus der später einmal ein neuer Stern entstehen wird. Im Augenblick wir beln die Gasmassen noch chaotisch durch einander, sie expandieren und kontraktieren abwechselnd, allerdings in sehr langen Zeiträumen nach unseren Begriffen. Die grundlegenden Prozesse laufen aber bereits, und so emittiert der Nebel unter anderem auch einen gewissen Prozentsatz von Hyper strahlung. Es wird einer dieser Ausbrüche
21 gewesen sein, auf den die Ortung angespro chen hat. Vermutlich wird sich dieser Vor gang ab und zu wiederholen, bis wir ins Cyl mad-System kommen.« Der Kommandant zog seine astrophysika lischen Kenntnisse zu Rate und gab ihm dann Recht. »In Ordnung, dann brauchen wir uns deswegen nicht weiter die Köpfe zu zerbrechen. Konzentrieren wir uns also auf unser Hauptproblem. Was sagen die Fernor tungen, Ventron?« Das Schiff war etwa zwei Lichtstunden oberhalb des Systems aus dem Hyperraum gekommen und driftete nun antriebslos lang sam darauf zu. Der wortkarge Ortungstech niker überprüfte nochmal seine Geräte und schüttelte dann den Kopf. »Keine Schiffe, Energieimpulse oder energetische Reststrahlungen im Erfassungs bereich.« »Systemkontrolle vornehmen«, bestimmte Dermitron, und die Männer gingen ans Werk. Eine halbe Stunde später stand fest, daß es auf vier der fünf Planeten der Sonne Cylmad keinerlei Aktivität auf dem Energieund Funksektor gab. Nur von der zweiten Welt Posalkehn gingen schwache Emissio nen aus, die nach der Auswertung durch den Computer als die charakteristischen Streu strahlungen laufender Konverter erkannt wurden. »Alles in Ordnung«, meinte der Erste Of fizier. »Unserem Anflug auf Posalkehn steht nichts mehr im Wege.« Mekron Dermitron winkte ab. »Wir war ten damit noch, das Schiff bleibt vorläufig im freien Fall. Die Depotanlagen befinden sich zur Zeit innerhalb der Nachtzone, dort wird es erst in etwa fünf Stunden wieder hell. Falls es zu Zwischenfällen kommen sollte, wären wir im Dunkeln zu sehr gehan dikapt. Wer kann, soll noch eine Mütze Schlaf nehmen.« Ekalv verzog das Gesicht, ihm ging die saloppe Ausdrucksweise offenbar gegen den Strich. Er stimmte dem Kommandanten je doch zu, und die meisten Männer verließen die Zentrale. Nur Dermitron und Dermato,
22 der Erste Pilot, blieben als Wache zurück. Die Stunden vergingen ereignislos. Nur die Funkortung sprach in dieser Zeit in unre gelmäßigen Abständen sechsmal an, und im mer erschienen die schon bekannten »ausgefransten« Amplituden auf dem Schirm. Als Ausgangspunkt ermittelte der Computer tatsächlich den Radionebel und räumte damit auch die letzten theoretischen Bedenken aus. Nach Ablauf von sechs Stunden weckte Mekron die Besatzung und ordnete die Aus gabe einer Mahlzeit an. Eine Stunde später nahm die MEDON-KISSON Fahrt auf und ging auf Kurs nach Posalkehn. Alle Positio nen waren doppelt besetzt, vorsorglich wur de Gefechtsbereitschaft angeordnet. Vier Stunden danach hatte sich das Schiff dem Planeten bis auf zehn Millionen Kilo meter genähert. »Ortungsimpulse«, meldete Ventron lakonisch, und der Kommandant schaltete den Hyperkom ein. Er hatte sein Aussehen etwas verändert. Haftschalen ga ben seinen Augen eine blaue Farbe, Haar und Brauen waren rötlich getönt. Sein Aus sehen entsprach nun dem eines Mannes von Kalldom'yr, einer Welt im Zentralsektor von Arkon. Diese Vorsichtsmaßnahme war be rechtigt, denn er wurde in den Fahndungsli sten der Imperiumsflotte als Deserteur ge führt. Sein erster Einsatz für Atlan wäre fast im letzten Moment gescheitert, weil ihn ein Beamter der POGIM erkannt hatte. Der Bildschirm erhellte sich und zeigte das typische Innere einer kleinen planetaren Funkstation. Am Gegengerät saß ein Mann in Flottenmontur mit den Rangabzeichen ei nes Arbtans. Er richtete sich unwillkürlich auf, als er das blaue Planetensymbol auf Dermitrons linker Brustseite erkannte. »Raumkreuzer KISSON vom 23. Ge schwader, Kommandant Elgar Sakkonta«, sagte Mekron ruhig. »Verbinden Sie mich mit dem Stützpunktkommandanten, Arb tan.« »Sofort, Erhabener«, schnarrte der Mann, und der Bildschirm wurde grau. Zehn Sekunden später blendete ein neues
HARVEY PATTON Bild auf und zeigte einen älteren Arkoniden, von den Utensilien eines Büroraumes umge ben. Er trug Offiziersuniform und gleichfalls ein Planetensymbol. Er nickte Dermitron knapp zu. »Mein Name ist Horklyn, Verwalter der Depots von Posalkehn. Was kann ich für Sie tun, Kommandant?« »Elgar Sakkonta« stellte sich nochmals vor und hielt dann eine der in der Imperi umsflotte üblichen Orderfolien vor die Auf nahmeoptik. Sie war auf Kraumon angefer tigt worden, wirkte vollkommen echt und trug hervorragend gefälschte Unterschriften und Siegel. Selbst Geheimdienstexperten konnten es kaum schaffen, sie als Falsifikat zu entlarven. »Wir kommen im Sonderauftrag des Sek torenkommandos Ashyr-Süd, Horklyn. Un ser Geschwader wurde aufgerieben und wird zur Zeit neu aufgestellt. Ich habe Anwei sung, hier zweitausend Kampfanzüge zu übernehmen, die zur Vervollständigung un serer Ausrüstung gebraucht werden. Zu die sem Zweck ersuche ich um Landeerlaubnis für Posalkehn.« Horklyn legte die Stirn in Falten. »Zweitausend Kampfanzüge? Eine etwas ungewöhnliche Anforderung. Ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen diese Menge ausliefern kann. Auf jeden Fall werde ich sofort Order geben, das subplanetare Depot zu öffnen und alles für die Übergabe vorzubereiten. Die Landegenehmigung wird erteilt, wir senden Ihnen einen Peilstrahl. Bis später, Sakkonta.« Fast gleichzeitig schalteten beide Männer die Funkgeräte ab. Beide hatten nur geblufft, und beide glaubten sich fast am Ziel ihrer Wünsche. Allerdings war Mekron Der mitrons Position eindeutig schwächer, denn er ahnte nichts davon, um was es auf Posal kehn in Wirklichkeit ging. Das wußte nur Carock Ekalv, der mit unbewegtem Gesicht im Hintergrund stand … Das Schiff wurde wieder beschleunigt und näherte sich dem Planeten, auf dem die Falle für Atlans Männer weit offenstand.
Eine Falle für die MEDON Dieser Tag im Gefangenenlager der Maahks unterschied sich erheblich von allen anderen. Selbst die Ahnungslosesten merk ten schon am frühen Morgen, daß etwas Be sonderes im Gange war. Die Angepaßten, die sonst die Aufsicht über die normalen Gefangenen führten, lie ßen sich nicht zum Morgenappell sehen. Sie waren vollzählig damit beschäftigt, die ab schließenden »Verschönerungen« vorzuneh men und wurden von den Maahks zu höch ster Eile angetrieben. Schon vor Stunden hatte ein kurzer Funkimpuls angekündigt, daß die Ankunft des erwarteten Raumers dicht bevorstand. Wenn er ankam, mußte al les fertig sein. Die Männer und Frauen rätselten herum, kamen jedoch zu keinem Ergebnis. Sie war teten einige Zeit und gingen dann von selbst, um ihre Morgenmahlzeit in Empfang zu nehmen. Natürlich hatten sie das Verschwin den von Saprest und Belschara bemerkt. Sie wären aber die letzten gewesen, die es ge meldet hätten. Nur zu gern wären sie an der Stelle der beiden jungen Leute gewesen, die offenbar das geschafft hatten, was zuvor noch niemand gelungen war. Allein Zefalon wußte von ihrem Verbleib, aber er schwieg eisern. Es war ihm gelun gen, alle Spuren des Ausbruchs zu beseiti gen, die Stelle, an der sich der Eingang zum Höhlensystem befand, bot das gewohnte Bild. Einige Stunden später änderte sich plötz lich alles. Die Angepaßten hatten ihre Arbeiten be endet, die Maahks verschwanden in ihren Druckkuppeln. Nun erschienen die Aufse her, mit Neuropeitschen ausgerüstet. Sie trieben die gaffend herumstehenden Gefan gen in ihre Quartiere, deren Eingänge sorg fältig verschlossen wurden. Diese ahnten aber immer noch nicht, was im Gange war. Die eisernen Fensterläden waren geschlos sen, man ließ sie im Dunkeln sitzen. Stunden später hörten sie das Geräusch, mit dem ein Schiff auf dem nahen Hafen zur Landung ansetzte. Alle nur möglichen Ver
23 mutungen wurden geäußert, aber sie gingen weit am Kern der Sache vorbei. Saprest und Belschara wußten es besser. Sie hatten einige Zeit gebraucht, bis sie sich von den Strapazen ihres Weges durch die Höhlen erholt hatten. Die letzten Bissen Brot waren verzehrt, hatten sie aber nur not dürftig gesättigt. Sie hatten aber wenigstens Wasser gefunden, denn ein schmales Rinn sal schlängelte sich an den Felshügeln ent lang. Hunger ließ sich notfalls eine ganze Weile ertragen, Durst dagegen nur für kurze Zeit. Für sie war jedoch beides sekundär ge worden, sie beschäftigten sich mit ganz an deren Dingen. Saprest hatte die ganze Zeit schon über legt, wie er es anfangen könnte, das erwarte te Schiff zu warnen. Es war ein fast aus sichtsloses Unterfangen, denn er besaß nichts, das als Hilfsmittel dazu geeignet ge wesen wäre. Deprimiert hatte er vor sich hin gestarrt und dann in ohnmächtigem Zorn mit der Hacke auf einen Felsblock geschlagen. Funken waren aufgesprungen, und ganz plötzlich war ihm die Lösung des Problems eingefallen: Feuer! Die Senken zwischen den Felshügeln wa ren dicht mit einem Gewirr von etwa drei Meter hohen Bäumen bestanden, die aber auf dem steinigen Untergrund nur wenig Nahrung fanden. Seit Wochen hatte es nicht mehr geregnet, das Gehölz war zunder trocken. Wenn man es an mehreren Stellen zugleich ansteckte, mußte es im Nu lichter loh brennen. »Das ist die Idee, Belschara!« begeisterte er sich. »Die Bildoptiken eines Raumschiffs können selbst kleine Objekte ganz genau er fassen. Wenn die Leute in dem Fahrzeug nicht gerade schlafen, muß ihnen ein solcher Flächenbrand unbedingt auffallen. Sie wer den sich wundern, wenn es so nahe an dem vorgeblichen Stützpunkt brennt, ohne daß von dort aus Löschversuche unternommen werden, und die Gegend etwas genauer un ter die Lupe nehmen. Wenn wir uns dann an einer exponierten Stelle aufbauen und ihnen
24 weitere Zeichen geben, müßten sie merken, daß wir sie warnen wollen.« »Und wenn nicht?« hatte das Mädchen gefragt. »Vielleicht sagen sie sich, daß sich die Besatzung der ›Station‹ selbst um das Feuer kümmern würde, wenn es eine Gefahr für sie darstellte. Vielleicht haben sie es auch viel zu eilig, um auf solche Dinge zu achten.« »Wir versuchen es trotzdem«, hatte Sa prest entschieden. »Nur deshalb habe ich den Ausbruch unternommen. Wenn wir un ser Ziel erreichen, wird die Besatzung des Schiffes alle Gefangenen befreien, also auch uns. Mit der Handvoll Maahks wird sie spie lend fertig, sobald sie erfaßt hat, daß hier Gefahr für sie droht.« Er hatte sofort damit begonnen, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Das Gelände zwischen den Hügeln konnte vom Lager aus nicht eingesehen werden, so daß sie sich darin frei bewegen konnten. Sa prest hatte mit der Hacke eine schmale Schneise geschlagen, die weit von dem Hü gel wegführte, an dem sie aus den Höhlen gekommen waren. Belschara hatte die abge schlagenen Äste gesammelt und am End punkt zu einem Haufen aufgetürmt. Dann hatten sie dasselbe auf der anderen Seite ge tan. Die beiden Punkte lagen etwa zweihun dert Meter auseinander. Vollkommen erschöpft ruhten sie eine Weile aus, aber immer wieder suchten Sa prests Augen besorgt den Himmel ab. Über der Arbeit waren mehrere Stunden vergan gen, das Schiff konnte jeden Augenblick er scheinen. »Wir warten nicht mehr länger«, ent schied er schließlich. »Ich entzünde jetzt hier ein kleines Feuer, das du laufend ver sorgen mußt, damit es nicht ausgeht. Dann gehe ich hinüber auf die andere Seite und tue dort dasselbe. Anschließend müssen wir beide gut aufpassen. Sobald einer von uns das Schiff am Himmel entdeckt oder das Geräusch von Triebwerken hört, verständigt er den anderen durch einen Zuruf. Dann werfen wir die brennenden Hölzer so weit
HARVEY PATTON wie möglich zwischen die Bäume, innerhalb weniger Minuten wird die ganze Senke in Flammen stehen. Dann laufen wir beide zu dem Hügel mit dem Höhlenausgang zurück und bauen uns dicht unterhalb seiner Kuppe auf. Da wir nichts anderes haben, werden wir mit unserer Kleidung winken müssen – alles andere müssen wir der Fügung der Götter überlassen.« Er türmte einen kleinen Haufen Geäst ab seits auf den Felsboden und setzte ihn mit dem Feuerzeug in Brand. Dann stürmte er los, erreichte völlig außer Atem die andere Seite und verfuhr dort ebenso. Nun konnte der Raumer kommen – was er tun konnte, hatte er getan. Seine Geduld wurde jedoch auf eine harte Probe gestellt. Die Sonne stieg immer höher und brannte unbarmherzig herab, seine Au gen tränten vom ständigen Starren zum Himmel. Auch Belschara erging es nicht besser, aber die Hoffnung hielt beide auf recht. Dann sah Saprest endlich einen blitzenden Punkt am Himmel, der langsam größer wur de. »Belschara!« schrie er mit voller Lun genkraft. »Das Schiff kommt …« Ganz schwach vernahm er ihre Antwort, und dann begannen beide ihr Werk. Sie packten die brennenden Hölzer, schleuder ten sie in das Gehölz vor sich und weit nach den Seiten hin. Sie versengten sich dabei die Finger, aber sie achteten kaum darauf. Pras selnd fingen die Bäume Feuer, die Flammen breiteten sich rasend schnell weiter aus. Dichte Rauchwolken stiegen auf, die Hitze wurde bald unerträglich und zwang sie zum Rückzug. Eilig hasteten sie zu »ihrem« Hügel zu rück und kamen völlig außer Atem oben an. Der Punkt am Himmel war inzwischen merklich größer geworden, das Grollen der Bremstriebwerke drang zu ihnen herab. Ha stig rissen sie sich die Oberkleidung von den Körpern und begannen Sie zu schwenken. Die ganze Senke war nun von Rauch und Flammen erfüllt, die Bäume brannten lich terloh. Das Feuer mußte nun auch vom La
Eine Falle für die MEDON ger aus gesehen werden, aber das kümmerte die beiden jungen Leute nicht. Falls die Maahks wirklich Roboter ausschickten, um den Brand zu bekämpfen, konnten sie sich jederzeit wieder in das Höhlensystem zu rückziehen. »Helft, ihr Götter Arkons!« betete Saprest inbrünstig. In der zur Landung ansetzenden MEDON war Dermato aufmerksam geworden. »Da unten brennt es, Mekron, ziemlich nahe bei der Station«, meldete er. »Hoffentlich gibt das keine Ungelegenheiten für uns.« Dermitron warf einen kurzen Blick auf die Schirme der Bilderfassung, dann winkte er ab. »Wir landen wie vorgesehen«, be stimmte er. »Das Feuer ist mindestens eine Meile von den Gebäuden entfernt, die Hügel liegen dazwischen und in dem anschließen den Gelände findet es keine Nahrung mehr. Falls es wirklich ernst wäre, hätte Horklyn bestimmt schon Maßnahmen zu seiner Be kämpfung ergriffen.« Der Pilot nahm den Blick wieder von den Schirmen und konzentrierte sich auf das Landemanöver. Niemand sah die beiden ver zweifelt winkenden Gestalten auf dem Hü gel – die letzte Chance, der wartenden Falle noch zu entgehen, ging ungenutzt vorbei! Das Schiff schwebte herab und setzte auf dem kleinen Hafen jenseits des Lagers auf. Drei Meilen weiter sanken zwei junge Leute mutlos zusammen, Tränen der Enttäu schung rannen über ihre Gesichter. Sie hat ten getan, was sie konnten, aber es hatte nicht gereicht …
5. Die Triebwerke verstummten, die Trans former und Konverter liefen aus. Mekron Dermitron nickte Carock Ekalv befriedigt zu. »Bis jetzt hat alles wunderbar geklappt«, sagte er, machte jedoch im nächsten Mo ment die Geste der Raumfahrer, die gegen Unheil schützen sollte. »Jetzt kommt es vor allem darauf an, daß alles möglichst rasch
25 abläuft. Wir werden die unerläßlichen For malitäten erledigen müssen, uns jedoch nicht einen Augenblick länger aufhalten lassen, als es unbedingt nötig ist. Unsere bildschöne Orderfolie trägt den Vermerk höchster Dringlichkeit, und Horklyn ist ein alter Sol dat. Er dürfte nichts dabei finden, daß wir ei ne gewisse Eile an den Tag legen.« Der zweifache Mondträger grinste. »Ich bin gleichfalls davon überzeugt, daß der Bluff restlos gelingen wird«, meinte er ge lassen. Niemand in der angeblichen KIS SON konnte ahnen, wie diese Bemerkung wirklich gemeint war … Das Schiff war direkt am inneren Rand des Hafens gelandet, der kaum mehr als ein besserer Rübenacker war. Der Untergrund war jedoch fest, es stand sicher auf seinen Teleskopstützen. Dermitron wandte sich an den Ersten Offizier. »Bereiten Sie alles für die Ausschleusung der Transportgleiter vor«, ordnete er an. »Schicken Sie so viele Männer mit, wie es eben geht, ohne aufzufallen, alle gut bewaff net. Falls es doch Ärger geben sollte, muß das Kommando stark genug sein, um die Stationsbesatzung niederhalten zu können.« Salmoon nickte und wies auf einen der Bildschirme. »Man schickt uns einige Gleiter entgegen, vermutlich kommt der Kommandant selbst zu uns. Hier gibt es wohl nur selten Besuch, da ist man für jede Abwechslung dankbar. Sie sollten Horklyn ein paar kleine Geschen ke überreichen, Mekron, das macht sich im mer gut.« Der Mondträger lächelte. »Ich habe noch einige Packungen Majalla-Kapseln, die wird er bestimmt gern annehmen. Weisen Sie un sere Leute nochmals an, unbedingt die in nerhalb der Imperiumsflotte üblichen Ehren bezeichnungen zu erweisen und nach außen hin strengste Disziplin zu wahren. Schon der kleinste Versprecher kann unabsehbare Fol gen nach sich ziehen. Wir sind hier nicht auf Kraumon, vergessen Sie das nicht.« Salmoon nahm übertrieben stramm Hal tung an und schlug die geballte Rechte ge
26 gen die Brust. »Jawohl, Erhabener«, feixte er und verließ die Zentrale. Die drei Gleiter hatten inzwischen das Schiff fast erreicht. Dermitron gab Wayn joon ein Zeichen, und dieser öffnete durch Fernbedienung die Schleuse, die der Kom mandozentrale am nächsten lag. Dann war teten die Männer das Eintreffen der Besu cher ab. Außer Dermitron und Ekalv befan den sich noch die beiden Piloten, der Navi gator sowie der Feuerleitoffizier Berkosch und der Computerspezialist Natsyboa im Kommandoraum. Zwei Ordonnanzen waren zur Schleuse beordert worden, um die An kömmlinge zu begleiten. Drei Minuten später öffnete sich das Ein gangsschott wieder. Horklyn trat ein, gefolgt von zwei anderen Offizieren und drei Arbt ans. Mekrons Männer nahmen Haltung an, er selbst ging dem Depotverwalter und sei nen Männern entgegen. Fünf Schritte vor ihm nahm er Haltung an und salutierte. »Ich begrüße Sie an Bord der KISSON, Erhabener«, sagte er förmlich, wie es in der Imperiumsflotte gegenüber einem Dienstäl teren Sitte war. Horklyn erwiderte den Gruß, seine Augen glitten jedoch umher und such ten den Raum ab. Erfreut nahm er die drei Packungen Majalla-Kapseln entgegen, die ihm der Kommandant überreichte. »Ein wertvolles Geschenk, Sakkonta«, meinte er nach einem flüchtigen Blick und ließ sie in einer Tasche verschwinden. »Ich bedaure sehr, daß ich mich nicht entspre chend revanchieren kann. Statt dessen muß ich Sie und Ihre Männer festnehmen. Lei sten Sie bitte keinen Widerstand!« Diese Worte wurden ruhig und leiden schaftslos ausgesprochen, und doch trafen sie Mekron Dermitron wie ein Keulen schlag. Bisher war alles glatt abgelaufen, diese plötzliche Wendung überraschte ihn aufs höchste. Einen Augenblick lang stand er wie gelähmt da, und als seine Hand end lich zur Waffe fuhr, war es bereits zu spät. Horklyns Begleiter hatten bereits gehan delt. Sie waren zur Seite gesprungen und hatten ihre Impulsstrahler gezogen und in
HARVEY PATTON Anschlag gebracht. Die flimmernden Bün delfelder um die Abstrahlpole ließen die überrumpelten Männer erkennen, daß jeder Widerstand zwecklos war. Langsam nahm der Kommandant seine Rechte von der Hüfte zurück und hob dann wie die anderen beide Hände. Seine Gedan ken rasten, und plötzlich glaubte er zu wis sen, wem er das alles zu verdanken hatte: Carock Ekalv! Dieser Mann war es gewesen, der Atlans Interesse für die Depots von Posalkehn ge weckt hatte. Wie er es angefangen haben mochte, trotz aller Kontrollen nicht als Ge heimagent entlarvt zu werden, war Mekron rätselhaft, spielte nun aber kaum noch eine Rolle. Zweifellos war auch er der Absender des Hyperfunkimpulses gewesen, der kurz nach der letzten Transition bemerkt worden war. Seine Eilfertigkeit, ihn als ein natürli ches Phänomen zu erklären, war nun ver ständlich. Und doch hat er sein eigentliches Ziel nicht erreicht! schoß es plötzlich triumphie rend durch den Kopf des Mondträgers. Es war bestimmt seine Aufgabe, Atlan selbst nach Posalkehn zu locken, aber das ist ihm nicht gelungen. Jetzt kommt es für uns dar auf an, die Nerven zu behalten, Horklyn hat längst noch nicht gewonnen. Er hat nur eine Handvoll Männer mit an Bord gebracht, die es kaum schaffen dürften, trotz des Überra schungseffekts die ganze Besatzung auszu schalten. Wenn ich ihn lange genug hinhal ten kann, gewinnen wir doch noch die Ober hand! »Was soll das alles bedeuten?« preßte er hervor. »Wie kommen Sie dazu, einfach Männer zu verhaften, die weiter nichts als ihre Pflicht im Dienst des Imperiums tun, Horklyn? Wessen werden wir beschuldigt?« Noch ehe der Depotleiter dazu Stellung nehmen konnte, trat etwas ein, mit dem nach Lage der Dinge bestimmt nicht zu rechnen gewesen war. Aus dem Augenwinkel sah Dermitron ei ne Bewegung. Dort stand Carock Ekalv, et wa zwei Meter rechts von ihm und einen
Eine Falle für die MEDON Schritt zurück. Alle Aufmerksamkeit richte te sich auf Mekron und Horklyn, und das nutzte er aus. Er riß seinen Strahler von der Hüfte und feuerte sofort. Der Schuß traf jedoch nicht den Depotlei ter, denn dieser warf sich mit einer Behen digkeit zur Seite, die dem älteren Mann kaum zuzutrauen gewesen war. Stattdessen erfaßte der Strahl einen der hinter ihm ste henden Offiziere und tötete ihn auf der Stel le. Das änderte die Lage jedoch nicht ent scheidend. Noch ehe Mekron oder einer sei ner Männer gleichfalls zur Waffe greifen konnte, hatte Horklyn bereits zurückge schossen. Der Strahl röhrte an dem Kom mandanten vorbei, und Ekalv brach mit ei nem röchelnden Aufschrei zusammen. Der Depotleiter lachte hart auf. »Ich hoffe, daß Ihnen der Tod dieses ›Helden‹ als Warnung dienen wird! Falls Ih nen diese Demonstration nicht genügt, dann sehen Sie doch einmal auf die Außenbild schirme. Das erübrigt jede weitere Erklä rung, Sakkonta …« Mekron Dermitron sah hinüber zu den Schirmen, und nun erlebte er den zweiten, ungleich stärkeren Schock. Schwere Kampfpanzer hatten inzwischen das Schiff umzingelt, die in lautlosem Flug aus irgendwelchen Verstecken gekommen waren. Ihre Schutzschirme waren aktiviert, die Mündungen der Energiegeschütze waren auf den Raumer gerichtet. Das allein war es aber nicht, was Dermitron und seine Leute fassungslos aufstöhnen ließ. Die Tatsache, daß es sich um Fahrzeuge der Maahks han delte, raubte ihnen den Rest ihrer Fassung. Nun resignierte der Mondträger endgültig, denn diesen Gegnern war er nicht gewach sen. In der MEDON lief kein einziger Kon verter mehr, alle Abwehranlagen waren au ßer Betrieb. Auch der Schutzschirm konnte nicht eingeschaltet werden, weil der angebli che Depotleiter mit seinen Männern die Be satzung der Zentrale in Schach hielt. »Es ist gut, wir geben auf«, sagte Der mitron tonlos. Horklyn nickte befriedigt.
27 »Es bleibt Ihnen nichts anderes übrig, Sakkonta. Ihr Schiff dürfte sich jetzt bereits fest in den Händen meiner zwanzig Männer befinden, die mit den anderen Gleitern ge kommen sind. Um unnötige Opfer zu ver meiden, habe ich den Einsatz eines Gases angeordnet, das jeden nach dem ersten Atemzug bewußtlos werden läßt, der keine Spezialmaske trägt. Es mag zwar hier und da Widerstand gegeben haben, aber er dürfte inzwischen erloschen sein.« Wie zur Bestätigung seiner Worte summ te gleich darauf der Minikom an seinem Handgelenk auf. »Auftrag durchgeführt, Kommandant«, klang eine Stimme verzerrt aus der kleinen Membrane des Geräts. »Die gesamte Schiffsbesatzung ist bewußtlos, auf unserer Seite hat es keine Verluste gege ben.« Horklyn winkte mit seinem Strahler, und Mekron setzte sich wortlos in Bewegung. Seine Gedanken waren ein einziges Chaos. »Finden Sie da noch durch, Mekron?« fragte Berkosch dumpf. Man hatte die Männer aus der Zentrale in einem leeren Bau des Lagers untergebracht. Alles, was ihnen irgendwie hätte als Waffe dienen können, war ihnen abgenommen worden. Wenig später wurden noch dreißig weitere Besatzungsmitglieder hereintrans portiert, sämtliche noch bewußtlos. Dabei waren aber nur die Männer Horklyns in Er scheinung getreten. Einen Maahk hatte noch keiner zu Gesicht bekommen. Dermitron hob langsam den Kopf. Sein breitflächiges Gesicht war ausdrucklos, aus den leicht schrägstehenden Augen sprach Resignation. Er zuckte mit den Schultern. »Ich gebe mir Mühe, all das zu begreifen, aber bisher ist es mir immer noch nicht ganz gelungen. Es gibt einfach zu viele Wider sprüche, die sich nicht auf einen Nenner bringen lassen. Das einzige, was feststeht, ist, daß wir sozusagen mit Vollschub in eine Falle gelaufen sind.« »Ekalv hat uns verraten, nicht wahr?« mutmaßte Waynjoon. Seine Züge, auf denen sonst ständig ein Lächeln zu liegen schien,
28 hatten diesen Ausdruck restlos verloren. »Von ihm ging der Anstoß zu diesem Unter nehmen aus. Ich verwette die ganze ME DON gegen einen lumpigen Skalito, daß er auch jenen Funkimpuls ausgesandt hat, durch den unsere Ankunft im Cylmad-Sy stem signalisiert wurde.« Der Kommandant hob die Hände zu einer zweifelnden Geste. »Dasselbe dachte ich auch, als Horklyn sich urplötzlich als unser Gegner entpuppte. Ich war der Meinung, daß Posalkehn von Orbanaschols Leuten als Falle präpariert wurde, in der man den Kristallprinzen fan gen wollte. Daß Ekalv dann plötzlich zur Waffe griff, paßte allerdings gar nicht in die ses Bild; jetzt ist er tot, und wir können ihn nicht mehr fragen. Als dann auf einmal die Maahks mit ihren Flugpanzern auftauchten, erhielt die Sache erneut ein ganz anderes Gesicht.« Dermato meldete sich zum Wort. »Könnte es nicht so gewesen sein: Carock Ekalv war tatsächlich ein Verräter an Atlan und ein Agent Orbanaschols, dessen Leute hier auf uns warteten. Dann kamen jedoch die Me thans, überfielen den Stützpunkt und brach ten eine Anzahl von Männern mit, die von ihnen ›umgedreht‹ worden sind. Sie funktio nierten Posalkehn nun zu ihrer Falle um, oh ne daß Ekalv etwas davon wußte. Er war schließlich schon längere Zeit bei uns und konnte nicht ahnen, was sich hier in der Zwischenzeit ereignet hat.« »Das klingt plausibel«, sagte Natsyboa und strich sich durch das graue Haar über dem schmalen Gesicht. »Vermutlich hat er zufällig auf die Bildschirme gesehen und die heranrückenden Maahkpanzer entdeckt. In diesem Moment muß er gemerkt haben, was hier los war, und Orbanaschols Männer has sen die Methans nicht weniger als wir. Er drehte einfach durch und schoß, ohne Rück sicht auf sein Leben.« »Das er dann auch prompt verloren hat«, meinte Ventron in seiner bedächtigen Art. Er wirkte grob und unbeholfen, war meist wortkarg, aber dieser Eindruck täuschte.
HARVEY PATTON »Allerdings gibt es bisher außer den Panzern keinen wirklich gültigen Beweis für die An wesenheit von Maahks auf Posalkehn, Me kron. Bei ihnen kann es sich auch um Beute stücke handeln, die man nur eingesetzt hat, um uns zu täuschen.« Der Mondträger lächelte humorlos. »Schlagen Sie sich diesen Gedanken wieder aus dem Kopf, Ventron. Als wir vorhin aus dem Gleiter stiegen, habe ich mich unauffäl lig umgesehen und ein untrügliches Indiz gegen Ihre Theorie entdeckt. An einem der Gebäude gibt es eine Druckschleuse! Es ist lediglich so hergerichtet worden, daß es äu ßerlich wie ein normales arkonidisches Wohnquartier aussieht – genügt das als Be weis?« Der Ortungstechniker nickte stumm, und auch die anderen schwiegen nun. Sie brauchten nicht viel Phantasie dazu, sich die Aussichtslosigkeit ihrer Lage auszumalen. Hatten die Methanatmer vor, mit ihnen ebenso zu verfahren wie mit Horklyn und seinen Leuten? Sollten auch sie durch Ge hirnwäsche und körperliche Qualen so um funktioniert werden, daß sie zu willenlosen Werkzeugen des Feindes wurden? Möglich war alles. Stunden vergingen, ohne daß etwas ge schah. Die Läden vor den Fenstern des Ge bäudes waren geschlossen, so daß niemand sehen konnte, was draußen vor sich ging. Gedämpfte Geräusche drangen zu ihnen her ein, Stimmen und das Summen von Glei terantrieben. Sie sind ziemlich aktiv, dachte Mekron Dermitron bedrückt. Wahrscheinlich durch stöbern sie jetzt das Schiff bis in den letzten Winkel, aber das wird ihnen wenig nützen. Sie halten die angebliche KISSON immer noch für einen Flottenkreuzer, und dabei wird es auch bleiben. Da die MEDON ein Spezialschiff für risi koreiche Einsätze war, hatten sie die Techni ker von Kraumon natürlich entsprechend präpariert. Die Koordinaten des Planeten be fanden sich zwar in den Datenspeichern, wa ren jedoch so gut zwischen anderen neben
Eine Falle für die MEDON sächlichen Informationen »versteckt«, daß sie ein Fremder praktisch nicht finden konn te. Von den Männern der Besatzung waren sie außer dem Kommandanten nur noch Sal moon und den beiden Piloten bekannt. Alle vier Männer besaßen jedoch in ihren Gehirnen eine Hypnosperre, die sofort wirk sam wurde, sobald jemand versuchte, ihnen diese Daten durch Folter oder Psychophar maka zu entreißen. Ob arkonidischer Ge heimdienst oder die Maahks – niemand wür de sie je erfahren! Nach und nach kamen die durch das Gas betäubten Männer wieder zu sich. Fast alle waren besinnungslos geworden, ehe sie noch erfaßt hatten, daß an Bord etwas Ungewöhn liches vor sich ging. Nur wenige hatten sich noch zu verteidigen versucht, sie waren aber ebenfalls rasch dem Kampfstoff zum Opfer gefallen. Neue Diskussionen wurden geführt, ohne daß etwas von Belang dabei herauskam. Si cher war nur, daß ihre Lage praktisch aus sichtslos war, aber niemand machte Der mitron einen Vorwurf. Er hatte schließlich in seinen bisherigen Einsätzen für Atlan hin reichend bewiesen, was er konnte. In diese Falle hätte jeder gehen müssen, der nicht ge rade Hellseher war. Erst gegen Abend öffnete sich die Tür der Baracke. Sechs schwerbewaffnete Posten erschie nen und stellten sich so auf, daß sie nicht überrumpelt werden konnten. Dann kamen vier Männer in typischer Gefangenenklei dung herein, die einen großen Kessel voll dampfender Suppe schleppten. Brotfladen vervollständigten das frugale Mahl, Weg werfteller und Plastiklöffel folgten nach. Mekron Dermitron sprach die Wachen an, erhielt jedoch keine Antwort. Nach knapp einer Minute schloß sich die Tür wieder, er neut waren die Gefangenen allein. Alle hat ten Hunger, und so machten sie sich sofort über das Essen her. »Riecht scheußlich«, kommentierte Ven tron mit gerümpfter Nase und schüttelte sich demonstrativ.
29 »Schmeckt wie eingeschlafene Füße«, er gänzte Berkosch nach dem ersten Löffel. »Konzentrate sind ein wahres Festessen ge gen diesen erbärmlichen Fraß.« Das wollte etwas heißen, denn die Kon zentratnahrung, die in den Schiffen der Im periumsflotte verabreicht wurde, war mehr als berüchtigt. Die Unmutsäußerung des Feuerleitoffiziers ließ also das Schlimmste erwarten – aber trotzdem wurde der Kessel recht schnell leer. Hoffte doch jeder der Männer im Stillen, irgendwann und irgendwie eine Gelegenheit zur Flucht oder zum Losschlagen gegen die Maahks und ihre arkonidischen Helfer zu bekommen. Deshalb waren sie darauf be dacht, sich bei Kräften zu erhalten, und so schluckten sie auch diese Suppe. Bald dar auf verlöschte das Licht, sie warfen sich auf ihre harten Lager; aber nur wenige fanden in dieser Nachtschlaf.
6. In der angeblichen KISSON herrschte re ger Betrieb. Fünfzig Angepaßte unter Hoklyns Kom mando inspizierten das Schiff von der unter sten Schleuse bis hinauf zum Polgeschütz. Der Raumer war auf Kraumon so umgebaut worden, daß die Laderäume einen großen Teil seines Innern einnahmen. Dermitrons Aufgabe bestand darin, Versorgungsgüter für Atlans Gefolge heranzuschaffen, und dem hatte man Rechnung getragen. Dieser Umstand wunderte jedoch niemand von den Angepaßten, denn in den Nachschubschiffen der Arkonflotte sah es ähnlich aus. »Ein gutes Schiff, Kommandant«, sagte Zingaroon, einer der Unterführer, schließ lich. »Wir werden mit einem Minimum an Besatzung auskommen, denn alles ist weit gehend automatisiert. Auch die Bewaffnung ist vorzüglich, die KISSON kann es mit jedem anderen Fahrzeug ihrer Klasse aufneh men.« Horklyn nickte zufrieden. »Der sogenann te Kristallprinz versteht es also, seine Mög
30 lichkeiten optimal zu nutzen. Sonst hätte er es wohl kaum soweit gebracht, daß er vom Imperator so gefürchtet wird. In Ordnung, machen Sie allein weiter. Ich werde Grek 1 aufsuchen, um ihm Bericht zu erstatten.« Er verließ das Schiff, flog zum Lager zu rück und suchte den Kommandanten der Maahks auf. Jede solche Zusammenkunft war mit eini gen Schwierigkeiten verbunden. Die Unter haltung an sich war kein Problem. Es gab ausgezeichnete Translatoren, die mühelos das Kraahmak ins Arkonidische übertrugen, ebenso auch umgekehrt. Einen direkten Kontakt zwischen den Gesprächspartnern konnte es jedoch nie geben, denn einer von ihnen mußte stets einen Schutzanzug tragen. Das Sauerstoffgemisch der Atmosphäre von Posalkehn war für die Maahks in gleichem Maße Gift, wie ihre Atemluft für die Arko niden. Horklyn legte einen Raumanzug an, betä tigte einen Signalgeber am Haupthaus der Methans und wurde eingelassen. Eigens für ihn wurde die künstliche Schwerkraft von drei Gravos in einem Raum auf den Normal wert gesenkt. Ohne diese Maßnahme wäre es dem Anführer der Angepaßten unmöglich gewesen, sich darin auf den Beinen zu hal ten. Ein Maahk betrat den Raum, in den gelb lichen Schwaden des heißen Wasserstoff-Me than-Ammoniak-Gemischs nur undeutlich zu erkennen. Horklyn grüßte devot, ohne sich des Widersinns dieser Ehrenbezeigung bewußt zu sein. Er war nur dem Aussehen nach noch ein Arkonide. Seit man seinen Willen gebrochen und ihn geistig umge formt hatte, diente er ausschließlich seinen früheren Feinden und haßte sein eigenes Volk. Er berichtete kurz und prägnant, ohne je des überflüssige Wort. Grek 1 hörte ihn an, ohne ihn zu unterbrechen, erst dann stellte er einige Fragen. Horklyn beantwortete sie ge nauso nüchtern, wie sie vorgebracht wurden, so als wäre er selbst ein Maahk. »Wir sind zufrieden mit dir«, kam es dann
HARVEY PATTON knarrend aus dem Translator am Rauman zug. »Handle weiter nach Plan und bereite das Schiff auf den Einsatz vor. Ich erwarte, daß es morgen Abend startbereit ist.« Horklyn bestätigte, salutierte abermals, und Grek 1 verließ den Raum. Der Anführer der Angepaßten begab sich zur Schleuse, wartete ab, bis der Luftaustausch durchge führt war, und ging zurück in sein eigenes Quartier. Er gab Anweisung, die Gefangenen am Abend zu verpflegen. »Sie bekommen das selbe wie die anderen Sklaven«, bestimmte er. »Es wäre unsinnig, gute Lebensmittel an sie zu verschwenden. Grek 1 hat noch nicht über ihre Zukunft entschieden, aber sie wer den uns kaum von großem Nutzen sein.« »Sollen wir ihre Unterkünfte besonders bewachen?« fragte einer der Unterführer. Horklyn winkte ab. »Auch das ist nicht nötig. Sie sind waf fenlos und stellen keinen Risikofaktor für uns dar. Ich halte es sogar für nützlich, ihnen den Kontakt mit den Sklaven zu gestatten. Auf diese Weise erfahren sie am eindrucks vollsten, wie sinnlos jedes Auflehnen gegen uns und die Herren ist.« Er entließ den Mann und begab sich dann in seinen Wohnraum, wo ihn ein anderer Ar konide erwartete. »Wie geht es Ihnen, Ca rock Ekalv?« erkundigte er sich. »Für einen Toten recht gut«, grinste die ser, wurde jedoch sofort wieder ernst, als er das abweisende Gesicht seines Vorgesetzten sah. »Entschuldigen Sie, Horklyn. Ich war jetzt zu lange wieder draußen, wo ich die Unsitten der Arkoniden mitmachen mußte. In Zukunft werde ich mich besser beherr schen.« »Sie werden uns bald erneut verlassen«, eröffnete ihm der Kommandant. »Grek 1 er wartet, daß die KISSON morgen Abend für den Einsatz präpariert ist, der Start dürfte übermorgen früh erfolgen. Sie werden der Kommandant des Schiffes sein.« »Ich hatte schon befürchtet, das nicht mehr zu erleben«, bemerkte sein Lockvogel. »Sie haben so schnell geschossen, daß ich
Eine Falle für die MEDON Mühe hatte, nicht getroffen zu werden.« Horklyn hob die Schultern. »Es ist gut ausgegangen, wozu also noch darüber reden. Alles mußte vollkommen realistisch wirken, und wir haben unser Ziel ja auch erreicht. Mekron Dermitron und seine Männer glau ben fest, daß Sie tot sind.« Ekalv sah nachdenklich vor sich hin. »Dermitron ist wirklich ein guter Mann, Kommandant. Es dürfte nützlich sein, ihn und einige seiner Leute auf unsere Seite zu bringen. Daß er ein Feind des Großen Impe riums ist, müßte das Vorhaben erleichtern.« »Kein Feind des Imperiums – ein Feind des Imperators«, verbesserte Horklyn ihn. »Das ist ein wesentlicher Unterschied, den es zu bedenken gilt. Das gleiche gilt auch für Atlan, auf dessen Seite er steht. Dieser ist unseren Herren viel gefährlicher als Or banaschol, der seine Kraft in Intrigen er schöpft. Das ist auch der Grund dafür, daß die Herren beschlossen haben, ihn zu ver nichten.« Ekalv nickte. »Ich habe selbst gesehen, was er und Fartuloon auf Kraumon aus kleinsten Anfängen geschaffen haben. Er hat die Fähigkeit, seine Leute zu begeistern, sie folgen ihm aus freien Stücken, ohne jeden Zwang. Würde es ihm gelingen, den Platz Orbanaschols einzunehmen, könnten die Ar koniden sogar noch den Krieg gewinnen. Nun, dazu wird es ja nicht mehr kommen. Wie viele Schiffe hat Grek 1 zur Verfü gung?« »Vier Schlachtraumer von je tausendfünf hundert Meter Länge. Es genügt vollkom men, wenn einer davon durchkommt, mit seinen überschweren Kampfgeschossen kann er den ganzen Planeten vernichten. Wir brauchen wohl aber kaum mit Verlusten zu rechnen. Ihre Schilderung nach ist Atlans Flotte so klein, daß sie keinen ernstzuneh menden Gegner darstellt.« »Trotzdem wäre es ein Fehler, sie zu un terschätzen, Horklyn. Die Männer in Atlans anderen Raumern sind kaum schlechter als Mekron Dermitron und seine Besatzung. Sie werden kämpfen wie die Teufel, und auch
31 die Bodenforts sind durchaus schlagkräftig. Es wäre unlogisch, Verluste hinzunehmen, wenn sich das vermeiden läßt.« Der Kommandant der Angepaßten winkte ab. »Die Herren werden schon wissen, was zu tun ist. Ihre Aufgabe wird es sein, ihnen den Weg zu bereiten. Wenn Sie mit der KIS SON in das System einfliegen und melden, daß alles in Ordnung ist, wird niemand Ver dacht schöpfen. Natürlich müssen Sie eine passende Ausrede dafür parat haben, daß Dermitron sich nicht persönlich am Funkge rät zeigt.« »Das wird mir nicht schwerfallen«, mein te Ekalv verächtlich. »Man traut mir auf Kraumon voll und ganz. Außerdem vermag man dort nicht so glasklar und logisch zu denken wie die Herren und wir.« »Und daran werden im Endeffekt alle Ar koniden zugrunde gehen«, schloß Horklyn selbstbewußt.
* »Wir müssen ins Lager zurück, Belscha ra«, sagte Saprest mit müder Stimme. Das Mädchen sah ihn entsetzt an. »Das kann doch nicht dein Ernst sein! Weißt du, was man mit uns tun wird, wenn wir wieder auftauchen? Für die Maahks ist unser Leben vollkommen wertlos, und so et was wie Gnade kennen sie überhaupt nicht.« Der Mann zuckte resigniert mit den Schultern. Er wies hinaus in die Umgebung, wo das Feuer ganze Arbeit geleistet hatte. Es war inzwischen erloschen, nur an einigen Stellen schwelten noch Restherde. Der stren ge Geruch von kaltem Rauch lag über der trostlosen Landschaft. »Hier können wir aber auch nicht bleiben, das ist klar. Der Brand hat nicht nur das Ge hölz in weitem Umkreis vernichtet. Er hat auch alle jagdbaren Tiere vertrieben und all jene Sträucher verzehrt, die eßbare Beeren trugen. Weit und breit gibt es nichts mehr, von dem wir uns ernähren könnten, und der kleine Bach ist durch die Flugasche verun reinigt. Nur im Lager haben wir noch eine
32 Chance.« »Die Chance, schnell zu sterben«, meinte Belschara bitter. Saprest umfaßte sie und schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn wir es geschickt anfangen«, gab er zurück. »Wir müssen es so einrichten, daß wir wieder in der Nacht dort ankommen. Dann suchen wir Zefalon auf, er wird uns bestimmt wieder helfen. Von ihm können wir auch erfahren, was sich in der Zwischen zeit dort zugetragen hat. Notfalls müssen wir wieder in die Höhlen zurückkehren und dort abwarten, bis die Maahks Posalkehn verlas sen.« »Warum sollten sie weggehen?« fragte das Mädchen verwundert. »Einen sichereren Platz für einen Stützpunkt kann es für sie doch kaum geben. Die arkonidischen Schiffe meiden das System, des radioaktiven Nebels wegen.« »Sie haben ihr Ziel erreicht«, erklärte der Mann geduldig. »Nachdem ihnen der Raumer in die Falle gegangen ist, gibt es für sie keinen Grund mehr, noch länger hier zu bleiben. Ich weiß von Zefalon, daß die An gepaßten sich in diesem Sinn geäußert ha ben. Ein längeres Verweilen auf Posalkehn widerspräche der strengen Logik der Me thans.« »Was soll aber werden, wenn sie fort sind, Saprest? Wir können doch nicht als einzige hier zurückbleiben. Es wäre ein Le ben ohne jeden Sinn.« »Darüber können wir uns später noch die Köpfe zerbrechen«, sagte Saprest und erhob sich. »Komm jetzt, wir gehen. Der Tag ist bald um, und der Weg durch die Höhlen dauert einige Zeit. Wenn wir im Lager an kommen, wird es bereits dunkel sein, und ich glaube, daß Zefalon uns erwarten wird. Nachdem unser Plan, das Schiff zu warnen, fehlgeschlagen ist, rechnet er bestimmt mit unserer Rückkehr.« Belschara war nicht überzeugt, aber sie folgte ihm. Beide hatten seit dem Morgen nichts mehr gegessen und getrunken, Hun ger und Durst plagten sie. Trotzdem über wanden sie das Labyrinth der Höhlen
HARVEY PATTON schneller als auf dem Hinweg, weil die Hin dernisse nicht mehr existierten. Dann standen sie wieder vor dem notdürf tig zugebauten Eingang. Vorsichtig schuf Saprest ein kleines Loch, durch das er nach draußen spähen konnte. Nach einer Weile nickte er befriedigt. »Es ist bereits dunkel, und im Lager ist al les ruhig. Nur drüben beim Raumhafen brennen einige Scheinwerfer. Offenbar sind die Maahks und Angepaßten noch mit dem gekaperten Schiff beschäftigt.« Er erweiterte die Öffnung, so daß sie bei de hindurchkriechen konnten. Sie duckten sich zusammen, als das singende Geräusch eines Gleiters hörbar wurde, aber das Fahr zeug landete weit entfernt bei den Druck kuppeln der Maahks. Plötzlich erscholl ein leises Kichern, und Zefalons Gestalt löste sich von der Rückwand der Küchenbaracke. »Da seid ihr ja wieder, ihr Ausreißer«, feixte der alte Koch. »Die Sehnsucht nach mir hat euch zurückgetrieben, nicht wahr? Oder sollte es die nach meinen Suppenkes seln und Brotfladen gewesen sein …?« Er wurde sofort wieder ernst. »Es tut mir leid, daß du mit deinem Feuerwerk nichts er reicht hast, Saprest. Der Wind stand ungün stig und trieb die Flammen vom Lager weg, so daß die Maahks es nicht für nötig fanden, ihre eingemotteten Roboter eigens für Löscharbeiten zu aktivieren. Bedauerlich, aber nicht mehr zu ändern. Sie haben das Schiff!« Er brachte eine Wasserflasche und Brot zum Vorschein, und die beiden Flüchtlinge griffen nur zu gern zu. Inzwischen sprach er weiter. »Jetzt gleich eine gute Nachricht für euch: Unsere Sklaventreiber haben euer Fehlen noch gar nicht bemerkt! Horklyn hat fast al le Angepaßten auf den Raumhafen ge schickt, wo sie sich mit dem Schiff beschäf tigen. Die üblichen Appelle sind heute ganz weggefallen, und eure Gefährten haben euch natürlich nicht verraten. Ihr könnt euch also wieder im Lager bewegen, als ob nichts ge wesen wäre.«
Eine Falle für die MEDON »Wer befand sich in dem Schiff?« fragte Saprest mit vollen Backen. Zefalon hob die Schultern. »Keine Ahnung, Junge. Als die Gefange nen ins Lager gebracht wurden, mußten wir in den Unterkünften bleiben, konnten also nicht viel sehen. Auf jeden Fall trugen alle Flottenuniform, aber ein wirklich hohes Tier scheint nicht darunter gewesen zu sein. Die jenigen, die etwas beobachten konnten, spra chen nur von drei Offizieren, darunter ledig lich ein einfacher Planetenträger. Allerdings braucht das nicht zu stimmen. Der größte Teil der Männer war bewußtlos, als man sie hierher brachte, und mußte getragen werden. Es war also kaum möglich, ihre Rangabzei chen zu erkennen.« Saprest hob die Brauen. »Das verstehe ich nicht ganz, Alter. Du hast doch gesagt, daß die Maahks es auf einen wichtigen Mann ab gesehen hätten, und sie haben sich ja auch sehr viel Mühe gemacht. Sollte da vielleicht etwas schiefgegangen sein? Die Prunkuni form eines Admirals oder sonstigen Befehls habers läßt sich wohl kaum übersehen.« »Ich habe dir alles gesagt, was ich weiß«, gab Zefalon zurück. »Wenn du mehr wissen willst, mußt du schon die Angepaßten fra gen.« Er kicherte bei diesem unmöglichen Ge danken, aber der junge Mann achtete nicht darauf. »Man sollte die Gefangenen selbst fragen«, meinte er nach einer Weile. »Bist du verrückt geworden?« erkundigte sich der Koch vorsichtig. »An die kommst du doch nicht heran, man dürfte sie gut be wachen. Wenn du dich in der Nähe ihrer Quartiere herumtreibst, wird man dich schnappen, und dann ergeht es dir schlecht.« Auch Belschara protestierte, aber Saprest war von seinem Gedanken regelrecht faszi niert. »Wo hat man die Männer unterge bracht?« fragte er drängend. Der Koch seufzte. »Eigentlich sollte ich es dir nicht sagen, damit du keine Dummhei ten machst. Da es die anderen aber auch wissen, würdest du es sowieso erfahren, also spielt es kaum eine Rolle. Es sind etwa sieb
33 zig Leute, sie befinden sich in den beiden Baracken am Südrand, die bisher leer ge standen haben. Ich sage dir aber noch einmal …« »Geschenkt«, unterbrach Saprest ihn. »Überlege doch nur einmal, Zefalon: Diese Männer werden vor Wut nur so kochen, weil sie von Ekalv hereingelegt worden sind. Ich glaube nicht, daß sie sich damit abfinden werden, ihr Leben lang Gefangene der Me thans zu sein. Wenn wir ihnen helfen, ge lingt es ihnen vielleicht, sich wieder in den Besitz ihres Schiffes zu bringen. Mit dessen Geschützen könnten sie die Maahks mühe los erledigen – und dann sind nicht nur sie wieder frei, sondern wir alle!« »Junge, wäre das schön …«, sagte Zefa lon fast andächtig. »Verdammt, du solltest es wirklich versuchen; dieser Preis ist jeden Einsatz wert.« Gegen Mitternacht wurde es auf dem Raumhafen ruhig. Die Scheinwerfer erloschen, die Ange paßten kehrten mit den Gleitern ins Lager zurück und begaben sich in ihre Quartiere. Sie wohnten natürlich erheblich komforta bler als ihre Sklaven, und zwar in stabilen Fertighäusern. Einige blieben allerdings im Raumschiff zurück, um dort Wache zu hal ten. Die Maahks hatten das angeordnet, und sie wußten, warum. Wenn ein Schiff den Weg von Kraumon nach Posalkehn gefun den hatte, konnten leicht weitere folgen. Sie ergriffen auch noch andere Vorsichts maßnahmen. Plötzlich stand ein bläuliches Flimmern rings um das Lager, das von Pro jektoren ausging, die am Zaun aufgebaut worden waren. Nun umgab ein energetischer Wall das gesamte Areal, in dem jeder ver brennen mußte, der ihm zu nahe kam. Der mitron war ein gefährlicher Mann, das ging aus Carock Ekalvs Angaben deutlich hervor. Man wollte ihm von vornherein klarmachen, daß jeder Ausbruchsversuch sinnlos war. Der Mondträger dachte nicht an Schlaf. Er unterhielt sich leise, um die anderen nicht zu stören, mit seinen Vertrauten vom Schlachtschiff HADESCHA, das er befeh
34 ligt hatte, ehe er auf Umwegen zu Atlan ge stoßen war. Der Schock der ersten Stunden war überwunden, und natürlich beschäftigte man sich damit, Fluchtpläne zu entwerfen. Viel kam dabei allerdings nicht heraus. Die Männer wußten noch zu wenig von den Ge gebenheiten im Lager, das sie immer noch für ein richtiges Depot der Arkonflotte hiel ten. Schließlich verstummten die Gespräche. Die Männer streckten sich aus, um wenig stens zu ruhen, nur ihre Gedanken kreisten weiter. Es war drückend warm in der Ba racke, weil es keine Lüftungsanlagen gab. Mekron Dermitron lauschte mit ange spannten Sinnen auf die Geräusche, die ge dämpft zu ihm hereindrangen. Er registrierte die Rückkehr der Gleiter vom Hafen, nach der bald völlige Ruhe einkehrte. Überrascht stellte er fest, daß man niemand zur Bewa chung des Gebäudes eingesetzt hatte. Er ver nahm weder Schritte noch die sonst üblichen leisen Geräusche, die Wachtposten unwei gerlich verursachten. Was mochte das zu bedeuten haben? Fühlten sich die Maahks hier so sicher, oder gab es Automatdetektoren, die das gesamte Gelände überwachten? Daß sich zu allem entschlossene Männer nicht durch eine ver sperrte Tür aufhalten ließen, mußte ihnen ih re vielgerühmte Logik sagen. Er wartete noch eine halbe Stunde ab. Dann erhob er sich leise und griff nach sei nen Raumfahrerstiefeln. Er tastete daran her um, bis er die kleinen Geheimfächer geöff net hatte, die sich im Futter befanden. Dar aus holte er eine nur fingerlange Stablampe und ein nur wenig größeres Vibromesser hervor. Ein weiteres Fach enthielt den Griff und kleine atomare Zerfallsbatterien zu sei nem Betrieb. Er schaltete die Lampe ein und schirmte ihr Licht mit seiner Jacke ab. Dann setzte er das Messer zusammen und hatte nun eine zwar kleine, aber wirkungsvolle Waffe, die ihm bei einem Nahkampf wertvolle Dienste leisten konnte. Natürlich waren die Männer, die nicht
HARVEY PATTON schlafen konnten, auf sein Tun aufmerksam geworden. Er bedeutete ihnen, sich vollkom men ruhig zu verhalten, und lauschte erneut. Dann begab er sich zur Rückwand der Ba racke, die etwa zehn Meter vom Lagerzaun entfernt war. Hinter diesem lag freies Gelän de, das allmählich in die Felshügel überging. Eine Beobachtung von dieser Seite her war also nicht zu befürchten. Wie bei der Imperiumsflotte üblich, be standen die bei der Errichtung des Gebäudes verwendeten Fertigbauteile aus einer Spritz plastikmasse mit geringem Betongehalt. Das Material war zwar zähe, aber doch nicht sta bil genug, um einem Vibromesser standzu halten. Dermitron setzte dieses an, und die Doppelklinge fraß sich unter leisem Knir schen in die Wand. Sie war allerdings nicht lang genug, um die etwa fünfzehn Zentimeter dicke Platte ganz zu durchdringen. Mekron schaltete das Messer ab und lauschte wieder. Er vernahm keine verdächtigen Geräusche und fuhr mit seiner Arbeit fort. Mit kreisförmigen Bewegungen schuf er eine mehr als handtellergroße Vertiefung und setzte nun die Klinge wieder in der Mit te ein. Diesmal schaffte er den Durchbruch, ein etwa daumendickes Loch entstand. Er erweiterte es, bis es einen Durchmesser von fünf Zentimetern besaß. Dann legte er das Messer weg, löschte die Lampe und spähte ins Freie. Im nächsten Moment entfuhr ihm ein lan ger Fluch. »Was ist?« fragte Salmoon, der wartend hinter ihm stand. Der Mondträger fluchte er neut. »Sehen Sie selbst hinaus«, forderte er sei nen Ersten Offizier auf. Dieser tat es und stöhnte dann resigniert auf. »Eine Energiesperre!« stellte er erbittert fest. »Deshalb hat man also darauf verzich tet, uns besonders zu bewachen. Selbst wenn es uns gelingen sollte, die Baracke zu verlas sen – wir würden nicht weit kommen. Die Strahlenwand ist mindestens fünf Meter hoch, ohne besondere Hilfsmittel also nicht
Eine Falle für die MEDON zu überwinden.« »Fartuloon müßte hier sein«, meinte Ber kosch nach einer Weile bedrückten Schwei gens. »Das Skarg des Bauchaufschneiders könnte mühelos eine Strukturlücke schaffen, durch die wir alle entweichen könnten.« »Er ist es aber nicht«, kommentierte Ven tron in der gewohnten Wortkargheit. »Weitere Diskussion überflüssig, oder?« »Stimmt«, gab Dermitron genauso knapp zurück. Die schwache Hoffnung, im Schutz der Nacht ausbrechen zu können, hatte sich im Verlauf weniger Sekunden zerschlagen. Mit Hilfe des Vibromessers hätten sie eine Öffnung schaffen können, die ihnen ein Ent kommen erlaubte. Doch was konnte ihnen das schon nützen, wenn der Weg in die Frei heit schon wenige Meter weiter zu Ende war …
7. »Was willst du tun?« erkundigte sich Bel schara leise. Die beiden Flüchtlinge hielten sich nun in Zefalons Kammer auf. Sie hatten sich er frischt und dem Koch Einzelheiten über ihr Unternehmen berichtet. Nun lagen sie auf seinem schmalen Bett und ruhten sich eine Weile aus. Saprest zuckte mit den Schultern. »Das hängt ganz von den Angepaßten ab«, erwiderte er. »Nur sie können uns Schwierigkeiten machen, die Maahks verlas sen nachts nie ihre Kuppeln. Im Augenblick sind wohl die meisten Verräter noch draußen im Schiff, ihre Gleiter fliegen ständig hin und her. Wir können nur hoffen, daß sie ir gendwann einmal genug haben und zurück kommen, um zu schlafen. Dann werde ich zu den Baracken hinüberschleichen und ver suchen, Verbindung mit den Gefangenen aufzunehmen.« Zefalon nickte. »Am besten dürfte das durch Klopfzeichen im Flottencode gehen. Diese Signale kennt jeder Raumfahrer. Doch wie soll es dann weitergehen? Willst du ein fach die Türen aufsperren und sie herauslas
35 sen?« Der junge Mann lächelte leicht. »Warum nicht, wenn es Erfolg verspricht? Ob das der Fall ist, müssen wir natürlich zu erst einmal feststellen. Ein überhastetes Vor gehen könnte wahrscheinlich eher schaden als nützen.« »Sieh an, der Junge wird vernünftig!« lobte ihn der Alte. »So mancher schöne Plan ist schon daran gescheitert, daß die Beine schneller waren als der Kopf. Gut, meinen Segen hast du. Es kommt vor allem darauf an, Verbindung mit dem Planetenträger auf zunehmen, der vermutlich der Schiffskom mandant war. Er dürfte am ehesten beurtei len können, was wir riskieren können, und was nicht.« »Wieso wir?« erkundigte sich Saprest. »Willst du etwa dabei mitmachen?« Zefalon grinste. »Hattest du etwas anderes erwartet, Sohn? Belschara ist noch zu er schöpft, ihr kannst du so etwas wohl kaum zumuten. Allein kannst du aber auch nicht losgehen; du brauchst den Rat eines erfahre nen Mannes, und der bin ich.« »Du hast vor allem große Erfahrung im Kochen von Algensuppe«, spöttelte Saprest, aber es war nicht ernst gemeint. »Nun gut, machen wir es so. Sobald die Angepaßten zur Ruhe gekommen sind, gehen wir los.« Belschara war inzwischen eingeschlafen, ihr Gesicht wirkte schmal und blaß. Die bei den Männer warteten weiter, bis der letzte Gleiter im Lager angekommen war. Dann wollte sich der junge Mann erheben, aber Zefalon hielt ihn zurück. »Nur nicht so eilig, Junge. Wahrschein lich wird sich Horklyn jetzt noch zu den Maahks begeben, um ihnen Bericht zu er statten, und auch die anderen werden noch einige Zeit darauf verwenden, um zu essen, sich zu waschen und so weiter. Eine halbe Stunde werden wir schon noch warten müs sen; eine ganze wäre noch besser.« Saprest öffnete den Fensterladen einen Spalt und fuhr dann zurück. »Sieh dir das an!« forderte er Zefalon auf. Der Koch sah gleichfalls hinaus, und sein
36 Gesicht wurde schlagartig ernst. »Verdammt, das hat uns gerade noch ge fehlt!« knurrte er. »Bisher haben es die Me thans noch nie für nötig gehalten, eine Ener giesperre um das Lager zu errichten. Die Leute aus dem Schiff scheinen also doch wichtig für sie zu sein.« »Ein Grund mehr, ihnen zu helfen«, sagte Saprest mit entschlossenem Gesicht. »Und auch diese Sperre sollte für uns kein ent scheidendes Hindernis sein – schließlich gibt es ja den Weg durch die Höhlen!« »Den gibt es«, bestätigte Zefalon bedäch tig. Vierzig Minuten später brachen sie auf. Saprest warf noch einen liebevollen Blick auf das schlummernde Mädchen. Wenn es einen Weg gab, um von Posalkehn zu ent kommen, dann würde sie nicht zurückblei ben, das schwor er sich. Diese Nacht war nicht so dunkel wie sonst, denn der bläuliche Schimmer des Sperrfelds warf ein diffuses Dämmerlicht über das Lager. Das erleichterte den beiden Männern zwar das Vorankommen, zwang sie aber auch zu erhöhter Vorsicht. Wenn die Maahks noch zusätzlich Wachtposten aufgestellt hatten, war die Gefahr einer Ent deckung ungleich größer als sonst. Saprest und Zefalon mußten Umwege ma chen, um jede Deckung auszunutzen und nach Möglichkeit im Schatten zu bleiben. So dauerte es fast eine Viertelstunde, bis sie in die Nähe der beiden Baracken gekommen waren. Von Wachen war jedoch nichts zu sehen, und das machte sie zuversichtlich. Trotzdem legten sie den letzten Teil ihres Weges robbend zurück. Viel nutzte ihnen das allerdings nicht, denn hier in der Nähe des Energievorhangs war es fast taghell. Je der nur halbwegs aufmerksame Beobachter hätte sie unbedingt sehen müssen. Offenbar gab es jedoch keine Beobachter, denn nie mand schlug Alarm. Als sie schließlich die Schattenzone der ersten Baracke erreicht hatten, waren beide schweißüberströmt. Schnaufend richtete sich Zefalon auf und lehnte sich an die Gebäude-
HARVEY PATTON wand. »So etwas ist zuviel für einen alten Mann«, beklagte er sich flüsternd. »Jetzt sind wir aber einmal hier, also machen wir auch weiter. Komm, da ist der Eingang.« Sie stellten fest, daß die Tür lediglich durch simple große Riegel gesichert war. Es wäre ihnen also leichtgefallen, diese zu lö sen und in die Baracke einzudringen. Vor erst dachten sie jedoch noch nicht daran. Sie gingen bis zur Hausecke vor und überwan den dann in großen Sprüngen die erleuchtete Zone zwischen den beiden Gebäuden. Als sie die Hinterfront erreicht hatten, atmeten sie erleichtert auf. Hier standen sie zwar in hellem Licht, konnten aber vom Lager aus nicht mehr gesehen werden. Der Koch holte ein dreißig Zentimeter langes Eisenrohrstück hervor und reichte es Saprest. »So, fang an zu klopfen, ich passe inzwischen auf«, raunte er, aber der Jüngere hob abwehrend die Hand. »Da ist irgendein merkwürdiges Ge räusch«, stellte er nach kurzem Lauschen fest. »Ja, es kommt von da drüben und hört sich wie das Surren eines defekten Elektro motors an. Was könnte das sein?« »Ein Ventilator vielleicht«, vermutete Ze falon, schüttelte aber gleich darauf den Kopf. »Nein, in diesen Baracken gibt es kei ne Entlüftungsanlagen. Sollten etwa die Ge fangenen …« Er vollendete den Satz nicht, aber Saprest wußte auch so, was er meinte. Sie gingen der Quelle des Geräusches nach und lokali sierten als seinen Ausgangspunkt eine Stelle etwa in der Mitte der Gebäudewand. »Ein Vibromesser!« sagte der junge Mann erregt. »Offenbar ist es ihnen gelungen, es einzuschmuggeln und nun versuchen sie, die Wand aufzuschneiden. Ausgezeichnet, gün stiger könnte es für uns kaum sein.« Sekunden später bildete sich eine kleine Öffnung, aus der Staub nach draußen riesel te. Nun wurde das Surren deutlicher hörbar, und allmählich erweiterte sich das Loch. Dann verstummte das Geräusch, aber gleich darauf drangen undeutlich die Stimmen
Eine Falle für die MEDON mehrerer Männer zu ihnen heraus. »Sie haben sich vorerst nur einen Aus guck geschaffen, um die Lage erkundigen zu können«, flüsterte der Koch. »Das ist klug gehandelt, denn dieses Loch können sie leicht wieder zustopfen, so daß es nicht be merkt werden kann. Warten wir erst einmal ab, wie es nun weitergeht.« Saprest nickte und legte sein Ohr vorsich tig direkt neben das Loch. »Weitere Diskus sion überflüssig, oder?« sagte in diesem Au genblick einer der Männer in der Baracke. »Stimmt«, entgegnete ein anderer, und dann blieb es drinnen für eine Weile still. »Wir haben also eine Niete gezogen«, fuhr der zweite Sprecher dann fort. »Wir könnten zwar hinauskommen, aber der Energiezaun macht jeden Fluchtversuch von Anfang an illusorisch. Verstopfen wir also das Loch wieder, mehr bleibt uns im Augenblick nicht übrig. Vielleicht bietet sich uns später eine andere Gelegenheit.« Bitterkeit und Resignation sprachen aus diesen Worten, sie gaben Saprest jedoch den letzten Anstoß, nun aktiv zu werden. Ent schlossen hob er das Rohrstück und klopfte damit gegen die Barackenwand. Mekron Dermitron fuhr zusammen, als plötzlich vor ihm ein dumpfes Poltern hör bar wurde. Schreck war seine erste Reaktion darauf, denn er mußte glauben, daß es von Maahks oder ihren Helfern stammte, die ihm auf die Schliche gekommen waren. Doch et was in seinem Unterbewußtsein sagte das Gegenteil, und im nächsten Moment hatte er sich wieder gefangen. In diesen Klopflauten lag ein Rhythmus, den er kannte! Haltet aus! sagten diese Zeichen im Raumfahrercode. Wir sind da, um euch zu helfen. Auch die anderen lauschten dieser uner warteten Botschaft, erstarrt und unfähig, so fort darauf zu reagieren. Erst, als die Zei chen wiederholt wurden, glaubten sie auch wirklich an das, was sie hörten. Atemlose Spannung erfüllte sie, eine jäh wieder auf flackernde Hoffnung kam in ihnen auf. Mekron Dermitron löste sich aus seiner
37 Erstarrung und legte seinen Mund an das Loch. »Wer ist da?« fragte er mit vor Erre gung bebender Stimme. »Gefangene der Maahks wie ihr«, kam leise und undeutlich die Antwort. »Wir wol len versuchen, euch zu helfen, soweit das möglich ist. Wir haben schon versucht, euch zu warnen, als sich euer Schiff im Landean flug befand, indem wir einen Waldbrand legten. Mehr konnten wir leider nicht tun, aber ihr habt nicht darauf reagiert.« Mit schmerzhafter Deutlichkeit stand die betreffende Szene plötzlich wieder vor dem Blick des Mondträgers. Dermato hatte ihn auf das Feuer hingewiesen, aber er hatte die ses Zeichen nicht richtig zu deuten ver mocht! Sein ganzes Trachten war darauf ge richtet gewesen, den Einsatz möglichst schnell ablaufen zu lassen – und das hatte sich bitter gerächt … Es war jedoch sinnlos, sich jetzt nachträg lich deswegen Vorwürfe zu machen. Ge schehenes ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Nun kam es allein darauf an, aus dem unverhofften Auftauchen der unbe kannten Helfer den größtmöglichen Vorteil zu ziehen. Daß es sich dabei um keine neue Falle der Maahks oder ihrer Handlanger handelte, wußte Mekron intuitiv. »Keiner bedauert das jetzt mehr als wir«, gab er zurück. »Wir waren vollkommen ah nungslos, niemand rechnete damit, daß Ca rock Ekalv ein Verräter war. Seit wann hal ten die Maahks die Depots besetzt?« »Depots?« fragte Saprest verständnislos. »Oh, jetzt begreife ich, was Ekalv Ihnen vorgegaukelt hat. Auf Posalkehn hat es nie Depots gegeben! Die Methans haben das Gefangenenlager nur so hergerichtet, daß es wie eine Flottenbasis wirken mußte. Ich ver stehe nur immer noch nicht, wie Sie darauf hereinfallen konnten. Beim Flottenkomman do mußte man doch schließlich genau wis sen, daß es hier keinen Stützpunkt gab.« »Wir werden Ihnen das später erklären«, wich Dermitron einer direkten Antwort aus. »Sie haben gesagt, daß Sie uns helfen wol len, aber die Aussichten dafür scheinen nicht
38 gerade gut zu sein. Die Strahlensperre um gibt zweifellos das gesamte Gelände und ist ohne geeignete Hilfsmittel nicht zu überwin den. Wir besitzen auch keinerlei Waffen, durch deren Einsatz wir die Maahks und ihre Helfer ausschalten könnten. Die gibt es nur in unserem Schiff, aber das ist in den Hän den unserer Feinde.« »Ich kenne einen Weg, der aus dem Lager führt«, erklärte der junge Mann mit unüber hörbarer Genugtuung. »Wir haben ihn be reits benutzt, als wir flohen, um Sie zu war nen. Es handelt sich um ein vergessenes Höhlensystem, dessen Ausgang auf einem der Felshügel liegt. Auch Sie können ihn ge hen, falls Sie zu einem Ausbruch entschlos sen sind. Allerdings müßten Sie sich dann damit sehr beeilen. Der Gang durch die Höhlen ist äußerst beschwerlich, und der Weg zu Ihrem Schiff ist weit. In etwa sieben Stunden wird es wieder hell, dann werden die Maahks und die Angepaßten wieder ak tiv.« Der Mondträger überlegte kurz. »Warten Sie einen Moment«, gab er dann zurück. »Ich werde mich rasch mit meinen Männern besprechen und melde mich dann wieder.« Er wandte sich um und sah seine Gefähr ten an. Jetzt schlief keiner seiner Mitgefangenen mehr. Alle waren erwacht und folgten erregt der Unterhaltung, von der sie aber nur Der mitrons Worte verstehen konnten. Mekron erklärte ihnen mit gedämpfter Stimme, was er inzwischen von Saprest erfahren hatte. Im schwachen Schein seiner Lampe erkannte er die Entschlossenheit, die nun auf ihren Ge sichtern erschien. Nur eine kurze Frage, und schon flogen die Hände aller hoch. Somit war der Aus bruchsversuch beschlossene Sache, und Me kron verständigte Saprest davon. »Was wird mit den Gefangenen in der an deren Baracke?« fragte dieser. »Wir lassen sie vorerst zurück«, entschied der Mondträger. »Wenn es uns gelingt, in das Schiff einzudringen und die vermutlich dort befindlichen Posten zu überwältigen,
HARVEY PATTON stellt ihre Befreiung kein Problem mehr dar. Wir starten den Raumer und greifen die Un terkünfte der Methans und ihrer Helfer an. Anschließend können wir dann alle Arkoni den an Bord nehmen, die sich hier befinden. Im Schiff ist genug Platz.« Sekunden später begann sein Vibromesser bereits wieder zu surren. Dermitron arbeitete angestrengt, nach einer Weile wurde er von Berkosch abgelöst, dieser wieder durch Ven tron. Kein Mann konnte die Erschütterung seiner Hände durch die Vibrationen lange aushalten, die durch den Griff übertragen wurden. Die Männer arbeiteten verbissen, aber das Messer war für ihren Eifer viel zu klein. Es dauerte fast eine Stunde, bis endlich in der Wand ein genügend großes Viereck entstan den war, das einem Mann den Durchschlupf gestattete. Es hing noch an verschiedenen Stellen fest, aber kräftige Fußtritte brachen es schnell heraus. Die ersten Gefangenen zwängten sich durch die Öffnung ins Freie. Hastig machten sie für die Nachfolgenden Platz, bis schließ lich alle sechsunddreißig Männer vor der Rückwand der Baracke standen. Dort führte Mekron Dermitron bereits eine gedämpfte Unterhaltung mit Saprest und Zefalon. »Was können wir tun, falls wir unterwegs bemerkt werden sollten?« fragte der Mond träger. Zefalon hob die Schultern. »Zu den Göttern beten, sonst nichts. Ich glaube aber nicht, daß die Gefahr einer Ent deckung besteht, Dermitron. Hier hat es seit langem keine Fluchtversuche mehr gegeben, die Maahks und die Angepaßten sind nach lässig geworden. Nicht einmal die Türen un serer ›Luxuswohnungen‹ werden mehr ver sperrt, sie verlassen sich ganz auf das auto matische Warnsystem. Das spricht aber nur an, wenn sich jemand am Zaun zu schaffen macht. Jetzt gibt es noch zusätzlich die Strahlensperre, so daß nach rein logischen Gesichtspunkten ein Ausbruch unmöglich ist.« »Wie kommt es aber, daß das Höhlensy stem ganz in Vergessenheit geraten ist?« er
Eine Falle für die MEDON kundigte sich Dermato. »Von den Gefangenen, die seinerzeit das Lager erbaut haben, leben nur noch drei Männer«, erklärte der Koch. »Einer davon bin ich, die beiden anderen sind geistige Krüppel als Folge von Experimenten der Maahks. Die Methans und Angepaßten, die sich jetzt hier befinden, können gar nichts davon wissen. Sie sind erst vor knapp einem Jahr nach Posalkehn gekommen, um die da malige Besatzung abzulösen. Wenn sie Ihr spurloses Verschwinden entdecken, dürften sie vollkommen ratlos sein.« »Da irren Sie sich aber gewaltig, Zefa lon«, sagte Mekron nüchtern. »Mit Hilfe von Spurendetektoren können sie innerhalb we niger Minuten sehr genau herausfinden, wo hin wir gegangen sind! Wir müssen uns des halb so sehr wie nur möglich beeilen, wenn wir Erfolg haben wollen. Wenn das Schiff nicht bis zum Sonnenaufgang wieder in un serer Hand ist, war alles umsonst.« Daß das Gelingen dieses Vorhabens mehr als unsicher war, wußten alle Männer. Sie besaßen keine Waffen, ihr einziger Vorteil war das Überraschungsmoment. Lautlos, wie ein Zug von Gespenstern, be wegten sich gleich darauf die achtunddreißig Männer durch das Lager. Das bläuliche Streulicht des Energiezauns trug noch dazu bei, diesen Eindruck zu verstärken. Saprest und Zefalon gingen voran. Sie be mühten sich, jede Deckung durch die Ge bäude auszunutzen, aber das war längst nicht immer möglich. Sie hatten mehrere hundert Meter zurückzulegen, und der größ te Teil des Weges führte durch freies Gelän de. Die Nerven der Männer waren bis zum Zerreißen angespannt. Wenn jetzt entgegen aller Gepflogenheiten jemand ins Freie kam und sie sah, waren sie verloren. Den letzten Teil der Strecke legten sie im Laufschritt zurück. Keuchend und schwit zend kamen sie endlich an der Küchenba racke an und drückten sich in den Schatten des Gebäudes. »Warten Sie hier«, raunte Saprest dem Kommandanten zu und eilte zur Tür des
39 Bauwerks. Mekron sah Zefalon fragend an, und dieser grinste bezeichnend. »Die Liebe, Dermitron! Der Junge würde lieber freiwillig hier zurückbleiben, als Bels chara allein zu lassen. Sie wird uns aber nicht behindern, denke ich. Schließlich hat sie schon zweimal den Weg durch die Höh len zurückgelegt, und das will etwas hei ßen.« Zwei Minuten später kam Saprest mit dem Mädchen zurück. Belschara machte noch einen verschlafenen Eindruck, wurde jedoch sehr schnell munter, als sie die war tenden Männer sah. Zefalon klopfte ihr auf die Schulter. »Ich wünsche euch alles Gute, dir und Sa prest«, sagte er wehmütig. »Ich komme nicht mit euch, einen Gewaltmarsch bis zum Raumschiff halte ich mit meinen alten Kno chen nicht mehr aus. Hier hast du noch ein kleines Abschiedsgeschenk, ihr werdet es gut brauchen können.« Er drückte ihr einen kleinen Batterie schweinwerfer in die Hand und wandte sich an den Mondträger. »Verschwinden Sie jetzt, so schnell Sie können. Ich werde hinter Ihren Leuten den Eingang wieder zuschütten und tarnen. Vielleicht bringt Ihnen das gera de den kleinen Zeitgewinn, der entscheidend für Ihr Vorhaben ist.« Sekunden später verschwanden die ersten Männer in dem Loch. Saprest ging voran, Dermitron hatte ihm seinen Leuchtstab über lassen. Das Feuerzeug hatte Berkosch über nommen, der als Zwölfter kam, Belschara mit dem Scheinwerfer führte das letzte Drit tel des Zuges an. Diese Beleuchtung war mehr als dürftig, die meisten ahnten mehr, als sie es sahen, wohin sie gerade gingen oder krochen. Immerhin hatten sie es aber schon bedeutend leichter als die beiden jun gen Leute während ihrer ersten Flucht. Eine Ewigkeit schien vergangen zu sein, bis alle die große Höhle erreicht hatten, hin ter der sich der Ausgang ins Freie befand. Dermitron ordnete hier eine kurze Erho lungspause an. Die Männer legten sich er schöpft auf den Boden, er selbst nahm den
40 kleinen Scheinwerfer und betrachtete inter essiert die von den Ureinwohnern angefer tigten Gegenstände. »Hat man sonst noch irgendwo Spuren von ihnen gefunden?« erkundigte er sich bei Saprest. »Nicht, daß ich wüßte«, gab der junge Mann zurück. »Allerdings dürften die Maahks auch kaum auf solche Relikte ge achtet haben. Für sie zählt nur das, was ih nen praktischen Nutzen bringt, und die An gepaßten sind auch nicht besser. Sie fühlen fast schon so wie die Methans, nicht mehr wie Arkoniden.« »Sie haben auch Carock Ekalv gekannt?« fragte Mekron. Saprest nickte finster. »Er war einer der Schlimmsten unter diesen Verrätern. Er als zweifacher Mondträger fühlte sich immer noch als ›Erhabener‹ und hat uns das oft ge nug spüren lassen. Ist er mit Ihnen zurückge kommen?« Dermitron verneinte. »Nur bis auf den Raumhafen, aber nicht mehr bis ins Lager. Als uns Horklyn und seine Vasallen über rumpelt hatten, drehte er plötzlich durch und schoß auf den angeblichen Planetenträger. Er traf jedoch einen anderen und wurde dar aufhin von Horklyn erschossen. Ich müßte lügen, wenn ich sagen wollte, daß ich seinen Tod bedaure.« »Ich auch«, gab Saprest zu. »Allerdings verstehe ich nicht, weshalb er sich plötzlich gegen die anderen Angepaßten gewandt ha ben mag. Er hat oft genug betont, daß er der Favorit von Grek 1 gewesen ist. Weshalb dann dieser plötzliche Sinneswandel?« Mekron zuckte mit den Schultern. »Wer kennt sich schon in der Psyche dieser vom Feind vergewaltigten Männer aus? Viel leicht hat der lange Aufenthalt bei uns sich doch irgendwie auf seinen Geist ausgewirkt. Er war einige Wochen bei uns auf Kraumon und hat Atlan selbst kennengelernt. Das al les könnte sich derart auf sein Unterbewußt sein ausgewirkt haben, daß …« Er unterbrach sich, als er die plötzlich ge weiteten Augen und die Verblüffung in den
HARVEY PATTON Zügen des jungen Mannes sah. »Sie gehören nicht zur Imperiumsflotte?« fragte dieser entgeistert. »Das hat bisher kei ner von uns gewußt. Zefalon hat lediglich Gesprächen von Angepaßten entnommen, daß es Ekalvs Aufgabe war, einen bedeuten den Arkoniden in die Gewalt der Maahks zu bringen. Demnach sollte also Atlan das ei gentliche Opfer sein?« »Das vermuten wir wenigstens«, erwider te Dermitron. »Den Methans muß der Kri stallprinz schließlich weit gefährlicher er scheinen als der jetzige Imperator, dessen ›größte Tat‹ bisher der Mord an seinem ei genen Bruder war. Wenn es ihm gelingt, dessen Stelle einzunehmen, dürfte auch der Krieg eine entscheidende Wende nehmen.« Saprest zuckte mit den Schultern. »Das kann ich nicht beurteilen, denn ich weiß so gut wie nichts über Atlan. Es ist schon lange her, seit ich in die Gefangen schaft der Maahks geriet, und damals waren in der Flotte nur einige unbestimmte Ge rüchte über ihn im Umlauf. Man erzählte sich, daß es ihm gelungen wäre, sogar die Prüfer auf Largamenia zu täuschen und die ARK SUMMIA zu erwerben. Ist er wirklich der kommende Mann auf Arkon I?« »Wir alle hoffen es und arbeiten für ihn«, erklärte Mekron. »Im Großen Imperium geht es drunter und drüber, und die Nutznießer davon sind natürlich die Maahks. Atlan will all dem ein Ende machen und die Arkoniden zum Sieg führen. Natürlich hat er dabei große Schwierigkeiten, denn Orbanaschol hat ihn stets als Verräter und Renegaten an geprangert. Falls es uns gelingt, das Schiff zurückzuerlangen, können Sie mit uns nach Kraumon kommen. Dann werden Sie selbst sehen, wie es steht.« Saprest gab darauf keine Antwort, und so wandte sich Mekron wieder der Betrachtung der Höhle zu. Staunend sah er die Abbildun gen an den Wänden, die im hellen Licht plötzlich ein Eigenleben entwickeln zu schienen. Die grünlichen Gestalten der Dra chen und die bräunlichen Körper der Urrin der wuchsen plastisch aus dem felsigen Un
Eine Falle für die MEDON tergrund hervor, die Körper der vierarmigen Arkoniden begannen sich zu bewegen und schwangen die primitiven Speere, die sie in den Händen hielten … Das darf doch nicht wahr sein! dachte der Mondträger schockiert. Diese Wesen sind schon seit vielen Jahrtausenden tot und ver gangen. Daß sie sich jetzt zu bewegen schei nen, kann doch nur eine durch Erregung und Strapazen hervorgerufene Sinnestäuschung sein … Das waren seine letzten klaren Gedanken – denn schon im nächsten Moment ent schwand die Höhle mit seinen Männern aus seinem Blickfeld. Übergangslos wurde er zum Bestandteil einer unwirklich und zu gleich überaus realistisch wirkenden Welt.
8. Mekron stand auf der Kuppe eines niedri gen felsigen Hügels und spähte in die Ebene hinaus. Heiß brannte die Sonne auf seine nackten Schultern, der Wind fuhr durch sein langes blaues Haar. Er zuckte zusammen, als er den Stich eines Insekts spürte, das sich auf seinem Rücken niedergelassen hatte. Automatisch fuhr seine untere linke Hand nach hinten und schlug nach dem Quälgeist. Die rechte Unterhand baumelte frei herab, mit den beiden Oberhänden hielt er den lan gen Speer und die Kampfaxt. Die kupferne Spitze des einen und das Blatt der anderen blitzten rötlich im Licht des Gestirns. Mekron befand sich in Hochstimmung. Erst an diesem Morgen war es ihm gelun gen, Retsa aus der Obhut ihrer Sippe zu ent führen und in seine Höhle zu bringen. An fangs hatte sie sich gegen ihn gewehrt, aber das hatte ihr nichts genützt. Er war stärker als das Weib und hatte sie fast mühelos überwältigt. Sie hatte das schließlich anerkannt und ih ren Widerstand aufgegeben. In der Höhle war sie ihm zu Willen gewesen, und damit gehörte sie nun ihm. Jetzt wartete sie unter würfig darauf, daß er zurückkehrte, mit rei cher Jagdbeute beladen, die sie für beide zu
41 bereiten konnte. Retsa würde ihm ein gutes Weib sein, da von war er fest überzeugt. Nun mußte er ihr auch beweisen, daß er ein Mann war, der gut für sie zu sorgen verstand. Ich werde einen jungen Gurb töten, über legte er. Das gibt gutes zartes Fleisch, wie es die Weiber mögen, und das Fell ist kurz und weich, eben richtig als Kleid für Retsa. Am Waldrand in der Ferne glaubte er eine Bewegung zu sehen. Er legte die rechte Un terhand abschirmend über die Augen und verzog dann zufrieden das Gesicht. Eine kleine Herde Gurbs schob sich vorsichtig aus dem Dickicht ins Freie. Dort in der Nähe des Flusses gab es gutes fettes Gras, wie es diese Tiere liebten. Der Fehler war nur, daß sie immer scheu er wurden. Die großen Drachen fürchteten sie wenig, die waren schon von weitem am Himmel zu erkennen und flogen so schwer fällig, daß ihnen die Flucht leichtfiel. Ihre größten Feinde waren die Leute aus Me krons Rasse. Sie schlichen sich lautlos an und warfen dann die Speere, deren scharfe Spitzen meist einen schnellen Tod brachten. Früher war es anders, überlegte der Mann. Da waren wir nur wenige und brauchten nicht viel Wild zu töten, um leben zu kön nen. Nun werden die Sippen immer größer. Es gilt, immer mehr hungrige Mäuler zu stopfen. Wir haben zwar gelernt, das rote Metall zu bearbeiten, das viel bessere Äxte und Pfeilspitzen abgibt als früher die Stein splitter. Doch auch die Gurbs haben gelernt und meiden die Gegend, in der wir wohnen. Wir müssen immer weiter gehen, wenn wir noch Beute machen wollen. Vielleicht wird es gut sein, ganz von hier wegzugehen, in ei ne andere Gegend, wo es noch keine Leute gibt. Er hatte sich inzwischen bereits in Bewe gung gesetzt. Mit großen Schritten stieg er den Hügel hinab und schlug die Richtung zum Fluß hin ein. Jetzt brauchte er sich noch nicht vorzusehen, denn er war zur Ebene hin durch Gebüsch gedeckt. Er erreichte den Fluß und durchquerte ihn an der seichten
42 Stelle, über angeschwemmtes Treibholz ba lancierend. In den Büschen am jenseitigen Ufer machte er halt und sah noch einmal nach der Gurbherde. Er erkannte einen Bullen sowie zwei Mut tertiere mit je zwei Jungen. Sie ästen etwa zehn Mannslängen vom Waldrand entfernt, weiter hinaus wagten sie sich nicht mehr. Sobald eines der Jungen Anstalten machte, sich von der Gruppe zu entfernen, trieb es die Mutter mit energischen Hornstößen wie der zurück. Der Bulle schien besonders miß trauisch zu sein, warf ständig den Kopf hoch und äugte umher. Auf ihn muß ich besonders achten, sagte sich Mekron. Er ist alt, erfahren und sehr stark. Wenn es ihm gelingt, mich mit den langen Hörnern aufzuspießen, wird Retsa umsonst auf mich warten. Ich muß es beson ders geschickt anfangen, ihm aus dem Weg zu gehen und doch eins der Jungen zu Spee ren. Er schlug einen Bogen nach rechts und ging bis zu der Stelle, wo das Buschwerk in den Wald überging. Von dort aus spähte er nochmals nach der Herde und merkte sich genau ihren Standort. Dann drang er auf ei nem schmalen Wildwechsel in den Wald ein, verließ diesen Pfad aber bald wieder und schlängelte sich gewandt durch das Un terholz. Seine Oberhände preßten die Waf fen gegen den Körper, die Unterhände bo gen die Zweige zur Seite. Unter seinen Trit ten knackte kein dürrer Zweig, raschelte kein trockenes Blatt. Mekron war noch jung, aber ein guter, erfahrener Jäger. Einmal erstarrte er zur Statue, als eine große, grün und braun gefleckte Schlange dicht vor ihm vorbeiglitt. Ihr dreieckiger Kopf war hochgereckt, die schwarze Zunge zuckte hin und her. Ihre Beute waren meist nur kleine Tiere, sie griff aber auch größere an, wenn sie sich bedroht fühlte. Das Gift, das aus ihren Zähnen floß, konnte selbst einen Gurb in kurzer Zeit töten. Ebensogut auch einen Mann, und so at mete Mekron auf, als sie sich weiterschlän gelte, ohne ihn wahrzunehmen. Er setzte sei-
HARVEY PATTON nen Weg fort und erreichte endlich den Wildwechsel, auf dem die Herde ins Freie gekommen war. Seine Nase blähte sich und sog den scharfen frischen Geruch des Wil des ein. Er erkannte aber bald, daß er nicht nahe genug an sie herankommen konnte, um den Pfeil treffsicher zu schleudern. Hier am Waldrand gab es kaum Unterholz, und das Gras war zu niedrig, um ihm Deckung zu bieten. Überlegend krauste er die schmale Stirn, aber gleich darauf entblößte er zufrie den die Zähne. Ja, so mußte es gehen! Behende erklomm er einen riesigen Baum, dessen Äste weit ausladend bis an den Rand des Graslandes reichten. Um ihn herum schwirrten und kreischten Vögel, aber sie beachteten ihn nicht, weil er nicht zu ihren Feinden gehörte. Bald hatte er einen Ast erreicht, der stark genug war, um sein Gewicht zu tragen. Auf den Knien und Un terhänden kletterte er weiter. Der Ast bog sich allmählich durch, so daß er schließlich anhalten mußte. Er war aber weit genug gekommen. Er be fand sich in knapp doppelter Mannshöhe ge nau vor der Herde, ihren Blicken durch die großen fleischigen Blätter entzogen. Behut sam richtete er sich in Kauerstellung auf, die Unterhände klammerten sich fest um den Ast. Behutsam schob er den Kopf durch das Laubwerk, seine Augen blitzten, als er die Beute vor sich sah. Die Tiere äugten nur nach vorn über die Weide, sie ahnten nichts von der Gefahr hin ter ihnen. Mekron schob die Axt in den Fell schurz um seine Lenden, um die linke Ober hand frei zu bekommen. Mit ihr schob er das Laub beiseite, dann holte die rechte Ober hand aus und schwang den Speer. Es war ein guter Wurf. Das Jungtier wur de genau im Nacken getroffen, die metallene Spitze bohrte sich tief zwischen die Halswir bel. Das Kalb brüllte klagend auf, brach dann auf der Stelle zusammen. Es war be reits tot, ehe die anderen Tiere erfaßt hatten, was geschehen war. Dann aber rasten die Muttertiere augen
Eine Falle für die MEDON blicklich in den Wald zurück, die übrigen Jungen vor sich hertreibend. Nur der Bulle blieb noch eine Weile stehen. In ihm war der Beschützerinstinkt erwacht, er sah sich mit rollenden Augen um und stieß einen wüten den Schrei aus. Doch er sah ringsum keinen Gegner, nur das regungslos daliegende Jung tier. Der frische Blutgeruch stieg in seine Nüstern und löste den Fluchtinstinkt aus. Auch er machte nun kehrt und stürmte in den Schutz des Waldes zurück. Mekron wartete ab, bis das Geräusch der Hufe in der Ferne verhallt war. Dann stieß er sich ab und sprang mit einem gewaltigen Satz zu Boden. Ein urtümlicher Schrei kam aus seiner Brust, der Triumphschrei des Sie gers. Es lag aber auch Stolz darin – er hatte eine ganz neue Methode entdeckt, auch dem scheuesten Wild beizukommen! Das Kalb auf den Schultern, trat er den Rückweg an. Es war noch heißer geworden, die Sonne stand hoch am Himmel, doch das machte ihm nichts aus. Seine Gedanken wa ren bei Retsa, deren Anerkennung ihm nun sicher war. Sie hatte inzwischen das Feuer in der Höhle gehütet, das er am Morgen mühe voll aus dem Stein geschlagen hatte. Nun würde es ihre Aufgabe sein, den Braten zu zubereiten. Beide würden gut essen, und auch sonst waren noch gewisse Annehm lichkeiten zu erwarten … Diesmal bewegte sich Mekron offen durch das Grasland. Hier befand er sich weit außerhalb der Jagdgründe der bekannten Sippen, es spielte also keine Rolle, wenn er weiteres Wild vergrämte. Spätestens am nächsten Tage würden die Gurbs ohnehin wiederkommen. Er hatte fast schon den Fluß erreicht, als er plötzlich zusammenzuckte. Das mißtö nende Krächzen eines großen Drachen war an seine Ohren gedrungen. Er hatte sich zu sehr gefreut und zuviel gedacht, das wurde ihm nun klar. Dabei hat te er vergessen, auf die Gefahr aus der Luft zu achten, die nun schon bedenklich nahe war. Zwei Flugdrachen mit einer Flügelspann
43 weite von mindestens fünf Mannslängen ka men auf ihn zu! Diese Tiere waren Räuber und jagten alles, was groß genug war und sich bewegte. Für sie war Mekron als Beute ebenso willkommen wie Gurbs oder andere Tiere. Sie waren fast unangreifbar, ihre Pan zerhaut widerstand jedem Speer. Nur eine Axt, so geschickt geschleudert, daß sie die schwache Stelle am Hals traf, konnte sie tö ten. Mekron ergriff die Flucht und rannte auf den Fluß zu, mit keuchenden Lungen er reichte er das Ufer. Er warf seine Jagdbeute zwischen das Gebüsch, denn nun ging es um sein eigenes Leben. Ein rasender Blick nach hinten zeigte ihm, daß ihm nur noch wenige Sekunden blieben. Seine Unterhände griffen nach einem dürren Schilfstengel und knick ten ihn ab, dann stürzte er sich kopfüber ins Wasser. Es war Sommer, und der Fluß führte nur wenig Wasser. Mekron fand Grund, stemm te seine Füße gegen die schwache Strömung und richtete den Kopf dem Wasserspiegel entgegen. Die Atemnot plagte ihn bereits, hastig schob er den Schilfstengel zwischen die Lippen und richtete ihn nach oben. Das Pflanzenmark war bereits ausgetrocknet, in dem Rohr befand sich ein Hohlraum, der Luft durchließ. Es war nicht viel, aber für kurze Zeit mußte es genügen. Mekron hielt sich die breite Nase zu und atmete nur noch durch den Mund. Sein Kopf befand sich etwa zwei Handspannen unter dem Wasserspiegel, er konnte undeutlich er kennen, was nun über ihm geschah. Er sah die Bewegung von zwei Schatten, verzerrt klang das Krächzen seiner Feinde zu ihm herunter. Die beiden Drachen waren verwirrt. Im Gegensatz zu ihren Körpern waren ihre Ge hirne winzig klein und primitiv. Deshalb konnten sie nicht begreifen, was da eben ge schehen war. Gerade war die Beute noch dicht vor ihnen gewesen, nun war sie aber plötzlich spurlos verschwunden … Sie fingen ihren Sturzflug ab und kreisten mit trägen Flügelschlägen über dem Fluß.
44 Ihre riesigen Augen suchten, streiften das Ufer ab und entdeckten schließlich das tote Gurbkalb, dessen rostbrauner Körper deut lich von dem hellen Ufersand abstach. Au genblicklich war Mekron vergessen, und sie stürzten sich auf diese neue Beute. Jedes der beiden Tiere wollte sie haben, der Futterneid erwachte in ihnen. Wild mit den ledrigen Flügeln schlagend, stürzten sie sich auf das Tier, und einer der Drachen war etwas schneller. Seine Krallen packten den Kadaver und rissen ihn hoch, krächzend flog er davon. Sofort folgte ihm sein Gefährte und attackierte ihn mit wütenden Flügel schlägen und Schnabelhieben. Kämpfend stiegen sie in die Höhe, entfernten sich und verschwanden in der Ferne. Keuchend und prustend tauchte Mekron wieder auf. Seine Lungen gierten nach Luft, er hielt sich wassertretend auf der Stelle, bis er wie der zu Atem gekommen war. Darauf schwamm er ans Ufer zurück und kletterte die Böschung hoch. Er nahm Speer und Axt auf, und dann erstarrte er. Wo war das Gurbkalb geblieben …? Sekunden später hatte er begriffen, und die Enttäuschung schmetterte ihn fast zu Bo den. Nun war alles umsonst gewesen! Er war zwar mit dem Leben davongekommen, aber die Jagdbeute wurde dafür von den Drachen gefressen. Triefend naß und mit leeren Händen stand er da – sollte er so zu Retsa zurückkehren? Zorn übermannte ihn. Er hob alle vier Hände, ballte sie zu Fäusten und stieß die Große Verwünschung aus, deren Worte er aus den Ritualhandlungen des Sippenzaube rers kannte. Im nächsten Moment verschwamm die Szene vor seinen Augen – Mekron Der mitron befand sich wieder auf dem Boden der harten Tatsachen. Verwundert schüttelte er den Kopf. Wie war so etwas nur möglich? Wie konnte ihn das bloße Betrachten der Bilder so beeinflußt haben, daß sein Geist sich vorübergehend im Körper eines Urzeit jägers befunden hatte? In einem Körper, der
HARVEY PATTON schon seit Jahrtausenden tot und vermodert war … »Erstaunlich, nicht wahr?« sagte Saprest gerade. »Die Wilden müssen eine hoff nungsvolle Rasse gewesen sein, aber trotz dem sind sie lange ausgestorben. Vielleicht gab es eine Seuche, die sie dahingerafft hat.« Der junge Mann hatte also von seiner »geistigen Abwesenheit« gar nichts be merkt, folglich schien indessen keine merk liche Zeitspanne vergangen zu sein. Und doch hatte Mekron indessen Stunden in der Vergangenheit verbracht, an die er sich ganz deutlich erinnerte. Was wäre wohl passiert, wenn seinem Gastkörper in dieser Zeit etwas zugestoßen wäre? Hätte er selbst dann viel leicht auch sterben müssen …? Er fand keine Erklärung für das Phäno men, und so verbannte er das seltsame Er eignis in sein Unterbewußtsein. Dermitron war ein Pragmatiker, augenblicklich hatte er wieder seine reale Aufgabe vor Augen. »Pause beendet«, erklärte er knapp. »Wir stoßen jetzt ins Freie vor und machen uns auf den Weg zur MEDON.« Der Weg dorthin gestaltete sich schwieri ger, als er gedacht hatte. Die Männer mußten einen großen Bogen schlagen, denn der Raumhafen lag auf der entgegengesetzten Seite. Das hügelige Ge lände behinderte ihr Vorwärtskommen, auch Saprest und das Mädchen kannten sich darin kaum aus. Das Ödland rings um das Lager war mit niedrigem Pflanzenwuchs bestan den, dessen lange Ranken sie immer wieder ins Stolpern brachten. Der Gebrauch der spärlichen Lichtquellen verbot sich von selbst, wenn man nicht etwaige Wachen im Schiff vor ihrer Annäherung warnen wollte. So brauchte die Gruppe für eine Strecke von dreieinhalb Meilen mehr als zwei Stun den. Besorgt sah der Kommandant auf die Leuchtziffern seines Armbandchronos. Schon der Weg durch das Höhlenlabyrinth hatte viel Zeit gekostet. In etwa zwei Stun den würde die Sonne aufgehen. Bis dahin mußte sich der Raumer in ihrer
Eine Falle für die MEDON Hand befinden, sonst war ihre letzte Chance vertan! Endlich hatten sie den Rand des be helfsmäßigen Landefelds erreicht, die dunkle Silhouette des Schiffskörpers wuchs vor ihnen auf. Saprest hatte vorgeschlagen, den letzten Teil ihres Weges kriechend zurückzulegen, doch darin hatte Dermitron keinen Sinn ge sehen. Wenn die Angepaßten von der ME DON aus die Umgebung überwachten, wür den sie das zweifellos mittels der Infrarotor tungen tun. Ob man ging oder robbte, spielte in diesem Fall keine Rolle. Die Instrumente mußten so oder so auf die Körperwärme der Gruppe ansprechen. Die Ausbrecher näherten sich dem Schiff in einer weit auseinandergezogenen Kette. So bestand die Aussicht, daß es bei einem etwaigen Beschuß möglichst wenig Opfer geben würde. Die letzten hundert Meter leg ten sie im Laufschritt zurück, ihre Nerven standen unter höchster Anspannung. In jedem Augenblick konnten Scheinwerfer auf flammen, sie in ihr gnadenlos helles Licht tauchen und zu lebenden Zielscheiben ma chen! Erst als sich alle unter der Wölbung der Kugelzelle befanden, atmete Mekron Der mitron auf. Hier waren sie im toten Winkel, nun konnten die Schiffsgeschütze nichts mehr gegen sie ausrichten. Jetzt hatte er aber auch den Beweis, auf den er im Stillen ge hofft hatte: Horklyns Männer dachten gar nicht daran, daß jemand versuchen könnte, in die MEDON zu gelangen. Die entscheidende, über Gelingen oder Mißerfolg der Aktion bestimmende Phase stand aber erst noch bevor. Auf einen flüsternd weitergegebenen Be fehl hin versammelten sich alle auf einer Stelle. Dann öffnete der Kommandant ein weiteres Geheimfach seiner Raumstiefel und holte daraus einen kleinen Codegeber her vor. In seinem winzigen Speicherteil waren die Symbolgruppen festgehalten, auf die der Öffnungsmechanismus der unteren Pol schleuse ansprach, die natürlich jetzt ver schlossen war.
45 Mekron wog das Gerät in seiner Rechten und atmete mehrmals tief durch. Trotzdem zitterten seine Hände, denn jetzt nahte der eigentlich kritische Zeitpunkt. Daß sich die Schleuse öffnen würde, so bald er den gültigen Code abstrahlte, daran gab es keinen Zweifel. Gleichzeitig würden aber in der Kommandozentrale des Raumers die entsprechenden Kontrollanzeigen auf leuchten! Wenn die Angepaßten auf dem Posten waren, konnten sie dieses Signal auf keinen Fall übersehen. Ein einziger Knopf druck genügte daraufhin, um die Schleuse wieder zu blockieren – und was dann …? Dann war das Unternehmen endgültig ge scheitert, und eine zweite Chance würde man ihnen nicht mehr geben. Dermitron zögerte bei diesen Gedanken sekundenlang. Dann biß er jedoch die Zähne zusammen und drückte entschlossen den Aktivierungsknopf des Codegebers. Lautlos rasten die Funksymbole hinauf zur Pförtner positronik der Luftschleuse, die sie inner halb weniger Mikrosekunden überprüfte. Sie stimmten und wurden von der Positronik als gültig erkannt. Sie sandte einen kurzen Stromstoß aus, ein Relais schnappte ein. Al les weitere lief vollautomatisch ab. Die Polschleuse glitt auf, die Trittrampe senkte sich fast geräuschlos dem Boden ent gegen. »Hinauf!« zischte Mekron Dermitron. Die anderen wußten, was sie zu tun hat ten. Sie stürmten die Rampe hoch und hiel ten erst an, als sie die Luftschleuse hinter sich hatten. Da kein Druckausgleich durch geführt werden mußte, hatte sich das Innen schott zugleich mit dem äußeren geöffnet – sie waren im Schiff! In den Korridoren brannte nur die schwa che Nachtbeleuchtung, alles war still. Der mitron kam als letzter und sorgte dafür, daß sich die Schleuse wieder schloß. Dann eilte er weiter und suchte eine Waffenkammer auf, die sich in der Nähe befand. Wenige Minuten später waren alle mit Kombistrah lern versehen und fühlten sich nun schon er heblich wohler.
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HARVEY PATTON
»Auf Lähmstrahlen schalten«, bestimmte der Kommandant. »Die Angepaßten sind Arkoniden wie wir, sie können nichts dafür, daß sie von den Maahks manipuliert wur den. Energiestrahlen sind nur dann einzuset zen, wenn es nicht mehr anders geht.« Er teilte seine Leute in drei Gruppen ein, von denen zwei von Salmoon und Berkosch angeführt wurden. »Benutzen Sie die beiden seitlichen Antigravschächte«, bestimmte er. »Schweben Sie bis zur Höhe der Komman dozentrale hinauf und durchsuchen Sie dort alle wichtigen Räume. Denken Sie aber dar an, daß es schnell gehen muß, wir haben nicht viel Zeit. Einige Männer begeben sich dann in die Maschinenräume und bereiten alles für einen Notstart vor, die übrigen sto ßen von den Seiten her in Richtung Zentrale vor. Wir bleiben über Armbandtelekom in Verbindung.« Die Männer eilten davon, und der Mond träger wandte sich an seine Gruppe. »Wir benutzen den Hauptschacht und suchen di rekt die Zentrale auf. Ventron und Natsyboa, Sie besetzen sofort die Funkzentrale und verschanzen sich dort. Es muß unbedingt verhindert werden, daß Horklyns Männer Gelegenheit bekommen, das Lager zu war nen.« Er sah die beiden jungen Leute aus dem Lager an. »Ich kann Ihnen nicht zumuten, daß Sie sich aktiv an der Aktion beteiligen. Halten Sie sich hinter uns, um uns den Rücken zu decken.« Als Saprest protestieren wollte, winkte er ab. »Keine Widerrede, es bleibt dabei. Dies ist unser Schiff, und wir werden die Lage selbst bereinigen. Sie ha ben schon genug geleistet, als Sie uns den Ausbruch ermöglichten.« Sekunden später schwebten sie in der Plussphäre des Haupt-Antigravschachts nach oben. Das gewagte Unternehmen trat in seine letzte Phase.
9. »Nichts!« stellte Salmoon fast enttäuscht fest.
Seine Gruppe hatte, aus dem rechten Ne benschacht kommend, das Hauptdeck er reicht und sich dort verteilt. Vorsichtig wur den alle Räume inspiziert, aber von den An gepaßten hielt sich niemand darin auf. Der Erste Offizier schickte daraufhin fünf Tech niker in die Maschinenräume. Ihre Aufgabe war es, die Triebwerkskonverter auf Betrie bsbereitschaft zu schalten und sonstige vor bereitende Maßnahmen zu treffen, damit die MEDON sofort starten konnte, wenn die Aktion beendet war. Mit den übrigen sechs Männern machte er sich auf den Weg zur Kommandozentrale. Berkoschs Gruppe hatte weniger Glück. Die sonst auf Deck 11 befindlichen Mannschaftsquartiere waren den Umbauten im Schiff zum Opfer gefallen. Man hatte da für auf dem Hauptdeck in der Nähe des lin ken Antigravschachts einige Depoträume umgestaltet, die nun als Wohnräume für die Besatzung dienten. Dort hatten sich inzwi schen acht Angepaßte eingenistet, sämtliche Techniker, die später die Maschinenanlagen des Schiffes bedienen sollten. Weshalb zwei von ihnen zu dieser unge wöhnlichen Stunde wach waren, wurde nie geklärt. Sie saßen in der kleinen Messe und unterhielten sich, als plötzlich die Tür auf ging. Sie rechneten damit, Besuch von ihren Gefährten zu bekommen, aber im Eingang zeigte sich niemand. Berkoschs Männer sa hen, daß der Raum erhellt war, und blieben vorerst unsichtbar. Das alarmierte die beiden. Sie glaubten nicht ernsthaft an eine Gefahr, aber sie wa ren vorsichtig. Rasch sprangen sie auf, zo gen ihre Strahlwaffen und postierten sich so, daß sie nicht sofort gesehen werden konn ten. Sie hielten es für möglich, daß Horklyn unangemeldet ins Schiff gekommen war, vielleicht, um sie zu testen oder neue An weisungen zu geben. Wirklich mißtrauisch wurden sie erst, als sie von draußen her geraunte Worte vernah men. In diesem Augenblick war ihnen klar, daß diejenigen, die hinter der Tür standen, nicht zu ihnen gehören konnten. In dem ih
Eine Falle für die MEDON nen anerzogenen logisch-nüchternen Denk schema war kein Platz für eine solche, ihren Augen merkwürdig erscheinende Verhal tensweise. So etwas wie Panik kannten sie nicht, die Maahks hatten in ihnen alle hinderlichen Emotionen ausgemerzt. Der Feind war da – wie er ins Schiff gekommen war, darüber konnten sie auch später noch nachdenken. Sie aktivierten ihre Strahler und waren ab wehrbereit. Als nun einer von Berkoschs Männern den Kopf vorstreckte, um in den Raum zu sehen, schossen sie sofort. Sie hat ten ihn zwar nicht erkannt, aber er gehörte nicht zu ihnen; das genügte. Der betreffende Mann verdankte nur einer unglaublich raschen Reflexbewegung sein Leben. Er nahm das huschende Hochrucken einer Waffe wahr, zuckte sofort zurück und entging so den Schüssen um Haaresbreite. Sie zuckten durch den Korridor und schlu gen weiter hinten in das Gitter eine Lüf tungsanlage, ohne viel Schaden anzurichten. »Tür zu!« brüllte Berkosch sofort. Für diese Unbeherrschtheit hätte er sich im nächsten Augenblick selbst ohrfeigen mögen, aber es war zu spät. Die Tür wurde zugeschlagen, und der Knall dröhnte weithin hörbar durch die stille Schiffssektion. Das Fauchen der beiden Strahler hätten die schlafenden Angepaßten vermutlich über hört. Die nachfolgenden Geräusche jedoch weckten sie auf der Stelle, ließen sie von ih ren Lagern aufspringen und nach den Waf fen greifen. Das war aber noch nicht alles. In der Mes se gab es eine Interkom-Sprechstelle, und ei ner der beiden Schützen begab sich sofort dorthin. Im nächsten Augenblick hallte seine Stimme laut durch das ganze Schiff. »Alarm!« brüllte es aus allen Lautspre chern. »Fremde sind eingedrungen und mit allen Mitteln zu bekämpfen.« Mekron Dermitron, der mit seiner Gruppe gerade den Korridor zur Kommandozentrale erreicht hatte, fuhr zusammen. Nun war das eingetreten, was er um jeden Preis hatte ver hindern wollen. Jetzt kam es auf besonders
47 rasches Handeln an. Ein Wink, und schon hetzten Ventron und Natsyboa auf die Funkzentrale zu. Der mitron schickte Saprest und Belschara hin terher, und beide folgten seinem Befehl. Mit den übrigen Männern setzte er zum Sturm auf die Zentrale an. In dieser hielten sich drei Angepaßte auf. Sie hatten jedoch geschlafen und wurden durch den Alarm völlig überrascht. Als sie aus ihren Kontursitzen hochkamen und nach den Strahlern griffen, drangen Mekron und seine Leute bereits in den Raum ein. Sie huschten nach den Seiten hin weg und war fen sich zu Boden, und dann begann ein er bittertes Gefecht. Die Angreifer waren dabei eindeutig im Nachteil. Sie waren darauf aus, das Leben der anderen zu schonen und mußten vor al lem darauf achten, keine der unersetzlichen Anlagen in der Kommandozentrale zu be schädigen oder gar zu zerstören. Die Ange paßten dagegen kannten solche Skrupel nicht und schossen auf alles, was sich be wegte. Auch weiter links in den Quartierräumen war es nicht anders. Bald schon mußte Ber kosch den Befehl geben, die Kombiwaffen auf Energiestrahl umzuschalten, weil sich anders nichts erreichen ließ. Zugleich mit den anderen Gefühlen hatten die Maahks auch die Todesfurcht in ihren Helfern ausge merzt, und sie griffen bedingungslos an. Nach und nach wendete sich jedoch das Blatt. Berkoschs Gruppe kannte sich in den Räumen besser aus, denn es war schließlich ihr Schiff. Die Männer verteilten sich und griffen von verschiedenen Seiten her an. Im Verlauf einer halben Stunde fielen sechs der acht Angepaßten, vier Männer Dermitrons wurden verwundet. Die übrigen stürmten den Messeraum, in dem sich noch immer die beiden hielten, auf die sie zuerst gestoßen waren. Sie wurden von zwei Seiten her unter Feuer genommen und starben nach erbitter ter Gegenwehr. Auch ein Mann der ME
48 DON-Besatzung verlor sein Leben, und der Feuerleitoffizier schüttelte fassungslos den Kopf. »Nicht zu glauben, daß das Arkoniden waren wie wir!« sagte er rauh. »Sie haben erbarmungsloser gekämpft als die Methans. Bleibt zurück und versorgt euch gegensei tig«, wandte er sich an die Verwundeten. »Alle anderen folgen mir zur Zentrale, Me kron bittet dringend um Hilfe.« Den Ausschlag im Kampf um das Schiff gab jedoch die Gruppe unter dem Befehl Salmoons. Der Erste Offizier hatte die Bitte um Un terstützung ebenfalls gehört. Im Laufschritt durchmaßen er und seine Männer den ihnen zugewiesenen Sektor. Die Räume waren übersichtlich, von Gegnern war nichts zu se hen. Dann machten sie einen großen Umweg und arbeiteten sich von hinten an die Kom mandozentrale heran. Dort gab es zwischen den vielfältigen Anlagen einige kleinere Ausgänge, durch die sie nun in den Raum eindrangen. Die Zentrale glich inzwischen einem Schlachtfeld. In der Gegend des großen Ein gangsschotts brannte es an vielen Stellen. Die Angepaßten bemühten sich, systema tisch alles zu zerstören, was Dermitrons Trupp als Deckung dienen konnte, um ihn dann um so sicherer erledigen zu können. Die Männer mußten laufend ihre Standorte wechseln und entgingen oft genug nur knapp tödlichen Treffern. Aus schmorenden Ag gregaten zuckten Überschlagblitze, der ät zende Rauch von verbrannten KunststoffMaterialien hing in der Luft, erschwerte das Atmen und behinderte die Sicht. Das Fau chen der Strahler und das knallende Bersten von Bildschirmen lieferten die passende Tonbegleitung zu diesem Inferno. Mehrere Männer hatten bereits leichtere Verbrennun gen und Wunden durch umherfliegende Trümmerstücke erlitten. Mekron Dermitron blutete aus einer Rißwunde an der Schläfe, aber er hatte keine Zeit, sich darum zu küm mern. Die drei Angepaßten gaben sich keine
HARVEY PATTON Blößen und blieben stets in sicherer Deckung durch die schweren Kontursessel und frei stehenden Maschinenblöcke, hinter denen ihnen die Paralysestrahlen nichts an haben konnten. Sie wußten, daß die Zeit für sie arbeitete. Mit jeder Minute rückte der Tagesbeginn näher, und wenn dann Horklyn mit seinen Männern wieder ins Schiff kam, war die Auseinandersetzung automatisch zu ihren Gunsten entschieden. Auch der Mondträger wußte das, aber er konnte nichts daran ändern. Alle Anlagen in dem weiten Halbrund unterhalb des Panora maschirmes dienten der Schiffsführung und durften auf keinen Fall beschädigt werden, wenn der Start des Schiffes nicht in Frage gestellt werden sollte. So schossen er und seine Männer weiter nur mit Lähmstrahlen und hofften auf Zufallstreffer oder das Ein greifen Salmoons. Als dieser mit seinen Leuten endlich im Rücken der drei Angepaßten auftauchte, at meten Mekron und seine Männer auf. Ber koschs Gruppe war schon früher eingetrof fen, hatte jedoch nicht eingreifen können, weil die Diener der Maahks sofort den Ein gang unter Feuer genommen hatten. Nun fiel die Entscheidung innerhalb weniger Sekun den. Sechs Lähmstrahlen sirrten durch die Luft und erfaßten die Verteidiger, die noch nicht bemerkt hatten, daß hinter ihnen neue Geg ner aufgetaucht waren. Zwei der Angepaß ten wurden voll getroffen und sackten au genblicklich gelähmt zusammen. Dem drit ten gelang es jedoch noch, sich im letzten Augenblick herumzuwerfen. Ehe sein Kör per erstarrte, drückte er noch einmal auf den Feuerknopf – und der Energiestrahl schlug mitten in das Schaltpult vor dem Pilotensitz! Mekron Dermitron stöhnte schmerzlich auf, als er sich nun langsam erhob. Aus schmalen Augen starrte er auf das Pult, in dem der Feuerstoß einen großen Teil der un ersetzlichen Schaltanlagen zerstört hatte. Das war ein schwerer Schlag für ihn, denn nun war ein regulärer Start von Posalkehn unmöglich geworden …
Eine Falle für die MEDON »Schneller, Leute!« drängte Salmoon und sah besorgt auf den Außenbildschirm. Drau ßen wurde es zusehends heller, in wenigen Minuten würde bereits die Sonne aufgehen, und dann konnte es nicht mehr lange dauern, bis der mit Sicherheit zu erwartende Besuch vom Lager her eintraf. Ein Dutzend Männer, unter ihnen auch Dermitron, arbeiteten voll höchster Konzen tration. Die Hauptsteueranlage war nicht mehr brauchbar, aber noch existierte der Du plikatsatz vor dem zweiten Pilotensitz. Er war jedoch auf vielfältige Weise mit der Hauptanlage verbunden gewesen, und nun waren zahlreiche Kabel und Stromkreise un terbrochen. Die Techniker versuchten, sie notdürftig zu reparieren oder zu über brücken, damit wenigstens ein Notstart durchgeführt werden konnte. Alle Triebwer ke waren voll einsatzfähig, konnten aber nur von der Zentrale aus bedient werden. »Noch zehn Minuten«, sagte Ventron, oh ne aufzusehen. Der massige und wortkarge Ortungsspezialist bewies wieder einmal, daß weit mehr in ihm steckte, als sein Aussehen vermuten ließ. Von ihm waren einige wert volle Anregungen gekommen, die die Repa raturen wesentlich beschleunigen halfen. Nun setzte er bereits Sicherungen ein, wäh rend die anderen noch dabei waren, die letz ten Verbindungen herzustellen. Die ersten Sonnenstrahlen schossen über den Horizont, und gleichzeitig zuckte Sal moon zusammen. »Da kommen sie schon!« rief er aus und wies auf den Bildschirm. Eben hatten drei Gleiter das Lager verlassen und steuerten auf die MEDON zu. »Wir werden über Funk angerufen, Kom mandant«, meldete sich Natsyboa fast gleichzeitig aus der Funkzentrale. Seufzend richtete sich Dermitron auf und stellte die Interkomverbindung zur Feuerleitzentrale her. »Narkosegeschütz einsetzen, Berkosch«, ordnete er an. »Wir könnten die Burschen auch vernichten, aber ich will ihnen eine Überlebensschance geben.« Berkosch bestätigte kurz, und schon scho
49 ben sich die Blenden in den Geschützkup peln zur Seite. Lautlos verließen die betäu benden Strahlen das Schiff und erfaßten die Fahrzeuge. Sie kamen ins Torkeln, als ihre Piloten bewußtlos wurden, und drohten ab zustürzen. Sekunden später schalteten sich aber die Sicherheitsautomaten ein und über nahmen ihre Steuerung. Die drei Gleiter gin gen etwa zweihundert Meter von der ME DON zu Boden, in ihnen rührte sich nichts mehr. »Jetzt weiß man aber drüben, daß sich hier etwas ereignet hat, das nicht im Pro gramm steht«, kommentierte Mekron bitter. »Die Maahks dürften sehr schnell reagieren und ihre Flugpanzer in Marsch setzen. Diese besitzen starke Schutzschirme, die von den Narkosestrahlen nicht durchdrungen werden können. Falls sie kommen, ehe wir gestartet sind, sind sie unter Strahlgeschützfeuer zu nehmen, Berkosch. Sie könnten uns ernst hafte Schwierigkeiten bereiten.« Wie gebannt starrten die nicht beschäftig ten Männer auf den Außenbildschirm. Der mato hatte bereits den zweiten Pilotensitz eingenommen, seine Finger lagen griffbereit über den Schaltern und Sensoren. Alle Hauptkonverter waren »angeheizt« und konnten innerhalb von Sekundenbruchteilen auf ihre volle Leistung gebracht werden. Die letzten Kabelverbindungen waren installiert, mußten aber noch genauestens überprüft werden. Wenn sie zusammenbrachen, wäh rend das Schiff startete, war ihm der Absturz gewiß. Zwölf schwere Flugpanzer der Methans stiegen drüben über dem Lager auf und schossen mit hoher Fahrt auf das Schiff zu. Ihre Schutzschirme waren aktiviert, die Ab strahlpole ihrer starken Strahlgeschütze wur den auf die MEDON einjustiert. Mekron Dermitron atmete pfeifend aus, aber im glei chen Augenblick kam der erlösende Ausruf Ventrons. »Alles fertig – wir können starten, Me kron!« Noch ehe er ausgesprochen hatte, reagier te der Pilot bereits. Seine Finger hasteten
50 über die Schaltungen, und in den Maschi nenräumen grollte das Arbeitsgeräusch der Konverter und Transformer auf. Besorgt blickten die Männer auf die Kontrollen, aber die provisorischen Verbindungen hielten. Sekundenbruchteile später liefen die Nor maltriebwerke an, und auch die Synchroni sation mit den Andruckabsorbern klappte reibungslos. Mit flammenden Düsen raste die MEDON im Gewaltstart in den Morgen himmel von Posalkehn. An eine Befreiung der zurückgelassenen Männer und der übrigen Gefangen war nun allerdings nicht mehr zu denken. Dermitron überlegte hin und her, verzichtete aber schließlich schweren Herzens auf dieses Vorhaben. Als ihn der Erste Offizier fragend ansah, schüttelte er resigniert den Kopf. »Ausgeschlossen, Salmoon, so leid es mir auch um die Leute tut. Wir müssen froh sein, diesen Start ohne Komplikationen ge schafft zu haben. Dieses Vorhaben hätte oh nehin nur glücken können, solange die Me thans ihre Panzer noch in den Verstecken hatten. Wir nehmen sofort Kurs auf Krau mon.« Salmoon schien widersprechen zu wollen, überlegte es sich dann aber anders und schwieg. Er war ein erfahrener Offizier und mußte nach Abwägen aller Fakten dem Kommandanten Recht geben. Ob die nur notdürftig geflickten Verbindungen eine Landung im Lager und einen neuerlichen Start erlaubten, war wirklich mehr als frag lich. Wie Recht Mekron Dermitron mit seinem Entschluß hatte, zeigte sich wenig später. Ventron hatte wieder seinen gewohnten Platz vor den Ortungen eingenommen. Die MEDON war erst wenige Millionen Kilo meter von Posalkehn entfernt, als er seinen Warnruf ausstieß. »Ortung, Mekron! Vier Walzenraumer der Maahks sind gerade aus dem Ortungs schutz der Sonne hervorgekommen und hal ten mit hoher Fahrt auf uns zu.« Diese für ihn ungewöhnlich lange Rede zeugte davon, wie ernst er die Lage sah.
HARVEY PATTON Dermitron eilte hinüber zu ihm und über zeugte sich von seinen Angaben. Die Or tungsschirme zeigten vier grünlich leuchtende Punkte, die Energiemeßgeräte wiesen starke Triebwerksemissionen aus. Gleich darauf meldete sich Natsyboa, der nun wie der vor dem Hauptcomputer saß. »Vier Schlachtschiffe von je fünfhundert Meter Länge, Kommandant. Sie haben es auf uns abgesehen, ihr Kurs zeugt ganz ein deutig davon.« »Auf wen sonst?« lächelte Mekron bitter. »Dermato, jetzt müssen Sie zeigen, was Sie können! Unser kleines Schiff ist ihnen eine leichte Beute, wenn sie bis auf Schußentfer nung herangekommen. Wir müssen die Transitionsgeschwindigkeit erreicht haben, ehe es soweit ist.« Der Pilot nickte nur knapp und nahm wei tere Schaltungen vor. Die MEDON be schrieb eine enge Kurve, und sekundenlang kamen einige Gravos Andruck durch, die die Männer tief in die Kontursitze preßten. Dann entfernte sich das Schiff senkrecht zur Ekliptik hinaus in den freien Raum und ließ das Cylmad-System hinter sich. Die Schiffe der Maahks mit ihren weit überlegenen Triebwerken holten jedoch ste tig auf. Sie hatten ein Viereck von etwa zwanzigtausend Kilometer Kantenlänge ge bildet, und ihre Absicht war klar. Sie woll ten die MEDON in ihre Mitte nehmen und dann durch konzentrischen Beschuß ver nichten. »Werden wir es schaffen?« fragte Der mitron, der immer noch die Flottenuniform mit dem Mondsymbol trug. Sie war be schmutzt und zerrissen, aber er achtete nicht darauf, denn seine Männer sahen kaum bes ser aus. Er hatte lediglich das Blut aus sei nem Gesicht gewaschen und Heilplasma über die Wunde an der Schläfe gesprüht. Dermato, dem Waynjoon assistierte, zuckte mit den Schultern. »Ich hoffe es, Me kron. Die Walzenraumer sind zwar schneller als wir, aber ihr Anflugweg dürfte im Endef fekt doch zu lang sein. Alles hängt davon ab, ob unser Provisorium lange genug durch
Eine Falle für die MEDON hält.« Die Triebwerke arbeiteten einwandfrei, das Schiff wurde immer schneller. Das Sy stem lag längst weit hinter ihm, in wenigen Minuten mußte die Transitionsgeschwindig keit erreicht werden. Natsyboa am Computer rechnete fieberhaft, im Stehen, denn der Ar beitssitz vor dem Rechner war nur noch Schrott. »Auswertung«, gab er gleich darauf be kannt. »Die Maahks beschleunigten bereits mit Höchstwerten, mehr geben ihre Trieb werke nicht her. Sie müssen noch drei Minu ten und achtzehn Sekunden brauchen, um auf Schußentfernung heranzukommen – wir können jedoch bereits in zwei Minuten und einundvierzig Sekunden in die Transition gehen!« Er behielt Recht. Die Walzenschiffe wur den zwar auf den Bildschirmen immer grö ßer, holten also noch weiter auf. Sie lagen aber immer noch mehr als hunderttausend Kilometer zurück, als der Steuerautomat, den der Pilot inzwischen eingeschaltet hatte, den Sprungimpuls gab. Die MEDON transistierte, verschwand aus dem Normaluniversum und legte in Nullzeit viele Lichtjahre zurück. Die Flucht von Posalkehn war trotz aller Widrigkeiten gelungen, das Schiff befand sich in Sicher heit. Die Gefahr, daß die Methans den Ort ihres Wiederaustritts anmessen konnten, war nicht gegeben, denn die Emissionen des ra dioaktiven Nebels mußte alle Meßergebnisse verfälschen. Das erkannte auch der Befehlshaber der vier Schlachtraumer. Er gab den Befehl, die Schiffe abzubremsen und den Hafen des La gers auf Posalkehn anzufliegen.
10. Auch dieser Morgen brachte wieder vieles mit sich, das aus dem seit langem gewohn ten Rahmen fiel. Die ersten Gefangenen wurden durch das Geräusch startender Gleiter geweckt. Doch diese Aktivität war zu erwarten gewesen, al
51 so kümmerten sie sich nicht weiter darum. Sie drehten sich nur auf die andere Seite und versuchten weiterzuschlafen, bis die Zeit für das frugale Frühstück gekommen war. Das gelang ihnen jedoch nicht, denn schon Minuten später heulten drüben bei den Druckkuppeln der Maahks mißtönend die Alarmsirenen auf. Die Anführer der Ange paßten brüllten Befehle, dann wurde das Ge räusch der aufsteigenden Flugpanzer hörbar. Nun war es mit Ruhe und Schlaf endgültig vorbei. Keiner der Gefangenen zweifelte daran, daß das alles im Zusammenhang mit dem gekaperten Raumschiff stand. Eilig kleide ten sie sich an und begaben sich ins Freie, um ihre Neugier zu stillen. Auch Zefalon verließ die Küchenbaracke und starrte durch das im Morgenlicht liegen de Lager zum Raumhafen hinüber. Er war der einzige, der wußte, was diese hektische Betriebsamkeit zu bedeuten hatte. Offenbar war es Dermitron und seinen Männern also gelungen, in ihr Schiff vorzudringen. Hatte es dort dann unerwartete Schwierigkeiten gegeben? Alles wies darauf hin, denn der Raumer befand sich noch immer an seinem Standort. Bestürzt sah der alte Koch, wie sich die Flugpanzer ihm näherten, in ihre Schutz schirme gehüllt. Wenn sie das Schiff unter konzentrischen Beschuß nahmen, mußte es so schwer beschädigt werden, daß ein Start nicht mehr möglich war. Er atmete befreit auf, als er dann sah, wie sich die MEDON, von den Triebwerksflam men und einer gewaltigen Staubwolke um geben, in die Luft erhob. Wie ein Phantom raste sie in den Himmel und entschwand schnell den Blicken. Dann drang das gewaltige Donnern der Triebwerke und der gewaltsam verdrängten Luftmassen zu ihm und zwang ihn, sich die Ohren zuzuhalten. Trotzdem lächelte Zefa lon nun befriedigt übers ganze Gesicht. Er hatte seinen Teil dazu beigetragen, daß der Handstreich geglückt war, und darauf war er stolz. Jetzt befanden sich nicht nur die
52 Raumfahrer, sondern auch Belschara und Saprest in Sicherheit. Er setzte sich in Bewegung und rannte, so schnell er konnte, zu den Baracken der Ge fangenen hinüber. Dort ging jetzt alles drunter und drüber. Die Panzer der Maahks kehrten nicht sofort zurück, sondern landeten auf dem Hafen. Die Angepaßten wußten nicht recht, was sie tun sollten, denn es war niemand da, der ih nen eindeutige Befehle geben konnte. Schließlich ließ Horklyn mehrere Gleiter be mannen und flog mit dem Großteil seiner Männer ebenfalls zum Hafen. Die Gefangenen waren sich nun selbst überlassen, und das nutzten sie aus. Sie schrien und johlten, liefen umher und freu ten sich wie Kinder. Noch kannten sie die Wahrheit nicht, aber sie hatten erfaßt, daß die verhaßten Maahks eine Niederlage erlit ten hatten. Das Raumschiff war fort, offen bar gegen ihren Willen gestartet, darauf wies alles hin. Zefalon kümmerte sich nicht um diese Leute. Keuchend erreichte er die Baracke, in der die restliche Besatzung der MEDON gefan gengehalten wurde. Einen Augenblick ver harrte er vor ihrem Eingang und sah sich um. Niemand beachtete ihn, er löste die Rie gel der Tür und schlüpfte in das Gebäude. Dort unterrichtete er die verblüfften Männer von dem Geschehen der vergangenen Nacht. Ein Jubelsturm brach los, der Koch wurde fast erdrückt. Die Gefangenen wußten zwar, daß sie selbst nun nicht mehr von Posalkehn entkommen konnten, aber das spielte für sie keine große Rolle. Dermitron und die ande ren Gefährten waren fort, ihr Schiff war dem Zugriff der Feinde entzogen, und das genüg te ihnen. Sie strömten ins Freie und gesellten sich zu den anderen, deren Schicksal sie nun würden teilen müssen. Nur noch wenige Angepaßte hielten sich im Lager auf, aber sie verhielten sich passiv. Sie wußten, daß sie trotz ihrer Waffen verlo ren waren, wenn sie ihren »Sklaven« jetzt
HARVEY PATTON einen Grund lieferten, gegen sie vorzugehen. Die Maahks mußten ohnehin bald zurück kehren, und dann würde alles wieder beim alten sein. Die Wende trat ein, als plötzlich ein Mann verspätet sein Quartier verließ: Carock Ekalv! Er war auf Kraumon einem alten Laster wieder begegnet – dem Alkohol. Als er von Bord der MEDON gegangen war, hatte er eine Flasche Schnaps mit ins Lager ge schmuggelt und sich darüber hergemacht, als die Nacht gekommen war. Er hatte sich betrunken und für einige Zeit alles verges sen, was mit den Maahks und seinem jetzi gen Status zusammenhing. Jetzt hatte er einen gewaltigen Kater, war noch halb be nommen, dafür aber um so reizbarer. Er war nur notdürftig angekleidet, hatte jedoch seine Strahlwaffe nicht vergessen. Mit dieser fuchtelte er nun herum und brüll te die zurückgebliebenen Angepaßten an. »Was ist hier los?« schrie er mit über schnappender Stimme. »Weshalb sind die Sklaven im Freien, und warum weist sie nie mand in ihre Schranken? In die Baracken mit ihnen, sofort!« Seine Gefährten sahen ihn vollkommen verwundert an, denn nach ihren Maßstäben verhielt er sich vollkommen irrational. Die ihnen durch die Maahks aufoktroyierte kalte Logik sagte ihnen, daß sein Verlangen unter den gegebenen Umständen unsinnig war. Ekalv mit seinem benebelten Kopf begriff das jedoch nicht. Sein Blick fiel auf einige Leute der ME DON-Besatzung, und machte ihn noch wü tender. Er verlor den letzten Rest von klarer Besinnung und drang drohend auf diese Männer ein. Doch auch diese hatten ihn erkannt, jenen Mann, von dem sie glaubten, daß er längst tot wäre. Sie begriffen schlagartig, daß er es war, der sie mit voller Absicht in die Falle der Maahks gelockt hatte. Er war ein Verrä ter, nicht nur am Großen Imperium, sondern auch an Atlan, ihrem geliebten Prinzen. Er trug die Hauptschuld daran, daß sie nun für
Eine Falle für die MEDON unabsehbare Zeit den verhaßten Feinden ausgeliefert waren! Mit wütend erhobenen Fäusten gingen sie gegen ihn vor, und auch ein blind abgefeuer ter Schuß konnte sie nicht zurückhalten. In nerhalb weniger Sekunden war Carock Ekalv unter einem Knäuel von Leibern be graben, wilde Schläge prasselten auf ihn herab. Schon nach wenigen Sekunden war er tot. Wer ihn nun wirklich erschlagen hatte, vermochte später niemand mehr zu sagen. Die Maahks machten sich erst gar nicht die Mühe, die Schuldigen herauszufinden, nach dem sie ins Lager zurückgekehrt waren. Er war ihnen ein Werkzeug gewesen, mehr nicht. Sie verhängten eine Kollektivstrafe über alle Arkoniden und entzogen ihnen für einen Tag jegliche Nahrung. Sie hatten wichtigere Dinge im Kopf. »Der Tod dieses einen Dieners ist ohne weitere Bedeutung für uns«, sagte Grek 1 zu seinen Untergebenen. »Er hat seine Aufgabe erfüllt, wir hätten ihn ohnehin nicht mehr gebraucht. Selbst das Entkommen des Kreu zers vermag nicht mehr, unsere strategischen Pläne zu durchkreuzen, es verzögert ihre Verwirklichung nur. Ekalv hat uns die Koordinaten des Plane ten gegeben, auf dem sich jener Atlan auf hält. Das genügt für unsere Zwecke. Zu be dauern ist aber, daß nun der Überraschungs effekt entfällt, mit dem wir ursprünglich ge rechnet haben. Die KISSON oder MEDON kann uns nicht mehr als unverfänglicher Wegbereiter dienen, und Atlan weiß, daß wir etwas gegen ihn planen. Wir werden al so eine erheblich größere Streitmacht auf bieten müssen, als die hier vorhandenen Schiffe, wenn wir den Schlag gegen Krau mon führen. Ich werde dem Oberkommando in diesem Sinn berichten.« Auf Kraumon konnte man nichts von dem Verhängnis ahnen, das sich nun zusammen braute. Die MEDON hatte, wenn auch unter eini gen Schwierigkeiten, den Planeten wieder erreicht. Atlan selbst empfing Mekron Der
53 mitron und ließ sich Bericht erstatten. »Das war ein bitterer Fehlschlag«, sagte er anschließend. »Sie können nichts dafür, Mekron, mit solchen Dingen müssen wir im mer wieder rechnen. Sie haben viel geleistet, als Sie trotz aller Widrigkeiten Ihr Schiff wieder hierher zurückbrachten, und dafür danke ich Ihnen und Ihren Männern.« »Sie sollten Saprest und Belschara dan ken«, gab Dermitron zurück. »Ohne sie und den alten Koch hätten wir es nie geschafft.« »Wir werden daran denken«, versprach Fartuloon. »Ich staune nur, daß die Methans auf Umwegen das erreicht haben, was den Schergen Orbanaschols noch immer nicht gelungen ist. Allerdings scheint Ekalv infol ge seines langen Aufenthalts unter uns doch die Barriere seiner geistigen Umformung überwunden zu haben. Anders ist wohl kaum zu erklären, daß er plötzlich zur Waffe griff, als er wieder seinen bisherigen Gefähr ten gegenüberstand.« Morvoner Sprangk nickte. Dann meinte er besorgt: »Es ist aber bedenklich, daß es ihm überhaupt gelang, die strengen Überprüfun gen zu passieren. Wir werden uns also neue Methoden ausdenken müssen, um weitere derartige Vorkommnisse in Zukunft zu un terbinden. Was den Maahks gelungen ist, könnten auch Orbanaschols Schergen schaf fen.« »Veranlassen Sie das umgehend«, be stimmte der Kristallprinz. »Zusammenfassend kann man wohl sagen, daß wir hier noch mit dem berühmten blau en Auge davongekommen sind. Jetzt haben wir von den Methans wohl kaum noch etwas zu befürchten. Carock Ekalv wurde erschos sen, ehe er ihnen die Koordinaten Kraumons preisgeben konnte. Wir haben aber auch nichts über die Hintergründe der Sache er fahren, weil die im Schiff gefangenen Ange paßten Selbstmord begangen haben. Wie konnte es soweit kommen, Mekron?« Der Mondträger hob die Schultern. »Wir hatten sie in einer Kabine eingeschlossen, fanden dann aber keine Zeit mehr, uns wei ter um sie zu kümmern. Nach der ersten
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HARVEY PATTON
Transition mußten wir unsere Verwundeten versorgen und die Kommandozentrale auf räumen, in der es wüst aussah. Als Salmoon nach drei Stunden nach ihnen sah, fand er sie erhängt vor. Wer konnte damit rechnen, daß ihre Konditionierung so weit ging?« »Keiner«, sagte Atlan und nickte ihm zu. »Noch bedauerlicher ist jedoch, daß so viele unserer Leute auf Posalkehn zurückbleiben mußten. Sie dort herauszuholen, ist leider unmöglich, dazu reichen unsere Mittel nicht aus.« Er wechselte das Thema. »Wir werden uns jetzt bemühen müssen, die Kampfanzüge anderswo zu beschaffen. Vermutlich werden wir sie bald brauchen, denn die Lage im Imperium spitzt sich im mer mehr zu. Wir haben brandneue Nach-
richten bekommen, deren Auswertung im Gange ist. Mit Hilfe der Computer werden wir bald schon festlegen können, wann und wo wir zum entscheidenden Schlag gegen Orbanaschol ausholen werden.« »Auf nach Arkon!« sagte Fartuloon mit blitzenden Augen. »Zusammen mit Atlan – auf Leben und Tod!« Er dachte an seine Rückkehr in den Kri stallpalast, den er seit langen Jahren nicht mehr gesehen hatte. Auch Atlan dachte dar an – und keiner der beiden Männer ahnte, wie schwer dieser Weg in Wirklichkeit noch für sie war …
ENDE
Lesen Sie nächste Woche ATLAN Nr. 285:
DIE REBELLIN
von Marianne Sydow
Sie flieht vor Orbanaschols Häschern – und sucht den Kristallprinzen.